Der Parlamentarische Rat 1948-1949: BAND 4 Ausschuß für das Besatzungsstatut 9783486702330, 9783486418897


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Der Parlamentarische Rat 1948-1949: BAND 4 Ausschuß für das Besatzungsstatut
 9783486702330, 9783486418897

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Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wurde im Herbst 1948 bis Frühjahr 1949 durch den Parlamentarischen Rat geschaffen. Diese Editionsreihe möchte den Entstehungsprozeß des Grundgesetzes eingehend dokumentieren, indem sie die bislang weitgehend unveröffentlichten Wortprotokolle und Arbeitspapiere der Fachausschüsse, des Hauptausschusses und des Plenums des Parlamentarischen Rates in kommentierter Form veröffentlicht. Zusammen mit den im Anmerkungsapparat verarbeiteten weiteren Überlieferangen, wie Eingaben aus der Bevölkerung, von Verbänden und Organisationen ergibt sich ein tiefer und aufschlußreicher Einblick in die Willens- und Entscheidungsbildungen auf dem Weg zum Grundgesetz. Nachdem mit Bd. 1 Quellen zur Vorgeschichte des Pari. Rates vorgelegt worden sind, Bd. 2 die Arbeit des

Verfassungskonventes von Herrenchiemsee belegte, begann mit Bd. 3 (Ausschuß für Zuständigkeitsabgrenzung) der Abdruck von Dokumenten aus

der Arbeit der Gremien des Pari.

Rates. Der Ausschuß für das tut

war

Besatzungssta-

errichtet worden,

um

das

Besatzungsstatut

gekündigte

an-

auf

deutscher Seite mit zu beraten. Zugleich sollte mit diesem Ausschuß ein Gegengewicht zu den Ministerpräsidenten geschaffen werden, die bislang die Gesprächspartner der Alliierten in dieser Frage waren und einen gleichnamigen Ausschuß besaßen. Die Mitwirkungsmöglichkeiten des Ausschusses an der Gestaltung des Besatzungsstatuts, das wie der Ausschußvorsitzende Carlo Schmid einmal sagte das eigentliche Grundgesetz sein würde, blieben allerdings -

-

gering.

HARALD BOLDT VERLAG BOPPARD AM RHEIN

Der Parlamentarische Rat 1948-1949 Akten und Protokolle

Der Parlamentarische Rat 1948—1949

Band 4

V

Der Parlamentarische Rat 1948-1949 Akten und Protokolle

herausgegeben

Deutschen Bundestag und vom Bundesarchiv

vom

unter

Leitung

von

Kurt G. Wernicke und Hans Booms

Der Parlamentarische Rat 1948-1949 Akten und Protokolle

Band 4

Ausschuß für das Besatzungsstatut bearbeitet von

Wolfram Werner

HARALD BOLDT VERLAG

BOPPARD AM RHEIN

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Deutschland (Gebiet unter Alliierter Besatzung) Parlamentarischer Rat: Der Parlamentarische Rat: 1948—1949; Akten u. Protokolle hrsg. vom Dt. Bundestag u. vom Bundesarchiv unter Leitung von Kurt Georg Wernicke und Hans Booms am Rhein: Boldt

Boppard

NE: Wernicke, Kurt

Georg [Hrsg.]; HST

Bd. 4. Ausschuß für das Besatzungsstatut 1989 bearb. von Wolfram Werner. ISBN 3-7646-1889-2 NE: Werner, Wolfram [Bearb.] —

ISBN 3-7646-1889-2 1989

© Harald Boldt Verlag Boppard am Rhein Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der photomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Printed in Germany Herstellung: boldt druck boppard •



INHALTSVERZEICHNIS

Seite

Einleitung. 1. Vorbemerkung. 2. Das Besatzungsstatut als Forderung deutscher Politik bis zur Schaffung des Parlamentarischen Rates. 3. Gründung und Zusammensetzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut 4. Das Warten 5. Die

.

auf das

VII

XI XIV

Verhandlungen der Alliierten über das Besatzungsstatut Verhandlungen der Militärgouverneure. Verhandlungen in London und Washington auf diploma-

XXIII XXIII

.

tischer Ebene 6. Das

VII

Besatzungsstatut. .

Die b. Die a.

VII

.

Besatzungsstatut

ren am

14.

April

7. Auswahl der

1949

April 1949: Beratungen des ParlaUnterredung mit den Militärgouverneu-

vom

mentarischen Rates und

XXV

8.

.

Dokumente, ihre Einrichtung und Kommentierung

XXVII

XXXIII

Verzeichnis der Dokumente.

XXXV

Dokumente (Nr. 1-9).

1

Verzeichnis der

Abkürzungen.

141

Verzeichnis der ungedruckten Quellen.

143

Verzeichnis der

gedruckten Quellen und der Literatur. 1. Dokumentationen, Dokumentensammlungen

145

und Gesetzblätter.

146

Darstellungen.

146

.

2. Amts-

3. Memoiren

Personenindex

und

145

.149

Sachindex.151 V

EINLEITUNG

1. VORBEMERKUNG

Der Parlamentarische Rat

griff in die Diskussion um ein Besatzungsstatut zu einem Zeitpunkt ein, als dieses von fast allen deutschen politischen Kräften mit Ausnahme der KPD allgemein bereits als wünschbar und notwendig akzeptiert worden war. Mit den Ergebnissen der Londoner Sechsmächte-Konferenz vom 23. Febr.—6. März und 20. April—2. Juni 1948 stand auch schon fest, daß der neuzubildende deutsche Staat ein Besatzungsstatut erhalten würde. Selbst dessen Grundzüge waren bereits beschlossen und den Deutschen mit dem Dokument III der „Frankfurter Dokumente" am 1. Juli 1948 bekanntgegeben worden. Zum Verständnis der Zusammenhänge wird in dieser Einleitung zunächst ein kurzer Rückblick auf die Diskussionen um das Besatzungsstatut aus der Zeit vor der Schaffung des Parlamentarischen Rates gegeben. In Form einer kurzen „relatio ex actis" wird dann versucht, die Gespräche der Militärgouverneure und die sich anschließenden Verhandlungen auf diplomatischer —



Ebene über das Statut kurz zu skizzieren. Selbstverständlich ist es im Rahmen dieser Einleitung nicht möglich, die Gesamtproblematik der alliierten Verhandlungen über Deutschland vom Herbst 1948 bis zum Frühjahr 1949 angemessen darzustellen, wie dies bereits von Hans-Peter Schwarz1) geleistet worden ist. Dabei wäre auch die seit Juni 1948 bestehende Konfrontation der Großmächte in der Blockade von Westberlin zu berücksichtigen2). Die Abschnitte 5.1 und 5.2 über die alliierten Verhandlungen zum Statut sollen lediglich einen Rahmen abgeben, um die deutschen Aktionen und Reaktionen besser verständlich machen zu können.

2. DAS BESATZUNGSSTATUT ALS FORDERUNG DEUTSCHER POLITIK

BIS ZUR SCHAFFUNG DES PARLAMENTARISCHEN RATES

Forderung nach einem Besatzungsstatut hatte zum Ziel, zwischen den deutschen Verwaltungen und den Besatzungsgewalten rechtliche Beziehungen zu schaffen. Sie wurde vor einer größeren Öffentlichkeit seit Ende des Jahres 1946, zunehmend dann im Frühjahr 1947 gestellt, also zu einem Zeitpunkt, als die Gründung eines neuen deutschen Staatswesens konkret noch nicht absehbar war. Die

1) Siehe Literaturverzeichnis unter Hans-Peter Schwarz. Eine Studie zur Entstehung des Besatzungsstatuts wird zur Zeit von David Aaron Meier, University of Wisconsin-Madison, vorbereitet. Ihm danke ich für weiterführende Hinweise.

2) Vgl. zuletzt Uwe Prell/Cyrill Buffet: Die Berlinkrise von 1948/49 in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 3. Juni 1988, S. 15 ff. und die dort angeführte Literatur. VII

Einleitung Carlo Schmid, Professor für öffentliches Recht an der Universität Tübingen, der angeschlossen hatte und innerhalb kürzester Zeit einer ihrer wichtigsten Persönlichkeiten in Südwestdeutschland geworden war, Staatsrat und ab Juli 1947 Justizminister in Württemberg-Hohenzollern, artikulierte den Wunsch in einem Vortrag über die „Unteilbarkeit der Rechtsordnung", ohne daß der Begriff Besatzungsstatut fiel, auf der Eröffnungssitzung des Konstanzer Juristentages am 17. Juni 19473). Er hatte seit Ende 1946 in Gesprächen mit der französischen Militärregierung diesen Fragenkomplex besprochen und auch bereits konkret ein Besatzungsstatut für Südwürttemberg-Hohenzollern gefordert4). Im Vorfeld der Münchener Ministerpräsidentenkonferenz vom 5.-7. Juni 1947, mit der die Ministerpräsidenten der drei Westzonen auf die desolate politische Stimmung und Lage nach dem Scheitern der Moskauer Außenministerkonferenz reagierten, wurde das Besatzungsstatut als ein dort zu behandelndes Thema von allen Beteiligten akzeptiert5); Carlo Schmid bezeichnete es sogar als das wichtigste Thema der Konferenz6). Schmids Referat über die „Schaffung eines Besatzungsrechtes"7) wurde für die weitere Behandlung des Themas gundlegend und richtungsweisend. Aus der akademischen Forderung eines Völkerrechtlers war nach der Münchener Ministerpräsidentenkonferenz ein politisches Postulat geworden, das bald von allen politischen Kräften mit Ausnahme der KPD getragen wurde. In der Folgezeit gab es zwar noch manche Variation in der Diskussion um die Ausgestaltung eines Besatzungsstatuts, aber die Grundzüge dieser Forderung veränderten sich nur noch wenig, und Carlo Schmid blieb ihr prominentester Interpret und erst nach 1945 sich der SPD





eloquentester Propagandist8).

3) Die Verhandlungen wurden im Druck herausgegeben

von der Generaljustizdirektion der des französischen Besatzungsgebietes in Deutschland, Tübingen 1947. Teilen des Referates von Schmid in: Deutsche Rechts-Zeitschrift 2.Jhrg.,

Militärregierung

Abdr. von Heft 7, S. 205-208. 4) Zu den frühen Aktivitäten von C. Schmid zur Frage eines Besatzungsstatuts siehe Gerhard Hirscher: Carlo Schmid und die Gründung der Bundesrepublik, passim, sowie Helmut Auerbach: Die politischen Anfänge Carlo Schmids, S. 641 ff. 5) Vgl. hierzu Akten zur Vorgeschichte 2, passim.

6) Ebenda, S. 432, Anm. 1. 7) Ebenda, S. 567-574. 8) An einschlägigen Zeitungsartikeln und sonstigen publizistischen Äußerungen von C. Schmid sind aufzuführen (FESt NL C. Schmid/80, 81, 83, 84): Diskussion am runden Tisch über das Thema „Besatzungsstatut", in: NWDR am 19. Febr. 1948. Besatzung muß ihre Grenzen haben, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung

vom

1. Mai

1948.

Hauptgesichtspunkte für ein Besatzungsstatut, in: Neue Zeitung vom 26. Juni 1948.

Probleme des Besatzungsstatuts, in: Neuer Vorwärts vom 27. Okt. 1948. Das Besatzungsstatut und das Grundgesetz, in: Fränkisches Tageblatt vom 22. Jan. 1949; dgl. in: Lüneburger Landeszeitung vom 4. Febr. 1949. Die andere Seite des Besatzungsstatuts, in: Die Welt vom 8. Febr. 1949. Als Tondokumente liegen im Deutschen Rundfunkarchiv Äußerungen von Schmid zum Besatzungsstatut vom 3. Nov. 1948 und vom 26. Jan. 1949 vor. Vgl. Deutsches Rundfunkarchiv: Tondokumente zur Zeitgeschichte Parlamentarischer Rat 1948/1949. Interner

Katalog

VIII

vom

Aug.

1967.



Einleitung In seinem Münchener Referat hatte Carlo Schmid dargelegt, daß es nach einem nunmehr fast zweijährigen rechtlosen Zustand an der Zeit sei, daß sich die Besatzungsmächte einem zu formulierenden Besatzungsrecht unterwerfen müßten, wobei sie ihre Kompetenzen und Reservatrechte in Bezug zu ihren Besatzungszwecken zu stellen hätten9). Die entsprechende Entschließung der Münchener Ministerpräsidentenkonferenz10) stellte fest, daß es „im dringenden Interesse der Bevölkerung und der Förderung des demokratischen Rechtsgedankens liegt, das Verhältnis zu den Besatzungsmächten in formulierten Rechtssätzen niederzulegen". Die Länderchefs beschlossen ferner, hierzu Vorschläge auszuarbeiten und diese den Militärregierungen vorzulegen. Diese Initiative geriet als Folge der Auseinandernsetzung zwischen Ministerpräsidenten und Parteien um die Frage, wer nationale Belange repräsentieren dürfe11), jedoch ins Stocken. Zwar trat ein Ausschuß am 18./19. Juli 1947 in Wiesbaden unter Leitung von Staatssekretär Brill zusammen12) und besprach noch-

mals das Münchener Referat von Carlo Schmid, doch dann verlagerte sich die Diskussion in andere Gremien und Kreise. Nachdem Carlo Schmid auf dem Parteitag der SPD in Nürnberg Ende Juni 1947 die Forderungen seines Münchener Referates nochmals wiederholt hatte13), wandte sich der Parteivorstand der SPD unter dem 22. Dezember 1947 an den Alliierten Kontrollrat und übersandte „Grundsätze für ein Besatzungsstatut für Deutschland" mit der Bitte, sich diese zu eigen zu machen14). Im März 1948 publizierte der Vorstand der SPD eine Broschüre „Warum braucht Deutschland ein Besatzungsstatut" (Berlin, März 1948). Es war wohl auch dem Einfluß von Carlo Schmid zuzuschreiben, daß in Württemberg-Hohenzollern zum Oktober 1947 in der Staatskanzlei ein Referat für Besatzungsfragen geschaffen wurde, das mit Dr. Gustav von Schmoller14") besetzt wurde und zur Kernzelle des Instituts für Besatzungsfragen wurde. Die Württembergisch-Hohenzollernsche Regierung veranlaßte auch den Freiburger Juristen Wilhelm Grewe zu einem Rechtsguthaben über die Rechtsformen der Besetzung, das als Broschüre im Sommer 1948 veröffentlicht wurde15). In der britischen Besatzungszone befaßte sich der Zonenbeirat mit der Forderung nach einem Besatzungsstatut, und auch hier trat Schmid als Sachverständiger auf. In der Sitzung des Rechts- und Verfassungsausschusses des Zonenbeirats vom

9) Abdruck des Referates siehe Akten zur Vorgeschichte 2, S. 567—574. 10) Ebenda, S. 581. 11) Marie Elise Foelz-Schroeter: Föderalistische Politik und nationale Repräsentation 1945-1947. Stuttgart 1974. 12) Akten zur Vorgeschichte Bd. 2, S. 581, Anm. 38. 13) Protokoll der Verhandlungen der SPD vom 29. 6.-2. 7. 1947 in Nürnberg. Hamburg 1947. 14) Wortlaut in: B 120/vorl. 362. 4a) Zu v. Schmoller siehe Dok. Nr. 2, Anm. 11. Siehe auch Schmollers Beitrag „WürttembergHohenzollern unter der Last der französischen Besetzung" in: Das Land WürttembergHohenzollern 1945—1952. Darstellungen und Erinnerungen. Hrsg. von Max Gögler und Gregor Richter in Verbindung mit Gebhard Müller, Sigmaringen 1982, S. 217 ff. 15J Wilhelm Grewe: Ein Besatzungsstatut für Deutschland. Die Rechtsformen der Besetzung.

Stuttgart

1948.

Vgl.

die

Vorbemerkung.

IX

Einleitung Okt. 194716) wurde erörtert, ein Schreiben an die Kontrollkommission zu senden, das die Notwendigkeit eines Besatzungsstatuts darlegen sollte und das in der 14.

eines Besatzungsstatuts enthielt. Zu Beschlüssen und Aktionen des Zonenbeirates kam es jedoch nicht, obwohl der benannte Ausschuß im November 1947 und im Januar 1948 den Fragenkreis nochmals behandelte17). Angesichts der Tatsache, daß im Zonenbeirat diese Diskussionen Jediglich auf Ausschußebene stattfanden, blieben sie in der Öffentlichkeit so gut wie unbeachtet. In der konstituierenden Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut des Parlamentarischen Rates erinnerte jedoch der Abgeordnete Schäfer an diese Arbeiten18); er war Mitglied des Zonenbeirates gewesen. Unter den weiteren Gremien, Institutionen und Persönlichkeiten, die sich an der Diskussion beteiligten, ist insbesondere das Deutsche Büro für Friedensfragen hervorzuheben, dessen Rechtsausschuß im engen Zusammenwirken mit Gustav von Schmoller vom Institut für Besatzungsfragen einen Musterentwurf für ein Besatzungsstatut erarbeitete, der im September 1948 fertiggestellt

Anlage Grundsätze

wurde19).

Verwaltungen wurden Fragen des Besatzungsstatuts Verwaltung für Wirtschaft beobachtet, das im November umfangreiche Denkschrift fertigstellte20). Bereits am 13. Mai 1948 hat-

Im Rahmen der bizonalen vom

Rechtsamt der

1948 eine te unter Leitung

von

Oberdirektor Pünder eine Konferenz mit Vertretern des

Länderrates, Abgeordneten des Wirtschaftsrates und Vertretern des Deutschen

Friedensfragen zum Besatzungsstatut stattgefunden21). Aspekte der Besatzungskosten und ihre Erhebung wurden im Zusammenwirken mit von Schmoller von der Verwaltung für Finanzen beraten22). Im Auftrag des außenpolitischen Ausschusses der CDU erarbeitete Prof. Drost, Universität Münster, einen Entwurf für ein Besatzungsstatut23). Unter den juristischen Büros für

Beiträgen24) hervorzuheben ist ein Gutachten des Münchener Völkerrechtlers Erich Kaufmann: Deutschlands Rechtslage unter der Besatzung (Stuttgart 1948). Mit Resolutionen

delberg"25) ") 17) 18) 19) 20) 21) 22) 23) 24)

25) 26)

X

sich an der öffentlichen Diskussion die „Aktionsgruppe Heiund der „Deutsche Arbeitskreis"28), auch Steltzer-Kreis genannt.

beteiligten

Prot, in: PA Bestand 1/263. Prot, in: PA Bestand 1/264. Siehe Dok. Nr. 1. Unterlagen hierzu insbesondere in: Z 35/151. Vgl. auch H. Piontkowitz: Anfänge deutscher Außenpolitik 1946-1949, Stuttgart 1978; M. Overesch: Gesamtdeutsche Illusionen und westdeutsche Realität, Düsseldorf 1978. Vgl. Dok. Nr. 4 A, Anm. 1. Protokoll in: Z 13/320. B 126/12294. Das Gutachten in: Z 13/320. Ferner sind zu benennen: Hans-Jürgen Schlochauer in: Archiv des Völkerrechts Bd. 1, 1948, S. 186-218; Alfons Steiniger, in: Neue Justiz 1947, S. 205-207. Resolution vom 28./29. Febr. 1948, siehe Die Welt vom 15. Mai 1948. Der Deutsche Arbeitskreis war auf einer Tagung in Rendsburg gegründet worden. Seinem „beratenden Ausschuß" gehörten u. a. Gerd Bucerius, Hans Werner Richter und Theodor Steltzer an. Die von ihm erarbeiteten „Leitsätze für ein Besatzungsstatut" (o. D.) wurden Anfang Juni 1948 veröffentlicht. Siehe Z 35/151, Bl. 75-77; ferner B 126/12294.

Einleitung Als die Ministerpräsidenten der drei Westzonen am 1. Juli 1948 als Dokument Nr. III der „Frankfurter Dokumente"27) die Grundzüge eines geplanten Besatzungsstatuts von den Militärgouverneuren erhielten, war eine seit langem erhobene deutsche Forderung zwar akzeptiert worden; dennoch waren die Deutschen über den geringen Spielraum, den die künftige deutsche Regierung erhalten sollte, sehr enttäuscht28). Auf der Koblenzer Ministerpräsidentenkonferenz vom 8.—10. Juli 1948 wurde deshalb von einer Kommission unter Leitung von MinPräs. Ehard29) und unter wesentlicher Mitwirkung von Carlo Schmid „Leitsätze für ein Besatzungsstatut"30) als deutsche Antwort auf das Dokument III verabschiedet, die den Militärgouverneuren am 10. Juli 1948 zusammen mit den Stellungnahmen zu den übrigen Frankfurter Dokumenten übersandt wurden. Die Militärgouverneure versprachen31) die deutschen Anregungen würden „eingehende Berücksichtigung" erfahren und sagten zu, daß während der Arbeiten am Entwurf des Besatzungsstatuts und vor seiner Veröffentlichung die Ministerpräsidenten und die verfassungsgebende Versammlung kontinuierlich über die Fortschritte informiert würden. Somit würden die Deutschen „mit dem allgemeinen Text des Besatzungsstatuts, wie er sich der Fertigstellung nähert", vertraut sein. Mit diesen Zusagen war die Grundlage für ganz konkrete Erwartungen des Parlamentarischen Rates gelegt worden, zu gegebener Zeit über die Forschritte der Verhandlungen der Alliierten informiert zu werden. 3.

GRÜNDUNG UND ZUSAMMENSETZUNG DES AUSSCHUSSES FÜR DAS BESATZUNGSSTATUT

Anregung, einen Ausschuß für das Besatzungsstatut zu schaffen, obwohl das Besatzungsstatut gar nicht zu den Zuständigkeiten des Parlamentarischen Rates würde gehören können, dürfte von Carlo Schmid stammen32). Der Parlamentarische Rat sollte vorbereitet sein, wenn die Alliierten Fragen des Statuts mit ihm zu beraten wünschten, wie dies von den Alliierten zugesagt worden war. Sicherlich sollte mit diesem Ausschuß auch das Gewicht der Ministerpräsidenten geschmälert werden, die bereits seit der Koblenzer Ministerpräsidentenkonferenz einen gleichnamigen Ausschuß unter Vorsitz von Ministerpräsident Ehard besaßen und den sie noch am 21. August 1948 personell ergänzt hatten33). Carlo Schmid war übrigens auch dort Mitglied. Im Parlamentarischen Rat scheint die Errichtung des Ausschusses unumstritten gewesen zu sein. In den wenigen Unterlagen, die über die Bildung der Ausschüsse vorliegen, wurde er jedenfalls nicht problematisiert. Daß Carlo Schmid Vorsitzender wurde, erscheint im nachhinein fast als selbstverständlich. Die

27) 28) 29) 30) 31) 32J 33)

Siehe Der Pari. Rat 1, S. 33-36. Ebenda, S. 33, Anm. 16. Bericht über die Arbeit der Kommission ebenda, S. 109. Ebenda, S. 148-150. Ebenda, S. 169. Ä. R. Forest an Litchfield vom 11. Sept. 1948, Z 45 F, 17/254-1/25. Aufstellung der Mitglieder in: Z 12/71, Bl. 296. XI

Einleitung vom 9. Sept. 1948 über Anzahl und Zusamder Ausschüsse wurde zugleich aufgrund eines Änderungsantrages der SPD beschlossen, daß diesem Ausschuß 12 stimmberechtigte Mitglieder angehören sollten, während die meisten der anderen Fachausschüsse nur aus 10 Mitgliedern bestanden34). Die großen Fraktionen CDU/CSU und SPD erhielten je fünf Stimmen, die FDP eine sowie DP, KPD, Zentrum eine gemeinsame Stim-

Im

Zuge des Plenumsbeschlusses

menhang

me.

Folgende Abgeordnete

wurden

von

den Parteien in den Ausschuß entsandt35):

Ordentliche Mitglieder

Stellvertretende

CDU/CSU Dr. Paul Binder Dr. Walter Strauß Dr. Gerhard Kroll Dr. Paul de Chapeaurouge Dr. Heinrich von Brentano

Dr. Hermann von Mangoldt Dr. Caspar Seibold

SPD Dr. Carlo Schmid Dr. Georg Diederichs Friedrich Wilhelm Wagner Dr. Fritz Eberhard August Zinn

Mitglieder

Josef Schräge

Gustav Zimmermann

Jean Stock Karl Kuhn Dr. Otto-Heinrich Grève Dr. Willibald Mücke

FDP Dr. Hermann Schäfer KPD

Max Reimann

Hugo Paul, ab 8. Okt. 1948 Heinz Renner DP Dr.

Hans-Christoph Seebohm (nicht stimmberechtigt)

Von der SPD-Fraktion

waren

Wilhelm Heile

(nicht stimmberechigt) ferner „mit beratender Stimme" als Berliner Ver-

treter der Abgeordnete Paul Löbe und als dessen Vertreter Ernst Reuter benannt worden36). Teilgenommen haben diese Berliner Abgeordneten an den we-

nigen Sitzungen des Ausschusses jedoch nicht.

34) Stenographische Berichte über die Plenarsitzungen, S. 57. Beschlossen wurde die Drucks. Nr. 19 (Z 5/139); abgeänderte und beschlossene Fassung in: Bayer. HStA NL Pfeiffer/ 175.

35) Aufstellung in: Z 5/161, Drucks. Nr. 22 h. 36) SPD-Fraktion an das Sekretariat des Pari. Rates vom 16. Sept. 1948, Bayer. HStA NL Pfeiffer/175.

XII

Einleitung Auf der ersten, konstitutierenden Sitzung des Ausschusses am 15. September 1948 wurde Carlo Schmid (SPD) zum Vorsitzenden, Heinrich von Brentano (CDU/CSU) zum stellvertretenden Vorsitzenden und Hermann Schäfer (FDP) zum Schriftführer gewählt37). Im Büro der Ministerpräsidenten betrachtete man den Ausschuß und die Tatsache, daß er geschaffen wurde, mit großem Argwohn. Es sei zu vermuten, schrieb Landrat z. D. Heinrich Bergner an Ehard38), daß die Abgeordneten dazu übergehen, radikale Thesen zum Besatzungsstatut auszuarbeiten, die mehr einem politischen Propagandabedürfnis als dem Bestreben, realpolitische Arbeit zu leisten, entspringen. Da die Position des Ausschusses der Ministerpräsidenten und die des Ausschusses des Parlamentarischen Rates auseinanderfallen würden, solle man seitens der Ministerpräsidenten die Abgeordneten des Parlamentarischen Rates über die bisherigen Verhandlungen unterrichten und die Arbeit beider Ausschüsse koordinieren. Diese Koordination erfolgte reibungslos, und der skeptische Beobachter seitens der Ministerpräsidentenkonferenz konnte nach der gemeinsamen Sitzung beider Ausschüsse vom 27. Oktober 1948 berichten: „Es traten keinerlei Meinungsverschiedenheiten in der politischen Einschätzung zutage39). Dennoch ist gelegentlich das Mißtrauen zwischen den Beobachtern der Außenstelle Bad Godesberg der Ministerpräsidentenkonferenz und dem Parlamentarischen Rat in dessen Berichten deutlich sichtbar40). Daß Carlo Schmid im Ausschuß die beherrschende Figur werden würde, war sicherlich zu erwarten. Nicht ohne Grund warnte Strauß in einer Sitzung der CDU/CSU-Fraktion, man solle das Problem Besatzungsstatut nicht ganz der SPD überlassen41), und er bemühte sich, auch publi-

zistisch,

um eine Mitwirkung42). Im Grunde kann man jedoch bei der Behandlung des Besatzungsstatuts von mit Ausnahme der KPD einer großen Koalition aller Parteien im Parlamentarischen Rat sprechen. Mit dem Statut würde das Maß der Souveränitätsrechte des künftigen westdeutschen Staates bestimmt werden, und in dem Ziel, eine möglichst große und weitgehende Souveränität zu erreichen, waren sich die Parteien einig. —



Siehe Dok. Nr. 1, Bericht vom 11. Sept. 1948, Z 12/81. Bericht vom 30. Okt. 1948, 712/118. Beispielsweise veranlaßte die Tatsache, daß die Thesen des Pari. Rates zum Besatzungsstatut (Dok. Nr. 4 B) vor ihrer Verabschiedung auch der Außenstelle Bad Godesberg des Büros des Ministerpräsidenten verheimlicht wurden, zu der sarkastischen Bemerkung, daß damit immerhin eine gewisse Parallelität in der Behandlung des Vertreters der KPD und der Ministerpräsidenten erreicht worden sei (Z 12/119, Bl. 95). Siehe auch die in Dok. Nr. 3, Anm. 4 geschilderte Aktion von Adenauer. 41) Protokoll der CDU/CSU-Fraktion vom 26. Okt. 1948, Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 88. 42) Walter Strauß: Probleme des Besatzungsstatuts, in: Die Welt Nr. 136 vom 18. Nov. 1948; ferner Aufzeichnung (undat.) in seinem Nachlaß IfZ ED 94/125.

37) 3B) 39) 40)

XIII

Einleitung 4. DAS WARTEN AUF DAS BESATZUNGSSTATUT

Schon zu tionellen

Beginn der Arbeit des Parlamentarischen Rates war in einer interfrakBesprechung über die Generaldebatte zum Grundgesetz im Plenum die Fragen des Besatzungsrechtes mit anzusprechen43). Carlo worden, überlegt Schmid meinte, „umrissen werden müsse auch die Stellung unserer Körperschaft zu der Militärregierung. Das eigentliche Grundgesetz sei ja das Besatzungsstatut. Wir haben hier die Möglichkeit,

satzungsmächten ihm entgegen, Grundgesetz zu

sagen, wie wir das

und

von

einer hohen Tribüne den Be-

Besatzungsrecht

Besatzungsstatut

wären

sehen." Adenauer hielt

grundsätzlich

auseinan-

derzuhalten. Man solle in einer Debatte nicht voreilig auf das Besatzungsstatut abheben. In der Generalaussprache im Plenum44) über die vom Parlamentarischen Rat zu leistende Arbeit wurde dann das Besatzungsstatut von den Rednern nur kurz angesprochen. Der Abgeordnete Süsterhenn sprach die Erwartung aus, daß der Parlamentarische Rat in die Verhandlungen eingeschaltet und Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten werde. Gut zwei Wochen nach der feierlichen Eröffnung des Plenums des Parlamentarischen Rates konstituierte sich der Ausschuß für das Besatzungsstatut, wie die meisten der anderen Fachausschüsse, am 15. September 194845), nachdem am gleichen Tag im Plenum über die personelle Zusammensetzung der Ausschüsse beschlossen worden war46), und vertagte sich dann auf unbestimmte Zeit. Während die deutsche Seite aufgrund der gegebenen Zusicherungen erwarten konnte, daß sie über die Forschritte der Verhandlungen der Alliierten über das Statut fortlaufend unterrichtet würde, erfuhren sie von den Verbindungsoffizieren in den folgenden Wochen nur Widersprüchliches. Dabei sickerten über die Weltpresse und aus Gesprächen mit den Verbindungsoffizieren eine Fülle von Detailinformationen über die Differenzen in den Verhandlungen der Alliierten durch, über die an anderer Stelle berichtet wird. Mitte Oktober 1948 erwog man in der CDU/CSU-Fraktion ernsthaft, die Frage des Besatzungsstatuts in einer Plenarsitzung zu behandeln und eine Entschließung zum Besatzungsstatut auszuarbeiten47). In der Fraktionssitzung vom 19. Oktober wurde jedoch beschlossen, zunächst Fühlung mit dem demnächst tagenden Besatzungsstatut-Ausschuß der Ministerpräsidenten aufzunehmen48). Ende Oktober 1948 schienen die alliierten Verhandlungen zu einem Abschluß zu kommen. Von amerikanischer Seite wurde mitgeteilt, General Clay werde sich bemühen, den Termin des 15. Novembers für die Bekanntgabe des Statuts einzuhalten49) und in der Zeitung „Die Welt" vom 26. Oktober 1948 wurden die Umrisse des Statuts aufgrund von Informationen aus London skizziert. Diese In-

43) 2. interfraktionelle Besprechung vom 1. Sept. 1948, Bay. HStA NL Pfeiffer/72. 44) Stenographische Berichte über die Plenarsitzungen, 2. und 3. Sitzung, Zitat von Süster45) 4B) 47) 48) 49) XIV

henn S. 19. Siehe Dok. Nr. 1.

Stenographische Berichte über die Plenarsitzungen, S. 65. Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 79. Ebenda, S. 83. Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 26. Okt. 1948, Z 12/118, Bl. 15.

Einleitung formationen veranlaßten Adenauer zu einer massiven Kritik. Er bemängelte öffentlich, daß die Kompetenzen der Bundesregierung offenbar massiv eingeschränkt werden sollten und daß die deutsche Gesetzgebung den Besatzungsmächten vorzulegen sei50). Die alliierten Verbindungsoffiziere gewannen im Verlaufe der Zeit hingegen den Eindruck, das Fehlen des Statuts werde von den Deutschen als Ausrede benutzt, um schwierige politische Entscheidungen bei der Erarbeitung des Grundgesetzes nicht treffen zu müssen51). Am 27. Oktober 1948 tagten der Ausschuß für das Besatzungsstatut des Parlamentarischen Rates mit dem der Ministerpräsidenten gemeinsam, ohne daß ein konkretes Papier oder ein bestimmter Anlaß vorgelegen hätte52). Demgemäß referierte Carlo Schmid in allgemeinen Ausführungen noch einmal über Aspekte eines Besatzungsstatuts und man vergewisserte sich in der Interpretation der Zusicherungen der Alliierten, das Statut vor seiner Verabschiedung den Deutschen zur Kenntnis zu geben. Schließlich berichtete G. von Schmoller über Fragen, die er in seiner Ausarbeitung über das Besatzungsregime in den drei westlichen Besatzungszonen53) behandelt hatte. Man beendete die Sitzung mit der Einsetzung gemeinsamer Ausschüsse, die allerdings nie zusammentreten sollten. Ferner wurde vereinbart, daß Dr. Eberhard, Leiter des Deutschen Büros für Friedensfragen, und Dr. Schwend von der Bayerischen Staatskanzlei, die publizistische Diskussion über das Besatzungsstatut im internationalen Rahmen laufend beobachten und die übrigen Ausschußmitglieder darüber unterrichten

sollte54). Nur wenige Tage später, am 2. November 1948 brachte der US-Verbindungsoffizier Pabsch nach einem Besuch in Frankfurt die Nachricht mit, das Besatzungs-

statut werde erst veröffentlicht, wenn das Grundgesetz vorliege55). Offensichtlich enttäuscht und verärgert über die ständigen Verzögerungen und das Nichteinhalten der gegebenen Zusagen begann die deutsche Seite nun energischer Kritik zu äußern. Carlo Schmid machte am 2. Nov. 1948 in einer interfraktionellen Besprechung die Weiterarbeit am Grundgesetz nach der zweiten Lesung von der Kenntnis des Besatzungsstatuts abhängig: „Von seinem Inhalt würde es abhängen, ob verantwortungsbewußte Deutsche künftig die politischen Pflichten übernehmen könnten, für die das Grundgesetz die formale Grundlage schaffe." Zumindest müßten die wesentlichen und detaillierten Einzelheiten vorliegen56). Die gleiche Forderung erhob Adenauer am 5. November 1948 in einer Pressekonferenz; die dritte Lesung würde in Frage gestellt sein, wenn das Besatzungsstatut weniger sei als ein Ersatz für den Friedensvertrag, den wir nur deshalb nicht bekämen, weil sich die „Alliierten" nicht einigen könnten57).

Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 30. Okt. 1948, Z 12/118, Bl. 11. Chaput de Saintonge an Steel vom 10. Okt. 1948, PRO FO 371/70598 B. Abdr. des Protokolls als Dok. Nr. 2. Siehe Dok. Nr. 2, Anm. 27. Siehe Dok. Nr. 2, Anm. 79. 55) ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 2. Nov. 1948, Z 12/119, Bl. 293. 5B) ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 3. Nov. 1948, Z 12/118, Bl. 2. 57) Berichte der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 5. Nov. 1948, Z 12/119, Bl. 271 wie vom 6. Nov. 1948, Z 12/64, Bl. 108.

50) 51) 52) 53) 54I

so-

XV

Einleitung Gegenüber den Verbindungsoffizieren wiederholte er die Forderung am 11. November 194858). Vom US-Verbindungsoffizier Pabsch wurde daraufhin nochmals versichert, das Besatzungsstatut werde dem Parlamentarischen Rat in seinen Grundzügen zur Kenntnis gebracht, ehe seine Beratungen in ein kritisches Stadium träten. Das Statut selbst werde aber erst veröffentlicht werden, wenn das Grundgesetz fertig vorliege59). Auch der britische Verbindungsoffizier kündigte eine derartige globale Informierung für die Zeit nach der nächsten Besprechung der Militärgouverneure an60). Nach dieser Konferenz vom 16. November 1948, erklärte zwar General Clay, das Besatzungsstatut sei zu 90 Prozent fertig und er hoffe, daß nach Rückäußerungen der Regierungen in Paris, Washington und London zu den noch zu lösenden geringfügigen Fragen die nächste Sitzung der Militärgouverneure am 30. November 1948 die Arbeiten am Besatzungsstatut abschließen könne61), doch gelang es den Militärgouverneuren auch am 30. November nicht, sich zu einigen. Der Entwurf wurde vielmehr erneut an den Arbeitsausschuß zurückgewiesen62). Anfang Dezember 1948 wurde die deutsche Seite erneut aktiv, nachdem aus den Kreisen der Verbindungsoffiziere geäußert worden war, das Statut werde erst nach Beendigung der Arbeit am Grundgesetz bekanntgegeben63). Der Ältestenrat beschloß am 2. Dezember 1948, das Plenum einzuberufen, um über das Besatzungsstatut in voller Öffentlichkeit zu sprechen64). Zugleich bat Adenauer als Präsident des Parlamentarischen Rates die Militärgouverneure um ein Gespräch, bei dem man den Inhalt des Besatzungsstatuts informell zur Kenntnis geben könne und bei dem der Parlamentarische Rat die „Meinung der Militärgouverneure zu der in Bonn geleisteten Arbeit kennenlernen würde"65). In wesentlich rauherem Ton folgte am 3. Dezember 1948 ein Schreiben an die Verbindungsoffiziere, in dem Adenauer an die seinerzeit gegebenen Versprechen erinnerte, indem er aus der Antwort der Militärgouverneure an die Ministerpräsidenten zitierte und auf Zeitungsmeldungen verwies, daß das Statut bald fertig sei66). Zur Vorbereitung einer Plenarsitzung wurde zugleich der Ausschuß für das Besatzungsstatut für den 3. Dezember einberufen67). In dieser Sitzung sprach sich eine große Mehrheit jedoch gegen eine Behandlung der Frage im Plenum aus. Das Thema sei zu heikel für eine Plenarsitzung; es sei zu fürchten, daß durch „gewisse Kontroversen" Porzellan zerschlagen werde, womit ein Treffen von Adenauer mit den Verbindungsoffizieren vom 11. Nov. 1948, PRO FO 371/70601. Franz. Bericht über das Treffen in: Colmar, Cabinet Civil Pol V K 1 a Heft: Conseil Parlementaire. Demnach bat Adenauer für den Fall, daß das Statut sehr restriktiv ausfalle, eine Besserungsklausel vorzusehen. 59) Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 3. Nov. 1948, Z 12/118, Bl. 3. 60) Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 6. Nov. 1948, Z 12/119, Bl. 264. 61) Neue Zeitung vom 18. Nov. 1948. 62) Z 45 F, 17/214-2/13. Tripartite Committee on the Occupation Statute, Note vom 1. Dez.

58) Bericht über

1948.

Bericht der ASt Bad Godesberg der MinPräs. Siehe Dok. Nr. 3, Anm. 3. Abdr. in Dok. Nr. 3, Anm. 29. Ebenda. 67) Abdr. des Protokolls als Dok. Nr. 3.

B3) 64) 65) 66)

XVI

vom

2. Dez. 1948, Z 12/119,

Bl. 168.

Einleitung sicherlich das Auftreten der Abgeordneten der KPD gemeint war. Es wurde ein Unterausschuß eingesetzt, der „Thesen zum Besatzungsstatut" entwickeln sollte, die für alle politischen Kräfte akzeptabel sein könnten. Das in dieser Sitzung von Carlo Schmid gehaltene Referat über die Grundzüge eines Besatzungsstatuts zeigt im übrigen, wie präzise die deutsche Seite über die Divergenzen der Alliierten Bescheid wußte68). Die Thesen zum Besatzungsstatut wurden in einem ersten Entwurf von dem Unterausschuß des Besatzungsstatutausschusses erarbeitet69), dann jedoch in einem interfraktionellen Ausschuß unter wesentlicher Mitwirkung von Carlo Schmid und v. Brentano weiterbehandelt70). Auf diese Weise wollte man die KPD ausschalten, die im Ausschuß für das Besatzungsstatut vertreten war und gedroht hatte, die Ungewißheit hinsichtlich des Besatzungsstatuts in die Öffentlichkeit zu tragen. Nachdem es durch Carlo Schmid gegenüber der Frankfurter Rundschau zu Indiskretionen über die in Vorbereitung befindlichen Thesen gekommen war71), wurden diese für die 26. Sitzung des Hauptausschusses geradezu überfallartig auf die Tagesordnung gesetzt und von allen Parteien mit Ausnahme der KPD angenommen. Die Mitwirkung an der Erarbeitung dieser Thesen war, neben den späteren Bemühungen um die Interpretation des Besatzungsstatuts, eine der originären Leistungen des Ausschusses. Vergleicht man sie mit den von den Ministerpräsidenten erarbeiteten Leitsätzen vom Juli 194872), so sind die Unterschiede letztlich nicht gravierend. Doch wurden vor allem die deutschen Zuständigkeiten für auswärtige Angelegenheiten, für die Gerichtsbarkeit und die Besatzungskosten hier deutlicher gefordert. Auffällig war, daß als Besatzungsziel die „Entmilitarisierung" mittlerweile fortgefallen war73). Bis zu einem gewissen Grad waren diese Thesen sicherlich auch im Hinblick auf die deutsche öffentliche Meinung formuliert worden, in der die Abgeordneten des Parlamentarischen Rates sich durch ehemalige Nationalsozialisten diskriminiert, als Knechte der Alliierten verunglimpft und bedroht

jedoch

sahen733). Die

Unterredung

gouverneuren

60) 69) 70) 71) 72) 73)

einer

am

des Parlamentarischen Rates mit den MilitärDezember 1948, die in die „Frankfurter Affaire" um

Delegation

16./17.

Ebenda, TOP 2. Siehe Dok. Nr. Siehe Dok. Nr. Ebenda.

4 A.

4

B, insbes. Anm.

1.

Vgl.

Anm. 30. Zu den Anfängen der Diskussion S. XXXVI f.

um

eine

Wiederbewaffnung

siehe: Der Pari. Rat Bd. 3,

von Laloy vom 11. (?) Dez. 1948 über eine Pressekonferenz mit Carlo Schmid und ein Gespräch mit Eberhard. Sowohl I 3 als auch Abschnitt III der Thesen seien mit Rücksicht auf die deutsche öffentliche Meinung formuliert worden. (Colmar, Cabinet Civil du Commandant en Chef Français en Allemagne Pol. V K 1 a Heft: Divers.) Ferner Note von H. J. Joos an M. Seydoux vom 17. Dez. 1948 über Gespräche mit HöpkerAschoff und Menzel (ebenda, deuxième dossier): Die deutsche öffentliche Meinung stünde unter einer von Ex-Nazis gesteuerten Propaganda. Menzel habe gesagt, die Abgeordneten des Pari. Rates würden ständig in Telefonanrufen und anonymen Schreiben beschimpft. Sie würden als Knechte der Alliierten bezeichnet und mit dem Tode bedroht.

73a) Siehe „Note"

XVII

Einleitung die

Adenauer als Präsident des Parlamentarischen Rates münkurz zu behandeln, weil sie nicht im Rahmen dieses Bandes die KPD hatte zu dokumentieren ist. Die meisten Teilnehmer der Delegation fuhren zu der Konferenz nach man von einer Teilnahme ausgeschlossen74) Frankfurt in der Annahme, nun endlich offiziell zumindest über die Grundzüge des Besatzungsstatuts informiert zu werden. Adenauer verfolgte jedoch bei dieser Unterredung primär das Ziel, die Militärgouverneure zu veranlassen, sich zu politischen Kontroversen zu äußern, bei denen die CDU/CSU in das Hintertreffen geraten war. Gegenüber seiner Fraktion hatte er sich bereits in der Sitzung vom 16. Nov. 1948 abgesichert, indem er sich ermächtigen ließ, ein Gespräch mit den Militärgouverneuren anzustreben, damit sichergestellt werde, daß die Alliierten das Grundgesetz auch akzeptieren würden75). Der britische Verbindungsstab berichtete am 8. Dezember 1948 über ein Gespräch mit Adenauer vom Vorabend76), in dem dieser empfohlen habe, die Militärgouverneure sollten zur Zusammensetzung der Zweiten Kammer und hinsichtlich der Einführung von Bestimmungen zur religiösen Freiheit und Erziehung und zum Schutz der Familie eine klare Richtlinie geben („strong direction"). Selbstverständlich habe er auch die Forderung nach Informierung über das Besatzungsstatut wiederholt. Der britische Verbindungsoffizier kommentierte Adenauers Äußerung bereits dahingehend, daß dieser versuche, die CDU/CSU mit Hilfe der Militärgouverneure aus ihrer mißlichen Lage hinsichtlich obiger politischer Fragen zu befreien. Am 11. Dezember 1948 wandte sich Adenauer dann an den Bayerischen Ministerpräsidenten Ehard, um ihm mitzuteilen, daß bei der Unterredung mit den Militärgouverneuren am 16. Dezember 1948 die „bundesstaatliche Gestaltung" zur Sprache kommen werde und empfahl zu erwägen, ob er und andere Ministerpräsidenten nicht mit den Militärgouverneuren Rücksprache nehmen sollten77). Der Aufforderung der Verbindungsstäbe, diese Besprechung durch schriftlich fixierte Fragen vorzubereiten, kam er nicht nach78). Als Adenauer am Nachmittag des 16. Dezember in Frankfurt, wo er wegen einer Autopanne erst in letzter Minute eintraf, das Gespräch mit den Militärgouverneuren mit einer Reihe von zentralen inhaltlichen Fragen zur Ausgestaltung des Grundgesetzes begann, wobei die Frage nach dem Besatzungsstatut

Amtsführung

dete, ist hier

von

nur





74) Vgl. die Erklärung

75) 76) 77) 78)

von Max Reimann vom 16. Dez. 1948, Z 12/8. Adenauer habe ihm erklärt: „Wenn ein Kommunist dabei ist, wird er Fragen stellen, die die anderen Fraktionen vermieden wissen möchten. Wenn Sie, Herr Reimann, auftreten, mit Ihren Reden und Fragen, würden die Herren Gouverneure die Akten zuklappen und die Sitzung vorzeitig beenden. Die Herren Gouverneure würden uns auch nicht alles sagen, wenn Sie dabei sind." Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 158. Femschreiben des British Liaison Staff nach Berlin vom 8. Dez. 1948, PRO FO 1030/85. Mensing: Adenauer, Briefe 1947-1949, S. 364. Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 16. Dez. 1948, Z 12/119, Bl. 50-51.

XVIII

Einleitung zur Nebensache geriet, mußten sich die Delegationsmitglieder der SPD und FDP hintergangen fühlen79). Vor allem die SPD fühlte sich düpiert. Bereits um die Intervention der Alliierten vom 22. November 1948 war es zu sehr heftigen Auseinandersetzungen zwischen Adenauer und Schmid um die Frage gekommen, wie darauf zu reagieren sei80). Während Carlo Schmid und die SPD sie völlig ignorieren und dies als offizielle Haltung des Parlamentarischen Rates durchsetzen wollten, versuchte Adenauer wesentlich moderater zu agieren. Er setzte den Kompromiß durch,

fast

das Aide-Memoire vom 22. November 1948 als „Erhellung der Prinzipien des Dokuments Nr. I der Frankfurter Dokumente" zu deklarieren81). Adenauers Fragen zum Grundgesetz in der Besprechung vom 16. Dezember erweckten nach Auffassung der SPD den Eindruck, man mache die Alliierten zu Schiedsrichtern über deutsche politische Differenzen. Adenauer wurde daher von SPD und FDP genötigt, am folgenden Tag vor den Militärgouverneuren ausdrücklich zu erklären, daß dies nicht der Fall sei82). Dieser Eklat in der Deutschen Delegation überlagerte letztlich die desolate Lage bei den Alliierten hinsichtlich des Besatzungsstatuts, über das die Deutschen aufgrund der Differenzen unter den Militärgouverneuren und der sich daraus ergebenden Verärgerung von Clay überhaupt nichts erfuhren83). Auch die frostige Stimmung dieser Unterredung wirkte ernüchternd. Die Außenstelle Bad Godesberg des Büros der Ministerpräsidenten berichtete84): „Es war im übrigen erschütternd, festzustellen, welch grundlegend falsche Vorstellung bei einer Reihe von Mitgliedern der Delegation über die Formen von .Besprechungen' mit den Militärgouverneuren geherrscht haben muß, eine Tatsache, die den Abgeordneten Renner zu der Bemerkung veranlaßte, daß es bei Herrn Sokolovski wesentlich menschlicher und gemütlicher zuging; dort setze man sich erst zu einem 79) Hauptquellen für die Vorgänge sind: Aufzeichnung von Murphy in: Foreign Relations 1948 Vol. II, S. 644-646; ebenda, S. 641-644 ein Protokoll. Fraktionssitzungen der CDU/ CSU, vgl. Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 292-328. BKA NL Adenauer 09.05/1, dabei

u. a.

Privatnotizen eines Teilnehmers und handschriftliche Entwürfe

von

Adenau-

Eingehend behandelt wurden die Vorgänge auf der 28. Sitzung des Hauptausschusses (Verhandlungen, S. 331—343). Höpker-Aschoff (FDP) berichtete im Informationsdienst Nr. 6 vom 27. Dez. 1948 eingehend über den „Fall Adenauer" (NL Höpker-Aschoff/50). er.

80) PRO FO 371/70601, Bericht vom 24. Nov. 1948. Menzel an Ollenhauer (Durchschrift an C. Schmid) vom 26. Nov. 1948, FESt NL Carlo Schmid/1162. 81) Ebenda; vgl. Adenauers eingehende Darstellung in der Fraktionssitzung vom 4. Jan. 1949 (Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 303-305). 82) Siehe den Bericht von Adenauer in der Fraktionssitzung der CDU/CSU vom 4. Jan. 1949; Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 309. François Poncet meinte hingegen, die Fra-

83) 84)

gen des Präsidenten seien „ganz normal" gewesen. Im übrigen skizzierte er die Stimmung unter den Deutschen mit den Worten: „On se croirait revenu à l'époque ou la République de Weimar, en proie à une agitation intense se demandait si elle devait accepter ou refuser de signer le traité de Versailles. Mais il y avait à Weimar quelques fortes personnalités. Elles font défaut à Bonn" (Colmar, Cabinet Civil Pol V K 1 a, Heft: Conseil Parlamentaire depuis 1 Septembre). Siehe Abschnitt 5a dieser Einleitung. Z 12/119, Bl. 29. Auch Murphy bezeichnete die Athmosphäre dieser Besprechung als „rather unhappy" (Foreign Relations 1948 Vol II, S. 645).

XIX

Einleitung Umtrunk nieder, bevor man in die Debatte eintrete." Die Krise um Adenauer als Präsident des Parlamentarischen Rates, durch die die SPD zumindest zeitweise hoffte, daß sie Adenauers politisches Schicksal besiegeln würde85), wurde erst in einer Sitzung des Ältestenrates vom 5. Jan. 1949 beigelegt, wirkte stimmungsmäßig aber noch wesentlich länger nach86). Für Adenauer waren die Angriffe der SPD und Carlo Schmids insofern unglaubwürdig und scheinheilig, als gerade Carlo Schmid einen besonders engen Umgang mit den Verbindungsstäben pflegte863). Mitte Januar 1949 erfuhren die Deutschen durch einen Artikel von Marguerite Higgins in der New York Times (13. Januar 1949), daß OMGUS an Plänen für den Fall arbeitete, daß die Deutschen die Annahme des Besatzungsstatuts verweigern würden, falls die Beschränkungen zu groß seien87). Demnach sollten die Vollmachten des Wirtschaftsrales auf die französische Zone ausgedehnt werden, falls es wegen der Differenzen zwischen SPD und CDU/CSU nicht zur Bildung einer westdeutschen Regierung kommen würde. Hinsichtlich des Besatzungsstatuts wurden die Deutschen von den US-Verbindungsoffizieren mit dem Hinweis beruhigt, daß die Franzosen zu Zugeständnissen bereit sein könnten, nachdem sie sich beim Ruhrstatut weitgehend durchgesetzt hätten. Es sei allerdings nicht auszuschließen, daß die US-Militärregierung den Plan wieder hervorhole, falls die deutsche Reaktion auf das Besatzungsstatut zu ungünstig aus-

falle88).

Forderung nach der Bekanntgabe des Besatzungsstatuts als Voraussetzung für die Weiterarbeit am Grundgesetz wurde von den deutschen politischen Kräften in der Öffentlichkeit nicht mehr erhoben; denn mittlerweile hatten die Alliierten einzelne deutsche Politiker mit dem jeweiligen Verhandlungsstand Die

85) Menzel

86)

86a) 87) 88) XX

an Carlo Schmid vom 27. Dez. 1948, FESt NL C. Schmid/475. Demnach wollte Schumacher die Affaire zu einem Mißtrauensvotum gegen Adenauer als Präsident des Pari. Rates ausnutzen, wurde jedoch offensichtlich durch Bedenken von Reuter und der Fraktion gebremst; dabei wurde argumentiert, es sei wichtiger, Adenauer als Bundespräsidenten unmöglich zu machen, als ihn als Präsidenten des Pari. Rates abzulösen. Aus französischen Quellen (Colmar, ungez. Note pour l'Ambassadeur vom 10. Jan. 1949 über die Tätigkeit des Pari. Rates bis zum 8. Jan. 1949, Cabinet Civil Pol VK 1 a, Heft: Deuxième Dossier) geht hervor, daß Süsterhenn in Gesprächen mit der SPD drohte, die Zusammenarbeit einzustellen, falls die Attacken gegen Adenauer nicht aufhörten und die SPD mit der KPD gemeinsame Sache machen würde. In der Fraktion habe man mit 19 :3 Stimmen Schumachers Linie abgelehnt. Der französische Beobachter meinte, die Krise sei zwar beendet aber nicht beigelegt. Der Kampf zwischen Adenauer und Schumacher werde sich fortsetzen und jeder von ihnen werde Munition für die Wahlkampagne sammeln, die der Annahme der Verfassung folgen werde. Vgl. den Bericht über die Sitzung des Ältestenrates in der Fraktionssitzung der CDU/CSU vom 5. Jan. 1949; Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 325-326. Siehe auch Carlo Schmid: Erinnerungen, S. 382. Adenauer in der Fraktionssitzung vom 4. Jan. 1949, Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 305. Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 13. Jan. 1949, Z 12/71, Bl. 66-67. Vgl. auch den Bericht des franz. Verbindungsoffiziers Laloy hierzu vom 18. Jan. 1949 (Colmar, Pol V K 1 a, Heft: Conseil Parlementaire). Ebenda.

Einleitung dann doch inoffiziell vertraut gemacht. Adenauer berichtete im April 1949 der CDU/CSU-Fraktion, er habe „durch Zufall" das Besatzungsstatut, wie es im März vorgelegen habe, kennengelernt; ebenso die Fassung vom Dezember89). Am 7. Februar 1949 führte der britische Verbindungsoffizier Chaput de Saintonge, der bei den Verhandlungen über das Besatzungsstatut in London beteiligt war, eingehende Gespräche mit Carlo Schmid, Pfeiffer und Adenauer90). Dabei unterrichtete er die Deutschen über den Wunsch der Britischen Regierung, angesichts der internationalen Lage möglichst rasch den Aufbau eines Weststaates vorzunehmen. „Durch ein solches Faktum würde auch dem Spiel Rußlands ein Ende gemacht, das offensichtlich darauf ausgehe, die Konsolidierung des Westens dadurch zu erschweren, oder unmöglich zu machen, daß es die Phantasie und die Erwartung der Deutschen durch ein vages Bild von der Zusammenschlußmöglichkeit für ganz Deutschland in Bewegung setze." Ausgiebig informierte er über Einzelheiten des Besatzungsstatuts und die Differenzen der Alliierten hierüber. Mitte Januar 1949 hatte es bereits das Gerücht in Journalistenkreisen gegeben, die SPD-Fraktion habe den Entwurf des Besatzungsstatuts von einem sozialistischen französichen Minister erhalten91). Auch François Poncet dürfte Adenauer Anfang Februar über den Stand der Verhandlungen über das Statut informiert haben92). Von ihm stammte das Bonmot, den Deutschen würden im Besatzungsstatut im ersten Artikel umfangreiche Rechte übertragen, die aber in den folgenden 40 Artikeln eines nach dem anderen wieder aufgehoben würden93). Am 8. Februar berichtete Chaput de Saintonge, daß es offensichtlich zwischen Carlo Schmid und Adenauer eine Vereinbarung gebe, nach der das Besatzungsstatut im Verhältnis zur Schaffung einer neuen deutschen Regierung als sekundär anzusehen sei. Schumacher habe allerdings Schmid telefonisch die Weisung gegeben, daß es eine Schlußabstimmung über das Grundgesetz nicht geben könne, ehe nicht das Besatzungsstatut von der Militärregierung vorgelegt worden sei94). Am 17. Februar 1949 beschloß der Ältestenrat, ein weiteres Treffen des Parlamentarischen Rates oder eines seiner Ausschüsse zunächst nicht einzuberufen, da man annahm, das Besatzungsstatut werde in spätestens 10 Tagen vorlie-

89) Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 466. 90) Carlo Schmid an Schumacher vom 7. Febr. 1949 (FESt NL C. Schmid/475; Aufzeichnung von Pfeiffer vom 7. Febr. 1949 Bayer. HStA NL Pfeiffer/213). Aus der Aufzeichnung geht hervor, daß auch ein Gespräch mit Adenauer stattfand. Das folgende Zitat aus der Aufzeichnung von Pfeiffer, der im übrigen bereits im Nov. 1948 von zwei „sehr gut unterrichteten Herren" über den Stand der Verhandlungen zum Besatzungsstatut unterrichtet den war (Pfeiffer an Ehard vom 17. Nov. 1948, NL Pfeiffer 213).

91)

wor-

NL Pfeiffer/213. Auch der britische Geheimdienst meldete Entsprechendes: Senator Ehaus Kreisen französischer Sozialisten erhalten. Die Meldung konnte jedoch nicht verifiziert werden (PRO FO 1049/1674 Niedersachsen Intelligence Staff an Political Division Berlin vom 15. Febr. 1949). Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 2. Febr. 1949, Z 12/121, Bl. 149. Siehe Dok. Nr. 3, Anm. 9. Bericht nach Berlin vom 8. Febr. 1949, PRO FO 1050/86.

lers, Bremen, habe den Entwurf 92) 93) 94)

XXI

Einleitung Zu diesem Zeitpunkt überprüften die Alliierten bereits den GrundgesetzEntwurf in der Fassung der 3. Lesung des Hauptausschusses vom 10. Febr. 194 996). Bei der Unterredung mit den Militärgouverneuren am 3. März 194 997) wurden die Gouverneure wiederum nach der offiziellen Bekanntgabe des Statuts gefragt. Am Morgen des 2. März war unter Bezugnahme auf Äußerungen des französischen Außenministers Schumann im Rundfunk erklärt worden, das Besatzungsstatut werde im Laufe weniger Tage ausgehändigt werden. General König mußte gestehen, von der Erklärung Schumanns selbst überrascht worden zu sein und die deutsche Delegation erhielt wiederum keine offizielle Auskunft. General Clay empfahl, die Arbeiten am Grundgesetz auch ohne Kenntnis des Besatzungsstatuts fortzuführen: „Wenn aber auch das Besatzungsstatut gewisse Vollmachten vorbehalten mag, welche in der Tat die volle Anwendbarkeit ihrer Verfassung zum Teil suspendieren, so ist doch nichts in dem Besatzungsstatut, was Änderungen in den Bestimmungen der Verfassung nötig machen würde." Er versicherte überdies, das Versprechen, das Statut vor seiner endgültigen Verabschiedung mit dem Parlamentarischen Rat zu besprechen, gelte nach wie

gen95).

vor.

Zu diesem Zeitpunkt rechnete man zumindest in der Britischen Militärregierung offenbar mit einer baldigen Einigung über das Besatzungsstatut. Unter dem 7. März bereitete der Military Advisor (Steel) die Regional Commissioners durch ein Rundschreiben auf das kommende Statut vor, um diese für Gespräche mit den Deutschen zu instruieren98). Steel schrieb, das Besatzungsstatut werde sicherlich in seiner Erscheinungsform als sehr negativ betrachtet werden, da die Liste der Vorbehalte sehr lang sei. Andererseits sei darauf hinzuweisen, daß damit alles nicht Aufgeführte in deutsche Zuständigkeit gelange und als wichtigster Punkt sei die Revisionsklausel hervorzuheben. Die Deutschen könnten nicht erwarten, daß sie mit einem Schritt die volle Handlungsfreiheit zurück erhielten. Einsichtige Deutsche würden das Besatzungsstatut als einen Anfang akzeptieren und ehrlich an einer Verbesserung arbeiten. Dies hätten die Deutschen bereits 1919—1925 sehr gut gekonnt. Letztlich werde das Statut den Deutschen das bringen, was sie immer gewollt hätten: Eine Rechtsgrundlage für die

deutsch-alliierten Beziehungen!

95) Chaput de Saintonge an das Foreign Office vom 17. Febr. 1949, PRO FO 1050/86. 96) Parlamentarischer Rat: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Entwürfe), S. 195 ff.

Fassung der

3.

Lesung des Hauptausschusses,

97) Wortprotokoll in: Z 12/9, Zitat Bl. 98) PRO FO 1030/86. XXII

262.

Stand 10. Febr. 1949.

Einleitung 5. DIE VERHANDLUNGEN DER ALLIIERTEN

ÜBER DAS BESATZUNGSSTATUT

Verhandlungen der Militärgouverneure OMGUS begann mit Überlegungen zur Ausgestaltung eines Besatzungsstatuts offensichtlich Anfang Juli 1948"). Dabei wurde selbstverständlich auf die Londoner Beschlüsse zurückgegriffen, in denen die künftigen Beziehungen zwischen der zu schaffenden deutschen Bundesregierung und den Besatzungsmächa.

Die

ten bereits im Grundsatz beschrieben waren100). Mitte August 1948 vereinbarten die Militärgouverneure, ein Kommittee für das

Besatzungsstatut zu errichten101). Mitglieder waren Edward Lichtfield (USA), R. A. Chaput de Saintonge (Großbritannien) und Maurice Sabatier (Frank-

reich). Am 19. August übermittelte General Clay dem War Department erstmals detailliert seine Vorstellungen und Verhandlungsziele hinsichtlich des Statuts102). Sie wurden bereits zehn Tage später, am 29. August 1949 ohne wesentliche Einschränkungen gebilligt103). Vor allem wurde auch dem Wunsch Clays ausdrücklich zugestimmt, ein möglichst kurzes Besatzungsstatut zu schaffen. Anfang Oktober war bereits ein mit den alliierten Verhandlungspartnern besprochener Entwurf fertiggestellt104). Doch dann wurden die Verhandlungen immer schwieriger. General Robertson empfahl bereits zu diesem Zeitpunkt, das Besatzungsstatut nicht mit weiteren Kleinigkeiten zu überladen, damit es von den Deutschen nicht als eine weitere „Liste von Dienstbarkeiten und Einschränkungen" angesehen werde105). Am 16. Oktober 1948 beschlossen die Militärgouverneure, ihren Ausschuß zu beauftragen, einen Bericht zu erstellen, der die noch nicht gelösten Fragen markieren sollte106). Er wurde am 25. Oktober fertiggestellt107) und wies folgende strittigen Punkte auf: 1. Franzosen und Amerikaner wollten das Besatzungsstatut als gemeinsame Proklamation verkünden; die Briten als identische, jedoch getrennt zu verkündende Proklamation. 2. Franzosen und Amerikaner wollten die Kontrolle über Vertriebenen- und Flüchtlingsfragen den Besatzungsmächten vorbehalten, die Engländer nicht. 3. Franzosen und Amerikaner wollten den Besatzungsmächten das Recht vorbehalten, von den Deutschen Berichte zu verlangen und zu allen Informationsquellen Zugang zu erhalten. Die Briten wollten dieses Recht begrenzt wissen.

") Murphy an den Secretary of State vom 3. Juli 1948, Foreign Relations 1948 Vol. II, S. 597. 10°) Siehe Dok. Nr. III der Frankfurter Dokumente, Der Pari. Rat Bd. 1, S. 30 sowie „Letter of advice to

Military

19. Mai 1948,

101) 102) 103) 104I 105I 106) 107)

Governors

regarding

Foreign Relations

Foreign Relations 1948 Vol. II, Ebenda, S. 598-599. Ebenda, S. 600-606. Ebenda, S.

Powers of Civil and II, S. 260-262.

Military Governments" vom

1948 Vol. S. 598.

608-613.

Robertson an Kirkpatrick vom 6. Okt. 1948, PRO FO 371/70598 B. Foreign Relations 1948 Vol. II, S. 615.

Ebenda, S.

615-617.

XXIII

Einleitung und Amerikaner wollten bei allen Vergehen von Angehörigen der Besatzungsmächte die deutsche Gerichtsbarkeit ausschalten, die Briten nicht. Gleiches galt für die Gerichtsbarkeit über Displaced Persons. 5. Franzosen und Briten wollten eine flexible Kontrolle über die Besatzungskosten, die Amerikaner wollten eine feste Kontrolle und ihre Begrenzung. Franzosen und Briten wollten ferner Zahlungen als mandatorischen Bedarf ermöglichen und waren außerdem nicht bereit, Begrenzungen von Personal, Nutzung von Gebäuden und Möbeln festzuschreiben. 6. Hinsichtlich der Auslegung des Statuts wollten die Franzosen nur einen Beirat mit beratenden Funktionen akzeptieren, nicht aber ein Appellationsgericht. Die Amerikaner forderten hingegen ein solches Gericht, an das sich die deutschen Regierungen würden wenden können. Seine Entscheidungen sollten für Deutsche und Alliierte bindend sein. Die britische Auffassung differierte hinsichtlich der Zusammensetzung des Gerichts. Mit nicht weniger als 26 Paragraphen, die zum Teil noch in mehrere Unterabschnitte gegliedert waren, war der Besatzungsstatuts-Entwurf vom Oktober 1948 alles andere als ein kurzes Dokument geworden, wie Clay es gewollt hatte108). Das State Department bezeichnete es als enttäuschend und sah die Gefahr, daß eine deutsche Regierung unter diesen Bedingungen das Vertrauen der Bevölkerung nicht erhalten werde und deshalb Verantwortung gar nicht erst überneh4. Franzosen

men

würde109).

Obwohl die oben geschilderten Meinungsunterschiede auf den ersten Blick hin nicht schwerwiegend zu sein schienen, mußte Clay am 30. Oktober 1948, als die drei Militärgouverneure über den Entwurf berieten, feststellen, daß eine Einigung mit den Franzosen schwierig werden würde. Auch tauchten neue Probleme auf, über die Clay, Stellung nehmend, wie folgt berichtete110): 1. Gerichtsbarkeil über die Displaced Persons. Er halte eine deutsche Gerichtsbarkeit angesichts der Haltung der deutschen Bevölkerung gegenüber den Displaced Persons für höchst unerwünscht und er habe dies als unverrückbare amerikanische Politik vertreten. 2. Besatzungskosten. Die Franzosen wollten die Besatzungskosten eher auf die Länder anteilsmäßig verteilen als die Bundesregierung dafür verantwortlich zu machen. Die Franzosen wollten damit den Zonenbefehlshabern größere Hexibilität zusichern und möglichen sonstigen einschränkenden Absprachen über die Besatzungskosten ausweichen. 3. Schiedsgericht. Hier waren die Meinungsverschiedenheiten grundsätzlicher Art.

Noch bemerkenswerter als alle diese Dinge sei in den Gesprächen die häufiBezugnahme der französischen Gesprächspartner auf die Zonenbefehlshaber und die Staatsregierungen gewesen. 4.

ge

10°) Ebenda, S. 617-624. 109) Lovett an Murphy vom 29. Okt. 1948, ebenda S. 624. 110) Clay an das Department of Army vom 1. Nov. 1948 ebenda, S. XXIV

625-626.

Einleitung Am 16. November 1948 berieten die Militärgouverneure erneut111); dabei wurde ein Vorschlag der Verbindungsoffiziere, dem Parlamentarischen Rat wenigstens die Grundzüge des Besatzungsstatut-Entwurfs zur Kenntnis zu geben, abgelehnt. Clay hielt dies nicht für vertretbar, weil die Genehmigung des Dokuments durch die Regierungen noch nicht erfolgt sei, und die Deutschen die Möglichkeit bekämen, die Alliierten untereinander auszuspielen112). Am 30. November 1948 verwiesen die Militärgouverneure den Entwurf nochmals an ihren Ausschuß113), da es in den oben aufgeführten Differenzen zu keiner Annäherung kam. Vier Wochen später, am 16. Dezember, berieten die Militärgouverneure erneut114); es wurde ein Bericht über die Meinungsverschiedenheiten an die Regierungen verabschiedet115) und die Unterredung mit der Delegation des Pari. Rates vorbereitet. Der Bericht konnte erst nach vierstündigen, äußerst mühsamen Verhandlungen verabschiedet werden. Clay war offensichtlich sehr ungehalten darüber, daß die Franzosen die Verlagerung der Verhandlungen über das Besatzungsstatut auf Regierungsebene über seinen Kopf hinweg betrieben hat-

ten116).

Gesprächen am folgenden Tage, in denen geklärt werden sollte, was den Deutschen beim zweiten Treffen am Nachmittag über das Besatzungsstatut zu sagen wäre, entsandte Clay Botschafter Murphy, für Robertson erschien Steel. Obwohl diese Gesprächsrunde empfohlen hatte, die Deutschen über die Grundzüge des Statuts zu informieren, verwarf Clay diesen Vorschlag. Nach heftigen Auseinandersetzungen einigte man sich, die Deutschen aufzufordern, die Fragen zu bezeichnen, deren Nichtwissen sie bei der Weiterarbeit am Grundgesetz behindern würden117). Mil dem Bericht der Militärgouverneure vom 17. Dezember 1948 an ihre Regierungen über die Meinungsunterschiede zum Besatzungsstatut und einem entsprechenden Entwurf, der die Divergenzen synoptisch darstellte, waren die Verhandlungen auf dieser Ebene beendet118). Zu den

Washington auf diplomatischer Ebene Nach dem Scheitern der Verhandlungen auf der Ebene der Militärgouverneure wurden die Gespräche auf Regierungsebene im Foreign Office ab dem 17. Januar 1949 fortgeführt119). Die Delegationen bestanden aus folgenden Persönlichkeiten: Julius C. Holmes (Leiter); William C. Trimble, David A. Thomasson, Bernard A. Gufler (USA); Sir Ivone A. Kirkpatrick (Leiter), Patrick Dean, Christob. Die

Verhandlungen

in London und

»') Ebenda, S. 630-636. 112) Ebenda, S. 634. 113) Z 45 F 17/214-2/13. 114) Foreign Relations 1948 Vol. II, S. 640. 115) Bericht ebenda, S. 650-653. 116) Bericht an das Foreign Office vom 16. Dez. 1948, PRO FO 371/70 603. 117) Ebenda, Bericht vom 17. Dez. 1948; ferner Prot, der Unterredung mit der Delegation des Pari. Rates

118) Ebenda, S.

vom 17. Dez. 1948. 653-662.

Foreign Relations

119) Foreign Relations 1949, Vol. III, S.

1948 Vol.

II, S. 646-650.

13.

XXV

Einleitung pher Steel (Großbritannien); René Massigli (Leiter), Louis Guiringaud, François Seydoux (Frankreich). Doch zunächst waren auch auf dieser Verhandlungsebene kaum Fortschritte zu erzielen120); das vorgesehene Vertragswerk wurde immer komplizierter, die Warnungen von Clay immer deutlicher. Vor allem waren es neben Aspekten der Besatzungskosten und ihrer Erhebung die Zusammensetzung und die Kompetenzen des vorgesehenen Schiedsgerichtshofes, in denen der französische und der amerikanische Standpunkt nicht vereinbar waren. Geradezu skurrile Vorstellungen wurden zwischenzeitlich von den Diplomaten erwogen: Die Deutschen sollten als ..assessors" lediglich mit Hilfsfunktionen hinzugezogen werden. Clay erklärte daraufhin die Bedeutung des Wortes „Assessor" im Deutschen und machte deutlich, daß eine derartige Regelung von deutscher Seite als beleidigend angesehen werden müsse. Es sei vorzuziehen, dann lieber gar keine deutsche Beteiligung vorzusehen121). Der andere Hauptstreitpunkt war die Frage, inwieweit die Militärgouverneure (Hohen Kommissare) künftig Beschlüsse einstimmig zu fassen hätten. Während die Franzosen auf einer Einstimmigkeit beharrten, wies Clay auf seine jüngsten Erfahrungen mit dem Französischen Militärgouverneur König hin. Drastisch schilderte er in der Telekonferenz vom 17. März 1949122), wie die Besprechungen der drei Militärgouverneure zur Zeit abliefen. Sie seien den Kontrollratssitzungen ganz ähnlich, wobei König den Platz von Sokolovski einnehme. Während er sich mit Robertson in wenigen Stunden über eine Tagesordnung von 16 oder 17 Punkten einig werden könne, behandle man mit den Franzosen einen ganzen Morgen lang nur drei bis vier Punkte, ohne auch nur in einem Punkt Einigkeit zu erzielen. Dabei würden Robertson und er sich stets schnell einig und seien auch in der Lage, Kompromisse anzubieten. Er empfahl, die Londoner Verhandlungen zu beenden und auf höherer Ebene in Washington unter Berücksichtigung aller deutscher Fragen neu zu verhandeln. Am 20. März 1949 kam es zu einem langen und ausführlichen Gespräch zwischen General Clay und dem französischen Außenminister Schumann in dessen Pariser Wohnung123). Mit großer Befriedigung konnte Clay danach feststellen, daß seine Vorstellungen eine ihn offenbar überraschende positive Resonanz bei Schumann fanden. Es sei das befriedigendste Gespräch gewesen, das er je mit einem französischen Amtsträger über Deutschland geführt habe124). Clays Einfluß auf die amerikanische Deutschlandpolitik war zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits geringer geworden, da die zentralen Entscheidungen nunmehr im fällen waren125). Dort war man mittlerweile auch zu dem Ergebnis gekommen, daß der Besatzungsstatut-Entwurf, wie er sich Anfang März 1949 darstellte, kaum brauchbar war126). Ein Mitarbeiter in Kennans Policy State

Department

zu

12°) Ebenda, S. 15 ff. 121) Siehe Bericht von Holmes

an den Secretary of State vom 29. Jan. 1949, ebenda, S. 22—24 Clay an das Department of Army vom 3. Febr. 1949, Z 45 F 17/214-2/12. Clay-Papers, S. 1047-1048. Zusammenfassend vgl. Krieger: General Lucius D. Clay, S. 448 f. Siehe den Bericht von Clay in Clay-Papers, S. 1056-1058. Siehe Krieger: General Lucius D. Clay, S. 450. Memorandum von Ware Adams vom 7. März 1949, Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 47.

und

122) 123) 124) 125) 126)

XXVI

Einleitung bezeichnete ihn als lang, rigide, kompliziert und ebenso schwieverstehen wie zu interpretieren. Als eines der Ziele der bevorstehenden Verhandlungen der Außenminister der drei Westmächte, die am 31. März in Washington begannen, wurde in den vorbereitenden Gesprächen dann auch ein „wesentlich einfacheres" Statut bezeichnet127). In aller Kürze sollten die Rechte der Besatzungsmächte aufgeführt werden, die es aus Gründen der Sicherheit und wegen der Besatzungsziele geben müsse, wie z. B. auf dem Felde der Reparationen, der Dekartellisierung, bei der Einhaltung der internationalen Verpflichtungen usw. Die deutsche Gesetzgebung hingegen sollte Inkrafttreten, wenn sie nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraumes von den Besatzungsmächten einstimmig mißbilligt würden. Die alliierten Vorbehaltsrechte sollten mit Mehrheitsvotum wahrgenommen und die deutsche Regierung mit der notwendigen Verantwortung und Autorität ausgestattet werden, um die für einen Staat üblichen Funktionen wahrnehmen zu können. Im Rahmen der grundsätzlichen Einigung der Westmächte über die Neuorientierung ihrer Politik gegenüber Deutschland, die mit der Außenministerkonferenz in Washington einen ersten Abschluß fand, bereitete die Einigung über das Besatzungsstatut keine wesentlichen Schwierigkeiten mehr128). Schließlich war auch General Clay, der bis zuletzt skeptisch und kritisch die Verhandlungen in New York verfolgt hatte, mit dem erzielten Ergebnis zufrieden. Im ganzen sei es ein konstruktives Programm und ein großer Schritt vorwärts129). Voraussetzung dieser Entwicklung war zweifellos der Abschluß des Atlantikpaktes und die Einigung über die Ruhrkontrolle gewesen, mit der die französischen Sicherheitsinteressen befriedigt worden waren130).

Planning Staff

rig

zu

6. DAS BESATZUNGSSTATUT VOM 8. APRIL 1949: DIE BERATUNGEN DES PARLAMENTARISCHEN RATES UND DIE UNTERREDUNG MIT DEN MILITÄRGOUVERNEUREN AM 14. APRIL 1949

April 1949 gelang den Außenministern der drei Westmächte in New York nach dreitägigen Beratungen eine umfassende Einigung über die mit Deutschlands Zukunft zusammenhängenden Fragen. Paraphiert wurden folgende Übereinkünfte, die man als Einheit sehen muß, wenn im folgenden auch nur vom Besatzungsstatut bzw. über den von den Außenministern paraphierten Entwurf die Rede ist131): 1. Übereinkunft über die Prinzipien, nach denen die US-, die Britische und die Französische Regierung ihre Kompetenzen nach Schaffung der Bundesregierung ausüben werden.

Am 8.

127) Memorandum for the President

vom

31. März 1949,

S. 142 ff.

Foreign Relations

128) Krieger: General Lucius D. Clay, S. 457 ff. 129) Clay an Voorhees vom 8. April 1949, Clay-Papers, S. 1102. 13°) Siehe die Analyse im Erlaß des Foreign Office an Berlin

vom

9.

1949

April

Vol. III,

1949 PRO

1049/1675.

131) Siehe den Nachweis

in Dok. Nr. 5 A, Anm. 1.

XXVII

Einleitung 2. 3. 4. 5.

Besatzungsstatut

Abkommen über die Dreizonen-Kontrolle Übereinkommen hinsichtlich Berlin Protokoll über die Ansprüche gegen Deutschland 6. Protokoll über eine Volksabstimmung über Württemberg-Baden 7. Abkommen über Kehl 8. Botschaft der Außenminister an die Militärgouverneure 9. Botschaft der Außenminister an den Parlamentarischen Rat Das Besatzungsstatut wurde offenbar nur aus dem Grunde als ein eigenständiges Dokument gestaltet, weil das seinerzeit in London vereinbart worden war und man den Deutschen versprochen hatte, es ihnen vor Verabschiedung des Grundgesetzes zur Kenntnis zu geben. Materiell wurde das Statut in den Verhandlungen im Rahmen des „Letter of Approval of the Basic Law" behandelt, mit dem es später für gültig erklärt wurde132). Eine von den Militärgouverneuren unterzeichnete Ausfertigung des Besatzungsstatuts hat es weder am 10. April 1948 noch später gegeben133). Das Statut, bzw. der paraphierte Entwurf, wurde von den Verbindungsoffizieren am Sonntag, 10. April 1948 dem Präsidium des Pari. Rates, Adenauer und Schönfelder, zusammen mit einer Botschaft der Außenminister an den Pari. Rat übergeben134). Zum Mißvergnügen Adenauers kamen während der Übergabe noch Carlo Schmid und Jakob Kaiser hinzu135). Erste Fragen von Adenauer wurden mit dem Bemerken, daß diese bei einem Gespräch mit den Militärgouverneuren gestellt werden mögen, nicht beantwortet. Bemerkenswert für die deutsche Stimmungslage war dabei Adenauers Rückfrage, ob sich das Statut möglicherweise erübrigen würde, wenn die Alliierten sich mit Sowjetrußland einigen würden, und ob Schumacher das Statut möglicherweise bereits erhalten habe136). Obwohl bei der Übergabe beider Dokumente an die Deutschen eine Nachrichtensperre von 48 Stunden vereinbart worden war, erschienen Artikel mit dem Wortlaut bereits am folgenden Montag aufgrund von Indiskretionen von Journalisten137). Zunächst mußte der Parlamentarische Rat sich um eine richtige Übersetzung bemühen, da die von den Alliierten übergebene, unautorisierte Fassung offensichtliche Mängel aufwies130). Das Besatzungsstatut war schließlich doch noch ein kurzes und knappes Dokument geworden. Während die Entwürfe noch bis zu 28 Paragraphen mit zahlreichen komplizierten Einschränkungen umfaßten, bestand es nunmehr lediglich aus neun relativ kurzen Paragraphen, von denen § 2 diejenigen Gebiete aufzählte, auf denen die Besatzungsmächte sich die Zuständigkeiten vorbehielten. Trotz der Kürze des Dokuments waren die alliierten Interessen deutlich gewahrt

132) 133) 134) 135) 136) 137) 13B)

1949 Vol. III, S. 172. Siehe Dok. Nr. 5 A, Anm. 3. Siehe Dok. Nr. 5 A.

Foreign Relations Ebenda,

Anm. 1,

Ebenda. Siehe Dok. Nr. 7, Anm. 5. Dok. Nr. 7, Anm. 9.

XXVIII

Einleitung worden und die Souveränität des neuen deutschen Staates war eine nur sehr relative. Jedoch war der verabschiedete Entwurf schon von der Optik her wesentlich erfreulicher als seine zahlreichen Vorgänger139). In der begleitenden Botschaft der Außenminister wurde dabei als Perspektive für den neuen deutschen Staat in Aussicht gestellt, daß es ein Hauptanliegen der drei alliierten Regierungen sei, „die engste Einbeziehung des deutschen Volkes innerhalb eines demokratischen Bundesstaates in den Rahmen einer europäischen Vereinigung auf einer für beide Seiten günstigen Grundlage zu fördern und zu erleichtern"140). Dies war bereits im Febr. 1949 von deutscher Seite als wünschbar bezeichnet worden, damit das deutsche Volk das Statut akzeptieren könne141) und spielte in den „Hintergrundgesprächen" zwischen Deutschen und Alliierten eine wesentliche Rolle142). Die Beratungen über das Besatzungsstatut begannen am Tag nach der Überreichung mit einer gemeinsamen abendlichen Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut mit dem Ausschuß der Ministerpräsidenten143). In einer nicht einmal einstündigen, gemeinsamen Sitzung wurde praktisch nur eine erklärende Lesung durch Carlo Schmid vorgenommen. Intensivere Beratungen folgten am Dienstag, den 12. April 1949 mit einer Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut zusammen mit dem Präsidium des Pari. Rates und den Fraktionsführern144), der sich eine gemeinsame Sitzung mit den Ministerpräsidenten anschloß145), die zunächst gesondert getagt hatten. Bei diesen Besprechungen wurde zunächst nochmals das Statut analysiert und überlegt, welche Fragen den Militärgouverneuren, die bei der Übergabe des Statuts ihre Gesprächsbereitschaft bekundet hatten140), zu stellen wären. Dabei plädierte der Abgeordnete Wagner (SPD) dafür, von einer Unterredung mit den Gouverneuren über das Statut abzusehen, um den Anschein zu vermeiden, die deutsche Seite habe an seinem Zustandekommen mitgewirkt. Die Abgeordneten der KPD drängten darauf, das Statut völlig abzulehnen. Die Mehrheit befürwortete jedoch die Annahme des Gesprächsangebots der Militärgouverneure. Sowohl Parlamentarier wie Ministerpräsidenten empfahlen, die Fragen nicht so zu formulieren, daß sie gefährliche vorzeitige Festlegungen provozieren würden. Obwohl die Ministerpräsidenten, wie Adenauer sich mokierte, zunächst wenig Neigung gehabt hätten, überhaupt etwas zu tun, verabschiedeten sie eine gemeinsame Resolution147), in der sie im Besatzungsstatut „einen bedeutsamen Fortschritt auf dem Wege zur Wiedererlangung der Souveränität des deutschen Volkes" sahen

139) Vgl. den Erlaß des Foreign Office vom 9. April 1949, PRO FO 1049/1675. 140) Siehe Dok. Nr. 5. 141j Bericht von Chaput de Saintonge vom 0. Febr. 1949 über ein Gespräch mit Blankenborn, PRO FO 1050/86.

142) Menzel 143)

i**J

145I I4B) 147)

an Schumacher vom 7. Febr. 1949 über ein Gespräch mit Chaput de FESt NL C. Schmid/475. Siehe Dok. Nr. 6. Siehe Dok. Nr. 7. Siehe Dok. Nr. 8. Siehe Dok. Nr. 5 A, Anm. 1. Es wurde im Rahmen von Dok. Nr. 8 verlesen. Siehe Dok. Nr. 8, Anm. 25.

Saintonge,

XXIX

Einleitung Entwicklungsmöglichkeiten für Deutschland zur „gleichberechtigten Einin die europäische Völkerfamilie" begrüßten. Eine gemeinsame Stellungnahme des Parlamentarischen Rates kam hingegen zunächst nicht zustande. In den Beratungen wurde von einzelnen Sprechern kritisiert, daß ein Schiedsgericht fehle148), daß die Vorschrift, nach der die Besatzungskosten auf längere Frist und pauschal festzusetzen sind, fallengelassen worden war149) und daß und die

ordnung

sich an den Souveränitätsverhältnissen letztlich nichts ändern würde150). Als positiv bewertet wurde vor allem die Revisionsmöglichkeit des Statuts, die politische Perspektive der Eingliederung der Bundesrepublik in die europäische Staatengemeinschaft und die Tatsache, daß nunmehr französische Sonderwege und eine Blockade der alliierten Politik durch Frankreich nicht mehr möglich sein würde. Letzteres wurde allerdings in den Beratungen des Parlamentarischen Rates nur angedeutet151). Clay berichtete über die deutschen Reaktionen auf das Besatzungsstatut, man beklage äußerlich zwar die Beschränkungen, um politisches Kapital zu gewinnen, innerlich sei man aber zufrieden und erleichtert152). Die Parteien beurteilten das Statut gegenüber der Öffentlichkeit pointierter als die Abgeordneten im Pari. Rat. Adenauer hatte bereits am Tag vor der offiziellen Überreichung des Statuts zu den Washingtoner Beschlüssen Stellung genommen153) und dabei positive Aspekte herausgestellt: 1. Die Revisionsklausel, nach der das Statut nach einem Jahr zu revidieren war. Eine derartige Vorschrift war immer eines seiner wesentlichen Anliegen gewesen; er hatte bereits im November 1948 Schumann gebeten, für eine derartige Klausel zu sorgen154). 2. Künftig müßten die alliierten Entscheidungen über Deutschland im wesentlichen mit Mehrheitsbeschluß gefaßt werden. 3. Solle Deutschland in die europäische Völkergemeinschaft zurückgeführt werden. 4. Würden die Besatzungskosten im Rahmen der vorgesehenen Neuordnung der Verhältnisse entscheidend verringert. Der erweiterte Parteivorstand der SPD äußerte sich am 11. April 1949 zurückhaltender, Schumacher persönlich wesentlich schärfer155). Die Souveränität sei weder ganz noch teilweise, weder direkt noch indirekt den Deutschen gegeben worden. Für die Arbeit des Pari. Rates schaffe das Besatzungsstatut keine neuen Unterlagen von entscheidender Bedeutung. Am 13. April 1949 tagte dann der Hauptausschuß des Pari. Rates156). Obwohl man zur Vermeidung kommunistischer Propagandareden die Redezeit auf 15 Minuten pro Fraktion begrenzt hatte, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der

148) Siehe Carlo Schmid in Dok. Nr. 6. 149) Carlo Schmid ebenda. 15°) Carlo Schmid und Wagner in Dok. Nr. 152) 153) 154) 155) 156)

6.

in Dok. Nr. 7. PRO FO/1049 Bericht vom 11. April 1949. Clay-Papers, S, 1103: Teleconference vom 12. April 1949. Rheinische Post vom 11. April 1949. Siehe Adenauer an Schumann vom 4. Nov. 1948, Mensing: Adenauer, Briefe 1947-1949, S. 337. Ferner Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 158. Siehe Dok. Nr. 8, Anm. 25. Verhandlungen des Hauptausschusses, S. 739 ff.

151) Wagner

XXX

Einleitung KPD, die einen Antrag eingebracht hatte, nach dem das Statut abzulehnen sei157).

Bezugnahme auf Akten der Reichskanzlei vor, nach rheinischen Separatismus beteiligt gewesen zu sein und heute Ähnliches zu erstreben. Nachdem sowohl der Antrag der KPD wie auch die Teilnahme eines ihrer Mitglieder an der Besprechung mit den Militärgouverneuren vom 14. April 1949 abgelehnt worden war, kam es zu einem Wortgefecht zwischen Reimann und Strauß, das im nachhinein auf den Fluren der Pädagogischen Akademie fast zu tätlichen Auseinandersetzungen führte158). Die Unterredung einer Delegation des Parlamentarischen Rates mit den Militärgouverneuren am 14. April 1949 in Frankfurt/Main159) diente zunächst dem Ziel, das Besatzungsstatut zu besprechen und zu Unklarheiten Fragen zu stellen. Daß inhaltliche Änderungen nicht mehr erreichbar waren, dürfte allen Seiten bewußt gewesen sein. Für diese Unterredung war von einem Unterausschuß des Ausschusses für das Besatzungsstatut ein Fragenkatalog160) erstellt worden, der sehr intensiv überarbeitet worden war161). Adenauer verlas eine vereinbarte Stellungnahme zum Statut, in der er dieses als Fortschritt bezeichnete und vor allem die geplante Eingliederung des deutschen Volkes „in der Form eines demokratischen Bundesstaates in den Rahmen einer europäischen Vereinigung" begrüßte. General Clay, der den Vorsitz führte, wies vor der Beantwortung der einzelnen Fragen eindringlich darauf hin, daß das Besatzungsstatut im Zusammenhang und in der Zielsetzung der Erklärung der drei Außenminister162) zu sehen sei. Nach der Erörterung einiger Details zum Besatzungsstatut schnitt er die Frage an, wie die Arbeiten des Parlamentarischen Rates zu einem Abschluß kommen könnten. Nachdem die Vorschläge des Siebenerausschusses vom 17. März 1949 von den Allierten als nicht akzeptabel bezeichnet worden waren, hatten sich die Fronten zwischen CDU/CSU und SPD nicht mehr bewegt163). Clay aber drängte zur Eile, da die neue Bundesregierung am europäischen Wiederaufbauprogramm mitzuarbeiten habe. Die SPD hielt weitere Gespräche jedoch erst nach dem 20. April für möglich, weil sie an diesem Tage ihre endgültige Haltung auf einem außerordentlichen Parteitag erst festzulegen gedachte. Im übrigen teilten die Militärgouverneure der Delegation mit, daß der Parlamentarische Rat ein Wahlgesetz erlassen dürfe164), und sie übergaben ein Schreiben hinsichtlich der Kompetenzen der Polizei im Grundgesetz165). Noch aber war die Krise um die endgültige Gestaltung des Grundgesetzes nicht gelöst. Sie war dadurch entstanden, daß die Alliierten die Kompromisse, die Reimann warf Adenauer unter 1919 führend

157) 158) 15£)) 16°) 161) 162) 163)

am

Siehe Dok. Nr. 8, Anm.

28.

Dok. Nr. 9, Anm. 28. Siehe Dok. Nr. 9. Siehe den Katalog in Dok. Nr. 7, Anm. 26. Vgl. Dok. Nr. 8, Anm. 12. Siehe Dok. Nr. 5 A. Siehe Dok. Nr. 9, Anm. 39 und 40. Hans-Jürgen Grabbe: Die deutsch-alliierte Kontroverse um den Grundgesetzentwurf im Frühjahr 1949, in: VjfZ 26 (1978), S. 393-418. 164) Vgl. Dok. Nr. 9, Anm. 27 a. 165) Abdr. in Dok. Nr. 9, Anm. 28.

Vgl.

XXXI

Einleitung zwischen CDU/CSU und SPD vereinbart worden waren, nicht akzeptieren wollwar das Klima dieser Konferenz wesentlich angenehmer als beim Treffen vom 15./16. Dezember 1948166). Die Neue Zeitung, die von der US-Militärregierung herausgegebene Tageszeitung, berichtete: „Im übrigen gewannen die deutschen Delegierten den Eindruck, daß sie als völlig gleichberechtigte Gesprächspartner behandelt wurden, und daß nicht etwa die Sieger die Repräsentanten eines besiegten Volkes empfingen. Sie gewannen die Überzeugung, daß die Alliierten gewillt sind, bei der Handhabung des Besatzungsstatuts sich nicht von den Buchstaben der einzelnen Punkte leiten zu lassen; vielmehr sei man offensichtlich ernsthaft gewillt, mit den Bestimmungen des Statuts einen lebensfähigen Organismus zu schaffen167)." Im Anschluß an diese Unterredung informierte General Robertson in einer gesonderten Besprechung die Abgeordneten Schmid und Menzel von der SPD über den Inhalt der Botschaft der Militärgouverneure1130), was für die Schlußphase des Ringens um das Grundgesetz zwischen CDU/CSU und SPD von entscheidender Bedeutung wurde. Resümiert man die Tätigkeit des Ausschusses für das Besatzungsstatut des Parlamentarischen Rates, so läßt sich feststellen: Sein Beschäftigungsgegenstand war von größter Bedeutung, seine Mitgestaltungsmöglichkeiten jedoch äußerst ten. Doch

gering.

Dem Parlamentarischen Rat wurde

zwar

offiziell

nur

ein Entwurf des Besat-

zungsstatuts übergeben, doch war von vornherein allen Parlamentariern deutlich, daß an dem von den Außenministern der drei Westmächte paraphierten Entwurf Änderungen nicht mehr möglich sein würden. Anfang Dezember 1948 artikulierte der Ausschuß deutsche Wünsche an ein Statut, ohne irgendeine Reaktion zu erfahren. Im April 1949 bemühte er sich dann um eine Interpretation des Statuts. Den politischen Kräften, die am Aufbau eines neuen westdeutschen Staatswesens mitwirken wollten, konnte nicht daran gelegen sein, die Fragen des Besatzungsstatuts bzw. die begrenzte Souveränität des künftigen Staates in den Vordergrund der öffentlichen Auseinandersetzung zu stellen. Insofern waren die offiziellen Verlautbarungen in der Regel zurückhaltend, sieht man von der fundamentalen Opposition der KPD einmal ab, die man so weit wie möglich aus den Beratungen auszuschalten suchte. Ein Besatzungsstatut, das 1945 und 1946 noch als ganz großer Fortschritt begrüßt worden wäre, konnte im Frühjahr 1949, als dem neuen deutschen Staat die Perspektive der Aufnahme in den „Western Club" der Weltmächte eröffnet wurde, keine Begeisterung mehr auslösen. Es war nur noch als eine befristete Zwischenregelung auf dem Weg zur Souveränität akzeptierbar. Seine baldige Revision und Ablösung würde zu den wesentlichen Aufgaben der Bundesregierung gehören169).

166) Siehe Abschnitt 4 der Einleitung. 167) Neue Zeitung vom 19. April 1949. 16S) Dok. Nr. 9, Anm. 46.

169) Siehe die Einleitungen der vom Bundesarchiv herausgegebene Edition:

Die

Kabinettspro-

tokolle der Bundesregierung, Bd. 1: 1949 bearb. von U. Enders und K. Reiser, Boppard 1982; Bd. 2: 1950 bearb. von U. Enders und K. Reiser, Boppard 1984; Bd. 4: 1951 bearb. von U. Hüllbüsch, Boppard 1988; Bd. 5: 1952 bearb. von K. v. Jena, Boppard 1989.

XXXII

Einleitung das Statut für die

Bundesregierung und ihren politischen SpielDer knappe Wortlaut der Bestimmungen Bedeutung. grundlegender des Statuts läßt die Schwierigkeiten, die sich in der konkreten Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Bundesregierung und Besatzungsmächten ergeben würden, nur andeutungsweise erahnen. Bis dahin

war

raum von

7. AUSWAHL DER

DOKUMENTE UND IHRE EINRICHTUNG

Der Ausschuß für das

Besatzungsstatut des Parlamentarischen Rates hat für sich alleine nur zweimal getagt170), weitere zwei Sitzungen171) fanden in Verbindung mit dem Besatzungsstatutausschuß der Ministerpräsidenten statt. Die beiden Sitzungen vom 12. April 1949172) waren zwar offiziell keine Besprechungen des Ausschusses, jedoch wurde hierbei im Beisein von Mitgliedern des Ausschusses über das Besatzungsstatut und das weitere Vorgehen des Parlamentarischen Rates hinsichtlich des Statuts beraten, so daß ein Abdruck auch dieser Protokolle im Kontext dieses Bandes naheliegend war. Darüber hinaus wurde das Protokoll der Besprechung einer Delegation des Parlamentarischen Rates mit den Militärgouverneuren vom 14. April 1949, in der Fragen zum Besat-

aufgenommen173). Besprechungen liegen Wortprotokolle vor. Eine konstituierende Sitzung174). Als weitere Hauptdo-

zungsstatut erörtert wurden, mit Von allen diesen Sitzungen und

Ausnahme bildet lediglich die kumente wurden abgedruckt: Die vom Parlamentarischen Rat erarbeiteten Thesen im ersten Entwurf und in der verabschiedeten Fassung175) sowie der Entwurf des Besatzungsstatuts vom 10. April 1949 mit der Begleitnote der Außenminister der drei Westmächte in deutscher und englischer Fassung176). Für die Kommentierung waren von besonderer Bedeutung die Berichte der Außenstelle Bad Godesberg des Büros der Ministerpräsidenten, Berichte der Britischen Verbindungsoffiziere zum Parlamentarischen Rat. Auch in den Akten der amerikanischen und französischen Militärregierungen war manch interessante Ergänzung zu finden. Unter den Nachlässen hervorzuheben sind die Papiere von Carlo Schmid und Anton Pfeiffer. Die Dokumente wurden eingerichtet, wie es in den für diese Edition entwickelten Regeln177) festgeschrieben worden ist.

Koblenz, im Winter

1988

Wolfram Werner

170) Dok. Nr. 1 und 3. 171) Dok. Nr. 2 und 4. 172) Dok. Nr. 7 und 8. Der Protokollant der ersten Besprechung vom 12. April 1949 (Dok. Nr. 7) bezeichnete das Protokoll zwar als „Fünfte Sitzung des Ausschusses..."; Adenauer eröffne-

jedoch mit den Worten: „Wir sind hier in keiner öffentlichen Dok. Nr. 9. Dok. Nr. 1. Dok. Nr. 4 A und 4 B. Dok. Nr. 5. Siehe Der Pari. Rat Bd. 1, S. LXXII ff. und Bd. 3, S. XXVI ff.

te

173I 174) 175I 176I 177)

Ausschußsitzung."

XXXIII

VERZEICHNIS DER DOKUMENTE

Nr.

Titel des Dokuments und Inhalt

1

Erste, konstitutierende Sitzung des Ausschusses für das Besatzungs-

Seite

statut. 15. September 1948 1. Eröffnung durch den Altersvorsitzenden. 2. Wahl des Vorsitzenden. 3. Wahl des Stellvertretenden Vorsitzenden. 4. Wahl des Schriftführers. .

5. 6. 2

Wahl des Berichterstatters.

Arbeitsplanung.

Sitzung des Ausschusses in Verbindung mit dem Besatzungsstatut-Ausschuß der Ministerpräsidenten. 27. Oktober 1948 1. Begrüßung durch den Vorsitzenden und Skizzierung der zu lei-

1

1 1 1 1 2 2

Zweite

.

stenden Arbeit. von Dr. G. von Schmoller über Besatzungspolitik, Besatzungskosten und Besatzungsstatut 3. Erörterung über die Gliederung des vom Ausschuß zu behandelnden Stoffes. 4. Einsetzung von Unterausschüssen

3 3

2. Referat

.

.

3

Dritte

Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut.

ber 1948

.

Thesen des Parlamentarischen Rates zum Besatzungsstatut. 5. /10. Dezember 1948. A. Entwurf von Mitgliedern des Ausschusses für das Besatzungsstatut

B. Vom 5

34

Aussprache

.

4

25 32

3. Dezem-

über Zeitpunkt und Form einer Stellungnahme des Parlamentarischen Rates zum Besatzungsstatut. 2. Deutsche Forderungen an ein Besatzungsstatut. 3. Fortführung der Diskussion zum TOP 1 1.

8

.

Hauptausschuß

angenommene

Fassung.

34 40 44

46

46 50

Botschaft der Außenminister der Westmächte und Entwurf des Be-

satzungsstatuts.

10.

April

1949

A. Englische Fassung. B. Deutsche, nichtamtliche Übersetzung. .

54 54

58

XXXV

Verzeichnis der Dokumente Nr.

Titel des Dokuments und Inhalt

6

Vierte

Seite

Sitzung des Ausschusses in Verbindung mit dem Besatzungsstatut-Ausschuß der Ministerpräsidenten. 11. April 1949 1. Analyse des Besatzungsstatuts und der Botschaft der Westmächte 2. Fusionsabkommen. 3. Bildung eines Unterausschusses zur Erarbeitung eines Fragenka-

62 62 69

taloges.

73

....

.

7

Fünfte Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut zusammen mit dem Präsidium des Parlamentarischen Rates und den Fraktionsführern. 12. April 1949 Analyse des Besatzungsstatuts und

.

gouverneuren 8

am

14.

April

1949

zu

Beratung

stellenden

Fragen.

des Präsidiums des Parlamentarischen Rates, des Ausschusses für das Besatzungsstatut und der Fraktionsführer mit den Ministerpräsidenten der drei westlichen Besatzungszonen. 12. April 1949

.

Besprechung der Militärgouverneure der drei westlichen Delegation des Parlamentarischen 14. April 1949

zungszonen mit einer

Fragen

Besatzungsstatut. Übergabe eines Briefes der Militärgouverneure betr. Polizeikomzum

petenzen des Bundes. 3.

Fortgang der Arbeit des Parlamentarischen

93

93

BesatRates.

.

1. 2.

XXXVI

75

Besprechung

Vorbereitung der Besprechung mit den Militärgouverneuren vom 14. April 1949, Diskussion des Fragenkatalogs zum Besatzungsstatut 9

75

über die den Militär-

Rates.

112 112 128 130

Sitzung

Erste

15.

September 1948

Nr. 1

Nr. 1 konstituierende Erste, Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut 15. Z 5/23, Bl. 3.

Undat.,

von

September

1948

Schäfer gez., als Drucks. Nr. 56 vervielf. Kurzprot.

Anwesend1) :

CDU/CSU: Binder, Strauß, de Chapeaurouge, SPD: Schmid, Eberhard, Grève FDP: Schäfer Stenografischer Dienst: Füsslein

v.

Brentano

Beginn2):

1.

Dr. de

ERÖFFNUNG DURCH DEN ALTERSVORSITZENDEN

Chapeaurouge (CDU)

eröffnet als Altersvorsitzender die

Sitzung.

2. WAHL DES VORSITZENDEN

Als Vorsitzender wird Dr. Schmid (SPD)

einstimmig gewählt.

3. WAHL DES STELLVERTRETENDEN VORSITZENDEN

Dr. Schmid (SPD) übernimmt den Vorsitz. Als Stellvertretender Vorsitzender wird Dr.

v.

Brentano (CDU)

wählt.

4. WAHL DES

einstimmig

ge-

SCHRIFTFÜHRERS

Als Schriftführer wird Dr. Schäfer (FDP)

einstimmig gewählt.

a) Anwesenheitsliste in: Z 5/23, Bl. 118. Zu den Mitgliedern des Ausschusses siehe Einleitung, Abschnitt 3. 2) Das Prot, enthielt keine Zeitangaben. Auch eine Aufstellung über die Uhrzeiten und Räume

für die konstituierenden Ausschußsitzungen

zung weder Ort noch Zeit. Man kann

am 15. Sept. 1948 benannte für diese Sitjedoch annehmen, daß sie am späten Nachmittag

stattfand, da um 15.00 Uhr die Konstituierung fast aller anderen Ausschüsse stattfand (Drucks. Nr. 25, Z 5/10). 1

Nr. 1

Erste

Sitzung

15.

September 1948

5. WAHL DES BERICHTERSTATTERS

Auf Vorschlag des Vorsitzenden beschließt der Ausschuß, die Wahl eines Berichterstatters zurückzustellen.

6. ARBEITSPLAN

Der Vorsitzende umreißt die Aufgaben des Ausschusses. Es wird erörtert, welche Stellen geeignetes Material für den Ausschuß besitzen. Der Vorsitzende gibt davon Kenntnis, daß Dr. v. Schmoller in Tübingen eine Ausarbeitung über die finanzielle Belastung der Länder durch die Besatzungsmächte und über den Umfang der Eingriffe der Besatzungsmächte in die deutschen Verwaltungen fertigt3) und schlägt vor, zu gegebener Zeit Herrn v. Schmoller als „Hilfskraft" zu den Beratungen des Ausschusses heranzuziehen4). Der Vorsitzende sagt zu, daß die erwähnte Ausarbeitung den Ausschußmitgliedern baldmöglichst zugesandt wird. Dr. Strauß (CDU) schlägt vor, Ministerialdirigent Wolf5) in Wiesbaden als Sachverständigen heranzuziehen. Dr. Schäfer (FDP) verweist auf die Vorarbeiten des Zonenbeirats15). Wegen der Einberufung des Ausschusses zu seiner nächsten Sitzung werden die Gründe für einen baldigen oder späteren Termin erörtert. Ein Zeitpunkt wird noch nicht festgelegt.

3)

4) 5)

6)

2

Schmoller übersandte unter dem 17. Nov. 1948 20 Exemplare seiner Ausarbeitung (vgl. Dok. Nr. 2, Anm. 44) an StS Eberhard zur Verteilung an die Mitglieder des Ausschusses (Z 35/153, Bl. 195). Dies geschah bereits in der zweiten Sitzung am 27. Okt. 1948, siehe Dok. Nr. 2, TOP 2. Ministerialdirigent Bernhard Wolf, Verwaltung für Finanzen des VWG, war Mitglied des Unterausschusses zur Ausarbeitung von Vorschlägen für die Regelung des Besatzungskostenrechts im Besatzungsstatut des Rechtsausschusses des Deutschen Büros für Friedensfragen. Protokolle und Unterlagen aus dieser Tätigkeit in: B 120/365. Der Rechts- und Verfassungsausschuß des Zonenbeirats der britischen Besatzungszone hatte sich mehrfach mit dem Fragenkreis eines Besatzungsstatuts befaßt. Dabei wurde in der Sitzung des Ausschusses vom 14. Okt. 1947 auch Carlo Schmid als Sachverständiger gehört (Prot, in: PA 1/263). Im Plenum wurden Fragen des Besatzungsstatuts am Rande einer Debatte über die künftige deutsche Verfassung allerdings nur gestreift (Vgl. Akten zur Vorgeschichte Bd. 3, S. 852 ff., 17. Sitzung des Zonenbeirates). v.

Zweite

Sitzung

27.

Oktober 1948

Nr. 2

Nr. 2 Zweite Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut in Verbindung mit dem Besatzungsstatut-Ausschuß der Ministerpräsidenten 27.

Okt. 19481)

Z 5/22, Bl. 1-52. Stenograf. Wortprot. vom 28. Okt. 1948, gez. Kurzprot.3): Z 5/23, Bl. 4, Drucks. Nr. 257/11

Peschel2)

Anwesend4} :

CDU/CSU: v. Brentano, Binder, Strauß, Kroll, de Chapeaurouge SPD: Schmid (Vors.), Diederichs, Wagner, Eberhard, Kuhn FDP: Schäfer Mit beratender Stimme: Seebohm (DP), Suhr (Berlin SPD) —

Besatzungsstatut-Ausschuß der Ministerpräsidenten5) nahmen an der Sitzung teil: Ehard (Bayern); Beyerle (Württemberg-Baden); Spiecker (Nordrhein-Westfalen); Brill (Hessen); Sieveking (Hamburg); Schenck (Schleswig-Holstein); Schwend (Dir. der Bayer. Staatskanzlei); v. Schmoller (Württemberg-Hohenzollern); Werz, Leisewitz (Büro der Ministerpräsidenten) Stenografischer Dienst: Peschel Ende: 12.25 Uhr Beginn: 10.00 Uhr Vom

[1. BEGRÜSSUNG DURCH DEN VORSITZENDEN UND SKIZZIERUNG DER ZU LEISTENDEN ARBEIT] Vors. Dr. Schmid: In diesem Raum

tagen zwei Ausschüsse, der Ausschuß für den die Konferenz der Ministerpräsidenten eingeFragen Besatzungsstatuts, setzt hat6), und der Ausschuß für Fragen des Besatzungsstatuts, den der Parlamentarische Rat eingesetzt hat. Dieser Ausschuß, zu dessen Vorsitzenden Sie mich bestimmt haben, freut sich, die Herren des anderen Ausschusses mit denen wir uns in derselben Aufgabe und in demselben Geist verbunden fühlen, hier als Gäste begrüßen zu dürfen. Ich bitte aber um Ihr Einverständnis, meine Herren zu meiner Linken, daß wir die Herren des ministerpräsidentiellen Ausdes

1) Die Sitzung 2) 3) 4) 5)

6)

war zunächst für den 26. Okt. 1948 im Hotel Adler, Bad Godesberg vorgesehen gewesen. Vgl. Mitteilung an die Ausschußmitglieder vom 21. Okt. 1948 in: Z 5/23, Bl. 117. Die auf Bl. 52 vorgesehene Schlußverfügung „Gelesen und zu den Akten des Ausschusses genommen" wurde vom Schriftführer des Ausschusses nicht unterzeichnet. Protokollführer des Kurzprot. war Matz. Eine weitere Fassung eines Kurzprot. als Drucks. Nr. 76 des BdMinPräs., gez. Wertz, in: Z 12/15, Bl. 75-76; ein „Stenograf. Kurzprot." in: Z 12/71, Bl. 217-229. Anwesenheitsliste nach Kurzprot. von Matz (vgl. Anm. 3). Demnach waren von diesem Ausschuß nicht anwesend: Stellv. SenPräs. v. d. Decken, FinMin. Hoffmann, FinMin. Hilpert, FinMin. Strickrodt (Liste der Mitglieder vom 6. Sept. 1948 in: Z 12/71, Bl. 295). Dieser Ausschuß war auf der Koblenzer Ministerpräsidentenkonferenz (8.—10. Juli 1948) ins Leben gerufen worden, um Dok. III der Frankfurter Dokumente zu beraten. Siehe Der Pari. Rat Bd. 1, S. 86.

3

Nr. 2

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Schusses nicht als sogenannte Gäste begrüßen und betrachten, sondern als ein Gremium, das mit uns zusammen ein einheitliches Gremium bilden soll7); denn ich glaube, daß wir auf beiden Seiten genau die gleichen Aufgaben haben und daß die Gesichtspunkte, nach denen der eine und der andere Ausschuß an diese Aufgabe herangeht, nur die gleichen Gesichtspunkte sein können, genau so wie ich der Meinung bin, daß es in der Frage, die unsere Ausschüsse angeht, auch keine parteipolitischen Verschiedenheiten geben kann und wird. Es geht hier nicht darum, diese oder jene Meinung über unser Verhältnis zu den Besatzungsmächten zu verfechten, sondern es geht darum, den Standpunkt der Deutschen, der nur ein Standpunkt sein kann, zu dieser Frage klar herauszuarbeiten und einheitlich und so wirksam als möglich zu vertreten. Ich kann mir Meinungsverschiedenheiten nur in Fragen der Taktik vorstellen, etwa dort, wo es sich darum handelt, zu entscheiden, wie wir unser Wissen am zweckmäßigsten verwerten sollen. Ich glaube aber nicht, daß Meinungsverschiedenheiten in der politischen Beurteilung des Problems überhaupt bestehen können. Die gemeinsame Tagung der Ausschüsse rechtfertigt sich meines Erachtens schon aus dem Grunde, daß es auf keinem Gebiet verhängnisvoller sein könnte, Doppelarbeit zu leisten als gerade hier. Die Außenpolitik eines Staates muß einheitlich und unteilbar sein und das Gebiet, auf0) dem wir heute Außenpolitik zu machen haben, ist das Feld, auf dem der Kampf um die Regelung des Besatzungsregimes ausgetragen wird. Die deutsche Außenpolitik, die es wohl geben kann, ist darauf beschränkt, die Besatzungsmächte durch entsprechendes Verhalten des deutschen Volkes dazu zu bringen, das Besatzungsregime in einer Weise zu gestalten, mit der wir einverstanden sein können, und hier sollten wir von vornherein darauf verzichten, auch nur getrennt zu marschieren. Ich möchte Ihnen noch mitteilen, daß gestern in Godesberg der Ausschuß der Herr von Brentano und ich waren Ministerpräsidentenkonferenz getagt hat9) als Gäste beteiligt und daß dort über die heutige Sitzung gesprochen worden ist und auch einige Fragen des grundsätzlichen Verhaltens der Deutschen in Punkto Besatzungsstatut den Alliierten gegenüber in Erwägung gezogen worden sind. Bei der Frage, ob und wie man jetzt mit bestimmten Forderungen an die Alliierten herantreten soll, wurde allgemein die Meinung vertreten, daß es unklug wäre, nunmehr fordernde Fragen an die Besatzungsmächte zu stellen, daß es auf der anderen Seite aber durchaus notwendig ist, daß urbi et orbi bekannt —



zu koordinieren, war nach einem Gespräch zwischen C. Schmid und v. Brentano beschlossen worden (Fernschreiben der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 21. Okt. 1948, Z 12/71, Bl. 233). In der Fraktionssitzung der CDU/CSU vom 26. Okt. 1948 berichtete v. Brentano, es sei festgelegt worden, daß der Besatzungsstatutausschuß der Ministerpräsidenten und der des Pari. Rates immer mal wieder zusammen tagen sollten, um eine Zweigleisigkeit zu vermeiden, und weil der Pari. Rat weitgehend auf die Auskünfte der Ministerpräsidenten angewiesen sei. Der Abgeordnete Strauß gab dabei zu bedenken, daß darauf zu achten sei, daß die SPD nicht die „gänzliche Führung" in der Frage des Besatzungsstatuts erhalte (Salzmann; Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 87-88). °) Das folgende von Schmid korrigiert aus „auf dem wir heute Außenpolitik machen können, ist das Gebiet der Besatzung." 9) Prot, in: Z 12/71, Bl. 182-206.

7) Die Absicht, die Sitzungen beider Ausschüsse

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wird, wie diese Ausschüsse oder der Parlamentarische Rat sich zum Problem des Besatzungsstatuts verhalten. Als die richtige Methode, dies zu tun, wurde

allgemein angesehen, daß in der ersten Sitzung des Hauptausschusses, wenn die allgemeine Debatte über das Grundgesetz beginnt, die einzelnen Fraktionen sagen sollten, welche Mindestforderungen an ein Besatzungsstatut zu stellen d. h. wenn sind, wenn das Grundgesetz überhaupt einen Sinn haben soll Deutsche sich bereitfinden sollen, die nach diesem Grundgesetz, also nach deutschem Recht möglichen Verantwortungen zu übernehmen10). —

gestern auch die Frage erörtert, inwieweit wir uns für die Sammund Sichtung des Materials der Länderregierungen bedienen sollten. Es besteht Einverständnis darüber, daß ohne die tätige Mitwirkung der Länderregierungen unsere Arbeit gar nicht richtig in Angriff genommen werden kann. Es ist schon einiges auf dem Gebiet der Sammlung des erforderlichen Materials und der Analyse der Tatbestände getan worden. Herr von Schmoller, der seit langer Zeit mein Mitarbeiter für diese Fragen11) ist, hat gestern referiert12), und ich erbitte Ihr Einverständnis dafür, daß er uns heute ins Bild setzt. Sein Referat wird die strukturellen, grundsätzlichen Probleme des Besatzungsstatuts behandeln. Er wird den Bereich streifen, den man mit dem Wort „Verrechtsstaatlichung des Besatzungsregimes" umschreiben könnte, und wesentlichen Nachdruck wird er auf den komplexen Problemkreis zu legen haben, der sich hinter dem Wort „Besatzungskosten" verbirgt. Ich werde am Ende der Diskussion den Vorschlag machen, drei Unterausschüsse einzusetzen, die das Material, das von anderen Stellen besorgt werden wird denn es erfordert die hauptamtliche Tätigkeit einer Reihe von Leuten —, entgegennehmen, prüfen und verarbeiten sollen, und sie sollen dann den beiden Ausschüssen Vorschläge machen über die beste Art, sich zu verhalten. Es wird sich also handeln um einen Unterausschuß für die strukturellen und organisatorischen Probleme, einen Unterausschuß für die Rechtsstaatlichkeitsprobleme und einen für die Besatzungskosten. Dr. Strauß: Ich möchte an den Wortlaut des Dokuments Nr. III anknüpfen, das die Militärgouverneure am 1. Juli den Herren Ministerpräsidenten übergeben haben13). Im letzten Absatz des Dokuments Nr. III steht: Die Militärgouverneure ersuchen die Ministerpräsidenten, sich zu vorstehenden Grundsätzen zu äußern. Das ist im dritten Teil der Koblenzer Stellungnahme geschehen14). Dann geht es Wir haben

lung



10) Eine Erörterung der Problematik eines Besatzungsstatuts fand in der

Jl)

12) 13)

Hauptausschusses

dann doch nicht statt. Schmoller (geb. 1907), Stationen seiner Laufbahn

ersten

Sitzung des

waren: 1935—1937 RefeGustav von rent im Reichswirtschaftsministerium, 1937-1939 Stickstoffsyndikat, 1939-1941 Vertreter des Oberlandrats in Pilsen, 1941—1945 Deutsches Staatsministerium für Böhmen und Mähren, ab 1945 im Württemberg-Hohenzollernschen Staatsdienst tätig. Er war ab April 1949 Leiter des von Württemberg-Hohenzollern in Tübingen errichteten Instituts für Besatzungsfragen. Seit Dez. 1952 im Auswärtigen Dienst. Siehe Anm. 8. Abdr. in: Der Pari. Rat Bd. 1, S. 33-36. Das Dok. Nr. III der Frankfurter Dokumente legte

die Grundsätze für die Beziehungen zwischen der und den Alliierten dar. 14) Abdr. in: Der Pari. Rat Bd. 1, S. 148-150.

zu

schaffenden deutschen Regierung

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Militärgouverneure werden daraufhin diese allgemeinen Grundsätze, allgemeinen Grundsätze für ein Besatzungsstatut, mit von ihnen etwa genehmigten Abänderungen der verfassunggebenden Versammlung als Richtlinien für die Vorbereitung der Verfassung übermitteln und werden die von ihr, also vom Parlamentarischen Rat, etwa dazu vorgebrachten Äußerungen entgegennehmen. Ich glaube, daß dieser Satz bisher in seiner Bedeutung uns noch nicht erklärt worden ist. Aus dem Wortlaut war doch eigentlich für uns, als wir ihn im Juli weiter: Die

nämlich die

lasen,

zu entnehmen, daß zumindestens bei Beginn der Arbeiten des Parlamentarischen Rates die erwähnte Stellungnahme der Militärgouverneure dem Parlamentarischen Rat zur Vorbereitung seiner Arbeit übergeben werden sollte. Das ist damals nicht geschehen und konnte wohl auch nicht geschehen, weil die Militärgouverneure untereinander noch nicht zu gemeinsamen Grundsätzen gekommen waren15). Aber die Frage wäre, wann, fußend auf diesem Wortlaut des Dokuments Nr. III, der Zeitpunkt zu erwarten ist, an dem wir zur Vorbereitung unserer Arbeiten eine derartige Stellungnahme erwarten können. Daran anschließend wäre die sehr zweifelhafte Frage zu erwägen, ob unsererseits nach der Richtung etwas geschehen sollte. Wie wird diese Zusage ausgelegt? Ministerpräsident Ehard16): Die drei Dokumente wurden damals den Ministerpräsidenten mit der Aufforderung übergeben, dazu Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme ist auf der Koblenzer Ministerpräsidentenkonferenz erfolgt17), und zwar zu den drei Dokumenten, jeweils mit dem Wunsch, man möchte doch eine Aussprache über die Äußerung der Ministerpräsidenten herbeiführen und auch die Meinung der Alliierten zunächst hören, um dann eine endgültige Stellungnahme dazu zu finden. Dieses Gespräch, das damit erbeten und zugesagt worden ist, ist für die Dokumente I und II weitergeführt worden. Im Anschluß daran hat die Rüdesheimer Konferenz18) stattgefunden und daraufhin die abschließende Sitzung in Frankfurt19), die zu der Schaffung des Parlamentarischen Rates geführt hat. Zum Dokument III ist nur einmal eine Gegenäußerung der Militärgouverneure gleich nach der Koblenzer Konferenz erfolgt, die etwa so gelautet hat20): Wir

15) Die Verhandlungen der Militärgouverneure

1S) 17) 1B) 19) 20)

6

zur

Erarbeitung

eines

Besatzungsstatuts

in

den Monaten Juli—Dez. 1948 sind sehr detailliert dokumentiert in den Foreign Relations 1948 Vol. II, S. 597-664 und für Jan.-April 1949 in: Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 1—73. Ferner Jean E. Smith: The Papers of General Lucius D. Smith Bd. II, passim. Im OMGUS-Bestand findet sich die dichteste Überlieferung in den Akten der Legal Division (Z 45 F, 17/214-2 folder 11,12, 13,15). Auf britischer Seite eine besonders dichte Überlieferung in: PRO FO 1049/1131, 1413-1417, 1673-1676; FO 1032/1076, 1895-1897. Die Ausführungen von MinPräs. Ehard (Bl. 2, 6, 7 der Stenograf. Mitschrift) fehlen in der Vorlage. Vgl. auch den Vermerk von Stegmann am 20. Febr. 1953 in: Z 5/22, Bl. 6). Sie wurden vom Bearbeiter aus einer Ausfertigung des Prot, aus B 120/346 eingefügt. Siehe: Der Pari. Rat Bd. 1, S. 148-150. Abdr. des Prot, in: Der Pari. Rat Bd. 1, S. 172-270. Abdr. des Prot, in: Der Pari. Rat Bd. 1, S. 319-324. Ehard meinte hiermit die von Clay verlesene Antwort der Militärgouverneure zur deutschen Stellungnahme zu Dok. Nr. III der Frankfurter Dokumente (vgl. Anm. 13). Abdr.: Der Pari. Rat Bd. 1, S. 169-171.

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haben von Ihren Bemerkungen Kenntnis genommen, sie sind uns sehr interessant, und wir werden sie prüfen und, soweit es geht, eingehend berücksichtigen usw., auf Grund der Bestimmungen der Londoner Konferenz über die Grundprinzipien des Besatzungsstatuts der Versammlung, also dem Parlamentarischen Rat zu [!] geben, [der] die Verfassung für das Grundgesetz ausarbeitet. So hat es geheißen: Bevor diese Grundprinzipien der Versammlung, also dem den MinisterpräParlamentarischen Rat vorgelegt werden, werden wir Ihnen sidenten nämlich sehr gern das Ergebnis unserer Erwägung Ihrer Vorschläge mitteilen und Ihre weitere Stellungnahme entgegennehmen. Darauf ist nichts mehr erfolgt. Es wurde uns nur gesagt, die Einzelheiten dieses Besatzungsstatuts seien unter den Alliierten selbst noch nicht beraten und je nach dem Fortgang der Dinge beabsichtige man, diese Dinge den Ministerpräsidenten noch einmal zur Äußerung mitzuteilen und dann dem Parlamentarischen —



Rat. Der Stand der Sache ist also

so: Die erste Reaktion auf das Dokument III war die Äußerung der Ministerpräsidenten nach der Koblenzer Konferenz21). Daraufhin ist eine Gegenäußerung von Seiten der Alliierten bisher nicht erfolgt. Es müßte also nach dem Stand der Dinge erwartet werden, daß die Alliierten zunächst eine Äußerung an die Ministerpräsidenten geben, so daß da noch einmal ein Gespräch stattfindet, und daß in irgendeiner Form abgestimmt das gesamte Ergebnis an den Parlamentarischen Rat geht. Ob das so geschieht oder ob gleichzeitig an den Parlamentarischen Rat und an die Ministerpräsidenten eine Äußerung erfolgt22), das wissen wir im Augenblick nicht. In Aussicht gestellt ist augenblicklich nichts. Es sind auch keine Mitteilungen an uns gekommen. Man hört am Rande, es sei beabsichtigt, daß es bald geschehen soll, wenigstens in Teilergebnissen23). Ob das aber richtig sei, weiß ich nicht. Vors. Dr. Schmid: Gestern nachmittag war eine interfraktionelle Besprechung, auf der auch dieses Problem mit dem Präsidenten des Parlamentarischen Rates erörtert wurde24). Es wurde dort auch die Absicht kundgetan, die Debatte im Hauptausschuß mit einer Aussprache über das Problem des Besatzungsstatuts zu eröffnen25). Der Präsident hat mir gesagt, er würde im Anschluß daran den

21) Vgl. Anm. 17. 22) In der Tageszeitung „Die Welt"

vom 26. Okt. 1948 war neben einem Bericht aus London über den vermeintlichen Inhalt des Besatzungsstatuts eine Notiz erschienen, daß nach Auffassung der Militärgouverneure das Besatzungsstatut „lediglich den Ministerpräsidenten und nicht dem Parlamentarischen Rat zur Stellungnahme zugeleitet werde" (Z 12/69, Bl. 42-43). 23) Am 26. Okt. 1948 meinte der US-Verbindungsoffizier Anton F. Pabsch im Gespräch mit Werz und Leisewitz vom BdMinPräs., vor der Verkündigung des Besatzungsstatuts durch die Alliierten sei eine weitere Äußerung zu der deutschen Antwort zu Dok. III nicht zu erwarten. General Clay strebe an, den von ihm selbst in Aussicht gestellten Termin für die Bekanntgabe des Besatzungsstatuts bis zum 15. Nov. einzuhalten (ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 26. Okt. 1948, Z 12/118, Bl. 15). 24) Ein Prot, dieser Sitzung ließ sich nicht ermitteln. Berichtet wurde über sie in der Sitzung der CDU/CSU-Fraktion vom 22. Okt. 1948 (Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 84-86). 25) Vgl. Anm. 10.

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Liaison-Offizieren das Ergebnis der Debatte mitteilen und sie fragen, für wann Einleitung der Prozedur gerechnet werden könne, die im Schlußsatz des Dokumentes Nr. III angegeben worden ist26). Ich glaube, das ist das richtige Verfahren, und ich halte es taktisch für verkehrt, wenn man im jetzigen Augenblick mit einer formellen Anfrage an die Besatzungsmächte herantreten würde. Ich nehme Ihr Einverständnis an, daß wir das im Anschluß an das Referat diskutieren, und bitte Herrn von Schmoller, mit seinem Referat zu beginnen. mit der

[2. REFERAT VON DR. G. VON SCHMOLLER ÜBER BESATZUNGSPOLITIK, BESATZUNGSKOSTEN UND BESATZUNGSSTATUT]

Schmoller: Ich nehme an, daß Ihnen meine Arbeit über die bisherigen Ermit dem Besatzungsregime bekannt ist27) und möchte mich daher heute mit Dingen befassen, die nicht schon schriftlich festgelegt sind. Es geht mir hierbei vor allem um zwei Fragen, einmal darum, die augenblickliche Situation unseres Bemühens um den Erlaß eines Besatzungsstatuts in die Entwicklung der letzten dreieinhalb Jahre hineinzusetzen und dann Ihnen einiges zu dem Gebiet der Besatzungskosten zu sagen, das in der Arbeit über das Besatzungsregime noch nicht enthalten ist. Wenn wir uns unsere heutige Situation klarmachen wollen, ist es sehr gut, auf die Ausgangssituation im Frühjahr 1945 zurückzublicken. Damals haben die Alliierten in Deutschland in einer Form, wie sie bisher bei der Besetzung eines feindlichen Gebietes noch nie dagewesen ist, die vollen Machtbefugnisse in Deutschland übernommen, und zwar in einer Form, daß die Besatzungsmächte bei der Ausübung ihrer Hoheit in Deutschland gewissermaßen nur durch ihr eigenes jeweiliges Wohlwollen begrenzt waren. Es ist gut, sich in diesem Zusammenhang die Direktive zu vergegenwärtigen, die dem General Eisenhower als dem Oberbefehlshaber des Westens damals mit auf den Weg gegeben wurde und in der diese Fülle der Machtbefugnisse sehr klar zum Ausdruck gekommen von

fahrungen

26) Siehe Anm. 13. 27) G. v. Schmollen Das Besatzungsregime in den drei westlichen Besatzungszonen 1945-1948, Stuttgart 21. Sept. 1948 (Manuskript in: Z 35/614, Entwurf in: B 120/vorl. 29). Nach einem Vermerk von Schmoller vom 7. Aug. 1950 war das Manuskript auf Anordnung von Staatsrat Schmid vom Jan. 1948 erarbeitet worden und zunächst daran gedacht, sie als Broschüre zu veröffentlichen.

Unter der Herausgeberschaft des Deutschen Büros für Friedensfragen gab es zum gleichen Thema ein Manuskript, 1. Teil: Die Beschränkungen der staatlichen Hoheitsgewalt und der Grundrechte, im Auftrag des Deutschen Büros für Friedensfragen dargestellt von Dr. Hedwig Maier und Dr. Gustav von Schmoller (Stand 15. Sept. 1948), 77 Seiten plus Anlagen, in: FESt NL C. Schmid/1118. Schmollers Ausführungen gleichen im übrigen weitgehend denen des Vortages vor dem Ausschuß der MinPräs. (vgl. Anm. 9). Sie wurden als Drucks. Nr. 253 des Pari. Rates ver-

vielfältigt.

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1067 heißt es: „Durch ihre Stellung haben auf die oberste Gewalt in Bezug sie Gesetzgebung, Exekutive und Rechtspredas durch ihre auf dem Streitkräfte besetzt ist. Ihre Autorität ist Gebiet, chung weit auszulegen und umfaßt das Recht, alle Maßnahmen zu ergreifen, die sie für notwendig, geeignet oder wünschenswert halten mit Rücksicht auf die militärischen Forderungen und die Aufgaben einer starken Militärregierung." Ich sagte, wir waren gewissermaßen auf das jeweilige Wohlwollen der Oberbefehlshaber angewiesen. Wie es mit diesem Wohlwollen damals bestellt war, wissen wir alle noch zu genau. Ich darf auch hier eine Formulierung aus dieser Direktive anführen. Es hieß da: „Sie haben keinerlei Schritte zu unternehmen, die die wirtschaftliche Wiederherstellung Deutschlands ins Auge fassen und dazu bestimmt sind, die deutsche Wirtschaft aufrechtzuerhalten oder zu stärken." Sie sehen, wir haben es hier noch voll und ganz mit der Politik des Morgenthau-Plans29) zu tun. Diese Direktive ist erst im Sommer 1947 durch eine neue Direktive für General Clay ersetzt worden30). Deutscherseits hat man gegenüber dieser für uns wenig erfreulichen Situation zunächst versucht, sich auf die Haager Landkriegsordnung zu berufen31). Die Versuche, die in dieser Richtung unternommen wurden, sind im wesentlichen fehlgeschlagen. Sie konnten aus der Natur der Dinge auch gar nicht zu einem guten Ende führen. Ich möchte auch in diesem Zusammenhang auf ein Zitat hinweisen. General Robertson hat im Zusammenhang mit der Demontage der Zivil- und Friedensproduktion in Essen, als deutscherseits ein Vorstoß mit Berufung auf die Haager Landkriegsordnung unternommen wurde, eine längere Erklärung abgegeben32). Er sagte, daß die Militärbefehlshaber auf Grund der ihnen verliehenen obersten Gewalt keine Begrenzung ihrer Vollmachten hätten, es sei denn der Begrenzungen, die sie sich selbst setzen. Ich möchte das jetzt nicht überspitzen. Ich weiß, daß man von dieser Formulierung keinen sehr starken und für uns ungünstigen Gebrauch gemacht hat. Es kommt aber, wenn wir uns um die rechtliche Ausgestaltung des Besatzungsregimes unterhalten, nicht auf den Umfang, sondern auf das Grundsätzliche an. Die Berufung auf die Haager Landkriegsordnung konnte uns, wie gesagt, nicht weiterbringen. Das lag an dem Grundprinzip, auf dem die Haager Landkriegsordnung aufgebaut war. Auf der Friedenskonferenz 1907 hatte man sich dahin geeinigt, daß eine Besatzungsmacht in die innere Struktur eines besetzten Ge-

ist28). In dieser berühmten Direktive

Germany under Occupation, S. 76—91. Vgl. hierzu auch GimBesatzungspolitik, S. 16 ff. 29) Zum Morgenthau-Plan siehe M. L. Adams: The Morgenthau-Plan, Austin 1971. 30) Abdr. der Direktive vom 15. Juli 1947 in: Germany under Occupation, S. 91—99 sowie in der Neuen Zeitung vom 18. Juli 1947. Vgl. hierzu Gimbel: Amerikanische Besatzungspoli28I Abdr. der Direktive

1067 in:

bel: Amerikanische

tik, S. 224 ff. 31) Abdr. in: RGBl. 1910, S. ner

32)

107—151. Vgl. diesbezüglich unter anderem die auf der MüncheMinisterpräsidentenkonferenz vom Juni 1947 gehaltenen Referate. Akten zur Vorge-

schichte Bd. 2, S. 511 ff. Schmoller zitiert im folgenden einen Artikel von Gustav W. Heinemann „Die entscheidende Rechtsfrage", Die Welt vom 15. Nov. 1947, B 120/vorl. 334, ebenda weiteres, von Schmoller zusammengetragenes Material zur Frage der Gültigkeit der Haager Landkriegsordnung. Siehe auch v. Schmoller und andere: Handbuch des Besatzungsrechts, § 5.

v.

9

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bietes nur insoweit sollte eingreifen dürfen, als es die militärischen Notwendigkeiten der besetzenden Macht erfordern. Das war der Grundsatz. Heute ist es genau umgekehrt: Die Alliierten haben uns mit dem ausgesprochenen Ziel besetzt, unsere innere staatliche Ordnung grundlegend umzugestalten. Es war also das, was das Grundprinzip der Haager Landkriegsordnung war, völlig preisgegeben. Es war daher wenig versprechend, sich auf diese Basis zu begeben. Wenn man das so sagt, darf man andererseits nicht außer acht lassen, daß für Teilprobleme des Besatzungsregimes, insbesondere für die Frage der Leistungen, die einem besetzten Gebiet auferlegt werden können, die Haager Landkriegsordnung auch heute für uns nicht ohne Bedeutung ist. Aber sie konnte uns in dem Zentralproblem nicht weiterführen. Hier war es vielmehr nötig, statt sich auf völkerrechtliche Verträge zu berufen, die zudem sehr allgemein und ungenau gehalten waren, unsere Forderung darauf zu gründen, daß das Besatzungsregime schlechthin auf das Recht gegründet werden müsse. Diese Entwicklung, an deren Ende die Forderung nach dem Besatzungsstatut steht, hat sich in mehreren Etappen vollzogen. Es ist hier einmal auf die verschiedenen Bestrebungen in Deutschland hinzuweisen, die aufzuzeigen versuchten, daß das Recht, wenn man mit ihm ernst machen will, etwas Unteilbares ist, daß man vor allem von den Besatzungsmächten aus gesehen nicht selber das Recht in Anspruch nehmen könne, ohne sich nicht auch gegenüber dem besetzten Gebiet durch das Recht gebunden zu betrachten33). Auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Juni 1947 ist dann die Forderung nach einem Besatzungsstatut zum ersten Mal in der breiteren Öffentlichkeit von einer offiziellen deutschen Stelle erhoben worden34), und in der Folgezeit hat sich im wesentlichen in allen politischen Strömungen Deutschlands eine Einigkeit herausgestellt, in welcher Richtung die deutschen Forderungen geltend gemacht werden müßten35). Bei diesen deutschen Forderungen haben wir nun die Möglichkeit, uns auf sehr wichtige und feierliche Verlautbarungen maßgebender Persönlichkeiten der Besatzungsmächte zu berufen. Zunächst können wir hier von dem ausgehen, was man als den Besatzungszweck bezeichnen kann. Da wurde neben den negativen Zielen einer Vernichtung unseres bisherigen Regimes, des Militarismus usw., immer wieder betont, daß der Zweck der Besetzung Deutschlands in einer Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse liege. Ich möchte in diesem Zusammenhang einen Abschnitt aus dem Potsdamer Abkommen vom August 1945 zitieren. Dort heißt es wörtlich: „Es müssen Vorbereitungen getroffen werden für die endgültige Neugestaltung des politischen Lebens Deutschlands auf demokratischer Grundlage und die spätere friedliche

33)

Schmoller spielt auf das von Carlo Schmid während des interzonalen Juristentages in Konstanz vom 1.—5. Juni 1947 gehaltene Referat über die Unteilbarkeit der Rechtsordnung an. Teilabdruck des Referates in: Deutsche Rechts-Zeitschrift, 2. Jhrg., Heft 7, S. 205-208. v.

34) Abdr. der diesbezüglichen Resolutionen der Münchener Ministerpräsidentenkonferenz in: Akten

zur

Vorgeschichte

Bd. 2, S. 581. in der Einleitung, Abschnitt 2.

35) Vgl. hierzu die Ausführungen 10

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Mitarbeit Deutschlands im internationalen Leben36)." Daß dafür feste Rechtsgrundlagen nötig sind, die uns überhaupt die Möglichkeit geben, das Ziel zu erreichen, das den Besatzungsmächten mit der Besetzung vorschwebte, wird auch seitens der Besatzungsmächte nicht verkannt. Ich möchte hier eine Stelle aus der Erklärung des Außenministers Marshall vorlesen, die dieser auf der Moskauer Konferenz im Frühjahr 1947 abgegeben hat37). Marshall forderte damals, daß Garantien für die Sicherung der politischen Rechte in Deutschland geschaffen werden müssen und daß Rechtssicherheit die Voraussetzung der Demokratisierung des deutschen Volkes sei. Weiter heißt es wörtlich: „Die Besatzungsmächte dürfen deshalb keine willkürliche, sondern müssen eine gesetzlich verankerte Stellung in jedem deutschen Einzelstaat einnehmen, und auch die Art, wie sie ihre Aufgabe erledigen, bedarf gesetzlicher Festlegung. Schließlich muß man den Deutschen endgültige Rechte garantieren, die keinem jemals wieder geraubt werden können." Es ist ganz interessant, hierbei auf eine Arbeit mehr oder weniger offiziellen Charakters hinzuweisen, die während des Krieges im Jahre 1943 in Amerika herauskam36) und sich mit der Frage befaßte, wie man denn die kommende Besatzung in Deutschland aufbauen müßte. Es war damals schon von amerikanischer Seite darauf hingewiesen worden, daß ein solches Besatzungsregime sich auf das Recht gründen müsse. Es heißt dort wörtlich: denn es könne doch nicht erwartet werden, daß die deutschen Stellen sich an das Recht gebunden fühlen, solange das Besatzungsregime nicht selber auf dem Recht beruhe und nicht in seinem eigenen Bereich den Gedanken der „Rule of Law", wir würden sagen, den Rechtsstaatgedanken verwirklichen würde. Nun haben wir schöne Erklärungen gehört, aber wir vermissen wenigstens im großen die Schlußfolgerungen. Bisher können wir zwar einige Ansätze in dieser Entwicklung feststellen. Ich kann hier kurz auf das Habeas Corpus-Verfahren hinweisen, das dem Deutschen, der von einer Besatzungsmacht verhaftet wird, gewisse rechtsstaatliche Möglichkeiten der Haftkontrolle usw. einräumt39). Aufs Ganze gesehen kommen wir jedoch nicht um die Feststellung herum, daß wir heute in Deutschland von einer rechtsförmigen Ausgestaltung des Besatzungsregimes noch weit entfernt sind. Wir verkennen andererseits nicht, daß unser früheres Gewaltregime in Deutschland nur durch ein neues Gewaltregime vertrieben werden konnte. Wir wissen auch, daß die Besatzungsziele zunächst einen negativen Charakter haben mußten. Es ging zunächst um die Vernichtung des früheren Regimes und des Militarismus. Wir sind auch bereit, anzuerkennen, daß die Besatzungsmächte diese zunächst notwendige ausschließliche Gewaltherrschaft bald durch ein neues Regime ersetzt haben, das man vielleicht als aufgeklärte Gewaltherrschaft bezeich36) Fritz Faust: Das Potsdamer Abkommen und seine völkerrechtliche Bedeutung, Frankfurt 3. A. 1969, S. 388.

v.

Schmoller zitiert Abschnitt II A 3 IV.

37) Vgl. Europa-Archiv 1947, S. 679. 38) Ernst Fraenkel: Military Occupation and the Rule of Law. Occupation Government in the Rfiineland 1918-1923. London 1944. Auszug

39) Siehe Dok. Nr. 9, Anm.

aus

S. 225 ff. in: B 120/334.

21.

11

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könnte. Die Engländer selbst haben in einer internen Dienstanweisung vor Jahren den Ausdruck von der wohlwollenden Ausübung der Gewalt geprägt40!. Aber hier können wir aus der innerstaatlichen Erfahrung den Satz anführen, daß auch eine wohlwollende Willkür eben Willkür bleibt. Nun verkennen wir weiter nicht, daß die Besatzungsmächte bereit waren, die zunächst von ihnen total übernommene deutsche Staatsgewalt etappenweise wieder auf deutsche Organe zu übertragen. Wir kennen diesen langsamen Wiederaufbau in Deutschland, beginnend bei den Gemeinden und Kreisen, beim Bürgermeister und Landrat bis zur Wiedereinsetzung der Länderbefugnisse, der nen

zwei

verfassunggebenden Versammlungen, Verfassungen usw. Wir müssen jedoch ein sehr lebhaftes Bedauern aussprechen, nämlich daß die Besatzungsmächte die so schöne Gelegenheit, die sich ihnen anläßlich der Genehmigung der Länderverfassung geboten hätte, nicht genutzt haben, gleichzeitig ihr eigenes Besatzungsregime, das bisher nur auf die Gewalt des Stärkeren gegründet war, durch ein neues, ausschließlich auf das Recht gegründetes Regime

zu

ersetzen.

zum größten Teil kennen41) und in der wir den Versuch unternommen haben, auf den verschiedensten Gebieten des staatlichen Lebens die Einwirkungen des Besatzungsregimes in die staatlichen Hoheitsbefugnisse, in die Sphäre des einzelnen usw. zu untersuchen, kommen wir zwangsläufig zu dem Ergebnis, daß es bei uns heute in Deutschland letzten Endes kein Gebiet gibt, auf dem nicht die nach dem bisherigen Besatzungsregime möglichen Einmischungen der Besatzungsmächte jede wirkliche demokratische Verantwortung illusorisch machen können. Ich sage bewußt: können! Denn sie haben von dieser Möglichkeit, die wir anerkennen wollen, nur einen verhältnismäßig geringen Gebrauch gemacht. Hier möchte ich eine persönliche Erfahrung, die wir bei dieser Bestandsaufnahme in den elf westdeutschen Ländern gemacht haben, zur allgemeinen Illustration der Situation einflechten. Immer wieder hat sich bei den Gesprächen mit den zuständigen Herren in den Länderministerien ergeben, daß man sich in Deutschland mit dem Vorhandensein einer starken Besatzungsgewalt offenbar weitgehend abgefunden zu haben scheint. Diese Dinge gehen aus dem rein verwaltungsmäßigen Bewußten sehr weit ins psychologisch Unbewußte hinein. Es scheint so zu sein, daß in der deutschen Beamtenschaft unbewußt gewissermaßen an die Stelle der weggefallenen starken deutschen Befehlsgewalt jetzt die Besatzungsrnacht getreten ist. Es komm! weiter ein Gesichtspunkt der Bequemlichkeit hinzu. Man will sich nicht immer beunruhigen, neu grübeln. So ist uns auch oft entgegengehalten worden: „Warum gebt ihr euch so schreckliche Mühe mit diesen Dingen? Das hat sich doch ganz gut eingespielt, es ist ja lange nicht mehr so schlimm wie am Anfang." Dann kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt hinzu. Die Besatzungsmacht, der Kontrolloffizier des jeweiligen Referenten wird in nicht seltenen Fällen von dem deutschen Referenten dazu benutzt, daß er sich hinter dessen Rücken ver-

In der Arbeit, die Sie wohl

40) Die Anweisung ließ sich nicht ermitteln. 41) Vgl. Anm. 27. 12

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er eigene Dinge durchsetzt und mit dem großen Bruder droht, der, auf deutscher Seite nicht gut geht, den nötigen Nachdruck geben

kriecht, daß wenn

es

kann. Wenn wir diese etwas traurige Feststellung für uns treffen, so dürfen wir auf der anderen Seite, um gerecht zu sein, doch nicht verkennen, daß diese guten, befriedigenden Äußerungen zum Teil ihren Grund auch darin haben, daß wir Gott sei Dank unter den Besatzungsmächten eine ganze Reihe von Menschen haben, die uns wohl wollen und die versuchen, den deutschen Standpunkt zu verstehen und zu berücksichtigen. Zum Teil ist also dieses Ergebnis auf das faire Verhalten von Besatzungsangehörigen zurückzuführen. Aber auch diese Feststellung darf nicht dazu verleiten, daß wir uns in der Deutung der gegenwärtigen Situation und des bisherigen Besatzungsregimes irgendeiner Täuschung hingeben. Ich möchte deshalb noch einmal den Satz zitieren, daß auch eine wohlwollend ausgeübte Willkür eben Willkür bleibt und im entscheidenden Fall das Recht beiseite schieben kann und an sich noch nichts mit Recht zu tun hat. Bei der Ihnen vorliegenden Arbeit haben wir also uns sehr davor hüten müssen, etwa in die Fragestellung hineinzukommen, als ob wir zu untersuchen hätten, wie sich das Besatzungsregime eingespielt hat, ob gut oder schlecht. Darauf kam es nicht an, sondern es ging um die grundsätzliche Frage, wie unter einem Besatzungsregime ein Zustand erreicht werden kann, bei dem das Verhältnis von Besatzungsbehörden zu deutschen Organen und zu den deutschen Individuen in Zukunft auf das Recht gegründet wird und deutsche Organe wieder eine echte Verantwortung übernehmen können. Das war die Kernfrage, um die es ging, nämlich zu prüfen, wieweit diese Möglichkeit uns bisher schon eröffnet worden ist. Da sind wir eben im Grundsätzlichen zu einem verhältnismäßig negativen, wenn auch im Praktischen mehr befriedigenden Ergebnis gekommen.

ergab sich dann zu den einzelnen untersuchten Fragen das Problem: wie ist Haltung der Besatzungsmächte? Damit komme ich zu dem bekannten Dokument III vom 1. Juli 194842). In ihm haben die Besatzungsmächte das deutsche Verlangen nach einem Besatzungsstatut grundsätzlich anerkannt. Dieses Anerkenntnis ist aber noch nicht gleichbedeutend damit, daß sie im einzelnen unsere Forderungen sich zu eigen gemacht haben. Es bestehen vielmehr sehr erhebliche Meinungsverschiedenheiten noch über die Modalitäten, mit denen dieses Es

die

sein müßte. Ich möchte jetzt nur in fünf Punkten, die mir grundsätzlich wesentlich zu sein scheinen, die Punkte gegenüberstellen, in denen die Formulierung des Dokuments III und unsere notwendige Haltung noch ziemlich weit auseinanderfallen. Zunächst müssen wir im Wortlaut des Dokuments III feststellen, daß dort immer davon gesprochen wird: Wir, die Militärgouverneure, „gewähren" den Deutschen gewisse Befugnisse. Hiernach würden uns also lediglich bestimmte einzelne Befugnisse übertragen werden. Wir dagegen müssen, wenn bei uns überhaupt echte Verantwortung, echte Demokratie entstehen soll, die Hauptfor-

Besatzungsstatut ausgestattet

«) Vgl. Anm.

13.

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daß grundsätzlich von der Zuständigkeit der deutschen Organe wird. Wir müssen deswegen verlangen, daß die Befugnisse der ausgegangen die sie nach Erlaß des Besatzungsstatuts noch haben werBesatzungsmächte, den, als Ausnahmen statuiert werden, das heißt, daß die Besatzungsmächte nach Erlaß des Statuts nur noch die Rechte haben, die sich aus dem Wortlaut dieses Statuts konkret ergeben. Es muß also, um es juristisch zu formulieren, die Vermutung umgekehrt werden. Bisher und auch in gewisser Hinsicht noch nach dem, was den Alliierten bei dem Dokument III vorgeschwebt hat, sprach die Vermutung für die Gegenseite. Wir müssen, gleichgültig, wie weit auch im einzelnen die Vorbehalte gehen mögen, die die Besatzungsmächte noch machen werden, verlangen, daß die Vermutung grundsätzlich für die deutsche Zuständigkeit spricht, weil sonst alles, was wir von echter Verantwortung und Demokratie reden, illusorisch wäre. Ein zweiter Punkt, bei dem auch noch eine große Meinungsverschiedenheit zu bestehen scheint, ist folgender. Das beste Besatzungsstatut wäre wertlos, wenn nicht in der bisherigen Struktur der Besatzungsverwaltung grundlegende Änderungen vorgenommen werden. Das hat nicht nur eine organisatorische, sondern auch eine kostenmäßige Seite. Solange jeder deutsche Referent der bizonalen Verwaltung praktisch einen Kontrolloffizier hat, der neben ihm steht und der sich ja betätigen muß, werden wir nicht erreichen, daß immer wieder und auf direkte wenn es noch so sehr im Besatzungsstatut ausgeschlossen wird und indirekte, angenehme und unangenehme Weise seitens der Kontrolloffiziere Einmischungen in deutsche Verwaltungssektoren stattfinden. Wir werden auch die Besatzungskosten nicht wesentlich herabsetzen können, solange der große, aufgeblähte Verwaltungsapparat der Besatzungsmächte noch besteht, wobei man sich darüber klar sein muß, daß jede Besatzungsbehörde einen verlängerten Apparat mit deutschem Personal hat, das auf unsere Kosten dort arbeitet. Wir werden also die Forderung nach diesem Umbau der Besatzungsverwaltung mit allem Nachdruck erheben müssen. Es handelt sich hier einmal um den grundsätzlichen Umbau auf der Dreimächtebasis. Es handelt sich dann um die grundsätzliche Begrenzung auf Kontroll- und Aufsichtsbefugnisse, keine direkte Verwaltung, keine doppelte Verwaltung mehr, wie wir sie gerade in der französischen Zone z. B. heute noch in sehr starkem Maße haben, und schließlich eine Beschränkung des Verkehrs zwischen den beiderseitigen Organen auf den Verkehr der obersten Spitzen zueinander. Ein dritter Punkt: In dem gesamten Dokument III ist im Grunde genommen nichts von einer rechtsförmigen Ausgestaltung des Besatzungsregimes gesagt. Es steht dort nichts über die Anerkennung der deutschen Grundrechte, wie wir sie so schön in den Verfassungen haben, seitens der Besatzungsmächte. Es ist auch heute noch möglich, daß der Befehl selbst eines untergeordneten Besatzungsoffiziers das schönste Grundrecht unserer Verfassungen zunichte machen kann. Wir werden deswegen sehr stark darauf bestehen müssen, daß im Besatzungsstatut selbst die Besatzungsmächte eine Respektierung der deutschen Grundrechte aussprechen. Ferner enthält das Dokument III nichts über den gesamten Bereich der Besatzungskosten. Wir werden sehr stark darauf hinzuweisen haben, daß eine Rela-

derung stellen,





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was die anderen verlangen, und dem, was uns möglich ist, muß. werden hergestellt Schließlich ist auch nichts über die Frage gesagt, in welcher Form Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Besatzungsstatuts und seine Anwendung, die zwischen deutschen und Besatzungsstellen entstehen, beigelegt werden müssen. Dazu muß von unserer Seite geantwortet werden, daß ohne ein Verfahren für die Beilegung solcher Meinungsverschiedenheiten der Wert des Besatzungsstatuts wesentlich herabgesetzt wäre. Ich habe bewußt darauf verzichtet, die sehr heiklen Probleme, die sonst noch im Dokument III enthalten sind, wie beispielsweise Kontrolle des Standes der deutschen Industrie, Kontrolle des deutschen Außenhandels, das Problem der Dekartellisierung usw. überhaupt zu erwähnen, weil es mir zunächst nur darum ging, die Dinge von ihrer grundsätzlichen Seite her zu beleuchten. Soweit diese also z. B. Dekartellisierung, Finanzhoheit im einwirtschaftlichen Fragen zelnen noch eine Bedeutung für die augenblickliche Situation haben, sollen sie in einem zweiten Teil der Denkschrift erörtert werden, der in Arbeit ist. Die Feststellungen hierüber sind außerordentlich schwierig; denn im Gegensatz zu dem Problem z. B. der Gesetzgebung, der Rechtspflege, wo man auf feste von den Besatzungsmächten erlassene Bestimmungen aufbauen kann und nur die tatsächliche Handhabung dieser Bestimmungen im einzelnen noch feststellen muß, ist es im gesamten Bereich der Wirtschaft gewerbliche Wirtschaft,

tion zwischen dem,





Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Außenhandel, Verkehr, Währung, Finanzwesen —

sehr viel schwieriger. Wir haben dort nicht diese festen Grundlagen. Hier wird die Sache sehr viel mehr auf dem allgemeinen Gebiet der Verwal-

usw.



tung gehandhabt, und da lassen sich die Dinge sehr viel schlechter erfassen. Deswegen konnte, da zahlreiche Besprechungen und Rückfragen nötig waren, zumal die Verhältnisse in den Zonen und Ländern sehr unterschiedlich sind, diese Arbeit noch nicht abgeschlossen werden43). Das wird in Kürze nachgeholt. Ein weiteres Problem, das ebenfalls in einer besonderen Arbeit dargestellt werden soll, ist die Frage der Besatzungskosten44). Hier möchte ich von der Problematik ausgehen, die sich bei den Besatzungskosten sofort stellt. Bei früheren Besetzungen war der Begriff Besatzungsleistungen irgendwie etwas Greifbares, Festes. Dieser Begriff hatte seinen klassischen Ausdruck in Art. 52 der Haager Landkriegsordnung von 1907 gefunden45). Der Artikel besagte, daß das besetzte Gebiet verpflichtet ist, für eine Befriedigung der Bedürfnisse der Besatzungstruppen aufzukommen. Mit der Beschränkung auf eine Befriedigung der Bedürfnisse war damit eine klare Grenze gezogen. Eine weitere Grenze für die Inanspruchnahme des besetzten Gebietes wurde durch die Formel von den „Hilfs-

43) Siehe Anm. 44. 44) G. v. Schmoller:

45)

Die Besatzungskosten in den westlichen Besatzungszonen. Ein vorläufiger Überblick über ein ausführliches Gutachten, das im Auftrage des Deutschen Büros für Friedensfragen in Stuttgart sowie anderer amtlicher Stellen erstattet wird, 15. Nov. 1948 (Z 12/69, Bl. 168-207). Manuskript des endgültigen Gutachtens in: B 120/272, 273. Siehe Anm. 31. 15

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zu denen die Anforderungen der Besatzungsmacht in eiVerhältnis stehen müssen" gefunden. Diese Prinzipien haben im Grunde genommen auch noch bei der Rheinlandbesetzung von 1919 gegolten46). Heute ist die Situation eine völlig andere, und die Tatsache, daß das meistens übersehen wird, hat dazu geführt, daß wir heute in der deutschen Presse eine wenig erfreuliche Diskussion über dieses Thema haben47). Unter Besatzungskosten wird dabei immer wieder etwas anderes verstanden. Dadurch geben wir auch den Besatzungsmächten gewisse Angriffspunkte, die nicht im Interesse der Sache liegen können. Ich möchte deswegen mit ein paar Grundzügen versuchen, Ihnen diese Problematik etwas aufzuhellen. Da müssen wir zunächst feststellen, daß in dem, was in den Länderhaushalten als Besatzungskosten erscheint, in den Etatposten, sehr vieles enthalten ist, was mit einer Befriedigung der Bedürfnisse von Besatzungstruppen und Besatzungsalso das, was bisher das Kriterium für Besatzungskosten war verwaltung zu tun hat. Es handelt sich hier nicht nur um den zum Teil sehr gar nichts übermäßigen Aufwand und eine unwirtschaftliche Mittelverwendung, die wir auf dem Gebiet der Besatzungskosten feststellen. Sehr viel schwerwiegender ist es, daß in den sehr umfangreichen Sachleistungen, die wir in diesen dreieinhalb Jahren erbracht haben, sehr viel enthalten ist, was überhaupt nichts mit den Bedürfnissen der Besatzungsmächte im Lande zu tun hat. Es handelt sich da um das, was man versteckte Exporte oder vorweggenommene Reparationen nennen könnte. Es werden also Bestellungen größten Ausmaßes aufgegeben, die zwar abrechnungsmäßig über Besatzungskosten laufen, aber gar nicht im Lande verbraucht werden, im Lande bleiben, sondern die irgendwie nach draußen gehen und damit eine Verschlechterung in der Handelsbilanz darstellen oder anders gesprochen Reparationen, die nachher nicht auf Reparationskonto angerechnet werden. In letzter Zeit ist zu diesem Gebiet noch ein weiterer Punkt hinzugekommen, der auch nichts mit der Besatzung als solcher zu tun hat. Wenn beispielsweise Flugplätze aus der augenblicklichen Situation heraus erweitert48) werden müssen, so hat das nichts mehr mit einer Besetzung Deutschlands zu tun. Aber auch diese Kosten, ebenso die augenblickliche Versorgung Berlins, werden in sehr großem Umfang über das Konto Besatzungskosten abgerechnet und erhöhen damit die Gesamtbeträge, die in dieser Weise die deutschen Haushalte belasten. Ich sagte, es gibt zahlreiche Fälle, in denen das, was formell als Besatzungskosten erscheint, materiell etwas anderes ist. Nun gibt es umgekehrt wiederum sehr viele Fälle, wo wir materielle Besatzungsleistungen erbringen müssen, die

quellen des Landes,

nem



46) Im Art.



6 des Rheinlandabkommens vom 28. Juni 1919 (RGBl. 1919, S. 687) über „Beitreiben (Requisitionen), Entschädigung, Kosten der Besetzung" wurde auf das Haager Abkommen von 1907 Bezug genommen. Siehe auch die als Drucks. Nr. 509 vervielf. Arbeit von Hans Röttgen über das Besatzungsrecht 1920/1930 (Z 12/71, Bl. 43-62). 47) Welche Artikel im einzelnen v. Schmoller meint, ließ sich nicht ermitteln. 48) Für die Luftbrücke der Alliierten während der Blockade Berlins wurden einige der deutschen Flughäfen ausgebaut. 16

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aber von den Besatzungsmächten in formeller Hinsicht nicht als solche anerkannt werden. Zunächst handelt es sich hier um Fälle, die zwar auch im Haushalt erscheinen, aber nicht im außerordentlichen Haushalt, nicht als Besatzungskosten deklariert sind, sondern sich irgendwo im ordentlichen Haushalt als ganz normale Etatskosten versteckt finden. Dafür möchte ich nur ein paar markante Beispiele geben. Die deutschen Wetterwarten und Vermessungsämter sind heute zum überwiegenden Teil für die Besatzungsmächte tätig. Die Kosten dieser Behörden, die zum Teil gestiegen sind, laufen aber über den normalen Etat. Das gleiche gilt für all die deutschen Dienststellen umfangreicher Art, die überhaupt erst neu geschaffen werden mußten und ausschließlich im Dienst der Besatzungsmächte stehen. Es sind dies die Besatzungskostenämter, dann die nicht unbedeutenden Baubehörden, in der britischen Zone beispielsweise die Dienstgruppen49). Die Bezahlung des gesamten Personal- und Sachaufwandes all dieser Stellen geht über den ordentlichen Etat, tritt also gar nicht als das in Erscheinung, was das eigentlich ist, nämlich Leistungen für die Besatzungsmacht. Nach der Währungsreform, als an sich eine Herabsetzung der Besatzungskosten dringend geboten erscheinen mußte, können wir bei den Besatzungsmächten weitere Bestrebungen feststellen, bestimmte Ausgaben, die bisher über Besatzungskosten liefen, dort zu streichen und irgendwo auf den ordentlichen Etat abzuwälzen. Neben diesen materiellen Besatzungsleistungen, die als solche nicht in Erscheinung treten, aber im Haushalt verzeichnet sind, gibt es nicht ganz unbedeutende Besatzungsleistungen, die überhaupt im Haushalt nicht in Erscheinung treten. Hier sind z. B. die sehr umfangreichen irregulären Requisitionen zu nennen, das heißt Requisitionen, die von den Besatzungsmächten nicht anerkannt werden50). Sie sind gerade in der französischen Zone besonders hoch51). Dazu kommen Leistungen, die die Besatzungsmächte Gemeinden und Kreisen auferlegt haben und die dann aus Mitteln des kommunalen Sektors bezahlt werden müssen und damit in den Länderhaushalten nicht in Erscheinung treten. Es gibt weitere Leistungen, die überhaupt noch nicht effektiv geworden sind, z. B. der

49) Die Deutschen Dienstgruppen führten vor allem Bewachungs- und Versorgungsaufgaben

für amerikanische Heeres- und Luftwaffeneinheiten durch. Zur Beschäftigung Deutscher bei der US-Army vgl. Bruce H. Siemon, Roland E. E. Wagberg: The Employement of Local Nationals by the U.S. Army in Europe (1945-1966), HQ. U.S. Army Europe and Seventh Army. Office of the Deputy Chief of Staff, Operations Military History Branch 1968.

50) Vgl. die Materialien für eine „Zusammenstellung der auf dem Gebiete des Requisitions-

in: B 120/259 sowie Z 22/125. 1.—31. März 1948 in Privathaushalten in Rheinland-Pfalz bei Peter Brommer: Quellen zur Geschichte von Rheinland-Pfalz, S. 618—619. Nach einer Aufstellung vom 25. Okt. 1948 auf Grund von Informationen der französischen Militärregierung von unbekannter Hand (Bayer. HStA, NL Pfeiffer/36) kamen in der franz. Zone pro Kopf der Bevölkerung 26 Franzosen, in der US-Zone auf 1000 Deutsche 5,8 Amerikaner und in der Britischen Zone entsprechend nur 5,4 Engländer. Zusammenfassend siehe Werner Abelshauser: Wirtschaft und Besatzungspolitik in der französischen Zone 1945—1949, in: Die Deutschlandpolitik Frankreichs und die Französische Zone 1945-1949, Wiesbaden 1983, S. 111-139.

rechts

geltenden Bestimmungen"

51) Siehe die Aufstellung der Requisitionen in der Zeit vom

17

Nr. 2

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große Komplex

Sitzung der

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Besatzungsschäden. Dafür ein Beispiel. Ein Jeep überfährt Frage der Entschädigung für die Witwe wird in den Zo-

einen Deutschen. Die

unterschiedlich behandelt. Die amerikanische Zone ist hier am weitesten. Die französische Zone hat praktisch überhaupt noch keine solche Entschädigungen ausgesprochen. Auch in der britischen Zone ist erst ein Bruchteil der anhängenden Fälle entschieden worden. Das sind Beträge, die nachher das Besatnen

auch noch sehr belasten werden und die eigentlich bei unsedie vergangene Zeit schon miteinbezogen werden müßten. Am Rande möchte ich noch erwähnen, daß es darüber hinaus noch zahlreiche indirekte Belastungen gibt, die auch irgendwie, wenn auch nicht haushaltsmäßig, so doch volkswirtschaftlich gesehen, das deutsche Sozialprodukt belasten. Beispiele dafür sind die deutschen Verluste bei dem von den Besatzungsmächten monopolartig gesteuerten Außenhandel52). Es sind die Kohlensubventionierungen, die wir ja nicht nur für den deutschen Verbrauch, sondern auch dort zahlen müssen, wo die Kohle in die Heimatländer der Besatzungsmächte, also hier hauptsächlich nach Frankreich transportiert werden, wo also mit deutschen Mitteln der Außenhandelspreis subventioniert wird53). Ferner die indirekten Schäden durch die Abholzungen. Es ließen sich da noch eine Reihe von weite-

zungskostenkonto rer Rechnung für

ren

Beispielen

nennen.

Ich habe mich jetzt mit den Besatzungsleistungen befaßt, die materiell und formell auseinanderklaffen. Es gibt noch einen Punkt, der in der ganzen bisherigen Diskussion fast überhaupt noch nicht erwähnt worden ist. Unsere heutige Besatzung zeichnet sich hinsichtlich der aufzubringenden Leistungen dadurch aus, daß es neben den Besatzungsleistungen, die also für die Besatzungsmacht selbst erbracht werden, das gibt, was als Besatzungsfolgeleistungen und Besatzungsfolgekosten bezeichnet wird. Hier handelt es sich in begrifflicher Hinsicht um Leistungen, die uns zwar durch die Besatzungsmächte auferlegt werden, die aber nicht zu einer Befriedigung ihrer Bedürfnisse bestimmt sind. Inhaltlich sind in diesen Besatzungsfolgekosten folgende Beträge enthalten: Einmal die Aufwendungen für die verschleppten Personen, die [Displaced Persons], dann die Aufwendungen für deutsche Kriegsgefangene. Hierfür müßten an sich nach bisherigem völkerrechtlichen Brauch die Besatzungsmächte als sogenannte Gewahrsamsstaaten selbst aufkommen. Es sind jedoch alle drei dazu übergegangen, diese Kosten in großem Umfange auf uns abzuwälzen, und diese erscheinen dann in dem Kapitel der Besatzungsfolgekosten. Hinzu kommen die nicht geringen Nebenkosten bei Reparationen, Demontagen, Restitutionen und Maßnahmen der Demilitarisierung, also all das, was an Kosten für die Löhne beim Abbau dieser Anlagen, für den Transport auf deutschen Bahnen, die Verpackung usw., entsteht. Es ist sehr wichtig, wenn in der weiteren deutschen Argumentation, gerade um Einwände der anderen Seite vorwegzunehmen, der Unterschied zwischen Besatzungskosten und Besatzungsfolgekosten ganz klar herausgestellt wird; denn 52) Vgl. G. v. Schmoller und andere: Handbuch des Besatzungsrechtes, § 45. 53) Bemühungen der Verwaltung für Wirtschaft, für die deutschen Kohleexporte Weltmarktpreise zu erzielen, blieben erfolglos. Vgl. Akten zur Vorgeschichte Bd. 5, S. 225 f. 18

Zweite sonst müssen wir damit

rechnen, daß

Sitzung

man uns

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vorhält: Das,

was

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ihr in

eurer

Rechnung aufmacht, sind ja keine Besatzungskosten, sondern da ist alles mögliche andere drin. Es ist deswegen gut, wenn wir von vornherein selber diese Teilung machen. Wir können dann mit einem guten Recht auch wegen der Besatzungsfolgekosten die Rechnung aufmachen; denn auch diese Kosten sind uns ja von der Gegenseite auferlegt worden. Wenn wir nun für die künftige Auseinandersetzung über die Höhe der Besatzungskosten eine Rechnung aufmachen, dann wäre es erwünscht, wenn wir in einer Gliederung vorgehen könnten, die drei Punkte untersucht. Zunächst einmal alles das, was im Haushalt als Besatzungskosten und Besatzungsfolgekosten formell in Erscheinung tritt; zweites alles das, was im ordentlichen Haushalt steht, aber materiell Besatzungskosten darstellt, drittens alles das, was überhaupt nicht im Haushalt in Erscheinung tritt, aber uns tatsächlich in der Form ob es der Leistung noch belastet, auch wenn wir den deutschen Betroffenen sich um eine einzelne Person, ein Unternehmen, einen Kreis oder eine Gemeinbisher noch nicht mit Markbeträgen entschädigen konnten. Ich de handelt sage, es wäre schön, wenn wir eine solche Aufstellung vornehmen könnten. Es also für das, was im orist jedoch sehr schwer, die Feststellung zu 2 und 3 dentlichen Etat versteckt ist, und das, was tatsächlich erfaßbar ist zu machen. Es sind da sehr umfangreiche Erhebungen, die viel Zeit brauchen, nötig, und wir werden in vielen Fällen um vorsichtige allgemeine Schätzungen gar nicht herumkommen. Denn schon die Feststellung der Haushaltsbeträge, also der Ausgangspunkt, ist außerordentlich schwierig. Die Schwierigkeiten liegen darin, daß wir heute kein einheitliches Schema haben, nach dem man die Aufstellungen der elf westdeutschen Länder in einer Sammelrechnung zusammenzählen könnte. Bei dem Versuch, eine solche Gesamtrechnung aufzumachen, stößt man immer wieder auf die größten Schwierigkeiten. Sie liegen darin, daß in jeder Zone die zuständige Besatzungsmacht ihr Schema zugrunde gelegt hat, daß auch die deutsche Behandlung dieser Anforderungen sehr unterschiedlich gewesen ist, so daß wir nicht nur zwischen den Zonen, sondern auch innerhalb der Länder der drei Zonen beträchtliche Unterschiede54) in der Verbuchung der Besatzungskosten haben, so daß die gleichen Ausgaben zum Teil im ordentlichen, zum Teil im außerordentlichen Etat stehen. Ich möchte diese allgemeinen Erklärungen durch einige Bemerkungen über die in Betracht kommenden Größenordnungen beleuchten und kann da einige Zahlen zum Rechnungsjahr 1947/48 sagen. Die frühere Zeit wird noch überprüft. Je weiter die Zeit zurückliegt, um so schwieriger ist es, wegen der sehr unregelmäßigen Anlaufsschwierigkeiten zu absolut exakten Ergebnissen zu kommen. Für das Haushaltsjahr 1947 haben wir die Rechnungen sämtlicher elf Länder zusammengezählt und sind nur von dem ausgegangen, was auch seitens der jeweils zuständigen Besatzungsmacht anerkannt worden ist. Dabei haben wir al—







54) Entsprechende Erhebungen wurden ab April 1949 von einem Unterausschuß Besatzungskosten des Rechtsausschusses beim Deutschen Büro für Friedensfragen im Benehmen mit der Verwaltung für Finanzen des VWG initiiert. Materialien in: B 120/365, monatliche statistische Berichte der Länder in: B 120/278-291. 19

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les das

herausgenommen, was etwa dem deutschen Wiederaufbau dient, zum Beispiel Instandsetzungsarbeiten im Hamburger Hafen. Da läuft im Zonenhaushalt in der Gesamtrubrik Besatzungsmächte ein Kapitel Wiederaufbau55). Dieser Betrag wesen.

ist in den bisher in der Presse genannten Zahlen zum Teil enthalten geDas ist sehr gefährlich, weil uns da mit Recht entgegengehalten wird:

Ihr könnt uns doch nicht das als Besatzungskosten vorhalten, was euch tatsächlich zugute kommt. Sie wissen, daß dieses Thema bei der kürzlichen Erklärung des OMGUS-Sprechers56) eine Rolle gespielt hat, uns jedoch meines Erachtens zu Unrecht entgegen gehalten wurde. Für das Rechnungsjahr 1947/48 kommen wir zu folgenden Zahlen: Die reinen Besatzungskosten ohne Besatzungsfolgekosten betrugen rund 4 % Milliarden Reichsmark, während sich Besatzungskosten und Besatzungsfolgekosten zusammen auf 5 Vi Milliarden RM beliefen. Nun wird von deutscher Seite immer wieder gesagt: Das ist doch gar nicht so schlimm, das sind ja nur ReichsmarkDas ist eine große Täuschung. Es handelt sich hier nicht darum, beträge. den wir daß Besatzungsmächten Reichsmarkbeträge zur Verfügung gestellt hahaben ihnen Leistungen, zu einem großen Teil Sachleistungen wir sondern ben, erbracht, und für diese Sachleistungen hat die Reichsmark nicht als Valutawert gedient, sondern als Verrechnungsgrundlage. Diese Sachleistungen haben wir zu den Stoppreisen vom Jahre 1939 erbracht. Wenn die damaligen Preise zugrunde gelegt sind, dann können wir sagen, diese damaligen Preise entsprechen, wenn man es auf irgendwelche Valuten umrechnen wollte, der damaligen Relation. Diese Zahlen sind also, zum mindesten insoweit sie Sachleistungen repräsentieren, an sich Goldwerte. Was nun die Größenordnung von 5,5 Milliarden Reichsmark anlangt, so möchte ich Ihnen einen kleinen Vergleich geben. In der Zeit vor 1933 ist der deutsche Reichsetat für den Gesamtbereich der Wehrmacht mit einem Betrag belastet gewesen, der zwischen 600 und 750 Millionen gependelt ist. Nehmen wir einen Durchschnitt, der sogar noch hoch ist, von 700 Millionen im Jahr und nehmen wir den Anteil dieses Betrages, der auf die Westzonen entfällt, also unter Weglassung der Ostzone, so kommen wir zu einem Betrag von jährlich einer halben Milliarde. Diese halbe Milliarde, die uns die deutsche Wehrmacht, und zwar eine teure Wehrmacht durch die lange Dienstzeit, gekostet hat, verhält sich also zu den Beträgen der Besatzungskosten im Verhältnis wie 1 : 11. Wenn man nun nur die Aufwendungen für die [Displaced Persons] aus dem Gesamtbereich herausnimmt, dann sind die Aufwendungen für die [Displaced Persons], die heute in Deutschland leben, und zwar nach zweieinhalb bis drei Jahren, wenn man das Haushaltsjahr 1947 zugrunde legt, höher als die Aufwendungen des entsprechenden Gebiets für die damalige Wehrmacht. Nun wird man sich bei der künftigen Auseinandersetzung mit diesem Problem nicht darauf beschränken dürfen, nur die Gesamtzahl zu nennen, sondern man —

es sich um den „Notstandshaushalt". Vgl. Haushalt der britischen Zone für das Rechnungsjahr 1947; Druck. Die Äußerungen des OMGUS-Sprechers zu den Besatzungskosten ließen sich nicht er-

55) Dabei handelte

5ß) 20

mitteln.

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muß auch zeigen, was in diesen Beträgen im einzelnen enthalten ist, und man muß zeigen, wie diese Beträge im Verhältnis zum Steueraufkommen stehen. Ich möchte hier eine Zahl nennen, die ich bitten möchte, nicht mitzuschreiben. Wenn man für die drei Zonen im Durchschnitt die Belastung des Steueraufkommens durch die Besatzungskosten und Besatzungsfolgekosten berechnet, dann kommt man zu einem Durchschnittswert von 39 % des Steueraufkommens. Also 39 % des Steueraufkommens waren erforderlich, um den entsprechenden Gegenwert für die erbrachten Besatzungsleistungen aufzubringen; das ist der Durchschnittswert. Die französische Zone marschiert hier an der Spitze. Die britische und amerikanische Zone halten sich mit einem geringeren Prozentsatz etwa die Waage. Die Aufgliederung des Gesamtbetrages in einzelne Leistungsarten zeigt folgendes Bild. Ich nehme Besatzungskosten und Besatzungsfolgekosten jeweils getrennt als 100 % und gebe in runden Zahlen den Anteil, der auf die einzelnen Hauptleistungsarten entfällt: Dienstleistungen 35 %, Nutzungsleistungen, d. h. praktisch Mieten für Gebäude und Möbel 11 %, Sachleistungen 30 %, Leistungen von Bahn und Post 15 % und sonstige Leistungen 9 %. Das sind die Besat-

zungsleistungen. Die Besatzungsfolgeleistungen gliedern sich folgendermaßen: Aufwendungen für die verschleppten Personen 50 %, Nebenkosten bei Reparationen, Restitutionen usw.

der dann noch verbleibende Rest auch noch einmal 25 %. so, daß diese reinen Ziffern noch kein endgültiges Bild geben, sondern daß wir in der deutschen Argumentation gewisse Korrekturen vornehmen müssen. Wir müssen beispielsweise bei den Dienstleistungen auf folgendes hinweisen. Ich sagte, wir haben 35 % der reinen Besatzungskosten bei Dienstleistungen. Mit diesem Betrag von 1,6 Milliarden Mark sind insgesamt 630 000 Personen bezahlt worden. Damit sind die drei Besatzungsmächte zusammen einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Sie beschäftigen ebenso viel Leute, wenn man nur das deutsche Personal, nicht ihr eigenes Personal nimmt, wie etwa die Deutsche Eisenbahn oder der gesamte Bergbau in den drei Westzonen. Man muß aber berücksichtigen, daß nicht nur diese Leute für die Besatzung tätig sind, sondern daß auch die Bahn und die Post zahlreiche Leistungen für die Besatzungen erbringen und daß diese Beträge, die auch noch Dienstleistungen darstellen, hinzukommen, daß in den Nebenkosten von Reparationen und Requisitionen, Abbau und Transport weitgehend Löhne enthalten sind, so daß auch dadurch der Gesamtbetrag der Dienstleistungen noch eine gewisse Erhöhung erfährt. Ähnlich ist es bei den Nutzungsleistungen, den Mieten. Wenn ich Ihnen z. B. sage, daß in der amerikanischen Zone die Entschädigung für den Gebrauch von Möbel bisher nur in einem ganz geringen Umfang den in Anspruch genommenen deutschen Personen zugute gekommen ist, daß die Schäden, die bei der Abnutzung und Zerstörung von in Anspruch genommenen Gebäuden entstehen, zum größten Teil auch noch nicht abgerechnet sind, so wird sich auch dieser Betrag noch wesentlich erhöhen. Dann werden wir bei jedem dieser Posten, um die ganze Diskussion auf eine möglichst sachliche Basis zu bringen, geltend machen, inwieweit unseres Erach25 % und

Nun ist

es

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von uns verlangten Leistungen ein Mißbrauch getrieben wird. Es wird falsch sein, hier einer Sensationssucht Raum zu geben, wie wir es leider in der deutschen Presse zum Teil haben. Es wird aber auch für die verantwortlichen Personen bei den Besatzungsmächten interessant sein, von uns dokumentarisch die Fälle vorgelegt zu bekommen, in denen ein tüchtiger Militärverwaltungsmann die Möglichkeiten überzogen hat und Dinge in Anspruch nimmt, die in keiner Weise gerechtfertigt sind, also etwa zuviel Personal in Anspruch nimmt oder es zu hoch entlohnt, Überstunden bezahlt, die nicht geleistet werden usw. Eine solche kritische Beleuchtung der Zahlen wird besonders auf dem Gebiet der Sachleistungen notwendig sein. Ich sagte schon, daß wir unter dem, was von uns als Sachleistungen verlangt wird, sehr vieles haben, was gar nicht Verwendung bei uns in Deutschland zur Befriedigung der Bedürfnisse der Besatzungstruppen und der Besatzungsverwaltung findet, sondern daß diese Dinge nach draußen gehen und entweder als Reparationen oder als versteckter Export angesehen werden müssen, ohne daß wir Valuta oder eine Gutschrift auf Reparationskonto bekommen. Auch auf diesem Gebiet wird es zweckmäßig sein, sehr sachlich vorzugehen und all die Fälle, die wir jetzt durch die elf Länderfinanzministerien gesammelt haben, der Gegenseite vorzulegen. Ich möchte hier einige Beispiele nennen, glaube aber, es ist zweckmäßig, sie nicht zu sehr nach draußen bekanntzugeben; denn sie dienen der augenblicklichen Diskussion nicht. Sie haben alle zum Teil wohl in der Presse das Beispiel von den Unterhaltungsstätten in Berchtesgaden verfolgt, wo sehr hohe Gagen für deutsche Künstler bezahlt worden sind57). Diese Kosten sind tatsächlich nicht Besatzungskosten gewesen, sondern sind von den Amerikanern aus eigenen Mitteln bezahlt worden. Es hat also nicht den allgemeinen Belangen dieser Diskussion gedient, daß diese Dinge so stark beleuchtet wurden. Die Beispiele, die ich jetzt nenne, sind alle sehr genau nachgeprüft. Trotzdem scheint es mir zweckmäßig, daß man von diesen Dingen keinen zu großen Gebrauch macht. Als solche Beispiele möchte ich folgendes anführen: Auffallend sind in allen Zonen die unerhört großen Lieferungen an Lacken und Farben. Eine einzige Firma in der britischen Zone hat auf Requisitionsscheine Farben und Lacke in Höhe von 2,3 Millionen Mark geliefert, eine Firma in der amerikanischen Zone für 1,5 Millionen Mark Tarnfarben, die nun wirklich nicht für Zwecke in Deutschland gebraucht werden können. Es sind dann zahlreiche auf Besatzungskosten verbuchte Lieferungen hinausgegangen, wie wir genau wissen. So hat das Kings College in England58) ein Elektronenmikroskop bekommen, dessen Bezahlung an die deutsche Firma über Besatzungskostenkonto gelaufen ist. In den Reparaturwerkstätten von Daimler-Benz ist ein großes Perso-

tens mit den

Schmoller hatte unter dem 5. Okt. 1948 eine Aufstellung von Einzelfällen „besonders dem Rahmen fallender Besatzungskosten" erarbeitet (IfZ, ED 94/124, Bl. 5—18). Dabei wurden auch die exzessiven Lohnzahlungen erwähnt, die an Artisten und Künstler im Bereich des Finanzamtes Berchtesgaden seitens der Militärregierung gezahlt wurden. Im allgemeinen wurden drei bis sechstausend Mark Monatsgage bezahlt, häufig erhielten sie mehrere Monatsgagen. 58) Das Kings College, eine 1829 in London gegründete Einrichtung der Forschung und Lehre.

57)

v.

aus

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also nal damit beschäftigt, die Wagen zu reparieren, die irgendwo in Europa nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich, Italien und selbst in weifür die amerikanische Wehrmacht laufen. teren Gebieten (Vors. Dr. Schmid: Mehr als 2000 Personen!) In der britischen Zone sind im Bereich einer einzigen Feststellungsbehörde in einem kurzen Zeitraum über 1 Million Meter Bettwäsche und eine halbe Million Meter Matratzenstoff geliefert worden. In Heidelberg ist die Geschichte der l. amerikanischen Armee mit einem Gesamtaufwand von einer Viertelmillion gedruckt worden. In einer Motorenfirma bei Stuttgart sind erst vor einigen Wochen 400 Getreidemotormäher im Werte von einer halben Million DM geliefert worden. Getreidemotormäher können nun aber wirklich nicht für Zwecke einer Besatzungsmacht verwendet werden. Diese Dinge ließen sich noch weiter vertiefen. Ich möchte noch auf ein Gebiet hinweisen, das für unsere Argumentation sehr wichtig ist, das ist das Gebiet der Aufwendungen für die verschleppten Personen. Es ergeben sich hier nicht nur Fragen der Kosten, sondern auch Fragen der sehr umfangreichen Vorrechte dieses Personenkreises, die an die Bevorrechtung erinnern, die in früheren Zeiten Europäer in der Türkei, in Ägypten und China für sich in Anspruch genommen haben. Diese [Displaced Persons] genießen heute nicht nur rechtlich, sondern auch steuerlich und versorgungsmäßig eine Vorzugsstellung, die sich dreieinhalb Jahre nach Einstellung der Feindseligkeiten kaum noch rechtfertigen Iäßt58a). Wir müssen auch darauf hinweisen, daß ein großer Teil dieser verschleppten Personan nach dem Zusammenbruch nach Deutschland hereingekommen ist. Wir können darauf verweisen, daß beispielsweise die zahlreichen Tschechen, die erst seit einem halben Jahr bei uns sind, von der IRO den Status [Displaced Persons] anerkannt bekommen und damit sämtliche damit verbundenen Vorrechte für sich in Anspruch nehmen. Wenn wir auch anerkennen müssen, daß wir für den unglücklichen Teil dieses Personenkreises, der durch unsere Schuld nach Deutschland gekommen ist, irgendwie geradestehen müssen, daß wir ihnen zum mindesten das völkerrechtlich übliche Asylrecht gewähren müssen, so wird es sich doch nicht rechtfertigen lassen, daß deutscherseits in diesem großen Umfang Aufwendungen aufgebracht werden müssen, die weit über das hinausgehen, was wir unseren eigenen Flüchtlingen zu bieten vermögen. Ich sagte schon, daß wir im letzten Haushaltsjahr hierfür den Betrag von über einer halben Milliarde Mark aufgebracht haben und daß das mehr ist, als die Westzonen vor 1933 für die deutsche Wehrmacht haben aufbringen müssen. —



unter dem 24. Sept. 1948 eine gutachtliche Bestimmungen über ausländische Flüchtlinge und Displaced Persons in Bundesgesetz und Besatzungsstatut abgegeben (Z 35/614, Bl. 179—183). Ferner Eberhard Jahn: Das DP-Problem. Eine Studie über die ausländischen Flüchtlinge in Deutschland. Hrsg. vom Institut für Besatzungsfragen. Tübingen 1950. Als neue wissenschaftliche Aufarbeitung siehe Wolf gang Jacobmeyer: Vom Zwangsarbeiter zum Heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland 1945—1951. Göttingen 1985 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 65).

58a) Das Deutsche Büro für Friedensfragen hatte

Äußerung

zur

Aufnahme

von

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Mit einigen Worten möchte ich noch die Situation nach der Währungsreform beleuchten. An sich ist es eine noch zu nah zurückliegende Zeit, als daß sich da ein abschließendes Urteil bilden ließe. Ich kann aus unserer eigenen Erfahrung in der französischen Zone nur anführen, daß nach unseren Berechnungen über das Verhältnis von Steueraufkommen und Besatzungsleistungen in diesem ersten Quartal sich ein sehr trübes und beängstigendes Bild ergibt. Selbstverständlich sind in diesen ersten Monaten die Steuereingänge sehr gering gewesen. Aber auf der anderen Seite sind deswegen, weil alle schwebenden Besatzungsleistungen vor dem Stichtag vom 20. Juni bezahlt werden mußten, die neu anlaufenden Rechnungen auch erst langsam wieder in Gang gekommen, so daß man hier auf beiden Seiten mit einem sehr allmählichen, etwa gleichmäßigen Anlaufen rechnen kann. Bei uns in der französischen Zone liegt die Inanspruchnahme des Steueraufkommens durch Besatzungsleistungen etwa bei 70 % und zum Teil darüber. In der Bizone ist es nicht ganz so schlimm. Aber auch hier sind die Meldungen, die wir bekommen haben, nicht gerade sehr befriedi-

gend.

Nun ergibt sich bei den Besatzungskosten nach der Währungsreform noch ein anderes Problem. Die Besatzungsmächte haben anerkannt, daß sie sparen müssen, und wir müssen unsererseits anerkennen, daß diese Sparmaßnahmen zum Teil durch höchsten Befehl es liegt z. B. ein Befehl von General Koenig auch sehr in vor59) Angriff genommen sind. Wir müssen jedoch auf eifrig der anderen Seite feststellen, daß man in nicht unerheblichem Umfang auszuweichen beginnt, indem man das, was bisher als Besatzungskosten verbucht wurde, nun auf den ordentlichen Haushalt schiebt. Es heißt dann, es wird auf die deutsche Wirtschaft abgeschoben. Das ist z. B. bei den sogenannten Besatzungsschäden der Fall, wo den deutschen Behörden mitgeteilt wurde, daß sie nicht mehr berechtigt seien, in der amerikanischen Zone diese Besatzungsschäden als Besatzungskosten zu verbuchen. Ein weiteres Beispiel dieser Art ist die Tatsache, daß die sogenannten selbsterhaltenen Betriebe in der amerikanischen also eine Offiziersmesse, eine Erholungsstätte, eine amerikanische ZeiZone tung, Theater, Kino —, die bisher ihre Löhne und Mieten selber gezahlt haben, jetzt ihre Mieten und Löhne über das Besatzungskostenkonto abrechnen, also gewissermaßen die Rechnung doppelt machen. Sie verdienen durch die Einnahmen seitens ihrer eigenen Besatzungsangehörigen, und wir müssen unsererseits noch die ganzen Unkosten tragen, obgleich das dann gar nicht als Besatzungskosten in Erscheinung tritt. In der gleichen Richtung liegt die Ausklammerung der deutschen Lohnstellen aus den deutschen Behörden. Sie sind vom 1. Oktober ab den amerikanischen Dienststellen angegliedert. —





von König ließ sich nicht ermitteln, jedoch wurden seitens der Franzosen mehrfach eine Reduzierung der Besatzungskosten in Aussicht gestellt. Während seiner Deutschlandreise im Okt. 1948 sicherte Schuman eine Herabsetzung der Besatzungsbehörden zu, mit der auch eine Reduzierung der Kosten verbunden sein würde. (Informationsdienst der Presseabteilung des VWG vom 13. Okt. 1948, Z 13/403). Ende Nov. 1948 kündigte Koenig eine Herabsetzung der Besatzungskosten um 25 % an (Informationsdienst vom 30. Nov. 1948, ebenda).

') Der Befehl

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Das war ein ungefährer Überblick über die bisherigen Erhebungen auf dem Gebiet der Besatzungskosten. Die Arbeit ist im besten Zuge, hat aber mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen; wir hoffen jedoch, daß in nicht allzu ferner Zeit ein Gesamtüberblick vorliegen wird60). Wir wollen wegen der unerhörten Wichtigkeit und der Gefahr, daß ungenaue Zahlen uns nur schaden, sehr vorsichtig vorgehen. Ich konnte Ihnen deswegen heute noch keine schriftliche Zusammenfassung vorlegen, sondern mußte mich darauf beschränken, über die Ergebnisse der bisherigen Arbeit einige Dinge zu nennen. [3. ERÖRTERUNG ÜBER DIE GLIEDERUNG DES VOM AUSSCHUSS ZU BEHANDELNDEN STOFFES] Vors. Dr. Schmid: Es sind im wesentlichen drei Problemkreise, die in unser Den ersten nenne ich den strukturell-organisatoriläßt sich wiederum in zwei bis drei Bereiche zerlegen, von denen eischen; er

Aufgabengebiet gehören. ner

das Problem der Organisation der

Militärregierung

selbst betrifft. Ich

glau-

be, wir sollten hierauf nicht nur aus hochpolitischen Gründen den allergrößten Nachdruck legen; denn es könnte vielleicht eine ganz neue Phase in der Ge-

schichte der Besetzung Deutschlands damit eingeleitet werden, daß nicht der Aufbau Deutschlands sich an den Aufbau der Militärregierungen anpassen muß, sondern endlich einmal umgekehrt die Organisation der Militärregierung sich nach dem Aufbau unseres Gemeinwesens richten muß61). Wenn es gelänge, diesen Zustand zu erreichen, hätten wir einen wesentlichen Schritt nach vorwärts getan. Denn ich glaube, daß es eine der schlimmsten Verkehrungen dieser Zeit gewesen ist, daß man dieses Volk gezwungen hat, seine eigenen Organisationsprobleme als Funktion des Aufbaus der Organisation der Besatzungsmächte zu sehen, während umgekehrt der Aufbau der Organisation der Besatzungsmächte in Funktion des deutschen staatlichen Aufbaus erfolgen müßte. Zweitens gehört in diesen Problemkreis das Verhältnis der alliierten Behörden zu den deutschen Behörden. Hier kommt das Problem Doppelverwaltung oder Kontrolle herein. Was heißt Kontrolle? Ein schwieriges Problem! Der ganze Bereich der alliierten Vorbehalte kommt hier herein, alle interventionistischen Maßnahmen der Alliierten, wie z. B. Beschränkung des deutschen Industrieniveaus, unmittelbare Eingriffe in die staatliche Struktur Deutschlands usw., das ganze Problem der deutschen Autonomie. Vielleicht könnte man dazu noch einen anderen Problemkreis rechnen, nämlich: sollen Organe geschaffen werden, die die Zuständigkeit haben sollen, Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschen und Alliierten über die Anwendung des Besatzungsstatuts auszuräumen? Zum zweiten Problemkreis käme alles

rechtsstaatlichung des

das,

Verhältnisses der

60) Vgl. Anm. 44. 61) Folgt gestrichen: „Das würde

zum

ersten

was

unter dem

Besatzungsmächte

Sammelbegriff: zu

Ver-

den einzelnen

Mal, ich möchte fast sagen, Subjekt und Prädi-

kat umkehren." 25

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Deutschen, zusammengefaßt werden kann. Hierzu möchte ich auch das Ausmaß und die Intensität rechnen, in der die in unseren Verfassungen niedergelegten Rechte in das Besatzungsstatut zu inkorporieren sind. Schließlich die Rechtsstellung der Bewohner Deutschlands, der deutschen Staatsangehörigen auf der einen Seite, deren Standard auf den normalen Standard gehoben werden müßte, und gewissermaßen als Spiegelbild dazu der Status der Ausländer, die in Deutschland wohnen, die den Deutschen gegenüber heute eine privilegierte Stellung einnehmen62). Der privilegierte Standard dieser Ausländer müßte auf den allgemeinen Rechtsstandard, der für die Deutschen gilt, reduziert wer—



den. Der dritte Problemkreis wird durch die Besatzungskosten dargestellt. Ich glaube, hierüber ist nicht mehr viel zu sagen. Aus den Ausführungen von Herrn Schmoller ist die ganze Komplexität deutlich geworden. Vielleicht kann ich jetzt schon einen Gedanken aussprechen, den uns gestern Herr Staatssekretär Dr. Brill nahegelegt hat63), nämlich die Relation der Besatzungskosten nicht im Hinblick auf das Steueraufkommen zu nehmen, sondern die Besatzungskosten zu den Ziffern der ordentlichen Haushalte in Verhältnis zu setzen. (Dr. Binder: Und das Sozialprodukt!) Das ist wirtschaftlich gesehen. Ich denke hier rein vom Finanztechnischen aus, um auf diese Weise zu erzielen, was seinerzeit mit der Regelung des Dawes-Plans64) erzielt worden ist, nämlich daß Reparationen und Besatzungskosten ein unteilbares Ganzes darstellen, so daß die Reduktion der einen eine Steigerung der anderen ermöglicht und umgekehrt. Ich eröffne nunmehr die Aussprache über das Referat, schlage aber vor, daß wir heute nicht die Materie als solche diskutieren, sondern uns darauf beschränken, Hinweise zu geben, mit welchen Methoden und bei welchen Stellen das Material, das bisher in großen Zügen bekanntgegeben worden ist, vervollständigt und verifiziert werden könnte; zum andern schlage ich vor, zu erörtern, in welcher Weise das uns vermittelte Wissen politisch in Bewegung gesetzt werden könnte. Dabei muß man zwei Ebenen unterscheiden: einmal die offizielle, wo die offiziellen Stellen der Besatzungsmächte mit den deutschen offiziellen Stellen in Beziehung treten, Auskünfte von ihnen verlangen und Forderungen an sie stellen und umgekehrt; die andere Ebene ist die der öffentlichen Meinung, wo nach anderen Gesetzen operiert werden muß und die mindestens so wichtig ist wie die erste, denn die Haltung der verantwortlichen Stellen der Militärregierungen wird ja weitgehend von dem Echo bestimmt sein, das unsere Haltung in den Ländern findet, deren Treuhänder sie sind. Ich denke insbesondere an Amerika, wo ja in Kreisen des Kongresses und auch in —

62) Folgt gestrichen: „Gestern wurde davon gesprochen, daß ihr Status dem Status der Europäer in den asiatischen Staaten um die Jahrhundertwende auf Grund der Kapitulationen zu

vergleichen

ist."

63) Vgl. Prot, in: Z 12/71, Bl. 182-206. 64) Zum Dawes-Plan siehe R. C. Dawes: Wie der Dawes-Plan zustande kam. The 26

Journal of Reparations,

1939.

1926. Derselbe:

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der Presse seit geraumer Zeit ein lebhafter Wunsch, sich über die Probleme des Besatzungsregimes zu unterrichten, festzustellen ist65). Dr. Binder: Wenn ich den Herrn Vorsitzenden richtig verstanden habe, dann neigt er zu der auch von mir geteilten Meinung, daß eine Aktivität unseres Ausschusses solange nicht in Frage kommt, als wir nicht von der Gegenseite gehört haben, was sie machen will. Das schließt nicht aus, in engster Verbindung zwischen unserem Ausschuß und dem Ausschuß der Ministerpräsidentenkonferenz das gesamte Material zusammenzutragen, das zur Beurteilung der Frage des Besatzungsstatuts notwendig ist, und alle Vorbereitungen für die spätere Stellungnahme unseres parlamentarischen Ausschusses zu treffen. Ich glaube aber, daß es in erster Linie Aufgabe der Länderregierungen und nicht etwa des Parlamentarischen Rates ist, dieses Material den Besatzungsmächten zur Kenntnis zu bringen und zu erläutern. Dagegen ist es vielleicht richtig, wenn wir aus unseren Kreisen heraus die Fragen des Besatzungsstatuts in einer inoffiziellen Weise in der Öffentlichkeit und vor allen Dingen mit den alliierten Verbindungsoffizieren in Bonn erörtern. Bei den bisherigen Diskussionen habe ich festgestellt, daß zwischen unserer Auffassung und der der Alliierten doch noch eine so große Differenz besteht, daß ich nicht sehe, wie wir mit unserer Arbeit zu Ende kommen werden, wenn wir eventuell das Besatzungsstatut, das bei ihnen zur Zeit in Bearbeitung ist, nicht annehmen können. Wir laufen Gefahr, daß wir den künftigen Bundesstaat moralisch von vornherein diskreditieren, wenn die Arbeit einer künftigen Bundesregierung unter Verhältnissen aufgenommen wird, die sich nach ihrer rechtlichen und moralischen Seite nicht wesentlich von dem unterscheiden, was heute ist. Es wird uns vielleicht zugestanden werden, daß wir in Zukunft keine einzelnen Leistungen an die Besatzungsmächte vorzunehmen haben, sondern daß diese bereit sind, von den Ländern oder dem Bund einen Pauschalbetrag zum Ausgleich der Besatzungskosten entgegenzunehmen. Es wird wahrscheinlich auch der Gedanke einer richterlichen Instanz zur Auslegung des Besatzungsstatuts von den Besatzungsmächten akzeptiert werden, aber nicht etwa in der Weise, daß wir berechtigt sind, die deutschen Mitglieder selbst vorzuschlagen und zu ernennen, und auch nicht in der Weise, daß etwa ein neutraler Schiedsrichter eingesetzt wird, sondern nur in der Form eines alliierten Gerichts, bei dem auch die deutschen Herren von den Alliierten ernannt werden66). Der Umfang der Einmischung der einzelnen Besatzungsmächte in die deutsche Verwaltung ist augenblicklich keineswegs geklärt. Die Alliierten sind bisher nicht einig geworden, sondern werden uns ein Besatzungsstatut präsentieren, bei dem neben einer einheitlichen Politik der alliierten Militärregierungen die drei westlichen Militärgouverneure noch ihre besondere Besatzungspolitik in den einzelnen Ländern fortführen können. Der Aufbau der Organisation der Besatzungsmächte wird wahrscheinlich nicht so sehr von dem bisherigen abweichen, so daß noch immer die Möglichkeit bestehen würde, die deutsche Politik

65) Einschlägige Unterlagen ließen sich hierzu

in den Beständen des Bundesarchivs nicht mitteln. 66) Zum Schiedsgerichtsgedanken siehe Dok. Nr. 3, Anm. 20.

er-

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und die bestehenden deutschen Verwaltungen nach wie vor auf breitester Front zu beeinflussen. Ich bin der Meinung, daß wir ein solches Statut nicht akzeptieren können; denn damit wäre bei der Errichtung einer staatlichen Organisation für uns im Westen praktisch wenig erreicht. Wir müssen uns von vornherein bei der Behandlung dieser Frage des Besatzungsstatuts darauf gefaßt machen, daß es zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Besatzungsmächten und damit auch zu einer Verzögerung der Entscheidung kommen wird. Die Chance, daß wir mit einem Schlag einen erheblichen Schritt vorankommen, ist heute verhältnismäßig groß, weil wir durch die Notwendigkeit, unser bundesstaatliches Regime in Gang zu bringen, eine gewisse moralische Berechtigung haben zu fordern, daß von den Besatzungsmächten die notwendigen politischen, rechtlichen und moralischen Voraussetzungen für diese Ingangsetzung geschaffen werden. Verpassen wir diese Möglichkeit und bringen wir den neuen staatlichen Apparat unter unzulänglichen Voraussetzungen in Gang, dann hat das zur Folge, daß dessen politische Arbeit in der Bevölkerung von vorneherein derart diskreditiert wird, daß es sehr schwer sein wird, zu einem späteren Zeitpunkt aus dieser verfahrenen Lage heraus zu besseren Verhältnissen zu kommen. Wir müssen unsere Stellungnahme daher so vorbereiten, daß wir eine möglichst optimale Lösung erreichen, ohne Gefahr zu laufen, uns mit den Besatzungsmächten völlig auseinanderzureden. Minister Spiecker: Ich glaube, wir kommen zu einem praktischen Ergebnis, wenn wir die Vorschläge, die von den Ministerpräsidenten gemacht sind87) und als einziger deutscher Vorschlag den Alliierten vorliegen, mit dem Ausschuß des Parlamentarischen Rates erörtern. Man kann sie vielleicht ergänzen. Sie haben Kritik gefunden, aber wir müssen auf eine gemeinsame Basis kommen. Inwieweit werden die Vorschläge gebilligt und inwieweit können sie verbessert werden, damit wir, wenn es zu wirklichen Verhandlungen kommt, eine einheitliche Front bilden. Vors. Dr. Schmid: Das ist auch meine Meinung. Für diesen Zweck sollten die Unterausschüsse bestellt werden. Dr. Kroll: Ein Grundproblem, das dieser Ausschuß zu klären hat, werden die reinen Rechtsverhältnisse zwischen Besatzungsmacht und Bund sein. Das ist das Kardinalproblem, daß wir endlich einmal wissen, welche Rechtsbefugnisse stehen künftig dem Bund zu und welche Befugnisse behält sich die Besatzungsmachl vor, so daß unter allen Umständen eine Generalklausel der Besatzungsmacht, beliebig in Bundesrecht einzugreifen, vermieden wird. Das ist wohl eine Voraussetzung für ein gesundes Arbeiten des Bundes. Das zweite Problem ist das Problem der Finanzen, der Besatzungskosten, der Reparationen. Die Begrenzung auf ein erträgliches Maß in irgendeiner Form zu gewährleisten, scheint mir dem zweiten Ausschuß als Hauptaufgabe zugedacht zu werden.

°7) Siehe 28

Anm. 14.

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Ich vermisse jedoch ein drittes Problem, das ist die Frage der Sicherheit des westdeutschen Gebildes, die in engem Zusammenhang mit diesem Besatzungsstatut stehen muß. Wenn wir die Frage der Garantie der Sicherheit nicht anschneiden, machen wir uns historisch eines unerhörten Vergehens schuldig, dieses Gebilde zum Spielball möglicher Komplikationen zuzulassen, ohne wenigstens den Versuch gemacht zu haben, eine Garantie zu erhalten. Unter Sicherheit verstehe ich hier nicht den Anspruch, etwa eine Art der Selbstverteidigung jetzt auszusprechen, sondern ich verstehe darunter grundsätzlich die Frage: Wer übernimmt den Schutz nach außen, und in welcher Weise wird er gewährleistet? Angesichts der heutigen Weltlage ist es unmöglich, die Frage mcnt zu stellen, und ich glaube, wir haben ein moralisches Recht, darauf eine Antwort von den Besatzungsmächten zu bekommen. Ich bin sogar der Meinung, daß sie in irgendeiner Form gegeben werden wird. Ob man das einem eigenen Unterausschuß zuweist, das möchte ich hier nicht erörtern. Aber etwas Grundsätzliches; wir können doch wohl nur gewisse Richtpunkte dessen formulieren, was wir zum Leben des künftigen Bundes für unbedingt notwendig erachten. Was wir vermutlich nicht machen können, ist, irgendwie den Entwurf des Besatzungsstatuts selbst vorzubereiten68). Vors. Dr. Schmid: Das ist nie der Gedanke gewesen. Was wir wollten, war, das Material zu sammeln und die „Voraussetzungen für ein jegliches Besatzungsstatut" zu ermitteln, damit wir, wenn wir erfahren, was die anderen wollen, dazu aus klaren Überlegungen heraus Stellung nehmen können. Dr. Kroll: Wir reden hier beinahe a priori von einem Besatzungsstatut. Das Besatzungsstatut im Jahre 1945 oder 1946 wäre ein Segen gewesen, es hätte endlich einen Rechtszustand gebracht. Ein Besatzungsstatut im Jahre 1948 ist beinahe ein Anachronismus. Worauf wir endlich einmal hinsteuern müssen, ist zwar nicht ein formeller Friedensvertrag, der ja zunächst völlig in der Luft hinge, weil der Partner noch nicht da ist, aber wohl eine Formulierung auch von Seiten der Besatzungsmächte, daß der Kriegszustand als beendet zu betrachten ist. (Vors. Dr. Schmid: Das steht in den Vorschlägen der Ministerpräsidenten

vorläufigen

drin!) Vielleicht könnten wir uns angewöhnen, anstatt von einem Besatzungsstatut von einem Statut zur Erklärung des Friedenszustandes zu sprechen oder es immer wieder anklingen zu lassen. Denn was wir wollen, sind doch geregelte Verhältnisse nach einem verlorenen Krieg mit der Überleitung zu einem echten

einem Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMin(Z 12/119, Bl. 272): „Er stellte die Frage, ob das Grundgesetz überhaupt einen Zweck habe, wenn es in wesentlichen Teilen nur bedrucktes Papier bliebe. Die dritte Lesung des Grundgesetzes würde zum mindesten in Frage gestellt sein, wenn das Besatzungsstatut weniger als ein Ersatz für den Friedensvertrag, den wir nur deshalb nicht bekämen, weil sich die Alliierten nicht einigen könnten. Andererseits könne aber der Zustand völliger Rechtlosigkeit auf die Dauer nicht weiterbestehen; so müsse also das Besatzungsstatut, nach seiner Ansicht, alles enthalten, was sonst in ei-

60) Ähnlich äußerte sich Adenauer nach der Presse

5. Nov. 1948

Präs.

vor

nem

Friedensvertrag stünde."

am

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Friedenszustand und nicht als grundlegend die Aufrechterhaltung eines quasi Kriegszustandes, der irgendwann einmal abgeschlossen sein muß. (Dr. Binder: Richtig!) Vors. Dr. Schmid: Ich glaube, man muß die beiden Dinge auseinanderhalten. Das eine ist die69) Friedensregelung. Hoffentlich bekommen wir eine gute zu einem richtigen Zeitpunkt. Wann das sein wird, ist eine große Frage. Das andere ist, daß bis dahin das jetzige Chaos in eine Ordnung umgewandelt werden muß; das besorgt das Besatzungsstatut. Das andere ist etwas, das andere Methoden erfordert, auch vielleicht einen anderen Adressaten hat, als der Adressat für unsere Besatzungsstatutwünsche sein kann. Dr. Eberhard: Ich hatte mir auch die beiden Punkte als eine notwendige Aufgabe zur Erörterung notiert: die Fragen der Sicherheit und der Beendigung des Kriegszustandes. Es gibt dazu eine Reihe von Vorarbeiten70), die herangezogen werden könnten. Aber wir müssen uns dazu einen Standpunkt erarbeiten. Zur Methodik unserer Arbeit noch ein Vorschlag. Es finden mit diesen oder jenen Verbindungsoffizieren eine Reihe privater Gespräche statt. Was dabei gehört wird, sollte man irgendwie zusammenzutragen versuchen, um sich ein Bild zu verschaffen, in welcher Richtung die Arbeit geht. Ich habe in privaten Gesprächen interessante und neue Sachen gehört, andere Herren wohl auch. Ich schlage vor, zur Vorbereitung der politischen Aktion dieses Ausschusses das zusammenzustellen. Dazu gehört ferner die Beobachtung der öffentlichen Meinung draußen. Es finden sich ja Anzeichen für eine Änderung der öffentlichen Meinung draußen, namentlich im Hinblick auf das Verhalten der Berliner Bevölkerung. Es gibt in Amerika heute Diskussionen darüber, wie alle Truppen aus Deutschland zurückgezogen werden könnten. Sie geht so weit in einer Richtung, die ich persönlich gar nicht haben möchte: den Deutschen wieder eine Wehrmacht zuzugestehen, nur ohne Luftflotte, damit die Nachbarn nicht überfallen werden könnten

usw71).

Juli72) geändert. Ich bin auch der Ansicht, wäre viel schlimmer geworden als einer im sagen, daß ein Besatzungsstatut, das im Juli worden erlassen wäre, schlimmer gewesen wäre als eines, das jetzt noch nicht

Atmosphäre hat sich seit dem Friedensvertrag im Jahre 1945 Jahre 1950. Genau so möchte ich Die ein

1.

69) Von Schmid korrigiert aus „eine". 70) Eberhard spielt hier vermutlich generell auf die Arbeiten des Deutschen Büros für Frie-

densfragen an, dessen Leiter er war. Vgl. H. Piontkowitz: Anfänge deutscher Außenpolitik 1946—1949, Stuttgart 1978. M. Overesch: Gesamtdeutsche Illusionen und westdeutsche Realität, Düsseldorf 1978. 71) Diskussionen über die Wiederbewaffnung Deutschlands, die seit dem Ausbruch des Kalten Krieges in der Weltöffentlichkeit geführt wurden, fanden im Pari. Rat am Rande der Diskussionen um die Zuständigkeit des Bundes für den „Schutz des Bundes nach außen" bzw. die „Sicherung des Bundes" statt (Vgl. Der Pari. Rat Bd. 3, S. XXVI). Ein erster Vorstoß Adenauers im Jan. 1949, die Frage offiziös mit der US Militärregierung zu besprechen wurde von OMGUS jedoch kategorisch gestoppt (Z 45 F CAD 3/162-3/9). 72) Am 1. Juli 1948 waren den Ministerpräsidenten die Frankfurter Dokumente überreicht worden. Siehe Der Pari. Rat Bd. 1, S. 22 ff. Möglicherweise spielte Eberhard aber auch auf die Blockade Berlins an, die Ende Juni—Anfang Juli 1948 begonnen hatte. .

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ist und uns vielleicht im Dezember in den Grundzüwerden wird. Man sollte also nicht drängen. gen bekanntgegeben Man müßte aber versuchen, über den gegenwärtigen Stand der Arbeiten etwas zu erfahren. Ich darf zu den Ausführungen des Ministerpräsidenten Ehard73) ergänzen, es ist damals auch gesagt worden, man wolle die Ministerpräsidenten laufend darüber und die „Versammlung" also den Parlamentarischen Rat allmählich der Arbeiten damit wir mit dem der Stand wie sei, benachrichtigen, Inhalt vertraut werden könnten. Ich habe eben in dem Protokoll der Sitzung vom 20. Juli74) gefunden, daß diese Zusage dort gemacht worden ist. Minister Dr. Beyerle: In dem Protokoll vom 20. Juli steht auch: Über die Frage der Ausarbeitung der Einzelheiten des Besatzungsstatuts erwarten wir auch Vorschläge von der verfassunggebenden Versammlung, und zwar ehe wir die Entscheidung herbeiführen. Dann heißt es weiter: Während wir das Statut ausarbeiten und vor seiner Verkündung werden wir Sie, also die Ministerpräsidenten, und die Versammlung gern auf dem laufenden halten. Auf diese Weise können wir Sie und die Versammlung stets mit dem allgemeinen Inhalt vertraut zu

Papier gebracht worden





es seiner Endfassung entgegengeht75). Dr. Binder: In einer Unterhaltung hat Herr Page76) von den Amerikanern mir neulich nahegelegt, daß der Parlamentarische Rat direkt einen Brief an die Be-

machen, wie

richtet das ist vorgesehen!) Schmid: Dr. (Vors. um sie zu bitten, daß das Besatzungsstatut bekanntgegeben und das Gespräch darüber eröffnet wird. Der Grund, weswegen die Amerikaner einen derartigen Schritt begrüßen würden, ist wohl der, daß sie mit den beiden andern Besatzungsmächten in großen Schwierigkeiten sind, und auf diese Weise einen gewissen zeitlichen Druck auf die Franzosen und die Engländer ausüben könnten, um überhaupt die interalliierten Verhandlungen zu einem gewissen Abschluß zu bringen77). Ich habe gesagt: Das hat nicht viel Sinn, solange wir nicht wenigstens einen ersten Entwurf unserer Verfassung im Hauptausschuß durchberaten haben, weil man uns sonst mit Recht vorwerfen könnte: Ihr habt ja eure eigentliche Aufgabe noch nicht zu einem gemäßen Abschluß gebracht. Wenn wir eine solche Bitte aussprechen, dann müssen wir wenigstens so weit sein, daß auf unserm Gebiet bereits ein vorläufiges Ergebnis erreicht ist. Ich glaube, daß man sich schon an die Besatzungsmächte wenden könnte, aber erst, wenn der Verfassungsentwurf in den einzelnen Ausschüssen durchberaten ist. Dr. Schäfer: Der Herr Vorsitzende hat gesagt, die Tätigkeit unseres Ausschusses hätte darin zu bestehen, auch so etwas wie eine deutsche Außenpolitik zu be-

satzungsmächte







73) Siehe TOP 1. 74) Gemeint ist die Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten in Frankfurt vom 20. Juli 1948. Abdr. des Prot, in: Der Pari. Rat Bd. 1, S. 163-171. 75) Beyerle zitiert offensichtlich aus einer nicht berichtigten Protokollfassung. Vgl. Der Pari. Rat Bd. 1, S. 178, Anm. 18. 76) Gemeint ist vermutlich der US-Verbindungsoffizier Anton F. Pabsch, der das US-Verbin-

dungsbüro zum Pari. Rat leitete. Er war deutsch-amerikanischer Abstammung und im Zivilleben Chef der Onondaga Freight Company in Syracuse.

77) Siehe Dok. Nr. 3, Anm.

12.

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ginnen, nämlich in der Auseinandersetzung mit den Besatzungsmächten tatsächliche Ansätze zu einer außenpolitischen Vertretung des künftigen Bundes zu entwickeln. Alles das, was zu derartigen Erörterungen zusammengetragen worden ist und zusammengebracht wird, stellt sehr wertvolles Material dar. Entscheidend ist aber die Erwägung: Wie bringt man die vielen Vorschläge und Anregungen in geeigneter Weise zu Gehör, und wie ist man in der Lage, die politische Entwicklung mit Triebkräften zu erfüllen, die die Möglichkeit geben, diese Erkenntnisse und Forderungen in einem internationalen Gespräch durchzusetzen. Da sehe ich eine der Hauptaufgaben dieses Ausschusses darin, zunächst einmal die Diskussion überhaupt zusammenzufassen. Verhängnisvoll ist für unsere Entwicklung gewesen, daß die bisherige Auseinandersetzung über die Besatzungskosten so zerfahren war. Sie ist von Ländern, von Parteivorständen, von unzuständigen oder halbzuständigen Stellen betrieben und damit zersplittert worden. In der Schaffung eines Sammelpunktes für solche Auseinandersetzungen sehe ich eine der Hauptaufgaben unseres Ausschusses. Um das durchzuführen, wäre zu überlegen, ob man nicht über die Ausschüsse, die die einzelnen Stoffgebiete eines Besatzungsstatuts zu bearbeiten haben, hinaus auch eine Stelle einrichtet, die ihren Widerhall systematisch registriert. Wir sind nämlich über die Gegenwirkung niemals recht im klaren, weil wir nicht wissen, wie das Bild ist, das die Welt sich von diesen Dingen macht und wo die Kreise sind, mit denen man darüber reden kann. Wo sind politische Zusammenhänge, um die Entwicklung weiterzutreiben? Ob wir das in Form von Ausschüssen oder Einrichtungen machen, die uns zum mindesten Informationsquellen sichern und sichten, lasse ich dahingestellt. Irgend etwas derartiges müßte man aber einrichten. Und dann müßte das Leitmotiv bei all diesen Arbeiten sein, daß unser Auftrag im Parlamentarischen Rat die Errichtung einer demokratischen Republik ist. Daraus ergibt sich, daß man mindestens von der Arbeitshypothese auszugehen hat, daß wir eine volle Souveränität haben und daß wir aus dieser Souveränität eine wirkliche Demokratie abzuleiten und zu entwickeln haben und daß infolgedessen alles, was Beschränkungen bringt, eigentlich im Widerspruch zu dieser Aufgabe steht. Infolgedessen ist unsere Stellung nicht so, als ob wir abzuwarten hätten, was in einem Besatzungsstatut drinsteht. Wir haben unsere Verfassung so zu machen, wie sie den demokratischen Notwendigkeiten unseres Volkes entspricht. Wir können dann vielleicht über Beschränkungen reden, die sich aus der Situation des Besatzungszustandes ergeben. Die Reihenfolge sollte nicht umgekehrt werden. [4. EINSETZUNG VON UNTERAUSSCHÜSSEN] Auf

Vorschlag des Vorsitzenden Dr. Schmid wird nach einer Geschäftsordnungsdebalte die Einsetzung folgender Unterausschüsse beschlossen: Unterausschuß für Grundsatzfragen, wozu alles gehören soll, was nicht Besetzungskostendetail und Detail der rechtsstaatlichen Ausgestaltung des Besatzungsregimes ist, auch die Fragen der Sicherheit und Beendigung des Kriegszustandes. Mitglieder: Minister Spiecker, Sieveking, Abg. v. Brentano und Abg. Dr. Schmid. 32

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Unterausschuß für rechtsstaatliche Ausgestaltung. Mitglieder: Justizminister Dr. Beyerle, Staatssekretär Dr. Brill, Abg. Dr. Strauß, dessen endgültige Zugehörigkeit noch erörtert werden soll73), und Abg. Zinn. Unterausschuß über die Besatzungskosten. Mitglieder: Minister Hilpert, Minister Hoffmann, Abg. Dr. Binder, Abg. Dr. Wolff, Abg. Dr. Seebohm und Abg. Dr. Schäfer. Die ordentlichen Mitglieder der Unterausschüsse können sich vertreten lassen. Die Unterausschüsse erhalten die Ermächtigung, wenn sie es für richtig halten, Mitglieder der beiden großen Ausschüsse zu kooptieren. Sie können jede geeignete Persönlichkeit zu jedem Zeitpunkt bitten, in dem Unterausschuß als kooptiertes Mitglied oder als Auskunftsperson mitzuarbeiten. Es wird den Unterausschüssen überlassen, sich zu konstituieren, ihren Vorsitzenden zu wählen und ihre Arbeitsmethoden zu entwickeln. Abg. Dr. Eberhard, der Leiter des Friedensbüros in Stuttgart, und Dr. Schwend von der Bayerischen Staatskanzlei übernehmen die Aufgabe, die vereinigten Ausschüsse über den Widerhall der Diskussion des Problems Besatzungsstatut in der Welt laufend zu unterrichten79) und die Reaktion der Ausschüsse auf diesen Widerhall in die Welt hinaus zu vermitteln. Dem Ministerpräsidenten Ehard und dem Vorsitzenden Dr. Schmid bleibt es überlassen, den Zeitpunkt der nächsten Sitzung des Ausschusses zu bestim-

men80).

7B) Im Kurzprot. (Z 5/23, Bl. 4) hieß es „Dr. Strauß (CDU) hat den Auftrag noch nicht endgültig angenommen." 79) Direktor Schwend, Bayerische Staatskanzlei, versandte eine erste Zusammenstellung ausländischer Pressestimmen zu Fragen des Besatzungsstatuts unter dem 12. Nov. 1948 -

(Z 12/69, Bl. 25-32), eine zweite

unter dem 23. Nov. 1948

(Z 35/153, Bl. 89-93). Das

Friedensfragen hatte am 5. Nov. 1948 bereits ebenfalls eine Zusammenstellung verfertigt (ebenda, Bl. 212—219). 00) Im Anschluß an diese Besprechung gab. C. Schmid eine Pressekonferenz, in der er die Presse bat, über Fragen des Besatzungsstatuts im allgemeinen und Besatzungskosten im besonderen objektiv zu berichten. Folgende Fragen von Bedeutung müßten geklärt werden: Wie wird die künftige Militärregierung organisiert sein? Wie werden Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschen und Alliierten Dienststellen beigelegt werden? Werden einige der Grundrechte in das Besatzungsstatut eingefügt und durch das Statut geschützt werden? Wird es ein besonderes Statut für die Displaced Persons geben? (Highlight Summary of Parliamentary Council Activities, 28. Okt. 1948, Z 45 F/15/ Deutsche Büro für

148-2/3). 33

Nr. 3

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3. Dezember 1948

Nr. 3

Dritte

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des Ausschusses für das 3. Dezember 1948

Z 5/22, Bl. 53-70. Undat. und ungez.

Besatzungsstatut

Prot.1)

Anwesend2) : CDU/CSU: v. Brentano, Binder, Kroll, de Chapeaurouge SPD: Schmid (Vors.), Menzel, Eberhard, Diederichs, Kuhn, Mücke FDP: Schäfer Mit beratender Stimme: Seebohm (DP) Stenografischer Dienst: Peschel Ende: 9.55 Uhr Beginn: 9.00 Uhr

[1. AUSSPRACHE ÜBER ZEITPUNKT UND FORM EINER STELLUNGNAHME DES PARLAMENTARISCHEN RATES ZUM BESATZUNGSSTATUT] Vors. Dr. Schmid: Gestern hat der Präsident des Parlamentarischen Rates [Adenauer] dem Ältestenrat3) mitgeteilt, ihm sei durch den Abg. Dr. Strauß zur und Herr Dr. Strauß habe seine Mitteilung durch Kenntnis gebracht worden den Auszug aus einem Protokoll belegt, daß die Generale in ihrer Antwort auf die Antwort der Ministerpräsidenten zu der Überreichung der Frankfurter Dokumente erklärt hätten, daß sie vom Parlamentarischen Rat Bemerkungen zu den Grundzügen eines Besatzungsstatuts erwarteten und daß nach Maßgabe des Fortgangs ihrer eigenen Beratungen außer den Ministerpräsidenten auch der Parlamentarische Rat über den Fortgang ihrer Beratungen unterrichtet werden sollten und daß ihm im Anschluß daran Gelegenheit gegeben sei, Stellung zu nehmen4). Der Präsident hat daraufhin angeregt, der Parlamentarische Rat solle —

1)

Wortprot, teils nur referierend; die Beiträge von C. Schmid sind in der Regel offensichtlich wörtlich wiedergegeben. Nur seine Beiträge zeigen auch Spuren einer Redaktion durch ihn. Ein Kurzprot. dieser Sitzung ließ sich nicht ermitteln. Das Prot, ist teils

2) Anwesenheitsliste in: Z 5/23, Bl. 113. 3) Ein Prot, der Sitzung des Ältestenrates ließ sich nicht ermitteln. Die ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. berichtete vertraulich, man habe in der Sitzung beschlossen, das Plenum einzuberufen, um die Frage Besatzungsstatut in voller Öffentlichkeit zu behandeln

(Z 12/119, Bericht vom 2. Dez. 1948). Der Ausschuß werde morgen früh kurzfristig zu„Es ist zu erwarten, daß einige Ausschußmitglieder energisch gegen die

sammentreten.

beabsichtigte

öffentliche Behandlung des Problems Besatzungsstatut opponieren werden. Der Ausschuß soll an sich lediglich in Vorbereitung der Plenarsitzung Kenntnis nehmen von den inzwischen zum Besatzungsstatut zusammengetragenen deutschen Gesichtspunkten, also insbesondere wohl von der Denkschrift zum Besatzungsstatut des Abgeordneten Dr. Strauß [vgl. Dok. Nr. 4 A Anm. 1]. Er wird sich aber ferner über ein Dokument unterrichten lassen, das den Ministerpräsidenten von den Militärgouverneuren in Ergänzung der in Dokument III enthaltenen Leitsätze zum Besatzungsstatut übermittelt worden ist." Vgl. auch den Bericht über die Sitzung des Ältestenrates in der Sitzung der CDU/CSU-Fraktion am 2. Dez. 1948 bei Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 248. 4) Dabei handelte es sich um die Stellungnahme der Militärgouverneure zu Dok. III der Frankfurter Dokumente im Prot, der Konferenz der Militärgouverneure mit den Minister34

Dritte

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3.

Dezember

1948

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Plenarsitzung abhalten, in der diese „BemerkunRates zu den Grundzügen eines Besatzungsstatuts beschlossen werden sollen. Zur Vorbereitung der Plenarsitzung soll eine Sitzung unseres Ausschusses stattfinden, in der das taktische Problem beraten und die

möglichst

nächste Woche eine

gen" des Parlamentarischen

„Grundzüge" beschlossen werden sollen. Ich halte die Interpretation, die der Präsident den Worten der Generale gibt, nicht für richtig. Ich glaube, daß die Generale nicht von uns erwarten, daß wir eine Art von Initiative ergreifen und, ehe sie sich selbst geäußert haben, eine Art ..Prolegomena zu einem jeglichen Besatzungsstatut" beschließen und ihnen diese mitteilen. Aber es liegt ja an uns, ob wir es trotzdem tun wollen oder nicht. Ich hätte mich gefreut, wenn es schon früher geschehen wäre, und hatte mir vorgenommen, bei der Beratung der Präambel im Hauptausschuß einiges über das Besatzungsstatut zu sagen5). Ich habe gestern mit den Verbindungsoffizieren gesprochen. Mr. Simons6) und Herr Laloy7) sagten mir, daß sicher insoweit ein Mißverständnis vorliege, als die Generale nie daran gedacht hätten, von uns solche initiativen Vorschläge zu erwarten. Mr. Simons sagte, es sei aber vielleicht trotzdem richtig, wenn wir etwas zu diesen Dingen sagten, während der Franzose wesentlich zurückhaltender

und meinte, wir dürften die sehr schwierigen interalliierten Verhandnicht durch voreiliges Vorprellen stören.

war

lungen

vom 20. Juli 1948 (Abdr. in: Der Pari. Rat Bd. 1, S. 163-171). Strauß bezog sich offensichtlich auf folgende Passage (ebenda, S. 169): „Überdies würden wir erwarten, von der Versammlung [= dem Pari. Rat], ihre Bemerkungen zu den Grundsätzen des Besatzungsstatutes vor seiner endgültigen Fassung zu erhalten." Noch am 2. Dez. 1948 hatte Adenauer das BdMinPräs. telegrafisch um die Übermittlung von „schriftlichen oder mündlichen Erklärungen" der Gouverneure, die Aufgaben und Rechte des Pari. Rates betreffend, insbes. die Erklärung der Militärgouverneure zu den Koblenzer Beschlüssen am 19./20. Juli 1948 und die Erklärung zu Dokument III gebeten. Die ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. erhielt am 3. Dez. 1949 bereits die Weisung, das Material an den Pari. Rat auszuhändigen (ebenda Bl. 163). Im BdMinPräs. hielt man diese Aktion von Adenauer allerdings für „Spiegelfechterei", da die erbetenen Dokumente zweifellos sich bereits in den Händen des Pari. Rates befänden (ebenda, Bl. 162). MinPräs. Stock antwortete Adenauer am 14. Dez. 1948: „Über das Besatzungsstatut ist uns lediglich mitgeteilt worden, daß es fertig sei zu dem Zeitpunkt, an dem der Parlamentarische Rat seine Arbeit am Grundgesetz zum Abschluß gebracht habe. Sehr viel früher waren wir unterrichtet worden, daß wir laufend über den Stand der Beratungen des Besatzungsstatuts in Kenntnis gesetzt würden. Nachdem die Ministerpräsidenten nicht orientiert worden sind, konnten sie begreiflicherweise auch den Parlamentarischen Rat nicht informieren. Ich darf also feststellen, daß die Ministerpräsidenten der Länder in den drei westlichen Zonen wie auch das Büro der Ministerpräsidenten stets bereit und bemüht waren, den Parlamentarischen Rat in jeder Weise bei seiner Arbeit zu fördern und zu unterstützen" (BT PA Bestand 5/Karton 15; Entwurf stuf en in: Z 12/33). s) Die Diskussion der Präambel fand im wesentlichen auf der 26. Sitzung des Hauptausschusses statt, auf der auch die Thesen des Pari. Rates zum Besatzungsstatut allerdings ohne jegliche Debatte angenommen wurden. 6) Dr. Hans Simons, amerikanischer Verbindungsoffizier, war im Ersten Weltkrieg deutscher Offizier, dann einige Jahre Professor an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin und schließlich bis 1933 Oberpräsident für Niederschlesien in Liegnitz gewesen. 7) Jean Laloy, französischer Verbindungsoffizier.

Präsidenten





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3.

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1948

Wir sind uns wohl alle darüber einig, daß der geplante Schritt insoweit nichts nützen wird, als wahrscheinlich das Besatzungsstatut um kein Haar anders aussehen wird, ob wir nun etwas beschließen oder nicht. Vielleicht hat es aber einen Sinn, urbi et orbi klarzumachen, daß wir Deutsche, die wir uns in der Verantwortung wissen, einerseits klar einsehen, daß die Verhältnisse bei uns nicht d. h. daß die Besatzung etwas ist, mit dem wir zu die normalen sein können rechnen haben daß aber auf der anderen Seite auch in einem politischen Verhältnis, wie es das Verhältnis einer besetzenden Macht zum besetzten Land ist, das Recht seinen Ort hat, und weil auch hier nur durch die Einschaltung —



des Rechts verhindert werden kann, daß die

Ausübung

von

Macht

zur

bloßen

Tyrannei wird.

Ich meine also, daß wir beschließen sollten, den Präsidenten zu bitten, sei es im Hauptausschuß, sei es im Plenum eine Debatte über das Besatzungsstatut auf die Tagesordnung zu setzen, wobei die Frage ist, ob der nächste Montag der richtige Zeitpunkt ist oder man nicht bis Ende nächster Woche oder Anfang übernächster Woche warten sollte. Ich möchte vorschlagen, daß Sie vielleicht von mir ein kleines Exposé über die Probleme des Besatzungsstatuts anhören und daß wir einige von uns beauftragen, einige einfache Thesen zu formulieren, die man dem Plenum zur Beschlußfassung vorlegen könnte. Ich hielte es aus politischen Gründen für verkehrt, Details hineinzunehmen; denn wir müßten bei den Details ja nicht nur unseren Wünschen, sondern den konkreten Machtverhältnissen Rechnung tragen; in einigen Jahren schon könnte sich dies aber als ein Fehler erweisen. Dr. Binder stimmt in der Sache mit dem Abg. Dr. Schmid weitgehend überein, hält aber den vorgeschlagenen Weg nicht für zweckmäßig. Die Chancen, die deutschen Gesichtspunkte berücksichtigt zu bekommen, seien nicht so schlecht. Es wäre vielleicht zweckmäßiger, an Stelle einer Diskussion im Plenum oder Hauptausschuß mit Ermächtigung der Fraktionen gewisse Grundlinien des Besatzungsstatuts, die unerläßlich seien, im Ausschuß festzulegen und den Präsidenten des Parlamentarischen Rats zu ermächtigen, diese Grundlinien den Militärgouverneuren anläßlich der Unterhaltung über den Stand der Verfassungsarbeiten8) zur Kenntnis zu bringen, so daß der Präsident Adenauer zum Ausdruck bringe, der Parlamentarische Rat sei der Meinung, daß die Verfassung nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen, die sich auf das Besatzungsstatut bezögen, überhaupt in Kraft gesetzt werden könne. Die Frage, wie das nachher in die Öffentlichkeit gebracht werde, sei zunächst zurückzustellen. Vors. Dr. Schmid: François-Poncet hat mir gesagt, das Besatzungsstatut werde über 40 Seiten lang werden9). Positiv für uns scheinen ein bis zwei Artikel zu sein; der ganze Rest sind offenbar „Vorbehalte."

16. Dez. vorgesehene Besprechung mit den Militärgouverneuren Zur Vorgeschichte vgl. die Einleitung, Abschnitt 4. Gerüchteweise war in Kreisen des Pari. Rates offensichtlich davon die Rede, das Besatzungsstatut werde 40 Artikel enthalten. Die ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. berichtete unter dem 1. Febr. 1949 von Ausführungen Adenauers über das Besatzungsstatut, die auf französische Äußerungen zurückzuführen seien. Demnach würden in seinem ersten

8) Hiermit war die für den in Frankfurt

9)

36

gemeint.

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3.

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Dr. Seebohm bezweifelt, ob es zweckmäßig sei, im Plenum oder Hauptausschuß noch einmal eine große Debatte über das Besatzungsstatut zu veranstalten. Bei der Generaldebatte sei seinerzeit die Stellungnahme der einzelnen Parteien zum Besatzungsstatut zum Ausdruck gekommen10). Bei der Debatte im Plenum komme gar nichts heraus. Es bestehe die Gefahr, daß dabei gewisse Kontroversen sich entspinnen, die nach außen unter Umständen einen ungünstigen Eindruck machen und uns in Gegensatz zu den Besatzungsmächten bringen würden. Mit Rücksicht auf die sehr gespannte Situation in Berlin sei eine solche Debatte im Plenum alles andere als praktisch. Dr. v. Brentano führt aus, es müsse geklärt werden, wann der Zeitpunkt für gekommen angesehen werde, etwas zu tun und zweitens, was von deutscher Seite beantragt werden solle. Persönlich halte er den Zeitpunkt noch nicht für gekommen. Als das Dokument vom 19. Juli11) herausgekommen sei, habe man auf sehen der Generale noch geglaubt, in verhältnismäßig kurzer Zeit zu einem gentlemen agreement zu kommen. Damals sei zweifellos die Absicht gewesen, die Grundprinzipien den Deutschen vorzulegen und sie um eine Stellungnahme zu ersuchen. Die tatsächliche Entwicklung habe gezeigt, daß man etwa bei dem 30. Entwurf angekommen sei daß heute zumindestens noch zwei Fragen unter den Gouverneuren nicht gelöst seien und deshalb die bisherigen Ergebnisse nach Washington, London und Paris gegangen seien12). Eine Debatte in diesem Zeitpunkt könne lediglich in gefährlichster Weise Porzellan zerschlagen.

Artikel den Deutschen umfangreiche Rechte übertragen, diese Rechte aber in den folgenden 40 Artikeln eines nach dem anderen wieder aufgehoben. Kommentierend wurde hinzugefügt: „Von englischer und amerikanischer Seite wird zu diesen Ausführungen bemerkt, daß das Besatzungsstatut, so wie es im Dezember vorgelegen habe, keine 40 Artikel enthalten habe. Es sei natürlich möglich, daß zu den damaligen Bestimmungen französischerseits weitere hinzugefügt worden sind, die ihre Zahl auf 40 gebracht haben. Diese könnten aber ebensogut in den zur Zeit in London stattfindenden Verhandlungen von amerikanischer Seite wieder gestrichen werden" (Z 12/121, Bl. 169—170). Vgl. den Wortlaut des Entwurfs des Besatzungsstatuts vom 17. Dez. 1948 in: Foreign Relations 1948 Vol. II, S. 653—662. François-Poncet war bei den Beratungen über das Besatzungsstatut seit Nov. 1948 „Beobachter des französischen Außenministeriums". Vgl. auch den Bericht der Allgemeinen Zeitung vom 2. Dez. 1948 „Francois-Poncet über das Besatzungsstatut" (Z 12/69, Bl. 23). 10) Vgl. die Debatte im Plenum vom 20.-21. Okt. 1948 (Stenographische Berichte, S. 70 ff.). Die Ausführungen von Binder in dieser Debatte (ebenda S. 104 f.) wurden von seiner Fraktion hinterher als zu scharf mißbilligt; er habe seine Kompetenzen überschritten (Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 85). n) Gemeint ist die Stellungnahme der Militärgouverneure zu den Antworten der Ministerpräsidenten auf die Frankfurter Dokumente (vgl. Der Pari. Rat Bd. 1, S. 166—169), die am 20. Juli 1948 den Ministerpräsidenten übergeben wurde. 12) Ein erster Bericht über noch ungelöste Fragen des Besatzungsstatuts wurde vom Tripartite Committee on the Occupation Statute für die Militärgouverneure unter dem 25. Okt. 1948 erstellt (Foreign Relations 1948 Vol. II, S. 615—617). Nachdem die Bereinigung der Divergenzen den Militärgouverneuren nicht gelang, berichteten sie ihren Regierungen am 17. Dez. 1948 über die „points of disagreement" (ebenda, S. 650—653). Weiteres Material über die Verhandlungen ebenda. Auf deutscher Seite erarbeitete das Deutsche Büro für Friedensfragen eine Synopse über die Meinungsverschiedenheiten der Besatzungsmächte (Z 35/393, Bl. 195-197, o.D.; Ergänzung vom6. Dez. 1948in: Z12/71, Bl. 169-174). 37

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3.

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Andererseits bestehe bei zwei Gelegenheiten Anlaß und Pflicht, sich zu äußern, nämlich bei der Präambel, wo auf das Allgemeinpolitische hingewiesen werden müsse, nämlich auf die Notwendigkeit der Alliierten, uns in dem neuen staatlichen Raum eine gesunde und einigermaßen selbständige Entwicklung zu garantieren, weil sonst jeder Versuch der Demokratisierung des deutschen Volkes aussichtslos sei. Wenn es nicht möglich sei, der neuen Regierung eine gewisse Selbständigkeit zu geben und ihr nach innen eine Autorität zu vermitteln, werde das neue Staatsgebilde lebensunfähig sein. Zweitens müsse man in dem Augenblick, wo das Besatzungsstatut bekanntgegeben werde, dazu Stellung nehmen, und zwar in Form eines sorgfältig ausgearbeiteten Memorandums, damit jederzeit später gesagt werden könne, wir hätten darauf hingewiesen, welche Gefahren ein verständnisloses Besatzungsstatut für die ganze politische Entwicklung in sich berge. Wir sollten, bevor die Verfassung in letzter Lesung angenommen werde, diesen Vorbehalt mit aller Deutlichkeit äußern. Es sei zweifellos ein Mißverständnis von Dr. Adenauer, wenn er aus dem Dokument vom 19. Juli13) herauslese, daß etwa die Besatzungsmächte von uns eine Stellungnahme zu dem Inhalt erwarteten. Es gehe klar hervor, daß sie eine Stellungnahme zu ihrer Antwort am 19. Juli erwarteten. Zweitens würden wir uns auf ein sehr gefährliches Gebiet begeben, wenn wir von uns aus Vorschläge machten. Vors. Dr. Schmid: Der dritte Zeitpunkt zur Überlegung wird nach der Annahme kommen, wenn das Parlament gewählt ist und eine Regierung zu bilden sein wird. Dann werden sich die Parteien darüber schlüssig werden müssen, ob unter den gegebenen Umständen deutsche Politiker in der Lage sind, eine Regierung in Deutschland verantwortlich zu übernehmen. Dr. Eberhard ist gleichfalls der Ansicht, daß man von einer Plenarsitzung absehen sollte, da sie nur Porzellan zerschlagen könne. Dr. Strauß lege wohl das Protokoll der Sitzung vom 20. Juli zugrunde14). Es heiße darin deutlich: „Wir kennen jetzt Ihre Auffassung versichern, daß sie weitgehende Berücksichti...

Die deutschen Politiker waren einerseits durch die internationale Presse, andererseits durch die laufenden Kontakte zu den Verbindungsoffizieren über die Meinungsverschiedenheiten wohl informiert. Im Informationsdienst für die Abgeordneten des Pari. Rates vom 18. Dez. 1948, also nach dem Teffen in Frankfurt (vgl. Einleitung, Abschnitt 4), wurden sie wie folgt beschrieben: „Die Einzelheiten der Meinungsunterschiede im alliierten Lager wurden noch nicht mitgeteilt. Man darf aber annehmen, daß einmal die Frage der Besatzungskosten zu unterschiedlichen Auffassungen führte. Hierbei muß das Problem entschieden werden, ob die Besatzungskosten von der zukünftigen westdeutschen Regierung, oder von den Länderregierungen eingehoben werden sollen. Frankreich wünscht eine Bezahlung der Besatzungskosten durch die Länder, Großbritannien und die USA sehen in einer solchen Ent-

scheidung nur unnötige Verwaltungskomplikationen. Die zweite Frage, die erst in London auf dem Konferenzwege entschieden werden kann, berührt die Zusammensetzung und Berufung des Schiedsgerichtshofes, wobei geklärt werden muß, in welchen Angelegenheiten die deutschen und in welchen alliierte Stellen zuständig sein sollen" (Z 12/53, Bl. 1). 13) Vgl. Anm. 11. 14) Es handelt sich um das Prot, der Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten in Frankfurt. Abdr. in: Der Pari. Rat Bd. 1, S. 163-171. 38

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gung finden wird. Unter den Bedingungen der Londoner Konferenz sollen die Grundsätze des Besatzungsstatuts der Versammlung mitgeteilt werden, welche die Verfassung auszuarbeiten hat... Bevor wir diese Grundprinzipien dorthin geben, werden wir Ihnen die Ergebnisse unserer Überlegungen unterbreiten, um weitere Bemerkungen von Ihnen entgegenzunehmen." Es sei nach der ersten Stellungnahme doch ein Hin und Her vorgesehen gewesen, wobei die Ministerpräsidenten noch einmal antworten und dann revidierte Grundsätze zum Statut vorgelegt werden sollten, und zwar an den Parlamentarischen Rat. Daran habe man sich nicht gehalten, weil die drei Mächte nicht miteinander einig geworden seien. Bei der Diskussion über die Präambel im Plenum solle man nun darauf hinweisen, wie dieses Prozedieren eigentlich gedacht gewesen sei und die Besatzungsmächte davon abgewichen seien; denn man solle sich vor der Öffentlichkeit reinwaschen, daß der Parlamentarische Rat jetzt nicht im einzelnen Stellung nehme. Der Parlamentarische Rat nehme dann Stellung, wie es im Dokument Nr. 3 vorgesehen sei, wenn die revidierten allgemeinen Grundsätze ihm vorgelegt würden oder ihm der artikulierte Entwurf gegeben werde. Wenn über die Präambel vorher gesprochen werde, müsse man über die Sache allgemein sprechen. Ehe die letzte Plenarsitzung über das Grundgesetz stattfinde, müsse der Parlamentarische Rat mindestens die allgemeinen Grundsätze in der revidierten Form haben, um dazu öffentlich Stellung zu nehmen. Dr. v. Brentano: Aus einem Absatz geht es klar hervor: „Während des Fortschreitens des Entwurfs des Besatzungsstatuts und vor seiner Veröffentlichung werden gern unsere Verbindungsoffiziere Sie" die Ministerpräsidenten auch über die Fortschritte auf dem „und die verfassunggebende Versammlung laufenden halten lassen"15). Dr. Schäfer meint, nicht das Dokument allein, sondern unsere eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen sollten dafür bestimmend sein, zu welchem Zeitpunkt der Parlamentarische Rat in eine Erörterung über das Besatzungsstatut eintrete. Mit dem Besatzungsstatut beginne so etwas wie der Ausgangspunkt einer deutschen Außenpolitik. Deshalb sei ein ganz besonderes Maß an Bedächtigkeit dabei notwendig. Innenpolitisch wäre es falsch, die Sache in eine Plenarsitzung zu bringen, ehe die Berliner Wahlen abgeschlossen seien16). Zu diesen Dingen Stellung zu nehmen, solange die Alliierten noch nicht einig seien, hätte Sinn, wenn man von der Vorstellung ausginge, wir wären innerhalb der Diskussion, die unter den Besatzungsmächten stattfinde, in der Lage, so etwas wie das erlösende Wort zu sprechen, gewissermaßen die Kompromißlösung vorzuschla—

-

gen. Vors. Dr. Schmid weist darauf

hin, daß er auf der ersten MinisterpräsidentenProlegomena zu einem jeglichen Besatzungsstatut vorgeAntwort der Ministerpräsidenten sei ein detaillierter Entwurf

Konferenz 1947 schon

tragen habe17). Die

15) Ebenda, S. 169. 16) Am 5. Dez. 1948 fanden in den Westsektoren von Berlin Wahlen 17) Abdr. in: Akten zur Vorgeschichte Bd. 2, S. 567-574.

statt.

39

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einem Besatzungsstatut, wobei dem Gedanken des Kompromisses sehr weit Rechnung getragen sei18). Dr. Schäfer glaubt nicht an die Möglichkeit, daß die Lösung von uns dargeboten werden könnte. Deshalb sei jetzt der Augenblick für eine Erörterung nicht gegeben. Es könne aus der Erörterung etwas geradezu Provokatorisches hervorgehen und eine Solidarität bei den Alliierten herbeigeführt werden, die sich zu

wiederum

zu unserem

Nachteil auswirken würde. Es in Form einer Art Resolu-

machen, wäre nicht eine Angelegenheit für eine Plenarsitzung. Wir müßten vermeiden, uns in all diesen Dingen festzulegen. Er sei daher der Mei-

tion

zu

man könnte eine schwache Erklärung allgemeiner Art beschließen und über den Präsidenten an die Verbindungsoffiziere gehen lassen. Das Dokument könnte vor allem kein Anlaß sein, jetzt einen Streit über das Besatzungsstatut vom Zaun zu brechen. Dr. Binder hält es doch für zweckmäßig, zu gewissen Grundvoraussetzungen Stellung zu nehmen, weil die Alliierten damit rechnen müßten, daß, wenn das Besatzungsstatut zu ungünstig ausfalle, eine Regierung unter Umständen überhaupt nicht zustande komme oder der Parlamentarische Rat die Verfassung verabschiede, aber einen Passus hereinnehme, daß sie überhaupt erst unter den und den Voraussetzungen in Kraft gesetzt werden könne. Er würde es deshalb für richtig halten, wenn der Präsident des Parlamentarischen Rates ermächtigt werde, in einem ganz bestimmten Sinn über das Besatzungsstatut zu sprechen.

nung,

[2. DEUTSCHE FORDERUNGEN AN EIN BESATZUNGSSTATUT] Vors. Dr. Schmid: Wir müssen die Forderung stellen, daß das Besatzungsstatut eine klare Definition des Besatzungszweckes enthält. Es ist absolut entscheidend, daß klar, und zwar nicht in Allgemeinheiten, sondern in präzisen Formulierungen gesagt ist, was der Zweck der Besetzung ist, das heißt, worauf sich

Besatzungsmaßnahmen zu beschränken haben. ergibt sich als zweite Forderung, daß wir im Besatzungsstatut eine Bestimmung brauchen, in der die Vermutung für deutsche Zuständigkeit ausgesprochen ist, eine Zuständigkeit, die nur durch Maßnahmen im Rahmen der Besatzungszwecke beschränkt werden darf. Wer muß beweisen, daß er etwas tun darf? Die Deutschen oder die Besatzungsmächte? In diesem Zusammenhang ist der Plan eines Schiedsgerichts entscheidend. Der Gedanke hat sich durchgesetzt. Bereits in dem ersten Vorschlag, den ich auf der Ministerpräsidentenkonferenz 1947 machte19), ist eine doppelte Rechtsinstanz enthalten, ein echtes Schiedsgericht, das überall da entscheidet, wo einer dem anderen ein Recht bestreitet, und eine Vermittlungsstelle, die zur Begleichung von Streitigkeiten über die Zweckmäßigkeit eines Verhaltens Vorschläge macht. Offenbar sollen wir beides bekommen. Die Angelsachsen wollen ein echtes Schiedsgericht unter eidie

Daraus

18) Vgl. die Leitsätze für ein Besatzungsstatut als Stellungnahme der Konferenz der Minister-

präsidenten

19) Vgl. 40

zu

Anm. 17.

dem Dokument Nr. III, Abdr. in: Der Pari. Rat Bd. 1, S. 148-150.

Dritte

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3. Dezember 1948

Nr. 3

neutralen Vorsitzenden und auch mit deutschen Beisitzern haben, während die Franzosen sagen, daß das des Guten zuviel sei. Die Rechtsinstanz soll eine rein interalliierte Stelle sein, ohne Neutrale, ohne Deutsche20). Ich halte die Art der Besetzung nicht für das Wichtigste. Entscheidend ist, daß eine Einlassungspflicht geschaffen wird, d. h. daß überhaupt eine Stelle da ist, vor der die Besatzungsmächte auf eine deutsche Klage antworten, d. h. sich rechtfertigen nem

müssen. Dann müßte im einzelnen bestimmt werden, wie das Verfahren zur Durchsetzung des Besatzungszweckes gegenüber der deutschen Legislative (Präklusivfristen usw.); dann muß die Stellung der deutschen Rechtspflege im Rahmen der darauf müssen wir aus Besatzungszwecke klar definiert werden, wobei Gründen der Selbstachtung entscheidenden Wert legen das Universalitäts—

prinzip verankert werden muß, d. h. der Grundsatz, daß die deutsche Justiz für —

zuständig ist, was auf deutschem Boden geschieht, mit Ausnahme der Tätigkeit von Besatzungstruppen und des Besatzungsgefolges. Wir haben in Frankreich sogar Reichsdeutsche vor französischen Strafgerichten sich verantworten lassen, wenn es sich nicht um Wehrmachtsgefolge handelte21). Ich habe selbst einmal einen solchen Fall durchgepaukt und gegenüber den Generalen erzwungen, daß ein Deutscher, der sich eines Vergehens nach französischem Recht schuldig gemacht hatte, vor die Strafkammer in Dünkirchen gezogen und veruralles

teilt werden konnte. Das müssen wir ebenfalls erreichen; denn in der Gerichtshoheit kommt am stärksten der Gedanke der Gebietssouveränität zum Ausdruck. Dann die Verwaltung. Auch hier müssen wir verlangen, daß deutschen Verwaltungsakten gegenüber ein klares Verfahren bestimmt wird. Dabei müssen wir darauf hinweisen, daß die Organisation mit den Alliierten selbst ein Element des Besatzungsstatuts sein muß, also daß zum Besatzungsstatut gehört, daß die Alliierten ihre eigene Organisation in Funktion der deutschen Verfassung gestalten müssen. Es darf also ein Verkehr nur von Spitze zu Spitze erfolgen. Die Alliierten müssen ein oberstes dreiteiliges Gremium bilden, das im Westen allein von Clay an das State Department vom 18. Nov. 1948 war die Meinungsverschiedenheit zwischen US und britischen Militärgouvemeuren und dem französischen wie folgt beschrieben worden (Foreign Relations 1948 Vol. II, S. 636): „The US position, with which Robertson stated he could agree, is that the high court should consist of 8 jurists, 2 appointed by each of the Military Governors, 1 a German appointed by the federal government, and 1 a neutral appointed by the President of the International Court of Justice, decisions of this court to be binding upon the occupation authorities and the German Government. Robertson and I agreed that the number of jurists is unimportant but that it is important that the concept prevail that it is now time that the acts of Military Governors be subject to review by an agency not controlled by Military Governors. The French will not agree with this concept. They propose a council composed of 3 jurists, 1 for each of the occupying powers, appointed by the Military Governors, with German appeals to be first submitted to a separate German chamber which will decide on their admissibility and only those appeals declared admissible to be transmitted to the Council, which is advisory to the Military Governors. This is also a basic issue." 21) Carlo Schmid schildert seine Tätigkeit als Militärverwaltungsrat in Lille in seinen Erinnerungen, S. 175 ff.

20) Im Bericht

41

Nr. 3

Dritte

Sitzung

3. Dezember 1948

„die Militärregierung" ist. Zonale Stellen müssen sich auf Berichtsfunktionen, Kontrollfunktionen beschränken, dürfen aber keine unmittelbaren Schritte mehr gegenüber den ihnen korrespondierenden deutschen Stellen unternehmen. und das ist uns zugesagt, wie François Dann werden wir verlangen müssen Poncet sagte22) daß wir deutsche Handelsvertretungen im Ausland haben dürfen und daß bei internationalen Konferenzen, die deutsche Angelegenheiten zum Gegenstand haben, deutsche Vertreter zugezogen werden. Wir brauchen weiter die Generalklausel, daß sich das Aufsichtsrecht der Besatzungsmächte über die deutsche Verwaltung auf die Sicherung der Besatzungszwecke beschränken wird. Weiter müssen wir verlangen, daß das Besatzungsstatut eine Bestimmung enthält, wonach die Grundrechte des einzelnen Deutschen auch den Besatzungsmächten gegenüber geltend gemacht werden können, daß also der Rechtsstaat den Deutschen nicht nur im Verhältnis zu ihrer eigenen Obrigkeit gewährt ist, sondern jeglicher Obrigkeit gegenüber, die auf deutschem Gebiet Jurisdiktion in —



Anspruch

nimmt. Dann wird noch zu fordern sein, daß die Generalklausel des Dokuments Nr. 3 über den Notstand präzisiert wird23). In dieser Bestimmung haben sich die Alliierten das Recht vorbehalten, im Falle von Notständen zur Erhaltung der Sicherheit die Fülle der Gewalt wieder in ihre Hand zu nehmen, sich also jeglicher deutschen Obrigkeit zu substituieren. Dieses Recht kann ihnen grundsätzlich nicht bestritten werden; es ist praktisch der Belagerungszustand. Aber wir können verlangen, daß die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieses Rechts genau präzisiert werden, und zwar auf den Fall, daß die Sicherheit der Besatzung als solche gefährdet ist und die Gefährdung einen solchen Grad erreicht, daß man mit allgemeinen polizeilichen Mitteln der Situation nicht Herr werden kann, oder für den Fall, daß die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland generell gefährdet ist oder die demokratischen Einrichtungen in Deutschland oder Teilen von Deutschland in ihrem Bestand bedroht sind. Da muß dann noch weiter die Bestimmung getroffen werden, daß die Alliierten erst dann eingreifen werden, wenn erwiesen ist, daß die deutschen Behörden nicht in der Lage sind, mit ihren Machtmitteln die Ruhe und Ordnung wie-

derherzustellen. 22) Im Bericht der JVIilitärgouverneure an ihre Regierungen über die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Besatzungsstatuts vom 17. Dez. 1948 waren Deutsche Konsulate noch als strittig aufgeführt worden (Foreign Relations 1948 Vol. II, S. 652): „The US and UK Military Governors consider that consular representatives for the protection of the

interests of German nationals abroad should be established by the German authorities under regulations approved by the Occupation Authorities, while the French Military Governor considers this measure to be premature. The US Military Governor proposes the following compromise solution: Delete the UK/US text in brackets and substitute The Commercial representatives may be given such other functions as the Occupation Authorities may agree. The French Military Governor agrees to this proposal, pending final confirmation by his Government." 23) Die Klausel sah vor, daß die Militärgouverneure die Ausübung ihrer vollen Machtbefugnis wieder aufnehmen würden, falls ein Notstand die Sicherheit bedroht, und um nötigenfalls die Beachtung der Verfassungen und des Besatzungsstatuts zu sichern (Der Pari. Rat Bd. 1, S. 34).

42

Dritte

Sitzung

3.

Dezember 1948

Nr. 3

Nun kommt das spezielle Kapitel der Besatzungsleistungen. Da werden wir einiges zu fordern haben. Erstens werden wir die Proportionalität fordern müssen. Das heißt, es müssen die Forderungen an uns im Verhältnis zu unserer Leistungsfähigkeit stehen. Es wird sich darum handeln, einen vernünftigen Schlüssel auszumachen. So wichtig wie diese Forderung ist die andere, daß die Besatzungsleistungen pauschaliert werden müssen, das heißt, daß sie sich im Verhältnis von uns zu den Alliierten ausschließlich in einer Geldsumme ausdrücken und daß diese Geldsumme im voraus und für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden muß; dann kann jede Leistung, die von den Alliierten verlangt wird, jede Quartieranforderung, jedes Schuhbesohlen, jede Errichtung einer Tankstelle, auf diese Pauschalsumme angerechnet werden, so daß künftig der alliierte Zahlmeister rechnen muß und nicht der deutsche Beamte. Das wird aber nur der Fall sein, wenn jede Leistung, die die Besatzungsorgane fordern, à conto ihrer Pauschale geht, sie also selber gezwungen sind, einen Etat aufzustellen. Dazu gehören noch eine Reihe von Details, die wir hier nicht aufzuführen brauchen. Wir müssen allerdings noch auf die Bestimmung wert legen, daß die Haager Landkriegsordnung24) nunmehr auch insoweit strikt angewendet wird, als Leistungen nur noch für die unmittelbaren Bedürfnisse der Besatzungstruppen gefordert werden können. Dann müßten Bestimmungen über Finanz- und Steuersachen getroffen werden. Es ist doch heute so, daß ein sehr großer Teil der Bevölkerung Deutschlands durch die Besatzungsmächte steuerliche Begünstigungen erhält, nicht nur das Besatzungsgefolge, sondern auch gewisse deutsche Angestellte der Besatzung. In der amerikanischen Zone werden jetzt teilweise die Lohnsteuern nicht mehr abgeführt und ähnliches mehr. Auch hier muß man genaue

Bestimmungen treffen25).

Dann muß eine Bestimmung ins Statut, daß, wenn aus dem interventionistischen Charakter der Besetzung heraus Eingriffe in deutsche Verhältnisse erfolgen, sie nicht geschehen, ohne daß vorher die zuständigen deutschen Instanzen

gehört worden sind26). Dann müßte das

Besatzungsstatut noch einen klaren Katalog von Begriffsbestimmungen enthalten. Wer mit diesen Dingen zu tun hat, stößt immer wieder

nicht bloß im Verhältnis zueinandarauf, daß deutsche und alliierte Stellen sondern auch unter untereinander der, gleichen Worten Verschiedenes mei—

nen.

So wird

praktisch unmöglich, die Zustände —

es

in den Ländern

zu

verglei-

chen; das Wort „Besatzungskosten" bedeutet z. B. in der französischen Zone etwas ganz anderes als in der amerikanischen; „Kriegsbeute" bedeutet in der französischen Zone etwas anderes als in der amerikanischen und britischen; „Kontrolle" in der französischen Zone etwas ganz anderes als in der amerikani-

24) Vgl. Dok. Nr. 2, Anm. 31. 25) Folgt gestrichen: „Auch hier kann ich auf unser Beispiel in Frankreich hinweisen. Wir haben schon Ende 1940 mit der französischen Regierung ein Abkommen über die Steuerpflicht Deutscher in Frankreich, und sogar des Wehrmachtsgefolges, getroffen. Umsatzsteuer und alle diese Dinge wurden bezahlt." 26) Folgt gestrichen, „und zwar muß das als Recht auf Gehör erfolgen." 43

Dritte

Nr. 3

Sitzung

3.

Dezember 1948

Darum ist es ungeheuer wichtig, einen Katalog klarer Begriffsbestimmungen aufzustellen. Ich fürchte, daß wir dabei auf Widerstand stoßen werden; denn die Trübheit der Terminologie wirkt ja immer in favorem dessen, der die Macht hat, während die Klarheit der Terminologie immer zu Gunsten dessen wirkt, der Objekt der Macht ist. So habe ich mir die Sache gedacht. Es braucht nicht alles artikuliert zu werden. Es genügt, wenn es in Thesenform niedergelegt wird. Ich meine, daß wir über diese Dinge im Hauptausschuß sprechen könnten, wenn wir uns über die Präambel unterhalten27), in der ja ein Satz des Inhalts vorgesehen ist, daß die deutsche Volkssouveränität zwar nicht untergegangen, ihre Selbstverwirklichung aber durch äußere Gewalt gehemmt ist. Ein „Besserungsschein" soll auch vorgesehen sein. Er ist zwar eine platonische Erklärung. Aber immerhin, auch platonische Erklärungen lassen sich manchmal

sehen

usw.

praktisch

verwerten.

Nach dem mir bekannten Stand scheint es so zu sein, daß der Streit über die Besatzungskosten nicht nur darüber geht, wem sie aufzugeben sind, dem Bund oder den Ländern die Franzosen wollen im Verfolg ihres dissoziierenden Föderalismus die Länder zu Schuldnern machen —, der Streit geht auch darüber, wie sie zu fixieren sind. Die Amerikaner wollen sie so tief als möglich ansetzen. Die Franzosen sagen, es sei „demagogisch", wie weit die Amerikaner in der Besatzungsfrage uns entgegen kommen wollten... Die Franzosen wollen insbesondere die Besatzungskosten variabel halten. Es soll zwar eine globale Festsetzung erfolgen, aber die Kosten sollen sich erhöhen, wenn die Preise steigen. Die Besatzungskosten sollen sich weiter erhöhen, wenn sich eine Vermehrung der Besatzungstruppen als notwendig erweist. Das können wir natürlich nicht mitmachen. —

[3. FORTFÜHRUNG DER DISKUSSION ZU TOP 1] Wie wollen wir

dem Präsidenten mitzues nicht opportun sei, nächste Woche eine Plenarsitzung über diese Angelegenheit abzuhalten; er halte es für opportun, bei der Beratung der Präambel von diesen Dingen akzessorisch zu sprechen. Ich schlage weiter vor, einige von uns zu bitten, Thesen niederzulegen, die man etwa in der Debatte im Hauptausschuß verlesen kann und die die Parteien sich zu eigen machen können. Dr. v. Brentano: Sollte man nicht doch dem Präsidenten Adenauer die Anregung mitgeben, daß er auf dieses Schreiben der Generale vom 19. Juli28) verweist und in unsrem Auftrag die Generale darauf hinweist, diese Zusage sei nicht eingehalten worden und wir warteten immer noch vergeblich auf die uns zugesagte Information über den gegenwärtigen authentischen Stand der Besatnun

weiter verfahren? Ich

schlage

vor,

teilen, der Ausschuß für das Besatzungsstatut sei der Meinung, daß

) Die

Besprechung erfolgte

in diesem

Zusammenhang

nicht.

') Gemeint ist die Stellungnahme der Militärgouverneure zur deutschen Antwort auf Dok. Nr. III der Frankfurter Dokumente (Der Pari. Rat Bd. 1, S. 169-170). 44

Dritte

zungsverhandlungen, damit zu abgeben können29).

wir die

von uns

Sitzung

3.

Dezember 1948

selbst erwartete

Nr. 3

Stellungnahme

da-

Vors. Dr. Schmid: Ich halte das für gut. Dr. Menzel: Ich würde vorschlagen das Präsidium. Dr. Schäfer: Die Möglichkeit, Außenhandelsvertreter

zu haben, müßte noch durch zweierlei ergänzt werden: Bestimmungen über die Anwerbung deutscher Arbeitskräfte und über die Möglichkeit, gewisse Verträge über die Sozialversicherung bezüglich der gegenseitigen Anwendung wieder in Kraft zu setzen. Das sind Dinge, die wir für die nächste Zeit dringend brauchen. Vors. Dr. Schmid: Ich dachte, daß solche Detailfragen in diese Thesen nicht aufgenommen werden sollten. (Dr. Schäfer: Wenn Sie den Außenhandel erwähnen!) Das würde ich nicht erwähnen, das habe ich nur referierend mitgeteilt. Ich würde aber eine Bestimmung vorsehen, wonach gewisse internationale Verträge, die sogenannten Kollektivverträge, nunmehr auch wieder für Deutschland gelten sollten. Der Ausschuß beschließt, gemäß dem Vorschlag des Vorsitzenden zu verfahren. Mit der Abfassung der Thesen werden die Abgeordneten Dr. Eberhard, Dr. de Chapeaurouge und Dr. Schäfer beauftragt30). Nach Fertigstellung der Thesen soll der Ausschuß wieder zusammentreten. —

1948 hatte Adenauer in einem Schreiben an die drei Militärgouverneueine Besprechung gebeten, bei der dem Pari. Rat das Besatzungsstatut inhaltlich zur Kenntnis zu geben wäre (Bayer. HSTA NL Pfeiffer/191, englische Version PRO FO 1030/85): „Nach meiner und meiner Kollegen Überzeugung sind die Beratungen des Parlamentarischen Rats nunmehr weit genug fortgeschritten, um ein Gespräch zwischen den Herren Militärgouverneuren und einigen Vertretern des Parlamentarischen Rats im Interesse einer Verabschiedung der Verfassung im gegenseitigen Einvernehmen für sehr zweckmäßig anzusehen. Ich darf mich auf das zwischen uns geführte Gespräch beziehen. Es scheint mir insbesondere ratsam, eine gemeinsame Besprechung der bisherigen Ergebnisse der Bonner Beratung vorzuschlagen, zu einem Zeitpunkt an dem einerseits das Grundgesetz seine endgültige Gestalt noch nicht erhalten hat, andererseits das Besatzungsstatut im wesentlichen vorliegen dürfte. Dem Parlamentarischen Rat wäre durch eine solche, zunächst nur informelle, Kenntnisgabe des Besatzungsstatuts die Möglichkeit gegeben, eine Berücksichtigung des Besatzungsstatutes vor der Verabschiedung des Grundgesetzes in Erwägung zu ziehen. Gleichzeitig würde es der Parlamentarische Rat begrüßen, wenn er gelegentlich eines solchen informellen Gesprächs die Meinung der Militärgouverneure zu der in Bonn geleisteten Arbeit kennenlernen würde, um somit auch in nicht unmittelbare mit dem Besatzungsstatut zusammenhängenden Gegenständen eine Berücksichtigung der Meinung der Herren Militärgouverneure in Erwägung zu ziehen. Ich darf mir erlauben, bei dieser Gelegenheit, sehr geehrter Herr General, dem Wunsch des Parlamentarischen Rats Ausdruck zu geben, im Interesse einer Konsolidierung der westdeutschen Verhältnisse ein Grundgesetz zu verabschieden, das einerseits den hier als notwendig erkannten deutschen Erfordernissen entspricht, andererseits aber dem Willen der Herren Militärgouverneure nicht entgegensteht. Dem Gelingen dieses Versuchs wäre nach meiner festen Überzeugung eine gemeinsame Besprechung außeror-

29) Bereits am 2. Dez. re um

dentlich förderlich." In einem Schreiben vom 3. Dez. 1948 an die Verbindungsstäbe wies er ferner nochmals auf die Versprechungen der Alliierten hin, die Deutschen über die Fortschritte bei der Erarbeitung des Besatzungsstatutes zu unterrichten (Z 45 F, 15/147-2/1). 30) Zu den Thesen siehe Dok. Nr. 4. 45

Nr. 4

Thesen

zum

Besatzungsstatut

Nr. 4 Thesen des Parlamentarischen Rates

zum

Besatzungsstatut

A. ENTWURF VON MITGLIEDERN DES AUSSCHUSSES

FÜR DAS BESATZUNGS-

STATUT1) 5. DEZEMBER 1948

Z 12/71, Bl. 86—89, ungez.,

undat., maschinenschr. vervielf. Ausf.2)

Der Parlamentarische Rat hat dem Inhalt des Dokumentes 3 und dem gemeinsamen deutsch-alliierten Schluß-Communique vom 26. 7. 1948 nach erwartet, daß

ihn laufend vom Stande der Entwicklung der Vorarbeiten unterrichten und ihm Gelegenheit geben würden, AnreBesatzungsstatut des zur Ausgestaltung gungen Besatzungsstatuts an die Militärregierungen weiterzuleiten. Da die Verhandlungen inzwischen fortgeschritten sind, der Parlamentarische Rat bisher aber noch keine Gelegenheit erhalten hat, sich zu äußern, fühlt er sich verpflichtet, seine Auffassung zu wesentlichen Fragen des kommenden Besatzungsstatuts in folgendem darzulegen: die

Besatzungsmächte

zum

1) Der Ausschuß hatte auf seiner dritten Sitzung (vgl. Dok. Nr. 3) die Abgeordneten Eberhard, de Chapeaurouge und Schäfer beauftragt, einen Entwurf für die Thesen auszuar-

beiten. Eine Beteiligung von Strauß geht aus einem Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 6. Dez. 1948 (Z 12/71, Bl. 83) hervor. Strauß hatte sich intensiv mit Fragen des Besatzungsstatuts befaßt; das von ihm geleitete Rechtsamt der Verwaltung des VWG hatte unter dem 15. Nov. 1948 eine Denkschrift verfertigt (Z 12/71, Bl. 91-164), ferner hatte er „Bemerkungen zum Besatzungsstatut" (undat., IfZ, ED 94/125, Bl. 20—27) verfaßt; am 18. Nov. 1948 trat er durch einen Artikel in der Zeitung „Die Welt" über „Probleme des Besatzungsstatuts, Deutsche Erwartungen in Bonn", hervor. Der von diesem Gremium erarbeitete, hier als Dok. Nr. 4 A abgedruckte Entwurf lehnte sich an einen Entwurf eines Besatzungsstatuts des Deutschen Büros für Friedensfragen vom Okt. 1948 an, (Z 12/69, Bl. 213-219, als Umdruck des Sekretariates Nr. 52 in: Z 5/1203). Angesichts der Tatsache, daß dem Ausschuß für das Besatzungsstatut der KPD-Abgeordnete Renner angehörte, wurde der Entwurf nicht weiter in diesem Ausschuß behandelt, sondern in einem interfraktionellen Gremium, in dem die KPD und das Zentrum nicht vertreten waren (Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 8. Dez. 1948, Z 12/119, Bl. 134). Zwischenstufen vom 8. und 9. Dez. 1948 im NL Strauß (IfZ ED er war erst 94/125). Der am 10. Dez. 1948 verabschiedete Entwurf (vgl. Dok. Nr. 4 B) am morgen des 10. Dez. endgültig fertiggestellt worden und lag bei seiner Lesung nur eiwar kürzer und zeigte nigen ausgesuchten Mitgliedern des Hauptausschusses vor „deutlich den Einfluß des Abgeordneten Schmid und von Brentano" (Berichte der ASt Bad Godesberg vom 8. und 10. Dez. 1948, ebenda). 2) Das Dok. befindet sich als Anlage zu einem Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 6. Dez. 1948. Das BdMinPräs. in Wiesbaden vervielfältigte die Anlage als Drucks. Nr. 98 und datierte sie unter dem 8. Dez. 1948 (Z 12/71, Bl. 80-82). —



46

Thesen

zum

Besatzungsstatut

Nr. 4

(Leitender Grundsatz)

I.

Klare rechtliche Regelung des Verhältnisses der Besatzungsmächte Deutschland entsprechend den Besatzungszwecken.

gegenüber

(Besatzungszwecke) Rückkehr Deutschlands in die Völkergemeinschaft, Erhaltung der demokratischen Einrichtungen in Deutschland, Sicherung der friedlichen Entwicklung Deutschlands (Entmilitarisierung), Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit Deutschlands im Falle nerer oder äußerer Gefährdung, Gewährleistung des Unterhaltes und der Sicherheit der Besatzung. II.

1. ) 2. ) 3. ) 4. ) 5. )

in-

(Vermutung für deutsche Zuständigkeit) Beschränkung der deutschen Zuständigkeiten für Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung nur durch die aus dem Besatzungsstatut selbst sich ergebenden Zuständigkeiten der Besatzungsmächte. III.

(Eingriffsmöglichkeiten) von Eingriffen durch die Besatzungsmächte nur zur VerwirkliBesatzungszwecke und zur Überwachung allein der RechtmäßigIV.

1. )

2. ) 3. )

Vornahme chung der keit deutscher Maßnahmen. Unbeschränkte Auskunftspflicht der deutschen Stellen. Ausübung des Eingriffsrechts in Bundesangelegenheiten nur gegenüber dem Bundeskanzler, in Länderangelegenheiten nur gegenüber den Minister-

präsidenten. V.

Vorbereitung

von

(Durchführungsvorschriften)

Durchführungsvorschriften zum Besatzungsstatut Beteiligung deutscher Stellen.

ten Kommissionen unter

in

gemisch-

(Gesetzgebung) 1. ) Befristetes gemeinsames Einspruchsrecht der Besatzungsmächte gegen deutsche Gesetze, nur wenn es mit den Besatzungszwecken unvereinbar VI.

2. )

ist. Abbau der bisherigen Gesetze und gunsten deutscher Gesetzgebung. VII.

1. ) 2. )

Verordnungen

der

Besatzungsmächte

zu-

(Rechtsprechung)

Volle

Unabhängigkeit der deutschen Justiz. Zuständigkeit der deutschen Zivilgerichtsbarkeit gegenüber Besatzungsange47

Nr. 4

Thesen

zum

Besatzungsstatut

oder der zivilrechtlichen Inanspruchnahme von BesatzungsangehöAmtshandlungen, außer in den Fällen der Exterritorialität. rigen Zuständigkeit der Militärgerichte nur für Straftaten, die von einem Mitglied der Besatzungsmächte oder ihres Gefolges begangen worden sind.

hörigen

aus

3.)

VIII. 1. )

Befreiung

der deutschen

Wirtschaftsbeziehungen

zum

Ausland

von

beste-

henden

Beschränkungen. Errichtung eigener deutscher Konsulate

im Ausland. Teilnahme deutscher Vertreter an internationalen Konferenzen. 4. ) Wiederherstellung des deutschen Patent-, Zeichen-, Muster- und UrheberSchutzes im Ausland. 5. ) Beschränkung von Restitutionen auf feststellbares Eigentum, das durch Gewalt oder Zwang aus fremdem Gebiet entfernt wurde. 2. ) 3. )

IX.

Volle deutsche Finanz- und Steuerhoheit.

(Besatzungskosten) Steuerliche Vergünstigungen und Zollbefreiungen für die Besatzungsangehörigen nach den internationalen Gepflogenheiten für Angehörige diplomatischer X.

Missionen.

(Besatzungsleistungen) 1. ) Besatzungsleistungen nur gemäß der Haager Landkriegsordnung, unter tunlichster Schonung der deutschen Bevölkerung, ihres Wohnraums, der deutschen Wirtschaft und im Rahmen deren Leistungsfähigkeit. Eingriffe in die Wirtschaft nur nach Anhörung deutscher Stellen. 2. ) Jährliche Festsetzung des Gesamtbetrages der Besatzungsleistungen im voraus, im Benehmen mit der Bundesregierung. Dabei ist Rücksicht zu nehmen auf die Gesamtlage des deutschen Haushalts und der deutschen Wirtschaft sowie das Existenzminimum der deutschen Bevölkerung. 3. ) Anrechnung aller Besatzungsleistungen einschließlich aller nach deutschem Recht festgestellten Entschädigungen für Besatzungsschäden auf diesen BeXI.

trag. XII.

(Notstandsmaßnahmen)

Notstandsmaßnahmen durch zeitlich begrenzte gemeinschaftliche Eingriffe der Besatzungsmächte bei ernstlicher Gefährdung der Sicherheit der Besatzung oder der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der demokratischen Einrichtungen in Deutschland, sofern die deutschen Behörden zur Abhilfe nicht in der Lage sind. 48

Thesen Xni.

Eingriffe

zum

Besatzungsstatut

Nr. 4

(Grundrechte)

in die im deutschen

Grundgesetz garantierten individuellen RechBesatzungsmächte nur zur Abwehr einer Gefährdung der Besatzungszwecke. 2. ) Beschränkung der Freiheit der wissenschaftlichen Forschung nur insoweit, als sie sich auf die Entwicklung und Herstellung von Gerät richtet, das für 1. )

te und Freiheiten durch die

den

Krieg bestimmt

ist.

(Meinungsverschiedenheiten) Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und dung des Besatzungsstatuts durch Schieds- oder Vergleichsverfahren. XIV.

XV.

Anwen-

(Revisionsklausel)

Aufnahme einer Klausel in das Besatzungsstatut, nach der das Statut in regelmäßigen Zeitabständen auf seinen Abbau überprüft wird, gemäß Artikel 76 des Statuts der Vereinten Nationen (Fortschreitende Entwicklung zur Unabhängig-

keit).

*

Der Parlamentarische Rat ist der

Ansicht, daß die vorstehenden Grundsätze im enthalten sein sollten im gemeinsamen Interesse kommenden Besatzungsstatut und der Besatzungsmächte Deutschlands.

49

Nr. 4

Thesen

zum

Besatzungsstatut

B. VOM HAUPTAUSSCHUSS VERABSCHIEDETE FASSUNG 10. DEZEMBER 1948

Z 5/141,

o.

Bl„

4

S„ als Drucks. Nr.

364 vervielf.

Ausf.1)

Der Parlamentarische Rat sollte nach dem Inhalt des Dokumentes 3 und dem gemeinsamen deutsch-alliierten Schlufi-Communiqué vom 26. Juli 1948 laufend durch die Besatzungsmächte vom Stande der Vorarbeiten zum Besatzungsstatut unterrichtet werden. Weiter sollte er Gelegenheit haben, den Militärregierungen Anregungen zur Ausgestaltung des Besatzungsstatuts zuzuleiten. Da die Verhandlungen sich inzwischen dem Abschluß nähern, hält der Parlamentarische Rat den Zeitpunkt für gekommen, seine Auffassung zu wesentlichen Fragen des kommenden Besatzungsstatuts darzulegen. Er ist der Ansicht, daß das Besatzungsstatut die nachstehenden Grundsätze enthalten sollte, um eine Entwicklung anzubahnen, die im gemeinsamen Interesse Deutschlands und der Besatzungsmächte zu erstreben ist.

J)

Zur Vorgeschichte vgl. Dok. Nr. 4 A, Anm. 1. Die Verlesung und Annahme dieser Erklärung auf der 26. Sitzung des Hauptausschusses am 10. Dez. 1948 (S. 311-312) kam, so berichtete die ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. am 10. Dez. 1948 (Z 12/119, Bl. 94-95) völlig überraschend und „entbehrte nicht aller Attribute eines Theatercoups". Die Eile, mit der die Veröffentlichung erfolgte, stünde im Widerspruch zu allen vorhergehenden Beschlüssen und Entschließungen. Der Ältestenrat habe am Donnerstagabend festgestellt, daß die Thesen nicht vor Montag allen Fraktionen zur Kenntnis zu bringen seien und alle Mitglieder des Ältestenrates ausdrücklich auf ihre Geheimhaltung verpflichtet. Vom Sekretariat des Pari. Rates sei erklärt worden, die Eile der Veröffentlichung, die scheinbare Illoyalität gegenüber den Ministerpräsiden-

ten und die Tatsache, daß man auch die Absicht, die Militärgouverneure vorher zu unterrichten unter den Tisch fallen gelassen habe, sei auf Indiskretionen des Abgeordneten

Schmid und der Frankfurter Rundschau zurückzuführen. Die Frankfurter Rundschau hatte unter dem 9. Dez. 1948 unter Berufung auf Äußerungen von Schmid einen Artikel „Grundsätze zum Besatzungsstatut" veröffentlicht, der Einzelheiten über die Thesen aus der inzwischen verworfenen Fassung (Dok. Nr. 4 A) wiedergab. Nach Bekanntwerden des Artikels ließ Adenauer die Presse bitten, sich „etwas mehr Disziplin aufzuerlegen" und berief den Ältestenrat ein (Bericht der ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. vom 9. Dez. 1948, Z 12/119, Bl. 106-108). Carlo Schmid dementierte mit den Worten: „Ich habe keinem Vertreter der Frankfurter Rundschau Mitteilungen über die Beratungen des Besatzungsstatutausschusses gemacht und von einer angeblichen Aushändigung auszuarbeitender Grundsätze an die Militärgouverneure nicht gesprochen" (ungez., undat. Fernschreibmeldung in FESt, NL C.

Schmid/1162).

In Gesprächen mit dem US-Verbindungsoffizier Pabsch wurden von C. Schmid und Süsterhenn als Erklärung für die Eile angeführt, die Kommunisten hätten gedroht, die Ungewißheit des Besatzungsstatuts im Hinblick auf das Grundgesetz in die Öffentlichkeit zu tragen. Dies habe die Parteien veranlaßt, die Offensive zu ergreifen. Man hoffe, die Militärgouverneure würden die Thesen in diesem Licht sehen (Simons an Litchfield vom 10. Dez. 1948, Z 45 F, 15/147-2/1). Der französische Verbindungsoffizier Laloy berichtete, der Pari. Rat habe Manöver der KPD verhindern wollen und sich als Vertreter deutscher Interessen darstellen wollen. Die Thesen seien kein provozierendes Dokument (Colmar, Cabinet Civil Pol V Kla, Bericht von Laloy vom 10. Dez. 1948). 50

Thesen

zum

Besatzungsstatut

Nr. 4

I. Leitende Grundsätze

1) 2)

3)

Übernahme der deutschen Staatsgewalt durch die im Grundgesetz vorgesehenen deutschen Staatsorgane. Rechtliche Regelung des Verhältnisses der Besatzungsmächte gegenüber Deutschland im Rahmen der durch die Besatzungszwecke bedingten Vorbehalte. Vermeidung von Bestimmungen, welche normale Lebensmöglichkeiten des deutschen Volkes und die Entwicklung einer lebendigen friedlichen Demokratie in Deutschland beeinträchtigen könnten. II.

1) 2) 3)

Besatzungszwecke

Sicherheit der Besatzungsorgane, Förderung friedlicher demokratischer Sicherheit Deutschlands.

Entwicklung,

Vermutung für deutsche Zuständigkeit Beschränkung der deutschen Zuständigkeiten für Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung allein durch die aus dem Besatzungsstatut selbst sich ergebenIII.

den

Zuständigkeiten

der

Besatzungsmächte.

IV. Kontrolle

Gemeinschaftliche Überwachungsmaßnahmen der Besatzungsmächte und lediglich zur Verwirklichung der Besatzungszwecke sowie ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit der deutschen Maßnahmen. Ausübung dieses Rechtes nur gegenüber der Bundesregierung.

Durchführungsvorschriften Vorbereitung der Durchführungsvorschriften zum Besatzungsstatut ten Kommissionen unter Beteiligung deutscher Stellen. V.

in

gemisch-

Gesetzgebung Befristetes gemeinschaftliches Einspruchsrecht der Besatzungsmächte gegen deutsche Gesetze, soweit sie mit den Besatzungszwecken unvereinbar sind. VI.

VII.

1) 2)

Rechtsprechung

Unabhängigkeit der deutschen Justiz. Zuständigkeit der deutschen Zivilgerichtsbarkeit auch gegenüber Besatzungsangehörigen, außer in den Fällen der Exterritorialität und der zivilrechtlichen Inanspruchnahme von Besatzungsangehörigen aus Amtshandlungen.

Volle

51

Nr. 4

3)

Thesen

zum

Besatzungsstatut

Zuständigkeit der Militärgerichte grundsätzlich nur für Straftaten, die von einem Mitglied der Besatzung oder ihres Gefolges begangen worden sind, sowie bei

Verstößen, die gegen der Sicherheit der Besatzung dienendes Be-

satzungsrecht

von

Deutschen oder Ausländern verübt worden sind.

VIII. Internationale

1)

Befreiung deutscher

Angelegenheiten Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland

von

bestehenden

Beschränkungen,

2) 3) 4) 5) 6)

Errichtung eigener deutscher Konsulate im Ausland, Wiederanwendung internationaler Vereinbarungen zugunsten Deutschlands,

Teilnahme deutscher Vertreter an internationalen Konferenzen, Wiederherstellung des deutschen Patent-, Zeichen-, Muster- und UrheberSchutzes im Ausland, Beschränkung von Restitutionen auf feststellbares Eigentum, das durch Gewalt oder Zwang auf fremdem Gebiet entfernt wurde.

Besatzungsleistungen Besatzungsleistungen gemäß der Haager Landkriegsordnung unter Schonung der deutschen Bevölkerung, ihres Wohnraumes, der deutschen Wirtschaft im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Landes und nach Anhörung IX.

1)

der

2)

zuständigen

deutschen Stellen.

Jährliche Festsetzung des Gesamtbetrages der Besatzungsleistungen aus

im Benehmen mit der

Bundesregierung

im

vor-

unter Rücksichtnahme auf die

der deutschen Haushalte, der deutschen Bevölkerung und der deutschen Wirtschaft. Anrechnung aller Besatzungsleistungen einschließlich aller Entschädigungen für Besatzungsschäden auf diesen Betrag.

Gesamtlage

3)

X. Notstandsmaßnahmen

Zeitlich

Notstandsmaßnahmen der BesatzungsmächSicherheit und Ordnung, sofern die deutAbhilfe nicht in der Lage sind.

begrenzte gemeinschaftliche Gefährdung von

te bei ernstlicher

schen Behörden

zur

XI. Grundrechte

1)

2)

52

Geltung der im Deutschen Grundgesetz garantierten individuellen Rechte und Freiheiten auch gegenüber den Organen der Besatzungsmächte. Beschränkung der Freiheit wissenschaftlicher Forschung nur insoweit, als diese sich auf die Entwicklung und Herstellung von Gerät richtet, das für den Krieg bestimmt ist.

Thesen

zum

Besatzungsstatut

Nr. 4

Schlichtung und Revision 1) Beilegung von Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Anwendung des Besatzungsstatuts durch gemischte Schiedsgerichte oder gemischte Vergleichskommissionen. XII.

2)

Aufnahme einer Klausel in das Besatzungsstatut, nach der die Vorbehalte der Besatzungsmächte und das übrige Statut in regelmäßigen Zeitabständen auf ihren Abbau überprüft werden, um Deutschlands Entwicklung zur vollen Unabhängigkeit zu fördern2).

2) Über das Echo dieser Thesen bei den Alliierten ließ sich nur wenig ermitteln. Ahdr. der englischen Fassung der Thesen in: Foreign Relations 1948 Vol. II, S. 637—639. Im Foreign Office bemerkte einer der Beamten: „It is interesting to compare this with the comments of the Minister Presidents on the Basic Principles for an Occupation Statute made in July.

that the Germans have considerably stepped up their demands since then in the field of international affairs, jurisdiction and occupation costs. There are also some interesting omissions, there is no reference to the demilitarisation of Germany, nor to the treaty obligations" (PRO FO 371/70602, Views on the essential princiIt will be

seen

particularly

ples to be adopted for the Occupation Statute). Unter dem 11. Dez. 1948 berichtet Chaput de Saintonge an Steel im Rahmen eines Grundsatzberichtes über die 1. Lesung des Grundgesetzes über die Thesen: „These differed from the counter-proposals of the Ministers Presidents at Koblenz mostly in the continual suggestion that Germany should be an equal partner in the Occupation" (ebenda). 53

Entwurf des

Nr. 5

Besatzungsstatuts

Nr. 5 Botschaft der Außenminister der Westmächte und Entwurf des Besatzungsstatuts

[10. April 19491)] A. ENGLISCHE FASSUNG Z 5/141,

o.

BL,

4

§., als Drucks. Nr.

693

a

vervielf. ungez.

!) Datiert nach der Vorlage und dem Datum der

April

Übergabe

Ausf.2) an

den Pari. Rat

am

Sonntag,

1948. Beschlossen wurden die Dokumente am 8. April 1949 im Rahmen der Konferenz der Außenminister in Washington, die folgende Übereinkommen erzielte, von 10.

denen der Pari. Rat jedoch lediglich B. und I. erhielten: Agreed Memorandum regarding the Principles governing Exercise of Powers and Responsibilities of US-UK French Governments following Establishment of German Federal Republic B. Occupation Statute defining the Powers to be retained by the Occupation Authorities C. Agreement as to Tripartite Controls D. Agreed Minute respecting Berlin E. Agreed Minute on Claims against Germany F. Agreed Minute on Wuerttemberg-Baden Plebiscite G. Agreement regarding Kehl H. Message to the Military Governors from the Foreign Ministers I. Message to the Bonn Parliamentary Council from the Foreign Ministers (Abdr. in Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 177—186. Die britische Ausfertigung des Vertragswerkes in PRO FO 93/374 xc/A 2547. Deutscher Abdruck der meisten Dokumente bei Schmoller: Die Befugnisse der Besatzungsmächte). Zur Übergabe des Besatzungsstatuts (siehe oben „B") und der Botschaft (siehe oben „I") liegt ein Bericht des Britischen Verbindungsstabes nach Berlin vor (PRO FO 1049/1675, Bericht vom 10. April 1949). Demnach kamen während der Übergabe der Dokumente, an das Präsidium des Pari. Rates (Adenauer und Schoenfeider), zum großen Mißvergnügen Adenauers Carlo Schmid und Jakob Kaiser gegen Ende hinzu. Adenauer stellte folgende A.



.

.

.

..

Fragen:

.

„a) What was the meaning of paragraph two (g) of Control of Foreign Trade and Exchange b) Paragraph three. Did the phrase ,in persuance of the international obligations of their Governments' mean that the Occupation Statute would come to nothing if the Allies reached an agreement with Soviet Russia c) What had happened to the Court of Arbitration d) Could the Agreement on Allied Controls be made public." Die Verbindungsoffiziere antworteten, daß sie darauf Auskunft nicht geben könnten, daß man das mit den Militärgouverneuren am Donnerstag besprechen möge. Ferner hieß es in dem Bericht: „Adenauer was worried for fear that Schumacher had already received a copy of the Occupation Statute during the course of his interview with Mr. Morrison. He agreed however to keep the text secret for forty eight hours." In den Documents on the Creation S. 117 wurde eine Mitteilung abgedruckt, die von einem der Verbindungsoffiziere vermutlich verlesen wurde: „In transmitting these papers to you, the Military Governors have asked us to express their hope that these papers will enable you to make rapid progress within the Main Committee. The Military Governors would also like us to express their readiness and desire to meet with representatives of the Main Committee to discuss any proposals which it may care to present in the light of the papers which it has now received and in the interest of rapid progress before such ...

54

Entwurf des Besatzungsstatuts

Nr. 5

[MESSAGE]

The three Military Governors have received the following message, which they have instructed the Liaison Officers in Bonn to transmit to the Parliamentary Council: The Foreign Ministers have considered the problem of a Federal German Republic in all its aspects in Washington and have come to a number of important decisions of policy in regard thereto. They have decided that in general the German Authorities shall be at liberty to take administrative and legislative action and that such action will have

validity

if not vetoed

by Allied Authorities.

There will be certain limited fields in which the Allies will reserve the right to take direct action themselves and which are set out in the Occupation Statute, a copy of which is attached hereto. With the establishment of the German Federal Republic, Military Government as such will terminate and the functions of control functions being exercised by a the Allied Authorities will be divided and Commissioner functions by a Commander-in-Chief. The Military High three High Commissioners together will constitute an Allied High Commission, and it is the aim of the three Governments to restrict to a minimum the size of the supervisory staffs attached to their respective High Commissioners. [The]3) Foreign Ministers further affirm that it is a major objective of the three Allied Governments to encourage and facilitate the closest integration on a mutually beneficial basis of the German people under a democratic Federal State within the framework of a European association. Nevertheless before the far-reaching developments which they contemplate can be put in hand it is essential that an agreement should be reached by the Parliamentary Council upon a Basic Law for the German Federal Republic. —

Plenary Session. The Military Governors are prepared to representatives of the Main Committee at any time and hope that such a meeting can be held within a few days." Während diese Dokumente in Bonn an den Parlamentarischen Rat überreicht wurden, wurden sie durch die Landesmilitärregierungen auch den Ministerpräsidenten übergeben. 2) Eine von den Militärgouverneuren gezeichnete Ausfertigung des Besatzungsstatuts hat es nicht gegeben, wie aus einer Korrespondenz zwischen dem Foreign auch später Office und dem U.K. High Commissioner aus dem Jahre 1950 hervorgeht, als man in Lonproposals

are

considered in

meet with the





don danach suchte (PRO FO 1023/94). Demnach wurden dem Wortlaut des Besatzungsstatuts, wie er aus dem Fernschreiber kam, lediglich die Unterschriften der Militärgouverneure maschinenschriftlich hinzugefügt. Mit der Genehmigung des Grundgesetzes durch die Militärgouverneure am 12. Mai 1949 wurde es offiziell verkündet (Letter of Approval in: Documents on the Creation, S. 138) und trat mit der Konstituierung der Bundesorgane am 21. Sept. 1949 in Kraft. Vgl. die Declaration concerning the entry into force of the Occupation Statute, die in der ersten Ausgabe des Amtsblattes der Alliierten Hohen Kommission erschien. Als offizielle Veröffentlichung des Besatzungsstatuts wird man den Abdruck im Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission in Deutschland, S. 13—15 ansehen können. Auf deutscher Seite erfolgte eine amtliche Veröffentlichung durch den Öffentlichen Anzeiger für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet, Sonderausgabe (21. Sept. 1949). 3) Einfügung nach der Version in Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 180. 55

Nr. 5

Entwurf des

Besatzungsstatuts OCCUPATION STATUTE

In the exercice of the supreme authority which is retained of France, the United States and the United Kingdom,

by

the Governments

We, General Pierre Koenig, Military Governor and Commander-in-Chief of the French Zone of Germany, General Lucius D. Clay, Military Governor and Commander-in-Chief of the United States Zone of Germany, and General Sir Brian Hubert Robertson, Military Governor an Commander-in-Chief of the British Zone of Germany,

hereby jointly proclaim the following Occupation Statute: 1. During the period in which it is necessary that the Occupation continue, the Governments of France, the United States and the United Kingdom desire and intend that the German people shall enjoy self-government to the maximum possible degree consistent with such Occupation. The Federal State and the Participating Laender shall have, subject only to the limitations in this instrument, full legislative, executive and judicial powers in accordance with the do

Basic Law and with their respective constitutions. 2. In order to ensure the accomplishment of the basic purposes of the Occupation, powers in the following fields are specifically reserved, including the right to request and verify information and statistics needed by the Occupation

Authorities : (a) Disarmament and demilitarisation, including related fields of scientific research, prohibitions and restrictions on industry, and civil aviation; (b) Controls in regard to the Ruhr, restitution, reparations, decartelisation, deconcentration, trade discrimination4), foreign interests in Germany and claims aginst Germany; (c) Foreign affairs, including international agreements made by or on behalf of —

Germany; (d) Displaced (e)

persons and the admission of

refugees;

Protection, prestige, and security of Allied Forces, dependants, employees

and representatives, their immunities and satisfaction of Occupation costs and their other requirements; (f) Respect for the Basic Law and the Land constitutions; (g) Control over foreign trade and exchange; (h) Control over internal action, only to the minimum extent necessary to ensure use of funds, food and other supplies in such manner as to reduce to a minimum the need for external assistance to Germany; (i) Control of the care and treatment in German prisons of persons charged before or sentenced by the courts or tribunals of the Occupying Powers or Occupation Authorities, over the carrying out of sentences imposed on

4) Richtig: nondiscrimination in trade 56

matters.

Entwurf des

Besatzungsstatuts

Nr. 5

them, and

over questions of amnesty, pardon or release in relation to them. 3. It is the hope and expectation of the Governments of France, the United States and the United Kingdom that the Occupation Authorities will not have occasion to take action in fields other than those specifically reserved above. The Occupation Authorities, however, reserve the right, acting under instructions of their Governments, to resume, in whole or in part, the exercise of full authority if they consider that to do so is essential to security or to preserve democratic Government in Germany or in pursuance of the international obligations of their Governments. Before so doing, they will formally advise the appropriate German Authorities of their decision and of the reasons therefore. The German Federal Government and the Governments of the Laender 4. shall have the power, after due notification to the Occupation Authorities, to legislate and act in the fields reserved to these Authorities, except as the Occupation Authorities otherwise specifically direct or as such legislation or action would be inconsistent with decisions or actions taken by the Occupation Authorities themselves. 5. Any amendment of the Basic Law will require the express approval of the Occupation Authorities before becoming effective. Land constitutions, amendments thereof, all other legislation, and any agreements made between the Federal State and foreign Governments will become effective twenty-one days after official receipt by the Occupation Authorities unless previously disapproved by them, provisionally or finally. The Occupation Authorities will not disapprove legislation unless in their opinion it is inconsistent with the Basic Law, a Land constitution, legislation or other directives of the Occupation Authorities themselves or the provisions of this instrument, or unless it constitutes a grave threat to the basic purposes of the Occupation. 6. Subject only to the requirements of their security, the Occupation Authorities guarantee that all agencies of the Occupation will respect the civil rights of every person to be protected against arbitrary arrest, search or seizure, to be represented by counsel, to be admitted to bail as circumstances warrant, to communicate with relatives, and to have a fair and prompt trial. 7. Legislation of the Occupation Authorities enacted before the effective date of the Basic Law shall remain in force until repealed or amended by the Occupation Authorities in accordance with the following provisions: (a) Legislation inconsistent with the foregoing will be repealed or amended to make it consistent herewith; (b) Legislation based upon the reserved powers, referred to in paragraph 2 above, will be codified; (c) Legislation not referred to in (a) and (b) will be repealed by the Occupation Authorities on request from appropriate German Authorities. 8. Any action shall be deemed to be the act of the Occupation Authorities under the powers herein reserved, and effective as such under this instrument, when taken or evidenced in any manner provided by any agreement between them. The Occupation Authorities may in their discretion effectuate their decision either directly or through instructions to the appropriate German Authorities. —

57

Nr. 5

Entwurf des

Besatzungsstatuts

After twelve months and in any event within eighteen months of the ef9. fective date of this instrument the Occupying Powers will undertake a review of its provisions in the light of experience with its operation and with a view to extending the jurisdiction of the German Authorities in the legislative, executive and judicial fields. B. DEUTSCHE, NICHTAMTLICHE ÜBERSETZUNG Z 5/141

o.

BL,

4

Seiten, hektogr.,

ungez. Ausf. als Drucks. Nr. 693 b

vervielf.1)

[BOTSCHAFT] Die drei Militärgouverneure erhielten die folgende Nachricht, die sie durch die Verbindungsoffiziere in Bonn dem Parlamentarischen Rat hierdurch mitteilen: Die Außenminister haben in Washington die Frage einer Deutschen Bundesrepublik nach allen Gesichtspunkten hin erwogen und sind zu einer Reihe wichtiger politischer Entscheidungen hierüber gekommen. Sie haben beschlossen, daß die deutschen Behörden im allgemeinen die Freiheit haben sollen, Verwaltungs- und Gesetzgebungsmaßnahmen vorzunehmen und daß solche Maßnahmen Geltung haben, sofern die alliierten Behörden keinen Einspruch einlegen. Auf gewissen begrenzten Gebieten werden sich jedoch die Alliierten das Recht vorbehalten, selbst unmittelbare Maßnahmen zu ergreifen. Diese Gebiete sind in dem Besatzungsstatut aufgeführt, von dem eine Abschrift beigefügt ist. Mit der Errichtung der Deutschen Bundesrepublik werden die Militärregierungen als solche aufhören zu bestehen und die Aufgaben der alliierten Behörden werden in der Weise aufgeteilt werden,

daß die Überwachungsaufgaben von einem Hohen Kommissar und die militärischen Aufgaben von einem Oberbefehlshaber wahrgenommen werden. Die drei Hohen Kommissare werden zusammen eine Alliierte Hohe Kommission bilden, und es ist die Absicht der drei Regierungen, die Größe der ihren Hohen Kommissaren beigegebenen Überwachungsstäbe auf ein Mindestmaß zu beschränken. Weiterhin stellen die Außenminister fest, daß es ein Hauptanliegen der drei alliierten Regierungen ist, die engste Einbeziehung des deutschen Volkes innerhalb eines demokratischen Bundesstaates in den Rahmen einer europäischen Vereinigung auf einer für beide Seiten günstigen Grundlage zu fördern und zu erleichtern. Bevor jedoch die weitreichenden Entwicklungen, die sie im Auge haben, in Gang gesetzt werden können, ist es wesentlich, daß der Parlamentarische Rat zu einer Einigung über das Grundgesetz für die Deutsche Bundesrepublik kommt. ) Als Drucks. Nr. 693 b vervielf. wurde vom Sekretariat offenbar eine von den Alliierten gefertigte Übersetzung, die als „nichtamtliche" gekennzeichnet war und bei der einige Unstimmigkeiten bereits bereinigt worden waren. Vgl. die Fassung in Z 12/70, Bl. 108—111 und die Ausführungen von C. Schmid bei seiner Analyse des Statuts in: Dok. Nr.

6.TOP1.

Als Drucks. Nr. 693 druckt wird. 58

c

wurde die französische Version

vervielfältigt,

die hier nicht

abge-

Entwurf des Besatzungsstatuts

Nr. 5

BESATZUNGSSTATUT

In Ausübung der von den Regierungen Frankreichs, der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs beibehaltenen obersten Gewalt, verkünden wir, General Pierre Koenig, Militärgouverneur und Oberbefehlshaber der französischen Zone Deutschlands, General Lucius D. Clay, Militärgouverneur und Oberbefehlshaber der amerikanischen Zone Deutschlands, und General Sir Brian Hubert Robertson, Militärgouverneur und Oberbefehlshaber der britischen Zone Deutschlands,

gemeinsam das folgende Besatzungsstatut: 1. Die Regierungen Frankreichs, der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs wünschen und beabsichtigen, daß das deutsche Volk in dem Zeitraum, während dessen das Fortdauern der Besatzung notwendig ist, das größtmögliche Maß an Selbst-Regierung genießt, das mit einer solchen Besatzung vereinbar ist. Der Bund und die beteiligten Länder haben, lediglich den Beschränkungen dieses Statuts unterworfen, volle gesetzgebende, vollziehende und rechtsprechende Gewalt gemäß dem Grundgesetz und ihren jeweiligen hiermit

Verfassungen. 2. Um die Verwirklichung der grundlegenden Besatzungszwecke sicherzustellen, wird die Zuständigkeit für die folgenden Gebiete, einschließlich des Rechts, von den Besatzungsbehörden benötigte Auskünfte und statistische Angaben anzufordern und zu überprüfen, ausdrücklich vorbehalten: (a) Die Entwaffnung und Entmilitarisierung einschließlich der damit in Beziehung stehenden Gebiete der wissenschaftlichen Forschung, Verbote und Beschränkungen der Industrie und die Zivilluftfahrt; (b) die Kontrolle über die Ruhr, die Restitutionen, Reparationen, Dekartellisie(c)

(d) (e)

rung, Dekonzentrierung, Handelsbegünstigungen, die ausländischen Interessen in Deutschland und die Ansprüche gegen Deutschland; Auswärtige Angelegenheiten einschließlich der von Deutschland oder in seinem Namen getroffenen internationalen Abkommen; verschleppte Personen und die Aufnahme von Flüchtlingen; Der Schutz, das Prestige und die Sicherheit der alliierten Streitkräfte, Angehörigen, Angestellten und Vertreter, ihre Immunitäten und die Befriedigung

der Besatzungskosten und ihrer sonstigen Bedürfnisse; (f) Die Beachtung des Grundgesetzes und der Länderverfassungen; (g) Die Überwachung des Außenhandels und des Devisenverkehrs; (h) Die Überwachung innerer Maßnahmen nur in dem Mindestumfang, der erforderlich ist, um die Verwendung von Geldmitteln, Lebensmitteln und sonstigen Bedarfsgütern in der Weise sicherzustellen, daß Deutschlands Bedarf an äußerer Unterstützung auf ein Mindestmaß herabgesetzt wird;

(i)

die Überwachung der Pflege und Behandlung der vor den Gerichten und Tribunalen der Besatzungsmächte und Besatzungsbehörden angeklagten oder von ihnen verurteilten Personen in deutschen Gefängnissen, die Über59

Nr. 5

Entwurf des Besatzungsstatuts

der Vollstreckung von Strafurteilen gegen solche Personen und die Kontrolle in Fragen der Amnestierung, Begnadigung oder Freilassung bezüglich dieser Personen. 3. Es ist die Hoffnung und Erwartung der Regierungen Frankreichs, der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs, daß die Besatzungsbehörden keinen Anlaß haben werden, auf anderen als den oben ausdrücklich vorbehaltenen Gebieten Maßnahmen zu ergreifen. Die Besatzungsbehörden behalten sich jedoch das Recht vor, entsprechend den Weisungen ihrer Regierungen die Ausübung der vollen Gewalt ganz oder teilweise wieder zu übernehmen, wenn sie dies für unerläßlich erachten für die Sicherheit oder zur Aufrechterhaltung der demokratischen Ordnung in Deutschland oder aufgrund der internationalen Verpflichtungen ihrer Regierungen. Zuvor werden sie die zuständigen deutschen Behörden von ihrer Entscheidung und den Gründen dafür förmlich in Kenntnis

wachung

setzen. 4. Der deutsche

Bund und die Länder haben die Befugnis, nach ordnungsmädie Besatzungsbehörden auch auf den diesen Behörden vorbehaltenen Gebieten Gesetze zu erlassen und tätig zu werden, es sei denn, daß die Besatzungsbehörden ausdrücklich anders bestimmen oder daß solche Gesetze oder Maßnahmen mit den von den Besatzungsbehörden selbst getroffenen Entscheidungen oder Maßnahmen unvereinbar sind. 5. Jede Änderung des Grundgesetzes bedarf vor ihrem Inkrafttreten der ausdrücklichen Genehmigung der Besatzungsbehörden. Länderverfassungen, Änderungen dieser Verfassungen, alle sonstige Gesetzgebung und alle Abkommen zwischen dem Bund und ausländischen Regierungen treten einundzwanzig Tage nach ihrem amtlichen Eingang bei den Besatzungsbehörden in Kraft, es sei denn, daß diese sie vorher vorläufig oder endgültig ablehnen. Die Besatzungsbehörden werden ein Gesetz nicht ablehnen, es sei denn, daß es ihrer Ansicht nach unvereinbar ist mit dem Grundgesetz, mit einer Landesverfassung, mit den Gesetzen oder sonstigen Vorschriften der Besatzungsbehörden oder mit Bestimmungen dieses Statuts, oder daß es eine ernste Bedrohung der grundlegenden Besatzungszwecke darstellt. 6. Unter der alleinigen Voraussetzung ihrer Sicherheit gewährleisten die Besatzungsbehörden, daß alle Besatzungsstellen die persönlichen Grundrechte des Schutzes gegen willkürliche Verhaftung, Durchsuchung oder Beschlagnahme, der Vertretung durch einen Anwalt, der Freilassung gegen Bürgschaft sofern es die Umstände gestatten, der Verständigung mit den Angehörigen und eines gerechten und unverzüglichen Verfahrens achten werden. 7. Vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes erlassene Gesetze der Besatzungsbehörden bleiben bis zu ihrer Aufhebung oder Änderung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen in Kraft: (a) Mit dem Vorstehenden unvereinbare Gesetze werden aufgehoben oder abgeändert werden, um sie damit in Einklang zu bringen; (b) Gesetze, die auf den oben in Absatz 2 aufgeführten vorbehaltenen Befugnissen beruhen, werden kodifiziert werden; (c) Nicht unter (a) und (b) fallende Gesetze werden von den Besatzungsbehörden auf Ersuchen der zuständigen deutschen Behörden aufgehoben werden.

ßiger Mitteilung

60

an

Entwurf des 8.

Jede Maßnahme, die

in einer in einem

Besatzungsstatuts

Nr. 5

Übereinkommen zwischen den Be-

satzungsbehörden vorgesehenen Weise getroffen oder als solche nachgewiesen wird, gilt als eine aufgrund der in diesem Statut vorbehaltenen Befugnisse vorgenommene Handlung der Besatzungsbehörden und ist als solche wirksam gemäß diesem Statut. Die Besatzungsbehörden können ihre Entscheidung nach ih-

Ermessen entweder unmittelbar oder durch Anweisungen an die zuständideutschen Behörden ausführen. gen Nach zwölf Monaten und in jedem Falle innerhalb achtzehn Monaten nach 9. dem Tage des Inkrafttretens dieses Statuts werden die Besatzungsmächte eine Nachprüfung seiner Bestimmungen vornehmen aufgrund der Erfahrungen mit seiner Wirksamkeit und im Hinblick auf eine Erweiterung des Zuständigkeitsbereiches der deutschen Behörden auf den Gebieten der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung. rem

61

Nr. 6

Sitzung

Vierte

11.

April

1949

Nr. 6

Vierte

Sitzung des Ausschusses für Fragen des Besatzungsstatuts in Verbindung mit dem

Besatzungsstatut-Ausschuß der Ministerpräsidenten 11. April 1949

Z 5/22, Bl. 71-88. Undat. und ungez. Kurzprot.: Z 22/127, Bl. 25-29

Prot.1)

Anwesend2) : Vom Ausschuß für das Besatzungsstatut des Pari. Rates: CDU/CSU: von Brentano, de Chapeaurouge, Kaufmann, Schröter, Strauß SPD: Schmid (Vors.), Diederichs, Eberhard, Wagner, Zinn FDP: Schäfer KPD: Renner Weitere Mitglieder des Pari. Rates: Grève (SPD), Seebohm (DP), Brockmann, Frau Wessel (Z) Vom

Besatzungsstatut-Ausschuß

des

Ministerpräsidenten:

Ehard, Schwend, Pfeiffer (zeitw.) (Bayern), Schenk (Schleswig-Holstein), Hermanns (Rheinland-Pfalz), Werz (Büro der Ministerpräsidenten)

Stenografischer Dienst: Peschel Ende: 21.05 Uhr Beginn: 20.18 Uhr [1. ANALYSE DES BESATZUNGSSTATUTS UND DER BOTSCHAFT DER Der Vorsitzende, Dr.

Schmid, eröffnet die Sitzung

um

20.18

WESTMÄCHTE]

Uhr mit

Begrü-

ßungsworten und erstattet einen Bericht über die Grundzüge des Besatzungsstatuts3) und die hauptsächlichsten Bestimmungen des Fusionsabkommens der Besatzungsmächte4). Er führt hierzu aus: Das Besatzungsstatut ist uns zusammen mit einem Begleitbrief übergeben worden5). Dieser Begleitbrief wurde von den Außenministern, die in Washington versammelt waren, an die Militärgouverneure gerichtet, offensichtlich mit dem Auftrag, uns diesen Brief weiterzugeben. Dieser Brief enthält eine Reihe sachlicher Angaben, eine Reihe von Angaben, die sich auf Gegenstände des Fusionsabkommens beziehen, eine Reihe von Versprechungen und eine Reihe von Feststellungen allgemein-politischer Art. J) Das Prot, ist,

Anfang und Ende abgesehen, ein Wortprot. das in üblicher Weise als stenografischen Mitschrift gefertigt wurde. 2) Anwesenheitsliste nach dem Kurzprot., das von Röttgen gefertigt worden war. Pfeiffer, der ganz am Schluß das Wort ergriff, wurde in der Anwesenheitsliste dieses Prot, nicht mit aufgeführt. Transkription

vom

einer

3) Abdr. als Dok. Nr. 5. 4) Abdr. siehe Anm. 16. Das Abkommen

hervorgeht,

diesem 5) Abdr. als Dok. Nr. 5. 62

zu

späteren Ausführungen von Zeitungsmeldung bekannt.

war, wie aus

Zeitpunkt nur aus

einer

Schmid

Vierte

Sitzung

11.

April

1949

Nr. 6

Feststellung, die in dem Brief getroffen ist, besagt, daß das Problem der Deutschen Bundesrepublik nach allen Gesichtspunkten in Washington erörtert worden sei und daß eine Reihe wichtiger Entscheidungen getroffen worden sind, die hierauf Bezug haben. Eine dieser Entscheidungen wird im nächsten Satz genannt: die Außenminister haben beschlossen, daß grundsätzlich es heißt im deutschen Text „im allgemeinen", das ist, wenn ich den authentischen französischen Text zugrundelege, nicht ganz richtig, es wird wohl besser überdie deutschen Behörden Freiheit hasetzt werden mit „im Grundsätzlichen" ben sollen, Verwaltungs- und Gesetzgebungsmaßnahmen vorzunehmen und daß diese Maßnahmen gelten, sofern dagegen kein Einspruch erfolgt. Auf gewissen Gebieten behalten sich jedoch die Alliierten besondere Rechte vor, insbesondere das Recht, eigene unmittelbare und mittelbare Maßnahmen vorzunehmen. Das Besatzungsstatut zählt diese vorbehaltenen Gebiete auf. Es wird weiter gesagt, daß mit der Errichtung der Deutschen Bundesrepublik die Militärregierungen aufhören. An die Stelle der Militärgouverneure treten sogenannte Hohe Kommissare, je einer für jede Besatzungsmacht, die zusammen wiederum die Alliierte Hohe Kommission bilden. Diese Alliierte Hohe Kommission ist, wie bei der Darlegung des Fusionsabkommens näher zu sagen sein wird, die oberste alliierte Kontrollbehörde. Es wird uns in Aussicht gestellt, daß die Überwachungsstäbe auf ein Minimum reduziert werden. Auch diese Bestimmung finden wir im Fusionsabkommen. Die Generale werden ausschließlich die Funktion militärischer Befehlshaber haben. Sie werden also keinerlei Zuständigkeit auf dem Gebiet der Verwaltung und der Regierung mehr auszuüben verDie erste





mögen.

Zu den Versprechen, die das nister feststellen, daß es ein

Begleitschreiben enthält, gehört, daß die AußenmiHauptanliegen der drei alliierten Regierungen sei,

die engste Einbeziehung des deutschen Volkes innerhalb eines demokratischen Bundesstaates in den Rahmen einer europäischen Vereinigung auf einer für beide Seiten günstigen Grundlage zu fördern und zu erleichtern. Und der Schlußsatz besagt, daß alle diese weitreichenden Entwicklungen zur Voraussetzung haben, daß der Parlamentarische Rat zu einer Einigung über das Grundgesetz für die Deutsche Bundesrepublik komme. Was das zweite Dokument anbetrifft, das „Besatzungsstatut" überschrieben ist, so ist dazu zu sagen, daß es sich noch nicht um ein verkündetes Besatzungsstatut handelt, sondern rechtlich lediglich um eine paraphierte Einigung über ein Besatzungsstatut, die die Außenminister der drei Westmächte vorgenommen haben6). Es ist also noch nicht in Kraft gesetzt. In den Einladungsschreiben für die Zusammenkunft, die am nächsten Donnerstag in Frankfurt stattfinden soll7), ist uns mitgeteilt worden, daß die Militärgouverneure von uns eine Stellungnahme zu diesem Besatzungsstatutentwurf, wie wir das Schreiben korrekterweise nennen müßten, erwarten. Das entspricht

6) Siehe Dok. Nr. 5 A, Anm. 2. 7) Vgl. Dok. Nr. 5 A, Anm. 1. Von Pari. Rat

war

dort

allerdings

einer

Stellungnahme

nicht die Rede.

zum

Besatzungsstatut durch den 63

Nr. 6

Vierte

Sitzung

11.

April

1949

Versprechen, das schon das Dokument Nr. 3B) enthält, und einer Reihe Zusicherungen, die den Ministerpräsidenten und dem Parlamentarischen Rat gemacht worden sind9). Zum Inhalt ist folgendes zu sagen10). Die Besatzungsmächte stellen schon in der Eingangsformel fest, daß sie nach wie vor die oberste Gewalt in Deutschland beibehalten. Es ist also völlig klar, daß sich an den Souveränitätsverhältnissen durch dieses Besatzungsstatut nichts ändert. Nach wie vor liegt die letzte Entscheidungsgewalt in deutschen Angelegenheiten bei den Besatzungsmächten, die diese oberste Entscheidungsgewalt kraft Rechtes des Siegers an sich genommen haben. Ich glaube, daß man dieser Feststellung alle rechtliche und politische Beachtung schenken sollte. Die Ziffer 1 des eigentlichen Textes besagt zwei Dinge. Einmal wird ein allgemeiner Grundsatz aufgestellt und dann enthält diese Ziffer eine nicht unwichtige Generalklausel. Der Grundsatz besagt, daß Deutschland in dem Zeitraum, während dessen das Fortdauern der Besetzung notwendig ist, das größtmögliche Maß an Selbstregierung genießen soll, das mit einer solchen Besetzung vereinbar ist. Dieser Satz hat mehr als nur deklaratorische Bedeutung. Er enthält, wenn man ihn ernst nimmt, gleichzeitig eine Selbstbegrenzung des alliierten Rechts zur Begrenzung der deutschen Befugnisse; denn es wird hier ausdrücklich gesagt, daß die Beschränkung der deutschen Rechte auf Selbstregierung mit den Notwendigkeiten im Zusammenhang steht, die sich aus der Tatsache, daß Deutschland ein besetztes Land ist, ergeben. Es scheint mir damit ausgeschlossen zu sein, wie bisher allgemein-politische Maßnahmen auf das Besatdem

von

zu stützen, sofern das Besatzungsstatut dafür nicht eine ausdrückliche Ermächtigung gibt. Die Generalklausel des Satzes 2 besagt, daß Bund und Länder nur den Einschränkungen unterworfen sein sollen, die im Statut stehen. Wo nicht ausdrücklich eine Beschränkung der Selbstregierung dekretiert ist, haben die Deutschen volle Gesetzgebung, Exekutive und Rechtsprechung. Das bedeutet, daß im Zweifel die Vermutung für deutsche Kompetenz spricht.

zungsstatut

8) Siehe Dok. Nr. 3, Anm. 4. 9) In den inoffiziellen Gesprächen war immer wieder von einer baldigen Bekanntgabe des Besatzungsstatutes die Rede. Ein Vorschlag der Liaison Officers, die Grundzüge vorweg zur

Kenntnis

zu

geben,

worden, weil das Statut 1948 Vol. II, S. 634).

war am 16. Nov. 1948 von den Militärgouverneuren abgelehnt erst noch von den Regierungen zu billigen sei (Foreign Relations

von Carlo Schmid wurde eine detaillierte Stellungnahme in Form eiPunkt für Punkt-Analyse durch von Merkatz gefertigt (Z 5/141); ferner eine Analyse vom Rechtsamt der Verwaltung für Wirtschaft „Bemerkungen zum Besatzungsstatut (27. April 1949, Z 22/127) und von Dr. Wilhelm Dörr (Wirtschaftsrat) unter dem 14. April 1949 (NL Holzapfel/108). Das Deutsche Büro für Friedensfragen verfertigte eine „kommentierte Analyse" von Besatzungsstatut und Kontrollabkommen, die jedoch erst am 24. Juni 1949 abgeschlossen wurde (FESt, NL C. Schmid/1120). Für die juristische Literatur der Jahre 1949/1950 vgl. die Angaben im Bonner Kommentar: Anhang „Besatzungsrecht", S. 5.

10) Neben der Analyse ner

64

Vierte

Sitzung

11.

April

1949

Nr. 6

In Ziffer 2 sind die vorbehaltenen Gebiete aufgezählt. Es wird dort gesagt, daß auf bestimmten Sachgebieten die Alliierten sich das Recht vorbehalten haben, eigene Maßnahmen durchzuführen, und zwar in doppelter Weise, mittelbar oder unmittelbar. Erstens können sie Maßnahmen selbst durchführen, wobei offenbar sowohl an legislative Maßnahmen als an exekutive Maßnahmen gedacht ist. Auf der andern Seite können sie auf diesen Sachgebieten von den Deut-

schen gewisse Auskünfte und statistische Angaben verlangen und diese überprüfen. Wichtig ist, daß dabei klargestellt ist, daß auch die dem Vorbehalt unterworfenen Sachgebiete lediglich die Sicherstellung der grundlegenden Besatzungszwecke ermöglichen sollen. Wir haben hier also den Begriff des Besatzungszweckes als Schranke der Besatzungsgewalt, obwohl dieser Besatzungszweck leider im einzelnen nicht näher definiert ist. Man könnte auf die Besatzungszwecke zurückgreifen, die im Potsdamer Abkommen aufgestellt11) worden sind, also Demilitarisierung, Demokratisierung und Denazifizierung. Durch diese Aufstellung, die in Ziffer 2 enthalten ist, scheint sich mir ein weiteres Mal zu ergeben, daß das Besatzungsstatut das Betreiben einer „beliebigen" Politik der Besatzungsmächte ausschließt. Sie können lediglich eine Politik betreiben, die sich auf die Realisierung der Zwecke bezieht, die hier aufgezählt sind. Die vorbehaltenen Sachgebiete sind: a) Die Entwaffnung und Entmilitarisierung einschließlich der damit in Beziehung stehenden Gebiete der wissenschaftlichen Forschung, Verbote und Beschränkungen der Industrie und die Zivilluftfahrt, also fast wörtlich der Text des Potsdamer Abkommens; das Wort ist mit „Wiederb) die Kontrolle über die Ruhr, die Restitutionen falsch technischer übersetzt; es ist ein gutmachung" Begriff —, die Reparatiound dann kommt wieder eine falsche nen, Dekartellisierung, Dekonzentrierung, also das im Handel", Dumpingverbot und Übersetzung „Nichtbenachteiligung solche Dinge. (Dr. Strauß: Unterschiedliche Behandlung!) Ja, unterschiedliche Behandlung! Ferner: die ausländischen Interessen in Deutschland und die Ansprüche gegen Deutschland; c) auswärtige Angelegenheiten einschließlich der von Deutschland oder in seinem Namen getroffenen internationalen Abkommen; d) verschleppte Personen und die Aufnahme von Flüchtlingen; e) der Schutz, das Prestige und die Sicherheit der alliierten Streitkräfte, Angehörigen, Angestellten und Vertreter, ihre Immunitäten und die Befriedigung der Besatzungskosten und ihrer sonstigen Bedürfnisse; Leider ist in dem Besatzungsstatut im Gegensatz zu den letzten Entwürfen, die bekanntgegeben worden sind, nicht mehr enthalten, daß die Besatzungskosten im voraus auf längere Zeiträume und pauschal festgesetzt werden müssen. Auch das Fusionsabkommen enthält darüber nichts. Vielleicht gibt es nicht bekanntgegebene interalliierte Abkommen, in denen etwas Derartiges stipuliert —



") Vgl. Dok.

Nr. 2, Anm. 36. 65

Nr. 6

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wird12). Ich halte es für einen ganz besonderen Mangel, daß dies im Besatzungsstatut nicht steht, und man sollte vielleicht, falls wir am Donnerstag Stellung nehmen sollten, diesen Punkt zur Sprache bringen13). Weiter ist die Fassung dieser Ziffer e) recht unklar. Ich fragte mich beim Lesen, ob etwa möglich sein sollte, was jetzt als Praxis gelegentlich gehandhabt wird, daß abseits der Besatzungskosten die Besatzungsmächte uns die Bezahihrer deutschen Angestellten auferlegen vielleicht auch fragen. Die Definition der Besatzungskosten in unserem Vorschlag war doch die: alles, was deutscherseits geleistet werden muß, in einer Globalsumme zusammengefaßt, und jede Inanspruchnahme der Besatzungsmächte muß von dieser Globalsumme abgerechnet werden. Nur dann hat es einen Sinn. Die Festsetzung der Besatzungskosten im voraus und in einer Pauschalsumme, dann nämlich, wenn der Intendanturbeamte der Besatzungsmächte rechnen muß, und nicht wenn man uns das Rechnenmüssen zuschiebt. f) Die Beachtung des Grundgesetzes und der Länderverfassungen, also vorbehaltenes Sachgebiet. Wir werden bei der Analyse des Fusionsabkommens sehen, was das bedeuten kann. g) Die Überwachung des Außenhandels und des Devisenverkehrs. (Dr. Strauß: „Überwachung" ist ein schiefer Ausdruck, es geht weiter als

lung der Sozialversicherungsbeiträge und ähnliche Dinge. Das müßte

man

Überwachung!)

Es heißt contrôle, d[as] i[st] gleich Manipulierung. h) Das ist die Marshallplanklausel. Die Überwachung innerer Maßnahmen nur in dem Mindestumfang, der erforderlich ist, um die Verwendung von Geldmitteln, Lebensmitteln und sonstigen Bedarfsgütern in der Weise sicherzustellen, daß Deutschlands Bedarf an äußerer Unterstützung auf ein Mindestmaß herabgesetzt wird. Mit anderen Worten, jede deutsche innere Maßnahme kann darauf kontrolliert werden, ob dadurch nicht ein Bedarf an zusätzlicher Hilfe von außen entsteht. Das bedeutet praktisch eine völlige Etatkontrolle. i) Die Überwachung der Pflege und Behandlung der vor den Gerichten und

Tribunalen der Besatzungsmächte und Besatzungsbehörden angeklagten oder von ihnen verurteilten Personen in deutschen Gefängnissen, die Überwachung der Vollstreckung von Strafurteilen gegen solche Personen und die Kontrolle in Fragen der Amnestierung, Begnadigung oder Freilassung bezüglich dieser Personen.

Ziffer 3 bezieht sich wiederum auf die vorbehaltenen Sachgebiete. Hier wird in Satz 1 der Erwartung Ausdruck verliehen, daß die Besatzungsbehörden hoffen, keinen Anlaß zu haben, Maßnahmen auf anderen als den oben ausdrücklich vorbehaltenen Gebieten zu ergreifen, mit anderen Worten, den Katalog der vorbehaltenen Sachgebiete generell oder im Einzelfall auszudehnen. Die Möglichkeit, diesen Katalog auszudehnen, behalten sie sich in Satz 2 vor. Dort behalten in Washington am 5. April 1948 paraphierten Abkommen und Vereinbarungen (vgl. Dok. Nr. 5 A, Anm. 1) enthielten eine derartige Bestimmung nicht. 13) Vgl. die Fragen, die von deutscher Seite aus am 14. April 1949 gestellt wurden (Dok. Nr.

12) Auch die sonstigen, 9).

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sie sich nämlich das Recht vor,

entsprechend den Weisungen ihrer Regierungen die Ausübung der vollen Gewalt ganz oder teilweise wieder zu übernehmen, und zwar dann, wenn diese Maßnahme unerläßlich ist einmal für die Sicherheit, wobei man nicht recht weiß, ob das die sécurité schlechthin ist oder die an einer anderen Stelle wird ausdrücklich Sicherheit der Besatzungstruppen von der Sicherheit der Besatzungstruppen gesprochen ; zweitens zur Aufder demokratischen in Deutschland und drittens aufrechterhaltung Ordnung grund internationaler Verpflichtungen ihrer Regierungen, was nichts anderes bedeutet, als daß durch internationale Vereinbarungen praktisch über Dinge verfügt werden kann, die sich auf deutschem Boden zu vollziehen haben. (Dr. Strauß: Sofern das auch für die Zukunft gilt und nicht nur für bestehende internationale Verträge!) Ich glaube, das bezieht sich auch auf die Zukunft. Vorher soll allerdings eine Mitteilung der Entscheidung mit Gründen an die deutsche Regierung erfolgen. Diese Ziffer 3 ist eine Detaillierung der in Dokument Nr. 3 vom Juli14) uns angekündigten Möglichkeit, daß die Besatzungsmächte im Falle der Bedrohung ihrer Sicherheit die Fülle der Gewalt wieder an sich nehmen können. In Ziffer 4 heißt es, daß der deutsche Bund und die Länder die Befugnis haben sollen, auch auf den vorbehaltenen Sachgebieten tätig zu werden, und zwar offenbar sowohl legislativ als administrativ. Diese vorbehaltenen Sachgebiete sperren also eine solche Tätigkeit nicht schlechthin aus. Sie machen aber diese deutsche Tätigkeit vom Vorliegen bestimmter Voraussetzungen abhängig. Einmal muß die Absicht, auf diesen Gebieten tätig zu werden, deutscherseits den Kontrollbehörden mitgeteilt werden. Nach dieser Mitteilung können die Deutschen tätig werden, wenn nicht die Besatzungsbehörden etwas anderes bestimmen. Es muß also mit Nein geantwortet werden, es ist nicht ein Ja für die Genehmigung zu erwirken. Wir werden bei der Besprechung des Fusionsabkommens sehen, daß es nicht ohne Bedeutung ist, ob ein Ja oder ein Nein zur Abstimmung steht. Wenn die deutschen Behörden tätig werden, müssen sie sich im Rahmen der Besatzungsgesetzgebung halten und dürfen sie nicht bestehenden Besat—





zungsmaßnahmen entgegenhandeln.

Ziffer 5 bestimmt, daß alle Gesetze, die auf den nicht vorbehaltenen Sachgebieten erlassen werden, und alle Abkommen, die der Bund mit ausländischen Regierungen schließen könnte, in Kraft treten, wenn nicht binnen 21 Tagen ein Dieser Einspruch, also diese Ablehnung darf nur erfolgen, bestimmte Voraussetzungen vorliegen, wobei allerdings ganz deutlich ist, daß diese Voraussetzungen in rechtem Maße Kautschukcharakter tragen. (Dr. v. Brentano: Sehr diskretionär!) Sehr diskretionär! Die Ablehnung kann nämlich nur erfolgen, wenn dieses Gesetz mit der Verfassung eines Landes oder mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Eine sehr bedenkliche Klausel. Weiter kann sie erfolgen, wenn dieses Gesetz nicht vereinbar ist mit Gesetzen, die die Besatzungsmächte erlassen haben, oder mit den Bestimmungen des Besatzungsstatutes und drittens bei ernstlicher

Einspruch erfolgt.

wenn



14) Siehe Der Pari. Rat Bd. 1, S.

33-35.

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der grundlegenden Besatzungszwecke, was natürlich eine so generelle Klausel ist, daß schwer einzusehen ist, was man nicht unter diese Klausel bringen könnte. Verfassungsänderungen müssen, und zwar, wie das Fusionsabkommen ergibt, einstimmig von den Besatzungsbehörden genehmigt werden. Aus dieser Ziffer 5 scheint mir eines mit Sicherheit hervorzugehen, daß auf den nicht vorbehaltenen Sachgebieten das Genehmigungs- oder Einspruchsrecht der Alliierten sich nur auf gesetzgeberische Maßnahmen erstreckt und nicht auf administrative Maßnahmen. Das scheint mir ein erheblicher Fortschritt gegenüber dem bisherigen Rechtszustand zu sein. Wenn man nun vergleicht, wie sich das Einspruchsverfahren auf den vorbehaltenen und auf den nicht vorbehaltenen Sachgebieten verhält —, so ergibt die Analyse folgendes Bild. Bei den vorbehaltenen Sachgebieten muß, ehe die Deutschen tätig werden, das Ja oder das Nein erfolgen. Auf den nicht vorbehaltenen Sachgebieten wird erst, nachdem die Deutschen legislativ tätig geworden sind, die Kontrollbehörde tätig. Die wird allerdings auch tätig auf den vorbehaltenen Sachgebieten, wenn aufgrund einer Genehmigung oder mangels eines Nein die Deutschen legislativ tätig geworden sind. Aber auf den vorbehaltenen Sachgebieten gibt es auch ein Einspruchsrecht gegen Verwaltungsmaßnahmen. Das scheint mir das Verhältnis dieser beiden Ziffern zu sein. Die nächste Ziffer enthält, kurz gesagt, die Zusage, daß sämtliche Besatzungsmächte die Habeas Corpus-Bestimmungen15) in ihr Besatzungsrecht eingliedern werden, Beachtung der Grundrechte usw. Die Ziffer 7 ist eine Art von Übergangsbestimmung. Sie besagt, daß das Besatzungsrecht, das vor Inkrafttreten des Grundgesetzes promulgiert worden ist, in Geltung bleibt. Jedoch werden die Alliierten Verordnungen und Gesetze aufheben, die mit den Bestimmungen des Besatzungsstatuts in Widerspruch stehen, oder sie werden sie mit den Bestimmungen des Besatzungsstatuts in Einklang bringen, b) besagt, daß die Gesetze, die die vorbehaltenen Sachgebiete betreffen, kodifiziert werden sollen, so daß also Klarheit besteht, was gilt und was nicht gilt. Was nicht im Kodex stehen wird, gilt nicht mehr. (Zuruf des Abg. Dr. v. Brentano.) Innerhalb der drei Zonen. (Dr. Strauß: Eine Vereinheitlichung der Militärregierungsgesetzgebung für alle drei Zonen!) Für alle drei Zonen, c) bedeutet, daß Recht, das weder unter a) noch b) fällt, von den Alliierten auf Ersuchen der deutschen Regierung außer Kraft gesetzt werden muß, praktisch dann, wenn die deutsche Regierung dieses Sachgebiet durch deutsche Rechtsetzung regeln will. Verständlich, die Alliierten haben es schon aus Prestigefragen nicht gern, wenn ein von ihnen erlassenes Gesetz durch ein deutsches Gesetz außer Kraft gesetzt wird. Sie wollen es selbst außer Kraft setzen. Aber wenn ich es recht auslege: auch ohne Prüfung der Bedürfnisfrage müssen sie es außer Kraft setzen, wenn die Deutschen das verlangen.

Bedrohung





15) Siehe Dok. Nr. 9, Anm. 68

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Nun kommt die Ziffer 8, von der ich gestehe, daß es mir bisher nicht möglich gewesen ist, einen einigermaßen eindeutigen Sinn festzustellen. Ich habe den

Eindruck, diese Ziffer bedeutet, daß die Alliierten sich das Recht vorbehalten haben, in jedem Fall, in dem die drei Besatzungsmächte, also die drei Kommis-

sich einigen, in Deutschland beliebig Recht zu setzen und beliebige Anordnungen zu treffen. (Dr. v. Brentano: Das Recht auf authentische Interpretation!) Nicht nur das. (Dr. Strauß: Es ist eine Entziehung der Überprüfbarkeit der Zuständigkeit!) Ja. Das ist auch eine recht bedenkliche Bestimmung, von der man nicht weiß, wohin sie führen kann. Die Ziffer 9 ist dagegen recht erfreulich. Hier haben sich die Besatzungsmächte verpflichtet, nach 12 Monaten, spätestens aber nach 18 Monaten aufgrund der gemachten Erfahrungen das Besatzungsstatut noch einmal zu überprüfen und es gegebenenfalls abzuändern, und zwar ausschließlich in der Richtung der Erweiterung des Zuständigkeitsbereichs der Deutschen, also eine reformatio in peius soll ausgeschlossen sein. In hohem Maße zu bedauern ist, daß vom Schiedsgericht keine Rede mehr ist, daß nicht einmal von einer Vergleichskommission die Rede ist, was das mindeste war, was meines Erachtens hätte geschaffen werden müssen. Das ist der Inhalt des Besatzungsstatuts. sare,





[2. FUSIONSABKOMMEN] Wenn Sie gestatten, werde ich versuchen, Ihnen noch in wenigen Worten den Inhalt des Fusionsabkommens16) darzulegen. Hier wird gesagt, daß eine Hohe 1949 Vol. III, S. 181-183: „The Governments of the United Kingdom, France and the Unites States agree to enter into a trizonal fusion agreement prior to the entry into effect of the Occupation Statute. The representatives of the three occupying powers will make the necessary arrangements to establish tripartite control machinery for the Western zones of Germany, which will become effective at the time of the establishment of a provisional German government. The following provisions agreed by the Governments of the United Kingdom, France and the United States shall form the basis of those arrangements: 1. An Allied High Commission composed of one High Commissioner of each occupying power or his representative shall be the supreme Allied agency of control. 2. The nature and extent of controls exercised by the Allied High Commission shall be in harmony with the Occupation Statute and international agreements. 3. In order to permit the German Federal Republic to exercise increased responsibilities over domestic affairs and to reduce the burden of occupation costs, staff personnel shall be kept to a minimum. 4. In the exercise of the powers reserved to the Occupation Authorities to approve amendments to the Federal Constitution, the decisions of the Allied High Commission shall require unanimous agreement. 5. In cases in which the exercise of, or failure to exercise, the powers reserved under paragraph 2 (g) of the Occupation Statute would increase the need for assistance from United States Government appropriated funds, there shall be a system of weighted voting. Under such system the representatives of the Occupation Authorities will have a voting strength proportionate to the funds made available to Germany by their respective governments. This provision shall not, how-

16) Foreign Relations

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Alliierte Kommission, bestehend aus den Hohen Kommissaren der drei Besatzungsmächte und deren Vertretern, die höchste Kontrollbehörde darstellen soll. Diese höchste Kontrollbehörde soll ihre Kontrolle in Westdeutschland in Einklang mit dem Besatzungsstatut und den internationalen Übereinkommen ausüben. Drittens soll das Personal der Hohen Kommission auf ein Minimum beschränkt werden. Was das Minimum sein wird, werden wir sehen. Bei den materiellen Bestimmungen ergibt sich folgendes. Bei Verfassungsänderungen haben sich die Besatzungsmächte vorbehalten, daß diese Änderungen der Einstimmigkeit in der Hohen Kommission unterworfen werden sollen. Es müssen also sämtliche drei Besatzungsmächte zustimmen, wenn eine von deutscher Seite beschlossene Änderung des Grundgesetzes in Kraft treten soll. Grundsätzlich haben sämtliche drei Besatzungsmächte das gleiche Stimmrecht. Nur auf bestimmten Gebieten gibt es ein abgestuftes Stimmrecht, und zwar abever,

ged

predominant voice in JEIA and JFEA while these organization to them, continue in existence and are char-

reduce the present United States

organizations,

or

any

successor

with the performance of any of their present functions. No action taken hereunder shall be contrary to any inter-governmental agreement among the signatories or to the principles of non-discrimination. 6. On all other matters action shall be by majority vote. 7. (a) If a majority decision alters or modifies any intergovernmental agreement which relates to any of the subjects listed in paragraph 2 (a) and 2 (b) of the Occupation Statute, any dissenting High Commissioner may appeal to his Government. This appeal shall serve to suspend the decision pending agreement between the three governments, (b) If a High Commissioner considers that a majority decision conflicts with any inter-governmental agreement which relates to any of the subjects in paragraph 2 (a) and 2 (b) of the Occupation Statute or with the fundamental principles for the conduct of Germany's external relations or with matters essential to the security, prestige, and requirements of the occupying forces, he may appeal to his Government. Such an appeal shall serve to suspend action for 30 days, and thereafter unless two of the Governments indicate that the grounds do not justify further suspension, (c) If such appeal is from an action of the Allied High Commission either declining to disapprove or deciding to disapprove German legislation, such legislation shall be provisionally disapproved for the duration of the appeal period. 8. A High Commissioner who considers that a decision made by less than unanimous vote involving any other matter reserved by the Occupation Statute is not in conformity with basic tripartite polices regarding Germany or that a Land constitution, or an amendment thereto, violates the Basic Law, may appeal to his government. An appeal in this case shall serve to suspend action for a period not to exceed twenty-one days from the date of the decision unless all three governments agree otherwise. If such appeal is from an action of the Allied High Commission either declining to disapprove or deciding to disapprove German legislation, such legislation shall be provisionally disapproved for the duration of the appeal period. 9. All powers of the Allied High Commission shall be uniformly exercised in accordance with tripartite policies and directives. To this end in each Land the Allied High Commission shall be represented by a single Land Commissioner who shall be solely responsible to it for all tripartite affairs. In each Land the Land Commissioner shall be a national of the Allied Power in whose zone the Land is situated. Outside his own zone each High Commissioner will delegate an observer to each of the Land Commissioners for purposes of consultation and information. Nothing in this paragraph shall be construed to limit the functions of bodies established pursuant to inter-governmental agreement. 10. To the greatest extent possible, all directives and other instruments of control shall be addressed to the federal and/or Land authorities. 11. The Trizonal Fusion Agreement will continue in force until altered by agreement among the governments." 70

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gestuft nach den Mitteln, die die jeweilige Besatzungsmacht nach Deutschland im Sinne des Marshallplanes und im Sinne etwaiger britischer hereinsteckt Dieses qualifizierte, differenzierte Stimmrecht kommt dann zur AnLeistungen. wenn es sich um Fälle der Ziffer 2 Litera h handelt, also bei Entwendung, über innerdeutsche Maßnahmen, die die deutsche Hilfsbedürftigscheidungen keit erhöhen könnten, praktisch bei der Anwendung der ERP-Klausel, weiter dann wenn es sich um Entscheidungen handelt, die die JEIA betreffen. Auch —

hier kommt dieses differenzierte Stimmrecht, bei dem die Amerikaner den Löwenanteil haben, zum Zuge. In allen übrigen Fällen wird mit Stimmenmehrheit entschieden. Also Einstimmigkeit grundsätzlich nur bei Verfassungsänderungen, sonst überall Stimmenmehrheit, wobei in den ERP-Entscheidungen und den JEIA-Entscheidungen ein differenziertes Stimmrecht zur Anwendung kommt. Nun ist aber vorgesehen, daß auch dort, wo Mehrheitsentscheidungen in der Hohen Alliierten Kommission erfolgen können, der einzelne Hohe Kommissar, der überstimmt worden ist, Rekurs bei den Dingen einlegen kann, und zwar in drei Fällen, erstens dann, wenn eine solche Mehrheitsentscheidung in einer Sache ergeht, die zu den vorbehaltenen Sachgebieten gehört; zweitens wenn ein Mehrheitsbeschluß seiner Meinung nach in Gegensatz steht zu einem Abkommen der Regierungen, weiter zu den Grundprinzipien für die Führung von Deutschlands auswärtigen Angelegenheiten und schließlich die Sicherheit der

Besatzungsmächte beeinträchtigt.

Drittens kann ein Hoher Kommissar Rekurs an die Regierungen einlegen, wenn er der Auffassung ist, daß ein Mehrheitsbeschluß eine Angelegenheit der Vormit den Prinzipien der Dreialso kumulativ behaltsgebiete betrifft und nicht steht. in mächtepolitik Einklang Was sind nun die Rechtsfolgen eines solchen Rekurses? Beim Fall der Mehrheitsentscheidung in einer Sache, die zu den vorbehaltenen Sachgebieten gehört, bewirkt die Einlegung des Rekurses, daß die Entscheidung der Hohen Kommissare weggenommen wird und an die drei alliierten Regierungen übergeht. Einigen sich diese Regierungen, dann ist ihre Einigung an die Stelle eines Beschlusses der Kommission getreten. Einigen sie sich nicht, dann ist der Beschluß der Hohen Kommission gegenstandslos und es geschieht nichts. Diese Regelung hat zwei Seiten, eine willkommene und eine unwillkommene. Die Regelung gilt nämlich nicht nur für den Fall, daß es sich darum handelt, uns etwas zu genehmigen oder nicht zu genehmigen, sondern auch für den Fall, daß eine Mehrheit dafür besteht, gewisse eigene Maßnahmen durchzuführen. Wenn also ein Hoher Kommissar Einspruch einlegt, weil er der Meinung ist, die Alliierten sollten hier nicht selbst tätig sein, dann geht auch in diesem Fall die Sache an die Regierungen, und wenn hier nicht Einstimmigkeit der Regierungen zu erzielen ist, dann wird diese Maßnahme nicht unternommen. Es ist das also sowohl zu unserem Nachteil als auch unter Umständen zu unserem Vorteil tauglich. In dem zweiten Fall, wo es sich darum handelt, daß ein Mehrheitsbeschluß mit einem Abkommen der Regierungen oder mit den Grundprinzipien mit der Führung von Deutschlands auswärtigen Angelegenheiten in Widerspruch steht oder wo er die Sicherheit der Besatzungsstreitkräfte beeinträchtigen könnte, sind fol—



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Wenn ein Hoher Kommissar Einspruch einlegt, wird die Maßnahme für 30 Tage suspendiert, die Sache geht an die Regierung. Bleibt die Regierung, deren Kommissar Einspruch eingelegt hat, mit dem Einspruch, mit dieser Beanstandung allein und kommt binnen 30 Tagen die Einigung nicht zustande, dann bleibt es bei den beschlossenen Maßnahmen. Zweiter Fall: Dieser einen Regierung, deren Kommissar Einspruch einlegt, tritt eine zweite Besatzungsregierung mit einer eigenen Beanstandung der Maßnahme bei. Dann wird der Beschluß der Kommission weiter suspendiert, und zwar sine die. Das bedeutet, daß, wenn in diesem Fall keine Einigung stattfindet, der Beschluß der Hohen Kommission praktisch gegenstandslos geworden ist. Solange dieses Verfahren nicht zu Ende geführt ist, solange also die Suspendierung dauert, sollen schwebende deutsche Gesetze nicht genehmigt werden. Im Fall 3, wenn der Hohe Kommissar der Auffassung ist, daß ein Mehrheitsbeschluß die Vorbehaltsgebiete betrifft und mit den Prinzipien der Dreimächtepolitik nicht in Einklang steht, und wenn hier Rekurs eingelegt ist, sind die Rechtsfolgen diese: Es findet eine Suspendierung auf drei Wochen statt, das heißt, wenn innerhalb dieser drei Wochen eine Einigung der drei Regierungen nicht zustande kommt, dann bleibt es bei diesem Beschluß. Das ist im wesentlichen der Inhalt des Fusionsabkommens. Die sonstigen Bestimmungen haben jedenfalls für unsere jetzigen Beratungen keine große Bedeutung. Es ist klar, daß wir die Tragweite des Besatzungsstatuts einigermaßen vollständig nur ermessen können, wenn wir es mit dem Fusionsabkommen zusammenhalten und wenn wir diese beiden Instrumente trotz der Verschiedenheit ihrer rechtlichen Bedeutung als ein geschlossenes Ganzes betrachten. Damit wäre ich mit meiner Darlegung am Ende. Es wird Ihre Sache sein, meine Herren, zu beschließen, ob in eine Diskussion eingetreten werden soll. Ich für meinen Teil glaube, daß es in Anbetracht der vorgerückten Stunde besser wäre, wenn wir morgen über die Sache diskutieren. Dr. Eberhard: Zu dem Fusionsabkommen bitten wir, uns möglichst einen authentischen Text zu beschaffen. Das ist eine DENA-Meldung17). Vors. Dr. Schmid: Ich kann einen authentischen Text noch nicht besorgen. Ich habe lediglich die Mitteilung aus der Zeitung. Mir wurde von jemand gesagt, der aus Frankfurt kam und dort den Text gesehen hat, die Wiedergabe sei korrekt. Renner: In den Zeitungen ist es in verschiedener Form wiedergegeben. Wenn wir einen ungefähr authentischen Text bekommen könnten, wir können doch nur auf einer einheitlichen Grundlage diskutieren. Dann sollte man uns wenigstens den DENA-Bericht geben.

gende Rechtsfolgen vorgesehen.

17) 72

DENA-Meldung, entnommen aus der Frankfurter Neuen Presse vom 11. April 1949 als vervielf. Ausf. in: Z 5/141. Als Umdr. des Sekretariates Nr. S 35 in: Z 5/202.

Die

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[3. BILDUNG EINES UNTERAUSSCHUSSES ZUR ERARBEITUNG EINES

FRAGENKATALOGES] Vors. Dr. Schmid: Ich hatte mir vorgestellt, daß wir vielleicht zwei oder drei Herren aus diesem Kreise bitten, bis morgen sich zu überlegen, welche Dinge aufklärend in unserem Kreis, ihrer Meinung nach der Aufklärung bedürfen Umständen unter der Aufklärung durch Befragen der Militärgouverneure und was wir vielleicht noch zu dem Besatzungsstatut zu erinnern haben könnten. Wir haben natürlich keine Erinnerung zur Fusionsvereinbarung vorzubringen. Wir könnten höchstens darauf hinweisen, daß diese oder jene Bestimmung des Besatzungsstatuts in Anbetracht der Regelung des Fusionsabkommens ein besonderes Gewicht bekommt. Ich glaube, das wichtigste ist, daß die drei Her—



sind die Fragwürdigkeiten? wo muß gefragt werden? interpretieren? wo sind Dinge, bei denen wir von dem Recht, Vorstellungen zu erheben, Gebrauch machen sollten? Besteht Einverständnis? Dr. Schäfer: Wir haben seinerzeit im Hauptausschuß eine Entschließung angenommen10). Es wäre gut, diese Entschließung zugrunde zu legen und einen Vergleich anzustellen, ob und in welchem Umfang Forderungen dieser Entschließung, die von uns seinerzeit ausgesprochen worden sind, hier verwirklicht oder nicht verwirklicht werden. Vors. Dr. Schmid: Es ist dem zum mindesten in Generalklauseln zu einem erheblichen Teil Rechnung getragen, wenn auch nicht mit der Präzision, die wir erwartet hatten. Einige Dinge sind nicht da. Ich sprach vorher von den Besatzungskosten und vom Schiedsgericht, diese Dinge sind nicht drin. Renner: Es ist in der Presse davon gesprochen worden, daß eine Einladung der Militärgouverneure an den Herrn Präsidenten des Parlamentarischen Rates ergangen ist, daß am Donnerstag eine Delegation empfangen werden soll19). Darf ich fragen, ob in dieser Einladung bezüglich der Zusammensetzung dieser Kommission Andeutungen oder Vorbehalte gemacht worden sind. Vors. Dr. Schmid: Ich habe das Einladungsschreiben nicht gelesen20). Es ist mir vorgelesen worden. Ich kann deswegen nur aus dem Gedächtnis zitieren. Es heißt in dem Schreiben, wenn ich mich recht erinnere, daß der Parlamentariohsche Rat zusammen mit den Herren Ministerpräsidenten eine Delegation ne weitere Bestimmung der Zusammensetzung, ich kann mich jedenfalls nicht erinnern nach Frankfurt zu dem Zweck schicken soll, den ich vorher angegeben habe. Darf ich einen Vorschlag für die Zusammensetzung des Unterausschusses machen. Es werden vorgeschlagen die Abgeordneten Dr. Strauß, Dr. Eberhard, Dr. Seebohm. ren

wo

sich

ist

überlegen:

wo

zu







10) Abdr. als Dok. Nr. 4. 19) Vgl. Dok. Nr. 9. 20) Gemeint ist die Mitteilung, die bei der Nr. 5 A, Anm. 1). Dort

gesprochen

worden.

war

die

Übergabe

Einladung

an

der Dokumente verlesen wurde (Dok. Repräsentanten des Hauptausschusses aus73

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möglich, für morgen vormittag etwas vorzulegen? Da muß das Plenum Katalog dieser Fragen genehmigen, zum mindesten der Hauptausschuß. Wir müssen also Mittwoch eine Sitzung des Hauptausschusses abhalten21). (Dr. v. Brentano: Es sei denn, daß wir uns völlig über die Fragen verständi-

Wäre

es

den

gen!)

Sollte man nicht vielleicht doch den Hauptausschuß nehmen? Es ist doch eine recht wichtige Sache. Dr. Pfeiffer: Ich glaube, der Hauptausschuß sollte Beschluß fassen über einen von diesem Ausschuß vorzulegenden Katalog von Fragen oder über den Verfahrensmodus. Vors. Dr. Schmid: Das setzt voraus, daß man im Hauptausschuß das Dokument diskutiert. Ich halte das auch für richtig. Man kann das doch nicht einfach in einem Fachausschuß behandeln. Das muß ein volles, ein politisches Gremium des Parlamentarischen Rates sein. Der Ausschuß wählt den Abg. Dr. Schäfer gleichfalls zum Mitglied des Unterausschusses. —

21) Zum Fortgang siehe Dok. Nr. 74

7.

Fünfte

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Nr. 7

Fünfte

Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut zusammen mit dem Präsidium des Parlamentarischen Rats und den Fraktionsführern

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Z 5/22, Bl. 89-113. Undat. und ungez. Kurzprot.: Z 12/70, Bl. 17-25

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Stenograf. Wortprot.

Anwesend1) : CDU/CSU: Strauß, Kroll, de Chapeaurouge, von Brentano, Kaufmann SPD: Schmid, Diederichs, Wagner, Eberhard, Zinn FDP: Schäfer KPD: Renner

Nichtstimmberechtigte

Teilnehmer:

Adenauer, Schröter, Lehr, Kaiser (CDU); Maier, Ehlers, Grève, Schönfelder (SPD); bohm (DP); Reimann (KPD)

Stenografischer Beginn:

10.00

Dienst:

Uhr2)

See-

Hergesell Ende: 11.00 Uhr

[ANALYSE DES BESATZUNGSSTATUTS UND BERATUNG ÜBER DIE DEN MILITÄRGOUVERNEUREN AM 14. APRIL 1949 ZU STELLENDEN FRAGEN] Der Präsident des Parlamentarischen Rates, Dr. Adenauer, eröffnet die um

10 Uhr.

Sitzung

Präsident Dr. Adenauer: Wir sind hier in keiner öffentlichen Ausschuß-Sitzung. Es war seinerzeit mit den Ministerpräsidenten verabredet worden, daß nach Überreichung des Besatzungsstatuts an uns zunächst eine gemeinsame Beratung unseres Ausschusses für das Besatzungsstatut und des gleichen Ausschusses der Ministerpräsidenten stattfinden sollte3). Als die Vertreter der Stäbe am Sonntag hier das Besatzungsstatut überreichten, erklärten sie, daß das Besatzungsstatut um 12 Uhr auch den Ministerpräsidenten überreicht werden würde4). Wir haben mit ihnen vereinbart, daß das Besatzungsstatut erst nach 48 Stunden, also heute um 12 Uhr, veröffentlicht werden sollte. Es stand aber Montag früh

1) Anwesenheitsliste nach dem Kurzprot., das von Matz für diese Sitzung und die Besprechung mit den Ministerpräsidenten (Dok. Nr. 8) gemeinsam erstellt wurde. Nach einer

anderen Fassung des Kurzprot., in der lediglich die Anwesenheitsliste anders gegliedert war auch Frau Wessel (Zentrum) anwesend (Z 22/127, Bl. 30 ff.). 2) Nach dem Kurzprot. war der Beginn der Sitzung um 9.30 Uhr. 3) Adenauer hatte unter dem 7. Febr. 1949 vorgeschlagen, daß seitens der Ministerpräsidenten eine Kommission zur gemeinsamen Beratung entsandt werden möge. Die Ministerpräsidenten hatten jedoch beschlossen, angesichts der entscheidenden Bedeutung, die diese Frage für alle Länder habe, in toto bei der Überprüfung mitzuwirken (Stock an Adenauer vom 14. Febr. 1948, Z 12/70, Bl. 158). 4) Siehe Dok. Nr. 5, Anm. 1.

wurde,

75

Fünfte

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schon in einer Reihe von deutschen Zeitungen5). Wir hatten uns an die Vereinmit den Ministerpräsidenten gehalten, die auch den Zweck hatte, daß unsere Äußerung zu dem Besatzungsstatut gegenüber der deutschen Öffentlichkeit, wenn eben möglich, mit der Ansicht der Ministerpräsidenten konform gehen sollte. Die Ministerpräsidenten sind im großen und ganzen vollständig in dem Zimmer von dem Herrn Kollegen Schönfelder versammelt6). Sie hatten zunächst wenig Neigung, überhaupt etwas zu tun. Ich komme gerade von den Herren. Ich habe sie an die Vereinbarung erinnert und habe ihnen gleichzeitig das war natürlich ein mehr persönliches Gespräch —, daß es für uns, gesagt die wir am Donnerstag mit den Generalen über das Besatzungsstatut sprechen würden7), wichtig sei, ihre Ansicht zu einzelnen Vorschriften des Besatzungsstatuts zu hören. Die Ministerpräsidenten beraten jetzt über zwei Dinge, erstens über eine Verlautbarung möglichst konform von ihnen und von uns geund der Öffentlichkeit zweitens darüber, ob und inwieweit sie sich mit genüber uns über Einzelheiten des Besatzungsstatuts in dem Sinne unterhalten sollten, daß darüber Fragen an die Gouverneure zu stellen seien. Soweit ich sie habe sprechen können, waren die Herren der Auffassung wie wir, daß die Verlautbarung gegenüber der Öffentlichkeit möglichst kurz sein sollte8). Über den zweiten Teil unserer Besprechung weiß ich noch nichts. Sie sind aber der generellen Auffassung, daß man sich bei Unterredungen mit den Gouverneuren nicht in Einzelheiten ergehen sollte, um nicht dadurch eine Festlegung der Gouverneure in einem uns negativen Sinne zu erreichen, sondern daß man sich auch das entspricht wohl unserer Meinung auf Feststellungen von Unklarheiten und die Ausfüllung von Lücken, zum Beispiel die Frage betreffend die deutsche Übersetzung, beschränken sollte. Wir haben eine nicht amtliche deutsche Übersetzung9), die, soweit ich mit Herren aus unserem Kreis gestern und

barung











an das Foreign Office berichtete, war die Indiskretion weil die Amerikaner in Berlin und Washington einigen Journalisten das Besatzungsstatut als Hintergrundinformation gezeigt hatten (CCG, British Element, an das FO vom 10. April 1949, PRO, FO 1049/1675). Selbst in der amerikanischen Armeezeitung Stars and Stripes war es versehentlich bereits in der Ausgabe vom 11. April 1949 (Seite 4) veröffentlicht worden (Z 45 F/AG 1949/9/3 Stars and Stripes an den Commanding General vom 11. April 1949). Abdr. des Prot, der Beratungen der Ministerpräsidenten in: Akten zur Vorgeschichte Bd. 5, S. 352-354. Vgl. Dok. Nr. 9. Sie wird im Rahmen des Dok. 8 verlesen. Abdr. auch in: Akten zur Vorgeschichte Bd. 5, S. 354. Am 12. April 1949 telegrafierte Forster (Deutsches Büro für Friedensfragen) an StS Eberhard, der inzwischen beschaffte englische Wortlaut des Besatzungsstatuts zeige, daß die deutsche Übersetzung in entscheidenden Punkten völlig mißverständlich sei (Z 35/154, Bl. 300). Das Büro verfertigte daraufhin eine neue Übersetzung (ebenda Bl. 296-299). Auch in den Frankfurter Dienststellen bemühte man sich um eine korrekte Übersetzung. Man fertigte eine Zusammenstellung aller Korrekturen an, die sich bei einem ersten Vergleich des englisch-französischen Originaltextes mit der in der Presse veröffentlichten deutschen Version ergaben (Z 12/127, Bl. 10—12), und das Rechtsamt erarbeitete neben einer Analyse (ebenda Bl. 42—68) eine eigene Übersetzung (ebenda Bl. 19—24), die an die

5) Wie die britische Militärregierung

erfolgt,

6) 7) 8)

9)

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vorgestern habe sprechen können, doch einige Fehler, einige sehr wesentliche Schiefheiten enthält. Dann sind offenbar Lücken vorhanden, nach denen wir müssen. Zum Beispiel ist das Schiedsgericht verschwunden. Auch sind Lücken vorhanden, zum Beispiel hinsichtlich des Abstimmungsmodus in der Hohen Kommission. Diese sind jetzt zum Teil wohl ausgefüllt durch eine uns nicht gewordene [!] Mitteilung über den Abstimmungsmodus10). Wir müßten zum Beispiel auch fragen, ob die Mitteilung, die, ich weiß nicht wem, gegeben worden ist, tatsächlich der Absprache entspricht. Abg. Dr. Strauß: Sie sollte Mitte (Zuruf: Es ist eine Dena-Meldung11) der Woche den Deutschen auch übergeben werden.) Da werden sie sagen: Das ist eine interne Angelegenheit von uns, warum sollen wir die auch übergeben? Es genügt, wenn sie sagen: Diese Meldung ist richtig. Dann wissen wir, was darin steht. In dem folgenden bitte ich die Herren, die mit mir zusammen waren, mein Gedächtnis zu korrigieren. Anwesend waren Herr Schönfelder und Herr Schmid. Die Herren haben auf meine Frage ausdrücklich gesagt, daß das der Entwurf des Besatzungsstatuts sei, also nicht das definitiv erlassene Besatzungsstatut. Zweitens haben die Herren gesagt, daß die Gouverneure den Mitgliedern des Hauptausschusses zur Verfügung stünden, um Auskunft zu geben oder Wünsche entgegenzunehmen über den Entwurf des Besatzungsstatuts und über damit in Zusammenhang stehende Fragen des Grundgesetzes. Ich glaube, so ähnlich war es. (Schönfelder: Das war nicht so ganz deutlich.) Aber das Wort Grundgesetz ist gefallen.

auch

fragen

sonst

-



des Wirtschaftsrates vom Präsidenten Köhler mit folgenden Erläuterungen versandt wurde (NL Holzapfel/108): „Es hat sich herausgestellt, daß die in der Presse abgedruckte deutsche Übersetzung in verschiedenen wichtigen Punkten wesentliche Entstellungen enthält. Von besonderer Bedeutung ist der in Artikel IV enthaltene Fehler jener Übersetzung, wonach die deutsche Regierung auch auf den ihr ohne Vorbehalt eingeräumten Gebieten Anweisungen der Besatzungsmächte entgegenzunehmen hätte, während in Wirklichkeit der Artikel IV die deutsche Regierung ermächtigen soll, auch auf dem Gebiet der Vorbehaltsmaterien tätig zu werden, und sich nur hier den Anweisungen der Besatzungsmächte unterwerfen soll. Von Bedeutung ist weiterhin die Auslassung einer Zeile im Artikel VII, in der eine Kodifikation des Besatzungsrechts in Aussicht gestellt ist, welches weiterhin Gültigkeit behalten soll." Als Ende Mai noch immer keine amtliche Übersetzung seitens der Alliierten vorlag, wollte Strauß hierüber mit Pabsch von der Militärregierung sprechen (Vermerk vom 23. Mai 1949 ebenda, Bl. 71). Eine von den Alliierten akzeptierte offizielle deutsche Fassung des Besatzungsstatuts erschien dann nicht mehr. Gültig wurde die englische und französische Fassung (siehe Dok. Nr. 5 A, Anm. 2). 10) Gemeint war der Inhalt des „Agreement as to Tripartite Controls" (Dok. Nr. 5, Anm. 1). Es war dem Pari. Rat bei der Übergabe des Besatzungsstatuts am 10. April 1949 nicht mit überlassen worden (Forster an Graf Posadowsky vom 21. April 1949, Z 35/179); Abdr. in Dok. Nr. 6, Anm. 6. ") Die DENA-Meldung nach der Frankfurter Neuen Presse vom 11. April 1949 (Z 5/141) bezog sich auf das Kontrollabkommen (siehe Anm. 10). Sie wurde vom Sekretariat als Umdruck Nr. S 35 vervielfältigt (Z 5/202).

Mitglieder

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April

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Dr. Schmid: Ich habe in Erinnerung, daß gesagt worden ist, sie möchten hören, inwieweit der Inhalt des Besatzungsstatuts uns Veranlassung gäbe, den Inhalt

des Grundgesetzes zu ändern. Präsident Dr. Adenauer: Nein, das haben sie nicht gesagt12). (Dr. Schmid: So habe ich es verstanden.) Schönfelder: Ich habe noch einmal nachgefragt. Diese Frage hat er nicht korrekt beantwortet. Es klang erst so durch, als ob sie bereit wären, im Zusammenhang mit dem Grundgesetz darüber Aufklärung zu geben. Dann habe ich gefragt, oh man über das Grundgesetz Fragen stellen könnte. Die Antwort hat er richtig umgangen. Ganz feststehend ist das nicht. Präsident Dr. Adenauer: Jedenfalls steht fest, daß sie gesagt haben, sie seien für Mitglieder des Hauptausschusses bereit. Nun weiß ich nicht, ob die Mitglieder des Hauptausschusses und die Mitglieder unseres Ausschusses für das Besatzungsstatut so identisch sind. Wir können ja immer die Mitglieder auswechseln. Oder man müßte zwei Abteilungen machen. (Dr. Strauß: Im großen und ganzen sind sie identisch.) Das kann also gemacht werden, diese Frage ist hinfällig. Ich darf dann wie folgt zusammenfassen. Es ist uns ein Entwurf des Besatzungsstatuts übergeben worden, und die Gouverneure stehen bereit, um uns Auskünfte zu geben und mit uns darüber zu sprechen. Das Herbitten der Ministerpräsidenten entspricht einer zwischen uns und den Ministerpräsidenten vor längerer Zeit getroffenen Abmachung13). Sie hatte den Zweck, daß die Reaktion auf das Besatzungsstatut in der deutschen Öffentlichkeit unsere gemeinsame Aufgabe sein solle. Nachdem die Gouverneure erklärt haben, sie ständen uns zur Verfügung, ist es für uns wohl wichtig, bei der Aufstellung der Fragen, die wir stellen wollen, auch die Meinung der Ministerpräsidenten zu hören. Diese beschäftigen sich auch mit diesen Dingen; sie haben ihre Sachbearbeiter. Wir müssen jedenfalls vermeiden, daß später von seifen der Ministerpräsidenten gesagt werden kann: Ihr habt dies oder jenes falsch gemacht usw. Inwieweit die Herren auf das letztere eingehen werden, ist noch etwas zweifelhaft. Die Meinung war geteilt. Die Herren sagen, sie seien zwar zu der üblichen Besprechung mit den Ministerpräsidenten, dem Wirtschaftsrat usw. am Mittwoch in Frankfurt, aber der Punkt Besatzungsstatut stehe nicht auf der Tagesordnung. Ich könnte mir denken, daß die Frage von den Gouverneuren in der Besprechung mit den Ministerpräsidenten angeknüpft wird, auch wenn sie nicht auf der Tagesordnung steht14). Deshalb halte ich es für wichtig, daß man heute die Meinung mit den Herren austauscht, damit nicht die Ministerpräsidenten vielleicht am Mittwoch oder Donnerstagvormittag so sagen und wir am Donnerstagnachmittag so sagen. Vielleicht können die Herren, die Zeuge der Unterredung mit den Verbindungsstäben waren, das irgendwie ergänzen. —

12) Vgl. Dok. Nr. 5, Anm. 1. 13) Siehe Anm. 3. 14) Abdruck der Besprechung

vom

78

April 1949 in: Akten zur Vorgeschichte Bd. 5, Fragen des Besatzungsstatuts dort nicht besprochen.

13.

S. 368—377. Nach dem Prot, werden

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Kaiser: Ich würde bitten, daß die Herren Schönfelder und Schmid genau wie ich noch einmal in ihrem Gedächtnis nachprüfen, ob wirklich das Wort „nur Entwurf" gefallen ist. In dem Teil der Besprechung, bei welchem Herr Schmid und ich zugegen waren, war das anders, etwas in schwebender Sprache vari-

iert15). Präsident Dr. Adenauer: Ich habe nach meiner Erinnerung ausdrücklich die Frage gestellt: Ist es der Entwurf des Besatzungsstatuts, oder ist es das Definitive? Dr. Schmid: Es ist insoweit das Definitivum, als es ein paraphierter Entwurf ist. Es ist insoweit kein endgültiges Dokument, als es noch nicht ausgefertigt, ratifiziert und verkündet ist. Politisch gesehen ist es endgültig. Juristisch gesehen ist es noch ein Entwurf, der aber unter den drei Mächten durch Paraphiene varietur feststeht. rung Präsident Dr. Adenauer: Nun halte ich es aber nicht für ausgeschlossen, daß bei der Veröffentlichung auf Grund unserer Besprechung mit den Herren gewisse Erklärungen gegeben werden. Diese Erklärungen wären auch wertvoll. Zweitens haben wir noch keine amtliche deutsche Übersetzung. Es wäre wünschenswert, uns auch darüber zu unterhalten. Der Herr Kollege Schmid hat es übernommen, den französischen Text zu vergleichen. Wir müßten von den Gouverneuren die Zusage erhalten, daß wir eine amtliche deutsche Übersetzung bekommen, die nach unserer Auffassung dem englischen und französischen Text entspricht18). Renner: Etwas anderes ist viel wichtiger als der meines Erachtens müßige Streit darüber, ob es sich um einen Entwurf oder um ein fait accompli handelt. Ich bin auch der Meinung, man kann es nur einen Entwurf nennen, solange es bloß die Arbeit der Außenminister ist. Es ist aber eine Selbstverständlichkeit, daß dieser Außenminister-Entwurf von den zuständigen Regierungen ratifiziert werden wird. Viel wichtiger als der Streit um diese rein formelle Frage scheint mir zu sein, was man von deutscher Seite aus der Andeutung machen kann, die Ihnen nach Ihrer Darstellung gemacht worden ist, daß die Gouverneure bereit seien, Wünsche entgegenzunehmen. Soll das heißen, daß wir zu diesem Besatzungsstatut kritisch Stellung nehmen dürfen? Oder soll es heißen, daß wir nur um Aufklärung von Unklarheiten oder um die Ausfüllung von Lücken bemüht sein sollen? Dürfen wir Wünsche vortragen das ist meines Erachtens eine vollkommen andere Situation, als wenn wir nur nach der anderen Seite hergehen würden —, das heißt, eine Stellung dort bekunden? Diese Stellung kann negativ sein oder könnte negativ sein. Es scheint mir wünschenswert, darüber Klarheit zu schaffen, ehe die Herren Ministerpräsidenten kommen. Präsident Dr. Adenauer: Selbstverständlich können Sie Wünsche ausdrücken. Warum denn nicht? Renner: Dürften wir als deutsche Männer sagen: Wir lehnen das Besatzungsstatut ab. —





waren bei der Übergabe des Besatzungsstatuts Schönfelder hinzugekommen (vgl. Dok. Nr. 5, Anm. 1). 18) Siehe Anm. 9.

15) Kaiser und Schmid

an

Adenauer und

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Wir haben es ja nicht Präsident Dr. Adenauer: Sicher! Warum denn nicht? anzunehmen. Sie können sagen, es ist untragbar. Renner: „Wir haben es nicht anzunehmen", die Antwort wollte ich haben. Präsident Dr. Adenauer: Erlauben Sie einmal, Herr Renner, das Besatzungsstatut ist ja eine einseitige Verfügung der Militärgouverneure, die so oder so erlassen wird, gleichgültig ob wir zustimmen oder nicht. (Dr. Schmid: Wir haben weder zuzustimmen noch nicht zuzustimmen.) Es ist doch schon vor Monaten zugesagt worden, daß wir das Besatzungstatut vor Erlaß zur Äußerung bekommen würden17). In Verfolgung dieser Zusage ist jetzt diese Aktion erfolgt. Renner: Zur Äußerung, hieß es nie. Es hieß: zur Kenntnisnahme. Präsident Dr. Adenauer: Zur Stellungnahme, zur Äußerung oder so etwas ist damals gesagt worden. Ich darf dann fragen, ob gestern in dem Ausschuß über die Fragen, die einer —

eine gewisse Einigung erfolgt ist. kleine Der Unterausschuß, der sich gestern abend im Anschluß an Strauß: die Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut zusammenfand, hat den Text, und zwar im wesentlichen unter Zugrundelegung des englischen Textes, noch einmal genau durchgesehen, um festzustellen, welche Fragen näherer Aufklärung bedürftig erscheinen. Ich muß bemerken, daß diese Arbeit nur eine oberflächliche sein konnte und daß man, wenn man in die Tiefe dieses Dokuments steigen will, eine ganz andere Ruhe und eine ganz andere Zeit aufwenden müßte, als wir es gestern getan haben. Ich darf einmal ganz kurz von der rechtlichen Einordnung dieses Dokuments überhaupt ausgehen. In dem Eingangssatz dieses Entwurfs wird Bezug genommen auf die höchste Gewalt, die immer noch in den Händen der Besatzungsmächte ist. Damit wird zutreffend die Grundlage genannt, die überhaupt die rechtliche Rechtfertigung der Ausübung von Besatzungsgewalt ist, nämlich die Berliner Deklaration vom 5. Juni 1945, die besagte, daß die höchste Gewalt in Deutschland auf die Militärbefehlshaber übergeht18). Völkerrechtlich befinden wir uns ja in dem Zustand, daß Gesamtdeutschland zwar seine Handlungsfähigkeit eingebüßt hat, nicht aber seine Rechtsfähigkeit. Die völkerrechtliche Bedeutung des Besatzungsstatuts beruht darauf, daß diese Handlungsfähigkeit vor allem nach innen in einem gewissen Maße einem deutschen Staat wieder eingeräumt wird. In diesem Zusammenhang darf vielleicht gleich die Revisionsklausel erwähnt werden, die ihrerseits das Übergangsstadium dieses Besatzungsstatuts zum Ausdruck bringt; also Hinweis auf die schrittweise Wiedereinräumung der deutschen Handlungsfähigkeit bis zur vollen Handlungsfähigkeit. Anschließend hieran haben wir überlegt, inwieweit eine Abgrenzung der Besatzungsbefugnisse klarer herausgestellt werden könnte, als es in diesem Text der Fall ist, der an zwei Stellen, nämlich bei der Ziffer 2 und bei der Ziffer 5 am

Aufklärung bedürfen, Dr.

17) Siehe Dok. Nr. 6, Anm. 9. 18) Berliner Deklaration (Erklärung)

80

1945, Ahdr. in: Amtsblatt des

Kontrollrates,

Ergänzungsblatt Nr. 1, S. 11. Hiermit wurde die oberste Regierungsgewalt Besatzungsmächte in Deutschland übernommen.

durch die vier

vom

5.

Juni

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Ende, auf die grundlegenden Besatzungsziele hinweist. Wir waren aber der Ansicht, daß es sich nicht empfiehlt, hier eine Fragestellung an die Militärgouverneure vorzuschlagen, weil die Besatzungsziele in ihrer Abgrenzung eine gewisse Vorgeschichte haben und weil bei irgendeiner Fixierung jetzt eine Beengung für

die Zukunft eintreten könnte. Die Ziffer 2 enthält die Gebiete, auf denen sich die Besatzungsmächte die Ausübung von Befugnissen vorbehalten haben. Hier scheint eine wesentliche Verbesserung gegenüber früheren Plänen zu bestehen, weil durch eine spätere Vorschrift klargestellt wird, daß die deutschen Behörden auf diesen vorbehaltenen Gebieten sowohl gesetzgebend als auch verwaltend tätig sein können. Es heißt nämlich in Ziffer 5: „to legislate and act". Das erstreckt sich also sowohl auf den Erlaß von Gesetzen als auch auf die Vornahme von Verwaltungsmaßnahmen. Da immerhin die Ziffer 2 insofern der Kernpunkt des Besatzungsstatuts ist, als in ihm eindeutig die Beschränkung der Handlungsfähigkeit des deutschen Staates zum Ausdruck kommt, wollten wir anregen, bei einer Besprechung mit den Militärgouverneuren die Frage zu stellen, ob man, bevor man Maßnahmen auf Grund der vorbehaltenen Befugnisse die ja sowohl zu einer Gesetzgebung als auch zu administrativen Maßnahmen der Militärregierungen oder künftig der Hohen Kommissare führen können beabsichtigt, vorher deutsche Stellen anzuhören. Es ist natürlich ein ganz anderer Hemmschuh, wenn man die Dinge nicht ohne Kenntnis deutscher Stellen erläßt. Außerdem haben wir in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, daß eine Mitwirkung deutscher Sachbearbeiter bei der Vorbereitung derartiger Dinge viel späteres Mißverständnis und viel falsche Formulierungen verhindern kann. Man ist auch während des Rheinlandabkommens19) meiner Erinnerung nach bemüht gewesen, nicht einseitig zu handeln, sondern diese Dinge mit den Deutschen vorzubereiten. Gewiß kann man sich auf den Standpunkt stellen, man möge es den Besatzungsmächten überlassen, was sie tun wollen. Es fragt sich aber, ob das der richtige Standpunkt ist. Jedenfalls halten wir es für zweckmäßig, zu überlegen, ob wir nach der Richtung hin eine Frage stellen wollen. Soviel Allgemeines zu der Ziffer 2. Die einzelnen Buchstaben von Ziffer 2 überschneiden sich in gewisser Weise. So sind Fragen der auswärtigen und internationalen Beziehungen in verschiedenen Untergruppen enthalten. Wir werden nicht umhin können, nach dieser Richtung hin einige aufklärende Fragen zu stellen. Es ergibt sich einmal aus Ziffer 2 c, daß die Führung der auswärtigen Angelegenheiten zum Vorbehaltsgut der Besatzungsmächte gehört. Andererseits ergibt sich sowohl aus der von mir erwähnten Ziffer 4, wonach auch auf dem vorbehaltenen Gebiet eine deutsche Tätigkeit sich entfalten kann, als auch aus Ziffer 5, welche das Einspruchsverfahren behandelt und ausdrücklich auf Verträge zwischen dem Bundesstaat und auswärtigen Regierungen Bezug nimmt, daß die künftigen gesamtdeutschen Be-

-

Nr. 509 wurde eine Übersicht von Verwaltungsrechtsrat Hanns Röttgen über Besatzungsrecht 1920/1930 veröffentlicht (Z 12/71, Bl. 43-62). Ferner Emst Fraenkel: Military Occupation and the Rule of Law. Occupation Government in the Rhineland 1918-1923. Oxford University Press 1944.

19) Als Drucks. das

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Tätigkeit auf dem Gebiet der internationalen Beziehunsollen. In Frage kommen vor allem Dinge, die ofwerden gen ausgeschlossen fenbar in einem früheren Stadium des Statuts zur Erwägung standen, inwieweit nämlich die Deutschen berechtigt sein sollen, auf bestimmten Gebieten technischer Art Verträge mit auswärtigen Staaten abzuschließen, inwieweit die Deutschen berechtigt sind, sich auf internationalen Konferenzen selbst zu vertreten und nicht, wie es bisher der Fall war, durch die Militärgouverneure vertreten zu werden, inwieweit es ferner gestattet wird, daß wir Konsularvertretungen wirtschaftlicher Art im Ausland unterhalten. Somit gehört in diesem Zusammenhang eine Frage, die von außerordentlicher Bedeutung ist: Wie steht es mit der gegenwärtigen Rechtswirksamkeit aller derjenigen internationalen Verträge nicht politischer Art, also der sogenannten technischen Verträge, die vom früheren Deutschen Reich abgeschlossen worden sind? Ich erinnere an die Vielzahl gesundheitspolizeilicher Verträge, sozialpolitischer Verträge, aber auch und insbesondere der Verträge auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts. Damit im Zusammenhang steht eine Frage, die für unser gesamtes Wirtschaftsleben von erster Bedeutung ist, die Frage der Wiederherstellung des Auslandsschutzes für deutsche Patente, Warenzeichen sowie Geschmacks- und Gebrauchsmuster. Ich entsinne mich, vor Weihnachten in dem Artikel eines amerikanischen Korrespondenten in der „Neuen Zeitung" gelesen zu haben, daß bereits Einigkeit zwischen den Alliierten geherrscht habe, diesen Auslandsschutz wiederherzustellen20). Ich würde großen Wert darauf legen, daß in einer entsprechenden Form auf diesem Gebiet eine Frage an die Herren Militärgouverneure gerichtet wird. Eine völlige Veränderung in der Formulierung gegenüber früheren Absichten hat offenbar die Frage der Besatzungskosten und der Besatzungsleistungen erfahren, die lediglich in Ziffer e aufgeführt sind, und zwar mit einer Wortfassung, welche die Unklarheit noch vermehrt. Es fehlt die Behandlung aller derjenigen Fragen, die gerade in den deutschen Thesen in knapper, aber sehr eindeutiger Form herausgestellt wurden21). In Parenthese darf ich bemerken, daß einige Formulierungen der deutschen Thesen, die der Hauptausschuß angenommen hat, fast wörtlich in dem Entwurf des Besatzungsstatuts wiederkehren. Vor allem unsere These: Vermutung der Zuständigkeit ist fast wörtlich in der Ziffer 1 enthalten, was vielleicht für die Auslegung der Ziffer 1 nicht ohne Bedeutung ist. Ich glaube, daß wir hier doch eine etwas genauere Fragestellung an die Alliierten richten müssen. Denn die Frage der Besatzungskosten, die Art ihrer Berechnung, die Art und Weise ihrer Aufbringung sind Dinge, die für die Wirtschaft und den Staatshaushalt so ausschlaggebend sind, daß wir uns nicht damit begnügen können, diese wenigen Worte hier entgegenzunehmen. Wahrhörden nicht

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einer

ein vom Wirtschaftsrat am 17. Dez. 1948 verabschiedetes Patentgesetz hatten die Franzosen Veto eingelegt, so daß Verhandlungen auf Regierungsebene erforderlich wurden (vgl. Akten zur Vorgeschichte Bd. 5, S. 24-25). Weitere Komplikationen bewirkten, daß das Deutsche Patentamt in München erst am 1. Okt. 1949 seine Tätigkeit aufnehmen konnte. Abdr. der Thesen als Dok. Nr. 4 B.

20) Gegen

21)

von

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scheinlich ist beabsichtigt anders kann ich mir das nicht vorstellen -, daß, das Besatzungsstatut einmal anerkannt ist, über andere Fragen noch irgendwelche Sonderverordnungen oder Durchführungsverordnungen erlassen werden. Es ist also denkbar und wahrscheinlich, daß über die Frage der Besatzungskosten, Besatzungsleistungen und alles, was damit zusammenhängt, noch besondere Vorschriften ergehen. Deswegen halte ich es für so wichtig, daß bei der Vorbereitung derartiger Vorschriften Deutsche nicht unmaßgeblich beteiligt werden. Das gilt übrigens auch für die rechtsprechende Gewalt, für die judicial power. Es fehlt in diesem Text jeder Hinweis darauf, inwieweit etwa auf dem Gebiet der rechtsprechenden Gewalt die Alliierten irgendwelche Vorbehalte getroffen haben. Durch die Ziffer 1 mit ihrer vollen Einräumung der rechtsprechenden Gewalt an die deutsche Seite hat es fast den Anschein, als ob damit jede alliierte Einwirkung aufhört. Ich glaube, das wäre eine Täuschung. Man wird auch auf diesem Gebiet mit irgendwelchen, vielleicht zusammenfassenden Verordnungen zu rechnen haben, welche die Abgrenzung der Gerichtsbarkeit hinsichtlich der Angehörigen der Besatzungsmächte und Vergehen gegen die Besatzungsmächte noch im einzelnen regeln. (Präsident Dr. Adenauer: Immunität!) Ja, darunter; und: Sicherheit. Aber gerade daraus ergibt sich, wie wichtig es ist, die Frage der deutschen Mitwirkung bei künftigen Vorschriften zu behandeln. Ähnlich wichtig wie die Frage der Besatzungskosten ist die Auslegung des Buchstaben g: control über Außenhandel und Zahlungsverkehr mit dem Ausland. Das Wort „control" ist mehrdeutig. Ich glaube, daß man, wenn man die Ziffer g und die Besatzungskosten behandelt, den Versuch machen muß, die spätere praktische Handhabung dieser beiden Befugnisse mit demjenigen Leitsatz des Anschreibens der Außenminister in Verbindung zu bringen22), der diesem Besatzungsstatuttext beigegeben ist und der als Auslegungsgrundsatz, glaube ich, von uns in Anspruch genommen werden darf, daß es nämlich eines der Hauptziele der drei verbündeten Regierungen ist, die engste Eingliederung des deutschen Volkes innerhalb des Rahmenwerkes einer europäischen Vereinigung zu ermuntern und zu erleichtern, und zwar auf einer für alle Teile vorteilhaften Basis. Beruft man sich bei der Kontrolle des Außenhandels auf diesen Leitsatz, so wäre es durchaus denkbar, daß hier eine in der Praxis vernünftige Einschränkung gefunden werden könnte. In Zusammenhang mit der Frage der Besatzungskosten wird zweckmäßigerweise die Frage der mandatorischen Aufträge gestellt werden können23). Es handelt sich hier jährlich um Hunderte von Millionen D-Mark, die von allen drei Besatzungsmächten der deutschen Wirtschaft in Auftrag gegeben werden, wo wir gegenwärtig kein geregeltes Verfahren derart haben, daß die deutschen Stellen -

wenn

-

22) Abdr. als Dok. Nr. 5. 23) Mandatorische Aufträge sind Dienstleistungen und Lieferungen an die Besatzungsbehörden, die von diesen mit Zwangscharakter angefordert werden. Vgl. die in der folgenden Anm. zitierte Denkschrift. 83

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eingeschaltet sind, wo es nicht möglich ist, diesen geballten Bedarf etwa im eines vernünftigen Submissionsverfahrens zu vergeben und dabei eine in bestimmter Hinsicht auch wirtschaftslenkende und konjunkturlenkende Tätigkeit Wege

auszuüben. Ich werde Ihnen nachher eine kurze Denkschrift zu dieser Frage übergeben24). Ich glaube, daß wir den deutschen Vorschlag machen sollten, hier künftig ein Verfahren zu finden, bei welchem die Besatzungsmächte den Sachbedarf aufgeteilt melden und auf deutscher Seite die Befriedigung dieses Bedarfs zentral stattfindet, und das bisherige, völlig zersplitterte Verfahren aufzugeben, das nur wirtschaftsstörend gewirkt hat. Die Ziffer 3 gibt die Möglichkeit, die Befugnisse, die nach dem Besatzungsstatut der deutschen Seite eingeräumt werden, unter gewissen Voraussetzungen wieder an die Besatzungsmächte gelangen zu lassen. Die Wortfassung ist im allgemeinen klar. Nicht klar ist, was die Voraussetzung bedeutet: in Erfüllung internationaler Verpflichtungen der Regierungen der Besatzungsmächte. Eine internationale Verpflichtung der Regierungen der Besatzungsmächte ist auch dieses Besatzungsstatut, das eine Vereinbarung der Regierungen darstellt. Es fragt sich also, wie diese Worte auszulegen sind. (Präsident Dr. Adenauer: Lex specialis derogat legi generali.) Dann können spätere internationale Vereinbarungen dazu führen, Jawohl. daß uns einmal eingeräumte Handlungsfreiheiten, selbst wenn keine deutsche Mitschuld herangezogen werden kann, wieder entzogen werden können. Ich glaube, daß diese Frage mit aller Deutlichkeit gestellt werden muß. (Renner: Natürlich, das ist doch der Zweck der Übung. Atlantikpakt, sage ich nur.) Zu Ziffer 6 hätten wir eine Frage zu stellen. Die Ziffer 6 betrifft die Habeascorpus-Akte25) der Militärregierungen. Da ist unklar, welche Occupation Authorities das tun können. In dem Besatzungsstatut fehlt eine Legaldefinition der in ihm verwendeten Begriffe, die wohl ursprünglich einmal vorgesehen war. Bedeutet Occupation Authorities, daß jede Dienststelle der Besatzungsmacht hier feststellen kann, wann eine Gefährdung der Sicherheit gegeben ist oder nicht? Oder kann das nur durch eine höhere oder höchste Dienststelle entschieden werden. Ich glaube, daß diese Frage, weil sie das tägliche Leben der Bevölkerung sehr stark berührt, gestellt werden müßte. Bei Ziffer 8 werden wir um eine Aufklärung über den Wortlaut als solchen bitten müssen. Ziffer 8 ist in sich nicht ohne weiteres verständlich. Sie ergibt möglicherweise eine Art Kompetenz-Kompetenz-Klausel, wonach die Besathier wird auch wieder nur von Occupation Authorities gezungsbehörden ohne sprochen Einschränkung darüber entscheiden, wann eine Maßnahme —







24) Rechtsamt der Verwaltung des

VWG: Denkschrift über die Regelung des Beschaffungs-, Rechnungs- und Zahlungsverfahrens für Dienstleistungen und Lieferungen an die Besatzungsmacht (mandatorischer Bedarf) vom 11. April 1949 (Z 22/125, Bl. 66 ff.). Zur Frage der künftigen Behandlung der Besatzungskosten hatte bereits im Okt. 1948 der Rechnungshof des Deutschen Reiches (Britische Zone, Abwicklungsstelle Hamburg) Vorschlä-

ge ausgearbeitet (Z 35/153, Bl. 179-187). 25) Siehe Dok. Nr. 9, Anm. 21. 84

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ihnen als Maßnahme unter diesem Besatzungsstatut zu würdigen ist. Hier fehlt eben eine Stelle, die ein Nachprüfungsrecht gegenüber der Rechtmäßigkeit einer Handlung oder einer Maßnahme der Besatzungsmächte hat. Zu Ziffer 8 werden wir die Frage zu stellen haben: Wer entscheidet über die Auslegung des Statuts, entscheidet die Stelle, die das Besatzungsstatut erlassen hat, als Richter in eigener Sache, oder besteht die Absicht, hier irgendwie ein etwas neutralisiertes Gremium einzuschalten, also die Frage des Schiedsgerichts? Endlich wollten wir vorschlagen, außerhalb des Textes dieses Besatzungsstatuts die Frage zu stellen: Wie denken sich die Besatzungsmächte etwa die Behandlung der Frage der Beendigung des Kriegszustandes? Völkerrechtlich befinden wir uns vier Jahre nach der Kapitulation immer noch formell im Kriegszustand. Beabsichtigt man etwa, bei Inkrafttreten des Grundgesetzes und des Besatzungsstatuts in irgendeiner Form eine Äußerung zu tun, welche diesen Zustand in einer klarstellenden Weise aufhebt? Sie sehen, daß die Fragen, die im einzelnen noch der Formulierung bedürfen, verhältnismäßig wenig sind. Es werden sich rein juristisch, wenn man den Text näher studiert und mit früheren Vorgängen des Völkerrechts vergleicht, eine Fülle von Fragen ergeben. Für die Behandlung gegenüber den Militärgouverneuren erschien es zweckmäßig, nur einige wenige große Fragen herauszuheben, die vor der Besprechung noch anders gruppiert werden müßten und die nach Auffassung der Mitglieder dieses kleinen Arbeitskreises vor der Besprechung schriftlich fixiert werden müßten, damit die Militärgouverneure in die Lage versetzt werden, sie schon vorher kennenzulernen26). Wir haben uns in diesem von

Z6) Die

vom Unterausschuß erarbeiteten Fragen lauteten (Z 12/70, Bl. 124—125): „1. Sind noch Ausführungsdirektiven zu dem Besatzungsstatut zu erwarten? Wenn ja, auf welchen Sachgebieten? Falls eine solche Absicht besteht, ist in Aussicht genommen, zuvor die deutschen Stellen anzuhören? 2. Zu Ziffer 2 Abs. 1: Ist beabsichtigt, daß die Hohen Kommissare vor Maßnahmen im Rahmen der vorbehaltenen Zuständigkeiten deutschen Stellen Gelegenheit zur Stellungnahme geben? 3. Zu Ziffer 2 (c): in Verbindung mit Ziffer 5: In welchem Umfange ist die Zulassung deutscher konsularischer Vertretungen im Ausland beabsichtigt und ebenso die Teilnahme deutscher Behördenvertreter an internationalen Konferenzen? 4. Zu Ziffer 2 (e): Ist beabsichtigt, die Besatzungskosten jährlich für längere Zeit im voraus und pauschal festzusetzen? 5. Ist beabsichtigt, die in Anspruch genommenen Dienstleistungen auf die Globalsumme anzurechnen? 6. Besteht die Absicht, die Höhe der Besatzungskosten in ein bestimmtes Verhältnis zur Gesamtlage der deutschen Haushalte und der deutschen Wirtschaft zu bringen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt ihrer Einbeziehung in die wirtschaftliche europäische Zusammenarbeit? 7. Was ist unter „ihren sonstigen Bedürfnissen" in Ziffer 2 (e) zu verstehen? 8. Darf erwartet werden, daß die Befugnis zur Auftragsvergebung auf mandatorische Aufträge allein deutschen Stellen übertragen wird? 9. Zu Ziffer 2 (f): Gibt Ziffer f den Besatzungsbehörden die Befugnis, in die Rechtsprechung der deutschen Gerichte, insbesondere die Verwaltungs- und Verfassungsgerichtsbarkeit einzugreifen? Läßt sich die Nachprüfung einer derartigen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt ihrer Verfassungsmäßigkeit zu? 10. Ziffer 2 (g): Wie weit soll der Begriff „Kontrolle über den Außenhandel" ausgelegt werden, und was bedeutet die Kontrolle des deutschen Außenhandels: die Beaufsichtigung deutscher Behörden oder die Schaffung eigener Organisationen der Besatzungsmächte zur Manipulierung des Außenhandels? 11. Zu Ziffer 3: Was bedeutet die Befugnis der Besatzungsbehörden, die Ausübung der vollen Gewalt ganz oder zum Teil in Ausführung der internationalen Verpflichtungen ihrer Regierungen wieder zu übernehmen?

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Arbeitskreis natürlich von jeder politischen Bewertung ferngehalten und unsere Aufgabe lediglich darin gesehen, einige erhebliche Schwierigkeiten und grobe Unklarheiten dieses Textes festzustellen, damit der Ausschluß für das Besatzungsstatut im einzelnen prüfen kann, welche von unseren Vorschlägen gegenüber den Militärgouverneuren aufgenommen werden sollen. Dr. Schmid: Es wird vielleicht noch eine weitere Frage gestellt werden müssen. Es ist kein Zweifel, daß eine Reihe der allgemeineren Bestimmungen dieses Statuts durch Ausführungsbestimmungen werden ergänzt werden müssen. Es könnte sich vielleicht empfehlen, einmal die Frage zu stellen, wer diese erlassen wird, und zweitens, auf welchen Gebieten solche Ausführungsvorschriften vorgesehen sind. Reimann: Wenn wir uns schon über Fragen einigen, die wir vor den Militärgouverneuren stellen möchten, so möchte ich auch eine Anregung geben. Ich glaube, wir sollten die Militärgouverneure fragen, ob sie mit diesem Besatzungsstatut das Potsdamer Abkommen27) verlassen wollen und ob dieses Besatzungsstatut an Stelle eines Friedensvertrages gedacht ist. Warum stelle ich die erste Frage? Deshalb, weil das Potsdamer Abkommen die einzige völkerrechtliche Grundlage für uns als Deutsche darstellt. Dieses Potsdamer Abkommen ist von allen vier Alliierten unterzeichnet. Aus diesem Potsdamer Abkommen heraus wurde ein Kontrollrat gebildet, der die oberste Gewalt in Deutschland so lange haben sollte, bis eine gesamtdeutsche Regierung eingesetzt wird, mit der dann ein Friedensvertrag abgeschlossen werden sollte. Diese Frage ist sehr wichtig, weil die Beschlüsse des Kontrollrats und das Potsdamer Abkommen für uns die einzige Grundlage bedeuten. Es können nicht drei Alliierte aus diesem Potsdamer Abkommen ausspringen, weil wir dann als Deutsche dadurch am allerhärtesten in Mitleidenschaft gezogen werden, und ich glaube, daß diese Frage überhaupt die entscheidendste ist, und zwar die Frage, ob die drei Westmächte mit diesem Besatzungsstatut das Potsdamer Abkommen endgültig zu zerbrechen beabsichtigen.

(die Frage der Gebietsabtretungen kann hierbei berührt werden). 12. Zu Ziffer 6: Welche alliierten Stellen stellen fest, daß die Sicherheit der Besatzungsbehörden bedroht ist? Ist eine Nachprüfung dieser Entscheidung möglich? Sind die im Grundgesetz verbürgten Grundrechte den Besatzungsbehörden gegenüber wirksam? 13. Zu Ziffer 8: Eine Auskunft über Inhalt und Tragweite der Ziffer 8 wäre erwünscht. 14. Wer entscheidet, wenn Zweifel über die Vereinbarkeit von Maßnahmen der Besatzungsbehörden mit dem Besatzungsstatut entstehen? 15. Wie sind die nachgeordneten Behörden der Hohen Kommissare gedacht? Ist die Einrichtung nachgeordneter Dienststellen unterhalb der Länderstufe beabsichtigt? Welche Befugnisse sollen die nachgeordneten Dienststellen besitzen? Haben die Vertreter der Hohen Kommissare bei den Länderregierungen bzw. den ihnen nachgeordneten Dienststellen unmittelbares Weisungsrecht gegenüber den deutschen Behörden? 16. Besteht die Absicht, bei Inkrafttreten des Grundgesetzes und des Besatzungsstatuts in den Rechtsfolgen des formell noch bestehenden Kriegszustandes Änderungen vorzunehmen?" Die Fragen wurden nach weiteren Beratungen, über die Protokolle nicht vorliegen, verkürzt, einige wurden auch fallengelassen. Vgl. die Entwürfe mit Korrekturen und Bemerkungen zur Zuweisung an einzelne Fragesteller in Bay HStA NL Pfeiffer/37. Verschiedene Entwurfsstufen mit handschr. Korrekturen auch im NL Strauß, IfZ ED 94/125, Bl, 84—89. Wortlaut der endgültigen Fassung der Fragen in Dok. Nr. 8, Anm. 12. 27) Vgl. Dok. Nr. 2, Anm. 36. 86

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Und nun die zweite Frage. Es wurde in der Presse schon erläutert, daß dieses Statut ein Friedensstatut sei. Daher ist die Frage notwendig, ob dieses Besatzungsstatut den Friedensvertrag darstellt und ob damit der Kriegszustand beendet ist. Das sind die beiden Fragen, die ich zunächst anregen will. Wagner: Ich glaube, es gibt Dinge, die wichtiger sind, als die Fragen, die eben in diesem

Augenblick aufgeworfen

wurden.

(Reimann: Davon hängt alles ab.) Es scheint wesentlich zu sein, daß man sich darüber ganz klar wird, daß dieses etwa eine Vereinbarung zwischen den Besatzungsmächund ten irgendwelchen deutschen Vertretungen und Vertretern darstellt, sondaß das Besatzungsstatut, wie es der Text einwandfrei sagt, eine einseitige dern Verfügung ist, die erlassen worden ist auf Grund der Tatsache, daß die genannten Regierungen Träger der obersten Gewalt sind. Wenn man sich darüber klar ist und wenn man nach außen keine Zweifel darüber aufkommen läß, daß das so ist und daß hier auf Grund der Gewalt, die man in der Hand hat, eine Verfügung getroffen ist, dann hängt davon auch das Verhalten ab, das wir an den Tag zu legen haben. Ich bin nicht ganz ohne Bedenken gegenüber der Fühlungnahme der Vertreter des Parlamentarischen Rates mit den Beauftragten der drei Westalliierten, weil und das Durchdenken politischer Probleme ist bei vielen Völkern ich fürchte sehr mangelhaft entwickelt und bei uns nicht minder —, daß dadurch der Eindruck entstehen könnte, als ob diese Dinge, die festgelegt worden sind, ausgehandelt werden könnten. Ob wir überhaupt Fragen stellen sollen, scheint mir selbst eine Frage zu sein. Ich spreche hier meine ganz persönliche Meinung aus und nicht die Meinung meiner Fraktion, in der diese Dinge gar nicht behandelt worden sind. Ich weiß nicht, ob es nicht ein zweckmäßigeres Verfahren bedeuten würde, wenn wir glauben, daß aufklärungsbedürftige Dinge im Besatzungsstatut enthalten sind, diese Fragen schriftlich zu unterbreiten und sie schriftlich behandeln zu lassen. Wir könnten dadurch zum mindesten dazu beitragen, ein großes Mißverständnis in der Öffentlichkeit wenigstens abzumildern. Alles Sich-persönlich-treffen zwischen Vertretern des Parlamentarischen Rates und den Militärgouverneuren zum Zwecke mündlicher Erläuterungen erweckt einen falschen Anschein oder es könnte zum mindesten bei dem Großteil der unpolitischen Menschen in Deutschland einen falschen Anschein erwecken. Ich möchte deshalb in diesem Kreis zur Erwägung geben, ob man sich nicht, wenn man Fragen für erforderlich hält, für das Mittel der schriftlichen Anfrage mit dem Ziele einer schriftliwir haben chen Antwort entscheidet. Sie müssen sich über eines klar sein doch Erfahrung im Besatzungswesen, wenigstens ich persönlich, der ich im Rheinland schon das letzte Mal zwölf Jahre Besatzung mitgemacht habe27a), wo : Es werden sich jeden wir es auch mit Hohen Kommissaren zu tun hatten Statuts über die Auslegung des ergeben. Und nun kommen Tag neue Fragen

Besatzungsstatut nicht







27a) Wagner war seit 1922 Rechtsanwalt in Ludwigshafen gewesen. Vgl.

zu

seiner

Biographie

Der Pari. Rat Bd. 3, S. XI.

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Nr. 7

Fünfte Sitzung 12. April 1949

wir her und

bringen einige wenige Punkte, wo es doch in acht Tagen schon wieder andere Fragen gibt! Wenn wir eine westdeutsche Regierung haben, werden sich jeden Tag neue Fragen ergeben. Diese Dinge werden sich, wie alle Paragraphen, in der Realität des täglichen Lebens in einer Weise gestalten, die meines Erachtens die Militärgouverneure heute gar nicht verantworten können. Ich muß Ihnen sagen, daß vor allem die Frage des Schiedsgerichts völlig deplaciert wäre. Warum? Das Schiedsgericht paßt in das System dieses Besatzungsstatuts gar nicht hinein. Ein Schiedsgericht können Sie nur verlangen, wenn es sich darum handelt, daß eine Vereinbarung zweier gleichberechtigter Partner vorliegt und daß eine Stelle vereinbart werden soll, die dann, wenn diese Partner sich nicht einig werden, als neutrale Stelle die Entscheidung treffen soll. In eine auf Grund der Macht, der Gewalt, die sich aus der Tatsache der Innehabung der Souveränität ergibt, erlassene Verfügung paßt ein Schiedsgericht nicht hinein. Warum wollen Sie diese Frage stellen? (Zuruf von der KPD: Damit stehen sie zum Widerspruch zum sozialdemokratischen Parteivorstand.) Ich weiß nicht, ob Sie die Beschlüsse des sozialdemokratischen Parteivorstands kennen, und wenn Sie sie kennen, ob Sie sie verstehen, und wenn Sie sie verEs scheint mir deshalb eine solche Frastehen, ob Sie sie verstehen wollen. keinen haben zwecklos zu können und wenn Sie mit der Frazu sein, Erfolg ge ge provozieren wollen, daß ein Schiedsgericht geschaffen wird, so wissen wir, daß es doch nicht geschaffen wird; denn es befindet sich im Widerspruch zu dem ganzen System des Besatzungsstatuts. Ich persönlich neige dazu, daß wir überhaupt weder mündlich noch schriftlich Fragen stellen. Das Besatzungsstatut ist eine einseitige Verfügung, die wir gar nicht annehmen oder ablehnen können, es ist einfach eine Tatsache, ein Faktum. Rein materiell betrachtet, um nicht falsche Auffassungen zu erwecken, sehe ich darin einen großen Fortschritt gegenüber dem bisherigen Zustand. Gerade wir im französisch besetzten Gebiet haben Grund, zufrieden zu sein, wenn wir wissen, daß in Zukunft neben dem französischen Gouverneur ein Amerikaner und ein Engländer sitzt, um sich über den Lauf der Dinge zu unterrichten. Wir haben damit den Schritt zur gemeinsamen interalliierten Verwaltung getan, die wir wenn man das von einer Besatzung, die überhaupt ein unerwünschvon vornherein gewünscht hätten, nämlich die ter Zustand ist, sagen darf Durchführung der Verwaltung des gesamten besetzten Gebietes durch alle Alliierten gemeinsam, ohne daß das Gebiet in Zonen aufgeteilt und damit die Gefahr der Zerreißung Deutschlands heraufbeschworen wird. Aber, meine Herren von den Kommunisten, es gibt eine Macht, der Sie sehr nahe stehen, die das nicht gewollt hat, aus Gründen, auf die ich in diesem Augenblick nicht eingehen will. Wie gesagt, meine persönliche Meinung ist, daß überhaupt keine Fragen gestellt zu werden brauchten. Wenn Sie glauben, daß Fragen notwendig sind, dann rege ich an, zu überlegen, ob es nicht zweckmäßiger ist, die Fragen schriftlich zu stellen und eine schriftliche Antwort zu provozieren. Die Frage nach dem Schiedsgericht würde ich, da sie in das System, das vor uns liegt, nicht hineinpaßt, überhaupt nicht stellen. —





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Reimann: Ich kann nicht annehmen, daß die Ausführungen des Herrn Wagner die Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion wiedergeben. (Wagner: Machen sie sich darüber keine Sorgen!) Das ist insofern nicht unwichtig, als diese Ausführungen im Gegensatz zu dem stehen, was der sozialdemokratische Parteivorstand, besonders Herr Dr. Schumacher in den letzten Tagen erklärt hat28). Sie sprachen davon, Herr Wagner, daß wir Deutsche zu diesem Besatzungsstatut gar nichts zu sagen haben, weil wir dieses Statut gar nicht wünschten. (Wagner: Das habe ich nicht gesagt.) Ich erinnere an die Reise des Herrn Dr. Schumacher nach Amerika29), wo er als erster Deutscher dieses Besatzungsstatut gefordert und auch Verhandlungen hierzu geführt hat. Also, wenn man A sagt, muß man auch B sagen. Weitere Ausführungen werde ich mir morgen in der öffentlichen Sitzung30) hierzu noch beschaffen.

20) Schumacher hatte am 5. April 1949 zur Erklärung der Außenminister vom 5. April 1949 (siehe Dok. Nr. 9, Anm. 34) in einem telefonischen Interview mit Arno Scholz, Lizenzträger des „Telegraf" Stellung genommen (Fernschreiben, DPD-Meldung, BT PA Bestand 5 Pari. Rat, Karton Nr. 15, auch als Sekretariatsumdruck Nr. S 36 vervielf.): „Die Erklärung

der Außenminister bewege sich in allgemeinen Formulierungen und drücke keine konkreten Wünsche aus. Zur Frage der veränderten Einstellung der CDU zum Kompromiß der Siebenerkommission meinte Dr. Schumacher, daß die CDU seit Tagen versucht habe, sich von dem Kompromiß zu lösen, weil sie ,ihre alten föderalistischen und partikularistischen Wünsche' mit Hilfe der Alliierten durchsetzen möchte. Sie sehe jetzt eine einmalige Chance, den Föderalismus in Deutschland in einer ganz extremen Form zu verwirklichen. Die von der CDU angeführten deutschen Opfer seien .merkwürdige Opfer', denn sie würden nur der nichtföderalistischen Mehrheit des Deutschen Volkes zugemutet. ,Die linksrheinischen und bayerischen Föderalisten', sagte Dr. Schumacher, .möchten jetzt die Ernte in die Scheune bringen'. [. .] Die CDU vertritt eine Tradition der Politik des klerikalen Partikularismus, der den französischen Wünschen entgegenkommt. Diese Franzosen möchten Deutschland so schwach sehen, daß es ständig um sein Leben ringt und sich auch wirtschaftlich nicht erholt. Diese Politik richtet sich gegen die Lebensinteressen Deutschlands. Die Konsequenz einer solchen Politik wäre die Stärkung der russischen Position. In Westdeutschland sei weniger der Kommunismus als vielmehr ein neuer Nationalismus die Gefahr. Die SPD werde diese Politik nicht mitmachen. Selbst wenn sich neue Komplikationen ergeben würden, wird die Welt doch bald dafür dankbar sein, daß die SPD die Linie der Vernunft bei der Reorganisation Deutschlands durchhält. Westdeutschland und Berlin sind nun einmal mit Österreich der große Wall, an dem sich die Flut des östlichen Totalitarismus bisher gebrochen hat. Man kann diesen Wall nicht dauernd mit partikularistischen Praktiken unterwühlen! Schließlich fragt Scholz, ob die Haltung der SPD die gegenwärtigen Verhandlungen in Washington, die das Schicksal Deutschlands mitbestimmen, nicht erschweren würden. Dr. Schumacher antwortete: ,Die Situation momentaner taktischer Prozessionen geht vorüber. Die SPD muß aber der großen Mehrheit des deutschen Volkes eine Politik artikulierter und akzentuierter Stimme geben, die auch bei der Außenministerkonferenz in Washington gehört wird.'" (Abdr. bei Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 473-474.) 29) Schumacher war vom 21. Sept.-30. Okt. 1947 in den USA gewesen. Vgl. Willy Albrecht: Kurt Schumacher, S. 57. Abdr. seiner Rede vom 14. Okt. 1947 vor den Delegierten des größten amerikanischen Gewerkschaftsbundes (AFL), auf die hier vermutlich angespielt wird in: Turmwächter der Demokratie II, S. 101—108. 30) Siehe 56. Sitzung des Hauptausschusses vom 13. April 1949, Verhandlungen S. 739—742. .

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Wagner: Ich möchte eines berichtigen. Wenn meine Partei von Anfang an, wahrscheinlich als erste, verlangt hat, daß wir das Verhältnis zwischen Besatzung und deutschen Regierungen, deutschen Verwaltungen und deutschen Vertretungskörperschaften auf eine erträgliche Basis stellen sollen und müssen, dann ist sie dabei von einer rechtlich zweiseitigen Regelung ausgegangen, von irgendeiner Sicherung der Kompetenzen und der Rechte, die die deutschen Verwaltungsstellen haben sollen. Im übrigen wird der Herr Vorredner morgen seine Ausführungen machen und wir werden ihm entsprechend darauf antworten.

(Renner: In Ihrer eigenen Fraktion schüttelt man über Ihre Ausführungen das Haupt!) Dr. Kroll: Ich möchte anknüpfen an das, was Herr Wagner gesagt hat. Wenn eine Kommission des Parlamentarischen Rates zu den Besatzungsmächten geht oder wenn hier eine Erklärung formuliert wird, dann weiß ich nicht, ob es nicht doch eine gewisse Berechtigung hätte, wenigstens in einer präambelartigen Weise eine gewisse Enttäuschung über das Besatzungsstatut auszudrücken. Ich bin der Meinung, daß wenigstens nach unseren Vorberatungen mehr erwartet werden durfte bzw. daß das Besatzungsstatut noch keine Verbesserungen hinsichtlich der Rechtslage, in der wir stehen, bedeutet. Ich muß besonders meinen Bedenken Ausdruck geben zu den vorbehaltenen Bereichen, die sich die Besatzungsmächte in eigenem Recht vorbehalten, insbesondere zu Ziff. 2 Buchst, f. Wenn es darin heißt, daß sich die Besatzungsmächte die Beachtung des Grundgesetzes und der Länderverfassungen vorbehalten, dann ist das eine Frage, die man unter Umständen so verstehen könnte, als ob sie sich die Interpretation der Verfassung im Zweifelsfall vorbehalten. Wenn es in Ziff. 3 ferner heißt, daß zwar die Deutschen berechtigt sind, Maßnahmen auf diesem Gebiet zu ergreifen, jedoch vorher anfragen müssen, so könnte man, wenn man diese Paragraphen sehr eng auslegt, der Meinung sein da jedes Gesetz letzten Endes in irgendeinem Zusammenhang mit der Landesverfassung und der Bundesverfassung stehen muß —, daß hier eine Möglichkeit ständiger Eingriffe durch dieses Statut gegeben ist. Ich glaube, das würde eine Beschränkung bedeuten, die sehr weit geht. Ich kann mir nichts darunter vorstellen, was sonst diese „Beachtung des Grundgesetzes und der Länderverfassungen" als Vorbehalt der Westmächte bedeuten sollte bzw. wie sich diese Beurteilung in den Landesverfassungsgerichten und im Bundesverfassungsgericht abspielen soll. Ich muß sagen, daß das Bedenken sind, die ich nicht unterdrücken kann. Ich wäre dankbar, wenn hinsichtlich dieser Beschränkung eine Aufklärung geschaffen werden könnte. Dr. Strauß: Herr Kollege Wagner hat die grundsätzliche Frage aufgeworfen, ob es angebracht ist, mit den Militärgouverneuren, entsprechend ihrer Einladung über den Text des Besatzungsstatuts überhaupt zu sprechen. Diese Frage werden wir uns reiflich überlegen müssen. Warum beschäftigen wir uns so eingehend mit diesem Entwurf, mag er der endgültige Entwurf oder gewisser Abänderungen noch fähig sein? Das Besatzungsstatut ist für uns nicht isoliert zu betrachten, sondern nur im Zusammenhang mit dem künftigen Grundgesetz, und jeder von uns wird sich bei Prüfung —

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Fünfte des

Grundgesetzes gleichzeitig

die

Frage vorlegen

gesetz im Rahmen dieses Besatzungsstatutes

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müssen: Läßt sich das Grundvertreten? Wenn uns in

von uns

dem Statut Unklarheiten aufgefallen sind und wenn uns Gelegenheit geboten wird, diese Unklarheiten aufzuklären, dann würden wir einen Fehler begehen, wenn wir diese Gelegenheit zur Aufklärung nicht wahrnehmen würden. Meines Erachtens ist uns darüber hinaus bei der Übergabe dieses Dokumentes auch die Möglichkeit gegeben worden, Vorschläge zu machen, die eventuell zu Erläuterungen oder gar zu gewissen Änderungen führen könnten. Soviel zur grundsätzlichen Frage. Ob ein Schiedsgericht geschaffen werden kann oder ob andere Formen eines Ausgleichs entstehende Streitigkeiten vorgesehen werden sollen, bleibt dahingestellt. Ich glaube, daß die Begründung, die Herr Kollege Wagner für das Fehlen des Schiedsgerichts gegeben hat, nämlich daß ein solches Schiedsgericht nicht in das System hineinpaßt, nicht zutrifft. Auch wenn es sich nicht um vertragliche Vereinbarung zwischen zwei Partnern handelt, sondern wenn ein einseitiger Akt, eine einseitige Auferlegung eines Statuts vorliegt, kann derjenige, der aus der Fülle der von ihm in Anspruch genommenen Gewalt ein solches Statut und er tut das in für uns maßgebenden erläßt, durch den Erlaß des Statuts seine Gewalt selbst einschränken und er kann diese Einschränkung Fragen auch soweit treiben, daß er hinsichtlich der Auslegung des Statuts und hinsichtlich von Streitigkeiten, die sich bei der Anwendung des Statuts ergeben können, sich von vornherein einem Ausgleichsverfahren unterwirft. Über die rechtliche Bedeutung eines solchen Schiedsverfahrens brauche ich nichts zu sagen. Das, worunter wir nach unserer Auffassung so sehr gelitten haben, war bisher die Tatsache, daß eine eindeutige Beziehung deutscher Stellen zu Stellen der Besatzungsmacht nicht vorhanden war. Was wir vom Besatzungsstatut verlangen, ist das, daß eine rechtliche Regelung getroffen wird, die es ermöglicht, daß bei entstehenden Zweifeln und Streitigkeiten eine dritte Stelle zur Schlichtung berufen ist. Ich glaube, es würde, nachdem in den vergangenen Monaten die Frage der Schiedsklausel auch in der öffentlichen Diskussion eine Rolle gespielt hat, nicht verstanden werden, wenn wir diese Frage nicht anschneiden. Ich bin der Ansicht, daß wir in keiner Weise aus der Systematik dieses Dokuments heraustreten, wenn wir diese Frage anschneiden. Präsident Dr. Adenauer gibt zur Geschäftsordnung bekannt, daß die Herren Ministerpräsidenten mit ihren Beratungen fertig sind und daß sie bereit sind, in die Besprechung mit den Mitgliedern des Ausschusses einzutreten. Dr. Grève: Ich möchte im wesentlichen das unterstützen, was Herr Kollege Wagner gesagt hat. Uns Deutschen ist, wie mir scheint, auch hier wieder eine Neigung zu einer möglichst totalen und absoluten Interpretation eigen. Ich glaube, daß dieses Dokument bewußt Unklarheiten enthält und daß es nicht unsere Aufgabe sein kann, nach den Gründen dieser Unklarheiten zu suchen. Was wir hier treiben wollen, darf meines Erachtens keine Jurisprudenz, sondern muß Politik sein. Deshalb halte ich es für unbedingt richtig, was Herr Kollege Wagner gesagt hat, daß diese Unklarheiten wahrscheinlich, wenn wir Antworten auf unsere Fragen bekommen, sich eher negativ als positiv für uns auswirken würden. Deshalb warne ich davor, allzu viele Fragen zu stellen und ich empfehle, —



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nur solche Fragen zu stellen, die aus politischen Gründen notwendig und wertvoll sein können. Dr. Schmid: Ich glaube, wir vertagen jetzt unsere Sitzung und rüsten uns für den Empfang der Ministerpräsidenten.

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Besprechung

mit den

Ministerpräsidenten

Nr. 8

Nr. 8 des Präsidiums des Parlamentarischen Rates, des Ausschusses für das Besatzungsstatut und der Fraktionsführer mit den Ministerpräsidenten der drei westlichen Besatzungszonen

Besprechung

12. Z 5/22, Bl. 114-142, undat. und ungez. Kurzprot.: Z 12/70, Bl. 31-34

April

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stenogr. Wortprot.

Anwesend1):

Präsidium des Pnvl. Rates: Adenauer, Schönfelder, Schäfer Ausschuß für das Besatzungsstatut: Wie voriges Dok. Ministerpräsidenten und andere Vertreter der Länder: Ehard (Bayern), Kaisen (Bremen), Suhr (Berlin), Brauer (Hamburg), Stock (Hessen), Kopf (Niedersachsen), Arnold (Nordrhein-Westfalen), Altmeier, Steffan, Süsterhenn (Rheinland-Pfalz), Katz, Schenk (Schles-

wig-Holstein), Renner (Württemberg-Hohenzollern) Büro der Ministerpräsidenten: Bergner, Werz Stenografischer Dienst: Meidinger Beginn:

11.00 Uhr

Ende: 12.15 Uhr

[VORBEREITUNG DER BESPRECHUNG MIT DEN MILITÄRGOUVERNEUREN VOM 14. APRIL 1949, DISKUSSION DES FRAGENKATALOGES ZUM BESATZUNGSSTATUT] Präsident Dr. Adenauer: Darf ich die Besprechung eröffnen? Ich wähle den Ausdruck „Besprechung", nicht „Sitzung", Sie werden das verstehen. Es handelt sich darum, daß seiner Zeit zwischen den Herren Ministerpräsidenten und uns vereinbart worden ist, wenn das Besatzungsstatut mitgeteilt sei, zu einer gemeinsamen Beratung zusammenzutreten2). Diese gemeinsame Beratung findet jetzt statt. Ich habe Ihnen schon mitgeteilt, daß sich die Herren Ministerpräsidenten bereit erklärt haben, uns mit ihrer Erfahrung zur Verfügung zu stehen. Wir sind den Herren dafür außerordentlich dankbar und ich darf Sie versichern, daß wir sehr großen Wert darauf legen, daß Sie bei der sehr schwierigen Materie uns Ihre Erfahrung zur Verwertung geben. Ehe ich weiter fortfahre, habe ich Ihnen eine Mitteilung zu machen, die ich eben bekommen habe. Ich darf aber darauf hinweisen, daß wir uns hier in einer absolut vertraulichen Besprechung befinden. Ich nehme an, daß kein Pressevertreter anwesend ist, und ich bitte diejenigen Herren, die nun hier nichts zu tun haben, den Raum zu verlassen. Der Vertreter des amerikanischen Verbindungsstabes, der zur Zeit Wortführer ist, hat mir eben folgende Mitteilung zugehen lassen3): Es sei dem Parlamentarischen Rat völlig die Zusammensetzung der Delegation des Parlamentarischen Rates für die Aussprache mit den Militärgouverneuren

*) Anwesenheitsliste nach Kurzprot. in: Z 12/70. 2) Siehe Dok. Nr. 7, Anm. 3. 3) Die Mitteilung wurde in der Neuen Zeitung vom eines Artikels

„Fragen

zum

14. April 1949 auf Seite 1 im Rahmen Besatzungsstatut" weitgehend wörtlich wiedergegeben.

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Nr. 8

Besprechung

mit den

Ministerpräsidenten

am Donnerstag überlassen4). Irgendwelche Wünsche seitens der alliierten Regierungen bestünden nicht. Um die Unterredung mit den Militärgouverneuren fruchtbar zu gestalten, sei ein möglichst detailliertes Programm der zu erörternden Fragen unerläßlich. Dieses Programm könne nicht nur alle das Besatzungs-

statut unmittelbar betreffenden Probleme

umfassen, sondern auch selbstverständlich das weitere Gebiet der mit dem Besatzungsstatut zusammenhängenden Verfassungsfragen. Er verwies dabei auf die Regelung der Besatzungskosten im Besatzungsstatut und im Grundgesetzentwurf. Er könne sich durchaus vorstellen, daß im Zusammenhang mit diesen Problemen auch die Gesamtfrage der Finanzen des Bundes und der Länder erörtert würde. Die Gouverneure würden in der Festlegung der endgültigen Tagesordnung unter keinen Umständen kleinliche Zuständigkeitsfragen aufwerfen. Mit dem Besatzungsstatut in der Form, wie es dem Parlamentarischen Rat am Sonntag zugeleitet worden sei, sei eine Entscheidung von weltpolitischer Bedeutung getroffen worden. Man fürchte auf alliierter Seite, daß die Deutschen das Ausmaß dieser Entscheidung nicht genügend würdigen und sich zu sehr an die eine oder andere ihnen nachteilig erscheinende Einzelheit klammern würden. Diese Mitteilung ist mir eben von Frankfurt aus telefonisch übermittelt worden. Ich glaube, es ist von Bedeutung, daß ich sie Ihnen vor Beginn dieser Bespre-

chung wiedergebe.

Nun ist der Vorsitzende des Ausschusses für das Besatzungsstatut, Herr Dr. Schmid, nicht anwesend5). Ist einer der anderen Herren des Ausschusses, vielleicht Herr Dr. Strauß, in der Lage, uns über die bisherigen Besprechungen zu

unterrichten?

Strauß: Wir haben gestern abend in der Sitzung des Besatzungsstatut-Ausschusses, nachdem die Mitglieder das Dokument überhaupt erst erhalten hatten, Dr.

eine ausführliche Analyse dieses Dokuments vom Vorsitzenden des Ausschusses, Herrn Prof. Dr. Schmid, mitgeteilt bekommen6). Wir haben keine Debatte vorgenommen, sondern anschließend an die Sitzung des Gesamtausschusses hat ein von diesem bestimmter kleiner Arbeitskreis von vier Herren sich zusammengesetzt und im Auftrag des Ausschusses noch einmal den Wortlaut des Statuts durchgesehen und die Fragen zusammengestellt, die nach Auffassung dieses kleinen Arbeitskreises im Besatzungsstatut-Ausschuß erörtert werden sollten, um gegebenenfalls, anknüpfend an diese Fragestellung, vorzubereiten, was in einer Besprechung mit den Militärgouverneuren noch der Klärung bedürfe. Es haben sich insgesamt sieben Fragenkomplexe ergeben7). Natürlich müssen Sie berücksichtigen, daß man in einer so kurzen Zeit nur eine oberflächliche Prüfung vornehmen kann und daß bei einem eingehenden Studium des Dokuments sich

4) Bei der Ubergabe des Besatzungsstatuts war gesagt worden, die Militärgouverneure seien bereit, mit Repräsentanten des Hauptausschusses zu sprechen. Siehe Dok. Nr. 5, Anm. 1. 5) C. Schmid war nur zeitweise anwesend; später ergreift er das Wort.

6) Siehe Dok. Nr. 6. 7) Strauß hatte die Ergebnisse dieser Beratungen

in einem stichwortartigen Vermerk festgehalten. Siehe ACDP NL Kaufmann/108, Bemerkungen zum Besatzungsstatut, mit handschriftl. Zusatz „Kommission Strauß". Im Verlauf seiner Ausführung faßte Strauß die sieben Fragenbereiche noch zusammen, nachdem er sie im folgenden im Einzelnen darlegt.

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Besprechung

mit den

Ministerpräsidenten

Nr. 8

wahrscheinlich noch eine nicht unerhebliche Menge von schwierigen Fragen ergeben werden, schwierige Fragen insbesondere rechtlicher Natur. Für eine Besprechung mit den Militärgouverneuren kommt es hierauf wohl weniger an, als auf einige andere Fragen, die teils Unklarheiten in diesem Dokument betreffen, teils auf Lücken hinweisen, die uns aufgefallen sind. Es wird genügen, wenn ich ganz kurz diese sieben Fragenkomplexe herausstelle. Sie wissen, daß die Ziffer 2 des Dokuments diejenigen Gebiete aufzählt, die sozusagen zum Vorbehaltsgut der Besatzungsmächte gehören, auf denen also die Hohen Kommissare bzw. die Hohe Kommission künftig sowohl gesetzgebend wie verwaltend tätig werden kann. Da das Besatzungsstatut in seiner jetzigen Fassung ein außerordentlich kurzes Dokument ist und viele Dinge in großen Generalklauseln behandelt, wird es wahrscheinlich ohnedies notwendig sein, daß gewisse Fragenbereiche später in Sondervorschriften geregelt werden. Um nur ein Beispiel zu erwähnen: die Abgrenzung der Militärgerichtsbarkeit von der deutschen Gerichtsbarkeit. Alles das steht irgendwo unter den veschiedenen Buchstaben des Vorbehaltskataloges. Wir wollten dem Ausschuß empfehlen, die Fragestellung zu erwägen, ob nicht bei der Vorbereitung von Maßnahmen der Besatzungsmächte auf Grund des Vorbehaltskatalogs eine vorherige Anhörung deutscher Stellen sich empfehle. Auch im Hinblick auf die Erfahrungen, die wir in den letzten drei Jahren auf diesem Gebiete gemacht haben, erschiene mir eine derartige Vorschrift erwägenswert. Ferner ist unter Umständen zu fragen, weiche Stellen der Besatzungsmächte derartige Ausführungsbestimmungen erlassen werden, ob nur die Hohe Kommission oder die Hohen Kommissare innerhalb ihrer Zonen. Der zweite Fragenbereich betrifft alles, was mit den auswärtigen Beziehungen und der internationalen Vertretung des deutschen Staates zusammenhängt. Vor allem hält es dieser kleine Arbeitskreis der Ausschuß hat noch nicht Stellung für daß die an erforderlich, Militärgouverneure die Frage gerichgenommen nicht politischer, tet wird: Was wird aus der Fülle internationaler Verträge sondern technischer Art —, die das frühere Deutsche Reich mit ausländischen Staaten geschlossen hat? Es handelt sich hierbei um Verträge gesundheitspolizeilicher und sozialpolitischer Art, insbesondere um Verträge über das große Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts, und anknüpfend an diese Frage wäre die Frage der Wiederherstellung des Auslandschutzes der deutschen Patente, Warenzeichen usw. zu stellen. Ferner enthält das Besatzungsstatut keinen Hinweis darauf, ob und in welcher Form es Deutschland ermöglicht wird, im Ausland konsularische Vertretungen wirtschaftlichen Charakters zu unterhalten. Ebenso ist die Frage der Teilnahme deutscher Vertreter an internationalen Konferenzen eine Frage, die für die gesamtdeutsche Verwaltung künftig von sehr erheblicher Tragweite ist. Ich erinnere an das Verkehrsgebiet, an das Postgebiet und an eine Fülle sonstiger Gebiete, wo es sich nicht um Angelegenheiten politischer Natur, sondern mehr technischer Natur handelt. Die vier erwähnten Fragen sind in der Diskussion innerhalb der Besatzungsmächte und in den verschiedenen Stadien der Beratungen des Ausschusses für das Besatzungsstatut Gegenstand von Erörterungen gewesen, die auch in die —





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Nr. 8

Besprechung

mit den

Ministerpräsidenten

deutsche Presse gedrungen sind8), und teilweise sind nach Angaben in der deutschen und der amerikanischen Presse Lösungen vorgesehen, die im wesentlichen zu deutschen Gunsten gingen und die ich hier nicht noch einmal zu wiederholen brauche. Andererseits läßt Ziffer 5 sichtbar werden, daß der Abschluß internationaler Verträge der künftigen deutschen Bundesrepublik mit auswärtigen Staaten nicht ausgeschlossen ist, obwohl nach dem Vorbehaltskatalog die auswärtigen Beziehungen zum Bereich der Besatzungsmächte gehören. Dieser Hinweis scheint mir beim/Gesamtkomplex der internationalen Beziehungen wichtig zu sein. und das ist eine entscheidende Frage Der dritte Punkt ist die Behandlung der Besatzungskosten und sehr unscharf umschriebenen Leistung in Abs. 2, Buchst, e), wo diese Frage verbunden ist mit einer Reihe von anderen Fragen, die sachlich gar nicht zusammenhängen. Ich möchte nicht ins Detail gehen, sondern nur auf die Behandlung dieses Fragenbereichs in den 12 Thesen des Parlamentarischen Rates und in den Vorbereitungen zum Besatzungsstatut hinweisen. Es müßte im einzelnen genau klargestellt werden, welche Fragen in diesem Zusammenhang an die Militärgouverneure zu richten wären, und zwar erscheint mir diese Frage von unserem Standpunkt aus in engstem Zusammenhang zu stehen mit dem entscheidenden Satz des Anschreibens der Außenminister9), wo es am Schluß heißt, „daß es ein Hauptanliegen der drei alliierten Regierungen ist, die engste Einbeziehung des deutschen Volkes innerhalb eines demokratischen Bundesstaates in den Rahmen einer europäischen Vereinigung auf einer für beide Seiten günstigen Grundlage zu fördern und zu erleich—



tern". Dann

gehört zur Frage der Besatzungskosten noch eine weitere Frage, die jährlich den Wert von Hunderten von Millionen hat in diesem Jahre werden es 1,2 Milliarden sein —, nämlich die Frage der mandatorischen Aufträge10) und ihrer verfahrensmäßigen Behandlung durch die Alliierten und durch die Deutschen. Wir müssen hier und dazu habe ich eine ganz knappe Denkschrift das Verlangen stellen, daß die Vergebung der Aufträge im einüberreicht11) zelnen zur Zuständigkeit der deutschen Behörden gehören muß, weil diese Vergebung in vernünftiger Weise gesteuert werden muß und nicht dem Belieben der Besatzungsmächte überlassen bleiben darf, wie das gegenwärtig der Fall ist. Wir werden die Fragen im einzelnen noch formulieren. Die vierte Frage bezieht sich auf einen Passus in der Ziffer 3 des Besatzungsstatuts, der von der Wiederinanspruchnahme von Befugnissen, die nach dem Statut der deutschen Seite übertragen sind, handelt und als eine Voraussetzung eines solchen Wieder-an-sich-ziehens durch die Besatzungsmächte „internationale Verpflichtungen" vorsieht. Es wird notwendig sein, die Frage zu stellen, wie dieser Begriff auszulegen ist und worauf er sich bezieht. —





8) Siehe Dok. Nr. 3, Anm.

12.

9) Siehe Dok. Nr. 5. 10) Siehe Dok. Nr. 7, Anm. 23. M) Vgl. Dok. Nr. 7, Anm. 24. 96

Besprechung mit den Ministerpräsidenten

Nr. 8

eine Frage, die zunächst nebensächlich erscheinen könnte Die fünfte Frage ist enthalten in Ziff. 6, wonach die Besatzungsmächte, vorbehaltlich ihrer Sicherheitsbedürfnisse eine gewisse Habeas-corpus-Akte respektieren. Hier wäre zu fragen, ob jede alliierte Behörde, jede Polizeidienststelle der Besatzungsmächte selbst entscheiden darf, wann die Voraussetzungen zu einem Eingriff gegeben sind, oder ob eine höhere Dienststelle diese Entscheidung treffen muß und ob hier irgendein rechtlich geordnetes Beschwerdeverfahren gegeben ist. Die sechste Frage wird sich schlicht zu erstrecken haben auf die Bitte, den Inhalt von Ziff. 8 aufzuklären. Sowohl der englische wie der französische Text lassen nicht genau erkennen, wie weit die Bedeutung der Ziff. 8 geht, und in diesem Zusammenhang wäre die Frage nach einer Schlichtungsklausel zu stellen, die systematisch zu diesem Bereich gehört. Und endlich stellt der kleine Arbeitskreis zur Erwägung, als Schlußproblem vielleicht die Frage an die Militärgouverneure zu richten: Wie denkt man sich die Beendigung des Kriegszustandes, der heute noch besteht, obwohl die Kapitulation vor vier Jahren erfolgte? Wird man in irgendeiner Form erklären, daß der nackte Kriegszustand mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes und des Besatzungsstatuts aufhört, oder will man diese Frage völlig im Dunkeln lassen? Das sind die sieben Fragenbereiche, die dem kleinen Arbeitsausschuß wichtig erschienen. Der Arbeitsausschuß sah seine Aufgabe nur darin, Unklarheiten und Lücken in dem Dokument festzustellen, nicht aber eine politische Bewertung des Inhalts des Dokuments vorzunehmen. Präsident Dr. Adenauer: Es ist vielleicht zweckmäßig, wenn Herr Dr. Strauß ganz kurz noch einmal die verschiedenen Punkte der Reihenfolge nach ohne —



Erläuterungen aufführt. Dr. Strauß: 1. Fragenbereich: Einschaltung deutscher Stellen vor der Ausübung der vorbehaltenen Befugnis der Besatzungsmächte. 2. Fragenbereich: Auswärtige Beziehungen, internationale Verträge und alles was damit zusammenhängt. Zu diesem Fragenbereich gehört auch der weitere Fragenbereich der Kontrolle über den Außenhandel. 3. Fragenbereich: Besatzungskosten und andere Leistungen, mandatorische Aufträge. 4. Frage: Was bedeutet die Voraussetzung „Erfüllung internationaler Verpflichtungen" für die Wiederinanspruchnahme von Befugnissen, die den Deutschen schon eingeräumt waren, durch die Besatzungsmächte? 5.

Frage: Welche alliierte Stelle

setzt die

Voraussetzungen fest, wonach

unter

Sicherheitsgesichtspunkten Eingriffe gegenüber den einzelnen Staatsbürgern erfolgen können, und ist hier an ein rechtliches Berufungsverfahren gedacht? 6.

Frage: Inhalt und Tragweite

von

Ziff. 8 des

Besatzungsstatutes. Frage der

Schiedsklausel. 7.

Frage: Beendigung des Kriegszustandes12).

12) Die den Militärregierungen schriftlich übermittelten Fragen lauteten: (Z 12/79, Bl. 76—77): „l.Zu Ziffer 2 (c): In Verbindung mit Ziffer 5: Zulassung deutscher konsulari97

Nr. 8

Besprechung

mit den

Ministerpräsidenten

schlage vor, eine weitere Frage hinzuzufügen, nämlich die Fraverstehen ist unter dem Litera f von Ziff. 2, die besagt, daß zu den vorbehaltenen Gebieten auch die Beachtung des Grundgesetzes und der Länderverfassungen gehören soll. Im Zusammenhang mit dem Fusionsabkommen13) sieht die Sache so aus, daß, wenn auch auf diesem Gebiet unter den Hohen Kommissaren Mehrheitsbeschlüsse möglich sind, in dem Falle, daß ein Hoher Kommissar Rekurs einlegt, die Sache, da es sich um ein vorbehaltenes Gebiet handelt, an die Regierungen abgegeben wird und daß, wenn die Regierungen sich nicht einigen, also kein einstimmiger Beschluß der Regierungen zustande kommt, die Sache erledigt ist, also ein Vakuum entsteht. Präsident Dr. Adenauer: Ich würde vorschlagen, daß Sie (zu den Herren Ministerpräsidenten) vielleicht uns einmal Ihre Meinung nach der Richtung hin sagen, ob auch sie es für zweckmäßig halten, daß diese Fragenkomplexe angeschnitten werden und ob nach Ihrer Auffassung vielleicht noch andere Fragen gestellt werden sollen. Ministerpräsident Kopf: Das setzt voraus, daß der Parlamentarische Rat sich darüber einig ist, eine Kommission nach Frankfurt zu entsenden. Diese Einigkeit scheint zu bestehen. Dr. Schmid: Ich

ge,

was zu

scher Vertretungen im Ausland; Teilnahme deutscher Behördenvertreter an internationalen Konferenzen? 2. Zu Ziffer 2 (c): Ist beabsichtigt, die Besatzungskosten jährlich im voraus und pauschal festzusetzen? Was ist unter .ihren sonstigen Bedürfnissen' in Ziffer 2 (c) zu verstehen? Besteht die Absicht, die Höhe der Besatzungskosten in ein bestimmtes Verhältnis zur Gesamtlage der deutschen Haushalte und der deutschen Wirtschaft zu bringen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt ihrer Einbeziehung in die wirtschaftliche europäische Zusammenarbeit? 3. Darf erwartet werden, daß die Befugnisse zur Vergebung bei mandatorischen Aufträgen allein deutschen Stellen übertragen wird? 4. Zu Ziffer 2 (f): Gibt Ziffer (f) den Besatzungsbehörden die Befugnis, in die Rechtsprechung der deutschen Gerichte, insbesondere die Verwaltungs- und Verfassungsgerichtsbarkeit einzugreifen? Läßt sie die Nachprüfung einer derartigen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt ihrer Verfassungsmäßigkeit zu? 5. Zu Ziffer 2 (g): Wie weit soll der Begriff .Kontrolle über den Außenhandel' ausgedehnt werden, und was bedeutet die Kontrolle des deutschen Außenhandels: die Beaufsichtigung deutscher Behörden oder die Schaffung eigener Organisationen der Besatzungsmächte zur Manipulierung des Außenhandels? 6. Zu Ziffer 3: Was bedeutet die Befugnis der Besatzungsbehörden, die Ausübung der vollen Gewalt ganz oder zum Teil in Ausführung der internationalen Verpflichtungen ihrer Regierungen wieder zu übernehmen? 7. Zu Ziffer 6: Welche alliierten Stellen stellen fest, daß die Sicherheit der Besatzungsbehörden bedroht ist? Ist eine Nachprüfung dieser Entscheidung möglich? Sind die im Grundgesetz verbürgten Grundrechte den Besatzungsbehörden gegenüber wirksam? 8. Zu Ziffer 8: Wie ist Ziffer 8 auszulegen? 9. Wer entscheidet, wenn Zweifel über die Vereinbarkeit von Maßnahmen der Besatzungsbehörden mit dem Besatzungsstatut entstehen? 10. Es ist Nachrichten zufolge ein Abkommen über die Dreier-Kontrolle geschlossen worden. Über den Inhalt sind einige Nachrichten in die Presse gelangt. Wir bitten um einen authentischen Text. 11. Besteht die Absicht, bei Inkrafttreten des Grundgesetzes und des Besatzungsstatuts in den Rechtsfolgen des formell noch bestehenden Kriegszustandes Änderungen vorzunehmen? 12.

Wahlgesetz."

Zum Vorentwurf dieses Kataloges siehe Dok. Nr. 7, Anm. 26. Die mündlich während der Besprechung mit den Militärgouverneuren gestellten Fragen siehe Dok. Nr. 9, TOP 1. 13) Zum Fusionsabkommen siehe Dok. Nr. 6, Anm. 16, wo der Wortlaut abgedruckt ist. 98

Besprechung

mit den

Ministerpräsidenten

Nr. 8

Präsident Dr. Adenauer: Es ist nicht abgestimmt worden. Es wurde nur gesagt, es sei auch die Meinung vertreten worden, man solle besser nicht hingehen. Aber ich glaube doch annehmen zu dürfen, daß Einigkeit darüber besteht, daß man von der gegebenen Möglichkeit Gebrauch machen soll. Dr. Schmid: Ich glaube, daß das nicht im Besatzungsstatutausschuß beschlossen werden kann. Präsident Dr. Adenauer: Wir sind, streng genommen, nicht im BesatzungsstatutAusschuß. Aber die Frage ist berechtigt und ich glaube, wir können diese Frage auch bejahen. Schönfelder: Es wurde gesagt, man könne die Fragen auch schriftlich stellen und schriftlich beantworten lassen14). Präsident Dr. Adenauer: Ich hörte das auch. Ich glaube aber, da würde doch eine mündliche Besprechung bei weitem vorzuziehen sein. Herr Ministerpräsident Kopf, man kann davon ausgehen, daß eine Abordnung des Parlamentarischen Rates sich nach Frankfurt begeben wird. Bürgermeister Brauer: Wir hatten eine Vorbesprechung, und wenn ich diese Liste der Fragen, die von Herrn Dr. Strauß formuliert worden sind, ansehe, so liegt das alles auf dem Gebiet der Zweifelsfragen, die auch bei uns besprochen worden sind15). Wir würden es durchaus begrüßen, wenn eine Delegation des Parlamentarischen Rates diese Zweifelsfragen, die hier von Herrn Dr. Strauß vorgetragen worden sind, in einer Besprechung mit den Militärgouverneuren einer Klärung entgegenführen würde. Wir selbst haben uns heute morgen unterhalten über eine Erklärung zum Besatzungsstatut, die wir herausgeben wollen16). Die endgültige Formulierung ist noch nicht da, aber es ist eine allgemein gehaltene Erklärung, die auf Einzelheiten nicht eingeht. Wenn dann durch eine Besprechung in Frankfurt diese Dinge geklärt werden, so würde das auch uns eine Richtschnur und eine Aufklärung darüber geben, wie die Dinge interpretiert werden sollen. Präsident Dr. Adenauer: Sind Sie der Meinung, daß noch andere Fragen eingefügt werden sollen? Bürgermeister Brauer: Ich habe die Fragen verglichen mit dem, was in unserer Diskussion angeregt worden ist, und ich glaube, es deckt sich das alles mit den Fragen, die auch bei uns besprochen worden sind. Senatspräsident Kaisen: Es wird sehr schwer werden, bei der Besprechung irgendwelche deutschen Vorschläge zu machen, weil angenommen werden kann, daß dieser Entwurf quasi so halbwegs das fertige Dokument darstellt, das uns von den Alliierten übergeben worden ist. Aber wir müssen eine Frage besprechen, und zwar müssen wir uns darüber Auskunft geben lassen, wie das Verhalten der alliierten Besatzungsmächte untereinander organisiert ist und mit welchen Stellen wir es zu tun haben. (Zuruf: Das ist bestimmt im Organisationsabkommen17).)

14) 15) 16) 17)

Siehe die Ausführungen von Siehe Dok. Nr. 7, Anm. 8. Sie wurde später verlesen. Siehe Dok. Nr. 5, Anm. 1.

Wagner gegen

Ende

von

Dok. Nr. 7.

99

Nr. 8

Besprechung

mit den

Ministerpräsidenten

Das ist eine sehr wichtige Frage, daß man nachher weiß, wer drüben auf der anderen Seite Koch und Kellner ist. Sonst geht es uns wie bei allen unseren Bemühungen, im bizonalen Rahmen zu einem Fortschritt zu kommen, daß wir nicht vorwärts kommen. Dann kommt eine andere Frage, die wir aus unserer Praxis heraus aufgeworfen haben, die Frage des Schiedsgerichts. Wenn ein Parlament, das eine verfassungsmäßige Grundlage hat, irgendein Gesetz beschließt, und dieses Gesetz ist nach der Meinung der Deutschen im Rahmen der Befugnisse, die das Parlament hat, wenn aber auf der anderen Seite auch gewisse Weisungen der Alli-

ierten, gewisse Ermächtigungen, Gesetze, Kontrollratsgesetze usw. aufrecht erhalten bleiben manche davon werden ja wegfallen, aber ein gewisses Recht und wenn die Alliierten wird bleiben, das Recht des Besatzungsstatuts bleibt einen Einwand erheben und wenn sie sagen: nach unserer Auslegung des Besatzungsstatuts kann das Gesetz, obwohl es verfassungsmäßig in Ordnung ist, keine Gesetzeskraft bekommen, ihr müßt das und das ändern, dann haben wir die größten Schwierigkeiten mit dem Parlament, weil die Parlamente heute nicht mehr bereit sind, in diesem Falle solche Änderungen vorzunehmen. Es fehlt hier die Stelle, an die wir appellieren können. Es erhebt sich die Frage: Wer wird in diesem Falle nun entscheiden? Es kann manchmal eine sehr wichtige Frage sein. Die Frage des Schiedsgerichts hängt natürlich davon ab, ob man uns als Partner behandeln will. Das will man jetzt noch nicht. Es muß meines Erachtens eine der Kardinalforderungen für die Zukunft werden, ein solches Schiedsgericht zu bekommen. Wenn wir jetzt vor den Alliierten zu ihrem Besatzungsstatut Stellung nehmen, sollten wir darauf hinweisen, daß das ein Schritt sein muß, der bald kommen muß, wenn wir für die Entwicklung der Demokratie in Deutschland sorgen wollen, daß sie nicht immer das Knie beugen muß, denn das entwickelt die Demokratie nicht, es muß ein Rechtsboden vorhanden sein. Wenn wir solche Vorbehalte bringen, wird es möglich sein, nach 12 Monaten darauf zu verweisen, daß wir das damals bereits vorgebracht haben, und daß es sich als notwendig erwiesen hat. Wir werden das betrachten müssen als eine andauernde Kraftanstrengung, um eine Vollmacht nach der anderen zu bekommen, und es sollte meines Erachtens Aufgabe der Kommission sein, das heute schon zur Sprache zu bringen, aber auf der anderen Seite auch das Positive des Fortschritts zu betonen und zum anderen das zu sagen, was von deutscher Seite zu —



sagen ist. Wie steht

mit den weiteren Proklamationen und Weisungen der Besatder Vergangenheit in Bezug auf Art und Inhalt der deutschen zungsmächte Gesetze und Verordnungen? Die Alliierten haben sich vorbehalten, diejenigen Gesetze und Verordnungen aufzuheben, die nach ihrer Meinung aufgehoben werden können. Es wäre nötig, daß eine Zusammenarbeit in der Weise vorgesehen wird, daß, ehe die letzte Entscheidung fällt, die deutschen Stellen gehört werden. Es wäre gut, wenn eine deutsche Stelle bestimmt würde, die in der Lage wäre, die deutschen Wünsche in dieser Beziehung zur Geltung zu brines nun aus

gen.

(Dr. Katz: Das steht in Ziff. 100

7

ausdrücklich darin.)

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mit den

Ministerpräsidenten

Nr. 8

a sagt, daß die Alliierten von sich die Rechtsbestimmung außer Kraft setzen werden, die ihrer Meinung nach nicht in Einklang mit dem Besatzungsstatut stehen. Litera b besagt, daß die Verordnungen und Rechtsvorschriften der Besatzungsbehörden auf dem Gebiete der vorbehaltenen Sachgebiete kodifiziert werden, das heißt die Besatzungsbehörden werden selbst das ausscheiden, was ihrer Meinung nach nicht weiter erforderlich ist. Litera c besagt lediglich, daß auf den nicht vorbehaltenen Sachalso dort, wo die Deutschen prinzipiell frei sind, zu handeln oder gebieten nicht zu handeln die Alliierten jede Rechtsvorschrift außer Kraft setzen wolderen um len, Außerkraftsetzung wir sie ersuchen, wenn wir die Absicht hafrei zu gestalten oder durch eine Rechtsvorschrift neu zu diesen Bereich ben, schon eine Lücke vorhanden, nämlich auf den vorbehalist insoweit Es regeln. tenen Sachgebieten und grundsätzlich bei den Materien unter Ziff. 7 Litera a, also dort, wo es sich um schlechthin unvereinbares Besatzungsrecht handelt. Da wäre es schon gut, wenn wir die Möglichkeiten hätten, Wünsche vorzutragen. Präsident Dr. Adenauer: Ich darf Herrn Kaisen folgendes erwidern. Die neue Regierung wird selbst in der Lage sein, auf dem ganzen Gebiet aktiv zu werden. Wenn man sich vorstellt, welche Aufgaben diese neue Bundesregierung am Tag ihrer Entstehung vor sich sieht, kann man die Herren, die diese Bundesregierung bilden, nur auf das tiefste bedauern. Nun ist im Parlamentarischen Rat die Anregung gegeben worden, man sollte das Material, so gut man kann, schon jetzt sammeln und es dann der Bundesregierung übergeben, nicht etwa als Gesetzesvorschlag oder etwas Derartiges, sondern nur als Hinweis auf die verschiedenen Materien, die einer dringenden Erledigung bedürfen. Dazu würde nach meiner Meinung auch das Kapitel gehören, das Sie angeschnitten haben, nämlich die Durchsicht aller dieser alten Verordnungen. Es ist eine ungeheure Arbeit, und ich glaube, daß es da am besten ist, wenn die Länderchefs an diese Arbeit herangehen und das Material einzeln durchsehen denn diese Verordnungen lauten in den verschiedenen Zonen verschieden und uns dann im Laufe der weiteren Entwicklung dieses ganz Material gesichtete übergeben, damit es später der Bundesregierung überwiesen werden kann10). In den Ausführungen des Herrn Kaisen war etwas Weiteres enthalten, was praktisch richtig zu sein scheint. Er hat betont, daß man die Schiedsgerichtsfrage auch anschneiden solle, damit man für die Zukunft darauf hinweisen könne,

Dr. Schmid: Das steht nicht in Ziff. 7. Ziff. 7 aus









10) Überlegungen

im Sekretariat des Pari. Rates, wie die Gesetzgebungsarbeit des Bundes vorzubereiten wäre, hatte es bereits seit Dez. 1948 gegeben wie sich aus Korrespondenzen mit dem Zentraljustizamt in Hamburg, dem Verwaltungsrat des VWG und einzelnen Länderjustizministerien ergibt (Z 5/165: Gesetzgebungsausschuß 1948—1949). Im Juni 1949 wurde dann „zur Zusammenfassung und Auswertung der der Vorbereitung des Bundes dienenden Arbeiten" auf der Konferenz in Schlangenbad (14. ]uni 1949) ein Hauptausschuß und vier Koordinierungsausschüsse unter Beteiligung der Ministerpräsidenten, der Mitglieder des Überleitungsausschusses des Pari. Rates, von Angehörigen des Wirtschaftsrates und Vertretern der Wirtschaftsverwaltung der französischen Zone gebildet (Vermerk des Sekretariates des Pari. Rates vom 15. Juni 1949 ebenda). Vgl. auch Akten zur Vorgeschichte Bd. 5 passim. 101

Nr. 8

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mit den

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daß man von vornherein diese Frage im Auge gehabt hat. Vielleicht sind da in dieser Unterredung noch andere wichtige Dinge erwähnenswert, damit man später, wenn die Bundesregierung darangeht, das Besatzungsstatut Stück für Stück zu verbessern, darauf hinweisen kann, daß man von vornherein an diese und jene Dinge schon gedacht hat. Ministerpräsident Dr. Ehard: Die Frage der Bereinigung auf deutscher Seite ist eine Sache, die uns zunächst angeht und die nicht unmittelbar mit diesem Besatzungsstatut zusammenhängt. Was die Frage der Bereinigung im Zusammenhang mit dem Besatzungsstatut anlangt, so möchte ich folgendes sagen. Das Besatzungsstatut gibt zunächst den Deutschen gewisse, konkret umschriebene Rechte und es läßt manches zwischen den Zeilen offen. Ich wäre der Meinung, daß es falsch ist, wenn man allzu viele Einzelfragen in der Besprechung aufwirft. Ein Weiteres scheint mir auch sehr wichtig. Das Ganze kann sich so, wie es einmal ist, erst in der Praxis entwickeln, und wer verbietet es nach dem Besatzungsstatut einer künftigen deutschen Regierung, mit den Alliierten in Verbindung zu treten und zu sagen: hier ist eine Frage, die uns sehr unzweckmäßig erscheint, es hat sich das aus der Praxis ergeben, und wir sind der Meinung, wir sollten darüber sprechen. Das ist nicht verboten. Warum sollten wir jetzt alle Einzelheiten aufführen und sagen: wir möchten dieses und jenes. Dann könnte man uns später entgegenhalten: ja, das ist etwas ganz Neues, woran wir oder Sie nicht gedacht haben. Man müßte sich auf den Standpunkt stellen: was uns an Rechten gegeben ist, nehmen wir sehr gerne entgegen, und was an Rechten zwischen den Zeilen noch offensteht und noch unklar ist, das muß sich entwickeln. Darüber hinaus sind wir der Meinung, daß sich eine Reihe von Fragen ergeben können, die erst anhand einer praktischen Arbeit akut werden und die wir dann mit den Alliierten zu besprechen uns sehr wohl für befugt halten. Ich bin überzeugt, daß uns von alliierter Seite das Recht, in dieser Form an sie heranzutreten, in keiner Weise bestritten wird. Allzu sehr jetzt in Einzelheiten einzusteigen erschiene mir außergewöhnlich und vielleicht sogar bedenklich. Präsident Dr. Adenauer: Würden Sie diese Aufstellung, wie sie Herr Dr. Strauß gegeben hat, für zu weitgehend halten? Ministerpräsident Dr. Ehard: Soweit ich es beurteilen kann, ist es ein Ersuchen um eine Erläuterung, sonst nichts. Das können wir natürlich machen und dagegen hätte ich nicht die geringsten Bedenken. In der Richtung vorzustoßen, daß man etwa sagt: „Dürfen wir das?" oder: „Uns scheint das nötig" auch nur andeutungsweise —, hielte ich für absolut falsch. Dagegen ist es möglich, zu fragen: „Da ist eine Klausel, sie ist uns unklar, was ist damit gemeint?" oder: „Hier ist eine Frage, die, wie uns scheint, sofort in die Augen springt und zu der wir gerne eine Meinungsäußerung hätten". Bei einer Frage möchte ich allerdings zweifelhaft sein, und das ist die Frage, was mit den Verträgen ist, die das ehemalige Deutsche Reich geschlossen hat. Diese Frage zu stellen halte ich für überflüssig; das wissen wir. Ich erinnere an das ganze Gebiet des Urheberrechts19). Da werden wir eine Mordsohrfeige be—

'] Bereits

am

17. Dez. 1948 hatte der

Patentamtes 102

verabschiedet, das

Wirtschaftsrat ein Gesetz über die Errichtung eines den Alliierten wegen französischer Widerstände

von

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mit den

Ministerpräsidenten

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kommen. Hier scheint es mir das richtige zu sein, den anderen Standpunkt einzunehmen, den ich angedeutet habe. Wir brauchen ein Patentgesetz, einen internationalen Rechtsschutz; das ist eine Frage, die in Angriff genommen wer-

den muß in dem Augenblick, wo die Bundesregierung steht. te ich diese Frage jetzt nicht für zweckmäßig.

Infolgedessen hiel-

Bei den anderen

Fragen handelt es sich, soweit ich es überblicken kann, mehr Fragen, die nach der Erläuterungsseite hinzielen. Aber alles, was entwicklungsfähig ist an diesem Besatzungsstatut, das würde ich zunächst abseits lassen, es sei denn, daß man sich gesprächsweise darüber unterhält. Ich um

würde mich aber weder nach der einen noch nach der anderen Seite festlegen.

Präsident Dr. Adenauer: Ich teile Ihre Ansicht durchaus. Die neue Bundesregierung wird die Dinge aus der Praxis ganz anders sehen, als wir aus der Theorie. Bezüglich eines Punktes wären wir Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns Ihre Meinung sagen würden, nämlich bezüglich der Frage des Schiedsgerichtes. Von diesem Schiedsgericht ist immer in der Öffentlichkeit die Rede gewesen, und wir wissen, daß zwischen den Alliierten die Streitfrage bestand: Sollten Deutsche in das Schiedsgericht hinein oder nicht? Nun bekommen wir den Entwurf

Schiedsgericht. Ich glaube, daß da die Frage, was aus diesem Gedanken geworden ist und warum er jetzt nicht wieder erscheint, doch wohl aufgeworohne

fen werden muß.

Ministerpräsident Dr. Ehard: Ich würde es für durchaus möglich halten, daß Beispiel sagt: Wir vermissen dabei eine aktive Mitwirkung von deutscher Seite bei der Erledigung gewisser Streitfragen. Es gibt gewisse Streitframan zum

gen, die den Alliierten vorbehalten sind, es gibt aber auch andere Streitfragen, die an der Grenze liegen und die eine Teilnahme und Mitwirkung von deutscher Seite wünschenswert erscheinen lassen; Wir bedauern, daß das nicht vorgesehen ist, und wir wünschen, daß sich das im Laufe der Entwicklung noch

ergibt. Renner: Die kommunistische Fraktion hat es für richtig gehalten, zu den eingereichten Fragen noch zwei weitere Fragen von absolut politischer Natur hinzuzufügen, und es wäre sehr interessant, die Meinung der Herren Ministerpräsidenten zu diesen Fragenkomplexen zu erfahren. Die erste Frage, die unserer Meinung nach an die Militärgouverneure gestellt werden müßte, ist die, ob dieses Besatzungsstatut beinhaltet oder dokumentiert, daß von den Bedingungen des Potsdamer Abkommens endgültig abgerückt und abgewichen wird. Diese Fragestellung scheint notwendig, weil a) in Ziff. 2 einige Punkte aufgezeichnet sind, die scheinbar darauf hinzielen, das Potsdamer und das ist das entscheidende in der Abkommen zu erfüllen und weil b) Einleitung die drei westlichen Besatzungsmächte das Recht, uns dieses Besat—



jedoch nicht gebilligt worden war. Vgl. Akten zur Vorgeschichte Bd. 5, insbes. S. 330, Anm. 8. Zu Clays erboster Reaktion über die Haltung der Franzosen siehe Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 84-85. 103

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zungsstatut aufzuerlegen, aus der Tatsache herauskonstruieren, daß sie behaupten, daß die oberste deutsche Gewalt auf sie übergegangen sei. Wir Kommunisten sind der Auffassung, daß dieser Standpunkt unhaltbar ist. Wir sind der Auffassung, daß mit dem Berliner Abkommen vom Juni 194520) die deutschen staatlichen Hoheitsrechte auf die Gesamtheit der Besatzungsmächte übergegangen sind und daß sie ausgeübt werden vom Kontrollrat. Wir sind der Auffassung, daß der Kontrollrat in seiner Gänze Träger der deutschen staatlichen Hoheitsrechte ist und daß er diese Hoheitsrechte im Augenblick durch ausländische Personen ausübt. Wir sind, ausgehend von dieser Auffassung, der Meinung, daß nur der Kontrollrat in seiner Gesamtheit dieses oberste Recht, die oberste deutsche Gewalt anwenden darf. Wir sind also schlußfolgernd daraus der Auffassung, daß nicht Einzelstaaten der Siegermächte, daß die Londoner Konferenz berechtigt ist, sich nicht um es klar zu sagen seine Rechte anzumaßen, die nur dem Kontrollrat zustehen. Die Klärung dieser Frage erscheint um so notweniger, weil gleiche oder ähnliche Gedankengänge von einer führenden Persönlichkeit des Parlamentarischen Rates noch vor einigen Wochen im Ausland zum Ausdruck gebracht worden sind. Ich meine Sie, Herr Dr. Adenauer21). Und nun aus dieser Fragestellung heraus die zweite Frage: Ist dieses Besatzungsstatut ein Ersatz für den Friedensvertrag? Wie denken sich die westlichen Besatzungsmächte, ausgehend von der von ihnen geschaffenen Situation, die Schaffung eines Friedensvertrages für Gesamtdeutschland? Im Zusammenhang damit die weitere Frage: Wie lange noch soll die Besatzung dauern und wann bekommen wir einen Friedensvertrag? Diese Fragen müßten meines Erachtens den Herren Gouverneuren vorgetragen werden, weil ja die Behandlung dieser Fragen für das deutsche Volk wesentlich bedeutsamer ist als eine Klärung der mehr formellen Fragen, die bisher im Laufe der Diskussion zutage getreten sind. Ich meine damit auch die Frage der Einrichtung eines Schiedsgerichtes. Das ist das, was ich im Augenblick zu den Dingen zu sagen habe, und ich bin gespannt auf die Antwort der Herren Ministerpräsidenten. Ministerpräsident Kopf: Da wir, entgegen der berechtigten Hoffnung, nicht vor denn ich nehme nicht dem Erlaß des Besatzungsstatuts gehört worden sind an, daß das, was uns vorgelegt ist, ein Entwurf ist, zu dem wir noch Stellung nehmen können, sondern daß es das endgültige Besatzungsstatut ist glaube ich, daß sich die Herren vom Parlamentarischen Rat, die nach Frankfurt gehen, —







20) Siehe Dok. Nr. 7, Anm. 18. 21) Adenauer hielt am 23. März

1949 vor der Schweizer Gruppe der Interparlamentarischen Union in Bern eine Ansprache, in der er vor allem die Demontagepolitik attackierte und die wegen ihres selbstbewußten Tons international besondere Aufmerksamkeit erregte. Teilabdruck in Adenauer: Erinnerungen Bd. I, S. 182—192; siehe auch Der Tagesspiegel vom 26. März 1949, Erstes Echo auf Adenauers Berner Rede. Carlo Schmid, der ebenfalls in Bern als Redner eingeladen war, mußte Adenauers Rede schon deshalb als Affront auffassen, weil dieser die ihm zugedachte Redezeit beträchtlich überschritt, so daß für die Rede von Schmid kaum noch Zeit übrig blieb. Siehe Carlo Schmid: Erinnerungen, S. 414—416 „Kontroverse in Bern".

104

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bei ihrer Fragestellung lediglich auf Zweifelsfragen beschränken sollen, die aus dem Dokument sich ergeben, und daß sie nicht darüber hinaus gehen sollen. Zinn: Zunächst scheint es mir wesentlich zu sein, zu dem, was Herr Renner gesagt hat, einiges richtig zu stellen. Es ist nicht richtig, daß der Kontrollrat ausschließlich die oberste Gewalt in Deutschland nach dem Potsdamer Abkommen oder nach dem Berliner Abkommen vom 5. 6. 1945 innehat, sondern es ist so, daß der Kontrollrat die oberste Gewalt nur in Fragen innehat, die Deutschland als Ganzes betreffen, im übrigen aber diese Gewalt von den einzelnen Besatzungsmächten oder Militärbefehlshabern in den einzelnen Besatzungszonen ausgeübt wird. Es ist bedeutsam, daß hier in diesem Besatzungsstatut in der Präambel nicht etwa erklärt wird, daß nun die drei Westmächte die oberste Gewalt anstelle des Kontrollrats in den Westzonen übernehmen, sondern sie bringen nur zum Ausdruck, daß sie wie bisher die oberste Gewalt beibehalten. Es ist nicht so, daß hier von dem Potsdamer Abkommen oder von dem Berliner Abkommen vom 5. 6. 1945 abgewichen wird, wobei im Augenblick uninteressant ist, daß der Kontrollrat nicht besteht. Diese Frage ist von einer gezwar nicht de jure, aber de facto wissen Bedeutung schon wegen der grundsätzlichen Haltung, die der Parlamentarische Rat von Anfang an gegenüber diesen Problemen eingenommen hat, indem er erklärte, eine Annexion Deutschlands sei nach dem 5. 6. 1945 nicht erfolgt. Wir haben unbeschadet des Rechtes der Selbstorganisierung auch heute noch den Anspruch des deutschen Volkes auf Wiederherstellung seiner wirtschaftlichen und politischen Einheit festgehalten. Das ist hier immer wieder zum Ausdruck gebracht worden, auch damals in der ersten Plenarsitzung des Parlamentarischen Rates22) und zwar von den Vertretern aller politischen und es ist auch in der Rede des Herrn Dr. Adenauer in der Richtungen Schweiz23) in diesem Sinne zum Ausdruck gebracht worden. Das würde ich ruhig in einer geeigneten Form den Militärgouverneuren gegenüber irgendwie andeuten. Ich würde darüber hinaus nicht davon sprechen, daß dieses Besatzungsstatut die Rechte der deutschen Behörden auf Selbstregierung erweitert, sondern ich würde sagen: Der Sinn dieses Besatzungsstatuts soll und kann nach deutscher Auffassung nur sein eine Selbstbeschränkung der Rechte der westlichen Besatzungsmächte, eine Beschränkung, die sie sich selbst setzen. Das muß nach unserer Auffassung klar herausgestellt werden. Nun zu den konkreten Einzelheiten der Besprechung am Donnerstag. Es ist heute morgen darauf hingewiesen worden, daß dieses Besatzungsstatut zwar rechtlich noch einen Entwurf darstellt, politisch aber nicht, so daß wir es politisch als fait accompli zu betrachten haben und daß irgendeine Änderung des Besatzungsstatuts, selbst wenn sie von uns angeregt und gewünscht würde, nicht möglich sei, weil das Besatzungsstatut das Ergebnis einer Vereinbarung der drei Außenminister ist. Infolgedessen halte ich jeden förmlichen Gegenvorschlag für abwegig, denn wir wissen von vornherein, daß er politisch nicht durchführbar ist. Ich würde mich deshalb auch, wie Herr Ministerpräsident Dr. —







22) Erste Plenarsitzung des Pari. 23) Siehe Anm. 21.

Rates

vom

1.

Sept. 1948, Stenographische Berichte, S. 1 ff. 105

Nr. 8

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Ministerpräsidenten

Ehard es vorgeschlagen hat, auf möglichst wenige Einzelfragen beschränken. Einmal wird es den Militärgouverneuren gar nicht möglich sein, wirklich verbindliche erschöpfende Auskunft zu geben, und zweitens ist es zweckmäßig, die Fragen im Laufe der Zeit von den zuständigen Stellen vortragen zu lassen, weil sich im Laufe der Zeit von selbst ergibt, daß diese oder jene Sache aus sachlichen Gründen anders geregelt werden muß. Wir kommen meines Erachtens damit weiter. Außerdem besteht die Gefahr, wenn wir hier über allzu viele Einzelheiten Auskunft verlangen, also die Militärgouverneure gewissermaßen zu einer ins einzelne gehende Interpretation ihres Besatzungsstatuts veranlassen, daß diese Erklärungen nachher irgendwie die nachgeordneten Stellen der Hohen Kommissare binden oder daß sich diese Stellen irgendwie zu unserem Nachteil gebunden fühlen. Man sollte jede nicht unbedingt notwendige Interpretation vermeiden. Wer mit den Besatzungsbehörden in der vergangenen Zeit Umgang gehabt hat, wird immer die Erfahrung gemacht haben, daß nachgeordnete Stellen der Militärregierungen sich auf bei einer solchen Konferenz gefallene Äußerungen eines ihrer Befehlshaber berufen. Aus diesem Grunde würde ich empfehlen, möglichst wenig Einzelheiten zur Erörterung zu bringen, was nicht ausschließt, daß man z. B. zum Ausdruck bringt, man bedauere es, daß eine schiedsgerichtliche Stelle nicht vorgesehen ist; denn diese Frage liegt außerhalb des materiellen Inhalts des Statuts. Wir bringen damit nur zum Ausdruck, daß hier das Statut den Charakter einer effektiven Rechtsnorm verläßt, weil keine Stelle da ist, die als unabhängige Stelle von den Betroffenen angerufen werden könnte. Die einzige Auskunft, die man vielleicht in vorsichtiger Form verlangen könnte, würde Punkt 8 betreffen, von dem ich glaube, daß er hineingekommen ist, weil keine Schiedsgerichtsklausel in dem Besatzungsstatut enthalten ist. Dieser Punkt 8 scheint mir das Bedenklichste im ganzen Statut zu sein, weil er darauf hinausläuft, eine nicht widerlegbare Vermutung aufzustellen, daß jede Maßnahme der Besatzungsmächte, die damit begründet wird, daß sie auf alliiertem Abkommen beruht oder auf dem Besatzungsstatut selbst beruht, einfach auf Grund dieser formalen Vermutung wirksam wird. Das ist eine an sich sehr bedenkliche Auslegung; dazu kann man vielleicht in vorsichtiger Form eine Erklärung verlangen. Im übrigen würde ich bei dieser ersten Besprechung keine eingehenden Fragen stellen und keine eingehende Interpretation des Statuts verlangen. Renner: Meines Erachtens ist hier nicht der Platz, Kritik am Besatzungsstatut zu üben; das hat hier wenig Sinn. Ich bin aber der Meinung, daß die Militärgouverneure vom Parlamentarischen Rat bzw. von der zu entsendenden Delegation etwas mehr erwarten als nur die Abgabe eines Fragebogens, in dem die noch zu bereinigenden Unklarheiten und die noch auszufüllenden Lücken aufgeführt sind. Ich bin der Meinung, daß die Militärgouverneure vom Parlamentarischen Rat zum mindesten eine Bejahung des Besatzungsstatuts erwarten. Ob sie sie bekommen werden, steht auf einem anderen Blatt; das wird sich morgen klären24).

24I

106

Renner spielte auf die Sitzung des Hauptausschusses vom 13. April 1949 an, auf der über einen Antrag der KPD-Fraktion (Drucks. Nr. 695) abgestimmt wurde, nach der das Besatzungsstatut zurückgewiesen werden sollte (Z 5/134). Siehe Anm. 28.

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Aber nun zu der Frage, die den Herrn Zinn zu einer Antwort ermutigt hat, noch eine kurze Ausführung. Das Große und Entscheidende am Potsdamer Abkommen scheint mir darin zu bestehen, daß es Bestimmungen enthält, wonach Zug um Zug die deutschen staatlichen Hoheitsrechte an deutsche Stellen zurückgegeben werden sollen. Am Ende der Erfüllung dieser Bestimmung stand die Zusage, daß Gesamtdeutschland einen Friedensvertrag erhalten soll. Im Potsdamer Abkommen war die Bildung einer Außenministerkonferenz festgelegt, deren Aufgabe ursprünglich darin bestanden hat, die Bedingungen für diesen gesamtdeutschen Friedensvertrag auszuarbeiten. Es gibt meiner Meinung nach keinen Zweifel in der Frage, daß die Schaffung eines Friedensvertrags für Gesamtdeutschland nur dann möglich ist, wenn der Kontrollrat in seiner ursprünglichen Zusammensetzung und im Rahmen seiner ursprünglichen Funktionen reaktiviert wird. Ich bin darüber hinaus der Meinung, daß jeder Deutsche ein Interesse daran haben muß, daß dieser Kontrollrat in seinem ursprünglichen Rahmen mit seiner ursprünglichen Aufgabe und Stellung möglichst bald wieder wirksam wird. Ich habe hier nicht zum Ausdruck gebracht, daß es den Militärregierungen der einzelnen Besatzungszonen nicht zusteht, für ihre Zonen Ausführungsbestimmungen, wie ich das nennen möchte, anzuordnen. Aber es ist doch heute noch so, daß auch in der britischen Zone, wenn Anordnungen ergehen, die nur ergehen können in Ausübung der deutschen Hoheitsrechte, die britische Militärregierung sich ausdrücklich auf Vorgänge, Anordnungen und Gesetze der interalliierten Militärkommission beruft. Offensichtlich ist also auch die britische Militärregierung der Auffassung, daß der einzige Rechtsboden zur Durchführung derartiger ergänzender Bestimmungen für ihr Zonengebiet die Gesetze, Verordnungen und Anordnungen der interalliierten Kontrollkommission sind. Das geht soweit, daß man sich, wenn man gegen einen Deutschen einen Strafprozeß durchführen will, ausdrücklich auf die Gesetze und Anordnungen der interalliierten Kontrollkommission beruft. und da besteht zwischen mir und der Auffassung des Ich bin der Meinung Zinn ein absoluter Widerspruch —, daß es keine brennendere und akKollegen tuellere gesamtdeutsche Frage gibt, als die der Schaffung eines Friedensvertrags für Gesamtdeutschland. Da meiner Überzeugung nach dieser gesamtdeutsche Friedensvertrag auf der Basis der Spaltung, wie sie heute vom Westen aus betrieben wird, niemals Zustandekommen kann und niemals Zustandekommen wird, bin ich der Auffassung, daß wir als Deutsche darauf hinzielen müßten, diesem Kontrollrat wieder seine alten Befugnisse zurückzugeben. (Zuruf von der SPD: Wir?) Ja, wir müssen das anstreben und wünschen und diesen Wunsch den Militärgouverneuren gegenüber klar aussprechen. Wir müßten ihnen sagen: Ihr habt kein Recht, unter Mißbrauch der von euch übernommenen deutschen Hoheitsrechte Westdeutschland abzuspalten, ihr habt die Verpflichtung, uns einen gesamtdeutschen Friedensvertrag zu geben; diese Verpflichtung habt ihr feierlich übernommen. (Präsident Dr. Adenauer: Dann muß der Kontrollrat fort.) Nein, der Kontrollrat muß nicht fort, er muß wieder wirksam werden, er muß die Bedingungen für die Durchführung des gesamtdeutschen Friedensvertrags —

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herbeiführen. Wer sich auf diese Methode, wie sie jetzt geübt wird, einläßt, innerlich zugibt, daß unter Mißbrauch eines gesamtdeutschen Hoheitsrechts die westlichen Besatzungsmächte einen Ersatzfriedensvertrag, ein Besatzungsstatut uns aufoktroyieren, der begibt sich als Deutscher seiner Hoheitsrechte, die er auszuüben berechtigt ist und die die anderen nur vorübergehend für uns ausüben. Das ist unser Standpunkt. Darum sind wir der Meinung, daß den Militärgouverneuren gesagt werden müßte: Wir verlangen einen Friedensvertrag für Gesamtdeutschland. Darf ich Sie daran erinnern, daß Sie in all den zurückliegenden Monaten Ihr Werk, Ihren Verfassungsentwurf als ein Werk für Gesamtdeutschland hingestellt haben? Warum wollen Sie jetzt von Ihrer Konzeption abweichen und sich mit einem Besatzungsstatut für den separaten westdeutschen Bund begnügen? Ist das deutsch? Ist das nicht ein Schlag ins eigene Gesicht? Präsident Dr. Adenauer: Ich darf wohl feststellen, daß abgesehen von Herrn zwiRenner Übereinstimmung besteht wenigstens in den großen Fragen schen der Ansicht, die Sie, meine Herren Ministerpräsidenten vertreten haben, und der Ansicht, die hier von sehen der Mitglieder des Ausschusses des Parlamentarischen Rates vertreten worden ist. Ich darf noch einmal auf eine Frage zurückkommen, die Herr Bürgermeister Kaisen, kurz ehe wir zusammentraten, angeschnitten hat. Sie (zu den Herren Ministerpräsidenten) werden ein Pressekommuniqué erlassen, und wenn ich Sie recht verstanden habe, wird dieses Pressekommuniqué auch positive Dinge unterstreichen25). Ich glaube, daß wir darin einig gehen sollten, daß nicht etwa wer



25) Das Kommuniqué wurde im folgenden verlesen. Als Dokument in: Z 12/70, Bl.



15. Abdr. der endgültigen, noch leicht redigierten Fassung in der Neuen Zeitung vom 14. April 1949, S. 1. Es wurde auch als Umdruck des Sekretariates Nr. S 31 vervielfältigt (Z 5/202). Warum sich der Pari. Rat dieser Stellungnahme nicht anschloß, ergibt sich aus den greifbaren Unterlagen nicht. Im Zweiwochenbericht des US-Verbindungsstabes vom 27. April 1949 hieß es jedoch, wegen der politischen Meinungsverschiedenheiten der zwei großen Parteien sei es nicht zu einer gemeinsamen Resolution gekommen (Z 45 F, 15/147-1/5). Seitens des Pari. Rates erfolgte keine weitere Stellungnahme, wenn man von der Erklärung absieht, die Adenauer als Präsident zu Beginn der Besprechung mit den Militärgouverneuren am 14. Mai 1949 (Dok. Nr. 9) abgab. Der erweiterte Parteivorstand der SPD hatte am 11. April 1949 folgende Erklärung zum Besatzungsstatut abgegeben: „Es ist zu begrüßen, daß dem Wunsch, dem Parlamentarischen Rat Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf des Besatzungsstatuts zu geben, entsprochen worden ist. Das Statut erlaubt auf einigen Gebieten den Deutschen eine umfassendere Selbstregierung als bisher. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß die Besatzungsmächte in dem Statut festlegen, daß sie nach wie vor die Ausübung der obersten Gewalt in Deutschland beibehalten. Wesentlich wird die Art und Weise der Handhabung des Statuts sein. Bei einer weisen Handhabung kann es zu einer allmählichen Erweiterung der deutschen Autonomie führen. Die SPD bedauert es, daß der Anregung, eine schiedsrichterliche Instanz einzuführen und damit ein staatsrechtliches Prinzip zu verwirklichen, nicht Rechnung getragen worden ist: Die eigentliche Bedeutung des Statuts läßt sich erst in Verbindung mit dem Fusionsabkommen der Besatzungsmächte erkennen" (Neuer Vorwärts, 16. April 1949). Schumacher selbst äußerte sich noch wesentlich schärfer: „Die Souveränität ist weder ganz noch teilweise, weder direkt noch indirekt den Deutschen gegeben worden. Die zur Verbreiterung der deutschen Tätigkeit und der deutschen Verantwortung zu fordernden entscheidenden Schritte sind diesmal noch

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sehen des Parlamentarischen Rates nur das Negative hervorgehoben werden sollte, sondern auch der Fortschritt. (Zuruf des Abg. Reimann) Herr Reimann, treten Sie jetzt an die Stelle von Herrn Renner? Ich wollte Ihnen den sachlichen Inhalt des von den Herren Ministerpräsidenten verfaßten Pressekommuniques mitteilen. Die Herren sagen, einzelne Worte können noch geändert werden, aber es kommt nur auf den Inhalt an, weil das auch wertvoll ist für den Parlamentarischen Rat, wenn wir jetzt nach Frankfurt gehen, daß wir in der Grundtendenz unserer Haltung mit Ihnen konform gehen. „Die Ministerpräsidenten der westlichen Besatzungszonen haben von dem Wortlaut des in Aussicht genommenen Besatzungsstatuts Kenntnis genommen. Sie erblicken in diesem Dokument einen bedeutsamen Fortschritt auf dem Wege zur Wiedererlangung der Souveränität des deutschen Volkes. Wenn auch zahlreiche und gewichtige Wünsche noch unerfüllt bleiben und wenn auch der Wert des Dokumentes erst durch die Art seiner Durchführung bestimmt wird, so muß doch anerkannt werden, daß Einleitung und Schluß des Dokumentes eine Haltung der Besatzungsmächte zu erkennen geben, die für die gleichberechtigte Einordnung Deutschlands in die europäische Völkerfamilie eine gedeihliche Entwicklung erhoffen läßt." Reimann: Herr Adenauer, Ihre Bemerkung vorhin schießt ins Leere; denn so, wie ich die Einladung verstanden habe, sind zu der heutigen Aussprache auch die Fraktionsvorsitzenden geladen. Ich möchte Sie fragen, Herr Dr. Adenauer, ob die beiden Fragen, wie ich sie schon vorgeschlagen habe und wie jetzt Herr Renner sie vorschlägt, den Militärgouverneuren vorgelegt werden sollen. Ich möchte hierzu eine Antwort haben. Präsident Dr. Adenauer: Ich nehme an, Herr Reimann, daß derjenige Ausschuß des Parlamentarischen Rates, der die Verhandlung in Frankfurt vorbereitet, für sich allein noch tagen wird und daß er selbstverständlich dann auch den von Ihnen ausgesprochenen Wunsch, man sollte den Gouverneuren sagen, wir verlangen einen Friedensvertrag, behandeln wird26). Aber ich weiß nicht, ob wir nun in Gegenwart der Ministerpräsidenten, deren Zeit doch beschränkt ist, djese Frage erörtern sollen. nun von

eingeleitet worden. [. .] Für die Arbeit des Parlamentarischen Rates schafft das Beneuen Unterlagen von entscheidender Bedeutung. In rosarotem Optimismus zu schwelgen, würde Verantwortungslosigkeit gegenüber dem deutschen Volk und den Wunsch bedeuten, parteitaktische Ziele mit Hilfe der Alliierten durchzusetzen." (Neuer Vorwärts 16. April 1949: „Souveränität bleibt bei den Alliierten"). Der Britische Verbindungsstab berichtete unter dem 12. April 1949 zusammenfassend nicht

satzungsstatut keine

.

über die Reaktion auf das Besatzungsstatut (PRO FO 1030/87): „Here has been little comment on the Occupation Statute. Generally, it is felt that the statute is not bad providing the atmosphere between the Germans and the Allies is favourable. Otherwise it is realised that the Allies retain power to hamstring the Federal Government. The most attractive part of the proposals is the possibility of neutralising French policy in Germany, on the other hand there appears to be disappointments at the omission of an independent court of appeal." 26) Zur Vorbereitung der Konferenz in Frankfurt am 14. April 1949 siehe Dok. Nr. 9, Anm. 4. 109

Nr. 8

Besprechung

mit den

Ministerpräsidenten

Reimann: Ich glaube, diese Fragen sollten doch mit den Herren Ministerpräsidenten abgestimmt werden? Präsident Dr. Adenauer: Ich glaube nicht, Herr Reimann. Reimann: Insofern nämlich, als wir uns einig werden wollten über die Fragen. So steht es in der Einladung. Sie haben das selbst verlesen. Präsident Dr. Adenauer: Verzeihen Sie, Herr Reimann, dann darf ich das wiederholen: Es ist seinerzeit zwischen den Ministerpräsidenten und uns ein Abkommen dahingehend getroffen worden, daß wir zusammentreffen wollten, sobald das Besatzungsstatut uns übermittelt sei, und zwar, um in unserer öffentlichen Stellungnahme zu diesem Besatzungsstatut eine möglichste Übereinstimmung herzustellen27). Das ist das eine. Und dann haben die Ministerpräsidenten sich bereit erklärt, aus ihren Erfahrungen in der Behandlung mit den Alliierten etwas mitzuteilen, damit wir diese Erfahrungen bei den Verhandlungen in Frankfurt uns zunutze machen sollen. Nun haben Sie gehört, daß die Herren Ministerpräsidenten ein Kommuniqué etwa in der Form, wie es eben vorgelesen worden ist, der Öffentlichkeit übergeben werden. Reimann: Das bedeutet, daß die Ministerpräsidenten dieses Besatzungsstatut ak-

zeptieren.

Präsident Dr. Adenauer: Sie haben gehört, welches Kommuniqué die Herren der Öffentlichkeit übergeben werden. Ob die Herren, die jetzt noch das eine oder andere ändern wollen, geneigt sind, auf Ihre Anregung einzugehen, das müssen Sie wohl den Herren selbst überlassen, und wir haben kein Recht und keine Veranlassung, die Herren um ihre Meinung zu bitten. Wir haben nun unsere Verhandlungen in Frankfurt selbst vorzubereiten und es wird diesen Nachmittag und eventuell noch morgen Zeit sein, um dazu Stellung zu nehmen. Ich glaube aber nicht, Herr Reimann, daß wir in der Lage sind, eine Abstimmung vorzunehmen. Das scheinen Sie zu wünschen?

(Reimann: Nein.) wünschen Sie denn? Renner: Die Abstimmung schenken wir Ihnen. Ich warte nur noch ab, daß eine gleichlautende Stellungnahme von der Mehrheit des Parlamentarischen Rates eingenommen wird. Das wird morgen geschehen28). Dann liegen sich beide in

Ja,

was

27) Siehe Dok. Nr. 7, Anm. 3. 28) Auf der 56. Sitzung des Hauptausschusses vom 13. April 1949 wurde nach einer sehr heftigen Debatte, bei der die Redezeit auf 15 Minuten für jede Fraktion begrenzt worden war, folgender Antrag der KPD (Drucks. Nr. 695) abgelehnt: „Der Parlamentarische Rat weist das von den westlichen Besatzungsmächten bekanntgegebene Besatzungsstatut zurück. Nach Kenntnisnahme des Inhalts des Besatzungsstatuts kommt der Parlamentari-

sche Rat zu der Überzeugung, daß es das Potsdamer Abkommen bricht und die Spaltung Deutschlands vollzieht. Es gibt dem deutschen Volk seine Souveränität, seine staatlichen Hoheitsrechte, deren Rückgabe an das deutsche Volk nach Durchführung der Bestimmungen des Potsdamer Abkommens zugesichert ist, nicht zurück. Unter Bruch des Potsdamer Abkommens versagt es die Bildung einer gesamtdeutschen Regierung und damit auch den versprochenen Friedensvertrag für Gesamtdeutschland mit dieser Regierung. Es verewigt somit die Dauer der Besetzung und die daraus resultierende Beratung nationaler, sozialer und materieller Art für das deutsche Volk. Die Mitglieder des Parlamenta-

110

Besprechung

mit den

Ministerpräsidenten

Nr. 8

den Armen und sind sich einig: Ministerpräsidenten und Parlamentarischer Rat. Die Situation wollten Sie ursprünglich haben. Präsident Dr. Adenauer: Ich glaube, daß wir damit heute vormittag am Schluß unserer Beratung angekommen sind. Ich danke in Ihrem Namen den Herren Ministerpräsidenten dafür, daß sie trotz der Arbeit, die sie haben, gekommen sind.

rischen Rates lehnen es daher ab, sich noch weiterhin an der Verwirklichung dieser Pläne der Westmächte, die die Einheit Deutschlands und seinen Wiederaufbau zu einem demokratischen, unabhängigen, wirtschaftlich gesunden und friedfertigen Staatswesen verhindern, zu beteiligen. Der Parlamentarische Rat ist sich dessen bewußt, daß er mit dieser Haltung den Forderungen und Wünschen der überwältigenden Mehrheit des deutschen Volkes gerecht wird. Das deutsche Volk wünscht kein Besatzungsstatut, sondern die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands, die Bildung einer gesamtdeutschen Regierung, den Abschluß eines Friedensvertrages mit derselben und den Abzug aller Besatzungstruppen, wie das dem deutschen Volk in dem Potsdamer Abkommen von allen Besatzungsmächten zugesichert worden ist." Zugleich wurde die Zusammensetzung der Delegation für die Unterredung mit den Militärgouverneuren (vgl. Dok. Nr. 9, Anm. 4) beschlossen. Verhandlungen des Hauptausschusses, S. 739-742. Über diese Sitzung des Hauptausschusses und über einen sich anschließenden Zwischenfall berichtete die Frankfurter Rundschau am 14. April 1949 wie folgt: „Der KPDAbgeordnete Renner beklagte sich, daß man seine Fraktion bei der Zusammenstellung der Delegation übergangen habe und beantragte nachträglich noch einen Abgeordneten der KPD hinzuzuwählen. Als der Antrag gegen die Stimmen der KPD abgelehnt wurde, rief Reimann: Jetzt haben sie sich selbst vergewaltigt', was wiederum den CDU-Abgeordneten Dr. Strauß zu dem Zwischenruf veranlaßte: .Sie sind ja Experte in Vergewaltigungen.' Dieser Zwischenruf hätte beinahe zu einem unliebsamen Zwischenfall geführt, denn nach Schluß der Sitzung stellten die KPD-Abgeordneten Reimann und Renner im Flur den Dr. Strauß wegen seines Zurufes zur Rede und verlangten, er sollte sich für diese beleidigenden Äußerungen entschuldigen. Als Strauß erklärte, er könne seine Worte nicht zurücknehmen, da er Reimann nicht persönlich gemeint habe, sondern lediglich die KPD, im übrigen solle Reimann erst einmal seine eigenen, besonders gegen Dr. Adenauer gerichteten Beleidigungen zurücknehmen, rief Reimann wütend, wenn Strauß bei seinen beleidigenden Äußerungen bleibe, werde er ihm in die .Fresse' hauen." Zur weiteren Behandlung des Vorfalls siehe Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat S. 485, Anm. 2. III

Nr. 9

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9 Besprechung Militärgouverneure der drei westlichen Besatzungszonen mit einer Delegation des Parlamentarischen Rates in Frankfurt/Main1)

der

14.

April

Z 12/70, Bf. 38-73. Undat. und ungez. stenogr. Kurzprot.: Z 12/71, Bl. 217-219

1949

Wortprot.2)

Anwesend3): Militärgouverneure: General Clay (Vors.), General Robertson, General Koenig Mitarbeiter der Militärregierungen: Riddleberger, Simons (USA); Steel, Chaput de Saintonge (Großbritannien); Seydoux, Sabatier (Frankreich) Parlamentarischer Rat4): Adenauer, Pfeiffer, Lehr, Kaufmann, Schmid, Menzel, Zinn, Höpker-Aschoff, Frau Wessel; Kaiser, Suhr (Berliner Vertreter)

Stenografisches Beginn:

Büro:

Herrgesell

Ende: 17.40 Uhr

14.40 Uhr

1) Die Besprechung fand im großen Konferenzraum des IG-Farbenhochhauses statt. 2) Auf Bl. 38 oben handschriftlich „Vertraulich", rechts oben „5. Ausfertigung" vermerkt.

Wortprotokoll

Ein

Englisch von alliierter Seite als Abschrift in: Z 22/127, Bl. 77-96. Ein detaillierter Bericht von Riddelberger über die Sitzung in: Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 237—242. Darin auch Informationen über die dem Treffen vorausgehende Beratung der Militärgouverneure, bei dem es vor allem um die Frage ging, ob man dem Pari. Rat die „message of guidance on basic law" (siehe Anm. 40 a) der Außenminister an die Miliin

tärgouverneure mitteilen solle.

Die ASt Bad Godesberg des BdMinPräs. berichtete unter dem 21. April 1949 über das Treffen in Frankfurt, vermutlich anhand einer Ausfertigung des Protokolls (Z 12/122, Bl. 56—60). Ein den Ablauf verkürzender Bericht über diese Sitzung bei Clay: Entscheidung in Deutschland, S. 473 f. 3) Anwesenheitsliste nach der vollständigeren englischen Version. Dort wurden die Berliner Vertreter als ..observer" bezeichnet. 4) Über die Zusammensetzung und die mit der Besprechung verbundenen Fragen war auf einer interfraktionellen Besprechung vom 12. April 1949 (16.15 Uhr), über die ein Protokoll vorliegt, beraten worden (BT PA Best. 5/Karton 13). Pfeiffer schlug zunächst vor, daß jede der großen Fraktionen vier bis fünf Mann entsenden solle, was jedoch von Schmid und Adenauer als nicht opportun angesehen wurde. Die Entscheidung wurde schließlich offengelassen und Adenauer wollte es übernehmen, hierüber noch mit Dr. Simons (US-Verbindungsstab) zu sprechen. Dr. Simons empfahl, die Delegation nicht zu groß zu wählen. Ihre Zusammensetzung wurde dann auf einer Besprechung der Delegation selbst endgültig festgelegt. Da auch Berlin vertreten sein sollte, wurden von der SPD Suhr und von der CDU Kaiser als Berliner Beobachter vorgeschlagen. Der zunächst als Teilnehmer vorgesehene Dr. Strauß trat nach einer Unterredung mit Adenauer zugunsten von Kaufmann zurück (Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat S. 484). Die Delegation wurde dann in dieser Zusammensetzung vom Hauptausschuß auf seiner 56. Sitzung beschlossen (Verhandlungen des Hauptausschusses S. 741). Die DP beteiligte sich nicht daran und erhob formellen Protest, „daß bei dieser für das ganze deutsche Volk entscheidenden Verhandlung" nicht alle im Parlamentarischen Rat vertretenen Parteien beteiligt werden (Seebohm an Adenauer vom 13. April 1948, BT PA Bestand 5/Karton 15).

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Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

[1. FRAGEN ZUM BESATZUNGSSTATUT]

Gen. Clay: Im Namen meiner Kollegen möchte ich Sie zunächst hier begrüßen und die Gelegenheit begrüßen, daß wir hier diese Aussprachemöglichkeit haben. Ich möchte meiner Hoffnung Ausdruck geben, daß wir Fortschritte im Wege unserer gemeinsamen Bemühungen finden. Sie haben unseren Verbindungsoffizieren gewisse Fragen übergeben5). Wenn es Ihnen so recht ist, werde ich versuchen, im Namen meiner Kollegen und meiner selbst diese Fragen der Reihe nach zu beantworten. Oder würden Sie es vorziehen, nochmals Ihrerseits die Fragen zu stellen? Präs. Dr. Adenauer: Ich darf zuerst im Auftrage meiner Kollegen ein Wort des Dankes dafür sagen, daß Sie meine Herren, uns heute empfangen haben. Ich darf folgende Worte hinzufügen6). Wir betrachten das Besatzungsstatut als einen Fortschritt. Es kann bei einer verständnisvollen Handhabung zu einer allmählichen Entwicklung der deutschen Autonomie führen. Wir begrüßen mit Genugtuung den von den Herren Außenministern der drei westlichen Besatzungsmächte ausgesprochenen Willen, daß es ein Hauptanliegen der drei alliierten Regierungen ist, die engste Eingliederung des deutschen Volkes in der Form eines demokratischen Bundesstaates in den Rahmen einer europäischen Vereinigung auf einer für beide Seiten vorteilhaften Grundlage zu fördern und zu erleichtern7). Wir erblicken in dem Besatzungsstatut eine freiwillige fortschreitende Selbstbeschränkung der Vollmachten der westlichen Besatzungsmächte. Wir geben der Zuversicht Ausdruck, daß die Revisionsklausel diesem Ziel dienen soll. Daher gehen wir auch davon aus, daß das Besatzungsstatut mit unserer Auffassung über die staatliche Fortexistenz Gesamtdeutschlands übereinstimmt und den Anspruch des deutschen Volkes auf Wiederherstellung seiner politischen und wirtschaftlichen Einheit gewährleistet. Wir wollten uns erlauben, Ihnen vorzuschlagen, die Verhandlung etwa in der Weise stattfinden zu lassen, daß der Vorsitzende des Besatzungsstatutsausschusses, Herr Schmid, einige Worte im allgemeinen zu dem Besatzungsstatut spricht und daß dann einige Herren von uns die einzelnen Fragen, die absichtlich sehr kurz gehalten sind, mit wenigen Worten begründen. (Zustimmung seitens des Gen. Clay.) Dr. Schmid: Meine Herren! Der Ausschuß für das Besatzungsstatut des Parlamentarischen Rates hat sich mit dem Entwurf eines Besatzungsstatutes sehr ausgiebig befaßt. Seine Meinung ist, daß abgesehen davon, daß das materielle Besatzungsrecht ganz offensichtlich in einer fortschrittlichen Weise verändert worden ist, der Hauptvorzug des Statuts darin besteht, daß das Besatzungsregime in allen bisherigen Zonen gleichmäßig ausgeübt werden wird. Es steht zwar nach wie vor fest, nach dem Text des Statuts selbst, daß die oberste Gewalt in

5) Zur Vorbereitung der Fragen siehe Dok. Nr. 7 und Dok. Nr. 8, Anm. 12. 6) Adenauer verlas im folgenden ein vorbereitetes Statement. Entwurf in: Bay. HSTA NL Pfeiffer/37; ferner korrigierter Entwurf in ACDP NL Kaufmann/109. 7) Vgl. die Botschaft der Außenminister an den Pari. Rat vom 10. April 1949, Abdr. Dok. Nr. 5. 113

Nr. 9

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mit den

Militärgouverneuren

Deutschland in den Händen der Besatzungsmächte verbleibt. Jedoch scheint sich aus dem Text zu ergeben, daß die Besatzungsmächte die von ihnen in Anspruch genommenen Rechte so weit eingeschränkt haben, daß die Vermutung für Zuständigkeit zu Gunsten der deutschen Regierung und deutschen Regierungen spricht, mit anderen Worten, daß überall dort, wo das Besatzungsstatut nicht ausdrücklich eine deutsche Kompetenz ausschließt, eine deutsche Kompetenz gegeben ist. Es ist uns ganz selbstverständlich gewesen, daß das Besatzungsstatut es nicht auf sich nehmen konnte, sämtliche heutigen und künftigen Möglichkeiten zu regeln. Auch wir haben es für glücklich gehalten, daß man statt eines sehr ausführlichen Katalogs einzelner Bestimmungen einige wenige Einzelbestimmungen und einige Generalklauseln gewählt hat. Wir sind uns ebenso klar darüber gewesen, daß eine ganze Reihe von Fragen heute nicht beantwortet werden können, weil sie erst werden beantwortet werden können, wenn das materielle Substrat der Fragestellung durch die Geschichte geschaffen sein wird. Trotzdem haben wir geglaubt, daß es heute schon nützlich sein könnte, um einige Aufklärungen zu bitten. Diese Bitten betreffen zum Teil reine Auslegungen. Zum Teil betreffen diese Bitten, daß wir gern die Meinung der Herren Generäle über die Art und Weise hören möchten, in der einige Bestimmungen voraussichtlich angewandt werden sollen. Dr. Pfeiffer: Meine Herren Generäle! Im Dezember des letzten Jahres hat der Parlamentarische Rat sich in einer besonderen Sitzung seines Ausschusses für Besatzungsfragen mit einer Stellungnahme zum Besatzungsstatut befaßt8). Ich habe aus dieser Sitzung drei Punkte festgehalten, welche die auswärtigen Beziehungen der künftigen Bundesrepublik betreffen. Diese drei Punkte waren erstens Befreiung der deutschen Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland von bestehenden Beschränkungen. Der zweite Punkt war die Frage der Errichtung eigener deutscher Konsulate im Ausland. Der dritte Punkt war die Teilnahme deutscher Vertreter an internationalen Konferenzen. Nun enthält das uns übergebene Besatzungsstatut in dem Teil 2 Litera c unter den vorbehaltenen Gebieten die Mitteilung, daß vorbehalten sind: „Auswärtige Angelegenheiten einschließlich der von Deutschland oder in seinem Namen getroffenen internationalen Abkommen", und unter der Litera g die Bestimmung: „Die Überwachung des Außenhandels und des Devisenverkehrs". In Ansehung dieser Vorbehalten wären wir sehr dankbar für eine Auskunft darüber, ob mit der Möglichkeit der Einrichtung eines auswärtigen Dienstes für die Bundesrepublik Deutschland, also mit der Zulassung deutscher Vertretungen im Ausland gerechnet werden kann, ob die Teilnahme deutscher Behördenvertreter an internationalen Konferenzen möglich ist und wie die Beaufsichtigung des deutschen Außenhandels durchgeführt werden soll. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß wir im Parlamentarischen Rat doch bald zu einer Verständigung über die Schaffung des Grundgesetzes kommen werden. Dann wird die Frage der Organisation der Bundesorgane sehr dringlich. Für die Organisation der Bundesbehörden ist es dann einer der wichtigen Punkte, ob 8) Abdr. der Thesen als Dok. Nr. 114

4 B.

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

ein auswärtiger Dienst in irgendeiner Form vorgesehen werden kann, und außerdem, ob die Kontrolle über den Außenhandel durch die Beaufsichtigung deutscher Behörden durchgeführt werden soll oder ob die Schaffung einer eige-

Organisation der Besatzungsmächte zur Manipulation des Außenhandels in Betracht kommt. Gen. Clay: Zuerst möchte ich Herrn Dr. Adenauer für seine Ausführungen Dank sagen. In Beantwortung der Bemerkung sowohl von Herrn Dr. Adenauer wie von Herrn Dr. Schmid möchte ich daran erinnern, daß das Besatzungsstatut im Lichte der Erklärung der drei Außenminister gesehen werden muß, daß abgesehen von den Vollmachten, die sich die drei Militärgouverneure beziehungsweise die drei Besatzungsmächte vorbehalten, anzunehmen ist, und es so zu verstehen ist, daß das Maximum an legislativer Selbständigkeit an die deutschen Stellen übergehen wird9). Sie haben nun einige spezifische Fragen an uns gerichtet. Sie werden uns sicher recht geben, daß letztlich diese Fragen nur von den drei Hohen Kommissaren beantwortet werden können, nachdem sie ihre Kontrolle übernommen haben, und daß wir nicht befähigt sind, für diese Hohe Kommission bindende Erklärungen abzugeben. Aber in der Hoffnung, daß dies doch für Sie nützlich ist, möchten wir Ihnen unsere persönlichen Meinungen zu diesen Fragen geben, so wie wir die Dinge sehen, nachdem wir mit den Entwicklungen, die zum Besatzungsstatut geführt haben, vertraut sind. Die erste Frage, die Sie anschnitten, war die der Vertretung in anderen Ländern. Wir sind der Meinung, daß es Ihrer Regierung erlaubt sein wird, Handelsvertretungen im Ausland zu errichten. Bis auf weiteres ist das, glaube ich, das einzige, was auf diesem Gebiet vorgesehen ist. Wenn ich die Dinge recht verstehe und informiert bin, dann können aber zumindest die Handelsvertretungen sehr schnell nach Bildung der deutschen Regierung errichtet werden. Sie haben weiter nach der Möglichkeit gefragt, daß die neue deutsche Regierung an internationalen Konferenzen teilnimmt und dort direkt vertreten ist. Ich und ich glaube, ich spreche da auch im Namen meiner Kolfasse es so auf der deutschen Regierung erlaubt sein wird, zu solchen internaes daß legen tionalen Konferenzen Vertreter zu entsenden, bei denen auch die Besatzungsmächte vertreten sind, mit dem Vorbehalt, daß die deutsche Vertretung für die Besatzungsmächte annehmbar sein muß. Ich habe es ausdrücklich so formuliert, weil es nicht die Absicht der Besatzungsmächte sein würde, von sich aus die deutschen Vertreter zu einer solchen Konferenz auszuwählen. Sie würden nur fordern, jedenfalls in der nahen Zukunft, daß die Delegation, die von deutscher Seite gewählt wird, auch für die Alliierten akzeptabel sein muß. Sie haben weiter die Frage angeschnitten, wieviel Freiheit Ihnen auf dem Gebiete des Außenhandels gegeben werden wird. Sie werden sich daran erinnern, daß klar festgelegt worden ist, daß die neue deutsche Regierung einen zweiseitigen Vertrag mit den Vereinigten Staaten über die Teilnahme Westdeutschnen



,



9) Siehe Anm.

7.

115

Nr. 9

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mit den

Militärgouverneuren

lands am Wiederaufbauprogramm unter dem Marshall-Plan abschließen wird10). Und die drei Besatzungsmächte haben versprochen, sich voll dafür einzusetzen, daß die westdeutsche Regierung als vollwertiges, selbständiges Mitglied in die europäische Organisation für den Wiederaufbau Europas aufgenommen wird11). Durch diese Verpflichtung allein erhalten sie weitgehende Kontrolle über Ihren Außenhandel da ja der Großteil Ihres Handels mit solchen Ländern ist, die an der Organisation für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas beteiligt sind. Es kann sich ergeben, daß in der Ausarbeitung dieses zweiseitigen Vertrages über die Marshall-Planhilfe mit den Vereinigten Staaten gewisse Bedingungen und Vorbehalte gestellt werden, die Ihre Freiheit auch auf dem Gebiet des Außenhandels etwas einschränken. Ich glaube aber, man kann mit Sicherheit sagen, daß solche Beschränkungen nicht über den Rahmen der Beschränkungen hinausgehen würden, die im Rahmen dieser zweiseitigen Verträge der Vereinigten Staaten mit anderen Ländern in dem Marshall-Plan auch jenen anderen Partnern auferlegt worden sind. Es ist unsere Ansicht, daß auch in den übrigen Phasen des Außenhandels die Hohe Kommission sich nur eine Kontrolle hinsichtlich der grundlegenden Richtlinien vorbehalten wird, eine Kontrolle, die, glaube ich, berechtigt ist angesichts der sehr großen Hilfe vom Ausland, die Deutschland auf absehbare Zeit noch benötigen wird. Ich möchte auf die außerordentliche Bedeutung dessen hinweisen, so schnell wie möglich nach Gründung der Regierung jene Bundesorgane festzulegen und zu bestimmen, die diese Funktion auf dem Gebiet des Außenhandels übernehmen sollen, damit der Übergang mit einem Minimum von Schwierigkeiten und Verspätungen vor sich gehen kann. Ich wiederhole aber nochmals, daß solche Kontrollen, die sich die Besatzungsmächte vorbehalten, sich auf die Erteilung von Richtlinien beschränken. Ich glaube nicht, daß im Augenblick die Ausdehnung der deutschen Kompetenzen auf dem Gebiet auswärtiger Beziehungen über jene, die ich umrissen habe, vorgesehen ist. Ich möchte aber weiter darauf verweisen, daß das Besatzungsstatut als solches nach Ablauf eines Jahres einer Revision unterzogen werden kann und daß die neue Regierung sowieso alle Mühe haben wird, innerhalb dieses ersten Zeitraumes alle Kompetenzen zu übernehmen und bis zum Ablauf des Zeitraums wirksam auszuüben. Ich möchte die Kollegen fragen, ob sie noch etwas hinzuzufügen haben. Gen. Robertson: Eine Kleinigkeit, die vielleicht noch einer weiteren Aufklärung bedürfte, ist mir durch den Kopf gegangen, als der General Clay sprach, und zwar bezüglich der Teilnahme deutscher Vertreter an internationalen Konferenzen. Sie sagten, daß eine solche Teilnahme wahrscheinlich an solchen Konferenzen gestattet würde, bei denen auch die Besatzungsmächte vertreten sind. Ich nehme an, daß Sie mit mir übereinstimmen werden, wenn ich erkläre, daß in solchen Fällen die Besatzungsmächte in ihrem eigenen Interesse und nicht als Besatzungsmächte an dieser Konferenz teilnehmen würden. Art. 4 des Agreed Memorandum Regarding the Principle Governing the Exercise of Power and Responsibilities of US-UK-French Governments Following Establishment of German Federal Republic (Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 178).

10) Vgl.

») Ebenda. 116

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

Gen. Clay: Das ist richtig. So hatte ich es auch gemeint. Präs. Dr. Adenauer: Darf ich noch ein Wort sagen? Heute morgen hat der Nordwestdeutsche Rundfunk mitgeteilt, Mr. Acheson habe erklärt, die deutsche Bundesregierung könne Botschafter unter internationaler Kontrolle ernennen12). Es gibt in Deutschland sicher nicht wenig Leute, die sich berufen fühlen, eine solche Stelle zu übernehmen. Unter diesen Herren würde eine solche Nachricht sicher eine große Beunruhigung erzeugen13). Gen. Clay: Ich habe die Erklärung von Außenminister Acheson auch gelesen, so wie sie auf dem Fernschreiber der amerikanischen Nachrichtenagentur berichtet worden ist. Ich habe eine solche Erklärung nicht gesehen. Ich kann natürlich nicht kategorisch sagen, daß er keine solche Erklärung abgegeben hat. Aber ich kann nur nochmals wiederholen, daß, soweit wir, die Militärgouverneure informiert sind, Ihre Vertretung nach außen hin zunächst auf die Gebiete beschränkt sein wird, die ich vorhin umrissen habe. Präs. Dr. Adenauer: Also könnten wir die Aspiranten beruhigen. Gen Clay: Ich glaube, es ist für uns, die wir hier sitzen sehr schwer, ganz spezifisch eine Definition abzugeben, was unter Handelsfunktionen zu verstehen ist. Mein Gefühl ist, daß es, wenn es sich z. B. um die Betreuung von deutschen Matrosen oder anderen zufällig in dem betreffenden Ausland befindlichen Deutschen handelt, wahrscheinlich wenig Einwände geben würde, daß auch so etwas von deutschen Vertretern übernommen wird. Dr. Schmid: Ich habe noch eine kleine Frage, die der Aufklärung dienen soll. Herr General Clay sprach von einer Kontrolle über die Richtlinien zum deutschen Außenhandel. Sollen diese Richtlinien die Art und Weise betreffen, in der der Ausfuhrhandel erfolgen soll? Oder sollen diese Richtlinien auch die Richtung betreffen, in der die Ausfuhr erfolgen soll, also die Länder, mit denen Außenhandel aufgenommen werden kann?

12) Dean Acheson, seit Jan. 1949 US-Außenminister. Die Meldung ließ sich nicht ermitteln. 13) Schon in der Plenardebatte vom 9. Sept. 1948 hatte Theodor Heuss mit spöttischem Un-

ehemaliger Diplomaten gesprochen: „Wissen Sie, so sehr viele von den früheren Angehörigen des Auswärtigen Amtes, die glücklich als Mitläufer herausgekommen sind, stehen jetzt schon wieder an, um diese oder jene Posten draußen auf Grund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen zu erhalten. Schön, gut und brav! Man soll sich doch über die Enge der Möglichkeiten nicht täuschen." (Stenographische Berichte, S. 45). Das Deutsche Büro für Friedensfragen hatte bereits im Winter 1948 Planungen für ein zu errichtendes Auswärtiges Amt vorgenommen (Piontkowitz : Anfänge westdeutscher Außenpolitik, S. 173—178). Im Frühjahr 1949 war es zu heftigen Auseinandersetzungen in der Presse über die Ausgestaltung des Diplomatischen Dienstes gekommen. Ausgelöst wurden sie durch einen Artikel von G. Luetkens im SPD-Pressedienst vom 25. F'ebr. 1949 „Die Bourbonen in Frankfurt", der sich gegen die Besetzung der ERP-Dienststelle und anderer Posten in der Direktorial-Kanzlei durch Pünder mit ehemaligen Diplomaten wandte (vgl. Overesch: Gesamtdeutsche Illusionen und westdeutsche Realität, S. 185—186, Piontkowitz: Anfänge westdeutscher Außenpolitik, S. 186—187. Möglicherweise bezieht sich die ironische Bemerkung aber auch auf die Aktivitäten von Eugen Budde, der sich bereits seit Anfang 1947 in zahlreichen Eingaben, Denkschriften und publizistischen Beiträgen als Experte für außenpolitische Fragen empfahl (vgl. Akten zur Vorgeschichte Bd. 2, S. 98). terton über Illusionen

117

Nr. 9

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Militärgouverneuren

Gen. Clay: Ich kann Ihnen versichern, daß es Ihnen während des Zeitraums, während dessen die Vereinigten Staaten die Einfuhr von Ihren Rohmaterialien weitgehend finanzieren, nicht gestattet sein wird, eine Ausfuhr in gewissen Richtungen an gewisse Länder durchzuführen. Davon abgesehen glaube ich, daß mit wenigen anderen zusätzlichen Kontrollen zu rechnen ist, es sei denn, daß Sie Maßnahmen treffen, die zu einer Gefährdung des Ausgleichs Ihres Haushalts führen können. Selbstverständlich unterliegen Sie in Ihren Beziehungen zu den anderen 16 Ländern, die an dem Marshall-Plan beteiligt sind, jenen Kontrollen, die in den Abkommen stehen, die Sie mit den Ländern schließen werden. Präs. Dr. Adenauer: Dann können wir, wenn Sie gestatten, zu Punkt 2 übergehen. Dr. Schmid: Meine Herren! In § 2 Litera e wird gesagt, daß die Materie Besatzungskosten zu den vorbehaltenen Materien gehört. Wir betrachten es als selbstverständlich, daß die Festsetzung der Besatzungskosten Sache der Besatzungsmächte ist. Wir würden es nur sehr begrüßen, wenn uns gesagt werden könnte, in welcher Weise diese Besatzungskosten jeweils festgesetzt werden sollen. Insbesondere scheint es uns unter dem Gesichtspunkt der Möglichkeit, eine gesunde Finanzwirtschaft zu betreiben, wichtig, zu wissen, ob die Besatzungskosten im voraus für einen gewissen Zeitraum und in einer Gesamtsumme festgesetzt werden. Weiter spricht die Litera e von „sonstigen Bedürfnissen". Es würde uns interessieren, zu erfahren, ob dieser Begriff eine Limitierung ausschließen soll. Weiter würde es für uns wichtig sein, zu wissen, ob beabsichtigt ist, falls für die sonstigen Bedürfnisse Sach- und Dienstleistungen in Anspruch genommen werden, die Kosten für diese Sach- und Dienstleistungen von der Gesamtsumme der jeweils festgesetzten Besatzungskosten abzurechnen oder nicht. Schließlich interessiert es uns unter diesem Titel, zu wissen, ob die Absicht besteht, bei der Festsetzung der Höhe der Besatzungskosten den Grundsatz der Proportionalität walten zu lassen, ob also beabsichtigt ist, die Höhe der Besatzungskosten in ein bestimmtes Verhältnis zur Gesamtlage der deutschen Budgets, der deutschen Haushalte, der Lage der deutschen Wirtschaft zu bringen, und zwar dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Botschaft der Außenminister14), wonach die Einbeziehung Deutschlands in die europäische Zusammenarbeit, auch in die wirtschaftliche europäische Zusammenarbeit gefördert werden soll. Bei den Besatzungsleistungen, die aufzubringen uns aufgegeben ist, spielen die sogenannten mandatorischen Aufträge15) eine große Rolle. Es würde uns interessieren, zu wissen, ob unter dem Besatzungsstatut nicht die Möglichkeit geschaffen werden sollte, die Vergebung dieser Aufträge deutschen Stellen zu überlassen. Ich glaube, daß dies zu Litera e von Ziffer 2 zu fragen ist.

14) Siehe Anm. 7. 15) Siehe Dok. Nr. 7, Anm. 118

23.

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

Gen. Clay: Ich werde versuchen, diese Fragen der Reihe nach zu beantworten. Sie werden wiederum anerkennen, daß es in vieler Beziehung sehr schwierig ist, genaue, präzise Antworten auf diese Fragen zu geben. Ich kann aber sagen, daß schon jetzt die Besatzungsmächte die Absicht haben, einen Haushaltsplan für das deutsche Geschäftsjahr auszuarbeiten. Und obwohl es uns leider nicht gelungen ist, bis zu Beginn des Geschäftsjahres, das, wenn ich recht informiert bin, mit dem 1. April beginnt, diesen Haushaltsplan schon fertigzustellen, so hoffen wir doch, daß es uns in ziemlicher Kürze möglich sein wird, Ihnen diesen Haushaltsplan zu unterbreiten. Es ist die Absicht, solche Besatzungskosten auf jährlicher Basis durch die Hohe Kommission festzulegen und sie im voraus, vor Beginn des Geschäftsjahres den deutschen Behörden vorzulegen. Im allgemeinen wird über einen solchen, den deutschen Behörden im voraus vorgelegten Haushaltsplan nicht hinausgegangen werden, es sei denn, daß Zusatzanträge geliefert werden. Und diese sollen im Prinzip nur in Ausnahmefällen unterbreitet werden, und zwar aus besonderen Gründen, wie zum Beispiel, daß sich in den ursprünglichen Haushaltsplan schwerwiegende Fehler eingeschlichen haben oder daß in den Funktionen oder der Größe der Besatzungsstreitkräfte wesentliche Änderungen vorgenommen werden oder letztlich, daß wesentliche Änderungen im Preisniveau oder in den Löhnen stattfinden. Die Besatzungsmächte sind sich der Notwendigkeit bewußt, daß Deutschland noch auf absehbare Zeit wesentliche Hilfe von außen benötigen wird. Ich glaube, man kann sagen, daraus folgt, daß sie ebenso daran interessiert sind, die Besatzungskosten so niedrig wie möglich zu halten, wie es sich mit den Funktionen der Besatzungsmächte in Einklang bringen läßt. Diese Schlußfolgerung ist zu ziehen aus der Zielsetzung der drei alliierten Regierungen, nämlich die engstmögliche Einbeziehung auf der Basis gegenseitiger Vorteile des deutschen Volkes unter einem demokratischen föderalen Staat in die Gemeinschaft der europäischen Völker zu erreichen (der Dolmetscher sagte wörtlich: zu vollstrecken). Was nun die mandatorischen Ausgaben betrifft, die separat von den Besatzungskosten geführt werden, so läßt sich prinzipiell sagen, daß diese im Absteigen begriffen sind. Ja, die Mehrzahl dieser Ausgabekosten sind bereits gestrichen worden, wie z. B. die Reparationskosten, sehr wesentlich durch das Belassen von rund 150 Werken in Deutschland, die ursprünglich zu Reparationszwecken vorgesehen worden sind16). Ein anderes Beispiel ist der Unterhalt der verschleppten Personen, die so schnell wie nur irgendwie möglich aus Deutschland abgeführt werden und, ich kann sagen, in Verbindung mit sehr beträchtlichen Kosten für die Völker, die an diesem Wiederverteilungsplan beteiligt sind17). Die Besatzungsmächte sind durchaus gewillt, deutschen Stellen die Genehmigung zu geben, an der Vergebung der Aufträge unter den mandatorischen Aufgaben eine Mitwirkung zu gestatten. Andererseits müssen sie sich das Recht vorbehalten, bei etwaiger Erfahrung, daß sich dieses Schema nicht als wirksam oder akzeptabel erweist, eine solche Erlaubnis wieder rückgängig zu machen, 16) Zu den Verhandlungen der Alliierten über die Reparationsfrage in London und Washington im Frühjahr 1949 siehe Foreign Relations 1949 Vol. III, passim. 17) Siehe Dok. Nr. 2, Anm. 58 a. 119

Nr. 9

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

genau wie im allgemeinen, daß Regierungen, wenn sie auf Kontraktbasis Aufträge vergeben, oft den Auftrag wieder zurücknehmen und selbst ausführen, wenn sich die Ausführung als nicht zufriedenstellend erweist. Präs. Dr. Adenauer: Kann Herr Zinn zu Punkt 4 sprechen? Zinn: Meine Herren Generale! Ich möchte eine Frage stellen, die uns Aufklärung geben soll, welche Bedeutung ihrem Umfang nach die Ziffer 2 f des Entwurfs des Besatzungsstatuts hat, die zu den vorbehaltenen Gebieten auch die Beachtung des Grundgesetzes und der Länderverfassungen aufführt. Diese Frage soll uns zugleich Aufklärung darüber geben, ob und in welchem Umfang die deutsche Gerichtsbarkeit, insbesondere die Verfassung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, gegenüber den Besatzungsbehörden Unabhängigkeit besitzen wird. Wir

nehmen an und stützen diese Annahme insbesondere auf die Ziffer 5 des Entwurfs des Besatzungsstatuts —, daß nach dieser Ziffer 2 die Besatzungsbehörden sich bei der Nachprüfung der deutschen Gesetzgebung das Recht vorbehalten, die deutsche Gesetzgebung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und den Länderverfassungen nachzuprüfen. In diesem Zusammenhang taucht die weitere Frage auf, ob die Besatzungsbehörden sich auch das Recht vorbehalten, den einzelnen Verwaltungsakt einer deutschen Verwaltungsbehörde auf seine Verfassungsmäßigkeit, das heißt die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und den Länderverfassungen nachzuprüfen. Nun sind nach der normalen rechtsstaatlichen Regelung, wie sie eine jede demokratische Verfassung vorsieht und wie sie die seitherigen Länderverfassungen vorsehen und voraussichtlich auch das Grundgesetz vorsehen wird, die Nachprüfungen der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes oder der Verfassungsmäßigkeit eines Verwaltungsaktes zunächst Aufgaben eines Staatsgerichtshofs oder eines Verwaltungsgerichts. Es taucht deshalb die Frage auf, wie sich das Recht der Besatzungsbehörden, ein Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit oder einen Verwaltungsakt auf seine Verfassungmäßigkeit nachzuprüfen, zu dem Recht oder der Pflicht eines Staatsgerichtshofs oder eines Verwaltungsgerichts verhält, ebenfalls ein Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit oder einen Verwaltungsakt auf seine Verfassungsmäßigkeit nachzuprüfen. Mit anderen Worten: In welchem Umfange können die Besatzungsbehörden in die Rechtsprechung der Staats- und Verwaltungsgerichtsbarkeit eingreifen? Gen. Clay: Ich glaube, Sie haben da eine besonders schwierige Frage an uns gerichtet. Und wenn wir, die Militärgouverneure, diese Frage erschöpfend und zufriedenstellend beantworten könnten, wären wir selber Kandidaten für die obersten Gerichtshöfe unserer Länder. Ich glaube, man kann es so ausdrükdaß hier diesem wir in ken, Besatzungsstatut ein lebendiges oder organisches Instrument haben, das nicht versucht, alle Eventualitäten, alle Möglichkeiten im voraus festzulegen, die sich im Laufe der Zeit ergeben können. Auch hier muß man die spezifische Absicht wieder an der allgemeinen Erklärung und Absicht messen, wie sie in den Verlautbarungen der drei alliierten Außenminister zum Ausdruck kommt, und zwar auch hier wieder die Erklärung, daß die Absicht besteht, den deutschen Stellen die größtmögliche Freiheit auf gesetzgebendem, rechtsprechendem und ausführendem Gebiet zu übertragen, und wiederum, daß es sich hierbei um einen Schritt zu der größeren Einbeziehung Deutschlands in —



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Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

die Gemeinschaft der westeuropäischen Nationen handelt18). An dieser grundlegenden Zielsetzung gemessen sollte ich meinen, daß die Entscheidung der Hohen Kommissare weitgehend davon abhängen würde, wie wichtig die in Frage stehende Maßnahme ist. Ich glaube, wir können fast mit vollständiger Gewißheit sagen, daß eine ins große Detail gehende Überprüfung der Aktionen deutscher rechtsprechender Organe nicht die Absicht ist. Ich bezweifle, ob wir eine weitergehende oder engere Definition als diese abgeben können. Präs. Dr. Adenauer: Die Frage 5 ist von Herrn Pfeiffer schon bei 1 besprochen worden. Sie erlauben, zu Frage 6 überzugehen. Herr Schmid wird dazu das Wort nehmen. Dr. Schmid: In Ziffer 3 des Besatzungsstatutentwurfs ist festgelegt, daß die Besatzungsmächte die Ausübung der vollen Gewalt ganz oder zum Teil wieder in Anspruch nehmen können, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Die Frage ist nun die: Sind unter den internationalen Verpflichtungen, von denen in Ziffer 3 die Rede ist, jetzt schon bestehende internationale Verpflichtungen gemeint, oder sollen auch künftige internationale Verträge eine solche Übernahme der vollen Gewalt durch die Besatzungsmächte stipulieren können? Gen. Clay: Auch da können wir, glaube ich, eine Antwort wieder nur im Lichte der Zielsetzung des Dokuments geben. Bis zum Abschluß eines Friedensvertrages können die Besatzungsmächte vollständig oder teilweise die Ausübung der vollen Vollmachten in Deutschland wieder zu sich selbst zurücknehmen. Offensichtlich würde es sich hier um sehr schwerwiegende Maßnahmen handeln. Und wenn es nicht vorgesehen wäre, daß solche Notstände sich ergeben könnten, würde überhaupt kein Besatzungsstatut jetzt erlassen werden. Falls sie solche Maßnahmen treffen würden, glaube ich sagen zu können, daß sie sicherlich nur unter spezifischen Anweisungen ihrer betreffenden Regierungen vorgenommen werden würden und nur, nachdem den betreffenden deutschen Stellen davon Mitteilung gemacht worden ist. Ich glaube, Sie werden uns zugeben, daß die allgemeinen Umstände der Zeit so sind, daß es uns unmöglich ist, eine definitive Auskunft über diesen Punkt zu geben. Den Außenministern war die Bedeutung dieses Punktes so klar, es erschien ihnen so wichtig, daß sie ausdrücklich sagten, daß die Rücknahme der Vollmachten seitens der Besatzungsmächte nur im Falle eines wirklich schwerwiegenden Notstandes erfolgen würde. Bei den internationalen Verpflichtungen, zu denen auch eine Frage gestellt wurde, handelt es sich um solche, die bereits festgestellt worden sind oder die noch in Zukunft festgelegt werden könnten. Als zwei Beispiele sind zu nennen das Ruhrstatut19) oder das Abkommen über den militärischen Sicherheitsrat20). 18) Siehe Anm. 7. 19) Das Ruhrstatut, das eine Internationale Ruhrbehörde vorsah, die die Aufteilung von Ruhrkohle und -Stahl vornehmen sollte, wurde am 28. Dez. 1948 von den Westmächten und den Benelux-Ländern unterzeichnet; das Abkommen über die Errichtung der Inter-

nationalen Ruhrbehörde am 28. April 1949. Oswald Post: Zwischen Sicherheit und Wiederaufbau. Die Ruhrfrage in der alliierten Diskussion 1945—1949. Gießen 1986. 20) Das Abkommen über das Militärische Sicherheitsamt und die Direktive über die Errichtung eines Militärischen Sicherheitsamts waren von den Alliierten am 17. Jan. 1949 be121

Nr. 9

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mit den

Militärgouverneuren

Verschiedene dieser Abkommen enthalten in ihrem eigenen Text die Notwendigkeit einer Revision. Sie können abgeändert werden oder auch vollständig durch neue Übereinkommen ersetzt werden. Ich würde auch hier wieder sagen, daß die Zielbesetzung, nämlich schnellstmöglich eine verantwortliche Regierung in die Gemeinschaft der Nationen wieder einzubeziehen, die beste Garantie für die Absichten auch auf diesem Gebiet ist. Präs. Dr. Adenauer: Ich darf eine Erwägung, die unter uns ausgesprochen worden ist, hier mitteilen. Ich würde verstehen, wenn wir eine Antwort darauf nicht erhalten würden. Gesetzt den Fall, der Alliierte Kontrollrat würde wieder funktionsfähig werden, so würde der Alliierte Kontrollrat das Ganze aufheben können? Gen. Clay: Ich möchte immerhin eine Bemerkung hierzu machen. Selbst wenn und ich gestehe, wir wissen sie wir die Antwort auf diese Frage wissen nicht —, dann wäre es immer noch fraglich, ob es opportun wäre, sie hier zu geben. Ich fürchte, das ist alles, was wir im Augenblick dazu sagen können. Selbst hier habe ich nur meine persönliche Meinung ausgesprochen. Präs. Dr. Adenauer: Wir dürfen dann fortfahren. Ich würde Herrn Dr. Lehr bitten, zu Nr. 7 zu sprechen. Dr. Lehr: Meine Herren Generäle! Wir sehen in den Ausführungen zu Ziffer 6 einen sehr wesentlichen Teil des Besatzungsstatuts. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns bestätigen, daß wir ihn gemeinsam mit Ihnen richtig dahin auslegen, daß Sie in dieser Ziffer der deutschen Bevölkerung den Schutz gegen Willkür und die Freiheit ihrer Person gewährleisten. Wir halten diese Rechte der Person für so wichtig, daß wir sie in den Entwurf unseres Grundgesetzes auch an die Spitze gesetzt haben. Wir glauben mit Ihnen in Übereinstimmung zu sein, weil wir stellenweise hier denselben Wortlaut „Schutz gegen Willkür" in Ihren Ausführungen finden, den auch wir gebraucht haben. So bitten wir Sie, uns zu bestätigen, daß die im Grundgesetz verbürgten Grundrechte allen Besatzungsbehörden gegenüber als wirksam betrachtet werden. Nur in einem Punkt machen Sie einen Vorbehalt: Wenn die Sicherheit der Besatzungsbehörden bedroht ist. Sicherheit ist ein dehnbarer Begriff. Er umfaßt nicht nur unmittelbare Handlungen, sondern auch einen vorbereitenden Tatbestand. Wir wären Ihnen deshalb dankbar für die Auskunft, welche alliierten Stellen feststellen, daß die Sicherheit der Besatzungsbehörden bedroht ist. Wir bitten Sie zusätzlich um eine Auskunft, ob die Nachprüfung einer solchen Ent—

scheidung möglich

ist.

ist es für uns sehr schwer, eine genaue Definition Sicherheit zu verstehen ist. Um Ihnen von meiner Seite zu unter geben, welche außerordentliche Bedeutung wir dem Schutz dieser Grundrechte zeigen, beimessen, verweise ich darauf, daß es keinem Mitglied meiner Besatzungsmacht gestattet ist, ein deutsches Haus zu betreten, wenn er nicht eine Durch-

Gen.

zu

Clay: Auch hier wieder was

worden. Wortlaut des Abkommens und der Direktive in: Europa-Archiv 1949, S. 2163—2165. Die Verhandlungen hierüber (Nov.-Dez. 1948) in London im Rahmen der Besprechungen über die Ruhrkontrolle sind eingehend dokumentiert in Foreign Relations 1948 Vol. II.

kanntgegeben

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Militärgouverneuren

Nr. 9

suchungserlaubnis hat, während im Gegensatz dazu die deutsche Polizei fast täglich dieses Recht ausübt. Weiter ist es eine Tatsache, daß in der amerikanischen Zone jeder Deutsche, der verhaftet worden ist, einen Antrag auf Entlassung nach der Habeas-corpus-Akte21) stellen kann, während wir immer wieder feststellen mußten, daß von deutschen Stellen verhaftete Leute tagelang oder länger ohne ein solches Recht in Gewahrsam gehalten werden. Ich glaube, man kann sagen, an nichts ist den drei Mächten, die durch die drei Militärgouverneure hier vertreten sind, so gelegen wie an dem Schutz dieser Grundrechte. Ich sollte daher meinen, daß nur die Hohe Kommission selber das Recht haben würde, diesen Schutz abzuschaffen, es sei denn, daß sie innerhalb klar festgeGrenzen diese Vollmacht an gewisse Organe übergibt, die im Falle von auch wieder näher festgelegten Notfällen berechtigt wären, einen solchen Eingriff vorzunehmen. Weiter glaube ich sagen zu können, daß in einem solchen Falle die Ausübung einer solchen Vollmacht durch eine untergeordnete Behörde sofort von der Hohen Kommission selber überprüft werden würde. Präs. Dr. Adenauer: Ich bitte zu gestatten, daß Herr Kaufmann zu Punkt 6 noch eine Frage stellt. Kaufmann: Meine Herren! Ich bin nicht ganz sicher, ob die Beantwortung meiner Frage politisch opportun ist. Die Ziffer 3 bezüglich der Rücknahme der vollen Gewalt ist insofern vielleicht nicht ganz klar, als nach dem Text die Möglichkeit bestünde, daß auch eine einzelne Besatzungsbehörde auf Anweisung ihrer Regierung in ihrem Bereich eine solche Zurücknahme vornehmen könnte. Bei dem außergewöhnlichen Ernst einer solchen Maßnahme glaube ich zwar nicht, daß das beabsichtigt ist. Immerhin möchte ich die Frage danach stellen. Gen. Clay: Ich glaube, die Antwort darauf ist in Wirklichkeit in meiner vorausgehenden Antwort enthalten. Solch eine Entscheidung würde letzten Endes nur von der Hohen Kommission getroffen werden. Es könnte sich ein solcher lokaler Notstand ergeben, daß eine einzelne Besatzungsmacht solche Vollmachten wieder zu sich selber zurücknehmen würde, aber dann nur, weil nicht genug Zeit ist, um die Hohe Kommission einzuschalten. Ich würde sagen, daß es sich hier um eine außerordentlich fernliegende Möglichkeit handelt. Auch da würde der Umstand, wenn er eintreten würde, sofort wieder der Überprüfung durch die Hohe Kommission unterliegen. Präs. Dr. Adenauer: Darf Herr Schmid zu Ziffer 8 etwas sagen? Dr. Schmid: Meine Herren Generäle! Von den 9 Paragraphen des Entwurfs hat mich keiner so lange beschäftigt wie Paragraph 8. Durch meinen Beruf als Professor des internationalen Rechts habe ich zwar eine gewisse Übung im Lesen

legter

sind die persönlichen Freiheitsrechte bei der DurchfühStrafverfahren zu verstehen, insbesondere der Schutz vor willkürlicher Festnahme, Schutz vor Durchsuchung oder Beschlagnahme, Vertretung durch einen Anwalt, Freilassung gegen Sicherheit, soweit die Umstände dies rechtfertigen; Verkehr mit den Angehörigen, gerechtes und schnelles Verfahren (vgl. Ziff. 6 des Besatzungsstatuts). Siehe Institut für Besatzungsfragen (Bearb.): Bürgerrechte und Besatzungsmacht. Eine Übersicht. Frankfurt 1951 (Kleine Schriften für den Staatsbürger Heft 12), S. 8-14.

) Unter rung

„Habeas-Corpus-Rechten"

von

123

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mit den

Militärgouverneuren

internationalen Dokumenten erlangt. Aber offensichtlich habe ich dabei noch nicht soviel Erfahrungen sammeln können, daß es mir möglich gewesen wäre, den ganzen Sinn von Paragraph 8 zu ermitteln. Es gibt ungefähr fünf verschiedene Interpretationen, die mir gleich plausibel erscheinen. Ich wäre den und ich glaube, meine Kollegen würden es Herren Generälen sehr dankbar auch sein —, wenn wir von Ihnen eine authentische Interpretation erhalten würden. Gen. Clay: Ich möchte nicht wagen, meine sehr begrenzten Kenntnisse auf dem Gebiet des Völkerrechts den sehr viel größeren Kenntnissen von Herrn Professor Schmid gegenüberzustellen. Jetzt folgt aber, was wir heute morgen besprochen haben22), zu welchen Schlüssen wir gekommen sind, was dieser Paragraph bedeutet. Der Alliierte Kontrollrat hat seinerzeit gewisse Methoden ausgearbeitet, wie Entscheidungen den zuständigen deutschen Stellen zugeleitet werden, gleichgültig ob es sich nun um Gesetze, Erlasse oder Direktiven handelte. Wir nehmen an, dieser Paragraph bedeutet, daß die Hohe Kommission selber die Methode ausarbeiten wird, wie sie ihre Beschlüsse den deutschen Stellen zukommen läßt und welches die Form ist, in der solchen Beschlüssen ein authentischer Charakter verliehen wird. Ich glaube, es ist notwendig, daß man es ihr überläßt, diese Prozedur auszuarbeiten. Denn es gibt wie gesagt mehrere Methoden dieser Art. Es muß der Hohen Kommission überlassen bleiben, daß sie den Modus dieser Mitteilungsart selber festlegt. Auf einem Vorschlag von Herrn Robertson hin werde ich Sie noch übertrumpfen, Herr Professor Schmid, und sagen, daß das eigentlich die sechste Möglichkeit der Auslegung ist. Dr. Schmid: Ich darf mir erlauben, Ihre Meinung zu bestätigen. Sie ist richtig. Ich muß gestehen, daß ich in Ziffer 8 sehr viel schrecklichere Dinge vermutet habe. Gen. Clay: Ich glaube sicherlich, daß nichts Gefahrbringendes darin liegt. Präs. Dr. Adenauer: Dann dürfen wir mit Ihrer Erlaubnis zu Nr. 9 übergehen und Herrn Lehr bitten, das Wort zu nehmen. Dr. Lehr: Meine Herren Generäle! Die Frage, die ich jetzt an Sie stelle, hat bei uns seit langem im Vordergrund des Interesses gestanden. Dieses Interesse ist besonders durch die Presse sowohl des Auslandes wie des Inlandes wachgehalten worden. In diesen Veröffentlichungen war immer von einer Instanz die Rede, die als Schiedsgericht, als eine Instanz fungieren sollte, welche von der einen oder anderen Seite auszurufen war, namentlich aber von der deutschen Seite, bei Meinungsverschiedenheiten über wichtige Punkte. Wir finden hier keine ausdrückliche Angabe im Sinne jener Presseveröffentlichungen und kämen dann bei Fehlen einer solchen ausdrücklichen Vorschrift zu dem problematischen Ergebnis, daß bei Meinungsverschiedenheiten in einem wichtigen Punkt die Alliierten Richter in eigener Sache sein würden. Gen. Clay: Ich glaube, ich kann diese Frage am besten damit beantworten, daß ich darauf hinweise, daß die Beziehung auf dieses Schiedsgericht, die lange sehr ernstlich erwogen wurde, aus folgenden zwei Gründen wieder fallengelasvon



22) Die Militärgouverneure hatten die Besprechung am Morgen reitet. Siehe Foreign Relations Vol. III, S. 237-242. 124

in einer

Unterredung vorbe-

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Militärgouverneuren

Nr. 9

wurde. Die Annahme, daß ein solches Schiedsgericht bestehen würde, hatte Vorbereitungsstadium zur Ausarbeitung eines sehr detaillierten Gesetzes des Besatzungsstatutes geführt23), das in der Praxis sehr schwer auszuüben gewesen wäre. In der Ausübung wäre die Gefahr entstanden, daß der Zielsetzung widersprochen worden wäre, die von den drei Außenministern der Ausarbeitung dieses Dokuments vorangesetzt wurde, nämlich der Zielsetzung, der deutschen Resen

im

gierung

so

schnell, wie sie zusätzliche Funktionen übernehmen kann, solche

zu-

rückzugeben

oder zu erteilen und zweitens so schnell wie möglich Deutschland in die Gemeinschaft der westeuropäischen Nationen wieder einzuverleiben. und ich glaube, Sie Wenn das die Zielsetzung der drei Außenminister ist müssen uns glauben, daß sie es ist —, dann kann dieses Ziel vielleicht viel schneller erreicht werden, als wenn ein solches Schiedsgericht bestände. Präs. Dr. Adenauer: Zu Nr. 10 würde ich bitten, Herrn Dr. Höpker-Aschoff das —

Wort zu geben. Dr. Höpker-Aschoff: Meine Herren Generäle! Gleichzeitig mit dem Besatzungsstatut ist uns durch die Presse Mitteilung geworden von einem sogenannten Fusionsabkommen unter den Besatzungsmächten24). Wir wären außerordentlich dankbar, wenn uns der authentische Text dieses Fusionsabkommens mitgeteilt werden würde. Nach den Zeitungsnachrichten sind in diesem Fusionsabkommen neben der Hohen Kommission auch Landeskommissare in den einzelnen Ländern vorgesehen. Es ist offensichtlich, daß die Besatzungsmächte sich vorbehalten, auch in die Gesetzgebung, in die Verwaltungsmaßnahmen der Länder einzugreifen. Wir fragen, ob solche Eingriffe dann durch die Landeskommissare oder nur durch die Hohe Kommission vorgenommen werden sollen, etwa in der Art, daß die Landeskommissare entsprechende Anträge bei der Hohen Kommission stellen. Wir haben heute in den deutschen Bezirken, bei den Kreisen und Städten, Kommandeure der Besatzungsmächte mit ihren Stäben, welche auch eine beständige Kontrolle über die Maßnahmen dieser Behörden ausüben. Wir wären dankbar für eine Auskunft, ob diese Kommandeure und Stäbe in Zukunft ihre Funktionen noch ausüben sollen oder ob sie aufhören werden. Wir würden natürlich eine Verminderung dieser Befugnisse außerordentlich begrüßen, schon mit Rücksicht darauf, daß dadurch auch ein Weg zur Verminderung der Besatzungskosten gegeben sein würde. Gen. Clay: Ich kann Ihnen zum augenblicklichen Zeitpunkt die Antwort hierauf nur in sehr begrenztem Maße geben. Wir können Ihnen das Dokument, um das es hier geht, leider noch nicht geben; denn wir sind dazu noch nicht ermächtigt worden. Ich glaube, der Grund dafür ist, daß es nur im allgemeinen die Grundprinzipien festlegt; die Details werden im Augenblick ausgearbeitet. Ich bin sicher, daß sie Ihnen mitgeteilt werden, sobald sie fertiggestellt sind. Einige der von Ihnen gestellten Fragen kann ich aber mit allgemeinen Bemerkungen beantworten. Es wird einen Vertreter der Besatzungsmacht in jeder Landeshauptstadt geben. Er wird aber der Hohen Kommission unterstellt sein.

23) Siehe Dok. Nr. 3, Anm. 9. 24I Vgl. Dok. Nr. 6, Anm. 16. 125

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Militärgouverneuren

Zweifellos wird es auch Verbindungsoffiziere auf lokalem Gebiet geben, besonders in jenen Gebieten, wo die Truppen stationiert sind. Es besteht aber keinerlei Absicht, daß sie Regierungsfunktionen niedriger als Landesniveau haben sollen. Was die Beziehungen zwischen dem Landesdirektor und der Hohen Kommission betrifft, so können wir, fürchte ich, im Augenblick nur sagen, daß der Landesvertreter der Hohen Kommission unterstellt ist. Ich wiederhole, daß, sobald die Details festgelegt sind, wir sie Ihnen zuleiten werden. Dr. Schmid: Meine Herren! Zwischen Deutschland und den Besatzungsmächten besteht auch nach Abschluß der Feindseligkeiten de jure der Kriegszustand. Es ist wohl aus einer Reihe von Gründen, insbesondere aus internationalen Abkommen, an die sich die Besatzungsmächte gebunden haben, heute nicht möglich, diesen Zustand im vollen Umfange aufzuheben. Es ist aber eine andere Frage, ob nicht auf einigen Sachgebieten die Rechtswirkungen dieses Zustandes de facto aufgehoben werden können, so daß mit anderen Worten bei Weiterbestehen des grundsätzlichen De-jure-Kriegszustandes die Besatzungsmächte auf einigen Sachgebieten darauf verzichten könnten, sich auf die Rechtswirkungen dieses Zustandes zu berufen. Wir wären dankbar, wenn wir hören könnten, ob eine solche Möglichkeit ins Auge gefaßt wird und ob die Absicht besteht, sie zu verwirklichen. Gen. Clay: Sie wissen ja genau so gut wie wir, daß in allen diesen Dokumenten nichts enthalten ist, was den technischen Kriegszustand irgendwie ändert. Ich glaube nicht, daß dieses Problem zur Zeit erörtert wird. Jedenfalls sind meine Kollegen und ich nicht in der Lage, mit Ihnen hierüber zu diskutieren. Als persönlichen Vorschlag von mir möchte ich anregen, daß es, falls es dem Parlamentarischen Rat paßt, solche Vorschläge auf diesem Gebiet schriftlich niederzulegen, und falls die ganze Angelegenheit streng vertraulich behandelt werden wird, ich für meinen Teil durchaus bereit wäre, solche Vorschläge an meine Regierung weiterzuleiten25). Meine Kollegen werden entsprechende Schritte unternehmen. Gen. Koenig: Wenn de jure nichts geändert ist, so wird, glaube ich, nach dem Besatzungsstatut de facto sehr viel geändert werden. Dr. Schmid: Ich darf darauf antworten: ich hatte weniger an die Maßnahmen der Herren Generäle bei diesen Dingen gedacht als an die Gefahr, die von dem zu großen Scharfsinn der Juristen kommen könnte. Gen. Clay: Ich glaube, man kann sagen, daß viele Bestimmungen des Besatzungsstatuts auf eine De-facto-Abschaffung des Kriegszustandes hinauslaufen. Ich glaube nicht, daß dieses Thema in der Öffentlichkeit diskutiert werden sollte. Ich wiederhole deshalb, daß der Parlamentarische Rat, falls er hierzu Ansichten hat, sie uns in strengem Vertrauen zugehen lassen sollte. Wir werden sie dann an unsere Regierungen weiterleiten. Präs. Dr. Adenauer: Können wir dann zu Punkt 12 übergehen? Kaufmann: Meine Herren! Es handelt sich hier um eine kleine Einzelfrage. Sie hatten uns bei der letzten Konferenz mitgeteilt, daß der Parlamentarische Rat für die Schaffung eines Wahlgesetzes für den neuen Volkstag keine Zuständig—

25) Zu solchen Vorschlägen 126

ist

es

im Pari. Rat nicht mehr

gekommen.

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mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

keit hat26). Sie hatten dann das Kollegium der Ministerpräsidenten beauftragt, sich um diese Angelegenheit zu bemühen. Die Ministerpräsidenten haben dieses Problem geprüft und haben beschlossen, den Parlamentarischen Rat von sich aus erneut zu bitten, die Frage des Wahlgesetzes zu bearbeiten, um für unser verhältnismäßig kleines Gebiet ein einheitliches Wahlgesetz mit einer möglichst großen Mehrheit zu schaffen, und haben uns mitgeteilt, daß sie ihrerseits die Herren Militärgouverneure bitten werden, diesen Auftrag an uns zu bestätigen27). Wir haben unsererseits in dieser Sache noch nichts getan, sondern bitten heute darum, uns mitzuteilen, ob Sie diese Meinung der Ministerpräsidenten billigen und uns diese Arbeit zutrauen oder übergeben. Gen. Clay: Mit gewissen Vorbehalten ja27a). Die Militärgouverneure sind durchaus gewillt, die Vorschläge und Ansichten der Ministerpräsidenten bei ihren Beratungen in Erwägung zu ziehen, und zwar wegen der anerkannten Notwendigkeit, ein einheitliches Wahlsystem in allen Ländern zu haben. Ich möchte nebenbei bemerken, daß mir persönlich diese Feststellung sehr schwer fällt. Wir haben daher beschlossen, dem Parlamentarischen Rat auf diesem Gebiet gewisse Kompetenzen zuzugestehen. Diese Kompetenzen werden beschränkt bleiben auf die Festlegung der Anzahl der Abgeordneten, die Aufschlüsselung der Sitze auf die verschiedenen Länder und die Festlegung des Wahlsystems. Darunter verstehen wir aber, daß der tatsächliche Wahlapparat und die Durchführung der Wahl innerhalb der Kompetenzen der einzelnen Länder bleibt und daß jeder Modus, der die Ausnutzung von Reststimmen vorsieht, sich auf solche Wahllisten beschränken muß, die auf das betreffende Land zutreffen. Noch über einen weiteren Punkt hierzu besteht Übereinstimmung zwischen den Militärgouverneuren, und zwar darüber, daß wir dem Wahlgesetz nur zustim-

26) Vgl. hierzu Akten zur Vorgeschichte Bd. 5, passim.

dem Pari. Rat beim Treffen mit den Militärgouverneuren am 2. März 1949 mitworden (Prot, in z12/9, Bl. 261-265, Bericht von Murphy vom 2. März 1949, Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 217—220), bei dem die Gouverneure den Grundgesetzentwurf als zu zentralistisch kritisiert hatten (Memorandum on the Basic Law, in: Documents on the Creation, S. 108-110). 27) Dies wurde auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Königstein am 24. März 1949 beschlossen, an der auch einige Mitglieder des Pari. Rates teilnahmen. Vgl. Akten zur Vorgeschichte Bd. 5, S. 296 ff. 27a) yvqS Clay im folgenden verlas, erhielten die Ministerpräsidenten auch schriftlich; nach einem Bericht von Riddleberger (Foreign Relations Vol. III, S. 239) wurde ein Schreiben der Delegation übergeben. Es lautete in nichtamtlicher Übersetzung, datiert unter dem 14. April 1949, als Umdruck des Sekretariates S. 55 vervielf. (Z 5/203): „Die Militärgouverneure sind bereit, die Ansichten, die die Ministerpräsidenten über die Notwendigkeit eines einheitlichen Wahlsystems für alle Länder zum Ausdruck gebracht haben, in Rechnung zu stellen und haben demzufolge beschlossen, dem Parlamentarischen Rat gewisse Zuständigkeiten in dieser Angelegenheit zuzubilligen. Diese Zuständigkeiten werden beschränkt sein auf die Festsetzung der Anzahl der Abgeordneten, die Aufschlüsselung der Sitze auf die Länder und die Festlegung des Wahlsystems. Darunter ist zu verstehen, daß die Durchführung der Wahl der Zuständigkeit jedes Landes unterliegt, und daß jeder Modus, der die Ausnutzung von Reststimmen vorsieht, in jedem Land beschränkt bleiben soll auf Wahllisten, die in diesem Land vorgelegt sind." Dies

war

geteilt

127

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mit den

Militärgouverneuren

könnten im Lichte des Grundgesetzes, das heißt, wenn uns das fertige Grundgesetz vorher vorliegt. Ich glaube, hiermit erhalten Sie sozusagen fast alles, was in Ihrem ursprünglichen Wahlgesetz enthalten war. Aber an zwei wichtige Punkte möchte ich erinnern, daß einmal der Wahlapparat eine Länderkompetenz bleibt und daß die sogenannten Reststimmen in jedem Land auf Kandidaten verrechnet werden, die innerhalb des Landes als Wahlkandidaten aufgestellt worden sind. Gen. Robertson: Wenn die Militärgouverneure eine Bemerkung über die Liste der Kandidaten machen, die auf Grund der sogenannten Reststimmen ernannt werden sollen, so tun sie das für den Fall, daß Sie ein derartiges System einführen wollen, und wollen dabei nicht sagen, daß sie ein solches System empfehlen. Haben Sie sonst noch irgendwelche Gen. Clay: Dem schließe ich mich an. Wir hatten zumindest gehofft, daß die AbgeordneFragen zu den Punkten? ten des Parlamentarischen Rates diese Kompetenzen auf dem Gebiet des Wahlgesetzes mit einem freundlichen Lächeln quittieren würden. Dr. Schmid: Wir haben uns bemüht. men





[2. ÜBERGABE EINES BRIEFES DER MILITÄRGOUVERNEURE BETR. POLIZEIKOMPETENZEN DES BUNDES]

Gen. Clay: Wir haben hier einen Brief der Militärgouverneure an den Parlamentarischen Rat vor uns, der eine Regelung der Bundesregierung auf dem Gebiet der der Polizei zustehenden Befugnisse enthält28). Dieser Brief ist ins Deut-

') Dieser „Polizeibrief", teils wird er in der Literatur unter dem 8. April 1949, teils unter dem 14. April 1949 datiert, scheint für die deutsche Seite ziemlich überraschend gekommen zu sein (vgl. Der Pari. Rat Bd. 3, S. XXIX f.). Er lautete in deutscher Übersetzung als Um-

druck des Sekretariates Nr. S 56 in: Z 5/203 (englische Fassung Foreign Relations 1949, Vol. III, S. 242-243): Wie wir Ihnen in unserem Aide-Mémoire vom 22. November 1948 mitgeteilt haben, sollen die Befugnisse der Bundesregierung auf dem Gebiet der Polizei auf die von den Militärgouverneuren während der Zeit der Besatzung ausdrücklich genehmigten und nach diesem Zeitpunkt auf die durch internationale Vereinbarung bestimmten Befugnisse beschränkt sein. Die Militärgouverneure sind nun, wie folgt, übereingekommen: 1. Der Bundesregierung ist es gestattet, unverzüglich Bundesorgane zur Verfolgung von Gesetzesübertretungen und Bundespolizeibehörden auf folgenden Gebieten zu errichten : a) Überwachung des Personen- und Güterverkehrs bei der Überschreitung der Bun-

desgrenzen;

b) Sammlung und Verbreitung von polizeilichen Auskünften und Statistiken ; c)

Koordinierung bei der Untersuchung von Verletzungen der Bundesgesetze und die Erfüllung internationaler Verpflichtungen hinsichtlich der Rauschgiftkontrolle, des internationalen Reiseverkehrs und von Staatsverträgen über Verbrechensverfolgung.

Bundesregierung wird es ebenfalls gestattet, eine Stelle zur Sammlung und Verbreitung von Auskünften über umstürzlerische, gegen die Bundesregierung gerichtete Tätigkeiten einzurichten. Diese Stelle soll keine Polizeibefugnisse haben. 3. Die Befugnisse, Zuständigkeit und Aufgaben jedes zu errichtenden Bundesorgans zur Verfolgung von Gesetzesübertretungen oder jeder Bundespolizeibehörde sind durch 2. Der

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Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

sehe übersetzt worden. Statt den Brief hier vorzulesen und zu übersetzen, schlage ich eher vor, daß wir Ihnen den Text vorlegen und daß Sie, nachdem Sie ihn durchgesehen haben, Fragen dazu stellen. Dr. Menzel: Ich habe nur eine Frage zu Ziffer 5. Enthält §5 die Ermächtigung für den Parlamentarischen Rat, unabhängig vom Grundgesetz ein Polizeigesetz zu beschließen? Oder soll das nur heißen, daß der Parlamentarische Rat eine Bestimmung des Grundgesetzes über diese Gebiete erlassen kann? Gen. Clay: Ich sollte meinen, das letztere. Wir versuchen hier nicht im Detail die Zusammensetzung der Bundespolizei zu präjudizieren, die ja eine Angelegenheit der Bundesregierung sein wird. Dr. Pfeiffer: Ich verstehe es so, daß in dem Memorandum gemachten Mitteilungen über die Einschränkung der Bundeszuständigkeit auf dem Polizeigebiet29) hier zum Teil rückgängig gemacht werden. Außerdem wird sie im Detail ausgeführt und praktisch gegenüber jenem Memorandum erweitert. Ich verstehe es so, daß damit der Weg geöffnet wird, daß einerseits der Parlamentarische Rat im Grundgesetz die Kompetenzen des Bundes auf diesem Gebiet ausführlicher definieren kann, daß aber dann die Bundesregierung die Gesetzgebung dementsprechend ausführen kann. Gen. Clay: Ich würde eher sagen, sie kann die Grundprinzipien dafür im Grundgesetz festlegen, daß die zukünftige Bundesregierung ermächtigt wird, die Einzelheiten der Gesetzgebung auf diesem Gebiet durchzuführen. Dr. Pfeiffer: Ich hatte eine ähnliche Bemerkung am Schluß gemacht, die nicht übersetzt war. Präs. Dr. Adenauer: Ich darf mir noch eine Bemerkung gestatten. Ziffer 2 ist doch nicht sehr eng zu interpretieren; denn sonst würde die Tätigkeit dieser Stelle im Hinblick auf gewisse Strömungen sehr unbefriedigend sein293). Gen. Clay: Ich glaube, es ist unmöglich, unsererseits dazu jetzt einen Kommentar abzugeben, bevor uns die spezifische Gesetzgebung vorliegt. Präs. Dr. Adenauer: Bevor die Stelle ihre Tätigkeit begonnen hat. Gen. Clay: Ich meinte, daß das bundesgesetzgeberische Organ die Gesetze erlassen muß, die die Aktionsfähigkeit dieses Gremiums festlegen. Die Hohe Kommission muß dann die Gesetzgebung dahingehend überprüfen, ob sie mit den Grundprinzipien übereinstimmt, wie wir sie hier festgelegt haben. ein der Ablehnung durch die Militärgouverneure unterliegendes Bundesgesetz zu bestimmen. Keine Bundespolizeibehörde darf Befehlsgewalt über Landes- oder Ortspoli-

zeibehörden besitzen. 4.

Jede Bundespolizeibehörde unterliegt, insbesondere hinsichtlich ihrer Kopf stärke, Bestimmungen, soweit sie anwendbar sind, die die

Militärgouverneure auf Grund der den Besatzungsbehörden nach dem Besatzungsstatut vorbehaltenen Befugnissen erlassen. 5. Falls der Parlamentarische Rat oder die Bundesregierung Bundesorgane zur Verfolgung von Gesetzesübertretungen oder Bundespolizeibehörden auf anderen Gebieten in Vorschlag bringen sollte, so sind, vorbehaltlich der Bestimmungen in den Absätzen 3 und 4, Vorschläge dieser Art den Militärgouverneuren zur Genehmigung vorzulegen. ') Aus der englischen Fassung (Anm. 2) geht hervor, daß Pfeiffer das Aide Mémoire vom 22. Nov. 1948 (Documents on the Creation, S. 105) meinte. ') Daß mit den „gewissen Strömungen" die Kommunisten gemeint waren, geht rem Zusammenhang hervor (vgl. Der Pari. Rat 3, S. XXX, Anm. 111).

aus

ande-

129

Besprechung

Nr. 9

mit den

Militärgouverneuren

Dr. Schmid: Ich habe nur eine kurze Frage zur Aufklärung des Textes. Unter § 1 Litera b wird von Sammlung und Verbreitung von polizeilichen Auskünften gesprochen. Meine Frage ist, ob darunter das zu verstehen ist, was in der fran-

zösischen Polizeiverwaltung als ..renseignements généraux" bezeichnet wird. Gen. Koenig: Es ist ungefähr dasselbe. Gen. Clay: Ich unterschreibe das. Ich weiß aber nicht, was damit gemeint ist. Gen. Koenig: Zentralisation von gewissen Polizeiauskünften und Veröffentli-

chungen. Gen. Clay: Haben zur

Sie noch irgendwelche anderen Punkte oder Diskussion stellen möchten?

Fragen, die

Sie

[3. FORTGANG DER ARBEIT DES PARLAMENTARISCHEN RATES]

Präs. Dr. Adenauer: Im Besatzungsstatut ist ausgesprochen, daß alle diese Dinge in Kraft treten, sobald das Grundgesetz verabschiedet ist. Wir werden uns bemühen, das Grundgesetz sobald wie möglich zu verabschieden. Aber einen bestimmten Zeitpunkt können wir heute nicht angeben. Gen. Clay: Ich glaube, ich kann auch im Namen meiner Kollegen sagen, daß wir heute mit Ihnen viel lieber über das Grundgesetz als über das Besatzungsstatut

gesprochen hätten30).

30) Daß auf dieser Besprechung auch über den Fortgang der Arbeit des Pari. Rates gesprochen werden würde, war der Delegation bewußt. In der vorbereitenden interfraktionel-

Besprechung vom 12. April 1949 (Prot, in: BT PA Bestand 5/Karton 13) war es zu eieingehenden Diskussion darüber gekommen, wie man darauf antworten solle, wobei die unterschiedlichen Positionen der großen Fraktionen sehr deutlich ausgesprochen wurden. Während Adenauer vorschlug, man solle ruhig bei Differenzpunkten die verschiedenen Auffassungen leidenschaftslos darlegen, lehnte Schmid dies ab mit dem Belen

ner

merken,

nahm

er

wolle die Gouverneure nicht

folgenden Fortgang:

zu

Schiedsrichtern machen. Die Diskussion

„Dr. von Brentano: Er teile die Auffassung Dr. Schmids. Wenn bei den Gouverneuren die verschiedenen Standpunkte dargelegt würden, würden die Gouverneure zu Schiedsrichtern gemacht werden. Aber wir könnten auch nicht Totstellen spielen. Würden wir vor die Frage gestellt, wie ist die Situation bei Ihnen, was verhindert den Abschluß, könnten wir auf diese Frage nicht schweigen. Nachdem die einen glauben, wenn dem Memorandum zu bestimmten Punkten nicht entsprochen werde, werde das Grundgesetz abgelehnt, während die anderen der gegenteiligen Auffassung sind, wäre es dann nicht richtig, eine Hare Antwort der Gouverneure insoweit zu erbitten? Dr. Lehr schließt sich dieser Auffassung an. Dr. Adenauer: Arnold habe ihm gesagt, gestern habe einer der Generäle geäußert, wenn einmal von jeder der großen Fraktionen ein paar Leute zusammenträten, müßte es merkwürdig zugehen, wenn man nicht zu einer Verständigung käme. Man müßte also auch damit rechnen, daß einzelne Herren gebeten würden, hierzubleiben und die Dinge inoffiziell zu besprechen. Dr. Schmid: Er kenne diesen Vorschlag. Das werde nicht geheim bleiben. Für Generäle sei es schwierig, so etwas zu machen. Dr. Adenauer: Nicht wenn es nach der offiziellen Besprechung gemacht werde. Kaufmann: Habe es Sinn, ein gewisses Versteckspiel zu treiben. Wir seien bis zu dem 130

Besprechung

mit den

Präs. Dr. Adenauer: Vielleicht gestatten Sie, daß Angelegenheit bei uns etwas verlesen wird, was worden ist.

Militärgouverneuren zu

dem

von uns

Nr. 9

der verfaßt

heutigen Stand gemeinsam

Augenblick im Fünfer- bzw. Siebenerausschuß gekommen, bis die Erklärung der Verbindungsstäbe kam. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen uns beträfen die Auslegung der alliierten Ablehnung, wobei Sie (SPD) nicht nur von ihrer Auslegung ausgingen, sondern glaubten, Auslegungen höherer Art zu haben und sich auf die Durchsetzbarkeit Ihrer Auffassung verlassen zu können. Während wir (CDU) andere Erklärungen erhielten und glaubten, Sie würden sich nicht durchsetzen können. In diesem Augenblick sei man auseinandergekommen, weil die CDU die Konsequenzen ziehen wollte aus der Situation, während Sie das Risiko der Ablehnung auf sich nehmen wollten.

Nun sehe er absolut nicht ein, warum nicht von den Alliierten klar gesagt werden könne, wie ihre Auskünfte zu verstehen seien. Dr. Schmid: Er wisse nicht, ob wir diese Dinge hier diskutieren sollten. Die Unterschiede lägen auch noch woanders. Die SPD sei der Meinung, daß wir nicht nur auf deutscher Seite ein Risiko zu tragen hätten, sondern daß dies auch bei den Alliierten läge. Daher sollten wir den Alliierten unser Werk geben. Die SPD sei weiter der Meinung, wenn wir uns auf eine einigermaßen plausible Lösung vereinigt hätten, wäre es den alliierten Regierungen wohl kaum leicht gewesen Nein zu sagen. Er habe am Sonntag mit Robertson gesprochen. Dieser habe erklärt, in der Erklärung stehe nicht, daß die Alliierten das Grundgesetz ablehnen würden, wenn der Kompromiß des Siebenerausschusses nicht das erfülle, was die Alliierten sich vorgestellt haben. (Einwurf Dr. Strauß: Und das Schreiben der Außenminister.) Dr. Schmid: Besage nichts anderes als das Memorandum vom 2. 3. 1949. Sei es richtig jetzt zu fragen, wie habt Ihr das gemeint? Eine letzte Antwort sei von den Generälen nicht zu erhalten. Eine solche Frage würde aber letztlich die letzte Antwort beeinflussen und dieses Risiko wollten wir nicht

eingehen.

Dr. Adenauer: Es sei kein Geheimnis, daß die Engländer bereit gewesen wären, die zu genehmigen. Die englische Regierung sei aber überstimmt worden. Es sei dies keine Frage, daß das Dokument vom 2. 3. 1949 auf der Washingtoner Konferenz eine Rolle gespielt habe. Die Außenminister hätten uns empfohlen, diese Sache zu berücksichtigen. Es sei vergeblich zu glauben, daß nunmehr die Regierungen ihren Standpunkt verließen. Sein Vorschlag sei deshalb, wie schon früher, man sollte die

Hauptausschußabschlüsse

Bestimmungen über den Bundesrat nachprüfen, ob man nicht, wenn die Finanzfrage entsprechend alliierten Wünschen geordnet würde, an irgendeiner Stelle Befugnisse des

Bundesrates als überflüssig streichen und damit die Möglichkeit einer Verständigung schaffen könne. Nach der Washingtoner Konferenz halte er es nicht für richtig, immer wieder bei der Finanzfrage anzusetzen, man solle sich doch den Katalog woanders ansehen. Zinn: Die SPD sei anderer Meinung über die Einigung der drei Außenminister, sie sei nicht der Meinung, daß die Außenminister jede Einzelheit der Militärgouverneure unterstützen wollen. Wenn man in Frankfurt diskutiere, glaube er nicht, daß es nur einen Sinn habe, über strittige Punkte zu diskutieren. Dr. Adenauer: Bei der eben angeschnittenen Frage meinte er nicht, daß sie von den Gouverneuren behandelt werden sollte. Höpker-Aschoff: Die Finanzverwaltung wäre der strittige Punkt. Wenn nun jeder seine Meinung in Frankfurt vortrage, ergeben sich viele Auffassungen, er glaube nicht, daß dies einen besonders guten Eindruck hinterlasse. Zinn: Man könnte nur erklären, eine Einigung in Bonn sei nur möglich, wenn die Bundesfinanzverwaltung bleibe. Dr. Schäfer: Was dann, wenn eine negative Antwort käme. Zinn: Das müßte man sehen. Dr. Schäfer: Wäre es nicht besser, möglichst wenig Fragen zu stellen." 131

Nr. 9

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Dr. Menzel (verliest folgende Erklärung)308): Wir alle haben den Wunsch, das Grundgesetz so rasch als möglich und auf breitester Grundlage zu verabschieden. Im Parlamentarischen Rat ist im Monat Februar auf dieser Grundlage ein Kompromiß zustande gekommen, das eine

schnelle Gesamtverabschiedung ermöglicht hätte. Nachdem die Denkschrift vom 2. März 194931) uns zur Kenntnis gebracht worden war, hat ein eigens dafür gebildeter interfraktioneller Ausschuß sie einer sorgfältigen Durchsicht unterzogen und eine neue, den darin enthaltenen Empfehlungen entgegenkommende Vereinbarung getroffen und diese den Verbin-

30a) Dieses Statement dürfte auf einer Vorbesprechung der Delegation vorbereitet worden

Vgl. den Bericht vor der CDU/CSU-Fraktion bei Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 484-485. Entwurf des Statements unter dem 13. April 1949 datiert in Bay HStA, sein.

31) 132

NL Pfeiffer/37). In der Fraktionssitzung der CDU/CSU vom 13. April (ebenda, S. 486—487) war nochmals über die einzuschlagende Taktik beraten: „Wenn die Alliierten ihre Bedenken fallenließen und man dann nein zum Kompromiß sage, komme man in eine absolut verzweifelte Situation. Diese Meinung wurde nahezu einhellig von der Fraktion vertreten. Es wurde aber trotzdem beschlossen, daß eine entsprechende Frage an die Generäle gerichtet werden solle, weil man eine endgültige Klärung brauche, ob die SPD mit ihrer Auffassung recht habe, daß die Alliierten bei entsprechend fester Haltung der Deutschen zurückweichen würden oder ob die gegenteilige Meinung der CDU/CSU richtiger sei. Es herrschte Einmütigkeit darüber, daß man das Risiko einer solchen Klarstellung übernehmen könne, weil die Alliierten festblieben. Es bestand aber auch Klarheit, daß man, wenn die Entscheidung gegen die CDU/CSU ausfallen werde, die Konsequenzen übernehmen müsse. Herr Kaufmann erklärte noch, es sei formell wohl richtig, daß die letzten Vorschläge des Siebenerausschusses nicht von der Gesamtfraktion gebilligt seien. Man dürfe aber nicht übersehen, daß diese Vorschläge zweifellos günstiger seien als der Kompromiß des Fünferausschusses. Allerdings sei es auch nicht so günstig, wie es nach der teilweisen Ablehnung durch die Alliierten aussehe. Man solle sich aber keinesfalls mechanisch auf den Kompromiß des Fünferausschusses zurückziehen. Nach dem 2. März 1949 sei nichts zu unseren Ungunsten geschehen. Was in der Linie unserer Wünsche vorwärtsgetrieben worden sei, solle man zu erhalten suchen. Die Beschlüsse des Siebenerausschusses seien ihm lieber als der Kompromiß des Fünferausschusses. Dr. Adenauer stellte hierzu fest: Nachdem geklärt sei, daß der Kompromiß des Fünferausschusses nicht hinfällig sei, welche Meinung anscheinend bei einem Teil der Fraktion ursprünglich vorhanden gewesen sei, sei es selbstverständlich, daß auch die Verbesserungen des Siebenerausschusses in Kraft bleiben sollen. Dr. Pfeiffer stellte noch einmal klar, daß die Beschlüsse des Fünferausschusses ein echter Kompromiß seien, während die Beschlüsse vom 16. März nur eine Vereinbarung innerhalb des Siebenerausschusses seien." Adenauer fragte am 13. April 1949 telefonisch den US-Verbindungsoffizier Dr. Simons im Rahmen eines Gesprächs über allgemeine organisatorische Fragen des Treffens mit den Militärgouverneuren vom 14. April 1949, ob die Militärgouverneure die Initiative übernehmen wollten, um bei diesem Anlaß auch über das Grundgesetz zu sprechen. Die SPD nehme den Standpunkt ein, daß sie vor dem 20. April, an dem ihr Parteiausschuß tage, keinerlei Diskussion über das Grundgesetz mehr zulasse. Wenn andererseits die Militärgouverneure Fragen zum Grundgesetz stellen würden, würde die SPD selbstverständlich an einer Diskussion, die nicht von der Delegation des Pari. Rates eröffnet würde, teilnehmen (Simons an Litchfield vom 13. April 1949, Z 45 F/15/147-2/1). Memorandum vom 2. März 1949, als Umdr. des Sekretariates Nr. S 3 in: Z 5/202; Abdr. in: Documents on the Creation, S. 105.

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

dungsstäben vorgelegt32). Auch für diesen Vorschlag konnte die Annahme durch eine große Mehrheit des Parlamentarischen Rates erwartet werden. Die Leiter der Verbindungsstäbe haben sodann erklärt, daß nach ihren Vorstellungen dieser Vorschlag den Empfehlungen der Denkschrift vom 2. März 1949 nicht entspreche33). Durch diese Stellungnahme ist ein Stillstand in den Verhandlungen eingetreten und eine Verabschiedung nicht zustande gekommen. Auch die Botschaft der Herren Außenminister an den Parlamentarischen Rat vom 5. April 1949 vermochte die Schwierigkeiten nicht zu beheben34).

Gen. Clay: Meine Herren! Ich erinnere daran, daß wir in dem Brief, in dem wir Sie zu der Beschleunigung Ihrer Arbeit aufforderten35), andeuteten, daß wir uns nur zu gern mit einem Ausschuß, mit dem Hauptausschuß treffen würden und daß wir vor allen Dingen durchaus gewillt waren, mit Vertretern des Hauptausschusses das zu besprechen, was sie dann erst der Hauptversammlung selber, dem Plenum vorlegen würden. In der Zwischenzeit sind nun die drei Außenminister zusammengetreten und haben, wie ich glaube sagen zu können, in einer sehr großzügigen Art und Einstellung all die Probleme, um die es ging, in einem kurzen Dokument zusammengefaßt. Wenn Sie nicht im Lichte unserer Empfehlungen mit Vorschlägen, die ausgearbeitet worden sind, hervortreten, dann versetzen Sie uns in eine wirklich sehr schwierige Lage. Können Sie uns auch nur ungefähr einen Anhaltspunkt geben, wann der Hauptausschuß mit seiner abgeschlossenen Arbeit, mit seinen Vorschlägen an uns herantreten wird? kann man fast sagen Präs. Dr. Adenauer: Wenn die gegenwärtige Krise innerhalb des Parlamentarischen Rates nicht überwunden wird, wird es außerordentlich schwer sein, auch nur einen annähernden Termin zu bestimmen. Gen. Clay: Mit jedem Tag, der verstreicht, opfern Sie einen Teil dieser freundlichen Einstellung, die mit den Vorschlägen der Außenminister geschaffen worden ist. Ich kann nur nochmals im Namen meiner Kollegen wiederholen, daß wir bereit sind, zu jedem Zeitpunkt mit dem Hauptausschuß zusammenzutreten, und dies nicht zur Veröfsobald er bereit ist. Ich möchte ganz offen sagen fentlichung : wir müssen anerkennen, daß heute internationale Zustände —





herrschen

.36) —

.

.

vom 17. März 1949 (Umdr. des Sekretariates Nr. S 105, Z 5/203; Abdr. in: Documents on the Creation, S. 110-111). 33) Dies war von den alliierten Verbindungsoffizieren in Bonn am 25. März 1949 mit dem Bemerken mitgeteilt worden, daß die Militärgouverneure die Vorschläge nicht als offizielle betrachten würden und nur noch über einen letzten vollständigen Grundgesetz-Entwurf entscheiden wollten (Bericht von Riddleberger vom 28. März 1949, Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 231-232). Das Memorandum wurde als Umdruck Nr. S 20 des Sekretaria-

32) Vorschläge des Siebener-Ausschusses

tes vervielfältigt (Z 5/202). 34) Abdr. in Anm. 43. 35) Damit dürfte die Botschaft gemeint sein, die bei der Überreichung des Besatzungsstatuts an

den Pari. Rat

am

10.

April

1949

verlesen wurde. Siehe Dok. Nr. 5 A, Anm. 1.

36) Im englischen Protokoll (Anm. 2) lauteten die Ausführungen von Clay wie folgt:

„But every day you are sacrificing tremendous goodwill that has been generated when this offer was made. I can only repeat, for myself and my colleagues, that we stand ready to meet with the main Committee at any time it is willing to do so. I would like to point out one other factor that to me is of the greatest importance. The 133

Besprechung

Nr. 9

(Auf Anordnung hier

mit den von

Militärgouverneuren

Mr. Chaput de Saintonge mußte das Nachschreiben Der eine Satz konnte jedoch im Kurzprotokoll fest-

eingestellt werden. gehalten werden.)

Ich möchte noch auf einen weiteren Umstand verweisen, der mir sehr wichtig erscheint. Das europäische Wiederaufbauprogramm tritt am 1. Juli in seine zweite Phase ein. Je länger die Verzögerung in der Errichtung der westdeutschen Regierung dauert, desto unmöglicher wird es für die westdeutsche Regierung werden, an der Ausarbeitung der Pläne des Wiederaufbauprogramms für das ganze Geschäftsjahr, das am I.Juli beginnt, mitzuwirken. Mir scheint es von allergrößter Bedeutung, daß Sie sobald wie möglich in die Lage kommen, Ihre eigene vollwertige Rolle in diesem Programm zu spielen. Sie fragen schon, wann mit einer weiteren Erleichterung der Beschränkungen des Außenhandels zu rechnen ist. Uns liegt ja daran, so schnell wie möglich und soviel wie möglich diese Beschränkungen überhaupt aufzuheben. Ich glaube nicht, daß sich unsererseits zu dem, was bereits gesagt ist, etwas hinzufügen läßt. Präs. Dr. Adenauer: Wenn Sie uns gestatten, uns einige Minuten zurückzuziehen. (Die Besprechung wird von 16.43 Uhr bis 17.10 Uhr unterbrochen37).) Präs. Dr. Adenauer: Wir nehmen den Vorschlag einer Verhandlung mit Ihnen über die noch schwebenden Punkte des Grundgesetzes mit bestem Dank an. Wir schlagen Ihnen aber vor, nicht den ganzen Hauptausschuß zu nehmen38), sondern etwa die hier anwesenden Herren, verstärkt durch einige andere Mitglieder. Sie würden dann bei dem Gespräch Herren gegenüberhaben, deren Wort im ganzen Parlamentarischen Rat Erfolg hat. Gen. Clay: Erlauben Sie mir, die Hoffnung auszusprechen, daß diese Abgeordneten dann bindende Beschlüsse im Namen des Hauptausschusses treffen kön—

nen.

Präs. Dr. Adenauer: Ich darf mich vielleicht ganz korrekt so ausdrücken: was die Herren Ihnen mitteilen werden, wird vom Hauptausschuß ausgeführt. Wir

würden Ihnen auch dankbar sein, wenn diese Besprechung möglichst bald stattfinden würde. Ich glaube, es würde vielleicht nächsten Freitag [22. April] möglich sein.

European Recovery Program goes into its second phase on 1 July. The longer the delay, in the formation of this West German Government, the less part it is going to play in the formulation of that program for the entire fiscal year starting 1 July. To me it would seem of utmost importance that you be prepared to play your part in that at the very earliest

possible date. are already asking when further restrictions

You are

on foreign trade will be removed. We many of these restrictions at the earliest possible date. have anything to add to what we have just said. Have you anything you

most anxious to

remove

I don't think we would like to add?" 37) Aus dem alliierten Prot. (vgl. Anm. 2) geht hervor, daß Adenauer um eine Pause von 10 Minuten bat und daß die Militärgouvemeure den Raum verließen. Informationen über die Gespräche in der deutschen Delegation während der Verhandlungspause ließen sich nicht ermitteln. 3B) Im Bericht von Riddleberger (vgl. Anm. 2) war erklärend hinzugefügt „probably so recommended to avoid communist participation." 134

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

(Widerspruch der der SPD angehörenden Abgeordneten.) Ich darf mich verbessern. Die Herren der SPD sagen mir soeben, daß Freitag ihnen zu früh sei, sondern daß für sie der früheste Termin Montag in einer Woche sei. Gen. Clay: Ich bin überzeugt, daß meine Kollegen und ich gern mit Ihnen zusammentreten werden. Ich möchte nur persönlich mein Bedauern ausdrücken, daß es erst in einem so verhältnismäßig späten Zeitpunkt ist. Erlauben Sie mir aber, vorzuschlagen, daß, selbst wenn wir jetzt den 25. annehmen, Sie sich doch bemühen, einen etwas früher liegenden Termin möglich zu machen und —

uns zu

benachrichtigen.

Dr. Schmid: Der Grund, weswegen ich mir erlaubt habe, nach dem Vorschlag des Herrn Präsidenten, der auf den Freitag ging, den Montag vorzuschlagen, ist der, daß ich annahm, daß die Herren Generäle einen einheitlichen Standpunkt des Hauptausschusses hören wollen. Gen Clay: Ja, ich würde sagen, daß wir in der Tat natürlich sehr viel lieber ei-

einheitlichen Standpunkt entgegennehmen würden. Ich würde vorschlagen, daß wir lieber auf den 25. warten, wenn dadurch einigermaßen Gewähr gegeben ist, daß wir einen einheitlichen Standpunkt bekommen. Wenn es Ihnen trotzdem irgendwie möglich sein sollte, auch noch vorher auf diesen gemeinsamen Nenner zu kommen, dann würden wir das sehr begrüßen. Meine beiden Kollegen und ich würden gern bereit sein, auch früher mit Ihnen zusammenzukommen. Erlauben Sie mir, etwas zu wiederholen, was ich Ihnen schon vorher gesagt habe. Wenn Sie mit einem Vorschlag an uns herantreten und wir der Tatsache eingedenk sind, daß der vorige Vorschlag nicht annehmbar war, und Sie wirklich im Namen des ganzen Hauptausschusses sprechen, dann sind wir in einer Lage, wirklich zu versuchen, auf dem Verhandlungswege die Schwierigkeiten mit Ihnen zusammen zu überwinden. Bis Sie das nicht getan haben, haben Sie uns Ihnen gegenüber in eine unmögliche Lage versetzt. Dr. Schmid: Herr General Clay hat soeben davon gesprochen, daß wir mit einem Vorschlag auf Sie zukommen könnten, bei dem wir davon ausgehen, daß unser letzter Vorschlag nicht annehmbar war. Ist unter diesem letzten Vorschlag, der nicht annehmbar ist, jener zu verstehen, auf den das Aide Memoire vom 2. März ergangen ist?39) Denn das ist ja der einzige Vorschlag, der auf dem Beschluß einer Körperschaft des Parlamentarischen Rates beruht. Gen. Clay: Wir mußten Ihnen damals mitteilen, daß diese Vorschläge40) nicht mit unseren Anregungen übereinstimmen. Das ist auch die einzige Antwort, die nen

vom 2. März 1949 in: Documents on the Creation, S. 108—110; Umdr. des Sekretariates Nr. S 3 (Z 5/202). Es war eine Reaktion auf den Entwurf des Grundgesetzes, der in dritter Lesung vom Hauptausschuß am 10. Febr. 1949 verabschiedet worden war. Siehe Grundgesetz (Entwürfe): Fassung der 3. Lesung des Hauptausschusses (Stand 10. Febr. 1949), S. 195-240. 40) Gemeint sind, wie Clay später klarstellte, die Vorschläge des Siebenerausschusses vom 17. März 1949 (Abdr. in: Documents on the Creation, S. 111—113, Sekretariatsumdruck S 105 Z 5/203).

39) Abdr. des Memorandums

135

Nr. 9

Besprechung

wir Ihnen heute

mit den

Militärgouverneuren

geben können. Ich kann ebenfalls sagen, daß auch heute die Miliin der Lage wären, diesen Vorschlag anzunehmen. Verschie-

tärgouverneure nicht

dene Vorschläge könnten vielleicht angenommen werden, andere wieder nicht. Andererseits wollen wir uns nicht starr festlegen. Wir arbeiten selber unter sehr unzweideutigen Instruktionen403). Im Rahmen dieser Instruktionen möchten wir aber gern über den Tisch hinüber mit Ihnen verhandeln, um eine annehmbare Lösung zu finden. Es wäre aber zur Erreichung einer solchen Lösung nicht günstig, von dem letzten Vorschlag auszugehen. Ich hoffe, daß ich klar zum Ausdruck bringe, daß wir den Wunsch haben, vernünftig zu sein. Aber wir müssen von Ihnen fordern, daß Sie gleichermaßen vernünftig sind. Keine der beiden Seiten sollte von der Basis ausgehen, daß entweder Ihr ganzer Standpunkt akzeptiert wird oder gar nichts. Offen gesagt, solange Sie nicht mit einem anderen Vorschlag nicht an uns herantreten, haben Sie uns in eine solche Lage versetzt. Vielleicht sage ich hiermit schon mehr, als meinen Kollegen wirklich recht ist. ')

Clay spielte hier auf die Botschaft der Außenminister an die Militärgouverneure vom 8. April 1948 an, die zu diesem Zeitpunkt dem Pari. Rat noch nicht zur Kenntnis gegeben

worden war. Die Botschaft lautete (Foreign Relations 1949, Vol. III, S. 185; Umdr. des Sekretariates Nr. S 44, Z 5/202); To the Military Governors; For your guidance the Foreign Ministers of the US, UK and France transmit their views on the Basic Law. It is left to the Military Governors to determine the time they may consider it appropriate to communicate these views to the Parliamentary Council, but the Foreign Ministers wish that they be transmitted before opinion in the Parliamentary Council has crystallized, in order that the views given below may be reflected in the Basic Law. „(a) The Foreign Ministers are not able to agree at this time that Berlin should be included as a Land in the initial organization of the German Federal Republic. (b) In the financial field any provisions put forward by the Parliamentary Council in the direction of securing financial independence and adequate strength for both the Laender and Federal Governments in operating in their respective fields will receive sympathetic consideration. (c) On the question of Article 36 (Article 95 (c)) they will also give sympathetic consideration to any formula which (i) eliminates from the federal powers those matters definitely excluded by the London agreement. (ii) assures to the Laender sufficient powers to enable them to he independent and vigorous governmental bodies. (iii) assures to the Federal Government sufficient powers in the important fields of government to enable them to deal effectively with those fields in which the interests of more than one Land are substantially and necessarily involved. (d) Finally, the Foreign Ministers request that the Military Governors indicate to the Parliamentary Council, at an appropriate time, that they are ready to contemplate a suggestion for a right of the Federal State to supplement, from its own revenues, appropriations made by the Laender from revenues from their own taxes levied and collected by them, by grants for education, health and welfare purposes, subject in each case to specific approval of the Bundesrat." Diese Botschaft wurde dem Pari. Rat erst am 22. April bekanntgegeben, nachdem es hierüber zwischen Clay und seinen Vorgesetzten in den USA zu äußerst heftigen Auseinandersetzungen gekommen war. Siehe hierzu Clay; Entscheidung in Deutschland, S. 474-476; John H. Backer: Die deutschen Jahre des Generals Clay, S. 316 f.; Wolfgang Krieger: General Lucius D. Clay und die amerikanische Besatzungspolitik, S. 462 f. 136

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

Ich möchte noch einen weiteren Vorschlag machen. Da muß ich auch meine beiden Kollegen bitten, erst einmal zuzuhören. Wenn Differenzen zwischen Ihnen bestehen, mit denen Sie allein nicht fertig werden, und diese hier zu einer Zusammenkunft mitbringen, so würden wir versuchen, Ihnen unsere Ansichten zu geben, damit sich eine Möglichkeit ergibt, diese Differenzen zu überwinden, unter der Bedingung, daß Sie dann in der Lage sind, bindend zu sagen, ob Sie sie annehmen oder nicht. Ich glaube, meine Herren, mehr können wir wirklich nicht sagen. Präs. Dr. Adenauer: Meine Freunde auf dieser Seite befürchten, daß noch eine Unklarheit besteht. Sie, Herr General Clay, haben gesagt, daß die letzten Vorschläge nicht angenommen werden können. Ich habe Sie dahin verstanden, daß Sie damit die Kompromißvorschläge des Fünferausschusses gemeint haben, die vor dem 2. März überreicht worden sind41). Gen. Clay: Ich meine die Vorschläge des Siebenerausschusses vom 17. März42). Präs. Dr. Adenauer: Dann ist das klargestellt: also die Vorschläge des Siebenerausschusses, die den Verbindungsstäben am 17. März mitgeteilt worden sind. Gen Clay: Hinsichtlich dieser Vorschläge sagen wir Ihnen offen, daß wir nicht sehen, daß hierin die Basis für eine Lösung liegt. Wir bitten Sie also, in der Praxis einen neuen Vorschlag zu machen, der eine Diskussionsgrundlage für uns gibt, in dem Versuch, eine Übereinstimmung zu erzielen. Präs. Dr. Adenauer: Wir werden versuchen, untereinander zu einer Übereinstimmung zu kommen, ehe wir am 25. hier hinkommen. Ich glaube Ihnen im Namen aller Herren auf dieser Seite des Tisches versichern zu können, daß wir von der Bedeutung der ganzen Angelegenheit und der Tragweite auch für uns Deutsche völlig überzeugt sind. Darf ich dann zum Schluß Ihnen, meine Herren Generäle, im Namen aller deutschen Teilnehmer den herzlichsten Dank aussprechen für die Großzügigkeit, mit der Sie diese Verhandlungen von Ihrer Seite geführt haben. Wir erkennen vollständig an, daß es eine bessere Lösung ist, das Besatzungsstatut mehr allgemein zu halten und es, wie Sie es ausdrücken, zu einem lebendigen Instrument zu machen. Es wird natürlich ganz darauf ankommen, mit welchem Geist das Besatzungsstatut gehandhabt wird. Aber wir sind davon überzeugt, daß es in dem Geist gehandhabt wird, der aus der Botschaft der Außenminister an den Parlamentarischen Rat vom 5. April43) und aus der Mitteilung spricht, 41) Vgl. die Stellungnahme des Fünferausschusses zum förderativen Charakter des Grundgesetzes vom 14. Febr. 1949. Abdr. in: Documents on the Creation, S. 106—108. 42) Siehe Anm. 40. 43) Die Botschaft vom 5. April 1949 lautete in nichtamtlicher Übersetzung als Drucks. Nr. 682 vervielf. (Z 5/134; englische Fassung in: Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 236-237): „Die drei Militärgouverneure erhielten die folgende Nachricht, die sie durch die Verbin-

dungsoffiziere in Bonn dem Parlamentarischen Rat hierdurch mitteilen. Die Außenminister der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königsreiches und Frankreichs, die während ihrer augenblicklichen Zusammenkünfte in Washington das westdeutsche Problem studieren, erfahren mit Befriedigung, daß die zuständigen Ausschüsse des Parlamentarischen Rates die Vollendung des Grundgesetzes vorwärtstreiben. Die Außenminister nehmen an, daß in den nächsten Tagen in Bonn Entscheidungen über mehrere wichtige Punkte getroffen werden, die mit dem Grundgesetz zusammenhängen. Sie 137

Nr. 9

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

mit der das Besatzungsstatut übergeben wurde44). Wenn es Ihnen möglich wäre, den Herren Außenministern unseren Dank auch dafür auszusprechen, daß sie sich trotz der Fülle der Arbeiten in Washington mit unserer Angelegenheit sofort beschäftigt haben, würden wir Ihnen dafür sehr dankbar sein. Wir danken Ihnen auch dafür, daß Sie uns heute die Aufgabe bezüglich des Wahlgesetzes übertragen haben. Ich bitte Sie davon überzeugt zu sein, daß wir alle von dem Geist der internationalen Zusammenarbeit beseelt sind, der aus allem spricht, was sich in den letzten Wochen ereignet hat. Zum Schluß darf ich noch das Wort Presse aussprechen. Was teilen wir der Presse mit? Gen. Clay: Ich würde vorschlagen, der Presse mitzuteilen, daß wir das Besatzungsstatut besprochen haben, daß wir übereingekommen sind, am 25. zum Zwecke weiterer Aussprache wieder zusammenzukommen, daß die heutige Aussprache vom Geist der Zusammenarbeit gekennzeichnet war, daß wir aber angesichts der Tatsache des Fortlaufs der Besprechungen heute nichts weiter zu sagen haben. Ehe wir auseinandergehen, hat Herr General Robertson einige Bemerkungen zu machen. Dann noch eine Schlußbemerkung von mir. Gen. Robertson: Meine Herren! Meiner Ansicht nach haben wir heute nachmittag eine sehr interessante und wertvolle Zusammenkunft gehabt. Der Hauptpunkt unserer Diskussion war das Besatzungsstatut, das ein Besatzungsstatut für die westlichen Zonen ist. Ich nehme an, daß Sie zu Ihrer persönlichen Information wissen möchten, daß die Herren Militärgouverneure sich überlegt haben, in welchem Verhältnis dieses Besatzungsstatut für die westlichen Zonen zu den westlichen Sektoren Berlins stehen wird. Aus diesem Grunde halte ich es für sehr zutreffend, daß Beobachter aus der Stadt Berlin hier heute anwesend waren.

Ich

begrüße das45).

haben das Vertrauen, daß der Parlamentarische Rat und die verantwortlichen deutschen Parteiführer den Empfehlungen der Militärgouverneure die nötige Beachtung schenken werden, diese Empfehlungen stehen im EinHang mit den Bestimmungen des Londoner Abkommens, das die Errichtung einer deutschen föderalistischen Regierung autorisiert. Die Außenminister wünschen, daß die Entscheidungen des Parlamentarischen Rates in einem Geiste getroffen werden, der eine gegenseitige kooperative Haltung zwischen den künftigen deutschen Bundesbehörden und den Besatzungsmächten erleichtert, was eines der wichtigsten Ziele ist, das in den gegenwärtigen Besprechungen in Washington betreffend Deutschland angestrebt wird." Zur Aufnahme der Botschaft im Pari. Rat siehe Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat, S. 465-467. Der britische Verbindungsstab berichtete unter dem 8. April 1949 (PRO FO 1030/87): „There is no doubt that this communication of the Foreign Ministers is considered by the Germans as a strong reminder, if not an ultimatum, that unless the conditions laid down in London are met the Basic Law will be rejected and there will be no West German Government. The Germans are anxious to form this Government." Vgl. auch Bericht von Riddleberger vom 7. April 1949 (Foreign Relations 1949 Vol. III, S. 235 f.). 44) Siehe Dok. Nr. 5, Anm. 1. 45) Im alliierten Prot. (vgl. Anm. 2) folgt ein Einwurf von General Koenig: „I associate myself with General Robertson's words" und der Beitrag von Clay beginnt mit den Worten „Being a resident of Berlin, I too agree." 138

Besprechung

mit den

Militärgouverneuren

Nr. 9

Gen. Clay: Ich bin ganz mit den Worten von Herrn General Robertson einverstanden. Zum Abschluß möchte ich noch eine scherzhafte Bemerkung machen. Ich möchte die Frage aufwerfen, ob wohl die Forscher der internationalen Beziehungen je einen weiteren solchen Fall finden werden, wo drei Militärgouverneure so schnell sich ihrer eigenen Vollmachten begeben wollen und darin soviele Schwierigkeiten haben. Es wird uns eine sehr angenehme Pflicht sein, Ihre Bemerkung an unsere Außenminister weiterzuleiten. Ich möchte nun nochmals wiederholen, daß wir uns sehr freuen würden, wenn es möglich wäre, noch vor dem 25. zusammenzukommen. Zum Schluß möchte ich auch im Namen meiner Kollegen meine Anerkennung für Ihr heutiges Herkommen und meine Überzeugung aussprechen, daß hier Fortschritte gemacht worden sind. Schließlich möchte ich die Hoffnung ausdrücken, daß wir bei unserer nächsten Zusammenkunft eine wirklich abschließende Lösung als einen Schritt zu einem besseren gegenseitigen Verstehen um des Friedens willen finden werden. Ich danke Ihnen sehr46).

46) Robertson berichtete dem Foreign Office noch am 14. April 1949 über seine Aktivitäten im Anschluß an diese Besprechung (PRO FO 1037/87): „After the meeting I again urged my mileages to communicate the message of the Foreign Ministers [siehe Anm. 40 a], but they declined. Clay, in private conversation, said that he would be willing to give it to

them on 25th April provided that they produce some kind of proposals. He also said that he had no objection to my telling the agreement. I subsequently saw Schmid and Menzel of the SPD. I gave them pretty clear hints as to the contents of the message from the Foreign Secretaries and urged them to work on them as their own proposals and not as coming from me. They thanked me apparently sincerely and indicated that I had helped them. I am sure that they will try for a compromise but will probably require a concession from the CDU in the direction of wakening the powers of the Bundesrat, particularly on administrative action where the powers, as drafted at present, are undoubtedly rather formidable and unwieldy." Carlo Schmid bestritt in seinen Erinnerungen (S. 392) diese Unterrichtung, indem er sich mit entsprechenden Ausführungen von Adenauer in dessen Memoiren (S. 171) auseinandersetzt. 139

VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN

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Abdruck Archiv für Christlich-Demokratische Politik Amtsblatt Artikel Außenstelle

August

Ausfertigung Bayerisch Büro der Ministerpräsidenten Band

Bundesgesetzblatt

Bipartite Control Office Besatzungsstatut Chiemseer Entwurf

desgleichen

Dezember Dokument Drucksache (des Pari. Rates) Februar

Friedrich-Ebert-Stiftung gezeichnet Grundgesetz Herausgeber Hauptstaatsarchiv Institut für Zeitgeschichte Januar

Jahrgang Militärregierung Ministerpräsident Nachlaß November Nummer Nordwestdeutscher Rundfunk ohne Blattzählung Oktober Office of Military Government [US] Präsident Public Record Office Protokoll

Verzeichnis der RGBl. S.

Sept.

stellv.

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Reichsgesetzblatt

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=

= =

stenografisch Tagesordnungspunkt undatiert

ungezeichnet vervielfältigt

vergleiche

Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Verordnung Verordnungsblatt Volume Vorsitzender

=

Vereinigtes Wirtschaftsgebiet

=

Ziffer

VERZEICHNIS DER UNGEDRUCKTEN

QUELLEN

Bundesarchiv Koblenz Zonenbeirat (Z 2) Parlamentarischer Rat (Z 5) Büro der Ministerpräsidenten des amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes (Z 12) Direktorialkanzlei des Verwaltungsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (Z 13) Rechtsamt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftgebietes (Z 22) Deutsches Büro für Friedensfragen (Z 35) OMGUS, Mikrofiches aus der Record Group 260, National Archives Wa-

shington

DC (Z 45 F) Institut für Besatzungsfragen (B 130) Bundesministerium der Finanzen (mit Vorakten der zen

des VWG) (B 126)

NL

Holzapfel

Verwaltung

für Finan-

Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestages, Bonn (PA) Parlamentarischer Rat (Bestand 5) Zonenbeirat (Bestand 1)

Bayerisches Hauptstaatsarchiv

München

(Bayer. HStA)

Nachlaß Anton Pfeiffer Institut für

Zeitgeschichte München (IfZ) Nachlaß Walter Strauß (ED 94)

Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus,

Bad Honnef Rhöndorf (BKA)

Archiv für Christlich-Demokratische St. Augustin (ACDP) Nachlaß Theophil Kaufmann

Politik

Nachlaß Konrad Adenauer

der

Konrad-Adenauer-Stiftung,

e. V., Archiv der sozialen Demokratie (FESt) Bestand Parteivorstand der SPD, Abt. II: Bestand Schumacher Nachlaß Carlo Schmid

Friedrich-Ebert-Stiftung

Public Record Office, Kew/London (PRO) Foreign Office (FO 371) 143

Verzeichnis der

ungedruckten Quellen

HQ SHAEF, Special Echelon, and Military Government Head Quarter, dabei: Akten des Private Office of the Military Governor (FO 1030) Control Commission, Political Division (FO 1049) Bureau des archives de

l'occupation française

en

Allemagne

et

en

Autriche

(Colmar) Bestand Cabinet Civil du Commandant

144

en

Chef Français

en

Allemagne

VERZEICHNIS DER GEDRUCKTEN

1.

Akten

vom

Bd. 1:

Sept.

UND DER LITERATUR

DOKUMENTATIONEN, DOKUMENTENSAMMLUNGEN

der Bundesrepublik Deutschland 1945—1949. Bundesarchiv und Institut für Zeitgeschichte 1945-Dez. 1946 bearb. von Walter Vogel und

Vorgeschichte

zur

geben

QUELLEN

Herausge-

Christoph

Weisz. München, Wien 1976.

Bd. 2: Jan.-Juni 1947 bearb. von Wolfram Werner. München, Wien 1979. Bd. 3: Juni-Dez. 1947 bearb. von Günter Plum. München, Wien 1982. Bd. 4: Jan.—Dez. 1948 bearb. von Christoph Weisz, Hans-Dieter Kreikamp und Bernd Steger. München, Wien 1983. Bd. 5: Jan.—Sept. 1949 bearb. von Hans-Dieter Kreikamp. München, Wien 1981.

(Zitiert: Akten zur Vorgeschichte Bd. 1 ff.). Benz, Wolfgang (Hrsg.): „Bewegt von der Hoffnung aller Deutschen." Zur Geschichte des chen 1979.

Grundgesetzes.

Entwürfe und Diskussionen 1941—1949. Mün-

Brammer, Peter: Quellen zur Geschichte von Rheinland-Pfalz während der französischen Besatzung März 1945-August 1949. Mainz 1985. Veröffentlichungen der Kommission des Landtages für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz Bd. 6. Documents on the creation of the German Federal Constitution. Prepared by Civil Administration Division, Office of Military Government for Germany (US). Berlin 1949. Foreign Relations of the United States. Diplomatic Papers. 1948, Vol.11: Germa-' ny and Austria. Washington 1973. Dgl. 1949, Vol. Ill: Council of Foreign Ministers; Germany and Austria. Wa-

shington

1974.

(Bearb.): Adenauer, Briefe 1947-1949. Berlin 1984. Der Parlamentarische Rat 1948—1949. Akten und Protokolle. Hrsg. vom Deutschen Bundestag und vom Bundesarchiv. Bd. 1: Vorgeschichte. Bearb. von Johannes Volker Wagner. Boppard 1975. Bd. 2: Der Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee. Bearb. von Peter Bucher. Boppard 1981. Bd. 3: Ausschuß für Zuständigkeitsabgrenzung. Bearb. von Wolfram Wer-

Mensing,

ner,

Hans Peter

Boppard

1986.

(Zitiert: Der Pari. Rat Bd. 1 ff.). Parlamentarischer Rat.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Entwürfe). Formulierungen der Fachausschüsse, des Allgemeinen Redaktionsausschusses, des Hauptausschusses und des Plenums. Bonn 1948/49. 145

Verzeichnis der gedruckten Quellen und der Literatur Parlamentarischer Rat.

Stenographische

Berichte über die

Plenarsitzungen.

Bonn

1948/49.

Parlamentarischer Rat. Verhandlungen des Hauptausschusses. Bonn 1948/49. Parlamentarischer Rat. Fundstellenverzeichnis zum Grundgesetz. Bonn [1949]. Parlamentarischer Rat: Schriftlicher Bericht zum Entwurf des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. [Bonn 1949]. Salzmann, Rainer (Bearb.): Die CDU/CSU im Parlamentarischen Rat. Sitzungsprotokolle der Unionsfraktion. Stuttgart 1981. (Zitiert: Salzmann: Die CDU/CSU im Pari. Rat). Schmoller, Gustav von (Hrsg.): Die Befugnisse der Besatzungsmächte in der Bundesrepublik Deutschland. Die wichtigsten Dokumente mit einer Einführung. Oberursel 1950. Dokumente und Berichte des Europa-Archivs Bd. 8. Smith, Jean E. (Bearb.): The Papers of General Lucius D. Clay. Germany 1945-1949, 2 Vol. Bloomington 1974. 2. AMTS- UND

Gesetz- und

Verordnungsblatt

GESETZBLÄTTER

des Wirtschaftsrates des

Vereinigten Wirtschafts-

gebietes. Journal officiel du Commandement en Chef Française en Allemagne. Gouvernement militaire de la zone française d'occupation. Reichsgesetzblatt. Verordnungsblatt für die britische Zone. Amtliches Organ zur Verkündung von Rechtsverordnungen der Zentralverwaltungen. 3. MEMOIREN UND DARSTELLUNGEN

Adenauer, Konrad: Erinnerungen 1945-1953. Stuttgart 1965. Auerbach, Hellmuth: Die politischen Anfänge Carlo Schmids, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1988, S. 595-648. Benz, Wolf gang: Von der Besatzungsherrschaft zur Bundesrepublik. Stationen einer Staatsgründung 1946-1949. Frankfurt a. M. 1984. Ders.: Die Gründung der Bundesrepublik. Von der Bizone zum souveränen Staat. München 1984. Das Bonner

Grundgesetz.

Erläutert

von

Hermann

von

Mangoldt.

Frank-

Berlin

furt/M. 1953.

Bücking, Hans-Jörg: Der Rechtsstatus des Deutschen Reiches. Berlin Clay, Lucius D.: Decision in Germany. New York 1950.



1979.

v.; Füsslein, Rudolf Werner; Matz, Werner: Entsteder Artikel des Grundgesetzes, in: Jahrbuch des öffentlihungsgeschichte chen Rechts der Gegenwart. Neue Folge/Bd. 1. Hrsg. von Gerhard Leibholz und Hermann v. Mangoldt, Tübingen 1951. (Zitiert: v. Doemming, Füsslein, Matz: Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes). Eschenburg, Theodor: Jahre der Besatzung. Stuttgart 1983. Geschichte der Bundesrepublik Bd. 1.

Doemming, Klaus-Berto

146

Verzeichnis der

gedruckten Quellen und der Literatur

Gimbel, John: Amerikanische Besatzungspolitik in Deutschland Frankfurt

1945—1949.

M. 1971. Grabbe, Hans-Jürgen: Die deutsch-alliierte Kontroverse um den Grundgesetzentwurf im Frühjahr 1949, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 26 (1978), S. 393-418. Grewe, Wilhelm: Ein Besatzungsstatut für Deutschland. Die Rechtsformen der a.

Besetzung. Stuttgart

1948.

Hirscher, Gerhard: Carlo Schmid und die Gründung der Bundesrepublik. Eine politische

Biographie. Bochum

1986.

Politikwissenschaftliche

Paperbacks Bd. 9.

Kaufmann, Erich: Deutschlands Rechtslage unter der Besatzung. Stuttgart 1948. Klein, Friedrich: Das Besatzungsstatut für Deutschland. Süddeutsche Juristenzeitung 1949, Sp. 737-752. Kock, Peter Jakob: Bayerns Weg in die Bundesrepublik. Stuttgart 1983. Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Bonner Kommentar) mit Einieitung: Vorund Entstehungsgeschichte des Bonner Grundgesetzes (BGG). Hamburg 1950

ff.

(Zitiert: Bonner Kommentar)

Krieger, Wolf gang: General Lucius D. Clay und die amerikanische Deutschlandpolitik 1945—1949. Stuttgart 1987. Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte Bd. 10.

Litchfield, Edward H. und andere: Governing Postwar Germany. New York 1953.

Merkl, Peter H.: Die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart 1965.

im Parlamentarischen Rat, in: (1970), S. 62-94. Vierteljahrshefte Zeitgeschichte Ders.: Der politische Aufstieg Konrad Adenauers 1945—1949, in: Adenauer-Studien I. Hrsg. von Rudolf Morsey und Konrad Repgen, Mainz 1971, S. 20—57. Überarbeitet und erweitert in: Konrad Adenauer. Seine Deutschland- und Außenpolitik 1945-1963. München 1975, S. 38-96.

Morsey, Rudolf: Die Rolle Konrad Adenauers für

18

(Hrsg.): Konrad Adenauer und die Gründung der Bundesrepublik Deutschland (Rhöndorfer Gespräche. Bd. 3). Stuttgart Zürich 1979. Ders.: Konrad Adenauer und der Weg zur Bundesrepublik Deutschland 1946 bis 1949, in: Konrad Adenauer und die Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. von Rudolf Morsey. Stuttgart Zürich 1979, S. 9-39. Niclauß, Karlheinz: Demokratiegründung in Westdeutschland. Die Entstehung der Bundesrepublik 1945-1949. München 1974. Otto, Volker: Das Staatsverständnis des Parlamentarischen Rates. Ein Beitrag des Grundgesetzes für die Bundesrepublik zur Entstehungsgeschichte Deutschland. Düsseldorf 1971. Pikart, Eberhard: Auf dem Weg zum Grundgesetz, in: Die zweite Republik. 25 eine Bilanz. Hrsg. von Richard LöJahre Bundesrepublik Deutschland wenthal und Hans-Peter Schwarz. Stuttgart 1974, S. 149-176. Scharf, Klaus und Schröder, Hans-Jürgen (Hrsg.): Die Deutschlandpolitik Frankreichs und die Französische Zone 1945-1949. Wiesbaden 1983. Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 14. Ders.

-

-



147

Verzeichnis der

gedruckten Quellen

und der Literatur

Schmid, Carlo: Erinnerungen. Bern 1979. Schmoller, Gustav von, Maier, Hedwig und Tobler, Achim: Handbuch des Besatzungsrechts. Hrsg. vom Institut für Besatzungsfragen. Tübingen 2 Bde,

Tübingen

1957.

Schwarz, Hans-Peter: Vom Reich

zur

Bundesrepublik. Deutschland im WiderBesatzungsherr-

streit der außenpolitischen Konzeptionen in den Jahren der schaft 1945-1949. 2. Aufl. Berlin 1980. Ders.: Adenauer. Der Aufstieg: 1876-1952. Stuttgart 1986. Soergel, Werner: Konsensus und Interessen. Eine Studie zur

Entstehung des für die Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart 1969. Strauß, Walter: Die Arbeit des Parlamentarischen Rates, in: Politisches Jahrbuch der CDU/CSU. 1 (1950). Hrsg. vom Generalsekretariat der Arbeitsgemeinschaft der CDU/CSU für Deutschland. S. 157-173. Wylick, Christine van: Das Besatzungsstatut. Entstehung, Revision, Wandel und Ablösung des Besatzungsstatuts. Diss. jur. (MS), Köln 1956. Grundgesetzes

148

PERSONENINDEX

Acheson, Dean 117 Adenauer, Konrad, Dr. XV, XVIII-XXI, XXVIII, XXXI, 29, 30, 34, 38, 44, 45, 50, 54, 75, 78-80, 83, 84, 91, 93, 97-99, 101-105, 107-113, 115,117, 118, 120-126, 129-134, 137, 139 Altmeier, Peter 93 Arnold, Karl 93, 130

Forster, Dirk 42

Füsslein, Rudolf Werner

1

Grève, Otto-Heinrich XII, 1, 62, 75, Grewe, Wilhelm, Prof. Dr. IX Gufler, Bernard A. XXV

Guiringaud,

Bergner, Heinrich W. XIII, 93 Beyerle, Josef, Dr. 3, 31, 33

76

François-Poncet, André XIX, XXI, 36, 37,

91

Louis XXVI

Binder, Paul, Dr. XII, 1, 3, 26, 27, 30, 31, 33, 34, 36, 40

Brauer, Max 93, 99 Brentano, Heinrich

Heile, Wilhelm XII von, Dr.

XII, XIII, 1, 3, 5,

32, 34, 37, 39, 44, 62, 67-69, 74, 75, 130 Brill, Hermann, Prof. Dr. 3, 26, 33

Brockmann, Johannes

62

Herrgesell (Stenograf)

112

Heuss, Theodor, Dr. 117 XX Dr. 3 Hoffmann, Hans, Dr. 3 Holmes, Julius C. XXV

Higgins, Marguerite

Hilpert, Werner,

Bucerius, Gerd X

Budde, Eugen,

Hermanns, Hubert 62

Dr. 117

Höpker-Aschoff, Hermann, Dr. XII, 1, 3, 34, 45, 46, 62, 75 Chaput de Saintonge, Rolland XXI, XXIII, 53, 112, 134 Clay, Lucius D., General XIV-XVI, XIX, XXIII, XXV, XXVI, XXX, XXXI, 7, 9, 56, 59, 112, 113, 115-120, 122-130, 133-139

Dr. 112, 125, 131

Chapeaurouge, Paul de,

Kaisen, Wilhelm 93, 99, 101, 108 Kaiser, Jakob XXVIII, 54, 75, 79, 112 Katz, Rudolf, Dr. 93, 100 Kaufmann, Theophil 62, 75, 112, 123, 126, 130, 132

Kirkpatrick, Sir Ivone A. XXV Koenig, Pierre, General XXVI, 24,

56, 59, 112,

126, 130

Dean, Patrick XXV Decken, Melchior von der 3 Diederichs, Georg, Dr. XII, 3, 34, 62, Dörr, Wilhelm, Dr. 64

Köhler, Erich, Dr.

77

Kopf, Hinrich Wilhelm 75

Eberhard, Fritz, Prof. Dr. XII, XV, 1, 3, 30, 33, 34, 38, 45, 46, 62, 72, 73, 75, 76 Ehard, Hans, Dr. XI, XIII, 3, 6, 31, 33, 62, 93, 102, 103, 106 Ehlers, Adolf 75 Eisenhower, Dwight D., General 8

93, 98, 104

Kroll, Gerhard, Dr. XII, 3, 28, 29, 34, 75, Kuhn, Karl XII, 3, 34

90

Laloy, Jean

35, 50 Dr. 75, 112, 122, 124, 130 Leisewitz, Georg, Dr. 3, 7 Litchfield, Edward XXIII Lobe, Paul XII Lütkens, Gerhard, Dr. 117

Lehr, Robert,

149

Personenindex Maier, Friedrich

75

Mangoldt,

Hermann von, Dr. XII Marshall, George C. 11 Massigli, René XXVI Matz, Werner, Dr. 75 Meidinger, Dr. (Stenograf) 93 Menzel, Walter, Dr. XVII, XIX, 34, 45, 112, 129, 132, 139 Merkatz, Hans-Joachim von, Dr. 64

Morrison, Herbert 54 Mücke, Willibald, Dr. XII, 34 Murphy, Robert D. XIX, XXV

Pabsch, Anton F. XV, 7, 31, 50, 77 Paul, Hugo XII Peschel, Kurt, Dr. 3, 34, 62 Pfeiffer, Anton, Dr. XXI, 62, 74, 112,114, 129, 132

Reimann, Max XVIII, XXXI, 75, 86, 87, 89, 109, 110, 111 Renner, Heinz XII 46, 62, 72, 73, 75, 79, 80, 90, 93, 103, 106, 109-111 Reuter, Ernst XII, XX Richter, Hans Werner X Riddleberger, James W. 112 Robertson, Brian Hubert, General XXV, XXVI, 9, 56, 59, 112, 116, 128, 131, 138, 139 Röttgen, Hanns, Dr. 62, 81

Sabatier, Maurice XXIII, 112 Schäfer, Hermann, Dr. XIII, 1-3, 31, 33, 34, 39, 40, 45, 46, 62, 73-75, 93, 131 Schenck, Richard, Dr. 3, 62, 93 Schmid, Carlo, Prof. Dr. VIII, IX, XI-XIV, XVII-XXI, XXVIII, 1-3, 5, 7, 10, 23, 25, 28-34, 36, 38-41, 45, 50, 54, 58, 62, 64, 72-75, 77-80, 86, 92, 94, 98, 99, 101, 104, 112, 113, 117, 118, 121, 123, 126, 128, 130, 131, 135, 139 Schmoller, Gustav von, Dr. IX, X, XV, 2, 3, 5, 8-10

150

Scholz, Arno 89 Schönfelder, Adolf XXVIII, 54, 75-79, 93,

99

Schräge, Josef XII

Schröter, Carl 62, 75 Schumacher, Kurt, Dr. XX, XXX, 54, 89, 108 Schumann, Robert XXII, XXVI, XXX Schwend, Karl XV, 3, 33, 62 Seebohm, Hans-Christoph, Dr. XII, 33, 34, 37, 62, 73, 75, 112

Seibold, Caspar, Dr. XII

Fornier de Clausonne, François XXVI, 112 Sieveking, Kurt, Dr. 3, 32 Simons, Hans, Dr. 35, 112, 132 Sokolovski, Wassili XIX, XXVI Spiecker, Carl, Dr. 3, 28, 32 Steel, Sir Christopher Eden XXII, XXVI, 53,

Seydoux

112

Steffan, Jakob 93 Steltzer, Theodor X Stock, Christian 35, 93 Stock, Jean XII Strauß, Walter, Dr. XII, XXXI, 1-5, 33, 34, 38, 46, 62, 65, 67, 69, 73, 75, 77, 78, 90, 94, 97, 99, 111, 112, 131 Strickrodt, Georg, Dr. 3 Suhr, Otto, Dr. 93, 112 Süsterhenn, Adolf, Dr. XX, 50, 93

Thomasson, David A. XXV Trimble, William C. XXV

Wagner, Friedrich Wilhelm XII, XXIX, 3, 62, 75, 87, 89-91

Werz, Luitpold, Dr. 3, 7, 62, Wessel, Helene 62, 75, 112

93

Wolf, Bernhard 2 Wolff, Friedrich 33

Zimmermann, Gustav XII Zinn, Georg August, Dr. XII, 33, 62, 75, 105, 107, 112, 120, 131

SACHINDEX

Ältestenrat XVI, XX, XXI, 34,

Aktionsgruppe Heidelberg X Alliierte, Einspruch gegen dt.

Berliner, Verhalten der

50

AHK, Errichtung 55, 58, 63, 69, 70, 95,

115

Gesetze 47, 51,

65

Eingriffsmöglichkeiten

nach dem BSt 43,

47, 57, 65



Gesetzgebung

15, 47, 57, 60, 68, 100, 101

Streitkräfte 56, 59, 65, 67 siehe auch BSt Alliierter Kontrollrat IX, 104, 105, 107, 122, -

-



Besatzungsgefolge

Besatzungskosten X, XVIII, XXVI, XXX,

5, 8, 14-21, 26, 28, 32, 33, 38, 43, 44, 53, 56, 59, 65, 66, 73, 82, 83, 85, 94, 96-98, 118, 119 Besatzungsleistungen 43, 48, 52, 82 Besatzungsrecht siehe Alliierte, Gesetzge-

bung Besatzungsstatut, Analyse 62-68, 75-92 —, Ausfertigung 55 siehe Außenminister, Bot—, Begleitbrief

124

Asylrecht 23 Atlantikpakt XXVII 84 Auskunftspflicht für deutsche

-,

,

,

Schriftführer XIII, 1 Unterausschüsse 32, 33

-, Vorsitz XI, 1 Außenhandel 15, 18, 48, 52, 56, 59, 66, 83, 85, —

97, 98, 114-117

Außenminister, Botschaft

den Pari. Rat

(5. 4. 1948) 133, 137, 138 —, Botschaft an die Militärgouverneure (8. 4. 49) 136, 139 -.Botschaft an den Pari. Rat (10. 4. 1949) XXIX, XXXI, 55, 58, 62, 63, 113, 115, 125 Außenministerkonferenz Washington (April 1948) XXVII, 54, 62, 63, 89, 131, 139 Außenpolitik, deutsche 4, 31, 39 Auswärtige Angelegenheiten XVII, 56, 65, 81, 95, 97, 114

Auswärtiger Dienst, Zulassung

Berchtesgaden

114, 117

22

Berlin 37 und das BSt 138 -.Blockade VII, 16 -, Status als Land 136 -, Wahlen 39 Berliner Abgeordnete XII Berliner Abkommen (Deklaration) 80, 103, -

105

—,

Beratungen der Alliierten XIV—XVI,

XXIII-XXVII, 7, 27, 31,

37-39

deutsche Fragen 78, 80, 81-92, 94 -, deutsche Reaktion XXX, 76, 78, 90, 109 —, deutsche Übersetzung 58, 76, 77, 79 —, Information an Deutsche vor der Übergabe XV-XXII, XXV, 6, 7, 31, 34, 37, 39, 44, 45, 80 -,

-,

an

schaft (10. 4. 1948) Beratung im Plenum XIV, XVI, 34-38, 40, 44

Stellen XXIII,

47, 56, 59, 65 Ausschuß für das BSt, Berichterstatter 2 -, Mitglieder XII -

30

43, 48, 52

Inkraftsetzung XXVIII,

55, 63

siehe auch Thesen -, Übergabe an den Pari. Rat XXVIII, 54, 55 -, Veröffentlichung XXVIII, 54, 55, 75, 76 -, Wortlaut 56-61 Besatzungszwecke (-ziele) 11, 40—42, 47, 51, 56, 59, 65, 68, 81 Bundesrat, Bestimmungen über 131 —

CDU, außenpolitischer Ausschuß X CDU/CSU XIV, XVIII, XXXII, 89, 131,

132

Daimler-Benz 22 Dawes-Plan 26

Dekartellisierung 15, 56, 59, 65 Dekonzentrierung 56, 59, 65 Demilitarisierung siehe Entmilitarisierung Demokratisierung 51, 65 Demontagen

18

Denazifizierung

65

Deutsche Konsulate 42, 48, 52, 82, 85, 95, 97, 114

151

Sachindex Deutsche Partei 112 Deutscher Arbeitskreis X Deutsches Büro für Friedensfragen X, 46, 64 Devisenverkehr 56, 59, 66, 83, 114

Dienstgruppen

Hamburg, Hafen 20 Handelsbegünstigungen 56, 59 Handelsvertretungen im Ausland 42, 115 Hauptausschuß, Beratungen über das BSt XXX, 7, 110, 111

17

Displaced Persons XXIII, XXIV,

18, 23, 33, 56,

59, 65, 119 Dreizonenkontrollabkommen siehe Fusionsabkommen

Industrie, Beschränkungen 25, 56, 59, 65 Institut für Besatzungsfragen IX Interfraktionelle Besprechung (26. 1. 1948) 7 (12. 4. 1948) 112 Internationale Konferenzen, deutsche Betei-

Entmilitarisierung 18, 47, 53, 56, 59, 65 Europäische Vereinigung (Zusammenarbeit)

XXIX-XXXI, 55, 58, 63, 86, 96, 113, 121 Europäisches Wiederaufbauprogramm XXXI, 134

FDP XIX Finanzhoheit 15, 48

Finanzverfassung 131, 136 Flüchtlinge, Aufnahme XXIII, 56, 59, Forschung, Überwachung (Freiheit)

42, 48, 52, 56, 59, 82, 85, 95, 114,

115

Internationale Vereinbarungen 45, 52, 56, 59, 65, 67, 82, 95-97, 121 IRO 23

JEIA 71 Justiz, deutsche, Unabhängigkeit 47,

51

65

49, 52,

56, 59, 65 Forstwirtschaft 15

Kehl XXVIII,

54 22

Kings College

Frankfurt, Besprechung mit den Militärgou(14. 4. 49) 112-139 Frankfurter Affaire XVII, XVIII Frankfurter Dokument Nr. III VII, XI, XXIII, 3, 5-8, 13-15, 34, 39, 42, 44, 46, 50, 64, 67 Antwort der Ministerpräsidenten XVII, 5, 28, 29, 40 Frankfurter Dokumente XI, 6, 34 Französische Zone, Requisitionen 17 —, Steueraufkommen 24 Friedensvertrag siehe auch Kriegszustand XV, 29, 30 Fünferausschuß, Beschlüsse 132, 137 Fusionsabkommen (Dreizonenkontrollabkommen) XVII, 54, 62, 69-72, 98, 108,125 verneuren

-

Gesetzgebung, deutsche, spruchsrechte 47, 51, 57,

ligung

alliierte 63, 67

Ein-

Gewerbliche Wirtschaft 15

Grundgesetz, Änderung

57, 60, 66, 68 Grundrechte der Deutschen 14, 42, 49, 52, 60, 86, 98, 122

Koblenzer

Ministerpräsidentenkonferenz

XI,

6

Konsulate siehe Deutsche Konsulate KPD VIII, XIII, XVII, XVIII, XXIX-XXXII, 46, 50, 111 Kriegsgefangene, deutsche 18 Kriegszustand, Beendigung 29, 30, 51, 85-87, 97, 98, 126

Länderverfassungen, Änderung 57, Leitsätze der Ministerpräsidenten

60, 66 zum BSt siehe Frankfurter Dokument Nr. III, Ant-

wort

.

.

Londoner Konferenz VII, 7, 39, 104 .

Mandatorische Aufträge XXIII, 96-98, 118, 119 Marshall-Plan 66, 71, 116, 118

83-85,

Militärgerichte, alliierte, Zuständigkeiten

48,

52, 56, 59

Militärgouverneure, Denkschrift

vom

2.

März 1949 131, 132, 135

Militärisches Sicherheitsamt 121

Ministerpräsidenten, Besatzungsstatut-AusHaager Landkriegsordnung 9, 10, 15, 43, 48 Habeas Corpus Akte 11, 57, 60, 68, 84, 97, 122, 123 152

schuß XI, XV, 3, 4, 27,

-.Stellungnahme 108-110

zum

62

BSt

76,

78,

99,

Sachindex

Morgenthau-Plan 9 Münchener Ministerpräsidentenkonferenz VIII, IX, 10, 39,

40

73, 77, 85, 88, 91, 97, 100, 101, 106, 124, 125

Sicherheit der Alliierten 42, 47, 67, 83, 84, 122

Sicherheitsfrage (Sicherheitsgarantie)

29, 30,

51

Notstand 42, 48, 52, 121, 123

Siebenerausschuß, Vorschläge XXXI, 131, 132, 135, 137 SPD IX, XIII, XIX, XX, XXX, XXXI, 89, 131, 132

Pari. Rat zum BSt siehe Thesen Pari. Rat, Drucks. Nr. 257 3 -

-

-

-

-

-

Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

364 50 56 1 682 137 693 a 54 693 b 58 693 c 58 695 106, 111

Patentschutz 48, 52, 82, 95, 103 Polizei, Befugnisse der Bundesregierung XXXI, 128, 129 Polizeibrief 128, 129 Potsdamer Abkommen 10, 65, 86, 103, 105, 107, 111 Präambel zum Grundgesetz 35, 38, 39, 44

SPD, Information über die Botschaft der Außenminister XXXII, 139 SPD, Stellungnahme zum BSt XXX, 108 Steuerhoheit, deutsche 48

Thesen des Pari. Rates zum BSt XIII, XVII, 34-38, 40, 44-53, 73, 82, 96, 114

-

Überleitungsausschuß

Verschleppte Rechtsamt des VWG X, 46 Reparationen 16, 18, 21, 26, 28, 56, 59, 65,

101

Urheberschutz im Ausland 48, 52, 82, 95, 102 USA, Truppenrückzug aus Deutschland 30

Personen siehe

Displaced

Per-

sons

119

Requisitionen

17

Restitutionen 18, 20, 48, 52, 56, 59, 65 Revision (Revisionsklausel) des BSt XXII, XXX, 44, 49, 53, 58, 61, 69, 80, 113 Rheinlandabkommen 81 Rüdesheimer Konferenz der Ministerpräsidenten 6 Ruhrkontrolle XX, XXVII, 56, 59, 65, 122 Ruhrstatut 121

Wahlgesetz XXXI,

98, 126-128, 138 17, 24 Warenzeichen 48, 52, 82, 95

Währungsreform

Zahlungsverkehr siehe

Devisenverkehr

Zentrum 46

Zivilluftfahrt 56, 59, 65 Zonenbeirat IX, X, 2

Schiedsgericht (Auslegung

des BSt) XXIV, XXVI, XXIX, 15, 27, 33, 38, 40, 49, 53, 69,

Zuständigkeit, Vermutung

für deutsche 47,

51

153

Geschichtsquellen Jahrhunderts

des XX.

gleichen Verlag erscheinen u. a. die folgenden zeitgeschichtlichen Reihen und Bestandsverzeichnisse:

Im

Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts

Schriften des Bundesarchivs Akten der Reichskanzlei Weimarer

Republik

Westdeutschland 1945-1950

Verwalümgs- und Verfassungseinrichtungen über den Ländern Kabinettsprotokolle Bundesregierung ab 1949

Die

der

zur

Forschungen Sozialgeschichte

deutschen

• *.'..

>

Die Wehrmacht im Dritten Reich *

Militärgeschichtliche Studien Schriftliche Nachlässe in deutschen Archiven und Bibliotheken it

Deutsche

Führungsschichten

in der Neuzeit

HARALD BOLDT VERLAG BOPPARD AM RHEIN