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German Pages 544 [548] Year 1996
Der Parlamentarisdie Rat 1948-1949 Band 1
Der Parlamentarische Rat 1948-1949 Akten und Protokolle
herausgegeben
für den Deutschen Bundestag von
Kurt Georg Wernicke
für das Bundesarchiv von
Hans Booms unter Mitwirkung von Walter Vogel
Der Parlamentarische Rat 1948-1949
Akten und Protokolle
Band 1
Vorgeschichte bearbeitet von Johannes Volker Wagner
H A R A L D B O L D T V E R L A G . B O P P A R D AM R H E I N
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Deutschland (Gebiet unter Alliierter Besatzung) Parlamentarischer Rat Der Parlamentarische Rat: 1948-1949; Akten u. Protokolle NE: Wernicke, Kurt Georg [Hrsg.] Bd. 1. Vorgeschichte ISBN 3-7646-1611-3 NE: Wagner, Johannes Volker [Bearb.]
ISBN: 3 7646 1611 3 1975 © Harald Boldt Verlag • Boppard am Rhein Alle Rechte vorbehalten • Printed in Germany Herstellung: boldt druck boppard gmbh
INHALTSVERZEICHNIS
Seite Vorwort Einleitung Vorgeschichte des Parlamentarischen Rates I. Politische und verfassungsrechtliche Neugestaltung Deutschlands II. Neugliederung der Länder III. Besatzungsstatut Konzeption und editionstechnische Gestaltung des Bandes . . . Verzeichnis der Dokumente Dokumente (Nr. 1-28) Anhang
VII XI XI XI LVII LXIX LXXII LXXXIII 1 425
Die Regierungschefs der westdeutschen Länder. Stand 1. Juli 1948
425
Mitglieder des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen
427
Mitglieder des Parlamentarischen Rates
429
Verzeichnis der Abkürzungen
437
Verzeichnis der ungedruckten Quellen
441
Verzeichnis der gedruckten Quellen und Literatur
443
Personenindex
451
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VORWORT
1. Ziel der Edition Von entscheidender Bedeutung für die politische Geschichte Deutschlands nach der Katastrophe von 1945 hat sich das Jahr 1948 erwiesen. Nachdem es zwischen den früheren Verbündeten zu ideologischen und machtpolitischen Konflikten gekommen war, die im Jahre 1948 zum Brüsseler Pakt der fünf Westmächte einerseits und zum Auszug der Sowjets aus dem Kontrollrat und zur BerlinBlockade andererseits geführt hatten, zeigte es sich, daß alle Versuche, Deutschland den Status einer Brücke zwischen Ost und West zuzuweisen, zum Scheitern verurteilt waren. Vielmehr kam es nun darauf an, den von den drei westlichen Alliierten besetzten Teil Deutschlands vor verstärktem sowjetischen Einfluß abzusichern. In der Ausprägung dieser politischen Bestrebung wurden die ersten Ergebnisse einer Westorientierung der drei westlichen Besatzungszonen sichtbar, die sich bereits Ende 1947 anbahnte und die die Integration Westdeutschlands in die westeuropäische und atlantische Staatenwelt vorbereitete. Hand in Hand mit dieser Überwindung der außenpolitischen Isolierung ging der Ausbau einer liberalkapitalistischen Wirtschaftsordnung, die die deutsche Nachkriegswirtschaft auf eine neue Grundlage stellen und außerdem - gewissermaßen als Magnetwirkung auf die sowjetische Besatzungszone - ein wirtschaftlich attraktives und politisch stabilisiertes Westdeutschland schaffen sollte - , ein Wunschziel, das den westdeutschen Ministerpräsidenten die Entscheidung für einen Weststaat, der die Teilung Deutschlands einleitete, erleichtern sollte. Seit Ende 1947 gewannen auch die politischen Parteien zusehends an Bedeutung, die sich - als Korrelat zu den Ministerpräsidenten - immer mehr als die eigentlichen Treuhänder der deutschen Politik verstanden. In diesem Jahr 1948, als das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in Deutschland wieder in Fluß zu kommen begann, trat in Bonn der Parlamentarische Rat zusammen - das Organ, das die Aufgabe hatte, die künftige staatliche Form der drei westlichen Besatzungszonen und eine Verfassung zu beraten. Vor allem in den letzten Jahren hat sich die historische Wissenschaft diesem Zeitraum nach 1945 stärker zugewandt und die Voraussetzungen, die zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland führten, zu erforschen gesucht. Daß insbesondere die Arbeit des Parlamentarischen Rates für das Zustandekommen der Bundesrepublik Deutschland und für das Grundgesetz bisher nur selten bewertet und ausreichend gewürdigt wurde, lag an der schwierigen Quellenbasis: die meist unveröffentlichten Unterlagen waren den Historikern nur schwer zugänglich. Dem will nun die Edition „Der Parlamentarische Rat 19481949 - Akten und Protokolle" abhelfen, indem sie auf breiter Basis bisher noch ungedruckte oder nur sehr schwer zugängliche Texte in kritisch überVII
Vorwort prüfter und kommentierter Form der Öffentlichkeit vorlegt, einer wissenschaftlidien Öffentlichkeit, die nicht nur den Historiker, sondern auch den Juristen, den Staats- und Verfassungsrechtler, den Finanzwissenschaftler und den Politologen umfaßt. Diese Edition setzt sich auch zum Ziel, die demokratische Willensbildung erkennbar zu machen, die die Debatten des Parlamentarischen Rates prägte; sie will die politischen Motive und Kräfteverhältnisse verdeutlichen, die dessen Arbeit beeinflußten, wobei auch die Einwirkungen der Besatzungsmächte einbezogen werden; sie versucht, die staatsrechtlichen Überlegungen und die praktisch-politischen Kompromißnotwendigkeiten aufzuzeigen, die bei den Beratungen eine entscheidende Rolle spielten; sie will schließlich einen Beitrag zur politischen Bildung und zur Vertiefung des demokratischen Selbstverständnisses des deutschen Staatsbürgers leisten.
2. Gegenstand der Edition Ein Einleitungsband - in zwei Halbbänden — wird die politischen und verfassungsrechtlichen Beratungen und Diskussionen umfassen, die der Begründung des Parlamentarischen Rates vorausgingen. Der erste dieser beiden Halbbände enthält vor allem die „Frankfurter Dokumente", die Protokolle zu den Konferenzen der Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen auf dem Koblenzer Rittersturz und im Jagdschloß Niederwald; für den zweiten Halbband sind die verfassungsrechtlichen Vorarbeiten zum Grundgesetz oder zu einer deutschen Verfassung seitens Bayerns, des Zonenbeirats, des Friedensbüros, der Parteien, die Richtlinien des deutschen Volksrates Berlin, die Protokolle der Plenar- und Ausschußsitzungen des Verfassungskonventes auf Herrenchiemsee vorgesehen. Die weiteren Bände der Edition werden die Protokolle der Fachausschüsse des Parlamentarischen Rates berücksichtigen und vor allem die Protokolle der Ausschüsse für Grundsatzfragen, für die Organisation des Bundes, für Finanzfragen, für Zuständigkeitsabgrenzung, für Wahlrechtsfragen, für das Besatzungsstatut und des Ausschusses Verfassungsgericht und Rechtspflege vorlegen. Beabsichtigt ist schließlich ein kommentierter und textkritischer Neudruck der Protokolle des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates, die zwar schon gedruckt vorliegen, jedoch seit langer Zeit vollständig vergriffen sind. Die Protokolle, die teils als stenographische Protokolle, teils als Kurzprotokolle sowohl im Archiv des Deutschen Bundestages in Bonn als auch im Bundesarchiv in Koblenz überliefert sind, werden angereichert durch den Abdruck von Schlüsseldokumenten. So werden neben den Aussdiußprotokollen weitere Dokumente, die die Arbeit des Parlamentarischen Rates beeinflußt haben - etwa Stellungnahmen der Parteien und der Ministerpräsidenten, Berichte des Büros der Ministerpräsidenten und ihres Verfassungsausschusses oder der Militärregierungen - sowie die Beratungsergebnisse des Allgemeinen Redaktionsausschusses, des Fünfer-Ausschusses und des Siebener-Ausschusses (offizielle Protokolle liegen hiervon nicht vor) jeweils mit abgedruckt. Vereinzelt werden auch besonders wichtige Presseartikel berücksichtigt. VIII
Vorwort 3. Gestaltung der Edition Die editorisdie Bearbeitung der Texte wird im wesentlichen nadi den Grundsätzen von Johannes Sdiultze1) vorgenommen. Grammatikalis die und orthographisdie Fehler sowie die von den heutigen Regeln abweichende Zeichensetzung werden stillsdiweigend verbessert; Ebenso werden Abkürzungen, die sich zweifelsfrei identifizieren lassen, ohne besondere Kennzeichnung aufgelöst, die in heutigen Texten üblichen Abkürzungen (z.B.; z.T.) jedoch beibehalten. Vom Bearbeiter vorgenommene Ergänzungen und Berichtigungen sind in eckigen Klammem eingefügt. Jedes Dokument erhält eine Ordnungsnummer und wird vor seinem Textabdruck quellenkundlich beschrieben. Bei dem Abdruck von Protokollen beginnt der jeweilige Protokolltext mit der Tagesordnung, die wörtlich aus der Vorlage übernommen wird. Fehlt sie dort, so wird sie vom Bearbeiter gebildet und in eckige Klammern gesetzt. Unterstreichungen und Hervorhebungen im Text werden ebenso wie die Namen der Sprecher in den Protokollen durch Kursivdruck hervorgehoben; dabei werden bei den Spredierangaben die akademischen Titel weggelassen; nur wenn diese im Text oder in namentlich gezeichneten Protokollen stehen, werden sie nach der Vorlage übernommen. Unterschriften und Datierungen unter den Texten werden nicht abgedruckt; sie gehen aus dem Dokumentenkopf (quellenkundliche Beschreibung) hervor. Um längere Dokumente übersichtlicher zu machen, werden Zwischenüberschriften und Tagesordnungspunkte in den Texten in Versalien herausgehoben; von den Bearbeitern herrührende Zwischenüberschriften sind in eckigen Klammern eingefügt.
4. Kommentierung der Dokumente
Da textkritische Anmerkungen nur in wenigen Fällen erforderlich sind, beschränkt sich die Edition im wesentlichen auf eine Sadikommentierung, wobei im allgemeinen auf einen weiterführenden juristischen und verfassungsrechtlichen Kommentar verzichtet wird und nur solche Hinweise gegeben werden, die zum historischen Verständnis des Dokuments und der Beratungsthematik notwendig sind. Bei der Kommentierung wird berücksichtigt, daß die Verfassungsberatungen in den Fachausschüssen, im Hauptausschuß und im Plenum eine Einheit bilden.
*) Johannes Sdiultze, Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte, in: Blätter für deutsche Landesgesdiidite. 98. Jg., 1962, S. 1-11.
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Vorwort 5. Erschließungsmittel der Edition Jeder Band der Edition wird neben Abkürzungs-, Literatur- und Archivalienverzeichnissen einen Personen- und, wo notwendig, auch einen Sachindex enthalten. Darüber hinaus ist ein Gesamtindex für die ganze Editionsreihe vorgesehen, um zu einer systematischen Aufschlüsselung und Verzahnung aller Beratungen des Parlamentarischen Rates zu gelangen. Die Edition „Der Parlamentarische Rat 194Ö-1949 - Akten und Protokolle" wird gemeinsam vom Deutschen Bundestag und vom Bundesarchiv herausgegeben. Ihre Konzeption sowie die Richtlinien für ihre editorische Ausgestaltung sind von den beiden Herausgebern im Zusammenwirken mit dem Mitarbeiter, Ltd. Archivdirektor Dr. Walter Vogel, und dem Bearbeiter des ersten Halbbandes, Archivdirektor Dr. Johannes Volker Wagner, beide vom Bundesarchiv, erörtert und festgelegt worden. In den Bänden dieser Reihe werden zwar überwiegend Dokumente aus den einschlägigen Beständen der von den Herausgebern vertretenen Institutionen veröffentlicht, doch hätte die Edition nicht schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt in diesem Umfang in Angriff genommen werden können, wenn nicht die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder die Auswertung von Archivalien gestattet hätte, die der wissenschaftlichen Benutzung noch nicht frei zur Verfügung stehen. Der Konferenz ebenso wie den Archiven, die die Arbeit der Herausgeber, Mitarbeiter und Bearbeiter unterstützen, sei an dieser Stelle besonders gedankt. Die Edition „Der Parlamentarische Rat 1948-1949 - Akten und Protokolle" steht in enger Beziehung zu der Edition „Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland", die gemeinsam vom Institut für Zeitgeschichte in München und dem Bundesarchiv in Koblenz herausgegeben wird; beide Publikationen sollen sich gegenseitig ergänzen mit dem Ziel, die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland führten, umfassend zu dokumentieren. Koblenz 1974 Hans
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Booms
EINLEITUNG VORGESCHICHTE DES PARLAMENTARISCHEN RATES
I. POLITISCHE UND VERFASSUNGSRECHTLICHE NEUGESTALTUNG DEUTSCHLANDS
Ergebnislose Deutschlandverhandlungen weltpolitische Lage
der Siegermächte und die
gewandelte
Als die 70 Delegierten der westdeutschen Landtage - unter ihnen fünf Berliner Vertreter ohne Stimmrecht - am 1. September 1948 in der Pädagogischen Akademie in Bonn zur konstituierenden Sitzung des Parlamentarischen Rates zusammentraten, waren die wichtigsten politischen, wirtschaftlichen und verfassungsrechtlichen Vorentscheidungen über die Bildung und Ausformung eines westdeutschen Staates bereits gefallen. Deshalb waren die Beratungen über die Bonner Verfassung - oder nach deutscher Sprachregelung - über das Grundgesetz nicht zu verstehen, ließe man die wesentlichsten Linien und Strukturen der Nachkriegsentwicklung und vor allem jene politischen Entscheidungsakte außerhalb der Betrachtung, die die westalliierten Mächte durch die Frankfurter Dokumente der westdeutschen Seite abverlangten: Bildung eines demokratischföderativen Staates in bewußter geographischer und politischer Beschränkung, eingebunden in einen festen westeuropäischen Rahmen. Es ist die Aufgabe des ersten Bandes dieser Edition, die Antworten, die die Deutschen in einem schwierigen Prozeß politischer Meinungs- und Entscheidungsbildung auf diese staatlichen Existenzfragen erteilt haben, zu verdeutlichen, um dadurch die Vorgeschichte und die Arbeitsbedingungen des Parlamentarischen Rates verständlich zu machen. Die entscheidende Phase westdeutscher Gründungsgeschichte begann mit dem Ende der Londoner Außenministerkonferenz im Winter 19471). Als die Außenminister der Westmächte und der Sowjetunion nach ihrem fünften vergeblichen Versuch, durch Verhandlungen eine gemeinsame Lösung des Deutschlandproblems zu finden, in kaum verhüllter Feindschaft auseinandergingen, war die Entscheidung über eine Neuorientierung der westalliierten Deutschlandpolitik endgültig gefallen. Die Amerikaner zeigten sich nunmehr fest entschlossen, die Verhältnisse in Westeuropa gemäß Trumandoktrin und Marshallplan politisch ') Zur Außenministerkonferenz vom 25. 11.-15. 12. 1947 in London s. Cornides, W. und H. Volle, Die Londoner Aussenministerkonferenz der vier Großmächte, EA, 1948, S. 1067 ff., sowie Vogelsang, Deutschland, S. 25 ff.; Deuerlein, Einheit, S. 148 ff.
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Einleitung und wirtschaftlich zu festigen und ein weiteres Vordringen der Sowjetunion zu verhindern. Drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war damit der in Potsdam eingeleitete Versuch, einen weltweiten friedlichen Ausgleich zwischen den Großmächten herbeizuführen, in eine unmitttelbare maditpolitische Konfrontation umgeschlagen. An die Stelle fruchtloser Weiterverhandlungen trat auf beiden Seiten nunmehr das Bemühen, die im Zweiten Weltkrieg gewonnenen Einflußsphären zu konsolidieren. In diesem sich verschärfenden Ost-West-Spannungsgefüge mußte Deutschland zu einem strategisch bedeutsamen Faktor werden 2 ). Die Konsequenzen dieser Entwicklung für den westlichen Teil Deutschlands, die sich seit Frühjahr 1946 immer deutlicher abzeichneten, hatte der amerikanische Militärgouverneur, General Lucius D. Clay, dem Länderrat der amerikanischen Zone bereits vor der Londoner Außenministerkonferenz unmißverständlich klargemacht: Es sei das Ziel der amerikanischen Politik, die Einheit des gesamten deutschen Volkes sicherzustellen; aber nur in einem Staat, der das Recht jeder einzelnen Persönlichkeit uneingeschränkt garantiere. Falls die Konferenz nicht zu diesem Ergebnis komme, müsse ein westliches Deutschland errichtet werden, in der Hoffnung, daß zu einem späteren Zeitpunkt ein vereinigtes Deutschland auf gesicherter demokratischer Grundlage aufgebaut werden könne. Das sei eine schwere und verantwortungsvolle Entscheidung, der aber nicht mehr länger ausgewichen werden könne. Die Errichtung einer nationalen Regierung für einen möglichst großen Teil Deutschlands sei eine unabdingbare Notwendigkeit. Ohne eine solche Regierung könne Deutschland nicht mehr auskommen 3 ). Nach den im Laufe des Jahres 1947 endgültig gescheiterten innerdeutschen Versuchen, zumindest eine administrative-und parteipolitische Zusammenarbeit in allen vier Zonen aufrecht zu erhalten (Münchener Ministerpräsidenten-Konferenz, Trennung der west- und ostzonalen Parteiführungen) 4 ), war mit der nach London vollzogenen Wende der interalliierten Beziehungen eine ViermächteVereinbarung über ganz Deutschland aus dem Bereich der kalkulierbaren politischen Möglichkeiten gerückt. Damit war in diesem Jahr 1947 die endgültige Entscheidung über das vorläufige Ende der einheitsstaatlichen Existenz Deutsch2)
S. dazu die Aufsatzsammlung von Gimbel, John u. John C. Hennessy, From Coalition to Confrontation. Readings in Cold War Origins, Belmont, California 1972, sowie Calvocoressi, Peter (Hrsg.), Survey of International Affairs 1947-1948, London 1956. 3) Protokoll der Sitzung des LR der amerik. Zone, Stuttgart, 4. 11. 1947 (BA Z 1/26, Bl. 66 f.). 4) Zur Münchener MinPräs.-Konferenz, 6.-8. 6. 1947 s. die neueren Untersuchungen: Grünewald, Wilhard, Die Mündiener MinPräs.-Konferenz 1947; Krautkrämer, Elmar, in: VfZG 20, 1972, S. 154-174, S. 418 ff. und Eschenburg, Theodor, ebda,, 411 ff. Neuerdings audi Foelz-Sdiroeter, Marie Elise, Föderalistische Politik und nationale Repräsentation 1945—1947. Stuttgart 1974. Zum Scheitern der parteipolitischen Einheitsbemühungen s. vor allem Conze, Kaiser, S. 18 f.; zusammenfassend: Schwarz, Grundlagen, S. 54 ff. Zur russ. Deutschlandpolitik, auf die in diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen werden kann, vgl. Schwarz, Bundesrepublik, S. 248 ff. XII
Einleitung lands gefallen. Alle weiteren Entwicklungen, auch die so bedeutsamen des Jahres 1948, die hier im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, sind unmittelbare Folgewirkungen dieser Tatsache5). Politische Neuorientierungen der Westalliierten Auf westlicher Seite ergriffen nunmehr die Amerikaner erneut die Initiative, und zwar diesmal mit dem Ziel, eine politische Neuordnung in Westdeutschland herbeizuführen; sie waren dabei „gut ausgerüstet durch das Gewicht ihrer militärischen und wirtschaftlichen Überlegenheit, gut vorbereitet durch die begonnenen Marshall-Plan-Verhandlungen und gut vertreten durch den der deutschen Seite an politischer Intelligenz, Kenntnissen, Energie und Wendigkeit überlegenen General Clay" 6 ). Nodi in London, unmittelbar nach Ende der Konferenz der Außenminister, hatten amerikanische und britische Regierungsvertreter die Schaffung einer provisorischen deutschen Regierung für die Bizone - und bei französischer Beteiligung - für die Trizone erörtert7). Dabei bot sich zunächst der Ausbau der bereits vielfältig angelegten eigenstaatlichen Entwicklungen im Vereinigten Wirtschaftsgebiet an. Vor allem sollten die mit ungenügenden Vollmachten versehenen und mit mangelnder Koordination arbeitenden bizonalen Verwaltungen zu effektiven politischen Einrichtungen umgestaltet werden. Nach Beratungen zwischen dem amerikanischen und britischen Militärgouverneur, den bizonalen Länderchefs und den Vertretern der Zweizonenveraltungen am 7. und 8. Januar 1948 in Frankfurt wurde für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet eine neue Organisationsform geschaffen, die mit der parlamentarischen Körperschaft, dem Wirtschaftsrat, dem Länderrat sowie mit dem als verantwortliches Exekutivorgan gedachten Verwaltungsrat bereits brauchbare Organe eines deutschen Oberstaates abgeben konnte8). Allerdings mußte diese Umbildung der Bizonenverwaltung zunächst als eine rein wirtschaftliche Örganisationsform dargestellt werden, die eine westdeutsche Staatsform in keiner Weise präjudizieren sollte: „Die bizonale Verwaltung", so General Clay vor dem Länderrat der amerikanischen Zone, „die jetzt errichtet wird, ist eine vorläufige Organisation zur Überbrückung einer Notlage. Sie ist eine Maßnahme zur Errichtung einer deutschen Verwaltung, die
) Deuerlein, Forsdiungsgrundlage, in: Polit. Studien 22, 1971, S. 60; zur außenpolit. Einordnung des Jahres 1948, das nach 1945 entscheidende „Sdiicksalsjahr" der jüngeren dt. Nachkriegsgeschichte, Schwarz, Grundlagen, S. 29 ff. «) Pikart, Weg zum GG, S. 166. 7 ) Gimbel, Besatzungspolitik, S. 256 ff. e ) Verhandlungsprotokoll der dt.-alliierten Beratungen vom 7./8. 1. 1948 in Frankfurt (StK Wiesbaden l a 08/01); Berichte Murphys an Secretary of State vom 7. 1. und 9.1.1948 (For Rel. 1948, II, S. 8 ff., 12 ff.); zu den Ergebnissen s. Vogel, Westdeutschland I, S. 30 f. und Pünder, Interregnum, S. 133 ff. 6
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Einleitung die Verantwortung für ihre wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten übernehmen kann. Sie hat nur diesen Zweck und ist nicht dazu da, der politischen Struktur einer zukünftigen Regierung Deutschlands vorzugreifen9)." Die Militärregierungen hätten deshalb eine Konstruktion gewählt, die sich nicht dem Vorwurf aussetze, eine Teilung Deutschlands herbeizuführen. Man sei zwar grundsätzlich bereit, auf bizonalem Gebiet weiterzugehen, wolle jedoch die Verantwortung für eine politische Trennung Deutschlands nicht auf sich nehmen10). Eine weitergehende, politische Interpretation des Gesamtvorgangs war im Augenblick mit Rücksicht auf französische und deutsche Befürchtungen und Einwände noch nicht möglich; denn die Franzosen hatten am 24. Januar 1948 in einem Aide-Mémoire gegen die Neuorganisierung der Bizone und die dabei sichtbar werdende zentralistische Tendenz scharf protestiert11), während die deutsche Seite, die den wirtschaftlichen Aspekt der Neuordnung voll bejahte „die Not unseres Volkes erfordert unbedingt praktisches Handeln im Bereich der Wirtschaft und Ernährung" - vor allem starke einheitspolitische Bedenken geltend gemacht hatte: die deutsche Einheit dürfe unter keinen Umständen aufgegeben, der künftigen Entwicklung nicht vorgegriffen werden: „Wir wollen vielmehr in völliger Ubereinstimmung mit der amerikanischen und britischen Militärregierung ein vereinigtes Deutschland aller Zonen mit einem aus allgemeinen Wahlen in voller politischer Freiheit hervorgehenden deutschen Parlament und einer verantwortlichen deutschen Regierung. Infolgedessen soll in den nächsten Monaten nichts geschehen, was dieses Ziel vereiteln könnte12)."
Die Sechsmächtekonferenz in London:
Bildung eines roestdeutschen Staates
Der Schritt zu einer eindeutigen politischen Lösung bei gleichzeitiger Fusion aller drei Zonen sollte durch Verhandlungen der drei westalliierten Großmächte - unter Einbeziehung der Beneluxstaaten - im Rahmen eines umfassenden wirtschaftlich und politisch akzentuierten und westeuropäisch abgesicherten Deutschlandkonzepts, das von Frankreich mitgetragen werden konnte, vollzogen werden. Vorbereitung, Verlauf und Ergebnisse der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz, die in zwei Phasen tagte (23. Februar - 6. März 1948; 20. April - 2. Juni 1948),
) Rede Clays auf der Sitzung des LR der amerik. Zone, Stuttgart, 3. 2. 1948 (BA Z 1/190, Bl. 105); s. dazu audi das Verhandlungsprotokoll der dt.-alliierten Beratungen vom 7./8. 1. 1948 in Frankfurt (Anm. 8). 10 ) Protokoll der Sitzung des LR der amerik. Zone mit Gen. Clay, 3. 2. 1948 (BA Z 1/26, Bl. 12). " ) Clay, Entscheidung, S. 206 f.; Gimbel, Besatzungspolitik, S. 258. 12} Verhandlungsprotokoll der dt.-alliierten Beratungen, Frankfurt, 8. 1. 1948 (STK Wiesbaden la08/01 Bl. 173 f.). 9
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Einleitung sind, zwar i n großen Zügen bekannt und auch dargestellt 13 ), dennoch ist bisher nach dem Urteil Deuerleins keine Konferenz der Nachkriegsentwicklung so unzureichend belegt und erforscht wie diese14]. Da die Konferenzakten bisher für die Forschung noch nicht zur Verfügung standen, können die Einzelheiten der Verhandlungspositionen erst jetzt nach Vorlage des entsprechenden Bandes der Foreign Relations verdeutlicht werden 15 ), so daß nunmehr ein neuer, vertiefter Forschungsansatz möglich wird. Die Standpunkte der Westalliierten waren schon lange vor Konferenzbeginn, eigentlich schon seit der Außenministerkonferenz in Moskau in großen Umrissen konzipiert 16 ). Nach offizieller Auffassung der USA, die Außenminister Marshall vor Verhandlungsbeginn noch einmal fixierte, behielt die Herstellung der wirtschaftlichen und politischen Einheit Deutschlands einen hohen Stellenwert in der amerikanischen Politik, da die deutsche Teilung nicht als dauerhafte Lösung des zentraleuropäischen Problems angesehen wurde. Allerdings schien es nicht sinnvoll, durch das Festhalten an augenblicklich nicht realisierbaren Einheitsvorstellungen den westeuropäischen Wiederaufbau weiter hinauszuzögern. Für Amerika war deshalb die schnelle Eingliederung der westdeutschen Wirtschaft in die Wirtschaft Westeuropas - „within framework of the program for general economic recovery of Europe" - die entscheidende Forderung. Die vorgesehene wirtschaftliche Integration mußte jedoch in einer politischen Lösung kulminieren und einem demokratischen westdeutschen Staat einen gesicherten Platz in einer westeuropäischen Staatengemeinschaft zuweisen. Nur dann schienen die Beschränkungen, die Deutschland im Interesse der europäischen Sicherheit auferlegt werden mußten, politisch für beide Seiten tragbar: „Economic and political reorientation of Germans, fostered by common policies of Western occupation power and integration of Western Germany into Western European community" - das waren die politischen Leitgedanken der amerikanischen Deuts chlandpolitik17). Die amerikanischen Überlegungen, dies darf nicht übersehen werden, standen stark unter dem Eindruck der wachsenden Spannung mit der Sowjetunion, die ") S. vor allem Clay, Entscheidung, S. 433 ff.; Golay, Germany, S. 6 ff.; Gimbel, Besatzungspolitik, S. 260 ff.; die Dissertation von Rothstein, Die Londoner Sedismächtekonferenz 1948 und ihre Bedeutung für die Gründung der Bundesrepublik Deutschland, Freiburg/Br. 1968, wurde textlich leicht modifiziert erneut abgedr. als: Gab es eine Alternative? Zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 20, 17. 5. 1969, S. 1-62 sowie als: Die Voraussetzungen der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1948/49, hrsg. von der Polit. Akademie Eichholz der Konrad-Adenauer-Stiftung für polit. Bildung und Studienförderung e. V., 1969; letzterer Druck wurde für diese Edition herangezogen. ") Deuerlein, Forschungsgrundlage, in: Polit. Studien, 22,1971, S. 61. 15 ) Foreign Relations of the United States 1948, Volume II: Germany and Austria, Washington, 1973. 16 ) Cornides, W. und H. Volle, Die Moskauer Außenministerkonferenz der vier Großmächte, 10. März bis 24. April 1947, in: EA, 1947, S. 671 ff.; Deuerlein, Einheit, S. 142 ff.; Rothstein, Voraussetzungen, S. 26 f. ") Marshall an Embassy in the United Kingdom, Washington, 20. 2.1948 (For Rel. 1948, II, S. 71 ff.).
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Einleitung seit 1947 durch energische Konsolidierungsmaßnahmen in ihrem Machtbereich, deren Kulminationspunkt die kommunistische Machtergreifung in der Tschechoslowakei (25. Februar 1948) bildete, zum ersten Mal das Gleichgewicht in Europa zu ihren Gunsten zu verändern schien. Ein weiteres Vordringen der Sowjets nach Westen mit einer Beherrschung Deutschlands mußte jedoch als unerträgliches Sicherheitsrisiko für Westeuropa und die USA unter allen Umständen verhindert werden. Es galt deshalb, den Russen nunmehr energisch Einhalt zu gebieten. In dieser Auseinandersetzung fiel, nach amerikanischer Ansicht, den 45 Millionen Westdeutschen eine entscheidende Rolle zu - allerdings nur dann, wenn sie in einem politisch und wirtschaftlich handlungsfähigen Staat organisiert waren18). Diese politischen Leitgedanken der Amerikaner haben auch ihre verfassungsrechtlichen Überlegungen bestimmt. Aus Überzeugung und Erfahrung Föderalisten, schien ihnen nur eine föderalistische Staatsform mit sinnvollem Machtausgleich zwischen Oberstaat und Ländern ein annehmbarer Beitrag zum Aufbau eines demokratischen Deutschlands. Den Ländern sollte ein erhebliches Eigengewicht zukommen, die Zentralgewalt nur die notwendigsten Funktionen ausüben, aber doch stark genug sein, um die wirtschaftliche und soziale Gesundung Deutschlands sicherzustellen. Die Briten, in der politischen Zielsetzung mit den Amerikanern einig, hatten keinerlei eigene föderalistische Verfassungserfahrung; dennoch schien ihnen das bundesstaatliche Konzept - allerdings mit ausreichender Kompetenzfülle für die Zentralorgane - ein durchaus geeignetes Mittel, um ein friedliches, in seiner staatlichen und wirtschaftlichen Potenz gezügeltes Deutschland zu schaffen. Für Frankreich dagegen gewann die Föderalismusformel unter sicherheits- und machtpolitischem Aspekt eine existenzielle Bedeutung: das ausgeprägte Sicherheitsbedürfnis Frankreichs verlangte nach einem wirtschaftlich und politisdi schwachen Deutschland. Das hieß im wirtschaftlichen Sektor: niedriges deutsches Industrieniveau und französische Beteiligung an der Ruhrwirtschaft; für den politischen Raum: dauernde Schwächung Deutschlands. Letzteres schien nur durch einen extrem föderalistischen, ja staatenbündlerischen Aufbau Deutschlands gewährleistet zu sein. Dementsprechend forderten die Franzosen die Bildung eines lockeren Staatenbundes, wobei das entscheidende Machtgewicht bei den Ländern liegen und die Zentralorgane nur ganz beschränkte Funktionen (Auswärtige Angelegenheiten, Zölle, Verwaltung der Eisenbahnen) wahrnehmen sollten. Selbst eine aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Volksvertretung schien noch das Risiko zentralistischer Entwicklungen in sich zu bergen und wurde deshalb von den Franzosen abgelehnt19).
" ) For Rel. 1948, II, S. 155 f., 159 f., 238, 283 f. u. passim. 19) Zu den verfassungspolit. Vorstellungen der Westalliierten s. Clay, Entscheidung, S. 436 f.; Rothstein, Voraussetzungen, S. 26 ff.; Pikart, Weg zum GG, S. 166 f. und For Rel. 1948, II, passim.
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Einleitung In London maßten sidi die Westalliierten nun auf die für Deutschland adäquate Föderalismuskonzeption einigen. Der Kampf um diese Frage durdizog die gesamten Londoner Verhandlungen und führte - wie die Foreign Relations sehi deutlich zeigen - zu einem latenten amerikanisch-französischen Gegensatz, der sich auch noch später, nach Einberufung des Parlamentarischen Rates, fortsetzen sollte20). Die Angelsachsen waren in London schließlich bereit, den Franzosen in vielen Fragen bis an die Grenze des Möglichen - wie sie fanden - entgegenzukommen; im ganzen hat sich jedodi die amerikanische Konzeption durchgesetzt21). Die Amerikaner waren einfach zu sehr am Aufbau eines gut funktionierenden deutschen Staatsapparates zur Wahrnehmung der ihm zugedachten wirtschaftlichen und politischen Aufgaben interessiert, als daß sie dem extrem föderalistischen französischen Konzept hätten nachgeben können. Sie waren deshalb nur dann zu Zugeständnissen in der Ruhr- und Sicherheitsfrage bereit, wenn Frankreich die Bildung eines westdeutschen Staates im Rahmen ausreichender Kompetenzen akzeptierte. Im Grunde strebten Amerikaner und Briten eine dauerhafte politische Lösung in Westdeutschland an, und das hieß für sie: Schaffung eines annehmbaren Ausgleichs zwischen alliierten und deutschen Interessen 22 ). Die politische Formel, die sie zur Durchsetzung dieser Konzeption prägten, war die des unteilbaren Programms, des geschlossenen Ganzen der Londoner Abmachungen, deren Teile ineinander verzahnt sein müßten23). Damit sollte den Franzosen jede Möglichkeit genommen werden, für sie günstige Teilergebnisse (Ruhr-, Sicherheitsfrage) zu akzeptieren, den Rest der Abmachungen jedoch abzulehnen. Es war dann in London aber doch noch ein hartes Stüde Arbeit zu leisten, ehe Frankreich seine Zustimmung zur Bildung eines westdeutschen Staates gab, der durch das Europäische Wiederaufbauprogramm, die Ruhrkontrolle und die Beteiligung der Beneluxstaaten an der Deutschlandpolitik einen umfassenden Sicherheitsrahmen erhalten, durch Besatzungsstatut und internationale Ruhrbehörde politisch und wirtschaftlich in übernationale Verflechtungen eingebunden sein sollte. Buchstäblich bis zum letzten Augenblick - schließlich mit dem Hinweis auf befürchtete russische Reaktionen - versuchten die Franzosen die westdeutsche Staatsbildung zu verhindern. Mehr als einmal schienen Amerikaner und Briten gezwungen zu sein, die erstrebte große Lösung fallenzulassen und allein die Bizone in ihrem staatlichen Ausbau voranzutreiben24). Als es dann doch in London zu einer Einigung kam, die in einem Bericht an die beteiligten Regierungen unter Beigabe der Einzelabsprachen zusammengefaßt
» ) Gimbel, Besatzungspolitik, S. 295 ff.; Golay, Germany, S. 92 ff.; ForRel. 1948, II, S. 421 ff. !1 ) Bericht W. Brandts Nr. 57 an PV, Berlin, 9. 6.1948 (Ardi. FES, Schumacher J 79). For Rel. 1948, II, S. 268 f., 275. *») Dok. Nr. 1; ForRel. 1948, II, S. 268, 275, 312, 399 u. passim; s. auch Dok. Nr. 1, Anm. 6. 24) For Rel. 1948, II, S. 268 f., 275.
XVII 2 Parlament. Rat
Einleitung wurde 25 ), blieben eine Reihe wesentlicher Fragen noch weiteren Verhandlungen vorbehalten [Ruhrstatut, Besatzungsstatut, Militärisches Sicherheitsamt}; bei anderen wurden bestehende Differenzen vorläufig durch verschieden deutbare Kompromißformeln überdeckt (Wahlmodus zur Verfassunggebenden Versammlung und zum Parlament, Verfassungsratifizierung) 26 ). Auch die Absprache über die Verfassungsstruktur in Deutschland (Anhang H des Berichts) war wenig konkret und beschränkte sich auf Angabe der Mindesterfordernisse für die postulierte „decentralised federal Organisation": Zweikammernsystem mit ausreichenden Befugnissen für die an der Gesetzgebung zu beteiligende Länderkammer; keine zentralstaatlichen Kompetenzen im Erziehungswesen, dem kulturellen und kirchlichen Bereich, der Selbstverwaltung und dem öffentlichen Gesundheitswesen; beschränkte Zuständigkeit der Zentralorgane im öffentlichen Wohlfahrtswesen und für die Polizei; Recht des Oberstaates zur Steuererhebung lediglich für Zwecke, für die er ausdrücklich zuständig ist 27 ). Die Bekanntgabe des Konferenzergebnisses 28 ) - der Gesamtbericht und die Einzelabsprachen wurden nicht veröffentlicht - geschah ganz mit Blidc auf Frankreich, da man sehr wohl wußte, daß ihm eine völlige Neuorientierung seiner bisherigen Deutschlandpolitik zugemutet wurde: Das am 7. Juni 1948 herausgegebene Schlußkommunique war deshalb darauf abgestimmt, dem französischen Parlament die Zustimmung zu dem von Kommunisten und Gaullisten kompromißlos bekämpften Vertragswerk zu erleichtern 20 ). Deshalb war es „für die Augen der französischen Öffentlichkeit geschrieben, der die Beschlüsse schmackhaft gemacht werden" sollten 30 ); die für Frankreich günstigen Bestimmungen wurden ausführlich dargelegt und die Beschlüsse über die internationale Kontrolle der Ruhr - auf ausdrücklichen französischen Wunsch - wörtlich dem Kommunique als Anhang beigegeben 31 ). Dieser Bekanntgabemodus der Londoner Beschlüsse brachte die angelsächsischen Militärregierungen in Deutschland allerdings in erhebliche Schwierigkeiten; man hatte offensichtlich die Stimmungslage der Deutschen und das inzwischen beachtliche Gewicht der öffentlichen Meinung, an der man im Kampf um Deutschland nicht mehr vorbeigehen könne, wie General Clay nach Washing) Report of the London Conference on Germany vom 1. 6. 1948 mit den Einzelabkommen als Anlagen A - L (For Rel. 1948, II, S. 309 ff.). 2e ) Zur Frage des umstrittenen Wahl- u. Ratifizierungsmodus u. dem Beharren der Franzosen auf indirekten Verfahren s. For Rel. 1948, II, S. 134, 175 f., 294 f., 297. 27 ) Letter of Advice to Military Governors regarding German Constitution, London 12. 5. 1948 (For Rel. 1948, II, S. 240 f.), dessen verfassungsrelevante Bestimmungen zunächst nicht bekanntgegeben, später jedoch als Vorlage für das Aide-Mémoire der MilReg. an den PR vom 22. 11. 1948 genommen wurde (For Rel. 1948, II, S. 424 f.; dt.: Bonner Kommentar I, Einl., S. 98 ff.). 28 ) Dok. Nr. 1. 29 ) For Rel. 1948, II, S. 298 f., 329; Gimbel, Besatzungspolitik, S. 272 f.; für die Situation in Frankreich: Willis, The French, S. 55 ff.; Korff, Revirement, S. 86 f. 30 ) Reinhold Maier im Landtag von Württemberg-Baden, Verhandlungen, 7. 7. 1948, S. 1858. 31 ) Dok. Nr. 1, S. 7 ff.; For Rel. 1948, II, S. 298 f. 25
XVIII
Einleitung ton kabelte, zuwenig in das politische Kalkül mit einbezogen. Bei allem Verständnis für die schwierige französische Situation dürfe man das diffizile deutsche Problem nicht übersehen: „I do want to bring to the attention of the responsible authorities in Washington once again that we still have a German problem 32 ]." Aus diesem Grunde hatte sich Clay in London für die Herausgabe eines knappen Kommuniques eingesetzt, weil er den deutschen Ministerpräsidenten Gelegenheit geben wollte, nach ihrem Treffen mit den Militärgouverneuren die Substanz der Londoner Beschlüsse in der deutschen Öffentlichkeit selbst bekanntzumachen 33 ). Er hatte dann wenigstens verhindern können, daß die verabredeten Grundsätze über die föderative Staatsordnung in Deutschland im einzelnen, wie es die Franzosen wünschten, bekanntgegeben wurden, da er einmal die Hoffnung hatte, die Deutschen würden ohnehin viele Fragen in seinem Sinne lösen, und zum anderen den Eindruck vermeiden wollte, als würde den Deutschen durch die Alliierten eine Regierungs- und Verfassungsstruktur aufgezwungen 34 ). Als dann die ersten sehr negativen Reaktionen auf das Londoner Kommunique in Deutschland laut wurden, beeilte sich Clay im Verein mit dem britischen Militärgouverneur, General Sir Brian Robertson, den Deutschen dabei behilflich zu sein, die Protokolle „ins Deutsche zu übersetzen" 3411 ). Den Ministerpräsidenten seiner Zone versuchte Clay klar zu machen, daß die Abmachungen viel deutschfreundlicher seien, als es die veröffentlichten Erklärungen vermuten ließen. Man könne Deutschland sogar beglückwünschen, daß nicht eine schärfere Überwachung der Ruhr, ja eine politische Abtrennung erfolgt sei 35 ). In ähnlicher Weise informierte auch General Robertson am 29. Juni 1948 den Zonenbeirat in Hamburg: zahlreiche deutsche Einwände würden gegenstandslos, wenn der volle Inhalt der Londoner Abmachungen bekannt werde. Selbst die Bestimmungen über die internationale Kontrolle der Ruhr könne kein Deutscher - wenn er sie leidenschaftslos studiere - „als eine unerträgliche Einmischung in die Selbständigkeit einer deutschen Regierung und der deutschen Wirtschaft bezeichnen und sie unvereinbar mit seinem Selbstrespekt halten." Die Verfassunggebende Versammlung werde „ein sehr freies und weites Arbeitsgebiet bekommen" 3 6 ). Durch diese diplomatischen Aktivitäten vor Übergabe der Frankfurter Dokumente ist es den angelsächsischen Militärregierungen gelungen, eine allzu große psychologische Belastung der weiteren Verhandlungen zu verhindern; ganz
) Clay an Draper, 11. 6.1948 (For Rel. 1948, II, S. 329 f.). j For Rel. 1948, II, S. 329. 34 ) For Rel. 1948, II, S. 299; Gimbel, Besatzungspolitik, S. 274; auf frz. Drängen wurden dann die Londoner Detailabmachungen dem Parlamentarischen Rat im AideMémoire vom 22. 11. 1948 bekanntgemacht (For Rel. 1948, II, S. 440 f.; Bonner Kommentar I, Einl., S. 98 ff.). 34a ) S. Anm. 30. Dok. Nr. 2 u. ebda, Anm. 2. *•) Protokoll der Sitzung des Zonenbeirats, 29. 6. 1948 (BA Z 2 Anh./21a); vgl. auch Adenauer, Erinnerungen, I, S. 145. 32
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XIX
Einleitung konnten die Mißverständnisse jedodi nicht ausgeräumt werden. Vor allem blieb die von Clay deutlich erkannte Gefahr, daß führende deutsche Politiker aufgrund des Kommuniques zu ersten, scharfen Stellungnahmen gezwungen würden, von denen sie später - nach eingehenderen Informationen - nur sdiwer wieder abrücken konnten37}. Wie groß diese Gefahr tatsächlich war, zeigt das Beispiel Adenauers 38 ).
Deutsche Realitäten: Ruhrfrage, Einheitsproblem, wirtschaftliche
Lage
Die ersten deutschen Reaktionen auf die ohne jede deutsche Beteiligung und Zwischeninformation zustandegekommenen Londoner Abmachungen fielen zumeist recht negativ aus; man könnte sie umschreiben mit vorsichtig kritischem Abwägen, mit Bestürzung und strikter Ablehnung. Die Bedenken konzentrierten sich vor allem auf die Bestimmungen zur Ruhrkontrolle, auf das ungenügend erweiterte Maß deutscher Souveränität, auf die Frage der deutschen Einheit und auf die Form der vorgeschriebenen föderativen Regierungsstruktur. Hier sollen nur die beiden wichtigsten Komplexe herausgehoben werden: die vorgesehene Kontrolle des Ruhrgebiets und das Problem der deutschen Einheit. Die Frage der Kontrolle des Ruhrgebiets, dem für Deutschland lebenswichtigen Industrieraum, beschäftigte die Repräsentanten der deutschen Politik in besonderem Maße. Die westdeutschen Ministerpräsidenten lehnten von Anfang an eine internationale Ruhrkontrolle ab, da diese nach ihrer Ansicht keine innere Berechtigung habe; „sollte man aber trotzdem glauben, auf eine solche Kontrolle nicht verzichten zu können, so darf sie keinesfalls nur einseitig für die Ruhr, nicht nur für ein Land, sondern sie müßte dann auch in gleicher Weise und unter deutscher Mitwirkung auf alle industriellen Schwerpunkte in Europa Anwendung finden" 39 ). In ähnlicher Weise hatte auch der Zonenbeirat in einer Entschließung vom 8. Juni 1948 Stellung genommen: das deutsche Volk sei zur Aufgabe von Souveränitätsrechten zugunsten der Einordnung in einen gemeinsamen europäischen Neuaufbau bereit, aber dauernde einseitige Beschränkungen eines einzelnen Volkes seien mit dem Gedanken der europäischen Zusammenarbeit unvereinbar 40 ). Zum Teil schärfer und entschiedener noch war die ablehnende Haltung der Parteien. Die CDU sah in den Bestimmungen zur Ruhrkontrolle eine „moderne Form einer Annektion, die dem Sieger die totale wirtschaftliche Macht ausliefert, 37
) For Rel. 1948, II, S. 329. ) Adenauer, Erinnerungen I, S. 140 ff.; Gimbel, Besatzungspolitik, S. 273 f.; Morsey, Aufstieg Adenauers, S. 30 sowie unten S. XXI. Adenauers harte Kritik an den Londoner Empfehlungen war mehr als ein „taktischer Schritt", wie Vogelsang, Option, S. 164 Anm. 10 annimmt; sie war vielmehr getragen von einer echten Sorge um das Ruhrgebiet. M ) Bericht über das Ergebnis der MinPräs.-Konferenz in Düsseldorf, 5.-6. 6. 1948 (StK Wiesbaden, l a 08/11). 40 ) Protokoll der Sitzung des Zonenbeirats, Hamburg, 8.-9. 6. 1948 (BA Z 2 Anh./21). 38
XX
Einleitung ohne ihm gleichzeitig die mit einer territorialen Annektion zwangsläufig zusammenhängende politische Verantwortung sichtbar zu übertragen" 41 ). Der CDU-Vorsitzende der britischen Zone, Konrad Adenauer, warf angesichts des in London „beschlossenen Systems der Ausbeutung Deutschlands" die Frage auf, ob es die Deutschen, gleichgültig welcher Partei sie angehörten, vor ihrem Gewissen und vor ihrem Volk verantworten könnten, weiter mitzuarbeiten an einer immer stärker sich auswirkenden dauernden Einengung der Freiheit oder ob ihnen nichts anderes übrig bliebe, „als durch Verweigerung der Mitarbeit wenigstens ihre Ehre vor der Nachwelt zu retten" 42 ). Gleichzeitig bemühte er sich - wenn auch vergebens - in Verhandlungen mit dem SPD-Vorstand eine gemeinsame Protestaktion aller Parteien gegen die Londoner Empfehlungen zustandezubringen43). Die SPD, die ebenfalls schwere Bedenken gegen zahlreiche Bestimmungen des Londoner Abkommens und gegen die vorgesehene internationale Kontrolle des Ruhrgebiets hatte, reagierte im Ganzen gelassener und zurückhaltender; sie lehnte den „hypernationalistischen Ausbruch" Adenauers ab. Es liege im Interesse des deutschen Volkes, eine zurückhaltendere Sprache zu führen. Die Londoner Empfehlungen müßten als neues Provisorium auf dem Weg zu einer Normalisierung des europäischen Lebens und der Wiedereingliederung des deutschen Volkes in die europäische Völkergemeinschaft angesehen werden. Trotz aller Bedenken seien sie ein Schritt nach vorne, denn ¿angesichts des völligen Chaos, in dem wir zur Zeit leben, ist die Tatsache, daß eine Vereinbarung zustande gekommen ist, an sich ein Fortschritt" 44 ). Franz Blücher, der Vorsitzende der FDP der britischen Zone, sah in der Kontrolle der Ruhr vor allem ein Instrument, um „in bequemster Weise die jeweiligen Mangelstoffe den anderen zuzuführen und die deutsche Wirtschaft ihrer zu berauben" 45 ). Das politisch und vor allem psychologisch schwierigste Problem, das sich der alliierten wie der deutschen Seite stellte, war jedoch die Frage der deutschen Einheit. Noch zu Jahresbeginn hatten die Deutschen eine politische Umgestaltung der Bizone - aus gesamtdeutschen Überlegungen heraus - abgelehnt und als oberstes Ziel aller deutschen Politik die Wiederherstellung der deutschen Einheit postuliert46). Das Londoner Kommunique hatte deshalb ganz bewußt den Einheitsaspekt in den Vordergrund gerückt und die in den Westzonen angestrebte Entwicklung nicht als Hindernis, sondern als einen ersten konkreten Schritt auf dem Weg 41 ) 42} tt) 44) 45)
")
Entschließung der CDU zum Londoner Kommunique, Bad Königstein, 10. 6. 1948 (BA NL Pünder/247, Bl. 56); Adenauer, Erinnerungen I, S. 140 ff. Adenauer in: Die Welt, 10. 6.1948; Morsey, Aufstieg Adenauers, S. 30. Adenauer, Erinnerungen I, S. 142 f.; Sörgel, Konsensus, S. 336 Anm. 41; Gimbel, Besatzungspolitik, S. 272. Ollenhauer in: Die Welt, 12. 6. 1948; Interne Mitteilung der SPD über den PR, S. 4 (Ardi. FES, NL Menzel J 92). Blücher zu den Ergebnissen der Londoner Konferenz, Mitteilung der FDP, brit. Zone, Essen, 10. 6.1948 (BA NL Blücher/156). S. oben S. XIV.
XXI
Einleitung zur deutschen Einheit dazustellen versucht, der eine Viermächtevereinbarung über Deutschland nicht erschweren, sondern erleichtern sollte 47 ). Diese Optik entsprach ganz den bereits angedeuteten Zielvorstellungen der Amerikaner, die dann auch - allerdings mehr im Hinblick auf die scharfen sowjetischen Reaktionen, die die Londoner Gespräche begleiteten, als mit Rücksicht auf deutsche Wünsche - auf die Hereinnahme dieses politischen Losungswortes in das Kommunique gedrängt hatten: der vierten Potsdamer Garantiemacht gegenüber sollte jeder Anschein vermieden werden, als seien die Londoner Empfehlungen in ihrem'politischen Wollen nur auf die Westzonen beschränkt 48 ). Die vorgesehene politische Organisation oder - nach Abstimmung mit der vierten Besatzungsinacht - „irgendeine andere" sollte auf ganz Deutschland ausgedehnt werden können 49 ). „Wir wollen", so formulierte es General Clay auf einer Pressekonferenz am 12. Juni 1948, „daß eine deutsche Regierung so umfassend wie nur möglich ist. Ich sehe nicht ein, warum der Osten nicht darin vertreten sein könnte." Durch Hinzuziehung ostzonaler Vertreter in ein künftiges Kabinett hoffte Clay sogar die politischen Grundsätze des Westens in den Osten hineintragen zu können 50 ). Deshalb wurde eine Beteiligung ostzonaler Ministerpräsidenten und ostdeutscher Delegierter von den Westalliierten nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern von den Wünschen der westdeutschen Länderchefs abhängig gemacht 51 ), die damit entscheidend in die Verantwortung für die westdeutsche Staatsbildung mit einbezogen wurden. In den Westzonen gab es zahlreiche deutsche Stimmen, die eine Mitwirkung ostzonaler Vertreter an den Verfassungsberatungen forderten, „um den demagogischen Vorwurf einer die deutsche Einheit zerreißenden Weststaat-Bildung zurückweisen zu können"; gleichzeitig erkannte man aber auch die Grenzen einer solchen Beteiligungsmöglichkeit: Voraussetzung für die Teilnahme ostzonaler Vertreter müsse die vorherige Zulassung aller politischen Parteien in der Ostzone und die Kontrolle der Wahl bzw. Abstimmung durch gemischte alliierte oder neutrale Organe sein 52 ).
) For Rel. 1948, II, S. 211, 219, 275 f. j For Rel. 1948, II, S. 72, 275 f. 4B) Robertson vor dem Zonenbeirat, Sitzungsprotokoll, Hamburg, 29. 6. 1948 (BA Z 2/ Anh. 21a, Bl. 5); nach Ansicht des S t S im brit. AMin, Christopher Mayhew, gebührt „der dt. Einheit in den Augen Groß-Britanniens der Vorrang vor allen anderen Dingen; man müsse deshalb im Grundgesetz die Türen dafür offen lassen, daß der Anschluß an die Ostzone ohne Schwierigkeiten durchgeführt werden könne" (Bericht der Außenstelle Bad Godesberg des Büros der MinPräs, 22. 10. 1948, B A Z 12/15, Bl. 80). 50 ) NZ, 13. 6. 1948, und Süddt. Zeitung, 15. 6. 1948; Vogelsang, Option, S. 165 f. 51 ) For Rel. 1948, II, S. 211 ff., 378 f.; s. audi Rothstein, Voraussetzungen, S. 11, Anm. 27. 52 ) Vermerk von Gumppenbergs über eine Besprechung mit Hermans in Koblenz, Düsseldorf, 4. 7. 1948 (HStA Düsseldorf, NW 53-659); Protokoll der Sitzung des StMinisteriums Württemberg-Hohenzollern vom 5. 7. 1948 (StA Sigmaringen, Wü 2); vgl. dazu auch die Forderungen Blüdiers zur Teilnahme ostzonaler Vertreter an den Beratungen (Stellungnahme Blüchers zu den Ergebnissen der Londoner Konferenz, 4. 6. und 10. 6.1948, BA NL Blüdier/156); Rothstein, Voraussetzungen, S. 10.
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XXII
Einleitung Zu einem offiziellen deutsch-alliierten Verhandlungspunkt wurde diese Frage jedoch nicht. Nadi den negativen Erfahrungen der Mündiener Ministerpräsidenten-Konferenz von 1947 waren die westdeutschen Länderchefs diesmal offenbar nicht bereit, durch eine Einladung an ihre ostzonalen Kollegen die B e r ä t u n g e n von vornherein gefährden zu lassen; dafür schien zuviel auf dem Spiel zu stehen 53 }. In dieser Haltung wurden die Ministerpräsidenten von den führenden Persönlichkeiten der beiden großen Parteien unterstützt, die nach den Erfahrungen der Jahre 1946/1947 mit ostzonalen Stellen nicht geneigt waren, sich mit SEDVertretern an einen Tisch zu setzen 54 ). Zudem sollte es - nach Ansicht der SPD - bei den Beratungen nicht um die Bildung einer deutschen Regierung, sondern nur um Errichtung einer vorläufigen Zentralverwaltung für die Westzonen gehen, was einen größeren Verhandlungsrahmen - etwa auch die Einbeziehung von Delegierten aus den Gebieten östlich der Oder und Neiße - überflüssig mache55). Das Dilemma, in dem sich die Deutschen damals befanden, hat Reinhold Maier einmal sehr deutlich umschrieben: „Wir Deutsche sind ja in einen schweren Konflikt hineingestoßen: Einerseits darf ein Teil des besetzten Deutschlands sich nur in einer Richtung bewegen, die ihm genau vorgeschrieben ist, und für den anderen Teil ist es sehr oft inopportun, diese Entwicklung, die man selbst anstrebt, in die man hineingestellt ist, nun selbst in die Hand zu nehmen, weil man eben gleichzeitig die Trennung von Deutschland dadurch unterstützt. In diesem tragischen Konflikt stehen wir. Ich glaube aber, daß jeder von uns davon überzeugt ist, daß wir eben unter Beobachtung dieser ganzen Situation das Beste für ganz Deutschland und gleichzeitig auch das Beste für unsere Besatzungszonen herausholen müssen 58 )." Diese Äußerungen vom Juni 1948 sind in zweierlei Hinsicht bedeutsam: einmal zeigen sie sehr deutlich die politische und psychologische Barriere, die eine Weststaatlösung überwinden mußte; zum anderen sind sie aber auch ein Beweis für die Entschlossenheit der Deutschen, in vollem Wissen um diesen tragischen Konflikt nunmehr einen Schritt nach vorne zu wagen. Im Unterschied zu den Verhandlungen im Januar über die Umgestaltung der Bizone war damit eine neue Aktionsebene erreicht. Im Grunde wußten die Deutschen wohl längst, daß der Schritt zum Weststaat unausweichlich war, und die Erkenntnis, „daß wir etwas tun müssen, um im Westen einen deutschen Staat zu konsolidieren und ihn auf die Füße zu stellen", hatte sich schon im Laufe des Jahres 1947 in die Tiefenschichten ihres politischen Bewußtseins eingenistet und sich dann ab Januar 1948 „von Monat
55
) Vgl. dazu entsprechende Äußerungen R. Maiers, zit. von Rothstein, Voraussetzungen, S. 12. M ) Vogelsang, Option, S. 165; Sdiwarz, Grundlagen, S. 46 ff. M ) Rede Ollenhauers auf PV-Tagung in Hamburg, 29. 6. 1948 (Sopade 1948, VII, S. 16). 5 «) Sitzungsprotokoll des LR der amerik. Zone, Stuttgart, 1. 6. 1948 (BA Z 1/190, Bl. 210).
XXIII
Einleitung zu Monat" mehr u n d mehr verdichtet 5 7 ). General Clay hatte seinerseits keine Gelegenheit versäumt, den Ministerpräsidenten klarzumachen, daß eine wirkliche Besserung ihrer wirtschaftlichen u n d politischen Situation n u r im R a h m e n einer westdeutschen Staatslösung möglich sei 58 ). Dieser Argumentation h a t t e n sich die bizonalen Länderchefs inzwischen weitgehend angeschlossen: auf der Londoner Konferenz hatte Clay darauf hinweisen können, daß acht deutsche Ministerpräsidenten von ihm einstimmig die Ausarbeitung einer V e r f a s s u n g f ü r Westdeutschland verlangt hätten 5 9 ); u n d andere amerikanische Beobachter w a r e n zu der Überzeugung gelangt, - die Deutschen „have already done a great deal of thinking regarding the steps n e c e s s a r y to develop a W e s t German state" 6 0 ). Wie w a r es zu diesem Neuansatz politischer Willensbildung in Westdeutschland gekommen? Nach dem Scheitern der Viermächteverhandlungen hatten die Deutschen als Folge der internationalen Entwicklung nicht n u r immer deutlicher die Konturen eines W e s t s t a a t e s im politischen Kalkül der Angelsachsen sich abzeichnen sehen, sondern auch die eigene politische E r f a h r u n g gemacht, daß nach Ausbruch des „kalten Krieges" die in F r a n k f u r t A n f a n g 1948 „für die Bizone getroffene wirtschaftliche Neuregelung keinesfalls" genügep konnte 6 1 ): die wirtschaftliche u n d soziale Situation in Deutschland w a r so chaotisch, daß entscheidende politische M a ß n a h m e n eingeleitet w e r d e n mußten, u m der d r o h e n d e n Hungerkatastrophe, der rasch absinkenden Industrieproduktion u n d der sich ausbreitenden Unruhe in der Bevölkerung Herr zu werden 0 2 ). Die in „mancher H i n s i c h t . . . schwierigsten Tage", die das deutsche Volk damals zu durchleben hatte (Clay) 03 ), schienen n u r noch d a n n überwindbar, w e n n oberstaatliche Organe u n d politische Instanzen geschaffen wurden, die ausreichende innerstaatliche Kompetenzen u n d sogleich genügend Autorität nach a u ß e n besaßen, u m mit den Militärregierungen, aber auch mit a n d e r e n Staaten verhandeln u n d die deutschen Außenhandelsinteressen selbständig w a h r n e h m e n zu können. Die wirtschaftliche Lage w a r damit zu einem wichtigen Faktor der deutschen Politik u n d zu einer der entscheidenden A n t r i e b s k r ä f t e f ü r die schnelle Bildung eines westdeutschen Staates geworden; dieser Tatsachenzusammenhang darf nicht übersehen w e r d e n . 57
) Äußerungen Maiers auf der MinPräs.-Konferenz in Niederwald, 21.-22. 7. 1948, Dok. Nr. 11, S. 196. 58 ) Pikart, Weg zum GG, S. 171, 176 Anm. 84. 5B ) For Rel. 1948, II, S. 169 f. 60 ) Abschlußbericht James Pollodcs vom 11. 6. 1948 über seine Reisen durch die Westzonen vom 23. 5. - 8. 6. 1948 (BA NL Pollodc/37, Bl. 8). ei ) Interne Mitteilung der SPD über den PR, S. 3 (Arcii. FES, NL Menzel J 92); s. auch Rothstein, Voraussetzungen, S. 15. 62 ) Vgl. Sitzungsprotokoll des LR der amerik. Zone, Stuttgart, 3. 2. 1948 (BA Z 1/26, Bl. 5 ff.); Verhandlungsprotokoll der dt.-alliierten Beratungen vom 7.-8. 1. 1948 in Frankfurt (StK Wiesbaden 1 a 08/01); Gimbel, Besatzungspolitik, S. 248 ff. Zu der besonders prekären Situation in Nordrhein-Westfalen s. Hüttenberger, Arnold, S. 158 ff. •*) Clay auf der Sitzung des LR der amerik. Zone, Stuttgart, 3. 2. 1948 (BA Z 1/190 Bl. 106). XXIV
Einleitung Im Grunde war der Weg durch wirtschaftliche Vorentscheidungen auch bereits markiert: auf die durch Marshallplan (16. April 1948) und Währungsreform (20. Juni 1948) begonnene wirtschaftliche und finanztechnisdie Vereinheitlichung der drei Zonen konnte konsequenterweise nur die politische folgen. Der Hamburger Bürgermeister, Max Brauer, hat dies sehr klar gesehen: „Die volle wirtschaftliche Erholung und Gesundung dieses Teiles Westdeutschlands ist nur dann gegeben, wenn wir schnell zu staatsrechtlichen Lösungen kommen, die uns jene Vollmachten und jene Autorität geben, deren wir bedürfen", um die Währungsreform, die Steuerreform und das Ingangsetzen des Marshallplans zum Erfolg zu führen64). Später hat derselbe Max Brauer darauf hingewiesen, daß „die Notwendigkeit der Organisierung der drei Westzonen zum schnellsten Termin" durch nichts deutlicher gemacht werden könne, als durch die finanzielle Situation, in der die Westzonen steckten. „Ich kann nur sagen, meine Herren, daß jede vierundzwanzig Stunden, die wir versäumt haben, das durchzuführen, die Schwierigkeiten in den einzelnen Ländern erhöht haben65)."
Die Frankfurter Dokumente. Geburtsurkunde der Bundesrepublik
Deutschland?
Dies war die politische und wirtschaftliche Landschaft, in die die Frankfurter Dokumente am 1. Juli 1948 neue Orientierungsdaten setzten: Aufforderung an die deutschen Länderchefs, eine Verfassunggebende Versammlung zur Ausarbeitung einer demokratisch-föderativen Verfassung einzuberufen, „die die Rechte der beteiligten Länder schützt, eine angemessene Zentralinstanz schafft und die Garantien der individuellen Rechte und Freiheiten enthält" (Dokument I), die Ländergrenzen zu überprüfen (Dokument II) und die Grundzüge eines Besatzungsstatuts zur Kenntnis zu nehmen (Dokument III)86). Der Übergabemodus der Dokumente im Frankfurter alliierten Hauptquartier, dem früheren IG-Fatben-Haus, wurde auf Drängen des französischen Militärgouverneurs, General Koenig, sehr formell gehandhabt, was den Deutschen, nach Ansicht Clays, nicht gerade Vertrauen in die Absiditen der Alliierten einflößen mochte6'): jeder Militärgoüverneur verlas ein Dokument, das anschließend den Deutschen übergeben wurde; dabei madite es auf die Ministerpräsidenten einen besonders deprimierenden Eindruck, daß gerade General Koenig in recht scharfem Ton die Grundsätze für ein Besatzungsstatut bekanntgab6"). Die Texte dieser „Frankfurter Dokumente" waren in enger Anlehnung an die Londoner Beschlüsse formuliert worden69). ) Dok. Nr. 6, S. 75; zur Bedeutung des Marshallplans für die westdt. Entwicklung vor allem Gimbel, Besatzungspolitik, S. 200 ff.; s. auch Das europäische Wiederaufbauprogramm der Vereinigten Staaten, in: EA, 1948, S. 1369 ff. 05 ) Dok. Nr. 24, S. 401. •') Dok. Nr. 4. 67 j Clay, Entscheidung, S. 451. 68 j Dok. Nr. 3 sowie Dok. Nr. 11, S. 188. •9) Dok. Nr. 4, Anm. 3. M
XXV
Einleitung Obwohl sich die bis spätestens 15. Juni vorgesehene Bekanntgabe der Dokumente infolge der langwierigen Debatte in der französischen Nationalversammlung erheblich verzögert hatte 70 ), suchten die Alliierten dennoch den Eindruck zu vermeiden, als würden die Deutschen vor ein Ultimatum gestellt: eine sofortige Antwort wurde nicht erwartet und eine weitere Zusammenkunft in Aussicht genommen. Das Verfahren, das bei der Umgestaltung des Wirtschaftsrates angewandt worden war, als sich die Deutschen innerhalb nur eines Tages hatten entscheiden müssen, sollte diesmal nicht wiederholt werden 7 1 ). Die westdeutschen Ministerpräsidenten gaben zunächst keinerlei Stellungnahme ab und verzichteten auch bewußt auf die Angabe eines festen Termins für eine weitere Besprechung mit den Generälen: sie wollten sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen und zunächst eine innerdeutsche Klärung ihrer Standpunkte zuwege bringen. Es war vor allem der bayerische Ministerpräsident Ehard, der seine Kollegen auf diesen taktischen Weg geführt hat 7 2 ). Bereits darin konnte man eine erste Demonstration des deutschen Willens zu eigenständiger Mitentscheidung sehen. Die Klärung der deutschen Ansichten und die Formulierung einer Antwort auf die Frankfurter Dokumente sollte vom 8. bis 10. Juli auf einer Konferenz in Koblenz geschehen. Dieser Beratungsort war mit Bedacht gewählt worden; es galt, die besondere Verbundenheit der Bizone mit der französischen Zone zu demonstrieren und bereits einen ersten Akzent für die baldige Zusammenlegung der drei Zonen zu setzen 73 ). Die acht Tage, die bis zur Koblenzer Konferenz zur Verfügung standen, wurden in allen Ländern intensiv genutzt, um die Dokumente in den Kabinetten, in den Landtagen, mit Fraktions- und Parteiführern zu erörtern; auch Kontakte über Landesgrenzen hinweg kamen zustande 74 ). Die Frankfurter Dokumente, die den Ministerpräsidenten ohne die zunächst in Aussicht gestellte Bekanntgabe der Londoner Beschlüsse übergeben wurden 75 ), hatten eine nicht unerhebliche politische und verfassungsrechtliche Verwirrung in Deutschland verursacht. Zahlreiche sachliche und terminologische Dinge schienen erklärungsbedürftig: die Stellungnahme, die das Deutsche Büro für Friedensfragen in Stuttgart für die Ministerpräsidenten-Konferenz an-
) For Rel. 1948, II, S. 375 f.; Dok. Nr. 2, Anm. 4. ) Bericht Murphys an Secretary of State, Frankfurt, 30. 6. 1948 über die Vorbesprechung der drei MilGouv. (For Rel. 1948, II, S. 378 ff.); Bericht W. Brandts Nr. 58 an PV, Berlin, 10. 6.1948 (Arth. FES, Schumacher J 79). " ) Dok. Nr. 3 u. ebda. Anm. 12. 7S) Dok. Nr. 3; s. auch Maier, Erinnerungen, S. 54; Ehard teilte seinem Kabinett mit, daß er sich für Koblenz ausgesprochen habe, „schon um den Einfluß von Frankfurt her auszuschalten" (Sitzung des bayer. MinRates vom 3. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). 74 ) Dok. Nr. 6, Anm. 14,17, 19, 20, 21, 22, 28, 31, 34 und 34 a. 75 ) Arnold an die Mitglieder des Kabinetts, des Hauptausschusses, die Fraktionsführer und den Präs. des Landtags, Düsseldorf, 3. 7. 1948 (HStA Düsseldorf, NW 53-659). 70
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XXVI
Ginleitung fertigte, vermittelt ein gutes Bild vom Ausmaß der deutschen Fragen und Bedenken 78 ). Vor allem das in Dokument III skizzierte Besatzungsstatut, aber auch die bewußt allgemein gehaltenen Formeln über die vorgesehene Verfassungsstruktur in Dokument I erweckten Befürchtungen 77 ). Franz Blücher hatte schon nach Bekanntgabe des Londoner Kommuniques die Vermutung geäußert, die Alliierten hätten ihre bisherige Rechtsauffassung, den Fortbestand des Rechtssubjekts Deutschland zu betonen, offensichtlich preisgegeben; nun würden plötzlich die Länder als einzige vorhandene Rechtssubjekte angesehen 7 8 ). Allerdings wurde die von der SPD geteilte Sorge über eine mögliche staatenbündlerische Lösung von den Militärregierungen zerstreut: die betonte Heranziehung der Länder gelte nur für die ersten Schritte; für die weitere Entwicklung sei die Grundlage eines Bundesstaates klar vorgezeichnet 79 ). Die süddeutschen Föderalisten dagegen sahen in den Frankfurter Dokumenten eine volle Bestätigung ihrer Konzeption. Das bayerische Kabinett kam nach genauer Analyse zu der Ansicht, daß „ganz entscheidende Ansatzpunkte für einen föderativen A u f b a u und eine starke Beteiligung der Länder am Verfassungsgeschehen durch die Dokumente gegeben sei". Deshalb müsse die günstige föderalistische Strömung, die vielleicht nicht lange andauern werde, entschlossen wahrgenommen und wenn irgend möglich die Chance für die Bildung einer oberstaatlichen deutschen Regierung, für die Erweiterung der deutschen Souveränität und für die Loslösung von der zentralistischen Frankfurter Verwaltung benutzt werden. „Wenn in der vorgesehenen stark föderalistischen Weise von den Ländern aus aufgebaut werde, dann habe dies auch eine positive Wirkung auf die Ostzone. Man könne dann die Ressentiments der Ostzone auflockern, man könne sagen, daß man dadurch gleichzeitig den Weg zu einer europäischen Vereinigung freilege. Allerdings müsse man dann - wenn man das Ganze unter diesem Gesichtspunkt und in dieser Reihenfolge betrachte - schnell handeln, und es dürfe nicht sehr lange gezögert werden 8 0 )." Der hessische Staatssekretär, Hermann Brill, der Einsicht in die Londoner Abmachungen hatte nehmen können, kam jedoch bald zu der Auffassung, daß sich die Alliierten selbst noch nicht auf ein festes verfassungspolitisches Konzept für Deutschland geeinigt hätten, so daß man die Schlußfolgerung ziehen könne, „daß es vornehmlich eine deutsche Aufgabe ist, das Richtige zu finden" 8 1 ).
">) Dok. Nr. 5. 77 ) Zu den absichtlich nicht bekanntgegebenen Einzelheiten der Londoner Verfassungsverabredung s. oben S. XIX; hinsichtlich der Bedenken zu Dok. Nr. III s. unten S. LXX. 7a ) Blücher zu den Ergebnissen der Londoner Konferenz, Mitteilungen der FDP, brit. Zone, 10. 6. 1948 (BA NL Blücher 156, Bl. 96). 79 ) Bericht W. Brandts Nr. 57 an PV, Berlin, 9. 6. 1948 (Ardi. FES, Schumacher J 79). 80 ) Sitzungen des bayer. MinRates vom 3. 7. u. 5. 7. 1948 (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). 81 ) Brill an Stock, Wiesbaden, 17. 7. 1948 (BA Z 12/8, Bl. 184).
XXVII
Einleitung Verfassungskonzeptionen Vorbereitet für diese verfassungspolitische Arbeit waren die Deutschen. Bereits im Jahre 1947 hatten intensive verfassungstheoretische Erörterungen - in den Parteien, in den Kabinetten, bei zonalen Institutionen - eingesetzt, die sich zum Teil zu konkreten Richtlinien und Verfassungsentwürfen verdichtet hatten. Ein erstes Sammelbecken dieser Diskussionen war der Rechts- und Verfassungsausschuß des Zonenbeirats für die britische Zone, in dem alle Parteien ihre Verfassungsvorstellungen dargelegt hatten 82 ). Im süddeutsdien Raum war es vor allem das Deutsche Büro für Friedensfragen in Stuttgart, das seit Frühjahr 1947 an einem Entwurf für eine Deutsche Bundesverfassung arbeitete 83 ). Auch die alliierten Militärregierungen sowie alliierte Studiengruppen nahmen an dieser verfassungstheoretischen Willensbildung in Deutschland teil und versuchten, mit deutschen Stellen eine gegenseitige Standortbestimmung und -erläuterung vorzunehmen84). Die Fragen waren inzwischen so intensiv erörtert worden, daß der im Juni 1948 als persönlicher Berater Clays die Westzonen bereisende James K. Pollock darauf hinweisen konnte: „Every leading German has a Constitution in his podcet 85 )." Allerdings sahen die Umrisse dieser Verfassung je nach politischem und geographischem Herkommen, nach geschichtlichem Erfahrungs- und Erlebnishorizont sehr verschieden aus. Die SPD, die auf ihrem Nürnberger Parteitag 1947 ihre grundsätzliche verfassungspolitische Linie skizziert hatte, sprach sich für die Schaffung eines echten Bundesstaates aus, in dem die Eigenstaatlichkeit der Länder im Sinne einer gesunden Dezentralisierung gewährleistet, die Kompetenz-Kompetenz beim Bund liegen und die Befugnisse der Zentralgewalt ausreichend gestärkt sein müßten. Bundesrecht sollte Länderrecht brechen, neben einer aus allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Volksvertretung ein von den Landtagen gewählter Bundesrat stehen. Die Stellung der Zentralregierung wäre durch ein konstruktives Mißtrauensvotum zu sichern, die Finanz- und Steuerhoheit als „wesentliches Mittel zur Lenkung der Wirtschaft" beim Bund anzusiedeln. Es handelte sich hier also um ein Konzept, das sich „kaum von einem dezentralisierten Einheitsstaat Weimarer Prägung unterschied 86 )". ) S. die Verfassungsvorschläge, die alle Parteien des Zonenbeirats vorlegten (PA des Dt. Bundestags, 1/228 und BA Z 2 Anh./49) sowie die Zusammenstellung in: Der Zonenbeirat zur Verfassungspolitik. Als Manuskript gedruckt. Hamburg 1948; vgl. auch Annelies Dorendorf, Der Zonenbeirat der britisch besetzten Zone, S. 41 f.; 48 f. 8 3 ) Besprechungsprotokolle in: BA Z 35/388; bayer. StK Mündien, 100, Bd. 3; s. auch Gimbel, Besatzungspolitik, S. 191 ff.; Pikart, Weg zum GG, S. 157 ff. 8 4 ) Zu Besprechungen einer alliierten Expertengruppe mit zahlreichen dt. Vertretern der Verwaltung, der Parlamente, Universitäten und Gewerkschaften s. Arnold Brecht, Mit der Kraft des Geistes, II, S. 357 ff. 85 ) Abschlußbericht Pollocks über seine Reisen durch die Westzonen vom 11. 6. 1948 (BA NL Pollock/37, Bl. 8). 8 e ) Sörgel, Konsensus, S. 58 ff.; Otto, Staatsverständnis, S. 24 f.; Pikart, Weg zum GG, S. 159 ff. 82
XXVIII
Einleitung Auf der Basis dieser „Richtlinien für den Aufbau der Deutschen Republik" hat dann der Vorsitzende des Verfassungsaussdiusses beim Parteivorstand, der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Walter Menzel, seine „Westdeutsche Satzung" erarbeitet, die er - nach den Ergebnissen der Verfassungsberatungen von Herrenchiemsee - dann in einem zweiten Entwurf für ein Grundgesetz modifizierte und ausbaute 87 ). Das verfassungsrechtliche Denken der CDU/CSU war stärker vom föderalistischen Prinzip her geprägt, allerdings mit unterschiedlicher Akzentuierung innerhalb der Partei: es gab hier die Gruppe der „Süddeutschen" und der „Nordwestdeutschen". Die extremen Föderalisten saßen in Süddeutschland und diskutierten ihre Verfassungsvorstellungen im Rahmen des „Ellwanger Freundeskreises". Für sie ging es nicht um eine rein verwaltungsmäßige Dezentralisierung, sondern um die Erhaltung der Länder als eigenständige Staaten. Der Bund sollte von den Ländern her aufgebaut, die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern in der Verfassung genau festgelegt und die Befugnisse des Bundes auf Auswärtiges, Zollwesen, Währung, Post und Verkehr, oberste Wirtschaftsführung beschränkt werden. Eine Kompetenz-Kompetenz des Bundes wurde abgelehnt, die generelle ZuständigkeitsVermutung in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung für die Länder reklamiert, denen auch weitreichende Kompetenzen in der Steuergesetzgebung und Finanzverwaltung zuerkannt wurden. Darüber hinaus sollten die Länder über einen Bundesrat entscheidend an der Bundesgesetzgebung und an der Ausarbeitung einer Bundesverfassung mitwirken können 88 ). Diese „Grundsätze für eine deutsche Bundesverfassung. Vorschläge für die CDU/ CSU-Arbeitsgemeinschaft, besprochen auf der Tagung des Ellwanger Freundeskreises in Bad Brückenau am 13. April 1948" lagen dem Parlamentarischen Rat als Diskussionsgrundlage vor 8 8 ). Zu diesem extremen Föderalismus, der sich kaum von staatenbündlerisdien Gedankengängen unterschied, konnte sich die nordwestdeutsche Gruppe unter Führung Adenauers nicht verstehen: sie wollte bei aller Bedeutung, die sie der Länderkomponente in einem künftigen Bundesstaat zuzugestehen bereit war, doch eine funktionsfähige oberste Bundesgewalt sichergestellt sehen. Deshalb trat sie für eine stärkere Kompetenzgewährung an die oberstaatliche Gewalt ein und lehnte die Bundesratskonzeption ebenso wie die direkte Mitwirkung der Länder an dem Zustandekommen der Verfassung ab. Statt eines Bundesrates schlugen die Norddeutschen die Bildung eines „Senats" als zweite Kammer vor, deren Mitglieder von den Landtagen unter Mitwirkung von Berufsvertretungen gewählt werden sollten 90 ).
) Abdruck der Richtlinien und der beiden Menzel-Entwürfe in: Sörgel, Konsensus, S. 263 ff. Die Menzel-Entwürfe lagen dem PR als Drucks. 39 und 53 vor. 88 ) Sörgel, Konsensus, S. 84 ff; Otto, Staatsverständnis, S. 22 ff.; Pikart, Weg zum GG, S. 162 ff.; s. dazu auch Sitzung des bayer. MinRates vom 23. 6.1948 (GStA München, LR Stuttgart, Nr. 10). 89 ) Abdruck der „Grundsätze", in: Sörgel, Konsensus, S. 297 ff. (PR, Drudcs. 74). M ) Pikart, Weg zum GG, S. 163 ff. 87
XXIX
Einleitung Ministerpräsidenten oder Parteiführer
als Gestalter
der politischen
Zukunft
Neben der Frage nach dem Wie war es für die weitere strukturelle Entwicklung in Deutschland nicht ohne Belang, wem die Entscheidung über die endgültige Fixierung der deutschen Antwort zufallen sollte. Die Frankfurter Dokumente hatten durch die vorgeschriebene Mitwirkung der Ministerpräsidenten und der Länderparlamente an der politischen Neuordnung Deutschlands eindeutige Akzente gesetzt und den Länderchefs einen einzigartigen Einfluß- und Entscheidungsspielraum eröffnet, den sie - zumindest in ihrer Mehrheit - voll auszufüllen gewillt waren. Die Ministerpräsidenten, „sonst sei von niemandem die Rede", waren damit nach Ansicht des bayerischen Regierungschefs, Hans Ehard, als offizielle Sprecher des deutschen Volkes anerkannt und mit der Aufgabe betraut worden, die einzig legitimierten Gesprächspartner der Alliierten und gleichzeitig Vermittler des alliierten Willens zu den Landtagen, der Verfassunggebenden Versammlung und zu den Parteien zu sein. Solange es keine zentrale Regierung gebe, müßten sie die Führung in der Hand behalten und eine treuhänderische Regierungsverantwortung wahrnehmen; sie müßten schon etwas ähnliches wie eine Regierung sein, ohne daß man dies in irgendeiner Form ausspreche. Darin sah Ehard eine entscheidende Garantie für die Verwirklichung des vorgesehenen föderativen Staatsaufbaus91). Zwar stimmten nicht alle Länderchefs - vor allem die Sozialdemokraten hielten sich zurück - dieser von Ehard propagierten neuen Funktionsdefinition der Ministerpräsidenten zu; sie waren sich jedoch alle, trotz Widerstände des Parteivorstandes der SPD92), darin einig, daß die seit Mai 1947 bestehende Konferenz der westdeutschen Ministerpräsidenten nunmehr - um effektive oberstaatliche Koordinierungsarbeiten leisten zu können - eine festere organisatorische Form erhalten müsse. Am 15. Juli 1948 wurde deshalb beim Ministerpräsidenten des Landes Hessen in Wiesbaden ein Büro der Ministerpräsidenten des amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes eingerichtet, das die Konferenzen der Länderchefs und der von ihnen eingesetzten Ausschüsse vorbereiten und den Kontakt zu den Militärregierungen halten sollte. Vorsitzender des Büros wurde der hessische Ministerpräsident Christian Stock, während dessen bisheriger persönlicher Referent, Landrat z. D. W. Heinrich Bergner, zum Leiter des neugeschaffenen Büros bestimmt wurde93). Der Führungsanspruch, den die Ministerpräsidenten aus den Frankfurter Dokumenten herleiteten, wurde ihnen jedoch streitig gemacht von den politischen Parteien, die sich in ihrer inneren Ausformung relativ unabhängig von alliierten Einwirkungen hatten halten können und dadurch frühzeitig über Landes- und
">) Sitzung des bayer. MinRates vom 5. 7. 1948 (GStA Mündien, LR Stuttgart Nr. 11). •2) Beschlüsse des SPD-PV in Springe, 2./3. 8. 1948: Bei dieser Gelegenheit kam noch einmal zum Ausdruck, daß die Bildung eines besonderen Büros der MinPräs. oder eine ähnliche selbständige Einrichtung für überflüssig gehalten wird" (Sozialdemokratischer Pressedienst, 3. 8. 1948). 93 ) Dok. Nr. 9 sowie ebda. Anm. 3.
XXX
Einleitung Zonengrenzen hinweg zu wichtigen Sammlungszentren politischer Willensbildung geworden waren; ihr Einfluß war inzwischen so gewachsen, daß es nur konsequent war, wenn die Führungsspitzen der Parteien ein entscheidendes Mitspracherecht bei der politischen Zukunftsgestaltung Westdeutschlands beanspruchten. Kurt Schumacher hatte bereits im Jahre 1947 den anläßlich der Münchener Ministerpräsidenten-Konferenz formulierten Anspruch Ehards, die Länderchefs müßten eine „nationale Repräsentation" und „vorläufige Treuhänder des deutschen Volkes" sein, zurückgewiesen und gleichzeitig auf die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten eingewirkt, daß sie nur im Einvernehmen mit der Parteizentrale handeln und entscheiden sollten 9 4 ). Seit München (1947) hatte sich bei den Ministerpräsidenten-Konferenzen dann auch „die schlechte Sitte der Ministerpräsidenten-Fraktionssitzungen" durchgesetzt: vor wichtigen Entscheidungen zogen sich die Ministerpräsidenten und ihre Begleiter mit den jeweiligen Parteivertretern zu Beratungen zurück, ein Verfahren, das nach Ansicht des württembergisch-badischen Ministerpräsidenten, Reinhold Maier, einem echten Föderalismus in keiner Weise entsprach 95 ). Die Parteien, die bei der Neuorganisierung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes im Januar 1948 nicht gefragt worden waren 9 6 ), bestanden nunmehr sofort nach Bekanntgabe der Londoner Empfehlungen mit besonderem Nachdruck auf ihrem Mitgestaltungsrecht und wiesen darauf hin, daß die Ministerpräsidenten der zum Teil künstlichen Ländergebilde nicht legitimiert seien, Entscheidungen einer deutschen Volksvertretung vorzugreifen: „Wir wünschen nicht, daß sie [die Ministerpräsidenten] mit Aufgaben betraut werden, die über die Zuständigkeit der Länder hinausgehen, denn die Erfahrung hat bewiesen, daß sie versagen, wenn es sich darum handelt, die Länder unter einen Hut zu bringen, sobald die Landesinteressen einander entgegengesetzt sind' 7 )." Franz Blücher, der FDP-Vorsitzende der britischen Zone, bezweifelte sogar, ob die Ministerpräsidenten überhaupt die Vollmacht für die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung von den Alliierten erhalten dürften: „Wenn überhaupt noch der Volkswille als der Träger staatlichen Lebens in Erscheinung treten soll, so können nur die Landtagspräsidenten Mitteilungen entgegennehmen, und die Ministerpräsidenten können ausschließlich aufgrund des Auftrags ihrer Parlamente, keineswegs aber aus sich heraus im alliierten Auftrage handeln 9 8 )." Auch die CDU war nicht ohne weiteres damit einverstanden, daß die Ministerpräsidenten, ohne Rückendeckung durch die Öffentlichkeit und die Parteien weitreichende
94)
Vogelsang, Option, S. 163. Maier, Erinnerungen, S. 59. Auf der MinPräs.-Konferenz am 16. 6. 1947 in Wiesbaden fanden erstmals separate Fraktionsbesprechungen statt (Foelz-Schroeter, Föderalistische Politik, S. 228, Anm. 38). 96) Interview Schumachers in: Telegraf, 10. 1.1948. 97) Rede des Vorsitzenden des Zonenbeirats, Henssler (SPD), auf der 22. Sitzung des Zonenbeirats, Hamburg, 29. 6. 1948 (BA Z 2/Anh. 21 a); s. auch Bericht W. Brandts Nr. 54 an PV, Berlin, 5. 6. 1948 (Ardi. FES, Schumacher J 79). M) Blücher zu den Ergebnissen der Londoner Konferenz, Mitteilung der FDP, brit. Zone, Essen, 10. 6. 1948 (BA NL Blücher/156). 95)
XXXI
Einleitung politische Entscheidungen fällen sollten, da man fürchtete, daß sie sidi gegenüber den Militärgouverneuren nicht würden durchsetzen k ö n n e n " ) . Zwar darf kein überspitzter Antagonismus zwischen Ministerpräsidenten und Parteiführern konstruiert werden; denn die Regierungschefs, die j a auch parteipolitisch gebundene Amtsträger waren, zeigten sich durchaus an einem ständigen Beratungskontakt mit ihren Parteizentralen interessiert. Dennoch darf nicht übersehen werden, daß in diesen Wochen erbittert um die entscheidende politische Prädominanz in Deutschland gerungen wurde 1 0 0 ); es war ein Kampf, der nicht nur als machtpolitische, sondern auch als verfassungsstrukturelle Grundsatzentscheidung angesehen wurde. So hat es Ehard von Anfang an gesehen, und deshalb hielt es das bayerische Kabinett für „das Allerwichtigste" im Sinne seiner föderalistischen Zielvorstellungen, in Koblenz von der CDU/CSU und von der Gesamtheit der Ministerpräsidenten die Zustimmung dafür zu erlangen, „daß die Ministerpräsidenten-Konferenz nun als Wortführer des deutschen Volkes die Sache in die Hand" nimmt 101 ). Noch schien dieser Kampf unentschieden, sowohl in der innerstaatlichen Machtbefestigung wie im öffentlichen Bewußtsein, das die führende Rolle der Parteien nicht ohne weiteres anzuerkennen gewillt war. So schienen im Augenblick die „Zaunkönige", wie Adenauer die westdeutschen Ministerpräsidenten einmal nannte, in der Vorhand zu sein 102 ). Doch würden die Ministerpräsidenten ihren taktischen Vorteil nutzen können? Sie alle waren erfahrene und angesehene Politiker, die sich in der Landespolitik unter schwersten Bedingungen seit Jahren bewährt hatten: Die SPD-Ministerpräsidenten Hermann Lüdemann aus Schleswig-Holstein, Hinrich Wilhelm Kopf aus Niedersadisen und Christian Stock aus Hessen, der Hamburger Bürgermeister Max Brauer und Senatspräsident Wilhelm Kaisen aus Bremen; im Verein mit ihnen die von der CDU gestellten Regierungschefs: die Ministerpräsidenten Peter Altmeier aus Rheinland-Pfalz und Karl Arnold aus Nordrhein-Westfalen, die Staatspräsidenten Leo Wohleb aus (Süd)-Baden und Lorenz Bock aus Württemberg-Hohenzollern, der bayerische Ministerpräsident Hans Ehard sowie als einziger Liberaler Ministerpräsident Reinhold Maier aus Württemberg-Baden 1 0 3 ). In der Öffentlichkeit wurden allerdings auch Zweifel laut, ob die Ländespolitik jene Persönlichkeiten hervorgebracht habe, die einen Oberstaat würden leiten und führen können. W a s der deutschen Politik immer noch fehle, so stellten kritische Zeitgenossen fest, sei die persönliche Führung, wie sie selbst die W e i -
M ) Kölnische Rundschau, 2. 7.1948. 100) Ygl. dazu die z. T. scharfen Diskussionen über die Anwesenheit von Parteivertretern während der Koblenzer Beratungen, Dok. Nr. 6, S. 101 ff. 101) Protokoll der Sitzung des bayer. MinRates vom 5. 7. 1948 [GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). 102) Der Tagesspiegel, 11. 7. 1948; Rhein. Merkur, 17. 7. 1948; Die Zeit, 29. 7. 1948; zur Äußerung Adenauers s. Vogelsang, Option, S. 168 Anm. 27. 10S) Zu den Regierungsdaten und Regierungszusammensetzungen s. Storbedc, Regierungen, passim.
XXXII
Einleitung marer Republik besessen habe. Der Eindruck staatsmännisdien Ranges ergebe sidi heute nur noch, „wenn ein Adenauer durch das Vestibül geht, mit jener Gelassenheit, wie sie natürliches Selbstbewußtsein und lange, mit vielen Enttäuschungen durchsetzte Erfahrungen verleihen. Wird einer von den gegenwärtigen Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder einmal in diese Reihe treten oder einer von den sie begleitenden Ministern, unter denen Dr. Süsterhenn, Dr. Spiecker, Carlo Schmid besonders beachtet werden? Es ist leider nodi nicht soweit, obsdion zu keinem anderen Zeitpunkt der deutschen Geschichte eine klare persönliche Führung so notwendig gewesen wäre 104 )." Würde sich der von anderer Stelle diagnostizierte Mangel an schöpferischer Potenz bei den deutschen Politikern, die Enge des Blickes während der bevorstehenden Koblenzer Konferenz und den sich anschließenden Verhandlungen mit den alliierten Militärgouverneuren bestätigen105)?
Das deutsche Gegenkonzept: Bildung eines staatlichen und verfassungsrechtlichen
Prooisoriums
Die Vorbereitung der Koblenzer Ministerpräsidenten-Konferenz war sehr stark von dem Bemühen der beiden großen Parteien geprägt, die politische Entscheidungsbildung in den Griff zu bekommen. Zu diesem Zweck hielten sowohl die Spitzengremien der CDU (Koblenz, 7. Juli 1948) als auch diejenigen der SPD (Niederwald, 7. Juli 1948) mit ihren Ministerpräsidenten und Ministern Vorbesprechungen ab. Unter Vorsitz Adenauers fand die CDU-Vorkonferenz schnell zu einer einheitlichen Stellungnahme: die positiven Ansatzpunkte der Frankfurter Dokumente zur Begründung einer politischen und wirtschaftlichen Einheit der drei Westzonen sollten wahrgenommen und ein von den Landesparlamenten zu wählender Parlamentarischer Rat an Stelle einer Verfassunggebenden Versammlung die organisatorischen Grundlagen dafür schaffen. Die Vorschläge der Alliierten zu einem Besatzungsstatut und ein mögliches Junktim zwischen Verfassung und Besatzungsstatut wurden abgelehnt, die Ausarbeitung deutscher Gegenvorschläge empfohlen. Die Neuregelung der Ländergrenzen sollte hinausgeschoben werden106). Zu ähnlichen, wenn auch anders akzentuierten Ergebnissen kam schließlich unter Vorsitz Ollenhauers auch die Vorkonferenz der SPD, die zunächst in ihren Reihen noch einen grundsätzlichen Konsensus über den einzuschlagenden Weg herstellen mußte: während Brauer, Kaisen und Stock für eine schnelle Annahme der Frankfurter Dokumente plädierten, sprachen sich die Vertreter des Parteivorstandes, aber auch Carlo Schmid, Kopf und Lüdemann für eine Haltung des Abwartens, ja des Ablehnens aus. Erst nach langen und erregten
) Rhein. Merkur, 17. 7.1948. ) Der Tagesspiegel, 11. 7. 1948. loe ) Dok. Nr. 6, Anm. 12; s. auch Morsey, Aufstieg Adenauers, S. 29 f.
1M
105
XXXIII
Einleitung Debatten konnte eine - wie sich bald zeigen sollte - vordergründige Einigung herbeigeführt werden und zwar auf-der mittleren Linie „unter Erheben bestimmter Forderungen mitzuarbeiten" 107 ). Das bedeutete im Grunde eine Bestätigung der Hamburger Beschlüsse des Parteivörstandes vom 28./29. Juni 1948: Erlaß eines Besatzungsstatuts vor Inangriffnahme einer staatsrechtlichen Neuordnung; Schaffung eines Verwaltungsstatuts (Organisationsstatut, vorläufiges Grundgesetz) an Stelle einer Verfassung; Wahl eines vorbereitenden Ausschusses durch die Länderparlamente an Stelle einer Nationalversammlung. Die Frage einer Neuregelung der Ländergrenzen sollte als untergeordnetes Problem behandelt, jede staatsrechtliche Lösung mit Rücksicht auf die Einheit Deutschlands unter das Zeichen des Provisorischen gestellt werden 108 ). Es war sinnvoll und notwendig, daß sich die Deutschen über ihre Haltung zu den Frankfurter Dokumenten in breiter Interessenabstimmung Klarheit zu verschaffen suchten. Allerdings war die Frage, die Kaisen bereits am 1. Juli 1948 in Frankfurt aufgeworfen hatte, ob sich die deutschen Vorschläge innerhalb der bekanntgegebenen Londoner Konzeption halten müßten oder ob eigene deutsche Vorstellungen geltend gemacht werden könnten, zu Beginn der Koblenzer Beratungen noch keineswegs geklärt 109 ). Die Ministeepräsidenten sahen sich vielmehr einer recht undurchsichtigen Situation gegenüber: sie waren weder über den politischen Verhandlungshintergrund und die Einzelabmachungen von London noch über die Kompetenzen der Militärgouverneure informiert. Wie sollten sie deshalb ihren eigenen Verhandlungsspielraum einschätzen? Eine Analyse der Frankfurter Dokumente, die von Autorisieren, Ermächtigen, Ersuchen, von der Aufforderung zu Gegenäußerungen sprachen, hatte die Ministerpräsidenten zu der Ansicht geführt, daß hinter dieser neuen, ungewohnten Begrifflichkeit, auf deren Bedeutung General Koenig noch speziell hingewiesen hatte, ein bemerkenswerter Stilwandel in den Beziehungen zwischen Militärregierungen und Deutschen vermutet werden und damit Ansatzpunkte für echte Verhandlungsmöglichkeiten gegeben sein könnten 110 ).
) Dok. Nr. 6, Anm. 13; Der CSU-Vorsitzende Josef Müller meinte später, in der SPD sei es zu keiner wirklichen Einigung gekommen, während innerhalb der C D U / C S U eine volle Übereinstimmung habe herbeigeführt w e r d e n können (Sitzung d e s bayer. MinRates v o m 12. 7. 1948, G S t A München, LR Stuttgart Nr. 11). 108 ) S o p a d e 1948, VII, S. 76; Sörgel, K o n s e n s u s , S. 40; vgl. dazu auch den Bericht Murphys, der den Eindruck gewonnen hatte, „that SPD reluctance to support Constitution s e e m s m o r e from conflict over sovereignty than from fear of sanctioning split Germany." (Murphy an S e c r e t a r y of State, Frankfurt, 9. 7. 1948, For Rel 1948, II, S. 383). Zur generellen Beurteilung der parteipolitischen Stellungnahmen aus amerik. Sicht s. M u r p h y s Bericht v o m 7. 7. 1948: „Both CDU and SPD leaders a p p e a r insecure on their legalistic ground. They u n d e r s t a n d contemporary party scrimm a g e s not getting at b a s i c i s s u e s of German life and agree only w a y to end situation is German a s s u m p t i o n of sovereignty, but incapable of accepting Germ a n sovereignty merely a s w e s t e r n state, even while they m a y be realistic enough to see Soviet Zone is lost." (For Rel. 1948, II, S. 382). 109 } Dok. Nr. 3, S. 28. 110 ) Dok. Nr. 4, Anm. 4. 107
XXXIV
Einleitung Dieser Eindruck wurde von den Militärregierungen noch kräftig genährt, die in zahlreichen Gesprächen auf diesen neuen Akzent, das entscheidende Novum in den deutsch-alliierten Beziehungen hinwiesen und die Deutschen ermunterten, ihre Wünsche und Anregungen geltend zu machen 111 ). Eine in London weilende SPD-Delegation (Heine, Eichler, Neumann) brachte nach Verhandlungen mit dem britischen Außenminister ebenfalls die Überzeugung mit nach Deutschland, daß deutsche Gegenvorschläge bei den Alliierten Verständnis finden würden 112 ). Und Willy Brandt erhielt von Panuch, dem Special Adviser Clays, „die ebenso offene wie interessante Antwort", daß bei Ablehnung gewisser Punkte durch die Ministerpräsidenten die Alliierten sich wahrscheinlich veranlaßt sähen, „den Londoner Beschluß in dieser Frage noch einmal zu überprüfen" 113 ). In erster Linie war es jedoch der französische Militärgouverneur, General Koenig, der die Deutschen in der Hoffnung zu bestärken suchte, daß eine Modifizierung der Frankfurter Dokumente ohne weiteres möglich sei: die Ministerpräsidenten sollten sich nicht drängen lassen und darauf hinwirken, daß etwas Vernünftiges entstehe; es müsse nicht alles nach dem vorliegenden Schema gemacht werden; jedem Land stehe es frei, die Empfehlungen anzunehmen oder abzulehnen, vor allem sollten die Deutschen nichts überstürzen 114 ). Durch solch gezielte Informationen hofften die Franzosen - „throwing cold water on the London proposal Constitution government" 115 ) - doch noch das amerikanische Weststaatkonzept am Widerstand der Deutschen selbst scheitern zu lassen. Deshalb war Koenig in seinen Gesprächen - wie sich bald zeigen sollte, mit Erfolg - auch sehr deutlich geworden: mit der Bildung eines westdeutschen Staates solle man sehr, sehr vorsichtig zu Wege gehen und im Augenblick am besten davon absehen, da sonst die Gefahr eines Krieges mit der Sowjetunion nicht von der Hand zu weisen sei118). All dies konnte bei den westdeutschen Ministerpräsidenten nur den Eindruck erwecken, als ob die Londoner Empfehlungen „suggestions" seien, über die verhandelt werden könnte 117 ). Deshalb waren sie gewillt, die Übergabe der Frankfurter Dokumente als Beginn eines echten deutsch-alliierten Dialogs aufzufassen, der ihnen die Möglichkeit gebe, auf das Londoner Kompromißwerk der Alliierten einen deutschen Gegenentwurf zu setzen.
m
) Bericht W. Brandts Nr. 61 an PV, Berlin, 15. 7.1948 (Ardi. FES, Schumacher J 79); s. dazu auch Vermerk Hermann Pünders über eine Besprechung mit dem engl. Parlamentsabgeordneten Richard Crossmann, Frankfurt, 22. 6. 1948 (BA NL Pünder/247, Bl. 72). 112 ) Sopade 1948, VII, S. 65; For Rel. 1948, II, S. 395. lls ) Bericht W. Brandts Nr. 54 an PV, Berlin, 5. 6. 1948 (Arch. FES, Schumacher J 79). 114 ) Mitteilung Ehards in der Sitzung des bayer. MinRates vom 5. 7. 1948 {GStA München, LR Stuttgart Nr. 11); s. auch Maier, Erinnerungen, S. 50. 115 ) For Rel. 1948, II, S. 393.
"*) Mitteilung von Gouv. Widmer an StPräs. Bode, Sitzung des StMinisteriums Württemberg-HohenzoIlern vom 30. 6.1948 (StA Sigmaringen, Wü 2). m
) For Rel. 1948, II, S. 395, 402.
XXXV
Einleitung Als Peter Altmeier am 8. Juli 1948 gegen 15.00 Uhr die MinisterpräsidentenKonferenz auf dem Koblenzer Rittersturz mit dem Hinweis eröffnete, daß das deutsche Volk, die öffentliche Meinung in Deutschland und im Ausland mit Spannung, Hoffnung und heißen Wünschen die Beratungen verfolgen würden 118 ), waren sich alle Beteiligten darüber im klaren, daß bei aller Bedeutung, die dem Besatzungsstatut und der Länderneugliederung zukommen mußte, vor allem eine politische Grundsatzentscheidung zu treffen war: die Entscheidung, ob die Deutschen - „auf einfachste Formel gebracht," wie es Ehard vor seinem Kabinett formulierte - , „die Möglichkeit, einen Weststaat aufzurichten, mit einer Verfassung, mit allen Organen und einer Regierung" akzeptieren sollten oder nicht» 9 ). Trotz der zahlreichen Beratungen und Vorbesprechungen, die bereits eine wesentliche Annäherung der Standpunkte gebracht hatten, war wohl keiner der Konferenzteilnehmer mit einem fertigen Konzept nach Koblenz gekommen: das Tasten und Suchen nach Lösungsmöglichkeiten, die unterschiedlich nuancierten Situationsanalysen durchziehen recht deutlich das gesamte KonferenzprotokolL Über Parteigrenzen hinweg stand eine Reihe von Ministerpräsidenten den Dokumenten grundsätzlich positiv gegenüber: „Wir müssen, jede Möglichkeit ausnutzen, einen Schritt vorwärts zu kommen" (Ehard, ähnlich Maier); „die Möglichkeit, die drei Zonen zu einer politischen und wirtschaftlichen Einheit zu führen, überstrahlt alles" (Stock); „die volle wirtschaftliche Erholung und Gesundung dieses Teiles Westdeutschlands ist nur dann gegeben, wenn wir schnell zu staatsrechtlichen Lösungen k o m m e n . . . " (Brauer, ähnlich Kaisen). Andere rückten die Bedenken und Vorbehalte stärker in den Vordergrund: „Eine Verfassung in dem eigentlichen Sinne des Wortes [ist] bei der heutigen Situation, bei der wirklichen Lage,-so wie sie sich darstellt, nicht denkbar" (Wohleb); „der Weg zu einer gesamtdeutschen Arbeit [soll] nicht abgeschlossen werden" (Arnold); „im Augenblick [ist] diese Sache noch nicht reif" . . . „wir könnten es [die Teilung Deutschlands] vor der Geschichte nicht verantworten" (Bode); „keine Verfassung, sondern ein Statut" (Lüdemann); „Ablehnung einer Endlösung durch einen W e s t s t a a t . . . " (Altmeier) 120 ). Diese unterschiedlichen Ansatzpunkte schlössen jedoch eine schnelle Einigung über die Grundprinzipien einer deutschen Antwort nicht aus: alle Ministerpräsidenten waren sich darin einig, daß die Frankfurter Dokumente durch deutsche Gegenvorschläge „positiv" weitergestaltet werden müßten. Aus einheits- und souveränitätspolitischen Erwägungen sprachen sie sich gegen die Bildung eines Weststaätes und die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung, jedoch für eine schnelle wirtschaftliche und administrative Zusammenfassung der drei Zonen im Rahmen eines organisierten Provisoriums aus. Die vorgesehene Erweiterung und Fixierung des politischen Spielraums im
118
) Dok. Nr. 6, S. 61 f. ) Sitzung des bayer. MinRates vom 12. 7. 1948 (GStA Mündhen, LR Stuttgart Nr. 11). 120 ) Dok. Nr. 6, S. 68 ff. 119
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Einleitung Rahmen eines Besatzungsstatuts wurde begrüßt, die Formulierung der deutschen Rechte in Dokument III als ungenügend, als Anfänge eines Friedensdiktats empfunden. Die Frage der Länderneugliederung schließlich wollten die Ministerpräsidenten sehr behutsam und ausschließlich unter gesamtdeutschem Aspekt angehen121)Nach Vorarbeiten dreier Kommissionen kam es deshalb sehr rasch zur Fixierung einer deutschen Antwort zu Dokument III (Kommissionsvorsitz Ehard), in der eine klare Definition der deutschen Rechte und der alliierten Verpflichtungen vorgenommen wurde. Obwohl bei den Konferenzteilnehmern auch zu Dokument II (Kommissionsvorsitz Lüdemann) eine einheitliche Grundauffassung vorherrschte, gestaltete sich hier die Willensbildung - wegen des diffizilen- und emotionsgeladenen südwestdeutschen Problems - erheblich schwieriger. Die endgültige Antwort zu Dokument I (Kommissionsvorsitz Arnold), dem „politischsten" der drei Dokumente, kostete dann die Konferenzteilnehmer besondere Mühe. Wenn auch im Prinzipiellen Einigkeit hergestellt war, so gingen die Ansichten über die Form der Organisation des vorgeschlagenen Provisoriums weit auseinander, denn auch ein „Zweckverband administrativer Qualität" für ein „Vereinigtes Wirtschafts- und Verwaltungsgebiet", wie Carlo Schmid dieses Provisorium zu definieren suchte, mußte mit einer Legislative und einer Exekutive ausgestattet sein, die zueinander in einem für demokratische Gebilde üblichen Verhältnis zu stehen hatten 122 ). Die verfassungspolitische Diskussion führte zu heftigen Auseinandersetzungen, da vor allem über den Umfang der Kompetenzen des vorgeschlagenen Verfassungsausschusses Meinungsverschiedenheiten herrschten. Sollte er einen vorläufigen Verfassungsentwurf ausarbeiten, der dann von einer aus allgemeinen Wahlen hervorgegangenen gesetzgebenden Versammlung bestätigt werden mußte (Brauer) oder sollte er bereits ein vollgültiges Verfassungswerk schaffen? Wie sollte dieses dann ratifiziert werden? Durch die Gesetzgebende Versammlung und die Ländervertretungen (Brauer), durch die Landtage (Arnöld, Ehard), durch die Militärgouverneure (Kaisen), durch ein Referendum? Wie waren die Länder am Gesetzgebungswerk zu beteiligen? Nach dem ersten Konferenztag schien sich keine gemeinsame Linie unter den Ministerpräsidenten herstellen zu lassen. Die der SPD angehörenden Länderchefs, die die Vorläufigkeit der staatsrechtlichen Konstruktion wie des Verfassungswerks betont wissen wollten, sahen sich der Auffassung Ehards gegenüber, der auch für ein provisorisches Staatsgebilde bereits ein verfassungsrechtliches Definitivum forderte: „Ich bitte, daß ein endgültiges Statut kommt123)." Vor seinem Kabinett hat Ehard seine Haltung näher erläutert: aus föderalistischen Überlegungen heraus habe er die Idee der Sozialdemokraten, den Ver-
1!1
) Ebda., S. 82 f. Ebda., S. 90. 1W ) Ebda., S. 105; zur Diskussion ebda., S. 88 ff.
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Einleitung fassungsentwurf des Vorparlaments durch eine aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Nationalversammlung bestätigen zu lassen, ablehnen müssen, da die ganz anders zusammengesetzte Nationalversammlung den Verfassungsentwurf sicherlich neu gestalten würde: „Dann sei man aber gerade da, wo man nicht hin wolle, nämlich auf dem Weg zu einer zentralistischen Regelung 124 )." Schließlich kam es doch zu, einer einstimmigen Meinungsbildung: an Stelle der vorgeschriebenen Verfassunggebenden Versammlung sollte ein durch die Landtage zu beschickender Parlamentarischer Rat zur Ausarbeitung eines Grundgesetzes und eines Wahlgesetzes zusammentreten. Die Ratifizierung dieses Grundgesetzes sollte, um dem Ganzen nicht wieder den Charakter des verfassungsmäßig Vollgültigen zu geben, nicht durch ein Referendum, sondern durch die Ministerpräsidenten nach Anhörung der Landtage geschehen, die Länder an den Beratungen des Parlamentarischen Rates und - durch eine zweite Kammer - später an der Gesetzgebung des Bundes beteiligt sein. Durch die Begriffe Parlamentarischer Rat und Grundgesetz hatte das Provisoriumskonzept damit sein nach außen sichtbares, nomenklatorisches Programm erhalten 125 }. An diesem Schlußbild nationaler Geschlossenheit, dem die Ministerpräsidenten eine besondere politische Bedeutung beimaßen 126 ), hatten die Parteien erheblichen Anteil; ihre Spitzenpolitiker hatten sich nicht nur in die politische Vorbereitung der Konferenz eingeschaltet, sondern sich auch während der Beratungen in Koblenz präsent gehalten: der stellvertretende SPD-Vorsitzende, Erich Ollenhauer, der Landesvorsitzende der CSU, Josef Müller, die „förmlich nächtelang um die Probleme" rangen und - in der Schlußphase - auch der Vorsitzende der CDU in der britischen Zone, Konrad Adenauer. Ihre aktivsten Gesprächspartner auf Seiten d e r Regierungsvertreter waren - sieht man von den großen „Ministerpräsidenten-Fraktionssitzungen" ab, die auch auf dem Rittersturz gepflegt wurden - vor allem Hinrich Wilhelm Kopf, Carlo Schmid und Karl Arnold 127 ). Eine wichtige Rolle beim Ausbalancieren der gegensätzlichen Meinungen hatte hinter den Kulissen Josef Müller gespielt, der sofort nach Übergabe der Frankfurter Dokumente von der Notwendigkeit eines Zusammenwirkens aller Par-
124
) Sitzung des bayer. MinRates vom 12. 7. 1948 (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). ) Dok. Nr. 7. 126 ) Ehard erklärte dazu vor seinem Kabinett, es sei von großer Bedeutung gewesen, daß man einstimmig geblieben sei; denn in einer solchen Schicksalsfrage könne man den Besatzungsmächten nur einstimmig oder überhaupt nicht gegenübertreten (Sitzung des bayer. MinRates vom 12. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11); Max Brauer bekannte später, daß er, um die Einstimmigkeit der Koblenzer Beschlüsse zu wahren, auf seine Forderung, ein echtes Staatsgebäude für den Westen zu errichten, verzichtet habe (Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft, Nr. 85, 13. 8. 1948); s. dazu auch Dok. Nr. 6, Anm. 99. 127 ) AZ, 9. 7., 10. 7. 1948; FR., 10. 7. 1948; Sopade 1948, II, S. 81; Maier, Erinnerungen, S. 61; Sörgel, Konsensus, S. 41 f.; Vogelsang, Option, S. 164 ff.; Adenauer hatte zunächst die Entwicklung abwartend in der Wohnung Süsterhenns verfolgt (Mitteilung Süsterhenns an den Bearbeiter).
125
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Einleitung teien gesprochen, sich mit Carlo Sdimid in Verbindung gesetzt und wie dieser die Meinung vertreten hatte, daß auf eine Verfassung verzichtet und auf ein Staatsgrundgesetz hingesteuert werden sollte, da der Ausgangspunkt für eine Verfassung, ein souveräner Volkswille, fehle. Josef Müller hatte auch von Anfang an darauf hingewiesen, „daß es im Verhältnis zur Ostzone darum gehe, wer dem anderen die Schuld für die Zerreißung Deutschlands zuschiebe. Man müsse alles tun, um zu zeigen, daß die anderen die Schuld hätten 128 ]." Die Parteipolitiker waren somit, das läßt sich trotz mangelnder Quellendichte feststellen, nicht nur wesentlich an der Durchsetzung der politischen Kompromißformel beteiligt, die sich auf das Provisorium-Konzept eingependelt und die vorwärtsdrängenden Pragmatiker (Brauer, Kaisen, Stock, Ehard) zur Zurückhaltung gezwungen hatte, sondern sie hatten auch wesentlichen Anteil an der verfassungspolitischen Einigung über den Parlamentarischen Rat und das Grundgesetz, eine Einigung, die „nach Augenblicken lebhaftester Spannung" zustande gekommen war 129 ]. Die von Parteiseite getroffene Feststellung: „Nur durch Verständigung maßgebender Vertreter der beiden großen Parteien hat es zu einem gemeinsamen und im ganzen positiven Ergebnis kommen können", muß deshalb als zutreffend bezeichnet werden 130 ]. Die Ministerpräsidenten haben die Bedeutung dieser parteipolitischen Intervention durchaus anerkannt. Ehard wies darauf hin, daß die Möglichkeit, „einen Gedankenaustausch mit den gleichzeitig auf dem Rittersturz anwesenden Vorsitzenden der großen Parteien zu pflegen, nicht unwesentlich zur Herstellung einer einmütigen Stellungnahme der Ministerpräsidenten beigetragen" habe 131 ). Offensichtlich hatten damit die Parteien im Laufe dieser Konferenz einen ersten Kulminationspunkt ihres bisherigen Einflusses erreicht und zugleich die Formulierung eines eigenständigen Programms deutscher Politik durchgesetzt. Allerdings fand die unmittelbare Mitwirkung der Parteienvertreter an der Konferenz weder bei allen Länderchefs noch in der deutschen Öffentlichkeit, noch bei den Alliierten ungeteilte Zustimmung. Der „einzige unabhängige" Ministerpräsident, Reinhold Maier, sah sich deshalb zur Zurückhaltung gezwungen, und die Liberalen, die durch keine Parteiführer in Koblenz vertreten waren, meldeten sofort staatsrechtliche Bedenken an: Ministerpräsidenten-Konferenzen mit Parteisonderkonferenzen zu verquicken, sei ein Verfahren, das die Verant-
128
) Äußerung Josef Müllers auf den Sitzungen des bayer. MinRates vom 3. 7. und 5. 7.1948 (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). 12s ) Südost-Kurier, 10. 7. 1948; vgl. dazu auch die Äußerung Ehards, er habe große Besorgnis gehabt, ob es gelingen werde, die Deutschen unter einen Hut zu bringen (Sitzung des bayer. MinRates vom 12. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11); ähnlich Maier, Erinnerungen, S. 60. 13 °) Redemanuskript W. Brandt als Anlage zu seinem Beridit Nr. 66 an PV, Berlin, 13. 7. 1948 (Arch. FES, NL Schumacher J 79); vgl. dazu auch Adenauers positive Würdigung der ganzen Angelegenheit, bei der es sich um den Anfang eines „neuen Deutschen Reiches" handle, das leider zunächst auf einen Teil Deutschlands beschränkt sei (Morsey, Aufstieg Adenauers, S. 30). 1S1 ) Bayer. Landtag, 30. 7. 1948, S. 1829 f.
XXXIX
Einleitung wortung verlagere und die Regierungschefs in die Linie von Parteibeauftragten hinabdrüdce. Dies entspreche jedoch nicht der Würde ihres Amtes312). Audi ein Teil der Publizistik, speziell die amerikanisch lizenzierte, verurteilte in scharfer Form die Anwesenheit der Parteiführer auf dem Rittersturz und stellte die Frage nach der „Legitimation dieser Parteien". Da man nicht glauben könne, daß alle Ministerpräsidenten hinter den Koblenzer Beschlüssen stünden - „wir müßten sonst unser bisher günstiges Urteil über einige von ihnen revidieren" - , wäre zu vermuten, daß sie von den Parteiführern überrumpelt worden seien: „Entweder trauten sich die Ministerpräsidenten nicht den Mut verantwortlicher Regierungsleute zu, ihre Entschlüsse ohne Mithilfe der CDU-, SPDund CSU-Vorsitzenden zu fassen, oder die Parteiführer maßten sich die Erteilung von Direktiven an. Beides ist gleich unerfreulich. Der beschämende Eindruck, daß die Minister nur eine vom Parteiklüngel geleitete Komparserie sind, ist jetzt nicht mehr wegzuwischen 133 )." Die Alliierten, vor allem die Amerikaner und die Franzosen, waren, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, ebenfalls wenig über die starke Mitwirkung der Parteien an der Entscheidungsbildung in Koblenz erbaut, glaubten doch die einen, daß dadurch die Verhandlungsbereitschaft der ipeutsehen beeinträchtigt worden sei134), während die anderen um die Durchsetzung des föderativen Prinzips fürchteten 135 ). Die Bedeutung der Koblenzer Beschlüsse, von den Ministerpräsidenten als „schöpferische" Mitarbeit an den Frankfurter Vorschlägen qualifiziert, kann man darin sehen, daß sie einen ersten Versuch der westdeutschen politischen Entscheidungsträger darstellten, über die Konstruktion eines staatlichen und verfassungsrechtlichen Provisoriums die angebotene Kompetenzerweiterung und die administrativ-wirtschaftliche -Zusammenfügung der drei Zonen zu erreichen, ohne dabei eine definitive Festlegung auf eine westdeutsche Staatsgründung hinnehmen und die Festschreibung der deutschen Teilung vollziehen zu müssen. Die staatsrechtlichen und einheitspolitischen Beweggründe, die zu dieser Ent-
132
) FR, 13. 7. 1948; s. auch Otto, Staatsverständnis, S. 29 Anm. 52. ) Der Tagesspiegel, 11. 7. 1948; ähnlich AZ, 14. 7. 1948, die ebenfalls das staatsrechtlich Bedenkliche betonte, „wenn die Ministerpräsidenten, also hohe verantwortliche Beamte, beschließen sollen und wenn dann Parteiführer, also unverantwortliche Privatpersonen, dabei mitwirken". Man habe offensichtlidi die Anwesenheit erfahrener, höchst gewandter und um Kompromißformeln nicht verlegener Persönlichkeiten wie die Adenauers für notwendig gehalten. Vgl. dazu aber die Verteidigung der Parteienmitwirkung an der Koblenzer Entscheidungsbildung durch Erwin Schoettle: Die großen Parteien seien Ausdruck von Gegensätzen, die nun einmal vorhanden seien. „Wenn sie sich mit ihren Vertretern in den Regierungen vor wichtigen Entscheidungen verständigen, dann ist das die Erfüllung ihrer politischen Funktion." Ergebe sich aus dieser vorherigen Verständigung eine Übereinstimmung der Standpunkte, sollte man dies begrüßen (Stuttgarter Nachrichten, 13. 7.1948). 134 ) S. dazu den auszugsweise gedr. Bericht W. Brandts Nr. 66 an PV, Berlin, 13. 7. 1948 in: Dok. Nr. 8, Anm. 9. 135 ) Die Rheinpfalz, 14. 7. 1948. J33
XL
Einleitung Scheidung führten, wurden den Alliierten in einer Mantelnote eingehend verdeutlicht: eine deutsche Verfassung könne erst dann geschaffen werden, „wenn das gesamte deutsche Volk die Möglichkeit besitzt, sich in freier Selbstbestimmung zu konstituieren". Die Betonung lag hier auf den Begriffen gesamt und frei; bis dahin sollte alles vermieden werden, „was dem zu schaffenden Gebilde den Charakter eines Staates verleihen würde" 136 ]. Die Ministerpräsidenten waren bei ihren Beschlüssen offensichtlich bestrebt, die sie umgebende politische Wirklichkeit aus deutscher Sicht zu definieren und dabei vor allem von innen- und deutschlandpolitischen Gesichtspunkten auszugehen; das konnte neben dem Bemühen um Souveränitätserweiterung nur bedeuten: den Weg für eine deutsche Wiedervereinigung und für eine VierMächte-Vereinbarung über Deutschland offenzuhalten, dabei aber auch - wie Ehard die Koblenzer Entscheidung begründete - das Schicksal der Menschen in der Sowjetzone und in den deutschen Ostgebieten, die Lage der deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion und die gefährliche Krisensituation in Berlin zu berücksichtigen. Es sollte alles vermieden werden, was „die internationale Lage irgendwie erschweren könnte" 137 ); durch die Bildung eines Weststaates, der in einen Westblock einbezogen würde, wäre jedoch eine politische Linie eingeschlagen worden, „die alle, aber auch alle Konsequenzen" in sich barg und die deutsche Position „in ein politisches Kräftespiel der Weltpolitik" einschaltete138). Stattdessen sollte zumindest der Versuch gewagt werden, „deutsche Politik im europäischen Sinn zu treiben, um der Kriegsgefahr zu begegnen" und Europa als dritte Kraft zwischen den Machtblöcken zu etablieren139). Ob dieses Konzept jedoch vor den wirtschaftlichen Realitäten Westdeutschlands und vor den politischen Machtverhältnissen auf internationaler Ebene seine Gültigkeit behalten würde, das mußte sich sehr bald erweisen. Die Ministerpräsidenten selbst waren zunächst recht zuversichtlich: Max Brauer glaubte, daß in Koblenz eine „staatsmännische Arbeit" geleistet worden sei140), und der wichtigste intellektuelle Mitgestalter der Koblenzer Beschlüsse, Carlo Schmid, hat sie als „realpolitische" Entscheidung bezeichnet, die auf eine wesentlich andere Verfassung der politischen Wirklichkeit hinziele, als sie die Militärgouverneure im Auge hätten. Im Unterschied zu den Frankfurter Dokumenten seien sie einer einheitlichen und in sich geschlossenen politischen Konzeption entsprungen. Da Deutschland nicht souverän und die eigentliche Verfassung der Deutschen das Besatzungsstatut sei, habe man sich nicht in Fiktionen abdrängen lassen sondern die Wirklichkeit klar definiert141).
) Dok. Nr. 7; s. dazu audi Schwarz, Bundesrepublik, S. 608 ff. sowie neuerdings Niclauß, Demokratiegründung in Westdeutschland. Die Entstehung der Bundesrepublik von 1945-1949. München 1974. ,37 ) Rede Ehards vor dem Landesaussdiuß der CSU in Augsburg, 18. 7. 1948 (Bayer. StK München, 100, Bd. 3). 188) Dok. Nr. 8. m ) Dok. Nr. 9. 140j Dok. Nr. 11, S. 179. 141) Carlo Schmid, Zwischen Koblenz und Frankfurt, in: Telegraf, 15. 7.1948. IM
XLI
Einleitung Zeitgenössische Beobachter waren sich dessen nicht so sicher. Sie sahen in den Koblenzer Entscheidungen vielmehr „illusionäre Wunschbilder", geboren in den Gehirnen von „Traumpolitikern". Obwohl jeder wisse, wo die Reise hingehe, hätten die Deutschen eine alte Politik von neuem entdeckt: die Vogel-StraußPolitik; vor allem hätten sie eine neue politische Sprache erfunden: die Sprache des Tabus. „So wurde aus dem Staat ein .administrativer Zwedeverband' aus der Verfassung ein .Organisationsstatut', bestehend aus .Grundgesetz' und .Wahlgesetz', aus der Nationalversammlung ein .Parlamentarischer Rat' 142 ]." Gleichzeitig wurde aber auch auf die innere Unstimmigkeit der Beschlüsse hingewiesen: man könne nicht den sofortigen Erlaß eines Besatzungsstatuts verlangen und dann doch die Ausarbeitung einer Verfassung verweigern. Wenn man sich nicht in Fiktionen abdrängen lassen wolle, dann dürfe man seine politischen Beschlüsse nicht auf noch größeren Fiktionen aufbauen, von der Hoffnung auf eine gesamtdeutsche Lösung und von der Annahme ausgehen, daß eine Verwaltung, die sich nicht Regierung nennen dürfe, Konsulate im Ausland errichten und Handelsverträge abschließen könne 143 ]!
Krise und Rückschritt? Fehleinschätzung deutscher Möglichkeiten Die Deutschen sollten sehr schnell erfahren, daß die Koblenzer Beschlüsse weder in die internationale politische Konstellation noch in den Rahmen der amerikanischen Deutschland- und Europapolitik eingepaßt waren. Nach Ansicht des amerikanischen Militärgouverneurs, Clay, stellten die „unverantwortlichen" Koblenzer Schritte der Ministerpräsidenten „eine katastrophale Mißachtung des Ernstes der gesamteuropäischen Lage" dar144]; denn angesichts der russischen Bedrohung war eine schnelle westdeutsche Staatsbildung und die Hilfe der Westdeutschen im politischen, psychologischen und vielleicht sogar militärischen Kampf mit der Sowjetunion unabdingbar. Die Westdeutschen sollten aktive Kombattanten werden und sich durch einen entschlossenen und erfolgreichen Kampf gegen den Kommunismus die beste Garantie für eine schließliche Wiedervereinigung Deutschlands verschaffen 145 ]. Da diese politisch-militärische Gesamtkonzeption Clays durch die Koblenzer Beschlüsse erheblich gestört worden war, fiel seine Kritik überaus scharf aus; er sprach von Brüskierung und fühlte sich - nach den früheren Zusicherungen der Ministerpräsidenten, eine Verfassung ausarbeiten zu wollen - persönlich getroffen und verletzt, ja kompromittiert 148 ]. Die ernsteste Krise der Nachkriegszeit im Verhältnis der Westdeutschen zu den Besatzungsmächten schien herein-
142
) Der Tagesspiegel, 11. 7., 15. 7. 1948; Die Zeit, 29. 7. 1948; vgl. audi Gimbel, Besatzungspolitik, S. 281. 143 ) Die Zeit, 15. 7. 1948. 144 ) Litchfield, Postwar Germany, S. 40. 145 ) For Rel. 1948, II, S. 159; s. audi Bericht W. Brandts Nr. 85 an PV, Berlin, 17. 8.1948 (Arch. FES, Schumacher J 79). 14 «) Dok. Nr. 8.
XLII
Einleitung gebrochen: »Clay sei völlig enttäuscht und habe das Gefühl, daß alles, wofür er sich [in London] eingesetzt habe, zusammengebrochen sei"147). Seine Verärgerung war so groß, daß er den deutschen Politikern Feigheit und Verantwortungsscheu vorwarf und ihre Gegenvorschläge zunächst kommentarlos zurüdeweisen wollte. Sie hätten ihn im Stich gelassen und „eine goldene Chance verpaßt". Es sei sehr fraglich, ob bei Neuverhandlungen der westalliierten Mächte ein ähnlich günstiges Ergebnis für Deutschland herauskomme; in London habe er mit starkem persönlichen Engagement die deutschen Interessen gegen die französischen Ansprüche verteidigt 148 ). Die deutsche Antwort hatte in der Tat das amerikanische Europakonzept an zwei der empfindlichsten Stellen getroffen: beim Aufbau einer Abwehrfront gegen die Russen und bei dem Bemühen, den in London mit Frankreich mühsam ausgehandelten Deutschland- und Westeuropa-Kompromiß aufrechtzuerhalten: „Sie haben", so Clay zu den Ministerpräsidenten seiner Zone, „den Franzosen die gewünschte Gelegenheit gegeben, die mühsam erkämpfte Position im Westen wieder zu verschleppen, sie haben den Russen einen Trumpf in die Hand gegeben"148"). Die französische Reaktion auf die Koblenzer Beschlüsse war dann auch klar und eindeutig: da die deutschen Änderungswünsche so gravierend seien, daß sie die Londoner Empfehlungen insgesamt infrage stellten, seien neue, interalliierte Verhandlungen auf Regierungsebene notwendig. Im Augenblick könnten die Militärgouverneure, da die Deutschen offensichtlich nicht zu bewegen seien, die Verantwortung für die Zerstückelung ihres Landes auf sich zu nehmen, nichts weiter tun, als ein Besatzungsstatut zu erlassen und eine unter der politischen Verantwortung der Besatzungsmächte arbeitende deutsche Verwaltung für die drei Zonen einzusetzen 149 ). General Koenig bat deshalb, die vorgesehene zweite Besprechung der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten auf unbestimmte Zeit zu verschieben; gleichzeitig untersagte er den Ministerpräsidenten seiner Zone jede weitere Teilnahme an bizonalen Ministerpräsidenten-Konferenzen 150 ). Die Franzosen, die — wie die Deutschen sehr deutlich erkannten - „dem amerikanischen Bestreben, möglichst rasch zu einer größeren Selbständigkeit der nicht unter russischer Besetzung stehenden deutschen Länder zu kommen, wenig Begeisterung" entgegenbrachten 151 ), glaubten nach der deutschen Antwort von Koblenz - wie später noch einmal während der Verhandlungen der Alliierten in Moskau über die Beendigung der Berlin-Blockade - doch noch eine Möglichkeit in die Hand zu bekommen, den westdeutschen Staatsaufbau und zugleich das immer unwilliger empfundene „Überwiegen des amerikanischen Einflusses
'") Bericht W. Brandts Nr. 66 an PV, Berlin, 13. 7. 1948 auszugsweise gedr. in: Dok. Nr. 8, Anm. 9. 148 } Dok. Nr. 8. 148a ) Dok. Nr. 8. "») For Rel. 1948, II, S. 396 ff. 150 j Dok. Nr. 9, Anm. 2. ,51 ) Dok. Nr. 20.
XLIII
Einleitung in der europäischen Gegenwartspolitik" hemmen zu können162). Während sie schon durdi ihre diplomatischen Aktivitäten vor der Koblenzer Konferenz die Deutschen in ihrer skeptisch-ablehnenden Haltung bestärkt hatten183), waren sie nunmehr bemüht, den Ministerpräsidenten klar zu machen, daß diese keineswegs von ihren Koblenzer Beschlüssen abrücken müßten; im gleichen Atemzug versuchten sie, ihre Argumentation auf eine höhere Ebene zu heben: zunächst noch ganz vorsichtig deuteten sie eine mögliche deutsch-französische Interessenallianz und die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit beider Länder an. In diesem Sinne wurde der französische Verbindungsoffizier Laloy sehr deutlich: „Der Kernpunkt der europäischen Frage sei nach seiner Auffassung das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich, was nicht immer genügend berücksichtigt werde." Mehr und mehr versuchten die Franzosen diese für beide Länder notwendige „évolution de la pensée" angesichts der starken US-Prädominanz und der Gefahren, die der betont antikommunistische Kurs Amerikas heraufbeschwöre, als Grundvoraussetzung für eine unabhängige Weiterexistenz Europas darzustellen15''). In dieser Situation war es verständlich, daß Clay, der Exponent eines prioritären US-Engagements in Deutschland, „seinen" Ministerpräsidenten verärgert klar zu machen suchte, daß sie das Schicksal der Westzonen nunmehr in die Hände des Generals Koenig gelegt hätten: „Die Franzosen haben jetzt da:s Wort, nicht wir155)." Auch gegenüber der Sowjetunion schien die amerikanische Position durch die Koblenzer Beschlüsse machtpolitisdi und psychologisch erheblich geschwächt. In London hatten sich die Amerikaner immer wieder gegen jede Verzögerung der staatlichen Konsolidierung Westdeutschlands ausgesprochen und dabei argumentiert, dies würde von den Russen als Zeichen der Schwäche ausgelegt und müsse sich auf die Moral der Deutschen und auf das amerikanische Prestige in Europa nachteilig auswirken156). Nun sah sich Clay in der unangenehmen Lage, daß die Russen darauf hinweisen konnten, die Deutschen wünschten gar keinen Weststaat, nur die Amerikaner wollten ihn. Die Verbitterung Clays und seine Vorwürfe, die Ministerpräsidenten hätten ihn in seinem Kampf gegen den Kommunismus im Stich gelassen, sie sympathisierten mit den Russen oder sie seien von ihnen eingeschüchtert, waren deshalb nur allzu verständlich157). 15S
) Ebda., S. 326; s. auch Vogel, Deutschland, Europa, in: VJfZ, 19,1971, S. 81 f. ) For Rel. 1948, II, S. 402 f. ) Dok. Nr. 20, Arun. 5; s. auch Vermerk von Gumppenbergs über eine Besprechung mit Hermans in Koblenz, Düsseldorf, 4. 7. 1948 (HStA Düsseldorf, NW 53-658); Vogel, Deutschland, Europa, in: VJfZ, 19, 1971, S. 81. Polit. Kreise in Frankreich hielten die Koblenzer Beschlüsse, die in mancher Hinsicht mit den frz. Bestrebungen übereinstimmten, dennoch für gefährlich, da sie ein ziemlich starkes Anwachsen des dt. Nationalismus erkennen ließen und durch die Betonung der Einheit Deutschlands die Ziele der Sowjets begünstigten. Diese Taktik der westdt. MinPräs. werde letzten Endes darauf hinauslaufen, Deutschland dem Kreml auszuliefern (Wiedergabe eines Figaro-Artikels von François-Poncet in: AZ, 14. 7. 1948). 155 ) Dok. Nr. 8. 1M ) For Rel. 1948, II, S. 268. "') Dok. Nr. 8. 15S 1M
XLIV
Einleitung Bedeutung Berlins für die westdeutsche
Entwicklung
Bei der Bildung eines westdeutschen Staates muß der krisenhaften Zuspitzung um Berlin, die die Sowjets als Antwort auf die Beschlüsse der Londoner Konferenz bis zur totalen Blockade der Westsektoren eskalierten, eine besondere Bedeutung beigemessen werden, da die Lage in der bedrohten Stadt, die jeweiligen Situationsanalysen und Maßnahmen alliierter wie Berliner Politiker eine erhebliche Wirkung auf die politischen Entscheidungen in den Westzonen ausgeübt haben168). In der ersten Phase der wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Behinderungen der Sowjets in Berlin schien jede dramatische Aktion die Lage nur zu verschlimmern. Anfang Juni haben deshalb führende Repräsentanten der Stadt, der erste Bürgermeister Friedensburg und Stadtrat Klingelhöfer, die westdeutschen Ministerpräsidenten auf ihrer Düsseldorfer Konferenz geradezu beschworen, unter keinen Umständen einen westdeutschen Staat zu schaffen: „Was, Ihr wollt einen deutschen Staat im Westen schaffen und Ihr wollt uns auf diese Weise sozusagen verraten? Ihr werdet das doch nicht tun?" Diese eindringliche Bitte der Berliner hat, nach Auskunft Reinhold Maiers, viel dazu beigetragen, daß die Ministerpräsidenten von der möglichen Bildung eines Weststaates wieder Abstand nahmen159). Auch in Koblenz hatte dann der Appell Louise Schroeders, im Interesse Berlins nichts Endgültiges zu schaffen, dem ProvisoriumsKonzept zum Durchbruch verholten160). Allerdings war dieser Standpunkt damals im Grunde schon keine adäquate Antwort mehr auf die politische Situation. Denn nach dem Entschluß der Westalliierten, Berlin auf alle Fälle zu halten, und wenn es sein mußte, über einen Zeitraum von zwanzig Jahren, konnte nur gesammelter und einsatzbereiter Widerstand die Lage stabilisieren161). Gerade unter diesem Aspekt bildete die schnelle Weststaat-Konsolidierung eine entscheidende Komponente in Clays Berechnungen, die nun durch die deutschen Gegenvorschläge empfindlich gestört worden waren. Clay befürchtete dadurch negative Rückwirkungen auf die Stimmungslage in der amerikanischen Öffentlichkeit und auf ihre Entschlossenheit, Berlin zu halten; er wies deshalb die Deutschen mit großem Ernst darauf hin, daß ihre „Scheu vor der Verantwortung" einen „very serious effect on Berlin" haben könnte162). Angesichts der Härten der sowjetischen Kampfmaßnahmen, dem entschlossenen Aufbau einer Luftbrücke durch General Clay und dessen spürbarer Enttäu158) 15°)
16°) 16t ) 182)
S. dazu Davison, Blockade, S. 117 ff.; Brandt/Lowenthal, Reuter, S. 399 ff. sowie vor allem Gimbel, Besatzungspolitik, S. 263 ff. und Vogelsang, Option, S. 171 ff. Zu dieser Angabe Maiers s. Dok. Nr. 11, S. 196 f.; zur sog. Kohlenkonferenz der MinPräs. der amerik. u. brit. Zone vom 5.-6. 6. 1948 in Düsseldorf s. StK Wiesbaden, 1 a 08/11. Dok. Nr. 6, S. 115; s. auch ebda., Anm. 86. Äußerungen Clays auf einer Konferenz mit Vertretern der bizonalen Verwaltungen am 14. 6.1948 in Frankfurt (BA Z 4/523, Bl. 333 f.). Bericht W. Brandts Nr. 66 an PV, Berlin, 13. 7. 1948, auszugsweise gedr. in: Dok. Nr. 8, Anm. 9.
XLV
Einleitung sdiung über die Koblenzer Beratungsergebnisse waren inzwischen auch die Meinungsfronten in Berlin sehr stark in Bewegung geraten. Die Gruppe um Ernst Reuter, des gewählten, aber infolge sowjetischer Einsprüche im Kontrollrat nicht amtierenden Oberbürgermeisters, hatte mit der amerikanisch beeinflußten These, nur ein entschlossener Kampf gegen die Russen und ein starkes, staatlich organisiertes Westdeutschland könne Berlin helfen, innerhalb der SPD, aber auch bei den anderen Parteien immer mehr an Boden gewonnen163). Es war deshalb fast selbstverständlich, daß eigentlich nur Reuter als der Abgesandte Berlins in dieser Situation zu der Ministerpräsidenten-Konferenz nach Niederwald geschickt werden konnte, um dort die allzu vorsichtigen Koblenzer Äußerungen Louise Schroeders, die von einigen Ministerpräsidenten dahingehend mißverstanden worden waren, als ob „Berlin in gegenwärtiger Lage an einer festen Einbeziehung in die Neuregelung der Westzonen nicht interessiert sei", klarzustellen164). In Niederwald hat Reuter dann die endgültige Entscheidung der Ministerpräsidenten wesentlich beeinflußt105), die in diesen Wochen ebenfalls - ob in den Debatten ausgesprochen oder nicht - erheblich unter der politischen und psychologischen Wirkung der Berliner Ereignisse standen, die ihnen neue politische Erkenntnisse vermittelt hatten: die Einsicht in die elementare Bedrohung durch den Osten und das Gefühl der Zusammengehörigkeit mit den Westmächten, die die Freiheit Berlins und der westlichen Welt zu verteidigen gewillt waren. Die Ministerpräsidenten sahen sehr deutlich, wie es Reinhold Maier ausgedrückt hat, „in welchem Maß unsere Zukunft gefährdet und wir von den Russen bedroht waren und die Abwehr allein in den Entschluß der Amerikaner gelegt war" 106 ).
Festhalten am Londoner Konzept Diese bedrohliche internationale Lage ließ - nach Ansicht der angelsächsischen Militärgouverneure - kein Hinausschieben der Londoner Beschlüsse zu; Clay und Robertson waren deshalb fest entschlossen, unverrückbar an dem in London verabschiedeten Deutschlandkonzept festzuhalten und die Franzosen wie die Deutschen darauf zu verpflichten167). In scharf und kontrovers geführten Besprechungen der Militärgouverneure am 15. Juli in Frankfurt und am 19. Juli 1948 in Berlin wurde General Koenig erneut auf die Londoner Beschlüsse als „geschlossenes Ganzes" sowie auf eine schnelle Weiterführung der eingeleiteten Verhandlungen mit den westdeutschen Ministerpräsidenten festgelegt. Eine alliierte Expertengruppe wurde mit der
) Bericht W. Brandts Nr. 75 an PV, Berlin, 9. 8. 1948 (Ardi. FES, Schumacher J 79); Vogelsang, Option, S. 172 ff. 184 ) Bericht W. Brandts Nr. 68 an PV, Berlin, 20. 7. 1948 (Ardi. FES, Schumacher J 79); Brandt/Lowenthal, Reuter, S. 473 ff.; s. audi Dok. Nr. 11, Anm. 4. 165 ) Dok. Nr. 11. 166 ) Maier, Erinnerungen, S. 52. >") For Rel. 1948, II, S. 396 ff. 163
XL VI
Einleitung genauen Analyse der Koblenzer Stellungnahmen und mit der Herausarbeitung der wesentlichen Unterschiede zu den Londoner Beschlüssen beauftragt. Nadi Vorlage dieser Expertise einigten sich die Militärgouverneure in Berlin auf eine Antwort an die Ministerpräsidenten, wobei sie davon ausgingen, daß Bezeichnungsunterschiede (statt Verfassunggebender Versammlung und Verfassung, „Parlamentarischer Rat" und „Grundgesetz") positiv in Erwägung gezogen, materielle Abweichungen von den Londoner Empfehlungen (Frage des Referendums, Besatzungsstatut, Termin der Länderneugliederung} zur Entscheidung an die Regierungen zurückverwiesen werden sollten 108 ). Den Deutschen dagegen mußte das in London erarbeitete Gesamtkonzept stärker als bisher erläutert werden, damit sie Klarheit gewännen, worüber mit den Alliierten verhandelt und worüber nicht diskutiert werden könne. Die Angelsachsen verabredeten sich, diese diplomatischen Aufklärungsaktionen in mehreren Phasen durchzuführen: im Rahmen von Einzelbesprechungen der Militärregierungen mit deutschen Politikern in den jeweiligen Zonen und durch die Anberaumung einer erneuten großen Konferenz der Militärgouverneure mit den westdeutschen Ministerpräsidenten. In der amerikanischen Zone versuchten Clay und sein politischer Stab (Murphy, Litchfield, Friedrich) in recht drastischer Weise, die Ministerpräsidenten über die politischen Hintergründe des Londoner Abkommens zu informieren und ihnen die unübersehbaren internationalen Folgewirkungen einer deutschen Ablehnung aufzuzeigen. Im besten Falle wären zeitraubende Neuverhandlungen nötig, die für die Deutschen jedoch sicherlich ungünstiger ausfielen als die jetzigen Bestimmungen 169 ). Ähnlich handhabten es auch Robertson und seine Mitarbeiter in der britischen Zone, wobei neben den Ministerpräsidenten auch noch die Parteipolitiker in diesen politischen Nachhilfeunterricht mit einbezogen wurden 1 7 0 ). Diese Gespräche, über die sich die Ministerpräsidenten am 15. Juli 1948 in Niederwald gegenseitig unterrichteten, haben zu einer raschen Klärung und realistischeren Einschätzung der deutschen Möglichkeiten geführt; allerdings schienen die westdeutschen Länderchefs vorerst noch nicht bereit, von ihren einstimmig gefaßten Koblenzer Beschlüssen abzurücken. Zunächst sollte die zweite Besprechung mit den Militärgouverneuren abgewartet werden. Eine gewisse Ernüchterung auf deutscher Seite war jedoch unverkennbar 1 7 1 ). Bei der zweiten Besprechung der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten in Frankfurt (20. Juli 1948) erhielten die Deutschen zunächst eine eingehendere Aufklärung über den politischen Gesamtaspekt der Londoner Empfehlungen, die als zusammenhängendes Entscheidungspaket (als „Ganzes") in ihrer diffizilen Kompromißform verdeutlicht wurden. Die in Koblenz von den Deutschen gewünschten substanziellen Änderungen, über die nicht die Militär-
) ) 170 ) 171 ) 168 1M
For Rel. 1948, II, S. 396 ff., 400; NZ, 21. 7. 1948. Dok. Nr. 8; For Rel. 1948, II, S. 395, 399, 402. Dok. Nr. 9 u. Sörgel, Konsensus, S. 44 f. Dok. Nr. 9. X LVII
Einleitung gouverneure, sondern nur die Regierungen entscheiden könnten, würden deshalb das gesamte Vertragswerk in Gefahr bringen. Als besonders gravierende Abweichung wurde das Abgehen von der in London vorgeschriebenen Verfassung mit plebiszitärem Ratifizierungsmodus angesehen: die Schaffung eines Grundgesetzes durch einen Parlamentarischen Rat genüge nicht. Audi sei es kaum möglich, von der Dringlichkeit und dem Zeitplan der geforderten Länderneugliederung abzugehen und ein Besatzungsstatut bereits vor Zusammentritt der Verfassunggebenden Versammlung zu verkünden. Die Ministerpräsidenten wurden deshalb zu einer erneuten Meinungsbildung über die Frankfurter Dokumente aufgefordert, wobei sie den Hinweis mit auf den Weg bekamen, daß man von den Deutschen „die Übernahme der Verantwortlichkeit" für das ihnen zugedachte größere Maß von Zuständigkeiten erwarte 172 ). Nach diesen Klarstellungen erkannten die Ministerpräsidenten sehr deutlich, daß den alliierten Militärgouverneuren kaum Verhandlungsspielraum und ihnen selbst nur knapp bemessene politische Bewegungsfreiheit eingeräumt war. Damit brach unter ihnen die Koblenzer „Fassade der Einigkeit" sehr schnell wieder auseinander173). Bereits während der Konferenz hatte sich dieser Umschwung angedeutet, als Kaisen und vor allem Stock sehr entschieden das Interesse der Ministerpräsidenten an einer schnellen Verwirklichung der vorgesehenen politischen Organisationsform für Westdeutschland bekundeten und eine weitere kritische Auseinandersetzung mit den Frankfurter Dokumenten und den Koblenzer Antworten als unfruchtbare Bemühungen abgelehnt hatten; es gelte vielmehr, einen Schritt vorwärts zu tun und im Rahmen der Londoner Beschlüsse für Westdeutschland eine solide politische Ordnung zu schaffen174). In diesem Zusammenhang ist verschiedentlich von einer großen Wende gesprochen worden, die sich nunmehr bei den Ministerpräsidenten angebahnt habe 175 ). Bereits Gimbel hat jedoch darauf hingewiesen, daß hier wohl eine differenziertere Betrachtungsweise angebracht sei 176 ). Es gibt in der Tat zahlreiche Hinweise dafür, daß viele Ministerpräsidenten die Koblenzer Beschlüsse - nicht zuletzt unter dem Drude ihrer Parteileitungen - als rein taktische Maßnahme und Formulierung deutscher Optimalvorstellungen zunächst einmal hinnahmen, ohne sich je innerlich mit ihnen zu solidarisieren. Entsprechend hat Max Brauer später darauf hingewiesen, daß er sich schon in Koblenz ohne Rücksicht auf taktische Erwägungen dafür eingesetzt habe, daß ein echtes Staatsgebäude im Westen errichtet werde, dann aber, um die Einstimmigkeit der Koblenzer Beschlüsse nicht zu gefährden, auf den vorgeschlagenen Kompromiß eingegangen sei 177 ). Auch Ministerpräsident Ehard hatte am 12. Juli 1948, als er seinem Kabinett die Koblenzer Beschlüsse erläuterte, erklärt, daß er es trotz "*] Dok. Nr. 10. "») "4) 175 ) 176 ) ,77)
Gimbel, Besatzungspolitik, S. 287. Dok. Nr. 10, Anm. 29. Schwarz, Bundesrepublik, S. 613 ff.; Vogelsang, Option, S. 174. Gimbel, Besatzungspolitik, S. 287. Mitteilung des Hamburger Senats an die Bürgerschaft Nr. 85, 13. 8. 1948; Dok. Nr. 6, Anm. 22.
XLVIII
Einleitung allem für notwendig halte, zu „einer Art Westregierung" zu kommen, mit allen Rediten, die eine aktionsfähige Bundesregierung braucht. Nur auf diesem Weg käme man zu dem Anfang einer deutschen Souveränität, zu einer Loslösung von der Frankfurter Verwaltung und hoffentlich zu einer späteren Einigung Deutschlands. Für die Wirkung auf den Osten sei es wohl praktisch gleichgültig, welchen Namen man dem Gebilde gebe. Die Russen würden einen Oststaat errichten oder nicht errichten, gleichgültig, wie man das Staatsgebilde im Westen bezeichne178].
Der Weg in den Weststaat Die zweite große Konferenz der Ministerpräsidenten in Rüdesheim vom 2 1 22. Juli 1948179] mußte eine endgültige Klärung der deutschen Haltung und eine eindeutige Entscheidung bringen. Konnte man aus prinzipiell staatsrechtlichen und einheitspolitischen Bedenken heraus das Risiko eines Scheiterns amerikanischer Pläne auf sich nehmen und dafür den im Rahmen eines Weststaates angebotenen Weg der allmählichen wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung und Souveränitätserweiterung ausschlagen? Welcher Weg bot die größeren Vorteile für Deutschland, für den westlichen und für den östlichen Teil? Die Mehrheit der Ministerpräsidenten stellte in Niederwald sehr schnell klar, daß sie ein Scheitern der Verhandlungen mit den Westalliierten, und damit eine Verzögerung der weiteren staatlichen Entwicklung in Westdeutschland unter keinen Umständen riskieren wollte. Angesichts der wirtschaftlichen Lage glaubten sie, mit den vorhandenen Hilfskonstruktionen bizonaler VerwaltungsOrganisation nicht mehr auskommen zu können. Die politische und wirtschaftliche Situation Deutschlands stelle deshalb, wie Ehard mit Entschiedenheit betonte, nicht die Frage nach dem Wollen der Deutschen, sondern nach ihrem Müssen, das sie zu der Notwendigkeit führe, ohne Verzögerung eine kraftvolle Organisation mit einer Regierung, einer Verfassung, einer gesetzgebenden Körperschaft, einem Länderrat zu bilden180). „Meine Herren, es handelt sich doch darum, daß wir für die Bevölkerung im Westen die staatliche Grundlage schaffen wollen, auf der ein gesundes Wirtschaftsleben sich entwickeln kann, ein wirtschaftliches Leben, wie die Menschen es im Westen sich wünschen." (Stock)181). Dieser Argumentationstrend, der ausschließlich von dem politisch und wirtschaftlich Notwendigen bestimmt war, erwies sich als so eindeutig, daß Carlo Sdimid, der bei seinem Koblenzer Konzept zu bleiben suchte, den fast schon verzweifelten Versuch unternahm, die Diskussion noch einmal auf die Ebene des staatspolitisch Prinzipiellen zu heben, um den Ministerpräsidenten das Grundsätzliche und zugleich das Risikoreiche ihrer Entscheidung bewußt zu machen: Man müsse sich vor allen Dingen darüber klar werden, „ob man bestimmte politische Dinge will oder nicht will". 178
) ) 18 °) 181 ) 17e
Sitzung des bayer. MinRates vom 12. 7. 1948 (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). Dok. Nr. 11. Ebda., S. 184. Ebda., S. 210.
XLIX 4 Parlament. Rat
Einleitung Bei einer Staatsgründung im Westen, die den Anspruch erhebe, „die Vertretung für ganz Deutschland zu sein, legalisiert im Westen durch Wahlen und legalisiert im Osten durch Communis consensüs der Ostbevölkerung", würde man nicht nur eine „Verfassung in der Unfreiheit" schaffen, sondern auch das genau durchzukalkulierende Risiko einzugehen haben, ob man damit „die künftige echte organisatorische und konstitutionelle Einheit Gesamtdeutschlands fördert, ob man deren Chancen vergrößert oder verkleinert. Die Amerikaner und ein Teil der Deutschen sind der Meinung, daß ein solcher Staat, eine solche deutsche Republik mit dem Sitz ihrer Organe hier im Westen diese Chance fördern könnte. Das ist eine Meinung, über die sich diskutieren läßt. Andere sind der Meinung - zu ihnen gehöre ich - , daß man dadurch die kleine Chance, die in Bezug auf eine friedliche Erledigung des Gesamtproblems Deutschland noch besteht, nämlich die Einigung der vier Besatzungsmächte über ein einheitliches Deutschland, endgültig verschütten würde. Wer Recht hat, ist schwer auszumachen. Man muß sich für eine oder für die andere Konzeption entscheiden 182 ]." Auf diese staatspolitischen Alternativen gab der gewählte Berliner Oberbürgermeister, Ernst Reuter, eine eindeutige Antwort: Zwar müsse alles, was zur Zeit in dem besetzten und geteilten Deutschland beschlossen werde, notwendigerweise provisorischen Charakter tragen, „der Schritt von der Nichtsouveranität zur Vollsouveränität" könne aber nicht auf einmal getan werden, sondern stelle einen langsamen Prozeß dar, für den auch der Kampf um Berlin Bedeutung habe. „Daraus folgert, daß wir eines in Berlin und im Osten nicht ertragen können: das Verbleiben des Westens in seinem bisherigen politisch unentschiedenen Status. Wir sind der Meinung, daß die politische und ökonomische Konsolidierung des Westens eine elementare Voraussetzung für die Gesundung auch unserer Verhältnisse und für die Rückkehr des Ostens zum gemeinsamen Mutterland ist 183 )." Damit hatte Reuter die entscheidende politische Formel geprägt: sinnvolles Handeln, unter einem souveränitäts- wie unter einem einheitspolitischen Aspekt, sei im Augenblick nur möglich durch die Errichtung eines westdeutschen Kernstaates, der durch seihe magnetische Wirkung die Voraussetzung dafür zu schaffen habe, „den Osten Deutschlands der Herrschaft der sowjetischen Besatzung eines Tages wieder entreißen zu können 184 ]". Daß gerade der Vertreter Berlins diese Weststaatthese in solch pointierter Weise vortrug, erleichterte den übrigen Ministerpräsidenten ganz wesentlich das nunmehr offene Einschwenken auf die gleiche Linie, die sich insgeheim bei ihnen „ohne Rücksicht auf ihre Parteizugehörigkeit" schon seit Januar „von Monat zu Monat" stärker durchgesetzt hatte 185 ]. Sie gingen deshalb in Niederwald daran, die Koblenzer Beschlüsse neu zu interpretieren und mit neuem Inhalt zu füllen: im Grunde seien die Alliierten und die Deutschen in ihren Vorstellungen nicht weit auseinander; der Unterschied ) ) 1885) 1S2 I83
L
Ebda., Ebda., Ebda., Ebda.,
S. 200 f. S. 192. S. 193. S. 196.
Einleitung liege „nicht in der Verfolgung inhaltlich verschiedener Ziele, sondern nur in einer verschiedenen Auffassung über die anzuwendenden Formen" 186 ). Es gelte deshalb den Alliierten die formal begriffliche Differenz zu erläutern und ihnen die Bedeutung der gewählten Formeln für den politischen Kampf mit dem Osten zu verdeutlichen. Von den Koblenzer Beschlüssen und dem dort grundsätzlich postulierten Prinzip des Provisorischen ausgehend - eine politische Deutschlandformel, die von den Westalliierten keineswegs bestritten wurde - , suchten die Ministerpräsidenten nun eine psychologische und terminologische Brücke zu den Militärgouverneuren zu schlagen, die ihnen die Möglichkeit geben sollte, vor sich und vor der deutschen Öffentlichkeit das politische Gesicht zu wahren: „die glückliche." Formel des Grundgesetzes wurde - da „weder ganz Deutschland noch eine endgültige Lösung" im Augenblick infrage kommen könne - anstelle des Begriffs Verfassung beibehalten, jedoch mit dem erläuternden Zusatz „Vorläufige Verfassung" versehen, während der Begriff Parlamentarischer Rat durch „Verfassunggebende Versammlung" verdeutlicht wurde. Im Ganzen war man sehr auf Annahme der Londoner Empfehlungen eingestellt: das von den Ministerpräsidenten in Niederwald ausgearbeitete Aide-Mémoire hat einen ganz anderen Tonfall als die Stellungnahmen von Koblenz 187 ). Auch die Einwände Carlo Schmids, hier werde eindeutig von Koblenz abgewichen und auf einen Vollstaat hingearbeitet, sowie die Vorhaltungen Kopfs, der mit Schmid auf einer Linie argumentierte, wenn man schon rechtlich von Koblenz abweiche, dann solle man das auch ehrlich eingestehen — „uns gegenüber, der Militärregierung gegenüber und auch dem Volke gegenüber" 188 ) - , konnten die übrigen Ministerpräsidenten nicht mehr von dem eingeschlagenen Weg abbringen. Sie hielten es vielmehr mit Hans Ehard, der ausdrücklich erklärte: „Ich kann nicht zugeben . . . , daß wir hier, wenn wir eine Variante, wie sie etwa vorgeschlagen ist, vornehmen, umgefallen wären, daß es sich hier um etwas wesentlich anderes handele wie die Koblenzer Beschlüsse. Ich habe seit jeher immer den Standpunkt eingenommen: Wir müssen eine straffe Organisation der drei Westzonen haben. Nennen Sie es Weststaat, nennen Sie es Organisationsstatut, es ist mir ganz gleich, diese straffe Zusammenfassung müssen wir haben 189 )." Nur in der Frage des Referendums wollten die Ministerpräsidenten aus unterschiedlichen Beweggründen - um innenpolitischen Auseinandersetzungen und Agitationen aus dem Weg zu gehen, um das föderative Prinzip zu stärken - bei dem ablehnenden Standpunkt verharren; allerdings sollte daran das Einverständnis mit den Militärgouverneuren nicht scheitern. Auf der Basis dieser Beschlüsse konnte dann am 26. Juli 1948 bei der dritten großen Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten 190 ), die in der offensichtlichen Absicht nach Frankfurt gekommen waren, „im Rahmen
186 ]
Ebda., S. 213 ff. und Dok. Nr. 12, S. 271. Dok. Nr. 12. 188 ) Dok. Nr. 11, S. 222. 189 j Dok. Nr. 11, S. 224. Dok. Nr. 13. 187 j
LI 4*
Einleitung der Londoner Erklärungen mit den Militärgouverneuren zu einer Einheitlichkeit der Auffassungen zu kommen 191 )", schließlich ein Konsensus über die Frankfurter Dokumente zustande gebracht werden. Allerdings war der Einigungsvorgang noch dramatisch genug; die Sitzung wurde mehrmals unterbrochen, da sich die Militärgouverneure auch jetzt noch nicht bereitfinden konnten, die deutschen Vorschläge anzunehmen. In der Frage des Referendums, auf das die Amerikaner, die eine feste Verankerung des Weststaates im Volk wünschten, besonderen Wert legten192), und in der Frage der Terminverschiebung für die Länderneugliederung, die den Franzosen besonders wichtig war, sollte es nicht zu einer definitiven Entscheidung ohne Einschaltung der alliierten Regierungen kommen können. Max Brauer hielt in diesen spannungsreichen Augenblicken alles für verloren 193 ). Es war dann vor allem der Intervention Ehards zu danken, die vorher mit dem politischen Berater Clays, Botschafter Murphy, abgestimmt worden war 184 ), daß es doch noch zu einer Einigung kam: die Alliierten akzeptierten zwar die Bezeichnung Grundgesetz (mit Zusatz), ansonsten wurden die Deutschen jedoch voll auf die Annahme der Londoner Empfehlungen verpflichtet; allerdings erklärten sich die Militärgouverneure bereit, ihren Regierungen eine positive Entscheidung über die deutschen Vorschläge zum Referendum und zur Terminierung der Länderneugliederung zu empfehlen. Beides wurde dann schließlich im deutschen Sinne gelöst, so daß die Einigung zwischen Militärgouverneuren und Ministerpräsidenten den Charakter des politischen Kompromisses behalten konnte 195 ). Mit dieser Entscheidung hatten die Ministerpräsidenten den Weg in den Weststaat gewählt - mit allen Konsequenzen, wie Kaisen es einmal ausgedrückt hatte 196 ). Durch den akzeptierten Selbstvollzug der Errichtung einer Bundesrepublik Deutschland hofften sie in enger Anlehnung an die Westmächte nach und nach das deutsche Wirtsdiaftsniveäu entscheidend heben, die volle Souveränität Westdeutschlands erreichen und - im Rahmen eines dynamischen Kernstaatsprinzips - in ferner Zukunft, sie hatten sich durchaus auf längere Fristen eingestellt, die deutsche Einheit wieder erlangen zu können. So wurden die Frankfurter Dokumente mit ihrer Annahme zur Geburtsurkunde der Bundesrepublik Deutschland. Die Weichen für die weitere Entwicklung waren damit gestellt, und zwar nach dem langen und umständlichen Weg der Entscheidungsfindung schließlich doch so endgültig und vorbehaltlos, daß es die Deutschen als „schweren Schlag" empfunden hätten, wenn bei den Moskauer Vier-Mächte-Verhandlungen über eine Aufhebung der Berliner Blockade im August 1948 dem „russischen Ver-
m
) Dok. Nr. 12 und ebda., Anm. 1. ) For Rei. 1948, II, S. 394, 413 f. 1M ) For Rei. 1948, II, S. 412; Dok. Nr. 13, Anm. 19. 194 j Dok. Nr. 13, Anm. 13. 19S ] Zum Verzicht auf das Referendum s. Dok. Nr. 13, Anm. 35; zur Terminverlegung für die Länderneugliederung s. Dok. Nr. 19. ««) Dok. Nr. 8. 192
LH
Einleitung langen auf Einstellung der gegenwärtigen in Westdeutschland laufenden Bestrebungen auf eine gewisse Konsolidierung stattgegeben" worden wäre 197 ). Die Mehrheit der Westdeutschen stand nunmehr offensichtlich voll hinter dem Konzept General Clays, dem eigentlichen Architekten der westdeutschen Staatsbildung, der zu diesem Zeitpunkt lieber Berlin aufgegeben als die deutsche Weststaatentwicklung wieder rüdegängig gemacht hätte 198 ). Die Landtage der Länder und die Parteien hatten der eingeleiteten Entwicklung ohne Vorbehalte zugestimmt 199 ). Es war allerdings auffallend, daß die Parteien in der Entscheidungsschlußphase nicht mehr so unmittelbar in die Willensbildung der Ministerpräsidenten eingeschaltet waren wie auf dem Rittersturz in Koblenz. Bereits in Niederwald waren sie nur noch am Rande der Konferenz präsent. Zwar hatten auch diesmal Parteivertreter am Vorabend mit ihren jeweiligen Ministerpräsidenten konferiert und mit dazu beigetragen, die Zeichen auf Ausgleich zu stellen; während der Tagung selbst waren dann aber nur Ollenhauer (SPD) und Hilpert (CDU) in Niederwald anwesend; sichtbare Einflüsse auf die Konferenz sind von ihnen jedoch nicht ausgegangen 200 ). Diese offensichtliche Zurückhaltung dürfte nicht zuletzt auf die harte Kritik der Öffentlichkeit und vor allem der Militärgouverneure an dem Koblenzer Wirken der Parteien zurückzuführen sein, wo sie den Bogen der deutschen Forderungen offensichtlich überspannt hatten. > Die Akzente, die die Parteien in ihre Zustimmungserklärungen zu der in Frankfurt erreichten Übereinkunft legten, zeigen jedoch, daß unter den Deutschen noch kein endgültiger Konsensus über die Interpretation des verfassungsrechtlich zu Erstrebenden hergestellt war. Während die CDU betonte, daß die Verhandlungen zwar keinen echten Kompromiß, aber auch kein Diktat darstellten und der Parlamentarische Rat „statt des von den Ministerpräsidenten gewünschten unverbindlichen Grundgesetzes" eine „echte Verfassung" werde beschließen müssen, deren vorläufiger Charakter allerdings anerkannt worden sei201), sprach die SPD davon, daß ihre Grundvorstellung, „der Neuregelung einen provisorischen Charakter und nicht das Gewicht einer regulären Verfassung zu geben", Rechnung getragen worden sei202). Dieser grundsätzliche, in Koblenz und in Niederwald nicht endgültig beigelegte Dissens war unmittelbar nach der Besprechung mit den Militärgouverneuren am 26. Juli 1948 wieder aufgebrochen, da offensichtlich Hinrich Wilhelm Kopf und Carlo Schmid Bedenken gegen die Verwendung des Begriffs „Vorläufige Verfassung" zur Erläuterung des Grundgesetzes geltend gemacht hatten; dementsprechend war dann audi - wie die Alliierten zu ihrer Überraschung fest-
ln
-) Dok. Nr. 20. ) For Rel. 1948, II, S. 1032; zur Beurteilung Clays u. seiner Tätigkeit s. Litchfield, Postwar Germany, S. 38. u ») Dok. Nr. 15, Anm, 8. M0 ) Dok. Nr. 11, Anm. 26 und Anm. 79; Der Tagesspiegel, 27. 7.1948. m ) Sörgel, Konsensus, S. 53. M!! ) Interne Mitteilung der SPD über den PR, S. 11 (Ardi. FES, NL Menzel, } 92); Sörgel, Konsensus, S. 53. 198
LIII
Einleitung stellen mußten - dieser Zusatz nicht in den Gesetzentwurf über den Parlamentarischen Rat mit aufgenommen worden203], da sich bei dessen Beratung wiederum „die grundsätzliche Meinungsverschiedenheit" zwischen Carlo Schmid (sekundiert von dem Vertreter Niedersadisens) und den übrigen Delegierten der Ministerpräsidenten bemerkbar gemacht hatte: „Herr Staatsrat Schmid möchte durchaus alles nur als Delegation, ja als Befehl der Besatzungsmächte hingestellt sehen, während die übrigen Herren den Standpunkt vertraten, aus eigener Verantwortung die jetzt notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen zu begründen204)."
Vorbereitungen für die Einberufung des Parlamentarischen
Rates
Nach der Einigung mit den Militärgouverneuren waren die Ministerpräsidenten dann darum bemüht, in der verbleibenden Monatsfrist durch gesetzgeberische, organisatorische und verfassungspolitische Vorarbeiten den in den Frankfurter Dokumenten vorgesehenen Einberufungstermin für den Parlamentarischen Rat zum 1. September 1948 sicherzustellen. Ein Ausschuß formulierte die rechtlichen Grundlagen für den Zusammentritt des Parlamentarischen Rates in einem als „Ergebnis der Konferenzen der Ministerpräsidenten über den Parlamentarischen Rat" bezeichneten und auf den 26. Juli 1948, den Tag der Einigung, zurückdatierten Bericht und arbeitete ein für alle Länderparlamente verbindliches Modellgesetz aus, das die Aufgabe des Parlamentarischen Rates, so wie es die Militärgouverneure verlangt hatten, auf die ausschließliche Ausarbeitung eines Grundgesetzes (ohne Erarbeitung eines Wahlgesetzes] begrenzte und die Mitwirkung der Landesregierungen an den Beratungen sicherzustellen suchte205). Dieser Ausschuß brachte auch eine endgültige Einigung über die schon in Koblenz verabredete Richtzahl für die Wahl der Abgeordneten (auf je 750 000 Einwohner ein Abgeordneter, auf eine Restzahl von mindestens 200 000 Einwohner ein weiterer) zustande, da die CDU ihre ursprünglichen Bedenken, die hohen Nennerwerte würden zu großen Reststimmenverlusten führen, die vor allem zu Lasten der bürgerlichen Parteien gingen, zurückgestellt hatte206}.
° ) Dok. Nr. 19. ) Dok. Nr. 14, Anm. 4. 205 ) Dok. Nr. 14 u. 15; Zum „Ergebnis der Konferenzen der MinPräs. über den PR" s. Dok. Nr. 14, Anm. 7 und Bonner Kommentar I, Einl., S. 50 f.; zum Wahlgesetz s. Dok. Nr. 9, Anlage; Dok. Nr. 10 u. ebda., Anm. 20 sowie Stoltenberg, Das Wahlreditssystem zum ersten Bundestag, Diss. Heidelberg 1970, u. Lange, Der Parlamentarische Rat und die Entstehung des ersten Bundestagswahlgesetzes, in: VJfZ, 20, 1972, S. 280 ff. 20e ] Dok. Nr. 15; Rundschreiben Hilperts an Ehard, Köhler, Arnold, Strickrodt, Altmeier, Wohleb, Bode, Wiesbaden, 28. 7. 1948 (GStA München, MA 130028); zu den ursprünglichen Befürchtungen der CDU s. Vermerk von Gumppenbergs über eine Besprechung mit Hermans in Koblenz, Düsseldorf, 4. 7. 1948 (HStA Düsseldorf, NW 53-659).
2 3 M4
LIV
Einleitung Eine Regelung über die Verteilung der Mandate auf die einzelnen Parteien wurde nidit in den Gesetzentwurf aufgenommen, vom Ausschuß dafür jedoch die Empfehlung an den Vorsitzenden der Ministerpräsidenten-Konferenz, Stock, gegeben, eine Vereinbarung zwischen den großen Parteien zustandezubringen, wonadi jede Majorisierung in den Landtagen vermieden und die Abgeordneten für den Parlamentarischen Rat nach den Wahlergebnissen der letzten Landtagswahlen aufgeteilt werden sollten. An die durch Stock erzielte Absprache haben sich alle Parteien loyal, wie Adenauer hinsichtlich der CDU später meinte, allzu loyal gehalten 207 ). Die Benennung der Kandidaten in den Landtagen wurde den einzelnen Fraktionen überlassen, die Wahl ohne vorherige Personaldebatte vollzogen 208 ). Schwierigkeiten tauchten nur bei der Frage auf, ob die Kommunisten bei der Delegiertenauswahl zu berücksichtigen seien 209 ), und ob in Bayern die neu entstandene Bayernpartei einige Mandate bekommen sollte. In Bayern hatte sich nämlich durch das starke Anwachsen der Bayernpartei die politische Landschaft seit den letzten Landtagswahlen erheblich verändert. Ministerpräsident Ehard und Minister Hundhammer, beide vom rechten Flügel der CSU, vertraten deshalb die Ansicht, daß der Bayernpartei zulasten der CSU ein bis zwei Mandate zugestanden werden müsse; dies hat jedoch der CSU-Vorsitzende, Josef Müller, erfolgreich mit dem Argument zu verhindern gewußt, daß keine politischen Strömungen außerhalb des Landtags berücksichtigt werden dürften, da sonst die Position der CDU/CSU im Parlamentarischen Rat und ihr voraussichtliches Gleichgewicht mit der SPD gefährdet sein könnte 210 ). Die organisatorisch-technische Vorbereitung der Sitzungen des Parlamentarischen Rates konnte Mitte August anlaufen, nachdem die Ministerpräsidenten am 13. August 1948 aus der Fülle der sich um den Sitz des Parlamentarischen Rates bewerbenden Städte (Celle, Frankfurt, Karlsruhe, Koblenz, Bonn, Köln, Düsseldorf) Bonn ausgewählt hatten, ein Votum, das von dem Bemühen der Ministerpräsidenten getragen war, auch die britische Zone mit einem Tagungsort zu bedenken. Als Sitz des Parlamentarischen Rates wurde die Pädagogische Akademie bestimmt 211 ). Den wichtigsten Akzent in dieser unmittelbaren Vorbereitungsphase setzte jedoch der von den Ministerpräsidenten nach Herrenchiemsee (10. - 23. August 1948) einberufene Verfassungskonvent. Dieser Sachverständigen-Ausschuß, in den die Länder jeweils zwei Delegierte entsenden konnten, legte als Ergebnis seiner 14tägigen verfassungsrechtlichen Beratungen einen dreiteiligen „Bericht"
a"7) Dok. Nr. 15, Anm. 6; Stodc an die Länderdiefs, Wiesbaden, 27. 7. 1948 (BA Z 12/35, Bl. 45) u. 12. 8. 1948 (ebda., Bl. 303); zur Ansicht Adenauers s. Morsey, Die Rolle Adenauers, in: VJfZ, 18, 1970, S. 65, Anm. 19. a») Dok. Nr. 15, Anm. 8; Otto, Staatsverständnis, S. 42 f. a") Es waren Tendenzen vorhanden, die Kommunisten vom PR auszuschließen; diesen Strömungen wurde jedodi nicht nachgegeben, Dok. Nr. 19, Anm. 13 a. 210 ) Ehard an Stodc, München, 2. 8. 1948 (BA Z 12/35, Bl. 55); Sitzung des bay er. MinRates vom 23. 8. 1948 (GStA München, LR Stuttgart, Nr. 11) sowie Bayer. Landtag, 25. 6. 1948, S. 2. 2 U ) Dok. Nr. 24 und ebda., Anm. 9. LV
Einleitung vor, der in seinem ersten, darstellenden Teil, die wichtigsten verfassungsrechtlichen Probleme und die dazu vorgeschlagenen Lösungen aufzeigte, in seinem zweiten, artikulierenden Teil, den Entwurf eines Grundgesetzes mit Angaben von Mehrheits- und Minderheitsvorschlägen enthielt und in seinem dritten, kommentierenden Teil, Einzelerläuterungen zu den vorgeschlagenen Grundgesetz-Artikeln gab212). Dieser recht föderalistisch ausgefallene „Bericht", auf dessen Gestalt Bayern durch detaillierte Vorarbeiten erheblichen Einfluß hatte nehmen können 213 ), wurde von der Ministerpräsidenten-Konferenz dem Parlamentarischen Rat als Arbeitsgrundlage, nicht jedoch als Regierungsvorlage der Länder zugeleitet. Gegen Tendenzen der CDU/CSU, den „Bericht" als bindend oder zumindest als richtungweisend für die Arbeit des Parlamentarischen Rates zu erklären, hatte sich die SPD mit Erfolg zur Wehr gesetzt214). Dennoch ist es nicht zu verkennen, daß dieser Verfassungsentwurf von Herrenchiemsee nicht nur den Aufbau, sondern auch die wichtigsten Hauptgedanken des späteren Grundgesetzes entscheidend vorgeformt hat215). Als dann der Parlamentarische Rat am 1. September mit einer, wie Ehard fand, sehr zurückhaltenden und das Mitgestaltungsrecht der Länder zu wenig akzentuierenden Rede des Vorsitzenden der Ministerpräsidenten-Konferenz, deä hessischen Ministerpräsidenten Stock210), feierlich im Museum König eröffnet wurde und am gleichen Tage um 15.00 Uhr zu seiner konstituierenden Sitzung in der Pädagogischen Akademie zusammenkam, waren sich alle 70 Delegierten, die sich auf CDU/CSU (27), SPD (27), FDP (5), DP, KPD, Zentrum (je 2) verteilten (sowie 5 Berliner Vertreter ohne Stimmrecht) darüber im Klären, daß „ein Akt der Militärgouverneure der drei Westzonen" (Adenauer) sie zusammengeführt hatte. Sie wußten auch, daß sie nicht in völliger Unabhängigkeit und Souveränität handeln konnten. Dennoch waren sie entschlossen, im Rahmen der ihnen
212
) Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23. August. Hrsg. vom Verfassungsausschuß der Ministerpräsidenten-Konferenz der westlichen Besatzungszonen. München 1948. 213 ) Bayern hatte den artikulierten Entwurf einer Bundesverfassung „Entwurf eines Grundgesetzes. Referentenentwurf, Arbeitsgrundlage für die bayerische Delegation in Herrenchiemsee", ein Memorandum „Bayerische Leitgedanken für die Schaffung des Grundgesetzes" sowie artikulierte bayer. Vorschläge zu einzelnen Verfassungsproblemen vorgelegt (BA Z 12/46, 47; Bibliothek des Dt. Bundestages, M 70272; M 70266; M 70275); s. dazu auch von Gronau, Der dt. Föderalismus und der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee, S. 16 ff.; Otto, Staatsverständnis, S. 31 ff. Diese Materialien wurden den Beratungen zwar nicht offiziell zugrundegelegt, spielten jedodi bei den Kommissionssitzungen eine erhebliche Rolle. 21 ") Stock an den Präs. des PR, Wiesbaden, 31. 8. 1948 (BA Z 12/35, Bl. 162 ff., auszugsweise gedr. in: Dok. Nr. 24, Anm. 61); zur Haltung der SPD s. Carlo Schmid in: Sozialdemokratischer Pressedienst, 25. 8. 1948 sowie interne Mitteilung der SPD über den PR, S. 11 f. (Ardi. FES, NL Menzel J 92). 21S ) Otto, Staatsverständnis, S. 39 ff.; vgl. zu diesem Komplex auch Köhle, Vorgeschichte, Arbeit und Konflikte des PR, in: Polit. Studien 22,1971, S. 605 ff. 218 ) Dok. Nr. 26; Dok. Nr. 24, Anm. 16; Vogelsang, Deutschland, S. 96 f.
LVI
Einleitung gestellten Aufgaben „völlig frei und völlig selbständig" zu beraten und zu entscheiden217) Ein neues Kapitel bundesrepublikanisdier Gründungsgeschidite, mit anderen Akteuren, unter anderen, nunmehr verfassungspolitischen Vorzeichen hatte damit begonnen. Die Ministerpräsidenten traten in den Hintergrund, die Stunde der Parteien war gekommen.
II. NEUGLIEDERUNG DER LÄNDER
Territoriale Situation im Nachkriegsdeutschland Das Frankfurter Dokument II hat in Deutschland nicht dieselben politischen Energien freigesetzt wie dies bei der Beratung von Dokument I der Fall war; daraus darf nicht geschlossen werden, daß die Frage der Länderneugliederung nur eine nebensächliche Rolle in den Überlegungen der Alliierten, in den Diskussionen der Ministerpräsidenten oder in den Erwartungen der deutschen Öffentlichkeit gespielt hätte; das Gegenteil war der Fall. Der Beratungsumkreis war durch Dokument II eindeutig fixiert. Es gab den Ministerpräsidenten ein klares Arbeitsprogramm auf und machte zugleich die enge Verbindung deutlich, die die Alliierten zwischen der Länder- und der Verfassungsstruktur herzustellen gewillt waren: Überprüfung der bestehenden Ländergrenzen und Schaffung ausgewogener neuer Länder bis zum Zusammentritt der Verfassunggebenden Versammlung 218 ). Wie sah nun die territoriale Situation aus, mit der sich die Ministerpräsidenten zu befassen hatten? Die nach dem Zusammenbruch eingeleitete Neugestaltung war ausschließlich durch besatzungspolitische und militäradministrative Interessen der alliierten Mächte bestimmt worden: die Zonieneinteilungen hatten willkürliche Grenzmarken gesetzt und weitere territoriale Gliederungsmaßnahmen nur innerhalb einer jeden Zone möglich gemacht219). In den westlichen Zonen war die Bildung neuer Länder bis Ende 1947 überall abgeschlossen. Die amerikanische Besatzungsmacht hatte in ihrer Zone schon am 19. September 1945 die neuen Länder Bayern, Hessen und Württemberg-Baden eingerichtet, zu denen sich später noch (gemäß amerikanisch-britischem Abkommen) die
!17
) PR Plenum, 1. Sitzung vom 1. 9.1948, S. 4. ) Dok. Nr. 4. tM ) Zu Zoneneinteilung und Neubildung der Länder in den einzelnen Zonen s. die zusammenfassenden Oberblicke bei Esdienburg, Neugliederung, S. 19 ff.; Wagner, Bildung der Länder, in: Territorien-Ploetz, II, S. 656 ff.
218
LVII
Einleitung Hansestadt Bremen als selbständiges Land hinzugesellte220). Bayern war dabei in seinen historischen Grenzen wiedererstanden (allerdings ohne die Pfalz und den Kreis Lindau, der als autonomer Kreis von Württemberg-Hohenzollern mitverwaltet wurde), während das neue Land Württemberg-Baden - infolge der amerikanisch-französischen Zonenabgrenzung - nur aus den jeweils nördlichen Hälften der ehemaligen Länder Württemberg und Baden und das Land Hessen aus dem ehemaligen Freistaat Hessen-Darmstadt und der Provinz Hessen-Nassau gebildet wurde. In der britischen Besatzungszone lagen die territorialen Dinge komplizierter; sie setzte sich aus sehr heterogenen historischen Gebietsformen zusammen, die zumeist erst im Laufe des Jahres 1946 zu großräumigen Ländereinheiten zusammengefügt werden konnten: die ehemals preußische Provinz SchleswigHolstein wurde als eigenständiges Land verselbständigt, aus der preußischen Provinz Hannover und den Freistaaten Oldenburg, Braunschweig und Sdiaumburg-Lippe das Land Niedersachsen geformt, während die politisch und wirtschaftlich wichtigste Neuschöpfung der Briten, das Land Nordrhein-Westfalen, aus der preußischen Provinz Westfalen und der nördlichen Rheinprovinz (Regierungsbezirke Aachen, Köln und Düsseldorf) sowie dem Freistaat LippeDetmold zusammengesetzt wurde. Die Hansestadt Hamburg blieb als eigenständiger Stadtstaat erhalten. In dem unorganischen Territorialgeflecht der französischen Zone war die Bildung von Ländereinheiten ebenfalls erst im Laufe des Jahres 1946 endgültig abgeschlossen. Hier hatte die Besatzungsmacht das neue Land Rheinland-Pfalz aus den Regierungsbezirken Trier und Koblenz der südlichen Rheinprovinz, der ehemals bayerischen Pfalz, den linksrheinischen Gebieten des Freistaates Hessen und den Kreisen zwischen Westerwald und Taunus der ehemaligen Provinz Hessen gebildet. Aus dem südlichen Teil des ehemaligen Baden war das Land Baden geformt, das neue Land Württemberg-Hohenzollern aus dem früher preußischen Regierungsbezirk Hohenzollern-Sigmaringen und dem südlichen Teil Württembergs zusammengesetzt worden. Das Saarland schließlich war von den Franzosen aus ihrer Besatzungszone ausgegliedert worden und erhielt - mit Einwilligung der übrigen Westmächte den Sonderstatus eines autonomen Landes mit wirtschaftlichem Anschluß an Frankreich221). Die territorialen Gliederungsmaßnahmen in den Zonen hatten damit zwar einige großräumige Gebilde geschaffen, durch die die geschichtlich bedingte kleinstaat-
220) Proklamation Nr. 2 in: Pollodc und Meisel, Germany, S. 119; dt.: Stammen. Einigkeit, S. 40 f.; Bremen gehörte zunächst zur brit. Besatzungszone, Stadt und Häfen wurden jedoch bald eine Enklave des amerik. Besatzungsgebietes (8. 5. 1945), ehe es dann mit Wirkung vom 1. 1. 1947 als selbständiges Land zur amerik. Zone kam (Proklamation Nr. 3 der amerik. MilReg., 21. 1. 1947, ABl. MilReg., C, S. 1 u. VO Nr. 76 der brit. MilReg., 31. 12. 1946, ABl. MilReg., S. 411). 221 ) Zu Einzelheiten der Länderneubildungen s. vor allem die Darstellungen über die einzelnen Länder in: Territorien-Ploetz, II, passim. LVIII
Einleitung liehe Zersplitterung Deutschlands beseitigt worden war222), an vielen Stellen sdiien die Neuordnung jedodi willkürlich und verbesserungsbedürftig: die unorganischen Gebietszusammenbindungen, die zu den Ländern RheinlandPfalz und Hessen geführt hatten, konnten wenig zufriedenstellen; vor allen Dingen aber litt der deutsche Südwesten unter der „unnatürlichen Zerschneidung" der alten Länder Württemberg und Baden223]. Durch die zonalen Länderneubildungen waren aber nicht nur zahlreiche historische, politische und wirtschaftliche Bindungen zerstört worden, die neu entstandenen Länder waren auch in ihrer Größe, in ihrer Wirtschafts- und Finanzkraft und in ihrer sozialen Struktur so unterschiedlich angelegt, daß sie nicht als sinnvolle Vorformen für einen Bundesstaat erscheinen konnten. So hatte das bevölkerungsmäßig größte Land Nordrhein-Westfalen 24 mal soviele Einwohner wie das kleinste Land Bremen, das gebietsmäßig größte Land Bayern mehr als 200 mal soviel Flächeninhalt wie Bremen, das steuerstärkste Land Hamburg je Kopf der Bevölkerung 4 V2 mal soviel Steuereinnahmen wie das steuerschwächste Land Schleswig-Holstein224). Angesichts dieser territorialen Situation waren in Deutschland schon bald Forderungen nach einer Neuabgrenzung und nach Bildung von Ländern laut geworden, die in Größe, Leistungsfähigkeit und Struktur einander vergleichbar sein sollten225). Aber auch bei den Westalliierten war längst die Einsicht gewachsen, daß nur ausgewogene territoriale Teilgebiete eine geeignete Grundlage für die vorgesehene Bildung einer föderativ aufgebauten größeren staatlichen Einheit abgeben konnten. Deshalb drängten vor allem die Amerikaner und die Franzosen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, auf eine Neugliederung der westzonalen Länder; die Briten, die ihre Zone gerade erst neu geformt hatten, waren dagegen an Grenzveränderungen wenig interessiert.
Alliierte
Zieluorstellungen
Auf der Londoner Konferenz war es in der Frage der Länderneugliec^erung relativ schnell zu einer Einigung über bestimmte grundlegende Prinzipien gekommen: keine Wiederherstellung Preußens, kein Weiterbestand von Enund Exklaven (Pfalz bleibt von Bayern getrennt); Beibehaltung von Hamburg und Bremen als selbständige Einheiten, jedodi keine Neuschaffung ähnlich kleiner Gebilde; keine Aufteilung historisch gewachsener größerer Länder-
222
) Vor allem die großräumigen Länderbildungen in der brit. Zone schienen mit der napoleonischen Territorialreform vergleichbar zu sein, Deuerlein, Deutschland, S. 125. 223 ) Dok. Nr. 6, S. 87 und passim, sowie Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 84 ff. Franz Suchan, Neugestaltung der dt. Länder, in: Telegraf, 25. 8.1948. S. z. B. Rede Walter Menzels vor dem Zonenbeirat, Hamburg, 25. 11. 1947 [PA, Dt. Bundestag, 1/228).
LIX
Einleitung einheiten; Schaffung eines einzigen Landes im Südwesten, Württemberg-Baden oder - je nach Ausgang eines Volksentscheids - höchstens zweier Länder (Württemberg und Baden)220). Allerdings gerieten die Einzelheiten einer Länderneugliederung dann doch sehr bald in das Spannungsfeld politischer Gegensätzlichkeiten und unterschiedlicher deutschlandpolitischer Zielsetzungen. Frankreich maß der Neugliederung der Ländergrenzen eine entscheidende Bedeutung bei, da es über die territoriale Neugestaltung Westdeutschlands nicht nur dessen föderativen Aufbau zu gewährleisten, sondern feste Einfluß- und Sicherheitszonen zu gewinnen hoffte. Deshalb wurde die Ländergrenzenfrage zu einem wichtigen Instrument der französischen Deutschlandpolitik, das vor allen anderen Maßnahmen Priorität erhielt: nur bei vorausgegangener befriedigender Lösung des Territorrialproblems, so Frankreichs Haltung in London, sollte die Verfassunggebende Versammlung zusammentreten können 227 ). Auf der Londoner Konferenz war dann Frankreich speziell darum bemüht, die Bildung eines Rheinland-Staates (die ehemaligen Rheinlande mit den Regierungsbezirken Koblenz, Trier und der Hauptstadt Köln) unter französischer Besatzungshoheit zu erreichen, um diesen rein linksrheinischen Staat politisch und wirtschaftlich - ähnlidi wie die Saar - ganz nach Frankreich ausrichten zu können. Zum Ausgleich dafür zeigte es sich bereit, im Südwesten seine Besatzungszone aufzugeben und die Pfalz (sowie die Kreise Diez und St. Goarshausen) an Hessen angliedern zu lassen 228 ). Beim Bemühen um Konkretisierung dieser Vorstellungen stieß Frankreich jedoch auf den energischen Widerstand der Engländer, die eine Aufteilung des erst geschaffenen Nordrhein-Westfalen, des wichtigsten westdeutschen Industriezentrums, unter allen Umständen verhindern wollten. Erst nach langem und zähem Ringen fanden sich die Briten in London schließlich bereit, einer möglichen Aufteilung Nordrhein-Westfalens zuzustimmen, wenn dies von den Deutschen ausdrücklich gewünscht werde, aber auch dann nur in einem ganz bestimmten Rahmen unter Beachtung genau fixierter Abstimmungsmodalitäten für die Bevölkerung229). Frankreich war seinerseits allerdings nur dann bereit, die gegebene territoriale Existenz von Rheinland-Pfalz antasten zu lassen, wenn Nordrhein-Westfalen nicht in seinen jetzigen Grenzen bestehen blieb230). Alle drei Besatzungsmächte einigten sich ferner darauf, eine weitere Vergrößerung Nordrhein-Westfalens (etwa durch die Regierungsbezirke Koblenz und Trier) nicht mehr zuzulassen: ein zweites Preußen sollte es nicht geben. Kein neugeschaffenes Land sollte deshalb größer sein als Bayern und Nordrhein-Westfalen in ihren jetzigen Dimensionen 231 ). *26) For Rel, 1948, II, S. 173 f. u. p a s s i m . *") For Rel. 1948, II, S. 133 f., 396 ff. und passim. 229 ) For Rel. 1948, II, S. 174, 379; s. a u d i Dok. Nr. 6, Anm. 34 a; S o p a d e 1948, VII, S. 121; Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 98 ff. 229 ) For Rel. 1948, II, S. 174, 237 ff., 306 f.; s. audi Dok. Nr. 27, A n l a g e 1. 250 ) For. Rel. 1948, II, S. 174, 379. 251
) For Rel. 1948, II, S. 208, 239, 379; Dok. Nr. 2 u. Dok. Nr. 18, A n m . 4.
LX
Einleitung So w a r e n die A u f f a s s u n g s u n t e r s d i i e d e unter den Alliierten noch keineswegs ausgetragen, als sie sich am 26. Mai 1948 in London auf die Kompromißforniel einigten 232 ), die d a n n als F r a n k f u r t e r Dokument II den Ministerpräsidenten übergeben wurde. Nicht zuletzt deshalb sind die Bestimmungen des Dokuments sehr allgemein gehalten: Ü b e r p r ü f u n g der Ländergrenzen u n t e r Berücksichtigung der geschichtlich gewachsenen Z u s a m m e n h ä n g e bei Beachtung eines territorialen Gleichgewichts unter den Ländern. Die Einzelheiten, die in London über mögliche u n d nichtakzeptable V e r ä n d e r u n g e n verabredet w o r d e n w a r e n , w u r d e n den Deutschen - ähnlich wie bei den in London konzipierten Verfassungsbestimmungen - nicht mitgeteilt, da die Entscheidung von den Alliierten nicht präjudiziert u n d die Deutschen sich zunächst selbst über die künftige territoriale Gestalt ihres Landes einig w e r d e n sollten. Vielleicht hatte m a n auf alliierter Seite, zumindest bei den Angelsachsen, auch die H o f f n u n g , daß die Deutschen müheloser das leisten könnten, w o z u sich die Alliierten nicht in der Lage sahen 2 3 3 ). Oder spekulierten vielleicht gewisse alliierte Kreise von vornherein mit der Uneinigkeit der Deutschen, u m dadurch die gesamte Weststaat-Entwicklung h e m m e n zu k ö n n e n ? Daß die Franzosen solche Hintergedanken hatten, w u r d e ihnen zumindest von deutscher Seite unterstellt 2 3 4 ).
Die Länderneugliederung im Spannungsfeld deutsch-alliierter
Interessengegensätze
Das Angebot der Alliierten an die Ministerpräsidenten, die von den Besatzungsm ä d i t e n gestaltete territoriale Wirklichkeit zu ü b e r p r ü f e n u n d einer sinnvollen Ä n d e r u n g z u z u f ü h r e n , k o n n t e als b e d e u t e n d e r Schritt auf dem W e g zu einer eigenständigen deutschen Gestaltungsmöglichkeit angesehen w e r d e n . Dadurch, so hat es L ü d e m a n n dargestellt, „ ö f f n e n sich f ü r uns Möglichkeiten . . . einen willkürlichen A k t der Besatzungsmacht zu beseitigen" 2 3 5 ). Trotzdem erweckte der jetzt - in Z u s a m m e n h a n g mit der staatlichen Neugestaltung der Westzone erteilte A u f t r a g keine große Begeisterung: die Ministerpräsidenten w a r e n sich des schwierigen u n d politisch heiklen Unterfangens ebenso b e w u ß t wie der Tatsache, daß sie als Gremium d e n k b a r ungeeignet waren, territoriale Neuf o r m u n g e n d u r c h z u f ü h r e n : jeder Ministerpräsident w a r Partei u n d eigensüchtigen landespolitischen Interessen u n d Zielen verpflichtet, so daß es k a u m möglich schien, in kurzer Zeit einen v e r n ü n f t i g e n Interessenausgleich zu bewerkstelligen u n d eine einmütige Stellungnahme zu erreichen. W a s jedoch noch schwerer wog, w a r das Wissen, daß sich jede Neugliederung im Spannungsfeld
232
) S. das in London verabschiedete Konferenzpapier: Political Organisation vom 31. 5. 1948 mit dem Annex: Reorganisation of the Leander vom 26. 5. 1948, For Rei. 1948, II, S. 305 ff. 2S3 ) Äußerungen Ehards vor seinem Kabinett, Sitzung des bayer. MinRates vom 3. 7. 1948 (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). 234 ) Dok. Nr. 6, S. 78 f., 121. 235 ) Ebda., S. 79. LXI
Einleitung alliierter Besatzungsinteressen vollziehen mußte: Die französischen Bestrebungen und Aktivitäten waren den Deutschen nicht verborgen geblieben236]. In Koblenz waren sich die Ministerpräsidenten deshalb darüber einig, daß die Frage der Länderneugliederung, obwohl sie „von einschneidender Bedeutung für unser Gemeinschaftsleben" (Stock) sein mußte 237 ), sehr vorsichtig angegangen und keine übereilten Maßnahmen eingeleitet werden durften: gesamtund rein innerdeutsche Gesichtspunkte, die die Besatzungsmächte nicht zu interessieren hätten, so wie der Wunsch, ein demokratisch-parlamentarisches Gremium mit der Neugliederungsaufgabe zu betrauen, standen ebenso im Vordergrund der Überlegungen wie die Befürchtung, durch langwierige Diskussionen über Fragen der Ländergrenzen einer schnellen Bildung der Trizone den Weg zu versperren: „Eine solche Überprüfung und Gestaltung der Länder im Vereinigten Verwaltungsgebiet ist eine deutsche Aufgabe. Sie setzt das Vorhandensein gemeinsamer Organe demokratisch-parlamentarischen Charakters voraus. Sie kann daher nicht in kurzer Zeit gelöst werden 238 )." Die Ministerpräsidenten gingen zudem davon aus, daß die Länderneugliederung nur dann einen eiligen Charakter habe, wenn an die Bildung eines Vollstaates gedacht sei. „Dieser Grund entfällt, indem wir eine definitive Staatsbildung ablehnen" (Altmeier)239). Da jedoch die südwestdeutschen Länderchefs, vor allem Maier (WürttembergBaden) und Bock (Württemberg-Hohenzollern), die brennend an der Beseitigung der willkürlichen Zersplitterung im deutschen Südwesten interessiert waren, eine totale Passivität der Ministerpräsidenten in diesen Fragen vor ihrer Bevölkerung nicht glaubten verantworten zu können, rangen sich die elf Länderchefs schließlich dazu durch, „die Beseitigung der im* Südwesten Deutschlands bestehenden besonders unerfreulichen territorialen Verhältnisse" als konkretes Änderungsziel vorzuschlagen, über das jedoch der Parlamentarische Rat beraten und den Ministerpräsidenten Vorschläge unterbreiten sollte; auf alle Fälle müßten die Neugliederungsmaßnahmen auf den Südwestraum beschränkt werden, da eine Gesamtlösung für den Augenblick nicht realisierbar sei240). Die Antwort der Ministerpräsidenten zur Länderneugliederung stellte damit in ihrer zeitlichen Disponierung, dem vorgesehenen Umfang und der versuchten Zuständigkeitsverlagerung eine entscheidende Abweichung von Dokument II dar, so daß es nicht überraschen konnte, wenn die Militärgouverneure, allen voran General Koenig, mit der deutschen Stellungnahme nicht einverstanden
236
) Dok. Nr. 6, passim; Dok. Nr. 11, passim; s. auch Sitzung des Landergrenzenausschusses, Niederwald, 3. 8. 1948, wo Lüdeman darauf hinwies, „daß das Gremium der Ministerpräsidenten . . . ein höchst ungeeignetes Gremium für die Lösung dieses Problems ist, weil sie alle irgendwie ihren Ländern verpflichtet sind und sich in verschiedener Stärke etwas gebunden fühlen an irgendwelche wirtschaftlichen, stammesmäßigen und sonstigen Interessen, Wünsche und Strömungen ihrer Länder" (BA Z 12/66, Bl. 7 f.). 237 ) Dok. Nr. 6, S. 70. 238 ) Dok. Nr. 7. 239 ) Dok. Nr. 6, S. 82. 240 j Dok. Nr. 7; s. audi Dok. Nr. 6, S. 118 f., 130.
LXII
Einleitung waren: das Frankfurter Dokument II enthielt nach französischer Auffassung kein Angebot, sondern eine klare Aufforderung an die Ministerpräsidenten, als Präludium für die beginnenden Verfassungsberatungen eine territoriale Neugliederung durchzuführen. Aber auch die Angelsachsen waren im Interesse der in London verabredeten Gesamtkonzeption nicht bereit, das mühsam zustandegekommene Geflecht der Abmachungen an dieser, für Frankreich so wichtigen Stelle, zu durchbrechen241). Deshalb wurden die Ministerpräsidenten am 20. Juli 1948 von den Militärgouverneuren sehr deutlich über die große Bedeutung der Länderneugliederung informiert und zu einer klaren, nicht an andere Gremien delegierbaren Entscheidung gedrängt. Die in Dokument II vorgesehene Reihenfolge und Prozedur müsse eingehalten werden, da jede weitere Grenzänderung bis zu einem Friedensschluß zurückzustellen sei: nach Erlaß der Verfassung dürften die Grenzen der Länder, deren Veränderung auch Rückwirkungen auf die Zonengrenzen haben könnte, nicht mehr modifiziert werden, da fest organisierte Länder die Voraussetzung für ein gut funktionierendes föderatives System seien242). Allerdings hat Robertson den Deutschen insgeheim zu verstehen gegeben, daß sie auch ungeniert nein zu jeder territorialen Neugliederung sagen könnten 243 ). Dazu verstanden sich die Ministerpräsidenten in ihrer Mehrheit Vorerst aber noch nicht. Nach den Erläuterungen der Militärgouverneure traten vielmehr bei der Ministerpräsidenten-Konferenz in Niederwald (21. - 22. Juli 1948) zwei neue Aspekte in den Vordergrund der Diskussion: die Bedeutung, die einer Umgestaltung der Länder von alliierter Seite offensichtlich zugemessen wurde sowie die möglichen Rückwirkungen der Länderneugliederung auf die alliierten Zonengrenzen244). Die Erörterung dieser Fragen führte in Niederwald zu einer starken Meinungsdissonanz unter den Ministerpräsidenten über den Gesamtkomplex der Länderneugliederung. Eine Reihe von Ministerpräsidenten fürchtete nun noch mehr als in Koblenz die Folgewirkungen: Beginn einer unübersehbaren Veränderungsdiskussion, Aufschiebung der trizonalen Vereinigung, Zonenaustausch bei gleichzeitiger Realisierung französischer Pläne (Rheinland-Staat), Gefahr für den Zusammenhalt wichtiger Ländereinheiten (Nordrhein-Westfalen). Selbst eine Neugliederung des Südwestraums schien dieser Gruppe nur dann möglich, wenn die Frage eindeutig lokalisiert und ohne zonenverschiebende Wirkung durchgeführt werden konnte. Wenn jedoch mit der Regelung in WürttembergBaden ein Austausch von Besatzungszonen erforderlich werden und die Franzosen ihre Zone weiter zum Rhein herunterverlagern könnten, „dann würde zur Stunde keine Möglichkeit gegeben sein, auch die Frage Württemberg-Baden
241
) Bericht Murphys an Secretary of State über die Besprechung der drei MilGouv. in Frankfurt, 15. 7. 1948 (For Rei. 1948, II, S. 396ff.); s. audi Brill an Altmeier, Wiesbaden, 17. 7.1948 (BA Z 12/8, Bl. 186 f.). I42 ) Dok. Nr. 10. S43 ) Dok. Nr. 11, S. 182. 244 ) Dok. Nr. 11, passim.
LXIII
Einleitung vorgriffsweise in Angriff zu nehmen. Dann müßte das zurückgestellt werden, bis die Ordnung in Deutschland hergestellt sein wird, die wir braudien" (Arnold)245). Daneben rückte das entscheidende politische Problem Nordrhein-Westfalen und die bei einer Auflösung von Rheinland-Pfalz befürchtete Rückwirkung auf die Integralität dieses Industrielandes immer stärker in den Blickpunkt der Erörterungen. Selbst Carlo Schmid, der sich sehr stark für die Neugliederung im Südwesten engagierte, hatte Bedenken: „Wenn ich das Prinzipielle [einer Länderneugliederung] anführen will, so muß ich sagen, daß es vielleicht gefährlich sein könnte, das Problem jetzt einer Klärung zuzuführen. Ich erinnere nur an die politische Bedeutung des Landes Westfalen in seiner heutigen Form. Die heutige Form und Ausdehnung dieses Landes ist die beste Garantie dafür, daß das Ruhrgebiet eine deutsche Angelegenheit bleibt 248 )." Dennoch setzte sich schließlich - in einem letztlich nicht restlos ausgetragenen und deshalb weiter schwelenden Meinungskonflikt - die Gruppe um Lüdemann mit dem in der Kommission erarbeiteten Vorschlag durch, die Aufforderung der Militärgouverneure zur Überprüfung der Ländergrenzen grundsätzlich anzunehmen und Vorschläge auszuarbeiten, was allerdings nicht bis zum 1. September 1948 geschehen könne. Über das Ausmaß der möglichen Veränderüngen sollten keine Angaben gemacht, sondern ein Ausschuß zur Prüfung des Fragenkomplexes eingesetzt werden 247 ). Die Militärgouverneure zeigten sich daraufhin in der abschließenden Konferenz vom 26. Juli 1948 bereit, bei ihren Regierungen eine Terminverlängerung zu befürworten, die schließlich bis zum 15. Oktober 1948 gewährt wurde 248 ).
Problemkreis und Lösungsvorschläge Mit der Arbeit des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen, der durch delegierte Länderfachleute besetzt wurde, sollte die entscheidende Phase der Neugliederungsdiskussion beginnen. Als Prämisse war ihm vorgegeben, daß die Ministerpräsidenten den von den Militärgouverneuen erteilten und als nicht delegierbar bezeichneten Auftrag akzeptiert hatten, die Ländergrenzen im Rahmen einer festgesetzten Frist zu überprüfen. Allerdings war die Arbeit des Ausschusses von Anfang an mit der Hypothek belastet, daß die Auftragserteilung nicht eindeutig war: während eine Mehrheit der Länderchefs die Begrenzung der Ausschußarbeit auf praktische Lösungsmöglichkeiten - und das hieß für sie Lösung der Südwestfrage - beschränkt sehen wollte, war eine Minderheit gegen jegliche Fixierung einer möglichen Aufgabenbeschränkung 249 ). Der Ausschuß sollte zumindest die Gesamtproblematik eingehend erörtern, und
245
) ) 247 ) 248 ) 246
249
Ebda., S. 196. Ebda., S. 199. Ebda., S. 237 ff. Dok. Nr. 13; zur Terminverlängerung s. Dok. Nr. 19.
j S. dazu die Dok. Nr. 16, 17, 18, 21, 22, 23, 27.
LXIV
Einleitung wenn möglidi, einen umfassenden Reformplan vorlegen250). Belastend für die Ausschußarbeit war weiterhin, daß der Vorsitzende, der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Lüdemann, die Aufgabenstellung des Ausschusses nicht nur extrem extensiv im Sinne einer generellen und umfassenden Neuordnungsarbeit auslegte, sondern auch selbst Partei war: in Koblenz gerade wegen seiner scheinbaren Neutralität und Sachkenntnis in den Vorsitz gewählt, versuchte er sehr bald das Problem Schleswig-Holstein in den Erörterungsbereich des Ausschusses mit einzubeziehen251). Der Ausschuß, der drei Arbeitsgruppen bildete252), suchte sich zunächst über die generellen Gesichtspunkte Klarheit zu schaffen, die bei Länderneugliederungen angewendet werden müßten: vergleichbare Größe und Bevölkerungszahl der neuzubildenden Länder, Wechsel zwischen verschieden strukturierten Ländern mit überwiegend agrarischem und überwiegend industriellem Charakter, Berücksichtigung zusammenhängender Wirtschaftsgebiete, Nutzung von Möglichkeiten zur sinnvollen Ergänzung von Industrie- und Landwirtschaft. Als Diskussionsgrundlage wurden dabei bereits vorliegende, aus der Weimarer Zeit und aus der Jetztzeit stammende Neugliederungsgesamtpläne genommen; dabei spielte vor allem ein Fünf-Länderplan, der möglichst große und möglichst wenige Länder vorsah (Bayern, Württemberg-Baden, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen) sowie ein Plan von Ministerpräsident Lüdemann eine besondere Rolle, der ebenfalls sehr stark in die bisherige territoriale Gliederung einzugreifen suchte und dabei von sieben, an Stromlandschaften orientierten Ländern ausging258). Alle möglichen Grenzveränderungen sowie die Regulierung der bestehenden En- und Exklaven wurden vom Ausschuß in einem übersichtlichen Katalog zusammengestellt, konkrete Folgerungen daraus zunächst jedoch nicht gezogen254). Der Ausschuß erkannte nämlich recht bald, daß er sich, so wie es die Delegierten Bayerns, Bremens, Hamburgs, Nordrhein-Westfalens forderten, auf realisierbare und akute Nahziele konzentrieren mußte, die sich - nach einem Vorschlag des bayerischen Staatsministers Pfeiffer - um drei Problemkreise legen mußten: Bildung eines vereinigten Südweststaates, Weiterbestand des Landes RheinlandPfalz und Auflösung von Schleswig-Holstein255).
2S0)
231 )
«") *") B5)
S. die Diskussionen auf der konstituierenden Sitzung des LändergrenzenaussChusses vom 27. 7. 1948 (Regest inr Dok. Nr. 16, Anm. 2) sowie die Kontroversen über diese Fragen zwischen Brauer/Ehard und Lüdemann auf der MinPräs.-Konferenz in Niederwald, 31. 8. 1948, Dok. Nr. 24; dazu auch die Schriftwechsel zwischen Brauer-Lüdemann, 29. 7. 1948, 30. 7. 1948 (Dok. Nr. 24, Anm. 32) und Ehard-Lüdemann, 2. 8. 1948 (Dok. Nr. 11, Anm. 100). Bericht Pfeiffers über die Tätigkeit des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen, 1. 10. 1948 (BA Z 12/67, Bl. 115 ff.). Brauer hat Lüdemann deshalb aufgefordert, den Ausschußvorsitz niederzulegen (Brauer an Lüdemann, Hamburg, 29. 7. 1948, zit. Dok. Nr. 24, Anm. 32). Zur Bildung und Besetzung der Arbeitsgruppen auf der konstituierenden Sitzung s. Dok. Nr. 16, Anm. 2. Dok. Nr. 16. Dok. Nr. 17, Anlage. Dok. Nr. 17.
LXV 5 Parlament. Rat
Einleitung 1. Auflösung des Landes Schleswig-Holstein Sowohl der Neugliederungsplan Lüdemanns als auch eine Denkschrift, die Schleswig-Holstein vorlegte, zielten darauf ab, das ohne fremde Finanzhilfe nicht existenzfähige Land Schleswig-Holstein um einen breiten Streifen niedersächsischen Gebietes südlich der Elbe zu erweitern und Hamburg als neue Hauptstadt in dieses Gebiet zu integrieren; aber auch eine Vereinigung Schleswig-Holsteins nur mit Hamburg oder nur mit Niedersachsen wurde als Alternative angeboten 256 ). Dagegen wehrten sich jedoch die Stadtstaaten Hamburg und Bremen mit aller Entschiedenheit, da sie ihre selbständige Existenz unter dem Vorzeichen der Wahrnehmung besonderer nationaler Aufgaben als Hafenstädte unter allen Umständen retten und sich deshalb jeglicher Diskussion über Neugliederungsmaßnahmen entziehen wollten. Aus nationalem Interesse müßten Bremen und Hamburg in ihrem staatsrechtlichen Charakter so gestellt bleiben, daß sie mit der Zentralgewalt in direkter Verbindung stünden. Aber auch Niedersachsen war nicht bereit, einer Änderung seines Territorialgebietes oder der Aufnahme des ganzen Landes Schleswig-Holstein in seinen Staatsverband zuzustimmen 257 ). Angesichts dieser Divergenzen kam der Ausschuß zu keinem konkreten Beschluß über Schleswig-Holstein; lediglich die Bildung eines neuen, kleineii Landes Süd-Schleswig, das der Süd-Schleswigsche-Wählerverband gefordert hatte, wurde einhellig abgelehnt 258 ). 2. Der Weiterbestand von Rheinland-Pfalz Das Land Rheinland-Pfalz wurde in besonderem Maße als ein unorganisches Gebilde empfunden, dessen einzelne Glieder wieder auseinander zu streben schienen: vor allem in der Pfalz bestanden starke Strömungen, die eine rechtsrheinische Verankerung mit Anschluß an Baden, Württemberg-Baden oder einen neugebildeten Südweststaat suchten, andere {vor allem SPD-Kreise), die eine Vereinigung mit Hessen ins Auge faßten 259 ). Ohne die Pfalz wäre jedoch das Land nicht mehr lebensfähig gewesen; auch hätten die Militärgouverneure einen nur auf die südlichen Landesteile abgestimmten Vorschlag abgelehnt. Dagegen hätten sie nichts gegen eine Verbindung des gesamten Landes Rheinland-Pfalz mit Hessen oder Württemberg-Baden einzuwenden gehabt 260 ); gegen diese Lösung schien sich jedoch die Bevölkerung der Regierungsbezirke von Trier und Koblenz zu sperren, die Anschluß nach Norden und die Wiederver-
25e
) Zum Neugliederungsplan Lüdemanns s. Dok. Nr. 16; zur schleswig-holsteinischen Denkschrift s. Dok. Nr. 21 und ebda., Anm. 8. ) Dok. Nr. 21, Anm. 9; Wortprotokoll der Ausschußsitzung vom 27. 8. 1948 (BA Z 12/66, Bl. 72 ff.) sowie Brief Kaisens an den Tagesspiegel, 28. 7. 1948. »") Dok. Nr. 21. 259 ) NZ, 8. 7. 1948; Die Freiheit, 10. 7. 1948; Rhein-Nedcar-Zeitung, 13. 8., 20. 8. 1948; Der Tagesspiegel, 20. 8. 1948; DUD, 3. 9. 1948, sowie Dok. Nr. 6, Anm. 92. 28 «) Dok. Nr. 18. ö7
LXVI
Einleitung einigung mit den Gebieten der ehemaligen Rheinprovinz zu finden suchten261). Das wäre nun wiederum ohne Veränderung Nordrhein-Westfalens, dessen Vergrößerung von den Militärgouverneuren ausdrücklich ausgeschlossen worden war, nicht möglich gewesen 262 ). Damit war für Rheinland-Pfalz die Situation klar: jede Veränderung des eigenen Landes mußte gleichzeitig eine Veränderung von Nordrhein-Westfalen mit sich bringen, dessen Existenz „automatisch" in Frage stellen und die ernste Gefahr einer Isolierung der Ruhr heraufbeschwören. Aus diesen Gründen sah das offizielle Rheinland-Pfalz, das wenig Neigung zu einer Auflösung seines Landes verspürte, das Verharren in den jetzigen Grenzen als das kleinere Übel an. Aus gesamtdeutschem Interesse heraus müsse die Frage gegenwärtig zurückgestellt werden 263 ). Zum „Brennpunkt der innerdeutschen Grenzproblematik" war damit das Land Nordrhein-Westfalen geworden, das gegen jegliche Neugliederungsmaßnahmen, vor allem jedoch gegen eine Auflösung des Landes Rheinland-Pfalz eingestellt schien, da es ernste Rückwirkungen auf den eigenen Zusammenhalt befürchten mußte und die Bildung eines Rheinlandstaates heraufziehen sah: „Damit wäre der linksrheinische Rheinstaat mit stärkster nationalpolitisdier Gefährdung geschaffen" und Frankreich am Ziel seiner politischen Wünsche264). In der Öffentlichkeit, die diese Schwierigkeiten voll würdigte, wurde allerdings audi der Verdacht geäußert, daß neben außen- und nationalpolitischen Gesichtspunkten, die mit der Isolierung des Ruhrgebietes und der Verstärkung des französischen Einflusses im Rheinland zusammenhingen, in beiden Ländern auch parteipolitische Erwägungen eine Rolle spielen könnten: die gestellte Aufgabe - so wurde vermutet - werde vor allem deshalb nicht gelöst, „weil man nicht die Pläne eines Groß-Rheinlandes bei dieser Gelegenheit erreichen könnte" 265 ). Nachweisbar ist zumindest die parteipolitisch motivierte Furcht, daß das Ruhrgebiet als krisenanfälliger industrieller Ballungsraum von den Gebieten stabileren Charakters, in die es zum soziologischen und wirtschaftlichen Ausgleich eingebettet sei, getrennt werden könnte und daß die von Hessen aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten geforderte und von der pfälzischen SPD unterstützte Bildung eines Landes Groß-Hessen-Pfalz einen sozialdemokratischen Querriegel zwischen Nord- und Süddeutschland legen würde 266 ). Neben Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen war aber auch Bayern im Augenblick wenig daran interessiert, den Status quo der Pfalz zu beseitigen,
261
) Dok. Nr. 6, S. 116; Dok. Nr. 11, S. 252 f.; s. auch Hermans, Die Frage der Ländergrenzen, in: Rhein. Merkur, 11. 9. 1940. 282 ) Dok. Nr. 18 u. ebda., Anm. 4. 26S ) Dok. Nr. 11, S. 243 f., 253; Dok. Nr. 17, Anm. 8; Dok. Nr. 23 und ebda., Anm. 6; s. dazu auch Hermans, Die Frage der Ländergrenzen, in: Rhein. Merkur, 11. 9.1948. 2M ) Dok. Nr. 6, passim; Dok. Nr. 11, passim; Vermerke von Gumppenbergs, Düsseldorf, 28. 7. 1948 u. 30. 7. 1948 (HStA Düsseldorf, NW 53-697); s. Dok. Nr. 17, Anm. 7 u. Hüttenberger, Arnold, S. 169 f. 265 } Rhein-Neckar-Zeitung, 13. 9. 1948. 266j Vermerk von Gumppenbergs über eine Besprechung mit Hermans in Koblenz, Düsseldorf, 4. 7. 1948 [HStA Düsseldorf NW 53-659).
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Einleitung denn nur solange das Provisorium Rheinland-Pfalz weiterbestand, konnte Bayern auf den Wiedererwerb der Pfalz hoffen 267 ). Entsprechend dieser Interessendivergenz, die im Ausschuß noch schärfer als auf der Ministerpräsidenten-Konferenz zum Ausdruck kam, zeigte es sidi sehr schnell, daß die mit ungenügenden Vollmachten ausgestatteten Ausschußmitglieder nicht in der Lage waren, in dieser Frage effektive Gestaltungsvorschläge auszuarbeiten. Man begnügte sidi vielmehr mit dem Beschluß, daß die von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gemachten außenpolitischen Darlegungen es als nicht angebracht erscheinen ließen, den Weiterbestand des Landes Rheinland-Pfalz in Frage zu stellen268). 3. Die Bildung eines vereinigten Südwest-Staates Dem Ländergrenzenausschuß blieb schließlich nur, wenn er überhaupt ein konkretes Ergebnis vorweisen wollte, der Rüdezug auf das lokale Problem Südwest. Hier kam es nach ausführlichen Erörterungen, die die kontroversen Ansichten zwischen Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern auf der einen und Baden auf der anderen Seite widerspiegelten, zu dem Beschluß, die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zu einem einzigen Land zu vereinigen, wobei jedoch, wie Baden es forderte, die von den alliierten Verbindungsoffizieren akzeptierte Möglichkeit bestehen sollte, der Bevölkerung bei der Abstimmung Alternativfragen vorzulegen 869 ). Aber selbst bei diesem Komplex waren die konkrete Einigung und die Detailabsprachen den betroffenen Länderchefs überlassen: „Der Ausschuß vertraut darauf, daß die Regierungschefs der drei Länder sich über die Maßnahmen zur Herbeiführung der Vereinigung verständigen werden." Diese Verhandlungen, die Anfang August einsetzten, haben durch Konstanzer eine ausführliche Darstellung gefunden 270 ). Dies war im Grunde dann auch das dürftige, von den Militärgouverneuren als enttäuschend empfundene Ergebnis der Beratungen, das die Ministerpräsidenten ihren alliierten Gesprächspartnern am 1. Oktober 1948 als Antwort auf das Frankfurter Dokument II präsentierten: Neugliederung der Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern auf der Basis noch keineswegs endgültig abgestimmter Vorschläge der drei südwestdeutschen Länderchefs: eindeutige Ablehnung der Bildung eines besonderen Landes Süd-Schleswig; Bereinigung der Ex- und Enklaven vor Ratifizierung des Grundgesetzes. Bei dieser Entschließung war zum erstenmal auch die bisher stets gewahrte Einheitlichkeit der deutschen Stellungnahmen verlorengegangen; eine Minderheit
267
} Dok. Nr. 11, S. 254 f. u. ebda., Anm. 104; Dok. Nr. 17; s. auch Bayer. Landtag, 30. 7. 1948, S. 1831 ff; 268 ) Dok. Nr. 17, 23, 24. 20 °) Dok. Nr. 21 und ebda., Anm. 4 u. 5. 270 ) Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 99 ff.; Konstanzer hat sich bei seiner Arbeit bereits in weitem Umfang auf Aktenmaterial, besonders der ehem. württembergisdi-hohenzollernsdien Regierung gestützt.
LXVIII
Einleitung der Ministerpräsidenten hielt an der Forderung nach einer Gesamtlösung fest 271 ). Der Ausschuß selbst war inzwischen nach langen Debatten auf der Ministerpräsidenten-Konferenz in Niederwald (31. August 1948), die jedoch keine wesentlich neuen Gesichtspunkte brachte, in einer Art „Affekthandlung" auf Antrag des hamburgisdien Bürgermeisters Brauer mit sechs (Bayern, Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Baden) gegen fünf Stimmen (Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden, WürttembergHohenzollern) aufgelöst worden 272 ). Auch ein Antrag des schleswig-holsteinischen Kabinetts, die Aus Schußberatungen wieder aufzunehmen, konnte die Mehrheit der Länderchefs nicht mehr umstimmen 273 ). Damit hatten die Ministerpräsidenten die territoriale Mitgestaltungsmöglichkeit im Rahmen des zu schaffenden Weststaates bewußt ausgeschlagen. Außenpolitische Bedenken, aber auch einzelstaatliche Sonderinteressen verhinderten jeden konstruktiven Beitrag zu einer sinnvollen Territorialreform. Der Auftrag zur Länderneugliederung wurde dann doch - zunächst gegen den Willen der Militärgouverneure - an den Parlamentarischen Rat weitergegeben, der die Neugestaltung der Länder als bindende, aber bis heute nicht erfüllte Verpflichtung in das Grundgesetz schrieb 274 ). III. DAS BESATZUNGSSTATUT Fortbestand und Modifikation
der Besatzungsherrschaft
Die Forderung nach einem Besatzungsstatut, das die Besatzungsherrschaft der Alliierten nach rechtsstaatlichen Grundsätzen festlegen und die Zuständigkeit zwischen der Besatzungsmacht und den deutschen Organen rechtlich eindeutig abgrenzen sollte, war in Deutschland seit der deutsch-französischen Juristentagung in Konstanz (2. Mai 1947) 275 ) und der Ministerpräsidenten-Konferenz in München (6.-8. Juni 1947) 276 ) immer wieder erhoben worden. Zunächst von ) Dok. Nr. 28; Die MinPräs.-Konferenz in Niederwald, 1. 10. 1948, hatte mit sechs gegen fünf Stimmen beschlossen, die Absätze über das Mehrheits- lind Minderheitsvotum nicht zu streichen (Protokoll, BA Z 12/76, Bl. 9f.); zur Enttäuschung der Alliierten, die zumindest einen einheitlichen Vorschlag von den MinPräs. u. keine Alternativen erwartet hätten, s. den Vermerk Bergners über eine Besprechung mit dem amerik. Verbindungsoffizier Simons, Wiesbaden, 11. 10. 1948 (BA Z 12/67, Bl. 142). 2 " ) Dok. Nr. 24, S. 377. " ' J Die schleswig-holsteinische Regierung protestierte am 18. 9. 1948 gegen den Beschluß der MinPräs.-Konferenz, die Tätigkeit des Ländergrenzenausschusses einzustellen und verlangte die sofortige Anberaumung einer neuen Konferenz (Die Landesregierung von Schleswig-Holstein an Stock, Kiel, 18. 9. 1948, BA Z 12/67, Bl. 81 ff.); aber auch dieser Antrag wurde auf der MinPräs.-Konferenz in Niederwald, 1. 10. 1948, mit 6 gegen 5 Stimmen abgelehnt. (BA Z 12/76, Bl. 9). *") GG.Art. 29. *") Bonner Kommentar, V, Anh., Besatzungsrecht, S. 3; Schwarz, Bundesrepublik, S. 583 ff.; van Wylick, Besatzungsstatut, S. 56 ff. 27>) Die Deutsche Ministerpräsidenten-Konferenz in München vom 6. - 8. Juni 1947, Hrsg. von der Bayer. StK. München 1947. nl
LXIX
Einleitung Carlo Schmid propagiert und von der SPD mit besonderer Intensität aufgegriffen 277 ), hatte sich dieses Anliegen bis Sommer 1948 bei allen Parteien als entscheidende Maxime deutscher Politik durchgesetzt 278 ): ein Besatzungsstatut sollte als temporäres Staatsgrundgesetz bis zu einem Friedensvertrag Geltung haben und innerstaatliche Verfassungsnormen überflüssig machen, zumindest jedoch vor dem Beginn einer jeglichen staatlichen und verfassungsrechtlichen Neuordnung erlassen werden. Vorschläge über die Gestalt eines solchen Besatzungsstatuts wurden von zahlreichen deutschen Stellen ausgearbeitet 279 ). Es war deshalb eine bittere Enttäuschung f ü r die Deutschen, daß das Londoner Kommunique keine Einzelheiten über ein Besatzungsstatut enthielt, eine Enttäuschung, die sich allerdings noch erheblich steigerte, als die in London verabredeten und für deutsche Augen redigierten Bestimmungen - „to make them less offensive to the German leaders" 280 ) - durch das Frankfurter Dokument III bekanntgemacht wurden. Die hier aufgezeigten Grundsätze wurden nicht als Wandel der Besatzungsherrschaft, sondern als ein Rückschritt empfunden, als ein bitteres Dokument der Niederlage und der Schwäche Deutschlands, das schmerzhafte Erinnerungen an Versailles wecke und offensichtlich als Verewigung des Zustandes der bedingungslosen Kapitulation und als Friedensdiktat gemeint sei. In der Praxis hätten die Deutschen heute bereits ftiehr Rechte als es das Statut vorsehe 281 ). Die politischen Kräfte in Westdeutschland waren sich deshalb sehr schnell darüber einig, daß das in Aussicht genommene Besatzungsstatut, „das praktisch nicht nur alle Gebiete des Lebens erfaßt, sondern den Besatzungsmächten weitestgehende Eingriffsmöglichkeiten vorbehält", nicht akzeptiert und als Basis für ein verfassungsstaatliches Leben in Deutschland nicht hingenommen werden könne 282 ). Besondere Bedenken weckte vor allem die enge Verknüpfung von Verfassung und Besatzungsstatut, das vor Ratifizierung der Verfassung verkündet werden sollte: offensichtlich verfolgten die Besatzungsmächte die Absicht, „durch die Abstimmung über die Verfassung auf indirektem Wege auch das Besatzungsstatut durch das Volk akzeptieren zu lassen. Deutschland soll also gleichsam auf das Besatzungsstatut verpflichtet werden". Eine Plebiszitierung des Besatzungsstatuts müsse jedoch als „Präjudizierung der späteren freien Selbstgestaltung des deutschen Volkes" abgelehnt werden, da dies nadi der militärischen die zivile Kapitulation Deutschlands bedeuten würde. Die Verantwortung dafür könne man nicht tragen und mit seinem Gewissen nicht vereinbaren 289 ). 277
) Sörgel, Konsensus, S. 22 ff. 278} Willy Brandt in: Sozialdemokratischer Pressedienst, 9. 6. 1948; Sopade 1948, VII, S. 61; s. auch Dok. Nr. 3. 27i ) S. dazu Bonner Kommentar, V, Anh., Besatzungsrecbt, S. 4. 280 ) Litchfield an Clay, 10. 6. 1948 (BA NL Pollodc/106). 281 j Dok. Nr. 4, Anm. 16; Dok. Nr. 6, Anm. 12, 13. 282 ) Dok. Nr. 5, S. 57; Dok. Nr. 6, Anm. 12, 13. 28s ) Dok. Nr. 5, S. 56; Carlo Schmid auf der Sitzung des StMinisteriums von Württemberg-Hohenzollern vom 5. 7. 1948 (StA Sigmaringen Wü 2); Ehard und Josef Müller auf Sitzungen des bayer. MinRates vom 3. 7. und 5. 7. 1948 (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11).
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Einleitung Auf der Koblenzer Ministerpräsidenten-Konferenz (8.-10. Juli 1948) wurden dann aufgrund eines Kommissionsentwurfs (Vorsitz Ehard) detaillierte deutsche Gegenvorschläge erarbeitet. Carlo Schmid war es hier nicht schwergefallen, die Länderchefs auf seine schon seit längerer Zeit verfochtenen „Leitsätze für ein Besatzungsstatut" festzulegen, die „die Beziehungen zu den Besatzungsmächten auf eine klare Rechtsgrundlage" stellen sollten: die Maßnahmen der Besatzungsmächte waren auf allgemeine „Überwachung der Tätigkeit der deutschen Organe unter dem Gesichtspunkt der Sicherstellung der Erfüllung der Besatzungszwecke" zu beschränken; diese Besatzungszwecke und die den Besatzungsmächten zur Verfügung stehenden Maßnahmen waren genau zu definieren, der deutsche Außenhandel von Beschränkungen weitgehend zu befreien, für deutsche Sach- und Dienstleistungen sichere Grundlagen zu schaffen und zum Austrag von Streitigkeiten eine Schiedskommission einzurichten. Der Erlaß des Besatzungsstatuts - nach Carlo Schmid für lange Zeit die eigentliche Verfassung Deutschlands - sollte vor Beginn der Grundgesetz-Beratungen liegen und damit für den Parlamentarischen Rat eine „sichere Arbeitsgrundlage" schaffen 284 ). Diese Gegenvorschläge, die einen allgemein zustimmenden Widerhall in Deutschland fanden, wurden von den Militärgouverneuren auf der zweiten Besprechung mit den Ministerpräsidenten in Frankfurt (20. Juli 1948) als Anregung und Diskussionsbeitrag für die weiteren inneralliierten Beratungen akzeptiert, eine Bekanntgabe des Besatzungsstatuts, dessen Ausarbeitung eine schwierige juristische Sache sei, vor Zusammentritt des Parlamentarischen Rates jedoch abgelehnt 285 ). Nach diesem Entgegenkommen, das vor allem der Verlegenheit der Alliierten zuzuschreiben war, die noch zu keiner Einigung gefunden hatten, schienen weitere Beratungen über das Besatzungsstatut nicht notwendig; zudem hatten die Militärregierungen inzwischen versucht, die Befürchtungen der Deutschen über eine zu enge Verknüpfung von Besatzungsstatut und Verfassung zu zerstreuen: es handele sich hier um zwei ganz getrennte Dinge; das Besatzungsstatut werde nur gleichzeitig mit der Entscheidung der Militärgouverneure über die Verfassung bekanntgegeben. Die Deutschen sollten deshalb bei der Ausarbeitung der Verfassung von der Annahme völliger Souveränität ausgehen, durch das Besatzungsstatut würden dann lediglich bestimmte Artikel der Verfassung vorläufig außer Kraft gesetzt286). Die am 20. Juli angekündigte laufende Unterrichtung deutscher Stellen über die fortschreitende Arbeit am Besatzungsstatut wurde jedoch nicht wahrgemacht, da sich die Alliierten über die Bestimmungen des Besatzungsstatuts lange Zeit nicht einigen konnten, und erst nach Besprechungen der Außenminister in 284
) Dok. Nr. 6, Nr. 7; s. auch Carlo Sdunid, Zwischen Koblenz und Frankfurt, in: Telegraf, 15. 7. 1948 und ders., Hauptgesiditspunkte für ein Besatzungsstatut, in: NZ, 27. 6. 1948. 285 ) Dok. Nr. 10. "•J Vermerk Bergners über Besprechungen mit alliierten Verbindungsoffizieren, Wiesbaden, 27. 7. 1948 (BA Z 12/8, Bl. 162 ff.) u. Vermerk Leisewitz', Bad Godesberg, 10. 9.1948 (ebda., Bl. 91).
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Einleitung Washington im April 1949 ein Kompromiß zwisdien der harten Linie der Franzosen und der gemäßigten Haltung der angelsächsischen Mächte zustande kam287). Die Ministerpräsidenten hatten keinen wesentlichen Einfluß mehr auf die endgültige Gestalt des Besatzungsstatuts nehmen können. Zwar war es auf der Konferenz in Niederwald (1. Oktober 1948] noch zu dem Beschluß gekommen, die Frage des Besatzungsstatuts erneut, nunmehr gemeinsam mit dem inzwischen vom Parlamentarischen Rat gebildeten Ausschuß für das Besatzungsstatut, zu beraten 288 ): es war dann aber der Hauptausschuß des Parlamentarischen Rates, der in der Öffentlichkeit seine Auffassung zum Besatzungsstatut kundtat289) und darüber mit den Militärgouverneuren in Frankfurt verhandelte (16.17. Dezember 1948)290). Das am 12. Mai 1949 zusammen mit der Genehmigung des Grundgesetzes verkündete Besatzungsstatut 291 ) hat deutsche Vorstellungen nur zum Teil berücksichtigt; dennoch war es ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Erlangung deutscher Hoheitsrechte auf den Gebieten der legislativen, exekutiven und rechtsprechenden Gewalt, da die Westalliierten ihre weiterbestehende „oberste Gewalt" nur im Rahmen der im Besatzungsstatut fixierten Vorbehalte auszuüben gedachten292).
KONZEPTION UND EDITIONSTECHNISCHE GESTALTUNG DES BANDES
Zielsetzung und Ausiuahl der Dokumente Der Einleitungsband sollte im Rahmen der Gesamtedition, die der verfassungsrechtlichen und -theoretischen Diskussion des Parlamentarischen Rates gewidmet ist, eine zweifache Aufgabe erfüllen: die politische Vorgeschichte des Parlamentarischen Rates und damit den sachlichen Hintergrund der Verfassungsberatungen erläutern, zugleich aber auch durch das Darbieten der entscheidenden „Vordokumente", die bei den Beratungen ausgesprochen oder unausgesprochen stets eine wesentliche Rolle spielten, die weiteren Bände der Editions-
287
) ForRel. 1948, II, S. 597 ff.; Stock an Adenauer, 8. 12. 1948, nicht abgesandter Entwurf (BA Z 12/124, Bl. 40); Plischke, Allied High Commission, S. 21 ff. W8 ) MinPräs.-Konferenz Niederwald, 1. 10. 1948 (Kurzprotokoll, BA Z 12/76, Bl. 7f.); Kurzprotokoll der gemeinsamen Sitzung vom 27. 10. 1948 (BA Z 12/15, Bl. 75 ff.). 289 ) PR-Verhandlungen des Hauptausschusses, S. 311 ff. wo ) For Rel. 1948, II, S. 641 ff.; van Wylidc, Besatzungsstatut, S. 84 ff. 2 ") Bonner Kommentar, I, Einl., S. 127 ff.; Besatzungsstatut: .EA, 1949, S. 2074 ff.; s. auch Schmoller, Gustav von, Grundzüge des neuen Besatzungsregimes in Westdeutschland, EA, 1949, S. 2535 ff. M2 ) Bonner Kommentar, V, Anh., Besatzungsrecht, S. 6.
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Einleitung reihe - im Sinne einer arbeitsökonomischen und verweistedinischen Erleichterung _ von schwergewichtigem kommentierenden Beiwerk entlasten. Dabei konnte allerdings nur die unmittelbare politische Vorgeschichte des Parlamentarischen Rates berücksichtigt werden, d. h. jener sachliche und zeitliche Rahmen, der durch die Frankfurter Dokumente abgesteckt war: Bekanntgabe, Diskussion, Annahme und Vollzug der Frankfurter Dokumente, und zwar durch die amtlich beauftragten Funktionsträger, die Regierungschefs der westdeutschen Besatzungszonen. Im Mittelpunkt der Dokumentation stehen somit die Reflektionen, Entscheidungen und Aktionen des „offiziellen" West-Deutschlands. Entsprechend dieser Zielsetzung mußte die Edition mit den in London von den Westalliierten formulierten und in den Frankfurter Dokumenten für die Deutschen präzisierten Auftrag einsetzen, um daran die entscheidenden Besprechungen der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten anzuschließen; dabei wurden nicht nur die drei großen, der Übergabe, Erläuterung und Annahme der Frankfurter Dokumente gewidmeten Konferenzen (1., 20., 26. Juli 1948} berücksichtigt, sondern auch wichtige interne Besprechungen einzelner Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten ihrer jeweiligen Zonen sowie die zur Interpretation der Dokumente bestimmten Arbeitssitzungen alliierter Verbindungsoffiziere mit deutschen Stellen. Da der Kontrapunkt zu diesen deutsch-alliierten Gesprächen von den drei großen Ministerpräsidenten-Konferenzen in Koblenz (8.-10. Juli 1948) und in Niederwald (21.-22. Juli; 31. August 1948) gebildet wurde, auf denen sich die entscheidende Reflektion über die Frankfurter Dokumente und die Formulierung des deutschen politischen Wollens vollzogen hat, mußten diese Konferenzen das eigentliche Rückgrat des ersten Bandes abgeben. Sie wurden aber nur insoweit voll berücksichtigt, als die Diskussion in Zusammenhang mit den Frankfurter Dokumenten stand. Waren infolge der politischen Aktualität - wie dies am •31. August der Fall war - noch andere Themen auf die Tagesordnung geraten, dann wurde deren Inhalt nur durch ein knappes Regest wiedergegeben. Der Volltext dieser Konferenzpassagen sollte ebenso wie die Protokolle der weiterlaufenden monatlichen Routinebesprechungen der angelsächsischen Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone, die für die verfassungsrechtliche Neuordnung keine Relevanz besaßen, der vom Bundesarchiv und vom Institut für Zeitgeschichte in Angriff genommenen Edition zur Vorgeschichte der Bundesrepublik vorbehalten bleiben298). Nach Einigung über die Annahme der Frankfurter Dokumente mußte auch deren Vollzug dargestellt werden: die gesetzgeberischen, organisatorischen und verfässungspolitischen Vorbereitungen der Ministerpräsidenten oder beauftragter Gremien für die Einberufung des Parlamentarischen Rates sowie die umfangreichen Beratungen zur Neugliederung der Länder, selbst wenn letztere erst nach Konstituierung des Parlamentarischen Rates ihren vorläufigen Abschluß (1. Oktober 1948) fanden. *•*) Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik 1945—1949. Bd. 1 erscheint voraussichtlich 1975.
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Einleitung Die zunächst intensiv geführten Beratungen der Ministerpräsidenten über das Besatzungsstatut (Dokument III) wurden nach der Koblenzer Konferenz vorläufig eingestellt und später, nach ihrer Wiederaufnahme (Ende Oktober 1948), in enger Verbindung und praktisch unter Federführung des vom Parlamentarischen Rat gebildeten Ausschusses für das Besatzungsstatut durchgeführt 294 ); diese- Besprechungen werden deshalb nicht in diesem, sondern in dem Band, der den entsprechenden Ausschuß des Parlamentarischen Rates behandelt, ihre Berücksichtigung finden. Die geplante Einbeziehung der umfangreichen Vorarbeiten des Verfassungskonvents von Herrenchiemsee ließ sich nicht verwirklichen, da dies den Umfang des Bandes gesprengt hätte; sie sollen zusammen mit wichtigen Verfassungsentwürfen der politischen Parteien den zweiten Halbband dieser Editionsreihe füllen. Einstweilen dürfte das auf der Ministerpräsidenten-Konferenz vom 31. August 1948 in Niederwald gegebene Resumé und der gedruckte, umfangreiche Ergebnisbericht des Verfassungskonvents als Informationsgrundlage ausreichen295). Der Prozeß der Meinungs- und Entscheidungsbildung über die Frankfurter Dokumente hat sich fast ausschließlich im Rahmen von Konferenzen und Gesprächen vollzogen; deshalb mußte die Wiedergabe von Sitzungsprotokollen und Besprechungsniederschriften das eigentliche Rückgrat der Edition bilden. Daneben war es allerdings notwendig, in beschränktem Umfang noch einige ergänzende Dokumente heranzuziehen: offizielle Verlautbarungen und Entschließungen deutscher wie alliierter Stellen sowie gutachtliche Äußerungen zu den Frankfurter Dokumenten. Die Auswahl wurde jedoch auf solche Stücke beschränkt, die den Konferenzen als Besprechungsgrdndlage dienten oder deren Ergebnis fixierten. Alle anderen dokumentarischen Informationen sind - im Auszug oder als Regest - in das kommentierende Beiwerk verwiesen worden. Die Edition basiert in erster Linie auf unveröffentlichtem Quellenmaterial. Im Interesse der dokumentarischen Vollständigkeit mußte jedoch bei dem vorliegenden Band an einigen Stellen von diesem Prinzip abgegangen und eine Reihe zentraler Dokumente (Londoner Kommunique, Frankfurter Dokumente, Koblenzer Mantelnote usw.) nochmals - nunmehr kommentiert - abgedruckt werden, da sonst wichtige, in den Beratungen oft zitierte Bezugsdokumente gefehlt hätten. In diesem Zusammenhang konnten allerdings die Materialien, die in der schmalen, vom Büro der Ministerpräsidenten herausgegebenen Dokumentensammlung
294
) Der vom PR gebildete Ausschuß für das Besatzimgsstatut hielt vom 15. 9. 1948 bis 11. 4.1949 fünf Sitzungen ab (Protokolle: BA Z 5/23; Z 12/38) und beriet am 27. 10. 1948 in gemeinsamer Sitzung mit der von der MinPräs.-Konferenz gebildeten Kommission (BA Z 12/15, Bl. 75 ff.); der Hauptausschuß des PR legte dann am 10. 12. 1948 seine Auffassung zum Besatzungsstatut dar (Verhandlungen des Hauptausschusses, S. 311 ff.) und konferierte am 16./17. 12. 1948 mit den Militärgouverneuren in Frankfurt (For Rel. 1948, II, S. 641 ff.). 395 ) S. Dok. Nr. 24, S. 380 ff. sowie Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23. August 1948. Hrsg. vom Verfassungsausschuß der Ministerpräsidentenkonferenz der westlichen Besatzungszonen. München 1948.
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Einleitung enthalten sind 296 ), nicht als veröffentlichte Dokumente angesehen werden, da das unmittelbar nadi Ende der deutsdi-alliierten Verhandlungen herausgegebene Druckwerk auf Veranlassung der Militärregierungen wieder eingezogen, seine Aushändigung an die Mitglieder des Parlamentarischen Rates sowie jede sonstige Verbreitung strikt untersagt wurde 2 9 7 ].
Überlieferungslage
Der erste Band der Edition will die Beratungen und Entscheidungen der von den Militärgouverneuren mit der Vorbereitung der neuen staatlichen Ordnung betrauten amtlichen Funktionsträger aufzeigen, d. h. der Regierungschefs der elf westdeutschen Länder, die sich seit Mai 1948 zu einem beratenden Organ, der Konferenz der Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen, zusammengeschlossen hatten. Deshalb mußte die Überlieferung dieses Gremiums das eigentliche Basismaterial abgeben. Von diesem Grundstock wurde zunächst immer ausgegangen, und ihm, selbst bei festgestellter Mehrfadidokumentation, der Vorzug gegeben. Allerdings hatte diese Konferenz erst am 15. Juli 1948 mit der Gründung des Büros der Ministerpräsidenten des amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes beim Ministerpräsidenten des Landes Hessen in Wiesbaden eine feste organisatorische Form gefunden 298 ) und sich zum ersten Mal ein zentral koordinierendes, organisierendes und informierendes Instrumentarium geschaffen, das die Vorbereitung der Konferenzen, die Führung der laufenden Geschäfte zwischen den Sitzungen, die Betreuung der eingesetzten Ausschüsse und die Kontaktpflege zu den Militärregierungen effektiv wahrnehmen konnte. Zunächst personell, organisatorisch und aktenmäßig noch eng mit der Hessischen Staatskanzlei verzahnt, gab sich dieses Büro bald eine eigene Geschäftsordnung und einen provisorischen Aktenplan 2 9 9 ). Es hat aber gerade in der Anfangsphase seiner Tätigkeit mit einer mangelhaften Organisation arbeiten und stark improvisieren müssen, worunter vor allem die Aktenführung und innerdienstliche Dokumentationstätigkeit erheblich gelitten haben: wichtige Konferenzprotokolle oder -protokollteile sind deshalb in diesem Aktenbestand heute nicht mehr aufzufinden, und trotz nachweisbaren
) Dokumente betreffend die Begründung einer neuen staatlichen Ordnung in der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone. Hrsg. vom Büro der Ministerpräsidenten des amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes. Wiesbaden 1948. 297 ) Vermerk Bergners über eine Besprechung mit dem amerik. Verbindungsoffizier Simons, Wiesbaden, 11. 10.1948 (BA Z 12/67, Bl. 142). 29S) Dok. Nr. 9 und ebda., Anm. 2, sowie Vogel, Westdeutschland, I, S. 85 ff. und Leusser, MinPräs.-Konferenzen, S. 71. I M ) Geschäftsordnung und Aktenplan des Büros der MinPräs. in den Akten der hess. StK Wiesbaden. 296
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Einleitung Bemühens, die eigene Überlieferung im Nachhinein zu komplettieren800) —, um, wie es der bayerische Staatsminister Pfeiffer einmal ausdrückte, die Arbeit und die Auffassungen der Ministerpräsidenten-Konferenzen und ihrer Ausschüsse „vor der Gesdiidite für die Ardiive der deutschen Geschichte" festzuhalten 301 ), ist es dem Büro nicht gelungen, die oft überraschenden Dokumentationslücken vollständig zu schließen. Die archivalisdie Hinterlassenschaft des Büros der Ministerpräsidenten, dessen Aktenbestand nach seiner Auflösung (30. 9.1949) zunächst an den neugebildeten Bundesrat nach Bonn kam, liegt heute als Bestand Z12 im Bundesarchiv in Koblenz. Angesichts der geschilderten Sachlage konnte dieser Bestand keine ausreichende Quellengrundlage bieten. Es mußte vielmehr der Versuch gemacht werden, ergänzendes Material heranzuziehen. Hierzu kam vor allem die Überlieferung des Länderrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 302 ), der auf bizonaler Ebene als Interessenvertretung der Länder in der Frühphase der Verhandlungen über die Frankfurter Dokumente erste Anlauf- und Koordinierungsstelle war, sowie das Material des Deutschen Büros für Friedensfragen in Betracht, das, vom Länderrat der amerikanischen Zone in Stuttgart am 15. April 1947 eingerichtet, in verdeckter außenpolitischer Aufgabenstellung Unterlagen für einen künftigen Friedensvertrag mit Deutschland zusammentrug und sich deshalb - durch Analysen, Stellungnahmen, Diskussionsbeiträge - auch mit den Frankfurter Dokumenten beschäftigen mußte. Die Aktenüberlieferung beider Stellen befindet sich heute als Bestände Z 4 und Z 35 im Bundesarchiv. Es versteht sich, daß die Verhandlungen und Aktivitäten der Konferenzen der Ministerpräsidenten auch ihren vielfältigen dokumentarischen Niederschlag in den Staats- und Landeskanzleien der Länder gefunden haben: alle Konferenzprotokolle, aber auch wichtige Verhandlungsergebnisse und Informationsgespräche mit alliierten Stellen wurden vom Länderrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, später vom Büro der Ministerpräsidenten, den Ländern im Umdruckverfahren zugeschickt. Durch das Entgegenkommen der Hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden und der Bayerischen Staatskanzlei in München, des Geheimen Staatsarchivs in München, des Hauptstaatsarchivs in Düsseldorf und des Staatsarchivs Bremen war es deshalb möglich, von der Landesebene her zahlreiche Dokumentationsund Erkenntnislücken zu schließen; auch die Staatsarchive der Länder BadenWürttemberg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein waren dem Bearbeiter durch Material- und Auskunftsgewährung behilflich. Daß trotzdem noch einige Dokumentationslücken blieben, mag einmal daran liegen, daß offensichtlich nicht alle Besprechungen protokollarisch festgehalten wurden und daß zum
300
) Entsprechende Vorgänge in: BA Z 12/10. ) Wortprotokoll der Sitzung des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen, Mannheim, 27. 8.1948, S. 3 (BA Z 12/66, Bl. 75). sos ) Vogel, Westdeutschland, I, S. 96 ff. und Pünder, Interregnum, S. 89 ff. 30S ) Gimbel, Besatzungspolitik, S. 188. M1
LXXVI
Einleitung andern das generell für die Benutzung noch nicht frei gegebene Material z. T. in den Archiven bisher nicht aufgearbeitet und nicht zugänglich ist 804 ). Bei Versagen des amtlichen Aktenmaterials konnte jedoch mit gutem Erfolg auf privates Überlieferungsgut zurückgegriffen werden. Hier verdienen die im Bundesarchiv liegenden Nachlässe Blücher, von Brentano, Brill, Heuß, Pünder besondere Erwähnung; vor allem die Privatpapiere des früheren Staatssekretärs und Chefs der Hessischen Staatskanzlei, Hermann Brill, der an fast allen Verhandlungen aktiv teilgenommen hat und dies auch in gut geführten Handakten dokumentierte, gewannen einen unschätzbaren Wert für die Edition. Eine Reihe von dokumentarischen Dunkelfeldern konnte ferner durch die Befragung noch lebender Wissens- und ehemaliger Entscheidungsträger (Peter Altmeier, Hans Ehard, Carlo Schmid, Adolf Süsterhenn und Josef Müller) erhellt werden.
ÜberJie/erungs/ormen Die für den ersten Band herangezogenen Protokolle liegen nicht in einer einheitlichen Überlieferungsform vor; es lassen sich vielmehr drei Stufen unterscheiden: 1. Stenographische Protokolle, die vor allem für die großen MinisterpräsidentenKonferenzen - die Rittersturzkonferenz ist allerdings nur in einem leicht komprimierten stenographischen Protokoll überliefert - und für die Verhandlungen des Ländergrenzenausschusses vorliegen. 2. Ausführliche Verhandlungsprotokolle, in denen Passagen wörtlicher Gesprächswiedergaben vorkommen können. In dieser Protokollart sind vor allem die Besprechungen der Ministerpräsidenten mit den Militärgouverneuren und mit alliierten Verbindungsoffizieren überliefert (z. B. Sitzung vom 1., 20. Juli, 12. August 1948, während die Sitzung vom 26. Juli 1948 wörtlich wiedergegeben ist). Bei diesen deutsch-alliierten Verhandlungen wurde offensichtlich von beiden Seiten getrennt Protokoll geführt, für die Herstellung des deutschen Protokolltextes z. T. jedoch die englische Vorlage, die heute in den Foreign Relations und in anderen angelsächsischen Quellenwerken gedruckt vorliegt, herangezogen (Sitzung vom 20. und 26. Juli 1948)805). Von beiden Verhandlungspartnern als verbindlich anerkannte Protokolltexte gibt es nicht806). ) Mit Beschluß vom 5. 7. 1973 hatte die MinPräs.-Konferenz der Auswertung der Materialien für die vorliegende Edition zugestimmt (Schreiben der hess. StK Wiesbaden vom 30. 7. 1973); für dieses verständnisvolle Entgegenkommen sei an dieser Stelle nochmals gedankt. 30S ) S. hierzu Dok. Nr. 4, Anm. 2; Dok. Nr. 10, Anm. 1 und Anm. 29 sowie Dok. Nr. 13, Anm. 1. 3M ) Aus dem Vermerk Bergners vom 11. 10. 1948 (Anm. 6) geht hervor, daß die Alliierten, falls die Deutschen weiterhin Besprechungen mit alliierten Stellen in der Öffentlichkeit bekanntmachen würden, „auf beiderseitig unterschriebenen Protokollen bestehen" müßten; vgl. dazu auch Dok. Nr. 10, Anm. 29 und Dok. Nr. 13, Anm. 1. SM
LXXVII
Einleitung 3. Knappe Verhandlungs- bzw. Ergebnisprotokolle, wie sie vor allem für die Sitzungen des Ländergrenzenausschusses - neben den stenographischen Protokollen - anzutreffen sind. Hinsichtlich der Protokolltexte muß generell beachtet werden, daß einzelne Redepassagen - aus Sorge vor Indiskretion und möglichen alliierten Repressalien - ausgelassen sein können 307 ). In allen Fällen die Entstehungsstufen der Protokolle sichtbar zu machen, war nicht möglich; in der Regel liegen nur die Ausfertigungen und zwar im Umdruck vor. Auch die Verfasser der Protokolle waren nicht immer eindeutig zu ermitteln. Da das stenographische Protokoll und die jeweils ausführlichste Niederschrift den besten Einblick in die diffizile Verhandlungsproblematik über die Frankfurter Dokumente gewähren, wurde stets von ihnen ausgegangen. Lediglich bei der Wiedergabe der Beratungen des Ländergrenzenausschusses, deren politische Aspekte auch in den Ministerpräsidentenkonferenzen ausführlich zur Sprache kamen, sind die Kurzprotokolle zugrundegelegt worden, da ein Abdruck der umfangreidien und weitschweifigen Wortprotokolle der Materie und dem schließlich erreichten Ergebnis in keiner Weise angemessen wäre. Generell wurde versucht, diejenigen Textversionen für den Druck auszuwählen, die mutmaßlich den Ministerpräsidenten und den von ihnen bestallten Gremien bei ihrer Entscheidungsbildung vorlagen. Deshalb wurde meist von den als Drucksachen des Büros der Ministerpräsidenten an alle Länder verteilten Umdrucken ausgegangen und auch nur deutsche Texte sowie deutschsprachige Versionen von deutsch-alliierten Besprechungen herangezogen, allerdings dort, wo es für das Verständnis notwendig erschien, auf divergierende deutsch- bzw. fremdsprachige Textversionen in den Anmerkungen aufmerksam gemacht. Lediglich im Falle des Londoner Kommuniques wurde der englische Text ausgewählt, da es hiervon keine anerkannte, offizielle deutsche Übersetzung gibt; eine brauchbare zeitgenössische deutsche Version wurde jedoch in den Band mit aufgenommen.
Einrichtung der Edition Die editionstechnische Einrichtung des 1. Bandes folgt den mit den Herausgebern erarbeiteten generellen Editionsprinzipien, die im Vorwort skizziert sind. Für den 1. Band ist zusätzlich darauf hinzuweisen, daß die Überschrift bei dem vom Bearbeiter frei gestalteten Kopfblock über den Dokumenten (Überschrift, quellenkundliche Information, Anwesenheitsliste, Inhaltsskizzierung) der formalen Kennzeichnung des Dokuments dienen soll, wobei die immer wiederkehrende Bezeichnung Protokoll der Konferenz . . . aus Vereinfachungsgründen weggelassen wurde. Bei der quellenkundlichen Beschreibung wurde zwar der genaue
»»') Vgl. z . B. Wortprotokoll der Sitzungen des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen, Niederwald, 3. 8. und 27. 8. 1948 (BA Z 12/66, Bl. 1 ff., 72 ff.]; s. audi Dok. Nr. 21, Anm. 3.
LXXVIII
Einleitung ardiivisdie Fundort mit Signatur und Umfangskizzierung (Blattangaben) vermerkt, auf Angaben über Mehrfadiüberlieferungen jedoch verzichtet. Der bei veröffentlichten Dokumenten gegebene Drucknachweis strebt keine Vollständigkeit an, sondern sucht lediglich das für den Benutzer greifbarste Werk aufzuführen. Die Anwesenheitsliste wurde alphabetisch nach Ländern geordnet, wobei die Vertreter der Militärregierungen bei deutsch-alliierten Besprechungen den deutschen Teilnehmern generell vorangestellt sind. Auf die Angabe von Titeln und Amtsbezeichnungen wurde hier verzichtet; diese Angaben finden sich im Personenverzeichnis. Von der Beigabe eines Sachindexes wurde dagegen abgesehen, da dieser wegen der engen Thematik des Bandes kaum ein übersichtliches Arbeitsinstrument abgegeben hätte und zudem die ganze Editionsreihe einen Gesamtindex erhalten soll. Es schien deshalb sinnvoller, die Einzeltexte durch Kopfregest und Zwischenübersdiriften durchsichtiger zu machen und in dem beigegebenen Verzeichnis der Dokumente bereits deren Inhalt kurz zu skizzieren. Im Anhang wurde diesem ersten Band ein Verzeichnis der Regierungschefs der westdeutschen Länder, der Mitglieder des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen und der Mitglieder des Parlamentarischen Rates beigegeben.
Kommentierung Trotz genereller Beschränkung auf einen dokumentenimmanenten Sachkommentar verlangte gerade der vorliegende Band ein recht ausführliches kommentierendes Beiwerk, da nicht selten auch das politische Umfeld in Deutschland und im Bereich der Alliierten in die erläuternde Betrachtung mit einbezogen werden mußte. Für diese notwendigen Zusatzinformationen standen vor allem die Akten des Büros der Ministerpräsidenten (Bundesarchiv, Z12), die Akten und Protokolle des Zonenbeirats (Bundesarchiv, Z 2 und Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestages/Bestand 1), die Materialien des Länderrats der amerikanischen Zone (Bundesarchiv, Z1) sowie die Verwaltungsakten des Parlamentarischen Rates (Bundesarchiv, Z 5) zur Verfügung. Von besonderem Nutzen war auch der jetzt vorliegende Band der Foreign Relations sowie einige andere angelsächsische Quellenwerke 308 ), die nicht nur die englischsprachigen Protokollversionen von deutsch-alliierten Besprechungen enthielten, sondern auch für den Nachweis der interalliierten Willensbildung eine erhebliche Bedeutung hatten. Leider fehlen von französischer Seite vergleichbare Quellenwerke. Zwei Komplexe vor allem bedurften der besonderen Aufhellung im Rahmen des Sachkommentars: die Mitwirkung der Parteien an den Entscheidungen über
®08) Neben den Foreign Relations US, 1948, Bd. II vor allem nodi: Germany 1947-1948; Ruhm von Oppen, Documents on Germany under Occupation; Documents on the Creation of the German Federal Constitution.
LXXIX
Einleitung die Frankfurter Dokumente sowie - in gewissem Umfang - auch der Prozeß der Willensbildung in den einzelnen Ländern. Zur Dokumentation der Beteiligung der Parteien an der staatlichen Neuordnung in Westdeutschland konnten vor allem Nachlässe herangezogen werden. So war es von erheblicher Bedeutung, daß dem Bearbeiter der Bestand des Parteivorstandes der SPD - Bestand Schumacher (J 79) - und die privaten Papiere des nordrhein-westfälisdien Innenministers, Walter Menzel (J 92), im Ardiiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn zugänglich gemacht wurden. Diese Materialien gaben nicht nur gute Einblicke in die Überlegungen und Aktivitäten der politischen Parteien (und dies über die SPD hinaus), sondern korinten auch durch die fast täglichen Berichte Willy Brandts vom Berliner Sekretariat des SPD-Parteivorstandes an den Parteivorstand in Hannover wichtige, aus ständigem Kontakt mit Vertretern der alliierten Militärregierungen gespeiste Informationen über die Ansichten und die Stimmungslagen der Westmächte liefern (Schumacher J 79). Auch die noch in Privatbesitz befindlichen Papiere Carlo Schmids enthielten hierzu und zu Fragen des Besatzungsstatuts eine Reihe wichtiger Hinweise. Für die Meinungsbildung bei den anderen großen Parteien konnten vor allem die im Bundesarchiv liegenden Nachlässe des früheren Oberdirektors und Vorsitzenden des Verwaltungsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, Hermann Pünder, des Vorsitzenden der FDP in der britischen Zone und späteren Vizekanzlers, Franz Blücher, des DVP-Vorsitzenden von Württemberg-Baden und späteren Bundespräsidenten, Theodor Heuß, mit Gewinn genutzt werden. Nicht zuletzt kommt in diesem Zusammenhang auch den publizistischen Organen, vor allem den Tages- und Parteizeitungen, aber auch den Memoiren ein erheblicher Informationswert zu. Es konnte zwar nicht das Ziel sein, den gesamten Prozeß der Willensbildung über die Frankfurter Dokumente in den einzelnen Ländern in diese Edition mit einzubeziehen; dies wird die landesgeschichtliche Forschung leisten müssen. Wo es jedoch für das Verständnis der Verhandlungen unumgänglich schien, mußte der jeweilige Landesaspekt zumindest andeutungsweise erläutert werden. Der Bearbeiter hat hier jedoch versucht, Schwerpunkte zu setzen und bei der Kommentierung vor allem solche Länder zu berücksichtigen, die der Diskussion über die Frankfurter Dokumente besondere Akzente gegeben haben: so wurden aus der amerikanischen Zone das Land Hessen, das den Vorsitz der Ministerpräsidenten-Konferenz führte und die gesamte Koordinierungsarbeit wahrnahm, sowie das Land Bayern ausgewählt, das eine besondere Aktivität entfaltete und in den Verhandlungen die föderalistische Diskussionskomponente entscheidend bestimmte. Als Exponent der britischen Zone wurde NordrheinWestfalen herangezogen, das als größtes und industriereichstes Land in vielfältiger Weise durch die Frankfurter Dokumente berührt wurde (Ruhr-Kontrolle, Ländergrenzenfrage); für die französische Zone wurde, da das Material von Rheinland-Pfalz nicht zur Verfügung stand, das Land Württemberg-Hohenzollern näher in Betracht gezogen, das neben seinem Staatspräsidenten in Carlo Schmid einen der wichtigsten, die Diskussionen intellektuell bestimmenden Teilnehmer zu den Ministerpräsidenten-Konferenzen entsandt hatte. LXXX
Einleitung Für diesen Komplex war es unerläßlich, auch die gedruckten stenographisdien Berichte der Parlamentsdebatten in den westdeutschen Landtagen mit heranzuziehen. Nur wenn unveröffentlichte Quellen zur Kommentierung herangezogen wurden, schienen ausführliche Erläuterungen am Platze; konnte sich die Kommentierung dagegen auf bereits veröffentlichte Quellen und historische Darstellungen stützen, dann wurde - um den Anmerkungsapparat nicht allzusehr anschwellen zu lassen - meist ein bibliographischer Hinweis als ausreichend angesehen. Dabei war der Bearbeiter allerdings bemüht, die Ergebnisse der neueren Forschungen, in den Anmerkungen sichtbar zu machen. Dieser erste Band hätte angesichts der schwierigen und disparaten Quellenlage kaum in der vorliegenden Form erscheinen können, wenn der Bearbeiter nicht vielfältige Hilfe und Förderung von den oben erwähnten Archiven, Institutionen und Persönlichkeiten erfahren hätte. Ihnen sei ebenso herzlich gedankt wie den Mitarbeitern des Bundesarchivs, die mir bei meiner Arbeit auf mannigfache Weise behilflich waren; dies gilt in besonderer Weise für meine Kollegen Ridcmer Kießling und Dr. Walter Vogel.
Koblenz und Bochum, 1974 Johannes Volker Wagner
LXXXI 6 Parlament. Rat
VERZEICHNIS DER
Nr.
Datum
DOKUMENTE
Titel des Dokuments und Inhaltsskizzierung
Seite
1948 1
7. 6.
Schlußkommunique der L o n d o n e r f e r e n z ü b e r Deutschland, L o n d o n
Sedis-Mädite-Kon1
Beteiligung der Benelux-Länder an der Deutschlandpolitik; Die Rolle der deutschen Wirtschaft in der Wirtschaft Europas und die Kontrolle der Ruhr; Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Organisation Deutschlands; Vorläufige Grenzvereinbarungen; Sicherheit; Anhang: Internationale Kontrolle der Ruhr 2
14. 6.
A u f z e i c h n u n g einer Besprechung der Ministerpräsidenten der amerikanischen
Besatzungszone
mit
General
Clay, Frankfurt
17
Vorausinformation über die Frankfurter Dokumente 3
1. 7.
K o n f e r e n z der Militärgouverneure präsidenten
der
westdeutschen
mit den
Minister-
Besatzungszonen,
Frankfurt
22
Bekanntgabe der Frankfurter Dokumente 4
1.7.
Dokumente
zur
künftigen
politischen
Entwicklung
Deutschlands ( „ F r a n k f u r t e r D o k u m e n t e " ] , F r a n k f u r t
.
30
Dokument Nr. I: Verfassungsrechtliche Bestimmungen; Dokument Nr. II: Länderneugliederung; Dokument Nr. III: Grundzüge eines Besatzungsstatuts 5
5. 7.
D e n k s c h r i f t d e s Deutschen Büros f ü r
Friedensfragen
z u d e n F r a n k f u r t e r D o k u m e n t e n , Stuttgart
36
Widerspruch zwischen Besatzungsstatut und deutscher staatlicher Eigenverantwortlichkeit 6
8.-10. 7.
K o n f e r e n z der Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen, K o b l e n z (Rittersturz)
60
Beratung der Frankfurter Dokumente. 1. Verhandlungstag: A l l g e m e i n e politische Aussprache (S. 68); Einzelaussprache über Dokument III (S. 83), über Dokument II (S. 86), über Dokument I (S. 88); 2. Verhandlungstag: Kommissionsbericht und Stellungnahme zu Dokument I (S. 98); Teilnahme v o n Parteivertretern an den Beratungen (S. 101); Fortsetzung der Aussprache über Dokument I (S. 104); Kommissionsbericht und Stellungnahme zu Dokument III (S. 109); KomLXXXIII
6*
Verzeichnis der Dokumente Nr.
Datum
Titel des Dokuments und Inhalts skizzierung
Seite
1948 missionsbericht und Stellungnahme zu Dokument II (S. 114); Fortsetzung der Aussprache über Dokument I (S. 123), über Dokument II (S. 130); 3. Verhandlungstag: Bericht über Besprechungen mit alliierten Verbindungsoffizieren (S. 135); Formulierung der Begleitnote (S. 139); Sdilußansprachen (S. 141) 7
10.7.
Antwortnote des Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen an die Militärgouverneure mit Stellungnahme zu den Frankfurter Dokumenten, Koblenz
143
Bildung eines staatlichen und verfassungsrechtlidbien Provisoriums; Anlage 1: Stellungnahme der Ministerpräsidenten-Konferenz zu Dokument I; Anlage 2: Stellungnahme der Ministerpräsidenten-Konferenz zu Dokument II; Anlage 3: Stellungnahme der Ministerpräsidenten-Konferenz zu Dokument III. Leitsätze für ein Besatzungsstatut 8
14. 7.
Aufzeichnung einer Besprechung der Ministerpräsidenten der amerikanischen Besatzungszone mit General Clay, Frankfurt
151
Kritik Clays an den Koblenzer Beschlüssen 9
15.-16. 7.
Konferenz der Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen, Jagdschloß Niederwald
157
Lagebeurteilung nach der Reaktion der Alliierten auf die Koblenzer Beschlüsse; Anlage: Darstellung der Lage am 15.7.1948 - nach Mitteilungen von Mr. Wahrhaftig, OMGUS 10
20. 7.
Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen, Frankfurt
163
Stellungnahme der Militärgouverneure zu den Koblenzer Beschlüssen 11
21.-22. 7.
Konferenz der Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen, Jagdschloß Niederwald Erörterung der Frankfurter Dokumente und der Stellungnahme der Militärgouverneure zu den Koblenzer Beschlüssen. 1. Verhandlungstag: Stellungnahme zu den Ergebnissen der Besprechung mit den Militärgouverneuren (S. 173); 2. Verhandlungstag: Kommissionsbericht und Stellungnahme der Ministerpräsidenten zu Dokument I (S. 212) und zu Dokument II (S. 237); Ernennung der Mitglieder der Verfassungskommission (Verfassungskonvent von Herrenchiemsee) (S. 262); Anlage 1: Besprechung des Ministerpräsidenten Arnold mit
LXXXIV
172
Verzeichnis der Dokumente Nr.
Datum
Titel des Dokuments und Inhaltsskizzierung
Seite
1948 alliierten Verbindungsoffizieren über Dokument I, Rüdesheim, 22. 7. 1948 (S. 264); Anlage 2: Entwurf Brauer für die deutsche Antwort zu Dokument I (S. 266); Anlage 3: Vertrauliche Aufzeichnung über eine Besprechung mit alliierten Verbindungsoffizieren zur Länderneugliederung, Jagdschloß Niederwald, 21. 7. 1948 (S. 268) 12
22. 7.
Aide-Mémoire der Ministerpräsidenten zu den Erklärungen der Militärgouverneure, Jagdschloß Niederwald
270
Gemeinsamkeiten und Auffassungsunterschiede zu den Frankfurter Dokumenten 13
26. 7.
Sdilußkonferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen, Frankfurt ;
273
Einigung über Annahme der Frankfurter Dokumente 14
27. 7.
Sitzung des Ausschusses zur Schaffung eines Modellgesetzes für die Errichtung des Parlamentarischen Rates, Wiesbaden
283
Fixierung der rechtlichen Gründlagen 15
16
27. 7.
3. 8.
Modell und Begründung eines Gesetzes über den Parlamentarischen Rat
286
Sitzung der Planungsgruppe des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen, Jagdschloß Niederwald
291
Gesichtspunkte für eine Länderneugliederung: Vorschläge von Preuss, Scheu, Weitzel, Lüdemann, Tagesspiegel, Fünfländerlösung mit Karten zu den Vorschlägen als Anlagen 1-6 17
4. 8.
Sitzung der Planungsgruppe des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen, Jagdschloß Niederwald .
307
Zusammenstellung von Veränderungsmöglichkeiten; außenpoli tische Rücksichtnahmen: Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen; Verfahrensfragen; Anlage: Katalog von Veränderungsmöglichkeiten für die Ländergrenzen in den drei Westzonen (S. 312) 18
5.8.
Besprechung von Mitgliedern des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen mit alliierten Verbindungsoffizieren, Frankfurt
316
Modalitäten einer Länderneugliederung: Terminverlängerung, Abstimmungsverfahren, Rheinland-Pfalz LXXXV
Verzeichnis der Dokumente Nr.
Datum
Titel des Dokuments und Inhaltsskizzierung
Seite
1948 19
20
12. 8.
19. 8.
Besprechung einer Delegation der Ministerpräsidenten mit alliierten Verbindungsoffizieren, Frankfurt . . . Verlängerung der Termine für die Länderneugliederung; Begriff „Grundgesetz"; Indirekte Wahl der Abgeordneten zum Parlamentarischen Rat; Tagungsort; Besatzungsstatut Aufzeichnung über Besprechungen von Mitgliedern des Büros der Ministerpräsidenten mit französischen Verbindungsoffizieren, Wiesbaden
319
324
Auswirkungen der Moskauer Verhandlungen auf Westdeutschland; Verhältnis Deutschland-Frankreidi 21
22
23
27. 8.
28.8.
28. 8.
Sitzung des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen, Mannheim Vereinigung der südwestdeutschen Länder; SüdSchleswig-Frage; Schleswig-Holstein und die Neugliederung Nordwestdeutschlands Besprechung von Mitgliedern des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen mit alliierten Verbindungsoffizieren, Frankfurt Abstimmungsmodalitäten und Verfassungsbestimmungen der Länder; Rheinland-Pfalz und NordrheinWestfalen Sitzung des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen, Frankfurt
326
329
333
Schleswig-Holstein; Rheinland-Pfalz 24
25
31.8.
31. 8.
LXXXVI
Konferenz der Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen, Jagdschloß Niederwald Resümee der zur Verwirklichung der Frankfurter Dokumente durchgeführten Maßnahmen: Einberufung des Parlamentarischen Rates (S. 339); Bericht der Kommission für Neuregelung der Ländergrenzen (S. 343); Bericht der Verfassungskommission [Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee] (S. 380); Fortsetzung der Arbeiten der Kommission für das Besatzungsstatut (S. 400); Bauliche Maßnahmen bei Einberufung des Bundesparlaments nach Frankfurt (S. 403); Bericht über die Besprechung einer Delegation der Ministerpräsidenten mit alliierten Verbindungsoffizieren (S. 403) Besprechung einer Delegation der Ministerpräsidenten mit alliierten Verbindungsoffizieren, Wiesbaden . . . Teilnahme Berlins an den Beratungen des Parlamentarischen Rates; Länderneugliederung und Verfassungsbestimmungen der Länder
337
410
Verzeichnis der Dokumente Nr.
Datum
Titel des Dokuments und Inhaltsskizzierung
Seite
1948
26
1.9.
Rede des Vorsitzenden der Ministerpräsidenten-Konferenz zur Eröffnung des Parlamentarischen Rates, Bonn
414
27
29. 9.
Besprechung von Mitgliedern des Büros der Ministerpräsidenten mit alliierten Verbindungsoffizieren, Wiesbaden
418
Volksabstimmung Lippe; Ländergrenzenaussdiuß; Zusammenschluß in Südwestdeutschland; Abstimmungsmodalitäten in Nordrhein-Westfalen: Dokument II, Anlage 1 [Abstimmungsmodalitäten bei einer Aufteilung Nordrhein-Westfalens]
28
1.10.
Entschließung der Ministerpräsidenten zur Länderneugliederung, Jagdschloß Niederwald
421
Anlage: Beschlüsse zur Vereinigung der südwestdeutschen Länder
LXXXVII
7. Juni 1948
Nr. 1
Nr. 1 Sdilußkommunique der Londoner Sedis-Madite-Konferenz über Deutschland Berlin, 7. Juni 1948 1 ) Drude (nur für den Dienstgebraudi): Dokumente betr. Begründung, S. 5—9. BA ADS®) [ENGLISCHER TEXT] Following is the final Communique which outlines the recommendations which delegates have submitted to their governments in connection with the recent conference on Germany 3 ) in London 4 ). In accordance with the announcement 4 ) issued b ) at the conclusion of the informal discussions on Germany between the representatives of the US, UK, France and the three Benelux countries a report 5 ) containing agreed recommendations on all items discussed was submitted to their respective Governments. These recommendations have been submitted as a whole since their
a) In Kom. II fehlt dieser Satz. l>) In Kom. II: „with an announcement issued on June 2". ') Das von OMGUS, Public Information Office, in Berlin am 7. 6. 1948, 12.00 Uhr, zur Veröffentlichung freigegebene „Final Communique of the London Conference on Germany" (Zit. Kom. I), das 24 Stunden vorher dein sowj. Botschafter in London und der sowj. MilVerw. in Berlin bekanntgegeben worden war (ForRel. 1948, II, S. 313, Anm. 1), weicht von dem in London und Paris gleichzeitig der Presse übergebenen Kommunique (Zit. Kom. II) ab. Umfang und Formulierung des Kommuniques sowie Zeitpunkt seiner Veröffentlidiung waren weitgehend auf die zu erwartende parlamentarische Auseinandersetzung über die Londoner Konferenzbesdilüsse in Frankreich abgestimmt (ForRel. 1948, II/ S. 298 f., 329; Dok. Nr. 2, Anm. 9). ! ) Weitere Abdrucke von Kom. I u. a. in: Documents on the creation, S. 43-45 (ohne Annex); von Kom. II in: Germany 1947-1949, S. 76-80 und ForRel. 1948, II, S. 313317, Annex ebda., S. 285-288. ') Über die Londoner Deutschlandkonferenz vom 23. 2. - 6. 3. und vom 20. 4. - 2. 6. 1948 Clay, Entscheidung, S. 433 ff.; Golay, Germany, S. 6ff.; Gimbel, Besatzungspolitik, S. 260 ff.; Rothstein, Voraussetzungen, S. 19 ff. und vor allem ForRel. 1948, II, S. 75 ff. 4) Die Mitteilung über den Abschluß der Konferenz vom 1. 6.1948 war bewußt knapp gehalten: „Die informellen Besprechungen über Deutschland zwischen den Vertretern der Vereinigten Staaten, Großbritanniens, Frankreichs und der drei BeneluxStaaten, die am 23. Februar in London begannen und nach ihrer Vertagung am 6. März am 20. April wieder aufgenommen wurden, haben zu gemeinsamen Empfehlungen geführt, die das gesamte Gebiet betreffen. Diese Empfehlungen werden den betreffenden Regierungen zur Billigung vorgelegt, wie es das am 6. März herausgegebene Kommunique vorsah. Ein Bericht über diese Empfehlungen wird in Kürze veröffentlicht werden." (Hohlfeld, Dokumente, VI, S. 276 Anm. 1 und ForRel. 1948; II, S. 312 f.). 5) Report of the London Conference on Germany vom 1. 6. 1948 mit den Einzelabkommen als Anlagen A-L (ForRel. 1948, II, S. 309 ff.). 1
Nr. 1
7. Juni 1948
main provisions are mutually dependent and form an indivisible program 9 ). The principal features of this report are the following: I. ASSOCIATION OF THE BENELUX COUNTRIES IN THE POLICY REGARDING GERMANY The recommendations include specific provisions for a close association between the Military Governors 0 ) and the Benelux representatives in Germany on matters affecting Benelux interests. Moreover, full opportunities will be given the Benelux representatives to be kept informed of developments in the Western Zones 7 ). II. THE ROLE OF THE GERMAN ECONOMY IN THE EUROPEAN ECONOMY AND CONTROL OF THE RUHR a) As stated in the communique of March 6 8 ) it had been agreed that for the political and economic well-being of the countries of Western Europe and of a democratic Germany, there must be a close association of their economic life. This close association, whidi will enable Germany to contribute to and participate in European recovery, has been ensured by the inclusion on April 16 of the Combined Zone and the French Zone in the organization for European economic cooperation as full members 9 ).
c
) In Kom. II: „Military governments".
•) Hinter dieser Präsentation der Londoner Empfehlungen als geschlossenes Ganzes lind unteilbares Programm - „acceptance... of all the main recommendation is necessary for acceptance of any one of them" (Report vom 1. 6.1948, ForRel. 1948, II, S. 312) - stand die amerik. Konzeption, einen annehmbaren Ausgleich zwischen alliierten und dt. Interessen zu schaffen und Frankreich in der Ruhr- und Sicherheitsfrage nur dann Zugeständnisse zu machen, wenn es die Bildung eines westdt. Staates akzeptierte. Auf diese entscheidende Bestimmung haben die Angelsachsen die Franzosen während und nach der Londoner Konferenz immer wieder festzulegen gesucht (ForRel. 1948, II, S. 268, 275, 399; Dok. Nr. 4, Anm. 22 sowie Dok. Nr. 10). In Dtld. war dieser Passus zunächst auf erheblichen Widerspruch gestoßen, da durch ihn die Möglichkeit von Korrekturen an der ohne dt. Beteiligung zustande gekommenen Londoner Übereinkunft von vornherein ausgeschlossen schien (Stellungnahme der SPD, 7. 6. 1948, Sopade 1948, VI, S. 61; W. Brandt, Bericht Nr. 57 an PV, Berlin, 9. 6. 1948, Arch. FES, Schumacher J 79). ') Zur Mitwirkung der Beneluxstaaten an der künftigen Deutschlandpolitik ForRel. 1948, II, S. 65 ff., 76 ff. und passim; Rothstein, Voraussetzungen, S. 22 f. Die Deutschen sahen in den Gebietsforderungen der Beneluxstaaten reine „Kabinettspolitik", die noch nicht begriffen habe, daß Europa eine Gefahrengemeinschaft sei und die Deutschen die am bedrohtesten seien (Blücher zu den Ergebnissen der Londoner Konferenz, Mitteilung der FDP, brit. Zone, Essen, 10. 6. 1948, BA NL Blücher/156, Bl. 92 f.). 8 ) Abdruck in: ForRel. 1948, II, S. 141 ff.; dt.: Hohlfeld, Dokumente, VI, S. 271 ff. ') Am 16. 4. 1948 war von Robertson und Koenig für das VWG und die frz. Zone in Paris die Konvention für wirtschaftliche Zusammenarbeit in der OEEC unterzeichnet worden (Germany 1947-1949, S. 532 ff.; dt.: EA, 1948, S. 1345 ff.; vgl. Vogel, Westdeutschland, II, S. 265 ff.). 2
7. Juni 1948
Nr. 1
b) It was agreed to recommend the establishment of an international authority for the control of the Ruhr in which the US, UK, France, Benelux countries and Germany would participate, and whidi does not involve the political separation of the Ruhr area from Germany. It does howewer contemplate control of the distribution of coal, coke and steel of the Ruhr in order that on the one hand industrial concentration in that area shall not become an instrument of aggression, and on the other will be able to make its contribution to all countries participating in a European cooperative economic program, including of course Germany itself 10 ). A draft agreement containing the provisions for its establishment is attached as Annex I 11 ). This agreement is to be concluded by the U.S.A., UK and France as occupying powers. Moreover, the Benelux countries are to be fully associated with the preparation of the more detailed agreement provided for in Article 12, and are to be consulted as to the time when the authority begins to exercise its functions. c) Arising out of the discussions on the Ruhr it has been recommended that the principle of non-discrimination against foreign interests in Germany be reaffirmed, and that each Government should promptly study the problem of safeguarding foreign interests in order that there may be subsequently established as soon as possible an inter-Governmental group to review the question and make recommendations to their Governments12). III. EVOLUTION OF THE POLITICAL AND THE ECONOMIC ORGANIZATION OF GERMANY
a) Further consideration has been given by all Delegations'1) to the problem of the evolution of the political and economic organization of Germany. They recognize, taking into account the present situation, that it is necessary to give the German peoble the opportunity to achieve, on the basis of a free and democratic form of government, the eventual reestablishment of German unity, at present disrupted13). In these circumstances they have readied the conclusion6) that the German people in the different states should now be free to establish A) In Kom. II: „all delegates". «) In Kom. II zwisdien conclusion und that eingeschoben: „that it would be desirable". ) S. hierzu Annex I und Anm. 24. " ) Abdruck des Annex I, S. 7. " ) Die Bestimmung über den Sdtiutz ausländischer Interessen war auf Drängen Frankreichs und der Beneluxländer (ForRel. 1948, II, S. 204, 227, 241 und passim) in das Londoner Abkommen aufgenommen worden (Protection of Foreign Interests, 31. 5. 1948, ForRel. 1948, II, S. 307f.); sie wurde vom 25. 10. - 11. 11. in Paris vom einer Sedis-Mächte-Arbeitsgruppe weiter erörtert, die am 26.11.1948 einen Arbeitsbericht mit Empfehlungen vorlegte (ForRel. 1948, II, S. 698 ff.). 1S) Um sowj. Einwänden begegnen zu können, war auf Anregung der Amerikaner dieser Hinweis in das Kommunique aufgenommen worden: die vorgesehene Regelung in den Westzonen sollte lediglich als Vorstufe für die Herstellung der wirtschaftlichen und politischen Einheit Dtlds. angesehen und eine Vier-MächteVereinbarung dadurch nicht erschwert, sondern erleichtert werden (ForRel. 1948, II, S. 275 f.). Auf einer Pressekonferenz am 12. 6. 1948 wies deshalb Clay auf 10
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for themselves the political organization and institutions whidb will enable them to assume those governmental responsibilities whidi are compatible with the minimum requirements of occupation and control14) and which ultimately will enable them to assume full governmental responsibilities. The Delegations consider that the people in the states will wish to establish a constitution with provisions which will allow all the German states so subscribe as soon as circumstances permit. The Delegations have therefore agreed to recommend to their Governments that the Military Governors should hold a joint meeting with the MinistersPresident of the Western Zones in Germany. At that meeting the MinistersPresident will be authorized to convene a Constituent Assembly in order to prepare a constituation for the approval of the participating states1^). Delegates to this Constituent Assembly will be chosen in each of the states in accordance with procedure and regulations to be determined by the legislative bodies of the individual states16). This constitution should be such as to enable the Germans to play their part in bringing to an end the present division of Germany not by the reconstitution of a centralized Reich but by means of a federal form of government whidi adequately protects the rights of the respective states, and which at the same time provides for adequate central authority and whidi guarantees the rights and freedoms of the individual17).
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die Frage, weshalb das Londoner Kommuniqué weder Berlin noch die Ostzone erwähne, ausdrücklich darauf hin, daß die Empfehlungen nicht auf einen Teil Deutschlands zugesdinitten seien: wir wollen, „daß eine deutsche Regierung so umfassend wie nur möglich ist. Ich sehe nicht ein, Warum der Osten nicht darin vertreten sein könnte" (NZ, 13. 6. 1948 und Süddt. Zeitung, 15. 6. 1948). Ähnlich Robertson vor dem Zonenbeirat am 29. 6. 1948: Die Londoner Empfehlungen wollten dem dt. Volk eine eigene Regierung geben, und es sei der Wünsch der Alliierten „mit der vierten Besatzungsmadit dahin übereinzukommen, daß diese Organisation oder irgendeine andere auf das ganze Deutschland ausgedehnt wird" (BA Z 2/ Anh. 21 a, Bl. 5). Vgl. auch Einleitung S. X J a f f . S. die im Letter of advice to Military Governors regarding powers of Civil and Military Governments vom 19. 5. 1948 (Annex I des Reports, ForRel. 1948, II, S. 260 ff.) fixierten Bestimmungen, die in das Frankfurter Dokument Nr. III eingingen (Dok. Nr. 4). S. Dok. Nr. 3. Zu den Befürchtungen über ein in London vereinbartes zu starkes Übergewicht der Länder Dok. Nr. 4 Anm. 9. Zu der zwischen den Delegationen umstrittenen und deshalb im Kommuniqué offen gelassenen Frage des Wahlmodus Dok. Nr. 4, Anm. 7. Im Report vom 1. 6. 1948 {Anm. 5) hieß es dazu: „it is recommended that the procedure and regulations for the choice of delegates to the Constituent Assembly should provide either for popular elections in individual states or for election by thé respective legislative bodies of individual states, as will be determined by such legislative bodies. If any state chooses the latter procedure, delegate need not be elected from among members of the legislative body, and in any event must be elected in a manner which will truly reflect political opinion in the state." (ForRel. 1948, II, S. 311). Annex F des Reports über die Political Organisation vom 31. 5. 1948 (ForRel. 1948, II, S. 305 f.) sowie Annex H mit den fixierten Einzelbestimmungen über die Ausgestaltung der Verfassung im Letter of advice to Military Governors regarding German Constitution vom 12. 5. 1948 (ebda., S. 240 f.); Dok. Nr. 4, Anm. 9.
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If the constitution as prepared by the Constituent Assembly does not conflict with these general principles the Military Governors will authorize its submission for ratification by the people in the respective states. At the meeting with the Military Governors the Ministers-President will also be authorized to examine the boundaries of the several states in order to determine what modifications might be proposed to the Military Governors for the purpose of creating a definitive system which is satisfactory to the peoples concerned 18 }. b] Further discussions have taken place between the United States, United Kingdom, and French Delegations on measures for coordinating economic policies and practices in the Combined Zone and the Frendi Zone. Agreed recommendations have been reached on the joint conduct and control of the external trade of the whole area 10 ). It has been recognized that a complete economic merger of the two areas cannot effectively take place until further progress has been made towards) establishing the necessary German institutions common to the entire area. IV. PROVISIONAL TERRITORIAL ARRANGEMENTS The Delegations have agreed to submit for the consideration of their Governments proposals for dealing with certain minor provisional territorial adjustments in connection with the western frontier of Germany20). V. SECURITY21) This problem was considered in three aspects: a) General provisions. G) In Kom. II statt tojvard „in". ) Annex F des Reports über die Political Organisation vom 31. 5. 1948 und Annex G über die Reorganisation of the Laender vom 26. 5. 1948 (ForRel. 1948, II, S. 305 ff.). " ) , Annex J des Reports über die Trizonal Export/Import Policy vom 26. 5. 1948 ' (ForRel. 1948, II, S. 289 f.); endgültiger Zusammenschluß der drei Zonen durch , Abkommen über die Drei-Mächte-Kontrolle vom 8. 4. 1949 (Germany 1947 - 1949, S. 91 f.; dt. in: Stammen, Einigkeit, S. 243 ff.). 20) Die gemäß Annex K des Reports über Provisional territorial Arrangements vom 26. 5. 1948 (ForRel. 1948, II, S. 288 f.) zur Berichtigung der Westgrenzen eingesetzte , Sechs-Mächte-Arbeitsgruppe legte nach Beratungen in Paris (22. 7,-5. 8.; 24. 8.-1. 9. 1948) am 1. 9. 1948 einen vorläufigen Abschlußbericht vor (ebda., S. 682 ff.). Das endgültig vereinbarte Kommunique vom 26. 3. 1949 verzeichnete 31 Berichtigungen der dt. Westgrenze, die 153 km2 und eine Bevölkerung von etwa 13.500 Menschen beträfen (Germany 1947-1949, S. 150; dt. in: Deuerlein, Einheit, S. 470 f.; dazu Clay, Entscheidung, S. 444; Rothstein, Voraussetzungen, S. 48; Hb. des Besatzungsrfechts, § 24a, S. 7 f.). 21) Annex L des Report on Security (ForRel. 1948, II, S. 291 ff.); die aufgrund dieser Vereinbarungen nach vorbereitenden Beratungen interalliierter Arbeitsgruppen (ForRel. 1948, II, passim) auf der Washingtoner Außenministerkonferenz vom 5. - 8. 4. 1948 beschlossenen oder bestätigten Abkommen über das Besatzungsstatut vom 12. 5. 1948, über die Drei-Mächte-Kontrolle vor 8. 4. 1949, die Satzung der Alliierten-Hohen-Kommission vom- 20. 6. 1949 und das Abkommen über das Militärische Sicherheitsamt vom 17. 1. 1949 sind veröffentlicht in: Germany 1947— 1949, S. 89 ff., 102 ff.; dt. in: Stammen, Einigkeit, S. 238 ff. 18
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b) Measures during the period in which the occupying powers retain supreme authority in Germany. c) Measures after the period in which the occupying powers retain supreme authority in Germany. GENERAL PROVISIONS
The US, UK and French Delegations reiterated the firm view of their Governments that there could not be any general withdrawal of their forces from Germany until the peace of Europe is secured and without prior consultation11). It was further recommended that the Governments concerned should consult if any of them should consider that there was a danger of resurgence of German military power or of the adoption by Germany of a policy of aggression. MEASURES DURING THE PERIOD IN WHICH THE OCCUPYING POWERS RETAIN SUPREME AUTHORITY IN GERMANY
The prohibitions on the German armed forces and the German General Staff as contained in four-power agreements were reaffirmed22], as well as the exercise of controls by the Military Governors with respect to disarmament and demilitarization, level of industry and certain aspects of scientific research. To ensure the maintenance of disarmament and demilitarization in the interests of security, the three Military Governors should set up a military security board in the Western Zones of Germany to carry out the proper inspections and make the necessary recommendations to the Military Governors who decide the action to be taken23}. MEASURES AFTER THE PERIOD IN WHICH THE OCCUPYING POWERS RETAIN SUPREME AUTHORITY IN GERMANY
It was affirmed that Germany must not again be permitted to become an aggressive power and that prior to the general withdrawal of the forces of occupation agreement will be reached among the Governments concerned with respect to necessary measures of demilitarization, disarmament and control of industry and with respect to occupation of key areas. Also there should be a system of inspection to ensure the maintenance of the agreed provisions of German disarmament and demilitarization.
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In Kom. II nach consultation eingeschoben: „During this period there should be no general withdrawal of the forces of occupation of the United States, France or the United Kingdom without prior consultation".
Absdilußkommunique der Potsdamer Konferenz vom 2. 8. 1945, Abschn. III A und B (Faust, Potsdamer Abkommen, S. 371 ff., dt. und engl.). 2S) Die Bestimmungen über das Militärische Sicherheitsamt, über die sich die drei MilGouv. am 17. 12. 1948 nach Vorarbeiten einer interalliierten Arbeitsgruppe einigen konnten (ForRel. 1948, II, S. 665 ff.; Rothstein, Voraussetzungen, S. 41 ff.), wurden am 17.1.1949 erlassen (Germany 1947-1949, S. 102 ff.).
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T h e p r e s e n t recommendations, w h i d i in n o w a y preclude a n d on the contrary should facilitate eventual f o u r - p o w e r agreement on the G e r m a n problem, are designed to solve the urgent political a n d economic problems arising out of the present situation in Germany. Because of the previous failure to reatii comprehensive f o u r - p o w e r decisions on Germany 2 4 ), the m e a s u r e s r e c o m m e n d e d m a r k a step f o r w a r d in t h e policy which the p o w e r s r e p r e s e n t e d at these talks are determined to follow w i t h respect to the economic reconstruction of W e stern Europe, including Germany, a n d w i t h respect to the establishment of a basis f o r the participation f o r a democratic Germany in the community of f r e e peoples. ANNEX I INTERNATIONAL CONTROL OF THE RUHR25) W h e r e a s international security a n d general economic recovery require: —that t h e resources of the Ruhr shall not in the f u t u r e be used for the p u r p o s e of aggression but shall be u s e d in the interests of peace; —that access to the coal, coke and steel of the Ruhr, which w a s previously subject to the exclusive control of Germany, be in the f u t u r e guaranteed without discrimination to the countries of E u r o p a cooperating in the common economic good; W h e r e a s it is desirable f o r the political a n d economic well being of these countries a n d a democratic G e r m a n y that there be close association of their economic life; W h e r e a s it is i m p o r t a n t t h a t t r a d e b e t w e e n the countries mentioned in the preceding p a r a g r a p h should b e facilitated b y lowering trade barriers and b y any other means. The Governments of the United States, United Kingdom a n d France, a f t e r consultation w i t h the Governments of the Netherlands, Belgium a n d Luxembourg, h a v e agreed as follows. 1. A n international control shall b e set u p in the Ruhr a n d exercised b y an International A u t h o r i t y f o r the R u h r (hereinafter called the International Authority); the International A u t h o r i t y shall b e organized f o r t h w i t h and shall 24
) Zu den erfolglosen Vier-Mädite-Verhandlungen über Deutschland Deuerlein, Einheit, S. 136 ff. und Vogelsang, Deutschland, S. 25 ff. Der Hinweis darauf im Kommunique ging auf amerik. Anregung zurück (ForRel. 1948, II, S. 275 f.; vgl. audi Anm. 13). M ) Londoner Vereinbarung über die International Control of the Ruhr vom 26. 5. 1948 nebst Zusatzprotokoll (Annex C und D des Reports, ForRel. 1948, II, S. 285 ff., 290 f.). Die Bestimmungen über die Ruhrkontrolle waren auf Wunsch Frankreichs wörtlich in das Abschlußkommunique aufgenommen worden (ForRel. 1948, II, S. 298 f.). Das Dt. Büro f. Friedensfragen analysierte bereits am 17. 6. 1948 die Bestimmungen der vorgesehenen Ruhrkontrolle und des Londoner Kommuniques (BA Z 35/572, Bl. 55-75); eine Analyse der Londoner Empfehlungen auch in der Landeskanzlei Düsseldorf, die sie am 3. 7. 1948 dem Kabinett und führenden Parlamentariern zuleitete (HStA Düsseldorf, NW 53-659). Zur dt. Reaktion auf die Ruhrkontrolle Einleitung S. XX f. 7
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begin to exercise its fouctions at a time to be determined by the contracting Governments, and in any case before the establishment of a provisional German Government. 2. The International Authority shall be composed of representatives of the United States, United Kingdom, France, Netherlands, Belgium, Luxembourg and Germany. 3. The International Authority shall take its decisions by majority vote. The United States, United Kingdom, France and Germany shall have three votes each, and the Netherlands, Belgium and Luxembourg one vote each. 4. Until the contracting Governments decide otherwise, the representatives of Germany shall be designated and the vote for Germany exercised by those Powers which share the responsibility for the economic administration of that part of Germany whidi includes the Ruhr (hereinafter called „the Occupying Powers concerned"]. 5. The functions of the International Authority shall, subject to existing or future international agreements among the contracting governments concerning the allocation of coal, coke and steel, be as follows: a) subject to the provisions of Article 6 below, to make the division of coal, coke and steel from the Ruhr as between German consumption and export, in order to ensure adequate access to supplies of these products, taking into account the essential needs of Germany. b) to ensure that the German authorities do not institute, carry out or permit artificial measures or discriminatory practices which would distort the movement of Ruhr coal, coke and steel in international trade except for measures of protection approved by the International Authority. c) to exercise, in the circumstances envisaged in Article 10 (b) below, the powers described in Article 9 (b), below. d) During the period in which the Occupying Powers concerned exercise supreme authority (which period is hereinafter called „The Control Period") to bring to the attention of the occupation authorities concerned measures which would ensure, and thereafter itself to ensure, safeguard and protection for coal, coke and steel enterprises in the Ruhr involving foreign interests, within the framework of existing or future agreements between the Allied Governments represented on the Authority. 6. a) The findings of the International Authority under the provisions of Article 5 (a] shall be consistent with the programmes of the O.E.E.C. for the recovery of the participating countries. b) During the Control Period, or until such earlier time as may be agreed upon by the contracting Governments, the findings of the International Authority under the provisions of Article 5 (a) will be transmitted to the Military Governors for implementation. The Military Governors will proceed with the implementation of these findings (1) to the extent consistent with any agreements 8
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relative to the provision of financial assistance to Germany whidi are now or may come in effect between any two or more of the Contracting Governments; and (2) in accordance with the terms of any existing international agreement among the Contracting Governments, or extension thereof, with respect to the allocation of coal and coke. 7. The International Authority shall have the right: a) to receive regular reports on production, distribution and consumption of Ruhr Goal, coke and steel; b) to demand additional reports on these subjects whenever necessary; c) to verify the information at its disposal by enquiries on the spot and by subpoena and examination of witnesses; d) to call for information about supplies of coal, coke and steel from sources other than the Ruhr. 8. During the Control Period the occupation authorities concerned will maintain adequate control over the management in the Ruhr coal and coke industry. 9. During the Control Period, or until such earlier time as may be agreed upon by the contracting Governments, the occupation authorities concerned will maintain a) such powers in respect of the coal, coke and steel industries of the Ruhr as will enable the International Authority to perform the functions and exercise the rights assigned to it in Articles 5 and 7 above, and as may be necessary to ensure that the decisions with respect to the export of these products from Germany are carried out; b) such further powers as may be necessary to enforce the disarmament of Germany, including power to control the supply of Ruhr coal, coke and steel to any industries which may be prohibited or limited in the interests of security by agreement among the contracting Governments or under the terms of any international agreement to which they shall become party. 10. a) When the occupation authorities concerned relinquish the powers referred to in Article 9 [a] the German authorities shall be responsible to the International Authority for enabling it to perform the functions and exercise the rights assigned to it in Article 5 and 7 above and shall take sudi measures as may be necessary to ensure that the decisions of the International Authority are carried out. b) When the occupation authorities concerned relinquish the further powers referred to in Article 9 (b) these powers shall be transferred to such international body as may be designated for these purposes by the Peace Settlement or by any international Agreement to which the Allied Governments represented on the Authority are parties, and the Authority shall cooperate with that international body in such ways as shall be prescribed by the Peace Settlement or by such international agreement. If no such international body is set up, these 9 7 Parlament. Rat
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powers shall be transferred to the Authority but shall be exercised only by the Allied representatives of the Authority. 11. Should the German Government not carry out the decisions of the International Authority, the latter may, by a majority vote of the Allied representatives, find that the German Government is in default on its obligations and recommend, to the occupation authorities during the Control Period, and thereafter to the Allied Governments represented on the Authority, the application of the necessary enforcement measures, provided however that before sudi enforcement measures are applied the German Government shall be given a reasonable opportunity for hearing. At the expiry of the Control Period, these enforcement measures shall be applied in accordance with the relevant provisions of the Peace Settlement or any international agreement to whidi the Allied Governments represented on the Authority are parties. 12. This Agreement constitutes a statement of principles which shall form the basis for a more detailed agreement setting up the International Authority 26 ].
[DEUTSCHE ÜBERSETZUNG]27)
Gemäß der Erklärung, die nach Abschluß der informellen Besprechungen über Deutschland zwischen den Vertretern der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und der drei Benelux-Länder herausgegeben wurde, ist den Regierungen der teilnehmenden Mächte ein Bericht über die Empfehlungen, auf die man sich bei den Beratungen geeinigt hatte, übermittelt worden. Diese Empfehlungen wurden als ein geschlossenes Ganzes vorgelegt, da ihre Hauptpunkte voneinander abhängig sind und ein unteilbares Programm bilden. Die wichtigsten Grundzüge dieses Berichts sind die folgenden:
) Zum Gang der Verhandlungen über das Ruhrstatut ForRel. 1948, II, S. 448 ff. Das endgültige Abkommen wurde am 28. 12. 1948 im Entwurf veröffentlicht und nach der Washingtoner Außenministerkonferenz am 28. 4. 1949 verkündet [Germany 1947-1949, S. 332 ff. und ForRel. 1948, II, S. 581 ff.; dt. Übersetzung: Das Abkommen über die Errichtung einer Internationalen Ruhrbehörde, Hrsg. von der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen unter Mitwirkung des Deutschen Büros für Friedensfragen in Stuttgart, 1949. Dieses hatte am 14. 1. 1949 eine kommentierte Analyse des Abkommens vorgelegt, dessen Inhalt mit den Grundsätzen des Londoner Kommuniques verglichen wurde (Umdruck BA ADS). 27 ) Nadi Bekanntgabe des engl. Kommuniques erschienen sogleich dt. Übersetzungen, die aber Zahlreiche Ungenauigkeiten enthielten, in den Tageszeitungen, u. a. Die Welt, 8. 6. 1948; NZ, 10. 6. 1948. Eine sich um möglichst wörtliche Wiedergabe bemühende Übersetzung des Dolmetscherbüros des LR des VWG wurde den einzelnen Ländern zugeleitet [BA Z 4/121, Bl. 75 ff.). Der vorliegende Abdruck folgt der vom Bearbeiter ein wenig abgeänderten Übersetzung des EA (1948, S. 1437). Weitere, meist auf die Übersetzung im EA zurückgehende Abdrucke in: Hohlfeld, Dokumente, VI, S. 320 ff.; Bonner Kommentar, I, Einl. S. 40 ff.; Stammen, Einigkeit, S. 173 ff. Ein offizieller, von den Alliierten genehmigter dt. Text existiert nicht. 2C
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I. BETEILIGUNG DER BENELUX-LÄNDER AN DER DEUTSCHLANDPOLITIK
Die Empfehlungen sehen besondere Maßnahmen für eine enge Zusammenarbeit zwischen den Militärbefehlshabern und den Vertretern der Benelux-Länder in Deutschland in all den Fragen vor, die die Interessen der Benelux-Staaten berühren. Außerdem soll den Vertretern der Benelux-Staaten jede Möglichkeit gegeben werden, sich über die Entwicklung in den westlichen Besatzungszonen auf dem laufenden zu halten. II. DIE ROLLE DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT IN DER WIRTSCHAFT EUROPAS UND DIE KONTROLLE DER RUHR
a) Wie in dem bei Beendigung der ersten Phase der Besprechungen ausgegebenen Kommunique vom 6. März festgestellt wurde, wurde Übereinstimmung darüber erzielt, daß das wirtschaftliche Leben der Länder Westeuropas und eines demokratischen Deutschlands eng miteinander verbunden werden muß, damit ihr politisches und wirtschaftliches Wohlergehen erreicht werden kann. Diese enge Verbindung, die es Deutschland ermöglicht, am europäischen Wiederaufbau teilzunehmen und zu ihm beizutragen, wurde durch die am 16. April erfolgte Einbeziehung der britisch-amerikanischen und der französischen Zone in die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit Europas als vollberechtigte Mitglieder gesichert. b) Es wurde Übereinstimmung erzielt, die Errichtung einer internationalen Behörde für die Kontrolle des Ruhrgebietes zu empfehlen, in der die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich, Frankreich, die Benelux-Länder und Deutschland vertreten sein sollen. Die Errichtung dieser Behörde bedeutet keine politische Abtrennung des Ruhrgebietes von Deutschland. Vorgesehen ist jedoch die Kontrolle über die Verteilung der Kohlen-, Koks- und Stahlproduktion der Ruhr, um einerseits zu verhindern, daß die industrielle Konzentration in diesem Gebiet zu einem Aggressionsmittel wird, und andererseits zu gewährleisten, daß die Produktion allen am europäischen Wirtschaftsprogramm teilnehmenden Ländern einschließlich Deutschlands zugute kommt. Ein Entwurf für das Abkommen, das die Bestimmungen für die Errichtung dieser Behörde enthält, ist als Anhang beigefügt. Dieses Abkommen wird von den Vereinigten Staaten von Amerika, dem Vereinigten Königreich und Frankreich als den Besatzungsmächten abgeschlossen werden. Außerdem sollen jedoch die Benelux-Länder voll in die Vorbereitungsarbeit für das mehr in die Einzelheiten gehende Abkommen eingeschaltet werden, das in Artikel 12 vorgesehen ist. Auch sollen die Benelux-Länder zur Beratung herangezogen werden, sobald die Ruhrbehörde zu arbeiten beginnt. c) Im Verlauf der Ruhrbesprediungen wurde empfohlen, am Grundsatz der Nichtdiskriminierung ausländischer Interessen in Deutschland festzuhalten. Die einzelnen Regierungen sollen unverzüglich die Frage der Sicherung dieser Interessen prüfen, damit sobald wie möglich ein gemeinsamer Ausschuß der beteiligten Regierungen die Erörterung dieser Frage aufnehmen und Vorschläge unterbreiten kann. 11 7*
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III. ENTWICKLUNG DER POLITISCHEN UND WIRTSCHAFTLICHEN ORGANISATION DEUTSCHLANDS a) Weiter w u r d e die Frage der Entwicklung der politischen u n d wirtschaftlichen Organisation Deutschlands v o n allen Delegationen beraten. Die Delegierten erk e n n e n an, daß es bei Berücksichtigung der augenblicklichen Lage n o t w e n d i g ist, dem deutschen Volk Gelegenheit zu geben, die gemeinsame Grundlage f ü r eine freie u n d demokratische Regierungsform zu schaffen, u m dadurch die W i e d e r errichtung der deutschen Einheit zu ermöglichen, die zum gegenwärtigen Zeitp u n k t zerrissen ist. Auf G r u n d dieser Sachlage sind die Delegationen zu dem Schluß gekommen, daß das deutsche Volk jetzt in den verschiedenen Ländern die Freiheit erhalten soll, f ü r sich die politischen Organisationen u n d Institutionen zu errichten, die es ihm ermöglichen werden, eine regierungsmäßige V e r a n t w o r t u n g soweit zu übernehmen, wie es mit den Mindesterfordernissen der Besetzung u n d der Kontrolle vereinbar ist, u n d die es schließlich auch ermöglichen w e r d e n , die volle Verantwortung zu ü b e r n e h m e n . Die Delegationen sind der Ansicht, daß die Bevölkerung in den Ländern die Ausarbeitung einer V e r f a s s u n g wünscht, die Bestimmungen enthält, die von allen deutschen Ländern angenommen w e r d e n können, sobald die U m s t ä n d e es zulassen. Die Delegationen sind daher übereingekommen, ihren Regierungen zu e m p f e h len, daß die Militärgouverneure eine gemeinsame Sitzung mit den Ministerpräsidenten der W e s t z o n e n Deutschlands abhalten sollen. Auf dieser Sitzung w e r d e n die Ministerpräsidenten Vollmacht erhalten, eine v e r f a s s u n g g e b e n d e Versammlung zur Ausarbeitung einer V e r f a s s u n g einzuberufen, die von den Ländern zu genehmigen sein wird. Die Abgeordneten dieser verfassunggebenden Versammlung w e r d e n von den einzelnen Ländern nach Bestimmungen e r n a n n t w e r d e n , die von den einzelnen Länderparlamenten selbst festgelegt w e r d e n . Diese Verfassung soll so beschaffen sein, daß sie es den Deutschen ermöglicht, ihren Teil dazu beizutragen, die augenblickliche Teilung Deutschlands w i e d e r aufzuheben, allerdings nicht durch die Wiedererrichtung eines zentralistischen Reiches, sondern mittels einer föderativen Regierungsform, die die Rechte der einzelnen Staaten angemessen schützt u n d gleichzeitig eine angemessene zentrale Gewalt vorsieht u n d die Rechte u n d Freiheiten des Individuums garantiert. W e n n die Verfassung, die von der verfassunggebenden Versammlung vorbereitet wird, nicht gegen diese allgemeinen Grundsätze verstößt, w e r d e n die Militärgouverneure die Bevölkerung in den b e t r e f f e n d e n Staaten zur Ratifizierung ermächtigen. Bei der Z u s a m m e n k u n f t mit den Militärgouverneuren sind die Ministerpräsidenten ermächtigt, die Grenzen der verschiedenen Staaten zu ü b e r p r ü f e n , u m zu entscheiden, welche Veränderungen den Militärgouverneuren vorgeschlagen w e r d e n könnten, damit ein endgültiges System geschaffen wird, das f ü r die Bevölkerung zufriedenstellend ist. b) Zwischen den Delegationen der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs u n d Frankreichs h a b e n weitere Besprechungen zur Koordinierung der 12
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Wirtsdiaftspolitik und Praxis in der britisdi-amerikanisdien und der französischen Zone stattgefunden. Über die gemeinsame Leitung und Kontrolle des Außenhandels des gesamten Gebiets wurde eine gemeinsame Empfehlung beschlossen. Die Delegationen haben erkannt, daß eine vollständige wirtschaftliche Vereinigung der zwei Gebiete nicht verwirklicht werden kann, solange nicht weitere Fortschritte in der Errichtung der notwendigen deutschen Institutionen für das Gesamtgebiet gemacht worden sind. IV. VORLÄUFIGE GRENZVEREINBARUNGEN
Die Delegationen sind übereingekommen, ihren Regierungen Vorschläge über gewisse geringfügige, vorläufige Berichtigungen der Westgrenzen Deutschlands zur Prüfung vorzulegen. V. SICHERHEIT
Diese Frage wurde von drei Gesichtspunkten aus behandelt: a) Allgemeine Bestimmungen. Die Delegationen der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und Frankreichs betonten erneut die Überzeugung ihrer Regierungen, daß es keinen allgemeinen Rückzug ihrer Besatzungstruppen aus Deutschland geben könne, solange der Frieden in Europa nicht gesichert ist und ohne daß vorher Beratungen stattgefunden haben. Es wurde ferner empfohlen, die beteiligten Regierungen sollten Beratungen aufnehmen, wenn eine von ihnen der Ansicht ist, daß die Gefahr besteht, daß Deutschland seine Militärmacht wieder aufbaut oder erneut eine Agressionspolitik betreibt. b) Maßnahmen während des Zeitraumes, in dem die Besatzungsmächte die höchste Autorität in Deutschland ausüben. Das Verbot der deutschen Wehrmacht und des deutschen Generalstabes, wie es in dem Viermächteabkommen niedergelegt ist, wurde ebenso von neuem ber stätigt wie die Ausübung der Kontrolle über die Entwaffnung, Entmilitarisierung, Industriekapazität und gewisse Belange wissenschaftlicher Forschung durch die Militärgouverneure. Um die Entwaffnung und Entmilitarisierung im Interesse der Sicherheit weiterhin sicherzustellen, sollen die drei Militärgouverneure in den Westzonen Deutschlands eine Sicherheitsbehörde errichten, die die erforderlichen Inspektionen durchführen und den Militärgouverneuren die notwendigen Empfehlungen für Maßnahmen machen soll. Die Gouverneure entscheiden, welche Maßnahmen zu treffen sind. c) Maßnahmen nach dem Zeitraum, in dem die Besatzungsmächte die höchste Autorität in Deutschland ausüben. Es wurde erneut bestätigt, daß es Deutschland nicht noch einmal ermöglicht werden dürfe, zu einer aggressiven Macht zu werden. Vor der allgemeinen Zurückziehung der Besatzungstruppen aus Deutschland soll zwischen den beteiligten Regierungen ein Obereinkommen über die notwendigen Maßnahmen zur Demilitarisierung, Abrüstung, Kontrolle der Industrie und zur Besetzung 13
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der Schlüsselgebiete abgeschlossen werden. Außerdem soll ein Inspektionssystem geschaffen werden, um die Durchführung der beschlossenen Bestimmungen über die Abrüstung und Demilitarisierung Deutschlands zu gewährleisten. Diese Empfehlungen sollen in keiner Weise ein späteres Viermächteabkommen über das deutsche Problem ausschließen, sondern es im Gegenteil erleichtern. In Anbetracht der vorhergegangenen Fehlschlage bei dem Versuch, eine umfassende Viermächteentscheidung über Deutschland zu erreichen, bedeuten die vorgeschlagenen Maßnahmen einen Schritt vorwärts im Rahmen der Politik, die von den beteiligten Mächten bei diesen Besprechungen vertreten wurde und der zu folgen sie weiterhin gewillt sind — im Hinblick auf den wirtschaftlichen Wiederaufbau Westeuropas einschließlich Deutschlands und auf die Schaffung einer Grundlage für die Teilnahme eines demokratischen Deutschlands an der Gemeinschaft freier Völker.
ANHANG: INTERNATIONALE KONTROLLE DER RUHR
Die internationale Sicherheit und der allgemeine wirtschaftliche Aufbau verlangen: — daß die Hilfsquellen der Ruhr in der Zukunft nicht für Zwecke einer Angriffspolitik benutzt werden, sondern den Interessen des Friedens dienen. — daß die Verfügung über Kohlen-, Koks- und Stahlproduktion des Ruhrgebiets, die früher ausschließlich Deutschland zustand, künftig ohne Unterschied den Ländern Europas garantiert sein soll, die zu allgemeinem wirtschaftlichem Nutzen zusammenarbeiten. Es ist für die politische und die wirtschaftliche Wohlfahrt dieser Länder und eines demokratischen Deutschlands wünschenswert, daß sie sich in ihrem Wirtschaftsleben eng zusammenschließen. Da eine Erleichterung des Handels zwischen den im vorangegangenen Absatz erwähnten Ländern durch Abbau der Handelsschranken und auf andere Weise wichtig ist, sind die Regierungen der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und Frankreichs nach Beratung mit den Regierungen der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs übereingekommen: 1. Für das Ruhrgebiet wird eine internationale Kontrolle geschaffen, die von einer internationalen Ruhrbehörde (im folgenden „die Internationale Behörde" genannt) ausgeübt wird. Die Internationale Behörde soll unverzüglich organisiert werden und ihre Tätigkeit zu einem von den vertragschließenden Regierungen zu bestimmenden Zeitpunkt aufnehmen. Auf jeden Fall soll die Internationale Behörde vor der Errichtung einer vorläufigen deutschen Regierung in Tätigkeit treten. 2. Die Internationale Behörde soll sich aus Vertretern der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs, der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs und Deutschlands zusammensetzen. 3. Die Internationale Behörde soll ihre Entscheidungen auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses treffen. Die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich, 14
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Frankreich, und Deutschland werden je drei Stimmen, die Niederlande, Belgien und Luxemburg je eine Stimme erhalten. 4. Solange nicht die vertragschließenden Regierungen anders entscheiden, sollen die deutschen Vertreter von den Mächten ernannt werden, die die Verantwortung für die wirtschaftliche Verwaltung des Teiles Deutschlands tragen, in dem das Ruhrgebiet liegt. Diese Mächte (im folgenden „die betreffenden Besatzungsmächte" genannt) sollen auch das Stimmrecht für Deutschland ausüben. 5. Die Internationale Behörde ist den bestehenden oder zukünftigen Abkommen der vertragschließenden Regierungen über die Verteilung der Kohlen-, Koks- und Stahlproduktion unterworfen und soll die folgenden Funktionen ausüben: a) Von den Bestimmungen des nachfolgenden Artikels 6 abhängig, soll die Behörde die Aufteilung der Kohlen-, Koks- und Stahlproduktion der Ruhr zwischen dem deutschen Verbrauch und dem Export vornehmen, um eine angemessene Verteilung dieser Güter zu gewährleisten, wobei jedoch die lebensnotwendigen Erfordernisse Deutschlands berücksichtigt werden sollen. b) Die Internationale Behörde soll sicherstellen, daß die deutschen nicht willkürlich Maßnahmen oder eine diskriminierende Praxis durchführen oder erlauben, die die Verteilung von Ruhrkohlen, -koks durch den internationalen Handel stören würden. Ausgenommen sind Schutzmaßnahmen, die von der Internationalen Behörde gebilligt sind.
Behörden einführen, und -stahl diejenigen
c) Die Internationale Behörde soll unter den im Artikel 10 b genannten Umständen die Vollmachten ausüben, die im Artikel 9 b angeführt sind. d) In der Zeit, in der die beteiligten Besatzungsmächte die Oberhoheit ausüben (im folgenden wird diese Periode „Kontrollperiode" genannt), soll die Internationale Behörde die Besatzungsbehörden auf Maßnahmen hinweisen und später solche Maßnahmen selbst sicherstellen, die den Kohle-, Koks- und Stahlunternehmungen des Ruhrgebietes mit ausländischer Beteiligung Sicherheit und Schutz im Rahmen der bestehenden oder künftigen Abmachungen zwischen den alliierten Regierungen, die in der Kontrollbehörde vertreten sind, gewähren. 6. a) Die nach den Bestimmungen des Artikels 5 a getroffenen Beschlüsse der Internationalen Behörde sollen mit dem Wiederaufbauprogramm der an der ständigen Pariser Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit Europas beteiligten Länder übereinstimmen. b) Während der Kontrollperiode oder bis zu einem früheren Zeitpunkt, der von den vertragschließenden Regierungen vereinbart werden kann, werden die Beschlüsse der Internationalen Behörde nach den Bestimmungen des Artikels 5 a den Militärgouverneüren zur Durchführung zugeleitet werden. Die Militärgouverneure werden diese Beschlüsse bis zu dem Ausmaß durchführen, das im Einklang mit Abkommen über die Gewährung finanzieller Hilfe an Deutschland steht, die bereits zwischen zwei oder mehreren der vertragschließenden Länder in Kraft sind oder in internationalen Abkommen zwischen den vertrag15
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schließenden Regierungen über die Zuteilung von Kohle und Koks oder deren Erweiterung entspricht. 7. Die Internationale Behörde soll das Redit haben: a) regelmäßige Berichte über die Produktion, die Verteilung und den Verbrauch von Ruhrkohle, Ruhrkoks und Ruhrstahl zu erhalten. b) Zusätzliche Berichte über diese Fragen anzufordern, sobald es notwendig wird. c) Die ihr zur Verfügung gestellten Informationen durch Untersuchungen an Ort und Stelle zu überprüfen. d) Informationen über Kohlen-, Koks- und Stahlvorräte aus anderen Quellen als dem Ruhrgebiet anzufordern. 8. Während der Kontrollperiode werden die betreffenden Besatzungsmächte eine angemessene Kontrolle über die Verwaltung der Ruhrkohlen- und -koksindustrie aufrechterhalten. 9. Während der Kontrollperiode oder bis zu einem früheren Zeitpunkt, auf den sich die vertragschließenden Regierungen einigen könnten, werden sich die Besatzungsmächte weiterhin vorbehalten: a} Vollmachten in Hinsidit auf die Kohlen-, Koks- und Stahlindustrien des Ruhrgebiets, die es der Internationalen Behörde ermöglichen, die Funktionen auszuführen und die Rechte auszuüben, die ihr in den vorstehenden Artikeln 5 und 7 übertragen worden sind und die notwendig sein könnten, um die Durchführung der Entscheidungen über den Export dieser Erzeugnisse aus Deutschland zu gewährleisten. b) ferner Vollmachten, die notwendig sein könnten, um die Abrüstung in Deutschland zu erzwingen, einschließlich der Vollmacht, die Versorgung der Industrie mit Ruhrkohle, -koks und -stahl zu kontrollieren, die im Interesse der Sicherheit durdi ein Übereinkommen zwischen den vertragschließenden Regierungen oder auf Grund der Bestimmungen eines internationalen Übereinkommens verboten oder beschränkt werden können. 10. a] Von dem Augenblick an, zu dem die betreffenden Besatzungsmächte die im Artikel 9 a behandelten Vollmachten aufgeben, werden die deutschen Behörden der Internationalen Behörde dafür verantwortlich sein, daß diese die Funktionen durchführen und die Rechte ausüben kann, die ihr in den oben erwähnten Artikeln 5 und 7 übertragen wurden. Sie sollen die nötigen Maßnahmen treffen, um die Durchführung der Beschlüsse der Internationalen Behörde zu gewährleisten. b] Sobald die betreffenden Besatzungsmächte von den in Artikel 9 b vorgesehenen weiteren Befugnissen zurücktreten, sollen diese einer internationalen Körperschaft zugesprochen werden, die auf Grund der Friedensregelung oder einer internationalen Vereinbarung, an der die in der Internationalen Behörde vertretenen alliierten Regierungen beteiligt sind, geschaffen werden kann. Die Internationale Behörde soll mit dieser internationalen Körperschaft so zusam16
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menarbeiten, wie es die Friedensregelung oder eine derartige internationale Vereinbarung bestimmt. Falls keine derartige internationale Körperschaft gebildet wird, soll die Internationale Behörde diese Befugnisse erhalten, mit dem Vorbehalt jedoch, daß sie lediglich von den alliierten Vertretern in der Internationalen Behörde ausgeübt werden. 11. Sollte die deutsche Regierung die Entscheidungen der Internationalen Behörde nicht durchführen, so kann diese durch einen Mehrheitsbeschluß der alliierten Vertreter feststellen, daß die deutsche Regierung die Erfüllung ihrer Verpflichtungen versäumt. Die Internationale Behörde kann in solchem Falle während der Kontrollperiode den Besatzungsbehörden und danach den in der Internationalen Behörde vertretenen alliierten Regierungen empfehlen, die zur Durchführung der Entscheidungen notwendigen Zwangsmaßnahmen zu treffen. Voraussetzung dabei ist jedoch, daß der deutschen Regierung ausreichende Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben wird, bevor irgendwelche Zwangsmaßnahmen durchgeführt werden. Nach Beendigung der Kontrollperiode sollen diese Zwangsmaßnahmen gemäß den betreffenden Bestimmungen des Friedensvertrages oder eines internationalen Übereinkommens durchgeführt werden, an dem sich die in der Internationalen Behörde vertretenen Regierungen beteiligen. 12. Dieses Übereinkommen ist eine Prinzipienerklärung, die die Grundlage für ein mehr in die Einzelheiten gehendes Übereinkommen über die Errichtung der Internationalen Behörde schaffen soll.
Nr. 2 Aufzeichnung einer Besprechung der Ministerpräsidenten der amerikanischen Besatzungszone mit General Clay [Frankfurt], 14. [Juni 1948] 1 ) BA Z 12/15, Bl. 135-139. Nicht gezeichnete Ausfertigung, (Bl. 136-139 vervielfältigt) Anroesend: Clay, Hays, Murphy (amerik. MilReg.); Ehard (Bayern); Kaisen (Bremen); Stock (Hessen); Köhler (Württemberg-Baden) [VORAUSINFORMATION ÜBER DIE FRANKFURTER DOKUMENTE]
General Clay erklärte, daß die Besprechung intern sei, jedoch nicht so intern, als daß die unmittelbar Betroffenen nicht orientiert werden könnten2]. Die all') Die Aufzeichnung trägt die Überschrift „Interne Besprechung mit Herrn General Clay am 14. d[ieses] M[onats]", ohne Ortsangabe; als Besprechungsort kann nur Frankfurt angenommen werden, wo Clay und Robertson vom 14.-16. 6.1948 Konferenzen mit Vertretern bizonaler Organe und den MinPräs. abhielten (BA Z 4/523; 530). Eine in BA Z 12/10, Bl. 122 ff. überlieferte Vervielfältigung ist irrtümlich auf den Juli datiert. - Die Aufzeichnung stammt vermutlich von Stock. 2 ) Die Besprechung war von Clay anberaumt worden, um den negativen Eindruck der auf Frankreich zugeschnittenen Londoner Empfehlungen (Dok. Nr. 1, Anm. 1]
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gemeine Orientierung könne erst erfolgen, wenn die Londoner Vorschläge in Paris akzeptiert seien 3 ). Seit Wochen plane die Militärregierung, die gesamte Verwaltung in deutsche Hände zu bringen. Auch die Frage Berlin mache Sorgen. Es stehe jedoch fest, Berlin muß versorgt, unterstützt und gehalten werden. Der Plan einer Verrechnung ist zweiseitig, dazu die Transportsperre, aber egal, „was es Sie und uns kostet, Berlin wird gehalten" 4 ) I. GRENZEN DER LÄNDER Die Grenzen der heutigen Länder sollen überprüft werden. Es wird Aufgabe der Ministerpräsidenten sein, dies zu tun, die dem Verfassungsaussdiuß hierüber Vorschläge machen 5 ). Die Minoritäten eines einzubeziehenden Landes sollen durch Volksabstimmung entscheiden. Mein Wunsch ist, keine größeren Länder wie Bayern oder Rheinland-Westfalen jetzt ist, zu gründen. Im übrigen sei es vollkommene Sache der Deutschen, dies zu bestimmen. Auf eine Anfrage wurde außerdem zugesagt, daß die derzeitigen Zonengrenzen keine Ursachen sind, die notwendige Grenzziehung neu festzulegen. II. VORARBEITEN FÜR EINE POLITISCHE REGIERUNG Audi damit sind die Ministerpräsidenten betraut. Eine verfassungsgebende Versammlung soll bis spätestens 1. 9. 1948 einberufen werden. Auf 750 000 Ein-
in der dt. Öffentlichkeit zu korrigieren. Clay war in London mit seinem Vorschlag nicht durchgedrungen, durdi Herausgabe eines knappen Schlußkommuniques den MinPräs. nach ihrem Treffen mit den MilGouv. Gelegenheit zu geben, die Londoner Beschlüsse in allen Einzelheiten bekanntzumachen - „this procedure, I am sure, would have resulted in an enthusiastic German reception" (ForRel. 1948, II, S. 329). Noch vor Übergabe der Frankfurter Dokumente unterrichtete er aber auf Anraten Washingtons dt. MinPräs., Parteiführer und Journalisten über die für Dtld. positiven Aspekte der Londoner Empfehlungen, um ihnen klar zu machen: „the proposal actually leaves it up to the Germans themselves to decide whether they desire to have a gov[ernmen]t now and if so what the form and character of such gov[ernmen]t should be, subj[ect] only to the broadest limitations which are of a nature that it is believed the Germans themselves would approve" (Draper an Clay, Washington, 11. 6. 1948, BA NL Pollode/106; s. auch Gimbel, Besatzungspolitik, S. 273 f.). 3 ) Die frz. Nationalversammlung stimmte erst am 16. 6. 1948 nach harten Auseinandersetzungen und unter Vorbehalt mit knapper Mehrheit den Londoner Empfehlungen zu (Willis, The French, S. 55 ff.; Korff, Revirement, S. 86 f.; Analyse der Parlamentsdebatte samt Vorbehaltserklärung in: BA Z 35/388, Bl. 16 ff. 4) Schon zu Beginn des Jahres 1948 hatten russ. Verkehrs- und Transportbehinderungen eingesetzt, die sich nach dem Auszug der sowj. Delegation aus dem Kontrollrat (20. 3. 1948) erheblich verschärft hatten und am 20. 6. 1948 zur totalen Blockade führten (Davison, Blockade, S. 87 ff.; Deuerlein, Deutschland, S. 138; ForRel. 1948, II, S. 86 ff.). Vgl. die Äußerungen Clays in Besprechungen mit Vertretern der bizonalen Organe in Frankfurt, 14. 6. 1948 (BA Z 4/523, Bl. 333 f.). 5) S. Dok. Nr. 4 (Frankfurter Dok. Nr. II). 18
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wohner ein Abgeordneter. Es bleibt den Ländern überlassen, die Abgeordneten durch den Länderrat6) oder durch Urwahl bestimmen zu lassen. Die Verfassung muß auf föderalistischer Grundlage aufgebaut sein. Die Verfassung bedarf der Genehmigung der drei Gouverneure. Außer dem Gebietsstoff, den zur Zeit der Wirtschaftsrat verwaltet, sollen, von kleinen Korrekturen abgesehen, der Zentralverwaltung keine Aufgaben übertragen werden, höchstens noch die Sozialversicherung, Gesundheitswesen usw. Die Zentralverwaltung kann nur die Steuern beschließen, die sie für ihre Verwaltung benötigt. Das schließe nicht aus, daß zentrale Regelungen audi für die Länder getroffen werden, auch für die Polizei7). Die Verfassung bedarf der Zustimmung der Staaten und zwar der durch die Neuordnung der Staatengrenzen gebildeten Staaten. Wenn 2/s der neuen Staaten aller deutschen Länder, d. h. wohl der deutschen Westländer a ) zustimmen, ist die Verfassung angenommen. 30 Tage nach der Abstimmung über die Verfassung soll die neue Regierung gebildet sein. Man hofft dabei, daß alles bis zum 1. 9.1949 fertig ist. Die neue Regierung wird im Rahmen eines Besatzungsstatuts arbeiten8). Die Kontrolle wird sich hauptsächlich auf auswärtige Beziehungen, Devisen, Verkehr, Export, Import, Besatzungstruppen, Inspektion, Entmilitarisierung usw. beziehen. Die bis jetzt erfolgten Verlautbarungen seien mehr im Hinblick auf die Umstände in Frankreich gemacht. Tatsächlich seien die Abmachungen deutschfreundlicher, wie dies die bis jetzt gegebenen Erklärungen vermuten lassen 9 ). III. RUHR
Es wird eine internationale Kontrolle, sowohl für die Erfassung, wie die Verteilung eingerichtet. Deutschland ist mit drei Stimmen beteiligt. Nur einem Staat steht ein Vetorecht zu, und zwar den Vereinigten Staaten Amerikas. Sie hoffen, daß die Tätigkeit dieser internationalen Kontrolle mit dem steigenden Anfall !l
) Verbessert vom Bearb. aus: „Rechtsländer".
) Gemeint sind wohl die Landtage der Länder. ') Clay gab hier zusätzlich Einzelheiten über die in London verabredeten Grundsätze für eine dt. Verfassung wieder (Letter of advice to Military Governors regarding German Constitution, 12. 5. 1948, ForRel. 1948, II, S. 240 f.), die nidit in das Londoner Kommuniqué (Dok. Nr. l) und die Frankfurter Dokumente (Dok. Nr. 4) aufgenommen wurden, später aber in das Aide-Mémoire der MilReg. an den PR vom 22. 11. 1948 eingingen (ForRel. 1948, II, S. 442 f.; dt.: Bonner Kommentar, I, Einl., S. 100) ; s. auch Dok. Nr. 4, Anm. 9. 8 ) Dok. Nr. 4 (Frankfurter Dok. Nr. III). 9 ) Bei der Formulierung des Londoner Sdilußkommuniques waren die Westalliierten von dem Bemühen getragen, der frz. Regierung ein Vertrauensvotum im Parlament zu sichern und eine innenpolitische Krise in Frankreich zu vermeiden (ForRel. 1948, II, S. 298 f., 329; Gimbel, Besatzungspolitik, S. 272 f.). Mitglieder der brit. und amerik. MilReg. betonten hierzu: der Gesamtinhalt der Londoner Abmadiunsen bis an die Grenze des Möglichen entgegengekommen sei (Berichte W. Brandts gen lasse den Deutschen genügend Bewegungsfreiheit, audi wenn man den FranzoNr. 57 und 58 an PV, Berlin, 9. 6. und 10. 6. 1948, Arch. FES Schumacher J 79). 6
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von Kohle sich vermindere [und] bis in ungefähr drei Jahren gegenstandslos sei. Deutschland könne man beglückwünschen, daß nicht eine schärfere Überwachung, ja sogar politische Abtrennung erfolgt sei 10 ). IV. Die französisch besetzte Zone würde ab 1. 8. 1948 in das Ex- und Importprogramm eingeschlossen 11 ), während die Dreizonenverwaltung erst akut wird, nachdem die deutsche Regierung gebildet ist. V. Insbesondere ist zu erwähnen, daß ausländischer Besitz in Deutschland keinerlei Vorzugsstellung genießt. BEMERKUNGEN [STOCKS]: I. LANDESGRENZEN Bei dem Ministerpräsidenten ist ein Referat einzurichten, für das zunächst das Planungsamt in Frage kommt, weil die Landesgrenzen nach Südwesten und Westen, evtl. auch nach Osten für Hessen von maßgeblicher Bedeutung sind. Meine Meinung hierüber ist bekannt 12 ). Jedenfalls dürfen wir uns hierbei nicht überfahren lassen, [zumal] als bestimmte Pläne Frankreichs auf eine Staatenbildung hinzielen, die mit deutschen staatlichen Interessen nichts zu tun haben, sondern ganz von strategischem Interesse Frankreichs beherrscht sind 13 ). II. VERFASSUNGGEBENDE VERSAMMLUNG Ich bin für Urwahl der Abgeordneten. Eine Nationalversammlung, durch die Landtage gewählt, hat in Folge nicht die Resonanz, die eine solche Verfassung braucht 14 ). Das ist insbesondere deshalb der Fall, als die neue Verfassung auf ) S. hierzu Dok. Nr. 1, Anm. 25 und 26. ) Der Anschluß der frz. Zone an die bizonale Joint Export-Import Agency (JEIA) kam nicht, wie zunächst vorgesehen, am 1. 8., sondern erst am 18. 10. 1948 zustande (s. auch Vogel, Westdeutschland, II, S. 159, 165). 12) Stock forderte in Interviews, das Land Hessen über den Rhein bis zur frz. Grenze auszudehnen und ihm vor allem die ehemaligen pfälz. und hess. Gebiete links des Rheins (Wetzlarer Neue Zeitung, 8. 7. 1948; Sopade 1948, VII, S. 121), ferner das westliche Unterfranken mit den Kreisen Altenau, Aschaffenburg, Obernburg, Miltenberg, dem westlichen Teil der Kreise Gemünden, Lohr, Marktheidenfeld anzugliedern (Wiesbadener Kurier, 5. 8. 1948); vgl. die Ausführungen Brills auf der Sitzung des Ausschusses zur Uberprüfung der Ländergrenzen, 3. 8. 1948 (Dok. Nr. 16, S. 298 f.) sowie die Ausarbeitungen des hess. Statistischen Landesamtes (BA Z 12/10, Bl. 78 ff.). Zu der vor allem von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen vertretenen Gegenposition Dok. Nr. 6, Anm. 34a, sowie Einleitung, S. XVI f. , 3 ) Frankreich, das der Ländergrenzenfrage eine erhebliche Bedeutung zumaß, hatte in London die Bildung eines Rheinland-Staates (RegBez. Köln, Aachen, Trier, Koblenz mit der Hauptstadt Köln) gefordert (ForRel. 1948, II, S. 174 und passim), um, wie man in Dtld. fürchtete, einen solchen ausschließlich linksrheinischen Staat ähnlich der Saar politisch und wirtschaftlich ganz nach Frankreich ausrichten und so eine zweite Oder-Neiße-Linie schaffen zu können (Sopade, 1948, VII, S. 121, Dok. Nr. 16. Anm. 2 sowie Einleitung, S. L ff. 14) Zur Frage des Wahlmodus Dok. Nr. 1, Anm. 16; Dok. Nr. 4, Anm. 7. In Hessen war bereits der Entwurf eines Gesetzes zur Wahl einer Verfassunggebenden Ver
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mehr föderativer Grundlage aufgebaut werden muß, als dies die Weimarer Verfassung war, der Widerstreit etc. Der Bundesstaat spielt mehr wie je eine Rolle. Deshalb muß der Gedanke unitarisch oder föderativ im Volk, Presse und Vortrag gut vorbereitet und durchberaten werden. Bei dem Mangel an Presse ist das sehr schwer. Dazu kommt, daß die Urwahl, wenn die Nationalversammlung am 1. 9 - 1 9 4 8 zusammentreten soll, im August stattfinden müßte. Die Wahlen im August ständen ganz unter dem Eindruck der Währung 1 5 ]. Aus diesen Gründen wären die Wahlen bis spätestens Oktober zu verschieben und der Zusammentritt der Nationalversammlung auf 1. November 1948 zu vereinbaren. Die Bi- oder Trizone — in Zukunft Westdeutschland — ist aber an der mehr selbständigen Verwaltung — Regierung — stark interessiert. Es wäre zu fordern, daß das Besatzungsstatut nicht erst nach Annahme der Verfassung und Wahl des neuen Parlaments und Bildung der Regierung Rechtskraft erlangt, sondern bereits wesentlich früher, und zwar längstens ab 1. Oktober 1948 1 6 ). Die Treuhänder für die Regierung Westdeutschlands müßten bis zu dem Zeitpunkt, wo die Regierung nach Abstimmung über die Verfassung gebildet ist, durch die Ministerpräsidenten erfolgen 17 ). In diesem Sinne habe ich auch mit Prof. Pollock die Dinge besprochen 18 ). Wir müssen einen gesunden Bau einer Verfassung vornehmen können, nicht überstürzt, nicht übereilt und dennoch Selbständigkeit in der Verwaltung gegenüber den Besatzungsmächten erreichen.
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Sammlung ausgearbeitet worden, bei dem von direkten Wahlen mit 120 nach Mehrheitswahlrecht und 30 nach Verhältniswahlredit zu wählenden Abgeordneten ausgegangen worden war (BA Z 12/15, Bl. 217 ff.). Zu der am 20. 6. 1948 in Kraft getretenen Währungsreform und den damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen Dok. Nr. 6, Anm. 16. In dem Verlangen nach einem Besatzungsstatut als Voraussetzung jeglicher politischer Neuordnung gibt Stock seit langem propagierte Gedanken seiner Partei wieder (Sörgel, Konsensus, S. 22 ff.; Dok. Nr. 3, Anm. 13 sowie die Diskussionen auf der MinPräs.-Konferenz in Koblenz, Dok. Nr. 6, S. 60). Zur Forderung nach treuhänderischer Wahrnehmung einer interimistischen Regierungsverantwortung durch die MinPräs. Dok. Nr. 3 mit Anm. 17 sowie Dok. Nr. 6 mit Anm. 20.; s. auch Einleitung, S. XXX f. Prof. Pollock (Oktober 1945 bis August 1946 Leiter des Regional Government Coordinating OffiGe in Stuttgart) hatte vom 23. 5. - 8. 6. 1948 als persönlicher politischer Berater Clays Reisen durch die Westzonen unternommen; am 1./2. 6. 1948 besuchte er Wiesbaden. In seinem Abschlußbericht vom 11. 6. 1948, in dem es heißt, „leading Germans have already done a great deal of thinking regarding the steps necessary to develop a West German state. In fact, almost every leading German has a constitution in his pocket", erwähnte er die von Stock (u. a. MinPräs.) vorgebrachten Forderungen nach einer Art „Gesdiäftsregierung" und empfahl, den dt. Wünschen bei der Festlegung eines Termins für die Wahl einer Verfassunggebenden Versammlung sowie in anderen prozeduralen Fragen weit entgegenzukommen, da in Dtld. wegen der Währungsreform und der internationalen Lage mit politischen Erschütterungen gerechnet werden müsse (BA NL Pollock/37, Bl. 8 ff.). 21
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Nr. 3 Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der westdeutsdien Besatzungszonen Frankfurt, 1. Juli 1948 BA Z 4/121, Bl. 126-131. Von GS Troeger unterzeichnetes Kurzprotokoll, vervielfältigte Ausfertigung1) Anroesend 2 ): Clay [Vorsitz], Draper, Adcodc, Murphy, Litchfield, Panuch (amerik. MilReg.); Robertson, McReady, Steel, Weir, Chaput de Saitonge») (brit. MilReg.}; Koenig, Noiret, Tarbe de Säint-Hardouin, Sabatier, Seydoux (frz. MilReg.]; Wohleb (Baden); Ehard, Pfeiffer (Bayern); Kaisen (Bremen); Brauer (Hamburg); Stock (Hessen); Kopf (Niedersachsen); Arnold, Spiecker (Nordrhein-Westfalen); Altmeier (Rheinland-Pfalz); Lüdemann, Suchan (Schleswig-Holstein); Maier, Klaiber (Württemberg-Baden); Bock, Schmid (Württemberg-Hohenzollern); Köhler, Dörr (WiR); Troeger (LR) [BEKANNTGABE DER FRANKFURTER DOKUMENTE] [Beginn:] 11.30 Uhr General Clay eröffnete die Sitzung und begrüßte die deutschen Teilnehmer zugleich im Namen seiner Kollegen 3 ). Er wies auf die große Bedeutung dieser
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) Verbessert vom Bearb. aus: Santonce.
') Neben diesem Kurzprotokoll (Prot. I) liegt eine noch knappere Zusammenfassung vor, die auf bayer. Notizen zurückgeht (Prot. II - HStA Düsseldorf, NW 53-658), jedoch keine weitergehenden Informationen liefert. Der Protokollant von Prot. I, Troeger, hat sich nach Aussage Pfeiffers im bayer. Ministerrat am 3. 7. 1948 bei dieser Sitzung so verhalten, ols ob er bereits GS. der MinPräs.-Konferenz sei; die SPD strebe nämlich bewußt nach diesem Posten; als die MinPräs. aber zu der Auffassung gekommen seien, daß die Konferenz der Länderchefs etwas anderes sei als der LR, habe Troeger das Interesse an den Sitzungen verloren und sei weggeblieben (GStA München, LR Stuttgart, Nr. 11). 2 ) Die Anwesenheitsliste von Prot. I ist besonders hinsichtlich der dt. Vertreter „Die elf Ministerpräsidenten und einige Begleiter" sehr summarisch, konnte aber aus Prot. II und aus Rundschreiben Troegers an die Ländervertretungen vom 30. 6. 1948 (BA Z 4/121, BI. 143) sowie aus AZ vom 2. 7. 1948 ergänzt werden. Auch die alliierte Seite war mit etwa 40 Offiziellen stärker vertreten, als aus den Protokollen hervorgeht (ForRel. 1948, II, S. 380 f.; NZ, 1. 7. 1948 und AZ, 2. 7.1948). ") Der Konferenz, die bereits für den 30. 6. vorgesehen war, auf Bitten Koenigs aber um einen Tag verschoben werden mußte (GS Troeger an die Länderbevollmächtigten beim LR, 29. 6. 1948, BA Z 4/121, Bl. 148), waren am Vorabend Besprechungen der drei MilGouv. in Frankfurt vorausgegangen, die der gegenseitigen Abstimmung über Sach- und Verfahrensfragen dienten. Dabei wurde auch verabredet, daß vor der offiziellen Konferenz Höflichkeitsgespräche mit den MinPräs. stattfinden sollten: Clay und Robertson setzten deshalb für den 30. 6. 1948, 18.30 Uhr, Besprechungen mit den MinPräs. der frz. Zone und Koenig mit den MinPräs. der amerik. und brit. Zone an (Murphy an Secretary of State, Frankfurt, 30. 6. 1948, ForRel. 1948, II, S. 378 ff. sowie Troeger an die Ländervertretungen, Frankfurt, 30. 6. 1948, BA Z 4/121, Bl. 143; Schreiben des hess. Bevollmächtigten an Stock, Frankfurt, 30. 6. 1948, BA Z 12/8, Bl. 196). Darstellung des Konferenzverlaufs für die Presse in: Germany 1947-1949, S. 275. Zum Inhalt der für die weitere Entwicklung wichtigen Besprechungen Koenigs mit einzelnen MinPräs. Dok. Nr. 4. Anm. 20 sowie Einleitung, S. XXXV.
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Konferenz für das deutsche Volk hin4). Der Zweck wäre, die Ergebnisse der Londoner Konferenz bekanntzugeben. Es handelt sich darum, den deutschen Stellen zu ermöglichen, ein großes Maß von Verantwortung zu übernehmen und in den kommenden Monaten eine Regierungsform auszuarbeiten, die nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa den Frieden sichert. Als Tagesordnung für die Konferenz gab General Clay bekannt: 1. Erklärung zu den verfassungsrechtlichen Bestimmungen der Londoner Vereinbarung durch General Clay. 2. Erklärung zu der Frage einer Änderung der Ländergrenzen durch General Robertson. 3. Erklärung zu dem Inhalt des vorgesehenen Besatzungsstatuts durch General Koenig. Nach dem Vortrag der Militärbefehlshaber sollen die Deutschen Gelegenheit zur Fragestellung haben. Es wird erwartet, daß nur Fragen allgemeinen Inhalts gestellt werden und daß detaillierte Fragen erst zur Erörterung kommen, nachdem sich die Deutschen untereinander verständigt haben. 1. ERKLÄRUNG ZU DEN VERFASSUNGSRECHTLICHEN BESTIMMUNGEN
General Clay verlas in englischer Sprache das Dokument Nr. I, das nach Beendigung der Konferenz den deutschen Teilnehmern in deutscher Sprache übergeben worden ist5). 2. ÄNDERUNG DER LÄNDERGRENZEN
General Robertson verlas in englischer Sprache die Erklärung, die nach Beendigung der Konferenz den deutschen Teilnehmern als Dokument Nr. II in deutscher Sprache übergeben worden ist5). Im Anschluß daran fügte er zwei Bemerkungen an: a) In der Erklärung ist von der „Annahme durch die Bevölkerung der betroffenen Gebiete" die Rede. Die Worte „betroffenen Gebiete" können verschieden ausgelegt werden. Man kann verschiedener Meinung darüber sein, wer die Zustimmung zu der geplanten Änderung der Ländergrenzen zu geben hat. Die drei Militärgouverneure werden in Kürze Verbindungsoffiziere ernennen, die
) Die wichtige Rolle, die den MinPräs. auf dieser bereits für den 15. 6. 1948 vorgesehenen [ForRel. 1948, II, S. 299, 305), aber erst am 1. 7. zustandegekommenen Konferenz zugedacht wurde, stieß vor allem bei den politischen Parteien auf heftigen Widerspruch (Einl. S. XXXI ff.). - Die Bedeutung der Konferenz spiegelt sich auch in Urteilen der dt. Öffentlichkeit wieder: „historischer Akt" (Stellungnahme Ehards zu den Frankfurter Dokumenten, 2. 7. 1948, bayer. StK München 100, Bd. 3); „bedeutungsschwerer Tag in der Nadikriegsgeschichte" (AZ, Neuer Mainzer Anzeiger, 2. 7. 1948); „historischer Tag" (AZ, 2. 7.1948). 5 ) Dieses Dokument ist unter Dok. Nr. 4 abgedruckt. 4
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den Deutschen zur Verfügung stehen u n d darüber A u s k u n f t geben werden, wie der Begriff des b e t r o f f e n e n Gebietes auszulegen ist 8 ). b) Gewisse Ä n d e r u n g e n der Ländergrenzen könnten die Militärgouverneure nicht billigen. Die Verbindungsoffiziere w e r d e n den deutschen Vertretern die A u f f a s s u n g e n der Militärgöuverneure insoweit bekanntgeben. 3. BESATZUNGSSTATUT General Koenig verlas in französischer Sprache eine Erklärung, die nach Beendigung der Konferenz den deutschen Teilnehmern als Dokument Nr. III in deutscher Sprache übergeben wurde 6 a ). General Clay fragte, ob die Ministerpräsidenten f ü r sich einen Sprecher bestimmt haben. Ministerpräsident Maier erklärte f ü r die Ministerpräsidenten der drei Westzonen, daß er bei der gegebenen Sachlage n u r formelle Erklärungen abzugeben in der Lage wäre 7 ). Er sprach den Militärgouverneuren den Dank f ü r die soeben abgegebenen Erklärungen aus. Es w ü r d e notwendig sein, daß sich die Ministerpräsidenten zu einer Beratung untereinander zurückziehen. Das Ergebnis dieser Beratungen sei vorauszusehen. Bei der Bedeutung der Angelegenheit brauchten sie eine längere Überlegungsfrist. Es w ä r e auch notwendig, daß die Ministerpräsidenten mit ihren Regierungen b e r a t e n u n d von ihnen Instruktionen einholten. Er schlage deshalb eine Vertagung der Beratung bis nach Abschluß der
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) Um eine Interpretation dieses Begriffs hatte sich in London vor allem die brit. Delegation bemüht (ForRel. 1948, II, S. 239 und passim), da sie bei einer möglichen Neugliederung Nordrhein-Westfalens, die ihr allerdings nidit genehm gewesen wäre, auf genaue Absprache Wert legte: So wurden schließlich für den Fall einer Auflösung Nordrhein-Westfalens drei Änderungsmöglichkeiten mit jeweils unterschiedlichen Abstimmungsmodalitäten festgelegt (Reorganisation of the Laender, 26. 5. 1948, ForRel. 1948, II, S. 306 f.); diese Bestimmung wurde den Deutschen erst am 29. 9. 1948 bekanntgegeben (Dok. Nr. 27). Sollte es nicht zu einer Neugliederung Nordrhein-Westfalens kommen, lehnten auch die Franzosen jede Veränderung des Landes Rheinland-Pfalz strikt ab (ForRel. 1948, II, S. 173 f., 379 und passim). Ehard deutete in der Sitzung des bayer. MinRates vom 3. 7. 1948 die Äußerungen Robertsons, der als einziger über den Vortrag des Dokuments hinaus Erläuterungen gegeben habe, so: Offensichtlich sollten sich nach alliierter Ansicht die Deutschen im Rahmen gewisser Richtlinien zunächst selbst über die Änderung ihrer Grenzen einig werden; dies entspreche auch dem, was Robertson schon früher einmal geäußert habe: die Alliierten seien zu einer Neuregelung der dt. Ländergrenzen nicht in der Lage. Das bedeute, daß die Amerikaner und Engländer keine Neigung hätten, sich einzumischen, die Franzosen aber um so mehr (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). "a) S. Anm. 5. 7 ) Die westdt. MinPräs. hatten am 1. 7. 1948, 10.00 Uhr, in Frankfurt auf einer zunächst für den 30. 6. vereinbarten Vorkonferenz (FS Troegers an die MinPräs., Frankfurt, 25. 6. 1948, BA Z 4/121, Bl. 150 sowie Rundschr. Troegers an die Länderbevollmächtigten beim LR, Frankfurt, 29. 6. 1948, ebda., Bl. 145) beschlossen, zunächst keine Stellungnahme abzugeben (Gimbel, Besatzungspolitik, S. 276). 24
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Nr. 3
Besprechungen mit den Länderregierungen und evtl. auch den Länderparlamenten vor 8 ). General Clay erwiderte darauf, daß die Militärgouverneure heute eine Antwort von den Ministerpräsidenten nicht erwarteten9). Die von den Militärgouverneuren gemachten Vorschläge würden den deutschen Teilnehmern sofort in deutscher Sprache ausgehändigt werden. Die Militärgouverneure wären auch damit einverstanden, wenn die Ministerpräsidenten sich für eine Stunde zu einer Beratung zurückzögen, um dann Fragen zu stellen. Ministerpräsident Maier erwiderte, daß nach einer Pause von 1 Stunde als Ergebnis voraussichtlich festzustellen wäre, daß die Ministerpräsidenten zunächst die Vorschläge genau prüfen müßten und zu einer sachlichen Stellungnahme auch in prinzipiellen Fragen noch nicht in der Lage wären. Es würde für die Ministerpräsidenten auch wichtig sein, zunächst die näheren Auskünfte von den Verbindungsoffizieren zu haben, die nach den Ausführungen von General Robertson zu erwarten sind. General Clay erklärte sich damit einverstanden. Es würde bald eine weitere Zusammenkunft notwendig sein. Er bat die Ministerpräsidenten, den Wunsch wegen eines Termins zu einer solchen Zusammenkunft durch die Verbindungsoffiziere mitteilen zu lassen. Ministerpräsident Maier erwiderte, daß die Ministerpräsidenten sofort zur Beratung zusammentreten und über das Ergebnis sofort Mitteilung machen würden. General Clay stellte für diese Beratung das Zimmer 210 zur Verfügung. Im Anschluß an die Konferenz mit den drei Militärgouverneuren trafen sich die Ministerpräsidenten der drei Westzonen mit ihren Begleitern in Zimmer 210 des IG-Gebäudes. Ministerpräsident Maier übernahm den Vorsitz, nachdem er schon in der Vorbesprechung am Vormittag den Vorsitz geführt hatte. Bürgermeister Brauer schlug als Termin für die nächste Sitzung der Ministerpräsidenten Donnerstag, den 8. Juli 1948, und Freitag, den 9. Juli 1948, vor. Es wäre dann möglich, die nächste Zusammenkunft mit den Generälen bereits am 10. Juli 1948 stattfinden zu lassen. Ministerpräsident Kopf sprach sich gegen die Angabe eines festen Termins gegenüber den Generälen aus. Es müsse schon jetzt festgestellt werden, daß die ) Zu den Beratungen der MinPräs. mit ihren Kabinetten und Landtagen Dok. Nr. 6, Anm. 17, 19, 20, 21, 22, 28. 9 ) Die MilGouv. waren auf ihrer Vorkonferenz übereingekommen (ForRel. 1948, II, S. 380), die MinPräs. vor kein Ultimatum zu stellen, doch erwarteten vor allem die Amerikaner von ihnen Anfragen und bereits gewisse konkrete Stellungnahmen (Bericht W. Brandts Nr. 58 an PV, Berlin, 10. 6. 1948, Arch. FES Schumacher J 79; vgl. die in London geäußerten Ansichten Clays, ForRel. 1948, II, S. 295]. Glay meinte später, die sehr formelle Haltung der MilGouv. iti der ersten Sitzung sei schuld daran gewesen, daß die MinPräs. kein Vertrauen in die Absichten der Alliierten gefaßt hätten (Clay, Entscheidung, S. 451). 8
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Parlament. Rat
Nr. 3
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Vornahme von Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung bis zum 1. September technisch unmöglich wäre. Er forderte eine Entscheidung darüber, ob die Stadt Berlin zu den Verhandlungen hinzugezogen werden soll 10 ). Staatspräsident Wohleb schloß sich der Auffassung an, daß es zunächst nicht angebracht wäre, einen festen Termin für die nächste Zusammenkunft mit den Generälen anzugeben. Er warf die Frage auf, was mit dem Besatzungsstatut geschehen würde, wenn die Beratungen Zu dem Ergebnis führen sollten, daß die Einsetzung einer Verfassunggebenden Versammlung abgelehnt wird. Er warf ferner die Frage auf, welche Pläne wegen Verhandlungen mit den Ländern über die Änderung der Ländergrenzen bestünden. Ministerpräsident Stock machte den Vorschlag, daß ein Ausschuß, bestehend aus Beamten, zur Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfs eingesetzt werden soll, damit die Verfassunggebende Versammlung bereits einen Entwurf als Grundlage ihrer Beratungen hätte 11 ]. Staatspräsident Bock erklärte, daß die Ministerpräsidenten zunächst mit ihren Kabinetten Beratungen abhalten müssen, damit die Fragen herauskristallisiert würden, auf die es bei der nächsten Sitzung ankäme. Ministerpräsident Lüdemann schloß sich dem Vorschlag wegen Einberufung der nächsten Sitzung am 8. Juli an. Ministerpräsident Ehard empfahl gleichfalls, den Generälen noch keinen festen Termin für die nächste Konferenz zu nennen; zuvor müsse eine Angleichung der Meinungen der Ministerpräsidenten untereinander stattgefunden haben. Unter keinen Umständen dürften sich die Ministerpräsidenten davon leiten lassen, daß sie unter Zeitnot stünden und etwa auf den Termin des 1. September Rücksicht zu nehmen hätten. Seit dem Ende der Londoner Konferenz wären Wochen verstrichen; es müsse überlegt werden, ob nicht von deutscher Seite Gegenvorschläge zu machen sind 12 ). 10 )
Berlin w a r im Londoner Abschlußkommunique auf frz. Wunsch nicht erwähnt worden (Bericht W . Brandts Nr. 58 an PV, Berlin, 14. 6.1948, Arch. FES Schumacher J 79); auch sollte der Anschein vermieden werden, als seien die Londoner Empfehlungen nur auf einen Teil Dtlds. hin konzipiert (ForRel. 1948, II, S. 211, 219; Dok. Nr. 1, Anm. 13). Die MilGouv. hatten auf ihrer Vorbesprechung auch eine mögliche Einbeziehung ostdt. MinPräs. und Berliner Repräsentanten, falls es die Westdeutschen wünschten, erörtert (ForRel. 1948, II, S. 378 f. und Dok. Nr. C, Anm. 4). In der dt. Öffentlichkeit wurde diese gesamtdt. Perspektive der Empfehlungen jedoch kaum wahrgenommen (z. B. Hannoversche Neueste Nachrichten, 3. 7. 1948, sowie die Analyse des deutschen Büros für Friedensfragen über Auswirkungen der Londoner Beschlüsse auf das Verhältnis zur Sowjetunion, 15. 6. 1948, BA Z 35/388, Bl. 74 ff.). 11 ) Zur Einberufung eines Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee vom 1 0 - 2 3 . 8. 1948 Dok. Nr. 9, Anm. 12 und Dok. Nr. 24. 1 ! ) Infolge der langwierigen Debatte über die Londoner Beschlüsse in der frz. Nationalversammlung (Dok. Nr. 2, Anm. 4) war der in London verabredete und von den Angelsachsen forcierte Zeitplan, die Konferenzergebnisse bis spätestens 15. 6. 1948 bekanntzugeben, erheblich durcheinandergekommen (ForRel. 1948, II, S. 375 f.). Ehard hatte im übrigen den Eindruck, als wollten die SPD-MinPräs., die offensichtlich mit gewissen Weisungen ihrer Partei nach Frankfurt gekommen seien,
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Nr. 3
Wegen der Frage der Ländergrenzen wies Ministerpräsident Ehard darauf hin, daß es notwendig wäre, zunädist die Gedanken der Generäle zu dieser Frage kennenzulernen. Wegen des Besatzungsstatuts betonte Ministerpräsident Ehard, daß es als Voraussetzung für die Beratung der Verfassung angesehen werden müßte 13 ). Es wäre zu erwarten, daß die Beratung der Verfassung mindestens s h Jahre in Anspruch nehmen würde. Man müsse berücksichtigen, daß nach den heute gemachten Erklärungen eine deutsche Regierung erst dann gebildet werden soll, wenn die Verfassung gebilligt worden ist. Ministerpräsident Ehard erklärte es für erforderlich, daß a) ein Besatzungsstatut sobald als möglich bekanntgegeben würde, b) den Deutschen ein Organ gegeben würde, das berechtigt wäre, für die Deutschen zu sprechen und das vielleicht aus den Kreisen der Ministerpräsidenten gebildet werden könnte 14 ), c) die Verfassunggebende Versammlung einen Gegenspieler haben müsse, der die Verhandlungen vorantreibe, wie nach dem Kriegsende von 1918 auch ein Vollzugsausschuß die Voraussetzung für die Bildung einer Regierung und die Schaffung der Verfassung gewesen sei 15 ). allzu rasch eine neue Besprechung mit den MilGouv. abhalten, um „dann möglichst schnell irgend etwas zu tun". Man habe ihm gesagt, es sei nicht zweckmäßig, mit vielen Leuten und mit den Parlamenten zu sprechen. Er habe sich gegen diesen Vorschlag gewehrt und sei dabei von den MinPräs. der frz. Zone unterstützt worden. Deshalb sei den Generälen kein fester Termin für eine nächste Besprechung mitgeteilt worden (Sitzung des bayer. MinRates vom 3. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11); zu den dt. Gegenvorschlägen Dok. Nr. 4, Anm. 20 sowie Dok. Nr. 7. 1S) In der besonderen Einschätzung eines Besatzungsstatuts (Dok. Nr. 4, Anm. 16) traf sich Ehard mit Vorstellungen und Forderungen der SPD (Sörgel, Konsensus, S. 22 ff.), so daß W. Brandt betonen konnte, alle demokratischen Parteien hätten sich inzwischen dem von der Sozialdemokratie seit geraumer Zeit verfochtenen Standpunkt, der Erlaß eines Besatzungsstatuts gehöre an den Anfang einer politischen Neuregelung, angeschlossen (Sozialdemokratischer Pressedienst, 9. 6. 1948, Sopade 1948, VII, S. 61 und Einleitung. S. LXX). 14 ) Ehard vertrat seit 1947 den Standpunkt, die MinPräs. seien, solange es keine zentrale Regierung gebe, die offiziellen Sprecher des dt. Volkes; sie müßten deshalb bei den weiteren Verhandlungen die Führung in der Hand behalten und eine treuhänderische Regierungsverantwortung übernehmen, sie müßten schon „etwas ähnliches wie eine Regierung sein, ohne daß man dies in irgendeiner Form ausspricht". Allerdings lehnte er den Vorschlag Arnolds (Dok. Nr. 6, Anm. 20), aus dem Gremium der Länderchefs durch alliierte Proklamation ein Exekutivorgan zu bilden, als nicht mehr zeitgemäß ab (Sitzung des bayer. MinRates vom 5. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). Vgl. Anregung Lüdemanns, die elf MinPräs. sollten als repräsentative Vertretung der Länder mit vorläufigen Exekutivfunktionen betraut werden (AZ, 6. 7. 1948 sowie Dok. Nr. 6, Anm. 11); von Parteienseite wurden solche Vorstellungen strikt abgelehnt (Anm. 4 sowie Einleitung, S. XXXI f.). 15 ) Gemeint ist der am 10. 11. 1918 gebildete „Vollzugsrat" (des Arbeiter- u. Soldatenrates Groß-Berlin), der später (19. 12. 1918) durdi den Zentralrat der dt. sozialistischen Republik abgelöst wurde (s. Kolb, Zentralrat, passim; Kolb, Arbeiterräte, S. 114 ff.). 27 8*
Nr. 3
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Das Verhältnis des Wirtsdiaftsrats nadi der Proklamation Nr. 7 18 ) zu der Verfassunggebenden Versammlung wäre ungeklärt. Man müsse es als feststehend ansehen, daß die französische Zone eine Beteiligung an diesem Wirtsdiaftsrat ablehnen würde. Das Ergebnis sei, daß es in Zukunft drei verschiedene Zuständigkeiten geben würde, nämlidi 1. die Zuständigkeiten des Wirtsdiaftsrats für die Bizone nach Proklamation Nr. 7, 2. die Zuständigkeiten der einzelnen Länder der französischen Zone, 3. die Zuständigkeiten der neuen Verfassunggebenden Versammlung für die Trizone. Da der Zusammenschluß mit der französischen Zone mit allem Nachdruck erstrebt werden müsse und eine Ausdehnung der Zuständigkeiten des Wirtsdiaftsrats nicht denkbar wäre, müßten die deutschen Ministerpräsidenten einen brauchbaren Vorschlag machen. Ministerpräsident Arnold erklärte, daß er weitgehend mit den Ausführungen von Ministerpräsident Dr. Ehard übereinstimme. Er ist der Auffassung, daß ein deutscher Vorschlag, der von den Ministerpräsidenten einmütig vorgeschlagen würde, auf die drei Militärgouverneure einen großen Eindruck machen würde. Senatspräsident Kaisen betonte, daß gegenüber den Generälen von Seiten der Ministerpräsidenten die Bereitwilligkeit erklärt werden müßte, die Aufgaben zu übernehmen, die ihnen nach dem Vorschlage von heute zugedacht werden. Es müsse weiter betont werden, daß die Aufgaben nur schrittweise erledigt werden können. Ferner müsse die grundsätzliche Frage entschieden werden, ob die deutschen Vorschläge sich innerhalb der Konzeption halten müßten, die durch die Vorschläge der drei Militärgouverneure heute bekanntgegeben wäre oder ob die deutsche Seite auch einen eigenen Vorschlag machen könne. Ministerpräsident Stock betonte, daß eine Verzögerung bei der Erledigung der Aufträge nicht verantwortet werden könne, weil der jetzige Zustand nicht so bleiben könne. Ministerpräsident Maier stellte fest, daß die elf Ministerpräsidenten der drei Westzonen den Auftrag haben a) eine Verfassunggebende Versammlung vorzubereiten, b) Fragen des Besatzungsstatuts zu behandeln, c) Vorschläge wegen Änderung der Ländergrenzen zu machen. Er ist daher der Auffassung, daß die elf Ministerpräsidenten eine Institution sind und daher auch ein Sprachrohr für die Deutschen. Er schlug vor, daß eine Zusammenkunft der Ministerpräsidenten in der nächsten Woche stattfindet, und zwar nicht in Frankfurt.
J Durch Proklamation Nr. 7 der amerik. MilReg. (VO Nr. 126 der brit. iMilReg.) vom 9. 2. 1948 waren die Organisation des VWG und des WiR umgebildet worden (Pünder, Interregnum, S. 133 ff.).
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Nr. 3
Staatspräsident Bock schlug vor, die Zusammenkunft an einem Ort in der französischen Zone abzuhalten, um den trizonalen Charakter der Zusammenkunft zu betonen. Ministerpräsident Ehard schloß sich dem Vorschlag an, einen Ort der französischen Zone für die nächste Zusammenkunft zu wählen. Bürgermeister Brauer schlug vor, die nächste Konferenz in der kommenden Woche in Frankfurt abzuhalten, weil den Ministerpräsidenten noch kein technischer Apparat für die Vorbereitung der Konferenz zur Verfügung stünde. Staatsminister Sdimid aus Tübingen wies darauf hin, daß die Deutschen, die bisher nur Befehle empfangen und ausgeführt hätten, in Zukunft eine Verantwortung übernähmen, wenn sie nunmehr zu den Vorschlägen der drei Militärgouverneure ihre Zustimmung gäben. Er machte darauf aufmerksam, daß es höchst bedenklich wäre, wenn das Plebiszit über die Verfassung verbunden würde mit einem Plebiszit über das Besatzungsstatut. Seiner Auffassung nach wäre eine solche Entscheidung für die Deutschen nicht tragbar. Es wäre daher die Frage zu entscheiden, ob diese Vorschläge überhaupt annehmbar wären. Nach seiner Auffassung gehen die Vorschläge darauf hinaus, daß der Besatzungszustand nur in seinen Modalitäten geändert würde. Er empfehle daher zu überlegen, ob nicht ein grundsätzlich anderes Verfahren eingeschlagen werden müßte17). Bürgermeister Brauer widersprach diesen Ausführungen. Nach weiteren Erörterungen über die Anberaumung der nächsten Konferenz mit den Ministerpräsidenten machte Ministerpräsident Maier den Vorschlag, daß 1. die Konferenz am Donnerstag, den 8. Juli 1948, nachmittags 15 Uhr, beginnen soll, 2. die Konferenz in Koblenz stattfinden soll, 3. die Einladungen zu dieser Konferenz von Ministerpräsident Altmeier ausgehen sollen. Der Vorschlag wurde von der Mehrheit der Ministerpräsidenten angenommen18). Ferner wurde beschlossen, zur Teilnahme an dieser Konferenz die amtierende Oberbürgermeisterin von Berlin, Frau Luise Sdiroeder, als Person zur Teilnahme an der Konferenz mit beratender Stimme einzuladen. " ) Zur Konzeption Carlo Sdimids, keine Verfassung, sondern lediglich ein Besatzungsund Organisationsstatut für ein staatliches Provisorium zu schaffen Sdiwarz, Bunresrepublik, S. 574 ff. sowie Sdimids Diskussionsbeiträge auf den MinPräs.-Konferenzen in Koblenz (Dok. Nr, 6) und Niederwald {Dok. Nr. 11). Dazu Pfeiffer in der Sitzung des bayer. MinRates am 3. 7. 1948, Sdimid habe als Außenseiter redit deutlich gesprochen, allerdings gegen eine ansonsten geschlossene Front der SPDMinPräs. Auf der anderen Seite hätten sich die MinPräs. der frz. Zone eindeutig den Ansichten Ehards angeschlossen, was auch Arnold, wenn auch etwas befangen, schließlich getan habe (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). 18) S.Dok. Nr. 6.
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Nr. 4
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Nr. 4 Dokumente zur künftigen politischen Entwicklung Deutschlands („Frankfurter Dokumente") Frankfurt, 1. Juli 1948 BA Z 4/12!, Bl. 111-114. Vervielfältigte Ausfertigung (Folio), am Kopf mit Bearbeitungsanweisungen1). Drude: Bonner Kommentar I, S. 40—44 (deutsch, englisch)2) DOKUMENT NR. I: [VERFASSUNGSRECHTLICHE BESTIMMUNGEN] In Übereinstimmung mit den Beschlüssen ihrer Regierungen 3 ) autorisieren 4 ) die Militärgouverneure der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone in Deutschland die Ministerpräsidenten der Länder ihrer Zonen, eine Verfassunggebende Versammlung einzuberufen, die spätestens am 1. September 1948 zusammentreten sollte 5 ). Die Abgeordneten zu dieser Versammlung werden
') Folioformat und Schreibmaschinentype (Umlaute stets mit e umschrieben) deuten auf die offizielle, von den MilReg. übergebene Textfassung hin. Die Schreibweise der Umlaute und Abkürzungsbesonderheiten werden normalisiert abgedruckt. Für die Länder und zonalen Dienststellen bestimmte Vervielfältigungen zusätzlich in: BA Z 4/121, Bl. 100-104, 137-142; NL Pünder/247, Bl. 60-65; dem PR lagen diese „Frankfurter Dokumente" als Drudcs. Nr. 1 und Nr. 40 vor (BA Z 5/126, Bl. 1, 98). 2 ) Unkommentierte, in Formalien gelegentlich abweichende Abdrucke u. a. bei Hohlfeld, Dokumente, VI, S. 320 ff.; Deuerlein, Einheit, S. 324 ff.; Stammen, Einigkeit, S. 178 ff.; engl. Fassung u.a. in: Germany 1947-1949, S. 275 ff.; Documents on the Creation, S. 43 ff.; Litchfield, Postwar Germany, S. 542 ff.; frz. Fassung (Dok. I und III) in: Jb. d. öffentl. Rechts, NF, Bd. 1, S. 3 ff., 263 f. s ) Eine politische Arbeitsgruppe der drei MilGouv. hatte in der ersten Juniwoche in Berlin die Frankfurter Dokumente formuliert: „These statements follow closely London texts and are only sligthly modified for editorial reasons or in order to make these more palatable to German leaders." (Murphy an Secretary of State, Berlin, 10. 6. 1948, ForRel. 1948, II, S. 375 f.). Dok. Nr. I geht auf das Paper agreed upon by the London Conference on Germany, TRI/13 (Final), Political Organization, vom 31. 5. 1948 zurück (ebda, S. 305 f.); Dok. Nr. II auf das Konferenzpapier TRI/19 (Final), Reorganization of the Laender, vom 26. 5. 1948 (ebda, S. 306 f.); Dok. Nr. III auf das Papier TRI/17 (Final), Letter of advice to Military Governors regarding powers of civil land military governments, vom 19. 5. 1948 (ebda, S. 260 ff.). *) Der LR des VWG, der die offizielle dt. Fassung der MilReg. für den internen Gebrauch mit erläuternden - nachfolgend kenntlich gemachten - Anmerkungen versehen hat (BA Z 4/121, Bl. 107-110), übersetzte „autorisieren" mit „ermächtigen"; im engl. Text heißt es: „the Military Governors . . . authorized the Minister Presidents of the states of their respective zones to convene a constituent assembly to be held not later than 1. September 1948". Vor allem von bayer. Seite sah man darin einen entscheidend neuen Akzent in den Beziehungen zwischen MilReg. und Deutschen: Während die MinPräs. bei der Schaffung der Bizone zunächst gar nicht und bei deren Umgestaltung nur sehr wenig gehört worden seien, seien sie nunmehr ausdrücklich autorisiert worden, und das bedeute - hierauf hatte auch General Koenig die MinPräs. hingewiesen - , daß sie ermächtigt und nicht beauftragt worden seien (Sitzung des bayer. MinRates vom 3. 7. und 5. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). Zu der damit den MinPräs. zugedachten Rolle Dok. Nr. 3, Anm. 4. 5 ) Der LR übersetzt: „zusammentreten soll". 30
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Nr. 4
in jedem der bestehenden Länder nach den Verfahren und Richtlinien 6 ] ausgewählt, die durch die gesetzgebende Körperschaft in jedem dieser Länder angenommen werden 7 ). Die Gesamtzahl der Abgeordneten zur Verfassunggebenden Versammlung wird bestimmt, indem die Gesamtzahl der Bevölkerung nach der letzten Volkszählung durch 750 000 oder eine ähnliche von den Ministerpräsidenten vorgeschlagene und von den Militärgouverneuren gebilligte Zahl geteilt wird 8 ). Die Anzahl der Abgeordneten von jedem Land wird im selben Verhältnis zur Gesamtzahl der Mitglieder der Verfassunggebenden Versammlung stehen, wie seine Bevölkerung zur Gesamtbevölkerung der beteiligten Länder. Die Verfassunggebende Versammlung wird eine demokratische Verfassung ausarbeiten, die für die beteiligten Länder eine Regierungsform des föderalistischen Typs schafft, die am besten geeignet ist, die gegenwärtig zerrissene deutsche Einheit schließlich wieder herzustellen, und die Rechte der beteiligten Länder schützt 9 ), eine angemessene Zentralinstanz schafft 1 0 ) und die Garantien der individuellen Rechte und Freiheiten enthält. ) Der LR verdeutlicht „Richtlinien" mit „Bestimmungen"; im engl. Text heißt es „regulations". 7 ) Der LR erläutert „angenommen" mit „erlassen"; engl. Text as shall be adopted by . . . " . Der Wahlmodus war bewußt offen gelassen, da sich die Alliierten in London nicht einigen konnten (vgl. Dok. Nr. 1, Anm. 16) und die Franzosen an indirekten Wahlen durch die Landtage festhielten, um von vornherein eine zentralistische Entwicklung in Dtld. zu verhindern. Deshalb sollte auf amerik. Vorschlag die Entscheidung den Deutschen überlassen bleiben (ForRel. 1948, II, S. 134, 294 f., 379). Auch in Dtld. waren die Ansichten geteilt: während die SPD zunächst direkte Wahlen befürwortete, dann jedoch ihre Haltung modifizierte (Dok. Nr. 6, Anm. 49), gab es in der CDU sowohl Befürworter von indirekten Wahlen (vor allem Adenauer und Ehard, DUD, 24. 5., 2. 7. 1948) als auch von direkten Wahlen, die allein der Verfassunggebenden Versammlung die erforderliche Autorität und Legitimation geben könnten (Arnold und Altmeier, Vermerk von Gumppenbergs, Düsseldorf, 4. 7.1948, HStA Düsseldorf, NW 53-659; Rhein-Ruhr-Zeitung, 11. 6.1948). 8 ) Die letzte Volkszählung hatte 1946 stattgefunden, wurde jedoch nicht als Bevölkerungsmeßzahl zugrunde gelegt, sondern die fortgeschriebene Bevölkerungszahl vom 1. 7. 1948. Hierzu sowie zur Fixierung der endgültigen Normzahl für die Wahl der Delegierten zum PR Dok. Nr. 15 und Dok. Nr. 19, Anm. 16. Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hatten erhebliche Bedenken gegen den zu hohen Nenner von 750.000, da dann viele Reststimmen übrigblieben, die zu Lasten der CDU und der kleinen bürgerlichen Parteien gingen; zudem könne ein PR mit voraussichtlich nur 60 Abgeordneten seine Ausschüsse nicht sachgerecht besetzen (Vermerk von Gumppenbergs, Düsseldorf, 4. 7. 1948, HStA Düsseldorf, NW 53-659); ähnliche Bedenken gegen die geringe Abgeordnetenzahl auch in der Presse (z. B. AZ, 2. 7. 1948). 9 ) Vgl. die auf amerik. Anregung zurückgehenden entsprechenden Wendungen im Londoner Schlußkommunique, die die Abmachungen als für die dt. Einheit förderlich erscheinen lassen sollten (ForRel. 1948, II, S. 275 f. und passim; Dok. Nr. 1, Anm. 13). Einzelheiten über die Grundsätze zur Ausgestaltung der föderativen Staatsordnung (Letter of advice to Military Governors regarding German Constitution, 12. 5. 1948, ForRel. 1948, II, S. 240 f.) sollten nach Auffassimg Clays und Robertsons vorerst nicht mitgeteilt werden, da anzunehmen war, daß die Deutschen ohnehin viele Fragen im Sinne der Alliierten lösen würden (Gimbel, Besatzungspolitik, S. 274) und zudem der Eindruck vermieden werden sollte, als würde Dtld. durch die Alliierten eine Regierungs- und Verfassungsstruktur aufgezwungen 6
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W e n n die Verfassung in der von der Verfassunggebenden Versammlung ausgearbeiteten Form mit diesen allgemeinen Grundsätzen nicht in Widerspruch steht, werden die Militärgouverneure ihre Vorlage zur Ratifizierung genehmigen. Die Verfassunggebende Versammlung wird daraufhin aufgelöst. Die Ratifizierung in jedem beteiligten Land erfolgt durch ein Referendum, das eine einfache Mehrheit der Abstimmenden in jedem Land erfordert, nach von jedem Land jeweils anzunehmenden 1 1 ) Regeln und Verfahren. Sobald die Verfassung von zwei Dritteln der Länder ratifiziert ist, tritt sie in Kraft und ist für alle Länder bindend. Jede Abänderung der Verfassung muß künftig von einer gleichen Mehrheit der Länder ratifiziert werden. Innerhalb von 30 Tagen nach dem Inkrafttreten der Verfassung sollen die darin vorgesehenen Einrichtungen geschaffen sein. DOKUMENT NR. II: [LÄNDERNEUGLIEDERUNG] Die Ministerpräsidenten sind ersucht, die Grenzen der einzelnen Länder zu überprüfen, um zu bestimmen, welche Änderungen sie etwa vorzuschlagen wünschen. Solche Änderungen sollten den überlieferten Formen 1 2 ] Rechnung tragen und möglichst die Schaffung von Ländern vermeiden, die im Viergleich mit den anderen Ländern zu groß oder zu klein sind 1 3 ).
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(ForRel. 1948, II, S. 299; Gimbel, ebda., S. 274). Auf frz. Drängen wurden dann die Londoner Detailabmachungen dem PR doch im Aide-Mémoire vom 22. 11. 1948 überreicht (Bonner Kommentar, I, Einl., S. 88-100, /engl., franz., dt., und ForRel. 1948, II, S. 440 f.). Der stark föderative Geist in diesem Dok. wurde vor allem von Bayern begrüßt als Ansatzpunkt für einen von den Ländern ausgehenden föderativen Staatsaufbau, durch den auch eine positive Wirkung auf die Ostzone erreicht und gleichzeitig der Weg zu einer europäischen Vereinigung freigelegt werden könne (Sitzung des bayer. MinRates vom 5. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). Bedenken der FDP und SPD gegen eine mögliche staatenbündlerisdie Lösung (Blücher in: Mitteilung der FDP, brit. Zone, 10. 6. 1948, BA NL Blücher/156, Bl. 96) wurden von den MilReg. zerstreut: die starke Heranziehung der Länder gelte nur für die ersten Schritte. Für die weitere Entwicklung sei die Grundlage eines Bundesstaates klar vorgezeichnet (Bericht W. Brandts Nr. 57 an PV, Berlin,.9. 6. 1948, Ardi. FES NL Schumacher ) 79). Zur Auseinandersetzung der Alliierten über den Grad der anzustrebenden föderativen Verfassungslösung ForRel. 1948, II, passim und Rothstein, Voraussetzungen, S. 26 ff. Der LR merkt hier an, daß statt der konkreten Fassung „eine angemessene ZentralInstanz schafft" eine abstraktere Formulierung wie „für eine angemessene zentrale Gewalt sorgt" treffender gewesen wäre; engl. Text: provide adequate central authority . . . " . Der LR weist auf „erlassen" als die treffendere Bezeichnung statt „annehmen" hin; engl. Text: under such rules and procédure as it may adopt." Der LR macht dazu die Anmerkung: „im Sinne von herkömmlicher Einteilung"engl. Text: „traditional patterns". Gemeint war die geschichtliche Entwicklung der in Frage kommenden Territorien, und so hatten die Alliierten audi von der „historical identity" gesprochen (ForRel. 1948, II, S. 173). Clay hatte bereits am 14. 6. darauf hingewiesen, daß keine neuen Länder entstehen sollten, die größer als Bayern und Nordrhein-Westfalen seien (Dok. Nr. 2, S. 18). In der Formulierung dieser Bestimmung war die Londoner Konferenz den frz. Vorschlägen gefolgt (ForRel. 1948, II, S. 208).
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Wenn diese Empfehlungen von den Militärgouverneuren nicht mißbilligt werden, sollten sie zur Annahme durch die Bevölkerung der betroffenen Gebiete 14 ) spätestens zur Zeit der Auswahl der Mitglieder der Verfassunggebenden Versammlung Vorgelegt werden 1 5 ). Bevor die Verfassunggebende Versammlung ihre Arbeiten beendet, werden die Ministerpräsidenten die notwendigen Schritte für die Wahl der Landtage derjenigen Länder unternehmen, deren Grenzen geändert worden sind, so daß diese Landtage sowie die Landtage der Länder, deren Grenzen nicht geändert worden sind, in der Lage sind, die Wahlverfahren und Bestimmungen für die Ratifizierung der Verfassung festzusetzen. DOKUMENT NR. III: [GRUNDZÜGE EINES BESATZUNGSSTATUTS] Die Schaffung einer verfassungsmäßigen deutschen Regierung macht eine sorgfältige Definition der Beziehungen zwischen dieser Regierung und den Alliierten Behörden notwendig 16 ). Nadi Ansicht der Militärgouverneure sollten diese Beziehungen auf den folgenden Grundsätzen beruhen: A. Die Militärgouverneure werden den deutschen Regierungen Befugnisse der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Rechtsprechung gewähren und sich solche Zuständigkeiten vorbehalten, die nötig sind, um die Erfüllung des grundsätzlichen Zwecks der Besatzung sicherzustellen. Solche Zuständigkeiten sind diejenigen, welche nötig sind, um die Militärgouverneure in die Lage zu setzen: a) Deutschlands auswärtige Beziehungen vorläufig wahrzunehmen und 17 ) zu leiten. ) Vgl. Dok. Nr. 3, Anm. 6; Dok. Nr. 27, S. 420. j Der hier gesetzte Termin wurde am 12. 8. bis zum 15. 10.1948 verlängert (Dok. Nr. 19, S. 320). , 0 ) Während das Londoner Kommunique (Dok. Nr. 1) zum Bedauern der Deutschen, die diese Frage seit 1947 lebhaft diskutiert hatten (Bonner Kommentar, V, Anh. 3 f.; van Wylick, Besatzungsstatut, S. 56 f.), keine Einzelheiten - über ein Besatzungsstatut enthielt (Sozialdemokratischer Pressedienst, 9. 6. 1948), führte die Bekanntgabe der Londoner Vereinbarungen vom 19. 5. 1948 (Dok. Nr. 1, Anm. 14) zu heftigen Reaktionen: das vorgesehene Besatzungsstatut wurde als Rückschritt (Brauer, Kaisen, NZ, 4. 7. 1948), als bitteres Dokument der Niederlage, das Erinnerungen an Versailles wecke (Stellungnahme Ehards zu den Frankfurter Dokumenten, 2. 7. 1948, bayer. StK. München, 100 Bd. 3), als Verewigung des Zustandes der bedingungslosen Kapitulation (Sitzung des bayer. MinRates vom 3. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11) angesehen, das die dt. Souveränität soweit einschränke, daß keine Verfassung, sondern höchstens ein Verwaltungsstatut ausgearbeitet werden könne (Zusammenstellung in Sopade, 1948, VII, S. 71; AZ, 5. 7. 1948; Gimbel, Besatzungspolitik, S. 277 f. sowie Einleitung, S. LXX). Eine Analyse der Bestimmungen des Dok. Nr. III gibt Grewe, Besatzungsstatut, S. 227 ff. und van Wylick, Besatzungsstatut, S. 79 ff.; zum Text des endgültigen Besatzungsstatuts vom 10. 4. 1949: Germany 1947-1949, S. 89ff.; dt.: Stammen, Einigkeit, S. 238 ff. und Bonner Kommentar, V, Anh. S. 5 mit Literaturhinweisen sowie van Wylick, S. 91 ff. " ) Anmerkung des LR: statt „und" muß es „oder" heißen; engl.: „Conduct or direct...". J4 w
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b) Das Mindestmaß der notwendigen Kontrollen über den deutschen Außenhandel und über innenpolitische Richtlinien und Maßnahmen, die den Außenhandel nachteilig beeinflussen könnten, auszuüben, um zu gewährleisten, daß die Verpflichtungen, welche die Besatzungsmächte in Bezug auf Deutschland eingegangen sind, geachtet werden und daß die für Deutschland verfügbar gemachten Mittel zweckmäßig verwendet werden. c) Vereinbarte oder noch zu vereinbarende Kontrollen, wie zum Beispiel in Bezug auf die Internationale Ruhrbehörde, Reparationen, Stand der Industrie, Dekartellisierung, Abrüstung und Entmilitarisierung und gewisse Formen wissenschaftlicher Forschung auszuüben. d) Das Ansehen der Besatzungsstreitkräfte zu schützen und sowohl ihre Sicherheit als auch die Befriedigung ihrer Bedürfnisse innerhalb bestimmter zwischen den Militärgouverneuren vereinbarten Grenzen zu gewährleisten. e) Die Beachtung 1 8 ) der von ihnen gebilligten Verfassungen zu sichern. B. Die Militärgouverneure werden die Ausübung ihrer vollen Machtbefugnisse wieder aufnehmen, falls ein Notstand die Sicherheit bedroht, und um nötigenfalls die Beachtung der Verfassungen und des Besatzungsstatutes zu sichern. C. Die Militärgouverneure werden die oben erwähnten Kontrollen nach folgendem Verfahren ausüben: a) Jede Verfassungsänderung ist den Militärgouverneuren zur vorzulegen.
Genehmigung
b) Auf den in den Absätzen a) und e) zu Paragraph A oben erwähnten Gebieten werden die deutschen Behörden den Beschlüssen oder Anweisungen der Militärgouverneure Folge leisten. c) Sofern nicht anders bestimmt, insbesondere bezüglich der Anwendung des vorhergehenden Paragraphen b], treten alle Gesetze und Bestimmungen der föderativen Regierung ohne weiteres innerhalb von 21 Tagen in Kraft, wenn sie nicht von den Militärgouverneuren verworfen werden. Die Beobachtung, Beratung und Unterstützung der föderativen Regierung und der Länderregierungen bezüglich der Demokratisierung des politischen Lebens, der sozialen Beziehungen 1 ®) und der Erziehung werden eine besondere Verantwortlichkeit der Militärgouverneure sein. Dies soll jedoch keine Beschränkungen der diesen Regierungen zugestandenen Vollmachten auf den Gebieten der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung bedeuten. Die Militärgouverneure ersuchen die Ministerpräsidenten, sich zu den vorstehenden Grundsätzen zu äußern 2 0 ). Die Militärgouverneure werden daraufhin ) Der LR merkt an: statt „Beachtung": „Einhaltung"; engl.: „ensure the observance". ) Der LR erläutert: „soziale Beziehungen im Sinne von Verhältnis der Stände und Klassen untereinander"; engl. Text: „social relations . . . " . 20 ) Diese Aufforderung wurde von den MinPräs. nicht nur als entscheidender Stilwandel interpretiert, ein Eindruck, der von den Besatzungsmäditen kräftig genährt wurde (Sitzung des bayer. MinRates vom 5. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11), sondern auch als Möglichkeit gedeutet, in Verhandlungen noch wesent1S 18
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diese allgemeinen Grundsätze mit von ihnen etwa genehmigten Abänderungen der Verfassunggebenden Versammlung als Richtlinien für deren Vorbereitung der Verfassung übermitteln und werden die von ihr etwa dazu vorgebrachten Äußerungen entgegennehmen 21 ). Wenn die Militärgouverneure ihre Zustimmung zur Unterbreitüng der Verfassung an die Länder ankündigen, werden sie gleichzeitig ein diese Grundsätze in ihrer endgültig abgeänderten Form enthaltendes Besatzungsstatut veröffentlichen, damit sich die Bevölkerung der Länder darüber im klaren ist, daß sie die Verfassung im Rahmen dieses Besatzungsstatutes annimmt 22 ). lidie Änderungen zu erreidien. Die Deutschen wurden darin vor allem durch Äußerungen Koenigs und seiner Mitarbeiter bestärkt: die MinPräs. sollten sich nicht drängen lassen und darauf hinwirken, daß etwas Vernünftiges entstehe; es müsse nicht alles nach dem vorliegenden Schema gemacht werden (Ehard in der Sitzung des bayer. MinRates vom 3. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11); es stehe jedem Land frei, die Empfehlungen der Besatzungsmächte anzunehmen oder nicht (Maier, Erinnerungen, S. 50), um jedoch keinen Anlaß zu einem Krieg zu geben, sollte gegenwärtig von weitreichenden Entschlüssen und der Schaffung eines westdt. Staates abgesehen werden (Mitteilung von Gouv. Widmer an Bode mit dem Hinweis, die Entsendung eines Beobachters zur Konferenz vom 1. 7. 1948 genüge, Sitzung des StMin. Württemberg-Hohenzollern, 30. 6. 1948, StA Sigmaringen Wü 2). Aber auch aus der amerik. MilReg. war zu hören: Die Deutschen, vor allem die politischen Parteien, sollten ihre Wünsche und Anregungen bis ins einzelne mit einem Ministerpräsidenten durchsprechen, damit dieser den entsprechenden Standpunkt gegenüber den Generälen zum Ausdruck bringen könne (Bericht W. Brandts Nr. 61 an PV, Berlin, 15. 7.1948, Arch. FES NL Schumacher J 79). Zur Vorbereitung von Gegenvorschlägen versuchte deshalb Troeger auf Anregung von Kopf, von BICO nähere Erläuterungen über unklare Bestimmungen der Dokumente zu erhalten (BA Z 4/121, Bl. 135, 121-124). Über seine aus privaten Quellen erhaltenen unverbindlichen Mitteilungen orientierte er am 8. 7. 1948 vertraulich Kopf, Brauer, Spiecker und Hansen: Die MinPräs. könnten als beauftragtes Kollegium Mehrheits- und Minderheitsbeschlüsse fassen; bei der Delegiertenwahl sei das unmittelbare oder das fortgeschriebene Ergebnis der Volkszählung und die politische Zusammensetzung der Bevölkerung zugrundezulegen; die Garantien der individuellen Rechte und Freiheiten könnten durch Einsetzung eines Gerichtshofs gesichert werden, eine breite Aufnahme der Grundrechte und Grundpflichten in die Verfassung sei nicht notwendig; die Städte Hamburg und Bremen könnten eigenständige Länder bilden (BA Z 4/121, Bl. 125). " ) Zum Verfahren s. Dok. Nr. 10, Anm. 24 und 25 sowie van Wylick, Besatzungsstatut, S. 84 ff. 22) Diese Bestimmung über eine enge Verknüpfung von Besatzungsstatut und Verfassung erschien äußerst unklar und wurde als unannehmbar, als zivile Kapitulation und als Verewigung der Besatzungsherrschaft empfunden. Deshalb müsse versucht werden, Besatzungsstatut und Verfassung voneinander zu trennen (Sitzungen des bayer. MinRates, 3. 7. und 5. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). „Eine Plebiszitierung des Besatzungsstatuts sollte unbedingt vermieden werden, da dies eine Präjudizierung der späteren freien Selbstgestaltung des deutschen Volkes darstellen würde" (Carlo Schmid in der Sitzung des StMin. von WürttembergHohenzollern, 5. 7. 1948, StA Sigmaringen Wü 2; vgl. die Diskussionen auf der MinPräs.-Konferenz in Koblenz, Dok. Nr. 6, S. 60). Die Alliierten suchten solche Befürchtungen zu zerstreuen: Besatzungsstatut und Verfassung seien zwei ganz getrennte Dinge. Bei Ausarbeitung der Verfassung sollte von der Annahme völliger Souveränität Deutschlands ausgegangen werden, bestimmte Artikel der Verfassung würden durch das Besatzimgsstatut lediglich vorläufig suspendiert. Es könne jetzt 35
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BEILAGE ZU DOKUMENT NR. III Beauftragte der Militärgouverneure werden bereit sein, die Ministerpräsidenten und die Verfassunggebende Versammlung in allen Angelegenheiten, die diese vorzubringen wünschen, zu beraten und zu unterstützen 23 ).
Nr. 5 Denkschrift des Deutschen Büros für Friedensfragen zu den Frankfurter Dokumenten Stuttgart, 5. Juli 1948 BA Z 12/15, Bl. 181-216. Nicht gezeichnete, vervielfältigte Ausfertigung1) [WIDERSPRUCH ZWISCHEN BESATZUNGSSTATUT UND DEUTSCHER STAATLICHER EIGENVERANTWORTLICHKEIT] sdion etwas Endgültiges geschaffen werden (Vermerk Bergners über Besprechungen mit alliierten Verbindungsoffizieren, Wiesbaden, 27. 7. 1948, BA Z 12/8, Bl. 162 ff. und Vermerk Leisewitz', Bad Godesberg, 10. 9. 1948, ebda, Bl. 91)(. Clay hatte schon auf der Londoner Konferenz betont, keine dt. Regierung könne überleben, wenn sie gezwungen sei, das Besatzungsstatut zu billigen, es müsse deshalb von den Alliierten auferlegt, und die Deutschen müßten über seinen Inhalt vor Abstimmung über die Verfassung informiert werden. „Thus ratification would imply acceptance by German people of powers reserved to MG." (ForRel. 1948, II, S. 224). Die Franzosen hatten durchblicken lassen, daß ihnen die Koppelung der drei Dokumente, die auf amerik. Wunsch zurückgehe, höchst unerwünscht sei; die Deutschen sollten dagegen Einspruch erheben (Vermerk von Gumppenbergs, Düsseldorf, 4. 7. 1948, HStA Düsseldorf NW 53-659). 23 ) Hinter der Formulierung dieses Zusatzes zu Dok. Nr. III stand das amerik. Bemühen, die Franzosen auf die Londoner Verabredungen festzulegen, nach denen die Verbindungsoffiziere als gemeinsames Gremium aufgrund von Mehrheitsbeschlüssen tätig werden sollten (Litchfield an Clay, Berlin, 10. 6. 1948, BA NL Pollock/106). Die Franzosen, die selbständig zu agieren und eine enge und persönliche Verbindung zu den MinPräs. und den PR zu halten wünschten, konnten ihre Vorstellungen schließlich durchsetzen. Auf der Vorbesprechung vom 30. 6. 1948 wurde verabredet, daß die Verbindungsoffiziere kein formelles Komitee bilden, sondern als Einzelrepräsentanten der MilGouv. fungieren sollten (ForRel. 1948, II, S. 379). Verbindungsoffiziere waren: Litdtifield, Simons, Trombert, Pabsch (amerik. MilReg.); Chaput de Saintonge, Marecco, Miss Anderson, Jones, Futers (brit. MilReg.); Seydoux, Lefebvre de Laboulay, Laloy, Joos (frz. MilReg.); s. Dok. Nr. 18, 19, 25, 27; BA NL Brill/9, Bl. 84 sowie BA Z 5/5, Bl. 1. *) Der mit Vermerk „nur zum Dienstgebraudi" versehene „Versuch einer Stellungnahme zu den drei Frankfurter Dokumenten" sollte der Koblenzer MinPräs.-Konferenz (Dok. Nr. 6) Argumente und Diskussionspunkte liefern. Doch protestierte Pfeiffer beim Leiter des Büros, StS Eberhard, „gegen die Einmischung in kritischste innerdeutsche Fragen durch die Denkschrift des Friedensbüros und gegen die Überschreitung der Zuständigkeiten". Mauer hatte dem Friedensbüro von der Vorlage der Stellungnahmen abgeraten, während Brill der Meinung war, die „Denkschrift enthalte schätzenswerte Zusammenstellungen über die doch einmal notwendige Bereinigung der amerikanischen Grenzen" (FS Pfeiffers an Eberhard, Koblenz, 9. 7. 1948 sowie Vermerk Pfeiffers vom 14. 7. 1948, Bayer. StK. München 100, Bd. 3). 36
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GRUNDSÄTZLICHES
Bei der Beurteilung der Frankfurter Vorschläge2) muß davon ausgegangen werden, daß das Besatzungsstatut auf unser öffentliches Leben und unsere Meinung eine unmittelbarere Wirkung haben wird als die „Verfassung". Wenn das Besatzungsstatut so ausfällt, daß das deutsche Volk es als das Mittel zur rechtlichen Konsolidierung einer als lästig empfundenen Fremdherrschaft ablehnt, so wird es die Verfassung nur als ein Anhängsel des Besatzungsstatuts und als einen „Importartikel" betrachten können. Besatzungsstatut und „Verfassung" sollten deshalb im vollen Licht der Öffentlichkeit ausgearbeitet werden3). Die vorgeschlagene Lösung krankt an dem Hauptfehler des Versailler Vertrags: Die Alliierten, unter sich uneinig, brauchen die Zustimmung des deutschen Volkes zu ihren Vereinbarungen, können sich aber nicht entschließen, von Anfang an mit uns zu verhandeln. Dadurch, daß es uns gestattet wird, einige Retuschen zu einem bereits festliegenden Text vorzuschlagen, von denen die Hälfte zurückgewiesen werden wird, kann eine deutsche Mitarbeit nachträglich nicht konstruiert werden. Dies ist umsomehr zu bedauern, als eine gemeinsame Behandlung der Probleme mit den Alliierten durchaus erfolgversprechend wäre. Es ist klar, daß Deutschland nicht nur materielle Hilfe für seinen wirtschaftlichen Wiederaufbau, sondern auch politische Hilfe braucht, und daß es sich schon aus diesem Grunde einer gewissen Aufsicht unterwerfen muß. Gegen Abrüstung und Entmilitarisierung sind von deutscher Seite nie Einwendungen erhoben worden, ebensowenig gegen die Reparationspflicht und die Demokratisierung unseres politischen Lebens. Die neue Regelung soll durch Volksbefragungen sanktioniert werden. Für das Funktionieren der neuen Regelung ist dann aber eine offene Bereitwilligkeit des deutschen Volkes und eine Zustimmung, auf breitester Basis erforderlich. Es kann keine Gewähr dafür gegeben werden, daß dies zu erzielen ist. Die Kritik aus dem Osten wird mehr als scharf sein, und die Alliierten müßten sich darüber klar sein, daß das deutsche Volk jeden verdammen wird, der die Hand zu einer Spaltung Deutschlands bietet. Wenn unter solchen Umständen ein staatlich konsolidiertes Westdeutschland bestehen und florieren soll, ohne daß es lächerlich gemacht und mit dem Schimpfwort des „Quisling"4) behängt werden kann, dann muß es dem Osten gegenüber in augenfälliger Weise attraktiv gestaltet werden. Sicherlich ist das die Absicht der Alliierten. Dazu sind die Westmächte auch in der Lage, denn sie allein können eine vom Osten wirklich nicht überbietbare Rechtsbasis schaffen. Wenn aber eine große Wirkung erzielt werden soll, so muß auch eine große
*) Dok. Nr. 4. 3 ) Zu ähnlichen Forderungen der politischen Parteien Dok. Nr. 3, Anm. 13 sowie Einleitung, S. XXXI. 4 ) Der Name Vidkum Quislings, der nach der dt. Okkupation Norwegens mit Dtld. zusammengearbeitet und in Abhängigkeit vom dt. Reichskommissar als norwegischer MinPräs. fungiert hatte, war zum Synonym für Kollaborateure geworden.
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Anstrengung gemacht und ein deutlicher Bruch mit dem bisherigen System gewagt werden. Dies muß vor allem im Besatzungsstatut in die Augen springen. Aber ein Besatzungsstatut nach den in Dokument III enthaltenen Grundsätzen, das im wesentlichen nur den gegenwärtigen Zustand kodifiziert, wäre in diesem Sinne nicht attraktiv. Die neue Regelung kann oktroyiert werden, dann bedarf es von deutscher Seite gar keiner Stellungnahme, oder sie kann verhandelt werden. Ein Mittelding zwischen beidem ist insofern bedenklich, als dadurch die deutsche „Regierung" dem Odium ausgesetzt ist, sie hätte das nicht erreicht, was sie hätte erreichen können. Wenn aber verhandelt würde, so müßte das Ergebnis ein Abkommen zwischen einer deutschen Regierung und den Besatzungsmächten sein. Wenn so verfahren würde, müßte sofort, also vor der Verabschiedung der „Verfassung" eine provisorische deutsche „Regierung" eingesetzt werden, die von den Alliierten als verhandlungsfähiger Partner angesehen wird 5 ). So wurde auf der Länderebene von den Alliierten auch verfahren. Das Besatzungsstatut könnte auch heute noch in eine vertragliche Form umgegossen werden. Wenn die Besatzungsziele, wie sie sich bis heute in der Praxis entwickelt haben, darin festgestellt werden (Abrüstung, Entmilitarisierung, Wiedergutmachung, Demokratisierung, wirtschaftlicher und politischer Wiederaufbau, Zuriickführung Deutschlands in die Gemeinschaft der demokratischen Völker), so könnte ein solches Abkommen in den Augen des deutschen Volkes sehr wohl den Charakter eines „Wiedergutmachungs- und Beistandspakts" erhalten, der in einem erheblichen Teil als die Erfüllung eines deutschen Wunsches erscheinen würde. Damit würde die Besetzung in den Augen des deutschen Volkes auf einen ganz anderen Boden gestellt als bisher. Ähnlich ist die französische Regierung in dem Teilfall der Saar verfahren 6 ). Die Militärgouverneure haben sich nicht darüber geäußert, in welchem Verhältnis das Londoner Abkommen zum Potsdamer Abkommen stehen soll 7 ). W a s wird aus dem Potsdamer Abkommen übernommen? Die ganze Gesetzgebung des Alliierten Kontrollrates, die in den Westzonen in Kraft gesetzt wurde? Es scheint, daß nicht alle Kontrollratsbeschlüsse in der französischen Zone Gesetz wurden 8 ). Der Grundgedanke des Potsdamer Abkommens, daß die Militärgouverneure in Fragen, die Deutschland als Ganzes betreffen, nur gemeinsam handeln dürfen, muß auch auf das vereinigte Westgebiet übertragen werden.
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) Ähnliche Vorstellungen Ehards, Arnolds u. a. MinPräs. vgl. Dok. Nr. 3, Anm. 14. •) Die zwischen Frankreich und dem Saarland abgeschlossenen Konventionen sahen vor, nach dem wirtschaftlichen Anschluß die Besatzungsabhängigkeit nach und nach in Partnerschaft zu verwandeln (Fischer, Saar, S. 81 ff.). ') Vgl. Dok. Nr. 1, Anm. 22 sowie van Wylick, Besatzungsstatut, S. 19 ff. 8 ) Da die Durchführung der Gesetze den Zonenoberbefehlshabern überlassen blieb und der Kontrollrat kein unmittelbares Eingriffsrecht in die einzelnen Besatzungszonen hatte, hing die Durchführung der Beschlüsse von den Besatzungsmächten ab (Willis, The French, S. 26 ff.].
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Eine Landesregierung kann nicht gezwungen werden, von ihrem Zonenbefehlshaber Weisungen entgegenzunehmen, die die Interessen des gesamten gemeinsam verwalteten Gebiets betreffen. Die Militärgouverneure haben den Ministerpräsidenten das Londoner Sechsmächteabkommen nicht zur Kenntnis gebracht9). Gibt es überhaupt ein solches Abkommen? Auch der französischen Kammer lag bei ihrer Beratung nur das Schlußkommuniqué, aber kein Text vor. Das Londoner Abkommen wurde von den Alliierten als ein unteilbares Ganzes erklärt, dann muß es aber auch für Deutschland ein unteilbares Ganzes sein. Es geht nicht an, daß unsere Mitwirkung nur zur Inkraftsetzung eines Teilausschnittes aus dem Londoner Abkommen gesucht wird. Es wäre höchst fatal, wenn später Bestimmungen hinsichtlich der Westgrenzen, der Ruhrkontrolle und der Sicherheit bekannt würden, die für die deutsche öffentliche Meinung so unannehmbar wären, daß aus diesem Grunde auch unsere Mitwirkung bei der Inkraftsetzung eines Teilabschnitts unmöglich würde. Deshalb müßte um Aufklärung der unklaren Punkte des Londoner Kommuniqués gebeten werden. Die wichtigsten sind die folgenden: a] zur Frage der Sicherheit Wie ist das Verhältnis der „militärischen Sicherheitsbehörde", die im Londoner Kommuniqué vorgesehen ist, zu der deutschen „Regierung" im Rahmen des Besatzungsstatuts10)? Was ist unter „Schlüsselgebieten" zu verstehen, die dauernd besetzt bleiben sollen? Sollen auf sie die Bestimmungen des Besatzungsstatuts weiter angewandt werden? b) zur Frage der Ruhrkontrolle11) Der Begriff Ruhrgebiet bedarf einer territorialen Abgrenzung. Hiervon hängt es ab, ob die Braunkohle des Kölner Gebietes von der Internationalen Behörde verteilt wird, oder ob sich diese Verteilung auf die Steinkohle des eigentlichen Ruhrgebietes beschränken wird. Was ist „Stahl"? Verteilt die Internationale Behörde das Roheisen, den Rohstahl, Walzwerkerzeugnisse? Je nachdem ist unsere Bewegungsfreiheit größer oder geringer. Es müßte geklärt werden, was unter „adequate control of management" in der Kohlen- und Koksindustrie zu verstehen ist, welche die Militärregierungen während der Kontrollperiode aufrechterhalten wollen. Ist vorgesehen, daß die deutschen Vertreter in der Internationalen Behörde deutsche Staatsangehörige sein sollen? Was sind Unternehmen, an denen ausländisches Interesse besteht? Der territoriale Geltungsbereich a) Die drei Westsektoren Berlins. Wenn die ins Auge gefaßte Regelung sich auf »} Dok. Nr. 6, Anm. 8. ) Zum Militärischen Sicherheitsamt Dok. Nr. 1, Anm. 23. " j Zur Internationalen Ruhrbehörde Dok. Nr. 1, Anm. 25. 10
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das Gebiet erstrecken soll, das den Militärgouverneuren der drei Westmädite unterstellt ist, so müßte sie logisdierweise nach dem Zusammenbruch der Viermächteverwaltung in Berlin automatisch auf die drei Berliner Westsektoren Anwendung finden. Es müßte also auch in den drei Westsektoren Berlins gewählt werden, und diese müßten mit den gleichen Rechten und Pflichten wie die andern Länder in die vorgesehene Ordnung aufgenommen werden (insofern etwa den Freien Städten Hamburg und Bremen vergleichbar12). b] Im Londoner Sechsmächteabkommen sind „geringfügige Grenzberichtigungen" vorgesehen, die außerdem als „provisorisch" charakterisiert werden. Das heißt doch wohl, daß sie der endgültigen Friedensregelung und der Zustimmung der deutschen Regierung im Vertrag vorbehalten bleiben. Welche Gebiete darunter verstanden werden, ist den Ministerpräsidenten nie mitgeteilt worden. Bei den vorgesehenen Wahlen wird also innerhalb der Grenzen des deutschen Reiches vom 31. 12. 1937 gewählt werden, so wie auch das Potsdamer Abkommen hinsichtlich der Westgrenze sich auf das deutsche Staatsgebiet von 1938 bezieht. c) In diesem Zusammenhang kann die Saarfrage nicht länger mit Stillschweigen übergangen werden. Bei der französischen Kammerdebatte über das Londoner Abkommen wurde die Frage an die Regierung gestellt, ob auch das Saarland zu der Verfassunggebenden deutschen Versammlung wählen werde. Herr Bidault antwortete: „Es ist niemals die Rede davon gewesen, die Saar aufzufordern, Vertreter in diese Versammlung zu entsenden. Die Abtrennung der Saar ist eine Tatsache, die von unsern Vertragspartnern angenommen und unterstützt wird. Es lag kein Grund vor, etwas ratifizieren zu lassen, das wir ein für allemal als von uns fest erworben ansehen" 13 ). Tatsächlich haben die Franzosen zu der politischen Abtrennung der Saar von Deutschland bisher keine förmliche Zustimmung der amerikanischen und britischen Regierung erhalten. Diese beschränkt sich nur auf wirtschaftliche Maßnahmen (Zuteilung der Saarkohlenförderung an Frankreich und Behandlung des Handels der Saar mit dem übrigen Deutschland nach den Grundsätzen des Außenhandels). Diese Frage wird deutscherseits mit sehr viel Takt behandelt werden müssen. Mit leeren Protesten wird nicht weiterzukommen sein. Es könnte dagegen mit guten Gründen der Standpunkt vertreten werden, daß die wirtschaftlichen Forderungen der Franzosen im Saarland auch ohne politische Abtrennung des Gebiets von Deutschland befriedigt werden können. Man könnte demgemäß entweder den Militärgouverneuren bereits jetzt eine Darstellung des deutschen Standpunkts in der Saarfrage übergeben oder zum Ausdruck bringen, daß nach deutscher Auffassung die Saarfrage ebenso wie die ) Zur Einbeziehung Berlins in den Geltungsbereich der Frankfurter Dokumente Dok. Nr. 3, Anm. 10. 13 ) Analyse dieser Debatte am 11. 6. 1948 in: BA Z 35/388, Bl. 16 ff. Zur Saarfrage Fischer, Saar, S. 47 ff.; das Abkommen zwischen Frankreich, Großbritannien und den USA vom 20. 2. 1948 über die wirtschaftliche Angliederung des Saarlandes an Frankreich in: ForRel. 1948, II, S. 73 ff. ll
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geringfügigen Grenzberichtigungen erst in einem Friedensvertrag endgültig gesegelt werden können. Insofern müsse gegen einen Ausschluß des Saarlandes von der Bildung eines einheitlichen Verwaltungsgebiets vorsorglich Verwahrung eingelegt werden. [STELLUNGNAHME] ZU DOKUMENT I (VERFASSUNGSFRAGE) 14 )
Die Ministerpräsidenten werden autorisiert, eine Verfassunggebende Versammlung einzuberufen. Über den Modus der Auswahl der Abgeordneten sind keine Bestimmungen getroffen, außer daß die gesetzgebenden Körperschaften der Länder ihn festzusetzen haben. Sie könnten ihn an sidi also auch verschieden festsetzen. Eine in allen Ländern gleichartige Regelung wäre natürlich wünschenswert. Im übrigen können die Länderparlamente die Auswahl der Abgeordneten ebenso gut sich selber vorbehalten wie allgemeine Volkswahl anordnen. Diese Wahl könnte auch nach Wahlkreisen angesetzt werden, die sich nicht überall an die gegenwärtigen — oder bis dahin zu ändernden — Ländergrenzen halten müßten. Das wäre von Bedeutung vor allem bei kleinen Ländern wie etwa Bremen, das nicht einmal die Hälfte von 750 000 Einwohnern hat. Der Satz, daß die Zahl der Abgeordneten aus jedem Land zur Zahl der Mitglieder der Versammlung im Verhältnis der Länderbevölkerungen zur Gesamtbevölkerung stehen soll, müßte dann sinngemäß ausgelegt werden. Wollte man eine solche Unabhängigkeit der Wahlkreisgrenzen von den Ländergrenzen nicht zulassen und soll einem Land wie Bremen doch wenigstens ein Abgeordneter zugestanden werden, dann müßte dieser Satz gleichfalls frei interpretiert werden. Eine Verpflichtung, die Verfassunggebende Versammlung jetzt einzuberufen, wird nicht ausgesprochen. Daraus ist wohl a fortiori [sie!] der Schluß erlaubt, daß sowohl ein Sachverständigenausschuß zur Vorbereitung einer Verfassung wie auch eine Versammlung mit dem geringeren Anspruch, nur ein vorläufiges Organisationsstatut für die westlichen Gebiete Deutschlands auszuarbeiten, gestattet wäre 15 ]. Vorgeschrieben ist eine Größenordnung der Versammlung von einem Abgeordneten auf ungefähr 750 000 Einwohner. Ein persönlicher Kontakt der Abgeordneten mit ihren Wählern wird bei diesem Zahlenverhältnis kaum möglich sein, wenn man sich für allgemeine Volkswahl entscheidet. Für Württemberg-Baden wären es vier Abgeordnete: ob nun das Land in vier Wahlkreise eingeteilt oder als ein einziger behandelt würde — eine persönliche Fühlungnahme, die bei einem so wesentlichen Unternehmen mit der Schaffung einer Verfassung unbedingt nötig wäre, wäre so gut wie ausgeschlossen. " ) Frankfurter Dok. Nr. I—III mit den Anmerkungen in Dok. Nr. 4 abgedruckt. ) Ähnliche Gedanken, statt einer Verfassunggebenden Versammlung einen vorbereitenden Ausschuß zu bilden, hatte die SPD entwickelt (Bericht W. Brandts Nr. 58 an PV Berlin, 10. 6. 1948, Arch. FES Schumacher J 79; Rede Ollenhauers auf Tagung des PV, Hamburg, 28./29. 6. 1948, Sopade, 1948, VII, S. 16; Sörgel, Konsensus, S. 28); die Auffassung, eine Art gehobene Sachverständigen-Kommission mit der Ausarbeitung einer Verfassung zu beauftragen, hatte auch in CDU-Kreisen erheblich an Boden gewonnen (AZ, 6. 7. 1948).
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Diese Fühlungnahme wäre noch weiter erschwert durdi den Zeitdrude. Abgesehen von den erst zu schaffenden technischen Voraussetzungen für die Wahl, handelt es sich bei der Verfassungsfrage um eine schwere Entscheidung, deren Bedeutung jedem einzelnen Wähler vorher durchaus klar werden und die von ihm in Ruhe durchdacht werden müßte. Der Verfassunggebenden Versammlung ihrerseits ist die Schaffung einer demokratischen Verfassung vorgeschrieben, die — dem Sinne nach anscheinend durchaus gleichlautend mit den Londoner Empfehlungen — vier Bedingungen erfüllen muß: 1. Sie muß eine „Regierungsform vom föderalistischen Typus" vorsehen, die die Rechte der beteiligten Länder schützt. 2. Sie muß eine „angemessene zentrale Autorität" vorsehen. 3. Sie muß eine Garantie der individuellen Redite und Freiheiten enthalten. Diese Voraussetzungen entsprechen an sich durchaus den Absichten der Mehrheit des deutschen Volkes und den wohlverstandenen deutschen Interessen. 4. Die eigentliche Schwierigkeit der Sache wird in dem Dokument dort berührt, wo es heißt, daß die föderalistische Regierungsform „am besten geeignet" sein soll, „die gegenwärtig zerrissene deutsche Einheit wieder herzustellen'". Einem föderalistischen Staatswesen wird es immer leichter fallen, neu hinzutretende Glieder, die bisher ein Eigenleben hatten, bei sich aufzunehmen, als einem zentralistischen Einheitsstaat. Wenn man die Möglichkeit des späteren Zutritts der Ostzone erleichtern will, dann müßte man die Ordnung in den Westzonen so elastisch wie möglich gestalten und ihr tunlichst,nicht das Gewicht einer geschriebenen und vom Volk angenommenen Verfassung geben, die der Osten bei seinem Anschluß nur noch akzeptieren dürfte. Jede Verfassung hat ihrem Wesen nach etwas Endgültiges und kann nur unter starken Kautelen geändert werden. (Solche Kautelen sieht das Dokument I ausdrücklich vor.) Wenn Deutschland schon in zwei verschieden große Hälften zerrissen ist, dann sollte die größere Hälfte, die auf den Zutritt der kleineren Hälfte rechnet, sidi in ihrer Verfassung auf nichts festlegen, was den Anschluß der kleineren Hälfte erschweren könnte, solange es nicht möglich ist, daß beide Hälften in gleicher Weise und in gleicher Freiheit ihre Abgeordneten in die Verfassunggebende Versammlung entsenden. Wenn die von der Versammlung beschlossene Verfassung den oben erwähnten vier allgemeinen Prinzipien nicht widerspricht, werden die Militärgouverneure ihre „Vorlage zur Ratifikation" gestatten. Die Versammlung wird aufgelöst, die Ratifikation wird „von jedem der beteiligten Länder" im Weg eines Referendums mit einfacher Stimmenmehrheit der Abstimmenden und in solchen Formen und unter solchen Anordnungen, wie jedes Land sie beschließen wird, vorgenommen werden. Wenn 2/s der Länder sie angenommen hat, tritt sie in Kraft und ist für alle, auch die niciit zustimmenden Länder, bindend. Jeder spätere Zusatz zu der Verfassung oder jede spätere Änderung an ihr bedürfen der Ratifikation durch eine ebensolche Mehrheit der Länder. Diese Bestimmung läßt manche Frage im einzelnen offen, ist aber wohl so zu ver42
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stehen, daß die Verfassung selbst noch andere Voraussetzungen ihrer Änderung hinzufügen könnte. Innerhalb von 30 Tagen nach dem Inkrafttreten der Verfassung sollen die darin vorgesehenen Einrichtungen geschaffen sein. Auch diese Bestimmung läßt verschiedene Fragen offen; doch dürfte vor allem gemeint sein, daß in dieser Frist die erste Regierung gebildet werden soll. Sollten die zuständigen deutschen Stellen zu dem Ergebnis kommen, daß die Vorschläge in Dokument I, so wie sie dort formuliert sind, insbesondere was die knappen Fristen betrifft, schwer oder gar nicht ausführbar wären, so ließe sich vielleicht ein Kompromiß in folgender Richtung anstreben: Vor dem 1. September wäre 1. ein Sachverständigenausschuß zur Vorbereitung einer Verfassung oder eines Organisationsstatuts, 2. eine gemischte Kommission aus deutschen und alliierten Sachverständigen zur Ausarbeitung eines Besatzungsstatuts zu bilden. 3. W e n n diese Arbeiten sich dem Abschluß nähern, und unter der Voraussetzung, daß die öffentliche Meinung über die hier auftauchenden Probleme fortlaufend unterrichtet wurde, so daß der Wähler die zur Fällung einer abgewogenen Entscheidung erforderlichen Kenntnisse erworben haben kann, dann könnte zur Einberufung einer Versammlung von etwa 300 Mitgliedern in allgemeiner und direkter W a h l geschritten werden, die über den Entwurf einer Verfassung, bzw. eines Organisationsstatuts berät, das Abkommen über ein Besatzungsstatut ratifiziert und 4. schließlich beides durch Plebiszit sanktionieren läßt. Da die Fertigstellung der Verfassung gewiß eine längere Zeit, mindestens neun Monate, in Anspruch nehmen wird, müßte inzwischen ein permanentes Organ der Ministerpräsidenten geschaffen werden, und zwar möglichst bald, damit zwischen ihnen, die bis jetzt isoliert sind und sich jeweils unter Schwierigkeiten zum Rate versammeln müssen, und den Militärgouverneuren durch die hierfür vorgesehenen Vertreter eine fruchtbringende Verbindung hergestellt wird. Dieses Organ sollte unabhängig von den Frankfurter bizonalen Einrichtungen sein. [STELLUNGNAHME] ZU DOKUMENT II (LÄNDERGRENZEN}18) A. Auslegung des Textes Das Dokument Nr. II bezieht sich auf die Neuabgrenzung deutscher Länder. Es ersucht im Absatz 1 die Ministerpräsidenten um Vorschläge zur Änderung von Ländergrenzen. Die Änderungen sind auf zwei Bedingungen eingeschränkt: 16
) Verfasser der Stellungnahme zum Frankfurter Dok. Nr. II war der Mitarbeiter des Dt. Büros für Friedensfragen, Dr. Helfried Hartmann, der bereits am 26. 6. 1948 einen, als Privatarbeit bezeichneten Vorschlag zur Neuabgrenzung der Länder den acht Regierungen der Bizone zugesandt hatte (HStA Düsseldorf, NW 53-656). Er nahm ihn in diese offizielle Druckschrift auf als eine von mehreren Möglichkeiten, die sidi nur als eine Zusammenstellung der Diskussionspunkte mit einigen 43
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a) Sie „sollten den überlieferten Formen Rechnung tragen". Der Ausdrude „überlieferte Formen" ist unklar, es sollte um Klarstellung gebeten werdeil. Gemeint ist wohl, daß die Neuabgrenzungen der Überlieferung, also der geschichtlichen Entwicklung Rechnung tragen sollen. Es handelt sich aber nur um eine Sollvorschrift. b) Es soll möglichst vermieden werden, daß Länder entstehen, „die im Vergleich zu den anderen Ländern zu groß oder zu klein sind". Nach Pressemeldungen soll von alliierter Seite geäußert worden sein, daß weder für Bayern noch für Rheinland-Westfalen eine Vergrößerung vorgeschlagen werden soll 17 ]. Nach dem Wortlaut des Dokuments hat jedoch auch diese Bedingung keinen absolut bindenden Charakter. Absatz 2 sieht vor, daß Änderungsvorschläge, wenn sie von den Militärgouverneuren nicht mißbilligt werden, der Bevölkerung der betroffenen Gebiete spätestens zurZeit der Auswahl der Mitglieder für die Verfassunggebende Versamm-: lung zur Annahme vorgelegt werden sollen. Da nach Dokument I diese Versammlung spätestens am 1. September 1948 zusammentreten sollte, müßten die Abstimmungen über die Grenzveränderungsvorschläge wohl noch im August, und zwar wahrscheinlich Schon in der ersten Monatshälfte, stattfinden. Das bedeutet, daß für die Ausarbeitung der Vorschläge, von der Koblenzer Konferenz vom 8. und 9. Juli an gerechnet, allerhöchstens 4 Wochen zur Verfügung stünden. Im Absatz 3 wird angeordnet, daß die Anpassung der Landtage an die neuen Ländergrenzen noch vor Abschluß der Arbeiten der Verfassunggebenden Versammlung erfolgen muß, damit „die Wahlverfahren und Bestimmungen für die Ratifizierung der Verfassung" bereits von Landtagen,festgesetzt werden können, die in ihrer Zusammensetzung den neuen Abgrenzungen entsprechen. B. Zur sachlichen Problematik I. Zur Geschichte des Problems Eine vernünftige Neuabgrenzung der deutschen Länder ist ein seit langem empfundenes Bedürfnis. Gleich nach dem ersten Weltkriege wurde eine Kommission zur Neugliederung des Reichs geschaffen, welche eine Reichsreform vorbereiten sollte 18 ). Dem Schöpfer der Verfassung, Hugo Preuß, schwebte die Bildung ausgewogener Länder oder Reichsprovinzen unter Auflösung Preußens vor. Die Diskussion rührte naturgemäß eine Fülle von einander widerstreitenden regionalen Aspirationen und Gegensätzen auf, auch erhoben sich sowohl rechts wie links erhebliche Widerstände gegen eine Zerschlagung Preußens. In dem Großstäat Preußen sahen die Rechtskreise das Symbol der machtstaatlidien Tradition, Argumenten Für und Wider Verstanden wissen wollte (Hartmann an Gülidi, Stuttgart, 26. 8. 1948, BA Z 35/295, Bl. 49). 17 ) Vgl. die Äußerungen Clays, Dok. Nr. 2, S. 18. 1B) Eine knappe Zusammenfassung der Bemühungen um die Reichsreform in der Weimarer Republik und in der NS-Zeit gibt Eschenburg, Neugliederung, S. 14 ff.; ausführlicher Schulz, Zwischen Demokratie und Diktatür.
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aber audi die Linksparteien fanden seine Auflösung bedenklich. Die Mehrheit öder dodi das zahlenmäßige Gewidit, das eine Partei im Durdisdinitt eines Gesamtgebiets besitzt, versdiafft ihr im einheitlichen Vertretungskörper dieses Gesamtgebiets eine Machtstellung, die nur geschwächt werden kann, wenn das Gesamtgebiet aufgeteilt wird, da in den einzelnen Teilgebieten die Stärke der betreffenden Partei normalerweise sehr unterschiedlich ist, und diese also in gewissen Teilgebieten voraussichtlich in die Minderheit oder in eine unbedeutende Position gerät. Unter dem Eindruck der auftretenden Schwierigkeiten wurden schließlich die Arbeiten zur Neugliederung überhaupt eingestellt. Im Nationalsozialismus lebten die Bestrebungen zur Neugliederung des Reichs wieder auf. Die Gaueinteilung, die sich sowohl über die Einheit Preußens, als auch an anderen Stellen über Ländergrenzen hinwegsetzte, bedeutete eine vorläufige Neuaufgliederung, die aber durch den Zentralismus des ganzen Systems nur den Charakter einer Verwaltungsgliederung, nicht einer Ländergliederung trüg. Bestrebungen nach tieferen Eingriffen, die an mehreren Stellen hervortraten, wurden vom Nationalsozialismus mit Rücksicht auf die audi jetzt wieder dadurch ausgelösten regionalen Spannungen unterdrückt. Mit der Stillegung der Reichsgewalt durch die Besetzung und der Einrichtung der Besatzungszonen würde abermals eine neue Einteilung notwendig. Bei der Bildung der jetzt bestehenden Länder wurden gewisse ältere Bestrebungen, wie die Zusammenfassung von Württemberg-Baden sowie von Rheinland-Westfalen, und die Eingliederung von sehr kleinen Ländern (Hohenzollern, Lippe, Schaümburg-Lippe, Braunschweig, Oldenburg, Anhalt) in die umgebenden größeren verwirklicht, und zwar die ersteren teilweise, die letzteren ganz. Auf der anderen Seite hat die Zonentrennung, insbesondere die Abgrenzung des französischen Besatzungsgebiets, eine unnatürliche Zerreißung von Gebieten bewirkt, die sonst niemandem in den Sinn gekommen wäre. Hierin gehören die Abtrennung des Kreises Lindau von Bayern, die Zerlegung von Württemberg und Baden in Nord- und Südhälften, die Loslösung Rheinhessens und der Westerwaldkreise von Hessen-Nassau, die Trennung der Regierungsbezirke Koblenz und Trier vom übrigen Rheinland. Es ist zu begrüßen, daß Gelegenheit geboten wird, bei diesen Gebieten die natürlichen Verhältnisse wieder herzustellen19). II. Der südwestdeutsche Raum Am wenigsten problematisch erscheint dabei die Wiedervereinigung von SüdWürttemberg und Süd-Baden mit den Nordhälften, wobei aber auch die bereits vollzogene Vereinigung von Nord-Württemberg mit Nord-Baden zu bewahren sein wird, so daß ein einheitliches südwestdeutsches Land von 5,9 Millionen Einwohnern entstehen würde20). Die französische Besatzungszone würde dann ls )
Zur Zoneneinteilung und Neubildung der Länder in den einzelnen Zonen s. die zusammenfassenden Überblidce bei Eschenburg, Neugliederung, S. 19 ff. und Wagner, Bildung der Länder, in: Territorien-Ploetz, II, S. 656 ff. 20 ) Zum Problem des Südwest-Raums vor allem Maier, Erinnerungen, S. 67 ff. und Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 25 ff., 84 ff.
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keine ganzen Länder mehr einschließen, sondern nur Landesteile, wobei die Befugnisse der französischen Besatzungsbehörde gegenüber den deutschen Stellen im Besatzungsstatut genau definiert und ihr Verhältnis zu der amerikanischen Besatzungsmacht restlos klargestellt werden müßten. III. Der westdeutsche Raum Der zweite bereits berührte Komplex betrifft die heute zu dem Land RheinlandPfalz zusammengefaßten Gebiete. Dieses künstliche, wesentlich linksrheinische Gebilde entbehrt jeder Tradition. Audi ist vom deutschen Standpunkt die ländermäßige Verzahnung aller linksrheinischen. Gebiete mit den rechtsrheinischen vorzuziehen. Diesem Ziele kommen die Rückgliederungstendenzen der Bestandteile dieses Landes entgegen. [Es wird dann die Rückgliederung von Mainz und Montabaur an Hessen und diejenige der Regierungsbezirke Koblenz und Trier nach Nordrhein-Westfalen bei gleichzeitiger Neugliederung dieses Landes erörtert. Dabei werden drei Lösungen erwogen: a) Verkleinerung von Westfalen bei Aufrechterhaltung der Einheit von Nordrhein-Westfalen, b) Bildung eines selbständigen Westfalen unter Abtrennung vom Rheinland und unter Beibehaltung der heutigen Nord- und Südostgrenze, c) Bildung eines eigenen Landes Westfalen mit Vergrößerungen nach Norden auf Kosten Niedersachsens. Hinsichtlich der Pfalz wird ein Zusammengehen mit dem Saarland oder eine Angliederung an Württemberg-Baden als möglich angesehen. Als weitere Probleme einer Länderneugliederung werden die Beseitigung von Exklaven und die Berichtigung ungünstiger Grenzziehungen angesehen.]
C. Terminfragen Von all diesen Problemen würde das südwestdeutsche in der unter II gewählten Begrenzung am wenigsten einer ernsthaften Meinungsverschiedenheit unterliegen und könnte in der Tat sofort gelöst werden. Etwas schwieriger erscheint das westdeutsche Problem um Rheinland und Westfalen (III), obgleich auch seine baldige Lösung zur Beseitigung eines künstlichen Gebildes als wünschenswert erscheinen kann. Die unter IV angedeuteten weiteren Probleme eignen sich dagegen für eine Sofortlösung nur insoweit, als es sich um kleinere Grenzberichtigungen oder doch um fest umschriebene Gebietsteile handelt. Im Ganzen gesehen ist das Problem einer Neugliederung des deutschen Raumes ein so weitschichtiges und rührt notwendig so viele gegeneinander strebende lokalpatriotische Tendenzen auf, daß es fast unmöglich erscheint, es jetzt auf einmal schlagartig zu lösen. Auf der anderen Seite hat freilich der Zwang zur Eile auch einen Vorzug: gewisse Lösungen werden sich unter Zeit46
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druck durchsetzen lassen, die durch eine in aller Breite dahinfließende Debatte nur zerredet würden. Trotzdem muß vor einer Überstürzung des Problems der Neuabgrenzung der deutschen Länder gewarnt werden. Eine wirklich befriedigende Flurbereinigung setzt voraus, daß geographische, stammes- und mundartkundliche, wirtschaftliche und verkehrliche, konfessionelle und historische Gesichtspunkte beachtet und gegeneinander abgewogen werden. Es erscheint daher geboten, zunächst einmal ein Kartenwerk zu schaffen, welches die vorstehend aufgezählten Verhältnisse in je einer die Kreisgrenzen enthaltenden Karte darstellt. Ein solches Kartenwerk könnte vom Friedensbüro unter Heranziehung verschiedener Stellen, die die entsprechenden Unterlagen bereit haben, voraussichtlich schon in einer Frist von sechs Wochen geschaffen werden, wenn ein entsprechender Auftrag erteilt und die nötigen Mittel bereitgestellt werden. Dagegen lassen sich die durch das Dokument Nr. II geforderten Termine wahrscheinlich nicht einmal für den einfachsten Komplex, nämlich für die Vereinigung von Süd-Württemberg und Süd-Baden mit dem nördlichen WürttembergBaden, einhalten. Es dürfte schwerlich möglich sein, die Verfahrensvorschriften so schnell festzulegen, daß die Abstimmungen noch in der ersten Augusthälfte erfolgen können, wie es notwendig wäre, wenn sie gleichzeitig mit den Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung stattfinden sollen und jene Versammlung am 1. September bereits zusammentreten soll. Bei den übrigen Problemen kommt aber hinzu, daß schon die Formulierung der der Bevölkerung vorzulegenden Entscheidungsfragen nicht einfach ist und daß in vielen Fällen wegen der Interdependenz mit anderen Veränderungen isolierte Entscheidungen gar nicht sinnvoll getroffen werden können. D. Andere Zweifelsfragen, insbesondere zum Verfahren 1. General Robertson hat mündlich mitgeteilt, daß gewisse Veränderungen nicht diskutiert werden dürfen, und eine nähere Mitteilung darüber durch Verbindungsoffiziere in Aussicht gestellt21}. Welche Änderungen sind das, und wann und an wen erfolgt diese Mitteilung? 2. Die Neuabgrenzung der Länder soll offenbar nicht mit einer Neufestsetzung der Zonengrenzen verbunden werden. Damit kann ein Land unter die Autorität zweier Militärregierungen geraten. Dieser Fall muß vor Durchführung der ganzen Neugliederung im Besatzungsstatut zweifelsfrei geklärt werden. 3. Wer ist zu Vorschlägen befugt, und wo sind solche einzureichen? Müssen sie über die davon berührten Länder laufen? Dürfen nur unmittelbar beteiligte Länder Vorschläge machen oder weitergeben? 4. Wie behandelt die Ministerpräsidentenkonferenz die Vorschläge? Hat sie
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) Die hier aufgeworfenen Fragen wurden später in Besprechungen von Mitgliedern des Eim 26. 7. 1948 gebildeten Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen mit alliierten Verbindungsoffizieren erörtert (Dok. Nr. 18, 19, 22, 25, 27).
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sie nur auf formale Erfordernisse zu prüfen oder auch materiell zu beurteilen und insbesondere für ihre Koordinierung zu sorgen 2 2 )? 5. Welches Abstimmungsverfahren gilt für die Ministerpräsidentenkonferenz? Dürfen über die Vorschläge nur die Chefs der unmittelbar beteiligten Länder abstimmen? Wie ist das Stimmverhältnis? 6. Vieles wird von der Formulierung der Fragestellungen abhängen. W e r soll sie vornehmen, und bedürfen sie der Genehmigung durch die Militärbefehlshaber? 7. Die Neueinteilung der Länder soll von dem Willen der betroffenen Bevölkerung abhängig gemacht werden. W e r ist betroffen? Das Gesamtgebiet, das zusammengeschlossen werden soll? Das Teilgebiet, das an ein anderes, bereits bestehendes Land angeschlossen werden soll? Die bestehenden Länder, die Gebiet abgeben oder weiteres Gebiet aufnehmen sollen? 8. Werden nicht lediglich die Bevölkerungen derjenigen Gebietsteile befragt, die ihre Landeshoheit wechseln sollen, so muß damit gerechnet werden, daß sich die Entscheidungen widersprechen. Wird zum Beispiel vorgeschlagen, daß ein Gebiet B vom Lande A zum Lande C übertritt, dann könnten die Einwohner von B den Übertritt bejahen, die von A aber die Abtretung oder die von C die Aufnahme ablehnen. 9. Die Entscheidung, ob ein Gebiet seine Landeshoheit wechseln oder auf einen Gebietsteil verzichten oder einen weiteren Gebietsteil aufnehmen soll, wird vielfach davon abhängen, wie sich je nach den Entscheidungen an anderen Stellen die Landesgrenzen endgültig gestalten. Wie soll dieser Interdependenz der Fragestellungen verfahrensmäßig Rechnung getragen werden? 10. Durch je im einzelnen beschlossene Übertritte könnten Restländer entstehen, die jeder vernünftigen Abgrenzung und jeder Lebensfähigkeit entbehren. 11. Da die Bevölkerung peripherer Gebiete vielfach dazu neigt, ihre Selbständigkeit zu fordern, jedenfalls aber die Abhängigkeit von einem entfernteren Landeszentrum ablehnt, so ist zu besorgen, daß, wenn man den Schwerpunkt der Entscheidung auf das Abstimmungsergebnis kleinerer Gebietseinheiten legt, eine Tendenz zur Kleinstaaterei zum Durdibruch kommt. Man sollte daher überlegen, ob die letzte Entscheidung nicht überhaupt dem Vertretungskörper des Gesamtgebietes vorbehalten werden sollte. 12. Die. Verfassungsbestimmungen über die Voraussetzungen von Gebietsveränderungen sind in den einzelnen Ländern teils verschieden, teils fehlen solche ganz, auch die Vorschriften über Volksentscheide differieren oder fehlen bisher völlig. Es ist also zu fragen, ob die Militärregierungen nicht für diesen Zweck einheitliche Bestimmungen unter Außerkraftsetzung partikularer Regelungen erlassen oder die Ministerpräsidentenkonferenz zum Erlaß solcher Bestimmungen autorisieren sollten. " ) S. vor allem die Diskussion auf der MinPräs.-Konferenz Niederwald, 31. 8. 1948 (Dok. Nr. 24, S. 337). 48
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Die auftretenden Zweifelsfragen sind damit noch keineswegs erschöpft; dodi zeigt schon diese Aufzahlung, daß die Einhaltung der von Dokument Nr. II vorgesehenen Fristen nicht einmal in den sachlich einfachsten Fällen im Bereich der Möglichkeit liegen dürfte. [STELLUNGNAHME] ZU DOKUMENT III (BESATZUNGSSTATUT)2»)
Die Besatzungsmächte bekunden durch ihr Dokument Nr. I die Absicht, in Zukunft eine größere deutsche Eigenverantwortlichkeit als bisher anzuerkennen. Im Sinne dieses Zieles müßte von einem Besatzungsstatut eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen den Organen der Besatzungsgewalt und den deutschen Organen erwartet werden. Ein dementsprechendes Besatzungsstatut müßte daher von der grundsätzlichen Wiederherstellung der deutschen Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Gerichtshoheit ausgehen, die nur den Beschränkungen unterliegt, die das Statut den Besatzungsmächten vorbehält, wobei diese Vorbehalte ihre Grenze in der Sicherstellung des Besatzungszweckes finden müßten.
A. Arten der im Dokument Nr. III vorgesehenen Eingriffsmöglichkeiten der Besatzungsmächte Die Befugnisse, die die Besatzungsmächte sich in dem Besatzungsstatut beizulegen beabsichtigen, sehen verschiedene Kategorien von Eingriffsmöglichkeiten vor: [ . . . ] 1. Eigene und unmittelbare Verwaltung durch Besatzungsorgane Eine unmittelbare Besatzungsverwaltung ist für !as Gebiet der auswärtigen Beziehungen vorgesehen (Abschnitt A § a ) .
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) Die Stellungnahme zu Dok. Nr. III trägt die Überschrift „Gutachten zu den Erklärungen der Militärgouverneure über die Grundsätze für ein Besatzungsstatut vom 1. Juli 1948 (Dokument Nr. III), erstattet von dem durch den Rechtsaussdiuß beim Friedensbüro in Stuttgart eingesetzten Sadiverständigenausschuß für Besatzungsfragen". Der Rechtsaussdiuß, der sich schon bald nach seiner Konstituierung am 28. 2. 1948 im Anschluß an Erörterungen auf der Münchener MinPräs.-Konferenz von 1947 mit der Ausarbeitung eines Besatzungsstatuts beschäftigt und am 22. 5. einen ersten Entwurf vorlegte, beschloß auf seiner dritten Sitzung am 2. .7. 1948 in Stuttgart (unter Teilnahme u.a. von Carlo Sdimid), nach Bekanntwerden der Frankfurter tiökumente eine eingehende Analyse und Gesamtwürdigung von Dok. III vorzunehmen. Das Gutachten wurde von einem Sachverständigen-Ausschuß (Prof. Grewe - Baden; Prof. Kaufmann - Bayern; von Schmoller - WürttembergHohenzollern; Förster - Dt. Büro f. Friedensfragen) am 5. 7. vorgelegt (Sitzungsprot. des Rechtsaussdiusses vom 2. 7. 1948, Privatpapiere Carlo Sdimid, Akte Friedensbüro; s. auch Rechtfertigungsschreiben Forsters zu dem Vorwurf Eberhardts, der Rechtsaussdiuß habe den Entwurf eines Besatzungsstatuts nicht rechtzeitig vorlegen können, Stuttgart, 8. 7.1948, Entw., Bayer. StK München, 100 Bd. 3).
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2. Kontrolle Nach Abschnitt A § b behalten sich die Besatzungsmächte „das Mindestmaß der notwendigen Kontrolle über den deutschen Außenhandel usw." vor. Hierbei ist zu beachten, daß der Ausdruck Kontrolle im Sinne des angelsächsischen und französischen Sprachgebrauchs verstanden werden muß: Der Ausdrude „Kontrolle" enthält weder nach der Seite der eigenen und unmittelbaren Besatzungsverwaltung noch nach der Seite einer bloßen Beaufsichtigung (surveillance, supervision) eine scharfe Abgrenzung24). Eine Kontrolle ist auch gegeben, wenn eine Verwaltung zwar durch deutsche Behörden ausgeübt wird, diese jedoch generellen Beschlüssen oder speziellen Anweisungen der Militärgouverneure Folge zu leisten haben, wie sich z. B. aus Abschnitt C § b ergibt. Solche Kontrollbefugnisse sind insbesondere auf den Gebieten des Außenhandels und der „Innenpolitik, soweit sie den Außenhandel nachteilig beeinflussen könnte" (Abschnitt C § d), sowie auf besonders vereinbarten oder zu vereinbarenden Gebieten wie z. B. der Internationalen Ruhrbehörde, den Reparationen usw. (Abschnitt A § c ) vorgesehen. 3. Beaufsichtigung Unter Beaufsichtigung ist zu verstehen, daß zwar die Ausübung von Befugnissen durch deutsche Instanzen erfolgt, diese jedoch einer sachlich begrenzten Überwachung durch die Besatzungsbehörden unterliegen. Es scheint, daß für die in Abschnitt A § e geregelte „Beachtung der Verfassung" eine Beschränkung auf eine solche bloße Beaufsichtigung vorgesehen ist. 4. Beobaditung, Beratung und Unterstützung Eine auf Beobachtung, Beratung und Unterstützung beschränkte Tätigkeit der Besatzungsmächte setzt die Ausübung von Befugnissen durch deutsche Organe voraus, die lediglich einer gewissen, im einzelnen nidit geregelten Einwirkungsmöglichkeit durch die Besatzungsbehörden unterworfen sind. Solche Befugnisse sind für die Gebiete der Demokratisierung des politischen Lebens, der sozialen Beziehungen und der Erziehung vorgesehen, für die sich die Militärgouverneure eine „besondere Verantwortlichkeit" vorbehalten wollen (Abschnitt C Abs. 2). Diese mannigfaltig abgestuften Eingriffsmöglichkeiten lassen erkennen, daß den Erwartungen, die sich aus dem Wesen eines Besatzungsstatuts ergeben, durch das Dokument Nr. III nicht entsprochen worden ist. Vor allem ergibt sich aus dem Geist und den Formulierungen dieses Dokumentes, daß die Besatzungsmächte den deutschen Organen nur gewisse Befugnisse „gewähren" oder „zugestehen" wollen (vgl. Abschnitt A Satz 1 und Abschnitt C Abs. 2 Satz 2), so daß die Vermutung für ihre und nicht für die deutsche Zuständigkeit spricht.
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) Vgl. hierzu Hb. des Besatzungsrechts, § 22.
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B. Analyse des Dokuments Nr. III 1. Auswärtige Beziehungen (Abschnitt A § a) Daß sich die Besatzungsmächte auf dem Gebiete der auswärtigen Beziehungen „vorläufig" die unmittelbare Wahrnehmung und Leitung dieser Befugnisse vorbehalten haben, ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen als Zwischenlösung notfalls zu akzeptieren. Es fragt sidi jedoch, ob nicht schon jetzt deutsche Außenstellen zum Zwecke der Erleichterung der deutschen Wirtschaftsbeziehungen zum Auslande notwendig sind. Dies gilt um so mehr, als die Anbahnung solcher Beziehungen im Rahmen des Marshall-Plans25} ausdrücklich vorgesehen ist und eine der Voraussetzungen für sein Gelingen darstellt. 2. Kontrolle des Außenhandels (Abschnitt A § b) Auf dem Gebiete des Außenhandels sind bisher ausschließlich Besatzungsstellen (JEIA und OFICOMEX) 26 ) tätig gewesen, die in der Form eines Außenhandelsmonopols eigene und unmittelbare Besatzungsverwaltung ausgeübt haben. Dadurch, daß bisher alle Außenhandelsgeschäfte durch die Vermittlung JEIA oder OFICOMEX getätigt werden mußten, und diese die Bestimmung über Warenart, Kontrahenten, Preise sowie Zahlungsmittel und Währungsrelation treffen konnten, war eine dem Ziele der Entwicklung des deutschen Außenhandels dienende deutsche Betätigung nicht möglich. Die unmittelbare Verwaltung des Außenhandels durch ein Besatzungsorgan ist gleichbedeutend mit einer umfassenden Beherrschung und Steuerung der gesamten Wirtschaft. Es wird vor allen Dingen bei den Besatzungsmächten zu klären sein, ob bei der Formulierung von Abschnitt A § b an eine Aufrechterhaltung dieser Organisationsform gedacht ist. Es wird zwar von einem „Mindestmaß der notwendigen Kontrolle" gesprochen. Es fragt sich jedoch, was ein solches Mindestmaß im Hinblick auf die in Abschnitt C §§ b und c vorgesehenen weitestgehenden Eingriffsrechte bedeuten kann. Selbst wenn an eine deutsche Außenhandelsorganisation gedacht ist, die der unmittelbaren Weisungsgewalt der Besatzungsbehörden unterläge, müßten auch hiergegen die stärksten Bedenken erhoben werden. Gerade auf dem Gebiete des Außenhandels müßte von einem Besatzungsstatut eine eigenverantwortliche, eigener Privatinitiative Raum gebende deutsche Verwaltungskompetenz erwartet werden, die lediglich der Beaufsichtigung der Besatzungsmächte in dem oben erläuterten Sinn unterliegen dürfte. Ganz besondere Bedenken muß die in Abschnitt A § b gebrauchte Formulierung erwecken, wonach sich die Besatzungsmächte eine Kontrolle auch über „innerpolitische Richtlinien und Maßnahmen, die den Außenhandel nachteilig beein-
S5 26
) Dok. Nr. 1, Anm. 9. ) Zur Tätigkeit der Joint Export-Import Agency (JEIA) und Office du Commerce Extérieur (OFICOMEX) Vogel, Westdeutschland, II, S. 157 ff.
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flussen könnten", vorbehalten. Diese Formulierung eröffnet nahezu schrankenlose Einwirkungsmöglidikeiten auf die gesamte Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik einschl. der Lohn- und Preisgestaltung. Es erscheint sogar möglich, daß eine unerwünschte Regierungsbildung unter dem Gesichtspunkt einer nachteiligen Beeinflussung des Außenhandels beanstandet werden könnte. Abschnitt A § b spricht sodann von der Gewährleistung, daß „die Verpflichtungen, welche die Besatzungsmächte in Bezug auf Deutschland eingegangen sind", beachtet werden. Es wäre durch Befragung der Besatzungsmächte festzustellen, was damit gemeint ist. Offenbar ist an Bindungen, die sie untereinander und gegenüber den kleineren westlichen Alliierten eingegangen sind, gedacht. Unzweifelhaft sind es gerade diese Verpflichtungen, welche die Haltung insbesondere der Amerikaner Deutschland gegenüber beeinflußt haben. Gerade diese Verpflichtungen stehen einer seiner Idee entsprechenden Durchführung des Marshall-Planes hindernd im Wege. Es erscheint nicht unbedenklich, gerade im gegenwärtigen Augenblick eine solche Festlegung in einem Besatzungsstatut vorzunehmen. Endlich soll nach Abschnitt A § b gewährleistet werden, daß die für Deutschland verfügbar gemachten Mittel „zweckmäßig verwendet werden". Hierbei ist offenbar an bereits gewährte und in Zukunft zu gewährende Kredite gedacht. Es erhebt sich die Frage, was unter zweckmäßiger Verwendung zu verstehen ist und ob es sich hier um eine Zweckmäßigkeit im Interesse der deutschen Wirtschaft oder der Besatzungsmächte handelt. Der Forderung der Besatzungsmächte nach einer Kontrolle darüber, daß die für Deutschland verfügbar gemachten Mittel auch für den dabei festgelegten Zweck verwendet werden, würde dabei eine Berechtigung nicht abgesprochen werden können. 3. Weitere Kontrollen In Abschnitt A § c behalten sich die Besatzungsmächte vor, bereits unter ihnen vereinbarte sowie in Zukunft zu vereinbarende Kontrollen über gewisse Sachgebiete auszuüben. Da Internationale Ruhrbehörde, Reparationen, Stand der Industrie, Dekartellisierung, Abrüstung und Entmilitarisierung und gewisse Formen wissenschaftlicher Forschung lediglich beispielsweise aufgeführt sind, bietet sich darüber hinaus hier ein Ansatz zu Eingriffen in noch weitere Sachgebiete. Die Aufnahme einer solchen Blankovollmacht in ein Besatzungsstatut, das feste Regeln für das Verhältnis zwischen Besatzung und deutschen Stellen aufstellen sollte, erscheint kaum tragbar. Hierbei ist noch zu beachten, daß nach Abschnitt C § b auch für dieses Gebiet bindende allgemeine Beschlüsse und spezielle Anweisungen der Militärgouverneure ausdrücklich vorgesehen sind. Es versteht sich, daß sich die Besatzungsmächte diejenigen Eingriffsmöglichkeiten vorbehalten haben, die zur Verwirklichung der von ihnen verkündeten Zwecke der Sicherheit, der Reparationen und der Einfügung Deutschlands in den europäischen Wiederaufbau erforderlich sind. In dem Abschnitt A § c sind jedoch eine Reihe von Materien enthalten, die teils nicht als notwendige Mittel zur Erreichung dieser Zwecke angesehen werden können, teils ohne nähere Präzision höchst bedenklich erscheinen. 52
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Für den von den Besatzungsmäditen verfolgten Sicherheitszweck kommt es darauf an, eine Wiederaufrüstung und die Aufstellung einer bewaffneten Macht zu verhindern, was durch ein Aufsichtsredit gesichert werden kann. Das gleiche gilt für eine Aufsicht über die wissenschaftliche Forschung, soweit sie unmittelbaren Kriegszwecken dienstbar ist. Es wäre jedoch bei den Besatzungsmächten anzufragen, was mit den „gewissen Formen wissenschaftlicher Forschung" gemeint ist. Wenn das Dokument die Reparationen und den Stand der Industrie ohne jeden Zusatz als Gegenstand einer Kontrollbefugnis mit Anweisungsrecht gemäß Abschnitt C § b angibt, so würde an dem heutigen Zustand rechtlich nichts geändert. Es bliebe weiter die Möglichkeit bestehen, die deutsche Industrie über ihre Selbsterhaltungsfähigkeit hinaus und zum Schaden eines gesamteuropäischen Wiederaufbaus zu drosseln und durch Demontage von Anlagen zu schwächen. In Ansehung der Zwecke der Sicherheit und der Reparationen muß die Idee einer Beschränkung der Industriekapazität und einer Entnahme von Anlagen als überflüssig, ja ungeeignet bezeichnet werden, da sie den im Potsdamer Protokoll aufgestellten weiteren Zwecken einer selbsterhaltungsfähigen deutschen Wirtschaft und eines europäischen Wiederaufbaus abträglich ist. Die Dekartellisierung, die mit einer Verhinderung wirtschaftlicher Machtballung begründet zu werden pflegt, kann ebenfalls nicht als notwendiges Mittel einer Sicherheit vor einer deutschen Bedrohung anerkannt werden; sie führt in der Praxis zu einer volkswirtschaftlich und europawirtschaftlich höchst schädlichen Zerreißung vertikaler und horizontaler Produktionszusammenhänge. So summarisch wie im Abschnitt A § c lassen diese bedeutenden Probleme sich nicht behandeln. Gerade in einem Besatzungsstatut sind wirkliche Sicherungen erforderlich, die der Ausübung derartiger Befugnisse Grenzen ziehen und eine eigene deutsche Sphäre gewährleisten. 4. Sicherheit der Besatzungsstreitkräfte und Befriedigung ihrer Bedürfnisse Eine Gewährleistung der Sicherheit der Besatzungsstreitkräfte und der Befriedigung ihrer Bedürfnisse fordert naturgemäß gewisse unmittelbare Einwirkungsbefugnisse der Besatzungsmächte. Die in Abschnitt A § d gewählte Formulierung ist jedoch so allgemein und unbestimmt, daß sie keine sachliche Begrenzung und kein rechtsförmiges Verfahren gewährleistet. Gerade dies müßte von einem Besatzungsstatut gefordert werden, besteht doch eines der Hauptziele eines Besatzungsstatuts in der eingehenden Regelung dieser Materie. 5. Beachtung der deutschen Verfassungen Die Besatzungsmächte haben sich die Genehmigung der deutschen Verfassungen sowie jeder Verfassungsänderung vorbehalten (Abschnitt A § e und Abschnitt C§a). Wenn es in Abschnitt A § e heißt, daß die Besatzungsmächte sich auch vorbehalten, die Beachtung dieser Verfassungen zu sichern, so könnte diese sehr allgemeine Formulierung zu außerordentlich weitgehenden Eingriffen führen, indem die Besatzungsmächte, sei es auf eigene Initiative, sei es auf Grund von 53
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Beschwerden Einzelner unter dem Titel der Nichtübereinstimmung mit den Verfassungen auch in Einzelheiten der deutschen Gesetzgebung und Verwaltung intervenieren. In dieser Hinsicht müßte vor allen Dingen geklärt werden, welchen Sinn die in Abschnitt C § b aufgeführten „Beschlüsse und Anweisungen der Militärgouverneure" im Hinblick auf die Verfassungen haben sollen. 6. Kontrolle der deutschen Gesetzgebung Bezüglich des Erlasses von Gesetzen und Verordnungen bestimmt das Dokument Nr. III, daß sie innerhalb 21 Tagen in Kraft treten, sofern die Militärgouverneure ihnen nicht ihr Veto entgegenstellen. Durch die Formel „sofern nicht anders bestimmt wird" sind jedoch darüber hinaus auch noch weitere Eingriffsmöglichkeiten ausdrücklich vorbehalten. Hierfür wird auf die in Abschnitt C § b vorgesehenen allgemeinen Beschlüsse und speziellen Anweisungen verwiesen. Dieser Hinweis ermöglicht durch das Wort „insbesondere" neben dem Veto nicht begrenzte Eingriffe in die Tätigkeit der deutschen Instanzen. Da diese Auslegung von Abschnitt C § e freilich den ganzen Sinn eines Besatzungsstatuts, das die Autonomie deutscher Organe zum Ziele hat, illusorisch machen würde, wäre zu fragen, ob diese Auslegung richtig ist bzw. wie diese Bestimmung ausgelegt werden soll. 7. Demokratisierung, soziale Beziehungen und Erziehung Auf den Gebieten der Demokratisierung des politischen Lebens, der sozialen Beziehungen und der Erziehung stellen die Besatzungsmächte eine besondere Verantwortlichkeit der Militärgouverneure fest. Diese soll sich in einer „Beobachtung, Beratung und Unterstützung der bundesstaatlichen und Landesregierungen" betätigen. In Verbindung mit dem Veto gibt dies den Besatzungsmächten die Möglichkeit, auf den Inhalt der Gesetzgebung und die Handhabung der Verwaltung einen maßgebenden Einfluß auszuüben. Dieser Einfluß kann so stark sein, daß die Besatzungsmächte sich zur Durchsetzung bestimmter von ihnen gewünschter Ziele mit keinem nachträglichen Veto vor der Öffentlichkeit zu belasten brauchen. Besonders befremdend muß sich eine solche Möglichkeit zur Einflußnahme auf dem Gebiet der Demokratisierung des politischen Lebens auswirken, bei dem es auf die Selbstgestaltung und Selbstverantwortung in entscheidender Weise ankommt. Auch der Begriff der sozialen Beziehungen ist so weit, daß schwer zu sagen ist, was nicht darunter fällt. Bei dieser Sachlage fragt es sich, welchen Sinn die offenbar zur Beruhigung beigefügten Worte noch haben können: „Dies soll jedoch keine Beschränkung der diesen Regierungen zugestandenen Vollmachten auf den Gebieten der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung bedeuten." 8. Notstandsmaßnahmen Endlich ist in Abschnitt B vorgesehen, daß die Militärgouverneure die Ausübung ihrer vollen Machtbefugnisse wieder aufnehmen können, „falls ein Notstand die Sicherheit bedroht und um nötigenfalls die Beachtung der Verfassun54
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gen und des Besatzungsstatus zu sidiern". Es kann nicht bestritten werden, daß der Vorbehalt von Notstandsmaßnahmen durchaus berechtigt ist, wenn eine wirkliche Bedrohung der öffentlichen Sicherheit vorliegt. Aber es geht über solche berechtigten Maßnahmen weit hinaus, wenn die Übernahme der vollen Machtbefugnisse auch in Anspruch genommen wird, um ohne das Vorliegen des Notstandes die Beachtung der Verfassungen und des Besatzungsstatuts zu sichern. Es wird zu fragen sein, ob diese Auslegung zutrifft. Bejahendenfalls wären die Militärgouverneure darauf hinzuweisen, daß bei einer Gefährdung der Verfassung und des durch das Besatzungsstatut hergestellten Zustandes nur dann Notstandsmaßnahmen zulässig sein dürften, wenn zugleich die öffentliche Sicherheit dadurch bedroht würde. In diesem Falle wäre der Zusatz unnötig. Ist in diesem Zusatz dagegen eine Art Generalsanktion für irgendwelche Verletzungen der Verfassungen und des Besatzungsstatuts gemeint, dann müßte er als mit dem Wesen eines Besatzungsstatuts nicht vereinbar abgelehnt werden.
C. Das für den Erlaß des Besatzungsstatuts vorgesehene Verfahren Aus dem letzten Absatz des Dokuments Nr. III ergibt sich, welchen formellen Weg die Besatzungsmächte für den Erlaß des Besatzungsstatuts vorgesehen haben. Danach sind folgende Etappen in Aussicht genommen: 1. Zunächst werden die Ministerpräsidenten ersucht, sich zu den Grundsätzen des Dokuments Nr. III zu äußern. Darüber, ob über die deutschen Gegenäußerungen Besprechungen zwischen den Militärgouverneuren und den Ministerpräsidenten stattfinden sollen, ist nichts gesagt27). 2. In einer auf Grund der Äußerungen der Ministerpräsidenten u. U. durch die Militärgouverneure abgeänderten Form sollen die allgemeinen Grundsätze für das Besatzungsstatut dann der Verfassunggebenden Versammlung als Richtlinien für die Vorbereitung der Verfassung übermittelt werden. Auch der Verfassunggebenden Versammlung wird die Möglichkeit eröffnet, sich zu diesen Grundsätzen zu äußern. Diese Äußerungen können wiederum von den Militärgouverneuren angenommen oder abgelehnt werden 28 ]. 3. Gleichzeitig mit ihrer Zustimmung zur Unterbreitung der Verfassung an die Länder beabsichtigen die Militärgouverneure dann ein endgültiges Besatzungsstatut zu erlassen 29 ). Nach dem Wortlaut des Dokuments Nr. III beabsichtigen die Militärgouverneure, das Besatzungsstatut erst zu dem Zeitpunkt zu veröffentlichen, in dem sie die Verfassung genehmigen, damit sich die Bevölkerung der Länder bei ihrer Ratifizierung der Verfassung darüber im klaren ist, „daß sie die Verfassung im 27
) S. Dok. Nr. 7 und 10. ) Dok. Nr. 10, Anm. 24. 29 ) Zur Verkündung des endgültigen Besatzungsstatuts Dok. Nr. 10, Anm. 25.
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Rahmen dieses Besatzungsstatuts annimmt". Dadurch kann der Eindruck entstehen, daß die Besatzungsmädite die Absicht verfolgen, durdi die Abstimmung über die Verfassung auf indirektem Wege auch das Besatzungsstatut durch das Volk akzeptieren zu lassen. Deutschland soll also gleichsam auf das Besatzungsstatut verpflichtet werden. Deutschen Gegenvorstellungen gegen den Inhalt oder die Auswirkung des Besatzungsstatuts könnte damit in Zukunft seitens der Besatzungsmädite mit dem Einwand begegnet werden, daß Deutschland sidi — wenn auch auf indirektem Wege — mit seinem Inhalt einverstanden erklärt hätte. Ein solches Verfahren, das das Volk auffordert, der Fremdherrschaft bei Gelegenheit einer Abstimmung über die Verfassung eine der Verfassung übergeordnete Sanktion zu erteilen, muß als unzumutbar und untragbar abgelehnt werden. Hiermit soll die seit langem bekannte Absicht der Alliierten verwirklicht werden, den Friedensvertrag in irgendeiner Form mit der Verfassung zu verkoppeln und durch eine Volksabstimmung sanktionieren zu lassen, ein Gedanke, der deutscherseits immer abgelehnt worden ist. Damit würde aber der Verfassung als dem autonomen Ausdruck des Willens des Volkes zu seiner politischen Selbstgestaltung ihr eigentlicher Sinn genommen. Der Ausdrude Verfassung versdileiert dabei den wirklichen Sachverhalt, wie auch der Ausdruck „Verfassunggebende Versammlung" für ein Gremium von einigen 50 Mitgliedern völlig inadäquat ist und den wahren Tatbestand verschleiert. D. Gesamtwürdigung des Dokuments Nr. III Die vorstehende Analyse des Dokuments Nr. III führt zu dem Ergebnis, daß ein Besatzungsstatut, wenn es nach den von den Militärgouverneuren in Aussicht genommenen allgemeinen Grundsätzen erlassen würde, an dem bisherigen tatsächlichen Zustand im Wesentlichen nichts ändern würde. Es würde den bisherigen rein tatsächlichen Zustand des Besatzungsregimes legalisieren und ihm durch die Verbindung mit der Abstimmung über die Verfassung eine „Legitimierung" zuteil werden lassen. Das bisherige Besjatzungsregime beruhte auf der totalen politischen Verantwortung für Deutschland, die die Besatzungsmädite mit der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 übernommen hatten 30 ). Nunmehr soll ein Teil dieser Gesamtverantwortung auf deutsche ¡Stellen übergehen, ohne daß gleichzeitig eine entsprechende Entscheidungsfreiheit dieser deutschen Stellen anerkannt wird, die die notwendige Voraussetzung für die Übernahme einer derartigen Verantwortung darstellt. Dadurch, daß die deutschen Ministerpräsidenten den Von den Militärgouverneuren für das Besatzungsstatut verkündeten Grundsätzen auch ein Nein entgegenstellen können, bietet sich ihnen zum ersten Male seit dem deutschen Zusammenbruch vom Mai 1945 die Möglichkeit zu einer politischen Entscheiso
) Abdruck bei Deuerlein, Einheit, S. 338 ff.; zur rechtl. Bedeutung der Berliner Erklärungen vor allem Faust, Potsdamer Abkommen, S. 36 ff. und van Wylidc, Resatzungsstatut, S. 28 ff.
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dung. Ein etwaiges Nein würde eindeutig die alleinige Verantwortung der Militärgouverneure feststellen. Es könnte aber auch die Grundlage für eine fruchtbare Erörterung und Klärung des ganzen Fragenkomplexes bilden, aus der sich dann eine konstruktive Lösung ergeben könnte. Für das Fruditbarwerden konstruktiver deutscher Gegenvorschläge erscheint es jedoch notwendig, eine absolute Klarheit über die folgenden Punkte herbeizuführen: 1. Da auch heute noch die Gesamtverantwortung für Deutschland bei den Besatzungsmächten liegt, kann ein Besatzungsstatut als Ausdruck dieser Machtvollkommenheit nur von den Besatzungsmächten ausgehen. Sein Sinn würde darin bestehen, daß die Besatzungsmächte ihre Machtvollkommenheit so weit zurückziehen, daß ein ausreichender Raum für eine deutsche Selbstgestaltung und Selbstverantwortung entsteht. Ehe dies geschehen ist, können keine deutschen Vorschläge für eine Neugestaltung gemacht werden. Hieraus ergibt sich die Forderung, daß das von den Militärgouverneuren zu erlassende Besatzungsstatut veröffentlicht sein muß, ehe auf deutscher Seite mit der Ausarbeitung von Vorschlägen für die innere Neuregelung begonnen wird. 2. Mit einem Besatzungsstatut für eine bloße Sicherungsbesetzung wäre eine echte Verfassung durchaus vereinbar. Ein Besatzungsstatut jedoch, das praktisch nicht nur alle Gebiete des Lebens erfaßt, sondern den Besatzungsmächten weitestgehende Eingriffsmöglichkeiten vorbehält, schließt die Möglichkeit einer wirklichen Verfassung aus. Es dürfte daher wohl kaum berechtigt sein, eine Neuregelung der deutschen politischen Willensbildung im Rahmen des zu erwartenden Besatzungsstatuts mit dem Namen „Verfassung" zu bezeichnen. Es liegt daher im Interesse der hier besonders gebotenen Klarheit, die in Aussicht genommene Neuregelung des Regimes der vereinigten drei Westzonen nicht als „Verfassung", sondern als „Organisationsstatüt" zu bezeichnen und dieses Organisationsstatut auch von den Besatzungsmächten als den Inhabern der politischen Entscheidungsgewalt in Deutschland ergehen zu lassen. Das schließt jedoch nicht aus, daß hierfür sorgfältig erwogene deutsche Vorschläge ausgearbeitet und mit den Besatzungsmächten erörtert werden. 3. Hiernach kann es sich bei den deutschen Vorschlägen nicht um die „Verfassung" eines „Staates", sondern nur um die „Organisation" eines „Zweckverbandes" handeln. Es dürfte sich daher empfehlen, das neue Gebilde als „Vereinigtes Verwaltungsgebiet" (nach Analogie des sehr zweckmäßigen Ausdrucks „Vereinigtes Wirtschaftsgebiet") zu bezeichnen, nicht von „Verfassung" sondern von „Organisationsstatut", nicht von „Verfassunggebender Versammlung" (oder gar „Nationalversammlung") sondern von einem „vorbereitenden Organisationsausschuß", nicht von „Gesetzgebender Versammlung" sondern von „Gebietsversammlung", nicht von „Regierung" sondern von „Verwaltungsrat" oder „Direktorium" zu sprechen31). sl
) Vgl. hierzu die fast identische, von der SPD - vor allem von Carlo Schmid, der dieses Gutachten erheblich beeinflußt haben dürfte - benutzte Nomenklatur (Diskussion MinPräs.-Konferenz Koblenz, Dok. Nr. 6, und Niederwald, Dok. Nr. 11, sowie Schwarz, Bundesrepublik, S. 584 ff.].
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E. Grundsätze für deutsche Gegenvorschläge zu einem Besatzungsstatut 3 2 ) Gegenüber den von den Militärgouverneuren für den Erlaß eines Besatzungsstatuts aufgestellten allgemeinen Grundsätzen, die vorstehend im einzelnen betrachtet wurden, werden im folgenden die wesentlichsten Punkte aufgeführt, von denen bei deutschen Gegenvorschlägen ausgegangen werden sollte: 1. Klare Abgrenzung der Befugnisse der Besatzungsorgane von denen der deutschen Organe. a) Beschränkung der grundsätzlich anzuerkennenden deutschen Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungshoheit nur durch die sich aus dem T e x t des Besatzungsstatuts selbst ergebenden Befugnisse der Besatzungsmächte, so daß nach Erlaß des Besatzungsstatuts die Vermutung für die Zuständigkeit der deutschen Organe spricht. b) Unmittelbare dem Umfang nach im einzelnen genau zu umreißende Eingriffsrechte der Besatzungsmächte nur soweit dies zur Sicherstellung des Besatzungszwecks (Sicherheit der Besatzungstruppen, Bestand einer demokratischen Ordnung, Entmilitarisierung Deutschlands und Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen] erforderlich ist. c) Im übrigen Beschränkung der Befugnisse der Besatzungsmächte auf eine allgemeine Überwachung der Tätigkeit der deutschen Organe. Anweisungen im Rahmen dieses Rechts nur durch die obersten Organe der Besatzungsmächte an die für das betreffende Sachgebiet jeweils zuständige oberste deutsche Behörde. d) Vetorecht der Besatzungsmächte gegenüber der deutschen Gesetzgebung, von dem jedoch nur Gebrauch gemacht werden soll, wenn ein Gesetz geeignet ist, den Besatzungszweck zu gefährden. e) Respektierung der Unabhängigkeit und territorialen Universalität der deutschen Rechtspflege durch die Besatzungsmächte. f) Beschränkung der Besatzungsgerichte auf: 1. die Mitglieder der Besatzungstruppen und der Besatzungsverwaltung, sowie deren Familienangehörige; 2. Verbrechen und Vergehen gegen die Sicherheit oder das Eigentum der Besatzungsmächte oder die Person ihrer Angehörigen. 2. Gewährleistung der allgemeinen Menschenrechte und der politischen Freiheitsrechte durch die Besatzungsmächte.
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) Vgl. die abschließend formulierten Grundsätze und dt. Gegenvorschläge seitens der MinPräs.-Konferenz in Koblenz (Dok. Nr. 7).
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3. Begrenzung der Leistungen für die Besatzungsmächte. a) Forderung von Natural- und Dienstleistungen nur in einem Umfang, der notwendig ist, um die Bedürfnisse der Besatzungstruppen und der Besatzungsverwaltung zu befriedigen, wobei diese Leistungen „im Verhältnis zu den Hilfsquellen des Landes" (Art. 52 LKO)33) stehen müssen. b) Festlegung von Art und Umfang der für die Besatzung aufzubringenden Natural- und Dienstleistungen, des hierbei zu beobachtenden Verfahrens und der Form der zu gewährenden Vergütung. c) Begrenzung der Besatzungskosten (d. h. Zahlungen für Besatzungsleistungen, Besatzungsschäden usw.) durdi eine Höchstsumme, die im Benehmen mit den zuständigen deutschen Stellen für jedes Jahr im voraus festzusetzen ist. 4. Festlegung von Verfahren mit Beteiligung deutscher Stellen für die Durchführung von Reparationsleistungen und Restitutionen. 5. Einrichtung einer Art von Schiedsverfahren für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Anwendung des Besatzungsstatuts.
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) Haager Landkriegsordnung vom 18. 10. 1907 (Teilabdrudc: Bonner Kommentar, V, Anh., S. 17 ff.; s. auch Hb. des Besatzungsrechts, § 5). Als Anlage zu diesem Gutachten waren noch einige Fragen an die Besatzungsmächte betr. Dok. III formuliert, insbesondere wegen Aufrechterhaltung der bisherigen monopolartigen Steuerung des dt. Außenhandels, der Bedeutung der Formel „gewisse Formen wissenschaftlicher Forschung", nach dem Sinn der in Abschnitt C, § b aufgeführten „Beschlüsse und Anweisungen" der Militärgouverneure im Hinblidk auf die Verfassungen.
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Nr. 6 Konferenz der Ministerpräsidenten der westdeutsdien Besatzungszonen Koblenz (Rittersturz), 8.—10. Juli 1948 BA Z 12/75, Bl. 5—122. Nicht gezeichnetes Protokoll, vervielfältigte Ausfertigung1) Anniesend 2 ): Wohleb (Baden); Ehard, Müller, Pfeiffer, Seelos, Glum, Schwend (Bayern); Sdiroeder (Berlin); Kaisen, Haas, Mittendorf (Bremen); Brauer, Drexelius, Sieveking, Hansen (Hamburg); Stock, Brill, Apel (Hessen); Kopf, Danckwerts (Niedersachsen); Arnold, Spiedcer, Katzenberger, von Gumppenberg (Nordrhein-Westfalen); Altmeier [Vorsitz], Steffan, Süsterhenn, Hoffmann, Haberer, Hermans (Rheinland-Pfalz); Lüdemann, Katz, Sudian (Schleswig-Holstein); Maier, Ulrich, Beyerle, Klaiber (Württemberg-Baden); Bock, Sdimid, Renner, Müller, Donndorf (Württemberg-Hohenzollern) [BERATUNG DER FRANKFURTER DOKUMENTE] [1. Verhandlungstag, Donnerstag, 8. 7. 1948,] Beginn: 15.15 Uhr Ministerpräsident Altmeier: Sehr verehrte Frau Oberbürgermeister, meine Herren! Sie haben mir in Frankfurt den ehrenvollen Auftrag erteilt, zu dieser heutigen Konferenz der Ministerpräsidenten einzuladen 3 ). Als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz ist es mir eine große Freude und Ehre zugleich, Sie hier am Rhein begrüßen und herzlich willkommen heißen zu können. Ich brauche Ihnen nicht besonders zu versichern, mit welchen Gefühlen unser Volk die Tatsache der Einberufung dieser Konferenz in die französische Zone aufgenommen hat, weil dadurch Länder der französischen Zone aus ihrer Isolierung herausgetreten und zusammen mit den acht Ländern der Bizone zu gemeinsamer Zukunftsarbeit verbunden worden sind. In diese unsere Freude mischt sich der Schmerz, daß an diesem Tisch immer noch Plätze unbesetzt sind, weil die Verhältnisse, auf die wir zu unserem tiefen Bedauern keinen Einfluß haben, eine Zusammenkunft aller Länder in dieser Stunde noch nicht ermöglicht hat 4 }. Um ') Leicht redigierte Fassung des stenographischen Protokolls (Übersendungsschreiben . an das Büro d. MinPräs., Koblenz, 25. 9. 1948, BA Z 12/75, Bl. 1). Der Redaktor konnte nicht ermittelt werden. 2) Die Anwesenheitsliste ist vom Bearbeiter nach dem Protokoll und nach lückenhaften Unterlagen des StA Koblenz sowie des Landtagsdir. Froitzheim, der mit der technischen Durchführung der Konferenz beauftragt war, zusammengestellt. s ) Vgl. das Einladungsschreiben Altmeiers an Arnold, Koblenz, 1. 7. 1948 (HStA Düsseldorf, NW 53-659). 4) Seitens der Westalliierten war eine Beteiligung sowjetzonaler MinPräs. trotz gewisser Bedenken und Befürchtungen (ForRel. 1948, II, S. 219) nicht ausgeschlossen worden, da die Fiktion, die Londoner Empfehlungen zielten auf Deutschland als Ganzes, aufrecht erhalten werden sollte (Dok. Nr. 1, Anm. 13). Deshalb hatten die MilGouv. auf ihrer Vorbesprechung am 30. 6. 1948 in Ausführung der Londoner Beschlüsse, die Entscheidung den MinPräs. zu überlassen (ForRel. 1948, II, S. 211219), eine Einladung der westdt. MinPräs. an ostdt. und Berliner Repräsentanten erörtert und bei positiver Entscheidung eine Kontaktaufnahme mit der SMA vorgesehen (Bericht Murphys an Secretary of State, Frankfurt, 30. 6. 1948, ForRel. 1948, II, S. 378 f.; vgl. auch Dok. Nr. 3, Anm. 10). Obwohl deutscherseits z.T. mit 60
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so größer ist aber unsere Freude darüber, in unserer Mitte als Gast Sie, Frau Oberbürgermeister Sdiroeder, begrüßen zu dürfen8). (Beifall und Händeklatschen.) Ich darf Ihnen ganz besonderen Dank dafür aussprechen, daß Sie unserer in Frankfurt einstimmig beschlossenen Einladung gefolgt sind. Es ist mir ein besonderes Bedürfnis, Ihnen in dieser Stunde die Anteilnahme des gesamten Volkes an dem Geschick der Bevölkerung der Stadt Berlin zu bekunden. Wir wollen diese Stunde auch nicht vorübergehen lassen, ohne an die Weltöffentlichkeit zu appellieren, sie möge nicht hinnehmen, daß die Millionenbevölkerung Berlins zum Spielball oder Opfer brutalen Machtstrebens wird6). Das Programm unserer Konferenz ergibt sich aus den Eröffnungen, die die Oberbefehlshaber der drei Besatzungsmächte uns in Frankfurt gemacht haben und die in den Dokumenten Nr. I, II und III niedergelegt sind7). Wir stehen damit vor der schweren Aufgabe, zu Fragen Stellung zu nehmen, die den Wiederaufbau und die Zukunft Deutschlands betreffen und an den Lebensnerv unseres Volkes rühren; Stellung nehmen zu der Frage der zukünftigen politischen Organisation und verfassungsmäßigen Neuordnung Deutschlands, zu Fragen der Kompetenzabgrenzung zwischen den Militärregierungen und den deutschen Instanzen, wobei wir die Notwendigkeit von Vollmachten und Freiheiten betonen, deren wir bedürfen, wenn unser Volk, wenn Deutschland in ein friedliebendes Europa, in die europäische Völkerfamilie eingeordnet werden soll. Der Inhalt dieser Dokumente, die uns in Frankfurt überreicht wurden, basiert auf den Londoner Empfehlungen der fünf [sie!] Mächte, deren amtlicher Text uns im übrigen bis zur Stunde in vollem Umfange noch nicht zur Kenntnis gebracht worden ist 8 ). Wir alle wissen und fühlen, mit welcher Spannung, mit welchen Hoff-
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Nachdrudc eine Beteiligung der Ostzone an den Beratungen gefordert wurde (Sitzung des StMin. Württemberg-Hohenzollern, 5. 7. 1948, StA Sigmaringen, Wü 2; Stellungnahme Blüchers zu den Ergebnissen der Londoner Konferenz, 4. 6. und 10. 6. 1948, BA NL Blüdier/156), scheinen westdt. MinPräs. nach den negativen Erfahrungen der Münchener Konferenz von 1947 diesmal eine Einladung nicht ernstlich in Erwägung gezogen zu haben, um die Beratungen nicht zu gefährden (Äußerung R. Maiers zit. nach Rothstein, Voraussetzungen, S. 12). Es darf zudem vermutet werden, daß sich auch führende Parteipolitiker (Adenauer, Schumacher, Ollenhauer) einer Einladung an ostzonale Repräsentanten widersetzt hätten (Vogelsang, Option, S. 165, und Einleitung, S. XXI ff.). Zur Einladung an Louise Sdiroeder, die als persönlicher Gast und nicht als offizielle Vertreterin Berlins anwesend war, Dok. Nr. 3, S. 29. Die Amerikaner hatten sich mit der Einladung einverstanden erklärt und ein Flugzeug zur Verfügung gestellt (Sitzung des bayer. MinRates vom 3. 7. 1948, GStA Mündien, LR Stuttgart Nr. 11). Zur Situation in Berlin nach Verhängung der totalen Blockade durch die Sowjets am 24. 6. 1948, einen Tag nach Einführung der westdt. Währungsreform in den Berliner Westsektoren, Davison, Blockade, S. 117 ff.; Brandt/Lowenthal, Reuter, S. 399 ff., 436 ff.; Berlin, Quellen und Dokumente, II, S. 1429 ff.; ForRel. 1948, II, S. 909 ff. S. Dok. Nr. 4. Den MinPräs. lag lediglich das Sdilußkommunique der Londoner Sedis-MächteKonferenz vor (Dok. Nr. 1), der Konferenzbericht - Report on the London Conference on Germany - mit den vereinbarten Einzelabkommen (ForRel. 1948, II, S. 309 ff.) war ihnen entgegen alliierten Ankündigungen am 1. 7. nicht bekannt-
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nungen und mit wieviel heißen Wünschen unser Volk, die öffentliche Meinung unserer Länder unsere Arbeiten begleiten. Und wir wissen auch, wie das Ausland diese Arbeit beobaditet. Deshalb möchte idi mich auf diese kurzen einleitenden Bemerkungen beschränken und mit Ihnen sofort an die praktische Arbeit gehen. Über dieser unserer Arbeit, meine Damen und Herren, möge als Motto das Wort stehen, das uns der große Sohn dieser Stadt, Joseph von Görres, über mehr als ein Jahrhundert hinweg zuruft: „Was alle uns eint, ist dieselbe Liebe, die gleiche Treue, dasselbe Vaterland!" Bevor wir nunmehr in die internen Verhandlungen der Konferenz eintreten, obliegt Ihnen, meine Herren Ministerpräsidenten, die Aufgabe, den Vorsitzenden dieser Konferenz zu bestimmen. Ich habe Ihrem Auftrag zufolge diese Konferenz einberufen. Nunmehr bitte idi Sie um Ihre Entschließung hinsichtlich des Vorsitzenden dieser Tagung. Auf Vorschlag des Ministerpräsidenten Ehard wurde hierauf Ministerpräsident Peter Altmeier, Rheinland-Pfalz, einstimmig zum Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz gewählt. Ministerpräsident Altmeier: Ich danke für Ihr Vertrauen und Ihre Wahl, die ich zugleich als eine Ehrung der Länder der französischen Zone betrachte. Ich werde mein Bestes herzugeben bemüht sein und erhoffe mit Ihnen einen erfolgreichen Ablauf dieser Konferenz. Um das Wort hat nunmehr Frau Oberbürgermeister Schroeder gebeten. Frau Oberbürgermeister Schroeder: Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allem Herr Präsident! Ich habe das große Bedürfnis, für die liebenswürdige Einladung, die an mich ergangen ist, als Gast an dieser Tagung teilzunehmen, Ihnen zu danken. Wenn diese Einladung auch an mich persönlich ergangen ist, so fühle ich, daß sie zugleich die große Verbundenheit Deutschlands mit Berlin in sich schließt, diese Verbundenheit, die in zahllosen Telegrammen im Laufe der letzten 14 Tage Ausdruck gefunden hat; die darüber hinaus Ausdruck gefunden hat in den gegeben und auf eine entsprechende Anfrage Arnolds mitgeteilt worden, die Aushändigung des vollständigen Wortlauts sei z. Zt. nicht möglich (Arnold an die Mitglieder des Kabinetts, des Hauptausschusses, die Fraktionsführer und den Präs. des Landtags, Düsseldorf, 3. 7. 1948, HStA Düsseldorf, NW 53-659); Clay und Robertson waren nämlich bestrebt, den dt. Entsdieidungsspielraum nicht durdi Mitteilung aller unter den Alliierten selbst noch umstrittenen Einzelheiten zu sehr einzuengen (Dok. Nr. 4, Anm. 9, und Einleitung S. XVIII f.). StS Brill erhielt dann aber doch am 16. 7. durch einen amerik. Verbindungsoffizier die Möglichkeit, Einsicht in den engl. Text der Londoner Empfehlungen zu nehmen, und konnte feststellen, daß sich Befürchtungen der MinPräs., den Deutschen ständen noch hinsichtlich der Ruhrbehörde sowie Grenzregulierungen im Westen Überraschungen bevor, nicht bestätigt würden. Die Meinungen der Alliierten über die künftige westdt. Regierungsform gingen offensichtlich noch weiter auseinander als bei den Deutschen: „Ich ziehe daraus die Schlußfolgerung, daß es vornehmlich eine deutsche Aufgabe ist, das Richtige zu finden." Ein echtes Zwei-Kammern-System werde wahrscheinlich vorgeschrieben werden (Brill an Stock, Wiesbaden, 17. 7.1948, BA Z12/8, Bl. 183 ff.).
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Opfern, die die westdeutsdie Bevölkerung auf sidi genommen hat, um der Berliner Bevölkerung zu helfen 9 ). Sie dürfen überzeugt sein, daß diese ideelle Hilfe uns mehr ist, als eine materielle Hilfe. Wenn heute Berlin sich in einem schweren Lebenskampf befindet, so bedeutet jedes Wort der Hilfe für uns eine ideelle Gabe, die wir nicht hoch genug einschätzen können. Es ist nicht meine Aufgabe und die Aufgabe der Berliner Bevölkerung, sich in die Differenzen der Besatzungsmächte zu mischen, die unser Schicksal seit Jahren schwer machen. Eins aber wollen wir als Berliner: verbunden bleiben mit unserem großen deutschen Staat, verbunden bleiben mit dem deutschen Volk in seiner Gesamtheit, und wir wollen noch etwas: Wir wollen helfen an dem Neuaufbau Deutschlands, aber wir wollen es tun auf demokratischem, auf humanitärem, auf menschlichem Gebiet. Und dieser Wille der Berliner Bevölkerung drückt sich aus in dem außerordentlichen Mut und in der großen Tapferkeit, mit der die Berliner Bevölkerung in all ihren Sektoren auch das Schwere dieser Zeit auf sich genommen hat. Meine Herren! Sie haben die große Aufgabe, sich an den Tisch setzen zu können und beraten zu können über den Neuaufbau des Volkes. Ich weiß es ja, daß auch da Differenzen zwischen Ihnen sind. Aber was tun Differenzen, wenn man weiß, daß man eine neue Zukunft aufbauen kann. Ich empfinde schmerzlich, daß hier nicht ganz Deutschland versammelt sein kann. Es ist ein Schmerz, den wir bereits in uns fühlten, als wir vor einem Jahr zum ersten Male zu einer Ministerpräsidentenkonferenz zusammenkamen10). Die Zeit ist nicht leichter geworden, und sie ist für niemand schwerer geworden als für uns Berliner. Ich habe einen großen Wunsch: Möge diese Arbeit, die Sie leisten, nicht nur eine Arbeit sein für Ihre drei Zonen, für Ihre Länder, sondern möge sie die Vorarbeit sein für einen konstruktiven Neuaufbau Ganzdeutschlands, eines Deutschlands, in dem dann Berlin wieder die Stellung einnehmen kann, die es gehabt hat in seiner glorreichen Vergangenheit, eine Stellung, in der es mitwirken will, um Deutschland in ideeller Weise wiederum mit den übrigen Ländern Europas zusammenzuschließen zu einer glücklicheren Zukunft. In dem Sinne, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen nochmals herzlich danken für Ihre Einladung und für Ihren liebenswürdigen Empfang und ich überbringe Ihnen meine herzlichen Glückwünsche für Ihre Beratung. Ministerpräsident Altmeier: Ich danke Frau Oberbürgermeister Schroeder recht herzlich für das Bekenntnis und den Ausdruck der Verbundenheit mit uns. Wir geben ihr das gleiche Bekenntnis, dasselbe Versprechen und die Versicherung unserer Treue, die Versicherung unserer Hilfsbereitschaft. Wir wollen das neue deutsche Haus bauen. Dieses Haus muß groß sein und so gebaut werden, daß alle Deutschen, daß alle Länder in ihm Platz haben. Und wenn die schmerzlichen Gegebenheiten, wie ich eben schon sagte, es heute noch *) Zu den Hilfsaktionen der westdt. Bevölkerung für Berlin in den ersten Wodien der Blockade Zusammenstellung in: Sopade, 1948, VII, S. 56, 61, 97. 10 ) Neue Untersuchungen: Wilhard Grünewald, Die Mündiener Ministerpräsidentenkonferenz 1947; Elmar Krautkrämer in: VfZG 20, 1972, S. 154-174, S. 418 ff. und Theodor Eschenburg, ebda., S. 411 ff. auch Foelz-Schroeter, Marie Elise, Föderalistische Politik und nationale Repräsentation 1945-1947, Stuttgart 1974.
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nicht allen ermöglichen, in dieses neue deutsche Haus einzuziehen, so werden wir, was immer auf dem politischen Gebiet getan wird, die Türen so groß bauen und so weit offen halten, daß jederzeit die Länder des deutschen Ostens in dieses neue deutsche Haus Einkehr halten können. Damit schließe ich die öffentliche Sitzung. (Nachdem bis auf die Teilnehmer der Konferenz alle den Sitzungssaal verlassen haben, eröffnet Ministerpräsident Altmeier die eigentliche Beratung:) Ministerpräsident Altmeier: Meine Damen und Herren! Es ist der Wunsch der Ministerpräsidenten, daß sie zunächst einmal unter sich allein eine kurze Beratung abhalten, damit bei dieser Gelegenheit der Modus festgesetzt wird für unsere weitere Arbeit. (Es verlassen nunmehr alle Anwesenden außer den Ministerpräsidenten und den Schriftführern den Sitzungssaal.) [VERFAHRENSFRAGEN]
In der anschließenden Besprechung der elf Ministerpräsidenten wird die Frage der Worterteilung behandelt. Die Ministerpräsidenten werden die Worterteilung an Herren ihrer Begleitung jeweils beim Vorsitzenden beantragen. Bürgermeister Brauer legt Wert auf die Feststellung, daß es sich um eine Konferenz der Ministerpräsidenten handelt und nicht um eine Volksversammlung, bei der jeder sprechen kann. Ministerpräsident Maier legt Wert darauf, daß nicht etwa die Minister in einem gewissen Abstand von den Ministerpräsidenten gebracht, sondern zu deren unmittelbarer Unterstützung zugelassen werden. Ministerpräsident Altmeier bittet um Vorschläge zum Modus der Verhandlung. Er schlägt vor, zunächst in eine Generaldebatte über alle drei Dokumente einzutreten. Das Ziel der Konferenz ist, formulierte Vorschläge zu erarbeiten, die den Militärgoüverneuren unterbreitet werden. Bürgermeister Brauer schlägt vor, daß in Zukunft jeweils der Ministerpräsident des Landes den Vorsitz führt, in dem die Konferenz tagt. Er schlägt vor, nach der Generaldebatte eine Kommission für jedes der drei Dokumente zu bilden. Vorsitzender jeder dieser Kommissionen soll einer der Ministerpräsidenten sein. Die Kommissionen sollen lediglich beratende Funktion haben. Ministerpräsident Ehard wirft die Frage auf, wer die jetzt entstehenden Dokumente archivmäßig verwalten soll. Ministerpräsident Altmeier gen Büros.
präzisiert die Frage auf die Bildung eines ständi-
Ministerpräsident Kopf ist der Meinung, daß es sich um einen beschränkten Auftrag handle und deshalb keine Notwendigkeit für ein ständiges Büro bestehe. Ministerpräsident Altmeier betont, daß es der Wunsch der französischen Zone sei, ein ständiges Gremium der drei Zonen zu schaffen. 64
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Ministerpräsident Stock sdilägt vor, den weiteren Verfahrensmodus an den Schluß der Tagesordnung zu verweisen. Ministerpräsident Lüdemann stimmt, Herrn Stock zu. Es werde nadi seiner Meinung darauf ankommen, welche Dauer voraussichtlich das derzeitige Interregnum haben wird. Ministerpräsident Arnold weist gegenüber Ministerpräsident Kopf darauf hin, daß die Gouverneure bereits angedeutet haben, daß den Ministerpräsidenten über die Dokumente hinaus die Initiative eingeräumt werden soll. Er hält es für selbstverständlich, daß der Konferenz weitere Aufgaben zuwachsen. Auch Staatspräsident Bock hält es für selbstverständlich, daß die Ministerpräsidenten weiter zusammenkommen, um sich über die Koordinierung der Landesfragen aufeinander abzustimmen. Ministerpräsident Arnold hält die Frage für so wesentlich, daß sie nicht an den Schluß der Erörterungen verwiesen werden soll. Ministerpräsident Maier verweist darauf, daß die Ministerpräsidenten ausdrücklich autorisiert seien, eine Verfassunggebende Versammlung einzuberufen. Der Zwischenzustand bis zur Bildung einer Westdeutschen Regierung, der sich vermutlich bis März—April 1949 erstrecken wird, muß durch die Bildung eines aktionsfähigen Gremiums überbrückt werden11). Ministerpräsident Stock glaubt, nach grundsätzlicher Erörterung der Probleme sei es leichter, zu einer Lösung der technischen Frage zu kommen, und schlägt vor, die Frage des Büros an den Schluß der Tagesordnung zu setzen. Bürgermeister Brauer schlägt vor, bei der Debatte die Dokumente in der Reihenfolge III, II und I zu behandeln. Er betont, daß nach der Erklärung der CDU12) vermutlich zu Dokument Nr. II sehr schnell ein gemeinsamer Nenner " ) Vgl. die ähnliche Forderung Maiers auf der Konferenz vom 1. 7. 1948 (Dok. Nr. 3, S. 28) sowie entsprechende Vorschläge Ehards und Arnolds, das Gremium der MinPräs. als ermächtigte Sprecher und Treuhänder des dt. Volkes zu einem interimistischen Regierungsorgan zu machen (Dok. Nr. 3, Anm. 14). " ) Altmeier hatte die der CDU/CSU angehörenden Ländervertreter Arnold, Ehard, Bock, Wohleb, Köhler, Hilpert und Strickrodt für den 7. 7. 1948, 12.00 Uhr, zu einer Vorbesprechung eingeladen, an der später auch die Landesvorsitzenden der CDU teilnahmen, um über die Frankfurter Dokumente „eine einheitliche Auffassung zwischen den CDU-Regierungsmitgliedern und den CDU-Landesvorsitzenden herzustellen" (Rundschr. Altmeiers vom 1. 7. 1948, Bayer. StK., München, 100 Bd. 3; HStA Düsseldorf, NW 53-659). Die von Adenauer geleitete Konferenz kam zu dem Ergebnis, daß dt. Gegenvorschläge gemacht und ein Junctim zwischen Verfassung und Besatzungsstatut abgelehnt werden müßte (hs. Notizen Arnolds über den Konferenzverlauf, HStA Düsseldorf, NW 53-659). Man einigte sich auf folgende offizielle Stellungnahme: „Die Konferenz begrüßte [ . . . ] die Tatsache, daß zum ersten Mal die Ministerpräsidenten der französischen Zone gemeinschaftlich mit den Ministerpräsidenten der Bizone und den drei westlichen Besatzungsmächten als eine Einheit und als Sprachrohr der Bevölkerung {inerkannt worden sind. Im übrigen herrschte Einmütigkeit darüber, daß alle positiven Ansatzpunkte, welche die drei Dokumente bei der Begründung der politischen und wirtschaftlichen Einheit der drei West-
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gefunden werden würde. „Die Konferenz der Ministerpräsidenten ist kein Sachverständigen-Ausschuß, sondern es ist ihr eine gewisse Exekutive aufgetragen. Unser Mandat läuft ab an dem Tage, wo die hier vorgesehene Verfassunggebende Versammlung eröffnet wird." Ministerpräsident Ehard wünscht die Frage an den Beginn zu stellen: Was wollen wir endgültig erreichen? Nach der Klärung dieser Frage könne man sich den Dokumenten zuwenden. Senatspräsident Kaisen stimmt den Vorschlägen von Ehard zu. Bürgermeister Brauer schlägt vor, daß jeder Vertreter eines Landes seinen Gesamtstandpunkt darlegt.
zonen und für die Ausgestaltung der Freiheit und des Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes im Verhältnis zu den Besatzungsmächten bieten, wahrgenommen und ausgebaut werden müssen. Hinsichtlich des Dokuments Nr. III, welches die Grundsätze für ein küqftiges Besatzungsstatut enthält, wurde festgestellt, daß der von den Militärbefehlshabern überreichte Entwurf den Organen des deutschen Volkes praktisch keinerlei Rechte einräumt, die ganze Machtfülle den Militärbefehlshabern beläßt und anscheinend eine von den Alliierten beabsichtigte Friedensregelung vorwegnehmen soll. Auch wo in diesem Dokument von Kontrollen gesprochen wird, sind letztlich doch die Anweisungen der Militärbefehlshaber für maßgebend und verbindlich erklärt worden. Es wird daher erwartet, daß die Konferenz der Ministerpräsidenten den Militärbefehlshabern Gegenvorschläge für ein neues Besatzungsstatut überreicht, welches dem Anspruch des deutschen Volkes auf ein unerläßliches Maß von Freiheit und Selbstbestimmung Rechnung trägt. Die in dem Dokument III vorgesehene Verkoppelung des Besatzungsstatuts mit einer künftigen deutschen Verfassung wurde einstimmig abgelehnt. Zur Frage der Revision der Ländergrenzen wurde der Standpunkt vertreten, daß ihre Regulierung notwendig ist, daß jedoch diese recht schwierige Aufgabe nicht überstürzt und nicht in kürzester Frist gelöst werden kann. Die Neuabgrenzung der Länder muß ausschließlich von deutschen Interessen bestimmt sein. Die im Dokument Nr. I den Ministerpräsidenten erteilte Ermächtigung, eine politische und wirtschaftliche Neuordnung des Besatzungsgebietes der Westmächte auf föderativer Grundlage in die Wege zu leiten, wurde bejaht. Es wird erhofft, daß die Ministerpräsidenten sobald wie möglich die Bestellung eines von den Landesparlamenten zu wählenden Parlamentarischen Rates für das Besatzungsgebiet der Westmächte veranlaßten. Dieser soll die vorläufigen organisatorischen Grundlagen für die Zusammenfassung der drei Zonen schaffen, ein Wahlgesetz für ein künftiges vom Volke gewähltes Parlament vorbereiten und überhaupt die Interessen der deutschen Bevölkerimg gegenüber den Besatzungsmäditen zur Geltung zu bringen. Alle Maßnahmen der Konferenz der Ministerpräsidenten Und des Parlamentarischen Rates sollen nur dem Zweck dienen, die politische Einheit Gesamtdeutschlands wieder zu begründen, auf die das dt. Volk einen unverzichtbaren Anspruch hat" (BA NL Pünder/247, Bl. 53 f.). Vgl. hierzu auch die Berichte Murphys an Secretary of State vom 8. und 9. 7. 1948, nach denen Adenauer eine positive Haltung gegenüber einer Regierungsbildung eingenommen habe, während Josef Müller (Bayern) Bedenken geltend gemacht und die offensichtlich starke Prädominanz der frz. Vorstellungen in den Dokumenten hervorgehoben habe [ForRel. 1948, II, S. 381 ff.); s. auch Mosey, Aufstieg Adenauers, S. 29 f. 66
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Senatspräsident Kaisen hält es für wertvoll, die Meinungen der Länder festzuhalten. Ministerpräsident Stock wendet sich gegen Reden zum Fenster hinaus. Ministerpräsident Kopf gibt die niedersächsisdie Ansidit bekannt. Er sdilägt vor, zunächst eine Verständigung über die Besetzung der Kommissionen herbeizuführen. Es besteht Einmütigkeit darüber, daß drei Kommissionen, für jedes Dokument eine, zu bilden sind. Ministerpräsident Kopf ist der Auffassung, daß die Ausschüsse nicht aus Mitgliedern des Ministerpräsidentengremiums bestehen können. Er hält es nicht für notwendig, daß jeder Kommission ein Ministerpräsident angehört. Ministerpräsident Ehard ist der Auffassung, daß man Vorschläge nicht aus dem Handgelenk schütteln könne. Er ist der Meinung, daß den Kommissionen sozusagen eine Richtung gegeben werden müsse, in der die Frage des Ziels der Arbeit zuerst geklärt wird. Staatspräsident Bock hält Ausschußvorsitz durch Ministerpräsidenten für erforderlich, um die Kontinuität zwischen Ausschüssen und Plenum zu sichern, schließt sich im übrigen den Ausführungen Ehards an. Ministerpräsident Stock stimmt ebenfalls den Vorschlägen Ehards zu. Die Aufgabe der Kommissionen solle möglichst sein, die Ergebnisse der Konferenz zu formulieren. Bürgermeister Brauer hält es für selbstverständlich, daß die volle Verantwortung allein bei den Ministerpräsidenten zu bleiben hat und nicht selbstherrliche Ausschüsse geschaffen werden. Hierüber besteht Einmütigkeit. Ministerpräsident Ehard unterstreicht die Ausführungen Brauers. Er präzisiert die Aufgabe wie folgt: Hier sitzen die Generäle und auf der anderen Seite sitzen ihnen gegenüber die 11 Ministerpräsidenten als Sprecher, und sie werden diese Rolle als Sprecher so lange ausüben müssen, bis eine Lösung erreicht ist, die unseren Vorstellungen entspricht. Ministerpräsident Maier wünscht zunächst Diskussion über die staatsrechtliche Frage nach Abschluß der Kommissionsberatung, dann Übergang zum Problem der Ländergrenzen und wieder Kommissionsberatung und dann zum Schluß Beratung über das Besatzungsstatut. Es wird beschlossen, zunächst in die Generaldebatte einzutreten. Die Begleiter der Ministerpräsidenten werden wieder zugelassen. Ministerpräsident Altmeier gibt die obengefaßten Beschlüsse dem Plenum bekannt und sdilägt vor, nunmehr die Berichte der Länderchefs entgegennehmen zu wollen. 67
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[ALLGEMEINE POLITISCHE AUSSPRACHE] Senatspräsident Kaisen: Wir erklären 1 3 ): Daß Westdeutschland zu einer einheitlichen Verwaltungsspitze kommt, vor allen Dingen zu einer Heranbringung der französischen Zone an die Bizone: diese beiden großen politischen Gesichtspunkte sind es, die uns veranlaßten, positiv zu den Dokumenten Stellung zu nehmen. Ich kann auch weiter erklären, daß der Senat und die Bürgerschaft Bremens das Besatzungsstatut als eine entscheidende Vorfrage ansehen, die geklärt werden muß. Wir sind der Meinung, daß es von den Deutschen nicht abgelehnt werden kann, weil es dann bei der gegenwärtigen Herrschaft der Militärregierung bleibt. Wir sind der Meinung, daß das Statut wesentliche Abänderungen erfahren muß. Wir haben von Bremen aus eine Reihe Anträge zu stellen, die wir geltend machen in der allgemeinen Beratung in der Kommission. So legen wir größten Wert auf eine Revision des Statutes, um größere Vollmachten für die deutschen Stellen hinsichtlich der Handhabung unseres Handels zu erhalten 14 ).
) Wie die CDU-Mitglieder so sprachen sich auch die der SPD angehörenden Teilnehmer - Louise Schroeder, Kaisen, Brauer, Stodc, Kopf, Lüdemann, Carlo Schmid, Zinnkann, Zinn, Koch und Steffan - am 7. 7. nachmittags mit ihrem Parteivorstand auf Jagdschloß Niederwald vorher ab. Nach Mitteilung Brills an Wahrhaftig vom 8. 7. 1948 „standen sich zwei Meinungen gegenüber; die eine war abwartend bis ablehnend, die andere, die von Brauer, Kaisen und Stodc ausgedrückt wurde, bejahend. Nach vermittelnden Ausführungen von Justizminister Zinn und Ollenhauer wurde gegen 19.00 Uhr beschlossen, unter Erheben bestimmter Forderungen mitzuarbeiten. Zuerst soll nach Meinung der Versammlung das Besatzungsstatut behandelt werden. Darüber referierte Prof. Schmid. Es wurde eine Kommission (Schmidt, Brill, Lüdgens, der außenpolitische Referent des PV, Drexelius, Zinn) zur Ausarbeitung eines Gegenentwurfs gewählt. In der Frage der Verfassung sprach man sich für indirekte Wahlen eines Verfassungsausschusses aus. Die Frage des Plebiszits soll offengelassen werden. An Stelle der Bezeichnung Verfassung soll die Bezeichnung Verwaltungsstatut, Organisationsstatut oder vorläufiges Staatsgrundgesetz gewählt werden. Es ist die Absicht dieser Politik, noch vor Ende 1948 zu allgemeinen Wahlen einer Volksvertretung und zur Einsetzung einer parlamentarischen Exekutive zu kommen." (BA NL Brill/102, Bl. 107). S. auch: Der Spiegpl, 10. 7. 1948; die Beschlüsse des SPD-PV von Hamburg am 28./29. 6. 1948 (Sopade 1948, VII, S. 76; Sörgel, Konsensus, S. 40). Alliierte Kreise gewannen aufgrund dieser Rüdesheimer Konferenz der SPD den Eindruck, als würde die dt. Seite keine Verhandlungsbereitschaft zeigen und die SPD an „ultimative Forderungen in Einzelfragen" denken (Bericht W. Brandts Nr. 66 an PV, 13. 7. 1948 zit. Dok. Nr. 8, Anm. 9, und Murphy an Secretary of State, Frankfurt, 9. 7. 1948 (ForRel. 1948, II, S. 383) sowie Einleitung, S. XXXIII f. " ) Kaisen hatte bereits am 17. 6. 1948 in der Bremer Bürgerschaft zu den Londoner Empfehlungen Stellung genommen und am 24. 6. dem Antrag der CDU-Fraktion zugestimmt, auf der Konferenz der MinPräs. mit den MilGouv. keine bindenden Verpflichtungen einzugehen, ehe die Bürgerschaft nicht Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten habe. Doch kam es - abgesehen von Fühlungnahmen mit Parteiund Fraktionsführern - erst am 12. 8. zu einer allgemeinen Aussprache über das Ergebnis der dt.-alliierten Besprechungen mit gleichzeitiger Verabschiedung des Gesetzes über den PR (Verhandlungen der Bremer Bürgerschaft vom 17. 6., S. 220 ff., 24. 6., S. 259 ff. und 12. 8.1949, S. 319 ff.).
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Zu Dokument I habe ich zu erklären, daß Senat und Bürgerschaft Bremens der Meinung sind, daß eine Verfassunggebende Versammlung gewünscht wird. Idi bitte aber, größtes Gewicht darauf zu legen, daß eine einheitliche Regelung erfolgt. Würde sich die Mehrheit für das indirekte Verfahren aussprechen, so würden wir uns selbstverständlich an diese Verfügung halten. Im übrigen haben wir zu der Verfassung selbst eine Reihe wichtiger Vorfragen zu klären; wir haben als Deutsche den Wunsch, daß der Rhein nicht Grenze wird, sondern ein deutscher Strom bleibt. Das ist es, was wir von Bremen aus zu erklären haben. Staatspräsident Wohleb: Wir halten es für richtig, von der Ermächtigung Gebrauch zu machen, die das Dokument I uns zusichert. Für uns ist es lebensnotwendig, dem Ersuchen des Dokuments Nr. II zu entsprechen, wenn auch in besonderer Form, über die wir nachher bei der Einzelberatung sprechen wollen. Es ist für uns selbstverständlich, daß wir uns die gebotene Gelegenheit, uns zu Dokument Nr. III des Besatzungsstatutes zu äußern, nicht entgehen lassen 15 ). Was das Besatzungsstatut angeht, so liegt uns ganz besonders daran, daß die wirtschaftlichen Fragen mit einbezogen und so gelöst werden, daß überhaupt unsere Länder leben können, denn in der vorgesehenen Form können sie nicht leben. Was das Dokument Nr. I angeht, so ist die Mehrheit in unserem Lande der Auffassung, daß eine Verfassung in dem eigentlichen Sinne des Wortes bei der heutigen Situation, bei der wirklichen Lage, so wie es sich darstellt, nicht denkbar ist. Wir wollten vorschlagen, daß eine Ordnung irgendwelcher Art ausgearbeitet wird, die selbstverständlich unser Ziel sein muß und die unser Ziel mit möglichster Beschleunigung sein muß; eine Ordnung oder eine Satzung. Daß hierfür eine Körperschaft durchaus ausreichend ist in der Zahl, wie sie das Dokument vorsieht, ist unsere Meinung. Wir würden uns aber auch nicht entgegensetzen, wenn die Versammlung eine größere Zahl von Vertretern wünscht. Selbstverständlich ist dabei für uns, bei diesem Gremium die indirekte Wahl, eine Vertretung der Landtage. Der Gesichtspunkte gibt es viele. Wichtig ist, daß wir unser Volk nicht schon wieder zu einer Wahl führen wollen. Es ist für uns der Gesichtspunkt wichtig, daß schließlich die Währungsreform im Augenblick eben beträchtliche Schattenseiten für eine direkte Wahl aufzuweisen hat 16 ). Wie weit es zweckmäßig, klug und taktisch richtig ist, jetzt in diesem Augenblick etwa die von uns im Rahmen des Dokuments Nr. II gewünschte Veränderung vorzunehmen, darüber gehen unsere Meinungen auseinander. Aber ich persönlich würde es für äußerst unklug halten, wenn wir, abgesehen von allen anderen schwierigen Fragen, uns auch noch im Augenblick mit dieser Frage belasten würden, die zweifellos geeignet wäre, in unserem eigenen Gremium 15 16
) Verhandlungen des Badischen Landtags am 5. und 6. 7.1948, S. 2 ff. ) Die Währungsreform vom 20. 6. 1948 (Anm. 25) hatte zunächst eine Reihe von wirtsdiaftlidien und sozialen Krisenerscheinungen (Preissteigerungen, vermehrte Arbeitslosigkeit) mit sidi gebracht, deren politische und wirtschaftliche Folgen zunächst noch nicht abzusehen waren (Pünder, Interregnum, S. 307 ff.; Keesings Archiv, 1948, S. 1588).
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Schwierigkeiten herbeizuführen. Ich glaube, das ist etwa im großen und ganzen unsere Stellungnahme. Ministerpräsident Stock: Die Möglichkeit, die drei Zonen zu einer politischen und wirtschaftlichen Einheit zu führen, überstrahlt alles, und Hessen steht allein aus diesen Gründen schon zu der Sache positiv17). Wir sind mit der Auffassung, daß wir keine Verfassunggebende Versammlung sind. Die Verfassunggebende Versammlung zu stellen, ist eine Sache des ganzen deutschen Volkes. Wir müssen aber eine Organisation erhalten, die die Selbständigkeit der Länder und die Selbständigkeit der Zentralverwaltungen regelt. Aus diesen Gründen, und weil wir ein Interesse daran haben, daß die ganze Arbeit nicht verzögert wird, sind auch wir der Auffassung, daß die Versammlung, die die Satzungen schaffen soll für die Verwaltung, durch die Landtage gebildet wird, und zwar um die Existenzmöglichkeit des ganzen deutschen Volkes so rasch als möglich zu sichern. Was die anderen Dokumente angeht, und zwar hauptsächlich Dokument Nr. III, haben wir hier besondere Wünsche und Überlegungen für unser innerstaatliches Leben, die wir verlangen müssen. Wir sind der Auffassung, daß mindestens uns oder von den Landtagen zu bildenden Kommissionen oder Ausschüssen das Besatzungsstatut vollinhaltlich vorliegen muß. Wir werden also in dem Umfang unsere Anregungen stellen. Wir sind im übrigen der Auffassung, daß das Dokument II nicht etwa eine Frage ist, die kurzerhand erledigt werden kann, sondern von einschneidender Bedeutung für unser Gemeinschaftsleben ist. Wir wollen vor allen Dingen keinen Rheinstaat, vor allem keinen Staat mit den Grenzen des Rheines, sondern eine feste Verbindung mit dem rechtsrheinischen Gebiet. Wir in Hessen haben keinerlei Ansprüche als die, daß dem deutschen Volke in seiner Gesamtheit damit gedient wird. Soweit andere Länder andere Meinungen haben, ist das vollständig ihre Sache. Vielleicht ist es aber gut, wenn man dabei nicht allzusehr an alten Überlieferungen klebt, wenn sich die Verhältnisse im wirtschaftlichen und ökonomischen Leben bedeutend verändert haben. Wir haben in unserer Verfassung den Grundsatz, daß wir Deutschland in den Vordergrund stellen und nicht den eigenen Staat Hessen 18 ). Wir möchten diesem Grundsatz speziell dort zur Geltung verhelfen. Meine Herren! Noch mehr über die Sache zu sagen, halte ich im Moment für unklug, und es würde auch die Zeit zu sehr in Anspruch nehmen. Wir sollten aus der Vergangenheit gelernt haben und eine Sprache führen, zu der wir ein Recht haben, aber auch eine Sprache mit den Unterhändlern, den Generälen, die die Möglichkeit gibt, von Bastion zu Bastion weiter zu kommen und nichts zu zerschlagen und trotzdem zu erreichen, was wir wollen. " ) Stock hatte bereits am 2. 7. 1948 mit seinem Kabinett die Frankfurter Dokumente erörtert und eine grobe Verhandlungslinie festgelegt (StK Wiesbaden, Kabinettsprotokoll); eine Aussprache im Landtag fand erst nach der Rittersturz-Konferenz statt (Hess. Landtag, 13. 7. 1948, S. 1476 ff.). 1S) Vgl. Art. 151-153 der Hess. Verfassung vom 11. 12. 1946 (Füßlein, Verfassungen, S. 254 f.).
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Ministerpräsident Kopf19): Zunächst sollten wir verlangen, daß vorab von den Militärgouverneuren ein Besatzungsstatut erlassen wird, wobei wir unsere deutschen Wünsche nachhaltig zum Ausdruck bringen sollen. Ich stimme dem zu, daß wir eine Kommission einsetzen sollen, die einmal das, was wir den Militärgouverneuren zu sagen haben und was uns vorschwebt, festlegt. Zur Frage der Verfassunggebenden Versammlung stehen wir auf dem Standpunkt, daß das deutsche Volk z. Zt. nicht in der Verfassung ist, sich eine Verfassung zu geben. Solange wir in unserer Willensbildung nicht frei sind, kann man von einer Verfassung nicht reden. Man sollte eine Vertretungskörperschaft oder sonst etwas schaffen. Hinsichtlich der Wahl dieser Vertretungskörperschaft sollten wir uns von der Kommission Vorschläge machen lassen. Zur Frage der Ländergrenzen glauben sollen, solange wir nicht wissen, wie hen wird. Auch für diese Frage sollte im einzelnen prüft und uns Vorschläge
wir, daß wir außerordentlich kurz treten der gesamtdeutsche Raum einmal ausseman eine Kommission einsetzen, die das macht.
Ministerpräsident Arnold: Wir glauben, durch die Einbeziehung der französischen Zone einen guten Fortschritt erreicht zu haben, und glauben aus der Tatsache schließen zu können, daß eine Voraussetzung für einen stärkeren deutschen Einfluß geschaffen wird. Zum Dokument I war der Hauptausschuß unseres Landtages der Meinung 20 ), ] Kopf hatte am 5. 7.1948 sein Kabinett über die Frankfurter Dokumente unterrichtet und in Anwesenheit des Landtagspräs, sowie der Fraktions- bzw. stellv. Fraktionsführern von SPD, CDU und Zentrum die Verhandlungslinie für Koblenz festgelegt: 1. darauf hinzuwirken, daß ein Besatzungsstatut sofort geschaffen wird; 2. Änderungen der innerdeutschen Landesgrenzen möglichst nicht zu erörtern; 3. alles zu vermeiden, was zur Schaffung eines westdt. Staates führen könne. Ferner sollte auf eine möglichst einheitliche Stellungnahme der Regierungschefs hingewirkt, auch sollten keine dt. Forderungen erhoben werden, die eine erneute Beschlußfassung der an der Londoner Konferenz beteiligten Regierungen notwendig machten (Sitzung des niedersächs. Staatsministeriums, 5. 7. 1948, HStA Hannover, Nds. 20. Nr. 10; vgl. hierzu Vogelsang, Kopf, S. 123, S. 56 f.). Den Landtag hat Kopf erst nach der Rittersturz-Konferenz informiert, was ihm entsprechend angekreidet wurde (Niedersächs. Landtag, 13. und 14. 7.1948, S. 1985 ff.). 20) Der Hauptausschuß des Landtags von Nordrhein-Westfalen hatte am 5. 7. 1948 die Frankfurter Dokumente beraten (NZ, 8. 7. 1948). Am 4. 7. hatte sich Arnold in seinem Kabinett für die Bildung eines dt. Exekutivorgans durch Proklamation der MilReg. eingesetzt, um das augenblickliche politische Vakuum auszufüllen und ein dt. Sprachrohr zu schaffen. Dieses aus den Länderchefs zu bildende Exekutivorgan, dem eine parlamentarische Instanz beizuordnen sei, müsse mit den Besatzungsbehörden ein Abkommen über deren Rechte und Pflichten vereinbaren, alle nicht dem WiR obliegenden Kompetenzen wahrnehmen, als Koordinierungsorgan zu der frz. Besatzungszone fungieren, Vorbereitungen für das Zustandekommen einer Verfassunggebenden Versammlung treffen, einen Ausschuß zur Erarbeitung eines Entwurfs für eine künftige dt. Bundesverfassung ernennen, durch entsprechende Maßnahmen eine Eingliederung der russischen Besatzungszone in eine gesamtdt. Regelung vorsehen, die Ländergrenzen innerhalb der Zonen festlegen u. a. (Kabinettsvorlage Arnolds vom 3. 7. 1948, HStA Düsseldorf, NW 53-659, Abschr. in GStA München, LR Stuttgart Nr. 11, Anlage zur Sitzung des bayer. MinRates vom. 5. 7.1948" vgl. auch Hüttenberger, Arnold, S. 162 ff.). 19
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daß es aus verschiedenen Gründen z. Zt. nicht möglich ist, eine solche Verfassunggebende Versammlung einzuberufen, die die Aufgabe hätte, ein Wählgesetz auszuarbeiten. Man war im übrigen bei uns der Meinung, daß man nicht alle Probleme zu gleicher Zeit in Angriff nehmen könne. Die Fragen des Dokuments Nr. II bedürfen einer eingehenden Überprüfung aus gesamtdeutschen Überlegungen heraus, und wir möchten, daß diese Probleme zunächst zurückgestellt werden. Weiter muß sofort der Versuch gemacht werden, entsprechende Gegenvorschläge zu machen zum Verhältnis zwischen Besatzung und deutscher Vertretung, was als Voraussetzung anzusehen ist, um zu einer sinnvollen Entwicklung zu kommen. Wie die Regelung auch ausfallen wird, alle Maßnahmen müssen so erfolgen, daß der Weg zu einer gesamtdeutschen Arbeit nicht abgeschlossen werden soll. Staatspräsident Bock: Der Standpunkt des Landes Württemberg-Hohenzollern ist folgender21): Wir begrüßen diese drei Dokumente insoweit, als dadurch zum Ausdruck kommt, daß nun eine Trizone geschaffen werden soll. Das, was wir jetzt tun, das sehe ich als den Anfang der Trizone an, und wir sind der Meinung, daß dieses Gute der Trizone, die wirtschaftliche und die staatliche kommunale Verwaltungsfreiheit in der Trizone so hoch zu werten ist, daß nichts unversucht gelassen werden darf, damit das Ergebnis der Ministerpräsidentenkonferenz positiv zu werten ist. Was nun das Dokument I anlangt, die Frage der Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung, so lehnen wir es ab, von der Einzelermächtigung, die den Ministerpräsidenten erteilt ist, Gebrauch zu machen und zwar deswegen, weil im Augenblick diese Sache noch nicht reif ist, um eine solche Verfassunggebende Versammlung zu berufen und ihr den Auftrag zu erteilen, eine Verfassung auszuarbeiten. Würde man für die drei Zonen das tun, dann würde das heißen, einen Weststäat a ) zu schaffen, und ich habe keinen Zweifel, daß die Russen sofort mit einem Oststaat antworten werden, und damit wäre das rechtlich vollzogen, was z. Zt. schon geschehen ist, nämlich die Teilung Deutschlands in ein Ostdeutschland und in ein Westdeutschland, und das müssen wir vom gesamtdeutschen Standpunkt aus unter allen Umständen vermeiden. Wir könnten es vor der Geschichte nicht verantworten, wenn wir durch die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung dazu beitrüa) SI)
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Vom Bearbeiter geändert aus „Reststaat". Das Tübinger Kabinett hatte die Frankfurter Dokumente am 5. 7. 1948 erörtert und dabei folgende Verhandlungsrichtlinien fixiert: 1. möglichst gesamtdt. Beteiligung bei der Ausarbeitung einer Verfassung; 2. Schaffung einer überzonalen Verwaltungseinheit, ohne Bildung eines westdt. Staates; 3. Einsetzung von Ausschüssen zur Erarbeitung eines Besatzungs- und eines Organisationsstatuts; 4. Zusammenschluß der bisherigen Länder Württemberg-Hohenzollern, WürttembergBaden, Baden und des Regierungsbezirks Pfalz des Landes Rheinland-Pfalz, zumindest jedoch Wiedervereinigung von Nord- und Süd-Württemberg (Sitzung des StMin. von Württemberg-Hohenzollern, 5. 7. 1948, StA Sigmaringen Wü 2). Zu der von Bode angesprochenen territorialen Situation in Württemberg und die zwischen Amerikanern und Franzosen vorgenommene Zonenabgrenzung Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 13 ff.
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gen, daß dies vollzogen würde oder versucht wird. Wir sind also dafür, daß man diese Versammlung nicht einberuft. Dagegen ist selbstverständlich, daß dieses Trizonengebiet wiederum verwaltet werden muß. Die wirtschaftlichen Verhältnisse führen dazu, in diesen drei Zonen einen Ausschuß zu bilden, in den die einzelnen Landtage durch indirekte Wahl die Mitglieder wählen. Soviel von uns zu dem Dokument II von der Voraussetzung aus, daß wir seitens der Militärgouverneure eine Verfassunggebende Versammlung einberufen würden: nämlich die Länderneuabgrenzung hat einen Sinn, wenn es sich darum handelt, den Staat zu konstituieren und gemäß den nach den Londoner Empfehlungen festgelegten Richtlinien die föderative Gestaltung dieses Staates auszubauen, und dazu wäre allerdings notwendig, um den föderativen Gedanken durchzuführen, diese Staaten vorher zu umgrenzen. Wenn aber eine Verfassunggebende Versammlung nicht einberufen wird, dann hat die Abgrenzung der Länder, also Schaffung neuer Länder, wohl mindestens keinen eiligen Charakter und könnte aufgeschoben werden. Nun ist bei uns in Württemberg die Sachlage so, daß durch Zufall die Demarkationslinie so ist, wie die Amerikaner und Franzosen in unser Land eingedrungen waren. Dadurch ist es zu dieser Zerteilung unseres Landes in einen Nord- und einen Südteil gebietsmäßig gekommen. Es ist ein reiner Zufall, der in keiner Weise vor allen Dingen nicht dem Willen der gesamten württembergischen Bevölkerung entspricht. Diese Frage würde an und für sich gar keine Schwierigkeiten machen, und ich möchte doch nahelegen, ob nicht wenigstens insoweit der einzusetzende Ausschuß eine Teillösung vorschlagen könnte, daß er den Militärgouverneuren empfiehlt, diese ganz zweifelsfreie Sache zu bereinigen und das gesamte Gebiet von Württemberg einschließlich Hohenzollern wiederherzustellen. Welche verfassungsrechtlichen Folgen daraus entstehen, haben wir im Landtag bereits erörtert. Was das Besatzungsstatut anlangt, ist es natürlich so, daß endlich auch in einer Verlautbarung der Militärgouverneure die Notwendigkeit der Aufstellung eines Besatzungsstatuts anerkannt wird, das ist an und für sich als ein Fortschritt zu bezeichnen. Was aber an Richtlinien hier aufgestellt wird, die man zu beachten hat, so kann diesen Richtlinien mindestens nur in beschränktem Umfange zugestimmt werden. Wir müssen-uns vorbehalten, in dieser Hinsicht einen eigenen Entwurf eines Besatzungsstatutes aufzustellen, und in diesem Entwurf müßte vor allem zum Ausdruck kommen, daß die Abgrenzung der Befugnisse der Besatzungsorgane festgelegt wird, dann die Gewährleistung der allgemeinen Menschenrechte durch die Besatzungsmächte. Es müßte vor allem die Begrenzung der Leistungen an die Besatzungsmächte, dann die Festlegung von Verfahren mit Beteiligung deutscher Stellen und die Durchführung von Reparationsleistungen und Institutionen und dann noch eine Einrichtung nach Art von Schiedsverfahren für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten für die Auslegung und Anwendung des Besatzungsstatutes klargelegt werden. Bisher ist es so gewesen, wenn man der Meinung war, daß dieser Satz rechtens ist, dann mußten wir immer die Militärregierung davon erst überzeugen. Es war keine Instanz vorhanden, an die man sich wenden konnte, es ist die Einführung einer solchen Instanz absolut notwendig. 73 U
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Wir sind auch der Meinung, daß, wenn man heute die politischen Richtlinien zu diesen drei Dokumenten herausstellt, die Kommissionen zu bilden sind; die sich die Sache ansehen können und daß diese Kommissionen an Hand der politischen Richtlinien, die hier aufgestellt werden, dann die entsprechende Stellungnahme herbeizuführen haben. Ministerpräsident Altmeier bittet um Konzentrierung auf die Gesamtübersicht. Auf Einzelheiten der verschiedenen Dokumente werde man bei der Einzelberatung eingehen. Bürgermeister Brauer: Meine Herren, ich befinde mich in weitgehender Übereinstimmung mit Senat- und Landesparlament von Hamburg22), um das vortragen zu können, was ich Ihnen zu sagen habe. Die Kommunisten sind natürlich dabei ausgeschlossen. Der Auftrag, der den Ministerpräsidenten gegeben ist, gibt ihnen gewisse Rechte, aber er legt auch eine große Verantwortung in die Hand der Ministerpräsidenten. Dieser Verantwortung sollten wir uns in diesem Augenblicke voll bewußt sein. Das Ziel allen deutschen Strebens kann nichts anderes sein, als Deutschlands Einheit, innere und äußere Freiheit, so wie wir es auf der ersten Ministerpräsidentenkonferenz in München Seinerzeit formuliert haben23). Der Weg dahin ist lang, und wir werden mit Provisorien arbeiten. Was jetzt geschaffen werden muß, kann nur den Charakter eines Provisoriums haben, kann nur ein Meilenstein sein auf diesem sehr langen und wahrscheinlich auch qualvollen Weg. Aber wir fühlen, daß das, was jetzt an Möglichkeiten gegeben ist, längst hätte verwirklicht werden müssen. Die Unzulänglichkeit unserer bisherigen bizonalen Einrichtung24)u die Zerrissenheit auch in den Westzonen, die Tatsache, daß die Militärregierungen in der höheren Instanz alle Dinge allein machen, diese Tatsache darf nicht bleiben, wenn nicht ) Der Hamburger Senat hatte am 5. 7. 1948 in geschlossener Sitzung die Frankfurter Dokumente erörtert (NZ, 8. 7. 1948). In der Bürgerschaft hatte Brauer bereits am 10. 6. 1948 zu den Londoner Empfehlungen Stellung genommen (S. 329 ff.), dann aber erst wieder am 28. 7. über das Ergebnis der Konferenzen mit den MilGouv. referiert (S. 449 ff.); sein Rechenschaftsbericht wurde am 18. 8. mit dem Modellgesetz über den PR debattiert (S. 491 ff.); zwischenzeitlich hatte Brauer mit Parteiund Fraktionsführern ständigen Meinungsaustausch (S. 449, 494). In dem gedruckten Senatsbericht hieß es, Bgm. Brauer habe sich ohne Rücksicht auf taktische Erwägungen dafür eingesetzt, ein echtes Staatsgebäude für den Westen zu errichten. „Er ist deshalb auch von Anfang an dafür eingetreten, daß neben einer ersten Kammer, durch die die Rechte der Länder ausreichend zur Geltung gebracht werden, ein echtes auf allgemeinen Wahlen beruhendes Parlament geschaffen wird, aus dem eine verantwortliche Regierung hervorgeht. Um die Einstimmigkeit der Koblenzer Beschlüsse nicht zu gefährden, hat sich aber Bürgermeister Brauer damit einverstanden erklärt, daß keine Verfassunggebende Versammlung aufgrund allgemeiner Wahlen berufen, sondern ein Parlamentarischer Rat von 76 Köpfen aus von den Landtagen und den Bürgerschaften ernannten Mitgliedern gebildet werde." (Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Nr. 85, 13. 8.1948); Vgl. die Ansprache Brauers im NDR am 14. 7. 1948 über die Ergebnisse der Koblenzer Konferenz (BA Z 4/121, Bl. 229 f., Druck). 2S) S. Anm. 10. 24 ) Zu den bizonalen Organisationen und den ihnen innenwohnenden Struktursdiwächen Vogel, Westdeutschland, I, S. 31 ff.; Pünder, Interregnum, S. 89 ff: ,s
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alle unsere Bemühungen, die mit der Währungsreform85), mit der Steuerreform26), mit dem Ingangsetzen des Marshall-Planes27) zusammenhängen, wenn sie nidit letzten Endes dodbt zum Scheitern verurteilt sein sollen. Die volle wirtschaftliche Erholung und Gesundung dieses Teiles Westdeutschland ist nur dann gegeben, wenn wir schnell zu staatsrechtlichen Lösungen kommen, die uns jene Vollmachten und jene Autorität geben, deren wir bedürfen, die vor allen Dingen den Willen des Volkes in diesen Gebieten einmal klar zum Ausdruck kommen läßt. Der Volkswille kann sich nur manifestieren in einem auf allgemeinen Wahlen berufenen [sie!] Parlament, mit einer verantwortlichen Regierung. Was wir in Hamburg für notwendig halten, ist, daß am Ende dieser neuen Konstruktion ein Parlament steht, ein Parlament, das sich die Regierung selbst gibt und daß dann staatsrechtliche Verhältnisse da sind, die zwar nicht endgültig die Verfassung für Deutschland festlegen, die auch nicht den Charakter einer Regierung für Deutschland beanspruchen, aber daß es doch die Möglichkeiten gibt, daß wir innerhalb des Gebietes, das uns anvertraut ist, die größten inneren Freiheiten garantieren. Das ist das, was wir wollen. Wir sind der Meinung, daß es notwendig ist, dieses Besatzungsstatut schleunigst zu bekommen. Wir haben dafür bestimmte Wünsche. Wir warnen davor, daß es in Deutschland jfetzt einen allgemeinen Streit darüber gibt, wie die Länder konstituiert werden sollen. Das kann nicht die Aufgabe des Augenblicks sein, sondern das mag in einem freien Deutschland von den Deutschen selbst entschieden werden. Abgesehen von den Berichtigungen, die im Süden notwendig sind, glauben wir, daß wir in der Frage der territorialen Neugliederung Deutschlands außerordentlich vorsichtig sein müssen. Wenn wir den deutschen Volkswillen zur Geltung bringen wollen, müssen wir einem Weg folgen, der uns bald und möglichst bald allgemeine Wahlen im Lande bringt. Was die Alliierten uns hier empfehlen, ist sehr kompliziert. Ich bin einverstanden damit, daß wir uns als Ziel setzen, daß nicht eine Vollversammlung zum Zuge kommt, daß nichts weiter gemacht wird, als die Aufstellung einer Wahlordnung und der Entwurf eines provisorischen Grundgesetzes, das die Abgrenzung der Gewalten bringt, das die Zuständigkeiten feststellt. Das letzte Wort aber muß das aus den allgemeinen Wahlen gewählte Parlament haben. Erst nach der Volksabstimmung, nach der Neuwahl kann dieser Weg abgekürzt werden. Im Augenblick haben wir nichts anderes zu tun, als die Festsetzung des Wahlgesetzes, als die Aufstellung dessen, wie in Deutschland später gelebt werden soll, ohne sich endgültig festzulegen. Alles andere ist dann letzten Endes dem deutschen Wähler zu überlassen. Wir halten es für absolut notwendig, daß wir aus dem Zustand
" ] Am 20. 6. waren in den Westzonen das Gesetz Nr. 61 zur Neuordnung des Geldwesens vom 18. 6.1Ö48 (ABl. MilReg., amerik. Kontrollgebiet, Ausg. J„ S. 6 ff.; ABl. MilReg., brit. Kontrollgebiet, S. 448 ff.) und in der frz. Zone die VO Nr. 158 (Journal Officiel, 1948, S. 1506 ff.) in Kraft getreten. 2S) Der Währungsreform wurde die Steuergesetzgebung durch Gesetz Nr. 64 angepaßt (ABl. MilReg., amerik. Kontrollgebiet, Ausg. K., S. 11 f.; ABl. MilReg., brit. Kontrollgebiet, S. 889 f.). H ] Seit dem 16. 4. 1948 waren das VWG und die frz. Zone in das amerik. wirtsdiaftl. Hilfsprogramm für Europa einbegriffen.
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der halben Verantwortlichkeit herauskommen. Wir fühlen es als absolut ^notwendig, daß die Autorität einer Regierung oder einem Parlament gegeben wird, und es kann nur gegeben werden durch direkte und nidit durch indirekte Wahlen. Das ist ein Weg, den wir nicht für richtig und nicht für gangbar halten. Wir werden alles tun, um hier die Voraussetzungen zu schaffen, daß in dem Westgebiet die Vereinigung erfolgt unter einer zentralen Leitung bei Wahrung der Rechte der unteren Verwaltungskörperschaften, bei Wahrung der Rechte der Länder. Wir werden auf der anderen Seite alles tun, um die Voraussetzungen zu schaffen, damit die wirtschaftliche Erholung in Deutschland und der Wiederaufbau eines Landes wirklich kraftvoll in die Hand genommen wird. Ministerpräsident Ehard: Frau Oberbürgermeister, meine Herren! Ich glaube, ich kann midi sehr kurz fassen. Ich möchte nur grundsätzlich zeigen, wo wir eigentlich hinsteuern wollen. Da ist die Frage, was uns denn diese Dokumente bieten. Sie bieten uns eine Ermächtigung, sie bieten uns die Möglichkeit, eine Verfassung zu schaffen, uns daraus eine Regierung herauswachsen zu lassen. Nun ist diese Frage schon ein Fortschritt. Wir müssen sagen, es ist ein Fortschritt, daß wir eine solche Ermächtigung bekommen haben und daß in dieser Regelung eine solche Möglichkeit gegeben ist. Wie sollen wir aber davon Gebrauch machen? Ich muß betonen, was Herr Bürgermeister Brauer schon gesagt hat: Ich glaube, wenn ich ihn recht verstanden habe: wir müssen jede Möglichkeit ausnutzen, einen Schritt vorwärts zu kommen. Darüber müssen wir uns im klaren sein: Solange eine Besatzung da ist, werden wir nie zu einer Souveränität oder zu einem souveränen Staat kommen. Aber wir wollen wenigstens dahin kommen, daß wir unsere Verwaltung und unsere Wirtschaft wieder ingangsetzen können, wenn auch unter Aufsicht, wenn auch unter Druck, daß wir selbst wieder Sprecher sind gegenüber den Besatzungsmächten und gegenüber dem Ausland. Wenn wir das erreichen wollen, dann müssen wir von dieser Ermächtigung Gebrauch machen. Nun ist der Begriff der Verfassung und alles dessen, was um diesen Begriff herumsteht, stark belastet durch die verschiedenen Dinge, nicht nur dadurch, daß eine Besatzung vorhanden ist und wir uns infolgedessen nicht frei bewegen dürfen. Es ist auch selbst schon stark belastet durch die Verkoppelung mit dem Besatzungsstatut. Es sieht so aus, als würde das eine oder andere nicht für sich bestehen können, ja als würde die Verfassung nur von dem Inhalt des Besatzungsstatutes abhängen. Dieses müssen wir zu regeln versuchen. Wir müssen das Besatzungsstatut von der Frage der Verfassung lösen und müssen es in sich auflockern. Schon dem Begriff nach ist das Besatzungsstatut zweierlei, einmal ein wirkliches Besatzungsstatut, abgegrenzt mit den Pflichten hüben und drüben. Was aber im übrigen in diesem Besatzungsstatut steht, ist ein bloßes Diktat, ist ein vorweggenommenes Friedensdiktat. Das müssen wir auflockern. Nun ist der Begriff der Verfassung aber noch weiter und durch eine weitere Sache stark belastet. Einmal durch das Problem der Ostzone. Man muß verhüten, daß die Tore dorthin von uns selbst verschlossen werden, und man muß die Möglichkeit offenhalten, daß wieder das Zusammenspiel aller Kräfte der 76
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deutschen Länder möglich ist. Wenn wir aber vorwärts kommen wollen, braudien wir irgendeine Organisation, die über den Ländern so etwas ähnliches wie eine Regierungsgewalt schafft. Daß dies nur in den westlichen Zonen sein kann, ist bei Gott nicht unsere Schuld. Das ist halt eine Tatsache. Wenn wir ein solches Ziel erreichen wollen, müssen wir uns klar sein, daß dieses — nennen wir es eine vorläufige Regierung, nennen wir es ein Verwaltungsstatut oder wie Sie es auch immer nennen wollen —, daß hier gewisse Regeln aufgestellt werden müssen. Es muß eine Zuständigkeitsabgrenzung zwischen diesem Gebilde und den Ländern sein. Es muß eine Regel für die Tätigkeit, für das Zustandekommen dieser — nennen wir es Regierung — aufgestellt werden. Wir werden doch so etwas wie eine Verfassung haben müssen, denn sonst kommen wir nicht zu Ende, und ich meine, man soll und darf diese Möglichkeit dazu nicht außer acht lassen. Wir kommen so einen Schritt vorwärts. Wir können damit wieder zum Sprecher werden, wir können uns allmählich an den Anfang eines souveränen Staates hinarbeiten. Mehr werden wir auf keinen Fall erreichen28). Es gibt noch Einzelheiten, über die ich nicht sprechen möchte. Es bleibt übrig, noch etwas zu dem Besatzungsstatut zu sagen. Es ist bereits gesagt: dieses muß in anderer Form in Erscheinung treten. Diese Verfassung müßte aus sich herauswachsen. Nur ein Wort zu den Ländergrenzen. Ich bin der Meinung, daß man sehr kurz treten soll und daß diese Frage im Augenblick zurückgestellt bleiben möge, wenn auch da und dort einzelne berechtigte Wünsche bestehen mögen, die bald einer Lösung entgegenzuführen wären. Diese Frage der Ländergrenzen ist eine Sache, bei der wir, glaube ich, in erster Linie entscheiden müssen, d. h. die Betroffenen, also die Einwohner der infrage kommenden Gebiete. Wenn Sie von einem Rock eine Naht auftrennen, die den Rode zusammenhält, wird es sich vielleicht als notwendig ergeben, die ganzen anderen Nähte auch aufzutrennen, und dann wird es schwer sein, diesen Rock wieder in entsprechende Form zusammenzubringen. Abgesehen davon, daß sich Komplikationen insofern ergeben, daß die einzelnen Besatzungszonengrenzen verschoben werden. Wie dies ausgeglichen werden könnte, ist noch unklar. Das aber, das muß einmal ausgesprochen werden: Wir beginnen jetzt unsere Tätigkeit, und da ist es eine absolute und unabdingbare Voraussetzung, daß wir als Deutsche den Generälen mit einer einheitlichen und geschlossenen Mei-
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) Zu der von Ehard befürchteten Koppelung von Besatzungsstatut und Verfassung Dok. Nr. 4, Anm. 22. - Im bayer. MinRat hatte Ehard nodi stärker die in den Dokumenten liegenden föderativen Möglichkeiten betont (Sitzungen vom 3. und 5. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11) und sich am 12. 7. für eine Art Westregierung ausgesprochen, die alle Rechte bekommen müsse, die notwendig seien, um eine aktionsfähige Bundesregierung bilden zu können. Es gebe keinen anderen Weg, eine Verbindung mit der frz. Zone zu schaffen. Nur so käme man allmählich zu einer dt. Souveränität, zu einer Loslösung von der Frankfurter Verwaltung und hoffentlich zu einer späteren Einigung Dtlds. Für die Wirkimg auf den Osten sei es wohl praktisch gleichgültig, welchen Namen man dem Gebilde geben werde. Die Russen würden einen Oststaat errichten oder nicht, gleichgültig, wie man das Staatsgebilde im Westen bezeichne (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11).
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nunga) gegenüber treten und daran absolut festhalten, und daß, nachdem wir als Ministerpräsidenten jetzt diese Funktionen haben, wir sagen, wir wollen die Sprecher sein, wir wollen die Vermittler zu unseren Landtagen wie auch [zu] den Parteien sein. Wir wollen mit den Generälen sprechen und ihnen gegenüber unsere Meinung kundtun. Es soll auf diese Weise die Sache bewußt vorwärts getrieben werden29). Ministerpräsident Maier: Das Dokument I bestimmt, auf welchem Gebiet wir jetzt eine Aktivität entfalten sollen, und soll ja eigentlich dazu führen, daß wir eigentlich erst von Frühjahr 1949 an, März oder April, eine Regierung erhalten sollen. Wir sind uns auch darüber klar, daß es kein Land gibt ohne Regierung und daß wir deshalb auf eine Regierung hinarbeiten müssen, unbeschadet selbstverständlich des Namens. Wir alle lehnen hochtrabende Namen ab, sind aber für eine sofortige Inangriffnahme in schlichter, aber wirksamer Weise zum Aufbau Westdeutschlands. Mir scheint es im besonderen notwendig, daß wir uns auch in diesem Zwischenzustand von Juli 1948 bis Frühjahr 1949 etwas schaffen, indem wir die Ermächtigung oder Aufträge, die wir erhalten, sinnvoll erweitern. Ich darf sagen, daß bei uns ebenfalls keine große Neigung für eine Verfassunggebende Versammlung besteht, sondern daß verschiedentlich die'Ansicht vertreten wurde, daß man vielleicht sagt, daß dem Gremium der Ministerpräsidenten1') ein Ausschuß der vereinigten Landtage zur Seite gestellt werden könnte, also von etwa 60 bis 70 Abgeordneten aus den verschiedenen Landtagen. Damit hätten wir eine enge Verbindung hergestellt, wenn wir einen Verfassungsausschuß bilden. Der Gedanke, Berlin in die drei Westzonen einzubeziehen, ist zu begrüßen. Es mag das vielleicht etwas grotesk anmuten, daß man sagt, zu den drei Westzonen gehört Berlin. Aber, meine Herren, im Länderrat Stuttgart haben wir drei Jahre mit Bremen als Mitglied zusammengearbeitet, und es haben sich gegenseitige Befruchtungen aus dieser Arbeit ergeben. Ich halte es nicht für einen Widersinn, wenn wir diesen Gedanken nun weiterhin im Laufe der Besprechungen festigen, daß wir Berlin als 12. Mitglied in diesen Verband aufnehmen30). Was die Ländergrenzen anbelangt, ist es überraschend, daß uns diese Zuständigkeiten nun erwachsen sind. Wir glauben, Tatsache ist, daß das Dokument II entstand, weil sich die Alliierten nicht einigen konnten und sie deshalb diese Frage an die Deutschen übera
) Verbessert aus „Meldung".
b) Gestrichen nachfolgend „zur Seite", das zweimal in diesen Satz geriet. " ) S. Dok. Nr. 3, Anm. 14. Audi vor seinem Kabinett hatte Ehaid mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die MinPräs. autorisiert, ermächtigt, ersucht worden seien; sonst sei von niemandem die Rede gewesen. Die MinPräs. wären damit zum ersten Mal als Sprecher des dt. Volkes in Erscheinung getreten, diese Führungsaufgabe dürften sie nicht mehr aus der Hand geben (Sitzung vom 5. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). so ) Zur Frage der Einbeziehung Berlins in die westzonale Neuordnung Dok. Nr. 3, Anm. 10.
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geben haben, wobei der eine oder andere Alliierte sich innerlich sagen wird, auch die Deutschen werden sich nicht einigen, also bleibt der Zankapfel unter ihnen liegen, und wir können uns immer wieder einschalten und die Deutschen in ihrer Not weiter spalten. Es ist klar, daß über diese Dinge die Bevölkerung zu entscheiden hat. In dieser Frage kann für den Aufbau Deutschlands ein großer Schaden erwachsen. Wir spüren die Dinge täglich in Stuttgart, Tübingen und Freiburg, und ich nehme an, daß man am heutigen Tagungsort ebenfalls hiervor nicht verschont ist. Bezüglich des Besatzungsstatuts bestand bei uns im Landtag keine einheitliche Meinung, aber es hat sich doch eine Mehrheit gebildet und sich auf den Standpunkt gestellt, wenn wir dieses Besatzungsstatut vorher verlangen, dann immobilisieren wir uns alle und wir kommen wieder zu nichts81). Wir haben seit dem Frühjahr 1946, wo wir uns in Bremen zum ersten Mal getroffen haben32), schon so viele Konferenzen gemacht und niemals konnten wir etwas Positives erreichen, weil die Militärregierung anderer Meinung war, zuerst die amerikanische mit der britischen, dann, als die amerikanische und britische sich wenigstens äußerlich bereinigt hatten, die britisch-amerikanische mit der französischen, von der russischen gar nicht zu reden. Jetzt haben wir eine Möglichkeit, daß wir uns versammeln, wir haben eine Aufgabe, und ich glaube, wir sind jetzt einen Schritt vorwärtsgekommen. Ministerpräsident Lüdemann: Die Frage der Ländergrenzen ist m. E. eine deutsche Angelegenheit, für deren Behandlung wir in termin- und sachgemäßer Erledigung mitzubestimmen haben, bzw. eine Mitbestimmung der Alliierten vollkommen ablehnen sollten. Die Frage der Ländergrenzen ist eine Frage des föderativen Staatsaufbaues und hat m. E. die Voraussetzung einer Gebietsausgleichung. Das ist meiner Ansicht nach ein Generalgesichtspunkt. Wir stehen vor der Aussicht, daß die Zonengrenzen abgebaut werden bzw. nur eine Demarkationslinie bilden. Dadurch eröffnen sich für uns Möglichkeiten, an die Aufgabe zu gehen mit dem Ziel, einen wirklichen und willkürlichen Akt der Besatzimgsmacht zu beseitigen. Bei dieser Gelegenheit ist man sich darüber einig, deutsche Gesichtspunkte am Rhein in den Vordergrund zu rücken. Wir müssen uns klar werden, wohin wir zielen wollen. Wir müssen kommen: 1) zu einer Erweiterung unserer Freiheiten und Rechte, 2) zur Schaffung eines politischen Organs. Wir stimmen darin überein, daß die Richtlinie für das Besatzungsstatut, die uns durch die Generäle gegeben wurden, für uns nicht annehmbar sind. Was die Schaffung einer regierungsähnlichen Vertretung in Westdeutschland anbe) Verhandlungen des Landtages von Württemberg-Baden, 7. 7. 1948, S. Den MinRat hatte Maier bereits am 3. 7. 1948 informiert (Konstanzer, Württemberg, S. 100). 5l ) Die Konferenz der Regierungschefs der amerik. und brit. Zone fand vom 28. 1946 statt; zu den Treffen der Länderchefs zuletzt Gimbel, Die Konferenzen,
SI
1855 ff. Baden2.-1. 3. passim.
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trifft, unter Einbeziehung Berlins, so ist diese Frage nicht so einfach, und wir werden nachher bei der Einzelberatung überlegen, auf welchem Wege wir am raschesten zum Ziel kommen. Angesichts der Uneinigkeit der Alliierten und insbesondere der Sonderanschauung der Franzosen33), wird die Erfahrung lehren, was wir hier erreichen. Wenn wir im anderen Falle die Verfassunggebende Versammlung ungefähr in der jetzigen Form akzeptieren oder einfach als Kommission von etwa 50 Abgeordneten bilden, hätte diese nichts anderes zu tun, als möglichst rasch eine Verfassung oder einen Verfassungsentwurf vorzulegen. Idi bin der Meinung, es sollte keine Verfassung sein, sondern ein Statut, und bin weiter der Ansicht, daß in kurzer Zeit unmittelbar für alle Länder der Westzonen einheitliche Wahlen stattfinden können und eine wirkliche Volksabstimmung durchgeführt wird, aus welcher ein regierungsähnliches Organ erwächst. Ministerpräsident Altmeier: Als letzter in der Reihe der Ländervertreter möchte ich für Rheinland-Pfalz zum Ausdruck bringen, daß wir vor allem den Fortschritt begrüßen, der darin besteht, daß wir — die Vertreter der Länder der französischen Zone — heute offiziell zum ersten Male mit Ihnen an einem Tische sitzen und zwar mit der ausdrücklichen Autorisation durch die drei Militäroberbefehlshaber. Wir erblicken darin einen positiven Fortschritt und haben infolgedessen den begreiflichen Wunsch, daß diese Konferenz der Ministerpräsidenten ihre Aufgabe nicht — wie das eben von einem der Herren betont würde — auf die jetzt durch die Oberbefehlshaber erteilte Ermächtigung beschränkt, sondern daß dieses Organ der Ministerpräsidenten als Zusammenfassung und Sprachrohr der Länder so lange tätig sein soll, bis eine endgültige Gesamtvertretung geschaffen ist 34 ). Bezüglich der Stellungnahme zu den drei Dokumenten brauche ich nicht zu wiederholen, was bereits mehr oder weniger von allen Herren ausgeführt wurde, nämlich die Ablehnung einer Endlösung durch einen Weststaat und eine Verfassunggebende Nationalversammlung bei Anerkennung der Notwendigkeit, die drei Zonen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch verwaltungsmäßig und politisch zusammenzufassen. Hier schlagen wir die Bildung eines Parlamentarischen Rates vor, der die Aufgabe haben soll, einen Vorentwurf auszuarbeiten. Bezüglich der Ländergrenzen stimmen wir damit überein, daß es sich hierbei um eine deutsche Angelegenheit handelt, die infolgedessen von den deutschen Organen zur gegebenen Zeit gelöst werden muß. Wir halten eine Überprüfung
) Zu den Auffassungsunterschieden zwischen den Alliierten ForRel. 1948, II, passim; Rothstein, Voraussetzungen, S. 23 ff.; Schwarz, Bundesrepublik, S. 190 ff. 34 ) Altmeier unterstützt hier den Vorschlag Arnolds (Anm. 20), den er bereits auf einer Vorbesprechung mit Nordrhein-Westfalen akzeptiert hatte unter der Voraussetzung, daß die Einbeziehung der russischen Besatzungszone stärker betont werde, „um den demagogischen Vorwurf einer die deutsche Einheit zerreißende West-Staat-Bildung zurückweisen zu können". (Vermerk von Gumppenbergs über eine Besprechung mit Hermans in Koblenz, Düsseldorf, 4. 7. 1948, HStA Düsseldorf, NW 53-659.) 33
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und Neuformung der Ländergrenzen für erforderlich, weil die jetzigen Grenzen der Länder nicht nadi den wirtschaftlichen und gesdiichtlidien Gegebenheiten, sondern nach den jeweiligen Besatzungsverhältnissen geschaffen wurden. Aber es können bei der Neuformung dieser Grenzen nur deutsche Interessen maßgebend sein. Die Frage der territorialen Neugliederung ist nicht einfach zu lösen und kann daher nicht überstürzt, muß vielmehr von den zukünftigen, demokratisch gewählten Bundesorganen angepackt werden. Sie ist nur zu lösen vom gesamtdeutschen Interesse her, wobei die festzustellenden Wünsche der Bevölkerung im Einklang mit den gesamtdeutschen Interessen für die endgültige Formung der Grenzen maßgebend sein müssen. Ich stimme daher weitgehend mit den Ausführungen der Herren Kollegen Stock und Kopf überein, die nicht „kurzerhand die Dinge über das Knie" brechen wollen; weiterhin auch mit Herrn Kollegen Arnold, der der Meinung war, wir könnten nicht alles auf einmal schaffen. Es muß vor allem jetzt zunächst die Frage der Trizone, der Zusammenfassung der drei Zonen angepackt und schnellstens zu einem guten Ende geführt werden. Für uns im linksrheinischen Gebiet hat die Frage der Ländergrenzen auch noch eine große politische Bedeutung. Wir haben dafür zu sorgen, daß zu jedem Augenblick deutsche Gesichtspunkte gewahrt werden. Das gilt insbesondere für die Pfalz 34a ]. Das Dokument Nr. III erfährt von uns in der französischen Zone eine besondere Beachtung. Was hier im einzelnen durch die Londoner Empfehlungen bzw. durch das Dokument Nr. III niedergelegt ist, insbesondere die Vorbehalte, bedeutet praktisch die Neuerrichtung und Verewigung einer wirtschaftlichen Diktatur über Deutschland. Diese Grundsätze sind nicht möglich. Ich verweise auf den Widerspruch, der darin besteht, daß man zwar von Kontrollen spricht, wobei aber praktisch unter C des Dokumentes und hierbei insbesondere unter b nicht eine Kontrolle, sondern die Durchführung von Befehlen der Militärregierungen festgelegt wird 85 ). Wenn weiterhin die Rede ist von der Demokratisierung des politischen Lebens, insbesondere auf dem Gebiete der Erziehung und der sozialen Beziehungen, so dürfen wir hier auf die für die französische Zone maßgebende Ordonnanz 95
**»] In der Vorbesprechung (vgl. Anm. 34) mit Nordrhein-Westfalen hatte RheinlandPfalz betont, in der Frage der Länder-Neuregelung kurztreten und lediglich das Problem in Württemberg-Baden aufrollen zu wollen, da eine Grenzänderung beträchtliche Gefahren mit sich bringe: Wenn es zur Bildung eines Landes Hessen/ Pfalz komme, dann werde ein sozialdemokratischer Querriegel zwischen Nord- und Süddeutsdiland geschaffen; werde jedoch Rheinland-Pfalz aufgeteilt, ohne daß es zu einer Vereinigung der Pfalz mit rechtsrheinischen Gebieten komme, dann leiste man französischen Tendenzen auf Vereinigung der Pfalz mit dem Saargebiet Vorschub und mache den Rhein in gefährlicher Weise zu einer Grenze, was weder in Nordrhein-Westfalen, noch in Rheinland-Pfalz geschehen dürfe. Vgl. auch die Erörterung der Londoner Empfehlungen im rheinland-pfälzischen Landtag (Berichte, 16. 6. 1948, S. 684 ff.]. M ) S. Dok. Nr. 4, S. 34.
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verweisen 36 ), die auch von der Demokratisierung spricht. Man kann im gegebenen Augenblick alles darunter verstehen, so daß also die im ersten Teil erteilten Vollmachten und Freiheiten praktisch hierdurch wieder aufgehoben werden können. Wir sind der Meinung, daß beim Dokument III die von den Oberbefehlshabern gemachten Vorschläge einzeln zerpflückt und durch Gegenvorschläge ergänzt werden müssen. Trotz unserer großen Bedenken vertreten wir die Auffassung, daß es sich nicht um eine bloße Ablehnung der gemachten Vorschläge handeln kann, sondern daß wir positive Gegenvorschläge ausarbeiten und vorlegen. Dazu sind wir ja aufgefordert und wir sollten reichlichen Gebrauch davon machen. Soweit mein Bericht über Rheinland-Pfalz. Wenn ich nun die bisher geführte Generaldebatte, insbesondere die Berichte und Auffassungen der Herren Ministerpräsidenten zusammenfasse, so darf ich zu meiner Freude feststellen, daß in wesentlichen Fragen durch die Aussprachen bereits eine Übereinstimmung festgestellt werden konnte. Diese absolute Übereinstimmung scheint mir zunächst zu bestehen in der Tatsache, daß niemand der Herren einen Weststaat bzw. eine Verfassunggebende Nationalversammlung wünscht. Übereinstimmung besteht auch darüber, daß wir uns nicht auf eine Ablehnung dieser oder jener Vorschläge beschränken, sondern daß wir — um weiter zu kommen — die gemachten Vorschläge aufgreifen und uns den Oberbefehlshabern zur Verfügung stellen, um diese Vorschläge zu bearbeiten bzw. durch Gegenvorschläge positiv zu gestalten. Übereinstimmung scheint zu bestehen in der Tatsache, daß wir alle eine wirtschaftliche und verwaltungsmäßige Zusammenfassung der drei Zonen wünschen durch die Schaffung eines Provisoriums. Aus der Debatte ist weiterhin die einhellige Auffassung herausgeklungen, daß es sich bei der Länderabgrenzung um eine deutsche Angelegenheit handelt; um eine Frage, die sehr behutsam und vom gesamtdeutschen Gesichtspunkt angepackt werden muß. Die drei Militärbefehlshaber hatten die Notwendigkeit einer Überprüfung der Ländergrenzen durch die Ministerpräsidenten übrigens ja wohl deshalb betont, weil sie von der Schaffung einer Verfassunggebenden Nationalversammlung ausgingen. Dieser Grund entfällt, indem wir eine definitive Staatsbildung ablehnen. Übereinstimmung bestand auch darin, daß die von den Oberbefehlshabern entwickelten Grundsätze eines Besatzungsstatuts abgelehnt werden, weil sie kein Besatzungsstatut darstellen, sondern — wie Ministerpräsident Dr. Ehard ausführte — die Anfänge eines Friedensdiktates. Übereinstimmung besteht schließlich darüber, daß Grundsätze für ein Besatzungsstatut praktisch durch die Konferenz ausgearbeitet werden müssen.
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) Die Ordonnance No. '95 vom 9. 6. 1947, die von der Besatzungsmacht als „vorläufiges Grundgesetz" bezeichnet wurde, legte die Machtbefugnisse der Länder der frz. Zone fest (Journal Officiel, S. 783 f.] ; zu ihrer Bedeutung Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 57 ff. und Konstanzer, Weisungen, S. 207 f.).
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Idi glaube, damit den Versuch gemacht zu haben, die geführte Debatte zusammenzufassen. Wenn keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen werden, dann könnten wir jetzt zur Einzeldebatte über die drei Vorschläge übergehen und dabei prüfen, ob die Bildung der drei Kommissionen jetzt sofort erfolgen soll oder ob man zunächst die Einzeldebatte durchführt. Ministerpräsident Maier: Ich glaube, daß wir in der Frage der Ländergrenzen teilweise anderer Auffassung sind, und ich bitte, daß auch dem Innenminister Ulrich das Wort erteilt wird, um das nähere zu präzisieren. Ministerpräsident Lüdemann: Ich würde vorschlagen, daß wir mit Punkt 3 des Besatzungsstatutes beginnen, also in umgekehrter Reihenfolge, oder daß die Frage der Ländergrenzen an den Schluß kommt. Ministerpräsident Altmeier: Wir würden jetzt in die Spezialdebatte eintreten. Wir waren soeben der Auffassung, daß wir zuerst über das Dokument Nr. III verhandeln sollen, wenn Sie damit einverstanden sind. Staatspräsident Bode schlägt vor, die Einzelberatung den Kommissionen zu überlassen. Es folgt eine kurze Aussprache darüber, ob nunmehr sofort eine Kommissionsbildung oder erst eine Einzelberatung erfolgen soll. Ministerpräsident Altmeier: Ich bin der Auffassung, daß wir den Anregungen Folge leisten, uns in erster Linie in eine Debatte bezüglich des Dokumentes III einzulassen. Innenminister Ulrich: Mit dem Resumé, das der Herr Ministerpräsident Altmeier gezogen hat, können wir im allgemeinen einverstanden sein. Wir würden es dagegen für bedenklich halten, wenn dieses Resumé der Abgrenzung der Länder etwa in die Öffentlichkeit käme. Bei uns in Südbaden ist die Lage völlig unhaltbar. Die Länder Württemberg-Baden sind willkürlich durch die Ziehung der Demarkationslinie in verschiedene Teile zerlegt worden und aus der Bevölkerung kommt der Wunsch nach einer raschen Überwindung dieser willkürlich gezogenen Grenzen. Wenn uns nun die Militärgouverneure ermächtigt haben, von uns aus diese Grenze zu berichtigen, und wir keinen Gebrauch davon machten, so müßte das auf die Gesamtbevölkerung den allerungünstigsten Eindruck machen. Ministerpräsident Ehard warnt vor einem Aufrollen der Grenzfragen. Ministerpräsident Altmeier: Es kann keine Rede davon sein, daß das erste Resumé aus der Aussprache in die Öffentlichkeit kommt. Was in die Öffentlichkeit kommt, wird am Schluß der Beratung im einzelnen festgelegt. Damit schließe ich die Generaldebatte und eröffne die Einzelberatung zum Dokument Nr. III. [EINZELAUSSPRACHE ÜBER DOKUMENT III]
Ministerpräsident Altmeier: Ich betone nochmals die Bedenken der französischen Zone hinsichtlich der zum Besatzungsstatut gemachten Vorschläge. Wir 83
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können in der französischen Zone ein Lied davon singen, was unter diesem Besatzungsstatut verstanden wird. Justizminister Schmid: Ich glaube, daß man das Problem im Gesamtrahmen, in dem dieses Dokument steht, behandeln muß, denn dieses Dokument Nr. III würde die effektive Verfassung bedeuten, die effektive Weise, nach der die Deutschen leben. Ich glaube, daß es so kaum von irgendeiner deutschen Stelle akzeptiert werden könnte. Ich glaube nicht, daß es möglich ist, mit den Begriff fen, die hier gebildet sind, auch mit der Systematik, die hier verwirklicht worden ist, etwas anzufangen. Wenn ich mir einige Bemerkungen erlauben darf, möchte ich sagen, daß erstens nicht klar bestimmt ist, welche Arten von Zuständigkeiten die Deutschen haben sollten, ob eine deutsche Universalzuständigkeit besteht mit Ausnahme der Bereiche, auf denen sie versagt ist, oder ob die Deutschen nur Einzelzuständigkeiten bekommen sollten. Das müßte wohl genau präzisiert werden und natürlich nur in dem Sinne, daß die Vermutung für deutsche Zuständigkeiten zu sprechen hätte. Ich glaube, daß man auf diesen Punkt absolut Nachdruck legen sollte. Ich würde sagen, daß, wenn es nicht gelingt, das zu verwirklichen, es keinen Sinn hat, sich weiter auf das Besatzungsstatut zu legen. (Zwischenruf Ehard: Dann können wir auch kein Verwaltungsstatut machen!) Ich meine, daß man verlangen müßte, daß erstens genau abgegrenzt wird, welche Art von Maßnahmen in formeller Hinsicht die Besatzungsmächte sich vorbehalten, und zweitens, in welchem Grade. Weiter müßte0) bestimmt werden, auf welchem Sachgebiet die Maßnahmen mit dem Grad 1, 2 oder 3 vorgenommen werden können. Weiter scheint es mir notwendig zu sein, daß wir von den Alliierten verlangen, daß die Besatzungszwecke klar definiert werden und zwar exklusiv definiert werden. Ich glaube, daß es dadurch möglich ist, auf der Grundlage dieser allgemeinen Erwägungen sowohl unseren Bedürfnissen Rechnung zu tragen als auch den Alliierten. Es müßte weiter klar bestimmt werden, was nun unter dem Gesichtspunkt der Naturalleistung und der Dienstleistung von den Alliierten gefordert werden kann. Was dann unter Ziffer 3 vorgesehen ist, ist völlig unbrauchbar, man kann damit nichts anfangen37). Jeder Zahlmeister könnte aufgrund dieser Bestimmungen machen, was er wollte. Es muß genau bestimmt werden, was an Leistung gefordert werden kann, zunächst einmal dem Umfang nach. Dieser Umfang müßte im Verhältnis zu den Hilfsquellen des Landes stehen und zweitens müßte ein Verfahren aufgestellt werden, das bestimmend ist für Art, Umfang und Form. Ich glaube, wir in der französischen Zone müßten verlangen, daß die generellen Bestimmungen nur durch die drei Militärgouverneure gemeinsam verhandelt werden, so daß der französischen Zone gewisse Grenzen angelegt werden. Es muß Wert darauf gelegt werden, daß die Besatzungskosten pauschal festgelegt werden müssen, daß eine bestimmte Höhe festgesetzt ist und daß diese Höhe in ein Verhältnis zum Steueraufkommen gestellt werden muß. Es müßte weiter c
) Verbessert aus „müsse".
" ) Gemeint ist Abschnitt A.c (Dok. Nr. 4, S. 34). 84
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meinem Dafürhalten nach dafür Vorsorge getroffen werden, daß hinsichtlich der Reparationsleistungen für die Vorgriffe auf die noch festzulegenden Reparationsverpflichtungen ein besonderes Reditsverfahren geschaffen wird, ein Reditsverfahren, das eine wirksame Beteiligung deutscher Stellen vorsieht. Schließlich sollten wir konsequent verlangen, daß ein Schiedsgericht und ein Vergleichsverfahren angeregt wird. Insbesondere die amerikanische Praxis ist in der Mixed Claimsd) Commission38) vorbildlich dafür, wie man so etwas in einen rechtlichen Zustand einrichten kann, in dem wir uns heute befinden. Die generelle Klausel in B39) sollte anders gefaßt werden. Es handelt sich um eine Generalklausel, wonach die Militärgouverneure die Vollgewalt in ihre Hand zurücknehmen, daß nicht der eine oder andere von sidi aus diesen Notstand bestimmt. Weiter müßte verlangt werden, daß die Befugnisse, die in Anspruch genommen werden können, zeitlich und sachlich begrenzter Art sein müssen. Ministerpräsident Ehard: Idi darf einige Bemerkungen dazu anfügen. Grundsätzlich bin ich damit einverstanden, ich möchte nur einen einzigen Vorbehalt machen: Das ist der Punkt der Reparationen. Ich glaube, von Reparationen sollten wir gar nicht reden. Aber etwas anderes: Es ist zu prüfen, ob wir nicht in dem Zusammenhang eine Bilanz aufstellen müssen, was von unserer Seite aus direkt und indirekt schon geleistet worden ist. Im übrigen sollten wir aber das Wort Reparationen gar nicht aufwerfen. Senatspräsident Kaisen stimmt den Richtlinien zu. Die Festlegung solle dahin gehen, daß die deutsche Regierung auf dem Gebiet des Außenhandels zuständig ist40). Die Militärregierung soll fortlaufend von den Maßnahmen der deutschen Stellen unterrichtet werden. Bürgermeister Brauer wünscht eine Erklärung über den Geist, in dem die Besatzung durchgeführt werden soll. Deutschland soll in dem Geist der AtlantikCharta behandelt werden41). Staatspräsident Wohleb: Die Verbindung der Dokumente I und III muß beseitigt werden. Zu Dokument I könnte der Termin eingehalten werden. Es kommt aber darauf an, ob bis dahin ein Ergebnis zum Dokument III erzielt ist. Wenn das nicht der Fall ist, so nützt uns ein Eingehen auf das Dokument I nichts. ) Vom Bearbeiter verbessert aus Play, einem offensichtlichen Hörfehler. j Die gemäß dt.-amerik. Abkommen vom 10. 8. 1922! (RGBl. 1923, II, S. 113) eingesetzte Dt.-Amerik. Gemischte Kommission zur Feststellung von Forderungen amerik. Bürger an Dtld. für die im ersten Weltkrieg erlittenen Schäden hatte, obwohl nicht paritätisch besetzt, befriedigende Ergebnisse erzielen können (Sdiultheß, Geschichtskalender, 1928, S. 394 f.); vgl. Hb. des Besatzungsredits § 24a, S. 44. 39 ) S. Dok. Nr. 4, S. 34. 40 ) Zur Abhängigkeit des dt. Außenhandels und des Zahlungsverkehrs der Westzonen von alliierten Behörden nach 1945 s. Vogel, Westdeutschland, II, S. 157 ff. und Dok. Nr. 1, Anm. 19. Die Zuständigkeit für den Außenhandel ging erst am 15. 10. 1949 auf dt. Behörden über (Pünder, Interregnum, S. 250 ff.; Hb. des Besatzungsredits § 45). 41 ) Die Erklärung Roosevelts und Churchills vom 14. 8. 1941 hatte außer gemeinsamen Kriegszielen auch Grundsätze für eine künftige Friedensordnung formuliert (Deuerlein, Einheit, S. 303 f. und Trüge), Die Atlantik-Charta, in: EA, 1951, S. 4219 ff.). d
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Ministerpräsident Stock wünscht Festlegungen bzgl. der Fragen der Außenhandelsstellen, des Patentschutzes und des Konsularwesens. Weitere Wortmeldungen liegen nidit vor. Die Debatte über Dokument III wird geschlossen. Ministerpräsident Aitmeier schlägt Bildung der Kommission zu Dokument III vor. Die Kommission soll neben dem Vorsitzenden aus 6 Mitgliedern bestehen und zwar aus jeder Zone 2 Mitglieder. Bürgermeister Brauer schlägt vor, 6 Mitglieder, Vorsitzender Ministerpräsident Ehard. Ministerpräsident Maier und Senatspräsident Kaisen regen Zuziehung weiterer Sachverständiger an. Ministerpräsident Altmeier schlägt für die französische Zone Justizminister Dr. Schmid und Finanzminister Dr. Hoffmann vor, für die englische Zone werden vorgeschlagen: Senatssyndikus Dr. Sieveking und Minister Dr. Spiedcer, für die amerikanische Zone Justizminister Dr. Beyerle und Staatssekretär Dr. Brill 42 ). Dem Ausschuß ist es unbenommen, Sachverständige zu hören. Ministerpräsident Kopf wirft die Frage auf, ob nicht zu einzelnen ungeklärten Punkten die Verbindungsoffiziere der Militärregierungen gehört werden sollen. Ministerpräsident Maier teilt mit, daß ein Anruf ergeben habe, daß die drei Herren in Frankfurt zur Verfügung stünden 48 ]. Gegenüber Dr. Klaiber ist jedoch erklärt worden, General Robertson habe sich mißverständlich ausgedrückt, es seien im Augenblick keine weiteren Erörterungen seitens der Besatzungsmächte zu machen. Ministerpräsident Altmeier Nr. II.
eröffnet nunmehr die Generaldebatte zu Dokument
[EINZELAUSSPRACHE ÜBER DOKUMENT II] Staatspräsident Wohleb betont nochmals die Notwendigkeit einer Bereinigung der Verhältnisse zwischen Württemberg und Baden. Die Frage könne aber nicht von heute auf morgen erledigt werden. Die sofortige Zusammenlegung der beiden Länder ist infolge des bereits eingetretenen Auseinanderlebens der beiden Verwaltungen schwierig. Es taucht die Frage der Übernahme der Verfassung
4!)
Mitglieder der Kommission zur Beratung des Dok. III waren: MinPräs. Ehard, Vorsitz (Bayern); SenSyn. Sieveking (Hamburg); StS Brill (Hessen); LMin. Spiedcer (Nordrhein-Westfalen); FMin. Hoffmann (Rheinland-Pfalz); JMin. Beyerle (Württemberg-Baden); JMin. Schmid (Württemberg-Hohenzollern). Ergänzt wurde die Kommission durch die drei Finanzminister Hilpert (Hessen), Strickrodt (Niedersadisen), Sehende (Schleswig-Holstein). S. Dok. Nr. 24, S. 400. 4S) Zu den Besprechungen mit alliierten Verbindungsoffizieren am 10. 7. 1948 auf dem Rittersturz unten S. 135. 86
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des einen Landes auf das andere auf oder die Schaffung einer neuen Länderverfassung. Diese Belastungen sind für den Augenblick zu sdiwer, die Frage soll aber in Angriff genommen werden. Präsident Wohleb lehnt für seine Person ab, als Staatspräsident in dieser Frage eine Entscheidung zu treffen. Die Frage sei nicht so dringlich, daß sie in den nächsten vier Wochen zu einer Entscheidung kommen müsse. (Bravo!) Bürgermeister Brauer ist der Auffassung, daß es eine Frage ist, die in nächster Zeit nicht gelöst werden kann. Ministerpräsident Altmeier verweist auf den Wortlaut des Dokumentes II und weiter auf seine Erklärung, die er im Landtag zur Frage der Kompetenzen der Ministerpräsidenten hinsichtlich dieser Frage gegeben hat44). Ministerpräsident Stock: Die Frage zu Dokument II ist eine hochpolitische. Es muß gesagt werden, daß der Rhein keine Grenze bildet und daß über die für Deutschland wesentlichen Grundlagen gesprochen werden muß. Ministerpräsident Kopf: Auch zu Dokument II muß ein besonderer Ausschuß eingesetzt werden, vor allem, weil wir uns nicht darauf beschränken wollen, was uns als Aufgabe gestellt ist, sondern darüber hinaus initiativ werden sollen. Es müßte geprüft werden, ob diese Frage im Augenblick unbedingt notwendig wäre. Ministerpräsident Altmeier: Die Kommission kann nicht den Auftrag haben, der in Dokument II gestellt ist, aber sie kann unabhängig davon Vorschläge machen. Bürgermeister Brauer: Der Ausschuß zum Dokument II muß sofort an die Arbeit gehen. Er kann feststellen, daß in einer bestimmten Frage eine sofortige Lösung notwendig ist, daß dagegen für andere Fragen noch Monate Zeit gebraucht werden. Justizminister Sdimid: Eine Lösung der Grenzfrage in der Südwest-Ecke ist dringlich, um die unnatürliche Zerschneidung durch die Besatzungsgrenze zu
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) Altmeier hätte im rheinland-pfälzischen Landtag erklärt: „Wenn zum Beispiel die Londoner Empfehlungen sidi auf den Standpunkt stellen, daß die Neuabgrenzung und territoriale Umformung der deutschen Ländergrenzen eine Angelegenheit der Zonenbefehlshaber sei, die diese nadi Anhörung der Ministerpräsidenten von sich aus regeln könnten, so müssen wir einer derartigen Auffassung schärfstens widersprechen. Diese Neuformung und Neuabgrenzung der deutschen Länder ist eine ausschließlich deutsche Angelegenheit. Nur deutsche Interessen können dafür maßgebend sein und nicht die offenbar vielfach divergierenden Interessen der verschiedenen Besatzungsmächte. Ich halte mich daher [ . . . ] als Ministerpräsiden t nicht für befugt, an einer durch die Besatzungsmädite erfolgenden territorialen Neugliederung Deutschlands auch nur durch die Erstattung eines Gutachtens irgendwie mitzuwirken. Die Frage der territorialen Neugliederung, die keineswegs einfach zu lösen ist und auch daher nicht überstürzt werden darf, kann nur von den zukünftigen demokratisch gewählten gesamtdeutschen Bundesorganen entschieden werden. Solange diese Bundesorgane noch nicht bestehen, muß es bei dem gegenwärtigen Zustand verbleiben. [ . . . ] " (Berichte, 16. 6. 1948, S. 687f.).
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überwinden. Wirtschaftlich und aus Verwaltungsgründen ist der gegenwärtige Zustand nicht aufrechtzuerhalten. Die Ministerpräsidenten haben zwar* für Änderungsvorschläge keinen demokratischen Auftrag, aber den Auftrag von der Stelle, von der sie ihre Autorität ableiten, von der Militärregierung. Jetzt gibt die Militärregierung den neuen Befehl, die durch den ersten Befehl erzeugte Fehlbildung zu korrigieren 6 ]. Bürgermeister Brauer: Vorschlag zum Vorsitzenden der Kommission: Ministerpräsident Kopf. Ministerpräsident Kopf schlägt als Vorsitzenden Staatspräsidenten Bode vor. Senatspräsident Kaisen schlägt Ministerpräsident Stock vor. Bürgermeister Brauer schlägt vor, einen unparteiischen zum Vorsitzenden zu bestimmen.
Ministerpräsidenten
Ministerpräsident Kopf schlägt Lüdemann vor. Beschluß: Ministerpräsident Lüdemann Vorsitzender. Mitglieder für die französische Zone: Dr. Süsterhenn und Bode; für die amerikanische Zone Innenminister Ulrich, Staatsrat Apel und Pfeiffer; für die britische Zone: Dr. Katzenberger und Haas 45 ). Ministerpräsident Lüdemann führt aus, daß der Ausschuß zwei Aufgaben zu erfüllen hat, um diese als Antwort der Militärregierung vorzulegen. Ministerpräsident Altmeier
eröffnet nun die Generaldebatte zum Dokument I.
[EINZELAUSSPRACHE ÜBER DOKUMENT I]
Bürgermeister Brauer führte aus, daß die Wahl einer Verfassunggebenden Versammlung ein Umweg ist. Wir sind uns darüber einig, den Weg abzukürzen und Grundsätze für die Festsetzung einer Wahlordnung und den Entwurf eines Grundgesetzes 46 ) mit all den Beschränkungen gegenüber einer echten Verfassung auszuarbeiten mit endgültiger Annahme nachher durch ein Parlament, das dann die Regierung bildet und die ordnungsmäßigen Regierungsgeschäfte führt. Bürgermeister Brauer: Wenn die Besatzungsmächte erklären, daß dieser Weg e) Verbessert aus „Fehlbindung". 45 )
Mitglieder der Kommission des Dok. II waren: MinPräs. Lüdemann, Vorsitz (Schleswig-Holstein); StMin. Pfeiffer (Bayern); StR. Haas (Bremen und Hamburg); StR. Apel (Hessen); MinDir. Katzenberger (Nordrhein-Westfalen); JMin. Süsterhenn (Rheinland-Pfalz); IMin. Ulrich (Württemberg-Baden); StPräs. Bode (WürttembergHohenzollern). 40 ) Zum W o r t „Grundgesetz", das nunmehr in die Debatte eingeführt wurde, Maier: „Das Dokument I hatte eine Verfassunggebende Versammlung vorgeschlagen. Verfassung gehört aber zu den Requisiten eines regelrechten Vollstaates. Einen solchen wollten wir aber gerade nidit. Da kam irgendjemand mit dem W o r t „Grundgesetz" an Stelle von Verfassung [ . . . ) . Wie vom Himmel gefallen stand das W o r t vor uns und bemächtigte sich unserer Köpfe und Sinne, gewiß nicht der Herzen. Machten wir doch ein „Grundgesetz", das keinen Vollstaat voraussetzt [ . . . ] (Erinnerungen, S. 62).
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mit den Londoner Beschlüssen47) nicht zu vereinbaren ist, daß dann die Londoner Abmachungen sdieitern würden, dann stehen wir vor einer neuen Situation, zu der wir Stellung nehmen müssen. Ministerpräsident Ehard: Wir haben noch keine klare Linie. Nach Dokument I ist eine Verfassung vorgesehen, nach der sich Regierungen entwickeln sollen. Das soll abgelehnt werden, weil man eine endgültige Verfassung nicht will. Es soll jetzt also eine Wahlordnung und ein Grundgesetz gemacht werden. Wir müssen uns aber klarwerden, mit welchem Ziel das geschehen soll. Auch die vorläufige Organisation muß gewisse Regeln haben. Es müssen also Grundregeln aufgestellt werden, die die Zuständigkeiten verteilen, die ein Organ schaffen, das Gesetzgebungsbefugnis hat und das Zusammenspiel in dieser Organisation regelt. Nebenbei kann gesagt werden, dieses Instrument soll auch eine Wahlordnung und auch den Entwurf zu einer künftigen Verfassung aufstellen. Das scheint mir aber nicht ganz logisch. Die endgültig gewordene Verfassungsversammlung wird den ersten Entwurf in den Papierkorb werfen. Wir müssen uns klarwerden, wollen wir eine Regierung oder wollen wir es nicht. Wir müssen unbedingt der Organisation zustreben, die die drei Zonen zusammenfaßt und die den jetzigen unmöglichen Zustand der Bizone beseitigt. Die französische Zone wird sich nie zu einer Trizone zusammenschließen lassen in der Weise, daß sie den Wirtschaftsorganisationen in Frankfurt beitritt 48 ). Auf staatsrechtlichem und politischem Gebiet besteht bisher überhaupt keine Zusammenfassung, und die müssen wir schaffen. Es ist die Frage, wer macht das. Nachdem die Ministerpräsidenten schon die Ermächtigung haben, das Ganze in die Wege zu leiten, dann sollten sie auch diese Grundregeln machen. Sie brauchen hierzu eine parlamentarische Körperschaft, die das beschließt. Es kann kein vorläufiges Statut geschaffen werden, ohne daß man weiß, was endgültig werden soll. Senatspräsident Kaisen will die Vorläufigkeit betont wissen, wünscht aber andererseits, daß nicht der Wählerschaft das Recht genommen wird, die endgültige Entscheidung zu treffen. Es muß durch indirekte Wahl eine Verfassunggebende Körperschaft-gebildet werden. Dann werden Wahlen ausgeschrieben, dann kann ein Parlament kommen, und aus diesem Parlament ergibt sich die Volksvertretung. Ministerpräsident Ehard wirft die Frage auf, soll die gewählte Körperschaft erst beschließen, was mit dem Grundgesetz oder vorläufigen Grundgesetz erfolgt? Das ist ein umständlicher Umweg. Außerdem ist es das, was sie nicht wünschen, daß es zu einer endgültigen Sache führt. (Zurufe: nein.) " ) S. Dok. Nr. 1. 4B) Der Zusammenschluß der drei Zonen sollte nach der in London akzeptierten frz. Auffassung erst nach Schaffung einer westdt. Verfassung durchgeführt werden. Wie die Franzosen hatten auch die Bayern erhebliche Vorbehalte gegenüber dem zentralistischen „Frankfurter Spuk", so daß man hoffte, mit Hilfe der Frankfurter Dokumente von der „ohne Zweifel vorhandenen Wirtschaftsdiktatur in Frankfurt, die sich zu einer zentralistischen Staatsdiktatur entwickle", wegzukommen (Sitzungen des bayer. MinRates, 3. und 5. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11 und Gimbel, Besatzungspolitik, S. 248 ff.).
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Justizminister Schmid: Ich glaube, wir sind darin einig, 1) daß die drei Westzonen zusammengefaßt werden zu einer administrativen und wirtschaftlichen Einheit, daß also ein vereinigtes Wirtschafts- und Verwaltungsgebiet, um es so zu nennen, geschaffen wird. Idi glaube, wir sind uns weiter einig, daß dieses Gebilde ausgestattet wird mit einer Legislative und einer Exekutive und daß diese zueinander in einem Verhältnis stehen sollen, wie dies in einem demokratischen Gebilde üblich ist. 2] daß dieses Gebilde kein Staat sein soll. Das soll zum Ausdruck gebracht werden dadurch, daß man sich bei der Schaffung dieses Gebildes beschränkt auf die Schaffung eines Zwedcverbandes administrativer Qualität, daß man weiter bei der Bildung dieses Gebildes alles vermeiden muß, was nolens volens zu einer Staatsbildung führen müßte, also z. B. eine „Verfassunggebende" Versammlung. Der einfachste und sauberste Weg, in dem die politische Realität ihren Ausdruck, findet, wäre, wenn man den Besatzungsmächten sagt: Ihr seid die Inhaber der Obersten Gewalt. Was geschieht, geschieht letzten Endes durch Euch. Wir wollen aber doch aus dem Stadium heraus, daß uns die Formen unserer Existenz vorgeschrieben werden. Aus diesem Dilemma könnte man herauskommen, indem man sagt: Wir sind bereit, die Dinge selber zu machen und auf demokratischem Wege sicherzustellen. Wir wollen die natürlichen Erzeuger sein. Wenn die natürlichen Erzeuger dieses Kindes die Deutschen selber sind, ergeben sich folgende Gesichtspunkte: 1) Die Legitimität für ein Vorgehen von deutscher Seite, 2) wäre damit zum Ausdruck gebracht, daß dieses Gebilde der Tatsache der Besetzung seine Entstehung verdankt. Ich glaube, es könnte die Möglichkeit bestehen, daß eine auf indirekte Weise gebildete Körperschaft einen Ausschuß von 50 bis 60 Personen bestimmt zur Schaffung eines Organisationsstatuts und gleichzeitig eines Wahlgesetzes zu einer Gesetzgebenden Versammlung. Dieses Wahlgesetz und damit auch der Einsatz der Gesetzgebenden Versammlung müßte von den Alliierten erlassen werden. Jemand anderes kann ein Wahlgesetz heute noch nicht erlassen. Es besteht ja keine Spitze. Die Ministerpräsidenten könnten auch nur dazu ermächtigt werden. Ich glaube nicht, daß das schon eine Ermächtigung in diesem Sinne bedeutet, was im Dokument I steht. Wenn dieses Wahlgesetz erlassen wird, kann gewählt werden. Dann hätte man eine Gebietsversammlung. Die könnte zu ihrer Aufgabe den Aufbau des Verwaltungsstatuts nehmen. Es taucht die Frage auf, wer dem Verwaltungsstatut die rechtliche Sanktion erteilt? Das könnte so geschehen, daß in dem Wahlgesetz gleichzeitig bestimmt wird, daß das Resultat dieser Gebietsversammlung nach Beschluß und Genehmigung durch die Besatzungsmacht in Rechtskraft erwachsen soll. Ich glaube, daß man auf diese Weise die Schaffung dieses Verwaltungs- und Wirtschaftsgebietes, dessen Organisation und damit ein demokratisches Verfahren zur Herstellung der Grundlagen dieses Gebildes erzielt, ohne in die Gefahren zu verfallen, nun einen westdeutschen Staat oder ein Westdeutschland zu schaffen. 90
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Ministerpräsident Arnold: Der 60er Ausschuß soll aus den Landtagen gewählt werden. Seine Aufgaben sollen sein: 1) Ausarbeitung allgemeiner Grundsätze für ein Statut und 2) die Bearbeitung eines Wahlgesetzes für kommende allgemeine Wahlen. Wenn diese Arbeiten abgeschlossen sind, soll eine aus unmittelbarer Wahl hervorgegangene Versammlung gebildet werden. Wenn die gewählte Versammlung die Arbeiten der 60er Kommission nicht akzeptiert, dann ist sehr viel Zeit nutzlos vertan. Der Zustand der weltpolitischen Lage hängt aber in weitem Umfang davon ab, wie weit die deutschen Ministerpräsidenten die Initiative entwickeln. Ministerpräsident Ehard: Was soll geschehen, wenn uns die gewählte Versammlung ein zentralistisches Gebilde hinsetzt und die Länder übergangen werden? Es ist weit besser, ein vorläufiges Grundgesetz zu machen und die Länder über dessen Annahme oder Ablehnung abstimmen zu lassen. Wenn nach den bisherigen Vorschlägen verfahren würde, dann hätten wir das, was wir nicht wollen, nämlich den Weststaat mit allen Wirkungen, die sich daran knüpfen müssen. Bürgermeister Brauer: Es ist die Fraget ob wir in Deutschland demokratisch verfahren wollen oder [ob] wir die breitenMassen der Wähler von der wirklichen Entscheidung ausschließen wollen. Wir müssen möglichst noch in diesem Jahre eine aus allgemeinen Wahlen hervorgehende Versammlung in Deutschland haben. Die Vorläufigkeit der von einer solchen Versammlung gefundenen Lösungen kann in der Präambel mit aller Deutlichkeit zum Ausdrude gebracht werden. Es würde von furchtbaren Wirkungen auf die Stimmung der Welt sein, wenn der Eindruck entstände, daß die Ministerpräsidenten den Weg der allgemeinen Wahlen der wirklichen Demokratisierung verbauen wollen49). Ich sehe in allen deutschen Parteien den Willen, daran zu arbeiten, dieses Deutschland nicht zentralistisch aufzubauen00). Ich bin dafür, daß dieses Parlament — mag es Unterhaus heißen oder wie es will — gebildet wird. Ich kann nur warnen vor diesen Dingen. Die Entpolitisierung wird noch weitere Folgen annehmen. Sie werden keine Autorität für diese Zentralleitung haben. ) Im Gegensatz zur CDU hatte die SPD lange Zeit direkte Wählen für eine Verfassunggebende Versammlung gefordert (Dok. Nr. 4, Anm. 7), erst Ende Juni/Anfang Juli war sie aber bereit, indirekte Wahlen für einen vorbereitenden Verfassungsausschuß zu akzeptieren (Sörgel, Konsensus, S. 26 ff.). Brauer hielt jedoch entgegen der Verabredung auf der SPD-Vorbesprechung in Niederwald (Anm. 13) vorerst noch an der Forderung nach 'allgemeinen Wahlen fest und änderte seine Ansicht erst auf der MinPräs.-Koiiferenz in Niederwald (Dok. Nr. 11, S.. 181;. vgl. auch Mitteilung des Hamburger Senats an die Bürgerschaft, 13. 8.1948). 5,)) Alle demokratischen Parteien bekannten sich zu einem föderalistischen Verfassungssystem; über die Ausprägung des föderativen Prinzips bestanden jedoch erhebliche Auffassungsunterschiede (Otto, Staatsverständnis, S. 19 ff.; Sörgel, Konsensus, S. 55 ff. mit Abdruck wichtiger Verfassungsvorentwürfe der Parteien, S. 263 ff.). Die verfassungsrechtlichen und -politischen Überlegungen der Parteien werden in einem weiteren Bande dieser Edition vorgelegt.
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Staatspräsident Bock: Wir sind auf dem besten Weg, das Gebäude der Trizone zu zertrümmern. Wir brauchen für die Gesetzgebung ein Organ, und wir brauchen für die Verwaltung ein Exekutivorgan. Der einfachere Weg scheint der zu sein, daß wir den drei Militärgouverneuren vorschlagen: eine Verfassung wollen wir nicht, wir wollen keinen Wähltermin und keine Wahlverfahrensbestimmungen. Was wir wollen, ist eine Zonenvertretung. Diese Zonenvertretung heißt: Zonenversammlung, die in mittelbarer Weise von den einzelnen Ländern gewählt wird. Damit haben wir zunächst diese Zonenversammlung, und diese Zonenversammlung ist ausgestattet mit dem Gesetzgebungsrecht. Wenn man Einwände bringt, daß das nicht demokratischen Grundsätzen entspräche, daß man diese Zonenversammlung mittelbar durch die Landtage zusammenbringt, so halte ich den Einwand für nicht berechtigt. Wir haben in WürttembergHohenzollern seinerzeit die Verfassunggebende Landesversammlung gehabt, die haben wir auch in mittelbarer Wahl zustande gebracht, indem die Kreisversammlungen die Angeordneten zur beratenden Landesversammlung gewählt haben51). Wir haben audi Gewicht darauf gelegt, daß wir demokratisch unsere Institutionen darstellen und auch demokratisch regieren. Wir haben jetzt diese Zonenversammlung, und diese kann doch von sich aus in ihrer Wahl die Exekutive bestellen, dann haben wir alles, was wir braudien, das ist ein sehr einfacher Weg, der uns rasch zum Ziele führt; und das Gebot der Raschheit ist außerordentlich dringend, denn wenn man erst jetzt das Provisorium schafft, und das Provisorium soll das, was es ausgearbeitet hat, einem Plebiszit unterbreiten, dann würde es noch länger als ein Jahr dauern, dann kann unsere Währung kaputt gegangen sein und das Ergebnis des ganzen Planes kaputt gegangen sein, dann können wir in Württemberg-Hohenzollern vor die Hunde gehen, statt endlich in die wirtschaftliche und verwaltungsmäßige weitere deutsche Ebene vorzustoßen. Justizminister Süsterhenn: Meine Herren! Es gibt zwei Methoden, eine Verfassung, eine Ersatzverfassung in die Welt zu setzen. Einmal ist das der Weg des Plebiszits und zweitens der Weg über eine demokratisch direkt gewählte Versammlung. Uns drängt an sich die Sorge im Herzen, so schnell wie möglich etwas zu schaffen. Der schnellste Weg, etwas zu schaffen, ist der, anzuknüpfen an das, was zunächst einmal als politischer Ansatzpunkt im Augenblick gegeben ist. Das ist zweifellos die Konferenz der Ministerpräsidenten, die allgemein als Sprachrohr bejaht worden ist. Diese Konferenz der Ministerpräsidenten müßte einmal erhalten bleiben und so lange in Funktion treten, bis auf demokratischem Wege die Ersatzverfassung geschaffen ist. Den Ministerpräsidenten müßte eine Fünfziger-Kommission an die Seite gesetzt werden mit der Aufgabe, zunächst in Zusammenarbeit mit der Konferenz der Ministerpräsidenten all das zu tun, was geeignet ist, um so schnell wie möglich die Angleichung, die Koordinierung oder die Unifizierung der Wirtschaft innerhalb der Trizone in die Wege zu leiten. Daneben könnte ein Entwurf für eine Ersatzverfassung und auch ein Wahlgesetz zusammen mit dem Rat der Ministerpräsidenten ausgesl)
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S. Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 46 ff.
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arbeitet werden, und man könnte dann diesen Entwurf der Ersatzverfassung zur Volksabstimmung stellen. Auf diese Art und Weise kämen wir sofort zu einem Organ, das die Einheit der Trizone repräsentiert, d. h. das den Rat der Ministerpräsidenten unterbaut. Er könnte einen Ersatzverfassungsentwurf ausarbeiten und auf dem Wege der Abstimmung könnten wir zu einer einwandfreien Regelung kommen. Ministerpräsident Lüdemann: Für die Trizone kann nur ein Statut gemacht werden. Der Charakter dieser Satzung ergibt sich aus der Beschränktheit ihres Inhalts. Ith kann mir keine andere Körperschaft denken, die Ansehen genug besitzen würde, um einer solchen Satzung Geltung zu verschaffen. Nun gibt es zwei Wege: Eine aus einer unmittelbaren Wahl hervorgegangene Volksvertretung, eine föderative Vertretung der Länder und eine Verwaltungskörperschaft. Ich habe schon vorgeschlagen, daß man der Verfassunggebenden Versammlung die Vollmachten einer Volksvertretung geben würde, um ein Verwaltungsorgan zu schaffen. Das wäre der eine Weg. Wenn wir aber uns anschicken wollen, in Anlehnung an die Empfehlungen der Militärgouverneure die kleinere Verfassunggebende Versammlung zu schaffen, würden wir diese nur als eine Kommission betrachten. Dies würde aber lauten: Es wird eine unmittelbar gewählte Volksvertretung geschaffen, und diese Kommission hat die Aufgabe, für diese Versammlung das Wahlverfahren zu bestimmen. In den letzten Monaten dieses Jahres könnten wir diese unmittelbar gewählte Volksvertretung schaffen. Damit könnte man das Hauptziel erreichen, um zu einer politischen Vertretung der Bevölkerung Westdeutschlands zu kommen. Innenminister Renner: Von allen Dokumenten ist das Dokument I das politischste. Das ist das Dokument, an dem die Regierungen der Alliierten das größte Interesse haben. Es ist das Dokument, das auf der Londoner Konferenz unter den größten Schwierigkeiten zustandegekommen ist. Die Meinungsverschiedenheiten sind groß52). Eines wollen wir alle: Wir wollen die Möglichkeit für eine Trizonenverwaltung schaffen. Ich glaube, es wäre das Beste, sich an das Dokument I zu halten. Ich glaube nicht, daß wir hier wesentliche Abänderungen erreichen. Die französische Militärregierung würde den Vorschlägen, die hier zum Teil von einigen Herren gemacht wurden, niemals zustimmen58). 1. Es sollte vorgeschlagen werden, daß nicht in jedem Land das Verfahren anders sein kann. Der Dreizonenausschuß wird aus den Landtagen gewählt. 2. Wenn nachher ratifiziert wird, sollte für die Ratifizierung auch ein einheitliches Verfahren stattfinden.
" ) Vgl. ForRel. 1948, II, S. 107, 131 ff., 257 ff. und passim; Clay, Entscheidung, S. 438 ff. und Rothstein, Voraussetzungen, S. 27 ff. 58 ) Frankreich lehnte direkte Wahlen ab, s. Willis, The Frendi, S. 50 ff. und Einleitung, S. XVI.
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3. Kann es nicht sein, daß ein Drittel der Länder, z. B. Bremen, Hamburg, SüdWürttemberg, Süd-Baden und Sdileswig-Holstein, die noch nidit einmal ein Drittel der Einwohner der Bizone haben, das Zustandekommen verhindern können. Deshalb müßte es heißen: sobald die Verfassung von zwei Drittel der Länder ratifiziert ist, dürfte die Ablehnung nur dann kommen, wenn die Länder, die nidit ratifiziert haben, mindestens die Hälfte der Abstimmenden ausmachen. Da wir einen Zweckverband gründen wollen und keinen Staat, können wir uns mit diesem Verfahren einverstanden erklären. Diese Begründung verstärkt unsere Position, die dahin geht, keinen Staat, sondern nur ein Verwaltungsgebiet zu schaffen. Auf keinem anderen Weg kommen wir zu einer Dreizonenverwaltung. Deshalb geht mein Vorschlag dahin, sich an dieses Dokument I zu halten, mit den von mir vorgeschlagenen drei Änderungen, insbesondere, daß nidit die kleinsten Länder das Zustandekommen dieses Statuts verhindern können. Justizminister Katz glaubt, daß die Einwendungen nicht stichhaltig sind. Die erste Einwendung war, dieses Verfahren würde zu lange dauern. Dieses Statut kann beschlossen werden innerhalb von sechs Wochen und dann kann im November oder Dezember gewählt werden. Spätestens im September könnte dann die Wahl durch die Landtage erfolgt sein. Der zweite Einwand von Herrn Ministerpräsidenten Arnold, daß unter Umständen die später gewählte Verfassung dieses Dokument ablehnen könnte, ist unwahrscheinlich. Die dritte Frage, daß wir eine demokratische Institution haben müssen, wird von uns allen bejaht. (Zwischenruf:
Wird nicht bejaht!)
Ich habe bei Herrn Kollegen Ehard nicht gesehen, in weither Weise er das Volk beteiligen will. Zu irgend einer Zeit muß etwas eingeschaltet werden, was Bismarck mit dem Reichstag gemacht hat, oder was die Nationalversammlung gemacht hat. Wir werden eine Zweikammerverfassung bekommen. Daß eine Extraratifizierung durch die Länder erfolgen soll, halte ich nicht für notwendig, denn bei der Volksversammlung von 1919 ist auch keine Ratifizierung durch die Länder erfolgt54). Ministerpräsident Maier: Verfassungen sind nie vom ganzen Volke, sondern immer nur von einzelnen Persönlichkeiten geschaffen worden. Bezüglich des Verwaltungsstatutes als Organ der Länder denkt niemand von uns daran, ein Zentralstatut aufzubauen. Es will jeder von uns die erste und zweite Kammer. Ich glaube, ich darf das von allen annehmen. Ob man das, was das Dokument Nr. I bringt, Verfassunggebende Versammlung heißt, ob wir es Verwaltungsstatut heißen oder wie es jetzt im Vorschlag der Wählergesellschaft
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) Die Verfassung von Weimar wurde am 31. 7. 1919 durch Abstimmung in der Nationalversammlung angenommen; die einzelnen Länder oder der Staatenaussdiuß als Vertretung der Länder hatten kein Ratifizierungsredit, haben dann aber doch der Verfassung zugestimmt und auf ihre Reservatredite verzichtet (Härtung, Verfassungsgesdiichte, S. 321).
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als Satzung bezeichnet wird, ist gleidi55). Es ist uns audi nicht ganz wohl bei dem, was eigentlich im Kreise dieses Gremiums beschlossen wird. Man kann sagen, es sind dieselben Parteien, die es beschicken, aber eine Volkswahl wird ganz andere Persönlichkeiten herausstellen als diese Delegierten, weil die Parteien für eine Volkswahl ja nun ganz andere Persönlichkeiten vorschlagen müssen. Sie wissen ja, wie es zugegangen ist bei den Wahlen zum Wirtschaftsrat56). Es sind in erster Linie politisch geschulte Leute, aber auch absolut unbeschriebene Blätter gewählt worden. Wir, die Ministerpräsidenten, müßten unsere Konferenz in Permanenz erklären, uns ein Statut geben, wie es nun in diesem Falle geschehen ist. Ich glaube, daß wir dann auch davor geschützt sind, daß sich aus diesen Maßnahmen, die wir zu ergreifen haben, eine unlösbare Lage ergibt, denn die Gesamtlage ist doch eine äußerst gefahrvolle. Mit dem 1. 4.1949 läuft der Marshall-Plan ab57). Wir wissen nicht, ob die Nahrungsmittelhilfe uns weiter zufließt. Und Zeit müssen wir gewinnen. Ministerpräsident Ehard: Wir sind uns darüber einig, daß wir eine Demokratie aufbauen wollen, daß wir nach demokratischen Grundsätzen vorgehen wollen. Aber ich muß, so sehr ich die Ausführungen Bürgermeister Brauers schätze, zu meinem Bedauern folgendes sagen: Ich glaube, wir befinden uns in einem grundsätzlichen Gegensatz. Herr Bürgermeister Brauer sagt, der Wille des Wählers kann in einer Demokratie in Deutschland nur dadurch wirklich zur Geltung kommen, daß man eine aus allgemeiner Wahl hervorgegangene Versammlung schafft und diese Versammlung entscheiden wird. Ich bin der Auffassung nicht. Der Wille des Wählers kann auch auf andere Weise zur Geltung kommen. Ich bin nicht der Meinung, daß die Ländervertretungen Halbvertretungen sind und daß hier der Wille des Wählers nicht zur Geltung gekommen sei. Bitte, meine Herren, was wollen Sie? Man kann verschiedene Wege gehen. Sie sind aufgezeichnet, und ich darf den Versuch machen, sie Ihnen plastisch darzustellen. Sie wollen möglichst bald ein aktionsfähiges Organ, das gleichzeitig, sagen wir, demokratisch-parlamentarisch untermauert ist. Dann könnten wir
" ) Zur Aktivität der Wählergesellschaft, die für das Personen- und Mehrheitswahlrecht sowie für direkte Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung eintrat, Sternberger, Die große Wahlreform, passim; vgl. auch die Stellungnahme der Wählergesellschaft zu den Frankfurter Dokumenten und den Koblenzer Beschlüssen vom 17. 7. 1948 (BA Z 4/121, Bl. 74; Mitteilungen der Dt. Wählergesellschaft, Juli und August 1948, S. 8). t e ) Die Mitglieder des WiR. für das VWG waren durch indirekte Wahlen nach den in den Länderparlamenten bestehenden politischen Kräfteverhältnissen bestimmt worden (Pünder, Interregnum, S. 98). Diesen Auswahlmodus ironisierend schrieb z.B. Dolf Sternberger: „So ist auch zuvor der Frankfurter Wirtsdiaftsrat in aller Stille von den Länderparlamenten - unter maßgeblicher Mitwirkung der Parteivorstände - besetzt worden, unter Ausschluß des Volkes. Damm gilt er auch in der ahnungslosen oder ahnungsvollen breiten Masse zumeist als eine Behörde und gerade nicht als eine Volksvertretung." (NZ, 8. 7.1948). *7) Der Marshallplan war im ersten Jahr auf eine Laufzeit vom 1. 4. 1948 bis 31. 4. 1949 festgelegt worden (Vogel, Westdeutschland, II, S. 264).
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den Weg gehen, der vorgeschlagen ist. Sie bringen diese Versammlung zustande aus indirekten Wahlen, aus den Landtagen, damit es schnell geht. Sie geben diesem Organ die Möglichkeit, ein Grundgesetz aufzustellen. Sie versuchen, seine Zuständigkeit auszuweiten in der Form, daß gewissermaßen ein gesetzgebendes Organ daraus entsteht. Dann können Sie sagen: sdiön, die Frage der Verfassung eilt niciit. Wir können sie gleichzeitig nebenbei laufen lassen. Das wäre eine Lösung. Dabei müssen wir uns aber klar sein, daß man damit grundsätzlich abweicht von der Linie, die das Dokument I vorsieht, und von der Linie, die in den Londoner Konferenzen mühsam zustandekam. Und wir müssen uns darüber klar sein, daß es kaum wahrscheinlich ist, daß wir hierzu die Genehmigung der Besatzungsmädite bald bekommen. Sie können einen zweiten Weg gehen. Wenn dieser zweite Weg audi abweicht von Dokument I, haben wir zu unterscheiden: Wie komme ich zu dem Grundgesetz, wie komme ich zu der Aufstellung der Regeln, die eine möglichst demokratische Organisation mit Regierung und Parlament herausstellen. Das könnten Sie machen. Sie könnten eine indirekt gewählte Versammlung, wie sie vorgesehen ist, aus 50, 60 oder mehr Vertretern zusammenstellen und sagen, dieses Organ soll über das Grundgesetz einen Beschluß fassen, soll die Regel aufzeigen, nach der man marschiert. Dann müßte dieser zustandekommende Beschluß von irgend jemand, und damit gebe ich Herrn Bürgermeister Brauer recht, bestätigt werden. Der einfachste Weg ist, wenn man durch die Länder, die Landtage oder durch eine Volksabstimmung eine Entscheidung herbeiführen läßt. Dann hätten Sie absolut eine einwandfrei demokratisch zustandegekommene Regelung. Sie werden mir nicht sagen wollen, daß die Grundgesetze und Verfassungen, die durch eine aus indirekter Wahl hervorgegangene Versammlung beschlossen werden, undemokratisch sind. Ich meine, man darf nicht sagen, Demokratie ist nur das, was ich mir vorstelle, sondern man wird sagen müssen, es gibt verschiedene Wege. Ich erkenne an, daß der Weg, den Herr Bürgermeister Brauer vorschlägt, ein durchaus demokratischer Weg ist. Ich erkenne nicht an und bestreite aufs heftigste und leidenschaftlichste, daß der Weg, den ich damit vorschlage, undemokratisch ist. Dazu sind die Vorbilder zu plastisch und noch zu stark vor unseren Augen. Das wäre zunächst das Zustandekommen des Grundgesetzes. Wir haben die Regel, bei der ersichtlich sein müßte, welches sind die Zuständigkeiten der Zentrale zu den Ländern, wo ist das Gesetzgebungsorgan, wo ist die Vertretung der Länder; denn wir wollen eine föderative Verfassung; wo ist die Regierung und wie kommt sie zustande? Ich kann nach den Regeln, die festgesetzt sind, nennen wir es einen Reichstag oder einen Bundesrat, zustande kommen lassen. Sie können aus diesem Gebilde heraus wachsen lassen eine Regierung und haben eine Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen der Zentrale und den Ländern. Darüber brauchen wir nicht zu streiten, daß diese Zentrale Zuständigkeiten haben muß und daß sie Gesetzgebungsfunktion haben muß. Jetzt gäbe es noch einen dritten Weg. Und vielleicht wäre dieser dritte Weg, so wie die Verhältnisse liegen, noch der einfachste, denn auch der zweite Weg bedarf einer gewissen Modifizierung. Nehmen Sie doch gleich das erste Verfahren und handeln Sie danach, dann kommen 96
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Sie zu dem, was idi als zweiten Weg vorgeschlagen habe. Vielleicht geht es so schneller. Nennen Sie es vorläufig Grundgesetz. Ich warne davor, dieses Grundgesetz durch eine aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Versammlung beschließen zu lassen, denn damit dokumentieren Sie eindeutig, daß Sie etwas schaffen, was die Zerreißung Deutschlands in Ost und West dokumentiert. Das können Sie nicht hinwegdiskutieren. Es ließe sich der Standpunkt einbauen, etwa eintretende Fehler auszugleichen. Wir hätten sehr bald die Möglichkeit, zu einem Grundgesetz zu kommen, und ferner die Möglichkeit, dieses Grundgesetz demokratisch durch die gewählten Vertreter oder durch die Wähler selbst bestätigen zu lassen, und drittens, eine möglichst schnelle Volksregierung zu bilden. Zu den Ausführungen des Herrn Dr. Katz darf ich sagen: Glauben Sie, daß eine solche vorläufige Versammlung so schnell zu einem Ergebnis führt? Eines werden Sie doch glauben. Haben Sie den Mut zu sagen: Wir, die Ministerpräsidenten, sind der Meinung, daß dieses Grundgesetz die vorgeschriebene Linie einhalten muß, dann geht die Sache schnell. Glauben Sie denn, daß die von Ihnen gedachte — aus einer Wahl hervorgegangene Versammlung — übernimmt, was eine vorläufige Versammlung entworfen hat? Nie! Es ist ein Traum, wenn Sie es glauben. Im Herbst wird dieses Grundgesetz kommunistisch und nationalistisch sehr stark beeinflußt sein, und die Parteien werden darauf, wenn sie in dieser Hinsicht auch Einmütigkeit beweisen, keinen Einfluß haben, denn die Verhältnisse sind stärker als wir 58 ). Stellen Sie sich die Auswirkungen der Währungsreform mit den Kündigungsmöglichkeiten, der Arbeitslosigkeit vor. Wir wissen noch nicht, wie die Sache mit dem Marshall-Plan geht59]. Wir wollen doch nicht darüber streiten, ob es allein Demokratie ist, wenn ich das Grundgesetz durch eine aus direkter Wahl hervorgegangene Versammlung bestätigen lasse, oder ob es auch Demokratie ist, wenn ich es anders mache. Das sind beide Wege, die ich vorgezeichnet habe, aber der erste Weg hat den Mangel, daß wir die Ostzone unmittelbar von der Westzone hinwegreißen. Es wurde allgemein der Vorschlag gemacht, sich zu vertagen. Ministerpräsident Altmeier: Die Kommission soll morgen um 9.00 Uhr zusammentreten und die Konferenz im Anschluß daran um 11.00 Uhr. Verschiedene Konferenzteilnehmer äußerten den Wunsch, der Presse davon Mitteilung zu machen, daß man sich in zwei Punkten geeinigt habe.
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) Vgl. audi die Ausführungen Ehards vor seinem Kabinett am 12. 7. 1948: Gegen die Idee der Sozialdemokraten, zunächst ein Vorparlament zur Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfs und einer Wahlordnung zu bilden und diese dann durch eine aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Nationalversammlung bestätigen zu lassen, habe er sich aufs Heftigste gewehrt, da die ganz anders zusammengesetzte Nationalversammlung den Verfassungsentwurf sicherlich ablehnen und neugestalten würde; dann sei man aber gerade da, wo man nidxt hinwolle, nämlich auf dem Weg zu einer zentralistisdien Regelung (Sitzungsprot., GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). M ) S. Anm. 57. 97
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Ministerpräsident Altmeier wird die Presse empfangen und die z. Zt. möglichen Erörterungen führen60). Bürgermeister Brauer: Idi halte es für gegeben, sich heute schon darüber schlüssig zu werden, wie wir die Kommission zusammensetzen und wie groß wir die Kommissionen machen. Vorschlag: Diese Kommission soll mindestens mit einem Vertreter aus jedem Land besetzt werden und Ministerpräsident Arnold den Vorsitz führen. Ministerpräsident Maier schlägt ebenfalls Ministerpräsidenten Arnold als Vorsitzenden vor. Ministerpräsident Altmeier ist der Meinung, daß Ministerpräsident Ehard ebenfalls dieser Kommission angehören sollte. Beschluß: Ministerpräsident Arnold ist Vorsitzender, und je ein Vertreter des Landes wird dem Büro benannt. Angehörige der Kommission: Württemberg-Hohenzollern: Innenminister Dr. Renner; Baden: Staatspräsident Wohleb; Schleswig-Holstein: Justizminister Dr. Katz; Hessen: Ministerpräsident Stock; Niedersachsen: Ministerialdirektor Dr. Danckwerts; Rheinland-Pfalz: Innenminister Steffan. Schluß: 20.05 Uhr. [2. Verhandlungstag Freitag,] 9. 7.1948, Beginn: 12.15 Ministerpräsident Altmeier eröffnete die Sitzung und machte den Vorschlag, die Debatte über das Dokument Nr. I wieder aufzunehmen. [KOMMISSIONSBERICHT UND STELLUNGNAHME ZU DOKUMENT I]
Ministerpräsident Arnold: Wir müssen unter allen Umständen zu einer Übereinstimmung kommen. Ich habe einen Vorschlag ausgearbeitet, der zu einer Übereinstimmung führen kann81). 1. Die Ministerpräsidenten nehmen die ihnen übertragenen Vollmachten wahr, durch die sie in die Lage versetzt werden, mit den Militärregierungen zu verhandeln und die Interessen der deutschen Bevölkerung wahrzunehmen. 2. Die Einberufung einer deutschen Nationalversammlung und die Ausarbeitung einer deutschen Verfassung bleiben zurückgestellt, bis die Voraussetzungen für eine gesamtdeutsche Regelung gegeben sind und die deutsche Souveränität in ausreichendem Maß wieder hergestellt ist. 60)
In der Pressekonferenz betonte Altmeier vor mehr als 100 in- und ausländischen Journalisten u. a., die MinPräs. hätten noch kein abschließendes Ergebnis, aber über weite Strecken bereits Meinungskonsens erreicht; zur weiteren Klärung seien drei Kommissionen eingesetzt worden (AZ, 9. 7.1948, WAZ, 10. 7.1948). " ) S. die verschiedenen Vorentwürfe sowie die von Arnold offensichtlich für die Kommissionssitzung ausgearbeiteten Fassungen, die sidi inhaltlich sehr stark an seiner Kabinettsvorlage vom 3. 7. 1948 (Anm. 20) orientierten (HStA Düsseldorf, NW 53-656).
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3. Die Ministerpräsidenten werden den Landtagen der drei Zonen empfehlen, einen Parlamentarischen Rat zu wählen, der die Aufgabe hat, ein Organisationsstatut für das Besatzungsgebiet der Westmächte und ein Wahlgesetz für eine demokratische Vertretung auszuarbeiten. 4. Hat der Parlamentarische Rat diese Aufgaben erfüllt, werden die Ministerpräsidenten die Gesetze den Landtagen der drei Zonen mit ihrer Stellungnahme zur Ratifizierung zuleiten. 5. Nach erfolgter Annahme der Gesetze durch die Landtage der drei Zonen werden die Ministerpräsidenten zu dem frühest möglichen Zeitpunkt — voraussichtlich noch vor Ablauf des Jahres 1948 — einen Wahltermin bestimmen, um in unmittelbaren Wahlen die vorgesehenen Organe für die demokratische Vertretung wählen zu lassen. 6. Die gewählte demokratische Vertretung wird dann das für die drei Westzonen vorgesehene gemeinsame Exekutivorgan bestellen. Ich habe mir diesen Gedankengang durch den Kopf gehen lassen und bin der Meinung, mit diesem Vorschlag würden wir ganz klär vorwärts kommen und ein ganz klares Ziel erreichen. Mit diesem Vorschlag würden wir darüber hinaus keinerlei Zeit verlieren und sofort praktische Arbeit leisten können. Bürgermeister Brauer: Wir müssen alles versuchen, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen, weil ich es für außerordentlich bedeutungsvoll halte, einen gemeinsamen Vorschlag den Besatzungsbehörden vorzulegen. Ich möchte zunächst sagen, wo wir jetzt schon eine Übereinstimmung erzielt haben mit dem, was Herr Ministerpräsident Arnold vorgetragen hat. Wir sind durdiaus damit einverstanden zu sagen, daß die Einberufung einer deutschen Nationalversammlung und die Ausarbeitung einer deutschen Verfassung zurückgestellt bleiben, bis die Voraussetzungen für eine gesamtdeutsche Regelung gegeben sind. Es ist aus der Debatte hervorgegangen, daß wir in dieser Frage nicht verschieden denken und den gleichen Standpunkt einnehmen. Zu Punkt 1 mödite ich sagen, daß man es damit genug sein lassen soll, wenn man sagt: Die Ministerpräsidenten nehmen die ihnen durch die Frankfurter Proklamation übertragenen Vollmachten wahr, und damit soll man Schluß machen. Wir sind auch noch mit Nr. 6 einverstanden. Idi darf Ihnen sagen, wo wir abweichender Meinung sind und unsere Formulierung so fassen, die aber leider noch nicht vorliegt. Ich werde sie in der Mittagspause fertigen lassen. Zu Punkt 3 werde ich folgende Formulierung vorschlagen: Die Ministerpräsidenten werden den Landtagen der drei Zonen empfehlen, eine Vertretung zu wählen, die die Aufgabe hat, a) ein Grundgesetz für die einheitliche Verwaltung des Besatzungsgebiets auszuarbeiten. b) ein Wahlgesetz für eine trizonale gesetzgebende Versammlung auszuarbeiten, die aus allgemeinen Wahlen hervorgeht. Die Vertretung soll nach den ziffernmäßigen Vorschlägen des Dokuments Nr. I gebildet werden und spätestens bis zum 10. 9. 1948 zusammentreten. Die Ar99
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beiten dieser Vertretung sollen so beschleunigt werden, daß die W a h l zu einer parlamentarischen Gesamtvertretung der drei Zonen noch im Laufe des Jahres 1948 durchgeführt werden kann. Das Grundgesetz muß außer der aus allgemeinen Wahlen hervorgehenden parlamentarischen Gesamtvertretung der drei Zonen eine bei der Gesetzgebung mitwirkende Vertretung der Länder vorsehen. Ich werde dafür sorgen, daß unsere abweichenden Vorschläge beschleunigt vervielfältigt werden 6 2 ], und hoffe, daß wir in der Mittagspause die Möglichkeit haben, noch einmal zu versuchen, ob wir nicht unsere beiden Auffassungen zu einer einheitlichen zusammenfassen können.
•2) Der Alternativvorschlag Brauers hatte folgenden Wortlaut (Anl. 1 a des Konferenzprot.): 1. Die Ministerpräsidenten nehmen die ihnen durch die Frankfurter Proklamation übertragenen Vollmachten wahr. 2. Die Einberufung einer deutschen Nationalversammlung und die Ausarbeitung einer deutschen Verfassung bleiben zurückgestellt, bis die Voraussetzungen für eine gesamtdeutsche Regelung gegeben sind und die deutsche Souveränität in ausreichendem Maße wiederhergestellt ist. 3. Die Ministerpräsidenten werden den Landtagen der drei Zonen empfehlen, eine Vertretung zu wählen, die die Aufgabe hat, a) ein Grundgesetz für die einheitliche Verwaltung des Besatzungsgebiets der Westzonen auszuarbeiten, b) ein Wahlgesetz für eine trizonale Gesetzgebende Versammlung auszuarbeiten, die aus allgemeinen Wahlen hervorgeht. Die Vertretung soll nach den ziffernmäßigen Vorschlägen des Dokuments Nr. I gebildet werden und spätestens bis zum 1. September 1948 zusammentreten. 4. Die Wahlen zur trizonalen Gesetzgebenden Versammlung sollen noch im Laufe des Jahres 1948 durchgeführt werden. 5. Das Grundgesetz muß außer der aus allgemeinen Wahlen hervorgehenden Gesetzgebenden Versammlung eine bei der Gesetzgebung mitwirkende Vertretung der Länder vorsehen. 6. Erste Eventualität (Bürgermeister Brauer): Das Grundgesetz muß durch die Gesetzgebende Versammlung und durch die Ländervertretung (Ziffer 5) bestätigt werden. Zweite Eventualität (Ministerpräsident Arnold): Das Grundgesetz und das Wahlrecht werden von den Ministerpräsidenten den Landtagen der Länder zur Ratifizierung vorgelegt. Sie treten in Kraft, wenn zwei Drittel der Landtage die Gesetze ratifiziert haben. Dritte Eventualität (Bürgermeister Kaisen): Hat die aus den Landtagen gewählte Vertretung (Ziffer 3) ihre Aufgabe erfüllt, so werden die Ministerpräsidenten die Gesetze mit ihrer Stellungnahme und evtl. der Stellungnahme ihrer Landtage den Militärgouverneuren zur Ratifizierung zuleiten. Vierte Eventualität (Dokument Nr. I): Die Ratifizierung des Grundgesetzes in jedem beteiligten Land erfolgt durch ein Referendum, das eine einfache Mehrheit der Abstimmenden in jedem Land erfordert. Das Referendum soll gleichzeitig mit der Wahl zur Gesetzgebenden Versammlung stattfinden. Wenn das Grundgesetz von zwei Dritteln der Länder ratifiziert wird, tritt es für alle Länder in Kraft. 7. Die Gesetzgebende Versammlung soll alle Funktionen erfüllen, die einem demokratisch gewählten Parlament zukommen. 8. Die Gesetzgebende Versammlung wird das für die drei Westzonen vorgesehene gemeinsame Exekutivorgan bestellen. 100
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[TEILNAHME VON PARTEIVERTRETERN AN DEN BERATUNGEN]
Minister Müller: Ich habe angeregt, daß die Herren der Parteien im Räume anwesend sein können. Diese Herren der Parteien haben wichtige Verantwortungen zu übernehmen. Die Parteien sollten die Möglichkeit haben, die Gespräche hier mitzuverfolgen63). Der Herr Präsident hat das abgelehnt. Ich würde doch vorschlagen, daß Sie meinem Vorschlage zustimmten. Ministerpräsident Altmeier: Ich bin von den Beschlüssen ausgegangen, die wir gestern gefaßt haben. Es liegt an uns, über den Vorschlag des Herrn Ministers Dr. Müller zu befinden. Persönlich bin ich der Meinung, daß wir an der gestrigen Auffassung festhalten. Bürgermeister Brauer: Meine Herren, es geht darum, eine gemeinsame Lösung zu finden, und es wäre eine unerhörte Erleichterung für uns, wenn die Vertreter der politischen Parteien — es handelt sich ja nur um vier Personen — den Verhandlungen folgen können und im Interesse der schnellen Lösung der Aufgaben, zumindesten bei der Behandlung des Dokumentes I anwesend sein könnten. Ich bitte daher, diese Herren als Gäste zuzulassen64). Ministerpräsident Altmeier: Das würde bedingen, daß grundsätzlich der Teilnahme der offiziellen Vertreter der Parteien zugestimmt wird. Minister Müller: Wir haben heute Nacht bemerkt, daß wir einander näher gekommen sind. Wir wollen doch praktisch weiterkommen und nicht an Kleinigkeiten scheitern65). Ministerpräsident Altmeier: Sie können darüber abstimmen. Ich persönlich werde nicht zustimmen. Ministerpräsident Ehard: Wir sind in ein Stadium getreten, in dem man gewissen Gefühlsmomenten Rechnung tragen muß. Ich glaube, es gäbe eine gewisse Entspannung, wenn wir diese Herren, die schon einmal da sind, hören. Wenn es notwendig ist, können wir ja trotzdem intern verhandeln oder auch außerhalb dieses Kreises zusammentreten. Wir gehen ja nicht ab von unserem
) Die Spitzengremien von SPD und CDU/CSU hatten sich nicht nur in die politische Vorbereitung der Rittersturz-Konferenz eingeschaltet (Anm. 12, 13), sondern auch ihre führenden Vertreter, Ollenhauer, Josef Müller und Adenauer nach Koblenz geschickt, um auf die Beratungen Einfluß nehmen zu können (AZ, 9. 7., 10. 7. 1948; Sopade, 1948, VII, S. 81; Sörgel, Konsensus, S. 41 f.; Vogelsang, Option, S. 164 ff. sowie Einleitung, S. XXXVIII f.). M ) Es handelte sich um Ollenhauer, Adenauer und die von Josef Müller mitgebrachten CSU-Politiker, den stellvertr. Landesvorsitzenden August Haussleiter und den Landtagsabgeordneten Schefbeck {FR, 20. 7. 1948). *5) Während nach dem ersten Konferenztag die Auffassungen der MinPräs. noch erheblich auseinandergingen und in wichtigen Punkten ein Majoritäts- und Minoritätsvotum zu drohen schien {Sitzung des bayer. MinRates vom 12. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11), kam es in nächtlichen Besprechungen zwischen den MinPräs. (vor allem Kopf, Arnold und Carlo Sdimid) und den Parteivertretern {Ollenhauer, J. Müller, Adenauer) zu einer Annäherung der Standpunkte (FR, 10. 7. 1948; Maier, Erinnerungen, S. 61). 6S
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Grundsatz. Es sprechen n u r die Ministerpräsidenten, u n d nur auf ihren Vorschlag w ü r d e das W o r t a n irgend einen dieser Herren erteilt werden, der mit ihnen gekommen ist. Ministerpräsident A r n o l d : Ich bin der A u f f a s s u n g , daß wir grundsätzlich keine Bedenken h a b e n sollten, w e n n die Herren der Parteien zugelassen w ü r d e n . Falls die Debatte es als notwendig erweisen w ü r d e , allein zu verhandeln, d a n n ist das immer möglich. Ministerpräsident Altmeier: Ich bitte zu berücksichtigen, daß es sich nicht u m die offiziellen Vertreter der Parteien handelt, sondern u m solche, die zufällig von der CSU da sind 60 ]. Minister Müller protestiert. Ministerpräsident Altmeier: Ich w e h r e mich dagegen, daß Personen an dieser Sitzung teilnehmen, die rein zufällig hier sind. Hier tagen die Ministerpräsidenten. Ministerpräsident Maier: Meine Herren, wir untergraben unsere eigene Stellung, w e n n wir den Boden dieser Institution verlassen 6 7 ]. Ich halte es aber f ü r richtig, bei der großen politischen Bedeutung der Sache, die Herren Parteiführer möglichst unmittelbar mitwirken zu lassen. Ich schlage vor, zu diesem Zweck einen Ausschuß zu bilden, bestehend aus dem H e r r n Vorsitzenden, dem H e r r n Bürgermeister Brauer u n d H e r r n Ministerpräsidenten Arnold. Diese H e r r e n sollen einmal mit den Herren, die hier in Frage kommen, verhandeln. Ministerpräsident E h a r d : Machen wir es so, daß die beiden großen Gruppen es besprechen u n d sich dann aufeinander abstimmen, d a n n ist die Frage gelöst. Bürgermeister Brauer: W i r k ö n n e n durchaus so verfahren, daß w i r bei der Tagung verschiedene Möglichkeiten schaffen. Wir tagen geschlossen n u r mit den Ministerpräsidenten oder wir stellen die Öffentlichkeit her. Lassen Sie die Öffentlichkeit teilnehmen, d a n n m ü s s e n w i r eine erfolgreiche Verhandlung schaffen. Ministerpräsident Altmeier: W e n n wir diese zweite oder dritte Möglichkeit schaffen, w e n n wir ggf. das Bedürfnis haben, davon Gebrauch zu machen, d a n n m ü s s e n wir das zunächst beschließen u n d d a n n den P a r t e i f ü h r e r n Gelegenheit geben, die offiziellen Vertreter der Parteien hierher zu rufen. Zur Öffentlichkeit w ü r d e d a n n auch die Presse gehören, aber k o m m e n wir d a n n weiter? ,6
) Vgl. Anm. 64 und auch den Bericht des Rheinischen Merkur vom 17. 7. 1948: „Zur Koblenzer Konferenz hatte Herr Müller - contra Ehard - eine eigene Delegation mitgebracht, die nach der Beanstandung ihrer Anwesenheit durch einen Ministerpräsidenten wie festgenagelt auf ihren Stühlen sitzen blieb". •') Maier war ein Gegner der unmittelbaren Mitwirkung der Parteien an den Min.Präs.-Konferenzen und lehnte die üblidien parteipolitischen „Fraktionssitzungen der Ministerpräsidenten" ab. Deshalb waren auch keine liberalen Parteiführer in Koblenz erschienen, da die Kombination von MinPräs.-Konferenzen mit Parteisonderkonferenzen die Verantwortung verlagere und die Regierungschefs zu Parteibeauftragten degradiere (Erinnerungen, S. 59; FR, 13. 7. 1948 und Einleitung, S. XXXIX f.). 102
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Ich möchte den Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Ehard aufgreifen, daß wir die Debatte bis Mittag weiterführen und dann, soweit erforderlich, einen Termin festsetzen. Ministerpräsident Ehard: Eine sachliche Bemerkung: Ich lege entscheidendes Gewicht darauf, daß folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden: In Dokument I steht, daß die Ratifizierung dieses, nennen wir es Organisationsstatut — durch die Länder erfolgt, und diesen entscheidenden Gesichtspunkt können Sie nicht zum Fenster hinauswerfen. In dieser Sache gibt es hier keine Konzessionen, wenn Sie wirklich ernstlich an den föderativen Aufbau gehen wollen, schon in Rücksicht auf die Lage im Osten. Bedenken Sie, daß Sie sich in den europäischen Raum eingliedern wollen. Sie dürfen das nicht in der letzten Entscheidung einer aus allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Versammlung überlassen. Ich habe nie irgend welche Einwände dagegen gemacht, wenn das Statut steht, wählen zu lassen. Aber, zur Festlegung dieses Statuts können Sie die Mitsprache der Länder nicht ausschalten. Sie ist vom Standpunkt des föderativen Aufbaues unentbehrlich. Sie scheint mir auch vom Standpunkt der Besatzungsmächte aus gesehen notwendig. Wenn Sie das nicht machen, werfen Sie das ganze Dokument I über den Haufen. Dann können Sie gleich wählen lassen und geben der neuen Versammlung den Auftrag, eine Verfassung zu machen. Das ist etwas ganz anderes. Ich lege entscheidendes Gewicht darauf, daß das Signum dieses Organisationsstatuts durch die Länder daruntergesetzt wird. Ministerpräsident Lüde mann: Ich habe nur die Absicht, im Rahmen der Geschäftsordnung etwas zu sagen, und möchte midi nicht auf eine Auseinandersetzung mit Herrn Kollegen Ehard über die Frage der föderativen Einschaltung der Länder einlassen. Ich habe geglaubt, es sei die Frage der Hinzuziehung von Parteivertretern aufgeworfen. Darüber müssen wir uns jetzt verständigen. Ich halte es für notwendig, wegen der Bedeutung der zu beratenden Dinge, daß die einzelnen Ministerpräsidenten im Einvernehmen mit den Parteien handeln und würde vorschlagen, die Parteien zuzulassen. Wir dürfen nun in dieser Frage nicht ungerecht sein. Für uns als Sozialdemokraten bestände ohne weiteres die Möglichkeit, unseren Parteivorsitzenden, Herrn Ollenhauer, der anwesend ist, hinzuzuziehen. Wir wissen nicht, wie das bei den anderen Parteien ist. Wir wollen kein Unrecht schaffen. Staatspräsident Wohleb: Ich muß nach Badena] ein Telefonat führen und den zuständigen Herrn bitten. Dasselbe gilt wohl für den Kollegen Bock68). Ministerpräsident Ehard: Diskutieren wir nicht mehr. Wir werden uns zunächst vertagen, dann kann das Gesprädi weitergeführt werden. Ich würde es für zweckmäßig halten, dann könnte sich die eine oder andere Gruppe zusammen-
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) Vom Bearb. verbessert aus „Württemberg". ) Wohleb wollte wohl den CDU-Vorsitzenden von Baden, Anton Dichtel, benachrichtigen; CDU-Vorsitzender von Württemberg-Hohenzollern war damals Gebhard Müller, der spätere Staatspräsident.
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finden und die Sache besprechen09). Es wird keine Schwierigkeiten madien, den Herrn Kollegen Dr. Maier zu informieren, der sich selbst seine Meinung bilden kann. Wir werden sehen, ob wir zu einem Ergebnis kommen. Wann die einzelnen Gruppen zu diesen Besprechungen bereitstehen, das überlassen sie Ihnen. Wenn wir uns hier in dem Kreis der Ministerpräsidenten allein verantwortlich fühlen und geeinigt haben über I, II und III, dann wäre ich der Meinung, daß man so prozediert, daß wir zunächst nach Hause gehen, um dort mit den Kabinetten und Landtagen70), evtl. auch den Parteien sprechen, und dann können wir uns in der 2. Hälfte der kommenden Woche wieder treffen. Das ist sehr leicht möglich und zwar deswegen, weil am Donnerstag in Frankfurt Länderrat ist71). Wir müssen doch noch mal zusammenkommen und können gleich sagen, ob wir soweit sind, um dann den Generälen einen Vorschlag zu madien. Dann haben Sie alles, was eingeschaltet werden kann. [FORTSETZUNG DER AUSSPRACHE ÜBER DOKUMENT I]
Senatspräsident Kaisen: Ich sage, die Sache ist im Grunde genommen sehr einfach, ohne daß wir hier gegeneinander reden und große Wortgefechte führen, die m. E. gegenstandslos sind. Der Vorschlag des Ministerpräsidenten Arnold zu Punkt 4, „hat der Parlamentarische Rat diese Aufgabe erfüllt", kann man in der Form fassen, daß wir einfach sagen: „Hat der Parlamentarische Rat diese Aufgabe erfüllt, die wir ihm gegeben haben, so gibt er den Auftrag zurüdc". Ich bin der Meinung, daß die Landtage eingeschaltet werden. Lassen Sie uns diesen fürchterlichen Irrweg vermeiden. Beschließen Sie doch, dann sind wir in fünf Minuten fertig und können die Sache damit belassen. Bürgermeister Brauer: Meine Herren, wenn Sie die beiderseitigen Vorschläge abwägen, sehen Sie: Wir haben im Prinzip eine gemeinsame Linie getroffen. Es bleibt der eine Punkt: Wie soll dieses Statut gemacht werden?
) Ehard hat hier offensichtlich die seit Jahresfrist vor wichtigen Entscheidungen praktizierten „Fraktionssitzungen" der MinPräs. im Sinne (vgl. Anm. 67). 70 ) Ehard selbst berichtete seinem Kabinett unter Teilnahme von Landtagspräs. Horlacher am 12. 7. 1948, informierte allerdings das Plenum des Landtags vorerst noch nicht, sondern lediglich den Länderratsausschuß und den Hauptaussdiuß des Senats (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). In anderen Ländern wurde das Koblenzer Konferenzergebnis - außer in den Kabinetten - sogleich in den Landtagen ausführlich debattiert: Hess. Landtag, 13. 7. 1948, S. 1476 ff.; Nieders. Landtag, 13. und 14. 7. 1948, S. 1985 ff.; Nordrhein-Westfalen, 14. und 15. 7. 1948, S. 629 ff.; Württemberg-Hohenzollern, 13. 7.1948, S. 408 ff. In den übrigen westdt. Parlamenten wurde zur Koblenzer Konferenz erst nach Abschluß aller Verhandlungen Stellung genommen: Badischer Landtag, 5. 8. 1948, S. 2 ff.; Bayer. Landtag, 30. 7. 1948, S. 1228 ff.; Bremische Bürgerschaft, 12. 8. 1948, S. 319 ff.; Bürgerschaft zu Hamburg, 18. 8. 1948, S. 492 ff.; Landtag von RheinlandPfalz, 29./30. 7. 1948, S. 661 ff.; Schleswig-Holsteinischer Landtag, 9./10. 8. 1948, S. 6 ff.; Landtag für Württemberg-Hohenzollern, 29. 7. 1948, S. 490 ff. 71 ) Sitzung des LR des VWG am 15. 7. 1948 (BA Z 4/523, Bl. 308; Z 4/211, Bl. 99). 6B
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Im Dokument I heißt es, daß die Ratifizierung in jedem Lande erfolgen soll. Durch die Referenden soll eine einfädle Abstimmung in jedem Lande erfolgen. Staatspräsident Wohleb: wird!
Voraussetzung ist, daß eine Verfassung geschaffen
Bürgermeister Brauer: Ob Sie das Organisationsstatut oder Verfassung nennen, das ist gleichgültig. Das, was wir als Grundgesetz schaffen, bedarf doch der Zustimmung der Wähler in jedem Lande nach dem Willen der Militärregierung, bedarf eines Plebiszits. So ist die Prozedur gedacht nach dem Dokument. Wir sagen: Kein Plebiszit. Wir sagen: In unserem Vorschlag kommt das Interesse der Länder zum Zug. Es ist nicht so, daß die Länder bei der Bestätigung etwa völlig ausgeschaltet sind. Nun kommt die Frage, ob unser Weg der bessere ist. Ich kann mir auch denken, daß man die Frage der Wahl mit dem Stimmzettel verbindet, indem man in dem Referendum zu diesem Vorschlag Ja oder Nein sagt. Dafür gibt es ja Beispiele bei den Wahlen in Hessen usw., wo man diese Sache ebenfalls mit der Abstimmung der Verfassung und zugleich mit den Neuwahlen verbunden hat72). Es gibt eine Summe von Möglichkeiten. Es müßte möglich sein, ohne die Interessen der Länder zu unterdrücken, daß wir eine Formel finden, der wir alle zustimmen könnten. Ich glaube, wir sollten versuchen, noch einmal in unseren Besprechungen eine gemeinsame Formel zu finden. An und für sich sind wir der Meinung, daß nach dem Dokument in allen Ländern abgestimmt werden sollte. Hier ist der Vorschlag gemacht, daß die Landtage abstimmen sollen. Ich sage nur: Wir haben diese Möglichkeit. Sie wünschen, Herr Kollege Ehard, „ich will nicht einer parlamentarischen Vertretung, diesem neugewählten Parlament diese Aufgabe zuweisen, nachher wird diese sagen: Was kümmert uns dieses Grundgesetz?" Sie befürchten, daß dabei die Länder mit ihren Interessen zu kurz kommen. Ich bin der Meinung, daß wir diese Lösung finden sollten. Wenn beide Häuser des neuen Parlamentes, die direkt gewählt sind, und die Ländervörtretung, wenn die beide zustimmen, dann ist es Gesetz. Ministerpräsident Ehard: Ich sehe hinsichtlich dieser Lösung eine Gefahr, wenn Sie ein solches Parlament wählen. Ich will eine endgültige Lösung haben, dieses neue Parlament soll das gesetzgebende Organ sein. Ich bitte, daß ein endgültiges Statut kommt. Bürgermeister Brauer: Würden Sie den Weg des Dokumentes gehen wollen und können? Ministerpräsident Ehard: Das wäre möglich. Ministerpräsident Arnold: Wir können unsere Vorschläge, die beide hier vorgetragen wurden, nur auffassen als Gegenvorschläge zum Dokument I. Das ist ein Vorschlag, eine Verfassung zu konstituieren, das Volk zu fragen usw. Die-
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) In Hessen hatte am 1. 12. 1946 ein Volksentscheid über die Verfassung mit gleichzeitiger Wahl des ersten Landtages stattgefunden (Territorien-Ploetz, II, S. 773). 105
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sen Weg wollen wir nicht, wir wollen nur ein Organisationsstatut, ein Gesetz. Wir müssen dann sagen: Lassen wir uns das als Gesetz auffassen, so daß wir nidit in den Landtagen Stellung nehmen müssen. Das ist unsere Stellung. Dann kann die Militärregierung hier mit uns gehen, und die Sadie ist in Ordnung. Ministerpräsident Ehard: Dieser Vorschlag hat insofern zuletzt etwas Bestechendes, weil die Ministerpräsidenten letzten Endes nur zustimmen werden, wenn sie die Zustimmung des Landtags bekommen. Die Schwierigkeit liegt darin, daß wir ein Organisationsstatut auf Grund einer Proklamation bekommen. Wir haben keine Gesetzgebungsbefugnis. Wir sind uns einig, die Ministerpräsidenten haben nicht die Befugnis, ein solches Statut zu machen. Dagegen haben die Parlamente bzw. Landtage die Befugnis, und dann braucht die Besatzung nur noch ihren Stempel darunter zu drücken, „genehmigt" oder nicht. Wenn Sie den Weg gehen, den Senatspräsident Kaisen vorschlägt, dann müssen wir die Besatzungsmacht bitten, eine Proklamation zu machen, damit das Statut zum Gesetz wird. Bürgermeister Brauer: Meine Herren! Die Währungsreform hat in Berlin chaotische Zustände geschaffen. Die Schwierigkeiten, mit denen der Magistrat ringt, sind ungeheuer groß73). Er hat sich an uns in einem dringenden Appell mit der Bitte einer finanziellen Hilfe gewandt. Dieser Kredit soll nicht unter 100 Millionen D-Mark liegen. Die Finanzminister der Länder sollen sich gestern mit dieser Frage beschäftigt haben. Vielleicht kann uns Herr Finanzminister Dr. Hilpert von dem Resultat berichten74). Finanzminister Hilpert berichtet über die Beratungen der Finanzminister über die Frage einer Subvention an Berlin. Im Grunda genommen besteht die Bereitwilligkeit zu helfen, doch müssen noch verschiedene Fragen geprüft werden. Frau Oberbürgermeister Schroeder: Ich glaube, diejenigen, die mich kennen, wissen, daß ich lieber Hilfe bringen würde als Hilfe zu erbitten, und wenn ich die freundliche Einladung zu dieser Tagung angenommen habe, so ist es nicht aus diesem Grunde geschehen, aber im letzten Augenblick haben sich bei uns ganz ungeheure Schwierigkeiten ergeben, dadurch, daß auf der einen Seite die Währung, die uns von der russischen Besatzung zugestanden wurde und die auch unser gutes Recht ist, daß diese Währung an Bedingungen geknüpft wird, die für die Stadt Berlin in ihrem politischen Kampf sehr schwer zu erfüllen ) Zur Lage in Berlin nach der Währungsreform und zur Geltung zweier Währungen in den Westsektoren s. Brandt/Lowenthal, Reuter, S. 440ff.; Fijalkowski, Berlin, S. 216 ff. 74 ) Hilpert war Vorsitzender des Finanzausschusses des LR des VWG, der am 8. 7. 1948 in Frankfurt getagt hatte. Eine Finanzhilfe für Berlin, die der Magistrat von Groß-Berlin erbeten hatte, war bereits auf der Sitzung des Finanzausschusses des LR am 1. 7. 1948 in Bad Homburg erörtert worden und kam dann nidit mehr von der Tagesordnung des LR, des VR des VWG, der Konferenz der Finanzminister der Westzonen und der MinPräs.-Konferenzen (BA Z 4/167-168; Z 4/129; Z 4/530, 532, 211; Zusammenstellung über die Finanzhilfe Berlin in: Z 4/123); knapper Überblick bei Pünder, Interregnum, S. 256 f.; über die Höhe der Gesamtkosten s. Proske, Die Kosten der Aktion Berlin, in: Frankfurter Hefte, 4 [1949), S. 384 ff.
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sind. Auf der anderen Seite haben sidi nach ein einhalb wöchigen Verhandlungen, die letzten Endes mit General Clay geführt wurden, die westlichen Besatzungsmächte bereit erklärt, daß sie uns weitere Mittel in D-Mark niciit zur Verfügung stellen könnten aus währungstechnischen Gründen, die wir leider, obgleich wir der Ansicht sind, daß sie zurücktreten müßten, doch nicht beseitigen können 75 ). General Clay ist allerdings auch soweit gegangen, daß er durchblicken ließ, daß in der Währungsfrage keine Änderung vorgenommen werden könne — ich sage das ganz vertraulich, und dies hier ist ja ein vertraulicher Kreis — mit Rücksicht auf die nach Moskau eingereichte Note 76 ). Er ließ den Gedanken zu, daß uns die westlichen Länder vielleicht für Zwecke der Arbeitslosenversicherung und der produktiven Arbeitslosenfürsorge einen Kredit gewähren könnten. Es ist so: je stärker die Ostmark Besitz ergreift vom Berliner Geldmarkt, umsomehr sind wir nicht in der Lage, Baumaterialien, die wir vom Westen bekommen und auch weiter zu erhalten wünschen, zu bezahlen. Es ist unmöglich, wenn der gegenwärtige Zustand in Berlin, der uns schon länger den Strom genommen hat, noch einige Wochen andauert, die Arbeitslosen ohne jede Hilfe zu lassen. Wir müssen sie geldlich unterstützen und müssen eine produktive Arbeitslosenfürsorge schaffen. Arbeit ist in ungeheurem Maße da, aber wir brauchen dazu Materialien, die wir mit Ostmark nicht bezahlen können. Das sind die ungeheuren Schwierigkeiten, in denen sich der Magistrat befindet. Als ich vorgestern abfuhr, fand eine außerordentliche Magistratssitzung statt, und nach der heutigen Pressemeldung sind wenigstens Gehälter und Löhne ausgezahlt worden, weil wir sonst damit rechnen mußten, daß die städtischen Arbeiter und Angestellten die Arbeit niederlegen würden, weil sie bisher nur die 60 DM Kopfgeld bekommen haben. Und wenn in der Allgemeinen Zeitung — ich glaube, so heißt sie — steht, daß die Mehrheit des Magistrats, weil sie absolut zur Demokratie steht, ungeheuer schweren Herzens den Voraussetzungen, die von der sowjetischen Militäradministration verlangt wurden, zugestimmt hat, so darf ich sagen, das ist der Fall 77 ). Der Magistrat besteht aus 19 Mitgliedern, davon gehören drei der SED an. Die denken natürlich anders.und handeln anders. Aber ich darf sagen, daß die 16 Mitglieder des Magistrats, die sich zusammensetzen, in der Mehrheit aus
™) S. Anm. 73. , 6 ) Die USA, Großbritannien und Frankreich hatten am 6. 7. 1948 in getrennten Protestnoten Verwahrung gegen die Berliner Blockade eingelegt. Sie wurden erst am 10. 7. veröffentlicht, um der UdSSR Zeit zur Abfassung einer Antwortnote zu geben, die am 14. 7. den Westmächten überreicht wurde (Text der US-Note: ForRel. 1948, II, S, 950 ff.; dt.: Berlin, Quellen und Dokumente, II, S. 1498 ff.; die russ. Antwortnote in engl. Übersetzung: ForRel. 1948, II, S. 960ff.; dt.: Berlin, Quellen und Dokumente, II, S. 1500 ff.). " ) AZ, 8. 7. 1948. Da die Westalliierten trotz der separaten Währungsreform die Ostwährung als vollgültige Parallelwährung in den Berliner Westsektoren zugelassen hatten und zudem die Ausgabe der DM-West bewußt knapp hielten, mußte der Magistrat am 7. 7.1948 sein gesamtes Rechnungssystem auf Ostwährung umstellen, um eine halbwegs geordnete Finanzwirtschaft aufrechtzuerhalten (Berlin, Quellen und Dokumente, II, S. 1302 ff.; Fijalkowski, Berlin, S. 217; Brandt/Lowenthal, Reuter, S. 442). 107 13*
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SPD-Mitgliedern, dazu kommen CDU und LDP, wirklich schwer mit der Bevölkerung von Berlin ringen, damit wir durch die Währung nicht einfach den Russen ausgeliefert werden. Wir haben es bedauert und haben das auch in aller Öffentlichkeit gesagt, daß die Militärmächte dieses politische Moment der Währungsreform nicht gesehen haben. Wir haben das ganz offen gesagt. Und wenn Herr General Clay gemeint hat, daß seine Regierung zustimmen würde, wenn durch die westlichen Länder ein Kredit gegeben würde, habe ich nicht vom Magistrat, aber im letzten Augenblick von meinen Freunden, die diese Verhandlungen seit ein einhalb Wochen geführt haben und zu denen auch Mitglieder der LDP und CDU gehören, mit auf den Weg bekommen, diese Frage an Sie zu richten, ob Sie neben Ihrem Opfer, das Sie schon in Gestalt von Lebensmittellieferungen tragen, auch noch zur Übernahme dieses Opfers bereit sind78). Ich habe volles Verständnis dafür, daß auch bei Ihnen die Finanzminister diese Frage erst beraten und durchleuchten müssen. Ich glaube, es wäre schon eine große Hilfe in politischer Hinsicht, wenn ich heute nach Berlin die Meldung geben könnte: „Die versammelten Ministerpräsidenten haben sich bereit erklärt zu einer solchen Hilfe". Ob wir die Hilfe in Anspruch nehmen, kann ich noch nicht übersehen. Bei uns ändern sich die Verhältnisse ein einhalb stündig, und ich bin nun 48 Stunden fort. Schon die Bereitwilligkeit der Hilfe wäre, genauso wie die Lebensmittellieferungen, im Moment für die Berliner Bevölkerung eine Unterstützung in ihrem schweren Kampf. Ministerpräsident Altmeier: Wir wollen ausdrücklich betonen, daß die Bereitwilligkeit bei uns allen vorhanden ist. Ich kenne allerdings noch nicht die Auffassung der Militärregierung der französischen Zone. Wir wollen nicht nur durch Worte unsere Bereitschaft bekunden; ich glaube, daß diese Bereitschaft hier in dieser Ministerpräsidentenkonferenz nicht betoiit zu werden braucht. Frau Oberbürgermeister Schroeder dankt der Konferenz für die Hilfe, die die Ministerpräsidenten der westlichen Länder der Stadt Berlin gewähren wollen. Die Sitzung wurde vertagt bis 15.30 Uhr. Beginn: 17.00 Uhr. Ministerpräsident Altmeier: Ich möchte jetzt vorschlagen, die Berichte der Ausschüsse entgegenzunehmen. Der Bericht über das Dokument III liegt vor. Der Bericht über das Dokument II ist, soviel ich weiß, auch fertiggestellt und der Bericht I wird z. Zt. noch hergestellt. Darf ich den Vorsitzenden des Ausschusses zu Dokument III um seinen Bericht bitten.
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) S. Anm. 9 und Anm. 74.
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[KOMMISSIONSBERICHT UND STELLUNGNAHME ZU DOKUMENT III] Ministerpräsident Ehard: Zu dem Dokument III sind wir dahingehend übereingekommen, daß es zweckmäßig ist, gewisse Leitsätze aufzustellen 7 '). An die Spitze stellten wir einen allgemeinen Satz, der unter Nr. 1 1 Ihnen vorliegt und heißt: „Zur Verwirklichung der wirtschaftlichen und administrativen Einheit aller der Besatzungshoheit Großbritanniens, Frankreichs und der USA unterstehenden deutschen Gebietsteile werden diese zu einem einheitlichen Gebiet zusammengeschlossen, mit dessen Organisation die Besatzungsmächte dessen Bevölkerung beauftragen." Wenn Sie dann zunächst die Nr. II ansehen, so finden Sie hier den Grundsatz aufgestellt, daß der deutschen Bevölkerung die allgemeinen Menschenrechte sowie die bürgerlichen Rechte und Freiheiten auch den Organen der Besat^ungsmächte gegenüber gewährleistet sind. Wenn Sie dann die Nr. III sich ansehen, so finden Sie hier eigentlich das Besatzungsstatut im engeren Sinne, nämlich hier sind aufgestellt die Regeln für die Leistungen an die Besatzungsmächte. Hier wird der Versuch gemacht, sie abzugrenzen nach den Bedürfnissen der Besatzungsmächte einerseits, aber auch nach den Hilfsquellen des Landes andererseits. In der Gruppe IV ist für die Durchführung der Sicherstellung der Reparationsleistungen und deutschen Reparationsverpflichtungen ein besonderes Verfahren geschaffen. Unter V ist vorgesehen, für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Besatzungsstatuts eine besondere Schieds- und Vergleichsstelle zu schaffen. Unter VI heißt es: Falls die Militärgouverneure die Wiederaufnahme der Ausübung ihrer Machtbefugnisse für notwendig erachten, werden sie dies nur als Notmaßnahme und in gemeinsamer Entschließung tun sowie nur für den Fall, daß ein Notstand die Sicherheit bedroht oder es erforderlich scheint, um die Beachtung der Verfassungen und des Besatzungsstatutes zu erzwingen. Nun darf ich zu Nr. I ein paar Einzelheiten sagen. Grundsätzlich ist die Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung in deutsche Hände gelegt, und es gibt nur Ausnahmen für die Besatzungsmächte. Welche Rechte sind vorbehalten? Hier behalten sich in 3 die Besatzungsmächte die Maßnahmen nur insoweit vor, als diese zur Verwirklichung der Bedürfnisse der Besatzungstruppen notwendig sind. Welche sind diese Maßnahmen? Das sagt Ziffer 4. Diese Maßnahmen bestehen einmal in der eigenen unmittelbaren Verwaltung durch die Besatzungsorgane, b) in der Kontrolle, Beaufsichtigung, Beratung und Unterstützung. Was sind Besatzungszwecke? Das wird gesagt unter 5. Das sind a) die Gewährleistung der Sicherheit der Besatzungstruppen, b) die Gewährleistung des Bestandes einer demokratischen Ordnung in Deutschland, dann die Entmilitarisierung, die Gewährleistung der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen Deutschlands.
™) Der mit „Leitsätze zur Verhandlung über das Besatzungsstatut" übersdiriebene Kommissionsentwurf (Anl. 3a des Konferenzprotokolls) weicht nur geringfügig von der endgültigen Stellungnahme der MinPräs. zu Dok. Nr. III ab (Dok. Nr. 7), so daß die wesentlichen Änderungen angemerkt werden. 109
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Unter Nr. 6 sind diese einzelnen Punkte aufgeteilt. Was ist eine unmittelbare Verwaltung? Diese wird durch die Besatzungsmächte ausgeübt zur vorläufigen Wahrnehmung der auswärtigen Angelegenheiten. Hier sind deutsche Vertretungen zur Wahrung der wirtschaftlichen und Handelsinteressen im Auslande zugelassen. Die Maßnahmen der Besatzungsmächte beschränken sich grundsätzlich auf die allgemeine Überwachung der Tätigkeit der deutschen Organe. Hier kommt die Frage der Kontrolle. Die Kontrolle ist insbesondere nach dem Sprachgebrauch auf englisch-amerikanischer Seite das wesentlich Schärfere, was in alles hineinzureden die Befugnis gibt. Die Überwachung ist das Schwächere. Nun, wie kann man die Kontrolle beim Außenhandel zurückdrängen? Wir haben es versucht, indem wir den Gedanken voranstellen: Die Maßnahmen der Besatzungsmächte beschränken sich grundsätzlich auf die allgemeine Überwachung der Tätigkeit der deutschen Organe. Jetzt kommt die Verschärfung: „Dem deutschen Außenhandel gegenüber kann das Recht der Kontrolle ausgeübt werden, jedoch nur insoweit, als zu befürchten ist, daß die Verpflichtungen, welche die Besatzungsmächte in Bezug auf Deutschland eingegangen sind, nicht beachtet oder die für Deutschland verfügbar gemachten Mittel nicht zweckmäßig verwendet werden." Die Kontrolle wird sich nicht auf die rein technische Richtigkeit und Zweckmäßigkeit deutscher Maßnahmen erstrecken. Jetzt kommt eine weitere Ausdehnung: „Die Kontrolle wird sich weiterhin beziehen können auf die Sicherstellung der noch fälligen deutschen Reparationsverpflichtungen, die Durchführung der Dekartellisierung, der Abrüstung, der Entmilitarisierung sowie auf solche wissenschaftliche Forschungsunternehmen, die der deutschen Kriegswirtschaft gedient haben." Hier noch etwas zur Ergänzung. Sie wird sich weiterhin erstrecken auf die Sicherstellung der noch fälligen deutschen Reparationsverpflichtungen. Wir stellen uns zunächst im amerikanischen Sektor auf den Standpunkt, der erklärt: Mit der Beendigung der Demontage ist die Beendigung der Reparationen gelöst. In der französischen Zone ist das keineswegs der Fall. Um nicht eine allgemeine Reparationsverpflichtung festzulegen, haben wir es für richtig gehalten zu sagen: „Die Kontrolle wird sich weiterhin beziehen auf die Sicherstellung der noch fälligen deutschen Reparationsverpflichtungen." Es kommt noch eine weitere schwierige Sache. Es ist die Überwachung und die Kontrolle der wissenschaftlichen Forschungen, wie es im Dokument III heißt. Wir haben versucht, festzulegen, die Kontrolle auf solche wissenschaftlichen und Forschungsunternehmungen zu beschränken, die der deutschen Kriegswirtschaft gedient haben. Wenn das erreicht werden könnte, dann haben wir einen großen Fortschritt erzielt. Wie es im Dokument III vorgesehen ist, könnte sonst die wissenschaftliche Forschung schlechthin unter Kontrolle genommen werden. Eine besondere Schwierigkeit liegt in der Frage der Ruhrkontrolle. Hier sagen wir: „Die Befugnisse einer internationalen Ruhrbehörde sind nicht Gegenstand dieses Statuts." Ministerpräsident Ehard: Es wird auf Seiten der Alliierten gern die unmittelbare Verwaltung mit der Kontrolle des Ruhrgebiets durcheinandergeworfen. In 110
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Wirklidikeit handelt es sich um eine eigene Verwaltung. Jedenfalls ist es eine Regelung, die besondere Maßnahmen erfordert. Es ist darauf zu achten, daß die Gefahr besteht, daß mit dem Begriff Kontrolle diese Kontrolle noch weiter ausgedehnt wird80). Zu Ziffer 8 muß es heißen: „Anweisungen im Rahmen obiger Bestimmungen werden nur durdi die obersten Organe der Besatzungsmächte an die Obersten deutschen Gebietsbehörden erteilt." Der Zweck ist der, es sollen diese Anroeisungen, soweit es sich um solche handelt, nur von der obersten Spitze der Alliierten zu den obersten deutschen Spitzen gegeben werden. Wir haben das deshalb berichtigt, weil die Gefahr besteht, daß irgendein Referent aus einem Sachgebiet der obersten Alliierten Behörden unmittelbar an die Fadiminister Anweisungen erteilt. Unter Punkt 9 ist aufgenommen, daß bei einem ordnungsgemäß erlassenen Gesetz nur dann von dem Redit des Einspruchs Gebrauch gemacht wird, wenn es geeignet ist, die Zwecke der Besatzung zu gefährden. Wenn nicht binnen 21 Tagen nach Erlaß seitens der Militärgouverneure Widerspruch eingelegt wird, tritt das Gesetz in Kraft. Zu Punkt 10 glaube ich, daß wir an dieser Formulierung nicht herumkommen. Zu Punkt 11: Nun kommt die Unabhängigkeit und territoriale und sadilidie Universalität der deutschen Rechtspflege. Diese wird anerkannt. Aber hierzu müßte in einer Mantelnote nodi ausgesprochen werden, daß auch in rechtskräftige Urteile nicht eingegriffen werden darf sondern daß diese respektiert und auch am Vollzug nicht gehindert werden. Punkt 12: Nun kommt die Gerichtsbarkeit der Besatzungsmächte. Sie wird beschränkt auf die niditdeutschen Mitglieder der Besatzungsmächte sowie deren Familienangehörigen. Das sind die Einzelheiten, die zu I zu sagen wären. Nr. II habe ich schon erwähnt. Nr. III regelt in 1 die naturalen Dienstleistungen für die Besatzungsmächte. Dann kommen noch Einzelbestimmungen bezüglich der aufzubringenden naturalen Dienstleistungen. Die Besatzungskosten sind für ein Jahr im voraus festzusetzen. Hieraus sind die deutschen Leistungen gemäß Punkt 1 und 2 in Anrechnung zu bringen. Die Kosten müssen in einer festen Summe festgesetzt werden und dürfen einen bestimmten Prozentsatz der fortdauernden Ausgaben des ordentlichen Haushaltes nicht überschreiten. In 4 ist von den noch festzusetzenden Reparationen die Rede. Gemäß Angaben des Generals Clay sind mit Beendigung der Demontage in der amerikanischen
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) Zu dem von dt. Sprachgebraudi abweichenden angelsächs. Begriff der Kontrolle im Sinne von Lenkung Hb. des Besatzungsrechts § 22. - Zur Verwaltung des Kohlenbergbaus im Ruhrgebiet hatte die brit. MilReg. die North German Coal Control, zur Verwaltung der Eisen- und Stahl-Industrie die North German Iron and Steel Control gegründet, unter denen als Durdiführungsorgane dt. Treuhandverwaltungen arbeiteten (Vogel, Westdeutschland, II, S. 226 ff.; Hüttenberger, NordrheinWestfalen, S. 331 ff.).
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Zone die Reparationen erfüllt1). Deshalb ist hier von nodi festzusetzenden Reparationen gesprochen81). Unter V ist von Beilegung von Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Besatzungsstatuts gesprochen. Zu VI: Hier ist die Frage, wann kann ein Notstand geltend gemacht werden? Wir würden vorschlagen, nodi eine Begleitnote — oder wie Sie es nennen wollen — zu verfassen. Es wäre dabei von folgenden Gesichtspunkten auszugehen: Es müßte dort festgelegt werden, daß in festzulegenden Zeiträumen jeweils eine Überprüfung der Vorschriften oder Leitsätze des Besatzungsstatuts erfolgt, ferner daß langsam die verschiedenen Kontrollen und Aufsichten aufgebaut [sie!] werden sollen. Man müßte dann nodi ein Wort darüber reden, daß der Kriegszustand in irgendeiner Form, wenn auch der Frieden noch nicht vereinbart ist, aufgehoben wird. Ferner müßte man nodi eine Erläuterung darüber bringen, daß rechtskräftige Urteile nicht ohne weiteres aufgehoben und beseitigt werden können. Ferner müßte vielleicht noch eine Erläuterung zu VI über den Begriff des Notstandes getroffen werden. Man müßte auch ein Wort sagen zur Frage der Verfassungsänderungen der Länder. Diese sollen nicht abhängig sein von den Genehmigungen sondern genau so behandelt werden wie jedes andere Gesetz. Das wäre im wesentlichen das, was gesagt werden muß in dieser Mantelnote. Ein Entwurf dazu liegt noch nicht vor. Er ließe sich aber schnell machen, wenn Sie grundsätzlich mit den anderen Ausführungen einverstanden sind. Vielleicht will Herr Schmid dieser Sache noch das eine oder andere Licht aufsetzen. Ministerpräsident Ehard: Es wäre vielleicht zweckmäßig, wenn man zu Verhandlungen mit den Vertretern der Militärbehörde kommt, wenn diese Kommission (zum Dokument III) beieinanderbleibt und aus dieser Kommission vielleicht eine Besprechung oder Erläuterung dieser Einzelheiten mit den Referenten der Besatzungs-Kommandeure stattfinden könnte. Es wird aber zweckmäßig sein, jetzt den Generälen sofort als Gremium „Ministerpräsidenten" gegenüberzutreten, um die Sache vielleicht etwas aufzulockern und dann erst in den Ausschuß zurückzukehren und die Sache in Ruhe noch einmal zu überlegen. Ministerpräsident Arnold ist sich nicht darüber klar, was unter I 7 letzter Satz bezüglich der Kontrolle zu verstehen ist 83 ). Ministerpräsident Ehard erklärt, daß diese Kontrolle nach den Vorschlägen sich nur auf bestimmte Zwecke beschränkt, jedoch nur insoweit, als sie Verpflichtung für die Besatzungsmächte in Deutschland eingegangen sind. f
) Vom Bearbeiter verbessert aus „der Fall".
) Vgl. audi die Ausführungen Ehards vor seinem Kabinett am 12. 7.1948: Man könne sidi in der amerik. Zone auch auf eine Bemerkung Clays berufen, der in Stuttgart einmal erklärt habe, wenn die Demontagen durchgeführt seien, sei für die USA die Frage der Reparationen erledigt (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). es ) Der letzte Satz des ersten Abschnitts von I 7 lautete: „Die Kontrolle wird sidi nicht auf die bloße technische Richtigkeit und Zweckmäßigkeit deutscher Maßnahmen erstrecken". 81
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Senatssyndikus Drexeiius schlägt vor, unter Nr. I 7 letzter Satz folgendes zu sagen: „Die Kontrolle wird sich nicht darauf erstrecken, ob die deutschen Maßnahmen technisch richtig und zweckmäßig sind." Justizminister Sdtimid: Im Dokument Nr. III ist der Abschnitt „Kontrolle des Ruhrgebiets" nicht aufgenommen. Die internationale Ruhrkontrolle ist nach unserer Meinung keine Kontrolle mehr sondern ein Selbstvollzug. Ministerpräsident Ehard macht den Vorschlag, daß die Kontrolle der internationalen Ruhrbehörden nicht hierher gehört bzw. nicht Gegenstand dieses Statuts ist. Justizminister Süsterhenn: Ich möchte doch bitten, die Befugnisse einer internationalen Ruhrbehörde nicht hier zu behandeln, denn sonst müßte die Anerkennung der jetzt bestehenden und der in dieser Form bestehenden Ruhrbehörden erwirkt werden83). Ministerpräsident Ehard wirft ein: Diese sind nicht Gegenstand dieses Statuts. Ministerpräsident Altmeier stellt fest: „Die Befugnisse einer internationalen Ruhrbehörde sind nicht Gegenstand dieses Statuts." Ministerpräsident Kopf: Unter Ziffer 4 sind die Maßnahmen aufgeführt, die den Besatzungsbehörden vorbehalten sind. In Ziffer 4 wird die Maßnahme, die sich auf die allgemeine Überwachung bezieht, erwähnt. Ich würde vorschlagen, in Ziffer 4 statt „Beaufsichtigung", „Überwachung" zu setzen. Ministerpräsident Altmeier: Wir wollen festlegen, daß wir mit den so abgeänderten Leitsätzen „Überwachung" statt „Beaufsichtigung" übereinstimmen. Justizminister Süsterhenn: Meine Herren! Von den Reparationen ist zum ersten Mal die Rede unter Ziffer 7. M. E. ist hier sehr gut gesprochen von den noch fälligen deutschen Reparationsverpflichtungen. Ministerpräsident Ehard: Ich bitte zu beachten, daß wir diese Angelegenheit auch für die Feststellung der noch fälligen Reparationen festlegen wollen. Wir wollen ein Verfahren feststellen, aus dem die Bilanz gezogen wird. Wir sind der Meinung, daß dies überhaupt nichts Endgültiges ist. Wir haben zwar diskutiert und wir mußten uns auf den Standpunkt stellen: Was Ihr jetzt als Reparationen bezeichnet, ist zunächst nichts anderes als eine Vorwegnahme, als das, was Ihr bei dieser Gelegenheit erwischt habt. Ich möchte also hier eine Bilanz machen. Ministerpräsident Altmeier: Ich stelle fest, daß wir diese Leitsätze in der abgeänderten Form akzeptieren. Wenn Sie Ziffer I Abs. 7S) Überwachung sich ansehen, dann heißt der letzte Satz: „Die Kontrolle wird sich nicht darauf erstrecken, ob die Maßnahmen technisch richtig und zweckmäßig sind". Dann heißt es:
S) Vom Bearbeiter geändert aus Ziffer I Abs. 4 c. 83
) Der geänderte Passus von I 7 hieß im Kommissionstext: „Die Befugnisse der Internationalen Ruhrbehörde bleiben unberührt". 113
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„Die Befugnisse einer internationalen Ruhrbehörde sind nidit Gegenstand dieses Statuts." Ministerpräsident Altmeier: Nun wäre nodi über die Bemerkungen zu verhandeln, die Herr Ministerpräsident Dr. Ehard gemacht hat bezüglich der Mantelnote. Justizminister Schmid: Ich möchte für die Überschrift den Vorschlag machen: „Leitsätze für ein Besatzungsstatut". Der Vorschlag wird allgemein gebilligt. Ministerpräsient Altmeier: Wir kommen jetzt zum Dokument Nr. II, zur Frage der territorialen Abgrenzung. Dazu hat das Wort Herr Ministerpräsident Lüdemann. [KOMMISSIONSBERICHT UND STELLUNGNAHME ZU DOKUMENT II]
Ministerpräsident Lüdemann: Nach dem Willen der Gouverneure sollte die Frage der Überprüfung der deutschen Länder zu einer Aufgabe der Ministerpräsidenten werden und sollte in kurzer Zeit durchgeführt werden. Die gestern eingesetzte Kommission hat den Auftrag bekommen, den Vorschlägen der Militärbehörde unsere deutsche Auffassung der elf Ministerpräsidenten entgegenzusetzen und zu formulieren und gleichzeitig eine Antwort an die Militärgouverneure zu erteilen. Das Ergebnis der Beratungen sind diese Ihnen vorliegenden vier Leitsätze, die beides miteinander vereinigen84). Der Grundgedanke ist, daß die Überprüfung der Ländergrenzen eine deutsche Aufgabe ist, für die eine Mitwirkung der Militärgouverneure nicht notwendig und nicht erwünscht ist, und daß diese Überprüfung unter möglichst weitgehenden gesamtdeutschen Gesichtspunkten zu erfolgen hat und nicht in einem Tempo und im Rahmen dieser Ministerpräsidentenkonferenz durchgeführt werden soll. In dem ersten Satz ist gesagt, daß eine Überprüfung der Grenzen der einzelnen Länder von dem Bestreben geleitet sein muß, „für das geeinte Deutschland eine innerstaatliche Gliederung zu schaffen, die die Erfordernisse eines gut funktionierenden, föderativen Staatsaufbaues berücksichtigt". Das ist sozusagen ein Hauptgrundgedanke. Im zweiten Absatz wird dann gesagt: „Neben den Erfordernissen der Gegenwart, im besonderen dem Gesichtspunkt der Gestaltung von leistungsfähigen und ausgewogenen Ländern sollte dabei überlieferten Formen Rechnung getragen werden." In den Vorschlägen der Militärgouverneure is.t gesagt worden, die einzelnen Länder, die entstehen würden, sollten nicht zu groß und nicht zu klein sein. Und das bedeutet, daß leistungsfähige und ausgewogene Länder geschaffen werden sollen. Im Abs. 3 ist gesagt: „Eine solche Überprüfung und Gestaltung der Länder im Vereinigten Verwaltungsgebiet ist eine deutsche Aufgabe, die 84
) Ein Abdrudc des Kommissionsentwurfs (Anl. 2 a des Konferenzprotokolls) übrigt sich, da Lüdemann die Formulierung wörtlidi vorträgt.
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einer Billigung der Militärregierung nidit bedarf. Sie setzt das Vorhandensein gemeinsamer Organe demokratisch parlamentarischen Charakters voraus. Sie kann daher nicht in kurzer Zeit durchgeführt werden." Zu dem vorher Gesagten bedarf es keiner Erläuterung. Im Abs. 4 heißt es: „Falls in einzelnen Fällen aus dringenden Gründen die frühere Herbeiführung einer Änderung sidi als unaufschiebbar erweist, muß ein besonderes Verfahren gesucht werden, das den vorliegenden Verhältnissen entspricht. Audi bei soldien Teillösungen sind die Bemerkungen unter 1 und 2 zu berücksichtigen." Als die Kommission heute zusammentrat, lag eine Lösung der staatsrechtlichen Frage für die im ersten Dokument der Militärgouverneure gemachten Vorschläge noch nicht vor. Inzwischen hat eine weitgehende Einigung stattgefunden, und es ist anzunehmen, daß wir nachher zu einer Einigung kommen werden. Wir hätten nunmehr die Möglichkeit, schon ein bestimmtes Verfahren vorzusehen. Nun ist über diesen Teil unserer Leitsätze keine vollkommene Einigung erzielt worden, sondern ein Minderheitsvorschlag gemacht worden: „Soweit in Württemberg und Baden die Vereinigung zu einem Lande gewünscht wird, muß ein besonderes Verfahren gemacht werden, das den vorliegenden Verhältnissen entspricht85)." (Zuruf Kaisen: Was soll das eigentlich heißen?) Ministerpräsident Lüdemann, fortfahrend, erwidert: Es kommt darauf an. welche staatsrechtlichen Möglichkeiten vorliegen. Wir wissen nicht, ob der Parlamentarische Rat schon existiert. Ministerpräsident Altmeier unterbricht die Ausführungen Lüdemanns und teilt mit, daß Frau Oberbürgermeister Schroeder jetzt abreisen muß. Er dankt recht herzlich für ihr Erscheinen und verspricht, daß die Länderchefs der Westzonen stets mit ihr in Berlin verbunden sein werden. Frau Oberbürgermeister Schroeder dankt allen Herren für diese Zusicherung und bittet ganz besonders zu Punkt 1 [der Tagesordnung], wie es in dem Vorschlag des Ministerpräsidenten Arnold bereits vorgetragen ist, daß nichts Endgültiges geschaffen wird, sondern erst dann eine Entschließung gefaßt wird, wenn Berlin mit den übrigen Zonen wieder zu einer Einheit gekommen ist86). ) Gegenvorschlag dreier Kommissionsmitglieder: Süsterhenn, Pfeiffer, Katzenberger (s. unten S. 116). 86 ) Zum Vorschlag Arnolds (S. 98). Vgl. hierzu die Äußerungen L. Sdiroeders auf einer Pressekonferenz in Berlin: Bei den Besprechungen habe der Gedanke der dt. Einheit im Vordergrund gestanden; man beabsichtige nicht, einen Weststaat zu bilden oder eine westdt. Verfassung zu schaffen, da diese Probleme nur im gesamtdt. Rahmen zu lösen seien. Die Koblenzer Konferenz habe sich lediglich mit Fragen der verwaltungsmäßigen Zusammenfassung der drei Zonen befaßt (Telegraf, 14. 7. 1948). Später wurde sie wegen ihres Koblenzer Appells, nichts Endgültiges zu schaffen, z.T. scharf angegriffen (Tagesspiegel, 27. 7. 1948), so daß W. Brandt klarzustellen versuchte: Schroeder habe in Koblenz den von der Berliner SPD einheitlich festgelegten Standpunkt vertreten; allerdings habe sich dann später eine weitere Klärung ergeben, die nicht klar genug fixiert worden sei, so daß
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Unter Beifall des Hauses verließ Frau Oberbürgermeister Schroeder die Sitzung. Ministerpräsident Lüdemann führte weiter aus: Es soll keine Aufgabe der Ministerpräsidenten sein, wenn im vierten Absatz versucht worden ist, eine Formel zu finden für den Fall, bei dem vielleicht eine besondere Dringlichkeit nötig ist, eine schnelle Lösung zu finden. Er bittet weiter zu beachten, daß auch der Schlußsatz weggelassen worden ist und unter Nr. 1 und 2 darauf bereits Rücksicht genommen werden soll. Justizminister Süsterhenn erklärt, daß in der Kommission davon ausgegangen ist, was sich als Auffassung seitens der Ministerpräsidenten herauskristallisiert hatte, und er glaubt feststellen zu können, daß die Mehrzahl der Herren die Empfehlung ausgegeben hatte, kurz zu treten; man sollte die Dinge nicht ins Rollen bringen, weil ja in den verschiedensten Stellen zum mindesten Unklarheiten und widerstrebende Auffassungen über die endgültige Durchführung einer Reichsreform bestanden. Insbesondere wurde auch in die Debatte geworfen, daß das Ganze ein gefährlicher Erisapfel sein könnte, da bei aller Sachlichkeit und Objektivität der Ministerpräsidenten immerhin auch die pflichtgemäße Wahrnehmung der Länderinteressen in Frage kommen würde. Er fährt fort: Wir waren weiterhin darüber im klaren, jedenfalls heute morgen in der Kommission einstimmig, daß die Probleme in Württemberg und Baden vollständig klar und auch spruchreif sind, daß man das dagegen bei dem nächsten Problem: Rheinland-Pfalz, nicht mit absoluter Sicherheit sagen könne und zwar aus folgenden Gründen: 1) Wenn dieses Land aufgelöst werden soll, erhebt sich die Frage: wohin gehen die einzelnen Teile? Darin sind die Auffassungen in den einzelnen Parteien und Bezirken keineswegs einheitlich. Es sind starke Tendenzen zu einer Vereinigung mit Groß-Hessen und mit einem zusammengefaßten Baden und Württemberg87). 2) Wenn die südlichen Teile dieses Landes endgültig dorthin gehen, bleiben die beiden nördlichen Regierungsbezirke Koblenz und Trier übrig. Es ist meine persönliche Überzeugung, daß die Bevölkerung von Koblenz und Trier nur einen Anschluß nach Nordrhein-Westfalen erstrebt. Dadurch wird jedoch das Problem Nordrhein-Westfalen aufgerollt, denn nun wird dieses wieder größer. Es befindet sich in dem Dokument II ausdrücklich die Warnung, es dürfte kein Land zu groß sein. Wenn also jetzt noch über eine Million Einwohner dazu kämen, könnte das Gebiet erst recht erheblich vergrößert werden. Infolgedessen würde damit auch das Weitere ausgelöst werden: das Problem Westfalen
Reuters Ausführungen (Niederwald-Konferenz, 21-122. 7. 1948 - Dok. Nr. 11, S. 191 ff.) zu Mißverständnissen hätten Anlaß geben können (Beridit W . Brandts Nr. 75 an PV, Berlin, 9. 8. 1948, Arch. FES NL Schumacher J 79; vgl. audi Vogelsang, Option, S. 172 f. und Einleitung, S. XLV). 87 ) S. Dok. Nr. 11, Anm. 103.
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und Niedersadisen, also: der berühmte Erisapfel käme damit ins Rollen. Wir waren der Meinung, daß die Sache Rheinland-Pfalz nicht so klar und eindeutig festliegt wie bei den Ländern Baden und Württemberg. Infolgedessen glauben wir, die wir das Minderheitsvotum vertreten haben, ebenfalls die Herren Staatsminister Pfeiffer und Geheimrat Katzenberger, es für richtig zu halten, diese Dinge in Angriff zu nehmen und eine Sofortbereinigung ausschließlich auf die Fälle Württemberg-Baden zu beschränken. In der Zwischenzeit sind gewisse Besprechungen geführt worden, die eine Einigung möglich erscheinen lassen. Das Wesentliche ist, daß nicht im Wege lokaler und relativ wilder oder willkürlicher Volksabstimmungen die Entscheidung gesucht werden muß, sondern daß zentrale Instanzen mitwirken, die in der Lage sind, die gesamtdeutschen Interessen insbesondere zu vertreten und die Gesichtspunkte durchzusetzen, die in Ziffer 1 und 2 unseres Entwurfs niedergelegt sind. Man könnte vielleicht folgende Kompromiß-Lösung vorschlagen. Ith habe bereits mit Staatsminister Pfeiffer darüber gesprochen und er ist ebenfalls bereit, seinen Gegenvorschlag fallen zu lassen, wenn Ziffer 4 folgende Fassung erhält: „Falls in einzelnen Fällen aus dringenden Gründen die frühere Herbeiführung einer Änderung sich als unaufschiebbar erweist, soll das Vorparlament oder der Parlamentarische Rat über die Notwendigkeit dieser Änderung und über die Art der Durchführung befinden." Dann hätten wir die Gewähr, daß der Parlamentarische Rat in der Lage wäre, die Dinge zu steuern und sie aus der reinen Kirchturmperspektive herauszubringen. Senatssyndikus Sieueking: Ich würde vorschlagen, eine kürzere Fassung auszuarbeiten, etwa folgendermaßen: daß die Ministerpräsidenten mit den Generalgouverneuren übereinstimmen, daß die Überprüfung der Ländergrenzen zweckmäßig ist, die Ministerpräsidenten jedoch der Ansicht sind, daß diese Frage einer sorgfältigen Prüfung und Untersuchung bedarf und innerhalb kurzer Frist nicht durchgeführt werden kann. Unter diesen Umständen haben die Ministerpräsidenten die Frage der Überprüfung der Ländergrenzen für den Augenblick zurückgestellt. Falls in Einzelfällen eine Änderung nicht aufgeschoben werden soll, kann für diese Regelung ein besonderes Verfahren gefunden werden. Bürgermeister Brauer: Das scheint uns die Antwort zu sein, die wir erteilen sollten. Ministerpräsident Stock: Wir können so nicht verfahren. Dringlich ist das gesamte Problem Südwest und ich lege diese Auffassung hiermit nochmals dar. Ich möchte dringend bitten, keine Halbheiten zu machen und den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Über die Notwendigkeiten, die in Südwest gegeben sind, muß klar gesprochen und gehandelt werden und zwar auch aus außenpolitischen Gründen und Notwendigkeiten. Wir müssen die Verbindung des linken Rheins mit dem rechtsrheinischen Gebiet erhalten. Ich möchte dringend bitten, eine Regelung zu treffen, wonach Ziffer 3 in der Entschließung, die die Organisation der zukünftigen Verfassung — oder wie Sie es nennen — betrifft, entsprechend behandelt wird, dann könnte dieser Parlamentarische Rat 117
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sidi mit der Frage beschäftigen und später der Versammlung entsprechende Vorschläge unterbreiten88). Ministerpräsident Lüdemann: Zu den Anregungen des Herrn Kollegen Stock bzw. Sieveking bin ich der Meinung, man sollte die Sache als Präambel voranstellen. Ministerpräsident Arnold: Wir sollten bei dieser Auffassung bleiben. Ministerpräsident Kopf: Ich möchte dringend davor warnen, daß die Frage der Ländergrenzen wieder mit der Frage des Besatzungsstatuts verkoppelt wird. Staatspräsident Bock: Bezüglich der Frage der Ländergrenzen wollen wir doch in erster Linie, daß die Trizone unter Dach und Fach kommt. Wenn wir uns erst über die Ländergrenzen streiten, dann kann unter Umständen das Zustandekommen dieser Trizone gefährdet sein. Bezüglich der Ländergrenzen hinsichtlich Württemberg und Baden sind wir der Meinung, daß das Land zusammenkommt, daß Baden zusammenkommt, daß Württemberg und Baden zusammenkommen in ein Land. Diese Regelung könnte an sich vorweggenommen werden. Ministerpräsident Maier: Es handelt sich um eine außergewöhnlich wichtige Frage, nicht nur der deutschen inneren Politik, sondern der Zukunft von Südwestdeutschland. Es handelt sich darum, ob wir unter Umständen den Franzosen helfen oder ob sie uns helfen wollen. Darauf kommt es an, und ich möchte das klar herausstellen. Es besteht ein Staat Baden mit dem Sitz in Freiburg und es besteht ein Staat Nordbaden—Nord-Württemberg. Es ist nicht der geringste Zweifel vorhanden, daß das gesamte württembergische Volk ohne Rücksicht auf die Parteien wieder zusammen will und daß wir diese Trennung als eine schwere Schädigung unseres Landes in materieller, besonders aber in ideeller Hinsicht ansehen. Nun sind drei Jahre vergangen und in der Zwischenzeit haben wir auf die Zusammenlegung gewartet. Unser Landtag hat am letzten Montag durch alle Parteien und durch die Vertreter aller Landesteile erklärt, daß wir an der Gemeinschaft zwischen Nord-Württemberg und Nord-Baden festhalten wollen89). Es ist klar, daß wir dieses größere und leistungsfähigere Land Württemberg-Baden schaffen wollen. Baden hat auch ein Recht, sich mit der Pfalz zu vereinigen. Es liegt uns heute nichts ferner, als uns mit der Frage der Pfalz zu beschäftigen. Wir wollen Württemberg-Baden und sonst nichts. Was die Pfälzer in einem bestimmten Augenblick tun, können wir nicht beeinflussen. Meine Herren, ich bitte Sie dringend, den Ausschußbeschluß aufrecht zu erhalten. Was die Ministerpräsidentenkonferenz angeht, so würde in weiten Kreisen unseres Landes gesagt werden: Endlich einmal haben die Militärgouverneure die Grenzfrage angeschnitten und trotzdem kommt nichts zustande. Die Ministerpräsidenten haben gezeigt, daß sie sehr viel zurechtbie) Gemeint ist Ziff. 3 des Arnoldschen Vorschlags, s. oben S. 99; zur Verwirklichung der Anregung Stocks vgl. den späteren Art. 29 GG (Bonner Kommentar, II, Art. 29). 8n) Vgl. Verhandlungen des Landtags von Württemberg-Baden, 7. 7.1948, S. 1855 ff. 8B
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gen können, aber machen Sie aus diesem Grunde auch diesem Aussdiußbeschluß nicht den Garaus, sondern verbleiben Sie dabei. Staatspräsident Wohleb: Es wurde ausgeführt, daß die Frage der Zusammenlegung für uns in Baden genau so lebenswichtig ist wie die Frage der Zusammenlegung von Süd- und Nord-Württemberg, aber es hat auch gar keinen Sinn, die Differenz unserer Auffassung verdecken zu wollen. Mein Herr Kollege Maier hat eben beredt gesprochen für Württemberg-Baden. Ich muß ebenso jetzt für Baden allein sprechen. Die Mehrheit unseres Landtags hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß wir ein starkes Interesse daran haben, daß Baden, das willkürlich zerrissen ist, möglichst bald zusammengeführt wird, daß aber die Frage eines Zusammenschlusses mit Württemberg erst eingehend geprüft werden muß und erst dann aktuell ist, wenn diese Prüfung durchgeführt ist und wenn wir uns über die Stimmung unserer Bevölkerung unterrichtet haben 90 ). Es ist nicht ohne weiteres so, daß unser Land Süd-Baden begierig darauf ist und auf den Augenblick wartet, mit fliegenden Fahnen in das Land Württemberg-Baden überzugehen. Es wird damit tatsächlich ein Problem aufgeworfen, und ich habe größtes Bedenken dagegen. Wenn dieses Problem aufgeworfen wird, dann müßten auch die weiteren Konsequenzen gezogen werden. Bezüglich der Haltung Frankreichs muß ich sagen, daß wir uns durch eine Zusammenlegung von Württemberg auch nicht helfen können, wenn Frankreich nicht mitmacht. Ich möchte also bitten, daß diese Frage gründlich überlegt wird und daß nicht Württemberg und Baden ausnahmsweise behandelt werden. Innenminister Renner: Wir in Süd-Württemberg haben in dieser Frage unbedingt auf die Volksstimmung Rücksicht zu nehmen. Bei uns erwarten alle, daß das Ergebnis der Ministerpräsidenten-Konferenz in Koblenz ist, daß die getrennten Landesteile möglichst schnell wieder zusammenkommen. Wenn wir das hier nicht schaffen, dann wird mit absoluter Sicherheit das eintreten, was Herr Kollege Süsterhenn „willkürliche Abstimmung und ungeregeltes Verfahren" nennt. Wer will den Landtag von Süd-Württemberg hindern, daß er auf Grund der Verfassung die Wiedervereinigung mit Nord-Württemberg und Nord-Baden fordert 91 ). Die Hohenzollern haben besondere Vorbehalte, und hier sind die Bestrebungen außerordentlich stark, im größeren Verbände mit Baden aufzugehen und nicht allein in Württemberg. Ich bitte, daß es mir Herr Staatspräsident Wohleb nicht übel nimmt, wenn ich sage, daß in Süd-Baden schon Wünsche an uns herangetragen worden sind bezüglich der Vereinigung. Bezüglich der Pfalz erhebt sich die Schwierigkeit, ob nicht die französische Militärregierung hier ein Veto einlegt. Vielleicht rechnet man damit. Wir haben an die Pfalz eine Forderung nicht erhoben und sind der Auffassung, daß die Pfalz hierüber selber sich zu äußern hat. Aber ich bitte zu entschuldigen, wenn ich einen kleinen Scherz mache: Wenn ein so schönes Mädchen einem in die Arme ) Vgl. Verhandlungen des Badischen Landtags, 5. und 6. 7.1948, S. 2 ff. " ) Hinweis auf Art. 125 (1) der Verfassung von Württemberg-Hohenzollern vom 20. 5.1947 (Füßlein, Verfassungen, S. 386). i0
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fallen will, wäre es dodi wohl zuviel verlangt, hier die kalte Schulter zu zeigen! Von uns aber ist dieses Problem nidit aufgegriffen worden92). Füf die Wiedervereinigung ist eine Verfassungsänderung notwendig. Ich glaube nidit, daß hier die Militärregierung das kleine Württemberg und Nord-Baden vergewaltigt. Zwei Probleme sind zu entscheiden: Das allgemeine und das, daß offenkundige Fehlentscheidungen und willkürliche Lösungen der Militärregierungen so rasch wie möglich korrigiert werden müssen 93 ). Wenn hier kein Resultat bezüglich dieser Frage zustande kommt, wird man das gesonderte Vorgehen von Süd-Württemberg nicht verhindern. Deswegen bitte ich dringend, es bei Ziffer 4 zu belassen, auf die sich die Kommission geeinigt hat und bitte, auch nidit ein Vorparlament einzuschalten. Bürgermeister Brauer: In Dokument II heißt es: Die Ministerpräsidenten sind ersucht, die Grenzen der einzelnen Länder zu überprüfen und zu bestimmen, welche Änderungen sie wünschen. Nun darf idi einmal sagen, wie wir es formuliert haben möchten: Die Ministerpräsidenten stimmen mit den Militärgouverneuren überein, daß eine Überprüfung der Grenzen der deutschen Länder zweckmäßig ist. Sie sind jedoch der Ansicht, daß diese Frage einer sorgfältigen Untersuchung bedarf, die innerhalb einer kurzen Frist nicht durchzuführen ist. Unter diesen Umständen haben die Ministerpräsidenten der deutschen Länder sich dahin entschieden, die Überprüfung für den Augenblick zurückzustellen. Falls in einzelnen Fällen eine Änderung der Ländergrenzen nicht aufgeschoben werden kann, soll der Parlamentarische Rat über die Notwendigkeit dieser Änderung und die Art ihrer Durchführung den Ministerpräsidenten Vorschläge unterbreiten. Wenn Sie diese Vorschläge übernehmen, sind alle Sicherungen eingebaut, die hier gewünscht werden. Wir wollen das gesamte Problem der Neugliederung in diesem Augenblick nicht in Angriff nehmen, ohne daß wir uns der Auffassung verschließen, daß hier früher oder später etwas Durchgreifendes geschehen muß.
) Frankreich schien in London bereit zu sein, bei Schaffung des von ihm gewünschten Rheinland-Staates (Dok. Nr. 2, Anm. 15) die Pfalz an Hessen angliedern zu lassen. Bei unveränderter Weiterexistenz von Nordrhein-Westfalen sollte jedoch das Land Rheinland-Pfalz unangetastet bestehen bleiben (ForRel. 1948, II, S. 174, 379). In der Pfalz selbst - hierauf spielte Renner an - gab es starke Kräfte, die einen Anschluß an Württemberg-Baden und einen vereinigten Südweststaat forderten (Dok. Nr. 11, Anm. 103); deshalb hatte Württemberg-Hohenzollern gegen den ausdrücklichen Protest Altmeiers die Pfalz in die Diskussion um die Schaffung eines Südweststaates mit einbezogen, offensichtlich in der Hoffnung, dem badischen StPräs. Wohleb dadurch die Zustimmung zur Neugliederung zu erleichtern (Sitzung des StMin. von Württemberg-Hohenzollern, 5. 7. 1948, StA Sigmaringen, Wü 2; Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 100, 102). os ) Anspielung auf die willkürliche, die südwestdt. Länder zerreißende Zoneneinteilung zwischen den USA und Frankreich im Juli 1945, die sich am Verlauf der Autobahn Frankfurt - Karlsruhe - Stuttgart - Ulm - München orientierte (Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 20 ff.; Territorien-Ploetz, II, S. 729).
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Ministerpräsident Ehard: Meine Herren! Ich könnte diesen Vorschlag des Herrn Brauer unterstützen. Wir müssen uns folgendes klar machen: Wollen wir zu einer — ich will es schlagwortartig Trizone nennen — kommen, dann müssen wir es sofort machen. Wenn wir die Frage der Ländergrenzen vorweg nehmen, dann bleibt diese Frage der Trizone hintenan. Wir müssen einen Weg suchen und müssen gleichzeitig sagen: Die Ländergrenzen müssen in Angriff genommen werden. Vor allen Dingen aber besteht die Notwendigkeit einer Verbindung der drei Zonen. Was hilft Ihnen die Vereinigung von Württemberg-Baden, wenn sich daran eine Reihe von Diskussionen, von Verhandlungen anschließt mit dem Erfolg, daß man sagt: Madien wir das erst einmal, dann wird das andere sich finden. Ich darf Ihnen sagen, darauf wartet eine Besatzungsmacht heute schon, daß man diesen Hemmschuh von deutscher Seite einschaltet, weil man das andere nicht will94). Wollen Sie die Trizone, dann dürfen wir die Frage der Ländergrenzen zwar als wichtig bezeichnen, aber nicht in die erste Linie rücken. Ministerpräsident Wohleb stimmt zu. Ministerpräsident Maier: Kollege Dr. Ehard will uns diese Frage vorenthalten, weil sie nicht angreifbar ist. Sie ist für uns auch nicht angreifbar, aber wenn wir die Dinge nicht in die richtige Lage bringen hinsichtlich der Wiedervereinigung unseres Landes, können sie uns auch diese Frage nicht einfach abwürgen. Innenminister Renner: Wir haben zwei Millionen Besatzungslasten getragen. Das sind über 1000 RM auf den Kopf der Bevölkerung. Sie haben in dieser Frage keine fühlbare Erleichterung. Wir haben nicht sehr viel Geld. Ich will das weiter nicht öffentlich ausführen. Wir können aber bei der augenblicklichen Regelung keineswegs noch bis zu sieben Monaten warten. Minister Süsterhenn: Wenn Sie die ursprüngliche Formulierung des Abs. 4 betrachten und dann den Vorschlag Bürgermeister Brauers, werden Sie zu dem Ergebnis kommen, daß die Formulierung Bürgermeister Brauers Sie schneller ans Ziel bringt als der bisherige Vorschlag 4, denn im bisherigen Vorschlag heißt es, daß ein besonderes Verfahren noch gesucht werden muß, während das Verfahren nach dem Vorschlag Bürgermeister Brauers bereits im wesentlichen festliegt. Und noch ein zweites: Es soll ein Verfahren gesucht werden! Wer soll denn suchen? Das kann doch nach Dokument II nur der Rat der Ministerpräsidenten! Und wenn wir uns heute nicht schon auf den Vorschlag Bürgermeister Brauers einigen, werden wir auch in der nächsten Zusammenkunft ein entsprechendes Verfahren noch nicht haben.
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) Die Franzosen, auf Hinauszögern einer westdt. Staatsbildung eingestellt, wiesen immer wieder darauf hin, daß „London proposals provide that Constitutional Assambly would not be established until boundary question has been settled" (ForRel. 1948, II, S. 396 ff.; 392 f.; auch Clay, Entscheidung, S. 455 ff.; Willis, The Frendi, S. 61 ff.).
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Und dann ist noch festgelegt, durdi den interfraktionellen Ausschuß, daß dieser Parlamentarische Rat bis 1. 9. 1948 zu stehen hat. Das sind keine acht Wochen mehr. Ich glaube, daß Sie also auf diese Weise schneller zu einem Ergebnis kommen, als wenn noch ein Verfahren gesucht werden muß. Ministerpräsident Lüdemann: Mit dieser Formulierung der Kommission ist für dringende Fälle ein besonderes Verfahren gesucht worden, weil heute morgen noch nicht feststand, daß dieser Parlamentarische Rat eingesetzt werden würde. Aber ich glaube, daß wir zur Beschlußfassung kommen, um diesen Parlamentarischen Rat zu erhalten. (Zu Ministerpräsident Dr. Ehard gewandt:) Ich habe geglaubt, daß Sie sich zur Vorlage der Kommission äußern wollten. Ich weiß aber nicht, was Sie gegen diese Vorschläge zu äußern haben. Der Unterschied zwischen dem Vorschlag der Kommission und dem Vorschlag Brauer besteht nur darin, daß die Herren eine sehr akzeptable Präambel geschaffen haben und eine Verkürzung befürworten. Mir scheint, wir sollen von dem Sieveking'schen Vorschlag die Einleitung und den Schluß übernehmen, denn auch diese Leitsätze schlagen vor, daß nichts zu rasch und überstürzt gemacht werden soll, sondern in ordnungsmäßiger Form. Ich würde bitten, dieser Anregung zuzustimmen. Es müßte nur formuliert werden und gegebenenfalls der Ausschuß nodi einmal zusammentreten. Ministerpräsident Ehard: Ich möchte midi kurz fassen und erwidern, daß hier bereits das Verfahren im wesentlichen festgelegt ist und nicht nach einem solchen Verfahren in einem späteren Zeitpunkt erst gesucht werden muß. Das Problem Württemberg-Baden kann hier eigentlich gleich angepackt werden. Wenn Sie noch einen Schritt weiter gehen wollen, will ich zu den Ausführungen des Kollegen Dr. Maier folgendes sagen: Nichts liegt uns ferner, als die besonders anerkannten Interessen WürttembergBadens anzutasten. Wenn Sie noch einen Schritt weitergehen wollen vom Standpunkte Württemberg-Badens, dann müssen Sie so formulieren: 1. wird das Problem Württemberg-Baden geregelt. 2. Erst wenn das geregelt ist, dann gehen wir an die Frage der Trizone heran, dann sind wir aber an dem Punkt angelangt, wo wir den Hemmschuh angelegt haben. Es ist letzten Endes so, eine Entscheidung, die man klar und eindeutig vor Augen sieht, mit der muß man sich abfinden. Ministerpräsident Stock empfiehlt nochmals, sich den Vorschlag des Kollegen Brauer anzusehen. Justizminister Schmid führt aus, daß man nicht unbedingt zu befürchten hat, daß die Frage, ob die Trizone entsteht oder nicht, davon abhängt, ob das Problem mit der Vereinigung Württemberg-Badens eine Lösung bringt. Es ist ein Gebot der Notwendigkeit, daß die wirtschaftlich, finanziell und politisch schwachen Länder in Südwestdeutschland verschwinden und daß dafür ein Gebiet entsteht, 122
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ein Land, das auch wirklich in der Lage ist, als Land verwaltet und bewirtschafttet zu werden. Damit würde in den Prozeß der Bildung der Trizone überhaupt nicht eingegriffen. Bürgermeister Brauer schlägt vor, die Plenarsitzung für kurze Zeit zu unterbrechen und im kleineren Kreis nach einer Lösung zu suchen. Ministerpräsident Altmeier: Dann werden wir die Sitzung bis 19.00 Uhr unterbrechen. Senatspräsient Kaisen: Wäre es nicht besser, wenn wir uns noch über Dokument I unterhalten, weil wir doch nicht wissen, ob nach Schluß der Unterbrechung eine Einigung erzielt ist. [FORTSETZUNG DER AUSSPRACHE ÜBER DOKUMENT I]
Ministerpräsident Arnold: Im Laufe des heutigen Nachmittags wurden über Dokument I schon Verhandlungen geführt und zwar wie folgt95]: Dokument I. 1. Die Ministerpräsidenten nehmen die ihnen am 1. Juli 1948 durch die Militärgouverneure der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone übertragenen Vollmachten wahr. 2. Die Ministerpräsidenten werden den Landtagen der drei Zonen empfehlen, eine Vertretung (Parlamentarischer Rat) zu wählen, die die Aufgabe hat, a) ein Grundgesetz für die einheitliche Verwaltung des Besatzungsgebiets der Westmächte auszuarbeiten, b] ein Wahlgesetz für eine auf allgemeinen und direkten Wahlen beruhende trizonale Volksvertretung zu erlassen. Die Vertretung soll nach den ziffermäßigen Vorschlägen des Dokuments I gebildet werden und spätestens bis zum 1. 9. 1948 zusammentreten. Jedes Land stellt mindestens einen Vertreter; für mindestens 200 000 überschießende Stimmen wird ein weiterer Vertreter bestellt. 3) Die Wahlen zur trizonalen Volksvertretung sollen noch im Jahr 1948 durchgeführt werden. 4) Das Grundgesetz muß außer der aus allgemeinen Wahlen hervorgehenden Volksvertretung eine bei der Gesetzgebung mitwirkende Vertretung der Länder vorsehen. M)
Während sich die MinPräs. zunächst nidit auf eine gemeinsame Stellungnahme hatten einigen können, war „nadi Augenblicken lebhaftester Spannung" am Freitag Nachmittag durch eine interne Besprechung unter führender Beteiligung Adenauers und Ollenhauers (Südost-Kurier, 10. 7. 1948} eine Kompromißformel auf der Basis des ursprünglichen Vorschlag Arnolds und des Gegenvorschlags Brauers zustande gekommen (Sitzung des bayer. MinRates vom 12. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11). 123
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5) Hat die aus den Landtagen gewählte Vertretung ihre Aufgabe erfüllt, so werden die Ministerpräsidenten nach Anhörung der Landtage das Grundgesetz mit ihrer Stellungnahme den Militärgouverneuren zuleiten. 6. Die Volksvertretung soll alle Funktionen erfüllen, die einem demokratisch gewählten Parlament zukommen. 7. Die Volksvertretung wird das für das Besatzungsgebiet der Westmächte vorgesehene gemeinsame Exekutivorgan bestellen. Es war damals vorgeschlagen, folgende Fassung für Abs. 2 zu wählen: „Die Einberufung der deutschen Nationalversammlung und Ausarbeitung einer deutschen Verfassung bleiben zurückgestellt, bis die Voraussetzungen für eine gesamtdeutsche Regierung gegeben sind und die deutsche Souveränität in ausreichendem Maße wiederhergestellt ist." 96 ) Man könnte sich noch darüber einigen bzw. erwägen, ob es nicht angebracht ist, diesen Passus mit in die Mantelnote aufzunehmen. Frau Oberbürgermeister Schroeder hat Wert darauf gelegt, daß dieser Satz bereits in dieses Dokument aufgenommen wird, und es bleibt dahingestellt, eine Wiederholung in der Mantelnote vorzunehmen87). Ministerpräsident Altmeier bittet den Satz noch einmal vorzulesen, was geschieht und zwar: „Die Einberufung der deutschen Nationalversammlung und Ausarbeitung einer deutschen Verfassung bleibt zurückgestellt, bis die Voraussetzungen für eine gesamtdeutsche Regierung gegeben sind und die deutsche Souveränität in ausreichendem Maße wieder hergestellt ist." Bürgermeister Brauer: Bezüglich der Formulierung hätte ich noch einen Vorschlag. Dieser Vorschlag ist in dem Umfang gestellt, daß dem Wunsche Frau Schroeder Rechnung getragen wird, ohne daß damit der alte Wortlaut wieder hergestellt wird. Staatspräsident Wohleb bittet den Begriff „trizonal" nicht anzuführen. Dieser Begriff kommt vor im Punkt 2 b und 3. Ministerpräsident Altmeier schlägt den Begriff „Parlamentarischer Rat" vor. Justizminister Schmid schlägt den Begriff „Gebiet" vor. Dieser Satz sei audi schon bei den Leitsätzen für das Besatzungsstatut gewählt worden. Er empfiehlt die Wahl des Begriffs: „Gebietsvolksvertretung". Minister Süsterhenn hält diesen Ausdruck nicht für glücklich. Ministerpräsident Altmeier: Das Wort „trizonal" wird also in 2 b und 3 gestrichen. Ministerpräsident Lüdemann: Ich frage an, ob die Einbeziehung der Stadt Berlin absichtlich herausgelassen worden ist. u
) S. oben S. 98. ) S. oben S. 115; zum Text der Mantelnote, die diesen Gedanken wieder aufgreift, Dok. Nr. 7, S. 146.
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Bürgermeister Brauer: Frau Bürgermeister Schroeder hat dringend gebeten, von der Einbeziehung Berlins abzusehen, denn Berlin kämpft heute für ganz Berlin einschließlich des Ostsektors, und sie würde es als unerhörte Belastung betrachten, wenn die Forderung auf Einbeziehung Berlins, die sich dann dodi nur auf die westlichen Sektoren beziehen könnte, hineinkäme. Es wird deshalb der Vorschlag gemacht, die Formulierung des Punktes 2 wie folgt zu wählen: Die Ministerpräsidenten legen Wert auf die Feststellung, daß durch die von ihnen eingeleiteten Maßnahmen einer gesamtdeutschen Regelung nicht vorgegriffen werden soll. Sie sind mit den Herren Militärgouverneuren darüber einig, daß auch diese Maßnahmen dazu dienen sollen, die gegenwärtig zerrissene deutsche Einheit schließlich wiederherzustellen98). Ministerpräsident Ehard: Ich habe eine Frage: Wer verkündet das Statut? (Zurufe:
Die Ministerpräsidenten!)
Das muß aber dann festgelegt werden, sonst werden wir direkt zu einer Proklamation gedrängt. Justizminister Sdimid: Wenn wir eine Proklamation vermeiden wollen, wäre es ein einfaches Mittel, unter Punkt 5 einzufügen: . . . zuleiten, die gebeten werden, die Ministerpräsidenten zur Verkündung des Gesetzes zu ermächtigen. Ministerpräsident Ehard: Ich habe noch eine zweite Frage: Unter Ziffer 4 heißt es, daß das Grundgesetz außer der aus allgemeinen Wahlen hervorgehenden Volksvertretungen eine bei der Gesetzgebung mitwirkende Vertretung der Länder vorsehen muß. Was heißt „Mitwirkung"? Schließt das Gleichbereditigung bei der Gesetzgebung aus? Ministerpräsident Arnold: Ich glaube, daß in der Aussprache der Kommission Einmütigkeit darüber bestand, daß die Gleichberechtigung gegeben ist. (Wird allseits durch zustimmende Bemerkungen bestätigt). Ministerpräsident Ehard: Idi habe noch eine Frage zu Punkt 2. Wie stehen die Ministerpräsidenten zu diesem Parlamentarischen Rat? Können sie nicht etwa Vorschläge für die Verfassung zuleiten? Ministerpräsident Arnold: Ich bin ohne weiteres der Meinung, daß diese Möglichkeit doch gegeben ist. Ministerpräsident Ehard: Dann muß das aber auch festgelegt werden. Senatspräsident Kaisen: Ich halte es für erforderlich, daß die Ministerpräsidenten, wenn sie diesen Auftrag dem Parlamentarischen Rat geben, selbstverständlich gewisse Richtlinien entsprechend den Beratungen ausarbeiten und daß sie sich im Rahmen der Institutionen halten müssen. Die Art, wie nun der Parlamentarische Rat arbeitet, ist seine Sache. In der Frage der Zuständigkeiten der
*8) Zum Wortlaut des Gegenentwurfs Brauers s. Anm. 62. 125
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Länder wird eine Mitwirkung und Mitberatung unbedingt erforderlich seiü. Und wir werden uns darüber nochmals aussprechen können. Minister Süsterhenn erklärt, daß es an und für sich eine Selbstverständlichkeit ist, daß die Ministerpräsidenten nicht vollständig unbeteiligt beiseite stehen. Er faßt dieses mit einem Wort unter Ziffer 2 a) zusammen, indem man sagt: . . . im Benehmen mit den Ministerpräsidenten ein Grundgesetz auszuarbeiten. Das Wort Benehmen ist nicht an eine Zustimmung gebunden. Die Richtlinien werden nicht eingeschränkt. Bürgermeister Brauer: Es heißt aber: „So werden die Ministerpräsidenten nach Anhörung der Landtage das Grundgesetz mit1') ihrer eigenen Stellungnahme den Militärgouverneuren zuleiten')". Damit ist durchaus sichergestellt, daß die Meinungen der Ministerpräsidenten zum Ausdruck und zur Geltung kommen. Was ich vorgeschlagen habe, ist nur, daß man die Sachverständigen und Experten über die Verfügung an die Arbeit setzt und sie einen Vorentwurf erarbeiten und man somit eine Grundlage für den Ausschuß erhält. Weiter hineinzugreifen halte ich für durchaus unzulässig. Ministerpräsident Ehard wirft die Frage auf, ob man bei der Beratung dieses Parlamentarischen Rates die Ministerpräsidenten bei den Besprechungen über die Ländergrenzen überhaupt mit hineinziehen kann. Justizminister Schmid erwidert, daß es nicht möglich sein wird, diese Dinge in die Erklärung mit hineinzunehmen. Es ist ganz selbstverständlich, daß der Parlamentarische Rat Wert darauf legen muß, sich mit den Ministerpräsidenten in Verbindung zu setzen. Ich glaube, man könnte das der Geschäftsordnung des Parlamentarischen Rates vorbehalten und die Bestimmung mitaufnehmen, daß die Ministerpräsidenten der deutschen Länder auf Wunsch mitgehört werden und Anträge mit einbringen können. Das halte ich für ganz selbstverständlich. Justizminister Schmid: Ich schlage vor, den Satz mit hineinzunehmen, daß die Ministerpräsidenten von dem Parlamentarischen Rat anzuhören sind. Senatspräsident Kaisen: Ich schlage vor: die Beteiligung der Länderregierungen an den Beratungen des Parlamentarischen Rates ist sicherzustellen. Ministerpräsident Ehard: Ich darf auf Punkt 4 zurückkommen. Ich möchte anregen, das Wort „mitwirkende" durch „mitbeschließende" zu ersetzen. Justizminister Schmid: Das sieht so aus, als wenn die beiden zusammen also eine Körperschaft darstellen würden. Senatspräsident Kaisen: Ich bitte doch, die Dinge nach der Seite der Länder hin nicht so dick aufzutragen. (Von verschiedenen Seiten wird darauf hingewiesen, daß in dem „Mitwirken" das „Mitbeschließen" enthalten sei. Darauf verzichtet Ministerpräsident Dr. Ehard auf die von ihm gewünschte Abänderung]. Ministerpräsident Ehard: In Ziffer 5 heißt es: „Hat die aus den Landtagen gewählte Vertretung" usw das Grundgesetz . . . zuleiten". Was ist denn da für h)
Vom Bearbeiter verbessert aus „in". ') Vom Bearbeiter verbessert aus „mitteilen".
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eine Mehrheit entscheidend? Es ist doch so, daß erstens der Parlamentarische Rat dieses Grundgesetz beschließt und dann sich die Ministerpräsidenten äußern müssen, nachdem sie ihre Landtage angehört haben. Nun kann sich eine Differenz ergeben. Justizminister Katz: Darüber wird, wie heute, ein einheitlicher Beschluß gefaßt werden müssen. Justizminister Schmid: Ich glaube, daß die Stellungnahme der Ministerpräsidenten nur eine Stellungnahme der einzelnen Ministerpräsidenten sein kann und nicht etwa eine Stellungnahme der Körperschaft der Ministerpräsidenten. Dann wäre in dieses Ermächtigungsgesetz hineinzunehmen: „Falls zwei Drittel der Ministerpräsidenten eine positive Stellung nehmen oder die Hälfte . . . " Ministerpräsident Ehard: Sie sind sich dodi darüber klar, daß Sie die Dinge so in die Hände der Militärgouverneure des Landes legen. Justizminister Schmid: Das haben sie ja nach dem Dokument. Ministerpräsident Ehard: Ich mache darauf aufmerksam, wenn Sie sagen: Das ist die deutsche Stellungnahme, und nun könnt Ihr das Siegel darunter setzen oder sagen, Ihr wollt Änderungen, so lassen Sie hier etwas offen und legen Sie etwas in die Entscheidung der Militärgouverneure. Das möchte ich nicht gerne. Senatspräsident Kaisen: Ich habe das bei meinem Vorschlag auch überlegt und gesagt, man müsse auch von deutscher Seite diesen Modus finden. Ich habe gesagt: Dieser Gegenvorschlag zu Dokument I ist nur durchzuführen, wenn die Militärregierung ihn als einen einheitlichen Vorschlag der Deutschen bekommt. Ist das nicht der Fall, dann wird die Sache in ein anderes Geleise geschoben. Wir müssen ein OrganisationsStatut gemeinsam schaffen. Das können wir. Wenn wir von vornherein Abstimmungsverhältnisse hineinbringen, dann ist dieses große Ziel erreicht und wir erreichen unseren Zweck. Es muß eine abruffertige Sache sein, die man den Militärregierungen vorlegt, und nicht eine Empfehlung. Ob sie dabei eine Mehrheitsentscheidung machen oder nicht, das ist gleich. Ich will eine fertige Sache und nicht ein Gutachten. Wenn wir uns darüber einig sind, bin ich absolut zufrieden. Bürgermeister Brauer: Meine Herren, das Ziel muß eine einheitliche Meinung der Ministerpräsidenten sein. Wenn das wider alles Erwarten nicht zu erreichen ist, können wir nur zurückfallen auf das, was im Dokument steht, d.h.: Zweidrittel-Mehrheit. Einen anderen Weg gibt es nicht. Ein einzelner kann nicht jede Aktion blockieren. Ministerpräsident Ehard: Wir bestreben uns also und wollen eine fertige deutsche Sache geliefert haben. Ministerpräsident Altmeier: Ich glaube, daß wir damit alle übereinstimmen und diese Sache besonders formuliert und protokolliert niederlegen. Ministerpräsident Arnold: Ich habe mir den Wortlaut des Herrn Brauer angesehen. Wir sind uns klar, daß wir einen funktionsfähigen Apparat wollen, und 127
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zwar so schnell wie möglich. Ich habe nun Bedenken. Es heißt da: Wenn die aus den Landtagen gewählte Vertretung ihre Aufgabe erfüllt hat, werden die Ministerpräsidenten nach Anhörung der Landtage das Grundgesetz mit ihrer Stellungnahme den Militärgouverneuren übergeben. Was soll das heißen: Mit ihrer Stellungnahme? Soll das jeder Ministerpräsident machen? Bürgermeister Brauer: Gemeinsam. Das haben wir eben festgelegt. Ministerpräsident Stock: Wir sind uns einig: Wenn keine Einigung zustandekommt, dann wollen wir die Zweidrittel-Mehrheit. Justizminister Schmid: Der Vorschlag, der gemacht worden ist, ist im Vergleich zu der ursprünglichen Form ein wenig zu lahm. Es kommt darin nicht zum Ausdruck, was wir zum Ausdruck bringen wollten. Wir verbauen uns damit Möglichkeiten, falls sich eine völlig neue Lage ergeben sollte und wenn wir gegen den Sturm der Verleumdungen wirksam werden wollen. Minister Süsterhenn: Ich schlage vor zu sagen: „Die Einberufung einer deutschen Nationalversammlung und die Ausarbeitung einer deutschen Verfassung sollen zurückgestellt werden." Ministerpräsident Altmeier: Wir wollen darüber entscheiden, ob der ursprüngliche Text mit den Wort „sollen" angenommen wird oder der vorgeschlagene Satz von Bürgermeister Brauer. Mir scheint gerade nach den letzten Ausführungen im Hinblick auf die geschichtliche Festlegung der kürzere prägnante Satz besser zu sein. Bürgermeister Brauer: Es ist eine reine Gefühlssache und es kommt darauf an, wie wir gegenüber der Militärregierung, die uns die Dokumente überreicht hat, reagieren. Senatspräsident Kaisen: In den beiden Formulierungen ist ein politischer Unterschied. Wir wollen diesen Schritt aber noch nicht tun, sondern uns auf das Statut beschränken. Bürgermeister Brauer: Ich habe keine Bedenken, den Vorschlag zurückzuziehen. Ministerpräsident Altmeier: Ich darf die Übereinstimmung feststellen, daß die erste Formulierung des Entwurfes Arnold mit den Abänderungen des Kollegen Süsterhenn zu Ziffer 2 angenommen worden ist. Ministerpräsident Ehard: Ich habe noch eine Anregung zu der Ziffer 7 und würde vorschlagen zu sagen: „Das für das Besatzungsgebiet gemeinsame Exekutivorgan wird nach Maßgabe des Grundgesetzes bestellt." (Damit erklären sich alle Mitglieder der Konferenz einverstanden.) Senatssyndikus Drexelius: Ich schlage vor zu sagen: „Die Ministerpräsidenten werden die ihnen am 1. 7. usw. übertragenen Vollmachten wahrnehmen." Ministerpräsident Altmeier: Ich stelle Punkten zum Dokument I erzielt ist. nunmehr auf eine einstimmige Formel gen Debatte diese so außerordentlich 128
fest, daß eine Übereinstimmung in allen Ich freue mich mit Ihnen allen, daß wir gekommen sind und daß nach der gestrischwierige Frage ihre Lösung gefunden
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hat"). Idi schlage vor, die Sitzung zu unterbrechen, um das Dokument II im Ausschuß zu bearbeiten. Ministerpräsident Ehard: Ich möchte zum Schluß noch eine Anregung geben. Es wird am nächsten Donnerstag der Länderrat tagen und außerdem eine Besprechung mit den Generälen Clay und Robertson stattfinden. Ich halte es für zweckmäßig, im Anschluß daran noch eine Konferenz der Ministerpräsidenten abzuhalten, die in Frankfurt oder in der Nähe stattfinden könnte100). Wir könnten dann alles endgültig beschließen und dann sofort die Generäle um die nächste Besprechung bitten. Bürgermeister Brauer: Idi halte es für wichtig, in der nächsten Woche zum mindesten den Militärgouverneuren eine Meinungsäußerung zu übergeben und sie zu fragen, ob sie glauben, daß dieser Weg im Rahmen der Londoner Beschlüsse gangbar ist. Ministerpräsident Arnold: Ich möchte noch auf einen Umstand hinweisen. Wir haben die Dokumente Nr. I, II und III eingehend beraten. Wir wissen nicht, wie das endgültige Abkommen aufgrund der Londoner Beschlüsse sein wird. Einmal werden sie kommen101). Es könnte sein, daß damit eine völlig neue Situation hergestellt ist. Es wäre klug, abzuwarten und den Wortlaut der Entschließungen bekanntzumachen. Ministerpräsident Ehard: Ich bin der Meinung, daß die Generäle um eine Unterredung gebeten werden sollen. Wir werden dann hören, wie sie weiter zu prozedieren gewillt sind. Das könnte in der kommenden Woche geschehen. Aber nicht vor Donnerstag. Sie müssen bedenken, wir haben eine weite Anreise. Ministerpräsident Maier: Die Verbindungsoffiziere haben angeregt, daß sie im Laufe des heutigen Abends über den Stand der Angelegenheit unterrichtet werden. Ministerpräsident Altmeier: Ich schlage vor, die Sitzung zu unterbrechen, um das Dokument II im Ausschuß zu bearbeiten. Bürgermeister Brauer: Ich schlage vor, der Presse gegenüber zu sagen, daß wir uns in den wesentlichsten Punkten geeinigt haben, und zwar auf eine einheitliche Linie. Wir könnten sagen, daß für die Dokumente III und I bereits Entschließungen gefaßt worden sind. Schließlich sind wir ja der Presse gegenüber
" ) Zur politischen Bedeutung dieser Einstimmigkeit, die im Unterschied zu den Erfahrungen bei der Reorganisation des VWG im Jan./Febr. 1948 (Pünder, Interregnum, S. 130) der dt. Stellungnahme ein besonderes Gewicht zu verleihen schien, vgl. auch die Erklärungen Ehards, Stocks, Bodes und Brauers (Sitzung des bayer. MinRates vom 12. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11; Südost-Kurier, 14. 7. 1948; Sopade, 1948, VII, S. 91; hess. Landtag, 13. 7. 1948, S. 1476 ff.; Landtag für Württemberg-Hohenzollern, 13. 7. 1948, S. 410; Mitteilung des Hamburger Senats an die Bürgerschaft vom 13. 8.1948 sowie Einleitung S. XXXVIII). 10°) Zu der von Ehard angeregten Konferenz, die am 15./16. 7. 1948 auf Jagdschloß Niederwald stattfand, s. Dok. Nr. 9. 101 ) S. Anm. 8. 129
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nicht verschlossen, und die Bevölkerung wartet ebenfalls auf eine Mitteilung, was in Koblenz erarbeitet worden ist. (Von verschiedenen Tagungsteilnehmern wird gewünscht, daß auch die Beratung zum Dokument II jetzt noch stattfinden soll. Ein Zuruf zur Geschäftsordnung lautet:) Ich bin der Meinung, wir sollten die Sache vor dem Presseempfang erledigen. Es ist doch ein Armutszeugnis, wenn wir wegen dieser Angelegenheit nochmals in eine Konferenz für morgen hineinkommen. Wir wollen doch alle, daß die Konferenz heute beendet werden kann.
[FORTSETZUNG DER AUSSPRACHE ÜBER DOKUMENT II]
Minister Süsterhenn: Inzwischen ist der Kommissionsvorsdilag zur Verteilung gekommen. Ich finde diesen Vorschlag glücklich, und wenn die Herren von Württemberg auch ihre Zustimmung geben würden, könnten wir im Nu alle einig sein. (Er verliest den Vorschlag:) „Die Ministerpräsidenten stimmen mit den Militärgouverneuren überein, daß eine Überprüfung der Grenzen der deutschen Länder zwe'ckmäßig ist. Sie sind jedoch der Ansicht, daß diese Frage einer sorgfältigen Untersuchung bedarf, die innerhalb kurzer Frist nicht durchzuführen ist. Unter diesen Umständen können die Ministerpräsidenten von sich aus im Augenblick keine Gesamtlösung unterbreiten. Sie sind aber der Ansicht, daß die Grenzen der Länder im Südwesten dringend einer Änderung bedürfen. Die Lösung dieser Frage soll dem Parlamentarischen Rat überlassen bleiben, der über die Notwendigkeit dieser Änderung und die Art ihrer Durchführung den Ministerpräsidenten Vorschläge unterbreiten soll." Ministerpräsident Maier: Ich schlage vor, noch folgenden Zusatz aufzunehmen: „Unbeschadet des Rechts der Länder, unmittelbar aufgrund ihrer Gesetze eine Regelung vorzunehmen." Ministerpräsident Lüde mann: Ich sehe nicht ein, weshalb wir diese Überstürzung vornehmen. Die Frage muß ebenso gründlich wie auch andere behandelt werden. Bürgermeister Brauer: Ich möchte den letzten Versuch machen, Kollegen Maier zu bestimmen, seine Bedenken zurückzustellen. Jeder will ihm helfen. Das ist in dieser Entschließung gesagt. Es brauchen nicht neue Sicherungen eingebaut zu werden. Ministerpräsident Maier: Wir lassen uns doch keinen Vormund bestellen. Wenn die Ministerpräsidenten nicht helfen wollen, dann machen wir es selber, und Sie würden genauso gehandelt haben. (Zurufe: Wir wollen doch helfen!) Bürgermeister Brauer: Welche Formulierung schlagen Sie denn eigentlich vor? 130
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Zuruf Minister Renner: Dr. Maier will ja nur folgende Ergänzung haben: Soweit die Länder Württemberg [und] Baden auf Grund ihrer jetzigen staatsrechtlichen Möglichkeiten eine Änderung vornehmen können, soll es dabei bleiben. Das, meine ich, könnte man ohne weiteres hineinnehmen. Ministerpräsident Maier: Mit diesem Zusatz sind wir ohne weiteres einverstanden. Staatspräsident Wohleb: Ich bitte Herrn Kollegen Renner um eine Formulierung. Minister Renner: Ich möchte folgende Formulierung vorschlagen: „Das Recht der Länder, auf Grund ihrer Verfassungen selbständig eine Regelung zu treffen, bleibt unberührt". Staatspräsident Wohleb: Die Geschichte bleibt dieselbe. Nordbaden ist durch die Verfügung der amerikanischen Militärregierung mit Nordwürttemberg zusammengekommen102) . Zwischenruf Ministerpräsident Maier: Und durch die Volksabstimmung. Staatspräsident Wohleb: Aber durch die Verfügung der Militärregierung. Wenn Sie diese Formulierung so wählen, ist Südbaden einfach gezwungen. Wir haben ja keine Möglichkeit, mit Nordbaden zusammenzukommen. Auf Grund unserer Verfassung können wir nur über uns verfügen103). Man will uns annektieren! (Lachen) Minister Süsterhenn: Ich glaube, daß der Vorschlag, den Herr Kollege Renner macht, durchaus annehmbar ist und auch die Interessen des Herrn Kollegen Wohleb wahrt, denn sein Parlament hat zu entscheiden, ob es mit Nordwürttemberg zusammenkommt oder nicht. Es gleibt dem Parlament von Südbaden unbenommen zu erklären und zu beschließen. Wir stimmen lediglich der Vereinigung mit Nordbaden zu, sind aber gegen die Bindung Nordwürttembergs und Badens. Die Handlungsfreiheit des südbadischen Parlamentes ist selbstverständlich gewahrt.
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Nordbaden war durch Proklamation Nr. 2 Eisenhowers vom 19. 9. 1945 mit Nordwürttemberg zu einer Verwaltungseinheit, dem Land Württemberg-Baden, zusammengeschlossen worden (Pollodc/Meisel, Germany, S. 119; Stammen, Einigkeit, S. 40 f.; Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 84 sowie Dorn, U.S.-Zone, S. 60 ff.). Die Landesverfassung von Württemberg-Baden vom 24. 10. 1946 hatte diesen Zustand anerkannt, für den sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in einem Volksentscheid entschied (Territorien-Ploetz, II, S. 717). loa) Während nach der badischen Verfassung vom 22. 5. 1947 eine Änderung der Ländergrenzen gegenüber anderen dt. Ländern nur durch verfassungsänderndes Gesetz möglich war (Art. 54; Füßlein, Verfassungen, S. 109), bestimmte die württemberg-badisdie Verfassung vom 28. 11. 1946 in Art. 107, daß eine Vereinigung von Südwürttemberg und Südbaden mit den nördlichen Landesteilen durch einfachen Mehrheitsbeschluß des Landtags möglich, die Trennung der vereinigten Landesteile Nordwürttemberg und Nordbaden dagegen vom Zustandekommen einer Zweidrittelmehrheit abhängig sein sollte (Füßlein, ebda., S. 361; Konstanzer, Baden-Wüttemberg, S. 87 f., 101). 131
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Minister Renner: Das Redit der Länder, über diese Frage zu beschließen, bleibt unbenommen. Ministerpräsident Maier (formuliert): Das Recht der beteiligten Länder, auf Grund ihrer Verfassung eine Regelung zu treffen, bleibt unberührt. Ministerpräsident Lüdemann: Wenn wir nichts sagen, bleibt der bestehende Zustand. Ministerpräsident Maier: Ich schlage vor, die Angelegenheit in die Mantelnote zu bringen. Wir können die Grundsätze 1, 2 und 3, die der Ausschuß erarbeitet hat, in die Mantelnote hineinsetzen. Staatspräsident Wohleb: Wenn Sie die vorgeschlagene Formulierung annehmen, dann ist die Situation ganz klar. Südwürttemberg stimmt selbstverständlich wieder für den Zusammenschluß mit Nordwürttemberg-Nordbaden, Nordbaden, sofern es mit Südbaden wieder ein eigenes Land bilden wollte, wird selbstverständlich überstimmt. Südbaden ist allein nicht existenzfähig. Sie machen aus der ganzen Abstimmung eine bloße Farce. Ich glaube, die Herren Kollegen kennen die Situation nicht so genau. Ich muß doch unserem badischen Volk, und ich spreche auch hier von Nordbaden, die Möglichkeit geben, sich frei zu entscheiden, ob das alte Baden wieder entstehen soll oder nicht. Das ist das Problem. Ich befasse mich nicht mit Volksmeinungen und Vermutungen. Ich frage so: Wir sind durch die Willkür der Militärverwaltung auseinandergerissen. Haben wir das Recht frei zu entscheiden, ob Baden zusammenkommen will oder nicht? Wir haben genau dasselbe Recht wie Württemberg. Warum will man uns den Gesamtstaat aufzwingen? Ich muß mich dagegen verwahren, daß man uns auf diesem Wege unter Druck setzt. Dagegen muß ich protestieren. Ministerpräsident Maier: Die Verfassung ist vom Volk in einer Volksabstimmung genehmigt104). Ministerpräsident Altmeier: Immerhin, Herr Kollege Dr. Maier, konnte das Volk bei der Abstimmung über die Verfassung ja nicht passiv abseits stehen. Ich glaube nicht, daß wir angesichts der Ausführungen des Herrn Kollegen Wohleb jetzt zu einem Beschluß kommen. Wir wollen bei der Kürze der Zeit keinen übereilten Beschluß fassen. Die sehr beachtlichen Ausführungen des Herrn Kollegen Wohleb müssen wir prüfen. Senatspräsident Kaisen: Ich glaube, hier liegt ein Mißverständnis vor. Der Herr Kollege will untersucht wissen, ob Baden für sich bleiben will. Soll Baden für sich allein bestehen? Das wird untersucht werden müssen. Herr Ministerpräsident Maier will absolut keine Vergewaltigung; er weiß, daß das keinen Sinn hat. Ministerpräsident Maier: Ich möchte formell Einspruch einlegen, daß über das Dokument I und III der Presse Mitteilung gemacht wird und daß das Dokument II nicht gleichfalls schon erledigt ist. Sie bringen uns, nachdem die Presse diesen
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Dingen mit großem Interesse gefolgt ist, in die Lage, daß wir die Dinge schildern. Ich bitte ganz dringend, daß wir uns zu einem Entschluß ermannen und die Sache erledigen. Ministerpräsident Ehard: Läßt sich nicht eine Formel finden, in der man die Abstimmung offen läßt? Ministerpräsident Stock: Wenn es heißt: „Das Recht der beteiligten Länder, eine Regelung zu treffen, bleibt unberührt", und sich nicht auf die Verfassung berufen wird, ich glaube, dann können wir Herrn Kollegen Maier zustimmen. Ministerpräsident Maier: Wir sind einverstanden. Minister Süsterhenn (formuliert): „Das Recht der Länder, eine Regelung zu treffen, bleibt unberührt." Ministerpräsident Altmeier: Dann hätten wir jetzt noch festzustellen, wann wir wieder zusammentreten. Ministerpräsident Kopf: Ich weiß nicht, was der Presse mitgeteilt wird. Ich glaube nicht, daß wir über den Inhalt der Dokumente etwas sagen können. Ministerpräsident Altmeier: Die Presse stellt viele Fragen, die man nicht alle auf einmal beantworten kann. Die Fragen müßten schon etwas näher umschrieben werden. Ministerpräsident Kopf: Ich bin der Meinung, daß eine Kommission gebildet wird, die ein Kommunique macht. Darüber hinaus wäre der Presse nichts mitzuteilen. Zweitens bin ich der Meinung, daß wir von der Möglichkeit der Hinzuziehung der Herren Verbindungsoffiziere Gebrauch machen. Drittens: man sollte morgen die Mantelnote fertigen. Wir sind zusammen und wir sollten nicht auseinandergehen, bis auch diese Angelegenheit erledigt ist. Ministerpräsident Maier: Ich schlage vor, die Verbindungsoffiziere zu bestellen und unter Leitung von Ministerpräsident Altmeier dann zu verhandeln. Zuruf eines Teilnehmers: Für die Mantelnote sind die Dinge m. E. noch nicht reif, und ich schlage vor, diese Angelegenheit bis zur nächsten Tagung zurückzustellen. Ministerpräsident Kopf: Wir waren uns einig über die Herren, die bei der Fabrizierung der Mantelnote tätig sein sollen105]. Ministerpräsident Altmeier: In der nächsten Woche können keine Verhandlungen stattfinden. Unser Landtag ist in dieser Zeit mit wichtigen Fragen, bedingt durch die Währungsreform usw. beschäftigt106). Wir wollen nicht auseinandergehen, ohne die Antwort fertiggestellt zu haben. io5] Wer außer Carlo Schmid an der Formulierung der Mantelnote mitarbeitete, konnte nidit eindeutig festgestellt werden. Nach mündlicher Aussage Schmids (sowie Süsterhenns und Altmeiers) hat er die Mantelnote weitgehend allein formuliert. 109 ) Der Landtag von Rheinland-Pfalz hatte am 15. und 16. 7. 1948 mehr als 40 Tagesordnungspunkte zu erledigen (Berichte, S. 763 ff.). Altmeier nahm allerdings an beiden Sitzungstagen nicht teil, sondern an den Besprechungen in Niederwald (Dok. Nr. 9). 133
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Bürgermeister Brauer: Idi sdilage vor, daß wir morgen früh um 8.00 Uhr wieder zusammentreten und uns dann darüber schlüssig werden, ob die Mantelnote fertiggestellt werden kann oder nicht. Ich glaube, morgen, wenn wir wissen, wie die Verfasser der Mantelnote sich die Sache gedacht haben, kommen wir schon zur Einigung. Ministerpräsident Kopf: Gut, also morgen früh neue Sitzung. Aber vorher Besprechung mit den Verbindungsoffizieren und nicht zuerst mit der Presse. Minister Süsterhenn: Ich schlage vor, daß für die Fertigung des Pressekommuniques die Herren Staatsrat Prof. Dr. Sdimid und Geheimrat Katzenberger gewählt werden 1 0 7 ). Die Tagungsteilnehmer erklären sich mit diesem Vorschlag einverstanden. Ministerpräsident Altmeier: Wir treten also morgen früh 9.00 Uhr wieder zusammen zur Beratung der Mantelnote.
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) Das gegen 21.00 Uhr bekanntgegebene (AZ, 10. 7. 1948) Pressekommunique lautete: „Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sämtliche drei Punkte der Tagesordnung erledigt. Punkt 1 der Tagesordnung betraf die mit dem Dokument I aufgeworfenen Fragen. Die Konferenz ist einmütig zu der Überzeugung gekommen, daß der Zusammenschluß der drei westlichen Zonen zu einem einheitlichen Wirtschafts- und Verwaltungsgebiet eine unaufschiebbare Notwendigkeit ist und daß dieses Gebiet eine Organisation erhalten muß, die es ermöglicht, die Probleme wirtschaftlicher und administrativer Art in wirksamer Weise unter dem Gesichtspunkt des Gesamtinteresses der Bevölkerung des Vereinigten Gebietes zu lösen. Darum sind sie der Meinung, daß eine starke, von einer auf Grund allgemeiner und direkter Wahlen gewählte [n] Volksvertretung gesdiaffen[e] und kontrollierte Exekutive vorgesehen werden muß. Die Ministerpräsidenten waren sich weiter darüber einig, daß dieses Gebilde lediglidi einen administrativen Zweckverband darstellt. Sie hatten daher in ihrer Stellungnahme den Militärgouverneuren vorgeschlagen, von dem in dem Dokument Nr. I vorgesehenen Verfahren Abstand zu nehmen. Es soll keine Verfassung geschaffen werden, sondern lediglich ein Organisationsstatut. Dieses soll von einem Parlamentarischen Rat beschlossen werden. Das beschlossene Grundgesetz soll von den Landtagen erörtert werden, worauf die Ministerpräsidenten es geschlossen mit ihrer Stellungnahme den Militärgouverneuren zuleiten. Das Grundgesetz soll neben einer auf allgemeinen und direkten Wahlen beruhenden Volksvertretung eine Körperschaft vorsehen, in der die Länder vertreten sind und die bei der Gesetzgebung mitwirkt. Die Exekutive soll durch die Volksvertretung bestellt und kontrolliert werden. Der erwähnte Parlamentarische Rat hat außerdem die Aufgabe, ein Wahlgesetz für die Volksvertretung zu beschließen. Das vorgesehene Verfahren bietet den Vorteil, daß die Volksvertretung in kürzester Frist gewählt werden kann. Punkt 2 der Tagesordnung betraf das Problem der Ländergrenzen. Die Ministerpräsidenten waren sich darüber einig, daß die Aufgliederung Deutschlands in Länder eine gesamtdeutsche Angelegenheit ist, die mangels gesamtdeutscher Organe z. Zt. nicht geleistet werden kann. Der Parlamentarische Rat wird mit der Angelegenheit befaßt werden, jedoch soll es den Ländern Südwestdeutschlands unbenommen bleiben, ihren Zusammenschluß zu vollziehen, wenn sie es wünschen. Punkt 3 der Tagesordnung betraf das Problem des Besatzungsstatuts. Ihm wurde von den Ministerpräsidenten ganz besondere Beachtung geschenkt, da Einmütig-
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[3. Verhandlungstag Samstag,] 10. 7 . 1 9 4 8 [BERICHT ÜBER BESPRECHUNGEN MIT ALLIIERTEN VERBINDUNGSOFFIZIEREN] Ministerpräsident Altmeier eröffnete um 12.15 Uhr die Sitzung. Er führte dabei aus: Es wird Ihnen gleich der Entwurf der beabsichtigten Mantelnote vorgelegt. Ich habe in der Zwischenzeit die Verbindungsoffiziere der drei Generäle hier im Hause empfangen. Ministerpräsident Kopf und Ministerpräsident Dr. Ehard haben die Verhandlungen mitgeführt 1 0 8 ). Zunächst wurden die Texte der gestern beschlossenen drei Dokumente übergeben. Die Herren haben mehrere Fragen gestellt, hauptsächlich wegen des Dokumentes Nr. I. Beim Dokument II ist der letzte Satz, daß es Sache der beteiligten Länder sei, selbständig eine Regelung zu treffen, Gegenstand einer Erörterung gewesen. Man wollte wissen, w a s wir damit wollten. Bei dem Dokument III Besatzungsstatut hat Kollege Ehard ergänzende Ausführungen gemacht.
keit darüber herrschte, daß es die eigentliche Verfassung darstellt. Hier wurden detaillierte Vorschläge ausgearbeitet, deren Ziel ist, klarzustellen, daß die deutschen Organe auf dem Gebiet der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Rechtsprechung nur den Beschränkungen unterworfen sind, die sich aus dem Text des Besatzungsstatuts ergeben. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Problemen gewidmet, die mit der Kontrolle des deutschen Außenhandels in Beziehung stehen. Über die Natural- und Dienstleistungen sowie die Fragen der Besatzungskosten sind ins einzelne gehende Grundsätze aufgestellt worden. Ferner ist die Schaffung eines Schieds- und Vergleichsverfahrens für Streitigkeiten über Auslegung und Anwendung des Besatzungsstatuts empfohlen worden. Die Ministerpräsidenten betrachten die ihnen von den Militärgouverneuren übermittelten Vorschläge als einen Fortschritt in der Anpassung der Modalitäten des Besatzungsregimes an die veränderten wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse. Auch dort, wo sie in ihren Vorschlägen von den gegebenen Anregungen abgewichen sind, waren sie von dem Willen getragen, zusammen mit den Militärgouverneuren die für die Bewältigung der Notstände dieser Zeit tauglichsten Instrumente zu schaffen. Alle Beschlüsse der Ministerpräsidenten sind einstimmig und im Bewußtsein, damit der deutschen Einheit zu dienen, gefaßt worden. Ein besonderer Ausdruck dieser gesamtdeutschen Verbundenheit ist, daß die Ministerpräsidenten einstimmig beschlossen haben, sich dafür- einzusetzen, daß aus Mitteln der Länder der Stadt Berlin eine beträchtliche Kredithilfe gewährt werden soll." (Anlage des Konferenzprotokolls, BA Z 12/75, Bl. 141-143; vgl. auch AZ, 10. 7. 1948; Der Westen, 13. 7.1948). ,08 ) Ein Protokoll über diese Besprechung konnte im StA Koblenz, HStA Hannover und GStA München nicht nachgewiesen werden. Nach mündlicher Auskunft Beteiligter (Altmeier, Ehard) ist auch kein offizielles Protokoll geführt worden. In der Presse hieß es: „Gegen 10.00 Uhr, Samstag, 10. Juli, trafen drei Verbindungsoffiziere der westlichen Besatzungsmächte im Hotel Rittersturz ein, um mit den Ministerpräsidenten Modalitäten zu besprechen. Die Offiziere François de Laboulay (Frankreich), Dr. Hans Simons (Vereinigte Staaten) und Chaput de Saintonge (Großbritannien) unterhandelten etwa 2 Stunden mit den deutschen Vertretern und reisten gegen 12.00 Uhr wieder ab" (AZ, 12. 7.1948). 135
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Anschließend wurde die Frage der Veröffentlichung der drei Dokumente behandelt. Man kann diese längeren Auseinandersetzungen wie folgt zusammenfassen: Die Herren sind der Meinung, daß die Veröffentlichung der drei Dokumente in der wörtlichen Form nicht möglich sei. Speziell Dr. Simons (amerik.) bemerkt, daß es sich immerhin um ein begonnenes Gespräch handele, daß hier zu den Dokumenten I, II und III gewisse Vorschläge unterbreitet werden und daß sich auf Grund dieser Vorschläge sicherlich weitere Gespräche ergäben. Ministerpräsident Dr. Ehard hat in klarer und überzeugender Weise unseren Standpunkt dahingehend dargelegt: Wir können es gar nicht verhindern, daß der Inhalt der Dokumente durch irgend jemand der Presse ausgehändigt wird. Ich habe erklärt, daß die Dokumente in deutscher Sprache noch im Laufe des heutigen Tages in Frankfurt den drei Generälen übergeben werden. Bürgermeister Brauer: Es ist ganz undenkbar, daß wir die drei Dokumente der Öffentlichkeit noch vorenthalten können. Jeder von uns wird, wenn er zurückkommt, gefragt werden, auch von den Abgeordneten und von den Mitgliedern der Landesregierung, und ihnen dann ein Kommunique vorzusetzen ist unmöglich. Ich muß, wenn ich zurückkomme, nicht nur dem Senat, auch der Bürgerschaft sagen, das und das ist mir von Koblenz mitgegeben worden. Hier ist nach meiner Meinung in den Vorlagen alles gewahrt, was gewahrt werden kann. Es würde ja auch einem Mißtrauen und einer Mißdeutung Raum geben, die ungerecht wäre. Ministerpräsident Altmeier betont, daß die von Herrn Brauer gebrachten Einwendungen durch die Verhandlungsführer den Offizieren klargemacht worden sind. Ministerpräsident Ehard: Ich habe alles den drei Offizieren in einer Deutlichkeit gesagt, die absolut nichts zu wünschen übrig läßt. Nun haben diese Herren folgenden Wunsch geäußert: Sie hätten es im Augenblick nicht gern, wenn diese Dokumente jetzt veröffentlicht würden. Sie würden es für zweckmäßig halten, wenn wir ein, wenn auch noch so ausführliches Kommunique ergehen lassen könnten, in dem der Inhalt dieser Dokumente ruhig dargelegt werden kann. Nur soll der Wortlaut jetzt im Augenblick nicht veröffentlicht werden. Ich habe diese Leute davon überzeugt, daß wir den Text der Dokumente in unseren Landtagen darlegen müssen. Ich habe weiter gesagt, daß wir dies tun können, um jede Empfindlichkeit von Seiten der Generäle zu beseitigen. Dieses Entgegenkommen würde man ohne weiteres machen können. Wir haben keine Garantie dafür, daß nicht schon heute oder morgen eines der Dokumente wörtlich abgedruckt in der Zeitung steht. Dann wird man uns fragen, ob das, was in der Zeitung steht, richtig oder falsch abgedruckt ist. Was sollen wir dann tun? Man kann diese Tatsache entweder nur bestätigen oder richtigstellen. Dieses Bekanntwerden ihres Inhalts könnte ja durch eine Indiskretion entstehen. Es war nicht leicht, die Herren dahin zu bringen. Sie sind absolut zufrieden und haben uns zugesichert, daß sie diesen Standpunkt einnehmen. Wenn wir in der Form eines Kommuniques den Inhalt darlegen und sagen, daß diese Dokumente den Militärgouverneuren übergeben werden, 136
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glaube ich, daß wir so ruhig Stellung dazu nehmen können und niemand kann uns hindern oder es falsch auslegen, daß wir in unseren Landtagen über die Dokumente und den Wortlaut klar sprechen können. Das ist der Modus, der sachlich dabei herausgekommen ist. Ith meine, man könnte hier in dieser Form einmal entgegenkommen, besonders bei der Empfindlichkeit, die anscheinend bei den Franzosen besteht. Man könnte diese Form zunächst einmal wählen, und es wird uns dadurch kein Weg verbaut. Vor allen Dingen kann es uns nicht übel genommen werden, wenn trotzdem kein Dokument im Wortlaut veröffentlicht wird. Beschluß: Die nächste Sitzung soll in Wiesbaden stattfinden. Ministerpräsident Altmeier: Herr Lüdemann, Sie haben mir noch eine Änderung auf den Tisch gelegt zu Dokument II. Ministerpräsident Lüdemann: Ich habe noch drei Texte hier, wenn es Sie interessiert. Ich bin später darauf aufmerksam gemacht worden, daß in dem letzten Absatz die Möglichkeit bezüglich der Grenzänderung in Süd-Westdeutschland einer Berichtigung bedarf. Ich würde vorschlagen wie folgt: Die Lösung dieser Frage soll dem Parlamentarischen Rat überlassen bleiben. Es ist dies eine bessere und klarere Fassung. Ministerpräsident Altmeier: abgezogen wird.
Es wird veranlaßt, daß diese Abänderung sofort
Ministerpräsident Arnold: Ich habe einige Bedenken, wenn wir diese Dokumente in deutschem Wortlaut übergeben. Ministerpräsident Ehard: Wir haben auch darüber gesprochen. Es wird uns nicht übel genommen, wenn wir die deutschen Texte übergeben, es wird dies nicht als Unhöflichkeit aufgefaßt. Es ist klar, daß später die englischen und französischen Übersetzungen nadigereicht werden109). Staatspräsident Bock: Bekommen wir den Wortlaut der drei Dokumente ausgehändigt? Zuruf: Ja. Staatspräsident Bock: Eine zweite Frage habe ich: Ist es gestattet, dem Kabinett und den Landtagsabgeordneten den Wortlaut der drei Dokumente auszuhändigen? Zurufe: Selbstverständlich. Ministerpräsident Ehard: Ich glaube, es kommt darauf an, daß, wenn wir auseinandergehen, wir der Presse nicht offiziellen Bescheid geben, sondern in einem Kommunique, das inhaltlich alles sagt, die Presse unterrichtet, nur den Wortlaut sollten wir nicht wörtlich wiedergeben. Bürgermeister Brauer: Wäre es nicht zweckmäßig, daß sich zwei bis drei Herren zur Ausarbeitung dieses Kommuniques zusammensetzen? ,0
») S. Dok. Nr. 7, Anm. 1.
137 15 Parlament. Rat
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Ministerpräsident Ehard: Jal Es könnte sich dabei um einen einfachen Auszug aus den Dokumenten handeln. Ministerpräsident Kopf: Ich schlage die Herren Dr. Spiecker und Schwend vor. Zurufe: Vielleicht unter Mitwirkung von Ministerialrat Hermans 110 ). Ministerpräsident Lüde mann: Könnte jeder der Ministerpräsidenten soviel Stücke des schriftlichen Textes mitnehmen, daß vielleicht unsere Kabinettsmitglieder, Ältestenratsmitglieder und Abgeordnetenmitglieder ausgerüstet werden können? Ministerpräsident Altmeier: Dazu brauchen wir zuviel Exemplare. Sie müssen zu Hause noch einmal vervielfältigen lassen. Ministerpräsident Ehard: Nun hätte ich noch etwas zu sagen über die Form, wie die Übergabe erfolgen soll. Wir haben uns darüber unterhalten, ob wir uns der Herren Verbindungsofffiziere bedienen könnten. Es wurde für richtig gehalten, wenn wir adressieren an Herrn General Clay, als den von ihnen gewählten Vorsitzenden und eine entsprechende Stückzahl mitgeben, mit der Bitte, dieselben weiterzugeben111). Ferner ist uns gesagt worden, daß in Frankfurt eine Stelle benachrichtigt sei, die evtl. noch heute bereit wäre, die Dokumente entgegenzunehmen, selbstverständlich in deutsch. Ministerpräsident Altmeier: Das wird von mir veranlaßt. Zuruf: Die Übergabe sollten Sie am besten persönlich vornehmen. Ministerpräsident Altmeier hält das nicht für erforderlich, weil die Generäle ja nicht selbst anwesend sind, die Abgabe vielmehr über das amerikanische Büro erfolgen müßte112). Ministerpräsident Ehard: Noch eine Frage wegen der Zusammenkunft mit den Generälen. Es wurde gefragt, ob nochmals eine öffentliche Sitzung stattfinden soll, in welcher wir die Dokumente nochmals offiziell übergeben. Wir standen auf dem Standpunkt, daß das keinen Zweck hätte. Nun ist das Stadium eingetreten, wo wir von der anderen Seite etwas hören wollen. Wann die Unterhaltung stattfinden soll, ist noch eine Sache, die von den Generälen zu entscheiden ist. Ich habe geglaubt, im Interesse aller zu sprechen, keinesfalls früher als Freitag diese Zusammenkunft stattfinden zu lassen. Wahrscheinlich wird es sogar noch später werden. Zuruf: Ich würde vorschlagen, diese Sitzung in Wiesbaden stattfinden zu lassen. ) Ein zweites Pressekommunique referierte ausführlich die Stellungnahmen zu den einzelnen Dokumenten und betonte wiederum, daß die MinPräs. vom Willen geleitet, an der Lösung der gestellten Aufgaben schöpferisch mitzuarbeiten, ihre Vorschläge einstimmig gefaßt hätten (Anlage zum Konferenzprotokoll, Bl. 144 f.; vgl. Der Westen, 13. 7. 1948). ' " ) Mantelnote und Stellungnahme der MinPräs. (Dok. Nr. 7) wurden noch am 10. 7. 1948 durch den rheinland-pfälzischen ORegR. Dr. Haenlein in Frankfurt überreicht (AZ, 12. 7 . 1 9 4 8 sowie Dok. Nr. 7, Anm. 1). m ) Gemeint ist der amerik. Teil des Bipartite Control Office (BICO) im ZweimächteKontrollamt in Frankfurt.
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[FORMULIERUNG DER BEGLEITNOTE]
Ministerpräsident Altmeier verliest den Entwurf der Begleitnote113). Nadi Verlesung des 1. Absatzes schlägt Ministerpräsident Kopf vor, statt „eingehenden Diskussionen unterworfen" „eingehenden Beratungen" zu setzen. Ministerpräsident Maier: Darf ich nicht vorschlagen, daß wir die sprachliche Seite jetzt etwas sein lassen? Ministerpräsident Altmeier: Es wird also beschlossen, den Text stehen zu lassen. Er verliest den 2. Absatz. Ministerpräsident Lüdemann: Ich schlage vor, statt „ihres Willens" zu setzen „des Willens". Ministerpräsident Altmeier: Einverstanden? Er verliest bis Absatz 5. Ministerpräsident Lüdemann macht bei Abs. 5 den Einwurf, ob es richtig ist, von einer „Unmöglichkeit" in der 1. Zeile zu sprechen. Ministerpräsident Altmeier antwortet unter Zustimmung der Konferenzteilnehmer: Es war doch tatsächlich unmöglich. Verliest Abs. 6—8. Ministerpräsident Ehard erläutert noch einmal den terminus „der Ansicht geworden ist" und sagt dazu, daß man sich durchgerungen hat. Ministerpräsident Altmeier verliest den Entwurf bis zum Ende. Ministerpräsident Lüdemann wirft die Frage auf, ob es nötig ist, zweimal „schließlich" zu sagen. Dann bittet er auf Seite 6 zu überlegen, ob von einer wirksamen Überwachung etwa in der 8. Zeile gesprochen werden soll. Gegen diese sprachliche Fassung wurden keine Bedenken erhoben. Auf Seite 6 wurde im 2. Abs. statt „schließlich" „endlich" gesetzt. Ministerpräsident Altmeier: Meine Herren, ich glaube, daß Sie der Formulierung nunmehr einstimmig zustimmen. Ich stelle dies fest. Die Herren haben sich, wie wir gesehen haben, sehr viel Mühe gemacht und das zusammengestellt, was unseren Auffassungen, unserem inneren Empfinden und der gestrigen Aussprache entspricht. Ich darf für diese Formulierung Herrn Staatsrat Prof. Schmid und den Herren, die mit ihm gearbeitet haben, noch besonders danken. Ich stelle fest, daß wir die Mantelnote in dieser Form beschlossen haben. Wenn ich so die Tagesordnung überschaue, glaube ich, daß keine Frage unerledigt geblieben ist. Wiesbaden als nächsten Tagungsort haben wir bereits beschlossen. Bliebe nur noch festzustellen, wann die Federführung durch midi
m
) Da der Entwurf der Begleitnote (BA Z 12/15, Bl. 171-176; NL Brill/9, Bl. 139-144) bis auf wenige nachfolgend in der Konferenz beschlossene Veränderungen mit dem endgültigen Text (Dok. Nr. 7} übereinstimmt, wird auf den Abdruck verzichtet.
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aufhört und wann die nächste Federführung des Herrn Ministerpräsidenten Stock beginnt. Bürgermeister Brauer: Ich schlage vor, einen Ausschuß aus je einem Vertreter der Länder zu bilden für die Aufstellung des Organisationsstatuts114). Ministerpräsident Altmeier: Der Ausschuß wird beschlossen. Er besteht aus je einem Vertreter der einzelnen Länder. Jedes Land möge schnellstens seine Ausschußmitglieder benennen. Seinen Vorsitzenden bestimmt der Ausschuß selbst. Zuruf: Wie ist es mit der Unterschrift unter das Dokument? Unterschreiben wir alle elf? Ministerpräsident Altmeier: Ich schlage vor, daß die elf Ministerpräsidenten unterzeichnen. Ich lasse ein Unterschriftsblatt fertigen und die Länder nach dem Alphabet aufführen. Ministerpräsident Maier: Ich bitte, dann aber Bayern als „Land" zu bezeichnen und nicht als „Staat". Zuruf: Das war eine Spitze! Ministerpräsident Maier: Die Herren sind daran nicht gewöhnt. Wir haben im Länderrat immer geschrieben: Land Hessen, Land Württemberg, aber bei Bayern haben wir immer geschrieben „Staat". Ministerpräsident Ehard: Müssen wir das denn so genau präzisieren oder setzen wir nur unseren Namen darunter? Ministerpräsident Altmeier: Lassen wir doch die vielen Worte raus? Ministerpräsident Eh ard: Ich würde es bezüglich der Reihenfolge der Unterschriften als ein Akt der Höflichkeit ansehen, wenn wir an der Spitze den Herrn Kollegen Altmeier als den Vorsitzenden dieser Konferenz unterschreiben lassen und dann nach dem Alphabet vorgehen. Zurufe: Einverstanden! Ministerpräsident Arnold: Es ist ja nun so, daß Sie die Unterlagen heute nicht persönlich übergeben. Trotzdem müssen wir aber doch demnächst bei den Herren Generälen darauf hinwirken, den Wortlaut der Londoner Empfehlungen zu erhalten. Ich habe erfahren, daß doch einige Pferdefüße darin enthalten sein sollen. Ministerpräsident Altmeier: Ich habe bereits in der Eröffnungssitzung schon zum Ausdruck gebracht, daß uns der Text der Londoner Empfehlungen noch nicht vorliegt. Damit haben wir alle Fragen der Tagesordnung erledigt. Ich darf zum Schluß Herrn Senatspräsidenten Kaisen auf Wunsch das Wort erteilen.
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) Zum Verfassungsaussdiuß und den von den Ländern benannten Mitgliedern Dok. Nr. 11, Anm. 107.
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[SCHLUSSANSPRACHEN]
Senatspräsident Kaisen: Idi bin von den Teilnehmern der Konferenz gebeten worden, zum Schlüsse einige Worte des aufrichtigen Dankes an Sie zu riditen für den guten Verlauf der Konferenz. Wir haben zunächst zu danken für die gastliche Unterbringung auf diesem schönen Besitz; dafür, daß das Wetter nidit so günstig war, können Sie ja nichts. Aber sonst sind wir doch durch diese Unterbringung in der Lage gewesen, alle die schwierigen Verhandlungen durchzuführen und durchhalten zu können, und das — wenn man jetzt noch einmal zurückblickt — in verhältnismäßig kurzer Zeit. Denn es stellte sich sehr bald heraus, daß die Probleme, die erörtert wurden, so weitgreifend waren, daß sie mehr Zeit beanspruchen, als anfangs einkalkuliert wurde. Aber immerhin ist das durch Ihre Fürsorge möglich gewesen. Ferner möchte ich dem Büro danken und bitte das auch Ihrem Personal mitzuteilen, daß dieses Büro in jeder Phase der Verhandlungen zum Einsatz bereit war und es dadurch ermöglicht wurde, ohne viele Unterbrechungen vorwärts zu kommen115). Ferner muß ich Ihnen danken für Ihre umsichtige Verhandlungsleitung. Sie wissen alle, meine Herren, daß es die erste Konferenz dieser drei Zonen war, die sich mit einer praktischen Aufgabe zu beschäftigen hat. Diese Konferenz hat in sehr kurzen Stunden einen Arbeitseifer entwickelt, wie er für spätere Konferenzen vorbildlich sein kann, und Sie können von sich sagen, daß es Ihnen vergönnt war, eine Konferenz zu leiten, die die ersten Erfolge auf dem Gebiete der Organisation dieser Zonen zeitigt. Inwieweit wir mit den Beschlüssen bei den Alliierten weiterkommen, ist eine zweite Frage. Eines können wir uns sagen: wir haben hier nach bestem Wissen und Gewissen versucht, eine Linie zu finden, die zwischen den Extremen liegt und uns einerseits davor bewahrt, irgendwelche Beschlüsse zu fassen, deren Entscheidung wir nicht wieder gutmachen können, aber andererseits das Reale zusammenfaßt, was gegeben ist. Wir können bestehen mit diesen Beschlüssen und vor allem, Herr Präsident, wir können mit Genugtuung darauf zurückblicken, das wir einhellig diese Beschlüsse gefaßt haben, und zwar nicht als ein Block, sondern als eine Gemeinschaft, die erklärt hat, daß es in wesentlichen nationalen Fragen eine Gemeinsamkeit geben muß, eine innere Solidarität, mit den Parteien, damit wir wenigstens auf diesem Weg unsere Selbständigkeit und Unabhängigkeit wieder erringen; und daß dieser Geist erhalten bleibt, dazu haben Sie wesentlich mit Ihrer Verhandlungsleitung beigetragen. Und aus diesem Grunde zusammenfassend nochmals unseren herzlichen Dank. (Beifall des Hauses.) Ministerpräsident Altmeier: Ich darf am Schlüsse der Konferenz Ihnen allen ein aufrichtiges und herzliches Wort des Dankes sagen; vor allem auch U5
) Für die technische Organisation der Konferenz war Landtagsdir. Froitzheim zuständig, für den Protokoll- und stenographischen Dienst MinR Hermans (persönliche Mitteilung beider Herren an den Bearbeiter); das Tagungs- und Organisationsbüro bestand aus 4 Stenographen und 8 Sekretärinnen (Der Westen, 13. 7. 1948). 141
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des Dankes für die freundliche Anerkennung, die aus den soeben gemachten Ausführungen des Herrn Senatspräsidenten Kaisen herausgeklungen ist. Lassen Sie midi hinzufügen, daß ich persönlich stolz darauf bin, daß es mir vergönnt war, diese denkwürdige erste offizielle Sitzung der Ministerpräsidenten unserer elf Länder leiten zu dürfen. Sie glauben ja nicht, wie glücklich wir am Rheine waren, daß Sie zu uns kamen, daß wir dadurch aus unserer Isolierung herausgetreten sind und daß wir nunmehr wissen, an wen wir uns halten können. Mit dem Herrn Kollegen Kaisen und mit Ihnen allen bin ich der Überzeugung, daß wir in den letzten drei Tagen hier für unser Volk in seiner Not Ersprießliches erarbeitet haben. Wenn wir nunmehr am Abschluß dieser Konferenz stehen, auf die nicht nur unser Volk, sondern die ganze Welt mit Interesse und Spannung geblickt hat, so bleibt uns das beglückende und frohe Gefühl, für unser Volk in Einmütigkeit und Geschlossenheit tätig gewesen zu sein, und wenn eine spätere Zeit Rechenschaft über das, was auf der Konferenz erarbeitet wurde, fordern wird, dann können wir vor unserem Herrgott, vor unserem Gewissen und vor unserem Volke bestehen, weil wir das Beste herzugeben uns bemühten. Rheinische Gastfreundschaft war bei uns immer zu Hause. Wir werden uns freuen, wenn Sie noch oft zu uns an den Rhein zurückkehren werdfen. Lassen Sie mich die Konferenz schließen mit dem herzlichen Wunsche, daß unsere Beschlüsse Land und Volk und darüber hinaus der friedlichen Zusammenarbeit mit unseren Nachbarvölkern zum Segen gereichen. Ministerpräsident Arnold: Ich möchte beantragen, daß die Kernsätze der beiden Ansprachen ebenfalls der Presse übergeben werden. (Wird beschlossen.]119) Schluß der Konferenz: 13.10 Uhr.
Die Verlautbarung für die Presse enthielt neben den wesentlichsten Passagen beider Reden den Hinweis auf die Einstimmigkeit der Beschlüsse, ihre Unterzeichnung durdi die 11 MinPräs. und die beabsichtigte Übergabe an die MilGouv. noch im Laufe des Nachmittags (Anlage zum Konferenzprotokoll, Bl. 146 f.). 142
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Nr. 7 Antwortnote der Ministerpräsidenten der westdeutsdien Besatzungszonen an die Militärgouverneure mit Stellungnahme zu den Frankfurter Dokumenten Koblenz, 10. Juli 1948 BA Z 12/15, Bl. 141—152. Unterzeichnete Ausfertigung, Fotokopie mit handschriftlicher Notiz am Kopf „Mantelnote Koblenz" 1 ). Druck: Stammen, Einigkeit, S. 181-188, engl. Text: Foreign Relations, 1948, II, S. 3853922) [BILDUNG EINES SORIUMS]
STAATLICHEN
UND VERFASSUNGSRECHTLICHEN
PROVI-
Koblenz, den 10. Juli 1948 Herr General! Die Ministerpräsidenten der Länder der drei westlichen Besatzungszonen haben sich vom 8. bis 10. Jub' dieses Jahres in Kobenz versammelt, um die von Ihnen erbetenen Antworten auf die am 1. Juli dieses Jahres überreichten Dokumente zu beraten. Sie haben die darin niedergelegten Aufträge der Militärgouverneure einer eingehenden Diskussion unterworfen und sind dabei einstimmig zu den in den Anlagen zu diesem Schreiben enthaltenen Auffassungen gekommen, um deren Prüfung sie bitten 3 }. Die Vorschläge sind Ausdrude des Willens, an der Lösung der gestellten Probleme schöpferisch mitzuarbeiten und das in den Dokumenten gesteckte Ziel möglichst schnell und wirksam zu erreichen. Die Ministerpräsidenten sind davon überzeugt, daß die Notstände, unter denen Deutschland heute leidet, nur bezwungen werden können, wenn das deutsche Volk in die Lage versetzt wird, seine Angelegenheiten auf der jeweils möglichen höchsten territorialen Stufe selbst zu verwalten. Sie begrüßen es daher, daß die Besatzungsmächte entschlossen sind, die ihrer Jurisdiktion unterstehenden Gebietsteile Deutschlands zu einem einheitlichen Gebiet zusammenzufassen, dem von der Bevölkerung selbst eine kraftvolle Organisation gegeben werden soll, die es ermöglicht, die Interessen des Ganzen zu wahren, ohne die Rechte der Länder zu gefährden. Die Ministerpräsidenten glauben jedoch, daß, unbeschadet der Gewährung möglichst vollständiger Autonomie an die Bevölkerung dieses Gebietes alles ver-
') Neben dieser dem Druck zugrunde gelegten Fotokopie sind auch vervielfältigte Abschriften unter den Anlagen des Koblenzer Konferenzprotokolls überliefert (BA Z 4/121, Bl. 233 ff.). In der rheinland-pfälzischen StK angefertigte frz. und engl. Ubersetzungen (BA Z 4/121, Bl. 152 ff.) sollten nach Uberprüfung durch das Dolmetscherbüro des LR des VWG den MilGouv. durch ORegR. Haenlein nadigereicht werden; dazu kam es jedoch nicht (Überholtvermerk auf Übersendungssdireiben Altmeiers an Clay, Koblenz, 15. 7.1948, ebda., Bl. 143). 2 ) Weitere dt. unkommentierte Abdrucke u.a. in: Hohlfeld,. Dokumente, VI, S. 323 ff. (ohne Begleitnote); Huber, Quellen, II, S. 200ff.; Bonner Kommentar, I, Einleitung, S. 45 ff. (ohne Begleitnote); Rothstein, Voraussetzungen, S. 85 ff. s ) S. Dok. Nr. 6, S. 60.
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mieden werden müßte, was dem zu schaffenden Gebilde den Charakter eines Staates verleihen würde; sie sind darum der Ansicht, daß audi durch das hierfür einzuschlagende Verfahren zum Ausdruck kommen müßte, daß es sich lediglich um ein Provisorium handelt sowie um eine Institution, die ihre Entstehung lediglich dem augenblicklichen Stand der mit der gegenwärtigen Besetzung Deutschlands verbundenen Umstände verdankt. In Anbetracht der bisherigen Unmöglichkeit einer Einigung der vier Besatzungsmächte über Deutschland müssen die Ministerpräsidenten besonderen Wert darauf legen, daß bei der bevorstehenden Neuregelung alles vermieden wird, was geeignet sein könnte, die Spaltung zwischen West und Ost weiter zu vertiefen. Sie sind der Überzeugung, daß das von ihnen vorgeschlagene Verfahren geeignet ist, das in Anbetracht der gegebenen Verhältnisse zur Bewältigung der gegenwärtigen Schwierigkeiten tauglichste Instrument für die Verwaltung des den drei westlichen Besatzungsmächten unterstehenden Gebietes Deutschlands in der kürzesten Zeit zu schaffen. Für den Vorschlag der Ministerpräsidenten, von einem Volksentscheid Abstand zu nehmen, waren die gleichen Erwägungen maßgebend. Ein Volksentscheid würde dem Grundgesetz ein Gewicht verleihen, das nur einer endgültigen Verfassung zukommen sollte. Die Ministerpräsidenten möchten an dieser Stelle noch einmal betonen, daß ihrer Meinung nach eing deutsche Verfassung erst dann geschaffen werden kann, wenn das gesamte deutsche Volk die Möglichkeit besitzt, sich in freier Selbstbestimmung zu konstituieren; bis zum Eintritt dieses Zeitpunktes können nur vorläufige organisatorische Maßnahmen getroffen werden4). In der Frage der Änderung der Ländergrenzen sind die Ministerpräsidenten einmütig der Ansicht geworden, daß eine grundsätzliche und endgültige Lösung geboten ist und eingehender Prüfung bedarf.
4
) Vgl. auch die Ausführungen Carlo Sdimids „Zwischen Koblenz und Frankfurt": Die Koblenzer Beschlüsse zielten auf eine wesentlich andere Verfassung der politischen Wirklichkeit, als sie die MilGouv. im Auge hätten. Im Unterschied zu den Frankfurter Dokumenten seien sie einer einheitlichen und in sich geschlossenen politischen Konzeption entsprungen. Da Dtld. nicht souverän und die eigentliche Verfassung der Deutschen das Besatzungsstatut sei, habe man sich nicht in Fiktionen abdrängen lassen und die Wirklichkeit, die nur auf einem Zweckverband nach Art eines vereinigten Verwaltungs- und Wirtschaftsgebietes hinauslaufen könne, klar definiert. Dabei habe man alles vermieden, was der zu schaffenden Organisation äußerlich den Anschein eines Staates verleihen würde, da die Bildung eines westdt. Staates eine Wiedervereinigung für lange Zeit wahrscheinlich ausschließen und die Spaltung zwischen Ost und W e s t vielleicht unüberbrückbar machen würde (Telegraf, 15. 7. 1948). Ähnlich Ehard vor seinem Kabinett am 12. 7. 1948: Um die Verantwortung für eine sichtbare Trennung vom Osten von der dt. Seite abzuschieben, habe man sich geeinigt, keine Verfassung, sondern ein Organisationsstatut zu schaffen. Man wolle keinen Weststaat, aber ein Exekutivorgan, und man wolle es sichtbar als Provisorium schaffen, aber mit der Hoffnung, es in einen Dauerzustand zu überführen, wenn die Verhältnisse es erlauben, sich mit dem Osten zusammenzufinden (GStA München, LR Stuttgart Nr. 11); s. zu diesem Komplex Einleitung, S. X L ff.
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Eine Überprüfung der Grenzen der einzelnen Länder muß von dem Bestreben geleitet sein, für das geeinte Deutschland eine innerstaatliche Gliederung zu schaffen, die die Erfordernisse eines gut funktionierenden, föderativen Staatswesens berücksichtigt. Neben den Erfordernissen der Gegenwart, im besonderen dem Gesichtspunkt der Gestaltung von leistungsfähigen und ausgewogenen Ländern sollte dabei überlieferten Formen Rechnung getragen werden. Eine solche Überprüfung und Gestaltung der Länder im vereinigten Verwaltungsgebiet ist eine deutsche Aufgabe. Sie setzt das Vorhandensein gemeinsamer Organe demokratisch parlamentarischen Charakters voraus. Sie kann daher nicht in kurzer Zeit gelöst werden. Die Beseitigung der im Südwesten Deutschlands bestehenden besonders unerfreulichen territorialen Verhältnisse durch die interessierten Länder selbst sollte dadurch nicht behindert werden. Mit besonderem Ernst haben die Ministerpräsidenten die Probleme geprüft, die mit der Ordnung der Ausübung der Besatzungsherrschaft zusammenhängen. Sie haben mit Genugtuung von der Absicht Kenntnis genommen, die Beziehungen zu den Besatzungsmächten auf eine klare Rechtsgrundlage zu stellen. Die Ministerpräsidenten sind jedoch der Ansicht, daß der Erlaß eines Besatzungsstatutes durch die Militärgouverneure schon vor der Aufnahme der Tätigkeit der mit der Beratung des Grundgesetzes für das Gebiet der drei Westzonen beauftragten Körperschaft eine dringende Notwendigkeit ist; nur dann wird diese eine sichere Arbeitsgrundlage haben. Sie sind weiter der Meinung, daß in dem Besatzungsstatut deutlich zum Ausdruck kommen sollte, daß auch die nunmehr geplanten organisatorischen Änderungen letztlich auf den Willen der Besatzungsmächte zurückgehen, woraus sich andere Konsequenzen ergeben müssen, als wenn sie ein Akt freier Selbstbestimmung des deutschen Volkes wären. Mit ihren eingehenden Vorschlägen wollen die Ministerpräsidenten ihrer Überzeugung Ausdruck verleihen, daß den deutschen Organen alle Befugnisse zustehen sollten, die ihnen nicht durch das Besatzungsstatut selbst vorenthalten werden; von bestimmten Ausnahmen abgesehen, sollten sich die Maßnahmen der Besatzungsmächte grundsätzlich auf die Überwachung der Tätigkeit der deutschen Organe unter dem Gesichtspunkt der Sicherstellung der Erfüllung der Besatzungszwecke beschränken. Besonders bedeutsam erscheint hierbei die Notwendigkeit, den deutschen Außenhandel — unbeschadet einer wirksamen Überwachung durch die Besatzungsbehörden — von den Beschränkungen zu befreien, unter denen seine Ergiebigkeit heute zu leiden hat. Sie sind übrigens der Meinung, daß über die Bestimmungen des Besatzungsstatuts hinaus bald die Möglichkeit für Handelsvertragsverhandlungen geschaffen werden sollte, die von deutschen Stellen zu führen wären, deren Ergebnis jedoch der Ratifikation durch die Besatzungsmächte unterliegen würde. Sie glauben weiter, daß es sich empfehlen könnte, die internationale Ruhrbehörde in Anbetracht der Besonderheit ihrer Funktion außerhalb des Besatzungsstatuts zuzulassen. Was die Wiederaufnahme der vollen Machtbefugnisse der Militärgouverneure zur Beseitigung von Notständen anlangt, so glauben die Ministerpräsidenten sich mit den Militärgouverneuren einig in der Meinung, daß es im Falle bloßer polizeilicher Not145
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stände Sache der deutschen Regierungen sein sollte, das zu ihrer Bewältigung Erforderliche zu tun. Schließlich richten die Ministerpräsidenten an die Militärgouverneure die Bitte, in regelmäßigen Zeitabständen zu prüfen, ob die Entwicklung der Verhältnisse nicht eine weitere Ausdehnung der deutschen Zuständigkeit und einen weiteren Abbau der Kontrolle erlauben könnte. Die Ministerpräsidenten sprechen endlich den Wunsch und die Erwartung aus, daß durch einen Beschluß der Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten der Kriegszustand aufgehoben werden möge. Bei der Fülle der Probleme, die durch die vorgesehene Neuregelung aufgeworfen werden, konnten sich die Ministerpräsidenten in den beigefügten Anlagen nur zu den wesentlichen Punkten äußern. Sie geben daher der Bitte Ausdruck, daß ihnen Gelegenheit geboten werden möge, ihre in den Anlagen und in diesem Schreiben niedergelegten Auffassungen und Wünsche den Militärgouverneuren auch noch mündlich zu erläutern5). Die Ministerpräsidenten möchten nicht schließen, ohne den Militärgouverneuren dafür zu danken, daß sie durch ihre Initiative die Möglichkeiten für eine immer weiter fortschreitende Entwicklung der Demokratie erweitert haben, die sich nur dort zu entfalten vermag, wo ein Volk in freier Entscheidung Verantwortung auf sich nehmen und über sich selbst bestimmen katin. Sie geben der Versicherung Ausdruck, daß sie ebenso wie die Militärgouverneure alles tun werden, was dem Frieden der Welt und der Einheit eines freien und demokratischen Deutschlands dienlich sein kann. [Unterschriften der elf Länderchefs]
ANLAGE 1 STELLUNGNAHME DER MINISTERPRÄSIDENTENKONFERENZ ZU DEM DOKUMENT NR. I
1. Die Ministerpräsidenten werden die ihnen am 1. Juli 1948 durch die Militärgouverneure der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone übertragenen Vollmachten wahrnehmen. 2. Die Einberufung einer deutschen Nationalversammlung und die Ausarbeitung einer deutschen Verfassung sollen zurückgestellt werden bis die Voraussetzungen für eine gesamtdeutsche Regelung gegeben sind und die deutsche Souveränität in ausreichendem Maße wieder hergestellt ist. 3. Die Ministerpräsidenten werden den Landtagen der drei Zonen empfehlen, eine Vertretung (Parlamentarischer Rat] zu wählen, die die Aufgabe hat, a] ein Grundgesetz für die einheitliche Verwaltung des Besatzungsgebietes der Westmächte auszuarbeiten,
5
) Zu den weiteren Treffen der MinPräs. mit den MilGouv. Dok. Nr. 10 und Dok, Nr. 13.
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b) ein Wahlgesetz für eine auf allgemeinen und direkten Wahlen beruhende Volksvertretung zu erlassen. Die Beteiligung der Länderregierungen an den Beratungen des Parlamentarischen Rats ist sicherzustellen. Die Vertretung soll nach den ziffernmäßigen Vorschlägen des Dokuments Nr. I gebildet werden und spätestens bis zum 1. September 1948 zusammentreten. Jedes Land stellt mindestens einen Vertreter; für mindestens 200 000 überschießende Stimmen wird ein weiterer Vertreter bestellt. 4. Die Wahlen zur Volksvertretung sollen noch im Laufe des Jahres 1948 durchgeführt werden. 5. Das Grundgesetz muß außer der aus allgemeinen Wahlen hervorgehenden Volksvertretung eine bei der Gesetzgebung mitwirkende Vertretung der Länder vorsehen. 6. Hat die aus den Landtagen gewählte Vertretung (Ziffer 2) ihre Aufgabe füllt, so werden die Ministerpräsidenten nach Anhörung der Landtage Grundgesetz mit ihrer Stellungnahme den Militärgouverneuren zuleiten, gebeten werden, die Ministerpräsidenten zur Verkündung dieses Gesetzes ermächtigen.
erdas die zu
7. Die Volksvertretung soll alle Funktionen erfüllen, die einem demokratisdi gewählten Parlament zukommen. 8. Das für das Besatzungsgebiet der Westmächte vorgesehene gemeinsame Exekutivorgan wird nach Maßgabe des Grundgesetzes bestellt. ANLAGE 2 STELLUNGNAHME DER MINISTERPRÄSIDENTENKONFERENZ ZU DEM DOKUMENT NR. II Die Ministerpräsidenten stimmen mit den Militärgouverneuren überein, daß eine Überprüfung der Grenzen der deutschen Länder zweckmäßig ist. Sie sind jedoch der Ansicht, daß diese Frage einer sorgfältigen Untersuchung bedarf, die innerhalb kurzer Frist nicht durchzuführen ist. Unter diesen Umständen können die Ministerpräsidenten von sich aus im Augenblick keine Gesamtlösung unterbreiten. Sie sind aber der Ansicht, daß die Grenzen der Länder im Südwesten dringend einer Änderung bedürfen. Über diese Änderung soll der Parlamentarische Rat beraten und den Ministerpräsidenten Vorschläge unterbreiten. Das Recht der beteiligten Länder, selbständig eine Regelung zu treffen, bleibt unberührt 6 ). *) Hierzu die Analyse von StMin. Pfeiffer: Die MinPräs. hätten eine Überprüfung der Ländergrenzen als dringlich und zweckmäßig bezeichnet, gleichzeitig aber auch die Erkenntnis vorgetragen, daß bei der verwickelten Natur der gestellten Aufgabe eine fristgerechte Lösung nicht möglich sei. Deshalb zeuge die Schlußfolgerung, im Augenblick könne keine Gesamtlösung unterbreitet werden, von dem besonderen Verantwortungsbewußtsein der MinPräs.; durch die angeregte 147
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ANLAGE 3 STELLUNGNAHME DER MINISTERPRÄSIDENTENKONFERENZ ZU DEM DOKUMENT NR. III Leitsätze
für ein
Besatzungsstatut7) I.
1. Zur Verwirklichung der wirtschaftlichen und administrativen Einheit aller der Besatzungshoheit Großbritanniens, Frankreichs und der U S A unterstehenden deutschen Gebietsteile werden diese zu einem einheitlichen Gebiet zusammengeschlossen, mit dessen Organisation die Besatzungsmächte dessen Bevölkerung beauftragen. 2. Die deutschen Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungsbefugnisse sind nur durch die sich aus dem T e x t des Besatzungsstatuts selbst ergebenden Befugnisse der Besatzungsmächte beschränkt. Die Vermutung spricht für die Zuständigkeit der deutschen Organe. 3. Die Besatzungsmächte behalten sich Maßnahmen nur insoweit vor, als diese zur Sicherheit der Verwirklichung der Besatzungszwedke notwendig sind. 4. Diese Maßnahmen können bestehen in a) eigener unmittelbarer Verwaltung durch Besatzungsorgane, b) Kontrolle, c) Überwachung, d) Beobachtung, Beratung und Unterstützung. 5. Die Besatzungszwecke sind a] Gewährleistung der Sicherheit der Besatzungstruppen, b] Gewährleistung des Bestandes einer demokratischen Ordnung in Deutschland, c] Entmilitarisierung Deutschlands, d] Gewährleistung der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen Deutschlands. 6. Unmittelbare Verwaltung wird durch die Besatzungsmächte geübt zur vorläufigen Wahrnehmung der auswärtigen Angelegenheiten, jedoch sind deutsche Vertretungen zur Wahrung der wirtschaftlichen und Handelsinteressen im Ausland zugelassen, deren Leiter die einem Konsul entsprechende Rechtsstellung haben sollen. Einschaltung des PR werde die Erarbeitung eines Vorschlags von dem kleinen Gremium der MinPräs. auf ein größeres verlagert, wobei sich die MinPräs. weitere Stellungnahmen vorbehielten. Der Schlußsatz, der das Recht der beteiligten Länder als unberührt bezeichne, müsse als deklaratorische Feststellung angesehen werden [Zusammenfassender Bericht Pfeiffers über die Arbeit des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen, 1. 10. 1948, BA Z 12/67, Bl. 115-141). 7 ) Vgl. die bereits vorliegenden Überlegungen zu einem Besatzungsstatut {Dok. Nr. 5 sowie Bonner Kommentar, V, Anh., Besatzungsrecht, S. 4). 148
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7. Maßnahmen der Besatzungsmächte beschränken sich grundsätzlich auf allgemeine Überwachung der Tätigkeit der deutschen Organe. Dem deutschen Außenhandel gegenüber kann das Recht der Kontrolle ausgeübt werden, jedoch nur insoweit, als zu befürchten ist, daß die Verpflichtungen, welche die Besatzungsmächte in Bezug auf Deutschland eingegangen sind, nicht beachtet oder die für Deutschland verfügbar gemachten Mittel nicht zweckmäßig verwendet werden. Die Kontrolle soll sich nicht darauf erstrecken, ob die deutschen Maßnahmen technisch richtig und zweckmäßig sind. Die Kontrolle wird sich weiterhin beziehen können auf die Sicherstellung der nodi fälligen deutschen Reparationsverpflichtungen, die Einhaltung der den Stand der deutschen Industrie festlegenden Bestimmungen, die Durchführung der Dekartellisierung, der Abrüstung und Entmilitarisierung sowie auf solche wissenschaftlichen Forschungsunternehmen, die der deutschen Kriegswirtschaft gedient haben. Die Befugnisse einer internationalen Ruhrbehörde sind nicht Gegenstand dieses Statuts. 8. Anweisungen im Rahmen obiger Bestimmungen werden nur durch die obersten Organe der Besatzungsmächte an die oberste deutsche Gebietsbehörde erteilt. 9. Einem ordnungsgemäß erlassenen deutschen Gesetz gegenüber soll von dem Rechte des Einspruchs nur Gebrauch gemacht werden, wenn es geeignet ist, die Verwirklichung der Besatzungszwecke zu gefährden. Wenn nicht binnen 21 Tagen nach Erlaß des Gesetzes von den Militärgouverneuren gemeinsam Einspruch eingelegt wird, tritt das Gesetz in Kraft. 10. Auf dem Gebiete der Demokratisierung des politischen und sozialen Lebens sowie der Erziehung werden sich die Besatzungsmächte auf Beobachtung, Beratung und Unterstützung beschränken. 11. Die Unabhängigkeit und territoriale und sachliche Universalität der deutschen Rechtspflege wird anerkannt. 12. Die Gerichtsbarkeit der Besatzungsgerichte wird beschränkt auf a) die nichtdeutschen Mitglieder der Besatzungstruppen und der Besatzungsverwaltung sowie deren Familienangehörige, b) Verbrechen und Vergehen gegen die Sicherheit oder Eigentum der Besatzungsmächte oder die Person ihrer Angehörigen. 13. Für Rechtsstreitigkeiten zwischen Deutschen und Angehörigen der Besatzungsmächte werden gemischte Gerichte gebildet.
II. Der deutschen Bevölkerung werden die allgemeinen Menschenrechte sowie die bürgerlichen Rechte und Freiheiten auch den Organen der Besatzungsmächte gegenüber gewährleistet. 149
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10. Juli 1948 III.
1. Natural- und Dienstleistungen können nur in dem Umfang gefordert werden, der notwendig ist, um die Bedürfnisse der Besatzungstruppen und der Besatzungsverwaltung zu befriedigen. Sie müssen im Verhältnis zu den Hilfsquellen des Landes stehen. 2. Art und Umfang der aufzubringenden Natural- und Dienstleistungen sowie die Form ihrer Vergütung werden durch die Militärgouverneure gemeinsam bestimmt. Es ist für Anforderung und Aufbringung ein besonderes Verfahren zu schaffen, bei dem deutsche Stellen zu beteiligen sind. 3. Die Besatzungskosten sind für ein Jahr im voraus festzusetzen. Hierauf sind sämtliche deutschen Leistungen nach Ziff. III 1 bis 2 in Anrechnung zu bringen. Die Kosten müssen in einer festen Summe festgesetzt werden und dürfen einen bestimmten Prozentsatz der fortdauernden Ausgaben des Ordentlichen Haushalts nicht überschreiten. Die Festsetzung wird im Benehmen mit den zuständigen deutschen Stellen erfolgen. IV. Für die Durchführung der Sicherstellung der Reparationsleistung und der Vorgriffe auf die noch festzusetzenden deutschen Reparationsverpfliditungen sowie für die Durchführung der Restitutionen wird ein besonderes Verfahren geschaffen werden, das eine gemeinsame Beteiligung deutscher Organe vorsehen wird. V. Für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Anwendung des Besatzungsstatuts werden Schieds- und Vergleichsstellen geschaffen werden. VI. Falls die Militärgouverneure die Wiederaufnahme der Ausübung ihrer Machtbefugnisse für notwendig erachten, werden sie dies nur als Notmaßnahme und in gemeinsamer Entschließung tun sowie nur für den Fall, daß ein Notstand die Sicherheit bedroht oder es erforderlich scheint, um die Beachtung der Verfassungen und des Besatzungsstatuts zu erzwingen.
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Nr. 8 Aufzeichnung einer Besprechung der Ministerpräsidenten der amerikanisdien Besatzungszone mit General Clay [Frankfurt,] 14. Juli 1948 1 ) StA Bremen, 3 B 10 d Nr. 44 [37] Akte I. Nicht gezeichnete, vervielfältigte Ausfertigung vom 15. 7. 19482). Anwesend: Clay, Murphy (amerik. MilReg.) 3 ); Ehard (Bayern); Kaisen (Bremen); Stock (Hessen); Maier (Württemberg-Baden) [KRITIK CLAYS AN DEN KOBLENZER BESCHLÜSSEN] Einleitend bemerkte General Clay, daß die vorgesehene Konferenz der drei Zonen vertagt werden müsse, weil General Koenig um Aufschub bat. Er fügte hinzu, wir haben das Schicksal der Westzonen jetzt in die Hände des General Koenig gelegt. Frage der Deutschen: Warum? General Clay: Sie haben mit den Koblenzer Beschlüssen 4 ) die Londoner Dokumente für die nächste Zeit außer Kraft gesetzt 5 ). Ob in absehbarer Zeit nadi Aufnahme neuer Verhandlungen ein gleichgünstiges Ergebnis für Deutschland zu erreichen sein wird, ist die Frage, die keiner heute beantworten kann. Jedenfalls haben Sie eine goldene Chance verpaßt. Persönlich bin ich über die Haltung der deutschen Ministerpräsidenten sehr enttäuscht, und zwar deshalb, weil sich meine Erwartungen nicht erfüllt haben. Ich habe in London wochenlang mit den Franzosen und Engländern um die Anerkennung der deutschen Souveränität im Rahmen eines Weststaates gekämpft 6 ). Ich habe immer damit ope-
') Die Jahreszahl ist handschriftlich hinzugesetzt, die volle Datumsangabe befindet sich am Schluß der Aufzeichnung; die Konferenz fand im Zwei-Mächte-Kontrollamt in Frankfurt statt (Murphy an Secretary of State, Frankfurt, 14. 7. 1948, ForRel. 1948, II, S. 395). 2) Stil und Überlieferungslage der ungez. Aufzeichnung lassen auf SenPräs. Kaisen als Verfasser schließen. Vgl. hierzu auch die amerik. Besprechungsniederschrift, die Gimbel, Besatzungspolitik, S. 283 f., ausführlich referiert. 3) Eine offizielle Anwesenheitsliste liegt nicht vor; neben sämtlichen MinPräs. der amerik. Zone und General Clay dürften von amerik. Seite noch Murphy und zeitweise der stellv. amerik. Verteidigungsmin., William H. Draper, an der Konferenz teilgenommen haben (ForRel. 1948, II, S. 395; NZ, 15. 7. 1948; New York Harald Tribüne, 18. 7. 1948). 4) Dok. Nr. 7. 5) Vgl. dagegen die relativ positive Analyse der Koblenzer Beschlüsse durch Murphy, der als gravierende Abweichung von den Londoner Empfehlungen lediglich die Forderung nadi Ratifizierung des GG durch die Landtage empfand; die übrigen dt. Gegenvorschläge, aus der Sorge vor einer definitiven Teilung Deutschlands geboren, seien diskussionswürdig (Murphy an Secretary of State, Frankfurt, 14.-16. 7. 1948, ForRel. 1948, II, S. 393 ff.; Einleitung, S. XLII ff.). ') Zu seiner Verhandlungstaktik in London Clay, Entscheidung, S. 434 ff.; ForRel. 1948, II, passim; vgl. hierzu auch Äußerungen seitens der amerik. MilReg.: „Es sei 151
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riert, daß die Deutschen die Verantwortung, die mit der Übergabe neuer Vollmachten verbunden ist, gern übernehmen würden. Die Franzosen sagten damals, daß sie sehr daran zweifelten und daß sich meine Erwartungen nicht erfüllen würden. Sie haben leider rechtbehalten 7 ). Ich kann nochmals betonen, das Koblenzer Resultat ist enttäuschend. Sie verlangen jetzt eine Proklamation von mir, die die Verfassung, die ihr Parlamentarischer Rat entwerfen soll, bestätigt. Ich wünsche, daß eine aus der Souveränität des Volkes hervorgegangene Regierung entsteht, daß ebenfalls auf diesem Wege das Volk bestimmt, welche Verfassung geschaffen werden soll, auf die sich diese Regierung zu stützen hat. Aber jetzt, nach den Koblenzer Beschlüssen, ist dieser Weg verbaut. Die Franzosen haben jetzt das Wort, nicht wir. Wenn wir im Westen nicht hier wären, wären Sie längst russisch. Auch nach der Seite hin sind Ihre Entschlüsse enttäuschend, denn die Russen werden jetzt darauf hinweisen, daß die Deutschen den Weststaat nicht wollten und daß nur die Amerikaner ihn wünschen. Sie haben also mit Ihren Entschlüssen Ihre wirklichen Helfer und Freunde, die Amerikaner, brüskiert 8 ). Sie haben den Franzosen die gewünschte das ernste Bestreben der Amerikaner, dafür zu sorgen, daß in Westdeutschland wieder bessere Verhältnisse entstehen. Man sei sich amerikanischerseits darüber klar, daß dies nur möglich sei, wenn den deutschen Stellen weitgehende Befugnisse eingeräumt würden. In ihren Bestrebungen hätten die Amerikaner besonders gegen den Widerstand der Franzosen zu kämpfen. Er glaube jedoch, daß es in London gelungen sei, die französischen Ansprüche zurückzuschrauben" (Aufzeichnung von Werz über eine Besprechung mit Angehörigen der amerik. MilReg., Wiesbaden, 11. 8. 1948, BA Z 12/8, Bl. 133; s. auch Sopade 1948, VII, S. 96). Dem Hinweis der Franzosen in London auf mögliche ernste sowj. Reaktionen und die ablehnende Haltung der Westdeutschen selbst begegnete man amerikanisdierseits stets mit dem Argument, acht westdt. MinPräs. forderten einstimmig eine Verfassung. Deshalb würde eine Verzögerung nicht nur den europäischen Wiederaufbau beeinträchtigen und von den Sowjets als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden, sondern sich auch nachteilig auf die Moral der Deutschen auswirken (ForRel. 1948, II, S. 266 ff., 269 f., 283 f.). - Vgl. Clay, Entscheidung, S. 397 ff. und Schwarz, Bundesrepublik, S. 119 ff. 7 ) Nach den Koblenzer Beschlüssen versäumte es General Koenig dann nicht, die Amerikaner auf die nunmehr bestätigte frz. Ansicht hinzuweisen: die MilGouv. könnten wohl niemals die Deutschen dazu bewegen, die Verantwortung für eine Zerstückelung Deutschlands auf sich zu nehmen (ForRel. 1948, II, S. 399); s. audi Einleitung, S. XLIII f. 8 ) Vgl. den Bericht der New York Herald Tribüne, die sich auf Informationen durch Stodc und andere dt. Konferenz-Teilnehmer berief, nach dem Clay die Deutschen u. a. auch beschuldigt haben soll, ihn im kalten Krieg mit dem Kommunismus im Stich zu lassen: „Gentlemen, you have deserted me in the struggle with the Russians for the fight for Berlin and for the development of Western Germany. Either you are sympathizing with the Russians or you are scared of them. I can't find any other explanation." (New York Harald Tribüne, 18. 7. 1948; hierzu Stocks Dementi, FR, 21. 7. 1948; Der Spiegel, 24. 7. 1948, S. 3). Gegen den auch von dt. Publikationsorganen (Rundfunkkommentar von Cubes im Bayer. Rundfunk, 17. 7. 1948) aufgegriffenen Vorwurf, die MinPräs. hätten aus Angst vor den Russen ihre Koblenzer Entschließungen gefaßt, wandte sich vor allem Ehard: „Das Entscheidende sei nicht Angst vor dem Osten gewesen, sondern ernste Sorge um die deutschen Volksgenossen im Osten. Man habe den Menschen dort den Weg in den Westen [...] offenhalten wollen [...]. Man könne sagen, daß die Entschlüsse 152
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Gelegenheit gegeben, die mühsam erkämpfte Position im Westen wieder zu verschleppen, Sie haben den Russen einen Trumpf in die Hand gegeben. Außerdem bin ich selbst durch Ihre Beschlüsse in meinen Erwartungen in Bezug auf die Haltung der Deutschen sehr enttäuscht worden, denn jetzt ergibt sich der sonderbare Zustand, daß ich als Vertreter einer Siegermacht den Deutschen Vollmachten geben will, und die Deutschen erklären, diese Vollmachten gar nicht in Anspruch nehmen zu wollen, d. h. doch insgesamt, eine schwere Enttäuschung hinnehmen müssen, die ich so leicht nicht verwinden kann 9 ). trotz der Sowjetunion so gefaßt worden seien, wie sie im Interesse des deutschen Volkes als notwendig und zweckmäßig erschienen seien, wie sie im Interesse der augenblicklichen realen Wirklichkeit in den westlich besetzten Besatzungszonen so und nur so richtig seien." (Rede vor dem Landesaussdauß der CSU in Augsburg, 18. 7. 1948, StK München, 100 Bd. 3; s. auch Einleitung, S. XLII ff.). •) Clays erste Reaktion auf die Koblenzer Beschlüsse war: „that the counterproposals of the Ministers President should be flatly rejected and they should be informed that the proposals made to them as a result of the London meeting are Governmental procedures which the Ministers President have no authority to modify." (Murphy an Secretary of State, Frankfurt, 14. 7. 1948, ForRel. 1948, II, S. 395). Vgl. dazu den Bericht Brandts über Besprechungen mit Mitgliedern der amerik. MilReg. in Berlin: „ . . . man hätte die Londoner Beschlüsse auf zweierlei Art sabotieren können, entweder durch direkte Ablehnung oder durch die Gegenvorschläge der Koblenzer Konferenz. Die deutschen Vertreter wollten die Macht einer Regierung haben, aber keine volle Verantwortung übernehmen, außerdem spielten sie den Franzosen in die Hände [...]. Am Montag sagte Bolten [amerik. MilReg.] einigen unserer Freunde, daß Clay sehr erregt sei und daß von der Feigheit der deutschen Politiker die Rede gewesen sei. Andeutungsweise werde auch davon gesprochen, daß es unter diesen Umständen zweifelhaft sei, ob Berlin gehalten werden könne. Gestern abend rief midi Bolten an, um mir noch einmal von den „very serious reactions" General Clays Kenntnis zu geben. Er habe geäußert, daß die westdeutschen Vertreter, wenn sie nicht die Verantwortung einer Regierung übernehmen wollten, entweder Kommunisten oder Kommunistenfreunde sein müßten. Auch in diesem Zusammenhang sprach Bolten, daß die westdeutsche Krise einen „serious effect on Berlin" haben könnte [...]. Als ich Scammon [amerik. MilReg.] traf, kam er direkt von Clay. Scammon sprach zu mir, offenbar unter dem Eindruck der von Clay erhaltenen Aufträge, so wie ein Außenminister zu dem Gesandten eines kleinen Landes spricht, wenn man ihm in verbindlichen Formen ernste und unangenehme Mitteilungen zu machen hat. Er sprach davon, daß es sich um die ernsteste Krise handele, die er im Laufe der dreijährigen Tätigkeit der amerikanischen Militärregierung erlebt habe. Clay sei völlig enttäuscht und habe das Gefühl, daß alles, wofür er sich eingesetzt habe, zusammengebrochen sei. Clay glaube, mehr als ein anderer für die deutsche Regierungsverantwortlichkeit eingetreten zu sein. Jetzt fühle er sich von den Deutschen im Stich gelassen. Das stelle sich ihm auch als eine Schwächung der Front gegen den Bolschewismus dar. Bevor er sich auf nochmalige Drei- oder Sechs-Mächte-Verhandlungen einlasse, wolle er lieber das ganze in London ausgearbeitete Programm fallenlassen. In Amerika würde die angebliche deutsche Scheu vor der Verantwortung einen überaus schlechten Eindruck machen. Das würde sich auch negativ auf die Bereitschaft der Amerikaner, Berlin zu halten, auswirken können. [...] Ich wies darauf hin, daß die jetzt zutage getretenen Mißverständnisse offenbar ein Mangel ungenügender Beratungen zwischen den deutschen und alliierten Stellen seien. Ein gewisser Konflikt sei wahrscheinlich so oder so nicht zu vermeiden, da man ja irgendwann mal wieder dazu kommen müßte, daß deutsche Gesichtspunkte formuliert und mit zur Beratung gestellt würden. Die Reaktion General Clays sei zu 153 16 Parlament. Rat
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Auch irgendwelche Verhandlungen über die 4 Punkte des Londoner Protokolls sind abwegig, denn wenn nur einer dieser 4 Punkte anders ist, muß ich damit rechnen, daß ein Kollege von mir erklärt, erst die Weisung seiner Regierung einholen zu müssen. Die 4 Punkte sind also ein Ganzes und müssen als Ganzes hingenommen werden 1 0 ). Schwierig ist auch die Frage des Besatzungsstatuts. Ursprünglich war es ein sehr umfangreiches Dokument 1 1 ]. Wir haben es zusammengepreßt auf die Forderungen, die Sie kennen. Für uns hegt die Bewertung nicht darin, was darinsteht, sondern was daran fehlt, und was daran fehlt, das kommt den Deutschen zugute, d. h. es erweitert ihre Vollmachten. In diesem Lichte müssen Sie das Besatzungsstatut verstehen. Die Fragen der Grenzregulierungen sind ebenfalls schwierig, weil ich nicht will, daß sich am Rhein französische Wünsche®) realisieren und zum anderen, weil ich nicht wünsche, amerikanisches Besatzungsgebiet für die Franzosen zu räumen 1 2 ). Im Londoner Abkommen sind auch diese Fragen in einer Weise gelöst, die den Anfang bilden, um hier vorwärts zu kommen 1 3 ). W i r d dieser Anfang durch neue Verhandlungen zerstört, dann besteht keine Aussicht, bald wieder zu einem neuen Beginnen zu kommen; kurzum, wie ich auch die Dinge betrachte, auf der ganzen Linie haben Ihre Koblenzer Beschlüsse eine große Chance für Deutschland zerstört.
») Vom Bearbeiter verbessert aus Menschen.
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bedauern, sie beruhe jedoch auf völligem Verkennen der tatsächlichen Lage, wenn von einer Scheu vor der Verantwortung gesprochen würde. Uns ginge es um eine saubere Abgrenzung der Kompetenzen und in dem dann geschaffenen Rahmen um einen schnellen und effektiven Aufbau der westdeutschen Verwaltung. Darum haben wir auch gegen ausländische Ratschläge und innerdeutsche Widerstände darauf bestanden, daß eine Volksvertretung und eine Drei-Zonenverwaltung schon vor Ende dieses Jahres gebildet wird. Dagegen richteten sich ja auch französische Einwände, soweit sie bisher bekannt geworden sind. Außerdem betonte ich, daß bei uns in Rüdesheim [Dok. Nr. 6, Anm. 13] niemand an ultimative Forderungen in Einzelfragen gedacht habe. Diese letzte Bemerkung schien Scammon besonders wichtig zu sein. Er sagte, Clay habe den Eindruck gewonnen, daß auf deutscher Seite keine Verhandlungsbereitschaft vorhanden wäre." - Nach Brandt hielten zahlreiche Mitglieder der amerik. MilReg. einen Kompromiß auf der Basis der Koblenzer Vorschläge für möglich. „Inzwischen hörte ich auch von der englischen Seite, daß die saure Reaktion auf amerikanischer Seite sich wesentlich auf Clay beschränkte. Bei der Stellung Clays ist das ja aber nicht ganz gleichgültig." (Bericht Nr. 66 an PV, Berlin, 13. 7. 1948, Arch. FES. Schumacher, J 79; vgl. auch Einleitung, S. XLII ff.). Gemeint sind die Frankfurter Dokumente, wobei Clay die Beilage zu Dok. Nr. III als viertes Dok. zählt (Clay, Entscheidung, S. 450 und Bericht Murphys an Secretary of State, 10. 6. 1948, ForRel. 1948, II, S. 375). Dok. Nr. 4 (Frankfurter Dok. Nr. III). Clay spielt hier auf die in London vorgetragene Forderung der Franzosen nach einem Rheinland-Staat und nach Wiederherstellung des alten Landes Baden an (Dok. Nr. 2, Anm. 15 und Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 139 ff.). Vgl. das Konferenzpapier zur Political Organisation, 31. 5. 1948, nebst Anlagen zur Reorganisation of the Laender, 26. 5. 1948 (ForRel, 1948, II, S. 305 ff.) sowie Dok. Nr. 4 (Frankfurter Dok. Nr. II).
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Meine Erroiderung, es wäre besser gewesen, wenn diese hohe politische Hoffnung den Ministerpräsidenten vor der Konferenz in Koblenz bekanntgegeben worden wäre. Die Londoner Dokumente sind nach dieser Richtung überhaupt nidit von der Militärregierung interpretiert worden. Die Beschlüsse von London sind Beschlüsse der drei Westmächte, die Deutschen waren nicht zugegen, und die Deutschen kennen offiziell weder die Absichten noch die politischen Hintergründe dieser Dokumente. Wenn wir daher heute dafür verantwortlich gemacht werden, daß wir ein großes weltpolitisches Ereignis nicht berücksichtigt hätten, so muß bedacht werden, daß wir als Deutsche heute noch gar nicht in der Lage sind, aktive Außenpolitik zu betreiben. Nach der Eröffnung durch General Clay über die Auswirkung der Koblenzer Beschlüsse haben wir Deutschen die Aufgabe verpaßt, einen Weststaat aufzurichten. Nehmen wir an, die Ministerpräsidenten wären in Koblenz anders Verfahren, sie hätten einen Weststaat aufgerichtet mit einer Verfassung wie vorgesehen und einer Regierung, und sie hätten dazu das Besatzungsstatut nach der Richtung hin geprüft, was dieser Regierung fehlt, um sie mit allen nötigen Vollmachten auszurüsten, dann wäre die politische Linie dahin verlaufen, diesen Weststaat in einen Westblodc einzugliedern und eine politische Linie zu beziehen, die alle, aber auch alle Konsequenzen in sich birgt. Das hieße, die deutsche Position aus dem jetzigen völkerrechtlichen Zustand herauszubringen und in ein politisches Kräftespiel der Weltpolitik einzuschalten. Es ist erklärlich, daß eine solche Konzeption nach Lage der Dinge von den elf Ministerpräsidenten in Koblenz nicht erwogen wurde. Sie hatten eine sehr bestimmte Aufgabe, sie sollten in elf Landtagen je nach dem Beschluß der Parteien eine direkte oder indirekte Wahl zu einer Vetfassuiiggebenden Versammlung vorbereiten, mehr nicht. Sie sollten dazu gebietliche Änderungen beraten, die nicht von heute auf morgen zum Abschluß gebracht werden können. Sie hatten dazu eine dritte Möglichkeit, zu einem Besatzungsstatut Stellung zu nehmen. Es lag auf der Hand, daß mit den Parteien Stellung genommen werden mußte14), weil die Ministerpräsidenten keinen Wahlkampf führen konnten. Es lag ferner auf der Hand, daß die Parteien diesen Kampf nicht führen wollten unter der Parole für oder gegen einen Weststaat. Einig war man sich aber darüber angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung und der währungspolitischen Notwendigkeiten für die drei Westzonen eine starke Verwaltungsspitze zu schaffen, die durchaus den Charakter einer Regierung haben soll. Einig war man sich ebenfalls darüber, ein staatliches Grundgesetz für diese drei Westzonen zu schaffen, das einer echten parlamentarischen Vertretung Raum gab und auch der Regierung die nötigen Vollmachten gab, die sie zur Durchführung ihrer schweren Aufgabe haben mußte. Man war sich drittens einig darüber, daß man durchaus die Londoner Vereinbarungen in die Praxis umsetzen wollte, und zwar in einer Form, die den deutschen Verhältnissen angepaßt ist. Man war sich ferner darüber klar, daß diese Lösung den Westen an uns heranbringen und auch den Deutschen im Osten und in Berlin helfen mußte. Denn diese Hilfe,
" ) Dok. Nr. 6, Anm. 12, 13 sowie Einleitung, S. XXXI f.
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besonders für die Deutschen im Osten, konnte nach Meinung der Konferenz am besten darin bestehen, eine Lösung zu schaffen, die zeitbedingt war und durchaus den Anschluß und die Aufnahme des Ostens sicherte. Es waren also starke innenpolitische Erwägungen, die zu diesem Konzept führten. General Clay gab in seiner Erwiderung immer wieder der Auffassung Ausdrude, daß die deutsche Bevölkerung in ihrer antirussischen Haltung — besonders in Berlin — eine andere Unterstützung von uns erwartet hätte, und zwar durdi die Aufrichtung eines starken, verfassungsmäßig aufgebauten, von der Bevölkerung durch Abstimmung geschaffenen Weststaates, der nun verpaßt sei. Ich erinnerte ihn daran, daß er mir noch vor einem Jahr in Stuttgart bei einer Beschwerde über russische Maßnahmen entgegenhielt, die Russen seien die Verbündeten der Amerikaner, und daß er jetzt nicht erwarten könne, daß wir plötzlich in der Front der drei Westmächte eine Stellung beziehen, wie er sie kennzeichnete. Würden wir das verlangt haben, wäre uns vielleicht wieder eine Abweisung erteilt worden. Hinzu kommt, daß die wesentlichste Frage immer noch nicht beantwortet ist. Kann man angesichts der fehlenden Eigenschaften einer echten Regierung nicht fragen, ob es sich überhaupt lohne, eine solche Regierung aufzurichten und eine Verfassung zu schaffen, die von jeder der drei Besatzungszonen in gewissen Teilen lahmgelegt werden kann. Man weckt wieder neue Illusionen und ist nachher darüber bestürzt, wenn sich neue Enttäuschungen breitmachen. Die Beschlüsse von Koblenz haben alle diese Realitäten berücksichtigt. Sie stellen das Maximum dessen dar, was im Augenblick zu erreichen war. Es sind aber nur Vorschläge und keine endgültigen Beschlüsse. Alle Teilnehmer sind sich darüber klar, daß eine Aussprache erfolgen muß, und zu dieser Aussprache sind wir jeden Augenblick bereit. General Clay versuchte nicht, auch nur eine Zusage für einen Ausgleich zu mamen. Er versicherte immer wieder, daß die Londoner Dokumente ein einheitliches Ganzes seien, das entweder durchgeführt werden müsse, oder es müßten zwischen den Regierungen der Westmächte neue Verhandlungen aufgenommen werden. Er könne nur sagen, es sei eine große Stunde versäumt worden; und damit war die Konferenz beendet.
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Nr. 9 Konferenz der Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen Jagdsdilofi Niederwald, 15.-16. Juli 1948 BA Nachlaß Brill/9, Bl. 134-137. Von StS. Brill unterzeichnetes Kurzprotokoll, vervielfältigte Ausfertigung1) Anwesend: Wohleb (Baden); Ehard, Pfeiffer, Schwend (Bayern); Kaisen, Haas (Bremen); Stock [Vorsitz], Brill, Bergner (Hessen); Kopf, Lauffer, Danckwerts (Niedersachsen); Arnold, v. Gumppenberg (Nordrhein-Westfalen); Altmeier, Steffan (Rheinland-Pfalz); Lüdemann, Suchan (Schleswig-Holstein); Maier, Klaiber (Württemberg-Baden) ; Schmid (Württemberg-Hohenzollern) [LAGEBEURTEILUNG NACH DER REAKTION DER ALLIIERTEN AUF DIE KOBLENZER BESCHLÜSSE] Beginn: 22.45 Uhr 1. Herr Ministerpräsident Altmeier gibt die Gründe bekannt, die dazu geführt haben, daß die Regierungschefs der französischen Zone heute Vormittag nicht in Frankfurt/Main erschienen sind. Er dankt für die heutige Zusammenkunft und erklärt, daß sich die Regierungschefs der französischen Zone nicht mehr von ihren Kollegen aus der amerikanischen und britischen Zone trennen lassen werden 2 ].
') Der Protokollentwurf Bergners, der von Brill ab- und von Stock unterzeichnet wurde, stimmt bis auf nachfolgend angemerkte kleinere Abweichungen mit der Ausfertigung überein (BA NL Brill/102, Bl. 109-111). 2) Da die Koblenzer Beschlüsse nach frz. Auffassung soweit von den Londoner Empfehlungen entfernt waren, daß sie diese insgesamt infrage stellten, hatte Koenig um Verschiebung der für den 15. 7.1948 vorgesehenen Besprechung mit den MinPräs. gebeten (Dok. Nr. 8; Murphy an Secretary of State, Frankfurt, 15. 7. 1948, ForRel. 1948, II, S. 396 ff.; Gimbel, Besatzungspolitik, S. 284; Main-Post, 16. 7. 1948) und den Regierungschefs seiner Zone nahegelegt, sich unter keinen Umständen zu neuen Besprechungen nach Frankfurt zu begeben, sonst müsse das als unfreundlicher Akt gegenüber Frankreich gewertet werden. „Zwei der Herren, außerdem Minister Carlo Schmid, waren trotzdem erschienen, während der dritte [Bock] es vorzog, dem Rate seines Gouverneurs zu folgen" (Schreiben Kaisens an den Tagesspiegel vom 19. 7. 1948, ebda, abgedruckt am 28. 7. 1948; ForRel. 1948, II, S. 395). Nach zusätzlichen Informationen, die Brill von amerik. Seite erhielt und sofort an Altmeier weitergab, da es „für den Fall, daß Sie einem bestimmten französischen Druck ausgesetzt wären, wertvoll sein könnte, die Auffassung der französischen Seite genau zu kennen" (Brill an Altmeier, Wiesbaden, 17. 7. 1948, BA Z 12/8, Bl. 186 f.), hielt Koenig Neuverhandlungen auf Regierungsebene für notwendig, da die dt. Gegenvorschläge zum Besatzungsstatut unannehmbar und eine klare Antwort zur Berichtigung der Ländergrenzen nicht gegeben worden sei. Da die Deutschen aus Sorge vor einer Teilung ihres Landes offensichtlich keine Regierungsverantwortung übernehmen wollten, könnten die MilGouv. lediglich ein Besatzimgsstatut erlassen und eine aus Deutschen bestehende Regierung ernennen, die unter der politischen Verantwortung der Besatzungsmächte zu arbeiten habe (vgl. auch ForRel. 1948, II, S. 396 ff. sowie Einleitung, S. XLIII, XLVI f.). 157
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2. Auf Vorschlag von Herrn Senatspräsident Kaisen wird Herr Ministerpräsident Stock mit der Organisation eines Büros der Ministerpräsidenten beauftragt. Das Büro soll bei der Hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden eingerichtet werden 3 ). 3. Herr Ministerpräsident Dr. Ehard berichtet über die Besprechung mit Herrn General Clay am 14. Juli abends sowie über die Besprechungen, die zwischen ihm und Herrn Botschafter Murphy sowie zwischen anderen deutschen Herren und Herren des Gefolges von General Clay über die Mantelnote und die Koblenzer Dokumente stattgefunden haben 4 ). 4. Ebenso berichtet Herr Ministerpräsident Lüdemann über die Besprechungen, die am 15. Juli nachmittags 6.30 Uhr zwischen den Regierungschefs der britischen Zone und Herrn General Robertson sowie dessen Begleitern stattgefunden haben. Er teilt daraus an neuen Tatsachen mit, daß die britischen Vertreter eine Zusammenkunft zwischen den drei Oberbefehlshabern und den elf deutschen Regierungschefs für Mittwoch, den 21. Juli, für möglich halten. Außerdem weist er darauf hin, daß sich Herr General Robertson über die Koblenzer Beschlüsse in Bezug auf die Ländergrenzen für unbefriedigt erklärt und die Mitteilung gemacht habe, daß Amerikaner und Franzosen sich in dieser Frage nicht einig sind 5 ). ) Zum Büro der MinPräs. des amerik., brit. und frz. Besatzungsgebietes und seiner Außenstelle in Bad Godesberg Vogel, Westdeutschland, I, S. 85 ff. Sein Leiter wurde der persönliche Referent des hess. MinPräs. und Referent f. bizonale Angelegenheiten, Landrat z. D. W. Heinrich Bergner, der im engen Kontakt zu Ollenhauer und dem SPD-PV in Hannover stand (vgl. die Schreiben Bergners in BA Z 12/124, Z 12/8, Z 12/10, passim). Die CDU/CSU forderte, daß die Leitung des Büros in ihre Hand komme (Sitzung des bayer. MinRates vom 3. 7. 1948, GStA München, LR Stuttgart Nr. 11; Hilpert an Ehard, Wiesbaden, 28. 7. 1948; Ehard an Hilpert, München, 2. 8. 1948, GStA München, MA 130028); es gelang ihr aber nur, LegR a. D. Dr. Luitpold Werz, der die Arbeiten des Ländergrenzenaussdiusses koordinieren sollte, in das Büro hineinzubringen (Dok. Nr. 16 Anm. 3). Die Regierung von Württemberg-Hoheiizollern hatte MinR. Esdienburg für die Leitung des Büros in Vorschlag gebracht (Sitzung des StMin. von Württemberg-Hohenzollern, 5. 7. 1948, StA Sigmaringen Wü 2). 4 ) Murphy berichtete am 14. und 16. 7. 1948 über Besprechungen mit Ehard und Kaisen, die sich außerordentlich kooperativ und einsichtig gezeigt hätten: nachdem sie aufgrund der Information Koenigs zunächst geglaubt hätten, über die Londoner Empfehlungen mit den Alliierten verhandeln zu können, habe die Aussprache mit Clay (Dok. Nr. 8) ihre Ansichten geklärt (ForRel. 1948, II, S. 393 ff. und 402 f.). 5 ) Eine Aufzeichnung über die Besprechung mit Robertson konnte im LA Schleswig und in den HStA Hannover und Düsseldorf nidit nachgewiesen werden; vgl. jedoch Hüttenberger, Arnold, S. 166. Die Einstellung Robertsons zu den Koblenzer Beschlüssen geht indes hinreichend aus dem Bericht Murphys über die Besprechung der MilGouv. vom 15. 7. 1948 hervor: Da infolge der internationalen Lage ein Aufschieben der Londoner Empfehlungen nicht infage komme, müsse der Versuch gemacht werden, die dt. Gegenvorschläge unter allen Umständen mit den Londoner Konferenzergebnissen in Einklang zu bringen; dabei könnten über Bezeidinungsunterschiede (statt Verfassunggebender Versammlung und Verfassung: PR und 3
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5. An die Berichte schließt sich eine Aussprache an. Herr Senatspräsident Kaisen erörtert die Rolle Deutschlands im Konzert der Mächte, um daraus die Rolle General Clays verständlich zu machen, die dieser in der obenerwähnten Besprechung am 14. Juli gespielt hat8). Herr Stellvertretender Ministerpräsident Pro/. Dr. Schmid schildert die außenpolitischen Auffassungen amerikanischer Dienststellen, die hinsichtlich der französischen Politik, der amerikanischen Russenpolitik, der Kriegsgefahr usw. bekanntgeworden sind, und erklärt die amerikanische Beurteilung der Koblenzer Beschlüsse aus der Enttäuschung General Clays darüber, daß die deutschen Regierungschefs davon absehen wollten, einen deutschen Staat zu bilden, der eine aktive Stellung gegen Rußland einnehmen soll7). Er führt aus, daß es die Aufgabe der deutschen Regierungschefs sei, eine deutsche Politik im europäischen Sinn zu treiben, um der Kriegsgefahr zu begegnen. Am Ende des heutigen Tages könne man in Übereinstimmung mit einigen Herren aus der Begleitung von General Clay sagen: „Der Krampf hat sich gelöst." Man müsse nunmehr verhandeln. Er schlägt vor, dazu Verhandlungsstäbe auf deutscher Seite zu bilden8l. Herr Ministerpräsident Arnold stellt sich auf den Standpunkt, daß eine gute Interpretation der Koblenzer Beschlüsse in den Landtagen und in der Presse erfolgt sei9). Er erklärt, daß wir keine Veranlassung hätten, diese Beschlüsse zu
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GG) diskutiert, materielle Abweidlungen (Frage des Referendums, Leitlinien für ein Besatzungsstatut) jedoch nidit akzeptiert werden. An einer Änderung der Ländergrenzen sei Großbritannien nidit interessiert (ForRel. 1948, II, S. 396 ff.). Die neue Zusammenkunft zwischen MilGouv. und MinPräs. kam schon am 20. 7. zustande (Dok. Nr. 10). S. Dok. Nr. 8. Über die nur angedeutete Ansicht Carlo Schmids hinsichtlich einer Einordnung Deutschlands in eine europäische Politik informiert ausführlich Schwarz, Bundesrepublik, S. 574 ff. Im Protokollentwurf (BA NL Brill/102, Bl. 110) folgt hier nodi der Absatz: „Herr Ministerpräsident Kopf gibt einige ergänzende Informationen über seine Unterredung mit Herrn General Robertson und dessen politischen Berater Steel". Die Stellungnahmen der westdt. Landtage zu den Koblenzer Beschlüssen fielen - worauf selbst die Alliierten später hinwiesen (Dok. Nr. 19) - im allgemeinen sehr positiv aus: Hess. Landtag, 13. 7. 1948, S. 1476 ff.; Niedersächs. Landtag, 13./ 14. 7. 1948, S. 1987 ff.; Landtag von Nordrhein-Westfalen, 14./15. 7. 1948, S. 629 ff.; Landtag für Württemberg-Hohenzollern, 13. 7. 1948, S. 408 ff.; vgl. Dok. 6, Anm. 70. Eine Zusammenstellung wichtiger in- und ausländischer Pressestimmen bringt: Die Zeitungssdiau, 29. 7. 1948; Sopade, 1948, VII, S. 96 f. und HStA Düsseldorf, NW 53-656. Vgl. abweichend von Arnolds Angabe die scharfe Kritik am Koblenzer Verhandlungsergebnis in zahlreichen, zumeist amerik. lizenzierten Zeitungen: z . B . Süddt. Zeitung, 13. 7. 1948; Tagesspiegel, 11. und 14. 7. 1948; Rh. Merkur, 17. 7. 1948; Die Zeit, 29. 7. 1948. Deshalb sahen sich zahlreiche an den Verhandlungen beteiligte Persönlichkeiten gezwungen, gegen die negative Interpretation der Koblenzer Beschlüsse Stellung zu nehmen (Schoettle, Stuttgarter Nachrichten, 13. 7. 1948; Pfeiffer, Niederbayerisdie Nachrichten, 16. 7. 1948; Schmid, Telegraph, 15. 7. 1948; Brauer, Rundfunkansprache im NDR, 14. 7. 1948, BA Z 4/121, Bl. 229 ff.; Kaisen, Tagesspiegel, 28. 7.1948).
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ändern, unsere Stärke liege in der Einstimmigkeit, mit der sie gefaßt worden sind; sie erlaube uns eine Politik des Abwartens. Nachdem der Vorsitzende, Herr Ministerpräsident Stock, die diesem Protokoll beigeheftete Punktation 10 ) bekanntgegeben hat, die die Konferenz mit Befriedigung zur Kenntnis nimmt, erklärt Herr Ministerpräsident Kopf, daß eine Änderung der Koblenzer Beschlüsse nur durch eine gemeinsame Stellungnahme der Ministerpräsidenten in Frage kommen könne. Herr Ministerpräsident Stock schließt sich dieser Auffassung an. Herr Stellvertretender Ministerpräsident Prof. Dr. Schmid sagt, daß man zwischen einer Meinungsäußerung über die Koblenzer Beschlüsse und der Aktion, die auf Grund der Beschlüsse unternommen werden könnte, unterscheiden müsse. Die Meinungen dürften verschieden sein, bei den Aktionen aber müsse man einheitlich vorgehen. Herr Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, daß man auf diese Fragen nicht einzugehen brauche, denn wir hätten nicht den geringsten Anlaß, die Koblenzer Beschlüsse zu bestätigen oder von ihnen abzuweichen. Nur eine neue Situation könne eine neue Methode bestimmen. Herr Ministerpräsident Dr. Maier wendet sich dagegen, daß etwa Mehrheitsbeschlüsse Zustandekommen könnten. Herr Ministerpräsident Arnold ist gegen jede Festlegung eines Verfahrens. Er verweist noch einmal darauf, daß die deutsche Position durch die bejahende Stellungnahme der Landtage zu den Koblenzer Beschlüssen eine sehr starke sei. 6. Die Herren Regierungschefs sind sich darin einig, daß bei der nächsten Zusammenkunft die elf Mitglieder des Verfassungsausschusses bestimmt werden sollen. Herr Ministerpräsident Dr. Ehard lädt den Verfassungsausschuß nach einem ruhigen Orte in Bayern ein, damit seinen Mitgliedern Gelegenheit gegeben wird, unbeeinflußt vom amtlichen Getriebe gründliche Arbeit zu leisten 11 ). Nach Dankesworten des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Ehard an Herrn Ministerpräsidenten Stodc, die von der Versammlung mit Beifall aufgenommen werden, wird die Sitzung geschlossen. Schluß: 16. 7.1948, 0.45 Uhr
10) S. Anlage, S. 161. " ) Der schon mehrfach angeregte Verfassungsausschuß (Dok. Nr. 3 und 6) tagte vom 10. bis 23. 8. 1948 auf Herrenchiemsee: Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23. August 1948, München 1948. Die ungedruckten Protokolle der Plenar- und Aussdiuß-Sitzüngen werden in Auswahl in weiteren Bänden dieser Edition abgedruckt werden. Kurzbericht über die Arbeit des Verfassungskonvents im Dok. Nr. 24, S. 380 ff.
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ANLAGE DARSTELLUNG DER LAGE AM 15. JULI 1948 - NACH MITTEILUNGEN VON MR. WAHRHAFTIG, OMGUS12).
1. Die drei Oberbefehlshaber werden am Montag Nachmittag [19. 7.] in Berlin zusammentreten13), um: a) diejenigen Punkte der Mantelnote und der Vorschläge der Ministerpräsidenten-Konferenz zu bezeichnen, die angenommen werden; b) diejenigen Punkte zu nennen, die abgelehnt werden (sofern es Ablehnung gibt); c) diejenigen Punkte zu nennen, über die verhandelt werden soll. 2. Die amerikanische und britische Militärregierung sind mit den Vorschlägen zum Besatzungsstatut einverstanden. Die französische Militärregierung hat einige Einwendungen. Die amerikanische Militärregierung sieht diese Einwendungen als eine Angelegenheit an, die zunächst zwischen den Alliierten geklärt werden muß14). 3. Über die geforderten Handelsvertretungen kann verhandelt werden. 4. In Bezug auf Dokument II sind alle drei Oberbefehlshaber mit einer Bereinigung der Verhältnisse in Südwestdeutschland einverstanden. Weitergehende französische Forderungen würden voraussichtlich von der amerikanisdien Militärregierung abgelehnt werden. 5. Es wird ein Staatsgrundgesetz oder eine provisorische Verfassung (provisional Constitution) gefordert werden. 6. Die Verabschiedung des Entwurfes für eine provisorische Verfassung kann durch einen indirekt von den Landtagen gewählten Parlamentarischen Rat erfolgen.
) Samuel L. Wahrhaftig, lange Zeit in der Abteilung für Zivilangelegenheiten der MilReg. für Hessen tätig, ehe er zu OMGUS nach Berlin versetzt wurde, stand in engem Kontakt zu Brill, dem er wiederholt wichtige Hintergrundinformationen gab. Vgl. das Verteidigungsschreiben Brills vom 30. 3. 1949 für den wegen angeblicher Kommunistenfreundlichkeit aus dem Dienst Entlassenen (BA, NL Brill/ 28 a, Bl. 181-183). Die Mitteilungen Wahrhaftigs werden ergänzt durch den Bericht Murphys über die Besprechungen der MilGouv. vom 15. 7. 1948 (ForRel. 1948, II, S. 396 ff.). 1S) S. Dok. Nr. 10, Anm. 4. Die Besprechung in Berlin wurde auf Anregung Robertsons vom 15. 7.1948 von einer Expertengruppe vorbereitet, die die dt. Gegenvorschläge eingehend zu prüfen und die wesentlichsten Unterschiede zu den Londoner Beschlüssen herauszuarbeiten hatte (ForRel. 1948, II, S. 400). " ) Vgl. hierzu und zum Folgenden die Besprechung der MilGouv. vom 15. 7. 1948; hinsichtlich des Besatzungsstatuts hatte Robertson hier allerdings die Ansicht vertreten, „that the Germans have clearly stepped out of their province and that he did not see the possibility of changing the statute as desired by them." (ForRel. 1948, II, S. 398). 12
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7. Die Verfassung muß ein edites Zwei-Kammer-System enthalten, d. h. daß beide Kammern in der Gesetzgebung gleidie Rechte haben müssen, so daß Gesetzesbeschlüsse nur durch inhaltlich übereinstimmende Beschlüsse beider Kammern Zustandekommen können. 8. Es wird eine klare Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Bundesstaat und den Einzelstaaten gefordert werden. 9. Ein Plebiszit über die provisorische Verfassung in den einzelnen Staaten kann nicht erlassen werden, jedoch können Plebiszit und die Wahlen zur Volksvertretung innerhalb einer Frist von 30 Tagen getrennt abgehalten werden. 10. Die Militärregierung wird den Erlaß eines Wahlgesetzes durch den Parlamentarischen Rat ablehnen. Sie geht dabei von der Anschauung aus, daß die einzige Aufgabe des Parlamentarischen Rates die Schaffung einer provisorischen Verfassung ist und der Rat keine gesetzgebenden Befugnisse hat. 11. Die amerikanische Militärregierung ist jedoch damit einverstanden, daß a] Grundnormen für das Wahlrecht in die provisorische Verfassung aufgenommen werden; b) die Ministerpräsidenten den Text eines Wahlgesetzes beraten, das durch die Landtage aller Einzelstaaten einheitlich erlassen werden kann. Jagdschloß Niederwald, den 15. 7 . 1 9 4 8
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Nr. 10 Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der westdeutsdien Besatzungszonen Frankfurt, 20. Juli 1948 BA Nachlaß Brill/9, Bl. 114—123. Nidit gezeichnetes Protokoll, vervielfältigte Ausfertigung1) Anniesend 2 ): Clay, Murphy, Litchfield (amerik. MilReg.); Robertson [Vorsitz], Steel, Chaput de Saintonge (brit. MilReg.); Koenig, Noiret, Tarbe de Saint-Hardouin, Seydoux, Lefebvre de Laboulaye (frz. MilReg.); Wohleb [Baden); Ehard, Pfeiffer [Bayern); Kaisen (Bremen); Brauer (Hamburg); Stock, Brill, Apel (Hessen); Kopf (Niedersachsen); Arnold (Nordrhein-Westfalen); Altmeier (Rheinland-Pfalz); Lüdemann (Schleswig-Holstein); Maier (WürttembergBaden); Bode (Württemberg-Hohenzollern) [STELLUNGNAHME SCHLÜSSEN]
DER MILITÄRGOUVERNEURE
ZU DEN
KOBLENZER
BE-
[Beginn: 15.00 Uhr] General Robertson führte als Vorsitzender zu Beginn der Konferenz ungefähr Folgendes aus: Die Ministerpräsidenten mögen entschuldigen, daß diese Sitzung so kurz einberufen werden mußte. Gestern hätten die Generäle in Berlin getagt4). Bei der ') Uber diese Sitzung sind zwei dt. Protokollversionen überliefert, die sich durch unterschiedliche Ausführlichkeit - besonders in der Wiedergabe der alliierten Stellungnahmen - unterscheiden: Da für die geschlossene Sitzung kein offizielles Protokoll geführt wurde und jede Delegation getrennte Aufzeichnungen machte (Litchfield, Postwar Germany, S. 553; Druck des engl. Protokolls in: ForRel. 1948, II, S. 403 ff.), stützte sidi die erste dt. Besprechungsniederschrift (Version A) lediglich auf private, z. T. lückenhafte Notizen Pfeiffers und Brills (BA NL Brill/9 Bl. 125), denen zunächst nur die Stellungnahme Koenigs und später auch diejenige Clays im engl. Text vorlag (Stock an Adenauer, 8. 12. 1948, BA Z 12/124, Bl. 40 ff.). Erst nach Übergabe aller engl. Texte (BA NL Brill/9, Bl. 129 ff.) konnten neue, ausführliche dt. Übersetzungen angefertigt werden (Version B), die vorliegender Edition zugrude gelegt und z. T. auch von den MinPräs. für ihre Dokumentensammlung (Dokumente betr. Begründung, S. 23 ff.) herangezogen wurden. Zu Einzelheiten vgl. die Anm. 18, 21 und 22 sowie die Diskussionen in Niederwald (Dok. Nr. 11, S. 174 ff.). : ) Die Anwesenheitsliste ist dem amerik. Protokolltext entnommen (ForRel. 1948, II, S. 403). Im Gegensatz zur Konferenz vom 1. 7. 1948 (Dok. Nr. 3) war diesmal der die MinPräs. begleitende Troß (außer Pfeiffer, Brill und Apel) nicht zugelassen, da die Alliierten bestrebt waren, Indiskretionen - wie nach der Besprechung Clays mit den MinPräs. der amerik. Zone (Dok. Nr. 8, Anm. 8) - auszuschalten (Der Spiegel, 24. 7. 1948). 3 ) Angabe im engl. Protokolltext (ForRel. 1948, II, S. 403). 4) Die Konferenz der MilGouv. am 19. 7. 1948 führte zu dem Ergebnis, daß diejenigen dt. Vorschläge, die lediglidi eine Interpretation der Londoner Empfehlungen darstellten, positiv in Erwägung gezogen, während die von ihnen abweichenden Vorschläge zur Entscheidung an die alliierten Regierungen zurückverwiesen werden sollten (NZ, 21. 7. 1948).
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Vereinbarung des Termins für eine neue Konferenz mit den deutschen Ministerpräsidenten habe sich herausgestellt, daß einige von ihnen schon für wichtige Besprechungen verpflichtet gewesen seien. So hätten sie entweder heute zusammenkommen müssen oder die Besprechungen hätten länger verschoben werden müssen, als wünschenswert sei. Die Generäle seien der Meinung, daß es sehr wichtig ist, möglichst schnell in dieser Angelegenheit voranzukommen, und glauben auch, daß dies möglich ist5]. „Als wir am 1. Juli mit Ihnen zusammenkamen, übergaben wir Ihnen Vorschläge6) und erwarteten dazu Ihre Bemerkungen. Wir haben diese Bemerkungen7) erhalten und sie sehr sorgfältig studiert8). "Ehe wir uns heute aber mit Ihrem Kommentar befassen, ist es meine Pflicht, Ihnen die Art unserer Vorschläge und den Hintergrund klarzustellen. Wir sind der Meinung, daß Sie hier in diesem Punkt noch weitere Aufklärung erhalten sollen9). Unsere Vorschläge waren das Ergebnis von Anweisungen, die wir von unseren Regierungen erhalten haben. Diese Anweisungen waren auf Entscheidungen gegründet, die auf Grund der Vereinbarungen in London getroffen wurden10). Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, daß die Entscheidungen in London das Ergebnis von langen Besprechungen zwischen den Vertretern von sechs Mächten waren. Es ergibt sich daraus, daß jeder Versuch, von diesen Entscheidungen abzuweichen, große Schwierigkeiten auslöst. Das bezieht sich auf die Entscheidungen als Ganzes11). Eine Änderung in einem Teil kann nicht nur den einen Teil, sondern vielleicht das Ganze in Gefahr bringen.
6)
•) 7) 8) 9)
10)
")
In der engl. Protokollversion folgt noch der Halbsatz: „and we believe that we have your support in that regard". - Bereits während der Besprechung der MilGouv. am 15. 7. hatten Robertson und Clay entgegen den Intentionen Koenigs auf einer schnellen Aussprache mit den MinPräs. bestanden (ForRel. 1948, S. 398 ff.). Dok. Nr. 4. Dok. Nr. 7. Vgl. audi die Besprechung der drei MilGouv. am 15. 7., in der die Detailanalyse der Gegenvorschläge an eine alliierte Expertengruppe überwiesen wurde (ForRel. 1948, II, S. 397 ff. sowie Dok. Nr. 9, Anm. 13). Vgl. den engl. Protokolltext: „it is my duty to explain to you the origin and character of the proposals which we put forward because we feel that in some respects these things have not been clearly understood by you". - Besonders Clay hatte in der Besprechung vom 15. 7. darauf hingewiesen, daß die Londoner Beschlüsse den MinPräs. eingehender als bisher erläutert werden müßten {ForRel. 1948, II, S. 399). Vgl. hierzu Dok. Nr. 1 und Dok. Nr. 4, Anm. 3. Im engl. Protokolltext: „The decisions form a whole" (ForRel. 1948, II, S. 404); zur Bedeutung dieser Formel, die sich bereits im Londoner Schlußkommunique findet, Dok. Nr. 1, Anm. 6. Auch in der Konferenz der MilGouv. vom 15. 7. hatte Clay den frz. MilGouv., der sich nach den dt. Gegenvorschlägen nur nodi auf den Erlaß eines Besatzungsstatuts einlassen wollte, erneut auf diese Bestimmung festgelegt (ForRel. 1948, II, S. 399 und Clay, Entscheidung, S. 451).
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Ein anderer Aspekt, auf den ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte, ist folgender: Als unsere Regierungen zu ihrer Entscheidung gelangten, betrachteten sie es als wünschenswert, den deutschen politischen Organen ein größeres Maß von Entscheidungsfreiheit zu übergeben, als sie bisher in den drei Zonen besaßen. Unsere Regierungen wurden nicht nur von dem Wunsche getragen, größere Befugnisse zu übertragen, sondern erwarteten auch von deutscher Seite die Übernahme der Verantwortlichkeit für die Zuständigkeiten, die den Deutschen übertragen werden sollten. Diese Übernahme der Verantwortlichkeit ist ein Prinzip, das wir immer im Auge behalten. Wir sind dazu bereit, Ihnen beträchtlich vergrößerte Befugnisse zu übergeben, jedoch nur unter der Bedingung, daß auch die erweiterte Verantwortung übernommen wird innerhalb dieser Befugnisse 12 ). Wir fordern von Ihnen nicht, daß Sie die Verantwortung für Dinge übernehmen, die außerhalb Ihrer Kontrolle liegen. Wir muten Ihnen z. B. nicht zu, die Verantwortung auf sich zu nehmen für die gegenwärtige unglückliche Teilung Ihres Landes, die wir gerade so bedauern wie Sie selbst. Wir fordern z. B. auch nicht, daß Sie die Verantwortung übernehmen für Zuständigkeiten und Anordnungen der Alliierten. Wir fordern andererseits, daß das deutsche Volk in unseren Besatzungszonen durch die von ihm gewählten Vertreter die Verantwortung übernimmt innerhalb der Grenzen jener Zuständigkeiten, die Ihnen von uns übergeben wurden. Ich habe schon einmal darauf hingewiesen, daß die Ihnen unterbreiteten Vorschläge auf Entscheidungen unserer Regierungen beruhen und auf den Instruktionen unserer Regierungen an uns. Wir haben nun Ihre Bemerkungen zu unseren Vorschlägen erhalten. Einzelne Punkte sind als Gegenvorschläge anzusehen, und einige enthalten Abweichungen von unwesentlicher Bedeutung. Andere dagegen haben eine außerordentliche Bedeutung. Als Militärgouverneure sind wir im Augenblick nicht in der Lage, von den Instruktionen abzuweichen, die uns erteilt worden sind. Bevor wir so etwas tun, müssen wir stets Rücksprache mit unseren Regierungen nehmen. Es kann sich ergeben, daß diese zur Annahme bereit sind. Wir möchten diese Rückfrage aber nicht machen, ehe sich nicht klar ergibt, daß diese Rücksprache wirklich notwendig ist, ehe wir alle Punkte so untersucht haben, daß wir die Bedeutung der Abweichungen richtig einschätzen können18). So gilt es nun, darauf hinzuweisen, wo größere Abweidlungen in den Vorschlägen, die Sie uns gemacht haben, bestehen. Wenn wir das getan haben, schlagen wir eine kurze Verhandlungspause vor für eine Besprechung unter Ihnen. ) Im engl. Protokolltext leicht abweichend: [die alliierten Regierungen] „were motivated not merley by a desire to hand over authority but much more importantly by a desire to obtain acceptance by the Germans of responsibility within the scope of the authority awarded to them. This is a principle which we wish you to keep very clearly in mind" (ForRel. 1948, II, S. 405). l s ) Im dt. Protokolltext (Version A) folgt hier die im Druck weggelassene Zwischenübersdirift: „Schluß der einleitenden Ausführungen von General Robertson". 12
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Wir schlagen weiter vor, daß wir uns später am Abend wieder zusammenfinden, damit Sie unsere Kommentare besprechen können. Übrigens haben Sie ja schon in Ihrem Brief an uns 14 ) darauf hingewiesen, daß Sie gerne auch mündlich Erläuterungen zu Ihren Vorschlägen geben wollen. Der zweite Teil unserer heutigen Tagung wird dazu Gelegenheit bieten. Es ist vielleicht nützlich, daß Sie zunächst unsere Bemerkungen entgegennehmen und sich dann dazu äußern. Selbst bei der zweiten Tagung heute abend werden wir nicht von Ihnen fordern, uns Ihre endgültige Meinung mitzuteilen. Im Gegenteil, es ist nicht unsere Meinung, Ihnen irgendein Ultimatum zu stellen. Unser Vorschlag: Wir werden uns heute abend auf einige Tage trennen, damit Sie Gelegenheit haben, sich unter sich zu beraten und auch mit Ihren Beratern 15 ). Dann werden wir wieder zusammentreten und bei dieser Zusammenkunft erwarten wir Ihre endgültige Antwort 16 ). Wir werden dann in der Lage sein, festzustellen, ob wir innerhalb unserer Instruktion in der Lage sind, Ihnen in jenen Punkten entgegenzukommen, welchen Sie besondere Bedeutung beimessen, oder ob wir andererseits die Dinge an unsere Regierung zurückleiten müssen zur Feststellung, ob die geforderten Änderungen gegenüber unseren jetzigen Instruktionen annehmbar sind. Indem ich nochmals darauf hinweise, daß wir für etwaige Abweichungen von den Londoner Beschlüssen die Zustimmung unserer Regierungen einholen müssen, nenne idi Ihnen auch den Grund dafür, daß wir nicht jeden Punkt für sich isoliert behandeln konnten. Wir müssen stets das Gesamtbild im Auge behalten. Je weiter wir Ihre Ansichten mit unseren Instruktionen vereinigen können, umso leichter wird es für unsere Regierungen, ihre Zustimmung zu geben" 1 7 ). STELLUNGNAHME [GENERAL BETR. DOKUMENT NR. I 18 )
KOENIGS]
ZU
DER
DEUTSCHEN
ANTWORT
General Robertson hat Ihnen soeben mitgeteilt, daß die Oberbefehlshaber gezwungen würden, zu ihren Regierungen zurückzugehen, wenn die Grundlagen, auf denen Sie eine deutsche politische Organisation aufbauen wollen, in zu ho) Dok. Nr. 7. ) Dies geschah auf Jagdschloß Niederwald (Dok. Nr. 11). Sörgel, Konsensus, S. 46, vermutet, daß die Alliierten mit dem Stichwort Berater nicht nur auf die Mitarbeiter der MinPräs., sondern auch auf die Vertreter der Parteien hinweisen wollten. 16 ) Dok. Nr. 13. 17 ) Im engl. Protokolltext folgt noch der Satz: „General Koenig continued the meeting by reading the following statement on constitutional development" (ForRel. 1948, II, S. 406). , e ) Die Stellungnahme Koenigs war als separates Dokument am 19. 7. 1948 in Berlin fixiert worden (engl. Text in: BA NL Brill/9, Bl. 129 und ForRel. 1948, II, S. 406 f.). Abgedruckt wird hier nicht die von Pfeiffer unmittelbar nadi der Sitzung gefertigte dt. Version (BA Z 12/15, Bl. 124 f.; zur Übersetzung Pfeiffers Dok. Nr. 11, S. 175), sondern die erst nach Übergabe aller engl. Texte angefertigte Übersetzung; über sprachliche Besonderheiten hinausgehende Abweichungen werden nachfolgend angemerkt. ,4
,5
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hem Maße von den Dokumenten abweichen, die Ihnen am 1. Juli im Anschluß an das zwischen unseren drei Regierungen in London abgeschlossene Abkommen übergeben wurden. Ich soll Sie insbesondere auf die Hauptpunkte der Beilage Nr. I zu Ihrem Schreiben vom 10. Juli hinweisen 19 ), in denen meine Kollegen und ich selbst es für unmöglich erachten, von den Londoner Empfehlungen abzuweichen, ohne das ganze Abkommen zu gefährden. Das Londoner Abkommen sah Einberufung einer Konstituierenden Versammlung zum Zwecke der Annahme einer Verfassung vor. Wenn wir weder die Wichtigkeit des Namens, den Sie der Versammlung geben wollen, noch des Namens, den die künftige vollziehende Gewalt erhalten soll, betonen, so erachten wir andererseits, daß der Ausdruck „Grundgesetz", den Sie vorschlagen, eine Bedeutung hat, die von der, die unsere Regierungen mit dem von ihnen verwendeten Worte „Verfassung" ausdrücken wollten, zu sehr verschieden ist. Da man sich vollkommen darüber einig ist, daß es jedem von Ihnen vollkommen frei steht, für sich seinem eigenen Landtag die von ihm für richtig gehaltenen Empfehlungen zu machen, was die Methoden der Wahl zu der mit der Abfassung der Verfassung betrauten Versammlung betrifft, ist es ganz offensichtlich, daß die Entscheidung über diese Frage bei jedem der Landtage liegt. Ich muß auch darauf hinweisen, daß die Frage der Wahlen zu jeder solchen von der Verfassung vorgesehenen Körperschaft unter die Zuständigkeit der Versammlung fällt, soweit die teilnehmenden Staaten nicht für sie zuständig sind. Auch über diesen Punkt steht den Ministerpräsidenten keine Entscheidung zu. Ferner ist die Versammlung ausschließlich zuständig für die Festsetzung des Datums der Abhaltung von Wahlen zu den von der Verfassung vorgesehenen Körperschaften und für die Festlegung der Aufgaben eines jeden dieser Organe, ob parlamentarisch oder vollziehend, die eingesetzt werden — unter der Voraussetzung, daß die Grundsätze, wie z. B. der föderalistische Aufbau Deutschlands, die früher dargelegt worden sind, beachtet werden20). " } Dok. Nr. 7. 20 ) Die Deutung dieser Sätze war später zwischen MinPräs. und PR umstritten; im engl. Protokolltext hieß es: „I have also to point out that the question of the elections to any such body provided for by the constitution belongs to the competence of the assembly insofar as it does not belong to the competence of the participating states. Futhermore, the competence of the assembly is exclusive as regards the determination of the date for the holding of elections to such bodies as are provided for by the constitution and for the definition of the respective functions of each one of those organs whether parliamentary or executive which will be set up - providing the principles such as the federal structure of Germany for instance which have been previously outlined to you are respected." (ForRel. 1948, I, S. 407). - Da Brill bereits auf der Konferenz von Niederwald Einwände gegen die Übersetzung Pfeiffers von „federal structure of Germany" durch „der bundesstaatlidie Aufbau Deutschlands" erhoben hatte (Dok. Nr. 11, S. 176), wurde in der späteren, hier abgedruckten Version „der föderalistische Aufbau Deutschlands" gesetzt. Die MinPräs. interpretierten diese Äußerungen später so: Die MilGouv. hätten sagen wollen, „die Normen für die Bildung der Körperschaften, Bundestag, Länderkammer, Bundesregierung zu schaffen, sei Aufgabe des Parlamentarischen Rates. Die Schaffung eines Wahlgesetzes hingegen sei Sache der
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Ich will jetzt eine wichtige Frage aufgreifen. Unsere Regierung hat es für notwendig erachtet, daß die politischen Organisationen, die geschaffen werden, von der Bevölkerung eines jeden Staates ratifiziert werden. Ein Verfahren, das es unterließe, die Ratifikation der Beschlüsse der Versammlung durch die Bevölkerung der verschiedenen Staaten vorzusehen, würde das Element der Verantwortung unterdrücken, die notwendigerweise mit der Autorität verknüpft ist, die unsere Regierungen bereit sind, Ihnen sowohl wie den künftigen deutschen Regierungsorganen anzuvertrauen. STELLUNGNAHME [GENERAL ROBERTSONS] ZU DER DEUTSCHEN ANTWORT BETR. DOKUMENT NR. II21)
Die Ministerpräsidenten müssen deutlich erklären, ob sie irgendwelche Änderungen von Ländergrenzen vorzuschlagen haben, und bejahendenfalls diese Änderungen darlegen. Es sollte auch klar sein, daß die Ordnung und das Verfahren, die in dieser Hinsicht durch die in London getroffenen Abmachungen festgelegt wurden, beobachtet werden müssen. Uns liegt daran, daß Sie verstehen, daß diese Frage der Ländergrenzen für uns von großer Bedeutung ist. Wir glauben, daß gegenwärtig der richtige Augenblick für ihre Behandlung ist, und wir sind dazu bereit. Es würde für uns indessen viel schwieriger sein, uns später mit ihr zu befassen. Sie hat z. B. Rückwirkungen auf unsere eigenen Zonengrenzen. Wir glauben nicht, daß wir zu einem späteren Zeitpunkt vor dem Abschluß eines Friedensvertrages wieder zu einer Behandlung des Problems bereit sein würden. Überdies ist die Festlegung der Ländergrenzen wichtig in Bezug auf die Verfassung selbst. Wir glauben, daß wir unseren Regierungen empfehlen sollten, daß die während der Abfassung dieser Verfassung anerkannten Grenzen wenigstens bis zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages ungeändert bleiben sollten.
teilnehmenden Staaten [...]. Für die Festsetzung des Wahltermins soll der Parlamentarische Rat zuständig sein" (Stock an Adenauer, 8. 12. 1948, nidit ausgef. Entwurf, BA Z 12/124, Bl. 40). Dementsprechend wurde in dem Modellgesetz der MinPräs. für den PR die Schaffung eines GG als dessen ausschließliche Aufgabe bezeichnet (Dok. Nr. 15). Zur gegenteiligen Auffassung des PR, der bereits am 15. 9. 1948 einen Wahlrechtsausschuß einsetzte, Stoltenberg, Das Wahlreditssystem zum ersten Bundestag, Diss. Heidelberg 1970 und Lange, Der Parlamentarische Rat und die Entstehung des ersten Bundestagswahlgesetzes in: VJfZ, 20, 1972, S. 280-318. 21 ) Die Stellungnahme Robertsons (engl. Text in: ForRel. 1948, II, S. 407; BA Z 12/15, Bl. 122; frz. Text in: Jb. d. öffentl. Redits, NF, Bd. 1, S. 264) war ebenfalls in Berlin, 19. 7. 1948, als gesondertes Dokument fixiert worden. Gedruckt wird nicht die während des Vorlesens mitprotokollierte kurze Gedächtnisfassung (BA Z 12/15, Bl. 122; NL Brill/9, Bl. 124), sondern die nach Vorlage aller engl. Texte angefertigte dt. Übersetzung.
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STELLUNGNAHME [GENERAL CLAYS] ZU DER DEUTSCHEN ANTWORT BETR. DOKUMENT NR. III22] Bei unserer letzten Zusammenkunft mit Ihnen teilten wir Ihnen die allgemeinen Grundsätze mit, die das Besatzungsstatut enthalten soll, und baten Sie, uns Ihre Bemerkungen zu diesen Grundsätzen vorzulegen. Wir haben Ihre Bemerkungen jetzt erhalten und möditen Ihnen versidiern, daß sie eingehende Berücksichtigung erfahren werden. Auf Grund der Bestimmungen der Londoner Konferenz sind die Grundprinzipien des Besatzungsstatutes der Versammlung zu geben, die die Verfassung oder das Grundgesetz ausarbeitet. Bevor diese Grundprinzipien der Versammlung vorgelegt werden, werden wir Ihnen sehr gern das Ergebnis unserer Erwägung Ihrer Vorschläge mitteilen und Ihre weitere Stellungnahme entgegennehmet. Wir können hier und jetzt nicht unsere Zustimmung dazu geben, daß das Besatzungsstatut im vollen Wortlaut vor dem Zusammentreten der Versammlung und ihrer Abfassung der Verfassung verkündet wird, da dies ein Abweichen von dem in London erreichten Abkommen bedeuten würde. Sie werden verstehen, daß die Ausarbeitung des Besatzungsstatutes bis in die Einzelheiten eine schwierige juristische Aufgabe ist. Überdies würden wir erwarten, von der Versammlung ihre Bemerkungen zu den Grundsätzen des Besatzungsstatutes vor seiner endgültigen Fassung zu erhalten 23 ]. Während des Fortschreitens des Entwurfs des Besatzungsstatutes und vor seiner Veröffentlichung werden wir gern unsere Verbindungsoffiziere, Sie und auch die Verfassunggebende Versammlung über die Fortschritte auf dem Laufenden halten lassen. So werden wir — ich meine mit diesem wir Sie, uns selbst und die Verfassunggebende Versammlung — mit dem allgemeinen Text des Besatzungsstatutes, wie es sich der Fertigstellung nähert, vertraut sein können 24 ]. Sobald wir unsere Genehmigung für die Vorlage des Verfassungspapiers an die ] Die Stellungnahme Clays (BA NL Brill/9, Bl. 124; ForRel. 1948, II, S. 407] wird ebenfalls nach der dt. Ubersetzung des engl. Textes abgedruckt; unberücksichtigt bleiben noch eine während der Konferenz mitprotokollierte äußerst knappe Version, die von einer Mitwirkung des PR am Besatzungsstatut nichts erwähnt (BA Z 12/15, Bl. 127; NL Brill/9, Bl. 126] sowie eine etwas ausführlichere, bereits am engl. Text orientierte frühe dt. Fassung (ebda., Bl. 124 f.). 2S) Der PR, dessen Ausschuß für das Besatzungsstatut am 27.10.1948 auch mit der entsprechenden Kommission der MinPräs. konferierte (Protokoll in: BA Z 12/15, Bl. 75 ff.], legte seine Auffassung zum Besatzungsstatut am 10. 12. 1948 dar (Verhandlungen des Hauptausschusses, S. 311 ff.] und verhandelte über diese Frage am 16./17. 12. 1948 mit den MilGouv. (ForRel. 1948, II, S. 641 ff.]. Vgl. auch van Wylidc, Besatzungsstatut, S. 84 ff. 24 ) Die angekündigte Unterrichtung dt. Stellen über das Besatzungsstatut kam trotz wiederholter Bemühungen der MinPräs. nicht zustande, da der zur Ausarbeitung eines Besatzungsstatuts am 16. 8. 1948 gebildete Drei-Mächte-Ausschuß sich nicht hatte einigen können (Stock an Adenauer, 8. 12. 1948, nicht ausgef. Entwurf, BA Z 12/124, Bl. 40 und ForRel. 1948, II, S. 597 ff.]. Erst nach Verhandlungen der Regierungen in London am 17. 1. 1949 und Besprechungen der Außenminister in Washington im April 1949 konnte ein Kompromiß erzielt werden (Plischke, Allied
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Staaten erhalten und bekanntgegeben haben, werden wir bereit sein, gleichzeitig das Besatzungsstatut zu veröffentlichen, das die Grundsätze verkörpern wird, denen wir zugestimmt haben, so daß die Bevölkerung der Staaten völlig verstehen kann, daß die Annahme des Verfassungspapiers innerhalb des Rahmens eines Besatzungsstatutes ist25}. Nach der Beendigung der Erklärungen der Militärgouverneure entwidcelte sich vor der Vertagung noch eine kurze Debatte20]. Senatspräsident Kaisen wollte wissen, welche Fragen von entscheidender Bedeutung nicht diskutabel sind27). General Robertson: Das ist sehr schwierig zu beantworten. Es kann kein Punkt für sich isoliert entschieden werden, sondern wir müssen das Gesamtbild im Auge behalten. Wenn es auch wahr ist, daß eine Abweichung von den Londoner Beschlüssen schwerer wiegt als eine andere, so möchte ich doch freie Hand behalten, um zu entscheiden, bei welcher Frage eine Nachfrage bei meiner Regierung notwendig ist. Was wir hier zum Ausdrude bringen wollen, ist lediglich: Je größer die Abweichungen sind, desto mehr Nachfragen werden wir halten müssen28]. Bürgermeister Brauer präzisierte noch einmal von deutscher Seite die Frage nach den Fragen, die für die Militärgouverneure bindend sind, indem er bat, zu erklären: In den und den Punkten der Abweidlungen könnten die Militärregierungen von sich aus zustimmen und in den und den Punkten würde von ihnen eine Nachfrage bei ihren Regierungen erfolgen müssen. High Commission, S. 21 ff.). Der Entwurf des Besatzungsstatuts wurde am 10. 4. 1949 dem PR zugeleitet, und die MinPräs. konnten am 12. 4. 1949 in Bonn eine Stellungnahme abgeben {van Wylick, Besatzungsstatut, S. 88 ff.). - Hinsichtlich der mißverständlichen Übersetzung dieser Passäge durch Pfeiffer Dok. Nr. 11, Anm. 18. 25 ) Das Besatzungsstatut wurde am 12. 5. 1949 zusammen mit dem Genehmigungsschreiben der MilGouv. für das GG verkündet (Bonner Kommentar, I, Einl. S. 127 ff.) und trat am 21. 9. 1949 in Kraft (ABl. AHK Nr. 1, S. 2). Im engl. Protokolltext folgen hier nodi die Sätze: „General Robertson then explained that the Military Governors had completed their outline on the extent to which the Coblenz resolutions departed from the London agreement and indicated that the Military Governors proposed a short adjournment during which the Ministers-President could consider these statements and return later in the day to ask further questions. Minister-President Stock [ . . . ] indicated that they also agreed that an adjournment would be in order." (ForRel. 1948, II, S. 408). 27 ) Der engl. Text gibt die Absicht, die hinter der Frage Kaisens stand, deutlicher wieder: „Senate-President Kaisen interrupted by saying he thought the Military Governors should understand that all the Ministers-President were extremely anxious to speed the work in the development of western political organization. He added that it would be very helpful to the Ministers-President if they could have an unequivocal answer as to which of the points in the Coblenz decisions the Military Governors would consider it impossible to change, and which, on the other hand, could be made acceptable." (ForRel. 1948, II, S. 408 f.). 2S ) Nach dem engl. Text setzte Robertson hier noch zu: „we don't today say that any one is inalterable, but we do say . . . " (ForRel. 1948, II, S. 409).
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General Robertson erklärte nochmals, wenn die Deutschen in ihren Vorschlägen von den Hauptpunkten der Londoner Beschlüsse abweichen, dann müßten sie das Votum ihrer Regierungen einholen. Bei der Frage der Deutschen, ob der Name „Verfassung" nicht durch die Bezeichnung „provisorische Konstitution" ersetzt werden könne, erklärte General Clay: Wir legen sicher großen Wert auf diesen Punkt. Wenn es sich um eine isolierte Abweichung handeln würde, entstände wohl keine große Schwierigkeit. Aber in Verbindung mit anderen Abweichungen würde dieser Frage eine große Bedeutung beigelegt werden müssen. Damit wurden die Besprechungen vertagt 29 ].
-") Über die sich anschließende interne Besprechung der MinPräs. konnte in BA Z 12 und in der StK Wiesbaden kein Protokoll ermittelt werden, in der Presse hieß es dazu: „Während einer Tagungspause zogen sich die Militärgouverneure zu einer internen Beratung zurück, während derer die Ministerpräsidenten mit ihren ständigen Vertretern konferierten. Nach einstflndiger Unterbrechung setzten die Militärgouverneure die Beratungen mit den Ministerpräsidenten fort. Bereits nach knapp 20 Minuten wurde die Sitzung beendet." (FR, 21. 7.1948). Auch über die wieder aufgenommene Sitzung ist kein dt. Protokoll überliefert; im ^amerik. Protokoll heißt es: „The meeting reconvened and General Robertson turned the floor over to Minister-President Stock to speak on behalf of the Ministers-President. Minister-President Stock said they would prefer to refrain from comments on Documents I, II and III as originally given them by the Military Governors on 1 July and from any further comments regarding the Coblenz decisions. He emphasized that their desire was to go forward and not to explain or justify past actions. He said that the Ministers-President agreed with the Military Governors as to the desirability of creating a political framework within the London agreements and which would at the same time feed a stable political situation in western Germany which would be based upon federal organization of the several Laender. He further requested a protocol of both this and previous meetings between the Ministers-President and the . Military Governors. He closed by saying that the Ministers-President proposed to go to Niederwald Castle tonight to meet on these subjects and would be prepared to discuss the matter with the liaison officers on Wednesday. General Robertson said that the Military Governors welcomed the MinistersPresident desire to proceed with dispatch, that the liaison officers would be available, and that they would bring with them a record of what was said in the course of today's meeting. He said that the Military Governors were anxious that this should not be regarded as a formal protocol and certainly opposed to have it circulated outside. It was agreed that the next meeting of the Military Governors and the MinistersPresident would take place in the afternoon of Monday, 26. July 1948." (ForRel. 1948, II, S. 409 f.). - Vgl. die offensichtlich auf das amerik. Protokoll zurückgehende Konferenzwiedergabe in dein ostzonalen Organ „Deutschlands Stimme", dem Wochenblatt der Volksbewegung für Einheit und gerechten Frieden, unter der Überschrift „Geheimprotokolle des nationalen Verrats", wo die Schlußerklärung Stocks mit dem Einschwenken der MinPräs. auf die Londoner Empfehlungen besonders hervorgehoben wird (1. 8. 1948; Faksimileabdruck der ersten Protokollseite]. Trotz Dementis des Büros der MinPräs. (FR, 3. 8. 1948] muß diese Darstellung der Konferenzschlußphase doch als exakt angesehen werden (Vgl. auch Brauer zur Schlußerklärung Stocks in Niederwald, Dok. Nr. 11, S. 180). 171 17*
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Nr. 1 1 Konferenz der Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen Jagdsdiloß Niederwald, 2 1 . - 2 2 . Juli 1 9 4 8 StK Wiesbaden 1 a 08/111 (MinPräs.Konf. Bd. 1). Stenografisches Protokoll, vervielfältigte Ausfertigung 1 ) Anniesend 2 ): Wohleb (Baden); Ehard, Pfeiffer, Seelos, Sdiwend (Bayern); Reuter (Berlin); Kaisen, Haas, Mittendorf (Bremen); Brauer, Drexelius (Hamburg); Stock [Vorsitz], Hilpert, Brill, Apel, Schmidt, Bartsch, Kniesch (Hessen); Kopf, Lauffer, Danckwerts (Niedersachsen); Arnold, Spiecker,' Katzenberger, v. Gumppenberg (Nordrhein-Westfalen); Altmeier, Steffan, Süsterhenn (Rheinland-Pfalz); Lüdemann, Katz, Suchan (Schleswig-Holstein); Maier, Ulrich, Klaiber (Württemberg-Baden); Bock, Schmid, Müller, Donndorf (Württemberg-Hohenzollern); Bergner (Büro d. MinPräs.) [ERÖRTERUNG DER FRANKFURTER DOKUMENTE UND DER STELLUNGNAHME DER MILITÄRGOUVERNEURE ZU DEN KOBLENZER BESCHLÜSSEN] 1. Verhandlungstag, [Mittwoch,] 21. 7 . 1 9 4 8 Ministerpräsident Stock: Meine Herren! Sie hatten mir auf der letzten Konferenz der Ministerpräsidenten in Koblenz den Auftrag erteilt, die nächste Konferenz der Ministerpräsidenten in Wiesbaden oder in dessen Umgebung stattfinden zu lassen 3 ). Ich bin diesem Wunsche nachgekommen und darf Sie hier in diesen schönen Räumen an unserem deutschen Rhein herzlich willkommen heißen. Die Tagesordnung für unsere heutigen Verhandlungen liegt Ihnen vor. Sie lautet: 1. Stellungnahme zu den Ergebnissen der Besprechung mit den Herren Generalgouverneuren 2. Ernennung der Verfassungskommission 3. Verschiedenes [Unterrichtung der Presse] Einwendungen gegen die Tagesordnung werden nicht erhoben; sie ist genehmigt. Ich begrüße in unserer Mitte ganz besonders herzlich Herrn Stadträt Prof. Reuter aus Berlin 4 ). (Beifall) ') 2) s) 4)
Entwurf in: BA Z 12/75, Bl. 185-315. Die Anwesenheitsliste ist im BA NL Brill/9, Bl. 112 f. überliefert. Dok. Nr. 6. Ernst Reuter, gewählter, aber infolge sowj. Einspruchs im Kontrollrat nicht amtierender OB von Berlin, war ohne feste Richtlinien für die erkrankte Louise Schroeder nach Niederwald geschickt worden, weil man ihren Vertreter, Friedensburg, nicht entsenden wollte, um dem zweiten Bgm. (Adcer, SED) die Führung der Amtsgeschäfte nicht zu überlassen (Berlin, Quellen und Dokumente, II, S. 2023; Reichardt, Reuter, S. 168). Die Wahl fiel auch deshalb auf Reuter, weil er als Verfechter einer Weststaatbildung den durch Louise Schroeders allzu vorsichtige Äußerungen (Dok. Nr. 6, S. 115 und Anm. 86) entstandenen Eindrück, Berlin sei an einer festen Einbeziehung in eine staatliche Neuregelung der Westzonen nicht
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Es ist für uns eine ganz besondere Freude, daß Herr Bürgermeister Reuter an unseren Verhandlungen teilnimmt. Und es ist auch von besonderer Wichtigkeit, daß wir die Verbindung mit den Vertretern der Stadt Berlin aufrecht erhalten. Das ist von besonderem Wert, wenn es sich um solche Beratungen handelt, wie wir sie heute zu pflegen haben. Die Stadt Berlin führt diesen Kampf, darf idi sagen, auch um die Existenz Deutschlands und um die Sicherung, der Freiheit. Dieser Kampf, der auch unser Kampf ist, soll von uns unterstützt werden, und das soll seinen Ausdruck finden dadurch, daß wir zu unseren Beratungen stets auch einen Vertreter Berlins zuziehen. Idi sdilage vor, am Beginn unserer Tagung ein Telegramm an die Frau Oberbürgermeisterin Luise Schroeder in Berlin zu senden, in dem wir diese unsere Unterstützung und unsere Ergebenheit zum Ausdruck bringen. Es hat folgenden Wortlaut: „Die im Jagdschloß Niederwald versammelten Ministerpräsidenten der deutschen Länder im amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebiet senden dem Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung von Berlin herzliche Grüße und versichern den Deutschen Berlins ihre Unterstützung im Ringen um Freiheit und Menschenrechte." 5 ) (allgemeine Zustimmung) Ich stelle fest, daß Sie mit der Absendung des Telegramms einverstanden sind. Wir haben nun zunächst den Vorsitzenden zu bestimmen, der die heutigen Verhandlungen leiten soll, und ich bitte um Ihre Vorschläge. Ministerpräsident Arnold: Ich schlage Herrn Ministerpräsident Stock vor. Ministerpräsident Stock: Werden weitere Vorschläge gemacht? — Das ist nicht der Fall. Dann danke ich Ihnen, meine Herren, für das Vertrauen, das Sie mir entgegenbringen. Ich werde mich bemühen, es zu rechtfertigen. Wir treten nunmehr in die Tagesordnung ein: 1. STELLUNGNAHME ZU DEN ERGEBNISSEN DER BESPRECHUNG MIT DEN HERREN GENERALGOUVERNEUREN Ich schlage vor, heute vormittag eine allgemeine Aussprache stattfinden zu lassen über das, was wir gestern von den Militärgouverneuren gehört haben 6 ). Heute nachmittag könnten dann die Besprechungen mit den Verbindungsoffizieren stattfinden 7 ). Ich stelle fest, daß Sie mit diesem Vorschlag einverstanden sind. Es könnten uns dann die Herren, die gestern den Verhandlungen beigewohnt haben, über diese Verhandlungen berichten und könnten uns das mitteilen, was die Gouverneure uns eröffnet haben.
interessiert, korrigieren könnte (Beridit W. Brandts Nr. 68 an PV, Berlin, 20. 7. 1948, Arch. FES Schumacher, J 79; Brandt/Lowenthal, Reuter, S. 473; Vogelsang, Option, S. 173 und Einleitung, S. XLVf.). s ) Dok. 6, Anm. 6. •) Dok. Nr. 10. 7) S. Anh. I, S. 264 und III, S. 268. 173
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Staatsminister Pfeiffer: Das Dokument Nr. I steht uns schon zur Verfügung. Ich habe es übersetzt und habe die Übersetzungen verteilen lassen. Darüber brauchten wir, glaube ich. nicht weiter zu sprechen 8 ). Ministerpräsident Stock: Ich glaube doch, daß es notwendig sein wird, über den Inhalt hier mündlich zu berichten, damit wir für die Diskussion eine Grundlage haben. Ich bitte Herrn Staatssekretär Dr. Brill, über den Inhalt der Dokumente zu berichten. Staatssekretär Brill: Herr Ministerpräsident! Meine Herren! Ich werde versuchen, anhand der Notizen, die ich mir gestern gemacht habe, dasjenige herauszuheben, was nach meinem Dafürhalten das Wichtigste ist 9 ). Ich wende mich zuerst den allgemeinen Bemerkungen des Herrn General Robertson zu, die Ihnen zum größten Teil in Abschrift bereits vorliegen 10 ). Nadi einleitenden Bemerkungen über die äußeren Umstände der Termine hat Herr General Robertson zuerst hervorgehoben, daß es ihm wichtig erscheine, noch einmal die Hintergründe der am 1. 7. überreichten Dokumente zu erklären, da auf der Seite der drei Militärbefehlshaber der Eindruck herrsche, daß diese Dokumente nicht genügend klar verstanden worden sind. Er hob dann hervor, daß die am 1. 7. überreichten Dokumente auf Anweisungen der Regierungen beruhen und daß diese Anweisungen der Regierungen das Ergebnis einer langen und sorgfältigen Untersuchung der Londoner Konferenz darstellen. Daraus hat er den Schluß gezogen, daß Abweichungen von diesen Anweisungen große Schwierigkeiten bereiten und das ganze Problem aufrollen würden. Es können Einzelheiten nur im Zusammenhang des Ganzen geändert werden. Der zweite Hauptgesichtspunkt, der von General Robertson herausgestellt wurde, war folgender: Der Zweck der Dokumente, als Ganzes behandelt, ist der, den Deutschen eine größere Verantwortung zu übertragen. Es müsse deshalb auch bei jeder Einzelheit im Auge behalten werden, daß eine größere Verantwortlichkeit zu übernehmen ist. Die übertragenen Befugnisse müßten in einem richtigen Verhältnis zu der Bereitschaft, Verantwortlichkeiten zu übernehmen, stehen. Von diesem Grundsatz sind dann einige Ausnahmen gemacht worden. Insbesondere wurde betont, daß keine Verantwortlichkeit gefordert werde hinsichtlich derjenigen Befugnisse, die die Militärregierungen sich selbst vorbehalten haben. Im Zusammenhang damit wurde dann besonders betont — das war wohl polemisch gemeint, insbesondere gegen die zweite Seite der Mantelnote 11 ) —, daß den Ministerpräsidenten bei den Aufgaben, die ihnen jetzt zugewiesen werden, nicht zugemutet werde, eine irgendwie geartete Verantwortlichkeit für eine Teilung Deutschlands zu übernehmen. Gegenvorschläge, die eingereicht worden sind oder eingereicht werden können, sind von den Militärbefehlshabern zum Teil als grundsätzliche Gegenvorschläge, zum Teil als außerordentliche Gegenvorschläge gewertet worden.
8) •) 10 ) ")
Übersetzung Pfeiffers in: BA Z 12/15, Bl. 124 f.; vgl. dazu Dok. Nr. 10, Anm. 18. Dok. Nr. 10, Anm. 1. Dok. Nr. 10, S. 168. Dok. Nr. 7, S. 143 f.
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Es wäre in jedem einzelnen Fall zu prüfen, wieweit diese Gegenvorschläge Abwandlungen von den Anweisungen, die die Oberbefehlshaber erhalten haben, darstellen. Es hat sich im weiteren Verlauf der Verhandlungen ergeben, daß die Oberbefehlshaber bereit sind, Gegenvorschläge, die sich gegen ihre Anweisung richten, an ihre Regierungen weiterzugeben. Es muß deshalb im einzelnen festgestellt werden, wieweit das notwendig ist und welches die größeren Abweichungen sind. Der Schluß der Rede war der Einleitung entsprechend wieder formalen Fragen gewidmet. Es wurde darauf hingewiesen, daß es zu einer echten Verhandlung kommen soll; Dinge, die, glaube ich, gestern bereits ihre praktische Erledigung gefunden haben und bei denen es deshalb nicht notwendig ist, sie heute noch einmal vorzutragen. Am Schlüsse hat General Robertson aber doch noch einmal betont, daß der Grad und der Umfang der Verhandlungen, die noch zu führen sind, von dem Grad der Abweichungen von den Anweisungen, die die Oberbefehlshaber selbst haben, abhängt, und er hat noch einmal darauf hingewiesen, daß alle Einzelheiten in das Gesamtbild einzuordnen sind. Das, meine Herren, ist, glaube ich, das, was aus dem Wortlaut, der Ihnen jetzt bereits vorliegt, an besonders wichtigen Gedanken hervorzuheben ist. Ich gehe nun über zu dem, was General Koenig in bezug auf die Verfassungsfragen gesagt hat. Das liegt Ihnen, wie Herr Staatsminister Dr. Pfeiffer bereits bemerkt hat, im Wortlaut vor. Allerdings ist es nicht ein authentischer, autorisierter Wortlaut, sondern ein Wortlaut, den wir hergestellt haben. [Pfeiffer: Nein, sondern ich habe das englische Dokument gestern abend übersetzt, um etwas an der Hand zu haben.) Es wäre also im Zweifelsfalle notwendig, auf den englischen Wortlaut zurückzugreifen, insbesondere wenn es sich um juristische Fragen und Rechtsbegriffe handelt, die auf englisch ausgedrückt sind 12 ). General Koenig hat zuerst ausgeführt, daß nach Auffassung der Oberbefehlshaber ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Vorschlag der Koblenzer Beschlüsse, ein Grundgesetz zu erlassen, und der Anweisung der Oberbefehlshaber, eine Verfassung zu schaffen, besteht. Er hat wörtlich ausgeführt, daß ein Grundgesetz von dem, was nach der Anweisung der Oberbefehlshaber zu machen ist, zu stark abweicht. Dann ist er auf die Wahlen eingegangen. Er hat erklärt, daß es in das freie Ermessen der Ministerpräsidenten gestellt ist, ihre Landtage zu informieren und eine Stellungnahme der Landtage zu diesen Informationen herbeizuführen. Das ändert aber nichts daran, daß der Wahlausschuß durch Beschluß der Landtage selbst festgesetzt werden muß. (Zuruf: Auch das Wahlröcht!) Jawohl. Es würde also praktisch wohl so sein, daß jeder Landtag ein Wahlgesetz zu beschließen hat, wie es schon im Dokument I ausgesprochen ist. Weiter ist General Koenig dann auf die Kompetenzen eingegangen, und hier tritt nach meinem Urteil ein neuer Gesichtspunkt auf: Der Parlamentarische Rat, wenn ich diesen technischen Ausdrude gebrauchen darf, hat die Befug-
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) Engl. T e x t in: ForRel. 1948, II, S. 406 ff.
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ms, auch den Termin der Wahlen zu bestimmen. Im übrigen gleichen die Ausführungen durchaus dem, was in dem Dokument I bereits enthalten ist. Sie gehen weiter auf die Befugnisse der verfassungsmäßigen Organe ein und unterstreichen dabei — entschuldigen Sie, Herr Kollege Pfeiffer, es soll keine Kritik sein, es kommt vielleicht nicht deutlich genug zum Ausdruck —, daß die Konstituierung dieser Organe auf föderativer Basis erfolgen muß. Sie haben „Bundesstaatlichkeit" geschrieben13}. Schließlich hat General Koenig ausgeführt, daß eine Volksabstimmung in jedem Staat unerläßlich ist. Dabei ist insbesondere der Gesichtspunkt der Übernahme der Verantwortung durch das deutsche Volk noch einmal unterstrichen worden, ein Gedanke, der, glaube ich, seine volle Bedeutung erst dann erhält, wenn er mit Erklärungen in Zusammenhang gebracht wird, die General Clay über die Verbindung zwischen Besatzungsstatut und Verfassung abgegeben hat und die ich vielleicht vorweg nehmen darf14). Es ist in dieser Hinsicht erklärt worden, daß die Ministerpräsidenten Vorschläge an den Parlamentarischen Rat machen können, die sidi auf das Besatzungsstatut erstrecken, das die Oberbefehlshaber dann nach beiden Stellungnahmen im Zusammenhang mit ihrer Entschließung über die Verfassung erlassen werden, und die Verfassung also nur insoweit zur Volksabstimmung gestellt werde, als sie die Oberbefehlshaber nach ihrer Anweisung und im Zusammenhang mit dem Besatzungsstatut für richtig halten, damit das deutsche Volk sich über den Rahmen, in dem die Volksabstimmung stattfindet, nach beiden Seiten hin, nach der Seite des Besatzungsstatuts und nach der Verfassung, vollkommen im klaren ist. Ich habe mir erlaubt, das aus den Ausführungen über das Besatzungsstatut herauszunehmen, weil erst dadurch der politische Charakter des Plebiszits, das gefordert wird, vollkommen klar wird und sidi daraus, meine Herren, wohl auch die Gesichtspunkte für die Diskussion ergeben müßten, insbesondere über die Frage, ob es in dieser Lage möglidi ist, die Wahlen zur Volksvertretung, quasi Reichstag, mit dem Plebiszit unter diesen Gesichtspunkten zu verbinden. Das ist, glaube ich, das, was in Kürze für eine Einleitung der Diskussion aus dem Material zu diesen beiden Gesichtspunkten vorzutragen wäre. Minister Hilpert: Ich darf vielleicht im Einvernehmen mit dem Herrn Ministerpräsidenten Stock bitten, daß zu Dokument II in ähnlicher Weise kurz Bericht erstattet werde. Diese Berichterstattung wird Herr Staatsrat Apel übernehmen. Staatsrat Apel: Ich habe zu dem Dokument II, der Frage der Überprüfung der Ländergrenzen, ganz kurz folgende Ausführungen des Herrn General Robertson bekanntzugeben15). Robertson teilte mit, daß die Ministerpräsidenten sich
) Dok. Nr. 10, Anm. 20. ) Dok. Nr. 10, S. 169 f. Zur Überprüfung der hier gegebenen, nidit immer ganz korrekten Darstellung vgl. den engl. Text (ForRel. 1948, II. S. 408). Zur Diskussion über eine befürchtete Verknüpfung von Besatzungsstatut und GG auch Dok. Nr. 6, Dok. Nr. 4, Anm. 22 sowie Einleitung, S. XXXIII, LXX. 15 ) Dok. Nr. 10, S. 168.
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entscheiden und mitteilen müßten, ob sie Änderungsvorschläge zu machen gewillt seien und, wenn ja, welche. Es sei sehr schwer für die Militärgouverneure, dieser Frage später wieder näher zu treten. Es sei keine Möglichkeit sichtbar, dies dann vor Abschluß eines Friedensvertrages zu tun oder vor den Verhandlungen über den Abschluß eines Friedensvertrages. Die Reihenfolge und die Prozedur, die im Dokument II vorgesehen sei, müsse unbedingt befolgt werden, das heißt, daß die etwaigen Vorschläge der Ministerpräsidenten, sofern sie von den Militärgouverneuren nicht mißbilligt werden, zur Annahme durch die Bevölkerung der betreffenden Gebiete spätestens zur Zeit der Auswahl der Mitglieder der Verfassunggebenden Versammlung vorgelegt werden. Robertson fügte lediglich hinzu, daß nach Meinung der Militärgouverneure jetzt der richtige Zeitpunkt sei, in eine Oberprüfung der Ländergrenzen einzutreten und daß sich daraus die Bereitwilligkeit der Militärgouverneure zur Überprüfung erkläre. Eine Rüdewirkung auf die Zonengrenzen durch eine Veränderung der Ländergrenzen sei wahrscheinlich. Es sei auch wichtig, die Frage der Abänderung der Ländergrenzen auch in bezug auf die Verfassung zu sehen. Die etwaigen neuen Grenzen sollen gültig sein bis zum Abschluß des Friedensvertrages. Es handelt sich jetzt, wie General Robertson auch sagte, für die Konferenz darum, der Frage der Uberprüfung der Ländergrenzen nahezutreten und festzustellen, welcher Weg dabei beschritten werden muß, um dies am Montag oder Dienstag den Herren Militärgouverneuren mitzuteilen18). Ich glaube, meine Herren, daß ich mich auf diese Ausführungen beschränken darf. Vorsitzender Ministerpräsident Dr. Pfeiffer-München.
Stock: Das Wort hat Herr
Staatsminister
Staatsminister Pfeiffer: In einem dritten Dokument gab General Clay seiner Zufriedenheit Ausdruck, daß durch die von uns übergebenen Dokumente die Auffassung der Deutschen zu dieser Frage des Besatzungsstatuts bekannt geworden sei. Er sagte wörtlich: Wir kennen jetzt Ihre Auffassung und wir versichern, daß wir weitgehende Berücksichtigung für Ihre Wünsche gewähren werden17). Dann war besonders auffällig die wiederholte Betonung, daß über das Besatzungsstatuts laufende und eingehende Besprechungen zwischen den beauftragten Verbindungsoffizieren und den deutschen Ministerpräsidenten stattfinden sollen. Wenn dann die Verfassunggebende Versammlung zusammentrete, dann werde man sich auf Grund der Besprechungen zwischen den Ministerpräsidenten und den Verbindungsoffizieren auch mit der Verfassunggebenden Versammlung in Verbindungen setzen, aber immer über die Ministerpräsidenten, damit die Verfassunggebende Versammlung sowohl mit den Auffassungen der Aliierten wie mit den Auffassungen der deutschen Ministerpräsidenten vertraut werde. Er brachte diesen Gedanken wiederholt zum Ausdruck und " ) Dok. Nr. 13. " ] Dok. Nr. 10, S. 169; zur Überprüfung der Ausführungen Pfeiffers vgl. den engl. Protokolltext (ForRel. 1948, II, S. 408).
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erklärte dann, daß so eine gemeinsame Klärung der Fragen herbeigeführt werden soll. Dann würde am Schluß der Beratungen der Verfassunggebenden Versammlung, wenn die Verfassung von den Generälen gebilligt sei, die sogenannte Grundfassung des Besatzungsstatus bekanntgegeben werden, damit die deutsche Bevölkerung bei der Abstimmung über die Verfassung sich klar darüber sei, im Rahmen welcher rechtlichen Bindungen der Deutschen die Verfassung zustandegekommen sei und nun von der deutschen Bevölkerung gebilligt werden solle. Er hat zu Einzelheiten des Besatzungsstatuts keine Ausführungen gemacht, sondern die ganzen Ausführungen bezogen sich darauf, den Ministerpräsidenten darzulegen, daß man diese Dinge im einzelnen erarbeiten solle. Vorsitzender Ministerpräsident Stock: Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat Herr Ministerpräsident Kopf. Ministerpräsident Kopf: Darf ich die Frage an den Herrn Kollegen Dr. Pfeiffer richten, ob erklärt worden ist, daß die Behandlung parlamentarischer Fragen hinsichtlich der Verfassung über die Ministerpräsidenten erfolgen werde? Staatsminister Pfeiffer: Ja, das hat er ausdrücklich gesagt. Er erklärte wörtlich: Dann werden wir und Sie der Konstituante, der Versammlung, unsere Meinungen darlegen können. Das hat er ganz ausdrücklich gesagt 18 }. (Staatssekretär Brill: Es handelt sich um eine schwierige juristische Aufgabe!] [ALLGEMEINE AUSSPRACHE] Vorsitzender Ministerpräsident Stock: Meine Herren! Ich bitte, die allgemeine Aussprache in der Hauptsache auf folgende Punkte zu konzentrieren: Aufgaben der Verfassunggebenden Versammlung, Verfassung, Verfassungsinhalt, Wahlgesetz, Zuständigkeiten der Landtage und Ministerpräsidenten, wie sie durch die Dokumente gegeben sind, Verfassungsgrundgesetz, Referendum, Wahl des Parlaments, kurzum alle diese Fragen, über die wir in Koblenz gesprochen haben, so wie sie im Dokument I enthalten sind, so wie jetzt nach den Verhandlungen sich die Sachlage nach den Erklärungen der Militärgouverneure ergibt 19 ]. Ich glaube, wenn wir die politische Debatte hierauf beschrän) Offensichtliches Mißverständnis Pfeiffers, der bereits in einer ersten Übersetzung diese Fassage Clays wie folgt wiedergegeben hatte: „Während wir das Statut ausarbeiten und vor seiner Verkündigung werden wir Sie und die Versammlung gerne auf dem Laufenden halten. Auf diese Weise können wir und Sie die Versammlung stets mit dem allgemeinen Inhalt vertraut machen, wie es seiner Endfassung entgegengeht" (BA Z 12/15, BI. 123]. Im engl. Text heißt es jedoch: „As we proceed with the drafting of the occupation statute and prior to its publication, we shall be glad to have our liaison officers keep you advised as it progresses and also the constituent assembly. Thus we - I mean by this we, you, ourselves and the constituent assembly - will be able to be familiar with the general context of the occupation statute as it advances to completion" (ForRel. 1948, II, S. 408). - In Dok. Nr. 10 ist bereits die berichtigte dt. Fassung abgedruckt. l e ) Dok. Nr. 4 und 10. ,s
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lcen und noch nidit in Details gehen, so geben wir der Sache eine gute Grundlage. Wer wünscht das Wort? Ministerpräsident Ehard: Ich möchte anregen, zunächst das Problem der Ländergrenzen zu erörtern. Das ist wohl das Hauptproblem. Wenn wir das bereinigt haben, werden wir alles andere sehr einfach finden. (Ministerpräsident Stock: Wollen Sie über die politische Frage keine Aussprache haben?) Ich vermute, wir werden dabei sehr schnell zu einer Erörterung der grundsätzlichen Fragen kommen. Ich glaube, darüber werden wir am meisten zu reden haben. Ith selber habe dazu nicht viel zu sagen. Ministerpräsident Lüdemann: Ich bin im Zweifel, ob die Anregung des Herrn Dr. Ehard glücklich ist. Denn wir haben dazu noch nicht den authentischen Wortlaut der Erklärungen vorliegen, die gestern abgegeben worden sind, Es handelt sich um sehr wichtige Punkte. Einmal ist uns eine Frist gesetzt worden, und zweitens ist uns gesagt worden, diese Frage sei auch entscheidend für die Gestaltung der Verfassung. Wir kennen noch nicht genau die Formulierung. Es ist zu überlegen, ob wir mit der Besprechung dieser Frage nicht doch warten sollten, bis uns der Wortlaut vorliegt20). Mir scheint es wichtiger zu sein, daß wir zunächst zu dem Dokument Nr. I sprechen. Da ist alles klar, da liegt uns der Wortlaut vor. Ich glaube, diese Debatte könnte sehr fruchtbar sein, zumal wahrscheinlich bezüglich der übrigen Fragen überhaupt keine Schwierigkeiten bestehen. Bürgermeister Brauer: Ich halte es doch für richtig, daß wir uns allgemein zu der Situation äußern, vor die wir jetzt gestellt sind, und daß wir zunächst über die Koblenzer Konferenz sprechen. Ich meine, daß wir die Beschlüsse der Koblenzer Konferenz auch heute noch als Ausgangspunkt nehmen sollten, nachdem wir gestern die Aussprache mit den Generälen gehabt haben. Ich halte die Beschlüsse der Koblenzer Konferenz für so bedeutungsvoll und für so entscheidend, daß wir sie hier nicht beiseite legen sollten; Trotz der ungünstigen Beurteilung, die sie zum Teil in der deutschen Presse gefunden haben21), bin ich der Meinung, daß hier eine staatsmännische Arbeit geleistet worden ist, die ihre Früchte erst noch tragen soll. Die Verwirrung, die nicht nur in der deutschen Presse, sondern auch im Lager.der Generäle herrscht^2), hat das Bild etwas verdunkelt. Aber sie kann nicht das Entscheidende wegnehmen, daß wir in unserer damaligen Konferenz uns positiv zu den Plänen der Alliierten gestellt haben: eine staatsrechtliche Organisation auf" demokratischer Grundlage zu schaffen, die uns aus dem ganzen Wirrwarr der Gegenwart heraushebt auf ein höheres ) Dok. Nr. 10, Anm. 1 und 22. ) Dok. Nr. 9, Anm. 9. Brauer selbst hatte bereits am 14. 7. 1948 im NDR zu den Koblenzer Besprechungen Stellung genommen und sich gegen eine negative Interpretation des Konferenzergebnisses zur Wehr gesetzt (BA Z 4/121, Bl. 229 ff.; hierzu auch Mitteilung des Hamburger Senats an die Bürgerschaft, Nr. 85, 13. 8.1948). 22 ] Dok. Nr. 8, S. 151 ff. und Nr. 9, S. 158.
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Niveau und die uns eine größere Verantwortlichkeit überträgt. Idi kann hier nicht stark genug betonen, daß es nicht nur im Interesse der Besatzungsmädite liegt, daß diese Dinge in Ordnung kommen, sondern daß das Hauptinteresse bei uns selbst liegt, und daß dieses Interesse das Entscheidende ist. Wir benötigen diese Änderung wie das liebe Brot. Wir können mit den gegenwärtigen Hilfskonstruktionen nicht mehr weiterarbeiten. Die volle Anerkennung der Koblenzer Beschlüsse durch die Militärregierungen hätte uns ein großes Stüde vorwärts gebracht. Ich bin aber auch bereit, das Weniger zu nehmen. Unter keinen Umständen möchte ich das Angebot der Alliierten etwa verspielen durch eine Verzögerung oder durch die Gefährdung der gesamten Dinge, die, wie uns ganz eindringlich gesagt worden ist, auf den Londoner Beschlüssen beruhen23). Diese Londoner Beschlüsse, auf die alles zurückgeht, sind ein schwer erarbeitetes Werk; sie stellen ein Kompromiß dar, das, wie jeder von uns weiß, den Franzosen zum Teil abgerungen worden ist. Ich habe an der jetzigen Erklärung unseres Vorsitzenden ganz besonders begrüßt, daß er sagte: Wir wollen die Londoner Beschlüsse nicht außer Geltung setzen und wollen sie nicht unwirksam machen; wir wollen diese Ergebnisse der Londoner Konferenz als Ganzes nicht gefährden24). Wenn ich die gestrigen Veranstaltungen überdenke, dann kann man beinahe sagen: Viel Lärm um Nichts. Grundsätzlich ist das, was die Alliierten in London wollt'en, und das, was wir in unseren Koblenzer Beschlüssen niedergelegt haben, gar nicht so weit voneinander entfernt. Wir wollen eine staatsrechtliche Form. Wir wollen keinen Staat, und wir wollen keine Regierung. Das ist von uns auch nicht verlangt worden. (Zuru/: Doch!) Die Fragen der Terminologie haben für uns Bedeutung; für die Alliierten brauchen sie diese Bedeutung nicht zu haben. Die Fragen der Terminologie haben für uns Bedeutung in dem politischen Kampfe, in dem wir mit dem Osten stehen. Deshalb haben wir eine größere Vorsicht zu üben, als es die Alliierten zu tun braudien. Wenn wir für das, was wir wollen, die Bezeichnung „Grundgesetz" gewählt haben, dann haben wir uns dabei etwas gedacht. Ich kann nidit anerkennen, daß diese Frage irgendwie zu einem Streitpunkt werden könnte oder daß dadurch irgendwie die Londoner Beschlüsse tangiert werden könnten. Wie dieses Grundgesetz im einzelnen aussehen soll, haben wir nicht gesagt. Das mag der Parlamentarische Rat sich überlegen. Dann wird für die Kooperationsbehörde25) noch Zeit genug sein, uns zu sagen: In diesem und in jenem Falle geht uns dieses Grundgesetz nicht weit genug. Ich kann mir vorstellen, daß die Amerikaner besonders auf die Mens dienrechte entscheidendes Gewicht legen werden, die sie darin irgendwie zum Ausdruck gebracht wissen möchten. Wir werden uns wahrscheinlich der Taktik befleißigen müssen, in allen Dingen
) Dok. Nr. 10 und Anm. 10. ) Anspielung auf die Schlußerklärung Stocks bei der Konferenz mit den MilGouv.
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am 20. 7. 1948 in Frankfurt, Dok. Nr. 10, Anm. 28. ) Darunter dürften die alliierten Verbindungsoffiziere zu verstehen sein.
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kurz zu treten. Wir werden nicht das ganze Gebiet, das man sonst in eine sorgfältig erarbeitete Verfassung einschließt, berücksichtigen können. Wenn uns allen gestern von den Generalen gesagt worden ist, diese Sache mit dem Grundgesetz müsse herausgelassen werden, dann würde ich sagen: dazu liegt kein Anlaß vor. Was die Beanstandungen der Verfahrensvorschriften betrifft, so sind meine Freunde und ich von unserer ursprünglichen Auffassung, die wir seinerzeit in Koblenz vertreten haben, zurückgegangen, weil wir sdion für den Parlamentarischen Rat die allgemeine und direkte Wahl als das Gegebene und Vernünftige ansehen. Um uns möglichst an die Londoner Beschlüsse zu halten, haben wir diesen Standpunkt aufgegeben26}. Das Verfahren, das wir vorschlagen, und das Verfahren, wie es in London vorgeschlagen worden ist, unterscheidet sich nicht wesentlich. Wir brauchen diese Frage nicht zu dem entscheidenden Punkte zu machen. Wir können da ruhig den Vorschlag annehmen, wie er von General Clay niedergelegt worden ist. Das macht keinen wesentlichen Unterschied. Daß jeder Landtag von sich aus bestimmt, wie er die Vertreter wählen will, das ist auch in unseren Beschlüssen enthalten. Darüber brauchen wir nicht zu streiten. 2: Wie wir zu diesem Parlamentarischen Rat kommen und wie wir die Aufgaben des Parlamentarischen Rates begrenzen, diese Frage sollte für uns nicht schwer wiegen. Da könnten wir das akzeptieren, was die Generäle gestern im Einzelnen dazu ausgeführt haben. Für mich bleibt in den ganzen Dingen eine große Entscheidung: Das ist die Entscheidung über ein Plebiszit. Das ist eigentlich das, wo wir am meisten abweichen von dem, was die Alliierten sich denken. Ich möchte, daß wir gerade auf diesen Punkt das entscheidende Gewicht legen bei der Aussprache mit den Verbindungsoffizieren. Vielleicht können wir wahlweise sogar beides vorschlagen. Wir könnten sagen: Lieber ist uns die Bestätigung durch die Landtage der Länder ohne Plebiszit. Das ziehen wir vor, wie wir das in Koblenz beschlossen haben. Wenn es aber auf Biegen und Brechen geht in diesem Punkte, dann soll das Ergebnis der Londoner Konferenz daran nicht scheitern. Soweit möchte ich gehen, weiter aber nicht. Was die territorialen Veränderungen betrifft, von denen Herr Dr. Ehard meint, daß es sich dabei um die entscheidende und bedeutungsvolle Frage handele, so möchte ich sagen, daß ich das nicht anerkennen kann. Wir alle wissen: Wie Deutschland endgültig aussehen soll, das wollen wir selbst bestimmen; das soll nicht das Deutschland der drei Zonen sein. Daß wir diesen Teil Deutschlands, wie er jetzt organisiert werden soll, so organisieren könnten, wie er organisiert werden müßte, ist ganz undenkbar. Ich denke da z.B. an den Norden. Ich denke an Schleswig-Holstein, und ich denke daran, daß schon in der Zeit der
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) Zum Auffassungswandel der SPD in der Frage der direkten Wahlen, Dok. Nr. 6, Anm. 49 sowie Sörgel, Konsensus, S. 26 ff. Nach Abschluß der Konferenz der MilGouv. mit den MinPräs. am 20. 7. 1948 hatten die SPD-MinPräs. und -Minister nodi unter sich und abends mit Ollenhauer Besprechungen abgehalten; ebenso die CDU mit Hilpert, der Adenauer vertrat (Schwab. Landeszeitung, 23. 7. 1948; Sopade, 1948, VII, S. 116; Der Spiegel, 24. 7.1948; Sörgel, Konsensus, S. 47).
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Weimarer Republik die Frage der Zusammenfassung der Länder SdileswigHolstein und Mecklenburg sehr ernsthaft diskutiert worden ist 27 ]. Heute verläuft dort die russische Demarkationslinie. Also wir können und wir sollten diese Dinge nicht so regeln, und wir wollen sie nicht so regeln. Wir haben uns in Koblenz in unserer Formulierung vorsichtig ausgedrückt bezüglich Badens und Württembergs. Jemand in unserem Kreise war der Meinung, daß diese Sache auf sich beruhen solle 28 ]. Dieser Meinung bin ich auch heute. General Robertson hat in einer Besprechung, die vor der gestrigen Konferenz stattfand, ausgeführt: Wenn Sie das wollen, warum sagen Sie es dann nicht ganz klar und positiv 29 ]. Ich bin der Meinung, daß wir mit einer allgemeinen Empfehlung die Dinge nicht mehr machen können. Sondern wir müssen jetzt ganz klar und positiv sagen: Hier ist der Punkt, wo sofort etwas geschehen muß. Und da können wir uns auf die Vorschläge, die wir zu machen haben, wahrscheinlich sehr schnell einigen. Ich bin nicht in der Lage, zu beurteilen, ob ein Studium der Frage, die mit Rheinland-Pfalz zusammenhängt, in so kurzer Zeit zu einem Resultat führen kann. Aber eines möchte ich betonen: Wenn diese territorialen Untersuchungen und Studien dazu führen, daß das ganze Werk, die Einberufung des Parlamentarischen Rats, das Studium aller anderen Dinge unter Ingangsetzung dieser ganzen Maschinerie für Monate aufgehalten wird, dann ist das ein zu hoher Preis, den wir zahlen. Auch in dieser Frage müssen wir überlegen, müssen wir kurz treten. Wir haben als äußersten Termin den 25. 8. Dieser Termin ist wohl irgendwo genannt worden 29 *). Ich weiß nicht, ob es stimmt. Aber ich glaube, daß solche Untersuchungen nicht die Vollendung des ganzen Werkes aufhalten dürfen. Meine Herren! Die Frage mit dem Besatzungsstatut: Ich habe das Gefühl, daß wir in unseren Formulierungen schon sehr weit vorstoßen, und ich freue mich, daß ein solcher, ich möchte sagen: Erfolg zu verzeichnen ist. Daß die Alliierten bereit sein würden, das hundertprozentig zu akzeptieren, was wir in Koblenz beschlossen haben, konnte kein Mensch erwarten, und die Gewinnung der Rechtsfreiheit, der Ellenbogenfreiheit in Deutschland vollzieht sich nicht in
] Vgl. die von einem Verfasserkollektiv herausgegebene Denkschrift: Nordmark, Die Ostseelösung für Schleswig-Holstein, Lübeck, Mecklenburg, Rendsburg o. J. sowie entsprechende, meist von den selben Verfassern stammende Beiträge in der Zeitschrift: Der Schleswig-Holsteiner, Grenzlanddeutsche Halbmonatshefte, 12. Jg., Kiel 1931. 2S ) Dok. Nr. 6, S. 77, 81, 121. 29 ) Ein Protokoll über die hier angeführte Besprechung mit General Robertson am 20. 7. 1948 konnte nicht nachgewiesen werden. Die Ermutigung Robertsons nach klarer Formulierung der ablehnenden dt. Haltung zu einer umfassenden Länderneugliederung läßt das brit. Desinteresse an Neugliederungsmaßnahmen erkennen (Dok. Nr. 9, Anm. 5]. 2Ba ) S. Dok. Nr. 6, passim, sowie Dok. Nr. 5, S. 44. Dieser Termin war durch das Frankfurter Dok. II vorgegeben, wonach diè Bevölkerung über Änderungsvorschläge spätestens zur Zeit der Auswahl der Mitglieder der Verfassunggebenden Versammlung, deren Einberufung bereits für den 1. 9. 1948 vorgesehen war, entscheiden sollte (Dok. Nr. 4]. 27
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einem Ruck. Trotz der Zusammenfassung, trotz der schlechten Kritik, die die Arbeit der Ministerpräsidenten gefunden hat, muß ich sagen, daß wir auf dem rechten Wege waren und auch auf diesem Wege bleiben sollten, daß wir unter allen Umständen das Angebot als Ganzes nicht etwa leicht nehmen, in Gefahr bringen oder beiseite legen und sagen: Wir werden später etwas besseres erreichen. Ich sehe die politische Entwicklung — ich verweise da nur auf Frankreich — so, daß ich glaube, nur unter besonderen Umständen ist es möglich gewesen, die Franzosen zu den Londoner Beschlüssen zu bekommen30). Ob das in der gleichen Weise wiederkehren würde, dessen bin ich gar nicht sicher. Ich bin gar nicht sicher, daß eine zweite Londoner Konferenz nicht wesentliche Dinge wieder wegstreicht oder daß sie weiter vorstößt in unserem Sinne. Diese Hoffnung habe ich wenigstens vorläufig noch nicht. Ich möchte, daß vor allen Dingen eines herauskommt und bestehen bleibt: Die Möglichkeit, in diesem Jahre zu allgemeinen direkten Wahlen zu kommen, d. h. nicht mehr länger einen Zustand zu haben, bei dem das Volk direkt ausgeschaltet ist, bei dem es sich regiert fühlt, verwaltet fühlt von irgendwelchen Hilfsorganisationen, wie der Wirtschaftsrat und die Direktoren, sondern daß wir endlich aus dieser Situation herauskommen, die den Deutschen beinahe entpolitisiert31). Die Generäle haben erklärt, den Wahltermin zu bestimmen sei Sache dieser Verfassunggebenden Versammlung oder des Parlamentarischen Rates. Meine Herren, was ist denn dieser Parlamentarische Rat, etwas, was außerhalb unserer eigenen politischen Organisation steht? Nein, er wird eine andere Körperschaft des politischen Willens sein, der auch von den Ministerpräsidenten und den politischen Parteien, denen wir zugehören, geteilt wird. Wir können mit Recht erwarten, daß der Parlamentarische Rat in dieser Frage unsere Koblenzer Beschlüsse durchführt, daß er alles tut, um dies in diesem Jahre möglich zu machen. Darin liegt das Positivum und das Entscheidende, das auch bei der Besprechung gestern mit den Generälen nicht wegdiskutiert werden konnte. Die anderen Dinge sind nicht so wichtig. Nun herauf auf die höhere Ebene der Dreizonenverwaltung, des echten Parlaments und der Einschaltung der Wähler, damit wir echtes politisches Leben in Deutschland bekommen. Wir haben mit unseren Koblenzer Beschlüssen versucht, den Weg abzukürzen. Wir haben ja den Weg nicht verlängert gegenüber dem, was die Militärregierung vorschreibt, sondern wir haben ihn abgekürzt und vereinfacht. Wir sollten, wie ich schon gesagt habe, uns darauf beschränken zu sagen: Man hat zwar unsere Auffassung nicht ganz akzeptiert, aber wenn Ihr es so haben wollt, dann mag es so gehen. Ministerpräsident Ehard: Meine Herren! Ich möchte auf meine Anregung zurückkommen, nachdem Herr Bürgermeister Brauer bereits die allgemeine Aussprache eröffnet hat. Ich möchte dabei vorausschicken, daß ich mich weitgehend °) Zur frz. Haltung auf der Londoner Konferenz s. Willis, The French, S. 50 ff.; ForRel. 1948, II, passim. S1) Über Struktur und Funktion der bizonalen Einrichtungen Vogel, Westdeutschland, I, S. 21 ff.; Pünder, Interregnum, S. 51 ff. sowie die kritischen Bemerkungen Sternbergers über die indirekten Wahlen zum WiR [Dok. Nr. 6, Anm. 56). 3
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dem anschließe, was Herr Bürgermeister Brauer gesagt hat. Wir werden von unseren Koblenzer Beschlüssen ausgehen müssen, und wir werden die Frage aufzuwerfen haben: Ist eine Möglichkeit gegeben, unsere Koblenzer Beschlüsse an das, was wir gestern gehört haben, also praktisch an die Londoner Konferenz anzugleichen? Ist das möglich, ohne daß wir etwas Grundsätzliches aufgeben? So wird man die Frage stellen müssen, und um an die Dinge heranzukommen, muß man eine andere Frage herausstellen: Was wollen wir denn oder — besser gesagt — was müssen wir denn? Die Frage ist sehr einfach zu beantworten, und sie ist, glaube ich, in Koblenz schon erörtert und beantwortet worden. Wir wollen in der Sache immer dasselbe und, wie es scheint, wollen wir auf deutscher Seite sogar dasselbe, was man uns von alliierter Seite entgegenträgt. Ich will nicht sagen, daß man es dort auch allgemein will. Wir wollen nämlich eine möglichst baldige Zusammenfassung der drei westlich besetzten Zonen durch eine kraftvolle Organisation. Das haben wir ja ausdrücklich ausgesprochen. Wir wollen eine Organisation im Endergebnis mit einer Regierung, einer Verfassung, einer gesetzgebenden Körperschaft, einem Länderrat. Darüber waren wir uns in Koblenz völlig einig. Wir müssen diese Sache unter allen Umständen auch jetzt im Auge behalten, und ich möchte voranstellen, daß wir dahin zu streben haben, daß wir ohne Verzögerung möglichst bald dahin kommen. Eine Verzögerung würde es aber bedeuten, wenn man den Standpunkt einnimmt, der gestern zum Ausdruck gekommen ist. Darauf können wir uns nicht einlassen. Wir bleiben in allem bei den Koblenzer Beschlüssen bestehen. Darüber sind wir uns heute wohl ganz klar. Leider hat man uns vorher wohl nicht so deutlich die Wahrheit oder die Klarheit gegeben, wie wir sie heute haben. Nämlich die drei Besatzungsmächte sind im Augenblick durch die Londoner Beschlüsse gebunden und auch gebunden insoweit, daß der einzelne etwas ganz anderes will als das, was in den Beschlüssen steht. Heute noch wird die Taktik eingeschlagen, daß beispielsweise einer der Kommandeure sagt: Diese Beschlüsse sind ausgezeichnet, bleibt nur darauf fest bestehen 32 ). Er sagt aber nicht das, was dazu gehört: Wenn nämlich ein einziger der anderen einer anderen Meinung ist, dann fliegt die ganze Geschichte auf und ist illusorisch. Wir müssen also schon zu klären versuchen: Wo sind die Punkte, wo einer der Teile ganz bestimmt mittun wird, wenn wir eine Änderung vorschlagen, denn dieser eine wird dann ganz sicher das Ganze zum Scheitern bringen, denn er muß an seine Regierung gehen, und dann haben wir eine Verzögerung auf unabsehbare Zeit. Weiterhin bin ich auch der Meinung, wie Herr Bürgermeister Brauer, daß wir ja gar nicht so weit auseinander sind, wie es den Anschein haben könnte. Im Ziele sind wir uns alle einig. Einig wie die anderen, die infolge des Londoner Abkommens zur Zeit zusammengehalten sind. Nun ist die Frage, ob wir hier auf die Form allzu entscheidendes Gewicht legen dürfen und können, daß wir das andere Ziel aus dem Auge verlieren. Was ist S!
) Anspielung auf Äußerungen General Koenigs in persönlichen Gesprächen mit westdt. MinPräs. (Dok. Nr. 4, Anm. 20); vgl. auch die darauf erfolgten amerik. Gegenreaktionen (Dok. Nr. 8, S. 151 ff.).
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denn nun eigentlidi? Man sagt, Grundgesetz ist zu wenig, es muß der Begriff der Verfassung irgendwie in die Erscheinung treten. Man hat uns aber eigentlich ganz deutlich, in den Einzelbesprechungen38) noch deutlicher, zu erkennen gegeben, daß das Ganze ein Provisorium ist, also keine endgültige Sache, sondern daß es eine vorläufige Verfassung sein soll, weil ja das Ganze noch nicht zusammenkommen kann. Dann hätten wir ja also keinen sehr weiten Schritt in der Form zu machen zu dem, was wir in Koblenz ausgesprochen haben und dem, was jetzt sein soll. Es ließe sich das vielleicht auch in der Einleitung noch besonders unterstreichen. Das Zweite wäre, was nun im einzelnen für Befugnisse sowohl für die einzelnen Organe dieser Bundesregierung oder wie man sie sonst nennen will festgelegt werden sollen, wie die Wahl einer gesetzgebenden Körperschaft zustande kommt, wann sie bestehen soll, wie die einzelnen Bundesorgane ihre Funktionen aufeinander abstimmen und wie die Zuständigkeit sein könnte. Das gehört in das Grundgesetz. Auch damit können wir uns ohne weiteres einverstanden erklären. Wir können ja diese Verfassunggebende Versammlung oder wie wir sie nennen wollen, von unserer Seite jetzt beeinflussen oder zu beeinflussen versuchen. Wir haben ja gar keine Hinderungsgründe. Wir haben eigentlich nur drei Vorschriften in bezug auf den Inhalt dieses Staatsgrundgesetzes, nämlich, es muß einmal der Staatsaufbau demokratisch sein, es muß zweitens föderativ sein, und es muß drittens die in der Verfassung festgelegten Grundrechte enthalten. (Zuruf: Viertens: Die Abänderungsbestimmungen?) Die Abänderungsbestimmungen, die eine Abänderung der Verfassung durch eine qualifizierte Mehrheit erschweren. Richtig! Aber, wenn wir von dieser letzteren Sache absehen, so sind dies eigentlich alle Vorschriften, die für den Inhalt dieses Staatsgrundgesetzes aufgestellt worden sind. Ich frage noch: Wie kommt diese Versammlung zustande? Hier ist erklärt worden, jeder einzelne Landtag könne die Form und den Inhalt des Wahlverfahrens selber vorschreiben. Genau das haben wir ja in Koblenz auch schon besprochen. Einstimmigkeit ist vielleicht die größte Schwierigkeit. Denn hier, meine Herren, komme ich an eine grundsätzlich verschiedene Auffassung. Wir haben gesagt, ein Referendum, eine Volksabstimmung lehnen wir ab, weil damit eben der Charakter des Staatsgrundgesetzes auf längere Zeit ganz besonders stark betont wird. Die Franzosen würden sich jederzeit mit einer Abstimmung in den Landtagen einverstanden erklären; das weiß ich sicher34). Ich weiß ebenso absolut sicher, '») Dok. Nr. 8 und 9. 34 ) Da die Franzosen gegen direkte Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung und zum späteren Bundesparlament eingestellt waren und in London immer wieder versucht hatten, die Ratifizierungsmethode der Verfassung offenzuhalten (ForRel. 1948, II, S. 209 und passim sowie Dok. Nr. 4, Anm. 7), kamen ihnen die dt. Vorschläge sehr entgegen, so daß sie ihnen ohne Vorbehalte 'zustimmen konnten (ForRel. 1948, II, S. 412 sowie Vermerk Bergners über Besprechungen mit dem frz. Verbindungsoffizier de Laboulay, Wiesbaden, 29. 7. 1948, BA Z 12/8, Bl. 158 f.).
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daß hier die Amerikaner absolut gebunden sind. Die Amerikaner werden sagen: In dem Londoner Abkommen ist das Referendum vorgesehen; davon werden wir nicht abweichen85). Aber selbst wenn die Generäle abweichen wollten, könnten sie es nach meiner Kenntnis der Dinge nicht tun. Es müßte hier also zunächst eine Rückfrage bei der Regierung notwendig werden, und das würde dann zu neuen Beratungen führen. Wir werden also — ich glaube, es handelt sich hier um den entscheidenden Punkt — vor die Frage gestellt; sollen wir justament erklären: Unter keinen Umständen ein Referendum, auch auf die Gefahr hin, daß die ganze Sache daran platzt. Die Frage muß so gestellt werden. Sie wird, wenn man sie aufwirft, schon beantwortet, denn damit können wir das nicht erreichen. Wir können uns aber — ich würde hier den von Herrn Bürgermeister [Brauer] angedeuteten Vorschlag in der Tat für gangbar halten — sehr wohl, ohne unseren Grundsatz aufzugeben, gleichzeitig ein politisches Alibi verschaffen, indem wir den Alliierten einmal sagen: Jawohl, wir würden eine Abstimmung über die beschlossene Verfassung in den Landtagen für möglich, aber audi für besser und für zweckmäßiger halten, und es ließen sich dafür eine Reihe von Gründen vortragen. Einmal nach der positiven Seite; Man könnte sich vorstellen, daß beispielsweise alle Landtage mit einer so stärken Mehrheit diese Verfassung bestätigen werden. Das würde einen sehr starken Eindruck machen, und es würde eine starke Betonung der positiven Einstellung zu einer deutschen Verfassung — nehmen Sie bitte an diesem Ausdruck keinen Anstoß, er ist der einfachere Ausdruck — sein. Man könnte sagen: eine solche Unterstreichung hat auf deutscher Seite, demokratisch gesehen, die gleiche Wirkung, wie in Amerika sie vielleicht nur mit einem Plebiszit oder einem Referendum zu erzielen ist. Und man könnte, wenn Sie wollen, nach der negativen Seite sagen: Wenn wir das machen, darjn können wir ziemlich klar sehen, wie die Sache läuft. Wenn wir dagegen ein Referendum in die Wege leiten, dann kann man das keineswegs sagen. Denn erstens müssen wir damit rechnen, daß an einem soldien Referendum die Menschen, weil sie andere Sorgen haben öder weil ihnen die ganze Konstruktion,
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) Für die Amerikaner war das Referendum ein Punkt „on which we must insist upon the acceptance of the London decisions. We believe that it shouM be impressed upon the Germans that if they are going to go forward with an increasingly responsible governmental arrangement in the west it should rest firmly upon phases of popular consent and not upon mere approval by Landtage or even less upon mere approval by Ministers President" (ForRel. 1948, II, S. 394). Zwar waren sie durchaus von den dt. Argumenten beeindruckt, hielten es jedoch für klüger, zunächst die weitere Entwicklung in Deutschland abzuwarten; ehe sie einer möglichen und von der Washingtoner Regierung bereits ins Auge gefaßten (ebda., S. 396} Änderung des bisherigen Standpunktes zustimmen wollten (ebda., S. 413 f.). Deshalb wurde die Entscheidung über die Ratifizierung zunächst vertagt, schließlich die vom PR vorgesehene Ratifizierung durch die Landtage akzeptiert (Bonner Kommentar, V, Erläuterung zu Art. 144).
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die ihnen zu einer Zerreißung Deutschlands zu führen scheint, oder weil ihnen das ganze nidit gefällt, sich nur in einer sehr geringen Zahl beteiligen werden. Daß es keinen besonders guten Eindruck madien würde, wenn etwa nur 25—30 °/o der Bevölkerung an einem solchen Referendum sich beteiligen würden, und daß dann aus einem solchen niedrigen Prozentsatz eine Mehrheit gebildet wird, ist nach unserem Empfinden nicht richtig. Ich weiß, daß die Amerikaner sagen, das würde sie gar nicht genieren; selbst wenn sich nur 15 % der Bevölkerung an der Abstimmung beteiligen und aus diesen 15 °/o würde sich dann eine Mehrheit bilden, dann sei das eben nur ein Zeichen dafür, daß die übrigen kein so großes Interesse an der Abstimmung haben, mit der Sache sich also abfinden und zufrieden damit sind. Nach unserer Auffassung ist das eine demokratische Einstellung, die etwas schief gesehen ist. Man könnte jetzt aber doch wohl dahin kommen, daß man sagt, wir würden aus bestimmten Gründen die Abstimmung durch den Landtag — dabei kämen wir auf die Koblenzer Beschlüsse wieder nahe hin — vorziehen, und zwar aus diesen und jenen Gründen. Wir würden es aber justament darauf nicht ankommen lassen zu sagen: Wenn Ihr auf dem Referendum unter allen Umständen besteht, dann wollen wir lieber nichts. Das können wir unter keinen Umständen machen. Das ist aber der entscheidende Punkt, der an etwas Grundsätzliches herangeht. Bisher sind wir, soweit ich sehe, an eine grundsätzliche Frage, wenn wir unsere Koblenzer Beschlüsse mit dem Londoner Abkommen und mit dem, was wir gestern gehört haben, vergleichen, noch gar nicht herangekommen, nämlich an die territoriale Frage. Ich bin vielleicht nicht ganz richtig verstanden worden, wenn ich mir vorhin anzuregen erlaubt habe, man möge diese Frage im voraus behandeln. Die Sache ist doch so: Wir können jetzt unmöglich die Frage der Ländergrenzen in extenso in allen Möglichkeiten, die bestehen, durch die Westzonen aufrollen. Das ist völlig unmöglich. Andererseits ist die Situation, vor die wir in Baden-Württemberg gestellt sind, auf die Dauer unerträglich. Wir wollen nicht erst in einer künftigen Länderverfassung die Grenzfrage regeln, sondern wir wollen, daß die deutschen Ministerpräsidenten jetzt Vorschläge in dieser Frage machen. Die Frage stellt sich also sehr einfach so dar: Ist es möglich, das Problem Württemberg-Baden isoliert mit dem Dokument II zu verbinden, ohne daß damit alles andere ins Rutschen kommen wird? Das ist die Frage. Diese Frage ist aus zwei Gründen, oder, wenn Sie wollen, aus drei Gründen kompliziert. Der erste Grund liegt bei den Württembergern und Badensern selbst. Es handelt sich um die Frage: Sollen die Badenser allein zusammenkommen, sollen die Württemberger allein zusammenkommen, öder sollen Baden und Württemberg als ein Ganzes zusammenkommen? Das ist die eine Frage. Die zweite Frage ist die: Es wird damit sofort die Frage der Zonengrenzen aufgeworfen, und es wird damit natürlich sofort die Frage gestellt werden: Werden die Franzosen, wenn sie einen Teil ihres bisherigen Besatzungsgebietes verlieren, nicht eine Kompensation verlangen? Wird es möglich sein, ein Kondominium von zwei Besatzungsmächten herzustellen, wenn auf deutscher Seite eine Vereinigung dieser beiden Länder vorgenommen wird? Ich meine, man 187 18*
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müßte erst einmal zu klären versuchen, wie die Wirkung sein wird, wenn man einen solchen Vorschlag isoliert macht. Dann entsteht in diesem Zusammenhang noch eine dritte Frage: Die Frage Württemberg-Baden. W e n n sie von den deutschen Ministerpräsidenten in ihrer Gesamtheit angegriffen werden soll, dann ist sie keine isolierte WürttembergBadenser Frage mehr, sondern sie ist in diesem Augenblick zu einer für den Westteil Deutschlands absolut deutschen Frage aus zwei Gründen. Einmal müssen wir ein Interesse dafür haben, daß es aus dieser ganzen Zonengeschichte heraus nicht — sagen wir es doch einmal ganz klar — zu einer Ausdehnung der französischen Zone auf dem rechten Rheinufer kommt. Das würde womöglich eine ganze Reihe von Folgerungen nach sich ziehen. Zweitens haben wir ein Interesse daran, daß nicht etwa durch das Aufrollen der Württemberg-Badenser Frage auch alles andere zwangsläufig ins Rutschen kommt, eben wegen dieser Verbindung mit den Besatzungsmächten. Ich meine, man sollte sich darüber einmal ganz klar werden, daß die Alliierten sich darüber einmal ganz klar aussprechen und daß sie sich nicht der Erkenntnis verschließen sollten, daß es notwendig ist, diese Frage einmal zu stellen und sie zu erörtern. Die deutschen Ministerpräsidenten können diese Frage isoliert, allein, unter Zurückstellung aller anderen Fragen jetzt aufwerfen, und sie können Vorschläge dazu machen. Zweitens müssen sie es vielleicht tun, wenn die Situation dazu irgendwie die Möglichkeit bietet. Das wäre vielleicht das, was ich vorhin in Bezug auf dieses territoriale Problem anzudeuten mir erlaubt habe. Ein W o r t noch zu dem Besatzungsstatut. Hier ist ganz sicher folgendes erfreulich — ob es zu einem Erfolg führt, ist eine andere Frage —, daß uns erklärt worden ist und zwar diesmal nicht in französischer, sondern iii englischer Sprache 8 6 ), daß man die deutschen Vorschläge weitgehend prüfen werde, daß man die eigentlich sehr sympathisch aufgenommen hat (Zuruf: Daß man sie berücksichtigen werde, ist gesagt worden) — und daß man sie weitgehend berücksichtigen wolle. Ganz richtig. Bei diesem Besatzungsstatut des Dokumentes Nr. III tritt nun auch wieder eine Sache hervor, die als eine grundsätzliche Frage betrachtet werden muß. Und zwar handelt es sich um den zweiten grundsätzlichen Punkt. Meine Herren, ich glaube, es sind nicht mehr als diese zwei grundsätzlichen Punkte, die uns in Koblenz beschäftigt haben, wenn man sie unter dem Aspekt der Koblenzer Beschlüsse betrachtet. Es handelt sich darum: Können wir in irgendeiner Form konzedieren, daß man mit der Frage: Referendum oder Niditreferendum über die Verfassung auch die Frage der Abstimmung darüber verbindet, daß man auch den Inhalt des Besatzungsstatuts durch ein Referendum ausdrücklich billigen lassen will. (Widerspruch)
J Am 1. 7. 1948 hatte Koenig (Dok. Nr. 3), am 20. 7. Clay (Dok. Nr. 10) die Grundlinien für ein Besatzungsstatut vorgetragen.
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Hier bin ich allerdings der Meinung, daß wir keinerlei Konzessionen machen könnten37). (Zuru/: Richtig!] Ich habe aber nach dem, was wir gestern gehört haben, den Eindruck, daß das nicht oder nicht mehr verlangt wird. (Doch!) Am Anfang hat es so ausgesehen. Aber wir brauchen uns darüber nicht weiter zu unterhalten. Ich meine, daß war ein grundsätzlicher Beschluß der Koblenzer Konferenz. Aber diese Frage ist jetzt nicht mehr so zu stellen. Und ich habe den Eindruck, man sollte das Besatzungsstatut so nebenher einmal erörtern. Wir wollen auf der anderen Seite zunächst einmal ruhig die Verfasssung einmal beschließen lassen, so daß wir praktisch dahin kämen, daß man diese Verfassung zunächst einmal durch diese Verfassunggebende Versammlung beschließen läßt. Dann werden die Alliierten sich äußern, ob und inwieweit sie diese Verfassung genehmigen. Dann wird über diese Verfassung ein Referendum herbeigeführt, und dann mögen die Besatzungsmächte erklären, ob sie diese Verfassung, wie sie in den Ländern der amerikanischen Zone, in Bayern, Württemberg, Hessen, durch übereinstimmende Gesetze zustandegekommen sind, genehmigen werden, ja, ob sie vielleicht sich vorbehalten, über diese Verfassungsbestimmungen sich etwa hinwegzusetzen, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Und dann wird die Sache uns auferlegt. Sie wird aber nicht durch ein Zugeständnis von uns weggenommen. Das wäre, glaube ich, das, wenn man die Dinge im ganzen grundsätzlich betrachtet, [was ich] zu sagen hätte. Ich muß noch einmal mit einem Wort auf die Grenzfrage zu sprechen kommen, mit der das Dokument Nr. II sich befaßt. Ich bin fest überzeugt davon, daß unsere württembergischen und badischen Freunde diese Frage in den Vordergrund stellen werden. Wir müßten wohl die Frage prüfen, ob wir hier einen Vorschlag als einzigen machen können oder nicht. Ich meine aber, wir können uns dazu als Gesamtkonferenz erst dann entschließen, wenn wir wissen, wie die Reaktion bei den Generälen sein wird, welche Wirkungen auf die Zonenabgrenzung das ausüben würde und dergleichen mehr. Es hat aber keinen Zweck, sich darüber schon jetzt zu unterhalten. Das ist ein neuralgischer Punkt. Wir haben uns eigentlich nur mit einer grundsätzlichen Frage zu beschäftigen: mit dem Referendum. Die zweite grundsätzliche Frage ist, glaube ich, bereits aufgelockert: Die Verbindung des Besatzungsstatuts mit der Verfassung. Und wir haben unter uns einen neuralgischen Punkt: die Frage Württemberg-Baden. Es hat in diesem Augenblick keinen Sinn, vor diesen Dingen die Augen zu verschließen. Man soll sie im Gesamtergebnis einmal ganz klar herausstellen. Aber ich glaube, man muß immer voranstellen: was wollen wir? Wir wollen zu einer Vereini" ) Zu der durch die Deutschen befürchteten Koppelung von Verfassung und Besatzungsstatut Dok. Nr. 4, Anm. 14.
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gung in einer Organisation, die die Form einer bundesstaatlichen Zusammenfassung hat, möglichst schnell kommen. Wir wollen das aber an der Form nicht scheitern lassen. Senatspräsident Kaisen: Meine Herren! Ich kann mich den grundsätzlichen Ausführungen meiner Vorredner anschließen und brauche nicht weiter auf sie einzugehen. Ich wollte einige Vorschläge machen, um schnell zum Ziele zu kommen. Ich glaube, wir dürfen, um voran zu kommen, unsere Debatte nicht so sehr auf den Inhalt der Dokumente ausdehnen, sondern müssen uns darauf beschränken, die Frage zu erörtern, wie wir verfahren wollen, um vorwärts zu kommen. Da ist es wohl am besten, unsere Koblenzer Besdilüsse zur Hand zu nehmen und anhand der uns jetzt bekanntgewordenen Stellungnahmen der Militärregierungen zu prüfen38), inwieweit sie von dieser Stellungnahme abweichen, in welchen Punkten eine Übereinstimmung besteht und in welchen Punkten wir unter Umständen noch Vorbehalte machen müssen. Und das wird sich ja konzentrieren auf fünf Punkte: Verfassung, Verfassunggebende Versammlung, wie das Verfahren sein soll, entweder nach unserem Vorschlag indirekt oder nach dem Vorschlag, daß die einzelnen Landtage darüber zu befinden haben, und da können wir uns ja einig werden. Wir würden solche Einzelheiten nicht erreichen können. Das einzige, was wir erreichen könnten, ist nach meiner Ansicht der Punkt, daß die Differenz in dem Verfahren liegt, in dem Verfahren, das wir vorschlagen und das der Parlamentarische Rat in die Hand nehmen soll. Wir werden uns darüber entscheiden müssen, ob wir dieses annehmen wollen, und zweitens, ob wir den Zeitpunkt bestimmen, bis zu dem unsere Vorschläge einzureichen sind. Dieser ist gegeben in dem Augenblick, an dem die Verfassung verabschiedet wird, an dem ein Referendum stattfindet oder evtl. Neuwahlen stattfinden. Das sind eigentlich die Differenzen in der Stellungnahme zu dem Dokument II. Wir brauchen heute überhaupt nicht darauf einzugehen, ob Württemberg-Baden oder die Pfalz diese Sache der Ministerpräsidenten zu einer Stellungnahme machen,, die sie erarbeiten müssen, denn in Bezug auf das Besatzungsstatut liegt eine sehr klare Erklärung von Clay vor. Er sagt dazu: Wir werden es ausarbeiten; während wir das Besatzungsstatut ausarbeiten und verkünden, werden wir Sie über die Beratungen auf dem Laufenden halten. Wir müssen wegen des Besatzungsstatuts evtl. die Ministerpräsidenten einsetzen, die dauernd mit der Militärregierung in Verbindung stehen müssen, um von den Beratungen Kenntnis zu nehmen und unsere Meinung zum Ausdruck zu bringen, so daß letztlich das Besatzungsstatut verkündet werden kann. Ich glaube, wir müssen uns darauf beschränken zu fordern, daß es verkündet wird vor der Verfassung, damit die Verfassung im Rahmen dieser ganzen Abwicklung in Erscheinung tritt. Aber es läßt sich meiner Ansicht nach auch sehr schnell entscheiden, daß wir beide Vorschläge verbinden. Selbstverständlich sind wir dafür, daß wir das durdi ein Referendum ratifizieren. Aber jetzt, wo
) Dok. Nr. 7, S. 146 ff. und Nr. 10, S. 163.
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wir keine endgültige Verfassung für ganz Deutschland bekommen können, müssen wir auch jeden anderen Vorschlag ernstlich zur Erwägung stellen. Dann möchte ich noch einen weiteren Punkt vortragen. Wir müssen für Berlin irgendeine Erklärung abgeben, entweder in einer Stellungnahme zu den drei Dokumenten oder als besondere Erklärung. Das möchte ich noch vorschlagen. Das Aide-mémoire, das uns überreicht worden ist, ist unvollkommen89). Es enthält keinerlei Bemerkungen zu dem Besatzungsstatut. Wir können dann die Koblenzer Beschlüsse zur Hand nehmen und sie mit den Dokumenten vergleichen sowie unsere Gegenvorschläge machen. Stadtrat Reuter: Meine Herren! Ich möchte zunächst danken für die freundlichen Begrüßungsworte und habe Ihnen Grüße von Frau Oberbürgermeister Schroeder zu übermitteln, der Sie soeben das Telegramm geschickt haben. Ich möchte die Gelegenheit benutzen, die Stellungnahme der Bevölkerung der Stadt Berlin zum Ausdruck zu bringen und darauf aufmerksam zu machen, daß ich damit keineswegs nur meine persönliche Meinung sage, sondern vortrage, was eingehende Besprechungen der drei demokratischen Parteien in Berlin zum Ergebnis gehabt haben. Sie wissen, daß sich in Berlin eine Entwicklung angebahnt hat, die eine Lebensfrage für uns ist, und daß die drei demokratischen Parteien, SPD, CDU und LDP, zusammenstehen, um alle diese Dinge zu besprechen und zu erörtern40). Die Formulierung, die ich hier vortrage, ist meine persönliche Formulierung. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß wir zu Ihnen gehören und ein Teil von Ihnen sind, auch wenn wir es staatlich im Augenblick noch nicht sein können. Es ist meine Überzeugung, daß der Kampf um Berlin auch bei uns nicht ein Kampf für die Wiederherstellung des status quo ante ist, sondern daß der Kampf dazu führen muß, daß die Blockade gebrochen wird, und daß wir zu dem Teil Deutschlands kommen, zu dém wir unserer politischen Überzeugung nach gehören und mit dem wir aus wirtschaftlichen Gründen auf Gedeih und Verderb verbunden sind. Wir haben im Gegensatz zu der Kritik, die mancherorts an den Koblenzer Beschlüssen geübt worden ist, die Koblenzer Beschlüsse durchaus positiv aufgenommen und begrüßt. Wir haben begrüßt, daß in den Formulierungen der Koblenzer Beschlüsse der Versuch gemacht worden ist, sie so zu wählen, daß der notgedrungen provisorische Charakter alles dessen, was zur Zeit in Deutschland beschlossen werden kann, unterstrichen wird. Wir sind uns alle darüber im klaren, daß jede Organisation, die im Westen geschaffen wird, insofern provisorisch sein muß, als sie unter Berücksichtigung der durch die Besetzung gegebenen Verhältnisse, also unter Berücksichtigung der Teilung Deutschlands, geschaffen werden muß. Das ist eine Politik, die uns noch nicht gegeben ist. Wir sind uns aber klar, daß der Schritt von der NichtSouveränität zur Vollsouveränität nicht auf einmal getan werden kann, sondern daß die Eroberung der Souveränität ein historischer Prozeß ist, der letztlich erst durch einen formellen Akt vollzogen wird, wenn wir ihn in politischer Arbeit vorbe-
) Stellungnahme Clays zur dt. Antwort betr. Dok. Nr. III (Dok. Nr. 10). ) S.Anm. 4.
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reitet haben, so daß diese Souveränität uns nidit mehr vorenthalten werden kann. Wir glauben, daß der Kampf, den wir um Berlin führen, ein wichtiger Beitrag zur Eroberung der Souveränität der Deutschen ist, und wir sehen ihn so an, daß wir ihn nicht nur für Berlin führen, sondern daß wir gemeinsam für uns arbeiten, denn in dem Maße, in dem es uns in diesem Kampf gelingen wird, die Machtansprüche einer Besatzungsmacht zurückzuschrauben und auf das gebotene Maß zu beschränken, in dem Maß erhöhen wir auch die politische Bewegungsfreiheit aller anderen Deutschen in den einzelnen Zonen. In diesem Sinne glauben wir, daß zwischen den Dingen, die wir in Berlin durchkämpfen, und den Dingen, die wir hier durdizuexerzieren haben, ein enger Zusammenhang besteht. Daraus folgert, daß wir eines in Berlin und im Osten nicht ertragen können: das Verbleiben des Westens in seinem bisherigen politisch unentschiedenen Status. Wir sind der Meinung, daß die politische und ökonomische Konsolidierung des Westens eine elementare Voraussetzung für die Gesundung auch unserer Verhältnisse und für die Rückkehr des Ostens zum gemeinsamen Mutterland ist. So müssen wir die Dinge ansehen; jedenfalls sehen wir sie so an. Das soll nicht bedeuten, daß wir uns irgendwie für berechtigt halten» in die Einzelheiten der Entwicklung, wie sie bei dieser Arbeit, bei diesen Formulierungen und Auseinandersetzungen mit den Generälen zu • verzeichnen ist, maßgebend eingreifen können. Diese Einzelheiten der Formulierung werden im wesentlichen bedingt sein durch Ihre Verhältnisse. Jede Möglichkeit, die Sie in diesen Auseinandersetzungen schaffen, wird zwar das Provisorium zum Ausdruck bringen, ist aber psychologisch für uns eine Erleichterung. Unter allen Umständen aber sind wir fest entschlossen, unseren Anspruch auf eine Beteiligung an dieser Gestaltung aufrechtzuerhalten, und wir bitten Sie darum, dafür einzutreten, daß in dieser parlamentarischen Körperschaft für die Ausarbeitung der Verfassung Berlin genau so vertreten ist, wie ich heute hier als Gast und Teilnehmer vertreten bin, um die besonderen Gesichtspunkte unseres Bezirks zum Ausdruck zu bringen. Wir haben in unserer Stadtverordnetenversammlung, die Ihrem Parlament, Ihrem Landtag entspricht, die Absicht, für die Stadt Berlin, nicht nur für die drei Westsektoren, eine Delegation in diese beratende Körperschaft zu entsenden, um an der Ausarbeitung dieser Verfassung mit teilzunehmen. Endgültige staatsrechtliche Entscheidungen darüber, ob Berlin als Land definitiv korporiert werden soll und kann, können heute nicht gefällt werden, weil heute unsere Situation vollkommen ungeklärt ist und niemand von uns übersehen kann, was sich ereignen wird. Wir möchten aber auf keinen Fall durch Abwesenheit dazu beitragen, wenn die Möglichkeit geschaffen werden kann, daß dieses Gebilde korporiert wird, ins Hintertreffen zu kommen. Diese Möglichkeit möchten wir unter allen Umständen ausschalten, und deshalb glauben wir, zum Ausdruck bringen zu müssen, daß Sie eine Beteiligung an dieser vorbereitenden Körpersdiaft, die die Verfassung erarbeiten soll, nicht nur begrüßen, sondern für richtig und für notwendig halten. Zwischen „begrüßen" und „für notwendig halten" ist, glaube ich, ein klarer Unterschied. Wenn eine solche Erklärung Ihrerseits vorliegt, werden wir durch unsere Berliner Stadtverordnetenversammlung durch einen gemeinsamen Antrag der drei demokratischen Parteien dafür sorgen, daß die Berliner Stadtverordne192
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tenversammlung eine Delegation entsendet, die aus Vertretern der deutschen Parteien bestehen wird. Damit hoffe ich, midi genau ausgedrückt zu haben 41 }. Was im übrigen die Einzelheiten anbelangt, so möchte ich jetzt nur meine persönliche Meinung sagen. Was ich bisher gesagt habe, habe ich nicht nur für meine Person, sondern für alle unsere Freunde in Berlin zum Ausdruck gebracht. Ich glaube, der schwierigste Punkt wird das Referendum sein. Ein Referendum erschwert und verzögert die Entwicklung im Westen, an deren Beschleunigung wir alle interessiert sind. Ein Referendum ist eine Möglichkeit für kommunistische Agitation, die wir nicht wünschen und die wir meiner Meinung nach unterbinden müssen. Ich glaube, hier liegt die Möglichkeit dazu. Ich halte es für möglich, daß man unter vorsichtiger klarer Abwägung aller Umstände bei Bekanntgabe an die amerikanische Adresse es erreichen kann, das Referendum zu umgehen42); insbesondere können wir doch darauf hinweisen, daß das eigentliche Referendum der Deutschen in ihrer politischen Entscheidung besonders in der Teilnahme an den deutschen Wahlen besteht. Indem wir durch Einführung direkter Wahlen die Möglichkeit geben, zu den gesamten deutschen Problemen Stellung zu nehmen, erfolgt ja indirekt ein Referendum von eindeutiger Klarheit, das sogar einen größeren politischen Wert hat als ein Referendum bzw. eine Abstimmung über die Verfassungsgestaltung. In den Einzelheiten finde auch ich, daß manche Bedenken der Herren Generale vielleicht doch auch auf einer mangelnden Sprachkenntnis beruhen. Ich weiß nicht, welcher Unterschied bestehen soll zwischen Grundgesetz und Verfassung. Man kann das Wort Grundgesetz nicht übersetzen. Wenn man es übersetzt, entsteht daraus etwas ganz anderes. Im Deutschen ist ein Grundgesetz eine Verfassung. Es ist viel mehr, als die Übersetzung in das französische und englische zum Ausdruck bringt48). Aber das sind Einzelheiten, die Sie mit den Generälen verhandelt haben [und] besser übersehen können als wir und die Sie selbst regeln müssen. Ich möchte nur noch einmal betonen: Wir benötigen unter allen Umständen eine politische und eine ökonomische Konsolidierimg des Westens. Die Verarmung, die im Gegensatz zu den Westzonen in der Ostzone herrscht, ist uns in Berlin gegenwärtiger als Ihnen, weil wir sie sehen. Sie ist die wichtigste Waffe und die Voraussetzung dafür, um den Osten der Herrschaft der sowjetischen Besatzimg eines Tages wieder entreißen zu können. Die Berliner Bevölkerung hat trotz der großen Mühsale, die sie in der augenblicklichen Situation zu ertragen hat, in dieser Frage eine ganz klare Entscheidung ) Entsprechend einem interfraktionellen Antrag vom 18. 8. 1948 (Drucks. STVV 1948, Nr. 131/1005) wurden fünf niditstimmbereditigte Mitglieder in den PR entsandt: Löbe, Reuter, Suhr (SPD); Kaiser (CDU); Reif (LDP) (STVV von GroßBerlin, Protokoll vom 6. 9. 1948, S. 34 ff.). Einer gleichberechtigten Teilnahme der Berliner Vertreter hatten sich die Westalliierten, vor allem die Franzosen und Briten, widersetzt (ForRel. 1948, II, S. 416 ff. sowie Dok. Nr. 25; vgl. audi Berlin, Quellen und Dokumente, II, S. 2028 ff.). " ) S. Anm. 35. 4S) In der Koblenzer Stellungnahme der MinPräs. zu Dokument Nr. I (s. Dok. Nr. 7, S. 146 f.) war der Begriff GG in der engl. Übersetzung mit Basic Law (BA Z 4/121, Bl. 160; ForRel. 1948, II, S. 388), in der frz. Obersetzung mit Loi organique wiedergegeben worden (BA Z 4/121, Bl. 186). Zum Versuch einer besseren fremdsprachlichen Erläuterung dieses Begriffs Dok. Nr. 12 mit Anm. 5. 41
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gefällt, und sie hat eine klare Linie bezogen. W i r wissen, daß wir in dieser klaren Stellungnahme auch die Repräsentanten der Hoffnungen der gesamten Bevölkerung der Ostzone sind. W i r richten in dieser unserer Auseinandersetzung nur die Forderung an Sie, daß Sie uns helfen, daß wir standhalten und die enge Verbindung mit dem Westen unter keinen Umständen aufgeben, daß wir sie nicht verschlechtern oder in irgend einer Form gefährden dürfen. Deshalb bin ich auch der Auffassung, daß, wenn es irgend möglich ist, eine sdinelle Entscheidung im Sinne einer positiven Regelung gefunden werden muß. Je mehr es gelingt, bei diesen Verhandlungen, die meiner Überzeugung nach übertriebene Nervosität eines Generals und einiger Sachbearbeiter der Besatzungsmächte zu überwinden 4 4 ), ich glaube, es ist z. T. schon überwunden worden; je mehr es gelingt, in Anlehnung an das, was in Koblenz zustande gekommen ist, den Gaul über die Hürde zu bringen, um so besser wird es sein. Ich möchte insbesondere darauf aufmerksam machen, daß in der Tatsache, daß in dieser von den soristigen politischen Kämpfen zu trennenden rein nationalen Frage eine Einmütigkeit der Ministerpräsidenten zustande gekommen ist, ein außerordentlich wertvolles Faktum liegt, das auch von uns in Berlin allgemein als sehr positiv gewertet wird. Wenn es gelingt, in dieser Grundfrage weiterhin eine einheitliche Linie einzuhalten, dann wird damit unser Kampf ganz außerordentlich unterstützt. Auf jeden Fall können Sie, meine Herren, versichert sein, daß wir mit dein Einsatz unserer äußersten Kräfte Ihre Arbeit in jeder Beziehung unterstützen werden. Aber wir möchten unter allen Umständen bei dieser Arbeit dabei sein. Wir möchten klar zum Ausdruck bringen, daß Sie und wir uns als eine Gemeinschaft betrachten, nämlich als diejenigen, die allein Deutschland zu repräsentieren haben. Ministerpräsident Arnold: Meine Herren! Mir scheinen die Ausführungen des Herrn Bürgermeisters Reuter sehr wesentlich zu sein, weil aus ihnen hervorgeht, daß Wir mit den Beschlüssen der Koblenzer Konferenz auch einen Kontakt zur Bevölkerung Berlins hergestellt haben. Ich möchte midi auch der Auffassung anschließen, daß wir keinerlei Veranlassung haben, von den Koblenzer Grundsätzen wesentlich abzuweichen, sondern daß wir im Wesentlichen uns auch heute dazu bekennen sollen. Ich bin im Gegensatz zu Herrn Bürgermeister Brauer auch der Auffassung, daß die Beurteilung der Koblenzer Beschlüsse durch die Presse nicht so schlecht gewesen ist, wie das aus seinen Ausführungen entnommen werden konnte. Ich gebe zu, daß vielleicht [in] Berlin — der „Tagesspiegel" macht eine rühmliche Ausnahme — die Meinung vertreten wird, daß wir nicht zur Gründung eines Westdeutschlands schreiten sollten 4 5 ). 44)
Anspielung auf die Reaktion Clays und in der amerik. MilReg. auf die Koblenzer Beschlüsse (Dok. Nr. 8 mit Anm. 8 und 9 sowie Dok. Nr. 9, S. 158 f.). Der Tagesspiegel (11. und 14. 7. 1948) trat für eine schnelle Weststaatbildung ein; die zögernde Koblenzer Haltung der MinPräs. hatte er scharf verurteilt. Im Gegensatz dazu vertraten führende Berliner SPD-Zeitungen pointiert die Provisoriumslösung, damit das Tor zum Osten offengehalten werden könne (Sozialdemokrat, 13. 7. 1948; Telegraph, 14. und 15. 7. 1948); zur Meinungsbildung über diese Frage innerhalb der Berliner SPD Dok. Nr. 6, Anm. 86.
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Man soll uns nicht stören. Ich glaube,' wir müssen weiter auf diesem Wege voransdireiten. Idi bin auch damit einverstanden, daß die Stadt Berlin im Parlamentarischen Rat vertreten sein muß. Es scheint mir notwendig zu sein, daß klargestellt wird, welche Differenzen zwischen den Koblenzer Beschlüssen und der jetzigen Auffassung der Generale bestehen. Zunächst ein Wort zu dem Parlamentarischen Rat: Er soll nach den gestrigen Erklärungen der Generale gebildet werden aufgrund der Vorschriften, die von den einzelnen Landtagen erlassen werden. Dagegen ist, glaube ich, kein Einwand zu erheben. Wenn wir uns darauf einigen, können wir später eine einheitliche Regelung erreichen, indem die Landtage eine einheitliche Regelung verlangen. Die Aufgabe des Parlamentarischen Rates soll darin bestehen, das Grundgesetz oder die vorläüfige Verfassung auszuarbeiten. In den Koblenzer Beschlüssen haben wir allerdings gesagt, daß er gleichzeitig auch die Aufgabe haben soll, das Wahlgesetz für das eigentliche Bundesparlament auszuarbeiten und zu erlassen. Das scheint mir ein weiterer Differenzpunkt zu sein. Aber ich glaube, auch darüber wird man hinwegkommen. Die größte Bedeutung kommt meiner Meinung nach dem Referendum zu, das von der amerikanischen Besatzungsbehörde verlangt wird. Ich meinerseits habe dagegen die allergrößten Bedenken, und zwar aus folgenden Gründen: Wenn wir die -Bevölkerung zu einem solchen Referendum aufrufen, dann geben wir nach meinem Gefühl den Kommunisten die seltene Chance, über uns herzufallen und uns als die Westpolitiker zu bezeichnen und zu sagen: diese Westpolitiker sind jetzt dabei, Deutschland endgültig in Ostdeutschland und Westdeutschland zu zerreißen. Und zweitens wird man uns vorwerfen, daß wir uns weitestgehend in das Schlepptau der drei Generale begeben haben, daß die westdeutschen Ministerpräsidenten den deutschen Gesichtspunkt und das deutsche Interesse außer acht gelassen haben. Die Kommunisten werden dann in geschidcter Weise diese Gefühlswerte aufgreifen und das Referendum weitgehend auch zu einer Abstimmung gegen die Besatzungsmächte selbst machen. Wir wissen ja, wie die Stimmung in dieser Beziehung in breiten Schichten der Bevölkerung aussieht. Es besteht durchaus die Gefahr, daß daraus eine unangenehme Entwicklung sich vollzieht. Auf jeden Fall wird durch ein solches Referendum von vornherein ein Unsicherheitsfaktor in die ganze Entwicklung hineingetragen. Ich könnte mir vorstellen, daß bei einer solchen Auseinandersetzung die Möglichkeit entsteht, daß das Referendum nicht angenommen wird, wenn diese Wirkung eintritt. Was würde das bedeuten? Es würde bedeuten, daß nicht nur die Arbeit von Koblenz abgelehnt wird, sondern es würde bedeuten, daß im Grunde auch die Londoner Empfehlungen abgelehnt werden. Es würde drittens bedeuten, daß weder die Ministerpräsidenten noch die Vertreter der politischen Parteien in der Lage wären, auf der Grundlage der Londoner Empfehlungen weiterzuarbeiten. Diese Gesichtspunkte sollte man den Amerikanern ganz eindeutig klarmachen. Ich will damit nicht sagen, daß wir uns auf den Standpunkt stellen müssen: Referendum nein oder alles ablehnen. Aber ich bin der Meinung, daß wir sagen sollten: Von dem deutschen Standpunkte aus und unter Berücksichtigung aller westdeutschen Gesichtspunkte scheint es uns richtiger zu sein, die Verfassung 195
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durch die deutschen Landtage annehmen zu lassen, und zwar aus folgenden Gründen: — Diese Gründe müßte man dann ganz nüchtern aufführen. Sollten die drei Gouverneure dann trotzdem bei ihrer Meinung verharren, daß unter keinen Umständen die Annahme durch die Landtage infrage kommt, dann mögen sie entscheiden. W i r haben dann aber wenigstens darauf aufmerksam gemacht. Soweit zum Dokument Nr. I. Zum Dokument Nr. II, soweit es sich auf die Ländergrenzen bezieht. Ich habe durchaus Verständnis dafür, daß die derzeitige Situation in Württemberg-Baden unhaltbar ist und daß hier irgendeine Änderung Platz greifen muß. Es ist für mich nur die Frage, ob die Regelung in diesem Augenblick auf Baden-Württemberg lokalisiert werden kann. Das müßte durch Rücksprache mit den Verbindungsoffizieren heute nachmittag überprüft werden. Sollte das nicht möglich sein und wäre damit der Austausch von Besatzungsgebieten erforderlich und würden dann etwa die Franzosen ihre Zone weiter zum Rhein herunter verlagern, dann würde zur Stunde keine Möglichkeit gegeben sein, auch die Frage Württemberg-Baden vorgriffsweise in Angriff zu nehmen. Dann müßte das zurückgestellt werden, bis die Ordnung in Deutschland hergestellt sein wird, die wir brauchen. Ich bin der Auffassung, daß wir alles tun müssen, heute zu der gleichen einmütigen Auffassung in diesen Dingen zu kommen, wie wir in Koblenz zu einer solchen einmütigen Auffassung gelangt sind. Ministerpräsident Maier: Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Bürgermeisters Dr. Reuter waren für mich in jeder Beziehung aufschlußreich. Idi möchte hier die Entwicklung unserer Ansichten, die wir seit Januar zu verzeichnen haben, ganz kurz rekapitulieren. Es ist doch so, daß seit Januar eine ganze Reihe von Herren unter uns ohne Rücksicht auf ihre Parteizugehörigkeit immer mehr zu der Erkenntnis gekommen ist, daß wir etwas tun müssen, um im Westen einen deutschen Staat zu konsolidieren und ihn auf die Füße zu stellen. Damit geben wir auch dem deutschen Osten, damit geben wir auch Berlin den besten Halt. In dieser Auffassung, die von Monat zu Monat stärker wurde, ist dann aber eine gewaltige Bresche geschlagen worden. Es wird Sie interessieren, Herr Bürgermeister Reuter, daß auf der Tagung der Ministerpräsidenten, die Anfang Juni in Düsseldorf stattgefunden hat, ebenfalls eine Delegation der Stadt Berlin vertreten war 4 6 ). Es haben an jener Tagung zwei Berliner Stadträte teilgenommen, und diese Herren haben uns an jedem Morgen und jedem Abend und bei jedem Mittagessen eingeheizt und haben uns gesagt: Was, Ihr wollt
46 )
Auf der sog. Kohlenkonferenz der MinPräs. der amerik. und brit. Zone vom 5.-6. 6. 1948 in Düsseldorf war Berlin durch den ersten Bgm. Friedensburg und den für Wirtschaftsfragen zuständigen Stadtrat Klingelhöfer vertreten gewesen (Anwesenheitsliste: HStA Düsseldorf, NW 53-736). Zu der von Reuters Ansichten abweichenden Haltung Friedensburgs, der in der Hoffnung auf eine gesamtdt. Lösung eine-Weststaatlösung vermeiden wollte, Friedensburg, Deutschlands Einheit, S. 225 ff., 261 ff. sowie Brandt/Lowenthal, Reuter, S. 470.
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einen deutschen Staat im Westen schaffen und Ihr wollt uns auf diese Weise sozusagen verraten? Ihr werdet das doch nicht tun? Ich kann Ihnen sagen, Herr Bürgermeister Reuter, daß dieses Erlebnis in Düsseldorf für midi der eigentliche Grund dafür war, daß ich in meiner Auffassung nun einen großen Schritt nach rückwärts getan habe. Das gleiche habe ich bei verschiedenen Ministerpräsidenten und'Senatspräsidenten beobachtet. Nun, es darf gesagt werden, daß die Erklärung, die Herr Bürgermeister Reuter hier abgegeben hat, auch bedeutend positiver ist als das, was wir vor ca. zehn Tagen aus dem Munde der Frau Oberbürgermeister Schroeder noch gehört haben. Ich hatte ja beantragt, daß Berlin als 12. Mitglied in unseren Bund aufgenommen werden solle. Aufgrund der Erklärungen, die Frau Oberbürgermeister Schroeder damals abgegeben hat, haben wir uns dann mit diesem Gedanken nicht weiter beschäftigt47). Das zur Erklärung unserer Beurteilung. Das hat ja auch im wesentlichen zu den Koblenzer Beschlüssen geführt. Nun stehen wir in diesem Punkt ja vor einer durchaus neuen Situation, auf die wir nun treten können, und wir werden uns auch in der Terminologie etwas stärkere Ausdrücke gestatten dürfen. Wir haben ja den ersten Ansturm der Ostpropaganda geschickt abgewendet. In unserem Württemberg-Badischen Landtag haben wir zehn Kommunisten, darunter drei sogenannte Weltkommunisten, die also in dieser Liste erscheinen, und diese konnten gegen unsere Auffassung schlechterdings nicht vordringen, weil sie entwaffnet waren 48 ). Nachdem die Gefahrenstellen überwunden sind, können wir einen Schritt weitergehen und müssen von diesen Dingen etwas wegkommen. Vielleicht wäre es am besten, wenn wir einfach das Fremdwort benützen würden und sagten: die vorläufige Konstitution für Westdeutschland. Es kommt ja schließlich darauf an, wie es ins Englische übersetzt wird. Wir wissen, daß diese Leute in Amerika einen ungeheuren Wert darauf legen, und im übrigen ist es ja eine Sache, die im wesentlichen auch von der Kommission noch durchdacht werden muß. Ich glaube, wir müssen den Amerikanern auch sagen: wir wollen auch aus einem anderen Grunde, aber nicht um jeden Preis, ein besonders starkes Staatsleben im Westen errichten, weil wir gar nicht wissen, wie in Deutschland die Dinge sich innerpolitisch entwickeln werden. Wir wollen nicht, daß nun wieder irgendwelche extremen Richtungen sich dieses Staates bemächtigen können. Was das Referendum anlangt, so würde es so sein: gelingt es, das Referendum durchzubringen, so haben wir einen großen moralischen Erfolg zu verzeichnen. Ich persönlich bin auch der Ansicht, daß wir auf das Referendum nicht gerade hinarbeiten sollten, da ja im Anschluß die Parlamentswahlen kommen und sowieso gewählt wird, so daß wir an und für sich darauf verzichten könnten, wenn das ein Punkt ist, auf den die westlichen Alliierten sich nun irgendwie mit uns einigen können. Zu den Ländergrenzen möchte ich etwas Grundlegendes sagen: Sie wissen, daß diese Frage uns in Württemberg-Baden ganz besonders interessiert und uns auf
" ) Dok. Nr. 6, S. 115. j Vgl. die Sitzung des Württemberg-Badischen Landtags vom 7. 7.1948, S. 1855 ff.
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der Seele brennt. Wir haben den Eindruck, daß Württemberg-Baden allein keine Reflexwirkung auf die übrigen deutschen Länder haben wird und auch nicht auf die zukünftige Gestaltung Deutschlands. Die größten Gewaltakte haben sidi hier in unserem Land abgespielt. Es ist zunächst von Württemberg das Land Hohenzollern abgetrennt worden. Dieses Land hat 1,1 Mill. Einwohner. Andererseit ist Nordwürttemberg mit Nordbaden auf militärischen Befehl zusammengeschweißt worden, dem wir aber nachher durch eine Verfassung und Volksabstimmung Rechnung getragen haben. Hier ist ein Staatswesen mit 3,7 Mill. Einwohnern entstanden, und wiederum blieb der südliche Teil von Baden für sich, der heute Baden heißt mit Sitz in Freiburg mit 1,2 Mill. Einwohnern. Unsere B e : völkerung seufzt unter der Trennung, nicht allein der materiellen Dinge wegen, die natürlich auch eine große Rolle spielen, sondern wir sind hier wirklich im Kern unserer ganzen geschichtlichen Vergangenheit betroffen 49 ). Und darf ich vielleicht ganz kurz sagen: Es ist eine Übereinstimmung zwischen dem Herrn Staatspräsidenten Dr. Bock und mir vorhanden. Herr Staatspräsident Dr. Wohleb vertritt einen anderen Standpunkt, und er stellt in den Vordergrund, daß wir allein entscheiden sollen, daß Baden zunächst wieder zusammenkommen soll. Aber dieser Standpunkt ist gar nicht durchsetzbar, weil unsere Landsleute in Nordbaden unter gar keinen Umständen unter die französische Besatzungsmacht kommen wollen und weil die Amerikaner Nordbaden auf keinen Fall aus der Hand geben, weil die Autobahn sie von Stuttgart über Frankfurt mit München und Österreich verbindet, weil die hervorragenden Eisenbahnanlagen hier liegen, weil der Neckarkanal dort ist 50 ). Ich möchte nur sagen, was wir von der Ministerpräsidentenkonferenz befürchten, [ist] nämlich, daß nun die Ministerpräsidentenkonferenz uns eigentlich eine neue Fessel anlegt. Wir möchten hier verbindlich erklären: wir nehmen das Risiko der Zoneneinteilung, der Veränderung der Zonen innerhalb unseres Gebietes vollkommen auf uns. Meine Herren, Sie dürfen nicht meinen, und das möchte ich insbesondere den anderen Ländern am Rhein sagen: Wir sind keine so schlechten Deutschen, daß wir sagen: Nun gut, wir bringen die Franzosen bei euch hinein"). Das ist nicht im mindesten unsere Absicht, und wenn ich die Erklärung abgebe, daß wir das Risiko der Zonengrenzen, der bleibenden oder innerhalb unseres Gebietes sich verändernden Zonengrenzen, auf uns nehmen, dann kann wirklich niemand mehr sagen: Was Württemberg-Baden von der Ministerpräsidentenkonferenz erwartet, ist eine Angelegenheit, die sich ganz allein auf deutsches Land bezieht. Ich bitte jedenfalls um Ihr Verständnis, daß wir in dieser Frage um etwas ganz, ganz Ernstes ringen, und ich bitte Sie um Unterstützung. Staatsminister Schmid: Meine Herren! Ich möchte an die Ausführungen des Herren Ministerpräsidenten Dr. Maier anknüpfen. Die Frage der deutschen Ländergrenzen hat einen besonderen Aspekt und einen sehr besonderen für Württema
) Vom Bearbeiter verbessert aus: hinaus.
*") Zu den territorialen Verhältnissen im Südwesten Konstanzer, berg, S. 24 ff., 84 ff. und Territorien-Ploetz, II, S. 713 ff. 50 ) Dok. Nr. 6, Anm. 93.
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berg-Baden. Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich das besonders hervorhebe, aber es ist so. Wenn ich das Prinzipielle anführen will, so muß ich sagen, daß es vielleicht gefährlich sein könnte, das Problem jetzt einer Klärung zuzuführen. Ich erinnere nur an die politische Bedeutung des Landes Westfalen in seiner heutigen Form. Die heutige Form und Ausdehnung dieses. Landes ist die beste Garantie dafür, daß das Ruhrgebiet eine deutsche Angelegenheit bleibt. Es müßte alles verhindert werden, was dazu führen könnte, daß von Seiten der Besatzung die Frage aufgeworfen wird: Kann Westfalen in seiner heutigen Form bleiben? Damit ist das Problem Rheinland-Westfalen schon angeschnitten, aber in Württemberg-Baden werden die notwendigen Schritte getan werden, ohne daß diese Dinge in Bewegung gesetzt zu werden brauchen. Ich möchte ergänzend dazu sagen, daß das Land Württemberg-Hohenzollern außerstande ist, zu existieren. Es ist zu klein, um vernünftig verwaltet zu werden. Seine Einnahmen sind zu gering, um den Bedarf zu decken, der dort besteht. Es ist eine Lebensnotwendigkeit schlechthin, daß dieses Land verschwindet, und Herr Präsident Wohleb wird mir zugute halten, wenn ich sage: Süd-Baden kann nicht existieren. Dazu möchte ich noch bemerken, daß rein praktisch der Landtag unseres Landes bei Stimmenthaltung der Kommunisten einstimmig beschloß, daß die Regierung alle Schritte unternehmen soll, die Vereinigung dieses Landes mit Württemberg-Baden herbeizuführen51). Alle Parteien bis auf den letzten Mann sind sich in dieser Sache einig. Die Regierung ist also gebunden, in diesem Sinne zu handeln. Ich glaube, daß das auch hier respektiert werden wird. Das ist das eine. Das andere ist die grundsätzliche Frage des Dokumentes Nr. I. Ich glaube, daß, ehe man zu den mehr organisatorischen und Prozedurfragen spricht, man sich darüber klar werden müßte, ob man bestimmte politische Dinge will oder nicht will. Das sollte die Vorfrage sein, die man klären müßte, ehe man zu anderen Fragen spricht. Es handelt sich um zwei Dinge. Das erste ist: Soll hier in Westdeutschland nunmehr zur Schaffung einer Verfassung gegangen werden, einer Verfassung, deren politische Gestalt doch im Grunde auf dem Willen der Besatzungsmächte bäsiert? Sie haben uns bestimmte Richtlinien gegeben. Mag sein, daß sie mit unseren Vorstellungen übereinstimmen, nichtsdestoweniger sind wir in dieser Sache nicht frei. Ich weiß nicht, ob es unter diesen Umständen angebracht ist, sich eine Verfassung zu geben. Zweitens möchte ich sagen, daß das durch die Verfassung zu Schaffende lediglich in Funktion treten kann im Rahmen dessen, was diese Besatzungsmächte erlauben. Nur soweit diese Besatzungsmächte uns konstitutive Gewalt zugestehen, können wir sie ausüben. Mit anderen Worten wird also hier die Staatsgewalt nicht vom Volk ausgeübt, sondern von den Besatzungsmächten, und wer
" ) Vgl. Landtag für Württemberg-Hohenzollern, 13. 7. 1948, Bd. 2, S. 408 ff. Das Kabinett hatte sidi bereits am 5. 7. 1948 für einen Zusammenschluß der Länder Württemberg-Hohenzollern, Württemberg-Baden, Baden und des Regierungsbezirks Pfalz des Landes Rheinland-Pfalz ausgesprochen [Sitzung des StMin. Württemberg-Hohenzollern, 5. 7.1948, StA Sigmaringen Wü 2).
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die Kompetenz bestimmt, ist doch letztlich derjenige, der die Grenzen steckt und das Gebilde in letzter Linie schafft. Mit Österreich besteht keine Vergleichsmöglichkeit, in Österreich besteht eine Verfassung, die vom Volk genehmigt worden ist. Hier aber ist es etwas arideres. Hier soll ja erst eine Verfassung geschaffen werden. Ich kann mir schlechterdings nicht vorstellen, daß man eine Verfassung in der Unfreiheit schaffen kann, es sei denn, daß man das Statut der Fremdherrschaft zu einem konstitutiven Element machen will. Auf das kommt es an. Man sagt, das sei nötig, damit man sich stüdeweise nähern könne. Natürlich müssen wir uns stückweise nähern, ich glaube aber nicht, daß dieser Kampf auf dem Wege der Ausarbeitung einer Verfassung geschehen kann, sondern dieser Kampf wird geführt durch das Verhalten des deutschen Volkes selbst, das Verhalten, wie es die Berliner zur Zeit an den Tag legen. Sie führen ja diesen Kampf nicht mit ihrer parlamentarischen Organisation, der Stadtverordnetenversammlung, sie führen ihn mit der elementaren Kraft des Volkes, das sich weigert, sich zu unterwerfen. Das ist es, was in Deutschland geschehen muß. Die elementare Kraft des Volkes muß'diesen Kampf führen. Das ist die eine Sache. Eine andere Frage, die mindestens ebenso wichtig ist, vielleicht noch wichtiger, ist die, daß man sich doch überlegen müßte: Will man. einen Staat haben, d. h. eine politische Wirklichkeit, die sich zutraut und in Anspruch nimmt, auch über ihre Grenzen hinaus zu wirken. Das ist es ja, was die Amerikaner wollen. Ich diskutiere nicht, ob sie damit Recht oder Ünrecht haben, aber das ist es, was sie wollen. Man soll sich überlegen, ob man das auch will oder ob man nicht lediglich die Bildung eines Ganzen aus diesen drei Westzonen will, das geeignet ist, nach innen zweckdienlich zu handeln. Das ist der Unterschied zwischen einem Staat und dem Gebilde, für das man sich in Koblenz entschieden hat. Dabei möchte ich eines sagen: Wenn dieses Gebilde — mag es sein, wie es will — sein Parlament hat, mag dieses Parlament auch durch die Konstruktion des Gebildes begrenzt sein in der Weise, wie ich sie dargelegt habe, wer wird es dann hindern, in Situationen, in denen es geboten erscheint, durch einen gewissermaßen revolutionären Akt sich als das Sprachrohr des deutschen Volkes zu erklären, aber nicht in der Verfassung, die man da machen will, sondern durch einen spontanen Akt? Ich glaube, daß die Wirkung eines solchen Aktes erheblich größer wäre. Weiter gehört in diesen Zusammenhang folgende Überlegung: Wenn man einen Staat errichten will, kann man das auf zweierlei Weise tun. Man kann ihn wollen als sogenannten Weststaat, der begrenzt ist auf den Anspruch, hier im Westen der Staat zu sein. In diesem Falle würde man, glaube ich, nichts anderes tun, als schon im Ansatz eine Separation im Ganzen zu vollziehen. Darüber hilft, glaube ich, alles Reden nicht hinweg. Wenn man einen Staat will, dann soll man m. E. weitergehen. Dann sollte man sagen: Es wird jetzt im Westen die deutsche Republik errichtet. Wir errichten sie* im Westen, weil wir zur Zeit über den Westen nicht hinausgreifen können. Diese Republik und ihr Parlament müßten dann für sich in Anspruch nehmen, die Vertretung für ganz Deutschland zu sein, legalisiert im Westen durch Wahlen und legalisiert im Osten durch communis consensus der Ostbevölkerung. Das wäre die einzige Möglichkeit. Das wäre für die Bildung eines Staates, glaube ich, das Einzige, von 200
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dem man sich etwas versprechen könnte, ein Erfolg im Hinblidc auf das Gesamtschicksal Deutschlands. Dabei muß man allerdings wissen, was man als Risiko dabei einzukalkulieren hat. Man muß sich klar werden darüber, ob man das riskieren kann oder riskieren muß, insbesondere, ob man damit die künftige echte organisatorische und konstitutionelle Einheit Gesamtdeutschlands fördert, ob man deren Chancen vergrößert oder verkleinert. Die Amerikaner und ein Teil der Deutschen sind der Meinung, daß ein solcher Staat, eine solche deutsche Republik mit dem Sitz ihrer Organe hier im Westen diese Chance fördern könnte52). Das ist eine Meinung, über die sich diskutieren läßt. Andere sind der Meinung — zu ihnen gehöre ich —, daß man dadurch die kleine Chance, die in Bezug auf eine friedliche Erledigung des Gesamtproblems Deutschland noch besteht, nämlich die Einigung der vier Besatzungsmächte über ein einheitliches Deutschland, endgültig verschütten würde. Wer recht hat, ist schwer auszumachen. Man muß sich für die eine oder für die andere Konzeption entscheiden. In erster Linie aber muß man wissen, was man will. Man muß wissen, welches Risiko in die Entscheidung, die hier getroffen werden soE, man einzubringen bereit ist. Ministerpräsident Lüdemann: Meine Herren, es hat vorhin einen langen Wortwechsel gegeben über die Frage, ob wir auch mit über das Besatzungsstatut entscheiden sollten. Da liegen die Dinge so, daß in dem uns überreichten Dokument Nr. III gesagt wird, daß bei einer Abstimmung des Volkes über den Verfassungsentwurf es sich dessen bewußt sein müsse, daß diese Verfassung nur im Rahmen des uns gegebenen Besatzungsstatuts Geltung haben könne, d. h. es soll dadurch mittelbar das Besatzungsstatut gebilligt werden. Dagegen haben wir uns mit Recht, gewehrt, ob man es nun so gemeint hat oder nicht. Ich glaube, diesen Punkt sollten wir uns vormerken als einen Punkt, der noch zu klären ist. Darüber müssen wir mit den Generälen oder auch zunächst mit den Verbindungsoffizieren sprechen. Die Frage der Ländergrenzen ist durch die gestrige Erklärung der Generäle in mancher Hinsicht in ein neues Licht gesetzt worden. Man hat uns gestern Eröffnungen gemacht, die uns bisher nicht bekannt gewesen sind. Man hat die Wichtigkeit dieser Frage in einer Weise unterstrichen, wie wir das bisher nicht gekannt haben. Man hat uns dabei zwei Termine gestellt und hat uns erklärt, diese Frage müsse jetzt entschieden werden, und zwar in dem bekannten Tempo zusammen mit der Einberufung der Verfassunggebenden Versammlung. Gleichzeitig hat man uns erklärt, die Entscheidung, die wir jetzt treffen sollen, werde gültig und verpflichtend sein bis zum Zustandekommen eines Friedensvertrags. Ich glaube, wir brauchen nicht lange darüber zu reden, wann wohl dieser Ver-
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) Zur amerik. Deutschlandpolitik Schwarz, Bundesrepublik, S. 119 ff. und Gimbel, Besatzungspolitik, S. 216 ff., neuerdings ForRel. passim, die deutlich machen, daß vor allem der Kampf gegen eine befürchtete sowj. Expansion die Amerikaner die Bildung eines westdt. Staates und seine Integration in die westeuropäische Staatenwelt betreiben ließ (ForRel. 1948, II, S. 155, 159, 232 f., 1287 ff. und passim); s. audi Einleitung, S. XI ff.
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trag kommen wird. Die Meinungen darüber mögen auseinander gehen, aber daß er in weiter Ferne liegt, darüber sind wir alle uns wohl klar. Die Entscheidung, die wir in dieser Frage zu treffen haben, ist also von ganz grundsätzlicher Bedeutung. Nun sind hier zwei Gesichtspunkte in die Diskussion geworfen worden. Das ist zunächst einmal die Frage der Zonengrenzen. Es war überraschend, daß das gestern erklärt worden ist, daß die Ordnung der Ländergrenzen wichtig sei für die zu schaffende Verfassung, daß sie gleichzeitig aber auch Bedeutung erlangen könne für die Zonengrenzen. Über die letztere Frage ist hier schon verschiedenes gesagt worden, und ich mödite dazu bemerken, daß diese gestrige Erklärung durch diese Verbindung der Regelung der Ländergrenzen mit der Änderung der Zonengrenzen in Widerspruch steht mit den Erklärungen, die uns früher gegeben worden sind52-"1). Damals ist ausdrücklich erklärt worden, daß dadurch die Zonengrenzen nicht berührt würden. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, daß wir ja in unseren Vorschlägen zum Besatzungsstatut verlangt haben, daß die Zonengrenzen abgebaut und zu reinen, sagen wir einmal, Demarkationslinien gestaltet werden sollen, daß sie also die Bedeutung, die sie heute haben, vollkommen verlieren sollen. Wir haben weiter gefordert, daß in Zukunft die Überwachung des politischen Lebens in Deutschland sich so äußern soll, daß Beanstandungen der Besatzungsmädite sich nur noch äußern sollen zwischen den Militärbefehlshabern und den von uns erstrebten obersten trizonalen Behörden. Es sollen also irgendwelche Eingriffe in die Befugnisse der Länder, aber audi der kleineren Kreise und Verwaltungen aufhören. Damit würde ein wichtiger Punkt für die Verhandlungen mit den Verbindungsoffizieren klargestellt sein: Daß die Zonengrenzen in Zukunft nidit mehr die Rolle spielen sollen, die sie bisher gespielt haben. Weil aber diese Frage später eine erhebliche Rolle spielen wird bei der künftigen Politik unseres französischen Nachbarn, kann man diese Frage nicht behandeln, ohne darauf Rücksicht zu nehmen. Lassen Sie es mich aber aussprechen: Eine solche Problematik besteht nicht nur hier unten an der französischen Grenze, sondern die besteht auch bei uns oben in Schleswig-Holstein an der dänischen Grenze. In SüdSchleswig — das ist der nördlichste Teil von Schleswig-Holstein — existiert seit dem Zusammenbruch eine dänische Propagandaorganisation, die dort sehr erheblich an Boden gewonnen hat. Man hat vor etwa 14 Tagen eine politische Partei gegründet, deren Genehmigung, namentlich hinsichtlich des Vorsitzenden, noch bei den Engländern liegt53). ) Dok. Nr. 10, S. 168. ) Die frühere Süd-Schleswigsche Wählervereinigung hatte am 27. 5. 1948 vom brit. MilGouv. für Schleswig-Holstein, William Ashbury, die gleichen politischen Rechte wie die übrigen dt. Parteien erhalten und sich am 3. 7. 1948 unter dem Namen Süd-Sdileswiger-Wählerverband (SSW) unter dem Vorsitz von Svend Johansen als politische Partei konstituiert (Keesings Archiv 1511 F, 1556 E ; EA, S. 1524). Am 5. 8. 1948 wurde der S S W endgültig von der brit. MilReg. anerkannt.
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In dem Programm dieser Partei lautet der erste Punkt: Bildung eines selbständigen Landes Süd-Schleswig. Die Leute nehmen das sehr ernst. Wir haben in unserem Landtage neben den zwei deutschen Parteien SPD und CDU eine Gruppe von sedis Personen dieser Neudänen. Bei der letzten Aussprache, die idi mit den Parteivertretern über das Ergebnis der Koblenzer Konferenz gehabt habe, sind zwei Vertreter dieser Gruppe an mich herangetreten und haben mich gefragt, ob' und wann ein Ausschuß eingesetzt werden solle, um diese Frage zu diskutieren. Ich habe das abgewehrt und habe zunächst einmal versucht herauszubekommen, warum sie plötzlich so aktiv geworden sind. Sie haben mir ganz klar gesagt, daß sie das Ziel Verfölgen, verwaltungstechnisch einige Bezirke auszugliedern und im Verlaufe der Verhandlungen, die sie bei der englischen Regierung beantragt haben, ein selbständiges Land Süd-Schleswig zu bilden. Sie.haben mir dabei offen eingestanden, daß es sich dabei nur um eine Übergangsregelung handeln solle, daß man dieses Land später nach Dänemark überführen wolle 54 ). Die Frage ist also ernst, obgleich ich hinzusetzen möchte, daß ich dieses Bestreben für nicht sehr aussichtsreich halte. Wer das aber einmal mitgemacht hat, der weiß, daß es außerordentlich schwer ist, eine nationalistische Agitation zu begrenzen. Und wenn wir das Unglück haben sollten, dann bleiben wir noch länger in der schwierigen Lage, in der wir uns heute befinden, dann bedarf es keiner besonderen Agitation dieser Speckdänen, wie sie bei uns bezeichnet werden, um dieser Bewegung eine weitere Ausdehnung zu verschaffen. In diesem Zusammenhange ist folgendes interessant: Kurz vor der Koblenzer Konferenz hatte ich in einem Interview [gesagt], daß ich für meine Person einen Plan für die Neuabgrenzung der Länder ausgearbeitet habe, der dahin geht, die Zahl der Länder von elf auf sieben herabzusetzen mit dem Ziele, großräumige Länder von annähernd der gleichen Größe zu schaffen 55 ). Nach der Koblenzer Konferenz wurde in der Berlinske tidende, einer der bedeutendsten Zeitungen Kopenhagens geschrieben, durch die Bekanntgabe dieser meiner Pläne seien die Aussichten dieser dänischen Agitation ungünstiger geworden. Dadurch, daß ich zufällig in Koblenz Vorsitzender des Länderausschusses geworden bin, mache sich in Deutschland jetzt das Bestreben bemerkbar, großräumige Länder zu schaffen, und deswegen stünden die Aussichten für die Bildung eines deutschen kleinen Landes Schleswig sehr schlecht. Sie sehen daraus, wie der Gedanke, eine Länderreform durchzuführen mit dem Ziele, größere Länder zu schaffen, in diesem Falle als Abwehr 1 dieser Abtrennungsbestrebungen in Schleswig-Holstein gewirkt hat.
" ) Die Süd-Schleswigsdie Wählervereinigung hatte bereits am 23. 2. 1948 von der brit. MilReg. die Errichtung eines selbständigen Landes Süd-Sdileswig mit direkter Unterstellung unter den Kontrollrat verlangt und diesen Antrag am 7. 8. 1948 auch den drei MilGouv. zugleitet [BA Z 12/10, Bl. 49 ff.; s. auch Dok. Nr. 16 und Nr. 21). M ) Vgl. NZ, 4. 7. 1948 und 8. 7. 1948 sowie DENA, 6. 7. 1948; ausführlich zum Plan Lüdemanns einer Länderneugliederung Dok. Nr. 16, S. 296.
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Ich habe das einmal aussprechen müssen, nachdem ich bis jetzt immer vermieden habe, etwas über Schleswig-Holstein zu sagen. Aber das muß ich einmal aussprechen, nachdem dauernd von Süddeutschland gesprochen und damit der Eindruck erweckt wird, als ob es nur in Süddeutschland solche Fragen gäbe. Wir werden nun auch vor der Frage stehen, die wieder aufgeworfen ist: Kann es in dieser Frage eine Teillösung geben? Es ist schon von verschiedenen Rednern darauf hingewiesen worden, daß es nicht möglich sein wird, an einer Stelle anzufassen, ohne daß andere Stellen berührt werden. Man kann nicht Baden und Württemberg vereinigen, ohne daß die Pfalz davon berührt wird. In der Pfalz sind starke Bestrebungen im Gange, sich an das rechtsrheinische Gebiet anzuschließen56). Dadurch werden ohne weiteres berührt auch BadenHessen und das Rheinland. Sie werden sehen: Wir kommen nicht darum herum, wir müssen uns dann mit diesen Fragen beschäftigen. Ith gehe jetzt absichtlich nicht näher darauf ein, ich wollte nur die Konsequenzen aufzeichnen, damit wir wissen, vor welche Entscheidungen wir nachher gestellt sein werden. Mir ist es viel wichtiger zu sagen, meine Herren, daß wir hier wieder einmal vor eine grundsätzliche, hochwichtige Entscheidung gestellt sind. Bisher hat es dem deutschen Volke noch immer geschadet, daß man dieser Entscheidung aus dem Wege 'gegangen ist. Die Reichsreform war schon eine Frage der Weimarer Republik. Sie wurde damals nicht gelöst. Und es gehört zu den Schwächen der Weimarer Republik, daß das deutsche Volk unter ihr nidit eine so große staatsbildende Kraft bewiesen hat, um auf diesem Gebiete, abgesehen von Thüringen, zu wirklichen Fortschritten zu kommen57). Wir werden jetzt vor die schwerwiegende Entscheidung gestellt, ob wir diese Möglichkeit und diese Verpflichtung noch einmal vorbeigehen lassen dürfen. Dann noch ein paar Worte über die Frage der Verfassung, die Frage, die vom Herrn Kollegen Carlo Schmid aufgeworfen worden ist. Es war gut, daß er die Konsequenzen aufgezeigt hat. Wenn man etwas will, muß man die Konsequenzen mit in Kauf nehmen. Es ist ein großer Unterschied, ob wir von einer Verfassung oder von einem Grundgesetz sprechen. Wir waren uns in Koblenz vollkommen darüber einig: Wir wollen keinen Weststaat, und wir wollen keine Regierung, sondern wir wollen eine Trizonenverwaltung mit einer obersten Verwaltungskörperschaft. Aus diesen Gründen ist die Frage, wie wir das Organisationsstatut nennen, für uns nicht von Belang, sondern wir sind sehr daran interessiert, diese Klärung aufrechtzuerhalten. Wir dürfen nicht von einer Verfassung sprechen, auch nicht von einer provisorischen Verfassung. Wir müssen bei dem glücklichen Gedanken des Grundgesetzes bleiben. Wir haben auch gar keinen Anlaß, davon abzugehen. Hier handelt es sich nun um eine Art Sprachunterricht, den wir den Besatzungsmächten erteilen. Eine Verfassung ist nach deutschem Sprachgebrauch ein Grundgesetz, und nur bei einem Staat hält man
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Anm. 103. ) Vgl. den knappen Überblick über die Bemühungen einer Reidisreform in der Weimarer Republik bei Eschenburg, Neugliederung, S. 14 ff.; ausführlicher Schulz, Zwischen Demokratie und Diktatur.
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eine Verfassung für einen ausreichenden Begriff. Wendet man das Wort Grundgesetz an, so spricht man in der Regel von einem Staatsgrundgesetz. Eine Verfassung ist ein Grundgesetz, und das wird man den Herren auseinandersetzen müssen. Ich zweifle nicht, daß das mit Erfolg geschehen wird. Wenn wir in diesem Fall starr oder dickköpfig bleiben würden, wenn die Besatzungsmächte daran das Zustandekommen einer Verfassung scheitern lassen wollen, dann würden sie sich lächerlich machen. Meine Meinung ist die, daß wir gar keinen Grund haben, an eine Abänderung zu denken. Dann ist von General Koenig ein klein wenig mystisch über das Wahlverfahren zu einer Verfassunggebenden Versammlung gesprochen worden. Da wird zunächst gesagt, daß jeder von uns die volle Freiheit hat, seinem eigenen Landtag eine individuelle Empfehlung hinsichtlich des Wahlverfahrens zu machen. Dann könnten wir also nach den Koblenzer Beschlüssen verfahren. Es liegt aber klar vor Augen, daß die Entscheidung über diese Frage bei jedem einzelnen der Landtage liegt, das heißt, sie muß dort liegen, mag das so oder so gemeint sein. Ich sehe hier keine Gefahrenquelle, und wir können, glaube ich, mit gutem Gewissen das, was wir gewollt haben, den einzelnen Landtagen empfehlen. Ich habe die Überzeugung, daß jeder Landtag hier im Westen beschließen wird, was wir wollen, nämlich, daß wir zu einer einheitlichen Gestaltung der Verhältnisse kommen. Schließlich noch ein kurzes Wort über die Frage des Referendums. Alles, was dafür bzw. dagegen gesagt worden ist, ist richtig. Es ist aber gar nicht der gute oder schlechte Ausgang eines solchen Referendums, sondern vielmehr die agitatorische Wirkung, die es notgedrungen im Osten auslösen muß. Es ist doch so, daß, wenn wir uns einem Volksentscheid unterwerfen, die Kommunisten dann sagen: Wenn wir zu Gunsten der deutschen Einheit einen Volksentscheid durchführen wollen58], dann stellen die Ministerpräsidenten der deutschen Länder zu dem Volksentscheid die Frage der Zerreißung Deutschlands. Eine solche darauf basierende Agitation wäre für uns unerträglich und eine Schädigung dessen, was wir für Westdeutschland aufbauen wollen, so daß wir in diesem Punkt keineswegs nachgeben dürfen. Wir werden trotzdem versuchen — und ich hoffe, daß es gelingen wird —, die Generäle davon zu überzeugen, daß es sehr viel bessere Möglichkeiten gibt, so die Frage einer Abstimmung durch die einzelnen Landtage. Über die Frage der zukünftigen neuen Volksvertretung müssen wir sprechen, aber gegen das Referendum sollten wir uns mit aller Entschiedenheit wehren. Staatspräsident Wohleb: Ich bin überzeugt, daß zweifellos Bestrebungen vorhanden sind, durch Rückfragen bei den Regierungen — das Dokument ist ausdrücklich als Sechsmächtedokument bezeichnet — die Angelegenheit in die Länge zu ziehen. Wir haben das größte Interesse daran, daß das nicht geschieht,
ss ]
Anspielung auf das vom ostzonalen zweiten dt. Volkskongreß beschlossene und vom 23. 5.-13. 6. 1948 durchgeführte „Volksbegehren für die Einheit Deutschlands", das in den Westzonen von den alliierten MilReg. nicht zugelassen worden war (Badstübner/Thomas, Die Spaltung Deutschlands, S. 276 ff.).
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auch nicht unter irgendeinem formalen Vorwand. Wir wollen dem zuvorkommen und mit größtmöglicher Beschleunigung handeln. Herr Kollege Brauer hat vorhin gesagt, wir seien auch mit weniger zufrieden : Man macht uns ja im Gegenteil den Vorwurf, daß wir mit zu wenig zufrieden seien. Man will uns mehr geben, als wir nehmen wollen. Etwas Merkwürdiges ist es, was das bedeuten soll, was die Gouverneure fordern, daß das deutsche Volk durch die von ihm gewählten Vertreter die Verantwortung übernehme. Man macht uns den Vorwurf, daß wir nicht genügend Verantwortung übernehmen wollen. Ich bin mir darüber bis jetzt nicht klar geworden, was das bedeuten soll. Man sagte auch in den gestrigen Ausführungen, man habe Verständnis dafür, daß wir in der Wahl der Formulierung der Institutionen nicht dem entsprechen, was die Londoner Empfehlungen vorschlagen. Aber auf der anderen Seite verlangt man doch unbedingt eine Verfassung, und nun möchte ich Sie bitten, mir die Frage zu beantworten: Nehmen wir denn eigentlich in unseren Debatten nicht eine Reihe von Dingen vorweg, für die wir ja gar nicht garantieren können? Wir wollen ein Verwajtungs Statut oder ein Grundgesetz. Was geschieht denn, wenn der Parlamentarische Rat, der in Wirklichkeit eine Verfassunggebende Versammlung ist, eine Verfassung zu erreichen beschließt? Wir machen uns Gedanken mit dem Referendum. Was geschieht; wenn dieser Parlamentarische Rat in dieses Sta'atsgrundgesetz aufnimmt, daß es durch ein Referendum zu bestätigen sei? Nehmen wir doch nicht Dinge vorweg, für die wir gar nicht zuständig sind! Zur Frage der Ländergrenzen: Da wissen Sie, daß ich der ewige Opponent bin. Ich möchte diesmal sagen: Gerade was der Herr Kollege Dr. Maier ausgeführt hat, ist ein gewisses Plädoyer für meine Haltung. Er hat darauf hingewiesen, daß für Nordwürttemberg und Nordbaden eine Verfassung vorliege, die, wie er selbst sagt, unter dem Zwang des Zusammenschlusses erarbeitet wurde. Er hat darauf hingewiesen, daß im jetzigen Augenblick bei einer Abstimmung Nordbaden mit großer Wahrscheinlichkeit sich für den Zusammenschluß mit Württemberg-Baden aussprechen würde, um zu verhindern, daß eine gewisse Besatzungszone ausgedehnt wird. Das ist es ja gerade, was ich immer gesagt habe. Ist das eine freie Abstimmung eines Volkes? Kann man da sagen, die Badener haben frei darüber abzustimmen, ob sie in ihrem Land wieder zusammenkommen wollen oder ob sie sich mit Württemberg zusammenschließen wollen? (Zuruf: Ist im Saargebiet eine freie Abstimmung der Bevölkerung vorgenommen worden? 59 ) Gewiß nicht. Wenn wir frei abstimmen würden, dann ist die Gelegenheit für uns Badener gegeben, zu sagen: Wir wollen wieder Badener sein oder wir wollen mit Württemberg einen Staat bilden. Jetzt geschieht es unter einem gewissen Druck. Im übrigen bin ich ja auch der Meinung, daß es sich hier nicht um
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) Am 15. 12. 1947 war die saarländische Verfassung, die den wirtschaftlichen Anschluß an Frankreich und die politische Trennung von Dtld. sanktionierte, ohne Referendum angenommen worden (Das Saarland, S. 105 ff.).
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eine Frage handelt, die isoliert betrachtet werden kann, wahrscheinlich auch nicht einmal um eine Angelegenheit, die lokalisiert werden kann. Zu dem Besatzungsstatut habe ich nichts weiter zu bemerken. Ich glaube, was darüber auszuführen ist, wird allen Herren bekannt sein. Staatspräsident Bock: (am Anfang infolge Unruhe unverständlich) Auch der letzte Einwohner des Landes Südwürttemberg wird es als eine unhaltbare Lage bezeichnen, lediglich infolge der militärischen Demarkationslinie verurteilt zu sein, kein eigenes Staatsgebilde zu haben und nicht zu den frühereh Landesteilen zurückkehren zu können. So ist dies der Fall. Wir können eben nicht wieder zurückkehren. Dafür hat auch die Militärregierung volles Verständnis, und für unseren Standpunkt kommt es auch gar nicht in Frage, ob irgendein Druck ausgeübt wird. Ob wir Franzosen oder Amerikaner als Besatzung haben, ist uns audi gleichgültig. Wir wollen nur den natürlichen Zustand haben, ein eigener Staat sein zu dürfen. Ich sehe nicht ein, warum wir gehindert werden sollen, einen so klaren Tatbestand nicht weiter verfolgen zu dürfen deswegen, weil hier gesamtdeutsche Interessen in Frage kommen. Diese scheiden von vornherein aus, und da müssen Sie schon eine weitere Linie ziehen, daß da unter Umständen gesamtdeutsche Interessen beteiligt sind. Ich möchte schon bitten, wenn man im allgemeinen an den Koblenzer Beschlüssen festhält, auch an ihnen festzuhalten, daß man anerkennt, daß im süddeutschen Raum die Notwendigkeit besteht, eine sofortige Lösung zu finden, und daß der Parlamentarische Rat — so hat man es damals gesagt — beauftragt werden soll, die Frage zu untersuchen und den Ministerpräsidenten Vorschläge zu machen. Es ist ausdrücklich noch der Vorbehalt gemacht worden, daß die beteiligten Länder in der Lage sein können, selbständige Regelungen zu treffen. Ich glaube schon, es wird notwendig sein, wenn Sie in diese Sache Ruhe hineinbekommen wollen, den Fall Württemberg-Baden separat zu behandeln. Ich sehe vollkommen ein, daß im übrigen die Änderung von Grenzen große Schwierigkeiten nach sich zieht, und ich bin der letzte, diesen Schwierigkeiten nicht restlos Rechnung tragen zu wollen. Aber bei unserem Lande, unserem speziellen Fall, brauchten solche Schwierigkeiten überhaupt nicht zu sein. In allen Äußerungen, die ich getan habe, habe ich geflissentlich vermieden, das Land Pfalz in die Erörterungen einzubeziehen. Wir wollein dies nicht, sondern wir wollen nur, daß die Frage Württemberg-Baden behandelt werde. Wer die Pfalz in die Diskussion trotzdem hineinträgt, von dem muß ich annehmen, daß er das Problem Württemberg-Baden, das ganz einfach liegt, auf diese Weise sabotieren will. Es tut mir leid, daß ich diese Ausdrücke gebrauchen muß. Wir wollen nichts von der Pfalz und wir wollen damit auch nicht die ganze Sache ins Rutschen bringen, die mit der Änderung der Ländergrenzen im Zusammenhang steht 60 ). Ich möchte also bitten, daß man es bei dem beläßt, was wir in Koblenz beschlossen haben. Ich möchte auch glauben, daß die Frage, wie dann etwa die veränderten Zonengrenzen verlaufen werden, dann nicht als eine erstrangige Frage zu behandeln ®°) Vgl. jedoch Anm. 51 sowie Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 100. 207
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ist. Sondern es muß meines Eraditens Sache der beteiligten Militärmächte sein, sich darüber zu einigen, wie man die bestehenden Zonengrenzen etwa ändert, oder aber, wenn sie bestehen bleiben, unsdiädlich macht, damit sie auf die staatliche Verwaltung der neu zu bildenden Länder keine nachteilige Wirkung ausüben können. Das wäre m. E. eine Regelung, die ganz leicht getroffen werden könnte. So möchte ich glauben, daß die Änderung der Zonengrenzen kein Hindernis sein darf, daß wir die erste Frage: Die Frage des Zusammenschlusses SüdWürttemberg-Nord-Württemberg-Baden unter allen Umständen behandeln. Meine Herren, diese Frage kommt nicht zur Ruhe, und wir werden schon dafür sorgen, daß sie nicht zur Ruhe kommt. Wir werden alle Türen aufstoßen, damit diese Frage gelöst wird. Was Süd-Baden tun wird, kann uns gleichgültig sein. Wir sind mit Süd-Baden nicht verwandt oder verschwägert. Es soll sehen, wie es zu Rande kommt. Aber wir in Süd-Württemberg-Hohenzollern wollen dieses Dasein als Stätchen nicht länger führen. Ministerpräsident Stock: Meine Herren, gestatten Sie mir als letztem Redner und als Vorsitzendem dieser Konferenz noch einige Bemerkungen zu den Problemen, die wir heute behandeln. Die Beschlüsse der Koblenzer Konferenz sind trotz des abfälligen Urteils, das teilweise darüber gefällt worden ist 81 ], doch eine gute Einleitung gewesen zu der Arbeit, die wir zu leisten haben. Das ergibt sich insbesondere aus der Tatsache, daß der Schwerpunkt unserer Koblenzer Verhandlungen die Frage des Besatzungsstatutes darstellte. Es ist trotz allem in Koblenz eine so gute Arbeit geleistet worden, daß es gar nicht mehr notwendig ist, darüber noch große Erörterungen anzustellen. Jedenfalls stellen die Koblenzer Beschlüsse die Grundlage dar, auf der in Zukunft die Regierungen der einzelnen Länder mit den Besatzurigsmächten verhandeln können. Das allein schon rechtfertigt die Koblenzer Beschlüsse. (Zuruf: Und davon wollen wir jetzt abweichen und wollen umfallen!) Wir weichen von den Koblenzer Beschlüssen nicht ab. Wir haben nur noch nach einer Verständigung zu suchen in den beiden Punkten, in denen ein Einverständnis noch nicht hat hergestellt werden können. Und ich stelle fest, daß die Koblenzer Beschlüsse, soweit sie sich auf die Schaffung eines Besatzungsstatutes beziehen, uns doch wesentliche Vorteile bieten gegenüber dem Zustande, wie wir ihn jetzt zu verzeichnen haben. Ich muß dann zu der Frage der Neuabgrenzung der Länder noch etwas sagen. Nach dem Wortlaut der Erklärungen, die Ihnen jetzt vorliegen —62) (Zuruf: Aber das ist nicht genügend!) — aber das allein besagt schon, Herr Kollege Maier, daß wir heute einen großen Fehler machen würden, wenn wir unser Handeln abstellen wollten auf die Meinung, die von verschiedenen Rednern zum Ausdrude gebracht worden ist,
) Dok. Nr. 9, Anm. 9. «] Dok. Nr. 10, S. 168.
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wenn wir nämlich in der Sache nun gar nichts mehr tun und sie auf den SanktNimmerleins-Tag verschieben wollten. Ida habe außerordentlich begrüßt die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten Lüdemann, die er zur gesamtdeutschen Frage gemacht hat. Es wäre ein Armutszeugnis für uns Deutsche, wenn wir nicht endlich einmal diese Frage Deutschland in Angriff nehmen würden, wenn wir es immer noch bei dem alten Zustande belassen wollten (Zustimmung). Halten wir uns doch einmal die Zustände vor Augen, wie sie bei uns in Hessen, wie sie in Württemberg-Baden, wie sie im Norden herrschen. Selbstverständlich müssen wir all diese Fragen nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich betrachten. In wirtschaftlicher Hinsicht nötigen uns die Verhältnisse, wie sie im Ruhrgebiet liegen, zu besonderer Vorsicht. Das ändert aber nichts daran, daß die Ministerpräsidenten auch auf diesem Gebiete den Weg suchen müssen, der beschritten werden muß. Ober Württemberg-Baden ist heute viel gesprochen worden. Diese Angelegenheit, über die schon seit dreißig Jahren beraten wird, ist auch heute wieder akut63}. Die Bevölkerung bringt der geplanten Neuregelung auch weitgehend Verständnis entgegen. Aber es handelt sich noch darum: Sollen die Länder in ihrer heutigen Gestalt, die sie durch die Besatzungsmächte erhalten haben — sie sind willkürlich zusammengefügt bzw. auseinandergerissen worden — für alle Ewigkeit so bestehen bleiben, weil die einzelnen Länder ein Interesse daran haben, daß die Abgrenzung so, wie sie in früherer Zeit bestanden hat, nun wieder hergestellt wird? Wir müssen darüber einmal ganz offen sprechen. Die Pfalz hat sich bei Bayern selbstverständlich wohlgefühlt. Aber sie war doch mehr oder weniger nur eine selbständige Provinz, soweit ihre wirtschaftlichen Belange in Frage standen. Rheinhessen ist wirtschaftlich mit dem rechtsrheinischen Gebiet so eng verknüpft, daß es enorme wirtschaftliche Schäden durch seine jetzige staatliche Zugehörigkeit erleidet. Sollen wir vor diesen Zuständen unsere Augen verschließen? Sollen wir uns vor dem Rufe, der von der linksrheinischen Seite zu uns herübertönt, die Ohren zuhalten? Wir würden damit wahrhaftig an Deutschland selbst eine Sünde begehen 63a ). Meine Herren, wir kommen nun zur Sache selbst. Ich möchte dazu weiter gar nichts sagen als dies, daß wir bei allen diesen Fragen an Deutschland zu denken haben und daran, daß wir die einzelnen Länder existenzfähig machen. Diese Gebilde, wie wir sie heute haben, sind auf die Dauer nicht haltbar. Ich möchte diese Fragen von dem Standpunkte aus betrachten, den wir hier in Hessen vertreten. Wir stellen die gesamtdeutsche Frage in den Vordergrund, und wir sind dabei frei von irgendwelchem Länderegoismus. Noch ein paar Worte zu dem eigentlichen Grundproblem, mit dem wir uns in unserer heutigen Aussprache zu beschäftigen haben. Wir sehen uns vor die " ) Bereits in der Weimarer Republik war über eine Zusammenfassung der Länder Baden, Württemberg und Hohenzollern diskutiert worden (Territorien-Ploetz, II, S. 735 f.). •>a) Zu den Ansichten Stocks über die Bildung eines Landes Groß-Hessen unter Einschluß der Pfalz Dok. Nr. 2, Anm. 12, s. auch unten Anm. 103.
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Frage gestellt, was geschehen würde, wenn wir namentlich in Bezug auf die Verfassung uns versagen würden. Ich spreche ausdrücklich von der „Verfassung". Denn wenn das Staatsgrundgesetz die Verfassung ist, dann brauchen wir uns auch nicht zu genieren, hinter das Wort „Grundgesetz" in Klammern anzufügen „Verfassung". Oder wir können dieses Grundgesetz von vornherein als Verfassung bezeichnen. An einer solchen Wortklauberei sollte man diese großen Dinge nicht scheitern lassen. Meine Herren, es handelt sich doch darum, daß wir für die Bevölkerung im Westen die staatliche Grundlage schaffen wollen, auf der ein gesundes Wirtschaftsleben sich entwickeln kann, ein wirtschaftliches Leben, wie die Menschen es im Westen sich wünschen. Wenn von Herrn Bürgermeister Reuter gesagt worden ist, die Bevölkerung Berlins hege den dringenden Wunsch, daß im Westen eine feste Position geschaffen werde, die dazu angetan ist, bessere ökonomische Verhältnisse zu schaffen, als wie sie in der russischen Zone herrschen und daß für dieses staatliche Gebilde die entsprechende Verwaltung geschaffen werde, so möchte ich dem hinzufügen: Das Volk fragt weniger nach dem Referendum als solchem, sondern es geht ihm darum, daß ein Staatsgebilde geschaffen wird, das nach seiner Form und seinem Inhalt die Voraussetzungen dafür bietet, daß die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung verbessert wird. Das will das Volk. Und wenn wir das dem Volke sagen, dann werden die Kommunisten mit ihrer Phraseologie genau so wenig Glück haben, wie sie in allen anderen Dingen einen Erfolg haben erzielen können. Wir dürfen die Psyche des Volkes nicht so gering einschätzen. Ich möchte ganz deutlich sagen: In Koblenz haben im Vordergründe gestanden die Belange, die wir in das Besatzungsstatut hineinarbeiten wollen. Wir sind hängengeblieben an Dingen, die nun nicht genehmigt werden. Für diese Dinge aber müssen wir nun eine Regelung finden. Wir müssen zu einer Vereinbarung kommen. Wenn uns ein Referendum nun von Seiten der Militärregierung so nahe gelegt wird, wie es geschehen ist, dann können wir das nicht umgehen. Und wir haben die Durchführung eines Referendums nicht zu fürchten. Der Wert des Ganzen liegt darin, daß ein Staatsgebilde geschaffen wird, das geeignet ist, die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung zu verbessern. Und weiter liegt der Wert darin, daß wir auch in den politischen Dingen vorwärts kommen. Der nächste Schritt wird sein, daß wir zu einem Friedensvertrag gelangen. Wir wissen nicht, wann dieser Friedensvertrag geschlossen werden wird. Wir werden ihn um so eher erreichen, wenn wir möglichst bald durch das neue Staatsgebilde auch mit dem Auslande wieder in Verbindung treten können. Ich möchte Sie deshalb, meine Herren, dringend bitten, bei der Besprechung aller dieser Fragen stets den Blick auf ganz Deutschland zu richten. Wir müssen uns die Bastion schaffen, die wir benötigen, um in unseren gesamten Verhältnissen vorwärtszukommen. In diesem Sinne sind wir in Hessen durchaus geneigt, unsere Hand zu reichen, um zu einer Verständigung im Interesse Deutschlands zu kommen. Damit möchte ich meine Ausführungen beenden. Die Rednerliste ist erschöpft, ich schließe die Aussprache. Wir müssen uns noch darüber klar werden, wie wir geschäftsordnungsmäßig weiterfahren wollen. Es 210
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wird nötig sein, daß die Ausschüsse heute nachmittag noch zusammentreten, um die Dokumente Nr. I und Nr. II zu behandeln. Es stehen zu den Besprechungen heute nachmittag je zwei Verbindungsoffiziere aus der amerikanischen, der britischen und der französischen Zone zur Verfügung. Die Mitglieder der beiden Kommissionen haben also die Möglichkeit, über strittige Punkte mit diesen Herren zu verhandeln64). Das Plenum mit dieser Angelegenheit zu befassen, halte ich nicht für zweckmäßig. Wir .würden auf diesem Wege nicht schnell genug zum Ziele kommen. Ich höre keinen Widerspruch und stelle fest, daß Sie damit einverstanden sind. Wir hätten nun noch die Mitglieder des Ausschusses zu benennen, der sich mit der Neuabgrenzung der Länder beschäftigen soll. Den Vorsitz übernimmt Herr Ministerpräsident Lüdemann und als Mitglieder gehören ihm an die Herren, die seither den Länderausschuß gebildet haben. Es tritt neu hinzu Herr Staatspräsident Wohleb 65 ). Den Vorsitz des Ausschusses, der sich mit dem Dokument I beschäftigen soll, übernimmt Herr Ministerpräsident Arnold. Es tritt aus jedem Land ein Vertreter hinzu, deren Namen ich Herrn Ministerpräsident Arnold mitzuteilen bitte6*). Damit schließe ich die Sitzung. Ist sonst noch eine Frage zu behandeln? (Ministerpräsident Arnold: Wann sollen die Ausschüsse zusammentreten?) Nach dem Mittagessen, sagen wir um etwa 3 Uhr. Damit ist die Sitzung geschlossen. 2. Verhandlungstag, Donnerstag, 22. 7. [19]48 Ministerpräsident Stodi: Meine Herren! Ich eröffne die Sitzung. Wir haben heute entgegenzunehmen [1.] die Berichte der Kommissionen, die sich mit dem Dokument Nr. I und [2. dem Dokument Nr.] II beschäftigt haben. [3.] Dann haben wir die Mitglieder für die Verfassungskommission zu benennen. Ich bitte, die Herren Ministerpräsidenten, uns ihre Vorschläge einzureichen. [4.] Weiter haben wir die Frage zu klären, an welchem Orte die nächste Konferenz der Ministerpräsidenten stattfinden soll. Einwendungen gegen die Tagesordnung werden nicht erhoben. Ich bitte dann Herrn Ministerpräsidenten Arnold, uns den Bericht der Kommission für die Behandlung des Dokumentes Nr. I zu erstatten. ) Als alliierte Verbindungsoffiziere 'waren in Niederwald anwesend: Litchfield und Simons famerik. MilReg.); Chaput de Saintonge, Miss Anderson (brit. MilReg.); Seydoux, de Laboulaye (frz. MilReg.) (BA NL Brill/9, Bl. 98); zu den Verhandlungen der Kommissionen I und II mit diesen Verbindungsoffizieren s. Anlage I und II, S. 264-268. K ) Dok. Nr. 6, Anm. 45. 66 ) Zur Besetzung dieser Kommission Dok. Nr. 6, S. 98. 64
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[1. KOMMISSIONSBERICHT UND STELLUNGNAHME DER MINISTERPRÄSIDENTEN ZU DOKUMENT I]
Ministerpräsident Arnold: Meine Herren! Am gestrigen Nachmittag haben die Verhandlungen mit den Verbindungsoffizieren stattgefunden, soweit es sich um das Dokument I handelt67). Als ersten Punkt haben wir behandelt die Frage des Grundgesetzes und als zweiten Punkt die Frage, wie dieses künftige Grundgesetz angenommen werden soll. Wir wissen, daß in den gemeinsamen Besprechungen mit den Generalen von General Clay gesagt worden ist, der Ausdruck „Grundgesetz" sei zu schwach und er decke nicht das, was im Vorschlag gebracht worden ist. Aus diesem Grunde sei es kaum möglich, die von uns in Vorschlag gebrachte Formulierung zu genehmigen. Es wurde hin und her besprochen. Wir waren der Meinung, daß es bei der Koblenzer Formulierung verbleiben solle. Wir haben uns weiter auf den Standpunkt gestellt, daß es dabei verbleiben müsse, daß der demnächst zusammenzuberufende Parlamentarische Rat ein „Grundgesetz" ausarbeiten solle. Es wurde dabei aber erwogen, ob man hinter -das Wort „Grundgesetz" nicht in Klammern einfügen'solle: „vorläufige Verfassung". Das würde bedeuten, daß wir unsere Koblenzer Auffassung dahin interpretieren, daß wir sagen: Unter „Grundgesetz" haben wir verstanden und verstehen wir eine vorläufige Verfassung. Das würde in der Konsequenz das Gleiche darstellen, was wir bereits in Koblenz zum Ausdruck gebracht haben. Wir haben in unserer Koblenzer Entschließung1*) gesagt, daß zunächst noch nicht die Stunde gekommen sei, um eine deutsche Verfassung und die Frage einer deutschen Nationalversammlung zu beraten, sondern daß es sich nur darum handeln könne, eine vorläufige Regelung zu finden bis zu dem Zeitpunkte, wo eine endgültige Regelung möglich sein wird. In Verbindung damit haben wir uns auf den Standpunkt gestellt: Wenn hinter dem Worte „Grundgesetz" in Klammern das Wort „vorläufige Verfassung" aufgenommen wird, dann wird dadurch klar zum Ausdruck gebracht, wie man zu dieser Frage eingestellt ist. Wir haben geglaubt, auf diese Weise eine Regelung finden zu können. Wir glaubten darüber hinaus aber auch, daß die Generale diesen Vorschlag in eine sehr ernste Erwägung ziehen werden. Wir sind davon ausgegangen, daß damit die psychologische Brücke geschlagen werden kann, um dem General Clay die Möglichkeit zu geben, sich auf den Standpunkt der Koblenzer Beschlüsse zu stellen. Soviel zu der Frage des Grundgesetzes. Nun zu der Frage, wie dieses künftige Grundgesetz angenommen werden soll. In den Koblenzer Beschlüssen heißt es unter Punkt 6: Hat die aus den Landtagen gewählte Vertretung ihre Aufgabe erfüllt, so werden die Ministerpräsidenten nach Anhörung der Landtage das Grundgesetz mit ihrer Stellungnahme den Militärgouverneuren zuleiten, die gebeten werden, die Ministerpräsidenten zur Verkündung dieses Gesetzes zu ermächtigen68). b ) Vom Bearbeiter verbessert aus Entwicklung. " ) Besprediungsprotokoll in Anlage I, S. 264. «8j Dok. Nr. 7, S. 147.
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In dieser Frage liegt auch ein Differenzpünkt vor. Wie wir alle wissen, stehen die Generale, insbesondere General Clay, auf dem Standpunkt, daß dieses künftige Grundgesetz nur auf dem Wege eines Referendums, auf dem Wege der Volksabstimmung angenommen werden kann. Wir haben in der gestrigen Besprechung darauf hingewiesen, daß es ganz entscheidende und stichhaltige Gründe sind, die gegen ein Referendum sprechen. Idi habe diese Gründe, im einzelnen substantiiert dargelegt. Wir haben den Eindruck gewonnen, daß diese Gründe, die gegen ein Referendum sprechen, auf die beteiligten Offiziere einen nachhaltigen Eindruck gemacht haben. Sie haben erklärt, daß wir diese Gründe bei der Zusammenkunft am kommenden Montag [26. 7.] den Generälen noch einmal vortragen möchten, und sie haben durchblicken lassen, daß die Generäle diesen Gründen gegebenenfalls Beachtung schenken könnten, so daß vielleicht die Möglichkeit besteht, auch hinsichtlich dieses Punktes zu einer Einigung zu kommen. Anschließend an diese Besprechung mit den Offizieren ist die Kommission zusammengetreten, um sich darüber klar zu werden, wie wir am kommenden Montag praktisch verfahren wollen69]. Wir sind dahin übereingekommen, daß wir den Generälen keine schriftliche Formulierung unterbreiten wollen. Wir haben zwar ein Memorandum ausgearbeitet70). Dieses soll aber nicht schriftlich überreicht, sondern mündlich vorgetragen werden. Es soll mündlich eine Interpretation gegeben werden dessen, was wir in Koblenz ausgearbeitet haben. Der mündliche Vortrag aber soll ausgehen von der Formulierung, die wir vorher festgelegt haben, damit die Einarbeit in die beiderseitigen Gedankengänge erleichtert wird. Ich darf mir erlauben, Ihnen den Text dieser Formulierung, die wir am Montag vortragen wollen, vorzutragen. Der Betreffende, der sprechen soll, soll also sagen: 1. Die Ministerpräsidenten haben bereits in Koblenz zu Dokument I erklärt, daß sie die ihnen übertragenen Vollmachten wahrnehmen wollen. Damit ist zum Ausdruck gebracht worden, daß sie bereit sind und entschlossen sind, die volle Verantwortung in demselben Ausmaße zu übernehmen, als ihnen von den Besatzungsmächten übertragen werde. Den Eingangssatz halten wir für notwendig, weil in der Öffentlichkeit vielfach der Meinung Ausdruck gegeben worden ist, die Ministerpräsidenten seien nicht bereit, die ihnen übertragenen Vollmachten wahrzunehmen. 2. Die Ministerpräsidenten stellen mit Befriedigung fest, daß sie mit den Militärgouverneuren in dem Beschluß völlig übereinstimmen, die erstrebte Neuregelung so schnell wie möglich zu schaffen. 3. Sie sind weiter mit den Militärgouverneuren darin einig, daß im Rahmen der Londoner Empfehlungen bei der gegebenen Sachlage zur Zeit nur eine vor-
®9) Die Kommission wollte an den Koblenzer Beschlüssen und am Charakter des Provisorischen auf alle Fälle festhalten, wie knappe Notizen Arnolds aussagen, die indes keine zusätzlichen Informationen liefern (HStA Düsseldorf, NW 53-656). , 0 ) Entwürfe des Memorandums mit zahlreichen, während der Kommissionssitzung angebrachten Änderungen in: BA NL Brill/9, Bl. 77 ff.
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läufige Regelung möglich ist. Nichtsdestoweniger sind sie entschlossen, diese so kraftvoll und wirksam wie möglich zu gestalten. 4. Der terminologische Unterschied zwischen dem Wortlaut der Dokumente und den Vorschlägen der Ministerpräsidenten findet seine Erklärung nicht in der Verfolgung inhaltlich verschiedener Ziele, sondern nur in einer verschiedenen Auffassung über die anzuwendenden Formen. 5. Das Wort „Verfassung" ist absichtlich nicht gebraucht worden, weil weder ganz Deutschland noch eine endgültige Lösung in Frage kommen. — Hier wird noch einmal ganz deutlich der Standpunkt von Koblenz unterstrichen. — Das gewählte Wort „Grundgesetz" wäre wohl zutreffender mit „constitutional law" übersetzt worden 71 ]. Um Zweifel auszuräumen, sind die Ministerpräsidenten bereit, die Fassung „Grundgesetz (vorläufige Verfassung)" zu wählen. 6. Es besteht Einverständnis darüber, daß die Aufgabe, ein Grundgesetz (vorläufige Verfassung) zu schaffen, dem „Parlamentarischen Rat" übertragen wird. Um das klarzustellen, könnte die Bezeichnung „Parlamentarischer Rat" (Verfassungberatende Versammlung) gewählt werden. 7. Die Ministerpräsidenten sind sich mit den Militärgouverneuren darin einig, daß die Bestellung des Parlamentarischen Rates (Verfassungberatende Versammlung) auf Grund eigener Beschlüsse der Landtage erfolgen soll. 8. Was den Inhalt des zu schaffenden Grundgesetzes (vorläufige Verfassung) anbelangt, so besteht Einigkeit, daß der Parlamentarische Rat (Verfassungberatende Versammlung) selbst seinen Inhalt festsetzen wird. Soweit die Vorschläge von Koblenz sich über den Inhalt geäußert haben, sollten dadurch lediglich Anregungen gegeben werden. Selbstverständlich werden die Länderregierungen vor dem Parlamentarischen Rat (Verfassungberatende Versammlung) ihre Ansichten vertreten. 9. Die Ministerpräsidenten sind mit den Militärgouverneuren der Ansicht, daß die Ratifikation des Grundgesetzes (vorläufige Verfassung) auf breiter demokratischer Grundlage erfolgen muß. Diese Ratifikation kann auf direktem oder indirektem Wege vorgenommen werden. Gegen die Befragung des Volkes sprechen folgende Gründe: a) Ein Referendum kann in Deutschland nicht ohne vorhergehenden Abstimmungskampf durchgeführt werden. Es besteht unbestreitbar die Gefahr, daß sich bei einem Referendum alle oppositionellen und destruktiven Elemente trotz der Verschiedenheit ihrer Motive in einem negativen Votum zusammenfinden. Die so entfachte Agitation würde sich naturgemäß auch gegen die Besatzungsmächte wenden und eine Verschlechterung im Verhältnis der Deutschen zu den Besatzungsmächten herbeiführen.
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) Zur engl, und frz. Übersetzung des Begriffs GG Anm. 43.
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b] Das Referendum würde einen großen Zeitverlust bedeuten, der unter den heutigen Umständen unerträglich ist. c) Eine Ablehnung könnte eine politische und wirtschaftliche Katastrophe in Deutschland herbeiführen, die das begonnene „Konsolidierungswerk" gefährden würde. Diese tage könnte bereits durch eine Minorität in einem Drittel der kleinsten Länder verursacht werden. Es ist ernstlich zu prüfen, ob ein solches Risiko eingegangen werden darf. Wir waren uns in der Kommission einig darüber, daß wir nicht sagen sollen, daß wir der Meinung sind, daß an der Frage Referendum oder Niditreferendum schließlich das ganze Werk gefährdet werden soll. Die Kommission war der Auffassung: Wenn sich eine Situation ergeben sollte, daß alles, aber auch alles davon abhängt, ob Referendum Ja oder Nein, daß wir dann schließlich zu einem späteren Zeitpunkte, den wir aber am kommenden Montag nicht zu erkennen geben wollen, evtl. auch bereit wären, irgendeinem Referendum, wenn audi schweren Herzens, zuzustimmen. Die Ministerpräsidenten machen deshalb den Vorschlag, die Ratifikation durch die Landtage der einzelnen Länder vornehmen zu lassen. Die Landtage sind die demokratisch legitimierten Vertreter der 45 Millionen Einwohner des amerikanischen,, britischen und französischen Besatzungsgebietes. Für die Ratifikation durch die Landtage spricht insbesondere, daß diese die Ratifikation mit überwältigender Mehrheit vornehmen werden. Damit dürfte die Annahme des Grundgesetzes [vorläufige Verfassung] durch das Volk sichergestellt sein und im Rahmen der Londoner Empfehlungen erfolgen. 10. Die Ministerpräsidenten. begrüßen die heutige Gelegenheit, das gesamte Problem mit den Militärgouverneuren noch weiter mündlich besprechen zu können. Das soll ungefähr die Disposition sein, nach der am kommenden Montag verfahren werden soll. Ich glaube, daß ich damit das Wesentliche der Kommissionsarbeit vorgetragen habe. Ministerpräsident Kopf: Meine Herren, ich bin nicht in der Lage, heute zu diesem Vorschlag Stellung zu nehmen. Ich habe die Koblenzer Beschlüsse meinem Landtag vorgelegt, und mein Landtag hat sie gegen sieben Stimmen gebilligt72). Ith halte das, was jetzt hier vorgelegt wird, rechtlich für etwas wesentlich anderes, als es das ist, was wir in Koblenz beschlossen haben. Ich will nur auf einige Punkte aufmerksam machen; aber es gibt noch verschiedene andere. In Koblenz haben wir zum Beispiel gesagt: Die Ministerpräsidenten sind jedoch der Ansicht, daß der Erlaß eines Besatzungsstatuts durch die Militärgouverneure schon vor der Aufnahme der Tätigkeit der mit der Beratung des Grundgesetzes für das Gebiet der drei Westzonen beauftragten Körperschaft eine dringende Notwendigkeit ist, nur dann wird diese eine sichere Arbeitsgrund-
Niedersächs. Landtag, 13./14. 7.1948, S. 1985 ff.
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läge haben. Heute sagen wir: Erlaß des Besatzungsstatuts zu der in Dokument III vorgesehenen Zeit. In bezug auf den Volksentscheid haben wir in Koblenz gesagt: Die Ministerpräsidenten sagen jedoch, daß alles vermieden werden müßte, was dem zu schaffenden Gebilde den Charakter eines Staates verleihen würde, sie sind darum der Ansicht, daß auch durch das hierfür einzuschlagende Verfahren zum Ausdrude kommen müßte, daß es sich lediglich um ein Provisorium handelt sowie um eine Institution, die ihre Entstehung lediglich dem augenblicklichen Stand der mit der gegenwärtigen Besetzung Deutschlands verbundenen Umstände verdankt. Heute sind wir bereit, einem Volksentscheid zuzustimmen, ferner dem Passus bezüglich der Einberufung einer deutschen Nationalversammlung. Ich könnte noch verschiedene weitere Beispiele anführen, die für mich ganz deutlich machen, daß das, was hier heute empfohlen wird, etwas wesentlich anderes ist als das, was wir in Koblenz uns zu eigen gemacht haben. Ich kann von den Koblenzer Beschlüssen nur abweichen — ich will nicht sagen, daß ich nicht in der Lage bin, davon abzuweichen —, wenn ich dazu die Zustimmung meines Landtages bekomme. Bürgermeister Brauer: Meine Herren! Ich bin mit dem von dem Herrn Berichterstatter vorgeschlagenen Weg einverstanden, keine schriftliche Antwort zu geben, sondern anhand dieses Entwurfs mündlich zu erläutern, welche Auffassung wir hier erarbeitet haben. Aber ich möchte mir gestatten, einige Änderungen vorzuschlagen. Ich bitte, die Abänderungsvorschläge, die Ihnen ja vorliegen, zur Hand zu nehmen73). Meine Herren! Ich habe den Wunsch, daß wir die Klammern beseitigen und daß wir auch in der Formulierung in einigen wesentlichen Punkten abweichen von dem, was vorgeschlagen ist. Unter Punkt 1 hatte ich eine andere Formulieung vorgeschlagen. Die Ministerpräsidenten haben zu Dokument I erklärt, sie werden die ihnen übertragenen Vollmachten wahrnehmen. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß sie bereit sind, die Aufgaben zu übernehmen, die ihnen die Besatzungsmächte im Zusammenhang mit der Durchführung der Londoner Empfehlungen übertragen haben. Das ist materiell etwas anderes. (Zuruf: Genau dasselbe! - Staatssketreär Brill: Wo liegen die Unterschiede?) — Die Unterschiede liegen darin: Hier steht, „daß sie bereit und entschlossen sind, die volle Verantwortung zu übernehmen". Ich sagte schon, hier ist kein wesentlicher Gegensatz. Da könnte man wahrscheinlich sagen, die Formulierung des Ausschusses ist akzeptabel, obwohl ich zu erwägen bitte, ob die von mir vorgeschlagene Formulierung nicht den Vorzug verdient. Das Weitere, das ich vorzuschlagen habe, ist bei Punkt 5. Da steht: „Das Wort ,Verfassung' ist absichtlich nicht gebraucht worden, weil weder ganz Deutschland noch eine endgültige Lösung in Frage kommt. Das gewählte Wort .Grund-
73
] Zum Text s. Anlage II, S. 266.
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gesetz' wäre wohl zutreffender mit ,basic constitutional law' übersetzt worden." Und dann kommt ein Satz, den ich herauszunehmen bitte: „Um Zweifel auszuräumen, sind die Ministerpräsidenten bereit, die Fassung .Grundgesetz (Vorläufige Verfassung]' zu wählen." Meine Herren, wir brauchen so weit nicht zu gehen. Wir sind durchaus in der Lage, unsere in Koblenz erarbeiteten Entscheidungen zu verteidigen, und wir werden damit auch durchkommen. Meine Fassung würde folgendermaßen lauten: Man hat den Ausdrude „Verfassung" bewußt darum nicht gebraucht, weil einmal nicht ganz Deutschland und weiter nicht eine endgültige Regelung in Frage kam. Statt dessen ist der Ausdruck „Grundgesetz" gewählt worden, der offensichtlich mit basic law unzulänglich übersetzt worden ist und mit basic constitutional law hätte übersetzt werden müssen. Ein sachlicher Unterschied kam schon deshalb nicht in Frage, weil der Inhalt des geplanten Gesetzgebungswerkes in seiner Bedeutung durch die Bezeichnung in keiner Weise entwertet werden sollte. Unter Punkt 6 ist wieder von dem Parlamentarischen Rat die Rede. Ich habe aus den Ausführungen der Generäle nicht entnommen, daß diese Formulierung „Parlamentarischer Rat" gewählt werden soll. Ith habe auch nicht entnommen, daß dagegen Einwände gemacht worden wären. Deshalb würde ich anregen, daß Punkt 6 folgendermaßen lautet: Ähnlich verhält es sich mit der geplanten Verfassunggebenden Versammlung. Es bestehe offenbar Einverständnis darüber, daß die Arbeit dem Parlamentarischen Rat anvertraut werden solle. Unter 7 steht der Satz: Die Ministerpräsidenten sind sich mit den Militärregierungen darin ein[ig] . . . , dann kommt ein Satz, der in der ursprünglichen Fassung ausgefallen ist: Die Ministerpräsidenten haben keine Bedenken, daß die Bestellung dieses Parlamentarischen Rates auf Grund eigener Beschlüsse der Landtage erfolgen soll. Das ist etwas anders formuliert. Die Klammern würden auch hier ausfallen müssen. Dann sind in § 9 die Einwände gegen das Referendum enthalten. Dazu will ich keine Änderungen vorschlagen, und ich bin auch der Meinung, daß wir die Frage „Referendum oder nicht" mit den Generälen noch "debattieren. Ich hatte die Auffassung vertreten, und dieser neige ich auch heute noch zu, daß, wenn an dem Referendum die ganze Sache scheitern und an die Regierungen oder eine zweite Londoner Konferenz zurückgehen soll, dann akzeptiere ich das Referendum. Um deswillen dürfen wir die Dinge nicht zum Bruch kommen und verzögern lassen. Ich würde aber versuchen, unseren Standpunkt klarzumachen, und deshalb würde ich diese Frage offen lassen, um sie dann zum Gegenstand der Beratungen am Montag zu machen. Meine Herren! Wir brauchen nicht in unserer Antwort am kommenden Montag so weit zu gehen, wie es hier in den Formulierungen zum Ausdruck kommt, und selbst wenn die Verbindungsoffiziere uns in dieser Weise Empfehlungen gegeben haben, brauchen wir nicht ohne weiteres auf diesen Boden zu treten. Ich 217 20 Parlament. Rat
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habe das Gefühl, in diesem Punkt ist ein wenig mehr, und dieses mehr möchte idi gerne erhalten. Es war unser grundsätzlicher Standpunkt, und idi unterstreiche immer wieder, das, was hier im Augenblick geschieht, ist eine notwendige zeitbedingte Lösung, es ist eine Lösung, die unter Sonderverhältnissen zustandekommt, die uns im Rahmen des Einflusses auf die Verwaltung Deutschlands seitens der Okkupationsbehörden einen gewissen Spielraum läßt, den wir bereit sind, zu akzeptieren. Wir sind aber nicht bereit, es für eine Lösung anzusehen, mit der wir auf Jahre hinaus zu rechnen haben. Denken wir an die Regelung in Frankfurt mit dem Wirtschaftsrat und mit der Korrektur nach wenigen Monaten 74 ], so können wir noch gar nicht sagen, wie lange wir mit diesem Instrument ohne Korrektur arbeiten können. Ich kann mir denken, daß zum Beispiel in der Frage der auswärtigen Politik die Alliierten sagen: „Vorläufig" nehmen Sie diese Vertretung Deutschlands wahr. Ich möchte dieses „vorläufig" nur für einen kurzen Zeitraum gelten lassen. Ich möchte uns den Spielraum geben, sehr schnell zu sagen: „In dem und dem Punkt müssen unsere Vollmachten erweitert werden, in dem und dem Punkt müssen wir die Formgebung der demokratischen Formen Deutschlands in unsere Hände gelegt bekommen". Deshalb glaube ich, daß, ohne daß ich von dem, was wir bisher vertreten haben, auch nur [um] einen Punkt zurückgehe, die neue Formulierung trotz Auseinandersetzung mit den- Generälen durchgehen wird. Unsere Position ist stark genug, daß wir uns nicht so weit zu überschlagen brauchen, wie es hier von den Verbindungsoffizieren gewünscht wird. Sie ersehen aus meinem Entwurf, der vielleicht schnell vervielfältigt werden kann, daß die Formulierungen bedeutungsvoll genug sind. Vielleicht sind sie die Basis, auf der wir operieren können. Ministerpräsident Arnold: Meine Herren! Ich darf mir vielleicht erlauben, auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Kopf noch einige Bemerkungen zu machen. Seinen Ausführungen, daß wir von den Koblenzer Beschlüssen in wesentlichen Dingen abgewichen sind, kann ich nicht beitreten. In Absatz 1 ist klar zum Ausdruck gebracht, daß wir es ablehnen, schon jetzt eine deutsche Verfassung zu schaffen und eine Nationalversammlung einzuberufen. Wir haben klar festgestellt, daß es sich nur um eine vorläufige Regelung für das westdeutsche Besatzungsgebiet handeln kann. An dieser Tatsache ist nichts geändert. Ferner waren wir in Koblenz vollkommen einig, daß wir den Parlamentarischen Rat wählen werden und ein Grundgesetz für den westdeutschen Staat ausarbeiten. Ebenso war es ganz klar, daß bei Ausarbeitung des Grundgesetzes ein westdeutsches Exekutivorgan geschaffen werden soll. Wir waren uns ebenso klar, daß eine Parlamentarische Volksvertretung kraft dieses Grundgesetzes gebildet werden soll. Der Kommissionsvorschlag hat hieran nicht das Geringste geändert. Ob wir die in Klammern gesetzten Worte „vorläufige Verfassung" und „Verfassungberatende Versammlung" gestrichen haben wol-
" ) Zur Bildung des WiR für das VWG am 29. 5. 1947 durch amerik.-brit. Reg. Abkommen und der am 5. 2. 1948 durchgeführten Reorganisation Pünder, Interregnum, S. 97 ff., 133 ff. und Gimbel, Besatzungspolitik, S. 152 ff. 218
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len, darüber können wir uns unterhalten. Jedenfalls hat die Kommission diese Worte aufgenommen, um eine kleine psychologische Brücke zu bauen, die es den Militärgouverneuren erlaubt, Ja zu sagen. Idi stelle fest, Herr Kollege Brauer, daß zwischen den Kommissionsvorschlägen und Ihren Abänderungswünschen gar keine wesentlichen Differenzen bestehen. Ministerpräsident Maier: Meine Herren 1 Wir stehen vor einer detaillierten Situation, nachdem soeben Herr Kollege Kopf erklärt hat, daß er einem Entsdiluß heute nicht zustimmen kann. In ähnlicher Lage befinden sich auch eine ganze Reihe anderer Ministerpräsidenten, da sie die Dinge mit ihren Landtagen weitgehend besprochen haben75}. Wenn Herr Kollege Kopf auf seiner Erklärung besteht, so hat es wohl wenig Wert, die heutige Sitzung fortzusetzen. Weiter möchte ich das eine sagen: Ich bin schwer getroffen durch die schriftliche Niederlegung der Punkte a, b und c gegen das Referendum. Wenn das in der Öffentlichkeit bekannt würde, dann würde gesagt werden: Die Ministerpräsidenten haben Angst. (Zurufe) Es ist ja natürlich anzunehmen, daß insbesondere der Satz, der sich auf die Ratifikation durch die Ländtage bezieht, mit überwältigender Mehrheit angenommen werden würde. Wir nehmen also ohne weiteres an, daß eine tiefe Kluft zwischen dem Volke und dem Landtage besteht. Ich glaube, wir müssen diese Dinge mit der größten Sorgfalt bereinigen. Auf der andern Seite ist es natürlich so, daß niemand das Referendum zu fürchten braucht, wenn die Verfassungberatende Versammlung eine Verfassung ausarbeitet, die Aussicht hat, daß sie von breiten Schichten der Bevölkerung angenommen und getragen werden kann. Wenn dagegen im Verfassungsaüssdiuß lediglich eine Mehrheit dafür zu haben ist oder wenn schließlich eine Minorität sehr starke Gegenkräfte einsetzt, dann werden wir zu keiner guten Erledigung der Dinge kommen. Und wenn der Verfassungsausschuß einfach irgend etwas beschließt, das in der Luft hängt und dann beim Volke kein Verständnis findet, dann wird auch kein Referendum möglich sein. In der vorgeschlagenen Form aber können wir, wie ich glaube, die Begründung auf keinen Fall abgeben. Man kann diese Gesichtspunkte den Herren Verbindungsoffizieren vielleicht darlegen. Aber eine offizielle Stellungnahme der Ministerpräsidenten in dieser Form ist vollkommen ausgeschlossen. Staatsminister Schmid: Meine Herren, ich möchte kurz das wiederholen, was ich schon gestern im Verfassungsausschuß gesagt habe. Ich glaube, daß Herr Ministerpräsident Kopf recht hat, wenn er sagt, daß der Beschluß, den Sie heute fassen wollen, etwas wesentlich anderes zum Ausdruck bringt, als das, was in Koblenz beschlossen worden ist. Ich will mich beschränken darauf, daß ich auf die Ziffer 4 hinweise, in der gesagt ist:
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) Dok. Nr. 9, Anm. 9.
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Der terminologische Unterschied zwischen dem Wortlaut der Dokumente und den Vorschlägen der Ministerpräsidenten findet seine Erklärung nicht in der Verfolgung inhaltlich verschiedener Ziele, sondern nur in einer verschiedenen Auffassung über die anzuwendenden Formen. Wenn ich mich recht erinnere — und ich glaube mich recht zu erinnen — hat man sich in Koblenz dahin geeinigt, diese Form deswegen zu wählen, damit die Verschiedenheit des gewollten Inhalts zum Ausdruck kommt. Ich glaube, man sollte sich vielleicht daran erinnern. Man hat in Koblenz mit Bewußtsein keinen Staat gewollt. Es wurde im Gegenteil etwas gewollt, was mit Sicherheit zum Ausdrude bringt, daß kein Staat entstehen soll. Hier wird auch ein Staat gewollt. Herr Direktor Newman hat ja gestern wohl auch deutlich zum Ausdruck gebracht, was dieser Staat zu leisten haben wird7*). Im übrigen glaube ich, daß es wenig Sinn hat, unter Punkt 5 zu sagen: „Grundgesetz (Vorläufige Verfassung)". Ich glaube, es wäre grammatikalisch einfacher und auch stilistisch wohl besser, dann schlicht nur noch von einer „Vorläufigen Verfassung" zu sprechen. Denn wenn die Worte einen Sinn haben sollen, dann wird mit den in Klammern gesetzten Worten „Vorläufige Verfassung" gesagt, was „Grundgesetz" heißen soll. Es wird damit zum Ausdruck gebracht, daß das Wort „Grundgesetz" in sich selbst nichts ausdrückt, daß dagegen die Worte „Vorläufige Verfassung" das ausdrücken, was ausgedrückt werden soll. Man kann sich also dann diesen Pleonasmus wohl sparen. Bürgermeister Brauer: Ich möchte zu den Einwendungen des Herrn Ministerpräsidenten Kopf folgendes sagen: Jeder, der hierher gekommen ist, hat die Koblenzer Beschlüsse zunächst einmal mit seiner parlamentarischen Vertretung, mit seinem Landtag besprochen. Ich kann mir vorstellen, daß ich zu den Beschlüssen, die wir heute fassen, auch wieder die Meinung meines Landtags einholen werde. Diesen Vorbehalt also kann jeder machen. Wenn in der uns gestellten Frist, also bis Montag, sein Landtag sagt; In diesem Falle gehen wir nicht mit, dann ergibt sich für den einzelnen die Konsequenz, ob er überhaupt auf den Boden der heutigen Beschlüsse treten will oder nicht. In diesem Schwebezustand befindet sich doch jeder von uns. Aber wir konnten doch nicht hierher gehen, nachdem wir uns vom Landtage vorher hätten sagen lassen: So habt Ihr zu stimmen; es ist nur noch unsere Aufgabe, zu sagen, daß die Koblenzer Beschlüsse bestätigt werden. Denn wir hatten doch gerade die Absicht zu sagen: Wir wollen verhandeln. Wenn wir unsere Verhandlungsfreiheit haben und
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) James R. Newman, Direktor der MilReg. für Hessen, hatte am 21. 7. 1948 auf einem Abendempfang der hess. Staatsregierung auf Schloß Niederwald ausgeführt, daß die von den MinPräs. vertretenen 50 Mio. Deutsche eine starke Leitung brauchten. Das amerik. Volk sei überzeugt, daß das dt. Volk seinen Kampf gegen den Kommunismus bestehen werde. Wenn die Bevölkerung von Berlin unter den schwierigsten Umständen gegen den Kommunismus Stand halte, so müßten die Deutschen in den Westzonen mit ihnen erst recht um den Sieg kämpfen können. Niemals zuvor hätten die maßgeblichen Politiker Deutschlands eine größere Aufgabe gehabt als die elf Regierungschefs (Schwäb. Landeszeitung, 23. 7. 1948). Vgl. audi Anm. 52.
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wenn wir uns Vollmachten haben geben lassen, dann müssen wir auch in der Lage sein, nun Vorschläge zu machen, ohne damit den Landtagen zu sagen: Ihr habt hinterher nicht mehr hineinzureden. Ministerpräsident Stock: Auch ich möchte einige Bemerkungen dazu machen. Auch ich bin der Auffassung, daß man jederzeit Gelegenheit nehmen muß, mit den Landtagen oder wenigstens mit den maßgebenden Führern im Landtage die Sache durchzusprechen, wenn nicht mehr die Möglichkeit besteht, das Plenum selber damit zu befassen. Wir haben aber auch in Koblenz unsere Beschlüsse gefaßt, ohne daß wir die Landtage vorher gehört haben 77 ). Wir haben diese in Koblenz gefaßten Beschlüsse dann herausgegeben und haben erst hinterher die Landtage gefragt, ob sie diesen Beschlüssen zustimmen. Zwar haben wir vorher mit den verschiedensten Persönlichkeiten des Landtags gesprochen. Definitive Beschlüsse haben wir aber dann doch schließlich in Koblenz gefaßt, und zwar ohne jeden Vorbehalt. Es hat natürlich jeder Ministerpräsident Gelegenheit, die Sache so wahrzunehmen, wie er das für zweckmäßig hält. Wir müssen schon am nächsten Montag den Militärgouverneuren unsere Stellungnahme bekanntgeben. Wir wissen, daß wir am nächsten Montag endgültig unsere Beschlüsse fassen müssen. Wenn wir nicht mit endgültigen Beschlüssen vor die Militärgouverneure treten können, dann müssen, wie uns auch bekannt ist, Rückfragen bei den Regierungen in Washington, London und Paris gehalten werden. Kurzum, wir haben nur eine sehr kurze Zeit noch zur Verfügung. Irgendwelche Vorbehalte können wir wahrscheinlich am Montag nicht mehr machen. Oder aber, wir würden mit einer zwiespältigen Auffassung vor die Militärgouverneure treten. Ich habe — um von den Verhältnissen in Hessen zu sprechen — die Auffassung gewonnen, daß die Mitglieder des Landtags, die Vertreter der KPD ausgenommen — diese zu belehren würde wohl bedeuten, Wasser in den Rhein zu tragen —, die Auffassung vertreten: Das Ziel muß sein, eine große Verwaltungsgemeinschaft sei es auch, daß sie als „Regierung" bezeichnet wird, zu schaffen, damit das erreicht wird, was wir erreichen wollen. Ith wage auch zu erklären, daß die Mitglieder unseres Landtags an das Wort „Verfassung" sich nicht stoßen werden. Wenn ich dann noch ein Wort zu dem Referendum sagen darf, so möchte ich folgendes erklären: Meine Herren, ich bin der gleichen Auffassung, wie sie von Herrn Dr. Maier vertreten worden ist. Die Begründung, die wir hier formuliert haben, kann unmöglich der Öffentlichkeit unterbreitet werden. Auch ich bin der Auffassung: Wenn ein Referendum gefordert wird, wenn eine richtige Verfassung geschaffen und vor allen Dingen auch ein richtiges Verfassungsstatut erlassen wird — denn dieses steht mit dem Referendum auch in Verbindung —, dann werden wir auch die Möglichkeit haben, uns für ein Referendum einzusetzen. Und wenn wir uns dafür einsetzen, dann wird es auch an Boden gewinnen.
77
) Im Unterschied zu Hessen (Landtag, Berichte, 13. 7. 1948, S. 1476 ff.) hatten sich die Landtage anderer Länder bereits vor der Rittersturz-Konferenz ausführlich mit den Frankfurter Dokumenten befaßt (Dok. Nr. 6, Anm. 14,15, 20, 21, 22, 31, 34).
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Wir sollten aber auf keinen Fall in der Öffentlichkeit bekannt werden lassen, daß wir in bezug auf die Entscheidung durch das Volk irgendwelche Besorgnisse hegen. Das dürfen wir auf keinen Fall preisgeben. Das wäre aber schließlich das einzige, was ich gegen den Wortlaut, abgesehen vielleicht von einzelnen Formulierungen im Wortlaut, einzuwenden hätte. Ministerpräsident Kopf: Meine Herren! Der Unterschied zwischen unseren Auffassungen liegt darin: Sie sind der Meinung,- daß Sie sich im Rahmen der Koblenzer Beschlüsse bewegen. Ich bin der Auffassung, daß das, was jetzt hier Zustandekommen soll, rechtlich etwas wesentlich anderes ist als das, was wir in Koblenz gewollt haben. Ich habe, wie ich schon ausführte, zu den Koblenzer Beschlüssen die absolute Zustimmung meines Landtags. Ich habe mir für morgen nachmittag die Fraktionsführer der Parteien, die diese Beschlüsse gebilligt haben, eingeladen. Und ich werde diesen Herren gegenüber meine Auffassung vertreten. Ich habe nicht gesagt, daß ich diesem Entwurf nicht zustimme, ich habe nur gesagt, daß ich heute nicht in der Lage bin, eine endgültige Erklärung abzugeben. Aber ich bin der Meinung, daß wir ehrlich sein sollten, uns gegenüber, der Militärregierung gegenüber und auch dem Volke gegenüber, und daß wir sagen sollten, daß wir.jetzt tatsächlich etwas anderes zugestehen, als es das ist, was wir in Koblenz beschlossen haben; Ministerpräsident Ehard: Zunächst darf ich zu den Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten Kopf ein paar Bemerkungen machen. Jeder von uns hat sich wohl mit seinem Landtag in Verbindung gesetzt und hat sich die Billigung seiner bisherigen Haltung geben lassen 78 ). Ich betone ausdrücklich: seiner bisherigen Haltung. Denn soviel war doch von Anfang an absolut klar, daß man nicht erwarten konnte, mit den Beschlüssen, die die deutschen Ministerpräsidenten in Koblenz gefaßt haben, sei nun alles zu Ende. Es brauche dann nur noch das Signum des Landtags herbeigeführt zu werden, um dann alles als erledigt betrachten zu können. Es kann sich doch auch bei der Billigung durch den Landtag, selbst wenn man formell diese Koblenzer Beschlüsse in allem gebilligt hat, nur darum handeln, daß man bisher zufrieden gewesen ist mit dem, was der einzelne von uns getan hat. Gleichzeitig mußte man doch dem Landtage auch sagen, und der Landtag mußte sich darüber auch sofort klar sein, daß die Verhandlungen weitergehen. Denn wir wußten doch, daß wir mit den Generälen noch weitere Unterredungen haben würden. Wenn der Landtag unsere bisherige Haltung gebilligt hat, dann hat der Landtag auch gebilligt unseren Wunsch, den wir an die Militärregierungen herangetragen haben: daß wir uns mit ihnen über das, was wir beschlossen haben, weiter unterhalten wollen. Und das hat zur Folge, daß man unter Umständen eine gewisse Variation eintreten läßt. Denn wenn wir das nicht wollten, dann brauchten wir uns mit den Militärregierungen überhaupt nicht weiter zu unterhalten. Man kann also doch wohl sagen: Es hat sich die Unterhaltung angebahnt, und sie ist fortgesetzt worden. Bei diesem Unterhalten hat sich nun ein neuer Ge-
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) Dok. Nr. 6, Anm. 70.
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siditspunkt ergeben, und nun sind wir, meine idi — ich wenigstens fühle mich in diese Situation versetzt —, vor eine völlig neue Lage gestellt, und wir müssen nun genau so, wie wir vor den Koblenzer Beschlüssen in diese Lage versetzt waren, uns heute darüber schlüssig werden, ob wir das Gespräch auf dieser Basis fortsetzen wollen. Und wenn die Haltung gebilligt worden ist und wenn jetzt eine neue Lage eingetreten ist, dann müssen wir jetzt unter Umständen auch neue Entschlüsse fassen, und wir müssen die Möglichkeit haben, diese neuen Beschlüsse, diese unsere neue Stellungnahme den Landtagen zur Billigung zu unterbreiten. Ich glaube aber, es ist nicht ganz richtig demokratisch gesehen — entschuldigen Sie, Herr Ministerpräsident Kopf, ich will durchaus keine Kritik üben —, wenn man jetzt sagt: Jetzt habe ich hier die Billigung des Landtags nötig; infolgedessen tue ich nichts mehr. Denn dadurch würde jede Möglichkeit, die Unterhaltung fortzusetzen, die sich auf internationaler Basis gewissermaßen abspielt, die überaus schwierig ist und die uns zum ersten Male die Gelegenheit bietet, über diese Dinge zu reden, völlig unterbunden. Wenn man das so machen würde, wenn wir sagen würden: Ich muß mir jetzt erst die Genehmigung des Landtags dazu holen, daß ich in einer Variante der Koblenzer Beschlüsse mit den Generälen spreche, dann wird die Folge sein, daß die Generäle sagen: Mit Euch kann man überhaupt nicht verhandeln. Diese Flüssigkeit müssen wir meines Erachtens unter allen Umständen beibehalten. Denn wir wissen ja überhaupt noch nicht, was bei der Unterhaltung am Montag sich ergeben wird. Wenn jetzt Herr Ministerpräsident Kopf oder irgendeiner von uns — wir alle befinden uns ja in derselben Lage; es ist keine' exzeptionelle Lage, in der Herr Ministerpräsident Kopf sich befindet, wir alle befinden uns in genau der gleichen Situation —, wenn wir also am Montag hingehen ,und den Generälen dann, wenn sie unsere Haltung nicht billigen — daß sie unsere Haltung billigen werden, halte ich für ausgeschlossen, es ist aber durchaus möglich, daß sich am Montag eine weitere Variante ergeben wird —, sagen: Wir wollen das Gespräch mit Euch erst dann fortsetzen, wenn wir die Billigung der Landtage haben, dann ist das eine solche Fülle von Hemmschuhen, daß wir in dieser Sache nicht weiterkommen. Vielleicht ließe sich hier noch einmal eine Überlegung finden, die das Gespräch zunächst flüssig hält, wobei jeder von uns vielleicht das Bedürfnis hat, daß man in dieser Zwischenzeit die Parteiführer von dieser Sache unterrichtet79). Ich würde es für falsch halten, ich würde es sogar für nicht ganz ungefährlich für das Gespräch mit den ™) Obwohl an den Vorbesprechungen der Konferenz beteiligt (Anm. 26], waren die Parteiführungen in Rüdesheim offensichtlich nicht so unmittelbar wie in Koblenz in die Willensbildung der MinPräs. eingeschaltet (Dok. Nr. 6, Anm. 63 und Einleitung, S. LIII). Außer Ollenhauer (SPD), Hilpert (CDU) und Josef Müller (CSU), der sich verspätete, waren keine bedeutenden Parteipolitiker zur Stelle, während die Landesvorsitzenden der CDU unter Leitung Adenauers in Anwesenheit der CDU-MinPräs. Altmeier, Arnold, Wohleb erst am 22. 7. 1948 in Bad Königstein das Konferenzergebnis erörterten und z. T. (Berliner CDU) Kritik an der Haltung , Reuters übten (DUD, Frankfurt, 23. 7. 1948; NZ, 24. 7. 1948; Der Spiegel, 24; 7.1948; Sörgel, Konsensus, S. 49).
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Generälen halten, wenn man jetzt mit einer absoluten parlamentarischen Bindung kommen würde, daß man sagt: auf etwas anderes kann ich nicht eingehen. Stellen Sie sich vor, wenn Sie sagen: Der Landtag hat absolut abgelehnt, dem Referendum zuzustimmen. Dann sitzen wir am Montag absolut fest und können nicht weitermachen. Idi würde es also durchaus für möglich halten, daß wir uns heute zunächst einmal unter uns auf eine Formulierung einigen und sagen: auf dieser Basis wollen wir das Gespräch mit den Generälen fortsetzen. Wie es sich gestaltet, werden wir sehen und dann können wir die Zustimmung des Landtags einholen. Ist der Landtag unzufrieden, so daß sidi daraus gewisse Konsequenzen ergeben, dann möge der Landtag die Verantwortung dafür übernehmen. Ein Zweites: Ich kann nicht zugeben, denn ich für meine Person muß das ganz strikte ablehnen, daß wir hier, wenn wir eine Variante, wie sie etwa vorgeschlagen ist, vornehmen, umgefallen wären, daß es sich hier um etwas wesentlich anderes handele wie die Koblenzer Beschlüsse. Ich habe seit jeher immer den Standpunkt eingenommen: Wir müssen eine straffe Organisation der drei Westzonen haben. Nennen Sie es Weststaat, nennen Sie es Organisationsstatut, es ist mir ganz gleich, diese straffe Zusammenfassung müssen wir haben. Hängen Sie sich nidit an ein Wort, klammern Sie sich nicht an irgend eine Bezeichnung. Das, was wir wollen, müssen wir klar vor Augen haben. Ich — das muß ich für meine Person in Ansprach nehmen — habe es immer ganz konsequent ausgesprochen: Das, was wir hier schaffen, kann keine deutsche Verfassung sein, das, was wir hier machen, kann keine endgültige Verfassung sein, weil ja im Augenblick noch gar keine Klarheit besteht, welche Form, welchen Inhalt sie praktisch in bezug auf die staatliche Souveränität haben kann. Aber wir müssen doch zu einer Konstruktion kommen, die zweierlei erreicht. Einmal, daß die drei Zonen, nachdem schon die vier Zonen nicht zusammengefaßt werden können, zusammengefaßt werden in einer Form, daß sie losgelöst werden von der Bindung und dem absoluten Diktat der Besatzungskommandeure in den einzelnen Zonen. Und ein Weiteres. Wir müssen doch wenigstens allmählich wieder den Anfang einer deutschen Souveränität, wenn auch beschränkt, auf ein regionales Gebiet, bekommen. Wir müssen das schon bekommen, weil wir doch in das internationale Spiel eingeschaltet werden müssen, nicht bloß staatsrechtlich, nicht bloß diplomatisch, das ist im Augenblick gar nicht wichtig. Aber wirtschaftlich! Wir müssen doch wieder Gesprächspartner werden, und das haben wir in Koblenz meines Erachtens absolut klar und eindeutig ausgesprochen, daß wir diese Konstruktion wollen und daß wir diese Konstruktion als ein Provisorium bezeichnen und für ein Provisorium halten. Und was bleibt nun übrig? Wir können uns bei all den Konstruktionen — wir haben das doch deutlich genug gefühlt und deutlich genug gemerkt — immer nur in den Grenzen bewegen, die uns die Besatzungsmädite lassen, also im Rahmen der Vollmachten; und wenn uns Vollmachten erteilt werden und man uns dabei bis zu einem gewissen Grade unter einen gewissen Drude setzt, müssen wir uns überlegen: sollen wir uns nun etwa, um etwas zu erreichen, auf den Standpunkt stellen: entweder alles oder nichts? Oder sollen wir bis zu einem gewissen Grade nachgeben; und das Nachgeben, meine Herren, ist uns in dem Falle doch von den 224
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Besatzungsmächten bisher nicht allzu schwer gemacht worden. Sie verlangen von uns formale Konzessionen, die keineswegs die Sache in irgendeiner Form ändern. Ich bin persönlich der festen Überzeugung, daß wir keine wesentliche Änderung in dem eintreten lassen, was wir in Koblenz besprochen haben. Ich möchte audi zu dem, was Herr Kollege Sdimid sagte, einige Ausführungen machen. Lassen wir doch die Klammerbezeidmung weg, diese vorläufige Verfassung. Die Erklärung, die darin liegt, gibt dem Grundgesetz eine ganz andere Bedeutung. Nein, so ist es nicht, sondern die Verschiedenartigkeit der Auffassung liegt einmal in der verschiedenen Auffassung der rechtlichen Begriffe bei den Amerikanern, den Engländern und bei uns. Denn für uns ist eben ein Grundgesetz eine vorläufige Verfassung. Niemand von uns kann das anders verstehen. Wenn wir sagen „vorläufige Verfassung", dann heißt das nicht, das ist etwas ganz anderes. Für mich ist ein Grundgesetz ein staatsrechtliches Gesetz, das zunächst einmal die Regeln für das Zusammenspiel einer staatlichen Organisation festlegt, und zwar nicht endgültig festlegt, sondern zunächst einmal festlegt in einer Form, daß auch wirklich die Grenzen abgegrenzt sind. Es ist also das, was in Klammern steht, eine Erklärung für die Leute, die rechtlich anders denken, die in einer ganz anderen Atmosphäre leben, eine Erklärung, um ihnen klar zu machen, was wir darunter verstehen. Wenn es Ihnen gelingt, den Alliierten klar zu machen, unser Grundgesetz ist ganz genau dasselbe was ihr wollt, nämlich eine vorläufige Verfassung, so bin ich damit einverstanden, daß wir diese Klammerbezeichnung weglassen. Nur über eines müssen wir uns heute schon klar sein: Wenn Sie nun darauf bestehen, daß eine solche erläuternde Bemerkung, die für die Besatzungsmächte das klar macht, was für uns klargestellt werden muß, unterbleibt, sollen wir an der Beifügung oder Nichtbeifügung dieser Bezeichnung etwa die ganze Sache scheitern lassen? Meine Herren, diese Frage aufwerfen, heißt sie bereits verneinen, denn wenn wir bereit sind, das Referendum anzunehmen, obwohl hier Verschiedenheiten der Auffassung bestehen, wenn wir es annehmen, um die Sache nicht scheitern zu lassen, kann man an einer solchen ja nur erklärenden Weisung wohl das Ganze nicht scheitern lassen. Noch ein Wort zur Begründung, warum wir über das Referendum die Landtage entscheiden lassen wollen. Ich gebe dem Herrn Kollegen Maier recht. Die Begründung, warum wir das Referendum ablehnen, müssen wir mitteilen. Eine Begründung für die Öffentlichkeit kann nur so lauten, daß man sagt: ein Referendum ist eine Sache, die nach außen hin etwas Endgültiges dokumentiert. Das müssen wir den Generälen sehr eindeutig sagen. Daran haben wir ein doppeltes Interesse. Wir wollen aus grundsätzlichen Erwägungen von dem Referendum wegkommen. Wir wollen gleichzeitig die Generäle auf die Gefahren hinweisen, die in einem Referendum liegen unter den Verhältnissen, wie sie heute hier in Deutschland bestehen. Ich würde es für eine Unterlassung schwerster Art halten, wenn wir uns etwa scheuen würden, die Dinge hier beim rechten Namen zu nennen. Eine andere Sache ist die, daß diese Dinge etwa geheim zu behandeln sind. Das ist nicht beabsichtigt, aber was sich gestern hier abgespielt hat, meine Herren, das möchte ich Ihnen doch zur Kenntnis bringen. Zwei oder drei Herren sind zufällig Zeugen davon gewesen, was einer der Zeitungs225
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leute an ein Nachrichtenbüro durchgegeben hat 80 ]. Ich muß sagen, ich bin erstaunt gewesen, über die Kenntnis der Einzelheiten bis in die feinsten Nuancen, die dieser Mann an sein Büro gegeben hat. Ich habe es streng vermieden, den Leuten Einzelheiten zu sagen. Die Generäle haben ausdrücklich den Wunsdi ausgesprochen, daß man in dieser etwas schwierigen Situation vermeiden sollte, Einzelheiten an die Presse bekanntzugeben. Ich muß allerdings auch sagpn-, wenn das hier auch wieder geschieht, dann können wir allerdings wieder verschiedenes Porzellan zerschlagen. Ich muß schon das eine sagen, wenn man sich hier im kleinen Kreise nicht über die Dinge so unterhalten kann, wie es nötig ist, und wenn man die Dinge nicht klar herausstellen darf, dann weiß ich allerdings nicht, wie man eine solche Diskussion führen kann. Die Befürchtungen, die Herr Dr. Maier geäußert hat, daß wir das in dieser Form nicht in die Öffentlichkeit bringen dürfen, teile ich. Die Herren, die gestern abend das angehört haben, sind genau derselben Meinung. Also können wir hier über diese Dinge diskutieren in einer Form, daß wir einmal das zu erreichen versuchen, was wir, glaube ich, unserem Gewissen und unserem Landtag und unserem Volk gegenüber schuldig sind. Können wir das oder können wir es nicht, oder können wir nicht unterscheiden zwischen dem, was in internen Besprechungen ausgesprochen werden muß und zwischen dem, was in die Öffentlichkeit kommt? Bei allem, was in die Öffentlichkeit kommt, ob es in einer Pressekampagne oder in einem Gespräch mit einem Zeitungsmann erörtert wird, besteht die Gefahr, daß es irgendwie propagandistisch verfärbt wird. Hier handelt es sich — und darüber sind wir uns alle völlig einig — um eine sehr ernste Sache, um eine Sache, bei der es eigentlich um nichts mehr und nichts weniger geht, als darum: Sollen wir und können wir wieder zu einem Zustand kommen, der uns die Lebensfähigkeit einigermaßen garantiert? Das ist alles was ich darüber zu sagen habe. Zu dem, was der Herr Kollege Brauer auch zu dem Referendum gesagt hat, würde ich ihm dankbar sein, wenn er uns sagte, ob er der Meinung ist: soll das eine endgültige Entscheidung sein, das wegzustreichen. Wir können und wollen aber nicht an dem Weglassen der Klammerbezeichnung das Ganze scheitern lassen. (Bürgermeister Brauer: Ich glaube, daß die Klammerbezeichnung eine solch unwesentliche Sache ist, daß die Generäle, wenn sie erfahren, was wir damit meinen, durchaus alle Schwierigkeiten aus dem Wege räumen.) — Dazu darf ich nun noch eine Bemerkung machen. Herr Bürgermeister Brauer, Sie sind vielleicht zu viel mit Engländern umgegangen. Sie haben keine Ahnung, wie sehr die Amerikaner auch an solchen Äußerlichkeiten hängen und an solchen Äußerlichkeiten unter Umständen eine ganz wesentliche Sache scheitern lassen. Wir dürfen es nicht unterschätzen, daß die Leute uns ä fonds perdu jahrelang ernähren, daß sie uns Milliarden herüberschicken, daß sie aber unter Umständen absolut ablehnend sind. Die Herren der amerikanischen Zone wer80
) Gemeint ist DENA, das von den Amerikanern gegründete deutsche Nachrichtenbüro. S. dazu Hurwitz, Presse, S. 196 ff.
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den mir Redit geben, wenn man ihnen in einer geradezu lädierlidien Kleinigkeit Schwierigkeiten zu machen versucht. Bürgermeister Brauer: Wenn das der Hauptpunkt sein soll, daß die Sache daran scheitern könnte, daß wir statt „Verfassung" sagen wollen: „Grundgesetz", dann wäre das ja lächerlich. Es wäre geradezu heller Wahnsinn, wenn wir das zum Kardinalpunkt machen wollten. Es handelt sidi nur um eine andere Beurteilung, die ich habe. Wo liegt der Widerspruch? Vorsitzender: Meine Herren, gehen wir doch mit der Zeit etwas sparsamer um. Der wichtigste Punkt ist das Referendum. Wenn in der Frage des Referendums Zugeständnisse gemacht werden sollen, dann machen Sie diese Zugeständnisse. Wenn in der Frage des Grundgesetzes Zugeständnisse verlangt werden, dann machen Sie auch diese Zugeständnisse. In der Vorbesprechung, die wir in Frankfurt mit den Herren Wahrhaftig und Smith gehabt haben81), ist uns bereits mitgeteilt, worden, das Wort „Verfassung" sei im Sprachgebrauch der Amerikaner etwas so Massives, daß es das einzige ist, was sie sehen. Wir wissen ja, daß Grundgesetz und Verfassung das Gleiche sind. Tun Sie ihnen doch den Gefallen. Warum soll man das nicht machen? Es ist die Frage, ob wir hinter „Grundgesetz" in Klammern beifügen wollen „Vorläufige Verfassung". Wenn Sie der Auffassung sind, daß man das dahin ändert, daß man einfach sagt „Vorläufige Verfassung", dann können wir das machen. Es hat keinen Wert, daß wir uns darüber lange streiten. Wichtiger ist der Passus über das Referendum. Wir können nicht wissen, ob nicht eines der Druckstücke, die Uns hier vorliegen, in fremde Hände kommt. Deshalb müssen wir diesen Passus unbedingt ändern. Von den Generalen wird aber gesagt werden: Wenn Sie der Auffassung sind, daß ein großer Prozentsatz des Volkes dagegen ist, diann hat die ganze Geschichte keinen Sinn. Die Amerikaner legen auf die Volksabstimmung den allergrößten Wert. Wenn wir Grund zu der Annahme geben, wir seien deswegen gegen ein Referendum, weil wir die Volksmeinung nicht haben wollen, dann kommen wir überhaupt nicht durch. Wenn Sie das Referendum herausgelassen haben wollen, dann müssen Sie den ablehnenden Standpunkt anders begründen, nämlich mit der Kürze der Zeit und mit der Wichtigkeit usw. Ich möchte das ausdrücklich noch einmal erwähnt haben. Ich glaube, es wird zweckmäßig sein, wenn wir jetzt die einzelnen Punkte nacheinander behandeln. Bürgermeister Brauer: Ich schlage vor, daß wir zunächst das Dokument II "behandeln, bis mein Gegenvorschlag vervielfältigt vorliegt. Ministerpräsident Ehard: Ich möchte vorschlagen, daß wir uns zunächst über das Referendum und über die Begründung unseres ablehnenden Standpunktes in dieser Frage schlüssig werden.
81)
Ein Protokoll dieser Vorbesprechung konnte in der hess. StK nicht nachgewiesen werden. 227
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Ministerpräsident Arnold: Idi bin zunächst der Meinung, daß wir unsere künftigen Tagungen nicht mehr in einem Hause abhalten, in dem die Öffentlichkeit Stunde um Stunde Zutritt hat. Ich unterstreiche vollkommen das, was Herr Dr. Ehard gesagt hat. Wir leiden unter dem Zustande, daß die Öffentlichkeit dauernd Zutritt hat; wir leiden unter dem'Zustande, daß wir Stunde um Stunde umlagert sind von der Presse. Und es trifft zu: Es sind gestern Kommentare herausgegangen, die diese Konferenz sehr wahrscheinlich in ein Zwielicht setzen. Wenn sich das wiederholt, dann werden solche Konferenzen von vornherein arbeitsunfähig, und ich würde nicht in der Lage sein, an solchen Konferenzen weiterhin teilzunehmen. Was die geschäftsordnungsmäßige Behandlung angeht, so halte ich es für praktisch, daß wir den Entwurf der Kommission zugrunde legen. Das, was bis jetzt gegen die vorliegende Formulierung gesagt worden ist, ist nicht sehr erheblich. Zu Punkt 1 besteht praktisch Übereinstimmung. Ebenso zu Punkt 2. In Punkt 3 wird zum Ausdruck gebracht, daß die Ministerpräsidenten entschlossen sind, die ihnen übertragenen Vollmachten wahrzunehmen. Was den Punkt 4 betrifft, so bin ich der Meinung, die Herr Staätsminister Schmid vertreten hat: Man könnte diesen Punkt streichen, weil schon in Punkt 2 die Entschlossenheit der Ministerpräsidenten, die erstrebte Neuregelung so schnell wie möglich zu schaffen, zum Ausdrück gebracht ist. Ministerpräsident Lüdemann: Es erscheint mir angebracht, an die Ausführungen anzuknüpfen, die eben Herr Ministerpräsident Arnold gemacht hat, und Ihnen folgendes mitzuteilen, was ich sonst an die Spitze meiner Berichterstattung zu Dokument II hätte sagen müssen. Ich habe gestern unter Beteiligung einiger Kollegen eine Besprechung mit den Verbindungsoffizieren der drei Besatzungsmächte gehabt. Über dieses Gespräch ist eine Aufzeichnung gemacht worden, die Ihnen vorgelegt worden ist. Sie enthält oben rechts den Vermerk: Vertraulich. In diesem Schriftstück, das aus dem Stenogramm sehr fehlerhaft übertragen worden ist, befinden sich mehrere wichtige Irrtümer82). Das wäre erträglich; man könnte diese Irrtümer berichtigen. Aber dann habe ich mir mitteilen lassen, daß leider etwas schier Unglaubliches vorgekommen ist. Diese Aufzeichnungen sind vervielfältigt worden kurz vor der Abendbrotpause. Die Vervielfältigung ist offenbar erfolgt ohne Aufsicht, und während der Pause ist ein großer Teil der vervielfältigten Stücke entwendet worden. Es besteht kaum ein Zweifel darüber, daß das von der Presse geschehen ist. Es ist das auch von den hier postierten Polizeibeamten beobachtet worden. (Vorsitzender: Ich darf feststellen, daß das nicht zutrifft. Es ist nichts entwendet worden.) — Es ist mir eben von den Beamten berichtet worden. (Vorsitzender: Nein, Nein! Ich habe das gestern abend noch untersuchen lassen).
82
) Die von Staatsrat Wilhelm Apel abgezeichnete und später korrigierte Besprechungsaufzeidinung in: BA NL Brill/9, Bl. 102 ff. Zur endgültigen Fassung s. Anlage III, S. 268.
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— Dann würden meine Bedenken hinfällig sein. Idi bin darüber außerordentlich glüdclich. (Vorsitzender: Es war gestern ein Berichterstatter der DENA anwesend. Idi habe dem Präsidenten der DENA gestern abend erklärt: Wenn das zutreffen sollte, müßte die gesamte DENA sofort von der Tagung ausgeschlossen werden. Es ist in Ordnung!) — Vom Büro ist mir das, was ich gesagt habe, vor zehn Minuten erst mitgeteilt worden. (Landrat Bergner: Von mir nicht! — Vorsitzender: Was ist jetzt Wahrheit und was ist sie nicht? — Regierungsrat Kniesch: Die letzten Feststellungen kenne ich nicht, Herr Ministerpräsident. — Vorsitzender: Also es ist in Ordnung. Der Vertreter der DENA hat unter Ehrenwort erklärt, daß er nichts eingesehen, nichts weggenommen und auch nichts berichtet habe. Er war in das Geschäftszimmer geraten, aus dem die Angestellten gerade herausgerufen worden waren.) — Das ist nur die eine Seite. Sind die fehlenden Stüdce vorhanden oder nicht? (Ministerpräsident Arnold: Wir werden das so bald als möglich nachkontrollieren!) — Mir ist mitgeteilt worden — wahrscheinlich werden sie es morgen in der Presse lesen —, es seien Dutzende von Abzügen verschwunden. Das muß im Büro doch festzustellen sein! Vorsitzender: Der Gegenentwurf Brauer ist eben verteilt worden83). Ich würde deshalb vorschlagen, daß wir jetzt über den Punkt 1 verhandeln. Bitte nehmen Sie beide Entwürfe zur Hand. Ziffer 1. Hier finde ich keinen Unterschied in den beiden Entwürfen. Staatssekretär BriIi: Die Kommission hat Wert darauf gelegt, daß die Verantwortung nicht einseitig von den Deutschen übernommen werden soll, sondern daß diese Verantwortung nur in dem Ausmaße übernommen werden soll, als den Deutschen Rechte zugebilligt werden. Das ist der wesentliche Unterschied gegenüber dem Entwurf Brauer. Das verbessert meiner Meinung nach unsere Situation gegenüber den Generalen. Es ist also, ganz allgemein gesprochen, eine Bestätigung des Standpunktes, den uns die Generale im einzelnen hinsichtlich der Teilung Deutschlands, hinsichtlich der von den Generalen, von den Oberbefehlshabern auch künftig wahrzunehmenden Aufgaben usw. am Montag eröffnet haben. Vorsitzender: Ich stelle fest, daß Punkt 1 in der Fassung des Ausschusses angenommen worden ist. Ziffer 1. — Auch dagegen werden keine Bedenken erhoben. Ziffer 3. Staatssekretär Brill: Wir haben Wert darauf gelegt, daß für den deutschen Vortrag das deutsche Wort „vorläufige" eingesetzt werden soll. Wir wollten 8S
) Text in der Anlage II, S. 266. 229
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dann aber allgemein vorschlagen, daß man diesmal nidit die Unterlassungssünde begeht, nur den deutschen Text vorzulegen und die Übersetzung anderen zu überlassen. Wir werden also einen englischen und französischen Text herstellen lassen, der von unserer Seite autorisiert wird84). Vorsitzender: Ich stelle fest, daß gegen die Fassung des Punktes 3 keine Bedenken bestehen. 4. Der terminologische Unterschied zwischen dem Wortlaut der Dokumente und den Vorschlägen der Ministerpräsidenten findet seine Erklärung nicht in der Verfolgung inhaltlich verschiedener Ziele, sondern nur in einer verschiedenen Auffassung über die anzuwendenden Formen. (Wird genehmigt.) 5. Das Wort „Verfassung" ist absichtlich nicht gebraucht worden, weil weder ganz Deutschland noch eine endgültige Lösung in Frage kommt. Das gewählte Wort „Grundgesetz" wäre wohl zutreffender mit „basic constitutional law" übersetzt worden. Um Zweifel auszuräumen, sind die Ministerpräsidenten bereit, die Fassung: „Grundgesetz" („vorläufige Verfassung") zu wählen. Hier könnte man nach meiner persönlichen Auffassung der Meinung sein, daß, wenn man den englischen Text gewählt hat, man das unten nicht zu wiederholen braucht. Dann würde der Satz „Um Zweifel auszuräumen etc." zu streichen sein. Staatssekretär Brill: Ich darf vielleicht darauf aufmerksam machen, daß der letzte Satz dann aber Verhandlungsgegenstand bleiben muß. Vor allen Dingen wird für den englischen Text die Ergänzung gewünscht. (Bürgermeister Brauer: Ich würde den Satz stehen lassen. Er erleichtert die Verhandlungen.) Ich glaube, es verbessert unsere Position, wenn wir das zum Gegenstand der Verhandlung machen. (Ministerpräsident Ehard: Ich bin auch der Meinung, wenn es eine taktische Maßnahme ist, daß wir es streichen sollten. Wir sind uns aber darüber einig, daß das weiteren Verhandlungen vorbehalten bleibt.) Ministerpräsident Stock: Wir sind uns einig darin, den letzten Satz zu streichen, um ihn bei den Verhandlungen zu verwerten. Im übrigen Punkt 5 genehmigt. Ministerpräsident Arnold: 6. Es besteht Einverständnis darüber, daß die Aufgabe, ein Grundgesetz (vorläufige Verfassung) zu schaffen, dem „Parlamentarischen Rat" übertragen wird. Um das klarzustellen, könnte die Bezeichnung „Parlamentarischer Rat (Verfassungberatende Versammlung)" gewählt werden. (Wird genehmigt.). 84
} Anspielung auf die nur in deutsch erfolgte Übergabe der Koblenzer Beschlüsse (Dok. Nr. 7 sowie Anm. 1); zur engl, und frz. Übersetzung des Aide-Mémoire BA NL Brill/9, Bl. 88 ff.; Dokumente betr. Begründung S. 97 ff.; s. audi Dok. Nr. 12, Anm. 5.
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7. Die Ministerpräsidenten sind sich mit den Militärgouverneuren darin einig, daß die Bestellung dieses „Parlamentarischen Rates (Verfassungberatende Versammlung)" auf Grund eigener Beschlüsse der Landtage erfolgen soll. Die Klammer fällt also weg. Ministerpräsident Stock: Ich darf darauf hinweisen, daß es also jedem Landtag überlassen bleibt. Aber die Herren sind sich doch einig, daß wir ziemlich einheitlich verfahren müssen; Das haben wir in Koblenz zum Ausdrude gebracht. Über die technische Durchführung werden wir noch sprechen. Staatssekretär Brill: Vom redaktionellen Standpunkt möchte ich darauf hinweisen, daß jetzt in allen anderen Ziffern die Klammern gestrichen werden sollen. Das haben wir bereits bei Punkt 6 getan. Punkt 7 wird genehmigt. Ministerpräsident Ariioid: 8. Was den Inhalt des zu schaffenden Grundgesetzes anbelangt, so besteht Einigkeit, daß der Parlamentarische Rat selbst seinen Inhalt festsetzen wird. Soweit die Vorschläge von Koblenz sich über den Inhalt geäußert haben, sollten dadurch lediglich Anregungen gegeben werden. Selbstverständlich werden die Länderregierungen vor dem Parlamentarischen Rat ihre Ansichten vertreten. Punkt 8 genehmigt. 9. Die Ministerpräsidenten sind mit den Militärgouverneuren der Ansicht, daß die Ratifikation des Grundgesetzes auf breiter demokratischer Grundlage erfolgen muß. Diese Ratifikation kann auf direktem oder indirektem Wege vorgenommen werden. Gegen die direkte Befragung des Volkes isprechen folgende Gründe: a) Ein Referendum kann in Deutschland nicht ohne vorhergehenden Abstimmungskampf durchgeführt werden, Es besteht unbestreitbar die Gefahr, daß sich bei einem Referendum alle oppositionellen und destruktiven Elemente trotz der Verschiedenheit ihrer Motive in einem negativen Votum zusammenfinden. Die so entfachte Agitation würde sich naturgemäß auch gegen die Besatzungsmächte wenden und eine Verschlechterung im Verhältnis der Deutschen zu den Besatzungsmächten herbeiführen. b) Das Referendum würde einen großen Zeitverlust bedeuten, der unter den heutigen Umständen unerträglich ist. c) Eine Ablehnimg könnte eine politische und wirtschaftliche Katastrophe in Deutschland herbeiführen, die das begonnene Konsolidierungswerk gefährden würde. Diese Lage könnte bereits durch eine Minorität in einem Drittel der kleinsten Länder verursacht werden. Es ist ernstlich zu prüfen, ob ein solches Risiko eingegangen werden darf. Die Ministerpräsidenten machen deshalb den Vorschlag, die Ratifikation durch die Landtage der einzelnen Länder vornehmen zu lassen. Die Landtage sind die demokratisch legitimierten Vertreter der 45 Millionen Einwohner des amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes. 231
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Für eine Ratifikation durdi die Landtage spricht insbesondere, daß diese die Ratifikation mit überwältigender Mehrheit vornehmen werden. Damit dürfte die Annahme des Grundgesetzes durdi das Volk sichergestellt sein und im Rahmen der Londoner Empfehlungen erfolgen. Ministerpräsident Stock: Meine Herren! Ich bitte, das zu streichen und als Ver Kiel.
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Nr. 17 Sitzung der Planungsgruppe des Ausschusses zur Überprüfung der Landergrenzen Jagdschloß Niederwald, 4. August 1948 BA Z 12/66, Bl'. 60—66. Von Werz abgezeichnetes Kurzprotokoll, vervielfältige Ausfertigung. Inserierter Teil: BA Nachlaß Brill/9, Bl. 431) Anwesend): Zürcher (Baden); Pfeiffer, Holzhausen (Bayern); Meldiers (Bremen); Hansen (Hamburg); Apel, Hüfner (Hessen); Brüning (Niedersachsen}; v. Gumppenberg (Nordrhein-Westfalen); Hermans (Rheinland-Pfalz); Suchan [Vorsitz], Franken, Cülidi (Sphleswig-Holstein); Ulrich, Wittwer (Württemberg-Baden); Renner, Eschenburg, Isenburg (Württemberg-Hohenzollern); Preller (LR. Stuttgart); Bergner, Werz, Lange (Büro d. MinPräs.) [ZUSAMMENSTELLUNG VON VERÄNDERUNGSMÖGLICHKEITEN; AUSSENPOLITISCHE RÜCKSICHTNAHMEN: RHEINLAND-PFALZ UND NORDRHEIN-WESTFALEN; VERFAHRENSFRAGEN]
Beginn der Sitzung: 9.40 [Uhr] In Vertretung des abwesenden Ministerpräsidenten Lüdemann führt Landesdirektor Dr. Suchan den Vorsitz. Prof. Brüning berichtet über die Arbeit des Ausschusses 1 anhand des am Vortage ausgearbeiteten Entwurfes zu einem Katalog von Veränderungsmöglichkeiten2). Staatsminister Dr. Pfeiffer schlägt vor, daß Vertreter der betreffenden Länder sich zu den einzelnen Punkten äußern. Es wird auf ein Wortprotokoll verzichtet. Staatsminister Dr. Pfeiffer regt zu IV des Katalogs an, daß die Länderregierungen aufgefordert werden, dem Büro des Ausschusses alle En- und Exklaven mitzuteilen. Die Länderregierungen sollen dementsprechend gebeten werden, bis zum 18. August 1948 eine Liste der En- und Exklaven unter Angabe der Größe des Gebietes und der Einwohnerzahl zu übersenden und eine Karte beizufügen3). Im Anschluß daran nahmen die Vertreter verschiedener Länder zu den Veränderungsmöglidhkeiten Stellung. [ . . . Aufzählung akzeptierter Änderungsvorschläge zum Katalogentwurf] Staatsminister Dr. Pfeiffer: Wenn man in Erörterungen eintritt, muß man sich darüber klar sein, daß man nicht zu bindenden Abmachungen kommen kann. *) Auf die Anfertigung eines Wortprotokolls wurde lt. Sitzungsprotokoll verzichtet; vgl. Werz an Pfeiffer, Wiesbaden, 11. 9.1948, BA Z 12/10, Bl. 7. 2 ) Entwurf des Katalogs in: BA NL Brill/9, Bl. 31 ff.; zu dem in der Sitzimg endgültig vereinbarten Text s. Anlage S. 312. ') Vgl. das Schreiben des Büros d. MinPräs. an die Länder, mit dem der Katalog übersandt wurde, Wiesbaden, 6. 8.1948 (BA Z 12/10, Bl. 68).
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Landesdirektor Dr. Suchan: Man müßte doch etwas weitergehen und Lösungsmöglichkeiten als Material für die Ministerpräsidenten vorbereiten, was deren Arbeit erleichtern würde. Ministerialrat Hermans erklärte sich für die Aufstellung eines bereinigten Kataloges ohne die von vornherein als unmöglich zu bezeichnenden Kombinationen. Ministerialrat Eschenburg: Es müßte zum Ausdrude kommen, daß hiermit für die Kabinette Material gesammelt wird, anhand dessen sich später die Länder schlüssig werden müssen. Wir können hier nicht streichen, sondern müssen den Katalog vollständig übergeben und den Länderregierungen die Entscheidung überlassen. Ministerialrat Hermans: Die Säuberung des Katalogs könnte so vorgenommen werden, daß zunächst Prioritäten festgestellt werden. Der Ausschuß könnte dann zu jeder vorgeschlagenen Lösung sein Votum abgeben. Landesdirektor Franken: Die für die Beantwortung an die Generäle als reif betrachteten Punkte sollten als solche erklärt und zwischen zeitlicher und politischer Dringlichkeit unterschieden werden. Oberregierungsrat von Gumppenberg: Gemäß Vorschlag Staatsminister Dr. Pfeiffer^] wäre zwischen Nah- und Fernlösungen zu unterscheiden. Staatsminister Dr. Pfeiffer: Ich erkläre hiermit für Bayern, daß es, von Bayern aus gesehen (mit Ausnahme von Lindau, welches kein Problem, sondern nur eine zeitweilige Verwaltungsfrage darstellt), keine Nahaufgabe gibt. Über die Südwestecke ist man sich klar. Wie steht es mit der Frage Rheinland-Pfalz? Soll die Auflösung des Landes Rheinland-Pfalz vorgeschlagen werden? In diesem Falle würden sich verschiedene Probleme ergeben. Daneben besteht die hessische Frage und die Frage Schleswig-Holstein. Der Notlage von Schleswig-Holstein müßte in den nächsten Monaten durch die Solidarität der deutschen Länder abgeholfen werden, sie sollte aber nicht zum Anlaß einer grundlegenden Neuordnung werden. Staatsminister Dr. Pfeiffer wiederholte, daß er für Bayern im Augenblick keine Nahaufgabe festzustellen habe. Die Diskussion über A. 2. und 3. des Kataloges lehne er ab, ebenso eine Diskussion über Rheinland-Pfalz. Falls dieses Problem jedoch angeschnitten werde, sei selbstverständlich die Frage Bayern und Pfalz ein sehr wichtiges Problem. Hierzu habe er nichts weiter auszuführen, da Ministerpräsident Ehard in seiner Rede vor dem Bayerischen Landtag am 30. Juli 1948 darüber eine Erklärung abgegeben habe, die er hiermit den Ausschußmitgliedern zur Verfügung stelle4). Innenminister Renner gab bekannt, daß, nach einem soeben eingetroffenen Telegramm, Staatspräsident Bode gestorben ist 5 ). Der Ausschuß erhebt sich im Gedenken an den Verstorbenen. Der Vorsitzende spricht dem Innenminister Renner das Beileid des Ausschusses aus. Die Sitzung wird unterbrochen. ] S. Bayer. Landtag, Berichte, 30. 7. 1948, S. 1228 ff. ) Bode war am 3. 8.1948 verstorben.
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Nach einer Pause stillägt der Vorsitzende vor, die Ländervertreter möchten sich äußern; dann sollte der Katalog ohne Streichungen weitergeleitet werden. Nach einer Klärung in den Landeskabinetten wäre auf der nächsten Ausschuß-Sitzung weiter zu verhandeln. Innenminister Ulrich: Auf der nächsten Konferenz wird hinsichtlich WürttembergBaden eine wesentlich vereinfachte Fragestellung vorgelegt werden können. Staatsminister Dr. Pfeiffer: schuß zusammenkommen.
Es müßte bei der nächsten Sitzung der Gesamtaus-
Landesdirektor Dr. Suchan: Die nächste Sitzung sollte in einer Woche, möglichst in Schleswig-Holstein stattfinden. Innenminister Renner bezweifelt, daß eine Klärung innerhalb der Kabinette in einer so kurzen Frist möglich sei. Staatsminister Dr. Pfeiffer Tagung abzuwarten6).
empfahl, die Ergebnisse der zweiten Hohenneuffen-
Prof. Dr. Brill stellte die Frage, ob bei der nächsten Besprechung konkretere Vorschläge ausgearbeitet werden sollten, oder ob lediglich die diskussionsfähigen Punkte festzustellen seien. Ministerialrat Hermans: Müssen Vorschläge der Ministerpräsidenten einstimmig sein oder können auch Mehrheitsvorschläge gemacht werden? Oberregierungsrat Don Gumppenberg: Nordrhein-Westfalen ist der Auffassung, daß die Aufrollung der Frage Rheinland-Pfalz so große politische Gefahren in sich birgt, daß Rheinland-Westfalen sich damit nicht einverstanden erklären kann7). Ministerialrat Hermans: Das Land Rheinland-Pfalz legt keinen Wert auf seine Verewigung. Es tritt aber aus gewissen national-politischen Bedenken dafür ein,
*) Die zweite Tagung der südwestdt. Länderchefs fand nicht wie die erste auf dem Hohenneuffen statt (Dok. Nr. 16, Anm. 19), sondern am 14. 8. 1948 in Karlsruhe {Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 111 ff.). 7 ) Nordrhein-Westfalen, „Brennpunkt der innerdeutschen Grenzproblematik", befürchtete durch eine Aufteilung von Rheinland-Pfalz Rüdewirkungen auf den eigenen Zusammenhalt und eine drohende Abtrennung des wegen seiner massierten Industrie wirtschaftlich und politisch krisenanfälligen Ruhrgebietes von den stabileren westfälischen Gebieten. Da eine weitere Vergrößerung des Landes durch die Reg. Bezirke Trier und Koblenz bei den Besatzungsmächten auf schwerste Bedenken stoße, sei es leicht möglich, daß die Reg. Bezirke Aachen und Köln von Nordrhein-Westfalen abgetrennt und mit den Reg. Bezirken Trier und Koblenz entsprechend den frz. Wünschen - zusammengelegt werden könnten. „Damit wäre der linksrheinische Rheinstaat mit stärkster nationalpolitischer Gefährdung geschaffen" und Frankreich am Ziel seiner politischen Wünsche (Vermerke von Gumppenbergs, Düsseldorf, 28. und 30. 7. 1948, HStA Düsseldorf, NW 53-697 b; vgl. auch Hüttenberger, Arnold, S. 169 f.; Dok. Nr. 2, Anm. 13; Dok. Nr. 6, Anm. 34 a; Dok. Nr. 16, Anm. 2 sowie Einleitung, S. XIII f., LXVI ff.).
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daß eine Regelung aufgeschoben wird, bis man deutscherseits unabhängig entscheiden kann 8 ]. Oberlandesgerichtspräsident Dr. Zürcher: Mehrheitsbeschluß der Ausschüsse sollte den Ministerpräsidenten vorgelegt werden. Falls diese nicht zu übereinstimmenden Beschlüssen kommen, werden die Militärgouverneure sich auch nach den Minderheitsstimmen erkundigen. Oberregierungsrat uon Gumppenberg: Der Ausschuß sollte den Ministerpräsidenten empfehlen, hinsichtlich Rheinland-Pfalz vorerst nichts zu unternehmen und hinsichtlich Württemberg-Baden die Ergebnisse vom Hohenneuffen abzuwarten. Vortr. Legationsrat Melcfiers: Es sollte nichts vorgeschlagen werden, was national-politisdie Gefahren mit sich bringen kann. Ministerialrat Eschenburg: Die Schwierigkeit liegt darin, daß die Ministerpräsidenten in Koblenz das Verfahren, aufgrund dessen sie die Vorschläge den Militärgouverneuren vorlegen wollten, nicht festgelegt haben. Wir können nur die Probleme behandeln, in denen sich die beteiligten Länder einig sind. Oberlandesgerichtspräsident Dr. Zürcher: Die Ministerpräsidenten haben die Aufgabe übernommen, neue Ländergrenzen vorzuschlagen. Wenn sie sich eines Ausschusses bedienen, so bedeutet das, daß der Ausschuß ihre Arbeit vorbereiten soll. Die letzte Entscheidung über die Vorschläge haben dann die Ministerpräsidenten. Vortr. Legationsrat Melchers: Keine Bedenken gegen neues Zusammentreten in acht Tagen. Bis dahin könnte die Frage mit den Ministerpräsidenten geklärt werden; vorschlage als Tagungsort Flensburg. Landesdirektor Franken: Mehrheitsbeschlüsse des Ausschusses helfen den Ministerpräsidenten nichts, die wohl zu denselben Mehrheitsbeschlüssen kommen werden wie der Ausschuß. Es besteht dann keine Einigkeit; dies bringt die Gefahr eines Diktats der Besatzungsmächte mit sich. Es ist festzustellen, über welche Fragen man sich im Ausschuß einig ist. B
) Vgl. die Debatten im Landtag von Rheinland-Pfalz (Berichte, 16. 6. 1948, S. 687 ff., 29./30. 7. 1948, S. 861 ff.) sowie den von SPD und CDU am 30.7. 1948 eingebrachten Entsdiließungsantrag, in dem es heißt „... Die Vertreter des Landes Rheinland-Pfalz [haben] bei Verhandlungen über eine definitive Festlegung der Ländergrenzen darauf hinzuwirken, daß alle Länder an der Westgrenze eine ausreichende rechtsrheinische Verankerung besitzen. Auch darf keine Regelung erfolgen, die mittelbar oder unmittelbar eine Isolierung der Pfalz oder der Rühr zur Folge haben könnte. Entsprechend der bisher einmütig bekundeten Auffassung des Landtages, daß das Land Rheinland-Pfalz in seiner gegenwärtigen Form keine befriedigende Endlösung darstellt, hat ein etwaiger Zusammenschluß von einzelnen Teilen des Landes Rheinland-Pfalz mit anderen Ländern außer von kulturellen, sozialen und geschichtlichen Gesichtspunkten vorwiegend von wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszugehen. Dabei ist in erster Linie von dem Willen der infrage kommenden Bevölkerungsteilen auszugehen. Sollte eine für die einzelnen Landesteile verschiedene Lösung nicht durchführbar sein, ist die Gesamtlösung in der Form der Verbindung unseres Landes mit einem der Nachbarländer anzustreben ..." (ebda., S. 875).
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Ministerialrat Hermans: Die Dinge liegen nicht so einfach. Ausschuß kann nicht lediglich eine der vielfältigen Möglichkeiten herausgreifen und als Ausschußbesdiluß den Ministerpräsidenten vorschlagen. W e n n wir felsenfest überzeugt sein könnten, daß aus der Inangriffnahme der Frage Rheinland-Pfalz keine unerwünschten Folgen entstünden, könnte eine Lösung stattfinden. Der Ausschuß sollte Gründe für die Lösung aufzählen und diejenigen, welche gegen eine sofortige Lösung sind, müßten ihre Gründe angeben. Die Entscheidung liegt dann bei den Ministerpräsidenten. Pro/. Gülich: Beunruhigt über den Gang dieser Besprechungen, wir vergeuden unsere Zeit. 1946 sind willkürliche Grenzziehungen vorgenommen worden. Ich habe gestern die großen Unterschiede klargelegt, unter denen wir heute leiden. Nachdem die Generäle erklärten, sie wollten die Ländergrenzen überprüfen, zweifle ich nicht daran, daß sie notfalls mit einem neuen Diktat kommen werden. Warum kommen wir denn nicht zu einer Einigung? Es liegt hauptsächlich am Verfahren. Man hätte gestern über die Referate ausführlich verhandeln sollen. Ich würde einen Fortschritt darin sehen, wenn zu dem Katalog ein weiterer aufgestellt würde, über die zu beschaffenden Unterlagen. Wir wissen über viele Dinge zu wenig. Man kann bestimmte Fragen nur dann entscheiden, wenn man die Auswirkungen der vorgeschlagenen Lösungen kennt. Es wäre sinnlos, eine vorgeschlagene Lösung abzulehnen, wenn man errechnen kann, daß man früher oder später doch zustimmen muß. In einigen Wochen stehen wir wahrscheinlich einem Diktat gegenüber. Die Ministerpräsidenten können es sich nicht leisten, zu erklären, sie seien außerstande, Vorschläge zu machen. Man muß feststellen, wie man weiterkommen kann, zumindest müßten einige Empfehlungen gegeben werden. Beispielsweise könnte man einzelne Dinge durch bestimmte Ländervertreter klären lassen. Landesdirektor Dr. Suchan: Dies wäre sehr nützlich für die Fernziele, aber wir stehen unter Zeitdruck. Die Ministerpräsidenten müssen jetzt Vorschläge machen. Anschließend verlas der Vorsitzende ein Beileidstelegramm an den stellv. Ministerpräsidenten von Württemberg-Hohenzollern, das allgemein gebilligt wurde 9 ). Staatsminister Dr. Pfeiffer: Fernziele und dringliche Entscheidungen werden immer wieder durcheinander geworfen. Zunächst sind wir ein politisches Gremium, das einen bindenden Auftrag erhalten hat. Es sind Fragen zu prüfen, deren Lösung in diesem rush unmöglich ist. Der Planungsausschuß ist als Studiengesellschaft zu betrachten, der Fernziele untersucht; diese sind loszulösen von den Nahzielen. Staatsminister Dr. Pfeiffer
formuliert im Anschluß daran folgende drei Punkte 1 0 ]:
•) Entwurf des von Suciian unterzeichneten Telegramms in: BA Z 12/10, Bl. 23. Im Protokoll Hinweis auf die Anlage mit dem Vorschlag Pfeiffers, der nachfolgend inseriert wird.
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[INSERT DES VORSCHLAGS PFEIFFER] 1. Die drei Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern sind durdi einen vorbereitenden Ausschuß in ihren eigenen Verhandlungen so weit gediehen, daß man von ihnen in Bälde einen Vorschlag erwarten kann, der für die Übernahme durch die Ministerpräsidenten-Konferenz geeignet ist. 2. Die von den Vertretern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gemachten außenpolitischen Darlegungen lassen es als nicht angebracht erscheinen, daß die Ministerpräsidenten-Konferenz den Weiterbestand des Landes Rheinland-Pfalz in Frage stellt. Schon jetzt ist vorauszusehen, daß für eine Aufrollung der Frage RheinlandPfalz auf der Ministerpräsidenten-Konferenz keine Mehrheit erzielt werden kann. 3. Die Notlage des Landes Schleswig-Holstein wurde als sehr groß erkannt; sie kann nach Auffassung des Ausschusses aber nicht Anlaß zu einer sofortigen territorialen Umgestaltung des nördlichen Raumes sein. Der Ausschuß spricht aber, wenn auch unter Überschreitung seiner eigentlichen Zuständigkeit, die Auffassung aus, daß in dieser Notlage dem Lande SchleswigHolstein Gemeinsdiaftshilfe aus der Trizone, mindestens der Bizone, gebracht werden muß. [ENDE DES INSERTS] Dr. Pfeiffei schlug vor, daß man diese drei Fragen zum Kernpunkt der nächsten Diskussion macht, nachdem die Ministerpräsidenten und die Regierungen dazu befragt worden sind 1 1 ). Es müßte ein Tagungsort gefunden werden, der möglichst für alle geeignet ist. [ . . . Verabredung eines baldigen erneuten Zusammentreffens, möglicherweise in Schleswig-Holstein zur Demonstration gesamtdeutschen Willens; vorgesehene Besprechung mit alliierten Verbindungsoffizieren 1 2 )] ANLAGE KATALOG VON VERÄNDERUNGSMÖGLICHKEITEN FÜR DIE LÄNDERGRENZEN IN DEN DREI WESTZONEN13) I. A. Bayern: 1. Jetziger Zustand einschließlich Lindau 2. Bayern-Bayrisch/Schwaben " ) Vgl. die entsprechende Kabinettsvorlage Arnolds vom 5. 8. 1948 (HStA Düsseldorf, NW 53-697 b). n ) S. Dok. Nr. 18. 13) Ausfertigung als Drucks. 21 des Büros d. MinPräs. in: BA Z 12/10, Bl. 71 ff. 312
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3. Bayern-Nordwestecke (Asdiaffenburg etc.] 4. Bayern + Rheinpfalz B. Württemberg/Hohenzoliern,
Baden,
Württemberg/Baden:
1. Wiederherstellung der beiden früheren Länder Württemberg einerseits und. Baden andererseits unter gleichzeitiger Eingliederung der beiden hohenzollerischen Kreise an Württemberg; 1. a) Regelung wie zu 1. mit gleichzeitiger Ausgliederung der Kreise Hechingen und/oder Sigmaringen an Baden; 2. Vereinigung der Länder Württemberg/Baden, Württemberg/Hohenzoliern und Baden; 3. Vereinigung der beiden Länder Württemberg/Baden und Württemberg/ Hohenzollern; 4. Zusammenfassung der Länder Württemberg/Hohenzoliern und Baden mit dem evtl. Ziel eines späteren Zusammenschlusses mit Württemberg/ Baden; 5. Regelung wie zu 1. bzw. 1. a) mit gleichzeitiger oder späterer Angliederung der Pfalz an Baden; 6. Regelung zu 2. mit gleichzeitigem Anschluß der Pfalz an den neuen württembergisdi/badischen Gesamtstaat; 7. Zusammenfassung der Länder Württemberg/Baden, Württemberg/Hohenzoliern, Baden (ausdrücklich beschränkt auf den alemannischen Staat des alten Badens), des bayerischen Regierungsbezirks Sdiwaben und des Kreises Lindau zu einem Schwäbisch-Alemannischen Staat (Vorschlag Otto Feger „Schwäbisch/Alemannische Demokratie"); C. Saargebiet: 1. Jetziger Zustand als deutsches Land; 2. Saargebiet an Rheinland-Pfalz unter Berücksichtigung der unter D. gemachten Vorschläge. D.
Rheinland/Pfalz: 1. 2. 3. 4. 5.
Jetziger Zustand; Im Ganzen an Hessen; Im Ganzen an Württemberg/Baden; Im Ganzen an Nordrhein/Westfalen; Aufteilung: a) Rhein/Pfalz: aa) an Bayern bb) an Hessen cc) an Württemberg/Baden b) Rheinhessen: aa) an Rhein/Pfalz bb) an Hessen 313
26 Parlament. Ret
Nr. 17 • 4. August 1948 c) Montabaur: aa) an Hessen bb] an Nordrhein/Westfalen d) Koblenz/Trier an Nordrhein/Westfalen. E. Hessen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. . 7. 8. 9. 10. F.
Nordrhein-Westfalen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
G.
Jetziger Zustand Hessen + Rheinpfalz Hessen + Rheinpfalz + Montabaur Hessen + Rheinpfalz + Montabaur + Rheinhessen Hessen + Rheinland-Pfalz Hessen + Montabaur + Rheinhessen Hessen — Nordkassel (Reg.Bez. Kassel) Hessen — Hessen/Nassau Hessen -I- Bayerische Nordwestedce Hessen + Mannheim/Heidelberg
Jetziger Zustand Nordrhein/Westfalen + Rheinland/Pfalz Nordrhein/Westfalen + Koblenz/Trier Nordrhein/Westfalen + Koblenz/Trier + Montabaur Nordrhein/Westfalen + Teile R. B. Osnabrück Nordrhein/Westfalen — Teile R. B. Detmold — Tecklenburg Aufteilung: a) R. B. Köln/Aachen, Düsseldorf linksrheinisch + Koblenz/Trier b) Westfalen + R. B. Düsseldorf rechtsrheinisch c) Frühere Nordrhein/Provinz, frühere Provinz Westfalen unter Berücksichtigung der Möglichkeiten F. 2 bis 6.
Niedersachsen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Jetziger Zustand Niedersachsen — Teile R. B. Osnabrück Niedersachsen + Teile R. B. Detmold + Tecklenburg Niedersadisen + Bremen Niedersachsen + Bremen + Hamburg Niedersachsen + Bremen + Hamburg + Schleswig/Holstein Niedersachsen + Schleswig/Holstein Niedersachsen — R. B. Lüneburg und Stade soweit Wassereinzugsbereich der Elbe.
H. Bremen: 1. Jetziger Zustand 2. Bremen + Niedersachsen vergl. G 314
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J. Hamburg: 1. Jetziger Zustand 2. Hamburg + Schleswig/Holstein vergl. K 3. Hamburg + Niedersachsen vergl. G K.
Schleswig/Holstein: 1. 2. 3. 4.
Jetziger Zustand Schleswig/Holstein + Schleswig/Holstein + Schleswig/Holstein + Wassereinzugsbereich
Hamburg Niedersadisen vergl. G R. B. Lüneburg, R. B. Stade und Hamburg soweit der Elbe.
Allgemeine Bemerkungen II. Verschiedene vorliegende Verwaltungsgrenzen nicht genommen, auf sie wird schläge Lüdemann, Brill, onym)14).
jüngst aufgestellte Gesamtpläne, die die bisherigen berücksichtigen, sind in diesem Katalog nicht mitaufgesondert verwiesen. Es handelt sich um die VorHartmann und Reger sowie den 5-Länderplan (anIII.
Es besteht übereinstimmende Auffassung darüber, daß eine organische Lösung nur unter Einbeziehung der Länder der Ostzone möglich ist. Auf diesbezügliche Vorschläge wurde bewußt verzichtet; festzuhalten sind jedoch folgende Probleme: Schleswig/Holstein/Mecklenburg; Niedersachsen/Sachsen/Anhalt; Hessen/ Thüringen; Bayern/Thüringen. IV. Sämtlichen Regierungen sollte empfohlen werden, in wechselseitigem Einvernehmen alle En- und Exklaven zu beseitigen. V. Zahlreiche Einzelfragen mehr lokalen Charakters, die einzelne Kreise oder Gemeinden betreffen, sind in diesem Katalog nicht berücksichtigt, für sie wird später Einzelbehandlung bzw. interne Regelung zwischen den beteiligten Ländern empfohlen. " ) Zu den erwähnten Vorschlägen von Lüdemann, Brill, Reger und dem Fünf-Länder-Plan Dok. Nr. 16; Dr. Helfried Hartmann, Mitarbeiter des Dt. Büros für Friedensfragen, hatte am 26. 6. 1948 einen Vorschlag zur Neuabgrenzung der Länder den acht Regierungen der Bizone zugesandt (HStA Düsseldorf, NW 53-656; vgl. auch Dok. Nr. 5, S. 43 ff.).
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Nr. 18 Besprechung von Mitgliedern des Aussdiusses zur Überprüfung der Ländergrenzen mit alliierten Verbindungsoffizieren Frankfurt, 5. August 1948 BA Z 12/10, Bl. 36—39. Von Suchan, Hermans und Wittwer unterzeichnetes Kurzprotokoll, vervielfältigte Ausfertigung Anniesend: Simons (amerik. MilReg.); Marecco (brit. MilReg.); Lefebvre de Laboulaye (frz. MilReg.]; Hermans (Rheinland-Pfalz); Sudian (Schleswig-Holstein); Wittwer (WürttembergBaden) ; [MODALITÄTEN EINER LÄNDERNEUGLIEDERUNG: TERMINVERLÄNGERUNG, ABSTIMMUNGSVERFAHREN, RHEINLAND-PFALZ]
[Beginn: 18.00 Uhr] 1. Frage: Wird der Zeitpunkt zur Abgabe der Vorschläge hinausgeschoben? Antiuort: Ja, etwa entsprechend dem Lüdemannsdien Vorschlag1]. Eine genaue schriftliche Mitteilung erfolgt in den nächsten Tagen2). Da die Hinausschiebung des Termins nur eine kurze Zeitspanne umfassen wird, wird erwartet, daß die Arbeiten des Ausschusses ohne Verzögerungen fortgesetzt werden. 2. Frage: Wenn die Ministerpräsidenten vorschlagen, daß beispielsweise Württemberg und Baden vereinigt werden, welche Folgen wird das für die Frage der Besatzung und der Militärregierung dieser beiden Länder haben, und können sich darüber hinaus audi Folgen für andere Länder ergeben? Antworten: a) Die Ministerpräsidenten sollen ohne Rücksicht auf etwaige Konsequenzen ihre Vorschläge machen. b) Die Militärregierungen können ihre Ansichten erst nach Prüfung der deutschen Vorschläge bekanntgeben. c) Wenn die Bevölkerung der beteiligten Gebiete Vorschlägen der Ministerpräsidenten zustimmt, werden von den Militärregierungen keine Einwendungen dagegen erhoben werden. ») S. Dok. Nr. 13, S. 275. ) S. Dok. Nr. 19. Clay hatte sich schon am 27. 7. 1948 bereit gezeigt, die dt. Wünsche nach einer Fristverlängerung zu unterstützen: „This is a question which was of particular interest to the French and I would like authority to go along with whatever extension of time the French are willing to accept" (Clay an Departement of the Army, 27. 7. 1948, ForRel. 1948, II, S. 413). Daraufhin stimmte die amerik. Regierung, vorbehaltlich brit. und frz. Einwilligung, einer Terminversehiebung zu, obwohl sie befürchtete, daß die Franzosen nun versuchen würden, den Termin für den Zusammentritt des PR hinauszuschieben (ForRel. 1948, II, S. 413, Anm. 1 und Murphy an Secretary of State, Berlin, 14. 8. 1948, ebda., S. 415). Die frz. MilReg. hatte inzwischen die Deutschen ebenfalls vertraulich über das Entgegenkommen ihrer Regierung in der Terminfrage informiert (Vermerk Bergners über eine Besprechung mit de Laboulaye, Wiesbaden, 29. 7. 1948, BA Z 12/8, Bl. 158).
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3. Frage: Gibt es alliierte Vörsdiriften für das Abstimmungsverfahren? Antwort: Ja3), die Fragestellung bestimmen die Ministerpräsidenten. Das Beispiel Württemberg-Baden ist nicbt glücklich, weil hier drei bisherige Länder zusammengeführt werden sollen und deshalb diese drei Länder betroffen sind und insgesamt über dieselbe Frage abstimmen müssen. Würde aber z. B. Lippe von Nordrhein-Westfalen zu Niedersadisen kommen sollen, dann würde nur die Bevölkerung von Lippe abstimmen müssen. Eine Ausnahme wurde in London hinsichtlich des Landes Nordrhein-Westfalen festgesetzt. Für den Fall einer Änderung in Nordrhein-Westfalen erfährt der Begriff „betroffene Bevölkerung" eine andere Auslegung, die bekanntgegeben wird, wenn die Frage akut wird, (siehe auch Frage 4)). 4. Frage: Rheinland-Pfalz. Wie werden sich die Gouverneure verhalten, wenn das Land Rheinland-Pfalz wegfallen soll? Antroort: Frankreich würde dem Wegfall von Rheinland-Pfalz widersprechen, falls Nordrhein-Westfalen unverändert bliebe. Jede Vergrößerung von Nordrhein-Westfalen würde vermutlich nicht nur ein Veto der französischen, sondern auch der anderen Militärregierungen nach sich ziehen4). Bei jeder Veränderung von Nordrhein-Westfalen treten die erwähnten besonderen Modalitäten in Kraft. Frage: Würde ein Gesamtanschluß des jetzigen Landes Rheinland-Pfalz an eines der beiden anderen Nachbarländer ähnliche Folgen haben? ) Annex F des Report of the London Conference on Germany, Reorganisation of the Laender, 26. 5. 1948 (ForRel. 1948, II, S. 306 f. und Bericht des Botschafters Douglas an Secretary of State über die informelle Besprechung vom 12. 5. 1948 in London, ebda., S. 239. Zu den Abstimmungsmodalitäten bei einer Aufteilung Nordrhein-Westfalens Dok. Nr. 27, S. 420). 4) Bereits auf der Londoner Konferenz (Dok. Nr. 1) war verabredet worden, daß im Falle einer Vergrößerung Nordrhein-Westfalens durch die südlichen Rheinlande (Koblenz und Trier), „Military Governors should veto proposal unless there were general policy agreement that Western Germany consist of few large states" (ForRel. 1948, II, S. 239 und S. 379). Ähnlich hatten sich bereits die MilGouv. geäußert: „Robertson: im Falle der Auflösung von Nordrhein-Westfalen: 1. Trennung Rheinland von Westfalen bedingt Volksbefragung. Mehr als 5 0 % der Bevölkerung des zu befragenden Landesteils müssen sich für die Auflösung aussprechen. Alsdann Befragung des gesamten Landes, wobei sich mehr als 33 %> der Gesamtbevölkerung für die Auflösung aussprechen müssen. 2. Wenn Nordrhein-Westfalen bestehen bleibt und durch Koblenz und Trier erweitert wird, dann werden (da ein solches Land zu groß ist) die drei Oberbefehlshaber ein Veto einlegen, oder es müßte in Deutschland ein weiteres gleich großes Land geschaffen werden. Clay: Er wünsche kein größeres Bayern. Koenig: Eine Auflösung von Rheinland-Pfalz kommt nur infrage, wenn gleichzeitig Nordrhein-Westfalen aufgelöst wird. Diesen Fall nimmt Frankreich nur an, wenn die alte Rheinprovinz ohne Düsseldorf als ein neues Land gebildet wird mit französischer Besatzung" (Aktennotiz vom 1. 8. 1948, HStA Düsseldorf, NW 53-697 b).
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Antoort: Gegen eine Vereinigung mit Württemberg-Baden oder Hessen dürften voraussichtlich keine Einwendungen zu erwarten sein. Frage: Was gesdiieht, wenn bei einer Abstimmung bei einem etwaigen Anschluß an einen der Nachbarn die Mehrheit des ganzen Landes für den Anschluß, aber in einem geschlossenen Teilgebiet (etwa im Norden] eine klare Mehrheit dagegen ist? Zahlenbeispiel: Mehrheit für den Anschluß 60 — 70 Prozent, aber in dem geschlossenen Landesteil (beispielsweise Koblenz—Trier) 90 Prozent dagegen. Antroort: In diesem Fall ist die Mehrheit des Gesamtlandes maßgebend. Frage: Bedeutet diese Antwort, daß ein Veto der Militärregierungen nur gegen einen Vorschlag der Ministerpräsidenten, nicht aber gegen das Ergebnis einer vollzogenen Abstimmung erfolgen wird? Antroort: Ja. Frage: Was ist zum Beispiel zu erwarten, wenn für Rheinland-Pfalz nur für die südlichen Landesteile ein Vorschlag gemacht würde? Antiuort: Das ist unmöglich. Es darf kein Teil in der Luft hängen bleiben. 5. Frage: Wird erwartet, daß die Vorschläge der Ministerpräsidenten einstimmig gemacht werden oder können auch Mehrheiten- oder Minderheitenvorschläge gemacht werden? Antiuort: Einstimmigkeit wird nicht gefordert. Jedoch ist klar, daß das Mehrheitsvotum die Hauptaufmerksamkeit auf sich zieht. Frage: Würden sich in einem solchen Fall die Gouverneure zu einer Rüdefrage an die Ministerpräsidenten veranlaßt sehen? Antwort: Nein. Sie würden entweder einen Vorschlag annehmen oder ablehnen, aber auf keinen Fall eigene Vorschläge machen. 6. Frage: Der Ländergrenzenausschuß hat die Absicht, anzuregen, die jeweils beteiligten Länder möchten sich über die Beseitigung von En- und Exklaven in einem gewissen Zeitraum jetzt verständigen. Antwort: Das ist zuwenig. Die Gouverneure sind entschlossen, das Bestehenbleiben solcher Gebilde vom Inkrafttreten der Verfassung ab nicht mehr zu dulden. Sie erwarten, daß die Ministerpräsidenten selbst rechtzeitig die notwendigen Vorschläge machen. Weitere Frage: Sind bei der Beseitigung solcher Gebilde ebenfalls Abstimmungen der betroffenen Bevölkerung notwendig? Antwort: Nein. Hier sind keine Abstimmungen erforderlich, ebensowenig, wenn Länder kleinere Grenzberichtigungen (Flurbereinigungen) vornehmen, z. B. eine jetzt getrennte Gemeinde wieder vereinigen wollen. Von den Verbindungsoffizieren wurde keine sachliche Frage gestellt, sondern nur um Auskunft über den Fahrplan der Ausschußarbeiten gebeten. Auch dabei wurde der Wunsch nach beschleunigter Weiterführung der Ausschußarbeiten zum Ausdruck gebracht. [Ende: 19.00 Uhr] 318
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Nr. 19 Besprediung einer Delegation der Ministerpräsidenten mit alliierten Verbindungsoffizieren Frankfurt, 12. August 1948 BA Z 12/10, Bl. 44—48. Von Stock unterzeichnetes Kurzprotokoll Bergners vom 15. 8.1948, vervielfältigte Ausfertigung (Drucksache Nr. 27 des Büros d. MinPräs.)1) Anwesend: Litchfield, Simons2) (amerik. MilReg.); Chaput de Saintonge [Vorsitz] (brit. MilReg.); Lefebvre de Laboulaye [frz. MilReg.)3); Stock, Apel (Hessen); Arnold, Spiecker, Katzenberger (Nordrhein-Westfalen); Altmeier, Haberer (Rheinland-Pfalz); Bergner (Büro d. Min.Präs.) [Beginn: 17.00 Uhr] 4 ) Die .Besprechung fand unter dem Vorsitz des britischen Verbindungsoffiziers Mr. Chaput de Saintonge statt. Er bemerkte einleitend, daß der Wunsch beistehe, mehrere Punkte, die sidi aus den Frankfurter Dokumenten5) ergeben, zu besprechen6). PUNKT 1 [VERLÄNGERUNG DER TERMINE FÜR DIE LÄNDERNEUGLIEDERUNG] Es wurde den deutschen Teilnehmern ein Schriftsatz überreicht, der eine Abänderung des Dokuments II vorsieht und folgenden Wortlaut hat: „Die Militärgouverneure haben ihre Regierungen befragt und sind einverstanden, das Erfordernis fallen zu lassen, wonach die Empfehlungen für Grenzänderungen, falls nicht von den Militärgouverneuren mißbilligt, der Bevölkerung der betroffenen Gebiete spätestens zu dem Zeitpunkt vorgelegt werden müssen, an dem die Mitglieder der Verfassunggebenden Versammlung gewählt werden. ') Stock ließ sidi die offensichtlich von Bergner gefertigten Protokollentwürfe (BA Z 12/8, Bl. 137 ff.) über die Besprechung zur Korrektur vorlegen (Aktenvermerk von Rakette, 14. 8: 1948, BA Z 12/35, Bl. 293), ehe die korrigierte Protokollausfertigung als Umdruck am 17. 8. 1948 an die Länder versandt wurde (BA Z 12/10, Bl. 43). Hinsichtlich der von Stock vorgenommenen Korrekturen s. Anm. 13 a. *) Simons fungierte als Dolmetscher. *) Nach amerik. Angaben war die 'frz. Seite nicht nur durch .Laboulaye, sondern auch durch Major Joos vertreten (ForRel. 1948, II, S. 415, Anm. 1). 4) Nach einer von Wahrhaftig (amerik. MilReg.) erteilten Voratisinformation sollte die Konferenz um 17.00 Uhr stattfinden (Vermerk Brills, Wiesbaden, 6. 8. 1948, BA Z 12/8, Bl. 152). 5) Dok. Nr. 4. 6) Chaput de Saintonge hatte bereits am 27. 7. 1948 Bergner wissen lassen, daß er sich mit den MinPräs. über gewisse Begriffe wie Verfassung, Grundgesetz, Parlamentarischer Rat, unterhalten wolle; der Termin wurde von Wahrhaftig am 6. 8. festgesetzt (Aktenvermerk Bergners, Wiesbaden, 27. 7. 1948, BA Z 12/8, Bl. 162 ff. sowie Vermerk Brills, Wiesbaden, 6. 8.1948, ebda., Bl. 152). 319
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Nichtsdestoweniger müssen die Ministerpräsidenten ihre Vorschläge so rechtzeitig vorlegen, daß die Bevölkerung der betroffenen Gebiete befragt werden kann und daß die Ministerpräsidenten imstande sind, die nötigen Schritte für die Wahl der Landtage derjenigen Länder, deren Grenzen geändert worden sind, zu unternehmen, ehe die Verfassung zur Ratifizierung vorgelegt wird. Auf alle Fälle müssen die Vorschläge der Ministerpräsidenten für Grenzänderungen den Militärgouverneuren vor dem 15. Oktober 1948 vorgelegt werden."7) Mr. Chaput de Saintonge stellt dazu fest, daß es sich um eine Abänderung des Dokuments II hinsichtlich des Zeitplans für die Veränderung der Ländergrenzen handele. Vorschläge der Ministerpräsidenten für Grenzänderungen seien nunmehr den Militärgouverneuren vor dem 15. Oktober 1948, jedoch nicht später, vorzulegen. Ministerpräsident Arnold erklärte zunächst nach dieser Eröffnung: Wir nehmen das Dokument zur Kenntnis. Ministerpräsident Stock gab dann dem Verbindungsoffiziere bekannt, welche Fortschritte inzwischen in der Frage der Neuregelung der Ländergrenzen erreicht wurden. Er wies darauf hin, daß die Vereinigung Württemberg-Baden als sicher angesehen werden könne8). Im Hinblick auf dieses Ergebnis könnte der Termin eingehalten werden. Weitere Überlegungen deuteten darauf hin, daß eine Gesamtlösung der Ländergrenzenfrage erfolgen müsse. Bis zum 15. Oktober allerdings könnte das nicht geschaffen werden. Er halte es für zweckmäßig, wenn in der neuen Verfassung eine Bestimmung vorgesehen werde, die eine spätere Regelung ermögliche9). Dabei sei ihm bekannt, daß von Alliierter Seite diese Möglichkeit sehr stark abgelehnt werde. Im Dokument II sei gesagt worden, was geschaffen werde, solle Geltung bis nach dem Friedensschluß haben. Die Auffassung, so erklärte der Ministerpräsident, die er hier vertrete, sei seine persönliche, er könne im Namen der übrigen Ministerpräsidenten eine Erklärung nicht abgeben. Ministerpräsident Altmeier erklärte, es handele sich in der Tat um die Reihenfolge der Ländergrenzenregelungen bis zum 15. Oktober. Audi er vertrete die Meinung, in der neuen Verfassung solle eine Verfahrenbestimmung aufgenommen werden über die Frage der Länderneuregelung. ) Über die Haltung der alliierten Gouverneure zur Terminfrage Dok. Nr. 18, Anm. 2. e ) Offensichtlich war Stodc infolge des Ergebnisses der Verhandlungen der südwestdt. Reg.Chefs auf dem Hohenneuffen am 2. 8. 1948 und der Entschließungen des Zehneraussdiusses in Karlsruhe am 10. 8. 1948, die dem Büro der MinPräs. vertraulich mitgeteilt wurden, zu dieser optimistischen Lagebeurteilung gekommen, gegen die Wohleb jedoch protestierte (vgl. Klaiber an Bergner, Frankfurt, 13. 8. 1948, nebst Übersendung der Entschließungen, HStA Düsseldorf. NW 53-697 b; FS Wohlebs vom 16. 8. 1948 ebda.; zu den Verhandlungen vgl. Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 106 ff.). •) Vgl. Art. 29 GG, Bonner Kommentar, II, Art. 29. 7
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Mr. Litdifield wies darauf hin, daß eine breitere Aussprache über das Problem der Neuregelung der Ländergrenzen in dieser Sitzung nidit beabsichtigt sei. Es sollten von den deutschen Herren Fragen gestellt werden, die das vorgelegte Dokument (Abänderung des Dokuments II) betreffen. Ministerpräsident Arnold: Danach wäre nur zu klären, ob bis zum 15. Oktober Ländergrenzenänderungen durchgeführt werden können oder nicht. Mr. Chaput de Saintonge: Was von Ihnen erwartet wird, ist in der Tat eine Erklärung, ob Grenzänderungen bis zum 15. Oktober möglich sind und ob Sie entsprechende Vorschläge machen können. Ministerpräsident Arnold: Das halte ich für möglich. Ministerpräsident Altmeier: In Einzelfällen wird das möglich sein, für die Gesamtregelung dagegen nicht. Ministerpräsident Arnold fragt, ob schon eine Entscheidung darüber gefallen ist, ob die Verfassung von den Landtagen ratifiziert werden könne oder nicht. Mr. Litchfield erwidert darauf, daß er es für möglich halte, daß, nachdem die Länder empfohlen hätten, von dem Referendum abzusehen, die ursprüngliche Entscheidung der Militärgouverneure geändert werden könnte10]. PUNKT 2 BEGRIFF „GRUNDGESETZ"
Mr. Chaput de Saintonge weist darauf hin, daß bei der letzten Besprechung mit den Militärgouverneuren am 26. 7. 1948 festgestellt worden sei, daß eine Einigung über den Begriff „Grundgesetz" mit dem Zusatz „Vorläufige Verfassung" möglich wäre11). Im Pressekommunique über die Besprechung sei auch der Begriff „Grundgesetz" (Vorläufige Verfassung) und Parlamentarischer Rat (Verfassunggebende Versammlung) enthalten. Kann ich fragen, ob dieses so bleibt? Ministerpräsident Arnold bejaht diese Frage und erklärt, man werde sagen „Grundgesetz (Vorläufige Verfassung)". Mr. Chaput des Saintonge weist darauf hin, daß in dem Gesetzentwurf über die Wahl zum Parlamentarischen Rat und in dem dazugehörigen Protokoll der Begriff „Vorläufige Verfassung" nicht enthalten sei. Dieses Gesetz wäre bereits in einigen Ländern angenommen worden. Wenn in dem erwähnten Protokoll der
) Während Franzosen und Briten ohne Vorbehalte bereit waren, der dt. Forderung nach Ratifizierung des GG durch die Landtage zuzustimmen (Vermerk Bergners über Besprechungen mit dem frz. Verbindungsoffizier de Laboulaye, Wiesbaden, 29. 7. 1948, BA Z 12/8, Bl. 158 f.), wollte die amerik. MilReg. zunächst die weitere Entwicklung in Dtld. abwarten, ehe sie von ihrem Standpunkt abzuweichen bereit war (Clay an Department of the Army, Berlin, 27. 7. 1948, ForRel. 1948, II., S. 413). Das hier durch Litdifield bereits angedeutete mögliche amerik. Einschwenken wurde dann ohne offizielle Ankündigung durch die Genehmigung des GG vollzogen (vgl. hierzu auch Dok. Nr. 11, Anm. 34 und 35). " } Dok. Nr. 13, S. 280. 10
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Begriff „Vorläufige Verfassung" aufgenommen würde, so würde das als ausreiß e n d anzusehen sein 12 ). Ministerpräsident Stock wies darauf hin, daß nach der Konferenz vom 26. 7. bei einigen Herren doch wieder Bedenken aufgetaucht seien, den Begriff „Vorläufige Verfassung" aufzunehmen. Es würde für die deutsche Seite eine wesentliche Erleichterung sein, wenn man von der Forderung, den Begriff „Vorläufige Verfassung" zu verwenden, Abstand nehme, Mr. Litchfield bringt zum Ausdruck, daß er von den befürchteten politischen Schwierigkeiten, die den Herren Ministerpräsidenten wegen des Begriffs „Vorläufige Verfassung" entstehen könnten, nicht recht überzeugt sei. In den Landtagen, die man eigentlich als Schauplatz der politischen Schwierigkeiten anzusehen hätte, wäre davon nichts zu bemerken gewesen13). Er mache einen Kompromißvorschlag: Der Begriff „Grundgesetz (Vorläufige Verfassung)" solle in den Verfassungsentwurf aufgenommen werden. Dann wolle man auf. die Beifügung Parlamentarischer Rat („Verfassunggebende Versammlung") verzichten. Dieser Kompromißvorschlag wurde von den anwesenden Ministerpräsidenten zur Kenntnis genommen. PUNKT 3 INDIREKTE WAHL DER ABGEORDNETEN ZUM PARLAMENTARISCHEN RAT, [TAGUNGSORT, BESATZUNGSSTATUT]
Mr. Chaput de Saintonge: Man wünsche zu erfahren, ob bei der indirekten Wahl der Abgeordneten für den Parlamentarischen Rat durch die Landtage auch darauf geachtet werde, daß das wirkliche politische Kräfteverhältnis zum Ausdruck komme. Man wolle sicher gehen, daß ein entsprechendes Verfahren bei der Wahl überall auch automatisch Anwendung finde. Ministerpräsident Arnold: Durch die indirekte Wahl der Landtage muß die Verteilung der politischen Kräfte ihren Ausdruck finden. Ministerpräsident Stock berichtet über die Vereinbarung zwischen SPD, CSU und CDU. Danach ist eine Majorisierung der kleinen Parteien ausgeschlossen131). Vom Büro der Ministerpräsidenten sei ein Schreiben an sämtliche Ministerpräsidenten herausgegeben worden, in dem die Vereinbarung der großen Parteien mitgeteilt worden sei. Bis jetzt wären keinerlei Abweichungen von dieser Vereinbarung festzustellen gewesen14). ) Dok. Nr. 15 mit Anm. 1 und 4. j Dok. Nr. 15, Anm. 8. 1Sa ) In dem offensichtlich von Bergner gefertigten Protokollentwurf folgte hier noch der Satz: „Es seien Strömungen vorhanden, die Kommunisten auszuschließen. Darauf wäre aber nicht eingegangen worden" (BA Z 12/8, Bl. 138-139). Diesen Satz hat Stodc gestrichen (Vermerk Rakettes, Wiesbaden, 17. 8. 1948, BA Z 12/35, Bl. 279). 14 ) Stock stellte im FS an die 11 Länderchefs am 12. 8. 1948 fest, daß er eine Vereinbarung zwischen CDU und SPD zustande gebracht habe. „Danach sollen die Abgeordneten für den Parlamentarischen Rat in den einzelnen Landtagen nach
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Mr. Chaput de Saintonge weist darauf hin, daß nadi den Londoner Empfehlungen15) für die Ermittlung der Gesamtzahl der Abgeordneten das Ergebnis der letzten Volkszählung 1946 maßgeblich sein sollte. Im Gesetz über die Wahl zum Parlamentarischen Rat wäre indessen die fortgeschriebene Bevölkerungszahl vom 1. 7. 1948 vorgesehen. Man wünsche nun, in den Besitz der Bevölkerungszahl vom Stand 1. 7.1948 zu kommen16). Ministerpräsident Stock erklärte, daß man diese Ziffern umgehend zur Verfügung stellen werde. Mr. Chaput de Saintonge fragt an, ob der Sitz des Parlamentarischen Rates bereits feststehe. Man möchte dies gerne wissen, um organisatorische Maßnahmen für die Alliierte Seite treffen zu können. Außerdem erkläre man sich bereit, etwaige Sdiwierigkeiten in dieser Frage mit überwinden zu helfen. Ministerpräsident Stock berichtet über den Stand dieser Angelegenheit. Es seien die Vorarbeiten zur Organisation' des Parlamentarischen Rates in vollem Gänge. Verschiedene Städte hätten sich als Sitz des Parlamentarischen Rates beworben, so Karlsruhe, Frankfurt/M., Celle, Bonn, Düsseldorf und Köln. Es solle beschleunigt unter den Ministerpräsidenten eine Abstimmung für die Festlegung des Sitzes des Parlamentarischen Rates durchgeführt werden17). Ministerpräsident Stock erklärte sodann, es werde wahrscheinlich nötig sein, daß der Ausschuß der Ministerpräsidentenkonferenz für das Dokument III (Besatzungsstatut) seine Arbeit wieder aufnehme!. Dringlich wäre diese Frage insbesondere wegen der Besatzungskosten, mit der sich die Finanzminister wiederholt beschäftigt hätten18). Mr. Chaput de Saintonge: Wir sind nicht in der Lage, Ihre Gegenvorschläge zum Besatzungsstatut zu diskutieren, da diese noch von unseren Regierungen studiert werden19). Ich halte es aber für möglich, daß diese Frage in naher Zeit besprochen werden kann.
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den Wahlergebnissen der letzten Landtagswahl aufgeteilt werden. Beide Parteien haben darauf verzichtet, durdi Mehrheitsbildung einen anderen Aufteilungsmodus zu schaffen. Dieses Übereinkommen fand bereits praktische Beachtung bei den beteiligten Parteien" (BA Z 12/35, Bl. 303; vgl. Dok. Nr. 15, Anm. 6). Dok. Nr. 4. Dok. Nr. 15 mit Anm. 12. Die von den Ländern gemeldeten Bevölkerungszahlen wurden den Alliierten am 18. 8. 1948 mitgeteilt (BA Z 12/8, BI. 125 ff.). Über Bonn als den Sitz des PR wurde am 13. 8. telefonisch abgestimmt, Dok. Nr. 24, Anm. 9. Vgl. Dok. Nr. 24 sowie über das Ergebnis der Beratungen der Finanzminister das Schreiben Hilperts als Vorsitzender der Konferenz der FMin. der Länder an die MilGouv., Wiesbaden, 25. 8. 1948 (BA Z 12/69, Bl. 232 ff.); Antwortsdireiben Clays an Hilpert, Berlin, 1. 10. 1948 (ebda., Bl. 227 ff.); vgl. die Denkschrift von Gustav von Schmoller, Dt. Büro f. Friedensfragen, Die Besatzungskosten in den drei westl. Besatzungszonen, Stuttgart, 15. 11.1948 (ebda., Bl. 168 ff.). Am 16. 8. 1948 wurde ein Drei-Mächte-Ausschuß (Litchfield, amerik. MilReg., Chaput de Saintonge, brit. MilReg., Sabatier, frz. MilReg.) zur Ausarbeitung eines Besatzungsstatuts gebildet, der jedoch zu keiner Einigung kam, so daß die Arbeiten auf Regierungsebene fortgesetzt werden mußten (ForRel. 1948, II, S. 598 ff. sowie Dok. Nr. 10, Anm. 24). 323
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Ministerpräsident Stock berichtet dann noch über die Arbeit der Verfassungskommission20) und der Kommission für die Neuregelung der Ländergrenzen21). Das Material aus der heutigen Sitzung solle den Kommissionen zugeleitet werden. Mr. Litchfield fragt, warum die Frage nadi der Ratifizierung der Verfassung durch die Landtage jetzt beantwortet werden solle (Ministerpräsident Arnold war zu einem früheren Zeitpunkt darauf eingegangen). Ministerpräsident Arnold: Der Ausfall der Antwort, ob Referendum oder Ratifizierung durch die Landtage, ist für die politische Arbeit der Parteien von Wichtigkeit. Mr. Chaput de Saintonge erklärt: Wir werden die Herren Militärgouverneure von dieser Frage unterrichten und uns um eine rasche Antwort bemühen. Zum Schluß wurde ein gemeinsames Pressekommunique verfaßt. Es hat folgenden Wortlaut: „Die Ministerpräsidenten Stock, Arnold und Altmeier trafen sich heute mit dem französischen, britischen und USA-Verbindungsoffizier, um verschiedene Fragen zu den Frankfurter Dokumenten zu klären. Insbesondere wurde mitgeteilt, daß eine Fristverlängerung für die Vorschläge der Ministerpräsidenten hinsichtlich der Ländergrenzen bis zum 15. Oktober von den Militärgouverneuren eingeräumt worden ist."
Nr. 20 Aufzeichnung über Besprechungen von Mitgliedern des Büros der Ministerpräsidenten mit französischen Verbindungsoffizieren Wiesbaden, 19. August 1948 BA Z 12/8, Bl. 118—119. Von Werz unterzeichnete, als persönlich und vertraulich bezeichnete vervielfältigte Ausfertigung (Drucksache Nr. 34 des Büros d. MinPräs.)1) [AUSWIRKUNGEN DER MOSKAUER VERHANDLUNGEN AUF WESTDEUTSCHLAND; VERHÄLTNIS DEUTSCHLAND - FRANKREICH]
Der französischen Delegation in Frankfurt ist Herr Laioys zugeteilt worden, welcher früher als Botschaftssekretär in Moskau war und später in Berlin Dienst getan hat. In seinem Büro im I. G.-Farbenhaus in Frankfurt/M. fand gestern eine Besprechung statt zum Zwecke einer ersten persönlichen Fühlungnahme. Deutscherseits nahmen Herr Landrat Bergner und der Unterzeichnete teil. Französi) Dok. Nr. 24. ) Dok. Nr. 17 und 18. ') Die Aufzeichnung wurde It. Vermerk Werz' am 27. 8. 1948 den Regierungschefs der 11 Länder sowie Spiecker zur vertraulichen Information zugesandt (BA Z 12/8, Bl. 115). Der Entwurf der Aufzeichnung schließt mit dem später gestrichenen Satz: „Sowohl Herr Laloy wie audi Major Joos waren im übrigen von betonter Zuvorkommenheit und Liebenswürdigkeit" (ebda., Bl. 116 f).
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scherseits war noch Major Joos von der französischen Delegation anwesend. Landrat Bergner unterrichtete Herrn Laloy über die nächsten Konferenztermine und die Vorbereitungen für das Zusammentreten des Parlamentarischen Rates2). Er entwickelte in längeren Ausführungen den deutschen Standpunkt zur gegenwärtigen Lage und legte dar, mit welcher Besorgnis deutsche Kreise die in Moskau laufenden Verhandlungen betrachteten. Er wies insbesondere darauf hin, daß man es deutscherseits doch als schweren Schlag empfinden müßte, wenn etwa, wie gerüchtweise verlautet, einem russischen Verlangen auf Einstellung der gegenwärtig in Westdeutschland laufenden Bestrebungen auf eine gewisse Konsolidierung stattgegeben würde3]. Herr Laloy äußerte, daß er Verständnis für diese deutschen Bedenken habe, daß aber wohl die Hauptsache für Deutschland, ebenso wie für Frankreich, die Erhaltung des Friedens sei. Er halte es nicht für ausgeschlossen, daß die Russen die Bedingung setzen würden, man solle mit den westdeutschen Bestrebungen etwas kürzer treten. Er selbst halte es nicht für schädlich, wenn man in diesen Dingen langsamer vorgehe, als das zur Zeit geschehe, da es sich ja doch um Lösungen handle, die auf lange Sicht brauchbar und gültig sein sollten. Der Kernpunkt der europäischen Frage sei nach seiner Auffassung das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich, was nicht immer genügend berücksichtigt werde4).
) Vgl. Dok. Nr. 21-23 sowie Dok. Nr. 15, Anm. 8 und Dok. Nr. 19, Anm. 14, 17. ) Die Moskauer Botschafter der Westmächte verhandelten seit 2. 8. 1948 mit Stalin und Molotow über eine Aufhebung der Berliner Blockade (Davison, Blockade, S. 195 ff. sowie ForRel. 1948, II, S. 995 ff.), wobei sieh die Westalliierten in der Währungsfrage zu sofortigen Kompromissen bereit erklärten, über ein Hinausschieben der durch die Londoner Beschlüsse eingeleiteten staatlichen Konsolidierung Westdeutschlands - für Stalin die entscheidende Frage (ForRel. 1948, II, S. 1068) - jedoch erst nach Aufhebung der Berliner Blockade verhandeln wollten. Während jedoch Frankreich auch hier auf Einlenken und vorbehaltlose Verhandlungen drängte, hielten die USA am Londoner Konzept fest, da nach Ansicht Clays ein Nachgeben verheerende Folgen für die amerik. Politik haben müsse: „I am convinced that to do so would prove disastrous to our objectives in Germany and in Europe. It is the one thing I can think of which to abandon would be worse than to abandon Berlin" (ForRel. 1948, II, S. 1032). Die auf dt. Seite durch die Moskauer Verhandlungen und die nicht ganz eindeutige westalliierte Haltung entstandene Unsicherheit (Rheinische Post, 14. 8. 1948; Stuttgarter Nachrichten, 31. 8. 1948; Westdt. Zeitung, 11. 10. 1948) suchten die Amerikaner durch die Zusicherung zu zerstreuen, niemand denke daran, die Westdeutschen zu „verkaufen" (Bericht W. Brandts Nr. 85 an PV, Berlin, 17. 8. 1948, Arch. FES, Schumacher J 79).
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) Vgl. die am 10. 8. 1948 einsetzende Artikelserie in der einflußreichen frz. Tageszeitung „Le Monde", die eine enge dt.-frz. Zusammenarbeit als Voraussetzung für eine selbständige, von amerik. Bevormundung unabhängige Weiterexistenz Europas forderte. Diese Artikel galten in Dtld. als vom frz. Außenmin. inspiriert (Westdt. Tageblatt, 11. 8. 1948), was allerdings von Angehörigen der frz. MilReg. bestritten wurde, die sie jedoch als repräsentativ für eine „évolution de la pensée" deuteten, „aus der sich schon im Laufe der kommenden Monate sehr positive Ergebnisse entwickeln könnten" (Bericht W. Brandts Nr. 86 an PV, Berlin, 17. 8.1948, Arch. FES, Schumacher J 79).
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Herr Laloy pflichtete Herrn Bergner bei, der auf die Nützlichkeit deutsch-französisdier Fühlungnahme auch in den nicht von Franzosen besetzten Gebieten hinwies. Er meinte dazu, daß eine Besatzung ja immer Härten und entsprechenden Widerstand bei der unter ihr lebenden Bevölkerung mit sich bringe, so daß ein unbefangenes Gespräch nur schwer zustande komme, und betonte seine Bereitwilligkeit, sich möglichst oft mit deutschen Vertretern über die schwebenden Fragen auszusprechen. In dem Gespräch mit Herrn Laloy war der Eindrudc vorherrschend, daß man französischerseits dem amerikanischen Bestreben, möglichst rasch zu einer größeren Selbständigkeit der nicht unter russischer Besatzung stehenden deutschen Länder zu kommen, wenig Begeisterung entgegenbringt5). Deshalb würde man anscheinend eine durch entsprechenden russischen Druck erzielte Verzögerung nicht so ungern sehen. Dabei mag auch eine gewisse Animosität gegenüber dem Überwiegen des amerikanischen Einflusses in der europäischen Gegenwartspolitik mitsprechen.
Nr. 21 Sitzung des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen Mannheim, 27. August 1948 GStA München, MA 130 028. Nicht gezeichnetes, vertrauliches Kurzprotokoll, vervielfältigte Ausfertigung (Drucksache Nr. 42 des Büros d. MinPräs.}1) Anroesend: Sdiühly, Zürcher, Janz (Baden); Pfeiffer, Holzhausen (Bayern); Meldiers (Bremen); Sieveking (Hamburg); Apel, Hüfner (Hessen); Brüning, von Merkatz (Niedersachsen); von Gumppenberg (Nordrhein-Westfalen); Steffan, Hermans, Haenlein (Rheinland-Pfalz); Lüdemann [Vorsitz], Suchan (Schleswig-Holstein); Ulrich, Wittwer (Württemberg-Baden); Renner, Eschenburg (Württemberg-Hohenzollern); Horstmann (Stat. Amt brit. Zone); Werz, Lange (Büro d. MinPräs.) [VEREINIGUNG DER SÜDWESTDEUTSCHEN LÄNDER; SOD-SCHLESWIG-FRAGE; SCHLESWIG-HOLSTEIN UND DIE NEUGLIEDERUNG NORDWESTDEUTSCHLANDS]
Beginn der Sitzung: 10.30 Uhr Einleitend gibt Ministerpräsident Lüdemann bekannt, daß die Verbindungsoffiziere Gelegenheit zu einer Aussprache am nächsten Morgen in Frankfurt geben wollen. Es besteht im Ausschuß Einverständnis darüber, daß der Vorsitzende, Staatsrat Wittwer und Ministerialrat Hermans an dieser Besprechung teilnehmen werden2). ) Zur frz. Verzögerungstaktik Dok. Nr. 4, Anm. 20; Dok. Nr. 8, Anm. 6; Dok. Nr. 9, Anm. 2 sowie Einleitung, S. XXXV, XLIII f. ') Das Kurzprotokbll dürfte von Werz stammen; Wortprotokoll in: BA Z 12/66, Bl. 72-168. *) Dok. Nr. 22. 5
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Gegen das A n s i n n e n der Verbindungsoffiziere, jeweils Protokolle der Aüsschußsitzungen zu erhalten, w e r d e n grundsätzliche, allgemein geteilte Bedenken erhoben. Die Protpkolle sollen nicht ausgehändigt und in Zukunft so ausführlich als möglich hergestellt werden 3 ). Der Ausschuß nimmt anschließend Berichte über den Verlauf der letzten Besprechungen des Zehnerausschusses über die Bildung eines S ü d w e s t s t a a t e s entgegen 4 ). E s folgen längere Meinungsäußerungen zu dieser F r a g e ; insbesondere wird darüber diskutiert, ob bei der Abstimmung über den Zusammenschluß dem W ä h l e r verschiedene F r a g e n vorgelegt w e r d e n können und wie diese zu formulieren seien 5 ). Der Ausschuß
faßt dann einstimmig folgenden Beschluß:
„1. Der Ausschuß ist der Meinung, daß die L ä n d e r Baden, W ü r t t e m b e r g - B a d e n
*) Von Seiten der amerik. MilReg. war „ziemlich dringlich" der Wunsdi geäußert worden, die Verbindungsoffiziere möglichst eingehend über den Verlauf aller Besprechungen, am besten durch Überlassung von Protokollen, zu unterrichten. „Der Amerikaner ließ dabei durchblicken, daß insbes. die Franzosen noch andere Möglichkeiten besäßen, sich über den Verlauf solcher Besprechungen zu unterrichten. Es läge sicherlich im Interesse einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, wenn die Protokolle jeweils zur Verfügung gestellt würden. Im übrigen seien Amerikaner wie Engländer gerne bereit, jeweils als „vertraulich" bezeichnete Schriftstücke geheim zu halten" (Vermerk von Werz über eine Besprechung mit einem Angehörigen der amerik. MilReg., Wiesbaden, 11. 8. 1948, BA Z 12/8, Bl. 133 f.). - Die Bedenken des Ausschusses, ihre Protokolle in fremde Hand zu geben, wurden am klarsten von Pfeiffer formuliert: das Wesentliche einer solchen Ausschußberatung sei, „daß wir ohne jegliche Hemmung und ohne jegliche taktische Rücksichtnahme usw. unsere Gedanken aussprechen, wobei ganz bestimmte Teile unserer Ansichten nicht zusammenklingen können mit den Ansichten der Besatzungsmächte, deren Interessen j a auch unter sich in verschiedene Richtungen gehen." Die hier behandelten Probleme seien für alle, ob sie nun Anhänger einer vollständigen territorialen Neuorganisation oder einer begrenzten Neuordnung seien, eine „sehr ernste Gewissensfrage". Die Protokolle halten unsere Auffassung vor der Geschichte fest. Deswegen müssen diese Protokolle für die Archive der deutschen Geschichte wirklich lückenlos sein. Sie müssen sehr ins Detail gehen und alles Wesentliche enthalten, um unseren Standpunkt vor der Geschichte festzuhalten, vielleicht einmal zur Rechtfertigung für uns, daß wir das beste gewollt haben" (Wortprotokoll, S. 2 f., s. Anm. 1). ] Uber die Verhandlungen des Zehneraussdiusses in Karlsruhe am 24. 8. 1948 und den Entwurf eines Staatsvertrags unterrichteten Renner und Zürcher, der seine Erklärung über die ablehnende Haltung Badens an die Ausschußmitglieder verteilen ließ (Wortprotokoll, S. 10 ff., s. Anm. 1; Staatsvertragsentwurf auch in: BA Z 12/67, Bl. 69 ff.); zum Gesamtkomplex Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 116 ff. 5 ) Vor allem Baden beharrte strikt auf den beiden Alternativfragen: a) Treten Sie für die Erhaltung Badens als selbständigen Staat unter Wiedervereinigung von Nordbaden und Südbaden ein? b) Treten Sie für eine Verbindung von Württemberg, Baden und Hohenzollern zu einem Staat unter Vorbehalt eigener badischer Rechte nach Maßgabe eines Staatsvertrags ein? (Wortprotokoll, S. 16, 43 ff., s. Anm. 1, und Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 126).
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und Württemberg-Hohenzollern zu einem einzigen Lande vereinigt werden sollten. 2. Der Ausschuß vertraut darauf, daß die Regierungschefs der drei Länder sich über die Maßnahmen zur Herbeiführung der Vereinigung verständigen werden." Dieser Beschluß wird der Presse zur Veröffentlichung übergeben. Außerdem einigt man sich über den Zusatz6): „Dabei ist der Ausschuß der Meinung, daß bei der Fragestellung verschiedene Fragen gestellt werden können." Der Ausschuß befaßt sich nunmehr mit dem Antrag des Süd-Schleswigschen Wählerverbandes auf Bildung eines selbständigen Landes „Süd-Schleswig"7) und beschließt einstimmig: „Der Ausschuß der Ministerpräsidentenkonferenz zur Überprüfung der Ländergrenzen hat den Antrag des Südsdileswigschen Wählerverbandes vom 7. August (3. August) 1948 auf Schaffung eines besonderen von Holstein getrennten Landes Süd-Schleswig, das direkt dem Kontrollrat unterstellt werden soll, zur Kenntnis genommen. Da es die Aufgabe des Ausschusses ist, eine sinnvolle Neugliederung des deutschen Gebietes vorzuschlagen, hält er den Vorschlag auf Neubildung eines kleinen nicht lebensfähigen Landes für indiskutabel. Er ist über den Vorschlag zur Tagesordnung übergegangen." Dieser Beschluß wird der Presse zur Veröffentlichung übergeben. Ministerpräsident Lüdemann schildert die Notlage des Landes Schleswig-Holstein und übergibt den Mitgliedern des Ausschusses eine Denkschrift, welche auf die Notwendigkeit einer territorialen Veränderung in Nordwestdeutschland hinweist und mögliche Lösungen aufzeigt8). In der beginnenden Diskussion wenden sich die Vertreter der außer SchleswigHolstein beteiligten Länder gegen eine Verschmelzung, wobei die Vertreter von •) Dieser Zusatz wurde absichtlich nicht in die Pressenotiz aufgenommen (BA Z 12/67, Bl. 74). 7 ) Der am 5. 8. 1948 von der brit. MilReg. als politische Partei anerkannte SüdSdileswigsche Wählerverband (SSW) hatte am 7. 8. 1948 den Antrag an die drei MilGouv. gestellt, der Errichtung eines selbständigen Landes Süd-Schleswig mit direkter Unterstellung unter den Kontrollrat entsprechend dem am 23. 2. 1948 formulierten Antrag an die brit. Regierung zuzustimmen (Abschrift in: BA Z 12/10, Bl. 49 ff.). Sudian erläuterte dem Ausschuß die Situation in Süd-Schleswig und die Hintergründe des Antrags, der auf eine Eingliederung Süd-Schleswigs in Dänemark hinziele (Wortprotokoll, S. 60 ff., s. Anm. 1). 8 ) Die Denkschrift versuchte nachzuweisen, daß Schleswig-Holstein, wenn es nicht völlig zusammenbrechen solle, schnell und in großem Umfang Hilfe haben müsse, und zwar durch: 1. Entlastung des Landes vom Flüchtlings- und damit vom Bevölkerungsüberdruck 2. Verbesserung der industriellen Standortverhältnisse und der Verkehrssituation 3. territoriale Neuordnung, die Schleswig-Holstein zum Bestandteil eines größeren dt. Landes mache. Als Lösung böten sich hier die Alternativen an: „Vereinigung Schleswig-Holsteins mit Hamburg, Vereinigung Schleswig-Holsteins mit Niedersachsen oder Kombination einer Vereinigung mit einem Teil Niedersachsens mit oder ohne Einschluß von Hamburg" (Wortprotokoll, S. 60, 74, s. Anm. 1).
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Bremen und Hamburg darauf hinweisen, daß eine Verbindung ihrer Städte mit anderen Gebieten nidit möglich sei. Im Hinblidc auf ihre besonderen Aufgaben müßten die beiden Hanse-Städte ihre Interessen selbständig vertreten 9 ]. Wegen der am kommenden Vormittag abzuhaltenden Besprechung mit den Verbindungsoffizieren wird beschlossen, die Tagung des Ausschusses in Frankfurt fortzusetzen. Schluß der Sitzung: 19.45 Uhr.
Nr. 22 Besprechung v o n Mitgliedern des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen mit alliierten Verbindungsoffizieren Frankfurt, 28. August 1948 BA Z 12/8 Bl. 166—169. Von Lüdemann, Wittwer und Hermans unterzeichneter Protokollentwurf mit handschriftlichen Verbesserungen und Bearbeitungsanweisungen. Vervielfältigte Ausfertigung 1 ) Anwesend: Simons (amerik. MilReg.); Marecco [Vorsitz] 2 ) (brit. MilReg.); Laloy (frz. MilReg.); Hermans (Rheinland-Pfalz); Lüdemann (Sdileswig-Holstein); Wittwer (WürttembergBaden) ; [ABSTIMMUNGSMODALITÄTEN UND VERFASSUNGSBESTIMMUNGEN DER LÄNDER; RHEINLAND-PFALZ UND NORDRHEIN-WESTFALEN] [Beginn:] 10 Uhr Frage der deutschen Herren: Haben die Herren Verbindungsoffiziere Fragen zu stellen? Antwort:
Nein.
1. deutsche Frage:
Müssen bei den kommenden Abstimmungen über die Län-
•) Außer Hamburg und Bremen, die die Beibehaltung ihrer Eigenstaatlichkeit aufgrund der besonderen Aufgabe, die sie als Hafenstädte für ganz Deutschland zu erfüllen hätten, als notwendig erachteten, wandte sich auch Brüning gegen eine Inkorporation Schleswig-Holsteins in das Land Niedersachsen; Schleswig-Holstein könne seine ihm von der geographischen Lage aufgegebene Mittlerrolle zum nordischen Volkstum und den nordischen Wirtschaftskreisen am besten als selbständiges Land erfüllen. Ein Anschluß an Hannover würde diese Aufgabe erschweren, da von dort aus die Maßnahmen nicht beschlossen werden könnten, die notwendig seien, „um hier das deutsche Recht voll zu wahren und die deutschen Aufgaben wahrzunehmen" (Wortprotokoll, S. 77, s. Anm. 1). ') Das Protokoll ist auch integraler Bestandteil des Wortprotokolls der Ausschußsitzung vom 28. 8. 1948 (Dok. Nr. 23, Anm. 1). 2) Daß der brit. Verbindungsoffizier Marecco den Vorsitz führte, geht aus einer Aussage Hermans' auf der MinPräs.-Konferenz vom 31. 8.1948 hervor (Dok. Nr. 24, S. 360). 329 27 Parlament. Rat
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dergrenzen die Verfassungsbestimmungen der bestehenden Länder berücksichtigt werden? 3 ) Antiuort: (Nach längerer Rücksprache innerhalb der Verbindungsoffiziere): Die Frage ist für uns neu. Wir sehen ein, daß es sidi um eine wichtige Frage handelt. Sie werden sobald als möglich Bescheid erhalten 4 ). (Zunächst war die Antwort: Die von den Ministerpräsidenten angenommenen Methoden der Londoner Empfehlungen gehen den Verfassungsbestimmungen einzelner Länder vor. Später wurde geantwortet: Da die Ministerpräsidenten selbst keine Verfassungsänderungen vornehmen können, müssen sie die Frage den Militärregierungen vorlegen. Ferner: Die kommenden Ländergrenzenänderungen unterliegen der gleichen Autorität, wie die seinerzeit von den Militärregierungen vorgenommenen Länderschöpfungen, nur mit dem Unterschied, daß die Militärgouverneure dieses Mal auch das Volk dazu Stellung nehmen lassen.) 2. Frage: Können der Bevölkerung zur Abstimmung mehrere Fragen vorgelegt werden? 5 ) Antwort: An sich sollen die Ministerpräsidenten einen bestimmten Vorschlag machen. Wenn sie einen wahlweisen Vorschlag machen, entscheiden die Militärgouverneure, welche Frage sie zulassen, oder ob sie beide Fragen zulassen. 3. Frage: Können die Ministerpräsidenten zur Klärung der Meinung der betroffenen Bevölkerung Probeabstimmungen vornehmen, beispielsweise durch Befragung der Gemeindevertretungen? Antwort: Es bestehen unsererseits dagegen keinerlei Bedenken. 4. Frage: Was gilt, wenn bei einer Volksbefragung über den Zusammenschluß mehrerer Länder im ganzen sich eine Mehrheit für den Zusammenschluß ergeben hat, sie in einem einzelnen Land jedoch nicht erreicht wird?
) Die Klärung dieser Frage schien notwendig, weil Baden den Zusammenschluß der südwestdt. Länder nach den Verfassungen jedes dieser Länder vorgenommen wissen wollte. Dies hätte jedoch ein kompliziertes und fast unpraktikables Verfahren notwendig gemacht. Renner schilderte die dann eintretende Situation: „Württemberg-Baden hat in seiner Verfassung eine Bestimmung [Artikel 107], wonach eine Vereinigung mit Württemberg-Hohenzollern und Südbaden durch einfaches Gesetz des Landtages vollzogen werden kann. Baden hat eine Bestimmung [Artikel 54], nach der ein solcher Vertrag im Landtag mit zwei Drittel Mehrheit angenommen, dann zur Volksabstimmung gestellt werden müßte. Bei der Volksabstimmung müßte die Mehrheit der Stimmberechtigten, nicht nur die Mehrheit der Abstimmenden, zustimmen. Württemberg-Hohenzollern müßte im Landtag die Sache mit einfacher Mehrheit beschließen und dann zur Volksabstimmung stellen [Artikel 125] . . . " (Wortprotokoll der Ausschußsitzung vom 27. 8. 1948, S. 26 f., vgl. Dok. Nr. 21, Anm. 1). 4 ) Dok. Nr. 25, S. 412. 5 ) Da Baden auf einer wahlweisen Fragestellung bei einer Volksabstimmung über einen Südweststaat bestand, mußte diese Möglichkeit, die im Frankfurter Dok. Nr. II nicht vorgesehen war, mit den Verbindungsoffizieren erörtert werden (Dok. Nr. 21, Anm. 5).
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Antroort: An sidi entscheidet die Gesamtmehrheit. Es müssen aber in jedem beteiligten Land wenigstens mehr als ein Drittel für den Zusammenschluß eintreten. 5. Frage: Sig haben uns kürzlich erklärt, daß beim Anschluß eines Landesteiles an ein anderes Land nur die Bevölkerung des anzuschließenden Landesteiles abzustimmen hätte 6 }. Was würde gelten, wenn Bremen, das nicht größer als ein solcher Landesteil ist, sich an ein anderes Land anschließen wollte? Antwort: Wenn es sich um ganze Länder handelt, ist es wie in einer Ehe. Beide beteiligten Länder müssen „ja" sagen. Es kann kein Land dem anderen seinen Willen aufzwingen. (Es fiel eine Bemerkung des Inhalts, der Fall einer Vereinigung von nur zwei Ländern sei verschieden von dem Fall der Vereinigung von drei oder mehr Ländern, da es sich dabei um eine Gruppenabstimmung in einer größeren Gesamtheit handelt.) 6. Frage: Was geschieht, wenn der anzugliedernde Landesteil so groß ist, daß man von einer strukturellen Veränderung des bisherigen Landes sprechen kann? Antwort: Dann muß das ganze Land abstimmen. Frage: Würde in der Abgliederung der Pfalz von Rheinland-Pfalz eine wesentliche strukturelle Veränderung zu sehen sein? Antra ort.- Es ist Ihnen bereits gesagt worden, daß eine Veränderung von Rheinland-Pfalz nur zugelassen wird, wenn gleichzeitig Nordrhein-Westfalen verändert wird und bei den Vorschlägen kein Teil des heutigen Rheinland-Pfalz in der Luft hängen bleibt 7 ). 7. Frage: Dürfen wir nun die uns bisher nicht bekannten Einzelheiten über Abstimmungsmodalitäten im Räume Nordrhein-Westfalen kennenlernen? Grund: Es wird eben über die Abgliederung von Lippe im Ausschuß gesprochen. Antroort: Lippe ist ein Sonderfall. Lippe ist eine Volksabstimmung bereits zugesichert8). Es ist erwünscht, daß die jetzt in diesem Zusammenhange stattfindet. Für das Land Nordrhein-Westfalen hat das Ergebnis dieser Abstimmung keine Folgen. Frage: Wenn es sich nun nicht gerade um Lippe handeln würde, sondern beispielsweise um den Bielefelder Bezirk? Antwort: Auch das würde die Struktur des Landes nicht beeinträchtigen. Etwas anderes wäre es jedoch, wenn das Land in seine früheren Teile Rheinland und
) Dok. Nr. 18. j Dok. Nr. 18 mit Anm. 4. 8 ) Mit VO der brit. MilReg. vom 21. 1. 1947 über den Anschluß Lippes an Nördrhein-Westfalen war ein Volksentscheid innerhalb von 5 Jahren zugesagt worden (ABl. MilReg., S. 411; vgl. Hüttenberger, Nordrhein-Westfalen, S. 310 ff.).
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Westfalen aufgeteilt werden soll (von Marecco unaufgefordert selbst als Beispiel angeführt). Frage: Wenn die Ministerpräsidenten die Auflösung des Landes Rheinland-Pfalz und den Anschluß seiner einzelnen Teile an die Nachbarländer vorschlagen, müssen sie dann zugleich einen Vorschlag für die Aufteilung von NordrheinWestfalen machen und bestehen hierfür von Seiten der Alliierten bestimmte Voraussetzungen in territorialer Hinsicht und in Hinsicht auf das Abstimmungsverfahren? Antwort: Die Abmachungen über das Abstimmungsverfahren können wir Ihnen jetzt bekanntgeben. Wenn das Land in seine beiden Bestandteile aufgelöst werden soll, so muß die gesamte Bevölkerung befragt werden. Es muß die Mehrheit der gesamten Bevölkerung für die Teilung stimmen und in jedem der beiden Teile mehr als ein Drittel. Wenn dagegen die linksrheinischen Teile von Nordrhein-Westfalen mit Trier und Koblenz vereinigt werden sollen, so muß in diesen beiden Teilen über zwei Fragen abgestimmt werden und zwar 1. über die Abtrennung von ihrem jetzigen Lande und 2. über den Anschluß9). Frage: Muß in diesem Falle der Abstimmung in den linksrheinischen Teilen von Nordrhein-Westfalen die Abstimmung im gesamten Lande vorhergehen, da es sich ja um eine Teilung des Landes handelt? Antwort: Nein. Die Abtrennung allein der linksrheinischen Teile verändert nicht wesentlich die Struktur von Nordrhein-Westfalen. Frage: Wenn der Vorschlag sich nicht auf die linksrheinischen Teile von Nordrhein-Westfalen erstreckt, sondern beispielsweise auf den Regierungsbezirk Köln, der auf beiden Seiten des Rheines liegt, bestehen dagegen Bedenken? Antwort: Die Aufstellung, die Sie erhalten werden10), umfaßt nicht alle denkbaren Möglichkeiten. Wenn Sie andere Vorschläge machen, können andere Modalitäten Platz greifen. 8. Frage: Kann auch ein Staatsvertragsentwurf anläßlich der Ländergrenzenänderung der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden?11) Antwort: Wenn die Ministerpräsidenten Ländergrenzen-Abänderungsvorschläge den Militärgouverneuren übermitteln und ein solcher Staatsvertragsentwurf vorliegt, muß er den Gouverneuren mit den Vorschlägen ebenfalls unterbreitet werden. Die Gouverneure entscheiden dann, welche Fragen dem Volk vorgelegt werden sollen. 9. Frage: Sie haben uns das letzte Mal mitgeteilt, daß die deutschen Vorschläge keine Rücksicht auf die Zonengrenzen nehmen sollen. Betrifft das auch z. B. das Land Bremen? ) Vgl. hierzu Annex G des Report of the London Conference on Germany, Reorganisation of the Laender, 26. 5 . 1 9 4 8 (ForRel. 1948, II, S. 306 f.) sowie Dok. Nr. 27. 10 ) Dok. Nr. 27. " ) Zu den Verhandlungen über einen Staatsvertrag über die Bildung eines vereinigten Südweststaates s. Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 116 ff. 9
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Antwort: Hierfür gilt die früher gegebene Erklärung, daß Ländergrenzenänderungen Rückwirkungen auf die Zonengrenzen haben können. Die Entscheidung darüber liegt bei den Gouverneuren. Zum Abschluß wurde zugesichert, daß die Stellungnahme zu der offenen Frage 1 baldmöglichst dem heute bei den Verbindungsoffizieren erschienenen Ausschuß übermittelt wird und daß das Dokument über die Modalitäten in NordrheinWestfalen in Kürze dem Büro der Ministerpräsidenten zugehen wird 1 2 }.
Nr. 23 Sitzung des Aussdiusses zur Überprüfung der Ländergrenzen Frankfurt, 28. August 1948 GStA München MA 130 028. Nicht gezeichnetes, vertrauliches Kurzprotokoll, vervielfältigte Ausfertigung (Drucksache Nr. 43 des Büros d. MinPräs.) 1 ). Inserierter Teil: StK Wiesbaden 1 a 06/llb. Stenographisches Protokoll S. 47—49 Anwesend: Schühly, Zürcher, Janz (Baden); Pfeiffer, Holzhausen (Bayern); Melchers (Bremen); Sieveking (Hamburg); Hüfner (Hessen); von Merkatz (Niedersachsen); von Gumppenberg (Nordrhein-Westfalen); Steffan, Hermans, Haenlein (RheinlandPfalz); Lüdemann [Vorsitz], Suchan (Schleswig-Holstein); Ulrich, Wittwer (Württemberg-Baden); Renner, Eschenburg (Württemberg-Hohenzollern); Werz, Lange (Büro d. MinPräs.) [SCHLESWIG-HOLSTEIN; RHEINLAND-PFALZ] Beginn der Sitzung: 11.30 Uhr Während der Dauer der Abwesenheit des Ministerpräsidenten Lüdemann führt Staatsminister Dr. Pfeiffer den Vorsitz. Es werden zunächst verschiedene bei dem Sekretariat des Aussdiusses eingelaufene Eingaben erörtert und Beschlüsse über ihre Bearbeitung gefaßt 2 ).
) Auf beide Fragen erhielt trotz wiederholter Anmahnung (Dok. Nr. 25, S. 412, sowie Vermerke vom 16. und 20. 9. 1948 über Besprechungen mit alliierten Verbindungsoffizieren, BA Z 12/8, BI. 84-86) das Büro d. MinPräs. erst am 29. 9. 1948 eine definitive Antwort (Dok. Nr. 271. J ) Das Kurzprotokoll stammt vermutlich von Werz (vgl. Dok. Nr. 21, Anm. 1). 2 ) Der Ausschuß erhielt von Verbänden und Einzelpersonen eine Reihe von Zuschriften, Anregungen und Beschwerden (BA Z 12/67); zu den wichtigeren gehörte u. a. eine Eingabe des Landrats des Kreises Bentheim über Befürchtungen, Bedenken und Gerüchte hinsichtlich der von Holland erstrebten Grenzregulierungen; der Ausschuß beschloß, eine offizielle Stellungnahme hierüber der MinPräs.Konferenz zu überlassen. Ferner forderte der Oldenburgische Landbund, daß Oldenburg die Stellung eines selbständigen Landesteiles erhalte, daß in der niedersächsischen Regierung Oldenburgische Vertreter sitzen sollten und vor Festlegung der endgültigen Ländergrenzen Oldenburg über sein künftiges Schicksal in einer Volksabstimmung entscheiden könne; diese Eingabe wurde an die niedersächsische Regierung zur Bearbeitung weitergeleitet (StK Wiesbaden 1 a 06/11 b, S. 1 ff., 27 ff.).
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Die Diskussion des Vortages über die Nordwest-Fragen wird hierauf fortgesetzt. Staatsrat Apel schlägt vor, diese zunächst den an ihnen beteiligten Ländern zur Klärung zu überlassen; diese könnten später dem Ausschuß ihre Stellungnahme zugehen lassen. Staatsminister Dr. Pfeiffer betont, daß die Formulierungen der Beteiligten schriftlich erfolgen sollten. Senatssyndikus Sieveking bestreitet, daß der Ausschuß ein Mandat zur Behandlung der nordwestdeutschen Fragen habe. Die Ministerpräsidenten müßten hierüber befragt werden. Nach der Rückkehr der Delegation von der Besprechung mit den Verbindungsoffizieren verliest Ministerpräsident Lüde mann die darüber gefertigte Niederschrift 3 ). Anschließend berichtet Staatsminister Dr. Pfeiffer über die zur Bearbeitung der vorerwähnten Eingaben erfolgten Beschlüsse, die vom Plenum des Ausschusses gebilligt werden. In der weiteren Diskussion über die nordwestdeutschen Fragen betont Ministerpräsident Lüdemann, daß kein Zweifel an der Zuständigkeit des Ausschusses für eine Behandlung dieser Fragen bestehen könne, da die Ministerpräsidenten die Notwendigkeit einer Neuregelung der Ländergrenzen und ihre Verpflichtung, Vorschläge zu machen, erklärt hätten 4 ]. Der Ausschuß kommt hierauf zu folgendem Beschluß: „Der Ausschuß empfiehlt, daß die vier beteiligten Regierungschefs sich in der Frage Schleswig-Holstein gemeinsam besprechen und dann dem Ausschuß einen schriftlichen Vorschlag übermitteln." Anschließend befaßt sich der Ausschuß mit der Frage Rheinland-Pfalz. [INSERT AUS DEM STENOGRAPHISCHEN PROTOKOLL]
Staatsminister Pfeiffer: Ich glaube, die Situation liegt so: Es liegt der Antrag Pfeiffer vor, daß in der heute stattfindenden Sitzung des Ländergrenzenausschusses die einzelnen Regierungen mitteilen, ob die These, durch die mein Antrag begleitet wird, von ihnen gebilligt wird 5 ). Ich glaube, diese Feststellung müssen wir machen, ob jemand gegen diese These demonstriert; es wird eine Debatte darüber zu führen sein und es wird sich ergeben, welches Ergebnis die Debatte hat. Vorsitzender: Ich habe den Antrag vor mir liegen. Er lautet: Die von den Vertretern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gemachten außenpolitischen Darlegungen lassen es als nicht angebracht erscheinen, daß die Ministerpräsidentenkonferenz den Weiterbestand des Landes RheinlandPfalz in Frage stellt. Schon jetzt ist vorauszusehen, daß für eine Aufrollung der Frage RheinlandPfalz auf der Ministerpräsidentenkonferenz keine Mehrheit erzielt werden kann. Ich glaube, das ist nur eine Vermutung, ich glaube nicht, daß diese Vermutung Gegenstand eines Antrags sein kann. Es hat Personen genug gegeben, die ») Dok. Nr. 22. 4 ) Dok. Nr. 16, Anm. 19 sowie Einleitung, S. LXV f. 6 ) Dok. Nr. 17. 334
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geglaubt haben, daß eine Verständigung der Länder Südwestdeutschlands nicht zustandekomme, und es ist doch geglückt. Das ist aber nicht das Entscheidende. Das Entscheidende ist der erste Satz, den ich eben verlesen habe. Ministerialrat Hermans: Es scheint mir, daß die Formulierung des Antrags von Minister Pfeiffer durch zwischenzeitliche Ereignisse etwas überholt ist. Nach der Formulierung dieses Antrags hat die Besprechung mit den Verbindungsoffizieren stattgefunden, und es liegt, soweit uns bekanntgeworden ist, auch zum Protokoll der ersten Besprechung noch keine Stellungnahme einer Regierung vor 6 ]. .Und nun haben wir heute schon wieder eine Koppelung der Probleme von
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) Vgl. lieben der Aufforderung des Ausschusses an die Landesregierungen, sich zu diesem Beschluß zu äußern (Dok. Nr. 17), auch die ausdrückliche Bitte Lüdemanns in seinem Schreiben vom 12. 8. 1948 an Altmeier, „eine authentische Interpretation des Willens Ihrer Regierung und Ihres Landtages" zu geben, da er dem Entschließungsantrag des rheinland-pflälzischen Landtags vom 30. 7. 1948 (Dok. Nr. 17, Anm. 8) den Wunsch entnehmen könne, „das Problem Rheinland-Pfalz möglichst bald zu einer Lösung zu bringen. Im Gegensatz zu dieser Ansicht hat der Herr Vertreter Ihres Landes in der Ländergrenzenkommission den Standpunkt vertreten, daß aus außenpolitischen Erwägungen diese Frage möglichst zurückgestellt werden müßte" (HStA Düsseldorf, NW 53-697 b). In seiner Antwort vom 17. 8. 1948, in der Altmeier auf seine Erklärungen im rheinlandpfälzischen Landtag vom 16. 6. 1948 (Dok. Nr. 6, Anm. 44) und auf den MinPräs.Konferenzen in Koblenz und Niederwald hinwies (Dok. Nr. 6 und Dok. Nr. 11), wollte er die Entschließung des Landtags in ihrem gesamtdt. Aspekt verstanden wissen. Der Landtag lehne jeglichen Separatismus und deshalb auch in dieser Frage „eine separate, vom gesamtdeutschen Standpunkt losgelöste Sofortentscheidung ab". Die Entschließung stellte deshalb folgende Voraussetzungen für eine Ländergrenzenveränderung auf: a) Das oberste Ziel bei der Neuabgrenzung der deutschen Länder bzw. der territorialen Neugliederung Deutschlands muß der organisatorische Zusammenschluß sowie die politische und wirtschaftliche Konsolidierung der drei Westzonen - also die Bildung der Trizone - sein, unter Berücksichtigung der späteren Einbeziehung der Ostzone, b) es dürfen bei einer etwaigen Umbildung der Länder in keinem Falle gesamtdt. Interessen gefährdet werden, c) die Neuabgrenzung der Länder muß als deutsche Angelegenheit in alleiniger deutscher Zuständigkeit verbleiben." Nachdem die MilReg. in der Zwischenzeit einer Vergrößerung von NordrheinWestfalen widersprochen hätten (Dok. Nr. 18), würde die Inangriffnahme einer Umgruppierung des Landes Rheinland-Pfalz, da die Bevölkerung der Bezirke Koblenz und Trier unter allen Umständen den Anschluß nach Norden erstrebe, „automatisch die Existenz des Landes Nordrhein-Westfalen in Frage stellen. Damit wäre die Gefahr der Isolierung der Ruhr gegeben, die sowohl von der Mehrheit der Ministerpräsidenten, als auch in der Resolution unseres Landtages ausdrücklich abgelehnt worden ist." Im übrigen weise die Entschließung des Landtags in die Zukunft, wenn eine Gesamtlösung in Dtld. möglich sei (HStA Düsseldorf, NW 53-697 b). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lehne der Landtag „eine aus dem Gesamtrahmen herausgeschälte Sofortlösung für Rheinland-Pfalz ausdrücklich ab", wiederholte Altmeier in seinem Schreiben an Lüdemann vom 24. 8. 1948 (Abschrift, ebda.). Vgl. auch Landtag von Rheinland-Pfalz, Protokolle, 18. 8. 1948, S. 897 f. und 19. 8. 1948, S. 919 ff. 335
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Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, und es wurde vom Präsidenten sdion festgestellt, daß es allgemeiner Wunsdi sei, sich Überlegungen zu machen. Es scheint mir deshalb zweckmäßig, daß man die Frage in dem Zustand, den sie nun heute erreicht hat, einmal diesen Überlegungen anheimstellt, die nicht lange zu sein braudien — heute allenfalls — und an die nächste Ministerpräsidentenkonferenz vom kommenden Dienstag die Empfehlung richtet, auf Grund der Tatsachen den Ausschuß mit Weisungen zu versehen, wie er mit dieser Frage weiter verfahren soll. [...] Staatsrat Wittroer: Wenn Rheinland-Pfalz sich auflöst, wird niemand annehmen, daß ganz Rheinland-Pfalz an Rheinland kommt. Vorsitzender Lüdemann: Es gibt drei Länder, mit denen vereinigt werden könnte: mit Baden, mit Hessen, mit Nordrhein-Westfalen. Ob ganz oder teilweise, das ist nidit gesagt, das ist kein zwingender Zusammenhang. Frhr. v. Gumppenberg: Die Militärgouverneure scheinen dieser Meinung zu sein. Sie haben auf die Frage: „Würde in der Abgliederung der Pfalz von RheinlandPfalz eine wesentliche strukturelle Veränderung zu sehen sein?" die Antwort gegeben: Es ist Ihnen bereits gesagt worden, daß eine Veränderung von RheinlandPfalz nur zugelassen wird, wenn gleichzeitig Nordrhein-Westfalen verändert wird. Staatsrat Apel: Es ist nichts darüber gesagt worden, was geschehen soll, wenn Rheinland-Pfalz im bisherigen Stand bestehen bleibt. [ . . . ] Staatsrat Apel: Auf die Frage, ob ein Gesamtanschluß an eines der beiden Nachbarländer ähnliche Folgen haben würde, erging die Antwort, daß bei einer Veränderung der betreffenden Länder kein Einwand zu erwarten sei. Frhr. v. Gumppenberg: Es wurde schon auf die Bedeutung hingewiesen, die das Schriftstück für die Beurteilung der Gesamtlage besitzt. Ich glaube, wir kommen damit nicht weiter und würden in der Luft hängen bleiben. Dazu kommt, daß in dem angekündigten Schriftstück, in dem Protokoll der Besprechung mit den Militärgouverneuren europäische Gesichtspunkte zutage getreten sind. Jedenfalls reichen meine Instruktionen nicht mehr aus. Es sind so viele neue Gesichtspunkte aufgetreten, es sind Hinweise und Zusammenhänge aufgetreten, die bisher unbekannt waren. Es ist jedenfalls über diesen ganzen Fragenkomplex neue Instruktion einzuholen7). [...] [ENDE DES INSERTS] Der Ausschuß faßt in der Frage Rheinland-Pfalz folgenden Beschluß: „Die Ministerpräsidenten mögen entscheiden, ob der Ausschuß den Auftrag erhält, das Problem Rheinland-Pfalz zu behandeln." ') Zu der vor den Rüdcspradien mit den Verbindungsoffizieren (Dok. Nr. 18, 22) eingenommenen Haltung Nordrhein-Westfalens s. Dok. Nr. 17, Anm. 7.
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Nr. 24
Die nächste Tagung des Ausschusses soll unmittelbar nach dem Zusammentreten des Parlamentarischen Rates erfolgen, voraussichtlich am 2. September in Bonn oder Godesberg 8 ). Schluß der Sitzung: 16.30 Uhr.
Nr. 24 Konferenz der Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen JagdsdiloB Niederwald, 31. August 1948 BA Z 12/76, Bl. 23—133. Stenographisches Protokoll, vervielfältigte Ausfertigung (Drucksache Nr. 46 des Büros d. MinPräs.)1) Anwesend2): Wohleb, Zürcher (Baden); Ehard, Pfeiffer, Leusser, Schwend (Bayern); Reuter, Lobe (Berlin); Kaisen, Spitta, Haas, Mittendorf (Bremen); Brauer, Sieveking, Hansen (Hamburg); Stock [Vorsitz], Brill, Apel, Bartsch (Hessen); Kopf, Danckwerts (Niedersachsen); Arnold, Spiecker, Katzenberger, v. Gumppenberg, Kordt (NordrheinWestfalen); Altmeier, Steffan, Haberer, Hermans, Haenlein (Rheinland-Pfalz); Lüdemann, Käber, Katz, Schenck, Lauritzen, Suchan (Schleswig-Holstein); Maier, Ulrich, Beyerle, Klaiber (Württemberg-Baden); Gebhard Müller, Schmid, Renner, Sauer, Müller (Württemberg-Hohenzollern); Schmidt (VfW, Frankfurt); Bergner, Werz, Heubl, Lange, Rakette (Büro d. MinPräs.) [RESÜMEE DER ZUR VERWIRKLICHUNG DURCHGEFÜHRTEN MASSNAHMEN]
DER FRANKFURTER
DOKUMENTE
Beginn: 10.28 Uhr Ministerpräsident Stock: Meine Herren! Ich begrüße Sie zu der heutigen Sitzung und stelle fest, daß sämtliche elf Länder vertreten sind. Wir haben eine reichhaltige Tagesordnung aufgestellt, und ich hoffe, daß es uns gelingt, diese heute zu bewältigen. Tagesordnung 3 ): 1. Einberufung des Parlamentarischen Rats 2. Bericht der Verfassungskommission [ . . . ] 3. Bericht der Kommission für Neuregelung der Ländergrenzen [ . . . ] 4. Fortsetzung der Arbeiten der Kommission für das Besatzungsstatut [Fi) Die nächste, abschließende Sitzung des Ausschusses fand erst am 30. 9. statt (Dok. Nr. 27, Anm. 5), nachdem die Konferenz der MinPräs. am 31. 8. 1948 die Arbeit des Ausschusses für beendet erklärt hatte (Dok. Nr. 24, S. 377). ') Am 4. 9. 1948 als Umdruck den Ländern zugestellt; vgl. auch die am 7. 9. 1948 an die Länder verteilte Liste der Konferenzbeschlüsse (Drucks, des Büros d. MinPräs. Nr. 50). 2 ) Die Anwesenheitsliste befindet sich bei den in der StK Wiesbaden verwahrten Konferenzmaterialien (MinPräs. Konferenzen, Niederwald, 31. 8.1948). *) Die Tagesordnung ist dem Protokolltext vorgeheftet, wird aber an dieser Stelle abgedruckt. 8
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nanzhilfe für Berlin; Finanzausgleich in den Ländern der westdeutschen Besatzungszonen] 5. Grundsatzproblem der baulichen Aufgaben anläßlich der Einberufung des Bundesparlaments nach Frankfurt/M. 6. Verschiedenes [Demontagen in der französischen Zone; Bericht über die Besprechung einer Delegation der Ministerpräsidenten mit alliierten Verbindungsoffizieren. Zu den einzelnen Punkten, über deren Abwicklung wir uns anschließend unterhalten werden, teile ich mit, daß heute nachmittag um 15 Uhr in Wiesbaden eine Besprechung mit den Verbindungsoffizieren stattfindet, zu der wir eine Delegation entsenden müssen4). Es handelt sich um die Teilnahme Berlins im Parlamentarischen Rat. Außerdem haben die Finanzminister gebeten, mit uns über den Finanzausgleich zu verhandeln. Die Ministerpräsidenten der Bizone haben gestern zugestimmt, daß wir die Herren heute mittag zu einer Besprechung auf ungefähr eine Stunde empfangen5). Es ist ferner von Herrn Staatspräsident Wohleb angeregt worden, die Demontagefrage zu behandeln. Für den Fall, daß wir das tun, habe ich bereits vorgesehen, daß ein Spezialist in dieser Frage, Herr Senatsrat Schmid von der Verwaltung für Wirtschaft in Frankfurt am Main, uns darüber Vortrag hält®). Diese Bemerkungen zum Inhalt der Tagesordnung. Nunmehr, meine Herren, glaube ich, Ihnen über die Tagesordnung selbst einiges sagen zu sollen. Den Bericht der Verfassungsko'mmission haben wir so, wie er vorliegt, nach Rücksprache mit den Experten in Chiemsee auf die Tagesordnung gesetzt. Es liegt bei Ihnen, zu beschließen, was geschehen soll. Wir haben diesen Ausschuß seinerzeit eingesetzt, damit er dem Parlamentarischen Rat mit entsprechendem Material dienlich ist 7 ). Was dort ausgearbeitet wurde, soll nur eine Art Hilfestellung sein. Die Ministerpräsidenten selbst haben kein Mandat, ihrerseits dem Parlamentarischen Rat bestimmte Vorschläge zu machen. Wir wollten nur eine Grundlage sdiaffen. Die Ausschußmitglieder sind bereit, im Laufe des Tages über das Ergebnis der dortigen Arbeiten Bericht zu erstatten. Zwar sind die Herren noch nicht alle anwesend, Sie werden jedoch im Laufe des Tages das Material zur Einsicht erhalten. Wir setzen den betreffenden Punkt für heute nachmittag auf die Tagesordnung, um heute alles Wesentliche unbedingt zu erledigen. Wünscht jemand das Wort zur Tagesordnung? — Dann dürfen wir annehmen, daß Sie mit diesem Vorschlag einverstanden sind. Bevor ich in die Tagesordnung eintrete, möchte ich noch bekanntgeben, daß wir als Gast den gewählten Oberbürgermeister von Berlin, Herrn Stadtrat Reuter, begrüßen dürfen. (Bravo — Händeklatschen) 4 ) Dok. Nr. 25. ») Im Rahmen der Sitzung des LR des VWG am 30. 8. 1948 (BA Z 4/534, Bl. 1 ff.). •) Vielleicht Gerhard Schmidt, der vom 19. 4. bis 15. 9. 1948 Leiter der Hauptabteilung I (Zentralabteilung) der Verwaltung für Wirtschaft in Frankfurt war (Vogel, Westdeutschland, II, S.154, Anm. 76). 7 ) Dok. Nr. 9, S. 160 und Nr. 11, S. 262.
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[EINBERUFUNG DES PARLAMENTARISCHEN RATES]
Zum ersten Punkt unseres Programms teile ich mit, daß das Büro verschiedentlich selbständig handeln mußte. Zum Teil mußte manches durch eine vorläufige Abstimmung, geregelt werden, wie z. B. die Wahl des Ortes, an dem der Parlamentarische Rat tagen soll. Hier wurde eine telefonische Abstimmung durchgeführt, und ich glaube, damit im Sinne der Herren Ministerpräsidenten gehandelt zu haben. Bei der außerordentlichen Belastung allerseits erschien uns diese Maßnahme angebracht, um nicht eine ganze Konferenz mit nur diesem einen Tagesordnungspunkt ansetzen zu müssen. Als Tagungsort hatten sich beworben: Celle, Frankfurt am Main, Bonn, Karlsruhe, Düsseldorf und Köln. Bei der Besprechung mit den Verbindungsoffizieren, zu der drei Herren (aus jeder Zone einer), und zwar die Herren Arnold, Altmeier und idi gebeten waren, wurde auch über diese Frage gesprochen8); Bonn erschien uns als der geeignete Ort. Bei der telefonischen Rundfrage wurden sämtliche Namen der sich bewerbenden Städte mitgeteilt. Die Abstimmung ergab, daß sich acht Länder für Bonn entschieden, eines für Celle und zwei für Karlsruhe9). Die rasche Durchführung der Festlegung des Tagungsortes war notwendig, damit rechtzeitig die technischen Vorbereitungen selbst getroffen werden konnten. Dies ist auch geschehen, und wir haben uns davon überzeugt. Ich glaube, Herr Kollege Arnold und seine Herren haben alles getan, um einen angemessenen Empfang und einen würdigen Ablauf der Sitzungen des Parlamentarischen Rates zu gewährleisten10).
) Dok. Nr. 19 sowie Vermerk von Rakette vom 13. 8.1948 (Anm. 9). ») Bewerbungsschreiben der Städte in: BA Z 12/34, Bl. 177 ff. Die Entscheidung wurde auf Anordnung Stocks am 13. 8. 1948 telefonisch herbeigeführt. Nachdem sich Stodc, Altmeier und Arnold in ihren Besprechungen mit den alliierten Verbindungsoffizieren (Dok. Nr. 19) auf Bonn geeinigt hatten, stimmten für Bonn noch Baden, Bayern, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein, während Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern für Karlsruhe ihre Stimmen abgaben, Niedersachsen für Celle votierte. Zunächst hatte sich auch Koblenz beworben (Vermerk Rakettes, Wiesbaden, 13. 8. 1948, BA Z 12/34, Bl. 195, 205; vgl. auch BA Z 12/35 Bl. 295, 301). Der Präs. des WiR, Köhler, hatte in seinem Schreiben vom 30. 7. 1948 an Ehard Bad Nauheim vorgeschlagen, gemäß dem von amerik. Seite erhaltenen Hinweis, „daß Herr General Clay sowohl von Karlsruhe wie von Koblenz wenig entzückt ist, im Gegenteil diese beiden Städte aus nicht näher darzulegenden Gründen als nicht zweckmäßig empfindet." Es solle deshalb in Erwägung gezogen werden, „ob nicht seitens der Herren Ministerpräsidenten Bad Nauheim vorgeschlagen werden kann. Ich habe den Eindruck, und zwar den bestimmten, daß ein solcher Antrag imponderabil vieles ausgleichen könnte, was durch die Ereignisse der letzten drei Wochen äusgleichenswert ist" (StK München, AZ 100 Bd. 3). Entscheidend für das Votum zugunsten Bonns war das Bestreben der MinPräs., dem Wunsch der brit. Zone nach einem Konferenzort in ihrer Zone entgegenzukommen (BA Z 12/34, Bl. 170). 10 ) Zur technischen Vorbereitung Vorgänge in: BA Z 12/34 und 35, dort vor allem Bl. 239 ff. 8
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Zur Sadie selbst: Die Eröffnung des Parlamentarischen Rates findet in einem allgemeinen Akt um 13 Uhr statt, bei dem Herr Ministerpräsident Arnold die Begrüßungsrede halten wird 11 ). Die Verlegung der Eröffnung auf 13 Uhr und der ersten Sitzung auf 15 Uhr erfolgte, damit einige Herren noch am Abend bei der Eröffnung des Katholikentages in Mainz teilnehmen können, wie sie es wünschten. Ich bitte, wenn auf irgend einem Exemplar 15 Uhr steht, dies zu berichtigen 12 ). Um 15 Uhr tritt der Parlamentarische Rat zusammen, dem wir eine vorläufige Tagesordnung übermittelt haben und die durch den Alterspräsidenten abzuwickeln ist: Berufung des Alterspräsidenten, Wahl des Präsidiums, Wahl einer Geschäftsordnungskommission und Festsetzung der nächsten Vollversammlung. Wir haben ferner dem Parlamentarischen Rat den Entwurf für eine Geschäftsordnung unterbreitet, um seine Arbeiten in dieser Beziehung zu beschleunigen 13 ]. Eine Liste der Abgeordneten des Parlamentarischen Rates finden Sie in der Anlage 14 ). Am 1. Sitzungstag findet ein Staatsakt durch die Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen statt. Die Stadt Bonn lädt für morgen mittag um 12 Uhr zum Mittagessen in das Hotel Königshof ein (Zuruf: Die Ministerpräsidenten?) Ja. Die Unterbringung des Parlamentarischen Rates erfolgt um Bonn herum und zwar für die Fraktion CDU und CSU in Königswinter, für die Fraktion der Sozialdemokraten in RhöndorfHonnef, Hotel Drachenfelser-Hof. Die kleineren Fraktionen sind in Bonn untergebracht. Sie sind alle davon verständigt 15 ). Verkehrsmöglichkeiten zwischen " ) Festakt bei der Eröffnung des Parlamentarischen Rates am 1. September 1948 in Bonn. O. O. und o. J. (Düsseldorf 1948), S. 2 ff. 12) Eine Zeitlang war sogar daran gedacht worden, den PR erst zum 3. 9. 1948 einzuberufen, was vor allem Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein befürworteten (BA Z 12/34, Bl. 169); nachdem der Verfassungsausschuß in Herrenchiemsee aber seine Beratungen so rechtzeitig beenden konnte, daß die anzufertigenden Druckschriften am 1. 9. übergeben werden konnten, wurde „im Interesse der Erhaltung und Verbesserung des deutschen Ansehens" an dem ursprünglichen, mit den MilGouv. vereinbarten Termin des 1. 9. festgehalten (Stock an die Länderchefs, Wiesbaden, 20. 8. 1948, Z 12/35, Bl. 238). Gegen den 3. 9. sprach auch die Überlegung, daß es in der Öffentlichkeit keinen guten Eindruck gemacht hätte, wenn der Parlamentarische Rat sich zwar an diesem Tage, einem Freitag, konstituiert hätte, aber dann ins Wochenende gefahren wäre. Gegen den 3. 9. hatten sich auch die Alliierten als den Tag der Kriegserklärung 1939 ausgesprochen (Vermerk Bergners, Wiesbaden, 30. 8. 1948, Z 12/35, Bl. 168). Der Eröffnungsakt war im Museum König, die konstituierende Sitzung des PR in der Pädagogischen Akademie angesetzt. Zur Zeitfolge der Eröffnung Drucks, des PR Nr. 2, BA Z 5/138, Bl. 17. ) Zur vorläufigen Tagesordnung BA Z 12/35, Bl. 209 und Drucks, des PR Nr. 3, BA Z 5/138, Bl. 18; zum Entwurf einer Geschäftsordnung Drucks. PR Nr. 4, BA Z 5/138, Bl. 22. 14 ) Diese Listen mit z.T. ausführlichen biographischen Angaben in: BA Z 12/35, Bl. 122, und Drucks. PR Nr. 21, BA Z 5/126, Bl. 53 ff.); s. auch Bonner Kommentar, I, Einleitung, S. 85 f. 15) Die Fraktion der CDU/CSU war in Königswinter, Unser Haus, Verein Arbeiterwohl, die Fraktion der FDP in Bonn, Hotel La Roche, Colmantstraße, das Zentrum in Bonn, Rheinterrassenhotel, die Fraktion der KPD im Hotel Gruhnert, Koblenzer Straße, untergebracht (Vermerk Bergners, Wiesbaden, 30. 8. 1948, BA Z 12/35, Bl. 168). 1S
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Bonn und den Quartieren sind ausreichend vorhanden. Die Ministerpräsidenten wohnen im Hotel Königshof in Bonn; Es ist dafür gesorgt, daß sie auch dort ihre Konferenzen abhalten können. Dies als Orientierung über die technischen Dinge. Senatspräsident Kaisen: Zu diesem Punkt möchte ich nodi ums Wort bitten. Vorsitzender: Bitte schön, Herr Senatspräsident Kaisen. Senatspräsident Kaisen: Ich habe heute zum ersten Male etwas über den Ablauf der Einberufung des Parlamentarischen Rates gehört. In welcher Eigenschaft spricht Herr Ministerpräsident Arnold? Er würde doch als einladendes Land für ganz Nordrhein-Westfalen sprechen. Vorsitzender: Jawohl. Senatspräsident Kaisen: Wird der Herr Ministerpräsident die Tagung selbst als solcher begrüßen? Vorsitzender: Die Funktionen der Übergabe, der Berufung des Parlamentarischen Rates und die technischen Angelegenheiten werden eine Sache des Büros sein. In der Form haben wir geglaubt, in zwei kurzen Bemerkungen die Sache doch abwickeln zu sollen. Senatspräsident Kaisen: Ich glaube, wir werden mit der Situation morgen dort nicht zurechtkommen. Es müßte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz doch mindestens in einer kurzen, aber doch eindrucksvollen Form hinweisen auf die historische Gegebenheit. Dies ist wichtig in Hinsicht auf die gesamten Anstrengungen, die wir für den Wiederaufbau machen müssen, und wir können nun da nichts ohne den Hinweis auf die weitere Entwicklung jetzt in der Westzone und die Betonung der wichtigen Gesichtspunkte dieser Ordnung vornehmen. Vorsitzender: Das soll geschehen. Es ist bloß eine gegenseitige regelrechte Abstimmung, damit das glatt verläuft. Senatspräsident Kaisen: Dann ist das in Ordnung. Vorsitzender: Wir haben darüber gesprochen und wir werden endgültig darüber beraten, damit alles glatt verläuft. Ministerpräsident Ehard: Die Begrüßung durch den Herrn Ministerpräsidenten Arnold ist eine Sache für sich. Aber das übrige wäre doch mehr eine offizielle Kundgebung, eine Erklärung der Ministerpräsidenten. Ist über den Inhalt schon ein Abkommen getroffen, sie müßte nicht sehr groß sein, aber es müßte doch eine kleine Bemerkung gemacht werden, nicht daß wir uns einfach hinsetzen und zuhören. Vorsitzender: Dann, meine Herren, will ich veranlassen, daß die Ansprache vervielfältigt wird, sie wird Ihnen auf den Tisch gelegt, damit Sie im Laufe des Tages noch Gelegenheit haben, darüber zu sprechen. Aber wir wollen die Sache absolut feststellen 16 ). 16
) Dok. Nr. 26; ob am Rande der Konferenz noch über die Rede diskutiert wurde,
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Ministerpräsident Ehard: Idi habe nur Interesse an der gewissermaßen offiziellen Kundgebung, daß man ungefähr weiß, wie das gedacht ist, diese offizielle Kundgebung und die Erklärung gegenüber dem Parlamentarischen Rat. Idi meine, das wäre doch eine sehr offizielle Angelegenheit, über die wir uns wenigstens in den Grundzügen etwas unterhalten sollten. Vorsitzender: Wir dachten uns die Sache so, meine Herren, daß ausgehend von den Dokumenten über den Auftrag an die Ministerpräsidenten, in dem der ganze Sachverhalt dargestellt wird, die ganze Entwicklung aufgerollt wird, wie sich das ganze Deutschland aufbauen soll. Wie wir es für die Zukunft denken, und dabei ist auch die Ostfrage ausgiebig zu behandeln, so daß chronologisch dargestellt wird, wie sich die Dinge entwickelt haben und welche Erwartungen wir dabei an die Welt stellen. Wie gesagt, ich kann das jetzt im einzelnen nicht so sagen, ich will aber, damit Sie darüber ganz klar sind, das vervielfältigen lassen, damit Sie im Laufe des Tages beraten können, was noch hineinkommen soll. [Minister Schmid bittet, lauter zu sprechen] Vorsitzender: Ich möchte also zum 1. Punkt einleitend gesprochen haben. Wünscht dazu jemand das W o r t . . . Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zu Punkt 2: [Bericht], Die Herren sind noch nicht alle da. Ich habe die Sache auf die Tagesordnung setzen müssen. Ich darf dazu sagen, daß die Verfassungskommission außerordentlich fleißig gearbeitet hat. Die Herren haben viele Nachtsitzungen durchführen müssen, um ihre Arbeit zu erledigen. Ich war bei der Schlußbesprechung da. [ . . . Vorsitzender wiederholt die letzten Sätze für die Nachzügler] Ministerpräsident Ehard: Leider sind durch eine Fehlzündung die Berichte noch nicht da. Sie sollten um 9 Uhr hier sein. Aber sie sind fertig und gebunden und stehen zur Verfügung! Ministerpräsident Stock: Da der Inhalt der Beratungen (Beschlüsse, soweit welche gefaßt worden sind — es sind auch welche mit Minderheiten und Mehrheiten gefaßt worden —] gedruckt vorliegt 17 ) und unterwegs ist, sind die Auffassungen der Herren dahingehend, daß. dieselben hier verteilt werden sollen. Ich schlage daher vor, daß wir hier lediglich einen mündlichen Bericht der Vorsitzenden der Kommissionen und einen mündlichen Bericht des Vorsitzenden der Gesamtkommission entgegennehmen. Ich schlage vor, daß wir die Berichte entgegennehmen und im übrigen in keine Diskussionen über den Inhalt der Sache eintreten und so die Arbeiten dem Parlamentarischen Rat weitergeben.
konnte nicht festgestellt werden. Zumindest Ehard fand im Nachhinein die Ansprache Stocks wenig glücklich und kaum geeignet, das den MinPräs. von den Mil.Gouv. übertragene Mitgestaltungsrecht gegenüber dem PR zu präzisieren (Mitteilung Ehards an den Bearbeiter). 17 ) Verfassungsausschuß der Ministerpräsidenten-Konferenz der westlichen Besatzungszonen, Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10.-23. August 1948, München, 1948.
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Zuruf: Zur Geschäftsordnung! Darf ich vorschlagen, daß man, nachdem der Minister Dr. Pfeiffer, ich weiß nidit, warum er noci nicht da ist, offenbar hatte er eine Panne, und da auch dadurch das Material noch nicht da ist, daß man deshalb die Tagesordnung umstellt und den Punkt 3 vorwegnimmt? Ministerpräsident Stock: Das wollte ich gerade sagen. Wenn die Herren eine Aussprache überhaupt wollen, ist es besser, daß wir einen mündlichen Bericht entgegennehmen. Ich glaube, das ist der Fall. Zwischenruf:
Da können wir doch drauf verzichten!
Dann stellen wir es doch zunächst zurück. — Die Herren haben sich große Arbeit gemacht. Sie können sich vorstellen, daß sie auch das Bedürfnis haben, einen kleinen Bericht zu geben. Ich glaube, wir müssen den Herren sehr dankbar sein, hier einen Bericht zu geben. Wir nehmen also jetzt den Punkt 3: BERICHT DER KOMMISSION FÜR NEUREGELUNG DER LÄNDERGRENZEN
Berichterstatter ist Herr Ministerpräsident Hermann Lüdemann. Ministerpräsident Lüdemann: Der Ausschuß zur Überprüfung der Ländergrenzen hat mehrere Sitzungen abgehalten und hat sich mit den vorliegenden Änderungsvorschlägen sowie mit Gesamtplanungsüberlegungen, die damit in Verbindung stehen, beschäftigt18). Der Ausschuß hat sich außerdem beteiligt an Besprechungen, die in den einzelnen Ländern stattgefunden haben über dort schwebende Pläne und Wünsche zur Änderung der Ländergrenzen, wobei es sich in der Hauptsache um die drei südwestdeutschen Länder Baden, BadenWürttemberg und Württemberg-Hohenzöllern gehandelt hat. In diesen drei Ländern sind besonders viele Verhandlungen geführt worden, die erfreulicherweise schließlich zu einem Ergebnis geführt haben, das den Ausschuß, unseren Ausschuß, in die Lage versetzt hat, sich den dort gewonnenen Ergebnissen anzuschließen bzw. diese sich zu eigen zu machen19). In einer Sitzung des Ausschusses, die am vergangenen Freitag stattgefunden hat, hat der Ausschuß einstimmig folgenden Beschluß gefaßt: 1. Der Ausschuß ist der Meinung, daß die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zu einem einzigen Lande vereinigt werden sollten. 2. Der Ausschuß vertraut darauf, daß die Regierungen der drei Länder sich über die Maßnahmen zur Herbeiführung der Vereinigung verständigen werden20). Diesen Beschluß haben wir sogleich der Öffentlichkeit übergeben. Nicht übergeben haben wir der Öffentlichkeit einen weiteren Beschluß, den wir in diesem Zusammenhang gefaßt haben. Der Ausschuß war sich nämlich darüber einig, daß bei der Fragestellung, die an die Wahlberechtigten zu richten sei, verschiedene Fragen gestellt werden können. ) Dok. Nr. 16, 17, 21, 23. " ) Hierzu Konstanzer, Baden-Württemberg, S! 106 ff. 20 ) Dok. Nr. 21. 18
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Ich darf hierzu erläuternd folgendes sagen: Wir haben in den Vordergrund gestellt die Empfehlung an die heute hier tagende Ministerpräsidentenkonferenz, daß die drei genannten süddeutschen Länder zu einem einzigen Land vereinigt werden sollen. Nun haben zwischen den Ländern verständlidierweise noch Meinungsverschiedenheiten bestanden, die wahrscheinlich auch nodi heute bestehen über die Art und Weise, wie die Volksabstimmung durchzuführen sei. Wir haben beschlossen, das diesen Ländern selbst zu überlassen, und haben dieses zum Ausdruck gebracht, indem wir sagten: Der Ausschuß vertraut darauf, daß die. Regierungschefs der drei Länder sich über die Maßnahmen zur Herbeiführung der Vereinigung verständigen werden. Es haben im Anschluß an die Tagung unseres Ausschusses gleich verschiedene Gespräche zwischen den anwesenden Vertretern der drei Länder stattgefunden, und ich glaube, nach den Mitteilungen, die ich erhalten habe, vermuten zu können, daß die Verständigung über die Durdiführungsmaßnahmen schon ziemlich weit gediehen ist. Es hat aber die Frage eine besondere Rolle gespielt, ob an die stimmberechtigten Wähler nur eine einzige Frage zu richten sei, beispielsweise die einzige Frage: Sind Sie dafür, daß die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zu einem einzigen Lande vereinigt werden? Oder ob man mehrere Fragen stellen solle wegen der besonderen Situation, die da unten besteht, etwa in der Weise, daß die Bevölkerung zunächst gefragt wird: Sind Sie dafür, daß Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern wieder zu einem Lande vereinigt werden? Zweitens: Sind Sie dafür, daß dieses so vereinigte Land Württemberg-Hohenzollern dann mit dem Lande Baden verschmolzen wird? Die Meinungen darüber gingen auseinander, ob so etwas möglich, zweckmäßig, zulässig sein könnte. Und wir haben dann deshalb, weil wir glaubten, man sollte derartige Meinungsverschiedenheiten nicht ohne Not an die Öffentlichkeit tragen, zum Ausdruck gebracht, der Ausschuß sei der Meinung, daß bei der Fragestellung verschiedene Fragen gestellt werden können. Über diese Frage hat dann am anderen Tage [28. 8.] ein Gespräch stattgefunden mit den drei Vertretern der Herren Militärgouverneure. Ihnen haben wir diese Fragen vorgelegt, und sie haben darauf nach einiger Beratung geantwortet, dieses könne wohl zulässig sein. Aber das müsse in jedem Falle dann mit dem Antrage selbst den Militärgouverneuren vorgelegt werden, und sie würden dann darüber entscheiden, ob und in welcher Form derartige Fragen zugelassen werden sollten. Die Niederschrift über dieses wichtige Gespräch mit den Militärgouverneuren ist, glaube ich, noch nicht veröffentlicht und verteilt worden21). Werz: Sie liegt bei den Mappen für die Herren Ministerpräsidenten. Ministerpräsident Lüdemann: So, sie liegt dann mit obenauf. Dann können die Herren das nachlesen. Ich will mich so kurz wie möglich fassen, um die Verhandlungen nicht aufzuhalten. Ich kann damit diesen Punkt verlassen. Ich will nur noch das eine erwähnen: Eine andere Rolle hat die Frage gespielt, ob bei der Abstimmung auch Verfassungsbestimmungen der einzelnen Länder eine Rolle
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) Dok. Nr. 22; vgl. auch Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 126.
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spielen dürfen. Das heißt, nach den uns überreichten Dokumenten der Militärgouverneure hat die Volksbefragung durch einfache Stimmenmehrheit zu entscheiden, ob die Länder sich vereinigen wollen oder nicht. Nun gibt es in einigen der beteiligten Länder Verfassungsvorschriften, die etwas anderes vorsehen, und zwar in diesen drei Ländern verschieden. Wir haben die Frage an die Herren Verbindungsoffiziere gerichtet, wie weit durch die Bestimmungen nun derartige Verfassungsvorschriften berichtigt oder eingeschränkt oder außer Kraft gesetzt würden; Den Herren ist diese Frage etwas neu und überraschend gewesen, und sie haben versucht, uns darauf eine Antwort zu geben, sind sich selbst aber nicht darüber einig geworden und haben erklärt, sie wollten uns ihre endgültige Stellungnahme zu dieser Frage in kürzester Zeit mitteilen 22 ). Am vergangenen Freitag [27. 8.] hat sich dann der Ausschuß zunächst noch mit der anderen Frage beschäftigt, die inzwischen aufgetaucht war. Es hat nämlich der südschleswigsche Wählerverband einen Antrag gestellt auf Bildung eines selbständigen Landes Südschleswig. Der Ausschuß hat die von dem Lande Schleswig-Holstein ihm unterbreitete Entgegnungsschrift zur Kenntnis genommen, hat einen Bericht darüber angehört und eine Diskussion darüber geführt. Diese Diskussion war von einer großen Einmütigkeit und Klarheit der Auffassung, und es ist möglich gewesen, dann sofort eine Beschlußfassung herbeizuführen. Sie lautet, daß, da es die Aufgabe des Ausschusses sei, eine sinnvolle Neugliederung des deutschen Gebietes vorzuschlagen, der Vorschlag auf Neubildung eines kleinen, nicht lebensfähigen Landes indiskutabel sei. Er ist deshalb über den Vorschlag zur Tagesordnung übergegangen 23 ). Dieser Beschluß des Ausschusses wird hiermit der Konferenz der Ministerpräsidenten unterbreitet mit dem Antrag, sich diesen Beschluß zu eigen zu machen. Auf Wunsch bin ich gern bereit, eine weitere Begründung hierzu zu geben. Der nächste Punkt betraf einen Antrag des Landes Schleswig-Holstein, das sich mit einer ausführlichen Denkschrift an den Ausschuß gewandt hatte, in der das Land seine besonderen Verhältnisse vollkommen offen dargelegt hat, mit dem Ergebnis, daß nach Meinung der schleswig-holsteinischen Landesregierung das Land Schleswig-Holstein in seiner jetzigen Form, Größe usw. nicht lebensfähig sei und daß es deshalb ein Gebot der Notwendigkeit sei, in Nordwestdeutschland zu einer Neuregelung der Ländergrenzen zu kommen mit dem Ziele, Schleswig-Holstein in ein anderes Land oder in zwei benachbarte Länder einzubeziehen 2 4 ). Über diese Frage und den gestellten Antrag hat zunächst am Freitag [27. 8.] eine eingehende Aussprache stattgefunden, die natürlich am ersten Tage nicht gleich zu einem abschließenden Ergebnis führen konnte. Es ist dann am anderen Tag versucht worden, über die weitere Behandlung dieses Antrages zu einer einheitlichen Auffassung zu kommen. Bei dieser Aussprache ist dann von dem Vertreter der Stadt Hamburg, Herrn Sieveking, der Einwand erhoben worden, daß für die Erörterung dieser Frage der von uns ein-
) Dok. Nr. 27. ) Dok. Nr. 23. 24 j Dok. Nr. 21 mit Anm. 8. 22
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gesetzte Ausschuß zur Überprüfung der Ländergrenzen überhaupt nicht zuständig sei, oder, wie er sich wohl ausgedrückt hat, daß der Ausschuß hierzu kein Mandat habe. Demgegenüber ist von mir und anderen geltend gemacht worden, daß keine Zweifel darüber bestehen könnten, daß nach der Rechtslage und nach der Entstehung dieses Ausschusses diese Zuständigkeit gegeben sei. Der Ausschuß hat es aber für zweckmäßig gehalten, diese Frage der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz zur Klärung zu unterbreiten. Der Ausschuß hat hierzu noch folgenden Beschluß gefaßt: Der Ausschuß empfiehlt, daß sich die vier beteiligten Regierungschefs in der Frage Schleswig-Holstein gemeinsam besprechen und dann dem Ausschuß einen schriftlichen Vorschlag übermitteln. Uber die Behandlung dieses Beschlusses und die weiteren Maßnahmen in dieser Angelegenheit will sich der Ausschuß erst in einer neuen Sitzung schlüssig werden, die unmittelbar nach der Eröffnung des Parlamentarischen Rates stattfinden soll, nachdem heute hier in der Ministerpräsidentenkonferenz die aufgetauchten oder erhobenen Zweifel an der Zuständigkeit des Überprüfungsausschusses geklärt und beseitigt worden sind 25 ). Schließlich hat sich der Ausschuß noch mit der Frage Rheinland-Pfalz beschäftigt und die Frage erörtert, ob nunmehr, nachdem die Ordnung in Südwestdeutschland durch den zuerst mitgeteilten Beschluß zu einem abschließenden Ergebnis geführt worden ist, die Frage einer Neu- oder Umbildung im Lande Rheinland-Pfalz von unserem Ausschuß zu bearbeiten sei. Auch hier haben Zweifel darüber bestanden, ob es zweckmäßig sei, diese Frage überhaupt zu behandeln. Gegenüber den Zweifeln, die auch in dieser Hinsicht geäußert worden sind, hat der Ausschuß beschlossen, die Ministerpräsidenten mögen darüber entscheiden, ob der Ausschuß den Auftrag erhält, das Problem Rheinland-Pfalz zu behandeln 26 ). Ich möchte mich gerne auf diesen sehr kurzen Bericht beschränken und möchte nun meinerseits noch zweierlei Dinge zum Ausdruck bringen.
25
) Dok. Nr. 23. ) Dok. Nr. 23 mit Anm. 6 und Dok. Nr. 6 und 7; zu den Ausführungen Lüdemanns vgl. auch seine Argumentation auf der Sitzung des Ländergrenzenausschusses vom 3. 8. 1948 (Dok. Nr. 16): „Ich habe damals [in Koblenz] in den Mittelpunkt der ersten Aussdiußbesdilüsse den Satz gestellt, daß die Überprüfung oder Neugestaltung der deutschen Ländergrenzen ein so umfangreiches und schwieriges Problem sei, daß es in kurzer Zeit nicht zu lösen ist, und zweitens, daß dies eine Aufgabe der erst noch zu schaffenden parlamentarischen Organe sein müßte. [ . . . ] Dieser Standpunkt, der in dem Ausschußbericht des ersten Ausschusses der Ministerpräsidenten-Konferenz niedergelegt war, ist zu meinem Bedauern nachher durch einen anderen Beschluß beiseite geschoben worden, der in den Vordergrund rückt die Erwähnung, daß eine Neueinteilung oder Überprüfung erforderlich sei. Das hatte ich vermieden. Ich habe absichtlich den Generälen das nicht bestätigt, sondern habe nur das Problem umrissen und gesagt, daß es gründlich in so kurzer Zeit nicht gelöst werden könnte, um damit Zeit zu gewinnen, und die Behandlung der Angelegenheit aus den Händen der Ministerpräsidenten in berufenere Organe demokratisch-parlamentarischen Charakters zu legen [ . . . ] " [Wortprotokoll, S. 7 f., BA Z 12/66, BI. 7 f.).
2e
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Nadi meiner Auffassung liegen die Dinge so, daß gegenüber dem von uns zuerst in der Koblenzer Konferenz gemachten Versuch, die Überprüfung der Ländergrenzen den künftigen demokratisch-parlamentarischen Körperschaften zu übertragen27), y°n den Generälen eine ablehnende Haltung eingenommen worden ist und daß dann die Ministerpräsidenten vor die Frage gestellt worden sind, ob sie eine Überprüfung der Ländergrenzen für notwendig hielten und, im Falle der Bejahung, ob sie gewillt seien, den Generälen Vorschläge für eine Neu- oder Umbildung der Ländergrenzen zu machen28). Beide Fragen sind von den Ministerpräsidenten ohne Vorbehalt bejaht worden29). Damit ist, wie mir scheint, rechtlich eine ganz klare Situation geschaffen worden. Die Ministerpräsidenten haben nicht nur für sich diese Verpflichtung übernommen, sondern sind auch gegenüber den Militärbefehlshabern die Verpflichtung eingegangen, eine Überprüfung der Ländergrenzen vorzunehmen und Vorschläge zu machen. Nach meiner Auffassung kann daher über die Rechtslage, das heißt über die Berechtigung der Ministerpräsidenten und, wie ich hinzufügen möchte, über ihre Verpflichtung, die deutschen Ländergrenzen im Westen zu überprüfen und Vorschläge zu machen, überhaupt kein Zweifel sein. Eine andere Frage ist es, ob die Ministerpräsidenten gewillt sind, von diesem Mandat einen hundertprozentigen Gebrauch zu machen, und ob sie glauben, im Stande zu sein, eine vollständige oder auch nur eine weitergehende Behandlung dieser Fragen durchzuführen. So scheint mir die Lage zu liegen. Über das Letztere gehen nun bei der hier bekannten Situation die Meinungen auseinander. Diejenigen, die glauben, daß es im deutschen Interesse notwendig sei, diese Gelegenheit zu benutzen, um zu einer weitreichenden Neuordnung der Ländergrenzen zu kommen, sind selbstverständlich dafür, daß diese Gelegenheit nicht versäumt wird, zumal niemand weiß, ob sie in Jahrhunderten noch einmal wiederkommen wird, während die anderen, die das Bestehende erhalten möchten und dagegen sind, daß etwas geändert wird, natürlich die Tätigkeit dieses Ausschusses und vor allem auch der Ministerpräsidentenkonferenz weitgehend einschränken möchten30). Diese Gegensätze bestehen nun einmal. Es hat keinen ¿weck, sich darüber hinwegzutäuschen. Ich glaube, wir werden heute diese sehr weitreichende Entscheidung treffen müssen, ob wir wollen. Ob wir können, werden wir später zu entscheiden haben. Wir sind ja noch nicht am Ende. Es ist uns auf unseren Wunsch von den Generälen eine neue Frist gesetzt worden. Die Frist ist auf den 15. Oktober bemessen worden31). Das bedeutet, wenn man einige Tage fürBe-
) Dok. Nr. 7. Dok. Nr. 10. 29 j Dok. Nr. 11 und 13. 30 ) Zu den unterschiedlichen Auffassungen über den Umfang einer anzustrebenden Länderneugliederung s. vor allem die Diskussionen in Koblenz (Dok. Nr. 6) und Niederwald (Dok. Nr. 11 mit Anm. 100) sowie die Kontroversen über die Zuständigkeit des Ländergrenzenaussdiusses (Dok. Nr. 16 mit Anm. 1 und 19 sowie Dok. Nr. 21 mit Anm. 9). ^ Dok. Nr. 19.
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richterstattung, abschließende Beschlußfassung usw. abzieht, daß uns im ganzen noch vier bis fünf Wochen zur Verfügung stehen. Es ist also keine Zeit zu verlieren, wenn etwas geschehen soll. Mir scheint, daß wir dabei nicht vergessen dürfen, daß von den Generälen immer wieder erklärt worden ist, daß das, was jetzt nicht geändert wird, so bleiben muß, mindestens bis zum Zustandekommen eines Friedensvertrages. Meine Herren, das sind Zeitpunkte, die uns gesetzt sind. Es bliebe aber dazwischen vielleicht die Möglichkeit, auf verfassungsmäßigem Wege mit Hilfe der demokratisch-parlamentarischen Organe eine Lösung herbeizuführen. Das haben wir heute nicht zu entscheiden. Ich würde es aber begrüßen und für notwendig halten, daß uns bei der Berichterstattung über die in Herrenchiemsee erarbeiteten Vorschläge für die verfassungsrechtlichen Fragen gesagt würde, ob man diese Frage dort erörtert hat und welche Möglichkeiten man gefunden hat, um eventuell das, was wir aus irgendwelchen technischen oder zeitlichen oder willensmäßigen Gründen nicht zustandebringen können, vielleicht unmittelbar nach der Bildung des neuen Aufbaues im Westen machen zu können. Ich möchte deshalb schon jetzt die Bitte aussprechen, daß nachher dafür gesorgt wird, daß in der Berichterstattung diese Frage geklärt wird, eventuell bevor wir diese jetzige Aussprache abschließen, weil mir diese Beschlußfassung von großer Bedeutung zu sein scheint. Vorsitzender [ . . . ehrt den am 3. August 1948 verstorbenen Staatspräsidenten Bock und begrüßt den ihm am 13. 8 . 1 9 4 8 im Amt nachgefolgten Gebhard Müller. Zugleich wird auch der frühere Reichstagspräsident Paul Löbe als Berliner Gast begrüßt.] Nunmehr möchte ich die Aussprache über die Ausführungen des Ministerpräsidenten Lüdemann eröffnen. Herr Bürgermeister Brauer hat das W o r t gewünscht. Bürgermeister Brauer: Meine Herren! Ich begrüße es, daß der Ausschuß über die territoriale Neugliederung in der Frage Württemberg-Baden zu einem Votum gekommen ist. Ich begrüße besonders, daß die beteiligten Länder eine so weitgehende Vorarbeit geleistet haben, und ich hoffe, daß unsere Konferenz sich den heute vorgelegten Beschluß zu eigen macht. Ich bin auch damit zufrieden, daß die Ansprüche der sogenannten Südschleswiger zurückgewiesen sind, Schleswig als ein sich selbst verwaltendes Land zu organisieren oder aus Holstein herauszulösen. W a s die Frage der Kompetenz des Ausschusses anlangt, so hat Herr Dr. Sieveking im Ausschuß das vertreten, was meine Auffassung ist. Ich mache aber diese Angelegenheit heute gar nicht mehr zu einem Streitfall. Der Ausschuß hat seine Beratungen erweitert. Das ist eine feststehende Tatsache. Meiner Meinung nach hat er die Richtlinien, die ihm die Ministerpräsidenten auf den Weg gegeben haben, verlassen 3 2 ]. Aber es ist eine Angelegenheit, die schon vorüber ist.
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) Brauer hatte bereits am 29. 7. 1948 Bedenken gegen die offensichtliche Tendenz des Ländergrenzenausschusses, das Gesamtproblem einer Neugliederung der dt. Länder aufzurollen, angemeldet. Mit dieser Ausdehnung seiner Tätigkeit überschreite der Ausschuß das ihm durdi die Beschlüsse von Koblenz und Rüdesheim
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W a s die Frage der Neugliederung in Nordwestdeutsdiland angeht, so kann ich hier erklären, daß Hamburg seine staatliche Stellung halten und verteidigen wird. W e n n in dem Protokoll über das Gespräch mit den Verbindungsoffizieren gesagt wird, daß die Länder j a sagen müssen, wenn sie eine Ehe eingehen, so heißt es hier, daß Hamburg bis zum letzten unserer Bürger zu einer neuen Ehe nein sagen wird. Deshalb ist jede weitere Erörterung dieser Frage für uns gegenstapdslos. W i r werden uns daran auch gar nicht mehr beteiligen. Ich bin auch der Meinung, daß die Frage Rheinland-Pfalz von der Tagesordnung verschwinden sollte, wie überhaupt ich der Meinung bin, daß wir in der Frage der Neuregelung in Baden-Württemberg die Arbeiten des Ausschusses für die territoriale Neugliederung als erledigt erklären sollten. W i r sollten heute mit der ganzen Angelegenheit zu Ende kommen. W i r sollten den Herren, die sich dieser Mühe und Arbeit unterzogen haben, danken und heute entscheiden, daß wir der Ziffer 1 des Beschlusses des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen zustimmen 3 3 ) und damit die Arbeiten dieses Ausschusses für beendet erklären. Ministerpräsident Maier: Meine sehr verehrten Herren Kollegen! Der Beschluß des Ausschusses geht j a dahin, daß er die Vereinigung der drei Länder Württemberg-Baden, Baden, Württemberg-Hohenzollern den Ministerpräsidenten empfiehlt und — wie in dem Zusatz gesagt ist — darauf vertraut, daß die drei Länder sich einigen werden. Ich möchte hier erklären, daß wir diesem Ausschußantrag zustimmen; aber ich möchte doch die Herren Ministerpräsidenten darauf aufmerksam machen, daß es noch nicht absolut feststeht, ob wir mit diesem Beschluß die Ministerpräsidenten aus jeder weiteren Arbeit entlassen können. Es stehen in diesem Zusammenhang einige grundsätzliche Fragen des Aufbaues der deutschen Demokratie überhaupt ganz allgemein zur Debatte. Ich bin der Ansicht, daß der Auftrag, den die Ministerpräsidenten in der Frage der Ländergrenzen zu erfüllen haben, im Normalfall den Tatbestand antreffen erteilte Mandat. „Die überwiegende Mehrheit war sich in- Koblenz darüber klar, daß im gegenwärtigen Zeitpunkt die Diskussion auf eine Bereinigung der Verhältnisse im Südwesten und allenfalls auf das künftige Schicksal der Pfalz beschränkt werden müsse und daß alle darüber hinausgehenden Erörterungen schwere politische Gefahren heraufbeschwören würden. An diesem grundsätzlichen Standpunkt hat sich in Rüdesheim nichts geändert, und idi bin für meine Person nicht gewillt, ihn jetzt nadi irgendeiner Richtung zu verlassen." Falls Lüdemann sich mit dieser Beschränkung der Ausschußthematik nicht einverstanden erklären könne, solle er den Vorsitz niederlegen, andernfalls werde er die Hamburger Vertreter aus den Beratungen zurückziehen (Brauer an Lüdemann, Hamburg, 29. 7. 1948, GStA München, MA 130028). Vgl. auch das Wortprotokoll der Sitzung des Ländergrenzenausschusses vom 27. 8. 1948 mit den Ausführungen des Hamburgischen Vertreters Sieveking in: BA Z 12/66, Bl. 149 ff.). Lüdemann verwahrte sich jedoch gegen eine allzu enge. Auslegung der Tätigkeit des Ausschusses, da dies den Zusicherungen der MinPräs. an die MilGouv. nicht entspräche und die Ministerpräsidenten niemals einen Beschluß gefaßt hätten, bei der Überprüfung der Ländergrenzen keine west- oder gesamtdeutschen Zusammenhänge zu berücksichtigen (Lüdemann an Brauer, Kiel, 30. 7. 1948, GStA München, MA 130028); dazu auch die Äußerungen Ehards (Dok. Nr. 11, Anm. 100). " ) Dok. Nr. 21 und oben S. 343. 349
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wird, daß sich die in Frage stehenden Länder nicht einigen; denn wenn sie sich einigen, ist der Fall so glatt, daß eine Mitwirkung der Ministerpräsidenten in dieser Form, wie es Dokument II vorsieht 34 ), natürlich nur eine ganz formale Bedeutung hätte. Der normale Fall ist der, daß bei einer solchen Regelung der Neufestsetzung der Ländergrenzen die in Frage stehenden Betroffenen, wenn ich mich so ausdrücken darf, nicht einig sind. Es ist auch bis heute so — idi muß das hier sagen, damit nicht später vielleicht Mißverständnisse entstehen. Eine völlige Einigung unter den drei Ländern in Südwestdeutsdiland liegt nicht vor. Es sind nach meinem Dafürhalten vollkommen einig das Land WürttembergBaden mit 3,7 Mill. Einwohnern und das Land Württemberg-Hohenzollern mit 1,1 Mill. Einwohnern. Nicht vollständig einig sind wir mit dem Lande Baden, das 1,2 Mill. Menschen repräsentiert. Es will mir so scheinen, daß wir die Mitwirkung der Ministerpräsidenten trotzdem noch brauchen. Ich bin damit einverstanden, daß nun die Sache zunächst wieder an die Länder zurückgeht, aber, meine sehr verehrten Herren, es hat sich doch folgender Tatbestand nun in diesen doch mehrwöchentlidien Verhandlungen herausgestellt: An und für sich würden nach den Gesetzen der Gewohnheit und der Zusammengehörigkeit sowohl die Württemberger zu den Württembergern zurückkehren wollen und die Badener zu den Badenern, wenn nicht ganz außerordentliche Verhältnisse vorliegen würden. Der Verwirklichung dieses Wunsches steht aber die eine Tatsache entgegen, daß von der amerikanischen Militärregierung vor drei Jahren das Land WürttembergBaden geschaffen wurde, Nordwürttemberg und Nordbaden 35 ). Es hat sich erwiesen, daß das ein sehr erhebliches Faktum ist, nämlich, weil die Nordbadener trotz großer Kontroversen, die in den letzten drei Jahren auszufechten waren, aber stets wieder zu einer Verständigung im Rahmen der Landesregierung Württemberg-Baden geführt haben, niemals mehr diese Gemeinschaft auflösen wollen 36 ), nicht etwa aus Liebe zu den Nord württembergern, sondern aus Gründen der Einteilung der beiden Länder in zwei Zonen und der Zugehörigkeit von Nordbaden zur amerikanischen Zone. Wir haben nun erlebt, daß auch die Gegner der Vereinigung in Nordbaden nun vollkommen davon überzeugt sind, daß es für alle drei Länder nur einen Weg gibt, aus der Situation herauszukommen, daß wir nun eben das alte Gesamtbaden und das alte Gesamtwürttemberg zu einem Gesamtstaat vereinigen. Nun stehen wir in Verhandlungen mit der badischen Regierung in Freiburg, und das ist der Grund, warum ich hier nochmals das Wort ergreife. Es stellt sich hier eine ganz grundsätzliche Frage der demokratischen Gestaltung Deutschlands. Die Absichten der Regierung in Baden gehen dahin, sich nun zu vergewissern, was in der Zukunft in diesem Gebiet vor sich gehen wird, und das ist ja ein sehr verständliches Bemühen. Aber der Weg, der jetzt vorgeschlagen wird, scheint mir doch ein solcher zu sein, daß sich
) Dok. Nr. 4, S. 32. j Dok. Nr. 6, Anm. 102. S6 ) Vgl. Art. 107 der Württemberg-Badischen Verfassung vom 26. 11. 1946, der eine Trennung von Nord-Württemberg und Nord-Baden vom Zustandekommen einer Zweidrittelmehrheit im Landtag abhängig machte (Füßlein, Verfassungen, S. 361; Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 87 f.).
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Sämtliche Ministerpräsidenten mit der grundsätzlichen Frage befassen müssen: W i e entsteht eigentlich ein solches neues Land und wie entstehen seine Orgahe? Gewiß, das Land entsteht so, daß über den Vorschlag neuer Ländergrenzen eine Volksabstimmung stattfindet, dann stehen die Ländergrenzen fest. Nun kann, nach meinem Dafürhalten, wenn wir die Sache demokratisch anfassen, der weitere Gang ja nur so sein, daß der verfassunggebende Landtag nun in voller Autonomie alle Organe dieses neuen Staates schafft und daß über diese zukünftige Verfassung keine Vereinbarungen der Kabinette denkbar sind, weil wir ja ein demokratisches Staatswesen sind. So wie bis jetzt vorgegangen wird, sind die Dinge so, daß die Kabinette dieser vor drei Jahren zufällig entstandenen drei Länder nun Bindungen eingehen wollen, welche die zukünftige Verfassung des Gesamtstaates präjudizieren, und ich halte ein solches Verfahren für vollkommen unmöglich. Das kann man schließlich machen, wenn drei Monarchen mit konstitutioneller Verfassung zusammenkommen und dann über die ganze Zukunft ihrer Länder beraten und sich dann binden. Aber — und hier kommt eine Initiative und eine Mitwirkung der elf Ministerpräsidenten in Frage — wir bewegen uns auf eine Situation zu, in der wir nun nicht über die Zusammenfassung dieser Staaten in der Volksabstimmung uns beraten, sondern über einen Staatsvertrag dieser drei Länder37). Ich bin der festen Überzeugung, daß wir niemals die Zustimmung z. B. des amerikanischen Militärgouverneurs zu einer solchen Auffassung und zu einer solchen Behandlung bekommen werden. Wir wollen doch hier die elf Ministerpräsidenten, die allen Parteien angehören, welche sich demokratisch nennen — wir wollen doch nicht am Anfang eines demokratischen Lebens in Deutschland wieder eine Zurechtweisung bekommen und hören, daß die Ministerpräsidenten die Grundbegriffe der Demokratie noch gar nicht intus hätten. Ich muß Sie deshalb bitten, sich darauf vorzubereiten, daß Sie in dieser Frage ein grundsätzliches Votum abgeben müssen, und ich möchte meinerseits anregen, ob der LändergrenzenaUsschuß sich nicht mit dieser Frage befassen kann. Ich hatte gestern in der Angelegenheit eine Besprechung mit General Clay, und wie nicht anders zu erwarten War, hat er sidi mit aller Bestimmtheit dahingehend ausgesprochen, daß allein und ausschließlich und nicht gebunden an irgend etwaige vorhergehende Abmachungen der verfassunggebende neue Landtag nun das einzige Element ist, welches diese Dinge regeln kann38). Ich glaube, daß die elf Ministerpräsidenten allen Anlaß haben, diese Frage zu prüfen und nicht zuzulassen, daß gleich am Anfang irgendein Mißgeschick sich ereignet. Also wie gesagt, wir nehmen den Ausschußantrag an. Wir werden erneut unter den drei Ländern unsere Verhandlungen weiterführen. Es ist ganz selbstverständlich, daß Vereinbarungen notwendig sind, aber Vereinbarungen, die die zukünftige Verfassung vorwegnehmen, sind nach meinem Dafürhalten unmöglich, und ich nehme nicht an, daß die Gesamtheit der Ministerpräsidenten in dieser Angelegenheit eine andere Auffassung haben wird. Wir brauchen einen Staatsvertrag, aber dieser Staatsvertrag kann nur solange Wirkungen haben, bis
*') Hierzu Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 116 ff. 3a ) Nach der Sitzung des LR des VWG waren die MinPräs. audi mit den MilGouv. zusammengetroffen (BA Z 12/35, BI. 232).
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die verfassungsmäßigen Organe tätig werden können, bis die verfassungsmäßigen Landtage, die 150-250 Abgeordneten, beieinander sind und über diese Dinge beschließen. Meine Herren, idi darf Ihnen nur sagen, wenn z. B. wir elf Ministerpräsidenten uns anmaßen würden, wir machen aus, was in der zukünftigen Verfassung des Bundes der deutschen Länder, was nun hier über diese Dinge Geltung haben soll, ich glaube, wir würden ein wieherndes Gelächter des Parlamentarischen Rates einstecken müssen. Ich möchte bitten, daß die Herren Ministerpräsidenten sich dieser Frage einmal annehmen. Wir müssen doch, nachdem wir diesen Auftrag haben, eine gewisse Verpflichtung und eine gewisse Initiative entwickeln und nicht allein die Dinge einfach auf die Länder abschieben. Die Länder brauchen die Autorität der Gesamtheit der übrigen elf Ministerpräsidenten. Sie brauchen sie, und wir werden nochmals alles versuchen, uns zu einigen. Die Einigung ist ja auch wirklich, wie ich höre, nun in eine Linie geraten, daß wir mit ihr rechnen können. Ich möchte aber diesen Antrag nicht annehmen, ehe ich nicht diese Vorbehalte ausgesprochen habe. Ministerpräsident Kopf: Meine Herren, ich glaube, daß es nicht die Aufgabe der Ministerpräsidentenkonferenz ist, sich um die Verhandlungen der Länder in Baden, Württemberg usw. zu kümmern, sondern einzige Aufgabe der Ministerpräsidentenkonferenz ist es, festzustellen, daß die Ministerpräsidenten den Zusammenschluß dieser Länder für wünschenswert halten. Wie er dann im einzelnen durchgeführt wird, ist nicht mehr unsere Sache. Im übrigen haben wir von den Ausführungen des Kollegen Lüdemann den Eindruck, daß man etwas kompliziert machen kann, wenn es viel einfacher geht. Die Aufgabe, die dieser Ausschuß hatte, die wir ausdrücklich von den Militärgouverneuren angenommen hatten, nämlich zu prüfen, ob Grenzziehungen innerhalb der drei Westzonen erforderlich sind, diese Frage haben wir bejaht, und Vorschläge für diese Grenzänderungen sollten uns gemacht werden von der von uns gebildeten Kommission. Ich kann daher den Bericht des Kollegen Lüdemann nur als einen Zeitbericht ansehen. Ich glaube nicht, daß jetzt schon die Arbeiten dieser Kommission beendet sein können. Ich glaube, es würde bei den Militärgouverneuren einen außerordentlich merkwürdigen Eindruck machen, wenn wir jetzt erklären, die Arbeiten dieser Kommission sind nun doch fristgemäß erledigt, nachdem wir vorher gesagt haben, wir müßten noch soundsoviel Zeit haben. Die Frist ist uns gewährt worden. Ich glaube, daß eine solche Erklärung und eine Auflösung dieser Kommission jetzt auf die Militärgouverneure einen außerordentlich ungünstigen Eindruck machen würden. Ich bin vielmehr der Meinung, daß die Kommission nun im einzelnen weiter prüfen sollte, ob und gegebenenfalls welche Grenzänderungen der Länder noch vorgenommen werden sollen. Insbesondere bin ich der Meinung, daß die Frage Rheinland-Pfalz zum mindesten eingehend untersucht werden müßte. Denn ich glaube, daß keiner der Ministerpräsidenten der Meinung ist, daß für die Dauer in einem Deutschland ein Staat bestehen bleiben soll, wie es jetzt der Staat Rheinland-Pfalz ist. Und ich fürchte, daß, wenn wir nicht diese Frage zum mindesten so oder so bereinigen, wir in einem späteren Zeitpunkt außerordentlich viel schwerer uns tun werden, diese Frage, wie es im deutschen Sinne läge, zu bereinigen. Ich kann daher nicht dem Antrag des Kollegen Brauer 352
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zustimmen, nun die Arbeiten dieser Kommission als beendet zu erklären und diese Kommission aufzulösen, sondern idi .erwarte, daß diese Kommission uns fristgemäß einen abschließenden Bericht vorlegt und daß dann die Ministerpräsidenten zu diesem abschließenden Bericht Stellung nehmen, wobei ich heute schon erklären muß, daß es möglich ist, daß wir nicht zu einer einheitlichen Stellungnahme kommen und daß es sehr wohl möglich ist, daß wir den Militärgouverneuren ein Minderheits- und Mehrheitsvotum vorlegen. Staatspräsident Wohleb: Meine Herren Kollegen. Ich freue mich außerordentlich, daß der von uns eingesetzte Ausschuß bezüglich des südwestdeutschen Problems, wie ich dem Protokoll entnehme, zu einer einheitlichen Lösung gekommen ist. Die Situation, von der eben Herr Ministerpräsident Dr. Maier gesprochen hat, nämlich die Besetzung durch zwei verschiedene Besatzungsmächte, bleibt dieselbe. Ob Baden wieder vereinigt wird, ob Württemberg wieder vereinigt wird, oder ob die beiden Länder in ein Treueverhältnis treten, ob also ein Staat gebildet wird, über dessen Namen man sich noch nicht einig geworden ist und den ich kurz „Südstaat" nennen möchte. Wenn die Frage aufgeworfen wurde, ob es sich mit dem Wesen der Demokratie vereinigen lasse, daß hier gewisse Bindungen von den beteiligten Regierungen eingegangen werden, die dann die Verfassunggebende Versammlung schon irgendwie ihrerseits binden sollen, so muß ich sagen, es hängt das auch schließlich von der im Ländergrenzenausschuß zu stellenden Alternativfrage ab, d. h. von der Gestaltung der hier vorgesehenen Alternativfrage. Es scheint mir selbstverständlich zu sein, und ich werde darin, soviel ich weiß, von sämtlichen Parteien Badens unterstützt, daß wir nicht ohne Vorbehalte den Zusammenschluß dieses Südweststaates uns denken können. Demokratisch ist es doch wohl, wenn bei der Gestaltung dieser Alternativfrage eben gerade auf den abzuschließenden Staatsvertrag hingewiesen wird, der jedem vorher bekanntzugeben ist. Im übrigen mödite ich mir selbst weitere Ausführungen zu der Frage ersparen und bitte, meinen Vertreter in dem Ländergrenzenausschuß, den Herrn Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Zürcher, anzuhören. Vorsitzender: Bitte schön, Herr Dr. Zürcher! Oberlandesgeriditspräsident Zürcher: Meine Herren, die Empfehlung, die der Ländergrenzenausschuß in seiner Sitzung am letzten Freitag gefaßt hat, wurde einstimmig beschlossen. Aus dem Protokoll, das jetzt hier vorliegt, ist aber zu entnehmen, daß der Vertreter Badens der Empfehlung nur zugestimmt hat, nachdem Vertreter beider Württemberg zu Protokoll die Erklärung abgegegen hatten, daß sie gegen die Stellung mehrerer Fragen nichts einwenden wollen38). In der Debatte ist dabei zum Ausdrude gekommen, was unter „mehrere verschiedene Fragen" verstanden werden soll. Würde nur die Vereinigungsfrage gestellt
Vgl. das Wortprotokoll der Aussdiußsitzung vom 27. 8. 1948, S. 59 (BA Z 12/66, Bl. 130).
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werden, so müßte das zur Folge haben, daß die Vertreter der traditionellen altbadisdien Richtung entweder der Abstimmung fern bleiben oder mit Nein stimmen würden. Da hatte ich gewünscht, daß zu der Vereinigungsfrage audi die zweite Frage gestellt werden müsse, auf gesonderten Stimmzetteln, ob der Abstimmende entweder für die Vereinigung nach Maßgabe staatsvertraglicher Abmachungen sei, oder ob er sich für die Wiedererstehung des alten Baden aussprechen wolle. Ich habe diesen Standpunkt vertreten müssen, weil das im Interesse des inneren Friedens für das Zustandekommen des neuen Staatswesens eminent wichtig ist. Es ist ohne weiteres von der Hand zu weisen, wenn diese altbadische Partei — oder nennen Sie sie Minderheit — bei dieser Abstimmungsmodalität vergewaltigt würde, denn als Vergewaltigung würden die Vertreter der altbadischen Richtung das ansehen müssen, wenn sie übergangen werden. Man war sich darüber klar, daß also der Ausdruck „verschiedene Fragen" sich nur auf die Alternative beziehen könnte: entweder Vereinigung oder Wiedererstehung des alten Baden unter Ausgliederung des nordbadischen Teiles aus dem jetzt bestehenden Staat Württemberg-Baden. Weite Kreise Badens empfinden diese Gewaltlösung von 1945 eben als sehr bedrückend. Und, um es volkstümlich auszudrücken, sie vertreten den Standpunkt, daß man diesem Baden, das ebenso wie das alte Württemberg auf eine 140jährige und ich darf wohl sagen ruhmvolle Geschichte zurückblicken kann, wenigstens ein ehrliches Begräbnis sollte zugestehen. Würde dem nicht entsprochen werden, so wäre die Frage eine irredentistische Bewegung, die sich für den inneren Frieden des neuen Staatswesens wohl sehr nachteilig auswirken könnte. Man hat auch darauf hingewiesen, daß es wohl nicht angängig sei, daß die gesamten Abstimmenden des gesamten Südweststaates sollten bestimmen können, ob Altbaden wieder erstehen soll, sondern daß man hier itio in partes wohl würde in Erwägung ziehen müssen. Und daß, wenn bei der Abstimmung die altbadische Frage durch die gesamtbadischen Stimmen bejaht werden sollte, damit die sogenannte „kleine Grenzregelung" zum Gesetz erhoben werden müßte, wie umgekehrt, wenn die Großlösung, also die Frage nach der Vereinigung beschlossen werden sollte, demgemäß die „große Grenzberiditigung". Ich habe in einem Gespräch mit den württembergischen Herren im einzelnen die Modalitäten auseinandergesetzt, die, wie ich glaube, beschlossen werden sollten. Ich habe ihnen gesagt, wir Badener, die wir uns völlig neutral über die Parteien stellen müssen, denn der Riß geht durch alle Parteien hindurch, könnten uns sehr wohl damit einverstanden erklären, daß die Vereinigungsfrage mit ziemlich schwerem Gepäck bepackt werden könnte, daß also, um den Gedanken des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Maier aufzugreifen, wir uns sehr wohl vorstellen könnten, daß ohne Staatsvertrag, nur über die Vereinigungsfrage plus Alternative, die altbadische Frage, abgestimmt werden könnte. In diesem Falle hielt ich aber das Abmachungsergebnis, soweit Baden in Betracht kommt, für äußerst gefährdet. Es ist meines Erachtens durchaus ein fortschrittlicher Standpunkt, wenn man sagt: es werde wohl der Entwicklung besser Raum gegeben, wenn man vorher im großen ganzen zu gewissen Abmachungen käme, nämlich in Form eines Staatsvertrags, der dann mit der Vereinigungsfrage zur Abstimmung 354
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gestellt werden müßte. Und damit würde die kommende Verfassung mitnichten präjudiziert werden. Wie aber einer Ehe ein Verlöbnis vorausgeht, das unter Umständen lösbar sein kann, ja unter Umständen auch ist, so könnte ich mir sehr wohl vorstellen, daß man in groben Umrissen sich auf die Bedingungen einigen wird, unter denen man die Abstimmung stattfinden lassen könnte. Die Verbindungsoffiziere haben bei der Besprechung am Samstagvormittag [28. 8.] in Frankfurt auf eine dahin gestellte Frage ja auch zu erkennen gegeben, daß Alternativfragen unter Umständen gestellt werden könnten40]. Ich könnte mir vorstellen, wenn man den aus rein demokratischen Gesichtspunkten abgeleiteten Vorschlag zu dieser Alternativfragestellung den Militärgouverneuren entsprechend unterbreitet, daß dem entsprochen werden könnte. Meine Herren, Sie geben hiermit völlig fair play, und auch die altbadische Richtung kann, glaube ich, beanspruchen, daß wir nach demokratischen Spielregeln vorgehen, sonst, glaube ich, würde die Vereinigung wohl mehr gefährdet als gefördert werden. Das möchte ich zur Erläuterung der Empfehlungen des Ausschusses, die an das Ministerpräsidentenkollegium gegeben worden sind, noch äußern. Senatspräsident Kaisen: Ich höre eben gerade von unserem Berichterstatter die Empfehlung dahin interpretieren, das arme Land Schleswig-Holstein nicht im Stich zu lassen. Er wäre sehr enttäuscht, wenn wir es doch täten, meine Herren. Damit haben Sie die Kennzeichnung, wie diese Frage im Ausschuß, soweit sie den nordwestdeutschen Raum berührt, behandelt wurde. Ich glaube, das ist eine völlig verkehrte Stellungnahme, wenn man von der augenblicklichen Nachkriegssituation besonders nach der Währungsreform41) ausgehend, die Haushalte der betreffenden Länder nach dem Rechenstift ansetzt und sich überlegt, wie kann man jetzt durch Zusammenlegung der Länder ein in sich tragendes Gebilde schaffen, das finanziell stark genug ist, um die besondere Belastung, die dieser oder jener Teil zu tragen hat, mittragen zu helfen. Das, meine Herren, ist eine Aufgabe, die dem Finanzausgleich und dem Lastenausgleich zugewiesen ist. Diese Frage werden Sie in dem abgegrenzten Ausschuß, der eingesetzt ist, die Ländergrenzen festzusetzen, nie lösen. Ja, wenn wir so reich wären, um Gebilde schaffen zu können, die nur durch Zusammenlegung Von Ländern und Aufteilung von Ländern finanziell stark und autark wären, dann wären wir ja herrlich weit. Soweit sind wir leider nicht, sondern wir werden alle zusammen Mühe und Not haben, durch einen Finanzausgleich die betreffenden Länder in den Stand zu setzen, die größten sozialen Nöte tragen zu helfen, die unsere Bevölkerung auf sich nehmen muß. Das kann nicht auf diesem Wege durch Länderabgrenzungen usw. durchgeführt werden. Ich sehe die Aufgabe dieses Ausschusses auch von einem ganz anderen Gesichtspunkt an. Warum ist denn dieser Ausschuß und warum diese Frage überhaupt im Augenblick entstanden? Doch nur dadurch, daß die französische Zone mit den beiden anderen Zonen vereinigt werden soll! Wir könnten im Interesse Deutschlands eine Vorarbeit leisten, indem wir, abgesehen von allen zonalen
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) Dok. Nr. 22, S. 330. ) Dok. Nr. 6, Anm. 16.
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Verwaltungen, vorschlagen, wie hier im französisch besetzten Gebiet die Länder wieder auf eine Basis gebracht werden, die wir Deutschen wünschen, weil sie willkürlich getrennt wurden und das Problem akut geworden ist. Wir würden dann durch unsere Entscheidung den Militärregierungen, besonders der amerikanischen, die Möglichkeit geben, auf die Franzosen einzuwirken, daß auch dort das ganze Prinzip der Dreizonenverwaltung ins Rollen kommt, damit wir erreichen, daß auch drüben auf seiten der Besatzungsmächte eine Vereinigung der Verwaltungen erfolgt, damit wir es nur noch mit einem Lande schließlich zu tun haben. Denn das Problem wird j a kommen, in dem Augenblick, wo unsere Vorschläge jetzt überreicht werden in bezug auf Süddeutschland. Dann werden die Alliierten zu dem Problem Stellung nehmen müssen, wie sie sich ihre Verwaltung künftig einrichten wollen, so daß diese Diskrepanz vermieden wird. Wir Bremer haben es nämlich erlebt, was es bedeutet, wenn man mit zwei Militärregierungen zu tun hat. Wir wurden zunächst nach englischen Richtlinien verwaltet und dann durch amerikanische Offiziere, und es war eine Verwaltung, wie sie schlimmer nicht sein konnte 4 2 )! Es war ein schlimmes Durcheinander, und dieselbe Sache, die sich jetzt in Berlin ereignet. Ich meine, die Berliner Herren, die hier sind, könnten uns ein Lied davon singen, was es bedeutet, wenn vier Mächte sich dort zusammensetzen und wollen eine Konzeption finden. Dasselbe Problem liegt auf alliierter Seite. Aber wir haben von deutscher Seite aus klipp und klar zu sagen: Das sind unsere Vorschläge in bezug auf Württemberg-Baden, in bezug auf die Pfalz. Und diese Probleme [in] Norddeutschland sind im Augenblick überhaupt nicht akut, weil wir erst, als die englische Zone gebildet wurde, den niedersächsischen Raum konstituiert haben. W i r würden die ganze Frage bei uns aufwerfen, Oldenburg, Braunschweig usw., wenn wir nur diese neuen Abgrenzungen dort finden wollen. W i r würden auch die Frage Schleswig-Holstein doch nur lösen können in dem Augenblick, wenn auch die Ostzone wieder zur Verfügung stehen würde und Mecklenburg und Pommern mit zur Debatte stehen. Dann kann man nach der Seite hin eine Lösung finden, die tragbar ist. Aber so kann man sie nicht finden, wie Herr Ministerpräsident Lüdemann uns das heute vorschlägt: Er will mit Sack und Pack, mit Hamburg und Niedersachsen sich vereinigen. Morgen will er Hamburg haben und einen Teil der Elbmündung, er glaubt, dann lebensfähig zu sein. Er findet auch mit Niedersachsen keine Basis, denn wenn er sich den niedersächsischen Haushaltsvoranschlag und den Bericht ansieht, den Bericht des niedersächsischen Finanzministers, dann ist auch da keine Million übrig für Schleswig-Holstein, im Gegenteil: Niedersachsen sucht hier selber noch welche zu bekommen 4 3 )! Auf diesem Wege kann Ministerpräsident Lüdemann keine Lösung finden. ) Bremen gehörte zur brit. Bes.Zone, die Stadt und ihre Häfen waren jedoch eine Enklave des amerik. Besatzungsgebietes (8. 5. 1945), ehe es mit Wirkung vom 1. 1. 1947 als selbständiges Land zur amerik. Zone kam (Proklamation Nr. 3 der US-MilReg., 21. 1. 1947, ABl. MilReg., C, S. 1 und VO Nr. 76 der brit. MilReg., 31. 12. 1946, ABl. MilReg., S. 411). 4S) Vgl. den Bericht des niedersächs. FMin. Strickrodt vor dem Landtag über den Haushaltsplan 1948 am 13. 7.1948 (Berichte, Bd. II, S. 1997 ff.). 42
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Deshalb bin idi der Meinung, man sollte dieses Gebilde bestehen lassen, man sollte sich darauf konzentrieren, die Fragen baldigst zu lösen, die mit der Angliederung der französischen Zone verbunden sind, sollte entsprechende Vorschläge machen an die Militärgouverneure und sagen: Wir haben sie so gemacht, wie es nach deutschen Gesichtspunkten zweckmäßig ist, und dann soll der Ausschuß seine Arbeiten abschließen. Wir müssen sehen, daß wir so schnell wie möglich diese Westzonen konstituieren und daß wir uns nicht in langatmige Erörterungen einlassen, die geschichtlich gesehen noch nicht zu lösen sind, die meiner Ansicht nach gelöst werden müssen, wenn ganz Deutschland wieder zusammenkommt. Dann kann man auch die Form und die Art der neuen Länder bestimmen. Das gilt insbesondere für die Hansestädte. Ich muß dazu noch ein paar Worte sagen. Es ist eine sehr umfangreiche Arbeit im Ausschuß geleistet worden, und es liegt hier ein stenografischer Bericht vor, aus dem sich ergibt, daß Ministerpräsident Lüdemann auf Äußerungen von mir Bezug nimmt und immer diese Äußerungen ausspielt gegen Hamburg und gegen den Vertreter von Bremen. Wenn er den Artikel, den er dort anzieht aus dem Tagesspiegel —, wenn er den wörtlich zitieren würde in seiner Denkschrift, würde es ihm aufgefallen sein, daß er dort nur einige Stichproben, die zu seiner Auffassung paßten, herausgezogen hat 44 ). Ich muß hier klipp und klar erklären: Wenn wir einen Einheitsstaat hätten, wie ihn Holland, Belgien hat, dann ist die Frage, ob eine Reichsaufgabe durchgeführt würde von Reichs wegen aus, wie jetzt in Holland für Rotterdam und in Belgien für Antwerpen und für Stettin und drüben in Polen usw., dann würde dort diese Frage bearbeitet und zentral bearbeitet werden, weil Häfen eben genauso wie Eisenbahn und Post riesige Verkehrsunternehmungen sind, die vor allen Dingen der ganzen Nation zu dienen haben und die ganze Nation sich dafür einsetzen muß! (Zuruf: Sehr richtig!] Haben wir einen solchen Einheitsstaat, der diese Aufgaben übernimmt, dann ist die Frage der Hafenstädte eine ganz andere als sie es jetzt ist. In einem föderati-
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) Vgl. Wortprotokoll der Ausschußsitzung vom 27. 8. 1948, S. 89 f. (BA Z 12/66, Bl. 160 f.) sowie den Brief Kaisens an den Tagesspiegel vom 19. 7. 1948 über Pläne zur Neugliederung der dt. Länder; in diesem erst am 28. 7. 1948 im Tagesspiegel veröffentlichten Brief „Bremen, Koblenz, Frankfurt" führte Kaisen aus: „Bei allen Vorschlägen, die Hansestädte mit einem größeren Gebiet zu vereinigen, muß daran gedacht werden, wie in solchen Fällen die mit den Häfen und der Schiffahrt verbundenen Aufgaben zu lösen sind. Beides sind nationale Aufgaben, die entweder vom Standort aus in Verbindung mit der gesamtdeutschen Regierung durchzuführen sind oder die direkt bei dieser liegen müssen. Von einer Provinzstadt aus solche Fragen lösen zu wollen, wäre absurd. Selbstverständlich kann unter besonderen Voraussetzungen auch der staatsrechtliche Charakter der Hansestädte verändert werden. Wie das Beispiel Lübeck beweist, kann es geschehen, ohne besondere Gefahren für die betreffende Stadt hervorzurufen." Da jedoch für die Deutschen noch keine Möglichkeit bestände, eine Weltmarktpolitik von zentraler Stelle aus zu betreiben, müßten aus nationalem Interesse Bremen und Hamburg in ihrem staatsrechtlichen Charakter so gestellt bleiben, daß sie mit der Zentralgewalt in direkter Verbindung ständen.
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ven Staat müssen die Hansestädte als die ortsgebundenen Vertreter aus eigener Initiative versudien, diese Häfen zu entwickeln, und sie müssen dabei mit der Zentrale des Reichs verbunden sein, sonst können sie es nidit machen. Ich kann nicht meine Aufgaben für die Häfen auf dem Weg über Niedersachsen, über Schleswig-Holstein usw. durchziehen und ebensowenig kann es Hamburg. Denn der Wettbewerb zwischen den Nordseehäfen ist viel zu groß, als daß wir nur einen derartigen Gedanken erwägen könnten, es über Hannover oder sonst eine Stelle zu machen. Wir müssen daher diese Verbindungen haben, und Sie müssen die Häfen betrachten als die Lungen des Reiches. Und Sie können sich nur freuen, wenn in unseren Häfen, in den Hansestädten, noch so viel Kraft und Selbsterhaltungstrieb sich wieder bemerkbar macht, denn diese Entwicklung der Häfen geschieht doch im Interesse aller, und daher muß diese Frage von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet werden. Ich muß schon sagen, daß man das auch in dem Ausschuß berücksichtigen und es nicht so auslegen muß, als wenn wir nur aus Partikularinteresse daran denken, ewig daran denken, Stadt-Staaten zu bleiben, sondern wir sind verpflichtet und verbunden, die Häfen aufrechtzuerhalten, und das können wir in dieser ganzen Zeit nur in der Art, wie wir jetzt existieren! Ministerpräsident Stock: Bitte, Herr Justizminister Staatsrat Prof. Dr. Schmid. Staatsrat Schmid: Meine Herren: Ich will hier nicht für den Standpunkt des einen oder anderen Landes plädieren, sondern lediglich einige allgemeine Ausführungen zur Rechtslage machen. Ich habe den Eindruck, daß hierüber verschiedene Meinungen bestehen. Die einzige Rechtsgrundlage für die Veränderung der Ländergrenzen ist das Dokument Nr. II, das uns in Frankfurt überreicht worden ist 45 ]. Analysiert man dieses Dokument, sieht man deutlich, daß es von dem Standpunkt ausgeht, daß die Frage der Berichtigung der Ländergrenzen nicht die Sache der unmittelbar interessierten Länder selber ist, sondern daß es eine Gesamtaufgabe ist, und die elf Ministerpräsidenten aufgerufen sind, eine gesamtdeutsche Aufgabe treuhänderisch zu übernehmen. Es ergibt sich daraus folgendes: — und was ich hier sage, ist der genaue Text des Dokumentes Nr. II - , daß nicht die beteiligten Regierungen unter sich einig werden müssen, um eine bestimmte richtige Formung ihrer Länder herbeizuführen, sondern daß die elf Ministerpräsidenten sich darüber schlüssig werden müssen, ob Änderungen der Ländergrenzen wünschbar sind, und daß sie weiter vorschlagen müssen, welche Änderungen vorzunehmen sind, ich für meinen Teil würde kein Hindernis darin sehen, daß Sie mit diesem speziellen Vorschlag gleichzeitig Vorschläge zur Prozedur machen, daß Sie also sagen, diese Änderungen würden am besten so oder so mit den oder jenen Fragestellungen vorgenommen werden. Aber festzuhalten ist, daß die elf Ministerpräsidenten ihren Vorschlag machen können, völlig unabhängig davon, wie sich die Regierungen der beiden, der drei oder vier unmittelbar beteiligten Länder zur Sache stellen. Ob es politisch richtig oder klug ist keine Notiz zu nehmen von dem, was die
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) Dok. Nr. 4.
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unmittelbar beteiligten Länder für richtig halten, ist eine Frage für sich. Aber es kann kein Zweifel bestehen, daß von der Rechtslage aus betrachtet es auch durchaus möglich und dann Rechtens wäre, wenn die elf Ministerpräsidenten einen Vorschlag anders machen sollten, als etwa die unmittelbar beteiligten Regierungen selber 'es für richtig und zu wünschen halten. Die letzte Entscheidung darüber, was geschehen soll und wie es geschehen soll, haben sich die Militärbefehlshaber vorbehalten. Auch das sollte man nicht übersehen. Auch der Vorschlag der Ministerpräsidenten ist nicht mehr als eine Empfehlung an die Militärgouverneure, eine Empfehlung, die diese nicht im geringsten bindet, wenngleich sie wahrscheinlich sehr gut daran tun werden, die Sache sehr ernst zu nehmen, um möglichst nicht von ihr abzuweichen. Das ist [das] eine, was ich sagen möchte. Das zweite: Die Verschmelzung von Ländern im Wege von Staatsverträgen ist eine bekannte Figur in der Rechtsgeschichte. Im Mittelalter hat man es immer so gemacht, und auch im Zeitalter des Absolutismus. Im Zeitalter der Demokratie ist man zu anderen Verfahrensweisen geschritten. Dort hat sich ein neues Land, auch wenn vorher verschiedene Länder bestanden, immer durch einen Gesamtakt konstituiert, also durch eine Abstimmung der gesamten Bevölkerung oder der demokratisch gewählten Repräsentanten. Auch das schließt natürlich nicht aus, daß sich, bevor dieser Gesamtakt geschieht, die noch getrennten Teile über die Übergangsmodalitäten im Weg von Verträgen verständigten. Das wird sogar notwendig sein, wenn eine glatte Überleitung in den neuen Zustand erfolgen soll. Aber etwas völlig anderes und m. E. demokratisch undiskutierbar wäre es, wenn man einen Staatsvertrag schlösse und diesen Staatsvertrag plebiszitieren ließe und damit gleichzeitig, wie der Herr Ministerpräsident Maier ausgeführt hat, die Verfassung präjudizieren wollte. Das scheint mir schlechthin unter der Konvention, daß man demokratisch verfahren will, nicht zu gehen. Eine Volksabstimmung ist doch etwas anderes als die Festlegung eines Textes im Wege der Diskussion und Vereinbarung. Eine Volksabstimmung ist doch letzten Endes nicht mehr und nicht weniger als eine Abstimmung darüber, ob etwas von den Regierungen Formuliertes angenommen werden soll oder nicht. Wenn das nun gekoppelt wird, also die Abstimmung über den Staatsvertrag mit der Abstimmung, ob man sich vereinigen will oder nicht, dann heißt es doch letzten Endes: Friß Vogel oder stirb! Wenn du die Vereinigung willst, mußt du auch den Staatsvertrag wollen, wenn du den Staatsvertrag nicht willst, torpedierst du damit die Vereinigung. Das scheint mir ebenfalls kein demokratisches Verfahren im eigentlichen Sinne des Wortes zu sein. Und dann noch eine letzte Mahnung: Dieser Staatsvertrag, falls er beschlossen werden sollte, geht ja dann in der Vereinigung der zu bildenden Rechtssubjekte in einem Subjekt unter. Wo sind denn dann noch die Vertragspartner, die gegenseitig in diese vertraglich für sie angeblich stipulierten Rechte irgendwo sollten eingehen können? Es ist doch genau der gleiche Fall, als wenn sich zwei GmbHs, die getrennt waren, zu einer neuen, alle umfassende GmbH verschmelzen. Da kann doch nicht mehr aus einem solchen Vertrag geklagt werden, es sei denn auf Grund einer individuellen Ursache. 359
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Ich glaube, daß es nicht unnütz sein könnte, sich bei der Diskussion diese rechtlichen Gesichtspunkte vor Augen zu halten! Ministerialrat Hermans: Meine Herren! Ich glaube, zur Ergänzung dessen, was Herr Staatsrat Schmid vorgetragen hat, noch einiges aus den Unterhaltungen mit den Verbindungsoffizieren nachtragen zu sollen 4 6 ). Dieser Standpunkt, wie ihn Staatsrat Schmid hier vorträgt, ist von uns gegenüber den Verbindungsoffizieren mit aller Entschiedenheit vertreten worden. W i r haben darauf hingewiesen, daß in der Vereinigung zweier Länder die bisherigen Rechtssubjekte verschwinden und daß es doch nicht möglich sei, die kommende Verfassunggebende Versammlung des vereinigten neuen Landes in irgendeiner Weise zu befriedigen. Es ist immerhin von Wichtigkeit, daß trotz dieser Darlegung der englische Vertreter, der die Verhandlungen auf alliierter Seite leitete, seinerseits erklärte, das sehe er nicht ganz ein, denn aus Anlaß der Bildung der Kanadischen Union habe man einen entsprechenden Fall praktisch erprobt. Aus Anlaß des Zusammenschlusses der ursprünglich englischen und ursprünglich französischen Provinzen zu dieser Union habe man besondere Vorrechte der ursprünglich französischen Provinzen durch einen Staatsvertrag vorher festgelegt und habe diesem Staatsvertrag dann die verfassungsmäßige Sanktion gegeben. Er sei der Auffassung, daß eine Bindung vorläge 4 7 ]. W e n n Sie nun, meine Herren, das Protokoll über das Gespräch betrachten, dann sehen Sie, wie unsicher der Standpunkt der Gegenseite gewesen ist. Es ist zunächst auf die Frage, ob bei den kommenden Abstimmungen über die Ländergrenzen die Verfassungsbestimmungen berücksichtigt werden müßten, folgendes gesagt worden: Die von den Ministerpräsidenten angenommenen Methoden der Londoner Empfehlungen gehen den Verfassungsbestimmungen der einzelnen Länder vor. Das ist genau der Standpunkt, den Sie vertreten haben, Herr Staatsrat. Dann hieß es: Da die Ministerpräsidenten selbst keine Verfassungsänderungen vornehmen können, müssen sie die Frage den Militärregierungen vorlegen. Die kommenden Ländergrenzenänderungen unterliegen der gleichen Autorität wie die seinerzeit von den Militärregierungen vorgenommenen Länderschöpfungen, nur mit dem Unterschied, daß diesmal nach den Wünschen der Militärgouverneure die Bevölkerung durch Abstimmung befragt werden solle. Schließlich hieß es: Die Frage ist neu; wir sehen ein, daß sie sehr wichtig ist; wir werden dazu noch abschließend Stellung nehmen. Das bedeutet für uns jedenfalls, daß wir durchaus nicht gehalten sind, uns bei der jetzigen Lage irgendwie an einen festen Standpunkt auf Seiten der Alliierten anzupassen. Es bedeutet aber für uns, daß, wenn wir einen präzisen Vorschlag machen, beispielsweise auch hinsichtlich der Abstimmungsmodalitäten, wir doch auf die angedeutete Gegenargumentation irgendwie eingehen sollten, um län-
" ) Dok. Nr. 22. 4 7 j Vgl. A.R.M. Lower, From Colony to Nation, 4 1964. 360
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gere Erörterungen im Anschluß an den gemachten Vorschlag möglichst zu vermeiden. Es ist uns angekündigt worden, daß die Antwort auf diese Frage — wir konnten das verstehen — noch im Laufe dieser Woche zugehen würde. Es wäre die Frage zu erörtern, ob bei der heute sowieso stattfindenden Begegnung zwischen einer Abordnung der Ministerpräsidentenkonferenz und den Verbindungsoffizieren die Frage noch einmal, und zwar vielleicht schon auf Grund eines Vorschlages einer vermutlichen Formel der Konferenz gestellt werden sollte48). Ministerpräsident Arnold: Meine sehr verehrten Herren! Herr Prof. Dr. Schmid ha.t vorhin einige Ausführungen zu der staatsrechtlichen Situation gemacht, mit denen ich weitestgehend übereinstimme. Nach dem Dokument II scheint es mir ja so zu sein, daß die Ministerpräsidenten aufgefordert wurden, Vorschläge über die Neugestaltung der deutschen Ländergrenzen zu machen oder nicht zu machen. Es ist nicht vorgeschrieben, daß unter allen Umständen entsprechende Vorschläge eingereicht werden müssen. Man kann ja und man kann nein sagen. Wir haben das ganze Problem in Koblenz sehr eingehend erörtert und durchgesprochen. Wir haben damals den Standpunkt vertreten, daß es durchaus zweckmäßig erscheint, die heutigen Ländergrenzen zu überprüfen. Wir waren uns damals im Kern doch wohl klar geworden, daß bei dieser Überprüfung konkret eine mögliche Regelung der Ländergrenzen in Baden-Württemberg herauskommen soll. Wir waren uns weiterhin darüber klar, daß darüber hinaus aus einer ganzen Reihe von Gründen, die eingehend dargelegt worden sind, anderweitige Vorschläge nicht gemacht werden sollen. Ich bin der Meinung, wir sollten bei diesem Standpunkt, den wir damals in Koblenz eingenommen haben, auch heute bleiben. Ich will damit nicht sagen, daß der heutige Stand der deutschen Ländergrenzen eine befriedigende oder eine endgültige Festlegung sei; aber ich bin folgender Meinung: Wenn die Generäle zum Ausdrude brachten, wenn jetzt weitere Vorschläge nicht gemacht würden, solle der heutige Zustand zunächst bis zum Friedensschluß bestehen bleiben, so glaube ich, daß dieser Zeitpunkt eines künftigen Friedensschlusses nicht ungünstiger für die deutschen Verhältnisse ist als der heutige. (Zurufe: Sehr gut!) Ich verweise insbesondere auf die Ausführungen des Herrn Senatspräsidenten Kaisen. Auch ich bin der Meinung, daß eine ganze Reihe von wichtigen Problemen, die im Zusammenhang mit den Ländergrenzen stehen, im deutschen Interesse sehr viel sinnvoller gelöst werden können, wenn eine ausreichende deutsche Souveränität gegeben ist. Und auf diesen Zustand sollten wir eigentlich hinzielen.
" ) Dok. Nr. 25 und 27. 361 29 Parlament. Rat
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Aus diesen Erwägungen heraus freue idi midi, daß der Ausschuß auf Grund seiner Arbeiten in der Lage war, uns für Württemberg-Baden eine vernünftige, befriedigende und tragbare Lösung vorzuschlagen. Ich bin meinerseits durchaus bereit, diese Lösung nachdrücklichst zu unterstützen. Ich würde es aber für vollkommen falsch halten, wenn wir darüber hinaus insbesondere auch schon das Problem Rheinland-Pfalz aufgreifen würden; nicht etwa deshalb, weil ich der Meinung bin, daß es sich hier um ein besonders glückliches und staatsrechtlich befriedigendes Land handelt, sondern idi weiß, welche Schwierigkeiten und Mängel hier vorliegen. Aber, meine Herren, hier handelt es sich ja nicht nur um das Land Rheinland-Pfalz, sondern hier handelt es sich um ein viel größeres politisches Problem. Dieses Problem kann viel sinnvoller gelöst werden, wenn eine gesamtdeutsche Vertretung vorhanden ist. Wir alle wissen, daß es eine französische Rheinlandpolitik gegeben hat. Diese besteht auch heute noch. Ich will hier ganz offen erklären, daß ich mich nicht dazu hergeben werde, dieser Politik irgendwie eine deutsche Unterstützung zu geben 49 ). Aus diesem Grund ist es politisch von entscheidender Wichtigkeit, daß diese anderweitigen Probleme zurückgestellt werden, und aus diesem Grunde bin ich auch mit Bürgermeister Brauer der gleichen Meinung, daß der Ausschuß nach seiner wertvollen und sachlich guten Arbeit, die er geleistet hat, jetzt seine Arbeiten, nachdem das Problem Baden-Württemberg konkretisiert werden kann, abschließen kann. Innenminister Renner: Meine Herren! Es ist vorhin vom Herrn Bürgermeister Brauer gesagt worden, der Ausschuß habe seine Kompetenzen überschritten, und Herr Ministerpräsident Arnold hat eben wieder betont, daß man in Koblenz darüber einig geworden sei, mit Ausnahme des Problems Südwestdeutschland keine anderen Probleme zu erörtern. Im Ausschuß zur Überprüfung der Ländergrenzen war man geteilter Meinung. Ein Teil der Herren hat die Auffassung der Herren Bürgermeister Brauer und Ministerpräsident Arnold vertreten. Die anderen Herren waren anderer Auffassung. Deswegen hat der Ausschuß die Herren Ministerpräsidenten gebeten, heute klar zu entscheiden, welches die Kompetenzen des Ausschusses sind. Es ist richtig, daß man in Koblenz der Auffassung war, es solle nur das Problem Südwesten angegriffen werden. Man ist sogar noch weiter gegangen und war der Auffassung: Das Problem soll aber nicht von den Ministerpräsidenten, sondern vom Parlamentarischen Rat gelöst werden. Man war sich darüber einig, daß die übrigen Probleme auf sich beruhen sollten. Diese Antwort ist den Herren Militärgouverneuren mitgeteilt worden. Sie haben sich aber keineswegs damit zufriedengegeben, sondern sie haben — entschuldigen Sie den Ausdruck — den Ministerpräsidenten die Pistole auf die Brust gesetzt und gesagt: Ihr sollt eine klare Antwort geben; entweder ja oder nein.
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) Zu den von Nordrhein-Westfalen befürchteten politischen Gefahren angesichts frz. Bestrebungen und der deshalb vorgeschlagenen Zurückhaltung bei einer Neuregelung der Ländergrenzen Dok. Nr. 17, Anm. 7.
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Die Frage lautete — das geht aus dem Protokoll über die Besprechung vom 26. Juli hervor — ganz klar: Die Ministerpräsidenten sollten erklären, erstens, ob sie die Notwendigkeit der Überprüfung der Ländergrenzen anerkennen, zweitens, ob sie bereit seien, Vorschläge zu deren Änderung zu unterbreiten. Daraufhin hat nach diesem Protokoll bei der Unterredung Herr Ministerpräsident Lüdemann den Militärgouverneuren erklärt, daß beide Fragen von den Ministerpräsidenten bejaht worden seien. Es ist hinzugefügt worden, man habe einen Ausschuß eingesetzt, der sofort mit seinen Arbeiten beginne 5 0 ). Aus diesem Grunde war ein Teil der Mitglieder des Ausschusses — diese Differenz hat sich aber erst im Laufe der Verhandlungen, in der zweiten oder dritten Sitzung ergeben — der Meinung, diese Regelung von Koblenz ist überholt, un^d der Ausschuß ist nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, alle Fragen zu prüfen. Es stand dahin, ob der Ausschuß zu dem Ergebnis komme, den Ministerpräsidenten zu empfehlen, keine Vorschläge zu machen, oder zu sagen: Wir machen den Vorschlag, vorerst nichts zu ändern, oder aber, ob er bestimmte Änderungen vorschlage 5 1 }. So, wie die Dinge jetzt liegen, daß nämlich ein Teil des Ausschusses der Auffassung ist, seine Tätigkeit müsse beschränkt werden auf Südwestdeutschland, der andere Teil der Auffassung ist, es dürfe alles geprüft werden, hat die Arbeit des Ausschusses keinen Sinn. Deswegen ist es unbedingt notwendig, daß sich die Herren Ministerpräsidenten heute darüber schlüssig werden, ob der Ausschuß mit dem Problem Südwestdeutschland seine Aufgabe erledigt hat, oder ob er weitere Prüfungen vornehmen soll. Vorsitzender: Gestatten Sie mir ein paar Bemerkungen, um die Auffassung Hessens darzulegen. Ich möchte mich kurz fassen: Der Antrag des Herrn Kollegen Brauer ist für Hessen unannehmbar. Wir lehnen ihn ab. W i r haben einen Auftrag, den Generälen Vorschläge zu machen, und haben das nach meinem Dafürhalten gründlich zu tun, soweit es in unserer Kraft steht. Ich habe die Anweisung, daß sich die Kommission mit dem Südwesten befassen soll, nicht dahingehend verstanden, daß damit Württemberg-Baden gemeint sei, sondern vielmehr sowohl der Süden als auch der Westen. Somit ist das Problem Rheinland-Pfalz mit einzuschließen. W e n n dies gelöst werden soll, muß es selbstverständlich auf einer gesunden Grundlage geschehen. Es soll niemand überwältigt werden. Es hat sich aber herausgestellt, daß das Problem so groß und inhaltsreich ist, daß es in dieser Zeit nicht gelöst werden kann. W i r haben erreicht, daß das Datum vom 1. August bzw. 25. August oder 1. September auf den 15. Oktober verschoben wurde. Es darf festgestellt werden, daß wir bis zum 15. Oktober nicht die Antwort geben können, die wir nach Lage der Sache eigentlich geben müßten, nachdem wir gesagt haben: Wir beantworten die Frage mit Ja, — nämlich die Erklärung, daß wir Vorschläge zur Änderung der Grenzen unterbreiten. Meine Herren, betrachten Sie die Sache selbst und das, was auch die Kommission in der Sache getan hat, nicht so leicht. Es wird in der Angelegenheit noch viel geredet und geschrieben
) Dok. Nr. 13. ) Hierzu vor allem Dok. Nr. 17.
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werden müssen. W i r sollten uns überlegen, ob wir den Generälen gelegentlich nicht die Meinung unterbreiten, daß diese Frage eine rein deutsche Angelegenheit sei und audi noch über den 15. Oktober hinaus weiter behandelt werden müsse. Madien wir unsere Vorschläge für die Arbeiten, die bis dorthin möglich sindl Die Frage selbst kann nach meiner Meinung nicht ruhen bleiben. Ich möchte nochmals daran erinnern, daß uns der Auftrag nicht bloß durch die Generäle, sondern auch durch unser deutsches Volk selbst in die Hand gegeben wurde. W e n n die alte Zerrissenheit Deutschlands immer wieder betont wird, sollten die elf Ministerpräsidenten in dieser Frage sich aneinanderreihen, um hier eine im deutschen Interesse gelegene gesunde Lösung zu finden. W e n n wir einen föderativen Staat aufbauen wollen oder sollen, möchte ich besonders darauf hinweisen, daß die dann geschaffenen Länder ein Dasein haben sollen, das sie berechtigt, als Land überhaupt zu existieren. Das ist bei den jetzigen Grenzen nicht der Fall. Es freut mich außerordentlich, daß Herr Senatspräsident Kaisen sagte: „Wenn schon, denn schon, dann sind dies Häfen des Reichs." Diese Auffassung ist sehr zu unterstützen. Dinge, die ein einzelner Staat nicht bewältigen kann und die im Interesse der Gesamtheit liegen, müssen eben zur Zuständigkeit dieser höheren Instanz gehören. Das ändert sich auch nicht, wenn wir einen föderativen Staat haben, nämlich daß die Zuständigkeit für möglichst viele Gebiete, für die ein Staat aufkommen kann, beim Staat verbleibt. Ich möchte die Herren, die dem föderativen System große Hymnen singen, speziell daran erinnern, daß das zentrale System mehr fortschreitet, wenn es viele unselbständige Länder gibt, und eben dies sind diejenigen, die wirtschaftlich nicht zu existieren vermögen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf folgendes: W i r werden uns heute nachmittag mit den Finanzen beschäftigen. W e n n Sie über die Länder einen Finanzausgleich beschließen, wird das ein Notbehelf sein. Dieses wäre für die Auffassung, welche die Föderalisten unterstreichen wollen, nicht gut. W i r müssen also Staaten schaffen, die auch in Wirtschaftskrisen gesund sind. Ich erinnere midi, daß es Staaten gegeben hat, die in Zeiten der Arbeitslosigkeit nur Leute beschäftigten, die in ihrem Lande seßhaft waren und damit die Arbeitslosigkeit und das Elend in den anderen Ländern häuften. Das ist keine gesunde Auffassung. Das sind Dinge, die wir in jedem Falle zu beseitigen suchen sollten. Meine Herren, überlegen Sie sich, ob wir nicht den Ausschuß aufrediterhalten, denn es muß immer eine Instanz der Ministerpräsidenten da sein, die den Ausgleich überprüft und überdenkt, was an Länderzusammenschlüssen Zustandekommen kann. Locker dürfen wir die Dinge nicht lassen. Darum meine ich, daß wir in die Verfassung einen Passus ähnlich wie in der Weimarer Verfassung einbauen müssen des Sinnes, daß eine gesunde Grenzregulierung und Ländergestaltung absolut stattfinden muß 5 2 ). Ich bitte Sie, die Frage nicht bloß vom Standpunkt eines Landes aus zu betrachten, sondern von der
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) WRV-Art. 18 und späterer GG-Art. 29 (Bonner Kommentar, II, Art. 29).
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Idee, gesunde Länder im Interesse eines wirklich gesunden Staatsverbandes in Deutschland zu schaffen. Deshalb lehnen wir in Hessen den Antrag des Kollegen Brauer ab. Wir sind vielmehr der Auffassung, es wäre ein schwaches Beginnen, wenn wir heute beschlössen, daß der Ausschuß seine Arbeiten erledigt habe und damit die Angelegenheit zum Abschluß gebracht worden sei. Ministerpräsident Lüdemann: Meine Herren, über die Aufgabe[n] und Verpflichtungen der Ministerpräsidenten in dieser Angelegenheit und über die Zuständigkeit des von uns eingesetzten Ländergrenzenausschusses ist so viel Gutes und Richtiges von den Kollegen Maier, Schmid, Kopf und Renner gesagt worden, daß ich dem nichts hinzuzufügen habe. Ich habe mich noch einmal zum Wort gemeldet, um ein paar Worte zu den Ausführungen zu sprechen, die der Herr Kollege Arnold eben gesagt hat. Es ist heute erfreulicherweise nicht viel über dieses Thema gesprochen worden. Früher ist mir darüber gesagt worden, daß es politische Gründe gäbe, die uns davor bewahren sollten, allzuviele Ländergrenzenänderungen in Aussicht zu nehmen. Nun hat Herr Kollege Arnold eben darauf hingewiesen, und zwar in dem besonderen Fall Rheinland-Pfalz, und ich glaube hierzu müssen ein paar Worte gesprochen werden. Ich bin der Meinung, daß diese Hinweise auf angebliche politische Schwierigkeiten etwas reichlich willkürlich gedeutet werden und auch Herr Brauer und andere Herren haben früher mit diesen Argumenten operiert, obwohl es keinem Zweifel unterliegen kann, daß außenpolitische Schwierigkeiten für die Nordwestdeutsche Tiefebene nicht bestehen. Dort sind die Verhältnisse einfach. Dort können wir heute die Ordnung schaffen, die zweckmäßig und notwendig ist. Wir sind darin in der Beschlußfassung vollkommen frei, und selbstverständlich spielen irgendwelche Erklärungen eines Länderchefs keine Rolle. Er kann nein sagen, er muß es vielleicht pflichtgemäß, aber es ist mit Recht darauf hingewiesen worden, in Zeiten der Demokratie werden solche Fragen nicht durch die Staatsoberhäupter entschieden, sondern durch das Volk selbst. Ich zweifle nicht daran, daß auch Bürgermeister Brauer bereit sein wird, in dieser Beziehung seinen Standpunkt zu revidieren und sich bereit erklären wird, wie jeder andere Länderchef über diese Frage mit seinen Nachbarn und den übrigen Kollegen zu diskutieren. Was nun aber die politischen Möglichkeiten oder Gefahren in Rheinland-Pfalz anbelangt, so möchte ich doch aussprechen, Herr Kollege Arnold, daß ich diese Frage genau umgekehrt sehe wie Sie. Ich glaube, daß gerade wegen der von Ihnen erwähnten politischen Gefahren dort etwas geschehen muß. Ich teile vollkommen Ihre Auffassung, daß es sich dort um das, sagen wir mal ruhig, Einfluß- und Annektionsbedürfnis unseres französischen Nachbarn handelt, das wir abzuwehren haben, und gerade deshalb scheint mir, ist es unsere Aufgabe zu prüfen, ob wir nicht das Land Rheinland-Pfalz gefährden, wenn wir es so in seiner jetzigen lediglich linksrheinischen Position belassen, denn dieser kleine rechtsrheinische Zipfel hat ja dort keine Bedeutung. Ich glaube, Herr Kollege Kopf hat schon mal darauf hingewiesen, daß wir die Aufgabe haben zu prüfen, ob nicht eine Lösung gefunden werden muß, daß dieses Stück Land, das linksrheinisch liegt, ganz fest mit rechtsrheinischem Gebiet verankert und verbunden wird. Ich glaube im beson365
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deren, man sollte, wenn es irgend möglich ist, kein deutsches Land bestehen lassen, das isoliert daliegt und das nicht die Stärke hat, um Einflüssen entgegenzutreten. W i r haben da schon den sicher üblen Fall Saarland 5 3 ), und ich glaube deshalb, dieses Land muß unbedingt gestärkt werden, und falls Sie es für notwendig halten sollten, eine besondere Abstimmung vorzunehmen — meiner Auffassung nach ist es nicht notwendig, da ich es für selbstverständlich halte, daß der Ländergrenzenausschuß sich damit beschäftigen muß. Wollen wir eine besondere Abstimmung vornehmen, dann bitte ich Sie ganz dringend im allgemeinen nationalen Interesse Deutschlands sich dafür auszusprechen, daß das heute gefährdete Land Rheinland-Pfalz einer gründlichen Prüfung unterzogen wird. Ministerpräsident Ehard: Meine Herren, ich darf dazu ein paar kurze Bemerkungen machen. Ich habe schon Gelegenheit gehabt, den Standpunkt Bayerns bei der Koblenzer und bei der Rüdesheimer Besprechung zu vertreten. Das ist die Sachlage zunächst einmal allgemein — wir sind uns alle darin wohl einig, daß die derzeitige Gestaltung der Länder nicht gerade ideal ist. Wir waren uns darüber alle einig, daß eine wirklich zwedkmäßige Umgestaltung doch wohl erst dann stattfinden kann, wenn eine deutsche Souveränität vorhanden ist und wenn man über Gesamtdeutschland auch wieder in irgendeiner Form von deutscher Seite verfügen kann. Das ist Zukunftsmusik, die können wir im Augenblick wohl nicht anhören, sondern wir können nur hoffen, daß eine solche Lösung möglichst bald kommt. Der Stand ist jetzt der: W i r müssen ausgehen von dem Dokument II, und das Dokument II beauftragt die Ministerpräsidenten zu prüfen, ob für die drei Westzonen — für sonst nichts — eine Änderung der Grenzen der derzeit bestehenden Länder vorgeschlagen werden soll. Der Standpunkt der Koblenzer und Rüdesheimer Besprechungen war der, man sagte: Jawohl, wir sind der Meinung, man müßte diese Frage prüfen, und zwar ganz allgemein. Man hat aber schon damals sich auf den Standpunkt gestellt, das ist eine Sache, die unter den derzeitigen politischen Verhältnissen kaum befriedigend gelöst werden kann, einmal deshalb, weil wir j a nicht verfügen können, wie wir wollen, und weil wir in allem, was wir machen, völlig abhängig sind von der Entscheidung der Militärgouverneure, und weil wir bei unseren Entscheidungen — seien wir doch ehrlich — letzten Endes j a gar nicht die rein deutschen Interessen vertreten können, sondern weil wir immer nach den Zonengrenzen schauen müssen. Es ist ja nicht gesagt, daß wir die Möglichkeit haben, ein Land zusammenzuschließen, um es nach finanziellen Gesichtspunkten zu regeln, sondern es spielen die Zonengrenzen eine ganz gewaltige Rolle, und sie werden bei den Entscheidungen der Militärregierungen eine große Rolle spielen. Und darum hat man damals gesagt: hier ist ein Problem. W i r haben das gesagt vom deutschen Standpunkt auf den Koblenzer Besprechungen, das ist eine Tatsache, die nicht zu beseitigen ist. W i r haben
5S
) Frankreich hatte das Saarland aus seiner Besatzungszone und damit aus dem Kompetenzbereich des alliierten Kontrollrats ausgegliedert und 1947 seinem Zollund Währungssystem angesdilossen. Der MilGouv. war am 1. 1. 1948 durch einen frz. Hohen Kommissar ersetzt worden (Fischer, Saar, S. 44 ff. und Dok. Nr. 5, Anm. 13).
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damals gesagt, ein Problem sollte dieser Ausschuß auf jeden Fall zu lösen versuchen, und das ist das Problem Württemberg-Baden. Zu allem anderen muß man gewiß Vorbehalte machen, weil nämlich, sobald das Problem ausgedehnt wird, z. B..auf Rheinland-Pfalz und auf andere Dinge, das Ganze ins Rollen kommt und man den Anfang sieht, aber das Ende nicht mehr absehen kann, und weil man vor allen Dingen so viele Schwierigkeiten sich auftürmen sah, damals schon, daß man nicht durchzukommen hoffen durfte. Nun, was ist eben jetzt im Augenblick geschehen? Der Ausschuß hat sich mit dieser Frage befaßt, und das Ergebnis ist, daß man erfreulicherweise wohl hoffen darf, das Problem Württemberg-Baden werde in einer beiderseits befriedigenden Form gelöst werden können. Etwas anderes ist als Ergebnis der Ausschußberatungen bisher nicht festgestellt worden. Ich habe im Gegenteil den Eindruck, daß das Ergebnis der Ausschußberatungen das bestätigt, was man damals in Koblenz und was man in Rüdesheim schon vorausgeahnt hat, daß es sehr schwierig sein wird, weiterzugehen und daß eine Reihe von Problemen auftaucht, mit denen man wahrscheinlich in kurzer Zeit nicht fertig werden wird. So steht die Sache doch im Augenblick, und sich darin etwa zu täuschen, hat gar keinen Zweck. Ich bin persönlich der Meinung, daß der Ausschuß, wenn er sich noch so strebend bemüht, über die Probleme nicht hinwegkommen wird, daß eine Einigung auch der Ministerpräsidenten kaum möglich sein wird und daß es dabei bleiben wird, dieses Problem Südwestdeutschland zu lösen und den übrigen zu sagen, es geht im Augenblick nicht, weitere Vorschläge zu machen. Damit ist keineswegs gesagt, daß das Problem damit begraben sein soll, sondern es gibt zwei Möglichkeiten, die immer bleiben. Einmal die Möglichkeit, eine Änderung vorzunehmen, wenn eine selbständige deutsche Vertretung, insbesondere auch eine parlamentarische Vertretung, vorhanden ist, und wenn man vielleicht auch über Gesamtdeutschland in irgendeiner Form verfügen kann. Herr Senatspräsident Kaisen hat darauf hingewiesen. Es gibt aber eine zweite Möglichkeit, die, wie aus dem Bericht von dem Verfassungskonvent in Herrenchiemsee zu entnehmen ist, auch bereits in Aussicht genommen ist, nämlich der Vorschlag, daß man auch dann oder erst recht dann, wenn die drei westlichen Zonen zusammengeschlossen sind, eine Möglichkeit sucht, eine Änderung vorzunehmen dann, wenn sie sich als zweckmäßig ergibt, und dann, wenn die Sache reif ist 54 ]. Diese Möglichkeit sollte man vorsehen. Sie ist keineswegs so praktisch aussichtslos. Das, was uns gesagt worden ist: es bleibt alles stehen bis zum Friedensschluß, ist noch keineswegs ein Evangelium. Die Alliierten haben uns viele Dinge schon gesagt, die nach Jahren sich bereits völlig geändert haben. Warum soll das im Augenblick nicht anders sein? Ich wäre also der Meinung, daß das bisherige Ergebnis dieses Ausschusses gezeigt hat, daß die damals auf der Koblenzer Tagung vertretene Meinung die ganze Situation politisch sehr richtig beurteilt hat. Es hat sich bisher nichts ergeben, was etwa diese damalige Stellungnahme umgestoßen hätte. Ich bin heute erst recht überzeugt, und zwar aus den Ergebnissen des Ausschusses, daß man zu keiner anderen Lösung kommen wird als zu der, die Frage Württemberg-Baden nun zu einer Lösung zu führen, wie sie dort geM
) Bericht HCh. S. 25 f.
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wünscht wird, daß man aber im übrigen mit den Problemen einfach nidit fertig werden kann. Noch ein W o r t darf ich vielleicht sagen, ich bitte um Entschuldigung, ich wäre der sehr unmaßgeblichen Meinung, wenn der Ausschuß seine Tätigkeit fortsetzt, daß er sich dann in allen seinen Teilen einer sehr großen Zurückhaltung befleißigen sollte. Ich meine, das sind so delikate und politisch so schwierige Fragen, die dann erörtert werden, daß man sich sehr zurückhalten sollte und sehr hüten, alle möglichen Varianten von Besprechungen, Meinungen, Gegenmeinungen usw. sofort der Presse zu geben. Man kann keine Pläne machen, wenn man noch nicht einmal die Grundlagen sicher vor Augen hat. Ich wäre der Meinung, wenn der Ausschuß seine Tätigkeit fortsetzt, daß er sehr im Stillen das tun soll, denn sonst stört man die Sache mehr, als man ihr nützt. Ministerpräsident Altmeier: Meine Herren, ich möchte weitgehend den Ausführungen zustimmen, die zuletzt Herr Kollege Ehard gemacht hat. Wenn wir noch einmal auf die Konferenz in Koblenz zurückschauen, und besonders, wenn man sich die Mühe macht, nachzulesen, was damals in der ersten Generaldebatte alle Herren ausgeführt haben, so kommen wir immer wieder auf dasselbe heraus. Daß wir schon damals die großen Schwierigkeiten erkannt haben und daß wir uns vor allen Dingen auf den Standpunkt stellten, daß diese Frage in gesamtdeutscher Schau und durch eine gesamtdeutsche Entscheidung erledigt werden soll. Die Frage der Gouverneure läuft noch auf ein anderes hin. Die Ministerpräsidenten haben Vorschläge zu machen, die — und es kam der schöne Satz: „wie sie von uns gebilligt werden" — der Bevölkerung zur Abstimmung vorzulegen sind. Daraus ergab sich unsere beschränkte Zuständigkeit. Wenn wir damals aus dem Herzen heraus hätten handeln können, dann hätten wir gesagt: „Das erste Mal habt ihr die Grenzen festgelegt, das zweite Mal muß es ausschließlich unsere eigene Angelegenheit sein." Das war bei uns in Rheinland-Pfalz die Auffassung, die vor der Konferenz durch die Regierung und durch den Landtag klipp und klar zum Ausdruck gebracht worden war 5 5 ). Es ist in Verbindung mit Rheinland-Pfalz die große politische Bedeutung dieses kleinen Landes, hier im W e sten gelegen, herausgestellt worden, und ich glaube, wir alle haben im Laufe der Verhandlungen der letzten Woche herausgefunden, daß hier eine politische Frage aufgerollt wird, die sich keineswegs auf Rheinland-Pfalz beschränkt, sondern sehr viel weiter geht. Ich kann Herrn Kollegen Lüdemann aus der Politik und der politischen Arbeit, die wir in unserem Lande geleistet haben und leisten mußten, nicht zustimmen, wenn er der Auffassung ist, es würde dann alles in Ordnung sein, wenn durch irgendwie geartete Umbildungen dieses Landes nun eine veränderte Tatsache geschaffen werde. Die außenpolitischen Schwierigkeiten und Gefahren, Herr Kollege Lüdemann, haben Sie dann vielleicht nur auf dem Papier, aber nicht in der Tat ausgeräumt. Wir haben uns die großen politischen Gesichtspunkte sowohl in der Regierung als auch im Landtag zu eigen gemacht und wir haben — um da anzuknüpfen an
M)
Landtag von Rheinland-Pfalz am 16. 6. 1948 (Berichte, S. 684 ff.], s. auch Dok. Nr. 6, Anm. 44.
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das, was Herr Kollege Arnold gesagt hat — in Übereinstimmung mit dem Landtag, wobei nur die Kommunisten eine Ausnahme machten, während alle übrigen drei Parteien in völliger Einigkeit zusammenstanden, bestimmte Voraussetzungen herausgestellt, die bei einer Abgrenzung der Ländergrenzen gemacht werden müßten66). Die erste Generalüberschrift lautet: Bei dieser kommenden Abgrenzung der Länder dürfen in keinem Augenblick gesamtdeutsche Interessen irgendwie gefährdet werden. Und zweitens: Die Abstimmung und Abgrenzung muß in eigener deutscher Zuständigkeit erfolgen. Wir haben, drittens, die weitere Bedingung aufgestellt, daß jedes irgendwie bestehende oder zu bildende Land am Rhein eine möglichst breite rechtsseitige Verankerung haben müßte, und wir haben viertens die Bedingung aufgestellt, daß zu keinem Augenblick und in irgendeiner Weise die Gefahr einer Isolierung der Pfalz oder der Ruhr sichtbar wird. Wenn diese vier Gesichtspunkte an die Spitze aller Erörterungen gestellt werden, dann sind auch wir von Rheinland-Pfalz dabei, über diese Dinge im gesamtdeutschen Rahmen zu diskutieren. Und ich stehe nicht an zu sagen, daß wir, was unser Land betrifft, eigentlich vom ersten Tag seiner Bildung an immer den Standpunkt vertreten haben, daß dieses Land in seiner gegenwärtigen Form keinen Ewigkeitswert hat, wobei aber, meine Herren, die Debatte über die endgültige Abgrenzung der Länder meines Erachtens sich nicht auf Rheinland-Pfalz beschränken kann, wenn wir davon ausgehen, daß vielleicht mit Ausnahme von Bayern und der beiden Hansestädte jedes heute bestehende Land seine Existenz den Entschließungen der Besatzungsmächte verdankt und jedes Land nach den damaligen Formen und dem Inhalt der Zonengrenzen geschaffen worden ist. Soweit sind wir uns einig. Aber wenn dann in der gesamtdeutschen Schau die Frage erörtert wird, wie es gemacht werden soll, dann entstehen sofort auch innerhalb unserer Bevölkerung die verschiedensten Auffassungen. Da sind Leute, die der Auffassung sind: Jawohl, das Land wird aufgeteilt, es wird aufgelöst, es wird irgendwie aufgeteilt. Wird es aufgeteilt, dann kommen, wenn Sie an den nördlichen Teil dieses Landes denken — Koblenz und Trier — sofort Schwierigkeiten. Es entsteht die Frage des Zusammenschlusses mit anderen Ländern; es entsteht auch die Frage — sie wird sehr lebhaft diskutiert gerade im Hinblick auf die rechtsrheinische Verankerung — die Frage der Vergrößerung von Rheinland-Pfalz, damit es eine stärkere rechtsrheinische Verankerung bekomme. Aber eines möchte ich zur Sprache bringen und damit die Frage Rheinland-Pfalz ausdrücklich klären. Darüber ist man bei uns einer Meinung: Wir wünschen in Rheinland-Pfalz keine Sofortlösung, die aus dem gesamtdeutschen Rahmen herausfällt, wir wünschen eine Lösung nur in Verbindung mit der gesamtdeutschen Lösung. Wir haben kein Interesse daran — das ist die überwältigende Meinung unserer Bevölkerung —, daß irgendwo die Auffassung herrscht: Rheinland-Pfalz müssen wir aus dem Kuchen herauspicken und müssen es allein irgendwie reM
) S. den Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und SPD vom 30. 7. 1948, Landtag von Rheinland-Pfalz, Berichte S. 875; Abschrift in: BA Z 12/67, Bl. 63 f.; vgl. dazu Dok. Nr. 17, Anm. 8.
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geln. Ich bitte darum davon Abstand zu nehmen. Der Landtag hat mir den ausdrücklichen Auftrag mitgegeben, eine solche Separatlösung für Rheinland-Pfalz allein abzulehnen 57 ). Wir haben bisher jede separatistische Tendenz am Rhein vermieden. W i r wünschen keine separate Entscheidung, auch nicht im Wege der Konferenz der Ministerpräsidenten, sondern wir wünschen, daß wir auf einen Weg hinsteuern, der wiederholt angedeutet worden ist. Die Sache läßt sich bis 15. Oktober nicht regeln. Es ist eine gesamtdeutsche Angelegenheit. Es greifen die gemeinsamen Interessen weit ineinander, so daß darüber klar gesprochen werden muß, daß es sich in fünf bis sechs Wochen nicht machen läßt, aber es ist eine Frage, die nicht mehr ruhen darf und die in dem kommenden Grundsatzgesetz eine Verankerung finden muß, und daß ein Weg gesucht und gefunden werden muß, damit wir in deutscher Zuständigkeit eines Tages die gesamtdeutsche Abgrenzung der deutschen Länder lösen. Vorsitzender: Zum Abschluß der Debatte Staatspräsident Müller! Staatspräsident Müller: Meine Herren, darf ich zunächst einen Vorschlag zur Geschäftsordnung machen? Ich würde es für richtig halten, daß wir über das Problem, das am meisten der Reife entgegengeführt wurde, das Problem Südwestdeutschland, vielleicht vorweg entscheiden. Zur Sache selbst möchte ich mich auf Südwestdeutschland beschränken. Ich habe aus den Berichten der Vertreter der Württembergisch-Hohenzollernschen Regierung und Aktenstücken vorläufig einen etwas zwiespältigen Eindruck von den Ergebnissen des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen bezüglich Südwestdeutschlands, einen eigenartigen Eindruck bekommen, daß nämlich die Herren in einem sehr anstrengenden, ausgezeichnet gelaufenen Rennen kurz vor dem Ziel den Stab wieder der Spielleitung - den Ministerpräsidenten - übergeben hätten. Denn wenn wir die Erklärung einerseits des Ausschusses und andererseits des Herrn Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Zürcher miteinander vergleichen, dann ist eigentlich die Ziffer 1 des Berichts des Ausschusses nicht richtig gefaßt. Wenn ich mich auf den Standpunkt des Herrn Zürcher stelle, müßte diese Ziffer 1 eigentlich lauten: Der Ausschuß empfiehlt eine Volksabstimmung darüber, ob nur Württemberg, -Nord und -Süd, und Baden, -Nord und -Süd, vereinigt werden, oder ob Württemberg-Hohenzollern und WürttembergBaden und Baden sich zu einem Lande vereinigen sollen, wobei bezüglich der zweiten Frage noch Vorbehalte gemacht werden, daß darüber nur in den Bedingungen eines noch festzulegenden Staatsvertrags abgestimmt werden soll. Um nun noch zu einer Einigung zu kommen, glaube ich, wäre es zweckmäßig, wenn die heutige Konferenz sich der Ziffer 1 in der Fassung des Ausschusses anschließt, zweitens aber beschließt, daß die drei Regierungschefs der beteiligten Länder sich nochmals zusammensetzen und beauftragt werden, Vorschläge bezüglich der zur Abstimmung zu stellenden Fragen — des Abstimmungsverfahrens selbst und der Auswertung der Abstimmung — zu machen.
" ) Landtag von Rheinland-Pfalz am 18. 8. 1948 (Berichte, S. 897 f.); am 19. 8. 1948 (S. 916 ff.), vgl. auch Dok. Nr. 23, Anm. 6. 370
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Wenn darüber eine Übereinstimmung erzielt ist, wird die Konferenz der Ministerpräsidenten sich diesem Vorschlag anschließen. Wenn keine Einigung erzielt wird, wird es zweckmäßig sein, wenn die Herren Regierungschefs einen Mehrheits- und einen Minderheitsvorschlag madien, und dann entweder die Konferenz der Ministerpräsidenten sich dem einen oder anderen Vorschlag anschließt oder beide Vorschläge den Militärgouverneuren unterbreitet. Eine andere Lösung der Frage kann ich mir nicht denken, obgleich ich sagen muß, daß ich den Optimismus, der von einem Teil der Herren geäußert worden ist, nicht teilen kann, weil bezüglich Südbadens noch so viele Vorbehalte gemacht werden, so daß eine Einigung sehr schwer sein wird. Ministerpräsident Stock: Meine Herren! Es haben sich erneut neue Redner zu Wort gemeldet. (Zuruf Senatspräsident Kaisen: Ich beantrage Schluß der Debatte.) Wir möchten die Angelegenheit vor dem Mittagessen hier abschließen, um zu den anderen Punkten heute nachmittag Stellung nehmen zu können. Zuruf Ministerpräsident Lüdemann: Nur zur Abstimmung einen Vorschlag! Ich will das nur erwähnt haben, damit die Redner sich der richtigen Stellungnahme annehmen können. — Bitte, Herr Ministerpräsident Kopf. Ministerpräsident Kopf: Meine Herren! Ich bekomme allmählich das Gefühl, als ob wir nicht hier in einer Ministerpräsidentenkonferenz uns befänden, sondern in einer Sitzung des Ausschusses für Ländergrenzen. Wir gehen in die Materie hinein. Das ist nicht der Zweck unserer Besprechungen. Die ganze Frage, die hier aufgerollt wird, ist die, ob der Ländergrenzenausschuß weiter tagen soll oder nicht. Der Antrag ist vom Herrn Kollegen Brauer gestellt worden, daß wir den Ländergrenzenausschuß aufheben. Ich bin der Meinung, daß wir das nicht können. Ich bin der Meinung, daß der Ländergrenzenausschuß uns überhaupt noch keinen Bericht gegeben hat, sondern nur eine Information über seine bisherige Tätigkeit. (Zuruf: Es waren Beschlüsse vorgelegt!) Es waren Beschlüsse vorgelegt, die verlesen worden sind. Wir werden abwarten müssen, zu diesen Beschlüssen Stellung zu nehmen, wenn der Schlußberidit dieses Ländergrenzenausschusses vorliegt, und daß der Ländergrenzenausschuß weiter tagen muß und uns einen endgültigen Bericht geben muß, zu welchem Ergebnis er endgültig kommen will. Ob er das Problem Rheinland-Pfalz anfaßt oder nicht, das steht jetzt noch gar nicht fest. Es steht jetzt auch noch nicht fest, daß er etwas anderes anfaßt, wenn er Vorschläge machen wird. Diese Möglichkeit müßten wir ihm noch lassen und wir haben dann immer noch die Möglichkeit, uns abschließend zu dem Ergebnis des Ausschusses zu äußern, evtl. mit einem Minderheits- und mit einem Mehrheitsvotum. In einem stimme ich dem Kollegen Dr. Ehard allerdings zu: Ich bin der Meinung, daß Ausschußsitzungen auch des Ländergrenzenausschusses wie auch der Sitzungen der Ausschüsse der Landtage nicht öffentlich sind und daß es eher schadet als nützt, wenn allzuviel aus diesen Ausschußsitzungen in die Öffentlichkeit hinauskommt. 371
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Idi bitte daher, daß wir die Debatte beenden und daß wir abwarten, welchen endgültigen Bericht uns der Ländergrenzenaussdiuß vorlegen wird! Innenminister Renner: Darf ich kurz etwas sagen: Es ist durchaus richtig, was hier gesagt worden ist, daß diese Entschließung nicht ganz klar ist. Aber, ich glaube, die Auffassung des Ausschusses richtig wiederzugeben, wenn ich sage, der Ausschuß war der Auffassung, daß die drei Länder in Südwestdeutschland vereinigt werden sollen. Das hat er in seine Empfehlung aufgenommen. Er hat aber auf Veranlassung von Oberlandesgerichtspräsident Dr. Zürcher und um ihm die Zustimmung zu ermöglichen, erklärt, daß die Modalitäten der Abstimmung zu bestimmen den drei Ministerpräsidenten überlassen bleiben soll, und dabei hat man ausdrücklich erklärt, es sei auch denkbar und möglich, daß eine Frage gestellt werden soll, daß das alte Baden und das alte Württemberg wieder hergestellt werden. Aber der Ausschuß selber hat seiner Auffassung dahingehend Ausdruck gegeben, daß er nicht die Wiederherstellung des früheren Badens und des früheren Württembergs für richtig halte, sondern daß er sich entscheide für den Zusammenschluß der drei Länder. Staatspräsident Wohleb: Ich möchte dem Antrag des Herrn Kollegen Müller zustimmen, daß die drei Ministerpräsidenten sich erst einig werden. Zugleich möchte ich um einen neutralen Vorsitzenden bitten, und ich würde sehr froh sein, wenn Bayern sich bereit finden würde, den neutralen Vorsitzenden dieses Unterausschusses zu stellen. Bürgermeister Brauer: Zur Geschäftsordnung! Meine Herren! Der Herr Kollege Kopf möchte eine Vertagung der ganzen Angelegenheit. Ich glaube, wir sollten heute zunächst den Ausschußbeschlüssen zustimmen in der Frage Baden-Württemberg. Wir sollten weiter zustimmen dem Beschluß des Ausschusses in der Frage Südsdileswig und wir sollten dann über meinen Antrag entscheiden, das Mandat des Ausschusses für erledigt zu erklären. Das ist das Letzte, was ich zu sagen habe. Ministerpräsident Lüdemann: Ich bin wieder einmal in der angenehmen Lage, mit meinem Freunde Max Brauer eng übereinzustimmen, was den Abstimmungsmodus anlangt. Ich bin der Auffassung, wir werden über die drei Dinge abstimmen, die er aufgezählt hat. Ich brauche es nicht zu wiederholen. Ich wollte nur gern wünschen, daß den Wünschen des Herrn Kollegen Dr. Müller Rechnung getragen wird, und möchte vorschlagen, um seine Bedenken zu berücksichtigen, noch einen Satz einzufügen. Es steht jetzt im zweiten Beschluß über Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern: „Der Ausschuß vertraut darauf, daß die Regierungschefs der drei Länder sich über die Maßnahme zur Herbeiführung der Vereinigung verständigen werden." Ich wäre nun dafür, um diesen geäußerten Bedenken Rechnung zu tragen, daß wir noch folgenden Satz anfügen: „Die Länderchefs werden gebeten, Vorschläge für die Fragestellung dem Ausschuß zu unterbreiten." — Nicht etwa? Das, glaube ich, war es doch. Staatspräsident Müller: Vorschläge bezüglich der Fragestellung des Abstimmungsverfahrens und der Auswertung des Abstimmungsergebnisses! Ministerpräsident Stock: Meine Herren! Wir können ja hier nur über Sachen be372
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schließen, über die die Länder sidi wirklich einig sind, das heißt, sie akzeptieren oder verneinen. Wir könneij ja auch in die Verhandlungen selbst nidit eingreifen, und nachdem alle diese Meinungen hier wieder zum Ausdruck gebracht worden sind, ist auch nach meinem Dafürhalten lediglich über den grundsätzlichen Antrag Brauers die Entscheidung zu fällen: der Ausschuß schlägt vor 1. der Ausschuß ist der Meinung, daß die Länder Württemberg-Baden und Baden und Württemberg-Hohenzollern zu einem einzigen Lande vereinigt werden sollten. 2. Der Ausschuß vertraut darauf, daß die Regierungen der drei Länder sich über die Maßnahmen zur Herbeiführung der Vereinigung einig werden. Ob wir das beschließen oder nicht beschließen, hängt ja doch von den drei Ländern ab! [Zurufe: Nein, nein!) Hängt doch von den drei Ländern ab! Wenn die drei Länder selbst in sich nicht einig werden, werden alle Beschlüsse von hier keinen Zweck haben. Aber die Länder sollen durch unseren Beschluß die Meinung der Ministerpräsidenten hören, die des Plenums. Es ist mehr oder weniger eine Empfehlung. Deshalb bin ich dafür, daß wir diesen Antrag hier so entscheiden. Ministerpräsident Maier: Aber mit der Abänderung des Herrn Staatspräsidenten Dr. Müller, die der Herr Kollege Lüdemann eben vorgelesen hat! Ministerpräsident Lüdemann: Die Länderchefs werden gebeten, dem Ausschuß Vorschläge bezüglich der zur Abstimmung zu stellenden Fragen des Abstimmungsverfahrens selbst und der Auswertung der Abstimmung zu machen. (Zuruf Ministerpräsident Dr. Maier: Nein! Gegen eine Stimme.) Ministerpräsident Stock: Es handelt sich um die Ziffer 2. Ministerpräsident Lüdemann: Es ist doch besser, der Ausschuß arbeitet das vor! Ministerpräsident Stock: Also, wir kommen zur Abstimmung zunächst über den Punkt 1: der Ausschuß ist der Meinung, daß die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zu einem einzigen Lande vereinigt werden sollen. — Wer dafür ist, den bitte ich, eine Hand hoch zu heben. — Danke, bitte die Gegenprobe: — Das ist einstimmig geschehen. (Zuruf Ministerpräsident Dr. Maier: Nein! Gegen eine Stimme.) Ministerpräsident Stock: Ich stelle fest: gegen eine Stimme (Staatspräsident Wohleb). Zu Ziffer 2. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Müller. Staatspräsident Müller: Gestatten Sie, daß ich den Antrag nochmals formuliere: Die Regierungschefs der drei beteiligten Länder werden gebeten, Vorschläge bezüglich der zur Abstimmung zu stellenden Fragen, des Abstimmungsverfahrens selbst und der Auswertung der Abstimmung zu machen. (Zuru/: An wen?) 373
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An die Ministerpräsidenten. (Zuruf: Das ist nicht Sache der Ministerpräsidenten.) Darf idi zur Begründung dazu folgendes sagen: Idi gehe davon aus, daß bei der außerordentlichen Schwierigkeit des Abstimmungsverfahrens die Frage entsteht, wie nun die Sache beurteilt werden soll. Wenn nun ein Land zustimmt, oder wenn ein Land mit Mehrheit ablehnt, dann sollten bezüglich dieser Fragen jedenfalls die Chefs der drei Länder versuchen, zu einer Einigung zu kommen und einen konkreten Vorschlag der Konferenz der Ministerpräsidenten machen. Dieser sollte dann m. E. den Militärgouverneuren vorgelegt werden, sonst würden wir nie zu einem Ergebnis kommen, denn, meine Herren, das Abstimmungsverfahren und die Auswertung der Abstimmung ist in dem Raum Südwestdeutschland das Entscheidende! Ministerpräsident Stock: Meine Herren! Gehen wir nicht in Einzelheiten ein. Das können wir hier nicht. Ich würde es vielmehr für gut halten, wenn die drei Regierungschefs der Länder ersucht werden, für die Vereinigung dem Ausschuß geeignete Vorschläge zu machen. (Zuruf: Nein!) Das wäre doch das Bessere. Ministerpräsident Maier: Meine Herren! Die Aufgabe des Ausschusses ist, Hilfsorgan der Ministerpräsidenten zu sein. Uns liegt die Entscheidung ob, nicht dem Ausschuß. Und deshalb muß der Antrag, der hier gestellt ist, hier entschieden werden! Ministerpräsident Kopf: Und die Aufgabe der Ministerpräsidenten ist es, den Militärgouverneuren gegenüber Vorschläge zu machen, welche Grenzen wir geändert haben wollen. Es ist nichts darüber gesagt, daß wir über das Verfahren befinden sollen. Es muß nur bleiben bei dem Beschluß zu 1. Zusätze dazu sind nicht erforderlich. Ministerialrat Hermans: Was Herr Ministerpräsident Kopf sagt, ist nicht mehr zutreffend, nachdem die Militärgouverneure erklärt haben, daß es auch Sache der Ministerpräsidenten sei, zu dem Verfahren Vorschläge zu machen. Das ist bei der letzten Erörterung zur Sprache gekommen 58 ). Ich bedaure sehr, daß Herr Staatsrat Wittwer, der diese Dinge besonders behandelt hat, heute nicht hier anwesend ist. Er könnte noch mehr als ich dazu ausführen. Die Militärgouverneure erwarten geradezu, daß auch hinsichtlich des einzuhaltenden Verfahrens Vorschläge gemacht werden, und haben lediglich ihrerseits Andeutungen ausgesprochen, wie sie sich ein solches Verfahren denken. Ministerpräsident Stock: Nunmehr bin ich der Auffassung, es bei der Beschlußfassung zur Punkt 1 zu lassen, überhaupt nichts sonst hinzuzufügen. Wir können doch kein Land zwingen! Wir zwingen auch keines. — Zur Geschäftsordnung Herr Kollege Dr. Müller.
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Staatspräsident Müller: Idi möchte midi nicht wiederholen. Ich glaube aber doch, dafcu berechtigt zu sein, den formalen Antrag zu stellen, über den von mir formulierten Antrag abzustimmen. Ministerpräsident Stock: Gut, dann will ich über den Antrag abstimmen lassen. Sie haben den Antrag gehört. Wer zustimmt, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe: — So ist es einstimmig geschehen. Dann kommen wir zu dem Antrag 2 des Ausschusses: Der Ausschuß der Ministerpräsidentenkonferenz zur Überprüfung der Ländergrenzen hat den Antrag des Südsdileswigschen Wählerverbandes vom 7. 8.1948 auf Schaffung eines besonderen, von Holstein getrennten Landes Südschleswig, das direkt dem Kontrollrat unterstellt werden soll, zur Kenntnis genommen. Da es die Aufgabe des Ausschusses ist, eine sinnvolle Neugliederung vorzuschlagen, hält er den Vorschlag auf Neubildung eines kleinen, nicht lebensfähigen Landes für undiskutabel. Er ist über den Vorschlag zur Tagesordnung übergegangen. — Wer stimmt dem Antrag zu? Die Gegenprobe: Danke. Der Antrag ist einstimmig angenommen. Es ist seitens des Ausschusses vorgesehen und vorhin der Vorschlag gemacht worden, nur über diese beiden Anträge heute abstimmen zu wollen. Nunmehr die Kardinalfrage, der Antrag des Herrn Kollegen Brauer. (Zuruf Ministerpräsident Dr. Ehard: Dazu bitte ich dem Minister Dr. Pfeiffer das Wort zu erteilen!) Jedenfalls wollen wir, glaube ich, nicht nochmal in die Diskussion eintreten. Es ist geklärt, ob der Ausschuß bestehen soll oder nicht, und darum dreht es sich nicht bei der Abstimmung! Die diesbezüglichen Ausführungen des Herrn Ministers Pfeiffer können später gemacht werden. Ich möchte über diesen Antrag abstimmen lassen, wenn Sie wünschen, länderweise. (Zuruf: Jawohl, namentliche Abstimmung!) Ministerpräsident Arnold: Meine Herren! Ehe wir darüber abstimmen, noch eine Klarstellung: soll der Ausschuß gehalten sein, an der Beschlußfassung und an den Grundsätzen, die in Koblenz getroffen worden sind, festzuhalten oder nicht? Wenn er dann gehalten sein soll, bin ich damit einverstanden, daß er zu einem Abschluß kommt. Wenn aber die Fragen erneut aufgerollt werden sollen und in Pressekommuniques gesagt wird, das und das und das sei gemacht worden, so halte ich das nicht für richtig! Ministerpräsident Stock: Ich nehme an, daß der Ausschuß aus der Debatte heraus das Material mitnimmt. Es wird nicht gewünscht, daß die Kommissionsberatungen und Ausschußberatungen ständig in der Presse veröffentlicht werden. Die Frage ist, soll man die Sache abgeschlossen lassen sein, oder sollen wir sie weiterführen? Darüber haben wir jetzt zu entscheiden. Vorsitzender: Ich glaube, daß jetzt über den Antrag abgestimmt werden sollte. Senatspräsident Kaisen: Das geht so nicht. Der Antrag Brauer muß positiv gefaßt werden. Der Ausschuß muß wenigstens die vorliegenden Arbeiten beendigen. Wir können doch die Sache nicht auseinanderreißen. 375
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Ministerpräsident Maier: Wir braudien doch wohl den Ausschuß weiterhin deshalb, weil gerade die Frage Württemberg-Baden ihn unter Umständen nochmals beschäftigen wird. Er ist doch Hilfsorgan der Ministerpräsidenten. Vorsitzender: Ich glaube, der Antrag ist klar. Wer für die Auflösung des Ausschusses ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. (Ministerpräsident Lüdemann:
Ich hatte um namentliche Abstimmung gebeten!)
Ith frage, wer sich der Stimme enthält. Ich stelle folgendes Ergebnis fest: Zwei Stimmen sind für die Auflösung, eine Stimmenthaltung... (Zurufe: Präsident Wohleb hat sich auch der Stimme enthalten!] Meine Herren, dann muß ich, um die Sache ganz klar zu haben, länderweise abstimmen. Wer für die Beendigung der Arbeiten stimmt, den bitte ich, mit Ja zu antworten. Wer für das Fortbestehen des Ausschusses ist, antworte mit Nein. Wer sich der Stimme enthält, erklärt dies. Ministerpräsident Arnold: Ich bitte ums Wort. Es besteht nur eine Unklarheit in der Abstimmung. Es besteht aber Übereinstimmung in der Auffassung, daß selbstverständlich der Ausschuß die Möglichkeit haben muß, noch mit seinen Arbeiten zum Abschluß zu kommen und einen abschließenden Bericht zu geben. Vorsitzender: Nach meiner Meinung ist der Antrag Brauer so gemeint, daß wir die Arbeiten des Ausschusses zur Kenntnis nehmen, dem Ausschuß für seine Arbeiten danken und die Arbeiten für abgeschlossen erklären. Bürgermeister Brauer: Der Antrag, den ich gestellt habe, hatte zum Zwedce, daß der Ausschuß die weitere Erörterung darüber, ob noch über territoriale Änderungen in anderen Gebieten beraten werden soll, einstellt. Das war die Absicht meines Antrages. Die ordnungsgemäße Erledigung der bis jetzt getanen Arbeit und die Abfassung eines abschließenden Berichtes sind Selbstverständlichkeiten59). Vorsitzender: Meine Herren, ich meine, man sollte jetzt endlich die Sache zum Abschluß bringen. Innenminister Renner: Ich glaube, Herr Ministerpräsident Arnold und Herr Brauer sind völlig einer Meinung. Wenn man auf dem Standpunkt steht, daß die Koblenzer Empfehlungen gelten, hat der Ausschuß seine Arbeiten beendet. In-
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) Der Abschlußbericht wurde aufgrund eines Entwurfs Pfeiffers sowie einer von Werz gefertigten Zusammenstellung (BA Z 12/67, Bl. 84 ff.] in der letzten Ausschußsitzung in Frankfurt am 30. 9. 1948 erstellt (Protokoll in: BA Z 12/66, BI. 179 ff.): „Überprüfung der Ländergrenzen durch die Ministerpräsidentenkonferenz. Bericht über die Tätigkeit der von der Ministerpräsidentenkonferenz eingesetzten Ausschüsse, Niederwald, 1. 10. 1948" (BA Z 12/67, Bl. 115-137). Er gibt eine ausführliche Darstellung der Verhandlungen und Beschlüsse über Länderneugliederungsmaßnahmen, ohne jedoch eine zusammenfassende Problemanalyse oder neue Erkenntnisse zu liefern, so daß auf den Abdruck dieses Abschlußberichts verzichtet wird.
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folgedessen muß derjenige, der auf diesem Standpunkt steht, den Antrag Brauer unterstützen. Es können, hier keine verschiedenen Meinungen bestehen. Wenn man die Koblenzer Empfehlungen zu Grunde legt, hat der Ausschuß nichts mehr zu tun, als einen abschließenden Bericht zu geben. Vorsitzender: Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Auflösung stimmt, antwortet mit Ja. Wer gegen die Auflösung ist, stimmt.mit Nein. Wer sich enthält, erklärt dies. Ich rufe nunmehr länderweise auf: Bayern (Antwort: Ja) Bremen (Antwort: Ja) Hamburg (Antwort: Ja) Hessen (Antwort: Nein) Niedersachsen (Antwort: Nein) Rheinland-Pfalz (Antwort: Ja) Schleswig-Holstein (Antwort: Nein) Nordrhein-Westfalen (Antwort: Ja) Süd-Baden: (Staatspräsidet Wohleb: Herr Kollege Stock! Ich bitte, unser Land heißt Baden, nicht Süd-Baden! Antwort: Ja) Württemberg-Baden (Antwort: Nein) Württemberg-Hohenzollern, (Antwort: Nein) Die Abstimmung hat folgendes ergeben: Sechs Ja-Stimmen und fünf Nein-Stimmen. Damit hat die Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, daß der Ausschuß seine Arbeiten abschließt. Damit sind wir auch über diesen Tagesordnungspunkt weg. Ministerpräsident Lüdemann: Darf ich folgende Frage stellen. Meine sehr verehrten Herren, als Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein möchte i c h . . . (Unruhe)... Ich wäre sehr dankbar, wenn auch die süddeutschen Kollegen einen Augenblick zuhören würden; sie haben uns wochenlang mit ihren Nöten auch beschäftigt. Vielleicht darf ich sie bitten, zuzuhören. Als Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein möchte ich eine klare Erklärung darüber haben, wie sich die Ministerpräsidentenkonferenz zu den vom Lande Schleswig-Holstein vorgetragenen Nöten und Anträgen stellen wird. Es ist für mich von entscheidender Wichtigkeit, ob die elf Ministerpräsidenten die Notlage von Schleswig-Holstein und die vorgelegten Anträge durch Übergang zur Tagesordnung vollkommen ignorieren wollen60). 60
) Die schleswig-holsteinische Landesregierung protestierte am 18. 9. 1948 offiziell gegen den Beschluß der MinPräs.-Konferenz, die Tätigkeit des Ländergrenzenaussdiusses einzustellen, und beantragte die sofortige Anberaumung einer neuen Konferenz, um die von den Militärbefehlshabern gewährte Frist für eine Länderreform, namentlich für die Verbesserung der Lage Schleswig-Holsteins, bis zum 15. 10. auszunutzen, da der „nur mit föderalem Egoismus motivierbare Beschluß" einen Verzicht auf maßgebliche dt. Beteiligung an der regionalen Gestaltung 377
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Meine Herren, es liegt hier ein Sonderfall vor. Kein Mensdi hat in Koblenz gewußt, wie es bei uns aussieht. Wir haben es selbst nicht gewußt; ganz abgesehen davon, daß die Koblenzer Beschlüsse und Vereinbarungen längst überholt, null und niditig sind. Im Falle Schleswig-Holstein ist etwas vollkommen Neues in Erscheinung getreten. Idi möchte sehr genaue Klarheit darüber haben, ob die Ministerpräsidentenkonferenz entschlossen ist, diesen Fall vollkommen zu ignorieren. Vorsitzender: Ich glaube, darüber braucht es keine Debatte zu geben. Der Beschluß hinsichtlich der Regelung der Ländergrenzen mag auch seinem Inhalte nach das Wohl und Wehe des Landes berühren. Aber mit diesem Beschluß wollen die Ministerpräsidenten doch nicht erklären, daß ihnen das Wohl und Wehe eines Nachbarlandes nicht mehr am Herzen liege. Wir werden ja heute mittag in der Finanzfrage ausführlich darüber sprechen. Und ich nehme auch an, daß die Frage als solche nicht ganz erledigt ist; aber sie ist im Moment doch zu entscheiden gewesen. Ich möchte bitten, daß wir über diesen Fall jetzt keine Debatte mehr beginnen. Bürgermeister Brauer: Meine Herren! Ich möchte nach der Erklärung von Herrn Lüdemann doch folgendes feststellen. Wir haben der Diskussion zugestimmt über die Frage, wie den Ländern geholfen werden kann und soll, die besondere Kassenschwierigkeiten heute haben. Wir haben auch die Absieht, über die Frage des endgültigen Lastenausgleichs jederzeit zu verhandeln. Ich darf für mich selbst erklären, daß ich es für absolut notwendig halte, daß die Lasten der Flüchtlinge, die einem einzelnen Land besonders zufallen, von der Gesamtheit getragen werden müssen. Ich bin weiter der Meinung, daß die Besatzungskosten das Zweite sind, was zentral getragen werden muß, Besatzungskosten und Flüchtlingslasten dürfen nicht demjenigen Lande zufallen, in dem zufällig aus strategischen Gründen eine große Armee oder eine große Besatzung steht, oder sie dürfen nicht dem Lande zufallen, in das man nun die Flüchtlinge in großer Zahl geworfen hat. Das ist eine allgemeine, zentral zu lösende Aufgabe. Vorsitzender: Damit dürfte die Sache nach meiner Meinung erledigt sein. Ich möchte trotzdem Veranlassung nehmen, der Kommission unter Führung des Herrn Ministerpräsidenten Lüdemann für ihre umfangreichen Arbeiten im Namen der gesamten Ministerpräsidenten zu danken. Ministerpräsident Kopf: Meine Herren! Nachdem Sie beschlossen haben, daß der Ausschuß seine Arbeiten einstellt, ist es ja auch nicht nötig, daß die Frist bis Deutschlands bedeute. „Dieser Verzicht wirkt um so befremdlicher, als die deutschen Vorschläge gerade in dieser Frage weitgehende Aussicht auf uneingeschränkte Annahme durdi die Gouverneure hatten." Ein echter bundesstaatlicher Aufbau setze das Vorhandensein leistungsfähiger, in sich ausgewogener, annähernd gleichgroßer Länder voraus. Für Schleswig-Holstein sei eine Länderreform eine entscheidende Lebensfrage (Die Landesregierung von Schleswig-Holstein an Stock, Kiel, 18. 9. 1948, BA Z 12/67, Bl. 81 ff.). Der Antrag wurde jedoch auf der MinPräs.-Konferenz in Niederwald, 1. 10. 1948, mit 6 gegen 5 Stimmen abgelehnt (Kurzprotokoll der MinPräs.-Konferenz, S. 7, BA Z 12/76, Bl. 9).
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zum 15. Oktober abgewartet wird, um den Militärgouverneuren das Ergebnis der Arbeiten mitzuteilen. (Zuruf: Wir können doch noch nicht die Vereinbarungen der drei Länder mitteilen!] (Zuruf von Ministerpräsident Ehard: Meine Herren, wir müssen doch zum Schluß nach einem abschließenden Bericht uns noch darüber schlüssig werden, was wir genau formuliert den Militärgouverneuren mitteilen. Das können wir im Augenblick doch gar nicht machen!) Ich war ja mit meinen Ausführungen noch nicht fertig! Aber es schadet ja nichts, daß ich unterbrochen werde. (Heiterkeit) Jedenfalls möchte ich feststellen, daß es der Ministerpräsidentenkonferenz nachher überlassen bleibt, einen Mehrheitsbericht und einen Minderheitenbericht an die Militärgouverneure zu geben. Vorsitzender: Ich kann im Moment nichts weiter dazu sagen. Es scheint mir aber so, daß man jetzt Angst hat vor der eigenen Courage. Der Beschluß, den wir jetzt gefaßt haben, wird draußen, audi von der Militärregierung, sehr falsch verstanden werden. Sie meinen also, daß trotz des Beschlusses der Ausschuß seine Arbeiten abschließen soll, damit wir der Militärregierung einen Beschluß überreichen können. Nachdem das Ihre Meinung ist, die Sie zum Teil für die Auflösung des Ausschusses gestimmt haben, wollte ich das ausdrücklich nochmals festgestellt haben. Ich meine, damit sollte man die Angelegenheit für erledigt betrachten. Ministerpräsident Lüdemann: Ich mödite nur noch meinerseits erklären, daß in den beiden Kurzprotokollen und dem Bericht, den ich hier mündlich dazu gegeben habe, alles gesagt worden ist, was über die Arbeiten und die Ergebnisse des Ausschusses zu sagen ist. Es liegt nicht der geringste Grund vor, noch irgend einen neuen Bericht zu formulieren, sondern es wird Aufgabe des späteren Gesamtberichtes der Ministerpräsidenten sein, nunmehr aus diesen Einzelberichten die Ergebnisse herauszuziehen, die den Militärgouverneuren zu unterbreiten sind. Weiter ist.m. E. nichts notwendig. Idi glaube, daß ich dabei mit allen Mitgliedern des Ausschusses übereinstimme. Vorsitzender: Damit ist die Angelegenheit abgeschlossen. Meine Herren, ich habe heute früh darauf hingewiesen, daß wir eine Deputation nach Wiesbaden entsenden müssen. Um 15 Uhr müssen die Herren dort sein, um mit den Verbindungsoffizieren über die Frage der Zulassung der Berliner Vertretung zum Parlamentarischen Rat zu beraten. Die Herren Verbindungsoffiziere gehen nicht hierher, weil das Denkmal in der Nähe steht. (Zurufe und Heiterkeit.) Das ist uns das letztemal von der französischen Seite gesagt worden. (Zurufe) Wir können nichts dafür. Der eine Vertreter nimmt nicht teil, also müssen wir uns damit abfinden. (Zurufe) Ich bin der Auffassung, daß eine Deputation von drei Herren genügt. Ich habe heute früh schon Herrn Bürgermeister Brauer gebeten, daß er mitgehen möge. 379
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Heute nadimittag werden wir zunächst die Berichte über die Arbeiten in Herrenchiemsee entgegennehmen, so daß sich die wichtigeren Debatten, sofern über den ersten Punkt nicht weiter debattiert wird, später abrollen können, wenn die Herren von der Deputation wieder zurück sein werden. Wir nehmen das Ergebnis der Besprechungen zur Kenntnis. Ich möchte nur noch fragen, wer sonst noch an den Besprechungen in Wiesbaden teilnehmen will. Ich glaube, daß drei Herren genügen. Wo aus einem Land zwei Minister hier sind, sollte vielleicht einer der Minister mitgehen. Vielleicht könnte Herr Spiecker noch mitgehen. Vielleicht ist auch noch jemand von Baden oder von Bayern bereit, zu der Besprechung mitzugehen. (Zuruf: Am besten aus jeder Zone ein Herr!) Vielleicht könnte Herr Ulrich noch mitgehen. (Zuruf: Vielleicht kann Herr Ministerpräsident Maier mitgehen.) Es sind also folgende Herren vorgeschlagen: Ministerpräsident Maier, Bürgermeister Brauer und Herr Spiecker. (Zuruf: Wo ist ein Vertreter der französischen Zone?) Dann muß die französische Zone einen Herrn vorschlagen. Staatspräsident Müller: Vielleicht darf ich Minister Dr. Schmid vorschlagen. Vorsitzender: Meine Herren, Sie haben nun die Vorschläge gehört. Die vorgeschlagenen Herren müssen um 15 Uhr in Wiesbaden sein. Wir treten nunmehr in die Mittagspause ein. Ich schlage vor, daß wir unsere Verhandlungen um 15 Uhr fortsetzen. (Pause von 13.15 bis 15.18 Uhr.) Ministerpräsident Stock: Meine Herren, wir fahren in der Tagesordnung fort, und zwar rufe ich auf den Punkt 2: BERICHT DER VERFASSUNGSKOMMISSION [VERFASSUNGSKONVENT HERRENCHIEMSEE]
Dazu möchte ich bemerken, daß der Vorsitzende der Kommission, Herr Minister Dr. Pfeiffer, einen einleitenden kurzen Bericht gibt, daß alsdann die Vorsitzenden der Kommission, Herr Justizminister Dr. Beyerle, Herr Bürgermeister Dr. Spitta und Herr Oberlandesgerichtspräsident Dr. Zürcher jeder einen Bericht von ungefähr zehn Minuten geben. Es wird vorgeschlagen, die Berichte ohne nachfolgende Diskussionen entgegenzunehmen, und dann werden die Ministerpräsidenten je zwei Exemplare der Durchschrift erhalten, die übrigen Exemplare werden morgen den parlamentarischen Ratsmitgliedern ausgehändigt 61 ). Sie sind mit dem Vorschlag einverstanden. (Zustimmung) 61
) Im Übersendungsschreiben führte Stock u . a . aus: „Der Bericht stellt weder in seinem artikulierenden Teil „Entwurf eines Grundgesetzes" noch in seinem darstellenden und kommentierenden Teil eine Regierungsvorlage dar. Er wird deshalb auch nicht von Beauftragten der Ministerpräsidenten in der Art einer Regie-
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Nachdem wir diese Angelegenheit erledigt haben, werden wir über die Demontageangelegenheiten sprechen müssen, weil der hierzu beigezogene Referent Herr Schmid von der Verwaltung für Wirtschaft in Frankfurt um 18 Uhr zurück sein muß wegen anderer Verhandlungen, die Finanzminister kommen vielleicht alsdann um 17 Uhr zu Wort. Ich hoffe, daß die Zeiteinteilung klappt, denn wir haben noch einige andere Verhandlungsgegenstände. Herr Minister Dr. Pfeiffer, bitte! Minister Pfeiffer: Meine Herren, ich habe sehr wenig zu sagen. Ich bitte Sie, mit einer großen Handbewegung neun Zehntel von den Presseberichten hinwegzuwischen, die Sie inzwischen über den Verlauf des Konvents in Herrenchiemsee gelesen haben, und Ihr Urteil nur auf dem Dokument aufzubauen, das ich hiermit dem Herrn Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz übergeben darf, nämlith den Bericht über den Verfassungskonvent 6 2 ). Ich will nur betonen, vom ersten Augenblick an waren wir uns alle miteinander einig, daß wir keine politische Aufgabe zu lösen haben, sondern eine mehr wissenschaftliche Studiengesellschaft sind, welche für jeden Punkt, der bei einer Verfassung in Betracht kommen kann, die Lösungsmöglichkeiten auszuarbeiten und einander gegenüberzustellen hat. Wir waren uns bewußt, daß die politischen Entscheidungen beim Parlamentarischen Rat liegen und daß wir nur technische Sachverständige sind, von denen ein Teil durch ihre eigene politische Tätigkeit eben besonders gut mit den Problemen vertraut sind, die in der praktischen Politik eine besondere Rolle spielen. W a s als Tätigkeitsbericht zu geben ist, ist diesem gedruckten rungsvorlage vor dem Parlamentarischen Rat vertreten werden. Infolgedessen ist der Parlamentarisdie Rat bei seinen Arbeiten nicht an die von den Ministerpräsidenten unterbreitete Beratungsgrundlage gebunden. Die Ministerpräsidenten behalten sich jedodi vor, gemäß ihren Koblenzer Beschlüssen bei der Vorlage des Gesetzgebungswerkes des Parlamentarischen Rates an die MilGouv. unter den Gesichtspunkten des Dokumentes I, nach denen das Grundgesetz eine demokratische Verfassung enthalten muß, die für die beteiligten Länder eine Regierungsform des föderalistischen Typs schafft, die am besten geeignet ist, die gegenwärtig zerrissene deutsche Einheit schließlich wiederherzustellen, und die Rechte der beteiligten Länder schützt, eine angemessene Zentralinstanz schafft und Garantien der individuellen Rechte und Freiheiten enthält, Stellung zu nehmen" (Stodc an den Präs. des PR, Wiesbaden, 31. 8. 1948, BA Z 12/35, Bl. 162 ff.). Hier klingen noch die Bemühungen der SPD an, der Tendenz von CDU/CSUKreisen, den recht föderalistisch ausgefallenen Bericht von HCh. als bindend oder zumindest als stark richtungweisend für die Arbeit des PR zu erklären, entgegenzutreten: Der Verfassungsausschuß „hatte nicht die Aufgabe, politische Streitfragen nach parlamentarischer Art zu entscheiden. Seine Mitglieder hatten nur den Auftrag, ihre Sachkenntnisse in den Dienst der Schaffung einer Arbeitsgrundlage für den Parlamentarischen Rat zu stellen [Carlo Schmid im SPD-Pressedienst, 25. 8. 1948). Ähnlich der verfassungspolitische Ausschuß und der PV der SPD in Springe am 27./28. 8. 1948: Es sei die einmütige Auffassung der Partei, „daß die Beschlüsse von Herrenchiemsee in keiner Weise die Entschlußfreiheit des Parlamentarischen Rates begrenzen. Es wurde weiter festgestellt, daß es auch keine ständige Ländervertretung beim Parlamentarischen Rat geben kann" (Interne Mitteilung der SPD über den PR, S. 11 f., Arch. FES, NL Menzel J 92). Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10.-23. 8. 1948, München, 1948; er war in einer Auflage von 10 000 Exemplaren gedruckt worden. 381
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Bericht vorausgeschickt, so daß idi vollkommen darauf verweisen kann. Damit bin ich fertig, mehr habe ich persönlich nicht zu sagen. Die Protokolle werden jetzt audi noch gedruckt, das konnte in den vier Tagen, bei denen auch noch ein Samstag und Sonntag dazwischen lag, nicht geschafft werden63). Ministerpräsident Stock: Nunmehr hat das Wort Justizminister Dr. Beyerle zum Bericht der Grundlagenkommission. Justizminister Beyerle: Meine Herren, der Unterausschuß I in Herrenchiemsee hatte die Aufgabe, alle grundsätzlichen Fragen zu erörtern84). Er hat in erster Linie die Frage geprüft, welchen Umfang der Bericht und die Untersuchungen haben sollen, die der Sachverständigenausschuß vorzunehmen hat. Wir waren uns darüber einig, daß es sich nicht darum handeln könne, den Vorschlag einer vollkommenen Verfassung zu machen. Wir mußten vielmehr von der Erkenntnis ausgehen, daß durch die tatsächlichen Verhältnisse der einmal räumlichen Begrenzung des Gebietes des neuen Staatsgebildes und dann der sachlichen Begrenzung durch die Tatsache der Besatzungsmacht nur ein unvollkommener Staat, wenn man von ihm sprechen will, entstehen könne, ein Staatsfragment, und daß demgemäß auch die Aufgabe der Verfassunggebenden Versammlung in einem gewissen Umfange eine begrenzte sein werde und deswegen auch die Aufgabe des vorbereitenden Sachverständigenausschusses sich innerhalb dieser Grenzen zu bewegen hat. Wir waren aber andererseits der Meinung, daß in diesem Rahmen alles, was an staatlichen Befugnissen das neue Gebilde ausüben darf, zu untersuchen ist und daß in diesem Rahmen ein Vorschlag zu entwerfen wäre. Der erste Teil der Aufgabe des Ausschusses I waren die Grundrechte65). Sie sehen in dem gedruckten Bericht, daß als erster Abschnitt der neuen Verfassung vorgeschlagen wird, Grundrechte aufzuführen96). Bei diesen Grundrechten haben wir uns beschränkt auf die Individualrechte. Wir haben davon abgesehen, Grundrechte der Gemeinschaftsordnung etwa in den Bereich der Untersuchungen und Vorschläge einzubeziehen, sondern haben uns auf die Individualrechte und hier auf die wichtigsten und notwendigsten, beschränkt. Dabei gingen wir von der Tatsache aus, daß die Gegenwart und die unmittelbar hinter uns liegende Vergangenheit so viele Einbrüche in die menschlichen Rechte und Freiheiten aufzuweisen hat, daß es eine besondere Aufgabe der Verfassung und des Grundgesetzes sein werde, die Freiheits- und Menschenrechte mit ganz besonderem Nachdruck in den Vordergrund zu rücken. Wir haben an verschiedenen Stellen dieser Grundrechte auch neue Gedanken einbezogen, z. B. den, daß die Forschung und die Wissenschaft einer gewissen Kontrolle unter) Die Protokolle der Plenums- und Ausschußsitzungen wurden entgegen dieser Ankündigungen nicht gedruckt; sie sind in vervielfältigter Maschinenschrift zugänglich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages und im BA. M ) Der Unterausschuß I für Grundsatzfragen hatte in acht Sitzungen bearbeitet: Präambel des GG, territoriale Bestimmungen, Gliederung des Bundesgebiets, Abtretung von Teilen des Bundesgebiets, Hoheitssymbole, Völkerrecht und Bundesredit, demokratische und reditsstaatlidie Grundsätze in den Ländern (Berichterstatter: Carlo Schmid) sowie die Grundrechte (Berichterstatter: Hans Nawiasky). 65 ) Vgl. 4.-6. Aussdiußsitzung vom 18.-19. 8.1948 (BA Z 12/26, 27). ««) Bericht HCh., S. 20 ff., 61 ff. e3
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zogen werden müssen, um zu verhüten, daß sie mißbraucht werden zum Schaden des Völkerfriedens und^zum Schaden des Einzelnen. Wir haben weiter in den Grundrechten ausgesprochen, daß sie unmittelbare Rechte und Pflichten erzeugen, also nicht große Programmsätze, sondern unmittelbar geltendes Recht sind. Wir haben die Grenzen der Grundrechte aufgesteckt, die Möglichkeiten von Ausnahmebestimmungen geklärt und so eine abschließende Behandlung des Kapitels „Grundrechte" vorgeschlagen. Der zweite Hauptteil — ich kann midi ja nur in aller Kürze mit dem Wesentlichsten befassen —, der zweite Hauptteil unserer Arbeit betraf dann eine Anzahl von Fragen, die allgemeiner Natur sind. Hier einmal die Frage der Staatwerdung, ob es sich um so völlig neue Gebilde handele oder um die Reorganisierung eines der Substanz nach bestehen gebliebenen gesamtdeutschen Staatsgebildes. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich zum letzteren Standpunkt entschieden; er kommt in der Präambel zu einem gewissen Ausdruck67): In einer Präambel, die einen Mehrheits- und einen Minderheitsvorschlag aufweist. Dabei ist der Minderheitsvorschlag vor allem von dem Gedanken getragen, daß mit der Herausstellung der Länder als Träger der Reorganisation des deutschen Staates der Föderativgedanke, der ja auch im Dokument Nr. I der Militärregierung zum Ausdruck kommt, noch besser zum Ausdruck gebradit ist als der Mehrheitsvorschlag. Der Mehrheitsvorschlag ging aber von dem Gedanken aus, daß das deutsche Volk in seiner Gesamtheit, allerdings je länger je mehr, in dem eingeräumten Gebiet und in der ihm eingeräumten sachlichen Weite nun das Grundlagengesetz für ein neues staatliches Leben starte. Wir haben uns in dem Ausschuß auch mit der Frage befaßt, ob in die Verfassung eine Bestimmung über die Umgliederung der Länder aufgenommen werden soll 68 ). Es gab darüber unterschiedliche Meinungen. Die eine Meinung ging davon aus, daß sofort ein Vorschlag für den Entwurf des Grundgesetzes gemacht werden soll. Eine andere Meinung aber knüpfte an die Tatsache an, daß durch das Dokument Nr. II den Ministerpräsidenten die Aufgabe gesetzt ist, Vorschläge über eine neue Grenzziehung zu machen. Aber alle waren übereinstimmend der Meinung, daß dann, wenn diese Aufgabe seitens der Ministerpräsidenten bis zum 15. Oktober nicht gelöst werden könne, dem Parlamentarischen Rat zu empfehlen sei, in das Grundgesetz eine Bestimmung aufzunehmen, die auch für die kommende Zeit die Möglichkeit einer Neugliederung des Gebietes des Bundes vorsehen soll, und zwar ging man hier nun wieder von zwei Grundauffassungen aus. Die eine Auffassung, die mehr der Meinung war, es sei Sache einer Vereinbarung der Länder, sich über eine solche Neugliederung zu entscheiden, die andere, die den Standpunkt in den Vordergrund rückte, daß es Sache der Gesamtheit des Bundes sei, nach Anhörung des Willens der betroffenen Länder oder Landesteile eine Entscheidung zu treffen, die im Gemeininteresse des Bundes liege und die von größeren Gesichtspunkten aus unter Zurück•7) Vgl. zur Frage der Kontinuität bzw. Diskontinuität des Deutschen Reiches die Debatten der 2. Plenarsitzung von HCh. (BA Z 12/23), Bericht HCh., S. 18 ff. sowie PR, 8. 9.1948, S. 8 ff. w ) Bericht HCh., S. 25 ff.
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drängung etwaiger Egoismen die Entsdieiduiig so treffe, wie es für die Gesamtheit des Bundes erforderlich erscheine. Für diesen Fall sind aber wiederum Vorschläge gemacht, insbesondere in Anlehnung an den ersten Entwurf der Weimarer Verfassung, eine Formulierung als Eventualvorschlag zu geben, die etwa vom Parlamentarischen Rat für das Grundgesetz benützt werden könnte. Eine besonders eingehende Untersuchung fand auch die Beziehung des neuen Grundgesetzes und seines Rechts zu den völkerrechtlichen Verhältnissen 69 ]. Wir haben einmal vorgeschlagen, einen Satz in die Verfassung aufzunehmen, daß die allgemeinen Regeln des Völkerrechts unmittelbar Rechte und Pflichten für alle Bewohner des Bundesgebietes erzeugen, und wir haben eine Bestimmung vorgeschlagen, die die Möglichkeit schaffen soll, daß der Bund sich in zwischenstaatliche Vereinbarungen mit anderen Ländern einordnet, also Souveränitätsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen könne. Dabei ist an Staatenverbindungen gedacht, wie etwa eine europäische Union oder ähnliches, und es ist dann weiter der Gedanke verfolgt worden, daß ja der Bund jeder eigenen Schutzmöglichkeit bar sei und daß es deshalb dringend erwünscht erscheint, wenn der Bund in ein System kollektiver Sicherheiten eingeordnet werden könnte. Auch für diesen Fall sind Vorschläge gemacht, und es ist auch ein Artikel formuliert und dem Parlamentarischen Rat empfohlen. In diesem Zusammenhang ist in dem Ausschuß dann auch auf die Tatsache hingewiesen worden und war Gegenstand eingehender und einmütiger Erörterungen, nämlich auf die Tatsache, daß der Herter-Aussdiuß des amerikanischen Kongresses dem Kongreß empfohlen hat, ein interparlamentarisches Schiedsgericht zum Schutze der Bewohner in ihren Grundrechten einzuführen. Wir haben dem Parlamentarischen Rat vorgeschlagen, unter Bezugnahme auf diesen vom Herter-Komitee an den Kongreß gerichteten Antrag an den amerikanischen Kongreß heranzutreten und anzuregen, daß wirklich der Gedanke eines solchen interparlamentarischen Schiedsgerichts zur Tat gemacht werde und daß auch der Schutz der Bewohner in ihren Grundrechten in dieses Schiedsgerichtsverfahren mit einbezogen werden könne 70 ). Ein Letztes, was ich in der ganz kurzen Darstellung vielleicht noch nennen darf, ist das, daß für die Frage der Mindestvoraussetzung an freiheitlichen und demokratischen Einrichtungen in den Gliedern des Bundes auch Grundsätze vorgeschlagen worden sind. Diese sollen für die Fortdauer der Zugehörigkeit eines Landes zu dem Bunde gelten; sie sollen aber vor allem auch gelten und als Prüf- und Wertungsmaßstab angesehen werden, wenn es sich darum handelt, ein neues Land in den Bund aufzunehmen. Wir haben vor allem darauf Wert gelegt, daß nicht bloß das Dokument der Verfassung eines Landes die freiheitlichen und demokratischen Rechte statuiert, sondern daß die staatsrechtliche Wirklichkeit, daß die Effektivität des Verfassungslebens in dem betreffenden
) Bericht HCh., S. 23 f., 63 f. ) Bericht HCh., S. 23; über das vom amerik. Kongreß eingesetzte House Select Committee on Foreign Aid, dessen 2. Vorsitzender C. A. Herter war und das vom 25. 11. 1947 bis 6. 2. 1948 Berichte zur wirtschaftlichen und politischen Situation in Deutschland vorlegte, Vogel, Westdeutschland, II, S. 261 f.
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Lände gesichert ist. Wir haben hierbei natürlich an Verhältnisse gedacht, wie sie in Ländern der östlichen-Zone bestehen, und' haben deshalb in einem besonderen Artikel vorgeschlagen, diejenigen Mindestvoraussetzungen rechtsstaatlichen und demokratischen Lebens dargestellt, die nach unserer Auffassung erfüllt sein müssen, damit ein Land Mitglied des Bundes sein kann71]. Ich darf noch abschließend sagen: Wir haben auch die Frage des Namens des neuen Staatsgebildes erörtert, und es wird hier die Bezeichnung „Bund deutscher Länder" vorgeschlagen72). Dieser Bund deutscher Länder soll nach dem Willen und Wunsch und Vorschlag der Mehrheit die Flagge der deutschen Republik, die Flagge Schwarz-Rot-Gold, führen. Dabei ist nicht etwa und nur daran gedacht, daß das die Farben der Weimarer Republik waren, sondern es ist auch daran gedacht, daß das die Farben waren, die auch im alten deutschen Reichsschild vorkamen und die die Farben der deutschen Freiheitsbewegung von den Befreiungskriegen ab waren 73 ). Ein Minderheitsvorschlag geht dahin, daß dem Parlamentarischen Rat überhaupt kein bestimmter Artikel in dieser Beziehung vorgeschlagen werden soll, sondern nur auf die Möglichkeit eines Bundesgesetzes hinzuweisen sei, und eine andere Minderheit wollte bis zur Erlassung [sie!] eines Gesetzes den Behörden, den etwaigen Auslandsvertretungen, den Seeschiffen die Farben Schwarz-Rot-Golrl als Farben geben. Das sind die allerwichtigsten Dinge, die ich in dieser mir ganz kurz gesetzten Frist Ihnen vortragen konnte. Es wäre natürlich in einem ausführlichen Referat noch viel mehr und Eingehenderes zu sagen gewesen. Vorsitzender: Ich danke Herrn Justizminister Dr. Beyerle. — Und nun spricht über die Zuständigkeitskommission Herr Bürgermeister Dr. Spitta. Bürgermeister Spitta: Meine Herren, der zweite Ausschuß hat über die Zuständigkeitsfragen zu berichten, Zuständigkeit auf dem Gebiet der Gesetzgebung, auf dem Gebiete der Verwaltung und auf dem Gebiete der Finanzen, Steuern, Abgaben und so weiter 74 ). Ich wende mich zunächst dem Gebiet der Gesetzgebung zu und versuche, aus dem sehr großen Fragenkomplex nur einiges Wenige hervorzuheben, und zwar das, was allgemeinere und politische Bedeutung hat. Ich möchte da zuerst die Bedingungen hervorheben, die gerade das föderalistische Prinzip in der neuen Bundesverfassung sichern sollen. Es ist gleich an die
) ) 7i) 74 ) 71 72
Bericht HCh., S. 27 f., 64 (Art. 29). Bericht HCh., S. 19 f. Bericht HCh., S. 24 f. Der Unterausschuß II für Zuständigkeitsfragen auf dem Gebiet der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung, insbesondere für Fragen der Finanzverwaltung behandelte in 15 Sitzungen: Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet der Rechtssetzung (Berichterstatter: Maunz); Zuständigkeit des Bundes beim Vollzug des Bundesrechts; Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet der Verwaltung (Berichterstatter: StR Kollmann); Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet des Steuer- und Finanzwesens (Berichterstatter: Baade unter Mitwirkung von Berger); Übergangsbestimmungen (Berichterstatter: Berger unter Mitwirkung von Maunz und Praß).
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Spitze dieses Abschnittes gestellt: Die allgemeine Grundsatzgesetzgebung steht den Ländern zu, soweit sie nicht dem Bunde zugesprochen ist. Es ist also damit die gesetzliche Vermutung für die Zuständigkeit der Länder gegeben75). Auf dem Gebiet der Gesetzgebung, auf dem Gebiet der Staatsverträge, wurde in folgender Weise vorgegangen. Es ist bestimmt, daß an sich die deutschen Länder mit anderen deutschen Ländern Vereinbarungen auf dem Gebiet treffen können, auf dem sie selbständig sind, also auf dem Gebiet ihres eigenen Aufgabenbereichs. Insoweit sind die Länder frei, Verträge zu schließen. Auf dem Gebiet der Schulen und der kirchlichen Verhältnisse können die deutschen Länder untereinander ohne den Bund Verträge schließen. Was die Zuständigkeit anbetrifft, Verträge mit ausländischen Staaten zu schließen, so richtet sich diese Zuständigkeit nach der Zuständigkeit der Gesetzgebung. Also da, wo die Gesetzgebung die Zuständigkeit zuläßt, da ist auch die Zulässigkeit zu dem Abschluß von Verträgen mit ausländischen Staaten gegeben. Es mußte also für die ausländische Politik des Bundes eine Sicherung vorgesehen werden. Wenn nämlich ein Land in Verhandlungen mit auswärtigen Staaten eintritt auf einem Gebiet, wo an sich das Land zuständig ist, so ist dem Bund Mitteilung zu machen. Wenn aber der Bund dem Lande Bedenken über diese Verhandlungen mitteilt, dann muß das Land von diesen Verhandlungen Abstand nehmen, was aus Gründen der höheren Politik vorkommen kann. Ich muß bemerken, daß in der Begründung noch einmal festgestellt worden ist, daß Konkordate mit dem Hl. Stuhl nicht unter diese Beschränkung fallen; die Konkordate werden nicht als Staatsverträge angesehen, und jedes Land ist also frei, auf dem Gebiete der Konkordate seine Verträge nach eigenem Ermessen zu schließen76). — Soviel von der Gesetzgebung und von den Verträgen. Was die Zuständigkeit betrifft, so haben wir uns insofern von den Weimarer Grundsätzen entfernt, als wir nicht wie in der Weimarer Verfassung vier Gruppen vorgesehen haben: die ausschließliche Gesetzgebung, die konkurrierende Gesetzgebung, die Bedarfs-Gesetzgebung und die Grundsatz-Gesetzgebung. Wir haben uns entschlossen, nur zwei Kategorien — die ausschließliche und, wie wir sie jetzt nennen, die Vorrangsgesetzgebung — einzuführen. Die Vorrangsgesetzgebung soll entsprechen der konkurrierenden Gesetzgebung der Weimarer Verfassung. Wir haben diesen Ausdruck „Vorrangsgesetzgebung" gewählt, weil er ein Fremdwort vermeidet. Konkurrieren könnte den Eindruck erwecken, als wenn Bund und Länder gleichberechtigt nebeneinander konkurrierend wären. Das ist aber bei dieser Vorrangsgesetzgebung nicht der Fall. Vielmehr hat der Bund insofern bei der Gesetzgebung den Vorrang: Wenn eine Sache geregelt wird und wenn der Bund nicht vorgreift, dann ist das Land berechtigt, die fragliche Materie durch Landesgesetz zu regeln. So sind wir also zu zwei Gruppen gekommen 77 ).
7S
) Bericht HCh., S. 28, 64 ff. (Art. 32 ff.). '•) Bericht HCh., S. 30 f. ") Bericht HCh., S. 28 ff.
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Was die Einzelheiten — ich beschränke mich auf das Allernotwendigste — anbetrifft, so sind bei der ausschließlichen Gesetzgebung der Zahl nach drei Rechtsgebiete in gleicher Weise vertreten wie bei der Weimarer Verfassung. Aber es deckt sich nicht ganz. Fortgelassen ist aus naheliegenden Gründen die Bestimmung der Weimarer Verfassung, daß die Wehrverhältnisse und daß die Kolonien unter die Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung, in Zukunft also der Bundesgesetzgebung, fallen. Wir haben aber zwei andere Bestimmungen aufgenommen, die hierher zu gehören schienen, nämlich einmal die in Weimar nur als konkurrierendes Gesetzgebungsgebiet freigehaltene Auslieferung und Auswanderung. Diese Materie ist aber so bedeutsam und für die Einheit des Bundes von einer solchen Erheblichkeit, daß wir sie in die Gesetzgebung des Bundes aufgenommen haben. Außerdem, was weniger wichtig ist, haben wir die Bundesstatistik in den Katalog der ausschließlichen Gesetzgebung aufgenommen. Die Vorrangsgesetzgebung, in Weimar also die konkurrierende Gesetzgebung, enthält 37 Ziffern 78 }. Das ist mehr als in Weimar. Es sind neue Punkte hinzugekommen, die sich aus der ganzen wirtschaftlichen Entwicklung ergeben. Ich will Ihnen nur das Beispiel geben der Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellungen, etwas, was in Weimar noch fehlte, oder die Autobahnen des allgemeinen Verkehrs. Auch diese sollen der Vorrangsgesetzgebung des Bundes unterliegen. Im allgemeinen war über die Einreihung durchweg Einstimmigkeit in unserem Ausschuß vorhanden. Es sind nur ganz wenige Gebiete, auf denen Meinungsverschiedenheiten bestanden. Dahin gehört einmal die Frage, ob unter die ausschließliche Gesetzgebung wie in der Weimarer Verfassung die Staatsangehörigkeit zu rechnen sei, oder, wie von anderer Seite angeregt wurde, nur die Bundesangehörigkeit, was dann zur Folge haben würde, daß man in die Artikel der Vorrangsgesetzgebung noch übernähme die Grundsätze über die Landesangehörigkeit. Im übrigen war, wie gesagt, fast durchweg Einigkeit. Ein paar kleine Abweichungen waren vorhanden. Nach der einen Auffassung sollte das gesamte Enteignungsrecht unter die Vorrangsgesetzgebung des Bundes fallen. Die andere Meinung ging dahin, nur das Recht der Enteignung für Bundeszwedce und das des grundsätzlichen allgemeinen Enteignungsrechtes in die Vorrangsgesetzgebung aufzunehmen. Selbstverständlich ist der politischen und allgemeinen Läge entsprechend auch aufgenommen, daß zur Vorrangsgesetzgebung gehören die verschiedenen Rechtsgebiete der Planwirtschaft. Ebenso die der Sozialisierung, der Überführung von Gemeineigentum in Gemeinwirtschaft. Wegen der Frage der eigentlichen Planwirtschaft war auch bezüglich der Formulierung eine Meinungsverschiedenheit. Die eine Meinung ging dahin, allgemein zu sagen „Erzeugung, Verteilung und Preisbildung von wirtschaftlichen Gütern und Leistungen", während eine etwas engere Fassung sagte „Eingriffe in die Wirtschaft zur Sicherung der Erzeugung und zum Schutz der Verbraucher". 7B
) Art. 36 beinhaltet nicht, wie hier angegeben 37, sondern 38 Ziffern (Bericht HCh., S. 65 f.); zum folgenden audi Bericht HCh., S. 32 f.
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Ich möchte, um nidit zu viel Zeit in Anspruch zu nehmen, die übrigen Punkte des, wie gesagt, 37 Nummern umfassenden Kataloges nicht im einzelnen anführen, obgleich auch da manches von der Weimarer Verfassung abzweigt und nicht uninteressant ist-. Das Nähere finden die Herren aber begründet auch in dem ausführlich gedruckt vorliegenden Bericht. Angeregt war nun auch entsprechend der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes, einen Katalog aufzuführen, auch der ausschließlichen Gesetzgebung der Länder. Davon hat man aber abgesehen, weil der allgemeine Grundsatz der ganzen Verfassung, wie sie hier vorliegt, dahin geht; wo nicht ausdrücklich der Bund als zuständig angeführt ist, da sind die Länder zuständig. Es war außerdem angefragt worden, gewisse Gebiete, die der Zuständigkeit der Länder zufallen sollen, auf die Dauer auszuschließen von einer Bundeszuständigkeit, also zu bestimmen, daß auch durch Verfassungsänderung diese Gebiete nicht dem Bunde zugeführt werden können. Die große Mehrheit des Ausschusses war aber der Meinung, daß das zu weit gehen würde. Die Verfassungsänderung ist, wie wir ja noch im Referat über den dritten Ausschuß hören werden, außerordentlich erschwert. Und damit sind die Länder auch davor gesichert, daß nicht in irgendeiner Stimmung oder vorübergehenden Wallung irgendwelche Gebiete der Länder in Bundesrechte überführt werden können. Man wollte aber eben doch nicht jede Entwicklung für die Zukunft völlig dadurch ausschließen, daß man auch durch Verfassungsänderung diese Gebiete nicht in Bundesrechte überführen könne. Sehr viel Mühe hat uns dann auch noch die Frage der Übergangsbestimmungen gemacht, also die Frage, wie soll es mit dem Fremdenrecht werden. Es ist ja eine verwickelte Materie, das alte Reichsrecht, das in ganz Deutschland gilt, das ja jetzt nur [in] einem Teil der Länder gilt und das bizonal und zonal geregelt ist. Wir haben die Ländergesetzgebung sinnvoll auch wieder als Reichsrecht abgewickelt, denn dieses ganze Gebiet mußte irgendwie geregelt werden. Wir hatten das in einer Übergangsbestimmung getan, und zwar waren wir uns über die Sache selber völlig einig in unserem Ausschuß, nur über die Formulierungen waren wir verschiedener Meinung. Das ist aber eine besonders juristische Finesse, womit ich die Konferenz hier nicht belasten will. Jedenfalls war man also über die Materie selber in dieser Beziehung in völliger Einigkeit. Ich kann damit wohl meine Ausführungen über die Gesetzgebung abschließen und übergehen zu der Zuständigkeit auf dem Gebiet der Verwaltung. Das Gebiet der Verwaltung ist j a auch ein fast unübersehbares Gebiet in der Verflechtung von Bundesrecht, Landesrecht, Kommunalrecht, kommunaler Verwaltung. Wir haben nach sehr langen und schwierigen Erörterungen schließlich uns im wesentlichen über die Formulierungen geeinigt. Sie sehen nachher ganz wenig und ganz einfach aus, sind aber das Ergebnis von sehr langen und ausführlichen Erörterungen 79 ). Ich möchte mich heute nur darauf beschränken, hier einige ganz wenige Fundamentalsätze anzuführen, die politisch von besonderer Bedeutung sind. Zunächst
«} Bericht HCh., S. 49 ff., 76 ff. (Art. 112 ff.). 388
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ist allgemein festgelegt, daß der Vollzug des Bundesredites grundsätzlich den Ländern zufällt. Es ist gesagt, das Bundesredit wird durch die Länder mit ihren Verwaltungseinrichtungen und nach ihren Verwaltungsverfahren und Verwaltungsgeriditgverfahren vollzogen, soweit das Bundesgesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt. Also auch da wieder das unbedingte Vertrauen dazu, daß die Länder auch das Bundesrecht ausführen. Man wollte durch diese Bestimmungen besonders auch erreichen, daß für die Bevölkerung sich auch alles einfach und möglichst instanzenfrei entwickelt, so daß die Bevölkerung eben nur mit der einen Verwaltungsbehörde, die für den Bund arbeitet und für ihn alle Arbeiten — und vielleicht auch kommunale Sachen — erledigt, zu tun hat. Außerdem ist eine Bestimmung getroffen, die aus der Erfahrung hervorgeht, daß die Befugnisse der Länder ja in der Weimarer Zeit und noch viel mehr in der nationalsozialistischen Zeit, ausgehöhlt worden sind, durch ein System von Dotationen und dergleichen. Es ist gesagt, die Zuständigkeit der Länder darf nicht durch Bedingungen verletzt werden, unter denen der Bund Zuschüsse gewährt oder der Bund Aufgaben auf Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts überträgt. Damit wollte man diese indirekte Aushöhlung beseitigen. Selbstverständlich ist, daß, wenn das Land Bundesrecht vollzieht, also gewissermaßen' im Auftrage des Bundes Rechte des Bundes anwendet, gewisse Aufsichten des Bundes vorgesehen werden müssen. Das ist im einzelnen geregelt und ergibt sich aus den fraglichen Artikeln. Nun hatten wir weiter noch zu regeln die Fragen, die jetzt doch immerhin noch neben der allgemeinen Regelung, daß das Bundesrecht durch die Länder ausgeführt wird, auftauchen, nämlich in welchen — man kann wohl sagen — Ausnahmefällen nun eine bundeseigene Verwaltung vorgeschrieben ist. Da ist gesagt worden: In bundeseigener Verwaltung — mit eigener Verwaltung unter dem Bund — werden geführt der Auswärtige Dienst, die Bundeseisenbahn und die Bundespost. Weiter ist gesagt: In bundesunmittelbarer Selbstverwaltung werden geführt: Die Versicherungsträger für Zweige der Sozialversicherung usw. und außerdem ist angeführt — ich möchte beinahe sagen als Körperschaft — die Bundeswährung, die ja von eigener Art ist und eine Art Autonomie hat. Es wurde dann die Frage geprüft, wie soll es werden mit den Verwaltungszweigen, bei denen eine gewisse obere Behörde erforderlich ist? Daß gewisse obere Bundesverwaltungsbehörden erforderlich sind, war nicht zu bestreiten. Es war nur die Frage, können sie erschöpfend aufgeführt werden, oder soll eine clausula generalis vorgenommen werden, so daß die Möglichkeit besteht, weitere obere Verwaltungsbehörden zu errichten? Der eine Vorschlag ging dahin: Selbständige obere Verwaltungsbehörden können errichtet werden für Statistik, Seuchenbekämpfung, für Maße und Gewichte, Aufsicht über die Privatversicherung zur Untersuchung von Versicherungsunfällen, für die Schiffsvermessung, Sozialversicherung sowie für das Archivwesen des Bundes. Von anderer Seite wurde bezweifelt, ob eine solche Aufzählung erschöpfend sein könne und ob nicht auch der künftigen Entwicklung des Bundes mehr Raum gegeben werden muß. Außerdem können für Angelegenheiten, für die der Bund und die Gesetz389
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gebung des Bundes zuständig ist, im Falle des Bedarfs selbständig obere Verwaltungsbehörden erriditet werden. Aber nicht der Verwaltungsapparat bis ganz nach unten hin mit eigenem Verwaltungsunterbau! Daß die Eisenbahn und die Post in eigener Verwaltung des Bundes stehen, ist wohl von keiner Seite bestritten worden. Bezüglich der Wasserstraßen waren die Meinungen geteilt. Die Wasserstraßen müssen jetzt in Zukunft, wie sie bisher Reichswasserstraßen waren, an sich dem Eigentum nach dem Bund zustehen. Das ist auch in dem Entwurf festgelegt worden. Es war nur die Frage strittig, wer soll die Verwaltung der Wasserstraßen führen? Auf der einen Seite wurde vorgeschlagen, man solle die Verwaltung auch hier von den Ländern führen lassen, und es wurde dafür geltend gemacht, daß die Einheit des ganzen Sach- und Rechtsgebietes auf dem Gebiete des Wasserrechts erhalten werden müsse, also das Wasserrecht, was ja ein weites Gebiet ist mit Wasserpolizei, Landeskultur, Bewässerung, Entwässerung, Beseitigung der Abwässer, Fischerei usw. Dieser ganze Komplex der Wasserstraßenverwaltung soll als einheitliche Verwaltung geführt werden und daher solle auch die Verwaltung, die vom Bunde ausgeht, durch die Länder ausgeführt werden. Von anderer Seite wurde vorgeschlagen, daß der Bund selbst durch bundeseigene Behörden die Wasserstraßen verwalten solle, und dafür wurde, was ja naheliegt, geltend gemacht, daß eine einheitliche Regelung in dieser Frage absolut erforderlich sei. Wir haben dann schließlich in die Paragraphen eine vermittelnde Lösung aufgenommen. Es ist da folgendes gesagt. Der Bund soll auf Antrag die Verwaltung einer Wasserstraße für die Strecke, in der sie lediglich das Gebiet eines einzigen Landes berührt, auf ein einziges Land übertragen. Wenn sie sich über zwei oder mehrere Länder erstreckt, kann der Bund nach Anhörung aller beteiligten Länder mit der Verwaltung dieser Wasserstraße ein von ihm zu bestimmendes Land beauftragen, falls das Land bereit ist, diese Verwaltung zu führen. Das bezieht sich u. a. auch auf Elbe und Weser im Unterlauf. Es wäre theoretisch also denkbar, daß die ganze Wasserstraßenverwaltüng des Unterlaufs der Elbe Hamburg und des Unterlaufs der Weser Bremen übertragen würde. Dies betraf die Fragen der Verwaltung, in denen ich mich auf diese wenigen Ausführungen beschränken möchte. Nunmehr gehe ich zu dem sehr schwierigen Gebiet der Finanzen, Abgaben, Zölle, Steuern usw. über80). Wir waren uns darüber klar, daß dies ein ganz besonders schwieriges und problematisches Gebiet ist, weil z. Zt. weder die Lasten noch die Einnahmen auch nur mit einiger Sicherheit geschätzt werden können. Wir haben drei Sachverständige vernommen und uns zwei Tage mit ihnen unterhalten. Die Sachverständigen waren aus verschiedenen Ebenen. Der eine Sachverständige war Herr Dr. Fischer-Menshausen, der aus der Ebene der zonalen Verwaltung kam. Der andere Sachverständige war Herr Ministerialdirektor Dr.
80
) Bericht HCh., S. 53 ff., 80 ff. (Art. 121 ff.).
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Ringelmann, der aus der Länderebene kam. Der dritte Sachverständige, Herr Dr. Stork, vom deutschen Städtetag, kam aus der kommunalen Ebene 81 ). Mit diesen Sachverständigen haben wir die finanziellen Unterlagen, und zwar sowohl die Lasten als auch die eventuell in Frage kommenden Einnahmen durchgesprochen. Natürlich ist, worüber wir uns alle im klaren waren, die ganze Grundlage in gewisser Beziehung problematisch, weil eine genaue Schätzung nicht möglich war, wie auch die Sachverständigen sagten. Als Lasten des Bundes haben wir folgende angenommen: Zunächst natürlich die Kosten der Bundesverwaltung einschließlich der Kosten für eine Verwaltung, die die Länder nach den Weisungen des Bundes in einer Art Auftragsverwaltung führen. Zweitens haben wir als Lasten des Bundes folgende erklärt: Das berührt ja gerade die heute zur Sprache gekommene Belastung Schleswig-Holsteins in besonderer Weise, Als Lasten des Bundes wurden die Kosten der Besatzung und die sonstigen äußeren und inneren Kriegsfolgelasten erklärt, also der ganze Komplex derjenigen Aufgaben, die direkt oder indirekt Kriegsfolgen sind. Drittens soll der Bund die Lasten der Sozialversicherung tragen mit Einschluß der Arbeitslosenversicherung und die Lasten der Arbeitslosenfürsorge, soweit die Sozialversicherungsträger Mittel des öffentlichen Haushaltes in Anspruch nehmen müssen. Wir gingen , von dieser Grundlage aus, daß der Bund diese Lasten zu tragen hat, weil ja der Krieg und die Niederlage ein gemeinsames Schicksal aller deutschen Länder sind. Es ist nun die Frage, wie diese Lasten getragen werden können und wie sie überhaupt ihrer Höhe nach zu veranschlagen sind. Ich möchte hier in der Annahme, daß dieser Punkt auch auf die bevorstehenden Verhandlungen über die Finanzen ein gewisses Licht wirft, ganz kurz einen kleinen Abschnitt aus dem Bericht verlesen. Es heißt darin: „Die Sachverständigen hatten dabei folgende Schätzung der dem Bund zufallenden Lasten vorgelegt, und zwar zunächst nur für das Gebiet der Bizone — für die Bizone lagen die Zahlen mit ziemlicher Sicherheit vor —: 1. Kosten der Bundesverwaltung 2. Besatzungs- u. Reparationskosten 3. Zuschüsse zur Sozialversicherung
DM 400 Mill. DM 3 500 Mill. DM 300 Mill. DM 4 200 Mill.
Dazu würden die aus den Erträgen des Lastenausgleichs zu finanzierenden, bisher von den Ländern getragenen Aufwendungen für kriegsursächliche Fürsorgelasten kommen, nämlich: die Renten der Körperbeschädigten, die Versorgungsbezüge der verdrängten Beamten, eines bestimmten Kreises der Wehrmachtsangehörigen usw., die Sozialrenten der Flüchtlinge, die Zuschüsse an Fürsorgeverbände zum Unterstützungsaufwand für Flüchtlinge und Kleinrentnerfür81
) Dr. Fisdier-Menzhausen war MinR beim LR des VWG in Frankfurt, Dr. Ringelmann MinDir. im bayer. StMin. der Finanzen und Dr. Stork Referent des Deutschen Städtetages in Köln (Bericht HCh., S. 6).
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sorge. Diese sind im Laufe der Diskussion von den Sachverständigen auf weitere 1 800 Mill. DM jährlich geschätzt worden. Dazu kämen als ebenfalls aus dem Lastenausgleich zu finanzierende einmalige Entschädigung die Ansprüche der politisch Verfolgten (soweit die Mittel der Sonderfonds nicht ausreichen] sowie der Fliegergeschädigten. Die Sachverständigen schätzten diese Ansprüche ganz unverbindlich auf einen einmaligen Betrag von 2 000 Mill. DM." Mehrere Mitglieder des Ausschusses hielten „diese Schätzungen der aus den Erträgen des Lastenausgleichs zu finanzierenden kriegsursächlichen Fürsorgelasten für zu niedrig, desgleichen die Schätzungen der Zuschüsse zur Sozialversicherung in Höhe von 300 Mill. DM". Es heißt dann in dem Bericht weiter: „Legt man die Schätzungen der Sachverständigen zugrunde, so würden sich die laufenden Lasten allein für die Bizone auf 4,2 + 1,8 = 6 Mrd. DM oder für das Gebiet der elf Länder auf mindestens 7 bis 7,5 Mrd. DM jährlich stellen. Dabei muß ausdrücklich hervorgehoben werden, daß selbst diese Summe nur unter der Voraussetzung einer ganz erheblichen Verminderung der Besatzungskosten gegenüber dem heutigen Stand denkbar ist. Die Besatzungskosten für das letzte Jahr betrugen in der Bizone 4,3 Mrd. RM, in der französischen Zone etwa 1 Mrd. RM." Es bestand völlige Übereinstimmung unter den Sachverständigen und unter den Ausschußmitgliedern darüber, daß die Aufrechterhaltung der Besatzungskosten in der bisherigen Höhe zuzüglich der sonstigen Kriegsfolgelasten einen Lastenetat für den Bund ergeben würde, für den auch bei äußerster Ausschöpfung aller Steuerquellen unter keinen Umständen Deckung geschafft werden könnte. Die Schätzung von 7 bis 7,5 Mrd. DM als Mindestlast für das Gebiet der elf Länder ist auf der Annahme einer Senkung der Besatzungskosten „auf etwa die Hälfte des heutigen Betrages aufgebaut" 82 ]. Meine Herren, diese Schätzungen liegen vor mit diesen Darlegungen der Sachverständigen, denen sich der Ausschuß angeschlossen hat. Wir haben nun die Gesetzgebung des Bundes wie folgt festgelegt. Diese Frage betrifft also noch nicht die Verteilung der Steuern auf den Bund und die Länder, sondern nur die Zuständigkeit in der Gesetzgebung. Es bestand Übereinstimmung darüber, daß der Bund die Gesetzgebung haben müsse über den Aufbau der Steuerverwaltungsbehörden der Länder und das von ihnen anzuwendende Verfahren, des weiteren für die Grundsätze über die Bewertung des Vermögens bei der Erhebung von Steuern vom Grundbesitz und vom Gewerbebetrieb durch die Länder und Gemeinden, ferner für die Vermeidung oder Beseitigung von Doppelbesteuerungen; sodann für den Ausgleich der Kriegs- und Nachkriegsschäden sowie die Aufbringung der erforderlichen Mittel; (Zuru/: Schleswig-Holstein!) schließlich für den finanziellen Ausgleich unter den Ländern. Was nun die Gesetzgebung über die Zölle, Steuern, Abgaben usw. betrifft, so war man sich darüber einig, daß die Gesetzgebung über die Zölle, Verbrauchse2
) Bericht HCh., S. 53 f. Vgl. auch die 5. und 6. Sitzung des Unterausschusses vom 16. und 17. 8. 1948 (BA Z 12/29, Bl. 1 ff.).
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steuern — von einer Ausnahme abgesehen, auf die ich gleich noch komme — und die Steuern vom Umsatz und Verkehr — audi mit einer Ausnahme — dem Bunde zukommen sollten. Bei den Verbrauchssteuern ist von Bayern geltend gemacht worden, daß die Biersteuer von der Verbrauchssteuer ausgenommen werden müsse. Die Biersteuer müsse Landessteuer bleiben. Das ist mit sehr gewichtigen Gründen unter Beifügung eines Sondergutachtens dargelegt worden83). Die Mehrheit des Ausschusses hat sich allerdings dieser Meinung nicht angeschlossen. Was die Steuern vom Verkehr betrifft, so waren einige Mitglieder der Meinung, es sollten auch die Erbschaftssteuer, die Schenkungssteuer, die Grunderwerbsst.euer und die Wertzuwachssteuer nicht der Gesetzgebung des Bundes, sondern der Gesetzgebung der Länder zufallen. Was nun — und das ist ja das Allerwichtigste — die Verteilung der Steuern und Zölle auf den Bund und die Länder betrifft, d. h. also die Frage, wer nun schließlich die Einnahmen bekommt, so war Übereinstimmung darüber, daß — immer von der Biersteuer abgesehen — Zölle, Verbrauchssteuern, Beförderungssteuern, Versicherungssteuern dem Bund zufallen sollten84). Was die Umsatzsteuer betrifft, so bestand da schon eine Meinungsverschiedenheit. Nach dem einen Vorschlag sollte die gesamte Umsatzsteuer ohne weiteres dem Bund zufallen. Nach dem anderen Vorschlag sollte die Umsatzsteuer ein beweglicher Faktor zwischen Bund und Ländern werden, so daß je nach der Belastung des Bundes der Bund die Umsatzsteuer stärker in Anspruch nehmen sollte, bzw. bei umgekehrter Belastung die Länder. Die Sachverständigen hatten bei ihren Schätzungen, um diese Zahlen auszugleichen, die ich vorhin angeführt habe, eine Inanspruchnahme der Umsatzsteuer von 70 %> ins Auge gefaßt. Dann würden noch 30 °/o den Ländern zugefallen sein. Da dies alles nur auf Schätzungen beruht, ist es durchaus möglich, daß der Bund die Umsatzsteuer auch noch in einem höheren Prozentsatz in Anspruch nimmt. Theoretisch würde es möglich sein, die Umsatzsteuer bis zu 100 °/o in Anspruch zu nehmen. Von anderer Seite ist vorgeschlagen, außerdem noch die Einkommensteuer dem Bund zuzuweisen, allerdings mit der Maßgabe, daß die Länder befugt sein sollten, in einem bestimmten Rahmen auch Zuschläge zur Einkommensteuer zu erheben. Es war naheliegend, in diesem Zusammenhang auch die Frage der Matrikularbeiträge zu erörtern. Wir haben das auch eingehend getan. Es fand sich aber schließlich niemand, der sich für das Prinzip der Matrikularbeiträge eingesetzt hat. Das hatte verschiedene Gründe. Einmal fürchtete man, daß der Bund, wenn er erhöhte Ausgaben hätte, durch die Heranziehung zu Matrikularbeiträgen die mühsam ins Gleichgewicht gebrachten Haushalte der Länder wieder über den Haufen werfen könnte. Sodann war man nicht sicher, ob die zweite Kammer — das wird ja in dem Bericht des dritten Ausschusses noch dargelegt werden — ein
») Bericht HCh., S. 66. ) Hierzu und zum folgenden: Bericht HCh., S. 33 f. und 54 ff.
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Senat nadi amerikanischem Muster werden würde oder ein Bundesrat, wie wir ihn im früheren Bundesrat gehabt haben, also als Vertretung der Landesregierungen. Im letzteren Falle würde ein größerer Schutz gegeben sein gegenüber übermäßiger Inanspruchnahme durch die Matrikularbeiträge, besonders wenn dieser Bundesrat als gleichberechtigter Faktor neben der Volkskammer steht. Das ist aber auch nicht sicher. Aus diesen Erwägungen heraus, weil hier auf finanziellem Gebiet große Zweifel bestehen, war schließlich niemand mehr dafür, die Matrikularbeiträge als letzte Reserve für den Bund mit vorzusehen. Was schließlich die Frage betrifft, wer nun die Finanzverwaltung führen soll, ob es eine ausschließliche Bundesverwaltung geben soll wie bei der Erzbergerschen Reform, daß eine Reichsfinanzverwaltung bis in die untersten Stellen besteht85), oder ob die Länder die Finanzverwaltung haben' sollen, so standen beide Meinungen einander gegenüber und sind in dem Bericht auch dargelegt und begründet worden86). Der Parlamentarische Rat findet also die beiden Ansichten vor und kann sich schlüssig werden, welcher Meinung er sich anschließen will. Schließlich brauche ich nur ganz kurz darauf hinzuweisen, daß noch eine Reihe von Vorschriften des Haushaltsrechts gegeben sind. Es handelt sich hier um die üblichen Vorschriften, wie wir sie im allgemeinen in allen unseren Landesverfassungen haben und wie sie sich aus den Erfahrungen ergeben haben. Es sind nur noch einige finanzielle Sicherungen eingefügt. Es ist z. B. folgendes bestimmt. Der Bundestag — das ist die Volkskammer — kann im Entwurf des Haushaltsplans ohne Zustimmung des Bundesrats Ausgaben nicht erhöhen oder neu einsetzen. Ferner ist bestimmt, daß Beschlüsse des Bundestags oder des Bundesrats, welche die im Entwurf des Haushaltsplanes eingesetzten Ausgaben erhöhen, auf Verlangen der Bundesregierung noch einmal zu beraten sind. Schließlich führe ich noch folgende Bestimmung an: „Maßnahmen, welche Ausgaben. verursachen, für die im Haushaltsplan kein entsprechender Betrag bereitgestellt ist, dürfen vom Bundestag oder Bundesrat nur beschlossen werden, wenn gleichzeitig die Deckung der Mehrausgaben beschlossen wird. Entsprechendes gilt für die Beschlußfassung über Maßnahmen, die Einnahmeausfälle zur Folge haben." 87 ) Damit sollte also eine Sicherung dagegen gegeben werden, daß nicht, nachdem der Haushalt fertiggestellt ist, noch Beschlüsse ergehen, die Einnahmeausfälle oder erhöhte Ausgaben hervorrufen. Meine Herren, ich muß mich auf diese wenigen Ausführungen beschränken, die ja schon etwas länger gedauert haben, aber die Materie war zu groß, und es wäre sinnlos gewesen, noch weniger zu sagen. Im einzelnen sind die Darlegun) Alex Möller, Reichsfinanzminister Matthias Erzberger und sein Reformwerk (Blickpunkt Finanzen, H. 7), Bonn 1971, und die für 1974 angekündigte Habil.Schrift von Peter Christian Witt, Die Finanz- und Wirtschaftspolitik des Deutschen Reiches 1918-1924. 8 t ) Bericht HCh., S. 55 f. 8 7 ) Art. 124, Abs. 6 (Bericht HCh., S. 81). 65
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gen namentlich in dem Finanzsachverständigen-Bericht enthalten88), und es wird ja gerade dies Kapitel der Steuern und Finanzen eines der schwierigsten sein, das der Parlamentarisdie Rat zu lösen hat. Ministerpräsident Stock: Ich danke Ihnen, Herr Bürgermeister. Und nun zum Bericht der Organkommission89), Herr Oberlandesgeriditspräsident Dr. Zürcher, bitte. Oberlandesgeriditspräsident Zürcher: Die dritte Unterkommission hatte die Aufgabe, die Verfassungsbestimmungen über die Bundesorgane, ihre formale Funktion in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege auszuarbeiten90). Vorbehaltlich einer späteren Namensgebung sind als Bundesorgane vorgesehen worden: Bundestag und Bundesrat, Bundespräsident und Bundesregierung und das Bundesverfassungsgericht. Jedes dieser Organe ist in einem besonderen Abschnitt geregelt. Öurch die Einordnung des Bundesverfassungsgerichts an dieser Stelle des Entwurfs sollte die grundsätzliche Bedeutung dieser Institution hervorgehoben und die Gleichberechtigung dieses höchsten Organs der dritten Gewalt gegenüber den anderen sichtbar gemacht werden. Es folgen die Abschnitte über Gesetzgebung, Verwaltung und die Rechtspflege. Der Gestaltung der Bundesorgane liegen folgende Prinzipien zugrunde, wobei z. B. bei der Gestaltung des Ländefrorgans und des Bundespräsidiums jeweils mehrere Lösungen nebeneinander ausgearbeitet wurden. Sie finden sie synoptisch dargestellt in der jetzt gedrückten Vorlage91). Ich gebe in kurzen Stichworten nur Prinzipien bekannt, die bei der Ausgestaltung der einzelnen Bundesorgane leitend gewesen sind. 1. Bundestag92). Es bestand keine Meinungsverschiedenheit darüber, daß in Form des Bundestags wieder ein echtes Parlament zu schaffen sei, welches unmittelbar vom deutschen Volk, nicht aber von den Landtagen, gewählt wird. Ein Hauptanteil an der Gesetzgebung und Regierungsbildung ist festgelegt, auch bei der Mitwirkung der Wahl des Bundespräsidenten. Es sind Sicherungen eingebaut worden, um die Gefahr eines arbeitsunfähigen Parlaments 1. durch den Vorschlag einer Wahlreform und 2. durch verfassungsrechtlich anerkannte Parteien als Organe der politischen Willensbildung. (Sie finden formulierte Bestimmungen in Art. 47 der gedruckten Vorlage.) 3. Durch Einführung eines beschränkten Notverordnungsrechts in der Hand der Bundesregierung und der Ländervertretungen, durch Einschaltung der Ländervertretungen als letzter so-
eo 00
) )
»') «2)
Hierzu die 6. Sitzung des Unterausschusses II nebst Anlagen (BA Z 12/29. Bl. 1 ff.). Unterausschuß III für Organisationsfragen. Der Unterausschuß III für Organisationsfragen (Aufbau, Gestaltung und Funktion der Bundesorgane) bèai-beitete in elf Sitzungen: Bundestag und Bundesrat (Berichterstatter: Küster); Senat (Berichterstatter: Praß und Jäger); Bundespräsident und Bundesregierung (Berichterstatter: von Sdimoller); Bundesverfassungsgericht und Rechtspflege (Berichterstatter: Leusser unter Mitwirkung von von Doemming). Bericht HCh., S. 70 ff. (Art. 66-84). Ebda., S. 35 ff., 67 ff. (Art. 45 ff.).
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genannter Legalitätsreserve bei der Regierungsbildung, wenn der Bundespräsident die Parlamentsauflösung nidit vorziehen sollte {Art. 88), durdi Einführung eines nur konstruktiven Mißtrauensvotums gegen den Bundeskanzler. Damit besteht ein verstärkter Einfluß des Parlaments auf die Bildung der Regierung, dagegen ein verringerter Einfluß auf den Sturz der Regierung, verglichen mit der Weimarer Verfassung. Dem Parlament ist kein Selbstauflösungsrecht zugestanden worden. 2. Die Ländervertretungen. Es wurden drei Varianten ausgearbeitet, die Sie, wie schon erwähnt, synoptisch im Drucktext vorfinden, wobei darauf hinzuweisen ist, daß bei dem Kapitel „Bundesrat" Sie nur zwei Varianten finden, einmal die edite Bundesratslösung und die Senatslösung. Die abgeschwächte Bundesratslösung tritt nur in Erscheinung in Art. 65 und folgende. Die echte Bundesratslösung: Hierfür ist vorgeschlagen, die Ländervertretung als vollberechtigte zweite Kammer zu bilden, die nur aus Regierungsmitgliedern der Länder zusammengesetzt sein soll, eine bis drei Stimmen für jedes Land, einheitliche Stimmabgabe, keine Stellvertreter im Plenum durdi Beamte, wohl aber in den Ausschüssen, gleichberechtigtes Mitwirken") dieses echten Bundesrats in der Gesetzgebung, Vermittlungsstelle des Bundespräsidenten bei Konflikten zwischen Bundestag und Bundesrat. Die abgeschwächte Bundesratslösung: Besetzung wie eben, bei der echten Bundesratslösung mit einigen Ausnahmen, aber keine Gleichberechtigung in der Gesetzgebung, wie der Bundestag, sondern nur Einspruchsrecht gegen seine Beschlüsse, die er mit qualifizierter Mehrheit beseitigen kann. Die Senatslösung: Besetzung ein bis fünf Senatoren für jedes Land je nach Einwohnerzahl, die von den Landtagen zu wählen wären. Den Ländern soll es überlassen werden, besondere Qualifikationen für den Senator vorzusehen. Der Senat ist ursprünglich gedacht als vollberechtigte zweite Kammer, für den Übergang jedoch nur Einspruchsrecht des Senats durch eine qualifizierte Mehrheit des Bundestags überstimmbar82a). Die dritte Einrichtung, der Bundespräsident, ist geschaffen worden als neutrale Gewalt93). Kein plebiszitärer, aber auch kein repräsentativer Bundespräsident, schwächere Stellung als in der Weimarer Verfassung, Beschränkung auf die typischen Funktionen des Staatsoberhauptes, nämlich völkerrechtliche Vertretung, Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers und Bundesrichters und die Ausübung des Begnadigungsrechts, daneben Vermittlerfunktion bei der Regierungsbildung und in Konflikten bei der Gesetzgebung. Ein Recht zur Auflösung des Bundestags soll der Bundespräsident nur besitzen, wenn der Bundestag bei der Regierungsbildung versagt und der Präsident nicht den vom Bundesrat vorgeschlagenen Kanzler ernennen will. Ferner obliegen dem Präsidenten die Ausfertigung der Gesetze und das Recht zur Einberufung des Bundestags. Er ist verantwortlich vor dem Bundesverfassungsgericht. Hierzu sind zwei Varianten vorgeschlagen. Für die Übergangszeit ist vorgeschlagen, daß die Geschäfte des Buna
) Verbessert aus Phantom. a] Bericht HCh., S. 37 ff., 70 f. ) Ebda., S. 41 ff., 71 ff. [Art. 45 ff.).
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despräsidenten durch den Präsidenten der Länderkammer ausgeübt werden sollen. Man hob hervor, daß unter den gegenwärtigen Besatzungsverhältnissen es der Dignität dieses höchsten Amtes abträglich sein könnte, unter gewissen Umständen von den Besatzungsmächten Befehle entgegennehmen zu müssen, und man wollte auch gegenüber den Ländern der Ostzone dadurch das Provisorium deutlich in Erscheinung treten lassen. Als Gegenlösung einer Variante endgültiger Art ist vorgeschlagen, statt des Bundespräsidenten, statt der Institution eines Bundespräsidenten ein Dreierkollegium zu schaffen, das sich etwa bilden sollte durch den Präsidenten des Bundestags, den Präsidenten der Länderkammer und den Bundeskanzler. Hierfür ergab sich nur eine Minderheit. Das vierte Organ ist die Bundesregierung94). Grundlegend war hier die mehrheitliche Entscheidung der Unterkommission und auch des Plenums, daß keine Regierung auf Zeit vorgeschlagen werden sollte, sondern eine Regierung mit echter parlamentarischer Abhängigkeit, also der Kontrolle des Bundestags zu unterstellen sei. Aber diese Regierung war in mehrfacher Hinsicht schon in der Bildung wie auch in ihrem Bestand zu sichern. Zunächst glaubte man die Sicherung der Regierungsbildung durch einen subsidiären Vorschlag mit der Länderkammer erreichen zu können. Dann, wenn der Bundestag trotz wiederholten Versuchen nicht in der Lage sein sollte, den Bundeskanzler und damit eine Bundesregierung zu kreieren, daß das vorgeschlagene Recht dann auf die Länderkammer übergehen soll und der Bundespräsident gehalten sein soll, den vom Bundesrat vorgeschlagenen Kanzlerkandidaten zu ernennen, wenn er es nicht vorziehen sollte, den Bundestag aufzulösen. Die Sicherung der Regierungsstabilität sollte erreicht werden durch Bindung des Mißtrauensvotums an den Vorschlag eines Nachfolgers, so daß es also keine geschäftsführenden Regierungen mehr geben sollte. Ich weise auf die Bestimmungen 86 bis 96 hin. Es ist das Premier-Minister-System in Vorschlag gebracht worden, der Bundeskanzler ernennt und entläßt mit Parlamentszustimmung die Minister. Er selber wird, wie erwähnt, vom Bundespräsidenten ernannt. Die Minister können gegen den Willen des Kanzlers nicht einzeln gestürzt werden. Das Notverordnungsrecht und der Bundeszwang. Das Wort ist gewählt für das früher übliche „Bundesexekutive". Der Bundeszwang und das Notverordnungsrecht liegen bei der Bundesregierung und beim Bundesrat, nicht beim Bundespräsidenten. Keine Ministeranklage mehr, man war der Auffassung, daß die Verantwortlichkeit der Minister gegenüber dem Parlament eine genügende Gewähr biete, hier nach dem Rechten zu sehen. Man vertrat den Standpunkt, daß die Ministeranklage ein Institut sei, das aus der konstitutionellen Zeit, vielleicht aus der vorkonstitutionellen Zeit mit in die heutige demokratische parlamentarische Ära herüberreiche und hierfür keine Notwendigkeit mehr bestehe. Als letztes Organ ist das Bundesverfassungsgericht vorgesehen95}. Namentlich Errichtung einer höchsten, justitionellen Spitze für Bundesverfassungsfragen. In ) Ebda., S. 43 ff., 73 ff. (Art. 86 ff.). •«) Ebda., S. 45 f., 75 (Art. 95 ff.).
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der gedruckten Vorlage finden Sie eine genaue Aufzählung der Zuständigkeiten. Ferner wurde geregelt die Bindung der Gerichte und sonstigen Behörden an die Entscheidung und Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts. In einigen Fällen ist die Gesetzeskraft der verfassungsgerichtlichen Entscheidung vorgeschlagen worden. Zu erwähnen wäre hier noch, daß als Stellvertreter des verhinderten Bundespräsidenten der Präsident des Verfassungsgeriditshofs in Vorschlag gebracht worden ist. Nun zur Gesetzgebung. An der Spitze dieses Titels (Art. 101—III98) steht als Grundlegung der Richtsatz, daß jegliche grundlegende Äußerung der Staatsgewalt sich auf ein Gesetz zu stützen habe. Keine Übertragung der gesetzgeberischen Befugnisse. Für Gesetze liegt die Initiative bei der Bundesregierung. Beim Bundestag und Bundesrat für einfaches Gesetz einfache Mehrheiten. Bei systemverschiebenden Gesetzen (hier verweise ich auf Art. 105 und die beigegebene Begründung), bei solchen Gesetzen ist die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl beider gesetzgeberischen Gremien, bei verfassungsändernden Gesetzen Zweidrittelmehrheit und Volksabstimmung erforderlich, wobei die Möglichkeit des Erlasses verfassungsdurchbrechender und verfassungswandelnder Gesetze, mit denen in der Weimarer Zeit so viel Mißbrauch getrieben worden ist, ausgeschlossen sein soll, indem vorgesehen ist, zunächst den Wortlaut der Verfassung zu ändern, ehe ein verfassungsänderndes Gesetz in sachlicher Hinsicht sollte ergehen können. Bei Gesetzen, durch die von der bundesstaatlichen Grundordnung abgegangen wird, ist Einstimmigkeit der Länderkammer vorgesehen, und endlich sind gewisse Gesetzesanträge, durch [die] die freiheitliche und demokratische Grundordnung beseitigt würde, unzulässig. Ich verweise über die Gesetzgebung auf die Gesetzesartikel 106, 107-111. Rechtsverordnungen sollen nur auf Grund einer Ermächtigung des Bundesrats ergehen — ich verweise auf Artikel 111 —, durch die Bundesregierung mit Zustimmung der Länderkammer. Sie sollen nach vier Wochen außer Kraft treten, wenn der Bundestag oder Zwischenausschuß sie nicht ausdrücklich bestätigt. Es ist vorgeschlagen, daß auch die Rechtsverordnungen in dem Bundesgesetzblatt zu publizieren sind. Die Bundesverwaltung 97 ). Hier hatte der Ausschuß sich nur mit der formalen Seite des Gesetzes zu befassen. Es spricht hier die Vermutung für die Lander sowohl bei der Gesetzgebung, dann besonders bei der Verwaltung und bei der Justiz der Länder, Umschreibung der Bundeskompetenzen, bei der Verwaltung der Bundesjustiz, bei der Aufsicht über die Länder in der Regel nur Bundeszentralorgane, Mitwirkung des Bundesrats bei Erlaß von Bundesverordnungen, Bundeszwang mit Zustimmung des Bundesrats und der Länderkammer, wie bereits erwähnt. Was die Bundesgerichtskammer anlangt, so wurde vorgeschlagen, daß nur Bundesgerichte errichtet werden sollen. Es wird für eine unabhängige und rein sachlich eingestellte Rechtspflege plädiert. Aber im übrigen solle die Gerichtshoheit •«) Ebda., S. 75 ff. »') Ebda., S. 49 ff., 78 ff. (Art. 112 ff.). 398
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bei den Ländern liegen. Reditsfälle zur Entscheidung über die verfassungsrechtlichen Vorfragen sind -dem Bundesverwaltungsgericht für eine Zwischenentscheidung vorzulegen. Es ist also das eigenständige riditerlidie Prüfungsrecht hier abgelehnt worden98). Soweit über die Aufgaben der dritten Unterkommission. Ich darf noch darauf hinweisen, daß noch in dem gedruckten Bericht auf Seite 87 in einem Kommentar im 5. Abschnitt — Bundesrat oder Senat — zu Artikel 66 eine Berechnung über die Gesamtzahl der etwa notwendigen Senatoren aufgestellt ist. Sie finden dort unter den aufgeführten Ländern an vierter Stelle Württemberg-Baden und darunter den Vermerk: „Gesamtstaat". Ich darf hier betonen. daß ich mich als Vertreter meines Landes gegen diese Fassung gewandt habe und daß mir die Herren von der Redaktionskommission zugesichert haben, daß sie irgendeine andere Formel finden werden. Da das Land Baden heute tatsächlich noch besteht, schien es mir nicht angebracht, heute bereits ein fait accompli anzudeuten, in die Zukunft zu greifen und sie hier zu vergegenständlichen. Vorsitzender: Ich danke den Herren Referenten für ihre ausführlichen Berichte. Meine Herren, ich war, wie ich bereits sagte, bei den Schlußberatungen in Herrenchiemsee, um den Dank der Ministerpräsidenten für ihre ausführlichen Arbeiten auszusprechen. Sie sehen in den Vorlagen die ungeheure Arbeit verankert, die die Herren dort geleistet haben. Ich möchte diesen Dank hier wiederholen. Wir werden diese Unterlagen dem Parlamentarischen Rat als Material überweisen. Eine Diskussion hier zu den einzelnen Plänen zu entfachen, ist untunlich. Wir haben auch kein Mandat dazu, Richtlinien zu geben; es ist Material für die Herren, die dort beraten, und so glaube ich in Ihrem Sinne gehandelt zu haben, wenn ich die Vorträge hier wiedergebe, damit wir durch persönliche Fühlung mit den Herren einen Einblick haben. Das dürfte zunächst genügen. Ich handle in Ihrem Sinne, wenn ich damit diesen Tagesordnungspunkt für erledigt erkläre. [DEMONTAGEN IN DER FRANZÖSISCHEN ZONE]
[Die Staatspräsidenten Wohleb und Müller sowie Ministerpräsident Aitmeier geben nach Schilderung der bisherigen Demontagemaßnahmen einen detaillierten Bericht von neu einsetzenden Demontagen in der französischen Zone und erbitten eine gemeinsame Gegenaktion der elf Ministerpräsidenten bei den Militärgouverneuren der drei westdeutschen Besatzungszonen. Es müsse in Erscheinung treten, daß die französische Zone nicht mehr allein stehe, sondern daß die Ministerpräsdienten inzwischen zu einem Gremium geworden seien, das die Interessen der Gesamtheit wahrnehme! Nach Darlegung der durch die Demontagen in allen drei Zonen gegebenen wirtschaftlichen Gesamtsituation durch Abteilungsleiter Schmidt (VfW, Frankfurt), empfehlen Senatspräsident Kaisen und Justizminister Schmid eine Eingabe an •8] Ebda., S. 56 ff., 82 f. (Art. 128 ff.).
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den Kongreß in Washington, um den Amerikanern klar zu machen, daß sie letzten Endes die Demontagen mit dem Marshallplan selbst zu bezahlen. Eine Kommission, die von der Ministerpräsidentenkonferenz zur Prüfung der Demontageangelegenheit eingesetzt wird (Landesminister Spiecker, Ministerpräsident Altmeier, Justizminister Stiimid, Senatspräsident Kaisen), empfiehlt schließlich eine Intervention der Ministerpräsidenten bei den Militärgouverneuren mit Übergabe einer Denkschrift zu den Auswirkungen der Demontage, die Unterrichtung der Öffentlichkeit sowie kreditpolitisdie Hilfsmaßnahmen für demontierte Betriebe 99 ).]
FORTSETZUNG DER ARBEITEN DER KOMMISSION FÜR DAS BESATZUNGSSTATUT [FINANZHILFE FÜR BERLIN; FINANZAUSGLEICH IN DEN LÄNDERN DER WESTDEUTSCHEN BESATZUNGSZONEN] [Finanzminister Strickrodt erläutert die Forderung der Militärregierung, Berlin finanziell zu unterstützen; die Alliierten selbst seien bereit, einen Betrag von 25 Mill. DM zur Verfügung zu stellen, während von den westdeutschen Ländern ein vorläufiger Betrag von 75 Mill. DM aufgebracht werden müsse. Nach Darlegung der wirtschaftlichen und finanziellen Situation Berlins durdi Stadtrat Reuter sprechen sich die Ministerpräsidenten für die Gewährung eines 75-Mill.-DM-Kredits an Berlin aus101').
*') Vgl. stenogr. Protokoll, S. 61-72, 98 f. - Das von der Kommission ausgearbeitete Anschreiben der MinPräs. an die Generäle lautete: „Die am 31. August 1948 in Rüdesheim zusammengetretene Konferenz der Ministerpräsidenten der drei westlichen Besatzungszonen hat Berichte über die bereits erfolgten und gegenwärtig laufenden Demontageaktionen, insbesondere in der französischen Zone, entgegengenommen. Die Ministerpräsidenten sind durch das Gehörte von tiefster Besorgnis über die wirtschaftliche und politische Zukunft Deutschlands erfüllt worden. Sie sind davon überzeugt, daß im Falle der Durchführung der bisher bekanntgegebenen Demontagepläne die Ernährung des deutschen Volkes aus eigener Arbeit aufs schwerste gefährdet wird. Das deutsche Volk würde für dauernd auf fremde Hilfe angewiesen sein. Die Ministerpräsidenten bitten, den Herren Generälen die Wirkung der Demontagen auf die Produktionskapazität ihrer Länder persönlich vortragen zu dürfen" (BA Z 12/76, Bl. 133; Pressekommunique ebda., Bl. 132). Nachdem Stock noch in einem zweiten Schreiben an die MilGouv. vom 11. 9. um Stop der Demontagearbeiten und der Versandtermine gebeten hatte (BA Z12/124, Bl. 467 ff.), wurde diese Frage am 1. 10. auf der Konferenz in Niederwald wieder aufgegriffen, da inzwischen die erbetene Unterredung im Schreiben Clays vom 20. 9. 1948 mit der Begründung abgelehnt worden war, die Sache liege nicht mehr in Händen der Gouverneure. In Niederwald wurde deshalb der Beschluß gefaßt, den drei MilGouv. eine gemeinsame Eingabe der MinPräs. mit einem Begleitschreiben für ihre Regierungen zu übergeben (Kurzprotokoll, 1. 10. 1948, S. 5, BA Z 12/76, Bl. 7). Im gleichlautenden Schreiben an die Regierungschefs der USA, Großbritanniens und Frankreichs vom 1. 10. wurde eine von VfW ausgearbeitete Denkschrift zur Demontagefrage überreicht mit der Bitte, einen sofortigen Demontagestop zu beschließen und über die Demontage eine neue Entscheidung herbeizuführen (BA Z 12/15, Bl. 84 ff.). °) Vgl. Dok. Nr. 6, Anm. 74.
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Finänzminister Stridtrodt, der die zum Teil sehr prekäre Finanzlage der Länder schildert, fordert schnellste Herbeiführung eines Finanzausgleichs und Koordinierung aller finanzpolitischen Maßnahmen in der Trizone, um zu verhindern, daß ein Land unter dem Drude der Not separate Steuererhöhungen (Heraufsetzung der Einkommens-, Umsatz-, Körperschaftssteuer) durchführt, oder zu einem rigorosen Gehalts- und Pensionsabbau schreitet. Da eine Ausgabensenkung nur durch Reduzierung des Besatzungshaushaltes möglich erscheint, fordert er die Aufnahme von zwei Finanzministern in den Ausschuß der Ministerpräsidenten für Besatzungsfragen. Finanzminister Sehende unterstützt diese Forderungen und plädiert mit Blick auf die besondere Notlage Schleswig-Holsteins für schnellstmögliche Schaffung eines Finanzausgleichs der Länder.] Bürgermeister Brauer: Meine Herren! Gestatten Sie, wenn ich in meinen Ausführungen etwas zurückgreife auf die Darlegungen der Herren Reuter, Strickrodt und Schenck. Wenn irgend etwas die Notwendigkeit der Organisierung der drei Westzonen zum schnellsten Termin wieder deutlich gemacht hat, dann war es die finanzielle Situation, wie sie hier geschildert worden ist. Ich kann nur sagen, meine Herren, daß jede 24 Stunden, die wir versäumt haben, das durchzuführen, die Schwierigkeiten in den einzelnen Ländern erhöht haben. [Brauer spricht sich dann für einen Kredit an Berlin und für eine zentrale Regelung der Besatzungs- und Flüchtlingskosten aus. Es müsse vor allem erreicht werden, daß die Kosten für die aufgeblähte Besatzungsverwaltung reduziert würden. Gerade in Amerika sei jedoch für dieses Anliegen Verständnis zu erwarten. Dagegen sei es wenig sinnvoll, zur Ausgleichung der Haushalte eine deflationistische Politik zu treiben. Die Gefahr sozialer Erschütterungen, die durch den Abbau von Gehältern und Löhnen eintreten würde, sei zu groß. Zum Glüdc sei die nach der Währungsreform vorausgesagte Arbeitslosigkeit ausgeblieben. Während Ministerpräsident Lüdemann die positive wirtschaftliche Entwicklungsprognose Brauers in Zweifel zieht, ergreift Ministerpräsident Ehard das Wort.] Ministerpräsident Ehard: Ich darf zunächst an das anknüpfen, was der Herr Bürgermeister Brauer gesagt hat und ich kann mich da sehr kurz fassen. Ich kann eigentlich seinen Ausführungen in allem Grundsätzlichen beitreten. Ich bin insbesondere auch der Meinung, daß es dringend notwendig ist, möglichst bald zu einer bundesstaatlichen Zusammenfassung zu kommen, denn nur so scheint es möglich, die Probleme, die alle angehen, in irgend einer vernünftigen Form auszugleichen. Anders ist das nicht möglich. Es ist nur theoretisch denkbar, daß die einzelnen Staaten vertraglich sich zusammenschließen und sich zu koordinieren versuchen, um beispielsweise das Flüchtlingsproblem oder die jetzige Finanzlage in irgendeiner Weise zu meistern. [ . . . ] Das scheint mir also dringend notwendig zu sein, hier einmal einen gemeinsamen deutschen Sprecher zu haben und dann den Versuch zu machen, einen Ausgleich herbeizuführen. Dringend notwendig zum zweiten ist, um von allem anderen abzusehen, im Augenblick eine Regelung in Bezug auf die Besatzungskosten. Auch hier muß irgend ein Ausgleich geschaffen werden, der nur geschaffen werden kann, wenn man ge401
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meinsam vorgeht, und der letzten Endes wirklich entscheidend herbeigeführt werden kann, wenn eine zentrale Westregierung vorhanden ist, die einen deutschen Sprecher hat. Einen deutschen Sprecher, dem dann zwangsläufig auf der anderen Seite nicht drei verschiedene und auseinanderstrebende Besatzungsmächte gegenüberstehen, sondern daß es zwangsläufig dazu führt, daß eben ein Sprecher auf der anderen Seite ist, wie die sich abstellen, ist gleichgültig. Es wird dann nicht mehr so bleiben können, daß auf der anderen Seite immer nur dann etwas zustandekommt, wenn die drei einheitlich sind, sondern sie werden sich auch in irgendeiner Mehrheitsabstimmung zusammenfinden müssen oder aber, es wird eine Besatzungsmadit sich dem Willen der beiden anderen unter Umständen fügen müssen. Aber was die Besatzungskosten anlangt, glaube ich, sollten wir nicht warten, bis diese Bundesregierung aktionsfähig ist. Das dauert Monate. Es besteht vielleicht die Möglichkeit, daß wir diese Frage heute schon aufgreifen. Wir haben eine Kommission für das Besatzungsstatut, diese Kommission hat, wie die Herren wissen, ihre Arbeiten zunächst abgeschlossen, und zwar mit ihrer Stellungnahme zu dem Dokument Nr. III. Etwas weiteres konnte im Augenblick nicht geschehen. Es wurde uns gesagt, mit dem Fortschreiten der Arbeiten des Besatzungsstatuts auf alliierter Seite wird man an uns herantreten, um weitere Einzelheiten zu besprechen. [Als finanzielle Unterstützung für die notleidenden Länder empfiehlt Ehard einen vorläufigen Finanzausgleich in Form eines Gemeinschaftskredits.] [Die Ministerpräsidentenkonferenz delegiert dann auf Vorschlag von Ministerpräsident Stock in den bestehenden Ausschuß für das Besatzungsstatut unter Vorsitz von Ministerpräsident Ehard, neben den bisherigen Mitgliedern — Justizminister Beyerle (Württemberg-Baden), Staatssekretär Brill (Hessen) für die amerikanische Zone, Landesminister Spiedcer (Nordrhein-Westfalen), Senatssyndikus Sieveking (Hamburg) für die britische Zone, Justizminister Schmid (Württemberg-Hohenzollern), Finanzminister Hoffmann (Rheinland-Pfalz) für die französische Zone —, noch die Finanzminister Hilpert (Hessen), Strickrodt (Niedersachsen) und Sdienck (Schleswig-Holstein)101).)
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) S. hierzu Wortprotokoll dieser Sitzung, S. 74-97. Die Finanzminister der Länder hatten unabhängig von den MinPräs. und ohne deren Wissen im Schreiben vom 25. 8. 1948 an die MilGouv. um Verhandlung wegen Herabsetzung der Besatzungskosten nachgesucht (Zit. Dok. Nr. 19, Anm. 18). Dieser Schritt stieß jedoch allgemein auf Kritik, wie Bergner am 22. 9. 1948 Ollenhauer mitteilte, da „das, was die Finanzminister in ihrem Brief zum Ausdruck bringen, völlig unzulänglich [ist]. Anstatt eine Einengung der Besatzungskosten auf ,echte Besatzungskosten' zu fordern, schlagen sie vor, da und dort bei den vielverzweigten Besatzungskosten Einschränkungen vorzunehmen." Man dürfe jedoch annehmen, daß die Amerikaner bereit seien, in der Frage der Besatzungskosten weiteres Entgegenkommen zu gewähren, als die Finanzminister es forderten. Leider hätten diese ihren Schritt unternommen, ohne vorher genügend bei den Amerikanern, vielleicht auch bei den Engländern vorzufühlen (BA Z 12/124, Bl. 369). Auf der Konferenz in Niederwald, 1. 10. 1948, wurde dann beschlossen, die Frage des Besatzungsstatuts und der Besatzungskosten gemeinschaftlich mit dem inzwischen vom PR gebildeten Ausschuß zu beraten (Kurzprotokoll S. 5 f., BA Z 12/76, Bl. 7 f.; Kurzprotokolle
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GRUNDSATZPROBLEME DER BAULICHEN AUFGABEN ANLÄSSLICH DER EINBERUFUNG DES BUNDESPAÄLAMENTS NACH FRANKFURT/MAIN
[Ministerpräsident Stock regt an, bereits jetzt in Frankfurt bauliche Maßnahmen in die "Wege leiten zu lassen, um eine zweckgerechte Unterbringung des künftigen westdeutschen Bundesparlaments zu gewährleisten. Da in Frankfurt die bizonalen und alliierten Verwaltungen säßen, komme wohl keine andere Stadt als Parlamentssitz in Frage. Die Angelegenheit wird von der Ministerpräsidentenkonferenz als zu verfrüht zurückgestellt; der Parlamentarische Rat müsse die freie Entscheidungsmöglichkeit behalten. Allerdings sollen die hessische Regierung und die Stadt Frankfurt aufgefordert werden, ihre diesbezüglichen Vorstellungen vor einer der. nächsten Ministerpräsidentenkonferenzen vorzutragen102).] [BERICHT ÜBER DIE BESPRECHUNG EINER DELEGATION DER MINISTERPRÄSIDENTEN MIT ALLIIERTEN VERBINDUNGSOFFIZIEREN]
Über die Besprechung mit den beiden Verbindungsoffizieren ist folgendes zu berichten: Es hat sich bei der Besprechung in allererster Linie um die Frage der Stellung der Abgeordneten der Stadt Berlin gehandelt, und wir hatten den Eindruck, daß die heutige Situation, die in Berlin im Entstehen begriffen ist, die Verbindungsoffiziere veranlaßt hat, uns durch die Blume mitzuteilen, daß die Berliner Vertreter sehr willkommen seien, selbstverständlich nur in beratender Funktion, daß ihnen aber empfohlen wird, mit Rücksicht auf die gegebene Sachlage sich bei öffentlichen Debatten Zurückhaltung aufzuerlegen. Ich habe die Gegenfrage gestellt, bzw. ich habe gesagt, daß, wenn die Berliner Herren nun eine zu schwache Stellung antreffen werden, sie vielleicht gar nicht erscheinen werden. Es ist damit selbstverständlich nur eine gewisse Konsequenz aus der Situation gezogen und will eben besagen, daß die gegenwärtige Situation in dem gegebenen Augenblick außer der Stellung als Berater ganz allgemein es wünschenswert erscheinen läßt, wenn die Herren sich eine gewisse Zurückhaltung bei öffentlichen Debatten auferlegen. Wir haben also den Auftrag, das dem Parlamentarischen Rat mitzuteilen, und wir werden uns besinnen müssen, in welcher Weise wir nun diesen Auftrag ausführen werden. Es hat sich dann noch eine längere Diskussion über eine Detailfrage ergeben auf einem anderen Gebiet, nämlich im Zusammenhang mit Dokument II. Da ist neulich bei den Besprechungen am letzten Samstag die Frage unbeantwortet geblieben, ob das Verfahren, das bei Dokument II vorgesehen ist für die Festsetzung der neuen Ländergrenzen und das darin besteht, daß schließlich eine Volksabstimmung stattzufinden hat. Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob
weiterer gemeinsamer Sitzungen am 26. und 27. 10. in: BA Z 12/15, BI. 75 ff.). Am 10. 12. 1948 legte der Hauptausschuß des PR seine Auffassung zum Besatzungsstatut dar und verhandelte darüber am 16./17. 12. 1948 mit den MilGouv. (Dok. Nr. 10, Anm. 23). 102 ) Hierzu Wortprotokoll dieser Konferenz S. 99-102.
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nun gegenüber diesem Verfahren die Verfassungsbestimmungen der einzelnen betroffenen Länder zurücktreten. Wir haben die Auskunft erhalten, daß diese Frage in der britischen Zone überhaupt nicht akut sei, weil hier ein Verfassungsredit nodi nidit besteht, daß sie ebenfalls in der amerikanischen Zone nicht akut sei, weil die Verfassungen nur genehmigt wurden unter dem Vorbehalt, daß sie einen Aufbau eines deutschen Bundesstaates nicht hindern. Für die französische Zone ist eine Antwort nicht erfolgt. Der Vertreter des französischen Verbindungsoffiziers, Herr Laloy, hat erklärt, daß er für seine Regierung hier eine Rückfrage halten müsse und daß er auf seine Anfrage noch keine Antwort erhalten habe. Die Frage sei erst am letzten Samstag [28. 8.] aufgetaucht. Das ist im wesentlichen das, was ich zu berichten habe103). Ja, wir haben dann noch die Frage erörtert, ob die Gouverneure morgen erscheinen werden bei der Eröffnung, und es war ja bei der Besprechung, die wir gestern mit den Generälen Clay und Robertson hatten, erwogen worden, daß die Herren wahrscheinlich auch aus einem ganz bestimmten Anlaß zu einer Konferenz gerufen werden und sie deshalb nicht bestimmt sagen können, ob sie am 1. September bei der Eröffnung des Parlamentarischen Rates anwesend sein können. Das ist jetzt in der Zwischenzeit eingetreten. Dieser Termin ist nun heute, sie sind zu einer Konferenz abgerufen worden104). Gestern haben sie doch noch erklärt, daß sowohl Clay wie auch Robertson zu einer Konferenz unvermutet und sehr rasch abreisen müssen und daß sie aus diesem Grund vielleicht nicht kommen können. Daß das aber nicht politisch zu werten sei und daß sie dann vielleicht persönlich in Bälde zu einer Sitzung des Parlamentarischen Rates gebeten werden. (Zuruf: Die Herren werden aber hohe Vertreter schicken!) Ministerpräsident Stock: Ja, sie werden hohe Vertreter schicken105). Ministerpräsident Maier: Ja, die Direktoren der Militärregierung. Ministerpräsident Stock: Zu der Berliner Sache nun Herr Stadtrat Reuter. Stadtrat Prof. Reuter: Meine Herren! Ich möchte für die Stadt Berlin und deren Vertreter, die hier delegiert wurden, nur kurz folgendes sagen: Die Anregungen, die die Verbindungsoffiziere der drei Besatzungsmächte den Herren Ministerpräsidenten gegeben haben, gehen konform mit sehr langen und nicht abreißenden Unterhaltungen, die wir teils in korpore und teils privatim seit längerer Zeit gehabt haben. ) Dok. Nr. 25. ) Nach den Verhandlungen der Moskauer Botschafter der Westmädite mit Stalin und Molotow im August 1948 über Beilegung der Berlin-Krise (Dok. Nr. 20, Anm. 3; Davison, Blockade, S. 195 ff.; ForRel. 1948, II, S. 995 ff.) sollten die vier Miiitärgouverneure in Berlin Einzelheiten über die Aufhebung der Verkehrsbeschränkungen und die Zurückziehung der Westmark aus Berlin erarbeiten (ForRel. 1948, II, S. 1086 f.; Berlin, Quellen und Dokumente, II, S. 1505 f.). Diese Verhandlungen vom 31. 8. bis 7. 9. 1948 führten zu keinem Ergebnis (Brandt/ Lowenthal, Reuter, S. 448 f.; ForRel. 1948, II, S. 1099 ff.). 105 ) Dok. Nr. 25, Anm. 2. 10S 104
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Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Frage der Beziehungen zwischen Berlin und dem Parlamentarismen Rat in erster Linie eine Sache des Parlamentarischen Rates selber ist, die er von sich aus als eine deutsche Angelegenheit entscheiden müßte. Auf der anderen Seite werden wir Berliner unseren Freunden im Westen keinerlei irgendwie geartete Schwierigkeiten von uns aus machen. Wir sind grundsätzlich der Meinung, daß die Vertreter im Parlamentarischen Rat entscheiden müssen, in welcher Form sie uns dort begrüßen werden 108 ). Die Zurückhaltung, die wir uns auferlegen werden, und zwar auch ohne die Anregung der Herren Verbindungsoffiziere, beruht auf der ganz selbstverständlichen Berücksichtigung der Tatsache, daß wir an einem Verfassungswerk teilnehmen, von dem wir noch nicht wissen, ob es auch für uns bindend sein kann. Es ergibt sich daraus für uns von selbst, daß wir in unserem öffentlichen Auftreten eine gewisse Zurückhaltung zeigen werden. Diese Zurückhaltung ergibt sich aber aus unserer Einstellung zu den deutschen Problemen, nicht aus unserer Einstellung zu irgendwelchen sonstigen, manchmal von Tag zu Tag wechselnden Bedürfnissen der Besatzungsmächte. Wir haben auf der anderen Seite den Vertretern der Besatzungsmächte ganz offen gesagt, daß sie von den Berlinern nicht erwarten können und auch nicht erwarten dürfen, daß wir unsere innere Einstellung zu dem, was im Westen und in Deutschland überhaupt vor sich geht, variieren und temperieren nach den von Tag zu Tag sich ändernden und auch so sehr wechselnden diplomatischen Bedürfnissen der Besatzungsmächte allein. Für die Bevölkerung von Berlin ist die Beziehung zum Westen eine Angelegenheit sowohl der politischen Überlegung als auch unserer elementaren Lebensinteressen, wie auch eine Angelegenheit unseres Sentiments, das uns mit dem Westen verbindet und in irgendeiner Form auch zum Ausdruck kommen muß. Man kann nicht erwarten, daß eine Bevölkerung, die solche Opfer bringt, wie es die Berliner tatsächlich tun —und jeder, der die Berliner Verhältnisse kennt, weiß und anerkennt das ja auch — sich gegenüber den Vorgängen im Westen auf einmal totstellt oder wie ein Aschenbrödel in die Ecke stellen läßt. Ich möchte aber annehmen, daß es über diese Dinge zwischen uns und Ihnen keinerlei irgendwie geartete Differenzen geben wird. Wir haben alle bei dem, was wir tun, nur die gesamtdeutschen Interessen im Auge und werden im Vertrauen auf die Absprache alles so untereinander abwägen und abstimmen, daß keinerlei Schwierigkeiten unter uns entstehen werden. Dessen können Sie absolut sicher sein. Das scheint mir in dieser Situation das einzig Wichtige zu sein. Und ich hoffe, daß wir an einer so grundlegenden und wichtigen Arbeit für Deutschland gemeinsam arbeiten und handeln werden, und daß auch unsere Beziehungen, die sich aus dieser Arbeit ergeben, noch viel intensiver werden, als sie bisher gewesen sind. Ministerpräsident Maier: Vielleicht darf ich noch folgendes sagen. Die Mitteilung der Verbindungsoffiziere bei der heutigen Besprechung war ein Grad offizieller, 10e
) Der PR beschloß auf seiner konstituierenden Sitzung, die Delegierten Berlins als Gäste mit beratender Stimme an den Verfassungsberatungen teilnehmen zu lassen (PR, Protokolle, 1. 9. 1948, S. 4 f.); vgl. Dok. Nr. 25, Anm. 3.
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als ich das bei meinem Bericht zum Ausdruck bradite. Der Ton war auch um einen Grad unfreudlicher. Das Nähere ergibt sidi aus einem Protokoll, das soeben gefertigt wird107). Es wird wohl genügen, wenn wir dieses Protokoll auch den Berliner Vertretern übermitteln. Ich glaube, es liegt gar kein Grund vor, aus der ganzen Sache eine große Aktion zu machen» Es ist ein gewisses Zurückzucken der Alliierten, wohl wegen der veränderten Situation. Zunächst hatte man ja die Berliner kolossal ermuntert, daß sie eine große Aktivität in dieser Richtung entfalten sollen. Wir kennen ja die Artikel des „Tagesspiegel", die genau in der Linie liegen, wie sie uns die Advisers auch im Westen für diese Dinge empfohlen haben 108 ). Jetzt ist eine gewisse andere Situation vorhanden. Ich wollte aber sagen, daß ein gewisser offizieller Ton in dem Gespräch vorhanden war. Es ist vielleicht am zweckmäßigsten, wenn wir das Protokoll dem Herrn Stadtrat Reuter zugänglich machen und ihn gleichzeitig bitten, es den anderen Herren mitzuteilen. Das ergibt sich ja alles von selber, Ich meine, daß wir als Deutsche diese Angelegenheit nicht so besonders wichtig nehmen sollten. Bürgermeister Brauer: Meine Herren! Es ist doch wohl wichtig, daß die Herren die direkte Niederschrift gerade in diesem Punkt anhören, der den Parlamentarischen Rat betrifft. Nach dieser Niederschrift haben die Verbindungsoffiziere ausgeführt, sie „betrachten Berlin immer noch als Viermächtestadt und können es deshalb nicht zulassen, daß die Berliner anders als Gäste teilnehmen. Der Parlamentarische Rat hat keine Ermächtigung, das zu überschreiten, was in den Londoner Dokumenten festgelegt ist. Diese erlauben es dem Parlamentarischen Rat nicht, sich anders zu konstituieren als vorgesehen. Wenn der Parlamentarische Rat seine Zusammensetzung ändern will, so müßte er dazu die Genehmigung haben, die er nicht erhalten würde. Die aktive Teilnahme der Berliner kann nach Auffassung der Militärgouverneure auch für die Berliner unangenehme Folgen haben." Nach meiner Auffassung ist es doch wichtig, diesen Wortlaut der Erklärungen zu haben. Hierauf wollte ich verweisen, ohne daß ich deshalb auf die Debatte eingehen will. fZuru fe) Vorsitzender: Es steht danach fest, daß unsere Berliner Vertreter bei den Beratungen des Parlamentarischen Rates als Gäste, dagegen nicht als offizielle Abgeordnete mitwirken können wie die in den Landtagen der elf Länder gewählten Vertreter. Ministerpräsident Maier: Wir haben ein Interesse daran, alles zu tun, um heute zu vermeiden, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, als ob mit dem Tage, an dem sich die vier Militärgouverneure wieder getroffen haben, ein Rückschlag in dem Verhältnis von Berlin zum Westen eintritt.
107 108
) Dok. Nr. 25. j Der Tagesspiegel, 11. 7. 1948 und 31. 8. 1948.
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Ich bitte, dies vielleicht zu beachten, wenn jetzt die Herren von der Presse auf uns einstürmen. Aus diesem Grunde habe ich mich auch bemüht, diesen Bericht nicht mit dieser Schroffheit zu erstatten, sondern das Hauptgewicht auf die Übergabe des Protokolls an die Berliner Herren zu legen. Ministerpräsident Ehard: Ich darf vielleicht hieran anknüpfen und folgendes sagen. Es scheint mir notwendig, daß wir uns noch einigermaßen über die Frage abstimmen, wie wir uns gegenüber der Presse verhalten. Es ist ja schon wegen der Demontagen ein Pressekommunique herausgegeben109). Es scheint mir notwendig, jetzt in einem zweiten Punkt eine Formulierung zu finden, die man der Presse übergibt, nämlidi soweit es den Ländergrenzenausschuß anlangt. (Ziiruf: Das ist schon herausgegeben.) Eben deshalb, und weil schon so viel geredet worden ist, erschien es mir zweckmäßig, die Beschlüsse in einer zusammengefaßten Form der Presse zu übergeben, damit die Presse sieht, welche Beschlüsse nun wirklich vorliegen. Ich habe versucht, eine solche Zusammenfassung vorzunehmen. Des weiteren scheint es mir notwendig, daß wir uns über die Teilnahme Berlins am Parlamentarischen Rat einigen. Außerhalb der Sache möchte ich noch folgende Bemerkung machen. Ich meine, daß man der Presse gegenüber wohl den Standpunkt vertreten darf, daß uns das Dokument I zwingt, den Parlamentarischen Rat so zusammenzusetzen, wie es tatsächlich vorgeschrieben ist, und daß wir darüber nicht hinauskönnen. Aber in diesem Kreise hier möchte ich gerade von Bayern aus — und ich glaube, daß sich darüber alle Herren mit mir einig sind — gegenüber dem Herrn Stadtrat Reuter ganz besonders betonen, daß wir das größte Gewicht darauf legen, daß die Berliner Vertreter, wenn sie schon nicht als bevollmächtigte Delegierte anwesend sein können, weil da Schwierigkeiten entstehen, jedenfalls als Gäste anwesend sind. Ich möchte betonen, daß wir von deutscher Seite besonderes Gewicht darauf legen, daß sie als Gäste an den parlamentarischen Beratungen teilnehmen, gleichviel, welche Grenzen uns durch die Besatzungsmacht gezogen sind. Ich glaube, gerade die Berliner Herren haben ein besonderes Verständnis dafür, daß wir ja in Deutschland, Gott sei's geklagt, nicht so können, wir wir selber wollen. Es wird nun noch nötig sein, daß wir uns darüber einigen, wie wir das der Presse mitteilen. Ich meine, man sollte ganz nüchtern folgendes mitteilen: Der Parlamentarische Rat ist durch das Dokument I in seiner Zusammensetzung festgelegt. Darüber hinauszugreifen ist unmöglich. Aber die Berliner Herren werden als Gäste dieses Parlamentarischen Rates teilnehmen können. Das Dokument I hindert das nicht. Das ist unser Standpunkt. Wie sich der Parlamentarische Rat weiter dazu stellt, ist eine Sache für sich. Ich möchte nun bitten, noch den Vorschlag machen zu dürfen, daß man wegen des Ländergrenzenausschusses eine Zusammenfassung unserer Stellungnahme findet, die etwa folgendermaßen lauten könnte: „Die Konferenz der Ministerprä109
) Wortlaut des Kommuniques in: BA Z 12/76, Bl. 132.
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sidenten nimmt Kenntnis von den bisherigen Arbeiten des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen. Sie spricht dem Vorsitzenden und den Mitgliedern ihren Dank für die geleistete Arbeit aus. Sie macht sidi die auf Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern bezüglichen Empfehlungen des Ausschusses nach Maßgabe des heute gefaßten Beschlusses zu eigen. Die Ministerpräsidenten beauftragen die Regierungschefs der beteiligten Länder, Vorschläge bezüglich der zur Abstimmung zu stellenden Fragen, des Abstimmungsverfahrens selbst und der Auswertung der Abstimmung zu machen. Sie bestätigen den in der Sache Süd-Schleswig gefaßten Beschluß. Sie wünschen, daß der Ausschuß das Ergebnis seiner Untersuchungen in einem zusammenfassenden Bericht niederlegt." Ich meine, man sollte das in dieser zusammengefaßten Form der Presse übergeben, damit Mißverständnisse, die entstanden sind oder entstehen mögen, ausgeschaltet werden. Innenminister Renner: Ich weiß nicht, wie Herr Ministerpräsident Ehard das auffaßt, daß die Abgeordneten von Berlin als Gäste teilnehmen, wie es mit der Frage steht, ob sie sich auch an der Debatte beteiligen dürfen. (Zurufe) Die scharfe Formulierung ist auf meine Frage erfolgt, die ich dahin gestellt hatte, ob man es denn nicht dem Parlamentarischen Rat selber überlassen könne. Daraufhin erfolgte die scharfe Formulierung. Dann hat später der französische Vertreter auch Bedenken dagegen erhoben, daß sich die Berliner an der Debatte beteiligen. Er hat dann auf unsere Einwendungen hin seine Stellungnahme etwas eingeschränkt und hat etwa gesagt, er habe nur empfehlen wollen, daß sich die Berliner Vertreter bei öffentlichen Debatten Zurückhaltung auferlegen. Er hat also nachher nichts mehr dagegen eingewendet, daß sie sich an der Debatte beteiligen können. Vorsitzender: Ich meine, wir sind uns alle in der Sache selbst einig, und die Berliner Vertreter haben bei den Beratungen im Parlamentarischen Rat von unserer Seite aus keinerlei Hemmungen zu erwarten. Sie sollen dort ruhig mitberaten. Ein Beschlußrecht dürfen sie nicht haben in den Fällen, in denen schließlich Abstimmungen mit geringen Majoritäten usw. stattfinden. Aber schließlich kann j a die Angelegenheit in 14 Tagen auch ganz anders sein. Das wissen wir j a nicht. Einstweilen haben die Berliner Vertreter bei allen unseren Verhandlungen als Gäste mitgewirkt. Sie haben auch mitberaten. Sie haben ihre Meinung gesagt. Es war die Auffassung des Herrn Stadtrats Reuter speziell von den Berliner Zeitungen besonders hervorgehoben worden 1 1 0 ). Man hat also die Mitarbeit sehr gern gewünscht. Ich meine, man sollte das in diesem Rahmen auch für die Zukunft beibehalten.
uo
) Zum Beispiel Der Tagesspiegel, 27. 7.1948.
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So fasse idi es auf, und anders möchten wir die Dinge auch nicht behandelt haben. Die Berliner wissen selbst, wo sie sidi Beschränkungen aufzuerlegen haben. Wir werden den Parlamentarischen Rat so informieren. Was die Teilnahme der Gouverneure anlangt, ist geklärt, wenn die Gouverneure selbst nicht teilnehmen können, werden sie namhafte Vertreter schicken. Soweit ich im Bilde bin, ist von allen Besatzungsmächten eine Reihe von Delegierten angemeldet111). Die Angelegenheit Berlin ist damit erledigt. - Wir geben das weiter, daß von Ihnen akzeptiert ist, was Herr Ministerpräsident Dr. Ehard eben vorgelesen hat, und werden nachher der Presse noch einige Mitteilungen machen über besondere Arbeiten, wenn Sie das wollen. Im übrigen soll man sich auf das beschränken, was nicht unbedingt gesagt zu werden braucht. Ministerpräsident Lüdemann: Mir ist dieser Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Ehard nicht recht verständlich. Ministerpräsident Ehard: Das möge der Presse mitgeteilt werden. Ministerpräsident Lüdemann: Wenn das die Mitteilung an die Presse sein soll über unsere Beschlüsse im Ländergrenzenausschuß, dann scheint es mir unmöglich zu sein, den widitigsten Beschluß zu verschweigen. Mir ist nicht bekannt, daß hier ein geheimer Beschluß gefaßt worden ist und daß jetzt vielleicht beschlossen werden soll, einen so wichtigen Beschluß geheim zu halten. Ich verstehe es nicht, man kann nicht den wichtigsten Beschluß für unsere Arbeit fortlassen, es ist völlig unverständlich. Ministerpräsident Ehard: Machen Sie einen anderen Vorschlag. (Zwischenruf: stellen soll?)
Meinen Sie den Beschluß, daß die Kommission ihre Arbeiten ein-
Ministerpräsident Lüdemann: Ist das der Sinn der Sache? Wollen Sie der Welt verschweigen — Ministerpräsident Ehard: Ist ja schon gesagt! Ministerpräsident Lüdemann: Auf Wiedersehen, meine Herren [verläßt den Raum). Ministerpräsident Stodi: Meine Herren, am Schluß wird im Beschlußentwurf gesagt, es wird gewünsdit, daß der Ausschuß das Ergebnis seiner bisherigen Untersuchungen in einem zusammenfassenden Bericht vorlegt. Das ist heute früh zum Ausdruck gekommen. Bürgermeister Brauer: Es sind keine Bedenken, den Entwurf von Ministerpräsident Ehard als Pressekommunique herauszugeben. Aber es darf nicht heißen Beschlußentwurf, das muß raus. Ministerpräsident Maier: Ich meine, diese Sache müßte zurückgezogen werden. Es ist doch jetzt vervielfältigt, ich meine, es ist eine falsa demonstratio. Senatspräsident Kaisen: Das streicht die Redaktion von selbst weg. Ministerpräsident Stock: Meine Herren, wir sind am Ende der Tagesordnung angelangt, sie war reichhaltig und umfangreich, die Debatten waren bestimmt audi 409 32 Parlament. Rat
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fruditbar. Idi möchte keine große Schlußrede halten, sondern nur das feststellen, morgen früh sind verschiedene Fraktionssitzungen, ich brauche da nicht besonders darauf hinzuweisen, in Bonn. Die Abfahrt, wird mir eben mitgeteilt, soll spätestens um 9 Uhr erfolgen, es liegt bei den einzelnen Herren. Die Fahrt geht bis Koblenz, dann Übersetzung und dann linksrheinisch weiter bis zum Tagungslokal. Um 12 Uhr sind wir vom Oberbürgermeister zum Mittagessen eingeladen im Hotel Könighof. (Zuruf: Die Ministerpräsidenten — oder auch ihre Begleiter?) Nein, nur die Ministerpräsidenten, ist durchgesagt worden. Landrat Bergner: Die Begleiter gehen audi mit. Ministerpräsident Stock: Um 13 Uhr ist die Eröffnung, auf Wiedersehen bis morgen nachmittag.
Nr. 25 Besprechung einer Delegation der Ministerpräsidenten mit alliierten Verbindungsoffizieren Wiesbaden, 31. August 1948 BA Z 12/8, Bl. 97—100. Von Maier, Brauer, Renner und Werz unterzeichnetes Protokoll, vervielfältigte Ausfertigung1) Anroesend: Litchfield, Simons (amerik. MilReg.); Chaput de Saintonge (brit. MilReg.); Laloy (frz. MilReg.) Brauer (Hamburg); Kniesdi (Hessen); Maier (Württemberg-Baden); Renner (Württemberg-Hohenzollern); Werz (Protokoll, Büro d. MinPräs.) [TEILNAHME BERLINS AN DEN BERATUNGEN DES PARLAMENTARISCHEN RATES; LÄNDERNEUGLIEDERUNG UND VERFASSUNGSBESTIMMUNGEN DER LÄNDER]
[Beginn:] 15 Uhr 1. Deutsche Frage: Werden die Militärgouverneure morgen an der Eröffnung des Parlamentarischen Rates teilnehmen? Antroort: Nein, sie werden Stellvertreter entsenden, alle regional commissioners werden kommen2).
2
Wiedergabe des Konferenzverlaufs in Dok. Nr. 24, S. 403 ff.. ) Im Hinblick auf die Moskauer Verhandlungen über eine mögliche Aufhebung der Blockade Berlins (Dok. Nr. 20, Anm. 3) hatte Marshall von einer Teilnahme der MilGouv. an der Eröffnungssitzung des PR abgeraten und die Entsendung von Vertretern empfohlen (Marshall an Murphy, Washington, 28. 8. 1948, ForRel. 1948, II, S. 417); hierzu auch Bericht Murphys an Marshall, Berlin, 1. 9. 1948, über seine Teilnahme an der Eröffnungssitzung des PR (ForRel. 1948, II, S. 419 ff.).
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2. Deutsche Frage: Haben Sie uns etwas zu der Frage der Teilnahme Berlins zu sagen? Uns ist nahegelegt worden, daß die Berliner Vertreter möglichst vollberechtigt teilnehmen sollten, nidit nur als Beobachter. Antwort: Wir glauben nicht, daß die Zeit opportun ist für eine offizielle Vertretung Berlins im Parlamentarischen Rat 3 ). 3. Deutsche Frage: Könnte die Frage nicht dem Parlamentarischen Rat überlassen werden? Wir können dem Parlamentarischen Rat als demokratischer Institution keine Vorschriften machen. Antwort: Deutscherseits könnte man wenigstens dem Parlamentarischen Rat die Auffassung der Militärgouverneure übermitteln. Diese betrachten Berlin immer noch als Viermächtestadt und können es deshalb nicht zulassen, daß die Berliner anders als als Gäste teilnehmen. Der Parlamentarische Rat hat keine Ermächtigung, das zu überschreiten, was in den Londoner Dokumenten festgelegt ist 4 ). Diese erlauben es dem Parlamentarischen Rat nicht, sich anders zu konstituieren, als vorgesehen. Wenn der Parlamentarische Rat seine Zusammensetzung ändern will, so müßte er dazu die Genehmigung haben, die er nicht erhalten würde. Die aktive Teilnahme der Berliner kann nach Auffassung der Militärgouverneure auch für die Berliner unangenehme Folgen haben. 4. Deutsche Frage: Bestehen keine Einwendungen dagegen, daß die Berliner wenn auch nicht als aktive Mitglieder — teilnehmen und sich auch an den Debatten beteiligen?
®) Während Frankreich und England wegen des Vier-Mächte-Status von Berlin und der laufenden Verhandlungen in Moskau eine Teilnahme der Berliner Vertreter an den Beratungen des PR zu verhindern suchten, einigten sich die Westalliierten auf amerik. Vorschlag schließlich darauf, den Berlinern einen Beobachterstatus ohne Stimmrecht zuzugestehen (ForRel. 1948, II, S. 415 ff.; Bergner an Stock, 23. 8. 1948, BA Z 12/35, Bl. 235 ff.). Die MilGouv. waren dann doch darüber verstimmt, daß „die Teilnahme der Berliner Vertreter nicht in der unauffälligen Form vor sich gegangen sei, welche die alliierten Befehlshaber vorgesehen hatten. Man fühle sich englischerseits ,black-mailed' (erpreßt). Auf den Einwand, die Berliner Vertreter seien nur in beratender Eigenschaft zugezogen und auch stets lediglich als Gäste begrüßt und erwähnt worden, wurde erwidert, man hätte diese Zuziehung in unauffälligerer Form vornehmen können. Man stehe nun vollendeten Tatsachen gegenüber, welche die Oberbefehlshaber zwar hinnähmen, sie würden aber unter Umständen bei der gespannten internationalen Lage ungünstige Wirkungen haben und den Berlinern mehr schaden als nützen. Es wurde Enttäuschung darüber zum Ausdrude gebracht, daß man auf die größeren Gesichtspunkte der internationalen Lage keine Rücksicht nähme und dadurch die Bemühungen der Westmächte um eine Besserung der Lage in Deutschland hemme, statt unterstütze" [Vermerk von Werz, 4. 9. 1948, BA Z 12/35, Bl. 111). 4
) Vgl. jedoch Dok. Nr. 6, Anm. 4 sowie die Äußerungen Clays: „At London and later here, it was contemplated Minister-Presidents would make some gestures to non-participating areas. If such attendance of Berlin representatives will provoke Soviets then a solution of our present problem is impossible. After all, western Germans do need some assurance that we are men not mice" (ForRel. 1948, II, S. 418). 411
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Antwort: Die Berliner könnten als Beobachter teilnehmen, sie sollten sidi aber nidit an den Debatten beteiligen. Man sollte zur Zeit nicht zuviel Aufsehen erregen. Deutsche Stellungnahme: Wenn den Berlinern eröffnet wird, daß sie nicht als Gleichberechtigte teilnehmen sollen, werden sie vielleicht nicht mitwirken. Wir können auch — wenn sie erscheinen — nicht wissen, wie sie sich verhalten werden. Antwort: Ich wollte nur empfehlen, daß die Berliner in öffentlichen Verhandlungen politisch sich Zurückhaltung auferlegen. Die Verbindungsoffiziere wurden hierauf über die auf der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz bisher gefaßten Beschlüsse unterrichtet, auch hinsichtlich des Beschlusses über den Ausschuß zur Überprüfung der Ländergrenzen 5 ). 5. Deutsche Frage: Das letzte Mal ist die Frage nicht geklärt worden, ob bei der Abstimmung über Veränderungen der Ländergrenzen die Verfassungen der einzelnen Länder zu beachten sind. Bei der Beachtung dieser Verfassungsbestimmungen würden sich z. B. im Falle des Zusammenschlusses von Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern drei verschiedene Modalitäten ergeben 6 ). Antiuort (amerikanischerseits): Verfassungen wurden gebilligt unter der Voraussetzung, daß nichts in ihnen der Bildung eines deutschen Bundesstaates entgegenstehe. Für die amerikanische Zone erscheint es uns als ein gutes Prinzip, die Verfassungen nicht zu berücksichtigen, wenn dadurch die Bildung eines Bundesstaates verhindert würde. 6. Deutsche Frage: Die deutschen Länder wurden durch die Militärregierungen gebildet, nunmehr hat sich die Notwendigkeit für Länderveränderungen ergeben. Sind bei diesen Änderungen die Militärregierungen nur daran interessiert, daß der Wille des Volkes berücksichtigt wird? Antwort {amerikanischerseits): Das Londoner Abkommen würde eine Basis geben für eine Änderung durch den Volkswillen, die anderen Fragen könnten beiseite gelassen werden. Dies ist lediglich die amerikanische Auffassung. (Gemeinsam:) Unsere private Meinung ist die: Die Militärgouverneure wollen die Ländergrenzen ändern; dabei werden die Länderverfassungen nicht in Rechnung gesetzt, wenn der Wille der Bevölkerung berücksichtigt wurde. Wir müssen dazu eine offizielle Stellungnahme einholen. Wir haben aber keine Bedenken dagegen, daß die Ministerpräsidenten Empfehlungen machen, die diesen Verfahren entsprechen. Wir glauben nicht, daß die Grenzen durch ein Handeln der Militärgouverneure geändert würden, sondern durch eine Aktion des deutschen Volkes. 5)
Dok. Nr. 24. «) Dok. Nr. 22, Anm. 3.
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Macht einen Vorschlag. Wir haben nichts dagegen, daß deutscherseits etwas unternommen wird. Deutsche Stellungnahme: Damit wären wir gezwungen, einen Vorschlag zu machen, der deutsche Verfassungen verletzt. Amerikanische Äußerung: Die Problemstellung ergibt sich nur für die Länder in der französischen Zone. Der Brief General Clays über die Billigung der Verfassung sagt ausdrücklich, nichts in dieser Verfassung dürfe die Entwicklung eines deutschen Bundesstaates hemmen7). In den Londoner Beschlüssen ist eine Volksabstimmung vorgesehen. Die amerikanische Regierung hat also von dem Vorbehalt General Clays Gebrauch gemacht. Amerikanisdierseits: Da das Problem nur in der französischen Zone besteht, muß die französische Militärregierung entscheiden. 7. Deutsche Frage: Dokument II schreibt das Verfahren für die Neuregelung vor8). Es ist sehr einfach und hätte es ermöglicht, die Frage innerhalb kurzer Frist zu regeln. Aus den gesetzten kurzen Fristen ist wohl zu schließen, daß an die Länderverfassungen gar nicht gedacht worden ist. Ist die Auffassung richtig, daß das einfache Verfahren nach Dokument II genügt und daß man an die Einhaltung der Verfassungsbestimmungen nicht gedacht hat? Antoort des französischen Verbindungsoffiziers: Ich habe noch keine Antwort auf meine diesbezügliche Anfrage erhalten und muß mir deshalb meine Stellungnahme vorbehalten9). Deutsche Stellungnahme: Solange können wir unsere Arbeit nicht fortsetzen. Französischer Verbindungsoffizier: Die Frage ist erst vorgestern aufgetreten. Amerikanischerseits: Das Dokument II enthält Regierungspolitik und keiner der Gouverneure wird diese Politik ändern wollen. Ein Verfahren zur Grenzänderung wird deshalb in allen beteiligten Ländern dasselbe zu sein haben. ) Vgl. das Sdir. Clays an den Präs. der Verfassunggebenden Landesversammlung in Bayern, 24. 10. 1946, mit dem er den bayer. Verfassungsentwurf sanktioniert und ausdrücklich darauf hinweist, daß Bayern nicht das Redit habe, „die Teilnahme an irgendeiner Form der dt. Regierung zu verweigern, ganz gleich ob sie als Zwischenlösung von den alliierten Behörden oder in Form einer beständigen Regierung vom'dt. Volk in seiner Gesamtheit errichtet wurde" (GStA München, MA 130 105/2, Abschrift); dazu auch Wolfram Baer, 25 Jahre Bayerische Verfassung. Entstehungsgeschichte und Grundsätze, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 37, 1974, S. 151. 8 ) S. Dok. Nr. 4. •) Am 16. 9. 1948 gab der frz. Verbindungsoffizier Laloy dem Büro d. MinPräs. den vorläufigen Bescheid, daß die frz. Regierung die Frage, inwieweit bei einer Neuregelung der Ländergrenzen die Verfassungen der betroffenen Länder zu berücksichtigen seien, der Entscheidung der MinPräs. überlasse (Vermerk von Werz über Besprechungen mit alliierten Verbindungsoffizieren, 16. 9. 1948, BA Z 12/8, Bl. 84 f.); zur endgültigen frz. Antwort Dok. Nr. 27, S. 419. 7
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8. Deutsche Frage: Die Entscheidung hierüber wird doch schnell herbeigeführt werden? Antwort des französischen Verbindungsoffiziers: Natürlich. Deutsche Stellungnahme: Bevor diese Frage geklärt ist, können die Regierungen von Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern nichts unternehmen. Die Verbindungsoffiziere baten um die möglichst baldige Zustellung des die Ergebnisse von Herrenchiemsee enthaltenden Materials10).
Nr. 26 Rede des Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz zur Eröffnung des Parlamentarisdien Rates Bonn, 1. September 1948 BA Z 5/126, Bl. 180-181. Drucksache des Parlamentarischen Rates Nr. 84.
Meine Damen und Herren! Mit dem heutigen Tage wird eine Entwicklung zu einem vorläufigen Abschluß gebracht, die im Jahre 1945 begann, als wir uns anschickten, bis dahin ganz getrennt und fast autark verwaltete Gebiete wieder zusammenzufassen. Dort in historisch gewordenen Ländern mit alten Namen und langer Tradition, da in Gebilden, die neu entstanden und für deren Werden oft recht äußerliche Gründe maßgebend waren1}. Ich möchte heute den Politikern von 1945 Dank sagen. Die haben damals unter schwierigen Verhältnissen die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß wir heute wieder Glieder eines Ganzen werden können. Der Drang der Zusammenarbeit über Länder- und Zonengrenzen hinaus erwachte sehr früh in Deutschland. Der Süddeutsche Länderrat in Stuttgart2) und der Zonenbeirat in Hamburg3) waren die ersten sichtbaren Erfolge dieses Strebens. Beide Einrichtungen haben in ihrer Zeit erfolgreich gearbeitet. Kein deutsches Land ist autark. Jedes braucht das andere. Ich brauche heute nicht an die Schwierigkeiten unserer Versorgungslage von einst zu erinnern. Unser Volk litt schwere Not. Aus ihr heraus schlössen wir uns auf der Basis von zwei Besatzungszonen zusammen4). ) Der Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee [Dok. Nr. 24, Anm. 17) wurde mit Anschreiben vom 18. 9. 1948 übersandt (BA Z 12/8, Bl. 87). ') Vgl. die knappe Darstellung bei Wagner, Bildung der Länder, Territorien-Ploetz, II, S. 658 ff. sowie Einleitung, S. LVII f. 2 ) Vgl. Vogel, Westdeutschland, I, S. 17, 57 ff. sowie Latour-Vogelsang, Okkupation, S. 120 ff. a ) Vgl. Vogel, Westdeutschland, I, S. 19, 71 ff. und Girndt, Zentralismus, S. 32 ff. 4 ) Zu der am 1. 1. 1947 in Kraft getretenen wirtschaftlichen Verschmelzung der amerik. und brit. Zone s. Pünder, Interregnum, S. 51 ff.
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Wenn auch am Wirtschaftsrat oft Kritik geübt worden ist, so wollen wir doch heute gerechterweise feststellen, daß er notwendig war, um den wirtschaftlichen Ausgleich unter den Ländern zu ermöglichen5]. Als ich die "Ehre hatte, in Frankfurt den Wirtschaftsrat zu eröffnen, habe ich unter dem Beifall der Versammelten festgestellt, daß es unser Ziel ist, immer weitere Teile unseres Vaterlandes zu gemeinsamem Handeln zusammenzuführen6). Wir haben zu keiner Stunde den Weg für künftige Anschlüsse [v]erbaut. Unsere Aufforderung zu gemeinsamer Tat ist stets an alle Deutschen aller Zonen ergangen. Sie ist von allen Deutschen gehört worden. Und wenn alle hätten nach ihrem Willen handeln dürfen, dann wäre das deutsche Volk längst wieder einig in seinen Stämmen und von dem Wollen beseelt, sein Vaterland in Freiheit und Gerechtigkeit zu erneuern. Wir sind ein von Siegern besetztes Land und haben noch nicht die volle Handlungsfreiheit. Trotzdem ist unser Ziel unverrückbar klar geblieben, zu einheitlichem Handeln nach großen Grundsätzen zu kommen. Dafür braudien wir eine geeignete organisatorische Form. Meine Damen und Herren, als uns die Herren Militärgouverneure der drei westlichen Besatzungszonen in Frankfurt die Dokumente eins, zwei und drei übergaben 7 ), die als Grundlage für gemeinsame Vereinbarungen gedacht waren, waren wir unserem politischen Ziel wieder ein Stück näher. In Koblenz und Rüdesheim haben wir gemeinsam um die Form gerungen8). Wir waren uns einig, daß sie nicht allein ausschlaggebend sein konnte, daß wir über die Form nicht das große Ziele verlieren dürften. In den Wochen der Vorarbeit für den heutigen Tag haben sich die elf Ministerpräsidenten bei ihren Handlungen nur von dem Wohl ihres Landes und von dem Willen, zur größtmöglichen Einheit zu kommen, leiten lassen. Wir sind zu jeder Stunde bereit, diese beiden Motive vor dem ganzen deutschen Volke zu vertreten. Meine Damen und Herren, wir handeln heute zum ersten Male in der neuen deutschen Geschichte seit der Kapitulation nicht nach einem Diktat, sondern nach Vereinbarungen, die zwischen den Herren Militärgouverneuren und den Ministerpräsidenten zustandegekommen sind. Der Wirtschaftsrat wurde aufgrund einer militärischen Proklamation von zwei Besatzungsmächten gebildet, der Parlamentarische Rat ist nach deutschem Entschluß geformt und zusammengerufen worden9). Meine Damen und Herren, die Sie nach dem Willen Ihrer Landtage in den nächsten Wochen das Recht, ohne das kein Gemeinschaftsleben denkbar ist, zur
) Zu den Strukturmängeln des WiR und seinen Auseinandersetzungen mit den Ländern s. Pünder, Interregnum, S. 119 ff. und Gimbel, Besatzungspolitik, S. 148 ff. *) Protokoll des WiR vom 25. 6. 1947. Wörtliche Berichte, 1-10. Vollversammlung, S. 2. ') Dok. Nr. 3 und 4. 8 ) Dok. Nr. 6 und 11. •) Proklamation Nr. 5 der amerik. MilReg. und brit. MRVO Nö. 88 vom 10. 6. 1947 (Vogel, Westdeutschland, I, S. 88 ff.; Pünder, Interregnum, S. 95 ff.). - Gesetz zur Einberufung des PR, Dok. Nr. 14 und 15. 5
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leitenden Idee unseres Handelns zu machen haben, Sie handeln dabei im deutschen Auftrage. In Wahrnehmung der Ihnen am 1. Juli 1948 durch die Militärgouverneure der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszonen übertragenen Vollmachten haben die Ministerpräsidenten der Länder dieser Zonen zum heutigen 1. September fristgerecht den durch die Landtage der Länder gewählten Parlamentarischen Rat einberufen. Die Aufgabe dieser Versammlung besteht darin, in der Form eines Grundgesetzes für einen Teil Deutschlands eine vorläufige verfassungsmäßige Neuordnung zu schaffen, aus der für die beteiligten Länder eine Regierungsform des föderalistischen Typs hervorgehen soll, die am besten geeignet ist, die gegenwärtig zerrissene deutsche Einheit schließlich wieder herzustellen, und die Rechte der beteiligten Länder schützt, eine angemessene Zentralinstanz schafft und Garantien der individuellen Rechte und Freiheiten enthält. Die Ministerpräsidenten bekunden erneut ihre Auffassung, daß alles getan werden muß, dieses Ziel, das sich mit den Beschlüssen der Londoner Konferenz10) deckt, so schnell wie möglich im Interesse der Anbahnung eines baldigen Friedenszustandes und einer tragbaren europäischen Neuordnung zu erreichen. Darum sind die Ministerpräsidenten bereit und entschlossen, die Arbeiten des Parlamentarischen Rates in jeder Beziehung zu unterstützen und durch tatkräftige Mitwirkung im Rahmen der hierfür gegebenen Möglichkeiten zu fördern. Diesem Zweck dienen auch die Vorarbeiten, welche die vom 10. bis 25. August 1948 auf Herrenchiemsee tagende Sachverständigenkonferenz der Ministerpräsidenten geleistet hat und deren Ergebnis nunmehr dem Parlamentarischen Rat übergeben wurde 11 ). Möge es dem Parlamentarischen Rat in rasch fortschreitender Zusammenarbeit aller in ihm vertretenen politischen Kräfte gelingen, eine wirksame und kraftvolle Ordnung für das gemeinsame politische und wirtschaftliche Leben in den drei Zonen zu schaffen, ohne die kein Neuaufbau möglich ist. Die Ministerpräsidenten sind sich einig, daß diese Teilordnung auf dem Wege zu einer gesamtdeutschen Ordnung nur durch ein gesundes und fruchtbares Zusammenspiel der in den deutschen Ländern liegenden Kräfte gefunden werden kann. Ich glaube, wir können uns freuen, daß wir allmählich auch in den großen politischen Gestaltungen das Gesetz des Handelns zurückgewonnen haben. Wir haben erklärt, daß wir bereit sind, vor dem deutschen Volke Verantwortung zu übernehmen. Wir haben sie in der Vergangenheit nicht gescheut, wir wollen sie auch in Zukunft tragen. Wenn gesagt wird, in Bonn würde heute die Spaltung des deutschen Volkes vollendet, so erkläre ich hiermit vor dem ganzen deutschen Volke: Wir spalten nicht, wir führen zusammen und einigen. Unsere bisherige Tätigkeit hat nur dem Ziele gegolten, das deutsche Volk zu jeder Zeit auf der größtmöglichen Ebene zusammenzuführen. 10
) Dok. Nr. 1. Dok. Nr. 24 S. 380 mit Anm. 17.
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Nr. 26
Mit dem heutigen Tage wachsen 46 Millionen Deutscher aus drei Besatzungszonen zu gemeinsamem Handeln zusammen. Wir alle wünsdien, das ganze Deutschland wäre heute durch seine Vertreter in Bonn versammelt. Es ist nicht unsere Schuld, wenn es noch nicht sein kann. Aber wir sind überzeugt, daß einmal die Stunde kommt, in der es einer politischen. Doktrin nicht mehr möglich ist, Deutsche von uns fernzuhalten, die mit heißem Herzen zu uns wollen, deren Gedanken und Wünsche heute bei uns sind. Ich freue mich, die Vertreter von Berlin unter uns begrüßen zu können12]. Sie sehen aus ihrer Anwesenheit, daß jeder, der die Freiheit der Entscheidung hat, dahin geht, wo sich das Volk in Freiheit sammelt. Wir grüßen vom Rhein her die Berliner und bewundern ihren tapferen Freiheitskampf13). Er ist uns der beste Beweis dafür, daß das deutsche Volk ein zweites Mal nicht bereit ist, sich kampflos unter das Joch der Unfreiheit zu beugen. Wenn Berlin im Herbst wählt, wird es sich zu Deutschland bekennen 14 ). Dann werden in Bonn schon die Grundmauern des neuen Deutschlands errichtet sein. Meine Damen und Herren des Parlamentarischen Rats, an diesem historischen 1. September 1948 beginnt Ihre Tätigkeit für Deutschland. Ich selbst war einst dabei, als sich das deutsche Volk in Weimar seine Verfassung gab. Am Abend des 31. Juli 1919 habe ich bei der Schlußabstimmung meine „Ja"-Stimme in die Urne gelegt. Ich wünsche, daß ich wieder „Ja" sagen kann, wenn das Werk des Parlamentarischen Rates vor uns liegt. Heute sind die Blicke der ganzen Welt auf uns gerichtet. Ich hoffe, nicht nur aus Interesse, sondern aus einer täglich wachsenden Sympathie. Wir sind bereit, als friedliebendes Volk mit der Welt zu arbeiten, wir wollen aber auch in der Welt wieder anerkannt sein. Man gebe dem deutschen Volke die Möglichkeit, sich durch ehrliche Arbeit emporzubringen, man nehme ihm nicht seine Arbeitsstätten, die es braucht, um sich sein tägliches Brot zu verdienen, man möge ihm helfen, bis es wieder auf eigenen Füßen gehen kann. Wenn die Welt ein zweites Mal, wie damals zwischen 1918 und 1932 die deutsche Demokratie im Stich läßt, dann wird das Werk, das wir heute in Bonn beginnen, nie vollendet, denn Not und Elend sind kein Unterpfand der Freiheit. Freiheit, Recht und Frieden sind die politischen Ziele, die das deutsche Volk, das nicht mehr das Volk unter Hitler ist, ehrlich erstrebt. Laßt uns in Einheit danach streben.
) Der Ältestenrat der Stadtverordnetenversammlung von Berlin hatte am 30. 8. 1948 Prof. Ernst Reuter (SPD), Paul Lobe (SPD), Dr. Otto Suhr (SPD), Jakob Kaiser (CDU) und Dr. Hans Reif (LDP) mit der Vertretung Berlins auf der Eröffnungssitzung des PR beauftragt. Die vorgesehene Wahl der Delegierten am 26. und 27. 8. 1948 hatte nicht stattfinden können, da die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung durch kommunistische Demonstranten gesprengt worden war. Sie wurde dann am 6. 9. 1948 von der Stadtverordnetenversammlung nachgeholt (Berlin, Quellen und Dokumente, II, S. 2027, Anm. 11). " ) Brandt/Lowenthal, Reuter, S. 399 ff. u ) Zu den Wahlen am 5.12.1948 Brandt/Lowenthal, Reuter, S. 458 f. 12
417
Nr. 27
29. September 1948
Nr. 27 Besprechung von Mitgliedern des Büros der Ministerpräsidenten mit alliierten Verbindungsoffizieren Wiesbaden, 29. September 1948 BA Z 12/67, Bl. 96—97. Von Werz unterzeidinetes Kurzprotokoll, vervielfältigte Ausfertigung (Drucksache Nr. 54 des Büros d. MinPräs.); BA Z 12/8, Bl. 64 f., Entwurf Anwesend1): Chaput de Saintonge (brit. MilReg.); de Laboulaye (frz. MilReg.); Bergner, Werz (Büro d. MinPräs.) [Beginn:] 16.30 Uhr 1) VOLKSABSTIMMUNG LIPPE Herr Chaput de Saintonge erinnerte an die Frage der Volksabstimmung in Lippe. Britisdierseits sei zugesagt worden, daß innerhalb von fünf Jahren eine soldhe Abstimmung stattfinden solle2). Man überlasse es jedoch den Ministerpräsidenten, hierüber zu befinden, und messe der Frage keine besondere Bedeutung bei. 2) LÄNDERGRENZENAUSSCHUSS Herr Laboulaye gab der Enttäuschung General Koenigs Ausdruck über das voraussichtlich dürftige Ergebnis der Untersuchungen über die Neuregelung der Ländergrenzen. Es sei keine vollständige Arbeit geleistet worden 8 ). Der britische Vertreter erklärte, General Robertson würdige die bestehenden Schwierigkeiten; nun müsse man eben die Neuregelung der Ländergrenzen auf die Zeit nach dem Friedensschluß verschieben. Deutscherseits wurde hierauf erwidert, die Ministerpräsidenten hätten wohl erklärt, daß die Überprüfung der Ländergrenzen zweckmäßig, ja notwendig sei, nicht aber die Verpflichtung übernommen, eine Gesamtlösung vorzuschlagen. ') Der Ländergrenzenaussdiuß beschloß, von dem Protokoll keine offizielle Kenntnis zu nehmen und es lediglich als Aktennotiz über einen Besuch der beiden Verbindungsoffiziere im Büro d. MinPräs. zu behandeln (Protokoll S. 6 f., BA Z 12/ 66, Bl. 184 f.). 2) Dok. Nr. 22, Anm. 8; vgl. auch die Besprechung der drei MilGouv. am 16. 10. 1948 in Frankfurt, bei der Robertson auf seinem Versprechen, das er Lippe hinsichtlich des Referendums gegeben hatte, bestand: „Military Governors agreed that Robertsons promise should be honored" (ForRel. 1948, II, S. 433). ®) Nach Auskunft von Werz auf der Sitzung des Ländergrenzenausschusses am 30. 9. 1948 hat „der französische Vertreter sofort ohne eine Frage deutscherseits der Enttäuschung von General Koenig Ausdrude gegeben". Pfeiffer meinte hierzu, die Alliierten müßten sich daran gewöhnen, daß die Deutschen die Aufgabe nach ihren eigenen Interessen zu bearbeiten wünschten. Die von den Alliierten erteilte Rüge dürfe deshalb den Ausschuß nicht beeinflussen (Wortprotokoll, S. 1, BA Z 12/66, Bl. 179). 418
29. September 1948
Nr. 27
Die Prüfung könne auch ergeben, daß eine Gesamtlösung z. Zt. nicht möglich sei4). Anschließend wurde über die etwaige Fortsetzung der Arbeit des Ländergrenzenausschusses gesprochen. Eine deutliche Stellungnahme der Verbindungsoffiziere erfolgte hierzu nicht, doch dürften vermutlich dagegen keine Einwände erhoben werden, daß auch nach Ablauf der Frist, nach dem 15.10., die Ländeigrenzenfrage weiter behandelt und evtl. auch später Vorschläge gemacht werden5). 3) ZUSAMMENSCHLUSS IN SÜDWESTDEUTSCHLAND
a) Berücksichtigung der Verfassung der Länder: Hierzu gab Herr Laboulaye nunmehr offiziell die noch ausstehende französische Stellungnahme bekannt: Es genügt, wenn bei einer Volksabstimmung den in London gegebenen Richtlinien entsprochen wird, also einfache Mehrheit ohne Berücksichtigung etwaiger anderslautender Verfassungsbestimmungen6). b) Alternative Fragestellung: Falls die Fragestellung auf die Wiederherstellung der Länder Baden und Württemberg abzielt, würde dies den Londoner Empfehlungen nicht widersprechen. Nicht zulässig wäre jedoch eine Fragestellung, bei welcher der Zusammenschluß Nord-Baden, Nord-Württemberg und Württemberg-Hohenzollern vorgesehen wäre und bei welcher das heutige Baden allein bleiben würde7). 4) [ABSTIMMUNGSJ-MODALITÄTEN [IN] NORDRHEIN-WESTFALEN
Hierzu gab Herr Laboulaye in Französisch und Englisch zehn Exemplare einer Anlage 1 zum Dokument II8). ) Dok. Nr. 28. ) Vgl. Sitzung des Ländergrenzenaussdiusses vom 30. 9. 1948 (Protokoll, S. 2, BA Z 12/66, Bl. 180); vor allem Frankreich schien zunächst daran interessiert, die als unbefriedigend empfundenen Vorschläge an die MinPräs. zurückzuverweisen (ForRel. 1948, II, S. 433), so daß Stock noch auf der MinPräs .-Konferenz von Schlangenbad am 28. 10. 1948 mit der Möglichkeit einer Rückgabe der Vorschläge rechnete (Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 140 f. mit Anm. 93). e ) Laioys hatte bereits am 16. 9.1948 wissen lassen, daß die Entscheidung dieser Frage den MinPräs. überlassen bleiben sollte (Dok. Nr. 25, Anm. 9). 7 ) Dok. Nr. 22. 8 ] Die vom Büro d. MinPräs. hergestellten vervielfältigten Ausfertigungen vom 30. 9. 1948: Drucks. Nr. 55 und 56 (BA Z 12/67, Bl. 99 f.). Eine nichtamtliche, vom Büro d. MinPräs. gefertigte dt. Fassung ist nachfolgend als Anlage abgedruckt (Drucks. Nr. 57 des Büros der MinPräs., BA Z 12/67, Bl. 98). Diese Ergänzung zu Dok. Nr. II basiert auf Annex G des Report of the London Conference on Germany, Reorganisation of the Laender, 26. 5. 1948. Hier findet sich allerdings noch ein Abschnitt c nebst einer Bemerkung (Note), deren Inhalt den Deutschen inzwischen zwar schon bekanntgeworden (Dok. Nr. 18, Anm. 4), bezeichnenderweise aber nicht mitgeteilt worden war. Der engl. Text lautete: „Addition of South Rhine to present Land North Rhine/Westphalia. To be vetoed by Military 4 5
419
Nr. 27
29. September 1948
DOKUMENT NR. II, ANLAGE 1 [ABSTIMMUNGSMODALITÄTEN BEI EINER AUFTEILUNG NORDRHEIN-WESTFALENS] Im Zusammenhang mit den Worten „betroffene Gebiete" in Dokument Nr. II ist die folgende Methode zur Behandlung bestimmter Vorschläge vereinbart worden, die von den Ministerpräsidenten mit Bezug auf Nordrhein-Westfalen vorgebracht werden können. a) Eine Empfehlung, das gegenwärtige Land in zwei Länder zu teilen, nämlich Nordrhein und Westfalen, mit den vor der Vereinigung bestehenden Grenzen. Abstimmungsmethode Alle Stimmberechtigten in dem gegenwärtigen Land werden aufgefordert, für oder gegen diesen Vorschlag zu stimmen. W e n n die Stimmberechtigten in einem der beiden Teile, nämlich Nordrhein und Westfalen, eine Mehrheit zugunsten der vorgeschlagenen Teilung aufweisen sollten, so würde diese Teilung stattfinden, vorausgesetzt, daß die in den beiden Teilen zusammen zugunsten der Teilung abgegebene Stimmenzahl mindestens 33Vs Prozent der insgesamt abgegebenen Stimmen darstellt. b) Abspaltung desjenigen Teiles von Nordrhein, der westlich des Rheines liegt, und seine Vereinigung mit Südrhein. Abstimmungsmethode Die Bevölkerung des abzuspaltenden Gebietes stimmt ab (i) für oder gegen Abtrennung von dem Lande, zu dem sie gegenwärtig gehört; (ii) für oder gegen Vereinigung mit Südrhein.
Governors unless other regroupings result in the creation of comparably large Laender. Note: Any material increase in the size of Bavaria would constitute a case of this sort" (ForRel. 1948, II, S. 307). In der Sitzung des Ländergrenzenausschusses vom 30. 9. 1948 bezeichnete es Pfeiffer als ein „starkes Stüde", „daß man am 1. Juli 1948 den Ministerpräsidenten die offiziellen Dokumente übergeben habe, daß man sich auf Londoner Abmachungen und Sedis-Mädite-Empfehlungen berufe, die man uns niemals im Wortlaut bekanntgegeben habe, und daß in der weiteren Entwicklung dann und wann der eine oder andere Verbindungsoffizier die Katze aus dem Sack läßt, so daß man zu der Uberzeugung kommt, daß noch weitere Reserve-Abmachungen vorliegen". Lüdemann stellte hierzu jedoch die den Tatsachen entsprechende Vermutimg an (Dok. Nr. 2, Anm. 2), daß die Westalliierten die Absicht hätten, die Beratungen der Ministerpräsidenten und des Ausschusses nicht zu beeinflussen, weil sie sich im Londoner Dokument mit Spezialfragen beschäftigt hätten. Vielleicht hätten die Besatzungsmädite die Befürchtung gehabt, durch eine Bekanntgabe der Abmachungen die Deutschen erst auf Gedanken zu bringen, auf die sie sonst nicht gekommen wären" (BA Z 12/66, Bl. 1 f.). 420
1. Oktober 1948
Nr. 28
Nr. 28 Entschließung der Ministerpräsidenten zur Landerneugliederung Jagdschloß Niederwald, 1. Oktober 1948 BA Z 12/76, Bl. 13-16. Vervielfältigte Ausfertigung. Druck (engl. Text): Foreign Relations US, 1948, II, S. 427-431. BA Z 12/67, Bl. 112, 114. Entwurf1}
Die Ministerpräsidenten der Länder des amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes schlagen entsprechend dem ihnen am 1. Juli 1948 in Frankfurt überreichten Dokument II folgendes vor2} : a) In der Frage der Neugliederung der Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern ist nadi den in der Anlage enthaltenen Beschlüssen zu verfahren 3 ). b} Die Schaffung eines besonderen Landes Süd-Schleswig soll unterbleiben. Die Bildung eines so kleinen und nicht lebensfähigen Landes würde einer gesunden föderalen Gliederung Deutschlands nach ihrer Auffassung nur abträglich sein und zudem in Widerspruch zu den Richtlinien des Dokumentes II stehen4). c) Vor der Ratifizierung des Grundgesetzes sollen die jeweils beteiligten Länder ihre En- und Exklaven bereinigen sowie die Wiedervereinigung heute durch Zonengrenzen durchschnittener Gemeinden vornehmen. Die Frage Lindau wird als eine Frage betrachtet, die das Problem der Neuordnung der Ländergrenzen nicht berührt5). Deshalb sollte ungeachtet der derzeitig bestehenden Besatzungsverhältnisse die Verwaltungsgemeinschaft zwischen Bayern und dem Kreis Lindau wiederhergestellt werden.
') Die Entschließung war vom Ländergrenzenausschuß am 30. 9. 1948 angenommen worden (Sitzungsprotokoll, BA Z 12/66, Bl. 179 ff.). Auf eine zunächst vorgesehene Veröffentlichung verzichtete Stock später (Vermerke von Gumppenbergs, Düsseldorf, 16. und 22.10.1948, HStA Düsseldorf, NW 53-656). 2) Die Entschließung zum Frankfurter Dok. Nr. II (Dok. Nr. 4) wurde von der Konferenz in Niederwald am 1. 10. 1948 einstimmig gefaßt, nachdem in einer Zwischenabstimmung mit 6 gegen 5 Stimmen beschlossen worden war, die Absätze betr. Mehrheits- und Minderheitsvotum der MinPräs. nicht zu streichen (Protokoll, BA Z 12/76, Bl. 9 f.). Der amerik. Verbindungsoffizier, Dr. Simons, zeigte sich über die Vorschläge der Entschließung enttäuscht: „Wenn auch die drei Länderchefs der südwestdeutschen Länder keine andere Einigung als auf drei Alternativvorschläge hätten erzielen können, so wäre doch von der MinisterpräsidentenKonferenz zu erwarten gewesen, daß sie sich auf einen Vorschlag und keine Alternativen einigten." Die Generäle würden wahrscheinlich nur eine Fragestellung über die Zusammenfassung der drei Länder zu einem Gesamtland zulassen (Vermerk Bergners, Wiesbaden, 11.10. 1948, BA Z 12/67, Bl. 142). *) Abdruck der Anlage, S. 422. *) Vgl. Dok. Nr. 21 mit Anm. 7. 5 ) Die Frage des in der frz. Besatzungszone liegenden und von Württemberg-Hohenzollern mitverwalteten bayerischen Kreises Lindau war auf ausdrücklichen Wunsch Bayerns in die Entschließung mit aufgenommen worden (Protokoll des Ländergrenzenausschusses, 30. 9.1948 (BA Z 12/66, Bl. 179 ff.).
421
Nr. 28
1. Oktober 1948
Die Ministerpräsidenten sind zwar zu dem Ergebnis gekommen, daß auch über die unter a) und c) gemachten Vorschläge hinaus Änderungen von Ländergrenzen erwünscht wären. Die Mehrheit der Ministerpräsidenten glaubt jedoch, von weiteren Vorschlägen absehen zu sollen, da sie der Ansicht ist, daß Lösungen, die als befriedigend und dauerhaft angesehen werden könnten, zur Zeit auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen und erneute Übergangslösungen wegen der damit verbundenen verfassungs- und verwaltungsmäßigen Nachteile jetzt nicht verantwortet werden können. Demgegenüber vertritt die Minderheit den Standpunkt, es sollten über die unter a) und c) aufgeführten Vorschläge hinaus bereits jetzt weitere Änderungen vorgeschlagen werden, da die gegenwärtigen Verhältnisse unbefriedigend seien und deshalb selbst eine nicht endgültige Lösung eine Verbesserung darstellen würde. Einigkeit besteht unter den elf Ministerpräsidenten darüber, daß für die Gesamtreinigung der innerdeutschen Grenzverhältnisse die zur Verfügung stehende Frist nicht ausreicht, um allseits befriedigende und damit für die Dauer tragbare Lösungen vorzuschlagen6]. ANLAGE7) BESCHLÜSSE ZUR VEREINIGUNG DER SÜDWESTDEUTSCHEN LÄNDER
Vorschläge der Regierungschefs von Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern an die Konferenz der elf Ministerpräsidenten, zur Weiterleitung an die drei Militärbefehlshaber der westdeutschen Besatzungszonen, über die Neugliederung der drei südwestdeutschen Länder, gemäß dem Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz vom 31. 8. 19488) und aufgrund der in Bühl am 16. 8.1948 und in Bebenhausen am 28. 9.1948 gefaßten Beschlüsse9]. A Die drei Regierungschefs sind übereingekommen, dem Gremium der elf Ministerpräsidenten der westlichen Besatzungszonen zu empfehlen, den Militärbefehlshabern nachfolgende Frage zur Durchführung einer Volksabstimmung in den drei beteiligten Ländern vorzuschlagen: „Wollen Sie, daß die drei Länder Baden, Württemberg-Baden und WürttembergHohenzollern nach folgendem Verfahren zu einem Land vereinigt werden? Eine von den Landtagen der drei Länder aus ihren Mitgliedern in der Weise zu wählende Versammlung, daß auf je 100 000 Einwohner ein Abgeordneter und auf eine überschießende Zahl von mindestens 25 000 Einwohner ein weiterer Abgeordneter entfallen soll, hat die Verfassung des neuen Staates und ein Wahlgesetz für seinen ersten Landtag auszuarbeiten. Dann hat das Volk in den •) Auf den Konferenzen in Niederwald, 31. 8. 1948 (Dok. Nr. 24] und 1. 10. 1948, war beschlossen worden, die unterschiedlichen Auffassungen der MinPräs. über die Durchführung einer Länderneugliederung den MilGouv. bekannt zu geben (BA Z 12/76, Bl. 7 ff., 43). 7 ) Vervielfältigte Ausfertigung in: BA Z 12/76, BI. 15 f. 8 ) Dok. Nr. 24. •j Vgl. Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 127 ff.
422
1. Oktober 1948
Nr. 28
drei Ländern nach einem von der Versammlung zu beschließenden Abstimmungsgesetz über die Annahme oder die Ablehnung der Verfassung abzustimmen." Die drei Regierungschefs sind der einmütigen Auffassung, daß die gestellte Frage nur dann als bejaht gelten soll, wenn in jedem der früheren [bis 1945 bestehenden) Länder Baden und Württemberg, bei dem letzteren einschließlich Hohenzollern, die für sich durchgezählte Mehrheit der abgegebenen Stimmen die Frage bejaht. B Die drei Regierungschefs empfehlen der Konferenz der elf Ministerpräsidenten, den Militärbefehlshabern vorzuschlagen, daß im Falle der Ablehnung des Gesamtzusammensdilusses bei der ersten Abstimmung eine zweite Abstimmung mit folgender Fragestellung stattfinden soll: 1) Mehrheitsvotum der Regierungschefs von Baden und Württemberg-Hohenzollern: „Wollen Sie die Wiederherstellung des früheren Landes Baden und des früheren Landes Württemberg, das letztere einschließlich Hohenzollerns?" Bemerkung: Der Zusammenschluß gilt in jedem dieser Länder als erfolgt, in dem eine Mehrheit für ihn stimmt. 2) Minderheitsvotum des Ministerpräsidenten von Württemberg-Baden: a) „Wollen Sie haben, daß das Land Württemberg-Baden wieder getrennt und die früheren Länder Baden und Württemberg, das letztere einschließlich Hohenzollerns, wieder hergestellt werden?" b) „Oder wollen Sie die Vereinigung des Landes Württemberg-Hohenzollern mit dem Land Württemberg-Baden?" Bemerkung: Bei der Abstimmung zu Ziffer a] müßte sich, wenn die Frage für alle drei Länder bejaht werden sollte, eine Mehrheit der durchgezählten Stimmen in den drei Ländern und dazu eine Mehrheit der im Landesteil Nord-Baden Abstimmenden ergeben.
423
ANHANG
DIE REGIERUNGSCHEFS DER WESTDEUTSCHEN LÄNDER Stand 1. Juli 1948
Amerikanische Zone Bayern
Ministerpräsident
Hans Ehard
[CSU];
Regierung CSU
Bremen
Präsident des Senats Wilhelm Kaisen [SPD]; und Bürgermeister
Senat aus SPD, BDV/SPD, BDV/ FDP
Hessen
Ministerpräsident
Christian Stock
(SPD];
Regierung aus SPD, CDU
WürtembergBaden
Ministerpräsident
Reinhold Maier (DVP);
Regierung aus DVP, CDU, SPD, KPD (KPD bis 27. 7. 1948]
Hamburg
Bürgermeister
Max Brauer
(SPD];
Senat aus SPD, FDP, KPD (KPD bis 28. 7.1948]
Niedersachsen
Ministerpräsident
Hinrich Wilhelm Kopf
(SPD);
Britische Zone
NordrheinWestfalen
Ministerpräsident
Karl Arnold
(CDU];
SchleswigHolstein
Ministerpräsident
Hermann Lüdemann
(SPD);
Regierung aus SPD, CDU, DZP Regierung aus CDU, SPD, Z Regierung SPD
425
Die Regierungsdiefs der westdeutschen Länder
Französische Zone Baden
Staatspräsident
Leo Wohleb
(CDU);
Regierung aus CDU, SPD
RheinlandPfalz
Ministerpräsident
Peter Altmeier (CDU];
Regierung aus CDU, SPD
WürttembergHohenzollern
Staatspräsident
Lorenz Bode bis 3. 8.1948
Regierung aus CDU, SPD, DVP
Staatspräsident
Gebhard Müller (CDU); seit 13. 8. 1948
426
(CDU);
MITGLIEDER DES AUSSCHUSSES ZUR ÜBERPRÜFUNG DER LÄNDERGRENZEN Von den Regierungen offiziell benannte Mitglieder nebst Stellvertretern
Baden
Oberlandesgeriditspräsident Dr. Paul Zürdier; Dr. Friedrich Janz Vortr. Legationsrat a. D.
Bayern
Staatsminister Staatsrat Ministerialrat
Dr. Anton Pfeiffer; Dr. Gebhard Seelos; Rudolf Holzhausen
Bremen
Vortr. Legationsrat a. D. Staatsrat
Dr. Wilhelm Meldiers; Dr. Friedrich Haas
Hamburg
Senatssyndikus Senatssyndikus
Kurt Sieveking; Dr. Hans Härder
Hessen
Ministerpräsident Staatsrat Direktor des Statistischen Landesamtes
Christian Stock; Wilhelm Apel;
Niedersadisen
Direktor des Amtes f. Landesplanung und Statistik Wissenschaftl. Sachbearbeiter
Dr. Wilhelm Hüfner Prof. Dr. Kurt Brüning; Dr. Hans Joachim von Merkatz
NordrheinWestfalen
Ministerialdirektor Oberregierungsrat
Dr. Hermann Wandersieb; Freiher Karl-Hildebrand von Gumppenberg
Rheinland-Pfalz
Ministerialrat
Hubert Hermans
SchleswigHolstein
Ministerpräsident Landesdirektor Landesdirektor
Hermann Lüdemann [Vorsitz]; Joseph Franken; Dr. Franz Suchan
WürttembergBaden
Innenminister Staatsrat
Fritz Ulrich; Konrad Wittwer
WürttembergHohenzollern
Innenminister Ministerialrat
Viktor Renner; Theodor Esdienburg 427
33 Parlament. Rat
MITGLIEDER DES PARLAMENTARISCHEN RATES. Alphabetisches Verzeichnis
A. Stimmberechtigte
Mitglieder
Name
Jahrgang Beruf
Partei
Land
Adenauer, Dr. Konrad
1876
OB a. D„ Vorsitzender der CDU in der brit. Zone, MdL
CDU
NordrheinWestfalen
Bauer, Hans-Heinz
1909
Städt. Verwaltungsangestellter, MdL
SPD
Bayern
Becker, Dr. Max
1888
Rechtsanwalt und Notar, MdL
FDP
Hessen
Bergsträsser, Dr. Ludwig
1883
SPD Prof. f. Politik und Staatswiss., Regierungspräsident a. D., MdL
Hessen
Binder, Dr. Paul
1902
Staatssekretär a. D., MdL
CDU
WürttembergHohenzollern
Blomeyer, Adolf
1900
Landwirt
CDU
NordrheinWestfalen
von Brentano, Dr. Heinrich
1904
Rechtsanwalt und Notar, MdL
CDU
Hessen
Brockmann, Johannes
1888
Generalreferent f. Kul- Z tus beim Oberpräsidenten Westfalen, Vorsitzender der ZentrumsPartei, MdL
NordrheinWestfalen
de Chapeaurouge, Dr. Paul
1876
Senator a. D., Notar, MdL
Hamburg
Dehler, Dr. Thomas
1897
OberlandesgerichtsFDP Präsident, Vorsitzender der FDP in Bayern, MdL
CDU
Bayern
429 33*
Mitglieder des Parlamentarischen Rates Name
Jahrgang Beruf
Partei
Land
Diederidis, Dr. Georg
1900
Apotheker, Landrat a. D., MdL
SPD
Niedersachsen
Eberhard, Dr. Fritz
1896
Staatssekretär, Leiter des Deutschen Büros für Friedensfragen, Hrsg. der Stuttgarter Rundschau, MdL
SPD
WürttembergBaden
Ehlers, Adolf
1898
Senator für Inneres, MdL
SPD
Bremen
Fecht, Dr. Hermann 1880 ausgeschieden am 7. 3. 1949; Ersatz: Hilbert
Justizminister, MdL
CDU
Baden
Finde, Dr. Albert
1895
Studienrat, MdL
CDU
RheinlandPfalz
Gayk, Andreas
1893
OB von Kiel
SPD
SchleswigHolstein
Greve, Dr. OttoHeinrich ausgeschieden am 20. 5.1949; Ersatz: Ollenhauer
1908
Rechtsanwalt und Notar, MdL
SPD
Niedersachsen
Heiland, Rudolf
1910
Bürgermeister von Marl, MdL
SPD
NordrheinWestfalen
Heile, Wilhelm
1881
Landrat und Minister a. D., MdL
DP
Niedersachsen
Hermans, Hubert Mitglied nach Ausscheiden von Dr. Süsterhenn
1909
Ministerialrat
CDU
RheinlandPfalz
Heuß, Dr. Theodor
1884
Prof., Staatsminister a. D., Vorsitzender der FDP, MdL
FDP
WürttembergBaden
1898 Hilbert, Anton Mitglied nach Ausscheiden von Dr. Fecht 430
Minister a. D., Bürger- CDU meister, Landwirt, Kaufmann, MdL
Baden
Mitglieder des Parlamentarischen Rates Name
Jahrgang Beruf
Partei
Land
Hoch, Dr. Fritz
1896
Regierungspräsident in Kassel
SPD
Hessen
Höpker-As ¿hoff, Dr. Hermann
1883
Staatsminister a. D. FDP (Preuß. Finanzminister 1925-1931)
NordrheinWestfalen
Hofmeister, Dr. Werner Mitglied nach Ausscheiden von Rönneburg
1902
Justizminister u. Min. CDU f. Entnazifizierung, Rechtsanwalt u. Notar, MdL
Niedersachsen
Katz, Dr. Rudolf
1895
Justiz- u. Kultusminister, MdL
SPD
SchleswigHolstein
Kaufmann, Theophil
1888
Bürgermeister a. D., Schriftsteller, Mitgl. des Verwaltungsgerichtshofs in Karlsruhe
CDU
WürttembergBaden
Kleindienst, Dr. Ferdinand
1881
Regierungsrat a. D., Stadtrechtsrat in Augsburg
CSU
Bayern
Kroll, Dr. Gerhard
1910
Landrat a. D., MdL
CSU
Bayern
Kuhn, Karl
1898
Abteilungsleiter, MdL
SPD
RheinlandPfalz
Kühn, Adolf Mitglied nach Ausscheiden von Walter
1886
Regierungsdirektor, MdL
CDU
WürttembergBaden
Laforet, Dr. Wilhelm
1877
Geheimrat u. Prof. f. Verfassungs- u. Verwaltungsrecht in Würzburg, MdL
CSU
Bayern
Lehr, Dr. Robert
1883
Oberpräsident a. D., CDU MdL, Vorsitzender des Zonenbeirats der brit. Zone
NordrheinWestfalen
431
Mitglieder des Parlamentarischen Rates Name
Jahrgang Beruf
Partei
Land
Lensing, Lambert
1889
Verleger der RuhrNachrichten
CDU
NordrheinWestfalen
Löwenthal, Dr. Fritz
1888
Ministerialdirektor a. D., Rechtsanwalt, Schriftsteller
SPD
Nordrhein-
(am 4. 5. Westfalen 1949 aus der SPDFraktion ausgeschieden, seitdem parteilos)
Maier, Friedrich
1894
Ministerialrat, MdL
SPD
Baden
von Mangoldt, Dr. Hermann
1895
Staatsminister a. D., Prof. f. öffentliches Recht, MdL
CDU
SchleswigHolstein
Mayr, Karl-Sigmund
1906
Steuerberater, Wirts chaftsprüf er
CSU
Bayern
Menzel, Dr. Walter
1901
Innenminister und stellv. Minister-
SPD
NordrheinWestfalen
Präsident, M d L
Mücke, Dr. Willibald
1904
Rechtsanwalt
SPD
Bayern
Nadig, Friederike
1897
Bezirkssekretärin der Arbeiterwohlfahrt, MdL
SPD
NordrheinWestfalen
Paul, Hugo ausgeschieden am 6.10.1948; Ersatz: Renner
1905
Dreher, Minister a. D., KPD Landesvorsitzender der KPD in NordrheinWestfalen, MdL
NordrheinWestfalen
Pfeiffer, Dr. Anton
1888
Staatsminister, Leiter der bayer. Staatskanzlei, MdL
CSU
Bayern
Ollenhauer, Erich 1901 Mitglied nach Ausscheiden von Dr. Greve
Stellv. Vorsitzender der SPD
SPD
Niedersachsen
Reimann, Max
Bergmann, Vorsitzender der KPD der Westzonen
KPD
NordrheinWestfalen
432
1898
Mitglieder des Parlamentarischen Rates Name
Jahrgang Beruf
Partei
Land
Renner, Heinz Mitglied nach Ausscheiden von Paul
1892
Journalist, Minister a. D„ 1946 OB von Essen, MdL
KPD
NordrheinWestfalen
Rönneburg, Heinrich 1887 ausgeschieden am 24. 2 . 1 9 4 9 ; Ersatz: Dr. Hofmeister
Kreisdirektor a. D.
CDU
Niedersachsen
Roßhaupter, Albert Mitglied nach Ausscheiden von Seifried
1878
Staatsminister a. D.
SPD
Bayern
Runge, Hermann
1902
Parteisekretär
SPD
NordrheinWestfalen
Schäfer, Dr. Hermann
1892
Direktor von Versiehe- FDP rungsgesellschaften
Niedersachsen
Schlör, Kaspar Gottfried
1888
Oberregierungsrat
Bayern
Schmid, Dr. Carlo
1896
Professor, Staatsrat, SPD Justizminister u. stellv. Staatspräsident, MdL
WürttembergHohenzollem
Schönfelder, Adolf
1875
Präsident der Hamburger Bürgerschaft
SPD
Hamburg
Schräge, Josef
1881
Landrat, MdL
CDU
NordrheinWestfalen
Schröter, Carl
1887
Studienrat i. R., MdL
CDU
SchleswigHolstein
Schwalber, Dr. Josef
1902
Staatssekretär im Bayer. Staatsministerium des Innern, MdL
CSU
Bayern
Seebohm, Dr. Hans-Christoph
1903
Bergassessor, Minister a. D., MdL
DP
Niedersachsen
Seibold, Dr. Caspar
1914
Dipl.-Landwirt
CSU
Bayern
Seifried, Josef ausgeschieden am 1 4 . 1 0 . 1 9 4 8 ; Ersatz: Roßhaupter
1892
Staatsminister a. D., MdL
SPD
Bayern
CSU
433
Mitglieder des Parlamentarischen Rates Name
Jahrgang Beruf
Partei
Land
Seibert, Dr. Elisabeth
1896
Redits anwältin und Notarin
SPD
Niedersachsen
Süsterhenn, Dr. Adolf ausgeschieden am 5. 5.1949; Ersatz: Hermans
1905
Justiz- und Kultusminister, MdL
CDU
RheinlandPfalz
Stock, Jean
1893
Druckereibesitzer, Regierungspräsident a. D., MdL
SPD
Bayern
Strauss, Dr. Walter
1900
Staatssekretär
CDU
Hessen
Wagner, Friedrich Wilhelm
1894
Rechtsanwalt, Justizrat, MdL
SPD
RheinlandPfalz
Walter, Felix ausgeschieden am 23. 2.1949; Ersatz: Kühn
1890
Ministerialrat, MdL
CDU
WürttembergBaden
Weber, Dr. h. c. Helene
1881
Ministerialrätin a. D.
CDU
NordrheinWestfalen
Wessel, Helene
1898
Fürsorgerin, MdL
Wirmer, Ernst
1910
Oberregierungsrat
Wolff, Dr. Friedrich
1912
Stadtdirektor in Essen SPD
NordrheinWestfalen
Wunderlich, Hans
1899
Redakteur, Mitheraus- SPD geber der Norddeutschen Rundschau
Niedersachsen
Zimmermann, Gustav
1888
Landesdirektor, MdL
WürttembergBaden
Zinn, August
1901
Justizminister und SPD Direktor des Landespersonalamtes Hessen, MdL
434
NordrheinWestfalen CDU
SPD
Niedersachsen
Hessen
Mitglieder des Parlamentarischen Rates
B. Nicht stimmberechtigte Mitglieder
Partei
Land
Name
Jahrgang Beruf
Kaiser, Jakob
1888
Vorsitzender der CDU CDU in der russ. Zone (bis Ende 1947), MdL
Berlin
Loebe, Paul
1875
Reichstagspräsident a. D. (1920-1932), Zeitungsverleger (Telegraf)
SPD
Berlin
Reif, Dr. Hans
1899
Dozent für Nationalökonomie, MdL
FDP
Berlin
Reuter, Ernst
1889
OB von Berlin, MdL
SPD
Berlin
Suhr, Otto
1894
Direktor der HochSPD schule f. Politik, Stadtverordnetenvorsteher
Berlin
435
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN
Abg. ABl. ADS AHK amerik. angelsädis. Ani. ArchFES Art. Ausf. Ausg. AZ BA bayer. BDV Bearb. BesZone Bgm. BICO brit. CDU CSU DENA DP DPD Dru des. DUD dt. Dtld. DVP DZP EA engl. Entw. FDP FMin. For Rei. FR frz.
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Abgeordneter Amtsblatt Amtsdrucksachen Alliierte Hohe Kommission amerikanisch angelsächsisch Anlage Archiv der Sozialen Demokratie, Friedricii-Ebert-Stiftung Artikel Ausfertigung Ausgabe Allgemeine Zeitung Bundesarchiv bayerisch Bremer Demokratische Volkspartei Bearbeiter Besatzungszone Bürgermeister Bipartite Control Office britisch Christlich Demokratische Union Christlich Soziale Union Deutsches Nachrichtenbüro Deutsche Partei Deutscher Pressedienst Drucksache Deutschland-Union-Dienst deutsch Deutschland Demokratische Volkspartei Deutsche Zentrumspartei Europa Archiv englisch Entwicklung Freie Demokratische Partei Finanzminister Foreign Relations of the United States. Diplomatie Papers Frankfurter Rundschau französisch 437
Verzeichnis der Abkürzungen FS gesamtdt. GG GS GStA GVB1. Hb HCh hess. hs. Hrsg. HStA IMin. Jb JEIA JMin. Kom. KPD LDir. LDP LKO LMin. LR MdL MilGov. MilReg. MilVerw. MinDir. MinR. Min.Präs. Mitgl. MRVO NDR Nieders. NL NZ OB OEEC OFICOMEX OLG-Präs. OMGUS ORegR. ostdt. PA pfälz. PR 438
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Fernschreiben gesamtdeutsch Grundgesetz Generalsekretär Geheimes Staatsarchiv Gesetz- und Verordnungsblatt Handbuch Herrenchiemsee hessisch handschriftlich Herausgeber Hauptstaatsarcliiv Innenminister Jahrbuch Joint Export-Import Agency Justizminister Kommentar Kommunistische Partei Deutschlands Landtagsdirektor Liberal-demokratische Partei Deutschlands Landkriegsordnung Landesminister Länderrat des amerikanischen Besatzungsgebietes Mitglied des Landtages Military Government Militärregierung Militärverwaltung Ministerialdirektor Ministerialrat Ministerpräsident Mitglied Militärregierungsverordnung Norddeutscher Rundfunk Niedersadisen Nachlaß Neue Zeitung Oberbürgermeister Organisation for European Economic Cooperation Office du Commerce Extérieur Oberlandesgerichtspräsident Office of Military Government for Germany (US) Oberregierungsrat ostdeutsch Parlamentsardiiv pfälzisch Parlamentarischer Rat
Verzeichnis der Abkürzungen PV Rdsdir. RegBez. russ. RV SED SenPräs. SenSyn. Sitzungsprot. sowj. SPD SSW StA Stadtverordn.V. StK StMin. StPräs. StR StS
stw
UK US, U S A VfW VfZG VO VR VWG, VWiG WAZ westdt. WiR. WRV Z
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Parteivorstand Rundschreiben Regierungsbezirk russisdi Reichsverfassung Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Senatspräsident Senatssyndikus Sitzungsprotokoll sowjetisch Sozialdemokratische Partei Deutschlands Südschleswigscher Wählerverband Staatsarchiv Stadtverordnetenvorsteher Staatskanzlei Staatsminister Staatspräsident Staatsrat Staatssekretär Stadtverordnetenversammlung United Kingdom United States of America Verwaltung für Wirtschaft Vierteljahrsheft für Zeitgeschichte Verordnung Verwaltungsrat Vereinigtes Wirtschaftsgebiet Westdeutsche Allgemeine Zeitung westdeutsch Wirtschaftsrat (des Vereinigten Wirtschaftsgebietes) Weimarer Reichsverfassung Zentrum
439
VERZEICHNIS DER UNGEDRUCKTEN QUELLEN
Bundesarchiv (BA) Koblenz Bestand Länderrat des amerikanischen Besatzungsgebietes (Z 1) - Zonenbeirat (Z 2) - Länderrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (Z 4) - Parlamentarischer Rat (Z 5) - Büro der Ministerpräsidenten des amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes [Z 12) - Deutsches Büro für Friedensfragen (Z 35) Nachlaß Franz Blücher Nachlaß Hermann Brill Nachlaß James K. Pollock Nachlaß Hermann Pünder Parlamentsarchiv (PA) und Bibliothek des Deutschen Bundestages Bestand Zonenbeirat (1) Protokolle und Drucksachen des Parlamentarischen Rates Materialien und Protokolle des Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee Hessische Staatskanzlei (StK) Wiesbaden B estand Ministerpräsidenten-Konferenzen Aktengruppen 1 a 0 6 , 1 a 08 Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Geheimes Staatsarchiv (GStA) München Bestand Länderrat Stuttgart (LR Stuttgart) - MA ( = ehemaliges bayer. Außenministerium) Bayerische Staatskanzlei (StK) München Aktengruppe 100 Staatsarchiv (StA) Bremen Bestand Senatsregistratur (3 B) Hauptstaatsarchiv (HStA) Düsseldorf Bestand Staatskanzlei (NW 53) Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv (HStA) Hannover Bestand Landesregierung [Kabinett] (Nds 20) Staatsarchiv (StA) Sigmaringen Bestand Staatskanzlei Württemberg-Hohenzollern (Wü 2) 441
Verzeichnis der ungedrudcten Quellen Archiv der Sozialen Demokratie, Friedridi-Ebert-Stiftung (Arch. FES), BonnBad Godesberg Bestand des Parteivorstandes der SPD - Bestand Schumacher (Schumadier J 79) Nachlaß Menzel (NL Menzel J 92)
VERZEICHNIS DER GEDRUCKTEN QUELLEN UND LITERATUR
GEDRUCKTE QUELLEN
1. Amtliche Drucksachen, Dokumentationen, nössische Abhandlungen
Dokumentensammlungen, zeitge-
Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10.-23. August 1948. Hrsg. vom Verfassungsausschuß der Ministerpräsidenten-Konferenz der westlichen Besatzungszonen. München 1948 (zit. Bericht HCh}. Berlin, Quellen und Dokumente 1945-1951. II. Halbband. Hrsg. im Auftrage des Senats von Berlin. Berlin 1964. Brill, Hermann, Der Typ des künftigen deutschen Bundeslandes. In: Die Bundesländer. Beiträge zur Neugliederung der Bundesrepublik. S. 5-16. Frankfurt/M. 1950. Die deutsche Ministerpräsidenten-Konferenz in München vom 6.-8. Juni 1947. Hrsg. von der Bayerischen Staatskanzlei. München 1947. Documents on the creation of the German Federal Constitution. Prepared by Civil Administration Division, Office of Military Government for Germany (US). Berlin 1949. Dokumente betreffend die Begründung einer neuen staatlichen Ordnung in der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone. Hrsg. vom Büro der Ministerpräsidenten des amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes. Wiesbaden 1948 (zit. Dokumente betr. Begründung). Foreign Relations of the United States. Diplomatie Papers. 1948, Vol. II: Germany and Austria. Washington 1973 (zit. For Rel. 1948, II). Füsslein, Rudolf Werner, Deutsche Verfassungen. Berlin, Frankfurt/M. 1951. Germany 1947-1949. The Story in Documents ( = Department of State Publication 3556. European and British Commonwealth Series 9). Washington 1950. Gesetz- und Verordnungsblätter der Länder - Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt. Freiburg 1948. - Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt. München 1948. - Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen. Bremen 1948. - Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt. Hamburg 1948. - Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. Wiesbaden, Bad Homburg v. d. H. 1948. - Gesetz- und Verordnungsblätter für das Land Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf, Jg. 2,1948. - Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt. Hannover 1948. 443
Verzeichnis der gedruckten Quellen und Literatur - Gesetz- und Verordnungsblatt der Landesregierung Rheinland-Pfalz. Koblenz 1948. - Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein. Kiel 1948. - Regierungsblatt der Regierung Württemberg-Baden. Stuttgart 1948. - Regierungsblatt für das Land Württemberg-Hohenzollern. Tübingen 1948. Hohlfeld, Johannes (Hrsg.), Dokumente der deutschen Politik und Geschichte von 1848 bis zur Gegenwart. Bd. VI. Berlin 1952. Huber, Ernst Rudolf (Hrsg.), Quellen zum deutschen Staatsrecht. Bd. II. Tübingen 1951. Landtagsprotokolle - Verhandlungen des Badischen Landtags. Waldkirch i. Br. 1948. - Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Stenographische Berichte [nebst] Beil. 1947-49. München. - Stenographische Berichte und Protokolle der Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin. 1. Wahlperiode 1946-1948. Berlin 1948 (zit. StVV, Berlin). - Verhandlungen der Bremischen Bürgerschaft. Stenographisch aufgezeichnet. Bremen 1948. - Stenographische Berichte über die Sitzungen der Bürgerschaft zu Hamburg im Jahre 1948. Hamburg 1948. - Senat Hamburg. Mitteilungen des Senats an die Bürgerschaft. Hamburg 1948. - Drucksachen des Hessischen Landtags. Abt. III: Stenographische Berichte über die Plenarsitzungen. 1. Wahlperiode 1946-1950. Wiesbaden 1950. - Niedersächsischer Landtag Hannover. Stenographische Berichte. Bd. 2.3. Hannover 1948-1949. - Stenographischer Bericht über die Sitzungen des Landtags von NordrheinWestfalen. 1. Wahlperiode. Düsseldorf 1948. - Protokolle des Landtags von Rheinland-Pfalz. 1. Wahlperiode. Koblenz 1948. - Schleswig-Holsteinischer Landtag. Stenographische Berichte, Drucksachen. Kiel 1948. - Verhandlungen des Württ.-Bad. Landtags. Wahlperiode 1946-1950. Bd. 4. Stuttgart 1948. - Verhandlungen des Landtags für Württemberg-Hohenzollern. Protokolle [u.] Beil. Protokoll-Bd. 2. Tuttlingen, Reutlingen o. J. Parlamentarischer Rat. Bonn 1948/49. Festakt bei der der Eröffnung des Parlamentarischen Rates am 1. September 1948 in Bonn. O. O. und o. J. (Düsseldorf 1948). - Stenographische Berichte über die Plenarsitzungen. Bonn 1948/49. - Verhandlungen des Hauptausschusses. Bonn 1948/49. Pollock, James K., James H. Meisel, Henry L. Bretton, Germany under Occupation. Illustrative Materials and Documents. Ann Arbor 1949. Preuss, Hugo, Reich und Länder. Berlin 1928. Reichsgesetzblatt. T. I, II, 1923. Berlin. Ruhm von Oppen, Beate (Hrsg.), Documents on Germany under Occupation 1945-1954. London, New York, Toronto 1955. 444
Verzeichnis der gedruckten Quellen und Literatur Sdieu, Erwin, Deutschlands Wirtschaftsprovinzen und Wirtschaftsbezirke. Berlin 1928. Schultheß Europäischer Geschichtskalender. Bd. 69.1928. München 1929. Stammen, Theo (Hrsg.), Einigkeit und Recht und Freiheit. Westdeutsche Innenpolitik 1945-1955. München 1965 (zit. Stammen, Einigkeit). Weitzel, A., Die regionale Gliederung Deutschlands. Frankfurt 1928. Zonenbeirat f ü r die Britische Besatzungszone, Der Zonenbeirat zur Verfassungspolitik. Als Manuskript gedruckt. Hamburg 1948.
2.
Periodika (Tageszeitungen, Wochen- und Monatsschriften,
Informationsdienste)
Allgemeine Zeitung. Mainz 1948 (zit. AZ). Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission in Deutschland. Bonn (Petersberg) 1948. Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland. Berlin 1948 (zit. ABl. KR). Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Amerikanisches Kontrollgebiet. Ausg. C, I, K. 1948. Amtsblatt der Militärregierung Deutschland. Britisches Kontrollgebiet. Nr. 2128. 1948-49. Deutsche Nachrichtenagentur (DENA). Bad Nauheim 1948. Deutschland-Union-Dienst (DIJD). Pressedienst der CDU/CSU. Frankfurt 1948. Europa Archiv. Frankfurt/M. 1947, 1948 (zit. EA). Frankfurter Rundschau. Frankfurt 1948 (zit. FR). Die Freiheit. Mainz 1948. Hannoversche Neueste Nachrichten. Hannover 1948. Jounal officiel du Commandement en chef Français en Allemagne. Baden-Baden 1948. Keesing's Archiv der Gegenwart. Wien 1948. Kölnische Rundschau. Köln 1948. Mainpost. Würzburg 1948. Le Monde. Paris 1948. Neuer Mainzer Anzeiger. Mainz 1948. Die Neue Zeitung. München, Frankfurt/M., Berlin 1948 (zit. NZ). New York Herald Tribüne. New York 1948. Niederbayerische Nachrichten. Straubing 1948. Rheinische Post. Düsseldorf 1948. Rheinischer Merkur. Wochenzeitung für Politik, Kultur und Wirtschaft. Koblenz 1948. Rhein-Neckar-Zeitung. Heidelberg 1948. Die Rheinpfalz. Neustadt (Haardt) 1948. Rhein-Ruhr-Zeitung. Essen 1948. San Francisco Chronicle. San Francisco 1948. Der Schleswig-Holsteiner. Jg. 12. Kiel 1931. Schwäbische Landeszeitung. Augsburg 1948. 445 34 Parlament. Rat
Verzeichnis der gedruckten Quellen und Literatur Sopade. Querschnitt durch. Politik und Wirtschaft. Hrsg. vom Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Monatsschrift der SPD. Hannover 1948. Der Sozialdemokrat. Berlin (brit. Zone) 1948. Sozialdemokratischer Pressedienst. Bonn 1948. Der Spiegel. Das deutsche Nachrichtenmagazin. Hamburg 1948. Stuttgarter Nachrichten. Stuttgart 1948. Süddeutsche Zeitung. München 1948. Südost-Kurier. Bad Reichenhall 1948. Der Tagesspiegel. Berlin (amerik. Zone) 1948. Telegraf. Berlin (brit. Zone) 1948. Mitteilungen der Deutschen Wählergemeinschaft. Darmstadt 1948. Die Welt. Hamburg 1948. Westdeutsche Allgemeine Zeitung. Essen 1948. Westdeutsche Zeitung. Krefeld 1948. Westdeutsches Tageblatt. Dortmund 1948. Der Westen. Koblenz 1948. Wetzlarer Neue Zeitung. Wetzlar 1948. Wiesbadener Kurier. Wiesbaden 1948. Die Zeit. Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Handel und Kultur. Hamburg 1948. Die Zeitungsschau. Detmold 1948.
LITERATUR (Memoiren und Darstellungen)
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Verzeichnis der gedruckten Quellen und Literatur Cornides, Wilhelm, Hermann Volle, Die Moskauer Außenministerkonferenz der vier Großmächte 10. März-24. April 1947. In: Europa Archiv 1947, S. 671758. Cornides, Wilhelm, Hermann Volle, Die Londoner Außenministerkonferenz der vier Großmächte. In: Europa Archiv, 1948, S. 1067-1086. Davison, W. Phillips, Die Blockade von Berlin. Modellfall des Kalten Krieges. Frankfurt/M., Berlin 1959. ( = The Berlin Blockade. A Study in Cold War Politics. Princeton 1958). Deuerlein, Ernst, Die Einheit Deutschlands. Band I. Die Erörterungen und Entscheidungen der Kriegs- und Nachkriegskonferenzen 1941-1949. Darstellung und Dokumente. 2. Aufl. Frankfurt/M., Berlin 1961 (zit. Deuerlein, Einheit). Deuerlein, Ernst, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg 1945-1955. (Handbuch der Deutschen Geschichte. Neu hrsg. von Leo Just, Bd. IV, Abschnitt 6, Sonderdr.) Konstanz 1964 (zit. Deuerlein, Deutschland). Deuerlein, Ernst, Forschungsgrundlage und Forschungsproblematik 1945-1949. In: Politische Studien 22,1971, S. 46-67. Dorendorf, Annelies, Der Zonenbeirat der britisch besetzten Zone. Ein Rückblick auf seine Tätigkeit. Herausgegeben und eingeleitet von Gerhard Weiser. Göttingen 1953. Dorn, Walter L., Inspektionsreisen in der US-Zone. Notizen, Denkschriften und Erinnerungen aus dem Nachlaß übers, und hrsg. von Lutz Niehammer. Stuttgart 1973. Eschenburg, Theodor, Erinnerungen an die Münchener Ministerpräsidenten-Konferenz 1947. In: VfZG 20, 1972, S. 411-417. Eschenburg, Theodor, Das Problem der Neugliederung der Deutschen Bundesrepublik dargestellt am Beispiel des Südweststaates. Frankfurt/M. 1950. Faust, Fritz, Das Potsdamer Abkommen und seine völkerrechtliche Bedeutung. 4., neubearb. Aufl. Frankfurt/M., Berlin 1969. Fijalkowski, Jürgen, Peter Haudc [u. a.], Berlin - Hauptstadtanspruch und Westintegration. Köln-Opladen 1967. Fischer, Per, Die Saar zwischen Deutschland und Frankreich. Politische Entwicklung von 1945-1959. Frankfurt/M., Berlin 1959. Foelz-Schroeter, Marie Elise, Föderalistische Politik und nationale Repräsentation 1945-1947. Stuttgart 1974. Friedensburg, Ferdinand, Es ging um Deutschlands Einheit. Berlin 1971. Geschichte der deutschen Länder. Territorien-Ploetz. Bd. II. Würzburg 1971 (zit. Territorien-Ploetz II). Gimbel, John, Amerikanische Besatzungspolitik in Deutschland 1945-1949. Frankfurt/M. 1971. ( = The American Occupation of Germany. Stanford 1968) (zit. Gimbel, Besatzungspolitik). Gimbel, John und John C. Hennessy, From Coalition to Confrontation. Readings in Cold War Origins. Belmont, California 1972. Girndt, Ilse Edith Elisabeth, Zentralismus in der Britischen Zone. Bonn 1971. Golay, John Ford, The Founding of the Federal Republic of Germany. Chicago 1958. Second Impression 1965 (zit. Golay, Germany). Grewe, Wilhelm, Ein Besatzungsstatut für Deutschland. Stuttgart 1948. 447
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PERSONENINDEX
Acker, Heinrich, Zweiter Bürgermeister von Berlin (SED) 172 Adcodc, Clarence L., General, amerikanischer Vorsitzender des Bipartite Control Office 22 Adenauer, Dr. Konrad, Oberbürgermeister a.D., Vorsitzender der CDU in der britischen Zone, Präsident des Parlamentarischen Rates XIX-XXI, XXIX, X X X I I - X X X I I I , X X X V I I I - X L , LV-LVI, LXXII, 31, 61, 65-66, 101, 123, 163, 168169, 181, 223, 289-290, 381 Altmeier, Peter, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz (CDU) X X X I I , X X X V I , LIV, LXII-LXIII, LXXVII, 22, 31, 60, 62-65, 67, 74, 80, 83, 86-88, 9 7 98, 101-102, 108, 113-115, 120, 123-124, 127-129, 132-143, 157, 163, 172, 223, 2 4 3 245, 248, 251-253, 255-260, 273, 283, 319321, 324, 335, 337, 339, 368-370, 399-400 Anderson, Miss, brit. Verbindungsoffizier 36, 211 Apel, Wilhelm, Staatsrat (SPD), Hessen 60, 88, 163, 172, 176-177, 228, 237-239, 260, 270, 291, 300, 307, 319, 326, 334, 336-337 Arnold, Karl, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen (CDU) X X V I , X X X I I , X X X V I - X X X V I I I , LIV, 22, 27-28, 31. 38, 60, 62, 65, 70-71, 80-81, 91, 94, 98-105, 112, 115, 118, 123, 125, 127-129, 137, 140-141, 157, 159-160, 163, 172-173, 194-196, 211-215, 218-219, 223, 228-232, 234-236, 245, 252, 255-256, 258-259, 261, 264-266, 270, 273-275, 280, 282-283, 287, 312, 319-322, 324, 337, 339-341, 361-362, 365, 369, 375-376 Ashbury, William, brit. Mil.Gouv. für Schleswig-Holstein 202 Baade, Prof. Dr. Fritz, Direktor des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel 262, 385 Bartsch, Fritz, Pressereferent in der hessischen Staatskanzlei 172, 263-264, 337 Berger, Dr. Hans, Richter am Obersten Gerichtshof für die britische Zone, Köln 385
Bergner, Heinrich W., Landrat z.D., persönlicher Referent des hess. Ministerpräsidenten Stock, Referent für bizonale Angelegenheiten, Leiter des Büros der Ministerpräsidenten X X X , LXIX, LXXI, LXXV, LXXVII, 36, 157-158, 172, 186, 229, 286, 307, 316, 319-322, 324-327, 340, 402, 410-411, 418, 421 Beyerle, Dr. Josef, Justizminister von Württemberg-Baden (CDU) 60, 86, 262, 283, 285, 337, 380, 382-385, 402 Bidault, Georges, franz. Politiker, mehrfach Minister bzw. Ministerpräsident 40 Bismarck, Otto Fürst von, Reichskanzler 94 Blücher, Franz, Minister a.D., Mitglied des Wirtschaftsrates, Vorsitzender der FDP in der brit. Zone X X I - X X I I , X X V I I , X X X I , LXXVII, L X X X , 2, 32, 61 Bode, Lorenz, Staatspräsident von Württemberg-Hohenzollern (CDU) XXXII, X X X V - X X X V I , LIV, LXII, 22, 26, 29, 35, 60, 65, 67, 72, 83, 88, 92, 103, 118, 129, 137, 157, 163, 172, 198, 207-208, 235, 241-243, 245-246, 248-249, 251, 259-261, 273, 283, 308, 348 Bolten, amerik. MilReg. 153 Brandt, Willy, Vertreter des SPD-PV in Berlin XVII, XXVI-XXVII, XXXI, X X X V , X X X I X - X t , XLII-XLIII, X L V XLVI, LXX, L X X X , 2, 19, 25-27, 32, 35, 41, 68, 115-116, 153-154, 173, 325 Brauer, Max, Erster Bürgermeister von Hamburg (SPD) X X V , X X X I I - X X X I I I , X X X V I - X X X I X , XLI, XLVIII, LH, LXV, 22, 25, 29, 33, 35, 60, 64-68, 74, 76, 8 5 88, 91, 95-96, 98-102, 104-106, 117, 1 2 0 130, 134, 136-137, 140, 159, 163, 170-172, 179-184, 186, 194, 206, 216-221, 226-227, 229-230, 232, 234, 243, 247, 253, 256-258, 260, 263, 266, 273, 276-278, 282, 337, 348-349, 352, 362-363, 365, 371-372, 375376, 378-380, 401, 406, 409-410 Brentano, Dr. Heinrich von, Fraktionsvorsitzender der hess. CDU LXXVII Brill, Prof. Dr. Hermann Louis, Staatssekretär, Chef der hessischen Staatskanzlei (SPD) X X V I I , LXIII, LXXVII,
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Personenindex 20, 36, 60, 62, 68, 86, 157, 159, 161, 163, 167, 172, 174-176, 178, 216, 229-234, 237, 245, 261-262, 266, 269-270, 283-288, 291, 298-299, 309, 319, 337, 402 Brüning, Prof. Dr. Kurt, Direktor des Niedersächsischen Amtes für Landesplanung und Statistik 260, 291, 299300, 307, 326 Chaput de Saintonge, Rolland Alfred Aimé, Oberstleutnant, Mitglied des Tripartite Committees für das Besatzungsstatut und brit. Verbindungsoffizier im Büro der drei Oberbefehlshaber zum Parlamentarischen Rat 22, 36, 135, 163, 211, 273, 319-324, 410, 418 Churchill, Winston Spencer, brit. Premierminister (1940-1945, 1951-1955) 85 Clay, Lucius D., General, amerik. Militärgouverneur XII-XVI, XVIII-XX, XXII, XXIV-XXV, XXVIII, XLII-XLVII, LIILIII, LXX, 1, 3, 17-19, 22-25, 31-32, 36, 44, 62, 107-108, 111-112, 129, 138, 143, 153-156, 158-159, 163-164, 169-171, 176178, 181, 188, 190-191, 194, 212-213, 265, 273-274, 282, 316-317, 321, 323, 325, 339, 351, 400, 404, 411, 413 Crossmann, Richard, Abgeordneter des brit. Unterhauses XXXV Danckwerts, Dr. Justus, Ministerialrat in der niedersächsischen Staatskanzlei 60, 98, 157, 172, 262, 283, 285, 337 Dichtel, Anton, Vorsitzender der CDU von Baden 103 Doemming, Klaus Berto von, Regierungsrat, Rheinland-Pfalz 395 Dörr, Dr. Wilhelm, Verwaltungsdirektor des Wirtschaftsrates für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet, Justitiar und pers. Referent des Präsidenten des WiR 22 Donndorf, Wolfgang, Regierungsrat, Referent in der Staatskanzlei von Württemberg-Hohenzollern 60, 172 Douglas, Lewis W., amerik. Botschafter in Großbritannien 317 Draper, William H. Jr., Unterstaatssekretär im amerik. Kriegsministerium, vorher Direktor der Wirtschaftsabteilung des OMGUS XXIX, 18, 22, 151 Drexelius, Dr. Wilhelm, Senatssyndikus, Hamburg 60, 68, 113, 128, 172, 262 Eberhard, Prof. Dr. Fritz, Staatssekretär mit besonderen Aufgaben des Landes Württemberg-Baden (SPD), Leiter des
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Deutschen Büros für Friedensfragen, Stuttgart, Herausgeber der Stuttgarter Rundschau 36, 49 Ehard, Dr. Hans, Ministerpräsident von Bayern (CSU) XXVI, XXX-XXXII, XXXV-XXXIX, XLI, XLVIII-XLIX, LILII, LIV-LVI, LXI, LXV, LXX-LXXI, L'XXVII, 17, 22-24, 26-29, 31, 33, 35, 38, 60, 62, 64-67, 76-78, 82-86, 89, 91, 94-95, 97-98, 101-106, 108-114, 121-122, 125129, 133, 135-140, 144, 151-153, 157-158, 160, 163, 172, 179, 181, 183-190, 222228, 230, 235, 246-247, 249, 252-255, 262264, 273, 278-279, 283, 287, 308, 320, 337, 339, 341-342, 349, 366-368, 375, 379, 401-402, 407-409 Eichler, Willi Gustav Eduard, Mitglied des Parteivorstandes der SPD XXXV Eisenhower, Dwight David, Komm. General der alliierten Besatzungstruppen 131 Eschenburg, (Prof.) Dr. Theodor, Ministerialrat, Württemberg-Hohenzollern 158, 260, 291, 307-308, 310, 326, 333 Fischer-Menshausen, Dr. Herbert, Ministerialrat und Hauptreferent für Finanzen beim Länderrat des VWG, Frankfurt 390-391 Forest, Alexander, Leiter des Sekretariats der Civil Administration Division des OMGUS 273 Forster, Dirk, Deutsches Büro für Friedensfragen 49 Franpois-Poncet, André, Diplomat, frz. Hochkommissar für Deutschland XLIV Franken, Joseph Paul, Landesdirektor und Amtschef im Aufbauministerium von Schleswig-Holstein 260, 291, 293298, 307-308, 310 Friedensburg, Dr. Ferdinand, Bürgermeister von Berlin, Vorsitzender der Berliner CDU XLV, 172, 196 Friedrich, Politischer Stab General Clays, Civil Administration Division des OMGUS XLVII Froitzheim, Wilhelm, Landtagsdirektor von Rheinland-Pfalz 60, 141 Futers, brit. Verbindungsoffizier 36 Glum, Prof. Dr. Friedrich, Ministerialdirigent in der bayerischen Staatskanzlei, Leiter des Verfassungsreferats (bis Mitte 1948) 60 Görres, Josef von, Gelehrter und Publizist (1776-1848) 62
Personenindex Grewe, Prof. Dr. Wilhelm, Professor für Staats-, Verwaltungs- und Völkerrecht an der Universität Freiburg i. Br. 49 Gülidi, Prof. Dr. Wilhelm, Landrat und Vorsitzender des schleswig-holsteinischen Landkreistages 291-293, 307, 311 Gumppenberg, Karl-Hildebrand Frhr. von, Oberregierungsrat in der Landeskanzlei von Nordrhein-Westfalen XXII, XLIV, LIV, LXVII, 31, 36, 60, 80, 157, 172, 252, 260, 287, 289, 291-292, 300, 307-310, 326, 333, 336-337, 421 Haas, Dr. Wilhelm, Staatsrat, Leiter der Präsidialabteilung des Bremischen Senats 60, 88, 157, 172, 259, 291, 337 Haberer, Dr. Hanns, Staatssekretär, Chef der Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz (CDU) 60, 319, 337 Haenlein, Franz, Oberregierungsrat, Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz 138, 143, 326, 333, 337 Hamilton-Stokes, Mrs., Mitglied der brit. Delegation beim Büro der drei Oberbefehlshaber 273 Hansen, Dr. Bernhard, Bevollmächtigter der Vertretung Hamburgs beim Länderrat des VWG, Frankfurt 35, 60, 291, 307, 337 Härder, Dr. Hans, Senatssyndikus, Hamburg 260, 291 Hartmann, Dr. Helfried, Mitarbeiter des Dt. Büros für Friedensfragen, Stuttgart 43, 315 Haussleiter, August, stellv. Landesvorsitzender der CSU 101 Hays, George P., Generalmajor, Stellvertreter Clays im OMGUS 17, 273 Heine, Friedrich, Mitglied des Parteivorstands der SPD XXXV Hermans, Hubert, Ministerialrat, Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz XXII, XLIV, LIV, LXVII, 60, 80, 138, 141, 260, 291, 307-311, 316, 326, 329, 333, 335-337, 360-361, 374 Henssler, Fritz, Oberbürgermeister von Dortmund (SPD), Mitglied des Zonenbeirats (brit. Zone) XXXI Herter, Christian Archibald, 2. Vorsitzender des House Select Committee on Foreign Aid des amerik. Kongresses, später Außenminister 384 Heubl, Dr. Franz, Angestellter im Büro der Ministerpräsidenten, Sekretär des Verfassungskonvents auf HCh., Gründungsmitglied der CSU 337
Heuß, Prof. Dr. Theodor, Vorsitzender der FDP LXXVII, LXXX Hilpert, Dr. Werner, stellvertr. Ministerpräsident und Finanzminister von Hessen (CDU) LIII-LIV, 65, 86, 106, 158, 172, 176, 181, 223, 239, 283, 285, 289, 323, 402 Hitler, Adolf 417 Hoffmann, Dr. Hans, Finanzminister von Rheinland-Pfalz (SPD) 60, 86, 402 Holzhausen, Rudolf H. J., Ministerialrat, Bayern, Leiter der Wirtschaftsvertretung des Süddt. Länderrates in Berlin 291-292, 307, 326, 333 Horlacher, Dr. Michael, Präsident des bayerischen Landtages, stellv. Landesvorsitzender der CSU 104 Horstmann, Dr. Kurt, Direktor des Statistischen Amtes der britischen Zone 326 Hüfner, Dr. Wilhelm, Direktor des Statistischen Landesamtes von Hessen 291, 307, 326, 333 Hundhammer, Dr. Alois, bayer. Staatsminister für Unterricht und Kultus (CSU) LV Isenburg, Dr. Gerhard, Oberregierungsrat, Württemberg-Hohenzollern 291, 299, 307 Jaeger, Dr. Ulrich, Regierungsdirektor in der niedersächsischen Staatskanzlei 395 Janz, Dr. Friedrich, Vortr. Legationsrat a.D., Finanzministerium von (Süd-)Baden 291-292, 326, 333 Johansen, Svend, Vorsitzender des Südschleswigsdien Wählerverbandes (SSW) 202 Jones, brit. Verbindungsoffizier 36 Joos, Major, Mitglied der frz. Delegation beim Büro der drei Oberbefehlshaber, frz. Verbindungsoffizier 36, 273, 319, 324-325 Käber, Wilhelm, Innenminister von Schleswig-Holstein (SPD) 337 Kaisen, Wilhelm, Senatspräsident und Bürgermeister von Bremen (SPD) XXXIIXXXIV, XXXVI-XXXVII, XXXIX, XLVIII, LH, LXVI, 17, 22, 28, 33, 60, 66-68, 85-86, 88-89, 100, 104, 106, 115, 123, 125-128, 132, 140-142, 151, 155-159, 163-170, 172, 190-191, 235, 273, 280, 337, 341, 355-357, 361, 364, 367, 371, 375, 399-400, 409 453
Personenindex Kaiser, Jakob, Stadtverordneter von Berlin, bis Ende 1947 Vorsitzender der CDU in der sowj. Zone 193, 417 Katz, Dr. Rudolf, Justizminister von Schleswig-Holstein (SPD) 60, 94, 97-98, 127, 172, 283, 285, 337 Katzenberg, Dr. Hermann, Ministerialdirigent, Pressedief der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen 60, 88, 115, 117, 134, 172, 264, 319, 337 Kaufmann, Prof. Dr. Erich, Direktor des Instituts für Völkerrecht der Universität München 49 Klaiber, Dr. Manfred, Ministerialrat, Staatsministerium von WürttembergBaden, Leiter der Vertretung Württemberg-Badens beim Länderrat in Frankfurt 22, 60, 86, 157, 172, 320, 337 Klingelhöfer, Gustav, Stadtrat für das Wirtschaftsressort, Vertreter Berlins beim Länderrat des VWG, Frankfurt XLV, 196 Kniesch, Dr. Joachim, Regierungsrat, hess. Staatskanzlei 172, 229, 283, 410 Köhler, Dr. Erich, Präsident des Wirtschaftsrates des VWG (CDU) LIV, 17, 22, 65, 283, 339 Koenig, Pierre, Armeegeneral, frz. Militärgouverneur XXV, XXXIV-XXXV, XLIII-XLIV, XLVI, LXII, 2, 22-24, 30, 35, 151-152, 157-158, 163-164, 166-168, 175-176, 184, 188, 205, 273-275, 277282, 317, 418 Kollmann, Dr. Ottmar, Staatsrat a.D., Bayern 385 Kopf, Hinrich Wilhelm, Ministerpräsident von Niedersachsen (SPD) XXXIIXXXIII, XXXVIII, LI-LII, 22, 25, 35, 60, 64-65, 67-68, 71, 81, 86-88, 101, 113, 118, 133-135, 138-139, 157, 159-160, 163, 172, 178, 215-216, 218-220, 222-223, 234237, 252, 263, 273, 278, 337, 352-353, 365, 371-372, 374, 378-379 Kordt, Dr. Theodor, Dozent für Völkerrecht an der Universität Bonn 262, 337 Küster, Otto, Rechtsanwalt, Abteilungsleiter im Justizministerium von Württemberg-Baden 395 Laloy, Jean, frz. Verbindungsoffizier im Büro der drei Militärgouverneure XLIV, 36, 290, 324-326, 329, 404, 410, 413 Lange, Karl-Heinz, Amtsrat in der hess. Staatskanzlei Wiesbaden und im Büro der Ministerpräsidenten 291, 307, 326, 333, 337 454
Lauffer, Dr. Herbert, Staatssekretär im niedersächs. Ministerium f. Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 157, 172 Lauritzen, Dr. Lauritz, Landesdirektor im Innenministerium von Schleswig-Holstein 337 Lefebvre de Laboulay, François, Gesandt-schaftssekretär, Leiter der frz. Delegation im Büro der drei Oberbefehlshaber 36, 135, 163, 186, 211, 273, 316, 319, 321, 418-419 Leisewitz, Dr. Georg Heinz Albert, Legationsrat z.Wv., Leiter der Außenstelle Bad Godesberg des Büros der Ministerpräsidenten XXI, 36, 290 Leusser, Claus, Ministerialrat, Leiter der Rechts- und Verfassungsabteilung in der bayer. Staatskanzlei 337, 395 Litchfield, Edward, Direktor Civil Administration Division des OMGUS LXX, 22, 36, 163, 211, 232, 237-238, 245, 265266, 268-270, 273, 282, 319, 321-324, 410 Lobe, Paul, Reichstagspräsident a.D. (19201932), Stadtverordneter von Berlin, Vorstandsmitglied der Berliner SPD, Zeitungsverleger (Telegraf) XLVII, 193, 337, 348, 417 Lüdemann, Hermann, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein (SPD) XXXII, XXXIV, XXXVI-XXXVII, LXII, LXIVLXVI, 22, 26-27, 60, 65, 68, 79, 83, 88, 93, 103, 114-116, 118, 122, 124, 130, 132, 137-139, 157-158, 163, 172, 179, 201-205, 211, 228-229, 233, 236-240, 242, 244, 247, 249-250, 253, 255-258, 260-264, 268-269, 273, 275-276, 291-293, 295-297, 299-300, 315, 326, 328-329, 333-337, 343-349, 352, 356-357, 363, 365-366, 368, 371-373, 376379, 401, 409, 420 Lüdgens, Dr. Gerhart, Außenpolitischer Referent des PV der SPD 68 Maier, Dr. Reinhold, Ministerpräsident von Württemberg-Baden (DVP-FDP) XVIII, XXIII-XXIV, XXVI, XXXIXXXII, XXXVI, XXXVIII-XXXIX, X L V XLVI, LXII, 22, 24-25, 28-29, 36, 60-61, 64-65, 67, 78-79, 83, 86, 88, 94, 98, 102, 104, 118-119, 121-122, 129-133, 139-140, 151, 157, 160, 163, 172, 196-198, 206, 208, 219, 221, 225-226, 234, 236, 244-246, 248249, 258, 263, 273, 280, 337, 349-354, 359, 365, 372-374, 376, 380, 404-107, 409-410 Marecco, brit. Verbindungsoffizier 36, 316, 329, 332
Personenindex Marshall, George Catlett, General, amerik. Außenminister (1947-1949) XV, 410 Maunz, Prof. Dr. Theodor, Professor für öffentliches Redit an der Universität Freiburg, Berichterstatter im Unterausschuß II auf Herrenchiemsee 385 Mayhew, Christopher, Staatssekretär im brit. Außenministerium XXII McReady, Sir Gordon, Generalleutnant, brit. Vorsitzender des Bipartite Control Office 22 Melchers, Dr. Wilhelm, Vortr. Legationsrat a.D., Bremen 259, 291, 307, 310, 326, 333 Menzel, Dr. Walter, Minister des Innern von Nordrhein-Westfalen, Mitglied des Zonenbeirats (brit. Zone), Mitglied des Parteivorstands der SPD XXIX, LIX, LXXX Merkatz, Dr. Hans-Joachim von, Wiss. Sachbearbeiter an der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover 326, 333 Mittendorf, Oswald, Senator, Bevollmächtigter Bremens beim Länderrat des VWG, Frankfurt 60, 172, 235, 337 Molotow, Wjatscheslaw Michailowitsch, Außenminister der UdSSR (1939-1949) 325, 404 Müller, Dr. Gebhard, Staatspräsident von Württemberg-Hohenzollern (CDU) 60, 103, 172, 337, 348, 370-375, 380, 399 Müller, Gerhard H., Ministerialrat, Leiter der Staatskanzlei von WürttembergHohenzollern 337 Müller, Dr. Josef, stellv. Ministerpräsident und Justizminister von Bayern, Vorsitzender der CSU XXXIV, XXXVIIIXXXIX, LV, LXX, LXXVII, 60, 66, 101102, 223, 287 Murphy, Robert D., amerik. Botschafter, Political Adviser for Germany, Vertreter des US-State Department in Deutschland XIII, XXVI, XXXIV, XLVII, LH, LXIII, 17, 22, 30, 60, 66, 68, 151, 153-154, 157-158, 161, 163, 273, 276, 278, 282, 316, 410 Nawiasky, Prof. Dr. Hans, Professor für Staatsrecht an der Universität München und der Handelshochschule St. Gallen 382 Neumann, Franz, Fraktionsvorsitzender der Berliner SPD, Mitglied des Parteivorstands X X X V
Newman, James R., Direktor der amerik. MilReg. für Hessen 220 Noiret, Charles Jean Roger, Generalleutnant, stellvertretender frz. Militärgouverneur, frz. Vertreter im alliierten Kontrollrat 22, 163, 273 Ollenhauer, Erich, stellv. Vorsitzender der SPD XXI, XXIII, XXXIII, U l i , 41, 62, 68, 101, 103, 123, 158, 181, 223, 402 Panuch, J. Anthony, Sonderberater von General Clay XXXV, 22 Pabsch, amerik. Verbindungsoffizier 36, 270 Pfeiffer, Dr. Anton, Staatsminister und Chef der bayer. Staatskanzlei (CSU) LXV, 22, 29, 36, 60, 88, 115-116, 147148, 157, 159, 163, 166-167, 170, 172, 174-178, 241, 243, 259, 262, 283, 291292, 299-300, 307-309, 311-312, 326-327, 333-334, 337, 343, 375-376, 380-382, 418, 420 Pollock, Prof. Dr. James K., persönlicher politischer Berater von General Clay, früher Leiter des Regional Government Coordinating Office in Stuttgart XXIV, XXVIII, 21 Praß, Dr. Johannes, Regierungsrat, Hamburg 385, 395 Preller, Prof. Dr. Ludwig, Minister für Arbeit, Wirtschaft und Verkehr von Schleswig-Holstein (SPD) 291, 307 Preuß, Prof. Dr. Hugo, Reichsinnenminister (1919), Verfasser des ersten Entwurfs der Weimarer Reichsverfassung 44, 291, 294 Pünder, Dr. Hermann Josef, Vorsitzender (Oberdirektor) des Verwaltungsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes XXXV, LXXVII, LXXX Quisling, Vidkum, norwegischer MinPräs. während der deutschen Besetzung 37 Rakette, Egon H„ Oberinspektor im Büro der Ministerpräsidenten 319, 322, 337, 339 Reger, Erik, Mitherausgeber und Chefredakteur der Berliner Zeitung „Der Tagesspiegel" 315 Reif, Dr. Hans Otto Ernst, Stadtverordneter von Berlin, Vorsitzender des FDPLandesverbandes, Dozent für Nationalökonomie 193, 417 455
Personenindex Renner, Victor, Innenminister von Württemberg-Hohenzollern (SPD) 60, 93, 98, 119-121, 130-132, 260, 291, 300, 307-309, 326-327, 333, 337, 362-363, 365, 372, 376377, 408, 410 Reuter, Dr. Ernst, Stadtrat, später Oberbürgermeister von Berlin (SPD) XL VI, L, 116, 172-173, 191-194, 196-197, 210, 223, 292, 337-338, 400-401, 404-408, 417 Ringelmann, Dr. Richard, Ministerialdirektor im bayer. Staatsministerium der Finanzen 391 Robertson, Sir Brian Hubert, General, brit. Militärgouverneur XIX, XXII, XLVI-XLVII, LXIII, 2, 4, 17, 22-24, 31, 47, 62, 86, 129, 158-159, 161, 163-166, 168, 170-171, 174-177, 182, 237, 246, 269, 273, 282, 317, 404, 418 Roosevelt, Franklin Delano, Präsident der Vereinigten Staaten (1933-1945) 85 Sabatier, Maurice, Generaldirektor in der frz. Militärregierung 22, 323 Sauer, Dr. Albert, Minister für Kultus und Erziehung von Württemberg-Hohenzollern (CDU) 337 Scammon, amerik. MilReg. 153-154 Schefbeck, Otto, bayer. Landtagsabgeordneter (CSU) 101 Schenck, Dr. Richard, Finanzminister von Schleswig-Holstein (SPD) 86, 337, 401402 Scheu, Prof. Dr. Erwin, Wirtschaftspolitiker 291, 294-295 Schmid, Prof. Dr. Carlo, Staatsrat, stellv. Staatspräsident und Justizminister von Württemberg-Hohenzollern (SPD) XXXIII, XXXVII-XXXIX, XLI, XLIX, LI, LIII-LIV, LVI, LXIV, LXX-LXXI, LXXVII, LXXX, 22, 29, 35, 49, 57, 60, 68, 84, 86-87, 90, 101, 113-114, 122, 124128, 133-134* 139, 144, 157, 159-160, 172, 198-201, 204, 219-220, 225, 228, 232, 259, 262, 283, 285, 337, 342, 358-361, 365, 380-382, 399-400, 402 Schmidt, Gerhard, Landrat z. D., Leiter der Zentralabteilung der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 337-338, 399 Schmidt, Paul, Oberregierungsrat in der hess. Stäatskanzlei 172 Schmoller, Dr. Gustav von, WürttembergHohenzollern LXXII, 49, 323, 395 Schoettle, Erwin, Journalist, SPD-Politiker 159 456
Sdiroeder, Louise, amtierender Oberbürgermeister von Berlin (SPD) XLVXLVI, 29, 60-63, 68, 106-108, 115-116, 124-125, 172-173, 191, 197 Sdiühly, Prof. Dr. Alfred, Innenminister von Baden (CDU) 291-292, 326, 333 Schumacher, Dr. Kurt Ernst Karl, 1. Vorsitzender der SPD XXXI, LXXX Schwalber, Dr. Josef, Staatssekretär im bayerischen Staatsministerium des Innern (CSU) 262 Schwend, Dr. h. c. Karl, Ministerialdirektor, Leiter der bayerischen Staatskanzlei 60, 138, 157, 172, 264, 291, 337 Seelos, Dr. Gebhard, Staatsrat, Bevollmächtigter Bayerns beim Länderrat Stuttgart, später beim Länderrat des VWG, Frankfurt 60, 172, 259, 291 Seydoux Fornies de Clausonne,- François, Gesandter, Leiter der frz. Delegation beim Büro der drei Oberbefehlshaber 22, 36, 163, 211, 245, 265-266, 268, 273 Sieveking, Dr. Kurt, Senatssyndikus und Leiter der Senatskanzlei, Hamburg 60, 89, 117-118, 122, 259, 291, 326, 333-334, 337, 348-349, 402 Simons, Dr. Hans, Leiter der Governmental Structures Brandi, Civil Affairs Division des OMGUS, amerik. Verbindungsoffizier LXIX, LXXV, 36, 135-136, 211, 233, 265, 269, 273, 316, 319, 329, 410, 421 Smith, amerik. Verbindungsoffizier 227 Spiedcer, Dr. Carl, Landesminister, Vertreter von Nordrhein-Westfalen beim Wirtsdiaftsrat des VWG (Z) XXXIII, 22, 35, 60, 86, 138, 172, 232, 264, 266, 319, 324, 337, 380, 400, 402 Spitta, Dr. Theodor, Bürgermeister, stellv. Präsident des Senats von Bremen (BDV) 262, 337, 380, 385-395 Stalin, Josef Wissarionowitsch, Marschall und Vorsitzender des Ministerrates der UdSSR 325, 404 Steel, Sir Christopher Eden, Leiter der politischen Abteilung der alliierten Kontrollkommission (brit. Zone), politischer Berater des brit. Militärgouverneurs 22, 159, 163, 273, 282 Steffan, Jakob, Innenminister von Rheinland-Pfalz (SPD) 60, 68, 98, 157, 172, 325, 333, 337 Sternberger, Prof. Dr. Dolf, Professor für politische Wissenschaften, Publizist 95, 183
Personenindex Stock, Christian, Ministerpräsident von Hessen, Vorsitzender der Konferenz der Ministerpräsidenten (SPD) XXVII, XXX, XXXII-XXXIII, XXXVI, XXXIX, XLVIII-XLIX, LV-LVI, LXII, LXIX, LXXII, 17, 20-22, 26, 28, 60, 62, 65, 6768, 70, 81, 86-88, 98, 117-118, 122, 128129, 133, 140, 151-152, 157-158, 160, 163, 168-174, 176-180, 208-211, 221-222, 227237, 250-252, 255-259, 260-264, 268-270, 273-274, 276, 278, 280-282, 285, 287, 291, 319-320, 322-324, 337-343, 348, 358, 363- 365, 370-382, 385, 395, 399-400, 402-404, 406, 408-411, 414—417, 419, 421 Stork, Dr. Hans, Referent des Deutschen Städtetags, Köln, Sachverständiger im Unterausschuß II HCh. 391 Strickrodt, Dr. Georg, Finanzminister von Niedersadisen (CDU) LIV, 65, 86, 283, 356, 400-402 Sudian, Dr. Franz, Landesdirektor, Schleswig-Holstein LIX, 22, 60, 157, 172, 291292, 307-309, 311, 316, 326, 328, 333, 337 Syhr, Dr. Otto, Stadtverordnetenvorsteher von Berlin (SPD) 193, 262, 417 Süsterhenn, Dr. Adolf, Justiz- und Kultusminister von Rheinland-Pfalz (CDU) XXXIII, XXXVIII, LXXVII, 60, 88, 92, 113, 115-116, 119, 121, 124, 126, 128, 130131, 133-134, 172, 240-241, 245, 248, 262 Tarbe de Saint-Hardouin, Jacques, politischer Berater des frz. Militärgouverneurs 22, 163, 273, 282 Troeger, Dr. Heinrich, Ministerialdirektor, Generalsekretär des Exekutivrates des VWG 22, 24, 35 Trombert, amerik. Verbindungsoffizier 36 Ulrich, Fritz, Innenminister von Württemberg-Baden (SPD) 60, 83, 88, 172, 260, 291, 307, 309, 326, 333, 337, 380
Wahrhaftig, Samuel L., Abteilung für Zivilangelegenheiten der amerik. MilReg. für Hessen, später OMGUS, Berlin 68, 161-162, 227, 233-234, 270, 286, 319 Wandersieb, Dr. Hermann, Ministerialdirektor und Chef der Landeskanzlei von Nordrhein-Westfalen 260, 291 Weir, Sir Cecil McAlpine, Präsident der Wirtschaftsabteilung der brit. Kontrollkommission 22 Weitzel, Prof. Dr. A., Wirtschaftspolitiker 291, 294-295 Werz, Dr. Luitpold, Legationsrat a. D., stellv. Leiter des Büros der Ministerpräsidenten 152, 158, 291-292, 307, 324, 326-327, 333, 337, 344, 376, 410-411, 413, 418 Widmer, Guillaume, französischer Gouverneur in Württemberg, stellvertretender Leiter des Office des Changes de la Zone Française d'Occupation XXXV, 35 Wittwer, Konrad, Staatsrat im Staatsministerium von Württemberg-Baden 260, 291, 307, 316, 326, 329-330, 333, 336, 374 Wohleb, Dr. Leo, Staatspräsident von Baden (CDU) XXXII, XXXVI, LIV, 22, 26, 60, 65, 69, 85, 87, 98, 103, 105, 119, 120121, 124, 131-132, 157, 163, 172, 198-199, 205-207, 211, 223, 247-248, 257, 273, 283, 320, 337-338, 353, 372, 376-377, 399 Zinn, Dr. Georg August, Justizminister von Hessen, Vizepräsident des Wirtschaftsrates des VWG (SPD) 68 Zinnkann, Heinrich, Innenminister von Hessen (SPD) 68 Zürcher, Dr. Paul, Oberlandesgerichtspräsident, Freiburg i. B. 259, 262, 291, 300, 307, 310, 326-327, 333, 337, 353-355, 370, 372, 3B0, 395-399
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