Militärstrafgerichtsordnung [2., bedeutend verm. Aufl. Reprint 2018] 9783111665436, 9783111280721


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German Pages 1096 Year 1918

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Abkürzungen
Quellen und Schrifttum
A. Militärstrafgerichtsordnung
Erster Teil. Gerichtsverfassung
Zweiter Teil. Verfahren
Einleitung
Erster Titel. Allgemeine Bestimmungen
Zweiter Titel. verfahren in erster Instanz
Erster Abschnitt. Ermittlungsverfahren
Zweiter Abschnitt. Einzelne Untersuchungsmaßregeln
Dritter Abschnitt. Abschluß des Ermittlungsverfahrens. Erhebung der Anklage
Vierter Abschnitt. Vorbereitung der Hauptverhandlung
Fünfter Abschnitt. Hauptverhandlung
Sechster Abschnitt. Verteidigung
Siebenter Abschnitt. Strafverfügung
Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
Dritter Titel. Ordentliche Rechtsmittel
Vierter Titel. Bestätigung der im ordentlichen Verfahren ergangenen Urteile
Fünfter Titel. Bestätigung und Aufhebung der Urteile der Feldgerichte und der Bordgerichte
Sechster Titel. Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil geschlossenen Verfahren
Siebenter Titel. Strafvollstreckung
Achter Titel. Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen
Neunter Titel. Kosten des Verfahrens
B. Einführungsgesetz zur Militärstrafgerichtsordnung
Nachtrag
Zachlweiser
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Militärstrafgerichtsordnung [2., bedeutend verm. Aufl. Reprint 2018]
 9783111665436, 9783111280721

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8!t. 3

Suttentagsche Sammlung Deutscher Reichsgesetze Nr. 3 Textausgaben mit Anmerkungen.

Militärstrafgerichts­ ordnung Erläutert von Dr. jur. A. Romen, Wirklichem Geheimem Sriegerat.

und Dr. jur. Earl Rtsfom, Sriegegerlchterat b.d. IS.Dtvifio»

Zweite, bedeutend oermehrte Auflag«.

Berlin 1918

3- Guttentag, Verlagsbuchhandlung. G. m. b. H.

ttofetcrg'14« Buchdruckers. 9«tp«tq

Borwort zur zweiten Auflage. Die Jahre zwischen dem Erscheinen der ersten Auflage und der jetzigen werden auf dem Gebiete der Auslegung der Militärstrafgerichtsordnmlg voraussichtlich für lange Zeit zu den fruchtbarsten zu rechnen sein. Die Rechtsprechung des Reichs­ militärgerichts hat die bisherigen Ergebnisse ergänzt und ver­ tieft. Zahlreiche Berwaltungsvorschristen sind hinzugekommen. Endlich hat besonders der Krieg viele neue Fragen aufgerollt uub namentlich auch die zur Anwendung im Felde be­ stimmten Vorschriften in den Vordergrund gerückt. Die neue Auflage hat sich die Aufgabe gestellt, den neuen Stoff in möglichster Kürze einzuarbeiten, um so der Praxis im Krieg und Frieden weiterhin dienen zu können. Die Entscheidungen des Reichsmilitärgericht-, Band 14 bis 20, sind nachgetragen, auch die Prüfungs­ ergebnisse 19 bis 24. Das Schrifttum ist möglichst lückenlos angeführt. Zur Ergänzung dieses Kommentars dienen die im gleichen Berlage von den Verfassern herausgegebenen Werke: „Militärstrafgesetzbuch", in dritter Auflage 1918 erschienen, und „Waffengebrauch und Festnahmerecht des Militärs", Nr. 67 und 114 der Guttentagschen Sammlung deutscher Reichs­ gesetze. Im Felde und Flensburg Mai 1918.

Die Verfasser.

Vorwort zur ersten Auflage. Das vorliegende Werk ist in erster Linie für die Praxis bestimmt. Die Verfasser, seit dem Inkrafttreten der Militär strafgerichtsordnung mit ihrer Anwendung und Auslegung amtlich beschäftigt, haben sich die Ausgabe gestellt, ein prat tisches Hilfsmittel zu schaffen, das dem Juristen wie den, Offizier das Verständnis und die Anwendung des Gesetzes erleichtern soll. Unter Vermeidung ausführlicher Wissenschaft licher Erörterungen nimmt der Kommentar in knappen, stets auf schnelle Aufklärung hinzielenden Erläuterungen zu den beim Gebrauche des Gesetzes sich ergebenden Fragen und Zweifeln Stellung. Die gesetzgeberischen Vorarbeiten sind sorgfältig be nutzt, insbesondere sind die für das Verständnis und die Aus legung des Gesetzes oftmals so wichtigen Ausführungen in der Begründung des Entwurfes in erforderlichem Maße heran gezogen. Die ergänzenden Gesetze und Verordnungen sind immer berücksichtigt, nötigenfalls wörtlich angeführt. Auf die Parallelstellen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der bürgerlichen Strafprozeßordnung ist stets hingewiesen. Die Ausführungsbestimmungen des Preußischen Kriegs ministeriums und des Reichs-Marineamtes sind an dcn be treffenden Stellen überall eingefügt. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Reichsmilitärgerichts sowie die sog. „Prüfungsergeb, nisse" des letzteren sind eingehend verwertet. Die bisher er schienene Literatur ist möglichst vollständig angeführt

Vorwort.

7

Zm Anhang haben die so häufig zur Anwendung gelangenden Gesetze betreffend die Entschädigung für un­ schuldig erlittene Untersuchungshaft vom 14. Juli 1904 und betreffend dieEntschädigungderim Wiederaufnahme­ verfahren freigesprochenen Personen vom 20. Mai 1898 Aufnahme gefunden. (In zweiter Auflage zwecks Raumersparnis fortgelassen.) Das ausführliche Sachregister wird die Auffindung der Gesetzesstellen und der bei ihrer Anwendung entstehenden Fragen erleichtern und damit die Brauchbarkeit des Werkes erhöhen. Berlin und Flensburg, 1910.

Die Verfasser.

Inhaltsübersicht. Vorwort .................................................................................. Abkürzungen.............................................................................. Quellen und Schrifttum..........................................................

Seite 6 12 14

A. MitttärstrafgerichtSordnung. Erster Teil. Gerichtsverfassung §§ 1—114.................... 19 Erster Titel. Umfang der MilitLrstrafgerichtS-arkeit §§ 1 bis 11............................................................................... 19 Zweiter Titel. Ausübung der MilitärstrafgerichtSbarkeit 88 12—110...................................................................... 69 Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen §§ 12 618 18....................................................................... 76 Zweiter Abschnitt. Gerichtsherr g$ 19—37 .... 87 Dritter Abschnitt. Erkennende Gerichte §§ 38—92. 126 I. Standgerichte §§ 38—48 ............................... 126 II. Kriegsgerichte §§ 49—64 ............................... 137 HI. Oberkriegsgerichte §§ 65—70 ........................ 153 IV. ReichSmilitärgericht §§ 71—92........................ 165 vierter Abschnitt. Oberkriegsgerichtsräte, Kriegs­ gerichtsräte und GerichtSoffi-iere §§ 93—102 . . 185 Fünfter Abschnitt. Militäranwaltschaft 6eim Reichsmilitärgerichte §§ 103—107 ................................... 205 Sechster Abschnitt. Militärgerichtsschreiber §§ 108 biS 110............................................................................208 Dritter Titel. Militärjuftizverwaltung §§ 111—114 . . 213 Z»weiter Teil. Verfahren §§ 115—471 ............................ 221 Erster Titel. Allgemeine Bestimmungen §§ 115—150 . 227 Erster Abschnitt. Gerichtssprache §§ 115—121 . . . 227

10

Inhaltsübersicht. Seite Zweiter Abschnitt. Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen §§ 122—135 ............................. Dritter Abschnitt. Entscheidungen, Verfügungen und deren Bekanntmachung §§136—145 ...................... Vierter Abschnitt. Berechnung der Fristen. Wieder­ einsetzung in den vorigen Stand gegen Fristversäumnis §§ 146—150 ..........................................

236 260

276

Zweiter Titel. Verfahren in erster Instanz §§ 151—362

288

Erster Abschnitt. Ermittelungsverfahren §§ 151—170 Zweiter Abschnitt. Einzelne Untersuchungsmaßregeln §§ 171—242 I. Vernehmung des Beschuldigten §§ 171—173 II. Einstweilige Enthebung vom Dienste. Ver­ haftung und vorläufige Festnahme §§ 174—184 III. Vernehmung von Zeugen §§ 185—207 . . IV. Zuziehung von Sachverständigen §§ 208—221 V. Einnahme des Augenscheins. Leichenschau, Leichenöffnung §§ 222—228 ......................... VI. Beschlagnahme und Durchsuchung §§ 229—242 Dritter Abschnitt. Abschluß des Ermittelungsver­ fahrens. Erhebung der Anklage §§ 243—260 . . Vierter Abschnitt. Vorbereitung der Hauptverhand­ lung §§ 261—272 ....................................................... Fünfter Abschnitt. Hauptverhandlung §§ 273—336 Sechster Abschnitt. Verteidigung §§ 337—348. . . Siebenter Abschnitt. Strafverfügung §§ 349—355. Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende §§ 356 bis 362 ............................................................................

288

Dritter Titel. Ordentliche Rechtsmittel §§ 363—415. . Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen §§ 363 bis 372 . ....................................................................* Zweiter Abschnitt. Rechtsbeschwerde §§ 373—377 . Dritter Abschnitt. Berufung §§ 378—396 .... Vierter Abschnitt. Revision §§ 397—415 .....

340 340 347 373 413 436 446 464 501 522 671 696 705 715 715 746 754 819

Inhaltsübersicht.

11 Seite

Vierter Titel. Bestätigung der im ordentlichen Verfahren ergangenen Urteile §§ 416—418.........................................871 Fünfter Titel. Bestätigung und Aufhebung der Urteile der Feldgerichte und der Bordgerichte §§ 419—435 . 887 Sechster Titel. Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil geschlossenen Verfahren- §§ 436—449 .... 920 Siebenter Titel. Strafvollstreckung §§ 450—464 . . . 956 Achter Titel. Entschädigung der im Wiederaufnahme­ verfahren freigesprochenen Personen §§ 465—468 . . 993 Neunter Titel. Kosten des Verfahrens §§ 469—471 . . 1000 B. Einführungsgesetz zur MilitärstrafgerichtSordnung . . 1014 Nachtrag......................................................................................1070 vahlweifer......................................................................................1072

Abkürzungen. AKO. = Allerhöchste Kabinettsorder. Arch. -- Archiv des Militärrechts, von Dietz. Seit Oktober 1909. Begr. = Begründung zum Entwurf einer MStGO. Beratungen = Sten. Ber. d. Reichstages über den Entwurf der MSLGO. nach der Ausgabe von Guttentag. DJZ. --- Deutsche Juristenzeitung, Berlin. DStrrZ. ----- Deutsche Strafrechtszeitung, Berlin, feit 1914. Gerichtssaal -- Der Gerichtssaal, Zeitschrift für Strafrecht und Strafprozeß, Stuttgart Goltd.Arch. -- Archiv für Strafrecht und Strafprozeß, Berlin. Handw. = Handwörterbuch des Militärrechts, unter Mit­ wirkung zahlreicher Mitarbeiter herausgegeben von Dietz, 1912. HO. ----- Heerordnung. KomBer. = Bericht der 8. Kommission über die Entwürfe einer MStGO. und eines Einführungsgesetzes zur MStGO. Drucksachen des Reichstags 9. Leg.-Per. V. Session 1897/98 Nr. 150. L. Z. f. d. R. -- Leipziger Zeitschrift für deutsches Recht, Leipzig. PE. = Prüfungsergebnisse des Reichsmilitärgerichts. Recht --- Das Recht, Rundschau für den deutschen Juristen­ stand. Hannover. Rechtspr. d. RG. = Rechtsprechung des Reichsgerichts in Straf­ sachen, 10 Bände. Eingegangen 1888. RG. = Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. RMG. --- Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts.

Abkürzungen.

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Nomen u. Rissom, MStÄB. - MilitLrstrafgesetzbuch, erläutert, 3. Auflage, 1918. Romen u. Rissom, Waffengebr. = Waffengebrauch und Fest­ nahmerecht des Militärs, 1914. Taschenbuch« Taschenbuch des Militärrechts für Krieg-zeiten, unter Mtwirkung vieler Mitarbeiter herausgegeben von Dtetz, 3. Aufl., 1915. WO. — Wehrordnung. Z. f. d. ges. Str. (oder Z.) — Zeitschrift für die gesamte Strafrechts­ wissenschaft, Berlin. Z. f. Rechtspfl. in V. - Zeitschrift für Rechtspflege In Bayern, München.

Quellen und Schrifttum 1. Quellen: Entwurf mit Begründung. Berh. d. Reichstags 97/98. Drucks. Nr. 6. Herausgeg. Guttentag 1897. Beratungen. StenBer. b. Reichstags 97/98 S. 293—350, 1495—1636, 2155 bis 2185. Herausgeg. Guttentag 1898. Kommissions bericht. Drucks, d. Reichstags Nr. 150. Weiteres s. Katalog der Bibliothek des RMG. 1913 S. 463. 2. Kommentare: Pech well 1899; Weigel 1899; Sturm und Walde 1899; Seidenspinner 1900; v. Koppmann 1901; Stenglein 1901; v. Schlayer 1904, bespr. von Rissom, Arch. öff. R. 22 553; Elsner u. Gronolv 1906; Herz und Ernst 1908; erste Auflage dieses Kommentars 1910. 3. Gesamtdarstellungen: Weifsenbach, MStGO., 1904: Weiffenbach in Holtzendorff-Kohler, Enzykl. d. Rechtswiss., 1904; u. Lilienthal in Birkmeners Enzyklopädie, 1904; Dietz in Köhler, Enzykl. d. Rechtswiss., 2. Ausl., 1914, bespr. Arch. 5 388: Finger, Das deutsche Militärstrafrecht und sein Verfahren, 1916. 4. Geschichte: a) Altere Geschichte des Militärstraf­ verfahrens s. Bücherkatalog des RMG-, 1. Ausg., 1913, S- 359, 389, 395, 453; Fleck, Komm. z. preuß. MStGO., Berlin 1864.

b) Vorarbeiten und Kritiken der Entwürfe s. das. S. 462, 466; Geling, Der Entwurf e. MStGO-, Jur. Lit. Bl. 10 21.

c) v. Bonin, Das Heeresrecht. Ein unerforschtes Gebiet deutschen Rechtslebens, 1912, bespr. Arch. 4 227; v. Bonin, Entwick­ lung des deutschen Kriegsgerichtswesens, 1912, bespr. Arch. 4 61. 5. Schriften allgemeinen Inhalts: v. Marck, Kritische Be­ trachtungen zur Militärstrafprozetzvorlage, 1898: Mittermaier, Die MStGO-, 1899; Nehm, Wesen und oberste Prinzipien der Militär­ gerichtsbarkeit, Z. f. d. gef. Str. 19 416—440; Bartholomäus, Die MStGO-, Z. f. d. ges. Str. 22 799—817; Kritzler, Z. f. d. ges. Str. 23 567—579: Endres, Die MStGO. und ihre Wirksamkeit, 1903.

Quellen und Schrifttum.

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Riffom, Militärstrafrecht, Difziplinarstrafgewalt, Ehrengerichte, Berlin 1903; Riffom, Militärgerichtsbarkeit und Kommandogewalt, Acch. f. Strafr. 56 168—183 u. 58 48—66; Riffom, Der Militärstrafprozetz in Frankreich und Deutfchland, Kontinent 1907, S. 510 bS 520, 621—631. Bgl. auch Schrifttum vor § 12. Steidle, Militärrechtliche Studien, Feftfchttft, 1910, befpr. Arch2 305; Hauck, Die Geringschätzung des Strafrechts, DJZ. 1910 S 795; Bornhak, Unser Militärlustizwesen, Gef. u. Recht 1914 Heft 7—18; Dietz, Die Entwicklung der deutschen Militärsttafrechtspilege seit 1870/71, Neue mil. Blätter 1910 Nr. 34, 35, befpr. 2lrch. 2 151; Ph. O. Mayer, Die Entwicklung der MilitärrechtSpilege, DJZ. 1911, Bayr. Festnummer, befpr. Arch. 2 394; Weigel, Die Entwicklung der Militärrechtspflege, Recht 1911, Bayer. Fest­ nummer, befpr. Arch. 2 394; Dietz, 1886 —zum 15. Juni — 1913, Arch. 4 401; Rotermund, Zehn Jahre Militärsttafgerichtsordnung, Arch. 2 2. Handw.: Riffom, MilitärstrafgerichtSordnung, Geschichte und all­ gemeine Grundzüge; Handw.: Riffom, Verfahren, militärgericht­ liche-, allgemeine Grundzüge; Handw.: Riffom, Militärgerichtsbar­ keit und Kommandogewalt: Dietz, MilttärsttafgerichtSbarkett, Sten­ gel- Wörterbuch, unter Militärwefen; Riffom, Mehr Fühlung -wischen der österreichischen und der deutschen Militärjustiz, Arch. 5 81; Riffom, Die Trennung von AnNage und Richteramt in der Militärjustiz, Arch. 5 342; Ph. O. Mayer, Die militättfche Gericht-barkeit und der § 10 MStGO., in Erört. ü. b. allg. u. Militärstrafr. 1913; v. Schlayer, Da- Militärfttafrecht früher und heute, DEtrrZ. 1 192, befpr. Arch. 5 457; Kleineberg, Lügen beschuldigter und angeklagter Militärperfonen, Z. 37 538.

6. Auslegung: Handw.: Riffom,Auslegung: Beling, Rechtfpr. d. RMG., Soll- und Mußfätze, Z. 38 467. 7. Feldverfahren, vgl. namentlich §§ 419 fg. und § 3 EG. 8. Niedere Gerichtsbarkeit f. § 15. 9. Fortbildung des Verfahrens: Brückmann, Betrach­ tungen zur MilitärsttafrechtSpflege, Z. 25 945; Rotermund, Einige Ungenauigkeiten der MStGO-, Z. 24 236; Frank, Rechts- und

16

Quellen und Schrifttum.

Reformfragen -um Gumbinner Prozesse, DIZ. 6 418; v. Sedan, Zur Reform der MStGO., Recht 5 426; Endres, Die MStGO. und ihre Wirksamkeit, Iahrb. f. Ann. Mar. 1903 S. 521—532, 631—642; Becker, Betrachtungen zur MStGO., Die Zweiteilung in der Berhandlungsleitung, Recht 9 217; Dich, Unsere Kriegs­ gerichte und die Presse, D. Off.Bl. 9 512; M. E. Mayer, Die Unab­ hängigkeit der Militärgerichte, DIZ. 12 34; Steidle, Militärstraf. Prozeß- und Reichsstrafprozeßreform, 1908, bespr. Arch. 1 71, 154; EndreS, Das Laienelement in der Militärrechtspflege, Arch. 1 29; PH. O. Mayer, Die Reform des Militärrechts, DIZ. 1913 6. 314, bespr. Arch. 4 307; Dieß, Strafrechtsreform und Militärstrafprozeß, DIZ. 10 343; Hachenburg, Verbesserungen des Beschwerderechts, der Ehrengerichte und des Militärstrafrechts, DIZ. 1913 S. 789, bespr. Arch 4 471; Rissom, Die Trennung von Anklage und Richter ivnt in der Militärjustiz, Arch. 5 342; v. Iagwitz, Rehdans, Dieh. Reform der MStGO., Zeitungsaufsätze, bespr. Arch. 5 382; Dietz, Aufgaben und Ziele de- Arch. f. MilR., Arch. 11; Detnhardt, Rechtpflege und Sprache, Arch. 1 22; Dietz, Strafprozetzreform und Militärstrafprozeß, DIZ. 1910 Nr. 6, besvr. Arch. 1 388; v. Calker, Eine Akademie für Militärrccht, Arch. 4 81; dazu Gerland, Elsner v. Gronow, Bergmayer, Rotermund, Romen, Geling, Frank, Arch. 4161; v. Bippen, Erhard, Flegel, Rehdans, Dietz, Arch. 4 241. 10. Einzelgebiete: Gerichtsbarkeit f. vor § 1; Gerichtsver­ fassung s. vor § 12; Militärjustizverwaltung s. § 111; Verfahren s. vor 8 115; im übrigen vgl. die Nachweise zu den einzelnen Paragraphen. 11. Rechtsprechung: Entscheidungen deS RetchSmilitärgerichts bi- jetzt 20 Bände: Prüfungsergebnisse des RMG., 1—13 in» Generalregister der Entscheidungen Bd. 6—10, weitere PE. halb jährlich: Gerland, Entsch. d. RMG. Bd. 1—4, Krit. BierteljahrSschr. f. Gesetzgeb. u. Rechtswiss. 1903,45 429 u. 561; Gerland, Dogmatische Beiträge zur Auslegung der MStGO., Gerichtssaal 1906, 69 194 bis 3581 Ditzen, Entsch. d. RMG. Bd. 1—6, GoltdArch. 1905 S. 215—231, 363—380; 1906 S. 45—64: Steidle, Zur Auslegung der Prüfungsergebnisse deS RMG., Arch. 1 326: Beling, Rechtspr.

Quellen und Schrifttum.

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d. «MG. Bd. 1—3, Z. 24 245, Bd. 4—16 Z. 38 465; Rissom, Entsch. b. RMG., Gerichtssaal, und zwar Bd. 11 in 73 305, Bd. 12 in 75 471, Bd. 13 in 76 386, Bd. 14 in 78 419, Bd. 15 in 79 445, Bd. 16 in 80 432, Bd. 17 in 81 451; Rissom, Entsch. d. RMG., Arch., und zwar Bd. 12 in 1 221, 297, Bd. 13 in 1 455, 2 58, Bd. 14 in t 370, 455, Bd. 15 in 3 149, 217, Bd. 16 in 4 52, 130; Bd. 17 in 5 50—66, 127—136, 207—217, Bd. 19 in 6 316—333, 341—352, Bd. 20 in 7; Schwarzkoppen, Entsch. d. RMG., betrachtet vom Standpuntt des Frontoffiziers, 1906: Olshausen, RMG., Bd. 19, in L Z.f.D R. 10 425 12. Verordnungen: Helldorf, Dienstvorschriften der preuh. Armee, Berlin 1902—1904. 13. Zeitschriften: Archiv für Militärrecht, herausgegeben von Dieb bei I. Bensheimer, Mannheim, seit 1909, bis jetzt 7 Bände: dazu Hecker, Z. 30 Heft 6, bespr. Arch. 1 468; militärische und straf rechtliche Zeitschriften, vgl. die Abkürzungen. 14. Militärjuristentage: Jordan, Der zweite deutsche Militärjuristentag, Recht 18 555; Mewes, Zweite Kriegstagung deutscher Militärjuristen in Brüssel, DStrrZ. 1915 E. 349; «ttle, Erster deutscher Militärjuristentag in Feindesland, Arch. 6 111; Jordan, Ein erster deutscher Milttärjuristentag in Feindesland, DAZ. 1915 S. 506: Förster, Militärjuristentagung in Russisch-Polen, Arch. 6 428: SieSkind, Die dritte Tagung richterlicher Militärjusttzbeamter in Brüssel, DStrrZ. 4 77. Dietz, Verhandlungen des ersten und zwetten deutschen MilitärjurtstentageS, 1913 und 1914; Willeke, Verhandlungen des zweiten Brüsseler Militärjuristentages, 1915; v. d. Horst-Friedmann, Tagung der Feldjustizbeamten, Wilna 1917.

15. Sammelwerke: Dieh, Handwörterbuch de- MilitärrechtS, 1912; Dietz, Taschenbuch des Militärrechts für Kriegszeiten, 3. Auf!., 1915, bespr. Arch. 6 94; Dietz, Sammlung militärrechtlicher Abhand­ lungen und Studien, 2 Bände, seit 1911. Posener, Rechtslexikvn, 1909, bespr. Arch. 1 305; StengelFleischmann, Wörterbuch des deutschen Staats- und Berwaltungsrechts, 2. Aufl., 1914. Romen-Rlssom, MLtGO.. L.Aufl.

2

18

Quellen und Schrifttum.

10. Schriftentunde: Liman, Almanach der Militärliterstnr, 1809, Militärstrafrecht bearbeitet von Rissom; Maas, Katalog der Bibliothek de- RMG., 1. AuSg., 1913. Zusammenstellungen des Schrifttums in den militärischen und sttafrechtlichen Zeitschriften seit 1909 im Arch. f. MilR, hervorzuheben fottlaufende Berichte von Beling in der Z. f. d. ges. Str. 22 219, 24 453, 315, 26 303, 871, 27 303, 807, 28 296, 749, 29 303, 722, 30 481, 966, 31 281, 746, 33 310, 759 usw.; MeweS, Literatur und Zeitschrift f. d. ges. Militär­ recht, Arch. 4 Ir Schrifttum bis 1909 in Arch. 1 316 fg. nach Ber fassern alphabetisch geordnet; Rissom, Kriegsschrifttum, Arch. 6 231, 7 111. 17. Verwandte Gebiete: Schrifttum über Militärsttafrecht |. bei Romen und Rissom, MStGB-, 2. Ausl-, 1916, über Disziplinärstrafrecht, Beschwerdeordnung, Ehrengerichte, namentlich in den enttprechenden Schriften von Dietz; Sndres, Deutsche Wehrver­ fassung, 1908; Gugel, Wehrordnung, 1908; vgl. auch die einzelnen Artikel im Handwörterbuch des MilitärrechtS, 1912. ► 18. Bürgerliches Strafverfahren: Binding, Grundriß des deutschen Strafprozetzrechts mit reichen Schrifttumsangaben; Löwe, Sttafprozeßordnung, 14. Ausl., 1914; Lehrbücher von BenneckeBeling, 1900; Rosenfeld, 1912, dort Schrifttum S. 27; Graf zn Dohna, 1913, dort Schrifttum S. XI; vgl. auch Katalog der Biblio­ thek deS RMG. S. 303 fg., Übersichten fortlaufend in den Straf rechtszeitschriften: Warneyers Jahrbuch B Strafrecht. 19. Österreich-Ungarn: Weis!, Kommentar zu den Militärstrafprozeßordnungen vom 5. Juli 1912, Wien 1913, dort Schrift­ tum S. XXV, bespr. Arch. 4 230; Schager, Die leitenden Grund­ sätze deS neuen österreichisch-ungarischen Militärsttafverfahrens, Arch. 5 324; Schager, Einführung in die neue MStPrO., 1913, bespr. Arch. 4 390; Junk, AuS der Disziplinar- und militärgerichtlichen Praxis, 1912, bespr. Arch. 4 230; Militärrechtliches Schrifttum in Österreich-Ungarn bis 1911, alphabettsch nach Verfassern geordnet, Arch. 8 75: Bücherkatalog des RMG. S. 478. 90. Sonstiges Ausland: Bgl. Bücherkatalog des RMG.

A.

Militärstrafgerichtsordnung. Bom 1. Dezember 1898. («981. ®. 1189.)

Erster Teil.

Gerichtsverfassung. Erster Titel.

Umfang der Militürstraf-ericht-barkett. Schrifttum. Friedländer, Zuständigleit der Militär- und ZivilstrafgerichtSbarkett, Gerichtssaal 57 29—60; Schlayer, Zuständig­ keitsgrenzen und RechtSHUfe, 1900; Weigel, Zuständigkeit-grenzen, 1902; Grünwald, Verhängung mit Ehrenstrafen durch Zivilgerichte; Goltd. Arch. 55 214—221; Schwenger, Die staatsbürgerliche Sonder­ stellung d. deutschen MilitärstandeS, 1907; Apel, Die königliche GewaU a. d. Gebiete des Ehrengerichtsverfahrens gegen preuß. Offiziere, 1906; Hecker, Der Ztvilstrafrichter und daS MStGB.: Herbst, Der Umfang der milttärgerichUichen Zuständigkeit, Goltd. Arch. 38 309: v Marck u. Kloß, Die Staatsanwaltschaft in Preußen, 3. Aufl., 1913; Stenglein, Zur MStGO., Zuständigkeit-fragen, Äerichtssaal 1901 S. 20; Oppler, Grenzen der Militär- und Straf­ gerichtsbarkeit, DStrrZ. 2 510; Roth, Abgrenzung der mit. u. bürg. Gerichtsbarkeit, Arch. 4 388.

Voller MllttLrgerichlSpaod. 8 I. Der Militärstrafgerichtsbarkeit sind, soweit nicht die folgenden Paragraphen ein anderes bestimmen, lvegen aller strafbaren Handlungen unterstellt:

20

Unisono bet Militätsttasoetichlsbotteit

§ 1.

1. die Militärpersonen des aktiven Heeres und der aktiven Marine; 2. die zur Disposition gestellten Offiziere, Sanitätsoffiziere und Beterinärosfiziere (vgl. RGBl. 1911 6. 32) und Ingenieure des Soldatenstandes; 3. die Studierenden der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen und der Militär Beterinärakademie, sowie der Militärabteilung bei der Tierärztlichen Hochschule und der Lehrschmiede zu Dresden (vgl. RGBl. 1911 S. 31); 4. die Schiffsjungen, solange sie eingeschifft sind; 5. die in militärischen Anstalten versorgten invaliden Ossi ziere und Mannschaften; 0. die nicht zum Soldatenstande gehörigen Offiziere a la suite nnd Sanitätsoffiziere & la suite, wenn und solange sie zu vorübergehender Dienstleistung zuge lassen sind; 7. die verabschiedeten Offiziere, Sanitätsoffiziere, Beteri närosfiziere (vgl. RGBl. 1911 S. 32) und Ingenieure des Soldatenstandes, wenn und solange sie als solche oder als Militärbeamte im aktiven Heere oder in der aktiven Marine vorübergehend wieder Verwendung finden; 8. die in den §§ 155, 157, 158, 100 des Militärstrafgeseh buchs bezeichneten Personen, solange sie den Militär strafgesehen unterworfen sind. Entw. ß 1. Schrifttum. Hecker, Militärpersonen i. S der Meidttflvü'H nebutifl, Berlin iH8ß: Haas, Die allgemeine Wehrpflicht, 1911, befpr. Arch. 8 155; Handw.: Erhard, Militärperfonen: Sasen, Elitärpersonen, in Stengels Wörterb.: ^rev, Mewes, Rohdens, Zurückhaltung eines nach ersüllter Dienstvilicht entlassen, n Manrec,

Umfang bvr Militärstrafgerichtsbarkeit

§ l.

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Arch. 4 217, 290: Erhard, Wann scheiden die Äopitutonten in Bayern aus dem aktiven Heere aus? Arch. 4 445; v. Schtoher, Zeitpunkt des Ausscheidens der Kapitulanten auS dem attiven Heer, Arch. 5 109, s. auch Erhard, Arch. 4 445: Gugel, Die rechtl. 6telluiip der Kapitulanten, Arch. 3 89; v. Bippen, Rissom, Gerichtsstand am Tage der Kontrollvers., DIZ. 14 482, 592, bespr. Arch. 1 1; Dietz, Gerichtsstand am Tage der Kontrollversammlung, Arch. 5 193. Autenrieth, Zur Bestrafung landesrechtl. Verfehlungen außer­ halb des verfügenden Bundesstaat-, DIZ. 1907 Rr. 24; Dietz, Bartolomäus, 2)1. E. 2)tayer, v. Schlayer, Gerland, Hirsch, Autenricth, Landespoliseistrafrecht und Militärgerichte, Arch. 3 135, 198, 321; Bartolomäus, Landesstrafrecht, Anwendbarkeit durch Militär­ gerichte, Handw., 1912; Erhard, Militärgerichtsbarkeit in Forftstraflachen nach dem bayer. Forstgesetz, Arch. 3 265. Hecker, Die Offiziere D. und ihre Zugehörigk. z. att. Heere oder Marine, Berlin 1883; Handw.: Erhard, Offiziere -. D. Handw.: Erhard, Offiziere a. D.; Flaxland, Die Dienstpflicht der Offiziere a. D., Arch. 5 185; Dietz, Sind Offiziere a. D. bei vorübergehender freiwilliger Dienstleistung dem MStGB. unter­ worfen. Arch. 5 289. Boethke, Die Rechtsstellung d. freiw. KriegSkrankenpflege, Arch. 1 401; Beling, Die Kriegsgemeinschaft in ihrer strafrechtlichen und strafprozeßrechtlichen Bedeutung, Z. 37 605. Dietz, Ungebührstrafen vor bürgert. Gerichten gegen Militärpersonen, D. Off. Bl. 1913 Ar. 33: Romen n. Rissom, MStGB §§ 4, 6, 155, 157, 158. 1. Militärstrafgerichtsbarkeit. Der § 39 des RMilGes. v. 2. 5. 74 bestimmt: „Die besondere Gerichtsbarkeit über Militärpersonen beschränkt sich auf Strafsachen und wird durch Reichsgeseh geregelt." Dieses Reichsgesetz ist die MStGO. Sie beruht auf dem Gedanken, daß das Militär selbst die Strafrechtspflege gegenüber seinen Angehörigen ausübt, einerseits weil es seiner Or­ ganisation nach dazu imstande ist, andererseits weil ein Eingreifen einer anderen Gewalt seiner Organisation und seinem inneren

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Umfang der Militärstrafgerichtsbarkeit. § 1.

Wesen widerstreben würde. Die Begründung S. 53 (Ausg. von Guttentag) bemerkt hierzu: „Die militärische Disziplin steht und fällt mit der un­ bedingten, jede fremde Einwirkung ausschließenden Autorität der Kommandogewalt. In der Anerkennung nur einer,, in der Person des obersten Kriegsherrn gipfelnden und in allem auf diesen zurückzuführenden Autorität beruht das Geheimnis des militärischen Gehorsams und der militärischen Disziplin. Es widerstreitet daher dem innersten Wesen des militärischen Orga­ nismus, daß neben der Kommandogewalt von außen her eine andere, selbständig für sich bestehende Gewalt im Gefüge des Heeres oder der Marine sich geltend mache. Jede solche sich einschiebende Nebengewalt würde den jetzt festgeschlossenen Gliederbau lockern, die Autorität der Kommandogewalt schwächen, die Disziplin gefährden. Der aktive Soldat muß in dem Gefühle, daß er mit seiner ganzen Person dem Heere (der Marine) ange­ hört, irre werden, wenn er in Angelegeuheiten, die die militärische Disziplin betreffen, und dahin gehört das gesamte Strafgebiet, noch eine andere Gerichtsbarkeit als die militärische anzuerkennen hätte, wenn einer außerhalb des mili­ tärischen Verbandes stehenden Gewalt es zukommen sollte, sich seiner Person zu bemächtigen, ihn seinen dienstlichen Obliegen­ heiten zu entziehen, Strafen gegen ihn zu verhängen und zu vollstrecken." 2. Übersicht des Umfanges. 'Die Grundlage der Militär­ gerichtsbarkeit ist daher persönlicher Natur. Sie erstreckt sich auf die Angehörigen des Heeres (der Marine, der Schutztruppen). Die Heereszugehörigkeit kann aber bald mehr, bald weniger angespannt sein. Dem entspricht die Unterscheidung des Gesetzes zwischen dem vollen Militärgerichtsstand des § 1 für aktive Militärpersonen und dem beschränkten, nur auf Verletzung besonderer Dienstpflichten be­ zogenen Militärgerichtsstand des § 5 für Personen des Beurlaubten­ standes. Aus der persönlichen Grundlage der Militärgerichtsbarkeit folgt, daß sie ihrer zeitlichen Dauer nach sich an dieses persönliche Ber-

Umfang der Militärstrafgerichtsbarkeit. § 1.

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btiltnie anschließt, nicht etwa an den Zeitpunkt der begangenen Lat. Hieraus folgt, wie auch § 6 ergibt, daß sie grundsätzlich auch die vor dem Eintritt in dieses Verhältnis begangenen Straftaten ergreift. Entsprechend müßte mit der Beendigung des Verhältnisses auch die Militärgerichtsbarkeit erlöschen. Doch findet nach § 10 eine Fortwirkung des Verhältnisses statt, soweit der militärische Pflichtenkreis in Frage kommt. Ja, der § 11 kennt eine Nachwirkung des Verhältnisses sogar hinsichtlich einiger nach dessen Aufhören be­ gangener Straftaten, welche als Bergeltungshandlungen in innerer Beziehung -u dem früheren Verhältnis stehen. Alle diese Grundzüge sind indessen aus Rücksichten der ver­ schiedensten Art mannigfach verändert. Der Inhalt des Titels läßt sich also wie folgt einteilen:

A. Ordnungsmäßige Militärgerichtsbarkeit §§ 1—10. I. Sachliche Ausdehnung. 1. Voller Militärgerichtsstand § 1. Ausnahmen §$ 2—4, 9. 2. Beschränkter Militärgericht-stand § 5.

IV Zeitliche Ausdehnung. 1. Erfassung der vorher begangenen Straftaten §§ 6- 9.

2. Fortdauer des begründenden Verhältnisses § 10. ti. Außerordentliche Militärgerichtsbarkeit § 11. 3. Örtlicher Geltungsbereich. Die Militärgerichtsbarkeit hat eine persönliche Grundlage. Sie haftet an der Person und begleitet demgemäß den ihr Unterworfenen überall hin. Die ReichSgrenzen — auch deutsche Kriegsschiffe gelten als Reichsgebiet — bilden dabei nur insoweit eine Schranke, als sich der Rechtsübung außerhalb derselben völkerrechtliche Rücksichten entgegensetzen. Fallen diese Rücksichten, -. B. infolge Kriegszustandes, namentlich infolge Besetzung feindlichen oder neutralen Gebietes fort, so macht sich die deutsche Gerichtsbarkeit ungehemmt geltend. Auf staatlosem Gebiet sind Schranken von vornherein nicht vorhanden. „Der deutsche Soldat unter der deutschen Fahne bleibt stets im Jnlande", Arndt im „Tag" 1916 Nr. 274. So sehen wir denn auch die MStGO. während des Krieges im Auslande, wo auch immer unser Heer auftritt, angewendet, wor-

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Umfang der Militärstrafgerichtsbarlelt

§ 1

auf schon die Bestimmungen über das Feldverfahren hinweisen, und zwar nicht nur gegenüber HeereSangehörigen, sondern auch gegenüber Ausländern, worauf § 5 Ziff. 4 hinweist. Auch Dritten, «. Zeugen, gegenüber muß entsprechendes gelten.

4. Inhaber der Militärgerichtsbarkeit sind hinsichtlich der Marine der Kaiser, hinsichtlich der vier Heereskontingente die Kontingent-herren, diese teilweise in Vertretung der Landesherren nach Maßgabe der Konventionen. 5. Die Militärgerichtsbarkeit dient der Verwirklichung de ichlossenheit, namentlich die Schwierigkeiten der Grenzzielnmg, bi* Nnzuträglichteiten einer Trennung bei sachlichem Zusammentreffen und bei Tateinheit von militärischen und bürgerlichen Straftaten,

ovr VJh 1U ri n 11 «t fit* vuftbMmr t v i t. § J.

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bis durch eigene Rechtspflege gewährleistete Beschleunigung, die geringere Störung des eigentlichen militärischen Dienstes. b) Sondergerichten aller Art geht die Militärgerichtsbar. »eit vor. 1 Dies gilt, wie das RMG. micrtmmt hat, auch gegenüber der durch die Hausgesetze landesherrlicher Familien gewährter Sonder­ stellung der Mitglieder dieser Familien, somit? gegenüber dem Recht auf Ansträge, §§ 5 u. 7 EG. z. Ger.-Verf.-Ges. Die Gerichtsbarkeit der Ausnahmegerichte des Kriegs- und BelagerungszustandeS erstreckt sich nicht auf Militärpersonen. Dies gilt sowohl für die außerordentlichen Kriegsgerichte des preußischen Gesetzes über den Belagerungszustand v. 4. 6. 51, als auch für das Standrecht des entsprechenden bayerischen Gesetzes über den Kriegs­ zustand v. 5. 11. 12. Näheres f. unten bei § 2 EG-

7. Das Vorliegen der Militärgerichtsbarkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts »vegcn zu prüfen. Stellt sich heraus, daß die bürgerliche Gerichtsbarkeit begründet ist, so erfolgt Abgabe nach §§ 153 Abs. 4, 260, 272, in der Hauptverhandlung Unzuständigkeitserklärung, utib zwar in erster Instanz uad> § 328 durch Beschluß, in der Berufungsinstanz durch Urteil nach § 395 Abs. 3, in der Revisionsittstanz durch Urteil nach §§ 407 Abs. 2, 412. Zur Prüfung in der Revisionsinstanz bedarf es nicht etwa einer dahingehenden Verfahre,rsrüge nach § 410, RMG. 6 72, 8 87, 9 143, 270, 13 9, 143, 269, 15 145, 16 259, 20 238, f. aber auch 20 208. Das Revisionsgericht hat beiin Mangel der Militärgerichts­ barkeit diejenigen Verfügungen zu treffen, die erforderlich sind, um das Verfahren in die richtige Bahn.zu leiten, RMG. 20 238. 8. über Zuständigkeitsstreit zwischen milttärifdjett und bürgerlichen Gerichten s. 8 14 EG. 9. Bo rwege ntscheid ungen einer Verwaltungsbehörde der Schnldfrage, wie sie bei Strafverfolgung von Beamten gemäß § 11 EG. z. Ger.-Berf.-Ges. landesrechtlich vor­ gesehen sind, haben der Militärgerichtsbarkeit gegenüber reine bindende Kraft. i) i ,i fielst lief)



Umfang der Militärslrafgerichtsbartelt.

1.

10. Bürgerliche OrdnuugS- inib Zwangsstrafcu. Die Mlitärstrafgerichtsbarkeit umfaßt lediglich das Strafrecht itti engeren Sinne, das Gebiet der fog. Kriminalstrafe. Unterhalb diese- Ge­ bietes liegt das der Ordnungs und Zwangsstrafen, das den nach den besonderen Borschriften zuständigen Behörden nicht entzogen ist. Beispiel: Ordnungsstrafe wegen Ungebühr vor dem bürger­ lichen Gericht, (streitig), Zwangsstrafen des Zivilprvzesses. Näheres nuten bei § 13 EG. 11. Zu Ziff. 1. Unter „Militärpersonen des aktiven HeereS und der aktiven Marine" sind die Personen des Sol­ datenstandes und die Militärbeamten zu verstehen, welche zum Heere oder zur Marine gehören. MStGB. § 4. Wegen der Schuhtruppen f. § 1 EG. Die zum aktiven Heere gehörenden Militärpersonen sind nach $ 38 RMilGes.: A. die Militärpersonen des Friedensstandes und zwar: 1. die Offiziere, Ärzte uiib Militärbeamten des Friedensstandes vom Tage ihrer Anstellung bis zum Zeitpunkt ihrer Ent­ lassung aus dem Dienste; 2. die Kapitulanten vom Beginne bis zmn Ablauf oder bis zur Aufhebung der abgeschlossenen Kapitulation: 3. die Freiwilligeil und die ausgehobenen Rekruten uuti dem Tage, mit welchem ihre Verpflegung durch die Militär­ verwaltung beginnt, Einjährig-Freiwillige von dem Zeit Punkt ihrer definitiven Einstellung in einen Truppenteil an, sämtlich bis zum Ablaufe des Tages ihrer Entlassung ans dem öttiveit Dienste; B. 1. die aus dem Beurlaubtenstande zum Dienste einberufenen Offiziere, Ärzte, Militärbeamten und Mannschaften von bem Tage, zu welchem sie einberufen sind, bis zum Ablaufe des Tages der Wiederentlassung: 2. alle in Kriegszeiten zum Heeresdienst aufgebotenen oder freiwillig eingetretenen Offiziere, Arzte, Militärbeamten und Mannschaften, welche zu keiner der vorgenannten Kate­ gorien gehören, von dem Tage, zu welchem sie einberufen

Umfang der Militärstrafgerichtsbarkeit. § 1.

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sind, oder vom Zeitpunkte des freiwilliger! Eintritts arr, bis zum Ablauf des Tages der Entlassung. Nach der dauernden Rechtsprechung des RMG. ist Bedingung der Militärgerichtsbarkeit das wirkliche Bestehen der aktiven Heereszugehörigkeit. Es genügt nicht, was Beling Z. 24 247 gelegentlich in Erwägung zieht, eine Lage, welche diesen: Rechts­ verhältnis äußerlich entspricht. Im einzelnen, a) Den Hauptbestandteil des aktiven Heeres bilden die aktiven Soldaten. Auf sie in erster Linie ist die MStGO. berechnet, ebenso wie das MStGB. Die Militär­ beamten sind dem MStGB. nur in sehr beschränktem Umfang unterstellt, im Verfahren jedoch den Personen des Soldatenstandes int wesentlichen — vgl. aber §§ 171, 172 und andererseits §§ 141, 142 — gleichgestellt. Vorschriften für aktive Soldaten s. §§ 7 fg., 137, 151, 171, 266, 185, 202, 189, 212. Vorschriften für aktive Militärpersonen s. §§ 3, 6, 11 141, 151, 154, 205, 209, 238, 287, 311, 369, EG. § 19. Die Zivilbeamten der Militärverwaltung gehören zwar nach § 38 0 RAM Ges. zum aktiven Heere, aber nicht zu den Militär­ personen. Näheres s. Romen u. Rissom, MStGB. § 4 Anm. 7 und § 5. Wegen der Beterinäroffiziere vgl. AVBl. 1910 S. 64 zu c. b) Die Zugehörigkeit zu den aktiven Personen des Soldatenstandes ist eine Frage des Militärverwaltungsrechts, die zweckmäßig bei dem materiellen Militärstrafrecht behandelt wird. Vgl. daher Romen u. Rissom, MStGB-, § 4 Anm. 2—5, § 6 Anm. 1, 2, 4, 8 68 Anm. 3—5. Ergänzend aus neueren Entscheidungen: Da die Entscheidung über Wiederverwendung dienstentlassener Offiziere nach preuß. AKO. v. 23. 4. 72 ausschließlich Seiner Majestät dem Kaiser und König vorbehalten ist, hat die Einstellung durch ein General­ kommando keine rechtfchaffende Wirkung in dieser Richtung, auch nicht etwa unter den: Gesichtspunkt des Eintritts als Kriegsfrei­ williger, RMG. 20 100. Jür die Einstellung eines Landsturmpflichtigen ins Heer ist unerläßliche Voraussetzung, daß er tatsächlich

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Umfang der Militärstrafgerichtsbarkeit. § 1

9dni Aufruf des Landstur nts betroffen ist. Anderenfalls entbehrt die Einstellung der gesetzlichen Grundlage, vermag daher die Eigen­ schaft der aktiven Militärperson nicht zu begründen, gleichviel ob es sich um ausgebildete oder nnausgebildete Landsturmpflichtige handelt. Hinsichtlich der unausgebildeten Landsturmpflichtigen ent­ scheidet die Ersatzbehörde über deren Würdigkeit, so daß ihre Ent­ scheidung rechtschaffend und für den Strafrichter bindend ist. Hin­ sichtlich der ausgebildeten Landsturmpflichtigen dagegen, welche einfach einberufen werden, kommt es darauf an, ob man die Un­ fähigkeit zum Dienst im Heere wegen Zuchthausstrafe usw. nach §§ 31 RStGB., 32 MStGB. als unbedingtes gesetzliches Verbot oder als Verpflichtung zum Ausschluß als unwürdig, mithin als bloße Svllvorschrlst, aufsaßt, RMG. 20 238. D. E. trifft letzteres zu. Die Vorschrift in § 21a WO-, wonach Angehörige fremder (Staaten ohne deutsche Reichsangehörigkeit zürn Eintritt ins Heer der Geaehmigung des Kontingentsherrn bedürfen, gilt nicht für die Kriegsfreiwilligen tut Sinne des § 98 Ziff. 2 WO. Die Ge­ schäftsfähigkeit solcher Kriegsfreiwilliger, und damit die Rechts­ wirksamkeit des Dienstvertrages ist nach betn Recht des Heimat­ staates zu beurteilett, dagegen nach deutschem Recht, falls dieses günstiger ist, RMG. 20 80. Dazu noch folgender Fall: Ein neutraler Staat, Dänemark, hat gewissen Staatlosen, suelche gemäß § 11 des RMilGef. in neuer Fassung (v. 22. 7. 13) zur Gtsüllr ng der Wehr­ pflicht wie Deutsche herangezogen waren, durch Gesetz während des Krieges die Staatsangehörigkeit verliehen. Erlosch damit die aktive Heereszugehörigkeit? D. E. nicht, es wurde nur ein Grund zur Entlassung geschaffen. c) Wegen der Mitglieder des Landgendarmeriekorps s. § 2 Abs. 3 EG. 12. Zu Ziff. 2. Die „zur Dispoffkion gestellten" Offi­ ziere usw. bleiben Mlitärpersonen mit Dtenstpflicht, die nur infolge der Entbindung vom Amt nicht in Anspruch genommen wird. Apel S. 48, 53 ff.; Schwenger S. 9—11 Sie gehören nach der Verf. des preuß. KrMin. v. 25. 2. 84 nicht zum urtiven Heer irn Sinne des RMilGef. Anwendung des MStGB. nur in den Grenzen der

Umfang der Militärstrafgerichtsbarkeit. § 1.

2\)

§§ 33, 36, s. Romen u. Riffom, MStGB. § 33 Anm. 1, Erkennung auf Verlust des Offiziertitels und des Rechts zum Uniformtragen. Vgl. auch § 30 DiszStO.; § 4 EhrengerB. Sofern und solange sie in aktiven Offizierstellen wieder Verwendung finden, sind sie aktive Heeresangehörige. Reichsges. v. 3. 5. 90, § 1; ABBl. 1890 S. 157: PS. 3 3: RMG. 4 101. Wegen der rechtlichen Stellung der Offiziere z. D. s. näheres: Romen, Offizierpensionsgefetz (Berlin 1907, Guttentag) S. 16, 47; Romen u. Riffom, MStGB. § 4 Anm. 3; Handw.: Erhard, Offi­ ziere z. D., dessen auf Laband zurückgreifende DarsteNnng die nicht wenigen Streitpunkte aufweist. Unter der Bezeichnung „Ingenieur des Soldatenstandes" werden nach dem Sprachgebrauche der Marine die Mitglieder des Maschinen-Ingenieurkvrps und die Torpeder-Ingenieure zusammen­ gefaßt. Begr. Offiziere „von der Armee" sind Militärpersvnen des aktiven Heeres und der akttven Marine, denen zeitweilig ein bestimmtes Amt fehlt.

13. Zu Ziff. 3. Die Studierenden der Kaiser WilhelmsAkademie unterstehen der Militärstrafgerichtsbarkeit, das MStGB. findet aber auf sie keine Anwendung. Die Zöglinge anderer militärischer Bildung-anstalten, z. B. Kadetten, Unteroffiziervorschüler, unterstehen weder der Militärstrafgerichtsbarkeit, noch dem Militärstrafgesehbuch, außer wenn sie, wie z. B. Kriegsschüler oder Unteroffizierschüler, Militärpersoneu des attiven Heeres sind. 14. Zu Ziff. 4. Schiffsjungen sind nicht Personen des Soldatenstandes und unterstehen nicht dem MStGB.: sie werden Mlitärpersonen erst mit der Ernennung zu Matrosen oder Torpedo matrosen, §§ 32, 33 MarO. Ihre Unterstellung unter die Militär­ strafgerichtsbarkeit ist nur aus prakttschen Gründen erfolgt, weil sie nämlich, solange sie eingeschifft sind, tatsächlich der Verfügungs­ gewalt der bürgerlichen Gerichte entzogen sind. Begr. Vgl. amt MarO $$ 33 ff.: RMG. 6 81.

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Umfang der Militärstrafgerichtsbarkeit. 8 1-

15. Zu Zifs. 5. Mut diejenigen Invaliden, welche in mili« tärifchen Anstalten versorgt find, rechnen hierher. Sie -ähleit nach der geschichtlichen Entwicklung entweder -um aktiven Heer, wie Schwengel S. 11, 12 meint, oder, wie RMG. 12 126 aus­ führt, zum Heere überhaupt. Auch vom letzteren Standpunkt aus, der auch der der MStGO. ist, sind sie dem MStGB. unterworsen. Militärische Anstalten der genannten Art sind die Invaliden Häuser in Berlin, Karlshafen und Stolp und die Grohherzoglich Mecklenburgische Invalidenabteilung in Schwerin. Die sog. Pfleglingsoffiziere gehören nicht zu den in militärischen Anstalten „versorgten" Offizieren. Der Ausdruck „Mannschaften" umsaht die Unteroffiziere mit) Gemeinen. Begr. 16. Zu Zifs. 6. Die Offiziere usw. L la suite gehören teilweise zu den Personen des Soldatenstandes des altiven Heeres, zum anderen Teil nicht. Ersteres trifft zu bei den & la suite von Truppenteilen Gestellten, gleichviel, ob sie in einer etatmäßigen Stelle stehen oder ohne Kompetenzen auf längere Zeit beurlaubt sind, Begr., letzteres ist im Zweifel der Fall bei den k la suite der Armee oder eines Kontingents gestellten Offizieren, sowie den Offizieren h la suite des Sanitätskorps. AKO. v. 2. 0. 02, ABBl. S. 275; Begr.; Mayer, Militärstrafrecht I, 52. Für Bayern vgl. Weigel S. 63. Die nicht zum aktiven Heere gehörigen Offiziere usw. ä la suite unterstehen der MStGO. sowie dem MStGB., § 2 EG. z. MStGB. und der DiszStO. voll nur dann, wenn und solange sie zu vorübergehender Dienstleistung zugelassen sind, sonst der MilitLrstrafgerichtsbarkeit nur wegen der in der Militäruniform begangenen Zuwiderhandlungen gegen die mili­ tärische Unterordnung, § 5 Ziff. 3 MStGO. Vgl. § 2 Ziff. 2 DiszStO. r § 4 Ziff. 3 Ehrenger B-: Schwenger S. 16; Handw.: Erhard, Offiziere ä la suite. 17. Zu Ziff. 7. Schon das Reichsges. v. 3. 5. 90 (RGBl. S. 63) hat den Militärgerichtsftand der verabschiedeten Offi­ ziere aufgehoben. Die verabschiedeten Offiziere sind weder deut MStGB., noch der DiszStO., noch (außer wenn sie Befugnis zum

Umfang der MilitärstrafgerichtSbarkeit. § 1.

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tragen der Militäruniform haben) den Ehrengerichten unterworfen. Näheres s. Schwengel S. 12 ff.; Erhard, Deutsche- Offizierdienstrecht, in den Militärrechtl. Studien, 1910 S. 139; Handw.: Erhard, Offiziere a. D.; Flaxland, Die Dienstpflicht der Offiziere a. D., Arch. 5 185; 9lpel S. 55; EhrGerD. § 6; AKO. v. 27. 6. 90, ABBl. S. 157. Uber die Anwendung der §§ 33, 36 MStGB. f. Romen u. Rissom, MStGB. § 33 Anln. 1 u. 2. Die vorübergehende Verwendung im aktiven Heere, wie sie namentlich in KriegSzeitcn vorkommt, begründet nach Ziff. 7 die Militärgerichtsbarkeit. Nach Maßgabe des zurzeit geltenden Militärverwaltungsrechts muß man auch annehmen, obwohl die Begründung eine Zugehörigkeit zu den Personen der Ziff. 1 nicht gelten lassen will, daß die vorübergehende Verwendung als -eitwellige Anstellung die Eigenschaft als aktive MilitLrperfon im Sinne der Ziff. 1, und zwar als aktive Person des Soldatenstande- be­ gründet. Diese Auffassung hat allerdings für das Verfahren — wegen der Ziff. 7 — nur untergeordnete Bedeutung, um so größere für die Unterstellung unter bad MStGB. Vgl. dazu Romen u. Rissom, MStGB. § 4 Anm. 3»; ebenso Dieß, Arch. 5 289; a. M. Handw. Erhard, Offiziere a. D. Der frühere Dienstrang und Diensttitel bleibt für die Besetzung der Gerichte usw. maßgebend, Begr. 18. Zu Ziff. 8. § 155 MStGB. betrifft: HeereSgefolge usw. im Kriege, § 157: zum kriegführenden Heere zugelassene ausländische Offiziere, § 158. Kriegsgefangene, § 166: SchiffSangestellte und, solange das Schiff sich im Kriegszustände befindet, dienstlich ein­ geschiffte Personen. ES handelt sich hier um Personenklassen, die keine Angehörigen de- aktiven Heere- sind, aber doch in einem so engen Zusammen­ hange mit dem aktiven Heere stehen, daß sie, wie sie dem MStGB. unterstehen, so auch der vollen Militärgerichtsbarkeit unterliegen müssen. Wegen der Zugehörigkeit zu den einzelnen Personenklassen vgl. Romen u. Rissom, MStGB. §§ 155, 157, 158, 166. Wegen des Verfahrens gegen Kriegsgefangene f. § 3 EG. An neueren Entscheidungen zu § 155 MStGB. sind zu er-

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Umfang der MiUtftrftnifgericbtvbartvil. $ 2.

wähnen: „Kriegführend" find jedenfalls alle die Heeresteile, die auf dem Kriegsschauplatz, d. h. vor allem im Operations- und Etappengebiet, Verwendung finden, RMG. 20 149. Richt zum kriegführenden Heere gehören die Reservelazarette, außer tvenn sie mobil gemacht werden, RMG. 20 95, 143. Die während des Krieges vertragsmäßig für das Heer verpflichteten Zivilärzte bleiben Zivilpersonen, fallen also gegebenenfalls unter $ 155 MStGB-, RMG. 20 143. Die ohne Allerh. Genehmigung eingestellten dienstentlafsenen Offiziere fallen gegebenenfalls unter >r l‘>:> MStGB-, RMG. 20 iou.

Polizeidelikle usw. 8 2. Den bürgerlichen Behörden bleibt die Untersuchnng und Entscheidung wegen Zuwiderhandlungen gegen Finanz und Polizeigesetze, Jagd- und Fischereigesetze, sowie gegen Bei­ ordnungen dieses Inhalts überlassen, wenn die Handlung nur mit Geldstrafe und Einziehung oder mit einer dieser Strafen bedroht ist. Der Vollzug der an die stelle der Geldstrafe tretenden Freiheitsstrafe ist mittelst Ersuchens der Militär behörde zu bewirken. War die Geldstrafe wegen Zuwider Handlung gegen die Vorschriften über die Erhebung offent licher Abgaben und Gefälle durch Strafbescheid derVerwaltungs behörde festgesetzt, so erfolgt die Umwandlung in eine Frei Heils strafe durch den zuständigen Gerichtsherrn nach Maßgabe des $

463.

Schrifttum: Hilfe, Erlaß von Strafbefehlen g. Militärpersonen, PrBerwBl. Berlin 1905, 26 332: Hilfe, Festsetzung der (rtraieu aus §§ 170. 179 Inv VersGes. g. Militärpersoncn, Woltb. V(n1i. 49 259 -201: Dronte, Finanzstrafrecht, Z. 26 032 ff. Handu».: Bartoloinäus, Polizeiübertretungen. 1. Die Bestimmung war im Entwnrf nid)t enthalten, iie mürbe von der Kommission eingefügt. Bgl. Kein Be,. S. 7 ff. inb StenBer. b. Reichstags S. 2171.

Umfang der Militärstrafgericht-barteit. § S.

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2. Unter bett „bürgerlichen Behörden* sind nicht bloß die Gerichte, sondern auch die Polizei- und andere Berwaltuug»behörden (Steuer-, Postbehürden usw.) zu verstehen. Soppmann Anm. 2. 3. Finanzgesetze sind solck)e, die die öfieutltchen Leich»-, Staat»- oder Gemeindeabgaben oder sonstigen finanziellen Inter­ essen von Leich, Staat oder Gemeinde betreffen. Zuwiderhandfutiflen gegen sie sind „keine Rechtsverletzungen, sondern Verstöße gegen die staatliche Ordnung", RMS. 9 138. Dahin gehöre« u. a. Pr. Gewerbesteuerges. v. 24. 6. 91, RMG. 9 236; «StempG u. 14. 6. 00; Pr. Lotterieges. v. 29. 8. 84, «MG. 9 139 4. a) Da» Wesen eine» Polizeigesetze- besteht nach LMG. 11 39 in der Natur der von ihm mit Strafe bedrohten Handlung als eine» polizeilichen Unrecht» im Segensatz zum Kiminellen Uttrecht. Während letztere» eine Verletzung oder Gefährdung be­ stimmter Recht-güter erfordert, tritt beim polizeilichen Unrecht al» wesentlich mehr da» Sicherlich formelle Zuwiderhandeln gegen die gesetzliche Norm al» Recht-grund der Strafe hervor. -Einwände gegen diese Bestimmung bei Frank, StGB., Vordem, zum 29. Ab­ schnitt, der selbst im Anschluß an Otto «atzer da» entscheidende Merkmal in der Störung der guten Ordnung de» Gemein­ wesen» findet, und in anderer Fassung Polizeiübertretungeu al» solche Delikte erklärt, deren Norm die allgemeine im Verkehr erforderliche Sorgfalt spezialisiert. Wie dort und bei Schwartz, StGB, vordem, -um 29. Abschn., nachgewiesen, sind gegen jede dieser Fassungen Einwettdungen möglich. Da» LMG. 18 296 begnügt sich daher mit einer Mitteilung der geschichtlichen Entwicklung und der oben angeführten Entschetduttg 11 S9, unb^ntt der Feststellung, daß der Unterschied -wiscl)en polizeilichem und tritmneUem Unrecht al» ein sprachlicher aufzufassen sei. Demnach ist die Aufnahme in ein Pollzoistrasgesetzbuch, ft. B. da» bayerische von 1871, nicht geeignet, die Eigenschaft av Polizeigesetz zu begrüttden. E» ist also z. B. Art. 112 Zifi. 1 de» genannten Gesetze» kein Polizeigesetz, da e» sich lediglich um einen leichter behandelten Fall de» Diebstahl» handelt, RMG. 18 295. Gleiche» R

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Umfang der Militärstrafgerichtsdarteit.

8 2.

gilt für den Forstfrevel durch Entwendung nach dem Bayer. Forstgesetz (PE. 6 2; RMG. 18 295) und für den Forstdiebstahl nach dem preuß. Forstdiebstahlsgesetz, RMG. 11 39. Andererseits wird sich gegenüber RMG. 18 234 das PE. 2 l, daß die im RStGB. mit Strafe bedrohten Handlungen niemals zu den Verfehlungen gegen Polizeigesetze i. S. de- § 2 MStGO. gehörten, kaum aufrechterhalten lassen. Insbesondere wird man die lediglich mit Geldstrafe bedrohte Übertretung des § 365 Abs. l RStGB. (Verweilen in der Wirtschaft über Polizeistunde) hierher rechneil müssen. b) Im einzelnen. Polizeigesetze sind: §§ 33, 147 Ziff. 1, 148 RGewerbeordnung, RMG. 9 234, PE. 5 1; § 45 Bahnordnung f. d. Nebeneisenbahnen v. 5. 7. 92, PE. 11; §§ 176,179 JnvVersGes. Keine Polizeigesetze i. S. des § 2 sind: Schutzverordnungen gegen Seuchengesahr, PE. 9 1; Forstfrevel nach Bayer. ForstG. v. 17. 6. 96, PE. 6 2; militärpolizeiliche Anordnungen: Verordn, v. 9. 5. 97 gegen Zusammenstoßen der Schisse auf See. Herz-Ernst Anm. 3. 5. Zu den in § 32 angeführten „Zuwiderhandlungen" ge­ hören nicht bloß Übertretungen, sondern auch die Bergehen gegen die angeführten Gesetze. Voraussetzung für die Zuständigkeit der bürgerlichen Behörden ist allerdings stets, daß die Handlung nur mit Geldstrafe und Einziehung oder mit einer dieser Strafen bedroht ist. Ist wahlweise Geldstrafe oder Einziehung mit Frei­ heitsstrafe, wenn auch nur mit Hast, angedroht, so sind die Militärgerichte zuständig. ft. Sachliche- Zusammentreffen mit anderen der Militär­ gerichtsbarkeit unterstehenden Delikten ändert die Zuständigkeit der bürgerlichen Behörden nicht, PE. 4 1; a. M. Koppmann Anm. 16. Tateinheit von Pölizeivergehen und gewöhnlichen Vergehen be­ gründet in beiden Richtungen Militärgerichtsbarkeit, PE. 4 1. 7. Die zahlreichen sog. Ordnungsstrafen werden grund­ sätzlich' don den bürgerlichen Behörden festgesetzt. Strafen wegen Zeugenungehorsams, Zeugnisverweigerung usw. gegenüber den Zivilgerichten (§§ 380, 390, 409 ZPO.; §§ 50, 69,

Umfang der MilitLrsttafgerichtSbarkeit. $ S.

35

77 StPO ) werden gegen die dem aMven Heere oder der atttveh Ätarine angehörenden Militärpersonen nach § 19 ($) Bei Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen kommt cs nicht auf die Höhe der Gesamtstrafe an, sondern bor auf, ob wegen einer der einzelnen Handlungen eine sechs Monate übersteigende Strafe zu erwarten ist, PE. 1 8; RMG 6 0.

v) Im Nachtragsverfahren nach $ 42 MStGB. tritt stets die Besetzung des § 50 ein, BE. 4 6. Gleiches gilt für die Fälle der §§ 461, 464. 3. Die Verfügung über die Zusammensetzung des Gerichts ist gemäß § 97 von einem Kriegsgerichtsrat mitzuuuterzeichnen. Wird entgegen der früheren Anordnung des Gerichtsherrn auf Zusammensetzung des Kriegsgerichts gemäß § 50 dieses gemäß

Standgerichte. § 52.

141

8 öl zusammengesetzt, so bedarf es einer anderweiten Verfügung des Gerichtsherrn, PT. 4 6b. 4. Im Falle des § 262 steht dem ersuchten Gericht-Herrn die Verfügung über die Zusammensetzung des Gerichtes zu.

Besetzung, d) Erweiterung.

§ 52. Ist das Gericht gemäß § 49 besetzt und erscheint nach dem Ergebnisse der Hauptverhandlung eine die Dauer von sechs Monaten übersteigende Strafe verwirkt, so kann das Gericht auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahre erkennen. Erachtet das Gericht eine höhere Strafe für verwirkt, so hat es die Hauptverhandlung abzubrechen und die Berufung eines der Vorschrift des 8 51 entsprechenden Gerichts herbeizuführen. 1. Die Bestimmung war im Entwurf nicht enthalten. Sie wurde vom Reichstag in dritter Lesung als § 47b eingefügt, StenBer. b. RD. V. Sess. S. 2179. 2. Zu Abs. 1. Die Grenze von einem Jahre gilt nur bezüg­ lich einer einzelnen strafbaren Handlung. Ist wegen mehrerer Straftaten eine Gesamtstrafe zu verhängen, so kann das Gericht auch über ein Jahr erkennen, RMG. 0 9; PT. I 8. 3. Zu Abs. 2. Die Abbrechung der Hauptverhandlung er­ folgt durch Beschluß. Da eS sich nicht um eine Aussetzung der Verhandlung und demnach bei der neuen nicht um eine Fort­ setzung einer früheren handelt, so muß die ganze Hauptverhand­ lung von neuem wiederholt werden (§§ 294 ff.). DaS gilt ins­ besondere von der Beweisaufnahme. Nochmalige Beeidigung der Zeugen ist aber nicht erforderlich, s. § 201. Der Gerichtsherr hat die Zusammenberufung des Gerichts gemäß § 51 herbeizuführen. Die früheren Richter dürfen bei der neuen Verhandlung mitwirken. 4. Das neue Gericht ist bezüglich des Strafmaßes keineswegs an die Ansicht des früheren gebunden, kann vielmehr auch unter einem Jahre erkennen.

142

Ausübung bvv Wllitärftr(ifflvrid)löbavtvit. § .',.1.

Reihenfolge.

§ 53. In den Fällen der Nr. 1 bis 5 der §§ 50, 51 erfolgt die Berufung der Offiziere nach einer vom Gerichtsherrn all­ jährlich vor dem Beginne des Geschäftsjahrs für die Dauer desselben festzustellenden Reihenfolge, von der nur nu$ dringenden Gründen abgewichen werden darf. Schrifttum: Flaxland, Zur Auslegung des § 53 MStGL., Arch. 5 277. 1. Die Bestimmung war im Entwurf nicht enthalten. Sie wurde vom Reichstag in dritter Lesung nach dem Antrage Prinz Arenberg u. Gen. als § 47c eingefügt, StenBer. S. 2179. 2. Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr, EG. § 22 Abs. l. 3. a) Die hiernach vom Gerichtsherrn aufzustellende Liste (Kommandierrolle) soll, muß aber nicht, vor Beginn des Kalender^ jahres aufgestellt und muß bei ihm selbst, nicht bei der Truppe geführt werden, PE. 1 9. Eine Änderung der Liste während des Jahres, z. B. bei organisatorischen Veränderungen, ist nicht ausgeschlossen. Das Gegenteil ist weder dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift zu entnehmen. Ebenso Flax­ land, Arch. 5 277. Anordnung wegen Einstellung der im Laufe des Jahres den Truppen am Orte überwiesenen Offiziere wird zweckmäßig gleichzeitig mit Ausstellung der Liste getroffen. Abteilungen der Liste für die auswärtigen Garnisonen sind erforderlich, ebenso Anweisungen an die Truppen zur unmittel­ baren Benachrichtigung der Gerichtsstelle von eintretenden Veränderungen in den in Frage kommenden Dienstgraden, von Beurlaubung, Erkrankung usw. der auf der Liste stehenden Richter, Zugang neuer Offiziere. b) Alle in gerichtlicher Beziehung unterstellten Trup­ pen, nicht nur die eigenen, stehen dem Gerichtsherrn zur Bildung der Richterliste zur Verfügung. Offiziere der Bekleidungsämter sollen grundsätzlich nicht zu anderen Dienstleistungen herangezogen werden, Pr. KrMin. v. 23. 5. 01. S. auch § 68 Anm. lbß.

Standgerichte. § 63.

143

o) Wegen der Mitglieder der Standgerichte s. § 41. Waren sie im einzelnen Falle schon Richter erster Instanz, so sind sie aus­ geschlossen. Richter der Oberkriegsgerichte werden zweckmäßig nicht in die Listen ausgenommen. d) Bei Behinderung des nach der festgestellten Reihenfolge bestimmten Richters ist der in der Liste unmittelbar daraus folgende zu berufen, PE. 4 7. überschlagene sind bei erster Möglichkeit nachzuholen, um eine gleichmäßige Heranziehung zu erzielen. e) In Kriegszeiten sind die immobilen GertchtSstellen zur Führung einer Richterliste verpflichtet. Ihre Einhaltung wird allerdings nicht immer möglich sein. Im Feld- und Bordversahren muß, da § 53 sich als Abschwächung de- Grundsatzes der Ständigkeit darstellt, der für Stand­ gerichte im § 44 enthaltene Grundsatz der völlig freien Berufung, den tatsächlichen Verhältnissen gemäß, entsprechende Anwendung finden. 4. Bon der Führung der Liste ist die Berufung für den einzelnen Fall scharf zu scheiden. a) Die Berufungsverfügung ist mitzuzeichnen, RMG. 9 31. Sie hat die Richter einzeln und namentlich aufzuführen, und ist zu den Akten zu bringen, PE. 3 66, 4 7. b) Den Truppenteilen wird die Berufungsverfügung zweck­ mäßig als Gerichtsverfügung in Urschrift oder Abschrift mitgeteilt, worauf diese die erforderlichen Befehle erteilen. Auch die Form der Berufung durch Tagesbefehl an die Truppe ist möglich. Sie widerspricht dem Gesetz nach RMG. 9 31 ff. selbst dann nicht, wenn die Willensübereinstimmung erst später, auch noch nach Abhaltung des Termins, durch eine nach § 97 unterzeichnete Verfügung des Gerichtsherrn schriftlich niedergelegt wird. c) Jede Überlassung der Berufung oder der Entscheidung über einen Behinderungsfall an einen zum Befehlsbereiche des Gerichts­ herrn gehörenden Truppenteil ist gesetzlich unzulässig und ab­ soluter Revisionsgrund im Sinne des § 400 Ziff. 1, PE. 1 9, 4 35; RMG. 1 193, 2 76, 14 134s Beling, Z. 24 259.

144

Ausübung der Militärstrafgcrichtsbarkeit.

§ f>l.

d) Ob au» dringenden Gründen von der Reihefolge abgewichen wird, ist lediglich innere Angelegenheit der berufenden Stelle, RMG. 2 76. Es bedarf keiner Angabe dieser Gründe, a. M. Elsner v. Gronow-Sohl, noch überhaupt einer Erwähnung, das; von der Liste abgewichen wird. Vgl. Koppmann § 400 Anm. 2. AuS dringenden Gründen kann auch für einen bereits berufenen Richter durch eine nach § 97 mitzuzeichnende Verfügung ein anderer berufen werden, ohne Erwähnung, daß und aus welchen dringenden Gründen dies geschehe. Zweckmäßig werden aber die Gründe bort; aktenkundig gemacht. Die Übergehung eines Richters allein deshalb, weil er in einer Sache ausgeschlossen ist, auch in den anderen am gleichen Tage anstehenden Sachen ist nicht zulässig, PE. 3 6a; RMG. 19 78. Anders, wenn nach der konkreten Lage des Dienstes es notwendig wäre, dem betreffenden Truppenteil nicht mehr Offiziere, als un­ bedingt erforderlich, an dem vormittag zu entziehen.

Das Richteramt geht der Berteidigerfunttion grundsätzlich vor, RMG. 3 282.

Wart««, 8 54. Hinsichtlich der Bildung der Kriegsgerichte stehen den in den §§ 50, 51 bezeichneten Dienstgraden die entsprechen Dienstgrade der Marine gleich. Ein Korvettenkapitän steht einem Major oder einem Oberstleutnant gleich. Entw. § 48. 1. § 54 bezieht sich auf die Bildung der Kriegsgerichte bei der Marine. Im übrigen geht das Gesetz davon aus, daß Angehörige des Heeres zu einem Kriegsgerichte über einen Angeklagten der Marine und umgekehrt berufen werden können, sowie daß ein Kriegsgericht teils aus Angehörigen des Heeres, teils aus solchen der Marine gebildet werden kann, Begr. S. 88. 2. Eine Gegenüberstellung der Offiziere der Marine mit denen des Heeres s. „Organisatorische Bestimmungen für das Personal des Soldatenstandes der Kaiserlichen Marine v. 26. 6. 99" §2 8. :t.

145

Krieg-Gerichte. 8 66.

«esOWtze« -LAe. a) ttrattftttofftsiett «sw.

fl 55#

Ist der Angeklagte ein Sanitätsoffizier, ein BeteriniäroMLer. ein Ingenieur des Soldatenstandes oder ei» Mlüärbeamter, fo erfolgt die Bildung des Kriegsgerichts unter Berücksichtigung des Ranges des Angeklagten nach Maßgabe de- 8 60. Es sind jedoch dem Range des Angeklagte« ent­ sprechend, in den Fällen des § 60 an Stelle der zwei Offiziere des niedrigsten Dienstgrades zwei Sanitätsoffiziere, zwei Vete­ rinäroffiziere, zwei Ingenieure des Soldatenstandes oder zwei obere Militärbeamte und in den Fällen des 8 5 an Stelle des Offiziers des niedrigsten Dienstgrades ein Sanitätsoffizier, ein Beterinäroffizier, ein Ingenieur des Soldatenstandes oder ein oberer Militärbeamter als Richter zu berufen.

JSntac. § 49. GchrtfMn«: Dietz, Tlsner «. Gronow, Berufung der oberen MiUtärbeamte« als Richter, Avch. 4 18», 808. 1. a) Sanitätsoffiziere: § 5 Hbf. 2 MGtSV., AB- betr. die Organisation des SanitätSoffizierkorpS v. 6. 2.73, AVBl. G. 103, und v. 31. 3. 98, ABVl. S. 83, Nr. 7 in Verbindung mit der AKO. v. 27. 1. 99, AVBl. G. 45, «KO. v. 1. 6. 06, «VVl. G. 132, und v. 12. 5. ll, AVVl. S. 192, Marine OV. SS 2t, 13. Dienstrang: Generalstabsarzt der Armee: Generalleutnant-- oder General­ majorsrang, Obergeneralarzt: Generalmajor-rang, Generalarzt: vberstenrang, Generaloberarzt: Oberstleutnantsrang, Oberstabs­ arzt: Major-rang; Stab-arzt: Hauptmannsrang; Oberarzt: Ober­ leutnant-rang; Assistenzarzt: Leutnantsrang. b) Veterinäroffiziere s. Ges. v. 6. 2 11, RGBl. S. 31. c) Ingenieure des Soldatenstandes s. § l. d) MMtärbeamte: Anlage an § 4 MStGB. Die Vorschrift bezieht fich sowohl auf die oberen als auch aus die unteren Mitttärbeamten. 2. Die Bildung des Kriegsgerichts erfolgt unter Berücksich­ tigung de- Ranges des Angeklagten. Ao m e n-R iss om , MLtÄO. 2. Mufl.

10

146

Ausübung der Militärstrafgericht-barkeit. § 55.

Unter Rang tm Sinne des § 55 ist bei den Sanitätsoffizieren, Beterinaroffizieren, Ingenieuren des Soldatenstandes und bei den Militärbeamten mit bestimmtem militärischen Range dieser be­ stimmte militärische Rang, bei den Militärbeamten mit nur allgemeinem militärischem Offizier- oder Unteroffizierrang, deren bestimmter Beamtenrang zu verstehen, RMG. 16 282. Für das Rangverhältnis der Offiziere zu den Militär­ beamten find die gesetzlichen oder verordnungsmäßigen Bestim­ mungen der einzelnen Bundesstaaten oder, wo solche nicht bestehen, die Anschauungen der beteiligten Kreise, das Herkommen und die von der Staatsregierung stillschweigend gebilligte Übung maß­ gebend. In Preußen haben die aktiven Generalmajors und die Räte I. Klaffe, die Obersten und die Räte 2. Klasse, die Oberst­ leutnants und die Räte 3. Klaffe, die Majors und die Räte 4. Klaffe, die Hauptleute und die Klaffe der Assessoren gleichen Rang, RMG. 16 282. Beamtenklassen, z. B. Rechnungsräte mit Rang -wischen diesen Klassen, werden hinsichtlich der Richterbestellung der höheren Klasse zuzuzählen sein. So auch Dietz, Arch. 4 210. Nach diesem Range bestimmt sich also die Wahl aus Ziff. 1—8 der §§ 50, 51. Für untere Militärbeamte wird also das Gericht nach Ziff. 1 der §§ 50, 51 besetzt. 3. a) An die Stelle der zwei Offiziere des niedrigsten Dienst­ grades nach § 50, de- einen Offiziers des niedrigsten Dienstgrades nach § 51, treten zwei oder ein Sanitätsoffizier usw. gleichen Ranges. So in Übereinstimmung mit der Begründung RMG. 16 282. Der von Dietz und Elsner v. Gronow Arch. 4 209 vertretenen vom gesetzgeberischen Standpunkt aus wertvollen Anficht, daß Sani­ tätsoffiziere usw. vom Range des Angeklagten zu berufen seien, kann nicht beigetreten werden. Allerdings ist der Hinweis des RMG. auf die Zusammensetzung der Kriegsgerichte gegen Unter­ beamte kein überzeugender Beweisgrund, da das Gesetz deutlich sagt, daß mindestens obere Militärbeamte zu berufen sind. Aber es ist nicht anzunehmen, daß der Gedanke der stufenweisen Gliede­ rung des Gerichts durchbrochen werden sollte. Der Gedanke des Judicium parium ist, in den ihm durch § 55 gezogenen Grenzen

Kriegsgerichte. § 66.

147

wenigstens insofern gewahrt, als grundsätzlich wenigstens der eine der hinzukommenden Richter vom Range des Angeklagten ist. b) Die oberen Militärbeamten werden tunlichst den Dienst­ zweig, b. h. dem Verwaltungsgebiet, dem der AngeNagte angehört Milttargeistlichkeit, Dttlitärjustiz, Militärintendantur usw.) -u ent­ nehmen sein. Gesetzlich vorgeschrieben ist dies allerdings nicht, RMG. 17 96. 4. Die Vorschrift ist zwingend, keine bloße Sollvorschrift, RMG. 16 282. 5. Im Felde und an Bord können diese besonderen Richter nach § 59 im Bedarfsfall durch Offiziere ersetzt werden.

Besondere Fülle, b) Verschiedene DienftfteUnngen. § 56. Sind Personen, welche verschiedenen der im § 56 bezeichneten Dienststellungen angehören, oder ist eine dieser Personen mit einem der in den §§ 50, 51 bezeichneten Angeklagten gemeinschaftlich abzuurteilen, so findet bei der Bildung des Kriegsgerichts eine Abweichung von den vorstehenden Be­ stimmungen nur insofern statt, als in den Füllen des § 50 an Stelle des Offiziers des niedrigsten Dienstgrades ein zweiter Kriegsgerichtsrat zu berufen ist.

Entw, § 60• 1. Die Fassung des Gesetze-, die von der des Entwurfs mehr­ fach abweicht — namentlich war g 51 darin nicht angeführt —, beruht auf dem Beschlusse des Reichstages in der dritten Lesung. Vgl. StenBer. d. RT. S. 2179. 2. Unter den „vorstehenden Bestimmungen" sind die der §§ 50, 51 gemeint. 3. Wegen der Besetzung des Kriegsgerichts in dem Falle, daß sich die Hauptverhandlung gegen mehrere Angeklagte verschie­ denen Ranges richtet s. § 58. 4. Wegen Ersetzung der nach § 56 zu berufenden Richter im Felde und an Bord s. $ 59. Kl*

148

Ausübung der Militärstrafgerichtsbarleit. §$ f>7, 5«.

Besondere gälte, c) Zivilpersonen.

8 57. Ist der Angeklagte eine Zivilperson, jo erfolgt die BildungAes Kriegsgerichts nach Maßgabe der §§ 50 Nr. 1, 51 Nr. 1. Wird eine Zivilperson zugleich mit einer Mlitärperson an geklagt, so erfolgt die Bildung des Kriegsgerichts lediglich mit Rücksicht auf die letztere. Bei kriegsgefangenen Offizieren soll das militärische Rangverhältnis tunlichst berücksichtigt 'werden. EiUw. § 51. 1. Im Sinne des § 57 ist unter „Zivilperson" jeder zu ver­ stehen, der nicht zu den Militärpersonen im Sinne des Gesetzes gehört. Demgemäß fallen auch die Kriegsgefangenen darunter. Begr. S. 90. 2. Verabschiedete Osfiziere können, wenn sie auf Grund der § 1 Nr. 7, §§ 10, 11 angeklagt werden, nur kriegsgerichtlich abgeurteilt werden. 3. § 14. Das Kriegsgericht ist entsprechend dem militärischen Titel des Angeklagten zusammenzusetzen. 3. §§ 50, 51, 58.

3. Zu Abs. 3. Kriegsgefangene Offiziere unterstehen, dem früheren Rechtszustand und den völkerrechtlichen Anschauungen folgend, auch dem § 158 MStGB. entsprechend, stets der höheren Gerichtsbarkeit, s. oben § 14. Mehrheit der Angeklagten. § 58. Richtet sich die Hauptverhandlung gegen inehrere Angeklagte verschiedenen Ranges, sv ist, unbeschadet der Be­ stimmung des § 56, für die Besetzung des Kriegsgerichts der Dienstgrad des höchsten unter den Mitangeklagten maß­ gebend. Entw. § 52.

Kriegsgerichte. §§ 59—61.

149

Ersatz tzarch Offiziere.

§ 59. Im Felde und an Bord können die SanitätsOffiziere, die Veterinäroffiziere, die Ingenieure des SoldatenstanLeS und die oberen Militarbeamten (§§ 55, 56), im BedNrfnisfalle durch Offiziere ersetzt werden. Eniw. § 53. I. Wegen der Bedeutung der Worte „im Felde" und „an Bord" s. EG. §8 5, 6. 2 Auch die Kriegsgerichtsräte können nach § 98, soweit eS die Umstände etforbem, durch Offiziere ersetzt werden. 3. Bezüglich der Anwendbarkeit der Vorschrift des § 53 über Bernfung nach einer Reihenfolge s. bort Anm. 3e.

Ersatz »atz Dieastatter. § 60. Auf die aus dem Offizierstande zu berufenden Richter bei den Kriegsgerichten finden die Bestimmungen der §§ 89, 40 Anwendung.

Eniw. § 54. 1. Die Vorschrift des § 60 bezieht sich nur auf Offiziere, nicht auf Sanitäts- oder Beterinäroffiziere. 2. Die 88 39, 40 enthalten Vorschriften über den Eintritt des niederen oder höheren Dienstgrades bei Verhinderung eineOffiziers und über die Notwendigkeit der einjährigen Zuge­ hörigkeit zum Heere oder zur Marine für die Mitwirkung als Richter.

Borsitz aatz Berhaatzlaag-sühraag. § 61. In der Hauptverhandlung hat der rangälteste Offizier den Vorsitz; der dienstälteste Kriegsgerichtsrat führt die Verhandlungen.

Eniw. § 55.

150

Ausübung der Militärstrafgerichtsbarkeit,

ß Gl.

Schrifttum: v. Bippen, £tto Meyer, Stellvertretung bei Führung der Verhandlung, Arch. 2 284, 441; Förster, Verhandlungs­ führung bei Ersetzung des Kriegsgerichtsrats durch einen Offizier, Arch. 6 429; Elsner v. Gronow, Die MilitLrjustiz im Felde, Arch. 6 113; Hanft, Vorsitz und Hauptverhandlung im feldkriegsgerickit lichen Verfahren, 1915. 1. Der Vorsitzende übt die Sitzungspolizei nach § 289 aus. Im übrigen vgl. über die Befugnisse des Vorsitzenden §§ 275 Abs. 1 u. 3, 279 Abs. 1, 288 Abs. 1 u. 2, 289, 290 Abs. 3, 295, 296 Abs. 1 u. 6, 297 Abs. 1, 302, 325 Abs. 1, 331, 336 Abs. 2. 2. a) Der dienstälteste Kriegsgerichtsrat führt die Verhand­ lungen. Vertretung durch den dienstjüngeren wegen Verhinde­ rung durch Krankheit usw. ist nicht ausgeschlossen. b) Die sachliche Leitung oder „Führung" der Verhandlungen umfaßt alles, was von Beginn bis Schluß der Hauptverhandlung im Interesse des Fortgangs der Sache vom (Bericht aus zu sagen und — soweit nicht Gerichtsbeschluß erfolgen muß — anzuordnen ist. Einige hierunter fallende Punkte, z. D. Hinweis auf Nicht­ einhaltung der Frist nach § 275 Abs. 3, hat das Gesetz dem Vor­ sitzenden ausdrücklich zugewiesen. Der Berhandlungsführer ruft die Sache auf, § 294, vereidigt die Richter, veranlaßt den Vorsitzenden zu den ihm zugewiesenen in die Verhandlung (nicht zur Sitzungs­ polizei) gehörenden Handlungen, uentimmt den Beschuldigten, er­ hebt die Beweise, veranlaßt von selbst oder auf Wunsch eines Richters Beratung, leitet diese, regelt die Reihensolge der Prozeßhandlungen, erteilt das Wort, verkündet die Gerichtsbeschlüsse, alU v unbeschadet der lediglich dem Vorsitzenden zustehenden Sitzungs­ polizei. Näheres § 292. c) Ober da- Recht des Vorsitzenden, in die Befugnisse des Berhandlungsführers einzugreifen, sagt Koppmann Anm. 4 zu­ treffend: „Die Eigenschaft des Vorsitzenden als solchen gibt ihm kein Recht, in die gesetzlich ausgeschiedenen Befugnisse des Ver Handlungsführers willkürlich überzugreifen und diesen, so oft es ihm einfiele, zu unterbrechen. Gegenseitige Verständigung

Kriegsgerichte, g 63.

151

unter den beiderseitigen Gewalten wird sür die Sache wie für das Ansehen des Gerichte- wohl da- erforderlichste fein.' 3. Gerichtsbeschluß L SS 277, 390, 391, 293 Ws. 3, 393 Abs. 3, 398 Ws. 3 u. 3, 299 Ms. 4, 305, 318 Ms. 3.

8»stüud1-rett. § 62. Die Kriegsgerichte sind, abgesehen von den ihnen durch anderweite Bestimmungen dieses Gesetze- zugewiesenen Entscheidungen und Geschäften, zuständig: 1. für die Verhandlung und Entscheidung in erster Instanz in den nicht zur Zuständigkeit der Standgerichte gehörigen Strafsachen: 2. für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechts­ mittel der Berufung gegen die Urteile der Standgerichte.

Ertfw. § 66. 1. Die nicht zur Zuständigkeit der Standgerichte gehörigen Sachen sind ohne Einschränkung den Kriegsgerichten zur erstinstanzlichen Verhandlung zugewiesen. Wegen der Zuständig­ keit der Standgerichte s. §§ H—16, 45—47, 63. 2. Die nach § 136 GBG. und $ 12 de- RG. v. 3. 7. 93 (RGVl. S. 205) im bürgerlichen Strafverfahren zur Zuständigkeit des Reichsgerichts in erster und letzter Instanz gehörenden Berbrechen des Hochverrats und Landesverrats gegen Kaiser und Reich IRStSV. §§ 80—92) und des Verrates militärischer Ge­ heimnisse gehören im militärischen Verfahren in erster Instanz ebenfalls vor das Kriegsgericht, nicht vor daS ReichSmilitärgericht. 3. „Anderweite Bestimmungen" über Entscheidungen und Geschäfte der Kriegsgerichte enthalten die §§ 32 Abs. 2 u. 3, 33 Abs. 2, 34 Abs. 2 u. 8, 35, 149, 204 Abs. 1, 205 Abs. 1, 208, 230 Abs. 2r 299 Abs. 3, 461 Abs, 4, 464 Abs. 4, 470 Abs. 2, 471 Abs. 3.

102

Ausübung der Militärsttafgerichtsbarleit.

§ 63.

ttberweisrmg.

§ 63« Im Felde und an Bord kann der Gerichtsherr 1. wegen der Vergehen gegen die §§ 113,114,117 Absatz 1, §§ 120, 123, 134, 135, 136, 138, 185, 189, 223, 223a, 230, 241, 242, 246, 257, 258 Nr. 1, §§ 259, 263, 291, 292, 293, 296, 298, 299, 303, 304, 327 Absatz 1, § 328 Absatz 1 des bürgerlichen Strafgesetzbuchs, 2. wegen der Vergehen gegen § 138 Absatz 1 des Militär­ strafgesetzbuchs, 3. wegen der. Vergehen gegen die §§ 81, 83, 84, 86 der Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 die Verfolgung dem Gerichtsherrn der niederen Gerichtsbarkeit überweisen, wenn er nach den Umständen des Falles cmnimmt, daß neben Einziehung oder Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes aus keine andere und keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von drei Monaten oder Geldstrafe von sechs hundert Mark, allein oder neben Hast oder in Verbindung mit einander, zu erkennen sein werde.

ErUw. § 57. 1. Wegen der Bedeutung der Worte „im Felde und nit Bord- f. EG. §§ 5, 6. 2. Die Überweisung, deren Verfügung bet Mttzeichnung nach § 97 bedarf, sann erfolgen vor Einleitung des Ermittlungs­ verfahrens. Eine Anweisung -um Einschreiten im Sinne des § 21 liegt darin nicht- vielmehr befindet der nurmrehr zuständige Gerichts­ herr, ob er einschreiten will. Überweisung der Verfolgung bedenkt Überweisung der Zuständigkeit. Bei Überweisung nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens kann der nunmehr zuständige Gerichtsherr noch einstellen. Auch nach Erhebung der Anklage, die dann gültig bleibt, ist über« Weisung zulässig bis zum Beginn der Hauptverhaudluna- Die Vor­ schrift des $ 26.

Leitung der Berhandlltng berufenen Senatspräsidenten erfolgt sodann -ur Vorbereitung der Plenarentscheidung die Bericht­ erstattung. Hierzu ist neben einem Mitgliede des in Satz 1 erwähn, ten Senats noch ein anderes juristisches und gegebenenfalls auch militärisches Mitglied zu besttmmen. Diese letzteren Mitglieder sind, wenn von der früheren Entscheidung eines anderen Senats de- Reichsmilitärgerichts abgewichen werden soll, diesem Senat zu entnehmen. § 8 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet entsprechende Anwendung. b) Der zur Leitung der Berhandlungen berufene SenatsPräsident legt die Atten mit dem begründeten Beschluß und den Berichten dem Präsidenten des Reichsmilitärgerichts vor. Dieser beraumt den Termin der Plenarsitzung an und leitet die Sache durch den Obermilitäranwalt zurück. Letzterer fügt seine Anträge bei. c) Jedem Mitgliede des Plenums ist eine Abschrift des begrünbeten Beschlusses, der Berichte und des Antrags des Obermilitäranwalts spätestens bei Anberaumung der Sitzung zuzustellen. § 10. Bei Beratungen über die Geschäftsordnung oder über sonstige die Rechtsprechung nicht betreffende Fragen trifft der Präsident des Reichsmilitärgerichts die zur Vorbereitung der Be ratung im Plenum erforderlichen Maßnahmen. Er bestellt ge­ gebenenfalls den oder die Berichterstatter aus den Reichsmilitär­ gerichtsräten und den militärischen Mitgliedern der Senate und leitet die Verhandlung im Plenum. Nach Abschluß der Beratung bestimmt er den Reichsmilitärgerichtsrat, welchem die Abfassung des Gutachtens usw. obliegt. § 9c findet sinngemäße Anwendung. Sofern die Plenarentscheidung ans Grund einer Allerhöchsten Order notwendig wird, ist auch deren Abschrift mitzuteilen. § 11. Uber jede Hauptverhandlung wird ein Protokoll auf­ genommen. Die §§ 331, 332, 333 der Militärstrafgerichtsordnung finden sinngemäße Anwendung. § 12. Die Beratungen in den Senaten wie im Plenum er­ folgen ohne Zuziehung eines Protokollführers und ohne schrift­ liche Aufzeichnung des Ganges der Beratung, der Abstimmung der

Retch-mtlitärgericht. $ 02.

183

einzelnen Mitglieder und der von ihnen geltend gemachten Gründe. Indessen hat jede- Mitglied da- Recht, seine von dem gefaßten Be­ schluß abweichende Ansicht mit kurzer Begründung in den Sitten deS ReichSmilitLrgertchtS niederzulegen. Die Beratung beginnt mit dem Vortrag eines Berichterstatters. Eine schriftliche Abstimmung, insbesondere durch Umlauf, findet nicht statt. § 13. Die Urteile, Beschlüsse, Verfügungen usw. werden unter dem Namen: «Das Reichsmilitärgericht" erlassen. Gehen dieselben von einzelnen Senaten aus, so ist ein entsprechender Zusatz beizufügen, z. B.: «Das Reichsmilitärgericht I. Senat". Die Urschriften der Urteile und Beschlüsse werden von sämtlichen beteiligten Mitgliedern de- Senat-, die Ausfertigungen von Ur­ teilen und Beschlüssen sowie alle Verfügungen und Anordnungen von dem Senat-präsidenten allein unterzeichnet. Ist ein Mitglied verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter An­ gabe de- Verhinderung-grundes von dem Senat-präsidenten unter der Urschrift de- Urteil- vermerkt. § 14. Der entscheidende Teil de- Urteils wird mit der Schluß­ formel: «Bon Rechts wegen" versehen. Auf die Urteilsformel folgen die Urteil-gründe, welche in bündiger Kürze, unter strenger Beschränkung auf den Gegenstand der Entschei­ dung und tunlicher Vermeidung von Fremdwörtern und nicht allgemein üblichen Ausdrücken abzufassen sind. Wenn die Fassung der Gründe nicht bereits bei Erledigung der Sache durch Gerichtsbeschluß festgestellt ist, so liegt sie nach Maßgabe der beschlossenen Entscheidung dem juristischen Bericht­ erstatter und, toenu ein solcher ausgeschieden oder verhindert ist, einem vom Senatspräsidenten damit zu beauftragenden juristischen Mitglied ob. Im Falle der §§ 8 und 9 der Geschäftsordnung be­ stimmt der beteiligte älteste Senatspräsident unter den juristischen Berichterstattern denjenigen, dem die fragliche Abfassung obliegt. Den Entwurf prüft zunächst der Senatspräsident oder läßt ihn durch ein anderes damit zu beaufttagendes juristisches Mitglied prüfen. Werden Bedenken gegen die Fassung des Entwurfs er

184

Ausübung d.r Militärstrafgerichtsbarkeit. § 92.

Oobcit und diese nicht vom Verfasser durch Änderung seines Ent­ wurfs beseitigt, so werden die Urteilsgründe durch Gerichtsbeschluß festgestellt. § 15. Das Reichsmilitärgericht führt zwei Siegel: ii) ein großes Siegel, welches dem beim Reichsgerichte geführten großen Siegel entspricht und nur bei den förmlichen Aus­ fertigungen, insbesondere der Urteile, gebraucht wird: l)) ein kleines Siegel, welches den bei den Reichsbehörden üb­ lichen Siegeln entspricht, mit der Umschrift: „Reichsmilitärgericht". § 16. Die nach § 202 der Militärstrafgerichtsordnung in Ver­ bindung mit § 409 und § 290 Abs. 2 derselben erforderlich werden­ den Maßnahmen trifft auf Grund einer von dein Vorsitzenden des Senats zu erstattenden schriftlichen Meldung der Präsident des Reichsmilitärgerichts. § 17 über die Veröffentlichung von Urteilen und Be schlössen usw. erläßt der Präsident des Reichsmilitärgerichts die erforderlichen Anordnungen. § 18. Die Prüfung der Urteile der Obertriegsgerichte sowie der Ausstellungen, zn denen die standgerichtlichen und kriegsgerichtlichen Sachen Anlaß gegeben haben, erfolgt durch den­ jenigen Senat, welcher für die Strafsachen des betreffenden Befehls­ bereichs zuständig ist. Bedarf es der Einsicht der Akten oder sonstiger Aufklärung, so veranlaßt der Senatspräsident das Erforderliche. Zunächst erfolgt eine vorläufige Feststellung der Prüfungs­ bemerkungen innerhalb der Senate unter Teilnahme sämtlicher Mitglieder. Ergibt sich bei der Abstimmung Stimmengleichheit, so gilt die Prüsungsbemerkung als angenommen. Für die Be­ arbeitung sind die in den §§ 3 und 6 gegebenen Grundsätze maß­ gebend. Diese vorläufig festgestellten Bemerkungen werden von den Senaten dem Präsidenten des Reichsmilitärgerichts vorgelegt. Letzterer überweist dieselben einer Kommission, bestehend aus den rangältesten Offizieren, den Senatspräsidenten und den.

L be rk rie gsgerichtsräte, Kriegögcrichtsräte usw. § 93.

185

Obermilitäranwalt, oder in deren Vertretung den nächstältesten Mitgliedern der Senate und der Militäranwaltschaft zur Nach­ prüfung in bezug auf Inhalt und Wortlaut. Die bezüglichen Berichterstatter sind von der Kommission zu hören. Bemerkungen, welche der Präsident des ReichSmilitärgerichts für unvereinbar hält mit den militärischen Vorschriften oder Grund­ sätzen, und solche, gegen welche von der Kommission Bedenken mit Stimmenmehrheit erhoben werden, sind dem Plenum zur Ent­ scheidung vorzulegen, falls der bezügliche Senat bei seiner ab­ weichenden Ansicht bleibt. Im Plenum ist der Obermilitäranwalt mündlich oder schriftlich zu hören. Nach endgülttger Feststellung des Wottlauts der Prüfungsbemerkungen durch Senats- oder Plenarbeschluß werden dieselben von den Senaten zusammengestellt dem Präsidenten des Reichsmilitärgericht- zur wetteren Veranlassung gemäß § 113 der Militärstrafgerichtsordnung eingereicht. Die Abstimmungen finden unter Teilnahme sämtlicher Mit­ glieder statt. Bei den endgültigen Abstimmungen der Senate und de- Plenums gelten diejenigen PrüfungSbemerkungen als abgelehnt, hinsichtlich deren sich Stimmengleichheit ergeben hat. Durch RG. vom 6. 3. 17 ist der Reichskanzler ermächtigt, für die Dauer des durch den Krieg verursachten Bedürfnisses ständig angestellte Richter in der erforderlichen Zahl zum ReichSmtlitärgericht einzuberufen. Auf den Bayrischen Senat findet das Gesetz keine Anwendung.

Vierter Abschnitt.

Oberkriegsgerichtsräte, Kriegsgerichtsräte und Gerichtsoffiziere. etnemntng. § 93. Die Ernennung der Oberkriegsgerichtsräte und der Kriegsgerichtsräte erfolgt durch den zuständigen Kon­ tingentsherrn, in der Marine durch den Kaiser.

Entw. § 87.

180

Ausübung der Militärstrafgerichtsbarkeit. § 93.

Schrifttum: Autenrieth, Uber d. Stellung d. oberen Militärbeamten, insbes. d. richterl. Mlitärjustizbeamten, Arch. 1 165; Handw. Elsner v. Gronow, Militärjustizbeamte, richterliche: Un­ genannt, Die völkerrechtl. Stellung des Auditors im Kriege, Streffleurs Mil. Z. 1910, Iuniheft, bespr. Arch. 2 71; Elsner v. Gronow, Der Jurist und der Offizier, Arch. 2 161; Otto Meyer, Der 1. Deutsche Militärjuristentag, Arch. 4 321, 395; Beck, Stellung und Ziele der deutschen Militärjustizbeamten, Arch. 4 260; Rehdans, Lage der Militärrichter, DJZ. 1913 S. 1489; Dietz, Richterliche Unabhängigkeit und Militärjustiz, Arch. 5 191, dort weiteres Schrift­ tum; Die rechtliche, dienstliche und persönliche Stellung der deut­ schen Militärjustizbeamten, Taschenbuch Anl. IV. Handwörterbuch: Militärbeamte: Erhard, Heeresbeamte in Bayern: Sohl, Beamtendisziplinarrecht; ders., Disziplinarverfahren gegen richterliche Militärjustizbeamte; Boethke, Freiwillige Gerichts­ barkeit. 1. Die OKrGRäte und KrGRäte gehören zu den sog. servis­ berechtigten Militärbeamten. Soweit nach Maßgabe der bestehenden Konventionen und Berträge Art. 64 der Reichsverfassung auf sie Anwendung findet, gehören sie als richterliche Militärjustizbeamte und Angehörige des aktiven Heeres zu den Reichsbeamten. (Reichsbeamten­ gesetz § 1 und Motive dazu.) Begr. Auf die bayerischen OKrG­ Räte und KrGRäte findet dies keine Anwendung. Vgl. aber Guderian im ArchOffR. 19 476 ff. 2. Die Ernennung erfolgt auf Lebenszeit, § 94 Abs. 2, und zwar durch den zuständigen Kontingeutsherrn im Sinne des § 4 EG., bei der Marine durch den Kaiser. Der endgültigen Anstellung pflegt eine Probedienstleistung vorauszugehen. Taschenbuch, 1. Ausl. S. 404. 3. Die OKrGRäte gehören zur vierten, die KrGRäte zur fünften RangNasse der höheren Provinzialbeamten. Bon den OKrGRäten darf die erste Hälfte zur Verleihung des Stellen­ ranges der dritten Klasse und von den KrGRäten die erste Hälfte,

Oberkriegsgerichtsräte, KriegsgerichtSräte usw.

§ 94.

187

soweit die ihr Angehörenden mindestens ein ISjLhriges richterliches Dienstalter erreicht haben, für Verleihung des Stellenranges der vierten Klasse in Vorschlag gebracht werden. AKO. v. 31. 3. 00 lABBl. S. 187). Diensttitel: Geh. und Oberkriegsgerichtsrats. AKO. li. 3. 11. 10, Arch. 2 239. 4 Uniform s. Taschenbuch, 1. Aufl., S. 404. 5« Dienstpflichten ergeben sich aus dem Reichsbeamtengesetz und den die Einzelheiten regelnden Gesetzen, Verordnungen und Dienstvorschriften, insbesondere auch der Dienstvorschrift „Militärgerichte". Vgl. Taschenbuch, 1. Ausl., S. 360. über Verletzung der Dienstpflichten s. § 96. Haftung s. Taschenbuch, 1. Ausl., S. 362 und Handw. Haftung der Militärpersonen. 6. Einkommen s. § 94. Urlaub s. Pr. KrMin. v. 29. 9. 08 und Taschenbuch, 1. Aufl., S. 359. 7. Strafrecht, vgl. §§ 43, 153 MStGB. und $ 1 MStGO. 8. Besonderheiten der bürgerlichen Rechtsstellung s. Schwenger, Die staatsbürgerl. Sonderstellung der Militärpersonen, 1907; Handw.: Erhard, Militärstand; Taschenbuch, L Aufl., S. 361—363. Steuern inSbes. s. Handw.: Jacquin, Steuern: Taschenbuch, 1. Aufl., S. 363. t ■ 9. Völkerrechtliche Stellung int Kriege s. Taschenbuch, 1. Aufl., S. 360; Taschenbuch, 3. Aufl., Kni. VII; Rissom, Richt­ kombattanten.

Befähigung -um Richteramt.

§ 94. Die Oberkriegsgerichtsräte und die Kriegsgerichtsrütc müssen tu Gemäßheit des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877 zum Richteramte befähigt sein. Auf dieselben finden die §§ ü, 7, 9 des bezeichneten Gesetzes entsprechende Anwendung. Entw, § 88, Schrifttum: van Ealker, Eine Akademie für Militärrecht, Arch. 4 81, dazu Gerland, Elsner v. Gronow, Bergmayer, Rotermnnd, Romen, Beling, Frank, Arch. 4 160; ferner v. Bippen,

188

Ausübung der Militärstrafgerichtsbarkeil. 8 95.

Erhard, Flegel, Rehdans, Dietz, Arch. 4 241: Rehdans, Die Fort bildung der Militärjuristen, Arch. 5 280; Erhard, Dritter Fort­ bildungskurf us für höhere Iustizbeamle in Bayern, Arch. 5 463. 1. Zu Abs. 1. Wegen der Befähigung zum Richteramt f. GBG. §§ 2-5. 2. Zu Abs. 2. GBG. § 6: „Die Ernennung der Richter erfolgt auf Lebenszeit." § 7: „Die Richter beziehen in ihrer richterlichen Eigenschaft ein festes Gehalt mit Ausschluß von Gebühren." § 9: „Wegen vermögensrechtlicher Ansprüche der Richter aus ihrem Dienstverhältnisse, insbesondere aus Gehalt, Warlegeld oder Ruhegehalt darf der Rechtsweg nicht ausgeschlossen werde,!." 3. Diensteinkommen, Gehalt, Wvhnungsgeldzuschuß, Um zugskosten, Tagegelder und Fuhrkosten, Lchreibsachenvergütung, Pension, Witwen- und Waisengeld s. Taschenbuch, l. Ausl., 3- -1 io; auch Handw.: Diensteinkonunen.

Detachierte Stelle«.

§ 95« Binb einem Gerichtsherrn mehrere Kriegsgerichts rate zugeordnet, so kann durch die oberste Militärjustizoer waltungsbehörde einzelnen der Amtssitz außerhalb des Garnison orts des Gerichtsherrn angewiesen werden. Entw. § 89. 1. Es handelt sich hier um sog. abgezn'eigte Gerichts stellen. Die Anweisung kann nur durch die oberste Militärjustiz Verwaltungsbehörde, s. § 111, erfolgen, nicht durch den Gerichts Herrn.

2. Die Anweisung des auswärtigen Amtssitzes gilt nach $ 96 Abs. 1 3atz 2 als Bersetzung; es bedarf aber hier nicht der Zustimmung des betreffenden Beamten. Zurückberufung ohne Zustimmung des von ihr Betroffenen ist jedoch nur bei gleich­ zeitiger Aufhebung der stelle zulässig. Begr.

Oberkriegsgerichtsräte, KriegsgerichtsrLtc usw.

§ 96.

189

Unabsetz-arkeit unb Uuverfetz-arkeit.

§ 96. Die Oberkriegsgerichtsräte und die Kriegsgerichtsröte können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Ent­ scheidung und aus den Gründen und unter den Formen, welche das Gesetz bestimmt, dauernd oder zeitweise ihres Amtes ent­ hoben oder in eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. In den Fällen des § 95 bedarf es der Zustimmung zur Bersetzung nicht. Die richterlichen Militärjustizbeamten der Marine können durch die oberste Marineverwaltungsbehörde (Reichs-MarineAmt) dem Befehlshaber einer Flotte oder eines Geschwaders zugeordnet werden. Ohne ihre Zustimmung darf in Friedens­ zeiten dieses Dienstverhältnis die Dauer von drei Jahren nicht überschreiten. Bei einer Veränderung in der Organisation des Heeres oder der Marine können unfreiwillige Bersetzungen in eine andere nlilitärrichterliche Stelle oder Enthebungen ^>om Amte unter Belassung des vollen Gehalts durch die Militärjustizverwaltung verfügt werden. Gleiche Befugnis in Beziehung auf unfreiwillige Ber­ setzungen steht der Militärjustizverwaltung im Falle einer Mobilmachung mit der Maßgabe zu, daß die getroffenen Ver­ fügungen nur fik die Dauer der Mobilmachung gellen. Entw. § 90. Schrifttum: Rehdans, Richterliche Unabhängigkeit und Militärjustiz, DJZ. 18 1489; Handw.: Sohl, Disziplinarverfahren gegen richterliche Militäriustizbeamte, Disziplinarbesttafung der Militär­ beamten, Beamtendisziplinarrecht. 1. § 96 entspricht in den Abs. 1 und 3 den gleichen Absätzen des § 8 GBG. 2. Das hier in Frage kommende „Gesetz" ist neben dem Reichsbeamtengeseh das „Gesetz betreffend die Dienstvergehen

ltHJ

Ausübung der Militärstrafgerichtsbarleit. 8 U6.

der richterlichen Militärjusttzbeamten und die unfreiwillige Ver­ setzung derselben in eine andere Stelle oder in den Ruhestand" v. 1. 12. 98 lRGBl. S. 1297). Über Dienstentlassung s. §3 des genannten Gesetzes, über die unfreiwillige Bersetzung in den Ruhestand infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen s. §§ 34, 35 dort. Nach §§ 32, 33 dieses Gesetzes ist unfreiwillige Versetzung, abgesehen von den Fallen der §§ 95, 96 MStGO. und dem Falle einer Strafversetzung nur zulässig, wenn sie „durch das Inter­ esse der Militärrechtspflege dringend geboten" und diese Notwendigkeit vom Disziplinarhof anerkannt ist Nach § 31 das. kann im Felde und an Bord durch KaisB. den höheren Be­ fehlshabern die Befugnis eingeräumt werden, einen richterlichen Mlitärjustizbeantten, der nach ihrer pflichtmätzigen Überzeugung seine Bestimmung nicht erfüllt, aus seiner Feldstelle (Bordstelle) zu entlassen. Die Gehaltsansprüche bleiben unberührt. Durch § 17 Ziff. 2 der KB- II v. 28. 12. 99 ist diese Ermächtigung den dort im § 16 genannten höheren Befehlshabern erteilt. Wegen „vorläufiger Dienstenthebung" s. § 30 das. 3. Nach § 21 EG. können im Verwaltungswege (seitens der Militärjustizverwaltung, § 111) außerhalb des Gebietes der Militärstrafrechtspflege den KrGRäten oder OKrGRäten dienstlicf)e Verrichtungen insoweit übertragen werden, als es sich um Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder andere juristische Geschäfte im Bereiche der Militärverwaltung handelt. Näheres s. bort. 4. Als Veränderungen in der Organisation des Heeres oder der Marine kommen insbesondere Verlegungen, Vermehrungen oder Verminderungen in Betracht. Die Veränderungen muffen aber eine Beziehung zu der Stelle des betroffenen Beamten haben. 5. Disziplinarverhältnisse im übrigen s. in dem oben­ genannten Schrifttum. 6. Beschwerde der Beamten und gegen Beamte s. Mewes im Taschenbuch, 1. Ausl., S. 402; Dietz, Beschwerdeordnungen, 1911 S. 58.

Lberkriegsgerlchtsräte, KriegsgerichtSräte usw. § 97.

191

Verhältnis zu« VerichtSherr».

§ 97.

Die Oberkriegsgerichtsräte und die Kriegsgerichtsrate haben, soweit sie nicht als Richter bei den erkennenden Gerichten mitwirken, den Weisungen des Gerichtsherrn Folge zu leisten. Die im Laufe des Verfahrens ergehenden Entscheidungen und Verfügungen des Gerichtsherrn sind, soweit das Gesetz nicht ein anderes bestimmt, außer von diesem auch von einem richterlichen Militärjustizbeamten zu unterzeichnen. Letzterer übernimmt dadurch die Mtverantwortlichkeit für die Gesetz­ lichkeit. Hält der Mlitärjustizbeamte eine Weisung, Verfügung oder Entscheidung mit den Gesetzen oder den sonst maßgebenden Bor schriften nicht vereinbar, so hat er dagegen Vorstellung zu etheben. Bleibt diese erfolglos, so hat er der Weisung des Ge­ richtsherrn, welcher alsdann allein die Verantwortung trägt, zu entsprechen, den Hergang jedoch aktenkundig zu machen. Die Akten sind unverzüglich von dem Gerichtsherrn dem Oberkriegsgerichte zur rechtlichen Beurteilung der Sache vorzu­ legen. Diese Beurteilung ist für die weitere Behandlung der Sache maßgebend.

Entw. § 91, Schrifttum: Weiffenbach, Die Stellung der richterlichen Milttärtustizbeamten, Mil. (frört. 1902; Hafts, Zu § 97, Recht 1903 S. 517 bis 520; Herz, Zu § 97, Recht, Jena 1904 S. 33; Schlott das. S. 249; Schmölder, Meinungsverschiedenheiten zwischen den: Gerichtsherrn und seinem Militärjusttzbeamten, Goltd. Arch. 1903 S. 341—357; v. Bippen, Zu § 97, Recht S. 207 und Goltd. Arch. 1905 S. 169—188; Becker, Die Grenzen der gerichtsherrlichen Befugnisse; Rissom, Die Mitprüfungspflicht des richterlichen Beamten nach der MStGO., Goltd. Arch. 1906 S. 236—247, S. 416 427; Gerland, Gerichtssaal 1906 S. 305—313: M. E. Mayer,

192

Ausübung der Militärstrasgerichtsbarkeit.

§ 97.

Unabhängigkeit der Militärgerichte, DIZ. 1907 S- 34; Binding, Strafrecht II, S. 770; M. E- Ntayer, Der rechtswidrige Befehl, 1908 S. 140; Rotermund, Stellung des Vertreters der Auflage gegenüber dem Gerichtsherrn, Arch. 1 265: Autenrieth, Mitverantwortlichleit des KrGRats, Arch. 1 295; Dietz, Rechtsgültig­ leit der Anklageverfügung ohne Mituntcrfchrift, Arch. 2 290, dazu Beling, Z. 33 309, bespr. Arch. 3 232; Dietz, Streiflichter über die Militarstrafrechtspflege ufw. in Steidle, Militärrechtliche Studien S- 89—122, bespr. Arch. 2 305; Handw.; Rissvm, Mitprüfungspflicht. Vgl. auch Pr. KrMin. v. 2. 11. 02 Nr. 626. 10. 02 C. 3. 1. a) Zum § 97 (91 des Entw), der zu vielen Meinungs­ verschiedenheiten Anlaß gegeben hat, heißt es in der Begründung: Soweit die iii Rede stehenden Beamten als Richter in den er kennenden Gerichten mitwirken, sind sie, wie diese Gerichte selbst, unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen ($ 16 Abs. l) und deshalb jeder Einwirkung des Gerichtsherrn entzogen. In ihren sonstigen Amtsgeschäften haben sie dagegen den Anordnungen des Gerichtsherrn Folge zu leisten. Indessen sollen sie auch hier keines­ wegs blinde Werkzeuge in der Hand des Gerichtsherrn sein, sie sollen vielmehr den Gerichtsherren als rechtskundige Beamte mit ihrer Gesetzeskenntnis und ihrem juristischen Urteile zur Seite stehen und dafür Sorge tragen, daß imch Recht und Gesetz ver­ fahren wird. Soweit daher der Gerichtsherr nicht in den vom Ge­ setze besonders bestimmten Fällen kraft seiner kommandogewalt allein entscheidet oder verfügt (vgl. §§ 174, 175), sind die im üanfv des Ermittelungsverfahrens ergehenden Entscheidungen und Ver­ fügungen von dem Gerichtsherrn und einem richterlichen Militär justizbeamten gemeinschaftlich zu unterzeichnen. Jeder der beiden ist für die Gesetzlichkeit der Entscheidung oder Verfügung verantwortlich; deshalb hat der rechtskundige Beamte das Recht und die Pflicht der Prüfung unb erforderlichenfalls der Geltend machung der gegen die Zulässigkeit der vom Gerichtsherrn beab­ sichtigten Anordnung oder Verfügung etwa bestehenden Bedenken. Nur dadurch vermag er sich seines Teils der Verantwortlichkeit für eine unzulässige Maßnahme zu entziehen. Bei sortbestebender

Oberkriegsgerichtsräte, Kriegsgerichtsräte usw. § 97.

193

Meinungsverschiedenheit ist zunächst die Auffassung des GerichtsHerrn maßgebend; derselbe übernimmt dann aber auch allein die volle Verantwortlichkeit. b) Auf die Gerichtsoffizierc findet der § 97 nach § 102 entsprechende Anwendung. 2. Die richterlichen Mlitärjustizbearnten stehen in einem doppelten Unterordnungsverhältnis. Hinsichtlich ihrer Amtstätigkeit unterstehen sie, soweit die dienstliche Verant­ wortlichkeit in Frage kommt, allein dem Berwaltungsvorgesehten, § 34 DiszStO., § 2 DienstvergG. Das Recht, die Ausführung des Ermittlungsverfahren-, die Art und Weise der Abfassung eines Urteils, überhaupt Verstöße gegen die Amtspflicht zu rügen, steht allein der obersten Militärjustizverwaltung zu. PE. 2 18; 3 11, 4 11. Dem Gerichtsherrn steht ein Rügerecht in dieser Hinsicht nicht zu. Sonstige Verstöße, namentlich hinsichtlich der Lebensführung, unterliegen, unbeschadet der Mitaufsicht der Ver­ waltungsbehörde, der Disziplinarbestrafung durch die militärischen Vorgesetzten, zu denen hinsichtlich der Divisionen auch der kom­ mandierende General nach Pr. KrMin. 29. 7. oi rechnet. Vgl. hierzu § 112. Unbeschadet der Dienstaufsicht der Militärjustizverwaltung' sind aber die richterlichen Militärjustizbeamten Organe des Gerichts­ herrn, soweit sie nicht in den erkennenden Gerichten mitwirken. Hierauf beruht die Regelung der MitprüfungSpflicht. Die letztere ändert sich im Felde infolge des § 153 MStGB. nicht, was schon § 102 MStGO. beweist. Uber die rechtliche Natur der gerichtsherrlichen Ver­ fügungen s. RMG. 19 198. 3. Umfang der Mitprüfungspflicht. A. Entschei­ dungen. I. Regel. Nach dem in Goltd. Arcli. 52 240 darge­ legten dreifachen Zweck der Vorschrift, sowie aus den bei Gerland, Gerichtssaal 69 305 ff., angeführten Gründen, insbes. auS der Stellung des 8 97 im System der MStGO. ist zu entnehmen, daß mitzuprüfen und mitzuzeichnen alles ist, was sich nicht, wie z. B. eine Disziplinarbestrafung oder sonstige truppendienstliche An u m i n - St u i u m ,

0., 2. Aufl.

13

1U4

Vliivübuitö der MilitärstrafgeriONsbarteit. § 97.

urbnuno, als Vitt der reinen Äomnrandogewalt, sondern als Rechts Pflegeakt, als Ausübung der Militärgerichtsbarkeit darstellt. Was hierunter zu rechnen ist, ergibt sich im Zweifel aus der Regelung des Attes in der MStGL. So auch Pr. KrMinB. v. 21. 3. n:>. Weiterhin muß es sich um einen Rechtspflegeakt im einzelnen Hall handeln, nicht um allgemeine Rechtspslegeakte, wie Be­ stellung ständiger Richter, Aufstellung der jährlichen Richterliste, Unterstellung nach jj 31. Nichts anderes sollte durch die Worte „im Lause des Verfahrens" gesagt werden. Mitzeichnung ist hier­ nach erforderlich im ordentlichen wie im außerordentlichen Der fahren, beim ersten wie beim letzten Akt desselben, auch dann, wenn es sich etwa in einem Alt erschöpft. Hiernach bedürfen der Mitzeichnung: u) Die Anordnung des Ermittlungsverfahrens. Da­ gegen jedoch PE. 1 10: RG. 34 257. PE. 1 10 gestattet mündliche Weisung, die vom Untersuchungsführer aktenkundig zu machen ist. l>) Di e An kl agev e rfü gung, PE. 1 33, oder Ein stellung des ÜB erfahrend, bie Strafverfügung. c) Die Strafvo11streckungsverfügungen, so auch Pr. NrMin. v. 21. 3. 05. (i) Einzelentscheidungen und Entscheidungen im Son derverfahren, so z. B. Übergabe an die bürgerliche Gerichtsbar­ keit nach § 4, dazu RG. 34 256, Entscheidungen betr. Zuständigkeit nach §§ 34— 36, PE. 4 4, Fahnenfluchtserilärung nach 8 360, Antrag auf objektives Strafverfahren nach § 16 EG-, Ordnungs­ strafen nach § 19 EG. e) Entscheidungen auf Rechtsmittel, soweit die ange^ fochtene Entscheidung des Gerichtsherrn mitzuzeichnen war, Zurück­ weisung der Berufung aus § 385, Anweisungen des höheren Gerichtsherrn aus § 24, soweit die angeordnete Handlung des Gerichtsherrn der Mitzeichnung bedarf. II. Ausnahmen: a) Einstweilige Dienstentheb­ ung und Haftbefehl nach § 174, 175 gemäß ausdrücklicher Be­ stimmung des Gesetzes. Bgl. Rissom, Goltd. Arch, 1906, 3. 418. Dazu gehört auch die Entscheidung über die nach § 277 vorn er-

Cbvrtrieij*gcrht)t*räte, Kriegsgerid,tsräte usw.

8 97.

1U5

tennenden Gericht beschlossene Festnahme, PE. 3 29. Gleiches gilt für Aufhebung deS Haftbefehls, PE. 1 23, und für die Entscheidung des höheren Gerichtsherrn auf Rechts beschwerde gegen den Haftbefehl, a. M. Becker, S. 544; Herz-Ernst, Anm. 5; Schlaper, Anm. 217: stillschweigend RMG. 3 8; wie hier Gerland, Krit. BJSchr. 45 565. b) Rechtsmittelerllärungen des Gerichtsherrn wegen der dafür im § 348 beso»»ders vorgeschriebenen BeurtundungSform, entsprechend wohl nach Anweisung zur Einlegung und Zurück­ nahme von Rechtsmitteln nach § 21. c) Bestätigung, tveil grundsätzlich dem obersten Kriegsherrn zustehend. Meinungsverschiedenheiten über Notwendigkeit der Mit­

zeichnung entscheidet nach Abs. 3 das OberkriegSgericht. 4. B. Weisungen, a) Als Weisungen int Sinne deS § 97 sind nur die im Verfahren ergehenden anzusehen. Zur Be­ arbeitung von Angelegenheiten, die außerhalb des gerichtlichen Ver­ fahren- stehen, ist der richterliche Milttärbeamte weder befugt noch verpflichtet. Ausgenommen find allein, nach ausdrücklicher Be­ stimmung des § 21 ES., Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit unb andere juristische Geschäfte im Bereiche der Militärverwaltung, die ihm im Verwaltungswege, d. h. durch das Krieg-ministerium oder die nach § lll gleichstehende Behörde, nicht durch den Gerichts­ herrn, aufgetragen werden. Näheres s. Arch. 1 285—290. S. auch § 112 Anm. 4 b. b) Die Weisungen sind unmittelbar zu erteilen, nicht durch -ldjutanten oder den Chef des Generalstabes. Noch weniger haben dritte Personen Einfluß auf den Inhalt der Weisungen. c) Hauptfälle. räte usw. § 98.

201

Die von der Kommission eingefügte Beschränkung „im Falle ihrer Verhinderung" kehrt hu -weiten Satz nicht wieder. Ob eine Verhinderung vorliegt unb durch wen der Verhinderte zu ersetzen ist, hat gemäß § 13 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 allein der Gerichtsherr zu be­ stimmen. RMG. 11 286. Ausnahmsweise werden zum Richteramt befähigte Offi­ ziere (des Beurlaubtenstandes) zur Begutachtung von Urteilen im Felde und an Bord verlangt in § 425. 2. Wegen der Befähigung zum Richteramt s. GBG. §§ 2—5. Außer der Fähigkeit zum Richteramt ist erforderlich, daß die betreffenden Personen von der Militärjustizverwaltung zur Wahrnehmung richterlicher Geschäfte bestellt sind. Es kann also nicht der Gerichtsherr einfach eine Intendantur oder Zivilgerichts­ behörde um Zuweisung ersuchen. Die meist in der Absicht späterer endgültiger Anstellung den Gerichtsherren überwiesenen Assessoren sind grundsätzlich als zur Wahrnehmung richterlicher Geschäfte be­ stellt anzusehen. Die noch aus älteren RechtSzuftänden Herslammende Überweisungsformel „zum Zwecke der weiteren juristischen Aus­ bildung" läßt allerdings Zweifeln hinsichtlich der Willen-meinung Raum, deren Beseitigung durch ausdrückliche ErNLrung sich emp­ fiehlt, nach PE. 6 6; RMG. 11 286 sogar geboten ist. über den Anzug der im MiUtärjustizdienst beschäftigten Ge­ richtsassessoren s. Pr. KrMin. v. 27. 12. 12. 3. Während des Krieges werden stellvertretende KriegSgerichtsräte, die in einer etatmäßigen Stelle vertreten, und Militärhilfsrichter, die außeretatmäßig mit Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt werden, ernannt. Als Militärhilfsrichter werden regelmäßig Personen des aktiven Soldatenstandes ernannt. Doch find gelegentlich auch z. B. Mitglieder des am Ort befind­ lichen Landgerichts zum Zwecke der Aushilfe zu Militärhilfsrichtern im Nebenamt von der Militärjustizverwaltung unter Zustimmung der Justizverwaltung ernannt worden, über das Dienstalter vgl. Pr. KrMin. v. 23. 3. 15. über die Dienstverhältnisse der im Kriege in richterlichen und

202

Ausübung der Militärstrafgertchtsbarkeit. § 99.

Militärgerichtsschreiberstetten beauftragten Mannschafte n vgl. Anl. 3 der Kr. BesB-, insbes. § 7 der Anl. 3. 4. Wegen der Bedeutung der Worte „int Felde" nnd „an Bord" s. EG. §§ 5, 6. Ein besonderer Dienstgrad ist für die als Ersatz heranzu­ ziehenden Offiziere vom Gesetz nicht vorgeschrieben. Auch braucht er nicht zum Richteramt befähigt zu sein. Hiernach kann also nötigenfalls, „soweit die Umstände dies erfordern", jeder Offizier als Ersatz dienett. Bei den Feld- und Bordkriegsgerichten empfiehlt es sich, als Berhandlungsführer einen zum Richteramt befähigten Offizier des Beurlaubtenstandes zu bestellen, vgl. Arch. 6 429. Oberkriegsgerichte werden im Felde und an Bord jetten berufen werden. Borkommendenfalls tarnt der Gerichtsherr sich durch Ersuchen um Zuweisung im RechtShilfemege nach § 262 MStGO. helfett. Im Notfälle gilt auch hier der Latz 2 des § 98, der seiner Notstandsnatur wegen dem, auch nur im Sah 1 ge­ nannten, § 70 vorgeht. Zur Begutachtung von Urteilen im Felde und an Bord werden im § 425 zum Richteramt befähigte Offiziere verlangt.

GerichlSofsi-iere. § 99. Die Gerichtsoffiziere werden von den Gerichts­ herren aus der Zahl der Subaltertloffiziere bestellt. Erüw. § 93. Schrifttum: Schmidt, Werner, Die rechtl. Stellung des Ge richtsoffiziers nach der MStGO-, 1908: Handw.: Elsner v. Gronow, Gerichtsoffiziere: Dietz, Hauptleute als Gerichtsoffiziere, Arch. 5 317: Taschenbuch, Anl. VII; Dietz, Gerichtsosfiziere: Schwer. Der Gerichtsoffizier im Felde, DStrrZ. 3 390: Taschenbuch, Anl. III, Das standgerichtliche Verfahren im Felde. 1. Die Gerichtsosfiziere sind die Organe der Gerichts­ herren der niederen Gerichtsbarkeit, § 13 Abs. 2. Sie haben im Ermittlungsverfahren den Sachverhalt zu erforschet!

Oberfrieg6fleri(Wrätf, Kriegsgerichtsräte usw. $ loo.

203

(§§ 156 ff.), die Anklageschrift anzufertigen (§§ 255 ff.) und die Anklage vor den Standgerichten zu vertreten (§ 273). Im übrigen vgl. wegen ihrer Tätigkeit §§ 125, 130, 131, 132, 139, 153, 263, 270, 327, 345, 349, 368, 369, 382, 442; ®@. §§ 9, 10. Der Gerichtsofsizier ist, wenn er als solcher tätig wird, als eine zur Abnahme von Eiden zuständige Behörde im Sinne des § 154 StGB, anzusehen, RMG. 4 83, 172, 14 289. L. Bei der Bestellung der Gerichtsosfiziere ist der Gerichtsherr auf die Subalternosfiziere, Oberleutnants und Leutnants, ein­ schließlich der Feldwebelleutnants seines Befehlsbereichs be­ schränkt, vorbehaltlich der Zuweisung auf Grund einer Vereinbarung der zuständigen Dienststellen. Die Zahl der Gerichtsosfiziere und die Dauer ihrer Bestellung sind im Gesetze nicht begrenzt. Der zu Bestellende mutz mindestens ein Jahr dem Heer oder der Marine angehören (§ 100). Hauptleute sind, weil nicht zu den SubalternOffizieren gehörig, von der Bestellung ausgeschlossen. Wegen der Beeidigung des Gerichtsofsizier- s. § 101. 3. Ein Offizier des Beurlaubtenstandes kann, so lange er nicht zum Dienst einberufen und dadurch aktiv geworden ist, nicht bestellt werden. Ob § 24 Ziff. 2 Ws. 3, Ziff. 3 und 5 o HO. dazu unter Heranziehung des Begriffs deS Sichbefindens im Dienste nach $ 6 MStGB. eine Handhabe gibt, erscheint zweifelhaft. Vgl. Schmidt, Die rechtliche Stellung des Gerichtsoffiziers 1908 S. 21. 4. Wegen der Kosten für Schreibbedürfnisse s. AVBl. 1900 S. 578.

Dleustalter. § 100. Zum Gerichtsoffizier darf nur bestellt werden, wer seit mindestens einem Jahre beut Heere oder der Marine angehört. Diese Einschränkung findet im Felde und an Bord keine Anwendung. Eniw. § 94. 1. Die Vorschrift in § 100 entspricht den Bestimmungen in S§ 40, 44 Abs. 1; s. dort. 2. Wegen der Bedeutung der Worte „im Felde" und „an Bord" s. EG. §§ 5, 6.

2U4

Ausübung der Mi litärstrafgerichtsbarkcit. §§ 101, 102.

Beeidigung. 101. Der Gerichtsoffizier ist beim Antritte seines Amtes durch den Gerichtsherrn zu beeidigen. Die Eidesformel lautet: »Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und All­ wissenden, die Pflichten eines Gerichtsoffiziers getreu­ lich zu erfüllen. Lo wahr mir Gott helfe." Die Bestimmungen des § 42 Absah 3 und 4 finden An­ wendung. Eniw. § 95. 1. „Beim Antritt" heißt: vor tatsächlicher Wahrnehmung des Amtes. 2. § 42 Abs. 3 und 4 enthalten die Bestimmungen über Zu­ lässigkeit der Hinzusügung der konfessionellen Belräftiguugsfonuel und über die Notwendigkeit der Aufnahme eines Protokolls über die erfolgte Beeidigung. 3. Wegen Reisen zwecks Beeidigung s. ABBl. 1900 (£. 543, Reiseordnung § 56.

Verhältnis zum Gerichtsherrn. § 102. Die Bestimmungen des § V7 finden auf die Ge richtsoffiziere entsprechende Anwendung. Eniw. § 96. 1. Polemische Erörterungen bei Werner ertmiibt, Die recht!. Stellung deS GerichtsoffizierS, S. 26, 27. 2. Der Gerichtsoffizier hat also auch die int Laufe des Ber fahrens ergehenden Entscheidungen und Verfügungen des Gerichts­ herrn, soweit das Gesetz nicht ein anderes bestimmt, mitzuunter­ zeichnen. § 97 Abs. 2.

3. Auch hier ist zur Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten im Falle des § 97 Abs. 3 das Lberlriegsgericht zuständig. Vgl. ZtvmBer. zu § 91 deS Entw. (£. 19).

Militärsnwaltschast. §§ 103, 104.

205

Fünfter Abschnitt.

Militäranwaltschaft beim Reichsmilitärgerichte.

Besetz««-.

§ 163«

Beim Reichsmilitärgerichte wird eine aus einem Obermilitäranwalt und einem oder mehreren Militäranwälten bestehende Militäranwaltschast eingerichtet.

Entw. § 97. Schrifttum: Handw.r Elsner von Gronow, Militäranwaltschaft. 1. Die Militäranwaltschast Ist nicht eine tollegiale, sondern eine bureaukratisch eingerichtete Behörde dergestalt, daß der Obermilitäranwalt der Träger des Amtes ist und die ihm zugeord­ neten Militäranwalte nur alS seine Vertreter handeln. Begr. S. 99. L Die Militäranwaltschast vertritt in gewisser Weise die Revision de- Gericht-herrn und hat im übrigen eine wesent­ lich begutachtende Stellung ohne eigene Verfügung über die Strafverfolgung. 3. Die Beamten der Militäranwaltschast sind Reich-beamte und unterstehen dem Reichsbeamtengesetz. Da- gilt auch vom bayerischen Militäranwalt. S. auch § 81 Anm. 1. , Wegen der Pension-verhältnisse s. RBG. (in der Fassung der Bekanntmachung de- Reichskanzler- v. 18. 5. 07 — RGBl. S. 245 ff. —) §§ 34 ff., wegen der Witwen- und Waisengelder s. Beamtenhinterbliebenengesetz v. 17. 5. 07 (RGBl. S. 208 ff.). 4. Titel: Oberreichsmilttäranwalt, Retchsmilitäranwalt, AKO.

v. 6. o. 12.

v-ermMtLrouwalt.

§ 104.

Die Militäranwalte stehen unter der Aufsicht und Leitung des Obermilitäranwalts und haben seinen An­ ordnungen Folge zu leisten.

Entw. § 98. 1. In der Begründung heißt es hierzu (S. 99): Die Militäranwälte unterstehen der Aufsicht und Leitung des Obermilitär-

2UÜ

Ausübung der 'JJiilitärftrafflvridjtebartvit.

jü iu.*>.

anwalts und haben seinen dienstlichen Anweisungen (vgl. GVG. § 147 Abs. 1) Folge zu leisten. Unter ..Anweisungen" sind nicht bloß allgemeine Anordnungen (Instruttionen usw.), sondern auch solche Verfügungen zu verstehen, welche die Behandlung der einzelnen Sachen betreffen. Da indessen die Militäranwälte gesetz­ lich legitimierte Vertreter des Obermilitäranwalts sind, bedürfen sie, wo sie amtlich auftreten, nicht noch einer besonderen Voll macht zu ihrer Legitimation.

2. Die Vorschrift des § 104 bezieht sich auch auf den baye rischen Militäranwalt (RG. v. 9. 3. 99 § 1 — RGBl. 3. 135). 3. In der Kommission wurde auf Anfrage eines Kommissivns Mitgliedes festgestellt, daß dem Obermilitäranwalt sowie den Militäranwälten richterliche

Funktioneil nicht übertragen

werden dürfen. KomBer. 3- 49 zu § 100 des Entw. 4. Nach § 5 der GejchLrdn. für das RMG. (f. § 92 Anm.) iverden bei dem RMG. eingehende Sachen zunächst dein Obermilitäranwalt zugewiesen, der sie mit seiner Erklärung an den zuständigen Senatspräsidenten abgibt.

Vbermilitärauwalt.

Folgepflicht.

.

§ 105 Ter C6ermilitäraniva(t ist dem Präsidenten des Reichsmilitärgerichts unterstellt. In Fragen, welche die Geltung oder die Auslegung einer militärischen

Dienstvorschrift

oder

eines

militärdienstlichen

Grundsatzes betreffen oder allgemeine ntilitärische Interessen berühren, ist der Obermilitäranwalt gehalten, die Ansicht des Präsidenten zu vertreten.

Entw. § 99. 1. Nach dem Wortlaut des Gesetzes fommen für die Folgepflichl des Obermilitäranwalts zwei Fälle in Betracht, nämlich Fragen, welche die Geltung oder die Auslegung einer militärischen Dienstvvorschrift betreffen und Fragen, welche allgemeine militärische Interessen berühren. Unter den zweiten Punkt fällt vor allem und wesentlich die Gesemsanvlegung. Indessen

Militäranwaltichast. §§ 106, 107.

207

haben sich bis auf Stenglein sämtliche Ausleger auf (itronb einer ausdrücklichen Äußerung der Begr. S. 99 dahin ausgesprochen, daß Fragen, welche die Geltung oder Auslegung von Gesetzen beträfen, nicht vom Anweisungsrecht des Präsidenten umfaßt würden. Die Entscheidung wird davon abhängen, ob man annimmt, daß eine Willenseinigung der gesetzgebenden Faktoren in Gemäßheit der Benrerkung der Begründung erfolgt und im Gesetz zum genügenden Ausdruck gekommen ist.

Veam1e»ftell««g.

8 10&

Der Obermilitäranwalt und die Militäranwälte sind nichtrichterliche Militärbeamte. Zu diesen Ämtern können nur zum Richteramte befähigte Beamte ernannt werden (§{j 80, 94).

Entw. § 100. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 149 GBG. Der Ober­ militäranwalt und die Militäranwälte sind Reichsbeamte. S. 8 103 Anm. 3. 2. Wegen der Unzulässigkeit der Wahrnehmung richter­ licher Funktionen durch die Beamten der Militäranwaltschaft s. § 104 Anm. 3. 3. Zuweisung von Hilfsarbeitern,-. B. aus den richterlichen Militärjuftizbeamten, ist zulässig. 4. Disziplinarverhältnisse richten sich nach dem Reichs­ beamtengesetz.

Vgl. Mewes im Taschenbuch, 1. Aufl., S. 370.

Srr»ei»rrrn»g,

8 107.

Die Ernennung des Obermilitäranwalts und der Militäranwälte erfolgt durch den Kaiser auf Vorschlag des Bundesrats. Dieselben können durch Kaiserliche Verfügung jederzeit mit Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand versetzt werden.

Eiüw. § 101.

208

Ausübung d.r Militärstrafgerichtsbarkeit.

§ log

1. Die Vorschrift entspricht dem § 150 GBG. Die Ernennung des Militäranwalts

für den

bayerischen

Senat erfolgt durch den König von Bayern (ohne Vorschlag des Bundesrats). EG. § 33 Abs. 2, RG. v. 9. 3. 99 (RGBl. S. 135) § 1. 2. Zu Abs. 2 vgl. Reichsbeamtengesetz (in der Fassung v. 18. 5. 07 — RGBl. S. 245 ff. —) §§ 26 ff.

Sechster Abschnitt.

Militärgerichtsschreiber. Höhere Gerichtsbarreit.

§

.

108 Bei dem Reichsmilitärgericht und bei dem Stabe eines jeden Gerichtsherrn der höheren Gerichtsbarkeit werden Gerichtsschreiber angestellt. Die Dienstverhältnisse der Militärgerichtsschreider werden hinsichtlich des Reichsniilirärgerichts durch den Bundesrat, im übrigen durch die Militärjustizverwaltung bestimmt. Entw. .§ 102. Schrifttum: Bgl. hierzu Schulz, Der Dienst als Militärgerichtsfchreiber, 1900; Steidle, Stand und Stellung der Militär- und Marinegerichtsschreiber, Z. f. d. ges. Str. 1905 S. 1; Oswald II, Der Mllitärgerichtsschreiber im Ermittlungsverfahren der höh. Ge­ richtsbarkeit, Schwäb. Merkur 5. 5. 03; Handw.: Steidle, MilitärgerichtSschreiber: Dienstverhältnisse der bayer. MilitärgerichtsPraktikanten, KMErl. v. 4. 5. 10, VBl. S. 198, Arch. 1 469; Hansel­ mann, Der Gerichtsschreiberdienst in der Militärstrasrechtspflegc, Arch. 5 271, 441; Griepentrog, Die Tageslisten bei den Gerichtsstellen der höheren Militärgerichtsbarkeit, Arch. 5 446; Genügt im ordentlichen Verfahren die Zuziehung eines Militärgerichtsschreibergehilfen zur Hauptverhandlung7 Arch. 3 212; Erhard, Besetzung der Militärgerichtsschreiberstellen bei den Gerichtsstellen der höheren Gerichtsbarkeit im Mobilmachungsfalle, Arch. 6 179. 1. Die Gerichtsschreiber nehmen die Stellung von Bureaubeamten ein, welche, von ihrer Mitwirkung bei der Ausnahme

Militärgericht-schreiber. § 108.

209

von Protokollen abgesehen (vgl. §§ 163, 331), ihren Dienst ledig­ lich unter Verantwortung der betresfenden Militärjusti-beamten versehen und nicht dazu bestimmt sind, den dienst­ lichen Verkehr zwischen dem Gerichtsherrn oder dem richterlichen Militärjustizbeamten und dritten Personen zu vermitteln. Ein unmittelbarer dienstlicher Verkehr zwischen ihnen und den Mann­ schaften soll ausgeschlossen sein. Begr. S. 108. S. auch KomBer. S. 52. Bei den Stäben der niederen Gerichtsbarkeit soll der Dienst eines Militärgerichtsschreibers regelmäßig von geeigneten Personen des Soldatenstandes (namentlich von Unteroffizieren, Ba­ taillonsschreibern usw.) versehen werden. Begr. S. 100. S. § 109. 2. a) Die Militärgericht-schreiber sind Reichsbeamte, in Bayern Landesbeamte. b) Sie sind obere Militärbeamte im Offizier-range. In Bayern gehören sie zu den mittleren Landesbeamten. c) Uber Annahme und Anstellung, Uniform — dazu AKO. v. 6. 2.11, ABBl. S. 24, Arch. 2 318 — Diensteinkommen einschl. Pension, Witwen- und Waisengeld s. Mewes, Taschenbuch, 1. Aufl., S. 419, auch DB. Militärgerichte. d) Die Militärgerichtsschreiber führen den Titel: KrGerichtsund O Kr Gerichtssekretäre, in der Marine unser Borsetzung dieseWorts. AKO. v. 8. 12. 04 (ABBl. S. 370) und 21. 1. 05 (MBBl. S. 24). Beim RMG. heißen sie Obersekretäre; ihre Dienstverhältnisse sind durch Dienstordnung des Präsidenten geregelt. Näheres f. Herz-Ernst Anm. 4. e) Die Militärgerichtsschreiber stehen in einem doppelten Unterordnungsverhältnisse. Militärvorgesetzter ist der Ge­ richtsherr. BerwaltungSvorgesetzter ist der von der obersten Militäriustizverwaltung mit der Dienstaufsicht beauftragte Beamte, bei abgezweigten Gerichtsstellen regelmäßig der abgezweigte Krtegsgerichtsrat. AKO. v. 29. 6. 12, in Bayern ABO. v. 16. 8. 12, in der Marine AKO. v. 1. 10. 12, MBBl. 6. 332. S. auch ABBl. 1913 S. 105. Romen-Riffom, MStGO., 2. Ausl

14

210

Ausübung der Militärstrafgerichtsbarleil

$

iuö.

Die Obersekretäre beim RMG. sind lediglich VerwaltungsVorgesetzten unterstellt. k) Wegen der Disziplinarverhältnisse s. §§ 32 ff. T StO., MarDStO., §§ 72—133 RBGes. Vgl. Handw. Sohl, Beamten­ disziplinarrecht, Disziplinarbestrafung der Militärbeamten, Diszi­ plinarverfahren g. Militärbeamte: Erhard, Heeresbeamte in Bayern. 3. a) Ein Gerichtsschreiber muv zugezogen werden bei der Vernehmung des Beschuldigten, der Zeugen und der Sachverstän­ digen, sowie bei der Einnahme des Augenscheins, § 163. Die HauptVerhandlung hat in ununterbrochener Gegenwart des Ge­ richtsschreibers zu erfolgen, § 273. Der Gerichtsschreiber kann Dolmetscher sein, § 120. Die Beglaubigung steht dem Militärgerichtsschreibcr nicht zu, § 139: auch die Ausnahme von Ableh­ nungsgesuchen nicht, § 125. Uber Ausschließung und Ab­ lehnung s. § 132. b) Die Militärgerichtsschreiber haben sich allen Verrichtungen zu unterziehen, die im Interesse des Geschäftsbetriebes von den zuständigen richterlichen Militärjustizbeamten für erforderlich ge­ halten werden, über Listen- und Aktenführung gibt die DV. Militärgerichte nähere Anweisung. Vgl. auch das oben angeführte Schrifttum. c) Tätigkeit des Militärgerichtsschreibers im Felde s. insbes. Ges. über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 28. 5. 1901: Weigt im Taschenbuch, 1. Ausl., S. 121. 4 Für die höhere Gerichtsbarkeit — abweichend § 109 für die niedere, bei der seitens des Gerichtsherrn die Wahr­ nehmung der Geschäfte geeigneten Personen des Soldatenstandes, an Bord der Besatzung überhaupt, übertragen wird — fordert das Gesetz für den Militärgerichtsschreiberdienst angestellte Gerichtsschreiber. Für das Ermittlungsverfahren ist allerdings im § 163 eine Aushilfe durch heranzuziehende Militär- und Zivilpersonen im einzelnen Fall vorgesehen. Für die Hauptverhandlungen aber gilt diese Ausnahme nicht, PE. 4 9, 15 4; RMG. 20 84. a) Als Anstellung ist aber nicht nur eine dauernde Beleihung mit der Stelle, sondern auch eine zeitweilige, probeweise oder etwa

Militärgerichtoschreiber. § 109.

211

durch die Bedürfnisse des Kriege* bedingte Beauftragung mit Wahrnehmung der Geschäfte durch die Militärjustizverwaltungsbehürde. Zuständige Stelle ist in Krieg-zeiten nach § 4 Ziff. 2 der Anl. 3 zur K. Bes. B. lABBl. 1917 S. 103 fg.) das stellver­ tretende Generalkommando. Dieses kann jedoch einen Auftrag nur für solche Beamtenstellen erteilen, die etatmäßig oder vom SM. genehmigt sind. Pr. KrMin. v. 3. 8. 17; RMS. I. Sen. v. 12. 1. 17. Referendare können als solche nicht ohne weiteres als Militär­ gerichtsschreiber tätig werden, Pr. KrMin. v. 3. 8. 17. b) über Beamtenstellvertreter s. Friedens- und Kriegsbesoldungsvorschriften, KrMin. v. 9. 10. 14; Erhard, Arch. 6 109. 5. Rach § 98 Satz 2 können richterliche Militärjustizbeamte im Felde und an Bord soweit die Umstände dies erfordern, durch Offiziere ersetzt werden. Für die Militärgerichtsschreiber fehlt eine gleichlautende Bestimmung. Im Notfall wird man den § 98 ent­ sprechend anwenden. Die KaisB. II v. 28.12. 99 über das Verfahren gegen Ausländer gestattet im § 7 Abs. 4, als Protokollführer eine Militärperson, gleich­ viel welchen Ranges, zuzuziehen.

Niedere Gerichtsbarteit. Vord.

.

§ 109 Die Wahrnehmung der Geschäfte des Gerichtsschreibers bei den Gerichtsherren der niederen Gerichtsbarkeit ist geeigneten Personen des Soldatenstandes zu übertragen. An Bord können die Geschäfte des Gerichtsschreibers einer geeigneten Person der Besatzung übertragen werden. Ertfw. § 103. 1. In beiden Fällen (Abs. 1 u. 2) handelt es sich grundsätzlich um eine allgemeine, durch den Gerichtsherrn erfolgende, Über­ tragung, während die Zuziehung für einzelne Untersuchungs­ handlungen im 8 163 Abs. 3 geregelt ist. Die Art der Verpflichtung ist in beiden Fällen die gleiche nach § 110. 2. Zu Abs. 2. Wegen der Bedeutung „an Bord" s EG. § 6.

212

Ausübung der MtlttärstrafgerichtSbarkeit.

8 jju.

Die Bestimmung bezieht sich nicht auf die höhere Gerichtsbarfeit.

Gleicher Ansicht wohl auch Herz-Ernst, da die frühere ab­

weichende Meinung in der neuen Auslage nicht wiederholt ist.

Verpflichtung.

§

.

110 Wird die Wahrnehmung der Geschäfte des Ge richtsschreibers Personen übertragen, die nicht Reichs- oder Staatsbeamte sind, so haben dieselben schriftlich das eides­ stattliche Gelöbnis abzugeben, das; sie die ihnen übertragenen Geschäfte treu und gewissenhaft verrichten und Verschwiegen heit über dieselben beobachten wollen. Entw. § 104. 1. Vgl. §8 109, 163.

Einer ..Beeidigung" bedarf es nicht,

sondern nur einer Verpflichtung an Eidesstatt.

PE.

4 10.

Sie erfolgt seitens desjenigen Gerichtsherrn, der die Wahr­ nehmung der Geschäfte des Gerichtsschreibers veranlagt. Nach IX! B der Dienst- und Geschäftsanweisung für die Militärgerichtsstellen der höheren und der niederen Gerichtsbarkeit, noch gültig vis zum Erscheinen des Teil I der DV. Militärgerichte, ist über die Ablegung des Gelöbnisses von dem Gerichtsosfizier eine Verhand­ lung aufzunehmen. Auch im Falle des § 163 erscheint nach der Fassung des letzten Satzes Aufnahme eines Protokolls durch den Untersuchungsführer notwendig. Das Verpflichtungsprotokoll ist vom Untersuchungsführer und dem zugezogenen Gerichtsschreiber PE. 3, 10. 2. Einmalige Verpflichtung für alle vorkommenden Fälle des

zu unterzeichnen.

8 163, wie sie namentlich bei den an den GerichtSstellen der höheren Gerichtsbarkeit beschäftigten Hilssschreibern üblich ist, genügt. Diese einmalige Verpflichtung ist bei jeder Verwendung im Gerichtsdienst PE. 1 11, 13 3. 3. Wird eine mit Wahrnehmung der Geschäfte eines Gerichts-

aktenkundig zu machen.

schreibers beim Gerichtsherrn der niederen Gerichtsbarkeit betraute Person des Soldatenstandes, die allgemein verpflichtet ist, zu einer

Militärjustizverwaltung. § Ul-

213

Ulltersuchungshandlung (nicht Hauptverhandlung l) der höheren Ge­ richtsbarkeit als Protokollführer zugezogen, waS nach PE. 6 7 zulässig ist, so bedarf es nicht der Beeidigung für den einzelnen Fall.

Dritter Titel.

Militärjustizverwaltung. Verwaltungsstelle. Die Militärjustizverwaltung wird hinsichtlich deS Reichsmilitärgerichts und der Militäranwaltschaft voin Präsideuten des Reichsmilitärgerichts, hinsichtlich der Marine von bem Reichskanzler (Reichs-Marine-Amt), im übrigen von den Mrtcfldiiüiüfterieit oder den ihnen in dieser Beziehung gleich­ stehenden Behörden ausgeübt.

§ 111.

Entw. § 105. 1. Kriegsministerien bestehen für Preußen, Bayern, Sach­ sen, Württemberg. Ihnen gleich stehen in Mecklenburg-Schwerin das „Militärdepartement" und in Mecklenburg-Strelitz das ^Militärkollegium", da konventionsmäßig die Militärjustizverwaltung trotz Übergangs der allgemeinen Militärverwaltung bort verblie­ ben ist. 2. Die Kriegsministerien können die Militärjustizverwaltung nur innerhalb ihres Berwaltungsbereichs int allgemeinen ausüben. ES ist nicht ausgeschlossen, daß die Kriegsministerien und die ihnen hinsichtlich der Militärjustizverwaltung gleichstehenden Be­ hörden sich zur Ausübung ihrer Berwaltungsbefugnisse anderer Organe bedienen. Begr. S. 101. Als solche Organe kommen in Betracht: Die Kommandie­ renden Generale, soweit ihnen bestimmte Obliegenheiten und Befugnisse, z. B. im Kriege Besetzung von Militärhilfsrichter- und Militärgerichtsschreiberstellen, im Frieden Entscheidungen von Reisebeanstandungen, ausdrücklich übertragen sind, ferner die dienst aufsiwtfnhrenden Oberkriegs- und Kriegsgerichtsräte.

214

Militärjustizverwaltung.

>i 112.

Die G?richtsherren als solche sind keine Militärjustizverwallintgsorgane. Allerdings haben die Befugnisse aus § 21 in gewissem Grade aufsichtartiye Bedeutung.

Aufsicht. § 112. Der Mititärjustizverwaltnng steht die Aufsicht über die Ausübung der Militärstrafgerichtsbarkeit zu.

Entw, § 106. Schrifttum: PH. O. Mayer, Erörterungen. Aufsatz 1: Moni' mandogewalt und Gerichtsherr; Gerland, Gerichtssaal S. 202—204, 313; Max Ernst Mayer, Die Unabhängigkeit der Militärgerichte, DIZ. 1907 S. 34—10: Ortloff, Die Justizverwaltung im Straf­ prozeß, ArchOffR. 1897 S- 198; Laband, über Iustizaufsicht, DIZ. 1905. Handtv. - Rissvm, Militärjustizverwaltung: Otto Meyer, Die Ausübung der Militärfttafgerichtsbarkeit usw., Arch. 4 349; Cttv Meyer, Wie war die Stellung des früh, preuß. Generalauditeurs und des G. neralauditeurs zum Kriegsministerium? Arch. 3 138: Siekmann, Taschenkalender f. Beamte der Mititärverw.: Taschen­ buch, Aul. IV, Die rechtliche, dienstliche und persönliche Stel­ lung der deutschen Militärjustizbeamten: Erhard, Die rechtliche Stellung der deutschen Militärbeamten, 1913, bespr. Anh. 5 140: Schmid, Besoldungsgesetz, 1910; Hanselmann, Der Gerichtsschreiber dienst in der Militärstrafrechtspflege, Arch. 5 271 Druckvorschr. Mil Ger. Arch. 7 128; Pr. AKO. v. 2. 5. 13 betr. dienstaufsichtführende Oberkriegsgerichtsräte, Arch. 4 394; Wolfs. Hügel, Dienstaufsicht der Oberkriegsgerichtsräte im Felde, Arch. 6 204; Dietz, Dienstaufsicht im Felde, insbes. im Bereich einer Etappen inspektion, Arch. 6 394: Erhard, Dienstaufsicht bei den Militär­ gerichtsstellen. Rangerhöhung der Oberkriegsgerichtsräte, Arch. 5 72; Sontag, Der dienstaufsichtführende Kriegsgerichtsrat, Arch. 6 360; Folgepflicht der zugewiesenen Uoff. u. Mannsch., Arch. 4 475; Militärgerichtsboten, Arch. 5 73: Erhard, Haben die Militärgerichts­ boten bei Beurlaubung Anspruch auf Militärfahrkarte 7 Arch. 4 48; Uniform d. MMärgerichtsboten, Arch. 4 317.

Militärjusttzverwaltung.

$ 112.

215

Dietz, Dienstreisen, Arch. 2 354; Rehdmrs, Dienstreisen, Arch. 6 75; Artenaufbewahrung der Feld- usw. Gerichte, Arch. 7 130; Aufbewahrung von Akten, Arch. 6 421. Bayern: Schmidt, MilitLrgesetze für Bayern, 1906; Erhard, Die Rangverhaltnisse der Beamten der Bayr. MilitLrverw., Arch. 2 73; Erhard, Dienstverhältnisse der bayer. Militärgericht-- und Jntendanturpraktitanten, Arch. 2 469; Erhard, Ausbildung der bayer. Militärgerichtspraktikanten, Arch. 2 75; Tagegelder-, Fuhr- und Umzugskosten in Bayern, Arch. 2 239; Rangverhältnisse in B., Arch. 2 398; Dienstaufsicht in Bayern, Arch. 4 156; Nebenämter in Bayern, Arch. 4 76; Anrechnung d. Militärdienstzeit in B., Arch. 2 318. Sachsen: Schriftstellerische Tätigkeit in S., Arch. 4 318. 1. Nach § 112 steht der Militärjustizverwaltung ein Aufsicht-recht über die Ausübung der Militärstrafgerichtsbarkeit zu. Jedoch ist die die Militärjustiz verwaltende Behörde nicht befugt, in die Leitung eines militärgerichtlichen Strafverfahren- ein­ zugreifen, da dies mit der dem Gerichtsherrn grundsätzlich ein­ geräumten Stellung (vgl. § 24) nicht vereinbar sein würde. Begr. S. 101.

2. Organe der Justizaufsicht s. § 111 Anm. 2. 3. Das Aufsichtsrecht der Militärjustizverwaltungen umfaßt das Recht der Beaufsichtigung der regelmäßigen Geschäftsführung der Militär-(Marine-)Gerichte, der Ausübung von Justizvisitationen, der Prüfung und Entscheidung von Beschwerden über die Geschäfts­ führung, der Erledigung von Beschwerden über verweigerte Rechts­ hilfe (EG. § 11), der Beaufsichtigung der sittlichen Führung der Militärjustizbeamten: ferner das Recht, auf Beschleunigung der Untersuchungen hinzuwirken und überhaupt für eine ordnungs­ mäßige Strafrechtspflege zu sorgen.

4. Beamte, a) Nach dem Gesetz, betr. die Dienstvergehen der richterlichen Militärjustizbeamten usw. v. 1. 12. 98 ist die Militär­ justizverwaltung befugt, den richterlichen Militärjustizbeamten wegen geringer Dienstvergehen Mahnungen zu erteilen (§ 2),

216

Militärjustizverwaltung. 8 H3-

fenttr die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens und die vorläufige Dienstenthebung -u verfügen (§§ 15, 30). Der Gerichtsherr hat dem richterlichen Militärjustizbeamten gegenüber wohl das Recht zu Weisungen nach § 97, nicht aber das Recht zur Rüge der Art und Weise, wie die Anordnungen ausgeführt oder Überhaupt die Amtspflichten erfüllt werden. Dazu ist allein die Militärjustizverwaltung zuständig, der nötigenfalls Mitteilung zu machen ist. PE. 2 13, 3 11, 4 11. b) Außerhalb des Gebiets der Militärstrafrechts­ pflege tonnen nach § 21 EG. den Kriegsgerichtsräten und OberkriegsgerichtSräten im Verwaltungswege dienstliche Verrichtungen insoweit übertragen werden, als es sich um Geschäfte der frei­ willigen Gerichtsbarkeit oder andere juristische Geschäfte im Bereiche der Militärverwaltung handelt. S. auch § 97Anm. 4 ti. c) Zur Übernahme nebenamtlicher oder anderer fremder Geschäfte bedürfen richterliche Militärjustizbeamte der Genehmigung des Kriegsministeriums (des Reichs-Marineamtes). Die Anträge sind durch Vermittlung des Gcrichtsherrn auf dem Dienstwege einzureichen. AusfBest. d. Pr. KrMin. und des Reich-Marineamtes zu § 21 EG. 5 Boten itnb Hilfskräfte. Vgl. Mewes in Dietz, laschen' buch, 1. Ausl., 8. 422. 6. Dienstgebäude s. DV. Militärgerichte. 7. Geschäftsgang, inSbes. Akten, Listen, Eingaben, Geräte, Geschäftszimmerbedarf s. DV. Militärgerichte. 8. Dienstreisen. Regelung des Ersatzes im Frieden oft auf Grundlage von festen Sähen, im Kriege auf der Grundlage der tatsächlichen Unkosten. Regelmäßige Nachprüfung durch die Ober­ kriegsgerichtsräte. 9. Artennachprüfung s. § 113.

Aktendrrrchficht. § 113. Die rechtskräftigen Urteile der Standgerichte und der Kriegsgerichte sind nebst den Akten vierteljährlich einer Durchsicht zu unterziehen, tun zu prüfen, ob die gesetzlichen.

Militärjustizverwaltung.

tz 113.

217

Vorschriften über das Verfahren beobachtet und hinsichtlich der Anwendung der Gesetze, sowie der militärdienstlichen Borschriften und Grundsätze gleichmäßig und richtig verfahren worden ist. Die Durchsicht der standgerichtlichen Urteile utib Akten ge schieht bei dem Gerichtsherrn der Berufungsinstanz durch einen Kriegsgerichtsrat. Eine Zusammenstellung der wahrgenommenen Mängel und Verstöße ist dem kommandierenden General (Admiral) zur Nachprüfung einzureichen. Diese Nachprüfung, sowie die Durchsicht der kriegsgericht­ lichen Urteile und Akten geschieht bei dem kommandierenden General (Admiral) durch einen Oberkriegsgerichtsrat. Die Urteile der Oberkriegsgerichte sind zu dem im ersten Absatz angegebenen Zwecke halbjährlich an das Reichsmilitär gericht einzureichen. Demselben sind dabei die Ausstellungen mitzuteilen, zu welchen die standgerichtlichen und kriegsgerichtlichen Sachen im letzten halben Jahre Anlaß gegeben haben. DaS Ergebnis der vom Reichsmilitärgerichte vorgenommenen Prüfungen ist durch den Präsidenten desselben der betreffenden Militärjustizverwaltung zur weiteren Veranlassung mitzuteilen.

Entw. § 107. Schrifttum: Handw.: Rissom, Militärjuftizverwaltung. 1. § 113 bezweckt im Interesse der Rechtseinheit sowie einer richtigen Gesetzesauslegung und Gesetzesanwendung eine Kontrolle über die seitens der Militärgerichte ergangenen Urteile. Es ist auch hier ausgeschlossen, daß irgendwie in ein schweben­ des Verfahren eingegriffen werde. Dagegen sollen die rechts­ kräftig erledigten Sachen einer Nachprüfung in der Richtung unterzogen werden, ob überall nach Recht und Gesetz verfahren worden ist, und zwar lediglich zu dem Zwecke, um falsche RechtSauffasfungen und zutage getretene Irrtümer zu berichtigen und durch Belehrung künftigen Gesetzesverletzungen vorzubeugen. Das

218

Militärjustizoerwaltung

§ 11$.

kann geschehen, ohne daß es der Bezeichnung der einzelnen Sache bedarf, die zu der Bemerkung Veranlassung gegeben hat. Begr. S. 101. In der Begründung wird als fernerer Grund für die nachträg liche Aktendurchsicht noch angeführt, daß hierdurch die Möglichkeit geschaffen werde, durch Rechtsirrtümer vorgekommene Härten im Wege der Gnade auszugleichen. die

2. ») Die Nachprüfung erstreckt sich nicht auf tatsächliche Aragen, Beweiswürdigung, die Zweckmäßigkeit der Art und Weise

der Feststellung des Sachverhalts, die Strafzumessungsgründe, die Zweckmäßigkeit einer Nechtsmitteleinlegung,

Verstöße auf den,

Gebiete der Geschäftsordnung und der Dienstanweisungen. (Solche Verstöße sind nötigenfalls der Verwaltungsbehörde mitzuteilen. Pr. KrMin. v. 28. 2. 02.) PE. 1 12, 2 78, 3 12a und h, 4 12a und b, 5 1 b. b) Die unteren Instanzen dürfen ein mit früheren Prüfungs­ ergebnissen des 9R9JH9. übereinstimmendes Verfahren nicht rügen. Für sie ist, soweit es sich um das Prüfungsverfahren handelt, die Rechtsanschauung des Reichsmilitärgerichts bindend. PE. 4 12d. c) Die von den richterlichen Militärjustizbeamten gemachter! Ausstellungen sind von diesen, nicht vom Gerichtsherrn, zu unter­ zeichnen. PE. 5 4a; Pr. MMin. v. 12. 8. 15. d) Die Ausstellungen sollen derart abgefaßt sein, daß sie eine genügende bilden.

tatsächliche

Unterlage

für die

weitere Nachprüfung

3. Zu Abs. 2. a) Nach Ziff. 39 der DB. Militärgerichte haben die Gerichtsherren der niederen Gerichtsbarkeit am 10. Januar, 10. April, 10. Juli und 10. Oktober die während des lehtverflossenen Vierteljahrs ergangenen rechtskräftigen Urteile der Standgerichte mit den Akten dem zuständigen Gerichtsherrn der Berufungsinstanz einzureichen. Au-fBest. de- ReichS-MarineamteS: Im Bordverfabren erfolgt die Durchsicht der standgerichtlichen Erkenntnisse und Atten bei dem vorgesetzten mit höherer Gerichtsbarkeit versehenen Befehls­ haber.

Militärjustizverwaltung. § 113.

21t)

b) Nach Ziff. 40b der DB Militärgerichte haben die bezeichneten Gerichtsherren der Berufungsinstanz für die standgerichtlichen Sachen zum 1. Februar, 1. Mai, 1. August, 1. November jeden Jahres die Zusammenstellung der bei Durchsicht der standgericht­ lichen Akten wahrgenommenen Verstöße den kommandierenden Generalen usw. einzureichen. Während nach Pr. KrMin. v. 18. 5. 05 die mit früheren Prüfungsergebnifsen Übereinstimmenden Aus­ stellungen nicht mehr vorzulegen waren, ist jetzt durch Pr. KrMin. v. 10. 2. 13 wieder die Vorlage sämtlicher Ausstellungen an­ geordnet. 4. a) Nach Ziff. 40 DB- Militärgerichte find den komman­ dierenden Generalen und den ihnen gleichgestellten Gericht-Herren von den ihnen unterstellten Gerichtsherren zum 10. Januar, 10. April, 10. Juni, 10. Oktober jeden Jahres die während de- verflossenen Vierteljahre- rechtskräftig gewordenen Urteile der Krieg-gerichte nebst den Akten einzureichen. b) Wegen Einreichung der Zusammenstellung der Mängel der standgerichtlichen Sachen s. oben Anm. 3. Zu jeder Ausstellung de- Krieg-gericht-rat- ist vom nach­ prüfenden Oberkriegsgerichtsrat Stellung zu nehmen. Pr. KrMin. v. 12. 8. 15. 5. Zu Abs. 4. a) Die kommandierenden Generale usw. reichen in jedem Jahre am 1. Oktober die in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni de- laufenden Jahre- und am 1. April die in der Zeit vom 1. Juli bi- 31. Dezember des letztverflossenen Jahres ergangenen rechtskräftigen Urteile der Oberkrieg-gerichte dem ReichSmilitärgericht ein. DB. Militärgerichte, Ziff. 40, 2 u. 3. b) Zu denselben Zeitpunkten sind sämtliche Ausstellungen, zu denen die stand- und kriegsgerichtlichen Urteile Anlaß gegeben haben, einzureichen. DB. Militärgerichte, Ziff. 40, Ziff. 2b. o) Wegen des Prüfungsverfahrens beim ReichSmilitärge richt f. Geschäftsordnung f. d. ReichSmilitärgericht v. 13. 3. 09 § 18, oben § 92 abgedruckt. d) Den unterstellten Gerichtsherren sind nur diejenigen Aus­ stellungen mitzuteilen, zu denen das NMG. ausdrücklich Stellung

220

Militärjustizverwaltung. § 114.

genommen hat. In einem Stillschweigen des RMG. kann eine Billigung der Ausstellungen nicht gesunden werden. DB. Militär­ gerichte, Ziff. 40, 5. e) Wegen Vorlage von Verfehlungen auf dem Gebiete der Auf­ sicht an die Militärjustizverwaltung s.DB- Militärgerichte, Ziff. 40, 4. f) Es ist anzustreben, daß die GerichtSstellen möglichst bald wieder in den Besitz ihrer Elften kommen. Pr. KrMin. v. 12. 8. lf>. 6. Für den Gerichtsherrn und die erkennenden Gerichte sind die Prüfungsergebntsse infolge der berechtigten Autorität des obersten Militärgerichtshofes naturgemäß von gewichtigster Bedeutung, un­ bedingt bindend freilich nicht, auch nicht infolge Bekanntgabe durch Vermittlung der Verwaltungsbehörde. S- aber Anm. 7. Vgl. Theilkühl, Präjudizien; Goltd. Arch. 54 234; Köhler, Rechtsbeugung das. S. 17; Ditzen, Arch. f. Strafr. 53 64. 7. Während der Kriegszeit können die Ausstellungen auf die allerwesentlichsten Mängel beschränkt werden. Pr. KrMin. V. 12. 8. 15. 8. Wie der Wortlaut der Vorschrift zeigt, unterliegen die im Felde gesprochenen Urteile dem Prüfungüverfahren nicht. Pr. KrMin. v. 16. 10. 14;ABBl. S. 369.

AuSführrrngS-estimmungen. § 114. Die näheren Anordnungen

hinsichtlich der Beftimmungen der §§ 24, 113 erfolgen im Berordnungswege.

Entw. § 108. 1. In: Entwurf war nur von Anordnungen hinsichtlich der Bestimmungen des § 107 (113 des Gesetzes) die Rede. Bon der Kommission wurde noch der § 24 eingefügt. Es sollte auch bezüglich der außerhalb einer Hauptverhandlung ergangenen Be­ schlüsse und Verfügungen eine Kontrolle angeordnet werden. Namentlich handelte es sich um die Entscheidungen des Gericbtsherrn über Einleitung oder Einstellung eines Ermittlungsver­ fahrens, über den Verzicht (unklar) oder die Zurücknahme der Anklage.' KomBer. S. r>o zu §§ 107 u. 108.

Verfahren

221

2. Nach § 8 EG. erfolgen die näheren Anordnungen in Gemäß­ heit des § 114 hinsichtlich des Reichsmilitärgerichts in der Geschäfts­ ordnung desselben, im übrigen durch die Militärjusti-verwaltungen. Vgl. hierzu GeschOrdn. f. d. RMG. v. 13. 3. 09 § 18. Ab­ gedruckt bet § 92.

Zweiter Teil.

Verfahren. Schrifttum: Grundlagen des Verfahrens. Binding, Grundriß des Strafprozesses, 5. Aufl., 1904; Bennecke-Beling, Lehr­ buch d. d. Reichs-Strafprozeßrechts, 1900: Rosenfeld, Der ReichsStrafprozeß, 4. u. 5. Aufl., 1912, Schrifttum dort S. 27; Graf zu Dohna, Das Strafverfahren, 1913, Schrifttum dort S. XI; Löwe, Kommentar zur Strafprozeßordnung, 14. Aufl., 1914. Bon Marck, Der Militärsttafprozeß und seine Reform, 2 Bände, 1893, 1895; v. Marck, Kritische Betrachtungen zur MStGO., 1898; Mittermaier, Die MStGO., 1899; Rissom, Militärgerichtsbarkeit und Kommandogewalt, Arch. f. Strafr. 56 168—183, 58 48—66; ders., Der Militärsttafprozeß in Frantteich und Deutschland, Der Kontinent, Berlin 1907, Heft 6 u. 7 S. 510—520, 621—631; Ph. O. Mayer, Militärrechtliche Erörterungen, Heft 1 und 2, 1908 und 1909; Rissom, Mehr Fühlung -wischen der österreichischen und deutschen Militärjustiz, Arch. 5 81; ders., Die Trennung von An­ klage- und Richteramt in der Militärjusttz, Arch. 5 342; Handw.: Rissom, Militärgerichtsbarkeit und Kommandogewalt; Militärstraf­ gerichtsordnung, Geschichte und allg. Grundzüge; Verfahren, militärgerichtliches, allgemeine Grundzüge: Rissom, StrafverfolgungSzwang; Unmittelbarkeitsgrundsatz: Mündlichkeit: Öffentlichkeit; Dieß, Militärsttafverfahren in Köhlers Rechtsenzyklopädie, 2. Aufl.; v. Schlayer, Das Militärstrafrecht früher und heute, DStrrZ. 1192, bespr. Arch. 5 457; Kleineberg, Lügen beschuldigterund angeklagter Mtlitärpersonen, Z. 37 538; Bartolomäus, Gegen die Lehre vom

222

tBvrfahmt

Strafauspruch des Staates, MonSUir. f. 1912 S- 51, bespr. Arch. 3 468. Prozetzhandlungen. Kormann, System der rechtsgeschäft­ lichen Staatsakte, 1911, bespr. Arch. 3 68; derselbe, Grundzüge e. allgemeinen Teils des öff. Rechts, Ann. d. d. R. 1911 S. 850, 1912 S- 36, bespr. Arch. 3 468; Handw-: Kormann, Verfügungen. Handw.; Rissom, Berhandlungsfähigkeit: Auslegung prozessua­ ler Willenserklärungen: Vollendung von Prozehhandlungen: Rechtskraft: Verzichte im Strafverfahren; Nichtigkeit: Militär­ gerichtsbarkeit als Prozeßvorausfetzung; Beling, Wirksamkeit be­ fristeter Parieihandlungen, die vor Fristbeginn vorgenommen sind, Z. 38 485; derselbe, Zweidrittelmehrheit, Arch. 5 232; Rissom, Anklagebeschluh des erkennenden Gerichts ohne Antrag, Arch. 1 218: Rissom, Verzichte, Arch. 2 59. 1. über den Gegenstand des Verfahrens vgl. Beling, Lehrb. d. Strasprozeßrechts S. 202. Auf Buße kann militärgerichtlich erkannt werden. RMG. 1 14; § 16 Anm. 1 e. über das Erkennen auf Beröffentlichungsbefugnis vgl. § 16 Anm. 1 c. Uber das Zu sprechen einer Entschädigung vgl. §§ 465 ff. Nebenstrafe als einziger Gegenstand des Verfahrens ist möglich infolge des § 42 MStGB. über den Umfang des Vers. vgl. § 97 Anm. 3 und Gerlanv, Gerichtssaal 69 305—313; Anwendung des Landesstrafrechts s. § 1 Anm. 5. 2. Grundsätze des Verfahrens, a) Es herrscht der Grund­ satz der öffentlichen Strafverfolgung (Offizialprinzip im Belingschen Sinne), mithin gibt es keine Privat- oder Nebenklage. (Über das Prinzip der Kommandogewalt vgl. Gerland, Gerichtssaal 69 203, 207, 265.) über den Strafantrag vgl. § 151. Auf Buße wird nur auf Privatantrag erkannt. b) Das Verfahren ist in allen Teilen Untersuchungsver­ fahren, es gilt also nicht die Anklageform. Vgl. die Vordem. 1 zum I. Teil 2. Titel und § 89 Pr. M StGO. Gericht ist der Gerichts­ herr (allein, nicht zusammen mit dem Militärjustizbeamten), welcher Untersuch,ungsführer, erkennendes Gericht, Anklagevertreter und

Verfahren

223

Verteidiger bestellt, für dessen Handeln Berfolgungszwang (Legalität) (§§ 156, 250, 251, Ausnahme 253) und Parteilosig­ keit (Objektivität) gelten. Bgl. Mittermaier 2, 5, 17, 31—52, 68—73, 83. Immerhin sind Rechte des Beschuldigten ausgebildet. Mittermaier 67—72. In der Hauptverhandlung sind formelle Parieistellungen vorgesehen: ausnahmsweise in §§ 461, 464 auch außerhalb derselben. Weiteres s. oben Vorbem. 1 zu Teil 1, Titel 2, und in dem oben angeführten Schrifttum. Bgl. auch RMG. 10 232. über Berteidigungsrecht und Wahrheitspflicht vgl. RMG. 11 68; Gerland, Gerichtssaal 69 244—249. Auch die Staatsanwaltschaft beim Reichsmilitärgericht hat nur formale Patteistellung. An­ hörung derselben ist nur, soweit vorgeschrieben, erforderlich. Weiter­ gehend Herz-Ernst § 71 9L 2. Hinsichtlich der Rechtsmittel vgl. RMG. 8 123; Gerland, Gerichtssaal 69 339. über den Grund­ satz der Belehrung des Besch. §§ 177, 256, 295, 327, 351,404, auch 269. Der Besch, darf sich auf die Belehrung verlassen.' RMG. 1 39, 4 296, 12 84. Roch weitergehend 8 * Cft. Ung. MStPO. v. 5. 7. 12. c) Kür die Feststellung des Tatbestandes gilt der Grundsatz der Selbstforschung (Anstruktionsprinzip), nicht der Grundsatz der Bindung ans Parteivorbringen (BerhandlungSmaxime). Das Settcht ist also zur Erforschung der materiellen Wahrheit ver­ pflichtet. RMG. 11 13, 44; § 298. Immerhin sind Beweisanträge und Rechtsmittel auf den Lauf des Verfahrens von Einfluß. DaS Geständnis ist kein Berfügungsatt. RMG. 5 276. über den Grund­ satz der Sofortigkeit vgl. Gerland, Ärit. BJSchr. 45 587 und Gerichtssaal 69 265. Unmittelbarkeit §§ 303, 304, Mündlichkeit, Öffentlichkeit §§ 283—288 beherrschen die Hauptverhandlung. Er­ örterung des gesamten Prozeßstoffs § 315. Notorische Tatsachen, RMG. 7 193. Prozessuale Tatsachen sind aus den Atten feststellbar. RMG. 10 101, 285. Zuziehung und Anhörung des Beschuldigteil ist vielfach vorgeschtteben, Anhörung des AnNagevertreters in den 88 280, 302, 309, 312, 393, 461, 164, der Militaranwaltschaft in den 88 85,124 Abs. 3 (Ablehnung von Richtern), 377, 409, 443, 444, 445. über Akteneinsicht des Verteidigers vgl. RMG. 11 3.

224

Verfahren.

3. Prozetzhandlungen. a) Handlungsfähigkeit insbes. Berhandlungsfähigkeit, Herz-Ernst § 117 Anm. 5; RMG. 1 181, 10 272; Herz-Ernst §279 Anm. 2; Beling, Lehrb. 121, 284; Rechtspr. 5 754. Vertretung §§ 281, 357, 369, 389, 437, 441. Vollmacht zun, Empfang von Zustellungen. RMG. 1 85; § 137. Vollmacht zum Strafantrag, § 151. Vgl. Handw.: Rissom, Berhandlungsfähigkeit. b) Auslegung von Willenserklärungen, RMG. 9 29, 8 239: das Revifionsgericht kann die Berufungserklärung selbständig aus­ legen, RMG. 11 206. Vgl. Handw.: Rissom, Auslegung prozessualer Willenserklärungen. c) Bedingte Erklärungen. Beling, Lehrb. 288. Auftrag an den Verteidiger zur Rechtsmitteleinlcgung für den Fall der späteren Verurteilung ist ungültig nach RMG. 1 132, 2 110. Anweisung des höheren Gerichtsherrn nach § 24 zur Berufung im Falle der Frei­ sprechung. RMG. 11 207. Vgl. Beling, Wirksamkeit befristeter Parteihandlungen, die vor Fristbeginn vorgenommen, Z. 38 465. d) Vollendung von Prozeßhandlungen, insbes. im Verhältnis zur Beurkundung, §§ 368, 369; RMG. 1 51, 6 103, 10 29, 264, 8 231; PE. 3 51 a; im Verhältnis zur Zustellung oder Bekanntgabe, §§ 4, 258, 247 Anm. 5, 255. Vgl. Handw.: Rissom, Vollendung von Prozetzhandlungen, Beling, Z. 38 487 u. 612. e) Zurücknahme von Prozetzhandlungen, §§ 272,354,371,372; Beling S. 421, 426. Rechtskraft vgl. §§ 249 Abs. 1 Satz 2, 353. Wiederaufhebung von Zeugenstrasen § 186, der Kostenauferlegung auf den Verteidiger § 346, Umfang der Beweisaufnahme § 299, Abhilfe auf Rechtsbeschwerde § 374, Berichtigungen im Urteil RMG. 9 294, des Protokolls § 355. Vgl. Handw.; Rissom, Voll­ endung von Prozetzhandlungen, Rechtskraft. f) Form der Prozetzhandlungen: a. Schriftform und Aktenmätzigkeit. Binding, Grundritz des Strafprozetzrechts 114. Entscheidungen § 136. Zustellungen § 142. Anordnung des Ermittlungsverfahrens PE. 1 10. Gegen­ zeichnung § 97. Verfügung auf Ablehnungsgesuch § 134. Unter­ suchungshandlungen §§ 162, 163. Nichteinschreiten auf Anzeige § 156, Haftbefehl § 175. Anklageverfügnng § 254. Berufung des

225

Verfahren.

erkennenden Gerichts § 261; PE. 7 6; RMG. 9 31. HauplVerhand­ lung, Protokoll und Urteilsurkunde §§ 331—336. Rechtsmittel­ erklärungen §§ 368, 369. Protokollarten, Beurkundungen § 137, 163 Anm. 6. Bekanntmachungen nach §8 266, 388; RMG. 11 269; Weiffenbach S. 73. Vernichtung der Sitten, Pr. KrMin. 11. 7. 05. ß. Falsche Form, z. B. Beschluß statt Urteil. Anfechtbarkeit RMG. 3 268; Beling, Zeitschr. 24 272. g) Verzicht, Genehmigung, Heilung von Prozeßmängeln durch Nichtbeanstandung, Freimachung des Weges zur Revision, Widerruf eines Verzichts §§ 187, 249, 266, 267, 292; RMG. 2 225, 3 181, 288, 7 95, - 126, 10 264, 11 69, 116, 270, 13 32, 70, 249, 273, 14 34, 15 153, 16 38, 19 168, 20 178, 181. Handw.: Rissom, Verzichte im Strafverfahren. h) Prozeßvoraussetzungen. Vgl. RMG. 17 49, 52; Beling, S. 9, 288; Rosenfeld § 46; Graf zu Dohna, S. 47; Handw.: Rissom, Militärgerichtsbarkeit als Prozeßvoraussetzung, Rechts­ kraft, Nichttgkeit von Prozeßhandlungen. i) Nichttgkeit von Prozeßhandlungen. Binding, Grundriß S. 243—246 und dort Angeführte: Beling, Lehrb. S. 292—297, 381—385; Gerland, Krit.BISchr. 45569; Gerichtssaal 69 333—334; Ditzen, Goltd. Arch. 52 369; RMG. 8 238: Kroschel, Nichtigkeit, Ge­ richt-saal 69 137; auch Zeitschr. f. d. ges. Sttafrechtswiss. 25 408; Kriegsmann, Die Nichttgkeit des Sttafutteils, Kieler Festschr. f. Hänel 1907; Krug, Zeitschr. f. d. ges. Sttafrechtswiss. 25 412; Rosen­ feld, Lehrb. d. SIProz. § 93; Scherling, Zur Frage der Richtigkeit von Strafurteilen, Recht 1908 S. 711—713; RG. 9 331, 19 321, 22 113, 32 90, 35 157; Baligand, Zur Lehre von der absoluten Urteilsnichtigkeit, Gettchtssaal 72 171; Goltd. Arch. 54 (Urteil auf acht Wochen Haft): Jellinek, Fehlerhafte Staatsatte, 1908; Graf zu Dohna, Strafverfahren, S. 238; Pr. KttmOrdn. § 22; Pr. MStGO. §ä 43, 76. Zweifelhafte Gültigkeit: § 4 Übergabe durch unzust. Gettcht, RG. 38 70; §§ 21, 329 persönl. Unzuständigkeit des Gerichtsherrn: § 42 Nichtbeeidigung der ständigen Richter; §§ 47, 330 überjd).vitun0 der staudger. Zuständigkeit: § 52 falsche Besetzung bei o m i1 tt»

i H o m , W EtftiO., 2. Ausl.

I ;)

221)

Verfahren.

Strafen über ein Jahr; § 84 Besetzung des RM G.; § 115 Gerichts­ sprache; §§ 122, 132 ausgeschlossene Richter und Gerichtsschreiber; § 124 Beschluß über Ablehnungsgesuch durch unzust. Gericht, RMG. 6160; §§ 153 Abs. 4, 259 Abs. 2 Anklage des niederen Gerichte wegen Fahnenflucht, gegen Offiziere; § 153 Ermittlungen des niederen Gerichtsherrn bei höherem Delikt; § 156 Unterlassung des Ermittlungsverfahrens, RMG. 1 155; Strafverfahren entgegen § 191 StGB., RMG. 17 49; § 156 Unterfuchungsführung ohne Anordnung: § 156 Ablehnung des Einschreitens durch unzust. niederen Gerichtsherrn, RMG. 11 21, 14 276; § 165 Zeugen­ vereidigung ohne Ersuchen, PE. 6 17; § 175 Haftbefehl des niederen Gerichtsherrn wegen Fahnenflucht; § 201, Herz-Ernst Anm. 5, Vor­ hergehendes Verfahren vor Zivilgericht; Einstellungsverfügung des unzuständigen Gerichtsherrn, RMG. 16 186, 242; Erneute Ein­ stellung trotz Rechtsbeschwerde des Verletzten, RMG. 18 237; §§ 250, 254, 255, 297 Fehlen der Anllageverfügung oder Anklage­ schrift, oder Nichtbekanntgabe oder Nichtverlesung, Recht 5 134, RMG. 9 107; § 262 Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Er­ suchens um Aburteilung, RMG. 6 160; § 270 Beweisaufnahme durch ersuchtes niederes Gericht in höherer Sache, PE. 2 38; § 33p Anklageverfügung des niederen Gerichtsherrn auf formell oder sachlich oder formell und sachlich höheres Delitt: § 285 Nichtverkündung der Gründe des OffentlichkeitSausfchlusfes, RG. 25 249: § 273 Hauptverhandlung ohne die nötigen Personen: § 327 un­ richtige Verkündung des Urteils; §§ 273, 395 Beschluß statt Urteil, RMG. 3 268: § 353 Strafverfügung wegen Vergehen, RMG. 15 10; § 400 absolute Revisionsgründe: § 326 Urteil auf ungesetz­ liche Strafe, z. B. acht Wochen Mittelarrest; § 10 EG. Unterbrechung der Verjährung auch durch niederen Gerichtsherrn; § 14 EG. Gül­ tigkeit deS zuerst rechtskräftigen Urteils. Gültigkeit von Unter­ suchungshandlungen, Haftbefehlen, Eröffnungsbeschlüssen des früher zuständigen oder des von vornherein unzuständigen bürgerlichen Gerichts §§ 6, 175, 156, 201; Unzulässiges Rechtsmittel, RMG. 20 209, andererseits 15 36: Fremdsprachige Rechtsmittelerklärun­ gen. RMG. 20 57.

227

Gerichtssprache. § 115.

4. Besondere Gestaltungen des Bersahrens. a) Er­ mittlungen nach der AnNageerhebung PE. 6 43; § 272 nach der Berufungseinlegung, nach UnzuständigreitserNärung des Stand­ gerichts § 330, StMG. 2 153, entgegengesetzt 11 44. Ermittlungen vor Einleitung des Verfahrens §§ 153 Ads. 3,169, in der Beschwerdeinstanz §§ 248, 376, im Wiederaufnahmeverfahren § 445, beim An­ trag auf gerichtl. Entscheidung § 248, vor der Feldbestätigung § 427. b) Verbindung und Trennung von Sttafsachen § 32 Anm. 4; Pr. KrMin. 22. 2. 02. Erster Titel.

Allgemeine Bestimmungen. Erster Abschnitt.

Gerichtssprache. Schrifttum: Beling, S. 286; Rosenfeld, S. 47, 175; Graf zu Dohna, S. 87: Sommer, Der Dolmetscher im Sttafprozeß, Gerichtssaal 70 99; Aallee, Der Übersetzer im Sttafprozeß, Sttafr. Abh. v. Lilienthal, Heft 130, 1911; Handw.: Jordan, GettchtSsprache.

Deatfche Sprache.

§ 115.

Die Gerichtssprache ist die deutsche.

Eniw. § 109. 1. Die Besttmmungen über die Gerichtssprache, die als zum „Verfahren" gehörig hier eingestellt worden sind, entsprechen denjenigen der §§ 186 ff. GBG., nur ist der lediglich das Zivilprozeßverfahren berührende § 189 nicht mit aufgenommen worden. Begr. S. 103. 2. Zur deutschen Sprache gehören auch alle ihre Mund­ arten, z. B. das Plattdeutsche oder Niederdeutsche. Bon einer eigentlichen Verdolmetschung kann bei diesen Mundatten nicht die Rede sein: es genügt z. B. Wiederholung in hochdeutscher Sprache biird) den Verhandlungssührer. Ob etwa zum besseren Verständnis

I

15*

228

Allgemeine Bestimmungen.

§ 116.

solcher Mundarten ein Sprachkundiger gutachtlich zuzuziehen ist, unterliegt dem pflichtmäßigcn Ermessen des Gerichts. Rechtspr. d. RG. 8 160. Letzteres gilt auch bezüglich der Berständigung mit Personen, die an einem Sprachfehler leiden. Entsch. RG. 33 löi. 3. Nicht bloß in den Verhandlungen vor Gericht, sondern auch im sonstigen Verkehr mit dem Gericht ist die Amtssprache die deutsche. Schriftliche Erklärungen in fremder Sprache t'inb ohne rechtliche Wirkung. Dies gilt namentlich auch von Erklärungen über Einlegung eines Rechtsmittels, Erhebung eines Einspruchs. Entsch. d. RG. in Zivils. 31 428, RMG. 20 67, n. % Lowe, Anm. 2 zu * 166 GVG. Die Übersetzung einer in nichtdeutscher Sprache abgefaßten Erklärung, z. B. Rechtsmittelerklärung des der deutschen Sprache nicht mächtigen Angeklagten muß, um rechtliche Wirkung zu äußern, ebenso wie ihre Vorlage an das zuständige Gericht, auf den Willen des Angeklagten zurückzuführen sein. Ausdrückliche Auftrags erteilung seitens des Angeklagten ist hierzu nicht erforderlich. Dem Gericht mutz aber die Gewähr für Richtigkeit der Übersetzung itno deren Herkunft geboten werden. Diese Forderungen sind als erfüllt erachtet bei der üblichen Beifügung einer amtlichen Übersetzung durch das Kommando eines Gefangenenlagers, RMG. 20 29t). Zur ordnungsmäßigen Belehrung über Rechtsmittel nach S 327 Abs. 3 gehört gegenüber einem der deutschen Sprache nid)t mächtigen Ausländer auch die Belehrung, daß die Rechtsmittel­ einlegung in deutscher Sprache erfolgen müsse. Unterlassung ist Wiedereinsetzungsgrund, RMG. 20 57, 289. 4. Soll ein in fremder Sprache abgefaßtes Schriftstück als Beweismittel benutzt merbeit, so ist die Hinzuziehung eines Dolmetschers erforderlich, ausgenommen, wenn sämtliche be­ teiligte Personen — zu denen auch Zeugen und Sachveritändige gehören, Rechtspr. d. RG- 3 708 — der Sprache mächtig und, in welcher das Schriftstück abgefaßt ist. Bon einer Übersetzung, die von einer nicht als Dolmetscher zugezogenen und beeidigten Person angefertigt ist, kann kein Gebrauch gemacht werden. Entsch. d. RG. 0 61, 25 363, 27 269. Löwe, GVG. $ 1*7 Anm. 6.

(4cridit«ipradif.

$ 1 lü.

220

5. Die Borichrist des § 115 gilt in gleicher Weise für alle Teile des Deutschen Reiches, auch wenn die Umgangssprache nicht die deutsche ist. Für Elsaß-Lothringen s. RG. v. 12. 6. 89, RGBl. 0. 95.

Dolmetscher.

§ 116.

Wird unter Beteiligung von Personen verhandelt, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, so ist ein Dolmetscher zuzuziehen. Die Führung eines Nebenprotokolls in der fremden Sprache findet nicht statt; jedoch sollen Aussagen und Erklärungen in fremder Sprache, wenn und soweit dies mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache erforderlich er­ scheint, auch in der fremden Sprache in das Protokoll oder in eine Anlage niedergeschrieben werden. In den dazu geeigneten Fällen soll dem Protokoll eine durch den Dolmetscher zu be­ glaubigende Übersetzung beigefügt werden. Die Zuziehung eines Dolmetschers kann unterbleiben, wenn die beteiligten Personen sämtlich der fremden Sprache mäch­ tig sind. Entw. § 110. 1. Die Vorschrift des § 116 stimmt Überein mit § 187 GBG. 2. Als „beteiligte Personen" summen hier in Betracht Be­ schuldigte, Zeugen, Sachverständige, sowie die gemäß § 16 EG. nnd § 478 Abs. 2 StPO, (bei Einziehung, Vernichtung oder Un­ brauchbarn,achung von Gegenständen) zur Verhandlung geladenen Personen. 3. Ob eine Person der deutschen Sprache so wenig mächtig ist, daß es der Hinzuziehung eines Dolmetschers bedarf, das unterliegt ebenso wie die Auswahl des Dolmetschers und die Beurteilung seiner Befähigung dem tatsächlichen Ermessen desjenigen Ge­ richtes, bei dem die Verhandlung stattfindet. Die Eigenschaft eines zu vernehmenden Zeugen als Ausländer begründet an sich keines­ wegs die Notwendigkeit der Zuziehung eines Dolmetschers. RG. 1 137, 13 60, Rechtspr. d. RG. 1, 208. Auch die Erklärung der .,n

230

Allgemeine Bestimmungen.

8 116.

vernehmenden Person, daß sie der deutschen Sprache nicht mäichtig sei, verpflichtet das Gericht nicht ohne weiteres zur Hinzuziehung eines Dolmetschers. Andererseits hat die Hinzuziehung, wenm sie vom Gericht für notwendig erachtet wird, von Amtswegen zu erfolgen. In diesem Falle ist ein Verzicht darauf unzulässig. Rechtspr. d. RG. 8 97. S. auch § 115 Anm. 2. 4. Der Dolmetscher ist gerichtliche Hilfsperson. Einer förmlichen Ladung bedarf es nicht; auch besteht kein Bernehmungszwang im Sinne des § 299 Abs. 2. Die Zuziehung des Dolmetschers und die Veranlassung hierzu sind im Protokoll zu beurkunden. § 332 Ziff. 2. Vgl. RG. 1 397. Das Sitzungsprotololl erbringt nur hinsichtlich der Zuziehung des Dolmetschers zur Hauptverhandlung und dessen Beeidigung formalen Beweis. Es ist nicht dazu bestimmt, wiederzugeben, wie der Dolmetscher im einzelnen in der Hauptverhandlung tätig ge worden ist. Der allgemeine Vermerk über die Zuziehung des Dol­ metschers begründet jedoch die — dem Gegenbeweis unterliegende — Vermutung, daß der Dolmetscher bei den hinter diesem Ver­ merke liegenden Berhandlungsteilen dem Gesetze entsprechend mit­ gewirkt hat, RMG. 19 258. Nötigenfalls kann durch schriftliche Äußerung des Dolmetschers über den Umfang seiner Tätigkeit Beweis erhoben werden, RG. in IW. 43 428. 5. AusfBest, des Pr. KrMin. und des Reichs-Marineamtes: 1. Zu Dolmetschern sind in erster Linie Militärpersonen zu wählen, die die Sprache des zu Vernehmenden sprechen und, wo möglich, auch schreiben. Kann der Dienst des Dolmetschers dem Militärgerichtsschreiber (§ 120) nicht übertragen werden, so sind dazu aus den Truppen­ teilen usw. der betreffenden Garnison zuverlässige Militärpersonen auszuwählen. Unteroffiziere und Gemeine erhalten für jeden Termin, bei dem sie Dolmetscherdienste leisten, 25 Pf. für jede angefangene halbe Stunde der Dauer ihrer Dienstleistung. Die Zahlung erfolgt auf Grund der nach dem Formular Nr. 4 für die höhere Gerichtsbar­ keit und nach dem Formular Nr. 5 für die niedere Gerichtsbarkeit

Gerichtssprache. § 116.

231

aufzustellenden Nachweisung durch den Truppenteil, von dem der Dolmetscher gestellt worden ist. Die gezahlten Beträge fallen dem AuStzabekapitel 18 Tit. 6 zur Last. (In der Marine dem Ausgabekapitel 49 Tit. 3. FrBB. § 12 a.) L. Müssen in Ermangelung geeigneter Militärpersonen Dol­ metscher aus dem Zivilstande verwendet werden, so sind für die Aus­ wahl die landesrechtlichen Vorschriften maßgebend.

Sie beziehen Gebühren nach der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige vom 30. 6. 78 (RGBl. S. 173 ff.) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. 5. 98 (RGBl. S. 369, 689 ff.). Die Berechnung erfolgt nach dem Formular Nr. 5 für die höhere Gerichtsbarkeit, nach dem Formular Nr. 6 für die niedere Gerichts­ barkeit. 6. Versteht der Angeklagte kein Deutsch, so müssen ihm nach § 313 in der Hauptverhandlung aus den Schlußvorträgen mindestens die Anträge des Vertreters der Anklage und des Berteidigers durch den Dolmetscher bekannt gemacht werden. Hieraus folgt, daß um so mehr im übrigen Verlaufe der Verhandlung die Übersetzung der wesentlichen Berhandlungsakte genügt, nicht aber eine Mit­ teilung Wort für Wort, z. B. der näheren Begründung eines Gut­ achtens, nötig ist. RG. in Goltd. Arch. 43 253; Löwe GBG. 8 187 Anm. 3 a. A. M. Koppmann § 313 Anm. 1. Die Übersetzung der wesentlichen Verhandlungen ist allerdings zu fordern, RG. in Goltd.Arch. 43 253, RMG. 19 258. Zu diesen gehört auch die im § 295 vorgeschriebene Bekanntgabe der Richterliste an den Angeklagten und dessen Belehrung über das Richterablehnungsrecht nach § 125 Ziff. 1, RMG. 19 258. Hieraus folgt, daß der Dolmetscher vor dieser Bekanntgabe zu beeidigen ist — was in dem RMG. 19 258 behandelten Fall nicht geschehen zu sein scheint —.

In der Nichtmitteilung der Personalien eines Zeugen an den Angeklagten liegt ein Revisionsgrund nur, wenn anzunehmen ist, daß das Urteil auf dem Verstoß beruhe, RG. in IW. 43 428. 7. Zu Abs. 2. Die Unterlassung der Hinzuziehung eines Dolmetschers für den Fall, daß sämtliche beteiligte Personen der frcm

232

Allgemeine Bestimmungen.

§ 117.

den Sprache mächtig sind, darf niemals dazu führen, daß entgegen der Norm des § 115, wonach die Verhandlung in deutscher Sprache zu führen ist, die ganze Hauptverhandlung in der fremden Sprache stattfindet. Die wesentlichsten Teile der Hauptverhandlung, ins­ besondere ihre Leitung, die Verlesung der Richterliste, die Ver­ kündung der Entscheidungen, die Ausführungen und Anträge des Vertreters der AnÜage und der Verteidiger sowie die Aufnahme des Protokolls müssen stets in deutscher Sprache erfolgen. Auch das Protokoll mim immer in deutscher Sprache geführt werden. So auch Lowe GVG. § 187 Anm. lu.

Taube und Stumme.

§ 117# Zur Verhandlung mit tauben oder stummen Personen ist, sofern nicht eine mündliche ober schriftliche Ver­ ständigung erfolgt, eine Person als Dolmetscher zuzuziehen, mit deren Hilfe die Verständigung in anderer Weise erfolgen kann. Entw. § 111. 1. Die Vorschrift stimmt überein mit § Iö8 GVG.

„Schriftliche Verständigung" braucht nicht beiderseits schriftlich zu sein, sie kann auch einseitig, d. h. durch mündliche Be­ antwortung schriftlicher Fragen bei Taubheit, durch schriftliche Be­ antwortung mündlicher Fragen bei Stummheit erfolgen. Entsch. d. RG. 31 313; Löwe § 188 Anm. 2. 2. Auf Schwerhörige bezieht sich die Vorschrift des § 117

nicht. Es bleibt dem pflichtmäßigen Ermessen des Verhandlungs­ führers überlassen, die zur Verständigung geeigneten Vorkehrungen zu treffen. Vgl. Entsch. d. RG. 15 172. 3. Unter der Verständigung „in anderer Weise" ist jede Art von Verständigung zu verstehen. Ist eine Verständigung überhaupt nicht möglich, so sind die betreffenden für die Beweisaufnahme un­ tauglich. Koppmann Anm. 6. 4. Bezüglich der Beeidigung stummer oder tauber Personen als Zeugen s. § 197 Abs. 4 und 5.

233

Gerichtssprache. 88 llb, 119.

5. über den Verkehr mit tauben Angeklagten in bet Hauptverhandlung s. § 313.

§

Eide. 118. Personen, welche der deutschen Sprache nicht

mächtig sind, leisten Eide in der ihnen geläufigen Sprache. Entw. § 112. 1. Die Bestimmung entspricht dem § 190 GBG. Ob eine Person der deutschen Sprache nicht mächtig oder ihr nur bereu Verständnis erschwert ist, hat der Richter im einzelnen Falle zu prüfen. Die Entschließung des Richters kann in der Revisivnsinstanz nicht angegriffen werden, v. Schwarze, StPO, zu 8 190 GBG. 2. Nach § 197 Abs. 2 wird der Eid „mittelst Nachsprechen- ober Ablesens" der Eidesormel geleistet. (Wegen der Stummen s. dort Abs. 3.) Der Dolmetscher übersetzt die Eidesformel mündlich oder schriftlich in die der zu vernehmenden Person geläufige Sprache und läßt die Eidesformel in dieser Form nachsprechen oder ablesen. Tiner nochmaligen Übersetzung des von einem Zeugen in seiner Sprache geleisteten Eides in die deutsche Sprache bedarf es nicht. So übereinstimmend auch Löwe GBG. § 190 Anm. 2, Koppmoitit Anm. 2. 3. Die Art der Beeidigung ist wie jede Förmlichkeit im Pro­ tokoll zu beurkunden.

Dolmetlchereid.

§ 119. Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten, das; er treu und gewissenhaft übertragen werde. Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art int allgemeinen beeidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten Eid. Enttc. § 113. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 191 GVG. Der Dolmetscher muß — abgesehen von der Ausnahme in 8 120 — stets in jedem einzelnen Falle den Eid leisten ober,

234

Allgemeine Bestimmungen,

js 1 iu.

sofern er ein für allemal für Übertragungen der betreffenden Art beeidigt ist, in jedem einzelnen Falle die Berufung auf diesen allgemein geleisteten Eid abgeben. Ein Verzicht der Prozeßbeteiligten auf eidliche Bestärkung ist nicht zulässig. Als „Berufung" auf den allgemein geleisteten Eid kann der Hinweis des Richters auf diesen Eid nicht an­ gesehen werden: vielmehr ist unter der Berufung eine eigene aus­ drückliche Erklärung des Dolmetschers selbst -u »erstehen. RGRspr. 7 426. 2. «) Die Beeidigung des Dolmetschers erfolgt vor der Be­ kanntgabe der Richterliste an den der deutschen Sprache nicht mäch­ tigen AngeNagten, RMG. 19 258. Dgl. § 117 Anm. 5. b) Der Eid des Dolmetschers ist — im Gegensatz zum Zeugenlind Sachverständigeneide (§§ 196, 197, 215) — ein Boreid. Auch die Berufung auf den geleisteten Eid hat in versprechender Form zu erfolgen. Eine am Schlüsse der Verhandlung mit Be rufung auf den im allgemeinen als Dolmetscher geleisteten Eid abgegebene Versicherung, daß er treu und gewissenhaft übenragen habe, ist nicht zulässig. PE. 4 13. Die Beeidigung des Dolmetschers oder seine Berufung auf den allgemein geleisteten Eid ist im Protokoll zu beurkunden. §§ 163,331. 3. AusfBest. d. Preutz. KrMin. und des Reichs-Marineamtes: Soweit die Beeidigung des Dolmetschers erforderlich ist, erfolgt sie vor dem Beginne der Übertragung, und zwar im Ermittlungverfahren durch den Untersuchungsführer, in der Hauptverhandlung der Standgerichte durch den Borsitzendeu, in derjenigen der Kriegs und Oberkriegsgerichte durch ben die Verhandlung führenden Militärjustizbeamten — unter Beobachtung der in den $§ 208, 197 für Sachverständige vorgeschriebenen Formen. über die Beeidigung int Ermittlungsverfahren ist ein Protokoll aufzunehmen; erfolgt die Beeidigung ist der Hauptverhandlung, so ist in das Protokoll über diese (§ 332) ein bezüglicher Vermerk auf­ zunehmen. 4» Wenn in ein und derselben Hauptverhandlung mehrere Per­ sonen vernommen werden, deren Aussage von einem Dolmetscher

Gerichtssprache. § 120.

235

zu übertragen ist, so ist es nicht erforderlich, daß letzterer nach statt­ gehabter Beeidigung gemäß § 119 MStlSO. vor jeder neuen Ver­ nehmung diesen Eid nochmals ableistet. Es genügt vielmehr, wenn entweder der Dolmetscher bei jeder neuen Vernehmung die Richtig­ keit seiner Übertragung unter Berufung auf den bereits geleisteten Eid versichert oder wenn der vor der ersten Vernehmung beeidigte Dolmetscher von vornherein bei dieser Beeidigung darauf hin­ gewiesen wird, daß der Eid sich auf die sämtlichen, in bet betreffen­ den Hauptverhandlung erforderlich werdenden Übertragungen bezieht. PC. 1 13. 5. Die Worte „der betreffenden Art" in Abs. 2 beziehen sich zunächst auf die verschiedenartigen Fälle der erforderlichen Übertragungen in §§ 116, 147 (für fremde Sprachen, mit Tauben oder Stummen). Außerdem besagen sie, daß die Berufung auf den allgemeinen Eid unstatthaft ist, wenn es sich im betteffenden Falle um eine andere fremde Sprache als um diejenige handelt, bezüglich deren der Dolmetscher im allgemeinen beeidigt. Löwe GVG. § 191 Anm. 4 b. 6. Bei wiederholter Hinzuziehung in derselben Sache genügt nach Analogie der §§ 201, 208 die — jedesmal vorher abzugebende — Berufung auf den geleisteten Eid. Indessen soü nach PE. 6 8 erneute Beeidigung bei Aussetzung der Hauptverhandlung über vier Tage erforderlich sein. Die ganze Frage ist bestritten. Löwe GVG. § 196 Anm. 6. 7. Die Beeidigung erfolgt auch bei Zuziehung im Ermitt­ lungsverfahren, selbst dann, wenn z. B. die Zeugen lediglich nneidlich vernommen werden. Unterlassung der Beeidigung würde die Berlesbarkeit des Protokolls in jedem Falle ausschließen.

GerichtSschrelber alS Dolmetscher.

§ 120.

Der Dienst des Dolmetschers kann von dem Militärgerichtsschreiber wahrgenommen werden. Einer be­ sonderen Beeidigung bedarf es nicht.

Entw. § 114.

23U

Wllflcmvmv Bestimmungen

üt> 121,

1. Die Vorschrift, die dem § 192 GVG entspricht, bezieht iivh nur auf den Militärgerichtsschreiber, der als solcher in der be­ treffenden Verhandlung mitwirkt. Nur dieser braucht als Dol­ metscher nicht besonders beeidigt -u werden. Im übrigen muR jeder, der den Dienst des Dolmetschers wahrnimmt, den Dol metschereid leisten (§ 119). Vgl. RGRspr. 2 372.

Ausschließung und Ablehnung. § 121. Auf den Dolmetscher finden die Bestiminungen über Ausschließung und Ablehnung der Sachverständigen ent­ sprechende Anlvendung. ErUw. § 115. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 193 Satz 1 GVG. Wegen der in Betracht kommenden Bestimmungen über Aus­ schließung und Ablehnung der Sachverständigen s. § 122 Nr. l bis 4, §§ 124, 126, 130 Abs. 2 bis 4, §§ 131, 133, 131 in Verbindung mit §§ 210, 299 Abs. 3. 2. Zeugen können als Dolmetscher tätig sein; ebenso auvh Verwandte des Verletzten, sofern sie nicht abgelehnt werden. Löwe GVG. § 193 Anrn. 2; RGNspr. 7 501; Koppmann Anm. 3. 3. Die Entscheidung über die Ausschließung oder Ablehnung erfolgt im Ermittlungsverfahren durch den Gerichtsherrn (§§ 210, 130 Abs. 3), in der Hauptverhandlung durch das Gericht ($§ 299 Abs. 3 Sah 2, 128 Abs. 2). 4. über die Frage, ob der Dolmetscher begrifflich als Sach verständiger anzusehen, s. RMG. v. 16. 12. 16.

Zweiter Abschnitt.

Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen.

Gerichte.

§ 122. Bon der Ausübung des Richteramts bei den er­ kennenden Gerichten ist kraft Gesetzes ausgeschlossen: 1. wer selbst durch die strafbare Handlung verletzt ist:

Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen. § 122.

237

2. wer Ehemann oder Bormund der beschuldigten oder Ehemann oder Bormund der verletzten Person ist oder gewesen ist; 3. wer mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch An­ nahme an Kindesstatt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht: 4. wer in der Sache als Gerichtsherr, als Untersuchungsführer int Ermittelungsverfahren, als Vertreter der Anklage oder als Verteidiger tätig gewesen ist, oder als Vorgesetzter den Tatbericht (vergl. § 158 Absatz 2) ein­ gereicht hat; 0. wer in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger ver­ nommen ist. Entw. § 116. Schrifttum: Binding, Grundr. 84—88; Beling, Lehrb. S. 55 bis 62: Rosenfeld § 29; Fielitz, DJZ. 1903, 424; Mittermaier S. 63; Handw.: Jordan, Ausschluß und Ablehnung von Gerichtspersonen; Fielitz, Mitwirkung des untersuchenden Militärjusttzbeantten beim Urteilsspruch, DJZ. 8 424; Rotermund, Darf der beaufttagte Richter nach der MStGO. an der Hauptverhandlung teilnehmen? Recht 1907 Nr. 15 u. 16. 1. § 122 entspricht dem § 22 der bürgerlichen Strafprozeß­ ordnung. Das Gesetz will als Mitglieder der erkennenden Gerichte nur tunlichst unbesangene Personen berufen wissen und schließt daher traft zwingender Vorschrift bestimmte Personen ohne weiteres aus. 2. a) Unter den „erkennenden" Gerichten sind die Gerichte des § 18 zu verstehen, mögen sie nun zur Urteilsfindung oder zu anderen im Gesetz vorgesehenen Entscheidungen zusammentreten. RMG. 3 213 und 11 260 unten sieben dem nicht entgegen.

23h

Allgemeine Bestimmungen. § 122.

Keine Mitwirkung im erkennenden Gericht ist z. B. eine Be­ weisaufnahme nach § 270. Für die Frage des Ausschlusses von dieser Tätigkeit kommt nur § ISO in Frage, RMG. 3 211, 11 2(>0. Vgl. § 130. b) Der Ausschluß krast Gesetzes nach §§ 122, 123 erfordert nicht notwendig ein Verfahren zur Feststellung des Ausschließungsgrundes. Der ausgeschlossene Richter, sei er ständig oder auf der Richterliste, wird vom Gerichtsherrn nicht berufen, unter Vermerk des Ausschließungsgrundes zu den Akten. Bemerkt der Gerichtsherr nachträglich den Ausschließungsgrund, so ist Berufung eines anderen Richters nicht ausgeschlossen. Sind Zweifel vorhanden, oder macht der Richter selbst vom Ausschließungsgrund Anzeige, so hat, da nach § 124 auch Ausschließungsgründe die Ablehnung rechtfertigen, gemäß § 131 das Gericht zu ent­ scheiden. c) Prozeßhandlungen des ausgeschlossenen Richters sind gründsätzlich nichtig, gleichviel, ob der Richter das Hindernis kannte oder nicht. Ob dies auch für Entscheidungen des Gerichts, zu beut der Richter gehört, zutrifft, ist streitig, doch wird, soweit deshalb Anfechtbarkeit gegeben ist, Gültigkeit anzunehmen sein. Löwe § 22 Anm. 2 a. 3. Zu Ziff. 1. Als „Verletzter" ist hier nur derjenige in Betracht zu ziehen, in dessen Rechte durch die Straftat unmittelbar eingegriffen worden ist. Beling S. 56; RG. 23 361, 24 342; 25 79, 37 414, 46 80; RMG. 13 5. Bedenken hiergegen bei Rosenfeld, S. 90 Anm. 4. In einem weiteren Sinne wird der Begriff in § 217 gebraucht. Ob die Tat sich gegen die Person selbst oder gegen deren Ehre oder deren Vermögen richtete, ist gleich. Voraussetzung ist nur die Verletzung von Rechten, die im Strasgebiete durch Gesetze ge­ schützt sind, mögen sie dem Privatrecht oder dem öffentlichen Rechte angehören, RMG. 13 5. Die Tatsache, daß eine der mitwirkenden Gerichtspersonen vorher in amtlicher Eigenschaft gemäß § 196 den Strafantrag

Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen. § 122.

239

gestellt hat, bildet keinen Grund der Ausschließung dieser GerichtsPerson, kann wohl je nach den Umstanden des EinzelfalleS ein Grund zur Ablehnung wegen Besorgnis der Besangenheit werden. RGRspr. 4 209, 5 334. Bei Beleidigung einer Behörde, eines OffizierkorpS, des Richter- oder OffizierstandeS sind nicht ohne weiteres die einzelnen Mitglieder als „Verletzte" im Sinne dieses Gesetzes anzusehen. Erfordert wird vielmehr auch hier unmittel­ bare Verletzung, „eine persönliche Beteiligung des Richters an der Sache". Erlisch, d. RG. 24 342, 25 179. In allen übrigen Fällen der Behördenbeleidigung, oder wenn -. B. ein Angrisf sich gegen einen aus zahlreichen Mitgliedern bestehenden Stand und nur mittelbar gegen einzelne Mitglieder lediglich als Angehörige des Standes richtet, kann nur ein Ablehnung von Richtern wegen möglicher Befangenheit nach § 124 in Frage kommen. 4. Zu Ziff. 2. Vormund ist auch der Neben- oder Gegen­ vormund nach § 1792 BGB.; Entsch. d. RG. 11 223, nicht aber der Pfleger. 5. Zu Ziff. 3. In gerader Linie verwandt find Per­ sonen, deren eine von der anderen abstammt. § 1589 Satz 1 BGB. (Kinder, Eltern, Enkel, Großeltern, Urenkel, Urgroßeltern usw.) In der Seitenlinie verwandt sind Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen. Satz 2 ebendort.

Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Gebutten. Satz 3 ebendort. Der Begriff der Verwandtschaft umfaßt auch die auf außerehelicher Geburt beruhende Abstammung. Entsch. d. RG. 2 240, 12 144, 14 188. Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehe­ gatten verschwägert. Die Linie und der Grad der Schwäger­ schaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grade der sie ver­ mittelnden Verwandtschaft. § 1590 BGB. In der Seitenlinie bis zum 3. Grade (d. h. einschließlich dieses Grades) verwandt sind Geschwister, Onkel und Tanten mit Neffen und Nichten; Ge­ schwisterkinder (Bettern und Basen, 4. Grad) zählen nicht hierher. In gerader Linie verschwägert sind Schwiegereltern

240

Allgemeine Bestimmungen. {$ 122.

mit Schwiegersöhnen und -Töchtern, Schwiegergroßeltern mit Schwiegerenkeln usw., Stiefeltern, Stiefgroßeltern mit Stief lindern und Stiefenkeln (§ 1590 BGB ). In der Seitenlinie bis -um 2. Grade verschwägert sind die Geschwister des einen Ehe­ gatten mit dem anderen Ehegatten. Entferntere Verwandtschaft oder Schwägerschaft des Richters mit dem Beschuldigten oder Verletzten als die hier angeführte kann nur unter Umständen eine Ablehnung (nicht Ausschließung) be gründen. Wegen Annahme an Kindesstatt s. §§ 1741 ff. BGB. Der Annahme an Kindesstatt steht das Verhältnis von Pflege eitern und Pflegekindern nicht gleich, doch kann es die Ablehnung begründen. Löwe § 22 Anm. 11. Verwandtschaft oder Schwägerschaft des Richters mit einen, Zeugen oder Sachverständigen, dem Vertreter der Anklage, dein Verteidiger bildet keinen Ausschließungsgrund, kann aber unter Umständen die Ablehnung begründen. Löwe § 22 An in. 12 u. 11. 6. Zu Ziff. 4. a) Unter der „Sache" ist die den Gegenstand der Verhandlung uiib Aburteilung bildende Strafsache zu ver­ stehen. RMG. 4 32; RGRspr. 10 196; PE. 17 174. b) Jeder Gerichtsherr, der ein Ermittlungsverfahren an geordnet oder auch nur eine Abgabeverfügung getroffen hat, ist ausgeschlossen. RMG. 5 201; PE. 6 9. c) ot. Der Untersuchungsführer muß als solcher bestellt (§ 156) und „tätig" gewesen sein. Auf die Erheblichkeit der „Tätig­ keit" kommt es nicht an, es genügt die geringste sachliche Mitwirkiing, z. B. Vorlage eines Haftbefehls beim Gerichtsherrn. Löwe § 22 Anm. 17; Stenglein Anm. 11; PE. 11 2. So auch RMG. 4 31: st. M. Herz-Ernst Anm. 11 und Elsner von Gronow-Sohl unter Bezugnahme auf die Begründung und auf Entscheidungen, die fivt, auf die ganz andere Fassung des § 23 GBG. beziehen. Auch wer nach der Dienstordnung als Vertreter des zum Untersuchungsführer bestellten Beamten tätig war, ist ausgeschlossen. Auf der anderen Seite schließt eine, selbst umfangreiche Beweisaufnahme als er­ suchter Richter nach §§ 165, 222, 270 oder nach § 153 Abs. 3 nicht

)hi$idilu*Nniio und Ablehnung der Gerichtspersouen. § 122.

241

aus. RG. 30 400. Es handelt sich um Formularvorschriften, die scharfe Grenzen erfordern. A. auch Fielitz, DIZ. 1903 S. 424. Ein Kriegsgerichtsrat, der im Aufträge des Gerichtsherrn eine vom Gericht beschlossene Beweisaufnahme nach § 270 erledigt hat, wird dadurch nicht vom erkennenden Gericht ausgeschlossen, auch nicht wer den Angeklagten über den Umfang der Berufung vernommen hat, RMG. 16 153. Auch Tätigkeit im Verfahren gegen Abwesende schließt aus. PE. 2 14. ß. Untersuchungsführer ist nicht, wer im Laufe des Ermitt­ lungsverfahrens eine Verfügung des Gerichtsherrn mit unter­ zeichnet hat, noch weniger — RMG. 3 3, 6 253; PE. 8 2 — wer in der Beschwerdeinstanz mitgezeichnet oder Vortrag gehalten hat. So auch Gerland, Krit. BJSchr. 45 564; a. M. Beling, Z. 24 256. Wer die Anklageverfügung mit unterzeichnet hat oder sonst als Berater des Gerichtsherrn mit oder ohne Mitzeichnung tätig war, ist deshalb nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen. Wohl aber kann er als befangen abgelehnt werden. RMG- 3 3. d) Als Vertreter der Anklage ist in der Sache natürlich auch tätig gewesen, wer in einer ausgesetzten Hauptverhandlung als solcher mitwirkte. Er kann also in der erneuten Hauptverhand­ lung nicht Richter sein, RMG. 13 28. 7. Zu Ziff. 5. Bloße Benennung des Richter- als Zeugen begründet die Ausschließung noch nicht. Im Gegenteil geht das Richteramt derart vor, daß einem dahingehenden Beweis­ antrag keine Folge gegeben zu werden braucht, wenn das Gericht genügenden Grund findet zu der Annahme, daß die Benennung nur in der Absicht erfolgt, den Richter an der Ausübung seines Amtes zu hindern. Löwe § 22 Anm. 20. Der vernommene Richter ist aber stets ausgeschlossen, auch wenn seine Aussage unerheblich war. Abs. 1 würde auch für den Vertreter der Anklage gelten. RMG. 2 207. Vgl- § 273. 8. Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters ist unbedingter Revisionsgrund nach § 400 Ziff. 2. fl rnt

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n « W i fl i'in , MStwO.. 2. Aufs.

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242

Allgemeine Bestimmungen.

§ 123.

Gerichte höherer Instanz. § 123. Wer bei einer durch ein Rechtsmittel angefochte nen Entscheidung als Richter mitgewirkt hat, ist von der Mit­ wirkung bei der Entscheidung in höherer Instanz kraft Gesetzes ausgeschlossen. Entw. § 117. 1. Der § 123 gibt die Vorschrift des § 23 Abs. 1 der StPOwieder. 2. a) Die Wiederaufnahme des Verfabrens ist kein Rechts­ mittel im Sinne dieser Vorschrift. b) Die Entscheidung mutz angefochten sein, was auch gleich­ zeitig mit einer Hauptentscheidung, z. B- int Falle des § 129 ge schehen kann. Zweifelhaft ist, ob eine Entscheidung, auf der das Urteil beruht, z. B- ein Beweisbeschluh, als eine durch ein das Urteil angreifendes Rechtsmittel angefochtene Entscheidung an­ zusehen ist, und unter welchen Voraussetzungen. Vgl. 5 512 ZPO.; Recht 2 104; Koppmann Anm. 3, RMG- 3 7. c) Nur die Mitwirkung als Richter an der angefochtenen Entscheidung schlietzt — unbeschadet der Fälle des § 122 — aus. Andere Arten der Mitwirkung sind vom § 123 nicht umfaßt. Die Vorschrift duldet als Sondervorschrift keine entsprechende An­ wendung auf andere Fälle, RMG. 10 98, 11 260. Keine Dtitwirkung an der angefochtenen Entscheidung ist die Mitwirkung bei anderen Prozetzhandlungen, z. B die Mitunter­ zeichnung der Anklageverfügung, oder die Beratung des Gerichtshernt bei Rechtsbeschwerde über einen Haftbefehl, RMG. 3 7. Vgl. oben Anm. 2 b. cl) Mitwirkung bei der Entscheidung ist nicht die Teilnahme an einer ausgesetzten Hauptverhandlung, wenn eine Entscheidung der neuen Hauptverhandlung angefochten wird. e) Wer als Richter im Standgericht nach § 330 die Sache ans Kriegsgericht verwiesen hat, kann im Kriegsgericht — RG. ZI 225 — oder Oberkriegsgericht — RMG. 10 98 — mitwirken, va im

Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen. § 124.

243

ersten Fall keine höhere Instanz, int zweiten Fall keine Mitwirkung bei der angefochtenen Entscheidung vorliegt. f) Bei Zurückweisung in die vorige Instanz find die früheren Richter nicht ausgeschlossen. PE. 12 1. Anders itn Feld- und Bord­ verfahren, § 432. Gesetzgeberische Bemerkungen bei Dietz, Iudex suspectus, ZStW. 28 129, auch Streiflichter über die Militärstraf­ rechtspflege; Steidles militärrechtl. Studien, S. 116. g) Keine Mitwirkung an der Entscheidung höherer Instanz ist eine lediglich vorbereitende Tätigkeit, z. B. eine kom­ missarische Vernehmung in zweiter Instanz nach § 270, RMG. 11 258. Auch hier ist die Vorschrift streng auszulegen, RMG. 10 98, 11 258, oder eine Teilnahme an der Verhandlung -. B. als Vertreter der Anklage, RMG. 14 144. 3. Mitwirkung entgegen der Vorschrift des § 123 bildet einen Revisionsgrund. § 400 Ziff. 2 u. 3.

Vl-leh»«»g. § 124, Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes auSgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit ab­ gelehnt werden. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, welcher geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Das Ablehnungsrecht steht dem Beschuldigten, im Ver­ fahren vor dein Reichsmilitärgericht auch der Militäranwalt­ schaft zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichts­ personen namhaft zu machen.

Entw. § 118. Schrifttum: Beling, Bedingte Ablehnung eines Richters, Z. 38 477; Otto Meyer, Zu RMG. 6 286: Arch. 3 304, Anm. 6.

244

Allgemeine Bestinlmungen. $ 124.

1. Die Vorschrift entspricht dem § 24 StPO- Sie behandelt im Gegensatz zur Ausschließung kost Gesetzes die Ablehnung eines Richters, d. h. die Geltendmachung von Bedenken gegen einen Richter seitens eines Prozeßbeteiligten. 2. a) Der Gerichtsherr kann wegen Besorgnis der Be­ fangenheit von der Berufung eines ständigen oder auf der Liste stehenden Richters Abstand nehmen, unter entsprechender Be­ urkundung, auch wohl nachträglich noch einen anderen Richter be­ rufen, soweit nicht §§ 131, 128 Abs. 2 eingreifen. Vgl. § 122 Anm. 2 b. b) Die Ablehnung erfordert stets ein Ablehnungsverfahren nach §§ 127, 128, eine Entscheidung dann nicht, wenn der Ab­ gelehnte das Gesuch für begründet hält. § 128 Abs. 3. In den Fällen des § 131 (ohne Ablehnung) erfolgt stets Entscheidung. 3. a) Nur die Ablehnung einzelner Gerichtspersonen, natür­ lich auch sämtlicher einzelnen Mitglieder des Gerichts, ist zulässig, nicht die Ablehnung des Gerichts als solchen, RG. 27 175. b) Tin abgelehnter Richter darf vor ordnungsmäßiger Er ledigung des Ablehnungsgesuches als erkennender Richter in der Sache nicht tätig werden. Nimmt der Richter trotzdem an bem Gericht teil, so ist dieses nicht vorschriftsmäßig beseht (§ 400 Ziff. 1). RMG. 6 160, 166. 4. Zu Abs. 2. Die Würdigung der Ablehnungsgründe unterliegt dem richterlichen Ermessen. Bortrag über Anweisung zur Einleitung der Untersuchung nach § 24 begründet grundsätzlich Be­ sorgnis der Befangenheit, RMG. 9 12; desgleichen Verhängung einer Disziplinarstrafe wegen derselben Tat, Gerland, Gerichtssaal 69 231; Ditzen, Arch. f. Strafr. 52 366; Herz-Ernst Anm. 1 a, etwas enger RMG. 6 286, dagegen nicht ohne Grund Otto Meyer, Arch. 3 304; desgleichen eine Ansprache an die Truppe, daß der Be­ schuldigte nicht mehr würdig sei, Unteroffizier zu sein, ebenso Mit­ unterschrift der Anklageverfügung, a. M. Gerland, Gerichtssaal 69 233 Nach RMG. 3 4 können amtliche Berater des Gerichtsherrn in wesentlichen Punkten der Untersuchung — zu denen das RMG. weirgehend auch Anberaumung des Termines zur Hauptverhand-

Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen. § 125.

£45

lung, Verfügung über die Vorladung von Zeugen, Ersuchen um kommissarische Vernehmung von Zeugen rechnet — als befangen abgelehnt werden. Dagegen Gerland, Krit. BISchr. 45 568. Blei­ stiftnotizen des Gerichtsherrn in den Akten, welche seine Stellung­ nahme -ur Sache erkennen lassen, begründen u. U. die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Unbefangenheit, RMG. 15 82. 5. Zu Abs. 3. Eine vor Berufung des Richters für den Fall der demnächstigen Berufung angebrachte Ablehnung wird gültig, sobald die Berufung tatsächlich erfolgt. Gerland, Gerichts­ saal 69 236; Ditzen, Arch. f. Strafr. 52 364; Beling, Z. 38 477. Abweichend RMG. 6 160. Vorher ist eine derartige Ablehnung unwirksam, RMG. 6 160. Der Gerichtsherr -raucht aber den Richter überhaupt nicht -u berufen, wenn er auf den zunächst un­ wirksamen Hinweis von Amts wegen den Richter für befangen erachtet. Anm. 2 a. 6. Zu Abs. 4. Die Namhaftmachung der Richter muß sowohl vor der Hauptverhandlung, als auch im Beschlußverfahren aus Verlangen deS Beschuldigten erfolgen. Außerdem ist sie als Teil der Hauptverhandlung vorgeschrieben im § 295. 7. Im Verfahren gegen Ausländer nach der SaisB. U v. 28. 12. 99 ist das Ablehnungsverfahren nicht vorgesehen, RMG. 19 128.

A»bri«g«ug deS Ableh»«»g»gef«chS. Das Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit ist in erster Instanz nur bis zur Verlesung der Verfügung über die Anklageerhebung, in der Hauptverhandlung über die Berufung und die Revision nur bis zum Beginne der Berichterstattung zulässig. Außerhalb der Hauptverhandlung ist das Ablehnungsgesuch von Mannschaften des aktiven Heeres oder der aktiven Marine zu Protokoll eines Gerichtsoffiziers oder eines richterlichen Militärjustizbeamten oder des nächsten mit Disziplinargewalt versehenen Vorgesetzten zu erklären oder schriftlich einzureichen,

§ 125.

2 46

Allgemeine Bestimmungen.

§ 125.

von anderen Personen schriftlich oder zu Protokoll des Gerichts schreibers des Amtsgerichts anzubringen. Beschuldigte, welche sich nicht auf freiem Fuße befinden, können die Erklärungen überdies zu Protokoll des mit der Aufsicht über das Gefängnis betrauten Offiziers oder Beamten, oder, sofern sie nicht dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören, desjenigen Amtsgerichts geben, in dessen Bezirke das Gefängis liegt. Entw. § 119. Schrifttum: Rissom, Die Durchführung des Ablehnungs­ verfahrens in der Hauptverhandlung, Arch. 4 117; Tieh, Zulässig­ keit einer Strafe wegen — grunblofer — Ablehnung eines Richters, Arch. 3 62. 1. Die gegen den Entwurf etwas geänderte Vorschrift ent­ spricht dem § 25 StPO. Vgl. hierzu KornBer. S. 51 ff. 2. a) Auf die Ablehnung wegen eines Ausschließung * grundes beziehen sich die §§ 125—129 gleichfalls, indessen fällt die Fristbestimmung fort, da die gesetzliche Ausschließung in iebcr Lage des Verfahrens zu berücksichtigen ist. b) Bor der Hauptverhandlnng und im Beschlußverfahren ist die Ablehnung, nachdem der Besch, nach § 124 Abs. 4 die Namen mitgeteilt erhalten hat, sofort zulässig. Der Verteidiger handelt im vermuteten Auftrage des Beschuldigten (bestritten s. Stengleiu § 124 Anm. 7). c) Nach RG. 19 335 ist bei Aussetzung der Hauptverhandlung über vier Tage die Ablehnung der dann berufenen Richter erneut zulässig. So auch Löwe, § 25 Anm. 4. 3. über den Gang des Ablehnutigsverfahrens s. § 128 Anm. 6. 4. Zu Abs. 2. „Mannschaften" sind Unteroffiziere und Gemeine. Der Militärgerichtsschreiber ist zur Aufnahme des Ab lehnungsgesuches nicht befugt.

Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen. § 126.

247

Unter den „anderen Personen" sind alle der Militärgerichts­ barkeit unterstellten Personen, soweit sie nicht zu den Mannschaften gehören, zu verstehen, auch die Offiziere und oberen Militärbeamten. Unter dem „Amtsgericht" ist, da allgemein vom „Amts­ gericht" die Rede ist — nicht wie in Abs. 3, von einem bestimmten — das Amtsgericht zu verstehen, in dessen Bezirk sich der Ablehnende gerade aufhält. Die Urkunde über das Ablehnungsgesuch ist unverzüglich und unmittelbar an die zuständige Stelle (§§ 128 Abs. 2, 130 Abs. 3) weiterzugeben. 5. Zu Abs. 3. Der Ausdruck „Gefängnis" ist hier ebenso wie in den §§ 177, 178 im weitesten Sinne gebraucht, so daß dar­ unter alle Haftlokale zu verstehen sind. Begr. S. 119 zu §§ 169 bis 171 des Entw.

Sla«-hastmachu«g.

§ 126.

Bei jedem Ablehnungsgesuch ist der Ablehnungsgründ glaubhaft zu machen: der Eid ist als Mittel der Glaub haftmachung ausgeschlossen. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des Abgelehnten Bezug genommen werden. Entw. § 120. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 26 Abs. 2 StPO. In der Begründung zu diesem § 26 heißt es: Sind die dem Ablehnungsgesuch zugrunde gelegten Tatsachen nicht gerichtSkundig, so soll es dem verständigen Ermessen des Gerichts überlassen sein, ob dieselben für wahr zu halten sind oder nicht. Eine förmliche Beweisaufnahme über den Zwischenpunkt muß, weil die Hauptsache verzögernd, wenn möglich vermieden werden, und es ist deshalb dem Gericht die Wahl der Mittel überlassen, durch die es sich von dem Bestehen oder Nichtbestehen der behaup­ teten Tatsachen Kenntnis verschaffen will. 2. Der Begriff der „Glaubhaftmachung" ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Zu verstehen ist darunter die Erbringung eines nach billigem Ermessen für die Entscheidung genügenden Maßes von Wahrscheinlichkeit anstatt des vollen Beweises.

248

Allgemeine Bestimmungen.

§ 127.

RG. 28 10. Zeugnis bedeutet hier dienstliche Erklärung des Abgelehnten, nicht eine in den Formen der Zeugenvernehmung ab­ zugebende Aussage. Prot. z. StPO. S. 1129 ff. Außer dem Eide sind alle förmlichen und nicht förmlichen Beweismittel zu lässig, insbesondere auch die Benutzung privatschriftlicher Erklärun­ gen, eidesstattliche Versicherung. Berwersung als unzulässig.

§ 127. Ist das Ablehnungsgesuch verspätet oder nicht unter Angabe und Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes eingebracht worden, so hat das Gericht mit Einschluß des ab gelehnten Richters das Ablehnungsgesuch als unzulässig zu verwerfen. Das Gesuch kann auch verworfen werden, wenn das Gericht einstimmig der Ansicht ist, daß dasselbe offenbar nur in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, eingebracht ist. 1. Die Vorschrift fehlte im (Entwurf, sie wurde von der Kom­ mission eingefügt unter dem Hinweis darauf, daß sie dem Beschlusse des Reichstages zur Strafprozeßnovelle § 26 a vom Jahre 1895/97 entspreche. KomBer. C. 52. Zu Sah 2 vgl. Ditzen, Arch. f. Strasr. 52 365; Beling, Z. 24 245 f. 2. Glaubhaft zu machen sind — bei Ablehnung wegen Befangenheit — die Tatsachen, aus denen der Schluß auf Vor­ liegen der Besorgnis der Befangenheit gezogen werden soll, welche also Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters rechtfertigen sollen. Dem Angeklagten, der in der Hauptverhandlung ablehnt, ist demgemäß Gelegenheit zu gewähren, die Tatsachen anzugeben und wahrscheinlich zu machen. Da soforttge Vorführung der Be­ glaubigungsmittel nicht immer zu verlangen und insbesondere auch Bezugnahme auf Zeugnis des Abgelehnten im § 126 für zulässig erNärt ist, muß hier als zur Glaubhaftmachung genügend auch die Angabe der zur Wahrscheinlichmachung der behaupteten Tatsachen vorhandenen Beweismittel verstanden werden, sofern diese über­ haupt zur Glaubhaftmachung geeignet erscheinen. So auch Steng-

Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen. § 128.

249

L. Liegt einer der im ersten Satz vorgesehenen Mille vor, so mutz das Ablehnung-gesuch verworfen werden, im Falle de­ zweiten Satzes (Verschleppung) kann es verworfen werden. Die Absicht, das Verfahren zu verschleppen, kann nach der Begründung ohne weiteres unterstellt werden, wenn ein Ab­ lehnungsgrund überhaupt nicht angegeben oder der angegebene in keiner Weise glaubhaft gemacht werden kann. vgl. hierzu Entfch. d. RG. 11 224, 24 12, 30 273. 4. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen ver­ späteter Kenntnis de- Ablehnung-grunde- ist nicht vorgesehen. Gleiches gilt, wenn der Ablehnungsgrund sich erst später ergibt. Löwe § 25 Anm. 2. Der Ablehnungsgrund kann auch nicht späterhin als Revision-rüge geltend gemacht werden, RMG. 16 80. 5. Die Entscheidung de- Gericht-, durch welche ein Ablehnungs­ gesuch auf Grund des § 127 als „unzulässig verworfen" ist, kann nach RMG. 4 251 nicht mittels eine- Rechtsmittel- angefochten werden. Hiergegen nicht ohne Grund Gerland, Gericht-faal 19 237.

§ 128« Wird da- Gesuch nicht als unzulässig verworfen, so hat der abgelehnte Richter sich über den Ablehnung-grund dienstlich zu äußern. über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, welchem der Abgelehnte angehört. Der abgelehnte Richter darf bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht mitwirken. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält. Entw. § 121. Schrifttum: Rissom, Die Durchführung des Ablehnungs­ verfahrens in der Hauptverhandlung, Arch. 4 117. 1. Der Entwurf, dem namentlich die letzten beiden Sätze fehlten, wurde von der Kommission in mehrfacher Beziehung ab­ geändert. S. KomBer. S- 52. vgl. im übrigen StPO. § 26 Abs. 3. § 27

250

Allgemeine Bestimmungen. § 128.

2. Unter der „dienstlichen Äußerung" ist nur zu verstellen, daß die Erklärung eine dienstlich abzugebende sei, nicht aber, daß es in dieser Beziehung besonderer Förmlichkeiten, insbesondere der Einhaltung eines bestimmten Dienstweges bedürfe. Begr. S- 101. Einer dienstlichen Äußerung bedarf es nicht, wenn das Ab­ lehnungsgesuch als unzulässig verworfen wird. 3. Zu Abs. 2. Die Entscheidung über das Ablehnn ngsgesuch erfolgt stets durch das Gericht. A. M. Koppmann Sinnt. 4 und Herz-Ernst Anm. 5, welche zur Entscheidung über die außer halb der Hauptverhandlung angebrachte Ablehnung den GerichtsHerrn zuständig sein lassen, jedoch unter Gestattung der Wieder­ holung der Ablehnung vor dem erkennenden Gericht. Eine mündliche Verhandlung über daS Ablehuungsgesuch ist nicht vorgeschrieben, die Entscheidung erfolgt stets durch Beschluß. Für den abgelehnten Richter, der bei der Entscheidung nicht ntitwirken darf, ist ein Stellvertreter heranzuziehen. Vgl. PE. 7 7; RG. 13 304, 21 250; RMG. 6 286; Herz-Ernst § 273 Anm. 5. Wegen der Anfechtung der Entscheidung s. § 129 Anm. 1. 4. Zu Abs. 3. Wenn es zwar im Falle, daß der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält, eiltet Entscheidung „nicht bedarf", so ist diese doch nicht vom Gesetz für unzulässig erklärt. Eine Entscheidung des Gerichts wird regelmäßig erfolgen, wenn gegenüber der Erklärung des Abzulehnenden dennoch Be­ denken gegen die Begründetheit des Ablehnungsgesuches obwalten. RG. 5 438: Das Gericht entscheidet nach seiner freien richterlichen Überzeugung.

5. Das Verfahren über das Ablehnungsgesuch ist kein Teil der Hauptverhandlung, sondern ein einge^ schobener Prozeßakt, RG. 13 302, 21 250; RMG. 16 177. 6. Der Gang des Ablehnungsverfahrens in seiner ge­ wöhnlichen Fornt, bei Geltendntachung der Ablehnung in der Hauptverhandlung erster Instanz ist hiernach folgender: Verlesung der Richter nach § 295 mit Hinweis nach § 125 Abs. 1.

Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen. § 128.

261

b) Anbringung des Ablehnungsgesuchs sei es vor, sei es nach Vereidigung der Richter. c) Entgegennahme der etwa einzubringenden Ab­ lehnungsgründe nebst Glaubhaftmachung, regelmäßig nach Abtreten der Zeugen und, nach Bedarf, nichtöffentlich, was zu­ lässig nach Anm. 5, und zwar noch in der bisherige» Besetzung. d) Geheime Beratung und Beschlußfassung. «. Be­ schluß in der alten Besetzung auf Verwerfung des Gesuchs als unzulässig, falls die Voraussetzungen des § 127 vor­ liegen. ß. Beschluß der alten Besetzung auf Entbehrlichkeit einer Entscheidung, zulässig nach § 128 Abs. 2, wenn der ab­ gelehnte Richter daS Ablehnung-gesuch für begründet erklärt. Y- Eintritt eines vom Gerichtsherrn zu bestimmenden — oder vorsorglich bereits bestimmten — Ersatzrichters in die Beratung. Dieser bedarf der Beeidigung so wenig wie die übrigen Richter, da das Verfahren nicht zur Hauptverhandlung gehört, RMS. 16 177, wodurch PS. 12 2 überholt ist. Der eintretende Richter wird nicht nach § 295 bekannt gegeben» «MG. 16 177. Äußerung deS abgelehnten Richter- nach § 128 mündlich oder schriftlich. Darauf Entscheidung, die im Falle der Ablehnung nach §§ 134, 136 mit Gründen zu versehen und aktenkundig zu machen ist. S. Bekanntgabe nach § 137, grundsätzlich mündlich in der Be­ setzung, welche den Beschluß gefaßt hat. e. Fortsetzung der Hauptverhandlung an der Stelle, an der sie abgebrochen, falls das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen wird, anderenfalls völlig erneute Hauptverhandlung mit dem Ersatzrichter, also erneute Verlesung der Richterliste nach § 295, erneute Beeidigung nach § 296, erneuter Beschluß über etwaigen Ausschluß der Öffentlichkeit usw. RMG. 16 9. 7. Bei bloßer Wiederholung eines bereits früher verworfenen Ablehnungsgesuches ohne Angabe eines neuen Ablehnungsgrundes braucht das Gericht nicht nochmals eine sachliche Entscheidung zu treffen, es kann vielmehr das Gesuch als formell unstatthaft

252

Allgemeine Bestimmungen.

§ 129.

ablehnen. An diesem rein formellen Beschlusse können auch die abgelehnten Richter teilnehmen. RG. 11 224. S. auch Löwe StPO. § 27 Anm. 9. Ditzen, Arch. f. Strafr. 52 365.

A«fecht«»g.

§

.

129 Die Entscheidung eines Standgerichts, Kriegs­ gerichts oder Oberkriegsgerichts, durch welche ein Ablehnungs gesuch für unbegründet erklärt wird, kann nicht für sich allein, sondern nur mit der Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden. Eniw. § 122. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 28 Abs. 2 der bürgerlichen StPO. Rur die Entscheidung, durch welche ein Ablehnungsgesuch „für unbegründet erklärt wird", kann mit der Entscheidung iit der Hauptsache angefochten werden. Wird daS Gesuch „als un­ zulässig verworfen" (§ 127), so ist eine Anfechtung nach RMG. 4 251 nicht möglich. Hiergegen mit starken Gründen Gerland, Gericht-saal 69 237. 2. In dem Entwurf hieß es anstatt „mit der Entscheidung in der Hauptsache": „mit dem Urteil". Die Änderung wurde von der Kommission vorgenommen. Unter „Entscheidung in der Hauptsache" sind außer Urteilen auch Beschlüsse und Verfügungen, die mittels Rechtsbeschwerde angefochten werden können, zu ver­ stehen. KomBer. ©. 53. Je nachdem nun die „Entscheidung in der Hauptsache" durch Recht-beschwerde, Berufung oder Revision anzufechten ist, muß auch die Entscheidung, durch die ein Ablehnungsgesuch für unbe­ gründet erklärt wird, mittels Rechtsbeschwerde, Berufung oder Revision angefochten werden. 3. Die Anfechtung kann aber keine neuen Anfechtungsgründe vorbringen, da diese bis zu den in § 125 Abs. 1 bezeichneten Zeit­ punkten anzugeben sind. Recht 4 527; Gerland, Gerichtssaal 69 243. A. M. RMG. 7 30. Wohl aber sind neue Beweismittel zulässig,

Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen. § 130.

253

und -war, da eS sich sachlich um eine Rechtsbeschwerde handelt, auch in der Revision-instanz. RMG. 7 30. 4. Ausschließungsgründe können stets als Revision-rüge nach § 400 Ziff. 2 geltend gemacht werden.

U«tersuch«»g-ha»dl7.

die Arreststrafc, da er bei der Verhängung an die Vorschriften des MStGB- gebunden ist. Die Verhängung leichterer Disziplinär strafen tilgt die Strafbarleit nicht. 4. Eine Difziplinarbestrafung nach § 1 Ziff. 1 Disz St L. schließt die gerichtliche Bestrafung wegen derselben Handlung nicht aus. RMG- 1 265, 12 62. 5. Schon durch die Ahndung im Difziplinarwege, d. h. buvrii die Verhängung der Strafe wird die gerichtliche Strafverfolgung ausgeschlossen. Darauf, ob sie auch schon vollstreckt ist, fommt es für den verbrauch der Strafklage nicht an. Gl. A. Hoppmami Anm. 4, Elsner v. Gronow-Sohl. vgl. Dietz, D^ffvl. 1009 S. in. K- Gerichtliche Strafverfolgung wegen Verbrauchs der Straf tlage ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Handlung nach $ i EG. z. MStGB. int Difziplinarwege geahndet werden tonnte, wenn es sich also lediglich um eines der dort bezeichneten Ver­ gehen handelt. Mangelte es in dieser Beziehung an der Zuständig­ keit, so hat gerichtliche Strafverfolgung einzutreten. RMG. 8 40, 14 57. Die rechtliche — oder tatsächliche Beurteilung des Diszivli narvorgesehten ist dabei nicht entscheidend, RMG. 14 f>7. Trifft ein im Disziplinarwege zu ahndendes Vergehen mit einem nur gerichtlich zu ahndenden in Tateinheit zusammen, so bleibt die ganze Tat dem gerichtlichen Verfahren vorbehalten, RMG. 14 184. 7. a) Die Bestimmungen des § 45 Disz St 51. f. d. Heer und die entsprechenden der DiszStO. f- d. Kaiserliche Marine werden durch Abs. 1 nicht berührt. Denn während die erwähnten vor schriften solche Fälle im Auge haben, in denen eine strafbare Hand lung, die gerichtlich hätte bestraft werden sollen, nur irrtümlich mit einer Disziplinarstrafe geahndet worden ist, trifft Abs. 1 mir diejenigen vergehen, die zwar an sich gerichtlich strafbar sind, für die aber in leichteren Fällen durch § 3 EG. z. MStGB. auch disziplinare Ahndung zugelassen ist. Ebensowenig wird durch die Bestimmung des Abs. 1 die den höheren Militärvorgesehten übertragene dienstliche Aufsicht über die Ausübung der Disziplinarstrafgewalt, Disz St C. f. d. Heer §

Ermittl u ligsverfahren.

§ 157.

aif»

Dis-GtO. s. d. Kaiserliche Marine § 54, irgendwie berührt. Begr. S. 114. S. auch RMG. 6 243. b) Hebt der höhere Vorgesetzte auf Grund des § 55 DiszStL. die verhängte Disziplinarstrafe auf, so hört diese rechtlich auf, ver­ hängt zu sein. Sie verliert mit der Aufhebung ihre rechtliche Existenz. Prozessual liegt die Sache dann für das erkennende Gericht genau so, als wenn die Handlung von dem niederen Disziplinarvorgesetzten im Disziplinarwege überhaupt nicht geahndet wäre. Andererseits ist das erkennende Gericht an die Rechtsauffassung, von welcher der höhere Vorgesetzte bei Aufhebung der Disziplinarstrafe aus­ gegangen ist, in keiner Weise gebunden. Das Gericht hat die demnächstige Anklageverfügung lediglich nach den Vorschriften der MStGO. zu erledigen. RMG. 6 245; PE. 6 11, 7 3; Rissom, Jahrb. f. d. A. u. M. 1908 S. 269; Beling, Z. 38 478. Abweichend Gerland, Gerichtssaal 69 208. War etwa die wiederaufgehobene Disziplinarstrafe schon vollstreckt, so kann das bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, berechtigt aber nicht, unter die geringste zulässige Strafe hinunterzugehen. RMG. 6 245, 15 74. Die Einwendungen von Kleineberg, Arch. 6 357; Eckstein, Arch. 7 32; Beling, Z. 38 479, können als berechtigt nicht anerkannt werden, da die Disziplinar­ strafe ihrem Wesen nach von der Rechtsstrafe verschieden ist. Vgl. Rissom, Arch. 5 163; Romen und Rissom, MStGB., 2. Ausl., 8 3 EG. Anm. 4. 8. Abs. 2 trifft Bestimmung für diejenigen Fälle des $ 3 EG. z. MStGB., in denen der Disziplinarvorgesetzte einen „leichte­ ren Fall" nicht für vorliegend erachtet und deshalb die Difziplinarbsstrafung abgelehnt hat. In einem solchen Falle soll der Gerichts­ herr, wenn er nicht zugleich der höhere Disziplinarvorgesetzte ist, die gerichtliche Strafverfolgung nicht lediglich deshalb ablehnen dürfen, weil nach seiner Meinung die Disziplinarbestrafung aus­ reicht. Ist dagegen der Gerichtsherr zugleich der höhere Disziplinar­ vorgesetzte, so ist es ihm unbenommen, selbst die Disziplinarstrafe zu verhängen. Die gemachte Unterscheidung rechtfertigt sich aus dem militärischen Gesichtspunlle, daß der Disziplinarvorgesetzte

316

Verfahren in erster Instanz.

§ 158.

allein die Verantwortlichf.it für die Diszipliuarbestrafung trägt und daraus, daß im Abs. 1 des ß 3 des gedachten Einführungs gesetzeS die gerichtliche Entscheidung als die Regel hingestellt ist. Begr. S. 114. Ist der Gerichtsherr zugleich Disziplinarvorgesetzter, so kann er, entsprechend dem § 251 Abs. 2, die Verhängung der Disziplinarstrafe auch dem ihm unterstellten Disziplinarvorgesetzteu Überlassen. Dieser mutz dann die Strafe festsetzen. 9. Wegen der Ahndung im Disziplinarwege nach abge­ schlossenem Ermittlungsverfahren s. § 251. 10. Bei der Weitläusigleit des gegenwärtigen gerichtlichen Verfahrens liegt Erledigung im Disziplinarwege, soweit irgend möglich, im militärischen Interesse. Nebenher laufende kleinere Vergehen insbesondere werden zweck mäßig vor Einreichung des Tatberichts wegen der Haupttat im Disziplinarwege erledigt. Der Umstand, daß § 71 RStGB in folgedcssen außer Anwendung bleibt, ist kein Hinderuugsgrund. Noch mehr gilt dies für reine Diszivlinarwidrigkeiten, z. B. Trunken heit außer Dienst, die neben einer gerichtlich strafbaren Handlung begangen sind.

Hochverrat.

§ 158. Bei Einleitung einer Strafverfolgung wegen Hochverrats oder Landesverrats oder wegen eines als Ver brechen oder Vergehen sich darstellenden Verrats militärischer Geheimnisse hat der Gerichtsherr unverzüglich der obersten Militärjustizverwaltungsbehörde Bericht zu erstatten. Sind diese Handlungen gegen den Kaiser oder das Reich gerichtet, so hat er überdies in jedem Falle dem Reichskanzler sofort Anzeige zu erstatten. Entw. § 151. 1 Wegen de- Hoch- und Landesverrats s. §§ 80—93 RStGB., § 56 MStGB., wegen des Verrats militärischer GeHeimnisse s. Reichsges. v. 3. 7. 93, RGBl. S. 205. Die Anzeige ist zu erstatten, sobald die Einleitung des Er-

Ermittlungsvcrfaliren.

§ 158.

317

nüttlungsverfahrens geboten erscheint. Bor der Anklageversügung ist Bericht zu erstatten nach Maßgabe des § 252. Begr. 3. 115. ö:oen Übertretungen im Sinne des § 8 RG. v. 3. 7. 93 ist nicht zu berichten. AusfBest. d. Pr. KrMin. und des RMarAmteS: „In den Bericht ist zutreffendenfalls aufzunehmen, daß die im Abs. 2 vorgeschriebene Anzeige an den Reichskanzler erstattet ist."

2. Wegen der „obersten Militärjustizverwaltungs­ behörden" gilt das in Anm. 1 zu § 111 Gesagte. 3. In den Fällen der §§ 1 u. 3 des RG. v. 3. 7. 93 ist telegraphische Nachricht an den Chef des Generalstabes der Armee und den Oberreichsanwalt vorgeschrieben. B. d. Pr. KrMin. v. 22. 1. 05. Bei Berdacht landesverräterischer Umtriebe gegen eine Zivil­ person ist grundsätzlich zunächst Bericht ans Kriegsmini­ ster ium zu erstatten, um ungeschickten Zugriff, der die wirklich Beteiligten warnen könnte, zu vermeiden. Anders bei Gefahr im Verzüge. B. d. Pr. KrMin. v. 13. 9. 02. Sämtliche Telegramme der Militärbehörden in Spionage­ sachen sind im Wortlaut zu den Akten zu bringen. Pr. KrMin. v. 3. 7. 05. Es empfiehlt sich, in jedem Einzelfalle die sonst noch erlassenen allgemeinen Vorschriften einzusehen. Sorgfältigste Behandlung ist durch die Wichtigkeit der Sache geboten. Der Zeitpunkt und die Art des Zugriffs sind jedesmal aus dem Gesichtspunkt heraus zu erwägen, daß es sich nicht allein um Strafverfolgung, sondern meist gleichzeitig auch um die Unschädlichmachung einer dauernden und verzweigten Organisation handelt. 4. Nach der Dienst- und Geschäftsordnung für die Militärgerichtsstellen der höheren und der niederen Gerichtsbarkeit II B Zisf. 7 ist von allen Aussehen erregenden Vorgängen auf dem Gebiete des Militärstrafrechts dem Kriegsministerium unverzüglich von dem Gerichtshercn Mitteilung zu machen.

:UtS

Wvrioljreu in erster

»iftau159.

j. Die Mitteilungen ergehen unmittelbar an die bezeich neten Behörden, nötigenfalls unter Meldung ans Otencralfom mando. Begr. zu § 239 Entw.

Erforschung deS Sachverhalt-.

§ 159. Der mit der Führung des Ermittelungsverfahrens beauftragte Gerichtsoffizier oder Kriegsgerichtsrat -'Unter­ suchungsführer) hat bei Erforschung des Sachverhalts nicht blos; die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und die Erhebung aller Beweise herbei zuführen, deren Verlust zu besorgen steht, oder bereit Aufnahme zur Vorbereitung der Verteidigung des Beschuldigten errorder lich erscheint. Entw. § 152. Schrifttum: Brückmann, Der Untersuchungsführer. titeririttv saal 60 113—131: Stenglein, Der Untersuchungsführer, das. 132: Fielitz, Mitwirkung beim Utteilsspruch, Z. f. d. ges. Str. 24 242 bis 244. Weiteres bei §§ 156, 160. 1. Die Vorschrift entspricht dem Abs. 2 des § 158 und dem Abs. 2 des § 188 der bürgerlichen StPO. 2. a) Die rechtliche Stellung des Untersuchung? führers ist dahin zu bestimmen, daß er nicht Gericht, oudi nicht Behörde ist. Gericht ist nur der Gerichtsherr und das erkennende Gericht, RMG. 7 296, nicht der Untersuchungsführer, obwohl er nach § 160 richterliche Untersuchungshandlungen vor nehmen kann. Behörde, also ein Organ der Staatsgewalt, welches dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität nach eigenem Ermessen für die Herbeiführung der Zwecke des Staates tätig zu sein, womit außer der selbständigen Wirksamkeit auch eine selbständige, durch Recht und Berfassung dauernd geregelte Orga­ nisation vorausgesetzt wird, RG. 8 5, 18 250, ist der Gerichtsherr, RMG. 13 286, 15 269. Der Untersuchungsführer ist keine Be­ hörde, RMG. 7 296, 13 286, 15 269, übrigens auch nicht das er­ kennende Gericht, da es keine dauernde selbständige Organisation

Ecinittlungsverfahreil.

§ 160.

310

hat, sondern von Fall zu Fall vom Gerichtsherrn berufen wird. Der Untersuchungsführer ist Organ des Gerichtsherrn, RMG. 7 296, 13 286, 15 269, übrigens auch das erkennende Gericht; vgl. Vordem, lb zum 1. Teil 2. Titel. Die Organeigenschaft, die in der Beauftragung zum Aus­ druck kommt, schließt eine mehr oder weniger große Selbständig­ keit in der Erledigung des Auftrages nicht aus. Die Rechte des Untersuchungsführers sind bei Mewes, Handw.: Unter­ suchungsführer, zusammengestellt. Vgl. §§ 160, 161, 166, 169, 172, 180, 233, 238, 195, 208, 222, 132, 130, 163, 243. b) Auch der GerichtSoffizier ist Untersuchungsführer und als solcher zu richterlichen Handlungen, §§ 160 ff., befugt. Die gegenteilige Ansicht von Stengletn, § 159 Anm. 1, wird mit Recht allgemein als unrichtig angesehen. 3. Rach § 195 Abs. 1 soll die Beeidigung der Zeugen der Regel nach erst in der Hauptverhandlung erfolgen. Im Er­ mittlungsverfahren soll die Vernehmung der Zeugen regel­ mäßig eine uneidliche fein. Die Ausnahmen enthält Abf. 8 des § 195. Die Beeidigung der Zeugen hat im Ermittlungs­ verfahren aber auch dann zu erfolgen, wenn Gefahr im Ver­ züge ist, wenn z. B. der Zeuge lebensgefährlich krank ist oder in allernächster Zeit auswandern oder auf Reisen gehen will. PE. 4 23 b. S. auch § 195.

U»ters«ch»»gSha«dl««Le».

§

.

160 Zu dem im § 159 bezeichneten Zwecke kann der Untersuchungsführer Ermittelungen jeder Art, einschließlich richterlicher Untersuchungshandlungen, insbesondere eidliche Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen vornehmen. Zu demselben Zwecke kann von allen öffentlichen Behörden Auskunft verlangt werden. Die Vornahme einzelner Untersuchungshandlungen kann durch Ersuchen eines anderen Gerichtsherrn oder des Amts­ richters des Bezirkes, wo die Handlung vorzunehmen ist, herbei-

320

Verfahren in erster Instanz.

§ I6u.

geführt werden. Der Ersuchte hat zu prüfen, ob die beantragte Handlung nach den Umständen des Falles gesetzlich zulässig ist. Die Ersuchungsschreiben sind in der Regel von dem GerichtsHerrn und dem Untersuchungsführer zu unterzeichnen. Entw. § 153. Schrifttum: Vgl. §§ 156, 159; ferner: Stier, Die Bekämpfung des Verbrechens in der Armee, Arch. 1 84; Autenrieth, Hinder­ nisse einer erfolgreichen Unlersuchungsführung und deren Be­ kämpfung, Arch. 5 177; Hauck, Mittermaiers kriminalistische Vehren als Beitrag zur modernen Kriminalistik, Monatsschr. f. Krim. 10 655, 11 23; Wulfsen, Psychologie des Verbrechers, 1910, bespr. Arch. 1 385; Groß, Gesammelte kriminalistische Aussätze, 1910, bespr. Arch. 1 385: Ders., Handbuch für Untersuchungsrichter, 6. Ausl. 1914, bespr. Arch. 5 455; Ders., Die Erforschung des Sach­ verhalts strafbarer Handlungen, 1910; o. d. Brincken nnd Panlini, Die Erforschung strafbarer Handlungen, 1910, bespr. Arch. 2 148; Dienstvorschrift f. d. Landgendarmerie; Niceforo und Lindenan, Die Kriminalpolizei und ihre Hilfswissenschaften, 1916, beim. Arch. 2 149; Rumpf, Der Strafrichter, 1912, 1913, bespr. Vlrdt. 4 468, 5 377; Tage, Die Gerichtspraxis, 1914; Heldmann, Die Vernehmung des Beschuldigten, DStrrZ. 3 366; Sotier, Er­ mittlung ungenannter Briefschreiber durch das Fingerabdruckverfahren, Z. f. Rechtspf. in B. 1911 Nr. 21, bespr. Arch. 3 231: Jordan, Zu § 160 Abs. 3 MStGO-, Arch. 1 365; Dietz, Die Frage der Dienstreisen, Arch. 2 354; Erhard, Ordnungsstrafen g. Zivil Personen w. Ungebühr, Z. f. RechtSpfl. in B-, bespr. Arch. 2 08. 1. Die §§ 160, 161 lehnen sich an die §§ 159, 160 der bürgerlichen StPO. an. Der Untersuchungsführer übt indessen alo Organ des Gerichtsherrn nicht bloß eine staatsanwaltschaftliche Tätigkeit aus, er ist vielmehr berufen, auch richterliche Handlungen vorzunehmen. Begr. S. 115. Koppmann Anm. 2. 2. über die rechtliche Stellung des Untersuckungs- j führers vgl. § 159 Anm. 2. |

Ermittlungsverfahren.

§ 160.

321

Der Untersuchungsführer geht selbstiiiibig vor, soweit der Gerichtsherr feine Weisungen erteilt. Vgl. auch §§ 172, 222 Abs. 2. Amtspolizei bei Untersuchungs Handlungen nach Art des § 182 GVG., § 162 StPO, ist nicht vorgesehen. Die U^itersilchungshandlungen sind geheim, RMG. 17 33; Rissom, Viril). 5 131. 3. Der Untersuchungsführer sann Ermittlungen jeder Art vornehmen. Das Gesetz hat einige Untersuchungöhandlungen, wie Vernehmung des Beschuldigten, der Zeugeil unb Sachver­ ständigen, Augenschein, Beschlagnahme und Durchsuchung, be­ sonders geregelt. Der Untersuchungsführer ist indessen auf diese Formen der Ernrittlung nicht beschräntt. Er kann auch formlose Feststellungen vornehmen oder herbeiführen, wie durch Schrift­ wechsel mit Behörden, Vereinen und genügend zuverlässigen Personen, Befragen durch Vorgesetzte, Nachforschungen durch Vorgesetzte oder durch Polizeibeamte. Als Nachwirkung des formell ungleich stärker gebundenen alten preußischen Militärstrafverfahrens scheint gelegentlich noch eine gewisse Starrheit übriggeblieben zu sein, die namentlich in der Bevorzugung ge­ richtlicher Vernehmungen zum Ausdruck kommt. Ziel des Unter­ suchungsführers muß aber sein, die möglichste Aufklärung mit größter Beschleunigung zu verbinden. Hiernach müssen die einzelnen Maßregeln unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Einzelfalles getroffen werden. Die Untersuchungshandlungen sollen nach Möglichkeit gleich­ zeitig hinausgehen, jedenfalls ohne Verzögerung sich folgen. Der Beschleunigung dient es, wenn bei Ersuchen um Rechtshilfe besondere Schreiben, welche den Tatbestand und nach Bedarf die zu stellenden Fragen enthalten, herausgesandt werden. Ein Umlauf der Akten bei verschiedenen Behörden ist als zeitraubend zu vermeiden. 4. Zu Abs. 3. a) Nur um einzelne Untersuchungshand­ lungen, nicht um „Führung des Ermittlungsverfahrens", kann ersucht werden. RMG. 1 280; PE. 2 17a. Indessen kann z. B. um Vernehmung eines Zeugen und der von diesem etwa weiter R o m e n - R i \ \ o ni, 2. Ausl. 21

322

Verfahren in erster Instanz.

§ 160.

benannten Perfonen ersucht, auch dem Ermessen des ersuchten Gerichts ein gewisser Spielraum gelassen werden. Löwe § 160 Anm. 5. Zu eng Jordan, Arch 1 365. In eiligen Fällen kann auch eine aus der Vernehmung sich als notwendig ergebende Untersuchungshandlung ohne weiteres nach § 153 Abs. 3 vor­ genommen werden. Meinungsverschiedenheiten z. B. über Be­ eidigung, entscheidet das ersuchende Gericht. PE. 2 17. b) Die Gerichtöübung hat bei Ersuchen, namentlich im Inter­ esse der Beschleunigung und Kostenersparung, auch den niederen Gerichtsherrn bei Sachen der höheren Gerichtsbarkeit in weitem Umfange hinzugezogen. Bgl. Herz-Ernst Anm. 7: PE. 2 17b und AusfBest. § 11 EG. c) Die Zuständigkeit der Militärgerichte ist örtlich nicht begrenzt. Indessen empfiehlt sich, soweit nicht militärische Interessen entgegenstehen, Vernehmung durch ein Amtsgericht, falls dieses näher ist. Pr. KrMin. v. 7. 2. 01. An Orten mit mehreren Militärgerichten geht das Ersuchen grundsätzlich an die dem zu Vernehmenden allgemein vor­ gesetzte Dienststelle. B. d. Pr. KrMin. v. 3. 2. 03.

Zivilpersonen sind in größeren Städten, namentlich Berlin — Pr. KrMin. v. 16. 1. 01 —, Hamburg — Pr. KrMin. v. 27. 3. 03 — durch die Amtsgerichte oder Polizeibehörden zu vernehmen, soweit nicht militärische Interessen entgegenstehen. An Gerichte höherer Instanz dürfen Rechlshilfeersuchen, z. B. um Leichenschau, nicht gerichtet werden. Pr. KrMin. v. 18. 2. 02.

d) Es ist erwünscht, daß der Untersuchungsführer sich durch eigene Untersuchungshandlungen ein Urteil bildet. Rechtshilfe­ ersuchen bleiben stets ein Notbehelf. Uber Einschränkung der Dienste reisen im fiskalischen Interesse sind im Aufsichtswege Anordnungen getroffen, welche namentlich ein bestimmtes Nachprüfungsverfahren regeln. Vgl. § 112. 5. Der Ersuchte hat nur die gesetzliche Zulässigkeit „nach den Umständen des Falles", nicht auch die Zweckmäßigkeit der beantragten Handlung zu prüfen. Der Zusatz „nach den Umständen

Ermittlungsverfahren.

§ 101.

323

des Falles" fehlt in §§ 12,13 EG. Bgl. Löwe § 160 Anm. 6. Gegen die Weigerung des Ersuchten ist Beschwerde zulässig. S. TG. §§ 11, 12.

Bei der Marine haben höhere Gerichtsbarkeit erster Instanz: Die I. und II. Marine-Inspektion in Kiel und Wilhelmshaven, die Festungskommandantur Wilhelmshaven, die Kommandos des I. und II. Geschwaders und das der Aufklärungsschiffe. Diese Stetten, nicht die Marinestalionen der Nord- und Ostsee, sind um Rechtshilfe zu ersuchen. Pr. KrMin. v. 26. 2. 09; RMarAmt v. 20. 2. 09.

6. über die von dem ersuchtes! Amtsgericht zu beobachtenden Formen s. § 12 EG. 7. Der Abs. 4 will eS offen lassen, daß der Untersuchungs­ führer in dringenden Fällen das Ersuchungsschreiben allein uitterzeichnet. Es wird dies namentlich erforderlich sein können, tvcnn er Untersuchungshandlungen außerhalb deS Garnisonvrts des Gerichtsherrn vornimmt. Begr. S. 115. Schreiben an andere Dienststellen und Behörden werden vom Untersuchungsführer allein gezeichnet. Für das Ersuchen um Rechtshilfe nach Erhebung der Anklage gilt ebenfalls die Regel des Abs. 4. Diese Vorschrift gestattet jedoch, daß in dringenden Fällen der Vertreter der Anklage selb­ ständig Ersuchungsschreiben erläßt. PE. 6 15. Ob Dringlichkeit vorliegt, steht im vflichtmäßigen Ermessen des Untersuchungs­ führers.

Polizei.

§ 161. Tie Behörden und Bearnten des Polizei- und Sicherheitsdienstes sind verpflichtet,Ersuchen des Untersuchung-führers um Ausführung einzelner Maßregeln oder um Bor nähme von Ermittlungen zu genügen. Entw. § 154. 3. § 160 Amn. 1 und §§ 159, 187 StPO. Der Unterludmugeführvr kann nur „ersuchen". Das Recht, ..Aufträge", 1.

324

Verfahren in erster Instanz.

§ 161.

„Anweisungen" zu erteilen, steht ihm nicht zu, auch dem Gerichtsherrn nicht. Auch der Gerichtsoffizier ist „Untersuchungsführer". S. § i:>» Anm. 2 b. 2. Diese Ersuchen des Untersuchungsführers fmb von ihm allein zu zeichnen. Gleiches gilt von Anfragen und Auskunftsersuchet!, tvelche sonst cm Behörden und Einzelpersonen gehen, auch für den Schriftverkehr mit militärischen Dienststellen, soweit es sich nicht um die im § 160 Abs. 3 u. 4 geregelten Ersuchen an andere Gerichtsherren um Rechtshilfe handelt. Ebenso Mewes in Handw.: Untersuchungsführer. 3. Das Ersuchen hat sich auch hier auf die Ausführung einzel­ ner Maßregeln oder Vornahme von Ermittlungen zu deschränken. S. Amn. 4. Das Ersuchen samt jedoch auch ans Anstellung von ErmittLungen in bestinunter Richtung gehen. In gleicher Weise tonnen die Truppenteile ersucht werden. Zu derartigen Ermittlungen aus Ersuchen des Utltersuchungssührers sind namerrtlich die Mimt« pagnie- usw. Ebefs berufen, denen ihre Personententttnis ttttb ihr Tienstansehen oft ^rachforschnttgett ennöglidtt, deren Ergeb« tlisse durch die Mittel gerichtlicher Vernehmutlgen nicht zu erreichen sind. Es kommt hittzn, daß die ein Zeugnis oder Gntachtetr enthaltenden Ertlärungen militärischer Vorgesetzter und) § 310 in der Hauvtverhandlnng verlesbar sittd, die meist nneidlichen riditerlichen Vernehmungen aber itad) §§ 30 l, Bo:> gruttdsätzlidi nicht. 4. Zu richterlichen Unrersndnmgshandlungen, insbesondere zu cibtics)cu Bernehttruttgetl sittd die Behörden und Beatntetl des Polizei- und Sicherheitsdienstes iitd)t befngt. PE. 8 7. 5. (Sin Stedit der Polizei- mtb Sid)erheitsbehörden, Zen gen zum Ersdieinen und zur Llnskunstertcilung zu zwingen, tann weder ans der MStGO. itod) ans der bürgerlichen StPT. ab­ geleitet werden. Das Reichsgericht hat aber anerkannt, Enlsch. 9 433 ff.; RGRspr. 5 726 ff., 8 390, daß landesgesetzlich eine derartige Zwangsgewalt der Verwaltungsbehörden bestehen könne. Für Preußen hat das Lberoerwaltttttgsgeridd den Polizei*

Er,ntttlungsverfahren.

§§ 162, 163.

325

behörden jene Befugnis auf Grund des § 132 des Ges. über die öligem. Landesverwaltung v. 30. 7. 83 zugesprochen, Urt. v. 8. io. 87, MBl. für die innere Verwalt. S. 242; s. auch 92 222, 96 79 Verf. d. Min. d. Innern. Näheres s. Löwe, StPO. § 159 Anm. 3b, § 161 Anm. lb; Beling, Lehrb. S. 470. 6. In geeigneten schweren Straffällen würde mit größeren Polizeiverwaltungen zum Zweck der Überweisung eines erprobten Kriminalkommissars in Verbindung getreten werden können. Auch auf die Lehrbücher der Kriminalistik, namentlich Groß, Handbuch für Untersuchungsrichter, 6. Aufl. 1914, sei hier hingewiesen.

mtentmibtgtett

§ 182.

Der Untersuchungsführer hat alle die Untersuchung berührenden Vorgänge und Tatsachen, insbesondere alle von ihm vorgenommenen oder veranlaßten Ermittelungen aktenkundig zu machen. Entw. § 155. 1. Die Vorschrift sichert die Vollständigkeit und sorg­ fältige Führung der Akten aus den zu § 156 entwickelten Gründen, s. dort Anrn. 3. Begr. S. 115. Auch der Gerichtsoffizier ist „Untersuchungsführer". S. § 159 Anrn. 2 b. 2. Unter den „Vorgängen", die der Untersuchungsführer aktenkundig machen, d. h. in den Akten beurkunden muß, sind in erster Linie gemeint alle Vorkommnisse, die sich bei Vornahme der Untersuchungshandlungen abspielen, z. B. Anträge, Gesuche, Verfügungen, Eröffnungen uitb Belehrungen seitens des Unter­ suchungsführers, Anwesenheit des Beschuldigten, des Verteidigers, auch die von dem gewöhnlichen Verlaufe der Verhandlung ab­ weichenden Vorlommnisse u. dgl. Koppmann Anm. 2.

Protokoll.

§ 183.

Über jede Untersuchungshandlung ist ein Proto­ koll aufzunehmen. Bei minder wichtigen Sachen genügt ein Aktenvenuerk. Das Protokoll ist von dem Untersuchungsführer

32(i

Verfahren in erster Instanz

$ 168.

und bcm zugezogenen Gerichtsschreiber, der Aktenverniert von dem Untersuchungsführer zu unterschreiben. Ein Gerichtsschreiber muß zugezogen werden bet der Bei nehmung des Beschuldigten, der Zeugen und der sachver­ ständigen, sowie bei der Einnahme des Augenscheins. Im Falle dringenden Bedürfnisses kann für einzelne Unter­ suchungshandlungen jede geeignete Person als Gerichtsschreiber zugezogen werden. Dieselbe ist in Gemäßheit des § 110 durch den die Untersuchungshandlung vornehmenden Beamten oder Offizier zu verpflichten. Entw. § 156. Schrifttum: Erhard, Elsner v. Gronow, Zuziehung e. Gerichts­ schreibers bei Bekanntmachung der Anklage und Vernehmung über die Berufung? Arch. 2 127, 207; Rissom, Aufnahme eines Proto­ kolls nach § 404, Arch. 4 145. 1. Die Vorschrift ist den §§ 185, 186 StP^. nachgebildet.

2. a) Der Untersuchungsführer soll, abgesehen von solchen Vorgängen, bezüglich deren ein Aktenvermerk genügt, ein Prototoll auch dann aufnehmen, wenn ein Gerichtsschreiber nicht zu gegen war. War die Zuziehung eines solchen erfolgt, so ist oudi dessen Unterschrift erforderlich. Begr. S- 116. b) Unter Protokoll im weitesten Sinne des Worts ist eine schriftliche Aufzeichnung zu verstehen, in welcher die Urkundsverson amtlich bekundet und unterschriftlich bestätigt, daß und wie ein bestimmter, prozessual bedeutsamer Vorgang sich abgespielt hat, RMG. 1 170. Für das hier genannte Protokoll des Unter­ suchungsführers sind aber die schärferen Formen des § 164 vor­ geschrieben. über Protokolle außerhalb des Ermittlungsverfahrens s. Anm. 4. 3. a) In Abs. 2 werden diejenigen Untersuchungshandlungen bezeichnet, zu denen die Zuziehung eines Gerichtsschreiber- im entbehrlich ist. Die Nichterfüllung dieses wesentlichen Er­ fordernisses hat zur Folge, daß das betreffende Schriftstück nicht

Erinittlungsverfahren.

§ 163.

327

die Eigenschaft eines gerichtlichen Protokolls bat und daher in der Hauptverhandlung nicht verlese» werden darf, z. B. nicht in den Fällen der §§ 303 (Protokolle über die Einnahme des richterlichen Augenscheins), 305, 307, 306. Bgl. auch § 164 Anm. 5. b) Das Protokoll mutz in Anwesenheit beider GerichtsPersonen zustande kommen und von beiden unterschrieben werden. Es ist nicht zulässig, daß es von einer der beiden Personen entworfen wird, bevor die andere zur Stelle ist. Bgl. RG. 16 147, 18 186. Ob der Gerichtsschreiber das Protokoll selbständig nieder­ schreibt oder nach Angabe des Untersuchungsführers oder ob dieser selbst das Protokoll schreibt, ist unwesentlich. Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Urkunds­ personen sind im Protokoll zum Ausdruck zu bringen. Pr. KrMin. v. 20. 12. 01. o) Das Protokoll über die Einnahme des Augenscheins hat die Kraft eines Beweismittels über letzteren nur insoweit, als es die von beiden Gerichtspersonen gemeinschaftlich und über­ einstimmend gemachten Wahrnehmungen bekundet. RG. 16 149: RGRspr. 9 376, 18 186. Werden bei einer Augenfcheinseinnahme Zeichnungen aus­ genommen, so sind sie zweckmäßig, s. § 164 Anm. 4, ebenfalls von beiden Urkundspersonen zu unterschreiben. 4. Die Vorschriften der §§ 163—166 gelten zunächst nur für das Ermittlungsverfahren und nur für den Unter­ suchungsführer, nicht also z. B. für die Vernehmung eines vorläufig Festgenommenen durch die Militärbehörden nach § 181. Ob und wieweit sie außerhalb des Ermittlungsverfahrens ent­ sprechende Anwendung sinden, ist nach der Natur der einzelnen Prozeßhandlung zu beurteilen. a) Für die Hauptverhandlnng enthalten die §§ 331—335 besondere Regelung. b) Das Protokoll über Rechtsmittelerklärungen nach § 369 oder über Beweisanträge nach § 269 bedarf der Formen des § 164 nicht, auch in keinem Falle der Zuziehung eines Militär gerichtsschreibers, RMG. 1 170, 238, 3 141, 245: PE. 4 836. Die

328

yvvfrtfivvu in erster Instau;.

§ 163.

Erklärung wird gültig mit Aufnahnre des Protokolls. Gleiches gilt für die Beurkundung der Rechtsmittelerklärung des GerichtsHerrn nach § 368, f. dort. c) Auf Untersuchungshandlungen, die als schleunige nach § 15)3 der Einleitung des Ermittlungsverfahrens voraus gehen, und solche, die sich in das spätere Verfahren einschieben, wie eidliche Zeugenvernehmungen und Augenschein nach § 270, Zeugenvernehmungen nach Erhebung der Anklage, PE. 6 -13, nach der Berufungseinlegung, nach Unzuständigkeitserllürung des Standgerichts gemäs; § 320, RMG- 2 15)3 lvgl. aber 11 14), in der Recht 2 beschwerdeinstanz nach §§ 218, 376, im Wiederaufnah,ne­ ue rf ah re n nach § 110, vor der Ieldbestätigung nach § 427, müssen die §§ 163, 161 entsprechende Anwendung finden. Es ist also namentlich die Zuziehung eines Militärgerichtssclneibers bei Ver­ nehmung von Zeugen und sachverständigen und bei Einnähn,c eines Augenscheins nötig. d) Vernehmungen des A„geklagten über die von ihm eingelegten Rechtsmittel der Berufung nach $ 382 und der Revifion nach § 404 erfordern nael, NB»G. 16 243 nur die einfache Protokollform des § 360 — s. oben unter 1> — ohne Zuziehung eines Militärgerichtsfchreibers. Ebenso Erl'ard, Arch. 2 127: a. M.: Elsner v. Grvnvw, Arch. 2 207; Oiifsoin, Arch. 4 14.3. Vernehmung des Ang Nagten im Zeldversahren, ob und welche Besch,verden er gegen das vertündete Urteil vorzubringen Habe, erfolgt nach dem Gesetz ..protollarisch" durch einen Krieg-gerichtsrat oder einen Offizier. Ta dem Offizier kein Gerichtsschreiber zu Gebote steht, must hier die einfache Be urkundung der vernehmenden Person genügen. e) Betauntgabe der Anklage nach § 2.36 erfordert nach Abs. 3 das. die Aufnahme eines Protokolls über die Bekannt­ machung und die Aussonderung zur rechtzeitigen Erklärung über Verteidignngsanträge fewie über die abgegebene Erklärung. Als Protokoll ist hier ein Protokoll im ^inne des § 161 anzusehen. Indessen ist die Zuziehung eines Gerichtsichreibers nicht not­ wendig, da cs sich nicht, nie § 163 Abs. 2 voraucsttzt, um eiue Vor-

Ermittlungsverfahren.

§ 164.

329

nehmung handelt. Gl. Ans. Erhard, Arch. 2 127; a. M.: Elsner v. Gronow, Arch. 2 207. f) Für Eröffnung des Urteils „zu Protokoll" nach § 327 Abs. 4 gilt das zu e Bemerkte. g) Strafanträge sind in den Grenzen des § 152 formlos zu beurkunden. 5. Zu Abs. 3. Nur im Falle „dringenden Bedürfnisses" läßt das Gesetz die Hinzuziehung anderer geeigneter Personen als Gerichtsschreiber zu. Bloße Rücksichtnahme auf Kosten­ ersparnis kann hiernach die Ersetzung des Gerichtsschreibers durch eine andere geeignete Person nicht rechtfertigen. Ob eine Person als „geeignet" anzusehen ist, unterliegt im allgemeinen dem richterlichen Ermessen. Als ungeeignet müssen gelten Personen, die mit Zuchthaus bestraft sind, § 31 RStGB., Personen, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, §§ 33, 34 st. a. O., Personen, denen die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt ist, §§ 35, 36 a. a. O.? Personen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind oder die kraft Ge­ setzes ausgeschlossen sind oder die wegen Befangenheit abgelehnt werden können. §§ 115, 132 MStGO. Die Verpflichtung der hinzugezogenen Person gemäß § 110 muß vor Beginn der Untersuchungshandlung erfolgen. Verstoß hiergegen kann Revision begründen, § 399. Vertretung in der Hauptverhandlung ist nach PE. 4 9, 15 4; RMG. 20 84 nicht zulässig. Vgl. § 109.

Protokoll.

Förmlichkeiten.

§ 164. Das Protokoll muß Ort und Tag der Verhand­ lung, sowie die Namen der mitwirkenden oder beteiligten Per­ sonen angeben und ersahen lassen, ob die wesentlichen Förmlich­ keiten des Verfahrens beobachtet sindDas Protokoll ist den bei der Verhandlung beteiligten Per­ sonen, soweit es dieselben betrifft, behufs der Genehmigung vorzulesen oder zur eigenen Durchlesung vorzulegen. Die. er-

330

Verfahren in erster Instanz.

§ 164.

folgte Genehmigung ist zu vermerken und das Protokoll von den Beteiligten zu unterschreiben. Unterbleibt die Unterschrift, so ist der Grund dafür in dem Protokolle zu vermerken.

Entw. § 157. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 186 Abs. 2 u. 3 StPO. 2. Als „wesentliche Förmlichkeiten" find die allgemeinen Formvorschriften des Abs. 2 und außerdem diejenigen -Maß­ nahmen zu betrachten, die das Gesetz für einzelne Arten von Unter­ suchungshandlungen besonders vorschreibt, wie z. B. § 173 Abs. 2 Bekanntgabe der Beschuldigung, § 187 Abs. 2 Belehrung über Zeugnisverweigerungsrecht. Löwe § 186 Anm. 3. 3. Sachliche Änderungen nach Fertigstellung des Proto­ kolls sind von der vernommenen Person in Protokollform unter­ schriftlich zu genehmigen und von beiden Urkundspersonen zu unter­ zeichnen. Pr. KrMin. v. 20. 12. 01. Vgl. RG. 1 242, 22 244. 4. Anlagen zum Protokoll werden durch Hinweis im Proto­ koll nachgewiesen und durch die einmalige Unterschrift so gut wie die Einlagebogen des Protokolls gedeckt. Immerhin ist klare Kenn­ zeichnung dringend erwünscht. 5. Sind diejenigen Förmlichkeiten, die Abs. 2 vorschreibt, nicht beobachtet, so fehlt dem Schriftstück die Eigenschaft eines gerichtlichen Protokolls und seine Benutzung in der Hauptverhand­ lung zur Erhebung des Beweises, z. B. im Falle des § 305, ist als­ dann unzulässig. RG. 16 147; RGRspr. 3 259, 9 377. Der Mangel der Unterschrift einer der vorgeschriebenen Urkundspersonen würde dem Protokoll die Beweiskraft unbedingt entziehen. 6. Die Beweiskraft des Protokolls ist, da Regeln, wie sie für das Protokoll der Hauptverhandlung im § 335 aufgestellt sind, fehlen, nach freier Überzeugung zu beurteilen. Regelmäßig wird das Protokoll als voller Beweis für den bekundeten Vorgang gelten, ohne daß jedoch Gegenbeweis ausgeschlossen wäre. Anderer­ seits kann, wenn das Protokoll über einen bestimmten Vorgang, z. B. die Beeidigung des vernommenen Zeugen, keinen Aufschluß

Ermittlungsverfahren.

§ 165.

381

gibt, der Beweis des Vorganges durch andere Mittel, etwa Aktenvermerk einer der Urkundsperfonen geführt werden, RMG. 18 104. 7. Wegen des über die Hauptverhandlung aufzunehmenden Protokolles s. §§ 331 ff.

Anwesenheit bei Beschuldigten. § 165. Findet die Einnahme eines Augenscheins statt, so ist dem Beschuldigten und dem Verteidiger die Anwesenheit bei der Verhandlung zu gestatten. Dasselbe gilt, wenn ein Zeuge oder Sachverständiger ver­ nommen werden soll, welcher voraussichtlich am Erscheinen in der Hauptverhandlung verhindert, oder dessen Erscheinen wegen großer Entfernung besonders erschwert sein wird. Bon den Terminen sind die zur Anwesenheit Berechtigten vorher zu benachrichtigen, soweit dies ohne Aufenthalt für die Sache geschehen kann. Beschuldigte, die dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören, oder welche sich nicht auf freiem Fuße befinden, haben einen Anspruch auf Anwesenheit nur bei solchen Ter­ minen, welche an dem Orte abgehalten werden, wo sie sich dienstlich aufhallen oder in Haft befinden. Auf die Verlegung eines Termins wegen Verhinderung haben die zur Anwesenheit Berechtigten keinen Anspruch.

Entw. § 158. Schrifttum: Risfom, Anspruch auf Anwesenheit bei Ter­ minen, Arch. 4 135. 1. Die Vorschrift gewährt, dem § 191 StPO, entsprechend, dem Beschuldigten und dem sonst im Ermittlungsver­ fahren überhaupt nicht zugelassenen Verteidiger, s. § 337, unter bestimmten Voraussetzungen ein Teilnahmerecht an be­ stimmten Untersuchungshandlungen, welche voraussichtlich durch Verlesung des Protokolls zur Kenntnis des Gerichts gebracht werden. Vgl. uvinBer. S. 56, 57, 106. Näheres bei § 337.

332

Verfahren in erster Instanz.

Z 105.

Die Anwesenheit des Verteidigers ist zu gestatten, wenn der Angeklagte einen, d. h. einen gesetzmäßigen Verteidiger hat. KomBer. S. 57. Der Gerichtsherr nimmt an den Terminen nach § 167 nicht teil. Will er nach § 167 Abs. 2 bei Ersuchen um Vernehmungen usw. einen Offizier abordnen, so kann er Mitteilung des Termins zu diesem Zweck fordern. 2. Zu Abs. 2 vgl. §§ 270, 271. Zeugen und Sachverständige sind in den Fällen des Abs. 2 zu beeidigen (§ 195 Abs. 2). Ein Fragerecht der zur Anwesenheit Berechtigten an die Zeugen und Sachverständigen ist anzuerkennen, da es sich um einen vorweggenommenen Teil der Hauptverhandluug handelt, RMG. 14 121, 20 219; Löwe § 121 Amu. 3. 3. Zu Abs. 3. Die „zur Anwesenheit Berechtigten" sind die in Abs. 1 aufgeführten Beteiligten, der Beschuldigte und sein Verteidiger. Dem Verletzten, der Strafantrag gestellt hat, steht ein Anspruch auf Anwesenheit nicht zu. Er kann dagegen olv Zeuge vernommen und den anderen Zeugen oder dem Beschuldig ten nach § 192 Abs. 2 gegenübergestellt werden, RMG. 17 277. Die Benachrichtigung erfolgt durch Zustellung, bei welcher die etwaige Aufgabe zur Post durch den Äriegsgerichtsrat oder Gerichtsoffizier zu beurkunden ist. PE. 4 16: RMG. 11 15. In. dessen läßt PE. 4 102 auch die Bescheinigung des Truppenteils über — mündliche — Nachricht genügen. Vgl. Löwe § 191 Anm. 8. Die Herbeiführung der Benachrichtigung liegt dem ersueliten Richter ob. PE. 2 19. Sie erselgt nur, soweit angängig. RMG. 7 3. Auch der aktive Soldat oder der nicht auf freiem Fuß befind­ liche Beschuldigte hat Anspruch auf Benachrichtigung. PE. 8 8. Verzicht auf Benachrichtigung ist zulässig. PE. 1 17. Nach PE. 6 18 ist von einem gemäß Abs. 2 anberaumten Termin auch der ersuchende Gerichtsherr zu benachrichtigen, sofern er hierauf nicht verzichtet hat. Dagegen Elsncr v. Gronow-Sohl, d. E. mit Recht, da der Gerichtsherr nicht zu den zur Anwesenheit Berechtigten gehört. Für die Fälle des § 271 ist Benachrichtigung des Gerichtsherrn vorgeschrieben.

Ermittlungsverfahren.

§ 165.

333

Die Benachrichtigung oder der Grund ihrer Unterlassung ist in den Alteir zu vermerken.

4. Zu Abs. 4. a) Anspruch auf Anwesenheit bedeutet, daß die aktiven Militärpersonen und Berhasteten nicht allein eine Terminsnachricht erhalten, sondern weiter, daß die Unterwerfung unter die militärische Befehlsgewalt und die unter das staatliche Haftrecht nicht benutzt werden dürfen, um die etwa gewünschte Teilnahme an einem am Ort stattfindenden Termin -u vereiteln. Es sind also auf freiem Fuß befindliche aktive MilitLrpersonen auf ihren Antrag zu beurlauben oder zu gestellen, Verhaftete sind auf Antrag vorzuführen. Der Einfachheit wegen pflegt in der Gerichts­ übung die Gestellung oder Vorführung gerichtlicherseits sofort bei Terminsansetzung angeordnet zu werden. Besondere dienst­ liche Erfordernisse, z. B. Teilnahme am Gefecht oder körperliche Unfähigkeit zum Erscheinen, z. B. infolge Krankheit, stehen der Durchführung des Anspruchs entgegen. b) Ist der Beschuldigte durch ein — nicht durch besondere dienstliche Erfordernisse begründetes — Verbot des Disziplinar­ vorgesetzten verhindert worden, zum Termin zu erscheinen, so ist die Verlesung des Protokolls in der Hauptverhandlung nur mit ausdrücklichein Einverständnis des Angeklagten und des Ver­ treters der Aliklage, § 305 Abs. 2, zulässig, RMG. 16 38. Vgl. dazu Rissom, Arch. 4 135. c) Auch wenn kein Anspruch auf Anwesenheit beim Termin besteht, ist dennoch Benachrichtigung gemäß Abs. 3 erforderlich, da der Beschuldigte im Falle der Urlaubserteilung auf eigene Kosten erscheinen kann, außerdeni mögl.cherwcise der Verteidiger teilnehineii soll, Abs. 1 u. 2. RG. 23 143. Löwe § 191 Anm. 6. Noch welliger rechtfertigt der Uinstand, daß der Beschuldigte, weil z. B. im Lazarett liegend, am Erscheinen verhindert ist, die Unterlassuiig der Benachrichtigung, RMG. 20 175. Ein Unterbleiben der Nachricht, weil sie „unter den gegenlvärtigen Verhältnissen untunlich" sei, ist unzulässig, RMG. 20 175. Die Benachrichtigung hat vielmehr nach Abs. 3 zu erfolgen, soweit sie ohne Anfentbalt für die Lache geschelien kann. Vgl. dazu die

m

WvifaUrnt in erster Instanz.

$ lmi.

etwas schärfere Fassung des § 271, wonach die Nachricht erfolgen sott, insoweit sie nicht wegen Gefahr im Verzüge untunlich ist. d) Im Protokoll ist nach PE 3 15 im Falle des Abs. 4 der Grund der Nichtanwesenheit des Beschuldigten zu vermerken. Das PE. scheint also davon auszugehen!, daß ohne weiteres Ge stellung oder Vorführung erfolgen müssen.

««Schluß deS Beschuldigten.

§

.

166 Der Beschuldigte kann von der Anwesenheit bei der Verhandlung ausgeschlossen werden, lueim zu befürchten ist, daß ein Zeuge in seiner Gegenwart die Wahrheit nicht sagen werde. ErUw. § 159. 1. Die Vorschrift entspricht dem § IV2 der bürgerlichen StP^. Sie gilt nur für das Ermittlungsverfahren: für die Hauptverhandlung findet § 301 Anwendung. 2.

Nur der Beschuldigte kann ausgeschlossen werden, nicht

auch der Verteidiger. 3. Die Ausschließung des Beschuldigten kann nur bei den Vernehmung von Zeugen stattfinden, nicht auch bei Vernehmung von Sachverständigen, Einnahine des Augenscheins usw.

Ferner

darf die Ausschließung nur erfolgen bei der Vernehmung des­ jenigen Zeugen, bezüglich dessen die Befürchtung besteht. 4. Ein Rechtsmittel ist gegen die Ausschließung nicht ge­ geben. 5. Eine Verpflichtung des Untersuchungsführers, nach Beendigung der Zeugenvernehmung den Beschuldigten von deren wesentlichem Inhalt zu unterrichten (vgl. bezüglich der Haupt Verhandlung § 301), besteht nicht. Eine dahingehende Bestinrmung wurde für überflüssig erachtet, weil bei Beendigung des Ermitt­ lungsverfahrens der Beschuldigte ohnehin von dem Inhalt der Akten in Kenntnis gesetzt werden müsse, § 173 Abs. 5. des Reichst. S. 1575 B. 6. Die erfolgte urkunden.

Ausschließung ist im

Protokoll

StenBer. zu be­

Ermittlungsverfahren.

§ 167.

335 GerichtSherr.

§ 167. Der Gerichtsherr ist stets berechtigt, von dem Stande des Verfahrens durch Einsicht der Akten Kenntnis zu nehmen und die ihm zur Aufklärung der Sache geeignet scheinen­ den Verfügungen zu treffen. Er ist jedoch nicht befugt, an den Untersuchungshandlungen teilzunehmen. Vom Gerichtsherrn kann, falls dies aus besonderen Rück­ sichten angezeigt erscheint, ein Offizier bestimmt werden, welcher den Untersuchungshandlungen des ersuchten Gerichts beizuwohnen und das Protokoll mit zu unterschreiben hat. Hat er Einwendungen gegen den Inhalt des Protokolls zu er­ heben, so sind sie von ihm unter demselben zu vermerken. Der Untersuchungsführer ist berechtigt, den Gerichtsherrn zu ersuchen, einen Offizier zu bestimmen, welcher den Unter­ suchungshandlungen beizuwohnen und das Protokoll mit zu unterschreiben hat. Entw. § 160. Schrifttum: Handw.: Mewes, Gerichtsherr im Ermittlungs­ verfahren, Untersuchungsführer, Beschuldigter, Stellung im Ermittlungsverfahren. 1. a) Im § 167 wird die Überwachung des Ermittlungs­ verfahrens durch den Gerichtsherrn näher geregelt. In betu Entwürfe war ihm die Pflicht auferlegt, sich stets in Kenntnis von dem Gange des Verfahrens zu erhalten. Nach dem Gesetz ist er dazu „berechtigt". Vgl. dazu KomBer. S. 57, 58. Die Kenntnis soll sich der Gerichtsherr nicht etwa durch Vortrag des Unter­ suchungsführers, sondern tzdurch Einsicht der Akten verschaffen. Begr. S. 116. Die Akteneinsicht kann dem Gerichtsherrn in feiner Eigen­ schaft als Befehlshaber Anlaß zu disziplinären und zu vorbeugen­ den allgemeinen Maßnahmen geben. b) Der Gerichtsherr kann den Untersuchungsführer anweisen,

336

Verfahren in erster Instanz.

§ 167.

zur Aufklärung der Sache bestimmte Untersuchungshandlung; u vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Ob er zu Weisungen, Untersuchungshandlnngen, welche der Untersuchungsführer noch zur Aufklärung für erforderlich erachtet, nicht vorzunehmen, oder überhaupt das Ermittlungsverfahren abzuschließen, berechtigt ist, erscheint zweifelhaft. Gegen diese Berechtigung Mewes, Handw.: Gerichtsherr im Ermittlnngsverlahren, unter Berufung auf den Wortlaut des § 167 und auf § 243. Bei der Entscheidung der Frage wäre auch § 168 zu berücksichtigen. Jedenfalls empfiehlt sich in derartigen Fällen Verständigung in der Richtung auf Ausklärung der für bedeutsam gehaltenen Tatsachen. c) Nach RMG. 2 153 ist der GerichtSherr auch nach Anordnung des Ermittlungsverfahrens zu persönlichen militärpolizeilichen (kriminalpolizeilichen) oder durch allgemeine dienstliche Interessen erforderten Nachforschungen bezüglich des Straffalls berechtigt. Dagegen Bcling, Z. 24 262: Mewes, Handw.: Gerichtsherr im Ermittlungsverfahren. 2. Zu Abs. 2. a) Das Gesetz behandelt die Zuordnung eines Offiziers als Ausnahme. Grund zur Kommandierung eines solchen Beisitzers wird beispielsweise dann vorliegen, weint bei der Feststellung des Tatbestandes Verhältnisse militärtechnischer Art in Betracht kommen, oder weml die Aufrechterhaltung der Disziplin die Antvesenheit eines Offiziers wi'ulschenswert erscheinen läßt. Begr. E. 117. Unter dem „ersuchten Gericht" ist auch das ersuchte Zivil­ gericht zu verstehen. b) Bei der Bestimmung des Offiziers ist auf den Dien st rang deS Beschuldigten oder der als Zeugen zu vernehmenden Ossiziere Rücksicht zu tlehmen. o) Der Beisitzer ist nicht berechtigt, durch Befragung des zu Vernehmenden, durch Vorhaltungen oder sonstwie selbst in den Gang der Verhandlungen einzugreifen. 3. Zu Abs. 3. Diese Bestimmung war im Entwurf mtf.tj enthalten, sie ist von der Kommission eingefügt. j

Ermittlungsverfahren.

337

§ 168.

Dem Untersuchungsführer sann der Gerichtsherr nur auf Antrag einen Offizier beiordnen. Nur der Untersuchungsführer ist berechtigt, um Zu-iebung eines Offiziers zu ersuchen, nicht auch das ersuchte Gericht. Vgl. KomBer. S. 58. 4. Nur unter den Voraussetzungen der Abs. 2 u. 3 dürfen un­ beteiligte Personen, insbesondere Offiziere und namentlich der Disziplinarvorgesetzte, den Untersuchungshandlungen beiwohnen, NMG. 17 33.

Umfang bet Ermittlungen.

§ 168.

Das Ermittelungsverfahren ist nicht weiter aus -udehnen, als erforderlich ist, um eine Entscheidung darüber zu begründen, ob Anklage zu erheben oder die strafgerichtliche Ber« folgung einzustellen sei. Entw. § 161. 1. Die Vorschrift entspricht dem Abs. 1 des § 188 der StPO. Das Ermittlungsverfahren, so heißt cs in der Begründung S. 117, ist selbstverständlich abzuschließen, sobald sich übersehen läßt, daß eine Strafverfolgung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (Verjährung, Mangel des zur Strafverfolgung erforder­ lichen Antrages usw.) nicht eintreten kann. Andererseits soll das Ermittlungsverfahren auf die möglichst vollständige Sammlung des Beweismaterials bedacht fein, um die Hauptverhandlung in ausreichender Weise vorzubereiten. Und in der Begründung zu dem entsprechenden Abs. 1 § 188 StPO, ist ausgeführt: Der Zweck des Ermittlungsverfahrens geht nicht schon dahin, eine Überzeugung von der Schuld oder Un­ schuld des Beschuldigten zu begründen. Darum sind Maßnahmen, welche darüber hinausgehen, die Möglichkeit zur Prüfung der Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit des angeregten Ver­ dachts zu gewähren, in der Regel sogar schädlich, da sie der Haupt­ verhandlung vorgreifen und die Zuverlässigkeit sowie die Be­ deutung der Ergebnisse der letzteren beeinträchtigen. Aus diesem Grunde soll die Beeidigung von Zeugen in der Voruntersuchürlg ,

Nomm-SHHom, WtNO., 2. Ai'fl.

22

33«

Verfahren in erster Instanz.

§ 160

nur ausnahmsweise erfolgen, MStGO. § 195 Abs. 2, und selbst eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen oder mit dem Beschuldigten behufs Hebung von Widersprüchen — zulässig midi § 192 Abs. 2 MStGO. — nur dann stattfinden, wenn dieselbe ohne Nachteil für die Lache nicht bis zur Hauptverhandlnng ausgesetzt bleiben tonn. 2. Uber den Abschluß des Ermittlungsrerfahrens s. § 173 Abs. 5, § 243. 3. auch § 159. Nach § 244 kann der OWivhteherr eine Vervollständigung des Ermittlungsverfahrens anordnen. 3. Ein Geständnis macht die anderweitige Feststellung des Tatbestandes nicht ohne weiteres überflüssig. 3- ß 156 Abs. 2.

«eitere Straftaten.

§ 169. Ergibt sich im Ücnijc des Ermittelungsverfahrens der Verdacht weitem* militärgerichtlich zu verfolgender straf barer Handlungen, so hat der Untersuchungsführer in dringen den Fällen die in dieser Beziehung erforderlichen Unter suchungshandlungen von Amts wegen vorzunehmen. Die Verhandlungen sind sofort dem Gerichtsherrn zu dessen Verfügung vorzulegen. 1. Diese dem § 180 der bürgerlichen StPO- entsprechende Vorschrift war im Entwurf nicht enthalten, sie wurde von der Kommission eingefügt. 3- KomBer. 3. 58, § 161a. 2. Es ist nicht Sache des Untersuchungsführers, aul ne ne Fälle zu fahnden. Ergibt sich aber im Lause des Verfahrens ein dahingehender Verdacht, z. B. wenn der als Zeuge vernommene Verletzte neue Diebstahls« oder Mißhandlungsfälle oder der wegen Ungehorsams Beschuldigte Fälle schlechter Behandlung bekundet, so sind die Tatsachen, welche den Verdacht ergeben, insbesondere die Aussage, zu beurkunden. Die Entgegennahme eigentlicher Strafanzeigen von aktiven Militärpersonen ist nicht die Auf gäbe des Untersuchungsführers. Er kann die Entgegennahme ablehnen unter Perweisung an die zuständige Stelle. Immerhin

Ermittlungsverfahren.

§ 170.

339

Ist eine Vernehmung etwas anderes und namentlich können die neuen Fälle sachliche Beziehungen zum Gegenstand der Unter­ suchung haben, sei es zur Verstärkung deS Beweises ober zur Würdi­ gung der Persönlichkeit des Beschuldigten. 3. Wenngleich das Gesetz den Untersuchungsführer zur Vor­ nahme der erforderlichen Untersuchungshandlungen verpflichtet, so entscheidet doch darüber, ob ein „dringender Fall" vorliegt, lediglich das Ermessen des Untersuchungsführers. Der Gerichtsherr ist zu allgemeinen Weisungen in dieser Beziehung, insbesondere -um Verlangen, daß ihm die neuen Berdachtsfälle ohne Aufnahme ins Protokoll zunächst lediglich münd­ lich vorzutragen seien, sowie zu einer Rüge des Verhaltens des Untersuchungsführers nicht befugt. 4. Wenngleich nach § 169 der Untersuchungsführer unter den bestimmten Voraussetzungen die erforderlichen UntersuchungsHandlungen von Amtswegen vorzunehmen hat, so kann doch die förmliche Ausdehnung des Verfahrens auf solche neue Fälle stets nur auf Grund einer Verfügung deS Gerichtsherrn gemäß g 156 erfolgen. PE. 1 18. Wegen sofortiger Anklage vgl. § 156 Abs. 1 letzter Satz. 5. Die Vorschrift deS § 169 findet nicht bloß insoweit Anwen­ dung, als es sich um den Verdacht weiterer strafbarer Handlungen gegen den Beschuldigten handelt, sondern auch dann, wenn im Laufe des Ermittlungsverfahrens gegen eine andere Person der Verdacht einer militärgerichtlich zu verfolgenden strafbaren Hand­ lung hervortritt. DaS Gesetz spricht allgemein von dem Ver­ dacht ..weiterer militärgerichtlich zu verfolgender strafbarer Hand­ lungen". Vorläufige Festnahme durch den Untersuchungsführer gehört zu den „erforderlichen Untersuchungshandlungen". Vgl. §§ 180, 291.

Im Felde mtb an Bord.

§ 170.

Im Felde und an Bord sann von einem schrift­ lichen Erniittelangsverfahreii im Sinne dieses Abschnitts Ab

340

Verfahren in erster Instanz.

§ 171.

stand genommen werden. In jedem Falle ist dasselbe mnluliii einzuschränken und zu beschleunigen. Entw. § 162. 1. Wegen der Begriffe „im Felde" und „an Bord" f. (50*. 88 5. 6. 2. Es kann (nicht muß) sowohl von einem Ermittlung? verfahren überhaupt, als auch von schriftlicher Aufnahme aller oder einzelner Nachforschungsergebnisse Abstand genommen werden. Ob und inwieweit von der Befugnis Gebrauch gemacht wird, bestimmt der Gerichtsherr, in Einzelheiten der Untersuchungs­ führer, vorbehaltlich der Weisungen des Gerichtsherrn. In vielen Fällen wird der Tatbericht deS militärischen Vorgesetzten, § 153 Abs. 2, für die Klarstellung der Sachlage in der Hauptverhandlung ausreichen.

Zweiter Abschnitt.

Einzelne Untersuchungrnnaßcegeln. I. Vernehmung des Beschuldigten. Gestellung. Borführung.

§ 171. Beschuldigte, welche zu den Personen des Loldatenstandes des aktiven Heeres oder der aktiven Marine gehören, sind zu ihrer Vernehmung zu gestellen. Verhaftete Beschuldigte sind vorzuführen. Entw. § 163. 1. In der Begründung heißt es zu dieser Bestimmung (S. 117): Welche dienstliche Anordnungen im einzelnen Falle zu treffen sind, um sicher zu sein, daß der nicht verhaftete Beschuldigte zur festgesetzten Zeit und an dem bestimmten Orte zu seiner SSer nehmung zur Stelle ist, bleibt dem Ermessen der vorgesetzten Dienstbehörde überlassen. Diese Anordnungen werden sich je nach den Umständen des Falles und dem militärischen Range des Angeschuldigten verschieden gestalten. Wenn das Gesetz von „gestellen" pricht, so ist dabei, wie eine

Vernehmung des Beschuldigten.

§ 172.

341

Vergleichung mit Abs. 2 ergibt, keineswegs vorausgesetzt, daß die Beschuldigten der angeführten Klasse in allen Fallen zu dem Verhöre vorzuführen seien. In demselben Sinne wie hier ist das Wort „oe stellen“ auch in den nachfolgenden Paragraphen gebraucht. 2. über den Begriff der „Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres oder der aktiven Marine" f. § 1 Anm. 11 und EG. § 2 Abf. 3. Für MilitLrbeamte gelten die Vorschriften des § 172. S. dort Anm. 2. 3. AusfBest. des Pr. KrMin. und der Mar.: „Bei der Ver­ nehmung als Beschuldigter, AngeNagter, Zeuge oder Sachver­ ständiger erscheinen Offiziere oder Sanitätsoffiziere (bei der Marine auch Ingenieure de- Soldatenstandes oder Deckoffiziere) im Dienstanzuge (vgl. OBeNO); Personen des Soldatenstandes vom Feld­ webel usw. abwärts erscheinen im Ordonnanzanzuge; sofern sie verhaftet sind, in Mütze ohne Seitengewehr. Auf Beamte der Militärverwaltung, denen eine Dienstuniform verliehen ist, findet diese Bestimmung sinngemäße Anwendung. 4. Zu Abs. 2. Vorzuführen find verhaftete Beschuldigte aller Art, nicht nur aktive Soldaten, über Vorführung ohne Haft­ befehl vgl. §§ 172, 186, 267 Abs. 1, 278. über die Art der Borführung geben Pr. KrMin. v. 13. 5. 07 und 22. 9. 08 genaue Anweisung. Danach ist zur Vorführung von Zivilpersonen grund­ sätzlich die Vermittlung der Polizeibehörden in Anspruch zu nehmen. Bei Gefangenen ist die Strafanstalt um Herausgabe, die Polizei­ behörde um Vorführung zu ersuchen. Kosten s. dort. B. v. 13. 5. 07 Ziff. ll. Dort auch nähere Vorschriften über Verwahrung vor und über Bewachung im Termin.

Ladung. § 172. Beschuldigte, die nicht zu den im § 171 bezeich­ neten Personen gehören, sind zu ihrer Vernehmung schriftlich zu laden. Die Ladung kann unter der Androhung geschehen, das; im misse des Ausbleibens die Vorführung erfolgen werde.

342

Verfahren in erster Instanz.

§ 172.

Die Vorführung ohne vorgängige Ladung kann verfüg! iverben, wenn Gründe vorliegen, welche die Untersuchungs haft rechtfertigen würden. Die Anordnung einer Vorführung ohne vorgängige Ladung steht dem Gerichtsherrn, bei Gefahr im Verzug auch dem Untersuchungsführer zu. In dem Borführungsbefehl ist der Beschuldigte genau zu bezeichnen und die ihm zur Last gelegte strafbare Handlung, sowie der Grund der Vorführung anzugeben. Der Vorgeführte ist sofort durch den Untersuchungsführer zu vernehmen. Ist dies nicht ausführbar, so kann er bis zu seiner Vernehmung, jedoch nicht über den nächstfolgenden Tag hinaus, festgehalten werden. Entw. § 164. Schrifttum: Erhard, Ungebühr von Hivilpers. im militärger. Ermittlungsverf., Bay. Z. f. R. 1900 3. 294, bespr. Arch. 2 68. 1. Die Vorschrift entspricht den §§ 133—135 StPO2. a) Nach § 172 schriftlich zu laden, nicht zu gestellen sind it. a. auch Militärbeamte, desgleichen Personen des Benrlaubtenstandes. Eine Person des Beurlaubtenstandes, welche als Be­ schuldigter einer Ladung vor den Gerichtsoffizier zur Verneh­ mung nach § 173 keine Folge leistet, macht sich eines Ungehorsams nicht schuldig. PS- 6 19. Ein nicht zu den Personen des Loldatenftandes des ottiuen Heeres ober der aktiven Marine gehöriger Angeklagter, welcher zur Hauptverhandlung entgegen § 267 nicht schriftlich geladen ist, sondern nach § 266 einen Gestellungsbefehl zur Haupt­ verhandlung erhalten hat, macht sich durch sein Nichterscheinen des Ungehorsams nach § 92 MStGB. nicht schuldig. PE- 2 157 c. Ob gleiches für das Nichterscheinen zur Vernehmung nach § 173 zu gelten hat, erscheint, wenigstens soweit § 2 Abs. 2 des Kontrollges. v. 15. 2. 75 eingreift, zweifelhaft. h) Die Ladung und die Anordnung der Vorführung sind nach

Vernehmung de- Beschuldigten.

§ 172.

343

$ 97 von einem richterlichen Militärjusti-beamten mitzuunterzeichnen. 3. a) Der Untersuchungsführer kann Ladungen und deren -Zustellung selbständig veranlassen, sei es aus eignem Recht, sei es int vermuteten Aufträge des Gerichtsherrn. Gl. Ans. Elsner von Gronow-Sohl, auch Stenglein Anm. 2. Bgl. § 138 Anm. 2, tz 222 Abs. 2. b) Die Ladung braucht eine Bezeichnung der strafbaren Handlung nicht zu enthalten. Ebenso Koppmann Anm. 8. c) Vorschüsse auf Reisekosten können im Bekarfsfalle beim Bezirkstommando oder der Ortspotizeibehörde angefordert werden. 4. Zu Abs. 3. Die bloße Ladung ohne Androhung der Borführung im Falle des Ausbleibens rechtfertigt diese nicht, wie sich aus § 278 Abs. 2 ergibt. So auch Koppmann Anm. IN. Wegen der Gründe, die die Untersuchungshaft rechtfertigen s. 8 176. Gefahr im Verzüge liegt vor, wenn der Zeitverlust das Ergebnis der beabsichtigten Maßregel beeinträchtigen könnte. RG. 23 334. 5. Wegen der Kosten der Vorführung durch die Polizei vgl. Pr. KrMin. v. 24. 4. 80; ABBl. 1881 S. 137; Anl. 3 WehrO.; Pr. KrMin. v. 13. 5. 07, Ziff. 11; ferner KrMin. v. 26. 3. 10; ABBl. 1910 S. 91, ergänzt 1913 S. 356; FrBefB. Anl. 8; Bayr. KrMinErl. V..4. 5. 10; BBl. 205; Arch 1 469. 6. Zu Abs. 4. über Vorführung und Verwahrung von Zivilpersonen find nähere Anweisungen in Pr. KrMin. v. 13. 5. 07 erlaffen. 7. Zu Abs. 5. Zu der Vernehmung ist ein Gerichtsschreiber hinzuzuziehen. § 163 Abs. 2. Für die Bestimmung, daß der Vorgeführte nicht über den nächstfolgenden Tag hinaus festgehalten werden darf, kommt die Vorschrift des § 146 Abs. 3 nicht in Betracht. 8. Auf das Verfahren gegen Ausländer nach KaisV. H. u. 28. 12. 99 findet der § 172 über schriftliche Ladung keine Ann'endung, RMG. 19 128.

344

-Zerfahren in erster Instanz.

§ 173.

Vernehmung.

§ 173. Der Beschuldigte ist in dem Ermittelungsverfahren zu vernehmen, auch wenn er schon früher gehört worden ist. Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche strafbare Handlung ihm zur Last gelegt wird. Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit zur Beseitigung der gegen ihn vorliegenden Vcrdachtsgründe und zur Geltendmachung der zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geben. Bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittelung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen. Den Abschluß des Ermittelungsverfahrens (§ 168) bildet die Vernehmung des Beschuldigten über das Ergebnis der Ermittelungen. Entw. § 165. Schrifttum: Handw.: Rissom, Verhandlungsfähigleit: Mewes, Beschuldigter. Stellung im Ermittlungsverfahren: Heldmann, Tie Vernehmung des Beschuldigten, DStrrZ. 3 366. 1. Die Vorschrift ist den §§ 190 Abs. 1, 136 StPO, nachgebildet, jedoch unter Hinzusügung der Bestimmung in Abs. 5. 2. Nach dem Gesetz ist mindestens einmalige Vernehmung im Ermittlungsverfahren unerläßlich. Darüber, zu welchem Zeitpunlte und in welcher Lage des Ermittlungsverfahrens die Vernehmung zu erfolgen hat, ob zu Beginn oder in seinem weiteren Verlaufe, bestimmt das Gesetz nichts, es überläßt dies, abgesehen von dem Falle, daß der Beschuldigte vorgeführt oder verhaftet ist, §§ 172 Abs. 5, 181, dem Ermessen des Untersuchungs­ führers. Immer aber muß, gleichviel ob eine Vernehmung schon vorher stattgefunden hat oder nicht, der Beschuldigte vor Abschluß

Vernehmung des Beschuldigten.

§ 173.

345

deS Ermittlungsverfahrens über das Ergebnis der Ermitt­ lungen vernommen werden. PE. 1 19. S. auch Anm. 5. Die Vernehmung muß erfolgen unter Hinzuziehung eineGerichtSschreiberS. § 163 Abf. 2. Bei der ersten Vernehmung sind die strafbaren Handlungen, welche dem Beschuldigten zur Last gelegt werden, im Protokolle selbst zu bezeichnen. Der Vorhalt: „Es wurde ihm eröffnet, wessen er beschuldigt werde" oder der Hinweis auf den Tatbericht usw. genügt nicht. PE. 18 3. 3. Zu Abs. 3. Nach der bürgerlichen StPO, ist der Be­ schuldigte zu befragen, „ob er etwas auf die Beschuldigung erwidern wolle". Diese Bestimmung ist in die MStGO. nicht aufgenommen, eine diesbezügliche Frage ist daher im Miltärstrafverfahren nicht zu stellen. Datz der Beschuldigte berechtigt ist, jede Auslassung zu verweigern, mutz auch im militärischen Strafverfahren als Grund­ satz gelten. Das Gesetz will nicht, daß der Beschuldigte gegen seinen Willen zu seiner Überführung beitrage. Seine Ver­ nehmung soll dem Ziele deS Ermittlungsverfahren-, der Ermitt­ lung der objettiven Wahrheit dienen, gerade darum aber ihm Gelegenheit geben, die Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen. Sogenannte informatorische Vernehmungen kennt die MStGO. nicht. PE. 4 22. Eine Ermahnung zur Angabe der Wahrheit widerspricht keineswegs dem Zwecke der Vernehmung, wohl aber die Benutzung von Zwangsmitteln, B. Bedrohung mit Untersuchungshaft für den Fall des Leugnens oder Stellung verfänglicher, insbesondere solcher Fragen, welche eine bestimmte Antwort in den Mund legen (Suggestivfragen). Aus dem § 173 Abs. 3, ebenso aus dem § 297 Abs. 3 ergibt sich für den Beschuldigten und für den Angeklagten das prozes­ suale Recht, in gutem Glauben alle diejenigen Tatsachen vor­ zubringen, die nach seiner Überzeugung seine volle Unschuld oder seine Unschuld hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Tat ergeben oder die strafbare Handlung in milderem Lichte erscheinen lassen.

34(5

Verfahren in elfter Znsta»»z.

$ 173.

Er braucht in Ausübung dieses Rechts auch mit der Behauptung objektiv beleidigender Tatsachen nicht zurückzuhalten, selbst dann nicht, wenn es sich um die Person eines Vorgesetzten handelt. Strafbar ist die beleidigende Behauptung in diesem Falle nur dann, wenn sie entweder unwahr ist und leichtfertig aufgestellt worden ist, oder wenn die nicht erweislich wahre Tatsache in der Absicht der Beleidigung behauptet worden ist. RMG. 18 80. Abgabe unwahrer Erklärungen, Leugnen erfüllt »licht bett Tatbestand des

§ 90 MStGB.

(Belügen eines

Borgesetzten).

Vgl. PE. 2 156. Bgl. § 326. 4. Die Ermittlung der persönlichen Verhältnisse hat sich zu erstrecken auf Feststellung des Namens, Geburtsortes, Wohl, und Aufenthaltsortes, der Religion, des Standes oder Gewerbes sowie etwaiger Borbestrafungen. Da, wo es auf sichere Feststellung der Vorstrafen ankom»n1 (namentlich wenn ein gesetzlich mit be­ sonderer Strafe bedrohter Rückfall in Frage steht), ist von der zuständigen Strafregisterbehörde eine Auskunft einzuholen. S. Ver­ ordnung d. Bundesrats v. 16. 6. 82/9. 7. 96: RZentrBl. 96 426; Pr. JustMinBl. 96 265; nebstAusfBest, des Pr. KrMin. v. 14. 5. 14; Kompendium I A, hinter S. 150 a. E. 5. Zu Abs. 5. Die Vorschrift war im Entwurf »licht ent­ halten, sie »vurde von der Kommission eingefügt. KomBer. S. 59. Die hier vorgeschriebene Vernehmung des Angeklagten hat zeitlich vor dem im § 243 vorgesehenen Vortrage des Unter­ suchungsführers, also auch vor der Anklageverfügung zu erfolgen. PE. 1 20, 4 104. Das Gesetz verlangt eine Ber»»ehmung des Beschuldigten. Die bloße Vorlesung der Aussagen der vernommenen Zeugen usw. genügt hierzu nicht. Es »nuß de»n Beschuldigten auch Ge­ legenheit zu einer Erklärung über das Ergebnis des Ermittlungs­ verfahrens gegeben werden und das Protokoll »nuß ergeben, daß dies geschehen ist. PE. 4 17. Stellt der Angeklagte bei der Vernehmung einen Antrag, io hat der Untersuchungsführer diesen zu Protokoll zu nehmen und die Entscheidung über ihn durch den Gerichtsherrn herbei-

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnalnne.

tz 174.

347

zuführen. Ein Recht, den Antrag abzulehnen, steht bem Unter­ suchungsführer nicht zu. PE. 5 9. Wird nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens iiod) weite­ rer Beweis erhoben, so ist der Beschuldigte auch hierüber zu hören. PE. 2 85c. II. Einstweilige Enthebung vom Dienste. Verhaftung und vorläufige Festnahme.

D1e»ftnttheH«»g.

§ 174.

Dem Gerichtsherrn steht die Verfügung darüber zu, inwieweit ein Beschuldigter, welcher zu den Personen des Soldatenstandes gehört, aus Anlaß des eingeleiteten geeicht' lichen Verfahrens einstweilen des militärischen Dienstes zu entheben sei. Die Verfügung ist vom Gerichtsherrn allein zu erlassen. Die Befugnis der vorgesetzten Dienstbehörde zur voräufigen Anordnung der Dienstenthebung wird durch Borstehendes nicht berührt.

Entw. § 166. Schrifttum: Handw. - Elsner v. Gronow, Enthebung vom Dienst. 1. a) Die in § 174 dem Gerichtsherrn eingeräumte Befugnis der einstweiligen Enthebung vom militärischen Dienste ist beschränkt auf die Personen des Soldatenstandes, vgl. hierzu § 1. Hin­ sichtlich der Militärbeamten bleiben in dieser Beziehung die betreffenden Disziplinargesetze maßgebend. Bgl. hierzu RBeamtGes. v. 18. 5. 07, RGBl. S. 245 ff., §§ 125 ff.: Ges., betr. die Dienstvergehen der richterl. Militärjustizbeamten, v. 1. 12. 98 §§ 30, 31.

b) Die Vorschrift geht Über die Pr. AKO. v. 14. 4. 52, MilGes Samms. 1 189, nach welcher jeder zur Verhängung von Arrest­ strafen gegen einen Offizier berechtigte Disziplinarvorgesetzte diesen vom Dienst entheben Tonn, namentlich insofern hinaus,

348

Verfahren in erster Instanz.

§ 175.

als bi r Gerichtsherr als solcher, also auch da, wo er nicht Disziplinar vorgesetzter ist, die Enthebung verhängt. 2. über die Pflicht des Gerichtsherrn, von der einstweiligen Dienstenthebung Anzeige zu erstatten, s. die AusfBest. zu § 250. 3. Die Verfügung des Gerichtsherrn ist nicht durch Rechts­ mittel anfechtbar. S. § 373. 4. Die Dienstenthebung dauert, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, fort bis zur Erledigung des Verfahrens durch Einstellung, Strafvollstreckung, rechtskräftige Freisprechung. 5. Auf den Gerichtsherrn der Berufungsinstanz gehen mit Einlegung der Berufung die Befugnisse aus § 174 so gut wie alle anderen über. Er kann daher jetzt die Dienstenthebung auch zurücknehmen. A. M. Elsner v. Gronow-Sohl. 6. Wegen der Gehaltsabzüge vgl. FrBesD. §§ 8, 29, KrBesB. §§ 11, 20; KrBerpflP. §§ 18, 35, 49; MarFrBesV§ 15 Ziff. 4; AKO. v. 19. 2. 16, ABBl. S- 118 und Pr. KrMin. v. 19. 2. 16, ABBl. S. 119. Dem Truppenteil ist wegen Regelung des Abzuges Nachricht zu geben. Die Gehaltsberechnuug mutz nach ausdrücklicher Vorschrift auf den Tag der Rechtskraft des Urteils zurückbezogen werden, § 8, 1 FrBesV- Bei Freisprechung erfolgt Nachzahlung des Gehalts. 7. über Enthebung vom Dienste in ehrengerichtlichem Anlaß vgl. EhrengB- Ziff. 24.

Untersuchungshaft.

§ 175. Darüber, ob ein Beschuldigter in Untersuchung? hast zu nehmen ist, entscheidet der Gerichtsherr. Der Haft­ befehl ist von ihm allein zu erlassen. Gegen die Verfügung der Untersuchungshaft findet die Nechtsbeschwerde an den höheren Gerichtsherrn statt. Entw. § 167. Schrifttum: Wolfs, Die Untersuchungshaft, DJZ. 1906 S. 406 dis 411; Koppmann, Recht 1901 S. 22; Binding 122—136; Beling 177—200: Rosenfeld §§ 01—70; Graf zu Dolma 2. 126—133:

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnahme.

§ 175.

349

Haudw.: Elsner v. Gronow, Haftbefehl; Schlott, Zuständigteit zum Erlaß oder zur Aufhebung des Haftbefehls, Arch. 3 32; Kloß, Roth, Rehdans, Abermalige Rechtsbeschwerde gegen denselben Haftbefehl, Arch. 5 125, 196, 282; ElSner v. Gronow, Zuständig­ keit zum Haftbefehl bei Ersuchen um Aburteilung, Arch. 2 348; Hahmann, Die Haft gegen Landtagsabgeordnete, ThürBl. 61 161. 1. ») Der Grundsatz, daß der Gerichtsherr allein über die Verhängung der Untersuchungshaft entscheidet, findet nach der Begründung (S. 167) seine Rechtfertigung teils in der Stellung des Gerichtsherrn im militärgerichtlichen Strafverfahren, teils in seiner Verantwortlichkeit für die Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin in Verbindung mit dem Umstande, daß meistens nur der Gerichtsherr in der Lage ist, zu beurteilen, ob nicht schon Rücksichten der Disziplin im einzelnen Falle die Unter­ suchungshaft geboten erscheinen lassen. Der Abs. 2 betreffend die Recht-beschwerde, ist in der Kom­ mission hinzugefügt. Der Entwurf hatte eine Recht-beschwerde überhaupt nicht vorgesehen. KomBer. S. 59. b) Nur dem Gerichtsherrn steht das Recht zur Verhängung der Untersuchungshaft zu, niemals dem erkennenden Gericht. Dieses kann aber im Falle der Aussetzung oder Unterbrechung und der Verurteilung nach § 277 die — vorläufige — Festnahme des Angeklagten anordnen, worauf der Gerichtsherr über Erlaß eineHaftbefehls entscheidet. Bet Ausbleiben eine- gehörig geladenen Angeklagten kann daS erkennende Gericht nach § 278 die Vor­ führung anordnen oder die Verhaftung anregen. 2. Zuständigkeit zum Erlaß des Haftbefehls. ») In erster Instanz ist zuständig der Gerichtsherr, der sachlich und persönlich zur Anordnung deS Ermittlungsverfahrens berufen ist. Der Gerichtsherr hat also sachlich nach §§ 14—17 zu prüfen, ob die niedere oder höhere Gerichtsbarkeit begründet ist, ferner persönlich nach §§ 25—37, ob er Gerichtsbarkeit über den Beschuldigten hat. Ein Haftbefehl des unzuständigen Gerichtsherrn wird als nichtig nicht anzusehen sein.

350

Verfahren in erster Instanz.

H 175.

Das Ersuchen uni Aburteilung nach § 262 läßt das Recht zum Erlaß des Haftbefehls nicht mit übergehen, NMG. 1 173, 8 170, 10 143. Eine Ausnahme wird behauptet für den zur Durch fuhrung der Hauptverhandlung gegenüber dem ausbleibenden, ord­ nungsmäßig und mit Warnung geladenen Angeklagten erlassenen Haftbefehl des § 278. Indessen handelt es sich hier gar nicht um einen besonderen Haftgrund. So mit Recht Beling Z. 33 313. Bei Abgabe der Sache wegen Unzuständigkeit an einen anderen Gerichtsherrn ist dieser zum Erlaß des Haftbefehls, wie auch zur Aufhebung des von seinem Vorgänger erlassenen Hast, befehls zuständig. b) In der Berufungsinstanz ist zuständig der GerichtsHerr der Berufungsinstanz von Einlegung der Berufung ab bis zur Rechtskraft des ergehenden Urteils. Er kann sowohl neuen Haftbefehl erlassen, als auch den des Gerichtsherrn der ersten Instanz aufheben. Die Haftgründe des § 176 und die Einschrän kungen des § 179 gelten natürlich auch für ihn. c) In der Revisionsinstanz ist zuständig der Gerichtsherr der Berufungsinstanz. So mit Recht Schlott, Arch. 3 32. d) Mit Rechtskraft des Urteils höherer Instanz kehrt die Sache zum Gerichtsherrn der ersten Instanz zurück. Er erläßt den zur Erzwingung der Strafvollstreckung etwa erforder lichen Haftbefehl. Der Gerichtsherr erster Instanz erläßt auch den im Wieder aufnahmeverfahren gebotenen Haftbefehl. Näheres §§ 179 und 445. 3. a) Die Voraussetzungen, unter denen ein Haftbefehl erlassen werden kann, bestimmt § 176. b) Tie „Verschonung mit der Untersuchungshaft gegen Sicher­ heitsleistung", bürgerliche StPO. §§ 117 ff., ist der MStGO. unbekannt. Vgl. hierzu Begr. S. 118. 4 a) Der Gerichtsherr soll bei Anordnung der Untersuchungs» haft einen „Haftbefehl" erlassen. Darunter ist verstanden eine zu den Akten zu bringende schriftliche Verfügung des Gerichtsherru, aus der bestimmt hervorgeht, gegen wen und

Dienstenthebung, Verhaftung» Festnahme.

§ 175»

35t

auS welchen Gründen, § 176, die Untersuchungshaft verhängt wird. Begr. S. 119. Jeder Haftbefehl mutz mit dem Tage des Erlasses versehen sein. PE. 6 20. Vgl. auch B. des Pr. KrMin. v. 28. 2. 02. Außer den Gründen aus § 176 ist auch kurz die zur Last gelegte strafbare Handlung unter Angabe von Zeit und Ort der Begehung anzuführen. b) Der Haftbefehl und die Verfügung der Aufhebung der Untersuchungshaft find, wie vom Gerichtsherrn allein zu erlassen, so auch von ihm allein zu unterzeichnen. § 97 Abs. 2 findet keine Anwendung. PE. 1 23. 5. a) Die Untersuchungshaft begründet, solange sie tatsächllch besteht, für Personen des Beurlaubtenstandes keine Zu­ gehörigkeit -um aktiven Heere. Der Verhaftete bleibt Person des Beurlaubtenstandes, RMG. 3 72, 4 284, er befindet sich aber während der Dauer der Untersuchungshaft „im Dienste" im Sinne des § 6 MStGB. und ist daher den Militärstrafgesetzen im vollen Umfange unterworfen. RMG. 9 179. Vgl. Rissom in Goltd. Arch. 55 93—105; Romen und Rissom, MStGV-, 2. Ausl. 1916, § 6 Anm. 3. b) Verhaftete aktive Soldaten sind bei Überführung zur Reserve — die durch die Haft nicht gehindert wird, andererseits aber mit Ablauf der Dienstzeit nicht von selbst eintritt, Näheres Romen und Rissom, MStGB., 2. Aufl. 1916, § 4 Anm. 3 — dem Bezirkskommando des HaftortS zu überweisen. Pr. KrMin. v. 10. 3. 05. 6. a) Wegen der Anzeige bei Verhaftung von Offi­ zieren, auch Gendarmerieoffizieren usw. vgl. AusfBest. zu § 250. b) über Mitteilungen an bürgerliche Behörden bei Haftbefehl gegen Beamte vgl. Pr. KrMin. v. 4. 7. 12. 7. Zu Abs. 2. a) Die Rechtsbeschwerde ist an keine Frist gebunden. Sie hat keine aufschiebende Wirkung. § 375. b) Gegen einen vom Kommandierenden General verfüge teil Haftbefehl gibt es int Frieden keine Rechtsbeschwerde,

452

Verfahren in erster Instanz.

weil ein höherer Gerichtsherr fehlt.

§ 176.

RMG- 2 129, 186.

>21. M.

jedoch ohne Angabe von Gründen, Koppmann Anm. 11.

Iw

Felde ist der übergeordnete, mit Gerichtsbarkeit versehene Befehls­ haber, etwa der Oberbefehlshaber einer Ar,nee, der höhere Gerichtsherr. c) Die Entscheidung über die Rechtsbefchwerde wäre in logischer Folge gleichfalls vorn Gerichtsherrn allein zu zeichnen. Die überwiegende Gerichtsübung scheint allerdings Mitzeichnung zu bevorzugen.

So auch Koppmann § 377 Anm. 1; Herz-Ernst

§ 175 Anm. 8. A. M. Gerland, Krit. BJSchr. 45 569. d) Wenn auf Rechtsbeschwerde der Haftbefehl seitens dev höheren Gerichtsherrn aufgehoben ist, kann der Gerichtsherr erster Instanz — soweit nicht die Sache durch Berufung in die höhere Instanz gekommen ist, vgl. Anm. 3 — nur auf Grund neuer Verdachts- oder Haftgründe einen neuen Haftbefehl erlassen. PS. 6 21. 8. Auf das Verfahren gegen Ausländer nach KaisV. II v. 28. 12. 99 finden die Vorschriften des Gesetzes über Haftbefehl und vorläufige Festnahme keine Anwendung.

RMG. 19 128.

Sttläfflflleil der Haft.

.

§ 176 Die Untersuchungshaft ist zulässig, wenn dringende Berdachtsgründe gegen den Beschuldigten vorhanden sind und entweder 1. ein

Berbrechen

den

Gegenstand

der

Untersuchung

bildet, oder 2. der Beschuldigte der Flucht verdächtig ist, oder 3. die Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin die Verhaftung erfordert, oder 4. Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß der

Beschuldigte Spuren der Tat vernichten, oder daß er Zeugen oder Mitschuldige zu einer falschen Aussage, oder Zeugen dazu verleiten werde, sich der Zeugnis­ pflicht zu entziehen, oder daß er seine Freiheit zur Be-

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnahme.

§ 176

3ö3

gehuug neuer strafbarer.vandluugcn mistbrauchen werbe. Diese Tatsachen sind aktenkundig zu machen. Entw. § 168. Schrifttum: Handw.: Elsner v. ititonom, Unter?iirf)ung«baft; Berbrechen als Haftgrund: Fluchtverdacht; Kollusionsgefahr: Elsner v. Gronow, Zuständigkeit zum Haftbefebl bei Ersuchen um Aburteilung, Arch 2 348. 1. 8 176 entspricht dem § 112 der StPL, erklärt indessen auf Grund des für das militärische Strafverfahren bestehenden Bedürfnisses die Untersuchungshaft allgemein auch in solchen Fällen für zulässig, in denen „die Aufrechterhaltung der militäri­ schen Disziplin" sie erfordert, Ziff. 3. Eine Abweichung von der bürgerlichen StPL. ist auch darin enthalten, daß der zu befürchtende Mißbrauch der Freiheit zur Begehung neuer strafbarer Handlungen als Haftgrund aufgestellt ist, Ziff. 4. Begr. S. 119. 2. Die Untersuchungshaft ist in allen Fäll n nur für „zu­ lässig", nicht für geboten erklärt, selbst nicht beim Vorliegen schwerer Berbrechen. In allen Fällen entscheidet der Gerichtsherr allein nach freiem Ermessen. 3. Die Untersuchungshaft kann in jeder Lage des Ver­ fahrens angeordnet werden, namentlich auch in und nach der Hauptverhandlung. Vgl. §§ 277, 278 Abs. 2. 4. Erste und allgemeine Vorbedingung für die Zulässig­ keit der Untersuchungshaft ist das Borhandenscin „dringender BerdachtSgründe", d. h. es muß wahrscheinlich sein, daß der Beschuldigte die objektiv vorliegende strafbare Handlung begangen habe. Außerdem aber muß, um die Untersuchungshaft verhängen zu dürfen, mindestens einer der in Ziff. 1—4 aufgezählten besonderen Gründe vorliegen. Ist dies nicht der Fall, so ist selbst beim Vorliegen dringender Verdachtsgründe die An­ ordnung der Untersuchungshaft gesetzlich unzulässig. Wenn der Angeklagte gegen den Haftbefehl Rechtsbeschwerde erhoben hat, weil er der ihm zur Last gelegten Tat nicht schnlvig sei, so muß die Entscheidu «g des höheren Gerichte Herrn sich darRomen-Riisom, 9R2H90., 2. Ausl.

23

3f)4

Berfahreir in erster Instanz.

$ i7ti.

über aussprechen, ob die erforderlichen dringenden Verdachtegründe in der Sache selbst vorliegen oder nicht. Die Begrün­ dung der ablehnenden Verfügung, daß ein Verbrechen (Steßctv stand der Untersuchung sei, trägt in einem solchen Falle die Ent­ scheidung nicht. PE. 2 20a. 5. Zu Ziff. 1. a) Für den Begriff des „Verbrechens" find maßgebend § 1 Abs. 1 RStGB. und § 1 Abs. 1 MStGB. § 1 Abs. 1 RStGB-: „Eine mit dem Tode, mit Zuchthaus oder mit Festungshaft von mehr als fünf Jahren bedrohte Hand­ lung ist ein Verbrechen." § 1 MStGB.: „Eine Handlung, welche dieses Gesetz mit dem Tode, mit Zuchthaus oder mit Gefängnis oder Festungs­ haft von mehr als fünf Jahren bedroht, ist ein militärisches Ver­ brechen." b) Für die Frage, ob eine strafbare Handlung als Verbrechen anzusehen ist, ist lediglich die angedrohte ordentliche Strafe maß­ gebend, während den vom Gesetze erwähnten Milderungsgründen oder „mildernden Umständen" auf jene Begriffsbestimmung kein Einfluß eingeräumt ist. So ist z. B. der Meineid auch dann ein Verbrechen, wenn einer der in §§ 157, 158 RStGB. angeführten Strafermäßigungsgründe vorliegt; dasselbe gilt vom Totschlag im Falle des § 213 daselbst. Vgl. hierzu RG. 3 52, 8 177; RGRfpr. 2 547, 5 372, 8 571; Stenglcin Anm. 4; Löwe, StPO. § 1 Anm. 4. c) Ist die Untersuchungshaft lediglich deshalb verhängt worden, weil ein Verbrechen den Gegenstand der Untersuchung bildete, so muß, sobald sich im Laufe des Verfahrens herausstellt, daß nur ein Vergehen dem Beschuldigten zur Last gelegt werden kann, eine neue Prüfung der Zulässigkeit der Untersuchungs­ haft stattfinden. PE. 5 12. 6. Zu Ziff. 2. Der Verdacht der Flucht bedarf zwar ein­ gehender Prüfung, aber keiner Angabe der ihn begründenden Tatsachen. PE. 5 11.

7. Zu Ziff. 4. Daß der Beschuldigte seine Freiheit zur Begehung neuer strafbarer Handlungen mißbrauchen werde, ist z. B. bei Fahnenflucht, unerlaubter Entfernung dann

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnahme.

§ 177.

356

anzunehmen, wenn bet ihm der Hang -um Umhertreiben vorhanden ist. Begr. S. 119. Die besonderen Tatsachen, aus denen -u schließen ist, daß der Beschuldigte Spuren der Tat vernichten oder daß er Zeugen oder Mitschuldige zu einer falschen Aussage verleiten werde usw., sind in den Haftbefehl aufzunehmen. PE. 2 20b. 8. Keinen neuen Haftgrund ergibt § 277, auch Nicht § 278 betreffend Ausbleiben auf ordnungsmäßige, mit Warnung versehene Ladung zur Hauptverhandlung. Näheres s. dort und § 175 Sinnt. 2 b. Erlaß eines Haftbefehls zwecks Strafvollstreckung ist nicht besonders vorgesehen, daher nur zulässig, soweit ein Haft­ grund deS § 176 zutrifft.

«»hSruug de- verhaftete«. Der Verhaftete muß spätestens am Tage nach seiner Einlieferung in das Gefängnis über den Gegenstand der Beschuldigung gehört werden. Dabei ist ihm zu eröffnen, daß ihm die Rechtsbeschwerde (§ 175 Absatz 2) gegen den Hast, befehl zusteht. Eniw. § 169.

§ 177.

1. Die Vorschrift entspricht den §§ 115, 114 StPO. Der -weite Satz wurde von der Kommission hinzugefügt. KomBer. S. 60. 2. Nach dem Gesetz muß der Verhaftete spätestens am Tage nach seiner Einlieferung in das Gefängnis über den Gegenstand der Beschuldigung „gehört" werden. § 115 StPO., dem, wie ge­ sagt, die Vorschrift des § 177 entnommen ist, hat dieselbe Fassung. Im Entwurf stand hier anstatt „gehört", „vernommen". Die Kom­ mission des Reichstages ersetzte aber „vernommen" durch „gehört". (Prot. S. 144.) Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß es sich hier nur um eine einstweilige Anhörung, nicht um eine erschöpfende Vernehmung handelt. Der Angeschul­ digte soll namentlich Gelegenheit zu solchen Ausführungen er­ halten, die geeignet sind, die alsbaldige Aufhebung des Hast befehls herbeizuführen. Löwe, StPO. § 115 Anm. 3. Dasselbe

23*

;toft

Verfahren in erster Instanz.

H l?s.

hat auch hier zu gelten. Eine sofortige förmliche Bernehntnng gemäß § 173 unter Vorhaltung aller Verdachtsgründe ist nicht erforderlich. Ebenso Stenglein Amn. 2. 3. Tie in § 177 angeordnete Anhörung hat auch bann zu erfolgen, wenn der Beschuldigte schon vor seiner Verhaftung ver nommen war. PE. 3 18. 4. Die Anhörung des Verhafteten muß spätestens am Tage nach seiner Einlieferung in das Gefängnis (nicht der Ergrei' fung) stattfinden, auch dann, wenn dieser Tag ein Sonntag oder allgemeiner Feiertag ist. PE. 17 3. 5. Wegen bcis Begriffes „Gefängnis" s. § 125 Anm. t». 6. Die Anhörung des Verhafteten Hat zu erfolgen durch den vom Gerichtsherrn bestinrmten Untersuchungsführer (Ge­ richtsoffizier, Kriegsgerichtsrat), Begr. S. 119, nicht durch den Gefängnisvorstand. PE. 4, 2U. 7 Ter Hinzuziehung eines Gerichtsschreibers bedarf es bei dieser Anhörung nach dem Gesetze nicht. § 13 Abs. 2 kommt nicht in Frage, da es sich ja nicht um eine „Vernehmung" des Beschuldigten handelt, s. Anm. 2. Immerhin ist die Hinzu Ziehung zweckmäßig.

Verwahrung.

§ 178. Der Verhaftete soll, soweit möglich, von anderen gesondert und nicht in demselben Raume mit Strafgefangenen verwahrt werden. Dem Verhafteten dürfen nur solche Beschränkungen ans erlegt werbe», welche zur Sicherung des Zweckes der Haft oder zur Aufrechthaltung der Ordnnng im Gefängnisse notwendig sind. Bequemlichkeiten und Beschönigungen, die der Dienst­ stellung oder dem Stande und d?n Vermögensverhältnissen des Verhafteten en sprechen, darf er sich auf seine Kosten verschaffen, soweit sie mit dem Zwecke der Haft vereinbar sind und weder die Ordnung im Gefängnisse stören, noch die Sicherheit ge-

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnahme.

§ 178.

357

fdtjrbvii. Mit biefer Maßgabe barf X'efeu iittb Beschäftigung mit schriftlichen Arbeiten dem Verhafteten nicht untersagt mcrbeit. Fesseln bürreit im Gefängnisse betn Verhafteten nur bann attgelegt werben, wenn dies wegen besonberer Gefährlichkeit seiner Person, namemlich zur Sicherung anberer erforberlich erscheint, ober turnt ber Verhaftete einen Selbsteittleibungsober Enttveichungsversuch gemacht oder vorbereitet hat. Bei ber Hauptverhanblung soll er ungefesselt sein. Eniw. § 170. Schrifttum: Dietz, Fesselung, Zwangsjacke und Anbinden als militärische Maßnahme, Arch. 6 390; Handw.: Dieß, Fesselung. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 116 StPL. 2. Der Ausdruck „Gefängnis" ist auch hier, wie im § 125 Abs. 3 im weitesten Sinne gebraucht, so daß darunter alle Haft­ lokale zu verstehen sind. Begr. S. 119. 3. Wegen der näheren Anordnung s. Pr. MilStBollstrBorschr. 1. Teil §§ 122, 124, 127. Fußnoten dort S. 17, 18, 27, 109, 112. Der Verdacht beabsichtigter Selbstentleibung würde ein Zusammenlegen mit einem anderen Untersuchungsgefangenen rechtfertigen. 4. Uber den Verkehr der Untersuchungsgefangenen (Besuche, schriftlicher Verkehr) s. Pr. MLtB. I S. 196 ff. (ABBl. 1904 3. 32: MV Bl. 27. 5. 04 3. 169). Danach erteilt die Erlaubnis au Besuchen der Untersuchungsführer, oder, wenn Anklage er­ hoben ist, der Anklagevertreter. Gegen deren Anordnung kann die Entscheidung des Gerichtsherrn angerufen werden. Keiner Er­ laubnis bedarf der Verteidiger. Vgl. aber § 345. Ein- und aus­ gehende Briefe sind dem Untersuchungsführer oder, wenn Anklage erhoben ist, dem Anklagevertreter vorzulegen. Pakete sind im Beisein des Verhafteten durch eine Militärperson zu öffnen und auf schriftliche Mitteilungen zu durchsuchen. Schreibmittel sind den Untersuchungsgefangenen, fall*

358

Verfahren in erster Jnstan;

§ 179.

nicht besondere Bedenken bestehen, auf Wunsch zu liefern. Ihre Verwendung ist streng zu überwachen. 5. Bei rechtswidrigen Beschränkungen ist Dienstbeschwerdegegeben. Nach der Fußnote zu S. 27 Pr. MStBB- haben Mann­ schaften, die sich in Untersuchungshaft befinden, etwaige Be­ schwerden bei dem untersuchungsführenden oder dem die Anklage vertretenden Kriegsgerichtsrat oder bei dem Gerichtsoffizier zur Weitergabe an den Gerichtsherrn, der demnächst die Beschwerde an die zur Entscheidung zuständige Stelle leitet, anzubringen. tz. Disziplinarstrafen sind während der Untersuchungshaft nur unter Zustimmung des Gerichtshcrrn, der den Haftbefehl erlassen hat, oder genauer, der für die Aufhebung des Haftbefehls zuständig ist, Schlott, Arch. 3 36, zu vollstrecken. Bon der Straf­ vollstreckung ist zu den Untersuchungsakten Anzeige zu erstatten. Pr. MStB. § 12 Ziff. 6. Bereits laufende Strafvollstreckung geht der Vollziehung des Haftbefehls im allgemeinen vor, Pr. MStBB § 12 Ziff. 5. 7 Die auf Grund des § 178 getroffenen Anordnungen sind nicht anfechtbar durch Rechtsbeschwerde, § 373. 8. Gebührnisse. Hinsichtlich der Lsfiziere usw. s. Fuß­ note S. 112 Pr. MStBB- und §§ 8, 28 FrBesB-, § 71 KrBesB-, 88 18, 35 KrBerpflB-: Pr. AKO. v. 19. 2. 16, ABBl. S- 118; Pr. KrMin. v. 19. 2. 16, ABBl. S. 119; Arch. 6 125. Wegen Regelung der Gebührnisse ist dem Truppenteil vom Erlaß sowie von der Aufhebung deS Haftbefehls Kenntnis zu geben. Gleiches gilt für den Fall der rechtskräftigen Entfernung auS dem Heere oder der Dienstentlassung, mag der Verurteilte sich in Untersuchungshaft befinden oder nicht. Gebührnisse der Mannschaften s. § 61 FrBesB-, § 20 KrBerpflB., §§ 20, 72 KrBesB-, §§ 18, 35, 49 KrBerpflB-

Aufhebung der Haft. 179 Die Untersuchungshaft ist aufzuheben, wenn ein Grund zur Verhaftung nicht mehr besteht oder wenn der Beschuldigte freigesprochen oder außer Verfolgung gesetzt wird.

§

,

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnahme.

§ 179.

359

Das gleiche gilt, wenn die Verurteilung auf Geldstrafe lautet oder, sofern besondere Umstände nicht entgegenstehen, wenn die erkannte Freiheitsstrafe die Dauer von sechs Wochen nicht übersteigt. Durch Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Angeklagten nicht verzögert werden. Auf Grund neuer Berdachtsgründe oder Beweismittel kann der höhere Gerichts­ herr gegen den Angeklagten einen neuen Haftbefehl erlassen.

Entw. § 171. Schrifttum: Stenglein, Romen, Karsten, Das Militärstrafvers. in seiner jüngsten Anwendung, DIZ. 1901 S. 242, 248, 289, 313. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 123 StPO.

L. ») Die Aufhebung der Untersuchungshaft ist in allen Fällen vom Gerichtsherrn, und zwar von ihm allein zu ver­ fügen. Auch im Falle der Freisprechung verfügt nicht das Gericht die Aufhebung. Die Aufhebung der Untersuchungshaft tonn auch schon im voraus bedingt beifügt werden, für den Fall nämlich, daß einer der im Gesetz vorgesehenen Aufhebung-gründe eintteten sollte. b) Bei Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen muß der Gerichtsherr prüfen, ob besondere Umstände der Aufhebung der Untersuchungshaft entgegenstehen. Sieht er von der Aufhebung ab, so bedarf es zwar keiner neuen Haftverfügung, e- find aber die besonderen der Entlassung entgegenstehenden Umstände akten­ kundig zu machen. Die „besonderen Umstände" können nicht durch den Hinweis auf die „militärischen Verhältnisse" begründet werden. Es bedarf vielmehr der Angabe der besonderen mili­ tärischen Verhältnisse, welche die Fortdauer der Haft notwendig machen. PE. 2 21, 3 19, 6 22a und b. Fluchtverdacht ist ein besonderer Umstand int Sinne des Gesetzes, PE. 18 4. 3. Ein Untersuchungsführer, der zu der Ansicht kommt, daß der Haftbefehl aufzuheben ist, hat hierüber unverzüglich die Ent­ scheidung des Gerichtsherrn einzuholen. PE- 4 21.

8()0

Verrat,reu tu erster Instanz.

§ 17U.

4. 'Zu Abs. 2. H) Aach dem Entwurf sollte nur die Ein Irfltutst der Revision gegen ein freisprechendes Urteil die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht rechtfertigen. Die jetzige all' gemeinere Fassung: „Durch Einlegung eines Rechtsmittels (also Berufung und Revision) darf die Freilassung des An­ geklagten nicht verzögert werden", beruht auf den Befchlüsfett der Äommmivn, die dann dem 9(6f. 2 zugleich den zweiten Latz hüt' zufügte. S. ÄomBer. 3. 60, 61. b) Die Bestimmung des zweiten Satzes betrifft nur den Erlast eines neuen Haftbefehls seitens des höheren Gerichtsherrn tut Falle der Einlegung eines ReclitsmitU ls. PE. 6 23. Wegen der Rechtsbeschwerde vgl. 8 17» Sinnt. 7b. Reue Berdachtsgründe nnd Beweismittel sind solche, die dem erkennenden Gericht noch nicht bekannt waren. PE. 4 10. Auch neue Tatsachen, welche Flucht« uttd Kollusions« verdacht erregett, können, wie Herz-Ernst Slum, t zutreffend be­ merken, unter Umständen iteuett Tatverdacht begründen. Uber den sog. „Gumbinner Fall", der ;u Erörterungen über diese Frage Anlaß gab, vgl. die Slusführungen von Stettglein, Romett, Karsten, DIZ. 1901 L. 242, 248, 289, 313. Auster den neuen Tatsachen oder Beweismitteln muß natür­ lich. wenn ein tteuer Haftbefehl erlassen werden soll, einer der besvttderen Haftgründe des § 176 vorliegen. 5. Im Wiederaufnahmeverfahren ist Haftbefehl gegen den rechtskräftig Freigesprochenett zulässig, wenn außer einem besonderen Haftgründe dringender Tatverdacht durch eine der geseylichett Wiederaufnahtnetatsachen begründet wird. RMG. 11 36. Tie Zulässigkeitserklärung, § 44:>, braucht nicht abgewartet zu werdett, Näheres unten zu § 443. Nach angeordneter Wieder­ aufnahme ist die Lage bezüglich des Erlasses eines Haftbefehls so, als tonnt daS in Frage fotttmntbe Urteil nicht erlassen wäre. Bgl. Schlott, Arch. 3 32. 6. Entschädigung für unschuldig erlittene Unter­ suchungshaft wird ttttef) Maßgabe des Reichggefetzes v. 14. 7. oi, RGBl. S. 321, gewährt.

Xivnftentl)v(uutfl, Verhaftung, Festnahnce.

§ 180.

361

vorläufige Festnahme.

§ 180. Tie Befugnis zur vorläufigen Festnahme steht zu: den militärischen Vorgesetzten, den militärischen Wachen und dem Untersuchungsführer, wenn die Voraussetzungen der Untersuchungshaft vorliegen; den Polizei- und Sicherheitsbeamten in den Fällen des § 176 Nr. 1, 2, 4, wenn Gefahr im Verzug und ein militärischer Vorgesetzter des Beschuldigten oder eine militärische Wache nicht erreichbar ist. Wird eine der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstellte Person bei Verübung eines Verbrechens oder Vergehens auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so kann, wenn sie der Flucht ver­ dächtig oder ihre Persönlichkeit nicht sofort feststellbar ist, die vorläufige Festnahme durch jedermann geschehen. Bei einem im Osfiziersrange stehenden und in entsprechender Uniform befindlichen Angehörigen der bewaffneten Macht ist die Annahme ausgeschlossen, daß er der Flucht verdächtig sei, oder daß seine Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden könne, es sei denn, daß er bei der Begehung eines Verbrechens auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird. Entw. §172. Schrifttum: Dietz, über vorläufige Festnahme von Militärperf., DOffBl. 1908 Nr. 16; Handw. - Elsner v. Gronow, Festnahme, vor­ läufige; Autenrieth, über die Stellung der oberen Militarbeamten, Arch. 1 165, insbef. 175; Foppen, Das Recht der vorläufigen Fest­ nahme von Militärperfonen durch militärische Wachen, Arch. 3 180; Mittermaier, Verhaftung, in Stengels Wörterb.: Romen und Rissom, Waffengebrauch und Festnahmerecht des Militärs, 1914; Handw. : Tieh, Festnahme aus disziplinären Gründen: Immunität d. Abgevrdn., Art. 84 Pr. B-, Art. 31 RB-, nur strafprozessual, DStrrZ. 4 80: Dietz, Vorläufige Festnahme durch Polizeibeamte, T L-ffBl. 1908 3. 310: Foppen, Vorschriften über die vorläufige

362

6erfahren in erster Juftan*.

§ 180.

Festnahme von Militär Personen bnrd) Pelizcibeamte, Vlrdi. 2 181, despr. von BeUng, Z. 31 746, j. Arch. 2 171; Dietz, Verpflichtung des Offiziers zur Namensnennung gegenüber Polizeibeamten, DOffBl. 1913 Nr. 45, bespr. Arch. 5 226; Elsner v. Grvnow, Pflicht der Polizeibehörde zur Festnahme und Vorführung eines Reservisten auf militärdienstliches Ersuchen, Pr. Perm Bl. 1912 Nr. 2, bespr. Arch. 4 233; Rissom, Festnahme durch jedermann. Arch. 3 218. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 127 StPO 2. Gegenüber der Untersuchungshaft ist unter „vorläufiger Festnahme" die von anderer Seite bewirkte und nicht von dem Gerichtsherrn befohlene Ergreifung und Festhaltung des Beschul digten -u verstehen. Begr. S. 118, 120. Ihr Zweck ist, die BerHaftung vorzubereiten und zu sichern. Vorläufige Festnahme steht hinsichtlich der Anrechnung auf die erkannte Strafe gemäß § 60 RStGB. der Untersuchungs­ haft gleich. RMG. 10 80. Daher ist der Zeitpunkt der Festnahme stets genau anzugeben.

3. Die Abstufung der Vorsck)riften ist eine dreifache: Die militärischen Vorgesetzten, die militärischen Wachen, der Untersuchungsführer sind zur Festnahme stets bann berechtigt, wenn die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nach § 176 vorliegen. b) Bei den Polizei- und Sicherheitsbeamten fällt bk Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin nach § 176 Ziff. 3 weg, außerdem muß Gefahr im Verzug und ein militärischer Bor gesetzter oder eine militärische Wack)e nicht erreichbar sein. o) Jedermann ist aushilfsweise unter den engen Voraus­ setzungen des Abs. 2 zur Festnahme befugt, jedoch mit der wesent­ lichen Einschränkung des Abs. 3 hinsichtlich der im Offizierrange stehenden Personen. Die militärischen Vorgesetzten, die militärischen Wachen und die Polizei- und Sicherheitsbeamten sind unter gewissen Voraus­ setzungen nicht nur im Interesse der Strafverfolgung, sondern a)

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnahme.

§ löu.

3(>3

auch im Interesse der öfsentlichen Sicherheit zur Festnahme befugt. Die Fälle der letzteren Art beruhen auf Landesrecht, RMG. 14 40. Soweit die Strafverfolgung in Frage fontntt, handelt es sich hier nur um Bergehen auf der Grundlage der Militärgerichts­ barleit. Hinsichtlich der der bürgerlichen Gerichtsbarkeit unterfallenden Personen und Handlungen sind die entsprechenden Vor­ schriften in § 127 maßgebend. 4. a) Der militärische Vorgesetzte. «. Festnahme zwecks Strafverfolgung auf Grund des § 180. Wer als militärischer Borgesetzter im Sinne des § 180 anzusehen ist, wird durch die Dienstvorschrift bestimmt. In Ermangelung abweichender Vor­ schriften wird jeder militärische Vorgesetzte des Beschuldigten zur Festnahme befugt sein, in erster Linie die Disziplinarvorgesetzten. Der höhere Disziplinarvorgesetzte, z. B- der Bataillons- oder Regimentskommandeur, kann die vom Nachgeordneten Disziplinarvorgesetzten verhängte Festnahme aufheben. Vgl. § 181. Der allgemeine Vorgesetzte hat sofortige Ablieferung an den Disziplinarvorgesetzten herbeizuführen, der dann über das Fort­ bestehen der Festnahme entscheidet. ß. Festnahme im dienstlichen Sicherheit-interesse. Nach § 7 Abs. 2 DStrO. ist jeder Offizier und Unteroffizier be­ rechtigt, die nach dem Dienstgrade oder dem Patent oder dem Dienstalter unter ihm stehenden Personen des Soldatenstandes nötigenfalls vorläufig zu verhaften oder ihre vorläufige Verhaftung zu bewirken. Eine solche Verhaftung aber muß von ihm sofort einem mit Disziplinarstrafgewalt versehenen Vorgesetzten des Ver­ hafteten gemeldet werden. Dieses Festnahmerecht besteht zum Zwecke der Aufrecht­ erhaltung der militärischen Disziplin, und zwar völlig un­ abhängig von den strafprozessualen Bestimmungen, RMG. 2 11. Der Disziplinarvorgesetzte entscheidet nach erfolgter Meldung, ob er die Festnahme aufheben, oder durch Disziplinarbestrafung erledigen oder durch weitere Festhaltung auf Grund des § 180 er­ setzen will.

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Verfahren in erster Fnstanz.

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ihm.

hj Das ,5estnahineredtt der militantdten Radien dient teils der 3 tra f verso lg miß, teils den Zwecken der 31 dt e r h e i t v Polizei. In ersterer Beziehung beruht es nicht allein auf dem § 180 der MStGL-, sondern au dt auf § 127 3t PÜ. Ausführungs Vorschrift für die Wachen sind Nr. 118 ^iff. l, 119 GarnDV, ergänzt burd) Nr. 121 das., betr. Festtiahmen auf Befehl oder auf Antrag der Polizeibehörde, über die Vereinbarkeit der GarnDV mit den gesetzlichen Bestimmungen f. Dietz, T^sfBl. 1908 3. 310; AutenrietH, Arch. 1 175: Foppen, Arch. 3 180. Das Festnahmerecht aus sicherheitspelizeilichen Rücksichten wird naher geregelt durch Nr. 118 Ziff. 2 u. 3, 120 Garn DB- über die Xurdifü brutto der Festnahme s. Nr. 122 — 126, 130—133 (^arnTV. Hiernach handelt die Wache A. als Crflaii der 3trafverfvlgung: I. gegen Zivilpersotcen (genauer Personen, ivelche der bürgerlidten Geridttebarkeit unterstehen): 1. betroffen bei Begehnttg einer strafbaren Handlung, wenn die Persönlidtkeit nidit sofort mit 3idterheit festgestellt werden kann, r; 127 3t'iiC., Nr. 118 Ziff. l Garn DB2. desgleidteit wenn Fluditverdadit vorliegt, § 127 3tP^. II. gegen Militärperfvtten (gettauer die der Militärgeridits barkeit Untenuorfenen): 1. nadt § 180 Abs. 1 M 3t 0157., tue im die B oraussetzunge n der Untersuchungshaft nadt § 176 vorlagen. Ein 3onberfall ist in Nr. 54 Garn DB- behandelt. 9?adt 9 t r. 119 GarnDV. bitrfen Lffi-iere, Sanitäts- und Veterinäroffiziere nur festgenommen tverden, wenn sie bei Begehung eines Verbrechens auf frischer Tat betroffen oder verfolgt werden. 2. Nach § 180 Abs. 2 M3tGO., wenn jemand bei Begehung eines Verbrechens oder Vergehens auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird und seine Persönlidtkeit nidit sofort festgestellt werden kann. Soweit die Bvrsdtrist Fluditverdacht voraussetzt, wird sie hier durch die des § 180 Abs. 1 gedeckt.) Tie Einschrän­ kung des Abs. 3 des § 180 hinsichtlich der im Ufsiziersrange stehen-

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnahme.

§ 180.

3UÖ

den Personen findet zu 2 Anwendung. Sie ist — mit geringer Änderung — wiederholt in Nr. 119 GarnDV. Ferner handeln die Wachen B. als Ordnungsorgane: I. -um Schutze der anvertrauten Personen und Sachen, II. zur Abwehr von Angriffen und zur Verhinderung weiterer Tätlichkeiten und Beleidigungen, III. zur Verhinderung unberechtigten Aufenthalts von Mannschaften ohne Urlaub außer des Quartiers. Vgl. Foppen, Arch. 3 180. c) Das Festnahmerecht des Untersuchungsführers wird namentlich dann betätigt werden, wenn sich im Laufe der Unter­ suchung Umstände ergeben, welche eine schleunige Sicherung der Person des Täters erforderlich machen, über Vorführungen s. §§ 172, 186. Festnahmerecht des Gerichts f. §§ 277, 278, 291, Gewahr­ sam f. § 279, Ordnungsstrafen s. § 290, Vorführung § 278. 5. Die Polizei- und Sicherheitsbeamten können gleich­ falls zur Strafverfolgung und im Interesse der öffentlichen Sicherheit Festnahmen vornehmen. a) Festnahmen von Militärperfonen zwecks Strafverfolü u iig richten sich nach § 180. Danach ist Festnahme zulässig in den Füllen des § 176 Nr. 1, 2, 4, wenn Gefahr im Verzüge und ein militärischer Vorgesetzter oder eine militärische Wache nicht erreichbar ist. Landesrechtliche Ausführung-vorschriften, wie insbes. die Pr. AKO v. 6. 12. 55, Mil Ges Sammlung 5 371, können -war das Gesetz nicht ändern, wohl aber, da sie den Beamten diensUich binden, seinem Einschreiten Grenzen ziehen. Für die Rechtsgültigkeit der Festnahine ist nur das Gesetz, nicht die Dienstanwei­ sung maßgebend, RMG. 18 4. Nach der genannten AKO. sollen Mannschaften vom Feldwebel abwärts festgenommen werden können, wenn sie den Ermahnungen oder Aufforderungen der Polizeibeamten, sich diesen zu fügen, nicht Folge leisten und die geforderte Auskunft über ihren Namen, ihren Dienstgrad, ihren

Verfahren tn erster Instanz.

§ 180.

Truppenteil verweigern usw. Gegenüber Offizieren sollen fick, die Polizeibeamten nach der AKO. grundsätzlich auf ruhige und an­ gemessene Vorstellungen und nötigenfalls Meldung an deren Vorgesetzte beschränken. Zur Festnahme soll nur dann geschritten werden, wenn der Offizier ein Verbrechen begeht und zur Auf­ rechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Per­ sonen Gefahr im Verzüge ist. L Auch aus § 180 Abs. 2, wenn dessen Voraussetzungen zutreffe»!, können Polizeibeamte zur Festnahme von Militärpersonen schreiten, RMG. 14 72, 15 55. Gegenüber Offizieren usw. gilt hier die Einschränkung des Abs. 3. Bei Übertretungen findet Abs. 2 keine Anwendung, RMG. 15 55. b) Festnahme von Militärpersonen im Jitteresse der öffent lichen Sicherheit durch Polizeibeamte richtet sich nach Landes­ recht, RMG. 14 40,15 55, für Preußen nach § 6 des Ges. v. 12. 2. 50, RMG. 18 4. Näheres s. Romen und Rissom, MStGB-, 3. Aufl. 1918, § 111 Anm. 6 und Arch. 1 234. über Verpflichtung bv* Offiziers zur Namensnennung gegenüber Polizeibeamten vgl. das ebendort Bemerkte. 6. Zu Abs. 2. Festnahme durch jedermann, a) Die Be­ stimmung entspricht dem Abs. 1 des § 127 StPO., »nacht jedoch die Befugnis zur vorläufigen Festnahme deS auf frischer Tat Betroffenen oder Verfolgten davon abhängig, daß es sich um Verübung eines Verbrechens oder Vergehens handelt. Bet Übertretungen ist die vorläufige Festnahme durch Privat Personen ausgeschlossen. Begr. S. 120. b) Betreffen oder Verfolgen „auf frischer Tat" ist vor­ handen, wenn die Tat unmittelbar nach ihrer Verübung entdeckt und auf Grund der hierbei gemachten, auf den Täter himveisenden Wahrnehmungen seine Verfolgung unverzüglich begonnen worden ist. Daß der Täter bei der Tat selbst betroffen »vorden, ist nicht erforderlich. Löwe, StPO. § 104 Anm. 2. c) Unter den Begriff der „Verfolgung" fallen alle diejenige»» Maßnahmen, die auf die Ergreifung der als Täter ins Auge gefaßte»» Personen abzielen und ihrer Natur nach geeignet sind, diese zu er-

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnahme.

§ 180.

3G7

möglichen, -u erleichtenr, zu sichern. In diesem Sinne können z. B. das Besetzen der Wege, deren Passieren seitens des zu Er­ greifenden als möglich vorausgesetzt wird, sowie da- Vorauseilen an einen Punkt, der für die Ergreifung besonder- günstige, für ein Entweichen besonder- ungünstige Vorbedingungen bietet, unbe­ denklich als Berfolgungshandlungen angesehen werden. RG. 30 388. d) Polizeibeamte können wie jeder andere auf Grund des Abs. 2 handeln. Beim Einschreiten wegen Übertretung kann in­ dessen nur Anwendung des Abs. 1 in Frage kommen. Verweige­ rung der NamenSangabe kann Fluchtverdacht begründen, Rissom zu RMG. 15 55 in Arch. 3 218. Außerdem kann Festnahme im öffentlichen Interesse, insbesondere zur Verhinderung weiterer Verübung der Straftat, z. B. nach mehrfacher vergeblicher Auf­ forderung zur Unterlassung nächtlichen Singen-, geboten sein. 7. Zu Abs. 3. a) Im Offizierrange stehende und in ent­ sprechender Uniform befindliche Angehörige der bewaffneten Macht dürfen nur dann von Privatpersonen („durch jedermann", Abs. 8) vorläufig festgenommen werden, wenn sie bei Begehung eines Verbrechens, vgl. RGStB. § 1, MStGB. § 1, auf frischer Tat betroffen oder verfolgt werden. Diese Bestimmung ent­ spricht der Pr. AKO. v. 6.12. 55 (Pr. MilGS. V S. 371 ff.). Begr. 3. 121. Abs. 3 hatte im Entwurf eine etwas abweichende Fassung; die jetzige Fassung beruht auf einem Beschlusse de- Reichstages in dritter Lesung. Vgl. hierzu KomBer. S. 61 ff., StenBer. des Reichst. S. 2180. Die Entstehungsgeschichte zeigt, daß die Bestimmung sich nur auf die Festnahme durch jedermann nach Abs. 2 bezieht, nicht auf die im Abs. 1 geregelten Fälle. Indessen gilt die der Vorschrift zugrunde liegende Erfahrungsregel auch dort. Sie ist als solche insbesondere von den Polizeibeamten zu beachten. Landesrechtlich ist der Gedanke in Dienstanweisungen, welche als solche die Polizeibeamten binden, ausgesprochen, z. B. in der Pr. AKO. v. 6.12. 55. S. darüber töcm unter 5.

368

Verfahren in erster Instanz.

§ 181.

b) Zu den „Angehörigen der bewaffneten Macht" im Sinne des § 180 gehören alle im Offizierrange stehende Personen lOffiziere und obere Militärbeamte), die zum Tragen der Uniform berechtigt find. Begr. 3- 121. e) über das Verhältnis des Abs. 3 zur Garnisondienstvorschrift s. Dietz, DOffBl. 1908 3. 310. 8. AusfBest. des Pr. KrMin. und der Marine: „Vorläufig festgenommene Personen werden in derselben Art wie die in Untersuchungshaft genommenen, § 178, behandelt." 9. Wegen der kosten der Zuführung durch die Crt* Polizeibehörde vgl. FrBesV Anl. 8 und § 172 Anm. :>. 10. Vgl. noch Pr. KrMin. v. 7. 'r. 13.

Ablieferung des Festgenommenen.

§ 181. Ter Festgenommene in unverzüglich, sofern er nicht wieder in Freiheit ge seht wird, an die nächste Militär behörde abzuliefern. Tiefe hat den Festgenommenen sofort zu vernehnien und, sofern sie nicht die Freilassung verfügt, dem zuständigen Gerichtsherrn zu überweisen. Entw. § 173. 1. Die Vorschrift ist dem § 128 StPO, nachgebildet. 2. über die Freilassung, falls die Festnahme durch eine mili tärische Dienststelle erfolgt war, vgl. § 180 Anm. 4. 3. AusfBest, des Pr. krMin. und der Marine: „Unter .Militärbehörde' ist hier der Truppenteil (Marineteil), das Bezirkskommando bzw. die militärische Wache zu verstehen." Das bezüglich einer der Wache zugeführten Person zu beob achtende Verfahren regelt sich nach den Vorschriften der Wach­ instruktion. 4. Der vorläufig Festgenommene muß über die ihm zur Last gelegte Tat vernommen und es muß ihm zugleich eröffnet werden, weshalb er vorläufig festgenommen ist. PE. 3 20 b. Ein Hauptzweck dieser Vernehmung ist die Feststellung der Persönlichkeit. Pr. KrMin. v. 11. 10. 09 weist daraufhin, daß

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnahme.

§ 182.

36V

gelegentlich falsche Angaben gemacht werden, nur um die tosten lose Überführung in eine bestimmte Gegend zu erreichen. Die Vernehmung hat sofort, d. h. ohne unnützen Aufenthalt, zu erfolgen, und zwar auch an Sonn- und allgemeinen Feiertagen. Die Vernehmung ist formlos. Sie braucht insbesondere nicht durch einen Gerichtsoffizier, über den auch nicht jede Militär­ behörde verfügt, vorgenommen zu werden. Rechtsbeschwerde gegen die vorläufige Festnahme gibt es ihrer Natur nach nicht. 5. Nach erfolgter Überweisung an den Gerichtsherrn ent­ scheidet allein dieser, ob Freilassung erfolgen soll. Diese Frage kann nicht durch Meinungsaustausch zwischen dem untersuchungsführenden Militärjustizbeamten und dem Truppen-(Marine-)Teil erledigt werden. PE. 3 20b.

AutragSdellkte.

§ 182.

Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, ist weder die vorläufige Festnahme, noch die Verhaftung von der Stellung eines solchen Antrags abhängig. Ist die Verhaftung vor der Stellung des Antrags erfolgt, so ist der Antragsberechtigte, von mehreren Wenigsteils einer, sofort von der Verhaftung in Kenntnis zu setzen. Die Frei­ lassung muß erfolgen, wenn nicht spätestens binnen einer Woche seit der Verhaftung ein Strafantrag eingegangen ist. Entw. § 174. 1. Die Vorschrift entspricht den §§ 127 Abs. 3, 130 StPO. 2. Auch der Erlaß eines Steckbriefes (als Vorbereitung der Verhaftung) wird bei Antragsvergehen vor Stellung des Antrages für zulässig zu erachten sein. So auch Herz-Ernst Anin. 3a; a. M.: Koppmann § 183 Anm. 6. 3. Zu Abs. 2. Die Benachrichtigung des Antragsberechtigten von der Verhaftung, bei mehreren wenigstens eines von ihnen, muß sofort erfolgen, und zwar seitens desjenigen GerichtsRom e n - R i sso m , MStGO., 2. Anfl.

24

370

Verfahren in erster Instanz.

§ 18;).

Herrn, der die Verhaftung verfügt hat. Mit der Benachrichtigung darf eine Aufforderung, Strafantrag zu stellen, nicht verbunden werden. Diejenige Stelle, bei welcher der Strafantrag angebracht wird, s. § 151, hat diesen unverzüglich an den zuständigen Gerichts­ herrn weiterzubefördern. 4. Was in § 182 bezüglich der Stellung des Strafantrags gesagt ist, gilt in gleicher Weise bezüglich derjenigen strafbaren Handlungen, zu deren Verfolgung es einer „Ermächtigung" bedarf, §§ 99, 101, 197 RStGB-, von der Erteilung dieser Ermächtigung. Ebenso Loewe, StPO. § 130 Anm. 4.

Steckbrief.

§

.

183 Steckbriefe können von dem Gerichtsherrn er lassen werden, wenn die Voraussetzungen der Untersuchungs haft vorliegen und der zu Verhaftende flüchtig ist oder sich ver borgen hält. Andere Militärbehörden sind zur Erlassung eines Steckbriefs befugt, wenn der Beschuldigte aus dem Gefängnis ent weicht oder sonst der Bewachung sich entzieht oder der Fahnen­ flucht verdächtig ist. Der Steckbrief soll, soweit dies möglich, eine Beschreibung des zu Verhaftenden enthalten und die demselben zur Last gelegte strafbare Handlung, sowie die Behörde bezeichnen, an welche die Ablieferung zu erfolgen hat. Die Bekanntmachung des Steckbriefs kann außer durch öffentliche Blätter auch durch öffentlichen Anschlag im Heimatsorte, Wohnort oder gewöhnlichen Aufenthaltsorte des zu Verhaftenden erfolgen. Entw. § 175. Schrifttum: Handw.: Elsner v. Grvnvw, Steckbrief: Sein* rich-, Deutsche Niederlassungsverträge und Übernahmeabkommen, Berlin 1908: Handw.: Erhard, Auslieferung im militärgerichtlichen

Dienstenthebung, Verhaftung, Festnahme.

§ 183.

371

Verfahren: Grosch, Das deutsche Auslieferungsrecht, 1902; v. Bippen, Das RMG. und die Auslieferungsverlräge, in Steidle, Militärrechtl. Studien, 1910; Meltgenberg, Das deutsche Ausliefern.»gsrecht in der Praxis des RMG. Z. f. Völkerrecht, 9 459; Bühner, Auslieferung eines Fahnenflüchtigen wegen schweren Dielstahls, Arch. 3 146; Stengel-Fleischmann, Frank, Auslieferung; Rosenfeld, Strafprozeß § 51, dort insbes. über den Grundsatz der Spezialität. 1. Die Vorschrift ist dem § 131 StPO, nachgebildet. Ein wesentlicher Unterschied besteht aber darin, daß im Gegensatz zur StPO., wonach Steckbriefe regelmäßig nur „auf Grund eines Haftbefehls" erlassen werden, nach der MStGO. Steckbriefe auch ohne vorgängigen Haftbefehl erlassen werden können. 2. Wegen der Voraussetzungen für die Untersuchungshaft s. § 176. 3. Gründe brauchen im Steckbrief landers als beim Haft­ befehl, s. § 175 Anm. 5) nicht angegeben zu werden. 4. Zu Abs. 2. a) Wegen der Fahnenflucht s. MStGB. 88 69 ff. Die Verfolgung der Fahnenflüchtigen liegt in erster Linie den Truppenteilen ob. Vgl. 8 360. Hinter vorläufig in die Heimat beurlaubten Rekruten erläßt, soweit sie der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstellt sind, MStGO. 8 5 Ziff. 1, 8 6 MStGB., 8 60 Ziff. 3 RMilGes., das Bezirkstommando den Steckbrief. b) AusfBest. d. Pr. KrMin. und der Marine-. „In den hier bezeichneten Fällen sind außer dem Gerichtsherrn zur Erlassung von Steckbriefen befugt: die Militärvorgesetzten vom Regiments­ oder selbständigen Bataillons- und Bezirkskommandeur ab auf­ wärts, beziehungsweise die mit den Befugnissen dieser Befehls­ haber ausgestatteten Militärvorgesetzten, sowie bei Entweichungen aus Gefangenanstalten oder Arbeiterabteilungen die Gouverneure, Kommandanten und Garnisonältesten. In der Marine sind auch die Abteilungskommandeure und alle Äommanbanten S. M. Schiffe zu Erlaß von Steckbriefen befugt.

372

Versal,reu in erster Instanz.

5.

In den

§ ist.

Steckbriefen ist der kosten wegen grundsätzlich

Ablieferung an die nächste Militärbehörde zu verlangen. 6. a) Zur Veröffentlichung der Steckbriefe sind in Preußen nach Pr. KrMin. v. 18. 2. 13 bestimmte Amtsblätter vorgesehen. Verfahren und Formulare sind in der genannten Verfügung genau geregelt. Außerdem bestehen das Teutsche Fahndungsblatt in Berlin, worauf Pr. KrMin. v. 7. 9. 06 hinweist, und das ZentralPolizeiblatt in Berlin. Nach Pr. KrMin. u. 10. 5. 00 sollen im Deutschen Fahndungsblatt grundsätzlich nur Steckbriefe wegen Berbrechen veröffentlicht werden, nötigenfalls auch Stecke Briefe wegen Fahnenflucht, falls Haftbefehl erlassen ist, im ZentralPolizeiblatt andere Steckbriefe lvegen Fahnenflucht. Wegen geringerer Fälle sollen diese allgemeinen Blätter nicht in Anspruch genommen werden. Genaue Beschreibung nötig. Formulare find vorgeschrieben. Heeresgliederung und Standort mobiler Truppen­ teile find wegzulassen, Pr. KrMin. v. 3. 6. 16. Telegramme sind in gekürzter Fassung zu senden, Pr. KrMin. v. 8. 9. 10. b) Zweckmäßig erfolgt Niederlegung einer Steckbrief­ nachricht bei der zuständigen Strafregisterbehörde. 7. Über Maßregeln bei Entweichung von Strafgefangene n vgl. § 21 Pr. MStV. I. Teil. 8. G e b ü h r n i s s e Entwichener s.

§§ 8,

61

FrBesV.,

20 FrBB-, 22 KrBesB-, 18, 3f>, 49 KrVB.

9. über die Auslieferung aus dem Auslande wegen straf­ barer Handlungen s. die Anweisung II des Pr. KrMin. und für Bayern Bekanntm. d. Iustizmin. v. 28. 12. 08, IM Bl. 1009 S. 2, sowie das oben angeführte Schrifttum.

Die Auslieferungsverträge

wegen Fahnenflucht gelten während eines Krieges als ruhend, soweit der andere Staat, z. B. Dänemark im jetzigen Kriege, neutral ist.

Ergreifung.

8

Ist jemand infolge Haftbefehls (§ 175) ober auf Grund eines Steckbriefs '§ 183) ergriffen worden, und kann er

Zeugen.

§ 185.

373

nicht spätestens ant Tage nach der Ergreifung bestimmungsgemäß abgeliefert werden, so ist er auf sein Verlangen sofort der nächsten Militärbehörde vorzuführen und von dieser un­ verzüglich zu vernehmen. Weist er bei der Vernehmung nach, daß er nicht die verfolgte Person, oder daß die Verfolgung durch die zuständige Behörde wieder aufgehoben sei, so hat die Militär­ behörde seine Freilassung zu verfügen. Entw. § 176. 1. Die Vorschrift ist betn § 132 StPO, nachgebildet. L. „Bestimmungsgemäß- int Sinne des § 184 ist die Ab­ lieferung des Verhafteten, wenn sie erfolgt an den Gerichtsherrn, der den Haftbefehl erlassen hat, § 175, oder an die in dem Steck­ briefe bezeichnete Behörde, § 183 Abs. 3. Begr. S. 121. 3. Die Vorführung hat nur „auf Verlangen- des Er­ griffenen stattzufinden. 4. Unter der „nächsten Militärbehörde" ist die am schnell­ sten erreichbare zu verstehen. Ebenso Herz-Ernst Anm. 3», Loewe, StPO. § 132 Anm. 3. Die Vernehmung durch die Militärbehörde braucht nicht eine verantwortliche tm Sinne des § 173 zu sein, es genügt kurze Ver­ nehmung zwecks Feststellung im Sinne des zweiten Satzes. Nach Einlieferung in das Gefängnis mutz der Ergriffene gemäß § 177 durch den Untersuchungsführer gehört werden. Die Vernehmung ist formlos. Sie erfolgt durch die von der Militärbehörde damit beauftragte Person: vgl. § 181 Anm. 4.

III. Vernehmung von Zeugen. Gestellung. § 185. Die Gestellung von Zeugen, welche Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres oder der aktiven Marine sind, erfolgt durch dienstliche Anordnung. Anderen Personen ist, sofern nicht ein sonstiger Weg zweck

374

Verfahren in erster Instanz.

§ 185.

dienlich erscheint, eine Ladung zuzustellen. In der Ladung in auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens hinzuweisen. Entw. § 177. Schrifttum: Beling, Lehrb. S. 342—362; Binding, Grundr. S- 154—164; Rosenfeld §§ 52, 53; Graf zu Dohna S. 91—117; Rodenwald, Uber Soldatenaussagen, ein Beitr. z. Psychologie der Aussage, 2. I. 1905 S. 287—337; O. Lemcke, Der Zeugniszwang im Straf- und Disziplinarverfahren, insbes. die Zeugnispflicht des Redakteurs. Diss. Heidelberg 1908; Handw.: Nehmeyer, Zeugen. 1. Die Bestimmungen des Gesetzes über die Vernehmung von Zeugen schließen sich im allgemeinen eng an die der bürger« lichen StPO. (§§ 48 ff.) an. Begr. zu §§ 177—199 des Entw. Übet den Begriff des Zeugen vgl. § 194 Anin. 4. 2. Wegen des Begriffes „Personen des Soldaten stand es des aktiven Heeres oder der aktiven Marine" f. § 1. 3. Sogenannte informatorische Vernehmungen, sei es als Beschuldigter, sei es als Zeuge oder Sachverständiger, kennt die MStGO. weder im Ermittlungsverfahren, noch in der Hauptverhandlung. PE. 4 22. 4. Wie die Personen des altiuen Soldatenstandes gestellt werden, ob durch Befehl oder durch Hinführen, ist dem Er messen der vorgesetzten Dienststelle überlassen. Die Ge­ stellung kann wie jeder andere militärische Dienstbefehl erzwungen werden. Begr. S. 122. Es ist zu vermeiden, die Gestellung der Zeugen zur (Berichts stelle dem Beschuldigten, der etwa Gefreiter oder Unteroffizier ist, zu übertragew. 5. Zu Abs 2. Nach Abs. 2 ist die Zustellung einer form lichen Ladung nicht unbedingt erforderlich: um das Erscheinen eines Zeugen vor Gericht zu bewirken, reicht in manchen Fällen eine mündliche Bestellung aus. Bestrafung wegen Ausbleibens kann aber bei formloser Ladung einer unter Abs. 2 fallenden Person nicht erfolgen, sondern

Zeugen.

$ 186.

375

nur nach vorgängiger ordnungsmäßiger Ladung, § 142 Abs. 1. KomBer. S- 64. Zur Hauptverhandlung hat grundsätzlich Zustellung einer förmlichen Ladung zu erfolgen, wobei aber die Zustellung nicht durch Aufgabe zur Post erfolgen darf. § 142 Abs. 2. 6. Die Ladung ist vom Gerichtsherrn und dem Untersuchungs­ führer gemeinsam zu unterzeichnen, §§ 97 Abs. 2, 102. Bgl. auch EG. § 9. 7. Aktive Soldaten, welche noch vor der Entlassung aus dem aktiven Dienst eine Aufforderung zum Erscheinen in einem nach der Entlassung anstehenden Termin erhalten sollen, sind wie Zivil­ personen zu laden. 8. AusfBest. d. Pr. KrMin. und der Marine: „Die Ladung von Reichs- oder Staatsbeamten ist der vorgesetzten Dienst­ behörde derselben mitzuteilen. Bgl. dazu Pr. KrMin. v. 1. 7. 02. 9. Zu Abs. 2. Geeignetenfalls ist in die Ladung, um un­ nötige Schädigung deS Beschuldigten zu vermeiden, ledig­ lich einzusetzen: In einem hier schwebenden Ermittlungs­ verfahren usw. Pr. KrMin. v. 3. 4. 10.

Zwang-mittel.

§ 186.

Ein durch Zustellung geladener Zeuge (§ 185 Absatz 2) ist, wenn er nicht erscheint, in die durch das Ausbleiben verursachten Kosten, sowie zu einer Geldstrafe bis zu dreihundert Mark, und für den Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurteilen. Auch ist die zwangsweise Borführung des Zeugen zulässig. Bleibt der Zeuge bei nochmaliger Vorladung in demselben Ermittelungsversahren abermals aus, so kann derselbe noch einmal in Strafe und Kosten verurteilt werben. Die Verurteilung in Strafe und Kosten unterbleibt, wenn das Ausbleiben des Zeugen genügend entschuldigt ist. Erfolgt nachträglich genügende Entschuldigung, so werden die gegen den Zeugen getroffenen Anordnungen wieber aufgehoben.

376

Verfahren in erster Instanz.

§ 186.

Die Befugnis zu den im ersten Absätze bezeichneten Maß­ regeln steht hinsichtlich der im § 1 bezeichneten Personen, soweit sie zu laden sind ;§ 185 Absatz 2), dem Gerichtshenn zu. Hinsichtlich anderer Personen erfolgt die Festsetzung und die Vollstreckung dieser Maßregeln aus Ersitchen durch den Amtsrichter, in dessen Bezirke der Zeuge seinen Wohnsitz oder in Er­ mangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Die Vorführung des Zeugen ist durch Ersuchen der Staatsanwaltschaft oder der Polizeibehörde zu bewirken.

Enttv. § 17X. 1. Die Vorschrift ist im wesentlichen aus § f>0 StPL. entnominen. 2.

a) Tie hier gegen Zeugen im Falle des Ausbleibens ge­

gebenen Maßregeln beziehen sich iiid)t aus die aktiven Personell des Soldatenstandes, deren Gestellung nach § 18.') Abs. 1 durch dienstliche Anordnung erfolgt und erzwungen lverden samt, Begr. 3. 122: s. auch § 185 An ul. 4, wohl aber aus die übrigen durch § l der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstellten Personen. b) Die Anwendung der im § 186 bezeichneten Zwaugsmatzregeln hat eine ordnungsmäßige Ladung im Sinne des § 185 Abs. 2 zur Voraussetzung. Formlose Laduilg gellügt nicht zlir Bestrafung.

3. § 185.

c) Dem „Nichterscheinen" steht das eigenmächtige vor­ zeitige Sichentfernen gleich. DaS wurde in der Kommission aus­ drücklich betont.

KomBer. S. 64, 65.

d) „Ist zu verurteilen" heißt: Die Verurteilung iu Kosten und Strafe muß erfolgen. Auch beim zweiten Ausbleiben nach nochmaliger Vorladung mutz die Strafe nebst Kostenerstattungspflicht festgesetzt werden. Das „kann" bedeutet lediglich, daß nur einlualige Wiederholung der Verurteilung zulässig ist. So auch Elsner v. Gronow-Svhl; Stenglein Anln. 2: v. Kries, Strasproz. S. 355. A. M.: Herz-Ernst Anlil. 3; Pechwell Anln. 6; Sturm-Walde Aunl. 2: Löwe, StPL.

Zeugen. § 50 Anm. 7.

§ 186.

377

Vorführung bleibt auch bei der dritten Ladung

zulässig. Gegen den in der Hauptverhandlung ausgebliebenen Zeugen ist neue Besttafung zulässig. S. § 299 Abs. 3. Vgl. Koppmann Anm. 11; Loewe, StPO. § 50 Anm. 7. ©) Die Berechtigung zur Verweigerung de- Zeugnisses be­ rechtigt noch nicht zum Ausbleiben auf erfolgte Ladung. Ob das Ausbleiben des Zeugen „genügend entschuldigt" ist, darüber entscheidet der Gerichtsherr, Abs. 3, und der Amtsrichter, Abs. 4, nach freiem Ermessen. Vorschützen unwahrer Tatsachen als Entschuldigung ist nach § 138 RStGB. strafbar, und -war auch das nachträgliche Vor­ bringen zum Zwecke der Vermeidung oder Wiederbeseitigung von Ordnungsstrafen. RG. 29 316. f) Vorführung von Zivilpersonen erfolgt grundsätzlich durch Ersuchen der Polizeibehörde, Pr. KrMin. v. 13. 5. 07, wo auch nähere Vorschriften über Bewachung und Kosten gegeben sind. Verzeichnis der zu ersuchenden Behörden Pr. KrMin. v. 22. 9. 08. 3. Die Festsetzung von Strafe und Pflicht zur Kosten­ zahlung erfolgt nicht etwa durch Urteil, wie man nach der Fas­ sung: „ist zu verurteilen" annehmen könnte, sondern durch Verfügung des Gerichtsherrn, Abs. 3, oder Amtsrichters, Abs. 4. Die Verfügung des Gerichtsherrn bedarf der Mitzeichnung gemäß §§ 97 Abs. 2, 102. 4. Zu Abs. 3. Bei den Personen des § 1 dieses Gesetzes, soweit sie zu laden sind, befindet der Gerichtsherr über das vor­ liegen der Voraussetzungen der Besttafung. PE. 6 24. DaS Gericht stellt ohne weiteren Beschluß lediglich das Fehlen fest. Auch daS Ersuchen ans Amtsgericht geht allein vom

Gerichtsherrn aus.

PE. 6 24. 5. Gegen die Verfügung deS Gerichtsherrn ist Rechtsbeschwerde

an das obere Gericht, §§ 373 ff., gegen die des Amtsrichters die Beschwerde nach den Vorschriften der bürgerlichen StPO., s. dort §§ 346 ff., zulässig. § 204. Weder die Rechtsbeschwerde, noch die Beschwerde nach der LtPO. hat aufschiebende Wirkung, § 375 MStGO, § 349 StPO-

378

Persaiire» in erster Instanz.

$ 1-7,

3e«gniSverweigerung a) Persönliche Veziehungen. § 187. Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt: 1. der Verlobte des Beschuldigten; 2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; 3. diejenigen, welche mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindesstatt verbunden oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis jum zweiten Grade verschwägert sind, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht. Die bezeichneten Personen sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Ver­ nehmung widerrufen. Eni»\ § 179. Schrifttum: Busse, Zeugnispflicht der Einwohner besetzter feindl. Landesteile vor den Militärgerichten, DStrrZ. 2 515,. 1. Die Vorschrift entspricht dem $ 51 St PL 2. Ausländer und Teutsche im besetzten Gebiete sind dem Zeugniszwange der MStGL-, auch des außerordentlichen Verfahrens gegen Ausländer, unterworfen. A. M.: Busse, DCtrrZ. 2 545 auf Grund zu enger Auffassung des Rechts der Besetzung. Aber dieses s. Romen und Rissom, MStGB., 2. Ausl. 1916, $ 16 Anm. 12a. Vgl. auch Beling, Arch. 7 310. 3. a) Aber das Recht der Verweigerung der Beeidigung des Zeugnisses und Belehrung darüber vgl. § 200. b) Bei Verweigerung des Zeugnisses seitens dieser Personen bedarf es weder eines Gerichtsbeschlusses noch einer weiteren Begründung für die Nichtbeeidigung. PE. 6 25. 4. Zu Ziff. 1. Als »Verlobte" gelten diejenigen Personen, nwlche sich gegenseitig ein miftlirfi gemeintes Ebeverfprechen ge-

Zeugen.

§ 187.

379

geben haben. RG 10 117. „Liebesverhältnis" ist kein Verlöbnis. Rechtspr. 2 182. Einer besonderen Form bedarf es zur Gültigkeit des Verlöbnisses nicht. Das Verlöbnis muß, wenn es zur Ver­ weigerung des Zeugnisses berechtigen soll, zur Zeit der Zeugnis­ ablegung bestehen. RG. 31 143. Darüber, ob ein wirkliches Ver­ löbnis besteht, entscheidet das richterliche Ermessen, nicht die persönliche Auffassung des Zeugen. Rechtspr. 2 182. Zu Ziff. 3.

Vgl. die Anm. 7 zu § 122 Ziff. 3.

5. Zu Abs. 2. Die Belehrung des Zeugen über das Verweige­ rungsrecht muß „vor jeder Vernehmung" erfolgen, d. h. sie muß vor jeder Vernehmung wiederholt werden. Bei fort­ gesetzter Verhandlung genügt aber einmalige Belehrung. RG. 2 192, 12 403. Unterlassung der Belehrung macht die Vernehmung zu einer ungesetzlichen und hindert ihre Verlesung in der Hauptverhandlung. RG. 20 187; s. auch 25 262, 29 351.

K. Der Untersuchungsführer und das Gericht haben von Amts wegen daS Verhältnis des Zeugen -um Beschuldigten festzustellen. PE. 3 78a. Wird aber ein BerweigerungSgrund nicht angegeben noch sonst ermittelt, so konnte der Richter seiner Pflicht nicht genügen. Dann ist die unterlassene Belehrung kein Revisionsgrund. RG. 32 157 (früher anders). Bgl. Ditzen, Arch. f. Strafr. 52 381. 7. Wegen der Verpflichtung des Zeugen, die Tatsachen, auf die er die Verweigerung des Zeugnisses stützt, glaubhaft zu machen, s. § 191. 8. Ob die nach § 187 zur Zeugnisverweigerung berechtigten Personen, wenn sie sich vernehmen lassen, zu beeidigen sind oder nicht, hängt vom richterlichen Ermessen ab. § 200. 9. Das Protokoll über die Aussage eines vor der HauptverHandlung vernommenen Zeugen, der in der Hauptverhandlung von dem Rechte, sein Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen, die Aussage auch nicht in anderer Weise fest­ gestellt werden. § 306. 10. Das Recht der Zeugnirvenveigerung befreit nicht von der

Verfahren in erster Instanz.

380

§ 188.

von der Zeugnisleistung völlig verschiedenen Pflicht, als Cbjvtl eines Augenscheines zu dienen und sich einer körperlichen Unter­ suchung zu unterwerfen. RG. 19 306. Vgl. auch Lvewe, StPL?. § 86 Anm. 3 a.

JengniSverweigernng §

b)

Geistliche, Verteidiger usw.

188* Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner

berechtigt: 1. Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnetl bei Aus Übung der Seelsorge anvertraut ist: 2. Verteidiger in Ansehung desjenigen, was ihnen in dieser ihrer Eigenschaft anvertraut ist; 3. Rechtsanwälte und Ärzte in Ansehung desjenigen, tun* ihnen bei Ausübung ihres Berufs anvertraut ist. Die unter Nr. 2 und 3 bezeichneten Personen dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Entiv. $ ISO. Schrifttum: Ditzen, Schweigerecht des Rechtsanwalts, \Mrdi. 3 298; Kahl, Die Grenzen des ärztlichen Berufsgeheimnisses. 3- f- d. ges. Str. 29 352, bespr. Arch. 1 232. 1. Die Bestimmung stimmt überein mit § 52 der StPO-: jedoch sind in Ziff. 2 die Worte „des Beschuldigten" hinter „Verleidiger" weggelassen, weil der Sinn der Bestimmung dahin gebt, daß Verteidiger über das ihnen in dieser Eigenschaft Anvertraute überhaupt nicht Zeugnis abzulegen brauchen, gleichviel tu ft tut und in welcher Sache sie als Zeugen benannt werden. Begr. S. 122. 2. Das Gesetz erklärt die in Ziff. 1—3 aufgeführten Personen nur für berechtigt, nicht für verpflichtet, in dem angegebenett Umfange ihr Zeugnis zu verweigern, es stellt ihrem pflichtmäßigen Ermessen und ihrer Tiskretiott im einzelnen Falle anheim, ob sie dem Richter die gewünschte Auftläruttg gebett ui dürfen glaub -n

Zeugen.

§ l»8.

381

oder nicht. RG. 19 365. Für die Zulässigkeit der Bernehmung des Zeugen, falls dieser sich vernehmen lätzt, ist es jedenfalls ohne Belang, ob er von einer etwa vorhandenen Schweigepflicht entbunden ist, oder ob er pflichtwidrig handelt. RMG. 19 65. 3. Unter „Anvertrauen" ist jedes Mitteilen verstanden. Es ist nicht erforderlich, daß dies unter ausdrücklicher Auferlegung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit geschah. Auch ist das Recht der Zeugnisverweigerung nicht beschränkt auf Mitteilungen des Beschuldigten. Ebenso Pechwell Anm. 2; Stenglein 91 tim. 2: Loewe, StPO. § 52 Anm. 2. S. auch RG. 13 62. 4. Belehrung über Berechtigung zur Verweigerung des Zeugnisse- ist hier nicht vorgeschrieben. 5. Legen die genannten Personen Zeugnis ab, so dürfen sie die Beeidigung nicht verweigern. 6. Zu Ziff. 1. Unter den „Geistlichen" sind nur solche der staatlich anerkannten Religionsgesellschaften zu verstehen. Ebenso Koppmann Anm. 2; Pechwell Anm. 4: Seidenspinner Anm. 2; Sturm u. Walde Anm. 3; Stenglein Anm.- 9; Loewe, StPO. § 52 Anm. 6. 7. Zu Ziff. 2. Bgl. Anm. 1. Gemeint sind hier alle Ver­ teidiger. Ein Unterschied zwischen Rechtsanwälten und anderen Verteidigern ist hier nicht gemacht. Auch wird man zu den Ver­ teidigern nicht bloß die gemäß § 341 im Militärstrafverfahren „zu­ gelassenen" rechnen dürfen. 8. Zu Ziff. 3. a) Bezüglich der Befreiung der Rechtsanwälte bildet es keinen Unterschied, ob ihnen die in Betracht kommende Mitteilung in einer Strafsache oder in einer Zivilsache oder in einer anderen Angelegenheit anvertraut worden ist. Das Berwcigerungsrecht steht auch dem Stellvertreter eines Rechtsanwalts, nicht aber dem Hilfs- (Bureau-) Perso­ nal zu. Notare sind von der Zeugnispflicht nicht befreit. So auch Koppmann Anm. 4: Stenglein Anm. 10; Loewe, StPO. § 52 Anm. 13, 17.

382

Herfahren in erster Instanz.

§ 189.

b) Unter den Ärzten sind nicht alle in den §§ 29 Abs. l, 117 Ziff. 3 der Gewerbeordnung angeführten Medizinalpersoneil zn verstehen, sondern nur solche, die im Inlande die staatliche Approbation erlangt haben. Tierärzte sowie andere Medizinal­ personen, insbesondere Apotheker, Hebammen und ferner ärzt­ liches Hilfspersonal kommen hier nicht in Betracht.

Zo auch Pcch-

well Anm. 6; Stenglein Anm. 11; Loewe a. a. O. Anm. 15. Nach Koppmann Anm. 4 und Herz-Ernst Anm. 4 fallen unter den Begriff „Arzte" alle in § 29 der Gewerbeordnung bezeichneten Medizinal­ personen. c) über die unbefugte Offenbarung von Privatgeheimnissen durch Rechtsanwälte und Ärzte f. § 300 RLtGB. Wenn die ge­ nannten Personen von dem Rechte der Zeugnisverweigerung keinen Gebrauch machen, sondern Zeugnis ablegen, so ist die Offenbarung des Geheimnisses nicht unbefugt. Bgl. hierzu Olshaufen, Komme,>i z. StGB. § 300 Anm. 9.

9. über die Verpflichtung der in Ziff. 2 u. 3 benannten Personen, die Tatsachen, auf welche sie die Verweigerung des Zeugnisses stutzen, glaubhaft zu machen, s. § 191. 10.

Zu Abs. 2.

Bon der Verpflichtung zur Verschwiegenbeit

kann nur derjenige wirksam entbinden, welcher die Tatsawe anvertraut hat. Herz-Ernst Anm. 7; Loewe a. a. £. Anm. 19.

Dienstverschwiegenheit.

§ 189. öffentliche Beamte und Personen des Soldaten, standes, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind, dürfen über Umstände, auf ivelche sich ihre Pflicht zur Dienstverschwiegenheit bezieht, als Zeugen nur mit Genehmigung ihrer vor gesetzten Dienstbehörde oder der ihnen zuletzt vorgesetzt gewese neu Dienstbehörde vernommen werden. Für den Reichskanzler bedarf es der Genehmigung des Kaisers, für die Minister der Genehmigung des Landesherrn, für die Mitglieder der Senate der freien .Hansestädte der Genehmigung des Senats. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Ab-

Zeugen.

§ 189.

383

legung des Zeugnisses dem Wohle des Reichs oder eines Bundesstaats Nachteil bereiten würde. Entw. K 181. Schrifttum: Ditzen, Vernehmung von öff. Beamten als Zeugen, Arch. 2 465. 1. Die Vorschrift stimmt überein mit § 53 StPO-, nur sind — „um jeden Zweifel auszuschließen", Begr. S. 123 — im ersten Absätze neben den öffentlichen Beamten „die Personen des Soldaten­ standes" ausdrücklich erwähnt. 2. „Öffentliche Beamte" sind nicht bloß die Reichs- und Staatsbeamten, sondern andere öffentliche Diener, auch z. B. Ge­ meindebeamte. Der Begriff „Beamte" ist hier im weitesten Sinne zu verstehen. Loewe, StPO. § 53 Anm. 1. 3. a) Die öffentlichen Beamten und Personen des Soldatenstandes haben, wenn sie zum Zeugnisse berufen sind, zunächst selbst zu ermessen, ob und inwieweit ihnen die Pflicht zur Dienst­ verschwiegenheit die Aussage verbietet. Der Richter braucht sie nicht daran zu erinnern. RG. 13 154. Im Zweifel-falle ent­ scheidet darüber, ob die Umstände solche sind, auf welche sich die Pflicht zur Dienstverschwiegenheit bezieht uub ob und in welchem Umfange die Voraussetzungen der Versagung der Genehmigung gegeben sind, die vorgesetzte Dienstbehörde, deren Au-spruch in dieser Beziehung für den Richter maßgebend ist. RG. 7 75. Vgl. auch Rechtspr. 3 123. RMG. 7 83. Die Genehmigung tonn auch unter Einschränkung auf gewisse Tatsachen erteilt werden. RG. 7 75. Uber die Qualifikationsberichte von Offizieren darf Aus­ sage nur mit Allerhöchster Genehmigung gemacht werden. Die Einforderung der Qualifikationsberichte selbst ist unzulässig. Pr. AKO. v. 11. 5. 05 und Pr. KrMin. v. 29. 5. Ol. b) Die Gründe für die Versagung der Genehmigung braucht die Dienstbehörde nicht anzugeben. c) über den Hergang bei der Beratung und Abstimmung, § 325 Abs. 2, dürfen die dabei beteiligt gewesenen Richter gründ-

;w4

'^vrialimi in erster Instanz.

8

sätzlich nicht als Zeugen vernommen werden. Sie müssen das Zeugnis verweigern. RG. 26 202. Näheres s. § 325. 4. Das erkennende Gericht hat infolge seiner Pflicht zur Er­ forschung der materiellen Wahrheit nötigenfalls nach § 298 Abs. 2 Beweisbeschluß auf Einholung der Genehmigung zu erlassen, die dann der Gerichtsherr zu besorgen hat. So Gerland, Gerichtssaal 69 279, gegen RMG. 7 76, dem auch Loewe § 53 Anm. 3b, RG. in GoltdArch. 48 296 iitib Herz-Ernst Anm. 5 widersprechen.

AuStunftverweigerung. § 190# Jeder Zeuge kann die Auskunft ans solche Fragen venveigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der im S 187 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Angehörigen die Gefahr straf gerichtlicher Verfolgung zuziehen mürbe. Entiv. § ls2. Schrifttum: Handw.: Dieß, Angehörige. 1. Die Vorschrift gibt den § 54 StPO, wieder. 2. Die Auskunftverweigerung ist zulässig in bezug auf fragen, deren Beantwortung in irgendeiner Richtung, z. B. durch Bejahung, dem Zeugen die Gefahr der strafgerichtlichcn Ver­ folgung zuziehen würde. 3. Belehrung des Zeugen über Berechtigung zur Berweige rung ist hier nicht vorgeschrieben, sondern dem Ermessen des Ver Handlungsführers überlassen, RMG. 15 163. Vgl. RG. 10 154. Die übliche Belehrung, daß der Zeuge die Antwort verweigern dürfe, wenn er durch wahrheitsgemäße Beantwortung sich der Gefahr aussehe, ist unrichtig, da dann der Zeuge durch die Verweigerung mittelbar Antwort geben würde. Es braucht also kein Zeuge auf die Frage, ob er selbst der Täter sei, zu antworten, gleichviel ob er der Täter ist oder nicht. So mit Recht RG. 23 134 und neuerdings wieder Lande, DIZ. 1908 S. 694—696. Bgl. dazu Hamm, Zeugnis für und gegen sich selbst, DIZ. 1908 S- 805.

Zeugen.

8 190.

385

4. a) Der Zeuge darf daS ihm ln § 190 gewährte Recht mir ausüben durch ausdrückliche Verweigerung, nicht durch Ver­ schweigung einzelner Tatumstände. Rechtspr. 5 372. b) Die Durchführung deS Gesetzeszwecks läßt unter Um­ ständen — nach Ermessen deS Gerichts — Verweigerung deS ganzen Zeugnisses gerechtfertigt erscheinen. Rechtspr. 2 305; Loewe § 54. In diesem Falle ist der Zeuge berechtigt, auch noch nachträglich, solange die Vernehmung noch nicht abgeschlossen ist, seine bereits gemachte Aussage zurückzuziehen. In sclchem Falle hat das Gericht die Aussage deS Zeugen als nicht geschehen an­ zusehen, RG. v. 18. 9. 14, GoltdArch. 62 319. c) Dem AngeNagten steht eS zu, dem Zeugen alle von ihm als notwendig erachteten Fragen vorzulegen und bei einer Ver­ weigerung deS Zeugnisse- zu verlangen, daß der Zeuge die Be­ hauptung, auf die er sein Weigerungsrecht stützt, glaubhaft mache, RMS. 15 163. 5. Rur die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung berech­ tigt zur Verweigerung der Auskunft, nicht auch der Umstand, datz der Zeuge bet Beantwortung einer Frage feine oder eine- An­ gehörigen Schande würde bekennen müssen, RG. v. 5. 7. 95 lGoltdArch. 43 242); ebensowenig ein etwa drohender HermvgenSnachteil. Die Gefahr disziplinärer Verfolgung (DiszStO. § l Nr. 1) berechtigt nicht zur ZeugniSverweigrrung. Ist die strafgerichtliche Verfolgung durch Verjährung, Ablauf der Antrag-frist, Notwehr, Notstand oder weil der Täter bei Be­ gehung der Tat noch nicht 12 Jahre war oder auS einem anderen Grunde ausgeschlossen, so besteht auch kein Recht zur AuSkunftverweigrrung. Ein rechtskräftig verurteilter Mitangeklag­ ter oder Mittäter usw. muß aussagen, PC. 2 22, aber nach § 199 Ziff. 3 unbeeidigt. 6. Macht der Zeuge vom Recht des z 190 keinen. Gebrauch, so muß er sein Zeugnis beeidigen, soweit nicht § 199 Ziff. 3 ent­ gegensteht. 25 «omen-Rissom, ftStOO., ». Aufl.

386

Verfahren in erster Instanz.

§ 191

verfahre« bei «eiger»«g. § 191# Die Tatsache, auf welche der Zeuge die BerWeigerung des Zeugnisses in den Fällen der §§ 187,188 Nr. 2,8 stutzt, sowie die Behauptung des Zeugen in dem Falle des § 190 sind auf Verlangen glaubhaft zu machen. Es genügt die Versicherung an Eides Statt.

Entw. § 183. 1. Die Vorschrift entspricht beut § 55 StPO., doch ist anstatt der dort verlangten „eidlichen Versicherung des Zeugen" in § 191 die „Versicherung an Eides Statt" getreten. 2. Für den Geistlichen genügt im Falle des § 188 Ziff. 1 die einfache Erklärung, daß dasjenige, worüber er aussagen soll, ihm bei Ausübung der Seelsorge anvertraut sei. 3. Im Falle des § 190 braucht die Tatsache, auf welche der Zeuge feine Befürchtung strafgerichtlicher Verfolgung und damit fein Recht der Zeugnisverweigerung stützt, nicht angegeben zu werden. Es genügt grundsätzlich die einfache oder auf Verlangen eidesstattlich versicherte Angabe des Zeugen, daß er durch die Be­ antwortung der Frage sich oder einen Angehörigen der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung aussetzen würde. KomBer. S. 66. 4. über den Begriff der „Glaubhaftmachung" s. § 126 Anm. 2. 5. „Auf Verlangen" heißt: nach dem Ermessen des Gerichts. Rechtspr. 2 306. Auch der Angeklagte darf ein dahingehendes Verlangen aussprechen, RMG. 15 163. Der Richter darf der betreffenden Erklärung des Zeugen auch ohne weiteres Glauben schenken, namentlich wenn ihr nicht widersprochen wird. Loewe, StPO. § 55 Anm. 2. 6. Wer gemäß § 199 Ziff. 1 u. 2 nicht zu beeidigen ist, dem darf auch keine Versicherung an Eide- Statt abgenommen werden. 8 199 Ziff. 3 ist für § 191 bedeutungslos. Ebenso Loewe, StPO. 8 55 Anm. 5r a. M. Stenglein Anm. 5. Die wissentlich falsche Abgabe der Versicherung an Eides Statt ist sttafbar nach § 156 RStGB

Zeugen.

§ 192.

387

Ui^elveruehmuug. § 192. Jeder Zeuge ist einzeln und in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen zu vernehmen. Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen oder mit dem Beschuldigten ist zulässig. Entw. § 184. 1. § 192 entspricht dem § 58 StPO., jedoch ist die dort in Abs. 2 ausgestellte Einschränkung, daß eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen oder mit dem Beschuldigten im Vorverfahren nur dann stattsinden dars, wenn sie ohne Nachteil für die Sache nicht bi- zum Hauptverfahren ausgesetzt bleiben kann, wegen der Bedeutung, die dem Ermittlungsverfahren in der MEt GO. beigemessen ist, hier nicht aufgenommen worden. Begr. S. 123. L. Die Vorschrift de- g 192 ist nur eine sogenannte instruktionelle oder Ordnungsvorschrift; sie ordnet nur die Regel an, Ausnahmen sind statthaft. Die Richtbefolgung dieser Vorschrift enthält niemals eine Gesetzesverletzung im Sinne des g. 899. RMG. 13 164; «G. 1 366; «echtspr. 1 603. ES ist nicht unzulässig, Personen, die bet der Vernehmung des Angeklagten und anderer Zeugen -. B. im ZuhSrerraum anwesend gewesen sind, als Zeugen zu vernehmen. RG. 2 54; Lechtspr. 3 295. ES verstößt nicht gegen daS Gesetz, wenn einzelne schon vernommene Zeugen nach Vernehmung der später abgeführten Zeugen in deren Gegenwart über einzelne weitere Puntte nachträglich befragt werden. RMG. 8 189. 3. Die Anwesenheit des Beschuldigten bei der Zeugen­ vernehmung im Ermittlungsverfahren ist, abgesehen von den Fällen des Abs. 2 und § 165 Abs. 2, ungesetzlich. PE. 5 14. 4. Aus Sachverständige findet die Vorschrift des g 192 keine Anwendung. § 216 Abs. 3. 5. Zu Abs. 2. Gegenüberstellung kann stattfinden namentlul) mit dem Verletzten, dem zwar ein Anspruch auf Anwesenheit

388

»verfahren ln erster Instanz.

§ I9ü.

nicht zusteht, dem aber auf diesen; Wege Gelegenheit zur Be­ schaffung der ihm etwa möglichen Aufklärung gegeben werden lauu.

RMG. 17 277.

PeHoualfrage«.

§ 193« Die Vernehmung beginnt damit, daß der Zeuge über Vornamen und Zunamen, Alter, Religionsbekenntnis, Stand oder Gewerbe und Wohnort befragt wird. Erforderlichenfalles sind dem Zeugen Fragen über solche Umstände, welche seine Glaubwürdigkeit in* der vorliegenden Sache betreffen, insbesondere über seine Beziehungen zu dem Beschuldigten oder dem Verletzten, vorzulegen.

Rntw. § 1.

/, 220.

Ausgrabung.

§ 225. Behufs der Besichtigung oder Öffnung einer schon beerdigten Leiche ist ihre Ausgrabung statthaft. Entu\ § 2P. 1. Tie Vorschrift entspricht Dem $ ö7 '.Hbf. 3 3t^C. 2. AusfBest. für H. u. M.: Bon der beabsichtigten Ausgrabung einer Leiche ist die Ortspolizeibehörde zu benachrichtigen. 3. Leichentransport und Bereitstellung von Zimmer und Geräten erfolgen auf Ersuchen des Richters durch die Orts Polizeibehörde. Pr. ZirtBerf. d. Min. d. Inn. v. 23. 11. oo. MBl. f. i. Pertu. 20n.

Anerkennung der Leiche. § 226. Bor der Leichenöffnung ist, wenn nicht besondere Hindernisse entgegenstehen, die Persönlichkeit des Verstorbenen, insbesondere durch Befragung von Personen, welche den Bei storbenen gekannt haben, festzustellen. 5ft ein Beschuldigter vorhanden, so ist ihm die Leiche, sofern dies ausführbar, zur Anerkennung vorzuzeigen.

Ent'c.

§

21*.

1. Die Vorschrift gibt Den § hts 3t'4$£. wieder, unter Hinzu fügung der Worte „sofern dies ausführbar" im zweiten San. 2. Die Erkennungszeugen, bereu Aussage ins Prokotoll auf zunehmen ist, sind, wenn Zweifel bestehen, zur Hauptverhaitdlung zu laden. Verlesung ihrer Aussage an Stelle der Perttehmuim ist unzulässig. Rechtspr. des RG. 6 391: Stenglein Annt. 1: Loewe. StPO. §218 Anm. 5

§ 236.

3. Die Xuriiiiudmiio der Person ist nur bei den in Abs. l bezeichneten Verdächtigen zulässig, nicht auch bei den in Abs. 2 behandelten anderen Personen.

4. Die Rechte des militärischen Befehlshabers traft seiner Disziplinargewalt bleiben unberührt. S. auch § 237 Anm. 2. Uber die Grenzen dieser Gewalt hinsichtlich des Briefwechsels vgl. RMG. 11 134; Rifsom, Gerichtssaal 73 309. Militärpolizeiliche Maßnahmen des Gerichtsherrn s § 167 Anm. 2.

5. Die siche rheits polizeilichen

Befugnisse

z.

B-

der

militärischen Wachen nach der Garnison-Dienstvorschrift, Z. 128 bleiben unberührt. Loewe $ 98 Anm. 4b. 3trafverfolgungs Handlungen der militärischen Wachen sind in 127, 128 Garn DB. geregelt. Danach können die Wachen auf Ersuchen der zuständigen stellen oder bei Verfolgung ans frischer Tat oder bei Gefahr int Verzüge Durchsuchungen vornehmen. 6. Zu Abs. 2. Bei anderen Personen ist nach Abs. 2 Durch­ suchung der Person nicht zulässig. Da aber die Durchsuchung der ..ihnen gehörigen Lachen" zugelassen ist, so ist eine Durch­ suchung der Kleider, die diese nicht verdächtigen Personen am Leibe tragen, statthaft. KomBer. 3. 71.

S. Anm. 3.

Durchsuchung ist nicht gleichbedeutend mit der Untersuchung einer Person, um z. B. Verletzungen festzustellen. Eine solche Untersuchung ist auch ..bei anderen Personen" zulässig. KomBer. 3. 74. Näheres s. 8 222 Anm. 4.

Nachtzeit.

§

.

236 Zur Nachtzeit dürfen die Wohnung, die Wv schäftsräumc und das befriedete Besitztum ohne Einwilligung des berechtigten Inhabers nur bei Verfolgung auf frischer Tai oder bei Gefahr im Verzug oder dann durchsucht werben, wenn es sich um die Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen handelt. Diese Beschränkung findet keine Anwendung aus die zum dienstlichen Gebrauch angewiesenen Räume.

Beschlagnahme und Durchsmlmng.

§ 230.

455

Tie Nachtzeit umfaßt in dem Zeitraume vom ersten April büt dreißigsten September die Stunden von neun Uhr abends bis vier Uhr morgens und in dem Zeitraume vom ersten Oktober bis einunddreißigsten März die Stunden von neun Uhr abends bis sechs Uhr morgens. 1. Die Bestimmung entspricht dem § 104 StPO- Sie fehlte im Entwurf. 2. Die Durchsuchung der Wohnung usw. darf nur nicht zur Nachtzeit begonnen werden. Dagegen ist die Fortsetzung einer bei Tage begonnenen Haussuchung bis in die Nacht hinein ohne weiteres zulässig. Loewe § 104 Anm. 1 b; Herz-Ernst Anm. 2. 3. Mit Einwilligung des berechtigten Inhabers ist Durch­ suchung der Wohnung usw. jederzeit zulässig. 4. Wegen „Verfolgung aus frischer Tat" s. § 180 Anm. 4. 5. „Gefahr im Verzüge" liegt vor, wenn bei Aufschiebung der Durchsuchung bis zur Tageszeit der Zweck der Maßregel ver­ eitelt werden würde. Die Entscheidung darüber, ob „Gefahr im Verzüge" vorhanden ist, steht lediglich denjenigen Organen zu, die der Staat zur Durch­ führung notwendiger Maßnahmen in Eilfallen bestellt hat. RG. 23 334. 6. „Gefangene" sind nicht bloß die Strafgefangenen und Ver­ hafteten, sondern auch die vorläufig Festgenommenen (§§ 180 ff.). Ebenso ist der zum Zwecke der gerichtlichen Vorführung Festge­ nommene Gefangener im Sinne des § 230. Dagegen ist der bei Betreffung oder Verfolgung auf frischer Tat von einer Privat­ person vorläufig Festgenommene, § 180 Abs. 2, kein Gefangener im Sinne des Gesetzes. „Unter Gefangenen sind alle diejenigen Personen zu verstehen, welchen in gesetzlich gebilligter Form aus Gründen des öffentlichen Interesses die persönliche Freiheit ent­ zogen ist und die sich zufolge dieser Freiheitsentziehung in der Gewalt der zuständigen Behörde befinden." RG. 12 162; 13 254; Recktspr. 7 273; 8 64.

456

Verfahren

in

erster Instanz.

§ 237.

AuSskhrimg bet Durchsuchung. § 237. Findet eine Durchsuchung außerhalb der im § 236 Absatz 2 bezeichneten Räume statt, so gelten folgende Bestimmungen: Wird die Durchsuchung ohne Beisein des Untersuchungsführers oder eines Offiziers vorgenommen, so sind, wenn dies möglich ist, zwei Zeugen zuzuziehen. Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände darf der Durch­ suchung beiwohnen. Im Falle seiner Abwesenheit ist, wenn dies möglich ist, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit zugezogenen Person ist in den Fällen des § 235 Absatz 2 der Zweck der Durchsuchung vor dem Beginne bekanntzumachen. Dem von der Durchsuchung Betroffenen ist nach deren Be­ endigung eine schriftliche Mitteilung zu machen, welche den Grund der Durchsuchung (§ 235 Absah 1 und 2), sowie im Falle des § 235 Absatz 1 die strafbare Handlung bezeichnen muß. Auch ist demselben auf Verlangen ein Verzeichnis der in Ver­ wahrung oder Beschlag genommenen Gegenstände, falls aber nichts Verdächtiges gefunden wird, eine Bescheinigung hierüber zu geben. Eine Durchsicht der Papiere des von der Durchsuchung Be­ troffenen steht nur dem Gerichtsherrn und dem Untersuchungs­ führer zu. Andere Personen sind zur Durchsicht der aufge­ fundenen Papiere nur dann befugt, wenn der Inhaber der­ selben die Durchsicht ausdrücklich genehmigt; mangels einer solchen Genehmigung haben sie die Papiere, deren Durchsicht sie für geboten erachten, in einem Umschlage, welcher in Gegenwart des Inhabers oder seines Vertreters zu versiegeln ist, an den Gerichtsherrn oder den Untersuchungsführer abzuliefern. Dem Inhaber der Papiere oder dessen Vertreter ist die Bei-

Beschlagnahme und Durchsuchung

§ 837.

457

brfichmg seines Siegels gestattet, auch ist er, falls demnächst die Entsiegelung und Durchsicht der Papiere angeordnet wird, wenn dies möglich ist, aufzufordern, derselben beizuwohnen. 1. § 237 gibt Bestimmungen der §§ 105—107, 110 StPO, wieder. Die Vorschrift fehlte im Entwurf, sie wurde von der Kom­ mission eingefügt. Vgl- KomBer. S- 74, 75. 2. Das Gesetz bezweckt keineswegs, die Befugnisse der Diszi­ plinarvorgesetzten zur Bornahme von Revisionen innerhalb ihres Befehlsbereichs irgendwie einzuschränlen. Begr. S. 128. KomBer. S. 74. S. auch § 235 Anm. 4. 3. Übet die Ausführung der Durchsuchung, insbesondere dar­ über, von wem diese vorzunehmen ist, enthält da» Gesetz keine Borschriftelt. Die näheren Bestimmungen sind dem Gerichtsherrn oder Untersuchungsführer überlassen. AuS Abs. 2 geht hervor, daß eS der Anwesenheit des Untersuchungsführers oder eines Offiziers bei der Durchsuchung nicht bedarf. 4. Darüber, ob eS „möglich ist", bei der Durchsuchung zwei Zeugen oder im Falle der Abwesenheit des Inhabers der zu durch­ suchenden Räume oder Gegenstände seinen Vertreter usw. zuzu­ ziehen (Abs. 2), oder bei der Durchsicht der Papiere deren Inhaber oder seinen Vertreter zur Beiwohnung aufzufordern (Abs. 4), ent­ scheidet der GerichtSherr oder Untersuchungsführer nach pflichtmäßigem Ermessen. Pechwell Anm. 3. 5. Uber die Durchsuchung und ihr Ergebnis ist ein Protokoll aufzunehmen. 6. a) Die „schriftliche Mitteilung" (Abs. 3) ist auf alle Fälle, auch ohne daß sie verlangt wird, zu machen. b) DaS Verzeichnis der in Verwahrung oder Beschlag ge­ trommenen Gegenstände, sowie, falls nichts Verdächtiges gefunden wird, die Bescheinigung hierüber brauchen nur auf Verlangen gegeben zu werden. Schriftliche Mitteilung, Verzeichnis und Bescheinigung brauchen nicht im unmittelbaren Anschluß an die Durchsuchung zu

458

Verfahren in erster Instanz.

§ 2:18.

erfolgen. Pechwell flutn. 5 c; Stenglein flutn. t>. IN re Erteilung hat unentgeltlich zu geschehen. 7. Zu Abs. 4. a) Die Bestimmung entspricht dem § 110 StP^. b) Der Ausdruck ..Papiere" ist im weitesten Sinne zu verstehen. Er umfaßt alle Arten von Schriftstücken und Druck­ schriften. So auch Stenglein fl mit. 7. Die Ansicht Loewcs, § lio flnm. 2, daß die Bestimmung auf Druckschriften nicht anwendbar sei, findet weder im Wortlaute noch im Sinne des Gesetzes genügende Stutze. c) Cb die Papiere Eigentum des Inhabern sind oder nicht, ist gleichgültig. Pechwell flnm. 6: Stenglein flnm. 7; Loewe a. a. C.

«notbmmg bei aktiven MilitSrpersonen. § 238. Die Anordnung von Beschlagnahmen und Durch­ suchungen bei aktiven Militärpersonen steht dem Gerichtsherrn, bet Gefahr im Verzug auch dem Untersuchungsführer zu. Das gleiche gilt für die Fälle des § 233, sofern der Beschuldigte zu den aktiven Militärpersonen gehört. Den im Absatz 1 bezeichneten Personen ist auch außerhalb der Fälle des 8 237 auf Verlangen ein Verzeichnis der in Ver. lvahrung oder Beschlag genommenen Gegenstände auszu­ händigen. Diese Bestimmungen finden auf die im § 1 Nr. 3, f>, b, 7 bezeichneten Personen Anwendung, solange sie der Militär­ strafgerichtsbarkeit unterstellt sind. Gegen die Anordnung der Beschlagnahme und Durch suchung in anderen als den zum dienstlichett Gebrauch ange­ wiesenen Räumen findet binnen drei Tagen vom Vollzug an die Rechtsbeschwerde an den höheren Gerichtsherrn statt. Entw. § 227. 1. Die Vorschrift ist gegen den Entwurf erheblich geändert. Vgl. KomBer. C. 75.

Beschlagnahme und Durchsuchung.

$ 238.

459

L. Wegen des Begriffes „aktive Militärpersonen- s. § 1 Anm. 11. 3. Die Anordnung kann bereite vor Einleitung des Ermittlungs­ verfahrens getroffen werden. 4. „Gefahr im Verzüge" liegt vor, wenn durch vorherige Anrufung des Gerichtsherrn der hierdurch herbeigeführte Zeit­ verlust die Durchführung oder das Ergebnis der Maßregel beein­ trächtigen könnte. RG. 23 334. Näheres s. § 236 Amn. 5. 5. Der Untersuchungsführer wird der Regel nach die vorgesetzte Kommandostelle des Beschuldigten um Vollstreckung der Anordnung ersuchen, er kann sie aber auch selbst ausführen. 6. a) Auch das erkennende Gericht kann Beschlagnahmen uttb Durchsuchungen anordnen. Dies folgt schon aus 8 298 Abs. 3, wonach das Gericht die Herbeischaffung von Beweismitteln an­ ordnen kann. Begr. S. 142 zu § 285 des Entwurfs. So auch RMG3 290; PC. 4 25; Pechwell § 298 Anm. 21; Seidenspinner ebendort Anm. 4; Stenglein ebendort Anm. 3: Sturm-Walde ebendort Anm. 5; Weigel ebendort Anm. 5. b) Um Ausführung der Anordnung wird das Gericht regel­ mäßig den Gerichtsherrn, in den Fällen des § 239, bei Personen, die keine attiven Militärpersonen sind, das Amtsgericht oder bei Gefahr im Verzüge die Staatsanwaltschaft usw. ersuchen. PE. 3 79: Gerland, Gerichtssaal 69 296; Ditzen, Arch. f. Strafr. 52 373. Man wird aber auch, namentlich bei Gefahr im Verzüge, eine sofortige Durchführung der Anordnung durch das Gericht selbst, nötigenfallS unter Heranziehung der Kommandogewalt oder der Polizei­ behörde nicht für unzulässig halten können. So auch RMG. 3 291. 7. Zu Abs. 1. a) Gemäß 8 136 ist die Anordnung mit Gründen zu versehen. b) Wegen der Fristberechnung s. § 146 Abs. 1. c) Wegen der Einlegung der Rechtsbeschwerde s. § 369. Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 375. Im übrigen s. §§ 373 ff. Bezüglich der Befugnis der Disziplinarvorgesetzten zu Revisionen innerhalb ihres Befehlsbereichs s. § 237 Anm. 2; § 235 Anm. 4.

460

Verfahren in erster Instanz.

§ 239.

Anordnung in anderen Fallen. § 239. Beschlagnahmen und Durchsuchungen in anderen als den im § 238 bezeichneten Fällen erfolgen durch Ersuchen deS Amtsgerichts. Bei Gefahr im Verzüge kann das Ersuchen an die Staats­ anwaltschaft oder diejenigen Polizei- oder Sicherheitsbeamten gerichtet werden, welche als Hilfsbeamte der Staatsanwalt schaft den Anordnungen derselben Folge zu leisten haben. Für die Befugnis der ersuchten Behörden und Beamten zur Anordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen und das Verfahren bei dem Vollzüge der getroffenen Anordnung sind die Vorschriften der bürgerlichen Strafprozeßordnung maß gebend. In allen Fällen ist die Militärbehörde aus Verlangen zum Vollzüge zuzuziehen. Im Felde und an Bord bleiben die vorstehenden Bestim­ mungen außer Anwendung. Für die Beschlagnahmen und Durchsuchungen gelten allgemein die Vorschriften des § 238 Absatz 1 bis 3. Entw. § 228. 1. Die Vorschrift de- Entwurfs wurde in der Kommission wesentlich geändert. Vgl- KomBer. S. 76. 2. Zu Abs. 1. Die Ersuchungsschreiben sind in der Regel vom Gerichtsherrn und dem Untersuchungsführer zu unterzeichnen. § 166 Abs. 4. über die Verpflichtung de- Amtsgerichts, dem E-suchen Folge zu leisten, s. EG. § 12. 3. Zu Abs. 2. a) Wegen Gefahr im Verzüge s. § 238 Anm. 4. b) GBG. § 153: „Die Beamten deS Polizei- und Sicherheits­ dienstes sind Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft und sind in dieser Eigenschaft verpflichtet, den Anordnungen der Staatsanwälte bei dem Landgerichte ihres Bezirkes und der diesen vorgesetzten Be­ amten Folge zu leisten.

Beschlagnahme und Durchsuchung.

§ 240.

461

Die nähere Be-eichnung derjenigen Beamtenklassen, auf toi lche diese Bestimmung Anwendung findet, erfolgt durch die Landes­ regierungen." Die Hilssbeamten der Staatsanwaltschaft sind in den verschiedenen Bundesstaaten im Berordnungswege bezeichnet. Für Preußen s. IMBl. 79 349, 82 312, 83 28, 86 78. Gendarmen gehören in Preußen nicht zu den Hilfsbeamten, RG. 11 175 Für Bayern v Ges - n. BBi. 79 K57. Für Sachsen s. Ves.-u. BBl. 70 372, 76 388. Für Württemberg s. Reg Bl. 79 404, 92 321. Für Baden j. Gei - u. BBl. 79 545. Für Elsaß-Lothringen s. Ges Bl. 79 61, 80 6. über spätere Ergänzungen vgl. Loewc g 153 GBG. 4. Zu Abs. 3. b) Die maßgebenden Vorschriften der StPO, befinden sich dort §§ 94 bis 111. Gegen die getroffenen Maßregeln ist Beschwerde nach §§ 346 tf. daselbst zulässig. b) Der bürgerlichen Behörde steht sowohl die Anordnung wie die Durchführung der Beschlagnahme in Gemäßheit der für da­ gemeine Strafverfahren geltenden Grundsätze zu. Vgl. Koppmann Anm. 9. über die Sicherung der Beschlagnahme von Druck­ schriften vgl. Pr. KrMin. v. 24. 2. 05. 5. Wegen der Bedeutung der Worte „tm Felde und an Bord" s. EG. §§ 5, 6.

Neue verdächtige Gegeustäude. § 240# Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden, welche zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchung stehen, aber auf die erfolgte Verübung einer anderen strafbaren Handlung hindeuten, so sind dieselben einst­ weilen in Beschlag zu nehmen. Der Militärbehörde oder der zuständigen Staatsanwaltschaft ist hiervon Kenntnis zu geben.

Entju. § 229. 1. Die Bestimmung entspricht dem § 108 StPO. 2. Die Vorschrift findet Anwendung aus jede Art der Durch­ suchung.

462

Verfahren in erster Instanz.

$$ 241, 242.

3. Gleichgültig ist es. ob wegen der anderen strafbaren Hand lung schon ein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist oder nicht. 4. Die Vorschrift findet oud) Anwendung, wenn eine nur an, Antrag versolgbare strafbare Handlung in Frage kommt und Straf­ antrag noch nicht gestellt ist ($ 234). Ebenso Pechwell Anm. 3: Stenglein, Loewe, StPO. Anm. 7 c zu Buch 2 Abschn. 1. 5. über endgültige Beschlagnahme oder Freigabe wird dem­ nächst von der zuständigen Stelle Verfügung getroffen.

Bezeichnung. § 241. Tie in Verwahrung ober in Beschlag genont« menen Gegenstände sind genau zu verzeichnen und zur Ver­ hütung von Verwechselungen durch amtliche Siegel oder in sonst geeigneter Weise kenntlich zu machen. Entir. § 230. 1. Die Vorschrift ist wörtlich dem $ 109 StPO, entnommen. 2. Die Bestimmung findet Anwendung aus alle Arten von Verwahrung und Beschlagnahme, nicht bloß bei Durchsuchungen. So auch Stenglein; Loewe, StPO. § 109 Anm. 1. 3. Gemäß § 237 Abs. 3, § 238 Abs. 2 ist den dort angeführten Personen auf Verlangen em Verzeichnis der in Verwahrung oder Beschlag genommenen Gegenstände zu geben. Näheres s. £ 237 Anm. 6 b.

«ückga-e. § 242. Gegenstände, welche durch die strafbare Hand lung dem Verletzten entzogen wurden, sind, falls nicht Ansprüche Dritter entgegenstehen, nach Beendigung der Unter­ suchung und geeignetenfalls schon vorher von Amts wegen dem Verletzten zurückzugeben, ohne daß es eines Urteils hierüber bedarf. Dem Beteiligten bleibt die Geltendmachung seiner Rechte im Zivilverfahren vorbehalten. Entw. §231.

Beschlagnahme und Durchsuchung.

$ 242.

40 l

Schrifttum: Bethke, Bon der Rückgabe beschlagnahmter Sachen an bcu Verletzten, DStrafrZ. 3 385. 1. Die Vorschrift gibt wörtlich den § 111 StPO, wieder. 2. Die Bestimmung gilt nur für solche Gegenstände, die den, Benetzten durch die strafbare Handlung selbst entzogen sind, also nur für diejenigen, die unmittelbar Gegenstand der Tat waren. Stenglein Anm. 1; Loewe, StPO. § 111 Anm. 1. Dagegen findet die Vorschrift keine Anwendung auf die aus dem entwendeten Gelde angeschafften Sachen, RG. 1 144; Rechtspr. 1 217, oder auf das auS dem Verkauf der gestohlenen Sachen gelöste Geld, Rechtspr. 2 29. Pfandzettel über die dem Verletzten entzogenen Gegenstände sind, weil sie diese unmittelbar bersteten, wie die entzogenen Gegen­ stände selbst zu behandeln. Rechtspr. 2 162; Pechwell Anm. 1; Stenglein, Loewe a. ck. O. 3. Rur die bei einem Beschuldigten beschlagnahmten Gegen­ stände sind dem Verletzten zurückzugeben, während die bei einem Dritten beschlagnahmten Sachen an diesen zurückzugeben sind, falls nicht der Dritte der Abgabe an den Verletzten zustimmt oder der Verletzte eine einstwellige Verfügung des Zivilrichters erwirtt. Vgl. Loewe, StPO. § 111 Anm. 3. An bezug auf die -ei dem Hehler vorgefundenen, durch die strafbare Handlung erlangten Sachen findet aber die Bestimmung des § 242 Anwendung. RG. 19 98: Pechwell, Stenglein, Loewe a. a. O. 4. Als „Verletzter" ist hier wie in § 122 nur die durch die Straftat unmittelbar berühtte Person zu verstehen. RG. 23 362 S. auch § 122 Anm. 5. (Anders in §8 193, 242, 247; s. dort.) 5. Die Zurückgabe wird vom Gerichtsherrn angeordnet. Seine diesbezügliche Verfügung beoa'f der Mitzelchnung gemäß § 97 Abs. 2. Ist die Verwahrung oder Beschlagnahme vom erkennenden Gettcht angeordnet (s. § 238 Anm. 6 a), so verfügt dieses bie Zurück­ gabe. Eines Antrages auf Zurückgabe bedarf es nicht; diese hat von Amts wegen zu erfolgen.

464

Verfahren in erster Instanz.

§ 243.

Dritter Abschnitt.

Abschluß des Ermittelungsverfahrens. der Anklage.

Erhebung

Vortrag neb Antrag.

§

.

243 Erachtet der Untersuchungsführer das Ermitte« lungsverfahren für abgeschlossen (§§ 168, 173 Absatz 5), so hat er unter Vorlegung der Akten dem Gerichtsherrn über das Ergebnis mündlich oder schriftlich Vortrag zu erstatten.

Der

von dem Untersuchungsführer gestellte Antrag ist zu den Akten zu bringen.

Entw. § 232. Schrifttum: Handw.: Mewes, Ermittlungsverfahren. 1. Das Berraoren nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens schließt sich an den Rechtszust..no der Pr. MLtGO- an, Begr. S- 129, während es von dem Verfahren der StPO., §§ 168,195 ff., wesentlich abweicht. 2. DaS Ermittlungsverfahren ist nach § 168 nicht weiter auszudehnen, als erforderlich nt, um eine Grundlage für die demnächstige Entscheidung deo Ger-chtsherrn abzugeben. Vgl. aber § 168 Anm. 1. Daher ist die Schiufwerne. mung nach § 17u Abs. 6 wenigi.ens dann nicht erforderlich, wenn ohnehin die Einstellung sicher ist So auch Herz-Ecnst Anm 2. 3. Nach dem Wortlaut des ersten Satzes hot der UntersuchnngSführer, vorbehaltlich de» Bestimmung res § 244. darüber zu befinden, jfc das Ermittli.ngsverfahren für abgeschlossen zu erachten ist. Ob bir & ichtsnerr, we cher einzustellen entschlossn ist, den Unteciuchungsühre. nach § i67 anweifen sann, Beweise, von denen dieser weitere Aufklärung, namentlich Anhaltspunkte zu r. Einichreiten erwartet, nicht zu erheben, uno ob nöt'ginsans daBeifahrt'n nach § 97 Ab,. 3 eingreift, erscheint zweifelhaft. In der Regel wird sich in derartigen Fallen Einigung auf Vervoll­ ständigung der Untersuchung empfehlen. Vgl. § 167 Anm. 1 b.

Einstellung und Anklage.

§ 244.

465

4. Nachträgliche Untersuchungshandlungen aus be­ sonderem Anlaß sind auch nach Vorlage der Akten nicht schlecht­ weg ausgeschlossen. So auch Koppmann Anm. 2. 5. Der sogenannte Antrag des Untersuchungsführers ist als „Stellungnahme zur Sache" — Begr. S. 129, Koppmann Anm. 4 — aufzufassen. Ändert der Untersuchungsführer infolge mündlichen Vortrages beim Gerichtsherrn seine Ansicht, so ist diese seine letzte Auffassung als Antrag zu den Akten zu bringen. «eitere Ermittlungen.

§ 244. Der Gerichtsherr kann eine Bervotlständigung des Ermittelungsverfahrens anordnen. Entiv. § 233. Schrifttum: Handw.: MeweS, Ermittlungsverfahren. 1. Die Vorschrift entspricht im ganzen dem g 200 StPO. 2. a) Da- SrgänzungSverfahren bild t, wie MeweS a. a. O. zutreffend bemerkt, einen selbständigen Abschnitt des Verfahrens, da- Ermittlungsverfahren bleibt geschlossen, der Beschuldigte kann sich von dessen Abschluß ab eine- Verteidigers bedienen. b) Die Verfügung, durch die der Gerichtsherr die Vervoll­ ständigung anordnet, bedarf als eine im Laufe des Verfahrens ergehende der Mitzeichnung gemäß § 97 Abs. 2, g 102. Ebenso Koppmann Anm. 4; Herz-Ernst Anm. 2. A. M. Elsner v. GronowSohl. 3. über Ermittlungen nach erhobener Anklage vgl. g 272. 4. Nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens kann auch der Verteidiger Anträge zur Vervollständigung stellen, um dadurch möglicherweise die Verfügung der Anklage zu verhüten. S. auch g 337. 5. Auch den höheren Gerichtsherrn steht die Befugnis zu, die Vervollständigung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen; dies ergibt sich aus g 24, wonach er befugt ist, den ihm untergebenen Gerichtsherrn zur „Fortsetzung" einer Untersuchung anzuweisen. Romen-Rissom, MStGO., S. Aufl. 30

466

Verfahren in erster Instanz.

§ 245.

6. Nach Abschluß der weiteren Ermittlungen muß der Beschuldigte über ihr Ergebnis nochmals vernommen werden.

PE. 2 85 o.

Entscheid«»-. § 245. Auf Grund der Ergebnisse des ErmittelungsVerfahrens hat der Gerichtsherr darüber zu befinden, ob der Beschuldigte außer Verfolgung zu setzen, oder ob gegen ihn ein zuschreiten sei. Eutw. § 234. Schrifttum: Schlott, Der § 203 StP 57. und die MStGL. 3- 28 800. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 196 StP 57. Die Verfügung des Gerichtsherrn ist Gerichtsentscheidung. RMG. 5 246, 7 300. 2. Diese Hauptverfügung des Gerichtsherrn ist gemäß §§ 97 Abs. 2, 102 mitzuzeichnen. Ob auch das Vorliegen hin­ reichenden Verdachts, weil ohne diesen nach § 250 die Anklage­ verfügung ungesetzlich wäre, mitgeprüft werden muß, ist streitig. Vgl. Rissom, Arch. f. Straft. 1906 S- 236—247 und oben § 97 Sinnt. 5. Zweifelhafte Rechtsfragen sind meist durch eindringende Prüfung auflösbar und müssen jedenfalls von den zum Handeln berufenen Personen in irgendeiner Richtung schließlich beantwortet werden. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich oft, die Entscheidung dem er­ kennenden Gericht zu überlassen. Pr. ftrJJMit. v. 21. 3. 05, 2. 11. 02. Weder die herrschende Ansicht, noch früher ergangene Entscheidungen oder „Prüfungsergebnisse", noch allemal die härteste Auslegung lBeling, Lehrb. 273), noch besondere oder allgemeine Belehrungen sind bindend, Anweisungen jeder Att hinsichtlich der Auslegung sind unzulässig. Bgl. Handw. -. Rissom, Auslegung des Militärsttafrechts: Beling, Formal- und Interessenjurisprudenz, 3- 38 467. Etwas anderes istdie Anweisung zum Einschreiten im einzelnen Fall nach § 24. 3. Waren mehrere strafbare Handlungen Gegenstand der Untersuchung, so ist für jede von ihnen ausdrückliche Eilt-

Anstellung und Anklage.

§ 246.

467

scheidung zu treffen, auch dann, wenn nach § 253 in einem Fall wegen Unerheblichkeit für die Strafzumeffung von der Anklage einstweilen abgesehen wird. PE. 1 32. 4. a) über Hemmungen des Einschreitens s. § 314. b) Unter entsprechender Anwendung des § 316 kann der (Be* richtsherr, wenn die Strafbarkeit von der Beurteilung eines bürger­ lichen Rechtsverhältnisses abhängt, das Urteil des Zivilgerichts ab­ warten oder zur Erhebung der Zivilklage dem Beteiligten eine Frist setzen, RMG. 18 90. 5. über Einstellung vgl. § 246, Anklage oder Abgabe an einen andern Gerichtsherrn s. § 250, Ahndung im Disziplinarwege § 251, vorläufige Einstellung § 253, Strafverfügung § 349, Abgabe an die bürgerliche Behörde (Staatsanwaltschaft) § 153 Abs. 4. Die Auffassung des Gerichtsherrn ist für die Staats­ anwaltschaft nicht bindend, § 14 EG. Indessen ist Dienstbeschwerde an die OberstaatSanwaltschafl zulässig.

«»ftelUmg. § 248. Wird die Verfolgung eingestellt, so ist der Beschuldigte hiervon in Kenntnis zu setzen, sofern er im Laufe des Ermittelungsverfahrens unter der Anschuldigung einer bestimmten strafbaren Handlung verantwortlich vernommen oder gegen ihn ein Steckbrief veröffentlicht worden war.

Entw. § 235. Schrifttum: Genge, Zu $ 246 MStGO, Arch. 1 282. 1. Die Vorschrift lehnt sich an § 202 (§ 168 Abs. 2) StPO. an. 2. Einstellung der Verfolgung hat zu erfolgen, wenn die in Frage stehende Tat unter kein Strafgesetz fällt oder wenn hinsichtlich der objektiven oder subjektiven Tatseite (wohin auch Notwehr, Aus­ schluß der freien Willensbestimmung, Irrtum nach § 59 RStGB., Fälle des § 193 RStGB. sRMG. 1174] gehören), kein hinreichender Tatverdacht vorliegt, oder wenn ein gesetzlicher Strafausschließungs­ grund, z. B. Verjährung, vorhanden ist, oder der erforderliche Straf­ antrag (litic Prozeßvoraussetzung, vgl. § 152) fehlt, oder die Tal 30*

468

Verfahren in erster Instanz.

§ 246.

bereits abgeurteilt war, oder wenn der Tod des Beschuldigten er­ mittelt wird. Auch bei voraussichtlich dauernder Abwesenheit oder nach der Tat eingetretener Geistes'^ranthelt des Beschuldigten Tann Einstellung erfolgen. Vgl. §§ 272, 278, 314; Sdtlott, Vorläufig.' Einstellung, Zeirschr. f. d. ges. Strwiss. 28 800—808; Koppmann § 245 Anm. 2; Loewe, Vordem, z. 2. Buch, 5. Abschn. Anm. 3; Loewe §§ 203 Anm. 2 u. 5, 210 Anm. 5, 259 Anm. 3. Einstellung hinsichtlich eines einzelnen rechtlichen Gesichts­ punktes ist unzulässig. Rechtspr. 4 326. 3. Auch soweit die EinsteUungsversügung nicht anfechtbar i,t (§§ 136, 247 Abs. 2) oder keine Ablehnung eines Antrages enthält (§ 136), erscheint nach Analogie des § 156 Abs. 3 eine Begründung erforderlich, die erkennen läßt, ob aus rechtlichen oder tatsächlichen und innerhalb der Tatfrage aus objeltiven oder subjektiven Er­ wägungen eingestellt ist. Vgl. Koppmann § 245 Anm. 3. 4. Im Falle der Einstellung ist der erlassene Haftbefehl aus­ drücklich aufzuheben, ebenso ist die Veröffentlichung der Steckbrieferledigung wie auch die Zurücknahme der Steckbriefnachricht zu veranlassen. 5. a) Wiedereröffnung (Wiederaufnahme) des eingestellten Verfahrens ist, soweit nicht Verjährung eingetreten ist, jederzeit möglich. RMG. 13 59, im Falle des § 249 Abs. 1 indessen nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel. Vgl. Anm- 6 und Koppmann § 245 Anm. 10. Bei ,päterem Aufhören der Militär­ gerichtsbarkeit kann die bürgerliche Strafversolgungsbehörde unter den gleichen Voraussetzungen vorgehen. Abw. Dietz, Arch. I 380. b) Ist im bürgerlichen Strafverfahren gemäß §210 StPO, die Eröffnung des Hauptverfahrens durch einen nicht mehr auferiit* boren Gerichtsbeschluß abgelehnt, so kann auch dann, wenn der Täter später unter bie Mitirärgerichtsbarkeit tritt, gegen ihn nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel vorgegangen werden. 6. Anfechtbar ist die Einstellungsverfügung nur in den Gren­ zen der §§ 247—249. Indexen kann der höhere Gerichtöherr gemäß § 24 von Amts wegen oder auf Anzeige eines ^Beteiligten die Wieder­ aufnahme naordnen, im Falle des § 249 Abs. 1 jedoch nur auf

Einstellung und Anklage.

§ 246.

469

Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel. Vgl. Koppmann § 245 Anm. 0. 7. a) Eine Abgabe der Akten an die niedere Gerichtsbarkeit, oder von dreier an die höhere, oder eine Weitergabe an die bürger­ liche SttafverfolgungSbehörde zur Prüfung, ob etwa bort ein ihrer Zuständigkeit oder Gerichtsbarkeit unterfallenves De»ik1 in der frag­ lichen Handlung erblickt werde, fmdet nur dann statt, wenn die Sachlage dazu Anlaß gibt. Dann hat aber, da eS eine Einstellung aus einem rechtlichen Einzelgesichtspuntt nicht g'bt, überhaupt keine Einstellung zu erfolgen. Vgl. Koppmann §§ 245 Anm. 3, 250 Anm. 3 a u. b. b) Die Einstellungsverfügung des GerichtSherrn der nie­ deren Gerichtsbarkeit ist nach RMG. 16 186 dann nichtig, wenn er daS Ermittlungsverfahren auf Grund einer Strafanzeige ein­ geleitet hatte, deren tatsächliche Behauptungen den Berdacht einer der höheren Gerichtsbarkeit unterfallenden Straftat begründen. Bgl. auch RMG. 16 244; Risjom, Arch. 4 132. Ob im Sinne des RMG. gleiche- auch für die EinstellungsVerfügung des höheren Gerichtsherrn hinsichtlich einer eigentlich zur niederen Gerichtsbarkeit gehörenden Sache gelten soll, erscheint trotz der scharfen Fassung des Leitsatzes II vom RMG. 16 186, der mit dem Wottlaut der Entscheidung selbst auf S. 189 nicht ganz übereinstimmt, zweifelhaft. 8. Die Nachricht an den als Verdächtigen vernommenen Be­ schuldigten erfolgt formlos. So auch Genge, Arch. 1 282 zu PG. 2 95. Mitteilung der Gründe geschieht, soweit sie angemessen er­ scheint. Um Bekanntgabe kann auch die vorgesetzte Dienststelle, der die Akten zur Kenntnis zugehen, ersucht werden. 9. a) Der Disziplinarvorgesetzte ist in der Prüfung, ob das in der Einstellungsverfügung gewürdigte Verhalten deS Be­ schuldigten etwa ein reines Disziplinarvergehen darstelle, völlig frei und überhaupt an die Feststellungen der Einstellungsverfügung nicht gebunden. Immerhin ist es hier, wie auch später nach rechts­ kräftigem Urteil, erwünscht, so zu verfahren, daß das Ansehen der gerichtlichen Entscheidung nicht erschüttert wird. Näheres s. § 314.

470

Verfahren in erster Instanz,

ß 247.

b) Ehrengerichtliches Einschreiten darf nach 8 3 Abs. 1 der A. B- übet die Ehrenger, vom 2. 5. 74 erst nach Beendigung des gerichtlichen Verfahrens erfolgen. Bindend für das Ehrengericht ist nur das gerichtliche Urteil in dem in § 3 Abs. 2 u. 3 näher de stimmten Umfange. Vgl. Rissom, Strafurteil und Ehrengericht, ArchOffR- 22 515—529. Die Feststellungen der Einstellungsver­ fügung sind für das ehrengerichtliche Verfahren nicht bindend.

A»sechtu»g. § 247. In allen Fällen, in Denen Die Einleitung eines Ermittelungsverfahrens abgelehnt oder die Einstellung ver­ fügt wird, ist derjenige, lvelcher die Strafverfolgung beantrant hat, unter Angabe der Gründe zu bescheiden. Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen diesen Bescheid innerhalb einer Woche nach dessen Zu stellung die Rechtsbeschwerde an den höheren Gerichtsherrn und gegen dessen ablehnenden Bescheid binnen vierzehn Tagen nach der Bekanntmachlung Der Antrag auf gerichtliche Ent scheidung zu. Der Antrag muß Die Tatsachen, welche Das strafrechtliche Einschreiten begründen sollen, sowie die Beweismittel angeben und bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht eingereicht werden. Zur Entscheidung ist das Reichsmilitärgericht zuständig. Entw. § 23fi. Schrifttum: Binding, titrunbr. 10(>, 191: Beling, Lehrb. 481—487; Handw.: Dieh, Ausgang des Berfahrens, Unterrichtung vom —: Rissom, Ablehnung des Einschreitens und Einsiellungs­ verfügung, Arch. 4 131; Zielte, Rechtsbeschwerde nach ß 247 durch einen Anwalt, Arch. 3 385; Cöster, Znr Frage der ordnungsmäßigen Zustellung des Bescheides nach § 247 MStGL-, Arch. 5 101: Beling, Wirksamkeit befristeter Barteibandlnngen, die vor Fristbeginn vor­ genommen sind, Z. 38 185: vmndw.: Rissom, Vollendnng von

Einstellung und Anklage.

§ 247.

471

Prozetzhandlungen: Beltng, Perfektion von Entscheidungen, die nickt durch Verkündung ins Leben treten, Z. 38 612; Beltng, An­ gabe von Tatsachen und Beweismitteln im Antrage auf gerichtliche Entscheidung im Klageprüfungsverfahren, Z. 38 317; Rissom, Auf­ hören der Militärgerichtsbarkeit und § 247, Arch. 3 217; Elsner v. Gronom, Dietz, Hat § 210 StPO, für den Mtlitärftrafprozetz Geltung? Arch. 1 380. 1. Die §§ 247—249 enthalte»» auf Anregung der Reichstagskommiffion eine erhebliche U ingestaltung des Entwurfs, bei welcher die §§ 169—173 StPO, als Vorbild dienten. Ko»nBer. S. 78. 2. Die Vorschrift betrifft zwei Fälle, einmal die Ablehnung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 156 Abs. 3, sodann die Einstellung des durchgeführten Ermittlungsverfahrens. Die bloße Aussetzung der Entscheidung, etwa in entsprechender A»»wendung des § 316, gewährt noch kein Rechtsmittel, RMG. 18 90. 3. Ein Antrag auf Strafverfolgung liegt stets dann vor, wenn die Anzeige einer sttafbaren Handlung mit dem erkennbaren Willen gemacht ist, hierdurch eine sttafgerichtliche Verfolgung zu veranlassen. RMG. 1 240: PE. 12 4. Anders, wenn der Fall gelegentlich eineInvalidenanspruchs erwähnt wurde, RMG. 1 240, oder wenn lediglich der zuftändigel» Behörde von der Straftat mit dem Anheim­ stellen weiteren Befindens Kenntnis gegeben werden sollte. Bei aktiven Militärpersonei» ergibt eine Befragung oft, daß die Absicht nur auf Herbeiführung disziplinarischer Ahndung gerichtet war, z. B. wem» es sich um Entwendung von Genußmitteln durch Kame­ raden handelt. Der Antrag auf Strafverfolgung kann auch bei anderen als den sogenannten Antragsdelikten gestellt werden. Eine Be­ hörde kann jedenfalls nach § 196 RStGB Antragsteller sein. Vgl. auch unten Anm. 5 b. 4. h) Wird die Entscheidung auf den Antrag oder die Erteilu»»g und Zustellung (RMG. 12 27) eines begründeten Bescheides unter­ lassen, so ist Dienstbeschwerde Wege», Rechtsverweigernng gegeben.

472

Verfahren in erster Instanz.

§ 247.

Diese Dienstbeschwerde im Aufsichtswege steht jedem Antragsteller zu, auch wenn er nicht Verletzter ist. b) Wird auf den Antrag hin Anklage verfügt, sei es auch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt, PE. 5 18, so bedarf es keiner Benachrichtigung des Antragstellers. Sachgemäß erhalten Behörden späterhin Kenntnis vom AuSgang des auf ihren Antrag eingeleiteten Verfahrens. Unberührt bleiben die Vorschriften, welche in Beschwerde­ ordnung I, v 3 und II, II 5 über Bekanntgabe des Erfolges einer Beschwerde an den Beschwerdeführer enthalten sind. 5. Zu Abs. 2. a) Nur wer die Strafverfolgung, und zwar als Verletzter, beantragt hat, hat die Rechtsmittel gegen den ab* lehnenden Bescheid, RMG. 18 281. b) Der Begriff „Verletzter" kann eine verschiedene Begren­ zung erfahren, je nachdem davon ausgegangen wird, daß jemand als Träger des angegriffenen Rechtsgutes, also unmittelbar oder erst in weiterer Folge eines solchen Angriffs, mithin nur mittelbar durch die Straftat getroffen sein müsse. Vgl. 8 122. Hier ist die letztere, weitere Bedeutung zugrunde zu legen. RG. 23 361. Verletzter ist hier jeder, welcher durch die Handlung, sei es mittel­ bar oder unmittelbar, in seinen eigenen individuellen Rechten be­ einträchtigt ist. So, allmählich weitergehend, RMG. 6 133, 8 14, 10 188, 11 290, 13 263, 14 247, 15 164, auch Gerland, Gerichtssaal 69 324. Enger Beling, Lehrb. 434. Die Rechte des Verletzten können durch dessen gesetzlichen Vertreter wahrgenommen werden, RMG. 8 14, 15 51, auch durch eine damit beauftragte Person, RMG. 13 53. Vgl. tz 151. Beiordnung eines Rechts­ anwalts ist nicht vorgesehen, RMG. 17 87.

Einzelfälle: Der Ehemann hat wegen Beleidigung oder Mißhandlung seiner Ehefrau nach § 195 RStGB. ein selbständiges Antragsrecht, ist demgemäß auch für seine Person als Verletzter anzusehen. Sein Antragsrecht ist ein selbständiges, neben dem der Ehefrau bestehendes und diesem rechtlich gleichstehendes Recht. Jede Person verfügt über die Verfolgung ihres Rechts unabhängig von der anderen, RMG. 13 53, 15 165.

Einstellung und Anklage.

§ 247.

473

Der in seiner Predigt während deS Gottesdienstes gestörte Geistliche ist Verletzter im Sinne der Vorschrift, RMG. 17 41. Die Mutter einer verführten Minderjährigen ist Verletzte. RMG. 11 289. Verletzung des moralischen oder des allgemeinen Recht-gefühls genügt allerdings nicht. RMG. 6 133; Ditzen, Arch. f. Strasr. 52 375. Als Verletzter kann auch der militärische Vorgesetzte in Be­ tracht kommen, und -war nicht nur hinsichtlich Vergehen wie Be­ leidigung, tätliches Vergreifen, sondern auch soweit sich in seiner Person besondere militärdienstliche Interessen verkörpern, ins­ besondere dessen dienstliche Stellung und Autorität gegenüber dem Untergebenen. Hierher gehören grundsätzlich Achtungsverletzung und Ungehorsam, RMG. 12 22, 19 265, indessen immer nur für denjenigen Vorgesetzten, gegen den die Handlung gerichtet war, nicht schon der Vorgesetzte, in dessen BesehlskreiS die Tat verübt wurde, RMG. 19 150. In der Einreichung des Tatberichts kann ein Antrag auf Strafverfolgung liegen. Ist ein derartiger Antrag gestellt, so hat Bekanntmachung des ablehnenden Bescheide- durch Zustellung einer beglaubigten Abschrift, nicht nur durch Vorlage, -u erfolgen. RMG. 12 22. o) Ist der Antragsteller nicht Verletzter, so hat er nach RMG. 14 147 doch „das Recht der dienstlichen Beschwerde im Aussichts­ wege". Diese dürfte mit Rücksicht auf § 24 an den höheren Gerichts­ herrn gehen. Unabhängig hiervon bestehen noch die Vorschriften der Beschwerdeordnung. Vgl. § 151. 6. Die unrichtige Bezeichnung der Anfechtung des gerichts­ herrlichen Bescheides ist nach § 370 unschädlich. RMG. 1 229. Da § 369, welcher sich nur auf Erklärungen des Beschuldigten bezieht, nicht ohne weiteres entsprechend anwendbar erscheint, ist Schrift­ form zu fordern, als welche auch ein unterschriebenes Protokoll, sobald es eingeht, gilt. Die Anbringung ist in Ermangelung einer entgegenstehenden Bestimmung beim Gerichtsherrn sowohl der unteren als auch der entscheidenden Instanz zulässig. RMG. 2 19, 4 160. Gegen die abweichende Ansicht von Gerland, Krit. VISchr. 45 575, mit Recht Herz-Ernst Anm. 7.

474

Verfahren in erster Instanz.

§ 247.

7. Der ablehnende Bescheid des niederen Gerichtsherrn in einer Sache der höheren Gerichtsbarkeit ist nach RMG. 11 24, 14 270 ohne rechtliche Bedeutung, daher nicht geeignet, die Rechtsmittel deS § 247 in Lauf zu setzen. Die aus Rechtsbeschwerde gegen die Verfügung des Gerichtsherrn der niederen Gerichtsbarfeit. ge­ troffene Verfügung des höheren Gerichtsherrn stellt sich mithin als die eigentliche Verfügung erster Instanz dar, gegen welche dann Rechtsbeschwerde zulässig ist, RMG. 14 276, 16 242. Bei Strafanzeigen richtet es sich nach den in der Strafanzeige behaupteten Tatsachen, ob die niedere oder höhere Gerichtsbarkeit gegeben ist, RMG. 16 6, 186, 242, vgl. Rissom in Arch. 4 132. 8. Nach dauernder Rechtsprechung des RMG., so 3 127, 4 2, 7 244, 269, 11 178, 12 28. Plenarentsch. 16 73 ist Voraussetzung einer sachlichen Entscheidung der höheren Instanzen, daß die voraus­ gegangenen Entscheidungen dem Antragsteller ordnungsmäßig zu­ gestellt waren. Zwar die ursprüngliche Anschauung, daß, so oft für eine Anfechtung eine Frist gesetzt sei, die Anfechtung nicht vor Beginn der Frist beginnen könne, ist bereits von RMG- 15 28, 164, 17 61 mit Recht aufgegeben. Indessen geht die Plenarentscheidung RMG. 16 73 davon aus, daß erst mit der Zustellung der Bescheid dem Antragsteller gegenüber wirksam werde, daß aber eine noct) nicht zur Entstehung gelangte Entscheidung noch nicht angefochten werden könne. Gegen jeden dieser beiden letzten Sätze sind Be­ denkenerhoben. Die Vollendung der Existenz der Entscheidung wird in diesen Einwänden an einen früheren Zeitpunkt geknüpft, teils an die dienstliche Bekanntgabe an auch nur einen Beteiligten, vgl. RMG. 17 179, Beling Z. 38 612, teils an die Herausgabe zur Be­ kanntgabe, so Obermilitäranwalt zu RMG. 16 73, teils an die schriftliche Niederlegung, so scheinbar RMG. 17 37, vgl. Cöster, Arch. 5 101. Zweitens wird auch die Einlegung eines durch die spätere Vollendung der Entscheidung bedingten Rechtsmittels für angängig erachtet, so von Beling Z. 38 485. Der zweite dieser Ein­ wände dürfte abzulehnen sein, da er die Ordnung der Instanzen! beeinträchtigt. Vgl. noch Ditzen, Goltd. Arch. 52 370: Gerland, Gerichtssaal 69 325: Schultze, Prozessuale Zeitbestimmungen inj

Einstellung und Anklage.

§ 247.

475

Festgabe für Planck, S- 1, 13, 40, 43: PH. O. Mayer, Gericht-saal

73 240; ttiffom, Gerichtssaal 73 314, und Arch. 3 219, 4 134, 5 130; Handrv.: Rissom, Vollendung von Prozeßhandlungen; Cöster, Arch. 5 101; Beling, Z. 38 612, 485; Löwe §§ 33 Anm. 3, 348, 353, vordem. 2 zu Buch 3 Abschn. 1; RG. in IW. 23 326, 29 492; HerzErnst § 247. Durch Pr. KrMin. v. 16. 8. 11 und 10. 8. 16 sind die Dienststellen mit Rücksicht auf die Übung des RMG. auf sorgfältige Beachtung der für die Zustellung vorgeschriebenen Formen hin­ gewiesen. Die Zustellung hat in rechtsgültiger Form an den Antragsteller zu erfolgen, und zwar jedenfalls dann, wenn er Verletzter sein kann, oder wenigstens zu sein behauptet, damit ihm die Möglichkeit eröffnet wird, von den ihm gewährten Rechtsbehelfen Gebrauch zu machen. RMG. 12 27. über die Form der Zustellung s. §§ 138—145. 9. Höherer Gerichtsherr ist, wenn der Beschuldigte in­ zwischen unter die Gerichtsbarkeit eines anderen Gerichtsherrn ge­ treten ist, der diesem neuen Gerichtsherrn übergeordnete Gerichts­ herr, RMG. 20 179. 10. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Fristversäumnis ist möglich. Vgl. Rissom, GerichtSsaal 73 314; Ditzen, Arch. f. ©traft. 52 376. b) Auch die mcht rechtzeitig angebrachte Rechtsbeschwerde ist vom höheren Gerichtsherrn mit Rücksicht auf § 24 MStGO. sach­ lich zu prüfen. Pr. KrMin. v. 27. 6. 05. Mitteilung der sachlichen Entscheidungsgründe erfolgt zweckmäßig auch in diesem Falle. Pr. KrMin. v. 27. 6. 05. Mitzeichnung nach § 97 Abs. 2 ist erforderlich. 11. Die eigene sachliche Entscheidung, welche zu treffen der Gerichtsherr der zweiten Instanz verpflichtet ist, kann nur auf Anordnung des strafrechtlichen Einschreitens oder auf Verwerfung der Rechtsbeschwerde lauten, RMG. 18 235. Die Anweisung des unterstellten Gerichtsherrn zur Fortsetzung des Verfahren- enthält keine der Rechtsbeichwerde abhelfende Ent­ scheidung, stellt sich vie mehr sachlich als eine Anordnung im Sinne des § 37ü dar. Nach Abschluß der neuen Ermittlungen ist daher kein Raum für eine erneute Einstellung des Verfahrens durch den G -

476

Verfahren in erster Instanz.

§ 247.

richtsherrn erster Instanz, vielmehr bedarf es dann einer sachlichen Entscheidung des Gerichtsherrn zweiter Instanz auf die Rechtsbefchwerde, RMG. 18 235. Eine Entscheidung, die nach dem Willen des Gerichtsherrn sich als endgültige Bescheidung der Rechtsbt.schwerde buistellt, mutz dem Verletzten auch dann zugestellt werden, wenn der Gerichtsherr der Ansicht ist, durch diesen Bescheid der Rechtsbeschwerde abgeholfen zu haben, RMG. 18 235. 12. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, dessen unrichtige Bezeichnung unschädlich ist, muß binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des höheren Gerichtsherrn eingehen. Voraussetzung seiner Zulässigkeit ist aber die Wahrung nicht nur dieser, sondern auch der für die Rechtsbeschwerde gesetzten Frist, RMG. 8 3, wie überhaupt die Jnuehaltuug des Instanzenweges und der vorgeschriebenen Form, RMG. 3 100, 7 244, 209. Wegen Anbringung vor Zustellung vgl. Amn. 8. 13. Zu Abs. 3. a) Ter Zeitpunkt der Stellung des Antrags

auf gerichtliche Entscheidung wird bestimmt durch den Eingang des Schriftstücks beim Reichsnrilitärgericht, bei dem allein der Antrag angebracht werden kann. RMG. 1 183, 237, 4 158. Die Vorschriften des § 369 beziehen sich nur auf Rechtsmittel des Beschuldigten, kommen hier also nicht in Betracht, RMG. 20 265. Nimmt eine der dort genannten Personen einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Protokoll, so hat sie für Weiterbeförderung zu sorgen. Einen un­ abwendbaren Zufall bildet aber ein die Versäumung der Frist her­ beiführendes-Verschulden der Urkundsperson nicht, RMG. 20 265. b) Die Tatsachen und Beweismittel müssen im Antrage selbst, wenn auch in einer beigefügten Anlage, enthalten sein. RMG. 2 277, 8 186. Auch dann, wenn der Antrag auf gerichtliche Ent­ scheidung sich in erster Linie mit einer Vorfrage befaßt, z. B. sich gegen die Auffassung des höheren Gerichtsherrn richtet, daß die für die Rechtsbeschwerde bestimmte Frist nicht eingehalten sei, muß der Antrag gleichzeitig die Tatsachen, welche das strafrechtliche Einschreiten begründen sollen, sowie die Beweismittel ergeben, RMG. 14 139.

Einstellung und Anklage.

§ 247.

477

Der Antrag mutz, wie jedes Rechtsmittel, alle gesetzlichen Er­ fordernisse selbst enthalten. Eine Bezugnahme auf andere Schrift­ stücke ist daher grundsätzlich unzulässig, wenn auch nach Lage des Einzelfalles, wie RMG. 16 167 bemerkt, Ausnahmen möglich sein dürften. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Frist braucht die bereits erfolgte Handlung nicht zu wiederholen, RMG. 16 167. Vgl. § 148. Die Forderung der Tatsachenangabe soll den Antragsteller nötigen, anzugeben, worauf er eigentlich hinaus will, und dem Gericht die Prüfung erleichtern, nicht aber soll damit eine Art Ver­ handlungsmaxime, wie im Zivilprozeh, eingeführt sein. Daher dürfte unbedingte Schlüssigkeit der Tatsachen auf eine bestimmte strafbare Handlung nicht zu fordern, vielmehr Ergänzung der Tat­ bestandsmerkmale aus den Akten oder durch die in § 248 Abs. 3 vor­ gesehenen Ermittlungen zulässig sein, eine Ansicht, die auch durch die Fassung des § 248 Abs. 1 nahegelegt wird. A. M. Herz-Ernst Anm. 12. DaS Nichtvorhandensein von SchuldauSschlietzungsgründen braucht jedenfalls nicht dargetan zu werden. RMG. 6 155. Allerdings wenn nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers Tatsachen vorliegen, aus denen nach gesetzlicher Vorschrift an sich die Straflosigkeit folgt, ist es Sache des Antragstellers, das Vor­ handensein solcher Tatsachen zu behaupten und unter Beweis zu stellen, die diesen vom Gesetze grundsätzlich gezogenen Schluß im vorliegenden Falle als nicht zutreffend erscheinen lassen, RMG. 15 272. Vgl. Beling, Z. 38 617. Entsprechendes gilt für die Beweismittel. Datz die angegebenen Beweismittel geeignet sind, die Tatsachen zu beweisen, die daS strafrechtliche Einschreiten begründen sollen, wird für die formale Zulässigkett deS Antrages nicht erfordert, RMG. 16 236. Beweismittel sind ausnahmsweise nicht nötig, wenn der Streit sich gar nicht um den Beweis dreht. RMG. 6 155, 8 186. 14. a) 3fm Falle des Todes des Antragstellers behalten die gestellten prozessualen Anträge, also die Rechtsbeschwerden und der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ihre Wirksamkeit, RMG. 15 51. h) Mit dem Erlöschen der Militärgerichtsbarkeit ins-

478

Verfahren in erster Instanz.

$ 248.

besondere nach § 10 verliert daS Verfahren seine (Grundlage. Der höhere Gerichtsherr und das RMG. haben demgemäß ihre Unzu­ ständigkeit auszusprechen, RMG. 15 188. Der Verletzte kann dann bei der bürgerlichen Strafrechtsbehürde einen neuen Antrag auf Einschreiten stellen. Dgl. §§ 169—175 StPO.

15. Nach Ablauf der Fristen des § 247 kann nur ein auf neue Tatsachen oder Beweismittel gestützter Antrag den Gerichtsherrn zu einer sachlichen neuen Entscheidung nötigen und damit eine erneute Anfechtbarkeit in Lauf setzen. RMG. 6 86; Loewe §§ 170 Anm. 2 c, 172 Anm. 7. Die oberen Instanzen haben die Neuheit der Tatsachen oder Beweismittel nachzuprüfen. Prüfung.

§ 248« Ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht in der gesetzlichen Frist oder Form, oder ohne Anführung von Tatsachen und Beweismitteln eingebracht, so ist derselbe vom Reichsmilitärgericht als unzulässig zu verwerfen. Ist der Antrag rechtsgültig gestellt, so kann das Reichs Militärgericht die Vorlegung der bisher geführten Verhand­ lungen verlangen, auch dem Beschuldigten den Alitrag unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung mitteilen. Zur Vorbereitung der Entscheidung kann das Reichsmilitär gericht Ermittelungen durch einen Kriegsgerichtsrat oder Amts­ richter veranlassen. Dem Antragsteller tonn vor der Entscheidung über bett Antrag die Leistung einer Sicherheit für die durch das Ver fahren über den Antrag und durch die Untersuchung der Militär­ justizverwaltung und

dem

Beschtlldigten

voraussichtlich er­

wachsenden Kosten durch Beschluß des Reichsmilitärgerichts auferlegt werden. Die Sicherheit ist bei der Gerichtsschreiberei des Reichstnilitärgerichts durch Hinterlegung in barem Gelde oder in Wertpapieren zu leisten. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Reichsmilitärgerichte nach freiem Er

Einstellung und Anklage.

§ 249.

479

messen festgesetzt. Dasselbe hat zugleich eine Frist zu bestimmen, binnen lvelcher die Sicherheit zu leisten ist. Wird die Sicherheit binnen der bestimmten Frist nicht geleistet, so hat das ReichsMilitärgericht den Antrag für zurückgenommen zu erklären. 1. Die dem § 171 StPO, entsprechende Vorschrift war im Entwurf nicht enthalten: sie ist von der Kommission eingefügt worden. S. KomBer. S. 78—80. 2. Wegen der gesetzlichen Frist und Form vgl. § 247. 3. Nach der Übung des RMG. — Herz-Ernst Anm. 4 — wird vor der Entscheidung der ObermilitLranwalt gehört. Vgl. § 377 und Koppmann Anm. 6. 4. Zu Abs. 3. a) Die Beauftragung eines Gerichtsoffiziers mit den Ermittlungen erscheint, abgesehen vom Fall des § 98 Satz 2, nach dem Wortlaut des Gesetzes ausgeschlossen. b) Dem Verletzten steht ein Anspruch auf Anwesenheit bei Zeugenvernehmungen usw. auch in den Fällen der §§ 165, 270 nicht zu. Er kann indessen nach Befinden als Zeuge vernommen und sodann anderen Zeugen zur Unterftützung ihres Gedächtnisses und zur Aufklärung von Widersprüchen gegenübergestellt werden, RMG. 17 277. 5. Zu Abs. l und 4. Die Verwerfung des Antrages als „un­ zulässig" oder die Zurücknahme des Antrages hindert an sich nicht dessen nochmalige Anbringung, die aber regelmäßig nicht mehr rechtzeitig wird erfolgen können. Bei Versäumung der Frist ist Wiedereinsetzung nach § 147 zulässig. Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen findet sich RMG. 11179. Vgl. auch § 249 Anm. 3.

Gutscheiduug deS «eich-MilttLrgerichtS. 8 248. Ergibt sich kein genügender Anlaß zum straf­ rechtlichen Einschreiten, so verwirft das Reichsmilitärgericht den Antrag und setzt den Gerichtsherrn, dessen Bescheid ange­ fochten worden ist, den Antragsteller und den Beschuldigten von der Verwerfung in Kenntnis. Ist der Antrag vertvorfen, so kann das strafrechtliche Einschreiten gegen den Beschuldigten

480

Verfahren in erster Instanz.

§ 249.

nur auf Gründ neuer Tatsachen ober Beweismittel wieder­ aufgenommen werden. Wird der Antrag als unzulässig oder als unbegründet ver­ worfen oder durch Verzicht ober Unterlassung der Sicherheits« Leistung zurückgenommen, so sind dem Antragsteller die durch das Verfahren über den Antrag veranlaßten Kosten aufzuer­ legen. Erachtet dagegen das Reichsmilitärgericht den Antrag für begründet, so beschließt es, daß ein strafrechtliches Einschreiten gegen den Beschuldigten stattzufinden habe. Aus Grund dieses Beschlusses hat der Gerichtsherr nach Maßgabe des § 250 zu verfahren. 1. Die dem § 172 StPO, entsprechende Vorschrift fehlte im Entwurf. Sie wurde in der Kommission eingefügt. KomBer. S. 78—80. 2. Der Beschuldigte erhält, entgegen § 246, hier auch dann

Kenntnis, wenn er als solcher nicht vernommen war. 3. Das Wiedereinschreiten lediglich auf Grund neuer Tat­ sachen oder Beweismittel ist den §§ 172, 210 StPO, entnoni* men. Die Vorschrift gilt aber nur bei Verwerfung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung als sachlich unbegründet. Der Gerichtsherr muß dann einen nicht auf neue Tatsachen oder Beweismittel ge­ gründeten Antrag auf Strafverfolgung als unzulässig zurückweisen. Die gegen diesen Bescheid nach § 247 Abs. 2 eingelegten Rechtsbehclfe müssen als unzulässig verworfen werden. Nur neues Vorbringen eröffnet wieder den Jnstanzenzug. RMG. 6 86. War dagegen der ursprüngliche Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 248 Abs. 1 u. 4 als unzulässig verworfen oder für zurückgenommen erklärt, oder waren überhaupt die Rechtsbehelfe des § 247 nicht durchgeführt, so ist weder der Gerichtsherr an einer Wiederaufnahme des Ver­ fahrens, noch der höhere Gerichtsherr an einer Anweisung dazu nach § 24 gehindert. Indessen hat der Antragsteller ein Recht auf erneute sachliche Entscheidung und daran anschließende Rechts-

Einstellung und Ant läge.

481

§ 249.

behelfe erst baun, wenn er neue Tatsachen oder Beweismittel vorbri gt. Ebenso RMG. 16 183. 4. Das erkennende Gericht hat nicht -u prüfen, ob die später doch vom Gerichtsherrn erlassene Anklageverfügung auf tikunb neuer Tatsachen ergangen ist. RG. 22 187, a. M. Beling, Lehrb. 535. 5. Hört vor der Entscheidung des Reichsmilitärgerichts, einerlei, ob die Fristen gewahrt sind oder nicht, die militärische Gerichts­ barkeit nach § 10 Abs. 2 auf, so bat Unzuständigkeitserklärung ohne Kostenauferlegung zu erfolgen. Ebenso RMG. 15 188. Es kann dann jederzeit ein neuer Antrag bei der Staatsanwaltschaft nach §§ 169—175 StPO, gestellt werden. Bei Übergang nach der Entscheidung des Reichsmilitärgerichts kann der Antrag wegen der §§ 249 Abs. 1 MStGO., 172 Abs. 2 StPO, nur auf Grund neuer Tatsachen bei der Staatsanwaltschaft gestellt werden. 6. Zu Abs. 2. Der Tod des Antragstellers macht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung ebensowenig hinfällig, wie einen einmal gestellten Strafantrag, RMG. 15 51. Bei Zurückweisung des Antrage- ttad) erfolgtem Tode sind die Kosten den Erben auf­ zuerlegen, RMG. 15 51. Der gesetzliche Vertreter ist in keinem Falle in die Kosten -u verurteilen, RMG. 15 51, es empfiehlt sich daher auch nicht, ihm die Kosten, wie die genannte Entscheidung es tut, „in der fraglichen Eigenschaft" aufzuerlegen. 7. Die Entscheidung des obersten Gerichts kann nur auf Ver­ werfung des Antrages oder auf Anordnung strafrecht­ lichen Einschreitens, nach § 250 lauten, RMG. 18 235. Dies gilt auch dann, wenn der Gerichtsherr überhaupt noch kein Ermittlungsverfahren angeordnet hatte, RMG. 18 235. Vgl. oben § 247 Anm. 11. Abweichend Koppmann Anm. 23. Die Folge der Auffassung des RMG. ist, daß es in der Sache zu einem Er­ mittlungsverfahren überhaupt nicht kommt, sondern höchstens zu Ermittlungen nach § 248 Abs. 3. 8. Der Gerichtsherr soll ein beantragtes Einschreiten nicht wegen Unzuständigkeit ablehnen, sondern sich mit dem zustän­ digen Gerichtsherrn, nötigenfalls unter Anwen. ung des § 36, Romen-Rtssom, MCI WO., 8. Ausl.

31

482

Verfahren in erster Instanz.

§ 250.

wegen Abgabe der Sache in Verbindung sehen. (LS kaum daher der Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch nicht wegen Unzu­ ständigkeit des angegangenen Gerichtsherrn als unzulässiig ver­ worfen werden. Demnach ist auch nach erfolgter Entscheidulng des RMG. Abgabe an den zuständigen Gerichtsherrn nicht ausge schlossen. Hinsichtlich der Augehung eines niederen Gerichtsherrn in einer Sache der höheren Gerichtsbarkeit vgl. 8 247 Anm. 7.

Anklage und Abgabe.

§ 250# Liegt gegen den Beschuldigten hinreichender Ber dacht einer strafbaren und militärgerichtlich verfolgbaren Hand­ lung vor, so hat der Gerichtsherr, sofern nicht Disziplinär bestrafung eintritt (§ 3 des Einführungsgcsctzes zum Witcir strafgesetzbuch) oder eine

Strafverfügung erlasseil ivird, die

Anklage zu verfügen oder die Sache an den zuständigen Gerichts Herrn abzugeben.

Enttu. § 237. Schrifttum: v. d. Horst, Ahndung einer Sache im Diszivlinarwege, Arch. 3 56, dazu Beling, 3- 33 469, bespr. Arch. 3 469, dazu v. d. Horst, Arch. 4 204. 1. Die Vorschrift entspricht dein § 201 StPO, und dem § 102 Pr. MStGO. Hiernach ist die Anklageverfügung als Gerichts entscheidung aufzufassen, eine Eigenschaft, die sich namentlich in der beschränkten Zurücknehmbarkeit zu erkennen gibt, RMG. 5 246, 7 300, Vordem. 1 zum Teil 1, Titel 1. 2. Der Gerichtsherr ist bei hinreichendem Verdacht zunl Einschreiten gesetzlich verpflichtet, Legalitätsprinzip, RMG. 10 98. Ausnahmen von diesem Grundsätze finden sich in §§ 253 MEtGO., 4 RStGB. Der 8 42MStGB. bildet keine eigentliche Ausnahme, da auch hier das Einschreiten, sofern Degradation zu erwarten steht, erfolgen muß. Wegen Verletzung der Pflicht zum Einschreiten vgl. §§ 119,145 MStGB., 346 RStGB.

Einstellung und Anklage.

$ L5o.

483

3. Nach ZA 97 Abs. 2, 102 ist Mitunterschrift der Anllageversügung erforderlich. PE. 1 33. über den Umfang der MtPrüfung vgl. § 245 Anm. 2. 4. Wegen der Fälle des 8 7 Abs. 2 vgl. bort Anm. 7. 5. AusfBest. d. Pr. KrMin.: Wird der Beschuldigte in Unter­ suchungshaft genommen oder die Anklage gegen ihn verfügt, so hat der Gerichtsherr, wenn der Beschuldigte Offizier, Sanitätsoffizier oder Beterinäroffizier ist (auch Gendarmerieoffizier, Pr. KrMin. v. 28. 7. 08), dem höchsten der diesem vorgesetzten Militärbefehlshaber im Dienst­ weg Anzeige zu erstatten, wenn der Beschuldigte Sanitätsoffizier ist, außerdem den Generalstabsarzt der Armee, [roemt der Beschuldigte Beterinäroffizier ist, außerdem das Allgemeine Kriegs-Departement, wenn der Beschuldigte Militärbeamter ist, die diesem vorgesetzte Verwaltungsstelle, und, falte der Militär­ beamte int doppelten Unterordnung-verhältnisse steht, auch den nächsten vorgesetzten Militärbefehlshaber zu benachrichtigen. In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn ein Offizier, Sanitäts­ offizier oder Beterinäroffizier aus Anlaß des eingeleiteten gericht­ lichen Verfahrens einstweilen des militärischen Dienste- enthoben wird (vgl. auch §8 174, 175). Die Einfügung der Beterinäroffiziere beruht auf Pr. KrMn. v. 30. 4. 12, ABBl. S. 85. AuSfBest. f. d. Marine: Entsprechende Vorschrift. Die In­ genieure des Soldatenstandes stehen den Offizieren gleich. AusfBest. f. Bayern: (MVOBl. 1900, 233). Entsprechend, doch unter Hinzufügung der Fähnriche und Erstattung der Anzeige int Dienstweg, bei Militärbeamten durch die vorgesetzte Verwaltungs­ stelle, an das KrMin. AusfBest. f. Sachsen: Entsprechend. An die Stelle des Generalstabsarztes der Armee tritt die Medizinalabteilung des KrMin.

484

Verfahren in erster Instanz,

ä 25 l.

AusfBest. f. Württemd.: Entsprechend. An Die Sterile Dvv (Generalstabsarztes der Armee tritt der Korpsgeneralarzt. Bgl. auch Pr. KrMin. v. 28. 7. 08. 6. Uber Mitteilung der Anklageverfügung an bnirger liche vorgesetzte Behörden des Beschuldigten ugl. Pr. .(KrMin. u. 4. 7. 12 und oben {$§ 156, 175. 7. Von mehreren strafbaren Handlungen kann eim Teil vorab durch Bestrafung im Disziplinarwege erledigt nverden. 74 MStGB. steht dem nicht entgegen. 8. Stellt sich im Laufe des Ermittlungsverfahrens vde'r nach dessen Abschluß heraus, daß die zunächst der höheren GerichtÄbarkeit zugerechnete Sache der niederen Gerichtsbarkeit angehörtt, oder von dieser nach § 16 erledigt werden kann, so erfolgt die Abgabe, wobei aber nicht Einstellung hinsichtlich eines einzelnen rechtlichen Gesichtspunktes zulässig ist. Diese Abgabe steht weder einer A nklage Verfügung gleich, PE. 6 30, noch enthält sie an sich eine Weisung zur Erhebung der Antlage. Der niedere Wciiri)t*hvri- entscheidet daher, sofern ihm nicht ausdrücklich Weisung aus § 2 t erteilt wird, frei über Einstellung, Anklage oder Disziplinarerledigung. Te ilweise a. M. Koppmann Anm. 3 b. 9. Wegen der Überweisung int 8 63. 10. Die

bisherigen

Ielde

und an

Bord vgl.

Erntittlnngshandlungen

bleiben

auch nach Abgabe gültig, iitsbesondere auch ein erlassener Haft­ befehl, über dessen Aufhebung der neue Gerichtsherr frei befhibet, sofern nicht bereits vor Abgabe die Aufhebung wegen Wegfalls der Voraussetzungen erfolgte.

Dlszlpliirarweg.

§ 251. Ist der Beschuldigte einer strafbaren Handlung überführt, die nach § 3 des Ginsührungsgesetzes zum Militär strasgesetzbuch im Disziplinarwege geahndet lverden kann, so hat der Gerichtsherr darüber zu befinden, ob eine solche Ahn­ dung nach Lage der Sache für ausreichend zu erachten ist. In dieser Beziehung ist, wenn der Gerichtsherr nicht zugleich

Einstellung und Anllage.

§ 251

485

Disziplinarvorgesetzler des Beschuldigten ist, bei Meinungs­ verschiedenheit die Ansicht des Disziplinarvorgesetzten maßgebend (§ 157 Absatz 2). Ist der Gerichtsherr zugleich der Disziplinarvorgesetzte, so hat er entweder die Disziplinarstrafe selbst zu verhängen oder die Verhängung derselben einem ihm unterstellten Disziplinar­ vorgesetzten des Beschuldigten zu überlassen. Schrifttum: Handw.: Sohl, Disziplinarvorgesetzter und Ge­ richtsherr: Beling, Unzulässigkeit der Strafverfolgung wegen diszi­ plinarischer Ahndung der Tat, Z. 38 478; Handw.: Jordan, Ver­ jährung im Strafrecht und Disziplinarstrafrecht; Dietz, Vorjährige Difziplinarbestrafung, Arch. 2 53; Dietz, Anweisung zur Verhängung e. Disziplinarstrafe, DOffVl. 1911, Nr. 14; Spohn, Zuständigkeit höherer Disziplinarvorgesetzter. Eingriffe in die Strafbefugnisse der niederen, Arch. 3 37; Junk, Dietz, Verlautbarung der auf Beschwerde oder Strafanzeige eines Untergebenen gegen den Vorgesetzten ge­ troffenen Entscheidung, Arch. 2 218: Junk, Beschwerde gegen eine Disziplinarstrafe des Gerichtsherrn, Arch. 5 292 ; Dietz, Beschwerde über eine zu milde Bestrafung, Arch. 3 147; Dietz, Ahndung straf­ barer Handlungen im Disziplinarwege. Bescheid. Rechtsbehelfe des verletzten Antragstellers, Arch. 4 283; Dietz, Zusatzstrafen zur Disziplinararreststrase, DOffBl. 1912, Nr. 52, bespr. Arch. 4 311; Dietz, Entfernung eines Gefreiten d. R. vom Gefreitendienstgrade im Anschluß an eine gerichtliche Strafe, Arch. 4 456; RehdanS, Rotermund, Mewes, Kontrollentziehung und Versäumung von Kontrollversammlungen, Arch. 4 300, 370; Dietz, Zu § 33 RMilG-, 88 25 Ziff. 11 und 26 Ziff. 7 WO. Disziplinar- oder gerichtliche Strafe? Arch. 4 296; Dietz, Kleineberg, Unterbrechung der Verjäh­ rung von Disziplinarübertretungen, Arch. 6 86, 373. 1. Vgl. die Ausführungen zu 8 157. Die Bestrafung im Disziplinarwege ist reine Kommandosache und liegt außerhalb des gerichtlichen Verfahrens, bedarf also z. B. keiner Mitzeichnung. Andererseits bleibt das gerichtliche Verfahren zunächst durch sie miberüsjrt. Da aber der rnateriellrechtliclie Strafanspruch durch die

Verfahren in erster Instanz.

486

$ 252.

Ahndung im Disziplinarwege erschöpft wird, so muh dieser Umstand im Verfahren berücksichtigt werden; dies geschieht durchEinstellung, mag diese nun mit Rücksicht auf die bereits verhängte oder auf eine noch zu verhängende, dem unterstellten Disziplinarvorgesetzten bin­ dend vorgeschriebene Bestrafung erfolgen. Diese Einstellung ist nach ZK 97 Abs. 2, 102 mitzuunterzeichnen. Hierbei bleibt -war die Feststellung des Befehlshabers, daß ein leichterer Fall vorliegt, der Mitprüfung entzogen, so auch Herz-Ernst Anm. 2. Aber die Frage, ob überhaupt ein Fall des §3z. EG. MStGB., also-. B. unerlaubte Entfernung und nicht Fahnenflucht vorliege, ist mitzuprüfen. 2. Will der dem Gerichtsherrn nicht unterstellte Disziplinarvorgesetzte, gleichviel aus welchem Grunde, die vor­ geschlagene Erledigung im Disziplinarwege, zu der nur er, nicht der Gerichtsherr berechtigt ist, nicht verfügen, so erübrigt r.ur die Anklageerhebung. 3. Zu Abs. 2. Ter niedere Disziplinarvorgesetztc, den; die Verhängung der Strafe überlassen — nicht aufgetragen wird, ist an die Auffassung des Gerichtsherrn nicht unbedirgt ge bunden. Lehnt er wegen persönlich abweichender Ansicht du Ver Hängung der Strafe ab, so bleibt dem Gerichtsherrn die Möglchteit, in seiner Eigenschaft als höherer Disziplinarvorgesetzter die strafe selbst festzusetzen.

Hochverrat. § 252. Bor der Allklageverfügung wegen einer ter im § 158 bezeichneten strafbaren Handlungen ist, wenn sie legen den Kaiser oder das Reich gerichtet ist, an den Reichskmzler, in anderen Fällen an die oberste Militärjustizverwalnngsbehörde Bericht zu erstatten.

Entw. § 239. 1. Die hier vorgesehenen Berichte sind vom Gericht-Herrn unmittelbar an den Reichskanzler oder die oberste Behörte der MUitärjustizverwaltung zu erstatten. Begr. S. 132. Vgl. auch § 158.

Einstellung und Anklage.

§ 253.

487

2. Wegen der „obersten Mllitärjusti-verwaltungSbehörde" s. § 111.

3. Auch bei beabsichtigter Einstellung wird zweckmäßig vorher Bericht erstattet. 4. AusfBest. d. Pr. KrMin.: Bon dem Berichte, der wegen eines gegen den Kaiser oder das Reich gerichteten Hochverrats oder Landesverrats oder wegen eines als Berbrechen oder Bergehen sich darstellenden Verrats militärischer Geheimnisse an den Reichs­ kanzler zu erstatten ist, ist dem Kriegsministerium auf dem Dienstweg Abschrift einzureichen. AusfBest. f. d. Marine: An Stelle de- Kriegsministeriums tritt der Staatssekretär des Reichsmarineamts. Vgl. auch Pr. KrMin. v. 24. 1. 11. 5. über Verurteilung wegen Majestätsbeleidigung ist Meldung unter Beifügung des Urteils zu erstatten. Pr. MilKab. 26. 2. 97.

«»Wichtige Ne-emILNe. § 253# Fallen dem Beschuldigten nach dem Ergebnisse des Ermittelungsverfahrens mehrere strafbare Handlungen zur Last, und erscheint für die Sttafzumessung die Feststellung des einen oder des anderen Straffalls unwesentlich, so kann der Gerichtsherr in Ansehung eines solchen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die anderen Fälle von einer Anklage absehen. Im Felde und an Bord soll regelmäßig in dieser Weise ver­ fahren werden. Die Verfügung ist von dem Gerichtsherrn zu den Akten zu bringen. Erachtet der Gerichtsherr nachträglich die meitere Anklage für geboten, so kann diese nur innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des Urteils erhoben werden.

Entn\ § 210. Schrifttum: Tamaschke, Die §§ 253 und 259 der MStGO-, 8- LtrW. 24 242.

488

Verfahren in erster Instanz.

Z 254.

1. Die dem § 208 StPO, entsprechende Vorschrift verdiente häufigere Anwendung, als ihr bisher zu teil zu werden scheint. Die Anwendung ist schon bei zwei Straftaten möglich. PE. 7 1. Andererseits ist fein stillschweigendes übergehen zulässig, PE. 1 32, sondern Angabe der Straffälle erforderlich. PE. 4 29. Es genügt aber hinreichende Kennzeichnung, .511 welcher nähere Zahlenangabe nicht unbedingt erforderlich ist. So samt, wenn das Ermittlungs­ verfahren wegen einer unbestimmte,! Menge von Wechselfälschungen oder Mißhandlungen schwebte, vorläufige Einstellung hinstchtli,l> aller nicht zur Anklage gelangten Fälle erfolgen. Einer späteren Beurkundung, daß und weshalb die nachträgliche Anklage nicht sin geboten erachtet werde, bedarf es nicht. 2. Die nach §§ 97, 102 mitzuzeichnende vorläufige Einstel lung braucht, worauf auch Abs. 3 hinweist, nicht gleichzeitig mit der Anklage zu erfolgen, kann vielmehr bis zur rechtskräftigen Ent scheidung nachgeholt werden, Koppmann Anm. 2 u. 3. Der „(sfr* rtchtsherr" ist der jedesmal zuständige. Mithin ist die Anwendung auch beim Wechsel der Oierichtsherrn möglich. Ebenso kann de, neue Gerichtsherr — die Zuständigkeit für das vorläufig eingestellte Delikt wird nicht nach § 259 festgehalten — in der zugelassenen Frist frei Anklage verfügen. Rvtermund, Zeitschr. f. d. ges. Smviss. 24 243, angezogen bei Herz-Ernst, die selbst a. M. sind. 3. Die Verfügung der vorläufigen Einstellung unterdrici't die Verjährung. Olshansen, Komm. z. StGB. § 66 Anm. 9. 4. Wegen der Bedeutung der Begriffe „im Felde und an Bord" s. EG. §§ 5, 6.

Arrklageverfügung. § 254. Die Anklageverfngung des Wericfitsfjemi '^250' hat die beut Beschuldigten zur Last gelegte Dal unter Hervor Hebung ihrer gesetzlichen Merkmale und des anzuwendenden Strafgesetzes zu bezeichnen, sowie die Angabe zu enthalten, ob die Aburteilung der Sache durch ein Standgericht oder hirrfi ein Kriegsgericht erfolgt. Ent'o. $ 2U.

Einstellung und Anklage.

§ 251.

489

Schrifttum. Handw.: Autenrieth, Anklageverfügung. 1. Die Vorschrift stimmt im wesentlichen mit dem § 205 StPO, überein. 2. über diese wichtige Vorschrift heißt es in der Begrün­ dung, S. 132: Die Verfügung, welche die Erhebung der Anklage anordnet, bildet die maßgebende Grundlage für das weitere Verfahren und zugleich in tatsächlicher Beziehung die Grenzen für dasselbe. Bestimmtheit und Klarheit sind deshalb unentbehrliche Erfordernisse dieser Verfügung. Die Verfügung muß: 1. die Person des Beschuldigten bestimmt bezeichnen; 2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat, d. h. das Ver­ halten des Beschuldigten, welches beit Gegenstand der Aburteilung bilden soll, so genau angeben, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat von anderen Taten unterschieden werden kann, vgl. Urteil d. RG. v. 8. 3. 81, Entsch. i. Strass. 3 406, dazu jetzt PE. 17 4; 3. die gesetzlichen Merkmale der Tat hervorheben, d. h. angeben, welches Delikt nach Ansicht des Gerichtsherrn in der Tat gefunden wird (über Angabe des Strafgesetzes s. Anm. 4); 4. angeben, ob je nach ZuständigkeitSregeln ein Standgericht oder ein Kriegsgericht zu entscheiden hat. 3. Die An klage Verfügung ist ihrem Wesen nach gleich mit der Anordnung der förmlichen Untersuchung nach § 102 Pr. MStGO. und mit dem Eröffnungsbeschluß nach §§ 201, 205 StPO. RMG. 5 246, 7 300. Mit der öffentlichen Klage deS § 152 StPO, oder der Klage des bürgerlichen Zivilprozesses (die keinen Eröffnungsbeschluß erfordert) hat sie nichts zu tun. 4. Zu den Strafgesetzen, die in der Anklageverfügung be­ zeichnet werden müssen, gehören außer denjenigen, welche die Tatbestaudsmerkmale und die allgemeine Strafandrohung enthalten, auch die Vorschriften über die Erhöhung der Strafbarkeit (z. B. RStGB. §§ 123 Abs. 3, 223 », 224, 243, 250; MStGB. §§ 55, 95, 103 um».). 'ECf. 2 28,96.

490

Verfahren in erster Instanz.

§ 255.

5. Die Anttageverfügung ist auch im Falle des § 42 MGtGB. erforderlich. RMG. 5 29; PE. 9 7; Rotermund, MStGB. § 42 Anm. 11. 6. Kann das Gericht eine Überzeugung über die Identität der unter Anllage gestellten Tat nicht gewinnen, so hat es das Ver­ fahren einzustellen, PE. 17 4. 7. über den Ersah der Anllageverfügung in besonderen Fällen vgl. §§ 319 neue Anllage in der Hauptverhandlung, 330 Verweisung an die höhere Gerichtsbarkeit, 354 Einspruch gegen Strafverfügung. 8. über Abänderung und Zurücknahme der Anllageverfügung f. § 272. Bekan»n1mach«ng der Anklage.

Anklageschrift.

§ 255# Die Anklageversügung ist dem Beschuldigten gleichzeitig mit einer die Angabe der Beweismittel und die wesentlichen Ergebnisse der stattgehabten Ermittelungen ent­ haltenden Anklageschrift bekanntzumachen. Die Anklageschrift ist in Sachen der niederen Gerichtsbar keit von dem Gerichtsoffizier, in Sachen der höheren Gerichtsbarkeit von dem Kriegsgerichtsrate, welchen der Gerichtsherr mit der Vertretung der Anklage vor dem erkennenden Gerichte beauftragt, anzufertigen und zu unterzeichnen. Im Felde und an Bord bedarf es der Anfertigung einer be­ sonderen Anklageschrift nicht. Entw. § 212. Schrifttum: Handw.: Autenrieth, Anklageschrift. 1. Die Anklageversügung erhält rechtlichen Bestand, sobald sie vom Gerichtsherrn unterzeichnet zu den Akten gebrecht ist (Mitunterzeichnung nach § 97 ist erforderlich, RMG. 9 10-, aber für die Gültigkeit ohne Belang, RMG. 10 132, 232). (Bi; wird mit Abgabe der Sache an einen anderen Gerichtsherrn niot hin­ fällig. PE- 2 30. Die Frage, ob ihre VerleSbarkeit in der Hauptverhandlung von der vvrgängigen Bekanntmachung alhängt,

Einstellung und Anklage.

§ 255.

491

erscheint zweifelhaft, dürfte aber wegen de- § 259 eher zu bejahen sein. Vgl. Herz-Ernst § 256 Anm. 3; Soppmann § 256 Anm. 3. Für die Festhaltung der Zuständigkeit nach § 259 und die Fristen nach § 266 ist die Bekanntgabe jedenfalls wesentlich. Bgl. §§ 258, 259; RMG. 1 116; Herz-Ernst § 256 Anm. 3. 2. Die Anklageverfügung ist zunächst auS sich selbst zu erHoreit, doch kann zur Auslegung der ganze Atteninhalt, namentlich die Anklageschrift herangezogen werden. Koppmann §§ 254 Anm. 8, 255 Anm. 2 a. E., 318 Anm. 13. RMG. 6 59, PE. 17 4. 3. Die der Anklageverfügung nicht vorausgehende, sondern erst nachfolgende Anklageschrift dient der Begründung der Anklageverfügung, PL. 6 31, Koppmann Anm. 1, namentlich der Bekannt­ machung des Angeklagten mit den der Anklageverfügung zugrunde liegenden Tatsachen und Beweismitteln zum Zwecke seiner Vor­ bereitung für die Hauptverhandlung, PE. 4 31 b, 17 5. Daher sind auch später hinzuttetende Beweismittel ihm bekannt zu geben, Be­ gründung S. 133; PE. 1 34, 3 23, 6 31, und zwar rechtzeitig, widrigenfalls unter den Voraussetzungen des § 300 Abs. 2 Aus­ setzung der Hauptverhandlung beanttagt werden kann. 4. In der Anklageschrift ist genaue Bezeichnung der Straftat nach Oct und Znt erforderlich, PE. 4 31 b, überhaupt selb­ ständige Aufnahme aller wesentlichen Ergebnisse der Ermittlungen, P§. 17 5, desgl. Angabe der Zeugen nach Namen, Stand, Wohnort usw., PE. 1 34. Die verlesbaren Urkunden sind einzeln anzuführen, die Bezeichnung ganzer Atten als Beweismittel ist unzulässig, PE. 4 31 a, Aufnahme nicht verlesbarer Urkunden als Beweis­ mittel hat keinen Wert, PE. 2 29 a und begründet keinesfalls die Zulässigkeit der Verlesung, RMG. 7 24. Geständnis ist Beweis­ mittel, PE. 1 34, nicht aber der Strafantrag, PE. 5 19. Rechtliche Ausführungen sind erwünscht, soweit sie den Kern der Sache treffen und der Vorbereitung der Entscheidung dienlich sind. 5. Die in der Anklageschrift bezeichneten Zeugen usw. sind dadurch nicht derart gemeinschaftliche Beweismittel der Prozeßbeteiligten geworden, daß der Angeklagte ein prozessuales Recht

492

Verfahren in erster Instanz.

§ 255.

auf deren Ladung erhielte, RMG. 15 265 unter Aufgabe von PE. 3 23 a, vgl. auch RMG. 1 376, 2 109. Er hat auch fein Recht auf Nachricht, wenn von der Herbeischaffung eines Beweismittels Abstand genommen wird, RMG. 15 265. Nur in zweiter Instanz hat er ein prozeifuales Recht auf Nachricht, wenn die ihm nach § 388 Abs. 5 bekannt gemachte Verfügung des Gerichtsherrn über die zu gestellenden Zeugen usw. nachträglich vom Gerichtsherrn zurückgenommen wird, RMG. 15 265. Allerdings kann, wenn der Angeklagte in der Hauptverbandtung anwesend war, auf die Ver­ letzung dieses Rechts die Revision nicht gestützt werden, RMG. 15 265. 6. Bei Ersuchen um Aburteilung nach $ 262 soll der ernchende Gerichtsherr vorher anch die Antlageschriit anfertigen und bekanntmachen lassen. Sv mit Recht Elsner v. Gronow-Sohl. Es kann aber gleichzeitig um Bekanntgabe der Anklage mit) um Aburteilung ersucht werden. Dgl. § 262 Anm. 5.

.

7 Für das Degradationsverfahren nach § 42 MStGB. gelten die Vorschriften der MStGO. gleichfalls. RMG. 5 32. Indessen soll nach Pr. ÄrMin. v. 9. 2. 03 die 'Anfertigung einer Anklageschrift nicht uötiß sein. Vgl. 8 156 Anm. 7. Gleiches ist für Bayern verfügt, nach Koppmann, summt, z. MStGB. § 42 Anm. 12. Zustimmend PE. 9 7. Vgl. dazu Rotermund, summt, z. MStGB. § 12 Anm. 11. 8. Zu Abs. 2. Wegen der Stellung des Vertreters der Anklage vgl. § 273. 9. Zu Abs. 3. a) über die Begriffe „Feld und Bord" vgl. 88 5 u. 6 EG. b) Tie Anklageverfügungen tut Felde und an Bord enthaltett zweckmäßig die Aufzahlung der Beweismittel, m umfangreicheren Sachen auch die Ergebnisse der Ermittlttngen. c> Bei Überleitung ins ordentliche Verfahren wird nötigenfalls nachträglich eine Anklageschrift angefertigt undbekanntgemacht. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Nachlieferung nicht.

Anstellung und Anklage.

§

§ 256.

493

Mündliche Vekarmlgabe. 256. Die im § 255 vorgeschriebene Bekanntmachung

erfolgt an Beschuldigte, welche dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören oder sich in Haft befinden, mündlich durch einen Gerichtsoffizier oder Kriegsgerichtsrat. Der Beschuldigte ist dabei aufzufordern, sich rechtzeitig zu erklären, ob und welche Anträge er in bezug auf seine Verteidigung zu stellen habe. Die mündliche Bekanntmachung und Aufforderung kann auch durch Ersuchen eines Amtsrichters herbeigeführt werden. Über die Bekanntmachung und die Aufforderung, sowie über die von dem Beschuldigten abgegebene Erklärung ist ein Protokoll aufzunehmen. In kriegsgerichtlichen Fällett soll dem Beschuldigten eine Abschrift der Anklageverfügung und der Anklageschrift mitgeteilt werden; dasselbe hat in standgerichtlichen Fällen auf Verlangen des Beschuldigten zu geschehen. Ist der Beschuldigte verhaftet, so ist gleichzeitig dem Ver­ teidiger die Anklageversügung und die Anklageschrift mitzuteilen. Im Felde und an Bord findet diese Bestimmung keine Antvendung. Entiv. § 243. Schrifttum: Erhard, Zuziehung e. Gerichtsschreibers bei Be­ kanntgabe der Anklage und Vernehmung über die Berufung r Arch. 2 127; dazu Elsner v. Gronow, Arch. 2 207. 1. a) Die mündliche Berkündungsart gewährt nach Begr. zu 8 243 Entw. den wesentlichen Dorteil, daß der Beschuldigte alsbald über Umfang und Bedeutung der Anklage belehrt und über Anträge, die er im Interesse seiner Verteidigung stellen will, gehört werben kann. Dadurch wird der Beschuldigte leichter vor Mißver­ ständnissen bewahrt und zugleich die Vorbereitung der Haupt­ verhandlung gefördert.

494

Verfahren in erster Instanz.

§ 257.

b) (Iber Zuziehung eines Militärgerichtsschreibers s 8 163. c) Auch in Sachen der höheren Gerichtsbarkeit ist Bekanntgabe durch den Gerichtsoffizier zulässig. PE. 1 35, 4 32. 2. a) Anträge in bezug auf die Verteidigung betreffen nament lich Herbeischaffung von Beweismitteln zur Hauptverhandlung. PE. 4 32. Bezeichnung als „Antrag- ist nicht wesentlich. PC. 3 24. Der Nichtjurist und fast alle Angeklagten beziehen die zu machende Eröffnung regelmäßig allein auf Bestellung eines Verteidigers, was dann gelegentlich Aussetzung der Hauptverhandlung zur Folge hat. Es empfiehlt sich daher eine entsprechende Belehrung des Be­ schuldigten, die, wie die unter Anm. 1 angeführte Begründung zeigt, gerade ein Hauptzweck der mündlichen Bekanntgabe ist. Unterbliebene Aufforderung oder falsche Belehrung über dao Recht zur Beantragung eines Verteidigers ist kein Revisionsgrund. RMG. 1 116. b) Wegen der Rechtzeitigkeit des Antrags und der Folgen der Verspätung vgl. §§ 269, 300 Abs. 1 u. 2, 339 Abs. 3, 388 Abs. 5. 3. Der Angeklagte soll in Sachen der höheren Gerichtsbarkeit nicht durch Befragen zu dem an sich zulässigen, PE. 1 36, Verzicht auf Abschrift der Anklageurkunden, deren Einsicht für ihn regel­ mäßig sehr wichtig ist, gedrängt werden. PE. 1 36, 4 33. 4. Gleichzeitige Bekanntgabe des Termins zur HauptverHandlung ist zulässig. PE. 4 34. S. auch § 261 Anm. 5. 5. Wegen der Begriffe ..Feld und Bord- vgl. §§ 5 u. 6 EG.

Vekauulgabe auch durch Justelluug.

§ 257. Gehört der Beschuldigte nicht zu den im § 250 Absatz 1 bezeichneten Personen, so erfolgt die Bekanntmachung und Aufforderung an ihn mündlich (§ 256) oder mittelst Zustellung (§§ 139, 142 ff.). Entw. § 244. 1. Befindet der Beschuldigte sich nicht auf freiem Fuße, so ist nach § 256 stets mündliche Bekanntmachung erforderlich.

(Einstellung und Anklage.

§§ 258, 2$>9.

495

Maßgebeuder Zeitpunkt. § 258» Ml der Bekanntmachung der Anklageverfügung an den Beschuldigten (§§ 256, 257) gilt die Anklage für erhoben. Erd e. § 245. 1. Nur die AnNageverfügung, nicht auch die Anklage­ schrift, welche ausnahmsweise auch später bekannt gegeben werden könnte, vgl. § 255 Abs. 1, kommt hier in Frage. 2. Bgl. § 255 Anm. 1 Die Erhebung der Anklage ist matzgebend für die Notwendigkeit der Aburteilung nach §§ 260, 272, die Festlegung des Gerichtsstandes nach §§ 259, 329, die Zuständig­ keit für die Strafvollstreckung nach § 451, für das Verfahren bei Ver­ bindung von Strafsachen nach § 34 und auch sonst, soweit daS Gesetz, wie in den §§ 10 Abs. 2, 32, 33, 34, 261, 266, 275, 317, 318, 319, 339, 345, von erhobener Anklage spricht.

BerLuderuuge«. § 259. Haben vor der Erhebung der Anklage oder der Zustellung der Strafverfügung Veränderungen in der persön­ lichen Dienststellung des Beschuldigten, insbesondere durch Bersetzung, Beförderung oder in den Fällen des § 29 durch Zurücknähme der Überweisung stattgefunden, infolge deren der Be­ schuldigte unter die Gerichtsbarkeit eines anderen Gerichts­ herrn getreten ist, so ist die Sache an diesen abzugeben. Die Be­ stimmungen der §§ 34, 35 finden entsprechende Anwendung. Später eingetretene Veränderungen ziehen eine Änderung der gerichtlichen Zuständigkeit nur dann nach sich, wenn der Angeklagte durch Beförderung der niederen Gerichtsbarkeit entzogen wird. Entw. § 246. Schrifttum: Kleineberg, Zuständigkeitswechsel zwischen Ver­ fügung und Bekanntgabe der Anklage, Arch. 7 72; Tamaschke, Die 88 253 und 259 der MStGO., Z. f. StrW. 24 242; Hecker, Mewes, Der Einfluß organisatorischer Veränderungen im Heer auf die ge-

496

Verfahren in erster Instanz,

ü 26t».

cichtltche Zuständigkeit, Arch. 4 85; Rlssom, Zuständigkeitoänderungen Infolge Wechsels zwischen mobilem mtb Immobilem Zustand, Arch. 6 154; desgl. Grobesert, Arch, 6 187, 194; deSgl. Risforn, Arch. 6 350,351, 352; desgl. Schlott, Arch. 6 370; Wolffhügel, Arch. 7 313: Schlott, Arch. 7 334: Förster, Zuständigkeit des Feld- und des ordent­ lichen Kriegsgerichts! Arch. 7 69: Grobefert, Fehlerbakte Nrteilsbestätigung im Felde, Arch. 7 301. 1. Bon einer Verändernng der persönlichen Dienst stellung des Beschuldigten ist zu unterscheiden eine die Person dev Geriditsherrn betreffende organisatorische Einschränkung seiner Gerichtsbarkeit, sei es, daß er seine Gerichtsbarkeit ganz oder teilweise verliert. In letzterem Falle bleibt § 259 außer Anwendung. Es tritt vielmehr auf Grund der allgemeitten Zuständigkeitsregeln der neue Gerichtsherr an die Stelle des alten. Näheres insbes. zu RMG. 17 163 und 17 172, oben § 25 Anin. 4 und Rissorn, Arch. G 15 t. Tie Festhaltung der Gerichtsbarkeit nach § 259 Abs. 2 kommt also nicht in Frage. Der­ artige organisatorische Veränderungen kommen namentlich in Anlaß der Mobilmachung mtb der Demobilmachung vor. So z. B. tritt das zurückbleibende Ersatzbataillon eines mobil werdenden Regiments mit allen schwebenden Sachen unter die Gerichtsbarkeit eines neuen Gerichtsherrn, insbes. des stellvertretetiden Brigade« kommandeurs, RMG. 19 124. 2. In der Begründung zu dieser Vorschrift heißt es S. 13:»: Die Erhebung der Anklage hat nid)t nur die Wirkung, daß die Cache der Regel itad) zur Aburteilung gebracht werden muß (vgl. §§ 260, 272), sondern auch die, daß bitrd) dieselbe der Gerichtsstand fest­ gelegt wird. Daher sind Veränderungen, die in der persönlichen Dienststellung des Beschuldigten, insbesondere burd) Versetzung, Beförderung oder in den Fällen des § 29 durch Zurücknahme der Überweisung stattfinden, hinsidttlich des Gerichtsstandes nur im soweit dort Erheblichkeit, als sie vor der Erhebung der Anklage ein­ getreten sind. Dabei ist als selbswerständlich vorausgesetzt, daß, sofern die Überweisung zu dem militärischen Verband eines anderen

Einstellung und Anklage.

497

§ 259.

Kontingents erfolgt ist, vor Erhebung der Anklage oder Zustellung des Strafbefehls die überweisende Stelle von der Sachlage SenntntS erhält. Nach Erhebung der Anklage tritt, unbeschadet der Bestimmun­ gen der §§ 32—34, eine Änderung des Gerichtsstandes nur in dem Falle ein, daß der Angeklagte durch Beförderung der niederen Gerichtsbarkeit entzogen wird. Denn die Vorschriften über die gegenseitige Abgrenzung der höheren und niederen Gerichtsbarkeit sowie der kriegsgerichtlichen und standgerichtlichen Zuständigkeit sollen unberührt bleiben. 3. a) Die Regel des Abs. 1 folgt aus der persönlichen Grund­ lage der Militärgerichtsbarkeit: sie würde auch ohne ausdrückliche Bestimmung Geltung haben. Mt dem Gerichtsherrn der unteren Instanz wechselt gegebenen­ falls auch der der höheren, auch dann, wenn es sich z. B. um ein Rechtsmittel nach § 247 gegen eine Einstellungsverfügung des früher zuständig gewesenen Gerichtsherrn handelt, RMG. 20 179. Die Ausnahme von der Regel, nämlich die Festhaltung der Zuständigkeit durch erhobene Anklage, ist im Abs. L, bestimmt, und zwar mit einer Einschränkung hinsichtlich der zum Offizier beförderten Personen, über eine -weite durch das Wesen des mobilen Zustandes bedingte Einschränkung s. unten Anm. 5. b) Der durch den Aufenthalt bedingte Aushilfegerichtsstand des § 30 mutz sich in entsprechender Anwendung des § 159 mit dem Wechsel des Aufenthalts gleichfalls ändern. c) Für Zusammentreffen einer Anklageverfügung mit einer Änderung in der persönlichen Dienststellung gilt folgendes: Die Veränderung kann entweder vor Verfügung der An­ klage eingetreten und infolge Unkenntnis der Veränderung oder irriger Rechtsauffassung unberücksichtigt geblieben sein. Eine der­ artige Anklageverfügung deS unzuständigen Gerichtsherrn ist zwar nach §§ 329, 330 Abs. 2 nicht völlig ohne Bedeutung, im übrigen ist ihre Gültigkeit zweifelhaft. RMG. 11 24, vgl. § 329. Oder die Veränderung kann zwischen Verfügung und Be­ kanntgabe der Anklage eintreten. Dann bleibt die einmal gültig flft o m e n * 9M U o in , MStGO., 2. Au fl.

32

498

Verfahren in erster Instanz.

A 25V.

erlassene Anklageverfügung auch ferner gültig, PE. 2 30, kann aber vom nunmehr zuständigen Gertchtsherrn bis zur Bekanntgabe ohne weiteres, später in den Grenzen des § 272 zurückgenommen werden. 4 a) Die Veränderung in der Dienststellung tritt in dem Zeitpunkt ein, in welchem die Anordnung der zuständigen Behörde der Kommandostelle, welcher die Bekanntgabe an den Betroffenen obliegt, zugeht. RMG. 1 89, vgl. aber RMG. 3 93. Die Bekannt­ gabe selbst soll also nicht entscheidend sein. b) Mit Ablauf der aktiven Dienstzeit treten auch ver­ haftete oder aus anderen Gründen zurückbehaltene aktive Soldaten zur Reserve über. Pr. KrMin. v. 7. 2. 02, 7. 6. 02. Vgl. RMG. 3 72 Ob dabei ausdrückliche Entlassung zur Reserve zu erfolgen hat, ist streitig. Vgl. Dietz, Disziplinarstrafordnung, § 23, Romen und Rissom, MStGB. § 4 Anm. 4 a; Angerer Arch. 4 360. Die Überweisung nach übertritt zum Beurlaubtenstand erfolgt an das Bezirkskommando des Haftorts. Pr. KrMin. v. 10. 3. 05. Maß­ gebend ist dabei regelmäßig der 30. September, nicht etwa der allgemeine frühere Entlassungstag. Uber den letzteren hinaus bis zum 30. September können auch nicht verhaftete Beschuldigte, im Notfälle selbst Zeugen, mit Genehmigung des Generalkommandos zurückbehalten werden. c) Ausgehobene Rekruten behalten ihre Konttollstelle bis zur Einstellung und werden bei Verzug in einen anderen Bezirk dort nur in Nebenkontrolle genommen. § 80 WO. Vgl. Romen und Rissom, MStGB. § 113 Anm. 3 b ot. d) Übergang von Mannschaften des Beurlaubtenstandes von einem Bezirkskommando an ein anderes erfolgt durch über sendung des überweisungsnationals, RMG. 8 25, und Annahme der Überweisung, welche ausdrücklich oder durch Eintragung in die Listen erklärt wird. Bis zu dieser Annahme kann das angegangene Bezirkskommando die Überweisung ablehnen, z. B- wenn es sich überzeugt, daß der überwiesene nicht zugezogen ist. § 29 Ziff. 5, $ 34 Ziff. 3 u. 4 HO. Wegen Überweisung seitens der Truppen vgl. HO- §8 18 Ziff. 3, 29 Ziff. 9, 34 Ziff. 9.

Einstellung und Anklage.

$ 259

499

Ausscheiden aus jedem Militärverhältnis,-. 0. infolge Verurteilung zur Zuchthausstrafe, hat Eintritt deS Aushilfegerichts­ standes nach § 30 zur Folge, RMG. 17 24 unter Aufgabe von RMG. 13 78. e) Einseitige Lösung der Kapitulation eines fahnen­ flüchtigen Kapitulanten durch den Truppenteil unter ttbev Weisung ans Bezirkskommando ist möglich, RMG. 16 199. f) Anklage wegen militärischer Straftat hält bei Ent­ lassung aus dem aktiven Dienste hinsichtlich der vorher begangenen bürgerlichen Straftaten zwar nach § 10 die Militärgerichtsbarkeit fest, nicht aber die Zuständigkeit, welche also, falls wegen des bürger­ lichen Vergehens Anklage noch nicht erhoben war, öfters auf einen anderen Gerichtsherrn übergehen wird. Da § 32 den Fall nicht trifft, ist eine Verbindung der Fälle nicht angängig, höchstens kann eine Aburteilung durch das gleiche Gericht — allerdings keine gleichzeitige — durch Ersuchen um Aburteilung nach § 262 erreicht werden, RMG. 17 257. Weitere Beispiele s. § 25. g) Sind Personen gemäß § 29 einem militärischen Verband vorübergehend überwiesen, so empfiehlt es sich oft, vor der Ver­ fügung der Anklage oder dem Erlaß einer Strafverfügung die Ent­ scheidung über Rücküberweisung herbeizuführen. Vorgeschrieben ist dies in den AusfBest. zu § 29 für die einem anderen selbständigen Kontingent vorübergehend überwiesenen Personen. 5. Wird der immobile Beschuldigte mobil, oder der mobile immobil, so geht die Zuständigkeit auf den neuen Be­ fehlshaber auch nach erhobener Anklage über, RMG. 19 127, 2 88. Gleiches muß gelten, wenn der mobile Beschuldigte unter einen anderen mobilen Befehlshaber tritt, Rissom, Arch. 6 154. Abweichend RMG. II. Sen. v. 28. 8. 16. 6. Zu Abs. 2. a) Die Einleitung des förmlichen Deser­ tionsprozesses nach Pr. MStGO. legt den Gerichtsstand nicht fest, RMG. 16 175. b) Bei Eintritt der höheren Gerichtsbarkeit nach erhobener Anklage infolge Beförderung geht die Sache über in dem Zustande, in dem sie sich befindet. Die Anklage bleibt also voll bestehen.

500

Verfahren in erster Instanz.

$ 260.

Herbeiführung eines standgerichtlichen Beschlusses nach $ 3üu (fioppmonn Sinnt. 3) ist nicht erforderlich. Vgl. auch § 395 Abs. 3.

Wirkung der Anklageerhebung.

§

.

260 Nach der Erhebung der Anklage muß, vor­ behaltlich der Bestimmung des § 272, die Sache zur Aburteilung gebracht werden. Der Aburteilung muß eine mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gerichte (Hauptverhandlung) vorangehen.

En tu?. § 247. Schrifttum: Reichc-Eisenstuck, Mangel der Militärgerichtsbar feit nach erhobener Antlage, Arch. 2 166, dazu Beling, Z. 31 746, bespr. Arch. 2 472; Dietz, Beendigung e. Strafverfahrens durch den Tod des Angekl., Arch. 1 219; Handw.: Rissom, Mündlichkeit, litt' mittelbarkeitsgrundsatz, Berhandlungsfähigkeit. 1. Der Grundsatz, daß nach erhobener Antlage die Sache zur Aburteilung gebracht werden tnuß, entspricht der 9?atiir der Anklageverfügung als einer Gerichtsentscheidung und betn § 209 StPO. Während aber der Eröffnungsbeschluß des bürger lichen Gerichts grundsätzlich nicht zurückgenommen werdet! kann (über Einstellungsbeschlüsse ohne Hauptverhandlung vgl. Loewe, Vordem. 3 a zum 2. Buch, 5. Abschn.), gestattet der § 272 MStGO. die Zurücknahme der Anklageverfügung oder ihre Änderung zu­ gunsten des Angeklagten auf Grund neu hervorgetretener Umstände. 2. In der Vorschrift, daß die Sache zur Aburteilung gebracht werden muh, liegt nicht, daß die Aburteilung unter allen Umständen militärgerichtlich erfolgen muß. Denn wenn sich nach Erhebung der Anklage herausstellt, daß der Beschuldigte tvegen der ihtn zur Last gelegten Tat der Militärgerichtsbarkeit nicht unterworfen ist, so ist der Mangel der Gerichtsbarkeit durch die Anklageerhebung nicht beseitigt, vielmehr liegt außerhalb der Hauptverhandlung dem Gerichtsherrn die Abgabe der Sache an die zuständige bürgerliche Behörde ob, während in der Hauptverhandlung das erkennende Gericht seine Unzuständigkeit auszusprechen bat,

Vorbereitung der Hauptverhandlung.

§ 261.

501

und zwar nicht durch Urteil, sondern durch Beschluß (vgl. § 328). Begr. S. 134. Die bürgerliche Gerichtsbarkeit befindet über etwaiges Ein­ schreiten völlig frei. Eine Übernahme der Anklageverfügung ist ausgeschlossen. Die Begr. ist insoweit anfechtbar. 3. Zu Abs. 2. Für die Hauptverhandlung des erkennenden Gerichts wird hier der Grundsatz der Mündlichkeit ausdrücklich ausgesprochen.

Vierter Abschnitt.

Vorbereitung der Hauptverhandlung. Berufung deS Gericht-. § 261. Der Zusammentritt des erlemienben Standgerichts oder Kriegsgerichts erfolgt, nachdem die Anklage er­ hoben ist, auf Befehl des Gerichtsherrn. Die Richter werden im Dienstwege berufen. Ist der An­ geklagte ein General oder Admiral, so erfolgt die Berufung nach Maßgabe des § 18 Absatz 4. Entv. § 248. Schrifttum: Handw.: Elsner v. Gronow, Vorbereitung der Hauptverhandlung: Berufung der Richter: Elsner v. Gronow, Die Vorbereitung der Hauptverhandlung durch den Gerichtsoffizier, Arch. 3 184, 4 105. 1. „Die Anordnung derjenigen Maßnahmen, welche nach Er­ hebung der Anklage erforderlich sind, um die Entscheidung de- ertennenden Gerichts herbeizuführen, kann nur dem für die Leitung des gesamten Verfahrens verantwortlichen Gerichtsherrn zu­ stehen.- Begr. ju diesem Abschn. S. 134. Zu diesen Maßnahmen gehören: Bildung des Gerichts, Anberaumung der Hauptverhandlung, Etitscheidung aus Beweisanträge, Bestellung eines Ver­ teidigers, Ladung und Gestellung der beteiligten Personen, Herbei­ schaffung sonstiger Beweismittel, Anordnung kommissarischer Ver­ nehmung. Koppmann, Vordem. 3.

502

Verfahren in erster Instanz.

§ 261.

2. Die Ansetzung des Termins nebst der Berufung der Richter erfolgt durch eine nach §§ 97, 102 mitzuzeichnende schriftliche Verfügung. PE. 7 6, 3 25 a. Die Berufung muß vor dem Tätigwerden als Richter erfolgen, Blankounterfchriften find unzulässig, Erfatzrichter können von vornherein für den Fall der Behinderung des Erstberufenen berufen werden, RMG. 14 134. Auch die juristischen Richter sind vom Gerichtsherrn selbst zu berufen, RMG. 14 152. Die Richter sind namentlich anzuführen. PE. 5 30. Die Auswahl darf nicht dem Truppenteil überlassen werden, RMG. 1 193, auch nicht all.in durch den Militärjustizbeamten er­ folgen, RMG. 8 100. Durchstreichung des Namens unter Einsetzen eines andern ist unzulässig, PE. 3 25 b, 4 5, es hat vielmehr Ab änderung durch erneute schriftliche Verfügung zu erfolgen. RMG. 9 31. Behinderung oder Mangel eines Lffizierrichters ist durch eine nach § 97 mitzuzeichnende Verfügung des Gerichtsherrn festzustellen. PE. 4 5. Im übrigen vgl. §§ 39, 53, 60, 69, 69. 3. Die gerichtsherrliche Verfügung wird dem Truppen teil in Abschrift oder Urschrift mitgeteilt, worauf dieser die ent sprechenden Befehle erläßt. Nicht unzulässig wäre aber auch ein auf Grund der schriftlichen (PE- 3 25 a) Verfügung vom Gerichts Herrn als Kommandostelle erlassener Tages- oder 3chisssbefehl PE- 7 6. Die schriftliche, gemäß §§ 97, 102 mit zuzeichnende Ver sügung auf Grund vorgängiger mündlicher Willenseinigung nach Erlaß des Kommandvbefehls nachzuholen, soll nach RMG. 9 31 nicht schlechtweg ungesetzlich sein. 4. Der Gerichtsherr kann — was allerdings nirgends aus­ drücklich gesagt ist (vgl. § 262 „innerhalb seines Befehlsbereichs"), aber einer dauernden allgemeinen Übung entspricht, die Richter auch aus den ihm lediglich in gerichtsherrlicher Beziehung unter stellten Truppenteilen berufen. 5. Festsetzung des Termins und Mchterberufung können gleichzeitig mit der Verfügung der Anklage erfolgen und dem Beschuldigten bekannt gegeben werden. PE- 4 34. 3. auch § 258 Anm. 4. Die anscheinend abweichenden PE. 2 100 und 5 83 sind in die ZPE. nicht aufgenommen.

Vorbereitung der Hauptverhandlung.

A 262.

503

6. Zu Abs. 2. Inder Vorlage an die Allerhöchste Stelle nach § 18 Abs. 4 sind die nächsten verfügbaren Richter zweckmäßig zu bezeichnen. Nach Bestimmung der Richter erfolgt Terminsansetzung und Zusammenberufung der Richter durch den Gerichtsherrn. Es sind hier also Berufung und Zusammenberufung der Richter auch äußerlich scharf getrennt. Zn der Begründung heißt es hierzu (S. 134): Berufung der Richter ist gleichbedeutend mit Über­ tragung des Richteramts auf gewisse Personen. Wenn nun auch mit dieser Berufung zum Richteramte die Zusammenberufung der Richter zur Abhaltung eines Standgerichts oder Kriegsgerichts an einem bestimmten Orte und zu einer bestimmten Zeit meist zu­ sammenfällt, so ist dieser letztere Befehl doch rechtlich ein von jener Berufung durchaus verschiedener Alt. Diese Unterscheidung gewinnt auch bei der Bildung der im § 18 Abs. 4 vorgesehenen Gerichte Bedeutung. Die Berufung der Richter erfolgt nach 8 261 Abi. 2 durch den Kaiser oder den Kontingentsherrn, während die erforderlichen Anordnungen kinsichtlich des Zu­ sammentritts der Richter von dem nach Maßgabe des § 21 be­ stellten Gerichtsherrn zu treffen sind (vgl. § 264).

8rs«cheir «« A-«rteNimg. § 282. Insoweit der Gerichtsherr wegen Mangels ober wegen gesetzlicher Verhinderung (§§ 122 ff.) der zur vorschriftsmäßigen Bildung des Gerichts erforderlichen Personen inner­ halb seines Befehlsbereichs zur Berufung des erkennenden Gerichts außerstande ist, kann er einen anderen Gerichtsherrn ersuchen, entweder ihm einzelne fehlende Richter zuzuweisen ober selbst die Aburteilung der Sache herbeizuführen. Das letztere kann auch geschehen, falls große Entfernung des Angeklagten oder der Zeugen oder militärdienstliche Gründe der Berufung des erkennenden Gerichts durch den zuständigen Gerichtsherrn entgegenstehen. Enttr. § 249.

504

Verfahren in erster Instanz.

§ 262.

Schrifttum: Rissom, Rechtshilfe bei Entscheidungen und Rechts­ hilfe durch Überweisung von Ersatzpersonen, Arch. 1 871; Rotermuttb, Ersuchen um Aburteilung. Berh. d. 2. d. Militärjuristentages, 1914, S. 59, deivr. 9lrd) 5 462: Elsner v. Gronow, Welcher GerichtsHerr ist im Falle des Ersuchens um Aburteilung zur Verhaftung dcö Angeklagten zuständig? Arch. 2 348, dazu Beling, Z. 33 309, bespr. Arch. 3 232, gegen diesen Elsner v. Gronow. Arch. 3 372: Mäumoiui, Gehören zum Befehlsbereich des stamm. Gen. im Sinne d. § 262 MStGO. die dem höheren Gerichtsherrn erster Instanz zugeord­ neten KriegsgerichtSräte? Arch. 2 369, 448: Dietz, Ersuchen um Zuweisung eines „Berhandlungsführers", Arch. 3 381; Elsner v. Gronow, Rückgabe e. Ersuchens um Aburteilung lucoett Ände­ rungen im Kostenpunkte, Arch. 2 443: Dietz, Weitergabe eines Er­ suchens um Aburteilung, Arch. 6 393: Handln.: ElSner v. Gronow, Aburteilung, Ersuchen um, Richtermangel, Zuweisung von Richtern. Taschenbuch Anl. VII 2, Dietz, Aburteilung. 1. Die Vorschrift trifft Vorsorge für den Fall, dah der GerichtsHerr wegen Richtermangels das Gericht nicht bilden oder nur mit besonderen Schwierigkeiten selbst die Aburteilung herbeiführen kann. Er wendet sich dann an einen anderen Gerichtsherrn, der ihm durch Zuweisung eines Richters oder Übernahme der Aburteilung Rechts­ hilfe leistet. Vgl. Rissom, Arch. 1 371. Das Ersuchen taun mir vom Gerichtsherrn ausgehen, nicht lediglich von einem richterlichen Militärjustizbeamten, RMG. 14 152. Ebenso muh die Zuweisung deS gewünschten Richters vom Gerichtsherrn ausgehen, RMG. 14 152. 2. Der § 262 MStGO. gestattet eine Aushilfe mit richterlichen Beamten zwischen den Gerichtsherren nur, soweit die Bildung erkennender Gerichte in Frage kommt. Eine Ausdehnung dieser Sondervorschrift aus andere Bedarfsfälle ist nicht zulässig. Die Rechtshilfe des § 160 Abs. 3 MStGO. ist auf die Vornahme ein­ zelner Untersuchungshandlungen beschränkt, umsaht (mud)cit um „Führung des Ermittlungsverfahrens" nicht. Die Zuweisung von Kriegs- und OberkriegSgerichtsräten als Aushilfe oder zur Vertretung auherhalb der gesetzlich geregelten

Vorbereitung der Hauptverhandlung.

§ 262.

505

Rechtshilfe ist ausschließlich Sache des Kriegsmintsteriums als Mtlitärjustizverwaltung. Pr. KrMin. v. 5. 4. 05. Nach PE. 10 12 soll indessen das Ersuchen um Zuweisung eines Anklagevertreters gleichfalls im Wege der Rechtshilfe erledigt werden können. Dementsprechend würde auch Zuweisung eines Untersuchungsführers zulässig sein, auch das Ersuchen um Zuweisung eine- Richters in der Rechtsbeschwerdeinstanz oder zur Entscheidung über die Ablehnung eines Richters. 3. Auch zwischen Division und Generalkommando ist gegen­ seitiges Ersuchen, und nur diese-, keine Anweisung, möglich. PE. 15 2. Bgl. aber § 387. Heranziehung der Beamten der oberen Instanz ist allerdings tunlichst zu vermeiden. Auch der Gerichtsherr eines mobilen Verbände- kann ersucht werden. 4. Al- „Mangel" der erforderlichen Personen ist auch deren Nichtversügbarkeit infolge von Krankheit, Urlaub, Dienst u. dergl. anzusehen. Bgl. § 39. Pr. KrMin. v. 6. 31. 00. 5. Ein gleichzeitiges Ersuchen um Bekanntgabe der An­ klage und folgende Aburteilung ist zulässig. Die Anklageschrift soll in diesen stallen vorher angefertigt werden. Bgl. § 255 Anm. 6. 6. Der ersuchte Gericht-herr kann ablehnen, wenn er selbst nicht die erforderlichen Richter zur Verfügung hat. 7. Die Zuständigkeit-verteilung ist in § 263 erfolgt. Die Rechte de- ersuchten Gerichtsherrn gehen soweit, alsie durch die Aburteilung bedingt werden. Er hat also bi- zur Fällung de- Urteils alle zur Herbeiführung des Urteils erforderlichen Verfügungen zu treffen, die sonst zur Zu­ ständigkeit des ersuchenden Gerichtsherrn gehören, RMG. 8 170. Hierher gehören: die Bestimmung, ob einer oder zwei KrtegsgcrichtSräte zu berufen sind: die Entscheidung, ob die Bestellung eines Verteidigers notwendig oder angemessen sei, falls nicht schon Bestellung oder Bescheidung eines Antrages erfolgte; die Ent­ scheidung über Bew.isanträge und auch sonst über den Umfang der Beweismittel, sowie deren Herbeischaffung, die Anordnung k-nnmissarischer Beweisaufnahme nach §§ 270, 271, die Bestellung

506

Verfahren in erster Instanz.

8 *62.

des Anklagevertreters, § 363 Abs. 2, und des Gerichtsschreibers: die Gestellung oder Ladung der Angeklagten und Zeugen, §§ 265, 267, 278; die Entbindung des Angeklagten vom Erscheinen nach 8 280; die Erledigung eines vom erkennenden Gerichte gefaßten Bewcisbefchlusses, RMG. 8 170; die Ausführung der vorn er­ kennenden Gericht angeordneten Vorführung des ausgebliebenen Angeklagten nach § 278, die Vorführung oder Veranlassung der Vorführung eines auf Ladung ausgebliebenen Zeugen oder Sach­ verständigen nach §§ 186, 208. Nicht hierher gehören der Erlaß des Haftbefehls, insbesondere in den Füllen der §§ 277, 278, und die Dienstenthebung nach § 174. Mehrfach wird der Haftbefehl nach § 278 dem ersuchten Gerichts' Herrn zugeschrieben. Auf nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe aus § 461 erkennt das ersuchte, auf Rechtsbeschwerde das dem ersuchten vorgesetzte Gericht. RMG. 12 50, 13 245. Zweifel wegen Auslegung des Urteils oder Be rechnung der Strafe entscheidet nach § 464 das Gericht, welches erkannt hat, also das ersuchte Gericht. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung geht an das dem ersuchten Gerichte übergeord­ nete Gericht, RMG. 13 245. Das Ergebnis der Hauptverhandlung ist vom Anklage­ vertreter dem ersuchenden Gerichtsherrn sofort, nötigenfalls, ins besondere bei Freisprechung eines Verhafteten, drahtlich, mit» zuteilen, desgleichen eine vom Gericht angeordnete Festnahme. 8. Auch in zweiter Instanz kann um Aburteilung ersucht werden. § 388 Abs. 1. 9. Zu Abs. 2. a) Die Frage, ob ein Ersuchen um Aburteilung der Sache wegen »großer Entfernung" des Angeklagten oder der Zeugen angebracht ist, kann nicht allgemein beantwortet werden. Es muß vielmehr von Fall zu Fall die Schwere der Antlage, die Lage der Sache und die Anzahl der zur Hauptverhandlung zu ladenden Zeugen in Betracht gezogen, insbesondere auch aus die Vermeidung unnötiger oder doch zu der Bedeutung der Sache in keinem Berhältnisse stehender Kosten Gewicht gelegt werden.

Vorbereitung der Hauptveryandlung.

§ 262.

5U7

b) Namentlich bei strafbaren Handlungen, die vom Angeklagten vor der Einstellung oder während einer Beurlaubung oder wahrend der Fahnenflucht begangen sind, werden oft große Entfernungen zwischen dem Wohnsitze der Zeugen einerseits und dem Garnison­ orte des Gerichtsherrn andererseits liegen, so daß es im Interesse schleunigerer Erledigung der Sache und der Vermeidung erheblicher Kosten vielfach angezeigt sein wird, den vom 2. Absätze zugelassenen Weg zu beschreiten. Begr. S- 135. 10. Ob der aus Zweckmäßigkeit-gründen nach Abs. 2 ersuchte Gerichtsherr das Ersuchen aus entgegenstehenden ZweckmLßigkeitserwagungen ablehnen kann, ist streitig. Jedenfalls muß der er­ suchende Gerichtsherr maßgebend entscheiden, ob und welche Zweckmäßigkeitsgründe der Aburteilung durch das eigene Gericht ent­ gegenstehen. Insoweit ist dem PE. 6 32 Abs. 1 zuzustimmen. Aber auch der Aburteilung beim ersuchten Gerichtsherrn können Zweck­ mäßigkeitsgründe entgegenstehen, z. B. weil ein dritte- Gericht dem Zeugen noch erheblich näher ist, oder wenn militärdienstliche Inter­ essen in Frage kommen. In derarttgen Fällen dürfte Ablehnung des Ersuchen- und auf Anruf Entscheidung der Militärjustizverwaltungsbehörde nach § 11 Abs. 2 EG. zur Ausgleichung deS Interessen­ gegensatzes zulässig sein. So auch Pr. KrMin. v. 22. 2. 02 zu obigem PE. In der Gerichtsübung wird, wenn auf Gegenvorstellung keine Zurücknahme des Ersuchen- erfolgt, PE. 6 32, zur Vermeidung von Stockungen dem Ersuchen tunlichst zu entsprechen sein. Vgl. dazu Rotermund, a. a. O. S. 63. 11. Weitergabe des Ersuchen- um Aburteilung an ein drittes noch günstigere Bedingungen bietendes Gericht ist nicht unbedingt ausgeschlossen, Rotermund, a. a. O. S. 68. 12. Ersuchen um Aburteilung ist auch dann noch möglich, wenn das eigene Gericht zwecks weiterer Beweiserhebung die Haupt­ verhandlung vertagt hat, Pr. KrMin. v. 22. 2. 02. 13. Das vom ersuchten Gerichtsherrn mit Abutteilung beauf­ tragte Gericht hat die Zulässigkeit de- Ersuchen- um Abutteilung nicht nachzuprüfen, Pr. KrMin. v. 22. 2. 02.

508

Verfahren in erster Instanz.

8 263.

Verteilung der Befugnisse.

§ 263. Ist in den Fällen des § 262 ein anderer Gerichts Herr um Herbeiführung der Aburteilung eriudjt worden, so ververbleibt dem ersuchenden Gerichtsherrn das Recht der Eilt' legung von Rechtsmitteln und der Strafvollstreckung. Derselbe ist befugt, mit der Vertretung der Anklage vor dein erkennenden Gericht einen seiner Gerichtsoffiziere oder einen der ihm zugeordneten Äriegsgerichtsräte zu beauftragen. Im übrigen werden die gerichtsherrlichen Befugnisse von dem ersuchten Befehlshaber wahrgenommen. Entic. § 250. 1. Bestätigung und Haftbefehl, außer dein Fall des § 278, verbleiben dem ersuchenden Gerichtsherrn. Näheres § 262 Anm. 7 und Koppmann Anm. 17. 2. Wegen der Nachricht oom Terminsausgang vgl. 8-62 Anin. 7. 3. Die Berufung geht an den Äerichtsherrn, welcher deni ersuchenden Gertckttsherrn übergeordnet ist. RMG. 4 188, 8 87. 4. Wird die Lache infolge von Berufung tmd) § 393 Abs. 2, von Rechtsbeschwerde nach § 328 Abs. 2 oder von Revision nach § 112 Abs. 2 in die Bortnttanz zurückverwiesen, so hat das Er­ suchen um Aburteilung old fortdauernd zu gelten, .üoppmann Anm. 22. 5. Zurücknahme des Ersuchens ist jederzeit möglich. 6. Hat ein GerichtSherr gegen denselben Angeklagten, was vorkommen lomt, s. § 259 Anm. 4 f., eine Lache aus eigener Zu ltändigteit und eine andere infolge Ersuchens abzuurteilen, so kann er nach RMG. 17 257 beide Lachen ..durch ein und dasselbe Gericht" aburteilen lassen. Einer Verbindung zu gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung würde allerdings das Recht des ersuchenden Gertchtsherrn auf Bestätigung hinsichtlich seiner Sache entgegen­ stehen. 7. Zu Abs. 2. Uber die Stellung des Anklagevertreters vgl. 8 273.

Vorbereitung der Hauptverhandlung,

gg

264, 265.

609

Ort ttnb Jett. § 384. Ort und Zeit der Hauptverhandlung werden von dem Gerichtsherrn festgesetzt. Er7ü

Verfahren in erster Instanz.

§ 298.

10. Das Gericht ist an seinen, lediglich eine vrozcßleitende Verfügung darstellenden Beweisbeschluß nicht gebunden. PE. 6 38. Zur Änderung bedarf es aber eines Gerichtsbeschlusses, PE. 3 33b. Durch Zurücknahme des Beweisantrags wird der Beschluß nicht ohne weiteres hinfällig. Ist ein Zeuge, dessen Vernehmung vom Gerichtsherrn ver­ fügt oder vom Gericht beschlossen war, zur Hauptverhandlung nicht erschienen, so bedarf es keines Verzichts nach § 299, sondern (falls nicht von WmtS wegen die Vernehmung beschlossen wird) vielmehr eines neuen Antrages, um einen Gerichtsbeschluß zu veranlassen. PE. 4 45 a. 11. Auf das formelle Recht auf Erhebung der herbeige­ schafften Beweise nach § 299 Abs. 2 kann verzichtet werden, nicht aber auf Stellung sachlicher Beweisanträge, RMG. 8 256, oder gar auf die Berücksichtigung behaupteter erheblicher Tat­ sachen, sofern sie feststellbar sind. RMG. 7 30. 12. Beweisanträge, die der Gerichtsherr abgelehnt oder int< beschieden gelassen hat, müssen in der Hauptverhandlung wieder­ holt werden, um auf die Ablehnung die Revision stützen zu lönnen. RMG. 3 288. Vgl. § 269 Anm. 5. 13. Die Benutzung ungesetzlicher Beweismittel ist unzulässig. Dies gilt namentlich auch von einem auf gesetz­ widrige Weise erlangten Beweismittel, RMG. 11 258. Dagegen wird die ordnungsmäßige Vernehmung als Zeug: nicht dadurch gehindert, daß die Kenntnis des Zeugen auf gesetzwidrigem Wege, z. B. durck) verbotenes Eindringen, erlangt war. Vg- aber § 306 Anm. 2. Vernehmung der in der Sache amtlich tätig gevesenen Personen ist mit der Einschränkung des § 306 zulässig, 8MG. 2 208; Ditzen, Arch. f. Strasr. 52 370, auch die Vernehmung eines ehemaligen Gerichtsherrn. RMG. 2 208 gestaltet Bernehmurg des Gericht-Herrn erster Instanz in der Berufungsinstanz. Dgl dazu § 273. Ob der frühere Verteidiger des Angeklagten, wenn er sch als Zeuge vernehmen läßt, von der Schweigepflicht entbunden is oder

Hauptverhandl. d) Beweisaufn., Schlußvortr. § 29«.

571

ob er pflichtwidrig handelt, ist nach RAUS. 19 65 für die Zulässig feit der Vernehmung ohne Belang. 14. Der Gerichtsherr ist verpflichtet, die BewciSbeschlüsse des Gerichts auszuführen. Jedoch ist er an sach­ gemäßen Änderungen, falls sich der Erledigung unvorhergesehene Schwierigkeiten entgegenstellen, nicht gehindert, vorbehaltlich der demnächstigen neuen Entscheidung des Gerichts. So kann kom­ missarische Vernehmung statt Gestellung zur Hauptverhandlung wegen großer Entfernung herbeigeführt oder nur ein Teil der ermittelten neuen Zeugen wegen deren allzu großer Zabl geladen werden. Auch von sich aus könnte der Gerichtsherr in der Zwischenzeit ,V B. kommissarische Vernehmungen veranlassen. Dem Vertreter der Anklage steht dies Recht nach PE. 3 33b nicht zu (vgl. aber PS. 6 43). 15. Die Befugnis des Gerichts, die Herbeischaffung von Beweismitteln anzuordnen, schließt auch daS Recht zur Anordnung von Veschlagnahmungen und Durchsuchungen in sich. Eine solche Anordnung ist eine richterliche im Sinne der §§ 98, 100 der bürgerlichen StPO. Begr. S. 142. Vgl. auch §§ 229, 238.

Beweisaufnahme. Formeller. § 299« In den Verhandlungen vor den Standgerichten und vor den ^Kriegsgerichten in der Berufungsinstanz bestimmt das Gericht den Umfang der Beweisaufnahme, ohne hierbei durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein. £nt übrigen ist die Beweisaufnahme auf die sämtlichen ge­ stellten und geladenen Zeugen und Sachverständigen (§§ 185, 208) sowie auf die anderen herbeigeschafften Beweismittel zu erfinden. Von der Erhebung einzelner Beweise kann jedoch abgesehen werden, wenn der Vertreter der Anklage und der Angeklagte hiermit einverstanden sind. Das Gericht kann die Erhebung eines einzelnen Beweises ablehnen, falls es die zu bemdfenbe Tatsache einstimmig für unerheblich oder zugunsten

572

Verfahren in erster Instanz.

§ 299.

des Angeklagten für erwiesen erachtet. Die Grünwe, aus welchen die Tatsache für unerheblich erachtet wird, sind in dem Beschluß anzugeben. Die Bestimmungen der §§ 186 bis 215, § 216 Absatz 1, 2, 3, §§ 218 bis 221 finden entsprechende Anwendung. Bezüglich der Ausschließung und Ablehnung von Sachverständigen gelten die §§ 128, 129. Die Beeidigung eines Zeugen darf unterlassen nverden, wenn dessen Aussage nach der einstimmigen Überzeugung des Gerichts sich als offenbar unglaubwürdig oder ails uiv erheblich darstellt und im letzteren Falle die Beeidigung nicht beantragt ist. Entw. § 286. Schrifttum: Ditzen, Zur Auslegung des § 299 Abs. 2, Vlrvh. 3 227. Dgl- auch bei § 298. 1. Im Gegensatz zu der Fassung des Entwurfs, wonach das Gericht stets frei über den Umfang der Beweisaufnahme befinden sollte, hat das Gesetz in Annäherung an § 244 StPOdie Befugnis, nach freiem Ermessen den Umfang der Beweisauf­ nahme zu bestimmen, auf die Verhandlungen vor den Stand gerichten und vor den Kriegsgerichten in der Berufungs­ instanz beschränkt. Vgl. hierzu Begr. S- 142; KomBer. S. 93: Mittermayer, MStGO. S. 81. Auch sonst hat der Entwurf in der Kommission wesentliche Änderungen erfahren. 2. Wie bereits § 298 Anm. 2 ausgeführt, haben Abs. 1 u. 2 lediglich formelle Bedeutung, insofern sie bestimmen, wieweit die Prozeßbeteiligten rein durch ihren Willen das Gericht zur Beweiserhebung zwingen können. Ob die sachliche Begründung ihrer Anträge das Gericht, auch das Standgericht, PE- 2 42, be­ denklich PS. 3 33c, und das Kriegsgericht in der Berufungsinstanz, nötigt, Beweis zu erheben, bestimmt sich allein nach § 298, für den stets einfache Stimmenmehrheit gilt. § 298 Anm. 3 a. E. Ab­ weichend Rotermund, Arch. 3 191; Rosenfeld § 82.

Hauptverhandl. d) Beweisausn., Schlußvortr. § 299.

573

3. Zu Abs. 2. „Herbeigeschafft" sind solche Beweismittel, welche, sei es infolge Antrags oder von Amts wegen vor der Haupt­ verhandlung durch Verfügung des Gerichts Herrn, in der Haupt­ verhandlung durch Anordnung des Gerichts, zur Beweisführung zugelassen und in gesetzlicher Weise zur Stelle gebracht sind, oder, sofern es sich um Schriftstücke handelt, die sich in den dem Gerichte bereits vorliegenden oder erst vorgelegten Akten befinden, solche Schriftstücke, die in der Hauptverhandlung als Beweismittel be­ zeichnet sind. RMG. 12 95. Vgl. auch § 265 Anm. 4. 4. Die Zeugen und Sachverständigen müssen ord­ nungsmäßig gestellt oder geladen sein, RMG. 18 260 oben. Bloßes Zurstelleschaffen durch den Bettreter der Anklage, RMG. 4 166, oder Mitbringen durch den Angeklagten genügt nicht. RMG. 3 58; PE. 6 34, 7 10. Andererseits genügt auch die ordnungs­ mäßige Ladung für sich allein nicht, vielmehr müssen die Zeugen tatsächlich zur Stelle sein. Tttfft das nicht zu, so kann der An­ geklagte nicht Aussetzung verlangen, sondern lediglich BeweiSanträge nach § 298 stellen. RMG. 3 204, 5 285, 7 121; PE. 5 33, 6 41, im Anschluß an die ständige Rechtsprechung des Reichsgettchts. Dies gilt auch, wenn die Ladung oder Anordnung der Gestellung unterblieben war, mag der Angeklagte davon vorher Kenntnis erhalten haben oder nicht. Bgl. RMG. 15 265, 20 181. Ein im allseitigen Einverständnis entlassener Zeuge ist überhaupt kein Zeuge, kein Beweismittel mehr, geschweige denn ein herbei­ geschafftes. Ditzen, Arch. f. Strasr. 52 378; a. M. RMG. 5 61, weil „die spätere Entlassung vor Schluß der Hauptverhandlung ihm seinen Eharatter als herbeigeschafftes Beweismittel nicht nehmen konnte".

5. Andere Beweismittel sind namentlich Urkunden, und zwar bestimmte einzelne Schriftstücke, nicht ganze Atten. RMG. 5 284. Herbeigeschafft sind diese, wenn sie von der zustän­ digen Stelle als Beweismittel zu den Akten gebracht oder, falls bereits bei den Akten befindlich, als Be­ weismittel bezeichnet sind, RMG. 12 95, 16 130. Daß daS Beweismittel, z. B. eine Urkunde, dem Gettcht vorgelegen

674

Verfahren tu erster Instanz.

§ 209.

habe, muß sich aus dem Sitzungsprototoll ergeben, RMG. 14 140. Außerdem muß seitens eines Prozeßbeteiligten ein Antrrag auf Verlesung der Urkunde, wenn es sich um eine solche handelt,, gestellt oder ein dahingehender Wille erklärt sein, RMG. 14 14(0. Vgl. Anm. 3; ferner Loewe § 241 Anm. ob; Koppmann Ainm. 6; Stenglein Anm. 5; Beling, Lehrb. S. 526 Annr. 6. Nannentlich gilt dies für die Protokolle über kommissarische Bernehrnungen nach § 270. RMG. 8 291. Vgl. Loewe § 250 Anm. 11. In -weiter Instanz ist die Verlesung der Zeugenaussagen erster I.stanz mir zulässig, § 388, nicht geboten. PE. 5 65.

6. Einseitiger Verzicht auf einen Beweis genügt nicht, PE. 3 346, 15 7; RMG. 15 118. In dem Stillschweigen eines Prozeßbeteiligten kann, wenn er zur Abgabe einer Erklärung auf­ gefordert war, ein Verzicht gefunden werden, RMG. 13 31. Vgl. hierzu RG. 4 399; PE. 2 42a. Das Einverständnis des Ver­ teidigers ist für den nicht widersprechenden Angeklagten bindend. RMG. 2 267. Verzichtet der Angeklagte, so bedarf es der Zrn stimmung des Verteidigers nicht. Er ist aber vor der Entscheidung zu hören. 7. Im Einverständnis mit dein Vertreter der Anklage und dem Angeklagten kann der Verhandlungsführer (§ 292 Anm. 6), vorbehaltlich der Beschlußfassung des Gerichts, von der Erhebung einzelner Beweise absehen. So PE. 10 3; RMG. 13 31, und zwar mit Recht, wie die abweichende Fassung des nächsten Satzes: „das Gericht tonn“ und der lediglich formale Cbarakter dieser Borschriften ergeben. Die entgegenstehenden PE. 1 50 und 2 42 sind wohl versehentlich nicht aufgehoben. Die Pflicht des Gerichts den Beweis aus sachlichen Gründen doch zu erheben, bestimmt sic) nach 8 298. RMG. 2 266. Es genügt hier einfache Mehrheit. PE. 2 42 b. Natürlich kaun auch von sämtlichen einzelnen Beweisen Abstand genommen werden, z. B. bei glaubwürdigem Geständnis, bei dessen Würdigung aber nicht die lediglich in den Alten liegmden Tatsachen verwendet werden dürfen. PE. 2 42 e. Ohne Zustimmung der Prozeßbeteiligten kann derer for-

Hauptverhandl.

d)

Beweisaufn., Schluhvortr.

8

299.

575

Males Recht aus § 299 ausgeschlossen werden, wenn das Gericht einstimmig die zu beweisende Tatsache für unerheblich oder zugunsten des Angeklagten für erwiesen erachtet. Iin ersten Fall sind die Gründe anzugeben. Nachprüfung in der RevisionSinstanz ist möglich, RMG. 15 59. Die Bestimmung bezieht sich aber nicht auf das sachliche Recht auf BeweisantrLge nach 8 298. Diese werden mit einfacher Stimmenmehrheit beschieden. Hierher gehört z. B. auch die nachträgliche Benennung eines bereits int allgemeinen Einverständnis entlassenen Zeugen für neue Tat­ sachen, RMG. 15 108. Bgl. Anm. 4 a. E. Erachtet im Falle des 8 199 auch nur ein Richter den Zeugen für erheblich, so muß er vernommen werden, RMG. 16 158. Die Vernehmung eines erschienenen Zeugen, der nur über nicht zur Sache gehörige Fragen vernommen werden soll, kann abgelehnt werden, RG. 45 138, und -war mit einfacher Stimmenmehrheit. über Beschaffung nicht vorhandener Beweismittel entscheidet das Gericht allemal nach § 298, und zwar mit einfacher Stimmen­ mehrheit. Die- gilt insbesondere auch für die Frage, ob die Tat­ sache unerheblich ist oder zugunsten des Angeklagten als wahr unter­ stellt wird. über Abstandnahme von weiterer Beweisaufnahme wegen mangelnder Prozetzvoraussehungen vgl. §§ 314 Anm. 5, 328 Anm. 2. 8. Zu Abs. 3. Die Vorschrift übernimmt die Bestimmungen des Ermittlungsverfahrens über Zeugen und Sachverständige, jedoch mit Ausnahme des 8 216 Abs. 4, der schriftliche Einreichung eines Gutachtens vorsieht und durch §§ 260 Abs. 2, 270, 271, 304, 305 ersetzt ist, und des § 217, über den § 298 Anm. 56 zu ver­ gleichen ist. Wegen Auswahl der Sachverständigen vgl. AussBest. Mi § 209 und Pr. KrMin. v. 11. 12. 02. 9. Zu Abs. 4. Durch die Vorschrift, die eine lange gesetz geberische Vorgeschichte hat (vgl. Begr. S. 143; KomBer. S. 96 bis 98; Sten. Verh. d. Reichst. S. 1624) ist dem Richter die Mög­ lichkeit geboten worden, von der Abnahme eines offenbar falschen

576

Verfahren in erster Instanz.

§ 299.

oder eines offenbar überflüssigen Eides Abstand zu nehmen. Ein Zwang, von der Beeidigung abzusehen, besteht für das Gericht nicht; dieses kann vielmehr den Zeugen auch beeidigen, RMG. 13 136. Einstimmige Annahme offenbarer Unglaubwürdigkeit gestattet Nichtoeeidigung eines Zeugen. Bei Beanstandung einzel­ ner Punkte sind diese im Gerichtsbeschluß zu bezeichnen. PE. 6 42; RMG. 3 252, 11 286. Diese Punkte müssen wesentliche Teile der Aussage sein. RMG. 11 251. Offenbare Unglaubwürdigkeit in Nebendingen reicht also nicht aus. Der zu leistende Eid bezieht sich aber auch auf sie, soweit sie nicht etwa als auf einen besonderen Anklagepunkt bezüglich abgetrennt werden können. Dgl. Rissom, Gerichtssaal 73 316: jetzt auch § 61 Abs. 2 Satz 2 des Entw. zur neuen StPO, von 1908. Die Unglaubwürdigkeit muß offenbar und als solche im Be­ schluß festgestellt sein. PE. 5 34. 10. Einstimmige Annahme der Unerheblichkeit einer Aussage (nicht der offenbaren Unerheblichkeit, wie PE 3 31 e verlangt) gestattet Nichtbeeidigung eines Zeugen, sofern Die Be­ eidigung von keiner Seite, insbesondere von keinem Mitangcklagten, PE. 13 7, auch vom Verteidiger nicht, PE. 3 34 g, beantrag wird. Bor der Beschlußfassung ist den Prozeßbeteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben, RMG. 14 224. Die Unerheblichkeit (nach PE. 9 11, 14 224 ohne weitere

Gründe) sowie die Einstimmigkeit sind in den zu verkündenden Gerichtsbeschluß aufzunehmen. Trotz der negativen Fassmg des Gesetzes verlangt PE. 3 34e, daß außerdem die Nichtstelln ng eine- Antrags auf Beeidigung ausdrücklich in den Beschluß aufgenommen wird. Aufnahme des Gerichtsbeschlusses und der Begründung in daS Sitzungsprotokoll ist erforderlich. PE. 3 34d u. f. Auf derartige für unerheblich erklärte Aussagen darf ich das Urteil nicht stützen. PE. 7 11. Die gleichen Grundsätze gelten, wenn Abstand gewunnen werden soll von der Nachholung der Beeidigung eins nach

Hauvtverhandl. d) Bewetsaufn., Schlußvortr. § 300.

577

g 27 e kommissarisch vernommenen Zeugen, dessen Aussage beriefen wurde. PE. 5 39. über Nichtbeeidigung wegen Ver­ dacht- der Teilnahme s. § 199 fliff. 3. Verdacht der Vegünstigung durch die Aussage gestattet aber nicht, von der Beeidigung abzusehen, RMG. 19 85. Auf Sachverständige beziehen sich die Vorschriften des Abs. 4 nicht.

verspäteter vewe1äa»trUt. § 300. Eine Beweiserhebung darf nicht deshalb ab* gelehnt werden, weil das Beweismittel oder die zu be­ weisende Tatsache zu spät vorgebracht worden sei. Ist jedoch ein zu vernehmender Zeuge oder Sachverständiger dem anderen Teile so spät namhaft gemacht, oder eine als Beweismittel zu benutzende Urkunde so spät bekanntgegeben, oder eine zu beweisende Tatsache so spät vorgebracht worden, daß eS dem anderen Teile an der zur Einziehung von Er­ kundigungen erforderlichen Zeit gefehlt hat, so kann derselbe bis zum Schlüsse der Beweisaufnahme die Aussetzung der Hauptverhandlung zum Zwecke der Erkundigung beantragen. Dieselbe Befugnis haben der Vertreter der Anklage und der Angeklagte in betreff der auf Anordnung des Gerichts herbei­ geschafften Beweismittel. Über die Anträge entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen.

Entw. § 287. 1. Die Vorschrift entspricht nach erfolgtem Ausbau de- ®nt» wurfS im wesentlichen dem g 245 StPO. Begr. S. 143; KomBer. S. 98. 2. Über bas Recht de- Angeklagten, vorgängige Mitteilung der Beweismittel zu verlangen, vgl. § 255 Anm. 1. 3. über die Behandlung eines lediglich -um Zwecke der Verschleppung gestellten Anttages vgl. § 298 Anm. 5b. 4. Zu Abs. 2. Eine unbedingte Verpflichtung, die Haupt* Romen-Rlssom. VStOI0., 9. Ausl. 37

578

Verfahren in erster Instanz.

Z 301.

Verhandlung auszusetzen, besteht für das Gericht nicht. Bietmehr ist nur die Befugnis gewährt, die Aussetzung zu beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag nach freiem Ermessen, Abs. 4. Unterlassung der Antragstellung heilt ohne weiteres den Fehler der späten Bekanntgabe. RMG. 2 225. Der Angeklagte hat lediglich das Recht, die Aussetzung zu be­ antragen, nicht dagegen das Recht, der Vernehmung zu wider^ sprechen, RMG. 15 118.

Abtrete» deS Angenagte«.

§ 301 • Das Gericht kann den Angeklagten, lvenn zn befürchten ist, daß ein Mitangeklagter oder ein Zeuge bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten die Wahrheit nicht sagen werde, während dieser Vernehmung aus dem Litzungszimmer abtreten lassen. Ter Angeklagte ist jedoch, sobald er wieder vorgelassen worden, von dem wesentlichen Inhalte t>csjenigen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit aus gesagt oder sonst verhandelt worden ist. In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn das Gericht wegen ordnungslvidrigen Benehmens des Angeklagten zeitweise dessen Entfernung von der Gerichtsstelle angeordnet hat. Entic. § 28S. Schrifttum: Beling, Vernehmung ärztlicher Sachverständiger in Abwesenheit des Angeklagten, Z. 30 39—58, bespr. Arch. 1 468: v. Hasselberg, Entfernung des Angeklagten bei Vorführung der zu seiner Entlarvung dienenden Methoden, und bei gesuioheits schädigenden Aussagen, Arztl. Sachverst.-Ztg. 1909, bespr Arch. 2 236. 1. Die Vorschrift entspricht dem $ 246 StPO. 2. Das Gericht muß die Entscheidung selbst treffen uio darf sie nicht etwa dem Zeugen überlassen, RMG. 15 96. Der Zeuge könnte ober den Beschluß anregen. Genaue Protokolli rung des Gerichtsbeschlusses mib des weiteren Vorganges ist erorder lick. PE. 1 51, 4 50: RMG. 8 285. Mitteilung deS wesenltcben

Hauptverhandl. d) Beweisausn, Schlußvortr. $ 302.

579

Anhalt» muß sofort nach Wiedervorlassung des Angeklagten er­ folgen. RMG. 2 153; RG. 20 123. WaS wesentlich ist, darüber entscheidet der Berhandlnngsführer nach pflichtmäßigem Ermessen. «MG. 2 153. 3. Zeitweises Abtreten eines vernommenen Zeugen wegen besorgter Beeinflussung ordnet der BerhandlungSführer an, das Gericht entscheidet mir, wenn die Anordnung als unzulässig bean­ standet wird. PE. 3 31, 10 4; RG. DIZ- 1902 S. 558. Bgl§ 292 «um. 7. 4. Andere Beweise, z. B. durch Sachverständige, PE. 7 12, oder durch Urkunden, RG. 29 30; RM G. 15 83, können aus Gründen des Abs. 1 in Abwesenheit des Angeklagten nicht gültig erhoben werden. Loewe § 246 Anm. 2. Ter Fall, daß ein ärztlicher Sach­ verständiger von der Abgabe des Gutachtens in Gegenwart des AngeNagten Schaden für dessen Gesundheit befürchtet, und die Gefahr des Versagens der Vorführung der zur Entlarvung des Angeklagten dienenden Methoden sind im Gesetz nicht vorgesehen, vgl. Kornfeld, DIZ. 1906 S. 313; Beling Z. 30 39—58; Arch. 2 236. Indessen erklärt RG. 49 40 im ersten Fall mindestens mit Zustimmung des Angeklagten die Vernehmung in dessen Ab­ wesenheit für zulässig. Dieser Gedanke muß mit Feisenberger, Z. 38 206, als ausbaufähig angesehen werden, sowohl zum Schutze des AngeNagten als auch zum Schutze wichtiger persönlicher Inter­ essen dritter Personen, insbesondere von Zeugen. 5. Zu Abs. 2. Ist dagegen gemäß § 290 Abs. l der An­ geklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens zeitweise entfernt, so geht die Verhandlung fort. RG. 25 433; Loewe, GVG. § 178 Anm. 4 b. Der wesentliche Inhalt des Verhandelten ist ihm demnächst mitzuteilen, wobei darüber, was als wesentlich anzu­ sehen ist, das pfltchtmäßige Ermessen des Berhandlungsführers entscheidet. RMG. 2 153; RG. 8 153, 32 86.

Entlassung der Zengen. § 302. Die vernommenen Zeugen und Sachverständigen dürfen sich nur mit Genehmigung oder auf Anweisung des 37*

580

Verfahren in erster Instanz.

$ 3u3.

Vorsitzenden von der Äerichtsstelle entfernen. Der Vertretei der Anklage und der Angeklagte sind vorher 51t hören.

Entw. § 289. 1.

Die

Vorschrift stimmt mit dem

§ 247

StPO,

wörtlich

überein. 2. Die Genehmigung oder Anweisung zur Entfernung erteilt zwar der Vorsitzende. Er wird sich aber zweckmäßig stets vorher des Einverständnisses des Berhandluugsführers uergewissern, da dieser über die Reihenfolge der Beweisatte nach § 292 Anm. 1 selbständig befindet und sich daher die weitere Be­ fragung

der

Zeugen

und

Sachverständigen vorbehalten

sann.

Der Verhandlungsführer wiederum ivirb zweckmäßig wegen des § 298 Abs. 3 zuvor feststellen, ob das Gericht etwa noch den Zeugen braucht, PE. 3 35, da sonst Aussetzung und nochmalige Herbei­ schaffung erfolgen müßte. Einer Zustimmung des Anklagevertreters und des Ange­ klagten bedarf es nicht, nur der Anhörung. PE. 2 13. Indessen wird auf Bedenken tunlichst Rücksicht zu nehmen sein, schon um Aussetzung wegen späterer Beweisanträge zu vermeide». 3.

Uber

den

Aufenthalt

der

Zeugen

während

der

Schlußvorträge entscheidet der Vorsitzende. RMG. 5 251; PE. 5 35. über zeitweiliges Abtreten eines Zeuzeu auf Anordnung des.Berhandlungöführers vgl. Sß 292 Anm. 10, 301 Anm. 3.

Urkunden. § 303#

Urkunden und andere als Beweismittel Nenende

Schriftstücke werden in der Hauptverhandlung verlese:.

Dies

gilt insbesondere von früher ergangenen Strafurteil:n, von Straslisten und von Auszügen aus Kirchenbüchern md Per­ sonenstandsregistern und findet auch Anwendung auf P otokolle über die Einnahme des richterlichen Augenscheins.

Entw. § 290.

Hauptverhandl.

d)

Beweisaufn., Schlußvottr. $ 803.

581

Schrifttum: Binding, Grundr. S. 164; Beling, Lehrb. S. 118, 849—257, 259, 339—342; Rosenfeld § 56; Graf zu Dohna S. 105, 173; Handw.: MeweS, Urkundenbeweis; Rissom, Urkundenbeweis, Arch. 5 134; Ditzen, Berlesbarkeit eines Strafurteil- zum Beweisse einer Straftat, Arch. 5 295. 1. Die Vorschrift deckt sich mit der des § 248 StPO. Sie gibt bfe grundsätzliche Bestimmung für den UrkundenbewerS, der dann Einzelvorschriften in den §§ 304-310 folgen. Die Vorschriften beziehen sich indessen lediglich auf die Feststellung der Schuld- und Straffrage, nicht auf die Feststellung prozessualer Tatsachen, welche formlos erfolgt, RMG. 19 65. 2. Die Benutzung von Urkunden und anderen Schrift­ stücken lkein wesentlicher Unterschied!) als Beweismittel ist zu­ lässig, soweit nicht das Gesetz Ausnahmen macht. Sine weit­ gehende Ausnahme, auf dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisführung beruhend, ist in § 304 aufgestellt, wonach die Wahrnehmung einer Person durch diese selbst, nicht mittelbar durch eine Urkunde über die Wahrnehmung zu ermitteln ist. Ein­ schränkungen dieser Ausnahme sind wiederum in §§ 303 Satz 2, 305, 307, 308, 310 enthalten. Dagegen entspricht es gerade dem Grundsatz der Unmittelbarkeit, die Ur­ kunde zu benutzen, wenn festgestellt werden soll, ob die Urkunde überhaupt vorhanden ist, RMG. 5 8, welchen Inhalt die Ur­ kunde hat, z. B. al- SachbestandSstück (beleidigender Brief, ge­ fälschte Urkunde), als Willenserklärung (Bettragsurkunden usw.), z. B. der die Überweisung einer Sache nach § 4 ablehnende Bescheid der Staatsanwaltschaft, RMG. 16 130, Einstellungsbeschlüsse des Gerichtsherrn nebst Gründen, RMG. 17 289, als Brief (soweit nicht eine Zeugenaussage damit ersetzt werden soli), RMG. 3 289, S 8, 7 20, als Strafurteil, RMG. 7 23; Loewe § 248 Anm. 1». Befehlsbücher, sowohl der befehlenden, als auch der empfangenden Stellen, können verlesen werden, nicht nur zum Beweise, daß die fragliche Niederschrift gemacht, sondern auch, daß der betreffende Befehl erteilt ist. Schwankend RMG. 17 289; dazu Rissom, Arch :> 134.

582

Verfahren in erster Instanz.

$ 303.

Der Umstand allein, daß eine Urkunde in der Anklcageschrift als Beweismittel bezeichnet ist, berechtigt das Gericht ncoch nicht zur Verlesung. RMG. 7 24. 3. Zur Beurteilung der Berlesbarkeit muß das' (Bericht vom Inhalte der Urkunde vorher formlos Kenntnis n.ehmen, ohne die so erlangte Kenntnis später verwerten zu dürfen. Dihen, Arch. f. Strafr. 52 379. Vgl. aber RMG. 6 281. In gleicher Weise hat das Gericht verlesbare Teile einer Urfutibc auszuisondern. RMG. 6 46; Dihen, Arch. f. Strafr. 52 379 Anm. 45. Die verlesenen Stellen sind im Protokoll genau zu bezeichnen. PE. 4 .51. Ist eine derartige Aussonderung nicht angängig, so würde eime Ver­ lesung nicht schaden, falls das Gericht später einwandfrei feststellt, daß es die nicht verlesbaren Stellen unbenutzt ge lass en hat. Entsprechendes gilt, wenn das Gericht sich später von wer Un­ zulässigkeit einer bereits versehentlich erfolgten Verlesung über zeugt. Zweckmäßig werden Urtnnden, die vom Angeklagtem her rühren, ihm vor Verlesung zur Anerkennung ihrer Echtheit vor gelegt. Eine allgemein dahingehende gesetzliche Vorschrift besteht aber nicht, RMG. 17 129. 4. Die erfolgte Verlesung muß sich aus dein Prr-totoll ergeben. Bei teilweiser Verlesung sind die Teile genau an zugeben. Beurkundung der Verlesung „soweit erheblich" genügt nicht. PE. 4 51. Verlesung fremdsprachiger Schriftstücke kann gleich in Übersetzung durch den Dolmetscher erfolgen. RG. 32 23n. Verlesung des Strafantrags, PE- 5 36h, und des aufhebenden Revisionsurteils, RG. 21 137, ist nicht erforderlich, aber zulässig. Verlesbare vorliegende Urkunden können vom Verhandlungs sichrer ohne weiteres verlesen werden. Eines Gerichtsbeschlusses bedarf es erst, wenn die Zulässigkeit der Verlesung beanstandet wird. PE. 6 44. 5. Akte der Beweisaufnahme dürfen nicht durch „M vtiftfl' tieruncf des Verhandlungsführers aus den Akten erfolgen. PE. 2 44. Vgl. aber PE. 14 5 hinsichtlich der Feststellung einer prozessualen Tatsache und Loewe § 248 Anm. i gensbeschädigung darzulegen, RMG. 16 130. Bei unerlaubter Ent­ fernung ist deren Dauer festzustellen. PE. 2 121a. Bei Nicht­ meldung einer strafbaren Handlung nach § 147 MS1GB. ist die strafbare Handlung des Untergebenen tatsächlich festzu­ stellen, RMG. 13 199. Ebenso ist bei Verurteilung wegen An­ stiftung oder Beihilfe die Haupttat fclbftätibio zu prüfen und fest­ zustellen, RMG. 15 83, 16 208. Bei Straftaten gegen Wachen sind die Voraussetzungen des § 111 MStGB-, insbes. Wachanzug, rechtmäßige Ausübung des Dienstes, festzustellen, RMG. I. Sen. v. 25. 8. 16, II. Sen. v. 28. 9. 16. Weitere Beispiele in PE. 2 121, 3 43, 101, 4 66 a, 5 49, 87, 6 86, 87, 8 19; RMG. 4 135, 6 90, 16 163, 249, 268, 270, 17 92, 19 7, 64. Der Strafantrag gehört zu den prozessualen Tatsachen, deren Vorliegen wohl zu prüfen, aber nicht notwendig in den Gründen festzustellen ist. Immerhin ist Verlesung des Antrages in der Hauptverhandlung meist zweckmäßig. PE. 2 55 c. Ebenso­ wenig braucht z. B. die Anwendung des § 319 in den Gründen be­ sonders erwähnt und begründet zu werden. PE. 2 55 b. b) Was den subjektiven Tatbestand anlangt, so ist dessen Vorliegen zwar in jedem einzelnen Falle von Amts wegen zu prüfen. Eine prozessuale Verpflichtung zur Feststellung desselben in den Urieilsgründen besteht nur dann, wenn das Strafgesetz eine bestimmte Absicht des Täters oder ein „Wissen" verlangt oder sonst die subjektiven Tatbestandsmerkmale ausdrücklich aufführt, oder wenn ein dem subjektiven Tatbestand angchöriges Merkmal vom Angeklagten bestritten oder sonst von zuständiger Seite in Zweifel gezogen ist, oder wenn die Sachlage Grund zum Zweifel ergibt. So, allmählich weiter gehend, RMG. 1 105,13 50, 4 54,135, 6 90, 253, 8 5; PE. 6 57, 11 10. Verstoß ist materieller und, falls gerügt, auch prozessualer Revisionsgrund, RMG. 3 50. Mangel­ hafte oder sich widersprechende Feststellungen führen zur Auf­ hebung des Urteils in der Revisionsinstanz, RMG. 16 215. «. Der Kenntnis eines Tatumstandes steht das Kennen

Hauptverhandlung,

e)

Urteil und Protokoll. § 326.

637

müssen keineswegs gleich. Wenn auch wahrscheinlich ist, daß der letztere, in Urieilsgründen häufig vorkommende Ausdruck meistens nur ein ungenauer Ausdruck zur Bezeichnung der wirklichen Kennt­ nis ist, so hat doch daS RMG. hier mit Recht einen strengen Maß­ stab angelegt und derartige Feststellungen der Regel nach für unzureichend erklärt: so PE. 4 66 b, 7 16, 9 16. übet Feststellung deS Vorsatzes sind als Beispiele aus der Rechtsprechung zu be­ merken: Die Behauptung des Angeklagten. er habe die weg­ genommene Sache gefunden, schließt die weitere in sich, daß er geglaubt habe, die Sache stehe nicht im Gewahrsam einer Person. Hierüber muß sich also das Urteil äußern, RMG. 14 205. ß. Das Vorliegen einer Fahrlässigkeit muß nicht in all­ gemeinen Wendungen, sondern aus der konkreten Sachlage heraubegründet werden. PE. 16 9; RMG. 13 268. Gleiche- gilt für die in bestimmten Fallen des § 91 MStGB. festzustellende Leicht­ fertigkeit, d. h. grobe Fahrlässigkeit, RMG. 13 121. 6. DaS Gericht hat den festzustellenden Tatbestand von allen Seiten auf seine Richtigkeit zu prüfen, insbesondere auch darauf­ hin, ob nicht eine veränderte Gestaltung — zulässig nach $ 318, solange nur die Identität de- geschichtlichen Vorgänge- gewahrt bleibt — die Anwendung eine- anderen Strafgesetze-, als die AnNage annahm, erforderlich macht. Zu näherer Erörte­ rung ist eS indessen nur verpflichtet, wenn es wirklich von der Anklage oder den Anträgen der Prozeßbeteiligten abweicht, RMG. 4 231, oder wenn die Sachlage Bedenken ergibt. Vgl. PE. 4 66», 3 43. Letzteres folgt aus der Pflicht zur voll­ ständigen Ermittelung der materiellen Wahrheit. Nicht­ erfüllung dieser Pflicht ist bei der Revision ausdrücklich zu rügen. Die Rüge der Verletzung materiellen Rechts würde hier nicht immer helfen. Nach PE. 16 7 braucht, wenn die von der Anklageverfügung abweichende Beurteilung ausreichend begründet ist, nicht noch besonders dargelegt zu werden, warum die Tat abweichend von der Anklage rechtlich beurteilt ist. Anscheinend abweichend RMG. 4 231. Vgl. Anm. 9 a. E.

638

Verfahren in erster Instanz.

8 32i>.

Es ist nicht nur zulässig, PE. 2 55 a, sondern auch oft ange­ messen, eine in Frage kommende Abweichung auch dann zu er­ örtern, wenn das Gericht schließlich von der Abweichung Abstand nimmt. 7. Außerdem verlangt das Gesetz Angabe der Beweis­ gründe, d. h. eine „nähere", PE 3 43, nicht, was meist unmög­ lich wäre, eine völlig erschöpfende, RMG. 6 52, Darlegung, wes­ halb die den gesetzlichen Tatbestand erfüllenden Tatsachen für erwiesen erachtet sind. Verstoß begründet Revision. RMG. 8 fi. Die gezogenen Schlüsse dürfen keinen Verstoß gegen die Denkgesetze enthalten. Eine Darlegung, daß jede andere abstrakte Mög­ lichkeit ausgeschlossen sei, kann aber, als dem Wesen der freien Beweiswürdigung widersprechend, nicht verlangt werden, RMG. 13 21. Ob eine gezogene Schlußfolgerung auch in tatsächlicher Beziehung richtig ist. kann in der Revisionsinstanz nicht nachgeprüft werden, RMG. 13 232. Die Vorschrift, daß die Urteilsgründe die nähere Darlegung enthalten müssen, weshalb die für erwiesen erachteten Tatsachen für erwiesen erachtet sind, enthält zwar kein absolutes formales Gebot. Das Gericht hat die Vorschrift jedoch unbedingt soweit zu befolgen, als dies zur Entscheidung stehende Sache und die konkret in Frage kommende Tatsache ermöglichen. RMG. 12 120. Auch die Entlastungsbeweise müssen gewürdigt werden, RMG. 13 65. Kommt aber das Gericht zu einer bestimmten Feststellung, so besteht, falls nicht Beweisanträge der Parteien dazu nötigen, keine Verpflichtung, alle etwaigen Möglichkeiten für eine ander­ weite Feststellung durch Gegenbeweisgründe auszuschließen, RMG. 13 65. Auch die Feststellungen des subjettiven Tatbestandes sind zu begründen, und zwar durch Angabe der Tatsachen, aus denen das Gericht den Schluß auf die innere Tatseite gezogen hat, RMG. 17 201. Kann eine Tatsache nur mittels einer Schlußfolgerung aus anderen Tatsachen festgestellt werden, wie dies bei inneren Vor­ gängen und beim Indizienbeweise zutrifft, so ist eine nähere

tzauptverhandlung. e) Urteil und Protokoll. § 326.

639

Darlegung, warum die Folgerung gezogen wurde, nach RMG. 6 52 nicht geboten. Die Gründe deS Urteils dürfen nicht mit der Begründung deeincn Beweisantrag ablehnenden BefchluffeS des SitzungSprotokollS in Widerspruch stehen. RMG. 12 80. So müssen, wenn ein Beweisantrag über eine erhebliche Tat­ sache deshalb abgelehnt ist, weil das Gericht die Tatsache als bereits zugunsten des Antragstellers erwiesen ansehe, die Gründe er­ geben, daß diese Tatsache auch tatsächlich als wahr gewürdigt ist. RMG. 4 10. Ein im BeweiSbeschluß als einflußlos bezeichnetes Beweismittel muß auch in den Gründen alS solches behandelt werden. RMG. 4 5. Hinsichtlich der prozessualen Vorgänge ist nach § 335 da» Sitzungsprotokoll entscheidend. Bezüglich der sachlichen Be­ weis ergeb nisse dagegen haben die Feststellungen deS Urteils den Vorzug. RMG. 4 49; PS. 6 52, 11 9. Ist ein Beweis unzu­ lässig erhoben, so müssen die Gründe dessen Richtberücksichtigung ergeben. Nichterwähnung beweist noch nicht, daß das Beweismittel ohne Einfluß blieb. RMG. 6 SO. Der Mangel von Beweisgründen muß in der RevifionSinstanz gerügt werden, um zur Aufhebung des Urteils zu führen, RMG. 16 164. 8. Das Urteil der Berufungsinstanz muß grundsätzlich einen selbständigen, erschöpfenden Tatbestand aufstellen. Bezug­ nahme auf das angefochtene Urteil ist nur zulässig, wenn llar er­ sichtlich gemacht wird, welche Tatsachen übernommen werden. Dies gilt namentlich, wenn das Berufungsgericht teilweise einen eigenen Tatbestand aufstellt, insbesondere die Aussagen neu ver­ nommener Zeugen und Sachverständigen anführt, RMG. 4 102, 137, 244, 7 121, 10 152, 11 148, 15 142, 289, 17 92, 124. vgl. aber auch § 394. Das Urteil muß den Berufungsangriff wieder­ geben, PE. 10 10, und ihn erörtern. Wegen Begründung einer Abweichung von der Anklage gilt das für die erste Instanz Ge­ sagte. S. Anm. 6. Dagegen braucht eS nicht notwendig auf alle Erwägungen deS

640

Verfahren in erster Instanz.

§ 326.

Borderrichters oder seine einzelnen Beweisgründe einzugehen. RMG. 3 46. S. Zu Abs. 2. Das in Anm. 5 u. 6 Gesagte gilt noment» lief) auch von den im Gesetz besonders vorgesehenen ©traf» ausschließungs-, ©traferhöhungs-, ©trafminderungsgründen. sobald sie von den Prozeßbeteiligten als vorliegend behauptet, d. h. nach RMG. 18 241 dem Sinne nach geltend gemacht sind oder sich aus der Sachlage als vielleicht vor­ liegend ergeben. RMG. 2 12, 84, 4 54, 6 52, 9 237; PE. 6 54; Beling, Zeitschr. f. d. ges. ©tr. 24 266: Herz-Ernst Anm. 4. Dies gilt z. B. von der Frage der Notwehr oder der vermeint­ lichen Notwehr, RMG. 4 54. Nach RMG. 9 237 Tann indessen eine Feststellung in dieser Richtung unterbleiben, wenn die ge­ wählte Art der Verteidigung in jedem Falle unzulässig war. Aller­ dings Tann die Angemessenheit der Verteidigung in der Regel erst beurteilt werden, wenn die Art des Angriffs feststeht, auch würde die für die Schuld unerhebliche Feststellung fast stets für die Strafzumessung von erheblicher Bedeutung sein. Vgl. Olshausen, StGB. § 192 Anm. 3. Das Gericht muß sich über die geltend gemachten, die StrafbarTeit ausschließenden, erhöhenden, vermindernden Umstände ausdrücklich, vgl. Anm. 6 a. E., aussprechen, auch die Gründe seiner Entscheidung angeben, namentlich auch dann, wenn es das Vorliegen jener Umstände verneint. RMG. 2 12, 82, 12 213. ©o z. B. wenn Vorliegen des § 98 MStGB., Reizung des Untergebenen, behauptet ist. RMG. 2 82. Bei Zweifeln über das Vorliegen tiou Strafausschließungs­ und StrafminderungSgründen ist der dem AngeTlagten günstigere Sachverhalt zugrunde zu legen. RMG. 6 193, 18 103; PE. 8 17. Die Angabe, daß der Mangel der freien Willensbestinnnung nicht erwiesen sei, vermag also die Verurteilung nicht zu tragen, RMG. 14 107, vgl. auch 17 131, 157 oben. Soweit die MöglichTeit eines Tatirrtums nach § 59 RStGB. offen bleibt, muß Freisprechung erfolgen, andererseits genügt zu dieser nicht schon die Fest­ stellung, daß der Angeklagte gewisse Tatsachen, ehuo das Vor-

Hauptverhandlung.

e)

Urteil und Prowwll. § 326.

641

lie®en der Voraussetzungen der Notwehr, annehmen tonnte, RMG. 15 101. 10. Zu Abs. 3. Das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz ist nach seinem Paragraphen oder nach seinen: vollen Wortlaut -u bezeichnen, RMG. 11 48, vgl. PE. 9 18. Unter dem int Falle der Verurteilung -u bezeichnenden Straf­ gesetz sind nur diejenigen Vorschriften verstanden, welche den gesetzlichen Berkehrsbegriff, unter den der Richter die Tat gestellt hat, nach irgendeiner Richtung bestimmen, RMG. 6 253, 12 156; Loewe § 266 Anm. 6. Verhängung einer Gesamtstrafe erfordert Anziehung des § 74 RStGB. und Angabe der Einsatzstrafe, PE. 2 121 i. Bei Verhängung einer Ehren strafe ist auch das ihre An­ wendung gebietende oder zulassende Strafgesetz zu bezeichnen, PE. 2 121 g. 11. Auch die Strafzumessungsfrage hat ihre tatsächliche und ihre rechtliche Seite. Recht-irrtum bei der Strafzumessung, z. B. durch Überschreitung de- Strafrahmens, ist Revisionsgrund, RG. 8 46; RMG. 7 281, 8 207. 12. a) Die Strafzumessungsgründe sollen angeführt wer­ den. E- handelt sich um Bemessung der Strafe innerhalb des ordentlichen Strafrahmens. b) Strafschärfungsgründe sind z. B.: Stärke und Ge­ fährlichkeit des verbrecherischen Willens, schädliche Folgen, ins­ besondere für die Disziplin, Notwendigkeit erhöhten Strafschutzes der Stubenältesten, RMG. 10 74, überhandnehmen der in Frage stehenden Straftaten, Vorstrafen, auch wenn noch nicht vollstreckt, PE. 12 6, schlechte Führung. Unbestimmter Verdacht anderer Straf, taten kommt nicht in Betracht. PE. 13 9,15 13; RMG. 11 29. Am übrigen hat das Gericht in diesem Punkte weitgehende Freiheit. RMG. 10 74. Nach RMG. 11 95, Plenarbeschluß entgegen RMG. 3 68, 8 207; PE. 13 11; RMG. 18 70; vgl. auch RG. 37 207, kann das Gericht bewußt unwahre- Leugnen der Tat oder Lügen dann als erschwerend berücksichtigen, wenn es sich als Mißbrauch be& Romen.«issom, MSlGO., 2. Aufl,

11

642

Verfahre,» in erster Instanz.

8 326.

Verteidigungsrechts darstellt. Diese Formulierung erscheint zutreffend, aber vielleicht insofern zu eng, als damit die bestrittene Frage etwas zu sehr inS prozessuale Gebiet hinübergeleitet ist. Ins­ besondere dürfte die Ausübung prozessualer Rechte unter Ver­ letzung moralischer Pflichten darum noch nicht auch im Rechtssinn, wie das RMG. annimmt, ein Mißbrauch des Verteidig ungsrechts sein. Man kommt aber zu wesentlich gleichen Ergebnisse»», ivcmt man Matz und Art des Leugnens oder Lügeils als für die Erkenntnis der Persönlichkeit des Schuldigen bedeutsam auffatzt, also von materiellrechtlichen Gesichtspunkten ausgeht lM. E. Mayer, Deut­ sches Militärstrafrecht 1,163). Bgl. das oben angeführte Schrifttum. Strafminderungsgründe find z. B.: Offenes Geständnis, Reue, jugendliches Alter, Berfübrtsein, Geringfügigkeit des zu gefügten Schadens. Eine zu Unrecht vollstreckte Diszipli»»arstrafe »vegen der­ selben Tat kann nicht von der erkannten Strafe abgerech»»et, mo!il aber bei der Strafzumessung berücksichtigt »verden. PE. 6 55, 15 12. „Gnade für Recht ergehen zu lassen" ist nicht Sache des Gerichts. PE. 14 9. Uber Gnadengesuche des erkennenden Gerichts vgl. § 418. 13. Zur Strafzumessungsfrage gehöre»» auch ei»»ige int Gesetz besonders vorgesehene teils zwingende, teils nur zu­ lässige Strafschärfungsgründe, »velche sich nicht zu eigent­ lichen gesetzlichen Straferhöhungsgründen im Sinne des Abs. 2 entwickelt haben. Diese Umstände sind geitau festzustellen. Er­ wähnung bei den Personalien des A»»geklagten genügt nicht, PE. 4 66 c. Dahin gehören die Voraussetzungen für die Zulässigkeit strengen Arrestes nach § 22 Abs. 3 MStGB.; PE. 4 66 c, 15 11: RMG. 9 210, die eine Geldstrafe stets ausschließende Verletzung einer militärischen Dienstpflicht nach § 29 MStGB. lmehr ein Urteil, daher nicht notwendig auf besoitdere Tatsachen ge gründet, PE. 3 115; RMG. 5 107, 164), wiederholter Rückfall im Sinne der §§ 13, 37, 38 MStGB.; RMG. 4 141; PC. 5 50, dauernd schlechte Führung im Sinne des § 88 Abs. 2 MStGB.,

Ha uptve r Handlung. e) Urteil und Prototvll. § 386.

648

Umstände, durch welche die 8uiatilgktt der Versetzung in die zweite Älafte Segründet wird. Die StraferhöhungSgründe des § 55 MStGB. gehören nach dem für zutreffend zu erachtenden — unter Aufhebung von PE. 4 66 d ergangenen — PE. 17 7 nicht hierher, sondern zu den eigentlichen gesetzlichen StraferhöhungSgründen. Vgl. RMG. 10 175, 12 277; PE. 6 58, 8 19. 14. Zur Straffrage gehört endlich auch die Frage nach dem Vorhandensein mildernder Umstände ober eine- »minder schweren Falles-. RMG. 1 220.

Zn dem Militärstrafgesetzbuche haben die »minder schweren Fälle- ungefähr dieselbe Bedeutung, wie .in dem bürgerlichen Strafgesetzbuche die »mildernden Umstände-. Deshalb war es geboten, im § 826 beide Falle gleichzustellen. Begr. S. 145. Die Bejahung der Frage nach dem Vorhandensein mildernder Umstände oder eines minder schweren Falles macht die Anwendung eine# gesetzlich besonders vorgesehenen Strafrahmens notwendig. Hier ist im Falle der Bejahung oder der entgegen einem Antrag erfolgten Verneinung die ausdrückliche Mitteilung der Ent­ scheidung und ihrer Gründe, und zwar zwingend, vorge­ schrieben. PE. 5 49b; RMG. 15 150, 191. Ein Antrag auf Zu billigung mildernder Umstände liegt auch darin, daß eine Strafe beantragt wird, die nur bei Annahme mildernder Umstände zu­ lässig ist, RMG. 13 267. Die anzurechnende Untersuchungshaft wird zweckmäßig, obwohl dies nach RMG. 13 49 nicht unbedingt nötig ist, ihrer Dauer nach im Urteil angegeben. Dem Revisionsgericht steht eine Nachprüfung, ob die Unter,uchungshast die anzurechnende Dauer tatsächlich erreicht habe, nicht zu, RMG. 13 49. 15. Zu Abs. 4. Zm Falle der Freisprechung muß das Ur­ teil eine klare Scheidungzwischentatsächlichen Fesistellnngen und rechtlichen Erwägungen erkennen lassen. RMG. 11 223; PE. 6 56; Loewe §§ 202 Anm. 3, 266 Anm. 9. E# empfiehlt sich, namentlich gegenüber der Revisionsinstanz, die sämtlichen in Frage kommenden Tatsachen durchzugehen. Zm 41*

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Verfahren in erster Instanz.

8 327.

merhin kann es unter Umständen genügen, wenn die Nichterweis­ lichkeit eines einzelnen besonderen Tatbestandsmerkmals oder die Möglichkeit deS BorliegenS eines Schuld- oder Strafausschließungs­ grundes, z. B. der Zurechnungsunfähigkeit, des Irrtums über Tatumstände, der Verjährung, festgestellt wird. RMG. 12 55, a. M. scheinbar PE. 6 56 Abs. 1. Für die Pflicht zur Äußerung über andere in Frage kommende rechtliche Gesichtspunkte gilt das in Anm. 6 Gesagte, PE. 3 43. Bei Verneinung der Vor­ sätzlichkeit einer Handlung ist regelmäßig auch die Form des Even­ tualdolus einer Erörterung zu unterziehen, unter Umständen auch das Vorliegen fahrlässigen Verhaltens zu prüfen, z. B. bei Ungehorsam, Körperverletzung, PE. 5 49 d. 16. Im Falle der Einstellung des Verfahrens müssen in dem Urteile die Gründe, die für die Einstellung maßgebend gewesen sind, angegeben werden. 17. Darüber, inwieweit auch nach erfolgter Freisprechung oder nach Einstellung des Verfahrens Disziplinarbestrafnng zulässig ist, s. die Ausführungen zu § 314 Anm. 3. 18. Vgl. Pr. KrMin. v. 28. 2. 02.

Verkündung bc9 Urteils.

§ 327. Die Verkündung des Urteils erfolgt durch Berlesung der Urteilsformel und Eröffnung der Urteilsgründe um Schluffe der Verhandlung oder spätestens innerhalb dreier Tage nach dem Schluffe der Verhandlung bei den Standgerichten durch den Vorsitzenden, bei den Kriegsgerichten durch den die Verhandlung führenden Kriegsgerichtsrat. Die Eröffnung der Urteilsgründe geschieht durch Verlesung oder durch mündliche Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts. Der Angeklagte ist über die Zulässigkeit der Berufung und, falls derselbe erklärt, daß er sich bei dem Urteile nicht beruhige, über die bei Einlegung der Benrfung einzuhaltende Frist (§ 379), sowie den einzuschlagenden Weg (§ 369) zu belehren. Ein in Abwesenheit des Angeklagten verkündetes Urteil und

Hauptverhandlung, e) Urteil und Protokoll. § 327.

645

die im Absätze 8 vorgeschriebene Belehrung kann dem Ange» klagten auch durch einen Gerichtsoffizier oder Kriegsgerichtsrat zu Protokoll eröffnet werden. Im Falle der Zustellung des Urteils (§ 187 Absatz 2) ist die Belehrung mit der Zustellung zu verbinden. Entiv. § 312. Schrifttum: Autenrieth, Berichtigung der Urteilsformel DJZ. 1904 S. 259, 589; Autenrieth, Wiederholte Verkündigung eines Urteils, DJZ. 259; Otto Meyer, Wiederaufnahme der Verhand­ lung während der Urteilsverkündung, Arch. 5 274; Beling, Auf­ nahme der Einzelstrafen in den Urteilstenor, Z. 38 630. 1. Die Vorschrift lehnt sich an § 267 StPO, an, weicht aber mehrfach von diesem ab, so namentlich dadurch, daß sie Belehrung deS veruttetlten AngeNagten über die Zulässigkeit der Berufung fordert. 2. a) Die Urteilsformel, ant besten in direkter Rede und in möglichster Kürze abgefaßt, enthalt den entscheidenden Teil des Utteils, also den in logischer Folgerung aus den Ent­ scheidungsgründen (§ 386) sich ergebenden Ausspruch, was Recht sein soll. Mangel der Schlüssigkeit gibt einen Revistonsgrund ab. RMG. 4 153, 5 181, 9 294; PE. 4 69b. Auslegung, nicht aber Ergänzung aus den Utteilsgründen ist zulässig. RMG. 11 187, 12 198. Rur die über die Anklage selbst ergehende Entscheidung ist in die Formel aufzunehmen, während die auf die Beweis­ aufnahme oder die Beweisanträge bezüglichen Beschlüsse in das Sitzungsprotokoll oder z. B-, wenn es sich um Eventualanträge handelt, auch in die Urteilsgründe aufzunehmen sind. RMG. 12 80. Der Beschluß auf Festnahme nach § 277 ist besonders zu verkünden und lediglich ins Sitzungsprotokoll aufzunehmen. b) Die Formel muß im Falle der Verurteilung enthalten die Angabe der Straftat nach ihrer gesetzlichen Bezeichnung, PE. 5 49c, in gedrängter Fassung, z. B. Diebstahl, Unterschlagung, unerlaubte Entfernung (nicht z. B. Fehlen bei der Kontroll-

646

Verfahren in erster Instanz.

$ 327.

Versammlung), Ungehorsam, im Notfall durch Anziehung des Paragraphen ausgedrückt, jedenfalls genügend Nar ersichtlich, PE. 9 18, 6 59, unter Angabe der gesetzlichen Straferhöhungs­ oder Mnderungsgründe (§ 326 Anm. 9), PE. 10 11, bei Idealkonkurrenz die Angabe aller verletzten Gesetze, dann die Strafe oder Gesamtstrafe mit Nebenstrafen, Buhe, Beröffentlichungsbefugnis. Vgl. auch § 314 ; Autenrieth, Wiederholte Verkündigung eines Urteils, DIZ. 9 259—260; Otto Meyer, Wiederaufnahme der Verhandlung während der Urteilsverkündung, Arch. 5 271; Beling, Aufnahme der Einzelstrafen in den Urteilstenor bei Ge­ samtstrafverhängung, Z. 38 630. Faßt eine Gesetzesvorschrift, wie 8 94 MStGB. mehrere Lchuldformen zusammen, so ist grundsätzlich die besondere Schuld­ form anzugeben. PE. 5 43. Die Fassung „Mißbrauch der Dienstgewalt" ist zu allgemein unb zur Bezeichnung eines bestimmten militärischen Vergehens nicht geeignet. PE. 4 66f. Bei Vergehen gegen § 138 MStGB. genügt Angabe, ob militärischer Diebstahl oder militärische Unter schlagung vorliegt, während die nähere Angabe der Tatbestands Merkmale den Gründen vorbehalten bleiben kann. PE. 8 16. Liegt ein Straferhöhungsgrund vor, so wird, wie bei Hausfriedens­ bruch, PE. 6 58, Urkundenfälschung, grundsätzlich die Porsetzung des Wortes „erschwert" zur Bestimmung genügen, vorbehaltlich der näheren Feststellung in den Urteilsgründen. Die Straferhühungsgründe des § 55 MStGB. haben in der Formel zu erscheinen, PE. 17 7 unter Aufhebung von PE. 4 66d, ohne dah doch das Fehlen den Angeklagten unbedingt beschwerte, RMG. 13 207.

Bei Verurteilung zu einer Gesamtstrafe brauchen die Einzel­ strafen nach dem Gerichtsgebrauch, gebilligt RMG. 11 142, nicht in die Urteilsformcl aufgenommen zu werden. — Dagegen mit Grund Beling, Lehrb. S. 397, Z. 38 630. Das Berufungsurteil hat diejenigen Handlungen, wegen deren auf Strafe erkannt luitb, selbständig zu bezeichnen und dieserhalb nicht auf das Urteil erster Instanz zu verweisen. PE. 4 68.

Hautverhandlung.

e)

Urteil und Protokoll. § 327.

647

o) Im Falle der Freisprechung lautet die Formel: „Der AngeNagte wird von der AnNage des------------freigesprochen." Bgl. § 314 Anm. 5a. Im Falle der Einstellung genügt die Fassung: „DaS Ver­ fahren wird eingestellt." Bgl. $ 314 Anm. 7. 3. Verkündung de- Urteils binnen drei Tagen in ord­ nungsmäßig, und -war mit denselben Richtern besetzter Hauptverhandlung ist wesentlich für die Gültigkeit deS Urteils. Das Gesetz verlangt „Verlesung" der Urteils formet. Diese muß also vor der Verkündung schon niedergeschrieben sein. Mündliche bloße Verkündung statt Verlesung ist ungesetzlich und führt im Falle der Revision, wenn eine bestimmte Abweichung vom niedergeschriebenen Wortlaut behauptet wird, RG. 16 347, zur Aufhebung de- Urteils. Bgl. RMG. 3 17, 5 183; Loewe § 267 Anm. 5b. Verlesung aus dem Protokoll ist, wenn auch nicht gesetzlich vorgeschrieben, RMG. 3 17, so doch erwünscht, stellen­ weise im Aufsichtswege empfohlen. Die Urteilsverkündung erfolgt beim Standgericht auch dann durch den Vorsitzenden, wenn dieser die Führung der Verhandlung abgegeben hat. (§ 292 Abs. 8). Beim Kriegsgericht erfolgt die Verkündung ausschließlich durch den die Verhandlung führenden Kriegsgericht-rat. Rach dem Entwürfe sollte hier die Verkündung durch den Vorsitzenden oder den Kriegsgerichtsrat erfolgen können. Die abweichende Fassung des Gesetzes beruht auf den Beschlüssen der Kommission. KomBer. S. 102. Kritik des bestehenden Rechtszustandes ist nicht Auf­ gabe der Urteilsverkündung, Pr. KrMin. v. 8. 3. 05. 4. a) Rur das beschlossene Urteil wird durch Ver­ kündung gültig, vom Beschluß abweichende Verkündung ist nichtig, hindert also nicht eine sormgerechte richtige Verkündung. Beling, Lehrb. 293, 295 Anm. 40, 404 Anm. 5. Uber teilweise Verkündung des Beschlossenen s. Loewe § 267 Anm. 6. b) Das beschlossene Urteil wird durch richtige Ver­ kündung unabänderlich. PE. 1 55, 2 123, 4 59: RMG. 15 21«:

648

Verfahren in erster Instanz.

§ 327.

Loewe § 267 Anin. 6. Offenbare Schreib- und Fafsungsfehler stellen den Sinn des beschlossenen Urteils nicht in Frage, können daher jederzeit durch Gerichtsbeschluß als solche festgestellt werden. PE. 13 12; RMG. 9 294; RG. 13 268; Rechtfpr. 9 132; Loewe, Sortiern, zu Buch 3 Anm. 2 c. Anfechtbar Geling, Lehrb. 404, der einen Unterschied zwischen den Fällen des Abs. 1 und 2 dieser Anmerkung nicht erkennen will. Anders, wenn dem Gericht bei der Beratung ein Irrtum im Motiv, z. B ein Rechenfehler bei Feststellung der Gesamt strafe, untergelaufen war. Die, wenn auch infolge Irrtums be­ schlossene Fassung ist dann vom Gericht gewollt und ist das Be schlossene einmal verkündet, so kann das Gericht keine Änderung mehr vornehmen, PE. 4 59. c) Ein nicht öffentlich verkündetes Urteil kann nach Schluß der Hauptverhandlung nicht mehr gültig verkündet werden. RMG. 12 158. Uber nochmalige Verkündung in der Hauptver­ handlung selbst vgl. RG. 35 353. d) Etwas ganz anderes ist die Berichtigung einer Abweichung zwischen Verkündung und Protokoll oder -wischen Protv soll und Urteilsurkunde. Diese Mängel können jederzeit nach­ träglich gehoben werden. Vgl. §§ 331, 333, 336. 5. Zu Abs. 2. Auch die Urteilsgründe beruhen auf Ge richtsbeschluß, der später durch die Urteilsurknnde in maß­ gebender Weise festgestellt wird. Die Gründe sind bei der Ver­ kündung mindestens ihrem „wesentlichen Inhalte" nach zu eröffnen. Hierbei ist sowohl Verlesung wie auch mündliche Mit­ teilung zulässig. Mangelhaftigkeit der Eröffnung, ins­ besondere Abweichung von der Urteilsurkunde, begründet aber nicht die Revision. RMG. 1 157, 263; RG. 4 382. Selbst ganz liche Unterlassung der Eröffnung der Urteilsgründe bildet keinen Revisionsgrund, soll aber nach RG. 1 192, 2 78, 207 de wirken, daß die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung des Ur­ teils beginnt. 6. Die Verkündung des Urteils und der Urteilsgründe muß nach § 284 Abs. 1 öffentlich erfolgen. Rach Abs. 2 daselbst

Hauptverhandlung,

e)

Urteil und ProtoloN. § 327.

649

kann für die Verkündung der Urteilsgründe oder eines Teiles derselben die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, eS bedarf dazu aber eines besonderen Gerichtsbeschlusses. lehrung" „zu Protokoll" kann ebenso wie die Vernehmung im Falle deS § 382 durch einen Gerichtsvffizier nur in standgerichtlichen Sachen erfolgen. S- auch § 382 Anm. 4 a. Die Be iehrung ist ins Protokoll aufzunehmen, PE- 2 56 n. Bei Gelegen

Hauptverhandlung.

e)

Urteil und Protokoll. § 328.

651

heit bet Eröffnung Tarnt ein Rechtsmittel angebracht werden. PE. 2 56 o. Ein GerichtSfchreiber braucht nicht zugezogen zu werden, vgl. § 163 Anm. 4 f. Die Eröffnung des Urteils zu Protokoll macht die Zustellung überflüssig. A. M. Koppmann Anm. 11. Bei Zustellung des Urteils ist die vollständige Belehrung über Frist und Weg der Berufung gleich mit aufzunehmen. Kopp­ mann Anm. 13. Abweichend vom § 351 Abf. 3 find sämtliche Wege anzuführen. S. auch Anm. 8.

vefchluß auf UurustLudigkeit. § 328.

Findet das Bericht im Laufe der Verhandlung, daß der Angeklagte nicht unter der Militärstrafgerichtsbarkeit steht, so hat es durch Beschluß seine Unzuständigkeit auszusprechen. Gegen diesen Beschluß steht sowohl dem Gerichtsherrn wie dem Angeklagten binnen einer Woche nach der Verkündung des Beschlusses die Rechtsbeschwerde an das Reichsmilitärgericht zu. Hat die Verkündung in Abwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so läuft für diesen die Frist vom Tage der Zustellung des Beschlusses.

Entw. § 313. Schrifttum. Riffom, Zur Zuständigkeit der Militärgerichte. DJZ. 1909 S- 592—593; Reiche-Eisenstuck, Mangel der Militär­ gerichtsbarkeit nach erhobener Anklage, Arch. 2 166; Handw.-. Riffom, Militärgerichtsbarkeit als Prozeßvorausfetzung: Beling, Zuständigkeit zur Aufhebung der Kontumazialürteile des älteren Rechts, Z. 38 476. 1. Die Vorschrift, welche in der StPO- kein Borbild findet, ergibt sich aus der Natur der Sondergerichtsbarkeit. 2. Die Worte „int Laufe der Verhandlung" sollen zu er­ sonnen geben, daß die Beweisaufnahme oder deren Fortsetzung

652

Verfahren in erster Instanz.

§ 328.

tvl unterbleiben hat, sobald die Unzuständigkeit des Militärgerichts feststeht. Begr. S. 145. Das Gericht kann nicht nur, sondern eS muß von diesem Augenblick ab jede weitere Beweisaufnahme unterlassen. Nach RMG. 2 187 muß indessen die Vernehmung des Angeklagten jedesmal vorhergegangen sein. Dagegen Gerland, ttrit. BISchr. 45 577. Der Beschluß ist eingehend zu begründen. 3. Stellt sich bei Anklage wegen eines militärischen Der gehens der Tatbestand eines bürgerlichen Vergebens heraus, wegen dessen der Angeklagte nicht unter Militärgerichtsbarkeit steht, so kommen drei Möglichkeiten in Frage, nämlich 1. Aburteilung unter dem neuen Gesichlsvnntt, so RMG. PlenBeschl. 14 160, älmlich, jedoch mit Unterscheidung zwischen objektivem und subjektivem Tatbestand, RMG. 2 60, 8 25, 9 137, 234, oder 2. beschränkte Freisprechung, oder 3. Unzuständigkeitserklärung nach § 328. Diesseits wird die zweite dieser Lösungen bevorzugt, vgl. § 5 Anm. 6 und § 10 Anm. 3. 4. a) Die Entscheidung auf Grund des $ 328 ist als Ober­ leitung der Sache ans bürgerliche Gericht gedacht, daher die Beschlußform. Ist auch die bürgerliche Gerichtsbarkeit nicht begründet, so erfolgt Einstellung durch Urteil, RMG. 5 21), 241, die wohl auch im Falle RMG. 11 207 — Anklage wegen Fahnen­ flucht gegen eine irrtümlich als auvgchobener Rekrut angesehene Person —, und RMG. 18 201 hätte erfolgen müssen. Vgl. Rissom, Gcrichtssaal 73 311; auch Rissom, Zur Zuständigkeit der Militär gerichte, TJZ. 1909 S- 592—593. b) Tie bürgerliche Strafverfolguugsbe Hörde ist in ihrer Entschließung durchaus frei. Es bedarf für sie gegebenenfalls einer neuen Anklage und eines neuen Eröffnungsbeschlusses. 5. In zweiter Instanz ist stets Urteilsform geboten. § 394, RMG. 3 268. 19 249; PE. 4 71. Uber Rechtsbeschwerde neben gleichzeitiger Berufung weg-m derselben Streitfrage s. RMG. 20 13.

Hauptverhandlung.

e)

Urteil und Protokoll. § 329.

663

Die auf Recht-beschwerde ergangene Entscheidung, wodurch die Militärgerichtsbarkeit für begründet erklärt wird, ist für daUntergericht jedenfalls dann bindend, wenn es keine neuen für diese Entscheidung erheblichen Tatsachen feststellt, RMG. 20 64. Vgl. RMG. 19 233 und RMG. III. Sen. v. 5. 5. 17. 6. Nach § 400 Nr. 4 bildet es stets einen Revisionsgrund, wenn da- Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat Vgl. hier-u aber § 329. 7. Der Fall des Zuständigkeitsstreites (sog. KompetenzkonflitteS) -wischen Militärgericht und bürgerlichem Gericht ist in 8 14 EG. geregelt.

Pr»f««gAverb-te. § 329. Das Gericht darf sich nicht für unzuständig erklären, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung ge­ höre, oder weil die Erhebung der Anklage von einem unzuständigen Gerichtsherrn verfügt sei, oder weil zur Ahndung der strafbaren Handlung die Bestrafung im Disziplinarwege nach Maßgabe des § 3 des Einführungsgesetzes zum Militärstraf, gesetzbuch ausreichend gelvesen wäre.

Ehtw. § 314. 1. Die Vorschrift ist dem § 269 StPO, nachgebildet, hat aber dessen Inhalt wesentlich erweUert. 2. Nach § 329 darf ein Kriegsgericht sich nicht deshalb für un­ zuständig erklären, weil die Sache vor ein Standgericht gehört. Begr. S. 145. 3. a) Zu der Vorschrift, datz das Gericht sich nicht für un­ zuständig erklären darf, weil die Erhebung von einem unzu­ ständigen Gerichtsherrn verfügt sei, wird in der Begründung ausgeführt: Auch soll das erkennende Gericht nicht berechtigt fein, darüber zu befinden, ob der Gerichtsherr, der die Anklage verfügt hat, hierzu hinsichtlich der Person de- Angeklagten zuständig war. Denn abgesehen davon, daß über die Zuständigkeit in gewissen Fällen Vereinbarungen unter den Gerichtsherren stattfinden

654

Verjähren in erster Instanz.

$ 33u.

können, vgl. 88 30, 34, würde eS dem Ansehen de- Gericht-Herrn widerstreiten, wenn ein von ihm selbst berufene- Gericht über seine Berechtigung zu dieser Anordnung urteilen sollte. Zweifel über die Zuständigkeit eines Gerichtsherrn im einzelnen Falle sind vielmehr, den militärischen Verhältnissen entsprechend, zwischen den in Betracht kommenden Gerichtsherren selbst oder deren Vorgesetzten, erforderlichenfalls durch das gemeinsame obere Gericht, vgl. § 36, zum Austrage zu bringen. Ebensowenig ist das von dem um Aburteilung ersuchten Gerichtsherrn berufene Gericht befugt, die Zulässigkeit des Er­ suchens zu prüfen, Pr. ÜrMin. v. 22. 2. 02. b) Aus dem oben angeführten Zweck des Gesetzes, den er kennenden Gerichten Verhandlungen über die Zuständigkeit des sie berufenden Gerichtsherrn zu entziehen, folgert RMG. II. Sen. v. 14. 7. 17, daß die Vorschrift nur für das erkennende Gericht gilt, daß aber die Anklageverfügung für den zuständigen Gerichts­ herrn, in dessen Rechtsspbäre sie übergreift, keine Wirkung äußert. c) Da das erkennende Gericht seine Zuständigkeit nicht de münteln darf, so kann diese auch in höherer Instanz nicht verneint werden, RMG. 19 lui. 4. Ist wegen einer Handlung, die an sich nach Maßgabe des 3 EG. z. MStGB int Disziplinarwege geahndet werden könnte, Anklage erhoben, so darf das Militärgericht nicht deshalb sich für unzuständig erklären, weil nach seiner Ansicht nur ein leichter Fall vorliege, für den eine disziplinarifche Ahndung ausreichend gewesen wäre: das Gericht muß vielmehr in solchen Fällen in der Sache selbst erkennen. Begr. a. a. O. 5. Auf die Fälle des § 330 bezieht sich die Vorschrift des 8 329 nicht.

ttbcrlethieg zur höhere« Gerichtsbarkeit. § 330. Stellt sich nach betn Ergebnisse der Verhandlung vor einem Standgerichte die Tat als eine solche dar, welche die Zuständigkeit des Standgerichts überschreitet, so hat dasselbe

Hauptverhandlung.

e)

Urteil und Protokoll

§ 330.

656

durch Beschluß seine Unzuständigkeit auszusprechen und die Sache an die zuständige Stelle zu verweisen. Dieser Beschluß hat die Wirkung der Anklageerhebung für das weitere Ber fahren. Das gleiche gilt, wenn der Angeklagte mit Rücksicht auf seinen Rang der niederen Gerichtsbarkeit entzogen ist, oder die zu erkennende Strafe die dem Standgerichte gezogenen Grenzen überschreitet (§§ 14, 15, 16, 47 , 63).

Entw. § 315. Schrifttum: mit Bezug auf Anklage durch Mangels, Arch.

Beling, StandertchtUche UnzuständigkeitSerNLrung eine nicht rechtshängige Tat, Z. 38 483; Eckstein, daS unzuständige niedere Gericht, Heilung des 7 411.

1. Die Vorschrift entspricht im ersten Absätze den beiden ersten Absätzen de- $ 270 StPO. Im Militärstrasverfahren muß jedoch außer der Tat auch die Person des Angeklagten berücksichtigt werden. Begr. S. 146. 2. Enthält bereit- die Anklageverfügung eine die Zu­ ständigkeit der niederen Instanz überschreitende Straftat, z. B. Fahnenflucht, so ist zu unterscheiden, ob der Fehler vor oder nach Beginn der Hauptverhandlung bemerkt wird: a) Bei Feststellung vor der Hauptverhandlung kann der GerichtSherr die Anklage wegen Unzuständigkeit zurücknehmen. Bgl. S 329 Anm. 3 b. Einen anderen gleichfalls gangbaren Weg gibt Eckstein Arch. 7 411 an. b) Wird der Fehler in der Hauptverhandlung festgestellt, so erfolgt ohne weitere Verhandlung durch Beschluß UnzuständigkeitSerklärung nebst Verweisung in die höhere Instanz unter ent­ sprechender Anwendung des § 330. Ebenso Loewe § 270 Anm. 2, etwas abweichend Beling, Lehrb. S. 536. Dies mutz auch dann geschehen, wenn z. B. die als Fahnenflucht zur Anklage gestellte Tat in Wahrheit nur eine unerlaubte Entfernung darstellen sollte. Vgl. 8 328 Anm. 4 und § 314 Anm. 7 c.

656

Verfahren in erster Instanz.

8 BHO.

3. ») Ist die Anklageverfügung in Ordnung, so erfolgt, nachdem die Beweisaufnahme genügend durchgeführt ist, um eine Übersicht zu gestatten, die Hinüberleitung in die höhere Instanz durch unanfechtbaren Beschluß, der am Schlüsse der Haupt­ verhandlung zu vertünden ist, PE. 6 60 a. Für die Berweisung ist indessen die unbestimmte Möglichkeit einer schwereren Straftat nicht ausreichend, fonbern nur eine begründete Aussicht auf demnächstige Verurteilung, Loewe, § 270 Amn. 4. Bei Mehrheit der An Nage punkte hat das Standgericht die feiner Zuständig­ keit unterfallenden vorher zu ei ledigen, PE. 6 60 b, 15 14. b) Hat das Standgericht eine nicht zur Anklage gestellte Tat irrtümlich als unter die Anklage fallend erachtet und Überweisung des ganzen Verfahrens an die höhere Gerichtsbarkeit ausgefprochen, so wird dadurch nach RMG. 14 269, das sich an den Wortlaut des Gesetzes hält, die Anklageverfügung bezüglich dieser Tat ersetzt. Hiergegen mit Grund Beling Z. 28 483. 4. Daß der Berweisungsbeschluß den Erfordernissen einer Anklageverfügung (§ 254) entsprechen müsse, ist im Gesetz nicht vorgeschrieben, PE. 4 72. Die Nichtaufnahme einer diesbezüglichen Vorschrift, mie sie 8 270 StPO. — dem § 330 nachgebildet ist — bezüglich des im bürgerlichen Verfahren ergehenden Beschlusses enthält, kann nur als beabsichtigtes Abstaudnehmen von jener Forderung gedeutet werden. A. M. Koppmann Amn. 7, l. Der Beschluß ersetzt auch die Anklageverfügung nicht, sondern ergänzt sie, so daß vor betn höheren Gericht beide zu verlesen sind. Das höhere Gericht hat sich der Verhandlung und Entscheidung auch dann zu unterziehen, wenn der Beschluß des Standgerichts weder sachlich noch seiner Form nach dem Gesetze entspricht, PE. 4 72. Eine ausdrückliche Verweisung insbesondere ist nicht un* bedingt erforderlich. RMG. 10 98. Die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Haupt­ verhandlung dürfte, obwohl sie nicht wie in § 270 Abs. 4 StPO, ausdrücklich zugelassen ist, zulässig sein. 6. Zu Abs. 2 vgl. § 259 Abs. 2.

Hauptverhandlung. e) Urteil und Protololl. § 331.

657

Protokoll.

§ 331. Über die Hauptverhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen, welches außer von dem Vorsitzenden und dem Äerichtsschreiber auch von dem die Verhandlung Führenden 311 unterschreiben ist. Entw. § 316. Schrifttum: Beling, Berichtigung des SttzungSprotokolls, 3- 38 632. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 271 StPO. 2. DaS Protokoll ist tunlichst sofort in der Hauptverhand­ lung aufzunehmen, RMG. 9 134. Eine etwa fehlende Unter­ schrift kann auch nach Einlegung der Revision, selbst nach Rüge des Mangels, nachgeholt werden, RMG. 15 281. Bei Erstreckung auf mehrere Tage genügt ein einheitliches Protokoll, RG. 30 205. PE. 5 52 will dem nicht entgegentreten. 3. Bei Behinderung einer Urkundsperson genügt Unter­ schrift der übrigen unter entsprechendem Bernrerk, PS. 5 52 a; RMG. 15 281. In der Begründung (S. 146) heißt e- zu diesem Punkte: „Eine Anordnung für den BehinderungSsall einer der drei Personen erschien entbehrlich, und zwar um so mehr, als die bürger­ liche StPO, im 2. Absätze des § 271 ,im Falle der Verhinderung des Amtsrichter-' schon die Unterschrift des Gerichtsfchreibers für ausreichend erachtet." 4. Die Beweiskraft des Protokolls beruht auf der überein­ stimmenden Beurkundung der Urkundspersonen, RMG. 10 185. Meinungsverschiedenheiten sind im Protokoll zum Ausdruck zu bringen und hindern eine beweiskräftige Beurkundung des frag­ lichen Vorgangs, RG. 20 425. 5. Richtigstellung des Protokolls ist grundsätzlich, und zwar jederzeit zulässig. SS sind drei Fälle zu unterscheiden: a) Solange das Protokoll von keiner Urkundsperson unterschrieben ist, sind Verbesserungen und Zusätze an sich zulässig. Sie können aber je nach ihrer Art Bedenken erwecken, ob sie auch durch die sämtlichen Unterschriften gedeckt werden, und sind »Omen-«lUom, MStGL., 2. tfuft.

42

658

Bewahren in erster Instanz. § 331.

insoweit von allen drei Urkundspersonen besonders zu unter» zeichnen, RMG. 10, 185; PE. 3 45. Namentlich gilt dies von Randbemerkungen, RMG. 6 230. Durchstrichenes wird durch das Protokoll nicht mehr erwiesen, RMG. 10 11. Im übrigen be­ urteilt das damit befaßte Gericht, wieweit die Beweiskraft des Protokolls durch äußere Mängel, wie Rasuren und Hineinschreiben, beeinträchtigt wird, RG. 27 169; Loewe 8 271 Anm. 6. Fehlende Unterschriften sind, auch noch nach Rüge, nach­ zuholen, RG. 13 351.

b) Ist das Protokoll bereits von einem Teil der Urkunds­ personen unterschrieben, so muß erkennbar sein, daß die Anbei ung oder der Zusatz auch von den Personen, welche bereits unter­ schrieben hatten, als zutreffend anerkannt ist. RG. 1 242, 20 425, 22 244; Loewe § 271 Anm. 3 u. 5. Dies gilt namentlich, wenn der Berhandlungsführer eigenhändige Zusätze zu dem bereits Dom Gerichtsschreiber unterschriebenen Protokoll macht, PE. 3 45. c) Nachträgliche Berichtigungen des abgeschlossenen, d. h. von sämtlichen Urkundspersonen bereits unterschriebenen Protokolls, sind zulässig, weil das Protokoll \a gerade den Beweis der Wahrheit bezweckt. Die Berichtigung erfolgt auf An­ trag eines Prozeßdeteiligten oder auch von Amts wegen. Sie ist auch noch nach erfolgter Rüge zulässig, und zwar sowohl dann, wenn der berichtigte Inhalt die Prozeßrüge bestätigt, als auch dann, wenn er ihr den Boden entzieht. So mit Recht, RMG. 9 35, 15 281, 289, 17 151. Abweichend das RG., namentlich im Plenarbefchl. 43 1 für den zweiten Fall, daß eine auf das Protokoll gestützte Prozeßrüge durch die Änderung widerlegt werden soll. Gegen das RG. namentlich Beling, Z. 38 032. Die Berichtigung muß aber, sei es im Protokoll selbst, sei es in einem Nachttag, RMG. 10 11, als nachträgliche Änderung kenntlich gemacht, PE. 1 55 und von allen Urkundspersonen unterschrieben werden, RMG. 6 230, 9 35, 10 11, 185, 15 281: PE. 1 55, 2 123, 3 45, 6 61; Loewe § 371 Anm. 5. Im Falle einer Verhinderung der Urkundspersonen dürfte allerdings wohl die Unterschrift der übrigen unter Angabe der Berhindermrg genügen.

Hauptverhandlung, e) Urteil und Protowll. § SSL.

669

Die Herbeiführung der Berichtigung ist Pflicht der UrkundePersonen. RMG. 9 36. Widerruft nach bereit- abgeschlossenem Protokoll eine Urkund-person ihre Beurkundung, so dürfte damit an der formalen RechtSbeständigkeit des Protokolls nichts geändert werden. Vgl. Loewe § 274 Anm. 3 b und RMG. 9 35. 6. Die Prozeßbeteiligten können Einsicht in das fertige Protokoll und gegebenenfalls nachträgllche Berichtigung verlangen, RM«. II 4. 7. über Anfechtung und Nachprüfung deS Protokolls f. § 335.

«ll-e«etrrer Inhalt bei Protokolls. § 332. Das Protokoll über die Hauptverhandlung enthält: 1. den Ort und den Tag der Verhandlung ; 2. die Namen der Mitglieder des Gerichts, des Vertreters der Anklage, des Gerichtsschreibers und des etwa zu­ gezogenen Dolmetschers; 8. die Bezeichnung der strafbaren Handlung nach der An­ klage; 4. die Namen der Angeklagten und ihrer Verteidiger; 5. die Namen der vernommenen Zeugen und Sachver­ ständigen und den Vermerk über die stattgehabten Beeidiguirgen; ü. die Angabe, daß öffentlich verhandelt oder die Öffent­ lichkeit ausgeschlossen ist.

Entw. § 317. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 272 StPO. !. Zu Ziff. 2. Der Dolmetscher wird hier als Organ deGerichts genannt. Bgl. RMG. I. Sen. v. 10. 7. 17. I. Zu Ziff. 6. Rach § 285 ist auch der Grund der AuSfchlirßung der Öffentlichkeit anzugeben. Ebenso muß daS Protokoll auch ergeben, in welcher Form über den Ausschluß der Offent42*

660

Verfahren in erster Instanz.

§ 333.

lichtest verhandelt ist. RMG. 10 92. Dagegen verlangt diese Entscheidung nicht, daß die Art und Weise des Vollzugs des AnsschließungsbeschlusseS mitgeteilt wird. Vgl. RG. 10 93. 4. Darüber, inwieweit der Inhalt der Erklärungen der Prozeßbeteiligten in das Protokoll aufzunehmen ist, s. § 333.

Besonderer Inhalt deS Protokolls.

§ 333. Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beobachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Schriftstücke, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Ent scheidungen und die Urteilsformel enthalten. Von dem Inhalte der Erklärungen des Vertreters der Anklage, des Angeklagten und Verteidigers, der Zeugen und der Sachverständigen wird nur das Wesentliche in das Protokoll aufgenommen. Insoweit diese Personen bereits im Ermitte lungsverfahren vernommen umreit, ist in dem Protokolle nur zu vermerken, ob und inwiefern ihre Erklärungen etwa von den früheren Aussagen in erheblichen Punkten abweichen. Kommt es auf die Feststellung eines Vorganges in der Hairptverhandlnng oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der die Verhandlung führende Richter die vollständige Niederschreibung und Verlesung an­ zuordnen. In dem Protokoll ist zu bemerken, daß die Ver­ lesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist, oder welche Einwendungen erhoben sind. Evtw. § 31$. 1. Die Vorschrift entspricht dem § 273 StPO-, weicht jedoch von diesem darin ab, daß nicht nur in einzelnen bestimmten, sondern in allen Fällen außer der Wiedergabe des Ganges und der Ergebnisse der Hauptverhandlung auch der wesentliche Inhalt

Hauptverhandlung. e) Urteil und Protokoll. § 333.

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der Erklärungen des Vertreters der Anklage, deS Angeklagten und Verteidigers, der Zeugen und der Sachverständigen in das Protokoll aufzunehmen ist, letztere jedoch nur, soweit sie nicht schon aus den Protokollen des Ermittelungsverfahrens sich ergeben. Begr. S. 146. 2. Zweck des Protokolls ist, namentlich der oberen Instanz, die Prüfung zu ermöglichen, ob in gesetzmäßiger Weife verfahren ist, also die Beobachtung der wesentlichen Förmlichkeiten nachzuweisen, § 335; ferner aber auch, unbeschadet der für das Urteil als solches maßgebenden tatsächlichen Feststellungen der Urteilsgründe überhaupt das gesprochene Wort für später etwa erforderliche Rückgriffe, z. B. Verlesungen, festzuhalten. Unter „Gang- der Hauptverhandlung ist die Aufzählung der Vorkommnisse, z. B. auch der Unterbrechungen, zu verstehen, PE. 1 4L, unter den „Ergebnissen- der Inhalt der Vorkomm­ nisse. (Die Auslegung deS § 273 StPO, ist hier nicht ohne weiteres übertragbar, vgl. Loewe § 273 Anm. 1, Koppmann Anm. 2.) Die Aufnahme einer Erklärung, eines Beschlusses, einer dem Augenschein entsprechenden Zeichnung als Anlage, unter Siche­ rung der Identität und ausdrücklichem Hinweis im eigentlichen Protokoll, ist nicht verboten. RG. 2 34; Koppmann Anm. 6. 3. „Wesentliche Förmlichkeiten" sind alle Umstände uud Ereignisse, welche für die Rechtsbeständigkeit des Verfahrens oder einzelner Akte, z. B. des Urteils oder einer Rechtsmittelerklärung (RMG. 1 123) von Bedeutung fein können. RMG. 1 72. Dahin gehören u. a.: Beeidigung der nichtständigen Richter, PE. 9 2: Belehrung über das Zeugnis- und Eidesverweigerung-recht und die auf beide Belehrungen abgegebene Erklärung, PE. 6 28; vorläufige Aussetzung der Beeidigung seitens des Berhandlungsführers und spätere Nachholung der Beeidigung, PE. 1 29; Anhörung der Prozeßbeteiligten vor Entlassung eines Zeugen, PE. 6 89; Hinweis auf die Veränderung des rechtlichen GesichtsounkteS, PS. 1 102; Beweisanträge, RMG. 4 172; Vermerk, daß ein bestimmter Gegenstand dem Gericht vorgelegen hat, RMG14 140.

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Verfahren in erster Instanz

§ 333.

Kür die Feststellung, ob die wesentlichen Förmlichkeiten beobachtet sind, ist das Protokoll maßgebend, nicht die Urteilsgründe. RGRspr. 9 380. S. auch § 335. Das Protokoll muß die Zuziehung des Dolmetschers zur Hauptverhandlung und dessen Beeidigung ergeben. Zur Wieder­ gabe, wie er im einzelnen tätig geworden, ist das Protokoll nicht bestimmt, RMG. 19 258. Gleiches gilt für die Beurkundung der Art und Weise der Belehrung aus § 318 RMG. 20 195 und für den Inhalt der Berichterstattung in der Berufungsinstanz, RMG. 18 89. 4. a) Gang und Ergebnisse sind im wesentlichen wieder-ugeben. Bezugnahme auf frühere Aussagen ist nach dem Gesetz zulässig. Sie muß aber, wenigstens wenn sie eine Grundlage für Verlesung dieser Aussagen in der -weilen Instanz geben soll, er kennen lassen, daß der Zeuge oder Sachverständige die Aussage wiederhoU hat, oder welche Abweichungen eirrtraten. Ein Ver­ merk, daß die Aussage int wesentlichen wiederholt sei, genügt dieser Forderung nicht, da sie nicht erlernten läßt, welche Ab weichungen vorgekommen sind, RMG. 19 48. Darüber, ob bestimmte Vorgänge, etwa ein Augenschein, de sonders ausführlich zu beurkunden sind, entscheidet die nodi zur Prozeßleitung gehörige Anordnung des Berhandlungsführers Auch die Fassung (abgesehen vom Sachinhalt) zu bestimmen, gehört noch mit zur Prozeßleitung. b) Bei Meinungsverschiedenheiten unter den Urluttbe Personen darüber, ob eine Tatsache, über die an sich kein Streit herrscht, noch zum Wesentlichen des Ganges und der Ergebnissober der Vernehmungen (Albs. 2) gehört, gebührt der vollständigeren Fassung der Vorzug, da die Urkundspersonen ein gemeinsame gültiges Protokoll zustande bringen sollen, und Überflüssiges nicht schadet. c) Hn der ft®. II v. 28. 12. 99, bett. das kriegsrechtliche Bei fahren gegen Ausländer, fehlt eine Vorschrift über die Aufnahme des wesentlichen Inhalts der Aussagen, RMG. 19 128. d) Bei Augenscheinseinnahmen braucht nach RMG. S 117 lediglich die Tatsache des erfolgten Augenscheins festgestellt zu

Hauptverhandlung. e) Urteil und Protokoll. § 333.

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werden. § 222 bezieht sich nur aus daS Ermittelungsverfahren. Der BerhandlungSführer tonn aber die Aufnahme von Zeichnungen oder sonstigen Feststellungen anordnen. 5. a) Die Verlesung der Schriftstücke ist für jede verlesene Urkunde zu bezeugen, PE. 1 102. Vermerk, daß die Schriftstücke vorlagen, genügt nicht. Vorhalte und Feststellungen auSchriftstücken sind mit der nach § 303 durch Verlesung stattfindenden Beweisaufnahme nicht zu verwechseln. b) Anträge können vom Vettreter der Anklage, PE. 5 53, dem Angeklagten oder seinem Verteidiger gestellt werden, z. B. auf Ausschluß der Öffentlichkeit, PE. 3 104. Bei BeweisantrLgen sind der Beweissah und das Beweismittel anzuführen, RG. 1 32. c) Die Begründung der Beschlüsse (vgl. § 136) ist mit aufzunehmen, PE. 5 53; RMS. 5 52. Die Verkündung ist fest­ zustellen, ohne daß jedoch der Gebrauch gerade dieses Worte- nötig wäre, RSRfpr. 2 204. d) Die Urteil-formel — über deren Fassung § 327 Anm. 2 zu vergleichen — ist wörtlich, wie verkündet, in das Protokoll auf­ zunehmen. Uber Heilung der unrichttgen Verkündung vgl. § 327 Anm. 4 b, über Unabänderlichkeit des verkündeten Beschlusse- vgl. § 327 Anm. 4 b, über Berichtigung der falschen Beurkundung vgl. § 331 Anm. 5. Die Formel muß in Protokoll und Urteil-urkunde (§ 336) übereinstimmen, PE. 4 69 a. Bei Abweichungen geht daProtokoll vor, PE. 4 69 a; RMS. v. 26. 3. 17. übrigen- kann auch die Utteilsurkunde nachträglich geändett werden. Die Aufnahme der Urteilsgründe in das Protokoll ist zu­ lässig, aber nicht geboten, PE. 4 74. 6. Zu Abs. 2. Me abgegebenen Erklärungen sind zweck­ mäßig in diretter Rede anzuführen, PE. 2, 57. Der Ausdruck „im wesentlichen" oder ein ähnlicher ist zu vermeiden, PE. 1 103, da er nicht erkennen läßt, was tatsächlich gesagt ist. Völlige Abstandnahme von der Niederschrift ist unzulässig, PE. 4 74 Vgl. aucb Anm. 4.

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Verfahren in erster Instanz.

§§ 334, 335.

Der Vermerk- „Zeuge wiederholt seine Aussage aus brm Ermittelungsverfahren" ist in PE. 4 125 für ausreichend erachtet. 7.

Zn Abs. 3.

Die Frage, ob Vorgänge vollständig nieder­

zuschreiben und zu verlesen sind, unterließt, vorbehaltlich des § 331, allein dem Ermessen des Perhandlungsführers, RMG. 1 155: RG. 5 352, 28 394.

Feststellungen Im Protokoll.

§ 334* Erfolgt die Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten nach Ansicht eines bei der Verhandlung Be­ teiligten in mangelhafter oder ungenügender Weise, so ist dieser berechtigt, die Feststellung des Vorganges und dessen Aufnahme in das Protokoll *u verlangen.

Entw. § 319. 1.

Die bürgerliche Strafprozeßordnung enthält eine gleiche

ausdrückliche Vorschrift nicht.

Vgl. Loewe § 273 Anm. 6.

2. Zweck der Vorschrift ist namentlich die Sicherung der Feststellung etwaiger prozessualer Verstöße für die Begründung der Revision. 3. Die Vorschrift ist entsprechend auch auf Protokolle außerhalb der Hauptverhandlung anwendbar, RMG. 9 35. 4. Zu den „bei der Verhandlung Beteiligten", die unter den Voraussetzungen des § 331 berechtigt sind, die Feststellung eines Vorganges und dessen Aufnahme in das Protokoll zu verlangen, gehören außer dem Vertreter der Anklage, dem Angetlagten und dem Verteidiger auch die Zeugen, Sachverständigen und Dol­ metscher. So auch Herz-Ernst. 5. Wird das Verlangen nach Festsetzung des Vorgangs und Aufnahme in das Protokoll von zuständiger Seite, s. Anm. 4, gestellt, so muß der Verhandlungsführer ihm stattgeben. Ablehnung des Verlangens würde u. U. Revision begründen.

Beweiskraft des Protokolls.

§ 335* Tie Beobachtung der für die Hauptverhandluug vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll

Hauptverhandlung. e) Urteil und Protokoll. § 335.

665

bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt desselben ist der Nachweis der Unrichtigkeit zulässig. Entic. § 320. Schrifttum: ©erlaub, Protokollrüge, Gerichtssaal 69 300; Weihte, desgl., Z. 24 270 u. Z. 38 636; Ditzen, Berichtigung des SitzungSprotokollS nach Revisionsrüge, Arch. 1 227; Rissom, Sitzungsprotokoll, Arch. 2 458; Ditzen, Uber die Beweiskraft von Protokollberichtigungen, Arch. 4 221. 1. Die Vorschrift entspricht betn § 274 StPO-, läßt aber, abweichend von diesem, nicht bloß den Nachweis der „Fälschung", sondern schon den der „Unrichtigkeit" zu. Nach dem Entwurf war auch nur der Nachweis der „Fälschung" zulässig. Die Fassung de- Gesetzes beruht auf einem Beschlusse des Reichstage- in dritter Lesung. S. StenBer. d. Reichst. S. 8181. 8. b) Unter den „vorgeschriebenen Förmlichkeiten" sind nicht nur die im § 333 Abs. 1 besonders hervorgehobenen „wesent­ lichen" zu verstehen, sondern alle Vorgänge, die nach gesetzlicher Vorschrift, in-be,andere nach §§ 332, 333 der Feststellung im Protokoll bedürfen. b) Die Vorgänge bei der Beratung werden durch das Proto­ koll nicht nachgewiesen. Etwaige vermerke Über sie sind als amt­ liche Zeugnisse frei zu prüfen, RMG. 20 203. o) Außerhalb der Hauptverhandlung liegende pro­ zessuale Vorgänge, -. B. einen früher geleisteten Eid, auf den der Zeuge sich beruft, beweist das Protokoll nicht. DaS RevisionSgericht hat diese frei zu prüfen und festzustellen, RMG. 18 104. DaS SitzungSprotokoll liefert insbesondere keinen Beweis für die erforderlichen persönlichen Eigenschaften der als Richter, Gerichts­ schreiber usw. teilnehmenden Personen, RMG. I. Sen. v. 12.1.17. vgl. aber RMG. 19 294, 20 84. 3. Die bei der Verhandlung Beteiligten töuitcn wahrend der Verhandlung zur Sicherung des Beweises Aufnahme eines Vorganges ins Protokoll beantragen, g 334, aber auch

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Verfahren in erster Instanz.

§ 335.

später jederzeit Berichtigung verlangen, $ 381 Älnrm. 5 RMG. 9 35, 10 11, 11 4. 4. Das Protokoll beweist seinen die vorgeschriebene,l Förmlichkeiten betreffenden Inhalt positiv als ge­ schehen und negativ seinen Inhalt dahin, daß andere , die vorgeschriebenen Förmlichkeiten betreffende Porgtänge nicht geschehensind. RMG. 3 252, 288, 4 172; Beling Z. 270. Offenbare Schreibfehler und dergleichen bleiben allerdings von diesem Grundsatz ausgeschlossen, RMG. 14 262. Das Protwkvll geht hinsichtlich der Förmlichkeiten den Urteilsgründen vor, kaun auch durch letztere nicht ergänzt werden, RMG. 4 172, 6 211, 7 38. S. auch § 333 Anm. 3. Soweit das Sitzungsprotokoll nicht formell beweiskräftig ist. bindet es das Revisionsgericht nicht, RMG. 20 195. Indessen be steht grundsätzlich kein Bedenken, auch diesen Inhalt des Protokolls als richtig anzusehen. 21,ich können aus dem Pflichtinhalt des Protokolls Schlüsse auf den ordnungsmäßigen Verlauf der Prozeß Handlungen, welche das Protokoll nicht zu bekunden braucht, ge­ zogen werden. So begründet nach RMG. 19 258 der Vermerk über die Zuziehung eines Dolmetschers die Vermutung, daß er bei den hinter diesem Vermerk liegenden Berhandlungsakten dem Gesetz entsprechend mitgewirkt hat. überhaupt gilt insoweit die Ver mutung der Ordnungsmäßigreit des Verfahrens, RMG. 18 89. Bedenklich RMG. 20 195, das die Bemängelung der Art der Be­ lehrung nach § 318, zu deren Nachweis das Protokoll gar licht bestimmt ist, zur Aufhebung genügen läßt, ohne durch Nachforsckung festzustellen, wie denn tatsächlich die Belehrung, daß die 8erurteilung „auch aus § 49 StGB- erfolgen könne", zur Ausführung gelangte. 5. Für die Ergebnisse der Beweisaufnahme ist das Urteil, soweit dessen Anfechtbarkeit in Frage kommt, maßgeb-nd, RMG. 6 210: PE. 7 14. Die Gründe des Urteils dürfen indessen nicht mit der 6egründung des einen Beweisantrag ablehnenden Beschlusses oeS Protokolls in Widerspruch stehen, RMG. 12 80.

Hauptvcrhandlung. e) Urteil und Protokoll

§ 336.

667

6. a) Der Sinn des Wortes „Nachweis" der Unrichtigkeit ist Areitig. Das RMG. 8 288, 7 38,148,10 11,14 224, 261,19 163, 29411*6 sonst noch oft verlangt, wenigstens für die Revision-instanz, besondere Anfechtung der Richtigkeit des Protokolls seitens eineder Prozeßbeteiligten, wohl auch grundsätzlich Beweisantritt in dieser Richtung, vgl. Herz-Ernst Anm. 6 a. Ob die Aufstellung von Behauptungen, die sich mit bem Inhalt des Protokolls nicht vereinigen lassen, namentlich wenn Beweisantritt erfolgte, das Gericht verpflichtet, durch Befragen festzu­ stellen, ob damit da- Protokoll angefochten fein soll, hat daS RMG. noch nicht erörtert. Rach «eling, Z. 24 270, 38 636 und Gerlaiw, Gerichtssaal 69 300—304, handelt eS sich lediglich um eine sachliche Beweisregel, dahin gehend, daß das Gericht den Inhalt des Protokolls solange als erwiesen anzusehen hat, bis es die Überzeugung der Unrichtigkeit gewinnt. Hiernach beginne die Prüfungspflicht des Gerichts dann, wenn bestimmte Tatsachen sich aus den Akten ergeben oder behauptet werden, § 408, mindestens aber dann, wenn solche Tatsachen unter Beweis gestellt werden, welche mit dem Anhalt des ProtokoNs in Widerspruch stehen. Eine besondere An­ fechtung des Protokolls könne nicht verlangt werden. b) Andererseits geht das RMG. doch nicht soweit, die An­ fechtung deS Sitzung-protokolls an Fristen, etwa an die Revisionsfrist oder an die Vernehmung nach g 404, zu binden. Vielmehr gestattet es die Anfechtung bis zum Erlaß des Revisionsurteils, RMG. 17 161. o) Wird das Protokoll, sei eS von Amts wegen, sei eS auf An­ trag, berichtigt, worüber § 331 zu vergleichen, so kommt der Nachweis der Unrichtigkeit der früheren Fassung natürlich nicht mehr in Frage.

tlrtetWmrtmibe* § 33ße Das Urteil mit den Gründen soll binnen drei Tagen nach der Verkündung zu den Alten gebracht werden, falls es nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden ist.

008

Verfahren in erster Instanz.

§ 336.

Es ist von den Richtern, welche bei der Entscheidung mit* gewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden oder bei dessen Ver­ hinderung von dem ältesten beisitzenden Offizier unter dem Urteile vermerkt. Die Bezeichnung des Tages der Sitzung, sowie die Namen der Richter, des Vertreters der Anklage und des Gerichts schreibers, welche an der Sitzung teilgenommen haben, sind in das Urteil aufzunehmen. Die Ausfertigungen und Auszüge der Urteile sind bei den Standgerichten vom Vorsitzenden, bei den Kriegsgerichten von dem Kriegsgerichtsrate, der die Verhandlung geführt hat, zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen. Entw. § 321. Schrifttum: Jordan, Darf der Anklagevertreter das Urteil ab­ fassen? Arch. 1 290; Dieh, Urteil, Abfassen des —. 1. Die Vorschrift entspricht im wesentlichen dem § 275 StPO. 2. Die Bestimmung, daß das Urteil mit den Gründen binnen drei Tagen nach der Verkündung zu den Akten gebracht werden soll, ist Sollvorschrift, da an die Nichtinnehaltung dieser Frist Rechtsnachteile nicht geknüpft sind. Durch diese Bestimmung soll für die gewöhnlichen Fälle auf eine möglichst rasche Absetzung der Urteile hingewirkt werden: sie bietet überdies im Falle von Ver­ schleppungen der Aufsichtsbehörde eine gesetzliche Unterlage -um Einschreiten gegen den Säumigen. Begr. S. 117. Die Hauptteile des Urteils find die Urteilsformel, §§ 314,327 Anm. 2, und die Gründe, § 326. 3. Die Urteilsformel enthält den entscheidenden Seil des Urteils. a) Bei Widerspruch zwischen beschlossener und bertilnbeter Urteilsformel ist eine gültige Verkündung nicht er­ folgt. Es muß daher enteilte Verkündung und, wenn diese nicht

Hauptverhandlung, e) Urteil und Protokoll. § 336.

669

binnen vier Tagen nach § 276 erfolgen tonn, Erneuerung der ganzen Hauptverhandlung stattfinden. Vgl. dazu RMG. 8 238; Ditzen, Arch. f. Strafe. 52 369; Gerland, Gerichtssaal 69 334; Beking, Lehrb. 283, 293, 295, 404; Zeitschr. s. d. gef. Twele, Telegraphische Weiterübermittlung der Rechts«ittelerNLrung, Arch. 5 424; Wolfshügel, Bevollmächtigung des Verteidigers zur Einlegung von Rechtsmittelanschlutzerklärung, Arch. 7 314. 1. § 369 trifft Bestimmung darüber, in welcher Weise seitens des Beschuldigten die aus die Einlegung oder Zurücknahme von Rechtsmitteln bezüglichen Erklärungen zu erfolgen haben. Teilweise haben die §§ 341 und 339 StPO, als Borbild gedient. Im Falle der Zurückweisung eines Ablehnungsgesuches durch einen Serichtsoffizier oder ttriegsgerichtsrat (§ 130 Abs. 4, g 132 Abs. 1) ist die Erklärung wegen Einlegung oder Zurücknahme der Rechtsbeschwerde bei dem Gerichtsherrn anzubringen, welchem die Entscheidung zusteht, in allen anderen Fällen sind die bezüglichen Erklärungen bei dem Gerichtsherrn anzubringen, welcher die angefochtene Verfügung erlassen oder herbeigeführt oder daS Gericht berufen hat, dessen Entscheidung angefochten wird. In betreff der Art und Weise, wie die Erklärungen abzugebci» sind, treffen Abs. 2 und 3 Bestimmung. Begr. S. 168. 2. a) Rur bei dem Gerichts Herrn sind die Erklärungen an­ zubringen, nicht bei dem erkennenden Gericht, insbesondere auch nicht zu Protokoll des Gerichtsschreibers. Näheres s. Anm. 6. Gemeint ist der Gerichtsherr der Instanz. Bei Ersuchen um Aburteilung nach § 262 ist jeder der beiden beteiligten Gerichts­ herrn zuständig, RMG. 1 173, 4 187; PE. 4 84. über den Einspruch gegen eine Strafverfügung und den Verzicht auf Ei»»spruch vgl. § 351 Abs. 2 und § 352 Anm. 2. b) Die Einlegung, die Zurücknahme des Rechtsmittels unb der Verzicht auf dieses bedürfen der gleichen Form, vgl. RMG. 15 213 über das Verhältnis zu § 382. o) An die Einlegung eines Rechtsmittels kann dessen Be­ gründung gleich angeschlossen werden. Vgl. § 382, 404, RMG. 17 45.

732

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 369.

d) Da § 369 nur vom Beschuldigten spricht, sind für die Rechtsbeschwerde dritter Personen, B. des Verletzten nach § 247, keine Vorschriften gegeben, RMG. 2 19. Gleiches gilt für den Antrag aus gerichtliche Entscheidung nach § 247, RMG. 20 265. Die Anbringung der Rechtsbeschwerde kann danach in Ermangelung besonderer Vorschriften sowohl bei der Stelle, welche die angefochtene Verfügung erließ, als auch bei der jiiv Entscheidung berufenen Stelle erfolgen, RMG. 2 19, während der Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen der Frist dem Reichsmilitärgericht nach § 247 Abs. 3 zugehen muß, RMG. 20 265. Auch die Form dieser Rechtsbehelfe dritter Personen richtet sich nicht nach § 369, sondern nach den allgemeinen Regeln für prozessuale Willenserklärungen außerhalb der Hauptvcrhandlung. Es gilt also in erster Linie gewöhnliche Schriftform. Gleiche Form gilt nach § 441 für den Antrag auf Wiedereinsetzung. Rechtsbehelfe dritter Personen können durch einen mit Voll­ macht versehenen Vertreter eingelegt werden. Der Abs. 5 findet nicht auf sie, wohl aber auf den Antrag auf Wiedereinsetzung An­ wendung. 3. a) Bor Erlaß einer Entscheidung ist die Anbringung eines Rechtsmittels nicht zulässig. Vgl. § 363 Anm. Io und § 368 Anm. 3 K Uber die Abhängigkeit des Erlasses einer Entscheidung von ihrer Zustellung und den hiernach an die Zustellung oelitüpftcu Beginn der Zulässigkeit des Rechtsmittels vgl. §§ 363 Anm. lc und 247 Anm. 8. über den Beginn der Zulässigkeit der Berzichterklärung s. § 371. b) Bedingte Erklärungen sind unwirksam, RMG. 4 37, 131, 9 23. Vgl. § 368 Anm. 3 b. c) Irrtum im Beweggründe ist unbeachtlich, hindert also die Gültigkeit der Erklärung nicht, RMG. 2 289, 8 210, sofern jener nicht in den Inhalt der Erklärung übergreift, RMG- 3 46. Falsche Belehrung, -. B., daß die Erklärung sofort ab« zugeben sei, kann die Wirksamkeit der Erklärung aufbeben oder auch den wahren Sinn der Erklärung verdecken, RMG. 16 266.

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 369.

733

Irrtum über den Gegenstand der Erklärung, z. B. über den Anhalt deS Urteils oder einer gestellten Frage bei Verzichterklärung, kann die Nichtigkeit der Erklärung begründen. Näheres bei § 37L

d) Zwang -ur Abgabe einer Erklärung begründet zwar grundsätzlich keine Nichtigkeit der, wenn auch unter dem Druck, gewolUen Erklärung. Indessen wird nach der Rechtsübung des RMG. der in der Hauptverhandlung durch Zureden deS Berhandlungsleiters herbeigeführte Verzicht auf Rechtsmittel als ungültig behandelt. RMG. 12 84, vgl. auch RMG. 1 49; PE. 1 66, 2 56b, 8 20. Mißbrauch der Dtenstgewalt einer der -ur Aufnahme der Rechtsmittelerklärung nach Abs. 2 und 3 berufenen Personen, durch welche der Angeklagte beeinflußt ist, würde dem Zureden des Berhandlungsleiters gleichzustellen sein. Auf gleichem Boden dürfte RMG. 13 31 stehen. Vgl. auch § 371. e) Uber die Auslegung von Erklärungen, auch in der Revisionsinstanz, vgl. §§ 368 Anm. 3e, 380, 382. DaS fortdauernde Bestreiten der Schuld kann einen Finger­ zeig dafür geben, daß der Angeklagte trotz scheinbar abweichenden Wortlauts nicht nur die Straf-, sondern auch die Schuldfrage an­ fechten wollte, namentlich dann, wenn er über den Unterschied von Schuld- und Straffrage unrichtig belehrt wurde, RMG. 16 266; Rissom, Arch. 3 223. 4. Zu Abs. 2. Zur Anbringung der Erklärungen deS Be­ schuldigten sind zwei Hauptformen vorgesehen, schriftliche Einreichung und mündliche Abgabe zu Protokoll. Für die erstere Hauptform gilt folgendes: a) Die schriftliche Erklärung ist an keine bestimmte Form gebunden und erfordert zu ihrer Rechtswirksamkeit nur, daß aus dem Schriftstück die Identität deS Erklärenden mit dem Beschul­ digten und seine Absicht, ein Rechtsmittel einzulegen oder zurück­ zunehmen (PT. 8 21) bedenkenfrei hervorgeht. RMG. 6 90, 12 8. Ein unterschriebenes Protokoll kann zugleich als schriftliche Erklärung in Betracht kommen. Ist es von einer unzuständigen Person aufgenommen, so wird die Frist erst durch Eingang beim

784

Ordentliche Rechtsmittel.

S

Gericht-Herrn gewahrt. RMG. 12 8. Im übrigen ist e- nicht uit* bedingt erforderlich, daß der Einsender einer schriftlichen Rechtsmittelertlärung diese selbst abgefaßt und unterzeichnet hat, sofern nur die Identität des Erklärenden mit dem Beschuldigten und seine Absicht, die Erklärung abzugeben, unzweifelhaft ersichtlich ist. RMG. 6 90. Telegramm ist Schriftform. PE. 5 60 läßt die Absendung eine- Telegramm- durch den Truppenteil genügen, fall- die vor­ zunehmende Prüfung ergibt, daß die Absendung auf dem Willen des Beschuldigten beruht. (Vgl. auch RMG. 6 90.) Gegen diese Zulassung einer Stellvertretung in der Erklärung Ditzen, Arch. f. Straft. 53 57; eingehend Löwe, Vordem, zu Buch 1 Anm. 9. Die schriftliche Rechtsmittelerklärung muß nach § 115 in deut scher Sprache abgefaßt sein. RMG. 2057. Der deutschen Sprache nicht mächtige Personen sind dahin zu belehren, RMG. 20 57 Die Übersetzung einer in nichtdcutscher Sprache abgefaßten Rechts Mittelerklärung des der deutschen Sprache nicht mächtigen An geklagten muß, um rechtliche Wirkung zu äußern, ebenso wie ihre Vorlage an das zuständige Gericht, auf den Willen de- Angeklagten zurückzuführen sein. Ausdrückliche Auftragserteilung ist hierzu nickt erforderlich. Dem Gericht muß aber Gewähr für Richtigkeit der Übersetzung und deren Herkunft geboten sein, RMG. 20 299. b) Die schriftliche Erklärung, die auch Verhafteten offen steht, PE. 6 67, braucht nicht den Dienstweg inne zu halten. RMG. 1 203, 6 44. ES ist auch nicht als Absicht der Dtenstvorschrtften anzusehen, dies vorzuschreiben, Gerland, Srit. VJSchr 45 571—573. Die Erklärung muß, wenn auch auf Umwegen, etwa infolge falscher Adresse, mit dem Willen des Angeklagten an den Gericht-herrn gelangt sein. RMG. 1 183, 247, 4 218, 17 77 Rachricht, daß sie unterwegs fei, genügt nicht. PE. 4 83a: RMG 9 60. Jede Dienststelle, welche sie erhält, hat sie dem Gerichts Herrn unmittelbar zuzusenden. Eine Dienstpflicht dazu besteht nach RMG. 12 196 allerdings nicht. I o) Die schriftliche Erklärung ist beim Gericht-Herrn „t).

737

der mündlichen Abgabe durch den Ertlärenden gegenüber der gegenwärtigen, die Erklärung vornehmenden Empfangs­ person l Verständigung durch Fernsprecher erscheint hierbei nicht ausgeschlossen, sofern Feststellung der Identität des Erklärenden gesichert ist), und aus der Beurkundung dieser Erklärung. Beides zusammen vollendet erst die Prozeßhandlung, RMG. 1 83. Daraus folgt: Die ErNärung wird rechtswirksam mit dem Abschluß deS Protokolls durch die Unterschrift der Urkundsperson. Erfolgt in­ zwischen ein Widerruf, so kommt eine rechtsgültige ErNärung nicht zustande, RMG. (1. Sen.) v. 6. 7. 17. d) Unter Protokoll im Sinne dieser Vorschrift ist eine schrift­ liche Aufzeichnung zu verstehen, in welcher der Gericht-offizier usw. amtlich beurkundet und durch seine Unterschrift, PE. 2 61, bestätigt, daß eine Person vor ihm erschienen ist und mündlich eine Erklärung abgegeben hat. RMG. 3 141. Ein Tele­ gramm, daß ein Rechtsmittel eingelegt sei, wird dieser Anforderung regelmäßig nicht genügen, RMG. 9 60, 13 213; eS müßte denn daS Telegramm selbständig die Erfordernisse eines Protokolls erfüllen, insbesondere also von der Urkundsperson aufgegeben und mit ihrem Namen und ihrer Amtsbezeichnung versehen sein, RMG. 15 106. Telegramm deS Truppenteils genügt also nicht. Fälle dieser Art werden übrigens stets auf einem übersehen des Abs. 4 beruhen. Vgl. Pr. KrMin. v. 29. 10. 12. Bloße „Bestätigung" der Unterschrift deS Angeklagten genügt nicht. PE. 6 66. Ob diese Beurkundung „Meldung" genannt wird, ist unerheb­ lich, RMG. 3 141, indessen reicht nach RMG. 2 129 die bloße Meldung, daß „der Angeklagte daS gegen ihn ergangene Urteil anfechte", nicht aus. Bei fehlender Unterschrift der Urkundsperson liegt eine gültige RechtSmittelerklärung nicht vor, RMG. v. 11. 9 16. Wiederein­ setzung ist möglich. Zuziehung eine- Gerichtsschreibers ist nicht erforderlich, RMG. 1 141, 238; PE. 1 59, ebensowenig Unterschrift des Beschuldigten, RMG. 1 170, 3 131, 245, 4 218, 14 204. ES genügt, wenn auS dem. Schriftstücke selbst die Person des Erklüren«omen-Rissom, MEtGV.. 2. Aust. 47

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Ordentliche Rechtsmittel,

g 369.

den und dessen aus Einlegung des Rechtsmittels gerichteter Wille mit ausreichender Sicherheit hervorgehen, RMG. 14 204. Immer­ hin ist es zweckmäßig, den Beschuldigten das Protokoll nach Ver­ lesung genehmigen und unterschreiben zu lassen, um die richtige Aufnahme der Erklärung zu sichern und spätere Einwendungen abzuschneiden. Dies erscheint umsomehr angezeigt, als die unter­ schriebene Erklärung unter Umstünden, z. B. wenn der Aufnehmende selbst nicht unterschrieb, PE. 2 61, die Gültigkeit des Akts unter dem Gesichtspunkt der „schriftlichen Erklärung", bei rechtzeitigem Eingang, aufrechterhalten kann. RMG. 1 183; PE. 4 83 b, 6 67. Bezugnahme auf andere Schriftstücke ist zulässig, sofern sie durch Borlesung, Genehmigung und Beifügung ein Teil des Protokolls werden. RMG. 6 177; Beling, Z. f. d. ges. Str. 24 266. Tie dagegen von Titzen, Arch. f. Ltrafr. 53 61 erhobenen Bedenken erscheinen nicht durchschlagend. e) Die Urkundsperson hat auf sachgemäße Aufnahme, nötigenfalls unter Belehrung, auch durch Befragung über den Sinn zweifelhafter Willenserklärungen, hinzuwirken. RMG. 3 194. Bor allem ist fest.ustellen, ob das Urteil hinsichtlich der Schuldfrage oder lediglich hinsichtlich der Strafzumessung angefochten wird. Da- Verbot der Einwirkung auf die Entschließung des An­ geklagten im § 382 Abs. 2 erscheint auch hier anwendbar. Falsche Belehrung kann bei Prüfung des wahren Sinnes der Erklärung von Belang sein, RMG. 16 266. 6. a) Einlegung eines Rechtsmittels zum Sitzungsprotokoll ist im Gesetz nicht vorgesehen. RMG. 1 3, 13, 39, 116: PH. 0. Mayer, Gerichtssaal 73 251. Auch die Einlegungserklärung dem Vertreter der Anklage gegenüber muß außerhalb der Hauptverhandlung erfolgt sein. PE. 4 83 c. S- auch Anm. 2. h) Ein Verzicht auf Rechtsmittel gegen das verkündete Ur­ teil kann dagegen nach RMG. 1 17, 205, 5 95, 13 51; PE- 5 59 zum Sitzungsprotokoll gültig erklärt werden. Das RMG. stützt diese Auffassung auf die Entstehungsgefchichte des § 327 Abs. 3. Zustimmend Ditzen, Arch. f. Strafr. 53 47: a. M. Beling, Z. 24 274: Gerland, Krit. PISchr. 45 580; Gerichtssaal 69 337

Allgemeine Bestimmungen.

§ 369.

739

Anm. 3, jetzt auch PH. C. Mayer, GerichtSsaal 73 263; Rissom, MonatSschr. f. Krimpsych. u. Strafrechtsref. 1909 C. 487. Vgl. § 324 Anm. 10. Ein in der Hauptverhandlung auf die vorgeschriebene Be­ lehrung der Zulässigkeit der Anfechtung des Urteils durch Berufung oder Revision erklärter Verzicht auf das Rechtsmittel ist auch dann gültig, wenn er auf der Unkenntnis, daß für die Abgabe dieser Erklärung eine Frist besteht, beruhte. Ungültig wäre er allerdings, wenn dieser Irrtum durch amtliches Verschulden des zuständigen Organs, also des VerhandlungSführers, hervorgerufen wäre, RMG. 12 84. Der erklärte Verzicht ist nur dann unwiderruflich, wenn er der Willensmeinung des Angeklagten entspricht. Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß dies der Fall, unterliegt grundsätzlich der Nachprüfung des Revisionsgerichts, RMG. 13 51. Für die Prüfung solcher prozessualer Tatsachen sind die Vorschriften über die Be­ weisaufnahme in der Hauptverhandlung, da sie nur die Feststellung der Schuld- und Straffrage betreffen, nicht maßgebend, RMG. 19 65. Herbeiführung des Verzichts durch Zureden des Belehren­ den hindert die Gültigkeit de- Verzicht-, RMG. 12 84, f. oben Anm. 3d und § 327 Anm. 8—10. Ein Hinweis des Verhandlungssührers, daß der Angeklagte sich dem Urteil auch sofort unterwerfen könne, enthält keine unzulässige Beeinflussung, RMG. 19 65. 7. Zu Abs. 3. Auch der Gerichtsschreiber eines Amts­ gerichts kann die Erklärungen der nicht auf freiem Fuße befind­ lichen Personen entgegennehmen. RMG. 1 41; PS. 4 83d. 8. Zu Abs. 4. a) Die Vorschrift entspricht dem § 341 Abs. 2 StPO. b) über den Beginn der Frist vgl. Anm. 3. c) Wegen Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Frist s. 8 147. 9. Zu Abs. 5. a) Der Verteidiger kann, sofern er den er forderlichen ausdrücklichen Auftrag hat, Rechtsmittel einlegen, gleichviel, ob er bereits tätig war oder eigens zwecks Einlegung des Rechtsmittels neu bestellt ist. RMG. 1 65.

740

Ordentliche Rechtsmittel.

$ 369

Auch gegen ein stand gerichtlich es Urteil tarnt der Bcr leidiger trotz der Bestimmung des § 337 Abs. 2 Berufung einleget!, weil durch die Einlegung des Rechtsmittels die höhere Instanz eröffnet wird. Voraussetzung ist natürlich auch hier ausdrücklich^ Auftragserteilung. Eine bestimmte Fortn hat das Gesetz für die Auftrags­ erteilung nicht vorgeschrieben. RMG. 1 95. Insbesondere ist keine Schriftlichkeit erforderlich. Ter Auftrag mutz nur aus drücklich auf Einlegung des Rechtsmittels lauten. Wann der Auftrag frühestens erteilt werden tarnt, ist streitig. Rach RMG. 1 187, 2 110, 9 199 ist die Erteilung des ausdrück­ lichen Auftrages zur Rechtsmitteleinlegung int Falle der Ver urleilung usw. erst nach Verkündung oder, falls Zustellung zu erfolgen hat, nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung möglich, während nach RMG- 11 208 die Anweisung des höheren Gerichtsherrtt nach § 24 zur Rechtsmitteleinlegung für den Fall eines bestimmten Ergebnisses auch schon vor Erlast der Entscheidung erteilt werden taun. Dagegen haltett Beling, Üehrb. S. 288, Z. 38 615 und Ditzen, Arch. f. Strafe. 52, 375 bett bedingten Aus trag des Beschuldigten für zulässig, da dieser nicht notwendig die Gründe der Entscheidung zu kennen brauche, um zu wissen, ob er sich bis zum letzten Ende gegen sie wehren wollte. Spätestens bei der Einlegung des Rechtsmittels muß der Auftrag erteilt sein. Nachträgliche Genehmigung, auch wenn sie innerhalb der Rechtsntittelfrist erfolgt, genügt nicht. RMG. 1 132, 2 110. Der Auftrag muß unbedingt erteilt sein, indessen stellt z. B. der Satz, „wenn der Verteidiger angreifbare Punkte finden sollte", keine eigentliche Bedingung dar. RMG. 2 107. Der erteilte Auftrag wirkt zugleich als Vollmacht. Das vom Verteidiger eingelegte Rechtsmittel gilt also rechtlich als Rechts­ mittel des Angeklagten selbst, RMG. 15 15 c) Der Nachweis der vorgängigen Beauftragung kann auf jede Weise geführt werden. Bei schriftlicher Erteiluttg wird regel­ mäßig Vorlage der schriftlichen Beauftragung (Vollmacht) ge­ nügen. Auch eine der Form nach allgemeine Vollmacht zur

Allgemeine Bestimmungen.

§ 370.

741

Einlegung von Rechtsmitteln kann, je nach Lage der Umstände, als ausdrücklicher Auftrag gelten. RMG. 5 76. Die Beibringung dieses Nachweises ist auch noch nachträglich, auch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, zulässig. PE. 3 51b. Bor der Entscheidung ist festzustellen, ob der Auftrag rechtzeitig er­ teilt war, insbesondere also bei Fehlen eines schriftlichen Aus­ weises zur Beibringung anderer Beweismittel Gelegenheit zu geben. PC. 3 51b. d) Die Legitimation des Verteidigers hat nur das Gericht, nicht etwa der Gericht-Herr nach § 385, zu prüfen. RMG. 1 65, 94, 2 18. e) Die Vertretung des zulässigerweise, RMG. 1 1, -um Verteidiger gewählten Rechtsanwalts durch einen anderen gleichfalls zugelassenen, namentlich wenn er General­ substitut nach § 25 der RechtsanwaltSordnung ist, ist auch bei Einlegung von Rechtsmitteln grundsätzlich zulässig. Im übrigen ist der Wille de- Vollmachtgeber- hinsichtlich der Substitution für einzelne Prozeßhandlungen aus dem Inhalt der Vollmacht und den Umständen des Falle- zu entnehmen. RMG. 9 82. f) Uber den Weg der Berufungseinlegung gelten auch für den Verteidiger die Vorschriften der Absätze 1—3. RMG. 2 18. g) Die Vorschriften deS Abs. 5 — nur diese — finden nach § 441 auf das Wiederaufnahmeverfahren entsprechende An­ wendung. Vgl. RMG. 14 25. 10. Zur Rechtfertigung des eingelegten Rechtsmittels be­ darf eS grundsätzlich eines besonderen Auftrages nicht. RMG. 9 231. Vgl. § 398. 11. Wegen der Zurücknahme eine- Rechtsmittels s. § 371 Abs. 2.

Irrt«« t« bet Vezeich»img. § 370. Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich. Entw. § 355. I. Die Vorschrift entspricht wörtlich dem $ 348 StPO.

742

Ordentliche Rechtsmittel.

$ 371

2. Jede frist- und fonngerechte Erklärung, aus der unzwei­ deutig der Wille, eine Entscheidung anzufechten, hervor­ geht, gilt als Einlegung eines Rechtsmittels. Als eingelegt gilt dann dasjenige Rechtsnüttel, welches gegen die angefochtene Enticheidung zulässig ist. RMG. 12 227, 13 273. Vgl. auch wegen unrichtiger Bezeichnung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung RMG. 1 229. 3. Auf den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens findet die Vorschrift nach § Ul entsprechende Anwendung.

Zurücknahme und Verzicht.

§ 371. Die Zurücknahme eines Rechtsmittels, sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels kann auch vor Ablauf der Frist zur Einlegung desselben wirksam erfolgen. Ein seitens des Gerichtsherrn zugunsten des Angeklagten ein gelegtes Rechtsmittel sann jedoch nur zurückgenommen werden wenn letzterer auf dasselbe ausdrücklich verzichtet Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung. Entw. Soft. Schrifttum: Beling, Lehrb. 2. 149—4 j3; Risfom, Rechtsmittel verzicht, Monatsschr. f. Krimpspch. u. 2trafrechtsref. 1909 2. 187, bei PT. Arch. MilR. 1 209, 233; Erhard, Tteidle, ElSner v. Gronvw, Dethleffsen, Genge, Endres, Werber, Räumaun, Mewes, Dieh. Weisung zur Rechtsmitteleinlegung nach erklärtem, aber noch nickn beurkundetem Verzicht des Gerichtsherrn, Arch. 1 140, 212, 267, dazu Rissvm, Arch. 4 138; Grützmacher, Zurücknahme deS vom Gerichtsherrn eingelegten Rechtsmittels, Arch. 1 279; Dietz, Flax land, Berufung zugunsten des Verurteilten, Anweisung zur Zurück' nähme der B., Arch. 5 202, 286. Handw.; Risfom, Verzicht im Strafverfahren; den'., An Weisungsrecht der oberen Gerichtsherrn. 1. Die Vorschrift gibt im wesentlichen den 8 344 2tBO wieder.

Allgemeine Bestimmungen.

§ 371.

743

r. a) über den Verzicht vor der Entscheidung und vor erfolgter Zustellung der Entscheidung vgl. §§ 363 Anm. Io, 368 Anm. 3b, 369 Anm. 3a; über Berzichterklärungen des GerichtsHerrn s. § 368 Anm. 3f und 5, über Berzichterklärungen des An­ geklagten s. § 369 Anm. 3 c und d. b) über die Zulässigkeit des Verzichts in der Hauptverhand­ lung vgl. § 369 Anm. 6b. Die Gültigkeit des Verzicht- ist nach PE. 11 12 von der Allwesenheit des Verteidigers, auch des not­ wendigen oder bestellten, unabhängig. 3. a) Der ausdrücklichen Bezeichnung der Erklärung als ..Verzicht" bedarf es nicht, nur muß die Erklärung die Absicht, verzichten zu wollen, deutlich und unzweifelhaft erkennen lassen. RMG. 8 154; PE. 8 21, 10 13; RG. 2 78. b) Ob ein Verzicht wirklich vorliegt, insbesondere, ob die Er­ klärung dem Willen des Beschuldigten entspricht, ist durch Aus­ legung festzustellen. RMG. 1 17, 5 95, 8 154; PE. 10 13, 16 266. Im Zweifel gilt die dem Angeklagten günstigere Auslegung. Nach RMG. 1 50 soll im Zweifel das Vorliegen eine- Verzichts verneint werden, aber doch wohl nur, weil und soweit diese An­ nahme die dem AngeNagten günstigere ist. DaS Revision-gericht tarnt nach dem neueren zutreffenden Standpunkt des RMG. 11 41 den Sinn der Erklärungen nachprüfen. (Bezüglich der früheren abweichenden Auffassung s. z. B. RMG. 1 205.) c) Irrtum über die Strafhöhe macht nach RMG. 3 45 die Verzichterklärung nichtig, jedoch nur, wenn dieser Irrtum sich auS dem Protokoll ergibt. Grundsätzlich unerheblich ist der Irrtum int Beweggrund RMG. 2 289, insbesondere ist es auch ohne Belang, ob der Rat des Verteidigers mißverstanden wurde. Be­ einflussung durch den Verhandlungsführer kann Ungültigkeit der Berzichterklärung zur Folge haben. RMG. 12 84. Gleiches würde gelten für die nach § 382 Abs. 2 gesetzwidrige Einwirkung auf die Entschließung des Angeklagten bei dessen Vernehmung über den Umfang der Berufung. Näheres f. § 369 Anm. 3c und d, sowie 6b. 4. Ein Rechtsmittel kann auch teilweise zurückgenommen tverben, sei es. daß es mehrere realkonkurrierende Delikte, sei cs,

744

Ordentliche Rechtsmittel.

^ 371.

daß cd mehrere selbständige Bcschwerdepunkte zum Gegenstände hat, RMG. 10 29. 5. Widerruf. Die Erklärung über Verzicht über Zurück­ nahme ist unwiderruflich. Ties gilt mit der Maßgabe, daß die Erklärung vollendet sein muß. a) Erklärung des Gerichtsherrn. Tie Verzicht- oder Zurücknahmeerklärung des Gerichtsherrn ist vollendet, sobald sie, was grundsätzlich alsbald nach Abgabe der Erklärung geschehen soll, nach § 366 beurkundet ist. Bis dahin ist sic noch in der Schwebe und kann zurückgenommen werden. So mit Recht die allerdings bett § 369 betreffende, aber auch hier vertveitdbare Entscheiduttg RMG. (I. Sen.) v. 6. 7. 17: die abweichende Auffassung RMG. 16 261 ist überholt durch RMG. Pl. 18 164.

Rach beurkundetem Verzicht Tarnt die Weisung des höheren Gerichtsherrn gemäß § 24 zur Einlegung des Rechtsmittels dem Gerichtsherrn sein verlorenes Recht ebensowettig tviedergeben, als wenn sie etwa nach Ablaus der Rechtsmittelfrist einginge, RMG16 261. Das vom Gerichtsberrn zugnttsten des Attgetlagtett eingelegte Rechtsntittel kann auch auf Anweisung tiad) § 24 ohne ausdrückliche Zustimmung des Angeklagten nicht gültig zurück» genommen werdctt. Ob der Angeklagte seiiterseits auf das ihnt selbst zustehende Rechtsmittel verzichtet oder es zurückgenotnmen hat, ist belanglos. Wesentlich gl. Ans. Grützmacher, Arch. J 279; teilweise abweichend Flaxland, Arch. 5 286. b) Erklärnng des Angeklagten. ; j a- Die schriftliche Erklärung ist vollettder und danach um widerruflich, wenn sie mit Willen des Angeklagten beim Gerichts­ herrn oder der für ihn zur Empfangnahme ennächtigten Stelle ein­ gegangen ist, RMG. 1 92; RGRspr. 1 301, 303. ß. Die zu Protokoll gegebene Erklärung ist vollendet, sobald das Protokoll aufgenommen ist, einschließlich der Unterschrift der Urkundsperson. In der Zwischettzeit ist die Erklärung noch wider­ ruflich, also sogar noch nach der — nicht nötigen — Unterschrift des Erklärenden. RMG. (I. Sen.) v. 6. 7. 17.

Allgemeine Bestimmungen.

§ 872.

745

6. Zu Abs. 2. a) Die ausdrückliche Ermächtigung deS Verteidigers zur Zurücknahme eines Rechtsmittels soll hier einen ausdrücklichen Au st rag, vgl. § 369 Abs. 5, bedeuten. Es ist Stell­ vertretung lediglich in der Erklärung, nicht im Willen, zugelassen. Hiernach genügt die in den üblichen Voll,nachtsformularen der An­ wälte enthaltene allgemeine Ermächtigung, Rechtsmittel einzu­ legen und zurückzunehmen, nicht.

Befristung der A«rüS»ah»e. $ 372. -Vüt die Entscheidung über das Rechtsmittel auf Grund mündlicher Verhandlung stattzufinden, so ist die Zurück­ nahme nach Beginn der Hauptverhandlung nicht mehr zulässig. Entw. § 357. 1. Der entsprechende § 345 StPO, verbietet die Zurücknahme nach Beginn der Hauptverhandlung gleichfalls, es sei denn, daß der Gegner zustimmt. 2. Auch teilweise Zurücknahme ist nach Beginn der Hauptverhandlung nicht mehr zulässig, Die entgegenstehende Absicht RMG. 6 121, vgl. die Einwendungen dagegen von Ditzen S. 50 und Gerland, Gerichtssaal 69 340, ist in PT. 15 21 und RMG. 12 69, 13 165 aufgegeben. Auch der Verzicht auf eine neben einer anderen Rüge erhobene prozessuale Rüge ist nach Beginn der Hauptverhand­ lung nicht mehr gestattet. PE. 16 12. 3. Darüber, wann die Hauptverhandlung „begonnen" hat, s. §§ 391, 409, 294—296. 4. Auch mit Zustimmung des Gegners kann da- RechtSinlttel nach Beginn der Hauptverhandlung nicht mehr zurück­ genommen werden. 5. Nach PE. 13 16 ist auch dann, wenn die begonnene Haupt­ verhandlung ausgesetzt war, die Zurücknahme des Rechtsmittels nicht mehr zulässig. Diese Anschauung geht davon aus, daß das Recht zur Zurücknahme mit dem Beginn der Hauptverhandlung erloschen und damit für alle Male erledigt ist. Ausgehend vom gesetzgeberischen Zwecke der Vorschrift, eine Schädigung de- An­ sehens des Gerichts zu verhüten, könnte innit dagegen zu der An-

746

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 373.

nähme gelangen, datz eine Zurücknahme zulässig ist, sobald die aus­ gesetzte Hauptverhandlung ihre Gültigkeit verliert. Vgl. RG. 19 335, 88 125, 272 Anm. 6, 354, Löwe §§ 345 Amn. 2, 451 Anm. 8. Zweiter Abschnitt.

Rechtsbeschwerde.

Zulässigkeit.

§ 373.

Die Rechtsbeschwerde findet mir statt, soweit sie

in diesem Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

Entw. § 358. Schrifttum: Ferdinand, Das Rechtsmittel der Beschwerde, Karlsruhe 1908: Förster, Unerledigte Rechtsbeschwerde beim Ein tritt ins mobile Verhältnis, Arch. 6 128: Förster, Rechtsbeschwerden im Feldverfahren, Arch. 6 428; Handw.-. Engel, Rechtsbeschwerde: Rissom, Irrenanstalt, Berbringung in eine. 1. «i) Die bürgerliche StPO, unterscheidet zwischen der einfachen und sofortigen Beschwerde, von denen die erstere an eine Frist nicht gebunden ist und in der Regel zunächst bei der Stelle angebracht und geprüft wird, deren Entscheidung angefochten ist (StPO. §§ 346, 348, 353). Die MStGO. enthält sich einer solchen Unterscheidung. Diese ist für das militärgerichtliche Verfahren unzweckmäßig, und für sie bleibt namentlich auch deshalb lein Platz, weil die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde auf ganz bestimmte Fälle beschränkt ist. b) Zur Vermeidung von Verwechselungen mit anderen mili tärischen Beschwerden ist int Militärstrasverfahren die Be Zeichnung „Rechtsbeschwerde" gewählt worden. Jene änderet, Beschwerden werden durch die MS1GO. nicht berührt. 2. Ist eine Entscheidung nicht in der vorgeschriebenen Form, z. B. nicht in Urteils-, sondern in Beschlutzform, ergangen, so bleibt die etwa gesetzlich bestimmte Anfechtbarkeit bestehen. An die Stelle der Berufung oder Revision tritt dann die Rechts­ beschwerde, RMG. 19 249, anders noch RMG. 3 268. Vgl. RG. 23 156, 43 228.

Recht-beschwerde. § 373.

747

3. Die Recht-beschwerde ist nur in folgenden Fällen gegeben: gegen Zurückweisung eine- Gesuch- auf Ablehnung eines Richters, Gericht-schreibers, Sachverständigen oder Dolmetscher(§§ 130 Abs. 4, 132 Abs. 2, 210, 121); gegen die ein Gesuch um Wiedereinsetzung in Den vorigen Stand verwerfende Entscheidung (§ 146 Abs. 4); gegen die Verfügung der Untersuchungshaft ($ 175 Abs. 2): gegen die Verhängung von Zwang-maßregeln gegen Zeugen und Sachverständige (§§ 204 Abs. 1, 299 Abs. 3, 392 Schlußsatz); gegen die Feststellung der Gebühren für Zeugen und Sach­ verständige (S§ 205 Abs. 1, 208 Abs. 2); gegen die Anordnung des Gericht-Herrn, daß der Angeklagte in eine öffentliche Irrenanstalt gebracht und bort beobachtet werde (§ 217 Abs. 3); (bet gleiche Beschluß des erkennenden Gerichtunterliegt dagegen keiner Anfechtung, s. Anm. 7 a); gegen die Verfügung von Zwang-maßregeln gegen eine Person, welche die Vorlegung oder Auslieferung eine- für die Untersuchung erheblichen oder eine- der Einziehung unterliegen­ den Gegenstandes verweigert (§ 230 Abs. 2); gegen die vom Gericht-Herrn oder Untersuchungsführer erfolgte Anordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen bei aktiven Militärpersonen in anderen al- den zum dienstlichen Gebrauch angewiesenen Räumen (§ 238 Abs. 4); gegen die Einstellung eine- Strafverfahren-, wenn der­ jenige, welcher die Strafverfolgung beantragt hatte, zugleich der Verletzte ist (§ 247 Abs. 2); gegen die ablehnende Verfügung des Gerichtsherrn gegen­ über dem Antrag des Angeklagten auf Gestellung oder Ladung von Zeugen oder Sachverständigen oder auf Herbeischaffung anderer Beweismittel zur Hauptverhandlung (§§ 269 Abs. 3, 388 Abs. 1); gegen den Beschluß des Gerichte-, durch den eine Ordnungs­ strafe festgesetzt ist (§§ 290 Abs. 5, 390); gegen den Beschluß de- Gericht-, durch den dieses seine Utv

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ 373.

Zuständigkeit ausspricht, weil die MilitärstrafgerichtSbart'eit nicht begründet sei (§ 328 Abs. 2):

gegen die Versagung der Genehmigung einer Verteidigung (§ 341 Abs. 4); gegen die Verfügung de-? Gerichtsherrn der Berufung» instanz, durch die das Rechtsmittel der Berufung als unzulässig verworfen wird (§ 385 Abs. 2); gegen die Entscheidung über nachträgliche Festsetzung einer Gesamtstrafe (§ 461 Abs. 4); gegen die Entscheidung über Zweifel und Einwendungen bei der Strafvollstreckung (§ 464 Abs. 1): gegen die Verfügung des Gerichtsherrn und Entscheidung des Gerichts, wodurch demjenigen, welcher durch eine wider besseres Wissen gemachte oder auf grober Fahrlässigteit beruhende An zeige Strafversolgungsmahregeln veranlaßt hat, die erwachsenen baren Auslagen auferlegt werden (§ 470 Abs. 2); gegen die Verfügung oder Entscheidung, durch die dem An­ tragsteller, der seinen Strafantrag zurückgenommen hat, die er wachsenen baren Auslagen auferlegt werden (§ 471 Abs. 3). 4. a) über den Beginn der Anfechtbarkeit einer Ent scheidung s. § 363 Anm. lc. Etwaige Fristen bestimmen als solche lediglich den Endpunkt, nicht den Beginn der Anfechtbarkeit, RMG. 15 28. b) Für die Einlegung und Zurücknahme des Rechtsmittels gelten die Vorschriften der §§ 368, 369, RMG. 19 95. Eine vom Gerichtsherrn schriftlich eingelegte, selbst mitgezeichnete Rechts­ beschwerde ist also nicht gültig. c) Wegen der zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde zuständigen Stelle s. § 374 Anm. 4. 5. Eine Rechtsbeschwerde gegen eine von unzuständiger Stelle, z. B. einem Mlitärjustizbeamten statt des Gericht-Herrn oder Gerichts erlassene Entscheidung darf nicht zurückgewiesen werden, weil die Entscheidung sachlich zutreffend sei. So Ditzen, Arch. f. Strafr. 53 49 zu RMG. 6 135. 6. Die in der Beschwerdeinstanz ergangenen Entscheidungen

Rechtsbeschwerde. § 374.

749

tümicn mit einer weiteren Recht-beschwerde nicht angefochten werden. RMG. 5 228. 7. a) Der Beschluß des erkennenden Gerichts auf Unter­ bringung in eine öffentliche Irrenanstalt zur Beobachtung auf den Geisteszustand unterliegt nicht der in § 217 Ms. 3 vor­ gesehenen Anfechtung. Näheres Handw.: Rissom, Irrenanstalt. b) Wegen Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerbe gegen Fest­ setzung von Anwaltsgebührcn vgl. § 17 EG. 8. Die Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung eines nach § 262 um Aburteilung ersuchten Gerichtes geht nach RMG. 12 50 (wo es sich allerdings um einen Sondersall aus § 461 Abs. 4 bandelt) an da- diesem übergeordnete Gericht. 9. Soweit das Amtsgericht auf Ersuchen mitzuwirken hat, richtet sich die Zulässigkeit einer Beschwerde nach den Vorschriften der StPO., insbesondere dem § 346 StPO.; hinsichtlich der Strafmaßregeln gegen Zeugen nach §§ 186, 203 MStGO. ist da- im § 204 Abs. 2 daselbst ausdrücklich bestimmt. Im übrigen handelt es sich fast stets um ein Einschreiten auf Ersuchen im Wege der Rechts­ hilfe. Der hiervon Betroffene hat zwar dagegen Beschwerde. Sie wird aber selten zum Ziel führen, da auch das obere Gericht die Bestimmung des § 12 Ms. 3 Satz 1 EG. z. MStGO. zugrunde zu legen hat. Für die Befugnis des ersuchten Amtsgericht- zur An­ ordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen und für das Verfahren bei dem Vollzüge der getroffenen Anordnung sind nach § 239 Abs. 3 die Vorschriften der StPO, maßgebend. Mer auch hier ist die obengenannte Regel des § 12 Ms. 3 Satz 1 EG. nicht aus­ geschaltet, so daß der Beschwerde nur ein sehr beschränkter Spiel­ raum bleibt. Bei Ablehnung eines Ersuchens um Rechtshilfe ist nach 8 12 Abs. 3 Satz 2 EG. die Beschwerde an das Oberlandesgericht gegeben.

Vorprüstmg. § 374. Erachtet die Stelle, deren Verfügung oder Ent­ scheidung angefochten wird, die Rechtsbeschwerde für begründet,

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Ordentliche Rechtsmittel.

^ 375.

jo hat sie derselben abzuhelfen. Anderenfalls ist die Beschwerde sofort der zur Entscheidung darüber zuständigen Stelle vorzu legen. Auf Rechtsbeschwerden gegen die Entscheidung erkennen­ der Gerichte findet der erste Satz keine Anwendung. Ehtiv. § 359. Schrifttum: Oster, Der Umfang der Rechtskraft im Straf­ prozeß, Gött. Diss. 1912. 1. Die Borschrift entspricht teilweise dem § 346 StPO2. „Abhilfe" kann erfolgen sowohl durch völlige Aufhebung wie auch durch Abänderung der angefochtenen Verfügung oder Entscheidung. 3. Jede durch Rechtsbeschwerde anfechtbare Entscheidung oder Verfügung kann auch mangels einer Rechtsbeschwerde von Amts wegen abgeändert oder zurückgenommen werden. RGRspr 8 150. So auch Herz-Ernst Anm. 2: Stenglein Anin. 1: Löwe, StPO. § 348 Anni. 5a, § 353 Anrn. 8. Vgl. auch unten Anm. 6. Uber Rechtskraft von Beschlüssen vgl. Löwe, § 353 Anm. 9: Oster, Umfang der Rechtskraft, S. 49 fg. 4. Welche Stelle zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde zuständig ist, hat das Gesetz immer in der betreffenden, die Rechts beschwerde zulassenden Bestimmung ausdrücklich hervorgehoben. 5. Die Rechtsbeschwerde ist, sofern ihr nicht schon ohne weiteres gemäß der Vorschrift in Satz 1 abgeholfen wird, auch dann der zur Entscheidung zuständigen Stelle vorzulegen, wenn sie an sich unzulässig ist oder verspätet eingelegt wurde. So auch HerzErnst Anm. 4; Stenglein Anm. 1; Löwe, StPO. § 348 Anm. 6. 6. Auf erkennende Gerichte ist die Vorschrift des ersten Satzes nicht anwendbar, da diese nicht ständige Behörden sind. Begr. S. 161. Entsprechendes gilt für eine Änderung von Amts wegen. Vgl. Anm. 3.

«»-setz»«- des Vollzuges.

§ 375. Durch Einlegung der Rechtsbeschlverde wird der Vollzug der angefochtenen Verfügung oder Entscheidung nicht

Recht-beschwerde. § 376.

761

gehemmt. Die Bestimmung des § 217 Absatz 8 bleibt un berührt. Die Aussetzung des Vollzugs kann jedoch von demjenigen, der die angefochtene Verfügung oder Entscheidung erlassen hat, oder, sofern es sich um die Entscheidung eines erkennenden Gerichts handelt, von dem Gerichtsherrn, welcher dasselbe be­ rufen hat, angeordnet werden. Gleiche Befugnis hat die zur Entscheidung über die Nechtsbeschwerde zuständige Stelle. Entw. § 360. Schrifttum: Rotermund, Einige Ungenauigkeiten der MStGO. 3- 24 236. 1. Gleichartige Bestimmungen enthält die StPO, in den 88 348, 349. 2. Ausnahmsweise hat nach § 217 Abs. 3 die Rechts­ beschwerde gegen die Anordnung deS Gerichtsherrn auf Unter­ bringung eines Angeklagten in eine öffentliche Irrenanstalt, und nach § 290 Abs. 5 — im § 375, wie Rotermund Z. 24 241 be­ merkt, übersehen — die gegen Festsetzung einer Ordnungsstrafe wider einen Rechtsanwalt aufschiebende Wirkung.

etttittclttage«. § 376. Die zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde zuständige Stelle kann etwa erforderliche Ermittelungen an­ ordnen oder selbst vornehmen. Entw. § 361. 1. Die Bestimmung ist der im § 350 StPO, enthaltenen nach­ gebildet. 2. Wegen der zur Entscheidung zuständigen Stelle s. § 374 Anm. 4. 3. über die Art der Ermittelungen und ihrer Bornahme be­ findet die zur Entscheidung zuständige Stelle nach freiem Er­ messen. Alle Mittel des Ermittelungsverlahrens stehen zu Gebot.

752

Ordentliche Rechtsmittel,

$ 377

Auch eidliche Vernehmungen, soweit deren gesetzliche Voraus­ setzungen vorliegen, sind zulässig. Wegen weiterer Ermittelungen im Falle derRechtsbcschwerde des Verletzten wegen Nichteinschreitens s. § 377. Mündliche Verhandlnng über die Rechtsbeschwerde vor der zur Entscheidung zuständigen Stelle ist aber ausdrücklich aus­ geschlossen. § 377 Abs. 1. 4. Mittcilung der Rechtsbeschwerde an den anderen Teil zur Erklärung ist nicht ausgeschlossen (ebenso Stenglein), im Fall des § 377 Abs. 2 vorgeschrieben. 5. Uber die Unzulässigkeit der Beibringung neuer Anfechtungs­ gründe und die Zulässigkeit neuer Beweismittel bei Anfechtung von Entscheidungen betr. Ablehnungsgesuche (soweit RechtSbeschwerde überbauvt zulässig ist), vgl. S 129 Amn. 3.

Snlfcheidung.

§ 377. Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde er folgt ohne vorgängige mündliche Verhandlung. Steht dem Reichsmilitärgerichte die Entscheidung zu, so ist vor derselben die Militäranwaltschaft mit einer schriftlichen oder inündlichen Erklärung zu hören. Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, so ist zu gleich die in der Sache erforderliche Anordnung zu treffen. Entu\ § 362. Schrifttum: Engel, ttlvß, Naumann, Bindende Kraft der vberstrichterlichen Entscheidung, Arch. 1 296, 373: Kloß, Roth, Aber­ malige Beschwerde gegen denselben Haftbefehl, Arch. 5 125, 196. 1. Die Vorschrift entspricht im wesentlichen den: § 351 StPO

2. Die Entscheidung des Gerichtsherrn bedarf der Mitzeichnung durch einen richterlichen Militärjustizbeamten gemäß § 97 Abs. 2 (ober des Gerichtsoffiziers, § 102). 3. Die Beschwerde ge richte haben In der in §§ 49 ff., 66 ff., 84 ff, vorgeschriebenen Besetzung zu entscheiden.

763

Mert)t6befrf))uerbe. § 377.

Eine Anhörung des Vertreters der Anklage, etwa wie im Falle deS $ 461 Abs. 3, ist nicht vorgesehen. 4. Abs. 2 enthält eine zwingende Vorschrift. „Beim Reichsmilitürgericht ist die Anhörung der Militäranwaltschaft vor der Entscheidung unerläßlich." Begr. S. 161. Die Aufstellung des Grundsatzes der Notwendigkeit allgem inet Anhörung der Militäranwaltschaft, auch vor jeder anderen Entscheidung, ist in der Sonderbestimmung dieses Absatzes nicht zu ui Wirteii. 5. Zu Abs 3. a) Die Forderung sachlicher Entscheidung weicht ab von der Regelung der Revision in § 415, RMG. 19 233. Immerhin hat das obere Gericht einen gewissen Spiel­ raum, RMG. (II. Sen.) v. 5. 5. 17. Auf die Rechtsbeschwerde des Verletzten nach § 247 wegen Ablehnung des Einschreitens, fei es von vornherein, sei es durch Einstellung des Verfahrens, kann die eigene sachliche Entscheidung des Gertchtsherrn nur auf Anordnung des strafrechtlichen Ein­ schreiten- durch AnNageverfügung usw. oder auf Verwerfung der Recht-beschwerde lauten, nicht aber lediglich auf Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens. Die letztere Verfügung würde lediglich als Zwischenverfügung nach § 376 ergehen, RMG. 18 235. b) Hinsichtlich der sachlichen Entscheidung gilt nach RMG. 19 68 das bei der Berufung in §§ 396, 415 aufgestellte Verbot der härteren Strafe (reformatio in peius) nicht. Das Beschwerde­ gericht sollte freier gestellt sein. Näheres s. § 363 Anm. lb. o) Da das Beschwerdegericht an Stelle des unteren die in der Sache erforderliche Anordnung zu treffen hat, so ist es selbstverständlich, daß diese Anordnung für da- untere Gericht bindend ist, während im Fall der Revision es allerdings einer be­ sonderen Vorschrift des § 415 9lbs. 1 bedurfte, RMG. 20 64. Es ist also z. B. die auf Rechtsbeschwerde gemäß § 328 Abs. L ergangene Entscheidung des RMG., durch welche die MilitärstrafgerichtSbarkeit in der Sache für begründet erklärt wird, für das Untergericht jedenfalls dann bindend, wenn es keine Romen-Rissvm, MStWC., 2. Ausl.

48

754

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 378.

neuen, für die Entscheidung erheblichen Tatsachen fest» stellt, RMG. 20 G4. 6. Eine zurückgewiesene Rechtsbeschwerde kann nicht ohne weiteres nochmals erhoben werden. Anders, wenn eine Ver­ änderung der Sachlage als Beschwerdegrund ausdrücklich oder stillschweigend behauptet wird, Roth, Arch. 5 196.

Dritter Abschnitt.

Berufung.

§ 378. Die Berufung findet statt gegen Urteile der Standgerichte und gegen die Urteile der Kriegsgerichte in erster Instanz. Durch Berilfung kann das Urteil erster Instanz sowohl in tatsächlicher wie in rechtlicher Beziehung angefochten werden. EntW. § 3^>3. Schrifttum: Beling, L'ehrb. 3. 437—449, 579— s»80: Binding, Grundr. S. 231—254, 254—264: Rosenseld lj 90: Graf zu Dohna S. 217. Handw.: Genge, Berufm g. 1. a) Tie Berufn ng ist zngelass n gegen alle Urteile erster Instanz, sowohl die standgerichtlichen wie die kriegcgerichtlichen. Urteile, die das Kriegsgericht als Gericht zweiter Instanz erlassen hat, sind nicht weiter anfechtbar. Die Berufung bildet das durchgreifendste Rechtsmittel insofern, als sie Rechtskraft und Vollziehung des Urteils hemmt, § 383, und die Möglichkeit bietet, den gesamten Gegenstand der Anklage in rechtlicher wie in tatsächlicher Be ziehung einschließlich der Strafzumessung der Prüfung und Beurteilung der höheren Instanz zu unterbreiten, Beg:. 3. 59 fg. und 3- 161, es sei denn, daß die Berufung auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt wird. Vgl. § 382. l>) Die Möglichkeit, das Urteil auch in tatsächlicher Beziehung

Berufung. K 37V.

756

anzufechten, unterscheidet die Berufung von der wesentlich auf Rechtsfr gcn beschräntten Revision. L Die Berufung ist auch dann gegeben, wenn die Entscheidung gesetzwidrig in Urteil-form statt in Beschlußform ergangen ist, RMG. 19 249. Bgl. 8 373 Anm. 2. 3. Der Berufung- ührer mutz durch das Urteil beschwert sein. Bgl. § 363 Anm. lb und § 365 Anm. 1. 4 Rechtskraft des Urteils gegen einen Mittäter hindert nicht die Berufung des anderen Verurteilten. Das Berufungs­ gericht bat dann dessen Tat völlig unabhängig von den gegen den Mittäter getroffenen Feststellungen, auch soweit sie sich auf dessen Anteil an der Tat beziehen, zu beurteilen. RMG. 1 147. 5. Uber zweimalige Berufung, wenn da- in -weiter Instanz angerufene Kriegsgericht wegen Unzuständigkeit de- Stand­ gericht- als Gericht erster Instanz erkennt. Bgl. § 395.

»rift. § 379. Die Berufung muß binnen einer Woche nach Ver­ kündung des Urteils eingelegt werden. Diese Frist beginnt, falls die Verkündung nicht in AnWesenheit des Angeklagten stattgefunden hat, für diesen mit der Zustellung.

Entw. § 364. 1. Die Vorschrift entspricht int wesentlichen dem § 355 StPO. 2. Ist das Urteil ohne Gründe verkündet, so beginnt die Frist erst mit der Zustellung des Utteils. RG. 1 192, 2 78; RGRspr. 1 249, 323, 467, 2 3, 5 66. 3. Die Frist von einer Woche ist nur für die Einlegung der Berufung gesetzt, nicht auch für ihre Begründung. Begr. S. 162. 3. auch § 384. 4. Zu Abs. 2. Zustellung des Utteils an den zur Empfang­ nahme bevollmächtigten Verteidiger erscheint in diesem be­ sonderen Falle unzulässig. RG. 19 390. Bgl. § 381. 5. Eröffnung des Urteils zu Protokoll durch einen Gerichtsofsi^er oder KriegSgerichtsrat steht nach § 324 Abs. 4 der 4s*

76ß

Ordentliche Rechtsmittel.

8 38u.

Zustellung gleich, setzt also auch die Frist in Laus. Die ab* weichende Ausführung von Koppmann, Anm. 5, erscheint nicht begründet. 6.

Ein Verzicht auf die Zustellung ist nicht zulässig.

Er

würde nicht die Frist in Lauf setzen, RG. 19 390; RGRspr. 1 118. 7. Wegen der „Zustellung" s. §§ 137 fg. Zustellung einer einfachen Abschrift ist ohne rechtliche Wirkung. 8.

Zwischen Verkündung und Zustellung des Urteils ist

Einlegung der Berufung bereits zulässig. Tie Zustellung legt nur das Ende, nicht den Beginn der Frist fest, RMG. 17 61. Vgl. 8 363 Anm. lc. 9.

Für den Ge richte Herrn beginnt der Lauf der

Frist stets mit der Verkündung des Urteils.

10. Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechts mittelfrist ist unter den Voraussetzungen und Formen der §§ 147 biS 150 zulässig.

11. Von den beiden Vorfragen, ob die Militärgerichts­ barkeit begründet, oder ob ein Rechtsmittel innerhalb der gesetz lichen Frist und auf dem vorgeschriebenen Weg eingelegt ist, mus; die Frage nach der Zulässigkeit des Rechtsmittels zuerst entschieden werden, RMG. 20 208. Uber unzulässige Rechtsmittel und Rechtskraft s. § 158.

Berufung deS GerichlSherrn.

§ 380. Legt der Gerichtsherr Berufung ein, so mus; er zugleich erklären, weshalb und inwieweit das Urteil von ihni angefochten wird.

Entw. § 365. 1. a) Die

Vorschrift weicht von den §§ 358, 359 StPO,

wesentlich ab, und -war nach Begr. S. 161 in der Absicht, von bortv herein feste Anhaltspunkte für die neue schaffen.

Verhandlung zu

b) Berufung soll nach Pr. KrMin. v. 2. 11. 02 nur dann ein­ gelegt werden, wenn damit ein praktischer Zweck verfolgt wird, vgl. g 866 Anm. 2 c.

Berufung. § 380.

767

L. Die Gründe, aus welchen der Gericht-Herr da- Urteil anficht, sowie der Umfang der Anfechtung (vgl. § 382) müssen aus der im § 363 vorgesehenen Beurkundung hervorgehen. Begr. S. 162. über teilweise Anfechtung des Urteils s. §§ 383, 394. 3. Das Wort „zugleich" soll bedeuten, daß die Erklärung, warum und in welchem Umfange daS Urteil angefochten wird, innerhalb der Berufungsfrist abgegeben werden muß. RMG. 2 142, 11 123, 17 82; PE. 2 64b, 5 61. Der Vorbehalt einer Begründung nach Ablauf der Frist ist unbeachtlich. Nähere Aus­ führungen und Erläuterungen können auch später gegeben werden. Sie berühren aber die Begründung nur insofern, als sie zu deren Auslegung dienen können, RMG. 17 82.

4. a) Das Gesetz verlangt sowohl die Angabe der Gründe („we-halb") als auch die Bezeichnung de- Umfangs („inwie­ weit") der Anfechtung des Urteils. Es kommt hiernach wesent­ lich darauf an, sogleich das Ziel anzuzeigen, das mit der Berufung verfolgt wird, zumal die Berufung auch zugunsten de- Angeklagten eingelegt sein kann. RMG. 11 41, 123, 127, 12 267. Es genügt also nicht lediglich die Erklärung des Gericht-Herrn, daß er mit einem bestimmten Teil de- Urteils nicht zufrieden ist. Denn diewäre nur eine Umschreibung der Anfechtung selbst. ES muß er­ kennbar sein, inwiefern der Gerichtsherr mit dem Urteil nicht zufrieden ist. Die Auslegung der Erklärung hat deren Gesamtinhalt, überhaupt die gesamte Lage der Sache zu berücksichtigen. RMG. 7 108, 11 126. b) Eine bestimmte Form wird für die Erklärung nicht verlangt. Nur der Inhalt kommt in Frage. Dieser muß aber mit genügender Sicherheit erkennbar sein. RMG. 3 145, 239, 4 221, 5 76, 7 108, 10 209, 11 41, 123, 210. Die bloße Erklärung: „Ich lege Berufung ein", ist jedenfalls unzureichend. PE. 17 8. Erwünscht ist es, daß in allen Fällen nach Möglichkeit eine eingehende, den Kernpunkt der Beweisaufnahme oder der Rechtsfrage beleuchtende Erörterung gegeben wird. Die RechtSübung beschränkt sich nicht selten auf kurze, den Anforderungen

758

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 380.

deS Gesetzes nur notdürftig nachkommende Erklärungen, durch welche den Berufungsgerichten ihre Aufgabe nicht erleichtert wird.

Darüber, daß die Beurkundung der Erklärung entsprechen muß, vgl. § 365 Anin. 4c und PE- 2 64u. c) Bedingte Anfechtung ist unzulässig. PE. 15 22; RMG. 4 37, 9 24. Vgl- § 368 Amu. 3b. Eine sogenannte Anschluß­ berufung, welche besonderen Vorschriften, insbesondere einer Entbindung von der Berufungsfrist, unterläge, ist nicht vorgesehen. PE. 8 22. Es würde auch nicht der Stellung des Gerichtsherrn entsprechen, jede Berufung des Angeklagten grundsätzlich mit einer Gegenberufung zu erwidern. d) Bei Anweisung zur Einlegung von Rechtsmitteln nach 8 24, die übrigens zur Not auch vor dem Urteil erteilt werden kann, RMG. 11 205, sind Gründe und Umfang der Anfechtung dem angewiesenen Gerichtsherrn zu bezeichnen, da nur die von diesem abgegebene Erklärung maßgebend ist. RMG. 11 203. 5. a) Ist ein Urteil angefochten, „weil Freisprechung er folgte", so genügt diese Erklärung, wenn nach Lage der Lache feststeht, daß Verurteilung, nicht etwa Einstellung gewünscht wird. RMG. 11 206, 12 267. Auch die Erklärung, daß noch weitere Auf» klärung der Tatfrage erforderlich sei, ist von RMG. 11 11, 12 261, 14 62 noch als genügend zugelassen.

Im Degradationsverfahren bedarf cs gleichfalls einer Er klärung, weshalb das Urteil angefochten wird. PE. 12 11. b) Ist Bestrafung erfolgt, so wird bei Anfechtung der Schuldfrage grundsätzlich zu fordern sein, daß angegeben wird, ob Frei sprechung oder Einstellung oder Verurteilung aus einem anderen Strafgesetz erstrebt wird. Ein bestimmter Antrag wird nicht ver­ langt. RMG. 11 123. Tie Schuldfrage kann nur ungeteilt an gefochten werden. Eine Beschränkung auf die Tat- oder Rechts feite ist aber belanglos, sofern nur der Wille, die Schuldfrage an -ufechten, zum Ausdruck kommt, RMG. 14 3. Bei Anfechtung des Strafmaßes wird im allgemeinen die Angabe genügen, daß das Strafmaß zu gering oder zu hoch er­ scheint. Die Fassung „damit die Möglichkeit bleibt, gegebenenfalls

Berufung. § 381.

759

auf eine höhere Strafe -u erkennen", wird ebenfalls meistens, wenn auch vielleicht nicht immer, genügen. RMG. 11 123; PE. 14 13. Anfechtung gleichzeitig zugunsten und zuungunsten des An­ geklagten ist nur dann möglich, wenn kein innerer Widerspruch zwischen beiden Erklärungen besteht. Beispiel RMG. 11 123. S. auch § 367 Anm. 2. 6. a) Die Vorschrift des § 380 ist zwingend. Nichterfüllung mürbe Verwerfung des Rechtsmittels durch Urteil als unzulässig ohne sachliche Prüfung zur Folge haben. RMG. 11 124, 210. b) Das Revisionsgericht hat die richtige Auslegung der Berufungsertlärung (§ 368 Anm. 3e), als zu den prozessualen Tatsachen gehörig, nachzuprüfen. Beling, Z. f. d. ges. Str. 24 276, jetzt auch RMG. 11 41, 126, 212, 14 62, 15 194 (anders früher z. B. 1 205, 3 145, 4 195, 221, 6 151, 7 237). Auch sonst hat das Revisionsgericht prozessuale Willenserklärungen, z. B. ob ein Beweisantrag vorliegt, zu prüfen. RMG. 8 63. S. auch § 368 Anm. 3© und namentlich RMG. 15 194.

verufmtg bei «»geklagte». z»steU«»g bei Urteils. § 381. Legt der Angeklagte Berufung ein, so ist ihm das Urteil mit den Gründen, sofern dies noch nicht geschehen, sofort zuzustellen. Ist der Angeklagte verhaftet, so ist das Urteil auch dem Verteidiger zuzustellen.

Entw. § 3.6. 1. Die Vorschrift entspricht in ihrem ersten Teil dem § 357 Abs. 2 StPO. Abs. 2 wurde in der Kommission hinzugefügt. KomBer. S. 119.

2. Zuzustellen ist das Urteil mit den Gründen in beglaubigter Abschrift (§ 139). Zustellung einer einfachen ylbschrift oder der bloßen Urteilsformel genügt nicht. RGRspr. 1118. Zustellung mit Gründen ist auch bei öffentlicher Zustellung unvermeidbar, RMG. 16 200. Verweigerung der Annahme steht der Zustellung gleich, RMG. 20 6.

760

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 382.

3. Auch bei verspäteter Einlegung mutz die Zustellung des Urteils erfolgen. Verzicht auf Zustellung ist nicht zulässig. PE. 6 77, 8 23. Vgl. Löwe § 337 Anm. 6. Zustellungsvollmacht an den Verteidiger ist gültig, PE. 3 53. Vgl. § 379 Amn. 4.

Die Zustellung des Urteils ist Voraussetzung der Ent­ scheidung über das Rechtsmittel, sofern es seist- und formgerecht eingelegt war, RMG. 16 200. Zu Abs. 2. Auch Straf 1)aft und andere Freiheitsentziehung sind hier gemeint. RMG. 6 15; Ditzen, Arch. f. Strafe. 52 366.

4. Dem nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bestellten oder ge­ wählten Verteidiger braucht nach RMG. 4 120 das Urteil nicht zu» gestellt zu werden. Wird für die zweite Instanz ein anderer Verteidiger bestellt oder gewählt, so hat die Zitstellung an diesen zu erfolgen.

5. Legt der Gerichtsherr Berufung ein, so ist dem Angeklagten nach 8 137 Abs. 1 nur auf Verlangen eine Abschrift des Urteils u erteilen. Vliif Grund des § 381 hat er keinen Anspruch darauf. RMG. 1 250. Vernehmung über die Beschwerdepuntte.

§ 382. Sind vom Angeklagten bei Einlegung der Be vufitnß bestimmte Beschwerdepunkte nicht ausgestellt, ist nament lief) nicht klar erkennbar, ob er die auf die Schuldfrage bezügliche Entscheidung oder welchen anderen Teil des Urteils er an fechten will, so ist er durch einen OK'ririitöoffiäier oder einen Kriegsgerichtsrat darüber zu vernehmen, weshalb und in wieweit das Urteil von ihm angefochten wird. Bei der Vernehmung hat sich der Olerichtsofsizier oder Kriegsgerichtsrat jeder Eintvirkung auf die Entschließung des Angeklagten ;u enthalten. Ist die im Absatz l vorgeschriebene Vernehmung nicht durch­ führbar, so gilt im Ztveifel der ganze Inhalt des Urteils als angefochten. ICrltr.

>v

36;.

Berufung. § 382.

761

Schrifttum: Risfom, Vernehmung über die Berufung, Arch. 4 140; Erhard, Zuziehung e. Gericht-schreibers bei Bekanntmachung der Anklage und Vernehmung über die Berufung? Arch. 2 127; dazu Elsner v. Gronow, Arch. 2 207; Risfom, Vernehmung über Berufung, Arch. 1 298; Autenrieth, über die Rechtshilfe in den Fällen der §§ 382, 404 MStGO., Arch. 5 354; über den Umfang der Berufung vgl. auch Schrifttum zu § 394. 1. Die von den entsprechenden §§ 358, 359 StPO, stark ab­ weichende Bestimmung des ersten Absatzes bezweckt gleichfalls, vgl. § 380 Sinnt. 1, von vornherein feste Anhaltspunkte für die Verhandlung zu schaffen. Durch die in der Kommission erfolgte Hinzufügung des dritten Absatzes, KomBer. S. 120, ist im wesent­ lichen der § 359 StPO, wiederhergestellt. 2. Im § 382 ist zum Ausdruck gebracht, daß es genügt, wenn die Beschwerdepuntte, deren Aufstellung zur Rechtferttgung der Berufung verlangt wird, nur klar erkennen lassen, ob die An­ fechtung gegen die Entscheidung der Schuldfrage oder gegen einen anderen Teil des Urteils gerichtet ist. Begr. S. 162. 3. a) Bei Auslegung der BerufungserNLrung — auch der Revisionsinstanz zustehend, s. Amn. 5 — kommt zunächst diese selbst in Frage. Die Erklärung ist tunlichst weit, d. h. int Zweifel in einem der Ausdehnung der Berufung günstigen Sinne, vgl. auch Abs. 3, auszulegen, RMG. 2 233, imtnerhin ohne will­ kürliche Abweichung vom klaren Wortlaut, RMG. 4 195; PE. 7 23. Im übrigen soll nicht der Wortlaut der BerufungserNLrung entscheiden, svndent ihr wahrer Sinn. RMG. 3 101, 186, 233, 249. Wenn z. B. der Angeklagte, weil ..in Gerichtssachen völlig unbewandert", sich uad) dem Wortlaut der Ertlärung auf die Am fechtung der Straffrage beschränkt hat, so kann doch sein gesamlcs Verhalten, namentlich bad unentwegte Leugnen der Tat, die Annahme begründen, daß auch die Schuldfrage angefochten sei. Die Vernehmung soll der Aufklärung etwaiger Mißverstandnisse, also der Erläuterung der Bcrufungserklärung hinsichtlich dcS UmfaNgeS dienen. War der Sinn der Berufungseinlegung bereit ö klar, so ist die Vernehmung insoweit ohne Bedeutung.

762

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 382.

PE. 1 60, 6 69a. Eine Erweiterung des Umfanges der Be­ rufung ist nur binnen der Berufungsfrist möglich. Hierbei ist zu bemerken, daß eine beschränkte Berufungseinlegung nicht ohne weiteres einen Verzicht auf spätere Erweiterung enthält. Vgl. § 383 Anm. 4. Wohl aber kann bei der Vernehmung eine Ein fchränkung des Umfanges der Berufung, also eine teilweise Zurücknahme des Rechtsmittels, erklärt werden. PE. €. Mayer, Gerichtssaal 73 263. b) Die Begründung der Berufung hat nur für die Vor dereitung und spätere Leitung der Hauptverhandlung Bedeutung. Es müssen auch die Urteilsgründe auf die Be schwerdepuntte, gleichviel wann sie vorgebracht wurden, eingehen. PE- 5 62, 6 69b. In, übrigen beschränken die vorgebrachten Beschwerdepuntte weder das Gericht in der Beurteilung der Sache, die unter jedem möglichen Gesichtspunkt vorzunehmen ist, noch den Angeklagte,! im Vorbringen neuer und im Fallenlassen alter Beschwerdepunkte. Neue Tatsachen können jederzeit behauptet werden, PE. 4 49, neue Beweismittel sind in, § 388 Abs. 3 ausdrücklich für zulässig erklärt. Tie Vernehmung kann auch zur Angabe von Beweismitteln und zur Äußerung von Anträgen auf Bestellung eines Ver­ teidigers oder von Wünschen wegen der Person des zu be stellenden Verteidigers Anlaß geben. c) Die Zwecke der hier vorgeschriebenen Vernehmung sind im wesentlichen auch in den Formen des § 369, also durch schrift­ liche Eingabe an den Gerichtsherrn oder durch Aufnahme eines Protokolls der dort genannten Urkundspersonen erreichbar. Ties gilt für eine nur binnen der Berufungsfrist zulässige Erweiterung der Berufung, sowie für eine auch später statthafte Einschränkung ihres Umfanges, RMG. 16 213, aber auch für eine Erläuterung der früheren Berufungserklärung hinsichtlich ihres Umfanges, wie auch für die nähere Begründung der Berufung und die zu stellen den Anträge. Vgl. Riffom, Arch. 4 140. Ist also auf einem dieser Wege bereits genügende Klarheit ge­ schaffen, so bedarf es der Vernehmung aus § 382 nicht mehr.

Berufung. § 382.

763

d) über die Erzwingung des Erscheinens zur Vernehmung s. § 404. e) Die Prüfung der Erforderlichkeit der Vernehmung liegt in erster Linie dem Gerichtsherrn der unteren Instanz ob. Vgl. 8 384. 4. a) Die Vorschrift der Vernehmung durch einen Gerichtsoffizier oder Kriegsgerichtsrat besagt nach der Rechtsprechung des RMG., daß in Sachen der niederen Gerichtsbarkeit die ge­ nannten Personen wahlweise, in Sachen der höheren Gerichts­ barkeit nur KriegSgerichtsräte die Vernehmung vornehmen können, also GerichtSoffi-iere nicht in Sachen der höheren Gerichtsbar­ keit, RMG. 12 150; PE. 16 13, 17 19, Amtsgerichte überhaupt nicht, PE. 6 121, 10 15. Dagegen namentlich Gerland, GerichtSsaal 69 355; Rissom, Arch. 1 298; Aulenrieth, Arch. 5 354. Die Frage kehrt bei § 404 wieder. Rücksichten der Geschäfts­ erleichterung weisen auf weitgehende Zulassung von Rechtshilfe hin, während die Sicherung einer wirklich brauchbaren Vernehmung durch eine das Sondergebiet des Militärrechts beherrschende Person für die Auffassung deS RMG. spricht. Vgl. auch § 324 Ms. 4. b) Zuziehung eines MilitärgerichtSschreiberS ist nicht er­ forderlich, RMG. 16 245, vgl. § 163 Anm. 4 d. 5. Das Revisionsgericht hat die richtige Auslegung der BerufungSerklärung auf erhobene Rüge zu prüfen, mithin auch darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen der Vernehmung deS Angeklagten tatsächlich und rechtlich gegeben waren. RMG. 2 280, 3 233. über Nichtgebundensein deS Revisionsgerichts an die Feststellung prozessualer Tatsachen vgl. §§ 368 Anm. 3e, 380 Anm. 6b. 6. Zu Abs. 2. Das Verbot der Einwirkung ist in der Kommission hinzugefügt. KomBer. S. 120. über die Ungültig­ keit der Erklärung infolge unzulässiger Beeinflussung vgl. $g 369 Anm. 3d, 371 Anm. 3 c. Auf die Aufnahme der RechtSmittelerklärung nach § 369 be­ zieht sich daS Verbot nicht, RMG. 13 31. Mihbraucki der Dienst-

764

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 383.

gemalt würde aber auch hier die Erklärung ungültig machen können, vgl. § 369 A,nn. 36. 7. Zu Abs. 3. a) Die Rechtfertigung der Berufung ist hinsichtlich des Angeklagten, anders als nach § 380 für den Gerid)tdl)ernt, kein wesentliches Erfordernis der Berufungs­ einlegung. Der Mangel der Rechtfertigung hat also nicht die Unzulässigfeil des Rechtsmittels zur Folge. PE- 16 13; RMG. r> i5o. b) Als Gründe für die Unausführbarkeit der Vernehmung wurden in der Kommission angeführt: Krankheit oder eine Reise des Angeklagten. KvmBer. E. 120. Au6) der Fall, bafo der An geklagte eine Auslassung verweigert, ist hierher zu rechnen. c) Rad) Zusammentritt des Berufungsgerichts ist die Ver­ nehmung des Angeklagten nicht mehr ausführbar. RMG. 3 233, 6 121. Cb dies auch bei Ausseßung der Hanptverhandlung gilt, ers6)eint zweifelhaft.

Wirkung der Berufung.

§ 383. Durch die rechtzeitige Einlegung der Berufung wird die Rechtskraft des Urteils, soweit dasselbe angefochten ist, gehemmt. Knlw. § 3f/S. Schrifttum: Beling,

Unzulässige Reäüsmitteleinlegung in ihrer Bedeutung für Rechtskraft, Vollstreckbarkeit und Anrechnung der Untersuchungshaft, Z. 38 801. 1. Die Vorschrift gibt den 8 357 Abs. 1 LtPO. wörtlich wieder. 2. Uber ..rechtzeitige" Einlegung vgl. § 379. " 3. Hier wird die Möglichkeit einer teil weisen Rechtskraft des Urteils anerkannt. Näheres § 394 und § 395. 4. Der Wortlaut der §§ 382, 383 nötigt nicht -u der Annahme, daß die teilweise Anfechtung für sich allein einen Verzicht nur* weitere Anfechtung enthält. Edens.' Löwe § 359 Amn. 2. Der Umfang der Berufung kann also innerhalb der Rechtsmittelfrist erweitert werden.

Berufung. $ 384.

766

3. Nur die rechtzeitige (Anlegung der Berufung hemmt den Eintritt der Rechtskraft. Bgl. §§ 416, 458 und RMT. 15 36 und andererseits 20 208. Die aufschiebende Wirkung tritt ein mit der Einlegung des Rechtsmittels. Mit der Hemmung der Rechtskraft de- Urteil- wird zugleich dessen Vollstreckung gehemmt. Uber verspätete (Anlegung Der Berufung als Grund zur Unterbrechung der bereit- begonnenen Bollftrechmg s. §§ 416, 458. Auch verspätet eingelegte Berufungen sind der entscheiden­ den Stelle vorzulegen. S. § 384 Anm. 2. 6. Durch Berufung des Gerichtsherrn zuungunsten des Angeklagten wird die Rechtskraft des Urteils, da nach § 367 Abs. 2 auch eine Änderung zugunsten des Angeklagten die Folge sein kann, nach beiden Seiten hin gehemmt.

Vorlage an die VerafmrgSinpauz. § 384. Ist Berufung eingelegt, so hat der Gerichtsherr erster Instanz die Akten dem Gerichtsherrn der Berufungsinstanz vorzulegen. Gleichzeitig sind, wenn die Berufung vom Gerichtsherrn eingelegt ist, dem Angeklagten die Schriftstücke über (Anlegung und Begründung der Berufung zuzustellen. Der Angeklagte und der Gerichtsherr erster Instanz sind befugt, eine schriftliche Gegenerklärung auf die Begründung der Berufung vor dem Termine zur Hauptverhandlung zu den Akten einzureichen.

Entw. § 369. 1. Die Bestimmungen weichen von den entsprechenden der §§ 360—362 StPO, erheblich ab. 2. § 384 schreibt für jeden Fall der (Anlegung der Berufung, sollte auch die Frist nicht gewahrt oder der vorgeschriebene Weg nicht innegehalten sein, die Vorlegung der Akten an den Gerichtsherrn der Berufungsinstanz vor, dessen Zu-

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ 385.

ständigteit mit der Einlegung des Rechtsmittels begründet ist, wie auch mit demselben Zeitpunlt die in § 383 vorgesehene aufschiebende Wirkung eintritt. Dem Gerichtsherrn erster Instanz ist unbenommen, in den Akten die ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen niederzulegen, die für den Fall der Bestellung eines Berufungsgerichts bis zum Termin der Hanptverhandlung vervollständigt werden können. Begr. S- 162. 3. Mit der Einlegung der Berufung wird die Untersuchung beim höheren Gerichtsherrn anhängig. Der untere Gcrichtsherr ist von diesem Zeitpunlt ab weder zum Erlaß noch zur Aufhebung eines Haftbefehls zuständig. Wohl aber muß er als befugt vr achtel werden, außer der Zustellung des Urteils nach § 381 die nach Abs. 2 erforderliche Zustellung sowie die nach § 382 er­ forderliche Bernehmu ng des Angetlagten zu veranlassen. Bei der Vernehmung werden zwecks Vermeidung nochmaliger späterer Vernehmungen sogleich auch etwaige Anträge zur Vorbereitung der Verteidigung und auf Bestellung eines Verteidigers in zweiter Instanz entgegengenommen. 4. Eine Frist zur Begründung der Berufung hot die MSt GO. nicht vorgesehen. Begr. £. 162. S. auch § 379 Anm 3. Anders 8 358 StPO. 5. Zu Abs. 2. Die Unterlassung der Zustellung der Schriftstücke über die Berufung des Gerichtsherrn muß der An geklagte in der Hauptverhandlung rügen, widrigenfalls der Fehler als geheilt gilt, RMG. (1. Sen.) v. 8. 6. 17. 6. Zu Abs. 3. Eine Zustellung der Gegenerklärung des Gerichtsherrn ist nicht ausgeschlossen.

Zurückweisung alS unzulässig.

§ 385. Der Gerichtsherr der Berufungsinstanz kann das Rechtsmittel als unzulässig zurückweisen, wenn dasselbe nicht innerhalb der gesetzlichen Frist (§ 379) oder nicht auf dem vorgeschriebenen Wege (§ 369) eingelegt ist.

Berufung. $ 38'».

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Gegen diese Verfügung findet binnen drei Tagen nach der Zustellung die Rechtsbeschwerde an das Reichsmilitärgericht statt.

Entu\ § 370. Schrifttum: Beling, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch den Gerichtsherrn der Berusungsinstan-, Z. 38 490. 1. § 385 legt dem Gericht-Herrn der Berufungsinstanz, nach­ dem die Akten an ihn gelangt sind, zunächst die formale Prüfung auf, ob bei der Einlegung der Berufung die gesetzlichen Fristen und Formen gcwahtt sind. Begr. S. 163. Kommt der Gerichts­ herr zur Verneinung dieser Fragen, so kann er die Berufung ohne weiteres als unzulässig zurückweisen. Er ist hierzu aber nicht verpflichtet, kann vielmehr auch bei Verneinung jener Fragen die Entscheidung dem Gericht überlassen. 2. Der obere Gerichtsherr darf nur Weg und Frist prüfen, »licht B. die etwaige UnzulLssigkeit der Berufung wegen eine­ früheren Verzichte-, PE. 1 61 oder die Legitimation des Ver­ teidiger- zur Einlegung, RMG. 1 65, 94, 2 18. Rechtsmittel, die von unberechtigten Personen eingelegt sind, kann er, wie auch schon der untere «erichtsherr, als unzulässig zurückweisen. 3. Die zurückweisende Verfügung de- Gericht-Herrn bedarf der Mitzeichnung durch einen richterlichen Militärjustizbeamten ge­ mäß § 97 Abs. 2 und ist mit Gründen zu versehen (§ 136). 4. Der um Aburteilung ersuchte obere Gerichtsherr hat daS Prüfungsrecht, s. Anm. 1, nicht. RMG. 4 188. 5. Der Gerichtsherr ist zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nur nach der negativen Seite hin bindend. Eine positive Entscheidung dahin, daß die Berufung zulässig sei, ist ihm nicht, auch nicht durch die Eingangswotte des § 386, zu­ gewiesen. Seine Ansicht, daß die Berufung formell in Ordnung sei, ist demgemäß auch für das erkennende Gericht nicht bindend, RMG. 2 142, 6 137; PE. 5 64. Folgerichtig kann im Falle eines Wiedereinsetzungsgesuchs der Gerichtsherr auch nur zur Ablehnung zuständig sein, nicht

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Ordentliche Rechtsmittel.

$ 36 >

zur Bewilligung, welche vielmehr dem erkennenden Gericht überlassen bleibt. Indessen erklärt RMG. 6 134, 7 265, 19 31; PE8 4, 5, 15 5 den Gerichtsherrn auch zur Bewilligung der Wieder­ einsetzung für zuständig. Hierüber s. § 149 Anm. 2 b. Traf der Gerichtsherr keine Entscheidung, so fällt sie unbestritten dem er­ kennenden Gericht zu, RMG. 19 31. 6. a) Findet daS Gericht, daß die Berufung nicht in der ge­ setzlichen Frist oder nicht auf dem vorgeschriebenen Wege ein­ gelegt ist, oder daß die Berufungserklärung aus anderen Gründen, z. B. wegen vorausgegangenen Verzichts oder wegen numgclnber Legitimation des Verteidigers ungültig eingelegt ist, so hat es auf Unzulässigkeit der Berufung zu erkennen, PE. 5 64, und zwar durch Urteil, PE- 4 88; vgl. dazu § 407 Abs. 1. Bort den beiden Vorfragen, ob die Militärgerichtsbarkeit begründet und ob ein Rechtsmittel frist- und sormgerecht eingelegt ist, mutz die Frage tiaci) der Zulässigkeit des Rechtsmittels zuerst entschieden werden, RMG. 20 208.

b) Ergibt sich, datz überhaupt keine Berusung eingelegt ist, so würde das Gericht durch Beschluß die Hauptverhand­ lung für unzulässig zu erklären haben. Dies gilt wenigstens für den von Flaxland, Arch. S. 287, hervorgehobenen Fall, datz das Vorliegen einer gültigen Berufung von keinen! Prozetzbeteiligten behauptet wird. Zweifelhaft ist der Fall der Berufung seitens eines Unzurechnungsfähigen zumal, wenn die Ge­ schäftsunfähigkeit auch zur Zeit der Hauptverhandlung fortdauert. Vgl. dazu RMG. 10 271, §§ 395, 407. 7. Zu Abs. 2. b) Gegen die Versäumung der dreitägigen Frist kann aus den in § 147 angeführten Gründen die Wieder­ einsetzung in den vorigen Stand beansprucht werden. b) Die das Rechtsmittel zulassende Entscheidung des Reichs Militärgerichts ist für das erkennende Gericht bindend. So auch Herz-Ernst Anm. 4; Seidenspinner Anm. 4; Gerland 69 271: Beling, Z. 38 490. A. M. Weigel Anm. 2; Löwe § 363 Anm. 7. Vgl. oben 8 149 Anm. 2 b.

Berufung. § 386.

769

o) Darüber, ob die Recht-beschwerde bereit- vor der Zu­ stellung der zurückweisenden Verfügung eingelegt werden kann, vgl. §§ 247, 363. Verneinend RMG. 9 65.

Herbeiführung der Gerichtsentscheidung. Wird die Berufung zugelassen, so hat der Gerichts­ herr der Berufungsinstanz den Zusammentritt des erkennenden Gerichts (§ 62 Nr. 2, § 65) zu veranlassen. Mit der Berttetung der Anklage in der Hauptverhandlung ist ein Oberkriegsgerichts­ rat oder ein Kriegsgerichtsrat zu beauftragen.

§ 386.

Entw. § 371. 1. Die Bestimmung entspricht den für die erste Anstanz ge­ gebenen Vorschttften der §§ 261, 255 Abs. 2. 2. Da das Gericht die Frist- und Formgerechtheit selbständig prüft, bedeutet die Zulassung hier nichts anderes als die Nicht­ zurückweisung nach § 385. Eine besondere Zulassungsverfügung wäre daher prozessual bedeutungslos. Vgl. § 886 Anm. 5. Dort auch wettere- Über Wiedereinsetzung in den vottgen Stand. 3. Die Vertretung der Anklage in der Hauptverhandlung wird regelmäßig einem Kriegsgerichtsrate Überttagen werden. ES gtlt dies auch von den Oberkriegsgerichten, da da- Gesetz (§ 66) die Verwendung von OberkriegSgerichtSräten als Mitglieder deOberkriegsgerichts als Regel voraussetzt. Hiervon abgesehen steht dem GettchtSherrn die Wahl unter den ihm beigeordneten richterlichen Milttärjustizbeamten selbstverständlich frei. Begr. S. 163. S. auch PE. 2 31 und RMG. 7 60, sowie Gerland, Die dtttten OberkttegSgerichtsratsstellen bei den Generalkommandos, Gerichtssaal 69 218; Rissom, Arch. 2 852; Beling, Z. 38 474. 4. Wegen der Pflichten des Vertreters der Anklage vgl. §§ 97 Anm. 15 und 273 Anm. 4. 5. Im Wege der Rechtshilfe kann sich ein GettchtSherr von jedem anderen einen richterlichen Milttärjustizbeamten zu­ weisen lassen, um diesen mit der Vertretung der Anklage zu beauftragen. RMG. 9 144. Vgl. aber § 262. Romen-Rissom, MStSO., 2. Ausl.

49

770

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 387.

6. Uber die Zulässigkeit einer Ergänzung des Beweismaterials durch neue Erhebungen seitens des Gerichtsherrv der Berufungsinstanz vgl. RMG. t 153 und (abweichend davon, die Zulässigkeit verneinend) 11 44. Man wird Nachforschungen, Zeugenvernehmungen, ohne die eine zweckmäßige Vorbereitung der Hauptverhandlung nicht mög­ lich ist, wohl trotz § 168 nicht für völlig ausgeschlossen erachten können. Vgl. PE. 4 43, wo nach Aussetzung einer Hauptverhand­ lung neue Ermittlungen des Vertreters der Anklage zugelassen sind, und Herz-Ernst § 388 Anm. 10.

Auftrag zur GerichtSberusung. § 387. Ist in Sachen der

niederen Gerichtsbarkeit der kommandierende General (Admiral) Gerichtsherr der Be rufungsinstanz, so kann er mit der Zusammenberufung des ex kennenden Kriegsgerichts einen ihm unterstellten Gerichtsherrn beauftragen.

Entw. § 372. 1. Es handelt sich um die stalle des § 31, in denen der kom­ mandierende General der unmittelbare und einzige obere Gerichts­ herr des niederen Gerichtsherrn ist. Der § 31 sieht nämlich eine Abgabe der zweiten Instanz nicht vor, sondern beläßt sie dem kommandierenden General. Nach AusfBest. zu § 37 v. 2. 7. 14, s. § 37 Anm. 5, können aber Militärverbände usw., die nicht zum Befehlsbereiche eines mit höherer Gerichtsbarkeit versehenen Militärbefehlshabers gehören, durch den kommandierenden General, in dessen Bezirk sie ihren Standort haben, hinsichtlich der niederen Gerichtsbarkeit zweiter Instanz einem Gerichtsherrn zugeteilt werden. Die Gerichtsübung bezieht diese AusfBest. nicht nur auf Truppenverbände, die sich im Gebiete des kommandierenden Generals, ohne ihm unterstellt zu fein, befinden, sondern auch auf Truppenteile, die dem kommandierenden General dienstlich unter­ stehen. Hiernach hat die Vorschrift ihre schon früher geringe Be­ deutung fast ganz eingebüßt.

Berufung, g 368.

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L Der Ginn der „Beauftragung- geht dahin, daß der be­ auftragte Gericht-Herr die sämtlichen zur Vorbereitung der Hauptverhandlung erforderlichen Anordnungen treffen, insbeson­ dere Beweismittel herbeischaffen und den Verteidiger bestellen soll. Es handelt sich also sachlich um ein Ersuchen um Ab­ urteilung nach §§ 262, 263, nur daß hier daS Wort „beauftragengewählt ist. Su Dem beauftragten Serichlsherrn kann auch die Bestimmung des Kriegsgericht-rats zur Vertretung der Anklage tu der Hauptverhandlung überlassen bleiben. Begr. durch Bestimmungen namentlich über den Prozetzbericht und die Wiederbenutzung der Beweisaufnahme erster Instanz ergänzt in §§ 391, 392. §§ 312, 313, betreffend die Schlußvorträge, sind durch g 393 ersetzt. § 314 (nicht ausdrücklich erwähnt) betr. Inhalt de- Urteils und §§ 815—323, 324 Abs. 2, 325^327, bett. Feststellung, Ab­ fassung und Verkündung deS Urteils, sind ersetzt durch g§ 894, 396 Abs. 1, 396. §S 828—330 (sämtlich nicht ausdrücklich erwähnt), bett. Un­ zuständigkeit-erklärung, sind durch g 395 Abs. 8 ersetzt, RMG. 19 249. §§ 831—335, betreffend da- SitzungSprotokoll, finden ent­ sprechende Anwendung. § 836, betreffend Fertigstellung und Unterschrift deUrteils binnen drei Tagen, findet, obwohl nicht besonder- erwähnt, nach RMG. 8 55, abgesehen von der Fristbestimmung, gleichfalls entsprechende Anwendung. 2. Die Recht-beschwerde gegen Beschlüsse deS Ober­ kriegsgericht im Falle de- § 290 Abf. 5 geht an- Reichsmilitärgericht. RMG. 12 193.

Verichterstatt««-.

§ 391.

Nachdem die Hauptverhandlung nach Vorschrift der §§ 294 bis 296 begonnen hat, erstattet der die Verhandlung führende Kriegsgerichtsrat oder OberkriegSgerichtSrat in Ab-

?S2

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 391.

Wesenheit der Zeugen Bericht über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Das Urteil erster Instanz ist stets zu Detlefen.

Sodann folgt die Vernehmung des Angeklagten, falls dieser anwesend ist, und die Beweisaufnahme.

Entw. § 375. 0d)rifttiUB: Rissom, Der Bericht, Arch. 2 459. L Die Vorschrift entspricht dem § 365 StPO8. a) Die Grundlegung der Verhandlung erfolgt nach §§ 294—296 ebenso wie in erster Instanz. Ablehnungen sind bis zum Beginn der Berichterstattung geltend zu machen, RMG. 15 90. b) An die Stelle der in erster Instanz die Hauptverhandlung abgrenzenden Verlesung der Anklage, § 297, tritt in der Hauptverhandlung -weiter Instanz ein von dem die Verhandlung führen­ den Richter, § 292, mündlich zu erstattender Bericht über die Lage der Sache, wobei das Urteil erster Instanz verlesen werden muß. Begr. S. 164. c) Der Bericht soll hiernach für die zweite Instanz in gleicher Weise, wie die Verlesung der Anklage in erster Instanz die Grundlage für die Verhandlung zur Sache abgeben. Er hat also rein prozessuale Bedeutung, nicht etwa den Zweck, einen Teil der Beweisaufnahme zu bilden. Den Mittelpunkt des Berichts bildet das angefochtene Urteil, dessen Verlesung zwingend vorgeschrieben ist. Die Verlesung soll jedoch lediglich das Vorhandensein und den Inhalt des Urteils feststellen, nicht aber ist es zulässig, die Feststellungen des Urteils der Beweiswürdigung zugrunde zu legen, RMG. 6 305, 7 23, 11 149, 14 15. Soweit nur selbständige Teile des Urtells angefochten sind, kann die Verlesung sich auf sie beschränken. Da nun aber das Urteil den prozessualen Stand der Sache, mit dem das Berufungs­ gericht bekauutzumachen ist, nicht erschöpft, so ist ein allgemeiner Bericht vorgeschrieben, ein Bortrag des Verhandlungsführers, um dem Gericht die bisherigen Ergebnisse des Verfahrens zu vermitteln, RMG. 14 149. Aus dieser Zweckbestimmung er­ gibt sich, wie weit der Bericht ins Verfahren der ersten Instanz

Berufung. $ 391.

783

zurückgreifen soll. Bei einem Angriff auf die Schuldfrage wird er regelmäßig die An klage Verfügung, welche schließlich auch die Grundlage des Verfahrens für die Berufungsinstanz ist, zu erwähnen haben, und zwar ausführlicher, nötigenfalls unter Verlesung der­ selben, dann, wenn eine Abweichung von der Anklageverfügung in Frage kommt. Außer dem Urteil und den ihm vorausgegangenen Prozeßhaudlungeu sind die Angriffe der Prozetzbeteiliglen im Anschluß an die eingelegten Berufungen und die gesetzlich vor­ gesehenen ergänzenden Erklärungen vorzutragen, unter Angabe der Tatsache, welche für die Prüfung von Form und Frist der Berufung von Bedeutung sind. Vielfach wird es sich empfehlen, nach einer kurzen Kennzeichnung des Urteilsgegenstandes den Bortrag mit den verufungsangriffen zu beginnen, da diese das Feld der Tätigkeit abstecken, namentlich insoweit, als sich aus ihnen ergibt, wie weit das Urteil rechtskräftig ist. Soweit das Urteil rechtskräftig ist, handelt es sich um Ergebnisse des Verfahrens, die nicht mehr zu erschüttern sind. Auch soweit daS Urteil in vollem Um­ fange angefochten ist, pflegt ein gewisser allgemeiner Rahmen der Handlung von den Prozeßbeteiligten nicht bestritten zu werden. Diese Tatsachen tonnen dann als bisher unbestrittene vorgetragen werden, unbeschadet der selbständigen nochmaligen Prüfung und Feststellung bei der Beweisaufnahme, RMG. 11 145, 14 14. Ls empfiehlt sich, daß der Berichterstatter schon mit Rücksicht auf die Hörer die Darstellung dieser Ergebnisse des bisherigen Verfahrens selbständig gestaltet und nicht etwa nur die Anklageschrift oder den Tatbericht abliest, waS allerdings, wenn deren Anhalt sich mit den tatsächlichen Ergebnissen auch des späteren Verfahrens deckt, nicht schlechtweg verboten ist, RMG. 7 23, 5 8. Die Verlesung von Schriftstücken bei der Berichterstattung ist im Satz 1 des § 392 ausdrücklich gestattet. Diese Erlaubnis bezieht sich nach PL. 11 15 auf alle in der Hauptverhandlung verlesbaren Schriftstücke, aller­ dings, wie RMG. 6 305 hinzufügt, unter Beschränkung auf die­ jenigen Beweismittel, welche in erster Instanz zulässigerweise ver­ lesen und erhoben sind. Nach dieser Entscheidung soll der Bericht dem Gerichte insoweit einen Überblick über den Straffall

784

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 391.

geben, als erforderlich ist, um die darauffolgende Be­ weisaufnahme richtig -u verstehen. In gleicher Welse geht RMG. 7 23 davon aus, daß der BerusungSrichter zum Zwecke des Verständnisses über die erhobenen Beschwerden von vornherein über das Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz, soweit dies die aufgestellten Beschwerdepunkte und der in Aussicht stehende unmittelbare Be­ weis notwendig macht, unterrichtet werden. Auch hier wird also die lediglich vorbereitende Eigenschaft des Berichts an­ erkannt. Werden Einzelstrafen, hinsichtlich deren das frühere — teilweise aufgehobene — Berufungsurieil die Rechtskraft erlangt hat, zur Bildung einer Gesamtstrafe gemäß § 74 RStGB. herangezogen, so genügt es, wenn die fraglichen Straffälle und die Hierwegen er­ kannten Einzelstrafen im Rahmen der Berichterstattung zur Kennt­ nis des Berufungsgerichts gebracht werden. Uber den Um fang des Berichts entscheidet der Berhandlungsführer nach pflichtmäßigem Ermessen. Ein Zuviel schadet nicht, da überflüssige Mitteilungen unschädlich sind. Ein Zuwenig schadet auch nicht, da der fortgelassene Teil späterhin zum Gegenstände der Verhandlung gemacht werden kann, was zu beantragen in der Hand der Prozeßbeteiligten steht. Da das Sitzungsprotokoll nicht dazu bestimmt ist, über den Inhalt des Berichts Beweis zu liefern, folgt aus dem Schweigen des Protokolls nicht, daß eine bestimmte Prozeßhandlung nicht Gegenstand des Berichts gewesen sei, viel­ mehr wäre eS Sache des Revtsionsführers, die Möglichkeit, daß die Bekanntgabe bei der Berichterstattung erfolgt ist, zum mindesten durch eine bestimmte gegenteilige Behauptung auszuschließen, RMG. 18 89. Hiernach ist der Bericht im wesentlichen ein prozessuales Hilfs­ mittel, um dem Gericht die Kenntnis des Akteninhalts an Stelle der gleichfalls zulässigen, aber zeitraubenden formlosen Ein­ sicht zu vermitteln. Darüber hinaus soll er, ebenso wie die Ver­ lesung der Anklageverfügung in erster Instanz, eine amtliche Feststellung des Such- und StreitstandeS geben, welche es

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Berufung, g 898.

erspart, da- Berichtete -um besonderen Gegenstände der münd­ lichen Verhandlung -u machen, über Bericht und Mündlichkeitsgrundfatz vgl. noch RMG. 18 89, über Feststellung pro­ zessualer Tatsachen s. RMG. 15 194. d) Einzelne Verlesungen können als unzulässig nach § 292 Abs. 3 beanstandet werden. Eine Erzwingung der Ergänzung des Berichts ist nicht vorgesehen. e) Das Urteil erster Instanz ist stets zu verlesen, während das Urteil der Revisionsinstanz, durch welches die Sache unter Auf­ hebung des vorausgegangenen BerufungSurteils zurückverwiesen ist, nicht verlesen zu werden braucht, RMG. (II. Sen.) v. 18. 9. 16. Kurze Erwähnung Int Bericht wird sich meist empfehlen. f) Die Vorschrift, daß der Bericht „in Abwesenheit der Zeugen" erstattet wird, bezieht sich nur auf die auf Gestellung oder Ladung erschienenen Zeugen, nicht auf Personen, die etwa später auS dem Zuschauerraum aufgerufen werden. RMG. 3 146. 3. Zu Abs. 2. ») Es enthält keine Gesetzesverletzung, wenn der Verhandlung-führer bei Gelegenheit der Vernehmung des Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse ihn nach dem Stande neuerlich gegen ihn anhängig gewordener Unter­ suchungen befragt. RMG. - 269. Derartige noch schwebende Fragen sind mit Vorsicht zu verwerten, RMG. 10 29, wenn sie auch der Beweisaufnahme nicht unbedingt entzogen sind. Rissom, Gerichtssaal 73 315. b) Damit, daß der Beweisaufnahme ihr — regelmäßiger — Platz in der Reihenfolge der Prozeßhandlungen zugewiesen wird, folgt nicht, daß allemal eine Beweisaufnahme stattfinden müsse, RMG. 16 190. Nähere- s. § 392.

Verlesung bot Schriftstücken. § 382. Bei der Berichterstattung und der Beweis, aufnähme können Schriftstücke verlesen werden. Protokolle über Aussagen der in der Hauptverhandlung erster Instanz dernommenen Zeugen und Sachverständigen dürfen, abgesehen von den Fällen der §§ 805, 807, ohne die Zustimmung des

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Romen-Rissom. MStGO., L. Aust.

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ 392.

Vertreters der Anklage und des Angeklagten nicht verlesen werden, wenn die Zeugen oder Sachverständigen wiederholt gestellt oder aus wiederholte Ladung erschienen sind oder wenn deren Borladung von dem Angeklagten rechtzeitig vor der Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 269 Absatz 4 be­ antragt worden ist. Im übrigen gelten bezüglich der Beweis, aufnähme die Bestimmungen der §§ 298 bis 311.

Entw. § 376. Schrifttum: v. Bippen, § 392 MStGO-, DJZ. 1910 S. 139, Rissom, Zustimmung zur Verlesung eines Protokolls über kom­ missarische Beweisaufnahmen, Arch. 2 60; Rissom, Zustimmung zur Verlesung von Protolollen erster Instanz, Arch. 2 60; Twele, Berlesbarkeit der Protokolle über Aussagen in erster Instanz, Arch. 4 264; Rissom, Wiederholung der Beweisaufnahme erster Instanz, Arch. 5 211. 1. Die Vorschrift gibt bis auf den Schlußsatz im wesentlichen den § 366 StPO, wieder. 2. In der Berufungsinstanz ist bei der Beweisaufnahme die Verlesung von Attenstücken in ausgedehnterem Maße gestattet als in der Haupwerhandlung erster Instanz. Begr. S- 164. Näheres über die Zulässigkeit der Verlesung bei der Berichterstattung s. § 391 Anm. 2. 3. a) Die Bestimmungen der ersten Instanz über die Beweis aufnähme finden grundsätzlich auch in zweiter Instanz Anwendung. RMG. 6 28. ES sind §§ 298, 299, sachliche und formale Pflicht zur Beweiserhebung lvgl. namentlich § 299 Abs. l), vgl. dazu RMG. 8 5: 300 Aussetzung: 301 Abtreten und zeitweise Ent­ fernung des Angeklagten; 302 Entlassung der Beweispersonen; 303—310 Urkundenbewei«: 311 Anhörung des Angeklagten. b) Die Beweisaufnahme erfolgt durch den Berhandlungs führer. Eines Gerichtsbeschlusses bedarf es nur in den vom Gesetz bestimmten AuSnahmefällen. RMG. 6 28; PE. 6 72a. c) Auch in zweiter Instanz darf ein Beweis nicht verwettet

Berufung. | 39*.

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werden, ohne erhoben zu fctn. Erhebung bei Bemetfei t» der ersten Instanz genügt nicht. PE. 3 56, 5 44. Die Beweiserhebung muh zulässig erfolgt sein. PE. - 66». Verletzung ist Revisionsgranb, wenn die unzulässige Beweiserhebung von Einfluß aus das Urteil gewesen sein kann. RMG. 6 28. Der ursächliche Zusammen­ hang ist nur insoweit ausgeschlossen, als die Urteilsgründe ergeben, daß die Verletzung aus das Urteil ohne Einfluß war. RMG. 9 869. Ohne Einfluß ist der Fehler insbesondere, wenn daS Gericht aus­ drücklich erUtrt, einen Beweis als unzulässig erhoben nicht berück­ sichtigt zu haben. d) Protokolle über die vor der Hauptverhandlung -weiter Instanz gemäß §8 270, 271 herbeigeführten kommissarischen Ver­ nehmungen sind, wenn deren Vorliegen in der Hauptverhandlung festgestellt wird, herbeigeschaffte Beweismittel i» Sinne bei 8 299. RMG. 8 291. 4. Auch für den Urkundenbeweis sind in der Berufungs­ instanz grundsätzlich die Vorschriften für die erste Instanz maß­ gebend. Löwe 8 866 Amn. 2; Koppmann Anm. 1; PE. 3 66a. Hiernach werden gemäß § 308 Urkunden durch Verlesung zur ftenntnil bei Gerichts gebracht. Abgesehen von den im § 810 erwähnten Erklärungen ist nach $ 304, wenn der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person beruht, diese in der Hanpwerhandlnng zu vernehmen. Hiervon sind nur drei Ausnahmen vorgesehen: ») Bad) § 805 können durch einen Gerichtsoftizier, einen KriegsgerichtSrat oder einen anderen richterlichen Beamten aufgenommene Protokolle über Aussagen von Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten, die verstorben oder geisteskrank geworden sind oder deren Aufenthalt nicht zu ermitteln gewesen ist, sowie von Zeugen oder Sachverständigen unter den Voraussetzungen der 88 165 Abs. 2, 270 (Krankheit, große Entfernung) verlesen werden, sofern die nicht etwa durch Verzicht, PE. 2 66b, erlassenen Formen und die Vorschriften über die Beeidigung festgestellter* maßen erfüllt sind. Vgl. «MG. 2 28, 7 198, 10 17, 11 6; PE. 6 6. Bei unterbliebener Terminsnachricht ist Zustimmung der Prozeß.

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ SSL.

beteiligten zur Verlesung erforderlich, die grundsätzlich ausdrücklich, ober auch, B. bei Geschehenlassen der Verlesung nach Vekanntgabe des Mangels und Aufforderung zur Erklärung, auch still­ schweigend geschehen tarnt, RMG. 13 156; Rissom, Arch. 2 60. Hierher können auch Sitzungsprotokolle einer ausgesetzten Haupt­ verhandlung gehören. b) Nach § 307 kann das Protokoll über die frühere Ver­ nehmung eines Zeugen oder Sachverständigen zur Unter­ stützung seines Gedächtnisses oder zur Feststellung oder Behebung eines Widerspruchs mit der früheren Aussage ver­ lesen werden. c) Nach § 308 können gerichtliche Protokolle über die Erklärungen des Angeklagten zum Zwecke der Beweisaufnahme über ein Ge­ ständnis sowie zur Feststellung oder Behebung eines Widerspruchs mit einer früheren Aussage verlesen werden. 5. Für die zweite Instanz wird eine tatsächliche Erweite­ rung des Urkundenbeweises dadurch herbeigeführt, daß zu beu Protokollen, die nach Anm. 4 verlesbar sind, das Protokoll über die Aussagen des Beschuldigten, der Zeugen und Sachverständigen in der Hauptverhandlung hinzukommt. Auch dieses Sitzungsprotokoll darf also unter den in Anm. 4 angegebenen Voraussetzungen der §§ 305, 307, 308 verlesen werden. RMG. 6 28, 7 193. Voraus­ gesetzt ist hierbei, daß es sich nicht um neue Beweisfragen handelt, in welchem Fall erneute persönliche oder kommissarische Ver­ nehmung erfolgen müßte. RMG. 7 193. Der nach § 288 Abs. 5 rechtzeitig gestellte Antrag auf persön­ liche Vernehmung schließt zwar die Verlesung unter dem Ge­ sichtspunkt einer Wiederholung der Beweisaufnahme, nicht aber die Verlesung auf Grund der §§ 305, 307, 308 aus. RMG. 9 269. 6. Eine rechtliche Erweiterung des Urkundenbewcises ent-, hält jedoch für die zweite Instanz der in den §§ 388 Abs. 6, 392 aufgestellte Grundsatz der Wiederholung der Beweis­ aufnahme erster Instanz durch Verlesung deS SitzungS-

Berufung. § 398.

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Protokoll- flber die Aussagen der Zeugen und Sachverständigen. RMG. 1 888, 5 8, 6 28. Über die gesetzgeberische Bedeutung der Vorschrift s. Löwe § 366 Anm. 3 a. Diese Wiederholung ist nur dann ausgeschlossen, wenn entweder die Beweispersonen gestellt oder auf Ladung er­ schienen sind (herbeigeschaffte Beweismittel), oder die Ge­ stellung und Vorladung vom Gerichtsherrn dem Angeklagten nach § 388 bekanntgemacht oder vom Angeklagten rechtzeitig be­ antragt ist (gleich steht die Unmöglichkeit rechtzeitigen Antrags infolge versäumter oder verspäteter Bekanntgabe nach § 388 Abs. 5; vgl. § 388 Anm. 7). RMG. 1 232, 5 8, 6 28, 7 193, 8 5, 9 20, 269, 11 269, 14 849, 15 265, 16 55, 190, 17 101, 18 30, 211, 271. ES kann jedoch auf beide AusschließungSgründe verzichtet werden. RMG. 10 264. 7. Zu dem Grundsatz der Wiederholung der Beweis­ aufnahme ist im einzelnen noch folgendes zu bewerken: a) Nur die Aussage, welche als in der Hauptverhand­ lung erster Instanz gemacht feststeht, kann verlesen werden. Hier rächt sich die im Anschluß an den mißverstandenen Wortlaut deS 8 333 vielfach übliche Protokollsassung dahin, daß der Zeuge „im wesentlichen- dasselbe ausgesagt habe, wie bet seiner Ver­ nehmung im Vorverfahren. Diese Fassung läßt zweifelhaft, was der Zeuge wiederholt hat, und bietet daher keine genügende Grund­ lage der Verlesung, RMG. 19 48. Bet Verlesung bet Aussage ist, und -war der Sicherheit halber tunlichst vorher, festzustellen, daß bet der mündlichen Vernehmung in erster Instanz die Bedingungen einer gültigen Beweis­ aufnahme erfüllt waren. PE. 2 66. Dahin gehören Be­ eidigung, soweit sie erforderlich ist, RMG. 6 82, 7 193; PC. 6 72b, Belehrung über Zeugnis- und Eidesverweigerungsrecht. RMG. 1 144. Wird die nichteidliche Aussage eines in erster Instanz ver­ nommenen Zeugen gemäß § 393 in der Hauptverhandlung verlesen, so muß der Grund der Nichtbeeidigung bekanntgegeben und ferner beurkundet werden, daß das Berufungsgericht auch seinerseits den

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ 392.

gesetzlichen Grund der Richtbeeidigung als vorliegend erachtet. RMG. 12 74. Uber die Verletzung als Revisionsgrund vgl. Anm. 3c. b) Der in erster Instanz gemäß § 305 zulässig durch Ver­ lesung eines früheren Protokolls erhobene Beweis tonn in gleicher Weise wiederholt werden, als wenn die Beweisperson in erster Instanz persönlich vernommen worden wäre. SS braucht also der damalige Grund der Verlesung, z. B. große Entfernung, nicht mehr vorzuliegen. RMG. 6 28. Andererseits ist festzu­ stellen, daß bei der Verlesung in erster Instanz deren Voraus­ setzungen vorlagen und daß die etwa erforderliche Beeidigung, RMG. 6 28, 7 193, 17 134; PT. 6 72b, oder die Belehrung über Zeugnis- und Eidesverweigerungsrecht, RMG. 1 144, erfolgt war. Uber die Verletzung als Revisionsgrund vgl. Amn. 3c. Fehlen in erster Instanz die Voraussetzungen der Verlesung, so kann in zweiter Instanz auch die Zustimmung der Prozeßbeteiligten den Fehler nicht heilen. Eine Ausnahme dürfte indessen gelten, wenn lediglich die nach §§ 165, 270, 271 erforderliche Terminsnachricht unterblieben war. PE. 2 66b. o) Rur das Sitzungsprotokoll derjenigen Hauptverhandlung erster Instanz, auf welcher das Urteil beruht, kommt für die Wiederholung der Beweisaufnahme in Frage. Protokolle aus­ gesetzter Hauptverhandlungen, gleichviel ob der ersten, PE 16 17, oder -weiten Instanz zugehörig, find nur unter den Boraussrtzungen der §§ 305, 307, 305 verleSbar. Protokolle über Vernehmungen außerhalb der Haupt Verhandlung find unter dem Gefichtspuntt der Wiederholung der Beweisaufnahme nur insoweit verlesbar, als sie durch Bezugnahme im Sitzungsprotokoll zu Teilen desselben geworden sind. PE 10 17, 11 6; Beling, Lehrb. S. 575 Anm. 2. Vgl. Löwe § 366 Arm. 3d. d) Eines Gerichtsbeschlusses bedarf es, wenn der Verharvluugsführer eine beantragte Wiederholung der Beweisaufnahme nicht vornehmen will, RMG. 16 190; PE. 6 70b. e) Kür die Befugnisse des Verhandlungsführec» gilt gleiches wie in erster Instanz. RMG. 7 193. Die Wiederholung

Berufung. $ 392.

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der Vetoeisaufnahme erfolgt also durch ihn ohne besonderen Gerichts­ beschluß. RMG. 6 28 (unter Berichtigung von RMG. 1 144), 7 193, 10 264, 16 190, 18 211; PS. 6 72a. Anders, wenn nicht als Wiederholung sondern gemäß § 305 eine Aussage verlesen werden soll. Dann ist Gerichtsbeschluß erforderlich. f) Der Angeklagte, welcher nicht in gültiger Form (§ 388 Anm. 7o, RMG. 11 269) auf seine Pflicht zur rechtzeitigen Be­ antragung persönlicher Gestellung oder Ladung hingewiesen war, sann in der Hauptverhandlung der Verlesung zustimmen. Ohne die zu erteilende Zustimmung ist die Verlesung nicht zulässig. RMG. 1 226, 232, 11 269. Die Zustimmung kann auch still­ schweigend erteilt werden, RMG. 6 28, 9 20, 269,11 269, 14 249, 16 55, 17 101. Stillschweigen gilt als Zustimmung, wenn der Angeklagte unter Bekanntgabe des Mangels, RMG. 14 141, zur Erklärung aufgefordert war. Die Zustimmung ist als Verzicht unwiderruflich. RMG. 10 264.

g) Hatte der Angeklagte das persönliche Erscheinen eine» Zeugen rechtzeitig beantragt, und ist der Zeuge nicht geladen oder nicht zu finden gewesen, oder trotz Ladung nicht erschienen, so kann die Wiederholung der Beweisaufnahme erster Instanz nur mU seiner Zustimmung erfolgen. Diese Zustimmung kann auch stillschweigend erklätt werden. Nach RMG. 13 249 genügt dazu, haß der von einem Betteidiger beratene Angeklagte trotz Kenntnis de- Nicht­ erscheinens und ttotz reichlicher Zeit zum überlegen die Verlesung auf Gerichtsbeschluß (an sich nicht nötig) geschehen läßt. Bedenken hiergegen bei Rissom, Arch. 2 60. Schweigen auf eine dahin­ gehende, genügend verständliche Aufforderung ist jedenfalls Zu­ stimmung, RMG. 6 28, 9 20, 272, 16 55. über einen zweifelhaften Berzichtsfall s. § 388 Anm. 71. h) Bleiben Zeugen, die dem Angeklagten nach § 388 als bereits vom Gerichtsherrn zu gestellende oder zu ladende mitgeteilt sind, au» irgendeinem Grunde aus, oder sind sie verstorben, so ist die Wiederholung der früheren Beweisaufnahme nur mit Zustimmung des Angeklagten zulässig, RMG. 15 265, 16 55, 18 30, 211, 271:

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ 392.

Twele, Arch. 4 264. Eines Gerichtsbeschlusses bedars es im Falle der Zustimmung nicht, RMG. 18 211, 271. i) Soll nun in diesen Fällen e—h die Verlesung auf § 305 ge­ stützt werden, so müssen die sämtlichen sachlichen und formellen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sein. Die Verlesung kann dann namentlich nur durch Gerichtsbeschluß angeordnet werden, RMG. 17 101,18 27, abweichend noch RMG. 13 95, wo zu Unrecht von einem Gerichtsbeschluß abgesehen wird. 8. ») Dem Gericht bleibt stets unbenommen, die persönliche Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen an Stelle der Wiederholung der Beweisaufnahme durch Verlesung zu be­ schließen. RMG. 6 28, 7 173; PE. 5 65. Ist die Beweisperson zur Stelle, so kann der Berhandlungsführer sie auch von sich aus persönlich vernehmen. über die Vorzüge der persönlichen Aussage vgl. § 388 Anm. 8. b) Behauptet ein Prozeßbeteiligter, die Beweisperson werde bei persönlicher Vernehmung eine andere Aussage machen, z. B. weil sie im Protokoll mißverstanden sei, so ist daS Gericht zur persönlichen Vernehmung nur dann ver­ pflichtet, wenn durch die Lage der Sache, insbesondere die voi> gebrachten Gründe deS Antragstellers, eine dahingehende Ver­ mutung nahegelegt wird. RMG- 8 256. Entsprechendes gilt, wenn der Antragsteller behauptet, daß ein Zeuge seine zuerst verweigerte Aussage nunmehr zu machen sich bereit gefunden habe. o) Nach allgemeinen Regeln entscheidet das Gericht, wenn neue Beweisfragen auftauchen, auf die sich die frühere Ver­ nehmung noch nicht erstreckte. RMG. 7 193. d) Ist ein Zeuge, der dem Angeklagten als zu laden bekannt gemacht war, oder dessen Ladung der Angeklagte beantragt hatte, nicht erschienen, sei es, daß die Ladung nicht ausgeführt oder nicht ans Ziel gelangt ist, sei es, daß der Zeuge trotz Ladung ltirfit erschienen ist, so liegt dem — in der Hauptverhandlung anwesenden — An­ geklagten ob, wenn er die Vernehmung wünscht, bei dem Gericht den Antrag auf Vernehmung spätestens biö zur Verkündung deS

Berufung. § 393.

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Urteils zu stellen. Unterlaßt er dies, so ist der Mangel, soweit ein solcher vorliegt, geheilt, RMG. 15 265, 16 55, 18 30, 20 181. über den Antrag entscheidet das Gericht sachlich nach den Grund­ sätzen des § 298 über die Behandlung von Beweisanträgen. Eine formale Bindung, welche zur Aussetzung zwecks Ladung eines für unnötig erachteten Zeugen zwänge, besteht nicht. e) Die unterlassene Namhaftmachung eines Zeugen gibt dem Angeklagten nicht das Recht, die Vernehmung zu verhindern, sondern nur das Recht deS Antrags auf Aussetzung der Haupt­ verhandlung nach § 300. Das Gericht kann den Antrag nach Er­ messen ablehnen, RMG. 15 118. 9. Augenscheinseinnahme ist dem Zeugenbeweis nicht gleichgestellt. Indessen ist bereits in § 303 die Berlesbarkeit richter­ licher Augenscheinsprotokolle, zu denen auch daS SttzungSprotokoll gehört, vorgesehen. Vgl. §§ 165, 271 Abs. 2, 280, 281.

SchlußvortrKge. § 383«

Nach dem Schlüsse der Beweisaufnahme werden der Vertreter der Anklage, sowie der Angeklagte und sein Derleidiger mit ihren Ausführungen und Anträgen — und -war derjenige Teil, welcher die Berufung eingelegt hat, zuerst — gehört. Dem Angeklagten gebührt das letzte Wort. Die Vor­ schrift des § 813 findet Anwendung.

Entw. § 377. 1. Die Bestimmung gibt sachlich den § 364 StPO, wieder. 2. Haben sowohl der Gerichtsherr, als auch der Angeklagte Berufung eingelegt, so unterliegt es dem pslichtmäßigen Ermessen des Berhandlungsführers, welchem Teile er zuerst das Wort erteilen will, RMG. 15 150. 3. Die Vorschrift des § 312 Abs. 3, wonach der Angeklagte ausvrücklich zu befragen ist, ob er neben bem Verteidiger selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe, wird auch hier gelten müssen.

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Ordentliche Rechtsmittel.

$ 394.

4. Sache des Verhandlung-führer- wird es sein, die Prozeßbeteiligten auf die Puntte, auf welche das Gericht etwa entscheiden­ des Gewicht legt, z. B. den Sinn einer Verufungserklärung, ge­ eignet hinzuweisen, damit sie zu Ausführungen und Antragen Gelegenheit haben, die sie sonst als vermeintlich unerheblich unter­ drücken würden. RMG. 11 215. 5. § 313 schreibt die Zuziehung eines Dolmetschers zwecks Bekanntmachung eines der Gerichtssprache nicht mächtigen oder tauben Angeklagten mit den in den Schlußvorträgen gestellten Antrügen vor.

Gegevstaud und Zustandekommen deS Urteils.

§ 394. Der Prüfung des Gerichts unterliegt das Urteil nur, soweit es angefochten ist. Im übrigen finden die Vorschriften über die Feststellung, Abfassung und Verkündung des Urteils in erster Instanz (§§ 315 bis 323, § 824 Absatz 2, §§ 325 bis 327) auf das Verfahren vor dem Berufungsgericht entsprechende Anwendung. Entw. § 378. Schrifttum. Binding, Grundr. S. 257; Beling, Lehrb. S. 440, 576; v. Kries, Rechtsmittel S. 97 ff.; Löwe § 368 Anm. 1—4: Ditzen, Arch. f. Strafr. 53 54—57; Schlayer, Die Beschwerdepunkte bei der Berufung, Z. 23 702—745: Beling, Z. 24 273: Gerland, Krit. BISchr. 45 583—584; Gerland, Gerichtssaal 69 339—340; Dietz, Unteilbarkeit der Schuldfrage, Z. 27 576—583; Rissom, Strafurteil und Ehrengericht, ArchOffR. 22 524—525; Rissom, Gericht-saal 73 321—322; Meyer in SeuffBl. 67 133; Rosenfeld, § 88 Anm. 26, 27, § 90; Graf zu Dohna S. 214; Rissom, Be­ schränkung der Berufung auf die Straffrage, Arch. 3 223; Beling,

Der nicht mitangefochtene und der teilweise angefochtene Schuld­ spruch, Goltd. Arch. 63 161; Festgabe für v. Birkmeyer, 1917; Beling, Materiellrechtliche oder prozeßrechtliche Bedeutung des Strafantrags, Z. 38 479; derf., NichtaburteUung der rechtshängigen, Aburteilung einer nicht rechtshängigen Strafsache, Z. 38 461:

Vernfnng

z 394.

796

berf., Teilung der Rechtsmittel, 8- 38 637 h. 797. Wechselnde Ansichten übet Tateinheit und Tatmehrheit s. § 318. DeÜuS, Die Auslieferung Wehrpflichtiger, inSbes. aktiver Militärpersonen, 1893, Z. f. int. Pr. u. Strr. 3 122—132; Erhard, Auslieferung im militärgerichtltchen Verfahren, in Dtetz, Handw. 1. a) Die Vorschrift entspricht den §§ 368, 373 StPO. b) Das Urteil kann sowohl seinem ganzen Umfange nach, wegen des Schuldfpruchs und des Strafausspruchs, als auch nur teilweise, nur wegen deS Strafausspruchs, angefochten fein. Grundsatz ist: Rur soweit das Urteil angefochten ist, unterliegt eS der Nachprüfung, nur insoweit kann eS vom Berufungs­ gericht aufgehoben oder abgeändert werden. Derjenige Teil des Urteils, der überhaupt nicht durch die Beschwerde getroffen wird, geht in Rechtskraft über und ist nicht Gegenstand der Prüfung des Berufungsgerichts. Da- darf aber nicht so aufgefaßt werden, al» ob sich diese- Gericht nur mit den Anfechtung-gründen und Anträgen zu befassen habe, die von dem die Berufung Einlegenden vor­ gebracht werden. Vielmehr hat dasselbe alle Teile de- Urteils, die überhaupt als angefochten und deshalb seinem Spruche Unter­ breitet anzusehen sind, in völlig freier und selbständiger Weise — gleich dem in erster Anstau- erkennenden Richter — zu prüfen und zu entscheiden. SS liegt hierin ein wesentlicher Unterschied deS Rechtsmittels der Berufung vou dem der Revision, vgl. § 410. Begr. S. 165. 8. Der soeben wiedergegebene mittlere Standpunkt der Begründung hat im wesentlichen in der unten darzustellenden StechtSKbung sich bisher behauptet, unter Ablehnung der abweichen­ den Auffassungen, welche teil- einer Ablehnung jeder Teilung zu­ streben, teil- die Möglichkeiten der Teilung noch weiter ausgenutzt wünschen. Als Grundlage der Beurteilung ist im Anschluß an veling, Goltd. Arch. 63 161 folgendes vorauszuschicken; a) Beherrschender Gesichtspunkt für die Beurteilung der Teilung-möglichkeit ist die Auffassung der Berufung als eines in die Hand der Prozeßbeteiligten gelegten Rechtsmittels. Ihr

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ 394.

Wille, ihr berechtigtes Interesse, steckt das Kampffeld ab. Hindernisse bestehen insoweit, als die Gesetze der Logik Ein­ spruch erheben, und als dem Gesetz eine abweichende Regelung -u entnehmen ist. Der mehrfach ins Tressen geführte Grundsatz der Erforschung der sachlichen Wahrheit kann grundsätzlich erst zur Entfaltung kommen, nachdem der Gegenstand des Verfahrens ab­ gegrenzt ist. b) Gegenstand der Anfechtung ist allemal die Ent­ scheidung selbst. Sie findet sich im entscheidenden Teil des Urteils und nur in ihm. Die — hauptsächlich Zweifel anregende — ver­ urteilende Entscheidung enthält als Bestandteile den Schuldspruch und den Strafausspruch. Diese beiden Bestandteile sind allein Gegenstand der Anfechtung, wie sie auch allein der Rechtskraft fähig sind. Nicht selbst Entscheidung, sondern lediglich deren Unter­ bau sind die Urteilsgründe, und zwar einerseits die — nicht immer ausdrücklich erklärte —- Bejahung der prozessualen Voraus­ setzungen des Urteils, andererseits die tatsächlichen Fest­ stellungen mit den Rechtssätzen, denen sie unterstellt werden, um als Schluhfolgerung die Entscheidung selbst zu er­ geben. Diese gesamte Begründung ist niemals Gegenstand der Anfechtung, wie sie auch der Rechtstraft nicht teilhaftig wird. Lediglich die Begründung des Rechtsmittels richtet sich gegen sie. c) Hiernach ist die Frage eine doppelte: Ist die Berufung ihrem Gegenstände nach teilbar? Ist die Berufung hlnsichtlich ihrer Begründung teilbar? «. Die Teilung der Berufung dem Gegenstände nach mutz grundsätzlich soweit wirksam sein, als sie logisch durchführbar ist. Bor allem sind hiernach Schuldspruch und Strafausspruch trennbar. Letzterer kann für sich allein angefochten werden, der Schuldspruch für sich allein natürlich nicht. Die Unterbestandteile des Schuldspruchs, also z. B. besondere Gestaltungen, wie An­ stiftung, Versuch, straferhöhende oder strafmindernde Umstände, Tateinheit, wären einer auf sie beschränkten Anfechtung d. E. nicht von vornherein entzogen. Die Rechtsprechung des RMG. erkennt

Berufung. § 894.

797

aber eine Leitung innerhalb de- Schuldspruchs nicht an. Dagegest gilt der StrafauSspruch mit Recht allgemein als teilbar. ß. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf einen be­ stimmten vorgebrachten Anfechtung-grund, fei er tatsäch­ licher ober rechtlicher Art, wäre aus logischen Gesichtspunkten nicht ausgeschlossen. Die Rechtspflege hat aber sich gegen eine Teilung des Rechtsmittel- nach der Begründung im ganzen ablehnend ver­ hallen. Als prattischer GesichtSpuntt gegen die Beschränkung auf eine bestimmte Begründung kann geltend gemacht werden, daß eine Unterscheidung, ob der Prozetzbeteiligte sich in seinem Vor­ bringen beschränken will, oder ob er daS Vorgebrachte nur an erster Stelle anführen wollte, schwierig ist. Die Rechtspflege hat auch wohl geglaubt, durch Ablehnung einerseits der Beschränkung auf einzelne Gründe, andererseits der Teilung de- Schuldspruchs das Rechtsmittel der Berufung einfacher und übersichtlicher zu ge­ stalten. d) übergreifende UrtetlSverstöße. Bei Beschränkung der Anfechtung auf den StrafauSspruch können Umstände in den Ge­ sichtskreis der dem Gericht obliegenden Prüfung geraten, welche gleichmäßig den Schuldspruch wie den Sttafau-spruch berühren, so z. v. da- Fehlen der Gerichtsbarkeit, sinnlose Trunkenheit. Diese Umstände können entweder vom Rechtsmittelwerber zur Begrün­ dung des sachlich beschräntten Rechtsmittels vorgebracht sein, oder sich au- der Verhandlung ungesucht ergeben. Grundsatz mutz hier sein, daß der Schuldspruch, als unangefochten und daher rechts­ kräftig geworden, unberührt bestehenbleibt, daß aber, was den SttafauSspruch anlangt, die sämtlichen ihn betreffenden Tatsachen selbständig festgestellt werden können. Allerdings sofern sich die rechtliche Unmöglichkeit ergibt, zu einem StrafauSspruch zu ge­ langen, wird damit auch der Schuldspruch, welcher für sich allein keinen Bestand nach nutzen hin haben kann, verhindert, durch Ab­ rundung zu einem Vollutteil Geltung zu gewinnen. Die Utteilsverstütze dieser Art können prozessualer oder materiellrechtlicher Natur sein: cu übergreifende Urteilsverstöße prozessualer Art.

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ 394.

Verschiedene Mängel de- Verfahren- berühren gleich­ zeitig den Schuldspruch und den Strasausspruch. Dahin gehören: Unzulässigkeit der Strafverfolgung, z. B. infolge mangelnder Gerichtsbarkeit, Unzuständigkeit, rechtskräftiger Er­ ledigung, ferner das Fehlen der besonderen Voraussetzungen eines Urteils, z. B. der vorgeschriebenen Öffentlichkeit der Hauptverhandlung, endlich da- Fehlen der Voraussetzungen für eine bestimmte Art der Verurteilung, z. B. Fehlen des Strafantrags oder einer Zustimmung des ausländischen Staates, welcher den Verbrecher auSgeliefett hat, oder Mangel des Hin­ weises auf Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes nach § 318 In allen diesen Fällen bleibt der Schuldspruch unberührt. Der angefochtene Strasausspruch ist auf prozessual einwandfteier Grund­ lage neu aufzubauen. Ist dies, z. B. bei fehlender Gerichtsbarkeit, unmöglich, so kann ein Strasausspruch nicht erlassen werden, was zur Folge hat, daß auch der Schuldspruch leine Wirlsamleit nach außen gewinnen kann. Berücksichtigung derartiger Mängel von Amts wegen muß jedenfalls insoweit erfolgen, als man Richtigkeit des Ur­ teils infolge derselben annimmt. Aber auch wenn man die Frage der Nichtigkeit dahingestellt sein laßt, wird man für Verletzung grundlegender prozessualer Regeln, wie -. B. hinsichtlich der Gerichts­ barkeit, Berücksichtigung von Amts wegen anzunehmen haben. ß. Übergreifende Urteilsverstöße materiellrechtlicher Art. Die Entscheidung, deren Bestandteile Schuldspruch und Strasausspruch sind, ist die Schlußfolgerung aus der Anwendung de- objektiven Rechts auf einen bestimmten Tatbestand. Es ist nun möglich, daß ein Mangel sich sowohl auf den Schuldspruch, wie auf den Strasausspruch bezieht. Beispiel hinsichtlich des objeküven Rechts: Verurteilung wegen versuchter Beleidigung. Da versuchte Beleidigung nicht strafbar ist, findet die auf das Straf­ maß beschränkte Berufung keinen Strafrahmen vor. Der Strafausspruch ist also aufzuheben, ohne daß ein neuer a» seine Stelle gesetzt werden könnte. Auf dem tatsächlichen Gebiete sind für den Strafau-spruch neben den Tatsachen am Rande der Tat, wie guter

Berufung. $ 394.

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Führung, Heue usw. gerade die Tatsachen, welche die strafbare Handlung selbst ausmachen, von Bedeutung. Luch diese tauchen also -et der Verhandlung über den Strafausspruch wieder auf. Die Schuldfrage selbst bleibt unberührt, aber alle gemeinsamen Tatsachen tonnen — lediglich in Anwendung auf den Straf­ ausspruch — selbständig festgestellt werden. Beispiel: Line auf An­ trag oder von Amts wegen vorgenommene Beweisaufnahme über den Srad der Trunkenheit des im ersten Urteil für nüchtern er­ klärten Angeklagten ergibt dessen sinnlose Trunkenheit zur Zeit der Tat. Der Berufung-richter ist nicht gehindert, diese festzustellen und auf da- Strafmindestmaß zu erkennen. So auch «MG. 11 68, während später in «MG. 15 185, 20 156 sich die Anschauung durch­ gesetzt hat, daß an den Tatsachen, welche den Schuldspruch tragen, nicht mehr gerüttelt werden darf. Eine ganz ähnliche Lage besteht i» Degradation-verfahren, genauer dem Rachtragsverfahren auf Degradation oder Dienst­ entlassung nach $ 42 WStGB. Vgl. dazu Romen und Rissom, MStGB., 3. Ausl., § 42 Amn. 7 und da- dort angeführte Schrift­ tum» ferner Beling, Goltd. Arch. 63 182. 3. Der Schuldspruch ist nach der Rechtsprechung des «MG. als unteilbar, wenn Überhaupt, stet- ganz angefochten. RMG. 3 145, 4 102, 138, 244, 8 127, 11 210, 12 234; PE. - 56b, 12 15. Ein Angriff auf die Tatseite hat Rachprüfung auch der Recht-feite zur Folge, «MG. 2 239, 5 186, 8 270, und umgekehrt, «MG. 14 3; PL. 8 25. Ein Angriff auf ein einzelnes Tatbeftandsmerkmal hat Nachprüfung auch der Übrigen zur Folge, «MG. 3 101, 12 234; PE. 5 63, so z. B. nötigt Behauptung der Un­ zurechnungsfähigkeit zur erneuten Feststellung des gesamten Tat­ bestands. PE. 14 14. Der Angriff auf die Anwendung eines einzelnen RechtSsatzes, z. B. bei angenommener Tateinheit, PE. 10 16, zwingt zur Nachprüfung auch auS jedem anderen recht­ liche« GesichtSpuntt. RMG. 11 17, 210, 12 260; PE. 8 26, 10 16. Eine Anfechtung der Schuldfrage ist auch die Erstrebung der Be­ urteilung der Lat unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt, RMG 13 866.

800

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 894.

Strafausschließungsgründe, wie Unzurechnungsfähigkeit, jugendliches Alter nach Maßgabe des Gesetzes, Irrtum gemäß 8 59RStGB-, gehören zur Schuldfrage. Die auf sie gerichtete Anfechtung ergreift also die gesamte Schuldfrage, während Beschräniung des Angriffs auf die Höhe der Strafe das Recht der Nachprüfung des Schuldspruchs in der Berufungsinstanz aus­ schließt. PE. 8 24, 10 18, 14 14. Gleiches gilt für die Feststellung von Tateinheit oder Tat­ mehrheit nach §§ 73, 74 RStGB. RMG. 2 264; PE. 10 16. Bei Verurteilung wegen mehrerer in T at e in h e 1 t, Z 73 RStGB., begangener Vergehen ergreift der gegen eines der Vergehen ge­ richtete Angriff den ganzen Schuldspruch. PE. 5 63. Gleiches gilt, wenn mehrere gleichwertige Tatbestände desselben Gesetzes (z. B. Gehorsamsverweigerung und Beharren im Ungehorsam nach § 94 MStGB.) als durch dieselbe Handlung erfüllt angesehen waren. RMG. 3 101, 12 258. Nach RMG. 3 101 ist, wenn von mehreren zu einem „sortgesetzten Delikt" zusammengefaßten Handlungen einzelne bestritten werden, die gesamte Schuldfrage angefochten. Ist bei Tatmehrheit das Urteil nur hinsichtlich einer einzelnen Straftat angefochten, so unterliegt das Urteil nur insoweit leinschließlich der durch die Berufung mitumfaßten Gesamtstrafe und der neben ihr verhängten Ehrenstrafen) der Nachprüfung. PE. 4 93a u. b. Erfolgte in erster Instanz Verhängung einer Gesamtstrafe unter Freisprechung in einem Falle, so erfaßt die vom Gerichtsherrn wegen der Freisprechung eingelegte Berufung nicht die Gesamt­ strafe. Diese wird vielmehr rechtskräftig, wodurch aber die spätere Festsetzung einer neuen Gesamtstrafe, falls die Berufung Erfolg hat, nicht gehindert wird. So mit Recht Geling, Z. 38 797, gegen RMG. 4 37. Schwierigkeiten können allerdings entstehen, wenn bei An­ nahme von Tatmehrheit in erster Instanz und Anfechtung nur eines der nach dem Urteil selbständigen Teile die zweite Instanz Tateinheit annehmen will. Grundsatz ist dann, daß an dem rechts­ kräftigen Teil nicht gerüttelt werden darf, da der nicht angefochtene Teil des Utteil- in Rechtskraft übergegangen ist, RMG. 15 62,

Berufung. § 394.

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18 70. Beispiele PE. 15 28, 16 14, 17 11. Gelangt das Berufungs­ gericht, woran es nicht gehindert ist, RMG. 15 258, RG. 15 133, 21 78, zu der Ansicht, daß die Straftat, wegen welcher Berufung eingelegt ist, mit einer rechtskräftig abgeurteilten Straftat nur eine Handlung im Sinne des § 73 RStGB. bildet, so ist nochmalige sachliche Entscheidung, sei es durch Verurteilung, sei es durch Frei­ sprechung, ausgeschlossen, RMG. 15 62, 18 70; PE. 16 114. In diesem Falle wird auf Einstellung des Verfahrens zu erkennen sein. b) Anfechtung wegen Annahme oder Nichtannahme eines gesetzlichen Straferhöhungs- oder Strafminderungs­ grundes enthält nach der Rechtsprechung des RMG. eine An­ fechtung des gesamten Schuldspruchs. Beispiele: Einbruch Lei Diebstahl, Komplott bei Fahnenflucht, PE. 7 20a; freiwillige Gestellung nach § 75 MStGB. bei Fahnen­ flucht, RMG. 13 238, 15 150; Reizung durch den Vorgesetzten nach § 98 MStGB., RMG. 1 241, 2 136, 7 258; PE. 4 92, 6 68, 13 17; Ausübung des Dienstes nach § 55 Ziff. 2, RMG. 16 278. Die Fälle des § 55 MStGB. (Ausführung strafbarer Hand­ lungen während der Ausübung des Dienstes usw.) gehören zu den gesetzlichen Straferhöhungsgründen und sind nur aus gesetz­ gebungstechnischen Rücksichten in den allgemeinen Teil gekommen. PE. 4 63, jetzt auch PE. 17 7, anders noch PE. 4 66d u. 5 66b. Vgl. RMG. 10 175, 12 277; PE. 6 58, 8 19. Anfechtung hinsichtlich dieses Tatumstands trifft.also die gesamte Schuldfrage, während Beschränkung auf die Straffrage auch den Straferhöhungsgrund der Anfechtung entzieht. Vgl. RMG. 12 277 und Romen und Rissom, MStGB. § 55 Anm. 1. Gleiches gilt für die gesetzlich besonders vorgesehenen Rückfallsvergehen, wenn auch die Abstimmung hier im § 323 Abs. 2 beson­ ders geregelt ist. RMG. 8184. Abweichend RMG. II. Sen. v. 18.2.18. o) Die für sich' selbständigen Tatumstände, welche eine besondere Hauptstrafe begründen oder ausschließen, wie ehrlose Gesinnung nach § 20 RStGB., Verletzung einer mili­ tärischen Dienstpflicht nach § 29 MStGB., RMG. 1 258, oder die eiste Ehrenstrafe zulässig machen, wie mehrfache Vorstrafen Romen-Rissom, MStGO., 2.Ausl. 51

802

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 394.

nach § 38 MStGB., wiederholter Rückfall nach §§ 37, 40» MStGB find nicht als zur Schuldfrage gehörig anzusebhen. Die auf ihr Vorliegen oder Nichtvorliegen gestützte Öerufun(i0 gestattet also nicht die Nachprüfung des Schuldspruchs. RMG. 11 258. Ein Angriff auf den Strafausfpruch sichert ihre Nackchprüfung (RMG. 8 184 bezieht sich auf den Rückfall als gesetzlichen Straf, erhöhungsgrund, s. oben unter b.) Näheres bei § 326. Wegen der Frage nach dem Vorliegen mildernder Uimstände und eines minder schweren Falles f. 91 tim. 4b.

d) Die prozessualen Grundlagen des Urteils sitnd, wen» auch nach g 320 Abs. 2 über sie als Vorfragen befoinders ab­ gestimmt wird, lein Bestandteil der Entscheidung!, können also nicht den Gegenstand der Berufung bilden. Wohl caber kann die Berufung durch ihre Bemängelung begründet werden. Meist werden Prozeßverstöße gleichmäßig den Schuldspruch und den Sttafausspruch berühren. Ist dies der Fall, so muß itni Zweifel das ganze Urteil als angefochten gelten. Eine auf den Straf­ ausspruch beschränkte, mit einem auf den Schuldspruch übergreifen­ den Prozeßverstoß begründete Berufung wird selten sein. Darübev vgl. Anm. 2 u. 4. Da nach der Rechtsprechung des RMG., wie unter a) angeführt, die Berufung nicht auf einen einzelnen Grund beschränlt werden kann, hat die lediglich auf die Behauptung eines Prozestverstoßegestützte Anfechtung eine unbeschränkte Nachprüfung des Urteils, soweit es überhaupt dem Gegenstände nach angefochten ist, zur Folge. Eine Ausnahme macht RMG. 18 75 im Anschluß an RG. 40 274, und unter Aufgabe von PC. 19 3 hinsichtlich des lediglich auf die Behauptung der bereits rechtskräftig ent­ schiedenen Sache gestützten Rechtsmittels. Vgl. § 410. Bei der Prüfung, ob eine Handlung bereits rechtskräftig ab« geurteilt sei, ist das Gericht an eine etwa im ersten Urteil enthaltene Beantwortung dieser Frage nicht gebunden, RMG. 15 ,58. ©) Mit der Anfechtung des Schuldspruchs ist immer auch zugleich der Strafausspruch angefochten, RMG. 8 270; PE. 3 56a; 9 24, 10 19, 14 15, 15 31, und zwar h vollem

Berufung. § 394.

803

Umfange, RMG. 6 151, auch dann, wenn die BerufungSbegründung sich nur gegen die Rechtsseite der Schuldfrage wendet. RMG. 6 161. DaS Urteil mutz also die Nachprüfung erkennen lassen. PE. 9 84. Mit der Anfechtung eines Freispruchs wegen einer von mehreren abgeurteilten Straftaten ist nach RMG. 16 180 auch die wegen der anderen Straftaten verhängte Gesamtstrafe nebst der daneben ausgesprochenen Anrechnung der Untersuchung-Hast angefochten. Dies kann allerdings nur so weit gelten, als sie durch die etwaige neue Verurteilung berührt werden. f) Ist der Schuldspruch nicht angefochten, so darf da- Urteil insoweit niemals, etwa weil sich Unzurechnungsfähigkeit de- An­ genagten zur Zeit der Tat herausstellt, in Freisprechung geändert, PS. 8 24, 10 18, 12 12, oder durch Einsetzung einer anderen Straf­ tat, PE. 9 123, 12 12, oder Wechsel zwischen §§ 73 u. 74 RStGB.; RMG. 2 264; PE. 4 87, umgewandelt werden. g) Ist die Anklage oder ein selbständiger Anklagepuntt im Urteil überhaupt nicht erledigt, ist also hinsichtlich der ganzen Anklage oder eine- Teils derselben überhaupt kein Urteil da, so fehlt es an einem Gegenstand der Berufung. Der Gericht-Herr würde durch nochmalige Berufung des erkennenden Gerichts Abhilfe zu schaffen haben, der Angeklagte könnte durch Beschwerde im Aufsichtswege Abhilfe suchen. Beling, Z. 38 481. Nicht völlig klar PE. 15 25. Vgl. RMG. (I. Sen.) vom 11. 1. 18 und vom 25. 1. 18. Hatte das Gericht an Stelle der zur Anklage gestellten Tat wegen einer anderen, nicht zur Anklage gebrachten strafbaren Hand­ lung verurteilt, so ist auf Berufung das Urteil aufzuheben, RMG. 13 103, wodurch besondere Strafverfolgung wegen dieser zweiten Tat nicht ausgeschlossen wird. Hinsichtlich der noch nicht erledigten Anklage müßte neue Hauptverhandlung in erster Instanz statt­ finden, Beling, Z. 38 481. 4. a) Der Strasausspruch kann nach feststehender Recht­ sprechung selbständig angefochten werden. Uber Teilung der Anfechtung dem Gegenstände nach s. Sinnt. 5. Was vor der Anfechtung liegt, bleibt unberührt. Der Schuldspruch al- solcher

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Ordentliche Rechtsmittel.

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lernn also vom Berufungsgericht nicht mehr abgeändert mertben, er ist vielmehr als solcher bindend.

b) Ist eine der Form nach auf den Strafausspruch bescthräntte Berufung auf Gründe gestützt, welche auf den Schuldspruch über­ greifen, so wird im Wege der Auslegung regelmäßig dne An­ fechtung auf den gesamten entscheidenden Teil zu beziehen sein. So B. wenn der Angeklagte das Urteil wegen zu harter Strafe angreift unter der gleichzeitigen Behauptung seiner Unschulld, vgl. RMG. 16 113, 266; PE. 19 3. Indessen versagt diese Auslegung dann, wenn dem zueirst ein­ wandfrei erklärten teilweisen Verzicht auf das Rechtsmittel die Begründung erst später nachfolgt, oder auch wenn Umstände' dieser Art erst später auftauchen und ihre Berücksichtigung von Amts wegen in Frage kommt. Als Fälle dieser Art kommen namentlich die folgenden in Betracht: «. Übergreifende Verstöße prozessualen Inhalts. Vgl. oben Anm. 2. Hauptfälle sind folgende: Mangelnde Gerichtsbarkeit ist in jeder Lage des Ver fahrens schon von Amts wegen zu berücksichtigen, RMG. 13 9, 143, 270, mithin auch bei Beschränkung der Berufung auf den Strafausspruch. Es ist unter Aufhebung des angefochtenen Teils des Urteils auf Einstellung deö Verfahrens zu erkennen. Vgl. Arch. 2 173. Bereits erfolgte rechtskräftige Erledigung ist in gleicher Weise zu berücksichtigen, RMG. 17 31. Siehe dort und RMG. 18 75 die verschiedenen Ansichten über die rechtliche Natur der rechtskräftigen Borerledigung. Verjährung hat die gleiche Wirkung, ebenso ein aus einer Begrenzung der Auslieferung entstehendes Prozeßhindernis. Vgl. 8 410. Die Ordnungsmäßigkeit deS etwa erforderlichen Straf­ antrages kann nach RMG. 10 200; PE. 15 26 bei Beschränkung der Berufung auf den Strafausspruch nicht mehr nachgeprüft werden. ß. übergreifende innere Urteil-verstöße. Abgesehen

Berufung. $ 394.

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von den prozessualen Voraussetzungen wird der entscheidende Teil des Urteils unterbaut einerseits durch den festgestellten Tatbestand, andererseits von den auf ihn angewendeten RechtSfätzen. Was zunächst die Rechtsanwendung angeht, so mutz eine auf den StrafauSspruch beschränkte Berufung zu einer Aushebung deS Straf­ ausspruchs ohne Ersah durch einen neuen dann führen, wenn sich ergibt, daß wegen eines im Gesetz nicht vorhandenen Ver­ gehens, etwa wegen versuchter Beleidigung, Verurteilung erfolgt war. Ist dagegen ein an sich möglicher Schuldspruch erfolgt, so darf dessen rechtliche Begründung nicht nachgeprüft werden, wie unter Aufgabe der Rechtsübung der ersten Jahre die Plenareutscheidung RMG. 8 115 anerkannt hat. Die Tatsachenfeststellung hat zum überwiegenden Teile Bedeutung für den Schuldspruch sowohl wie für den Strafausspruch. Bei Beschränkung der Berufung auf den StrafauSspruch erscheint alS Nächstliegende Lösung, daß das Gericht alle für den Straf­ auSspruch noch bedeutsamen Tatsachen frei festzustellen befugt ist, natürlich ohne vom Schuldspruch etwa- abbrechen zu dürfen. So würde also, wenn sich bei beschränkter Berufung die sinnlose Trunken­ heit des Angeklagten bei Begehung der Tat ergeben sollte, diese festgestellt und auf das Mindestmaß der zulässigen Strafe erkannt werden können. So auch RMG. 11 62. Indessen sind RMG. 15 185 und 20 156 zu der älteren Auffassung von RMG. 4 195, 8 274 zurückgekehrt und nehmen einen „rechtskräftig feststehenden Tat­ bestand- an. Ausgenommen von der Nachprüfung und Abänderung sind daher „zum mindesten diejenigen Feststellungen de- Urteils" der Vorinstanz, die für den rechtskräftig feststehenden Tatbestand wesentlich und unerläßlich sind. DaS Berufungsgericht ist danach nicht befugt, die bereits rechtskräftig entschiedene Frage der Schuld des Angeklagten von neuem aufzurollen, hierüber Beweis zu erheben und — gegebenenfalls — die Nichtschuld des Angeklagten bei Bemessung der Strafe als festgestellt anzunehmen. Hierauf abzielende Bewcisanträge können im Hinblick auf die eingetretene. Recht-kraft des Schuldausspruchs abgelehnt werden. Vgl. RG. 42 241.

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Ordentliche Rechtsmittel.

8 394.

Hiernach ist es ausgeschlossen, in den Strafzumessungsgründen geltend zu machen, daß der Angeklagte „auch wegen Fahneirflucht hatte verurteilt werden tonnen", PE. 15 23. Ebenso darf das Gericht von einer Ehrenstrafe nicht lediglich mit der Begründung Abstand nehmen, daß nach seiner Ansicht „die Verurteilung über­ haupt nicht gerechtfertigt gewesen" sei, PE. 16 15. Jedoch wird die Berücksichtigung einer Reizung durch vorschriftswidrige Behand­ lung des Vorgesetzten als Strasmilderungsgrund innerhalb des ordentlichen Strafverfahrens, wenn infolge Beschränkung auf den Strafausspruch eine Anwendung des § 98 MStGB. nicht mehr möglich ist, in PE. 13 17 für zulässig erklärt. über das Nachtragsverfahren nach § 42 MStGB. s. Romen und Rissom, MStGB-, 3. Aufl., § 42 Anm. 7d; Rissom, Gerichtssaal 73 321; Beling, Goltd. Arch. 63 182. Die Frage nach dem Vorhandensein mildernder Umstände und nach dem Vorliegen eines minder schweren oder eines besonders schweren Falles ist nicht Tatfrage, sondern gehört zum Strafausspruch und ist daher beim Angriffe auf diesen vom Berufungs­ richter nachzuprüfen. RMG. 3 108; PE. 1 64, 4 67, 5 51, 7 22, 9 17, 10 19, 20.

5. a) Die Strasfrage ist grundsätzlich teilbar. RMG. 10 216, 11 112. Alle in der logischen Reihenfolge nach dem an­ gefochtenen Punkt liegenden Entscheidungen sind mit angegriffen, so mit der Hauptsttafe die sämtlichen N. benstrafen, RMG. 10 216; PE. 17 10, m t einer der Einzelstrafen die Gesamtstrafe, RMG4 37, 18 207 PE. 8 26, 10 23, mit dieser die neben ihr ver­ hängten Ehre.»strafen, RMG- 4 37, 20 23; PE. 17 10, unbe­ schadet der Notwendigkeit einer späteren erneuten Verhängung auf Grund der Rechtskraft der betreffenden Einzelstrafe, RMG. 13 264, oder die Nichtverhängung einer Ehrenstrafe, PE. 4 86. Vgl. RMG 4 37, 8 236; Rissom, Gerichtssaal 73 306. b) Innerhalb der Hauptstrafe ist keine weitere Terlung möglich, insbesondere wird mit Anfechtung derselben, auck der Gesamtstrafe, PE. 12 13, auch die Frage der Anrechnung der Untersuchungshaft wieder eröffnet. RMG- 8 285; PE. 10 2t, 26,

Berufung. § 394.

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11 13, 12 13. Doch gestattet PS. 4 93 bloße Anfechtung des Utteils erster Instanz wegen der falsch berechneten Dauer der Unter­ suchungshaft. In diesem Falle unterliegt das Urteil auch nur insoweit der Prüfung und kann nur insoweit aufgehoben werden. Vgl. § 396. c) Da nach § 320 Abs. 2 über Nebenstrafen erst nach Be­ messung der Hauptsttafe abzustimmen ist, wird die Anfechtung der die Nebenstrase betreffenden Entscheidung die Hauptsttafe grund­ sätzlich nicht ergreifen. RMG. 10 216 will indessen Ausnahmen zulassen, sofern ein rückwirkender Zusammenhang, und -war nach der vermutlichen Auffassung der ersten Instanz, wie RMG. 12 207 hinzufügt, ertennbar ist. .Bgl. 8 172 und 7 234, auch 15 36, 19 10; PE. 15 33, auch unten § 458. Ist lediglich die Shrenstrase angefochten, so soll nach RMG. 12 207 von der Verhängung der an sich angemessenen Ehrensttafe nicht lediglich deshalb abgesehen werden tonnen, weil die Haupt­ strafe dem Berufungsrichter unverhältnismäßig hoch erscheint. Bgl. Rissom, Arch. 1 300. d) Uber Hauptstrafe und Untersuchungshaft f. oben unter b. Auch im Verhältnis zur Ehrenstrafe folgt die Unter­ suchungshaft nach. Denn über sie kann logischerweise erst ent­ schieden werden, wenn die Sttafe festgesetzt ist. Die Aufhebung des UtteilS wegen Nichtverhängung einer Ehrensttafe bedingt also die Aufhebung auch des Ausspruches über die Anrechnung der Untersuchungshaft, RMG. 19 37. e) Ein Rechtsmittel de- Gettchtsherrn lediglich gegen die den Antrag des Verletzten auf Zuettennung einer Buße ablehnende Entscheidung ist zulässig. PS. 11 11. f) Hat der Angeklagte in zweiter Instanz eine Herabsetzung der Strafe erreicht, so kann nicht gesagt werden, daß er „grundlos Berufung eingelegt habe", und e- wäre die Ablehnung einer An­ rechnung der Untersuchungshaft aus diesem Gesichtspunkt rechts­ irrtümlich, RMG. 16 127. 6. Zu Abs. 2. a) Wegen Anwendbarkeit der Vorschriften über die Hauptverhandlung erster Instanz vgl. § 390 Anm. 1.

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ 394.

Über den Fall, daß eine Berufung sich als überhaupt i nicht ein! gelegt herausstellt f. PE. 5 67 und § 395 Anm. 2. Belehrung des in erster Instanz verurteilten Anggeklagten über die Zulässigkeit der Revision erfolgt auch dann, nwenn die Berufung des Gerichtsherrn verworfen wurde. PE. 3 444c. b) Die Praxis nimmt vielfach das Recht in Ansprruch, bei Abfassung des Tatbestandes auf den des Urteils erster Instanz, sofern er den Erfordernissen des § 326 entspricht, PE. 1 65, ver­ weisen zu dürfen. Unbedenklich ist das nicht. Grundsühllich mutz vielmehr auch das Urteil der Berufungsinstanz einen stelbstän­ digen, den Erfordernissen des § 326 entsprechenden Tatbestand liefern. PE. 1 65. Eine Bezugnahme auf die Feststellurngen in erster Instanz ist nur dann zulässig, wenn sie keinen Zweiffel übrig läßt, welche Tatsachen daS Berufungsgericht als erwiesen ausgesehen hat. PE. 5 67a, b; RMG. 11 148, 15 142, 289, 17 92, 124. Das RMG. stellt mit Recht, 4 244, 10 152, 11 146, die Anforderung voller Klarheit darüber, was übernommen sen. Eine Ausführung, daß der festgestellte Tatbestand sich „nicht wesentlich" verändert habe, genügt dieser Forderung nicht. RMG. 4 1(02, 137; PE. 5 67 b. c) In den Gründen deS Berufungsurteils mutz amgeführt werden, worauf sich der Angriff der Berufung richtet. E ine ein­ fache Bezugnahme auf die schriftliche Berufungsbegründungi genügt nicht. PE. 10 10. d) Eine Anwendung des § 319, betr. Heranziehung neu auftauchender sttafbarer Handlungen zur Aburteilung ist in zweiter Instanz als mit der Stufenfolge der Instanzen nicht vereinbar abzulehnen, obwohl auch diese Vorschrift sich unter den als ent­ sprechend anwendbar bezeichneten Paragraphen befindet, RMG. 14 62, 13 194 (197); RG. 42 91; nicht völlig klar RMG. 14 177. Indessen kann die mangelnde Zustimmung des Angeklagten zu der in erster Instanz vorgenommenen Ausdehnung der Aburteilung in zweiter Instanz noch erklärt werden. So scheinbar RMG. 14 177. Datz der in erster Instanz unterbliebene gerichtliche Ausdehnungs­ beschlutz in der zweiten Instanz nachgeholt werden kann, scheint

Berufung. 8 395.

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die genannte Entscheidung gleichfalls anzunehmen. Vgl. Rissom, Arch. 2 459. 7. Tine Ausdehnung des Berufungsurteils auf andere Angeklagte, wie nach § 414 beim Revisionsurteil, ist nicht vor­ gesehen.

Inhalt deS Urteils.

§ 395. Insoweit die Berufung für begründet befunden wird, Hai das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen. Leidet das Urteil an einem Mangel, welcher die Revision wegen einer Gesetzesverletzung im Verfahren begründen würde, so kann das Berufungsgericht unter Aufhebung de- Urteils die Sache, wenn die Umstände des Falles es erfordern, zur Entscheidung in die erste Instanz zurückverweisen. In diesem Falle hat der Gericht-Herr der ersten Instanz von neuem ein erkennendes Gericht zu berufen. Hat da- Gericht erster Instanz mit Unrecht seine Zuständig­ keit angenommen, so hat das Berufungsgericht unter Auf­ hebung des Urteils die Sache der zuständigen Stelle zu überweisen oder, wenn eS selbst für diese Sache als Gericht erster Instanz bestellt werden könnte, in der Sache zu erkennen. Entw. § 379. Schrifttum: Reiche-Eisenstuck, Mangel der Militärgerichtsbar­ keit nach erhobener Anklage, Arch. 2 166: Genge, Das Urteil des Berufungsgerichts als erstinstanzliche Entscheidung, Arch. 3 122: dazu Beling, Z. 33 759, bespr. Arch. 3 469. 1. Die Vorschrift gibt den § 369 StPO. wieder. 2. Das erkennende Gericht ist nur dann in der Lage, über die Berufung zu entscheiden, wenn eine gesetzmäßig beurkundete Berufung eingelegt ist. PE. 5 57. Uber die Zurückweisung der Berufung als unzulässig vgl. § 385. Ob das erkennende Gericht selbst vom zuständigen höheren Ge-

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ 395.

richtsherrn berufen ist, unterliegt, in entsprechender Anwendung des § 329, nicht der Nachprüfung des Berufungsgerichts. 3. a) Nicht angefochtene Teile deS Urteils, § 394, sind niemals aufzuheben. PE. 4 87, 8 24, 9 23, 10 18, 12 12. S. auch § 394 Anm. 2. Ist lediglich wegen Nichtverhängung einer Ehrenstrafe Berufung eingelegt, so ist, ivenn die Berufung Erfolg hat, lediglich auszusprochen, daß neben der bereits erkannten Hauptstrafe diese Nebenstrafe verhängt wird. b) Angefochtene Teile sind nur, soweit die Berufung Uv gründet ist, aufzuheben, insoweit aber auch vollständig unter Mit aufhebung aller logisch abhängigen Teile. PE. 1 64, 3 57 c, 4 94«, 17 14; RMG. 8 176. Wird also auf Anfechtung der Schuldfrage unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt verurteilt, so ist das ganze Urteil aufzuheben, auch wenn die Strafhöhe die gleiche bleibt. PE. 6 74 d, 10 21. Mit einer oder mehreren Einzelstrafen ist auch die Gesamtstrafe aufzuheben, RMG. 13 248. Nach erfolgter Aufhebung ist in der Sache selbst zu erkennen. Die Aufhebung allein genügt also nicht. Und zwar mutz die neue Entscheidung in der Urteilsformel ausgesprochen sein. PE. 16 16, 17 2. 4. ») Die Urteilsformel mutz die Berufung in allen ihren Teilen erschöpfend beantworten. RMG. 2 1^2, 6 18; PE. 2 68c, 3 56k, 4 94c, 5 70a, 6 74a, 10 23, 16 16, 17 13. Die drei letztgenannten PE. fordern sogar, wenn die Anfechtung des ganzen Urteils in der Straffrage Erfolg hatte, ausdrückliche „Verwerfung im übrigen", was auch der Meinung von RMG. 8 176 entsprechen dürfte. Dagegen ist, wenn auf Berufung des Angeklagten die Tat schwerer qualifiziert wird, für die Verwerfung der Berufung kein Raum. PE. 6 74d. Aufgehobene Einzelentscheidungen einer Tat­ mehrheit sind genügend kenntlich zu bezeichnen. PE. 10 21.

b) Bei Berufung des Gerichtsherrn und des Angeklagten sind beide Berufungen zu beantworten, RMG. 2 142, 18 238: PE. 5 70a, und zwar ausdrücklich in der Utteilsformel, PL. 5 70c. Da die Berufung des Gerichtsherrn innerhalb ihres Rahmens nach

Berufung. § 395.

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g 367 Abs. 2 stets auch zugunsten des Angeklagten wirkt, so ist sie bei Änderung des Urteils, insbesondere Herabsetzung der Strafe, nicht zu verwerfen, einerlei, ob nebenher auch der Angeklagte Berufung einlegte. RMG. 8 176; PE. 5 70d, 14 11. Bgl. PE. 2 68». Uber sämtliche die gleiche Tat betreffende Beschwerden ist durch ein und dasselbe Urteil zu erkennen. RMG. 8 142. c) Soweit Änderung des Urteils erfolgt, ist gleichzeitige Verwerfung der Berufung ausgeschlossen. PS. 3 57b, 5 70d, 6 74d; RMG. 4 274, 8 176. d) Ein Ausspruch auf „Bestehenbleiben" oder „Aufrechterhaltung" deS Urteils ist nicht genau. PE. 3 57a. 5. Rechtsmittel richten sich stets nur gegen den entscheidenden Teil des Urteils. Daher erfolgt die Verwerfung der Berufung, wenn daS Urteil aus anderen Gründen, als den im Urteil angeführten, aufrechterhalten wird. RMG. 4 163, 271, 11 142. 6. Uber Falle mangelnder Prozeßvorausfetzungen vgl. 88 314, 385, 394, auch RMG. 14 177. Der erforderliche Strafantrag kann noch im Laufe der zweiten Instanz gestellt werden. RMG. 4 274. 7. Zu Abf. 2. a) Bon der Befugnis (nicht Verpflichtung), unter Aufhebung des Urteil# die Sache in die erste Instanz zurück­ zuverweisen, soll daS Berufungsgericht Gebrauch machen, „wenn die Umstände des Falle# es erfordern", also nach freiem Ermessen. Die# wird sich namentlich empfehlen, wenn der gerügte Mangel de# Verfahrens sich nicht auf einzelne Unter­ suchung#,naßregeln oder Berfahrensatte beschränkt, sondern das gesamte Verfahren al# fehlerhaft erscheinen läßt. Durch die unmittelbare Aburteilung der Sache in zweiter Instanz könnte sonst dem Angeklagten in einer dem Sinne de# Gesetze# nicht entsprechenden Art der Instanzenzug abgeschnitten werden. Begr. S. 165. b) Der Mangel mutz sich au# dem Verfahren und den Fest­ stellungen der ersten Instanz ergeben. Auf Grund einer.neuen

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Ordentliche Rechtsmittel.

8 995.

Feststellung in der Berufungsinstanz Tonn die Godic nicht zurück­ gewiesen werden, RMG. 18 143. c) Ist der Mangel nicht ausdrücklich gerügt, oder erscheint die Sache spruchreif und zweifelsfrei, so wird die nur zeitraubende Zurückweisung zu vermeiden sein. Das RMG. vertritt sogar den strengeren Standpunkt, daß die Zurückverweisung eine Rüge des Mangels voraussetzt. So z. B. RMG. 1 190, 14 269 (274), 18 143; PE. 1 67, 4 95, 5 69c, 6 75; vgl. aber auch RMG. 14 177 und Rosenfeld § 90 Anm. 7. Ta das Berufungsgericht in dein Umfange, in dem die Sache in die höhere Instanz gelangt ist, auf Grund neu aufgebauter Hauptverhandlung entscheidet, interessieren die in erster Instanz vorgekommenen Prozeßverstöße im allgemeinen nicht mehr. Die Gesetzesvorschrift beruht auch lediglich auf der Billigkeitserwägung, daß dem Angeklagten nicht im praktischen Erfolg eine Instanz abgeschnitten werden soll. Anders steht es mit denjenigen Prozeßmängeln, welche in die zweite Instanz nachwirken. Auf diese bezieht sich RMG. 14 177. Sind diese unheil­ bar, so hat eine Zurückverweisung keinen Zweck. Das Verfahren ist vielmehr einzustellen. Bgl. Rissom, Arch. 2 459. Beispiel: Fehlen einer gültigen Anklageverfügung. d) Die Bestimmungen der §§ 74 ff. und 79 RStGB. enthalten materielles Recht. Eine Verletzung derselben ist nicht ein Mangel im Verfahren und berechtigt da- Berufungsgericht nicht, die Sache zur Entscheidung in die erste Instanz zurückzuverweisen. PS. 1 67, 5 71. Unklarheit der Berufung und Mängel der Anklageverfügung berechtigen nicht zur Aufhebung. PE. 5 69a. e) Mit der Aufhebung des Urteils auf Grund des Abs. 2 ist die Zurückverweisung der Sache zu verbinden und umgekehrt. PE. 3 57d. Tie Zurückverweisung hat völlig erneute Verhandlung und Feststellung zur Folge. PE. 3 57«. t) Nichtzurückweisung trotz vorliegender Möglichkeit dazu bildet keinen Revisionsgrund. RMG. 1 194, 285. Zurückverweisung ohne gesetzlichen Grund kann mit der Revision angegriffen werden, RMG. 18 143.

Berufung. § 395.

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8. ») Zu Abs. 3. «. Die Überweisung an die zuständige Stelle kommt nur dann ln Betracht, wenn überhaupt die Militär­ gerichtsbarkeit begründet ist. Da § 329 entsprechend anzuwenden ist, kann das angefochtene Urteil nicht deshalb, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung gehöre, regelmäßig auch nicht des­ halb, weil die AnNage von einem unzuständigen Gerichtsherrn erhoben fei, aufgehoben werden, RMG. 19 101. Es bleiben also nur sehr seltene Anwendung-fälle übrig. Die Überweisung erfolgt durch Urteil. Ist die bürgerliche Gerichtsbarkeit begründet, so erfolgt unter Aufhebung des angefochtenen Urteil- Unzuständigkeitserklärung, und zwar durch Urteil. Die Bestimmung des § 328 Abs. 1, welche für die erste Instanz Beschluß vorschreibt, findet keine Anwendung, RMG. 3 268, 19 249; PE. 4 71. Ein statt de- Urteil- erlassener Beschluß ist so weit anfechtbar, als es das Urteil wäre, also anfechtbar nur in der -weiten Instanz der höheren Gerichtsbarkeit. RMG. 19 249 unter Aufgabe von RMG. 3 268. Gegen diesen auch Beling, Z. 24 272; Gerland, Krit. BISchr. 45 584. Ist auch die bürgerliche Gerichtsbarkeit nicht gegeben, so wäre auf Einstellung zu erkennen, RMG. 20 238. b) Eine Überweisung sott aber nicht eintreten, da- Be­ rufungsgericht vielmehr selbst in der Sache erkennen, wenn efür den vorliegenden Fall als Gericht erster Instanz hätte bestellt werden können. Dies trifft B. zu, wenn ein Standgericht die Grenzen seiner sachlichen Zuständigkeit überschritten hat und die Verfolgung der Sache zur Zuständigkeit desselben Gerichtsherrn der höheren Gerichtsbarkeit gehört, welcher das in der Berufungsinstanz urteilende Kriegsgericht hat zusammentreten lassen. Erkennt das Berufungsgericht selbst, so gilt daS Urteil als in erster Instanz erlassen. Das Kriegsgericht urteilt dann als zuständiges Gericht erster Instanz statt des unzuständigen Standgerichts, so daß gegen sein Urteil die nach den all­ gemeinen Grundsätzen zulässigen Rechtsmittel gegeben sind. Begr. S. 166. Die sachliche Unzuständigkeit de- Standgerichts kann bereit-

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Ordentliche Rechtsmittel.

K 395.

auS dem Verfahren erster Instanz erkennbar seht, wenn die An klage auf ein der Zuständigkeit entzogenes Vergehen lautet, oder wenn das Urteil zutreffend auf eine unter die höhere Gerichtsbarkeit fallende Straftat abgestellt ist. Daß — bei ordnungsmäßiger Anklage — das Standgericht irrtümlich eine schwerere Straftat otv nahm, oder daß es über sechs Wochen erkannte, ist unerheblich. Wie hier im ganzen Beling, Z. 33 759, Arch. 3 469, abweichend Genge, Arch. 3 122. Die Unzuständigkeit kann sich aber auch daraus ergeben, daß die tatsächlichen Feststellungen der -weiten Instanz sich verändern. Wenn das Berufungsgericht selbst ht der Sache als Gericht erster Instanz erkennt, so muß die Verhandlung den Bor^ schriften deS Gesetzes für eine Verhandlung erster Instanz entsprechen. Das Kriegsgericht darf also z. B. nicht Verlesungen vor nehmen, die nur in der Berufungsinstanz gestattet sind. Vgl. RG. 9 282, 20 390; RGRspr. 5 731, 8 342. Ein vom verhafteten Angeklagten erklärter Verzicht auf das standgerichtliche Urteil gewährleistet ihm auch gegenüber dem neuen erstinstanzlichen Urteil, solange er es nicht angreift, die An rechnung der Untersuchungshaft nach § 458, RMG. 13 55. Rechtzeitiger Hinweis der Prozeßbeteiligten während der Hauptverhandlung, mindestens ausdrückliche Erklärung im Urteil, daß das Gericht in erster Instanz erkenne, ist erwünscht, wenn auch nicht unbedingt erforderlich. RMG. 9 91; PE. 8 27, 10 14. Das Urteil der Borinstanz ist in jedem Falle ohne Einschränkung aufzuheben, auch wenn das gleiche Ergebnis erzielt wird. PE. 3 57, 9 26; RMG. 9 91. Urteilt das Gericht entgegen der ihm obliegenden Verpflichtung als Berufungsgericht, so ist ein weiteres Rechtsmittel ausgeschlossen, RMG. 7 43, 9 91, 17 254; PE. 10 14; RG. in SeuffBl. 71 478. Abweichend Genge, Arch. 3 122. 9. Auch bei Beschränkung der Berufung auf den StrafauSspruch ist der Mangel der Militärgerichtsbarkeit von Amts wegen zu berücksichtigen. Hierüber s. § 394 Anm. 4a «.

Berufung.

§ SS«

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Verbot btt härtere» Strafe. § 396* War das Urteil nur von dem Angeklagten oder zugunsten des Angeklagten angefochten, so darf eine härtere Strafe als die in erster Instanz erkannte nicht verhängt werden. Die einer Gesamtstrafe zugrunde liegenden Einzelstrafen dürfen nicht höher als in dem angefochtenen Urteile be­ messen werden.

Entw. § 380. Schrifttum: Bennecke-BeUng, §§ 104, 130; Rosenfeld, § 90 Anm. 3; Rissom, Zum Plenarbeschlutz, RMG. 15 126, Arch. 3 224, Gerber, Das Verbot der reformatio in peius, 1913, Strafr. Abh. Heft 165; Lauckner, Zur Geschichte und Dogmatik der reformatio in peius, 1914, Strafr. Abh. Heft 171; Beling, Der nicht mitangefochtene und der teilweise angefochtene Schuldspruch, Goltd. Arch. 63 203; ders., Teilung der Rechtsmittel, Z. 38 637. 1. Der erste Satz des g 396 entspricht dem § 372 StPO. Der zweite Satz bezüglich der Gesamtstrafe war im Entwurf nicht ent­ halten: er wurde von der Kommission hinzugefügt. Vgl. KomBer. S. 126. 2* ») Am Wesen eines Rechtsmittels liegt eS, wenigstens als nächstgegebene Lösung, daß der Wille, da- berechtigte Interesse des Rechtsmittelwerbers, das Kampffeld absteckt, also maßgebend für den Umfang ist, in welchem daS Rechtsmittelgericht mit der Prüfung der Sache befaßt wird, § 394 Abs. 1 Anm. 2 a. Da nun bet Angeklagte nur, soweit er beschwert ist, also nur zu seinen Gunsten das Rechtsmittel einlegen kann, so bleiben, wie es scheint, bei An­ fechtung des Schuldspruchs seitens des Angeklagten alle ungünstige­ ren Fassungen des Schuldspruchs außerhalb des Kreise- der Prüfung. Sollte das Gegenteil gelten, so müßte eS ausdrücklich bestimmt sein, wie es in der Tat für die Berufung deS Gerichtsherrn im § 367 Abs. 2 ausdrücklich bestimmt ist. Daraus, daß dort die Besttmmung allein für den Gerichtsherrn getroffen ist, folgt, daß für den An­ geklagten der entgegengesetzte auS dem Wesen eines Rechtsmittel-

816

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 39t».

folgende Satz gelten sollte. Dem entspricht genau die Vorschrift des § 372 StPO., daß das Urteil auf Berufung des Angeklagten „nicht zum Nachteile" desselben abgeändert werden darf. Dafür, daß der § 396 MStGO-, wenn er im Anschluß an § 398 Abs. 2 StPO. — Entstehungsgeschichte s. bei Löwe, § 372 Anm. 2 — nur von härterer Strafe spricht, eine einschränkende Bestimmung geben wollte, dürfte ein sicherer Beweis nicht zu führen sein. Der Grund­ satz der Erforschung der materiellen Wahrheit kommt erst zur An Wendung, wenn das Tätigkeitsgebiet umgrenzt ist, durch die Anklageverfügung in erster, durch den Umfang der Berufung in zweiter Instanz. Indessen hat die Rechtsprechung, so RG. 9 324, 25 397, schon frühzeitig dem § 372 StPO, die Auslegung gegeben, daß bei Anfechtung des Schuldspruchs durch den Angeklagten eine Ände­ rung der rechtlichen Beurteilung zuungunsten des Rechts Mittelwerbers, also ein härterer Schuldspruch zulässig sei. Die Rechtsprechung des RMG. ist betn gefolgt, so RMG. 1 285, 4 195, 9 231, 12 277; PE. 6 70, 7 24a. Das Verbot der härteten Strafe führt dann zu dem Schlüsse, daß bei schärferem Schuldspruch sich eine an sich ungesetzliche Strafe ergeben kann, so daß das Verbot die materielle Rechtsnorm durchbricht, RMG. 10 273:

PS. 14 16. b) Ist vom Angeklagten der Schuldspruch, vom GerichtSherrn lediglich der Etrafausspruch angefochten, so würde, wenn man einen schärferen Schuldspruch für ausgeschlossen hält, die Strafe von selbst nur innerhalb des Strafrahmens des vom Borderrichter angenommenen Vergehens sich bewegen. Gibt man aber mit der herrschenden Ansicht den Anspruch auf Nicht­ verschlechterung des ergangenen Schuldspruchs auf, erklärt man also eine schärfere Beurteilung für zulässig, so wird man auch die Strafe dem schwereren Strafgesetz, und zwar, da auch der Gerichts­ herr das Strafmaß angefochten hat, bis zum Höchstmaß dieses Strafrahmens, entnehmen müssen. So auch RMG. Pl. 15 127 unter Aufgabe von 10 83. Allerdings gibt diese Schlußfolgerung wieder Anlaß, die Zulässigkeit der Verschlechterung des Schuld-

Berufung.

§ 396.

817

spruchs bei Anfechtung desselben lediglich durch den Angeklagten in Zweifel zu ziehen. L. a) Bet Fortfall eines Straferhöhungsgrundes kann dennoch auf die gleiche Strafe erkannt werden. PE. 11 16. Die Erhöhung der „an sich verwirkten" Strafe nach § 75 MStGB. enthält keine Berletzvng der Vorschrift, sofern nur da- Endergebnis nicht verschlechtert wird. PE. 10 27. b) Es steht im Ermessen des oberen Gerichts, ob es der An­ nahme mildernder Umstände oder eine- minder schweren Falles seitens des unteren Gerichts beitreten will oder nicht, sofern nur die Strafe selbst nicht erhöht wird. PE. 16 18. 4. a) Da sowohl Art wie Maß der Strafe zu berück­ sichtigen sind, darf -. B. für Gefängnis niemals Zuchthaus, um­ gekehrt für Zuchthaus niemals eine das gesetzliche WertverhLltniS übersteigende Gefängnisstrafe gesetzt werden. RMG. 5 16; PE. 15 29. Gefängnis ist härter als Geldstrafe. RMG. 10 273. An Stelle der in erster Instanz erkannten Freiheitsstrafe kann das Berufungs­ gericht eine Geldstrafe verhängen, die höher ist, als sie nach § 29 RStGB. sein dürfte. Die an die Stelle der Geldstrafe in ihrem Nichtzahlung-falle tretende Freiheitsstrafe darf aber nicht höher sein als die in erster Instanz erkannte. RG. 2 205; Löwe § 372 Anm. 4 a. Haft ist nicht härter als gelinder Arrest. RMG. 5 212. Im übrigen vgl. Romen u. Rifsom, MStGB., 3. Ausl., § 54 Anm. 6. b) Eine unzulässige Verschärfung der Strafe liegt vor, wenn, ohne den Strafsatz zu ändern, die in erster Instanz ausgesprochene Anrechnung der Untersuchungshaft in Fortfall gebracht wird. RGRspr. 2 603; PE. 7 24 b. 5. Nach ausdrücklicher Vorschrift bezieht sich das Verbot auch auf die Einzel st rasen einer Gesamtstrafe. RMG. 1 43, 9 231. Indessen braucht darum bei Fortfall einer Einzelstrafe die Gesamt­ strafe nicht immer verringert zu werden. Fallen die Voraussetzungen der Gesamtstrafe nachträglich, vgl. § 79 RStGB., oder infolge ver­ änderter Auffassung fort, so bilden die nunmehr nebeneinander «omen-Nisfom, MStGO., 2. «ufl.

818

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 396.

stehenden Einzelstrafen rechtlich keine Verschlechterung. RMG. 8 176. Wird von zwei Einzelstrafen die eine beseitigt, fo tritt der Fall des Satz 1 ein. RMG. 1 43. Uber die Aufnahme der Einzelstrafen in den entscheiden­ den Teil des Urteils s. Beling, Z. 38 630. 6. a) Werden mehrere Delikte in eins zusammengezogen, fo darf die neue Strafe die Summe der vorherigen oder die etwa gebildete Gesamtstrafe nicht überschreiten. b) Durch § 396 ist das Berufungsgericht nicht gehindert, Tat­ mehrheit anzunehmen, wenn auch die erste Instanz Tateinheit an­ genommen hat. PE. 16 17. Die Gesamtstrafe darf aber die in erster Instanz erkannte Strafe nicht überschreiten. Auch die — an sich zulässige — Festsetzung mehrerer Einzelstrafen in höherem Gesamtbeträge darf im Endergebnis zu einer Erhöhung der in erster Instanz erkannten einheitlichen Strafe nicht führen. RMG. 11 227, 20 130; PE. 14 17 unter Aufgabe von PE. 8 28. A. A. v. Bippen, DJZ. 1904 S. 1173—1174. 7. a) Ehrenstrafen sollen, mindestens in den Gründen, vgl. § 394 Anm. 5, bei den Einzelstrafen ausgeworfen sein, wenn sie auch neüen der Gesamtstrafe verhängt werden. Ist ein mit Ehrenstrafe bedachtes Delikt 'in Fortfall gekommen, so darf die Ehrenstrafe nicht auf ein anderes Delikt, bei dem sie zwar zulässig, aber nicht ausdrücklich ausgeworfen ist, übertragen werden. RMG. 7 160, 8 162; PE. 10 25. Nach der neueren Entscheidung, RMG. 15113, besteht allerdings keinegesetzliche Verpflichtung, diejenigen Einzelstrafen, wegen welcher es die neben der Gesamt­ strafe auszusprechende Ehrenstrafe für angemessen hält, besonders hervorzuheben. Die Gesamtstrafe bildet nach RMG. 14 160, 18 207 .die ausschließliche Grundlage für die Ehrenstrafe. Vgl. auch Romen u. RiHom, MStGB., 3. Aufl., §§ 30 Anm. 3, 40 Anm. 4, 54 Anm. 7. Im. übrigen muffen Ghrensttafen im entscheidenden Teil stehen, um berüafia tigt zu merben. RMG. 5 271. Beriet ung in die zweite Rlaffe des Soldaten stände s in Ver­ bindung mit Degradation ist milder als Entfernung aus dem Heere. RMG. 5 285.

Revision. § 807.

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Es Ist nicht unzulässig, an Stelle von Zuchthaus und Entfernung aus betn Heere in -weiter Instanz auf Gefängnis, fünfjährigen Ehrverlust und Entfernung aus dem Heere zu erkennen. Da in­ dessen hier die schwere Rebenstrafe des Ehrverlustes hinzukommt, muß die Gefängnisstrafe nicht unerheblich unter dem Betrage bleiben, der sich durch Umrechnung nach dem Verhältnis S zu 2 de- § 21 «StGB, ergibt, RMG. 20 130. b) BeröffentlichungsbefugniS hat nach RG. 6 180, RMG. 2 19, PS. 1 6 Strafcharakter, darf also, sofern in erster Instanz nicht darauf erkannt war, im Falle des g 896 nicht nach­ geholt werden. RMG. 7 120. S. auch § 16 und Ditzen, Arch. f. Strafr. 53 54. o) Ebensowenig kann nachträglich auf eine in erster Instanz nicht ausgesprochene Einziehung erkannt werden. PE. 13 19. 8. Die Vorschrift de- § 396 ist auch dann anzuwenden, wenn da- Berufungsgericht gemäß § 395 Abs. 3 selbst als Gericht erster Instanz erkennt. RMG. 10 273,17 254. S. auch g 395 Anm. 8b. 9. Verletzung des dem Angeklagten durch die Vorschrift de8 896 verliehenen Schutzrechts begründet als Verstoß im Ver­ fahren Revision nach g 463 Abs. 8. RMG. 5 3. 10. Eine sog. Frivolität-strafe, d. h. eine Strafe dafür, daß der Angeklagte nach der Überzeugung de- Berufungsgerichtedie Berufung lediglich zur Verschleppung der Sache oder aus Mut­ willen eingelegt habe, ist in da- Gesetz nicht aufgenommen. Der Entwurf enthielt eine solche Bestimmung (§ 380 Abs. 1 u. 3), sie wurde aber von der Kommission gestrichen. SomBer. S. 124 ff. Vierter Abschnitt.

Revision. § 397« Die Revision findet statt gegen die Urteile der Oberkriegsgerichte. Insoweit das Urteil eine der im § 15 bezeichneten strafbaren Handlungen zum Gegenstände hat, ist die Revision ausgeschlossen.

Entw. § 381.

820

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 397.

Schrifttum: Blndtng, Grnndr. S. 264, 231, 254; Beltng, Lehrb. C. 580—597; Rosenfeld § 91; Graf -u Dohna S. 214, 220; Ger­ land, Revision in Sachen der niederen Gerichtsbarkeit, Gerichtssaal 69 341—353; Rissom, Zu § 397 Abs. 2, Arch. 2 460, 3 224; ders., Ausschluß der Revision, Arch. 4 142; ders., Gegenstand der Anklage, Arch. 5 207; Beling, Zur Lehre vom Utteilsgegenstande: Ausschluß der Revision in Sachen der niederen Gerichtsbarkeit, Z. 38 809: Handw.: v. Bippen, Revision. 1. a) Die Revision ist ein der bürgerlichen Strafprozeßordnung nachgebildetes Rechtsmittel, welches nur die rechtliche Beurteilung der Sache der Würdigung der höchsten Instanz unterbreitet. Sie findet statt nur gegen die Urteile zweiter Instanz in kriegsgericht­ lichen Sachen, also gegen die Urteile der Oberkriegsgerichte, und geht ausschließlich ans Reichsmilitärgericht. Tie rein tatsächliche Beurteilung des Straffalles, namentlich die Würdigung des Beweisergebnisses, bleibt von der Nachprüfung dieses höchsten Gerichtshofs ausgeschlossen. Begr. S. 167. Bgl. RMG. 12 120. b) Die Revision ist nur statthaft, soweit der Prvzeßbeteiligte durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Darüber s. § 363 Sinnt. 1b. c) Nach Pr. KrAtin. v. 2. 11. 02 soll die Revision vom Gerichts­ herrn nickt ohne praktischen Zweck, also nicht lediglich aus theoretischen Gründen, weil etwa ein sachlich angemessenes Er­ gebnis gegen irgendeinen Rechtssatz verstößt, eingelegt roerbeit. 2. Die Revision hat nur dann Erfolg, wenn der das Rechts­ mittel Einlegende durch die Eittscheidung beschwert war. Vgl. $§ 363 Sinnt. 1, 365 Anm. 1, 378 Anm. 4; Löwe §§ 338 Anm. 2b, 374 Sinnt. 3 b. Ter Angeklagte ist aber dadurch, daß statt eines schweren ein leichteres Delikt angenommen ist, nicht beschwert. So das RMG. in ständiger Praxis. Vgl. aber RMG. 12 252, 17 193 Wohl aber ist der Gerichtsherr bei der zuungunsten des Slngeklagtcn eingelegten Revision, da diese infolge des § 367 Abs. 2 unter Um­ ständen auch als zugunsten des Angeklagten eingelegt gilt, durch eine sachlich unbegründete Berutteilnng oder eine zu schwere Art bestimmung der Tat beschwert.

Revision, j 897.

821

3. Für die Nachwirkung der Berufung-erklärungen auf die RevisionSmöglichkeit gilt der Grundsatz.- Rur in dem Umfange, in welchem die Sache in die Berufungsinstanz gelangt ist, kann sie auch in die RevisionSinstanz weiter­ gehen. Außerdem ist dann, wenn das Berufungsgericht die ihm durch die Berufung gesteckten Grenzen überschritten hat, dem da­ durch beschwerten Teil die Revision gegeben. Beispiel: Das Be­ rufungsgericht hätte auf eine lediglich gegen den Strafausspruch gerichtete Berufung den Schuldspruch geändert, RMG. 8 238; vgl. auch 8 129. Dabei ist zu unterscheiden: ») Es ist in vollem Umfange Berufung eingelegt. a» Lediglich der Gerichtsherr hat den Schuldspruch ange­ fochten. Die Berufung wirkt nach § 367 Abs. 2 doppelseitig, d. h. auch zugunsten des Angeklagten. Mithin eröffnet diese Be­ rufung auch dem Angeklagten die Revision hinsichtlich des Schuld­ spruchs, also namentlich auch dann, wenn die Berufung zurück­ gewiesen oder auf sie hin wegen einer geringeren Straftat ver­ urteilt wird. Für den verhafteten Angeklagten fällt allerdings mit Einlegung der Revision der Vorteil des § 458 wieder weg. ß. Lediglich der Angeklagte hat den Schuldspruch ange­ fochten. Dann wirkt die Berufung nach der Nächstliegenden Ansicht nur einseitig. Der Schuldspruch kann beseitigt oder gemildert, aber nie verschärft werden. Folgerecht steht dem Gerichtsherrn die Revision, sei es zugunsten, sei es zu ungunsten des Angeklagten, lediglich in diesen Grenzen zu. Er hat also zuungunsten des An­ geklagten die Revision nur dann, wenn der Schuldspruch beseitigt oder gemildert wurde. Läßt man aber mit der zu § 396 dargestellten abweichenden Auffassung des RÄ. und RMG. auch die Berufung des Angeklagten doppelseitig wirken, so daß durch sie die Möglichkeit eines schwereren Schuldspruchs eröffnet wird, so geht die Sache folgerecht auch in diesem Umfange in die Revisionsinstanz, RMG. 6 3. Der Gerichts­ herr kann also auch dann, wenn die Berufung des Angeklagten verworfen wurde, noch Revision einlegen, um eine schwerere Ber-

822

Ordentliche Rechtsmittel.

8 397.

urteilung zu erzielen. Nutzen hat er davon wegen des § 415 nur dann, wenn er selbst Berufung hinsichtlich des Strafmaßes ein­ gelegt hatte. b) ES ist lediglich im StrafauSspruch Berufung eingelegt. Dann unterliegt der Schuldspruch nicht mehr der Revision, RMG. 1 237, 325; Pl. 8 115, 15 254 (257), eS müßte denn sein, daß das Berufungsgericht ihn, obwohl das unzulässig, doch geändert hätte, RMG. 8 238. Die Berufung des Gerichts Herrn hinsichtlich deS Strafmaßes wirkt doppelseitig, die des Angeklagten wegen des § 415 allemal einseitig. Vgl. hierzu Beling, Goltd. Arch. 63 175. 4 Zu Abs. 2. Die in § 15 bezeichneten strafbaren Hand­ lungen, Übertretungen und nur mit Arrest bedrohte militärische Bergehen, sog. Kleinsacheu (Bagatellsachen), gehören grundsätzlich zur niederen Gerichtsbarkeit und sollen die Revisionstnstauz nicht beschäftigen. Sie werden nur ausnahmsweise, etwa wegen Offizierranges des Angeklagten, RMG. 5 297, oder infolge Per bindung von Strafsachen oder wegen Erkennung von Ehrenstrafen, RMG. 6 101, ans Oberkriegsgericht gelangen. In diesem Falle sollen gleichfalls zwei Instanzen genügen. Indessen ist streitig, ob iittb wieweit dieser leitende Gedanke in der unvollkommenen Fassung deS Gesetzes zur Verwirklichung gelangt ist. Das Gesetz schließt die Revision aus, insoweit das Urteil eine der im § 15 bezeichneten strafbaren Handlungen zunr Gegenstände hat. Man kann nun unter Gegenstand deS Urteils entweder das — wirkliche oder angebliche — geschickt liche Ereignis ansehen, das vom Gericht daraufhin zu prüfen ist, ob es den gesetzlichen Tatbestand einer strafbaren Handlung erfüllt. In diesen: Sinne spricht § 317 vom Gegenstand der Urteilsfindung. Dagegen wird man geneigt fein, als Gegenstand des Urteils selbst, wenigstens im Sinne des § 397, lediglich die rechtliche Bezeichnung der Tat im Urteil, oder in etwas anderer Auffassung den geschichtlichen Vorgang in der Beurteilung durch das OberkriegSgericht als Gegenstand deS Urteil- anzusehen. In diesem Sinne noch RMG. 1 260. Vgl. den Ausdruck „Gegenstand

Revision. $ 397.

823

der Anklage- im § 338, dazu Rissom, Arch. 5 207. Danach würde die Revision unzulässig fein, wenn daS Urteil Verurteilung wegen einer Kleinsache ausspräche oder bei Freisprechung (und Einstellung) die Tat als Kleinsache anspräche. Das Urteil wäre dann sofort rechtskräftig. Indessen hat die Pl. RMG. 7 43, kaum ganz auf dem Boden von Pl. RMG. 8 115, dem Revisionsgericht die Prüfung zugesprochen, ob die Annahme einer Kleinsache durch die tatsächliche Feststellung des Urteils getragen wird. Diese Vorprüfung erstreckt sich natürlich nur auf die unter Anklage gestellte Tat, nicht auf nebenher auftauchende selb­ ständige Tatbestände, RMG. 18 284. Zweifel sind nach RMG. 7 60, 8 109, 250, 14 250 im Sinne der Zulässigkeit der Revision -u lösen. Nur wenn also ein revisibles Delikt ausgeschlossen ist, soll die Revision unzulässig sein, RMG. 15 220. Die Unmöglich­ keit, ein revisible» Delikt auszuschließen, ist nach RMG. 14 250 auch dann gegeben, wenn ein für das fragliche — schwerere — Delikt wesentlicher Tatumstand, z. B. bei Beleidigung da» Be­ wußtsein de- ehrenkränkenden EharakterS der Äußerung, nicht fest­ gestellt ist Nach dieser Auslegung ist die Revision gegen eine VerurteUung wegen Ungehorsam- auch dann unzulässig, wenn die Vorprüfung ergibt, daß überhaupt keine strafbare Handlung vor­ liegt, RMG. 15 220. Bedenken gegen die Rechtsprechung de» RMG. bei Gerland, Rissom, Beling. Einzelheiten vom Standpunkt der Rechtsprechung deRMG. aus: «. ES ist Verurteilung erfolgt. ß. Nennt die Urteilsformel ein schwereres Vergehen, so ist ohne weiteres Revision zulässig, RMG. 8 109. b) Ist Verurteilung wegen einer Kleinsache erfolgt, so ist und) RMG. 7 43,8 106, 250, 14 250, 15 220, 16 237, 19 24, 70, 285 in eine Vorprüfung daraufhin einzutreten, ob nach dem fest­ gestellten Tatbestände ein schwerere» Vergehen in Frage kommt Ist dies der Fall, so ist die Revision zulässig. Eine Ergänzung de- objektiven Tatbestandes steht dabei dem Revision-gericht nach RMG. 16 237 nicht zu. Dagegen will RMG. 14 250, ohne

824

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 397.

ersichtlichen Grund, trotz Mangels eines subjektiven Tatbestands Merkmals, -. B. des Bewußtseins des ehrenkränkenden Charakter) der Äußerung, noch ein schwereres Vergehen als nicht ausgeschlossen ansehen. Stellt sich heraus, daß nach dein Tatbestände die Verurteilung überhaupt zu Unrecht erfolgt ist, z. B. weil bei Verurteilung wegen Ungehorsams ein Befehl in Dienstsachen nicht vorlag, so ist nach RMG. 15 220 die Revision unzulässig. Auf welche Straftat die Anklage lautete, ist belanglos. b) Es ist Freisprechung (oder Einstellung) erfolgt. Diese beim Erlaß des Gesetzes scheinbar nicht beachtete Gruppe bietet Schwierigkeiten, weil die Urteilsformel nicht immer eine be­ stimmte Straftat nennt, und weil die festgestellten Tatsachen regelmäßig mehr oder weniger lückenhaft sind. Danach wird der Gegenstand der Freisprechung usw., wenn man nicht die Anklage Verfügung von vornherein zugrunde legt, jedenfalls in der Regel nur unter ihrer Heranziehung dem Urteil zu entnehmen sein, während eine Nachprüfung bei der Lückenhaftigkeit des Tatbestandes nicht immer möglich ist. a. Lautete die Anklage auf ein schwereres Vergehen, so liegt es nahe, in entsprechender Anwendung von RMG. 8 luv (s. unter a), die Revision für stets zulässig zu erNären. Indesseil erachtet RMG. 16 125 die Revision dann für unzulässig, tunttt nach dem vom Oberkriegsgericht festgestellten Sachverhältnisse itut eine Kleinsache „in Frage kommt". Dafür, was in Frage kommt, ist aber nicht die Ansicht des Urteils, sondern die des Revisionsgerichts entscheidend. Diese Entscheidung ist leicht, wenn Tatsachen fest­ gestellt sind, welche den Tatbestand, sei es eines schwereren Ver­ gehens, sei eS einer Kleinsache, ergeben, indessen zweifelhaft, wenn, was die Regel, nur ein lückenhafter Tatbestand festgestellt wurde. ß. Lautete die Anklage auf eine Kleinsache, so ist die Revision nach RMG. 16 125 nicht ohne weiteres ausgeschlossen, sondern nur dann, memt nach dem Tatbestände lediglich eine Kleinsache „in Frage kommt". Ob dies der Fall, entscheidet maß­ gebend das Revisionsgericht.

Revision. 8 398.

825

Gesamtergebnis: Alle diejenigen Urteile unterliegen der Revision, bei denen ein schwereres Vergehen als die im § 15 genannten in Frage kommt, sei es, daß die verurteilende Urteilsformel es enthalt, sei es, daß nach dem Tatbestände dcS Urteils ein solches nicht auszu­ schließen ist. Die Folge der gesetzgeberisch anfechtbaren Vorschrift des Abs. 2 ist die, daß ohne entsprechende Entlastung des-RMG., da dieses sich der obengenannten Vorprüfung nicht entziehen kann, eine Anzahl auchmilitärischer Straftaten der richtunggebenden Auslegungstätigkeit des obersten Militärgerichtshofes nicht teil­ haftig werden. Nur hinsichtlich der Vorprüfung, und sonst ge­ legentlich, so z. B. bei Tateinheit mit schwereren Vergehen, RMG. 15 252, kommen sie dort zur Sprache. 4. Die gemäß Abs. 2 unzulässige Revision wird nach RMG. (I. Sen.) v. 23. 3. 17 durch Beschluß verworfen.

ittultguug und Rechtfertigung der Revifiou.

§ 388.

Die Revision muß binnen einer Woche nach Bertündung des Urteils eingelegt und nach Maßgabe der nach, folgenden Bestimmungen gerechtfertigt werden. Die §§ 379 Absatz 2, 381 finden entsprechende Anwendung.

Eniw. § 382. Schrifttum: Philippi, Zum Revisionsverfahren im MStPrvz., Monatsschr. f. Krimpsych. und Strafrechtsreform 1908 S. 112—122; PH. £>. Mayer, Die Einlegung und Rechtfertigung der Revision nach der MStGO-, Gerichtssaal 73 238—263: Twele, Zur Aus­ legung der §§ 398 u. 104 MStGO., Arch. 3 439; Rissom, Urteils­ zustellung nach 88 396, 381 MStGQ, Arch. 4 145; Twele, Vor­ behalt weiterer Revisionsgründe, Arch. 4 111; Rissom, Rechtfertigung der Revision, Arch. 5 212; Twele, Zur Rechtfertigung der Revision, Arch. 5 280. 1. Die Vorschrift entspricht hinsichtlich der Einlegungsfrist dem 8 381 StPO., verlangt jedoch, abweichend vom § 385 StPO,

826

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 398.

auch die „Rechtfertigung" der Revision innerhalb derselben Frist. Sin gewisses Gegengewicht gegen diese im Interesse der Be­ schleunigung getroffene Bestimmung bildet die Vernehmung des Angeklagten nach Ablauf der Frist nach § 404. Begr. S. 167 ff. 2. a) Die Rechtfertigungsfrist ist von der vorgLngigen Zu­ stellung des Urteils an den Angeklagten nicht abhängig gemacht. Indessen erklärt RMG. 6 203 eine sachdienliche Rechtfertigung der Revision ohne Kenntnis des Sihungsprotokolls und der schrift­ lichen UtteilSgründe als „in der Regel unmöglich".

b) Die Rechtfertigung ist nach § 369 zu erklären. Innerhalb der Frist kann der Angeklagte seine Rechtsmittelbegründung von vornherein auf mehrere Erklärungen verteilen. Sr kann aber auch nach abgeschlossener Erklärung binnen der Frist noch weitere Revisionsgründe vorbringen. Ein Verzicht auf weitere Revisions­ gründe ist in der Beschränkung der Begründung in der ersten Er klärung int Zweifel nicht enthalten. Sin besonderer Vorbehalt weiterer Begründung ist also nicht erforderlich, Rissom, Arch. 5 212; Twele, Arch. 5 280. Ein Vorbehalt weiterer Begründung nach Fristablauf ist ungültig, da er auf eine Verlängerung der gesetzt lichen Frist hinauslaufen würde, RMG. 17 45. c) Rechtsausführungen, Berichtigungen, soweit sie keinen neuen Revisionsgrund enthalten, Beweisantritt für die behaupteten prozessualen Mängel sind auch nach Fristabl.iuf zulässig. RMG. 9 126, 134. Auch zur Auslegung sind spätere Eingaben verwertbar. RMG. 5 186, 8 239. Im übrigen sind nach Ablauf der einwöchigen Frist einge gangene Rechtfettigungen unbeachtlich. RMG. 6 96. 3. Ter Verteidiger hat kein selbständiges Recht zur Rechtfettigung der Revision, folglich auch nicht zur Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der für die Rechtfettigung gesetzten Frist. RMG. 10 271; PH. €• Mayer, Revision, Gerichtssaal 73 255. Beauftragung mit Einlegung der Revision gilt aber im Zweifel auch als Auftrag zu ihrer Recht­ fettigung. RMG. 9 231. Die- will RMG. 10 271 auch nicht be­ streiten. Rach RMG. 9 231 ist, falls der Angeklagte selbst die

Revision. § 399.

827

Revision eingelegt hat, die vom Verteidiger rechtzeitig erfolgte Rechtfertigung derselben als rechtsgültig anzusehen, sofern nicht im einzelnen Falle Bedenken bestehen, daß die Rechtfertigung ohne Auftrag des Angeklagten oder gar gegen dessen Willen geschehen ist. Vgl. 8 369 Anm. 10. 4. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist ist möglich, RMG. 13 213. Die Wieder­ einsetzung wegen verspäteter Beibringung eines einzelnen RevtsionsgrundeS ist nach RMG. 3 172 nicht zulässig. Dagegen Ditzen, Arch. f. Strafe. 52 369; Gerland, Krit. BJSchr. 45 567; Rissom, Gerichtssaal 73 322, wohl auch Twele, Arch. 3 439. In­ dessen läßt RMG. 11 187 zu, daß einzelne Revisionsgründe, die infolge ungenügender Belehrung nach § 404 nicht vorgebracht sind, bei nochmaliger Vernehmung angegeben werden. 5. Zu Abs. 2. § 379 Abs. 2 regelt den Fristbeginn bei Ver­ kündung des Urteils in Abwesenheit des AngeNagten, RMG. 9 199. Die Revision kann aber auch schon vor Beginn der Frist ein­ gelegt werden, RMG. 17 61. Der § 981 trifft über sofortige Zu­ stellung de- angefochtenen Urteils an den Angeklagten, u. U. auch an den Verteidiger Bestimmung. PE. 6 77. über die Rechtfertigung der Revision vor Zustellung des Urteils s. oben Anm. 1. Die ordnungsmäßige Zustellung des Urteil- ist Voraussetzung der Ent­ scheidung auf da- Rechtsmittel, da die Kenntnis der schriftlichen Gründe im Sinne de- Gesetzes zur Vorbereitung der Verteidigung deS AngeNagten erforderlich ist, der Angeklagte auch unter Um­ ständen aus dem Urteil die Erkenntnis der Erfolglosigkeit de- Rechts­ mittels gewinnen und sich dadurch zur Zurücknahme deS letzteren veranlaßt sehen kann. Verzicht auf Zustellung ist unzulässig.

«echisertiguug-grüude. § 399. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß daS Urteil auf einer Gesetzesverletzung beruhe. Gesetzesverletzung ist vorhanden, wenn eine ausdrückliche Vorschrift der Gesetze oder ein Rechtsgrundsatz oder eine mili

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Ordentliche Rechtsmittel.

§ 399.

tärische Dienstvorschrift oder ein militärdienstlicher Grundsatz nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. Entw. § 383. Schrifttum: Beling 3. 581- 584? Blnding 3. 267—273: Rissvm, Militärdienstliche Grundsätze, 9lrdi. 1 227, 461, 2 377, 4 58, 5 66, 6 348; Ullmann, Militärdienstliche Grundsätze im Sinne des § 399 Abs. 2 MStGO., Arch. 2 132, 219, 294: Rissom, Verstöße gegen die Denkgesetze, Gerichtssaal 76 390. Handw.: v. Bippe;,, Revision; Dietz, Disziplinarstrafordnung, 2. Ausl-, Militärdienstliche Grund­ sätze, Vordem. VIII; Beling, Prozcßsebler im 3iime der Revision, Z. 38 819; ders., Heilung von Verstößen, S- 38 822. 1. Die Vorschrift entspricht dem $ 376 StPO-, jedoch unter Gleichstellung der militärischen Dienstvorschriften und militär­ dienstlichen Grundsätze mit den Rechtsnormen. 2. ») Nach § 399 kann die Revision nur daraus gestützt werden, daß das Urteil auf „einer Gesetzesverletzung beruhe". Diese der bürgerlichen StPO-, § 376 Abs. 1, entnommene Fassung soll darauf hinweisen, daß das Revisionsgericht die an­ gefochtene Entscheidung nicht etwa stets aufzuheben hat, wenn in der Entscheidung oder dem Verfahren der unteren Instanz irgendeine Gesetzwidrig!eit vorgekommen ist, sondern nur dann, wenn zwischen der Gesetzesverletzung und der Ent­ scheidung ein ersichtlicher oder wenigstens glaubhafter Zu­ sammenhang besteht. Einzelne Gesetzesverletzungen werden aber stets als so wesentlich angesehen, daß die Entscheidung stets als auf ihnen beruhend gellen soll. Diese Gesetzes Verletzungen zählt der § 400 auf. Begr. 3. 168. b) Daß das Urteil auf einer Gesetzesverlehung beruhe, muß vom Rechtsmittelwerber behauptet werden, RMG. 15 22. c) Ter Rechtsmittelwerber muß durch das angefochtene Urteil beschwert sein. RMG. 14 191, 17 193. Vgl. oben § 363 Anm. lb. 3. Auf einer Gesetzesverletzung „beruht"'das Urteil, wenn ohne Verletzung deS Gesetzes die Entscheidung anders hätte ergehen müssen, wenn also ein ursächlicher Zusammenhang -wischen Verstoß

Revision. § 399. und Urteil vorliegt. RMG. 4 153, 9 166. Nicht- andere- besagt z 400 Ziss. 8, wenn dort gefordert wird, daß die Verteidigung in einem für die Verteidigung wesentlichen Punkte unzulässig be­ schränkt ist, RMG. 15 200. Ein lediglich unzutreffend be­ gründete- sachlich sonst aber zutreffendes Urteil bleibt bestehen. RMG. 11 142. Fehler im Verfahren sind ursächlich, wenn bei richtigem Vorgehen der Urteil-inhalt anders ausgefallen wäre (vgl. Beling, Lehrb. S. 583). Ob die- der Fall ist, läßt sich gerade bei Fehlern der Verfahren- selten zweifelsfrei entscheiden. Zweifel müssen aber dem Beschwerdeführer zugute kommen, RMG. 1 43, 51, 5 76, 276, 6 30; a. M. Binding S. 272. Nichtbeeidigung der Angaben des Zeugen über seine Person gilt nicht ohne weiteres al- ein Verstoß, auf dem da- Urteil beruht, RMG. 14 107. Die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs ist für ausgeschlossen erachtet, -. B. bet Urteilsberatung in Gegenwart des Angeklagten entgegen § 325, RMG. 19148. Mängel des Ermittlungsverfahrens find nie ursächlich RMG. (I. Sen.) v. 12. 5. 17. Das Sitzung-protokoll ist nie „ur­ sächlich" im obigen Sinne, sondern lediglich als VeweiSmittel für Prozeßrügen von Belang. RMG. 2 49, 9 227. Da das vom Gericht erlassene Urteil angefochten wird, laufen alle prozessualen Stügen darauf hinaus, daß da- Gericht dieses Urteil nicht habe erlassen dürfen, Beling, Z. 38 819. ES kann also immer nur das Verhalten de- Gericht- selbst angegriffen werden. Verstöße anderer Personen, z. B. de- GerichtsHerrn, sind nur mittelbar von Bedeutung, und zwar insofern, als das Gericht infolge dieser Verstöße anders hätte verfahren müssen. Hiernach kommen frühere Verstöße des Gerichtsherrn nicht mehr in Betracht, wenn der Angeklagte seine Belange durch Antrag­ stellung beim Gericht hätte wahren können. Daß er seine Befug­ nisse nicht gekannt hat, schützt ihn nicht vor den Folgen der Unter­ lassung, RMG. 13 136. So hat der Angeklagte zwar nach RMG. 15 265 ein prozessuale- Recht darauf, daß die vom Gerichtsherrn angeordnete und ihm bekanntgegebene Ladung von Zeugen auch auSgefühtt wird. Auf eine Verletzung diese- Recht- aber kann die

830

Ordentliche Rechtsmittel.

§ 399.

Revision wenigstens dann, wenn der Angeklagte in der Haupt­ verhandlung anwesend war, nicht gestützt werden, RMG. 15 265. Je nach der Natur der einzelnen Vorschrift ist zu beurteilen, ob die Unterlassung der Rüge eines Fehlers in der Hauptverhand­ lung oder die Nichtbestellung entsprechender Anträge als zulässiger Verzicht auf die Anwendung der Vorschrift gelten oder wenigstens die Annahme ausschließen kann, daß das Urteil auf diesem Verstoß „beruhe". Löwe § 376 Anm. 7c. Vgl. RMG. 5 8, 197. Auf Jnnehaltung der tut öffentlichen Interesse erlassenen Vorschriften kann grundsätzlich nicht verzichtet werden, RMG. 17 129. Im übrigen muß bei unterlassener Rüge von Verstößen grundsätzlich deren Heilung angenommen werden. Vgl. Beling, Z. 38 822. Dagegen kann bei Unterlassung vorgeschriebener Prozeßhandlungen die unterbliebene Rüge nicht ohne weiteres als Verzicht auf die Prozeß­ handlung aufgefaßt werden. Vgl. Beling, Z. 38 822. 4. Zu Abs. 2. Als „Gesetz" gellen Rechtsnormen aller Art, materielles und Prozeßrecht, öffentliches und privates Recht, gesetztes Recht einschließlich der Staatsverträge, RMG. 4 65, und Gewohnheitsrecht, formelle Gesetze und mit Gesetzeskraft er­ lassene allgemeine Verordnungen. Löwe § 376 Anm. 3a; Koppmann Anm. 7.

Dagegen sind an sich als „Gesetz" nicht anzusehen Anweisungen zur Regelung des inneren Dienstes einer staatlichen Organisation. Daher bedurfte es einer besonderen Bestimmung, um „mili­ tärische Dienstvorschriften" und „militärdienstliche Grund­ sätze" zum „Gesetz" zu rechnen. 5. Die Nachprüfung „materieller" Rechtsverletzung läßt die Beurteilung der Tatseite, hinsichtlich des Schuldspruchs wie des Strafausfpruchs, unberührt. RMG. 42 100, 160, 241, 4 123, 5 186, 197. Es ist also zu prüfen, ob der aus den tatsächlichen Feststellungen unter Anwendung des Strafgesetzes gezogene Schluß, wie er in der Urteilsformel zutage tritt, zutreffend ist. RMG. 4 153, 51 45, 81.

Sin Angriff auf die Strafzumessung ist zulässig, soweit die

Revision. § 399.

831

gesetzlichen Strafgrenzen nicht eingehalten sind oder die 3n lässigkeit bestimmter Strafzumessungsgründe rechtsirrtümlich bejaht oder verneint ist. RMG. 7 281, 8 144, 207. Anrechnung der Untersuchungshaft ist nur anfechtbar, wertn sie aus einem rechtsirrtümlichen Grunde erfolgte. Nachprüfung, ob die Unter­ suchungshaft wirklich so lange dauerte, wie sie angerechnet wurde, ist nach RMG. 8 166, 10 47, 13 49 unzulässig. Vgl. Löwe § 374 Anm. 3 a. 6. Prozeßrügen nötigen, wie die Natur der Sache und ߧ 403 Abs. 2, 410 Abs. 1 ergeben, zur Nachprüfung der tatsächlichett Unterlagen der erhobenen Beschwerde. Löwe § 376 Anm. 2b; Beling, Z. f. d. ges, Str. 24 276. Dahin gehören (Binding, Grundr. S. 269—27): a) Fehlen einer Prozeß- oder Urteilsvoraussetzung. Hierzu rechnen: mangelnde Gerichtsbarkeit, Fehlen des erforder­ lichen Strafantrages, bereits erfolgte Aburteilung, Verjährung, s. § 394, ungültige Anklageverfügung, s. § 402, Fälle des § 400 Ziff. 1—6, RMG. 1 272, 2 270. Wegen Berücksichtigung derartiger Mängel von Amts wegen s. § 410. Fehlen des Ermittlungsver­ fahrens schadet nicht. RMG. 1 155. Uber die Anfechtung der Ver­ werfung eines Gesuches um Ablehnung eines Richters vgl. §§ 129, 400 und RMG. 7 30. b) . Mängel im Verfahren nach erhobener Anklage, wre unzulässige Beweisaufnahme, unrichtige Ablehnung von Beweis­ anträgen, RMG. 3 69, Beschränkung der Verteidigung, im § 400 besonders hervorgehoben, unrichtige Auslegung eines Antrags, ins­ besondere einer Rechtsmittelerklärung, RMG. 2 280, 11 41, Nicht­ erteilung des letzten Wortes an den Angeklagten und vor allem, s. § 400 Anm. 10c, Verletzung der aus der Sachlage erkenn­ baren Pflicht zur vollständigen Erforschung der ma­ teriellen Wahrheit (§§ 298 Abs. 3, 315, 317, 327). RMG. 7 43, 19 101. In einer Unterlassung lanu nach RMG. 11 54 eine revi­ sible Gesetzesverletzung jedenfalls insoweit nicht bestehen, als die zum Handeln berufene Stelle keine Kenntnis von der sie

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Ordentliche Recht-mittel.

§ 399

-um Handeln veranlassenden Sachlage hatte. Z. 38 819, 619.

Dagegen Beltng,

Der einen Mitangeklagten betreffende Teil des Urteils kann nur herangezogen werden, soweit Widersprüche im Urteil enthalten sind, RMG. (II. Sen.) v. 22. 11. 17. Die Anträge des Anklagevertreters können nicht zum Gegenstand der Revision gemacht werden. RMG. 7 281. Des­ gleichen ergeben Mängel des Protokolls als solche keinen Revisions­ grund. RMG. 2 49, 9 227.

c) Mängel im Zustandekommen des Urteils selbst. Gänzlicher Mangel der Entscheidungsgründe im Urteil begründet nach § 400 Ziff. 7 stets die Revision. Tie mündlich verkündeten Gründe sind für die Revision ohne Bedeutung, RMG. 1 157, 263. Mangel mündlich verkündeter Gründe wäre gleichfalls belanglos, a. M. icheinbar Ph. O. Mayer, Revision, im Gerichtssaal 73 249. Unklarheit der Urteilsformel in der Berufungsinstanz infolge Nichterschöpfung des Borderurteils gibt einen formellen wie materiellen Revisionsgrund ab. RMG. 10 175. Ob die im Urteil gezogenen Schlußfolgerungen in tatsächlicher Beziehung richtig sind, kann das Revisionsgericht nicht nachprüfen, sondern nur, ob etwa ein Verstoß gegen die Denkgesetze untergelaufcn ist, RMG. 13 232, 16 lös. Hierzu vgl. Rissom, Gerichtssaal 76 390. Weiteres Beispiel: Un zureichende Würdigung einer nach einem ablehnenden Beweis­ beschluß als wahr unterstellten Tatsache, RMG. 16 215. 7. Ob das freie Prüfungsrecht hinsichtlich prozessualer Tatsachen eine Einschränkung insoweit erfährt, als die Fest­ stellung, z. B. daß der Angeklagte nicht verhandlungsfähig sei, ein Zeuge an Berstandesschwäche leide oder der Teilnahme verdächtig oder offenbar unglaubwürdig sei, auf der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung beruht, ist streitig. Das RMG. 15 194, wodurch 8 285, 11 210, 261, 13 92, 232, 14 203 näher bestimmt sind, erklärt das Revisionsgericht in denjenigen Füllen gebunden, in denen der Tatrichter nach dem Willen des Gesetzgebers die prozessuale Frage nach den Grundsätzen der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit nach seiner aus dem Inbegriffe der Verhandlung geschöpften Uber-

Revision. § 400.

833

jcugung festzustellen hat. Tie Tatsache an sich, daß eine Beweis­ aufnahme stattgefunden hat, ist nicht entscheidend. Vgl. § 410 Anm. 4 t, Rosenfeld § 91 Anm. 16. Soweit das Revisionsgericht in der Prüfung frei ist, taun es, RMG. 20 80, ohne Bindung an die für die Schuldfrage geltenden Beweiserhebungsregeln in form­ loser Weife aus dem Inhalt der Akten, durch dienstliche Äußerungen usw. sich Aufklärung verschaffen. In der Auslegung von Willenserklärungen, -. B. An­ trägen auf Zeugenvernehmungen, RMG. 6 281, RechtSmitteleinlegungen, vgl. §§ 368 Anm. 3e, 369 Anm. 3e, 380, 382, ist daS Revifionsgericht frei. 8. Eine Zusammenstellung der vom RMG. in den ersten Jahren seiner Rechtsprechung anerkannten militärdienstlichen Grund­ sätze bei v. Schwartzkoppen Entfch. d. RMG. betrachtet vom Stand­ punkte des Frontoffiziers S. 138—207, auch S. 208—229. Bgl. ferner das oben angeführte Schrifttum.

§ 400.

Unbedingte «eviftonSgründe.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen: 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; 2. wenn bei dem Urteil ein Richter mitgewirkt hat, welcher von der Ausübung des Richteramts kraft des Gesetzes ausgeschlossen war; 3. wenn bei dem Urteil ein Richter mitgelvirkt hat, nachdem derselbe wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt tuar, und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist; 4. wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht an­ genommen hat; o. wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit einer Per­ son, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, statt gefunden hat; 53 Romen-Rissom, 9RSt schriften und militärdienstlicher Grundsätze wahrenden Bestimmung (Ziff. 9) in der Hauptsache anschließt. Begr. E. 168, 169. E. auch 8 399 Anm. 2. 2. Auch die Mängel des § 400 werden nach § 410 gründ sätzlich nur auf erhobene Rüge geprüft. Es bedarf also ihrer ausdrücklichen Geltendmachung, RMG. 6 286. Ilber Berücksich­ tigung prozessualer Mängel von Amts wegen s. 8 HO. 3. Zu Ziff. 1. Für die Frage, ob das erkennende Gericht „vorschriftsmäßig" besetzt war, sind bezüglich des Stand­ gerichts die §§ 38—44, bezüglich des Kriegsgerichts die 8ß

Revision. § 400.

835

bl* 60, bezüglich de* Oberkriegsgerichts die g§ 65—70 maß­ gebend. Vorschriftswidrig ist insbesondere ein Gericht besetzt, wenn die Richter nicht vom Gerichtsherrn, sondern vom Truppenteil be­ rufen sind, RMG. 1 193, L 76; wenn in demselben Befehlsbereich noch ein zweites Oberkriegsgericht gebildet würde, RMG. 2 153; PE. 3 8; wenn der ständige Richter ohne Grund übersprungen wird, RMG. 3 188; wenn ein Richter teilnimmt, bevor das gegen ihn zulässigerweise angebrachte Ablehnungsgesuch seine ordnungs­ mäßige Erledigung gefunden hat, RMG. 6 160. Näheres §§ 39, 53, 68. Hierher gehört auch unterlassene oder unrichtige, §§ 68 mit 42 oder 296, Beeidigung der Offizierrichter. RMG. 1 251, 6 204, 11 110.

Vorschriftswidrige Besetzung hat RMG. (I. Sen.) v. 12. 6. 17 auch in einem Falle angenommen, in dem als Verhandlungs­ führer entgegen §§ 61, 69 der Dienstjüngere der beiden OberkriegSgerichtSräte tätig gewesen war. Bgl. dazu § 61 Anm. 2 a. Die Tatsachen, in denen die vorschriftswidrige Besetzung erblickt wird, sind bestimmt anzugeben. RMG. 1 272, 6 286. Bgl. dazu Gerland, Gerichtssaal 69 243 Anm. 4. über die Nach­ prüfung des Revisionsgerichts s. § 68 Anm. 2 y. 4. Zu Ziff. 2. Vgl. §8 122, 123. über die Tätigkeit als Untersuchungsführer s. 8 122. über Beratung deS Gerichts­ herrn s. 8 122 und RMG. 3 3. Eine Tätigkeit als Vertreter der Anklage liegt jedenfalls dann vor, wenn der dazu Bestellte m Beziehung auf die materielle Behandlung der Sache eine amt­ liche Wirksamkeit entfaltet hat. RMG. 4 31. Es genügt also auch Tätigkeit in einer ausgesetzten Hauptverhandlung, RMG. 13 28. Als Gerichtsherr ist von der Ausübung des Richteramts aus­ geschlossen, wer als solcher in der betreffenden Sache tätig und damit an der Untersuchung in maßgebender Stellung beteiligt geivesen ist. RMG. 5 201. L. Zu Ziff. 3. über Ablehnung von Richtern vgl. §§ 124 bis 129. Der Angeklagte muß eine Ablehnung wegen Besorg-

83t-

Ordentliche Rechtsmittel.

§ too.

niS der Befangenheit bis zu dem im § 125 Abs. l bezeichtteten Zeitpunkt stcttcub nrachen, RMG. 14 144. Hat er dies unter, lassen, so tarnt er den Ablehnungsgrund nicht etwa nachträglich als Revisionsgrnnd geltettd machen, RMG. 15 du. Die Verwerfung des Ablehnnngsgesnchs ist auch dann zu Unrecht erfolgt, wenn das Gericht bei der Beschlutzfafsnng unrichtig besetzt war. RMG. 4166,6 266. Verwerfung des Gesuchs als unzulässig soll nach RMG. 4 251 nicht anfechtbar sein. Vgl. dazu §§ 129 Anm. t, 127, 129. DaS Revisionsgerickt prüft frei unter Benutzung neu vorgebrachter Tatsachen, RMG. 7 30. Selb ständige Ablebnungsgrüttde lömtvit aber nicht mebr geltettd gemacht tverden, RMG. 6 266. Bgl. § 129 Anm. 3: Gerland, Gerichtsfaal 69 213; Recht 4 527. Tie Aussührnngen in RMG. 6 286 n. 7 30, daß es sich hier sachlich um eine Rechtsbeschwerde bandle, uttb daß das Revisionsgericht hinsichtlich der Tatsachenprüfuttg eine freiere Stellttttg habe als sonst, sind allerdittgs mit Beling, Z. 38 824 dabin zu erweitern, daß überbanpt jede prozessuale Rüge deut Revisionörichter grnttdsätzlich diese freiere Stellttttg gibt. Nach­ trägliche Geltettdntachung einer Ablehnung ist unzulässig, RMG. 7 223. Bgl. aber § 125 Anm. 2c über erneutes Stecht bei '31 tt* seyung einer Hanptverbandlung. 6. Zu Ziff. 4. Tie Zuständigkeit tarnt gefehlt haben wegen Mangels der Militärgerichtsbarkeit. Bgl. 8 395 XHunt. 8a. Sofern dieselbe begrüttdet war, Knut Uttzustättdigleit mit Rücksicht auf 8 329 lautn jemals in Frage kottttnen. Vgl. § 395 Anm. 6a. 7. Zu Ziff. 5. Vgl. 88 273, 275, 278, 280, 281, 290, 301, 316. Uber Militärgerichtsschreiber s. § 105 Anm. 4. Abwesenheit dos Mitangeklagten gibt nach RMG. 17 188 bei notwendiger Teilttahnte ctttcn Revisionsgrund. Nichtaussetzung der HauptverhandLtntg trotz Ausbleibens des notwendigen oder bestelltett Ver­ teidigers bildet einen unbedingten Revisivnsgrund. RMG. 2 8, 4 216, 9 155. Bgl. §§ 275, 338, 346, über Verteidiger von Mitangeklagten § 346, RMG. 17 53, 166. Gleiches gilt, wenn der bestellte' Verteidiger beim unentschnldigtett Ausbleiben des geladenett Angeklagten von der Teil-

Revision. § 400.

837

nähme an der Hauptverhandlung ausgeschlossen wird. RMG. :t 31. Ter unbedingte Rcvisionsgrund der Zisf. 5 ist gegeben, wenn auch nur in einem Teile der Hauptverhandlung eine Person ab­ wesend war, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt. RMG. 7 3. 3u diesen Personen gehört auch der notwendige oder bestellte Verteidiger. RMG. 9 155. Zeitweilige Entfernung des An­ geklagten wegen Ungehorsams oder Gefahr der Beeinflussung von Personen ist durch §§ 290, 301 geregelt. RMG. 8 285. Nach § 301 kann die Vernehmung von Mitangeklagten und Zeugen unter gewissen Voraussetzungen in Abwesenheit des Angeklagten stattfinden. Dies gilt aber nicht für die Verlesung von Urkunden und für andere Beweisaufnahmen, RMG. 15 83. 8. Zu Ziff. 6. Die Vorschriften über Öffentlichkeit und deren Ausschluß finden sich in den §§ 282—288. Vgl. RMG. 2 153, 3 252, 13 81, 86, 95, 14 261, 15 33, 113, 150, 197, 16 9. 9. Zu Ziff. 7. EntscheiduwgSgründe und deren näherer Inhalt find in §§ 326, 394 vorgeschrieben. Ein Urteil mit Vor­ wegunterschriften enthält keine Entscheidungsgründe im Sinne des Gesetzes, RMG. 14 252. Es ist dann überhaupt keine besondere llrteilsurkunde, wie sie § 336 fordert, vorhanden, wohl allerdings, soweit das Protokoll ordnungsmäßig aufgenommen ist, ein Urteil, da dessen Formel nach § 333 Abs. 1 ins Protokoll aufzunehmen ist. Nachträgliche Anfertigung einer vorschriftsmäßigen Urteilsurkunde ist auch noch nach Rüge des Mangels, zulässig. Uber die — unzulässige — Verkündung zweier Urteile s. RMG. 15 218. Gründe fehlen auch, sofern sie für einen angegriffenen Teil des Urteils nicht vorbanden sind. RMG. 1 49, 3 4, 8 166, 17 3; Löwe § 377 Anm. 17. Dabei ist indessen zu berücksichtigen, daß S 326 Abs. 3 hinsichtlich der Strafznmessungsgründe nur eine Zollvorschrift gibt. RG. 31 347 nimmt, nicht unbedenklich, einen Mangel der Entscheidungsgründe in einem wesentlichen Punkte des Urteils an, wenn ein Antrag auf Aufrechnung nach §§ 199, 233 ZtGB. in den Gründen völlig unberücksichtigt geblieben ist. Das

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Crbfiitlictic Rechtsmittel.

6 iimi.

Fehlen eines Ausspruchs über mildernde Umstände bildet keinen unbedingten Revisionsgrund, RMG. 15 191. Dagegen bildet mangelhafte Begründung als solche noch keinen unbedingten Aufhebungsgrund, RMG. 1 49, 3 4. Indessen kann der Mangel z. B. infolge Fehlens eines Tatbestandsmerkmals, Verletzung materiellen Rechts, gleichzeitig auch Verletzung des § 32«'. begründen. Der prozessuale Verstoß ist nur auf prozessuale Rüge zu berücksichtigen. RMG. 3 4. Vgl. § 399 Anm. 6) Uber die Träger des Begnadigungsrechts s. RomenRissom, MStGB., 3. Aufl., § 52 Sinnt. 3a. Zusammenstellung der Vereinbarungen s. Pr. KrMin. v. 16. 6. 13 und Arch. 4 474, auch Handw. Erhard, Begnadigung in Bayern. c) Niederschlagung des Verfahrens und Rehabili tiernng in Frieden s. Romen-Rissom, MStGB., 3. Slufl., § 52

Bestätigung.

§ 418.

883

Vümt. 3. Dort s. auch die im Kriege ergallgenen Erlasse über Eröffnung der Aussicht auf Begnadigung bei Rückkehr in die Heimat, Amnestie aus besonderen Anlässen, insbesondere zu Kaisers Geburtstag, Löschung von Strafanträgen, Nieder­ schlagung des Bersahrens zugunsten von Kriegsteilnehmern. d) Milderung s. Anm. Id. e) Strafaussetzung s. § 451—457, 462. f) Begnadigung im eigentlichen Sinne. «. Träger des Begnadigungsrechts s. oben. ß. Übertragung des Begnadigungsrechts ist in mehr oder weniger großem Umfange in Bayern, Sachsen, Württemberg erfolgt, über das den bestätigenden Befehlshabern verliehene Milderungsrecht s. oben Anm. Id. über das Recht der höheren Befehlshaber -um Straferlaß in Kriegszeiten vgl. § 482. Dieses Recht erstreckt sich auch auf Personen, welche im ordentlichen Ver­ fahren verurteilt sind, sofern sie später mobil werden, über Straf­ erlaß des Gouverneurs eines vom Feinde bedrohten festen Platzes s. § 128 MStBB., § 46 MarSlBB. Y- Inhalt des Gnadenerlasses. Die Begnadigung kann einen völligen oder teilweisen Straferlaß oder eine mildernde Ab­ änderung der Strafe enthalten. Mit dem Erlaß einer Freiheits­ strafe oder mit ihrer Umwandlung werden die z. B. neben Zucht­ haus erkannten Ehrenstrafen nicht von selbst hinfällig, Pr. KrMin. v. 24. 6. 03. Auch einzelne Wirkungen einer Ehrenstrafe können erlassen werden, z. B. die mit der Entfernung aus dem Heere nach § 32 Ziff. 3 MStGB. verbundene Unfähigkeit zum Wieder­ eintritt in das Heer und in die Marine, über Rehabilitierung s. Romen-Rissom, MStGB., 3. Aufl., §§ 30 Anm. 7, 40 Anm. 6, 52 Anm. 3 b, über Zusprechung des Pensionsanspruchs bei Dienst­ entlassung s. dort § 35 Anm. 2, weitere Einzelheiten s. dort §§ 30 Anm. 7, 32 Anm. 2 a, 1, 6, 35 Anm. 5, 30 Anm. 5, 40 Anm. 6, 52 Anm. 3. über Rehabilitation lAufhebung von Straffolgen) in Bayern s. Handw. Erhard, Rehabilitation in Bayern. 8- Gnadengesnche. aa. Gnadengesuche des Berurteil-

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Bestätigung-

§ 418.

ten sind auf betn Dienstwege dem Präsidenten des Reichsmilitargerichts, in Bayern, Sachsen, Württemberg dem Kriegsminister, mit Stellungnahme des Truppenteils und der Zwischenstellen sowie des Gerichtsherrn einzureichen. Gnadengesuche von Angehörigen werden grundsätzlich in gleicher Weise zu behandeln sein. Wegen der Gesuche von Strafgefangenen vgl. MStBV$ 11.

Begnadigungsgesuche der militärgerichtlich verurteilteu Personen, bei denen die Vollstreckung der Strafe auf die bürger­ lichen Behörden gemäß § 15 Abs. 3 MStGB. übergegangen ist, sind offen dem Vorsteher der Strafanstalt zu übergeben, der sie mit gutachtlicher Äußerung dem Präsidenten des RMG. ein* reicht, Pr. KrMin. v. 27. 11. 07. Über Begnadigungsgesuche in Fällen zivilgerichtlicher Ver­ urteilung oder der Festsetzung der Strafe durch bürgerliche Behörden im Verwaltungswege vgl. MStBB- § 14 Ziff. 3—5. Der Iustizminister ist in Fällen dieser Art unter bestimmten Voranosetzungen zum Strafaufschub berechtigt. Allerh. Erl. v. 23. 10. 1)5, 26. 11. 12, 9. 3. 17 (JMBl. S. 85). über das Verfahren in Bayern s. Handw. Erhard, Begnadigung in Bayern. PP- Gnadengesuche können auch vom erkennenden Ge­ richt ausgehen. Ter Präsident des RMG. legt sie vor. Pr. KrMin. v. 5. 6. 01. Das Gericht hat eine besondere geheime, nicht zu vertündende Verhandlung aufzunehmen, die einen bestimmten Antrag unter Angabe des Stimmenverhältnisses bei der Beschlußfassung zu stellen und zu begründen hat und vom Vorsitzenden und dem Verhandlungsführer zu unterschreiben ist. Pr. KrMin. v. 6. 7. 03. Der Gerichtsherr hat das Gesuch unter Stellungnahme durch die ihm übergeordneten Gerichtsherren dem Präsidenten des Reichs­ militärgerichts vorzulegen. Ist der höchste derselben nicht zugleich oberster Disziplinarvorgesetzter, so ist auch diesem Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Vgl. oben Anm. lb Ziff. 7. YY- Über freiwillige Aktenvorlage durch den GerichtsHerrn an den Präsidenten des RMG. in Fällen des § 149 MStGB.

Bestätigung,

g 418.

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(rechtswidriger Waffengebrauch) glbt Pr. KrMin. v. 28. 3. 01 nähere Vorschriften, die auch in anderen geeigneten Fällen, in denen das Vorhandensein eines gesehlichen Mindestmaßes der Strafe zu Härten führt, zu beachten sein werden. Danach soll in der Bestätigungs­ order die Aussetzung der Vollstreckung angeordnet werden und Zustellung der Bestätigungsorder erst nach Entscheidung unter ent­ sprechender Vervollständigung erfolgen. e. über Aussetzung der Vollstreckung infolge Begnadi­ gungsgesuches in anderen Fällen vgl. MStBB. § 1 Ziff. 3. Der Gerichtsherr hat die an ihn gelangten Gnadengesuche schleunigst unter Beifügung eines Führungszeugnisses, Pr. KrMin. v. 11.12.01), dem Präsidenten des RMG. auf dem Dienstwege vorzulegen. Ein­ holung einer Äußerung des Truppenteils und eigene Stellung­ nahme sind üblich, stellenweise vorgeschrieben, über Gesuche von Angehörigen der Marine s. MVBl. 1901 S. 221. Während des Krieges ist es erforderlich, zur Vermeidung un­ nötiger Beanspruchung der Allerh. Stelle zu prüfen, ob der vom Antragsteller erstrebte Erfolg nicht auch auf anderem Wege, insbesondere durch Strafaussetzung oder Strafunterbrechung, erreicht werden kann. C Geschäftliche Behandlung der Gnadengesuche. Der Präsident des Reichsmilitärgerichts hat über die von den erkennen­ den Gerichten ausgehenden Gnadengesuche ausnahmslos, über andere Gesuche stets dann zu berichten, wenn sie von der vor­ legenden Stelle befürwortet werden. Anderenfalls ist er zur Zurück­ gabe der Gesuche mit entsprechender Benachrichtigung ermächtigt. Pr. AKO. v. 20. 9. 03. 0. über die Eintragung von Gnadenertveisen ins Straf­ register s. Pr. KrMin. v. 14. 5. 14, ABBl. S. 183. g) über Löschung von Strafvermerken vgl. AKO. v. 22. 5. 68, 7. 1. 75 (ABBl. S. 23), HO. § 14 Ziff. 4 u. 5; Handw. Dietz, Löschung von Strafen. Voraussetzung der Löschung im Straf­ register ist nach der jetzigen Übung, daß der Verurteilte neben lang­ jähriger tadelsfreier Führung glaubhaft macht, daß der Fortbestand

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Bestätigung.

§ 418.

des Strafvermerks von nachteiliger! Folgen für sein Fortkonunerr begleitet sein würde. Die Löschung in den militärischen Papieren erfolgt grundsätzlich erst nach Entlassung aus dem aktiven Dienst, sofern nicht besondere Verhältnisse eine Ausnahme begründen. Während des Krieges sirrd mehrfach Allerd. Erlasse über allgerneine Löschung gewisser Strafen, welche zehn Jahre zurückliegen, unter der Bedingung der späteren Freiheit von Bestrafung wegen Verbrecherr und Vergeben ergangen. Vgl. Allerh. Erl. v. 27. l. 18, ABAl. S. 41 nebst AnsfBest. des Pr. KrMin., ABBl. 1918 3. 42. Bon der Genehnngung der Streichung militärgerichtlicher Strafen in polizeilichen Listen soll das Generalkommando der zuständigen Provinzialbehörde unmittelbare Kenntnis geben, Pr. KrMin. v. in. 5. 09. h) über Rehabilitierung, d d. Zurttckversetzung in die erste Klasse des Soldatenstandes, s. Anl. 5 der HL. mit) Pr. AKL. v. 1. 12. 03, Handw. Erhard, Rehabilitierung. Tie Anl. 5 der HL. findet auch aus den aufgerufenen Landsturm Anwendung, Pr. KrMin. v. 1. 3. 15, ABBl. S. 96. Nach dem Allerh. Gnadenerlaß v. 27. 1. 15, AVBl. S. 29 taun während des ganzen Krieges, also auch noch in der Zeit nach dem Gnadenerlaß, bei Vorschlügen auf Rnckversetzung in die erste Klasie des Svldatenstandes von Einhaltung der vorgeschriebenen Fristen und Termine, abgesehen werden. i) Rehabilitierung im weiteren Sinne des Wortes begreift den Erlaß voll Ehrenftrafen und Edrenfvlgen der Be strafung, insbesondere im Kriege die Wiederherstellung der Fädig­ keit zum Eintritt ins Heer. Die Bearbeitung erfolgt überwiegetld durch die bürgerlichen Behörden. Aber irrtnn lieh eingestellte Heeresunfähige s. Pr. KrMin. v. 23. io. 36. 3. ») Feldbestätigung und damit zusammenhängende Milde­ rung und Begnadigung s. § 422. b) Bestätigung im kriegsrechtlichen Verfahren gegen Ausländer s. § 422 und § 3 EG. c) Strafaussetzung s. §§ 151—157, 162.

Feldbestätigung.

§ 419.

887

Fünfter Titel.

Bestätigung und Aufhebung der Urteile der Feld­ gerichte und der Bordgerichte. Ausschluß von Rechtsmitteln.

tz 419. Gegen die im Felde oder an Bord ergangenen Urteile finden die Rechtsmittel der Berufung und der Revision nicht statt. Entw. § 403. Schrifttum: Weiffenbach S. 173—176; Handw.: Grützrnacher, Milttärstrafrechtspflege im Kriege, Feld- und Bordverfahren; Grützmacher, Die Militärstrafrechtspflege im Kriege, Berh. d. 2. deutsch. Militärjuristentages S. 10, 21, bespr. Arch. 5 462; v. Schlayer, Strafrechtspflege in Kriegszeiten, DIZ. 1914 S. 1041, bespr. Arch. 6 98; Elsner v. Gronow, Die Militärjustiz im Felde, Arch. 6 113; Hanft, Borsitz und Hauptverhandlung Im feldkriegsgericht­ lichen Verfahren, 1915; Behrend, Feldgerichte und FeldkriegSgerichte, Arch. 6 257; Wolffhügel, Gegenseittge Rechtshilfe mobiler und immobiler Gerichte, Arch. 7 91; Wolffhügel, Die gerichtSherrlichen Befugnisse selbständiger Divisionen usw., Arch. 7 336; Schlott, Entscheidung des Oberbefehlshabers einer Armee, Arch. 6 411; Meyer-Anschütz, Bestätigung, Stengels Wörterb., 2. Aufl. 1. Das Gesetz hat es für eine wesentliche Aufgabe erachtet, die Gerichtsverfassung und das militärgerichtliche Verfahren so zu gestalten, daß beide sich auch den eigenattigen Verhält­ nissen im Felde und an Bord möglichst anpassen. Es hat sich deshalb im allgemeinen darauf beschränken können, die für Friedenszeiten geltenden Vorschriften durch Einschaltung ein­ zelner Sonderbestimmungen für Feld und Bord zu ergänzen, vgl. §§ 15 Abs. 3, 16 Ziff. 1 u. 3, 21, 31, 44, 47, 48, 59, 63, 64, 06, 100, 109 Abs. 2, 149 Abs. 4, 170, 222 Abs. 4, 224 Abs. 3, 239 Abs. 4, 253 Abs. 2, 255 Abs. 3, 256 Abs. 5, 266 Abs. 4, 267 Abs. 3, 318, 365 Abs. 2. Eine Ausnahme war jedoch zu machen hin-

888

Feldbestätigung.

§ 419.

sichtlich der ordentlichen Rechtsmittel der Berufung und Revision, § 419. Die ordentlichen Rechtsmittel der Berufung und Revision sind im Felde und an Bord eines Schiffes nicht durchführbar. Denn die dort herrschenden Verhältnisse bedingen die denkbar einfachsten Formen des Verfahrens und die rascheste Herbeiführung einer rechtskräftigen Entscheidung. Als Ersatz für die Rechtsmittel ist das Bestätigungs- und Aufhebungsrecht im Sinne der Pr. MStGO. beibehalten, §§ 420 ff. Begr. S. 61, 62, 171, 172. S. auch § 423 Anm. 1. 2. Darüber, in welchem Sinne die Ausdrücke „im Felde" und „an Bord" in der MStGO. gebraucht sind, s. EG. §§ 5, 6. 3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht ausgeschlossen, außer in den §§ 149 Abs. 4, 239 Abs. 4. Auch im Felde gibt es den höheren Gerichtsherrn als Rechtsbeschwerdeinstanz, § 31. Gen. Quar­ tiern:. v. 23. 9. 17. Vgl. § 420 Anm. 3 a. Er kann auch hier die Rechte aus § 24 ausüben. A. M. Herz-Ernst Amn. 3. Bil­ dung eines Oberkriegsgerichts ist indessen nach KM. v. 29. 8. 17, abgedruckt im Nachtrag, ausgeschlossen.

4. Eine sachlich gegliederte Darstellung der Besonderheiten des Feld- und Bordverfahrens s. bei Weiffenbach S. 168 ff. und im Handw. bei Grützmacher, Militärstrafrechtspflege im Kriege. Hervorzuheben sind: a) Gerichtsbarkeit s. §§ 1 Ziff. 8 und § 5 Ziff. 4. b) Niedere Gerichtsbarkeit s. §§ 15, 16, 63. c) Gerichtsherr s. § 37 und die KB. I über die Strafrechts­ pflege bei dem Heere in Kriegszeiten vom 28. 12. 99, §§ 1—5, 7—9, 18, mit zahlreichen Ergänzungen, abgedruckt in der amtlich ver­ teilten Ausgabe von 1917. Für die Marine s. V. v. 21. 8. 00 und B. v. 31. 8. 15. d) Gerichte und Gerichtspersonen, kleine Änderungen. e) Verfahren bis zum Urteil. Hervorzuheben: Bon einem schriftlichen Ermittlungsverfahren kann Abstand genommen werden. In jedem Falle ist es tunlichst einzuschränken und zu beschleunigen,

Feldbestätigung.

$ 420.

889

8 170. «u- der Anklageverfügung sollen unwesentliche Punkte au-geschteden werden, $ 253. f) Zuständigkeitswechsel und Überleitung s. §§ 420, 421, 433, 435. g) Bestätigung und Aufhebung s. §§ 420—435. h) Vollstreckung s. §§ 451, 453, 457, 458. i) Kriegsrechtliches Verfahren gegen Ausländer und Verfahren gegen Kriegsgefangene f. § 3 EG. 5. a) Maßgebend ist, ob der Beschuldigte mobil oder an Bord ist. Für den Gerichtsherrn wird meist gleiches zutreffen, doch kommen auch Ausnahmen vor. So können einzelne Teile des Besatzung-Heeres ausnahmsweise mobil sein und unter einem im­ mobilen Gerichtsherrn stehen, RMG. 19 217, während der um­ gekehrte Fall selten vorkommen wird. b) Ein mobiler GerichtSherr kann einen immobilen um Ab­ urteilung nach § 262 ersuchen, und umgekehrt. Für die Art deS Verfahrens bleibt stets der Stand des Angeklagten entscheidend. o) Ist irrtümlich in den Formen bei Feldverfahrens vor­ gegangen, so ist nach Feststellung des Irrtums in den Formen deordentlichen Verfahrens wetterzuschreiten, und umgekehrt. Ist aber ein Urteil ergangen, so läßt das RMG. 19 101, 158 für die Beurteilung des weiterhin einzuschlagenden Verfahren- die Auf­ fassung bei erkennenden Gericht- maßgebend sein. Die Auffassung des erkennenden Gericht- wird in Ermangelung einer ausdrücklichen Erklärung aus Umständen wie der Bezeichnung als Feldkriegs­ gericht im Protokoll, Fehlen des Hinweises auf die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, schließlich auch auS der Anklageverfügung des Gerichtsherrn, vgl. § 254 a. E., zu entnehmen sein. Vgl. die von Schlott, Arch. 6 411 mitgeteilte Entscheidung des Oberbefehls­ habers einer Armee. Wirkung der Bestätigung.

§ 420. Die im § 419 bezeichneten Urteile erlangen Rechtskraft und Bollstreckbarkeit durch die Bestätigung. Bntw. § 404.

890

Feldbestätigung.

§ 420.

Schrifttum: Wolfshügel, Tie gerichtsherrlichen Befugnisse seidständiger Divisionen usw., Ardi. 7 336; Schätze!, Die Gerichtsbarfeit der Eiappenkommandanten, Arch. 7 402. 1. Im folgenden ist das feldgerichtliche Verfahren als Feldverfahren bezeichnet. Das bordgerichtliche Verfahren ist der Ab­ kürzung halber nicht besonders erwähnt. Vgl. dazu § 434, § 6 EG. Was im folgenden über das mobile Verhältnis gesagt ist, gilt entsprechend auch für die Besatzung eines vom Feinde bedrohten festen Platzes nach § 5 Ziff. 2 EG. Tie Bestätigung des Feld­ verfahrens ist als Feldbestätigung bezeichnet, die des ordent­ lichen Verfahrens als Friedensbestätigung. 2. Das Feldverfahren ist seinen: Wesen nach das alte preußische Militärstrafverfahren. Dieses ist daher bei der Aus­ legung, vgl. § 428, heranzuziehen. Aber auch die Bestätigung des ordentlichen Verfahrens wird erst voll verständlich, tonnt sie midi von dieser Seite her Licht erhält. 3. a) Tie Zuständigkeit des Gerichtsherrn richtet sid) zu­ nächst nach den allgemeinen Regeln. Vgl. §§ 1—:>, 7- 6 der KB- I mit zahlreichen Ergänzungen. Hervorzuheben AErl. v. 0. io. 16, ABBl. S. 435: Werden militärische Verbände ohne dienstlidie Unterstellung, z. B. nur in taktischer Beziehung, anderen Verbänden zugeteilt, so sind die Armeeoberbefehlshaber der letzteren befugt, die gericht­ liche Unterstellung der zugeteilten Verbände, oudi wenn sie nicht zu ihrem Befehlsbereich gehören, muh Maßgabe des Bedürf­ nisses für die Dauer der Zuteilung zu regeln. Selbständige oder für zeitweilig selbständig erklärte Divi­ sionen behalten bei taktischer Zuteilung an ein Generalkommando die gerichtsherrlichen Befugnisse eines kommandierenden Generals, A-O. v. 26. 4. 17, AVBl. S. 269. Nächsthöherer Gerichtsherr, z. B. für Rechtsbeschwerden, ist der Armeeoberbefehlshaber. Damit ist die Arch. 7 336 behandelte Streitfrage entschieden. b) Zuständigkeitsstreit wird nach § 36 MStGT. entschieden. Indessen sind bitrrfi § 17 Ziff. 1 KV I die im § 16 dort bezeichneten

Feldbestätigung.

§ 421.

891

Befehlshaber ermächtigt, innerhalb ihres Dienstbereichs Zweifel über die Zuständigleit der Feldgerichte durch endgültige Entschei­ dung -u erledigen. o) über Zuständigkeitsänderungen s. §§ 421, 433, 435. 4. ») Die Bestätigung bewirkt Rechtskraft und Vollstreckbar­ keit des Urteils, und -war sie allein, über den Einfluß der frei­ willigen Unterwerfung des Angeklagten unter das Urteil auf die Strafvollstreckung f. § 458. b) über die Bestätigung ohne das Vorliegen ihrer Voraus­ setzungen s. § 430. c) Als Zeitpunkt des Beginns der Rechtskraft wird der Zeitpunkt der Unterzeichnung der Bestätigungsorder an-usehen sein. Der § 176 Pr. MStGO., nach welchem erst mit Ver­ kündung der Bestätigungsorder die Rechtskraft eintrat, ist nicht über­ nommen. Auch wenn man verlangen wollte, daß die Bestätigung in irgendeiner Weise an die Außenwelt getreten sein muß, um Wir­ kungen zu äußern, müssen doch im Sinne des Gesetzes die Rechts­ kraft und ihre Wirkungen auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung zurückbezogen werden.

Ausdehnung der Feld« und vordbeftLIignug. § 421. Die Bestimmung des § 420 gilt auch hinsichtlich derjenigen militärgerichtlichen Urteile, welche zu der Zeit, wo der Angeklagte in ein mobiles Verhältnis tritt, die Rechtskraft noch nicht erlangt haben. Entw. § 405. Schrifttum: Rissoin, Zuständigkeitsänderungcn infolge Wechsels zwischen mobilem und immobilem Zustand, Arch. 6 154—161: ders., Eintritt ins mobile Verhältnis nach dem Urteil, Arch. 6 351; Wolffhügel, Gibt es im Feldverfahren eine Rechtshängigkeit im Sinne des § 259 MStGO.k Arch. 7 313; Schlott, Zuständigkeit nach Erhebung der Anklage im mobilen Verhältnis, Arch. 7 331; Förster, Zuständigkeit der Feld oder ordentlichen Kriegsgerichte, Arch. 7 350.

892

Feldbestätigung.

§ 421.

1. Übergang vom ordentlichen ins Feldverfahren und umgekehrt. Der Erlaß der Mobilmachungsorder hat für eine große Anzahl von Militärpersonen den Eintritt ins mobile Derhältnis zur Folge. Tiefen Fall der eintretenden Mobilmachung hat die Begr. S. 172 im Auge. Aber auch während der Dauer der Mobilmachung findet ein dauernder Übertritt ins mobile Ver> hältnis statt. Umgekehrt erfolgt während der Datier der Mobil­ machung ein dauernder Übergang ins mobile Verhältnis, § 433, bis schließlich die allgemeine Demobilmachung, § 435, eintritt. Bon diesen Übergängen werden bereits rechtskräftig gewordene Urteile keinesfalls betroffen. Tie Rechtskraft tritt im ordentlichen Verfahren dann ein, wenn das Urteil durch ein ordentliches Rechts­ mittel nicht mehr anfechtbar ist, § 416. RMG. 19 84, 15 36 läßt aber die Rechtskraft durch ein verspätet eingelegtes Rechtsmittel wieder gehemmt werden. Vgl. dazu § 458. Tie bei Eintritt des mobilen Zustandes etwa noch nicht erfolgte Friedensbestätigung ist lediglich nachzuholen. Im Feldverfahren fallen nach § 420 Be­ stätigung und Rechtskraft zusannnen. Bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft zieht der Wechsel zwischen mobilem und immobilem Zustand und um­ gekehrt grundsätzlich auch den Wechsel des Verfahrens nach sich. a) Der immobile Soldat wird mobil. Folge: Das schwebende Verfahren wird von diesem Zeitpunkt ab als Feld­ verfahren weitergeführt. b) Der mobile Soldat tvird immobil. Folge: Tac schwebende Verfahren wird von diesem Zeitpunkt ab als ordent­ liches weitergeführt. Als Ausnahme von dieser Regel wird dao bereits ergangene Urteil noch im Fcldverfahren bestätigt. Wird aber die Bestätigung versagt, so erfolgt auch hier Überleitung, § 433 Abs. 2. Bei allgemeiner Demobilmachung fällt auch diese Ausnahme fort. Es erfolgt also hier in jedem Falle Überleitung, § 435. 2. Wechsel des Gerichtöherrn. a) Organisatorische Veränderungen, im Kriege häufiger als im Frieden, greifen in

Feldbestätigung.

§ 421.

893

die Gerichtsbarkeit ein, soweit sie sie berühren, ohne daß der Stand der Sache, ja selbst rechtskräftige Erledigung, ein Hindernis abgäbe. Neue Gerichtsstellen können begründet, ihrem Umfang nach er­ weitert oder eingeschränkt, schließlich aufgelöst werden. Welche Gerichtsbarkeit dann an ihre Stelle tritt, richtet sich nach den all­ gemeinen Regeln. Näheres s. § 25 Anm. 5. Dort abgedruckt Pr. AKO. u. 24. 8.16, ABBl. S. 383 über den Fortfall der Gerichts­ barkeit eines Gerichtsherrn. Bgl. auch den bei § 420 Anm. 3a abgedruckten Allerh. Erl. v. 9. 10. 16, ABBl. S. 435, ferner Pr. KrMin. v. 18. 3. 16, ABBl. S. 151: In der Heimat neu aufgestellte mobile Formationen, die nach erreichter Marschbereitschaft nicht sogleich abbefördert werden können, unterstehen bis zum Tage de- tatsächlich erfolgten Ab­ rückens in- Feld den heimatlichen Ersatzbehörden. Verwaltungsmäßig sind durch Pr. KrMin. v. 17. 11. 15, ABBl. S. 531, und vom 20. 9. 16, ABBl. S. 402, die Heimatgerichte in weitgehendem Maße zur Aufbewahrung und Verwaltung der Akten der Feldgerichtsstellen herangezogen. Zu beachten namentlich: 5. Zur Verwaltung der Sitten lZiff. 1, 3) gehört u. a. die Führung des auf die Akten bezüglichen Schriftwechsel-, die Er­ teilung von Auskünften, Zuleitung von Mitteilungen an die zuständigen Stellen, Nachprüfung der Strafvollstreckung, über­ haupt die Erledigung alles dessen, wozu nicht die Entscheidung des zuständigen Gerichtsherrn erforderlich ist, außerdem aber auch die Vornahme vorbereitender Maßnahmen, -. B. BerfügungSentwürfe zur Unterbrechung der Verjährung in Fahnenflucht­ sachen und ähnliches. b) Übergang der Gerichtsbarkeit infolge Änderung der persönlichen Verhältnisse hat den Übergang der schwebenden Sache bis zur Rechtskraft des Urteils zur Folge. Die im § 259 gemachte Ausnahme gilt nur innerhalb deordentlichen Verfahrens, RMG. 2 88. oc. Übergang zu einem anderen Gerichtsherrn gleich­ zeitig mit dem Übertritt vom immobilen in den mobilen Zustand. Er hat bis zur Rechtskraft des Urteils den Übergang

894

Aeldbestätigung.

§ 421.

der schwebenden Sache zur Folge, § 6 Ä2$. I; RMG. 19 124, 127. Die- gilt insbesondere auch für die Zeit -wischen dem Erlaß des Urteils und dessen Rechtskraft, RMG. (II. Sen.) v. 10. 9. 17. aot. über den Zeitpunkt des Mobilwerdens f. § 5 EG. ßß. Cs ist üblich, bis zur Erledigung schwebender Strafsachen die Überweisung des Beschuldigten an die Front zurückzustellen. Ausnahmsweise kann eine Überweisung trotz schwebender Straf­ sache durch militärdienstliche Interessen geboten sein. Namentlich wenn Aburteilung in erster Instanz erfolgt ist, werden die Gründe, welche bis dahin einer Entsendung ins Feld entgegenstanden, oft wegfallen. Sin Recht des Angeklagtei», bis zur Erschöpfung aller Instanzen in der Heimat zu verbleiben, besteht jedenfalls nicht. YY- Bereits rechtskräftig erledigte Sachen gehen nicht mit über, werden vielmehr, was Vollstreckung, Strafaussetzung, Begnadigung, Wiederaufnahme des Verfahrens anlangt, an der bisherigen Stelle weiter bearbeitet. Indessen bezieht sich das den mobilen Stellen durch §§ 15, 16, 19 KV- I gewährte Recht zum Straferlaß auch auf die früher abgeurteilte,» Sachen ihrer Unter gebenen. Der Gerichtsherr wird sich also gegebenenfalls mit dem Disziplinarvorgefetzten des Verurteilten zum Zwecke der Vorlage und Stellungnahme in Verbindung setzen. Vgl. § 17 Ziff. 3 das. über die Befugnis der Befehlshaber zur Zurückversetzung in die erste Klasse des Soldatenstandes. 88. Die Ansicht, daß bei Mobilwerdei» nach Erlaß des Urteils lediglich die Bestätigung, nicht aber die Bollstrecknttg übergehe, scheitert daran, daß dann zwei Gerichtsherren neben­ einander tätig wären, was dein Grundgedanken der Gerichts­ verfassung widerspricht. So mit Recht RMG. (II. Sen.) v. 10. 9. 17. ß. Übergang zu einem anderen GerichtSberrn während der Fortdauer des mobilen Zustandes. Die noch itid)t rechts­ kräftig erledigte Strafsache geht in jeder Lage des Verfahrens über, auch wenn bereits Anklage erhoben, ja selbst Urteil ergangen ist. Ebenso Rissom, Arch. 6 159, 160; Grobefcrt, Arch. 6 189, 191: Wolffhügel, Arch. 7 313. Das RMG wird wegen des § 17 Ziff. i KB I nicht leicht in die Lage kommen, die Frage zu entscheiden.

Feldbestätigung.

§ 422.

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Indessen hat RMG. (II. Sen.) v. 28. 8. 16 die Frage verneint. Eine von Schlott mitgeteilte, gleichfalls verneinende Entscheidung eines Oberbefehlshabers s. Arch. 7 334.

y. Übergang -u einem anderen Gerichtsherrn unter Aufhören des mobilen Zustandes. Die noch nicht rechtskräftig erledigte Sache geht mit über, RMG. 2 88. Genaueres bei $§ 433, 435. Dort und bei Rissvm, Arch. 6 351, auch nähere- über den von RMG. 19 207, 217 behandelten Fall, daß ein Angeklagter nach Erlaß des Urteils vor dessen Rechtskraft erst mobil, dann wieder immobil wird.

thrtctlma der vepäU-««g. § 422. Wem das Bestätigungsrecht und das Aufhebnngs« recht zusteht, bestimmt der Kaiser.

Rntw. § 406. Schrifttum: Schädel, Bundesseldherr und Kontingentsherr im Kriege, Arch. 7 395; Erhard, Rechtliche Stellung der bayerischen Heercsbeamten im Kriege, Arch. 7 280; Rotermund, Kaiserl. Ver­ ordnungen I und II; Romen-Rissom, MStGB., 3. Aufl., § 52; Meyer, KriegSamneftien, DStrrZ. 5 27; Dieh, Erlaß bürgerlicher Ehrenstrafen durch Befehlshaber im Kriege, Arch. 6 201; Dieh, Folgen der Verurteilung eine- Feldgendarmen, Behandlung eines Gnadenantrages, Arch. 7 88: Wolffhügel, Zur Ausübung des Be­ gnadigungsrechts im ordentlichen und außerordentlichen militärgerichtlichen Verfahren, Arch. 7 287; Wolffhügel, Einfluß der Kriegsgefangenschaft auf Erlaß von Strafen und Behandlung von Gnadenanträgeii, Arch. 7 312; Wolffhügel, Begnadigung ver­ storbener Heeresangehöriger, Arch. 7 423; Taschenbuch: Erhard, Begnadigungsrecht im Kriege: Erhard, Bayern, Gericht-barleit über Angehörige des daher. Heeres; Grobefert, Fehlerhafte Urteils­ bestätigung im Felde, Arch. 7 301. 1. Bestätigungsrecht und Aufhebung-recht. Wem die Bestätigung und ihre Kehrseite, die Aufhebung der Urteile im Feld' nnd Bordversahren zusteht, bestimmt der Kaiser. Die durch einen

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Feldbestätigung.

§ 422.

nicht zur Bestätigung berufenen Befehlshaber trotzdem erfolgte Bestätigung ist nichtig, Grobefert, Arch. 7 301. a) Die Bestimmung findet ihre Begründung darin, daß der Kaiser im Felde und an Bord als oberster Kriegsherr die gesamte militärische Autorität in seiner Person vereinigt, und daß deshalb auch seiner Entschließung vorbehalten bleiben muß, von mem daS Bestätigungs- und das Aufhebungsrecht auszuüben ist. Begr. S. 172. b) a. Feldverfahren. Die erforderlichen Bestimmungen sind erlassen in §§ 10—13, 18, 19 der KB. I über die Strafrechtspflege bet dem Heere in Kriegszeitcn vom 28. 12. 1899. § 10. Bestätigung durch den Kaiser oder Kontingents­ herrn. §§ 11, lla. Übertragung des Bestätigungsrechts. § 12. Milderungsrecht, Bestätigungsformel. § 13. Aufhebungsrecht. Dazu s. AKO. v. 5. 6. 15, ABBl- S. 276: Soweit nach der Kaiserlichen Verordnung vom 28. Dezember 1899 über die Strafrechtspflege bei dem Heer in Kriegszeiten das Bestätigungs-, Aufhebungs- und Begnadigungs­ recht von Mir als Kontingentsherrn auszuüben ist, bestimme Ich auf den Mir gehaltenen Bortrag: § 1. Bei der Bestätigung und bei der Aushebung von feld­ gerichtlichen Urteilen nach § 10 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 der oben* bezeichneten Verordnung finden Meine Ausführungsbestnn,nungen Ziffer 4 zu § 418 der Militärstrafgerichtsordnung ent sprechende Anwendung. In Ermangelung eines richterlichen Justizbeamte,i für die durch § 425, 430 der Militärstrafgerichtsordnung vorgeschriebene Begutachtung ist das schriftliche Rechtsgutachten durch den Ober­ militäranwalt zu erstatten. ß. Bordverfahren. AKO. v. 28. 5. 00, B: 1. Bezüglich der Bestätigung von bordgerichtlichen Urteilen finden die von Mir durch Meine Order vom 26. März 1900 LU § 418 der Militärstrafgerichtsordnung erlassenen Ans-

Feldbestätigung.

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§ 422.

führungsbestimmungen entsprechende Anwendung. (6. § 418 Anm. la.) Urteile, deren Bestätigung Ich Mir hiernach vorbehalten habe, sind Mir von dem Gerichtsherrn mit den Akten und einem von einem Kriegsgerichtsrate anzusertigenden und -u unterschreibenden Aktenauszuge durch den Präsidenten deReichsmilitärgerichts einzureichen. 2. Die Bestätigung bordgerichtlicher Urteile hat zu lauten: „Ich bestätige das Urteil lediglich." Im Falle der Milderung der Strafe hat die Bestätigungsorder -u lauten: „Ich bestätige das Urteil unter Milderung der erkannten Strafe auf..................................................................................... 3. Das Recht der Aufhebung gerichtlicher Urteile steht bezüglich der bordstandgerichtlichen Erkenntnisse a) dem Chef des Kreuzergeschwaders, b) dem Gouverneur de- KiautschougebietS -u. Ich behalte Mir im übrigen das Recht der Aufhebung gerichtlicher Urteile vor. 4. Die Urteile, bezüglich deren Ich Mir das Aufhebung-recht vorbehalten habe, werden Mir von dem Gericht-Herrn mit den Akten und einem von einem Kriegsgerichtsrate — in bordstandgerichtlichen Fällen von dem Gerichtsoffizier — zu fertigenden und zu unterschreibenden Aktenauszuge vorgelegt. Die Vorlegung erfolgt unter Anschluß eines Gutachtens des Obermilitäranwaltes durch den Präsidenten des Reichs­ militärgerichtes. 2. Begnadigung im Kriege. Im allgemeinen ist auf § 418 Anm. 2 und auf Romen u. Rissom, MStGB., 3. Auf!., § 52 Anm. 3 zu verweisen, bemerken:

über das Feldverfahren insbesondere ist zu

a) Wenn nach § 422 der Kaiser zu bestimmen hat, wem das Bestätigungs- und Aufhebungsrecht zusteht, so ist ihm nach dem

R o m en-R isso m , MZtEO., 8. Aufl.

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Feldbestätig,mg.

§ »22.

geschichtlichen und begrifflichen Zusammenhange der Bestätigung mit der Begnadigung auch das kontingentsherrliche Begnadigungs­ recht der Ausübung nach mitübertragen. Bgl. Romen u. Rissoni, MStGB., 3. Aufl., § 52 Anm. 3. Dies muß auch für das Bayerische Kontingent gelten. Die abweichende Ansicht von Koppmann Anm. 3 und von Erhard in Dieß, Taschenb., 3. Aufl., S. 484 kann hiernach nicht als zutreffend anerkannt werden. Von diesem seinen, Recht hat der Kaiser Gebrauch gemacht durch Übertragung des Be gnadigungsrechts auf höhere Befehlshaber in den Fällen der §§ 15,16,17 Ziff. 3 der KB. I. Dagegen wird vereinbarungsgemäß in den Fällen des § 10 Abs. 1 das. hinsichtlich der in Generalstelluug befindlichen Offiziere des Bayerischen Kontingents das Be« gnadigungsrecht vom König von Bayern in, Einvernetnnen mit dem Kaiser ausgeübt. über die Bearbeitung der Gnadensachen s. 8 3 der 'Ms. v. f>. 6. jh*>, ABBl. 3. 276: b) Bestimmungen der KB. I und AKO. v. 5. 6. 15. § 1 AKO. Die in den §§ 15, 16 und 17 der Kaiserlichen Be, ' Ordnung vorgesehene Ermächtigung der Oberbefehlshaber usw. zum Erlaß von Freiheits- und Ehrenstrafen erstreckt sich aus alle Personen, die zur Zeit der Entscheidung über den Gnadenerweis zu ihren, Befehlsbereich gehören, gleichviel ob das Urteil in, ordentlichen oder außerordentlichen Verfahren ergangen ist. 3ie umfaßt auch die Befugnis zur Umwandlung in eine mildere 3trafart. Die ermächtigten Befehlshaber sind zur Ablehnung eines Gnadengesuchs berechtigt. Verlangt der Gesuchsteller nach dieser Ablehnung Meine Entscheidung, so ist Mir das Gesuch vorzulegen. 8 14 KV. i. Vorlage von Gnadengesuchen bei Todesstrafe. § 15. Befugnis gewisser höherer Befehlshaber, Freiheits und Ehrenstrafen ganz und teilweise zu erlassen, wenn triftige Gründe dafür sprechen. Hierin ist nach Erl. v. 2. 10.16 das Recht zur Aussetzung und Unterbrechung von Freiheitsstrafen enthalten. Die Ermächtigung erstreckt sich auch auf Strafen, die vom Gericht eines anderen Kontingents verhängt sind, sowie auf

Feldbestätigung.

§ 422.

899

militärische Ehrenstrafen, die nach § 42 Abs. 1 MStGB. von Rechtwegen eingetreten sind. Sie umfaßt aber nicht die von bürgerlichen Gerichten erkannten Haupt- und Nebenstrafen. Erl. v. 5. 9. 15, ABBl. S. 381. Vgl. auch AKO. v. 5. 6. 15, AVBl. S. 276. § 16. Straferlaß in besonderen Fällen. § 17 Abs. 3. Zurückversehung in die erste Klasse des Soldaten st andes, gegebenenfalls zugleich unter Erlaß erkannter bürgerlicher Ehrenstrafen. S. dazu oben bei § 14. c) Einzelheiten. «. Verhältnis des Milderungsrechts zum Recht des Straferlasses. Das Mlderungsrecht des § 12 und das Recht des Straferlasses sind Formen der Begnadigung. Das Milderungsrecht des § 12 steht jedem zur Bestätigung be­ rufenen Befehlshaber „bei der Bestätigung" zu. Das Recht des Straferlasses nach §§ 15, 16 steht nur bestimmten höheren Befehls­ habern zu. Der Straferlaß wird iit der Regel erst späterhin nach einer gewissen Bewührungszeit ausgesprochen werden. Indessen ist es den genannten höheren Befehlshabern nicht verwehrt, aus­ nahmsweise schon gleichzeitig mit der Bestätigung des Urteils sofern diese ihnen zusteht, den Straferlaß auszusprechen. Den gegenteiligen Ausführungen von Wolffhügel, Arch. 7 287, ist nicht beizutreten. ß. Kriegsgefangenschaft des Verurteilten hindert den Straferlaß nicht, Wolffhügel, Arch. 7 312. Y- Auch nach dem Tode des Verurteilten kann noch ein Straferlaß ausgesprochen werden, Wolffhügel, Arch. 7 423.

8. Zurückbeziehung der Wirkungen des Straferlasses auf einen früheren Zeitpunkt, insbesondere auch im Falle deS bereits erfolgten Todes des Verurteilten, ist möglich, Wolffhügel, Arch. 7 123. €. AKc. v. 5. 6. 15, AVBl. S. 276: § 3. In Gnadenangelegenheiten erstattet Mir, vorbehaltlich der §§ 15, 16 und 17 Ziffer 3 der Kaiserlichen Verordnung, der Präsident des Reichsmilitärgerichts Bericht. Insoweit Ich nicht Bericht anordne, und insoweit nicht das Gesuch von einem Lpruchgericht ausgeht oder von einer Im-

Feldbestätigung.

900

§ 423.

inediatstelle befürwortet wird oder von einem der ermächtigten Befehlshaber bereits abgelehnt ist, ermächtige Ich, sofern eS sich nicht um eine Person im Offizierrang handelt, den Präsidenten des Reichsmilitärgerichts, das Gesuch abschlägig zu bescheiden, wenn er es zur Befürwortung nicht für geeignet erachtet.

Vernehmung über daS Urteil.

§

.

423 Bor der Entschließung über die Bestätigung hat der Gerichtsherr den Angeklagten, falls dieser verurteilt ist, durch einen Kriegsgerichtsrat oder einen Offizier protokollarisch darüber vernehmen zu lassen, ob und welche Beschwerden er gegen das Urteil vorzubringen habe. Dieser Vernehmung bedarf es nicht, wenn in den Fällen des § 421 der Angeklagte bereits ein ordentliches Rechtsmittel eingelegt und begründet hatte. Entw. § 407. Schrifttum: Taschenbuch Aul. VII: Iahn, Bestätigung im Feld­ verfahren. 1.

Wenn auch dem Angeklagten im Felde und an Bord die

Rechtsmittel der Berufung und Revision zu versagen waren und an ihre Stelle die von Amts wegen erfolgende Prüfung der Gesetzlich­ keit des Urteils zu treten hatte, so erschien es doch billig und auch ausführbar, dem Verurteilten Gelegenheit zur Anbringung etwaiger Beschwerden zu geben, um deren Prüfung bei Erstattung des Rechtsgutachtens und bei der Entschließung des zur Bestätigung berechtigten Befehlshabers zu sichern. Begr. S. 172. 2.

Die Vorschrift des Abs. 1 ist zwingender Natur.

Ohne

vorherige Vernehmung darf, von dem Falle des Abs. 2 abgesehen, die Bestätigung nicht erfolgen. Uber die Wirksamkeit einer ohne Vernehmung vorgenommene Bestätigung s. § 430 Anm. 3 b. 3. a) Die Vernehmung erfolgt nicht in der Hauptverhandlung selbst, sondern besonders.

Feldbestätigung.

$ 424.

901

b) Die Vernehmung und ihr Ergebnis sind -u beurkunden, über die Form des Protokolls s. §§ 369, 382, 404. Unter­ schrift de- Verurteilten ist nicht erforderlich. c) Die Vernehmung kann durch jeden Offizier, nicht nur durch den Gerichtsoffizier, erfolgen. d) Zuziehung eines Militärgerichtsschreibers ist nicht er­ forderlich. e) Regelmäßig wird die Vernehmung durch den Vertreter der Anklage erfolgen, und zwar in einfachen Sachen gleich nach Abschluß der Hauptverhandlung. Indessen soll dem Verurteilten die etwa nötige Zeit zur Überlegung und zur Rücksprache mit seinem Verteidiger nicht verkürzt werden. Insoweit ist den Aus­ führungen von Iahn a. a. O. beizutreten. Vgl. auch zu g 327 Abs. 3 über Verzicht auf Rechtsnüttel in der Hauptverhandlung. f) Bei Ersuchen um Aburteilung (§ 262) erfolgt die Ver­ nehmung zweckmäßig im Anschluß an jene, auch ohne besonderes Ersuchen. So auch Herz-Ernst Sinnt. 1.

Vorlage on de« Kaiser.

§ 424. Die Urteile, deren Bestätigung der Kaiser sich vorbehält, sind demselben durch den Präsidenten des Reichs­ militärgerichts mit einem Gutachten der Mlitäranwaltschaft vorzulegen. Entw. § 408. 1. a) Es handelt sich um Bestätigungen, die der Kaiser sich in dieser Eigenschaft vorbehält. b) Da es sich um ein Gutachten der Militäranwaltschaft handelt und efl hiernach gerade auf deren Meinung ankommt, so ist eine Anweisung des Präsidenten nach § 105 Abs. 2 in bezug auf den sachlichen Inhalt des Gutachtens unzulässig. Dem Präsidenten bleibt eS aber unbenommen, auch seiner eigenen Meinung selbständig Ausdruck zu geben. Koppmann Sinnt. 3. c) Nach § 10 Abs. 1 der KB- I hat sich der Kaiser daS BeBestätigungsrecht vorbehalten hinsichtlich jeder Verurteilung, die

902

Feldbestätigung.

§ 425.

im Felde gegen einen in E^neralstilluug befindlichen Offizier wegen eines militärischen Verbrechens oder Vergebens erfolgt. (1) Für daS Bordverfahren s. noch l; 122 Anm. 1 b ft. 2. «) Hinsichtlich der Bestätigung des Kaisers in seiner olcirit zeitigen Eigenschaft als K ontin gents Herrn s. r; i VIM C. v. 5. (*>. 15, abgedruckt § 122 Vlnm. 11> a. 1») Livischen dem Eutachten der ^ 121, WO und deinRechts gntachten des ts W5 dürfte kaum ein sachlicher Unterschied sein.

Bestätigung anderer Urteile.

Rechtsgutachten.

§ 425* Tie Bestätigung anderer Urteile darf nur out Wntttb des schriftlichen Rechtsgntachtens eines richterlichen Militärjustizbeamten oder, in Ermangelung eines solchen, eines zum Richteramte befähigten Beamten oder Offiziers erfolgen, meint auf Tod, auf Zuchthaus oder auf Gefängnis oder Festungs­ haft von mehr als einem Jahre erkannt ist. Lautet ein kriegsgerichtliches Urteil auf Freisprechung oder auf eine geringere als die im ersten Absätze bezeichnete Strafe, so hat der Befehlshaber, dem die Bestätigung zusteht, eine Begut achtung nur dann anzuordnen, meint die Entscheidung des Kriegsgerichts vom Antrage des Vertreters der Anklage mefeiih lief) abrneicht, oder meint ihm die Entscheidung aus sonstigen Gründen bedenklich erscheint. Entw. § 100. Schrifttum: Menzel, Begutachtung von Urteilen, Viril), f> 3!)*: Flaxland, über Bestätigung und Aufhebung seldkriegsgerichtlicher Urteile; Wolffhügel, Begutachtung und Bestätigung feldkriegs gerichtlicher Urteile, Arch. 7 327; Schlott, Rechtsgutachten im feldgerichtlichen Verfahren, Arch. 7 84. 1. Im § 425 wird hinsichtlich der der Bestätigung des Kaisers nicht vorbehaltenen Urteile, vgl. § 424, für gewisse schwerere Fälle die schriftliche Begutachtung durch einen richterlichen Militärjustizbeamten vorgeschrieben, im übrigen aber, soweit

Heldbestätigung.

§ 425.

903

kriegsgerichtliche Urteile in Frage kommen, vgl. Anm. 5, die Einholung eines solchen Gutachtens in das Ermessen des zur Be­ stätigung berechtigten Befehlshabers gestellt. Begr. S. 173. 2. »-Angeordnet wird die Begutachtung durch den Ge­ richtsherrn, betn die Bestätigung zusteht, also B. durch den kommandierenden General, wettn auf eine ein Jahr übersteigende Freiheitsstrafe erkannt ist. b) Weisungen hinsichtlich des sachlichen Inhalts des Gut­ achtens können nicht erteilt werden. c) Uber die Zuständigkeit zur Bestätigung s. §§ 10 Abs. 2, 11 der KB. I. Soweit die Zuständigkeit von der Höhe der Freiheits­ strafe abhängig ist, muß bei Verhängung einer Gesamtstrafe diese maßgebend sein. Ebenso mit der herrschenden Übung Wolffshügel, Arch. 7 327, gegen Menzel, Arch. 6 398; Flaxland, Arch. 7 201; Dieß, DiszstrO, 2. Aufl., S. 78. Die von Flaxland angezogenen Allerh. AuSfBest. zu § 418 lassen lediglich bei der Borlage an die Allerhöchste Stelle die Einzelstrafen maßgebend sein, im übrigen nicht. Für die nach § 76 RStGB. nachträglich ausgesprochene Gesamtstrafe muß gleiches gelten, wie für die nach § 74 RStGB. erkannte. 3. Im Bedürfnisfalle reicht das Gutachten eines zum Richteramte befähigten Beamten oder Offiziers aus. Hier­ durch ist allen Lagett, wie sie die Kriegs- und Bordverhältnisse bieten, Rechnung getragen. Demzufolge fotut bei Urteilen der Bordgerichte z. B. ein Berufskonsul, im Felde ein zum Richteramte befähigter Offizier des Beurlaubtenstandes, Gerichtsassessor, Amtsrichter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt usw., mit der Erstattung des Gutachtens betraut und hierdurch einer sonst vielleicht un­ vermeidlichen Verschleppung vorgebeugt werden. Begr. S. 173. 4. Die Worte „von mehr als einem Jahre" beziehen sich nur auf Gefängnis und auf Festungshaft, nicht auf Zuchthaus. Ist auf Zuchthaus erkannt, so bedarf es immer des schriftlichett Rechtsgutachtens, Begr. S. 173, und zwar auch dann, wentt ihr Mindestbetrag von einem Jahre, § 14 Abs. 2 RStGB, durch An rechnung einer erlittenen Untersuchungshaft oder einer im Aus-

904

Feldbestätigung.

§§ 426, 427.

lande wegen derselben Handlung vollzogenen Strafe, §§ 60, 7 RStGB-, eine Minderung erfährt. Ebenso Flaxland, Arch. 7 201. Bei Verhängung einer Gesamtstrafe ist die Zeitdauer der Frei­ heitsstrafe nach dieser, nicht nach der höchsten Einzelstrafe, zu be­ messen. Vgl. oben Anm. 2 c. 5. Bei Urteilen der Feld- und Bordstandgerichte findet in Anbetracht der geringeren Erheblichkeit der Straffälle eine Be­ gutachtung nicht statt, § 429. Etwaige Bedenken des Gerichts­ herrn bei Erteilung der Bestätigung sind auf die in den §§ 429 ff. vorgeschriebene Weise zur Erledigung zu bringen. Begr. S. 173. 6. Zu Abs. 2. a) Wesentliche Abweichung vom Antrage deS Vertreters der Anllage liegt regelmäßig vor, wenn statt Ver­ urteilung auf Freisprechung oder umgekehrt, oder auf Verurteilung wegen einer erheblich schwerer oder leichter gearteten Straftat oder auf eine erheblich schwerere oder leichtere Strafe erkannt ist. Abw. Flaxland, Arch. 7 201. b) Der Gerichtsherr ist verpflichtet, wenn er im Falle des Abs. 2 die Bestätigung nicht zu erteilen beabsichtigt, vor seiner Ent­ schließung ein Rechtsgutachten einzufordern, Schlott, Arch. 7 81.

Begutachtende Person.

§ 426# Die Begutachtung soll nicht durch einen Beamten oder Offizier geschehen, welcher in der Hauptverhandlung als Richter oder als Vertreter der Anklage oder als Verteidiger mitgewirkt hat. E*lw. § 410. Im Gegensatz zum früheren Preußischen Recht handelt es sich hier nur um eine Sollvorschrift nicht zwingender Natur. Vgl. Beling, Z. 38 467.

Vervollständigung bet Untersuchung.

§ 427. Der Befehlshaber, welchem die Bestätigung zu­ steht, kann eine Vervollständigung der Untersuchung anordnen. Entw. § 411.

Feldbestätigung. 1.

§ 428.

Darüber, ob und inwieweit eine

905

Vervollständigung der

Untersuchung stattfinden soll, entscheidet der zuständige Befehls­ haber nach freiem Ermessen („Tann“ anordnen).

Seine, eine

Vervollständigung anordnende Verfügung bedarf der Mitzeichnung nach § 97.

2. Die Untersuchung kann die Einwendungen des verurteilten Angeklagten nach § 423 oder sonst bedenkliche tatsächliche Fest­ stellungen des Urteils oder unterlassene Feststellungen, z. B. über das Vorhandensein eines die Strafe erhöhenden, mildernden oder ausschlieh nden Tatumstands zum Gegenstände haben. Daß ein im Urteil trotz erfolgter Verurteilung fehlendes Tat­ bestandsmerkmal auf diese Weise nachträglich festgestellt, und daß hierdurch die vorher nicht vorhandene ausreichende tatsächliche Grundlage der Verurteilung geschaffen werden kann, wird mau trotz der anscheinend bei Koppmann Sinnt. 1 vorhandenen Bedenken annehmen dürfen. 3. Mit der Vornahme der Vervollständigung wird regelmäßig der Vertreter der Anklage beauftragt werden, auf dessen Tätigkeit die Grundsätze des Ermittlungsverfahrens, z. B. die Protokollform, entsprechende Anwendung zu finden haben. Form­ lose Nachforschungen, -. B. durch Anfragen bei Truppenteilen und Behörden, sind nicht ausgeschlossen.

Vorlage au den Aufhebungsberechtigten.

§

.

428 War das Urteil in den Fällen des § 421 durch ein ordnungsmäßig eingelegtes Rechtsmittel bereits angefochten, oder werden in dem Rechtsgutechten (§ 425) gegen die Gesetzlichkeit des Urteils oder gegen die tatsächliche Feststellung wesentliche Bedenken erhoben, so hat der zur Bestätigung berechtigte Befehlshaber, sofern er nicht selbst über die Aufhebung des Urteils befinden kann, die Entscheidung des hierfür zuständigen Befehlshabers herbeizuführen. In derselben Weise ist zu verfahren, wenn der zur Bestäti­ gung berechtigte Befehlshaber entgegen dem Rechtsgutachten

906

Feldbestätigung.

§ 428.

dlnstand nimmt, die beantragte Bestätigung zu erteilen. Versagung derselben ist schriftlich zu begründen.

Tic

Entw. § 412. Schrifttum: Tietz, Bestätigung und Aufhebung des Urteil« im Feldverfahren, Rechtsgültigkcit der Bestätigungsorder, Arch. 6 80: Warschauer, 3ur Stellung des Gutachters im Bestätigungsverfahreu, Arch.

7 387; Grützmacher, Berk. d. 2. d. Militärjuristentages S- 38.

1.

Dem

Bestätigungsrechte

steht

die

Pflicht zur

Per

sagung der Bestätigung in den zur Bestätigung nicht ge eigneten Fällen gegenüber. § 128 stellt die Voraussetzungen ans, unter denen bis zur Entscheidung über die Begründetheit der er Kobenen Angriffe oder Bedenken die Bestätigung auszusetzen ist. Diese Entscheidung kann nur getroffen werden von demjenigen Befehlshaber, dem das Aufhebuugsrecht zusteht.

Das Vhif

hebungsrecht bildet die unentbehrliche Ergänzung des Bestätigungs rechtes

und ist wie dieses ein unmittelbarer Ausfluß der obersten

kriegsherrlichen Gewalt. Es ist nun aber nicht vorauszusetzen, daß allen Befehlshabern, denen das Bestätigungsrecht eingeräumt ist, auch das Aufhebungsrecht wird übertragen werden, vielmehr ist zu erwarten, daß dieses Hochbedeutsame Recht, soweit der Kaiser sich dasselbe nicht vorbehält, nur in der Hand weniger und hoch­ gestellter Befehlshaber gelegt werden wird. Hiernach ist in Abs. l unterschieden, ob der zur Bestätigung berechtigte Befehlshaber ornli zur Aufhebung berechtigt ist oder nicht.

Begr. S. 173.

2. Tie Bestimmung darüber, wem das Aufhebungsrecht zusteht, wird für das Feld Verhältnis vom Kaiser int Falle der Mobilmachung erlassen. S. jetzt § 13 KB- I. Für das Bord Verhältnis s. die Bestimmung in Anm. 18 zu 8 422 unter 3m. 3 IL 4. 3. Rechtsgutachten.

«) Die Prüfung der Gesetzlichkeit

des Urteils — vgl. den gleichen -lusdruck im § 97 — umfaßt, wie die Herleitung aus § 165 Pr. MStGL. ergibt, die Prüfung des Verfahrens sowohl wie auch die des angewandten materiellen

Feldbestätigung

$ 428.

907

Rechts. Tie Prüfung der tatsächlichen Feststellung umfaßt den gesamten festgestellten Tatbestand, niag er sich auf den Schuldspruch oder auf den Strafausspruch beziehen, bezüglich seiner Richtigkeit und Vollständigkeit. Sic ist der Prüfung der von beiden Seiten in vollem Umfange eingelegten Berufung verwandt. (Gegenstand der Prüfung ist das Urteil. Grundlage der Prüfung ist der gesamte Akteninhalt. Eine Beschränkung auf etwa vorgebrachte Beschwerden oder Rügen ist abzulehnen. Der Begutachter kann eine vorgängige Vervollständigung der Untersuchung gemäß 8 427, und falls diese bereits stattfand, eine nochmalige Vervollständigung anregen. Wegen Prüfung der Angemessenheit der Strafhöhe s. § 430 Anm. 2 b. b) Bedenken sind Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, fei es wegen mangelhafter Anwendung des Gesetzes, sei es wegen mangelhafter Tatsachenfeststellung. Wird trotz des Mangel- das Ergebnis, also das Urteil, für zutreffend erachtet, so bestehen keine Bedenken gegen daö Urteil, dies gilt insbesondere bezüglich der Mängel im Verfahren. Vgl. § 427 Anm. 2 Abs. 2. Wesentliche Bedenken bestehen dann, wenn das Urteil als Ganzes mit genügender Sicherheit infolge des Mangels als von dem anzulegenden Maßstab, s. § 439 Anm. 2 b, soweit abweichend zu erachten ist, daß die Abweichung sich als eine im praktischen Leben beachtliche Schädigung berechtigter Interessen eines der Prozeß­ beteiligten darstellt. c) Das Gutachten muß erkennen lassen, ob wesentliche Bedenken vorliegen, ob also die vollständige oder teilweise Aufhebung des Urteils für geboten erachtet wird. Lautet das Gutachten auf Aufhebung, so muß der Gerichtsherr in jedem Falle das Urteil vorlegen. Eine Zurückweisung der Bedenken als un­ wesentlich steht ihm nicht zu. So mit Recht Dietz, Arch. 6 80: Warschauer, Arch. 7 387; RMG. v. 10. 11. 10, abgedruckt Arch. 7 125. Die entgegen dieser Pflicht erteilte Bestätigung ist nichtig. S. die genannte Entscheidung. d) Zu Rügen im AufsichtSwege ist das Rechtsgutachten nicht bestimmt.

908

Feldbestätigung.

§§ 429, 430.

4. Zu Abs. 2. Die Versagung der Bestätigung bedarf ebensowenig wie die Bestätigung selbst der Mitzeichnung gemäß § 97.

Behandlung standgerichtlicher Urteile. § 429. Bei Urteilen der Fcldstandgerichte und der Bord' standgerichte findet eine Begutachtung nicht statt. Glaubt der Gerichtsherr die Bestätigung versagen zu müssen, so hat er unter Begründung der Versagung die Entscheidung des für die Auf Hebung zuständigen Befehlshabers herbeizuführen. Entw. § 413. 1. S. § 425 Anm. 5.

Entscheidung deS Aufhebungsberechtigten. § 430. Der zur Aushebung berechtigte Befehlshaber hat nach Einholung des Gutachtens eines ihm zugeordneten richter­ lichen Militärjustizbeamten darüber zu entscheiden, ob das Urteil dem Gerichtsherrn zur Erteilung der Bestätigung zurück­ zusenden, oder ob dasselbe aufzuheben sei. Entw. § 414. Schrifttum: v. d. Horst, Aushebung feldkriegsgerichtlicher Urteile, Arch. 6 373; Schlott, Teilweise Aufhebung dcs Urteils im feldgerichtlichen Verfahren, Arch. 7 94; Flaxland, über Bestätigung und Aushebung feldkriegsgcrichtlicher Urteile, Arch. 7 201; WolfsHügel, Anweisung, die Bestätigung eines Urteils zurückzunehmen, Arch. 7 85; Grobefert, Fehlerhafte Urteilsbestätigung im Felde, Arch. 7 301; Schlott, Rechtsgutachten im feldgerichtlichen Ver­ fahren, Arch. 7 84; Schlott, Zustündigteit nach Erhebung der An­ klage im mobilen Verhältnis, Arch. 7 334: Warschauer, Zur Stellung des Gutachters im Bestätigungsverfahren, Arch. 7 387. 1. Nach § 430 soll vor der Entscheidung des zur Aufhebung berechtigten Befehlshabers das Gutachten eines richterlichen Militärjustizbeamten eingeholt werden. Der Befehlshaber ist jedoch an dieses Gutachten nicht gebunden, entscheidet viel-

FeldbestLttgung.

§ 430.

909

mehr nach eigener pflichtmäßiger Überzeugung. Ist der zur Aufhebung berechtigte Befehlshaber zugleich derjenige, welchem das Bestätigung-recht zusteht, so fallen Versagung der Bestätigung und Aufhebung deS Urteils zusammen: einer doppelten Begut­ achtung bedarf eS in diesem Falle nicht. Begr. S. 174. 2. Maßstab der Entscheidung, a) Der bei der Entscheidung über Bestätigung oder Aufhebung des Urteils anzulegende Maß­ stab ist im Gesetz nicht ausdrücklich genannt. Dies ist verständlich, da die Bestätigung dem Kaiser zusteht. Es könnte daher gefragt werden, ob überhaupt ein rechtlich bindender — allerdings von keiner Stelle nachprüfbarer, also der pflichtmäßigen Überzeugung überlassener — Maßstab überhaupt besteht. D. E. ist dies der Fall. Er wird aus der geschichtlichen Entwicklung der Bestätigung zu ent­ nehmen sein. Bgl. darüber Rissom, Militärgerichtsbarkeit und Kommandogewalt, Arch. f. Strafr. 56 168—183; RMG. (II. Sen.) v. 28. 8. 16. Die Bestätigung ist oberstrichtliche Tätigkeit aus dem Ganzen der staatlichen Machtfülle heraus. Hieraus folgt einerseits, daß die G e r e ch t i g k e i t im Sinne des geltenden Rechtszustan­ des genommen, die Grundlage der Prüfung abzugeben hat, an­ dererseits, daß unwesentliche Mängel keinen Anlaß geben, dem Spruch des erkennenden Gerichts die Bestätigung zu versagen. Früher war im Bestätigungsrecht das Recht der Schärfung wie der Milderung der Strafe enthalten. 3m § 171 der Pr. MStGL. hat sich die Milderung erhalten, die als mit dem Recht der Be­ gnadigung zusammenhängend, in gleicher Weise ins jetzige Recht übergegangen ist. Erscheint die Strafe wesentlich zu niedrig, so kann -war nicht Schärfung, wohl aber Aufhebung des Urteils er­ folgen. Die Aushebung geschieht ohne Hinzufügung einer Be­ gründung. b) Der bei der Entscheidung über Bestätigung oder Aufhebung anzulegende Maßstab ist auch von den lediglich zur Vorbereitung dieser Entscheidungen dienenden Prüfungen, also von den in §§ 424, 430 erwähnten Gutachten und von dem in § 425 erwähn­ ten Rechtsgutachen anzulegen. Die Gutachten haben also das Urteil daraufhin zu prüfen, ob es als gerecht im Sinne des geltenden

910

Feldbestätigung.

§ 430.

Rechtszustandes anzusehen ist. Hierbei tommen insbesondere prozessuale Mängel nur insoweit in Betracht, als sie wesentlich erscheinen. Wesentlich können außer dem Mangel von Prozeß­ voraussetzungen, z. B. dem Mangel der MilitärgerichtSbarteit, namentlich Mängel der Tatsach ense st st ellung sein. Die Rach Prüfung der Tatsachenfeststellung ist frei wie die des Berufung^ gerichts, nicht also an die dem Revisionsgericht auferlegten Schranken gebunden. Sie umfaßt also gerade die eigentliche strafrichterliche Tätigkeit, die Beweiswürdigung. In zweiter Linie ist die Anwendung des materiellen Rechts zu prüfen, auch hier unter Be­ schränkung auf wesentliche Mängel. Auch die Angemessenheit der Strafe ist vom Gutachten einer Prüfung zu unterziehen. Im § 425 ist die Prüfungspflicht des Rechtsgutachtens nicht erschöpfend dargestellt, vielmehr handelt es sich dort nur um diejenigen Punkte, in denen der bestätigungsberechtigte Befehlshaber über die An sichten des Rechtsgutachtens nicht hinweggehen darf. 3u teilweise abweichenden Ergebnissen kann man gelangen, wenn man die Bestimmungen der §§ 164, 165, 167—169 der Pr. MStGT, vgl. dazu Fleck, ttoinm. z. MStGO-, 2. Teil 1864, 8 474 Anm. 2 und § 476 Anrn. 1, der Auslegung zugrunde legt. Indessen diese recht engen Vorschriften sind sicher nicht ohne Ab sicht nicht übernommen. Das Gutachten sollte freier dastehen als bisher. Es hat, tim zusammenfassend einen im § 513 der Pr. SlrimC. von 1805 gebrauchten Ausdruck zu verwenden, zu prüfen, ob vom Gericht unangemessen erkannt ist. 3. Rechtsgültigkeit der Bestätigung. Urteilsmängel, einschließlich der Mängel des Verfahrens bis zum Urteil, hindern die Rechtskraft des Urteils im Feldverfahren so wenig, wie im ordentlichen Verfahren, es müßte denn sein, daß diese Mängel so schwer sind, daß sie die Richtigkeit des Urteils bewirken. Hierüber s. § 416. Soweit also im ordentlichen Verfahren ein Urteil durch Heitablaus rechtskräftig werden kann, kann es auch im Feldverfahren durch Bestätigung Rechtskraft erlangen. b) Mängel des Bestätigungsverfahrens, a. Unzustän digkeit. Die Bestätigung durch eine andere to otiun attbo stelle

ftdbbeftätigung.

§ 430.

911

als die Allerhöchst dazu berufene ist nichtig. Gleiches gilt von der Bestätigung durch eine Person, welche mit der Wahrnehmung des Amte- der Kommandostelle nicht betraut war, Grobefert, Arch. 7 301. Vgl. auch RMG. 15 3. Die Zuständigkeit des Gerichtsherru, der das erkennende Gericht im eigenen Namen berufen hat, dürfte nicht deswegen in Zweifel gezogen werden können, weil er bereits im Verfahren bis zum Urteil unzuständig gewesen wäre. Nicht bedenkenfrei datier die von Schlott, Arch. 7 334 mitgeteilte Entscheidung. Ein Zuständigkeitsstreit wird im Felde gemäß § 17 Ziff. 1 ÄB I durch die dort im § 16 bezeichneten Befehlshaber innerhalb

ihres Befehlsbereichs, sonst durch das RMG. entschieden. ß. Sonstige Mängel. In Frage kommen Bestätigung oder Aufhebung ohne protokollarische Vernehmung des Verurteilten nach § 423, ohne das in § 425 vorgeschriebene Rechtsgutachten, unter Begutachtung durch eine den Vorschriften de- § 425 nicht entsprechende Person, ohne Gutachten nach §§ 424, 430, Be­ stätigung trotz bereits erfolgter Anfechtung durch ein ordnungs­ mäßig eingelegtes Rechtsmittel in den Fällen des § 421 entgegen 8 428, oder trotz wesentlicher Bedenken des Rechtsgutachtens, ent­ gegen § 428. Die Beurteilung muß davon ausgehen, daß die Be­ stätigung und Aufhebung nach § 422 der Allerhöchsten Stelle zu­ stehen und daß eine Bindung der Allerhöchsten Stelle an Vor­ schriften, welche wesentlich der Vorbereitung der Entscheidung dienen, nicht beabsichtigt gewesen sein kann. Gleiches muß für die Befehlshaber gelten, denen die Bestätigung übertragen wird. ®om prozessualen Standpunkt aus betrachtet, muß es etwas wie die Heilung von Urteilsmängeln durch die Rechtskraft des Urteils auch hier geben. Die Bestätigung soll ja gerade der Herbeiführung der Rechtskraft dienen. Es geht daher nicht an, die Rechtskraft von der Prüfung der Formgerechtheit des Bestätiguugsverfahreus ab­ hängig zu machen. Gewiß soll, wie RMG. v. 10. 11. 16, Arch. 7 425, ausführt, das Bestätigungs- und Aufhebungsrecht im Feld verfahren — das übrigens älter ist als das ordentliche — die Rechts­ sicherheiten bieten, die im ordentlichen Verfahren durch die Rechtc-

912

Feldbestätigung.

§ 430.

mittel der Berufung und Revision gegeben find. Indessen auch im ordentlichen Verfahren sind Mängel im Verfahren der letzten Instanz denkbar. So wenig sie die Rechtskraft des Urteils hindern, so wenig ist dies im Bestätigungsverfahren der Fall. Daß Fehler nicht absichtlich gemacht werden, kann in beiden Verfahrensarten gleichmäßig angenommen werden. Ebenso Grobefert, Arch. 7 301. Hiervon abweichend hat die bereits angeführte Entscheidung, RMG. (I. Sen.) v. 10. 11. 16, eine Bestätigung nicht nur für un­ zulässig, sondern auch für rechtsungültig erklärt, die entgegen wesentlichen Bedenken des Rechtsgutachtens ohne Vorlage an den höheren Befehlshaber erfolgt war. Ebenso haben nach Dietz, Arch. 7 302 unten, das Pr. KrMin. und der Präsident des RMG. die Bestätigung eines freisprechenden Urteils bei beantragter Ver­ urteilung ohne das nach § 425 Abs. 2 erforderliche Rechts­ gutachten für nichtig erklärt. 4. Ein Anweisungsrecht deS höheren Gerichtsherrn, ab­ gesehen vom Fall des § 430, besteht nicht. 5. Eine Zurücknahme der bereits erteilten Bestäti­ gungsorder ist wirkungslos, soweit durch letztere die Rechtskraft des Urteils herbeigeführt war, und ohne sachliche Bedeutung, soweit die Bestätigungsorder rechtsungültig erteilt war. Eine Weisung zur Zurücknahme der Bestätigungsorder ist nicht vorgesehen, Wolffhügel, Arch. 7 85. 6. Ob teilweise Aufhebung und Bestätigung zulässig sind, darf nicht aus dem ordentlichen Verfahren heraus erörtert werden. Das Feldverfahren ist nicht nur von diesem, wie Flaxland, Arch. 7 201, bemerkt, stark verschieden, sondern es ist vor allem auch das geschichtlich ältere, aus der Pr. MStGO. herübergenommene Ver­ fahren. Aber die Frage der logischen Trennungsmöglichkeit der Bestandteile der Entscheidung ist die gleiche, wie im ordentlichen Verfahren. Darum besteht, obwohl es im Feldverfahren an be­ sonderen Bestimmungen hierüber fehlt, und obwohl aus früherer Zeit teilweise Aufhebungen nicht bekannt geworden sind, kein Grund, die Teilung hier in gleichem Maße wie im Rechtsmittel­ verfahren für zulässig zu halten. So ist auch nach RMG. (I. Sen.)

Feldbestätigung.

g 431.

913

v. 3. 7. 17 die Bestätigung des Urteils hinsichtlich deS Schuld­ spruchs unter Aufhebung deS Urteils bezüglich deS Strafaus­ spruchs Allerh. Otts gebilligt worden. Auch Teilung deS Straf­ ausspruchs ist möglich. Bgl. § 394. Die hiernach mögliche besondere Bestätigung des nicht aufgehobenen Teils ist wohl nicht unbedingt nötig, da dieser Teil des Utteils, ob bestätigt oder nicht, vom neuerkennenden Gericht als bereits erledigt zugrunde zu legen ist. Im Falle deS Übertritts ins immobile Verhältnis nach teilweiser Aufhebung des Urteils müßte allerdings, um klare Verhältnisse zu schaffen, die unter­ bliebene Teilbestätigung nachgeholt werden. Im ordentlichen Ver­ fahren ist dann der Urteilsbestandteil -um Böllutteil auszubauen. Vgl. Flaxland, Arch. 7 207. Das Verfahren in der erneuten Hauptverhandlung entspttcht den gewöhnlichen Borschttften. SS ist also namentlich die Anklageverfügung wieder zu verlesen. DaS Verfahren erstreckt sich aber lediglich auf die noch nötige Ergänzung des UtteilS, nicht auf den bereits erledigten Teil. Demnach ist auch die Beweis­ erhebung zu umgrenzen. Vgl. § 394.

vermerk und vekanntmachnng der vepLIignng. § 431. Die erteilte Bestätigung ist auf der Urschrift des Utteils zu vermerken und dem Angeklagten auf dem in den §§ 256, 257 bezeichneten Wege bekanntzumachen.

Entw. § 415. 1. Nach § 256 erfolgt die Bekanntmachung an Beschuldigte, die dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören oder sich in Haft befinden, mündlich durch einen Gerichts­ offizier oder KriegsgerichtSrat. über die Bekanntmachung ist ein Protokoll aufzunehmen. An andere Personen erfolgt die Be­ kanntmachung nach § 257 mündlich, § 256, oder durch Zu­ stellung, §§ 139, 142 ff. Zu betonen ist hierbei besonder-, daß, wenn der Angeklagte sich nicht auf freiem Fuße befindet, nach § 256 stets mündliche Bekanntmachung erforderlich ist. Romen-Rissom, MStSO., 2. Ausl. 58

Feld bestätig ung.

914

§ 432.

Aufhebung des Urteils.

§ 432. Im Falle l^r Aufhebung des Urteils ist die Be­ rufung eines neuen erkennenden Gerichts zu veranlassen. So­ weit es erforderlich oder sachgemäß erscheint, ist mit dieser Be­ rufung ein anderer Gerichtsherr als der zuerst mit der Sache befaßte zu betrauen. Zu dem neu zu berufenden Gerichte dürfen die Personen als Richter nicht zugezogen werden, welche bei der früheren Hauptverhandlung mitgewirkt haben. Der die Aufhebung aussprechende Befehlshaber kann auch die Erledigung der Sache im ordentlichen Verfahren verfügen, sofern die Erledigung nach Lage des Falles bis zur Beendigung des die Anwendbarkeit dieses Titels begründenden Verhältnisses aufgeschoben werden kann. Entw. § 416. Schrifttum: Dietz, Schließt ^gtmutmg eines anderen Gerichts­ herrn ein Ersuchen um Aburteilung ans? Arch. 6 393; Neumann, Zur Auslegung des § 432 MStGO-, Arch. 6 400; Dieß, Iudex suspectus, Z. 28 129; ders., Streiflichter über die Militärstrafrechts­ pflege, Steidlers Studien S. 116. 1. a) Im Falle der Aufhebung des Urteils wird die Berufung eines neu erkennenden Gerichts erforderlich, bei dem, um eine völlig unbefangene Beurteilung der Sache zu gewährleisten, nur Richter mitwirken können, die bei der früheren Hauptverhandhung nicht mitgewirkt haben. Ob etwa ein anderer Gerichtslerr als der zuerst mit der Sache befaßte, mit der Einberufung des erkennenden Gerichts zu betrauen sei, darüber hat der die Aufhebuna des, Urteils aussprechende Gerichtsherr zu befinden. Der letztere kann aber auch die Erledigung der Sache im ordentlichen Bersahren versüaen, falls nach Lage der,Umstände die Beendigung der Feld aber Bordyerhiiltnisse ab­ gewartet merden kann oder falls der Angeklagte Uer onlich

Wbbeftätiountv

915

§ 432.

durch Überweisung an einen immobilen militärischen Verband aus jenem Verhältnis ausscheidet (Abs. 2). Begr. S. 174. b) Die Beauftragung eines anderen Gerichtsherrn und der gesetzliche Ausschluß der früheren Richter sind dem ordentlichen Verfahren, soweit dort eine Zurückverweisung in die Instanz nach 88 395 Abs. 2, 412 stattfindet, fremd.

2. Der neu beauftragte Gerichtsherr ist lediglich mit der Berufung des erkennenden Gerichts beauftragt, daher nur insoweit zuständig. Seine Stellung entspricht also genau der des nach 8 387 beauftragten oder der des nach 8 262 um Herbeiführung der Aburteilung ersuchten Gerichtsherrn. Näheres 8 262. Er muß also nach Aburteilung die Sache wieder an den früheren Gerichtsherrn abgeben, dem dann die Bestätigung nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften und die Vollstreckung zustehen, RMG.

20

138, ebenso

Neumann, Arch. 6 400. b) Hat ein mobiler, lediglich mit niederer Gerichtsbarkeit ver­ sehener Befehlshaber irrtümlich ein Bordkriegsgericht zur Ab­ urteilung einer der höheren Gerichtsbarkeit zugehörigen Sache be­ rufen, so dürfte eine Beseitigung des Mangels dadurch herbei­ zuführen fein, daß der aufhebende Befehlshaber die Nichtigkeit des Verfahrens wie des Urteils feststellt und den zuständigen Befehls­ haber zur Einleitung eines neuen Verfahrens veranlaßt. In dem RMG. 20 138 behandelten Falle hat der aufhebende Befehlshaber einen anderen Befehlshaber, der höhere Gerichtsbarkeit besaß, mit der Berufung des neuen Gerichts beauftragt. Aber wie kann dieses Gericht auf die Anklage eines Befehlshabers, der gar feine höhere Gerichtsbarkeit besitzt, sachlich erkennen? Und wer soll schließlich das Urteil, mag es auf Sachentscheidung oder Einstellung lauten, bestätigen? c) Der dem anderen Gerichtsherrn erteilte Sonderauftrag wird nicht dadurch erledigt, daß zwischen Auftrag und Aburteilung der Angeklagte den Gerichtsherrn wechselt, RMG. 20 138. Die Frage, ob Bestätigung und Bollstreckung übergehen, ist nach den Ausführungen 8 121 Anm. lbß ju beurteilen. d) Eine Weitergabe des Auftrags durch Ersuchen eines

916

Feldbestätigung.

§ 433.

anderen Gerichtsherrn um Herbeiführung der Aburteilung mag -war nicht unbedingt unzulässig sein, dürfte aber im Zweifel nicht im Sinne deS Auftrages liegen. A. M. Dietz, Arch. 6 303. Auch in den Fällen der §§ 387, 262 ist eine Weitergabe des Auf­ trages oder Ersuchen grundsätzlich ausgeschlossen. 3. Das neu erkennende Gericht ist an die rechtliche oder militär­ dienstliche Auffassung des aufhebenden Befehlshabers nicht ge­ bunden. 4. Zu Abs. 2 vgl. Anm. 1 Abs. 2. Der Befehlsl-aber ent­ scheidet nach freiem Ermessen, ob er die Erledigung der Sache im ordentlichen Verfahren verfügen soll („kann" verfügen). Tie Ver­ fügung bedarf der Milzeichnung nach § 97.

Überleitung in da- ordentliche Verfahren. § 433# Wird im Laufe eines im Felde oder an Bord ein geleiteten Strafverfahrens der Beschuldigte zu einem immobilen militärischen Verbände versetzt oder einem solchen überwiesen, so findet die Überleitung in das ordentliche Verfahren statt. War jedoch ein Urteil bereits ergangen, so hat über die Be­ stätigung der bis dahin zuständige Befehlshaber nach Maßgabe dieses Titels zu befinden. Wird die Bestätigung versagt, so ist das Urteil dem Angeklagten nach dessen Übertritt in den immo­ bilen Verband bekanntzumachen (§ 137). Gegen das Urteil ist binnen der gesetzlichen Frist (§ 379) die Berufung zulässig. Die Frist läuft auch für den Gerichtsherrn vom Tage der Be­ kanntmachung des Urteils an den Angeklagten. Die gerichts­ herrlichen Befugnisse gehen in einem solchen Falle auf den Gerichtsherrn des immobilen Verbandes über. Entw. § 417. Schrifttum: Rissom, Zuständigkeitsänderungen infolge Wechsels zwischen mobilem und immobilem Zustand, Arch. 6 154; Grobefert, Zur Auslegung des § 433 Abs. 1 und des § 5 EG., Arch. 6 187; ders., Veränderungen in der persönlichen Dienststellung nach Er-

FeldbestLtlgung.

$ 433.

917

Hebung der Anllage, Arch. 6 194; Weimann, Wann wird ein wegen Kranlheit oder Verwundung in Abgang gekommener Heeres­ angehöriger immobil? DStrrZ. 3 331; v. Loßberg, Fortdauer des Bestätigungsrechts des mobilen Gerichtsherrn nach der Demobil­ machung, IW. 45 Nr. 19; Grobefert, Aufhebung des Feldurteils nach Übertritt zum immobilen Verbände, Arch. 6 204; Rissom, Eintritt ins mobile Verhältnis nach betn Urteil, Arch. 6 351; v. Balta, Überleitung der Feldstrafverfahren in das ordentliche Verfahren gemäß § 433 MStGO-, Arch. 7 86. 1. Übergang ins ordentliche Verfahren, a) Da das Feld­ verfahren nur gegen Mobile stattfindet, müßte auch ohne be­ sondere Bestimmung mit dem Aufhören dieses Verhältnisses auch das Feldverfahren aufhören. Unter gewissen Voraussetzungen ragt eS aber nach Abs. 2 noch in die spätere Zeit hinein. Dgl. § 421 Anm. 1. b) über den Zeitpunkt des Aushürens des mobilen Zu­ standes f. § 5 EG. Der Beschuldigte kann allein oder mit seiner ganzen Truppe immobil werden. Allein immobil wird er entweder durch Übergang zu einer immobilen Truppe oder durch Ausscheiden auS dem aktiven MilitärverhältniS. über Demobilmachung s. z 435.

c) Nach Übertritt inS immobile Verhältnis ist die etwa fehlende Anklageschrift anzufertigen und bekanntzugeben. 2. Wechsel des Gerichtsherrn, a) Mit dem Aufhören deS mobilen Verhältnisses ist ein Wechsel des Gerichtsherrn nicht unter allen Umständen verbunden. b) Tritt aber der Beschuldigte unter einen anderen GerichtsHerrn, so hält die bereits erfolgte Anklageerhebung die Zuständig­ keit nicht fest. Der § 259 gilt insoweit nur innerhalb deS ordent­ lichen Verfahrens, RMG. 2 88. Ein aufgehobenes Urteil ist nicht mehr vorhanden, hindert also nicht die Überleitung, RMG. 7 205. Ein ergangenes, noch nicht bestätigtes Urteil hält zunächst die Zu­ ständigkeit fest, s. Abs. 2. War das Urteil bereits rechtskräftig ge­ worden, so ändert sich die Zuständigkeit nicht mehr. Vgl. § 421 Anm. 2.

918

Feldbestätigung.

§ 433.

c) Scheidet der Beschuldigte aus dem aktiven Militärverhältnis aus, so erlischt die Militärgerichtsbarkeit unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2. Bleibt sie bestehen, war also namentlich die An­ klage schon erhoben, so richtet sich die Zuständigkeit des mobilen Gerichtsherrn nach den gewöhnlichen Regeln, insbesondere nach §§ 25, 30. d) Ist im ordentlichen Versahren die nach §§ 16, 63 hier engere niedere Gerichtsbarkeit nicht mehr begründet, so ist Abgabe an den Gerichtsherrn der höheren Gerichtsbarkeit zulässig und ge­ boten, Grobefert, Arch. 7 86. 3. Zu Abs. 2. a) Ist ein Urteil bereits ergangen, so soll es, in Abweichung von der Regel, noch im Feldverfahren be­ stätigt werden können, und zwar von dem bis dahin zuständigeil Befehlshaber. Bei Versagung der Bestätigung erfolgt keine Auf­ hebung, RMG. 20 295, welche, nreurt sie geschehen, rechtsunwirksam wäre, Grobefert, Arch. 6 204, vielmehr setzt hier bereits die Über­ leitung ein. Das Urteil ist dem immobilen Angeklagten nach § 137, also durch Zustellung, so wohl auch RMG. 4 77, unter Belehrung über deren Zweck und Wirkung, bekanntzumachen. Die Bekannt­ machung gehört noch zur Zuständigkeit des bisherigen Gerichts­ herrn. Mit diesem Zeitpunkt beginnt das ordentliche Ver­ fahren, RMG. 4 77, 20 295, und geht die Zuständigkeit über, sofern der Angeklagte jetzt einem anderen Gerichtsherrn untersteht. Von diesem Zeitpunkt ab, nicht früher, RMG. 4 77,19 207, 20 295, ist die Einlegung von Rechtsmitteln gegen das Urteil möglich. Bei teilweiser Bestätigung des Urteils können die Rechts­ mittel den bereits erledigten Teil nicht mehr ergreifen. b) Die Entscheidung über Bestätigung oder deren Ver­ sagung erfolgt nach den allgemeinen Regeln. Eine Aufhebung des Urteils nach § 428 ist ausgeschlossen, RMG. 20 295 und RMG. (I. Sen,) v 3. 7. 17. Ist das Urteil nach § 128 Abs. 1 dem höheren Befellshaber zur Gntscheidung vorzulegen, so befindet dieser über die ^erfaauna der Bestätiauna und verfügt sie statt der Auf­ hebung. So RMG. 20 295 bezüglich eines nach K 421 überkomme­ nen, bereits angefochtenen Urteils. Der zweite Fall des § 428

Heldbestätigung.

§§ 434, 435.

919

Abs 1, also die Erhebung wesentlicher Bedenken im Rechtsgutachten, würde ebenso -u behandeln sein. Rach RMG. 20 295 soll der aufhebungsberechtigte Befehlshaber das Urteil geeignetenfalls auch bestätigen. D. @. wäre es richtiger nach § 430 zur Bestätigung zurückzusenden. Ebenso in einem Einzelfall Pr. KM. v. 15. 1. 18. c) Wenn der Angeklagte erst nach Erlaß des Urteils ins mobile Verhältnis eintritt, aber vor der Bestätigung wieder aus diesem auStritt, so kommen die Vorschriften der §§ 421, 433 nacheinander zur Anwendung. Die Rechtsmittel werden den Prozeßbeteiligten nur in dem Umfange wieder eröffnet, als der Rechtsmittelzug nicht schon bei Ein­ tritt inS mobile Verhältnis erschöpft war. Hatten die Prozeßbeteiligten ihr Rechtsmittel durch Zeitablauf oder Verzicht verloren, so wird es mit der Bekanntmachung nach § 433 Abs. 2 nicht wieder eröffnet.

Lief die Frist noch, so wird mit der Be­

kanntmachung eine neue volle Frist eröffnet. War ein Rechtsmittel gültig eingelegt, fo ging eS nach § 421 mit dem Eintritt inS mobile Verhältnis unter. ES muß späterhin nach der Bekanntmachung von neuem eingelegt werden, wozu wieder die volle Frist läuft.

Liegt

bereit- ein Urteil -weiter Instanz vor, so ist da- gegen diese- zu­ lässige Rechtsmittel, also die Revision, in den Grenzen de- $ 397 gegeben.

So mit Recht RMG. 19 207, 217.

Vgl. Riffom, Arch.

6 351.

ttbOfftttg bo* Vsrb. § 434.

Bei der Marine steht dem Übertritte zu einem

immobilen Verbände (§ 433) die Ablösung von Bord gleich.

Entw. § 418. 1.

Die bisherigen AusfBest. der Marine sind durch AKL

v. 26. 3. 1900, MBBl

S- 86, aufgehoben.

DemobU«ach«»g. § 435.

Mit der Demobilmachung treten die Bestim

nlungen dieses Titels außer Anwendung. Noch nicht erledigte Strafsachen sind in das ordentliche Verfahren überzuleiten.

920

Wiederaufnahme.

§ 436.

Auf die bei Eintritt der Demobilmachung noch nicht be[tätigten Urteile finden die im § 483 Absatz 2 für den Fall der Versagung der Bestätigung gegebenen Bestimmungen AnWendung. Entw. § 419. Schrifttum: Rissom, Demobilmachung, Arch. 6 352. 1. Bei teilweiser Demobilmachung treten die Bestimmungen diese- Titels nur für den demobil gemachten Teil außer An­ wendung. 2. Das ordentliche Verfahren, in das nach Abs. 1 eine Strafsache überzuleiten ist, kann auch das Verfahren vor den bürgerlichen Gerichten sein, vgl. § 10 Abs. 2. Begr. S. 174. 3. Rückkehr des Schiffes in die heimischen Gewässer hat nach § 6 Ziff. 1 EG. die gleiche Wirkung. 4. Abs. 2. Es finden nicht überhaupt die Bestimmungen des § 433 Abs. 2, sondern, wie § 435 ausdrücklich sagt, die für den Fall der Versagung der Bestätigung gegebenen Bestim­ mungen Anwendung. Also: Nach der Demobilmachung gibt es keine Feldbestätigung mehr. Alle noch nicht bestätigten Urteile aus dem Feldverfahren gelten als solche, denen die Bestätigung versagt ist, und werden nach § 433 Abs. 2 bekanntgemacht. Anders die Be­ gründung, welche die Fälle der §§ 333 u. 335 gleichstellt, also auch in denen der § 335 die Wahl zwischen Bestätigung und deren Ver­ sagung gewährt. Ihr folgen RMG. 19 206, 217, 20 295. Dagegen Rissom, Arch. 6 352.

Sechster Titel.

Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil geschloffenen Verfahrens. Wiederaufnahme zugunsten drS Verurteilte«. § 436. Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil geschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten findet statt:

Wiederaufnahme.

,

§ 436

921

1. wenn eine in der Haupwerhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde fälschlich angefertigt oder verfälscht war; 2. wenn durch ein zu seinen Ungunsten abgelegtes Zeugnis oder abgegebenes Gutachten der Zeuge oder Sachverständige sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Berletzung der Eidespflicht oder einer wissentlich falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat; 3. wenn bei dem Urteil ein Richter mitgewirkt hat, welcher sich in Beziehung auf die Sache einer Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern diese Ver­ letzung mit einer im Wege des gerichtlichen StrafVerfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe

be­

droht und nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist; 4. wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Straf­ urteil begründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist; 6. wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, aus denen allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen sich die Unschuld des Verurteilten, sei es bezüglich der ihm zur Last gelegten Tat überhaupt, sei es bezüglich eines die Anwendung eines härteren Strafgesetzes begründenden Umstandes, ergibt oder doch dargetan wird, daß ein begründeter Verdacht gegen den Angeklagten nicht mehr vorliegt.

Entw. § 42d. Schrifttum: Binding, Grundr. S. 247, 282—291; Beling, Lehrb. S. 597—610; Meyer in SeusfBl. f. Rechtsanw. 71 53; Rosenfeld § 92; Graf zu Dohna S. 228: Tietz, Streiflichter über die Militärstrafrechtspflege, in Steidle, Milrechtl. Studien, 1910 S. 89; v. Bippen, Zum Wiederaufnahmeverfahren, Arch. 3 65.

U22

Wiederaufnahme.

§ 43t».

1. Das besetz hat sich auch hier eng an die Bestimmungen der bürgerlichen StPO-, §§ 3i)9 ff., angeschlossen und Ände­ rungen im wesentlichen nurda vorgenommen, wo solche teilsduni' die abweichende Organisation der Militärgerichte, teils infolge der Einführung des Rechtsmittels der Berufung geboten waren. Der Antrag auf Wiederaufnahme eines durch rechts kräftiges Urteil geschlossenen Verfahrens ist kein ordentliches Rechtsmittel im Sinne des dritten Titels, da er sich gegen ein bereits rechtskräftig gewordenes Urteil richtet. S. auch § 363. Die Entscheidung über die Zulassung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens sowie auch die übrigen Ent scheidungen, soweit sie nicht in einer erneuten Haupt Verhandlung zu erlassen sind, hat das Gesetz dem Reichs Militärgericht zugewiesen, §§ -443 ff., einerseits, weil andere ständige Militärgerichte nicht vorhanden sind, andererseits, um eine einheitliche Ausführung der betreffenden Gesetzesbestimmungen zu sichern. 2.

Begr. S- 174, 175. Der § 436 entspricht im wesentlichen dem § 399 StP^..

Abweichungen enthalten nur Ziff. 2 u. 5.

Näheres s. Anm. 10a

u. 13».

3. Wiederaufnahme des Verfahrens ist nur bei rechtskräftig gewordenen

Urteilen zulässig,

nicht auch

gegen

Strafver

fügungen, RMG. 13 73.

4. Für die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil geschlossenen Verfahrens sind die Vorschriften der MStGO- auch dann maßgebend, wenn das Urteil vor

ihrem Inkraft

treten erlassen oder rechtskräftig geworden war. EG. § 21 Zisf. :>. 5. ») Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist nur zulässig, wenn ein „rechtskräftiges" Urteil vorliegt.

Rechtskräftig ist

im ordentlichen Verfahren das Urteil, sobald es durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar ist. Die Bestätigung ist im ordentlichen Verfahren ohne Bedeutung für die Rechtskraft des Urteils.

Näheres hierzu s. § 416.

Die

Wiederaufnahme des Verfahrens kann daher beantragt werden, sobald

das

Urteil

auf

die

angegebene

Weise

Rechtskraft

Wiederaufnahme.

§ 436.

923

erlangt hat, gleichviel ob seine Bestätigung schon erfolgt ist oder noch aussteht. So auch RMG. 7 303. S. auch 9 487 Anm. 2. (Die unter der Preußischen MStGO. ergangenen Er­ kenntnisse sind erst durch Verkündung der Erkenntnisformel und der Bestätigungsorder rechtskräftig geworden. RMG. 1 228.) Kontumazialürteile des Preuß. Rechts können nach § 24 Siff- 4 EG. nach Rückkehr des Verurteilten int Wege de- ordent­ lichen Verfahrens aufgehoben werden und unterliegen insoweit nicht der Wiederaufnahme. RMG. 1 81. Rur soweit die Auf­ hebung im ordentlichen Verfahren nicht mehr möglich ist, kommt Wiederaufnahme in Frage, RMG. 13 186. b) Gegen die int Felde oder an Bord ergangenen Urteile ist der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahren- erst zulässig nach ihrer Bestätigung, da diese Urteile gemäß der ausdrück­ lichen Vorschrift in § 420 erst durch die Bestätigung Rechts­ kraft erlangen. Vgl. hierzu §§ 419, 420. Im kriegSrechtlichen Verfahren gegen Ausländer ist die Wiederaufnahme ausgeschlossen, da diese- Verfahren durch die KV. II v. 28. 12. 1900 erschöpfend geregelt ist, RMG. 19 120. 8. Der vor der Rechtskraft des Urteils gestellte Antrag muß auch als später unwirksam angesehen werden. So auch RMG. 2 109; 10 78. A. M. Beling, Lehrb. S. 559, 447. Einlegung eines Rechtsmittels wegen eines Teiles der mit Gesamtstrafe belegten Straftaten hindett die Wiederaufnahme be­ züglich der übrigen RMG. 10 78, 19 90. Ist ein Urteil hinsichtlich des Strafausspruchs angefochten, so liegt „ein durch rechtskräftiges Urteil geschlossenes Verfahren" nicht vor. Jedenfalls fehlt, wenig­ stens int ordentlichen Verfahren, eine maßgebende Entscheidung darüber, ob das Urteil tatsächlich hinsichtlich des Schuldspruchs rechtskräftig geworden sei, RMG. 18 10. 7. Die Wiederaufnahme des Verfahrens findet nach § 436 nur zugunsten des „Verurteilten" statt. Eine „Verurteilung" im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn in der Urteile» formet der Angeklagte einer Straftat für schuldig erklärt und wegen dieser Straftat gegen ihn eine Strafe festgesetzt ist, nicht

924

Wiederaufnahme.

§ 436.

also, wenn da- Urteil auf Einstellung des Verfahrens lautet. RMG. 12 35. 8. Hat das Urteil ein fortgesetztes Delikt angenommen, so mutz gegen sämtliche Einzelhandlungen ein Wiederaufnahmegrund geltend gemacht s in. RMG. 3 196, 7 303. S. auch § 439 Sinnt. 1. Waren in diesem Fall verschiedene Strafgesetze verletzt, so genügt ein Wiederaufnahmegrund gegen diejenige Einzelhandlung, auf Grund deren gemäß § 73 RStGB. die Strafe bestimmt war. RMG. 6 69. Vgl. Beling, Z. f. d. ges. Str. 24 278. 9. Zu Ziff. 1. a) Als „Urkunde" ist hier jeder Gegen­ stand anzusehen, der zum Beweise von Tatsachen geeignet ist. Zu den Urkunden gehören insbesondere auch die Protokolle (§§ 303, 305, 331 ff.). Löwe § 399 Sinnt. 5, auch der der Strafverfolgung zugrunde liegende Strafantrag, RMG. 16 18. b) Die Urkunde muß in der Hauptverhandlung als echt „vor­ gebracht", d. h. benutzt sein, RMG. 8 96, und zwar zuungunsten des Verurteilten, d. h. die als echt vorgebrachte, aber fälschlich an­ gefertigte oder verfälschte Urkunde muß zum Nachteile des Ver­ urteilten Einfluß aus das Urteil gehabt haben, oder es muß min­ desten- die Möglichkeit gegeben sein, daß eine solche nachteilige Ein­ wirkung erfolgt sei, § 446 Abs. 2. Löwe § 399 Sinnt. 13 a. Hierbei kommen aber auch die Vorfragen der Schuldfrage in Betracht. RMG. 8 66. c) Daß die „fälschliche Anfertigung" oder „Verfälschung" der Urkunde durch eine strafbare Handlung im Sinne der §§ 267 ff. RStGB. erfolgt sei, ist für die Wiederaufnahme des Ver­ fahrens nicht erforderlich. RMG. 8 304. Eine unechte Urkunde liegt aber dann überhaupt nicht vor, wenn die Unterschrift, -. B> unter einem Strafantrag mit Ermächtigung des Slusstellers ver­ tretungsweise geleistet ist, RG. 43 348: RMG. 16 18. Wird eine strafbare fälschliche Anfertigung oder Verfälschung der Urkunde behauptet, so kommt § 440 zur Anwendung. 10. Zu Ziff. 2. a) Bon der entsprechenden Vorschrift in § 399 Ziff. 2 StPO, unterscheidet sich die hier gegebene wesentlich dadurch, daß abweichend von der StPO, hier auch eine wissentlich

Wiederaufnahme.

$ 436.

925

falsche .««eidliche" Aussage eines Zeugen oder Sach­ verständigen |itt Wiederaufnahme des Verfahrens führen sann. Diese Bestimmung war im Entwurf nicht enthalten, sie wurde auf Anregung der Kommission vom Reichstag in der 3. Lesung ein­ gefügt. Bgl- KomBer. S. 130; Sten. Berh. deö Reichst. S. 1633 C, 2181 D. b) Der Ausdruck .Sachverständiger" umfaßt hier auch den Dolmetscher. Löwe § 399 Anm. 12. Für die Frage, ob eine „vorsätzliche oder fahrlässige Ver­ letzung der Eidespflicht" vorliegt, sind die Bestimmungen in §§ 154 ff. «StGB. maßgebend. o) Auch bei der wissentlich falschen uneidlichen Aussage handelt e- sich um Aussagen von Zeugen oder Sachverständigen. Wissentlich falsche Aussagen von Mitangeklagten kommen hier nicht in Betracht. RMG. 11 177. Bgl. aber unten d letzter Absatz. Rur die wissentlich falsche uneidliche Aussage eines Zeugen oder Sachverständigen kommt als Wiederaufnahmegrund nach Ziff. 2 in Betracht, nicht auch die aus Fahrlässigkeit falsch ab­ gegebene uneidliche Aussage. Bgl. hierzu aber unten d letzter Absatz. d) DaS Vorliegen einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Ver­ letzung der Eidespflicht oder einer wissentlich falschen uneidlichen Aussage muß ausdrücklich behauptet, RMG. 4 253, 8 304, und erwiesen werden, RMG. 6 144 (der Zeuge oder Sachverständige muß sich einer vorsätzlickien oder fahrlä sigen Verletzung der Eides­ pflicht oder einer wissentlich falschen uneidlichen Aussage „schuldig gemacht haben"). Außerdem ist zu beachten, daß nach § 440 der An­ trag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, sofern er auf die Be­ hauptung einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht gegründet werden sott, nur dann zulässig ist, wenn wegen der behaupteten strafbaren Handlung eine rechts­ kräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweisen nicht erfolgen kann (s. § 440).



^Bie belauf nähme.

$ 436.

Wird der Antrag gegründet auf die Behauptung, dag ein Zeuge oder Sachverständiger sich zuungunsten des Verurteilten einer wissentlich falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht habe, so kommt die Vorschrift des § 440 nicht zur Anwendung. übrigens kann die Behauptung des BorliegenS einer falschen eidlichen Aussage eines Zeugen oder Sachverständigen, auch wenn die Voraussetzung des § 440 nicht zutrifft, doch unter Umständen als Beibringung einer „neuen Tatsache" einen Grund zur Wieder aufnähme des Verfahrens nach Ziff. 3 bilden. Dasselbe gilt von der fahrlässig falschen uneidlichen Aussage eines Zeugen oder Sachverständigen und von der Behauptung der falschen Aussage eines Mitangeklagten. RMG. 11 111. o) Immer ist in Fällen der Ziff. 2 wie in den Fällen der Ziff. 1, wenn der Antrag auf Wiederaufnahme begründet sein soll, erforderlich, daß die falsche Aussage des Zeugen ober Sachver ständigen zum Nachteile des Verurteilten auf die Entscheidung Ein fl uh gehabt hat, $ 446 Abs. 2. S- auch Anm. 9 h. 11. Zu Ziff. 3. a) Die Vorschrift gibt die Ziff. 3 des $ 399 StPO, mit den für das Militärstrafverfahren notwendigen Ände­

rungen wieder. b) Bezüglich der strafbaren „Verletzung der Amtspflichten" des Richters fommen in erster Viitie die SS 33 1, 336 RStGB in Betracht. 8 440 findet auch hier Anwendung, dagegen 5 446 Abs. 2 nicht (nur bezüglich Ziff. 1 u. 2). 12. Zu Ziff. 4. Unter dem „zivilgerichtlichen Urteil" ist ein in einem bürgerlichen Rechtsstreit ergangenes Urteil zu verstehen. Begr. S- 173. Im übrigen vgl. hierzu noch 8 316. 13. Zu Ziff. 5. a) Die Bestimmung ist der Ziff. 3 des 8 399 StPO, nachgebildet, enthält aber zwei wesentliche Ab­ weichungen von dieser. Während nämlich zunächst Ziff. 3 des § 399 StPO, die Wiederaufnahme zuläßt: „wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, welche allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die

Wiederaufnahme.

§ 4M.

927

Freisprechung bc$ Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung zu begründen geeignet sind-, findet nach der Militärstrafgerichtsordnung die Wiederauf­ nahme nur dann statt, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, aus denen sich die Unschuld deS Berutteilten, sei es bezüglich der ihm zur Last gelegten Tat überhaupt, sei es bezüg­ lich eine- die Anwendung eines härteren Strafgesetzes begründenden Umstande- ergibt. Begr. S. 175. Die zweite Abweichung von der StPO, besteht in der Hinzufügung der Motte: „oder doch dar­ getan wird, daß ein begründeter Verdacht gegen den Ange­ klagten nicht mehr vorliegt-. Im Entwurf war dieser Zusatz übttgens nicht enthalten, er wurde von der Kommission nach dem vorbilde eine- Beschlusse- zu z 1 des Gesetzes, betr. die Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen v. 20. 5. 98 hinzugefügt. KomBer. S. 132. b) Der Wiederaufnahmegrund aus Ziff. 5 erfordett zunächst die Beibringung „neuer Tatsachen oder Beweismittel-. , Unverträglichkeit der sofortigen Vollstreckung mit der Einrichtung der Strafanstalt, lediglich deslialb nicht aufge­ nommen ist, weil seine Bestimmung bei militänscheu Strafanstalten sich von selbst verstellt. Begr. 3- 177. 2. Im Falle des § 155 ist der Aufschub der Vollstreckung notwendig und, ob ne daß es eines Antrages des Verurteilten bedarf, vom Gerichtsberru von Amts wegen zu verfügen. Der Verurteilte hat hier ein Recht auf Aufschub der Vollstreckung. Anders im Falle des § 456. 3. Im Falle des Abs. 2 (bei anderen Krankheiten) besteht

Strafvollstreckung,

j 455.

969

ein Anspruch des Verurteilten aus Aufschub der Vollstreckung nur dann, wenn „von" der Vollstreckung, d. h. durch sie eine „nahe" d. h. dringende Gefahr für das Leben des Verurteilten zu besorgen ist. 4. Auf einen bestimmten Zeitraum ist int Falle des § 455 der Aufschub nicht beschränkt. Tie Dauer ist vielmehr von der Dauer des der Strafvollstreckung entgegenstehenden Hinder­ nisses abhängig. Daher ist auch mehrmaliger Aufschub zulässig. Löwe, § 487 Anm. 5. 5. a) Darüber, ob der Aufschub auf Grund des § 455 not­ wendig ist, entscheidet der Gerichts Herr nach pflichtmätzigem Ermessen. Die Entscheidung bedarf der Mitzeichnung nach § 97. Werden gegen die Ablehnung eines Antrages auf Aufschub der Strafvollstreckung Einwendungen erhoben, so entscheidet das Gericht, welches erkannt hat, § 464 Abs. 2. 6. § 455 bezieht sich nur auf Freiheitsstrafen; Voll­ streckung einer Vermögens strafe wird durch Geisteskrankheit usw. des Verurteilten nicht ausgeschlossen. 7. über die Unterbrechung einer bereits begonnenen Strafvollstreckung enthält die MStGO. (wie auch die StPO-, s. Löwe § 487 Anm. 1) keine allgemeinen Vorschriften. Bei Geistes­ krankheit und anderen Krankheiten wird man auch für die Unter­ brechung der Vollstreckung den in § 455 aufgestellten Grundsatz zur Anwendung bringen. Vgl. Beling, Lehrb. 619, MStBV§ 23. Vorherige Untersuchung des Verurteilten in einer Irrenanstalt ist zulässig. RMG. 10 43. Vgl. Weigel, Zust. S. 285—289. Im übrigen vgl. wegen Unterbrechung der Vollstreckung § 443 Abs. 3, § 464 Abs. 3. 8. „Beurlaubnng" unter ganz besonders dringenden Um­ ständen ist in § 16 MStBV. vorgesehen, über Nichtanrechnung der Zeit des Urlaubs s. § 460 Anm. 7. 9. über „vorläufige Entlassung" eines Verurteilten s. MStBV. § 22, RStGB. §§ 23—26 und die gemeinschaftliche Vers. d. Preutz. Min. d. Inn. und des Justizmin. v. 21. 1. 71, ab­ gedruckt MStBV. S. 211—221; Weigel, Zust. S. 273—278.

970

Strafvollstrekkung.

$ 456.

Strafairsichrr- wegen erheblicher «achteile. § 456. Mus Antrag eines Verurteilten, welcher nicht zu den Militärpersonen des aktiven Heeres oder der aktiven Marine gehört, kann die Vollstreckung aufgeschoben werden, sofern durch die sofortige Vollstreckung dem Verurteilten oder der Familie desselben erhebliche, austerhalb des Strafzwecks liegende Nach' teile erwachsen. Der Strafaufschub darf den Zeitraum von vier Monaten nicht übersteigen. Die Bewilligung desselben kann an eine Sicherheitsleistung oder andere Bedingungen geknüpft werden. 1. Die dein § 488 StPO. entsprechende Bestimmung wurde in der Kommission eingefügt. KomBer. L. 133. 2. Im Halle des $ 456 bestellt kein Anspruch des Per urteilten auf Strafaufschub (anders im Halle des $ 455; s. dort Mn nt. 2). Die Vollstreckung kann vielmehr aus Billigkeit-rücksichten aufgeschoben werden. Ob dieses geschehen soll, unter­ liegt lediglich dem Ermessen des Gerichtsherrn, $ 451. Gegen die Ablehnung eines Antrages auf Aufschub der Voll­ streckung kann nach $ 464 Abs. 2 die Entscheidung deS Gerichts, welches erkannt bat, eingeholt werden. 3. Ter zu stellen. mäßig ein Vgl. Löwe

„Antrag" ist, wie das Gesetz sagt, vom Verurteilten Bei Anbringutig durch Angehörige usw. tuirb regel Auftrag des Verurteilten unterstellt werden können. £ 488 Anm. 3.

4. Im Wege der Gnade kann auch, ohne daß die Voraus setzungen des Abs. 1 vorliegen, und auch über den in Abs. 2 bestimmten Zeitraum hinaus Strafaufschub gewährt werden. über Strafaufschub infolge eines Begnadigungsgesuches s. MStBB. $ 1 Ziff. 3. über Strafaufschub int Interesse des militärischen Dienstes s. § 457. 5. Bestimmungen über etwaigen Verfall der Sicherheits

Strafvollstreckung.

§ 157.

971

Leistung enthält die MStGO. nicht. Bertragsmäßige ausdrück­ liche Regelung bei Bestellung der Sicherheit ist zu empfehlen. 6. (Ls liegt nicht im Sinne des Gesetzes, aktiven Militärpersonen durch Aussetzung der Bestätigung die gleiche Ver­ günstigung, wie sie in § 456 für die nicht zu den Militärpersonen des aktiven Heeres oder der aktiven Marine gehörenden Ver­ urteilten vorgesehen ist, zuteil werden zu lassen. Unmöglich wäre dies aber nicht. Vgl. Herz-Ernst § 457 Anm. 3.

Strafaufschub im bieuftUcheu Interesse. § 457 Die Vollstreckung von Arreststrafen kann im Inter­ esse des Dienstes auf Anordnung des kommandierenden Generate (Admirals) aufgeschoben werden.

Eniw. § 440. Schrifttum: Handw. : v. Bippen, Aufschub der Strafvollstreckung: Klee, Bedingte Begnadigung, in Stengels Wärt.; Sternberg, Die bedingte Entlassung, 1910; Angerer, Bedingte Begnadigung und Militärstrafverfahren, Arch. 3 201; Herrnstadt, Das Institut der bedingten Begnadigung, 1911, bespr. Arch. 3 156, 3. Aufl., bespr. Arch. 3 309; Elsner v. Gronow, Otto Meyer, Bedingte Begnadigung und Militärstrafverfahren, Arch. 3 401; Bergmayer, Bedingte Be­ strafung und Militärstrafverfahren, Arch. 3 356; Handw.: Dietz, Bedingte Begnadigung und Militärstrafrechtspflege: Handw.: v. Bippen, Entlassung, vorläufige; Bergmayer, Eine militärjuristische Seltsamkeit, Arch. 4 121; Dietz, Unterbrechung der Ver­ büßung einer gerichtlichen oder Disziplinarstrafe, Arch. 4 459; Wolffhügel, Kann der Vollzug der Vers. in die 2. Klasse ausgesetzt werden? DStrrZ. 3 224. 1. «) Die Vorschrift beruht auf den besonderen Verhältnissen des militärischen Dienstes und wird namentlich Anwendung finden, wenn die Truppenteile ihre Garnison verlassen haben oder toemi der Verurteilte in einem Stadium der militärischen Ausbildung be­ griffen ist, welches eine Unterbrechung unerwüncht erscheinen läßt. Begr. S. 177.

972

Strafvollstreckung.

§ 457.

b) Das Recht des zum Vollzüge der Strafe, insbesondere der Arreststrafe berufenen Truppenteils, zur Bestimmung des Zeit­ punkts b:d Strafantritts bleibt unberührt. Es kann also in engbegrenztem Umfange den militärischen Anforderungen immerhin Rechnung getragen werden. 2. Das hier den kommandierenden Generalen (Admiralen) verliehene Recht bezieht sich nur auf die Aufschiebung der Bellstreckung von erkannten Arreststrafen. Handelt es sich um die Aussetzung anderer rechtskräftig erkannter Strafen, so ist im Dienstwege die Allerhöchste Entscheidung einzuholen. 3. Uber Aussetzung, Unterbrechung der Vollstreckung, Straf­ erlaß während des Krieges s. §§ 128, 129 MStBV.. §§ 15—17 KV- I.

Straferlaß s. oben §§ 418, 422. Strafaussetzung und Strafunterbrechung während des Krieges, n) Bereits nach der ursprünglichen Fassung deS § 129 Ziff. 2 MStVV- konnte im Felde der Gerichtsherr den Straf­ antritt aus dienstlichen Rücksichten aussehen. Beim Besatzungs­ heer sollten nach § 128 MStVO. int ganzen die für das FriedensVerhältnis gegebenen Vorschriften gültig bleiben, soweit es nach Lage der Verhältnisse möglich sei. Hiernach erklärte schon Pr. KrMin. v. 5. 1. 15, AVBl. S. 5 den Grundsatz der Strafaus­ setzung aus dienstlichen Gründeit als auch im Besatzungsheer an­ wendbar. Dieser Grundsatz ist weiter ausgebaut. I. Besahnngsbeer. Pr. AKL. v. 8. 4. 15, AVBl. S. IGO, § 128 Ziff. 1» MStVV.Während des Krieges kann der Gerichtsherr, dem die Ver­ anlassung der Strafvollstreckung obliegt, aus dienstlichen Gründet, den Strafantritt aussehen, sowie die Vollstreckung einer bereits angetretenen Strafe tviderruflich unterbrechen. In dringenden Fällen steht die Befugnis zur widerruflichen Strafunterbrechung auch dem Gouverneur t,sw. zu: er hat von seiner Anordnung den Gerichtsherrn zu benachrichtigen. Die Strafunterbrechung kann wegen schlechter Führung des Bestraften oder wegen Fortfalls der dienstlichen Gründe vom

Strafvollstreckung.

§ 457.

973

Gerichtsherrn widerrufen werden, in dringlichen Fällen auch von einem mit der Disziplinargewalt eines Regimentskomman­ deurs versehenen Vorgesetzten; dieser hat den Gerichtsherrn zu benachrichtigen. Eine wiederholte Strafunterbrechung ist nicht statthaft. Die Aussetzung, sowie die Unterbrechung der Strafvoll­ streckung endet mit der Entlassung aus dem aktiven Dienst, sowie mit der Demobilmachung, sofern nicht von einer Kommando­ behörde oder dem Bestraften ein Begnadigungsgesuch eingereicht wird (§ 1 Ziff. 3c). § 128 Ziff. 2 MStBB.: Ist eine Festung vom Feinde eingeschlossen oder belagert, so kann der Gouverneur usw. Militärgefangene, die nach ihrer Führung dazu geeignet sind, in Truppenteile der Besatzung einstellen. Auch ist der Gouverneur eines vom Feinde bedrohten festen Platzes ermächtigt, Freiheit-- und Ehrenstrafen ganz oder teil­ weise zu erlassen, wenn triftige Gründe dafür sprechen. II. Feldheer. 8 129 MStBB. mit Zusatz durch Pr. AKO. v. 8. 4. 15, Pr. Kr.Min v. 13. 4. 15, ABBl. S. 161; Ziff. 2. Der Strafantritt kann von dem Gerichtsherrn, beut die Veranlassung der Strafvollstreckung obliegt, aus dienstlichen Gründen ausgesetzt werden. Hinsichtlich der Strafunterbrechung und deren Widerruf findet § 128 Ziff. la mit der Maßgabe Anwendung, daß in dringenden Fällen auch einem mit der Disziplinarstrafgewalt eines Regimentskommandeurs versehenen Vorgesetzten die Befugnis zur Unterbrechung der Strafvoll­ streckung zusteht. III. Gemeinsame Bestimmungen. Pr. KrMin. v. 12. 11. 15, ABBl. S. 523: Bor Anordnung einer Strafunterbrechung hat der hierzu berechtigte Gerichtsherr außer in dringenden Fällen das Regi­ ment oder den höheren Befehlshaber über die von ihm be-

) Mannschaften, die nach der Reiscordnung fniint Anspruch auf Reisegebührnisse haben, sind marschmäßig zu befördern: sie erhalten Berpflegungsgebührnisse nach der FriedensVerpflegungsvorschrift oder nach den für einzelne MannschaftSgattungen (wie Militärgefangene der Festungsgefäng­ nisse usw.) gegebenen Sonderdienstvorschriften. e) Bon den Mannschaften des Beurlaubtenstandes, die als An­ geschuldigte vor ein Militärgericht geladen werden, find: 1. ehemalige Unteroffiziere mit Portepeeunteroffizierlähnung wie die im aktiven Dienst befindlichen Unteroffiziere mit Portepeeunteroffizierlähnung gemäß § 56,1 Reiseordnung: 2. alle übrigen Mannschaften bei marschmäßiger Beförderung zur Militärgerichtsstelle mit Berpflegungsgebührnissen nach der Friedens-BerpslegungSvorschrift abzufinden. I) Mannschaften, die aus jedem Militärverhältnis ausgeschieden sind und als Angeschuldigte vor ein Militärgericht geladen werden, erhalten bei Reisen ein tägliches Zehrgeld in Höbe des halben eintägigen Jnlandstagegeldes nach den 3ätzeu ihres letzten Dienstgrades usw Außerdem werden die not

1004

Kosten des Verfahrens.

§ 469.

wendigen Beförderungskosten — bei (Lifenbahnfahrten da, Fahrgeld 111. Klaffe — vergütet. c) Wegen der Gebühren der Zeugen und sachverständigen, die nicht zu den aktiven Militärpersonen gehören, f. §§ 205, 20h

f)

g)

h)

i)

k)

Mannschaften des Bcurlaublenstandes, die während des Urlaubsverhältnisses zur Vernehmung als Zeugen oder Sach­ verständige vor ein Militärgericht geladen werden, erhalten danach ebenso wie Offiziere des Beurlaubteustandes (s. § 58,7 Abs. 2 der Reiseordnung) und Offiziere z. T- und a. D(f. § 60 der Reiseordnung) nur die den Zivilpersonen zustellen den Gebühren. Auf Landgeudarmen, einschliestlich der interimistischen, findet § 14 Abs. 3 der Gebührenordnung für Zeugen usw. vom 30. 6. 1878 — RGBl. S- 173 — in der Fassung vom 20. .'». 1898 — RGBl. 3. 689 — Anwendung. Dienstreisen innerhalb ihres Geschäftsbezirks haben sie jedoch aus der Dieustaufwandsenlschädigung 511 bestreiten (K. M. vom 26. 5. 09, Nr. 322/5. 09, C. 3). Offiziere usw., die infolge gerichtsscitigcr Anordnung An­ geschuldigte in Heilanstalten usw. begleiten, haben Anspruch auf die verordnungsmastigen R^isegebührnisse. § 36,11 Abs. 3 der Reiseordnung findet in diesen Fällen keine Anwendung. Mannschaften erhalten als Dolmetscher für Dienstleistungen bei militärgerichtlichen Verhandlungen ohne Unterschied des Dienstgrades für jede angefangene halbe Stunde 25 Pf. Mannschaften, die als Angeschuldigte vor ein Zivilgericht gestellt werden, werden unter Verabfolgung von Militärfahrkarten marschmästig befördert und abgefunden. Für Unter­ offiziere mit Portepeeunteroffizierlöhnung gilt die Be­ stimmung des § 56,1 der Reiseordnung (vgl. Ziff. 3g). Militärpersonen, die in Untersuchungssachen bei Zivilgerichten als Zeugen oder Sachverständige geladen sind, werden nicht

Kosten de- Verfahrens.

2a)

b)

c)

3b)

§ 4(>H.

ojsiziers über eines richterlichen Militärjustizbeamten über Za\\ und Stunde der Entlassung aus der Militärgerichtsverhand lung mitzuteilen. h) Die Gebühren der Zeugen und Sachverständigen find mög­ lichst sofort bei der Entlassung und an der Gerichtsstelle zu zahlen aus Wrttttb vorbereiteter Berechnungen, die int Er inittlungsverfahrett durch den Untersuchungsführer, ttt der Hauptverhandlung durch den Gerichtsossizier oder durch beu die Verhandlung führenden richterlichen Militärjuftizbeatnten festgestellt werden. (Vgl. K. M. vom 2f>. r>. 03, Nr. r>oi. (». 03, C. 3.) Die Zahlung der Gebühren erfolgt bei den Gerichten der höheren Gerichtsbarkeit durch einen Militärgerichtsschreiber, bei den Gerichtet: der niederen Gerichtsbarkeit durch den Ge richtsoffizier, denen zu diesem Zweck Vorschüsse überwiesen sitid. Die Vorschüsse werdet: durch die von dem Gerichtsherrn bestimmte Kassenverwaltnng verrechnet und im Bedarfsfall ans Antrag des Gerichts ergänzt oder erhöht. Der Aufsichtsbehörde siitd die Vorschüsse ans Verlattgen bar oder in Belegen nachzuweisen. ' Tie Zahlung vot: angemessettett Vorschüssen auf die Zeugengebühren an Bedürftige ist aus begrüttdeten Antrag zulässig (portofreie Postsendung, nötigenfalls telegraphisch, bei Personen von zweifelhafter Zuverlässigkeit durch Vermitt lung der örtlichen Polizeibehörde). «°) Die sonstigen Kostet: in militärgerichtlichet: Untersuchungs fachen werden, wie zu b festgestellt, durch die vom GerichtsHerrn bestimmte Kassenverwaltung gezahlt und bei der zu­ ständigen Intendantur zur Erstattung attgefordert. Hierunter fallen alle Kosten, die sich als Ausgaben in: uttmittelbnren Zusatumenhange mit der Tätigkeit der Militärgerichte selbst darstellen, wie das unvernteidliche Porto, die Kosten für Fern­ gespräche, Telegramme usw., die Bekanntmachungskosten, die an ausländische Behörden zu erstattenden Kosten, die Gebühret: der bestellten Verteidiger, die Koste::, die bei ^ivilgerichten

frosten des Verfahrens.

1UU7

§ 409.

durch die Verwahrung, Beförderung, Beköstigung, Bekleidung, Reinigung, Heilung und Beerdigung der Gefangenen und durch Heizung und Erleuchtung der Gefängnisse entstehen, die drtrch Überweisung eines Beschuldigten an eine öffentliche Irrenanstalt — § 217 MLtGO. — erwachsenden Ausgaben der Überführung und Zurückführung sowie die gesamten an die Irrenanstalt zu zahlenden Kosten usw. (l) Die Intendanturen sind verpflichtet, die angeforderten Be­ träge einer Nachprüfung zu unterziehen und die Absetzung oder

Wiedereinziehung der nicht als richtig

anerkannten

Beträge anzuordnen. :>. Empfangsbescheinigung bei Zu stellung 141. Entbindung vom Erscheinen 28», 289: vom Gutachten 212. Entfernung des Angetlagten 166, 301, 392: Sitzungspolizei 290: vernommener Zeugen 298: große Entfernung 165, 262, 270, 280. Enthauptung 454. Enthebung vom Dienste 17 l. Entlassung wegen zu erwarten der Strafen 7, 451: allge­ meine 10, 175, 259; vorläufige 455. Entschädigung im Wiederauf­ nahmeverfahren 465 fg.; für erlittene Untersuchungshaft 465 fg. Entscheidungen 136. Ermittlungen außerhalb des Er mittlungsverfabrens, Verfah­ ren, Vorbem. 4.

($te Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

1079

Ermittlungsverfahren 151. schlagnahme 239; Anklage 255; Verteidigung 348. örlffmi»! 187; des HauptverfachrenS 7; de- Haftbefehls 178; Fesselung Verhafteter 178. der Urteil-gründe 327. Kesthaltung des Beschuldigten Erschieße«, Vollstreckung der 172; des Angeklagten 277, 279. Todesstrafe 453.

Festnahme, vorläufige 180; durch

Ersetz»«- richterlicher Beamter das Gericht 277, 291; durch 98. Vorgesetzte 180. Erstattung der Auslagen 470, Festsetzung von Verteidigungs471. gebühren 17 EG.; einer Ord­ Ers»che« um Rechtshilfe ll, 12, nungsstrafe 19 EG.; von 13 ES.; um Aburteilung 262; Zeugengebühren 469. um Msziplinarbestrafung 202; Feststellung von Prozeßtatsachen um Ordnungsstrafen 186, 203. 305, 410. EventnalteweiSantrSge 298. Ggterritgriale Zustellungen 144; Festung, Gerichtsbarkeit 19, 20, 26, 30, 5 ES. Freiheit von Beschlagnahmen und Durchsuchungen 231. Kinanzgesetze 2. Kischereigesetze 2. Fluchtverdacht 176. KgchdetzSrde, Gutachten 218, Förmlichkeiten de- Protokoll­ 810. ier inSbef. de- Sitzung-protokollS 333, 335. F«sch»»g von Münzen 219; von ttihmben als Wtederauf- Folgepslicht 93, 105. nahrnegrund 436, 438. Form der Prozeßhandlungen, Fahneneid l. Verfahren, Vordem. 3; Straf­ Fah»e«sl«cht 1, 183, 360, 807, anträge 151. 469, 24 ES. Fortsetzung der HauptverhandFass»«- der Fragen bei Nrteilslung 276, 390. beratung 320. Fragen 216, 293, 390. Fehlende Unterschriften, Nach­ Freiheitsstrafen, Vollzug 455 fg.;

F

holung 331.

Übergang auf die bürgerlichen

Feiertage 146. Behörden 15 EG. Feld, Begriff 5 EG.; Zuständig­ Freimachung de- Revision-weges keit 16, 21, 31, 47, 63: Richter­ durch Antragstellung 269, 403. berufung 44; Gerichte 48, 64; Freisprechung 314, 326. Ersetzung der richterlichen Be­ Gerichtsbarteit amten 98, der Gerichtsschrei­ Freiwillige 20 EG. ber 109; Ermittlungsverfahren 170; Leichenöffnung 224; Be­ Fremde Sprachen llti, 11b.

1080

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

FriedenSstand, Militärpersonen deS — 1. Frische Tat 180, 236. Fristen, Berechnung 146; Wie­ dereinsetzung 147. Führung der Verhandlung bet den Kriegsgerichten 61, 292; Obertriegsgerichten 69, 292, 390; Standgerichten 292; Se­ naten des RMG. 83; dem Plenum des RMG. 66. Führungszeugnisse, Verlesung 310. Fuhrkosten des Verteidigers 347, 17 EG.

G Garnisondienst, strafbare Hand­ lungen im — 26; Lazarett 29. Garnisondienstvorschrist 180. Gebrechlichkeit 270. Gebühren der Zeugen 205: Sach­ verständigen 208: Dolmetscher 116; Hinterlegung 269; der Verteidiger 247, 469, 17 EG.; Vorschuß 469. Gedächtnisunterstützung 307, 392. Gefährdung der Disziplin 283. Gefahr im Verzüge 173; Vor­ führung des Besch. 172; vor­ läufige Festnahme 180; Durch­ suchung 236, 238; Termins­ nachricht 271. Gefährdung der Disziplin, null* tärdienstl. Interessen, öffentl. Ordnung, Sittlichkeit, Staats­ sicherheit 283, 341. Gefängnis 125, 177, 178, 236. Gefolge des Heeres 1.

Gegenbeweis 335, 368. Gegenerklärung auf die Rechtfertigung der Berufung 384; der Revision 407. Gegenstand des Urteils 317, 397. Gegenüberstellung 192. GehaltSverhältnisse der Militär­ justizbeamten 112; —abzüge 174. Geheimhaltung 286, 390, 409, 18 EG. Gehör 97, Vers. Sortiern. 2, 273, 377, 443, 444. Geisteskrankheit, Handlungs­ fähigkeit, Sers. Sortiern. 3, 272, 314, 385, 407; Beob­ achtung in Irrenanstalt 217; Verlesung früherer Aussagen 305; Wiederaufnahme 447; Strafvollstreckung 452, 455. Geistliche, Zeugnisverweigerung 188. Geldstrafe, Umwandlung 2, 463: Aufhebung der Untersuchungs­ haft 179; Vollstreckung 462. Gelöbnis des Gerichtsschreitiers 210.

Gemeindebehörden 303. Gemeinschaftlichkeit d. Beweis­ mittel 298; der Verteidigung 340. Gendarmen 1, 11, 37, 68: nicht Hilfstieamte der Staatsanwalt­ schaft 239; Gerichtsbarkeit 2 EG.; Offiziere als Richter 38; Kosten 469. Genehmigung des Protokolls 133, 164; einer Verteidigung 341. Generalandttoriat 25 EG.

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.) Gerichte, bürgerliche 14 6®.; er­ kennende 18. GerichtSarzt 224. Gerichtsassessoren 66, 98. Gerichtsbarkeit 12. GerichtSherr 13. GerichtSoffiziere 13, 99, 130, 139, 153, 362. GerichtSperfonen, Ausschlietzung und Ablehnung s. bort. GerichtSschreiber 108. Gerichtssprache 115. Gesamtstrafe 47, 51, 52, 394, 415, 461, 15 EG; Ehrenstrafen 320. GeschLstsjahr 41, 43, 53, 68, 88; ist das Kalenderjahr 22 EG. Geschäftsordnung deS RMG. 92. Geschäftsräume, Durchsuchung 236. GeschSstSverteilnng 13. Gesetz 399. Gesetzgebende Versammlung 207. Geständnis, Verfahren Vordem. 2; erspart nicht Ermittlungsver­ fahren 173; Verlesung 308; all Wiederaufnahmegrund 438. Gestellung 171, 185, 416, 445, 451. Glanbhaftmachung des Ableh­ nungsgrundes 126: des Wie­ dereinsetzungsgrundes 148: des Zeugnisverweigerungsgrundes 191, 210. Glaubwürdigkeit, Gegenstand deS Zeugenbeweises 221. Gnadenangelegenheiten 418, 422.

1081

Gültigkeit von Pro-eßhandlungen, Vers. Vordem. 3. Gütrrpslege 361. Gutachten de- RMG. 71; Sach­ verständiger 209; öffentlicher Behörden und militärischer Vorgesetzter 310; der Militäranwaltschaft 424.

tz Haftbefehl 175; bei Übergabe 4; des bürgert. Gerichts 3, 4, 9; gegen Einberufene 9; im Wiederaufnahmeverfahren 445. Hamburg • Altona, Rechtshilfe 160. Handlungen, strafbare, der Mili­ tärpersonen 1; gegen die all­ gemeine Sicherheit 26; im Garnisondienst 26; Anzeigen 151; gegen Kaiser und Reich 158, 252; in der Hauptver­ handlung 291, 390, 409. Handlungsfähigkeit, Berf. Vor­ dem. 3, 246, 272, 278, 297, 314, 385, 407, 437, 447. Härtere Strafe, Verbot der h. Str. 396, 415, 448. Hauptverfahren, Eröffnung 7. Hauptverhandlung, Notwendig­ keit 260; Vorbereitung 261; Stattfinden 273: beteiligte Personen 273: Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Sachleitung 282; Grundlegung 294; Be­ weisaufnahme, Schlußvorträge 298, 312; Urteil und Proto­ koll 340; — zweiter Instanz 386; dritter Instanz 407. Haussuchung s. Durchsuchung.

1082

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

Hebamme 209. HeereSgefolge l. Hehler, Überweisung 4? Verbin­ dung 34; teilte Beeidigung 199? Beschlagnahme 232; Durchsuchung 235, 312: Nrteilsaufhebung 414. Helgoland 22. Herausforderung zum Zwei­ kampf 5, ll. Herbeischaffung von Beweis­ mitteln 265, 293, 388. Hilfsbeamte der Staatsanwaltschast 153, 239. HilfSgerichtsschreiber lio. Hinterlegung, zur Vermeidung der Hast 175; von Kosten einer Beweisaufnahme 222, 248, 269. Hochverrat 156, 252. Höhere Gerichtsbarkeit i:r, 17. 20.

S Jagdgesetze 2. Jdealtonkurrenz s. Tateinheit. Hem, no bis in — 157, 314, 353, 394. Identität der Tat 318. Immobiler Verband 421, 433, 5 EG. Informatorische Vernehmun­ gen 185. Ingenieure des Loldatenstandes, Gerichtsstand 1: Beisitzer im Standgericht 44; Zusammen­ setzung des Kriegsgerichts über — 55: des Obertriegsgerichts 69. Ingolstadt, große Festung 21.

Inhalt des Urteils, Revision 403. Inkrafttreten dienstlicher Ver sügungen 10, 259, 266. Instruktionsprinzip, Vers. Vor­ dem. 2. Intendantur, als Vollstreckungsbehörde 462. Invaliden l. Irrenanstalt, Beobachtung 217, 298. Irrtum in der Bezeichnung eines Rechtsnrittels 370, 441; in­ folge falscher Belehrung, Vers. Vorbem. 3: über den Gegen­ stand einer Erllärung 369, 371; int Beweggründe 369, 371. Judlrata res 216, 314, 391. Jugendliche Personen, Richtbeeidignng 199; Zutritt 288. Juristische Mitglieder des RMG. 86, 87: Beamte 93. Juri frische Rebengeschäste 21 EG.

$ Kadetten i. Kaiser, Berufung dev Gerichts 18, 261; Verordnung neuer Lberkriegögerichte 65, 7 EG.; Bestimmung des Gerichtsberrn 21, 34, 37: Rechte hinsichtlich des RMG. 72, 74, 79, 80, 92, 307; Ernennung der richten lichen Beamten der Marine 93: Vernehmung des Reichskanz­ lers 207; Bestätigung 418,422. Kaifer-MlhelmS-Akademie, Ge­ richtsstand 1; Gutachten 218. Kalenderjahr s. Geschäftsjahr. Kartellträger 5.

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

1083

Klageänderung 318. Krankheit im Fall der Voll­ streckung 455, 460; Geistes­ Klageerweiterung 319. krankheit 452, 455. Körperliche Untersuchung, Dul­ Kreisärzte 209. dungspflicht 187, 222. Körperverletzung, wechselseitige Kriegsgefangene 1, 57, 69, 457, 3 EG. 4; gegen früheren Vorgesetzten 11. Kriegsgerichte 18, 49, 62. Kommandant einer Festung 19, Kriegsgerichtsräte 13, 49, 93. 22, 26, 30; insbes. von Berlin Kriegsminister 111. 26, 160. Kommandierender General 20, Kriegszeiten 3 EG. Kriegszustand 2 EG.; Zustän­ 31. digkeit 20, 27; —schauplatz 5. Kommandierrolle 53. Kommandogewalt, Vers. Vor- Kritik 11, 326. bem. 2. L Kommissarische Vernehmung Ladung 172, 267, 185, 208, 265, 165, 270, 298. 269. Kompetenzkonflikt 14 EG. Konstatierung von Tatsachen 303. Landesherr 189, 206, 207, 208, 4 EG. Kontingentsherr, Bestimmung der Gerichtsherren 21, 34, 261; Landesverrat 158, 252. neuer Oberkriegsgerichte 65, Landgendarmen s. Gendarmen. 7 EG-; Vorschlag wegen der Landsturm 9. Mitglieder des RMG. 79; Landwehrbezirk 19. Ernennung der richterlichen Beamten 93; Vernehmung Laus des Verfahrens 4, 97. von komm. Generälen 207; Legalitätsprinzip Vers. Vordem. Bestätigung 418, 422; Zu­ 2, 156, 250, 3 EG. ständigkeit 4 EG. Legitimation des Verteidigers Kontrollversammlungen 1. 385. Kontumazialverfahren 356, 24 Leiche, Auffindung 154, 155; Ausgrabung 225; Leichenschau EG. 223; Leichenöffnung 224. Konventionen, Ausübung Vor­ dem. 2, 418, 422. Leitung der Verhandlungen 61, 83, 292, 390; der Beratung Kosten, 463; bürgerlicher Behör­ 320, 394. den 469, 12 EG.; durch Aus­ bleiben usw. eines * Zeugen Lesensunkundige 140. 186, 208; eines Sachverstän­ Letztes Wort 312, 393, 409. digen 213; der Verteidigung 347, 17 EG.; für Reise zum Leugnen oder Lügen 326. Leumundszeugnisse 310. RMG. 408.

1084

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

M Mängel der Urteilsgründe 326, 399, 400; deS Protokolls 335, 410. Mannschaften, Begriff 1, 8. Marine, Gerichtsherrn 20, 31, 34, 37: Kriegsgerichte 54; richterliche Beamte 93; Justiz­ verwaltung 111; Verfolgung Fahnenflüchtiger 183, 360; Bestatigungsorder 418, 422; Ablösung von Bord 434: vgl. auch Bord. Marineingenieure 1. Materielle Wahrheitserforschnng 298. Matrosendivision 19. Mecklenburg -Schwerin, Militär­ departement 111. Mecklenburg »Strelitz, Militär­ kollegium 111. Mehrere Anklagevertreter usw. 274: — Gerichtsherren 31; — Oberkriegsgerichte 65, 68. Meineid als Wiederaufnahme­ grund 436, 437, 438. Meinungsverschiedenheiten -wi­ schen Gerichten 14 EG.; zwi­ schen Gerichtsherren 24, 36: Gerichtsherrn und Berater 97, 102; Gerichtsherrn und Diszi­ plinarvorgesetzten 157, 251; bei der Urieilsberatung 320; bet der Protokollabfassung 163, 333. Menoniten 198. Mildernde Umstände 320, 326. Milderung des Urteils 418, 422. Militäranwaltschast 85, 92,103, 124, 409, 424, 443.

Militärarzt 224. Militärbeamte 1, 14, 141, 151; als Verteidiger 341; als An­ genagte 55. Militärbehörde, Begriff ll; Todesfälle 154; vorläufige Festnahme 181; Steckbriefe 183; Zuziehung bei Beschlag­ nahmen und Durchsuchungen 239: Vollstreckung der Todes­ strafe 453. Milttärdepartement in Mecklen­ burg-Schwerin 111. Milttärdienstltche Grundsätze 105, 399, 400, 415, 432; Mili­ tärdienst!. Interessen 283, 340. MilitärgerichtSboten 108, 111, 142. MilitärgerichtSschreiber 108; Zuziehung 163, 224, 273. Militärhoheit, Ausübung d. Milger., Schrifttum. Militärische Anstalten 1. Militärischer Dienst 146,147; — Dienstvorschriften 97,105, 399, 400; Interessen 105, 262, 283; Grundsätze 105, 399, 400, 415, 432. Dttlitärische Interessen 105. Militärische Mitglieder der Se­ nate des RMG. 79. Militärjustizbeamte 13, 93, 463. Militärjustizverwaltung 98,111, 8 EG.; Unterstellung von Ver­ bänden usw. 31; Zuweisung des Amtssitzes 95; Zustellung im Ausland 144; Ernennung von Verteidigern 341; Mit­ wirkung bei Entschädigung 468; I Kosten 469.

(Die Zahlen bezeichnen

MtlitLekollegin« in MeLenburg-Strelitz 111.

MUttärperfone»,

aktive, Zu­ ständigkeit 1 fg.; Bekanntma­ chungen 137; Zustellungen 141; Strafanzeigen 151; To­ desfälle 154; Gestellung als Befch. 171, 266; als Zeugen usw. 185; Zeugnis- und Eides­ verweigerung 202; Gebühr­ nisse 205, 469; Beschlagnahme und Durchsuchung 238; Zutritt zu Verhandlungen 287; Zu­ lassung als Verteidiger 341; Gendarmen 2 EG.; Ordnungs­ strafen auf Ersuchen bürger­ licher Gerichte 2, 19 EG.; vgl. auch Soldatenstand.

Mtlttärpoltzeiliche

Anordnun­ gen 2; Nachforschungen 167.

MUitärnniform, strafbare Hand­ lungen in — 5.

Minderjährigkeit 40, 365. Minder schwere Fälle 320, 299. Minister 189, 207. Mittäterschaft 4, 34, 190, 199, 414.

Mitteilungen 3, 185, 175, 250, 860, 416; Beschlagnahme 232; an den Verteidiger 346; s. auch 11 ««., 12 EG , 13 EG.

Mitverantwortlichkeit 97. Mitzeichuung 97. Mobil 5 EG., 421.

Mobile

Verbände,

Zustellung

143.

Miindlichkeit, Berf. Vordem. 2, 260, 297.

die

Paragraphen.)

1086

9t Nacheid 196, 208. Nachprüfung im Aufsichtswege 113. Nachträglicher MilitärgerichtSstand 19; Genehmigung Verf. Vordem. 3; von Rechtsmitteln 369. NachtragSentfcheidung 461. Nachtragsverfahre» 264, 314. Nachtzeit 336. Namenlose Anzeigen 151. Namhaftmachung der Richter 124, 295. Naturereignisse 147. Nebenamt 21 EG. Nebeugefchüfte 21 EG. Nebenkläger 288. Nebenprotokoll 116. Nebenstrafen 15,16, 33, 47, 320, 390, 396, 412. Ne bis in idem 157, 314, 353, 394. Nichtbeeidigung von Zeugen 199. Nichterscheinen von Zeugen 185, 186; von Sachverständigen 212. Nichtigkeit Berf. Vordem. 3, 259, 314, 329, 394, 416, 428, 430, 14 EG. Nichtständige Richter, Beeidi­ gung 296. Niedere Gerichtsbarkeit 13, 14, 15. Notwendige Verteidigung 275, 338, 389, 390.

10N>

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

O Obere Militärbeamte 55,59,341. Oberes Gericht, Verbindung 32, 34, 35; Zustandigleitszweifel 36; Rechtsbeschwerde 373. Oberkrlegsgericht 18, 65, 341. OberkriegSgerichtSräte 13, 93. OberkriegSgerichtSsekretäre 108. Oberlandesgericht 12 EG. Obermilitäranwalt 104. Obersekretäre 108. Obfekttves Strafverfahren 16 TG. Öffentliche Abgaben 2. Öffentliche Behörden, Auskunft 160; Dienftverschwiegenyeit 189; Tagegelder 205; -lktenvorlage 231: Zeugnisse und Gutachten 310. Öffentliche Blatter 145, 359; Zustellung 145; Irrenanstalt 217. Öffentlichkeit 282, 100. Offenkundigkeit, Bors. Vordem. 2, 315. Offizialprinzip, Vers, Vor­ dem. 2. Offiziere, als Richter 38, 49, 66, 79; als Angeklagte 50, 67; kriegsgefangene — 16, 57; Teilnahme an UntersuchungsHandlungen 167; als Vertei­ diger 341; Rechtsgutachten 425; vorläufige Festnahme 180; ä la suite 1; des Benrlaubtenstandes 5; als Ge­ richtsoffizier 99; z. D. 1, 38; von der Armee 1; der Gen­ darmerie 28, 68; der Bekleidnngsamter 53, 68.

Offiziersrang 180. Ordentliche Rechtsmittel 363. Ordnung, Aufrechterhaltung 289* Ordnungsstrafen 2, 186, 2)3, 290, 450, 19 EG. Ordonnanzen 142. Organisatorische Veränderungen 96. Ort der Hauptverhandlung 264. Ortsbesichtigung bei Todesfällen 155.

P Papiere, Beschlagnahme 231. Pejus, reformatio in — 396, 415, 446. Persönlicher Zusammenhang I 34. Persönliches Erscheinen des Vittstell. 280, 389, 408. Persönlichkeit, Feststellung bei Vernehmung 173, 193; bei Festnahmen 180: bei Leichen« öffnung 226. Perfonalfragen 193. Personen des aktiven Soldatenstandes, Strafanzeigetl 151; Gestellung 171, 185, 208, 266; 189; Dienstverschwiegenheit Eides- und Zeugnisverweigerung 202; Artenauslieferung 231: ttngebnbr 290; Ver­ teidiger 341; Gendarmen 2 EG. Philipponen 198. Pfandzettel 242. Plenarentscheidungen des RM G 65, 86.

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen ) Polizeibeh-rden, Anzeigen 153; schleunige Anordnungen 153; Todesfälle 154; Mitwirkung auf Ersuchen 161; vorläufige Festnahme 180; Borführung von Beschult». 172; von Zeu­ gen 186; Mitwirkung bei Aus­ grabung und Besichtigung einer Leiche 225; Beschlag­ nahme 239. Polizeigesetze, Zuständigkeit 2. Polizeiliche Strafverfügungen 7. Post, Aufgabe zur — 142; Be­ schlagnahme von Sendungen 233. Präsident des RMG. 74; Militäriustizverwaltung 111; Zu­ stellung und Vollstreckung 138; Ernennung von Verteidigern 341; Aktenvorlage zwecks Be­ stätigung 418, 422, 424; «nadenfachen 418, 422. Presse 18 EG.

Prntokoll in der Hauptverhand­

j

1087

«

Räte des RMG. 80. Realkonkurrenz s. Tatmehrheit. Rechtfertigung der Berufung 380, 382; der Revision 403. Rechtsanwalt, ZeugniSverweigerung 188; OrdnungSstrafett 290; Verteidiger 341; Ge­ bühren 347, 17 EG. RechtSbehelfe 363. RechtSbelehrung, Berf. Vor­ dem. 2. RechtSbefchwerde 364. RechtSgrundfätze 84, 399, 403. Rechtsgutachten 71, 425. Rechtshilfe 160, 262, 11 dis 13 EG.; im Ausland 12 EG. Rechtskraft der Strafverfügun­ gen 353; der Urteile 416, 422, 430; Berechnung der Straf­ zeit 458; formelle und mate­ rielle — 317. Rechtskräftig, Einstellung bei —- entschiedener Sache 246, 414, 394. Rechtsmittel 363: Anweisung zur Einlegung 24. Rechtsnormen zugunstett des Angeklagten 401. RechtSpflegeakte, Begriff 97. Referendare 525; als Berte idiger 341.

lung 331; im Ermittlungsver­ fahren 163; über Erklärungen im Rechtsmittelverfahren 368, 369, 383, 404; über Erklä­ rungen int Feld- und Bord­ verfahren 423. Prozetzleituug i, 289, 292. Prozeßrägen 399, 403, 410. Prozessuale Handlungen, Berf. Vordem. 3; Tatsachen 285, 305, 326, 380, 394, 399, 403, 1 410. reformatio in pejus 396, 115, 446. Prozeßvoraussetzungen 299, 314, 394, 410, 412. , Registerbehörden 173, 303, :tio, 450. Pnblikum, Störung der Ver­ handlung 283. Rehabilitierung 418.

1088

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

Reichsanzeiger, öff. Zustellung 145; Bermögensbeschlagnahme und Fahnenfluchtserllärung 360; Aufhebung der Ver­ urteilung bei Wiederaufnahme 449. Reichsbeamte, Genehmigung zum Gutachten 212. Reichsgericht 85. Reichskanzler, Militärtustizverwaltung 111; Mitteilungen 158, 252; Genehmigung zur Zeugenvernehmung 189, 207. ReichSkonfulate, Zustellung 144. ReichSmarineamt 111. RetchSmilitärgericht 71; Militäranwaltfchaft 103; Nachprü­ fung der Urteile 113; Ver­ teidiger 341; Rechtsmittel 373, 397; Wiederaufnahmeverfah­ ren 443; Gesamtstrafe 461; Beschwerde wegen Rechtshilfe­ verweigerung 13 TG. Reichsmünzen 219. Reisen deS Gericht-Herrn und der Offiziere 42, 469; der Be­ amten 111, 264, 469; zum Revisionstermin 408: von Of­ fizieren zwecks Strafvoll­ streckung 469. Reifeorduung 205, 469. Rekruten, beurlaubte 5, 25, 259. Res judicata 157, 246, 250, 314, 394.

Reservatrecht, Bayerisches, Aus­ übung d. Milger., Schrifttum, 33 EG.

Revision 71, 365, 397. Richter, Beeidigung 42,295, 296.

Richter, Beeidigung 42, 295, 296; Bestellung und Berufung 18, 41, 53, 68, 86; Aus­ schließung und Ablehnung 122; Verlesung 295; Pflichtver­ letzung als Wiederaufnahme­ grund 436, 438; Richteramt geht Verteidigung vor 53. Richterlicher Strafbefehl 7, 14 EG. Rückfall 323, 394: feine not­ wendige Verteidigung 338. Rückgabe entzogener Sachen 242.

0 Sachleitung 289, 292, 297. Sachlicher Zusammenhang 34, 35. Sachverständige, Vernehmung im Ermittlungsverfahren 160, 165, 208, 357; kommissarische 270; in der Hauptverhandlung 217, 290, 298, 388, 392: im Wiederaufnahmeverfahren 445; vgl. auch Arzte. Sanitätsoffiziere 1; als Richter 44, 55, 59; als Angellagte 55, 69; als Sachverständige 209, 217, 224. Schiss, Zustellung 143; Begriff „an Bord" 6 EG.; Angestellte 1: vgl. auch „Marine" und „Bord". Schiffsjungen 1. Schleswig.Holsteinisches Für­ stenhaus, Vorrechte 206. Schleunige Untersuchungshand­ lungen 133, 153. Schlutzvorträge 312, 313, 398, 409.

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

1089

Staatsanwaltschaft, Zustellung Gchreibbedürfnisse 111. 142; schleunige Anordnungen Schreibfehler im Urteil 336. 153; Vorführung von Zeugen Schreibmittel, Verabfolgung 186; Rechtshilfe 13 EG. 178. Staatssicherheit, Ausschluß der Schriftlicher Verkehr der AnÖffentlichkeit 283, 18 EG.; gekl. 178, 232, 345. Nichtzulassung eines Rechts­ anwalts 341. Schriftstücke, Vergleichung 220; Beschlagnahme 232; Verle­ Ständigkeit 41, 68, 79. sung 303, 310. Standgerichte 18; Zuständigkeit 14—16, 47, 63. Schuldausschließungsgründe 326, 394. Steckbrief 183, 246. Schuldfrage 320, 323, 326, 382, Stellvertreter des Gerichtsherrn 394, 396, 403, 410. 23, 125; von Richtern 41, 70, 90; des Präsidenten deS RMG. Schutzgebiete, Zustellung 143, 76. 144; Gestellung Abwesender Stillschweigen über die Be­ 356. ratung 325. Schutztruppen, Geltung der MStrGO. 1 EG.; Übernahme Stimmenabgabe 324; Stimmen­ mehrheit 322, 323; Stimm­ 30; Gerichtsherr 37. recht bei Plenarentscheidungen Schwägerschaft 122, 187. des RMG. 86. Schweigegebot 286, 18 EG. Strafantrag, Stellung 151; in Schwerhörige 117. höherer Instanz 151; Beur­ kundung 152; Abgabe 153; Selbständige Bataillone 19; Tat­ Bescheidung 247; Rechtsbe­ umstände 323, 326, 394. schwerde 247; Feststellung 326. Selbständigkeit der Gerichte 18. Strafaufschub 451, 452, 455, Selbstmord 154, 223. 456, 457. Senate des RMG. 77. Strafausschließungsgründe, Ab­ Senatspräfident 78. stimmung 320, 323; Feststel­ lung int Urteil 326; Berufung Separatvotum 92, 325, 336. 394. Stcherheitspolizeiliche Befug­ Strafbefehl des Anttsgerichts nisse 235. 7, 14 EG. Siegel 336, 9 EG.; des RMG. Straferhöhungsgründe, Hin­ 92; Versiegelung 237, 241. weis 318; Abstimmung 320, Sitzungspolizei 61, 289, 3qo. 323; Feststellung int Urteil 326; Sofortige Vorführung 177, 181, Berufung 394. 184. Strafmilderungsgründe, Fest­ stellung 326; Berufung 394. Sonderstimme 325, 336, 92. 69 Romen-Rissom, MStGO. , 2. Anst.

1090

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

Strafmindernngsgründe

396, Tatfragen 97, 136, 246 386, 394, 397. Tatmehrheit 2, 3, 4, 5, 7, s, 10, Strafregister 450. Strafschärfungsgründe 326; i 11, 47, 51, 52, 314, 31*, 319, 394, 396, 415, 416, 422, 461, Berufung 394. 15 EG. Straf»»trrbrrch»,tg 456, 457. Tatsachen» prozessuale 285, 305, Strafurteile, Verlesung 303. 326, 380, 399, 410. Strafverfglgung 12, 24, Berf. TatnmstSnde, selbständige 323, Vordem. 2. 326, 394. Strafverfügung, polizeiliche 7: Taube 117, 197. gerichtSherrliche 349; Voll­ Teilnahme, Überweisung 4; Ge­ streckung 450. richtsstand 34, 35; Beeidigung Strafvollstreckung 450; von 199; Beschlagnahme 232; Strafen bürgerlicher Behör­ Durchsuchung 236; Wirkung den 2, 4, 450; Kosten 469. der Revision 414. Strafzu«esfuug 326. Telegramme, Beschlagnahme Studierende der Kaiser-Wil233; — ist Echriftsorm 369. helmS-Akademie 1. Termine, Nachricht 165, 268, Stumme, Verständigung H7; 271, 388, 408.: «ide»leistung 197. Tod des Angeklagten 272, 314: Subjektiver Tatbestand 326. Wiederaufnahme trotz — 437, 446. Suggestivfragen 194. Todesermittlungsverfahren 223. Todesfall, Ermittlungen 154, Tagegelder der Zeugen 205, 469; 155, 223, 224; Verlesung von insbes. der Beamten 205; der Aussagen 305. Sachverständigen 908; der Verteidiger 347, 17 EG.; der Todesstrafe 453, 454. TrnppendiSpofitionSurlauber 8. Angeklagten 469. Tagesbefehl 53. Tat, Begriff 199, 318. Tatbericht, Einreichung 153; Übergabe an die bürgerliche Ge­ richtsbarkeit 4, 9. Ausschluß als Richter 122: Berlesbarkeit 310. Übergang der Strafvollstreckung 2, 4, 250, 15 EG. Tatbestand, Feststellung im Er­ mittlungsverfahren 156, 357; Übergehung eines AnNagepnnkim Urteil 326, 394, 410, 411. tes 326, 327, 394. Tateinheit 2, 3, 4, 5, 9, 10, 11 Überleitung in dos ordentliche I Verfahren 433, 435. 314, 318, 394, 396. Mi

I

U

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.) Übersetzung von Verhandlungen durch Dolmetscher 116; von zu­ gestellten Schriftstücken 140. übertragmrg der gerichtsherr­ lichen Befugnisse 135. Übertretungen, Begriff 15; Zu­ ständigkeit 15, 349, 397. Überweisung an die bürgerliche Gerichtsbarkeit 49; an die nie­ dere Gerichtsbarkeit 63; an das zuständige Gericht 153, 259, 330, 395; vgl. auch Abgabe. Überzeugung des Gerichts 315. Übungen der Beurlaubten 9; der Militärbeamten 9, 25. Ulm, Zuständigkeitsv erteilung, Ausübung der Mil. Vordem. 2. Umfang der Berufung 363, 378, 380, 382, 383, 394, 395; der Revision 398, 399, 403, 410, 411; des Verfahrens 451. Umwandlung von Geldstrafen 2, 290, 463. Unabwendbare Zufälle 147. Unbekannter Leichnam 154. Unbrauchbarmachung 462, 16 EG. Unerwachsene 288. Unfall, Leichenschau 223. Ungebühr während der Sitzung 290, 390, 409; vor bürgerlichen Gerichten 2, 19 EG. Ungehorsam gegen Gestellungs­ befehle 171, 185, 382, 404, 445, 451; vor den bürgerlichen Gerichten 2, 19 EG. Ungehorsamsverfahren 2 EG., 24 EG. Unrichtigkeit des Protokolls 335, 327, 336; der Urteilsverkün­

1091

dung 327, 336; der Urteilrurkunde 327, 336. Unschuldig Verhaftete 465; un­ schuldig Verurteilte, Wieder­ aufnahme 436; Entschädigung 465. Unterbrechung der Hauptver­ handlung 275, 390, 409; der Vollstreckung 450, 451, 452, 455, 456, 457: Verjährung 357, 10 EG. Unteroffizierschüler 1. Unterredung des Verhafteten mit dem Verteidiger 345; mit Dritten 345. Untersuchung s. Ermittlungsverfahren. Untersuchungsakten, Vorlage an den Verteidiger 344; zur Ver­ nehmung über Revisionsbe­ gründung 404. Untersuchungsführer 97, 122, 130, 156; Selbständigkeit 142, 153, 160, 161, 167, 169, 172, 180, 209, 222, 243; Antrag 243. Untersuchungshaft 175, auch 4, 9; Verkehr mit dem Ver­ teidiger 345; mit Dritten 345; Berechnung 327, 458. Untersuchungsverfahren, Verf. Vorbem. 2, 24, 367. Unterzeichnung von Verfügun­ gen 97, 102; Protokollen 163, 331; Urteilen 336; Urteils­ ausfertigungen 336, 92. Unversetzbarkeit der Militär­ justizbeamten 95, 96. Nnwesentlichkeit eines Straf­ falles 253.

1092

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

ttmaftilttbtatett des GerichtsHerrn 7, 36,153, 248, 259, 272, 328, 329, 330, 353, 394, 395, 399, 400, 410. ttrtKKfeen, Verlesung 308; Fäl­ schung als Wiederausnahme­ grund 436, 438. NnzuläfsigkritSerklärung 385. Urteil, Nachprüfung 113; Haupt­ verhandlung 314, 326, 395, 411; Abfassung 92, 326, 327, 394, 395, 410; Bestätigung 418, 422; Wiederaufnahmeurteil 447, 448; UrteilSvoraussedungen 314, 394, 399.

« Verabschiedete Offiziere 1, 57. Veränderung in der Dienststel­ lung des Gerichtsherrn 25, 365; des Angeklagten 259, 421,433,5 EG.; des rechtlichen Gesichtspunkts 318; s. aud) Änderung. Verbindung von Strafsachen 32, 33; Vers. Vordem. 3. Verbot der härteren Strafe 396, 415, 448. Verbranch der Straftlage 157, 250, 314, 394. Verbrechen, Untersuchungshaft 176; notwendige Verteidigung 338. Verbringung in eine Irrenan­ stalt 217, 298. Verdacht, Einleitung des Er­ mittlungsverfahrens 153; Haft­ befehl 176; Leichenöffnung 224: Beschlagnahme u. Durch­ suchung 233, 235; Anklage-

Verfügung 250; Meierauf­ nahme 436. Verdunkelung, schleunige Maß­ regeln 153; Haftbefehl 176. Vereidigung durch Rechtshilfe 68.

Verfahren, Umfang und Gegen­ stand; f. Berf. Vordem. 2. verfolgn««, gemeinsame 34, 35; Einstellung 247. Verfügungen 97, 136. Vergiftung 228. Verhaftung s. Untersuchungs­ haft. Verhandlung, mündliche 260. Verhandlung-fähigkeit s. Berf. Vordem. 2, 246, 272, 278, 297, 314, 385, 407, 437, 116, 447. Verhandlungsführer 61, 33, 292, 298, 390. Verhinderung des Gerichtsherrn 23; der Richter 43, 53, 68, 70, 88,90,98; des Präsidenten des RMG. 76. Verjährung als EinstellungSgrund 314, 394, 411; — gehört nicht zur Schuldfrage 323; Unterbrechung einer Verjäh­ rung 357, 10 EG. verkehr, Militärgerichtsstand be­ gründend 11; des verhaftete,» mit dem Verteidiger 345; mit Dritten 178, 345. Verkündung von Entscheidungen 137, 285; von Urteilen 281, 327, 394, 409. Verleitung als Haftgrund 176. Verlesung der Anklageverfügung 297; zu BeweiSzwecten 303,

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)

392; der Urteilsformel 327; im Bericht 391. Verletzter, Ausschluß als Richter 122; als Sachverständiger 210; Zurückgabe von Sachen 242; Recht auf Anklage 247; Kosten 249, 471; Zutritt zur Haupt­ verhandlung 287, 288; durch eine Entscheidung 363, 378, 397. Verlobte, Zeugnisverweigerung 187. Vermögen, Beschlagnahme des­ selben 360, 24 EG. Vernehmung im Ermittlungsverfahren 163, 185; in der Hauptverhandlung 297; zwi­ schendurch, Berf. Vordem. 3; in der Beschwerdeinftanz 248, 376; in der Berufungsinstanz 382; in der Revisionsinstanz 404; im Feldverfahren 423: inr Wiederaufnahmeverfahren 445. Veröffentlichung Lei Beleidigun­ gen 16, 47; von Schriftstücken 18 EG. Verordnnngsweg 37, 7 EG. Verrat mil. Geheimnisse 158, 252. Versagung des Zutritts zu Hauptverhandlungen 288. Verschleppung < bei Richterableh­ nung 137; als Beweisableh­ nungsgrund 298. Verschwägerung, Richterausschließung 122; Zeugnisver­ weigerung 187, 190; Eides­ weigerung 200. Versetzung richterlicher Beamter 35, 96.

1093

Versicherung an Eides Statt 126, 191. Verspätete Beweismittel 300; Rechtsmittel 383. Verteidiger 337; Ausschluß vom Richteramt 122 dieses geht aber vor 341; Wiedereinsetzungsantrag 147; Augen­ schein 165; Zeugnisverweige­ rung 188; Anhörung bei Unter­ bringung in Irrenanstalt 217; Ordnungsstrafen 290; Be­ schränkung als Revisionsgrund 400; im Wiederaufnahmever­ fahren 441; Kostenerstattung 469, 17 EG. Vertretung der Anklage 97, Berf. Vordem. 2, 255, 273, 386; des Gerichtsherrn 23; der Rich­ ter 41, 70, 90, 98; des An­ geklagten 281, 337, 389, 408; des Verteidigers 337: s. auch Verhinderung. Vervollständigung des Ermitt­ lungsverfahrens 244. Verwaltungsbehörden, Straf­ bescheide 2, 7. Berwaltungszwangsverfahren 462. Verwandtschaft als Ausschlie­ ßungsgrund 122; als Zeugnisverweigerungsgrund 187. Verweigerung der Zeugenaus­ sage 187, 188, 189, 190; des Gutachtens 212; der Ausliefe­ rung von Sachen 230, 231. Verweisung auf den geleisteten Eid 296. Verwerfung des Wiederaufnah­ meantrags 444, 446.

1094

(Die Zahle»» bezeichnen die Paragraphen.)

Verzicht, Berf. Vordem. 3; auf Beweismittel 298, 899; auf Einspruch 352; aus Rechts­ mittel 327, 369, 371, 458. Vollendung von Prozetzhandlungen f. Berf. Borbem.3, 247, 368, 369, 416, 436. Vollmacht des BetteidigerS für die Hauptverhandlung 281, 389, 408; zur Einlegung von Rechtsmitteln 369; zur Zurück­ nahme 371. Vollstreckung 2, 5,138, 290, 416, 450, 458. Vorbereitung der Hauptverhandlung 261, 388. Voreid der Dolmetscher 119. Vorfragen 320. Vorführung 171, 172, 186, 278, 382, 404, 445. Vorgesetzter, nachträglicher Ge­ richtsstand 11; vorläufige Fest­ nahme 180; schleunige Anord­ nungen 153; Tatbericht 153; vgl. Drsziplinarvorgesehter.

«

Wachen, vorläufige yestmhme 180; Garnisondienstvovchrift 180. Wahl eines Verteidigers 337, 338, 346: Kosten 469, 17 SG. WahrheitSerforfchung 298, 394. Weihnachtsfeiertag, stveitc: 146. Weisungen 97. Wettere Straftaten 169, 253, 319. Wesentlicher Inhalt von Erkläru»»gen im Protokoll 333; der Urteilsgründe 327; Förmlich­ keiten im Protokoll 164. Widersprüche in Aussagen 307; zwischen Beschluß und Ver­ kündung 327; Verkündung und Protokoll 327, 336; Protokoll und Urteilsurkunde 333, 336. Wiederaufnahme des Versah rens 4, 7, 436; Entschädigung 465; Anweisung zur — 24, 441. Wiedereinsetzung 147, 247, 389, Vorläufige Entlassung 455; Fest­ 398. nahme 180. Wiederherstellung der Öffent­ Vorlegung von Schriftstücken lichkeit 282, 281. 298, 303; von Akten 231. Wiederholung von Anträge»» Vormund, Ausschluß als Richter 269. 122.

Vorsitz 61, 69, 83, 86. Vorstrafen 310. Vortrag nach Abschluß des Er­ mittlungsverfahrens 243. Vorzeitiges Fortgehe»» aus der Hauptverhandlung 279, 302, 392.

WilhelmShave» 22. Wissenschaftlicher Senat bei der Kaiser-Wilhelmsakadenne 218. Wissentlich falsche Aussagen 436, 437, 438. Woche, Fristberechnung 146, Wohnnng, Tnrchsuchung 23ö.

(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.) Wart, letztes 318; »orierteitimg

898.

Mhrttarffft 88 E».

3

1095

sion 407: deS Wiederaufnahme­ antrags 443. Zurechnungsfähigkeit als TatbestandSmerkmal 386, 394; vgl. Handlungsfähigkeit.

Zurücknahme von Prozeßhand­ lungen s. Berf. Vordem. 3: der Übergabe 4; deS Ein­ Zeichuuugeu bei Augenschein 163. spruchs 354; von Rechts­ Zett der Hauptverhandlung 864. mitteln 371, 458. Zeitweise Entfernung des An­ Zurückverweifung der Sache 395, geklagten 801. 412. Zeuse», Ausschließung vom Richteramt 188; Erscheinen vor den Zufammenberufung der Richter 261. Polizeibehörden 161; Verneh­ mung 160, 163, 166, 186, 367, Zusammenhang von Straftaten 3, 4, 5, 7, 10, 11, 32, 33, 34. 888; Ladung zur Hauptver­ handlung 186, 186, 866, 388; Zusammensetzung der Stand­ Vommissarische Vernetznung gerichte 38; Kriegsgerichte 49; ISO; Ungebühr 890; Aufruf Oberkriegsgerichte 66; Senate 894; Vernehmung in der deS RME. 78, 84. Hauptverhandlung 898, 890, #8; falsche Aussage als Wie- Zusammeutreffen von Sachen daraufnahmegrund 486, 488; 88—35; von UnterfuchungSVernehmung im Wiederauf­ und Strafhast 458. nahmeverfahren 445. Zuständigkeit f. Unzuständigkeit; Zeugenvernehmung der am ver­ obtettiver Tatbestand 6, 10. fahren dienstlich beteiligten Zustellung 137. Personen 273, 306. Zeugnis militärischer Vorgesetz­ Zustimmung der Militärbehör­ den zum Haftbefehl 9. ter 310; ärztliches — 310.

Zählkarte» 460.

Zeugnisverweigerung s. Ver­ weigerung der Zeugenaussage. Zivllbeamte der Militärverwal­ tung 1; —behörden 2, 3; —geeichte 2, 4, 9, 316, 328, 396, 436, 13 E(S.: —Personen als Angeklagte 57: —dienst 3. Zufall 147, 369. Zulassung alS Verteidiger 341; der Berufung 386; der Revi­

Zutritt zu öffentlichen Verhand­ lungen 288. Zuvorkommen entscheidet 30. Zuweisung fehlender Richter 262. Zuziehung eines Offiziers 164: Gerichtsschreibers 163, 369, 382, 404, 423; der Beteiligten 165, 271; von Sachverständi­ gen 209, 218, 222, 224; bei Durchsuchungen 237.

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(Die Zahlen bezeichnen ble Paragraphen.)

278; Gewahrsam 279; vor­ ßtoiiiifl -ur Abgabe von Erklärun­ läufige Festnahme 291. gen 369, 889. Zwang-Haft 203, 230, 299, Zweidrittelmehrheit 323, 394, 409. 19 E«. Zwang-maßregeln gegen den Zweifel über Zuständigkeit! 36: Beschuldigten, Vorführung bei der Absttmmung 390; über 171,172; Haft 175; vorläufige die Auslegung deS Urteil- oder Festnahme 180; gegen den An­ Strafberechnung 464. geklagten, Festnahme 277; Vorführung und Verhaftung Zweikampf 5, n.