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German Pages 38 [39] Year 1971
KURT
REUMANN
Waffengleichheit in der Gegendarstellung
Berliner Abhandlungen z u m Presserecht herausgegeben von Karl August Bettermann, Ernst E. Hirsch und Peter Lerche
Heft 13
Waffengleichheit i n der Gegendarstellung
Von
Dr. Kurt Reumann
DUNCKER
& HUMBLOT
/
BERLIN
Alle Rechte vorbehalten © 1971 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1971 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 02517 2
Inhaltsverzeichnis
1. Der formelle Charakter des Anspruchs macht das P u b l i k u m zum Schiedsrichter
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2. Publizität: gleicher Aufmerksamkeitswert und gleiche Reichweite..
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3. A k t u a l i t ä t : sie w i r d durch „taktisches T a m t a m " schuldhaft zögert
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ver-
4. Intensität der W i r k u n g : darum geht es
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5. Das Problem der Meinung i n der Gegendarstellung
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6. Grenzen des Gegendarstellungsrechts
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„Die alte Weisheit von den zwei Vorteilen einer Falschmeldung ist bekannt: man hat die Meldung als einzige Zeitung, u n d auch die Berichtigung hat m a n exklusiv." Praktischer Journalismus, 22/1957
Die Pressefreiheit ist gegen den Staat errungen worden, und daher regeln in den Landespressegesetzen fast alle Paragraphen ausschließlich oder vordringlich das Verhältnis der Presse zum Staat. Selbst das Recht auf Berichtigung war in deutschen Landen ursprünglich ein staatliches Reservatrecht 1 , das die Presse zur unentgeltlichen Veröffentlichung amtlicher Berichtigungen verpflichtete. Heute dagegen bildet der Gegendarstellungsanspruch ein eigenständiges Rechtsinstitut, das das Verhältnis der Presse zur Leserschaft, zum Publikum betrifft 2 . Laut § 11 der Landespressegesetze 3 sind der „verantwortliche Redakteur und der Verleger eines Druckwerks" dazu verpflichtet, „eine Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist". Je lebhafter die Auffassung vertreten wird, daß Presse und Funk nicht reine Distributionsmedien seien (die einen Einbahn-Verkehr vom Journalisten zum Empfänger aufrechterhalten), sondern dem Anspruch ihres Sammelnamens entsprechend Kommunikationsmedien (die den Wechselverkehr zwischen Journalisten und Empfängern einerseits und zwischen verschiedenen Publikumskreisen andererseits ermöglichen), desto stärker t r i t t das Rechtsinstitut der Gegendarstellung i n den Brennpunkt des kömmunikationspolitischen Interesses: Inwieweit und unter welchen Voraussetzungen schränkt die Meinungsfreiheit des Individuums die Freiheit der Massenmedien ein? Oder, überspitzt formuliert: Wann werden die Massenmedien aus einem Forum der Verleger und Journalisten zu einem Forum der journalistisch „Getroffe1 Das badische Pressegesetz von 1831, das erste i n einem deutschen Land, vereinigte den behördlichen Zwang, amtliche Berichtigungen unentgeltlich aufzunehmen, m i t der seit der Französischen Revolution überlieferten A u f fassung, daß jedermann ein Berichtigungsrecht zustehe, sofern er i n der Presse genannt worden sei. Vgl. Löffler, Presserecht, 2. Aufl. München 1968, Bd. 2, S. 212, Rn 24. Das Reichspreßgesetz von 1874 gesteht i n §11 jedermann das Recht auf Berichtigung zu. 2 B G H Beschl. v. 31.3.65. Vgl. N J W 1965, 1230 und Löffler, a.a.O., S. 211, Rn 21. 3 N u r i n Bayern, Hessen u n d B e r l i n ist die Gegendarstellung unter § 10 des Landespressegesetzes geregelt.
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1. Der formelle Charakter des Anspruchs
nen"? Gibt das Rechtsinstitut der Gegendarstellung eine Handhabe dafür, die Massenmedien ganz und gar in ein Forum der Betroffenen umzufunktionieren? Und wer ist durch was betroffen?
1. Der formelle Charakter des Anspruchs macht das Publikum zum Schiedsrichter Der i m Reichspressegesetz von 1874 (§ 11) verwendete Terminus „Berichtigung" ist in den Landespressegesetzen bewußt nicht wieder aufgenommen, sondern durch den Begriff „Gegendarstellung" ersetzt worden. I n Rechtsprechung und Literatur ist es unbestritten, daß der Ausdruck Gegendarstellung dem Wort Berichtigung vorzuziehen sei, weil es bei der Gegendarstellung grundsätzlich nicht um eine Beweisführung über die Wahrheitsfrage geht 4 . Das Oberlandesgericht Stuttgart drückt die herrschende Meinung aus, wenn es den Zweck der Gegendarstellung darin sieht, dem journalistisch unmittelbar oder mittelbar Betroffenen das Recht zu geben, „den Tatsachenablauf aus seiner Sicht zu schildern 5 ." Da der Wahrheitsgehalt nicht geprüft wird, handelt es sich bei der Gegendarstellung, juristisch gesehen, nur um einen vorläufigen Interessenausgleich. Juristisch wiegt denn auch der Widerruf schwerer als die Gegendarstellung: Er erfolgt, wenn in einem ordentlichen Zivilprozeß geklärt wurde, daß die Erstmitteilung objektiv falsch war. Der Autor der Erstmitteilung selbst nimmt seine Behauptungen als unrichtig zurück. Dagegen w i r d die Gegendarstellung vom Betroffenen abgefaßt (ohne daß der Autor der Erstmitteilung von seiner Darstellung abrücken muß). Unter Umständen kann die Gegendarstellung bessere Möglichkeiten für publizistische Einwirkungen bieten als der Widerruf, weil sie ζ. B. 4 B G H Urt. v. 10. 3. 64, Archiv für Presserecht (ArchPR) 46/1962, S. 46 und 63/1965, S. 521—523; ArchPR Übersicht VIII/1963, S. 50; Urs Schwarz, Presserecht für unsere Zeit, Zürich 1966, S. 89 f.; Löffler, a.a.O., S. 215, Rn 37. Die ältere Rechtsprechung hat sogar aus der streng formalen Natur des Anspruchs nach § 11 RPresseG geschlossen, daß eine Berichtigung selbst bei nachweisbarer Unrichtigkeit der Tatsachenangaben abgedruckt werden müsse, w e n n sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Abdruck erfülle. Die heutige Rechtsprechung legt die Landespressegesetze nicht ganz so form a l aus, aber auch sie hält daran fest, daß der verantwortliche Redakteur n u r eine „offenkundig unwahre" Gegendarstellung ablehnen darf, d. h. eine Darstellung, deren Unwahrheit auch der „unbefangene" Durchschnittsleser „unschwer" feststellen kann. Vgl. O L G Stuttgart Urt. v. 21.2. 63, ArchPR Übers. VIII/1963, S. 50. Der zweite materielle Gesichtspunkt ist, daß für den Abdruck einer Gegendarstellung ein „berechtigtes Interesse" vorliegen muß. Vgl. Koebel N J W 1964, 1109. 5 O L G Stuttgart, a.a.O.
1. Der formelle Charakter des Anspruchs
Gegenbeweise anführt und/oder Ergänzungen bringt. Publizistisch gesehen, muß die Gegendarstellung daher kein geringerwertiger, vorläufiger Interessenausgleich sein. Es ist denn auch umstritten, ob durch den Widerruf das berechtigte Interesse an einer Gegendarstellung entfällt 6 . Diese Frage entscheidet sich nicht zuletzt danach, wie man die Rechtsnatur des Entgegnungsrechts sieht: Dient die Gegendarstellung der wahrheitsgetreuen Unterrichtung der Allgemeinheit (öffentlichrechtliche Theorie) — dann erlischt bei einem Widerruf nicht automatisch der Gegendarstellungsanspruch —, oder dient sie dem Schutz des Betroffenen (privatrechtliche Theorie)? I n Rechtsprechung und Literatur werden beide Theorien häufig miteinander verbunden, und diese Mischung macht das Entgegnungsrecht scheinbar unsystematisch. I n der Tat ist — wie der Versuch Köbls beweist 7 — eine in sich geschlossene Analyse des Entgegnungsrechts am ehesten aus der privatrechtlichen Perspektive möglich. Erst die öffentlichrechtlichen Elemente bringen die Unsicherheiten, aber auch die kommunikationspolitische Dynamik in das Entgegnungsrecht. Die privatrechtliche Theorie stellt allein auf das Verhältnis Bürger: M i t bürger ab. Die Gegendarstellung bewegt sich aber in dem Dreiecksverhältnis Journalist: Betroffener: Publikum, wobei das Publikum die öffentliche Sphäre darstellt, die sich privatrechtlich kaum fassen läßt. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, wenn sich immer wieder eine Verbindung beider Theorien aufdrängt. Das Publikum spielt i n dem Dreiecksverhältnis Journalist - Betroffener - Öffentlichkeit eine Doppelrolle. Einerseits fungiert es als Schiedsrichter über den Parteien: Indem das Gesetz der Freiheit der Berichterstattung ein Entgegnungsrecht gegenüberstellt, ohne daß ein juristisches Urteil über den Wahrheitsgehalt von Erstmitteilung oder Gegendarstellung gefällt wird, überläßt es die Bewertung dessen, was rich6 O L G München Beschl. v. 16.12.68, ArchPR Übers. XIII/1968, S. 65 f.: „Der Senat hält den Umkehrschluß, daß deswegen, w e i l das Recht auf Gegendarstellung das Rechtsschutzbedürfnis für einen Widerrufs- oder Berichtigungsanspruch nicht ausschließt, auch nach dem Widerruf einer i n der Presse veröffentlichten Meldung noch ein Gegendarstellungsanspruch bestehe, nicht für richtig. M i t dem Widerruf einer Veröffentlichung w i r d die Leserschaft von der Redaktion davon unterrichtet, daß eine gebrachte M e l dung unrichtig war. Damit geht die Information der Leser weit über das hinaus, was durch eine Gegendarstellung erreicht wird. Der Senat vermag kein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen auf eine Gegendarstellung nach einem Widerruf zu e r k e n n e n . . . " I m Gegensatz dazu Löffler, a.a.O., S. 224, Rn69: „Macht der Antragsteller neben dem A n t r a g auf Gegendarstellung auch noch Ansprüche auf Unterlassung, Widerruf u n d Schadenersatz geltend, so entfällt dadurch das berechtigte Interesse an dem Abdruck der Gegendarstellung nicht." Löffler verweist auf B G H Urt. v. 10. 3. 64, N J W 1964, 1132. 7 Hans Köbl, Das presserechtliche Entgegnungsrecht u n d seine Verallgemeinerung, Berliner Abhandlungen zum Presserecht Heft 5, Berlin 1966.
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1. Der formelle Charakter des Anspruchs
tig sei und was falsch, dem Publikum. Andererseits ist das Publikum selbst Betroffener, da es von den streitenden Parteien i n seinen Meinungen über die Parteien und die von ihnen vertretenen Sachen beeinflußt und äußerstenfalls als Parteigänger in den Streit hineingezogen werden soll. M i t h i n dient das Rechtsinstitut der Gegendarstellung nicht nur dem journalistisch „Getroffenen", sondern es garantiert auch das Recht des Publikums auf umfassende — und das heißt hier: vielstimmige — Information. „Es soll eine einseitige Information verhindert werden," stellt das OLG Hamburg dazu fest 8. Je besser der Rezipient von beiden Seiten her unterrichtet wird, desto aktiver kann er seine Rolle beim Abwägen der Argumente gestalten. Je einseitiger er informiert wird, desto eher unterliegt er passiv dem monopolistischen Einfluß. Es liegt also i m Interesse sowohl des Betroffenen als auch des Publikums (als auch der Gerechtigkeit), wenn der Betroffene nach dem Grundsatz „audiatur et altera pars" zu Worte kommt. Das „rechtliche Gehör" besteht — um im Bilde zu bleiben — gegenüber dem Richter Publikum und nicht, wie Köbl zu meinen scheint 9 , gegenüber der Presse. Die Presse bietet als Massenmedium nur die Plattform für das Gehör des Betroffenen. Aus dem Grundsatz des „audiatur et altera pars" leitet sich der Anspruch auf Waffengleichheit ab 10 . Publizistisch ist die Frage, ob das Entgegnungsrecht aus einem Recht auf Waffengleichheit resultiert — Köbl lehnt das aus juristischen Gründen ab 11 — oder ob nur der Grundsatz der Parallelität zwischen Erstmitteilung und Entgegnung gewährleistet werden soll, von sekundärer Bedeutung. Einigkeit herrscht unter Juristen jedenfalls darüber, daß der Betroffene dieselben Möglichkeiten der Einwirkung auf das Publikum erhalten muß, wie sie der Journalist im konkreten Fall besessen hat. Diese publizistische Denkweise ist bemerkenswert; bedenklich ist nur, daß — bei allem publizistischen Fingerspitzengefühl — die Gerichtsurteile oft mit Spekulatio8 O L G H a m b u r g Urt. v. 4.8.66, ArchPR 70/1967, S. 660: „Die Gegendarstellung bezweckt, dem durch eine i n dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung Betroffenen Gehör vor der Leserschaft zu verschaffen. A n der Veröffentlichung ist daher nicht n u r der Betroffene, sondern auch die Leserschaft interessiert, die i n E r f ü l l u n g der öffentlichen Aufgabe der Presse... für ihre Meinungsbildung auch darauf angewiesen ist, die Stellungnahme des durch die Tatsachenbehauptung Betroffenen zu erfahren." 9 Köbl, a.a.O., S. 99. 10 Schon 1799 stützte der Abgeordnete Dulaure seinen A n t r a g auf ein „droit de réponse" auf den Grundsatz des „audiatur et altera pars", durch den Waffengleichheit zwischen der Presse und dem Betroffenen geschaffen werde. Köbl, a.a.O., S. 97. Vgl. dazu L G K ö l n Urt. v. 1. 7. 60, u n d O L G K ö l n Urt. v. 10.4.61. Ebenfalls Löffler, a.a.O., S. 234, Rn 112. 11 Köbl, a.a.O., S. 97—100.
2. Publizität
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nen, aber nur selten m i t empirisch erhärteten Befunden über Wirkungen begründen 12 . Wenn i m folgenden die Vorschriften analysiert werden, die die Landesgesetzgeber zur Herstellung der Waffengleichheit i m Gegendarstellungsrecht fixiert haben, so sei das als ein Versuch verstanden, die Publizistikwissenschaft als Hilfswissenschaft für die Jurisprudenz zu bemühen. Dieser Versuch ist nicht zuletzt deshalb aktuell, weil die Bundesregierung in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 die Vorlage eines Presserechtsrahmengesetzes angekündigt hat.
2. Publizität: gleicher Aufmerksamkeitswert und gleiche Reichweite Zur Gewährleistung desselben Aufmerksamkeitswerts soll die Gegendarstellung nach den Landespressegesetzen in derselben Schrift und in dem gleichen Teil wie der beanstandete Text abgedruckt werden. Allein das Bremer LPG schreibt spezifiziert gleichwertige Plazierung i m gleichen Teil, gleiche Schriftgröße und Auszeichnung vor. Diese Einzelvorschriften sind keineswegs pedantisch, hat doch die empirische Publizistikwissenschaft anhand von Copytests 13 nachgewiesen, daß nicht alle Seiten einer Zeitung und nicht alle Seiten eines Zeitungsressorts denselben Aufmerksamkeitswert und dieselbe Reichweite besitzen. So werden ζ. B. umfangreiche Zeitungen, den Erkenntnissen der Umfrageforschung entsprechend, oft in Produkten (einzelnen Büchern) gestaltet, die jeweils identisch sind m i t einem Ressort, und es ist einwandfrei erwiesen, daß im Regelfall die erste Seite eines Produkts den höchsten Aufmerksamkeitswert erzielt 14 . Wenn also Gerichte in strenger A n 12 Nach O L G Koblenz Urt. v. 30. 3. 66, ArchPR Übers. VI/19, S. 33, ist die „ K r i t i k f ä h i g k e i t des Durchschnittslesers" eine mehr und mehr schwindende — sicher eine höchst gewagte Spekulation. A m 18.12. 69 schätzte O L G M ü n chen (ArchPR Übersicht. XIV/1969, S. 77), ein auffällig aufgemachter Zeitungsartikel, der i n Verbindung m i t einem L i c h t b i l d am 29. 8. 69 veröffentlicht worden war, werde den Lesern der bis zum 15.1. 70 zu veröffentlichenden Gegendarstellung noch gut i m Gedächtnis sein. 13 Bei einem Copytest für eine Zeitung (Zeitschrift) w i r d dem Leser ein Originalexemplar der Zeitung (Zeitschrift), am besten v o m vorhergehenden Tag, vorgelegt m i t der Bitte, es langsam durchzusehen u n d dabei (meist für jede Seite) anzugeben, welche Beiträge er beachtet, angelesen oder durchgelesen hat. Der Interviewer markiert die Beiträge entsprechend. I n der Regel w i r d ein Copytest bei einem repräsentativen Querschnitt der Leser durchgeführt. 14 Besonders regelmäßig hat der „Tages Anzeiger", Zürich, Copytests durch das Institut für Demoskopie Allensbach durchführen lassen. Die Ergebnisse dieser Copytests veranlaßten den „Tages Anzeiger" zu einer Präsentation der Zeitung i n mehreren streng gegliederten Produkten. Dem Leser w i r d dadurch die Übersicht u n d das Auffinden der einzelnen Sparten erleichtert. Außerdem können mehrere Leser gleichzeitig verschiedene Bücher lesen:
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2. Publizität
lehnung an den Wortlaut der meisten Landespressegesetze entscheiden, die Gegendarstellung müsse zwar im gleichen Teil, aber nicht auf der gleichen Seite erscheinen wie der beanstandete Text, um denselben Leserkreis zu erreichen 15 , so urteilen sie in Unkenntnis publizistischer Forschungsergebnisse. Auch die Plazierung innerhalb der Seite ist keineswegs belanglos für den Aufmerksamkeitswert eines Textes. Lesegewohnheiten und Umbruchregeln können bestimmte Seitenteile (ζ. B. rechts oben) zum optical point, zum Blickfang machen 16 . Die größte Schwierigkeit für eine gleichwertige Plazierung erwächst in Tageszeitungen daraus, daß nicht der ganze Text der Erstmitteilung gegendarstellungspflichtig ist, sondern nur die Passage, die den Anspruchsberechtigten unmittelbar betrifft. Daraus folgt, daß die Gegendarstellung oft kürzer geraten muß, als die Erstdarstellung es im Zusammenhang mit den nicht gegendarstellungspflichtigen Passagen gewesen ist, und aus umbruchästhetischen Gründen erfordern kurze Texte eine kleinere Uberschrift als lange: sie erhalten also eine geringere Auszeichnung. Außerdem nimmt der Durchschnittsleser an, der Redakteur bemesse die Länge der Textbeiträge nach der Bedeutung und/oder dem Unterhaltungswert der dargestellten Sachverhalte, und daher besitzen Berichte (Dreispalter und Zweispalter) meist eine größere Chance, gelesen zu werden, als Meldungen (Einspalter) 17 . Dieses Manko kann so etwa der Hausherr die Politik, der Sohn den Sport und die Hausfrau das Feuilleton. Daß jeweils die erste Seite eines Produkts die höchste A u f merksamkeit erzielt, liegt nicht n u r an der leichteren Zugänglichkeit dieser Seiten, sondern auch daran, daß die Redakteure jeweils die erste Seite m i t den wichtigsten Beiträgen des entsprechenden Ressorts aufmachen. 15 Vgl. L G Hamburg Urt. v. 11. 8. 1965, Der Journalist, 2/1966, Beilage Nr. 59, S. I I I . 16 Schon vor dem ersten Weltkrieg führte der Amerikaner Daniel Starch empirische Untersuchungen durch, aus deren Ergebnissen er schloß, daß das obere rechte Viertel einer Zeitungsseite den „optical point", den blickhäufigsten Punkt, bilde. Starch berücksichtigte bei seiner Interpretation jedoch nicht, daß man den Leser durch eine regelmäßige Aufmachung daran gewöhnen kann, bestimmte Regionen einer Zeitungsseite zu bevorzugen. Die rechte Seite rechts oben muß also nicht naturnotwendig der blickhäufigste Punkt sein. Vgl. Ernst Epple, Z V + Z V 15—16/1961, 636—646; Institut für Demoskopie Allensbach, I n welchem Umfang beeinflussen Titel, Aufmachung und Plazierung die Leserzahlen, IfD-Bericht 736, Allensbach 1960. 17 I n der ersten Leseranalyse für den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger stellte das I n s t i t u t für Demoskopie Allensbach i n Zusammenarbeit m i t der D I V O GmbH., Frankfurt, fest, daß 69 Prozent der Zeitungsleser den H a u p t a r t i k e l (Aufmacher) auf der ersten Seite lesen, 53 Prozent die größeren A r t i k e l auf Seite 1, die nicht Aufmacher sind, und 51 Prozent die kleinen Nachrichten auf Seite 1. Die Seite 1 ist eine besonders stark beachtete Seite; die Unterschiede sind auf weniger beachteten Seiten i n der Regel noch stärker. Freilich schwankt das Springen der Leser von Zeitung zu Zeitung. Bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ist es etwa i m Wirtschaftsteil besonders gering.
2. Publizität
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aber durch die Auszeichnung ausgeglichen werden: so etwa dadurch, daß einspaltige Gegendarstellungen in einen Kasten gesetzt werden. Die Intention, die Gewähr dafür zu bieten, daß mit der Gegendarstellung derselbe Leserkreis erreicht werde, der auch die Darstellung rezipiert hat, geht außerdem deutlich aus der einhellig vertretenen Auffassung hervor, daß die Gegendarstellung i n allen Ausgaben einer Zeitung abzudrucken sei, in denen auch die Erstdarstellung publiziert wurde 1 8 . 2.1. Rechnung ohne den Leser = Rechnung ohne den Wirt Alle diese Vorschläge zur Herstellung der gleichen Publizität für Darstellung und Gegendarstellung gehen von der schweigenden Voraussetzung aus, daß das Massenmedium und die von ihm publizierte Aussage über die Reichweite entscheiden. Die Rechnung w i r d dabei ohne den Rezipienten gemacht, und damit eliminiert man die Größe, die die Rechnung komplizieren würde — zum Nachteil des Gegendarstellungsberechtigten. So scheint der Gesetzgeber bei der Formulierung des Gegendarstellungsparagraphen weitgehend von seinen Vorstellungen über die regelmäßigen Leser der Abonnementzeitungen ausgegangen zu sein. Die Schwierigkeit der Herstellung gleicher Publizität für Darstellung und Gegendarstellung bei Massenmedien mit relativ vielen unregelmäßigen Rezipienten (Straßenverkaufszeitungen, national verbreitete Abonnementzeitungen, Publikumszeitschriften, viele Sendungen des Hör- und Sehfunks) hat er übersehen. Bei Straßenverkaufszeitungen lassen die Unterschiede zwischen den Lesern pro Tag (Reichweite aller Kauf Zeitungen: 31,9 °/o der erwachsenen Bevölkerung) und den Lesern pro Woche (kumulierte Reichweite: 54,7 °/o) auf einen hohen Anteil an unregelmäßigen Lesern schließen 19 . Die national verbreiteten Abonnementzeitungen „Frankfurter Allgemeine Zeitung" und „Die Welt" besitzen gar unregelmäßiger Leser (kumulative Reichweite: 16,1 °/o der erwachsenen Bevölkerung) und nur V» regelmäßiger Leser (Reichweite pro Tag: 5,6 °/o)20. Auch Publikumszeitschriften werden zum großen Teil unregelmäßig oder gar nur sporadisch rezipiert. So lesen nur 19 °/o der „konkret"-Leser (Leser im weitesten Sinne gleich Hundert gesetzt) diese Zeitschrift Nummer für Nummer, rund 36 °/o der Illustrierten-Leser („Stern", „Bunte I l l u strierte", „Neue Revue", „Quick") sind ganz regelmäßige Rezipienten, und 44 °/o ihrer jeweiligen Leserkreise verfolgen den „Spiegel" und „Die Zeit" Nummer für Nummer 2 1 . 18 19 20 21
Vgl. Landespressegesetze § 111 2. Allensbacher Werbeträger-Analyse (AWA) 1969, Bd. 3, S. 8 u. 22. A W A 1969, Bd. 3, S. 18 u. 6. A W A 1969, Bd. 3, S. 122.
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Regelmäßige, gelegentliche und sporadische Leser unter den Lesern pro Nummer (1969, Bevölkerung von 16—70 Jahren) Die I l l u strierten Lese ich regelmäßig, und zwar jede Nummer, die herauskommt Lese ich sehr häufig, wenn auch nicht gerade jede Nummer Lese ich noch ziemlich oft Lese ich so ab und zu Lese ich n u r ganz selten
Der Spiegel Die Zeit
konkret
pardon
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Quelle: Ausgewählte Daten aus der Allensbaeher Werbeträger-Analyse 1969, Bd. I I I .
Unregelmäßige Leser bedeuten nun aber eine Einschränkung der Waffengleichheit für die Gegendarstellung: a) Es steht zu erwarten, daß in erster Linie diejenigen Rezipienten die Gegendarstellung aufnehmen, die auch die Darstellung gelesen bzw. gehört oder gesehen haben 22 . Das Interesse derer, die nicht vorinformiert sind, w i r d naturgemäß geringer sein. Beim regelmäßigen Rezipienten ist die Chance, daß er vorinformiert ist, größer als beim unregelmäßigen. b) Ziel der Gegendarstellung ist es nicht, ein beliebiges gleich großes Publikum anzusprechen. Sie verfolgt vielmehr den Zweck, den Eindruck der Erstmitteilung bei deren Rezipienten zu korrigieren. Zeitungen und Zeitschriften m i t vielen unregelmäßigen Lesern können einen mit dem Publikum der Erstmitteilung identischen Leserkreis aber nicht mit einer einmal publizierten, sondern nur m i t einer mehrmals veröffentlichten Gegendarstellung erreichen. Mehrfache Veröffentlichung indessen würde eine A r t von Multiplikationsstrafe darstellen, die ohne Verschulden des Massenmediums allein durch die Struktur der Leserschaft begründet wäre. Ob und unter welchen Umständen eine derartige Auflage zu rechtfertigen wäre, ist an den Voraussetzungen für die Gegendarstellung im Rundfunk zu diskutieren, da Waffengleichheit in den Funkmedien am schwersten zu erreichen sein dürfte. 22 Eine Ausnahme bilden am ehesten diejenigen Rezipienten, die gegenüber dem betreffenden Massenmedium ohnehin kritisch eingestellt sind. Diese kritischen Rezipienten bilden jedoch nicht die Regel.
2. Publizität
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2.2. Waffengleichheit im Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) am schwierigsten Der starke Zwang der Funkmedien 2 3 bedeutet, daß Hörer und Seher den Zeitpunkt der Rezeption nicht frei bestimmen können, während die Druckmedien Disponibilität besitzen, d. h. zu einer beliebigen Zeit gelesen werden können. Schon allein deshalb fluktuieren die Empfängerkreise beim Rundfunk. Beispiel Fernsehen: „Panorama" besitzt ein Stammpublikum von etwa 7,6 Millionen, d. h. 18 °/o der über 18 Jahre alten Bevölkerung sehen sich diese Sendung regelmäßig oder doch ziemlich regelmäßig an. Rechnet man aber die unregelmäßigen Zuschauer hinzu, so erhöht sich der Kreis auf gut 20 Millionen ( = ca. 5 0 % der Fernsehzuschauer). Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei „Report" und „Monitor" 2 4 . Beispiel Hörfunk: Den Samstagskommentar des Südwestfunks „ T r i büne der Zeit" hören 6°/o der Hörer im Gebühreneinzugsgebiet des Senders regelmäßig, aber 24 °/o gelegentlich und weitere 20 °/o sehr selten (die restlichen 50 °/o nie) 25 . Die Nachrichtensendungen besonders des Hörfunks kommen den unregelmäßigen Hörern entgegen: sie besitzen relativ starke Redundanz. So strahlte das erste Programm des Südwestfunks, und das ist noch relativ wenig, 1968 zehn, das zweite acht Nachrichtensendungen am Tag aus, und über die wichtigsten Ereignisse w i r d in allen Nachrichtensendungen des Tages, die diesen Ereignissen folgen, informiert. Der Grund dafür: Zwar hören 40 °/o der Hörer i m Gebühreneinzugsgebiet des Südwestfunks Nachrichten i m Südwestfunk (Stichtagerhebung); mehr als die Hälfte davon aber nur einmal am Tag 20 . Soll man nun einen Unterschied zwischen Gegendarstellungen zu Nachrichten machen, die nur in einer Sendung ausgestrahlt wurden, und Gegendarstellungen zu Nachrichten, die in allen oder doch den meisten Sendungen wiederholt wurden? Ob eine Falschmeldung nun einmal oder mehrmals gebracht wurde: die Gewähr, möglichst alle Hörer dieser Falschmeldung zu erreichen, hat man nur, wenn die Gegendarstellung wenigstens in allen Hauptnachrichtensendungen des nächsten Tages gesendet wird. 23 v g l . Fritz Eberhard, Optische und akustische Information, i n : Das Recht auf Information, Schriftenreihe der Evangelischen Akademie für Rundfunk und Fernsehen, Heft 12, 1967 (Sonderdruck). Vgl. auch Gerhard Maletzke, Psychologie der Massenkommunikation, H a m b u r g 1963. 24 L u d w i g von Friedeburg, freiburger Studenten zeitung, 2/1970, S. 16. (Die Reichweitedaten beziehen sich auf das F r ü h j a h r 1967.) 25 Institut für Demoskopie Allensbach, Die Südwestfunkhörer 1968, I f D Bericht 1547, Bd. 2, S. 85. 26 Ebenda, S. 74 f.
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2. Publizität
Wird die Gegendarstellung, den derzeit gültigen Vorschriften entsprechend, nur einmal gesendet, so stellt sich immer noch die Frage: soll sie in der nächstfolgenden Sendung desselben Tages, in der Nachrichtensendung zu der gleichen Zeit am nächsten Tage oder in der hörerhäufigsten Nachrichtensendung desselben bzw. des nächsten Tages ausgestrahlt werden? Die journalistische Form kann i m Hörfunk und besonders im Fernsehen die Waffengleichheit der Gegendarstellung stärker beeinträchtigen als in den Druckmedien. Dabei ist nicht nur an die journalistische Qualität zu denken. Vor allem die Wahl der Stilform (Glosse, Kommentar, Dokumentation) und — beim Fernsehen — des Darstellungsmittels (Wort- oder Bildübertragung) kann über die Wirkung entscheiden. Die Gegendarstellung w i r d den Eindruck einer Bildübertragung aus technischen Gründen in der Regel nur durch das gesprochene Wort korrigieren können 27 , obwohl die Gegenwirkung durch ein bewegtes B i l d (wegen der höheren Anschaulichkeit und Glaubwürdigkeit) oft effektvoller wäre. Während sich das gedruckte Wort verselbständigt, w i r k t das gesprochene Wort immer i m Zusammenhang m i t dem Sprecher. Nicht nur, daß — beim Hörfunk — der Tonfall und — beim Fernsehen — Tonfall und M i m i k des Sprechers die Wirkung der Gegendarstellung aufheben oder gar in ihr Gegenteil verkehren können! Auch das Prestige des Sprechers beeinflußt die Glaubwürdigkeit des Ubermittelten 2 8 . Die Gegendarstellung sollte daher von demselben Sprecher präsentiert werden, der auch die Erstmitteilung gebracht hat. Schließlich spielen die Variablen — publizistischer Zusammenhang, wozu auch die Reichweite der vorhergehenden und der folgenden Sendung gehört, und — außerordentliches, die Publizität steigerndes Ereignis (das nicht nur das Interesse an einer bestimmten Sendung, sondern generell das publizistische Interesse an allen Sendungen verstärkt) beim Rundfunk eine stärkere Rolle für die Wirkung als bei der Presse. Je ein Beispiel dafür: Von 1953 bis 1954 stieg die Hörbeteiligung der Sendung „Die Stimme Amerikas" von 12 auf 28 °/o, weil statt des Jugendfunks die Sendung 27 Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß nach herrschender Rechtsauffassung einer Bildfolge durch eine entsprechende begegnet werden kann und daß die Rundfunkanstalt i m Rahmen des Zumutbaren dazu verpflichtet ist, bei der Aufnahme von Gegenfotos u n d Gegenfilmen mitzuwirken. Vgl. Hans-Joachim Keller, Das Recht der Gegendarstellung i m Fernsehen, ArchPR 81/1970, S. 930; Löffler, a.a.O., S. 258, Rn 200. 28 Vgl. dazu die Untersuchungen des I f D Allensbach; z. B. I f D-Bericht 1080/ I I , Heute und Tagesschau, 1963, S. 21 ft.
2. Publizität
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„Musik macht gute Laune" vorausging 29 . Es gibt also weniger beliebte Sendungen, die die Hörerkreise der folgenden Sendung stark filtern, und Zugnummern (im Hörfunk leichte Musik und i m Fernsehen populäre Unterhaltungsnummern), die auch für folgende Sendungen einen ungewöhnlich großen Rezipientenkreis garantieren. Beispiel 2: Intensivierung des publizistischen Klimas. Eine Bundestagswahl steigert das politische Interesse der Bundesbürger derart 30 , daß die Wahlberichterstattung des Fernsehens am Abend nach der Wahl einen so großen und interessierten Zuschauerkreis anzieht, wie er m i t einer einzigen Sendung erst vier Jahre später nach den nächsten Bundestagswahlen wieder erreicht werden kann 3 1 . Eine Sendung zu dieser Zeit hat also nicht nur den Vorteil der größten Reichweite, sondern auch der günstigsten Disponiertheit des Rezipienten 32 . Bei der Gegendarstellung i m Rundfunk sind demgemäß die spezifischen Wirkungsgesetze der Funkmedien zu berücksichtigen, wenn Waffengleichheit wenigstens annähernd erreicht werden soll. Die meisten Landespressegesetze kommen dieser Forderung dadurch entgegen, daß sie die Vorschriften für die Gegendarstellung in der Presse auf den Rundfunk entsprechend angewandt wissen wollen 3 3 . Es wäre also zu prüfen, ob sich nicht schon de lege lata vertreten ließe, daß Gegendarstellungen unter bestimmten Bedingungen entweder zu einer be29 Untersuchungsergebnis des I f D Allensbach bei Fritz Eberhard, Der Rundfunkhörer u n d sein Programm, Berlin 1962, S. 218 f. Eine große Z a h l nicht weniger eindrucksvoller Untersuchungsergebnisse weisen i n dieselbe Richtung. 30 Vgl. dazu Elisabeth Noelle u n d Erich Peter Neumann (Hrsg.), Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1965—1967, Allensbach u n d Bonn 1967, S. 149. Selbst ein identischer Hörerkreis wäre also nicht zu jedem Zeitpunkt gleich interessiert. 31 Dieses Problem wurde akut, als die A R D 1965 i n der Wahlnacht ohne eigenes Verschulden eine Falschmeldung ausstrahlte, die von einem unbekannten Interessenten über Fernschreiber lanciert worden war. 32 Eine belebende E r w ä r m u n g des gesamten publizistischen K l i m a s durch ein herausragendes Ereignis k a n n auch bei der Presse stattfinden. B e i m ersten Besuch eines amerikanischen Präsidenten i n der Bundesrepublik Deutschland (Landung Eisenhowers am 27. August 1959 i n Köln-Wahn) stieg sowohl beim „ K ö l n e r Stadt-Anzeiger" als auch bei der „Kölnischen Rundschau" m i t einer Lesefrequenz der politischen Beiträge auch die Lesehäufigkeit der A r t i k e l i n allen anderen Ressorts. Vgl. IfD-Bericht 765, Allensbach 1959, u n d die Copytests, auf die sich dieser Bericht stützt. 33 Diese Bestimmung ist nicht i n allen Landespressegesetzen enthalten. Wo pressegesetzliche Regelungen fehlen, sind aber i m Rundfunkgesetz (Bayerischer Rundfunk, Deutsche Welle, Deutschlandfunk) oder i m Staatsvertrag (Südwestfunk, ZDF) Bestimmungen f ü r die Ausstrahlung von Gegendarstellungen enthalten. Vgl. Der Staatsvertrag über die Errichtung des ZDF, § 4, bei Delp, Recht der Publizistik, Bd. 4, Nr. 440; Bappert u n d Selbherr, ArchPR, 65/1965, S. 564—568; Beyer, ArchPR, 66/1965, S. 582 f.; Keller, ArchPR, 81/1970, S. 928—930; Der Journalist, 9/1969, Beilage „Das Recht der Presse", Nr. 66. Die Bundesregierung hat 1966 eine Neuordnung des Rechts auf Gegendarstellung i m Fernsehen gefordert. Vgl. Z V + ZV, 13/1966, S. 447.
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Aktualität
sonders publikumsgünstigen Zeit oder aber mehrmals gesendet werden. Voraussetzungen dafür müßten einerseits die zuverlässig prognostizierte geringere Reichweite der Gegendarstellung bei einmaliger Sendung sein und andererseits ein ausreichendes Interesse der Öffentlichkeit an der Unterrichtung durch beide Parteien. Diejenigen Landespressegesetze, die für die Gegendarstellung im Rundfunk nicht die gleiche, sondern eine gleichwertige Zeit vorschreiben, könnten eine extensive Auslegung bei der „entsprechenden" Anwendung des presserechtlichen Gegendarstellungsparagraphen i m Rundfunk erleichtern 34 . Großzügige Auslegung der einschlägigen Regelungen ist auf alle Fälle erforderlich, da Waffengleichheit i m Fernsehen, wenn überhaupt, viel schwerer zu erzielen ist als i n der Presse, wenn HansJoachim Keller auch optimistisch von der These ausgeht, daß eine gleichwertige Entgegnungsmöglichkeit herzustellen sei 35 .
3. Aktualität: sie wird durch „taktisches Tamtam" schuldhaft verzögert Aktualität bedeutet einerseits zeitgebundenes öffentliches Interesse 36 an einem Ereignis bzw. Sachverhalt und andererseits die Schnelligkeit, mit der die Massenmedien diesem öffentlichen Interesse in den von ihnen übermittelten Aussagen Rechnung tragen 37 . Publizistikwissenschaftliche Forschungsergebnisse lassen darauf schließen, daß Waffengleichheit nur bei höchster Aktualität der Gegendarstellung herzustellen ist: 1. Eine inaktuelle Aussage findet nicht mehr das erforderliche Interesse beim Publikum und besitzt daher eine geringere Chance, rezipiert zu werden 38 . 2. Eine lange hinausgezögerte Gegendarstellung hat selbst dann geringere Aussichten auf Wirkung, wenn sie von allen Rezipienten der Erstdarstellung wahr- und aufgenommen wird. Je länger die Darstellung unwidersprochen wirken kann, desto schwerer w i r d es für die Gegendarstellung sein, den einmal erzeugten Eindruck 34 Die gleiche Sendezeit schreiben die Landespressegesetze von Bayern, B e r l i n u n d Bremen vor. Die meisten Länder wollten m i t der Vorschrift, daß eine gleichwertige Sendezeit genüge, den Sendern entgegenkommen. Diese Vorschrift k a n n aber auch zum Vorteil des Betroffenen ausgelegt werden. 35 Keller, ArchPR 81/1970, S. 928 ff. 30 v g l Peter R. Hofstätter, Die Psychologie der öffentlichen Meinung, Wien 1949, S. 122 ff. 37 Vgl. U w e Magnus, Rundfunk u n d Fernsehen, 2/1965, 165. Den Zusammenhang zwischen Interesse u n d der Aufnahme von Informationen haben Herbert H. H y m a n u n d Paul B. Sheatsley (Public Opinion Quarterly, F a l l 1947, 412—423) nachgewiesen. 38 Der Zusammenhang zwischen Interesse u n d A k t u a l i t ä t w i r d u. a. bei Hofstätter (a.a.O.) u n d bei Heinz Bäuerlein (Publizistik, 5/1958, 297 ff.) diskutiert.
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wiederaufzuheben. Das gilt besonders dann, wenn die Erstdarstellung vorhandene Vorurteile erhärtet 3 9 oder wenn sie ein Thema behandelt, über das vorher nichts bekannt war und über das der Rezipient sich noch kein Urteil gebildet hatte; konnte doch eindeutig nachgewiesen werden, daß Informationen am ehesten dort Wirkungen erzielen, wo Einstellungen bei den Rezipienten überhaupt gefehlt haben oder noch nicht fest verankert waren 40 . Diese Wirkungen werden um so stärker sein, je objektiver die Erstmitteilung erscheint und je weniger eine Beeinflussungsabsicht zutagetritt. Die Gegendarstellung liegt nicht nur zeitlich, sondern auch publizistisch im Hintertreffen, weil aus ihr naturgemäß eine Beeinflussungsabsicht hervorgeht: Es w i r d offenbar, daß das Thema kontrovers ist und daß der Anspruchsberechtigte den Rezipienten von der Richtigkeit seiner Darstellung überzeugen w i l l —, und jedem Beeinflussungsversuch begegnet der Adressat mit größerem Mißtrauen als einer scheinbar zweckfreien Information 4 1 . Wie schnell die Gegeninformation folgen muß, damit die erste (möglicherweise falsche) Information nicht aus der unverankerten eine verankerte Einstellung macht, ist (noch?) nicht in Regeln festzulegen. Es muß aber bezweifelt werden, daß periodische Publikationen mit großem Erscheinungsintervall einer Gegendarstellung überhaupt noch Waffengleichheit garantieren können. Wie versuchen nun die Landespressegesetze und die Rechtsprechung, die höchstmögliche Aktualität einer Gegendarstellung zu sichern? Die Landespressegesetze enthalten zwei Vorschriften, die die Aktualität der Gegendarstellung garantieren sollen: die eine richtet sich an den Anspruchsberechtigten, die andere an den verantwortlichen Redakteur und den Verleger. Der Betroffene muß die Gegendarstellung unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Monaten, dem verantwortlichen Redakteur oder dem Verleger zuleiten. Bei der Veröffentlichung in Tageszeitungen müssen nach herrschender Rechtsauffassung „wegen der sehr rasch schwindenden Aktualität" „strenge Anforde39 I n der Verstärkung bereits vorhandener Einstellungen liegt eine der größten, wenn nicht die größte Wirkungsmöglichkeit der Massenmedien. Vgl. Joseph T. Klapper, The Effects of Mass Communication, Glencoe (III.) 1960, S. 15 ff. Die Theorie der kognitiven Dissonanz k a n n die E r k l ä r u n g dafür geben, w a r u m die Gegendarstellung nicht eine Erstmitteilung, die vorhandene Vorurteile verstärkt, i n ihrer W i r k u n g neutralisieren kann. Vgl. Leon Festinger, A theory of cognitive dissonance, 3. Aufl., Stanford 1965. 40 Vgl. Bernard Berelson, Communication and Public Opinion, 1948, neu veröffentlicht bei W i l b u r Schramm (Hrsg.), Mass Communications, 2. Aufl. Urbana 1960, S. 535. Elisabeth Noelle-Neumann, Publizistik, 3—4/1966, 360. 41 Vgl. Carl I. Hovland, I r v i n g L. Janis u n d Harold H. Kelley, Communication and Persuasion, 2. Aufl. New Haven u n d London 1964. W i l l i a m J. McGuire, The Nature of Attitudes and A t t i t u d e Change, bei Gardner Lindzey und Elliot Aronson (Hrsg.): The Handbook of Social Psychology, 2. Aufl. Reading, Bd. 3, S. 217.
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3. A k t u a l i t ä t
rungen" an die Unverzüglichkeit gestellt werden 42 . Eine vierzehntägige Frist (gerechnet vom Tag der Veröffentlichung der Erstdarstellung bis zum Einreichen der Gegendarstellung) gilt grundsätzlich als angemessen43. Das Uberschreiten dieser Frist bedeutet — falls nicht durchschlagende Gründe dafür vorliegen — ein „schuldhaftes Zögern" 44 , das den Anspruch auf Gegendarstellung zunichte macht. Die Massenmedien werden durch diese Regelung hinlänglich davor geschützt, inaktuelle Stoffe veröffentlichen zu müssen. Umgekehrt ist der verantwortliche Redakteur bzw. der Verleger nach den Landespressegesetzen dazu verpflichtet, die Gegendarstellung in der dem Empfang der Einsendung nächstfolgenden, für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer zu veröffentlichen. Wie sehr es dem Gesetzgeber und der Rechtsprechung darauf ankommt, dem Betroffenen Gelegenheit zu unverzüglicher Gegendarstellung zu geben, geht aus der prozessualen formellen Gestaltung des Gegendarstellungsanspruchs hervor. Ein ordentliches Zivilprozeßverfahren, das den Wahrheitsgehalt von Erstmitteilung und/oder Gegendarstellung zu ermitteln hätte, würde sich i m Regelfall so lange hinziehen, daß sich der Eindruck der Erstmitteilung zu sehr verfestigen könnte, bevor der Gegendarstellungsanspruch durchgesetzt wäre 4 3 . Für den Fall der Ablehnung einer Gegendarstellung durch den Redakteur schreibt der Landesgesetzgeber daher ein Schnellverfahren vor, auf das die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung entsprechend anzuwenden sind 46 . Ein schwerfälliges Hauptverfahren findet also nicht statt, und daher können Verleger und verantwortlicher Redakteur den Abdruck der Gegendarstellung auch nicht dadurch hinauszögern, daß sie mit einer 42
O L G Stuttgart Urt. v. 10. 7. 68, ArchPR Übers. XIII/1968, S. 67. Vgl. O L G H a m b u r g Urt. v. 4. 8.1966, N J W 1967, 159 f., u n d O L G Celle Urt. V. 6. 3. 69, ArchPR Übers. XIV/1969, S. 74. 44 O L G Stuttgart a.a.O.: „Der ASt. hat die Gegendarstellung zu den i n der Ausgabe der AGeg. v o m 23. 3. 68 abgedruckten Veröffentlichungen erst am 11. 4. 68 verlangt, obwohl er alsbald davon erfahren . . . hatte . . . Dies w a r zu spät. Der ASt. k a n n deshalb den Abdruck des Teils der Gegendarstellung, der sich auf Veröffentlichungen v o m 23. 3. 68 bezieht, nicht mehr verlangen." Vgl. dazu die i n ArchPR Übers. XIII/1968, S. 67 ff., abgedruckten Urteile. Der Ausdruck „schuldhaftes Zögern" stammt aus L P G (Hess) § 10 I I 2 u n d letztlich aus § 121 BGB. 45 B G H Urt. v. 3.11.67, ArchPR, 76/1968, S. 781 f. Vgl. auch Löffler, a.a.O., Bd. 2, S. 246, Rn 151. 46 Vgl. LPGe, § 1 1 I V außer Bayern. „Nach bayerischem Recht k a n n der Anspruch auf Aufnahme einer Gegendarstellung i m Zivilrechtsweg, m i t h i n i m Wege der Klage, verfolgt werden (§ 10 I I I BayPresseG). Eine Beschränk u n g auf die einstweilige Verfügung enthält das BayPresseG nicht." O L G München i m Urt. v. 18.12. 69, ArchPR Übers. XIV/1969, S. 76 f. Z u welchen Komplikationen diese Extratouren der Landesgesetzgeber führen können, beweist das Gegendarstellungsverlangen i n einer national verbreiteten Zeitung des Hauses Springer. ArchPR Übers. a.a.O. 43
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negativen Feststellungsklage eine Entscheidung des Gerichts i m ordentlichen Verfahren darüber zu erreichen versuchen, ob sie zum Abdruck einer ihnen vorgelegten Gegendarstellung verpflichtet sind oder nicht 47 . Diese Regelung führt zwar zur Vereinfachung und Verbilligung des Verfahrens. Trotzdem ist das Verfahren nicht einfach, nicht billig und daher auch nicht schnell genug, um den berechtigten Ansprüchen der Betroffenen zu genügen. „Der Spiegel" etwa gibt offen zu, daß er den Abdruck von Gegendarstellungen m i t „taktischem Tamtam" systematisch hinauszögere 48 . Beispiel: „Der Spiegel" lehnt ein Gegendarstellungsverlangen des Chefredakteurs der „Welt", Kremp, ab (1. Schritt). Die von Kremp erwirkte einstweitige Verfügung (2. Schritt) beantwortet „Der Spiegel" mit einer Berufung beim Oberlandesgericht (3. Schritt). Das OLG Hamburg gibt der Bitte des „Spiegel" um vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung zunächst statt (4. Schritt), hebt jedoch diese Entscheidung nach Lektüre der landgerichtlichen Urteilsgründe (Verfügungsinstanz) wieder auf (5. Schritt). Jetzt erst ist „Der Spiegel" zum Abdruck der Gegendarstellung gezwungen 49 . Mag dieses „Prozeß-Gerangel" 50 zwischen zwei Verlagshäusern mit versierten Rechtsabteilungen noch amüsant erscheinen — die Tatsache, daß „Der Spiegel" auch gegenüber Verfügungsklägern ohne publizistische Wirkungsmöglichkeiten und ohne Geld so verfahren kann und so verfährt 5 1 , stimmt bedenklich. Wie lange es dauert, bis ein Durchschnittsbürger einen Gegendarstellungsanspruch durchzusetzen vermag, wenn der beklagte Redakteur die vom „Spiegel" geschilderte Verzögerungstaktik anwendet, zeigt sich am Beispiel des Rechtsstreits zwischen dem Publizistikstudenten Manfred Knoche und dem „Öffentlichen Anzeiger", Bad Kreuznach 52 : Knoches Anwalt übermittelte die Gegendarstellung am 10. März 1970, der „öffentliche Anzeiger" druckte sie am 10. August 1970 ab 53 . Eine derartige Verzögerung stellt besonders dann eine Gefährdung der Meinungsfreiheit dar, wenn unabänderliche Tatsachen durch Beeinflussung der öffentlichen Meinung geschaffen werden, bevor die Gegen47
Vgl. B G H Urt. v. 3.11.1967, ArchPR, 76/1968, S. 781. Der Spiegel, Nr. 9 v. 23. 2.1970, 86. 4ί) Ebenda. Ebenda. 51 „Der Spiegel" w i l l damit erreichen, daß die Erwiderungen der Betroffenen nicht als Gegendarstellungen, sondern als Leserbriefe abgedruckt w e r den. Vgl. unten S. 24. 52 Der „öffentliche Anzeiger" bezieht seinen M a n t e l von der „RheinZeitung", Koblenz. 53 L G Kreuznach erließ am 15. A p r i l 1970 eine einstweilige Verfügung. Die Berufung ging am 30. A p r i l ein. A n demselben Tag (sie!) beschloß O L G K o blenz, die Zwangsvollstreckung unter Vorbehalt einer erneuten Entscheidung einstweilen einzustellen. (Die obengenannten Angaben erfolgen nach den Originalquellen. K . R.) 48
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3. A k t u a l i t ä t
darstellung publiziert wird. So kann etwa die Gegendarstellung eines durch die Massenmedien persönlich diffamierten Wahlkandidaten das Wahlergebnis naturgemäß nicht mehr korrigieren, wenn sie nach den Wahlen erscheint. Dieses Beispiel mag illustrieren, daß das Recht auf Gegendarstellung zum A l i b i für die W i l l k ü r von Journalisten wird, wenn der beklagte Redakteur alle Möglichkeiten der Verzögerung nützt; und dieser Möglichkeiten sind viele, zumal das „jedermann" eingeräumte Recht auf Gegendarstellung so kompliziert ist (Löffler), daß es erfahrungsgemäß nur mit Hilfe eines bewanderten Juristen geltend gemacht werden kann 5 4 . Daß die Journalisten diesen Umstand nutzen, geht aus dem „Praktischen Journalismus" hervor: „Nach den Erfahrungen der Syndici der Verlage erfüllen die allermeisten der Berichtiger die Vorschriften der Gesetze nicht. Ihre Darstellung w i r d deshalb fürs erste zurückgewiesen . . . Bei den . . . Gegendarstellungen empfiehlt sich das strikte Festhalten an den Formerfordernissen unbedingt. Es schwächt nämlich die Position des anderen 55 ." Der „andere" ist der Betroffene! Waffengleichheit zwischen Journalist und journalistisch „Getroffenem" kann also nur hergestellt werden, wenn das taktische Verzögern von Gegendarstellungen erschwert wird. Dabei darf allerdings nicht an eine Einschränkung der Rechtsweg-Garantie gedacht werden. Es muß jedem, auch dem „Spiegel", aus Gründen ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs überlassen bleiben, welche gesetzlichen Wege er ausnutzt. Aber so wie ein schuldhaftes Zögern des Betroffenen das Erlöschen des Gegendarstellungsanspruchs bewirkt, sollte umgekehrt schuldhaftes Verzögern (und damit die Herstellung eines Vorsprungs i n der publizistischen Einwirkung auf die Öffentlichkeit) zu erhöhtem Anspruch des Betroffenen auf Publizität führen. Gesteigerte Publizität könnte etwa durch besonders auffällige Plazierung und Auszeichnung, durch Erweiterung des Umfangs oder gar mehrmaligen Abdruck der Gegendarstellung (publizistische Multiplikationsstrafe als Verzugsstrafe) erreicht werden. Ähnliche Vorschriften sind umso dringlicher, als das Zögern i m allgemeinen nicht im Interesse des Betroffenen liegt, dagegen relativ häufig i m Interesse der Verleger und Redakteure. Gegendarstellungen besitzen nämlich immer noch das Image von Berichtigungen, und daher befürchten Verleger und Redakteure durch sie einen Prestigeverlust für sich selbst oder für ihre Zeitung. I h r Interesse an der Verhinderung des Erscheinens von Gegendarstellungen wächst in dem Maße, als in der Gegendarstellung die journalistische Arbeit und 54 Vgl. Löffler, a.a.O., Bd. 2, S. 226, Rn 80. I n vielen Provinzstädten gibt es auch unter den A n w ä l t e n keinen Spezialisten f ü r Presserecht; u n d wenn es i h n gibt, arbeitet er oft schon für die beklagte Zeitung. 55 Der Journalist, Beilage „Praktischer Journalismus", 22/1957, S. 8.
4. Intensität der W i r k u n g
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Leistung und/oder die Verlagspolitik in Zweifel gezogen werden 56 . Wegen des starken Interesses am Hinauszögern von Gegendarstellungen sollten Vorschriften über die erhöhte Publizität von Gegendarstellungen schon wirksam werden, wenn die Berufung des verantwortlichen Redakteurs oder des Verlegers gegen eine einstweilige Verfügung keinen Erfolg hat, sondern abgewiesen wird. Gisela Sänger fordert in diesem Zusammenhang eine Erweiterung der Landespressegesetze um die Vorschrift, daß bei Verweigerung des Abdrucks einer Gegendarstellung dem Betroffenen umgehend eine klare, detaillierte und vollständige Begründung zu geben ist 57 . Diese Begründung darf nicht schrittweise erfolgen, indem ζ. B. die erste Zurückweisung mit dem Fehlen der Unterschrift des Betroffenen gerechtfertigt w i r d und — nach geleisteter Unterschrift — eine neuerliche Zurückweisung mit dem Hinweis auf den unangemessen großen Umfang erfolgt. Aber auch ohne eine Novellierung der Gesetze scheint sich in letzter Zeit — darauf deuten die Urteilsbegründungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und München hin — die Rechtsauffassung durchzusetzen, daß Zeitungen Gegendarstellungen nur mit präzisen, detaillierten Begründungen zurückweisen dürfen 58 .
4. Intensität der Wirkung: darum geht es Daß es auch den Landesgesetzgebern und der Rechtsprechung nicht rein formal, sondern im Hinblick auf die Wirkung um gleiche Reichweite und höchstmögliche Aktualität geht, ergibt sich aus mehreren Vorschriften der Landespressegesetze und vielen Urteilsbegründungen. 4.1. Leserbrief
ist keine Gegendarstellung
Die Gegendarstellung darf nach den Landespressegesetzen nicht als Leserbrief veröffentlicht werden. Damit wurde paragraphiert, was vorher schon Rechtspraxis war 5 9 . Das OLG Köln begründet diese Vorschrift mit dem publizistikwissenschaftlich erhärteten Befund, daß die Leserkreise von Leserbriefen und von bestimmten redaktionellen Beiträgen 56 Bei verlagspolitischem Engagement w i r d die Gatekeeper-Rolle der Redakteure am ehesten nachrichtenpolitisch genutzt. Vgl. Elisabeth NoelleNeumann, Publizistik, 3—4/1966, 369, Fußnote 23. 57 Vgl. Gisela Sänger, ArchPR 75/1968, S. 755 f. 58 Vgl. O L G Düsseldorf Urt. v. 19.12. 69 u n d O L G München Urt. v. 18.12. 69, ArchPR Übers. XIV/1969, S. 75 u. 77. Damit entfallen auch die formalistischen Einwände von Wenzel und Nesselkauf (ArchPR 75/1968, S. 756 ff.) gegen diese Rechtsauffassung. 59 Vgl. BGHZ13, 334; Möller, ArchPR 35/1960, S. 124, und ders. ? ArchPR 4$/ 1962, S. 258 ff.
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4. Intensität der W i r k u n g
i m allgemeinen nicht identisch sind 60 . Außerdem hängt die Wirkung vom Prestige des Kommunikators und des Mediums ab; das steht seit den aufsehenerregenden Experimenten von Carl I. Hovland außer Zweifel 6 1 . Da Leserbriefe (als Äußerungen von Privatpersonen m i t privaten Interessen) i n der Regel eine geringere Glaubwürdigkeit besitzen dürften als redaktioneller Text (der von in öffentlichem Interesse handelnden Journalisten verfaßt wurde), w i r d eine Gegendarstellung i n der Umgebung redaktioneller Beiträge höheres Prestige erreichen als ein Leserbrief. Abgesehen davon dürfte eine Gegendarstellung wegen ihrer besonderen Auszeichnung i m redaktionellen Teil i m Regelfall einen höheren Aufmerksamkeitswert als ein Leserbrief unter Leserbriefen erzielen. Trotz der eindeutigen Vorschrift i n den Landespressegesetzen und trotz der Proteste und Empfehlungen des Deutschen Presserats 62 werden Gegendarstellungen (mit scheinbar freiwilliger Zustimmung der Betroffenen) immer wieder als Leserbriefe gebracht, weil die Redaktionen die Wahl zwischen sofortigem Abdruck eines Leserbriefs und der durch prozessuale Taktik hinausgezögerten Veröffentlichung einer Gegendarstellung lassen 63 . M i t anderen Worten: Aktualität ist in diesen Fällen nur durch einen Leserbrief zu erreichen. Das „taktische Tamtam" des „Spiegel" hat denn auch vor allen Dingen den Zweck, die Betroffenen zum Verzicht auf eine Gegendarstellung und zum Rückzug auf den Leserbrief zu bewegen. 60
O L G Köln, 10 U 141/60 v o m 10.4.61, ArchPR Übers. IV/1961, S. 34. Vgl. ζ. B. Carl I. H o v l a n d und Walter Weiss, Public Opinion Quarterly, 4/1951, 635—650. 62 Schon 1959 wandte sich der Presserat (Deutscher Presserat, Tätigkeitsbericht 1956—1959, Bad Godesberg 1960, S. 65) „gegen den vielfach beobachteten Brauch, sich der Pflicht der Richtigstellung einer irrtümlichen oder falschen Meldung durch Anregung u n d Veröffentlichung eines Leserbriefes zu entziehen. Die Richtigstellung ist u n d bleibt eine selbstverständliche Pflicht der Redaktion." Diese Mahnung ist nach w i e vor aktuell. 63 So veranlaßte „Der Spiegel" die Publizistik-Assistenten Glotz u n d L a n genbucher, München, zu der Einwilligung, eine Gegendarstellung i n einen Leserbrief umfunktionieren zu dürfen. Besonders charakteristisch f ü r das Vorgehen des „Spiegel" ist folgendes Beispiel, über das die „Kölnische Rundschau" v o m 1. September 1965 berichtet: „ A m 14. J u n i konnte man i m SpiegelPanorama lesen, das Allensbacher I n s t i t u t gebe der SPD 48 v. H., der CDU 41 v. H. Stimmen bei der bevorstehenden Landtagswahl an der Saar. A m Freitag zuvor hatte sich der Spiegel-Panorama-Redakteur Eichhöfer i n Allensbach erkundigt, ob das Institut eine Vor-Wahlumfrage i m Saargebiet gemacht habe. Die Frage wurde verneint. Als die unrichtige Meldung i m Spiegel erschienen war, bat das Institut umgehend u m eine B e r i c h t i g u n g . . . Die nächste Nummer, die letzte vor den Wahlen, erschien ohne Berichtigung. Die Berichtigung erschien dann schließlich i n der übernächsten Nummer, nach den Wahlen, als kleiner Leserbrief, dessen T e x t v o m Spiegel selbst formuliert worden w a r m i t der feinsinnigen Uberschrift ,Keine Frage'." 61
4. Intensität der W i r k u n g
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Bezeichnend ist auch der Tip i m „Praktischen Journalismus": „Die sympathischsten Richtigsteller sind diejenigen, die nicht zum Rechtsanwalt laufen. M i t ihnen läßt sich reden. A m nettesten unter diesen sympathischen Zeitgenossen erscheinen dem Reporter und dem Redakteur diejenigen, die sich mit der Aufforderung: „Schreiben Sie uns doch einen Leserbrief!" zufriedengeben. Nicht selten genügt es ihnen dann schon, den Brief geschrieben zu haben. Wenn er nach einem Monat noch nicht erschienen ist, lassen viele Leser die Sache auf sich beruhen 64 ." 4.2. Wirkungseinheit
ist weniger als Wirkungsmonopol
Die Landespressegesetze schreiben vor, daß eine Gegendarstellung ohne Einschaltung und/oder Weglassung zu veröffentlichen sei. Besonders das Verbot von Einschaltungen zeugt von Verständnis für publizistische Wirkungen. Juristen betonen, daß der Journalist dem Betroffenen nach dem Prinzip der Waffengleichheit ebensowenig ins Wort fallen dürfe, wie der Betroffene den Journalisten habe unterbrechen können 65 . Das heißt: Die Gegendarstellung muß zusammenhängend als Wirkungseinheit abgedruckt werden, weil auch die Erstmitteilung einheitlich wirken konnte. Das Auseinanderreißen einer Gegendarstellung zu dem Zweck, sie Punkt für Punkt zu widerlegen, verpflichtet daher den verantwortlichen Redakteur zum erneuten Abdruck der Gegendarstellung ohne Einschaltungen 66 . Erlaubt ist nur der sogenannte Redaktionsschwanz, d. h. eine auf Tatsachendarstellung beschränkte redaktionelle Erwiderung, die die zusammenhängende Wirkung der Gegendarstellung nicht beeinträchtigt. Der ebenso anschauliche wie saloppe Ausdruck „Schwanz" bedeutet eigentlich, daß die redaktionelle Erwiderung der Gegendarstellung nachgeschaltet ist. Üblich ist aber auch der redaktionelle Vorspann 67 . 04
Praktischer Journalismus, 22/1957, a.a.O. Vgl. Löffler, a.a.O., Bd. 2, S. 241, Rn 133. Vgl. B G H Beschl. v. 31. 3. 65, Z V + ZV, 18—19/1965, 758, und NJW 1965, 1230 f. Die „Bunte Illustrierte" hatte eine Gegendarstellung der Zeitschrift „Euromed" sowohl durch Einschaltungen als auch durch eine Überschrift und eine redaktionelle Vorbemerkung zu neutralisieren versucht. Damit erfüllte sie nicht den Gegendarstellungsanspruch von „Euromed" (in Bestätigung von L G Offenburg u n d O L G Karlsruhe. Vgl. NJW 1965, 979 ff.) 67 Besonders typisch ist ein redaktioneller Vorspann, w i e i h n der Moderator der „Report"-Sendung v o m 2. August 1965, E m i l Obermann, vor einer Gegendarstellung der „Nürnberger Nachrichten" brachte: „ W i r werden gleich eine Gegendarstellung verlesen. Das Presserecht verpflichtet uns unter besonderen Voraussetzungen dazu. Das Presserecht verlangt aber nicht, daß die Angaben i n der Gegendarstellung w a h r sind. Es gibt ζ. B. ein Urteil, nach dem die Gegendarstellung selbst dann verbreitet werden muß, wenn die i n i h r behaupteten Tatsachen u n w a h r sind, der ursprüngliche Bericht aber zutreffend war. M i t dieser Bemerkung w i l l ich n u r darauf hinweisen, 65
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4. Intensität der W i r k u n g
M i t Rücksicht auf die Waffengleichheit ist ein derartiger Vorspann jedoch nicht zu rechtfertigen. Er beeinflußt die Interpretation der Gegendarstellung, zumal er sich zwischen Überschrift und Text schiebt 68 . Außerdem w i r d der Vorspann in vielen Fällen einen Primacy-Effekt erzielen, da bei zweiseitiger Argumentation das zuerst vorgetragene Argument eine höhere Chance auf Wirkung besitzt als das zuletzt vorgetragene, wenn der Kommunikator, in diesem Falle der erste Kommunikator, Prestige besitzt 69 . Aber auch der nachgeschaltete Redaktionsschwanz vereitelt die volle Waffengleichheit. Sicher: Einheitlichkeit der Gegendarstellung steigert deren Wirkung; höchste Effizienz jedoch erreicht nur ein Wirkungsmonopol. Allein der Hinweis darauf, daß es Gegenargumente überhaupt gibt (ohne daß die Gegenargumente konkretisiert würden) kann, wie McGuire und Papageorgis nachgewiesen haben 70 , die Wirkung eines Arguments schwächen oder gar neutralisieren — wieviel mehr aber ein ausführlich argumentierender Redaktionsschwanz! Die Erstdarstellung hat am Tage ihres Erscheinens ein Wirkungsmonopol besessen. Annähernde Waffengleichheit garantiert daher eher eine Regelung, wie sie der Staatsvertrag des Zweiten Deutschen Fernsehens trifft. Es heißt dort in § 4: „Eine Erwiderung auf eine verbreitete Gegendarstellung darf nicht am gleichen Tage gesendet werden 71 ." Auf alle Fälle behält der Journalist das letzte Wort 7 2 .
daß eine Gegendarstellung weder eine Berichtigung noch ein Widerruf ist. Sie ist lediglich eine Darstellung aus der Sicht des Betroffenen." Z V + ZV, 39 bis 40/1965, 1799. „Report" hatte am 31. 5. 65 zum Thema „Sterbende Zeitungen" behauptet, der schärfste Gegner der Zeitung sei die Zeitung selbst. So machten etwa die „Nürnberger Nachrichten" durch Gratisanzeigen den kleinen u n d m i t t l e ren Zeitungen unlautere Konkurrenz. Verleger Heinrich G. M e r k e l hatte daraufhin eine Gegendarstellung verlangt. 68 Die Einflüsse von Überschriften auf die folgenden Texte untersuchte vor allem Percy H. Tannenbaum, Journalism Quarterly, 1953, 189 ff. Vgl. auch unten S. 34. O L G Hamburg Urt. v. 18.7.68, ArchPR Übers. XIII/1968, S. 66, stellte fest: Wenn sich unter der Überschrift „Gegendarstellung" ein Text befinde, der durch die Unterschrift des Betroffenen nicht gedeckt sei, so stelle das eine Einschaltung i m Sinne des Gesetzes dar. 69 Vgl. dazu Carl I. Hovland, Effects of the Mass Media of Communication, bei Gardner Lindzey (Hrsg.), Handbook of Social Psychology, 3. Aufl. Reading und London 1959, S. 1078 f. 70 W i l l i a m J. McGuire u n d Demetrios Papageorgis, Public Opinion Quarterly, 1/1962, 24—34. 71 Vgl. GVBl.BadWürtt., S. 215. 72 I m Redaktionsschwanz kann die Redaktion ζ. B. mitteilen, daß sie auf ihrer Darstellung beharrt. Wenn sie diese allgemeine Angabe durch neue Tatsachenbehauptungen substantiiert, läßt sich allerdings u. U. auch gegen den Redaktionsschwanz eine neue Gegendarstellung erwirken. Z u einer derartigen Eskalation kommt es jedoch i n der Praxis fast nie.
4. Intensität der W i r k u n g
4.3. Die Gegendarstellung
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darf länger sein
Der Umfang der Gegendarstellung muß „angemessen" sein 73 . Die meisten Landespressegesetze geben einen vagen Maßstab für diese Angemessenheit: „Uberschreitet die Gegendarstellung nicht den Umfang des beanstandeten Textes, so gilt sie als angemessen74." Man w i r d interpretieren dürfen: Eine Gegendarstellung, die den Umfang — der den Betroffenen berührenden Passagen — der Erstmitteilung nicht überschreitet, ist grundsätzlich angemessen; sie darf nicht wegen Unangemessenheit der Länge zurückgewiesen werden. Damit ist aber nicht gesagt, daß eine längere Gegendarstellung unter bestimmten Voraussetzungen nicht ebenfalls angemessen sein kann. Das geht schon aus der Soll-Vorschrift des bayerischen Landespressegesetzes hervor: „Die Gegendarstellung soll den Umfang des beanstandeten Textes nicht wesentlich überschreiten." Löffler vertritt denn auch die Auffassung, der räumliche Umfang des beanstandeten Textes gelte nach ausdrücklicher Regelung als in jedem Fall zulässiges Minimum für die Gegendarstellung. Er hält sogar eine erhebliche Überschreitung des Umfangs der Erstmitteilung je nach den konkreten Umständen für angemessen75. Vier Gründe rechtfertigen ein Überschreiten der Länge der Erstmitteilung: 1. Die Erstmitteilung muß dem Rezipienten in den Punkten, gegen die Tatsachenbehauptungen vorgetragen werden sollen, vergegenwärtigt werden, da ein Gegenargument ohne das Argument, das es widerlegen will, in der Luft hinge. Die Diskussion darüber, ob es publizistisch zweckmäßig sei, die Sachargumente der Gegenseite zu verschweigen und sich auf die Präsentation der Sachargumente für die eigene Seite zu konzentrieren, erübrigt sich bei der Gegendarstellung. Die Gegenseite hat ihre Darstellung ja bereits veröffentlicht, sie ist dem Adressaten also bekannt, und die Gegendarstellung muß darauf eingehen. Wie McGuire nachwies 76 , ist es um so dringlicher, nicht nur die positiven Argumente vorzutragen, sondern gerade auch Anwürfe ausdrücklich zu widerlegen, je bekannter die Anwürfe sind und je offenkundiger das behandelte Thema kontrovers ist. 2. Die Widerlegung einer Tatsachenbehauptung erfordert im allgemeinen auch bei größter Konzentration mehr Raum als deren Auf73 § 11 RPresseG begrenzte den Umfang der Gegendarstellung noch nicht, sondern beschränkte n u r den Raum für den kostenfreien Abdruck. Vgl. Löffler, a.a.O., S. 235 ff. 74 Gegendarstellungsparagraph aller jüngeren Landespressegesetze, Abs. 2. 75 Löffler, a.a.O., S. 236, Rn 118. 76 W i l l i a m J. McGuire, The Nature of Attitudes and A t t i t u d e Change, a.a.O., S. 210.
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4. Intensität der W i r k u n g
Stellung, zumal der Betroffene sich nicht auf ein Bestreiten beschränken muß, sondern seine Auffassung durch Angaben tatsächlicher A r t substantiieren kann 7 7 . Die Möglichkeit der Substantiierung ist nicht zuletzt deshalb erforderlich, weil es leichter sein dürfte, Mißtrauen gegen Personen zu erregen, als Vertrauen für sie zu wecken 78 . Besonders schwer ist es, einmal erregtes Mißtrauen in Vertrauen umzuwandeln 79 . 3. Knappe Darstellung setzt „meisterhafte Schriftgewandtheit" voraus 80 . Diese Meisterschaft besitzen nur wenige, und der Gegendarstellungsanspruch kann nicht nur diesen wenigen vorbehalten bleiben. Das OLG Hamburg stellt denn auch den Leitsatz auf: „Bei der Prüfung der Angemessenheit des Umfangs einer Gegendarstellung ist kein kleinlicher Maßstab anzulegen 81 ." Und weiter heißt es: „Eine Gegendarstellung darf vielmehr so lang sein, wie es eine sachgemäße, auf einen Tatsachenvortrag beschränkte Rechtfertigung des von einer Pressekritik Betroffenen vor dem Forum der Öffentlichkeit erfordert. Andernfalls würde dem Betroffenen nur ein unzureichender Schutz gewährt werden. Was zur sachlichen Rechtfertigung erforderlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Wenn eine im öffentlichen Leben stehende Person Gegenstand einer schwerwiegenden Pressekritik ist, w i r d oft eine umfangreiche Gegendarstellung zur Richtigstellung des Sachverhalts erforderlich sein 81 ." Unter Umständen könne der Umfang einer Gegendarstellung selbst dann noch angemessen sein, wenn er ein Mehrfaches der Erstmitteilung betrage, führt das OLG Hamburg i n einem anderen Urteil aus 82 . 4. Hervorzuheben ist der zweite Grund, den das Gericht am 2. Mai 1968 für die Angemessenheit einer relativ umfangreichen Gegendarstellung angab: Es bestehe auch ein öffentliches Interesse an umfassender Information (vgl. S. 9 f.). Auch dieses öffentliche Interesse kann es u. U. rechtfertigen, daß die Länge der Gegendarstellung die der Erstmitteilung überschreitet. Was das heißen könnte, mag an dem Beispiel der Gegendarstellung von Manfred Knoche diskutiert werden 83 . I n einem Kommentar über die von Knoche öffentlich vorgetragene These, die beiden Kreuznacher 77
Vgl. O L G Hamburg, 3 U 15/68 v. 2. 5.68, ArchPR 75/1968, S. 758. Diese These müßte allerdings noch gründlich geprüft werden. E i n E x periment von A. D. Annis u n d N. C. Meier (Journal of Social Psychology, 5/ 1934, 65—81) bestätigt sie nicht. Es macht jedoch deutlich, daß Urteile über relativ unbekannte Personen leicht zu beeinflussen sind. Elisabeth NoelleNeumann (Publizistik, 3—4/1966, 361 ff.) weist nach, daß Meinungen über Personen i m Regelfall leichter zu ändern sind als Meinungen über Sachen. 79 Vgl. dazu Leon Festinger, a.a.O. 80 O L G H a m b u r g Urt. v. 2.5. 68, ArchPR 75/1968, S. 759. Vgl. dazu aber auch O L G Frankfurt Beschl. v. 18. 2. 50, N J W 1950, 270 f. 81 O L G H a m b u r g Urt. v. 2. 5. 68, a.a.O. 82 O L G H a m b u r g Urt. v. 4.1. 68, ArchPR Übers. XIII/1968, S. 68. 83 Vgl. oben S. 21. 78
4. Intensität der W i r k u n g
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Lokalzeitungen 84 stünden miteinander nur in Scheinkonkurrenz, schreibt der „öffentliche Anzeiger" am 5. März 1970: „Knoche behauptete, zwischen den Lokalredaktionen bestünden Absprachen... Das ist unrichtig." Knoche verlangte eine Gegendarstellung folgenden Wortlauts: „Die Wiedergabe meiner Äußerungen entspricht nicht den Tatsachen. Richtig ist vielmehr, daß ich Indizien für die Zusammenarbeit der beiden Großverlage in Koblenz und Mainz aufgezeigt habe, u. a. m i t folgender Feststellung: Diese Großverlage legen ihre Bad Kreuznacher Nebenausgaben so sehr fest, daß formelle Absprachen der Lokalredaktionen meist gar nicht mehr nötig sind. Die Lokaljournalisten wissen, was ihre .Herren 4 nicht gedruckt haben möchten, oder sie fragen i m Einzelfall nach, was der Zentralredaktion genehm ist. Dies habe ich u. a. mit folgendem belegt: 1. Es gab Absprachen im Wahlkampf 1969. 2. Die beiden Großverlage haben vor kurzem in Idar-Oberstein einträchtig eine Lokalzeitung abgeschafft 83. 3. Die beiden Großverlage sind gemeinsam gerichtlich gegen das Bad Kreuznacher Anzeigen-Gratis-Blatt vorgegangen. 4. Es gibt deshalb nur eine Scheinkonkurrenz, weil die beiden Lokalzeitungen niemals sich gegenseitig kontrollieren, indem etwa einer Fehler in der Berichterstattung des anderen berichtigt oder einer über den anderen als Presse-Unternehmen kritisch berichtet. Weiterhin w i r d behauptet, ich hätte davon gesprochen, die beiden Lokalteile seien infolge von Absprachen uniform. Dies ist irreführend. I n Wahrheit habe ich die Uniformität nicht von Absprachen hergeleitet, sondern anhand einer systematischen Inhaltsanalyse konkret nachgewiesen, daß A r t und Auswahl des Stoffes keine wesentlichen Unterschiede, geschweige denn Alternativen, erkennen lassen. Dies zeigt sich besonders auch daran, daß bestimmte Bereiche — wie ζ. B. die kritische Berichterstattung über Bad Kreuznacher Industrie-Unternehmen aus der Sicht der Arbeitnehmer — fast völlig ausgespart werden 80 ." 84 Es handelt sich u m den „öffentlichen Anzeiger", der von der „RheinZeitung", Koblenz, seinen Mantel bezieht, und u m die „Allgemeine Zeitung" (Untertitel: Bad Kreuznacher Anzeiger), eine Ausgabe der „Allgemeinen Zeitung", Mainz. 85 Die „Allgemeine Zeitung", Ausgabe Idar-Oberstein, streute bei 5000 bis 6000 Abonnenten über ein so weiträumiges Gebiet, daß sie seit Jahren ein Zuschußunternehmen der Mainzer Verlagsanstalt darstellte u n d daher 1969 an die „Rhein-Zeitung" verkauft wurde. Die „Rhein-Zeitung" fusionierte das B l a t t m i t ihrer Ausgabe „Idar-Obersteiner Nachrichten" zur „Nahe-Zeitung". 86 Zitiert nach dem Original des ursprünglich eingesandten Gegendarstellungstextes.
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5. Das Problem der Meinung i n der Gegendarstellung
Der „Öffentliche Anzeiger" lehnte den Abdruck der Gegendarstellung ab. I n dem folgenden Rechtsstreit entschied das Landgericht Bad Kreuznach 87 , die Verfügungsbeklagte, der „öffentliche Anzeiger", habe den Gegendarstellungstext zu publizieren — allerdings ohne die von Knoche genannten Beispiele, da für deren Abdruck kein schutzwürdiges Interesse bestehe. Was Knoche m i t seinen Äußerungen über „Absprachen" gemeint habe, gehe aus der bewilligten Fassung (ohne die Beispiele) deutlich genug hervor. Knoche stehe nicht das Recht zu, die von ihm begonnene Polemik in der Gegendarstellung fortzusetzen. Sicher: der betroffene Bürger hat derzeit über die Gegendarstellung hinaus keinen juristischen Anspruch gegenüber der Presse auf Veröffentlichung seiner Ansichten und Informationen. Trotzdem sollte geprüft werden, ob das Gericht sein Urteil i n diesem Falle allein auf das schutzwürdige oder nicht schutzwürdige Interesse Knoches abstimmen durfte; besitzt die breite Öffentlichkeit doch ein elementares Interesse daran, vielseitig informiert zu werden. Folglich w i r d sie sich auch ein Urteil darüber bilden wollen, ob in der täglichen Pressepraxis in der Tat eine vielseitige Information erfolgt. Dieses Urteil kann sie aber nur fällen, wenn sie detailliert über Knoches Argumentation unterrichtet ist 88 .
5. Das Problem der Meinung in der Gegendarstellung Verantwortlicher Redakteur und Verleger sind nur verpflichtet, Gegendarstellungen zu veröffentlichen, die sich (1) auf i n dem Druckwerk aufgestellte „Tatsachenbehauptungen" beziehen und die sich (2) auf „tatsächliche Angaben" beschränken 89 . Hieraus w i r d meistens geschlossen, daß (1) Meinungsäußerungen nicht gegendarstellungspflichtig seien und daß (2) der Gegendarstellungstext kein Werturteil und keine andere Meinungsäußerung enthalten dürfe 90 . Gerichte lassen Meinungs87
L G Kreuznach Urt. v. 15. 4. 70, zitiert nach dem Original. Dabei ist f ü r die Gegendarstellung nicht relevant, ob Knoches Beispiele v o l l der Wahrheit entsprechen. Dem „öffentlichen Anzeiger" bliebe j a die Möglichkeit, sich i n einem Redaktionsschwanz zu rechtfertigen. Bei der herrschenden Rechtsauffassung könnte die Stellungnahme der Redaktion sogar an demselben Tag erfolgen. Nach der hier vertretenen Auffassung sollte sie erst am folgenden Tag publiziert werden dürfen. 89 Die Beschränkung der Gegendarstellungspflicht auf Tatsachenbehauptungen schrieb schon das RPresseG vor, u n d auch alle LPGe enthalten diese Einschränkung. 90 BGH, N J W 1962, 152; 1965, 294, 1476; O L G Frankfurt, N J W 1950, 270 f.; O L G Hamburg, N J W 1967, 159; L G München, Urteile v. 19.12.58 u. 17.4.59, Der Journalist, 5/1960, Beilage „Das Recht der Presse", Nr. 24. Die Einschränkungen gelten auch u n d besonders für politische Meinungsäußerungen; vgl. O L G H a m b u r g Urt. v. 4.8.66 u. B G H Urt. v. 6.12.66, ArchPR 72/1967, S. 681. 88
5. Das Problem der Meinung i n der Gegendarstellung
äußerungen ebenso wie ζ. B. einen strafbaren Inhalt als Ablehnungsgrund für Gegendarstellungen gelten 91 . 5.1. Maulkorb für Gegendarstellungen mit dem Grundgesetz vereinbar? Die Einschränkung der Gegendarstellung auf Tatsachenbehauptungen beweist, daß das Gegendarstellungsrecht nicht aus einer logisch einheitlichen Idee konzipiert wurde. Dem Sinne des alten Berichtigungsrechts aus dem Reichspressegesetz entsprach es durchaus, wenn falsche Tatsachenbehauptungen nur durch Tatsachenbeweise widerlegt werden durften. Wäre der Begriff Berichtigung nur deshalb durch den der Gegendarstellung ersetzt worden, weil dem journalistisch Getroffenen die Möglichkeit unmittelbarer Entgegnung gegeben werden soll, bevor der Wahrheitsgehalt der umstrittenen Aussagen festgestellt werden kann, wäre die Einschränkung auf Tatsachenangaben die konsequente Folge. Häufig w i r d jedoch die Auffassung vertreten, daß der Gegendarstellungsanspruch nicht zuletzt aus dem Recht auf M i t w i r k u n g an der Bildung der öffentlichen Meinung erwächst 92 . Adolf Arndt beklagt denn auch, „daß das Hessische Pressegesetz wieder verstümmelt wurde, indem man das Recht zur Gegenerklärung auf die Behauptung von Tatsachen beschränkte und damit einen Fehler des Reichspressegesetzes restaurierte" 93 . M i t A r n d t leitet eine Reihe von Autoren den Gegendarstellungsanspruch ausdrücklich aus Art. 5, Abs. 1, Satz 1 des Grundgesetzes ab 94 . Wer dieser Auffassung folgt, w i r d dem Staatsbürger wenigstens in dessen eigener Interessensphäre das Äußern und Verbreiten seiner Meinung (wohlgemerkt: seiner Meinung 95 !) zubilligen müssen. Unter diesem Aspekt tauchten gelegentlich Zweifel daran auf, ob die Auflage für den Gegendarstellungsberechtigten, sich auf A n 91 Es bleibt dem Einsender freilich unbenommen, den Abdruck einer neuen, entsprechend gekürzten Gegendarstellung zu verlangen. Vgl. O L G München Urt. V. 10. 3. 54, N J W 1954, 927. 92 Vgl. O L G Stuttgart Urt. v. 21. 2. 63, ArchPR Übers. VIII/1963, S. 50; O L G Hamburg Urt. v. 4. 8. 66, ArchPR 70/1967, S. 660. 93 A d o l f A r n d t , Begriff und Wesen der öffentlichen Meinung, bei Löffler, A r n d t , Noelle-Neumann u n d Haacke (Hrsg.), Die öffentliche Meinung, M ü n chen u n d B e r l i n 1962, S. 17. 94 Vgl. Rolf Groß, ArchPR 63/1965, S. 522. Löffler (a.a.O., S. 214, Rn 34) weist darauf hin, daß der Gegendarstellungsanspruch nicht n u r aus A r t . 5 GG abgeleitet werden könne. Außerdem müsse nämlich eine Anspruchsgrundlage dafür gefunden werden, daß die Gegendarstellung von demselben Massenmedium zu publizieren sei, i n dem auch die Erstmitteilung erschienen ist. 95 A r t . 5 1 1 GG stellt eindeutig auf das Äußern und Verbreiten von M e i nungen ab: „Jeder hat das Recht, seine Meinung i n Wort, Schrift und B i l d frei zu äußern u n d zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten."
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5. Das Problem der Meinung i n der Gegendarstellung
gaben tatsächlicher A r t zu beschränken, mit dem Grundgesetz überhaupt vereinbar sei 96 . Köbl hebt deshalb auch zur Begründung seiner Auffassung, daß der Entgegnungsanspruch aus der Gefährdung des besonderen Persönlichkeitsrechts auf Wahrung der Identität und nicht aus Art. 5 GG entspringt, hervor, daß die Beschränkung des Entgegnungsrechts aus Art. 5 nicht erklärlich sei 97 . Diese Frage mögen die Juristen entscheiden. Den Publizistikwissenschaftler interessieren vorrangig die Fragen, ob sich (1) eine Grenze zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen ziehen läßt und ob (2) die Waffengleichheit garantiert bleibt, wenn der Gegendarstellungsberechtigte keine Meinungen äußern darf. 5.2. Wertende Gegendarstellungen
eine stärkere
Waffe
Meinungsäußerungen können u. U. die Intensität der Wirkung steigern. Zu den erhärteten Befunden der Publizistikwissenschaft zählen Berelson und Steiner den von Hovland experimentell gelieferten Nachweis, daß eine Information, besonders eine mehrdeutige, stärker in Richtung der vom Kommunikator vertretenen Alternative w i r k t , wenn man ihr eine ausdrückliche Schlußfolgerung anfügt 98 . Geringere Überzeugungskraft erreicht man, wenn man es dem Rezipienten überläßt, aus einer kontroversen oder alternativen Information einen Schluß zu ziehen. Diese Regel ist besonders dann zu beachten, wenn (a) die Information komplex und (b) der Empfängerkreis weniger intelligent und weniger gebildet ist 99 . I n dieselbe Richtung weist ein Befund von Osgood und Tannenbaum: Wer einer bestimmten Argumentation rational nicht folgen kann, nimmt doch wenigstens die Wertdimension P l u s - M i n u s auf 100 . Aber auch bei %
Vgl. etwa A r n d t , a.a.O. Köbl, a.a.O., S. 101. Bernard Berelson u n d Gary A. Steiner, H u m a n Behavior. A n Inventory of Scientific Findings, New Y o r k 1964, S. 552 f. Vgl. Carl I. Hovland, Α. A. Lumsdaine u n d F. D. Sheffield, Experiments on Mass Communication, Princeton 1949; W i l l i a m J. McGuire, The Nature of Attitudes and A t t i t u d e Change, a.a.O., S. 209. Es könnte gut sein, meint McGuire, daß es wirksamer sei, wenn der Rezipient den Schluß selbst ziehe, als w e n n er v o m K o m m u nikator präsentiert werde. I n der Regel unterlasse es der Rezipient jedoch, bei einem T e x t ohne Schlußfolgerung selbst einen Schluß zu ziehen: entweder w e i l er nicht intelligent genug oder w e i l er zuwenig motiviert sei. 99 Vgl. Eunice Cooper u n d Helen Dinerman, Analysis of the film: „Don't Be A Sucker": a study of communication, Public Opinion Quarterly, 2/1951, 263. Weniger deutlich treten die Bildungsunterschiede bei Hovlands Experimenten zutage. Vgl. Carl I. H o v l a n d u n d W. Mandell, Journal of A b n o r m a l and Social Psychology, 47/1952, 581—588; Hovland u. a., The Order of Presentation i n Persuasion, 2. Aufl. New Haven 1961. 100 Percy H. Tannenbaum u n d Charles E. Osgood, Psychological Review, 62/1955, 42 ff. 97
98
5. Das Problem der Meinung i n der Gegendarstellung voller Verständlichkeit der A r g u m e n t a t i o n dürfte die Wertdimension u. U. besonders e i n d r u c k s v o l l sein, da das W e r t u r t e i l z u m
Vorurteil
w e r d e n k a n n , w e n n die r a t i o n a l e A r g u m e n t a t i o n l ä n g s t vergessen i s t 1 0 1 .
5.3. Grenze
zwischen
Tatsachen
und Meinungen
fließt
U m die o p e r a t i o n a l e D u r c h f ü h r u n g d e r T r e n n u n g zwischen Tatsache u n d M e i n u n g zu e r l e i c h t e r n , h a b e n d i e J u r i s t e n den B e g r i f f Tatsache d e f i n i e r t : A l s Tatsache g i l t l a u t Reichsgericht u n d B G H , was d e m B e w e i s zugänglich ist102. D a r u n t e r fallen — w i e Löffler hervorhebt 103 — sowohl die äußeren Tatsachen ( X d r i n g t i n e i n H a u s ein) als auch die i n n e r e n Tatsachen: die M o t i v e u n d A b s i c h t e n des H a n d e l n d e n ( X d r a n g i n e i n H a u s ein, u m z u s t e h l e n ; G e g e n d a r s t e l l u n g : . . . u m e i n ausgebrochenes F e u e r z u löschen) 1 0 4 . Daß d i e G r e n z z i e h u n g zwischen i n n e r e n Tatsachen u n d s u b j e k t i v e n W e r t u r t e i l e n ihrerseits oft n u r nach subjektiven W e r t u r t e i l e n e r f o l g e n k a n n , l ä ß t sich k a u m b e s t r e i t e n 1 0 5 , aber b i s h e r s i n d u n t e r d e n J u r i s t e n n u r E i n z e l s t i m m e n l a u t g e w o r d e n , die E i n s c h r ä n k u n g a u f T a t s a c h e n b e h a u p t u n g e n aufzuheben. A l l e r d i n g s k o m m t d e r f o r m e l l e C h a r a k t e r des G e g e n d a r s t e l l u n g s anspruchs der schon v o n der a l t e n Zeitungswissenschaft i m m e r w i e d e r b e t o n t e n Tatsache entgegen, daß N a c h r i c h t e n n i c h t o b j e k t i v w a h r , 101 Untersuchungen über dieses Problem sollten auch i n der Publizistikwissenschaft vorgenommen werden. Sie sind schwierig, w e i l es sich dabei u m die Feststellung von „long time-effects" handelt. 102 RGSt 55, 131; B G H Urt. v. 9.4.63, N J W 1963, 1155. Vgl. Löffler, a.a.O., Bd. 2, S. 227, Rn 85; ArchPR Übers. XIV/1969, S. 57. 103 Löffler, a.a.O., S. 227, Rn 83. 104 Das Beispiel ist zitiert bei Löffler, a.a.O. E i n nicht weniger eindrucksvolles f ü h r t A r n d t (a.a.O., S. 17) an: „ A u f die Nachricht, der X . habe einen Menschen getötet, muß X . — w e i l die Meldung den Anschein einer rechtlich oder sittlich verwerflichen Tötung erweckt — entgegnen können, daß es schuldlos, ζ. B. i n Notwehr oder bei einem von X . nicht verantworteten U n f a l l geschah." los Vgl, Löffler, a.a.O., Bd. 2, S. 227. Knoche hatte i n einer weiteren Gegendarstellung zu einem A r t i k e l des „öffentlichen Anzeiger" v o m 4. 3. 70 den Abdruck u. a. folgenden Satzes beantragt: „So erwähnte ich ζ. B., daß der zentrale K o n f l i k t der hochkapitalistischen Gesellschaft, der zwischen A r beitnehmern u n d Arbeitgebern, als Privatsphäre angesehen w i r d u n d daher i n der Berichterstattung fast v ö l l i g ausgeklammert w i r d . " L G Kreuznach (zitiert nach dem Schriftwechsel m i t Knoche) bezeichnete diesen Satz als „ideologisch befrachtet" u n d hielt i h n „weder für nützlich noch notwendig", u m den fraglichen Sachverhalt zu illustrieren. Knoche dagegen hält, wie er dem A u t o r gegenüber sagte, das i n diesem Satz ausgesprochene Werturteil für die entscheidende „innere Tatsache". Dieser F a l l k a n n noch aus einem anderen Grunde illustrieren, w i e schwer es ist, i n Gegendarstellungen Werturteile zu vermeiden. Knoche referiert i n der Gegendarstellung j a n u r über ein Werturteil, das er andernorts ausgesprochen hat. Es wäre also die Frage zu prüfen, ob eine Tatsachenbehauptung über ein andernorts gefälltes W e r t u r t e i l i n der Gegendarstellung u n zulässig ist.
3 Reumann
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5. Das Problem der Meinung i n der Gegendarstellung
sondern bestenfalls subjektiv wahrhaftig sein können 106 . Die Subjektivität auch der Tatsachendarstellung soll schon aus der Formulierung „Tatsachen-Behauptung" hervorgehen, die zum erstenmal i m hessischen Landespressegesetz erscheint und dann von allen späteren Landespressegesetzen übernommen wurde 1 0 7 . Ein Tatbestand kann ζ. B. formal völlig richtig, aber materiell doch verzerrt dargestellt werden, wenn der Berichterstatter zwar Auszüge wiedergibt, aber wesentliche Vorgänge und Aspekte wegläßt. Eine beabsichtigte Wirkung erfolgt auf diese Weise in der Nachrichtenpolitik, d. h. der bewußten Beeinflussung der Öffentlichkeit durch Verbreiten nur bestimmter Nachrichtengruppen und Zurückhalten anderer Nachrichtengruppen 108 . Die Gegendarstellung kann als Waffe gegen derart einseitige Akzentuierungen eingesetzt werden. Ein Anspruch darauf besteht schon, wenn der Betroffene mit einer Ergänzung durch tatsächliche Angaben ein entscheidend anderes B i l d von dem fraglichen Vorgang bzw. Tatbestand vermitteln w i l l 1 0 9 . Die einander gegenübergestellten Tatsachenbehauptungen stellen also i n sich Wertungen dar — auch wenn sie in sachlichem Nachrichtenstil formuliert sind. Darüber geben sich die Juristen keiner Täuschung hin, und sie gestatten sogar die wertende Einfärbung der Tatsachenbehauptungen in der Gegendarstellung: (1) Die antithetische Formel: „Es ist nicht wahr (bzw. richtig), daß . . . wahr (richtig) ist vielmehr, d a ß . . . " ist zulässig 110 . (2) Die Überschrift einer Gegendarstellung braucht sich nicht auf Tatsachenbehauptungen zu beschränken, wenn sie auch i n sachlichem Zusammenhang mit der Erstmitteilung stehen soll 111 . (Daß gerade die Überschrift die Rezipienten zu wertgerichtetem Auffassen des darunter stehenden Textes anleiten kann, ist erwiesen 112 .) Andere Möglichkeiten zur Ausrichtung des Gegendarstellungstextes in die Wertdimension Plus - Minus räumen die Juristen allerdings nicht ein. Die Gründe dafür sind einleuchtend: Das Publikum soll als Schiedsrichter zwischen Journalist und Betroffenem abwägen können zwischen beweisfähigen Tatsachenbehauptungen, d.h. es soll bei seiner Urteilsbildung nicht auf kaum substantiierte Meinungsäußerungen angewiesen 106
E m i l Dovifat, Zeitungslehre, 5. Aufl. Berlin 1967, Bd. 1, S. 64 ff. Das RPresseG u n d das bayerische PresseG von 1949 verwenden n u r den Begriff „Tatsache". 108 Dovifat, a.a.O., Bd. 1, S. 68. 109 Dieses Recht fließt automatisch aus der Anerkennung des Anspruchs des journalistisch Getroffenen, „den Tatsachenablauf aus seiner Sicht zu schildern". Vgl. O L G Stuttgart Urt. v. 21. 3. 63, a.a.O., u n d O L G München Urt. v. 13. 7. 65, N J W 1965, 2163. 110 Vgl. O L G Celle Urt. v. 28.1. 53, N J W 1953, 1767, u n d Löffler, a.a.O., S. 233, Rn 109 u n d S. 234, Rn 113. Diese Formel entspricht freilich eher dem Sinn der Berichtigung als dem der Gegendarstellung. 111 Vgl. Löffler, a.a.O., S. 243, Rn 139. 112 Vgl. oben Fußnote 60. 107
5. Das Problem der Meinung i n der Gegendarstellung
sein. Es hat außerdem ein eigenes Interesse und auch einen Anspruch auf Information, d. h. auf Tatsachenbehauptungen 113 . Andererseits sollen die Massenmedien nicht dazu gezwungen werden, ihr Publikum m i t einem Zuviel an privaten Meinungsäußerungen zu langweilen 1 1 4 . 5.4. Gegenkommentar
im Sinne journalistischer
Grundsätze
Trotzdem sollte dem Betroffenen nach dem Prinzip der Waffengleichheit i n zwei Fällen das Recht auf einen Gegenkommentar ( = Tatsachenbehauptung m i t wertender Schlußfolgerung) zugestanden werden: 1. Eine Nachricht, die sich nicht auf sachliche Darstellung beschränkt, sondern ein Werturteil über eine Person und deren Handeln enthält, sollte durch einen Gegenkommentar korrigiert werden dürfen 1 1 5 . Alles deutet darauf hin, daß Nachrichten, besonders Zeitungsnachrichten, in Zukunft immer stärker Hintergrundmaterial präsentieren und Zusammenhänge und Entwicklungen erläutern werden 116 . Zwar w i r d es auch künftig gegen die journalistischen Grundsätze verstoßen, Nachrichten i n affektivem Vokabular abzufassen oder mit einem ausdrücklichen Willensimpuls zu versehen. Zwar w i l l auch die interpretierende Nachricht der Zukunft — und die Zukunft hat schon begonnen — informieren, sogar besser informieren, als es der herkömmlichen Nachricht möglich ist. Aber die Grenze zwischen Nachricht und Kommentar w i r d noch stärker aufgehoben, und gegen einen Mißbrauch dieser durchaus nicht negativen Entwicklung sollte das Gegendarstellungsrecht dem journalistisch Getroffenen eine geeignete Handhabe bieten. Meinungsäußerungen in Meinungsstilformen sollten aber auch in Zukunft nicht zu einer Gegendarstellung berechtigen 117 . 113
Vgl. oben S. 9 f. u n d S. 28. Vgl. oben S. 8, Fußnote 4, letzter Absatz. Leider läßt sich k a u m noch prüfen, ob die Gesetzgeber, wenigstens 1874, von der Vorstellung ausgegangen sind, daß periodische Druckschriften Nachricht u n d Kommentar als Stilformen streng voneinander trennen. Es ist aber anzunehmen, daß sie weitgehend davon überzeugt waren, daß Pressebeiträge i m allgemeinen nach der alten britischen fair-play-Regel „Facts are sacred but comments are free" gestaltet seien u n d daß die Presse daher selbst nach dieser Regel zu behandeln sei. 116 Die Nachrichtenagentur U P I (deutscher Dienst) richtete deshalb auch 1970 ein Archiv für Hintergrundmaterial ein. Diese Entwicklung ist zum großen T e i l dadurch begründet, daß Zeitungen nicht so aktuell sein können w i e der F u n k u n d ihren Lesern daher i n den Nachrichten außer der A k t u a l i tät auch andere Lesereize bieten müssen. 117 Ob diese Einschränkung auch für Zeitschriften m i t einem Erscheinungsi n t e r v a l l von mindestens einer Woche gelten soll, wäre zu diskutieren. Je größer das Erscheinungsintervall einer periodisch erscheinenden Druckschrift ist, desto stärker w i r d die Kombination von Information, Kommentar u n d Meinung. „Der Spiegel" u n d „Die Zeit" ζ. B. enthalten k a u m reine Nachrichtenbeiträge. 114
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5. Das Problem der Meinung i n der Gegendarstellung
2. Der Gegendarstellungsanspruch wäre ferner auf Meinungsäußerungen auszudehnen, die nicht durch Tatsachenbehauptungen belegt sind. Bei Meinungsäußerungen mit Tatsachenbeweisen besteht ohnehin insofern ein Gegendarstellungsanspruch, als die Tatsachenbehauptungen der Erstmitteilung angefochten werden können. Verstößt der Redakteur in der Erstmitteilung gegen den journalistischen Grundsatz, den Beweis für eine negative K r i t i k anzutreten, so kann i h m dadurch nicht noch der Vorteil erwachsen, daß er zu keiner Gegendarstellung verpflichtet ist. Besonders bei Angriffen auf die persönliche Ehre des Betroffenen wäre nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung m i t § 186 StGB zu argumentieren, der Journalist habe Beweise für die von ihm behaupteten Tatsachen zu liefern. Überdies hat das Berliner Landgericht in einem Urteil aus dem Jahre 1959 festgestellt, daß eine unbegründete verletzende Behauptung gegen die Informationspflicht der Presse verstößt 118 . Daß dieses Urteil guter Zeitungspraxis entspricht, beweist die Affäre Nettelbeck: „Die Zeit". Die „Zeit"-Redakteure Marion Gräfin Dönhoff und Theo Sommer hatten Uwe Nettelbeck nicht gerügt, weil er einen Richter angegriffen hatte, sondern weil er seine K r i t i k nicht durch Tatsachenbeweise erhärtete 119 . Nettelbeck löste schließlich seine M i t arbeit bei der „Zeit". Nach dem Prinzip der Waffengleichheit sollte die Möglichkeit geboten werden, die Wirkung von Meinungsäußerungen ohne Tatsachenbeleg wahlweise durch eine Gegendarstellung oder durch einen Gegenkommentar zu neutralisieren. Ob allerdings eine ausdrückliche Novellierung der Gesetze in diesem Punkt erforderlich wäre, könnte nur die empirische Untersuchung aller einschlägigen Urteile klären. Es liegen Beispiele dafür vor, daß Gerichte recht beweglich entscheiden und damit in gewisser Weise dem Wunsch nach einem Gegenkommentar in den beiden oben genannten Fällen entgegenkommen. Daß es den Massenmedien grundsätzlich zuzumuten ist, wertende Gegendarstellungen aufzunehmen, beweist das französische System 120 . I m „droit de réponse" fehlt die Einschränkung der Gegendarstellung auf Tatsachenangaben. Es läßt außerdem die Entgegnung mit Meinungen auf Meinungen zu.
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Vgl. H e l m u t h von Holstein, Publizistik, 5/1963, 495. Uwe Nettelbeck, Die Zeit, Nr. 4 v. 24.1.1969. 120 Das Gegendarstellungsrecht wurde i n Frankreich zur Zeit der Französischen Revolution „erfunden". Es ist i m französischen Pressegesetz von 1822 geregelt worden. Das französische System gilt auch i n Belgien, Italien, Luxemburg, i n der T ü r k e i u n d i n den südamerikanischen Staaten. Vgl. Hébarre, N J W 1962, 905. 119
6. Grenzen des Gegendarstellungsrechts
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6. Grenzen des Gegendarstellungsrechts
Die Entdeckung, daß Gesetzesformulierung und Rechtsprechung, was die Gegendarstellung anbelangt, sehr beweglich sind, hat zur Diskussion darüber geführt, ob man die Gegendarstellung nicht als Trojanisches Pferd des politischen Staatsbürgers benutzen könne, indem man sie zu einem Mitspracherecht erweitere. So hat etwa das Innenministerium des Landes Hessen i m Unterausschuß „Presserecht" des Arbeitskreises I der Arbeitsgemeinschaft der Innenministerien der Bundesländer „Vorschläge zur Änderung und Ergänzung des Hessischen Pressegesetzes" gemacht 121 , die auch eine Neufassung des Gegendarstellungsparagraphen vorsehen. Nach diesem Entwurf sollen Zeitungen bei marktbeherrschender Stellung 1 2 2 dazu verpflichtet sein, die Stellungnahme eines zu den kommunalen Vertretungskörperschaften wahlberechtigten Bürgers abzudrucken, die sich auf Berichte und Kommentare des Druckwerks zu den öffentlichen Angelegenheiten der kreisfreien Stadt oder des Landkreises bezieht. Eine derartige Regelung würde das Gegendarstellungsrecht sprengen: 1. Die Aktivlegitimation würde entscheidend erweitert werden. A n spruch auf die Publikation einer Gegendarstellung billigen die Landespressegesetze nur jeder Person oder Stelle zu, „die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist" 1 2 3 . Nach herrschender Rechtsauffassung sind für das Betroffensein zwei Kriterien erforderlich: Einmal muß die Erstmitteilung den Gegendarstellungsheischenden i n dessen eigener Interessensphäre unmittelbar oder doch mittelbar berühren. Zum anderen muß der Gegendarstellungsheischende zu der i n der Erstmitteilung dargestellten Tatsache in einer individuellen Beziehung stehen 124 . 121 Der E n t w u r f des hessischen Innenministeriums ist auszugsweise abgedruckt i n : Der Journalist, 8/1969, 5. 122 Eine marktbeherrschende Stellung n i m m t der hessische E n t w u r f — wie Glotz u n d Langenbucher (Der mißachtete Leser, K ö l n u n d B e r l i n 1969) — als gegeben an, w e n n ein Verlag mehr als 65 Prozent der i n einem Kreis verbreiteten Auflage kontrolliert. Es ist nicht einzusehen, w a r u m bei diesem großzügigen Maßstab — von einem Monopol ist erst bei einer Auflagenkonzentration von 95 Prozent die Rede — nicht gleich alle Zeitungen zu erweiterten Gegendarstellungen verpflichtet werden sollen, zumal das eine juristisch plausiblere Lösung wäre. 123 I m bayerischen LPresseG heißt es statt „Stelle" weniger großzügig „Behörde". 124 Vgl. Löffler, a.a.O., Bd. 2, S. 217 f. Die früher gelegentlich vertretene Auffassung, ein Gegendarstellungsanspruch sei auch aus einem generellen Interesse abzuleiten, hat sich i n der Rechtsprechung nicht durchsetzen k ö n nen (ζ. B. RGSt 3, 40). Die Juristen sehen i n der Anerkennung eines generellen Interesses die Gefahr einer uferlosen Ausweitung. Besonders i n Bayern w i r d das Betroffensein eng ausgelegt. Dort heißt es i m LPresseG nicht „betroffen", sondern „unmittelbar betroffen". Eine W i t w e darf danach ihren öffentlich angegriffenen verstorbenen M a n n nicht i n einer Gegendarstellung rechtfertigen. Vgl. O L G München Urt. v. 10. 3. 54, N J W 1954, 927.
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Ergebnis
2. Nach dem hessischen Entwurf entfiele die Vorschrift des Absatzes 5 des Gegendarstellungsparagraphen in den Landespressegesetzen, daß wahrheitsgetreue Berichte über öffentliche Sitzungen der gesetzgebenden oder beschließenden Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden sowie der Gerichte nicht gegendarstellungspflichtig seien. 3. Die Beschränkung der Gegendarstellungen auf Tatsachenbehauptungen würde ganz aufgehoben. Danach leuchtet ein, daß man den Gegendarstellungsparagraphen weder de lege lata noch de lege ferenda von einem Abwehrrecht zu einem Mitspracherecht ausweiten kann. Glotz und Langenbucher haben denn auch wohlweislich keine Beziehung zum Gegendarstellungsrecht hergestellt, als sie i n ihrem „Entwurf eines Gesetzes gegen den Mißbrauch der Pressefreiheit" (Pressefreiheitsgesetz) forderten: „Beim Wahlkampf ist den politischen Parteien und Wählervereinigungen, die i n allen Wahlkreisen des jeweils zutreffenden Gebietes Wahl Vorschläge eingereicht haben, ein angemessener Raum in der Zeitung zur Verfügung zu stellen. Wenn den gesellschaftlich relevanten Kräften Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird, so ist ihnen die Möglichkeit der Äußerung und Gegenäußerung unter jeweils gleichen Bedingungen zu gewähren.. . 1 2 5 ." Der letzte Satz des Zitats verdeutlicht, daß die Interessenlage bei der Gegendarstellung und bei der Mitsprache durch Entgegnung auch unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit durchaus verschieden ist: Geht es hier um Waffengleichheit für Journalist und journalistisch Getroffenen, so dort um Waffengleichheit für die rivalisierenden Parteien und deren Anhänger i m Wahlkampf. I m Rahmen einer Abhandlung über das Gegendarstellungsrecht läßt sich die publizistisch wie juristisch problematische Diskussion über den allgemeinen Zugang zu den Massenmedien nicht führen.
Ergebnis Waffengleichheit für die Gegendarstellung ist zwar eine honorige Forderung, sie w i r d aber wegen rechtlicher Schranken und aus technischen und publizistischen Gründen selten erreicht. I n ein etwaiges Presserechts-Rahmengesetz sollten daher präzisere Vorschriften zur Erreichung der Waffengleichheit für Gegendarstellungen aufgenommen werden. Die Rechtsprechung hätte stärker als bislang zu berücksichtigen, daß die Gegendarstellung nicht nur dem subjektiven Interesse des Betroffenen auf Abwehr von Anwürfen und dergleichen entgegenkommt, sondern auch dem Interesse der Allgemeinheit an vielseitiger Information. 125
Peter Glotz u n d W o l f gang Langenbucher, a.a.O., S. 186.