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German Pages 192 [196] Year 1961
FRIEDRICH
NERDEL
ORGANISCHE CHEMIE
ORGANISCHE CHEMIE Ein Lehrbuch für Naturwissenschaftler, Mediziner und Techniker
FRIEDRICH
NERDEL
Dr. phil., o. Professor für Theoretische Organische Chemie an der Technischen Universität, Berlin
unter Mitarbeit BERNHARD
von
SCHRÄDER
Dr. Ing., Wissenschaftlicher Assistent am Institut f ü r Organische Chemie der Technischen Universität, Berlin
M i t 13 A b b i l d u n g e n
B e r l i n 1961 W A L T E R D E G R U Y T E R & CO, vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp.
©
Copyright 1961 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Belmer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., Berlin W 30 Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten Archiv-Nr. 62118 61 Printed in Germany Satz und Druck : Walter de Gruyter & Co., Berlin W 30
EIN E I N L E I T E N D E S VORWORT Die organische Chemie, richtiger die Produkte der Biosynthese, der organischchemischen Industrie und der Forschungslaboratorien, sind so vielgestaltig, daß ohne sie unsere heutige Zivilisation kaum denkbar wäre. Diese enge Verzahnung mit dem täglichen Leben zwingt auch den Nichtchemiker, sich mit den Begriffen und Grundvorstellungen dieser Wissenschaft vertraut zu machen. Dem Anfänger erscheint es oft so, als ob die organische Chemie eine Sammlung von unentwirrbaren und unübersichtlichen Tatsachen sei. Es ist zwar nicht zu leugnen, daß das Tatsachenmaterial der organischen Chemie ungewöhnlich groß ist und daß es sehr lange gedauert hat, bis man eine brauchbare und vielleicht auch allgemein verständliche Systematik gefunden hat. Man darf allerdings nicht verheimlichen, daß manche speziellen Reaktionen auch heute noch dieser Einordnung gewisse Schwierigkeiten entgegensetzen und daß die Zahl der Verbindungen den Überblick immer wieder erschwert. Auf den folgenden Seiten wird der Versuch unternommen, auch den Nichtchemiker dieses Wissensgebiet näher zu bringen, wobei bewußt davon Abstand genommen wurde, auf Einzelprobleme einzugehen. Den gesamten Betrachtungen sei vorausgestellt, daß sich die wesentlichen Prinzipien der organischen Chemie aus den Grundbegriffen der chemischen Bindung ableiten lassen. Wer sich mit den Konsequenzen dieses Gedankens einmal vertraut gemacht hat, findet sich in dem Gebäude der organischen Chemie zurecht, ohne die Strukturformeln einzelner Verbindungen stets gegenwärtig zu haben. Aus diesen Überlegungen ist die Einteilung des vorliegenden Buches entstanden. Es werden zunächst die allgemeinen Gesichtspunkte diskutiert, wobei selbstverständlich gewisse Vereinfachungen und Verallgemeinerungen nicht zu umgehen sind. Im zweiten Teil werden die wesentlichen Verbindungstypen und ihre Reaktionen besprochen. Da hier die Hauptschwierigkeiten für den Lernenden liegen, weil ihn die Fülle des Materials erdrückt, wurde versucht, das gesamte chemische Geschehen auf einige Grundphänomene zurückzuführen. Deshalb treten spezielle Verbindungen mit ihren Darstellungs- und Verwendungsmöglichkeiten kaum in Erscheinung, zur Erweiterung des Tatsachenmaterials wurden lediglich Tafeln einiger Verbindungsklassen eingeschoben. Um dem Leser aber wenigstens an einer Stelle einen Begriff von der Größe des Gesamtgebietes zu geben, wurde an einem w i l l k ü r l i c h h e r a u s g e g r i f f e n e n B e i -
s p i e l , an den Terpenen, die Variationsmöglichkeit der organischen Verbindungen in groben Zügen aufgezeigt. Diese Art der Behandlung des Stoffes bringt es mit sich, daß Abweichungen von der sonst üblichen Lehrbuchsystematik auftreten. Im dritten, vierten und fünften Teil wird die Bedeutung der organischen Chemie für unser gesamtes Leben herausgestellt; auch dies ist nur ein Teilausschnitt. Die Auswahl wurde aber so getroffen, daß der Leser solche Dinge erfährt, die für sein Fachstudium Bedeutung haben. Die Grundkonzeption dieses Buches entstand aus einer Vorlesung: Einführung in die organische Chemie für Hörer aller Fakultäten, die F. Nerdel an der Technischen Universität Berlin hält. Aus seiner Feder stammt Teil I und II, während die Abschnitte III bis V von B. Schräder abgefaßt wurden. Wir danken Herrn Dr. rer. nat. Joachim Buddrus und Herrn Dipl.-Ing. W. Diepers für die Hilfe beim Lesen der Korrekturen. Berlin, Frühjahr 1961
Friedrich Nerdel Bernhard Schräder
INHALTSÜBERSICHT
Seite
Teil I. Grundzöge der theoretischen organischen Chemie A. Der Begriff „Organische Chemie"
3
B. Das Elektronensystem als Träger der chemischen Eigenschaften
3
1. Die Atome — Aufbau des Periodensystems
3
2. Die Eigenschaften der Elemente als Folge der Stellung im Periodensystem
6
3. Die Ionenbindung
7
4. Die homöopolare Bindung
7
5. Valenztheorie
8
6. Das Kohlenstofftetraeder
10
7. Die optische Aktivität
11
8. (T- und TT-Bindungen
12
9. Mesomerie
14
10. Das aromatische System
16
C. Das Dipolmoment
16
D. Wechselwirkung Licht—Materie
18
E. Kohäsionseigenschaften
19
P. Der Ablauf chemischer Reaktionen
20
VIII
Inhaltsübersicht Seite
Teil I I . Systematische organische Chemie A. Kohlenwasserstoffe
25
1. Physikalische Eigenschaften
26
2. Vorkommen und Verwendung
26
3. Die wesentlichen Verfahren zur Benzingewinnung
. . .
27
a) Die Crackung bzw. Crackhydrierung
27
b) Kohleverschwelung
28
c) Kohlehydrierung, Bergius—Leuna—Verfahren
. . . .
28
d) Kohleextraktion
28
e) Fischer-Tropsch-Synthese
29
4. Chemisches Verhalten
29
5. Athen Verbindungen (Äthylenverbindungen)
30
6. Di- und Polyene
31
7. Polymerisation
32
8. Acetylen- oder Äthin-Verbindungen
33
B . Halogenverbindungen
33
1. Allgemeine Eigenschaften
33
2. Die Wurtz'sche Synthese
36
C. Sauerstoffverbindungen
38
1. Alkohole
38
2. Äther
43
3. Carbonylverbindungen
43
a) Oxydation sekundärer und primärer Alkohole . . . .
43
b) Reduktion der Carbonylgruppe
51
c) Cannizzaro'sche Reaktion
52
4. Carboxylverbindungen D. Stickstoff Verbindungen
52 56
1. Die Amine
56
2. Nitroso- und Nitroverbindungen
61
3. Nitrile, Isonitrile, Knallsäure
62
Inhaltsübersicht Seite
E . Schwefelverbindungen
64
F. Polyfunktionelle Verbindungen
65
1. Polyhydroxyverbindungen
65
2. Hydroxycarbonylverbindungen
67
3. Dicarbonylverbindungen
74
4. Hydroxycarbonsäuren
74
5. Ketocarbonsäuren
75
6. Dicarbonsäuren
77
7. Halogencarbonsäuren
80
8. Aminocarbonsäuren
81
9. Hydroxy-di-carbonsäuren
82
10. Allylverbindungen
82
G. Alicyclische Verbindungen
84
H . Terpene
85
I. Aromatische Verbindungen
90
1. Kohlenwasserstoffe, Halogen- und Sauerstoffverbindungen
90
2. Chionne
95
3. Aminoverbindungen
95
4. Friedel-Crafts'schc Reaktion
97
5. Mehrkernige Verbindungen
97
K . Heterocyclische Verbindungen
99
Teil III. Makromolekulare organische Stoffe A. Einleitung
107
B. Die Synthese makromolekularer Stoffe
107
C. Die mechanischen Eigenschaften makromolekularer Stoffe
109
Inhaltsübersicht Seite
D. Darstellung, Eigenschaften und Anwendung einzelner makromolekularer organischer Stoffe
111
1. Polymerisationsprodukte
111
a) Kohlenwasserstoffe
111
a) Polyäthylen
111
ß) Polypropylen
112
y) Polystyrol
112
8) Natur- und Synthesekautschuk
113
b) Halogen-, Sauerstoff- und Stickstoffverbindungen
.
.115
а) Polyvinylchlorid
115
ß) Polytetrafluoräthylen
117
y) Polyvinylacetat
117
б) Polyvinylalkohol
118
E) Polyvinylacetale
118
l) Polyacrylnitril
119
T]) Polymethacrylate
120
6) Polyvinyläther
120
2. Polykondensations- und Polyadditionsverbindungen.
. . 120
a) Polyamide
121
b) Polyester
122
c) Polyurethane
124
d) Äthoxylinharze
125
e) Polycarbonate
126
f) Polymethylenoxyd
126
g) Phenol-, Harnstoff- und Melamin-Harze
126
h) Silicone
129
3. Umwandlungsprodukte von Naturstoffen
129
a) Cellulose und Cellulosederivate
129
b) Abgewandelte Eiweißstoffe
131
Teil IV. Lösungsmittel, Weichmacher, oberflächenaktive Substanzen A. Allgemeines
135
B . Die Verwendung von Lösungsmitteln
138
Inhaltsübersicht Seite
C. Weichmacher
139
D. Oberflächenaktive Substanzen
140
1. Die Wirkung oberflächenaktiver Substanzen
140
2. Die Molekülstruktur oberflächenaktiver Substanzen. . . 141 3. Eigenschaften und Verwendung oberflächenaktiver Substanzen
143
Teil V. Biochemie
A. Allgemeines
147
B . Biochemisch wichtige organische Verbindungen
147
1. Kohlehydrate
147
2. Proteine
149
3. Fette
152
4. Andere biochemisch wichtige Verbindungen
153
C. Lebensvorgänge 1. Stoff- und Energiewechsel
154 154
a) Allgemeines
154
b) Kohlehydratatoff Wechsel
155
c) Fettsäurestoffwechsel
158
d) Eiweißstoffwechsel
158
2. Die Biogenese der Terpene und Sterine
160
3. Die Desoxyribonucleinsäuren
162
4. Biokatalysatoren und Wirkstoffe
166
a) Fermente
166
b) Vitamine
169
c) Hormone
171
d) Abwehrstoffe: Antibiotica und Antikörper
172
Sachregister
174
Teil I
Grundzüge der theoretischen organischen Chemie
A. Der Begriff „Organische Chemie" B. Das Elektronensystem als Träger der chemischen Eigenschaften C. Das Dipolmoment D. Wechselwirkung Licht-Materie E. Kohäsionseigenschaften F. Der Ablauf chemischer Reaktionen
A. Der Begriff „Organische Chemie" Die organische Chemie wird als die Chemie der Kohlenstoffverbindungen definiert. Der Kohlenstoff unterscheidet sich von allen anderen Elementen durch einige typische Eigenschaften, die in dem folgenden Abschnitt begründet werden. Eine wesentliche Eigenart des Kohlenstoffs ist, lange Ketten und Ringe zu bilden, wobei die Art der Bindung, die die Kohlenstoffatome zusammenhält, Besonderheiten aufweist. Die Kohlenstoffverbindungen sind elektrisch ungeladen und zeigen im Gegensatz zu den meisten anorganischen Verbindungen keine Neigung zur Dissoziation in Ionen. Diese Unterschiede führten frühzeitig zu einer Abgrenzung der Organischen Chemie von der Anorganischen. Die Abgrenzung erfolgte auch, weil an allen Lebensvorgängen Kohlenstoffverbindungen beteiligt sind und man aus religiös-weltanschaulichen Gründen glaubte, daß diese Verbindungen nur von der lebenden Zelle unter Mitwirkung einer besonderen Lebenskraft aufgebaut werden könnten. Auch nachdem diese Vermutung widerlegt war ( WÖHLER 1824 Oxalsäure-u. 1828 Harnstoff-Synthese), hielt man aus Zweckmäßigkeit an der Abgrenzung der organischen Chemie, als der Chemie der KohlenstoffVerbindungen, von der anorganischen Chemie, der Chemie aller übrigen Elemente, fest. Selbstverständlich gibt es viele Ubergänge zwischen beiden Gebieten und es gelten für beide die gleichen Naturgesetze.
B. Das Elektronensystem als Träger der chemischen Eigenschaften 1. Die Atome — Aufbau des Periodensystems
Alle uns erreichbare Materie ist aus Atomen, den kleinsten Teilchen der Elemente, aufgebaut. Die Atome bestehen aus dem Kern und der Elektronenhülle. Die Atomkerne sind positiv geladen und vereinigen praktisch die gesamte Masse der Atome auf sich. Unter irdischen Bedingungen treten die Atomkerne nicht nackt, d. h. ohne Elektronenhülle, auf. Ausnahmen sind die bei radioaktiven Prozessen auftretenden Spaltprodukte, z. B. a-Teilchen und Protonen (Helium- bzw. Wasserstoff-Kerne). Die Elektronen besitzen nur eine geringe Masse und sind negativ geladen. Die Atomkerne sind aus Protonen und Neutronen zusammengesetzt, über den Zusammenhalt dieser Bausteine in den Kernen wissen wir noch relativ wenig. Die Protonen und Neutronen haben die gleiche Masse, nur die Protonen tragen eine Ladung. In der Natur finden sich (mit wenigen Ausnahmen) alle Elemente mit der Kernladung (also Zahl der Protonen) von 1—921). In neuester Zeit sind auch Elemente mit höheren Kernladungen als 92 im Brutreaktor Die Ladung der Elektronen bzw.Protonen ist entgegengesetzt gleich und wird gleich 1 gesetzt.
l*
4
Das Elektronensystem als Träger der chemischen Eigenschaften
erzeugt worden. Die Masse der Atomkerne wird durch die Summe der Zahl der Neutronen und Protonen bestimmt 1 ). Die Zahl der Neutronen und damit die Masse von Kernen gleicher Ladung kann verschieden sein. Kerne gleicher Ladung, aber verschiedener Masse, nennt man isotope Kerne. Die Kernladung, nicht die Kernmasse, bestimmt die wesentlichsten Eigenschaften der Atome. Man ordnet daher die Atomarten nach der Kernladungszahl ( = Ordnungszahl) an. Das für den analytisch arbeitenden Chemiker wichtige Atomgewicht ist der Durchschnittswert der Masse der in der Natur auftretenden Mischung von isotopen Atomen. Tabelle 1 Die Elemente der Kernladving (Atomnummer) 1—18 Kernladung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Symbol H He Li Be B C N O F Ne Na Mg AI Si P S C1 Ar
Name Wasserstoff Helium Lithium Beryllium Bor Kohlenstoff Stickstoff Sauerstoff Fluor Neon Natrium Magnesium Aluminium Silizium Phosphor Schwefel Chlor Argon
Masse der Isotopen 1, 2, 3i) 4,3 7,6 9 11, 10 12, 13, 14 14, 15 16, 17, 18 19 20, 21, 22 23 24, 25, 26 27 28, 29, 30 31 32, 33, 34, 36 35, 37 36, 38, 40
praktisches Atomgewicht 1,008 4,003 6,940 9,013 10,82 12,010 14,008 16,0000a) 19,00 20,183 22,997 24,32 26,97 28,06 30,98 32,066 35,457 39,944
1 ) Die isotopen Wasserstoffatome werden wie folgt bezeichnet: Masse 2: Deuterium (D), Masse 3: Tritium (T). 2 ) In der Chemie werden die praktischen Atomgewichte auf das Atomgewicht des SauerstoffIsotopen-Gemischs = 16,0000 bezogen.
In den neutralen Atomen ist die Zahl der Elektronen gleich der Kernladung. Die Elektronen sind gesetzmäßig auf bestimmten Bahnen angeordnet. Nach dem Grundprinzip der Physik, daß alle Körper den Zustand mit der geringsten potentiellen Energie anstreben, besetzen die Elektronen von allen möglichen Bahnen die mit der geringsten potentiellen Energie (Energieprinzip). Die Elektronenbahnen unterscheiden sich außer durch ihre potentielle Energie durch ihre Form. Es gibt kugelschalenförmige Bahnen — der Kern steht im Mittelpunkt der Schale — und solche, die tropfenförmig vom Kern aus in bestimmte Richtungen des Raumes zeigen. Die Bahnen beschreiben eine Umhüllende, in der das Elektron an jedem Punkt mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit anzutreffen ist, sie sind also keine scharf definierten Flugbahnen wie die Planeten- oder Kometenbahnen. Die Elektronenbahnen werden durch sogenannte Quantenzahlen unterschieden. Die Masse der Protonen und Neutronen ist praktisch gleich und wird gleich 1 gesetzt.
Die Atome — Aufbau des Periodensystems
5
Die Hauptquantcnzahlen (n)1) schaffen eine grobe Ordnung der möglichen Bahnen, von ihnen hängt in erster Linie die potentielle Energie der Bahnen ab. Die Nebenquantenzahlen (1) bestimmen die Form der Bahnen. Bahnen der Nebenquantenzahl 0 sind kugelschalenförmig, die der Nebenquantenzahlen 1,2,3 . . . tropfenförmig. Man bezeichnet die Elektronen der Nebenquantenzahlen 1 = 0,1,2 . . . als s,p,d . . . Elektronen. Für jede Hauptquantenzahl gibt es eine Serie von Bahnen mit verschiedenen Nebenquantenzahlen. Die Nebenquantenzahl darf aber höchstens um 1 kleiner als die Hauptquantenzahl sein, z. B. sind für n = 3 die Bahnen mit den Nebenquantenzahlen 0,1 und 2 möglich. Für jede Nebenquantenzahl gibt es verschiedene, im Raum anders gerichtete Bahnen, 1 Bahn für 1 = 0, 3 Bahnen für 1 = 1 , 5 Bahnen für 1 = 2, 7 Bahnen für 1 = 3. Die einzelnen Bahnen einer Nebenquantenzahl werden durch die sog. Magnetquantenzahlen unterschieden, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll. In jeder Bahn können 2 Elektronen untergebracht werden, diese müssen entgegengesetzten Spin (Eigendrehsinn) aufweisen. In einem Atom können nicht 2 oder mehrere Elektronen mit gleichem Spin die gleiche Bahn besetzen (Pauli-Verbot). Mit anderen Worten: jedes Elektron muß sich von allen Elektronen, die zur gleichen Hülle gehören, in mindestens einer Eigenschaft unterscheiden. Für die ersten 4 Hauptquantenzahlen sind also folgende Bahnen möglich: Bezeichnung der Hülle
n
1
K L M N
1 2 3 4
0 0,1 0,1,2 0,1,2,3
Bezeichnung der Bahnen
Gesamtzahl der Bahnen
Zahl der Elektronen
1 4 9 16
2 8 18 32
ls, 2s, 3 X 2p 3s, 3 x 3 p , 5 x 3 d 4s, 3 x 4p, 5 x 4d, 7 x4f
Die Gesamtzahl der Elektronen für die Hauptquantenzahlen 1,2,3,4 beträgt also 2, 8,18,32. Die potentielle Energie der Elektronenbahnen wächst mit der Quantenzahl. Dabei besitzen grundsätzlich die Bahnen der größeren Hauptquantenzahl eine höhere Energie als alle Bahnen der nächstniedrigeren Quantenzahl 2 ). Abb. 1. Energiediagramm der Elektronenbahnen der Elemente 1—18. Mit dem Element 2 sind die Bahnen der Hauptquantenzahl 1 ausgefüllt. Zur Unterscheidung der p-Bahnen sind diese mit den Indizes x, y und z versehen.
Bahnenergie - 13 I 16 14 117 15 1 18 11 12 Al 1 S Si I CI P 1 Ar IPv »z Na I Mg M 3i
- 5 I 8 B 1 0 3 4 Li I Be ¡Pk 2s
6 I9 C IF 2pr
7 I 10 N 1 Ne 'Pz
2 1 H I He rs
n = 1,2,3 . . . Alle Elektronen eines Elementes werden als Elektronenhülle zusammengefaßt, alle Elektronen einer Hauptquantenzahl bilden die einzelnen Schalen dieser Hülle. Die Schalen werden als K, L, M . . . -Schale bezeichnet. 2 ) Eine Ausnahme bilden die Bahnen mit den Nebenquantenzahlen 2,3 . . ., die z. T. höhere Energie besitzen als Bahnen mit höherer Hauptquantenzahl und kleiner Nebenquantenzahl.
6
Das Elektronensystem als Träger der chemischen Eigenschaften
In dem vorstehenden Diagramm ist die Energie der einzelnen Elektronenbahnen und die Reihenfolge der Besetzung der Bahnen durch die Ordnungszahl und das Symbol des betreffenden Atoms dargestellt. Wie man sieht, werden die Bahnen mit der gleichen Nebenquantenzahl zunächst einfach besetzt. Erst wenn dies geschehen ist, wird ein 2. Elektron in der gleichen Reihenfolge eingebaut. Diese Tatsache ist als Multiplizitätsprinzip bekannt. Dieses, das Pauli-Prinzip und das Energieprinzip regeln den Aufbau der Elektronenhüllen der Elemente. Die K-Schale mit der Hauptquantenzahl 1 kann maximal 2 Elektronen aufnehmen. Mit 1 Elektron ist sie beim Wasserstoff und mit 2 beim Helium besetzt. Die M-Schale mit der Hauptquantenzahl 2 bietet insgesamt Platz für 8 Elektronen. Es entsteht so die Periode1) der Elemente vom Lithium bis zum Neon.
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lente 3—10 und ihre Ionen
Bei der Einwirkung von Energie, z. B . Licht, Stoßenergie usw. können Elektronen auf unbesetzte Bahnen höherer Energie angehoben werden. Beim Herabfallen der Elektronen auf die Normal-Bahnen wird die überschüssige Energie, z. B. als Licht, abgegeben. Auf diese Weise entstehen die Linienspektren der Elemente. 2. Die Eigenschaften der Elemente als Folge der Stellung im Perioden-System Für das chemische Verhalten und auch für die wesentlichen physikalischen Eigenschaften ist nur die äußerste Elektronenschale, die als Valenzelektronenschale bezeichnet wird, verantwortlich. Alle Elemente mit voll aufgefüllter Valenzelektronenschale sind chemisch nahezu inert, sie werden daher als Edelgase bezeichnet. Die Reaktivität der übrigen Elemente entsteht aus dem Bestreben, Partikel zu bilden, bei denen ihre Valenzelektronenschale die Elektronenanordnung eines Edelgases besitzt. Da mit Ausnahme der K-Schale, die mit 2 Elektronen Edelgaskonfiguration besitzt, die Valenzelektronenschale stets mit 8 Elektronen komplett ist, spricht man hier von dem Oktett-Prinzip. 1 ) Im System der Elemente werden alle Elemente, deren Valenzelektronenschale zur gleichen Hauptquantenzahl gehört, als Periode zusammengefaßt. Eine Gruppe bilden alle Elemente mit der gleichen Zahl von Valenzelektronen.
Die homöopolare Bindung
7
3. Die Ionenbildung
Die Ausbildung der Edelgasschale kann auf zwei verschiedenen Wegen erfolgen, entweder durch Abgabe von Elektronen, wodurch die darunter liegende Edelgasschale freigelegt wird, oder durch Aufnahme von Elektronen, wodurch die vorhandene Valenzelektronenschale zur Edelgasschale komplettiert wird. In der Reihe der Elemente vom Lithium bis zum Fluor — das gleiche gilt für die nächsten Perioden — sind die Anfangsglieder bestrebt, Elektronen abzugeben, während die Endglieder Elektronen aufnehmen. Dieses Bestreben ist auch verständlich, denn es ist für das Lithiumatom sicher einfacher, ein Elektron abzugeben, wodurch die K-Schale des Heliums freigelegt wird, als 7 Elektronen zu binden, um die L-Schale des Neons aufzubauen. Das Umgekehrte gilt für das Fluoratom. Düren die Abgabe bzw. Aufnahme von Elektronen wird die Elektroneutralität der Atome gestört, es entstehen bei der Abgabe positiv geladene und bei der Aufnahme von Elektronen negativ geladene Partikel, die Ionen. Es ist also zu erwarten, daß in der 1. Periode durch Abgabe von 1, 2 bzw. 3 Elektronen Li + , Be + + und B + + + Ionen, andererseits durch Aufnahme von 1,2 bzw. 3 Elektronen F~, O— und N Ionen gebildet werden. J e kleiner die Zahl der Schritte ist, mit der die Edelgaskonfiguration erreicht wird, umso größer ist die Tendenz zum Übergang in den Ionenzustand. Das erklärt die besonders große Reaktivität von Lithium und Fluor. Das Kohlenstoffatom als Mittelglied der Periode müßte entweder 4 Elektronen abgeben oder 4 Elektronen aufnehmen, um die Edelgaskonfiguration zu erreichen. Die treibenden Kräfte zum Übergang in den positiven bzw. negativen Ionenzustand halten sich hier also die Waage, die Tendenz zur Ionenbildung ist daher sehr klein. 4. Die homöopolare Bindung
Die Erfüllung des Oktettprinzips ist nicht nur durch Aufnahme oder Abgabe von Elektronen möglich, die Elektronen zweier oder mehrerer Atome können auch so miteinander verschmelzen, daß sie beiden Atomen gemeinsam gehören. Bei der Annäherung eines Chloratoms an ein Wasserstoffatom nimmt das Chloratom das Elektron Abb. 3. Die Entstehung der HCl-Molekel
des Wasserstoffatoms in seine M-Schale auf, ohne daß dieses vom Wasserstoffatom gelöst wird. Das Wasserstoffatom seinerseits bezieht ein Elektron des Chloratoms in seine Elektronenhülle ein und füllt damit seine K-Schale auf. Durch diesen Elektronenaustausch erhalten beide daran beteiligten Atome die stabile Edelgashülle. Bei dem Zusammentritt der Atome zu diesem Aggregat wird Energie frei, die wieder aufgebracht werden muß, um die Atome zu trennen und in den ungebundenen Zustand zu überführen. Beide Atome trennen sich also nicht mehr freiwillig, sie sind durch diese beiden ihnen jetzt gemeinsam gehörenden Elektronen aneinander gebunden. Diese Art der Bindung wird als kovalente Bindung — homöopolare Bindung — oder auch Elektronenpaarbindung bezeichnet.
8
Das Elektronensystem als Träger der ohemischen Eigenschaften
Dieser Elektronenaustausch, der Aufbau eines solchen Bindungselektronenpaares, ist nur möglich, wenn die beiden daran beteiligten Elektronen das gleiche Energieniveau besetzen, gemäß dem Pauli-Prinzip müssen sie dann entgegengesetzten Eigendrehsinn, antiparallelen Spin (Symbol j j ), besitzen.
Die 6 Elektronen des Chlors, die an dieser Bindung nicht beteiligt sind, faßt man zu 3 Elektronenpaaren zusammen, die einsame Elektronenpaare genannt werden. Zwischen Chlor und Wasserstoff ist die Bindung sehr labil: durch äußere Einflüsse, z. B. durch Wasser, wird sie bereits vollständig gesprengt, weil das Chlor bestrebt ist, das Elektronenpaar für sich allein zu beanspruchen, um ein Cl - Ion zu bilden. Zwischen Natrium und Chlor ist eine solche Bindung nicht möglich. Zwar könnte das Chloratom in analoger Weise seine M-Schale mit dem Valenzelektron des Natriums auffüllen, dessen M-Schale wäre dann aber mit nur zwei Elektronen besetzt und daher nicht stabil. J e kleiner bei einem Element die Neigung zur Bildung von Ionen ist, um so größer wird die Tendenz zur Ausbildung kovalenter Bindungen. Sie ist also am stärksten in der 4. Gruppe des periodischen Systems. Kovalente Bindungen mit z. T. recht großer Stabilität gibt es auch zwischen gleichartigen Atomen, z. B. F 2 , 0 2 , N 2 , wobei zur Erfüllung des Oktettprinzips beim Sauerstoff zwei und beim Stickstoff drei Elektronenpaare beiden Atomen gemeinsam gehören müssen.
Abb. 4.
Das Sauerstoff- und Stickstoffmolekül
Im Sauerstoffmolekül sind die Atome darum durch zwei, im Stickstoffmolekül durch drei kovalente Bindungen miteinander verknüpft. Die Stabilität dieser Gebilde nimmt bei der Verknüpfung von mehr als 2 gleichartigen Atomen schnell ab, z. B. Ozon 0 3 . Auch hier macht wieder die 4. Gruppe, besonders das Anfangsglied, der Kohlenstoff, eine Ausnahme: die Stabilität der kovalenten Bindung, auch der mehrfachen kovalenten Bindung, ist von der Anzahl der miteinander verknüpften Kohlenstoffatome nahezu unabhängig. Dies ist die Begründung für die Sonderstellung des Kohlenstoffs und damit der Existenz der organischen Chemie. Diese Ausnahmestellung nehmen alle Elemente der 4. Gruppe ein, sie verwischt sich aber mit steigender Kernladungszahl. Dem Kohlenstoff am ähnlichsten ist deshalb das Silicium. 5. Valenztheorie Die Fähigkeit der Kohlenstoffatome, sich in beliebiger Zahl miteinander zu verknüpfen, wobei jedes Kohlenstoffatom insgesamt 4 kovalente Bindungen betätigt, wird als Valenztheorie bezeichnet. Diese Theorie war der Ansatzpunkt für eine erste Systematik der organischen Verbindungen. Kohlenstoffverbindungen, bei denen das Valenzelektronenoktett nicht vollständig ist, sind außerordentlich instabil. Denkt man sich z. B. ein Kohlenstoffatom mit drei Wasserstoffatomen kovalent verbunden, so würde die L-Schale 7 Elektronen, nämlich 3 Bindungselektronenpaare und ein ankeiner Bindung beteiligtes unpaares Elektron be-
9
Valenztheorie
sitzen und somit die gleiche Elektronenstruktur wie das Fluoratom haben. Ebenso wie sich atomares Fluor unmittelbar nach dem Entstehen zu Fluormolekülen vereinigt, treten zwei solche als Radikale bezeichnete Partikel unter Ausbildung einer kovalenten C-C-Bindung zusammen. Man könnte in diesen Radikalen eine Parallele zu den Elementen der Anorganischen Chemie sehen. LIEBIG, der ursprünglich hoffte, mit Hilfe der Radikale zu einer Systematik der organischen Verbindungen zu kommen, hat viele vergebliche Versuche zu ihrer Darstellung gemacht. Als sich allgemein die Anschauung durchgesetzt hatte, daß Radikale nicht existent sind, gelang die Darstellung dennoch; erstmalig GOMBERG 1910. Falls sie nicht durch besondere Bindungsverhältnisse stabilisiert werden, weisen die Radikale, wie nicht anders zu erwarten, etwa die Reaktivität von Halogenatomen auf. Nach der Valenztheorie ist die einfachste Verbindung zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff die Verbindung CH4 Methan. Durch Verknüpfung von 2 bzw. 3 Kohlenstoffatomen und Absättigung der verbleibenden Valenzen mit Wasserstoff kommt man zu den Verbindungen C2H6 Äthan und C3Hg Propan. H
H
H : c •. H
H
H : C : C : H
H
H
Methan
H
H
H
H : C : C : C : H
H
H
Äthan
H
H
Propan
Zur Vereinfachung der Strukturformel schreibt man einen Strich für 2 Elektronen, ein 2 Atome verbindender Strich stellt also 1 Bindungselektronenpaar dar. H
H
I
I I
H—C—H
H
H — C—C—H
U
i
H
H
H
I I I
H — C — C — C—H
iiA
Weiterhin zieht man gerne größere Atomgruppen zu einer Einheit zusammen, das würde beim Äthan zu der Schreibweise CH3—CH3 führen. Sind außer Kohlenstoff und Wasserstoff andere Atome am Aufbau der Verbindungen beteiligt — sie werden als Heteroatome bezeichnet — wichtig sind hier vor allem Sauerstoff und Stickstoff, so stellt man bei diesen die einsamen Elektronenpaare durch quergestellte Striche dar. Man schreibt allerdings die einsamen Elektronenpaare nur dann mit, wenn sie zur Erklärung einer chemischen Reaktion notwendig sind. H—O—H Wasser
H—N—H
i
Ammoniak
Die Anknüpfung eines vierten Kohlenstoffatoms an die Propankette ist an zwei verschiedenen Stellen möglich, einmal am Ende und einmal in der Mitte der Kette. —C—C—C—C—
—C—C—C— I C
10
Das Elektronensystem als Träger der chemischen Eigenschaften
Es ergeben sich so zwei Kohlenwasserstoffe — Butan genannt — mit der gleichen Zusammensetzung C 4 H 10 , aber verschiedener Struktur des Kohlenstoffgerüstes. Die Existenz von Stoffen gleicher Zusammensetzung, aber verschiedener Eigenschaften wurde zuerst von LIEBIG und WÖHLE» an den Salzen der Knall- und Cyansäure beobachtet und als Isomerie bezeichnet (S. 63). Die Isomerie ergibt sich jetzt als notwendige Folge aus der Valenztheorie. Bei den beiden Butanen und analogen Verbindungen spricht man von Strukturisomerie, weil die Struktur des Atomgerüstes verschieden ist. Mit dem Anwachsen der Zahl der miteinander verbundenen Kohlenstoffatome muß die Zahl der Isomeren gesetzmäßig und schnell steigen. Zu berücksichtigen ist noch, daß die Enden einer Kohlenstoff kette ebenfalls durch eine Elektronenpaarbindung verknüpft werden können, man kommt dann zu ringförmigen, oder cyclischen Verbindungen. ^ JJ I I H—C—C—H I I H — C— C—H
i i
Cvclo-Butan Auf diese Weise erhält man eine leicht zu übersehende Systematik aller Kohlenwasserstoffe. Durch Ersatz eines oder mehrerer Wasserstoffatome durch andere Atome oder Atomgruppen leiten sich von den Kohlenwasserstoffen alle organischen Verbindungen ab. Die offenkettigen Verbindungen nennt man aliphatische, die ringförmigen alicyclische Verbindungen. 6. Das Kohlenstofftetraeder Bei diesem Aufbau der Moleküle aus Atomen muß man allerdings noch einige spezielle Anweisungen berücksichtigen, die aus der Valenztheorie und auch aus der Elektronenstruktur nicht ohne weiteres abzuleiten sind. Von jedem Kohlenstoffatom gehen vier kovalente Bindungen aus, beim einfachsten Kohlenwasserstoff, CH 4 =
Abb. 6. Die Ausbildung des Kohlenstofftetraeders
Methan, vier CH-Bindungen. Nach der Elektronenstruktur des Kohlenstoffatoms (S. 5) sollten dies also eine s- und drei p-Bindungen sein. Die s-Bindung müßte kugelsymmetrisch sein, während die drei p-Bindungen (p x , p y u. p z ) wie die Achsen eines räumlichen Koordinatensystem senkrecht aufeinander stehen. Die vier Bin-
Die optische Aktivität
11
düngen sollten also nicht gleichartig sein, sondern eine sollte sich von den drei anderen unterscheiden. Tatsächlich sind aber alle Bindungen im Methan und analogen Verbindungen völlig gleichartig. Das beruht darauf, daß die Elektronen ihre durch die Quantenzahlen bestimmten Bahnen nicht beibehalten, sondern die Bahnen sich miteinander vermischen. Es entstehen Mischbahnen, sogenannte Hybridbahnen. Die treibende Kraft der Hybridisierung ist das Bestreben des Moleküls, eine möglichst hohe Symmetrie und damit ein Energieminimum zu erreichen. Die vom Kohlenstoffatom ausgehenden 4 Bindungen werden als sp3-Hybridbindungen bezeichnet, wodurch ausgedrückt werden soll, daß die Bahnen von 1 s-Elektron und 3 p-Elektronen miteinander gemischt sind. Die 4 Hybridbahnen bilden jeweils einen Winkel von 109° 28' miteinander, weisen also in die Ecken eines regulären Tetraeders, in dessen Zentrum das Kohlenstoffatom steht. Die Tatsache, daß das Kohlenstoffatom räumlich gebaut ist und die Struktur eines regulären Tetraeders besitzt, ist ursprünglich als Hypothese von van't Hoff aus der sogenannten optischen Aktivität abgeleitet worden. 7. Die optische Aktivität Unter optischer Aktivität versteht man die Eigenschaft eines Stoffes, beim Durchgang von linear polarisiertem Licht dessen Schwingungsebene zu drehen. Es war lange bekannt, daß gewisse Kristalle, als Beispiel sei der Quarz genannt, diese Eigenschaft besitzen. In der Natur findet man zwei Quarzarten, die diese optische Aktivität zeigen. Eine Quarzart dreht die Schwingungsebene nach rechts, die andere nach links, man spricht von rechts und links drehendem Quarz. Eine Erklärung findet die Erscheinung in der Anordnung der Bausteine im Kristallgitter, denn beim Schmelzen des Quarzes verschwindet die optische Aktivität. Ein Links- und ein Rechtsquarz gleichen sich zwar im äußeren Habitus völlig, sind aber wie Bild und Spiegelbild, wie rechte und linke Hand, sie lassen sich zwar durch Spiegelung, aber durch keine andere Operation zur Deckung bringen. Die optische Aktivität von Lösungen organischer Verbindungen wurde zuerst 1815 von B i o t bei der Weinsäure (S. 82) beobachtet. Sie tritt, wie spätere Untersuchungen ergaben, immer und nur dann auf, wenn das Molekül ein Kohlenstoffatom enthält, das vier verschiedene Substituenten trägt. Man nennt ein solches Atom ein asymmetrisches Kohlenstoifatom1) und kennzeichnet es mit einem C*. Bereits P a s t e u r hat die optische Aktivität organischer Verbindungen mit dem räumlichen Bau der Moleküle in Verbindung gebracht (1859), denn nur bei einer räumlichen Anordnung ist es möglich, daß Bild und Spiegelbild nicht identisch sind. Ein bestimmtes Raummodell für das Kohlenstoffatom, nämlich das reguläre Tetraeder, hat erst van't H o f f 1874 gefordert. Primär optisch aktive Verbindungen findet man nur in der Natur, bei der Synthese entstehen immer inaktive Gemische gleicher Mengen entgegengesetzt gleich drehender isomerer Verbindungen. Das synthetisch erhaltene Gemisch bezeichnet man als racemisches Gemisch und, wenn Mischkristallbildung zwischen den Isomeren eintritt, als Racemat, die Komponenten des Gemisches als optische Antipoden. Die Antipoden ') Ergänzend ist zu sagen, daß auch ein Stickstoffatom mit vier verschiedenen Substituenten Anlaß zur optischen Aktivität gibt, und daß unter bestimmten Umständen, z. B. Behinderung der freien Drehbarkeit (S. 13), Molekülasymmetrie auftreten kann.
12
Das Elektronensystem als Träger der chemischen Eigenschaften
sind Isomere, die in allen chemischen und physikalischen Eigenschaften, bis auf die entgegengesetzt gleiche optische Drehung, übereinstimmen. Ein asymmetrisches Kohlenstoffatom ist der Anlaß für die Existenz zweier solcher Isomeren. Bei Anwesenheit mehrerer asymmetrischer Kohlenstoffatome im gleichen Molekül veranlaßt jedes die Existenz zweier Isomeren, n Asymmetriezentren ergeben demnach 2 n Isomere. Die VAN'T H O F F sehe Hypothese des Kohlenstofftetraeders ist durch die weiteren Forschungen vollauf bestätigt worden. Aus ihr ergeben sich eine Reihe von Konsequenzen, die z. T. experimentell einfach nachprüfbar sind, so muß der Valenzwinkel zwischen drei Kohlenstoffatomen gleich dem Tetraederwinkel sein, also 109° 28' betragen. Schließt man 3 Kohlenstoffatome zu einem Ring zusammen, so kann in diesem Cyclopropan der Valenzwinkel nur noch 60° betragen, der Tetraederwinkel ist also erheblich deformiert, wodurch das Molekül eine Spannung erhält. Diese Spannung muß sich in dem Energieinhalt der Verbindung bemerkbar machen. Die Bestimmung der Verbrennungswärme zeigt tatsächlich, daß das Cyclopropan um 30 kcal/Mol energiereicher ist als das Propan. Ringschlußreaktionen müssen bei der Bildung von Kohlenstoff-Fünfringen besonders begünstigt sein, weil der Winkel im regulären Fünfeck mit dem Tetraederwinkel nahezu übereinstimmt, erfahrungsgemäß bilden sich Fünfringe, aber auch Sechsringe, besonders leicht. Schwerer, z. T. sogar sehr schwer bilden sich 7-, 8- und höhergliedrige Ringe. Aus dieser Tatsache hat A D O L F VON B A E Y E R den Fehlschluß gezogen, daß auch diese Ringe infolge Valenzwinkelspreizung gespannte Systeme sind. Sind derartige Ringe aber einmal gebildet, so zeigen sie keine Anomalien, auch keinen erhöhten Energieinhalt. Sie sind völlig spannungsfrei aufgebaut, weil die Kohlenstoffatome nicht in einer Ebene liegen, dann aber ist eine Verzerrung des Tetraederwinkels nicht erforderlich. Die geringe Bildungstendenz ergibt sich daraus, daß die für die Ringbildungsreaktion notwendige Begegnung der Kettenenden infolge der Raumstruktur selten erfolgt. 8. er- und 7i-Bindangeii Mit dem Tetraeder kann man modellmäßig sowohl die Kohlenstoffeinfachbindung als auch die Kohlenstoffmehrfachbindungen darstellen. Diese Modelle geben
Abb. 7. Die Einfachbindung
, B' zwar die räumliche Anordnung an dem Kohlenstoffatom richtig wieder, nicht aber die tatsächlichen Bindungsverhältnisse. Mit einem starren Modell lassen sich grundsätzlich dynamische Vorgänge, wie sie ja doch in der chemischen Bindung vorliegen, nicht darstellen. Die Einfachbindung ergibt sich durch Aneinanderlagerung zweier Tetraeder mit je einer Ecke.
CT- und TT-Bindungen
13
In dieser Anordnung können die Substituenten an den beiden Kohlenstoffatomen durch Verdrehung um die Verbindungsachse verschiedene Lagen zueinander einnehmen. Wenn hier bestimmte Vorzugslagen existieren, müßten diese Anlaß zu einer weiteren Isomerie geben, die aber normalerweise nicht beobachtet wird .Man schließt hieraus, daß zwei Kohlenstoffatome um ihre Verbindungsachse frei drehbar sind. Die freie Drehbarkeit läßt sich quantentheoretisch aus der sp 3 -Hybridbindung herleiten, weil hierdurch sämtliche Bindungen rotationssymmetrisch werden, so daß keine Vorzugslagen existieren können. Die Verhältnisse werden gänzlich anders, wenn man die Mehrfachbindungen des Kohlenstoffs betrachtet. Die Doppelbindung ist nicht die Summe zweier Einfachbindungen, sondern eher die Überlagerung einer Ein-
Abb. 8. Die Doppelbindung
A fachbindung mit einer speziellen Bindung. Beide werden zwar durch je ein Elektronenpaar gebildet, die aber gemäß dem Pauli-Prinzip nicht gleichwertig sein können. Da die Elektronen der Einfachbindung vorwiegend s-Charakter haben, und die der zusätzlichen Bindung p-Charakter, bezeichnet man sie als a- bzw. jr-Elektronenpaare. Man spricht auch von Elektronen 1. und 2. Art. Während die Elektronen 1. Art gegenüber denen einer gewöhnlichen Einfachbindung kaum verändert, also noch rotationssymmetrisch sind, ist die Ladungsverteilung der Elektronen 2. Art grundsätzlich anders. Sie beschreiben eine Bahn, die oberhalb und unterhalb der des cr-Elektronenpaares liegt. Diese Bahn kann aber nur dann zustande kommen, wenn die 4 an den beiden C-Atomen noch vorhandenen sp 2 -Bahnen und damit die durch sie gebundenen Substituenten in einer Ebene liegen. Hierdurch wird die freie Drehbarkeit um die C-CDoppelbindung aufgehoben. Bei ungleichen Substituenten muß also eine neue Art von Isomerie auftreten, die tatsächlich beobachtet wird. Man spricht hier von cis-transIsomeric. Aus Tetraedern erhält man das Modell der C-C-Doppelbindung durch Aneinanderlagerung zweier Kanten. Dieses Bild bringt zwar die Starrheit der Doppelbindung, nicht aber die Ungleichheit der er- und n-Bindung zum Ausdruck. Für die Dreifachbindung ergibt sich das Modell durch Zusammenlagerung zweier Tetraeder mit einer Fläche. Abb. 9. Die Dreifachbindung
Das Bild zeigt, daß hier die beiden C-Atome und die an ihnen haftenden Substituenten auf einer Geraden liegen, es besteht deshalb kein Anlaß zu einer cis-transIsomerie. Vom Standpunkt der Elektronentheorie besitzt die Dreifachbindung ein cr-Elektronenpaar und zwei verschiedene n-Elektronenpaare.
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Das Elektronensystem als Träger der chemischen Eigenschaften
Prinzipiell die gleichen Bindungsverhältnisse treten bei allen anderen kovalent gebundenen Atomen auf. J e nach der Art der Atome und Bindungen können wieder cr-Bindungen mit reinem s-Charakter und solche mit sp-, sp2- und sp 3 -Hybridcharakter sowie 7r-Bindungen auftreten. Sind in einem Molekül mehrere Doppelbindungen vorhanden, so reagieren sie unabhängig voneinander, wenn sie durch zwei oder mehr Einfachbindungen voneinander getrennt sind, es sind dann isolierte Doppelbindungen. CH2=CH—CH2—CH2—CH
OH 2.
1,5-Hexadien, isolierte Doppelbindungen
Gehen 2 Doppelbindungen von gleichem Kohlenstoffatom aus, so spricht man von einem kumulierten System. _TT _ 0x12 = 0 = 0x12 . Allen, kumulierte Doppelbindungen
Das chemische Verhalten dieses Systems bietet eine Reihe von Besonderheiten, die aber hier nicht weiter behandelt werden sollen. 9. Mesomerie Sind zwei oder auch mehr Doppelbindungen jeweils nur durch eine Einfachbindung voneinander getrennt, so kommt es zu einer spezifischen Wechselwirkung, die als Mesomerie bezeichnet wird, man nennt solche Doppelbindungen konjugierte Doppelbindungen. CH2=CH—CH=CH2 1,3 Butadien, konjugierte Doppelbindungen
Zum Verständnis der Mesomerie muß man sich folgendes klarmachen. Die beiden bindenden Elektronenpaare der Doppelbindung sind energetisch nicht gleichwertig. Die jr-Elektronen sind energiereicher als die ex-Elektronen, eine jr-Bindung ist deshalb mit geringerem Energieaufwand zu lösen, als eine u-Bindung. Eine Lösung der yr-Bindung bedeutet aber noch keine Trennung der beiden doppelt gebundenen Atome, weil diese ja außerdem noch durch die a-Bindung verknüpft sind. Für die Lösung einer jr-Bindung gelten die gleichen Möglichkeiten wie sie auf S. 20 für eine a-Bindung diskutiert werden. Danach kann jedes der beteiligten Atome die Elektronen ganz zu sich heranziehen oder ganz abgeben, wodurch es entweder eine negative oder eine positive Ionenladung erhält. e e — C—C— I I
— C=C— I I
•
© g — c—C— . I I
Eine solche Bindung, die die Überlagerung einer kovalenten Bindung mit einer Ionenbeziehung darstellt, wird als semipolare Bindung bezeichnet. Weiter kann das yr-Elektronenpaar in zwei Einzelelektronen aufspalten, von denen jedes der doppeltgebundenen Atome eines erhält, es entstehen dann zwei durch eine a- Bindung miteinander verbundene Radikale. —C=C—
•
—C—C—.
Für diese Delokalisaiion der n-Elektronen ist die Zufuhr von Energie notwendig, Verbindungen mit den eben diskutierten Elektronenverteilungen sind energiereicher
Mesomerie
15
als die mit der symmetrischen Ausgangsverteilung. Man unterscheidet sie deshalb als Grundzustand und angeregte Zustände. Die zur Anregung notwendige Energie kann zum Teil bereits aus der thermischen Energie des Moleküls gedeckt werden, sodaß der Grundzustand theoretisch nur beim absoluten Nullpunkt zu realisieren wäre. Bei Molekülen unter Normalbedingungen haben die jr-Elektronen immer das Bestreben zur Delokalisation, sie können zwar die Grenzanordnung der angeregten Zustände noch nicht erreichen, sind aber auf dem Wege dahin. Die tatsächliche Verteilung der 7r-Elektronen läßt sich deshalb mit einer Strukturformel nicht mehr angeben. Man kann die Verhältnisse nur so beschreiben, daß man die möglichen Grenzstrukturen, die auch als polare und radikalische Qrenzformen bezeichnet werden, nebeneinander schreibt und durch einen Doppelpfeil verbindet. —C=C— I I
•
©
®
—C-C— I I
®
•
©
—C—C— I I
•
—c—c— I I
Das bedeutet: für eine Doppelbindung gibt es keine eindeutige Formel, sondern deren vier, die durch verschiedene Anordnung der yr-Elektronen auseinander hervorgehen. Wie die wahre Verteilung der ^-Elektronen ist, läßt sich nicht angeben, sie hängt auch von der Art der Substituenten und von dem Energieinhalt ab, man sagt: die 7i-Elektronen Verteilung ist mesomer zwischen diesen Grenzformen. Bei weiterer Energiezufuhr, etwa während des Ablaufs einer chemischen Reaktion, findet eine Verschiebung der jz-Elektronen in Richtung auf die Grenzformen statt, deshalb sind diese für das reaktive Verhalten der Doppelbindungen von großer Bedeutung. Enthält ein Molekül mehrere Doppelbindungen, so gilt für jede das eben Gesagte. In einem konjugiertem System können an den beiden durch eine Einfachbindung verknüpften Kohlenstoffatomen Grenzverteilungen auftreten, die sich zu einer jr-Bindung zwischen diesen Atomen umgruppieren können.
© © ® e —c=Lc— C=C— I I I I
•
®
—C—C—0—C— I I I I
•
0
_c—c=c—c—. I I I I
Das ist die eingangs postulierte Wechselwirkung über diese Einfachbindung hinweg, sie ist mit einem Energiegewinn verknüpft, der als Mesomerieenergie bezeichnet wird. Bei ausgedehnten konjugierten Systemen kann die Mesomerieenergie recht erhebliche Werte erreichen. Aus diesen Überlegungen ergibt sich einmal, daß die Einfachbindungen zwischen 2 konjugierten Doppelbindungen gestört ist, sie muß bis zu einem gewissen Grade Doppelbindungscharakter besitzen. Allerdings reicht dieser Effekt nicht aus, um cis-trans Isomere an dieser Bindung zu stabilisieren. Weiterhin erkennt man, daß das konjugierte System sich durch spezifische Reaktionen auszeichnet, es kann als ganzes System in Reaktion treten:
e
®
B—
A
®
©
—c—c=c—c— I I I I
B
•
|
A |
— e — c = c — c—, I I I I
wobei die beiden ursprünglichen Doppelbindungen verschwinden und eine neue isolierte Doppelbindung zwischen den mittleren Kohlenstoffatomen auftritt.
Das Dipolmoment
16 10. Das aromatische System
Zu einem besonderen Bindungssystem kommt man, wenn man 3 konjugierte Doppelbindungen in einem carbocyclischen 6-Ring „kurzschließt". I
I
—c/K
c—
—C
C—
I
V
II
I
«—•
—c / c\— II
I
—c
c—
1
V
In diesem Cyclohexatrien oder auch Benzol ist der ungesättigte Charakter durch die spezifische Wechselwirkung der 7r-Elektronen so maskiert, daß er normalerweise nicht mehr in Erscheinung tritt. Dieses System zeigt ein von den gesättigten und ungesättigten aliphatischen Verbindungen völlig abweichendes chemisches Verhalten, es wird unter dem Namen aromatische Verbindungen gesondert behandelt. Es sei hier bemerkt, daß drei cyclisch konjugierte Ji-Elektronenpaare eine in sich abgeschlossene Struktur bilden. Eine plausible Erklärung hierfür ist, daß dann drei energetisch gleichwertige rrc-Elektronenpaare vorhanden sein können, die sich gemäß dem Pauli-Prinzip dadurch unterscheiden, daß eines einen Rechts-Umlauf, das andere einen Links-Umlauf und das dritte keinen Umlauf besitzt.
G. Das Dipolmoment Moleküle, die nur kovalent gebundene Atome enthalten, sind nach außen elektrisch neutral, weil alle Atome zusammen so viel Elektronen um sich geschart haben, wie der Summe ihrer Kernladung entspricht. Jedes Atom, für sich betrachtet, hat die Elektronenschale des ihm im Periodensystem folgenden Edelgases. Bei einer C-F, C-0 oder C-N-Bindung haben beide Atome die gleiche Anzahl von Elektronen wie das Edelgas Neon. Da die Zahl der positiven Kernladungen beim Kohlenstoff 6 beträgt, beim Stickstoff, Sauerstoff, Fluor und Neon aber 7, 8, 9 und 10, wird die Elektronenhülle des Neons von diesem am stärksten angezogen, weniger stark in fallender Reihenfolge vom Fluor, Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenstoff. Bei der C-F, C-O,C-N-Bindung, allgemeiner bei jeder kovalenten Bindung zwischen Atomen mit verschiedener Kernladung, wird die Elektronenwolke von dem Atom mit der höheren Kernladung stärker angezogen. Dadurch ist das Atom mit der höheren Kernladung von mehr Elektronen umgeben, als seiner Kernladung entspricht, es erscheint also als Träger negativer Ladung, während das Atom mit der niederen Kernladung, hier also das Kohlenstoffatom, an Elektronen verarmt und dadurch zum Träger positiver Ladung wird. Auf diese Weise entsteht ein innermolekularer Dipol, der in Analogie zur Mechanik durch das Dipolmoment ¡i = e • 1, dem Produkt aus Ladung und Abstand charakterisiert wird. Zwischen zwei gleichen Atomen, im einfachsten Falle zwischen zwei Wasserstoffatomen, ist die kovalente Bindung symmetrisch, ein solches Molekül besitzt kein Dipolmoment. Sobald aber ungleiche Atome am Aufbau eines Moleküls beteiligt sind, ergibt sich das Oesamtdipolmoment des Moleküls aus der Vektoraddition der Einzeldipole. Ein Molekül mit zwei Einzeldipolen, die entgegengesetzt gerichtet
Das Dipolmoment
17
und gleich sind, zeigt also nach außen kein Dipolmoment. Auf Grund dieses Bildes nennt man nach außen momentfreie Moleküle Quadrupole, man sagt aber auch Polypole, weil auch viele Einzelpole durch Vektoraddition das Gesamtmoment Null ergeben können. Beim Methan und bei allen gesättigten Kohlenwasserstoffen erhält man, unter der Voraussetzung der Tetraedersymmetrie, durch Vektoraddition das Oesamtmoment Null. Da bei den Kohlenwasserstoffen auch experimentell kein Dipolmoment gefunden wird, ist dies auch ein Beweis für die Gleichartigkeit aller vier Bindungen des Kohlenstoffatoms (S. 11). Aus dem experimentell gefundenen Dipolmoment lassen sich weitgehende Schlüsse über die Ladungsverteilung und den Bindungszustand im Molekül ziehen. Zur Bestimmung des Dipolmoments sei ein Gedankenexperiment geschildert: Denkt man sich ein Molekül in ein stationäres homogenes elektrisches Feld, also zwischen die Platten eines Kondensators, gebracht, so hängt die Wirkung des Feldes von dem Aufbau der Verbindung ab. Bei einer IonenVerbindung wird der elektrostatische Zusammenhang gestört, das positive Ion wandert zur Kathode, das negative Ion zur Anode (Elektrolyse). Bei einem Dipolmolekül wird zwar auch der negative Pol von der Anode und der positive von der Kathode angezogen, da aber beide durch eine kovalente Bindung verknüpft sind, kommt es nicht zu einer Wanderung, sondern nur zu einer Ausrichtung des Moleküls im Feld. Ein Quadrupol wird im Feld weder angezogen noch ausgerichtet. Dieser primären Wirkung des Feldes überlagert sich ein weiterer Effekt. Da die Kerne und die Elektronen nicht starr miteinander verbunden sind, werden die Elektronen von der positiven Platte, die Kerne von der negativen angezogen, dies ist gleichbedeutend mit der Induktion eines Abb. 10. Dipols antiparallel zur Richtung des Feldes. Die Größe Moleküle des induzierten Moments hängt einerseits von der Größe im elektrostatischem Feld des äußeren Feldes (E), andererseits von den Kräften ab, die zwischen den Elektronen und den Kernen herrschen, die also in irgendeinem Zusammenhang mit der chemischen Bindung stehen müssen. Sie ist in weiten Grenzen dem äußeren Felde proportional, man nennt den Proportionalitätsfaktor die Polarisierbarkeit a. Das induzierte Moment ist demnach durch die Beziehung ¡i i = aE gegeben. Diese beiden Größen, permanentes (fip) und induziertes (fj,t) Moment, sind für das dielektrische Verhalten organischer Verbindungen maßgebend. Die der Messung zugängliche Größe ist die Dielektrizitätskonstante, dasVerhältnis der Kapazität eines Kondensators mit dem zu untersuchenden Dielektrikum zur Kapazität des gleichen Vakuumkondensators. Durch diese Messung erfaßt man die Summe der Wirkungen aus dem permanenten und dem induzierten Moment. Bei Erhöhung der Temperatur wird aber die Ausrichtung der permanenten Dipole durch die Temperaturbewegung gestört, während das induzierte Moment, das immer in Richtung des Feldes liegt, hiervon 2 Uerdel, Organische Chemie
18
Wechselwirkung Licht-Materie
nicht beeinflußt wird. Daraus ergibt sich, daß die Temperaturabhängigkeit der Dielektrizitätskonstanten mit dem permanenten Dipolmoment zusammenhängen muß. Die hierfür notwendige funktionelle Ableitung ist nicht ganz einfach und soll daher übergangen werden. Denkt man sich andererseits die Moleküle in ein elektrisches Wechselfeld gebracht, so wechselt die Richtung des induzierten Moments periodisch, während durch das permanente Moment das Dipolmolekül periodisch nach der entgegengesetzten Seite ausgerichtet wird, wodurch es in eine Drehschwingung gerät. Bei einem genügend schnellen Richtungswechsel wird ein Punkt erreicht werden, bei dem wegen der Massenträgheit das Molekül diesem Wechsel nicht mehr folgen kann. In einem genügend hochfrequenten Feld kommt nur die Wirkung der Polarisierbarkeit zur Beobachtung. Ein genügend hochfrequentes elektrisches Wechselfeld, dem die Dipolmoleküle nicht mehr folgen können, sind die elektromagnetischen Lichtwellen. Die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie, die sich in dem Brechungsindex und der Dispersion (der Abhängigkeit der Lichtbrechung von der Wellenlänge) zu erkennen gibt, hängt nur von der Polarisierbarkeit ab. Durch Differenzbildung aus den Wirkungen des stationären Feldes, also der Dielektrizitätskonstanten, die von dem permanenten und induzierten Moment abhängt, und denen der schnellen Wechselfelder des Lichtes, gemessen durch den Brechungsindex, kann man zu einer Bestimmung des permanenten Momentes kommen. Auch hier ist der tatsächliche funktionelle Zusammenhang nicht ganz einfach abzuleiten.
D. Wechselwirkung Licht-Materie Es wurde eben gezeigt, daß durch ein elektrisches Wechselfeld die Moleküle periodisch in Richtung des Feldes polarisiert werden, die Ladungen also gegeneinander verschoben werden und somit eine Schwingung erzeugt wird. Nun sind aber die Kerne und die Elektronen keine ruhenden elektrischen Ladungen, sondern bewegen sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit, besitzen also eine Eigenfrequenz, da Massen und Federkräfte vorhanden sind. Wenn die Frequenz des äußeren Feldes mit der Eigenfrequenz zusammenfällt, kommt es analog wie in der Mechanik bei gekoppelten Pendeln zur Resonanz, d. h. das Molekül entnimmt dem erregenden Feld diejenigen Energiequanten, die seinen Eigenfrequenzen entsprechen, es tritt selektive Lichtabsorption ein. Die Eigenfrequenzen der Kerne und auch der Elektronen hängen von zwei Größen ab, erstens von ihrer Masse und zweitens von den Kräften, mit denen sie aneinander gebunden sind, also von der Art der chemischen Bindung. Daraus wird verständlich, daß die Untersuchung der selektiven Lichtabsorption wichtige Aufschlüsse über die chemische Bindung liefert. Wegen des großen Massenunterschiedes zwischen den Elektronen und Kernen muß es zwei relativ weit getrennte Bereiche von Eigenfrequenzen geben, die Kerne werden wegen ihrer größeren Trägheit langsamer, d. h. niederfrequenter schwingen als die Elektronen. Die Erfahrung hat nun gezeigt, — eine theoretische Ableitung ist auch möglich — daß die Eigenfrequenzen der Kerne mit Schwingungen in infraroten und die der Elektronen mit Schwingungen im ultravioletten, gegebenenfalls auch dem sichtbaren Spektralbereich zusammenfallen. Die Eigenfrequenzen der Elektronen einer c-Bindung liegen im fernen Ultraviolett, dem
KahäsionseigenBchaffcen
19
sogenannten Schumanngebiet, das experimentell schwer zugänglich ist. Viel niederfrequenter, bereits im nahen Ultraviolett, liegen die Eigenfrequenzen der lockerer gebundenen 7i-Elektronen. Kommt es nun durch Wechselwirkung mehrerer n-Elektronenpaare, wie es bei den konjugierten Systemen besprochen wurde (S. 14), zu einer weiteren Lockerung der ^-Elektronen, so können die Eigenfrequenzen bis ins Gebiet des sichtbaren Lichtes absinken, das Molekül absorbiert dann bereits sichtbares Licht, die Substanz erscheint uns farbig.
E. Kohäsionseigenschaften Die Wirkungen eines elektrischen Feldes reichen theoretisch bis ins Unendliche, wenn auch die Stärke mit wachsender Entfernung schnell abnimmt. Man muß danach erwarten, daß die zwischen den Kernen und Elektronen herrschenden molekularen Felder sich untereinander beeinflussen. Diese Wechselwirkung faßt man unter dem Sammelbegriff zwischenmolekulare Kräfte zusammen. Die zwischenmolekularen Kräfte bedingen den Zusammenhalt in den Flüssigkeiten, den festen Körpern und auch den Gasen, sie bestimmen damit die physikalischen Eigenschaften, wie Dampfdruck, Siedepunkt, Schmelzpunkt, Viskosität usw. der Elemente und Verbindungen. Die Größe der zwischenmolekularen Kräfte hängt von der Art der am Aufbau der Moleküle beteiligten Atome und ihren gegenseitigen Beziehungen, also der chemischen Bindung, ab, so daß auch die 'physikalischen Eigenschaften im wesentlichen durch die chemischen Bindungen bestimmt werden. Zwei Dipolmoleküle werden, abhängig von der gegenseitigen Orientierung, einander abstoßen oder anziehen. Bei einer Anhäufung vieler Dipolmoleküle ist die Summe der daraus resultierenden Kräfte nicht ohne weiteres abzuschätzen. Die Durchrechung auf Grund der statistischen Verteilung ergibt, daß die anziehenden Kräfte überwiegen, zwischen Dipolmolekülen demnach stets eine wie man sagt Dipol-Dipol-Anziehung vorhanden ist. Daneben wirkt aber das molekulare Feld wie jedes äußere Feld polarisierend auf seine Nachbarmoleküle. Hierdurch werden zusätzliche Dipolmomente induziert, die nun aber in Richtung der Verbindungsachse orientiert sind, so daß diese Induktionskräfte stets eine gegenseitige Anziehung ergeben. Diese Induktionskräfte sind nicht an ein permanentes Dipolmoment gebunden, sondern an das Molekülfeld schlechthin, sodaß sie auch bei Quadrupolmolekülen auftreten. Das Dipol-und auch das Quadrupolfeld ist zeitlich nicht konstant, da die Ladungen nicht ruhen, sondern mit einer bestimmten Eigenfrequenz schwingen. Abhängig von der Größe der Eigenfrequenzen und ihrer gegenseitigen Orientierung im Molekül kann dessen äußeres Feld erheblichen, wenn auch sehr kurzzeitigen Veränderungen unterworfen sein, das Dipol- bzw. Quadrupolfeld beschreibt das wahre Feld nur im zeitlichen Mittel. Aus dieser Tatsache ergibt sich eine allgemeine Anziehung. Da der Hauptteil der zeitlichen Veränderung des Molekülfeldes von den Elektronen herrührt, also den gleichen Faktoren, die auch für die Lichtbrechung und Dispersion verantwortlich sind, nennt man diesen Anteil der zwischenmolekularen Kräfte die Dispersionskräfte. Man spricht auch von dem Edelgaseffekt, weil die zwischenmolekularen Kräfte bei den kugelsymmetrischen Edelgasen praktisch nur durch diesen Effekt bedingt sind. 2»
Der Ablauf chemischer Reaktionen
20
F. Der Ablauf chemischer Reaktionen Das wesentliche Charakteristikum der organischen Verbindungen ist, daß sämtliche Bindungen Elektronenpaarbindungen sind, diese sind aber zwischen ungleichen Atomen unsymmetrisch. Das Atom mit der höheren Kernladungszahl zieht die negativen Elektronen stärker an als das Atom mit der niederen Kernladungszahl 1 ). Geht man als Beispiel von einer Kohlenstoffhalogenbindung aus, so ist diese Bindung mit einem Dipol behaftet, dessen negatives Ende das Halogenatom ist. Diese Polarität reicht allerdings nicht aus, um eine Dissoziation in Ionen zu bewirken. Nähert sich ein negativ geladenes Ion, als Beispiel sei das Hydroxyl-Ion genommen, mit der nötigen kinetischen Energie einer KohlenstoffhalogenVerbindung — diese Verhältnisse ließen sich etwa beim Kochen einer Halogenverbindung mit wäßriger Natronlauge realisieren —, so kann durch den Zusammenprall die polare Kohlenstoffhalogenbindung aufgespalten werden. Das Halogen wird als negatives Ion durch den Reaktionspartner verdrängt, der sich an seine Stelle setzt. Dies ist der Prototyp der Substitutionsreaktion. H H
H H
H — C — C 1 + OH"
•
Ii
H—C—C—OH + Cl" . U
Wesentlich dabei ist, daß die durch die Polarität vorgegebene Möglichkeit der QuasiDissoziation durch einen gleichgeladenen Partner ausgelöst wird. Dies steht im Gegensatz zu den meisten anorganisch-chemischen Reaktionen, bei denen entgegengesetzt geladene Partikel miteinander in Wechselwirkung treten. Das Bild ist nach zwei Seiten hin noch unvollkommen. I n dem Zwischenzustand dieser Reaktion, bei dem das Halogenion abgelöst wird und das Hydroxylion sich an dessen Stelle setzt, wird, wenn auch vielleicht für kurze Zeit, ein positiv geladenes Kohlenstoffatom mit einer Elektronenlücke, also mit einem Elektronensextett, auftreten. Wie lang diese Zeit ist, ist zunächst nicht abzusehen, trotzdem ist die Frage berechtigt, ob sie nicht ausreicht, diesem Zwischenprodukt Gelegenheit zu geben, sich in anderer Weise zu stabilisieren. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß Kohlenstoffradikale mit einem ElektronenH+ H I
i H; X
I
• —c—eL
-c—c—eil v
er oh~
• —c=c— + hci .
oh~
septett sehr instabil sind, das gleiche gilt für alle Kohlenstoffverbindungen, bei denen das Kohlenstoffatom nur mit drei Linganden durch Einfachbindungen verknüpft ist. In dem eben besprochenen Fall, wo das Kohlenstoffatom drei Liganden trägt, ein Elektronensextett und somit eine positive Ionenladung besitzt, resultiert eine besonders große Instabilität. Falls der Substitutionsvorgang sich aus irgendwelchen Gründen !) Dies gilt für alle Elemente der gleichen Periode.
Der Ablauf chemischer Reaktionen
21
nur ein wenig verzögert, versucht dieses zwischendurch auftretende Ion sich auf andere Weise zu stabilisieren. Die einfachste Möglichkeit dazu ist die, die positive Ionenladung in Form eines Protons, das sich dann mit dem CF-Ion zu Chlorwasserstoff vereinigt, abzustoßen. Die Ablösung des Protons kann nur vom Nachbarkohlenstoffatom aus erfolgen, weil nur dann das hier zurückbleibende einsame Elektronenpaar zumjr-Elektronenpaar zwischen den beiden Kohlenstoffatomen werden kann, wodurch eine C-C-Doppelbindung entsteht. Hieraus ergibt sich, daß bei jeder Substitutionsreaktion als Konkurrenz- bzw. Nebenreaktion mit einer Abspaltungsreaktion unter Bildung einer Doppelbindung gerechnet werden muß. Wenn am Nachbarkohlenstoffatom kein Wasserstoffatom zur Verfügung steht, und trotzdem die Substitution verzögert wird, versucht das C + -Ion in oft unübersichtlicher Weise, sich zu stabilisieren, es kommt dann mitunter zu Umgruppierungen innerhalb des Kohlenstoffgerüstes, die alle nur daraus resultieren, daß das Zwischenprodukt bestrebt ist, sich seiner Ionenladung zu entledigen. Man spricht dann von innermolekularcn Umlagerungen. Ein weiterer Punkt, der beachtet werden muß, ist die Frage, von welcher Seite sich der Reaktant — in unserem Fall die Hydroxylgruppe — der reaktionsfähigen Bindung, hier also der Kohlenstoffhalogenbindung, nähert. Bei einer solchen Annäherung kommt es nicht zu einem tatsächlichen Zusammenstoß zwischen der negativ geladenen Hydroxylgruppe und dem negativ polarisierten Chlor, die gleichgerichteten elektrischen Felder stoßen sich schon aus größerer Entfernung ab. Deshalb tritt die Substitution nur dann ein, wenn die kinetische Energie der Hydroxylgruppe groß
genug ist, um die Bremswirkung des elektrischen Feldes zu überwinden. In unserem Beispiel haben bei gewöhnlicher Temperatur nur wenige Hydroxylionen die hierfür nötige Energie, die Austauschreaktion kann nur sehr selten stattfinden. Erst mit steigender Temperatur findet eine merkliche Zunahme der erfolgreichen Zusammenstöße statt und erst dann kommt es tatsächlich zur Reaktion. Wenn nicht der direkte Zusammenstoß die Reaktion auslöst, muß einHydroxylion, das sich dem Kohlenstoffatom von der dem Halogenatom entgegengesetzten Seite nähert, durch seine Feldwirkung die Polarität der Kohlenstoffhalogenbindung vergrößern und bei ausreichender kine-
tischer Energie auch von dieser Seite her das Halogenatom als Ion herausdrücken können. Die Hydroxylgruppe tritt dann räumlich nicht an den gleichen Platz, an dem vorher das Halogen saß. Eine Entscheidung darüber, ob die Reaktion in dem einen oder in dem anderen Sinne verläuft, ist nur dann möglich, wenn das Halogen an einem asymmetrischen Kohlenstoffatom sitzt. Dann nimmt im ersten Fall die Hydroxyl-
22
Der Ablauf chemischer Reaktionen
gruppe den Platz des Halogens ein, die räumliche Anordnung der anderen Substituenten bleibt erhalten, während im anderen Fall die Hydroxylgruppe von der entgegengesetzten Seite her eintritt, wodurch zwangsläufig die Anordnung der drei anderen Substituenten umklappen muß. Beide Reaktionsmechanismen wurden beobachtet, Ra
B
\ ,Cl iVcf i 3
R
>
*\
.OH I R3
Konflguratlonserhaltung
R
* \ /C1 R.^c I RJ
HO. / R a . V ^ i I RJ
Rl
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\ /OH ^ m t I R»
Konfigurationsumkehr
beim Konfigurationswechsel spricht man von Walden'scher Umkehr. Hieraus ergibt sich, daß es immer offen ist, ob bei einer Substitution am asymmetrischen Kohlenstoffatom die Konfiguration erhalten bleibt oder nicht. Das Eintreten oder Ausbleiben der W A I D E N sehen Umkehr gibt aber Aufschluß über den Mechanismus der Reaktion. Die gleichen Überlegungen, die eben für eine Kohlenstoffhalogenbindung diskutiert wurden, gelten für alle Substituenten, die im gleichen Sinne polarisiert sind. Bei Verbindungen, bei denen die Polarität entgegengesetzt ist, bei denen also das Kohlenstoffatom der negative Pol ist (dieser Fall ist sehr viel seltener) gilt mit entgegengesetzten Vorzeichen das Gleiche. Hierbei hat aber das als Zwischenprodukt auftretende, mit 3 Liganden besetzte Kohlenstoffatom ein Elektronenoktett, besitzt also ein einsames Elektronenpaar und somit eine negative Ionenladung, dieses Gebilde ist nicht ganz so instabil wie das eben besprochene C + -Ion. I n analoger Weise können auch durch Radikale, also durch Verbindungen bzw. Elemente mit unpaaren Elektronen, z. B. Chloratomen, Reaktionen ausgelöst werden. Es kommt dann zur Verdrängung eines Substituenten, bei dem dieser ebenfalls als Radikal abgelöst wird, also von dem bindenden Elektronenpaar ein Elektron beim Kohlenstoff verbleibt, wodurch ein Kohlenstoffradikal entsteht, über dessen Reaktivität bereits berichtet wurde.
Teil I I
Systematische organische Chemie
A. Kohlenwasserstoffe B. HalogenVerbindungen C. Sauerstoffverbindungen D. Stickstoffverbindungen E. Schwefelverbindungen F. Polyfunktionelle Verbindungen G. Alicyclische Verbindungen H. Terpene I. Aromatische Verbindungen K . Heterocyclische Verbindungen
A. Kohlenwasserstoffe Die allgemeine Struktur der Kohlenwasserstoffe wurde bereits bei der Besprechung der Systematik der organischen Verbindungen erläutert. Bei der Verknüpfung von mehr als drei Kohlenstoffatomen treten Isomere auf, deren Zahl mit wachsender Kohlenstoffatomzahl rasch zunimmt. Bei 11 Kohlenstoffatomen sind bereits 159 Isomere möglich. Jedes Glied dieser homologen Reihe unterscheidet sich von dem vorhergehenden durch das Mehr einer CH 2 -Gruppe, daraus ergibt sich die allgemeine Formel C n H 2 n + 2- Diese Reihe ist dadurch ausgezeichnet, daß sie bis zur äußersten Grenze mit Wasserstoff abgesättigt ist, das hat den Verbindungen den Namen Grenzkohlenwasserstoffe eingebracht. Ein weiterer Name ist Paraffinkohlenwasserstoffe, abgeleitet von „parum affinis" = „wenig Verwandtschaft zeigend"; auf diese Bezeichnung ist man gekommen, weil man lange Zeit glaubte, daß diese Kohlenwasserstoffe chemisch außerordentlich träge sind. Die Namen der einzelnen Glieder der Reihe werden so gebildet, daß an einen Stamm die Endsilbe -an angehängt wird, die Gruppe als ganzes hat daher noch den Namen Alkane. Das Nomenklaturprinzip, Verbindungsklassen durch eine charakteristische Endsilbe zu kennzeichnen, ist verbindlich, es wird leider durch eine Anzahl schwer auszumerzender historischer Namensgebungen gestört. Der Stamm der ersten Glieder, in diesem speziellen Fall der ersten vier Glieder, leitet sich von sogenanntenTrivialnamen ab. Am leichtesten zu verstehen ist dies beim Butan, dessen Name auf die Buttersäure zurückgeht. Bei den folgenden Gliedern bildet die Anzahl der Kohlenstoffatome den Stamm, wobei lateinische bzw. griechische Zahlworte ziemlich willkürlich benutzt werden, sodaß es hierfür keine Systematik gibt. Zur Unterscheidung der isomeren Kohlenwasserstoffe bezeichnet man den Kohlenwasserstoff mit der unverzweigten Kette als den normalen Kohlenwasserstoff. Dieses kürzt man durch Vorsetzen eines kleinen n- ab, z. B. n-Butan. Die isomeren Kohlenwasserstoffe kennzeichnet man durch die Vorsilbe iso-, abgekürzt klein i-, z. B. i-Butan. Diese Art der Unterscheidung ist aber nur bei den Butanen noch eindeutig, da bereits bei den Pentanen zwei verschiedene iso-Verbindungen existieren. Zur systematischen Benennung verzweigter Kohlenwasserstoffe geht man so vor, daß man aus einem Molekül die längste unverzweigte Kette herausschält, die C-Atome fortlaufend numeriert und die Verzweigungen als Substituenten benennt. Nach diesem Prinzip ist das iso-Butan als ein Propan zu betrachten, bei dem an dem mittleren Kohlenstoffatom ein Wasserstoffatom durch eine CH 3 -Gruppe ersetzt ist. Solche Kohlenwasserstoffgruppen oder Reste, die sich von dem Grundkohlenwasserstoff dadurch ableiten, daß ihnen ein Wasserstoffatom fehlt, heißen Radikale (S. 9). Wenn in einer Formel die Struktur eines solchen Restes für die Diskussion einer Reaktion ohne Bedeutung ist, stellt man solche Gruppen gern durch die Symbole R-, R'- usw. dar. Die Namen der Radikale, die normalerweise nicht existenzfähig
Kohlenwasserstoffe
26
sind, werden so gebildet, daß in den Kohlenwasserstoffen die Endsilbe -an durch -yl ersetzt wird, der Gruppenname ist also Alkyle. Für das Iso-Butan ergibt sich so der Name 2-Methyl-propan. Ein Beispiel für diese Nomenklatur ist das 1
2
3
4
5
«
CH3— CH— CH— CH— CH2—CH3 I I I CH3 CH2 CH3 I CH, i-Decan, das systematisch mit dem Namen 2,4:-Dirnethyl-3-äthylhexan zu bezeichnen wäre. Eine weitere Möglichkeit der Nomenklatur, die vor allem bei hochverzweigten Verbindungen oft benutzt wird, ist die Zurückführung des Namens auf das Methan. Das untenstehende i-Pentan kann einmal als 2,2-Dimethylpropan oder auch als Tetramethylmethan bezeichnet werden. CH, CH3—(!)—CHj iH, 1. Physikalische Eigenschaften Die Schmelzpunkte und Siedepunkte einiger Paraffine sind in Tabelle 2 zusammengestellt, man ersieht daraus, daß die Anfangsglieder Gase sind, dann folgen Flüssigkeiten und schließlich feste Stoffe. Dieses Verhalten ist nach dem auf S. 19 Gesagten eigentlich selbstverständlich. Die zwischenmolekularen Kräfte sind gering, sodaß die physikalischen Eigenschaften im wesentlichen durch die Molekulargröße bestimmt werden. Trotzdem ist der Einfluß der Struktur (s. Siedepunkte der isomeren Pentane) deutlich erkennbar, dies ist eine Folge der Symmetrie der elektrischen Ladungsverteilung. 2. Vorkommen und Verwendung Paraffinkohlenwasserstoffe sehr verschiedener Kettenlänge bilden den Hauptbestandteil des Erdgases und Erdöls, wobei bemerkt werden muß, daß im Erdöl außer kettenförmigen Kohlenwasserstoffen auch ringförmige, die hier als Naphthene bezeichnet werden, vorkommen. Die Aufarbeitung des Erdöls geschieht durch fraktionierte Destillation. Unter Destillation versteht man die Verdampfung einer Substanz mit anschließender Kondensation des Dampfes. Hierdurch lassen sich sehr leicht flüchtige von nicht flüchtigen Verbindungen trennen, liegen aber Gemische flüchtiger Verbindungen vor, wie etwa im Erdöl, so erhält man bei der Destillation wieder Gemische. Da zunächst vorwiegend die niedrig siedenden Anteile des Gemisches verdampfen, ändert sich hier die Zusammensetzung des Destillates mit fortschreitender Destillation, man erhält einzelne mehr oder weniger einheitliche Fraktionen. Durch Wiederholung des Vorganges lassen sich die einzelnen Fraktionen weiter in ihre Bestandteile auftrennen. Zur technischen Bewältigung solcher Aufgaben hat man Destillationskolonnen konstruiert, bei denen in einem Arbeitsgang die Kondensation und Wieder Verdampfung vielfach wiederholt wird. Aber auch sehr wirksame Kolonnen reichen nicht aus, um beim Erdöl in einem Arbeitsgang die einzelnen Kohlen-
Die wesentlichen Verfahren zur Benzingewinnung
27
Tabelle 2 ParaHinkohlenwasserstoDe Summenformel
Name
Strukturformel
Schmp. °C
Sdp. °C
—183
—164
H |
CH4
Methan
H—C—H
C 2 H,
Äthan
CH3 CH3
—172
— 89
c
Propan
CH3—CH2—CH3
—187
— 42
CA,
n-Butan
CH3—(CH2)2—CH3
—135
0
CiH10
i-Butan
CH3—CH—CH3
—145
— 12
i 3
h
8
1 c h C
n-Pentan
H
5 12
C5II12
1-Pentan 2-Methyl-butan
3
CH3—(CH2)3—CH3
—130
+ 36
C H
—160
+ 28
— 20
+
3
— C H
2
1 c h c h
C
Tetramethylmethan Neopentan
5H12
— C H — C B T 3
3
1
CH3— c—CH 3 1 c h
3
9,5
3
c„h14
n-Hexan
C H
— 95
+
C 10 H 22
n-Decan
CH3—(CH2)8—CHS
— 30
+ 174
C12H2j
n-Dodecan
CH3—(CH2)i0—CHS
— 10
+214
Ci«H
n-Hexadecan
CH3—(CH2)14—CH3
+
+ 288
m
3
— ( C H
2
)
4
— C H
3
20
69
Wasserstoffe abzutrennen. Dies ist auch nicht erforderlich, weil für die Hauptverwendungszwecke — als Treibgas, Benzin, Dieselöl, Schmieröl und Heizöl — Gemische innerhalb bestimmter Flüchtigkeitsgrenzen erwünscht sind. Die heute geförderten Erdölmengen reichen nicht mehr aus, um den steigenden Bedarf an Benzin und Dieselkraftstoff direkt zu decken, zumal deren Anteil am Gesamtöl relativ klein ist. Man mußte daher nach Möglichkeiten suchen, diese Bedarfslücke zu schließen. Als Material hierfür bieten sich die schwerer flüchtigen Fraktionen des Erdöls, die mengenmäßig den größeren Anteil des Rohöls ausmachen, und die Kohle an. 3. Die wesentlichen Verfahren zur Benzingewinnung a) D i e C r a c k u n g b z w . C r a c k h y d r i e r u n g Sowohl die C-C- als auch die C-H-Bindungen in den Kohlenwasserstoffen sind außerordentlich fest, das hat zur Folge, daß die Kohlenwasserstoffe eine sehr große thermische Stabilität besitzen. Durch Einwirkung thermischer Energie wird aber nicht nur die Bewegungsenergie des Gesamtmoleküls erhöht, sondern es werden auch die einzelnen Atome im Molekül zu Schwingungen gegeneinander angeregt (S. 18, I R -
28
Kohlenwasserstoffe
Spektrum). Bei fortlaufender Erhöhung der Gesamtenergie wird ein Punkt erreicht, bei dem die Energie der innermolekularen Schwingungen in die Größenordnung der Bindungsenergie rückt. J e größer die schwingende Masse ist, bei umso tieferer Temperatur ist dieses der Fall. Es ergibt sich hieraus die Konsequenz, daß für jeden Kohlenwasserstoff eine thermische Stabilitätsgrenze existiert, die mit fallendem Molekulargewicht ansteigt, d. h. die langkettigen Kohlenwasserstoffe sind instabiler als die kurzkettigen. Da die Bindungsenergie der C-H-Bindung mit 98 kcal/Mol um ~ 20 kcal/Mol größer ist als die der C-C-Bindung, werden beim Erhitzen in erster Linie C-C-Bindungen zerbrechen (cracken). Bei dieser Crackung entstehen Radikale, die sich infolge ihrer Instabilität (S. 9) weiter verändern müssen. Ist gleichzeitig Wasserstoff zugegen, so vereinigen sich die Radikale damit zu Paraffinen und man erhält aus Schwerölen Mittel- und Leichtöle. Die direkte Vereinigung von organischen Verbindungen mit Wasserstoff wird als Hydrierung bezeichnet. Diese Crackhydrierung verläuft etwa nach folgendem Schema: y , C e K i 0 + C9H20 CISH38 + H2-—>C10H22 + C8H18 ^17^24 + C,H16 b) K o h l e v e r s c h w e l u n g Unter VerSchwelung versteht man das Erhitzen unter Luftabschluß. Beim Erhitzen von Kohle entwickeln sich flüchtige, teils gasförmige, teils kondensierbare Verbindungen, deren Zusammensetzung von der Erhitzungstemperatur abhängt. Ein Erhitzen auf 600—700° nennt man bei der Kohle Verschwelung, während man bei einer Erhitzungstemperatur von 1000—1100° von Verkokung spricht. In beiden Fällen entsteht neben dem Teer ein ähnliches Gasgemisch (Kokereigas = Stadtgas). Bei der Verschwelung von Steinkohle, besonders aber von Braunkohle enthält der Schwelteer oder auch Tieftemperatur- Teer vorwiegend aliphatische Verbindungen und ist dem Erdöl ähnlich. Im Kokereiteer oder Hochtemperatur-Teer finden sich vorwiegend aromatische Verbindungen. Von sehr unterschiedlicher Beschaffenheit ist auch der Kohlerückstand, der Koks: nur der Hochtemperatur-Koks ist für metallurgische Prozesse brauchbar, weil er durch Sinterungsvorgänge die hierfür erforderliche mechanische Stabilität erhalten hat. Der Schwelteer läßt sich ähnlich wie Erdöl durch Crackung bzw. crackende Hydrierung in Benzin und Dieselöl überführen. c) K o h l e h y d r i e r u n g , B e r g i u s - L e u n a - V e r f a h r e n Zur Kohlehydrierung ist Steinkohle und Braunkohle geeignet, in ihnen ist rudimentär noch die Struktur der organischen Verbindungen erhalten, aus denen sie einstmals entstanden sind. Unter genügend hohem Wasserstoffdruck und unter Mitwirkung geeigneter Katalysatoren läßt sich die Kohle zu einem Kohlenwasserstoffgemisch hydrieren, das eine dem Erdöl ähnliche Zusammensetzung hat und wie dieses auf Benzin und Dieselöl aufgearbeitet werden kann. d) K o h l e e x t r a k t i o n Der Nachteil des vorherigen Verfahrens besteht darin, daß die mineralischen Bestandteile (Asche) der Kohle in den Prozeß hinein genommen werden, den Kataly-
Chemisches Verhalten
29
sator verdünnen und schnell unwirksam machen. Man hat gefunden, daß erhebliche Anteile der Kohle bei genügend hohen Temperaturen in hochsiedenden Schwerölfraktionen, löslich sind. Die Hydrierung dieser Extrakte verläuft analog der Kohlehydrierung. e) F i s c h e r - T r o p s c h - S y n t h e s e Einen völlig anderen Weg sind FISCHER und TBOPSCH gegangen. Sie haben zunächst die Kohle durch Umsetzung mit Wasserdampf bei hoher Temperatur in ein Gemisch von CO und H 2 (Wassergas) übergeführt. C + H 2 0 • CO + H 2 . An geeigneten Katalysatoren, besonders Kobalt, entsteht aus diesem Synthesegas abhängig von den Versuchsbedingungen, entweder nach der Gleichung oder
2 nCO + nH 2 nCO + 2 nH2
• (CHA)N + nC0 2 • (CH2)„ + nH 2 0
ein Kohlenwasserstoffgemisch, das wiederum auf Benzin und Dieselöl aufgearbeitet werden kann. Wie schon betont, ist für die technische Verwendung die Darstellung bzw. Isolierung einzelner Individuen nicht notwendig. Mit großem destillativen Aufwand lassen sich aus dem Erdöl und den Syntheseprodukten einheitliche Kohlenwasserstoffe in großer Zahl darstellen. Es gibt auch Methoden, um Kohlenwasserstoffe beliebiger Struktur zu synthetisieren, ein Beispiel dafür wird auf S. 37 geschildert. 4. Chemisches Verhalten Die Paraffinkohlenwasserstoffe sind gegenüber den üblichen Reagentien außerordentlich widerstandsfähig. Selbst gegen kochende konzentrierte Laugen und nicht oxydierende Säuren sind sie stabil, ebenso werden sie durch Oxydationsmittel schwer angegriffen. Bei der Einwirkung von Sauerstoff liegen die Verhältnisse sehr ähnlich wie beim Knallgas. Ebenso wie ein Gemisch von Sauerstoff und Wasserstoff unter normalen Bedingungen nicht reagiert, reagiert auch ein Gemisch von Sauerstoff und z. B. Methan nicht miteinander. Aber auch dieses Gemisch kann durch eine Zündung, z. B. einen elektrischen Funken, zu einer explosionsartigen Reaktion (Explosionsmotor) gebracht werden. Hierbei verbrennt der Kohlenwasserstoff zu Kohlendioxyd und Wasser. Völlig analog liegen die Verhältnisse bei einem Kohlenwasserstoff-ChlorGemisch (vergleiche Chlorknallgas). Die Metastabilität aller dieser Systeme rührt daher, daß zur Einleitung der Reaktion eine große Aktivierungsenergie notwendig ist und zwar deshalb, weil molekularer Wasserstoff und molekularer Sauerstoff nicht miteinander reagieren. Werden durch Zuführung äußerer Energie Wasserstoff- oder Sauerstoffmoleküle in Atome aufgespalten, so vereinigen sich diese momentan miteinander. Bei dieser Verbindungsbildung wird so viel Energie frei, daß weitere Moleküle in Atome gespalten werden, wodurch die Reaktion ihren Fortgang nimmt (Kettenreaktion). Bei der Reaktion zwischen Sauerstoff und Methan ist nun nach äußerer Zündung das Primärprodukt der Reaktion so energiereich, daß es mit molekularem Sauerstoff weiter reagiert, sodaß ein einmal in Reaktion getretenes Molekül vollständig in C0 2 und H 2 0 umgewandelt wird. Analog liegen die Verhältnisse bei
Kohlenwasserstoffe
30
einem Methan-Chlor-Gemisch, nur daß hier die Endprodukte der Reaktion Chlorwasserstoff und Tetrachlorkohlenstoff sind: CH4 + 4 Cl2
4 HCl + CC14.
Nachdem man diese Zusammenhänge erkannt hatte, war es auch möglich, Bedingungen zu finden, unter denen Zwischenprodukte dieser Reaktion erhalten werden. Man muß zu diesem Zweck nur dafür sorgen, daß das Primärprodukt seine überschüssige Energie verliert, bevor es mit weiteren Reaktanten zusammen kommt. Dieses kann man z. B. dadurch erreichen, daß man das Gasgemisch mit einem inerten Gas, das an der Reaktion nicht teilnimmt, verdünnt. Als solches kommt Stickstoff in Frage, oder auch Wasserdampf oder Kohlendioxyd. Durch die Verdünnung wird einerseits die Wahrscheinlichkeit des Zusammenstoßes der reagierenden Moleküle herabgesetzt, während andererseits durch den Zusammenstoß mit den inerten Molekülen die energiereichen Primärprodukte ihre überschüssige Energie an diese abgeben. Ähnliche Effekte erreicht man auch, wenn man in den Reaktionsraum feste Energieabieiter, etwa feinmaschige Drahtnetze einbaut. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das Reaktionsgemisch nur sehr kurzzeitig auf die für die Auslösung der Reaktion notwendige Temperatur zu erhitzen und sofort wieder abzukühlen. Durch solche Reaktionsführung ist es heute möglich, Kohlenwasserstoffe mit Luftsauerstoff selektiv zu oxydieren oder mit Chlor selektiv zu chlorieren. Ähnliche Reaktionen lassen sich auch mit Salpetersäure, Sulfurychlorid und anderen Reagentien durchführen, alle diese Reaktionen sind Bestandteil der sogenannten Petrolchemie. 5. Äthenverbindungen (Äthylenverbindungen) Auf S. 13 war bereits gesagt, daß 2 Kohlenstoffatome nicht nurdurch eine EinfachBindung, sondern auch durch eineDoppclbindungverknüpft sein können.Es resultiert bei Anwesenheit einer solchen Doppelbindung eine homologe Reihe der allgemeinen Formel C n H 2 n , deren Glieder um jeweils zwei Wasserstoffatome ärmer sind, als die Grenzkohlenwasserstoffe. Das Anfangsglied dieser Reihe ist die Verbindung C 2 H 4 . Die Namen werden so gebildet, daß an die Stelle der Endsilbe -an bei den Paraffinen die Silbe -en tritt. Man nennt diese Reihe die Äthenreihe oder in der älteren Literatur häufiger die Äthylenreihe. I n ihren physikalischen Eigenschaften unterscheiden sich diese Verbindungen von den Grenzkohlenwasserstoffen relativ wenig. Infolge der größeren Polarisierbarkeit der CC-Doppelbindung sind die zwischenmolekularen Kräfte bei den Äthenen größer, die Siedepunkte liegen höher. Bei längeren Ketten ist es notwendig, die Lage der Doppelbindung anzugeben, das geschieht wieder durch Numerierung der Kohlenstoffatome, z. B. 1
2
3
4
CH2=CH—CH2—CH3 Buten-l
1
2
3
4
CH3—CH—CH2—CH3 Buten-2
Das chemische Verhalten dieser Gruppe weicht von dem der Paraffine erheblich ab. Es ist dadurch gekennzeichnet, daß die Doppelbindung eine große Tendenz hat, durch Addition geeigneter Partner in eine Einfachbindung überzugehen. Es erscheint fast so, als ob in dem Bindungssystem eine Lücke vorhanden ist, so daß man früher auch von Lückenverbindungen oder Äthylenlücken gesprochen hat. Die Doppelbindung ist
Di- und Polyene
31
in der Lage, Halogen, Halogenwasserstoff, Ozon, Wasserstoff und andere Moleküle zu addieren. Die Addition von Wasserstoff erfolgt allerdings nur bei Gegenwart geeigneter Katalysatoren, z. B. von feinverteiltem Platin, Palladium und Nickel. Man spricht dann von katalytischer Hydrierung. Bei der Anlagerung von Wasserstoff muß einerseits die Bindung zwischen den beiden Wasserstoffatomen im Wasserstoffmolekül und andererseits die jr-Bindung zwischen den Kohlenstoffatomen gesprengt werden. Das erfordert einen Aufwand von 162 kcal/Mol. Ähnlich wie bei der Verbrennung des Methans kann diese Aktivierungsenergie aus der kinetischen Energie der Moleküle (Temperaturbewegung) nicht gedeckt werden. Auch wenn die Reaktion einmal angelaufen ist, reicht der Energiegewinn (die Hydrierungswärme beträgt 34 kcal/Mol) nicht aus, um sie weiter im Gang zu halten, deshalb ist hier die Zwischenschaltung eines Katalysators erforderlich. Das Ergebnis der katalytischen Hydrierung ist ein Paraffinkohlenwasserstoff. Bei der Addition von Chlorwasserstoff ist der Energieaufwand zur Sprengung der HCl-Bindung und dadurch die Aktivierungsenergie sehr viel kleiner (S. 8), so daß dieser Vorgang ohne Mithilfe eines Katalysators abläuft. Das Ergebnis der Chlorwasserstoffaddition ist ein Paraffinkohlenwasserstoff, bei dem ein Wasserstoffatom durch ein Chloratom ersetzt oder substituiert ist. Diese Chlorwasserstoffaddition kann rückgängig gemacht werden, das gelingt z. B. rein thermisch oder durch Einwirkung basischer Substanzen. Auf S. 21 wurde die Abspaltungsreaktion als Nebenreaktion geschildert, bei geeigneter Reaktionsführung kann sie zur Hauptreaktion werden, wobei dann die Substitution als Konkurrenzreaktion auftritt. Durch derartige Abspaltungsreaktionen sind Äthenkohlenwasserstoffe allgemein zugänglich. Durch Addition von Halogen erhält man Paraffinkohlenwasserstoffe, die an zwei benachbarten Kohlenstoffatome je ein Halogenatom tragen. Neben vielen anderen ist auch die Addition von Wasser CH2=CH2 + H 2 0 und Wasserstoffperoxyd CH2=CH2 + H 2 0 2 OH OH möglich, hierdurch entstehen Hydroxyverbindungen (S. 38) und
H OH -i I I LH— C=C—Hj
H O 1 II H—C—C—H, I H
Vinylalkohol
Acetaldehyd
Acetylen
sie führt über den instabilen Vinylalkohol zu Acetaldehyd (S. 45). Weitere Reaktionen des Acetylens S. 50. Das Acetylen wird durch Zersetzung von Calciumcarbid mit Wasser, durch partielle Verbrennung von Methan oder durch Pyrolyse niedriger Kohlenwasserstoffe im elektrischen Lichtbogen dargestellt. CaO + 3C
•
CaC2 + CO
CaC2 + 2H 2 0
>•
Ca(OH)2 + C2H2
2 CH4 + 11/2 0 2
•
C2H2 3 + H 2 0
C2H6
>
C2H2 + 2H2
B. Halogenverbindungen 1. Allgemeine Eigenschaften Bei den Additionsreaktionen der Mehrfachbindungen wurde auf die Existenz von Halogensubstitutionsprodukten der Kohlenwasserstoffe aufmerksam gemacht. Im Prinzip ist es möglich, in einem Kohlenwasserstoff sämtliche Wasserstoffatome durch 3
Nerdel, Organische Chemie
Halogenverbindungen
34
Halogen zu ersetzen, die so resultierenden Verbindungen sind von ähnlicher Stabilität wie die Kohlenwasserstoffe. In der Natur kommen Halogenverbindungen außerordentlich selten vor, in der Laboratoriumspraxis spielen sie hingegen eine sehr große Rolle. Besonders wichtig sind die Monohalogen-substitutionsprodukte. Einige Polyhalogenverbindungen, vor allem des Methans und Äthans, werden in der Technik als Lösungsmittel verwandt. Die Chlor-, Brom- und Jodverbindungen (die Jodaddition nimmt eine Sonderstellung ein) lassen sich in großen Zügen nach analogen Verfahren Tabelle 3 Chlorderivate des Methans
Name
Formel
Sdp. °c
H Chlormethan Methylchlorid
H—C—C1
— 24,1
Dichlormethan Methylenchlorid
C1 1 H—C—C1 1
+ 41,6
l
H Trichlormethan Chloroform
Tetrachlormethan Tetrachlorkohlenstoff
C1 H—C—Cl 1 01 C1 1 Cl—C—C1 1 Cl
+ 61,4
+ 76,7
darstellen, während zur Darstellung von Fluorverbindungen spezielle Reaktionen benötigt werden. Auch im chemischen Verhalten nehmen die Fluorverbindungen eine Sonderstellung ein, während die übrigen Halogenverbindungen analoge Reaktionen geben, mit der Maßgabe, daß die Reaktivität vom Chlor über Brom zum Jod ansteigt. Wesentlich für das Verhalten der Halogenverbindungen ist, daß die Kohlenstoffhalogenbindung homöopolar ist, die organischen Halogenide deshalb nicht dissoziieren und sich schwer in Wasser lösen. Die Ladungsverteilung in der Kohlenstoffhalogenbindung ist jedoch unsymmetrischer als in der Kohlenstoffwasserstoffbindung, sie ist aus diesem Grunde mit einem erheblichen Dipolmoment behaftet, wodurch die zwischenmolekularen Kräfte und damit die Siedepunkte gegenüber den Kohlenwasserstoffen ansteigen. Für die Benennung der Halogenkohlenwasserstoffe gibt es zwei Prinzipien: entweder wird der Name so gebildet, daß an den Namen des Radikals der Name des Halogens mit der Endsilbe -id angehängt wird, z. B. Methylchlorid, oder es wird der Name des Halogens vor den Namen des Kohlenwasserstoffs gestellt, z. B. Chlormethan.
Allgemeine Eigenschaften
35
Bei den Monosubstitutionsprodukten wird die erste Nomenklatur bevorzugt, bei den Polysubstitutionsprodukten die zweite. Hierbei wird die Anzahl der Halogenatome durch das griechische Zahlwort vor dem Namen gekennzeichnet, z. B. Dichlormethan. Die Kennzeichnung der Kohlenstoffatome, die die Halogenatome tragen, geschieht durch arabische Zahlen, die vor den Namen gesetzt werden, z. B . H I CH3—C—Cl I Cl
H H I I Cl—C—C—C1 I I H H
l.l-Dichloräthan
1.2-Dichloräthan
Durch eine Folge von Additions- und Abspaltungsreaktionen sind die verschiedenartigsten Halogensubstitutionsprodukte darstellbar, dies sei am Beispiel des Athens und Äthins erläutert, analoge Reaktionen sind bei allen Kohlenwasserstoffen mit Mehrfachbindungen möglich.
CClj—CC13 Die Addition von Chlor an Athen führt zu dem 1,2-Dichloräthan. Durch Abspaltung von 1 Mol Chlorwasserstoff entsteht hieraus Chloräthen mit dem Trivialnamen Vinylchlorid. Die Abspaltung eines zweiten Mols Chlorwasserstoff führt zum Acetylen; dieses ist ein allgemeines Verfahren zur Überführung einer Doppelbindung in 3*
Halogenverbindungen
36
eine Dreifachbindung. Die Addition von 1 Mol Chlorwasserstoff an Acetylen führt zum Vinylchlorid zurück; dieser Weg ist technisch wichtig, da das Vinylchlorid leicht polymerisierbar ist. Das Polyvinylchlorid ist unter dem Namen Igelit bzw. Vinidur bekannt (S. 115). Die Addition von Chlor an Vinylchlorid führt zum 1.1.2-Trichloräthan, woraus durch Abspaltung von Chlorwasserstoff 1.1-Dichloräthen (Vinylidenchlorid, S. 116) oder 1.2-DicMoräthen entsteht. Dieses wiederum addiert Chlor zum 1.1.2.2-Tetrachloräthan. Das Tetrachloräthan ist auch durch Addition von 2 Mol Chlor Tabelle 4 Halogenverbindungen Name
Formel
Sdp.
°c
Fluormethan Methylfluorid
ch3-f
— 78
Chlormethan Methylchlorid
CH3—C1
— 24
Brommethan Methylbromid
CH3—Br
Jodmethan Methyljodid
CH3-J
42,5
Chloräthan Äthylchlorid
CH3—CH2—C1
12,2
1-Chlorpropan n-Propylchlorid
CH3—CHg—CH2—C1
47,2
2-Chlorpropan i-Propylchlorid
1 CH3—OH—CHS
35,4
1-Chlorbutan n-Butylchlorid
CH3—CH2—CH2—CH2—C1
78
1-Chlorpentan n-Amylchlorid
CH3—(CH2)4—C1
3,6
C1
108,2
an Acetylen direkt zugänglich. Durch Abspaltung von Chlorwasserstoff entsteht hieraus das 1.2.2-Trichloräthen, das unter dem Namen Trichloräthylen als Lösungsmittel bekannt ist. Die Addition von Chlor an Trichloräthen liefert Pentachloräthan. Bei diesem und den folgenden Verbindungen ist eine Bezifferung nicht mehr notwendig, da die Namen so bereits eindeutig sind. Die Abspaltung von Halogenwasserstoff aus Pentachloräthan liefert Tetrachloräthen, das wiederum durch Addition von Chlor in Hexachloräthan übergeht. 2. Die Wurtzsche Synthese Bei der Einwirkung von Natriummetall auf Halogenkohlenwasserstoffe wird Natriumhalogenid gebildet. Das Natriummetall geht dabei in das Na + -Ion über und gibt sein Valenzelektron an den Alkylrest ab, während das Halogen unter Mitnahme des bindenden Elektronenpaares zum Halogen-Ion wird.
Die Wurtzsche Synthese
ICil®
H
H
H — i •eil-
H
i-H
H
¿\
37
CHa—CH.
Na -vN —a f
Das unbeständige Alkylradikal dimerisiert sich (S. 9). Diese Reaktion ermöglicht die gezielte Synthese von Kohlenwasserstoffen (S. 29), sie kann aber auch zum Strukturbeweis für Kohlenwasserstoffe benutzt werden. So läßt sich z.B.das n-Butan dadurch synthetisieren, daß man eine Wurtzsche Synthese mit 2 Mol Äthyljodid 1 ) oder mit 1 Mol Methyljodid und 1 Mol 1-Propyljodid durchführt. Das Iso-Butan läßt sich nur so darstellen, daß man eine Wurtzsche Synthese mit 1 Mol Methyljodid und 1 Mol 2-Propyljodid durchführt. Der Kohlenwasserstoff, der auf zwei verschiedenen Wegen nach Wurtz zu synthetisieren ist, ist das n-Butan, der Kohlenwasserstoff, der nur auf einem Wege darstellbar ist, ist das iso-Butan. CH,—CH. — J Na
J— CHj—CH3 Na
CH3— CHj— CH.
J
J—
CH.
Na Na
CHj—CHj—CH2— CHg CH3— CH— CH„ j J
Na
i J
Na
CHS—CH—CH3
! I CHS Gleichzeitig ist diese Reaktionsfolge ein Strukturbeweis für die beiden möglichen Propylhalogenide. Das Halogenid, das mit Methyljodid den gleichen Kohlenwasserstoff ergibt, der aus Äthyljodid entsteht, ist das 1-Propylhalogenid, das andere das 2-Propylhalogenid. Läßt man anstelle von Natrium Lithium oder Magnesium auf Halogenalkyle einwirken, so kommt es nicht zur Wurtzschen Synthese. 1 Mol Alkylhalogenid reagiert mit 2 Atomen Lithium, wobei einerseits Lithiumhalogenid entsteht, während sich das zweite Lithiumatom mit dem Alkylradikal zu einer metallorganischen Verbindung vereinigt.
^
H
H—C— C i l ' ' '
• ~
H
V-.V i La l
,
?
ffl
H— C — ( u )
L
H
?
—»H—C : Li
I
H
Es werden hier die Jodverbindungen nur deshalb benutzt, weil die entsprechenden Chlorbzw. Bromverbindungen gasförmig sind.
Halogenverbindungen
38
Die Reaktion mit Magnesium verläuft analog, nur wird vermöge der Zweiwertigkeit des Magnesiums nur ein Atom Magnesium benötigt. Das Magnesiumatom schiebt sich zwischen die Kohlenstoffhalogenbindung. Diese gemischten metallorganischen Verbindungen sind in Äther löslich und werden nach ihrem Entdecker GRIGNARD-Verbindungen genannt. H
H
H
¿-ClI I «C H
•
\ -
^
H - C : Mg : Öl I
Y /
Die metallorganischen Verbindungen sind außerordentlich reaktionsfähig und dienen zu verschiedenartigsten Synthesen (S. 50). 3. Friedel-Crafts-Reaktion Eine weitere Möglichkeit, die Reaktivität der Halogenkohlenwasserstoffe zu erhohen, besteht in der Einwirkung von Aluminiumchlorid. Im Aluminiumchlorid ist das Aluminium von einem Elektronensextett umgeben, zu dessen Auffüllung kann es Chlorwasserstoff addieren, gemäß folgender Formel. ICH
I eil ICI—AI + ici—H ~ I ~ IC1I
ICI—AI—eil H
E s bildet sich eine komplexe Aluminiumchlorid-Chlorwasserstoffsäure. Analog gebaute Komplexe entstehen aus Aluminiumchlorid und Halogenkohlenwasserstoffen. ICH
teil ICI—Ja + 1C1—R ~ I ICII
•
ICI—AI—Cil R + ~ I ~ ICI
In diesen Komplexen, über deren Umsetzungen auf S. 97 berichtet wird, ist die Reaktivität des Halogenkohlenwasserstoffes erheblich gesteigert. C.
Sauerstoffverbindungen
1. Alkohole Bei der Einwirkung von Hydroxyl-Ionen auf Halogenkohlenwasserstoffe wird, wenn auch in sehr langsamer Reaktion, Halogen durch Hydroxyl substituiert (S. 20). Dieses Beispiel ist typisch für den Ablauf organisch-chemischer Reaktionen. Während die Einwirkung von Hydroxylionen auf ionogene Verbindungen momentan und quantitativ verläuft, findet hier eine langsame Reaktion statt, die zu einem Gleichgewicht führt, denn die Einwirkung von Halogenwasserstoff auf die sich bildenden Hydroxyverbindungen liefert umgekehrt Halogen Verbindungen. R—C1 + OH"
-i-
R—Ö—H + C r
Alkohole
39
Es war schon gesagt (S. 21), daß diese Substitution von einer Abspaltung von Chlorwasserstoff begleitet ist, in anderen Fällen laufen auch noch mehr Reaktionen als Konkurrenzreaktionen nebeneinander her. Von dem Verhältnis der Reaktionsgeschwindigkeiten dieser Konkurrenzreaktionen, das durch äußere Bedingungen verändert werden kann, hängt die Zusammensetzung des Endproduktes ab. Die Hydroxyverbindungen, die auch als monoalkyliertes Wasser betrachtet werden können, heißen Alkohole. _ R—0—H Ihre Namen werden so gebildet, daß an den des Kohlenwasserstoffes die Endsilbe -ol angehängt wird, z. B. Methanol, oder an den des Radikal das Wort -alkohol z. B. Methylalkohol. In der Reihe der Wasserstoffverbindungen der ersten Periode des periodischen Systems fällt das Wasser durch seinen abnorm hohen Siedepunkt auf. Man erklärt diese Erscheinung durch Assoziation, d. h. im Wasser sind durch spezifische Wechselwirkungen der Wasserstoffatome eines Moleküls mit den einsamen Elektronenpaaren am Sauerstoff eines anderen Moleküls mehrere Moleküle aggregiert. H—Ö—H ü—O—H ¿—0—H Man nennt diese Art der Wechselwirkung eine Wasserstoffbriickenbindung. Der Beweis für die Existenz von Wasserstoffbrücken läßt sich außer mit physikalischen Methoden (Spektroskopie), dadurch erbringen, daß man Wasser und schweres Wasser (D 2 0) mischt. Hier tauschen über die Wasserstoffbrücken Protonen und Deuteronen die Plätze, es entsteht das gemischte Oxyd. H—O- -H D-l-0—D
H—O—D H—O—D
In den organischen Hydroxyverbindungen ist diese Eigenart des Wassers auch vorhanden, nur, da 1 Wasserstoffatom durch einen Alkylrest ersetzt ist, weniger ausgeprägt. Die Alkohole haben daher relativ hohe Siedepunkte. Im chemischen Verhalten sind die Alkohole den anorganischen Basen nicht an die Seite zu stellen, sie spalten keine Hydroxylionen ab, ihre wässrigen Lösungen reagieren neutral. Trotzdem können sie, wie bereits erwähnt, mit Halogenwasserstoff unter Wasserbildung zu Halogenkohlenwasserstoffen zusammentreten, doch ist diese Reaktion nicht auf die Halogenwasserstoffe beschränkt, sondern läßt sich mit allen anderen Säuren, z. B. Schwefelsäure und auch organischen Säuren (S. 52), durchführen. Der Unterschied zur Neutralisationsreaktion besteht aber darin, daß hier eine langsam verlaufende und zu einem Gleichgewicht führende Reaktion vorliegt. Die Produkte dieser Reaktion werden als Ester bezeichnet, sodaß die Halogenverbindungen auch als Ester der Halogenwasserstoffsäuren aufgefaßt werden können. Im Gegensatz zu dieser Basenanalogie besitzen die Alkohole in Wirklichkeit schwach saure Eigenschaften. Der Säurecharakter reicht zwar nicht aus, um in wäßriger
40
Sauerstoffverbindimgen
Lösung Wasserstoffionen zu bilden, es entstehen aber mit genügend elektropositiven Metallen unter WasserStoffentwicklung Salze, die Alkoholate. R—O—H + Alkohol
Na
>
R—O—Na +
Metall
Alkoholat
V2 H 2 Wasserstoff
Die Alkoholate haben die typischen Eigenschaften von Salzen sehr schwacher Säuren: durch Wasser werden sie vollständig hydrolytisch gespalten. Die chemischen Eigenschaften der Alkohole sind weiterhin dadurch gekennzeichnet, daß die Wasserstoffatome, die am gleichen Kohlenstoffatom wie die Hydroxylgruppe stehen, eine gegenüber den Kohlenwasserstoffen erhöhte Reaktivität aufweisen. Man kann diese Reaktivitätserhöhung durch eine Wechselwirkung mit den einsamen Elektronenpaaren des Sauerstoffs ähnlich wie bei der Bildung von Wasserstoffbrücken erklären. H
\
R—i—O—H I
A*
Diese Reaktivitätserhöhung gibt sich vor allem gegenüber Oxydationsmitteln zu erkennen. Während Kohlenwasserstoffe durch Oxydationsmittel sehr schwer Tabelle 5 Primäre Alkohole Name
Formel
Sdp.
°C
Methanol Methylalkohol
ch3--OH
65
Äthanol Äthylalkohol Propanol-1 n-Propylalkohol Butanol-1 n-Butylalkohol
CHg—CH2--OH
78,3
ch3-- c h 2 -CH2—OH
97,4
ch3--(CH2)2—CH2—OH
117,7
2-Methyl-propanol-l Isobutylalkohol
ch3--CH--CHj—OH I CHS
108
Pentanol-1 n-Amylalkohol
ch3--(ch 2 )3—CH2—OH
138
2-Methyl-butanol-l Isoamylalkohol
ch3--ch 2 --CH—CH2—OH
128
ch 3 3-Methyl-butanol-l Isoamylalkohol
ch3--CH--CH2—CH2—OH 1 ch 3
130,5
Hexadecanol-1 n-Hexadecylalkohol
ch3--(CH2)i4—CH2—OH
344
Alkohole
41
und unübersichtlich angegriffen werden, werden Alkohole an dem Kohlenstoffatom, das die Hydroxylgruppe trägt, leicht oxydiert. Diese Reaktivitätserhöhung macht sich allerdings nur bei der CH-Bindung bemerkbar, bei der CC-Bindung tritt sie praktisch nicht in Erscheinung. Das Verhalten der Hydroxyverbindung ist deshalb von der Zahl der Wasserstoffatome abhängig, die am gleichen Kohlenstoffatom wie die Hydroxygruppe stehen. Abgesehen vom Methanol, dem Anfangsglied der Reihe, bei dem drei Wasserstoffatome am gleichen Kohlenstoffatom stehen, gibt es 3 Möglichkeiten: das Kohlenstoffatom trägt 2, 1 oder kein Wasserstoff atom. H
I „ R—C—O—H
H
I
I
H
primärer Alkohol
R"
I R—C—O—H
I R—C—O—H I
R'
R'
sekundärer Alkohol
tertiärer Alkohol
Man unterscheidet diese Typen als primäre, sekundäre und tertiäre Alkohole. Der tertiäre Alkohol ist wegen des Fehlens von Wasserstoff an dem Kohlenstoffatom, das die Hydroxygruppe trägt, einer Oxydation nicht zugänglich, es sei denn unter Sprengung einer CC-Bindung, während am sekundären ein und am primären Alkohol zwei Wasserstoffatome schrittweise oxydiert werden. Tabelle 6 Sekundäre und tertiäre Alkohole Name Propanol-2 Isopropylalkohol Butanol-2 sek. Butylalkohol
2-Methyl-propanol-2 tert. Butylalkohol
Formel
CH3—CH—OH | ch3 CH3—CH2—CH—OH 1 ch3 ch3 1 ch 3 —c—oh c1h
Sdp.
°c
81 99,5
83
3
Cyclohexanol
ch 2 —ch 2 / \ ch2 choh
161
oh 2 —6h 2 Vorkommen, Darstellung und Verwendung. Verschiedenartigste Alkohole finden sich als solche oder als Ester in der Natur, andere bilden sich bei einfachen chemischen oder biochemischen Reaktionen. Bei der trockenen Destillation des Holzes entstehen erhebliche Mengen Methanol, die biochemische Zersetzung von Kohlehydraten durch Hefe liefert Äthanol (S. 72), wobei gleichzeitig noch ein Gemisch von Butanolen und Pentanolen, das sogenannte Fuselöl, gebildet wird. Durch andere
Sauerstoffverbindungen
42
Mikroorganismen werden Kohlehydrate in Propanol und Butanol verwandelt. Ein in vielen Fällen gangbarer Weg zur Gewinnung von Alkoholen ist die Reduktion ihrer Oxydationsprodukte, der Aldehyde, Ketone und Carbonsäuren, die in der Natur ebenfalls weitverbreitet sind. Für die technische Gewinnung von Methanol ist die Hydrierung von Kohlen monoxyd bei hohem Druck mit Zinkoxyd-ChromoxydKatalysatoren 1 ) zu nennen. H I CO + 2H 2 • H—C—0—H I H Alkohole werden in der chemischen Industrie als Lösungsmittel, aber auch vielfach als Ausgangsmaterial für Synthesen gebraucht. Nicht zu vernachlässigen ist die Verwendung des Äthanols als Genuß- bzw. Rauschmittel, wofür erhebliche Mengen gebraucht werden. Der Äthylalkohol für technische Zwecke wird durch Zusätze vergällt, d. h. für den Genuß unbrauchbar gemacht. Brennspiritus ist Äthylalkohol, der mit einem Gemisch von Methanol und Pyridin (S. 101) vergällt ist. Ester der Schwefelsäure. Die Schwefelsäure kann als zweibasische Säure mit Alkoholen saure und neutrale Ester bilden, die Alkylschwefelsäuren und die Dialkylsulfate. H I CHS—CH2—OH + H2S04 ' CHS—C—0—SOsH + H2O H Äthylschwefelsäure
H H I I CH3—C—O—SOSH + H—0—C—CH3
i
H H I O | CH3—C—O—S—0—c—CH3 + H2O
i
i
0
Diäthyleulfat
i
Die Alkylschwefelsäuren bilden sich bei der Einwirkung von konz. Schwefelsäure auf Alkohole recht glatt, während zur Darstellung von Dialkylsulfaten rauchende Schwefelsäure notwendig ist. Von besonderem Interesse ist das thermische Verhalten der Alkylschwefelsäuren. Beim Erhitzen zerfallen sie in Schwefelsäure und ungesättigten Kohlenwasserstoff, H H H—i—i—H H
H H »• H—
C—H + H2S04
ö—SO9H;
So wird über den Umweg des sauren Esters aus dem Alkohol Wasser abgespalten. Diese Reaktionsfolge wird oft für die Darstellung von Äthenverbindungen benutzt. 1
) An anderen Katalysatoren und unter anderen Bedingungen erfolgt die Bildung von Kohlenwasserstoffen, Fischcr-Tropsch-Synthese (S. 29).
Äther
43
2. Äther Anders verläuft die Zersetzung bei Gegenwart von überschüssigem, Alkohol, hier greift bei der Wasserabspaltung ein zweites Molekül Alkohol mit in die Reaktion ein, es entstehen die Äther, die als dialkyliertes Wasser aufzufassen sind. H
H I -O—S03H + H —O— C—CH3 I H
H CH.
H
¿—o—c— CH, + H 2 S0 4 H
H Diäthyläther
Ein anderer Weg zur Darstellung von Äthern ist die Umsetzung von Halogenkohlenwasserstoffen mit Alkoholaten. R—Gl + Na—O—R'
R—0—R' + NaCl
In den Äthern fehlt das zur Wasserstoffbrückenbindung befähigte Wasserstoffatom, die Siedepunktsanomalien des Wassers sind bei ihnen verschwunden. Die Äther, vor allem der Diäthyläther, sind wichtige Lösungsmittel. Der Diäthyläther wird in der Medizin als Narkosemittel verwendet. Tabelle 7 Äther Name
Formel
Dimethyläther Diäthyläther Methyl-äthyläther Äthyl-n-propyläther Diisopropyläther
CH3—O—CH3 CH3—CH2—0—CH2—CH3 ch 3 —o—ch 2 —ch 3 CHg—CH.>—0—CHj—CHg—CHg CHq\ /CHo >CH—O—CH: \ CH, CH,
Sdp. °C -23,7 34,6 8 64 67,5
3. Carbonylverbindungen a) O x y d a t i o n
sekundärer
und primärer Alkohole
Durch Oxydationsmittel werden sekundären Alkoholen 2 Atome Wasserstoff entzogen, und zwar das Wasserstoffatom der Hydroxylgruppe und das Wasserstoffatom an dem Kohlenstoffatom, das die Hydroxylgruppe trägt. An geeigneten Katalysatoren (Kupfer, Silber) wird bei erhöhter Temperatur molekularer Wasserstoff abgespalten, man nennt diesen Vorgang Dehydrierung. Eines der bisher bindenden Elektronenpaare verbleibt dem Molekülrest und wird zum Tt-Elektronenpaar zwischen Kohlenstoff und Sauerstoff. Es entsteht eine
R—C-y-N
\ Ol
NO — H,0
R - i ^ ö l \>—H Nitrolsäure
primäre Nitroverb. 3. Nitrile, Isonitrile, KnaJlsäure
Unterschiedliche Reaktionsprodukte, wie bei der Umsetzung von Alkylhalogeniden mit Alkali- und Silbernitrit, erhält man gelegentlich auch aus anderen anorganischen Salzen. So liefert die Umsetzung von Natriumcyanid mit Halogenkohlenwasserstoffen Nitrile, bei dieser Reaktion wird eine neue CC-Bindung geknüpft. R —C1 + Na -[CN]-
NaCl
R-C=N Nitrii
o + H,0 II R—C—NH„ H,0 Amid
+ H,0 - H.O
O II R^C—OH + NH3 Säure
Die Nitrile sind auch durch Wasserentzug aus den Säureamiden darstellbar und lassen sich über die Stufe der Säureamide zu den Carbonsäuren verseifen. Bei der Umsetzung von Silbercyanid mit Alkylhalogeniden wird eine CN-Bindung geknüpft,
Nitrile, Isonitrile, Knallsäure
R—C1 + Ag;+[CN]~
~ AgC1 •
_ / R—N=CK
+ 2H
X
63
/H '° >
R—NHo + 0 = c ( 0 -H
Isonitril
Amin
Ameisensäure
es entstehen die Isonitrile. Dies ist eine Verbindungsreihe, die sich vom formal zwei-wertigen Kohlenstoff ableitet, die also als Derivate des Kohlenmonoxyds aufzufassen sind. Bei der Hydrolyse liefern die Isonitrile primäres Amin und Ameisensäure. Die katalytische Hydrierung der Nitrile führt zu primären Aminen (dies ist ein technisch wichtiger Weg für die Darstellung von primären Aminen, S.122 Nylon). Die katalytische Hydrierung der Isonitrile liefert sekundäre Amine mit einer Methylgruppe am Stickstoff. H R—C=N
+2H|
>
H
R—C—NH„ I H
;
R—K=Ci^ X
+ 2Hl
>
R—N—C—H I I H H
Ein weiterer Weg zur Darstellung von Isonitrilen ist die Umsetzung von primären Aminen mit Chloroform und Alkalien. M R -N x
cik
H
C1 '
H X
+ 3K H
°
>
R—N=Cl(^
C1
+ 3KCl
+ 3H 2 0
Da die Isonitrile noch in sehr geringen Mengen an ihrem unangenehmen Geruch zu erkennen sind, ist dies eine empfindliche Nachweisreaktion für primäre Amine. Neben den Isonitrilen soll noch als Abkömmling des zwei-wertigen Kohlenstoffs die Knallsäure erwähnt werden, sie ist das Oxim des Kohlenmonoxyds IC=N—OH Knallsäuxe
und entsteht bei der Oxydation von Äthylalkohol mit Salpetersäure bei Gegenwart von Quecksilberionen. Historisch wichtig ist sie wegen des Streites zwischen L I E B I G u n d WÖHLES, der z u r Entdeckung
der Isomerie
f ü h r t e . WÖHLES, h a t t e die isomere
Cyansäure durch Oxydation von Blausäure dargestellt. Die Knallsäure bzw. ihre Salze sind, wie schon der Name sagt, instabil, sie zersetzen sich bei Schlag und Stoß explosionsartig. Das Knallsäuresilber hat lange als Initialzünder gedient, heute ist es allerdings durch Bleiazid verdrängt. Die Salze der Cyansäure sind völlig stabil. Da beide Verbindungen die gleichen Analysen liefern, die Tatsache der Isomerie aber noch nicht bekannt war, warfen sich L I E B I G und W Ö H L E R in sehr temperamentvoller Weise gegenseitig Unfähigkeit vor, bis W Ö H L E R eines Tages zu L I E B I G nach Gießen fuhr, ihm seine Cyanverbindungen übergab und ihn aufforderte, sie selber zu analysieren. In gemeinsamer Arbeit haben beide gegenseitig ihre Ergebnisse bestätigt und die unterschiedlichen Eigenschaften der Verbindungen durch Isomerie, in diesem Fall durch eine verschiedene Aufeinanderfolge der Atome im Molekül, gedeutet. Aus dieser Begegnung ist eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden Forschern entstanden, die die Entwicklung der organischen Chemie außerordentlich befruchtet hat.
Schwefelverbindungen
64
Ob in der Cyansäure das Proton dem Sauerstoff oder Stickstoff zuzuordnen ist, ob also die
H—0—C=N Cyansäure
0=C==N—H oder
Isocyansäure
vorliegt, ist nicht zu entscheiden. Organische Derivate kennt man nur von der Isocyansäure. Die Cyansäure ist auch historisch deshalb wichtig, weil WÖHLER 1 8 2 8 aus ihrem Ammoniumsalz den Harnstoff darstellte und damit die Hypothese von der Existenz einer besonderen Lebenskraft widerlegte (S. 3). Beim Erhitzen einer Lösung von Ammoniumcyanat addiert die Cyan-säure in ihrer Isoform Ammoniak und geht in das Diamid der Kohlensäure, den Harnstoff, über. /NH 2 NH^OCN] O=C=NH O=C( a NH, 2
Ammoniumcyanat
I
I
H2N
H
Harnstoff
I m Gegensatz zu der freien Kohlensäure, die in C 0 2 und H 2 0 zerfällt, ist der Harnstoff eine stabile Verbindung. So wie die Kohlensäure in ihren Salzen beständig ist, sind auch organische Abkömmlinge der Kohlensäure, z. B. ihre Ester, stabil. Abkömmlinge der Kohlensäure sind gut über ihr Dichlorid, das Phosgen, zugänglich, das aus Kohlenmonoxyd und Chlor im Licht gebildet wird. C1
HOOC— CH2—C— COOH II O x CH„— 3 C—COOH II O
Allylverbindungen
83
10. Allylverbindungen Bei der Besprechung der CC-Doppelbindung wurden bisher nur die Additionsreaktionen erwähnt. Diese treten auch besonders stark in den Vordergrund, es besteht daneben durch die yr-Elektronen der Doppelbindung eine Wechselwirkung mit den Substituenten am Nachbarkohlenstoffatom. In den Carbonylverbindungen sind die a-Wasserstoffatome leicht durch Halogen zu ersetzen. Eine solche Reaktionsbereitschaft bewirkt auch die Doppelbindung, nur kommt diese bei der Einwirkung von elementarem Halogen nicht zum Tragen, weil die Additionsreaktion schneller verläuft. Es gibt aber Reagentien, die nur zu Substitutionsreaktionen befähigt sind, mit diesen lassen sich dann auch die Wasserstoffatome neben der Doppelbindung ersetzen. Ein Beispiel für ein solches Reagenz ist das N-Bromsuccinimid (über Bromamide S. 59),
ch2 ¿Ha / \ /
N-Br V
H—CH.— CH=CH,
Br—CHa—CH=CH2
Propen
AUylbromid
%
N-Bromauccidimid Berns telnsft ure-br omim id
X
:0
CH,
+
CHa
/
H
No Succlnlmid
mit dem meist eine sehr glatte Bromierung in der a-Stellung zur Doppelbindung erfolgt. Das aus Propen entstehende Propenylbromid hat den Trivialnamen Ällylbromid, man sagt deshalb auch, es erfolgt eine Halogenierung in der Allylstellung. Substituenten in Allylstellung sind in ihrer Reaktivität im Vergleich zu den entsprechenden gesättigten Verbindungen gesteigert, so erfolgt z. B. die Hydrolyse des Allylbromids sehr viel schneller als die gesättigter Halogenide. Tabelle 13 Beispiele für Allylverbindungen: H\
C
/ CH»Br
c H/ \ H Allylbromld
J XCX
H
Hx
H
C H/ \ H Allylalkohol
C H/ \ H Acrolein
3 N0—H
H
Hethacryls&ure a-Methylacrylßäure a*
\ •(/ /
C
II
/ C
c
\O—H
yO \
c/°
H
x0
Maleinsäure cie-Äthendlcarbonsäure
H\
N cr
cr
/
0 C C > N\ o—h
C W/ \ H Acrylsäure
H
/C,C \
/c\ II
H \x
\ )0
X/
0 Maleinsäureanhydrid
H—O \