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German Pages [900] Year 1974
HANDWÖRTERBÜCHER ZUR
DEUTSCHEN
VOLKSKUNDE HERAUSGEGEBEN VOM VERBAND DEUTSCHER V E R E I N E FÜR VOLKSKUNDE
ABTEILUNG I
ABERGLAUBE
BERLIN
WALTER
UND
DE
LEIPZIG
192911930
G R U Y T E R & CO.
VORMALS G. J . GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG - J . GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG · GEORG R E I M E R - K A R L J . T R Ü B N E R • V E I T & COMP.
HANDWÖRTERBUCH DES DEUTSCHEN ABERGLAUBENS HERAUSGEGEBEN ÜNTER B E S O N D E R E R M I T W I R K U N G VON
E. H O F F M A N N - K R A Y E R UND MITARBEIT ZAHLREICHER FACHGENOSSEN VON
HANNS B Ä C H T O L D - S T Ä U B L I
B A N D II
BERLIN
UND
LEIPZIG
1929jl930
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. VORMALS G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG - J. GUTTENTAG, VERLAGSB U C H H A N D L U N G - G E O R G R E I M E R - K A R L J. T R Ü B N E R - V E I T & COMP.
Copyright 1930 by Walter de Gruyter & Co., Berlin und Leipzig
BUCBDBUCKEBEI VON H. L A U P P J B I N TÜBINQKN
c. C . M . B . , auch K . M . Β . , sind die Anfangsbuchstaben der Namen der hl. drei Könige, C a s p a r , M e l c h i o r , B a l t h a s a r . Sie werden am D r e i k ö n i g s t a g e oder am Abend vorher mit geweihter oder mit der ins geweihte Salz gesteckten Kreide in Ungarn mit Knoblauch 2 ), an die Türen der Wohnung und des Stalles geschrieben, um das Haus vor Hexen, Teufeln und allen bösen Gewalten zu schützen s ). In Württemberg geschieht das auch an evangelischen Orten 4 ). Oft wird auch die Jahreszahl dazugeschrieben, links und rechts zu je zwei Ziffern, denn die Inschrift wird jährlich erneuert. Das Anschreiben besorgt der Priester, der Lehrer oder der Hauswirt selbst oder der erste Knecht, auch ein Mönch (Kapuziner) 5 ) oder der, der am besten schreiben kann e ), auch wohl der Bohnenkönig (s. d.), in Kärnten einer der umziehenden Sternsinger 7 ). Die Anschrift wird auch am Abend vor dem Τ h. ο m a s t a g e 8), im Saterlande am W e i h n a c h t s m o r g e n 9 ) vollzogen. In der Oberpfalz bedeuten die Buchstaben: „ K a s p a r , Melcher, Balthasar, behüt uns dieses J a h r vor Feuer- und Wassergef a h r " , und man schrieb sie in den K a m i n oder an die Stubendecke 1 0 ). Im Böhmerwald auch an die Hauseinrichtungsgegenstände u ) . U m den Attersee wird das V i e h damit bezeichnet 1 2 ); auch werden ihm die drei Buchstaben vor der Alpf a h r t in der Lendengegend eingeschoren 1 3 ). Häufig trifft man die drei Namen in den volkstümlichen S e g e n ζ. B . gegen Epilepsie 1 4 ). Man trägt sie auch auf Papier geschrieben bei sich gegen Seuche und U n g l ü c k l s ) und wickelt die Kugel einer Pistole hinein, mit der man dann hundert Schritt weit schießen kann l e ).
Gegen Totgeburten empfiehlt eine Breslauer Handschrift v. J . 1566 einen Apfel zu zerschneiden, auf jede Hälfte die N a men der drei Könige zu schreiben, sie wieder zusammenzufügen und der F r a u zu essen zu geben 1 7 ). In Camenz deutete man die Buchstaben C. M. P., die ein gespenstiger Mönch an das Klostertor geschrieben haben soll, unter Berücksichtigung der sächsischen Aussprache des Β als: Camitia misere peribit, weil bald darauf (1680) die Pest ausbrach 18 ). Spaßvögel deuten C(om) M(is) B(rot) oder C(athl) M(achs) B(ett) 1β ). s. a. C a b a m e.
*) M e y e r Baden 494 f. ! ) ZfVk. 4, 320. ») S a r t ο r i Sitte «. Br. 3, 76. 4) Κ a ρ f f Festgebräuche 9. ') A n d r e e - E y s n Volkskunde 99. *) H ö r m a n n Volksleben 243. e ') F r a n z i s c i Kärnten 74. ) Seligm a η η Blick 2, 325. ·) S t r a c k e r j a n ι, 10 430. ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 8 5 . 8 6 . u ) S c h r a m e k Böhmerwald 126. l s ) Β a u m g a r t e n Jahr u. s. Tage 12. 13 ) M a n Sargans 52. " ) MschlesVk. 18, 22 (aus einer Breslauer Handschrift v. J . 1408); Urquell 3, 4. " ) W i t z s c h e l Thüringen 2, 1 8 3 ; Köhl e r Voigtland 409. " ) W o l f Beitr. 1, 250 (606). " ) MschlesVk. 18, 22. 18) Μ e i c h e Sagen 533. " ) J o h n Westb. 32. Sartori.
Cabame. Abkürzung f ü r C. Β . M., die Namen der hl. drei Könige. C. wurde noch im 1 5 . J h . als Tauf name gebraucht und kommt jetzt noch als Hausname v o r 1 ) . 1 ) L e o p r e c h t i n g Lechrain 157; S c h m e l l e r BayerWb. i, 1738. Sartori.
Cäcilia, hl., J u n g f r a u und Märtyrerin, aus vornehmem römischem Geschlecht, Ende des 2. J h s . oder um 229 oder unter J u l i a n enthauptet, Fest 22. Nov., dieses bereits im 9 . — 1 0 . J h . im Kölner Festkalender und während des Ma.s gebotener Feiertag, die Heilige selbst ζ. B . in Köln stets hochgeehrt und frühzeitig durch ein Kirchenpatronat ausgezeichnet x ).
Calcedon
3 ') Samson
155—15g;
Die Heiligen als Kirchenpatrone
K o r t h Die Kirchenpatrone im
Erzbistum Köln 42—44; G ü n t e r
Legenden-
Studien 24. 52; K i r s c h Die hl. C. (ausführliche Literaturangaben). Paderborn 1910; K e l l n e r Heortologie 235—238. 1. Seit dem Ende des Ma.s erscheint C. als Patronin der Musik, vorzüglich der geistlichen, der Musica Sacra. Mit der Entstehung dieses Patronates befaßte sich bereits Herder in dem Aufsatz über die hl. C. (Zerstreute Blätter, 5. Sammlung, 1793)· Sein Ursprung liegt in der Legendenstelle „Cantantibus organis C. virgo in corde suo soli Domino decantab a t " oder „Während die Instrumente (der Hochzeitsmusik) erklangen, sang die Jungfrau C. in ihrem Herzen dem Herrn allein". Diese Worte nahm die Kirche in das Officium der Heiligen auf, und obwohl das Singen nur in geistigem Sinne zu verstehen war und ist, gaben sie doch den Anstoß, das Fest der Heiligen mit prunkvollen musikalischen Darbietungen zu feiern und C. selbst zur Schutzherrin der Kirchenmusik zu erklären. Als solche wurde sie ein beliebtes Objekt der bildenden Kunst und erhielt als Attribut die Orgel (Handorgel). Vergleiche ζ. B. die Darstellungen von Raffael und CarloDolci. Die Heilige wurde auch wohl schon als Erfinderin der Orgel bezeichnet. Daß vornehmlich die Orgel ihr Musikattribut wurde, ist ebenfalls aus der vorhin erwähnten Legendenstelle hervorgegangen, in der man organis (griech. lat. Organum, Mehrzahl Organa) irrig übersetzte „während die Orgeln ertönten". Vielfach findet sich ihr Bild auch an Kirchenorgeln. 2)
Künstle
ranger
Ikonographie 149;
Gue-
Ste Cecile 489.
2. Vereine zur Pflege der kirchlichen Musik, die sich frühzeitig bildeten, wählten die Heilige zur Schutzherrin und brachten ihr Bild auf der Vereinsfahne an. Als erster begründete Palestrina (1514—1594) einen Verein der hl. C. in Form einer Bruderschaft zur Pflege des Kirchenliedes. Heute spielt der Cäcilienverein für die Diözesen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz zur Förderung der katholischen Kirchenmusik nach
kirchlich-liturgischem Geist eine große Rolle. Von den unter ihrer Schutzherrschaft stehenden Vereinen wird ihr T a g besonders feierlich und festlich begangen, auch sonst von Musikern und Musikfreunden 3 ). 3)
John
Westböhmen 99.
3. In bayerischen Gegenden gilt C. auch als Patronin der Geigenmacher 4). ») ZfVk. ι (1891), 303. Wrede. Calcedon. Griech. χαρχηίόνιος (λίθ-ος), angeblich genannt nach dem Orte auf Chalcis, wo er zuerst gefunden wurde, eher eine Ableitung von καρχηδών, Karthago; mhd. c. Konrad von Megenberg sagt: hängt man den geschnittenen Stein um den Hals oder trägt ihn am Finger, so verleiht er Sieg im Kriege und sänftigt des Fiebers Hitze x). Nach einer schwäbischen .Klosterhandschrift aus dem 15. Jh. gibt der am Halse getragene C. die Kraft, Widersacher zu überwinden, die Anschläge böser Geister abzuwehren und vor Sünden zu behüten 2). Diese magischen Wirkungen teilt er mit dem verwandten Achat. Stephanssteine nannte man eine Abart des C.s, deren blutrote Flecke das abergläubische Volk für Blutstropfen des Märtyrers Stephanus hielt 3 ). Von angeblichen Heilkräften des C.s berichtet Zedier, er erhalte die Körperkräfte und vertreibe die Schwermut, indem er die Galle zerteile 4). Seine Wirkung bei Gallenkrankheiten erklärt sich nach dem Grundsatze similia similibus aus seiner gelben oder gelbgrünen Farbe 6 ). (Vgl. Beryll, Bernstein, Gold.) Der C. gehört zu den Monatssteinen und verleiht den im Juni Geborenen Befreiung von quälenden Sorgen und bringt ihnen Glück e ). >) M e g e n b e r g B.d.N. 377; vgl. S c h a d e s.v. calcedon 1363 ί.; Κ r ο n f e 1 d Krieg 167; L o n i c e r 58. *) Alemannia 26 (1898), 203 und 217; s. ZfdA. 18 (1875), 431 Nr. 12; s. S c h a d e 1364 Spalte 2; vgl. S e l i g m a n n 2, 29 (C. bei den Persern Mittel gegen bösen Blick). 3) B r ü c k m a n n 195· *) Z e d i e r s v. 5, 786; L o n i c e r a. a. O. s) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 107. ·) Vgl. Monatssteine u. Th. K ö r n e r Die Monatssteine Str. 6.
5
6
Calemeris — C a r a d o
K l e i n e C . k u g e l n sind die bei M e g e n b e r g a. a. O . 384 unter Enidros a n g e f ü h r t e n Steine, deren T r o p f e n f ü r F i e b e r k r a n k e g u t sein sollen; v g l . P l i n . n. h. 37 § 190 e n h y d r o s .
4) Z a u n e r t Westfäl. Sagen 2 0 4 . ' ) Η a u ρ t Lausiis 1, N r . 131; M e i c h e Nr. 611. e) M e i e r Schwaben N r . 350, 2.
Oibrich.
3. D a ß der Friedhof dieser v o m T e u f e l angestifteten C.en nicht f ü r heilig galt, ist kein W u n d e r . In N e u s t a d t - G ö d e n s begrub auf dem Friedhof der Reformierten ein Schneider seine Ziege, und seitdem wird der S a g e n a c h der Friedhof nicht mehr b e n u t z t 7 ).
Calemeris, Z a u b e r w o r t *) gegen Fieber, n a c h dem S c h w i n d e s c h e m a geschrieben, a u c h Calamaris, wird als D o k t o r l a t e i n calmaris „ w e r d e still, r u h i g " , v o m s p ä t l a t . calamare g e d e u t e t 2), doch vgl. calamia, callämia 3) und Calamis (Gottesname 0. ä.) 4) ? J)
B a r t s c h Mecklenburg 2, 397; O h r t Tryllejormer 2, 109 f f . 2) D a n S t . 1919, 16. 3) H e i m Incantamenta 5 5 1 . 552.*) K i e s e w e t t e r Faust 2 (1921), 140. 1 4 9 . 1 5 6 . J a c o b y
Calendarium perpetuum der.
s.
K a l e n -
Calvinist. 1. Es w a r selbstverständlich, d a ß das L u t h e r t u m , welches überall persönliche F e i n d s c h a f t des Teufels witterte, a u c h der gefährlichen G e g n e r s c h a f t des Calvinismus T e u f e l s h e r k u n f t und Teufelsbündnis v o r w a r f . Z u m a l als in der 2. H ä l f t e des 16. Jhs. die lutherische O r t h o d o x i e in Sachsen den Calvinismus mit K e r k e r und S c h w e r t verfolgte, w u r d e n den C.en T e u felsbündnisse nachgesagt, so dem kurfürstl. Hofprediger D a v i d S t e i n b a c h *). Andere, wie der S u p e r i n t e n d e n t J o h . Gundius zu B o r n a oder der Magister W o l f g . R a a b e zu Z w i c k a u , w u r d e n angeblich durch den T e u f e l v o m L e b e n z u m T o d e g e b r a c h t 2 ). Eine c.ische Pfarrersf r a u zu Leipzig, die infolge der Mißhandlungen ihres Mannes geistesverwirrt sich erhängte, s p u k t e seitdem im P f a r r h a u s als weiße F r a u s ). *) Μ e i c h e Sagen Nr. 950. a) K ö h l e r Sagen N r . 4 1 2 ; S i e b e r Sachs. Sagen 87 f. 90. 3) S i e b e r 1. c. 90.
2. D e m g e m ä ß liebt es der T e u f e l auch, sich in Gestalt eines c.ischen Predigers zu zeigen. S c h o n 1596 h a t er in solcher V e r m u m m u n g in der K i r c h e zu U n n a rum o r t 4 ) , u m 1600 durch ein c.isches B u c h ein adliges Fräulein v e r f ü h r e n wollen 6 ). Z u Mössingen in S c h w a b e n b i t t e t ein Geist in der T r a c h t eines reformierten Geistlichen angeblich u m E r l ö s u n g ; wen er aber anspricht, der m u ß nach zwei W o c h e n sterben e ).
') K u h n - S c h w a r t z Luther.
Nr. 327. S. a. Stammler.
Cantillus v . Lellis, a u s dem Neapolitanischen, hl., 1 5 5 0 — 1 6 1 4 , zuerst ausschweifender Offizier, dann Spitalsmeister in R o m , Priester und Stifter des Ordens der nach i h m b e n a n n t e n Kamillianer, regulierter Kleriker, die sich dem leiblichen und geistigen Dienst der K r a n k e n und Sterbenden widmen, a u c h V ä t e r des guten Sterbens oder v o m g u t e n T o d e genannt, 1746 kanonisiert, 1886 durch Leo X I I I . z u m besondern P a t r o n der Hospitäler und K r a n k e n erklärt und in die Sterbelitanei a u f g e n o m m e n , Fest 18. Juli. A u s den Steinen seiner Zelle wurde nach seinem T o d e ein S t a u b bereitet, der an K r a n k e abgegeben wurde. N o c h im J a h r e 1905 konnte m a n solchen aus dem Kamillianerkloster zu Vaals, einem holländischen S t ä d t c h e n an der deutschen Grenze bei A a c h e n , h a b e n 1 ) . N a c h der ,, G e b r a u c h s a n w e i s u n g " m u ß t e n die K r a n ken diesen S t a u b entweder mit e t w a s W a s s e r nehmen oder ihn auf die w u n d e Stelle streuen unter A n r u f u n g des hl. C. Sehr bemerkenswert ist der angeschlossene W u n s c h , etwaige wunderbare Genesungen g e m ä ß ihren U m s t ä n d e n dem K l o s t e r mitzuteilen. Der Z w e c k ist ohne weiteres erkennbar. ') Kölnische Z e i t u n g N o v e m b e r m a n n i a 37 (1909), 8 f.
Capitornantie
s.
1905; AleWrede.
Kapitomantie.
Carado. Z a u b e r w o r t in einem W e t t e r segen des 13. J h s . 1 ) : Contra tempesta t e m : C. sancte Enoch, s a n c t a Fides me benedicat. In nomine patris etc. f l a m m a . lex. l u x . E m a n u e l me benedicant. In nomine etc. F r a n z sieht in Fides die Heilige, es kann aber a u c h B e z i e h u n g sein 1*
7
Caradrius—C arista
auf Ebr. H , 5 : fide Henoch (Enoch) translates est etc. Flamma usw. sind Namen Jesu. Hängt das unverständliche C. mit carauda, χαραύδη „sorcellerie" 2) zusammen? J) F r a n z Benediktionen 2, 62. cange Glossarium 2, 1 7 1 .
Caradrius s.
*) D u Jacoby.
Charadrius.
Caravacakreuz oder Spanisches Kreuz. Als Sp. Kr. wird ein Schutzzettel gegen Hochgewitter bezeichnet, der an der Schlafkammer oder Haustür befestigt wird und aus einem Gebet besteht, in dem Maria und St. Florian angerufen werden. Es endet mit Versen. Zwischen den beiden Textspalten ist ein Doppelkreuz mit Kruzifixus aufgedruckt (aus dem J. 1835) *). Solche Kreuze kennen wir auch sonst unter dem Namen Sp. K r . als Anhängekreuze aus Metall 2), auch in einem luxemburgischen Inventar von 1670 3 ): une croix d'Espaigne de cuivre avec un cordon de S. Frangois, oder als Amulettzettel mit Benedictus- und Zacharias- sowie Agathensegen (s. d.), crux hispanica genannt *). Es wurde auch zum Geisterzwang benutzt (mit der Bezeichnung: Dieses ist der Pfahl, vor welchem alle Geister erschrecken) 5). Der Gebrauch des Sp. Kr. geht auf eine Legende zurück, die erzählt, daß ein maurischer König in der Stadt Caravaca in Spanien dem Priester der dort gefangen genommenen Christen befohlen habe, eine Messe zu lesen. Für den Altar fehlte das Kreuz, das zwei Engel wunderbarerweise vom Himmel herniederbrachten (es wird als crux lignea bipalmaris, Doppelkreuz, bezeichnet). Durch das Wunder bekehrt, legt der König das Kreuz in seinem Schatzhaus nieder. Die Stadt litt unter häufigen Gewittern, aber das Kreuz ward nun ihr Schutz (infestatur maxime Caravaca tempestatibus frequentibus, tonitruis et fulminibus, grandine et lapidibus, quibus pluit: atque his coeli iniuriis arcendis et avertendis, datum illi singulare illud praesidium crucis. Quae mox ut e sua theca extrahitur, et hiatum illum contingit, per quem fuit primum ab Angelis transmissa, continuo omnia conquiescunt, tempesta-
8
tesque sedantur) e ). Die Nachbildungen dieses Kreuzes müssen seit dem 16. und 17. Jh. sehr beliebt gewesen sein, denn sie galten als mit zahlreichen Indulgenzien versehen und dienten insbesondere als Schutz gegen Gewitter: eile p^serve des foudres et tempStes, la portant sur soi, ce qui est vu par plusieurs miracles, le tout confirm^ par le Pape Urbain V I I I ' ) . 1678 wurden sie von der Kirche verboten 8). ') S c h w V k . 17 (1927), 36. ·) Als Pestkreuze mit Zachariassegen: K ö h l e r Kl. Sehr. 3, 572 f f . ; Theolog.-prakt. Quartalschrift 46 (1893), 876; P e i n l i c h Geschickte der Pest in Steiermark 2 (1878), 524; Ons Hemecht 3 (1897), 260t. B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 397. *) N . van W e r v e k e Miscellen zur Gesch. d. luxemburger Landes (Public, d. 1. Sect. hist, de l'Institut gr.-ducal de Luxembourg 51 (1903), 405 N o . 4). *) U . S t ο i b e r Armamentarium Ecclesiasticum 2 (1726), 97. 5) Scheible e Kloster 2, 897. ) J a c o b G r e t s e r Optra omnia t . 1 de saneta cruce (1734), 201 f . ; A c t a Sanc. Boll. Mai. 7, 396 ff. ') T h i e r s 4, 150 f. 8) E b d . 4, 24 Nr. 22; Decreta authentica s. congr. indulg. sacrisque reliq. praepositae a b ao. 1668 ad ann. 1882 (1883), 1, 13. Jacoby.
Carista. Bei K o n r a d von Μeg e η b e r g findet sich folgende Stelle: „ V o n dem Caristen. C., sam Solinus spricht, ist ain vogel, der fleugt in prinnenden flammen an all sein pein und än allen smerzen, also daz weder sein federn noch sein flaisch von dem feur leident. Da pei verstö wir die heiligen martraer, die daz feur diser werlt niht verseren moht" Die Notiz geht vermutlich auf Konrads Quelle T h o m a s Cantimp r a t e n s i s ,,Liber de natura rerum" zurück, die bei V i η c e η t i u s Β e 1 l o v a c e n s i s „Speculum naturale" 2) lautet: „Cariste ut dicit Solinus: aves sunt que impune flammas involant: ita ut nec plume nec carnes earum flammis ignum aliquatenus cedant". Ahnlich Albertus Magnus, der Solinus und Jorach zitiert, aber beifügt: ,,sed illi philosophi multa nuntiuntur, et puto quod et hoc sit .unum de mendaeiis eor u m " 3 ). S o l i n u s spricht aber nicht von den Vögeln, die den Namen „caristae" tragen, sondern er sagt von der Stadt Karystos: „Carystos aquas calentes habet (Ellopias vocant) et c a -
Carneval—Caesarius von Heisterbach
9 rystias aves i n v o l a n t " 4 ).
quae flammas impune
2) 16, c. 46. *) Ausg. v. Pfeiffer S. 174 t De Animalibus 23, 34. *) S o l i n u s Collectanea rerum memorabilium rec. Th. Mommsen 11, 15. Eine Quelle hiezu ist unseres Wissens noch nicht gefunden; vgl. P a u l y - W i s s ο w a ίο, 2257. Hoffmann-Krayer. 3)
Carneval s.
Fastnacht.
Caesar, C. Julius. P a u l y - W i s s o w a 10,1(1917), i86bis275. Der bekannte römische S t a a t s m a n n u n d H i s t o r i k e r ; e r m o r d e t 44 v . C h r . In s e i n e n C o m m e n t a r i i d e b e l l o G a l l i c o 1 ) I, 50. 53, II, 21 s t e h e n einige r e c h t v e r s c h i e d e n wertige A n g a b e n über germanisches Heid e n t u m : W a h r s a g u n g u n d L o s , Sonnen-, M o n d - u n d F e u e r k u l t , Priester, O p f e r 2 ). ') Hrsg. von Μ e u s e 1 Berlin 1894. Deutsch von W a t t e n b a c h GddV. s 1, 24—124. 2) H e l m Religgesch. 1, § 32. 128 f. 154. Helm.
Caesarius von Arles (Arelate).
Vita Caesarii Arelatensis, hrsg. von Κ r u s c h MG. Scr. Mer. 3, 457 ff.; C. F. A r η ο 1 d Caesarius von A relate und die gallische Kirche seiner Zeit. Leipzig 1894; A. M a l η o r y Saint Cisaire tv6que d'Arles. Paris 1894; C. A. B e r n o u l l i Die Heiligen der Merowinger. Tübingen 1900, 64—72; H. v. S c h u b e r t Geschichte der christlichen Kirche im Frühmittelalter. Tübingen 1921, 36 f. u. ö.; Β ο u d r i ο t Altgerm. Relig. 4 ff. 12 ff. Caesarius, aus vornehmer Familie s t a m m e n d , w a r g e b o r e n 4 6 9 — 7 0 in der G e g e n d v o n C h a l o n s in B u r g u n d , w u r d e m i t 20 J a h r e n M ö n c h z u L i r i n s , d a n n 502 B i s c h o f v o n A r l e s u n d als solcher apostolischer V i k a r über Gallien, später auch über Spanien, unter wechselnder politischer (burgundischer, westgotischer, ostgotischer und fränkischer) Herrschaft und wechselnden persönlichen Schicksalen ( 5 0 5 — 0 6 V e r b a n n u n g n a c h B o r d e a u x d u r c h A l a r i c h II.) bis z u seinem T o d e z u A r l e s 543. H a u p t z i e l seiner T ä t i g k e i t w a r die D u r c h f ü h r u n g s t r e n g e r Z u c h t in K l e r u s und Gemeinde und, d a m i t eng v e r k n ü p f t , d e r K a m p f g e g e n die n o c h f o r t l e b e n d e n R e s t e des H e i d e n t u m s Dieses Ziel v e r f o l g t er in B r i e f e n , A b h a n d l u n g e n , R e g e l n u n d v o r a l l e m i n seinen z a h l r e i c h e n Pred i g t e n 2 ), d e r e n e c h t e r B e s t a n d freilich n o c h n i c h t g a n z f e s t g e s t e l l t ist.
10
! ) Ausgabe Arnold 166—182. der Predigten bei Μ i g η e PI. 39 unter den dem Augustin fälschlich zugeschriebenen Predigten, andere bei Μ i g η e PI. 67. Dazu weitere Texte bei C a s p a r i K. An. 1, 213—224; A r n o l d 468 ff.; Μ ο r i η Studia Caesariana Rev. Ben. 23 (1906), 189—214. 350—372. Die Anfänge der dem C. zugehörenden oder zugeschriebenen Werke jeder Art (nach dem Stand von 1894, also nun ergänzungsbedürftig) bei Arnold 436—450. Deutsche Übersetzung der Predigten von C. F. A r n o l d . Leipzig 1896.
D i e v o m H e i d e n t u m s p r e c h e n d e n Stellen bei C. h a t B o e s e 3 ) e x z e r p i e r t u n d m i t d e n v i e l e n S t e l l e n a n d e r e r W e r k e zus a m m e n g e s t e l l t , die m i t C. ü b e r e i n s t i m m e n oder sich m i t i h m b e r ü h r e n u n d dir e k t oder i n d i r e k t v o n i h m b e e i n f l u ß t scheinen. E s z e i g t sich a u c h hier, w i e so o f t , die s t a r k e W i r k u n g der T r a d i t i o n in dieser G r u p p e k i r c h l i c h e r L i t e r a t u r ; a u c h z a h l r e i c h e W e r k e , die in D e u t s c h l a n d e n t s t a n d e n u n d f ü r D e u t s c h l a n d bes t i m m t sind, sind v o n d e m A u s l ä n d e r C. zum mindesten im Wortlaut abhängig, — w i e w e i t a u c h in der S a c h e , — ist v o n Fall zu Fall zu untersuchen. B e s p r o c h e n w e r d e n bei C. N e u j a h r s bräuche, W a h r s a g u n g und Los, Zauber u n d B e s p r e c h u n g , B a u m - , Quell- u n d Steinkult, Tagewählerei und Mondaberglaube. Die angegebene A b h ä n g i g k e i t v o n C. z e i g e n 4 ) : Eligius, P i r m i n , P s e u d o A u g u s t i n de sacrilegiis, Indiculus, B u r chard v o n Würzburg, Hrabanus Maurus, Konzilsbeschlüsse und Poenitentiale, B u r c h a r d v o n W o r m s (s. die e i n z e l n e n Stichworte). 3) Ricardus B o e s e Superstitiones Arelatenses e Caesario collectae. Diss. Marburg 1909. 4) Vgl. auch S c h n e i d e r A R w . 20, 87 bis 115. Helm.
Caesarius von Heisterbach. Alex. K a u f m a n n C. v. H. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts. Zweite, mit einem Bruchstück aus des C. VIII libri miraculorum vermehrte Auflage. Köln 1 8 9 2 ; C a r d a u n s in: A D B . 3,681 ff.; W a 1 1 e η b a c h D G Q . 2«, 484ff.; D e u t s c h in Η e r ζ ο g - Η a u c k 3, 628—632; Κ e s s e 1 in W e t z e r und W e l t e 2, 1657—1660; Α. E. S c h ö n b a c h Über C. v. H. 1 — 3 (= Studien zur Erzählungsliteratur des MA.s 4. 7. 8). Sitzb. Wien 144 (1902). 159 (1908). 163 (1909); Al. M e i s t e r (s. Anm. 7), 18 ff. — Vgl. ferner Alex. K a u f m a n n Thomas von
II
Caesarius v o n
Chantimpri. K ö l n 1899; E . B e i t ζ C. ν. und die bildende Kunst. A u g s b u r g 1926.
Η.
I. C., geb. wahrscheinlich zu K ö l n um II80, k a u m wesentlich f r ü h e r 1 ) , 1199 Zisterziensermönch zu Heisterbach bei Bonn, später Novizenmeister und seit z i r k a 1228 Prior; gest. zu Heisterbach um 1240 (am 25. Sept.). Verfasser zahlreicher Schriften, v o n denen er die meisten selbst a u f z ä h l t in einem 1237 geschriebenen Brief 2 ) (Epistola catalogica) an den Prior P e t r u s zu Marienstadt in N a s s a u ; einige weitere verzeichnen Meister und Schönbach. Eine G e s a m t a u s g a b e fehlt. Es sind im ganzen über 300 Predigten 3 ), e t w a ein D u t z e n d T r a k t a t e und Expositiones (darunter zwei gegen die K e t z e r ) , a n historischen W e r k e n die V i t a des Erzbischofs Engelbert v o n K ö l n 4 ), die V i t a der hl. Elisabeth s ) und der K a t a l o g der Erzbischöfe v o n K ö l n , endlich zwei große Mirakelsammlungen: der Dialogus mirac u l o r u m 6 ) und die Libri V I I I mlraculorum 7 ). ») V g l . Η . Η ö f e r in A n n N R h . 65, 237 f f . ; M e i s t e r X X X , A n m . ; J. G r e v e n i u A n n N R h . gj, 20 f f . 2) Z u l e t z t g e d r u c k t u n d ausführlich kommentiert von S c h ö n b a c h 144, 5 — 5 5 (dort a u c h über einige i h m fälschlich zugeschriebene); Nachträge S c h ö n b a c h 159, 1 — 4 7 und M e i s t e r X X V I I f. A n dieser Stelle a u c h N a c h w e i s e über H a n d s c h r i f t e n u n d D r u c k e . 3) G e d r u c k t bei J. A . C ο ρ p e n s t e i n Fasciculus moralitatis ven. C. de H . Cöln 1 6 1 5 (vgl. d a z u S c h ö n b a c h 144, 34 ff.). 4) S u r i u s A c t a S S . 2 6, 1 8 5 — 2 1 2 ; J. F . B ö h m e r Fontes return German. 2, 294 f f . (Buch I u n d I I ) ; deutsch i m A u s z u g v o n C. S c h ö l t e n , K a t h . M a g a z . f. Wiss. u. L e b e n 2, 406 f. — V g l . a u c h A n n N R h . 102, 1 f f . ·) U n g e d r u c k t ; v g l . B o e i n e r N A . 13, 466 ff. *) Dialogus magnus visionum atque miraculorum, z u l e t z t (nach vier I-Iss.) hrsg. v o n Jos. Strange, 2 B d e . , K ö l n 1 8 5 1 ; d a z u I n d e x C o b lenz 1857. Ä l t e r e D r u c k e s. M e i s t e r XXIV E i n e kritische A u s g a b e wird v o n Η i 1 k a v o r bereitet und soll in den V e r ö f f e n t l i c h u n g e n des R h e i n . Geschichtsvereins 1928 erscheinen; sie w i r d außer d e m D i a l o g u s a u c h das F r a g m e n t der L i b r i o c t o u n d die E x e m p l a aus andern S c h r i f t e n , bes. den Homilien erhalten. Ü b e r s e t z u n g in A u s w a h l (dabei a u c h einige Mirakel aus den P r e d i g t e n u n d F r a g m e n t e n ) v o n A l e x . K a u f m a n n Wunderbare und denkwürdige Geschichten aus den Werken des C. v. H., 2 Teile, A n n N R h . 47 und 53, K ö l n 1888. 1 8 9 t . 7 ) Diversarum visionum seu miraculorum libri VIII, hrsg. v o n A l . Meister, R o m 1901 ( = R Q 13 S u p p l e m e n t h e f t ) ; ein kleines S t ü c k (1, 1 — 2 3 )
Heisterbach a u c h b s i Α . Κ a u f m a η η C. υ. Η. K r i t . A u s g a b e s. A n m . 6.
12 158—196;
2. A l l e S c h r i f t e n des C. sind f ü r unsere K e n n t n i s der K u l t u r des 12. und 13. Jhs. v o n größter B e d e u t u n g und dementsprechend schon öfters g e w ü r d i g t worden, so allgemein v o n K a u f m a n n (a. a. 0.), die Predigten v o n U n k e l 8 ) , der Dialogus v o n W i j b r a n d s 9 ) . F ü r den mittelalterlichen V o l k s g l a u b e n und A b e r g l a u b e n v o n besonderer B e d e u t u n g sind die Mirakel. C. liebte es, namentlich a n f a n g s und vielleicht als erster unter den Predigern des 12. Jhs., in seine Predigten sogenannte E x e m p l a 1 0 ) a u f z u n e h m e n , kurze Erzählungen erbaulich-unterhaltenden Inhalts zur A n k n ü p f u n g und V e r a n s c h a u l i c h u n g geistlicher G e d a n k e n und Erörterungen. Meist sind es Wundergeschichten. A c h t u n d f ü n f z i g solcher Miracula enthalten die Predigten u ) . S p ä t e r h a t er diesen B r a u c h a u f g e g e b e n und, v e r a n l a ß t durch den A b t Heinrich v o n Heisterbach, derartige Geschichten in den genannten Mirakelwerken gesammelt. Zwischen 1219 und 1222 entstand so zuerst der große Dialogus. In zwei B ü c h e r n von j e sechs A b t e i l u n g e n (1iistinctiones), meist als B u c h 1 — 1 2 bezeichnet, sind hier 746 Geschichten zus a m m e n g e t r a g e n . Sie handeln I. de conversione (vom Klosterleben), 2. de contritione (v. Zerknirschung), 3. de confessione (von der Beichte), 4. de tentatione (v. Versuchung), 5. de daemonibus (von bösen Geistern), 6. de simplicitate (von christlicher Einfalt), 7. de s a n c t a Maria, 8. de diversis visionibus (Visionenerzählungen), 9. de sacramento corporis et sanguinis Christi, 10. de miraculis (Wundererzählungen), I I . de morientibus (von Sterbenden), 12. de praemio m o r t u o r u m ( v o m Gericht). Eingekleidet sind die Erz ä h l u n g e n in die F o r m eines Gesprächs zwischen einem Mönch und einem Nov i z e n (in einem Teil der Überlieferung zwischen C. u n d Apollonius) 12 ), wobei die F r a g e n des N o v i z e n Gelegenheit geben, den einzelnen Geschichten Erörterungen theologischer und moralischer A r t anzuschließen. D a s zweite ebensolche aber nicht mehr in D i a l o g f o r m angelegte S a m m e l w e r k (die Libri octo) begann C. wieder
13
Caesarius von Heisterbach
auf Veranlassung des Abtes Heinrich im J a h r e 1225. Erhalten sind davon 191 Erzählungen in drei Büchern (s. Meister S. X X X V I I ) , an die sich als vierter Teil vielleicht die Wunder des hl. Engelbert anschließen sollten; die Bücher 5—8 sind wahrscheinlich nicht verloren, sondern gar nicht zur Ausführung gekommen 13). Die Gesamtzahl der in den Predigten und den beiden Sammelwerken enthaltenen Geschichten reicht also, ohne die Wunder des hl. Engelbert, nahe an Tausend, jedoch sind nicht wenige derselben darin doppelt, einige sogar dreifach vorhanden. Diese gewaltige Stoffmasse ist aus verschiedenen Quellen zusammengeflossen. Ein guter Teil ist literarischer H e r k u n f t ; wir wissen mit Bestimmtheit, daß die nachgenannten Werke von C. benutzt sind: die Vita des sei. David von Himmerode, die Vita des Bernhard von Clairvaux, die Vita sti Malachiae von Bernhard von Clairvaux, der Liber visionum beatae Aczelinae, Herberts Exordium miraculorum und desselben Liber miraculorum, Olivers Historia Damiatina und desselben Historia regum terrae sanctae, die Vitae patrum, die Dialoge Gregors des Großen, die Libri V I I I miraculorum des Gregor von Tours 14 ). Andere Quellen in größerer Zahl werden hinzutreten; f ü r viele Stücke ist literarische H e r k u n f t und Verwandtschaft leicht zu erkennen, ohne daß eine direkte Quelle feststellbar wäre. Daneben t r i t t nun aber in großem U m f a n g die Aufzeichnung nach mündlicher Tradition, die ihrerseits wieder literarisch beeinflußt sein kann. So wichtig f ü r die Literaturgeschichte eine ausreichende Quellenuntersuchung wäre, f ü r die Stellung des C. und seiner Zeitgenossen zu dem wunderbaren Inhalt der Erzählungen wird es schließlich ziemlich gleichgültig sein, ob eine von ihm einmal aufgenommene Geschichte literarischer oder unliterarischer H e r k u n f t ist. Sie repräsentieren in ihrer Gesamtheit den Bestand an abergläubischen und wunderbaren Vorstellungen, an die jene Zeiten glaubten oder an deren Möglichkeit m a n sich erbaute. 8
) AnnNRh. 34, 1—67.
') Studien en Bij
14
dragen op't gebied der histor. Theol. 2 (1871), 1 — 1 1 6 . 10) Vgl. J . K l a p p e r Exemplum, R L G . 1, 332 ff. " ) Soweit nicht im Dial, und den Libri V I I I enthalten, jetzt gedruckt bei S c h ö n b a c h 144, 69—92. Krit. Ausgabe von H i l k a s. Anm. 6. 12 ) Vgl. W i j b r a n d s a . a. Ο . 1 2 . " ) M e i s t e r X X X V I f. ») Aufzählung nach M e i s t e r X X X I I . X X X V I I ; vgl. dazu auch D e u t s c h a. a. O. 629 und zur literarhistorischen Stellung des C. im allgemeinen auch J . G r e v e n AnnNRh. 99, i f f .
3. Bei der Beurteilung dieses Materials muß man sich davor hüten, in großem Umfang Spuren und Reste germanischen Götterglaubens finden zu wollen. Altere Schriften, K a u f m a n n und andere 15), sind darin zweifellos zu weit gegangen, wenn sie zahlreiche Wodanszeugnisse annehmen, in den 12 Aposteln die Zwölfzahl germanischer Götter, in den kämpfenden Toten die nordischen Einherier sehen oder gar in der Maria mancher Legenden eine verkappte Walküre oder die Göttin ,Frouwa', die es nie gegeben h a t . Wirkliche Spuren germanischen Götterkultes sind, wenn überhaupt vorhanden, äußerst spärlich und unsicher. Dagegen nimmt jene Schicht primitiver abergläubischer Vorstellungen, welche als Untergrund sich zu allen Zeiten findet und sich allen Religionen mehr oder weniger anpaßt, einen breiten R a u m ein, in der Hauptsache christlich „aufgefüllt". Ich stelle im folgenden, ohne die praktisch hier ganz unmögliche Scheidung zwischen Aberglauben und Volksglauben zu versuchen, eine Reihe der wichtigsten Erscheinungen in Schlagworten zusammen. Dabei bedeuten nicht näher bezeichnete Zahlen Abschnitt (distinctio) und Nummer des Dialogus, die mit L bezeichneten Stellen sind aus den Libri octo entnommen, die mit Η den Homilien. Vollständigkeit ist nicht im Entferntesten angestrebt; in der Ausgabe Hilkas wird wohl ein ausführliches Sach- und Stichwortverzeichnis erwartet werden dürfen, das dann erst weitere Verwertung des gesamten Materials ermöglichen wird. Böser Blick 5, 5. II, 63; blutendes Cruzifix 10, 19; Dämonen 1 6 ) passim; Elben 5, 4. 35; Entrückung 5, 37. 56; 10, 2; Feuerberg als Strafort 3, 12; 12, 7—10. 12. 13. 38; Feuerprobe 1, 40; 3, 16. 17;
15
Casilde
ί ο . 35· 36; L ι , 22; Geisterkampf 12, 16. 1 7 ; L . i , 30; Gottesgericht 3, 18; 9, 48 u. 0.; H e x e n 5, 30; Hölle 2, 7 ; Hostienw u n d e r 9, 9. I i . 14. 65; L . ι, 3. 9; H u n d e (dämonische) II, 59; H. 2, 54; H u n d e fleisch als Heilmittel I, 14; wilder J ä g e r 5, 5; 12, 20; Η. 1, 102. I i i ; Incubus und succubus 3, 7 — I i ; K e l c h w u n d e r 9, 18; K l e i d e r t e u f e l 5, 7; K o b o l d 5, 44; 7, 16; dämon. K r ö t e 2, 32; io, 6 7 — 6 9 ; L . 1, 19; K u c k u c k s r u f zeigt die L e b e n s d a u e r 5, 1 7 ; Leichen i m Grabe k ä m p f e n d I i , 56; L . I, 33; Michael als Seelenführer 8, 4 5 ; 1 1 , 3; N e k r o m a n t i k 5, 2 — 4 ; dämonisches R o ß 5, 37; dämonischer R a b e I i , 15. 4 1 ; Reliquienwunder 8, 60. 65. 89 u. ö.; Riese Η. I, 104; R ü c k e n f e h l t dem D ä m o n 3, 6; dämonische und heilkräftige Schlange 10, 7 0 — 7 2 ; Η. 1, 1 4 1 ; Seelenüberfahrt (?) 11, 30; Seelenwage 8, 7 7 ; 12, 35; Siegstein 4. 10; sortes s a n c t o r u m 3, 20; 4, 49 u. ö.; w u n d e r b a r e Speisung 10, 52; grünender S t a b 6, 6; T a u b e als Bild der Seele 12, 46; der Maria 8, 37; T a u f w a s s e r 10, 44; T e u f e l passim; d a n k b a r e Tiere 10, 66; T o d persönlich erscheinend 11, 62; T o t e r erscheint 2, 6; 12, 19. 26. 37; kehrt ins L e b e n z u r ü c k 12, 7. 11. 12; t u t W u n d e r I I , 26 u. ö.; T o t e n b a n n u n g 12, 1 5 ; T o t e n schuh 7, 38; T r ä u m e 4, 54. 82 u. ö . ; V e r w a n d l u n g e n 4, 7 1 ; 10, 16; Visionen p a s s i m ; W a l d f r a u 6, 5 1 ; W i d d e r k u l t L . i , 1 7 ; toter W u c h e r e r k a u t Geld I i , 42; Z a u b e r aller A r t , Zauberer, Zauberinnen, L i e b e s z a u b e r 1, 33; 4, 42. 99; 5, 4· 18; I i . 59. 60; 12, 27; H. 3, 58; L . 1, 1; Z a u b e r der J u d e n gegen die T a u f e 2, 26; Zauberschlaf 6, 10. " ) A u c h D e u t s c h a. a. O. 629 scheint noch geneigt, K a u f m a n n bedingungslos zu folgen. " ) Vgl. Ph. S c h m i d t Der Teufels- und Dämonenglaube des C. υ. Η. Diss. Basel 1926.
4. V o n den W e r k e n des C. h a t vor allem der Dialogue großen A n k l a n g gef u n d e n . Schon d a ß wenige J a h r e nach seinem A b s c h l u ß der A b t des K l o s t e r s jene zweite S a m m l u n g anregte, beweist den großen E i n d r u c k , den das W e r k m a c h t e ; noch deutlicher spricht die große handschriftliche V e r b r e i t u n g : nicht weniger als 34 erhaltene Hss. des Dialogus u n d 19 andere Hss. mit S t ü c k e n aus dem
16
Dialogus k o n n t e Meister X X I ff. aufz ä h l e n ; ihre Z a h l wird d a m i t nicht ers c h ö p f t sein. Eine ähnliche V e r b r e i t u n g des zweiten W e r k e s blieb freilich aus. U n t e r des C. E i n f l u ß schreiben dann bald andere Schriftsteller, w o r ü b e r es noch keine abschließende U n t e r s u c h u n g g i b t ; Meister ( X X X I I A n m . 1) nennt v o r l ä u f i g Thomas von Chantimp^, Rob. Holkott, die V a r i a E x e m p l a und die Miracula sanctae Mariae in H e x a m e t e r n . Im 15. Jh. sind dann Teile des Dialogus ins Holländische übersetzt worden in zwei S a m m l u n g e n v o n Marienlegenden, „ V a n onser v r o u w e n m i r a c u l e n " und „ O n s e r v r o u w e n B o e k " , v o n denen W i j brands k u r z Mitteilung m a c h t 1 7 ) . Zwischen 1457 und 1467 ist der ganze zweite Teil des Dialogus v o n Joh. H a r t l i e b (s. d.) ins D e u t s c h e ü b e r t r a g e n 1 8 ) . W e n i g später erscheinen die ersten D r u c k e des Originals. Andererseits h a t es freilich in derselben Zeit und später a u c h an Gegnern nicht gefehlt, K a u f f m a n n l e ) v e r w e i s t d a f ü r auf eine N o t i z in der Lebensbeschreibung des Holländers W e s s e l - G a n s f o r t und spätere A n g r i f f e gegen die Leichtgläubigkeit des C. Im Z u s a m m e n h a n g d a m i t ist es a u c h bemerkenswert, daß der Dialogus in Spanien auf den I n d e x gesetzt wurde. " ) A . a. O. 85 f. A n m . 2; dazu Proben aus beiden Handschriften s. 1 0 9 — 1 1 6 . u ) Euphorion 26, 3 4 7 — 3 6 7 . 481—564. ") AnnNRh. 47, I. Helm.
Casilde, hl., J u n g f r a u und Märtyrerin zu B u r g o s in Spanien, T o c h t e r eines sarazenischen K ö n i g s , Fest 9. A p r i l x ). A u s der L e g e n d e der Heiligen, die gefangenen Christen viel Gutes erwies, ist die Erz ä h l u n g bemerkenswert, nach der sich ihr auf dem W e g e z u den G e f a n g e n e n f ü r die A u g e n des g r a u s a m e n V a t e r s B r o t und Fleisch in Rosen v e r w a n d e l t e n , ein gegen E n d e des Ma.s sehr beliebtes Motiv 2 ). C. w u r d e v o n den mit B l u t f l u ß b e h a f t e t e n F r a u e n angerufen 3 ), besonders v o n Gebärenden bei heftigen U t e r i n b l u t u n g e n , die m a n als „ d a s A n b r e c h e n des Herzgeb l ü t e s " bezeichnete 4 ). l)
Stadler
Heiligenlexikon
1, 566.
J)
Vgl.
Castiel—Chaldäer
17
hierzu Günter Legenden-Studien 164. 3) S t a d l e r a. a. O. ') L a m m e r t 167. Wrede. Castiel, princeps armorum *), ein Geistername, der auch im Heptameron des Petrus v o n A b a n o 2) als Engel des Donnerstags und in Faust's H ö l l e n z w a n g 3 ) unter den Geisternamen in den Formen Casadiel und Casdiel vorkommt. Der N a m e ist zu erklären als ^K'ntfj? „ m e i n Bogen ist G o t t " , was zu der B e s t i m m u n g des Staricius gut paßt, vgl. auch den Gottesnamen irnwp „unser B o g e n " im Sepher Raziel 4 ). *) S t a r i c i u s Heldenschatz 9 2. s ) A g r i p p a v. N e t t e s h e i m 4, 142. 3) K i e s e w e t t e r Faust 272. 273. 406. 407. ') S c h w a b Vocabulaire
de l'Angilologie
354.
Jacoby.
Castulus, hl., Märtyrer, Speisemeister am kaiserlichen Hof, um 286 lebendig begraben, Fest 26. März Im 8. Jh. brachte A b t Raginpert einen Teil der Reliquien des Heiligen nach Moosburg an der Isar, wo ihm zur Ehre eine Kirche erbaut w u r d e 8 ) . C. wurde auch Patron der Kirchen zu Landshut, Puchschlagen und anderswo, ferner Ortspatron von St. K a s t l bei A l t ö t t i n g 3 ) . Bei der Kirche in Kastl, deren Patrozinium freilich Maria Himmelfahrt lautet, ist am Dreikönigstag nachmittags dreimaliger Umritt, Stephaniritt genannt, obwohl weder der hl. Stephan noch der hl. Leonhard noch andere Pferdebeschützer dort gelten. Beim Früha m t um 6 Uhr morgens brennen die „ R o ß b a u e r n " am „ S p e i s g i t t e r " Votivkerzchen, jeder soviel, wie er Pferde im Stall hat 4 ). Nun gilt C. mancherorts in Bayern als Roßpatron. Liegt also dem Umritt und der Opferung in K a s t l ein älteres C.Patrozinium zugrund oder beruhen beide auf einer Übertragung durch Kultström u n g ? A u c h die Roßdiebe (Schimmeldiebe) rufen C. an 5 ). In A l t b a y e r n wird er weiterhin als Patron gegen Blitzgefahr, Rotlauf oder Wildfeuer (Erysipelas) angerufen e) und gilt er als großer Viehheiliger '). ») AA. SS. Mart. III 612; ligenlexikon s)
i,
577;
Stadler
SchwVk
12
(1922),
Hei47.
K ü n s t l e Ikonographie 152. •) S c h i e r g -
h ο f e r Altbayerns
Umritte
67;
P o l l i n g e r
Landshut 83 it., wo eine Reihe von Legenden
Ιδ
wiedergegeben sind. *) S c h i e r g h o f e r 4. ») ZfVk. 1 (1891), 294; der Tag des Heiligen ist dort auf den 26. Februar angegeben: P o l l i n g e r Landshut 83 ff.; S e p p Sagen 503 Nr. 136. «) ZfVk. a . a . O . ; H ö f l e r Waldkult 80. ') A η d r e e Votive 38. Wrede. Cato, Zauberwort in der Formel: C. caruce, sanum reduce, reduce sanum, Emanuel P a r a c l i t u s τ ) zur Heilung v o m Schlangenbiß; vgl. in einer Hd. des 12. Jhs. 2 ): cara, caruce, senael, emmanuel, paraclitus etc. Franz denkt an den Römer C., der im Ruf eines Heilkünstlers stand, unwahrscheinlich. Die D e u t u n g gibt wohl eine dritte Formel (12. J h . ) 3 ) : contra f l u x u m sanguinis, f Caro f cruce f fac restringere ysmahelite. famule tue N. Amen etc. Danach bedeutet der Spruch: „ D u r c h das teure K r e u z u s w . " vgl. noch am Schluß der dritten Formel: f contra hoc signum nullum stet periculum. f 1 1 Die Ismaeliterin ist Hagar, welcher der Engel Gen. 16, I i s a g t : vocabisque nomen eius Ismael, eo quod audierit Dominus afflictionem t u a m (Auslegung von ϊκναψ: „ G o t t erhört"). Senael ist Engelname vgl. ίαναήλ 4 ), Σιναήλ 5 ), Σενοήλ "), Emanuel vgl. Jes. 7, 14. 8, 8.10, paraclitus = παράκλητος Joh. 14, 16 usw. F r a n z Benediktionen 2, 175; T h i e r s 1, 357 (entstellt). a) Ebd. 174 A. 2. ») Η e i m Incantamenta 16 Z. 10. s)
Z. 37.
5 5 5 . *) Η e e g Hermetica
(1911),
a. a. O. 16 Z. 33. ·) a. a. O. 18 Jacoby.
Celar, celiar, celias, Zauberworte in einem Fiebersegen des 1 0 . — 1 1 . Jhs. 1 ). Bedeutung ? *) F r a n z Benediktionen 2, 483. Celidonia s. Centaurias.
Jacoby.
Schellkraut. Tausendgüldenkraut.
Ceromantie S. K e r o m a n t i e . Chaldäer 1 ). Die Ch. sind ursprünglich ein semitischer Volksstamm, der in B a b y lonien einwanderte und zeitweise dort zur Herrschaft kam. Bei den Israeliten hieß Babylonien schlechthin Ch.land, ebenso vielfach auch bei den Griechen Χαλδαϊα und bei den Römern Chaldaea. Die Griechen und Römer hatten nur geringe historische Kenntnisse von den Ch., um so mehr wußten sie (ζ. B . Ktesias) Legendenhaftes von ihnen zu berichten. Sie galten ihnen
Charadrius
19
als i m B e s i t z e aller Weisheit und waren ihnen die weisen Priester und Propheten, die L e h r e r theosophischer M y s t i k und Askese, die Zauberer, Astrologen und S t e r n d e u t e r schlechthin, v o n denen auch P y t h a g o r a s , D e m o k r i t , Zoroaster, Cyprianus u. a. ihre Weisheit bezogen h ä t t e n . Die ethnographische B e z e i c h n u n g wurde so z u einem S a m m e l n a m e n f ü r den Z a u berer und insbesondere f ü r den A s t r o logen und Sterndeuter ü b e r h a u p t , und wer sich mit diesen K ü n s t e n b e f a ß t e , legte sich o f t den N a m e n Ch. bei. W i r k l i c h e Ch. und solche, die sich so nannten, waren schon im 4. J h . v . Chr. in Griechenland v e r b r e i t e t und zogen durch ihre Geheimlehren und ihre Magie die A u f m e r k s a m keit auf sich 2 ). D e r Zeitgenosse Piatos, E u d o x o s , wollte noch nichts v o n chaldäischer Astrologie wissen, aber schon T h e o p h r a s t , des Aristoteles Schüler, bew u n d e r t e ihre K u n s t 3 ). S o w u c h s mehr und mehr das W u n d e r b a r e an, das m a n den Ch.n zuschrieb, und g a n z besonders die Astrologie w a r es, als deren V e r t r e t e r sie galten und deren Ursprungsland m a n in B a b y l o n i e n ( = Chaldaia) erblickte. Die B l ü t e z e i t dieser als Ch. bezeichneten Z a u b e r e r und S t e r n d e u t e r w a r die hellenistische Zeit und g a n z besonders die römische Kaiserzeit, w o sie sich o f t so breit machten, daß sie außer L a n d e s verwiesen werden m u ß t e n 4 ). Ganze Hochschulen der chaldäischen Magie ents t a n d e n 5 ), in den astrologischen T r a k t a t e n der S p ä t a n t i k e werden sie o f t als A u t o r i t ä t a n g e f ü h r t e ), und Oracula Chaldaica liefen unter ihrem N a m e n um 7 ). A m römischen Kaiserhof selbst wie in den P r o v i n z e n w a r e n die Ch. tätig, wie auch ζ. B. der K a i s e r E l a g a b a l ihre Hilfe anrief, u m die M a r k o m a n n e n „ b i n d e n " zu lassen 8 ). Der N a m e Ch. f ü r Zauberer vererbte sich dann a u c h durch das M A . bis zur Neuzeit 8 ). S e l b s t v e r s t ä n d l i c h darf in dieser B e z e i c h n u n g kein Hinweis mehr auf das tatsächliche U r s p r u n g s l a n d und auf die A n s c h a u u n g e n der wirklichen Ch. Mesopotamiens gesehen werden, über deren wirklichen G l a u b e n und A b e r g l a u b e n e t w a zu vergleichen i s t : Jastrow
Die
Religion
Babyloniens
und
20
Assyriens 1905—1912; U n g n a d Die Religion der Babylonier und Assyrer 1921; L e h m a n n u . H a a s Textbuch zur Relgesch,2 (1922), 277 ff.; Μ e i ß η e r Babylonien und Assyrien 1 (1920); 2 (1925); L a n d s b e r g e r Der kultische Kalender der Babylonier und Assyrier 1 (1925). Über den Einfluß „chaldaeisch"-hellenistischer Vorstellungen auf die germanische Religion s. S c h r ö d e r Germanentum 30 ff.
S. auch
Sterndeutung.
B a u m s t a r k bei P a u l y - W i s s o w a 3, 2045 ff.; A b t Apuleius 330 f.; H o p f n e r Offenbarungszauber 2 (1924), 9 f.; L e h m a n n Aberglaube 3 42 ff. ') B o l l - G u n d e l Sternglaube 91 f. 3) Ebd. 21. 95. ') A b t 331. 5) B a u m s t a r k 2060. «) Catal. cod. astrol. Indices s. v. Chaldaei. ') W. K r o l l Bresl. philol. Abhdl. 7 (1894).8) L a m p r i d . H e l i o g . 9. ·) S t e m p l i n g e r Aberglaube 110 f. Ρ fist er.
CharadriUS, Caradrius, vulgärlat., durch Dissimilation, caladrius, griech. χαραδριόζ. In der heutigen Ornithologie bedeutet Ch. den R e g e n p f e i f e r (s. d.), speziell den Goldregenpfeifer (Ch. p l u v i a l i s ) ; da der Ch. des P h y s i o l o g u s j e d o c h als w e i ß bezeichnet wird, k a n n er mit dem vorwiegend dunklen Goldregenpfeifer nicht identisch sein. W a s im deutschen M A . v o n abergläubischen A n s c h a u u n g e n über den Ch. berichtet wird, geht auf den sog. jüngern P h y s i o l o g u s zurück, einer gegen 1130 niedergeschriebenen Ü b e r s e t z u n g der wohl in F r a n k r e i c h entstandenen lateinischen Bea r b e i t u n g einer griechischen Zoologie aus dem 1. Viertel des 2. Jhs. 2 ). Der j ü n g e r e P h y s i o l o g u s s a g t v o n dem Ch. a u s : Er sei g a n z w e i ß ; sein M i s t sei f ü r die „ d u n keln A u g e n " g u t ; w e n n der V o g e l sich v o n einem K r a n k e n a b w e n d e , so sterbe dieser, ein Zeichen jedoch, daß der K r a n k e genese, sei es, w e n n sich der Ch. zu ihm kehre und seinen Schnabel über des K r a n k e n Mund h a l t e ; dadurch nehme er „ d e s mannes u n k r a f t an s i c h " ; sodann f a h r e e r a u f zu der Sonne und lautre sich, und alsbald sei der K r a n k e gesund. Es f o l g t ein Vergleich mit C h r i s t u s , der sich v o n den J u d e n a b g e w e n d e t und der Heiden K r a n k heit auf sich g e n o m m e n h a b e 3 ) . A h n liches sagt A l b e r t u s Magnus1), obschon er sich nicht enge an den Physio-
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Charadrius
logus anschließt; auch erwähnt er neben caladrius die Form c a 1 a d r i ο η und f ü g t bei, daß der Vogel in Persien vorkomme, aber wegen vieler Nachsteller selten sei; denn von manchen Königen werde er als Orakeltier bei Krankheiten gesucht. Als Beispiel führt er A 1 e χ a η der an. Ganz kurz f a ß t sich V r i d a n k ( „ K a r a d r i u s " ) 5 ) : „swelhen siechen er gesiht, / dem enwirret schiere niht (den ficht nichts an): / swelch sieche niht genesen kan, / den gesiht er niemer a n . " Dieselben Verse zitiert Hugo v o n T r i m b e r g 6 ) . Ähnlich Β ο ρ ρ e , ein bürgerlicher Sänger aus der zweiten Hälfte des 13. J h s . ; nach ihm ist der aus dem L a n d e Galadite stammende Ch. (Galadrius, Var. Κ a 1 a d r i u s) „snfiwiz"; dem Krankenorakel f ü g t er bei: „ i n sinem rehten beine er treit / ein s t e i n , der ist den ä u g e n guot besonder" 7 ). Im J ü n g e r n Titurel8) wird er G a l a d r o t genannt und von ihm das gleiche Krankenwunder berichtet; ebenso bei dem Meißner (zw. 1260 und 1284) 9), der, wie der Physiologus, die Anwendung auf Christus macht. Ganz kurz erwähnt diese weissagende Fähigkeit H e i n r i c h von Neustadt10). Konrad von Μeg e η b e r g u ) erzählt ausführlich von dem C a l a d e r : „Caladrius ist, nach Angabe des J a k 0 b u s und I s i d ο r u s 1 2 ), ein ganz w e i ß e r Vogel. E r besitzt die Eigenschaft, daß die in der Hüftgegend gelegenen Organe den Augen ihre Sehkraft wiedergeben. Außerdem vermag er anzugeben, ob jemand sterben muß oder genesen wird, wenn man ihn einigemale zu einem Kranken führt. Will er das Gesicht des Menschen nicht ansehen und wendet die Augen ab, so stirbt der Kranke. Sieht er aber den Kranken an und wendet sich nicht ab, so wird dieser wieder gesund. Dadurch, daß er des Kranken Gesicht betrachtet, nimmt er dessen Krankheit an sich, fliegt damit in die L ü f t e und verbrennt und zerstreut sie dort. So wird der K r a n k e rasch gesund. Die alten Könige hatten diese Vögel ehedem in ihren Hallen und Palästen. A l e x a n d e r f a n d sie in Persien. Der Ca-
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lader hat unter seinen Gebeinen einen großen Knochen, dessen Mark die verdunkelten Augen wieder aufhellt, wenn man sie damit s a l b t . " Hieher gehört das M ä r c h e n von dem Königssohn und dem Tod in der isländischen F a s s u n g 1 3 ) , die ausnahmsweise die krankheitsanziehende Eigenschaft des Ch. (Karadrius) in die Erzählung hineinzieht. Schon A e 1 i a η erwähnt die Heilkraft der Ch., doch beschränkt er sie auf die G e l b s u c h t 1 4 ) . Ρ 1 i η i u s schreibt sie einem Vogel I k t e r u s zu, der seinen Namen von der Krankheit h a t 1 5 ) . Der antiken Überlieferung entnimmt C. G e s η e r die Notiz: „ D e r T r i e l benimpt die gälsucht wenn er nur vom Krancken gesähen wirt: darum welche disen vogel verk a u f e n d , verbergend sy den / damit der K r a n c k jn nit gesehe ee dann sy jm den zu kauffen gäben habind / vnd also vergebens widerumb gsund werde / als Ε u phronius bezeuget l e ). Andere sagend / daß er dise K r a f f t habe, wenn er in der speyß genütz worden" 1 7 ). Der Ch. ist wohl identisch mit dem altindischen Vogel Haridrava, auf den im A t h a r v a v e d a (I, Nr. 22) die zur Sonne verwünschteGelbsucht übertragen wird 18 ). Zum Anziehen der Gelbsucht s. a. A m m e r (1, 368). Nach anderer (antiker) Uberlieferung heilte der Genuß des F l e i s c h e s die Gelbsucht 1 9 ). Einen weiteren Aberglauben, der im 13. J h . auftritt und sich auf die P f l e g e d e r J u n g e n bezieht, wissen wir vorderhand nicht auf seine Quellen zurückzuführen. Auch sind die Aussprüche sehr unklar. Im J ü n g e r n T i t u r e l wird von A l e x a n d e r gesagt: „ M i t listen wolt er kiesen, waz in den lüften were, / Deren künde er niht fliesen, von dem g a l a d r o t so sagt er mere, / wie der in den lüften get nu swebende / und sine i u n g e b r ü t e t , biz daz sei mit im schone fliegent lebende" 20). Im W a r t b u r g k r i e g : „ u n t bist genaturt, als der G a l i d r o t / sin lieben K i n t b e w a r t : / der vogel wirt niht sanges lüt / die wil Auster unt Boreas sich hebent unde bloent / von
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Charaktere
i m g e t r i u h e t n i e mßr w i r t s i n b r ü t / S w e n n e die w i n d e w a e n t " usw. 2 1 ). N o c h d u n k l e r ist e i n e a n d e r e S t e l l e i m J ü n g e r n Titurel: (Ich preise G o t t e s Größe) „ g e l i c h i n solher wise, als vil der g a l a d r o t nu h i n w e r trag e n d e / d e s m e r e s breit m i t s n a b e l v o l l e m m u n d e " 2 2 ) . N i m m t sie B e z u g auf die i m Altertum sprichwörtliche Gefräßigk e i t d e s Ch. 2 3 ) ? Bei d e n a l t e n J u d e n g e h ö r t e der Ch. und seine verwandten Arten zu den V ö g e l n , deren E s s e n v e r b o t e n war M ) . s. a. R e g e n p f e i f e r . ·) B r e h m Tierleben4 7, 220; Walther A r n d t n e n n t ihn im Journal f. Ornithologie T 2 73 ( 9 5)> 57 f• Ch. apricarius u n d zitiert C. K e l l e r Die antike Tierwelt 2 (1913), 179. Lateinisch-deutsche Glossare geben Ch. (avis albi colons) m i t : lericha, heigr, griel, triel, riel, galander wieder: D i e f e n b a c h Gloss, lat.germ. med. et inf. aet. (1857) 99 c; bei „lericha" liegt eine Verwechslung von „caladrius" mit mhd. „ g a l a n d e r " , aus altfranz. calandre (Kalanderlerche, alauda calandra) vor (s. a. Sumerlaten ed. H o f f m a n n ν. F a l l e r s i e b e η 62, 47); T r i e l h e i ß t a u c h bei G e s n e r (Vogelbuch 1582 fol. 2 3 7 b ) der Ch.; das Bild p a ß t auf den Goldregenpfeifer; heute ist der Triel oder Dickfuß = Oedicnemus crepitans, also ein naher Verwandter des Ch. pluv. 2) Vgl. namentlich F r . L a u d i e r t Gesch. d. Physiologus. Straßb. 1889; Ε . Ρ e t e r s Der griech. Physiologus «. s. oriental. Übersetzungen 1898, 69; Denkmäler deutscher Prosa d. 11. u. 12. Jhs. hsg. v. W i l h e l m . München 1914/16, Texte S. 4 ff., K o m m e n t a r S. 13 ff.; E h r i s m a n n Gesch. d. 'dt. Lit. 2, 1, 2 2 4 f t . ') Ausg. W i l h e l m 27 f.; vgl. Anm. 11; Deutsche Ged. d. 12. Jhs. ed. Μ a ß m a η η 324. — Nach dem Physiologus eine Predigt (Grieshaber): ZfdA. 7, 147; W e i n h o l d Mhd. Leseb. 108 (ZfdMyth. 1, 319 f.). ') De animalibus 23, 3 1 . ') Bescheidenheit ed. W. G r i m m 143, 6 ff. ") Der Renner V. 19665 ff. ') Minnesinger ed. v. d. H a g e n Bd. 2, 378 (Nr. 5). ») ed. H a h n , Str. 5154, 3 ff. ") Minnesinger ed. v. d. Η a g e η Bd. 3, 92 b . 10) Apollonius ed. Singer V. 4343. " ) Buch der Natur ed. P f e i f f e r 173. " ) Gemeint ist J a c o b u s d e V i t r i a c ο Historia orientalis und wohl I s i d o r s Etymologtae (wo aber bei den Vögeln nichts über den Ch. zu finden); V i n e . B e l lovacensis Speculum naturale fol. 198 e n t n i m m t dem Physiologus die Angaben, daß der M i s t 'des Ch. die Augen heile; als Krankheitsorakel werde er von den Königen gesucht (Aristoteles wird zitiert). E i n S t e i n in seinem Schenkel heile Augenkrankheit. F ü r die Fähigkeit des Ch., Krankheiten anzuziehen.
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f ü h r t er auch den Liber de Naturis Rerum an. W e n n Ch. die Krankheit angezogen habe, fliege er empor u n d läutere sich. Alexander h a b e ihn in Persien gefunden. ,3 ) G e r i n g Jslendsk Aeventyri 2, 146 ff. 1 5 2 ; BoltePolivka 1, 378 u. Anm. 2; namentlich aber W e s s e l s k i Märchen des MA. (1925) 54 ff. u. 2 1 1 , wo reiche Literatur. " ) Nat. an. 17, 13. 15 ) Nat. Hist. 30, 28, 1; weiter P a u l y Wissowa 3, 2 1 1 5 , 26 ff. " ) P a n l y W i s s ο w a 3, 2 1 1 5 , 3 1 . " ) Vogelbuch 1582 fol. 238 b. " ) W e s s e l s k i 1. c. 2 1 1 f. (mit weiterer Literatur), wo wertvolle Parallelen zum u Todesorakel. ) Pauly-Wissowa 3, 2 1 1 5 , 40. 20) ed. H a h n Str. 4755, 2 ff. !1 ) Minnesinger ed. v. d. Η a g e η Bd. 2, 16. «) Str. 276, 2 f. " ) P a u l y - W i s s o w a 3, 2 1 1 5 , 24. **) 3. Mose 11, 1 9 : „Herodionem et c h a r a d r i o n j u x t a genus s u u m " ; hebr. A η a ρ h a h ; vgl. R o s e n m ü l l e r Handb. d. bibl. Altertumshunde 4, 2, 321 ff. Unauffindbar war Myth. 1, 320) zitierte der C o n g r i g a t 1 a F ο i: Vitraux Bourges.
mir das von W o l f (ZfdWerk der beiden P a t r e s i o n des P 6 r e s de peints de St. Etienne de Hoffmann-Krayer.
Charaktere w e r d e n i m Z a u b e r N a m e n u n d F o r m e l n g e n a n n t , die m i t b e s o n d e r e n G e h e i m z e i c h e n g e s c h r i e b e n s i n d u n d den e n große K r a f t u n d W i r k u n g zugeschrieb e n wird Sie sind s c h o n g a n z h ä u f i g in d e n h e l l e n i s t i s c h e n Z a u b e r p a p y r i 2 ); w i e diese zeigen, k o m m t das W o r t v o n χαράσσω „ e i n g r a b e n , einritzen", weil m a n die Zeic h e n auf M e t a l l b l ä t t c h e n a u s Gold, Silber, Zinn, Blei (vgl. die F l u c h t a f e l n ) ritzte, Ζ. Β . λαβών χρυσην λεπίδα ή άργυρήν χάρασσε άδαμαντίνψ λίθ-φ τους υποκειμένους χαρακτήρας τούς άφθ-έγκιους in e i n e m s t a r k j ü d i s c h gef ä r b t e n Z a u b e r 3 ) , als S c h u t z m i t t e l dien e n d : τέλει τέ μοι, κύριε, τ6ν μέγαν κΰριον άφθ-εγκτον χαρακτήρα 4 ). A u s d e m a n t i k e n B r a u c h ü b e r n a h m die K i r c h e die Ch. u n d k ä m p f t e e r b i t t e r t g e g e n ihre A n w e n d u n g , o h n e sie d o c h a u s r o t t e n z u k ö n n e n . S o e r w ä h n t sie C h r y s o s t o m u s s ) , B a s i l i u s e ), J u l i a n v o n Halicarnass, der a u s d r ü c k l i c h auf Zinn- u n d B l e i p l a t t e n g e g r a b e n e Zeic h e n n e n n t 7 ), A u g u s t i n 8 ), E l i g i u s e ), Caesarius v o n Arles 10 ), P i r m i n n ) , H r a b a n 1 2 ) , Gerson l s ) usw. T h e o p h a n e s N o n n u s 1 4 ) b e z e i c h n e t die P l a n e t e n z e i c h e n als χαρακτήρας. N i c o l a u s v o n D ü n c k e l s p ü h e l v e r b i e t e t die „ i g n o t i c h a r a c t e r e s " 1B ), e b e n s o E b e n d o r f e r v o n H a s e l b a c h l e ) , der Frater R u d o l f u s 1 7 ) , der d a r u n t e r S c h u t z b r i e f e v e r s t e h t , das B u c h der z e h n G e b o t e v o n
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Charakteromantie—Chiliasmus
1458 18 ), Maximilian von Bayern a. 1611 19 ), eine Synodalrede des 15. Jh.20), die Konzilien vom Chalcedonense an 21 ). Agrippa von Nettesheim spricht von den Ch. der Dämonen usw.22). Paracelcus schrieb ein Buch ,,de coelesti medicina et caracteribus" und nennt oft die Ch.23). Zimmermann sagt um 1580 von dem „Wundsegen des Ritters von Flandern" M ) : „Weil dann gemelter brieff voller vnbekanter Ch.n, buchstaben vnd zaichen mit vilen vnderschidlichen Creutzlin beschriben, da niemand seine bedeutung oder ausslegung wissen kan, vnd mehr zuebesorgen, das es Namen der bösen gaistern oder heimbliche Verbündtnussen mit dem teufel seyen, vnd der Kirchen vnd vnserm Christlichen glauben zuwider, soll Ihm nit geglaubet, auch nicht gelesen, sondern in das feur geworffen, vnd zu aschen verbrennt werden"; er nennt auch „vnbekante Wörtter, Buchstaben vnd Ch.n auf Jungfrau Bergament" 2S). Die Leute, die solche Zauberzeichen anwenden, nennt er „Characteristici" 2e), während sie im frühen MA. caragii u. ä. hießen 27). Das Wort ging im MA. auch ins Deutsche über als „ K a r a k ter, Krakter, Karacte", d. i. zauberischer Schriftzug M ). ') D u C a n g e Glossarium 2, 169. 306; s) A. D β Franz Benediktionen 2, 203. ί α 1 1 e Etudes sur la magie grecque im Musee Beige 18 (1914), 29. 30; W e s s e l y i , 205 Reg. 2, 96 Reg.; E i t r e m Papyri Osloenses 1 (1925), I i . *) D i e t e r i c h Abraxas 204, 24, 4) Ebd. 205, 923. ·) In Gal. M i g n e P.Gr. 6i, 623. ·) In ps. 45 Opp. ed. Garnier (Paris 1721), 1, 171. ') In Job tract. 3; vgl. O r i g e n e s Opp. ed. Erasmus (Froben, Basel 1555), i, 485; vgl. T h i e r s 1, 301. 310. 8) Serm. de temp. 163. 215. ·) Vita 2 c. 15; Mon. Germ. SS. rer. Merov. 4; vgl. auch zu diesem und den folgenden Schriftst.: S a u p e Indiculus 14 f. 10) Homt de sacril. c. 6; F r a n z Benediktionen 2, 437. n) M a b i l l o n Analecta Vetera 69. la ) De inst. cler. 3, 16. la ) Opusc. adv. doctr. cuiusd. Med. del in monte Pess. prop. 8 c. 11. " ) H e i m Incantamenta 478; vgl. auch H e e g Hermetica 24 ff. 15) P a n z e r Beitrag 2, 257. " ) Z f V k . 12 (1902), 10. " ) MschlesVk. 17 (1915), 55. 1β) P a n z e r 19) Beitrag 2, 262. Deis, a. a. O. 2, 277. 20) F r a n z Benediktionen 2, 431. *') Chalced. act. 10; vgl. D u Cange a . a . O . 2, 306; Prag 1605: Hartzheim Concil. Germ. 8, 682. Bourges 1528, Mailand 1565 usw.: T h i e r s i , 311. M ) 3, 163 ff.; 4, 1 8 5 ! " ) P a r a c e l s u s 221. " ) Bezoar
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(hd.) fol. 81 a. " ) a. a. O. fol. 82 a. " ) a. a. O. fol. 81 b. " ) D u C a n g e a . a . O . 2, 169; A u g u s t i n serm. de temp. 136. 241; E l i gius a. a. O.; Pirmin a. a. O. usw. W a c k e r n a g e l Altdeutsches Hdwörterb. (1878), 155; Lexer Mittelhd. Hdwörterb. (1879), 1, 1516; Mones Anzeiger 3, 288 Nr. 35; vgl. noch K r o n f e l d Krieg 87. 95. Jacoby.
Charakteromantie. Die Bezeichnung ist nicht antik, sondern eine späte Neubildung. Die Ch. ist nicht eine Sonderform der Wahrsagekunst, sondern umfaßt alle Divinationen, die auf Grund von „allerley Zeichen, Charakteren und Buchstaben" geübt werden, so die Onomatomantie, Gematrie (s. d.) u. a. m. Auch die Anwendung von Zauberworten (Abracadabra, Sator, ABC) und Zauberzeichen (Pentalpha u. a.), ferner die Ars notoria (s. d.), Geheimschriften und Tachygraphie werden in der einzigen über Ch. verfaßten Sonderschrift x ) dazu gerechnet. *) Hermann R ü d e l Characteromantia. Diss. Altdorf 1693. Boehm.
Charivari s. K a t z e n m u s i k ,
Lärm.
Chiliasmus. Die Lehre vom tausendjährigen Reich (griech. χίλιοι = tausend; vgl. Millenium von lat. mille = tausend), auf Grund von Apoc. Joh. 20, 1 ff. Das tausendjähr. Reich ist ein Zwischenreich zwischen diesem und dem zukünftigen Aion (s. Apokalypse). Die Idee des Zwischenreiches wird aus dem Parsismus hergeleitet J), der bis ins 1. christl. Jahrhundert nur zwischen diesem und dem künftigen Aion unterschied *). Die Messiaszeit 3), ursprünglich der künftige Aion, wird, als man allgemein, nicht national beschränkt dachte, zur Vorzeit des neuen Aions, zum Zwischenreich 4 ). Paulus (1. Kor. 15, 23 ff.) führt es ins Christentum ein; um die Mitte des 1. christlichen Jahrhunderts ist es also eingedrungen 5 ). Apoc. Joh. 20 bestimmt seine Dauer auf tausend, IV. Esra 7, 28f f. auf vierhundert Jahre. Unbestimmt von der Dauer reden syr. Baruch 29. und 40., slav. Henoch 33. III. Sibyll. 652—660 und V. Sibyll. 260—285; ums Ende des 1. Jhs. debattieren jüdische Rabbinen über die Dauer des Zwischenreiches (40, 400, 1000, 2000 Jahre usw.),
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Chiliasmus
und zwar wird R. Eliezer ben Hyrkanos als Gewährsmann für 400 oder 1000 Jahre genannt®). Im babylonischen Talmud erscheint die Idee in der 2. Hälfte des 2. Jhs. 7 ). >) v. G a l l Βασιλεία τοα θ-εοΰ 1926, 3 o o f · . ' C h a n t e p i e de la S a u s s a y e Relig.gesch * i, 112; 2, 252 £.; vgl. dazu Ed. M e y e r Ursprung 3, 621; B o u s s e t - G r e ß m a n n Die Rel. d. Judentums im späthellenist. Zeitalter 1926, 288 N. 2. ') B o u s s e t - G r e ß m a n n 288; V ο 1 ζ Jüd. Eschatologie von Daniel bis Akiba 1903, 67. a) Μ a r t i in Orient. Studien, Festschr. zu Nöldekes 70. Geburtstag 1902, 2, 681 ff. *) V ο 1 ζ 55 ff. 62 f. s) Β ο u s s e t Greßmann 288. ·) Ebd. 289. ') Ebd.
2. C. in der e r s t e n Christenh e i t . Irenaus (adv. haer. V . 33, 4) erklärt: die Presbyter, welche Johannes, den Jünger des Herrn gesehen, hätten erwähnt, daß sie von Johannes gehört, wie der Herr selber von jenen Zeiten (Millenium) . . . gelehrt habe. Wir haben aber sonst nirgends einen Anhalt für diese Behauptung, Christus sei Chiliast gewesen, und Papias, einer dieser Presbyter, wird von Eusebius als beschränkt abgetan; Hieronymus nennt seine chiliastische Lehre eine jüdische δευτέρωσις 8). Von den ersten Jahrhunderten wissen wir aber, daß der C. allgemeine Geltung hatte. Irenäus sagt von den Nichtchiliasten: haereticos sensus in se habentes 9 ); Justin eifert gegen die Zweifler: ich und die, welche in allen Stücken rechtdenkende Christen sind, wir wissen, daß tausend Jahre sein werden 1 0 ). Auf römischem Kulturboden hatte die Lehre sich aus den Mythen vom goldenen Zeitalter bereichert und oft recht realistische Gestalt angenommen. So erzählen Papias, Irenäus von übergroßer Fruchtbarkeit der Erde, Cerinth von Tafelfreuden und Hochzeitsfesten 1 1 ). Die Montanisten wußten, daß Christus in weiblicher Gestalt zu ihrer Prophetin Priscilla herabgekommen sei; er habe mit ihr geschlafen und ihr offenbart, daß in Pepuza das himmlische Jerusalem herabsteigen werde 12 ). Im Osten hat Origenes den Angriff gegen den C. eröffnet; in der 2. Hälfte des 4. Jhs. gab Dionysius ihm den Todesstoß 13 ). Im Westen hielt er sich länger im Glauben der breiten Masse 14), da hat ihn unter den Lehrern erst Augu-
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stin (de civitate dei 20, 7. 9) verworfen. Doch seien unter seinen literarischen Vertretern der Barnabasbrief, Hippolytus von Rom, Tertullian, Commodian, Lactantius und Victorin von Pettau wenigstens genannt 1 5 ). ·) Leonhard A t z b e r g e r Gesch. d. christl. Eschatologie innerhalb d. vornicänischen Zeit 1896, 91; H a u c k RE. s. v. C. ') I r e n ae u s Adversus haereticos V. 31, 1; vgl. A t z b e r g e r 257 f. 10) J u s t i n Dial. 80; A t z berger 140 f. u ) Ebd. 257. 90 f. I r e n a e u s Adv. haer. V. 33,4; E u s e b i o s hist, eccl. 111,39; Cerinth: Cajus, der erste römische Gegner, bei E u s e b i o s hist. eccl. 3, 28; D i o n y s i u s hist. eccl. 7, 25; vgl. A t z b e r g e r 179 f.; R u d . K n o p f Zukunftshoffnungen des Urchristentums 1907, 22. 12) Ebd. 267 nach E p i p h a n i u s Haer. 49, 1. 13) A t z b e r g e r 398 ff., 458 ff. ») Vgl. bei H a u c k RE. s. v. Brief der Lyoner Christen: E u s e b i o s hist, eccl. 5, ι ff. 15) A t z b e r g e r Register.
3. C . i m Mittelalter. Zwei Formen des C. begegnen: einmal der feste Glaube an ein looojähriges Friedensreich, an dessen Ende der Satan 3 % Jahre loskommt, wie Apoc. Joh. lehrt; dann die geistliche Auslegung durch Augustin und seine Nachfolger, die Christi Reich bereits in der Kirche und im römischen Reich seit Christi Geburt verwirklicht sehen. Satan ist nicht gebunden, aber beschränkt bis zur letzten großen Prüf u n g 1 6 ) . Beide Meinungen durchdringen sich, leben. Die ältere gewinnt besonders durch die Prophezeiungen sibyllinischer Schriften neuen Glanz 17 ). Bernheim hat gezeigt, wie dies Friedensreich mit dem Friedenskaiser historisiert wird, wie der rex justus Augustins ebenso wie der rex iniquus, der bereits leibliche Antichrist (s. d.) in Leben und Glauben eine Rolle spielt 1 8 ). Das hoffende Herz sah immer wieder den helfenden Endkaiser, — pax, justitia, heilverkündende Naturerscheinungen als Vorzeichen 19 ). Der rex C., O., Α., Constans der tiburtinischen Sibylle, Friedrich I. Barbarossa bei Otto von Freising, Heinrich III. bei Rudolfus Glaber, Otto der Große bei Thietmar v. Merseburg ebenso wie Heinrich II. sind als solche Friedenskönige angesehen worden und ihre Zeit galt als aetas aurea 20 ). Auch demLudovicusderLehninschen Weissagung (s. d.), dem Erretter-
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Chili asmus
kaiser der Endschlacht (s. Schlachtenbaum) folgen die guten J a h r e . — Eine ganz neue chil. Lehre begegnet im 1 3 . J h . bei J o a c h i m v o n F i o r e , der auf das Zeitalter des Vaters und des Sohnes das des hl. Geistes folgen läßt, die wahre Heilszeit 2 1 ). Die joachitische Lehre wirkt sich bedeutungsvoll im 1 6 . — 1 7 . J h . aus (vgl. 4·)· Ernst Β e r η h e i m Mittelalterliche Zeitanschauungen in ihrem Einfluß auf Politik und Geschichtsschreibung 1 (1918), 67 ff.; K a r l G r u n d Die Anschauungen d. Rodulfus Glaber. Greifsw. Dissert. 10; Helmut H i n t z Ma.liche Geschichtsauffassung und Eschatologie in einem Apoftalypsekommentar aus dem 13. Jh. Greifsw. Dissert. 1915, 84 ff. ») Ebd. 68, 98. Ιβ) Ebd. 69 f. 97 ff. " ) Ebd. 99 ff. 103 f. 105 f. 107 ff. 2 °) Ebd. 99 ff. Vgl. jüngster T a g l . « ) Chronik SaUmbenes v. Parma: Mon. Germ. SS. 32, 466. 494 = GddV. 94, 127 f. 1 5 1 f.
4. Zu einer die b r e i t e n Volksm a s s e n in Deutschland ergreifenden Lehre wurde der C. seit dem 15. und 16. J h . E s sei vor allem an die Wiedertäufer erinnert, die beispielsweise in Münster das neue Zion aufrichten, also das 1000jährige Reich begründen wollten 22 ). Die Wormser Judengemeinde erwartete f ü r 1 5 3 0 den Messias 2 3 ). Augustin Bader aus Augsburg, ein Wiedertäufer, der sich freilich von diesen absonderte, geriet in den Bannkreis der Lehre, was nicht schwer war, da er selbst schon eschatologischen Träumen nachhing 2 4 ). E r wußte Genossen zu finden und ihnen verständlich zu machen, daß sein jüngster Sohn zum König und Messias des künftigen Gottesreiches, er selbst als dessen Vertreter berufen sei 25 ). Die Zusammenhänge zwischen den Täufern, den Pansophen und Enthusiasten des 16. und 17. J h s . bedürfen noch der Klärung. Das ist jedenfalls sicher, daß wir die Idee von der güldnen Zeit bei Paracelsus 26 ) wie bei seinen Anhängern, den P a n s o p h e n , finden. Kalender und Prognostica schwatzen davon 2 7 ). Gutman wie Sperber erwarten in Bälde das joachitische Zeitalter des hl. Geistes M ), eine Idee, die auch bei Valentin Weigel begegnet 29) und die den Rosenkreutzerschriften zugrunde gelegen hat 30 ),
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die wohl der Lilienzeit J a k o b Böhmes entspricht 3 1 ). Die E n t h u s i a s t e n , die Mystiker des 17. J h s . , sind fast alle Chiliasten, wie damals überhaupt eine chil. Welle durch Deutschland gegangen ist. Comenius zeichnet die Prophezeiungen Kotters, Drabiks und der Poniatowska a u f ; in seinen letzten J a h r e n interessieren ihn nur noch eschatologische Fragen 32 ). Philipp Ziegler in Süddeutschland erinnert an die Versuche der Täufer, das Reich aufzurichten 3 3 ); der Schneider Bannier in Danzig redet v o m aureum seculum, in dem alle unmittelbar von Gott belehrt werden und schrieb ,,Spiegel oder abriß des greuels der Verwüstung" 3 4 ) wie 1636 ein Königsberger Adelgreiff 3 4 a ), auch der Weigelianer und Rosenkreutzer Homagius in Marburg war Chiliast 3 5 ). Paul K a y m , der kaiserliche Zolleinnehmer in Liegnitz, schrieb zwei Bücher über den 1000jährigen Sabbat und über die 400jährige Zeit in Zion, in denen er den Beginn auf 1630 setzte 3 6 ). Die Schriften sind aus Böhmes Widerlegungen noch bekannt 37 ). Zu diesen krassen Chiliasten gesellen sich die mehr m y s t i s c h gesinnt e n , wie etwa Paul Nagel, dessen Richtung schon aus dem Titel einer Schrift Philipp Arnolds erhellt: Anti-Nagelio, oder daß nach dieser Welt Zustand nicht ein certum seculum, darinnen die heiligen mit Christo tausend jähr in freuden herrschen sollen, zu hoffen sey **). Paul Felgenhauer schrieb ca. 1 6 2 7 : Prodromus Evangelii aeterni seu Chilias sancti, in dem auch die allgemeine Bekehrung der J u d e n prophezeit wurde und ein buch Phares 39 ). Der Pastor Seidenbecher in Unter-Neuborn bei J e n a , dessen Gegner R a b h a n als feuriger Mann auf der Kanzel spukte 4 1 ), verfaßte um 1660 ein Buch C. sanctus. Hohburg in Niederdeutschland (pseud. Elias Praetorius) 42 ) und Ammerbach in Halberstadt 43) seien noch herausgehoben. Eine neue chil. Welle ging von den N i e d e r l a n d e n aus, wo die T a u f gesinnten ihn gehegt hatten 44) und wo die Enthusiasten freudig aufgenommen wurden. Breckling und Gichtel gehören
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Chiliasmus
hierher; Gifftheil schrieb: Neue Verkünd i g u n g a u s O r i e n t , o d e r v o m a u f g a n g des b e r g e s S i o n . . . 4 S ). A m s i c h t l i c h s t e n a b e r f i n d e t s i c h d e r C. b e i K u h l m a n n a u s B r e s l a u , d e r in d e n N i e d e r l a n d e n b e r u f e n w a r d , u n d s i c h z u l e t z t s e l b s t als d e n S o h n G o t t e s a u s g a b , s e i n e F r a u a b e r a l s die K ö n i g i n des neuen Jerusalems m i t einer S t e r n e n k r o n e m a l e n l i e ß 4 e ). D a s s i n d n u r einige der w i c h t i g s t e n V e r t r e t e r dieser Z e i t , d i e h e u t n o c h d u m p f i m K o p f der L e u t e l e b t . C o l b e r g h a t m e h r d a v o n gen a n n t 4 7 ). Die evang. K i r c h e n lehnten den C. s c h r o f f a b *»). M e i s t g e n ü g t e der V o r w u r f , u m e i n e n in d e n G e r u c h d e r K e t z e r e i zu bringen, wie etwa im Fall A m m e r b a c h (s. o b e n ) . A u c h in d e r L i t e r a t u r h a t t e der C. W i d e r s a c h e r 4 9 ) . Der P i e t i s m u s d e s 18. J h s . , a u s dem Enthusiasmus erwachsen, übernahm a u c h d e n C. E r i s t ζ . B . S p e n e r n a r g vorgeworfen worden M). Die Berleburger B i b e l l e h r t i h n ®1). B e n g e l b e r e c h n e t e den E i n t r i t t des 1 0 0 0 j ä h r i g e n R e i c h e s . 6 2 ) E n d l i c h sei a n d e n b r a n d e n b u r g i s c h e n P r e d i ger C h i m o n i u s u n d s e i n e b l u t r ü n s t i g e n V o r a u s s a g e n e r i n n e r t S 3 ). V o l l k o m m e n dem Ch. ergeben waren die a n g e l s ä c h s i s c h e n S e k ten d e r I n d e p e n d e n t e n 6 1 ), R a n t e r S 5 ), u n d Q u ä k e r Be ), d i e m a n z u e i n e r b e s o n dern Gruppe, den Q u i n t o - M o n a r c h i s t e η , z u s a m m e n f a ß t . S i e s i n d in E n g l a n d seit 1642 n a c h w e i s b a r ; ihre g r ö ß t e E n t w i c k l u n g f ä l l t in d i e J a h r e 1653—57. Gichtheil und vor allem Johann e s R o t h e 67 ) a u s A m s t e r d a m s c h e i n e n die Vorläufer gewesen zu seinM). Deutsche S e k t e n d e s 19. J h s . d ü r f t e n v o n i h n e n abhängen. In H o l l a n d (vgl. oben) lehrte i h n die B o u r i g n o n w ) , in F r a n k r e i c h P o i r e t «°). " ) H. v . S c h u b e r t in Sitzb. Heidelb. io, H . 11, 48 f f ; Louise F . B r o u n : vgl. Anm. 56. K l e m e n s L ö f f l e r Die Wiedertäufer zu Münster 1923, (3) 17. 26. 31. 37. 41. 78 f. 172 und a . a . O . ; Colberg Platonisch-hermetisches Christentum 1 (1710), 346 ff. " ) B o s s e l t im Arch. f. Reformat.gesch. 10, 142. 21) Ebd. 138. " ) 117 ff. 209 ff. 297 ff. Aehnlich Täufer in der Schweiz u m 1836: Breslauer Bote 1836, 95. Vgl. auch die joachitische Schrift De magnis tribulationibus 1516, 39 r.
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*') Vgl. P e u c k e r t Böhme 154; Rosenkreutzer 45 f f ; Paracelsus 1928, 41. !7 ) P e u c k e r t Rosenkreutzer 8 ff. «) Ebd. 31 ff. 41 ff. 76 f. s») O p e l Valentin Weigel 1864, 190 f . ; V. W e i g e l Kirchen oder Haus Postill 1618, I, 239 f.; C ο r r ο d i Kr it. Gesch. d. Ch. 3. Teil, r 783. 3 1 5 ; Ztschr. f. hist. Theol. 14, 127 f., *>) P e u c k e r t Rosenkreutzer 51 ff. 71 ff. 77 ff.; 31 ) Ludwig K e l l e r Waldenser (1886), 22; Ρ e u k k e r t / . Böhme 1924, 154 f. 32) D e r s. Rosenkreutzer 208 f. 33) Ebd. 147 f. 31) Gottfr. A r η ο 1 d s Unparteiische Kirchen- und KetzerHistorie 3 (1700), 96. 34 ») G r ä s s e Preussen 2, 548. 35) P e u c k e r t Rosenkreutzer 169 f f . ; C ο r r ο d i 3, 325 ff. 3e) P e u c k e r t J.Böhme 1924, 5. 37) B ö h m e Epist. theosoph. 8, 26 ff. 59. 46. 56 f.; vgl. Beiencken über E. Stiefels Büchlein 129. ·») A r n o l d 3, 55. 3β) Ebd. 3, 55;f. «) A r n o l d 3, 133. 41) E l i a s P r a e t o r i u s Spiegel der Misbräuche beym PredigAmpt im heutigen Christenthumb 1644, 582 f. 599 f.; vgl. C o r r o d i 3, 130. 42) Der alten und neuen Schwärmer wiedertäuferischer Geist in: Anabaptisticum et enthusiasticum pantheon 1702 S. n o ff. " ) P e u c k e r t Rosenkreutzer 380 f. " ) Vgl. auch Ztschr. f. Kirchengesch. 41, 36 f. 41. 42. " ) P e u c k e r t in Schles. Lebensbilder herausgegeb. v. d. Histor. Kommission in Schlesien 1924 ff. B d . 3. " ) Platonisch-hermetisches Christentum 1710 im 3. Register. 1 7 ) Augsburger Konfession Art. 17; Helvetische Konfession c. I i . Vgl. etwa die Gegenschriften im Anabapt. pantheon: der alten und neuen Schwärmer wiedertäuf. Geist 114 f. (Ross) 116 f. (Ursinuas), da auch Aufzählung der Wiedertäufer, die Chiliasten waren; 127 (Dilfeld) Μυστηριον άποχαταστασεως πάντων ιγοτ, 88. ω ) Μ ο s c h e r o s c h Philander 4· 5· Gesicht. ω ) Ebd. der alten und neuen Schwärmer wiedertäuf. Geist 147; Jac. W a c h t l e r Spener u. Petersen Arcana chiliasmi moderni 1695. w ) C o r r o d i 3, 107 f. " ) Erklärte Offenbarung Johannes 1746, 1104 ff. " ) C ο r r ο d i 3, 138 ff. 63) Anabapt. pantheon: der verschmitzte Weltmann Oliver Cromwell 21. 23. " ) E b d . : alte und neue Schwarmgeister-Bruth u. Quaecker-Greuel 214 ff. ·») Ebd. 76 ff. nach Standarte und Panier an alle Nationen c. 5. Vgl. Anabapt. pantheon: erschröckliche Brüderschafft d. alten und neuen Wiedertäuffer, Quäcker . . . mit den Heil- und Gottlosen Juden 8 f. Vgl. hierzu Louise Fargo B r o u n the Political Activities of the Baptists und Fifth Monarchy Men in England during the Interregnum 1912. ™) Ant. Bourignon les Persicutions 121 f. am I. Nov. 1674 = ZfKirchgesch. 41, 55 N. 2. Vgl. Anm. 46. 67) ZfKirchgesch. 41, 59 ff. M) A r n o l d 3, 150 ff.; C o l b e r g Das platonisch-hermetische Christentum 1710, 1, 410 nach B o u r i g n o n Licht der Welt 2, 199 ff. 5») Ebd. 5. C . in der N e u z e i t . D e r C. s p i e l t in d e n m e i s t e n n e u e r e n S e k t e n eine w i c h t i g e R o l l e . I c h e r i n n e r e a n
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Petersen und die Jane Leade, an die Buttlersche Rotte, die 1704 in SaynWittgenstein, 1705 in Luyde bei Pyrmont ein recht fleischliches iooojähriges Reich begründete eo)> an die „Freunde Daniel Müllers", die noch im 19. Jh. um Dillenburg saßen und diesem letzten Theosophen nachfolgten e l ). In W ü r t t e m b e r g , dem Gebiet der ehemaligen freien Reichsstädte, war schon in der 2. Hälfte des 17. Jhs. der C. recht lebendig 6 2 ). Bengels Ausspruch: Wann die Jahreszahl 1800 steigt, wird es nicht weit vom Ziele sein, belebte Anfang des 19. Jh. die Hoffnungen neu. Der Pfarrer von Winzerhausen, M. Friederich, veröffentlichte 1800: Glaubens- und Hoffnungsblick des Volkes Gottes in der antichristlichen Z e i t . . . von Irenaus U-us, mit dem Anhang von Bengels summarischer Beschreibung des 1000jährigen Reiches. Palästina galt da Friederich als die Zufluchtsstätte im beginnenden Drangsal und als der Schauplatz der neuen Glückseligkeit. Bereits 1801 zog unter Führung der Marie Gottlieb K u m merin eine Gruppe aus, das heilige Land zu suchen w ) . Ähnliches lehrte Hahn, der Gründer einer Sekte, der Michelianer, die etwa 40 Gemeinden umfaßte® 4 ). JungStilling hatte 1816, Bengel 1836 als Jahr chil. Begebnisse, Jung die Gegend zwischen schwarzem und kaspischem Meer als Ort des Reiches (Wiege des Menschengeschlechtes!) genannt; das machte viele, besonders aus Süddeutschland, dorthin auswandern. Sie nannten sich Zionisten; die meisten sind untergegangen es ). Nach Palästina wollten auch die aus Württemberg stammenden grusinischen Separatisten 1843, der Judenchrist Pick 1859, Christoph Hoffmann und seine Templergemeinde 1868, Pfarrer Clöter in Bayern und die Auszugsgemeinde ββ). Die religiös erregten Jahre um 1815 waren dem C. günstig; wir hören von einer Sekte in Hohnstädt bei Grimma, die auch nach Jerusalem wallfahrtete® 7 ); in Königsberg, Preußen, erwarteten Schönherrs Anhänger, die K . Mucker, Ostern 1823 das neue Reich M ). Auch die katholische Sekte des Pfarrers Oswald in Oberwitt-
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stadt bei Boxberg war chili astisch gerichtet «»). Neben diesen ζ. T. recht kleinen Gruppen stehen die g r o ß e n S e k t e n mit chil. Einschlag. Auf Bengel und dem span. Jesuiten Lacunza stehen die Adventisten, deren Begründer, William Miller, die Wiederkehr Christi 1844 erwartete. Durch L. R. Conradi wurde eine Gruppe der Adventisten, die Adventisten vom siebenten Tag, gegen Ende des Jahrhunderts nach Deutschland gebracht, wo sie ständig anwachsen e '). Die Bewegung geht, soweit ich sah, meist von Städten aus, greift seltener aufs flache Land über. Conradi besonders hat die chil. mit der Adventsidee verbunden 7 0 ). Die Vereinigung der ernsten Bibelforscher , 0 a ) baut auf diesen Gedanken der Adventisten auf. In England entstand zwischen 1820 und 30 die Sekte der Darbysten, die im Wuppertal vertreten ist 70b ). Angelsächsischen Ursprungs sind auch die Irvingianer, deren Gründer Irving in „ B a b y l o n and Infidel i t y " 1826 den Beginn auf 1864 festlegte; doch wurden auch andere Daten (14. Juli 1835, Weihnachten 1838, 14. Juli 1842, 1845) genannt 71 ). Endlich sei an die Mormonen, die Heiligen der letzten Tage erinnert, in deren Lehre chil. Ideen hineinspielen; an die Shaker 7a) und Baptisten 73) und an die aus Kalifornien stammende, in Kassel u. a. O. auftretende Pfingstbewegung (um 1905) 70). Die Anhängerschaft, die diese Sekten finden, beruht — wie ich bei Adventisten s a h — z u m nicht geringen Teile darauf, daß sie den C. lehren, der ernsthaft gesinnte Menschen sehr stark anfaßt. Die Alt-Lutheraner um Liegnitz erwarteten um 1835 den Anbruch des 1000jährigen Reiches und rüsteten sich darauf 7 3 a ). ··) Illgens ZfhistTheologie 15 H. 4, 82. 107. 116. «) Ebd. 4 H. 2, 275. 247 f. 256. ·») Ebd. Ii H . 1, 77 f. ·») Ebd. 96 f. ") Ebd. 103 t ") Ebd. 9 H. 1, 183 if. = Münchener Ν Nachrichten 6. V. 1927. ··) Η a u c k s RE. 3, 812 f.; Moritz B u s c h Wunderliche Heilige 1879, 121 ff; ·') Ebd. 10 H. 4, 53. «) Ebd. 8 H. 4, 182, 213 f. Ma ) Allgem. evg. lutherische Kirchenzeitung 6 (1873), 499- *') Η a a c k in RGG. 1, 91 f. 70) Persönl. Angabe des Herrn Privatdozent Lie. Dr. Haack. '·») Z a u n e r t Westfalen 245; Charles T. R ü s s e l Der göttliche
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Chimken
Plan der Zeitalter 1925, 293 f f · ' o b ) H e n g s t e n b e r g s E v g . Kirchenzeitung 1844, 177 ff. " ) K o l d e in H a u c k RE. 9, 424 ft. " ( I l l gens ZfhistTheoI. 27, H. 1, 1 : 2 ff. " ) So ist wohl zu deuten: Jos. L e h m a n n u. F. W. H e r r m a n n Gesch. d. deutschen Baptisten31 (1923), 261. '»») K ü h n a u Sagen 3, 495.
6. E i n t r i t t u n d O r t des 1000jährigen Reiches. Über das Wann zerbrechen die Chiliasten sich gern den Kopf; einzelne Daten wurden oben angeführt. Philastrius erwartete nach Jes. 61, 2 den Tag im Jahr 365, Hippolyt 500 74). Seit Barnabas parallelisiert man die Schöpfungswoche mit der der Welt gegebenen Zeit, und erwartet (Psalm 90, 4!) mit dem Eintritt des Jahres 6000 nach der Schöpfung das iooojährige Sabbatreich (vgl. Weltzeitalter) 75 ). Spätere Berechnungen benützten die Zahlen der johann. Apokalypse (Bengel, Jung usw.). Das Wo ist ebenso häufig debattiert worden (vgl. 2.). Die Irvingianer nannten ihre sieben Gemeinden 7e ), die Mormonen das Salzseetal r7 ) als die Stätte, wo Jerusalem herabkommen werde. Die meisten hielten sich aber an Jerusalem, Palästina selbst (vgl. 5). Aufnahme finden — nach der Lehrmeinung der Sekten — nur die Mitglieder der Sekte 7 8 ), sonst alle Gläubigen w ), nach Poiret auch die erleuchteten Heiden (Sokrates) eo). Dazu treten die lebend Verwandelten (I. Thessal. 4, 17). Israel wird wieder hergestellt (Oetinger). Was Cerinth, Irenaeus, Papias erwarten, siehe oben 2; dieEbioniten erwarten Tafelfreuden, Schätze, Herrschaft; die Sibyllinen von Milch und Honig fließende Bäche 81). Die Sünde ist nicht aufgehoben, aber geschwächt; das war wohl Veranlassung für Poirets Lehre von der hermaphroditischen Fortpflanzung im neuen Reich8®). Am Teutoburger Walde glaubt man, den Bibelforschern folgend, an das goldene Reich, in dem niemand arbeite, alle gleich seien, das Land ungebaut trägt, und die Toten wiederkommen M ). " ) S e m i s c h in. H a u c k RE. 3, 813. " ) Barnabasbrief c. 15. Vgl. U s e n e r Sintflut 207 f. und v. G a l l Βασιλείατοδθεοΰ 1926, 2 7 5 f f . ; Theol. Studien und Kritiken 1878. i , 126 ff. '*) S e m i s c h bei H a u c k 3, 814. " ) K o l d e bei H a u c k 13, 475; doch vgl.ebd. 3, 814. '·) So Irvingianer: H a u c k 9, 427
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und 3, 814; Mormonen: ebd. 13, 475. ™) S e m i s c h bei H a u c k 3, 814 als Meinung der Kirchenväter. ,0) Ebd. 81) E u s e b i o s hist, eccl. 3, 28, 2 . 5 . 82) S e m i s c h bei H a u c k 3, 815. Bs) V.33, 3 f.; vgl. H i p p o l y t (ed. Bonwetsch) in Dan. p. 244, 1 — 1 0 ; L a c t a n t i u s inst. div. V I I . 24, 6 — 9 ; Z a u n e r t Westfalen
245·
7. N a c h d e r E n d s c h l a c h t . Einen besondern Charakter nimmt der Volks-C. in den Endschlachtsagen an. Es wird in einem verwüsteten, entvölkerten Lande ein goldnes Friedensreich anbrechen (vgl. Endschlacht), das der Erretterkönig (s. Schlachtenbaum 7 ) heraufführen wird. Die Hoffnung auf ein solches zukünftiges ,,goldnes Zeitalter" scheint den meisten Völkern ureigentümlich zu sein 84). M ) Emil A b r e g g Der Messiasglaube in Indien und Iran 1928, 1 ff. Peuckert.
Chimken, auch Chim, Jimmecken. Bezeichnung des Kobolds (s. d.) und des „ D r a k " (s. Drache) in Mecklenburg, Pommern und der früheren Provinz Posen *), für Pommern seit dem 16. Jh. bezeugt 2 ). Chim erscheint auch als Teufelsname in märkischen Hexenakten (17. Jh.) *). — J. Grimm 4) leitet die Bezeichnung wohl mit Recht aus dem Personennamen J o a c h i m ab, dessen Abkürzung zu Ch. dem östl. NW.-Deutschland geläufig ist®); Laistner e ) denkt an volksetymologische Entstellung aus hiemk (hemeke) = Heimchen, Grille, gewiß zu Unrecht; die pommerische Redensart: he siet ut asse hiemk, dat is e recht ull hiemk, für einen, der elend aussieht 7 ), hat mit dem Ch. nichts zu tun, sondern zielt allein auf das Heimchen 8). 1) B a r t s c h Mecklenburg 1, 260; 2, 472 f.; BIPommVk. 4, 1 f.; K n o o p Schatzsagen 3. s) K l o t z o w Pomerania 1 (ed. Kosegarten 18x6), 333 (die Stelle fehlt in den auf K. selber zurückgehenden Fassungen, ed. B ö h m e r 1835 und ed. G a e b e l 1898); vgl. S a m . Μ e i g e r Panurgia lamiarum (Hamb. 1587) L . 3, Kap. 2; beides bei G r i m m Myth. 1, 417; vgl. auch M ü l l e n h o f f Sagen 319 Nr. 430 Anm. u. Μ i k r ä 1 i u s 3, 268. 3) Urquell 3, 101, vgl. H e c k s c h e r 366,22. *) a . a . O . s) H e c k s c h e r a. a. O. ·) L a i s t n e r Nebelsagen 334; vgl. a u c h G ü η t e r t Kalypso 124. ') K n o o p Hinterpommern V I I I u. 174. «) Vgl. K u h n Westf. 2, 80 Nr. 242. Ranke.
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Chiromantie
Chiromantie, Weissagung aus der Hand (gr. χεΙρ = Hand). Vorbemerkung: Eine vollständige Darstellung vom Entwicklungsgang und System der Ch. in engem Rahmen zu geben, ist unmöglich, da die Literatur an U m f a n g kaum übersehbar ist; erschwerend kommt dazu, daß die chiromantischen Werke, zumal die des 15. bis 18. J h s . , zum großen Teil über die Bibliotheken weit verstreut und daher oft schwer zugänglich sind. Die von Grässe gegebene Bibliographie x ) ist reichhaltig, aber von Vollständigkeit weit entfernt. An ausführlichen kritischen Vorarbeiten fehlt es völlig, in den zum Teil umfangreichen Schriften des J o h . Prätorius 2 ) sind die wertvolleren Angaben unter einem Wust von Abgeschmacktheit und toter Polyhistorie vergraben; was die Handbücher der modernen „wissenschaftlichen" Ch. über deren Herkunft und Geschichte bringen, ist wertlos. Das beste, was zu dem Gegenstand geschrieben, ist die ausführliche Anmerkung Burdachs zu dem Divinationskapitel des „Ackermanns aus Böhm e n " s ). Die folgende Zusammenstellung sucht die wichtigsten Tatsachen hervorzuheben, die zum Verständnis dieser merkwürdigen Theorie notwendig sind, die auch im volkstümlichen Aberglauben einen, wenn auch schwachen Niederschlag hinterlassen hat. Unmöglich ist selbstverständlich auch die Wiedergabe der zahllosen kasuistischen Einzeldeutungen, die den Hauptinhalt der älteren und neueren Leitfäden ausmachen. l ) Bibliotheca magica et pneumatica (Leipzig 1843) 100 ff. ') Zigeuner-Charte oder Chiromantenspiel (Nürnberg 1659); Thesaurus Chiromantiae (Jena 1661); Judicium chiromanticum (Leipzig 1661); Collegium curiosissimum physiognom-y Chiromantmetoposcop-, anthropologicum (Frankfurt und Leipzig 1704). 3) 1, 353 seiner Ausgabe zu S. 63, 27 des Textes, Außerdem vgl. S t e m p l i n g e r Aberglaube 1 1 7 ff.; Freudenberg Wahrsagekunst 40. Ganz brauchbar sind auch die Artikel bei Z e d i e r Bd. 5 und E r s c h - G r u b e r Bd. 16. Für das Mittelalter vgl. M e y e r Aberglaube 32 ff.; S c h i n d l e r Α herglaube 243.
I. N a m e . Die Bezeichnung χειρομαντεία bzw. chiromantia ist f ü r das Altertum nicht belegt, wohl aber registrieren die
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antiken Lexika*) χειρομάντης f ü r die Ausüber dieser Kunst, daneben war auch χειροσχόποι in Gebrauch 5 ). Die lateinischen Darstellungen desMA.s gebrauchen vorzugsweise die Form cira-, cyro- oder chyromantia oder -mancia, was gelegentlich im Deutschen in „ C h i r o m a n t z e y " umgebildet wird e ). Im Deutschen taucht „ h a n t s e h e n " schon im 12. J h . a u f 7 ) , das auch später noch im Gebrauch bleibt 8), daneben findet sich „ h a n t s c h o u w e n " und „ h a n t w i c k e n " ·). Im Niederdeutschen des 15. J h s . begegnet „ h a n t k i k i n g e " 10 ) wie im heutigen Holländischen „ h a n d kijkerij", daneben „ h a n d w a a r z e g g i n g " 1 1 ) . Die heutigen Adepten der Ch. nennen sich mit Vorliebe Chirosophen, auch Chirologen, unterscheiden zwischen Handformen- und Handflächenkunde 1 2 ) oder zwischen Chirognomik (Handformenlehre) und Ch. (Handlinienlehre) 1 *); im Englischen ist die Bezeichnung „palm i s t r y " (von palm = Handfläche) die am meisten gebräuchliche. «) P o l l u x
2,
182
(=
Etym.
Magn.);
Η e s y c h s. v. s) S u i d a s s. ν. χειροσχόποι, χειροσκοπιχόν: Anecdota Graeca ed. C r a m e r 4, 241, 1 2 ; auch als Titel chiromantischer Werke,
s. S u i d a s s. ν. Άρτεμίίωρος, "Ελενος, Εδμολπος.
') Joh. I n d a g i n e Kunst der Chiromantzey (Straßburg 1523), Chiromantzey u. Physiognomey (Straßburg 1540); G r i m m DWb. unter 7 Mondbeseher, Mondgucker. ) W i 11 i r a m Hohes Lied hsg. v. Jos. H a u p t 95 Z. 14. 8 ) SAVk. 27, 1 3 7 ; G r i m m DWb. z. d. W.; P a n z e r Beitrag 2, 270. ') Germania 9, 368; ZfVk. 1 1 , 278. »») G e f f c k e n Bilderkatechismus Beilage 18, 167. u ) d e C o c k Volksgeloof 214. " ) Ζ. B. G e ß m a n n Katechismus der Handlesekunst 1. " ) I s s b e r n e r H a 1 d a n e Wissenschafll. Handlesekunst 3 ( 1 9 2 5 ) , 5-
2. H e r k u n f t . Die Ch. stammt allem Anschein nach, wie die folgende kurze geschichtliche Übersicht zeigen wird, aus der Antike, besonders dem durch die Astrologie des Orients stark beeinflußten Hellenismus. Auffallend ist unter diesen Umständen das Fehlen von Zeugnissen in der Mantik des alten Orients. Auch f ü r das alte J u d e n t u m ist sie nicht belegt. Die Stelle Hiob 37, 7 14 ), die von den Verteidigern der Ch. bisweilen als Zeugnis f ü r ihre göttliche Herkunft oder mindestens Billigung angeführt wird l s ), hat 2*
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Chiromantie
n i c h t das g e r i n g s t e d a m i t z u t u n , sie ist nur im Z u s a m m e n h a n g zu verstehen und b e d e u t e t , d a ß das U n w e t t e r des M e n s c h e n H a n d l ä h m t , ζ. B . f ü r die F e l d a r b e i t l e ) . In der K a b b a l a h spielt die Ch. eine g a n z u n b e d e u t e n d e R o l l e 1 7 ) . A u c h f ü r die R e l i g i o n der G e r m a n e n f e h l t j e d e r B e l e g f ü r das B e s t e h e n der Ch. 1 8 ). W a s wir also i m d e u t s c h e n A b e r g l a u b e n a n Ch. v o r f i n d e n , ist l e t z t e n E n d e s a n t i k e r H e r kunft. >4) Septuaginta: έν χεφΐ παντός άν8·ρώπου καιασφραγίζει, ίνα γνφ πας άνθρωπος τήν έαυχβΰ άσ9·ένειαν, Vulg.: in manu omnium hominum signat, ut noverint singuli opera sua. Luther: Alle Menschen hat er in der Hand, als verschlossen, das die Leute lernen, was er thun kann. " ) Sogar noch L e n o r m a n t Magie und Wahrsagehunst der Chaldäer (Dt. Ausg. 1878) 476 hält eine Anspielung für möglich. 1β) B u d d e Das Buch Hiob (Göttinger Handkommentar zum AT. 2, (1) 235 f. " ) B i s c h o f f Kabbalah 1, 50. 52. 149; 2, 69. u ) G r i m m Myth. 2, 930. 3. Ü b e r b l i c k über die ges c h i c h t l i c h e E n t w i c k l u n g der C h. In d e m b e k a n n t e n , v o r z u g s weise die E l e m e n t e b e r ü c k s i c h t i g e n d e n D i v i n a t i o n s s c h e m a des V a r r o , das f ü r die s p ä t e r e L i t e r a t u r v o n v o r b i l d l i c h e r Bed e u t u n g g e w o r d e n i s t 1 9 ) , f e h l t die Ch. D o c h f i n d e n wir die A n s c h a u u n g v o n der Charakter- und zukunftdeutenden N a t u r der H a n d s c h o n f r ü h . D i e T r a k t a t e der griechischen und l a t e i n i s c h e n P h y s i o g n o m o n i k e r sind v o l l v o n d e r a r t i g e n D e u t u n g e n a u s F o r m , B e s c h a f f e n h e i t u n d Bew e g u n g e n der H ä n d e u n d F i n g e r Die C h . i m engeren Sinne, d. h. die H a n d l i n i e n k u n d e , k l i n g t schon bei A r i s t o t e l e s an, er d ; u t e t e m e h r e r e u n z u s a m m e n h ä n g e n d e L i n i e n in der H a n d f l ä c h e als V o r z e i c h e n eines k u r z e n , eine fleischige, v o n einer oder z w e i u n g e b r o c h e n e n L i n i e n gegliederte H a n d f l ä c h e als V o r z e i c h e n eines l a n g e n L e b e n s 2 1 ) ; i n w i e w e i t er sich d a b e i e t w a auf v o l k s l ä u f i g e M e i n u n g e n b e r u f e n k o n n t e , ist q u e l l e n m ä ß i g n i c h t f e s t z u s t e l l e n . D o c h h a t es den A n s c h e i n , als o b die Ch. im V o l k e z u n ä c h s t keine g r o ß e R o l l e gespielt h a t , sonst w ü r d e sie d o c h w o h l in der L i t e r a t u r h ä u f i g e r erw ä h n t w e r d e n ; hier ist J u v e n a l 2 2 ) der einzige Z e u g e , er n e n n t sie unter allen m ö g l i c h e n K ü n s t e n der W i n k e l p r o p h e t e n .
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Die o k k u l t i s t i s c h e n , m i t der a l l g e m e i n e n religiösen E n t w i c k l u n g , d e m S y n k r e t i s mus, z u s a m m e n h ä n g e n d e n T e n d e n z e n der K a i s e r z e i t w e r d e n a u c h die V e r b r e i t u n g der Ch. g e f ö r d e r t h a b e n , das beweisen die L e x i k a 23 ). D i e n a c h ihren A n g a b e n u n t e r d e n N a m e n des P r i a m i d e n H e l e n o s u n d des M y s t e r i e n s t i f t e r s E u m o l p o s u m t a u f e n d e n S c h r i f t e n w a r e n n a t ü r l i c h zweifellos A p o k r y p h e n , die d u r c h j e n e V e r f a s s e r namen V e r t r a u e n erwecken wollen. A u c h die A n g a b e , A r t e m i d o r o s a u s D a l d i s (2. J h . n. Chr.), der V e r f a s s e r des b e k a n n ten T r a u m s c h l ü s s e l s , h a b e ein B u c h ü b e r Ch. (χειροσκοπικά) g e s c h r i e b e n 2 4 ) , ist bez w e i f e l t w o r d e n 25 ), da g e r a d e dieser A u t o r die Ch. u n t e r den t r ü g e r i s c h e n W e i s s a g e k ü n s t e n a u f f ü h r t 2 6 ) ; d o c h w ä r e ein solc h e r S t e l l u n g s w e c h s e l i m m e r h i n n i c h t unerhört, w i e i m 15. J h . das Beispiel H a r t liebs (s. u.) erweist. Sehr w i c h t i g u n d geg e n ü b e r der v e r b r e i t e t e n A n s i c h t , erst im M A . sei die Ch. m i t der A s t r o l o g i e v e r b u n d e n w o r d e n , besonders z u b e t o n e n ist es, d a ß sich diese V e r k o p p e l u n g ebenfalls bereits im A l t e r t u m f i n d e t 2 7 ) . D a s die unwillkürlichen Körperbewegungen (s. Jucken) behandelnde „Zuckungsbuch" des a n g e b l i c h e n M e l a m p u s , das in seiner G r u n d l a g e m i n d e s t e n s auf den B e g i n n der K a i s e r z e i t z u r ü c k g e h t M ) , w e i s t die 5 F i n g e r f a s t denselben P l a n e t e n g ö t t e r n zu, wie das M A . u n d die N e u z e i t , n ä m l i c h den kleinen F i n g e r d e m H e r m e s (Merkur), d e n R i n g f i n g e r d e m Helios (Sol, A p o l l o ) , den M i t t e l f i n g e r d e m K r o n o s ( S a t u r n ) , den D a u m e n der A p h r o d i t e ( V e n u s ) ; nur über d e n Z e i g e f i r ^ e r ist A r e s (Mars) gesetzt, an dessen S t e l l e s p ä t e r J u p i t e r g e t r e t e n ist. Die aus diesen P a t r o n a t s v e r h ä l t n i s s e n sich e r g e b e n d e n Z u c k u n g s d e u t u n g e n werd e n zweifellos e n t s p r e c h e n d a u c h f ü r die Ch. g e g o l t e n h a b e n , w i e sich j a auf d e m G e b i e t e der a n t i k e n T r a u m d e u t u n g ä h n liches f e s t s t e l l e n l ä ß t . D a erst die astrol o g i s c h e n B e z i e h u n g e n das e i g e n t l i c h e R ü c k g r a t f ü r eine s y s t e m a t i s i e r t e C h . a b g e b e n , k a n n m a n also m i t ziemlicher S i c h e r h e i t a n n e h m e n , d a ß bereits das A l t e r t u m eine solche, in F o r m einer „ t e c h n e " g e b r a c h t e Ch. g e k a n n t h a t . E n t s p r e c h e n d d e m V o r d r i n g e n der astrologi-
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Chiromantie
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sehen Einflüsse im Zeitalter des Hellenis- 1 Eine außerordentlich wichtige Rolle mus 2e ) ist j e n e Verbindung von Ch. und spielt hier ohne Zweifel die astronomischAstrologie vielleicht schon im 2. oder astrologische Literatur der Araber und I . J h . v. Chr. eingetreten 3 0 ). J u d e n des 9. und io. J h s . , deren Schriften von den frühesten mittelalterlichen VerIn den ganz von Varro abhängigen Ditretern der Ch. in Europa offenbar stark vinationsschemata der älteren kanonibenutzt worden sind, in erster Linie wohl stisch-gelehrten Literatur desMA.s, so bei durch Vermittlung des Avicenna und Hrabanus Maurus, Burchard von Worms, Averroes. Freilich ist gerade die älteste Ivo von Chartres, Gratianus, Hugo von deutsche Sonderschrift über Ch. aufS t . Victor, wird die Ch. nicht erwähnt 3 1 ), fallenderweise nicht astrologisch orienThomas von Aquino nennt sie unter den tiert, J o h a n n Η a r 11 i e b s Buch „ D i e verwerflichen Weissagungsmethoden S 2 ), Kunst Ciromantia", das in seiner WidJ o h a n n von Salisbury gedenkt ihrer zweimung an die Gemahlin Herzog Albrechts mal, ungläubig, aber ohne heftigere PoI I I . von Bayern die Jahreszahl 1448 trägt, lemik M ) . Man darf diese Stellungnahme aber wahrscheinlich erst nach dem Tode der Gelehrten trotz der anfänglichen Abdes Verfassers (vor 1 4 6 9 ? ) noch als Blocklehnung durch die Kirche der Autorität buch erschienen ist *•). Hier finden sich des Aristoteles zuschreiben, der, auch abzwar auf dem Titelbilde Darstellungen gesehen von den angeführten, unmittelbar von Menschenschicksalen mit beigesetzten auf die Ch. bezogenen Stellen, die BedeuTierkreiszeichen, doch ist bei den auf tung der Hand, des „Organs der Organe", 44 Handbildern gegebenen Deutungen die besonders hervorzuheben s c h i e n 3 4 ) und Astrologie nicht berücksichtigt, es fehlen als Hauptvertreter der als Wissenschaft die üblichen Bezeichnungen der Finger, anerkannten, kirchlich unbeanstandeten Berge und Linien nach den Planeten usw. Physiognomie galt, als deren UnterabteiDie Deutungen beschäftigen sich weniger lung die Ch. noch in später Zeit oft mit mit den Linien als mit den mannigfaltigen einer gewissen, leichtbegreiflichen B e auf der Handfläche sich zeigenden „Zeitonung hingestellt wird 3 5 ). Im Gegensatz c h e n " und enthalten zwar gewisse tradizu der verhältnismäßig milden Auffassung tionelle, noch heute geltende Erklärungen, der kirchlich-gelehrten Kreise wurde die sind aber zum großen Teil rein willkürCh. mit allen anderen Formen des Aberlich; sie beziehen sich sowohl auf Charakglaubens von den praktischen Seelsorgern tereigenschaften wie auf zukünftiges im MA. verdammt und bekämpft. So erSchicksal und geben einen sehr interesklärt die wahrscheinlich auf Predigten santen Einblick in die Gedankenwelt des des Cäsarius von Arelate (469—512) zuausgehenden MA.s. Sehr auffallend ist der rückgehende, im 8. J h . verfaßte Homilia Umstand, daß aus dem übrigen Schaffen de Sacrilegiis: ,,qui manum hominis greue Hartliebs hervorgeht, daß er mit der Astroaut leue . . . . in ipso a s p i c e t . . . iste logie vertraut war, besonders aber, daß er sacrilegus e s t " 8 e ). Auch Vincentius von in seinem etwa 8 J a h r e nach der CiroBeauvais ( f 1264) rechnet die Ch.zu den mantia verfaßten „ B u c h aller verbotenen verdammenswerten Divinationen 3 7 ), in K u n s t " die Ch. durchaus verdammte, was Predigten, Beichtbüchern usw. wird sie nur durch einen radikalen Gesinnungsbekämpft und mit Bußen belegt *·). Sehr wechsel zu erklären ist, wenn man dem wertvoll für die Geschichte der Ch. im Verfasser nicht, wie manche wollen, das MA. wäre eine systematische Katalogiältere W e r k abspricht 4 0 ). Das älteste gesierung und vergleichende Durcharbeitung druckte Werk über Ch. ist anscheinend der hsl. überlieferten, theoretischen und der zunächst ohne Ort und J a h r , dann praktischen Ch.-Literatur. seit 1481 in mehreren Ausgaben erschieF ü r die Ausbildung einer bis ins kleinste nene T r a k t a t : „ E x divina philosophorum gehenden Systematik der Ch. war ihre academia secundum naturae vires ad schon im Altertum vollzogene Bindung an extra chyromanticio diligentissime coldie Astrologie von höchster Bedeutung.
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l e c t u m " 4 1 ), der bereits eine durchgeführte Disposition und eine reichhaltige K a s u i stik a u f w e i s t und ohne Zweifel f ü r zahlreiche spätere Darstellungen als Muster und Quelle gedient hat. Die v o n Codes (s. u.) aus der Ch. seines Lehrers Petrus v o n A b a n o angeführten K a p i t e l sind vielf a c h völlig gleichlautend. A u c h an die zwei kurze T r a k t a t e umfassende „ C y r o mancia Aristotelis" 42 ) finden sich bei den Späteren Anklänge. Eine der reichhaltigsten Schriften über Ch. und deshalb auch in der späteren L i t e r a t u r immer wieder genannt und ausgeschrieben ist die des 1467 in Bologna geborenen Bartholomäus C o d e s 4 3 ) . Sie zerfällt in drei Teile: a) Gespräch zwischen dem Verfasser und einem seiner Schüler über 1 9 H a u p t probleme der Ch. b) Chyromantia magna, eine Wiedergabe der Ch. des Petrus v o n A b a n o (nach seinem H a u p t w e r k e auch Conciliator genannt, der auch in seiner Expositio problematum Aristotelis, Mantua 1475, zu Probl. 10, 49 ein gedrängtes S y s t e m der Ch. gab) M ) mit ausführlichen Ergänzungen des Cocies. c) Chyromantia p a r v a , den Inhalt des vorhergehenden A b schnittes zum Teil wiederholend, mit einer äußerst detaillierten K a s u i s t i k der Deutungen in 328 Kapiteln auf über 70 Folioseiten. Das Werk ist wertvoll besonders durch die ausgiebige Benutzung der Vorgänger, des Albertus Magnus, Petrus v o n A b a n o und der A r a b e r ; Cocies hebt selbst immer wieder mit Stolz hervor, daß er 23 chiromantische W e r k e durchgearbeitet habe. Neben diesem umfassenden W e r k sind andere chiromantische Schriften derselben Z e i t 4 5 ) verhältnismäßig unwesentlich. D a s wichtigste in Deutschland v e r f a ß t e B u c h über Ch. dieser Zeit ist das des J o h a n n e s ab I n d a g i n e = v o n Hagen (oder J o h a n n Rosenbach von H a y n , P f a r r e r in Steinheim, 1 4 6 7 — 1 5 3 7 ) 4e ). Das W e r k ist astrologisch gerichtet und bringt u. a. zu seinen Schilderungen der planetarisch bestimmten Temperamente Teilstücke der bekannten Planetenbilder v o n S. H . Beh a m . Doch ist sehr bemerkenswert und verdiente eine genauere Untersuchung, daß sich in dem praktischen Teile deut-
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liche Parallelen zu Hartliebs Buch, ζ. T . geradezu Entlehnungen daraus, feststellen lassen. V o n Bedeutung f ü r die S y s t e m a t i k der Ch. w a r auch die ausführliche Behandlung, die ihr C a r d a n u s 4 7 ) widmete, bei dem die Ch. in der Reihenfolge der Divinationen an vierter Stelle a u f t r i t t . Bemerkenswert ist bei ihm, daß er bei der Aufteilung der H a n d unter die Planeten eine von der Tradition ζ. T . abweichende Theorie vertritt (s. u.); irrig ist natürlich die Annahme, daß erst Cardanus die Ch. in ein S y s t e m gebracht habe ω ) . Unter den wissenschaftlichen B e k ä m p fern der astrologisch bestimmten Ch. ist a n erster Stelle der ältere P i c o von Μ i r a η d ο 1 a 4β) zu nennen; nicht sehr tief geht die Polemik des P a r a c e l s u s sowie des A g r i ρ ρ a ® ) , dessen kritiklose und f e h l e r h a f t e A u f z ä h l u n g von älteren Vertretern der Ch. erkennen läßt, daß er sich mit der L i t e r a t u r nur oberflächlich beschäftigt hat. Der Verfasser des A c k e r m a n n s aus Böhmen läßt in der oben angeführten Stelle (Anm. 3.) den T o d über die Ch. wie über die anderen Weissagungsmethoden sehr verächtlich sprechen. Während Melanchthon mit der Astrologie auch dieCh. gelten ließ, lehnte L u t h e r sie rundweg a b : Chiromantia vero prorsus est damnanda B1 ). V o n der Unzahl v o n chiromantischen Büchern, die seit der Mitte des 16. J h s . bis heute erschienen sind, seien neben den schon erwähnten des Prätorius die Schriften des G 0 c 1 e η i u s 52 ), der von den Späteren öfters zitiert wird, erwähnt, ferner das „Chiromantisch-Physiognomische K l e e b l a t t " 5 3 ), welches u. a. T r a k t a t e n die „ H a n d w a h r s a g u n g " des R ο η ρ h y 1 e enthält, der u. a. besonderen N a c h d r u c k auf die schon in den ältesten chiromantischen Schriften behandelten Buchstaben legt, die m a n in der H a n d f l ä c h e und auf den Fingern zu sehen glaubte. Angesichts der gemeinsamen Beziehungen zur Astrologie ist es selbstverständlich, daß die Ch. von den ersten A n f ä n g e n an auch f ü r die Heilkunde zum Stellen v o n Dia- und Prognosen usw. herangezogen wurde 6 1 ), w a ren j a nicht wenige ihrer Vertreter Arzte.
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Im Z u s a m m e n h a n g mit Philosophie, Medizin, Astrologie und Physiognomonie wurde die Ch. auch an den Universitäten behandelt, in Deutschland bis tief ins 18. Jh., so ζ. B. in Halle v o n A d a m Nietzk y (1714—80) W). In der G e g e n w a r t ist die „wissens c h a f t l i c h e " Ch. sehr verbreitet, besonders in den Großstädten. Ihre V e r t r e t e r sind in der „ V e r e i n i g u n g der Chiromanten D e u t s c h l a n d s " organisiert, die als offizielle Publikation eine Zeitschrift „ D i e Chiromantie, Monatsschrift f ü r wissenschaftliche Handlesekunst und medizinische H a n d d i a g n o s t i k " erscheinen l ä ß t 5 ' ) . Einen besonderen A u f s c h w u n g f ü r die Ch. wie für andere W a h r s a g e k ü n s t e brachte der Weltkrieg, so daß schließlich die öffentliche Anpreisung in Zeitungen usw. unter Strafe gestellt werden m u ß t e 5 7 ) . D a ß nicht selten sozial und geistig hervorragende Persönlichkeiten zu den K u n d e n der modernen Chiromanten gehören, beweisen ihre Berichte und die A b b i l d u n g e n v o n Händen bekannter "Männer u n d Frauen in ihren B ü c h e r n ; der unter dem P s e u d o n y m Cheiro schreibende englische Chirosoph wurde angeblich v o m letzten deutschen Kronprinzen, v o n E d u a r d V I I . , Gladstone, Chamberlain, Rüssel, M a x Müller, S a r a h Bernhardt, Stead, Mark T w a i n u. a. konsultiert 5 8 ). Anpreisungen v o n Chiromanten 111 der Tagespresse sind noch heute eine alltägliche Erscheinung 5 9 ) ; die Honorare sind oft nicht unbeträchtlich. Die A n z a h l der chiromantischen Leitfäden, K a t e c h i s m e n usw. ist überaus groß, die meisten dieser B ü c h e r dienen lediglich dem praktischen Gebrauch, ihre „historischen E i n l e i t u n g e n " sind ausnahmslos unselbständig und kritiklos, ihre Theorien ein Gemisch aus mittelalterlicher Empirie und Kasuistik, Astrologie und O k k u l t i s m u s mit einem starken Z u s a t z eigener phantastischer Willkür, ihre ζ. T . komplizierten Meßverfahren waren in einfacherer F o r m bereits im 17. Jh. im Gebrauch e l ). Die Ch. tritt, wie angesichts ihrer Rolle in der K u l t u r g e s c h i c h t e nicht verwunderlich, a u c h in D i c h t u n g und darstellender K u n s t auf, so bereits in H a r t m a n n s Erec *2), im
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Parthenopeus v a n B l o y s M ), in der französischen Novelle des 16. Jhs. und bei Rabelais **), bei S h a k e s p e a r e e s ) , Grimmelshausen 4e ), C a t s 4 7 ) , Oskar W i l d e " ) . Ein Gemälde v o n C a r a v a g g i o stellt eine Zigeunerin dar, die einem jungen Manne aus der H a n d w a h r s a g t " ) . ") I s i d o r Etym. VIII, 9, 11, vgl. Divination. 20) Scriptores physiognomonici Graeci et Latin! ed. R. F o e r s t e r 1 (Leipzig 1893), 128. 348 ff. 366. 410 ff. 425 ff. 431; 2, 8. 79. 119 ff. 124 ff. 157 ff. 172. 218. 229 f. 270. 274. 282. ») Hist, animal. 1, 15 p. 492 b 32; vgl. P l i n i u s Ν. H. 11, 2 7 4 = R o s e Fragrn. Aristot. 286, 228; Pseudo-Aristot. Probt. 10, 49 p. 896 a 37; 34, 10 p. 964 a 33. Nach einer mittelalterlichen, vermutlich arabischen Erzählung nach dem bekannten Typus der Pseudoepigrapha hatte Aristoteles ein chiromantisches Buch des Hermes, mit goldnen Buchstaben geschrieben, auf dem Altar eines Hermestempels gefunden und hocherfreut Alexander d. Gr. überbracht, s. C o d e s Anastasis (1517) 54. " ) 6, 583. «») S. die Anm. 5 angeführten Stellen, vgl. Ν ο η η ο s in Greg. Naz. 72 ( M i g n e P L . 36, 1024). " ) S u i d a s s. ν. Αρτεμίδωρος. " ) B o u c h e - L e c l e r q Hist, de la divination 1, 267. ") Onirokr. 2, 69. *') D i e 1 s Beiträge zur Zuckungsliteratur 1 (Abh. Bln. 1907), 4 f. 12. 28; 2 (ebd. 1908), 31. 34. 36. 38. 43. 49. 64. 76. 82. 88. 90. 98. 109; Β u r d a c h Ackermann 353. ") D i e 1 s ss) B o l l - B e ζ o l d a . a . O . 1, 10. Stern2 30 glaube und Sterndeutung 21 ff. ) Zur Ch. im Altertum vgl. auch Bouchi-Leclerq L'Astrologie Grecque (Paris 1899) 313; S t e m p l i n g e r Aberglaube 117 f. S1) Das Schema des sog. Ν ο η η ο s (6. Jh. ?) zu Gregor von Nazianz (s. oben Anm. 23), von dem des Varro grundverschieden (1. Vogelschau, 2. Hausschau, 3. Angang, 4. Handschau, 5. Zuckungen), ist anscheinend ohne Nachwirkung geblieben. ·') Summa Theol. sect. 2 qu. 95 art. 3, Rom. Ausg. 9, 315 b. *») Policrat. 1, 11.; 2, 27; M i g n e PL. 199, 408 C. 462 A. " ) de partib. anim. 4, 10; de anima 3, 8. s5) Ps.-A 1 b e r t u s Magnus (Baco ?) Speculum astronomicum cap. 17 Opera ed. Borgnet 10, 650 b; schon die Titel chiromantischer Bücher, ζ. B. des Codes, Indagine, Goclenius geben diesen Zusammenhang zu erkennen. Der Traktat des A c h i 1 1 i η u s De chyromantiae principiis et physionomiae (Bologna 1503) behandelt diese Frage mit besonderer Gründlichkeit; er bezeichnet sich selbst als allgemeine Einleitung zu dem Werk des Codes. Gegen jene Verbindung polemisiert Β ο d i η Dimonomanie (1598) 87. M) C a s p a r i Homilia 7 § 6. Zur Quellenfrage s. B o u d r i o t Die altgermanische Religion in der amtl. kirchl. LH. des Abendlandes (Bonn 1928) 16. ") Speculum morale 3, 17 (Douay 1624) 1112. M) Summa de officio inquisitionis (ca. 1270) bei H a n s e n Hexen-
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Chiromantie
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Wahn 43; A n t ο η i η ν. F l o r e n z b. K l a p - l l t ζ Die vom Aberglauben gereinigte Chirop e r in MschlesVk. 21, 68, dort weitere, etwa mantie und Physiognomie (Leipzig 1716); gleichzeitige Belege; Spiegel des Sünders (1470) Μ e y e η Chiromantia medica (Haag 1667, bei H a s a k Christi. Glaube 47; LanzDresden 1670); P e t e r s Pharm. Vorzeit 1, k r a n n a (1484) in SAVk. 27, 137; V i n t 226; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 93. Bel e r v. 7752 f. in ZfVk. 23, 5; G e f f c k e n sonders die moderne Ch. betreibt diesen einBilderkatechismus 1 (Leipzig 1855), 54 (Herolt), träglichen Zweig, vgl. I s s b e r n e r - H a l 55 (Frater Hungarus) Beil. XVIII, 167; W u d a η e Medizinische Hand- und Nageldiagnos c h i l b u r g k (15. Jh.) in ZfVk. 11, 278. stik (Berlin 1925). **) S t e m p l i n g e r Aberglaube 118. Der historische Faust legt sich in Faksimilierte Ausgabe hrg. v. E. W e i l dem Brief an Trithemius 1507 u. a. auch den (München 1923), dort nähere Angaben über Zeit Titel Chiromanticus bei, s. W i t k o w s k i in und Ausgaben. 40) S. die Ausgabe von U l m Zs. f. Geschichtswiss. N. F. 1, 343; ν a n't (Halle 1914) L X ; ebd. i , Literatur zu HartΗ ο ο f t Das holländische Volksbuch vom Dr. liebs Leben und Schriften. " ) Hain 4974; Faust (1926) 4. M) Hsg. v. I s s b e r n e r Proctor 6817; Preuß, Staatsbibl. Inc. 3210. H a 1 d a η e , Berlin 1925 f. Früher (1921) er3805. 4102. «») Ulm 1490. Pr. Staatsbibl. Inc. schien eine Zeitschrift „Die Hand". Auch die 2663/5. " ) Chiromantiae ac physionomiae modernen astrologischen Zeitschriften entanastasis cum magistri Alexandrini de Achilhalten chiromantische Aufsätze. ·*) H e l l linis approbatione, Bologna 1504, zahlreiche w i g in ZfrwVk. 12, 173; Grabinski spätere Drucke, Auszüge und Übersetzungen, Mystik 45. M) C h e i r o Die Handlesekunst s. G r ä s s e Bibl. mag. 100. 107. Unbe(Guide to the hand), übers, ν. Β. Beck-Rzigründet ist die Biographie Universelle 8, 156 kowsky, Berlin 1927, vgl. Basler Nachrichten ausgesprochene Behauptung, C. sei identisch v. 21. 6. 1912; Berliner Nachtausgabe v. 2. 2. mit A n d r e a C o r v i von Mirandola, von 26. *·) Sogar auf dem Umschlag der volkskunddem wir eine kurze Chiromantia (1490 ?, lichen Zeitschrift M61usine preist sich mehrG r ä s s e 101) und einen Auszug der Anafach eine Chiromantin an. ·°) I s s b e r η e Γstasis (Straßburg 1541) besitzen; Cocles spricht Η a 1 d a η e Handbuch 29. 91; Β i s c h ο f f sich in der Anastasis (Ch. parva) wiederholt sehr Jenseits der Seele 238. " ) Eine vollständige abfällig über diesen „laborum aliorum fur ot Bibliographie der modernen Ch.-Literatur ist Iatro" aus, den übrigens auch G. Fr. P i c o an dieser Stelle weder möglich noch erforderin seiner Polemik im 2. Kapitel des 6. Buches lich, es seien nur einige besonders verbreitete seines Werkes De rerum praenotione zu meinen Werke genannt: Altere Schriften, auf die sich, scheint. **) Diese ist stark von A l b e r t u s auch die heutigen noch mehrfach berufen, sind M a g n u s De animalibus 1, 2 (Op. ed. Borgnet D'Arpentigny La Chirognomie (Paris 11, 126 f.) abhängig. " ) So die Cheiromantia 1843); D e s b a r o l l e s Les mysiires de la des A n t i o c h u s Tibertus (15. Jh.) main (Paris 1859); C r a i g The book of theMarburg 1535 und 1541 (hsg. von J . D r y a n hand (London 1867). Verbreitet sind heute u. a.: d e r), die Chyromancia des A n d r e a s H e n S c h a f f Die Chiromantie (1900); Ν e s 11 e r r i c u s (Frankfurt 1514), des T r i c a s s o Lehrbuch der Ch. (1908); O t t i n g e r Originalda Cerasari Chytomamia (Ven. 1525), Chyromantia estratta dai Itbri diAristotele (Ven. 1535), system der Handlesekunst (1920); V i e r a t h Die Handlesekunst (1921); Gessmann Epitoma chyromantica (Ven. 1538). " ) Vgl. Katechismus der Handflächenkunde (Berlin 1896 F . W . E. R o t h in Arch. f. Gesch. d. Medizin u. ö.). Die Frauenhand (1924). Die Männerhand 9, 324. Von ihm erschienen in Straßburg 1522: (1924). Die Kinderhand (1924); I s s b e r n e r Introductiones in chiromantiam 1523: Kunst E a l d a n e Lehr- und Handbuch der wissender Chiromantzey 1531 u. ö.: Chiromantia, schaftlichen Handlesekunst (1925) u. a. Hand1540: Chiromantzey und Physiognomey. *') De meßverfahren; G o c l e n i u s Uranoscopia, rerum varietate 15, 79 (Basel 1557) 969—983. Chiroscopia (1602) 170; F l u d d Utriusque ") J a n s s e n - P a s t o r Gesch. des dt. Volcosmi historia 2 (1617), 151. 156. Interessant ist, kes " 6, 507. ") Adv. Astrologiam (Bologna 1495) daß auch die Sitte moderner Chiromanten, 2, 5; vgl. die auf die Studien des Oheims zuHände von gewaltsam Umgekommenen, Hinrückgehende Polemik des jüngeren G. Fr. gerichteten usw. als Lehrbeispiele abzubilden, P i c o (s. Anm.43). ,0) P a r a c e l s u s 15, 39ff.; bereits früh zu belegen ist. G o c l e n i u s De vanitate scientiarum c. 35 (Opera ed. Bea. a. O. 121 bringt das Bild der 1. Hand „Sueci ring 2, 65, Dt. Ausg., Berlin 1916, 4, 178); cuiusdam decollati ob adulterium Lincopiae an. ganz dürftig sind die Ausführungen des Ano1598 mense Martio" mit angehängtem „Junymus in Agrippas Werken (Bering 1, 693, dicium", 124 f. Abbildungen der Hände von Dt. Ausg. 5, 364) sowie des P i c t o r i u s bei Reitern, die an einer Herzverwundung gestorA g r i p p a 1, 487 Bering, Dt. Ausg. 4, 178 ben waren und deren Hände das vorausgesagt = De Magia (1559) cap. 20 p. 68. " ) Κ 1 i η g hatten. ·*) V. 8136 f. „im was der tisch in der η e r Luther 107. **) Aphorismorum chirohant als msere enge s6 wit." ·') d e C o c k manticorum tractatus (Lichae 1597); UranoVolksgeloof 215. " ) G e r h a r d t Franz. Noscoporum, Cheiroscoporum descriptio (Frankfurt velle 108. w ) Kaufmann v. Venedig 2, 2. 1618) u. a. m; vgl. G r ä s s e Bibl. Mag. 101, " ) A m e i s b a c h Grimmelshausen 2, 69. 74. 106. " ) Nürnberg 1695. " ) Vgl. 2. B. S c h a -
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Chiromantie
") d e C o c k a . a . O . In der Novelle Lord Arthur Savils Verbrechen. ··) Abgebildet im Journal of the Gipsy Lore Society 9, Titel.
4. S y s t e m . L ä ß t man alle Einzelheiten und die zahlreichen kasuistischen Sonderdeutungen beiseite, so ergeben sich für das System der Ch. etwa folgende Grundlinien, die sich seit dem ersten Auftreten einer chiromantischen Theorie und Technik bis heute fast gar nicht geändert haben: Gegenstand der Ch. ist die ganze Hand nach Gestalt, Größe, Beschaffenheit, Farbe, Behaarung usw. Sehr vieles von diesen allgemeinen Bestimmungen ist unmittelbar aus der antiken Physiognomonie übernommen. Mit besonderer Sorgfalt werden die Finger auf Form, Größenverhältnisse, Farbe, Besonderheiten der Nägel usw. geprüft. Fast alle hieraus gezogenen Folgerungen sind nicht mantischer, sondern charakterologischer A r t ; dieser Zweig der Handkunde wird von den modernen Chiromanten meist als Chirognomie bezeichnet. Die Ch. im engeren Sinne beschäftigt sich mit der Innenfläche (vola, tener, Ackermann aus Böhmen 63, 27, von griech. θέναρ) der Hand; hier ist besonders das Gebiet, auf dem die Verbindung mit der Astrologie wirksam wird und die Möglichkeit einer systematischen Zukunftsdeutung bietet. Die einzelnen Teile der Innenhand werden den sieben Planeten des Altertums zugeteilt, und zwar, abweichend von der üblichen Reihenfolge 70), im allgemeinen folgendermaßen: Daumen — Venus, Zeigefinger — Jupiter, Mittelfinger — Saturn, Ringfinger — Sonne, Kleiner Finger — Merkur, die Mitte der Handfläche — Mars, der dem Daumenballen gegenüberliegende „ B e r g " — Mond, die übrigen unmittelbar unter den Fingern liegenden Berge (Montes, tuberculi, Bühel, Höhen) unterstehen den Planeten der Finger, so daß ζ. B. der besonders ausgebildete Daumenballen der Venusberg (auch stethos, vom griech. στήθος) heißt 7 1 ). Die Handlinien (lineae, incisurae, Schnatten) werden eingeteilt in Haupt- und Nebenlinien, jene sind: I. die Lebenslinie (vitalis, Saturnia, dextra trianguli, 1. cordis, Venuslinie), den Venusberg umziehend. 2. Kopflinie (media
SO
naturalis, sinistra trianguli), beginnend zwischen Daumen und Zeigefinger und die Fläche zum Mondberg durchquerend. 3. Herzlinie (m'ensalis, cordialis, thoralis, pestifera, Martialis, Tischlinie), vom Saturn- oder Jupiterberg quer zum Handrand unter dem Merkurberg verlaufend. 4. Magenlinie (1. stomachi, epatis, tabularis, basilaris, Breitlinie, Leber, Merkur, Gesundheitslinie), vom Handgelenk zum Merkurfinger. Meist begnügt man sich mit diesen vier Hauptlinien, von den sogenannten Nebenlinien werden, da sie bei den meisten Menschen vorhanden sind, besonders häufig genannt: 5. die Rascette (Rasetta, Restricta, Recepta, Armband), meist in mehreren Parallelen den Handansatz („das handtgleych oder das angestrickt teyl der handt". Indagine I r.) umziehend. 6. Saturnlinie (Schicksals-, Wohlfahrtslinie), von der Handwurzel zum Saturn- oder Jupiterberg. 7. Sonnen- oder Apollolinie, der vorigen parallel, zum Apolloberg verlaufend. Weitere Nebenlinien, wie der Venusgürtel, die Milchstraße usw. seien als unwesentlich hier nicht aufgeführt. Bei den Linien werden besonders beobachtet Vorhandensein, Beschaffenheit (Tiefe, Farbe), Verlauf und etwa sich zeigende Besonderheiten (Lükken, Gabelungen, Verdoppelungen, Kreuze, Sterne, Kreise, „Inseln", kettenartige Bildung, Querstriche usw.); ihre Stellung und Verbindung zueinander und die durch Schneidungen entstehenden Figuren, besonders das durch die Lebens-, Kopf- und Magenlinie gebildete Dreieck (der „Große Triangel") und die zwischen Kopf- und Herzlinie sich ergebende oblonge Fläche (der „Tisch"). Schließlich finden sich über die ganze Innenhand verstreut Zeichen, teils an geometrische Figuren, teils an Buchstaben oder an die Planetensiegel erinnernd (die „litterae divinae" der älteren Ch.). Die auf Grund dieser Indizien, deren Verschiedenheit bekanntlich grenzenlos ist, gegebenen Charakter- und Zukunftsdeutungen suchen nach Möglichkeit alle Charakteristika jeder Hand zu berücksichtigen, ein Grundsatz, der ebenfalls bereits in den frühesten Schriften betont wird; dagegen werden Sonderbestim-
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Chiromantie
mungen über Tages- und Jahreszeit der Beobachtung, Lebensalter des Konsultierenden, Bevorzugung der rechten oder linken H a n d 7 8 ) , kurz all das, was die ältere Ch. als den „modus judicandi" bezeichnet, heute meist abgelehnt. Aufgebaut sind die Beurteilungen der Details zunächst auf naheliegenden Assoziationen und einer durchsichtigen S y m b o l i k 7 3 ) , wie wir sie ζ. B . auch in der Traumdeutung vorfinden. Dazu kommt das der „Astrologia judiciaria" entnommene Schema der Planetennaturen; je nachdem die entsprechenden Teile der Hand besonders auffallende Eigentümlichkeiten zeigen, sind die unter dem betreffenden Planeten stehenden Charaktereigenschaften und Lebensschicksale ausschlaggebend. Ferner machen sich, zumal seit dem 17. J h . , in den Deutungen die medizinischen Theorien (Temperamente, K o m plexion, Säfte) deutlich bemerkbar. Dazu kommen in neuester Zeit starke okkultistische Elemente; schließlich ist den persönlichen Einfallen und der Phantasie der Verfasser hier ein unbegrenzter Spielraum gegeben. ,0 ) G. Fr. P i c o De rerutn praenotione 6 cap. 4 verwendet u. a. diese Abweichung von der üblichen Reihenfolge für seine Polemik gegen die Ch. " ) In der älteren Literatur schwankt die Verteilung bisweilen. So teilten nach P i c o a. a. O. einige den Mittelfinger der Sonne, den Ringfinger dem Saturn, den Daumenberg dem Mars, die Handmitte dem Merkur, den kleinen Finger der Venus zu. Diese auch bei C a r d a n u s De rerum varietate (Basel 1557) 15 cap. 79 auftretende Verteilung hat sich ebensowenig durchgesetzt wie andere Abweichungen vom üblichen Schema. " ) In H a r t l i e b s Ciromantia wird der Grundsatz, von Männern die r., von Frauen die 1. Hand zu studieren, streng durchgeführt. " ) I η d a g i η e 1523 p. I I I b: vnd das ist al weg hye zu mercken, in allen hauptlinien, so sye recht vnzerhawen vnd wol geferbt seind, zeigen sye alweg an ein gute complexion. Seind sye dann vngleich, zerhawen vnd übel geferbt, so zöigen sye ein boeße complexion an. (Von der Lebenslinie): Ist sye dann ser rot vnd doch hyn vnd wider mit bleyferbiger dülfesche vermengt, zöigt sye an ein vnstanndhafftigen, vnschaemigen, weytschweiffigen verraeter, der vil vneinigkeit vnd zanck vffrichtet, geneigt zu zorn vnd stifftung vil Übels.
5. V o l k s t ü m l i c h e C h . Von der „wissenschaftlichen" Ch. ist nur wenig
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ins Volk gedrungen; soweit der Glaube an sie noch vorhanden ist, wendet man sich im Bedarfsfalle an Zigeunerinnen, von derenKünsten wohl gelegentlich etwas abgelernt wird 74 ), oder besonders in der Stadt, an „Chirosophen" u. dgl. Die einzelnen Linien werden meist gar nicht oder nur unklar unterschieden 7 S ), höchstens, daß die Lebenslinie bekannt ist 7 6 ). Die vielen „ Z e i c h e n " in der Hand sind auf wenige, besonders leicht kenntliche, wie Kreuz, Ring, Striche, Buchstaben- oder Zahlzeichen beschränkt und vereinfacht, ein Kreuz in der Handmitte bedeutet Kreuz in der Ehe, ein Ring beim Daumen Liebe, 3 Striche (wohl die Falten an der sog. Rascette) ein langes L e b e n 7 7 ) . Ein Μ (mors) = Tod 7 8 ), Marienkind = schöner Tod TO), ein W Witwenschaft oder Heirat eines Witwers 8 0 ). Die Verteilung der einzelnen Finger usw. nach astrologischen Gesichtspunkten ist natürlich unbekannt, dafür heißt in Wien die Grube in der Mitte der Handfläche die Männer- oder Liebesf a l l e 8 1 ) . Verbreiteter ist die Deutung von Flecken auf der H a u t 8 2 ) oder auf den Nägeln 8 3 ), Zeichen, die auch die kunstmäßige Ch. berücksichtigt. An die Stelle einer ungeheuren Kasuistik in den Ausdeutungen sind im allgemeinen wenige Hauptdeutungen, Glück, Unglück, Tod, Liebe, Reichtum, Heirat, Kinderzahl u. dgl. getreten. Bisweilen wird in der volkstümlichen Ausdrucksweise Ch. geradezu f ü r gleichbedeutend mit Zauberei u. dgl. gebraucht 8 4 ). Ähnlich wie in Deutschland steht es mit der populären Ch. auch bei anderen Völkern Europas 8 5 ). Die Zigeuner, die heute noch f ü r den einfachen Mann als die Hauptvertreter der Ch. gelten, werden in diesem Sinne schon früh genannt 8 8 ). Ihre Theorie, soweit sie solche kennen, ist von der der „wissenschaftlichen" Ch. durchaus abhängig, sie unterscheiden die vier Hauptlinien, deuten von deren Verlauf und L a g e zueinander, aus Falten, Zeichen u. dgl., auch aus der Form der Finger Charakter und Z u k u n f t 8 7 ) . Daß die Zigeuner, wie bisweilen behauptet w i r d Μ ) , erst bei ihrem Erscheinen in Europa die seit dem Altertum in Vergessenheit geratene Ch.
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Chlungeri
wieder mitgebracht hätten, ist angesichts des oben skizzierten Entwicklungsganges nicht anzunehmen; auf welchem Wege und zu welcher Zeit die technische Ch. von ihnen übernommen worden ist, läßt sich mangels genügender Zeugnisse kaum sicher feststellen. Die kunstmäßige Ch. spricht meist geringschätzig von den Kenntnissen der Zigeuner 8 9 ), bisweilen jedoch empfehlen sich ihre Darstellungen als echte Zigeunertheorie ·°) (vgl. Zigeuner). 74 ) P e u c k e r t Schles. Volhsk. 128. 220. ) Unoth 1, 180 Nr. 18; Baumberger St. Gatter Land 201; F o g e l Pennsylvania 1 1 4 Nr. 497; Z i n g e r l e Tirol 189; S A V k . 25, 283; D r e c h s l e r Schlesien 2, 197 Nr. 566 (mehrere Lebenslinien). ™) P e u c k e r t Schles. Vh. 126. 228; WZfVk. 33, 17. " ) WZfVk. a. a. O. '*) Ρ ο 1 1 i η g e r Landshut 164. '») WZfVk. a. a. O. Auf Reklamebildern der bekannten Sektfirma Mattheus Müller weisen zwei Hände das Firmenzeichen Μ Μ in ihren Linien auf! «·) ZfVk. 23, 280. «') WZfVk. a. a. O. ia ) G r i m m Myth. 3, 452 (v. J . 1790); Unoth ι, 184 Nr. 88. 83) G r i m m Myth. 3, 474; Unoth i, 180 Nr. 1 7 ; Drechsler 2, 192 Nr. 560; ZfVk. 23, 280; ZfrwVk. 1 1 , 255 Nr. 4; weiteres vgl. Fingernagel: Onychomantie. ") K ü h n a u Sagen 2, 660. ' ' ) S A V k . 25, 283 (franz. Schweiz); ZfVk. 8, 449 (Island); F. B a b u d r i Somatomanzia popolare istriana e triestina in Folklore Italiano 2, 372. ίβ ) H a r t l i e b Buch aller verboten Kunst cap. 103 f., Ausg. v. U l m (Halle 1914) 61 f.; Die älteste deutsche Chronik von Colmar, hrg. v. A. B e r n o u l l i (Colmar 1888) z. J . 1 4 1 8 : (die damals erschienenen „Heiden") noment sich an, sü könden den lüten in den henden sehen, was in zuo handen solte gon. Strafbestimmungen v. J . 1 6 1 1 bei P a n z e r Beitrag 2 , 2 7 0 . 2 8 8 ; C o c l e s Anastasis ( I 5 I 7 ) 74 v a nennt speculatores egypticos; A g r i ρ ρ a De vanitats scientiarum cap. 65, Ed. Bering Dt. Ausg. 2, 1 3 8 ; vgl. a. Journal of the Gipsy Lore Society Ν. S. 3, 4. 82; 5, 3 1 6 ; 7, 79; in dieser Zeitschrift wird auch regelmäßig über Bestrafungen von Zigeunern wegen Betruges durch Ch. berichtet. 87) G r o ß Handbuch 1, 554. 86) G e r h a r d t Franz. Novelle 108. •·) I s s b e r n e r - H a l d a n e Handlesekunst (1925) 20 Anm. 1 ; vgl. a. G r e l l m a n n Die Zigeuner (1783), 72. " ) G. d e T a l o n L'Art de dire la bonne aventure dans la main on la chiromancie des Bohimiennes (Paris 1818); Die Chiromantie der Alten, nach einer alten Zigeunerhandschrijt bearbeitet (Cottbus 1840). ,ä
Boehm.
Chlungeri, auch Chlungere(n), Chlungeli", Chlunge, Chlunglerin, Klunglerin, Glungel,
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Chrungele", eine Gestalt des schweizerischen Volksglaubens und Volksbrauches, die verschiedene Erscheinungsformen aufweist. 1. Als S p i n n s t u b e n d ä m o n 1 ) scheint ihre Gestalt zunächst am reichsten und ursprünglichsten ausgebildet. Als weiblicher Unhold, dem Höcker auf Brust und Rücken, lange Fingernägel und die gebogene Nase ein furchterweckendes Aussehen verleihen, geht sie zur Weihnachtszeit (Zwölften, Silvesternacht) um und prüft, ob die Mägde ihren Rocken abgesponnen haben. Faulen Mägden macht sie zur Strafe Knäuel (Chlungeln) ins abgesponnene Garn. Da ihr Name von dieser Tätigkeit abgeleitet ist, scheint dies ihre ursprüngliche Wesensart auszumachen; mit kräftigeren Farben wie die Frau Chunkle (s. d.) ausgemalt, stellt sie sich doch mit ihr und der vogtländischen Werra (der Garnverwirrerin) in eine Reihe: ein Schreckgespenst jüngeren Datums, keine vollmythische Zwölftengottheit. Den ältesten Beleg f ü r diese ihre Erscheinungsform liefert uns H. Bullinger in einem Nikiausspruch von 1549: ,,so tue noch eins und schütt das gfider der kunkel, spring ir zu dem grind, damit viel garn die chlunglerin f i n d . " An der Sihl weist man ihr den C.kasten, eine Höhle, als Aufenthaltsort zu; von dort unternimmt sie in der Silvesternacht ihre Prüfgänge. *) G r i m m Myth. 1, 227 Anm. ; W a s c h n i t i u s Perht 71. 1 8 1 ; G o l t h e r Mythologie 495; V e r n a l e k e n Alpensagen 348; Schweiz.Id. 3, 658 f., wo auch der Beleg verzeichnet ist.
2. Daß der Charakter des Schreckgespenstes ihre bezeichnendste Eigentümlichkeit ist, geht auch daraus hervor, daß sie früh als K i n d e r s c h r e c k 2 ) fungiert. Spät abends schleicht sie auf den Gassen umher und fängt sich die Kinder, die zur Unzeit sich noch umhertreiben; auch auf Kinder, die nicht einschlafen wollen oder vor dem Einschlafen nicht gebetet haben, hat sie es abgesehen. Indessen wird sie auch Erwachsenen gefährlich: als Druckgeist setzt sie sich ihnen auf die Brust, schnürt ihnen den
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Choiromantie
Hals zu und schlägt sie mit einer Birkenr u t e ; vornehmlich Wöchnerinnen haben unter ihr zu leiden. Ein Beleg aus dem Jahre 1578 zeigt, daß man frühzeitig ihr Andenken durch V e r m u m m u n g e n aufrecht zu erhalten suchte: „ D a s ist gemein b y u n s , " heißt es da, „ d a ß einer oder eine, damit die kind recht tuegind gehorsam seiend und empsig arbeitind, sich verkleidet und die kind brögt, das sagt man den kinden, es sye die stupfnas oder mutter Klunglerin, einer oder eine werde sy fressen oder in sack s t o ß e n . " So steht sie hier auf der gleichen S t u f e wie die „schwarze N a c h t f r a u " , die 1670 mit der „ S t u m p f n a s e " verselbigt wird. *) W a s c h n i t i u s Perht 71; Schweiz.Id. 3, 659 (Beleg). 3. Der Ü b e r g a n g zur M a s k e lag, wie schon der Beleg v o n 1578 zeigt, nicht fern. Diese Maske ist zunächst, wo sie nicht als zeitloser Kinderschreck fungiert, an die Weihnachtszeit gebunden: auch das beweist, daß der A u s g a n g s p u n k t bei der Spinnstubenc. zu suchen ist. Sie vertritt entweder, wiederum in die Kinderstube einmündend, den K n e c h t R u p recht a ) oder wird im Gefüge des Heischeumzuges zur selbständigen Maske, bei deren Wesen freilich das Kinderschreckm o t i v v o r w a l t e t : so ziehen am Zürcher See (Richterswil) 4 ) die Burschen in der letzten W o c h e des Jahres als Krungeli mit Schellen und Säcken durch die Häuser, oft Kinder in Säcken oder im Packtuch mit sich tragend. Den Mittelpunkt des weihnachtlichen Heischeumzuges bildet die Gestalt des G l u n g e l s ) im Zürcher Hinterland: ein Mann mit Stiermaske und Schellenkostüm, der, in der H a n d eine Peitsche, die K i n d e r schreckt und die Erwachsenen durch Peitschenhiebe zu einem Lösegeld zwingt. W o dieser Heischeumzug auf einen bestimmten A b e n d (Nacht v o r Weihnachten oder Silvester) festgelegt ist, spricht man geradezu v o n einer Chlungelinacht *), in der bes. in den Spinnstuben viel U n f u g getrieben wird V o n hier ist die Gestalt auf die F a s t n a c h t übertragen worden, w o sie als (Fasnacht-) Chlungel oder (Fasnacht-) Chlungler im weißen, mit farbigen Papier-
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und Tuchbändern geschmückten Hemd, schellenbehangen und eine hohe, spitze, mit bunten Fetzen gezierte Papiermütze auf dem K o p f , gegen Geld ihre Spässe macht 8 ) oder als Mehlchrungelen die U m stehenden mit einem Gemisch v o n Asche und Mehl b e w i r f t s ) . Zu beiden Festzeiten, Zwölften wie Fastnacht, treten diese Masken zuweilen paarweise in der Form auf, daß die eine schwarz, die andere weiß gekleidet i s t 1 0 ) ; wenn hier wirklich eine Sommer-Winterdarstellung beabsichtigt ist, handelt es sich wohl nur um späte Übertragung einer alten bekannten Form auf die jüngere Maske. 8 ) Schweiz.Id. 3, 658 f. «) V e r η a 1 e k e η Alpensagen 118. 6) SAVk. 2, 228. ·) SchwVk. I, 92; Schweiz.Id. 4, 656; SAVk. Ii, 241; M e s s i k o m m e r 1, 135I; H o f f m a n n K r a y e r 112; S t a u b e r Zürich 2, 121. ') Schweiz.Id. 4, 656. «) Ebd. 3, 659. ·) Ebd.. 3, 833; W a s c h n i t i u s Perht 72. 10) SAVk.
II,
241.
4. E n t w i c k l u n g s g e s c h i c h t l i c h gesehen, würde sich also folgendes Bild ergeben: Junges Splnnstubenschieckgespenst Jahreszeitenkomvf
\
/
/ Zwölften masko
Kinderechreck
! Kinderechreckmasko
\^Fastnachtsmaske Jahreszeitenmaske D a ß wir von dem Spinnstubendämon auszugehen haben, beweist schon, wie gesagt, der N a m e : Chlungel = K n ä u e l + Suffix-ari, v o n dem die übrigen Namensformen abgeleitet sind. 5. D a ß der C. als Neujahrsgespenst in Antwerpen umgehen s o l l l l ) , ist schon des alemannischen Namens wegen nicht gut möglich und beruht wohl auf einem Irrtum des Berichterstatters. u ) Α 1 b e r s Das Jahr 346. Mackensen. Choiromantie (Weissagung durch Ferkel, gr. χοίρος = Ferkel). Eine im Altert u m nicht erwähnte Wahrsagungsmethode, genannt bei Rabelais unter den K ü n s t e n des „ M r . T r i p p a " ( A g r i p p a ? ) 1 ) . Welcher Glaube oder Brauch die Veranlassung zu dieser Neubildung gegeben hat, ist nicht klar. Ferkel oder Schweine sind als A n g a n g zukunftkündend 2 ), das
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Cholera—Chrisam
K l o p f e n a n den S c h w e i n e s t a l l in der C h r i s t n a c h t ist ein E h e o r a k e l s ) . F ü r d a s Altertum könnte man an Eingeweides c h a u oder a n d e n b e s o n d e r e n F a l l der S a u m i t den 30 F e r k e l n d e n k e n , die in der römischen Überlieferung nach einem ihm gewordenen Orakelspruch den Aeneas zur Gründung v o n L a v i n i u m veranl a ß t e 4 ). *) Gargantua 3 cap. 35, Dt. Ausg. von Gelbcke I, 399, vgl. G e r h a r d t Franz. Novelle 110; ohne weitere Erklärung wird die Ch. noch erwähnt von F a b r i c i u s Bibliogr. antiquatia3 (1760) 598. 608. 2) Unter 'Angang' 1, 424. 426 Anm. 166. ') W u t t k e § 341. 4) V e r g i l Aen. 3, 289; V a r r o de ling. Lat. 5, 144; D i o n y s . H a l . i, 56 f. Boehm. C h o l e r a *). W i e die P e s t stellte m a n sich a u c h die C. als einen D ä m o n v o r . S o e r w ü r g t n a c h schlesischer S a g e 2 ) die S e i g a in G e s t a l t des b l a u e n C . t o d e s die M e n s c h e n ; in N i e d e r s a c h s e n 3 ) s p r i c h t m a n v o n einer P e s t f r a u (C.). U n t e r d e n m a n c h e r l e i H a u s m i t t e l n dag e g e n ist z u e r w ä h n e n , d a ß m a n bei der C.epidemie in M ü n c h e n (1854) eine Z w i e b e l in der T a s c h e t r u g oder i m Z i m m e r a u f h i n g , w o sie a l l m ä h l i c h g a n z schwarz wurde4). Im MA. führte man T ä n z e auf (s. T a n z ) , ein B r a u c h , der noch 1894 in S c i e r n e w i c e g e ü b t w u r d e 5 ) . 1) H ö f l e r Krankheitsnamen 88; Ho· v o r k a - K r o n f e l d 2, 304. 2) Κ ü h η a u 3 Sagen 1, 173. ) S c h a m b a c h u. M ü l l e r 240 N. 251. 376. Bei den Ruthenen erscheint die C. als weiße Person oder als weißer Hund; im nördlichen Indien ist der C.dämon Hardaul oder Hardiha Lala (C r ο ο k e Northern India 88); in Kleinrußland denkt man sich die C. als ein mit roten Schuhen bekleidetes entsetzliches altes Weib (ZfVk. 4, 302). Die Birmanen erheben in C.zeiten in jedem Haus abends 1—2 Stunden lang einen furchtbaren Lärm mit Stampfen und Trommeln, um die bösen Dämonen abzuwehren ( B a s t i a n Die Völker d. östl. Asien 2, 98). 4) L a m m e r t 164. 5) Urquell N.F. 1, 52. Man tanzte bei einer j üdischen Hochzeit auf dem Friedhof, sang und freute sich an den Spässen der buntgekleideten Possenreißer; das hielt man nach altem Glauben für ein wirksames Mittel gegen die C. Stemplinger.
Chridiglade, auch Κ r i d i g 1 a d i, K r i d e n g l a d i , ein P o p a n z aus S t r o h u n d F e d e r n , der in Z ü r i c h a m H i r s m o n t a g ( d e m ersten M o n t a g in der F a s t e n z e i t ) ge-
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m e i n s a m m i t einer z w e i t e n , sehr ä h n l i c h e n G e s t a l t , der seines W e i b e s Else, umgeführt wurde. Beide Figuren waren s t e h e n d auf e i n e m l i e g e n d e n W a g e n r a d b e f e s t i g t , das ö f t e r s g e d r e h t w u r d e , so d a ß s i c h Chr. u n d Else i m K r e i s e h e r u m s c h w a n g e n . S c h l i e ß l i c h w u r d e n die beiden P u p p e n zu verschiedenen Seiten zur Stadt h e r a u s g e f ü h r t u n d g e t r e n n t i m S e e ers ä u f t . — E s h a n d e l t sich d e m n a c h u m einen sehr d e u t l i c h e n Fruchtbarkeitsritus, w i e er ä h n l i c h j a v i e l e r o r t s u n d h ä u f i g in der F a s t e n z e i t g e ü b t w i r d . W e s e n t lich ist v o r allem, d a ß es sich u m einen Mann - Weibumzug (C.-Else) handelt, u n d d a ß beide F i g u r e n i m W a s s e r ert r ä n k t w e r d e n . D a s R a d , auf d e m beide b e f e s t i g t sind, als S o n n e i i r a d z u deuten, s c h e i n t b e s o n d e r s h i n s i c h t l i c h seiner sehr untergeordneten und wenig beachteten S t e l l u n g i m U m z u g a b w e g i g ; es ist v i e l m e h r w o h l nur d a z u da, die kreisende, z a u b e r s t ä r k e n d e B e w e g u n g der F i g u r e n z u e r m ö g l i c h e n (s. A r t i k e l drehen, R a d ) . — Der Name (Kreideklaudius?) ist dunkel. V e r n a l e k e n A Ipensagen 356; M a n n h a r d 1, 43°ί S t a u b e r Zürich 2, 151; H o f f m a n n - K r a y e r 130; Schweiz.Id. 2, 604. Mackensen. C h r i s a m (mhd. krisem, kresem, in S t e i e r m a r k : K r ö s e n v . griech. chrio = salben) ist das v o n d e m B i s c h o f a u s ganz bestimmten Balsamen und Ölen zus a m m e n g e s t e l l t e u n d , n a c h d e m er s e l b s t das A b e n d m a h l g e n o m m e n , d u r c h A n h a u c h e n g e w e i h t e h e i l i g s t e S a l b ö l der orientalischen und römisch-katholischen K i r c h e s ) , das d e m T ä u f l i n g z u seiner F e s t i g u n g u n d H e i l i g u n g auf sieben K ö r perstellen und vor allem dem Firmling auf die S t i r n g e g e b e n w i r d . Im M A . w u r d e B r a u c h , d a ß a m d r i t t e n T a g e n a c h der T a u f e die H e b a m m e ins H a u s k a m z u m „ K r e s e n w a s c h e n " : sie w ä s c h t d e m i m B a d e s i t z e n d e n K i n d e die g e s a l b t e n S t e l len m i t w a r m e m W a s s e r a b u n d w i r f t das L ä p p c h e n ins F e u e r 3 ) . D e n n das C. ist ein h e x e n v e r t r e i b e n d e s Mittel4). Der B r a u c h h a t sich v i e l f a c h e r h a l t e n (in B ö h m e n ζ. B.), o b g l e i c h s c h o n i m 16. J h . als „ g r o b e r s p ö t t i s c h e r I r r t u m " a b g e -
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Christenfleisch riechen—Christentum und Aberglaube
w i e s e n w u r d e , d a ß d u r c h das A b w a s c h e n des C. „ e i n e b e s o n d e r e G e v a t t e r s c h a f t e r f o l g e " 6 ). U m ein z u s e h e n d s a b n e h m e n des, g a r n i c h t z u n e h m e n d e s K i n d v o n d e n U r s a c h e n der B e s c h r e i u n g z u befreien, h ü l l t es die M u t t e r in ein C h r i a s ' l h e m d , w e l c h e s s c h o n drei ehrliche M ü t t e r f ü r ihre K n a b e n g e b r a u c h t h a b e n e ) . A u c h den F i r m l i n g e n w u r d e v o n g e i s t l i c h e n u n d w e l t l i c h e n F r a u e n n a c h L ö s u n g der F i r m b i n d e das C. a b g e w a s c h e n 7 ) , was d o c h n u r der P r i e s t e r s c h a f t z u s t e h e n sollte 8 ). ») ZfVk. 8, 443. 2) L i ρ ρ e r t Christentum 352. *) S c h r a m e k Böhmerwald 183. ') H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 330. ') B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 241. ·) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 187 Nr. 11. 7) B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 241. ·) F r a n z Benedihtionen 1,711. K . Beth. Christenfleisch riechen, „ich rieche C . " , n u r eine V a r i a n t e der w e i t e r v e r b r e i t e t e n F o r m e l : „ I c h rieche M e n s c h e n f l e i s c h " , w i e diese d e m h e i m k e h r e n d e n riesischen U n h o l d , so j e n e g e w ö h n l i c h d e m h e i m k e h r e n d e n N i x in d e n M u n d gelegt, dessen T o c h t e r einen m e n s c h l i c h e n Liebhaber verborgen hält *) Die klassische Sage vom Nixenhügel bei Rossendorf jetzt bei Μ e i c h e Sagen 490 ( = G r ä s s e Preußen 1, 159); vgl. W o l f Beitr. 2, 284 f.; W i t s c h e l Thüringen 2, 80 Nr. 94; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 108; E i s e i Voigtland 83; K ü h n a u Sagen 2, 262; „ i c h rieche Christenblut" von Fanggen bei J e c k l i n Volkstümliches (1916) 302; vgl. 68; aus Frankreich S 6 b i l l o t Volk-Lore i, 37; 240. H. Naumann.
Christentum und Aberglaube. Die Zus a m m e n s t e l l u n g dieser b e i d e n Größen schließt zwei verschiedenartige Frages t e l l u n g e n in s i c h : 1. I n w e l c h e n W e c h s e l b e z i e h u n g e n s t e h e n die b e i d e n ? W i e beeinflussen sie sich g e g e n s e i t i g ? 2. W e l c h e R o l l e spielt das C h r i s t e n t u m , die Idee des C h r i s t l i c h e n als O b j e k t a b e r g l ä u b i s c h e r Vorstellungen und Handlungen? 1. D i e A n t w o r t auf die erste F r a g e m u ß a u s der N a t u r der S a c h e h e r a u s u n z u l ä n g l i c h a u s f a l l e n ; d e n n sie m ü ß t e allgemeingültige Begriffsbestimmungen des Ch.s u. des A . s , v o r a l l e m a u c h den f e s t stehenden Grenzpunkt zwischen A. und christlichem Glauben, voraussetzen —
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l a u t e r D i n g e , die ä u ß e r s t u m s t r i t t e n sind. G r u n d s ä t z l i c h l ä ß t sich n u r s a g e n : C h . u. A . sind s c h l e c h t h i n sich a u s s c h l i e ß e n d e G r ö ß e n , d a j e d e a b s o l u t e n A n s p r u c h auf G e l t u n g e r h e b t . W o reines Ch. ist, h a t der A . k e i n e S t e l l e ; w o A . g e t r i e b e n w i r d , ist k e i n reines C h . In der W i r k l i c h k e i t des m e n s c h l i c h e n L e b e n s a b e r b e g e g n e n sich die b e i d e n auf S c h r i t t u n d T r i t t u n d sind so z u r A u s e i n a n d e r s e t z u n g g e z w u n g e n . D e r e n E r g e b n i s ist ein K o m p r o m i ß : d a s g e n u i n e Ch. w i r d d u r c h A u f n a h m e a b e r g l ä u b i s c h e r V o r s t e l l u n g e n v e r d o r b e n ; der A. wird weithin durch christliche Gedank e n v e r d r ä n g t . Dieses W i d e r s p i e l v o n Ch. u. A . ist ein P r o z e ß , der sich i m I n n e n leben jedes einzelnen denkenden Christen vollzieht, denn irgendwie abergläubisch ist j e d e r M e n s c h . A b e r a u c h in g r o ß e n B e w e g u n g e n d e r G e s c h i c h t e ist der Geg e n s a t z z w i s c h e n C h . u. A . w i r k s a m . D i e Entwicklung des frühmittelalterlichen C h r i s t e n t u m s m i t ihrer S a n k t i o n i e r u n g zahlreicher primitiver Religionselemente (aus der a n t i k e n w i e der g e r m a n i s c h e n W e l t ) ist ein klassisches Beispiel f ü r die „ P a g a n i s i e r u n g " des Ch.s. A u f der a n d e ren S e i t e l ä ß t sich n i c h t l e u g n e n , d a ß die Reformation mit ihrem Zurückgreifen auf d a s u r s p r ü n g l i c h e C h . d e n B a n n d e s finstersten A.s weithin gebrochen hat, w e n n g l e i c h erst' die A u f k l ä r u n g s b e w e g u n g des 18. J h s . e n d g ü l t i g W a n d e l in d e n A n schauungen v o m A. geschaffen hat. Die K i r c h e n k u n d e v o n heute sucht in der christlichen S i t t e einen b r a u c h b a r e n Ausgleich zwischen dem alten Volksglauben und dem christlichen Gedanken zu schaffen. 2. I n d e m d a s Ch. z u m O b j e k t des A . s wird, z e i g t sich der G e g e n s a t z z w i s c h e n d e n b e i d e n G r ö ß e n i n der W i r k l i c h k e i t menschlichen Denkens. Eine Ehe zwischen Christen und Heiden wird nicht gern gesehen, d e n n sie b l e i b t m e i s t u n f r u c h t b a r *). E i n h e i d n i s c h e r W a s s e r m a n n der sich eine M e n s c h e n f r a u g e r a u b t h a t t e , l ä ß t diese e n d l i c h n a c h h e i ß e m F l e h e n einm a l in die K i r c h e g e h e n , v e r b i e t e t ihr a b e r s t r e n g s t e n s das N i e d e r k n i e n u n d Beten. Die Frau übertritt das Verbot, und w i e sie in das W a s s e r r e i c h z u r ü c k k o m m t ,
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Christentum und Aberglaube
sieht sie zu ihrem Entsetzen, daß der Mann, außer sich vor W u t über das Ch. seiner Frau, den sämtlichen K i n d e r n die K ö p f e abgedreht h a t 2 ). H ä u f i g herrscht im V o l k s g l a u b e n die Vorstellung, daß mit dem Eindringen des Ch.s die gute alte Zeit aufhöre, daß das Ch. die hilfreichen Mächte vertrieben h a b e 3 ) . Die Zwerge, Elbe, G r a u m ä n n c h e n werden gerne als Heiden gedacht, die sich nicht z u m Ch. bekehren lassen. Im V o i g t l a n d geht eine Sage, daß ein Pastor versuchte, ein G r a u m ä n n c h e n zu bekehren. Er b e g a b sich mit einer Holzleserin, die das Männlein jeden T a g traf, in den W a l d . Doch ließ sich der K l e i n e v o r dem P a s t o r nicht blicken, wiewohl ihn die F r a u sehen konnte 4 ). W o das Ch. hinkam, zogen die Zwerglein aus. A u s S t a r k s t a d t , das ursprünglich Z w e r g s t a d t geheißen haben soll, f ü h r t e ein F u h r m a n n die Zwerge auf einem W a g e n nach Mähren. A l s er auf einem B e r g sich nach dem W a g e n umsah, bemerkte er tausend und abertausend Zwerglein, die auf dem W a g e n herumkrochen; sogar die Speichen der R ä d e r waren so besetzt, als ob ein Bienens c h w a r m daran säße. D a schrie der F u h r mann v e r w u n d e r t : „ M e i n Herr Jesus Christ! W i e viele Leutlein sind doch h i e r ! " D a r a u f verschwanden alle Zwerge bis auf einen, der dem F u h r m a n n seine Mühe auf den letzten Heller richtig bezahlte 5 ). V o n erbitterten und grausamen K ä m p f e n zwischen Heiden und Christen weiß di& Tiroler V o l k s s a g e zu berichten 6 ). In welchem Maße das Ch. als feindliche Macht e m p f u n d e n werden kann, zeigt Seligmanns Mitteilung, daß die marokkanischen K a u f l e u t e ihre kostbarsten W a r e n verbergen, w e n n ein Christ sich ihrem L a d e n nähert, weil schon der B l i c k der U n g l ä u b i g e n die W a r e e n t w e r t e t 7 ) . Der Gegensatz zwischen Ch. u. Heident u m lebt — wenn auch in abgemilderter F o r m — in der Vorstellung nach, daß das neugeborene K i n d ein Heidenkind ist, das erst durch die T a u f e z u m Christenkind g e m a c h t werden muß. In R ö d i n g hausen (Kreis Herford) herrschte bis v o r kurzem für taufen der A u s d r u c k „ k a t t e n " = z u m Christen m a c h e n 8 ) . In W e s t -
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böhmen sagt die H e b a m m e beim G a n g zur T a u f e : „ A l s o wollen wir in G o t t e s N a m e n gehen! Einen Heiden tragen wir fort, einen f r o m m e n Christen bringen wir w i e d e r . " D a b e i m a c h t sie über ein auf dem B o d e n liegendes G e b e t b u c h drei Schritte v o r und z u r ü c k 9 ) . A n d e r w ä r t s m u ß der j ü n g s t e G e v a t t e r den T ä u f l i n g auf dem R ü c k w e g v o n der T a u f e über ein v o r der Stubentürschwelle niedergelegtes Gesangbuch in die S t u b e tragen und mit folgender A n r e d e der Mutter in den Schoß legen: Je hebbet meck egeben 'n Heidenkind, Eck bringe jöck weer 'n Christenkind 10). Sogar die Mutter, die den kleinen Heiden getragen hat, gilt solange nicht mehr als rechte Christin, bis sie wieder ausgesegnet ist " ) . Η e y 1 Tirol 235 Nr. 48. a) Μ e i c h e Sagen 389 Nr. 512. •) G r a b e r Kärnten 59; S c h e l l Bergische Sagen 2 g 6 N r . 9 ; K ü h n a u Sagen 2, 116. *) E i s e i Voiglland 41 Nr. 87. ') K ü h n a u Sagen 2, 148. ·) H e y l Tirol 287 Nr. 52. ') S e l i g m a n n 1, 229. s) ZfrwVk. 1907, 112. ·) J o h n Westböhmen 113. i°) Urquell 2 (1891), 199. " ) S a r t o r i I, 32. D a s feindselige Verhältnis zwischen Ch. u. A . ist nur e i η έ Seite der Sache. D a s gegenseitige V e r h ä l t n i s wird freundschaftlich, w e n n der V o l k s g l a u b e versucht, auf seine p r i m i t i v e Weise Ch. u. A . in E i n k l a n g zu bringen. U m das abergläubische Treiben vor dem eigenen Gewissen und den Mahnungen des Pfarrers zu rechtfertigen, wird es mit christlichen F o r m e n u m g e b e n 12 ). S t a t t d a ß irgendwelche B e s c h w ö r u n g e n in des T e u f e l s N a m e n vollzogen werden, wird der N a m e Gottes oder Jesu angerufen. W u t t k e erzählt v o n einem Z a u b e r b u c h mit der Ü b e r s c h r i f t : „ J e s u , hilf, laß wohl gelingen, daß ich mög mein W e r k vollbringen, A m e n " l s ). Mit Vorliebe dienen die B u c h s t a b e n J. N. R . J. (Jesus Nazarenus R e x Judaeorum), auf Z e t t e l geschrieben, als A m u l e t t e ; ähnlich C. Μ. B. als A n f a n g s b u c h s t a b e n der N a m e n der heiligen drei K ö n i g e Caspar, Melchior und Balthasar " ) . Bei fortschreitender Durchdringung des Volkslebens mit christlichen G e d a n k e n werden auch die Zwerge und Elbe allmählich zu Christen 1 5 ). A l s solche
64
Christian science—Christianus
63
können sie vor dem christlichen Glauben bestehen bleiben.
das Antiquariat Th. A c k e r m a n n (München) " ) .
») W u t t k e 1 7 7 . ") Ebd. 4 5 5 . " ) S e y f a r t h Sachsen 1 5 1 . ") L a i s t n e r Nebelsagen 2 9 5 . Rühle.
') A n d r e e - E y s n Volkskundliches 1 2 2 f f . ; S t r a c k e r j a n 1, 6 5 ; S c h e i b l e Das Schaltjahr 4 , 3 0 3 ff. 4 3 7 ff.; Württemb. Vjhefte f. Landesgesch. 1 3 ( 1 8 9 6 ) , 2 4 2 ; MschlesVk. 1 8 ( 1 9 0 7 ) , 3 5 f . ; DG. 7 , 2 6 6 f f . ; 1 0 , 6 6 f f . ; Alemannia
Christian science
s.
Gesundbeten.
Christi Himmelfahrt s. fahrt.
Himmel-
Christi Länge. Die L . Ch. ist ein über das ganze katholische Europa verbreitetes Amulett, das aus einem langen, schmalen Papierstreifen besteht, der „ d i e gewisse und wahrhafte L . unsers Herrn Jesu C h . " darstellen soll und beim hl. Grab in Jerusalem 1655 gefunden sein will Es sind ihm eine Anzahl Gebete aufgedruckt, die dem ausgehenden MA. und der beginnenden neueren Zeit angehören. Wer die L. Ch. bei sich trägt und die Gebete regelmäßig spricht oder lesen läßt, wird dadurch vor allerlei Schaden behütet. Besonders dient sie Frauen zur Erleichterung der Geburt. Die älteste Erwähnung der L . Ch. steht 1357 im Verzeichnis der Reliquien des Klosters Erstein im Elsaß 2 ). V o n da ab wird uns das A m u l e t t oft genannt, auch v o n der Kirche schon um die Wende des 14. z u m 15. Jh. bekämpft, zuerst in einer Heidelberger Bilderhands c h r i f t 3 ) . Für die Geschichte des Ursprungs der L. Chr. ist auf die Kreuze nach dem Maß der Körperlänge Ch. in Konstantinopel 4 ), aber auch anderwärts 6 ), auf die Tuchbilder Jesu nach diesem Maß (Schweißtücher mit dem A b d r u c k des Leibes Jesu) e ) und auf die v o n Pilgern aus Jerusalem v o m hl. Grab mitgenommenen Maßstricke des Grabes 7 ) zu verweisen. Die Grabeslänge hatte 670 schon Arculf, dann auch Beda gemessen 8 ); vermutlich war das Maß auch für sie ein Heiltum, denn man nahm schon früher zu Heil- und Schutzzwecken das Maß der Geißelungssäule usw. 9 ). Ähnliche A m u lette waren die „ L . Marias", des hl. Sixtus, hl. Leopold, hl. Franz, hl. Johannes, des Fußes der Maria, der Seitenwunde Jesu, des Nagels Ch. 10 ). Eine „ H . L . unseres Herrn, da er 12 Jahre alt w a r " , Papierhandschrift um 1600, verzeichnet
1 6 ( 1 8 8 8 ) , 2 3 5 ; 2 5 ( 1 8 9 7 ) , 36; Β i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 3 6 7 . 4 8 5 ; J o h n Westböhmen
1 0 1 ; G r ü n e r Egerland 3 5 ; Lammert 166; ZföVk. 1, 2 7 5 . 3 8 0 ; 3 , 3 6 6 ; 4 , 1 5 2 . 2 0 8 ; 1 3 , 1 6 3 ; 1 4 , 29! ZfVk. 2 , 1 6 8 ff.; 11, 2 7 5 ; 1 3 , 3 6 6 ; 1 5 , 3 4 9 ; 2 1 , 2 8 8 ; H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 9 5 f. 2 8 8 ; SAVk. 1 7 , 1 8 6 ; 2 5 , 4 ; P f i s t e r Reliquienkult 2 , 5 0 9 ; Urquell 6 ( 1 8 9 5 ) , . 5 9 ff.; Globus 5 2 , 3 7 7 . Evangelische Freiheit 1 5 ( 1 9 1 5 ) , 25°· ') Ed. U n g e r e r Elsdsstsche Altertümer in Burg und Haus, in
Kloster und Kirche 1 ( 1 9 1 1 ) , 3 2 3 . ») J . G e f f -
c k e η Bilderkatechismus des 15. Jhs. 1 ( 1 8 5 5 ) ,
Beil. 1, 3 . *) Exuviae sacrae Constantinopolitanae 2 (Genf 1 8 7 8 ) , 2 1 4 . 2 2 0 . ') H. Seuses Exemplar 1, 2 3 ; vgl. W. L e h m a n n H. Seuses deutsche Schriften 1 ( 1 9 " ) , 56· ') ZföVk. 1,
380; Rehtmeyer Braunschweig-Lüneburg. Chronik 2 , 7 7 1 . ') Zuerst erwähnt 1 4 1 8 bei Nomper de C a u m o n t Voyage d'oultremeren Jhirusalem ed. de la Grange ( 1 8 5 8 ) , 1 3 7 .
) G e y e r Itinera Hierosolymitana (Corp. Scr. Eccles. Latin. Wien) 3 9 , 2 2 9 . 3 0 4 . ») G r e g o r
8
von
Tours
De gloria martyrum 6 (Mon.
Germ. Hist. Scr. Rer. Merov. 1, 4 9 2 ) ; G e y e r a. a. O. 1 7 4 . 10) Darüber und über den ganzen Stoff vgl. eine von mir im SAVk. 2 9 ( 1 9 2 9 ) erscheinende eingehende Untersuchung. u ) Katalog 5 9 4 , Geheime Wissenschaften 1, 2 6 Nr. 3 1 3 . Jacoby. Christianus, d. i. zu Christus gehörig, entstanden in Antiochien (Apg. 11, 26) *), als Appellativum wie als Eigenname überall verbreitet, als T a u f n a m e besonders in West- und Niederdeutschland beliebt 2 ). Einen kanonisierten Heiligen dieses Namens gibt es nicht, obwohl sonst Äbte, Bischöfe und andere kirchliche Personen dieses Namens aufgeführt sind 8 ). Eine Vorschrift lautet: A m Christianentag soll man Bohnen pflanzen, wenn die Uhr elf oder zwölf schlägt. Dann wird die Zahl der Bohnen in den Schoten groß 4 ). i) S c h e r m a n n
Taufnamen, Katholik >)
Nied
Das Aufkommen
1915,
Heiligenverehrung
christl.
Heft 1 0 , 2 6 4 . 36/37;
Mei-
s i n g e r Hinz und Kunz 1 3 über volkstümliche Verwendung des Namens. ») S t a d l e r Heiligenlexikon 1 s. ν . *) B a r t s c h
Mecklen-
burg 2 , 2 6 8 ; W u t t k e 4 2 1 § 6 5 6 ; D r e c h s l e r i, 54. Wrede.
65
Christmann—Christopherus, hl.
Christmann s. W e i h n a c h t s g e s t a l ten. Christina, hl., Jungfrau und Märtyrerin wahrscheinlich unter Diokletian, Fest 24. Juli, besonders kölnischer Brauch, in Köln auch seit dem 10. Jh. im Festkalender 1 ). Das Nonnenkloster zu Herzebrock (Diöz. Paderborn, 860 gestiftet) rühmte sich im Besitze des Hauptes der hl. Chr. Sie wurde dort Patronin der Pfarrkirche. Als Bauernregel gilt: „ U m Christine kann man den Bienenschwarm noch mitnehmen". Sie ist Schutzpatronin der Mutter 2). *) A A . SS. Jul. 5, 495; K ü n s t l e Ikonographie 153; Z i l l i k e n Kölner Festkalender 84; K a m p s c h u l t e Die westfäl. Kirchenpalrozinien 135; D r e c h s l e r 2, 85—86. Über eine Christina Mirabilis (gest. um 1224) und deren Legende, die Ausgeburt und das Muster eines religiös überreizten Romans, vgl. G ü n t e r Legenden-Studien 1 7 8 — 1 8 0 ; D e r s. Die christliche Legende des Abendlandes 161 bis 166. 2) L a c h m a n n Überlingen 317. Wrede.
Christopherus, hl., nach der älteren Legendengruppe *) ursprünglich Reprobus geheißen, auch Offerus, Offer genannt, Sprößling einer Familie aus Kanaan (genere Cananaeo), von ungewöhnlich hohem Wuchs, nach seiner Bekehrung berufen, Christus (Christi Lehre) unter die Heiden zu tragen und dementsprechend Ch. genannt, als Märtyrer (unter Decius) am 25. Juli im Kalender aufgeführt, so bereits im Kölner Festkalender aus dem xo. Jh. 2 ), bei der Weihe des Domes zu Bamberg im Mai 1012 als Reliquienheiliger erwähnt 3), 1172 Patron einer Kapelle in Köln, die 1190 als Pfarrkirche erscheint 4). >) A A . SS. 25. Juli 6, 125; Analecta Bolland. 1 (1882), 122; U s e η e r Acta s. Marinae et s. Christophori (Festschrift zur 5. Säkularfeier der Universität Heidelberp 1886) 54; Analecta Bolland. 10 (1891), 394; vgl. G ü n t e r Legenden-Studien 24 (Anm. 7); Ν ο r k Festkalender 2 1 1 — 2 1 8 ; S t a d l e r Heiligcnlexikon 1, 609 bis 612; S a m s o n Die Heiligen als Kirchenpatrone 1 6 2 — 1 6 4 ; Η u ο t Vie de St. Christophe d'apr&s la legende et les monuments Berits des premiers siicles (Soissons 1861); R i c h t e r Der deutsche Christoph. Eine historisch-kritische Untersuchung (Berlin 1896), abgedruckt in A c t a Germanica 5, 1; P o p e s c u Die Erzählung oder das Martyritim des Barbaren Chr. und
66
seiner Genossen. Straßburger Diss. Leipzig 1903; Z w i e r z i n a Die Legenden der Märtyrer vom unzerstörbaren Leben 138 ff. (Chr. eine Fortbildung der Bartholomäus-Acten); vgl. Günter Die christliche Legende des A bendlandes 144. 220 (Anm. 34); d'I η d y La Ugende de Saint-Christophe (Paris 1919); S t a h l Die Legende vom hl. Riesen Chr. München 1920; A n d r e e Votive 16; D G . 3, 14; B r ä u n e r s) Curiositäten (1737), 775 ff. Zilliken Kölner Festkalender 86. 3) Dedicatio eccl. s. Petri Babenb. J a f f έ Bibl. 5, 481. *) Κ e u s sen Topographie der Stadt Köln im Mittelalter 2, 246 a.
1. Der durchaus romanhaft-legendär 5) ausgestattete Heilige wurde seit dem 6. Jh. im Morgenland und bald auch im Abendland verehrt ®). Seine Passio ist in Frankreich nachweislich um die Mitte des 9. Jhs. bereits allgemein bekannt gewesen 7). Gegen Ende des 10. Jhs. (983) schilderte der Subdiakon Walther aus Speyer das Martyrium und die Wunder des Heiligen in leoninischen Hexametern 8), wahrscheinlich nach Vorlage einer der älteren (griechischen) Passiones. Bereits in dieser älteren Legendengruppe treten eine Reihe von Motiven hervor, die Ausgang und Anhalt für Anrufung und Patronate des Heiligen wurden. Weiter ausgestaltet wurde die Legende in Deutschland mittels epischer Schilderungen seit dem 12. Jh. 5) Bereits L u t h e r hob in den Tischreden ( „ V o n Legenden der Heiligen") das Dichterische und Ideologische in dem Charakter der St. Chr.legende hervor; Ausgabe Lindner 62, *) B e r n o u l l i Merowinger 1 5 2 . 1 5 3 . ') R i c h t e r a. a. O. 20; vgl. auch G ü n t e r Die christliche Legende des Abendlandes 145. ') Vita et passio auetore W a l t e r o S p i r e n s i subdiacono (a. 983), neu herausgegeben von Η a r s t e r. München 1878. Vgl. auch Günter Legenden-Studien 59. 77 (Anm. 2); D e r s. Die christliche Legende des Abendlandes 99. 226 (Anm. 76).
2. Zu der Ehre, Christus über das Wasser tragen zu dürfen, gelangte Ch. durch Namensdeutung, ähnlich wie andere Heilige um ihres Namens willen besonderer Amter teilhaftig wurden 9 ). Im 12. Jh. setzte ein deutscher Dichter aus der Gegend der mittleren Donau den abstrakten Namen in konkrete Vorstellung um, indem er in Form eines Epos die bekannte anmutige Geschichte erzählt, der zu-
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Christopherus, hl.
folge der Heilige im Dienste Gottes als Fährmann arme Wanderer über den Fluß trägt und zuletzt Gott (Christus) selbst in Gestalt eines Kindes 1 0 ). Ein geistlicher Poet des 13. Jhs. griff diesen neuen Zug auf und verarbeitete ihn zu theologischen Z w e c k e n u ) . Jacobus de Voragine verwandte sodann diese Episode in seiner Legenda aurea 1 2 ). Durch sie erlangte die Ch.legende in ihrer erweiterten Gestalt größte Volkstümlichkeit. Sehr bemerkenswert ist bei diesem Legendenzug, daß Ch. deutschen Verhältnissen entsprechend als Dienstmann eines mächtigen Herrn erscheint und noch mehr, daß er sich auf die Suche nach dem Stärksten macht, letzteres Beginnen ein Motiv, das sich auch im Märchen findet 1 3 ). Obschon die Herleitung der dem Volke so vertraut gewordenen Szene aus dem Namen Ch. fast über jeden Zweifel erhaben ist, hat man dennoch an Entlehnung aus der indischbuddhistischen u ) Legende gedacht, auch an Zusammenhang mit der Sage vom hundsköpfigen ägyptischen Gott Anubis l s ), der den jungen Sonnensohn Horos durch den Nil trug. Demgegenüber sei noch einmal betont, daß die Christusträgerszene den älteren sowohl griechischen wie lateinischen Passionen unbekannt ist und daß sie erst im hohen MA. vermutlich auf deutschem Boden erstand. Wenn schon Entlehnung oder Übertragung aus anderm Erzählungsstoff vorliegen soll, dann wäre ein solcher eher in deutschen Volkssagen zu suchen 1 6 ). In echt romantisch-mythologisierender Weise hat man andererseits an Beziehungen zwischen Ch. und Donar gedacht und an Übertragung von Einzelheiten aus dem Donarkult auf den Kult des christlichen Heiligen. Stütze für die Berechtigung dieser Verbindung suchte und fand man ζ. B. in der (nordischen) Oervandilsage (Trägermotiv) und in der Ähnlichkeit der äußeren Erscheinung (übermenschliche Größe, rotes Haar usw.) beider"). Daß das Volk durch die Ch.darstellung an Thor-Donar erinnert worden ist oder selbst die Erinnerung geweckt hat, ist kaum anzunehmen. ·) Zur Analogiefrage vgl. G ü n t e r
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den-Studien 72; D e r s . Die christliche Legende des Abendlandes 122. l0 ) Von S c h ö n b a c h veröffentlicht in ZfdA. 17, 85; vgl. U s e n e r Sintflutsagen 189. n ) S c h ö η b a c h a. a. O. 26. 30. In späteren Jahrhunderten symbolisierte man den neuen Zug und seine Einzelheiten (Kind, Wasser, Stab) immer mehr. 12 ) Zwischen 1263—-1273, Kap. 100, deutsch von Β e η ζ ι, 651 (Jena 1917). Eine ripuarische Übersetzung der Legenda aurea im Stadtarchiv Köln (Handschrift Wf. 165, fol. 188 ff., 14./15. J h . ? ) ; die Episode aus dieser abgedruckt bei F r e η k e η Wunder und Taten der Heiligen 60—62. Ein früher oberdeutscher Text dieser Legende, entnommen dem von Hans Sensenschmidt 1475 zu Nürnberg gedruckten Heiligenleben, bei Β e i t ζ Chr. und christlicher Ritter (Düsseldorf 1922) 5—6. Ia ) Besonders betont ist das Motiv der Suche in der von P a n z e r Beitrag 2, 63 wiedergegebenen Erzählung aus Tirol. " ) Garbe Buddhistisches in der christlichen Legende, Deutsche Rundschau Oktober 1 9 1 1 , 5 5 — 7 3 ; D e r s . Indien und das Christentum 101 (Tübingen 1914); S p e y e r De indiske Oorsprang van den Heiligen Reus Sint Chr. (Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch Indie 63, 368. s'Gravenhage 1910). Ablehnend verhält sich W i n t e r n i t z Geschichte der indischen Literatur 2 (1920), 106 (Anm. 3). 369. l s ) K ü n s t l e Ikonographie 154. " ) R a n k e beiläufig in der Arbeit Der Huckup, Bayr. Hefte 9 (1922), 33. 17 ) G r i m m Mythologie 1, 3 1 2 ; W o l f Beiträge 1, 98. 99; ZfdMyth. 2 (1854), 3 2 1 ; Μ a η η h a r d t Germ. Mythen 1 5 4 ; D e r s . Götter 2 3 1 ; R e i n s b e r g Festjahr 262 ganz unkritisch aus W ο 1 f a. a. O. übernommen.
3. Im Volksglauben erscheint Ch. seit dem hohen MA. als vielseitiger Helfer und Schutzpatron; er hatte dementsprechend eine sehr bevorzugte Stellung unter den Volksheiligen. Mit dieser hängt die große Verbreitung seines Namens als eines Taufnamens zusammen, an die auch zahlreiche aus ihm entstandene Familiennamen und andere Namen erinnern 18 ), desgleichen die ungemein häufige bildliche Darstellung des Heiligen, durchweg in der Form des christustragenden Riesen mit einem Baumstamm als Stab 1 β ). Frühe und weite Verbreitung fand diese Form in Kärnten, Tirol, Graubünden und den angrenzenden Alpen ländern.
«) N i e d Heiligenverehrung 76; M e i s i n g e r Hinz und Kunz 14. 19) S t a h l Die Legende vom heiligen Riesen Chr. in der Graphik Legen- I des 15. u. 16. Jhs. München 1920; K ü n s t l e
Christopherus, hl.
69 Ikonographie Anm. 12).
154—160;
Beitz
a.a.O.
(s.
4. Im späteren MA. erscheint Ch. unter den vierzehn Nothelfern. Anhalt f ü r diese Stellung bietet bereits die ursprüngliche Legendenfassung. Vor seiner Hinrichtung betete der Heilige, daß das L a n d seiner Ruhestätte vor Hagel, Dürre, Überschwemmung, Hungersnot und Pest bewahrt werde 2 0 ). Eine Stimme von oben habe, so heißt es, die Erfüllung der Bitte zugesichert 2 1 ). 20
2l
) G ü n t e r Legenden-Studien 1 1 7 Anm. 1. ) R i c h t e r a. a. O. (s. Anm. 1).
5. In der vorhin angeführten Legendenstelle liegt der Grund, weshalb Ch. als Patron gegen Pest oder epidemische Krankheiten angerufen w u r d e 2 2 ) . Als Pestheiliger spielte er in früheren J a h r hunderten neben St. Rochus und St. Sebastian eine große Rolle, wie Inschriften und Unterschriften bei Holzschnitten genugsam bezeugen. Ein lateinisches Gebetbuch des 15. J h s . aus Westdeutschland enthält außer einer Andacht zum hl. Rochus gegen epidemische Krankheiten ein Gebet zum hl. Ch., in dem Gott angefleht wird, um der Verdienste des Heiligen willen und auf dessen Fürbitte außer vor andern Übeln auch vor Pest zu bewahren 23 ). In mittelalterlichen Zeiten an vielbegangenen Wegen errichtete Ch.kirchen will man in Beziehung zu Pestoder Siechenhäusern bringen. Das nach dem Heiligen benannte Chr.kraut (Actaea spicata) war vermutlich ein Mittel gegen die Pest 24 ). ! ' ) H ö f l e r Waldkult 2 i ; A n d r e e - E y s n Volkskundliches 30. a) F r a n z Die Messe 183; Falk Die deutschen Sterbebüchlein von der ältesten Zeit des Buchdrucks bis zum Jahre 1520 (Köln 1890), 76. 21 ) ZfVk. 1 (1891), 294.
6. A m meisten wurde Ch. als Patron gegen bösen, d. i. plötzlichen, unversehenen Tod verehrt 25 ). Nach der Legende erbat Ch. vor seinem Tode von Gott f ü r seine Verehrer sichere Hilfe gegen Todesgefahr. Weit und breit glaubte man daher früher, daß derjenige, der das Bild des Heiligen morgens andächtig betrachtet hätte, tagsüber vor dem Tode sicher sei. Veranlaßt durch diesen Volksglauben ent-
70
standen allenthalben an der Außenseite oder im Innern von Kirchen, an Burgen, Häusern, Brücken, Stadttoren und -mauern vielfach riesengroße Abbildungen oder Standbilder des Heiligen 2 6 ). Zahlreiche Verse und Aussprüche, deutsche und lateinische, am geläufigsten die oft angeführte Paraphrase: Christophori faciem die quacumque tueris, lila nempe die morte mala non morieris
(Buxheimer Christoph von 1423, Holzschnitt) 27) geben weiterhin laute Kunde von diesem tiefwurzelnden Volksglauben. Auch im Volkslied wurde der todbannenden Wirkung einer frommen Betrachtung seines Bildes gedacht 28 ). Den Aberglauben, den man mit den Ch.bildern trieb, hat als einer der ersten Erasmus von Rotterdam in seinem Enchiridion militis christiani (can. IV) scharf gegeißelt 2 S ). Dem, der den Ch.bildern Tag um T a g seine Verehrung bezeigte, um vor einem vorzeitigen Tode bewahrt zu bleiben, wirft er vor, er bete, daß der Tod ihn nicht jählings treffe anstatt zu bitten, daß Gott ihm bessere Gesinnung verleihe usw. In dem 1508 erschienenen Lob der Narrheit (Encomium Moriae) rückte er der meist äußerlichen und abergläubischen Ch.Verehrung weiter zu Leibe Dort spricht er von drolligen Käuzen, die einem zwar törichten, aber beseligenden Aberglauben anhingen. Trotz solcher Angriffe und trotz der Reformation stieß die Beseitigung der Bilder noch später manchmal auf Schwierigkeiten, so 1750 in der lutherischen Kirche zu Breckerfeld 3 1 ). 25 ) L a m m e r t 96; B e i ß e l Heiligenverehrung 2, 83; ZfVk. 1 (1891), 294; Α η d r e e Ε y s η 3θ. 2e) K ü n s t l e Ikonographie 156 bis 158; S t a h l Die Legende des hl. Riesen Chr. 1. u. 2. Bd.; B e i t z Chr. und Christlicher Ritter. Düsseldorf 1922; P a n z e r Beitrag 2, 6 1 ; S a r t o r i Westfalen 60 (Riesenstatue im Paderborner Lande); H a n n Sirenendarstellungen auf kärntnerischen Chr.bildern, Carinthia 1 , 1 8 9 4 ; Mitteil. d. k. k. Zentralkommission, Wien 1898, 89. " ) Über diesen ausführlich S t a h l a . a . 0 . 1 , 1 3 8 ; von A n d r e e - E y s n 30. 33 weitere Sprüche mitgeteilt. Das dort erwähnte Heilige Namenbuch des Kolmarer Meistersingers Konrad v. D a n g k r o t z h e i m (1435) ist herausgegeben von Karl Pickel, Straßburg 1878. M) U h 1 a η d Alte hoch- und niederdeutsche Volkslieder 2, 810 (Nr. 306:
3*
71
Christophorusbuch, -gebet
Sanct Christof); E r k - B ö h m e Nr. 2096; B o c k e l Handbuch 102. 2S) Bereits 1 4 9 7 — 9 8 verfaßt, zuerst 1 5 0 2 u. 1509 erschienen; vgl. Weber Beiträge zu Dürers Weltanschauung. Straßburg 1 9 0 0 , 1 6 . 30) Vgl. Sebastian F r a n k s Übertragung Lob der Torheit 7 3 : ,.Aberglaub von S. Christophoro: die, welche . . . ein hülzen oder gemalten polyphemischen Christophorum haben angesehen, daß sie des tags sicher für allem verderben und unrat seien." Vgl. auch S t a h l a. a. O. 1, 3, wo die berühmte Holbeinsche Randzeichnung (Chr.tafel an einer Mauerwand, davor Wanderer mit gefalteten Händen, dazu die Überschrift: Superstitiosus imaginum cultus) nebst Literatur mitgeteilt ist. 3 1 ) S a r t ο r i Westfalen 58.
7. Einzelne Stände fühlten sich dem Heiligen ganz besonders verbunden. Unter Rittern (und Bürgern) bestanden bis zum Schwedenkriege Christophsgesellschaften, die den Heiligen stark verehrten 32 ). Die auf dem Wasser zu tun hatten, Schiffer und Flößer, riefen ihn ebenfalls besonders an. Infolgedessen galt Ch. auch als Patron der Schiffer 33 ), in R i g a auch der Flößer 3 4 ). 32 ) L a m m e r t 96. Die Abhandlung von Β e i t ζ (Chr. und Christlicher Ritter, s. u. 12), verdient hier besondere Erwähnung, da in ihr zum ersten Male auf eine bisher gänzlich unbeachtete, aber sehr häufige Verschmelzung von Motiven des christlichen Ritters mit dem Chr motiv in der Renaissance aufmerksam gemacht wird. Über Christophsbruderschaften seit dem 14. Jh. in Tirol und Vorarlberg zum Schutze für Reisende s. A n d r e e - E y s n a. a. O. 3 3 . 33 ) W o l f Beiträge 2, 9 1 : huius (s. Nicolai) collega est, nämlich Chr., nach L a sicz; A n d r e e - E y s n a. a. O. 3 2 . " ) Ostsee und Ostland 1 : Die Baltischen Provinzen Bd. 5 (Märchen und Sagen), 1 2 .
8. Des Heiligen Vielseitigkeit geht weiter aus einer Reihe von Segensformeln und Gebeten hervor, in denen er genannt wird, ζ. B . in einem in Frankreich üblichen Segensgebet gegen Unwetter 3S ), in einem lateinischen Viehsegen gegen R ä u ber, Wölfe und alle Gefahren 3e ), in einem Gebet gegen Fieber 37 ), in Segensformeln gegen Augenkrankheiten, auch in einem deutschen Augensegen M ). Die Anrufung Christophori gegen Augenübel ist in seiner Legende begründet. Von den Pfeilen, mittels deren er beschossen wurde, traf einer das Auge des Königs, der ihn zum Tode verurteilt hatte. Der Heilige riet dem König, von dem Blute, welches er
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am nächsten Tage vergießen werde, einen Teig zu machen und damit das Auge zu bestreichen, um es zu heilen. So geschah es auch. Auch die Macht, vor Blitz zu schützen 3 9 ) oder vor des „Donners Kraft" schreibt ihm die Überlieferung zu, sogar die Güte, seinen Verehrern in der Nacht frohe Träume 41 ) zu senden. In Schwaben wallte man zu ihm nach Laiz bei Sigmaringen, um die Geburt zu erleichtern 42 ). An seinem Tage, der als T a g des hl. J a k o b u s bekannter ist, erhielten die Apfel kirchliche Weihe; in der bezüglichen alten Weihe- und Gebetsformel werden beide, J a k o b u s und Ch., zusammen genannt 43 ). 3S ) F r a n z Benediktionen 2, 66. 3e ) S c h ö η b a c h Analecta Graecensia 7, 32. 37 ) F r a n z a. a. O. 2, 482. ω ) D e r s. ebd. 2, 488; ZfdA. 38, 1 7 . " ) K l a p p e r Schlesien 308. 40) So im Volkslied U h 1 a η d 2, 8 1 0 (vgl. Anm. 28). 4l ) K l a p p e r a. a. O. Deutet dies auch der Vers an: Christophore sancte / Virtutes sunt tibi tantae / Qui te mane vident / Nocturno tempore rident. Vgl. Andree-Eysn Volkskundliches 30. ") L a m m e r t 165. 43 ) F r a n z Benediktionen 1, 3 7 7 . 378.
9. Eine andere Hilfstätigkeit des Heiligen betrifft den Hexen-, Teufels- und Dämonenglauben (s. Ch.buch). 10. In neuester Zeit hat man angefangen, K r a f t w a g e n (Autos) und ihre Lenker und Insassen dem Schutze des hl. Ch. zu unterstellen. Zu diesem Zwecke befestigt man auf dem Kühler eine kleine runde Metalltafel 4 4 ), die das Bild des Heiligen zeigt und die Umschrift aufweist: Sancte Christophore protege nos. " ) Aus eigener Anschauung. Solche Tafeln ausgestellt und zu haben in Köln, Wallrafsplatz. Wrede.
Christophorusbuch, -gebet. Die Christophoruslegende geht in ihren Anfängen zurück auf die in orientalischen Versionen erhaltenen apokryphen Akten des Bartholomäus, die uns die Geschichte der Bekehrung eines Mannes aus dem Volke der Hundsköpfe (Kynokephalen) erzählen *). Die lateinische Legende des MA.s, die den Zusammenhang mit der morgenländischen noch deutlich erkennen läßt, hat dazu die Erzählung von dem Jesuskind hinzugefügt, das der Riese Offerus über den J o r d a n trägt, der nun den Namen
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Chiistophorusbuch, -gebet
Christopherus = Christusträger empfängt s ). Christopherus wurde unter die 1 4 Nothelfer aufgenommen und hat als solcher in der Volksverehrung eine große Rolle gespielt. Die Andacht zu ihm äußerte sich in der mannigfaltigsten Weise und ist auch künstlerisch in zahlreichen Christophorusstatuen und -bildern zum Ausdruck gekommen 3 ). r ) Koptisch: G u i d i in Rendiconti della Accademia dei Lincei 3 (Rom 1887), 1 7 7 ff. (ital. Übers, im Giornale della Societä Asiatica Italiana 2); arabisch: A. S. L e w i s The mythological acts of the apostles (Korae semiticae) 4, 19 ff.; F. W ü s t e n f e l d Synaxarium 1 (1879), 6; Patrologia orientalis 1, 224; äthiopisch: Ε . Η. Wallis B u d g e The contendings of the apostles 1 (1899, Text); 2 (1901, Übers.), 203 ff.; L. C o u a r d Altchristi. Sagen ü. d. Leben Jesu u. d. Apostel (1909), 100 ff.; H a u c k RE. 23, 307; Η. G ü n t e r Die christl. Legende des Abendlandes (1910), 220 Anm. 34. 2
) Acta Sanct. Boll. Juli 6, 1 2 5 ff.; K. R i c h t e r Der deutsche Christoph (Acta German. 5, 1 (1896)); H a u c k RE. 4, 60 ff.; ZfdA. 17, 85 ff.; Günter a . a . O . 2 1 6 Anm. 295. 3 ) Ε. K. S t a h l Entwicklung und Ausgestaltung der Christophoruslegende (1920).
Als Nothelfer ging von ihm eine Reihe Sprüche um, die auf Bildern, Pilgerkapseln, in Kirchen usw. angeben, daß, wer am Morgen dasBild des Christopherus ansehe, des Tages vor allem Übel und dem jähen Tod behütet bleibe 4 ). Sein Name begegnet daher auch in Zaubersprüchen 5 ), bei der Weihe von Gartenfrüchten 4 ), in Wetterbesegnungen 7 ), in Formeln gegen Fieber 8) und Augenkrankheiten ®), sein Bild dient gegen P e s t 1 0 ) , der Besitz oder die Verbreitung seiner Akten durch A b schreiben und Lesen sichert Vergebung der Sünden und Wohlstand z u 1 1 ) . ') T h i e r s 4, 219 f.; Andree-Eysn Volkskundliches 30 f.; L u t h e r Werke (Weimar) 1, 4 1 3 ; 1 1 , 36, 6 ff.; L a m m e r t 96; Archiv d. Vereins f. Unterfranken 5, 2, 167; Mones Anzeiger 3 (1834), 56; Dissertatio histor. quae idolum pontificorum destruetum h. e. Magnum quem vocant Christophorum oder den großen Christophel . . . praeses M. Joh. Andreas 6 G l e i c h etc. Vitenbergae 1734. ) S c h ö n b a c h in Analecta Graeciensia (1893), 32 Nr. 7; AfdA. 6, 1 6 1 . e) F r a n z Benediktionen 1, 377 ff. 7) D e r s. a. a. O. 2, 66; Grundriß der 8 romanischen Philologie 2, 3, 414. ) F r a n z a. a. O. 2, 482. ') Ebd. 2, 488. 492. 496. 497. ") H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 3 1 2 . " ) U s e n e r Acta S. Marinae et S. Christo-
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phori in Festschrift der Univ. Bonn für Heidelberg 1886, 74, 16; Acta Sanct. Boll. Juli 6, 149 (Cod. Fuld.); H. G ü n t e r Legenden-Studien (1906), 1 1 7 Anm. 1.
Noch später wird dann Christophorus auch beim Schatzgraben angerufen, wobei man Beschwörungen anwendete, die auf die mittelalt. Fassung der Legende Bezug nehmen, aber mit einer neuen Wendung in der Erzählung von der Umnennung des Heiligen durch Christus: „non amplius vocabere Offery sed Christophorus, ego te creo Thesaurarium tibique do potestatem in omnes thesauros in terra abditos, ut inter eos, qui te in meo nomine invocant, illos dividas, do etiam tibi potestatem super omnes spiritus malos e t c . " 1 2 ) . Der Heilige wird angerufen, dem Beschwörenden 300000 Gulden gutes Geld zu bringen usw. Das Ganze ist verbunden mit der Sprengung von Weihwasser, der Rezitierung des A v e Maria, des Vaterunsers, des Johannesevangeliums, der Litanei. Manche Formeln rufen auch die Wunden Christi, das Kreuz, die (72) Gottesnamen, das Tetragramm, das hebr. Alphabet, die Engel, Astarot usw. an. Diese Art, den Heiligen zur Erlangung von Reichtum zu beschwören, geht wohl darauf zurück, daß er als Nothelfer zu Wohlstand verhelfen kann, wie man auch St. Anna zur Behütung vor Armut (ut divitias largiatur) anrief 1 3 ). Gelegentlich nahm man die Beschwörung auch zu anderm Zweck vor, ζ. B . um sich mit Hilfe des Teufels der Ehefrau zu entledigen 1 4 ). Christophorusgebete sind öfters veröffentlicht worden 1 5 ), sie erscheinen in Prozessen wegen Schatzgräberei 1 6 ), in Sagen usw. 1 7 ). 12 ) J . Α. Τ a f i n ? e r Dissertatio de invocatione S. Christofori ad largiendos nummos (Tübing. 1748), 18 § 12. 13 ) Apologie der Augsb. Konfession Art. 21 § 32, vgl. J . Τ. Μ ü 1 l e r Die symbol. Bücher der evang.-luther. Kirche (1890), 228. 14 ) V e r n a l e k e n Mythen 83. 15 ) T a f i n g e r a. a. O.; C h. Μ. Ρ f a f f Untersuchung des sogenannten Christophcl-Gebets (Frankfurt 1748); W u t t k e 86 § 104; 4 1 2 § 6 4 1 ; K i e s e w e t t e r Faust 343; ( K e l l e r ) Grab d. Abergl. 3, 39 ff. 43; 5, 2 1 0 ; Z f V k . 9 (1899), 248; 1 3 (1903), 448; 15 (1905). 416. 420. 422 f.; Arch. f. slav. Phil. 2, 463; DG. 10, 7 2 ; H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 93; v. W 1 i s 1 ο c k i Μagyaren 90; £esl:y Lid 9, 395. 17, vgl. ZfVk. 18, 2 1 2 ; B e c k e r
Christophskraut—Christus
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Pfälzer Volkshunde (1925), 132. 368; WürttVjh. 13 (1890), 248 ff.; A l b e r s Das Jahr 137; B o h n e n b e r g e r u ; J o h n Westböhmen 281; M e y e r Baden 481; BayHefte 3, 74; ZföVk. 6 (1900), 120; S A V k . 21 (1917), 38· R e i t e r e r Ennstalerisch 21; V e n u l e k e n Mythen 351.263; B i r l i n g e r Volksth. 1, 325; M a n n h a r d t Germ. Mythen 154; L a n d s t e i n e r Niederösterreich 50; S c h u l t z Alltagsleben 257; J u n g b a u e r Bibliogr. 3591^.2462; R e i sei Allgäu2,178; Schloss e r Galgenmännlein 30; Schönwerth Oberpfalz 3, 48; S c h e i b l e Kloster 3, 343 ff. ls) D e t t l i n g Hexenprozesse 99; B i r l i n g e r Schwaben i, 398; 2, 494; F r i c k a r t Kirchengebräuohe 164; S A V k . 20 (1916), 433 ff. " ) S c h e l l Berg. Sagen 237 Nr. 9; 357 Nr. 57; M o n t a n u s Volksfeste 115; R a n k e Sagen 242; Μ e i c h e Sagen 737 Nr. 907; S t ö b e r Elsaß i, 23 Nr. 30; K u h n Mark. Sagen 175 Nr. 168; L ü t o l f Sagen 505; Baader Sagen 51; W a i b e 1 und F l a m m 2, 349 f. M a n b i l d e t e a u c h ein Z e i t w o r t , „ c h r i s t o f f e i n " , m i t d e m m a n das S c h a t z b e s c h w ö r e n , Z a u b e r n , B l e i g i e ß e n usw. bez e i c h n e t e 1 8 ). 1β) gen 521; ge r
W a i b e l und F l a m m 2, 99; L e n g h a g e r Sagen 72; Alemannia 25 (1897), M e y e r Baden 166; B o h n e n b e r Ii. Jacoby.
Christophskraut (Actaea spicata). 1. B o t a n i s c h e s . Hahnenfußgew ä c h s m i t z w e i - bis d r e i f a c h g e f i e d e r t e n B l ä t t e r n u n d w e i ß e n , sehr h i n f ä l l i g e n B l ü tenhüllblättern. Die zahlreichen Staubgefäße stehen weit aus den Blüten hervor. D i e F r u c h t ist eine s c h w a r z e B e e r e . D a s C. ist i m s ü d l i c h e n u n d m i t t l e r e n D e u t s c h l a n d a n s c h a t t i g e n W a l d s t e l l e n n i c h t selt e n . A b u n d z u w i r d es in der V o l k s h e i l kunde verwendet1). *) M a r z e l l
Kräuterbuch 453 f.
2. D a s C. g i l t in m a n c h e n G e g e n d e n als „ Z a u b e r k r a u t " 2 ) u n d soll z u m B e s c h w ö r e n der G o l d v e r s c h l i e ß e n d e n Geister d i e n e n 3 ) . D a m i t s c h e i n t a u c h der N a m e C. z u s a m m e n z u h ä n g e n 4 ) . 2) N e i d h a r t Schwaben 20. 3) S c h u l l e r u s Pflanzen 164. 4) „Christoffeln" = Bleigießen am Andreastag: Alemannia 25, 52; das „Christophelesgcbet" wird von Schatzgräbern gebetet: S c h e i b l e Kloster 3 (1846), 343 ff. Marzell.
C h r i s t r o s e , - w u r z s.
Nieswurz.
C h r i s t s m i n n e . Christi Minne n a c h A r t der h e i d n i s c h e n G ö t t e r m i n n e z u trin-
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k e n !), w a r b e s o n d e r s in S k a n d i n a v i e n in d e n e r s t e n c h r i s t l i c h e n J a h r h u n d e r t e n ü b l i c h , w i e die g e l e g e n t l i c h e E r w ä h n u n g des B r a u c h e s (kristminni) in Q u e l l e n der c h r i s t l i c h e n Z e i t k u n d t u t 2 ). D a ß w i r f ü r d a s D e u t s c h l a n d des 8. J h s . m i t ä h n lichen Verhältnissen rechnen dürfen, l e h r t u n s die V i t a C o r b i n i a n i u n d E m m e r a m i des B i s c h o f s A r i b o v o n F r e i s i n g (f 784), der sich ü b e r die V e r s t ä n d n i s l o s i g k e i t der B a y e r n b e k l a g t : sie seien n o c h solche N e u l i n g e i m C h r i s t e n t u m e , d a ß die V ä t e r aus d e m g l e i c h e n K e l c h e i h r e n S ö h n e n die Minne Christi u n d d e r H e i d e n g ö t t e r z u t r ä n k e n 3 ) . Mit z u n e h m e n d e r E r k e n n t n i s u n d n a c h d e m die M i n n e einzelner Heiliger, bes. G e r t r u d s , Stephans u n d des J o h a n n e s (s.d.!), stärkere B e d e u t u n g gewonnen hatte, verlor sich der B r a u c h in D e u t s c h l a n d v ö l lig, so d a ß A r i b o unsere einzige Q u e l l e b l e i b t . In S k a n d i n a v i e n f r i s t e t e die S i t t e in d e n G i l d e n ein l ä n g e r e s L e b e n ; so p f l e g t e eine d ä n i s c h e E r i c h s g i l d e auf Christus, M a r i a u n d S t . E r i c h , eine norw e g i s c h e O l a f s g i l d e auf C h r i s t u s , M a r i a u n d S t . O l a f Minne z u t r i n k e n 4 ) . Vgl. den Art. Minne. 2) Vgl. H o o p s Reallex. 3, 228; T y l o r Primitive Cultur 1 (1871), 87; Ynglinga saga cap. 39. s ) Vgl. Z f V k . 6 (1896), 186. ") Ε. Η. Μ e y e r German. Mythologie 186. Mackensen. Christus. N a m e u n d P e r s o n des H e i l a n d e s s o w i e auf i h n b e z ü g l i c h e Z e i c h e n und Symbole und von ihm herrührende R e l i q u i e n w u r d e n u n d sind n i c h t nur Gegenstand kirchlich-religiöser Verehr u n g , s o n d e r n e r s c h e i n e n a u c h seit a l t e r s in V o l k s ü b e r l i e f e r u n g e n , V o l k s b r ä u c h e n u n d s y m p a t h e t i s c h e n K u r e n in m a n n i g facher Verbindung und Verquickung mit dem Volksglauben. 1. Christi M o n o g r a m m g a l t u n d gilt n i c h t nur als S y m b o l , s o n d e r n a u c h als S c h u t z z e i c h e n u n d in der V o l k s m e d i z i n als H e i l m i t t e l , so die V e r s c h r ä n k u n g der b e i d e n ersten B u c h s t a b e n X = Ch u n d Ρ = R , v i e l f a c h m i t Α u n d Ω im K r e i s *). B e r e i t s in den c h r i s t l i c h e n K a t a k o m b e n wurden Medaillen mit dem christlichen Z e i c h e n >g 2 ) g e f u n d e n . In d e u t s c h e n L ä n d e r n w u r d e n und werden besonders
Christus
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zwei andere Monogramme v e r w a n d t . D a s I Monogramm N I R (JesusNazarenus J u d a e I orum Rex) oder nebeneinander I. N. R . I. schrieb und schreibt m a n an Haus- und Stalltüren,
auf
die
Hörner
der Rinder
oder brennt es mit einem glühenden Eisen ein (Tirol) 3 ); es steht a u c h auf „ E ß b i l d l " oder „ E ß z e t t l " , die zur W i e d e r e r l a n g u n g der
Gesundheit
verschluckt
werden4).
D a s Zeichen I Η S, als Jes zu lesen in A b k ü r z u n g aus Jesus, zeigt sich gewöhnlich im Kreis
in ungelenker F o r m
ζ. B. am Türsturz salzburgischer Bauernhäuser und auf V o r r a t s g e b ä u d e n (Kasten) neben dem Zeichen Marias und anderen Zeichen, u m U n g l ü c k (Blitzschaden) und Zauberei zu v e r h ü t e n 5 ). Gern wurden solche M o n o g r a m m e a u c h auf Pestblättern, Haus- und Wettersegen angebracht. ') H o v o r k a u. K r o n f e l d i , 94; A l l gemeines über dieses besonders der syrischen K u n s t v e r t r a u t e M o n o g r a m m bei Sauer Symbolik des Kirchengebäudes1 (1924) 448. D e r Vollständigkeit halber sei hingewiesen auf das W o r t ΙΧΘΓ2 (Ichthys, Fisch) und das Fischs y m b o l ; vgl. D ö l g e r ΙΧΘΥΣ 1 (1910): Das Fischsymbol in frühchristlicher Zeit; 2 (1922): Der heilige Fisch in den antiken Religionen xmd im !) M a r t i g n y Christentum. Diet. d. Antiqu. ehret. (1865) 28, 233. 3) S e l i g m a n n Blick 2, 319.' 4) A n d r e e - E y s n Volkskundliches 121. 5) E b d . 99. 109.
2. A n r u f u n g des Namens Chr. (Jesu) und Hinweise auf seine Menschwerdung, sein Leiden, seine A u f e r s t e h u n g und seine W i e d e r k e h r bildeten in der altchristlichen K i r c h e nebst dem K r e u z zeichen wichtige Teile der Exorzismen 6 ). Besonders in dem Hinweis auf die Menschw e r d u n g erblickte man seit alters ein wirksames Mittel zur B e z w i n g u n g der D ä m o n e n 7 ) . Im V o l k e herrschte, wie zahlreiche Sagen und E r z ä h l u n g e n lehren, die Meinung, der N a m e Jesu allein, gesprochen oder (mit Blut) geschrieben, banne den T e u f e l 8 ) , der Ausruf „ J e s u s M a r i a " oder „ J e s s e s " verursache, d a ß gehobene S c h ä t z e oder S p u k plötzlich verschwänden. G a n z allgemein w a r und ist
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Chr. 2ωτήρ, Heiland, nicht nur der Seele, auch des Leibes, Helfer aller. I m mittelalterlichen deutschen Reimpassional (13. Jh., Legendensammlung) ist er der „ n o t helfere". Daher spielen Name, G e b u r t und Heilswerke Chr. in den v o l k s t ü m lichen S y m p a t h i e k u r e n eine große Rolle, genauer in deren Heilsegen und Beschwörungsformeln, ζ. B . gegen Fieber, B l u t u n g und V e r w u n d u n g , zur Heilung kranker Tiere (Pferde), E r h a l t u n g gesunder (Bienen) und A b w e h r schädlicher (Wölfe) 8 ). In deutschen Fiebersegen werden die K r e u z i g u n g Christi und die den Heiland peinigenden Schmerzen e r w ä h n t ; auch gedenken deutsche Formeln der Schmerzen des Herrn bei der D u r c h b o h r u n g seiner H ä n d e und F ü ß e bei der A n n a g e l u n g 1 0 ) . Die zahlreichen deutschen B l u t segen erwähnen Chr. Geburt, seine T a u f e im Jordan, seinen T o d und seine A u f erstehung, seine W u n d e n und sein heiliges B l u t u ) . Die Erinnerung an das B l u t v e r gießen des Heilandes wird besonders gern in V e r b i n d u n g mit dem Lanzenstich des Longinus erwähnt. Für das Stillstehen des Blutes berufen sich die deutschen Segen gern auf das Stillstehen, das das Wasser des J o r d a n s der L e g e n d e gem ä ß bei der T a u f e Chr. erfuhr, auch auf das Stehen Chr. a m K r e u z e 1 2 ) . A n Versuchen, Chr. und überhaupt die christlichen N a m e n solcher Segen als Substitution für heidnische Götternamen nachzuweisen, h a t es nicht g e f e h l t 1 3 ) . Die W a h r h e i t liegt a u c h hier, wie so oft, in der Mitte. 6) F r a n z Benediktionen 2, 532. 574. ') D ö l g e r Der Exorzismus (1909) 123. 130. 6) Κ ü h η a u Sagen 3, 27. 42. 49. 77. 540. 553. 580. 595. 706. 9) V g l . die m a n n i g f a l t i g e n altdeutschen S e g e n : M S D und S t e i n m e y e r Die kleineren althochd. Sprachdenkmäler (1916) 3 6 7 — 3 9 6 (Beschwörungen und Segen). Ü b e r spätere F o r m e l n s. F r a n z Benediktionen 2, 137. 4 1 5 ; F e h r l e Zauber und Segen 22 f f . 10) F r a n z a. a. O. 476; Z f d A . 13, 2 1 4 ; 17, 429; G r i m m Myth. 500 (16). 1 I ) B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 442. 43; L a m m e r t 191 bis 195. 12 ) F r a n z a . a . O . 5 1 1 A n m . 5. " ) Sitzb. W i e n . Phil. K l . 25, 308; Schönb a c h Berthold v. R. 124.
3. Unter den S y m b o l e n Chr. oder seiner W e r k e erscheint als hehrstes das L a m m u ) ,
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Christus
über das nach altem Volksglauben die Hexen keine Macht haben (s. Agnus Dei), ferner der Pelikan, der sein Herzblut hingibt f ü r seine Jungen, auch gern als Reliquienbehälter benutzt, beide in Prozessionen, ζ. B. im Rheinland, noch heute die wichtigsten' Symbole, die zu tragen Mädchen sich zu größter Ehre anrechnen, weiterhin die Osterkerze und viele and e r e 1 5 ) . Früh wurde auch das Evangelienbuch als Symbol Chr. betrachtet und in Prozessionen süddeutscher Diözesen auf einer Tragbahre mitgeführt 16 ). Auch in der Geschichte der religiösen Heilmethoden spielte es eine Rolle, vorzüglich das von Pürten in Bayern als Heilmittel gegen Irrsinn. Als Symbol des Sieges Chr. üDer den Teufel führte man bei feierlichen Prozessionen ein plastisches Drachenbild hinter dem Prozessionskreuz 1 7 ). 14 ) F r i e d r e i c h Symbolik 492. 1 5 ) F r a n z Benedihtionen 1, 507. 512. 520. 548. 554. le ) Ebd. 2, 436. 17 ) Ebd. i, 161.
4. Chr.reliquien wurden dem Volke in reicher Zahl vorgezeigt, Partikel von der Krippe, in der das Jesuskind gelegen, überhaupt von den Windeln bis zu dem Stein, von dem aus der Erlöser gen Himmel fuhr l s ). Vorzüglich schätzte man die Passionsreliquien, die vom Leiden Chr. herrührten, Partikel der Marterwerkzeuge, vom hl. Kreuz, vom hl. Grabe, von den Tüchern, in die der hl. Leichnam eingehüllt war, sogar von seinen blutigen Tränen, v o m Blut des Herrn und aus Hostien, die sich mit solchem wunderbarerweise erfüllt hatten, von Stätten, an denen Chr. bei besonderen Gelegenheiten geweilt hatte. Auf Wunsch Kaiser Karls IV. ordnete 1 3 5 4 Innozenz V I . das Fest der Lanze und der N ä g e l 1 9 ) an, das am Freitag nach Quasimodogeniti (1. Sonntag nach Ostern) gefeiert wird. In dem Hechtskopf findet man am K a r f r e i t a g nach dem Volksglauben die Leidenswerkzeuge Christi 20). Zu den wichtigsten Chr.reliquien gehört der heilige ungenähte Rock Christi 2 1 ), in dessen Besitz 326 die hl. Helena bei der Auffindung des heiligen Kreuzes und anderer Reliquien gekommen sein soll.
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Papst Silvester I. soll dann dem Priester Agritius außer andern Reliquien den ungenähten R o c k als Geschenk f ü r die Trierer Domkirche übergeben haben. Die aus dem Ende des 1 1 . J h s . stammende Vita des hl. Agritius, Bischofs von Trier, enthält nur eine ganz unbestimmte Nachricht über den hl. Rock. Z u m ersten Male wurde 1 5 1 2 bei Anwesenheit des Kaisers Max in Trier und auf dessen Wunsch „ d e r " hl. R o c k ausgestellt. Seitdem wiederholten sich solche Ausstellungen öfter und veranlaßten große Pilgerfahrten. Sehr tief setzte sich die Legende v o m hl. R o c k im Sagenschatz des Volkes f e s t 2 2 ) . Im MA. wurde sie in dem Spielmannsgedicht Orendel (um 1190) mit der Geschichte einer B r a u t f a h r t und Reiseabenteuern im Morgenland (Seefahrermythus?) verquickt 23 ). Außer in Trier wurde und wird noch an vielen andern Stellen ein hl. Rock Christi verehrt, vornehmlich noch in Argenteuil (bei Paris) 2 1 ). Das alte Köln bewahrte in der Kartäuserkirche S. B a r b a r a den Rocksaum Christi auf. Frauen, die an übermäßiger Menstruation litten, heilten sich durch den Genuß von Wein, in den ein an die Rockreliquie angerührter Lappen getaucht war 25 ). 1β ) N A . 69 (1900), 1 4 1 . 143. 147—155. Hist. Jb. Görresgesellschaft 15 (1896), 257 bis 278: Windeln des Herrn in Aachen schon Ende des I i . Jhs. gezeigt. " ) K e l l n e r Heortologie 3 (1913), 80. 3 1 3 . 20) F o n t a i n e Luxemburg 37. " ) Erschöpfende Literaturangaben jetzt bei F o x Saarland 220—222. 254 bis 22 259. 460—461. 468—470. ) Herzog Schweizersagen i, 145. " ) Herausgegeben von 24 B e r g e r , Bonn 1885. ) L a m m e r t 399. Ausführlich zu diesen beiden Kleidern F o x a. a. O. 46g—470. " ) W i n h e i m Sacrarium Agrippinae (Coloniae 1607) pag. 205 oder ebd. 1736 pag. 163: De fimbria (Saum) tunicae Christi inconsutilis (ungenäht), quam mulier sanguine fluens tetigit: Hinc matronae civitatenses, eadem infirmitate detentae, vinum in Carthusiam mittentes, petunt ut panniculus, quo particula fimbriae attingi solet, in illud intingatur; de quo gustantes incunctanter revalescunt.
5. Chr. Offenbarung, eine Aufzählung seiner Leiden und Martern, im ganzen sechzehn verschiedene Gruppen, den „heiligen drei Frauen Maria, Elisabeth und B r i g i t t a " gegeben, durch den Geistlichen Schild (s. d.) verbreitet, sollte nach-
C h r i s t u s (in Segen)
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getragen als S c h u t z m i t t e l gegen den bösen Feind gelten, v o r j ä h e m T o d behüten und ähnlich v o n Schwangeren getragen diesen zu leichter E n t b i n d u n g verhelfen. V o n den sechzehn Gruppen o f f e n b a r t die erste: „ i c h habe 162 Maultäschen v o n den J u d e n e m p f a n g e n " , die letzte „ B l u t s tropfen, so aus meinem L e i b geflossen, 30430". ")
Geistlicher Schild
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6. In teils vielverbreiteten Legenden, Sagen und s c h w a n k h a f t e n Geschichten steht Chr. handelnd oder anders im Mitt e l p u n k t des Geschehnisses. Diese Erzählungen k n ü p f e n an sein L e b e n und Leiden a n 2 7 ) , an die Gegnerschaft der J u d e n a ) , an sein W a n d e r n und W a n d e l n mit den Aposteln, besonders mit Petrus, und an anderes. Erzählungen über V i sionen Chr. sind außer durch Heiligenviten namentlich durch die sogenannten E x e m p e l (Predigterzählungen) des MA.s v e r b r e i t e t worden, in Deutschland ζ. B. durch den Zisterziensermönch Cäsarius v . Heisterbach (um 1220) 3P). V o n besonderer B e d e u t u n g sind die Erzählungen, die auf deutschen B o d e n v e r l e g t sind, ζ. B . die biblische E r z ä h l u n g v o n der V e r s u c h u n g Christi durch den T e u fel 31 ), oder wie Chr. seine Fußspuren in den Stein eindrückt oder gar seine ganze Gestalt 32 ). A u f Grund mancher solcher Überlieferungen wird versucht, Chr. mit ursprünglichen oder später eingedrungenen Gestalten des Volksglaubens in Verb i n d u n g zu bringen oder solchen gleichzusetzen, mit jeweils in der Gegend hausenden Riesen oder dem Teufel oder mit Gestalten der M y t h o l o g i e , v o r allen andern mit W o d a n und Donar. O b und wie weit solche Chr.erzählungen auf sogenanntes altes E r b g u t z u r ü c k z u f ü h r e n sind, wird in ganz klarer, eindeutiger Weise selten festzustellen sein. Anscheinend besonders auf süddeutschem B o d e n verbreitet sind die vielfach schwankartigen Geschichten v o n Chr. und Petrus auf der W a n d e r s c h a f t und ihren meist seltsamen Erlebnissen, die teils den Charakter v o n M ä r c h e n m o t i v e n tragen 33 ). *') V g l . G ö r r e s Volksbücher (Ausgabe Mackensen 250—261); K l a p p e r Erzäh-
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lungen passim (s. Register). B a r t s c h Mecklenburg 1, 5 2 3 — 2 4 ; L ü t ο 1 f Sagen 1 1 1 ; Meyer Aberglaube 212. 214 (Christus i m G l a u b e n der Juden). 29) G ü n t e r LegendenStudien passim (s. Register). 30) Dialogus Miraculorum: Distinctio o c t a v a de diversis visionibus. D i s t i n c t i o nona de sacramento corporis et sanguinis Christi. Ü b e r s e t z u n g e n : N A . 47, 145. 182; 53, 52. 95. 99. 139. 170. 183. 31 ) L a i s t n e r Nebelsagen 179. 309; K ü h n a u Sagen 2, 557. 32) G r i m m Sagen 149 Nr. 184; v g l . a u c h S e b i l l o t Folk-Lore 1, 363; L a i s t n e r Nebelsagen 179. 309; W o l f Beiträge 2, 22. " ) P a n z e r Beitrag 2, 20. 559; W o l f Beiträge 2, 40 ff. (mit H i n w e i s auf G r i m m s Beurteilung) und 52 f f . ; Q u i t ζ m a η η ι 6 4 ; B a v a r i a 2, 226; H e r t z Elsaß 40; W a i b e l u. F 1 a m m 1, 88; R e i s e r Allgäu i , 354; Kühnau Sagen 2, 710.
7. Gern v e r k n ü p f t e der christliche V o l k s g l a u b e die P f l a n z e n w e l t wie mit den Heiligen allgemein, so mit Chr. insbesondere. Daher sind zahlreiche Pflanzen nach Chr. benannt und Gegenstand frommsinniger Legenden. K i n d e r glaubten, die kleine Narbe a m unteren E n d e eines Weizenkorns stelle das A n t l i t z des Heilands vor 34 ). 31) F r a n z Benediktionen 1, 397; S ö h η s Pflanzen (Register); M a r ζ e i l Pflanzenwelt; F o n t a i n e Luxemburg 36. Wrede.
Christus (in Segen). 1. Ein streng kirchlicher C. begegnet uns zu allen Zeiten in den einfach aus Bibel- und S y m b o l z i t a t e n bestehenden oder sich doch den biblischen T e x t e n nahe anschließenden Segen (s. Segen § 10 a und Biblische Zitate). So ζ. B. in den Credo-mäßigen S p r ü c h e n : C. in B e t h l e h e m geboren usw. (s. Glückh a f t e Stunde). Einerseits können dann hier die mehr p a s s i v e n Z ü g e im C.bilde (Leiden und Tod) überwiegen, in späteren Zeiten m a n c h m a l sogar mit theologischen Distinktionen ausgeführt [ζ. B. ,,(du) starbst an der menschait v n d nicht an der godthait f ü r mich N. v n d für all k r i s t e n h a i t " (Gichtsegen 16. Jh. 1 )]. Andererseits k a n n der a k t i v e , hilfund siegreiche Ch. hervortreten. So in den, v e r h ä l t n i s m ä ß i g wenigen, Bezugnahmen auf die Heilungswunder der E v a n g e l i e n ; a u c h in dem seit dem 15. Jh. als Schutzsegen beliebten Z i t a t e L u k . 4, 30 „ J e s u s a u t e m transiens per medium
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Christus (in Segen)
illorum (sc. der Feinde) i b a t " . Endlich gehören hierher die in volkstümlichen Segen nicht gerade h ä u f i g e n Ä u ß e r u n g e n über Höllenfahrt und Auferstehung; D i e b e ζ. B. k a n n m a n binden „ m i t den B a n d e n , w o m i t C. der Herr die Hölle g e b u n d e n h a t " 2 ); ein Schutzsegen hebt a n : „ H e u t e stehe ich auf auff diessen Tag, als unser Her Jesus C. stund aus seinem hl. G r a b " 3 ). Alemannia 27, 117 ff. 2) ZföVk. 2, 151. ») WürttVjh. 13, I6I Nr. 17.
2. A b e r schon v o n ältester Zeit an sehen wir die Besegner sich eben den a k t i v e n C., seine W u n d e r und H e i l u n g s m a c h t auch durch u η biblische T e x t e vergegenwärtigen. Z u n ä c h s t durch das vorchristliche Begegnungsschema, w o er oder andere Heilige als W u n d e r a r z t a u f t r e t e n (s. Segen § 5. 9. 12). Schon um 500 l ä ß t ein solcher griechischer Segen aus Ä g y p t e n Jesus eine Arznei offenbaren, später ähnlich im Dreibrüdersegen (s. d.) usw. A u c h in Sprüchen, die formell anders gestaltet sind, wie w e n n Ch. im deutschen Trierer (Pferde-) Segen (s. d.) S t e p h a n u s ' R o ß heilt. Diese W u n d e r m a c h t erreicht ihren Gipfel, w e n n sogar der v e r w u n d e t e und g e k r e u z i g t e Heiland als eigenem Leiden u n z u g ä n g l i c h oder magisch überlegen erscheint 4 ). Dies ist der Fall in frühmittelalterlichen Segen, bes. W u n d s e g e n (s. d.), lateinischen und volkssprachlichen. Hierher gehören v o r allem die g e h ä u f t e n Ä u ß e r u n g e n über die schmerz- und eiterfreie(n) hl. W u n d e ( n ) : „ N e c (putredinem ?) fecit, nec uena dol u i t " 5 ), I i . J h . ; „ d a z infulte noch inswar, noch geschoz q u a m d a r " e ), 13. Jh. usw. W e i t e r heilt C. in alten F a s s u n g e n des Longinussegens (s. d.) selbst sogleich seine W u n d e ; er s p r i c h t : ziehe dich zusammen, B l u t 7 ) ; oder er d e c k t (?) die W u n d e mit dem D a u m e n 8 ) . Man k a n n im Sinne dieser Segen fragen, ob Jesus ü b e r h a u p t eigentlich „ g e s t o r b e n " ist (Christ w a r d w u n d , da w a r d er heil und a u c h gesund; jenes B l u t stand, so tue du, B l u t , s. Trierer Segen). Endlich schuf der Herr, laut dem altenglischen Neun-
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kräutersegen, „ a l s er h i e n g " , zwei K r ä u ter „ a l l e n zur H i l f e " 9 ) . N u n erinnern z w a r jene Ä u ß e r u n g e n über die W u n d e an Apostelgesch. 2, 27 (Jesus sollte keine V e r w e s u n g sehen), und J a c o b y h a t einen b y z a n t i n i s c h e n Segen herangezogen: „ C h r i s t i L e i b i m G r a b e erhielt sich ungeschwächt, u n v e r w e s t " usw. 1 0 ) (ganz vereinzelt ebenso in deutschem B r a n d s e g e n 1 1 ) ) . A b e r jedenfalls sind jene f ü r uns so sonderbaren Segen über die hl. W u n d e n nicht als bloße E n t a r t u n g e n solcher korrekter Segensformen aufzufassen; eher d ü r f t e n die korrekten b e w u ß t e „ V e r b e s s e r u n g e n " sein. D e n n jene Vorstellungen v o m Heiland sind mit der f a k t i s c h e n Christologie der alten K i r c h e nahe v e r w a n d t . Z w a r wurde der bewußte „Doketismus" (Dogma vom Scheinleib Christi) der Gnostiker verketzert, aber die alte K i r c h e ging doch über die Leiden (die Leidensfähigkeit) Jesu meistens leicht hin; ihr Chr.bild war ein „ a p a t h i s c h e s " (vgl. a u c h die alten Märtyrerlegenden in F r a g e der Schmerzen). Im W e s t e n stößt m a n auf erstaunliche Ä u ß e r u n g e n sogar bei a n e r k a n n t e n Verfassern (des 4. Jhs.); nach Hilarius h a t Jesus niemals S c h m e r z empfunden, und Prudentius l ä ß t in seinem Gedicht über das L e b e n Jesu den Heiland noch vor seinem T o d e in den Hades fahren, dann erst „ s i c h einem kurzen G e b r a u c h des Todes überlassen", um den T e u f e l zu überlisten und die Gräber zu öffnen 1 2 ). Unsere Segen, die C. noch gröber und naiver als magische G o t t h e i t darstellten, sind dem v o l k s t ü m l i c h e n B o d e n entsprungen, der zu guter L e t z t a u c h die mehr theologischen Vorstellungen nährte. — D e m L e b e n s a u s g a n g Jesu ebenbürtig hat man damals seine G e b u r t als magische K r a f t q u e l l e und W e l t e n w e n d e hingestellt: „ Q u a n d o natus est C., f u g i t dolor", sagt ein W u n d s e g e n (aus England, um 1000 ?) 1 3 ); und ein deutscher Segen, 13. Jh., erinnert daran, daß der Stein nicht wuchs, „ s i t Crist geborn w a r t " 14 ). (Vgl. auch Wolfsegen § 2.) Später wurde solches mit seinem Leiden motiviert. Mit der bernhardinischen und franziskanischen F r ö m m i g k e i t wurde in der
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Chrysolith
K i r c h e ein großer U m s c h w u n g eingeleitet. Die K u n s t und das S c h r i f t t u m der Folgezeit v e r t i e f t e sich in das übergroße Leiden Christi. In der Unterschicht h a t t e die alte A n s c h a u u n g jedenfalls so tiefe Wurzeln, daß a u c h ferner jene alten Segen nicht bloß bis auf unsere Zeit im G e b r a u c h blieben, sondern auch neue V a r i a t i o n e n s c h u f e n ; so das „ S c h a d e t ihm sein Henken n i c h t " (s. Verrenkungssegen); a u c h ζ. B. „ A s Jesus a m K a r f r i d a g a m K r i ü z honk, do streckte he sine rächte H a n d ut un trock (zog) den K r e b s h e r u t " 1 5 ). J a , auch andere, seit dem späteren M A . vorliegende Segen sind noch nach alter A r t gedichtet, so besonders der Gichtsegen (s. d.) v o m B e b e n aller Dinge, v g l . noch den G e b r a u c h v o n L u k . 4, 30 (s. § 1). *) Vgl. J a c o b y Z f d A . 54, 206; S t e i n m e y e r a a s ; O h r t Vrid og Blod I 3 4 f f . i 8 8 f f . 5) M S D . 2, 275. *) Z f d A 15, 452 ') M S D . 2> 2 7 5 · 8) A f d A . 1 5 , 2 1 6 . ') H o o p s Pflanzenl0 ) namen. V a s s i l i e v Anecdota GraecoByzantina 1, 334. " ) S e y f a r t h Sachsen χ 33· 12 ) V g l . H a r n a c k Lehrbuch der Dog3 mengeschichte 1 , 1 8 5 i . ; 2,301; P r u d e n t i i Carmina (ed. Dressel) 52 if. 13) J A m F l . 22, 186. " ) Z f d A . 15, 455; vgl. Alemannia 22, 122 Nr. 8. " ) Z f r w V k . 1 (1904), 2 1 7 ; vgl. W r i g h t H a l l i w e l l Reliquice Antiques ι , 126.
3. Der neueren F r ö m m i g k e i t entspricht innerhalb der v o l k s t ü m l i c h e n Segen ein H e r v o r h e b e n des L e i d e n s u n d T o d e s Christi, teils in einfacher A u s n u t z u n g des Bibelstoffes, teils auf freiere A r t . Eine F o r m des Longinussegens (s. d.), v o n 1200 a n bezeugt, betont Joh. 19, 34 ( E x i v i t sanguis). V o n ca. 1300 an sehen wir auch das (außerhalb der Segen alte) Motiv v o m S c h m e r z der A u g e n z e u g e n der Passion (Maria, Petrus) besonders in W u r m s e g e n (s. d. § 2) v e r w e n d e t . O f t werden die fünf W u n d e n (s. Fiebersegen) und die Nägel Christi erwähnt, j e d o c h mehr als K r a f t t a l i s m a n e denn als Marterzeichen. A u c h Christi Schmerzen können (gew. kurz) hervorgehoben sein; ,,C. w a r d v e r w u n d e t durch sein bitter L e i d e n " (sie; in der Folge s t e h t : „ S e i n e W u n d e n . . . t h a t e n ihm g a r nicht w e h " ! 1 6 ) ) . Die Gicht wird beschworen „ b e y der hl. Marter J. C., b e y den drei N ä g e l n " 17 ), usw. Selten wird die P e i n i g u n g derb a u s g e m a l t 1 8 ) .
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Gewöhnlich aber erhält Christi Leidensfähigkeit in den Segen seit dem S p ä t mittelalter einen anderen und sanfteren A u s d r u c k , bes. durch neue (vgl. § 2) A u s n u t z u n g des Begegnungsschemas. Neben Segen, in denen Jesus Maria hilft, gehen andere, wo er u m g e k e h r t — wie es scheint o f t als K i n d vorgestellt — v o n seiner Mutter Hilfe heischt und e m p f ä n g t (s. Maria). Ä l t e s t e Belege aus dem 14. Jh. Hier ist v o n seinem T o d e nicht ausdrücklich die R e d e ; höchstens und vereinzelt, „ c h o m e n die Übeln weip und benamen im seinen l e i b " 19 ), oder er „ v e r r e n c k t " sein Fleisch, B l u t und Bein 20 ) (s. Verrenkungssegen). In einem Blutsegen wie dieser: „ M a r i a mit ihrem Sohne sie beide gingen in einen Garten, sie n a h m Salbe in ihren Mund und v e r b a n d i h m seine W u n d " 21 ), klingen Biblisches (Joh. 19, 25; Mark. 16, 1), naiv Altkirchliches (Jesus genest ohne Sterben) und Neueres (Maria als Jesus überlegen) zusammen. ") ZfVk. i, 195. ") H o v o r k a und K r o n f e l d 2, 279. 18) G r i m m Myth. 3, 503, X X X I X (eigl. ein Lied); Z f d M y t h . 4 , 1 2 8 . ") Z f d A . 24, 70. «•>) Germania 17, 75. 21) K u h n Westfalens, 197 Nr. 552. Ohrt.
Chrysolith. Griech. χρυσόλιΟ-ος = Goldstein *), mhd. krisoli. K o n r a d v o n Megenberg s a g t : wer den Chrysolithus in Gold g e f a ß t trägt, ist v o r dem A l p d r ü c k e n sicher. W i r d der Stein durchbohrt und ein Eselshaar durch die B o h r u n g gezogen, so verscheucht und v e r j a g t er die bösen Geister. Man soll ihn an der linken Seite tragen 2 ). N a c h anderen ma.liehen Quellen v e r t r e i b t der Ch. die Geilheit, Fallsucht und Pest, verscheucht die Melancholie , h e m m t Zornesausbrüche und bringt Weisheit 3 ). Man glaubte auch, daß er den A t e m stärke, und verordnete ihn deshalb in geriebenem Z u s t a n d e und aufgelöst, den A s t h m a t i k e r n ; in hitzigen Fiebern sollte er, unter die Z u n g e gelegt, den Durst löschen 4 ). Der Ch. gehört zu den Monatssteinen und b e w ä h r t seine K r ä f t e an denen, die im September geboren sind 5 ). P a u l y - W i s s o w a 3, 2516. a) Μ e genberg B.d.N. 380; vgl. Ρ 1 i n. n.h. 37 § 20 s. v . Beryll; A g r i ρ ρ a ν. Ν . ι , 134; Schade 1381 Sp. 2 u. 1380 Sp. 2 unten;
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Chrysopras—Clavicula
L ο η i c e r 60. ') Z f d A . 18 (1875), 433 Nr. 22; Marbod c. 1 1 ; V o l m a r 229 f f . ; St. Florian 277 = Μ e y e r Aberglauben 5 7 ; S t a r i c i u s Heldenschatz (1706),478; S c h i n d l e r Aberglauben 159; Z e d i e r s . v . B d . 5, 2286. *) Z e d i e r a. a. O. ') Vgl. Monatssteine u. Th. K ö r n e r Die Monatssteine Str. 9. Olbrich.
Chrysopras. Griech. χρυσοπράσιος (λίθ-ος) lauchgrüner, mit G o l d p u n k t e n besetzter Stein. Der C. der A l t e n w a r vielleicht eine A r t des B e r y l l ; jedenfalls h a t der heute so genannte Halbedelstein mit i h m nichts gemein und seinen N a m e n erst u m die Mitte des 18. Jhs. e r h a l t e n 1 ) . Nach mittelalterlichen Quellen m a c h t der C. blöde A u g e n klar, b e n i m m t seinem T r ä g e r die N e i g u n g z u m Geize, s t ä r k t das H e r z und verleiht dem Menschen S t e t i g k e i t zu allen guten W e r k e n 2 ). In der mystischen D e u t u n g der A p o k a l y p s e w a r der C. Allegorie und Sinnbild der M ä r t y r e r 3 ) . Schade berichtet als antiken A b e r g l a u ben, der C. beseitige, an der H a n d w u r z e l getragen, asthmatische B e s c h w e r d e n 4 ) . ») S c h a d e 1383 Sp. 2; P a u l y - W i s s ο w a 3, 2518. 2) Μ e g e η b e r g Buch der Natur- 378 und 381; Z e d i e r 5 , 2 2 8 9 ; Lonicer 60; S c h a d e 1382 Sp. 2 unten; 3) Z f d A . 18 (1875), 433 Nr. 21. Schade ebd. Sp. 2 oben (aus Beda). 4) E b d . Zeile 23 (aus Psellus). Olbrich.
C h u n k l e , F r a u (vgl. Chlungeri) ein schweizerischer weiblicher Spinnstubengeist, der wie seine E n t s p r e c h u n g e n (die v o g t l ä n d i s c h e F r a u W e r r a , F r a u Holle usw.) in der Z w ö l f t e n z e i t u m g e h t und untersucht, ob die Spinnerinnen fleißig g e n u g waren. W e r bis W e i h n a c h t e n nicht mindestens z w a n z i g Haspeln gesponnen hat, wird g r a u s a m b e s t r a f t : die C. w i r f t die F a u l e z u m H a u s e heraus und verbietet ihr, die F a s t n a c h t s v e r g n ü g u n g e n m i t z u m a c h e n . ·— Die spärlichen und späten Belege f ü r die C., die erst in die zweite H ä l f t e des n e u n z e h n t e n Jahrhunderts weisen, fernerhin der u n m y t h i sche N a m e ( = F r a u Spinnrocken, also Personifikation eines A r b e i t s g e r ä t e s als Schreckgespenst f ü r Arbeitsunlustige), endlich das Fehlen jeder eingehenderen Beschreibung ihrer Persönlichkeit, die bei v o l l m y t h i s c h e n Gestalten stets gegeben
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Salomonis
wird, beweisen ziemlich eindeutig, daß wir es hier mit einer n a c h m y t h i s c h e n Däm o n e n b i l d u n g zu t u n haben, die z w a r einige Z ü g e v o n v o l l m y t h i s c h e n G e s t a l t e n in versteinerter F o r m entlehnt hat, ohne doch die K r a f t zu finden, zur Charakterisierung mehr Z ü g e beizubringen als das A l l e r w e l t s m o t i v des Schreckgespenstes. So stellt sich die C. nicht zu den „ Z w ö l f t e n g o t t h e i t e n " , wiewohl ihr W i r k e n in die Zeit der Z w ö l f t e n fällt, sondern vielmehr zu den jungen, n a c h m y t h i s c h e n Drohgespenstern pädagogischer A r t , die besonders in der K i n d e r s t u b e beliebt sind. ]) Schweiz.Id. 3, 365, wo die Belege am zahlreichsten gesammelt sind. Mackensen.
Cichorium s.
Wegwarte.
Cisa. A u s dem N a m e n Cisburg f ü r A u g s b u r g und aus dem Cistag (sisdag = kartag, T a g der T o t e n k l a g e ) schlossen Gelehrte des M A . s auf eine germanische G ö t t i n C. Grimm, M y t h o l o g i e 1, 242 f f . v e r t r i t t ihre E x i s t e n z n o c h ; Josef B a c h lechner in Z f d A . 8, 587 f. u. M. H e r t z (ebd. io, 291 ff.) deckten j e d o c h den Irrschluß auf. Vgl. G ο 1 1 h e r Mythologie 489; S c h ö n b a c h Berthold υ. Regensburg 9. Bachtold- Stäubli.
Clavicula Salomonis. Die C. S. ist ein altes, in verschiedenen Rezensionen und A u s g a b e n weit verbreitetes B u c h , das Bes c h w ö r u n g e n der Geister zu m a n n i g f a c h e n Z w e c k e n enthält. Ü b e r die P s e u d o a u t o r s c h a f t s. Salomo. A u s g a b e n : 1. C. S. filii D a v i d s. 1. ni d. 4 0 (48 pp.) a v . f i g . en bois l ) ; 2. C. S. id e. der Schlüssel Salomonis, magiae albae et.nigrae (Constantinus M. h a t diese C. v o n Jerusalem ges c h i c k t a. 320). R o m a e 1570 gr. in 8 ° a v . fig. mag. enlum. (gehört d e m 18. Jh. an) 2 ); 3. Les vräies Clavicules du R o i S a l o m o n par A r m a n d e l , avec le livre d'dr t o u c h a n t les v e r t u s d ' i c e u x (Catalog Filheul p. 81 sq.) 3 ); 4. C. S. et theosophia pneumatica, d. i. w a h r h a f t e E r k e n n t n i s G o t t e s u n d s e i n e r s i c h t i g e n u n d unsichtigen Geschöpfe. Wesel, D u i s b u r g u n d F r a n k f u r t a. M. 1686 in 4 0 (nach Fabricius 4) schon 1626) 5 ); 5. (Hama) Clavis S. et thesaurus o m n i u m scientiarum regi Salomoni per
Clavicula Salomonis
89
angelum Dei j u x t a altare revelatus et per a n t i q u u m R a b o n e m H a m a descriptus, j a m v e r o per Balth. N e y d e c k e r translatus. In Germania editus 1 7 1 6 in 4 0 6 ); 6. CI. S. Necromantica oder der Schlüssel (NB.) magischer Weisheit Salomons zu bezwingen, und zu allen Diensten zu haben gemelte Geister (in einem Höllenz w a n g Fausts, s. d.) ' ) ; 7. L e grand grimoire avec la Grande Clavicule de Salom o n ; et la magie noire ou les Forces infernales du Grand A g r i p p a , pour ddcouvrir tous les tr6sors cach6s, et se faire ob6ir h tous les E s p r i t s ; suivie de tous les A r t s magiques. S. 1. et s. d. pet. in 18 0 de 103 pp. fig. dans le t e x t e 8 ); 8. Les v6ritables Clavicules de Salomon (alias trad, de l ' h i b r e u par de Plaingifcre), suivies du f a m e u x Secret du Papillon v e r t . Memphis, chez A l i b e c k l ' E g y p t i e n s. d. (vers 1830) in 1 8 0 de 99 pp. av. fig. 9 ); 9. F y o t (F. F.) + Les Clavicules de Salomon. T r a d u i t de l ' H e b r e u x en langue Latine, P a r le R a b i n A b o g n a z a r , et mis en langue vulgaire par Μ. Barault, archevSque d'Arles M D C X X X I V (1634). S. L . N . D . ( P a r Chamuel 1892) 10 ). D a z u k o m m e n noch weitere handschriftliche und ged r u c k t e Editionen, die K i e s e w e t t e r und andere angeben u ) . Graesse
Trisor2, 196; F r . G . F r e y -
t a g Analecta literaria (1750), 802; R e u s c h Der Index der verbotenen Bücher 1 (1883), 23;
K i e ' s e w e t t e r i ? a « 5 i 2 (1921), 72. a) G r a e s -
s e a. a. O . 2, 196. s ) E b d . 2, 196. *) Codex pseudepigraphus Veteris Testamenti 1 (1713),
1053.
')
Scheible
Kloster
3,
191 f f . ;
Graesse a . a . O . 2, 196; Handschriftl. Schätze aus Klosterbibliotheken umfassend 40 Hauptwerke über Magie. Köln a. Rh. Bei P. Hammers Erben 1734 in 12 0 Nr. 26; A b t Apuleius 38. ') G r a e s s e a . a . O . 3, 203; Β r u η e t Manuel du libraire et de Vamateur de livres 2 (1821), 145. ') S c h e i b l e Kloster 5, 8) C a i l l e t 1160 f f . Manuel hihliogr. des sciences psychiques ou occultes 3 (1912), 476.
s)
Ebd. 3, 476. ">) Ebd. 2, 121. ll )
Geschichte
332 ff.;
der menschlichen
Fabricius
Narrheit
a.a.O.
Adelung
6 (1785 f f . ) ,
1,
1052 f.;
T i l g n e r Nova librorum veterum collectio 4, 747 f f . ; A r t i g η y Memoires 1, 32 f f . ; K i e s e w e t t e r Faust 2, 66 f f , ; The hey of Solo-
mon the king (CI. S.). Now first translated and edited from ancient msc. in the British Museum by S. L i d d e l l M a c G r e g o r M a t h e r s . London 1909. Der T i t e l
C. ist zu
verstehen
im
90
Sinn v o n „ E i n f ü h r u n g " wie m a n bis heute sprachliche, medizinische u. a. B ü c h e r als Clavis oder Schlüssel bezeichnet. F ü r magische und mystische Schriften k o m m t das W o r t bereits in den hellenistischen Z a u b e r t e x t e n 12 ) vor, die eine κλείς des Moses k e n n e n ; χλείς heißt auch eine hermetische S c h r i f t 1 3 ) ; ferner ein B u c h des Hermes nach dem Alchemisten Zosimus 14 ). D a s christliche A l t e r t u m besaß eine Clavis (Pseudo-)Melitonis, ein Glossar biblischer B e g r i f f e und Vorstellungen l s ) ; es gab eine Clavicula des Lullius, eine alchemistische S c h r i f t l e ) , eine C. de la Science hermetique erschien 1751 in A m s t e r d a m 17 ) usw. " ) D i e t e r i c h Abraxas 171, 5; 172, 7. 4· τ4· Ι75> 2τ> Ι94· 2· Fleckeisens Jahrbücher f. class. Philologie 16. Suppl.-Bd. (1888), τ7· Σ73>
755; A b t
Apuleius
248. " ) G.
Parthey
Hermetis Trismegisti Poemander (1854), 67 " " ) v . L i p p m a n n Entstehung und Ausbreitung der Alchemie (1919), 56; v g l . 232. 251. ls) K r ü g e r Geschichte der altchristl. Literatur
(1895), 78. l e ) K i e s e w e t t e r Die Geheimwissenschaften 46. 17 ) C a i l l e t a. a. 0 . 1 , 356.
Die G e s c h i c h t e der Cl. S. f ü h r t bis in das ausgehende M A . zurück. W i e es scheint, e r w ä h n t sie zuerst E y m e r i c u s in seinem 1376 geschriebenen Directorium inquisitorum, in dem er s a g t 1 8 ) : „ L i b e r qui T a b u l a (Var.: Cl.) S. intitulatur, super quo j u r a n t daemones a d v o c a t i de dicenda veritate, sicut nos Christiani super quatuor Dei evangelia et Judaei super legem Dei, in quo libro potestas Luciferi et aliorum d a e m o n u m mendaciter est inserta et orationes nefariae a daemonibus revelatae L u c i f e r o et aliis daemonibus e x h i b e n d a e " . V o m gleichen B u c h in sieben Teilen, welches Liber S. hieß, in quo erant scripta sacrificia, orationes, oblationes, et nefaria q u a m p l u r i m a fieri daemonibus consultata, erzählt er, d a ß er es verbrennen l i e ß 1 9 ) ; möglicherweise d e n k t schon Roger B a c o n im 13. Jh. an dies Buch, wenn er s a g t : „ Q u i c u n q u e adserunt, quod Salomon composuit hoc vel illud (von magischen Schriften), a u t alii Sapientes, n e g a n d u m e s t " 20). D a ß das siebenteilige Liber S. die Cl. S. war, geht aus Delrios 21 ) Beschreibung hervor: , , p r a e t e x u n t etiam S. auctoritatem, cuius
9i
Clavicula Salomonis
q u a n d a m Claviculam (quam egregie ref u t a t Bap. Segnius lib. de vero studio christiano c. 7) 22), aliud ingens volumen in septem distinctum obtrudunt, plenum sacrificiis et incantitationibus daemonum. H u n c librum Judaei et Arabes in Hispania suis posteris haereditario jure relinquebant, et per eum mira quaedam atque incredibilia operabantur. Sed quot quot inveniri potuerunt exemplaria, justissime flammis inquisitores fidei concremarunt, et utinam ultimum exemplar nacti fuissent. Bereits 1440 k o m m t das Buch in einem Inquisitionsprozeß zu Barcelona vor 23 ), soll aber nach Albitius 24 ) in solchen Prozessen oft erwähnt werden. Auch Trithemius 2S) nennt es und nach ihm Gilb. Genebrardus 2 6 ) und Fabricius 27). 18 ) R e u s c h a. a. O. 1, 23. 19) Ebd. 1, 34. ) H o r s t Zauber-Bibliothek 4 (1823), 129. 21 ) Disquisiiiones magicae (Köln 1679), 1 1 1 . " ) G i a m b a t t . S e g n i Del vero studio christiano contra l'arte Planetaria, Notoria, Cabalistica, Lunaria, Clavicula di Salomon, Paulina, revelata da Spiriti mali et altri superstitiosi modi usati per imperare supernaturalmente etvolersapere piü degli altri superbamente. Ferrara 1592 in 4°. " ) R e u s c h a . a . O . 1 , 2 3 . " ) F r . A l b i t i u s De inconstantia in jure admittenda vel non (Amstelodami 1683), 3 1 3 . " ) Antipalus maleficorum (Mainz 1605) c. 3. S6) Chrono graphiae L L . I V (Paris 1580; Lugd. 1599), lib. 1 ad ann. diluvii 1460. 27) a. a. O. 1052 ff. 20
Was den U r s p r u n g der Schrift anlangt, so gibt Delrio an, daß sie von J u d e n und Arabern stamme (s. o.). In der Tat gab es eine hebräische Schrift πηεΩ nab® d. i. Schlüssel Salomos 2 8 ). Andererseits nennen Trithemius und andere 2 9 ) die Cl. S. ad filium Roboam. Dieser Titel f ü h r t auf eine griechisch in einer Reihe von Handschriften vorhandene Schrift : τό κλειδίον της πάσης τέχνης της ΰγρομαντείας εδρε9·έν δπό διαφέρων τεχνιτών και το3 άγιου προφήτου Σολομωντος, έν η φαίνεται γράφειν πρ4ς τόν υίόν αύτοδ 'Ροβοάμ. Das Buch, das offenbar in den Hdd. verstümmelt ist, enthält die Stundentafeln der Planeten und dieser Wirkungen, ferner die Engel und Dämonen der Stunden, Gebete an die Planeten, ihre Charaktere (Zeichen), die Pflanzen der 12 Tierkreiszeichen und der Planeten. Daraus hat sich wohl die Cl. S.
92
entwickelt, wie sie uns in den späteren Formen vorliegt. S8 ) Gedalia Ben Joseph Jachia Liber rteapn rbthe id est Schalscheleth Hahkabalahs. Catena traditionum. Hebraice (Ven. 1587 in 4 0 ; Cracov. 1596 in 4 0 ; Amstel. 1697 m 40), 89; R . S c h a b t a i Siphte Jeschinim; Fabric i u s a. a. O. 1 , 1056; P. F . A r ρ e De prodigiosis naturae et artis operibus talismanes et amuleta dictis cum. recensione scriptorum hunts argumenti (17x7), 56; J . A. W o l f Bibliotheca Hebraea 1 ( 1 7 1 5 ff.), 1047; K i e s e w e t t e r Faust 2, 66 f. " ) C. Ν i s a r d Histoire des livres populaires 1 (1864), 1 2 9 ; F a b r i c i u s a. a. O. 1, 1052. 30) F a b r i c i u s a. a. O. 1, 1046; Byzantinische Zeitschrift 1 (1892), 557. 563 f f . ; 19 (1910), 178 f.; ediert H e e g Hermetica 5 ff.
Zu der Variante Tabula s t a t t C. bei Eymericus ist darauf hinzuweisen, daß schon im Altertum gern magische, astrologische und ähnliche Schriften als auf στί)λαι verzeichnet geschildert werden 31 ), wie später die Tafel von Memphis und die Tabula smaragdina 32), auch die Tabella Rabellini aus dem 6. u. 7. Buch Mosis (s. d.) 33) u. ä. Nach der von Fabricius 34) erwähnten Hd. des Cl. S. endet diese: Explicit sanct u m Almadel Salomonis Regis de secretis secretorum et de X I I . altitudinibis coeli, datis ab Angelo Salomoni Regi Jerusalem etc. Sie enthielt also die Tafel oder das Buch Almadel (s. d.), zu dem noch nachzutragen ist eine Stelle, die gleichzeitig die „12 Höhen des Himmels usw." e r k l ä r t 3 5 ) : „Ferner lehret König Salomo ein verborgenes Almadel oder Geometrische Figur zu stellen, auff alle 12 Zeichen des Himmels, die Er Höhen nennet, und giebet jeder Höhe 7 oder 8 N a h m e n der Fürsten, auch seyn viel andere Weisen zu arbeiten nach den Himmels-Kräfften, in den 12. Zeichen, welche aus hohen Ursachen nicht sollen gemein gemacht werden, wie denn solches in Göttlicher Schrift nicht gemeldet, und geheim ist gehalten worden" (aus Semiphoras und Schemhamphoras Salomonis Regis, s . d . ) . Gemeint sind also Zodiakalzeichen und Planeten. Die Cl. S. spielte eine Rolle in der Jenaer Christnachttragödie von 1715 3 e ). Sie diente auch als Schutzbrief 3 7 ). Verboten
Clemens—Cologast, St.
93
wurde sie im Index v o n 1554 und später 38 ). Sonstige Erwähnungen in der Literatur s. u. 38 ). 31)
R e i t z e n s t e i n Poimandres 131. 139.
165. 183. 291; B r u g s c h
Religion der Ägyp-
ter (1891), 448. " ) v. L i ρ ρ m a η η a. a. Ο. 56 f. 663. *») S c h e i b l e Kloster 5, 1115. 1137. 1139. ·*) a.a.O. 1,1052. S5) H o r s t Z a u ber-Bibliothek 4, 179, vgl. 127; N i s a r d a . a . O . 1, 130. se) S c h e i b l e Kloster 5, 1038. 1054. 3') SAVk. M) R e u s c h 19 (1915), 223· a. a. O. 1, 221. ") H o r s t a. a. Ο. 1 (1821), 373; 2 (1821), 379; 3 (1822), 85; 4 (1823), 356; 6 (1826), 22; E r s c h u. G r u b e r Encyclopädie 9 (1822), 280; V u l l i a u d La Cdbbale •juive 2 (1923), 51; K i e s e w e t t e r Der
Occultismus des Altertums 765; E. L έ v i
Hi-
stoire de la Magie (1892), 109; J. B u r c k h a r d t Die Kultur
der Renaissance (1928, ed.
W. Goetz),572; S c he i b 1 e Kloster 11, 565. Jacoby. Clemens, Bischof v o n Rom 92—101, Schüler des Apostelfürsten, gemäß der späteren Legende unter T r a j a n nach Cherson in die Marmorbrüche deportiert, dort mit einem A n k e r um den Hals ins Meer geworfen, deshalb auch später mit einem Anker als A t t r i b u t dargestellt, Fest 23. Nov. 1 ). 1. Der Heilige, früher ein bevorzugter Kirchenpatron, vorzüglich im Kölner Sprengel und in Westfalen, gilt als Patron der Schiffer, offenbar in Anlehnung an die Erzählung von seiner Versenkung mittels des Ankers. Ihm zu Ehren erbaute Kirchen sind teils uralte Schifferoder Fischerkirchen, ζ. B. die bereits für das 7. Jh. bezeugte C.kapelle in K ö l n unmittelbar am Rheinstrom, an deren Stelle später die heutige Kunibertskirche erbaut wurde, sowie die ehemalige Pfarrkirche von Mülheim a m Rhein (KölnMülheim). Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß bei der einen oder andern C.kirche am Niederrhein in Wirklichkeit der hl. Willibrord (s. d.) Schutzheiliger war, da dieser bei der Bischofsweihe (696) den Namen des hl. C. erhalten hatte und dessen K u l t am Niederrhein eifrig förderte. !) Samson Die Heiligen als Kirchenpatrone 165; Κ ο r t h Die Patrozinien im Erz-
bistum Köln 47 (mit ausführlichen Angaben über Quellen und Literatur); G ü n t e r Le-
genden-Studien 43; D e r s . Die christliche Le-
94
gende 75 f.; Nied Heiligenverehrung Künstle Ikonographie 167.
49;
2. Der Clemententag war ein bekannter und zu Datierungen gern gebrauchter Kalendertag, da auch dieser als Beginn des Winters galt 2) und an ihm die Schiffe den Hafen aufsuchten. Im altdeutschen Kalender war der T a g deshalb auch durch einen Anker gekennzeichnet. Der K a lender v o n Luthers Betbüchlein sagt: ,,S. Clemen uns den Winter bringt." Ähnlich heißt es noch in späteren Volkssprüchen. 2) Vgl. Grotefend Taschenbuch der Zeitrechnung 30: dementis pp. m. (en hiver qui fend la mer) Nov. 23.
3. In England veranstalteten die Lehrjungen der Schmiede (Grobschmiede, Ankerschmiede) a m Vorabend des Heiligen Umzüge, andere Jugendliche am C.tag selbst s ). Der T a g wurde als Festtag auf gleiche Linie mit dem unmittelbar folgenden Katharinentag gestellt. Beide aber fielen und fallen ans Ende des Kirchenjahres und vor Beginn einer (kirchlich) geschlossenen Zeit. 3)
Reinsberg
Festjahr 348. 49.
Wrede.
Cologast, St. In einem in zahlreichen Varianten bekannten Diebssegen heißt es: „ d a s verleihe mir der liebe St. C. (?) und die hl. Dreyfaltigkeit" ; dafür hat eine Parallele aus Möckmühl in Württemberg (hd. H e f t etwa aus der Mitte des 18. Jhs.): „ d a s helfe der S. Gusla G a s t " , hd. Guhla G a h t ( ? ) was der Herausgeber wohl mit Recht verbesserte 2 ). Beide Formen stützen sich gegenseitig; die zweite ist vermutlich aus der ersten entstellt oder verschrieben. A b e r es gibt keinen St. C., so wenig wie einen S. Gusla oder Guhla Gast; die Heiligenverzeichnisse kennen die Namen nicht. Gast begegnet auch in Feuerbesprechungsformeln: „ B i s t willkommen, du feuriger G a s t " oder „ F e u e r g a s t " (hd.) 3) und: „ B i s mir Gott willkommen, du edler G a s t " 4 ) ; hier dürfte G. die Bedeutung v o n Geist (böser) haben Vgl. der helle gast, agls. g i s t , ahd. gast, dän. schwed. norw. böser Geist, Gespenst, Feld-, W a l d t e u f e l 5 ) . Es ist; aber wohl gemeint S. Coloman (s. d.) mit Ersatz des
Col(o)mann
95
„ M a n n " durch Gast, der in zahlreichen altdeutschen Eigennamen den Helden, Recken, klugen Mann bedeutet, vgl. im Teuerdank „edel g a s t " parallel „edel held" und älter „hälige gastas" als Bezeichnung der Propheten oder Apostel e ). An Entstellung aus Colgan 7) ist kaum zu denken. W u t t k e 176 § 241. ') W ü r t t V j h . 13 (1890), 163 Nr. 22. 3) Ebd. 179 Nr. 90; B i r l i n g e r Volksth. 1, 201; HessBl. 1 (1902), 16; Das sechste und siebente Buch Mosis (Buchversand Gutenberg), 108. 4) W ü r t t V j h . a. a. O. 217 Nr. 255. e) G r i m m DWb. 4, 1457 ff. «) Ebd. 7) U. C h e v a l i e r Riperloire des sources hist, du moyen-dge. Bio-Bibliographie (1903), 973 f· Jacoby.
Col(o)man (Kol(o)man), hl., angeblich aus Irland, auf einer Pilgerreise nach Jerusalem bei Stockerau in Niederösterreich 1012 als Spion ergriffen, gemartert und zuletzt aufgehängt, 1015 i m S t i f t M e l k beigesetzt, Fest 13. Oktober, Landesheiliger in Österreich, besonders Schutzpatron Niederösterreichs*), abgebildet als Pilger mit einem Strick (aus Weiden?) 2 ). A A . SS. Oct. V I 357; MG. SS. I V 674; S t a d l e r Heiligenlexikon 1, 645, dort eine Reihe anderer Heiligen gleichen Namens; J u h a s ζ St. Coloman, der einstige Schutzpatron Niederösterreichs in Linzer Quartalschrift 69 (1916), 540—560, 777;—798. (Mit weiteren Quellen- und Literaturangaben). ') K ü n s t l e Ikonographie 383.
I. Außer Melk besitzt der Heilige mannigfache andere Kultstätten, ζ. B. die Pfarrkirche St. C. in der Taugl im Salzburgischen, insbesondere eine Reihe ihm zu Ehren geweihter oder nur nach ihm genannter Kapellen, die, meist auf Höhen gelegen, alte Wallfahrtskapellen sind und vermutlich auf altheidnische Kultstätten zurückführen 3 ). Solche C.kapellen haben vielfach Wetterglocken und Brunnenquellen. Wie in Kapellen anderer Heiligen zieht ζ. B. in der hochgelegenen C.kapelle bei Thalgau an der salzburgisch-oberösterreichischen Grenze jeder Besucher am Glockenseil, um die Aufmerksamkeit des Heiligen zu erregen, in dem Glauben, daß die Wünsche und Anliegen um so eher erhört werden 4). ') P f a n n e n s c h m i d
Erntefeste
571;
96
S e p p Religion 327; Z f V k . 1 (1891), 301; Η ö f 1 e r Waldkult 88—89. *) Α η d r e e Ε y s η ΐ7·
2. St. C. wurde und wird in den verschiedensten Anliegen in ausgedehntester Weise angerufen, gegen die Gefahren der Reise 6), gegen Kopfweh unter Darbringung hölzerner Köpfe e ), um durch seine Fürbitte Regen 7 ) zu erlangen, gegen Pest 8 ), für eine gute H e i r a t ' ) . Um gegen Krankheit gefeit zu sein, hob man in Aigen, dem Wallfahrtsort des hl. Leonhard am Inn in Niederbayern, viele Pfund schwere eiserne Statuen von Heiligen und stürzte sie kopfüber auf den Boden, unter diesen auch das „ K o l mänl" 10). 6) H ö f l e r Waldkult 21; F r a n z Benee ) Z f V k . 16 (1906), diktionen 2, 130. 417; Η ö f 1 e r Volksmedizin 194. 7) S e p p Sagen 494 Nr. 133. Z f V k . 1 (1891), 301. ») Ebd.; d e C o c k Volksgeloof 1 (1920), 160. l0 ) P a n z e r Beitrag 2, 33.
3. A m meisten ist C. als Viehpatron u ) geschätzt, besonders wiederum als Patron der Pferde, in Südbayern, Salzburg, Oberund Niederösterreich bis nach Ungarn. In Bitt- und Kreuzweggängen zu den Stätten seiner Verehrung sucht man seine Hilfe gegen Krankheiten und Unfälle der Herden zu erlangen. In seiner Kirche in der abgelegenen Taugl im Salzburgischen geben zahlreiche Votivtafeln Kunde von seinem „erfolgreichen" Patronat. Auch fanden (finden ?) bei seinen Kapellen noch Umritte und Viehsegnungen statt, vorzüglich Umritte mit Pferden am Pfingstmontag. n) D e p p i s c h Geschichte des hl. C. 152. 195 (Wien 1734); R e i s e r Allgäu 2, 382: „ H a s t du es schon gehört, daß man jetzt einen neuen Herrgott einsetzen will ?" „ W e n n s doo nur der Kolmanus wur, dear verstand doo epas vom Vieh!", Antwort eines alten Weibes, als Schnurre erzählt in der Gegend von Reutte; A η d r e e Votive 66—67; M e i e r Schwaben 1, 318; 2, 419. Gegen A n d r e e Votive 67 glaubt F r a n z Benediktionen 2, 130 (Anm. 5) einen Zusammenhang des Viehpatronats mit der Legende annehmen zu können, indem er auf De miraculis c. 12, MG. S. 4 I V 674; A A . SS. 13. Okt. V I 360 hinweist. Aus dem Leben eines andern hl. C. wird erzählt, der Heilige habe ein von einem Wolf zerrissenes K a l b wiederbelebt, indem er dessen Knochen sammelte, in die Haut hüllte, neben die K u h legte und das
Colomanibüchlein und -segen
97
Kreuzzeichen machte; vgl. F r e n k e n Wunder und Taten der Heiligen 118. Ohne Zweifel wurde der ,,Pilger"heilige durch Beeinflussung anderer Kultströmungen (vgl. Leonardi-, Georgi- und Stephanikult) oder durch eine Art kultischer Adoption Vieh- und Pferdeheiliger. 4. Vielverbreitet waren (sind?) „Colomanibüchl" und Kulmanisegen (Kolomanisegen), die wie das Christophorusbüchlein (s. d.) und andere Sammlungen Segen- und Zauberformeln ζ. B. gegen Pest, Gewitterschaden und anderes enthalten 12 ).
98
Name des Heiligen findet sich auch unter den Zauberworten w ) . ') DG. 3 , 1 6 4 f t . ; io, 7 3 ; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 3, 612 ff.; Bavaria 2, 241; Α η dree-Eysn Volkskundliches 72. 103 f.; P o l l i n g e r Landshut 276; Geistl. Schild 71; K r o n f e l d Krieg 99; W u t t k c 306 § 449; BayHefte 3, 74; Brandenburgia 1916, 168; WürttVjh. 1 3 ( 1 8 9 0 ) , 2 4 6 Nr. 3 6 9 ; B i r l i n g e r Volkst. i , 325 Nr. 528; S t ü b e Himmelsbrief 9; C h . N i s a r d Histoire des livres populaires 2 ( 1 8 6 4 ) , 4 5 . ') MschlesVk. 1 8 ( 1 9 0 7 ) . 1 3 . 3) P a n z e r Beitrag 1, 2 1 4 N r . 239. *) S c h ö n -
w e r t h Oberpfalz 3, 213 f. 6) Ebd. 2, 117 f. ') W u t t k e 3 1 9 § 475- ') W u t t k e 3 0 5 § 4 4 9 . " ) Α η d r e e - Ε y s η 7 2 ; ZföVk. 1 0 ( 1 9 0 4 ) , 8 j B a u m g a r t e n Aus der Heimat 1, 69. 108; Β i r 1 i η g e r Volksth. i, 325: Kolbanesa- ·) W u t t k e 3 5 6 § 5 3 2 . 10) ZfVk. 1 ( 1 8 9 1 ) , 11) Franz Benediktionen 2, 130. büchle; Bavaria 2, 241; Z i n g e r l e Tirol 42. 301. 12) A g r i p p a v. N e t t e s h e i m 5, 226. 67; B a u m g a r t e n Heimat 1, 69; DG. 5, 8. 5. Der C.stag ist früher auch als Beginn der Rübenernte vielgenannt gewesen. C.ssonntage galten volksmedizinisch als günstige Tage für die Pflege der Gesundheit, besonders als Einnehmetage zum Brechen und A b f ü h r e n 1 3 ) . » ) Linzer Quartalschrift 6 9 (Anm. 2 ) ; ZfVk. 1 ( 1 8 9 1 ) , 3 0 1 . 6. „Kolmaswurzen" Bauchweh 1 4 ). ") B a u m g a r t e n
sind
Heimat
(1916),
gut
555
gegen
1, 141 N r . 5 6 .
Wrede.
Colomanibüchlein und -segen. Unter dem Namen eines hl. Coloman fand ein Schutzbrief weite Verbreitung. Er soll von Gott dem A b t Coloman auf dessen Bitte für seinen Vater, den König von Yberien, gesandt worden sein, als dieser seinen Sohn um seinen Segen für einen Kriegszug bat. Da der Vater zu dem Brief zunächst kein Zutrauen hatte, versuchte er seine Wirkung an einem Verbrecher, der als Träger des Schutzzettels in allen Proben unbeschädigt blieb. Nach einem Zusatz in manchen Exemplaren vervielfältigte der König den Brief, und durch die Vermittelung des Papstes Leo kam er auch an Kaiser Karl d. Gr. (s. Karlssegen). Der Zettel gilt als Amulett gegen allen Schaden undGefahr *). Coloman erscheint im Reisesegen 2), wird gegen Feuer angerufen 3), sein Brief schützt gegen Diebe 4), Gewitter 5), Kugeln e), Hexen 7 ), wildes Feuer 8), Epilepsie »), schützt das Vieh 10), wie Coloman auch Viehpatron ist u ) . Der R ä c h t n l r f - S t ä u h l i . Aberglaube II.
Gemeint ist mit diesem hl. Coloman nicht der Genösse des Kilian, der nach der Legende 687 starb l s ), sondern der Schutzheilige Österreichs, dessen Vita und Passion in die Zeit Kaiser Heinrichs II. (1002 bis 1024) fiel M ). Hier heißt es in den apokryphen Zusätzen eines Cod. Caesar. (Keisersheim, Benediktinerkloster in Schwaben 1 5 )) : „Accidit autem quendam Colmanum nomine, Scoticae gentis oriundum peregrinationis iter arripere, et terrestrum coelestis amore, Jerusalem, cum aliis quibusdam eadem mens erat, expetere. Fuit enim filius regis Scotorum Hiberniae seu Scotiae, quae Hibernia insula vocatur etc." Sein Vater sei König Malcolm gewesen, seine Mutter Margaretha, er selbst hieß eigentlich E t h e l r e d w ) . Die Ausreise des Heiligen fiel ins Jahr 1002, sein Tod in den Anfang des II. Jhs. 17 ). In diesen Zusätzen sind die Elemente der historischen Angaben des Schutzbriefs gegeben, dessen Datierung in die Zeit Karls d. Gr. demnach ein Anachronismus ist. " ) W u 11 k e
306 § 449;
vgl. Μ a b i 11 ο η
Acta Sanct. ord. s. Benedicti 2 (1675), 991; L. S u r i u s De probatis sanct. vitis 4 (1570 ff.),
131; H a u c k RE. 10, 282. » ) MG. Hist. Scr. 4, 674 ff.; Acta Sanct. Boll. Oct. 6, 342 ff.;
G. D e p p i c h
Geschichte des hl.
Colomanni
(Wien 1 7 3 4 ) . " ) Acta Sanct. Boll. a. a. O. 3 4 4 Nr. 8 . " ) a. a. O. 3 4 5 Nr. 9 . 1 0 . " ) a. a. O. 3 4 5 Nr. 9 . I i . Eine Form des Schutzbriefs aus dem Anfang des 16. Jhs. nennt statt Coloman
Colomdita—Conceptionszettel
99
100
vielmehr Columbanus 18J; damit ist nicht der Apostel Alemanniens gemeint, der 615 starb, sondern unser Coloman, denn Columbanus, Columba, Columan, Colman, Colum sind nur verschiedene Formen des gleichen Namens 19 ).
alemannischen Missionsgebiet seinen fähigsten Schüler, S. Gallus (s. d.), schenkte, einen der stärksten Eiferer gegen heidnisch-germanischen Glauben. In C.s Vita von Jonas von Susa werden mancherlei wundersame Taten erzählt, ζ. B. von seiner Macht über das Wetter (Regen) bei ») ZfVk. 14 (1904), 435 f. H) J.X. F o w l e r einer Ernte (in Fontaine), desgleichen Adamnani vita S. Columbae (1895), 3 Nr. 3; H o l d e r Altceltischer Sprachschatz 1 (1896), über einen Bären, der mit ihm die Nutz1066. Jacoby. nießung von Obstbäumen im Walde von Colomdita, Zauberwort, von dem je ein Bregenz teilte, letztere Erzählung übriBuchstabe auf eine Mandel (insgesamt 9) gens eine hübsche Idylle, und anderes geschrieben wird, die man in Papier gemehr. wickelt bei sich trägt Zu der Methode !) MG. SS. rer. Merov. IV, 1 ff.; S t a d l e r vgl. die Beschreibung von 12 Ölbaum- Heiligenlexikon 1, 649; B e r n o u l l i Merob l ä t t e r n o d e r 12 Efeublättern 8 ) mit winger 125—133; L a u χ Der hl. Kolumban, sein Leben und seine Schriften (Freiburg 1919). Zauberworten. Sinn des Wortes? 2) B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 370. ') H o T o r k a u. K r o n i e l d 1, 142. 3) K ü n s t l e Ikonographie 385. 4) Vita I, 27; Ztschr. f, Kirchgesch. 14 (1894), 446. Wrede. *) H. P a r t h e y Zwei griechische Zauberpapyri
150 Z. 28 ff.; 151 Z. 64 a ff.;
WesColumbansegen. Der hl. Columban (CoW e s s e 1 y 1, 94 1 Jacoby. Iumquillus) wird als Wetterpatron ) angerufen; gemeint ist Columban von Hy Colubrina s. Ν a 1 1 e r w u r ζ. (f 598). Eine Formel des 15. Jhs. schreibt Columba, hl., aus Irland (521—598), vor, gegen Unwetter auf 4 Zettel die Verse auch Columkille genannt wegen der vielen zu setzen: + Sancte Columquille remove Klosterzellen, die er errichtete und die mala procelle. + Ut item orasti, de mundo quando migrasti. + Quod tibi de celis von den Iren „ K i l l e s " genannt werden, A b t von Jona, einer der bedeutendsten permisit vox Michahelis, und diese Zettel nach den 4 Himmelsgegenden zu vergraOrdensmänner Irlands im 6. Jh., Fest ben 2 ). Der Heilige soll selbst einen Hym9. Juni. Wie die Legende erzählt, stimmte nus gedichtet haben gegen Gewitter, der der Heilige einst, um einen Eichwald vor zum Schutz gegen Unwetter, Feuer und Feuer zu schützen, den Gesang Noli pater Blitz gesungen wird 3 ). Die oben gegebene indulgere an. Seitdem wird dieser Gesang Formel steht verkürzt auch in einem angegen Feuersbrunst und Blitzgefahr andern Wettersegen des 15. Jhs., nur wird gewandt, während der Heilige selbst in hier S. Cyrill von Alexandrien statt CoFeuersnot angerufen wird. Auch wandte lumban angerufen *). Durch Verwechseman sich an ihn, um günstigen Fahrwind lung mit S. Coloman wird dem hl. Cozu erlangen. ZfVk. 8 (1898), 341. Wrede. lumban auch der Colomansegen (s. d.) zugeschrieben 5). Columbari, hl., A b t von Luxeuil und *) F r a n z Benediktionen 2,16. 2) S c h ö n Bobbio, geb. um 530 in Irland, gest. 615 b a c h in Analecta Graeciensia (1893), 45! in Bobbio, Fest 23. Nov. 1 ), zuerst im F r a n z a. a. O. 2, 63. ») F r a n z a. a. O. 2, Frankenreich tätig, dann Missionar bei 60 f. *) Ebd. 2, 95. s) MschlesVk. 19 (1908), 51 ff.; ZfVk. 14 (1904), 435; J o h n Westden Alemannen, in Süddeutschland, Vor- böhmen 279. Jacoby. arlberg und der Schweiz verehrt und Cotneria s. K ü m m e r n i s , hl. mehrfach Kirchenpatron, ζ. B. in Schwenningen 2) und Rorschach 3). Der Heilige Conceptionszettel. Mit dem Namen bekämpfte die Libationen bei den Ale- „päpstliche C." wurden Zettel bezeichmannen, ζ. B. die Wodansminne bei einer net, die mit den Worten: „Conceptio ImOpferfeier im Walde von Bregenz *). Be- maculata beatae Mariae Virginis" besonders rühmt man ihm nach, daß er dem schrieben waren. Man tauchte sie in
s e 1 y 2, 49 Z. 869 ff. Z. 1992 ff.
s)
ΙΟΙ
Confarreatio
weißen Wein, den K r a n k e gegen Fieber tranken 2 ), oder man zerschnitt sie in kleine Stückchen und gab sie in einer Abkochung dem Kranken ein 3 ) oder ließ sie ihn auch einfach verschlucken 4 ). Damit man eingenommene Heilmittel nicht wieder erbreche, kaute man am Samstag morgen einen Zettel mit der A u f s c h r i f t : ,,Lou6e soit l'immacul6e conception de la trfcs-sainte Vierge" und schluckte ihn 5 ). Auch den Hühnern gab man die Zettel ein, damit sie eifriger legten e ). Wer einen solchen Zettel bei sich trug, war vor Zauber, Ungewitter, Ungeziefer sicher, Frauen erleichterte er die Geburt usw. 7 ). Ein „Passe-port de l'immaculie Conception de la sainte Vierge" mit einem Gebet an diese schützt vor allerlei Übel 8 ). l ) S c h i n d l e r Aberglaube 129. a) T h i e r s 1, 3 6 5 . ») Ebd. i, 379. *) E R e u s c h Der Index der verbotenen Bücher 2 (1885), 2 1 7 ; Nouvelles ecclesiastiques 1 7 5 8 , 68. 1 2 0 ; 1 7 5 9 , 1 5 1 . Ί T h i e r s 1 , 379. ·) R e u s c h a. a. 0 . ') Fortgesetzte Sammlung von alten und neuen theolog. Sachen auf das Jahr 1 7 2 1 , dritter Beitrag, Neues Nr. 9, 440 ff.; G. R o s k o f f Geschichte des Teufels 2 (1869), 57. ·) T h i e r s 1, 420. Jacoby.
Confarreatio. Mit diesem Ausdruck wurde im alten R o m eine A r t der feierlichen Vermählung bezeichnet. Gaius Inst. 1, 1 1 2 : Farreo in manum conveniunt per quoddam genus sacrificii, quod J o v i Farreo f i t ; in quo farreus panis adhibetur, unde etiam confarreatio dicitur; complura praeterea huius iuris ordinandi gratia cum certis et sollemnibus verbis praesentibus decern testibus aguntur et fiunt. E s wird also bei der Verheiratung dem J u p p i t e r ein Kuchen geopfert. Dabei finden allerlei Bräuche statt, bei denen bestimmte Formeln angewandt werden. Etwas Genaues ist darüber nicht gesagt. Die C. kann aber nur dann Sinn haben, wenn Braut und Bräutigam miteinander von dem Kuchen aßen, der dem J u p p i ter geweiht war. Dadurch waren sie mit dem höchsten Gotte und zugleich sakramental unter sich verbunden Dies Essen zur sakramentalen Verbindung der Brautleute ist indogermanischer Brauch 2 ). E s findet sich aber auch bei anderen Völkern s ).
102
Heute noch ist diese Art der Verbindung an Hochzeiten in Deutschland und weit drüber hinaus üblich 4 ). Sie wird vielfach geübt bei der Morgensuppe, d. h. bei dem nach Name, Speisefolge und dabei üblichen Bräuchen altertümlich anmutenden Essen am Hochzeitsmorgen, doch auch sonst während der Hochzeitsfeier. Bemerkenswert ist, daß das Essen bisweilen an einem abgelegenen Ort stattfinden mußte: in der Gegend von Kehl (Baden) aßen die Brautleute die Suppe auf der Speichertreppe, oder man läßt das junge Paar zu dem Essen allein in der Stube, bevor sie zur Kirche gehen. S t a t t der Suppe essen sie anderswo f ü r sich ein Täubchen. Meist wird zur C. Brot gegessen, aber auch Wein getrunken 6 ). So wird in Dörfern der Gegend von Tauberbischofsheim in Baden dem jungen P a a r in der Kirche vom Pfarrer Wein gereicht. Diesen Wein trägt ein K n a b e in einer eigens dafür vorhandenen Kanne, die mit einem Rosmarinzweig und einem roten B a n d geschmückt ist, beim Hochzeitszug dem Brautpaar voran. In der Gegend von Heidelberg trägt der älteste Mann beim Hochzeitszug diese Kanne. Der Pfarrer reicht hier davon nicht nur dem jungen Paare, sondern auch der ganzen Hochzeitsgesellschaft. Diese Erweiterung des rituellen Essens auf die Hochzeitsgesellschaft, j a auf die ganze Gemeinde, ist häufig. Braut und Bräutigam werden damit in die Dorfgemeinschaft aufgenommen. Dazu bekommen sie oft schon, wenn sie zur Hochzeit einladen, Brot aus den einzelnen Häusern mit, das am Hochzeitsmorgen zu einer Suppe verwendet und von der Hochzeitsgesellschaft verzehrt wird. Auch die Schulkinder bekommen davon, und den Kranken wird die Suppe ins Haus gebracht. So sucht man die Verbindung möglichst allgemein zu machen. Die Verbindung wird auch dadurch hergestellt, daß das junge Paar mit der Hochzeitsgesellschaft Rotwein trinkt (s. Blutsbrüderschaft) aus einem Glase, das im Schuh der B r a u t gestanden hat. In Westfalen geht nach dem Hochzeits4*
io3
104
Consolida-.—Cornelius
essen das junge Paar in die Häuser der Nachbarschaft, um mit dieser Kaffee zu trinken und so die nachbarliche Gemeinschaft zu schließen e ). *) D i e t e r i c h Mithraslilurgie 95 if. *) S c h r ä d e r Reallex. unter Hochzeit 475 f.; Β ä c h t ο 1 d Hochzeit I, 104 ff. ') B ä c h t ο 1 d Hochzeit i , 107; C a s s e l Symbolik des
Blutes 60 ff.; E b e r t Reallex. 5, 249. ' ) S a r t o r i Sitte u. Brauch 1, 73 f t 6) R e u t e r -
s k i ö 1 d Speisesakr. 132. ·) S a r t ο r i West-
falen 97. 89. Vgl. Nachbar. Zum Ganzen vgl. Hochzeit; Brot. Fehrle. Consolida s. R i t t e r s p o r n .
Corbatam. Zauberwort in der Formel: C. Corbatom Corbatum Corvebatum Extrabat t t t . gegen den Biß toller Hunde 1 ). Damit hängt zusammen: rex, ce, cor, c o r b o n u e u l thened, marac bzw. e x c e c o corbonet2) und: On f Coriscion f Matatron f Caladafon f Corobam Ozcaco (vgl. exceco und rex ce cor), Uriel usw. (folgen weitere Engel- und Gottesnamen) 3), aber wohl auch: Jab f crason f crabson f Corpanisi + Cornobion + J(.)ab 4), gegen Zahnschmerz. Was die offenbar verstümmelten und entstellten Worte bedeuten, ist nicht zu enträtseln. Ist Corobam ein Engeloder Gottesname, wie die umgebenden Worte, dann könnte man an den im Heptameron des Petrus von Abano (s. d.) genannten Engel Corabiel 6) denken, dessen Name wohl identisch ist mit dem mandäischen Qorbil e) = Qarbiel 7 ), von Schwab als „belliqueux" erklärt, vgl. a^ip „ K r i e g " , aber auch von „sich nähern" zu deuten, etwa „ G o t t ist mir nahe". Sollten die Zauberworte daraus oder aus einem ähnlichen Namen entstellt sein?
später den Märtyrertod *) und ist daher zum 22. Oktober eingetragen (21. Oktober 11 000 Jungfrauen). In Heerse (Diöz. Paderborn) erzählte man sich, wie die Heilige mittels einer Vision sich selbst geholfen habe, als sie verehrt sein wollte s ). Ihr Tag wird im Kölner Festkalender seit dem 12. Jh. aufgeführt 3 ). l ) Zuerst in einer dem Erzbischof Gero von Köln (969—976) gewidmeten Historia sanctarum virginum Agrippinensium c. 18. 19 [Analecta Bollandiana 3 (1884), 18—20] erzählt; K ü n s t l e Ikonographie 169. *) G ü n t e r
Die christliche Legende 193. ») Von angeblichen
Wundern der Heiligen berichtet G o t t f r i e d Hagen
Reimchronik
der Stadt Köln
V. 380—385. Vgl. ferner
admiranda sacra et civili magnitudine
(1645) 443.
(1270)
Gelenius
De
Coloniae
Wrede.
Cornelius, hl., Papst (251—253) und Märtyrer *), aus dem vornehmen Geschlecht der Cornelier, Fest 14. Sept., bereits in den ältesten Kölner Festkalendern 2) (9.—10. Jh.) verzeichnet. ») AA. SS. Sept. 4, 143 ff.; S t a d l e r Heiligenlexikon 1, 673; K a m p s c h u l t e
Die westfälischen Kirchen-Patrocinien 43; S a m s o n Die Heiligen als Kirchenpatrone 167—169; Κ ο r t h Die Kirchenpatrone im Erzbistum
Köln 49. 50 (mit ausführlichen Angaben über Quellen und ältere Literatur). ') Ζ i 11 i k e η Kölner Festkalender 96.
i . Abgebildet s ) wird C. in der späteren mittelalterlichen Kunst mit einem Horn in der Hand als Attribut auf Grund der Ableitung seines Namens von cornu (Horn). Zusammen mit dem hl. Cyprian (s. d.) aus Karthago, dem er sehr nahe stand, wurde er frühzeitig Patron eines Kölner, vom hl. Severin (4. Jh.) gestifteten Gotteshauses, das später nach letzterem umbenannt wurde. In dieser Kirche (Severinskirche) findet sich noch heute das C.horn, ein kostbares Reliquiar mit Re») D r e c h s l e r 2, 291. *) C a r d a n u s De varietate rerum (Basel 1581), 1055. ») Τ hi er s liquien der Heiligen C. und Cyprian, das 355 nach M a r t i n v. A r l e s Tract, de jeden Montag bei Gelegenheit einer Messe, superst. *) Ohrt Trylleformler 1, 106. der sogenannten Höönches (Hörnchens)») S c h e i b 1 e Kloster 3, 603; A g r i ρ ρ a meß, gezeigt wird 4 ). Der Heilige ist sonst v. N e t t e s h e i m 4, 136. ·) S c h w a b Vocabulaire 352. ') W . B r a n d t Mandäische mehrfach Pfarrpatron in den ländlichen Schriften (1893), 183. Jacoby. Gegenden der Diözese Köln, ähnlich der Cordula, hl., Jungfrau und Märtyrerin, Diözesen Münster und Trier. zur Schar der 11 000 Jungfrauen (Ursula) a) Künstle Ikonographie 169—170. gehörig, Fest 22. Oktober. Der Legende «) Roth Stift, Pfarre und Kirche zum hl. Segemäß erlitt die Heilige erst einen Tag verinus in Köln (1916), 215. 223.
Corona— Coronagebet
io5
2. Mitsamt den Heiligen Antonius, Quirinus und Hubertus gehört C. zu der Gruppe der vier Schirmherren, die im Kölner Bereich die Marschälle 5) Gottes genannt wurden. Wie die übrigen drei, ist auch C. Helfer und Arzt für Menschen und Vieh. Er wird gern gegen Krämpfe und Fallsucht ( = St. Johannes- oder C.krankheit) e ) angerufen, insbesondere aber von den Landleuten um Hilfe bei Krankheiten unter dem Hornvieh angegangen 7 ). Auch in der Bretagne wird er als Beschützer des Hornviehes (protecteur des bötes ä cornes) verehrt 8 ). Um der Fürbitte des Heiligen teilhaftig zu werden, wallfahrtet man im Rheinland, besonders aus der Eifel in der Zeit vom 15.—26. September, nach Cornelimünster bei Aachen, der ehemaligen Reichsabtei, deren Kirche dem hl. C. geweiht ist und die einen Teil des Hauptes und den rechten Arm des hl. C. besitzt »). Den Wallfahrern wird gesegnetes C.brot gegeben und Epileptikern aus dem sogenannten Trinkhorn des Heiligen gesegnetes Wasser gespendet 10 ). e) W e i d e n b a c h Calendarium hist.-crit. Christ, medii et tiovi aevi (1885), 200; F e i t e n Zur Geschichte der Verehrung der hl. vier Marschälle, NA 104 (1920), 120—149 (mit ausführlichen Angaben über neuere Literatur). ·) Nach einem gedruckten Flugblatt der Abtei Cornelimünster aus dem Ende des 18. Jhs., vgl. Z B G . 31; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 3, 607; vgl. auch oben 5. ') F e i t e n a. a. O. 142 bis 143. ·) S 6 b i l l o t Folk-Lore 4, 443 (Register) ; A η d r e e Votive 37; W r e d e Eifeler Volksk.1 (Γ924), 83. 253. Die Abtei Cornelimünster h a t t e früher das Recht, die C.reliquien im Lande umherzutragen oder ausstellen und das C.opfer (Flachs, Felle, Eier, Geld) sammeln zu lassen. Zum Problem des aus dem Namen erwachsenen Patronats allgemein vgl. Μ a k k e η s e η Name und Mythos 28. ·) F e i t e n a . a . O . 142. " ) D e r s . a . a . O . 143.
3. Erwähnt wird C. in einem alten Wurmsegen aus Wörresbach (Grafschaft Sponheim): Ich segne dich Wurm klein Mit Sankt C. Bein u ) . » ) ZfdA. 21, 211 f.
4. Ehedem besonders beliebter Taufname wurde C. Grundlage zahlreicher Familiennamen, die zum größten Teil in der Erzdiözese Köln verbreitet waren und noch sind l s ). ")
Nied
Heiligenverehrung
50.
Wrede.
106
Corona, hl., Fest 24. April 1 ). In Koppenwal in Niederbayern steht eine der Heiligen geweihte Kirche 2). Die Heilige galt (gilt?) in Österreich als Sachwalterin über alle Schätze s ), wohl nur ihres Namens wegen (C.-Krone = Gold- oder Silbermünze). Ein kostbarer Schatz ist das C.gebet 4), mittels dessen man in Geldnot viele Tausend Dukaten erlangen oder gar „steinreich" werden sollte. ') Z i l l i k e n Kölner Festkalender 64. ') P a n z e r Beitrag 2, 48. ») ZföVk. 6 (1900), 120; V e r n a l e k e n Mythen 264; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3,207; K ü h n a u Sagen 3, 647. 648. 4 ) Z i n g e r l e Tirol 72; G r ο h mann 216—218, hier eine besonders ausführliche Schilderung des ganzen Ritus einer Schatzbeschwörung nebst Gebeten und F o r meln. Wrede.
Coronagebet. Die hl. Corona wird als „Erzschatzmeisterin über die verborgenen Schätze, Vorsprecherin ( = Fürsprecherin) der armen Leute und Gebieterin der bösen Geister" zur Erlangung von Reichtum durch eine Serie von Gebeten angerufen, die mit allerlei Vorbereitungen und Beschwörungen verbunden sind, ζ. T. mit kabbalistischen Worten (hebräischen Gottesnamen) untersetzt. Das Hauptverbreitungsgebiet des C.es ist Niederösterreich, Tirol, Steiermark, Böhmen Auch in das „6. und 7. Buch Mosis" (s. d.) ist das C. aufgenommen 2). In neueren Handschriften heißt es, es sei nach einer Abschrift von 1636 kopiert 3), nach anderer Angabe ist es gedruckt „nach dem authentischen Manuskript, welches im Vatikan in Rom aufbehalten wird" 4), oder abgeschrieben 1806 aus einem Manuskript der Kartause Buxheim, dessen Einband das Datum 1470 getragen 5) (Buxheim ist ein kleiner Ort nahe Memmingen, wo ein exemtes Kartäuserkloster war e ), das 1803 säkularisiert wurde)'). Jedenfalls war das C. im 18. Jh. bekannt 8 ). η ZfVk. 15 (1905), 413 ff. 4 2 ° · 4 2 4 · τ7 (1907), 95 ff.; 19 (1909), 246; DG. 10, 72; John Westböhmen 282. 307 ff.; Alpenb u r g Tirol 364; L a n d s t e i n e r Nieder! österreich 50. ) W ü r t t V j h . 13 (1890), 247. 3 ) ZfVk. 15, 415. *) E b d . 15, 413; WürttVjh. a . a . O . s ) ZfVk. 15, 420. «) J . H ü b n e r Staats-, Zeitungsund Conversations-Lexihon (1761), 203. ') Η a u c k HE. 21, 847. «) ZfVk. 15, 420.
107
Cosit—Cosmas und Damian
Ιθ8
körperlichen und geistigen Nöten „ u n e n t g e l t l i c h " helfenden Heiligen gehören 2 ), erlangten eine bedeutsame Stelle im kirchlichen K u l t , anscheinend auch im Volk. Ihr K u l t breitete sich aus Syrien f r ü h in Konstantinopel und bereits im 6. J h . in R o m aus, später auch in Mitteleuropa. Sie wurden besonders in Rheinland und Westfalen, Süddeutschland und B ö h m e n viel v e r e h r t und v i e l f a c h zu Kirchenpatronen gewählt, ζ. B . im K ö l n e r Sprengel besonders zu Patronen des alten S t i f t e s Essen, in der Diözese A u g s b u r g ( K a u f b e u r e n ) ; sie gelten ferner als die ältesten L a n d e s p a t r o n e B ö h m e n s 3 ). R e liquien v o n ihnen gelangten a n viele Stellen, in Deutschland ζ. B . nach Aachen und v o n dort nach der A b t e i P r ü m 855, nach B r e m e n 965, nach München 1649. In der römischen Liturgie erfreuten und erfreuen sie sich starker B e v o r z u g u n g . Ihr N a m e wird täglich im Meßkanon erw ä h n t , und außer a m 27. September wer·) Acta Sanct. Boll. Febr. 3, 1 7 3 ; April 3, den sie in der Oration a m T a g e nach Mitt265. 996; Mai 3, 265 ff.; Analecta Bollandiana 2 (1883), 291 ff ; S u r i u s De probatis sancto- f a s t e n gefeiert. E s ist daher nicht verrum historiis 3 (Köln 1579), 304. 10) G r i m m wunderlich, wenn sie ζ. B . schon in den DWb. 5, 2376 f.; S c h e i b l e Kloster 8, 427. f r ü h e s t nachweisbaren K ö l n e r Festkalen533· Jacoby. dern ( 9 . — 1 0 . J h . ) verzeichnet stehen und Cosit astusa potista f u e r a t x ), Zauberihr T a g in einem K ö l n e r K a l e n d a r i u m v o n worte gegen das A b g e w o r f e n w e r d e n v o n der W e n d e des 1 2 . J h . s her als F e i e r t a g Rossen, auch in der F o r m : casitas tusa (festum fori, kirchlicher und weltlicher palis t a f u l r a t 2 ). Verderbtes L a t e i n ; e t w a : F e i e r t a g mit Sonntagsruhe) a u f g e f ü h r t tua potestas f u e r a t ? casitas, wenn dies die wird 4 ). F r ü h auch erscheint ihr T a g in richtige F o r m ist, v o n dem seltenen casito der Urkundendatierung, ζ. B . in einer „fallen, schwanken" ? westfälischen U r k u n d e v o n 1 2 0 7 6 ). Nach ihnen w u r d e zur Zeit der Kreuzzüge im D r e c h s l e r 2, 274; O h r t Trylleformler 2, 97. *) O h r t a. a. O. Jacoby. Morgenland ein R i t t e r o r d e n zur P f l e g e k r a n k e r Pilger und zum Loskauf geCosmas und D a m i a n , hl., Märtyrer, gef a n g e n e r Christen benannt. mäß der Überlieferung Zwillingsbrüder Ν i 11 e s Kalendarium manuale utriusque aus Arabien, wirkten in A e g ä in Cilicien ecclesiae orientalis et occidentalis 2 1 (1896), 89. als christliche Ärzte ohne Entgelt, unter 198; ZfTh. 18 (1894), 739. ') R e i n s b e r g Diokletian 303 gemartert, F e s t 27. SepFestkalender 455. *) Ζ i 11 i k e η Kölner Festtember *). kalender 100. 149. 6) S e i b e r t z Urkundenbuch des Herzogtums Westfalen τ (1839), 1 3 1 ; ») AA. SS. Sept. 6, 428; Analecta Bolland. Ilgen Die Urkunden des kölnischen West1 (1882), 586; S t a d l e r Heiligenlexikon 1, 675; K a m p s c h u l t e Die westfäl. Kirchen- falens 1200—1300 (1901), 55. Patrocinien 29. 48. 1 1 2 ; S a m s o n Die Hei2. Im späteren MA. wurden C. u. D. ligen als Kirchenpatrone 169—171; Korth als P a t r o n e der Ärzte 6 ), A p o t h e k e r und Die Kirchenpatrone im Erzbistum Köln 5 1 ; G ü n t e r Legenden-Studien 22, 62; D e u b - medizinischen F a k u l t ä t e n 7 ) erkoren und η e r Kosmas und Damian. Leipzig 1907. zu solchen vorzüglich in den romanischen L ä n d e r n mit ihrer frühen und hochstehenI. Die Heiligen, die zu den sechs P a a r e n den Arzneiwissenschaft erhoben. D a r der sogenannten δγιοι άνάργυροι, der in Die hl. Corona soll als Nachahmerin des M ä r t y r e r s Victor in Ä g y p t e n oder S y r i e n den T o d erlitten haben durch das A u s einanderschnellen zweier zusammengebogener B ä u m e , an die sie gebunden w a r 9 ) . W a s dazu Anlaß gab, daß sie als Spenderin v o n R e i c h t u m und zur O f f e n b a r u n g verborgener Schätze angerufen und beschworen wurde, ist aus der L e g e n d e nicht ersichtlich. Ihr N a m e wird mit den K r o nen v e r k n ü p f t , die sie f ü r Victor und sich aus dem Himmel kommen sieht. Sollte im Volksglauben eine ähnliche Gedankenverbindung zwischen dem N a m e n der Heiligen und der bekannten Geldbezeichnung „ K r o n e " hergestellt worden sein und d a r u m Corona zur Erzschatzmeisterin über die verborgenen Schätze geworden sein? Die B e n e n n u n g gewisser Münzsorten als K r o n e ist im 16. J h . und schon f r ü h e r üblich gewesen, bei Gailer von Kaisersberg, H . Sachs, F i s c h a r t usw. 1 0 ).
109
Cretin—Crispinus und Crispinianus
g e s t e l l t 8 ) w u r d e n sie d e s h a l b m i t einer A r z n e i b ü c h s e als A t t r i b u t oder m i t e i n e m chirurgischen Instrument. ') S c h m i d t Volksk. 126. Über christliche Ärzte der ersten drei Jahrhunderte s. Η a r η a c k Medizinisches aus der ältesten Kirchengeschichte. Leipzig 1892, 1—50. ') Siegel medizinischer Fakultäten zeigen ihr Bild, ζ. B. das der mediz. Fak. an der Universität München. ·) K ü n s t l e Ikonographie 390—91; Rosenthal Wunderheilungen und ärztliche Schutzpatrone in der bildenden Kunst. Leipzig 1925· 3. B e s o n d e r s m e r k b a r ist, d a ß a m T a g e der b e i d e n heiligen A r z t e g e m ä ß d e m spanischen Liber Ordinum von Silos m i t t e l s einer F o r m e l eine S a l b e f e i e r l i c h g e w e i h t w u r d e u n d in d e m ersten v o n zwei W e i h e g e b e t e n der H e i l i g e n s e l b s t g e d a c h t i s t " ) . D i e S a l b u n g m i t d e m geweihten „liquor" oder „unguentum" sollte K r a n k h e i t , P e s t u n d j e d e s Ü b e l a u s den K r a n k e n v e r t r e i b e n helfen. Ä h n lich w e r d e n die Heiligen in einer aus e i n e m französischen Klosterrituale s t a m m e n d e n Benedictio unguenti ad tineam (Weihef o r m e l einer S a l b e g e g e n K o p f g r i n d ) , sow i e in e i n e m u m f a n g r e i c h e n , f ü r einen bes t i m m t e n K r a n k e n v e r f a ß t e n , aus einer italienischen H a n d s c h r i f t des 15. J h . s überlieferten Gebetsformular10) gegen G i c h t als F ü r s p r e c h e r a n g e r u f e n . In O b e r b a y e r n r u f t m a n sie an, d a m i t das F a s t e n der G e s u n d h e i t f r o m m t u ) . ·) F r a n z Benediktionen 1, 350. 51 (mit ausführlicher Schilderung der einzelnen Zeremonien). 10) D e r s . a . a . O . 2, 513. 509. n ) Η ö f 1 e r Fastengebäcke 89. 4. H i n g e w i e s e n sei noch auf den V e r s u c h , die B r ü d e r als v e r c h r i s t l i c h t e D i o s k u r e n u n d E r b e n ihrer H e i l i g t ü m e r hinz u s t e l l e n 1 2 ). la) F r a η ζ a. a. Ο. 2, 443. 44. Ebd. über Beispiele für den christlichen Tempelschlaf zwecks Heilung von Kranken, berichtet aus Kirchen von Heiligen, so auch der heiligen C. u. D. Wrede. Cretin. C r e t i n i s m u s w i r d v o m V o l k s glauben allgemein dem Einfluß v o n Däm o n e n z u g e s c h r i e b e n , die den C. e n t w e d e r (im A l p t r a u m ) z e u g e n ( v e r a l t e t , s. A l p 7), oder als W e c h s e l b a l g (s. d.) a n S t e l l e des g e s u n d e n K i n d e s u n t e r s c h i e b e n (allg.). D i e v o l k s t ü m l i c h e n B e -
z e i c h n u n g e n des C.s h a t g e s a m m e l t x ).
IIO R 0c h h01 ζ
1 ) ZfdPh. 3, 331 ff.; vgl. H e r t z lungen 485; H ö f l e r Krankheitsn.
Abhand329. Ranke.
Crispinus und Crispinianus, hl., Märtyrer, Brüder angeblich aus römischer F a m i l i e , sollen auf der F l u c h t v o r der V e r f o l g u n g D i o k l e t i a n s in Gallien (Soissons) eine neue H e i m - u n d W i r k u n g s s t ä t t e g e f u n d e n h a b e n , 287 z u Soissons g e m a r t e r t u n d e n t h a u p t e t , F e s t 25. O k t . , bereits in d e n f r ü h e s t e n K ö l n e r F e s t k a l e n dern (9. bis xo. J h . ) a u f g e f ü h r t ') AA. SS. Okt. II, 495; S t a d l e r Heiligenlexihon 1, 690; K a m p s c h u l t e Die mestfäl. Kirchen-Patrocinien 136; S a m s o n Die Heiligen als Kirchen-Patrone 172; G ü n t e r Die christliche Legende des Abendlandes 148. 49; K ü n s t l e Ikonographie 171; Ζ i 11 i k e η Kölner Festkalender 108. 1. C. u n d C. w a r b e n a u ß e r d u r c h ihr Beispiel d u r c h ihre W o h l t ä t i g k e i t , i n d e m sie d e n A r m e n u n e n t g e l t l i c h S c h u h w e r k f e r t i g t e n . Ihre R e l i q u i e n w u r d e n im 9. J h . n a c h O s n a b r ü c k ü b e r t r a g e n ; hier a u c h e r k o r m a n die Heiligen z u S t a d t patronen. Frühzeitig und weithin wurden sie die S c h u t z p a t r o n e der S c h u h m a c h e r , v i e l f a c h a u c h der S a t t l e r u n d G e r b e r . Ihr T a g w u r d e b e s o n d e r s f r ü h e r v o n den Z ü n f t e n u n d I n n u n g e n der S c h u h m a c h e r f e s t l i c h b e g a n g e n 2 ); a u c h in E n g l a n d w a r S t . C . s - D a y ein T a g der F r e u d e 3 ). 2) Z i n g e r l e Tirol 173; Reinsberg Böhmen 485; Herzog Volksfeste 282; L a c h m a n n Überlingen 311; H o f f m a n n K r a y e r 166; G e r h a r d Franz. Novelle 51. s ) R e i n s b e r g Das festliche Jahr 327.
2. G e r n e r z ä h l t e u n d e r z ä h l t m a n sich noch, d a ß sie a u s „ f r e m d e m " (gestohlen e m ! ) L e d e r den A r m e n S c h u h e m a c h t e n u n d d e m e n t s p r e c h e n d w u r d e ( u n d wird) gern das S p r ü c h l e i n a n g e f ü h r t : ,,C. m a c h t * den A r m e n S c h u h — U n d s t a h l das L e d e r n o c h d a z u . " Indessen ist „ s t a h l " aus d e m a l t d e u t s c h e n s t a l t e (staltas, s t a l t e das, stellte das L e d e r d a z u ) e n t stellt. D e r w a h r e S i n n e r g i b t sich d a h e r v o n selbst. 3. In der N a c h t v o n S t . C. r o t t e n sich die S k a l ä r a g e i s t e r z u s a m m e n u n d r e i t e n
Cyprian—Cyriacus
III
auf feuerschnaubenden Rossen an den Rhein hinunter 4). «) L u c k
Alpensagen
So.
Wrede.
Cyprian, hl., von Antiochien, erst berühmter Zauberer, dann zum Christentum bekehrt und Bischof, unter Diokletian 304 gemeinsam mit der hl. Justina in Nikomedien gemartert und enthauptet, Fest 26. Sept. 1 ), nicht zu verwechseln mit C.us, Bischof von Karthago, der unter Valerian 258 enthauptet wurde, sein Fest am 14. Sept. feiert und gewöhnlich mit Cornelius (s. d.) zusammen genannt wird. ») A A . SS. Sept. 7, 217; R y s s e 1 Der Urtext der C.legende in AnSpr. C X 273; R e i t z e n s t e i n C. der Magier in Gött. gelehrte Nachr. (1917), 38.
1. In der C.legende spielen die Zauberkünste des Heiligen und seine Verbindung mit Dämonen eine große Rolle. Mit deren Hilfe versuchte er, die christliche Justina, die Tochter eines Götzenpriesters, für einen vornehmen Jüngling zu gewinnen, doch vergebens. Seine höllischen Bundesgenossen erklärten, daß sie Christi wegen der Jungfrau nichts anhaben könnten. Er erkannte, daß Christus stärker sei als die bösen Geister und ließ sich taufen. Auf einem Bilderzyklus in der C.skirche zu Sarnthein (Tirol, Sarntal) sieht man, wie C. seine Zauberbücher angesichts der christlichen Jungfrau Justina verbrennt 2 ). a)
Künstle
Ikonographie
174.
2. C.s Zauberbuch wird auch in der deutschen Volksüberlieferung (Sagen) erwähnt 3). Man glaubte, es sei mit blutroten Buchstaben geschrieben gewesen 4), übrigens keine Sonderheit, da nach dem Volksglauben Schriftzeichen überhaupt ganz besondere Macht besitzen, wenn sie mit Blut geschrieben sind. 3) K u h n u. S c h w a r t z 478; Müll e n h o f f Sagen 192 Nr. 263; 556 Nr. 561. *) Urquell 3 (1892), 3.
3. Der Heilige wird in mehreren deutschen Zaubern und Segen neben andern Heiligen (Maria, Martin) erwähnt oder angerufen 5), offenbar wegen seiner aus der Legende überlieferten Macht über Dämonen. Besonders merkbar ist ein Segen, „verhexten Menschen und Vieh zu helfen" ·).
112
') F r a n z Benediktionen 2, 139; F e h r 1 e Zauber und Segen 33. ·) Geistl. Schild 1 5 1 — 5 2 : ,,. . hat dich überritten ein Mann, so segne dich Gott und der heilige C.", bei Η ο c k e r Volksgl. 219 als Segen gegen Fieber aufgeführt, von F e h r 1 e a. a. O. 54 als Vorarlberger Spruch bezeichnet.
4. Die sogenannten C.gebete, durch die man Hilfe gegen Nachstellungen des Teufels und Schutz vor Sünden , Unglück und Feinden erflehte, haben weder mit C. von Antiochien noch mit dem von Karthago etwas zu tun 7 ), waren übrigens nicht gegen die Meinung der Kirche und sind im deutschen Aberglauben nicht nachweisbar. ') F r a n z Benediktionen schlesVk. 21 (1919), 101.
2, 394—95; MWrede.
Cyprian s. F l e c h t e . CyriaCUS, hl., römischer Diakon, Name auch in den Formen Quiriacus, Quiricius überliefert, erlitt um 309 den Märtyrertod, Fest 8. August (Translation; Todestag 16. März) >) Analecta Bolland. 2 (1883), 248; A A . SS. Aug. 2, 327; K a m p s c h u l t e Die westfäl. Kirchen-Patrocinien 134. 196; S a m s o n Die Heiligen als Kirchenpatrone 93. 172; K o r t h Die Patrocinien im Erzbistum Köln 51; N i e d Heiligenverehrung 54; K ü n s t l e Ikonographie 175.
I. C. wird bereits in den ältesten Kölner Festkalendern (9.—10. Jh.) erwähnt 2 ). Seit dem 10. Jh. gelangten wertvolle Reliquien des Heiligen nach Deutschland, ζ. B. ein Arm durch Otto den Gr. nach Bamberg, der andere Arm nach der Abtei Altdorf im Elsaß, wieder andere Teile nach dem Kollegiatstift St. Cyriak in Neuhausen bei Worms ®), nach Geseke i. Westf. usw. Infolgedessen gewann C. in Deutschland vielerorts große Verehrung und zahlreiche Kirchen in den rheinischen, westfälischen und in süddeutschen Diözesen wurden ihm geweiht. In Würzburg und im ganzen Lande Franken soll sich die Verehrung des Heiligen seit dem Sieg auf dem Mühlberg am 8. Aug. 1266, dem Festtag des Heiligen, gesteigert haben 4). Auch in der Provinz Sachsen war C. verehrt, wie Kunstwerke verraten 6 ). So findet man C. allenthalben in der Kirchen- und Kunstgeschichte des deutschen MA.s.
ii3
Cyrillus—Cysat, Renward
a ) Z i 11 i k e η Kölner Festkalender 88. ) BayHfte. 8 (1921), 148. *) S a m s o n 5 a . a . O . 173. ) Künstle a . a . O . 175. a
2. C. zählt zu den Vierzehn Nothelfern (s. d.) e ) und wird als ein solcher besonders in Versuchungen, d . i . gegen A n f e c h t u n g e n der bösen Geister angerufen, in der S t u n de des Todes ') und allgemein: C. die Teufel band . . Bitt zu Gott um unser Sach" Nimm das Gift dem Höllendrach' 8 ). Daher wird der Heilige auch als Diakon mit einem Drachen oder einem gefesselten D ä m o n zu seinen Füßen abgebildet. Seine Stellung als P a t r o n wider die bösen Geister v e r d a n k t C. seinem Charakter als Dämonenheiliger. E r vertrieb nämlich der L e g e n d e 9 ) gemäß einen Dämon, der die Tochter A r t e m i a des Kaisers Diokletian in Besitz genommen hatte, nachdem der D ä m o n selbst den Heiligen genannt hatte, vor dem er sich fürchte, ein Motiv, das in Heiligenlegenden öfter wiederkehrt10). ") K ü n s t l e Ikonographie 470. ') Nürnberger Passional, gedr. von Antonius Koberger 1488, fol. 109: „ . . d a s denselben Menschen (Verehrern) sant Ciriacus mit seinen Gesellen zu Hilff kumm an irem End und dy bösen Geyst mit irr Macht von in vertriben werden, daz sy ir Leben seligklichen werden enden". ") Altes Nothelferlied, vgl. H a c k Christlicher Bilderkreis (Schaffhausen 1856), 283. 10 ·) Legenda aurea c. 1 1 6 p. 487. ) G ü n t e r Legenden-Studien 48; D e r s. Die christliche Legende 1 1 3 . 3. In schwäbischen Gegenden, in denen C. sich übrigens auch starker Verehrung erfreut und wo er mehrfach K i r c h e n patron ist u ) , trat er vielfach an die Stelle der Heiligen Wendelin und Fridolin als Beschützer des Viehes; namentlich gilt er um Bonndorf 1 2 ) als Viehpatron. Die Alten in Bietingen (bei Meßkirch) glaubten, ihrem P a t r o n C. v e r d a n k t e n sie es, wenn G e w ü r m (Nattern) und unreines Getier überhaupt im Dorf und in seinem Bereich nicht gefunden werde 1 3 ). u ) Β i r 1 i η g e r Aus Schwaben 1, 369. Am bekanntesten in Schwaben ist der C. von Dürrenbühl (Bonndorf), zu dessen Räppele man an des Heiligen Fest (8. August) wallfahrtet. M e y e r Baden 136. ") Ebd. 407. ") Zimmerische Chronik 3, 273.
114
4. Der alte B r a u c h , k r a n k e oder k r ä n k liche K i n d e r an einer K u l t - oder Heiligenstätte wiegen zu lassen, ihnen dabei aus einem nahegelegenen Brunnen (Quelle) zu trinken zu geben und dann ein gleichschweres Opfer an K o r n oder anderm der S t ä t t e oder dem Heiligen zu spenden, k n ü p f t sich auch an die C.wage und den C.brunnen bei dem K o l l e g i a t s t i f t S t . Cyriakus zu Neuhausen bei W o r m s (s. o b e n ) 1 4 ) . Der B r a u c h ist mancherorts mit einer Wechselbalgsage v e r q u i c k t 1 5 ) . ») BayHfte. 8 (1921), 148; HessBl. 7 (1908), 32 ff.; B r a u n e r Curiositäten (1737) 6; ( K e l l e r ) Grab des Aberglaubens 2, 226; G r i m m Sagen 74 Nr. 81. ") W o l f Beiträge 2, 305; P f a n n e n s c h m i d Weihwasser 81; S c h e l l Bergische Sagen 459 Nr. 65. 5. Des Heiligen N a m e wird auch in Wettersegen aus dem 1 2 . und 1 5 . J h . erw ä h n t l e ) . Eine besondere C.feier ist f ü r B o r k e n in W e s t f a l e n ü b e r l i e f e r t 1 7 ) . , ') F r a n z Benediktionen 2, 85. 94. ") M e n s i n c k Die C.feier zu Borken (Emmerich 1844). Wrede.
Cyrillus, hl., um 826 in Thessalonich
geboren, 869 in R o m gestorben J ), F e s t a m 9. März *), gewöhnlich mit seinem B r u d e r Methodius (827—885) zusammen genannt. Die beiden Heiligen gelten als die Urheber der slawischen Schriftsprache, die sie auch in die Liturgie einführten, und sind bekannt als Apostel der Slawen. Sie wurden zu Landespatronen von Mähren erkoren und seit dem 1 4 . J h . auch in B ö h m e n verehrt. I m deutschen Volksglauben treten sie nicht hervor, abgesehen v o n der E r w ä h n u n g des hl. C. in Sagen aus dem ehemaligen Schlesien Österreichs 3 ). l ) AA. SS. Mart. 2, 19; P o t t h a s t 1 2 6 1 ; S t a d l e r Heiligenlexikon 1, 710—712; R e i n s b e r g Festkalender 85. ') K ü n s t l e Ikonographie 177: 5. Juli. 3) Κ ü h η a u Sagen 3. 37 1 —7 2 · 390 Wrede.
Cysat, Renward. Renw. B r a n d s t e t t e r Renward Cysat 1545—1614, der Begründer der schweizerischen Volkskunde. Luzern 1909; SAVk. 14 (1910), 198 ff.; 272 ff.; ADB 4, 669 f. C., geb. 1 5 4 5 zu Luzern, vielseitig gebildet, Polyhistor und Dichter, 1 5 7 5 Stadtschreiber seiner V a t e r s t a d t , wo er
"5
Dach
1614 starb. Wertvolle Beobachtungen über Volksleben, -glauben und -brauch seiner Heimat finden sich in seinem großen, fast ganz ungedruckten literarischen Nachlaß. Besondern Hinweis verdienen seine Angaben über Geister- und Gespensterglauben, Todesanzeichen (Künden), Seelen und Seelenhecr (Wuotisheer, Türst), Erdmännchen, Feuermänner (Züs-
ιι6
ler), Alp, dämonische Tiere (Geisterrosse, Drachen, Schlangen, Angangtiere), Teufelsvorstellungen, dämonische Krankheiten und ihre Heilung, Behexung und Zauberei aller Art, abergläubischen Mißbrauch kirchlicher Handlungen. Genaueres darüber bei Brandstetter a. a. O., S. 34—71 u. S A V k . a. a. O. Helm.
D. Dach. Bei fast allen Völkern spielt das D. einerseits als Hauptangriffspunkt dämonischer Mächte, andererseits als sicherster Schutz des Menschen im Volksglauben eine große Rolle 1 ). Vielleicht reichen diese Vorstellungen auf deutschem Gebiet bis in die Zeit der halbunterirdischen D.hütten zurück 2 ). Auch das könnte darauf hinweisen, daß die Geister Öffnungen im D. als Eingang ins Haus bevorzugen, also an der alten Eingangsstelle des Hauses festhalten 3) (s. u. I c). Schon seit alter Zeit hat das D. eine ähnliche Bedeutung wie der Herd (s. d.). Dem D. wie dem Ofen wird Heilkraft zugeschrieben (s. u. 5). Wie am Herde werden in Westfalen an der D.luke Ehen geschlossen, Eide geleistet, der Sarg des Hausvaters stand da bis zum Begräbnis 4). A m Herd und im Gebälk des D.es hält sich der Hausgeist mit Vorliebe auf. In der Lex Burgundionum (38 § 1) heißt es, D. und Herd dem Feinde verwehren. Soll ein Genösse aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden, wird ihm das D. abgetragen s ), in derselben Absicht wird ihm sonst das Feuer gelöscht 5 a ). Dem Ehemann, der sich von seiner Frau schlagen ließ, deckte die Jungmannschaft das D. ab (s. u. 1 c) e ). Im neueren Volksbrauch wird mißliebigen Mädchen ein Schandmai oder Strohmann auf das D. gesteckt, unbeliebten Nachbarn wird in der Walpurgisnacht ein Wägen aufs D. gestellt. Das D. wird neben anderen Stellen (Tür, Mist, Bäume)
gewählt, weil das Schandzeichen weithin sichtbar ist und besonders im letzteren Falle nur mit großer Mühe entfernt werden kann e a ). Die Verbindung 'D. und Fach' drückt den Begriff Haus aus. Viele Tiefkulturvölker stellen sich das Weltgebäude wie ihr gewöhnliches Wohnhaus, nur unendlich vergrößert, vor. Auch die Germanen stellten sich den Himmel als D. der Welt vor, das wie im Hause von einem Baume oder einer Säule gestützt wurde 7 ) (s. Firstsäule). Das D. wird wohl auch bei uns mit dem Himmel verglichen 8 ). ') Z f V k . 25, 228 ff.; Mitth. d. Anthropolog. Ges. Wien 56, 6 ff. ') L a u f f e r Haus 27. L i e b r e c h t Z. Volks/t. 372. 426. *) Mitth, d. Anthropolog. Ges. Wien 56, 7; S a r t o r i Westfalen 23. 5) G r i m m RA. 2, 329. «») Ebd. 1, 286. ·) Ebd. 2, 319; HessBl. 1, 87; 13, 121 ff.; S A V k . 8, 173. ·») M e y e r Baden 223; S a r t o r i Sitte u. Brauch 3, 171 vermutet wohl kaum mit Recht, daß es sich dabei wie bei anderem Unfug um Dämonenverscheuchung handle. 7 ) W u S . 1, 40 f. ·) R ο c h h ο 1 ζ Glaube 2, 104. s)
I. D. u n d G e i s t e r , a) Die Geister wollen wie die Menschen ein D. über sich haben. Deshalb suchen sie gerne verlassene Häuser auf. Man muß daher in den Alpen, in Schweden, bei den Schweden Finnlands,· beim Betreten einer leerstehenden Hütte anklopfen, die Geister um Einlaß bitten, um sie nicht zu erzürnen ·). Im Erntebrauch wird dem Getreidenumen eine Unterkunft gebaut — wenn auch nur aus ein paar Halmen — damit seine K r a f t für die künftige Ernte
II 7
Dach
erhalten bleibe 1 0 ). Die L a u b h ü t t e n , die zu P f i n g s t e n errichtet werden, darf man wohl ihrer ursprünglichen B e d e u t u n g nach für das Zelt des einziehenden Frühlingsgeistes h a l t e n 1 1 ) . Der ewige J u d e darf nur da rasten, wo auf dem A c k e r zwei E g g e n d a c h f ö r m i g aneinander gelehnt stehen 12 ). Ein Gespenst m u ß ein D. über sich haben, sonst sucht es sich eines 13 ). U m ein lästiges Gespenst beim A b b r e c h e n eines Hauses a m Mitziehen zu verhindern, lehnt man a n der alten Stelle zwei Ziegel in der F o r m eines D.es aneinander, daß es da wohnen k a n n 1 4 ) . Der Hausgeist h ä l t sich mit Vorliebe im G e b ä l k des D.es a u f 1 5 ) . b)D. v o n G e i s t e r n bedroht. A m ausgesprochensten wird das D. nach den altnordischen Berichten v o n umgehenden T o t e n b e d r o h t l e ) . Ein Gottloser m u ß nach seinem T o d e rastlos auf seinem D. herumklettern 17 ). Die H e x e 18 ) t r ä g t aus Rache, wie der nordische N i ß 19 ), w e n n er im Zorn das Haus verläßt, das D . ab. D e m wortbrüchigen Sennen k o m m t der Riese aufs D. 20 ). Die weiße F r a u 2 1 ) , Irrlichter 22 ), Schlangen 23 ), die Geister übelberufener Verstorbener 24) zeigen sich auf dem D. c) D. a l s E i n - u n d Ausgang. D a Geister das D. als E i n g a n g bevorzugen, m u ß an manchen Orten immer e i n e . D . l u k e oder irgendeine Stelle des D.es f ü r den Hausgeist und andere Geister offen sein 25 ). O f t v e r s c h a f f e n sich die Seelen Verstorbener gewaltsam E i n g a n g und decken das D. mit dem S t u r m w i n d a b 2e ). Ein L o c h im D. wird durch ein gespenstiges Tier immer wieder aufgem a c h t 27 ). D a s L o c h im D.e eines Hauses i η Erfurt, durch das F a u s t seine Mantelf a h r t e n zu richten pflegte, ließ sich nicht z u m a c h e n a ) . A u f solche Weise erklärt die V o l k s d i c h t u n g die immer offenen Boden- und Giebellöcher 2β). Eine Seele, die umgehen soll, reißt beim A b s c h e i d e n ein L o c h ins D. 30 ). Ein D ä m o n 31 ) oder der T e u f e l entweichen durchs D. 3 2 ). Die Seelen der Sterbenden verlassen das H a u s durchs D. Deshalb d e c k t man eine D.schindel ab, um das Sterben (s. d.) zu erleichtern 33 ). Beim Herannahen des T o d e s
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öffnet m a n die D a c h l u k e 3 4 ) oder stellt das B e t t unter den First 35) (s. D.first). W o sich einer selbst g e t ö t e t hat, sitzt ein schwarzer H a h n auf dem D. und k r ä h t ; es ist der Teufel, der die Seele h o l t 3 ' ) . Mit diesen Vorstellungen m a g zusammenhängen, d a ß man eine K r ö t e , die m a n f ü r eine arme Seele hält, auf das D. wirft, damit sie da verdorrt und die Seele aus der Hülle frei wird 37 ). Die Leiche eines Selbstmörders (s. d.) bringt man durch das D. hinaus Μ ). Man scheint den Selbstmörder aus F u r c h t vor dem U m g e h e n auf einem ungewöhnlichen Wege, durch das D., zu entfernen. So brachte man in A l t i s l a n d einen gefährlichen T o t e n nicht durch die Tür, sondern durch eine eigens dazu gemachte Ö f f n u n g in der W a n d 3β) fort. N a c h einer Nachricht aus der Oberpfalz f ü r c h t e t man, die B r a u t , die einheiratet, könnte später H e x e n w e r k betreiben. Die Nachbarn dringen daher während der T r a u u n g in das H a u s des B r ä u t i g a m s ein, sei es durch das Fenster, sei es durch das D., das sie abdecken, und schlagen den O f e n ein. D a m i t soll der ganze Ort v o r dem bösen Wesen der Hochzeiterin geschützt sein 3 β 4 ). ») Z f V k . 25, 228. I0 ) E b d . 25, 2 2 8 = S a r t o r i Sitte 2, 84, 113 f. » ) Z f V k . 25, 2 2 8 = S a r t o r i Sitte 3, 208. " ) K u h n Westfalen 2, 32; S t r a k k e r j a η ι , 452 f. " ) L ü t ο 1 f Sagen 177 f. 14 ) Z f V k . 25, 229 = J b E l s a ß - L o t h r . 8, 174. 15 ) M ü l l e n h o f f Sagen 322; L a u f f e r Niederd. Volksk. 7 6 ; Z f V k . 8, 4 f. 273. " ) Grettissaga 32, 3 5 ; E y r b y g g j a s a g a 34; F16amannasaga 13. " ) K u o n i St. Galler Sagen 216 Nr. 376. 18) L ü t ο 1 f Sagen 215 Nr. 145. " ) Z f V k . 8, 136. ' · ) K i i o n i St. Galler Sagen M) P r o h i e 65 N r . 137. Harzsagen 219. " ( D r e c h s l e r 1, 315. M ) G r o h m a n n Sagen 223. " ) K ü h n a u Sagen 1, 580 ff. 594; a u ß e r d e u t s c h S a m t e r Geburt 55. " ) R o c h h o l z Glaube 2, 9 7 ; Z f V k . 2, 270. ! e ) M e y e r Germ. Myth. 73. B ) S c h e l l Berg. Sagen 523 N r . 159. ϊβ ) B e c h s t e i n Thüringen 2, 1 1 3 . Z f V k . 25, 231 A n m . 1 ; A l p e n b u r g Alpensagen 197; S c h a m b a c h - M ü l l e r 153; W o l f Niederl. Sagen 2 9 1 ; S t r a c k e r j a n 1, 225. 30) Z f V k . 2, 270. 31 ) A r g o v i a 17, 116. " ) K ü h n a u Sagen 2 , 6 7 6 . »*) G r i m m Myth. 2, 988; L i e b r e c h t Z. Volksk. 372; B a s t i a n Beiträge 1 5 ; B i r l i n g e r Aus Schwaben i , 395; M e y e r Myth, der Germ. M 73; Z f V k . 2, 269; 18, 446; 22, 231. ) M e y e r Baden 582; D e r s . Myth, der Germ. 7 1 ; J o h n
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Dach
äS) V e r n a l e k e n Erzgebirge 120. Alpensagen 400 Nr. 82. **) S c h ö η w e r t h 3, 3 Nr. 25. ") L ü t o l f Sagen 3 5 1 Nr. 3 0 1 . P o l l i n g e r 299. 59) Eyrbyggjasaga 3 3 ; Egilssaga 58. Vgl. L i e b r e c h t Z. Volksk. 373· 397; vgl. H o l m b e r g Jagdtiere 9. »»») S c h ö n w e r t h Oberpfalz i, 89.
2. D.s c h u t z. a) Ο ρ f e r. Für die das D. bedrohenden Geister werden in der gefährlichen Zeit, an den Abenden vor den Rauhnächten am Vorabend des Dreikönigstages 41 ) für die Saligen **), für Berchta oder Stampa **) Nudeln, Kücheln, Krapfen oder gekochte Eier auf das D. gelegt. In Schwaben legt man bei Sturm für den Wind, seine Kinder und Hunde, Mehl aufs D. 4 4 ). Aber auch die Hausgeister 4 5 ), der gute Bergbutz, der das Vieh behütet, bekommt eine Schüssel mit Milch auf das D. gestellt 4e ) (s. u.). Wirft man das erste Ei eines Huhnes auf 4 7 ) (über) M ) ein D., so legt es reichlicher. Die Esten werfen, wenn das Jungvieh nicht gedeihen will, Lämmer, Ziegen, Ferkel auf das D., damit die anderen desto größer werden 49 ). b) V e r s c h i e d e n e Schutzmittel. Gegen Dämonen, vor allem aber gegen Blitzschlag und Feuer, schützt man das D. auf alle mögliche Weise. Die Pferdeköpfe und andere Schnitzereien auf dem Giebel seien hier nur erwähnt (s. Hausgiebel). Allgemein schützt die D.oder Hauswurz vor Blitz 60 )- und Feuersgefahr s l ). In den Glöckelnächten befestigt man ein R a d auf dem D. 52 ). Am Faschingdienstag vor Sonnenaufgang werden drei Strohbänder gebunden und unter das D. gegen Feuersgefahr gelegt 63 ). Vom Osterfeuer angekohlte Scheite werden zum Schutz gegen den Blitz unter das D. gesteckt 54 ). Zu Ostern muß man Wasser aufs D. gießen, damit kein Feuer entsteht 6S ). Dasselbe soll man tun, wenn am Karsamstag die Fasten ausgeläutet werden, dann brennt das Haus nicht ab, wenn Feuer auskommt 56 ). Die geweihten Zweige von den Altären des Fronleichnamsfestes werden unter das D. gesteckt 6 7 ). Am Vorabend des Johannistages windet man Kränze aus Johannisblumen und wirft sie auf jede Seite des D.es, um Haus, Scheune und Stall vor
120
Blitzschlag zu schützen M ). Eine Zigeunerin sprach einen Feuersegen auf dem D., der 100 J a h r e wirken sollte 69 ). Um böse Geister zu vertreiben, stieg im Emmental der Besitzer des Hauses nackt auf den Giebel und schoß mit einer Pistole gerade in die H ö h e m ) . Auf außerdeutschem Boden ist es seit alters verbreitet, Dämonen mit Waffen und Lärm vom D.e zu verscheuchen e l ). Die Palmen, Maibäume und -zweige, die man auf das D. steckt, sollen nicht nur schützen, sondern auch Segen bringen. So heißt es in einer Handschrift des 13. Jhs., am 1. Mai stecken sie Zweige eines gewissen Dornbusches an das D., damit ihr Vieh reichlich Milch hat 6 1 »). c) W e r f e n ü b e r d a s D. Das Werfen über das D. scheint nicht nur böse Dämonen vertreiben zu sollen, sondern auch eine bannende Wirkung zu haben, wie etwa das Ziehen eines magischen Kreises. Will man sich vom Fieber befreien (s. u. 5-)> muß man neue Wäsche nehmen und das ausgezogene Hemd in der Nacht zu einer bestimmten Stunde über das D. werfen e 2 ). Das Ei einer schwarzen Henne am Vorabend des Dreikönigstages ®3) oder ein Osterei e4 ), über das D. geworfen, schützt vor Blitzschlag. Hexen-, Zwerg- oder Spareier (sehr kleine Eier) soll man hinter sich e s ) übers D. werfen, damit das Unglück 6e ) öder die Trud e7 ) weichen muß. Bringt man es nicht darüber, hat man Unglück ®8). In Böhmen wirft man das Sparei bei schweren Gewittern übers D., es hilft gegen Blitzschlag, aber auch gegen die Hexen, die das Gewitter erregt haben 69 ). Das Ei eines siebenjährigen Hahnes muß man über das D. werfen, sonst wird ein Basilisk (s.d.) daraus 7 0 ). Gegen Schadenzauber kocht man die verhexte Milch und wirft den Topf mit der Milch bei Nacht über das D. des Stalles. Zerbricht der Topf dabei, so werden die Leute, die den Schaden verursacht haben, auf den Tod krank 7 1 ). Um Unheil abzuwenden, wirft man beim Richtfest oder bei Hochzeiten verschiedene Gegenstände über das D. Daneben kommt das Werfen übers D. auch als S c h a d e n z a u b e r vor: wenn man
Dach
121 Galläpfel aus 72).
darüber
wirft,
bricht
Feuer
« ) Η e y 1 Tirol 1 7 0 N r . 78. « ) Z f d M y t h . 3, 3 3 5 ; H e y 1 7 5 1 N r . 1 ; Z i n g e r l e Sagen 81. ") H e y l 1 7 0 N r . 78. « ) E b d . 7 5 1 N r . 1. " ) Β i r 1 i η g e r Volkst. 1, 190 f . : D r e c h sl e r 2, 150 f. " ) N d d Z f V k . 4 , 1 0 . "JJecklin Volkst. 1 5 5 . " ) B a r t s c h 2, 159. «) Z f V k . 25» 2 3 9 = W o 1 £ Beiträge 1, 2 2 1 . *·) B o e d e r Ehsten 118. M) W r e d e Ei fei 54; Rhein. Volksk. 6 5 ; U n o t h 1, 188 N r . 154. « ) S c h ö n w e r t h 2, 87 N r . 4. » ) H e y l 763 N r . 60. «») J o h n Westböhmen 41. ") W u t t k e § 8 1 . ") J o h n Westböhmen 63. " ) S c h ö n w e r t h 2, 86 § 13, 2. " ) J ο h η Westböhmen 83; S c h r a m e k Böhmerwald 156. s s ) W r e d e Rh. Volksk. 273. " ) Μ e i c h e 591 N r . 735, 2. M ) Z f V k . 25, 237 = Z f d M y t h . 4, 180. «') S a m t e r Geburt 46. 5 4 f t " » ) M s c h l e s V k . 1 7 , 36 N r . 45. " ) G r ο h m a η η 1 6 3 ; D e r s. Sagen 140. " ) H e y l 754 N r . 1 4 . " ) K a p f f Festgebräuche 1 5 . V g l . S c h n e e w e i s 26 A n m . 7 : a m 25. 1 2 . wird ein B a d n j a k r e s t über das D . gegen Feuer g e w o r f e n . · ' ) F o g e l Pennsylvania 182 N r . 876. " ) Ebd.; D r e c h s l e r 2, 8 8 f . ; B i r l i n g e r Volkst. 1 , 1 2 5 . " ) S c h ö n w e r t h 1, 347 N r . 3. " ) Β i r 1 i η g e r Volkst. 1, 1 2 5 . *·) J o h n Westböhmen 58. 70) G r i m m Myth. 3, 454 N r . 583. " ) L e o p r e c h t i η g Lechrain 48 f. ") D r e c h s 1 e r 2, 2 1 6 .
3. D i e Z u k u n f t wird a) a u f d e m D.e e r f o r s c h t . Nach einer Beichtfrage des Burchard von Worms (f 1024) 74) setzte man sich in der Neujahrsnacht auf das D., zog mit dem Schwert einen Kreis um sich, um die Zukunft zu erfahren. Zu demselben Zweck setzte man sich auf eine Kuhhaut, auf einen Kreuzweg. Aus dieser Nebeneinanderstellung dürfte hervorgehen, daß man das D. wie den Kreuzweg als Stelle, an der Geister verkehren, auffaßte. Auch nach dem neueren Volksglauben steigt man mit einer Multer, in der der Teig für das Neujahrsbrot geknetet wurde, rücklings auf einer Leiter auf das D., dann sieht man durch den Schornstein hinab alle jene, die im kommenden Jahre sterben werden 7 5 ). In der Dreikönigsnacht steigen die Leute auf das D. Steht über dem D. eine Totenbahre, so stirbt dieses Jahr jemand aus dem Hause 7 6 ). b) M i t H i l f e e i n e r Z a u b e r handlung und dem D. Was man rücklings aus dem Hause schreitend auf dem D.e sieht, widerfährt einem im
122
nächsten Jahr 7 7 ). Zu Weihnachten zog man drei Halme aus dem D.e eines ererbten Hauses und sagte, ich will Roggen, Hafer, Buchweizen ziehen. Je länger die Halme, desto besser geriet im nächsten Jahr das betreffende Korn 7 8 ). Zu Johannis wirft man auf jede Seite des D.es einen Kranz aus Johannisblumen (s. 0. 2 b). Ältere Leute halten es für ein böses Vorzeichen, wenn der Kranz während des Angelusläutens oben bleibt 7 ·). Jedes Familienglied wirft einen Kranz; wessen Kranz oben liegen bleibt 80 ), herunterfällt 81 ), muß bis zum nächsten Sommer sterben. Wirft ein Mädchen am ersten Fastensonntag ein heißes Käseküchel übers D., so sieht sie ihren künftigen Bräutigam 8 2 ). Will man wissen, ob ein Verwandter, von dem man lange keine Kunde hatte, am Leben oder tot sei, so nehme man Sedum Telephium (knolliges Heilallewunden) und lege es unter das D. des Hauses, wobei man unverwandt an diese Person denken muß. Wächst die Pflanze fort, so lebt diese noch ω ) . c) V o r z e i c h e n : Eiszapfen am D. vor Neujahr bedeuten langen Flachs M ). Sieht man ein brennendes D. nach vorne stürzen, so stirbt in dem Jahre der Hausherr 8 5 ). Wenn ein Stein vom D.e fällt, stirbt bald jemand im Haus 8 e ). Wenn man im Traum vom D.e fällt, so wird man wachsen 87). Wo auf einem D.e eine Krähe oder ein Rabe sitzt und kräht, muß eines im Hause sterben M ). Wenn ein Rotschwänzchen am D. singt, wird Feuer ausbrechen 89 ). Haubenlerche 80 ) und Pfau* 1 ) kündigen Regen an, Amsel Regen oder Tod "»). ") G r i m m Myth. 3, 407 Nr. 1 9 3 c . " ) Z f ö V k . 9 , 1 9 2 f. " ) H e y l Tirol 7 5 3 N r . 1 1 . M a n soll s i c h a u f e i n D . , d a s s c h o n d r e i m a l u m gelegt ist, setzen, in eine alte Messerschneide s e h e n u n d d a sein S c h i c k s a l l e s e n : K r ο η ο b y Finnland. Budkavlen 6, 110 Nr. 10. " ( B a r t s c h Mecklenburg 2, 236. " ) W u t t k e § 339- " ) W r e d e Rh. Volksk. 273. " ) H a l t r i c h Siebenb. Sachsen 287. " ) Z f V k . 22, 160. M) H e y l Tirol 7 5 5 N r . 25. " ( B a r t s c h Mecklenburg 2, 126. V g l . S c h u l e n b u r g Wend. Volkst. 163. M ) G r i m m Myth. 3, 4 7 4 ; B a i t . S t u d i e n 33, 1 2 7 ; S a r t ο r i Sitte 2, m . " ) W u t t k e § 2 2 6 5 3 2 3 . ··) H e y l Tirol 782 N r . 108. · ' ) U r q u e U 4, 90. ») U n o t h 1, 183 N r . 66; L e h m a η η - F i 1 h έ s 2, 2 5 1 .
Dachfirst
123 s») D r e c h s l e r z. Volks/t. 1, 29. 1927. 39-
t0
2, 228. ) K n o o p Beiträge ) Ebd. 1, 63. WZfVk.
81
4. S c h ü t z e n d e Kraft des D.e s. Das D. schützt vor verfolgenden Geistern 9 2 ), wie vor dem wilden J ä g e r M ), dem durch die L ü f t e ziehenden Drachen 94 ), dem Rockertweible 9 5 ), Hexen 9 6 ) und dem Waldmann 8 7 ). Deshalb darf eine Wöchnerin nicht vor das D. gehen " ) , bevor das K i n d getauft i s t " ) , oder bevor sie den Gottesdienst besucht hat 10 °) (allg.). Muß sie aber hinaus, so soll sie den Kopf mit einer D.schindel (s. d.) bedecken 1 0 1 ) oder einen Hut aufsetzen, damit sie gleichsam unter Dach i s t 1 0 2 ) . Doch ist diese Vorschrift nicht eindeutig 1 0 3 ). 82 ) F e i l b e r g Biaergtagen 68; J a h n Opfergebräuche 128. 135. M ) ZfVk. 25, 235 = Μ ü 1 l e n h o f f Sagen 369. M ) K u h n - S c h w a r t z 420 if.; M ö l l e n h o f f Sagen 206 f.; ZfVk. 25, 235. , s ) M e i e r Schwaben i, 125. ,β ) V e r η a 1 e k e η Mythen 336. •') G r a b e r Kärnten 79. M) Allgemein: H ö h n Geburt 265. " ) Alemannia 25, 105. 10°) R o t h e n b a c h Bern 10 Nr. 3. 101 ) R e u s c h e l Volkskunde 2, 20; M a n ζ Sargans 87; SAVk. 1 9 1 7 , 39 f. 10s ) Ρ ο 1 1 i η g e r Landshut 243. 1 M ) Das Aufsetzen des Hutes soll sie für die Geister unkenntlich machen: R e u s c h e l Volkskunde 2, 20 = Mein Heimatland 7, 1 ff. Da der Hut oder Rock oder die Hosen des Mannes im gleichen Fall getragen werden sollen, sieht man in dem Brauch einen Rest der Couvade: Mitth. d. Anthropolog. Ges. in Wien 38, 48; Liebr e c h t Z. Volksk. 1 3 3 .
5- H e i l k r a f t des D.e s. Bei Burchard von Worms heißt es, eine Mutter dürfe ihren Sohn weder auf das D. noch in den Ofen legen, um ihn (vom Fieber) zu heilen 104 ). Dasselbe Mittel ist in der Volksheilkunde noch gebräuchlich 1 0 s ). 104 ) G r i m m Myth. 2, 975; 3, 406 Nr. 10, 14; 408 Nr. 195 c. 106 ) H ö h n Volksheilk. 1, 64. Außerdeutsch: ZfVk. 25, 238 Nr. 5.
6. B e s o n d e r e K r a f t d e s D. e s . Wer das ganze J a h r Schneid haben will, muß während der Christnacht auf dem First seines Hauses sitzen und die Sense dengeln l o e ). Während der Unternächte läßt man Heu auf dem D. liegen und gibt es dann dem V i e h 1 0 7 ) . Wenn eine neugekaufte K u h die Schwelle des neuen Hauses überschreitet, gießt man Wasser
I24
auf das D. Begießt das herabfließende Wasser die K u h , wird sie gut gedeihen und viel Milch geben 108 ). Um zu sehen, ob die Weizenklöße zu Fastnacht durchgebacken seien, stach man mit einem Stäbchen hinein. Wurde dieses dann ins D. gesteckt, so vertrieb man damit Grasmäuse 10B ). Stürzt man einen Bock lebend vom D. herunter, so verliert sein Fleisch den üblen Geruch 1 1 0 ) (s. D.stroh). Wenn die Vögel das Korn nicht fressen sollen, steckt man Ähren unter das D . 1 U ) . Der Hirt steckt das Schloß, mit dem er dem Wolf „ d a s Maul verschließt", unter das D.112). 10 «) ZfVk. 4, 109. " " ) G r i m m Myth. 3, 418 Nr. 44. 10e) G e s e m a n n Regenzauber 59 = G r a b i n s k i Sagen 52 = D r e c h s l e r 2 , 1 0 3 . 1»») D r e c h s l e r 1 , 5 5 . 110 ) S c h ö n w e r t h 1, 342 Nr. 2. m ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 162. m ) F r i s c h b i e r Hexenspr. 147.
7. N i c h t u n t e r d e m D. darf ein Mädchen von ihrem ersten Heiratsantrag reden, sonst wird nichts aus der H e i r a t 1 1 3 ) . Wird jemand von einer Schlange gebissen, soll er nicht unter D. gehen, sondern neun Tage und neun Nächte die kranke Stelle im Freien behandeln 1 1 4 ). Ein wildes Mannle will nicht unters D. gehen, weil es sonst Regen g i b t 1 1 B ) . Ein Wiesel soll man unter D. nur „ d e t ungenömte D i e r t " nennen, sonst rächt es sich am Vieh 1 1 6 ). 113 ) S c h ö n w e r t h 1, 5 1 Nr. 6. l u ) B r u n n e r Ostd. Volksk. 253. 1 1 5 ) J e c k l i n Volkstüml. 246. u e ) ZfVk. 8, 393; vgl. Eid unter freiem Himmel, im klassischen Altertum: ZfVk. 25, 234.
s. D.f i r s t , D.s t r o h , D.t r a u f e , F i r s t s ä u l e , Herd, Ofen, Schindel, Ziegel. Weiser. Dachfirst. Als höchste Stelle des Daches ist der First allen Angriffen besonders ausgesetzt*) (s. Hausgiebel). Die weiße Frau, Irrlichter und Schlangen halten sich auf dem First a u f 2 ) . Als ein Zauberer gestorben war, sah man auf dem First einen weißen Schwan 3 ). Damit der Schwerkranke sterben kann, stellt man sein Bett unter den First 4 ). Gegen Blitzschlag legt man ein ungefärbtes Antlaßei auf den First und zwar so, daß es auf der Spitze steht 6 ). Stirbt ein Schaf an
der Drehkrankheit, so bringt man seinen K o p f unter dem First unter e ). s. H a u s g i e b e l . ») L i ρ ρ e r t Christentum 469. 2) Z f V k . 25, 236 N r . 14.
') Μ e i c h e
Sagen 550 N r . 679.
Krächzt ein Rabe auf dem D. einer Kirche, zeigt das den Tod vornehmer Leute an: L e h m a η η - F i 1 h έ s 2, 9. *) ZfVk. 18, 445; V e r n a l e k e n
Alpensagen Jahr
«) B a u m g a r t e n
«) M e y e r
u.
460
s.
Nr. Tage
Baden 370.
Dachschindel s.
82. 21.
Weiser.
Schindel.
Dachstroh, ist wie das Dach von besonderen K r ä f t e n erfüllt (s. Dach). In der Neujahrsnacht ziehen die Mädchen einen Halm aus dem D a c h ; finden sie Körner darin, werden sie einen Bauer heiraten, sonst nur einen Inlieger 2 ). In das B a d eines berufenen Kindes legt man D. aus jeder Ecke 3 ). U m das behexte Butterfaß in Ordnung zu bringen, zieht man drei Halme aus dem Dach und legt sie darunter 4 ). s. S c h i n d e l , Ziegel. Bei einer Reihe von Völkern: C a l a n d Altindisches
§ 339·
126
Dachschindel—Dachtraufe
125
Zauberritual
") H a l t r i c h
82. 182 f f .
*)Wuttke
Siebenb. Sachsen 261.
») S t r a c k e r j a n 1,80.
Weiser.
Dachtraufe. Die D. hat als Teil des Daches eine ähnliche Bedeutung wie dieses. A l s äußerste Grenze des Hauses ist ihre schützende K r a f t gegen verfolgende Dämonen 1 ), die übrigens auch durch Scheuchbilder l a ) ferngehalten werden sollen, besonders betont. Unter ihr treiben Geister ihr Wesen, sind einerseits Zauberkräfte w i r k s a m 2 ) , andererseits verlieren Schadenzauber und gefahrbringende Dinge ihre K r a f t 3 ). Einen K o bold, der das Buttern hinderte, brachte man aus dem Haus, indem man das B u t t e r f a ß unter die D. stellte und einen glühenden Spieß hineinstieß 4 ). Hühner l ä ß t man durch einen hölzernen R i n g unter der D. hindurchlaufen, um das Verlegen der Eier zu verhindern 6 ). Der Zauberer könnte frei werden, wenn er die Erde unter einer D. (oder auf einem Kreuzwege) erreichen könnte '). Der feurige Mann wäre erlöst, trüge ihn der Schuster, auf dessen Schulter er sitzt, bis unter die D. 7 ). A u c h ein Schatz liegt unter ihr vergraben 8 ).
Im Rechtsbrauch gilt sie als Grenze; was der V o g t über sie weggeführt hat, darf nicht mehr umgetauscht w e r d e n · ) . § 107. 494. !») R o c h h o l z
>) W u t t k e
Glaube 2, 106; Z f V k . 4, 446; Z f E t h n . 26, 568. ') ZfVk. 25, 235 ff. = S a m t e r Geburt 56. a ) R o c h h o l z Naturmythen 155. 4) Η e y 1 Tirol
227 N r .
38.
Baden
·) M e y e r
411.
·) M e i c h e Sagen 500 N r . 649. ') SAVk. 8, 305. ») R e i s e r Allgäu 1, 248. ·) K u o n i St. Galler Sagen Glaube 2, 105 f.
127
N r . 250;
R o c h h o l z
I. Der Hauskobold geht nicht über die D. hinaus 1 0 ). Wer sie überschreitet, sieht keine Gespenster oder hat keine K r a f t gegen G e i s t e r 1 1 ) . Außerhalb der D. wird allem bösen Zauber freie Hand gelassen 13 ). Bis zur D. reicht die Gewalt der Hexen 13 ), des Teufels 14 ), des feurigen Mannes 15 ), des G e s p e n s t e s l e ) , der wilden J a g d 17 ). Erst nach Überschreiten der D. wird das Geschenk (Laub oder Holzspäne) der W a l d f r a u zu Gold 1 8 ). Die Wöchnerin muß bis zu ihrem Kirchgang l e ), solange das K i n d nicht getauft ist Μ ), innerhalb der D. bleiben. Mußte sie doch hinaus, nahm sie ein Sieb 21 ), eine Mutte 22 ), einen H u t 2 3 ) z u m Schutze auf den Kopf (s. Dach 4 A n m . 103). Die Windeln eines ungetauften Kindes dürfen nicht außerhalb der D. getrocknet werden 2 4 ). Zwischen Verkündigung und Hochzeit dürfen die B r a u t 25) oder beide Brautleute 2e ) nach dem Betläuten nicht über die D. hinausgehen. ") W u t t k e
43 § 47. " ) J e c k l i n
Volhs-
tüml. 7. 12 ) Μ a η ζ Sargans 113. 13 ) H e y l Tirol 298, 1 1 7 . 14 ) G r a b e r Kärnten 312 N r . 4 3 4 ; B a u m g a r t e n Aus der Heimat 2, 104. 15 ) K u o n i St. Galler Sagen 281 N r . 475. ") R a n k e Sagen 45. " ) G r ä b e r Kärnten 85 N r . 102. 18) Η ο f m a η Bad. Franken
13. " ) S a m t e r Geburt 23 f. 56 f.; g a r t e n
Heimat
i,
65;
Baum-
L ü t ο 1f
550 Nr. 534; H o f f m a n n - K r a y e r
Sagen
26;
Vernaleken ΛIpensagen 397 N r . 65; K o h l r a s c h Sagen 340; SAVk. 1917, 79;
Meyer
Baden
106; J e n s e n
391;
John
141; 21, 257; ZfrwVk. 3, 168 f. 27,228;
Westböhmen
Nordfries. Inseln 230; ZfVk. 4,
R o t h e n b a c h
N r . 4. >') M e y e r Baden 11, 47. '*) P o l l i n g e r M i Z f r w V k . 1905,179. a5) M B ä c h t o l d Hochzeit 1, Baden 265. 290; Alemannia
20
Bern
) Alemannia (1876),
10
391. »*) SchwVk. Landshut 243. e y e r Baden 265; 225. " ) M e y e r 25, 105.
Dachtraufe
127
2. B e g r a b e n unter d e r D. Unter der D., wie überhaupt an Grenzen, unter der Schwelle (s. d.), an der Grenze des Eigentums (s. Zaun), an Kreuzwegen wurden vor allem Kinder begraben. Bei ihnen hält man vielfach an alten sonst abgekommenen Begräbnissitten fest 27). Bei den Römern wurden Kinder unter 40 Tagen unter der D. begraben M ). Im deutschen Märchen sammelt das Mädchen die Gebeine ihres getöteten Bruders und gräbt sie unter des Nachbars D. ein *·). Reuige Sünder ließen sich unter der D. der Kirche begraben Kindbetterinnen und ungetaufte Kinder soll man da begraben 31 ). Ungetaufte Kinder kann man so erlösen: der während eines Taufsegens herunterfallende Regen gilt als Taufe M ) (s. Begräbnis, Friedhof). ") S c h r ä d e r Reallex. unter Friedhof; P a n z e r Beitrag 2, 476 = Otfried M ü l l e r Etrusker 2, 237. a ) ZfVk. 25, 236. " ( P a n z e r
128
Ähnlich S c h m i 11 Hetlingen 16. »») W u t t k e 309 § 453· 4. B a n n e n u n d u n s c h ä d l i c h machen durch Vergraben u n t e r d e r D. Ein geisternder Ritter kam nicht wieder, als man ein Kreuz unter der D. vergrub *·). Ein Kapuziner wollte, als die Ferkel immer starben, ein lebendiges Schwein unter der D. vergraben. Sofort kam ein altes Weib und bat um Erbarmen; als er nicht nachgab, starb sie M ). Man schüttet das Leichenwasser 42 ) unter die D. und vergräbt dort den Kamm, mit dem der Tote gekämmt wurde, das Stroh, auf dem er gelegen, die Nadel, mit der das Leichenhemd genäht wurde die Nachgeburt u ) , die Keule, die der wilde Jäger herabgeworfen hatte 45). 4°)
L a c h m a n n Überlingen 39. " J K u o n i
St. Galler Sagen 280 Nr. 473.
4a)
Drechsler
S c h u l t z Höfisches Leben 2,
I, 295. **) Mitteil. Anhalt. Gesch. 14, 20. «) M e y e r Baden 18; H ö h n Geburt 261. ") G r o h m a n n Sagen 78.
3. H e i l k r a f t d e r D. A m heiligen Abend legt man Heu unter die D., und verfüttert es am nächsten Tag 33). Wenn die Patin das Kind in die Taufe trägt, soll man ihr ein Glas Wein vor die D. bringen, das sie stehend und schweigend trinken soll, damit das Kind stark werde M ). Wenn kleine Kinder nicht laufen lernen, soll man sie in den drei höchsten Namen unter der D. durchführen S 5 ). Gegen Kopfweh soll man Traufwasser trinken 3 e ). Als man einmal ein Holzfräulein fing, kam das Männchen herbei und rief: Sag alles, nur nicht wozu man das Traufwasser gebrauchen kann 3 7 ). Hat man sich mit dem Beile verletzt, so bestreicht man das Beil mit dem Blut und läßt es unter der D. trocknen. Wenn es trocken ist, ist die Wunde heil 38 ). Dagegen soll man, um sich vor Krankheit zu bewahren, nicht unter der D. stehen (s. u. 5)
5. H e i l z a u b e r durch Verg r a b e n u n t e r d e r D. Die Gegenstände, mit denen man beim Heilzauber vor allem die Warzen berührt, sollen unter der D. vergraben werden (allg.) 4β). Aber auch beliebige Leiden heilt man, indem man den erkrankten Teil beim Läuten, wenn der Tote hinausgetragen wird, mit einer Speckschwarte reibt und die Schwarte unter der D. vergräbt 4 7 ). Gegen das Bettnässen des Kindes hilft in Erbsen gekochtes Fleisch, das unter die D. vergraben wird ω ) . Das Beil, mit dem man sich verletzt hat, vergräbt man 8 Tage unter die D. und betet 8 Vaterunser, nach dieser Zeit ist die Wunde verheilt ω ) . Die D. gilt als geeigneter Ort, an dem die Gegenstände, auf die das Übel übertragen wurde, beseitigt werden können: es vergeht, sobald das Vergrabene verfault i s t w ) . Man rechnet aber auch auf das Wegschwemmen des Krankheitsstoffes, besonders wenn es heißt, man vergrabe den Gegenstand oder werfe ihn ins Wasser S1 ).
Beitrag 2, 476.
30)
408. SI) SAVk. 21, 150; HessBl. 6, 107. 32) L i e b r e c h t Z. Volksh. 3511.; R o c h h o l z Naturmythen 187 f.
") E b e r h a r d t Landwirtschaft 14; Z a h l e r Simmenthai 47. ") SAVk. 7, 131. »») Ebd. 15, 9; SchwVk. 10, 4. »·) P o l l i n g e r 287. ") P a n z e r Beitrag 2, 436. ») W u t t k e 346 § 516; L a m m e r t 205.
"} Urquell 2, 177; 3, 249; P o l l i n g e r 289ff.; F o g e l 316 Nr. 1674ff.; 317 Nr. i653ff.; Unoth 1, 179; S c h ö n w e r t h 1,
Dachs
129
354: B i r l i n g e r Volhst. ι, 484; Seyfarth Sachsen 215; ZfrwVk. 1910, 150; Frischbier Hexenspr. 93; Reiser Allgäu 2, 443; ZfVk. 8, 197. " ) L a m m e r t 203; H ö h n Volksheilkunde 1, 107 " ) S c h r ä m e k Böhmerwali 283. Gegen Fieber vergräbt man 1 Pf und Rindfleisch ohne F e t t : D i r k s e η Meiderich 47. «·) P o l l i n g e r Landshut 284. '») R e i s e r Allgäu 2, 443. 61) Urquell 3, 249; vgl. ZfVk. 25, 236. 6. W e t t e r z a u b e r . U n t e r die D . w i r d eine A x t m i t der S c h n e i d e g e g e n den H i m m e l gestellt, d a m i t sich die G r a u p e n a u f s p i e ß e n u n d das G e w i t t e r f o r t z i e h t 62 ). In der S c h w e i z l e g t m a n ein T u c h m i t drei Z i p f e l n , oder ein B e s t e c k 53 ) (einen g e d e c k t e n Tisch) 5 3 a ) u n t e r die D., d a m i t der B l i t z n i c h t e i n s c h l ä g t . V i e l l e i c h t ist das l e t z t e r e der R e s t eines S p e i s e o p f e n , das m a n in der gleichen A b s i c h t in die offene Dachluke stellt 54 ) (s. D a c h ) . W e n n K i n d e r in der D . m i t S t e i n c h e n spielen, g i b t s R e g e n 5 5 ). D a s s c h e i n t eine E r i n n e r u n g a n a l t e n R e g e n z a u b e r (s. d.) z u sein. " ) S c h r a m e k Böhmerwald 236. sä) SAVk. 13, 96 f. «») SchwVk. 5, 46. " ) S A V k . 13, 96 f. " ) Ebd. 2, 222. 7. V o r z e i c h e n und Orakel. W e n n der M a u l w u r f u n t e r der D . s c h i e b t , m u ß in d e m H a u s e b a l d j e m a n d sterben 5 ®). S t e l l t sich ein M ä d c h e n in der T h o m a s n a c h t u n t e r die D . , so s i e h t sie i h r e n z u k ü n f t i g e n M a n n B7 ). «·) . H ö h n Tod 308 Nr. 7. w e r t h 1, 140 Nr. 3.
")
Schön-
Vgl. D a c h , K r e u z w e g , Zaun.
Schwelle, Weiser.
Dachs. I. B i o l o g i s c h e s . V o m D. ist bei d e n A l t e n n i c h t v i e l die R e d e , o b g l e i c h er g a r n i c h t selten w a r . B e g r e i f l i c h bei der großen S c h e u h e i t dieses eigenartigen W a l d b e w o h n e r s . E r w i r d bei einigen A u t o r e n e r w ä h n t . A r i s t o t e l e s (de g e n e r . a n i m . I I I b) v e r w i r f t die B e h a u p t u n g des H e r o d o r v o n H e r a k l a i a , der D . h a b e zweierlei G e s c h l e c h t s t e i l e u n d b e g a t t e sich m i t sich selbst, als e i n f ä l t i g Nach P l i n i u s (8, 138) b l ä s t er sich i m K a m p f e g e g e n H u n d u n d M e n s c h e n w i e ein F a ß auf u n d b e i ß t g e w a l t i g u m sich 2 ). D e r S t r e i t , ob m i t ' m e l e s ' der D . oder der M a r -
130
der g e m e i n t ist, w i r d d u r c h d e n H i n w e i s auf das W e i t e r l e b e n des W o r t e s in italienischen D i a l e k t n a m e n des T i e r e s ( t a r e n t . 'milofia', k a l a b r . ' m u l o n a ' , neap, 'melone) 3 ) z u g u n s t e n des D . e s e n t s c h i e d e n . — I m M A . w a r der D . ein b e l i e b t e s J a g d t i e r . A l f r e d N e c k a m (12. J h . ) b e r i c h t e t in s e i n e m W e r k e „ D e n a t u r i s r e r u m " v o n der ingeniösen A r t , mit der sich die D . e bei der A n l a g e eines neuen B a u e s b e h e l f e n . E i n a l t e r D . l e g t sich auf d e n B o d e n , s t r e c k t die B e i n e in die H ö h e , w i r d v o n den a n d e r e n D . e n m i t der a u s g e g r a b e n e n E r d e b e d e c k t u n d d a n n v o n i h n e n a n den F ü ß e n h i n a u s g e t r a g e n 4 ). A u c h der J ä g e r a b e r g l a u b e , der F u c h s niste sich i m D . b a u ein u n d v e r t r e i b e d e n r e c h t m ä ß i g e n H e r r n d u r c h A b l a g e r u n g seines U n r a t s , f i n d e t sich bei N e c k a m 5 ). V o n d e m i m mittelalterlichen E n g l a n d und noch im heutigen Frankreich verbreiteten Volksg l a u b e n , die B e i n e des D.es seien auf der einen S e i t e k ü r z e r als auf der a n d e r e n , ist in d e u t s c h e n L a n d e n a n s c h e i n e n d keine S p u r z u f i n d e n e ). H i n g e g e n s c h e i n t sich der aus Italien (Cadore) b e l e g t e A b e r g l a u b e , der D . s t e c k e seine S c h n a u z e in eine a n s e i n e m H i n t e r n b e f i n d l i c h e T a s c h e ( ' v i v e col m u s intel cul'), u m v o n s e i n e m F e t t z u z e h r e n 7 ) , a u c h bei u n s z u f i n den, w i e m a n aus der R e d e n s a r t : ' V o n s e i n e m F e t t e z e h r e n w i e ein D . ' s c h l i e ß e n d a r f 8 ) . A l s sehr g e f ä h r l i c h erscheint der D . i m G l a u b e n alter J ä g e r i m G e b i e t e v o n V e r o n a , die v o n Seiten des v e r f o l g t e n T i e r e s A n g r i f f e auf ihre G e n i t a l i e n f ü r c h t e n e ). G l e i c h f a l l s in d a s G e b i e t v o l k s t ü m l i c h e r Zoologie g e h ö r t die E i n t e i l u n g der D . e in H u n d e d . e u n d S c h w e i n s d . e n a c h der a n g e b l i c h e n V e r s c h i e d e n h e i t der S c h n a u z e n f o r m 1 0 ) . N a c h d e m D W b . sind in der G e g e n d v o n G ö t t i n g e n die B e z e i c h n u n g e n ' h u n n e t a x ' u n d ' s w i n e t a x ' üblich (vgl. s c h w e d . ' g r ä f - s v i n ' u ) , „ G r a b schwein" = D., ferner franz. 'tesson chien', 'tesson c o c h o n ' , ital. 'tassoc a n e ' , ' t a s s o - p o r c o ' ) . A u c h i m M y t h u s ers c h e i n e n die D . e als S c h w e i n e der F r a u H a r k e 1 2 ). B r e h m 13 ) s a g t v o m Ä u ß e r e n des D . e s : A n f ä n g l i c h m e i n t m a n eher ein S c h w e i n v o r sich z u sehen als ein R a u b tier.
I3i
Dachs
132
D.schmalz zu heilen 3 5 ), j a schon die Angelsachsen glaubten, D.talg verlängere das Leben der Pferde und behebe ihre Krankheiten 3G). Im Gebiete von Verona wird von Marktschreiern heute noch D.f e t t öffentlich feilgeboten. Um ihrer Reklame den nötigen Nachdruck zu verleihen, führen diese Leute einen gezähm') P a u l y - W i s s o w a 4, 2, 1948. ten D. mit sich 37 ). — Auch verschiedenen s ) O. K e l l e r Antike Tierwelt I , 1 7 3 f f . 9 Organen des Tieres schreibt man da und ) M e y e r - L ü b k e RomEtWb. Nr. 5474. 4 dort heilende Wirkung zu. Schon Plinius ) H o o p s Reallexikon 1, 386. 5) Ebd. a. a. O. ·) H u i m e Natural history 1 9 8 ; R o l l a n d X X V I I I empfahl die D.l e b e r als Mittel Faune 7, m . ') C. A . N a r d o Zoologia veneta gegen Halsbeschwerden: tonsillis autem 9 154. ·) R i e g l e r Tiernamenkunde 7. ) G a r jecur melis ex aqua 3 8 ); bei den Angelb i η i Appunti (Manuskript).I0) Dieselbe Untersachsen hatte eine an verschiedenen scheidung macht das Volk beim Igel (D a 11 a T o r r e Tiernamen 54). " ) Η. P a l a n d e r Punkten der Landesgrenze oder unter der 12 Die althd. Tiernamen 57. ) K u h n und Stadtmauer eingegrabene D.leber proS c h w a r t z 483. " ) Tierleben 1, 649. phylaktische Macht gegen Pestilenz, ") Reiser Allgäu 2, 4 4 ; J o h n Erzgebirge Zauber, Feuer usw. 39 ). Noch heute ge186; K u h n Westfalen 2, 118 Nr. 364; M e i e r Schwaben 228; L e o p r e c h t i n g nießt man eine Suppe aus D.leber, um Lechrain 1 5 9 . sich von übelriechendem Atem zu befreien 37 ). Dem D.h e r z e n schrieben die 2. In der V o l k s m e d i z i n gilt Angelsachsen eine ähnliche Bedeutung das D.f e 1 1 nahezu als Universalheilzu wie der Leber dieses Tieres 4 1 ). Eine mittel 1 5 ). Der erste, der das D.fett eraus dem D.herzen bereitete Salbe wird wähnt, ist der Arzt Serenus Sammonicus noch jetzt gegen Gicht, Seiten- und R ü k (f 2 1 2 n. Ch.). Germanische Überliefekenschmerzen usw. verwendet 42 ). Das rung ist wahrscheinlich 1 6 ). Megenberg 1 ? ) G e h i r n des D.es wird von Gesner in berichtet, das D.fett nehme mit zunehseinem Tierbuche (1563) als Mittel zu Einmendem Mond zu, mit abnehmendem reibungen empfohlen **). Mond ab. Das D.schmalz sei gut gegen Nierenschmerzen und Gliederweh. Zum Im MA. legte man in England und Schluß wundert sich der Autor über die Deutschland D.haut in die Schuhe, um Heilkraft des D.fettes, da doch der Biß die Füße vor Schmerz zu bewahren 44 ). des Tieres so gefährlich sei und so schwere In Deutschland sollte eine solche D.haut Wunden mache. Die Volksmedizin verauch gegen Pest schützen, desgleichen wendet das D.fett gegen folgende K r a n k verfertigte man Gürtel aus D.haut zu heiten und Gebrechen: Kontrakte Gliedemselben Z w e c k 4 5 ) . Die Angelsachsen 18 w der (Gliederverwachsung) ), Wolf ) , hielten auch das D.b 1 u t f ü r heilkräfSteinbeschwerden 20 ), Lungenschwindtig l e ). Bei demselben Volke schützte ein sucht 2 1 ), Bruch 22 ), Finnen und Blatkunstvoll präparierter D.z a h n nicht tern 23 ), Gicht (Tropfen) 24 ), Wunden nur gegen Pestilenz, sondern auch gegen und böses Blut 2S ), Zellgewebsverhärdie böse Wirkung der Gestirne, gegen tung 2 6 ), Seitenstechen 2 7 ), trockenen HuZauber, Hagel, Sturm 47 ). 38 2S l s sten ), Sehnenscheidenentzündung ), ) H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 97. 1β ) Η ö f 1 e r Organotherapie 7 3 . " ) Buch der gebrochene Glieder GliederkrankheiNatur 1 1 0 . 1B ) S c h m i d t Mieser Kräuterten 3 1 ), Hautschrunden 3 2 ), Kröpf und buch 50, 1 3 3 ; J ü h l i n g Tieren. " ) S c h ö n 33 20 andere Geschwülste ). Auch an eine w e r t h Oberpfalz 31, 265. ) Jühling negative Wirkung des D.fettes glaubt a. a . O. i l ) E b d . a . a. Ο . ; Α η d r e e Braun22 34 schweig 4 2 2 . ) J ü h 1 i η g a. a. O. " ) E b d . m a n : es färbt das Haar g r a u ) . Pferde a. a. O. " ) Ebd. a. a. O. ») Ebd. a. a. O. behandelt man gleichfalls mit D.schmalz. 2e ) H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 203. «') Ebd. So versucht man die Hüftgelenksent2, 30. 2») Ebd. 2, 59. ") Ebd. 1, 97. »·) Ostpreußen: Urquell 3, 69. al ) H ö h n Volksheilzündung (verkürzte Ader) bei Pferden mit Sehr verbreitet (Allgäu, Erzgebirge, Westfalen) ist ein Glaube, der den D. mit dem Lichtmeßtag (2. Febr.) in Zusammenhang bringt. Sieht der D. zu Lichtmeß seinen Schatten, d. h. sonnt er sich, geht er wieder (auf 4 Wochen) in sein Loch " ) .
133
Dachziegel—Dadsisas
künde i , 142. M ) S A V k . 8, 150. 33) L a m 34) me r t 239. H o v o r k a - K r o n f e l d 35) Z f V k . 8, 40. 1, 203; L a m m e r t 87. 3e) F i s c h e r 3') Angelsachsen 37. Garb i n i Appunti demologici veronesi, Manuskript. ») Η ö f 1 e r 164, 1613. M ) F i s c h e r op. cit. 22. 36 f. 38. 40) J ü h 1 i n g a. a. O. «) F i s c h e 1 a. a. O. ") H o v o r k a K r o n f e l d 1, 97· " ) J ü h 1 i n g op. cit. 10. " ) F i s c h e r a. a. O.; H o v o r k a K r o n f e l d 1,97. ") H o v o r k a - K r o n f e l d a. a. O. *·) F i s c h e r op. cit. 38. «) E b d . 37.
3. Schon im A l t e r t u m g l a u b t e m a n an die z a u b e r a b w e h r e n d e K r a f t des D.es. So soll nach Gratius Faliscus (vor A u g u s t u s ) der J ä g e r h u t aus grauem D.f e 11 g e m a c h t sein, ebenso das Halsband des J a g d h u n d e s Auch h ä n g t e man D.p f ο t e n als A m u l e t t u m den Hals der Tiere 49), und noch heute befestigt m a n in Spanien — wohl eine direkte Überlieferung des römischen Brauches — D . p f o t e n an den Schultern der K i n d e r w ) . So glaubte a u c h der angelsächsische Krieger als Sieger aus dem K a m p f e hervorzugehen, wenn er den rechten V o r d e r f u ß des D.es bei sich t r u g 6 1 ) . D u r c h D.f 1 e i s c h , gesotten gegessen, w ä h n t e sich der Angelsachse auf Reisen vor Gefahr g e s c h ü t z t 5 2 ) . Sehr v e r b r e i t e t ist noch heute der Glaube, das D.f e 11 bewahre das P f e r d gegen Zauber, daher bindet man ein solches Fell an das K u m met der Pferde. T a t s ä c h l i c h s c h ü t z t das D.fell durch seinen Geruch v o r Ungez i e f e r 5 3 ) . Im Breisgau hängen D.feile v o m Halse des rechtsgehenden, v o m F u h r m a n n unbeschützten Pferdes herab 54 ). Dieser A b e r g l a u b e wird außer aus B a d e n 5S ) noch aus der Schweiz 5e ), aus Italien S7) und P e n n s y l v a n i e n M ) berichtet. A u s dem 17. Jh. meldet Staricius 59) v o n dem Brauche, z u m „ F e s t m a c h e n " einem lebenden D.e ein S t ü c k H a u t auszuschneiden. In Tirol sind D. k ö p f e mit o f f e n e m R a c h e n an Häusern a n g e b r a c h t M ). 4β)
Η ö f 1 e r Organotherapie 73. " ) S e l i g 60) a. a. O. mann Blick 2, 214. 2, 115. ·*) F i s c h e r op. cit. 37. ·*) Ebd. 36. M ») Z f V k . 21, 108. ) M e y e r Germ. Mythol. 103. ·») D e r s . Baden 397. 398. *·) W u t t k e 2 1 w 45 § 7 3· ) S e 1 i g m a n n 2, 114. " ) F og e 1 Pennsylvania 157 Nr. 741. ") Helden,0 schatz 71. ) A l p e n b u r g Tirol 366.
134
4. M y t h i s c h e Bedeutung. Die geheimnisvolle Lebensweise dieses nur selten sichtbaren Tieres m a c h t seine mythische B e d e u t u n g ohne weiteres begreiflich. D e r D. gilt als e 1 b i s c h e s Seelentier, wenigstens in nordund mitteldeutschen Gegenden. E r zieht als Schwein der F r a u Harke (Holda) in deren Gefolge (wilde Jagd) e l ) mit und ist durch E i n ä u g i g k e i t oder Dreibeinigkeit sofort als elbisches W e s e n kenntlich e2 ). T y p i s c h ist folgende S a g e : E i n B a u e r f ä n g t einen D. und s t e c k t ihn in einen Sack. Plötzlich f r a g t eine S t i m m e : Sind wir alle beieinander? worauf eine andere a n t w o r t e t : Es fehlt nur noch der dreibeinige D. (die einäugige Sau) e3 ). N a c h dem früher Gesagten ist die D e u t u n g nicht schwer. Der gefangene D. gehört dem Gefolge des wilden Heeres an, dessen Teilnehmer ihn vermissen und ihn daher rufen. A u c h E r d m ä n n c h e n nehmen die Gestalt des D.es an M ) . A l s Überbleibsel einer A r t V e r e h r u n g des Tieres erweist sich ein ehemaliger B r a u c h in Iserlohn, über den 6 5 ), in allerdings etwas unklarer Weise, berichtet wird. Dieser nicht näher geschilderte B r a u c h wurde a m Osters o n n t a g unter einer ehrwürdigen Eiche geübt. V o n den L e u t e n , die dort hingingen, hieß es: „ D e lui gengen hen, ümme den griewel (D.) te s a i h e n . " O b in der Rolle des D.s als K i n d e r schreck in S a n S t e f a n o di Comelcio (Cadore) ββ) eine verblichene m y t h i s c h e Bedeutung steckt, bleibe dahingestellt. ·') M e y e r Germ. Mythol. 181. ·') S i m r ο c k Mythol. 382. 420; K u h n - S c h w a r t z 3, 483; J a h n Opfergebräuche 106. β3) Κ u h n Westfalen i , 326 Nr. 2; d e r s . Mark. Sagen Nr. 136; Rochholz Naturmythen 96; S c h w a r t z Studien 376; E i s e l Voigtland 126 Nr. 300; P l i s c h k e Wildes Heer 34. ") R a n k e Volkssagen 215. ·«) ZfdMyth. 1, 391; K u h n op. cit. 2, 150 Nr. 425. ·*) C. A . Ν a r d ο Zoologia veneta 154. Riegler.
Dachziegel s. Z i e g e l .
Dadsisas, ein as. Ausdruck aus dem Totenkult, überliefert in A r t . 2 des Indiculus superstitionum (um 800): de sacrilegio super defunctos id est dadsisas1). Gewöhnlich wird seit G r i m m 2) dad = dod gedeutet und sisas zu abd. sisu 'nenia', S*
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Dagobert I.—Daktyliomantie
sisesang 'carmen lugubre' gestellt; einige stellten dad zu dado Ahne, Vorfahr 3 ). Über den Begriff Totenlieder hinaus ist aber die Bedeutung umstritten: Grimm dachte an Beschwörung des Toten, der Rede stehen oder etwas herausgeben soll, desgl. R. M. Meyer 4 ) zum Zwecke der Weissagung, Kögel dachte an Totenzauberlieder mit apotropäischem Sinn 6 ); anderen schwebten einfache Klagelieder über Tote vor e ). Dem widerspricht aber wohl, daß die d. als sacrilegia bezeichnet werden; deshalb muß prägnantes Heidentum damit verbunden gewesen sein.
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will); Z a u n e r t Rheinland 1, 286; vgl. W i t z s c h e l Thüringen 2, 259 Nr. 74. S a r t ο r i.
Daktyliomantie (bisweilen auch fälschlich Daktylomantie), Wahrsagung vermittelst eines Fingerringes (ϊακτύλιος). Die in der Antike nicht feststellbare Bezeichnung bezieht sich auf eine jener Weissagungsmethoden, in denen, wie ζ. B. bei der Axino- und Koskinomantie (s. d.), aus den Bewegungen von Körpern, die durch eine schwache Unterstützung in labilem Gleichgewicht gehalten werden, irgendwie die Zukunft gedeutet wird. Für das ausgehende Altertum be') G r i m m Myth. 3, 403; W a d s t e i η sitzen wir eine eingehende Darstellung Kl. as. Sprachdenkmäler 66 (S. 142 ff.); M. dieser Divinationsart in dem Bericht über Heyne Kl. andd. Sprachdenkmäler 86. 2) G r i m m Myth. 2, 1027. ') G r a b e r den Prozeß des Hilarius und Patricius im Zeitschr. f. österr. Gymnasien 63 (1912), 493; Jahre 371 n. Chr., die auf Veranlassung v. d. L e y e η Sagenbuch 1, 60. ') M e y e r des Kaisers Valens angeklagt worden 5 Relig.gesch. 90. ) K ö g e l Gesch. d. d. Lit. 1, waren, weil sie versucht hätten, unter An1, 50; L e i t ζ m a η η PBB. 25 (1900), 588 f. ·) Vgl. E h r i s m a n D Gesch. d. d. Lit. ι, 40. wendung zauberhafter Künste den Na43; U n w e r t h - S i e b s Literatur 22; Ε. H. men des zukünftigen Kaisers festzuM e y e r German. Myth. 7 1 ; Η e f e 1 e Constellen Ihr Zaubergerät bestand aus ciliengesch. 3, 506; S a u p e Indiculus 6f.; einem aus Lorbeerzweigen hergestellten Q u i t z m a n n Baiwaren 262. und durch Beschwörungen geweihten H. Naumann. Dreifuß, auf den eine aus verschiedenen Dagobert I., fränkischer König, t 639, Metallen gefertigte kreisrunde Scheibe gebegraben im St. Dionysius-Stift zu Paris. setzt wurde, die auf ihrem Rande die 24 Er verkörpert in der Sage alles Gute der Buchstaben des griechischen Alphabets Merowingerzeit und gilt trotz sehr beeingraviert trug. Der in weißes Leinen denklicher Züge als Staätsordner und gehüllte und mit heiligem Laube beWohltäter der Kirche. In besonders enger kränzte Prophet hielt einen an einem Verbindung steht er mit der Legende dünnen Faden hängenden, ebenfalls geseines Ratgebers Eligius (s. d.). U m etwas weihten Ring, der, in Schwingungen verganz Altes zu bezeichnen, sagt man: das setzt, die Randbuchstaben in der Reihenwar in den Tagen des Königs D. In Redensfolge berührte, daß sich die dadurch zuarten und Geschichten wird besonders sammengesetzten Wörter zu einem Hexaseine Neigung zu seinen Hunden bemeter, dem typischen Orakelvers, zubetont l ). Auf deutschem Boden spielt D. sammenfügten. In dem unter Anklage in einigen Sagen eine Rolle, wie in der von stehenden Falle genügen den Befragenden der Königshecke bei Frankweiler 2) und die zwei ersten Silben Θ Ε Ο und der folin der von den drei Jungfrauen Irmina, gende Buchstabe Δ , um auf den hohen Adela und Chlothildis, die er wegen ihrer Ministerialbeamten Theodoros zu schlieSchönheit verfolgte, obgleich sie seine ßen; dieser wie die beiden Hauptangeleiblichen Schwestern waren, und die von klagten wurden hingerichtet; das Orakel einem Felsen bei Auw den Sprung über erfüllte sich übrigens insofern, als der die K y l l wagten 3 ). wirkliche Nachfolger des Valens Theodosios wurde (vgl. * die ähnliche, oben i) S f e b i l l o t Folk-Lore 4,329. l ) S c h ö p p n e r Sagen 2, 322. ») P a n z e r Beitrag i , 348. I, 255, unter Alektryomantie mitgeteilte S c h e l l Sag. d. Rheinlandes 1; S c h m i t z Geschichte). Der Satz antiken ZauberEifel 2, i n f . ; S i m r o c k Mythologie ' 369 gerätes, der 1899 in Pergamon gefunden (der in D. den lichten Gott des Tages sehen
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Dämmerung
wurde und sich jetzt im Antiquarium des Berliner Museums befindet, enthält eine in 24 Felder mit griechischen Buchstaben, Hieroglyphen, Zaubercharakteren und -worten eingeteilte kreisrunde konvexe Metallscheibe, außerdem einen mit dreieckiger Grund- und kreisrunder Deckplatte versehenen Tisch, einen großen und einen kleinen Ring, einen Nagel und verschiedene Amulette 2 ). Sehr wahrscheinlich ist, daß wir hier das gesamte Inventar einer mantischen Zeremonie wie der oben geschilderten vor uns haben; die Gegenstände stammen vermutlich aus der 1. Hälfte des 3. J h s . n. Chr. Weitere Zeugnisse dieser Form der D. fehlen in der antiken Literatur; der von Späteren in diesem Zusammenhang öfters genannte Ring des Gyges 3) gehört nicht hierher, eher scheint der von Lukian 4) erwähnte redende Ring mit dem Bilde des pythischen Apollo auf das Vorhandensein irgendwie wahrsagender Ringe im Altertum zu deuten, wie j a der Glaube an Ringe mit magischen Kräften, verliehen durch das zur Herstellung verwendete Metall, den Edelstein bzw. das eingravierte Bild oder Zeichen, weit verbreitet war 6) (s. Ring). Auch im MA. finden wir keine bestimmten Angaben darüber, ob die D. in der beschriebenen Weise ausgeführt wurde 6), doch ist dies mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, da die Pendelmethode, wenn auch in vereinfachter Form, auch heute noch im niederen Aberglauben angewendet w i r d 7 ) und ebenso in okkultistischer Scheinwissenschaft als „ S i d e risches Pendel", „ S k r i p t o s k o p " u. dgl. (s.d.) eine bekannte Rolle spielt 8 ). In der nachmittelalterlichen Inquisitionsund Divinationsliteratur, die die Bezeichnung D. vermutlich erst geprägt hat, ist seltener von der bei Ammian geschilderten Methode die R e d e 9 ) , als davon, daß die Magier durch bestimmte Zauberformeln Teufel oder Dämonen in einen unter günstigen astrologischen Aspekten hergestellten und mit mystischen Zeichen versehenen Ring bannen und von diesen die Zukunft erfahren 10 ). Bisweilen verbindet sich D. mit Hydro-
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und Lekanomantie (s. d.), indem ein Ring (in anderen Fällen eine Münze) in ein mit Wasser gefülltes Becken geworfen und aus seinen Bewegungen oder seinem Herausschnellen die Zukunft gedeutet wird " ) . ') A m m i a n u s M a r c e l l i n u s 28, 1, 7 ff., bes. 29—32, vgl. Η ο ρ f η e r Griechischdgypt. Offenbarungszauber 2 (Leipzig 1924), 2 143 f.; S c h i n d l e r Abergl. 2 1 6 f. ) R. W ü η s c h in Jahrbuch des Arch. Inst., Erg.3 Heft 6 (1905). ) Bulengerus Opera (1621), 2 2 1 . *) Philopseudes cap. 38. 5) K i n g Antique Gems and Rings (1872), 376 f.; J o n e s Fingerring-Lore (1877) 101 ff.; W ü n s c h a. a. O. 42; R a d e r m a c h e r in Wiener Stadien 33, 2 3 1 ; P a u l y - W i s s o w a i a , 834 f. ·) H a n s e n Hexenwahn 44 (um 1270, Südfrankreich ?): si fecit experimentum . . . anulorum; vgl. T h o r n d i k e History of Magic 2, 926. ' ) Η a 1 1 r i c h Siebenb. Sachsen 3 1 7 ; M e y e r Baden 165; P e u c k e r t Schles. Volksk.&y. 1 2 1 ; Unoth 1, 182 Nr. 54. 8) So z . B . auch bei E . T . A . H o f f m a n n Serapionsbrüder 2 (Leipzig, Reimer 1827), 8 1 ; vgl. T u c h m a n n in Μέlusine 4, 286; W ü n s c h a. a. O. 47; T y l o r Cultur 1, 126 (asiatische Parallelen). ·) F a bricius Bibliogr. antiqu.3 (1760), 599. 10 ) H a n s e n Hexenwahn 3 (a. d. J . 1318). 227 (1475). 293 (1508); C o d e s Anastasis (1517), 3; Ρ e u c e r Commentarius de generibus divinationum (1560), 347; L o n g i n u s Trinutn magicum (1611), 92; B o i s s a r d u s De divinatione (1615), 1 7 ; L i c e t u s De anulis aniiquis (1645) 1 1 7 f f . ; P f u e l Electa Physica (1665), 149. " ) Diese Methode scheint Β ο d i η Dimonomanie (1598) 120 zunächst zu meinen, doch kennt er auch die unter Anm. 10 besprochene. F i s c h a r t in seiner Übersetzung dieser Stelle (Hamburg 1698) 109 verdeutscht D. mit „Ringmantzey". Verwandt ist der neugriechische Brauch des Klidonas, s. Τ h u m b in ZfVk. 2, 404. Boehm.
Dämmerung. Einige Zeit vor ihrem Aufgang und nach ihrem Untergang verbreitet die Sonne eine gewisse Helligkeit, die dadurch entsteht, daß die Sonnenstrahlen die höheren Luftschichten treffen und von diesen, die nicht vollständig durchsichtig sind, zum Teil zurückgeworfen und zerstreut werden x ). Das Wort D. 2 ) bezeichnet wahrscheinlich, wie andere gleichbedeutende Ausdrücke, ζ. B. n d . 'schummern' 3 ), d e m d a s d ä n .
'skum-
ring\ schwed. 'skymming', russ. 'sumrak' entspricht, das Dunkle dieser Übergangszeit, das vom vollen Licht auch mit der Bezeichnung Zwielichten (nd. 'tweilichten') unterschieden wird. In Olden-
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Dämonen
b u r g nennt man die D. 'Ulenfluclit' 4 ). Bei den Sorben h a t man sogar ein D.sgespenst, die ' S m j e r k a w a ' 5 ). a) A u c h die Bergtscheremissen am rechten W o l g a u f e r besitzen für die M o r gend. eine eigene Gottheit, genannt „izera kugu jum" e ). Im deutschen Volksglauben gilt die Morgend., wie die Zeit des S o n n e n a u f g a n g s (s. d.) und der Morgen (s. d.), als günstig für allerlei Zauber, f ü r Besprechungen und Heilhandlungen 7 ). In S c h w a b e n s c h ü t z t eine a m K a r f r e i t a g in der Morgend, geschnittene Haselgerte gegen den bösen B l i c k 8 ) , in Schweden h ä n g t man in der Morgend, gesammelte B l ä t t e r der W e i d e und anderer B ä u m e a m 1. Mai an die S t a l l t ü r e n 9 ) . In W e s t falen k o c h t man in der Morgend, auf dem Felde des V i e h b e h e x e r s ein w e n i g Viehf u t t e r und gibt es der k r a n k e n K u h 10 ). In der G r a f s c h a f t Somerset (England) l ä ß t m a n ein schwindsüchtiges Tier um die Morgend, mitten in einer Hammelherde gehen, wenn diese zur W e i d e getrieben wird u ) . Den wendischen Sorben galt ein B a d im Schaumflößel, einem N e b e n f l u ß des Queis, in der Morgend, als heilig. W e r zu einer anderen Zeit badete, wurde a m L e i b e schwarz, der S c h w a t z e n d e wurde mit Stummsein, der Neugierige mit Blindheit g e s c h l a g e n 1 2 ) . Bei den Südslawen gilt die Morgend, als die beste Zeit zur A u s ü b u n g des c o i t u s 1 3 ) . b) D e m gegenüber überwiegt bei der A b e η d d. die Vorstellung, daß sie, wie die Zeit des Sonnenunterganges (s. d.) und der A b e n d (s. d.) selbst, aus dem der auf die A b e n d d . bezügliche A b e r g l a u b e nur ein T e i l s t ü c k ist, eine ungünstige und gefährliche Zeit ist, in der sich bereits die nächtliche Geisterwelt b e m e r k b a r macht. Dieser Geisterglaube wurde sicher auch dadurch gefördert, daß es seit jeher und überall üblich gewesen i s t 1 4 ) , sich die abendlichen D ä m m e r s t u n d e n mit dem Erzählen v o n Geschichten, in welchen o f t Geister und Gespenster eine besondere Rolle spielen, zu vertreiben. V o n denGeistern und ruhelosen Toten, bei welchen die Überlieferung ausdrücklich die A b e n d d . als Zeit ihres Erscheinens anführt, seien erwähnt der W a s s e r m a n n in Nord-
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ostböhmen 1 5 ), der H a b e r w a w a in der Gegend a m Inn, der sich mit Vorliebe auf Haferfeldern u m t r e i b t l e ) , der lange W a p per in A n t w e r p e n , der sich aber auch zu anderen Zeiten z e i g t 1 7 ) , der gespenstige Mönch im Bolzenschloß in Schlesien 18 ), die A l t e mit dem Tränenkrüglein bei Schweinfurt, die auf Erlösung w a r t e t 1 8 ) , die Schleiermadel bei Neckartenzlingen in S c h w a b e n , eine ruhelose Kindesmörderin M ), der Freibauer im Egerland, der das Bild des Gekreuzigten geschlagen 21 ), das graue Männchen und andere Spukgeister im Schloß Gratzen in S ü d b ö h m e n 22 ) u. a. A u c h der Teufel zeigt sich in der A b e n d d . und l ä ß t Feuer über den vergrabenen S c h ä t z e n a u f f l a m m e n 2 3 ) . Gefährlich ist die Zeit der A b e n d d . besonders f ü r schwangere Frauen, die dann nicht allein ausgehen dürfen, weil sie sonst v o n den bösen Geistern geneckt und geschreckt werden 24 ), und f ü r kleine Kinder, deren W i n d e l n in der D. nicht gewaschen werden dürfen, weil die K i n d e r sonst das N a c h t w e i n e n b e k o m m e n 25 ). A u c h der französische V o l k s g l a u b e betont die Gefährlichkeit der D. 2 e ). Meyer Konv.-Lex* 4 (1904), 440. ) G r i m m Myth. 2, 623; 3, 221 f. 3) Z f V k . 5 (1895), 426 f.; ebd. noch andere Ausdrücke und Umschreibungen. 4) S t r a c k e r j a n 2, 21 Nr. 279. 5) T e t z n e r Slaven 311. ·) F F C . Nr. 61, 70. 7) W u t t k e 57 § 64; 324 § 480; β) M. vgl. Ζ a u η e r t Westfalen 317. B u s c h Die Zauberpflanzen im Volksglauben, in Grenzboten 35. Jahrg. Leipzig 1876, 487 = S e l i g m a n n Blick 2, 65. 9) S e 1 i gm a η η 2, 97. 10) Ebd. 1, 398. l l ) Ebd. 1, 288. 12) 13) Peuckert Schlesien 14. Stern Türkei 2, 200. 14) A 1 y Märchen 25. 15) P e u k k e r t Schlesien 205. 1C) S c h ö p p n e r Sagen 3 (1874), 257 Nr. 1258. 17) G o y e r t und W o l t e r 117. 18) K ü h n a u Sagen 1, 217 Nr. 207. " ( S c h ö p p n e r a. a. O. 1, 220 Nr. 225. 20) K a p f f Schwaben 79. 21) J u n g 22) bauer Böhmerwald 230. Ebd. 113. 23 ) J a h n Pommern 323 Nr. 406. 21) K ö h l e r Voigtland 435 = W u t t k e 377 § 572. «) Verf. 2«) S e b i 11 ο t Folk-Lore 1, 143 f.; 2, 134. Jungbauer. 2
D ä m o n e n , die im A b e r g l a u b e n aller Zeiten m ä c h t i g sind, bilden eine K l a s s e v o n Wesen, mit denen sich Glaube und P h a n t a s i e der Menschen viel beschäftigen. V o n den G ö t t e r n unterscheiden sie sich dadurch, daß sie ein weniger durchge-
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Dämonen
p r ä g t e s unsinnliches W e s e n h a b e n , s t a t t dessen, o b w o h l v e r m ö g e ihrer W a l t s c h a f t über kleine G e b i e t e des N a t u r g e s c h e h e n s u n d gewisse N a t u r b e z i r k e e r h o b e n , d o c h s t a r k n a t u r g e b u n d e n sind u n d a u c h m e h r s i n n e n f ä l l i g e E r s c h e i n u n g h a b e n *). D e m g e m ä ß ist die H a l t u n g , die der M e n s c h den D. g e g e n ü b e r e i n z u n e h m e n p f l e g t , n i c h t d i e j e n i g e der V e r e h r u n g der g u t e n D . u n d der V e r s ö h n u n g der b ö s w i l l i g e n D., s o n d e r n i m G r u n d e dieselbe H a l t u n g , w e l c h e der M e n s c h zu d e n in keiner W e i s e seelisch-persönlich v o r g e s t e l l t e n K r ä f t e n e i n n i m m t , die er in seiner U m w e l t w a h r n i m m t , d. h. es ist i m w e s e n t l i c h e n die E i n s t e l l u n g des m a g i s c h e n M e n s c h e n . D i e K r ä f t e , die der M e n s c h in den D . u n d a u s i h n e n w i r k s a m weiß, sind v o r w i e g e n d magischer A r t . A u ß e r d e m fehlt den D. die I n d i v i d u a l i t ä t , w i e sie d e n G ö t t e r n e i g n e t , a u c h d a n n , w e n n sie als E i n z e l w e s e n a u f t r e t e n 2 ). Selbstverständlich g i b t es Ü b e r g ä n g e z u den g ö t t l i c h e n K r ä f t e n hin, u n d d e m g e m ä ß w e r d e n v o n F o r s c h e r n die einen oder a n d e r e n W e s e n u n t e r U m s t ä n d e n den D . u n d d a n n w i e d e r d e n G ö t t e r n eingereiht (Schulbeispiel h i e f ü r L o k i , dessen d ä m o n i s c h e r C h a r a k t e r in der U n b e s t ä n d i g k e i t u n d S c h i l l e r h a f t i g k e i t seines W e s e n s u n d T u n s erk e n n b a r ist) 3 ). F ü r g e w ö h n l i c h sind D . i n f o l g e der m a n g e l n d e n Individuation als eine H o r d e g e d a c h t , a u s der ein A n f ü h r e r h e r v o r r a g e n k a n n ; d o c h ist s e l b s t diese I n d i v i d u a t i o n des H ä u p t l i n g s selt e n . Die s t a r k e B e g r e n z t h e i t ihrer M a c h t sphäre k o m m t auch darin z u m Ausdruck, d a ß sie den G ö t t e r n gern u n t e r s t e l l t w e r den, so d a ß ζ. B . die F l u c h d . in der G e f o l g s c h a f t der b a b y l o n i s c h e n U n t e r w e l t s g ö t t i n A l l a t u oder die K e r e n der P a n d o r a in G r i e c h e n l a n d die v e r s c h i e d e n e n S e i t e n der F u n k t i o n der b e t r e f f e n d e n G o t t h e i t a u s f ü h r e n w i e Diener. D . f i n d e n sich k e i n e s w e g s auf allen S t u f e n der R e l i g i o n . U n v e r e i n b a r s c h e i n t der G l a u b e an D . m i t d e m T o t e m i s m u s u n d stellt sich hier, s o w e i t w i r sehen, erst ein b e i m A b k l i n g e n der t o t e m i s t i s c h e n G r u n d a n s c h a u u n g . So h a b e n nur g a n z v e r e i n z e l t e S t ä m m e A u s t r a l i e n s die V o r s t e l l u n g v o n D . , a b e r a u c h d a n n n i c h t die
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eigentliche D . - V o r s t e l l u n g in V i e l h e i t u n d H o r d e n l e b e n , sondern b l o ß diejenige v o n zwei bösen n e b e n einem g u t e n D ä m o n , die j e d o c h s ä m t l i c h k e i n e n K u l t e m p f a n gen 4 ). Indessen w i r d der U r s p r u n g der Idee des D ä m o n i s m u s a u c h a m Beispiel dieser A u s t r a l i e r d e u t l i c h : er liegt in d e m S u c h e n n a c h einer U r s a c h e für u n e r k l ä r l i c h e Übel und dem W u n s c h e n a c h einer d a g e g e n a r b e i t e n d e n M a c h t , w e l c h e eine B ü r g s c h a f t f ü r die A b w e h r der Ü b e l b i e t e t . In m a n c h e n F ä l l e n k o m m t der Α η i m i s m u s hinz u : a l l g e m e i n in der W e l t v o r h a n d e n e , seelisch g e a r t e t e W e s e n m a c h e n sich d u r c h u n a n g e n e h m e oder angenehme W i r k u n g e n b e m e r k b a r , sei es auf die F r u c h t b a r k e i t des L a n d e s oder des V i e h e s oder a u c h der M e n s c h e n , sei es auf das k ö r p e r l i c h e u n d seelische W o h l b e f i n d e n der M e n s c h e n (s. A n i m i s m u s ) . D i e G r u n d v o r s t e l l u n g ist die v o n s c h ä d l i c h e n W i r k u n g e n , w ä h r e n d das G u t e z u m e i s t auf den G e d a n k e n der g ö t t l i c h e n Macht führt. D e n n k e i n e s w e g s ist es so, d a ß der D ä m o n i s m u s ä l t e r sein m ü ß t e als der D e i s m u s . V i e l m e h r z e i g t sich auf p o l y theistischem Boden manches Beweism i t t e l d a f ü r , d a ß sich der D ä m o n i s m u s , wenigstens in manchen Kulturlagen, v e r h ä l t n i s m ä ß i g s p ä t eingestellt h a t , w i e er j a d e n n a u c h auf der t o t e m i s t i s c h e n S t u f e n o c h n i c h t v o r h a n d e n ist. Sehr bez e i c h n e n d ist, d a ß in d e n V e d e n die D . ihre S t e l l e e i g e n t l i c h nur i n n e r h a l b der Z a u b e r t e x t e f i n d e n . Sie f i n d e n sich d o r t als ein w e n i g a c h t u n g s w e r t e s Gesindel, g e g e n das m a n L i s t u n d B e t r u g u n d m a g i s c h e K r ä f t e in A n w e n d u n g bringt. E b e n s o b e z e i c h n e n d ist, d a ß g l e i c h z e i t i g , n a m e n t l i c h in den A t h a r v a n l i e d e r n , die höheren Götter beträchtlich zurücktreten, w ä h r e n d die d ä m o n i s c h e n W e s e n , die m ä n n l i c h e n G a n d h a r v e n u n d die w e i b l i c h e n A s p a r a s , die H a u p t r o l l e spielen. I m Z u s a m m e n h a n g h i e m i t ist zu bea c h t e n , d a ß erst in den j ü n g e r e n T e x t e n des R i g v e d a die F e l d - u n d W a l d g e i s t e r u n d K o b o l d e h e r v o r t r e t e n u n d d a n n weit e r h i n in d e m m e h r v o l k s m ä ß i g e n A t h a r v a v e d a m i t seinen z a h l r e i c h e n Z a u b e r -
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Dämonen
t e x t e n u n d m a g i s c h e n A n w e i s u n g e n in d e n V o r d e r g r u n d t r e t e n . G a r n i c h t selten sind D . bei Ü b e r l a g e r u n g einer h ö h e r e n R e l i g i o n s f o r m d u r c h die g e w a l t s a m e Deg r a d a t i o n der G o t t h e i t e n der ü b e r r a n n t e n R e l i g i o n aus diesen l e t z t e r e n e n t s t a n d e n . F ü r das V e r s t ä n d n i s des i m M A . d u r c h g e f ü h r t e n D . g l a u b e n s ist es w i c h t i g , z u bea c h t e n , d a ß das siegende C h r i s t e n t u m sow o h l in G r i e c h e n l a n d w i e in Italien u n d in G e r m a n i e n die a l t e n G ö t t e r z u d ä m o n e n haften Gebilden herabgesetzt hat. Schon P l a t o w a r als der P r o p h e t einer geistigen und dem Monotheismus entgegenführenden R e l i g i o n auf g r i e c h i s c h e m B o d e n d a r i n v o r a n g e g a n g e n , i n d e m er — w a s a u c h der C h r i s t O r i g e n e s m i t F l e i ß zit i e r t 5 ) — elf O r d n u n g e n der G ö t t e r u n d D . a n f ü h r t , sich selbst u n d seine A n h ä n ger z u r O r d n u n g des Z e u s z ä h l t , w ä h r e n d er die ü b r i g e n z u den O r d n u n g e n „ d e r anderen D . " rechnet. Die Götter, welche die H e i d e n f ü r M i ß w a c h s , H u n g e r s n o t , P e s t v e r a n t w o r t l i c h m a c h e n , e r k l ä r t Origenes s e l b s t f ü r D . (ähnlich A u g u s t i n u n d H i e r o n y m u s ) e ), w ä h r e n d er die D . , w e l che bei d e n H e i d e n die u n s i c h t b a r e n W a l t e r über Ackerbau, W a c h s t u m , W a s s e r r e i c h t u m der Q u e l l e n u n d F l ü s s e sowie ü b e r die G e s u n d h e i t d e r L u f t sind, als E n g e l gepriesen wissen will ') (s. E n g e l , A n m . 24 f.). Eine systematische Klasseneinteilung der D . ist s c h w e r d u r c h f ü h r b a r , d a die F u n k t i o n e n z u s t a r k d u r c h e i n a n d e r greif e n . N o c h s c h w i e r i g e r ist eine A u f s t e l l u n g der h i s t o r i s c h e n R e i h e n f o l g e , in w e l c h e r die e i n z e l n e n T y p e n der D . h e r v o r g e t r e t e n sein k ö n n t e n , w i e W . W u n d t sie v e r s u c h t h a t 8 ) . M a n m u ß sich m i t einer ungefähren Einteilung begnügen. Dabei ist f e s t z u h a l t e n , d a ß die V o r s t e l l u n g e n der V e g e t a t i o n s d . , der F r u c h t b a r k e i t s d . , a u c h die der K r a n k h e i t s - u n d T o d e s - b z w . Gen e s u n g s d . sich m i t H i l f e der a n i m i s t i s c h e n V o r s t e l l u n g e r k l ä r e n lassen, falls m a n den M a c h t - ( M a n a - ) G e d a n k e n h i n z u b r i n g t . D a s s e l b e g i l t v o n den D . der A r m u t u n d des R e i c h t u m s . G e g e n ü b e r den G e n a n n t e n bilden die S p u k d . eine bes o n d e r e K l a s s e , d a sie z u m g r ö ß t e n T e i l e auf der V o r s t e l l u n g der g e g e n ü b e r d e m
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K ö r p e r des M e n s c h e n s e l b s t ä n d i g e n Seele b e r u h e n : der H a u c h = Seele, die den K ö r per, dessen b e l e b e n d e s A g e n s sie w a r , b e i m S t e r b e n v e r l ä ß t u n d als H a u c h d ä m o n entw e i c h t ; oder des S c h a t t e n s , der das d o p p e l g ä n g e r i s c h e G e b i l d e des M e n s c h e n ist u n d n a c h d e m T o d e ein E i g e n l e b e n f ü h r t ; oder der B u s c h - oder W a l d s e e l e , die in die Ö d e w a n d e r t u n d T i e r g e s t a l t a n n i m m t ; alle diese l e t z t e r e n s e t z e n d e m M e n s c h e n m i t i h r e m s c h a b e r n ä c k i s c h e n T r e i b e n zu. W i r betrachten im folgenden nacheinander I . S p u k d . , 2. N a t u r - ( V e g e t a t i o n s - ) u n d F r u c h t b a r k e i t s d . , 3. K r a n k h e i t s d . , u m d a r n a c h die v e r s c h i e d e n e n V e r h a l t u n g s w e i s e n z u r B e e i n f l u s s u n g ihrer K r ä f t e o d e r z u ihrer A b w e h r ins A u g e z u fassen. l) M e y e r Religgesch. 38 ff. 2) Β e t h Religgesch. 37 f. •) M e y e r Germ. Myth. 164 f. 4) S p e n c e r and G i 11 e η Northern Tribes of Central Australia 501 f. 6) O r i g e n e s Contra Celsum 8, 4. ·) S t e m p l i n g e r Aberglaube 20. ' ( O r i g e n e s C. Cels. 7, 31; 8, 5 1 ; B e r n o u l l i Heilige der Merowinger 327. 8) W u n d t Mythus «. Religion 2, 36g ff.
i . S p u k d . D i e das G r a b u n d die W o h n s t ä t t e u m s c h w e b e n d e Seele des' V e r s t o r b e n e n w i r d z u m D ä m o n , der den H e r a n n a h e n d e n ü b e r f ä l l t oder e r s c h r e c k t , i h m auch Unbill und K r a n k h e i t zufügt. Das G e s p e n s t ist n i c h t selten die U r f o r m eines D ä m o n s . W i e die B u s c h s e e l e , w e n n sie in einen Tiger eingeht, z u m D ä m o n wird, so d u r c h E i n g a n g in einen W-olf z u m W e r w o l f (s. d.) u n d V a m p i r (s. N a c h z e h r e r ) . A b e r auch ohne solchen Übergang, einfach als f o r t l e b e n d e r L e i c h n a m , ist der M e n s c h ein böser S c h r e c k g e i s t u n d U n h o l d , w e n n er bei L e b z e i t e n b e s o n d e r e K r a f t e n t f a l t e t h a t t e (s. P r ä a n i m i s m u s ) , w i e i m m e r w i e d e r in d e n n o r d i s c h e n S a g a s h e r v o r t r i t t 9 ). D e r U n b e e r d i g t e f o r d e r t sein R e c h t auf B e s t a t t u n g ; der, dessen l e t z t e r W i l l e n i c h t z u r T a t w u r d e , m a c h t ihn n o c h g e l t e n d : diese V o r s t e l l u n g k a n n z u der a l l g e m e i n e n v o n u n h o l d e n D . erweitert w e r d e n 1 0 ) . D., welche Glocken t r a g e n , sind a n f ä n g l i c h G e s p e n s t e r , die f ü r ihre G l o c k e n v e r a c h t u n g g e s t r a f t sind u n d M e n s c h e n in ä h n l i c h e r V e r f a s s u n g s t r a f e n u ) . D e r T o t e , dessen M u n d n i c h t v e r s c h l o s s e n w i r d , u n d d e r j e n i g e , dessen Kleidzipfel dem Munde zu nahe kommen,
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Dämonen
wird zum Nachzehrer und dadurch zum bösen Dämon 1 2 ). Daher erscheint das dämonische Gespenst als blutiger Mann und ist v o n Shakespeares Macbeth bis zu H o f f mannstals „ T o r und T o d " in der Dichtung erwähnt. Das Gespenst mit zwölf Dolchen im Leibe 1 3 ), die E n t h a u p t e t e n mit ihrem Kopf unter dem A r m gehören auch teilweise h i e r h e r 1 4 ) . — Z u r psychologischen E r k l ä r u n g : hat erst die A n g s t aus dem unsicheren E i n d r u c k eines Nebelstreifens, B a u m s t u m p f e s und Lichtschimmers ein Gespenst geschaffen, hat dieses dann auf das G e m ü t ängstigend und dadurch gestaltschöpferisch zurückgewirkt, so wirkt die F u r c h t nicht nur fortzeugend, sondern auch dauerbeding e n d : der Dämon ist g e s c h a f f e n 1 5 ) . Eine andere A r t von D., welche wegen ihrer ebenfalls f l ü c h t i g e n , flatterhaften, fluktuierenden, uns t e t e n A r t zu dieser Gruppe zu rechnen sind, entsteht aus erschreckenden und aufregenden, wohl auch bloß ü b e r r a s c h e n d e n und r ä t s e l h a f t e n N a t u r e r s c h e i n u n g e n , aus denen auf Geister v o n unstetem Wesen und neckischer G e m ü t s a r t geschlossen wird. Sie begegnen sonderlich auf germanischem Boden in Sagen und Märchen und im Volksglauben der Gegenwart als Wesen, die den Menschen zuweilen augenblicksweise umgeben, sogar sichtbar werden können oder Teile von sich sichtbar machen. Die L u f t - u n d Lichtg e i s t e r , wie die E l f e n (s. d.), Hausgeister (s. d.) oder K o b o l d e (s. d.), E r d männchen (s. d.) oder Zwerge (s. d.), Wichte (s. d.) oder Wichtelmännchen, das ganze „ k l e i n e V o l k " , f ü r welche alle auch die Gesamtbezeichnung,,elbische W e s e n " üblich geworden ist. Das Erdmännlein bei Dresden war in die E r d e gebannt und wurde durch A u f h e b e n eines Steines 1664 erlöst l e ) ; das Moosweibchen weist den Holzhauer 1 6 3 5 an, in den letztgehauenen S t a m m drei K r e u z e zu hauen gegen den „ w i l d e n J ä g e r " 1 7 ). J e n e s wie dieser ist gleicherweise als spukender Dämon aufgefaßt, und der wilde J ä g e r erscheint sehr h ä u f i g in dieser A u f m a c h u n g , ζ. B . als der , , H e h - M a n n " , d e r , , H e h ! " schreit, bei
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Ölsnitz und dem B a u e r n einen übelriechenden Hasen bringt, der nicht begraben bleibt, bis er schließlich unter allerlei Zeremonien a m K r e u z w e g beigesetzt wird 1 8 ). Das unstete Wesen, das W o d a n als der wilde J ä g e r angenommen hat, k o m m t gut zum A u s d r u c k in der Geschichte v o n der Frau, die von den feurigen Gestalten der Hunde des wilden J ä g e r s angesprungen wird, während ihr Mann nichts hörte und sah 10 ). Im allgemeinen sind diese L u f t g e i s t e r ebenso freundlich wie die Hausgeister, die unsichtbar sind und sich nur durch K l o p f e n , R u f e n und die heimlich verrichtete Hausarbeit verraten. W o der Hausgeist sichtbar wird oder Teile seines Organismus sehen und befühlen läßt, da ist er klein wie ein K i n d zwischen 3 und 1 2 J a h r e n , manchmal verrunzelt und rot gekleidet, kann sich auch in ein Tier verwandeln (Schlange, Eichhörnchen, Kröte). Von einer Magd, der die Arbeit rasch von der H a n d geht, sagt m a n : „ S i e hat den K o b o l d " M ) — w a s an das Melanesische erinnert: „ S i e hat m a n a " (s. Präanimismus). W e r den K o b o l d erzürnt, mag sich vorsehen; wer die f ü r ihn hingestellte Mahlzeit ißt, wie die Studenten bei Rinteln taten 2 1 ), dem wird es wie diesen ergehen. Der Hinzelmann (oder Lüring) des Edelmannes von Schloß Hudemühlen ist 1 5 8 4 — 8 8 ein rechter Schutzgeist nicht nur des Hauses, sondern des Eigentums und der Person 2 2 ). Immerwährend ist er hilfsbereit, fliegt als weiße Feder neben dem W a g e n , kann sich in eine Schlange verwandeln (Motiv: Hausgeist oder Hausschlange) 23 ), unterscheidet sich streng von teuflischen Geistern, ist hellsehend und sagt die Z u k u n f t voraus. Die Wichte eines L a n d e s darf man, wenn man in dasselbe k o m m t , nicht verscheuchen oder ängstigen, auf daß man nicht in Unglück gerate. Daher das alte nordische Gesetz, kein Schiff mit Drachenköpfen auf der See zu haben, und wenn schon mit Drachengestalten, die K ö p f e abzunehmen, sobald L a n d in Sicht kommt, damit nicht die g a f f e n d e n K ö p f e und gähnenden Kiefer der Drachen die Wichte des Landes einschüchtern 24 ). Das aber setzt voraus, daß gerade Drachenköpfe als Abschrek-
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kungsmittel gegen Seed, oder als Abwehrmittel gegen Seeunglück den Schiffsköpfen a u f g e s t e c k t wurden 2 ä ); v g l . D r a chenköpfe auf angelsächsischen Helmen 2e ) und an den vorspringenden B a l ken deutscher K i r c h e n und H ä u s e r und den R e g e n r i n n e n 2 7 ) . In Wäldern der E b e n e und Gebirge finden sich D. obiger A r t und A u f f ü h r u n g s weise 28 ), ζ. B . Rübezahl. Nicht immer ist der Berggeist bloß neckisch; er fordert auch strenge B e a c h t u n g seines R e c h t s und seiner Gebote, wenn auch diese den Anstrich der Willkürlichkeit aufweisen. Der Geist im S c h a c h t zu Siebenschlehen bei Neustädtl will durchaus das Einölen des H a u p t z a p f e n s sich selbst vorbehalten und s t r a f t den B e r g m a n n , der, dieses Gebotes uneingedenk, den Z a p f e n schmieren will, indem er ihm den A r m abreißt 2e ). Im selben Schacht hörte m a n den Geist sägen und hämmern und der Aufseher, welcher den Ort mit Brettern verschlagen ließ, war nach wenigen Tagen tot 30 ). Selbstverständlich müssen diese Berggeister auch kochen, so daß die B e r g e aus den Riesenkochern d a m p f e n 3 1 ) . Auf solche Bergriesen f ü h r t die B e v ö l k e r u n g auch die Ausbrüche des Ä t n a z u r ü c k : 1 5 3 6 begegnete einem reisenden K a u f m a n n zwischen Messina und Catania ein Meister mit seinem Gesellen, die sagten, sie gingen auf den Ä t n a durch ein heißes Gebäude. D a bald darauf der fürchterliche Ausbruch des Ä t n a erfolgte, wußte man nun, daß der Meister der D ä m o n V u l k a n gewesen war 3 2 ). Wenn der Mensch sich gegenüber gewaltigen Naturereignissen ohnmächtig fühlt, deutet seine Phantasie die persönlichen Gewalten, die er d a f ü r v e r a n t w o r t lich macht, ins Riesische. A n unwirtlichen Plätzen, in Einöden, weilen Zwerge und Riesen 3 3 ). Mit den Geistern dieser S t ä t ten verbindet sich aber gewöhnlich die Vorstellung des Bösartigen und Böswilligen, weil f ü r ihre phantasiemäßige Erzeugung die Schrecknisse der wüsten Orte bestimmend sind; vgl. die Dschinnen der arabischen Beduinen 3 4 ), ähnlich die D . a u f f a s s u n g bei den Malaien 3 S ). So auch in Deutschland: Gleichsam jenseits der lebenspendenden, freundlichen N a t u r
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hausen in der nächtlich d u m p f e n Region der U n f r u c h t b a r k e i t und des Todes Unholde unter der F ü h r u n g eines scheußlichen Paares, Vergicht und Vergichtin, und die T e u f e l s b r u t der 32 Kindlein 36 ). A u c h der Zwerg Alviß der E d d a ist dem A u f e n t h a l t s o r t der Toten, wenigstens nächtlicher Weile, nahe und k o m m t drum aus der Erde, „ u n t e r dem S t e i n " hervor „ b l a u u m die N a s e " 3 7 ). Die hier besprochene K l a s s e v o n D. ist die flüchtigste im menschlichen Vorstellen und Glauben, weil es zum großen Teile flüchtige Eindrücke und Stimmungen sind, die zu ihrer E r f a s s u n g führen, und weil ihr Wirkensbereich demgemäß ein beschränkteres ist und der K u l t u s , wenn überhaupt einer entsteht, nicht in dem Maße ein gemeinschaftlicher wird, wie bei den Fruchtbarkeits- und Vegetationsd. Sie erhalten sich daher weniger in kultlichen Überlieferungen als in Märchen und Sagen. 10
,2
e ) N a u m a n n Gemeinschaftshultur 45. ) Ebd. 50 ff. " ) C a m i n a d a Glocken 71.
) Ν a u ma η η
a. a. Ο. 41.
") G r i m m
Sagen Nr. 322. " ) Ebd. Nr. 282. " ) W u η d t Mythus u. Religion 2, 374. le ) G r i m m Sagen Nr. 44. " ) Ebd. Nr. 47. " ) M e i c h e Sagen 406. " ) Ebd. 408. 20) G r i m m Sagen Nr. 71. 21
) D e r s. Nr. 73. " ) D e r s. Nr. 75.
Religion und Magie 25
2
2S
)Β eth
256 f. " ) Landnamabok 2
95. ) M e y e r Mythologie 98. ") D e r s . 99. T a c i t u s Germania c. 45. 27) R o c h h o l z
Sagen 1, 11. ") S c h e f t e l o w i t z Huhnopfer 20. 29) Μ e i c h e Sagen 400. 30) Ebd. 402 ff. 31 ) M e y e r Germ. Myth. 158 f. 32
) S t e m p l i n g e r Aberglaube 11.
Mythus
und Religion 2, 383 ff.
hausen
Reste 148 ff.
Malay Magic 93 ff.
3β
35
33
31
) W. W.
) ZfVk. 22, 60 f.
vißmal 2; U n w e r t h
)Wundt
) W e 11 -
Skeat 3
Totenkult 7 ff.
') Al-
2. Neben den S p u k d . sind die V e g e t a t i o n s d. eine besondere Klasse, nicht jedoch eine nachweislich später entstandene, wie W u n d t als sicher annimmt 38 ), geschweige denn, daß W u n d t darin zuzustimmen wäre, daß die Vegetationsd. aus den märchenhaften Spukgestalten hervorgegangen seien 39 ). Die Sorge um die Nahrung und alle übrigen Existenzbedingungen, die Abwehr der der Nahrungsb e s c h a f f u n g hinderlichen Verhältnisse in der vegetabilischen und animalischen N a t u r w a r f ü r den Menschen schon in den
149
Dämonen
ersten Zeiten seines Daseins auf der Erde mindestens ebenso wesentlich u n d Gegenstand der B e m ü h u n g um stete Vervollk o m m n u n g wie das Erlebnis spukartiger Erscheinungen. Man darf d u r c h a u s darüber streiten, ob nicht die Vorstellungen von den j e t z t zu besprechenden D. sogar das Recht der älteren f ü r sich in Anspruch zu nehmen haben. Schon auf der Stufe der ausschließlichen R a u b b a u e r n t e , der einfachen E r j a g u n g und E r n t u n g dessen, was die v o m Menschen noch in keiner Weise gepflegte N a t u r darbietet, t r i t t die Vorstellung auf, daß das häufigere oder geringere V o r k o m m e n der Beutetiere u n d eßbaren Pflanzen und F r ü c h t e irgendwelchen dämonischen Mächten zuzuschreiben sei. Gerade da der Mensch selbst hier der N a t u r noch nicht durch seine Arbeit zu Hilfe k o m m t , sieht er sich auf anderweitige Hilfe angewiesen u n d auf die Nötigung, die Mächte, welche seinen E r n t e - u n d B e u t e e r w a r t u n g e n entgegenstehen, in seinem Sinn zu beeinflussen Mit der Vorstellung der das W a c h s t u m der Pflanzen u n d Gedeihen der Tiere bedingenden oder zurückhaltenden D. v e r b i n d e t sich ein Kult, der in der voragrarischen Periode gleichsam an Stelle der menschlichen Arbeit s t e h t u n d w ä h r e n d der agrarischen u n d viehzücht e n d e n Periode innigst mit der menschlichen Arbeit verschmilzt, also daß die Tätigkeiten des Ergrabens der Erdf r ü c h t e mit dem Grabstock, des U m g r a bens des Bodens, des Pflügens, Säens, Bewässerns, E r n t e n s durch Verschmelzung mit den kultischen Verrichtungen selber z u m K u l t werden, u n d u m g e k e h r t die kultischen Verrichtungen als ein Teil, u n d zwar oft als der eigentliche und wesentliche Teil, der L a n d a r b e i t a u f g e f a ß t w e r d e n 4 1 ) . Die Vorstellung erweiterte sich leicht dahin, daß in allem Naturgeschehen, das a n der Nahrungslieferung f ü r den Menschen beteiligt ist, später auch in den auf die Viehzucht bezüglichen Naturereignissen D. wirksam sind, die ganze N a t u r von unendlich vielen geisterhaften Wesen belebt ist, so daß sich der Mensch i m m e r umlauert, beobachtet, betreut, beneidet und befehdet g l a u b t 4 2 ) . Die in
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diese Gruppe gehörenden D. sind von zweierlei Art, nämlich sie sind einerseits u n m i t t e l b a r in u n d an den Pflanzen und Tieren wirkende und so in denselben hausende, andrerseits die aus der Ferne von a u ß e n her auf Pflanzen u n d Tiere einwirkende D. der W i t t e r u n g und A t m o sphäre. a) D., welche im Erdboden, in den Keimen u n d Wurzeln, den H a l m e n und Ähren, den Zweigen u n d F r ü c h t e n leben oder in u n m i t t e l b a r e r N ä h e der Gewächse und Pflanzungen s e ß h a f t sind u n d von dort aus das Wachsen betreuen bzw. zu hindern suchen, sind die eigentlichen V e g e t a t i o n s d. 43 ). Die K u l t e dieser D. h a b e n längeren Bestand, nachdem schon die Vorstellungen von den D. selbst e n t s c h w u n d e n sind, u n d die Bräuche erhalten sich alsdann u m so länger, je vollständiger ihre V e r b i n d u n g mit den nicht mehr a n e r k a n n t e n D. verschwunden ist 41 ). Eine Vorstufe m a g man im T o t e m i s m u j (s. d.) erblicken, insofern wenigstens als derselbe, wenn er auch, wie oben schon erwähnt, von keinen D. weiß, die unsinnliche Totemenergie in den Pflanzen u n d Tieren gleicherweise wie in den Menschen, die dem betreffenden T o t e m k l a n zugehören, v o r h a n d e n u n d wirksam ist. Der T o t e m u r f a h r e ersetzt gewissermaßen (vom S t a n d p u n k t des Dämonismus aus b e t r a c h t e t ) die Gestalt des Dämons, u n d der Mensch selbst verf ü g t k r a f t seines symbiotischen Wesensz u s a m m e n h a n g e s mit der Totemenergie über die K r a f t zur E n t b i n d u n g u n d Mehr u n g jener Gewalt, die Wachsen u n d Gedeihen gibt 45 ). N i m m t man, was nicht notwendig ist, den Totemismus als zeitlich voraufgehend an, so t r i t t der Dämonismus auf, nachdem der Mensch jenes Energiebewußtsein verloren und aus dem Kreise der n a t u r m ä c h t i g e n K r a f t b e h ä l t e r sich ausgeschieden h a t (NB. „ S c h u t z d . " h a t der Totemismus — gegen W u n d t 4e ) —• nicht). Tatsächlich erscheint diese Ä n d e r u n g im menschlichen Selbstbewußtsein z u s a m m e n mit rationaler Pflege des Ackerbaues u n d der Viehzucht. Von da a n fungieren die D. dieser Klasse als die Meister und G a r a n t e n des Gedeihens.
Dämonen Z u n ä c h s t sind es D. über ganze Arten v o n Gewächsen: Reisdämon, der Maisdämon oder die Maisdämonin ( M e x i k o ) " ) , der K o r n d ä m o n , der i m K a m p f e r b a u m wohnende D ä m o n usw. Der Wolf, Ziegenbock, Widder als Vertreter lebhafter Zeug u n g s k r a f t sind selbst zu D. geworden. Sie erhalten gerne menschliche Gliedmaßen oder werden als F a u n e oder Sat y r e dargestellt; der deutsche B o c k ist ein Tierdämon, der zugleich das Wachstum des K o r n s unter sich hat. b) Die Mächte der das Wachsen und Gedeihen auf E r d e n bedingenden atmosphärischen K ö r p e r und Erscheinungen, die Wolken und der Regen, L u f t - und Lichtverhältnisse werden als K r ä f t e der Vegetation dämonisiert, und ebenso die J a h r e s z e i t e n gewissermaßen als übergreifende Zusammenfassungen. In alten Volksbräuchen wird noch heut ein Mensch als D ä m o n der Wolke oder des Mondes ausstaffiert, nachdem längst die Beziehung auf die F r u c h t b a r k e i t s m a c h t geschwunden ist. Mit der wiederkehrenden Sonne kommen nach altem Glauben auch die schädigenden D. ins L a n d und müssen deshalb, damit sie den Feldern keinen Schaden tun, v o r der Bestellung der Ä c k e r abgewehrt werden 4 8 ). Man wird gut tun, darauf zu sehen, daß man die D. durch reichliche Bewirtung, die man in Aussicht stellt, zur Einkehr ins H a u s bewegen k a n n ; selbst in den Häusern der Armeren stellte m a n in anhaltischen Dörfern (bei Roßlau) Wurst, Schinken, Bier, Wein und K u c h e n f ü r sie hin ω ) . Ebenso k o m m e n böse D. mit Seuchen und Unwetter im Hochsommer, wenn die Felder dicht v o r der E r n t e stehen Winterd. sind an allem möglichen Unwetter schuld 5 1 ) , wie überhaupt j e d e J a h r e s z e i t ihre schlimmen Wetterd. h a t 5 2 ) . Die heidnischen S l a v e n schrieben den D. Schneestürme, Hagel, E r d b e b e n ebenso zu wie die giftigen Wirkungen mancher Pflanzen, deren Namen noch heute in R u ß l a n d mit dem W o r t D ä m o n (b&s) zusammengesetzt w e r d e n 6 3 ) . Man k a n n die bösen D. unschädlich, die guten k r ä f t i g machen, indem man die D. in sich a u f n i m m t und dadurch mit ihnen in den Tod geht. So
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wurde in Mexiko der D ä m o n des Herbstes, der abtretenden Ernteperiode dadurch verj ü n g t , daß er sich in einen Menschen einkörperte und dieser geschlachtet w u r d e ; er erstand dann als neuer Frühlingsgott, der gleich darauf bei demselben F e s t e eingekleidet w u r d e M ) . Das ist altreligiöser Brauch, dessen Idee manchen an sich k a u m verständlichen Volksbräuchen zugrunde liegt, ζ. B . dem B r a u c h e des Aussendens und Umhergehens des F r ü h lingsboten, der als der D ä m o n des Winters maskiert ist. Ein solcher Frühlingsbote w a r noch u m die Mitte des 19. J h s . im Basel - L a n d der im März, von der D o r f j u g e n d umschwärmt, v o n Haus zu H a u s ziehende Hutz-Güri-Gee, ein mit L a r v e und altem Filzhut plump maskierter Mensch, in Erbsenstroh gehüllt-, der v o r den einzelnen Häusern wie ein T a n z b ä r tanzte 6S ). Manchmal wurde er v o n einem K n a b e n aus armer F a m i l i e dargestellt, der die gespendeten Gaben gut gebrauchen konnte. Daß der HutzGüri-Gee in Erbsenstroh einhergeht und als B ä r a u f t r i t t , hat sicherlich in dem Glauben seinen Grund, daß der B ä r als Fruchttier der Erbse gilt und die F u n k tion des guten Dämons übernommen hat 6e ), zumal er als im Frühling wiedererwachend gilt, der ,,alte kluge M a n n " , der in Siebenbürgen auch der „ B u s c h h e r r g o t t " genannt wird 67 ). Späterer E r s a t z ist die P u p p e H u t z g ü r geworden M ). Zahlreiche Festbräuche (beim A n f a n g der Säearbeit wie beim Beginn der E r n t e und Schluß derselben) sind in abgeschwächter F o r m erhalten, wie sie bei alten K u l t u r v ö l k e r n noch als wirkliche Zeremonien f ü r und gegen D. in vollem S c h w a n g e waren und bei heutigen N a t u r völkern gleichfalls noch im Vordergrunde ihrer religiös magischen P r a k t i k e n stehen. Das H a u p t a b s e h e n ist auf die E r h a l t u n g oder V e r j ü n g u n g des der betreffenden F r u c h t vorstehenden Dämons gerichtet, der als a l t und abgetan, als v e r b r a u c h t gilt M ). Man kann ihn durch Speisopfer kräftigen oder durch Einkleidung und U m t a n z e n nebst Gesängen, also teils durch rational gemeinte Mittel, teils durch magische E i n w i r k u n g m ). Der Glau-
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Dämonen
154
im A l p t r a u m , der eine allgemeine menschliche E r f a h r u n g v o n einer plötzlich auftretenden und schnell vorübergehenden Unpäßlichkeit ist, die mit Herzbeschwerden, B e e n g u n g der L u f t M wege, Blähungen und hohem Zwerch) W i i n d t Mythus und Religion 2, 410. fellstand verbunden ist M ) . Man nimmt ») a . a . O . 412. «) a . a . O . 4 1 1 . " ) B e t h Religion und Magie* 318. u ) H ö f l e r Orheute an, daß der in kohlendunstschwanganotherapie 3. " ) M a n n h a r d t 1, 312. geren R ä u m e n lebende Urmensch die E r **) Μ a a c k Lübeck 99. " ) B e t h Religion scheinungen des A l p t r a u m s viel öfter erund Magie 319—326. " ) W u n d t Mythus lebt hat als der bequemer wohnende K u l und Religion 2, 416. " ) K . Th. Ρ r e u ß Phallische Fruchtbarkeitsd. als Träger des altmexiturmensch ·*). Der A l p erscheint gerne als kanischen Dramas·. Archiv für Anthropologie Tier, aber auch als Mensch. Das unvermu) ZrwVk. 3 (1907), 232. 2) Ebd. 1 (1904), 92. 3) Z a h l e r Simmenthai 54. 2. W e i s s a g u n g . D. sagt Todesf ä l l e an. W e n n es i m T r a u m e d a m p f t , g i b t es eine B e e r d i g u n g ; w e n n es bei einem Hause dampft, muß bald j e m a n d d a r i n s t e r b e n 4 ). W e n n in T h ü r i n g e n der D . des n a c h d e m H e r a u s t r a g e n der L e i c h e auf die S t r a ß e g e s c h ü t t e t e n h e i ß e n W a s sers auf das H a u s zieht, so s t i r b t n ä c h s t e n s w i e d e r j e m a n d im H a u s e oder aus der n ä c h s t e n V e r w a n d t s c h a f t 5 ); z i e h t der D . n a c h einer a n d e r e n R i c h t u n g , so w i r d sich n a c h dieser G e g e n d hin der n ä c h s t e T o d e s f a l l e r e i g n e n 6 ). 4) ZrwVk. 4 (1907), 272. s) W u t t k e 213 § 298. 6) W i t z s c h e l Thüringen 2, 258. Hünner köpf.
Dan, König
s.
b e r g e n t r ü c k t .
D a n a i d e n m o t i v . F r a u H o l l e h a t ein F a ß ohne B o d e n , das sie v o l l s c h ö p f e n m u ß (auch zwei E i m e r ohne B o d e n w e r d e n erw ä h n t ) . G e l i n g t es ihr, ist sie e r l ö s t 1 ) . Dieses „ D a n a i d e n f a ß " w u r d e v o n einigen f ä l s c h l i c h als R e g e n z a u b e r in A n s p r u c h g e n o m m e n 2 ). D a s a n t i k e V o r b i l d ist das b e k a n n t e F a ß ohne B o d e n , in w e l c h e s die D a n a o s t ö c h t e r in der U n t e r w e l t ohne U n t e r l a ß W a s s e r s c h ö p f e n müssen. Diese A r beit ist k e i n e s w e g s ein „ N a t u r s y m b o l f ü r die nach s t e t e r B e f r u c h t u n g sich s e h n e n d e M a t e r i e " 3 ). Die endlose A r b e i t des W a s s e r s c h ö p f e n s traf nach g r i e c h i s c h e m G l a u b e n diejenigen, welche die eleusinischen M y s t e r i e n m i ß a c h t e t h a t t e n , die άμύητοι. V o n diesen w u r d e die S t r a f e auf die D a n a i d e n ü b e r t r a g e n . Seit d e m 4. J h . v. Chr.
170
v e r k ö r p e r n w a s s e r t r a g e n d e J u n g f r a u e n in der d a r s t e l l e n d e n K u n s t a u s s c h l i e ß l i c h das S c h i c k s a l der U n g e w e i h t e n im H a d e s . Ä l t e s t e s literarisches Z e u g n i s ist der p s e u d o p l a t o n i s c h e A x i o c h o s p. 371 Ε (Δαναίδων ύ!ρειαι άτελεΐς). D a s τέλος, f ü r dessen N i c h t e r f ü l l u n g die D a n a o s t ö c h t e r so b e s t r a f t w e r d e n , ist nach E. R o h d e s g l ä n z e n d e r E n t d e c k u n g das durch eigene S c h u l d n i c h t v o l l e n d e t e E h e b ü n d n i s , das unter ä h n l i c h e n R i t e n w i e die M y s t e r i e n w e i h e abgeschlossen w u r d e . Die D a n a i d e n müssen e w i g w e i t e r W a s s e r t r a g e n z u m λουτρδν νυμφικόν, d e m H o c h z e i t s b a d , das f ü r sie n i c h t b e r e i t e t w o r d e n w a r 4 ) . Nach griechischem Volksglauben war dieses f r u c h t l o s e B e m ü h e n e w i g e n W a s s e r s c h ö p f e n s in ein d u r c h l ö c h e r t e s F a ß die S t r a f e f ü r die M i ß a c h t u n g n a t ü r l i c h e r T r i e b e 5 ) . D i e Seele des άτέλεστος h a t n a c h d e m T o d e keine R u h e , sie m u ß als Ges p e n s t (s. d.) u m g e h e n , bis sie sich erf ü l l t 6 ) . A u c h der d e u t s c h e V o l k s g l a u b e k e n n t diese V o r s t e l l u n g . Im K a n t o n W a l lis müssen die g e s t o r b e n e n H a g e s t o l z e a n einem gewissen O r t h a u s e n u n d in d u r c h l ö c h e r t e n K ö r b e n S a n d aus der R h o n e z u B e r g t r a g e n . D e n a l t e n J u n g f e r n (s. d.) drohen nach dem Tod unmögliche, oft a n z ü g l i c h e B e s c h ä f t i g u n g e n , die e b e n s o u n n ü t z u n d z w e c k l o s sind w i e ihr irdisches D a s e i n w a r 7 ). s. a l t e
J u n g f e r n
1, 341 ff.
') M a n n h a r d t Germ. Mythen 104. 260; W a s c h n i t i u s Perht 113. 178; E c k a r t Südhannover. Sagen 37. 2) G e s e m a n n Regenzauber 13. 3) B a c h o f e n Mutterrecht 147. 4) R o h d e Psyche 1, 326 ff.; 2, 430 (Reg.); ARw. 2 (1899), 47 ff. 60; 16 (1913), 373; D i e t e r i c h Nekyia 70; Pauly-Wissowa 4, 2, 2087 ff.; B e c k e r Frauenrechtliches 73; SAVk. 2, 56 f.; S t ο r f e r Jungfr. Mutterschaft 183. s) R o h d e Psyche a. a. O.; A R w . 2 (1899), 62; B e c k e r Frauenrechtliches 53. 8) W i l a m o w i t z Eur. Herakl. 1016; A R w . 2 (1899), 63. ') A R w . 2 (1899), 62; B e c k e r Frauenrechtliches 53. Mengis. D a n i e l . A l s S y m b o l der A u f e r s t e h u n g Christi ist D . in der L ö w e n g r u b e i m f r ü h e n M A . h ä u f i g dargestellt, insbesondere auf b r o n z e n e n S c h n a l l e n der B u r g u n d e r *). Der N a m e D . k o m m t m i t unter i m D i e b s b a n n v o r 2 ) ; a u c h im T o b i a s s e g e n 3 ).
i7i
Dank,
danken—Daphnomantie
1) H o o p s Reallex. 1, 389; Urquell 2, 4; vgl. Car. 1, 1 1 7 . 135. B a r t s c h Mecklenburg 2, 335; S A V k . 25, 65. 3) Z f V k . 2, 167. Sartori.
Dank, danken. Während das D. durch das Christentum eine ausgesprochene V e r k e h r s f o r m unserer K u l t u r geworden i s t 1 ) , bildet es eines der wichtigen Mittel z u m S c h u t z v o r Z a u b e r und zur Verstärk u n g des Zaubers, n i c h t z u d. F ü r ges c h e n k t e n Samen, für B l u m e n s t ö c k e und P f l a n z e n a b l e g e r soll man nicht d., sonst wachsen sie n i c h t 2 ) ; auch f ü r geliehene oder geschenkte Milch darf man nicht d., sonst versagen die K ü h e 3 ) . E i n K r a n k e r m u ß B e i s t a n d durch R a t und T a t als selbstverständlich hinnehmen; durch D. f ü r Arzneien ζ. B . wird ihre W i r k u n g aufgehoben, sogar S c h a d e n h e r b e i g e f ü h r t 4 ) . U m W a r z e n zu vertreiben, geht man in Biel (Schweiz) frech in eine Metzgerei, v e r l a n g t eine S p e c k s c h w a r t e und geht ohne zu d. und zu grüßen, wie man hereinkam, wieder hinaus 5 ). F ü r geliehene oder geschenkte Nähnadeln, Scheren, Messer usw. darf man nicht d., sondern m u ß sie lachend entgegennehmen, sonst b e k o m m t man m i t der b e t r e f f e n d e n Person Verdruß u. ä . e ) ; f ü r Feuer und Wasser soll man nicht d., es k o m m t so schon genug, oder man darf nur „ f ü r die M ü h e " d. 7 ). Die zu einem S c h l a c h t f e s t geladenen Gäste b e d a n k e n sich nicht, d a m i t die Mast des nächsten Schweines nicht gehindert w e r d e 8 ) . W e n n Frauen einander flechten, sollen sie nicht d., sonst fallen die H a a r e a u s 9 ) , und „ w e n n eines das andere a n p u t z t , so soll das a n g e p u t z t e nicht d., sonst steht i h m der P u t z nicht s c h ö n " 10 ). Falls ein altes W e i b auf dem W e g e zur T a u f e grüßt, darf man nicht d., damit, w e n n es e t w a eine H e x e wäre, sie keine G e w a l t über das K i n d erlange 1 1 ). N a c h dem J o u r n a l v o n und f ü r Deutschland (1 [1787], 454 ff.) soll man überh a u p t morgens beim A u s g e h e n auf den G r u ß „ G u t e n M o r g e n " nicht a n t w o r t e n : „ I c h d a n k e " , sondern a u c h : „ G u t e n M o r g e n ! " Sollte unter den Grüßenden eine H e x e sein, so wird sie dadurch unschädlich g e m a c h t 1 2 ) . D a s D. ist geradezu ein Merkmal der H e x e n ; denn w e n n bei der W ä s c h e ein ander W e i b L a u g e
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holt und dafür dankt, so ist es eine Hexe 1 3 ). Z w e r g e n (s. d.) darf man f ü r ihre Dienstleistungen nicht d. und sie dafür a u c h nicht b e l o h n e n 1 4 ) . D a s D. ist aber v o r g e s c h r i e b e n in der „ a l t e n weiber p h i l o s o p h e y " der „ A stronomia T e u t s c h " ( F r a n k f u r t 1 6 1 2 ) 1 5 ) : „ S o ein b r a u t a m h o c h z e i t t a g zur kirchen a u ß g e h e t , der beste w ü n s c h so man j h r t h u t , der bleibet jhr, so ferrn sie v o n s t u n d an darfür danckt, sonst wirdt es nicht h e l f f e n . " Der dem nächtlichen W a n derer leuchtende F e u e r m a n n will seinen D. h a b e n ; wer ihm das „ G o t t b e z a h l ' s " nicht sagt, v o r dem schüttelt er sich, daß die F u n k e n stieben, und der Mensch m u ß verbrennen l e ). D u r c h D. wird der Geist nämlich e r l ö s t 1 7 ) . Die weiße F r a u aber weinte, als man ihr d a n k t e : „ H ä t t e t ihr mir nicht gedankt, dann wäre ich j e t z t erlöst, so aber bin ich es n i c h t 1 8 ) . " s. a. f e i l s c h e n ,
grüßen,
Tabu.
Vgl. ζ. Β . Η e i 1 e r Gebet 44 i. 2) ZfrheinV k . 2 (1905), 208; B o h n e n b e r g e r 25; Müller Isergebirge 37; F o g e l Pennsylvania 203 Nr. 1009; D r e c h s l e r 2,235383; W u 1 1 k e 405 § 625. 3) D r e c h s 1 e r 2, 23 8 § 3 3) G r i m m Myth. 3, 449 Nr. 467 = R o k kenphilosophie 971 Nr. 77; W u t t k e 405 § 625; für Honig: S p i e ß Fränhisch-Henne4 berg 152. ) J o h n Erzgebirge 112; G r o i l m a n η 151 Nr. 1098; Drechsler 2, 23 § 383; H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 60; W u t t k e 343 § 511. 5) S c h w V k . 10 (1920), 33· 6) W u t t k e 405 § 625; Drechsler 2, 23 § 383; Urquell 3 (1892), 230 Nr. 5. ') B a r t s c h Mecklenburg 2, 130 Nr. 546; K u h n u. S c h w a r t z 454 Nr. 400. 8) J o h n Erzgebirge 234. 3 1 . e) B o h n e n b e r g e r 25. 10) Rockenphilosophie 800 Nr. 72 = G r i m m Myth. 3, 447 Nr. 398. l l ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 168 Nr. 8. 12) G r i m m Myth. 3, 453 Nr. 568. lä ) Ebd. 3, 453 Nr. 566. 1J ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 292 Nr. 2; B o h n e n b e r g e r 25. 15) ZfdMyth. 3 (1856), 316 Nr. 79. 1β) K ü h n a u Sagen i , 397 f. Nr. 402; vgl. ebd. 1, 417 Nr. 433; 1, 433 Nr. 456. 17 ) 18)
B e c h s t e i n Thüringen 2, 145 Nr. 280. Baader NSagen (1859), 87 Nr. 120. Bächtold- Stäubli.
D a p h n o m a n t i e ( W a h r s a g u n g durch Lorbeer, δάφνη). Antikisierende B e z e i c h n u n g der Divinationsliteratur des 16.—-17. Jhs. f ü r die im A l t e r t u m mehrfach bezeugte Volksmeinung, daß man aus dem K n i s t e r n und K n a c k e n verbrennender Lorbeerzweige
Darata— Daumen
173
(der L o r b e e r w a r d e m w e i s s a g e n d e n A p o l l heilig) die Z u k u n f t e r k e n n e n k ö n n e x ) , also eine S o n d e r f o r m der P y r o m a n t i e (s. d.). Für deutschen Aberglauben k o m m t die D . k a u m in F r a g e , d o c h w i r d das K n a t t e r n b r e n n e n d e n Holzes a u c h hier als zukunftkündend angesehen, s. P y r o m a n t i e . >) S. ι, 344; Ogle (1910),
ζ. Β. Τ h e o k r . 2, 23; Ο v i d Fasti 4, 742; Τ i b u 11 2, 5, 81; vgl. Μ. B. in American Journal of Philology 31 296 f. Boehm.
D a r a t a D a r i e s usw. 1 ). Z a u b e r w o r t e , die in der F o r m : D a n a t a , D a r i e s , D a r d a r i e s , A s t a r i e s usw. a u c h bei T h i e r s 2 ) sich f i n den, ferner n a c h der C h e m n i t z e r R o c k e n philosophie bei S e y f a r t h 3 ): M a t a s , den a t a s , Daries, dardaries, est ararires, v e r s t ü m m e l t a u c h bei M a n s i k k a 4 ) : da ni da, d a n i m , t o n o v , t r o f e m , n e v a m da nim. E s h a n d e l t sich u m den b e k a n n t e n , bei C a t o erhaltenen Verrenkungsspruch 5): moetas v a e t a daries d a r d a r i e s a s i a d a r i d e s u n a p e t e s b z w . m o t a s v a e t a daries d a r d a r e s astataries dissunapiter. ') H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 29. *) T h i e r s 1, 361. 3) S e y f a r t h Sachsen 4 175. ) Über russische Zauberformeln (1909), 265. 6) H e i m Incantamenta 533. 566. Jacoby
Darm s. E i n g e w e i d e . D a r m g i c h t x ) . Die Kolik (Darmkolik, Wind-, Gebärmutter-, Urin-, Nierenkolik) g e h ö r t z u den gefürchtetsten K r a n k h e i t e n bei Mensch u n d i n s b e s o n d e r e Vieh. Abgesehen v o m S a f t aus K u h - und P f e r d e m i s t w i r d den K r a n k e n gern eine S u p p e eingegeben, in der K r ö t e n g e s o t t e n w u r d e n ( L a n k o w i t z ) 2 ). A l s P r ä s e r v a t i v m i t t e l w i r d in S t e i e r mark empfohlen, wenn a m K a r s a m s t a g die „ G l o c k e n v o n R o m w i e d e r k e h r e n " , sich so schnell u n d so f e s t w i e m ö g l i c h auf die b l o ß e E r d e zu w e r f e n u n d sich z u w ä l z e n 3 ) (s. d.). Natürlich werden auch Besprechungen (s. besprechen) u n d S e g e n (s. d.) a n g e wendet. ') H ö f l e r
vorka vorka
Krankheitsnamen
189;
Ho-
u. K r o n f e l d 2, 127. ') H o u. K r o n f e l d ebd. 3) Ebd. 128. Stemplinger.
174
D a t t e l ( P h o e n i x d a c t y l i f e r a ) . W e n n ein K i n d den K e r n einer D . ( F r u c h t der in N o r d a f r i k a u n d A r a b i e n bis n a c h P e r s i e n a n g e b a u t e n D . p a l m e ) bei sich t r ä g t , so f ä l l t es n i c h t viel oder n i m m t b e i m Fall keinen Schaden W e r einen D . k e r n bei sich t r ä g t , d e n k a n n der B l i t z n i c h t t r e f f e n ( K ä r n t e n ) 2 ). S c h o n i m Altertum wurden dem D.kern a ρ ο t r o p ä i s c h e Eigenschaften zuges c h r i e b e n 3 ). l ) Chemnitzer Rockenphilosophie 2 (1707), 226 = G r i m m Myth. 3, 438; Fossel Volksmedizin 67. s) ZfdMyth. 3, 31. 3) Gegen den bösen Blick: Ρ 1 i η i u s Nat. hist. 13, 40. Marzoll.
Daumen *). Vom D., als dem kräftigs t e n der F i n g e r , g l a u b t m a n , er sei m i t übernatürlichen K r ä f t e n begabt2). M a n k a n n sich u n s i c h t b a r m a c h e n , w e n n m a n einen D ä u m l i n g v o n e i n e m ganz schwarzen K a t z e n b a l g , an dem auch n i c h t e i η w e i ß e s H ä r c h e n ist, a m l i n k e n D. trägt.3). A l l b e k a n n t ist der B r a u c h , j e m a n d e m den D . ζ u h a l t e n , d. h. i h m G l ü c k z u b r i n g e n 4 ) . Man h a t es hier m i t e i n e m R e s t des sog. B i n d u n g s z a u b e r s z u t u n ; m a n will d e n f e i n d l i c h e n D ä m o n f e s t halten, so w i e m a n den D . f e s t h ä l t 6 ). So ist es n ü t z l i c h , d e m Spieler d e n D . z u h a l t e n 6 ); a b e r a u c h s o n s t k a n n m a n ein e m in s e i n e m V o r h a b e n helfen, w e n n m a n den D . e i n s c h l ä g t ' ) ; d e n n der D . ist ein G l ü c k s f i n g e r 8 ) . D e m gleichen G e d a n k e n g a n g entspringt es, d a ß m a n i m B e t t e d e n D . e i n b i e g t 9 ) , u m sich d a d u r c h v o r d e m A 1 ρ d r u c k oder v o r H e x e n l 0 ) z u s c h ü t z e n ; b i e g t m a n den l i n k e n D . e i n w ä r t s , b e w a h r t m a n sich vor Beschreien und B e r u f e n 1 1 ) ; selbst v o r den g ö t t l i c h e n S t r a f e n , die d e m Meineid f o l g e n , k a n n m a n sich sichern, i n d e m m a n b e i m S c h w ö r e n den D . e i n b i e g t 1 2 ) . W e n n m a n b e i m A n b l i c k eines bissigen H u n d e s s o f o r t einen oder b e i d e D . einschlägt, bleibt man ungeschoren13); vor tollen H u n d e n ist m a n sicher, w e n n m a n sich s o f o r t in den D . der r e c h t e n H a n d b e i ß t 1 4 ) . S c h l ä g t m a n beide D . in die H ä n d e und spricht d a z u : „ O Mensch, b e d e n k e d a s E n d e , so w i r s t d u n i m m e r -
175
Daumen
m e h r Ü b l e s t u n " , so v e r s a g t j e d e s Gew e h r 1 5 ). E i n e m S c h l a f e n d e n k a n n m a n jedes Geheimnis entlocken, wenn man i h m den D . f e s t h ä l t " ) . A u c h die G e b ä r e r i n m u ß n a c h der Geb u r t den D . einziehen 1 6 a ). B e i m S p r e c h e n des W u r m s e g e n s : , , n i m den g e r e c h t e n d u m e n in die g e r e c h t e h a n t " l e b ) . E i n e w i c h t i g e R o l l e spielt der D . in der V o l k s m e d i z i n . Spürt man Stiche an der l i n k e n B r u s t s e i t e , so ist der D . der l i n k e n , i m e n t g e g e n g e s e t z t e n F a l l der der r e c h t e n H a n d , m i t der a n d e r n H a n d k r ä f t i g zu d r ü c k e n 1 7 ) ; ähnlich macht m a n es in S a c h s e n bei S e i t e n s t e c h e n 1 8 ) ; b e i m S c h n e i l a u f e n n i m m t m a n in D i t h m a r s c h e n den D . in die H a n d , d a n n b l e i b t man vom Seitenstechen f r e i l e ) . Vor Zahnweh bleibt man bewahrt, wenn man b e i m W a s c h e n m i t d e m r e c h t e n nassen D. hinters Ohr f ü h l t 2 0 ) . Des Schluchzers w i r d m a n s o g l e i c h ledig, w e n n m a n beide D . e i n s c h l ä g t a l ) . B e i m B e s p r e c h e n des H e r z g e s p e r r s (s. d.) l e g t m a n u n t e r der H e r z g r u b e den l i n k e n D . k r e u z w e i s ü b e r d e n r e c h t e n 2 2 ); bei K o l i k f ä h r t m a n m i t d e m D . u m d e n N a b e l h e r u m 2 3 ) , oder l e g t d e n r e c h t e n D . auf denselben des P a t i e n t e n a 4 ); bei H a l s w e h s t r e i c h t m a n d e n H a l s m i t d e m D . 2 5 ) ; bei W u n d e n l e g t m a n diesen k r e u z w e i s e darauf 2 e ) ; v e r n a g e l t e P f e r d e heilt m a n , i n d e m m a n i h n e n dreimal die D . k r e u z w e i s a u f den H u f l e g t 2 7 ) . Es gibt sogar Leute, welche durch bloßes B e r ü h r e n mit d e m D. „ W ä r e n " (hordeolae) an den A u g e n h e i l e n 2 8 ) . Umgekehrt bricht man Epileptischen die e i n g e k n i f f e n e n D . aus, u m die M a c h t des D ä m o n s z u b e w ä l t i g e n 2 9 ) ; a n d r e r seits h e i ß t es, K r a n k e , w e l c h e den D . einkneifen, b e k o m m e n K r ä m p f e 3 0 ) ; wenn ein S t e r b e n d e r den D . e i n k n e i f t , so m u ß m a n i h m die H a n d lösen, s o n s t s t i r b t er s c h w e r 3 1 ). M a n darf m i t d e m D . n i c h t spielen, die D . n i c h t u m e i n a n d e r drehen, s o n s t spielt m a n m i t d e m T e u f e l 3 2 ). S c h l i e ß l i c h ist n o c h die a l t e S i t t e des D . v e r s c h r ä n k e n s zu e r w ä h n e n , die s t a t t f a n d , w e n n F r e u n d e z u N e u j a h r sich G l ü c k w ü n s c h t e n ; ä h n l i c h ist ein G e b r a u c h in P o m m e r n : w e n n zwei sich über e t w a s
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v e r e i n i g e n , eine V e r a b r e d u n g t r e f f e n , so lassen sie die S p i t z e n beider D . sich ber ü h r e n oder s t o ß e n sie g e g e n e i n a n d e r 3 3 ) . W a r s c h o n ein g e w ö h n l i c h e r D . z a u b e r u n d h e i l k r ä f t i g , so s c h r i e b m a n d e n D . von Hingerichteteten ganz besondere K r ä f t e zu. W e r einen solchen s o g e n a n n t e n D i e b s d. b e s i t z t — e i n e m e r h ä n g t e n D i e b a b g e s c h n i t t e n — , der h a t G l ü c k , heißt es34). Wirtsleute zogen damit G ä s t e an 3 5 ); j a , sie s t e c k t e n ihn in W e i n u n d Bier, u m die G ä s t e besonders z u l o c k e n 36 ). W e r ihn s t e t s bei sich t r ä g t , ist v o r U n g e z i e f e r s i c h e r ; er s c h ü t z t den D i e b v o r Ü b e r r a s c h u n g e n ; u n t e r die H a u s s c h w e l l e v e r g r a b e n , s c h a f f t er b e s t ä n d i gen H a u s s e g e n ; neben die W a r e n g e l e g t , b r i n g t er d e m K a u f m a n n g u t e n A b s a t z 3 7 ) . B i s w e i l e n f a ß t e m a n sie a u c h in G o l d u n d Silber. G r o s c h u f f Finger (1756), 99. ' ) R o c h h o l z Sagen i, 381; DWb. 2, 845 ff. 3) ZfdMyth. χ, 237. 4) Schon P l i n i n s (h. n. 28, 25) bemerkt: „Schon das Sprichwort fordert uns auf, den D. zu pressen (premere), wenn wir jemand geneigt sind"; D r e c h s 1 e r 2, 266; S c h r ä d e r Bilderschmuck 391 ff.; Z f V k . 12, 7; R o c h h o l ζ Kinderlied i o i f f . ; Heckenbach de nuditate 99; G r o s c h u f f Finger (1756), 110 ff.; G ö t z e Luther 25 f. 5) Vgl. G r i m m 2, 848. e) D r e c h s l e r 2 , 4 4 ; S t r a k k e r j a n 1, 113;. 2, 184; J o h n Erzgeb. 1, 34; K u h n Westfalen 2, 188 Nr. 530; R e i s e r Allgäu 2, 448 Nr. 251; W o l f Beitr. 1, 240 Nr.480; W u t t k e §636; B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 399; D e r s . Volksth. 1, 497 Nr.26; L a m m e r t 216; M e y e r Aberglaube 228; S a r t ο r i 2, 187. ») ZrwVk. 1905, 290. 8)
Baumgarten Jahr u. s. Tage 9. D r e c h s l e r 2, 177; G r i m m Sagen 73 Nr. 80; S c h u l t z Alltagsleben 243; W u t t k e §419. 1C) G r i m m Mythol. 3, 456 Nr. 643; A l p e n b u r g Tirol 267. ») G a ß n e r Mettersdorf 20; J o h n Erzgebirge 52. 11!) T e t t a u u. T e m m e 283; T o p p e n Μasuren 12; S t r a c k e r j a n i, 65. 13) G r i m m Myth. 3, 457 Nr. 666; D r e c h s l e r 2 , 9 7 ; B a r t s c h Mecklenburg 2, 138; J o h n Erzgeb. 233; K ö h l e r Voigtland 429; M e i e r Schwaben 2, 518; SchwVk. 4, 16; J a h n Pommern 178 Nr. 631. 14) W u t t k e §450. 15) S c h r a m e k Böhmerwald 263; Alemannia 19 (1891), 139. 1S) W u t t k e § 470. l i a ) G r i m m Μyth. 3, 460 Nr. 732. »·>) Ebd. 3, 500 Nr. X X V I I I . " ) ZrwVk. 1, 94. 1S) S e y f a r t h Sachsen 236. ») ZfVk. 23, 282. M ) K ö h l e r Voigtland 427; D r e c h s l e r 2, 298; S e y f a r t h Sachsen 237. 21) B i r l i n g e r Volksth. 1, 482; L a m m e r t 141; ZrwVk. 3, 161; B u c k Volks9)
177
Däumling
medizin 68. 22) S e y f a r t h Sachsen 246; B a r t s c h Mecklenb. 2, 412. 3) L a m m e r t 130; D r e c h s l e r 2,318. »') ZfVk. 7. 28g. " ) F r i s c h b i e r Hexenspr. 65. 2β) L a m m e r t 204; K u h n Westfalen 2, 197 Nr. 553; 2, 198 Nr.556; G a n z l i n Sachs. Zauberformeln 16 Nr. 14; M e i e r Schwaben 2, 522; S e y f a r t h Sachsen 139. " ) W o l f Beiträge ι, 250 Nr. 607. " ) Β i r 1 i η g e r Volhsth. i, 485:30 bemerkt a u c h P l i n i u s (28, 43), Jungfrauen könnten durch D.berührung Epileptische heilen. " ) W u 1 1 k e § 5 3 2 ; D r e c h s l e r 2, 306. 30) B a r t s c h Mecklenb. 2, 89. 31) Ebd. 32) D r e c h s 1 e r 2, 124; dasselbe gilt in Norwegen: L i e b r e c h t Z. Volksk. 338. 33i G r i m m DWb. 2, 849; vgl. Myth. 3, 502 Nr. X X X V ; Alemannia 27 (1899), 101 (130 a, b); ZfVk. 7, 289 Nr. 2; G r o h m a n n 181 Nr. 1268. 34) W u t t k e §188 35) P a n z e r Beitrag 2, 295. 36 ) S c h m e l l e r BWb. 1, 350; W u t t k e §717. 37) W u t t k e § 188. Stemplinger.
Däumling. I. Die K l e i n h e i t der Z w e r g e , die n e b e n a n d e r n V e r g l e i c h e n a u c h besonders h ä u f i g m i t der L ä n g e v o n M e n s c h e n f i n g e r n in P a r a l l e l e g e s e t z t w i r d (bereits m h d . werden Z w e r g e als ein d ü m e l l e lanc geschildert), f ü h r t gelegentlich dazu, die Zwerge, Hauskobolde, Waldmännchen usw. g e r a d e z u als D . e z u b e z e i c h n e n . Im d e u t s c h e n S p r a c h g e b i e t , w o diese B e n e n n u n g der Z w e r g e nur aus der L a u sitz 2) b e k a n n t ist, s t a m m t sie o f f e n s i c h t l i c h aus d e m s l a v i s c h e n K u l t u r k r e i o , in d e m sie b e d e u t e n d v e r b r e i t e t e r ist als bei u n s ; v g l . die ' B a r s d u k e n ' in L i t a u e n « lit. ' p i r s z t a s ' „ d e r F i n g e r " ) 3 ), die wendischen 'Palciki' ( = wörtl. „D.e")4), die t s c h e c h i s c h e n ' P i d i m u z ( i k ) ' (ζ tschech. ' p i d i t i ' „ m e s s e mit der S p a n n e " ) 5 ) u n d den a l t p r e u ß i s c h e n ' P a r s t u c k ' (ebf. z u lit. ' p i r s z t a s ' „ F i n g e r " gehörig) e ). Z u r N a m e n g e b u n g vergleiche man fernerhin griech. πυγμαίος (unser W o r t „ P y g m ä e n " f ü r Z w e r g e u n d Z w e r g v ö l k e r ist n i c h t v o l k s t ü m l i c h ) , das zu πυγμή = „ F a u s t " g e h ö r t 7 ) ; a u c h die Δάκτυλο·. Ίδα'.οι (zu δάκτυλος „ F i n g e r " ) müssen hier E r w ä h n u n g f i n d e n 8 ) . In i h r e m W e s e n gleichen diese D.e d u r c h a u s den Z w e r g e n : als H a u s geister b e s o r g e n sie d e m F u h r m a n n h e i m lich die S t a l l a r b e i t , die sie j e d o c h grollend niederlegen, w e n n sie g e s t ö r t oder beleidigt w e r d e n 8 ) ; Lebensart und Gewand u n g e n t s p r i c h t in allen P u n k t e n d e m W e s e n der Z w e r g e (s. d.), v o n denen sie
sich also lediglich u n t e r s c h e i d e n 10 ).
178 durch
den
Namen
') Kuhn Mythol. Stud. 2, 59. ! ) H a u p t Lausitz 1, 57 f.: K ü h n a u Sagen 2, 48. 3) T e t z n e r Slaven 90. 4) W u t t k e Stichs. Volksk. 376; ZfdMyth. 3, 112. 5) G ü n t e r t Kalypso 233. 6) Ebd. ') Ebd.; Grimm Myth. 1, 372. 8) G ü n t e r t Kalypso 233. 9) Vgl. die Literatur unter Anm. 2—4. 10) Vgl. auch G r i m m Myth. 1, 372 ff.; 3, 247. 2. W e n n in F r a n k r e i c h die S t e i n p l a t t e n der M e g a l i t h g r ä b e r als ' c a i l l o u x du P e t i t P o u c e t ' ( „ K i e s e l s t e i n e des kleinen D . s " ) b e z e i c h n e t w e r d e n u ) , so liegt hier z w e i f e l los keine Z w e r g e n s a g e , sondern eine Eri n n e r u n g an die b e k a n n t e M ä r c h e n g e s t a l t v o r , deren N a m e n P e r r a u l t b e r ü h m t m a c h t e 1 2 ) , u n d deren W e s e n näher z u beschreiben n i c h t A u f g a b e dieses W e r k e s i s t 1 3 ) . E s g e n ü g e hier der H i n w e i s , d a ß wir a u c h bei diesem w i n z i g kleinen, d o c h schlauen und mutigen Märchenhelden z w i s c h e n N a m e n u n d G e s t a l t zu u n t e r s c h e i d e n h a b e n : der N a m e (der ü b r i g e n s in den einzelnen G e g e n d e n mancherlei Abweichungen erfährt: Daumesdick, D ä u m e l i n g , ostfries. K ö t e l d ü m k e 1 4 ) usw.) ist w o h l a u s d e m F r a n z ö s i s c h e n z u uns g e k o m m e n 1 5 ) , das M o t i v selbst ( = der H e l d in Z w e r g e n g e s t a l t ) ist b e d e u t e n d ä l t e r u n d k l i n g t s c h o n in einigen T h o r m y t h e n ( T h o r bei H y m i r , bei Geirr0dr) an 1 6 ). A u f seine D e u t u n g , u m die m a n sich v o n v e r s c h i e d e n e n S e i t e n b e m ü h t h a t 17 ), k a n n hier n i c h t e i n g e g a n g e n werden, da sie n i c h t in den B e r e i c h des A b e r g l a u b e n s f ä l l t 1 8 ) ; d o c h m a g darauf hing e w i e s e n sein, d a ß der N a m e des H e l d e n , der z u n ä c h s t nur seine K l e i n h e i t a n d e u ten will, v i e l l e i c h t z u r B e r e i c h e r u n g seines Wesens beigetragen h a t : im Finger und v o r n e h m l i c h im D a u m e n s t e c k t n a c h dem Volksglauben besondere Weisheit (vgl. ζ. B . die R e d e n s a r t e n „ s i c h e t w a s aus den F i n g e r n s a u g e n " , „ d a s h a t mir der k l e i n e F i n g e r g e s a g t " ; in der E i f e l v e r t r i t t der „ D ä u m e r l i n g " die Rolle des kleinen F i n g e r s 1 9 ) u s w . ) ; m ö g l i c h e r w e i s e h a t dieser V o l k s g l a u b e d a z u m i t g e w i r k t , die V e r s c h l a g e n h e i t u n d S p i t z f i n d i g k e i t des H e l d e n k n i r p s e s z u s t e i g e r n 20 ). ») S e b i 1 l o t Folk-Lore 4, 76 2. >2) B o l t e Polivka 1, 124. 13) Vgl. zum Stoff:
179
David—Davidsschild
B o l t e - P o l i v k a I, 124; 389 ff.; P a r i s Le petit Poucet 1875; S e b i l l o t Folk-Lore 3, 144. 153; I, 294 fi. 323; K ö h l e r Kl. Sehr. ι , 68. 107. log. 196. ») ZfVk. 3, 90. " ) Vgl. Bolte-Polivka i, 124. " ) H o o p s Realle Ar. 4, 322 ff.; R o c h h o l z Sagen 1, 354; S i m r ο c k Myth. 266. Man vergleiche auch die antiken Zwerghelden wie den Dichter Philetas, den Seher Archestratos usw. " ) W u n d t Mythus u. Religion 2, 184; Vampyrglauben: Naumann Gemeinschaftskultur 45. 68. 86ff.; psychoanalytische Deutung: S t o r f e r JungJr. Mutterschaft 71. " ) Vgl. Handwörterbuch des deutschen Märchens s. v. D. 18) Vgl. ζ. B. Cl. V i e b i g Weiberdorf 155. So auch L i e b r e c h t Gervasius 156. 3. Bei N i e d e r d e u t s c h e n , W a l l o n e n u n d T s c h e c h e n h e i ß t a u c h der k l e i n s t e S t e r n i m S t e r n b i l d des W a g e n s D . ( D ü m e k e n , Dümling, Poucet, Palecky) 21); zweifellos ist hier der N a m e des M ä r c h e n h e l d e n auf den S t e r n ü b e r t r a g e n u n d eine astralm y t h i s c h e D e u t u n g des Märchenhelden 2 2 ) also unmöglich. Besondere Glaubensf o r m e n k n ü p f e n sich n i c h t a n diesen D . — D a s T h ü r i n g e r G e s p e n s t D . , das teufelartig mit schwarzem Gesicht, Bockshörnern und Pferdefüßen geschildert w i r d 23 ), ist s c h e i n b a r v e r e i n z e l t . al ) B o l t e - P o l i v k a 1, 396; B a r t s c h Mecklenburg 2, 201. «) Ζ. Β. Η a h η in ZfVk. 14, 255 f. " ) Β e c h s t e i η Thüringen i, 84. Mackensen.
David. 1. K ö n i g D . erscheint s c h o n i m ä l t e s t e n K i r c h e n k a l e n d e r J e r u s a l e m s als „ H e i l i g e r " i m G e f o l g e des W e i h n a c h t s f e s t e s l ) . B e i S l a w e n s i t z t der hl. D . i m M o n d e u n d spielt die H a r f e 2 ) oder die F i e d e l 3 ). M a g y a r e n sehen d a r i n zwei Ges c h w i s t e r m i t N a m e n D . u n d Cäcilia 4 ). In v i e l e n G e g e n d e n F r a n k r e i c h s h e i ß t der große Bär D . s w a g e n 5 ) . Der D.swagen f ä h r t a u c h n a c h t s d u r c h die S t r a ß e n u n d z e i g t den T o d eines Christen a n e ), zieht a u c h in s c h ö n e n S o m m e r n ä c h t e n mit g r o ß e m G e r ä u s c h d u r c h die L ü f t e 7 ) . D e r „ K ö n i g D . " als w i l d e r J ä g e r g e h ö r t w o h l auch hierher8). In D e u t s c h l a n d gilt D . als h ö c h s t e s M a ß f ü r alle m ö g l i c h e n L e i s t u n g e n 9 ). D a s „ S i e g e l D . s " t r ä g t m a n (auf Island) g e g e n b ö s e Geister bei sich 10 ). D . s S c h i l d , aus d e m F e l l des d e m L ö w e n u n d B ä r e n entrissenen L a m m e s (1. S a m . 17, 34) ge-
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f e r t i g t , s c h ü t z t e ihn g e g e n j e d e G e f a h r u ) . D.stee wird K r a n k e n verabreicht12). A m D . s t a g e (30. D e z e m b e r ) halt e n i m K a n t o n Z ü r i c h die B u r s c h e n das s o g . S p r ä g g e l e n ab, d u r c h z i e h e n v e r k l e i d e t das D o r f u n d s u c h e n E ß w a r e n z u erschnappen13). Im Züricher Oberland f i n d e t die „ C h r u n g e l e - N a c h t " s t a t t , a n d e r s w o ist „ D u r c h s p i n n a c h t " 1 4 ). Beim P f i n g s t r i t t in Z i m m e r n tritt D. als K ä m p f e r gegen Goliath auf15). K e 11 η e r Heortologie3 115. 119. 2) G r o h m a n n 2 8 . 2 9 ; R e i n s b e r g Böhmen 600. 3) H a u p t Lausitz 2, 191 (301); John Westböhmen 234. Israeliten in Westungarn erblicken aus Mißverstand einer Segensformel den König D. im Monde: D ä h n h a r d t Natursagen 1, 320. 4) W l i s l o c k i Volksgl. d. Magyaren 52 f.; Urquell 4, 55. 6) S έ b i 11 ο t Folk-Lore 1, 29. 30. ") Ebd. 1, 156; vgl. 30. ') Ebd. 1, 178. s) Ebd. 1, 169 f. Bei den Basken gilt auch König Salomo als wilder Jäger; D ä h n h a r d t 1, 336. »} ZfrwVk. n , 285; M e n s i n g Wb. 1, 690; ZfdMyth. i, 409. I0) Z f V k . 13, 277. «) Urquell NF. 1 , 6 ; Störf e r Jung fr. Mutter sch. 160; Bischoff Kabbalah 2, 193 ff. " ) H o v o r k a - K r o n f e l d 1,449. 13) SAVk. 11, 287 f. » J H o f f ls) Β i r 1 i η g e r mann-Krayer 112. Volkst. 2, 135; M a n n h a r d t 1, 352. 365. 2. D e r h 1. D . , dessen F e s t t a g der I . M ä r z ist, die b e d e u t e n d s t e Persönl i c h k e i t der K i r c h e v o n W a l e s , l e b t e i m 6. J h . u n d s t a r b als E r z b i s c h o f s p ä t e s t e n s 5 66. J e d e s M i t g l i e d der Prozession, die a m D . s t a g e in W a l e s a u s z i e h t , s t e c k t L a u c h a n den H u t 1 β ) , w o h l ein Z e i c h e n des beginnenden Frühlings17). 1«) N o r k Festkalender 1, 184 ff. " ) Andere Frühlingsgebräuche des 1. März: S a r t o r i Sitte 3, 127 f. Sartori. D a v i d s s c h i l d , τ η pa, ein A m u l e t t j ü discher H e r k u n f t , das aus zwei i n e i n a n d e r g e l e g t e n D r e i e c k e n ( H e x a g o n , s. d.) bes t e h t , in deren M i t t e das W o r t A g l a (s. d.), in den sechs E c k e n Tis (vgl. "Vö w e i s s a g e n , z a u b e r n ? ) oder das T e t r a g r a m m (s. d.) geschrieben ist. D a s H e x a g o n u n d die W o r t e w e r d e n auf B r o t gem a l t , das g e g e n F e u e r s n o t in die F l a m m e n g e w o r f e n w i r d x ). D e r D . w u r d e a u c h in c h r i s t l i c h e n K r e i s e n g e b r a u c h t ; v g l . die Medaille, die auf der einen S e i t e einen Christuskopf, umgeben von Kreisen und Quadraten mit hebräischen Buchstaben,
ι8ι
debra ebra—decken
auf der a n d e r n Q u a d r a t e u n d D r e i e c k e m i t hebr. B u c h s t a b e n u n d teilweise „ u n bekannten und verdächtigen" Namen t r u g , sowie die S c h r i f t des D o m A n g e l o G a b r i e l l o A n g u i s c i o l o , die 1621 v e r b o t e n wurde: „ D e i l a hebraica medaglia detta M a g h e n D a v i d et A b r a h a m , D i c h i a r a t i o n e " u n d ein f l i e g e n d e s B l a t t mit einem A u s z u g aus der S c h r i f t ; das A m u l e t t d i e n t e gleichfalls g e g e n F e u e r s g e f a h r 2 ) . M a n b e z e i c h n e t e a u c h das P e n t a g o n (s. d.) als S c h . D. 3 ). D e r D . als W i r t s h a u s z e i c h e n ist u n a u f g e k l ä r t 4 ). *) F a b r i c i u s Codex pseudepigraphus Vetcris Testamenti 1 (1713), 1007 f.; 2 (1723), 143 f.; J. C. D a n n h a u e r Catechismusmilch 5 (1657 ff.), 884 f.; E r s c h - G r u b e r Encyclopädie 3 (1819), 429; O h r t Da signed Krist (1927), 68; MjüdVk. 23, 33 ft.; Ρ 1 ο ß Kind 1, Iii. 112; W r e d e Rhein. FA.2 Tai. 21 bei S. 208, Abb. 62. 2) R e u s c h Index der verbotenen Bücher 2 (1885), 183 f.; G. B a r t o l o c c i Bibliotheca magna rabbinica 4, 164; W o l f Bibliotheca Hebraea 1 (1715 ff.), 1047. 3) H. Β e r g η e r Grundriß der kirchl. Kunstaltertümer (1900), 338. 4) Z f V k . 17, 197. Jacoby. d e b r a e b r a , Z a u b e r w o r t e , die n a c h H a r t liebs B u c h aller v e r b o t e n k u n s t (1455) u n t e r d e m A b s c h n i t t „ v o n d e m f a r e n in den l ü f t e n " z u r V e r s c h r e i b u n g an den T e u f e l in der „ k u n s t n i g r a m a n c i a " dien e n 1 ) : „ z u solicher z a u b e r e y g e h ö r t v e d e r m e u s p l ü t d a m i t m ü s z sich der m e n s c h dem tiuffel mit verkünden worten verschreiben, als d. e . " E i n e. f i n d e t sich in des T r i t h e m i u s S t e g a n o g r a p h i e in einer B e s c h w ö r u n g 2 ) , ist a b e r leicht z u deut e n 3 ), a u c h die Z u r ü c k f ü h r u n g auf '"nso, •ΤΐΜ g i b t k e i n e n Sinn. H a r t l i e b spielt w o h l e i n f a c h auf das u n v e r s t ä n d l i c h e W o r t ( v e r k ü n d e n Worten) A b r a c a d a b r a (s. d.) an. *) G r i m m Myth. 3, 426. 2) K i e s e w e t t e r Faust 359. 3) a. a. O. 361. Jacoby. D e c k e (eines Z i m m e r s ) . F ü r W e i h n a c h t e n m u ß m a n die D . w a s c h e n , sonst k o m m e n die Geister u n d s t i f t e n U n o r d n u n g 1 ). N a c h einer H a n d s c h r i f t a u s d e m 14. oder 15. J h . w i r f t m a n a m F a s c h i n g s t a g P r e i n an die D . W e s s e n A n t e i l h e r a b f ä l l t , der m u ß dieses J a h r s t e r b e n 2 ). Die S c h w e d e n in E s t l a n d w e r f e n S t r o h h a l m e a n die D . , soviel H a l m e h a f t e n bleiben,
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soviele F r e i e r w e r d e n sich m e l d e n 3 ). In H a m b u r g hängen heiratslustige Mädchen J o h a n n i s k r a u t a n die D . , neigen die R a n k e n sich g e g e n e i n a n d e r , so ist's ein g u t e s Z e i c h e n 4 ) . U m das W o h l b e f i n d e n des V i e h s i m n ä c h s t e n J a h r e z u sichern, b e r e i t e t m a n im E r m l a n d e T e i g f i g u r e n v o n H a u s t i e r e n u n d b e w a h r t sie u n t e r einem D . n b a l k e n . A m n ä c h s t e n N e u j a h r s t a g e w e r d e n sie v e r b r a n n t u n d d u r c h neue e r s e t z t 5 ) . In S c h w e d e n w i r f t m a n a m W e i h n a c h t s t a g e t w a s R o g g e n s t r o h a n die D., j e m e h r h a f t e n bleibt, desto besser wird die E r n t e 6 ). Bei den S e r b o k r o a t e n m u ß m a n z u W e i h n a c h t e n einen L ö f f e l Milchreis a n den D . n b a l k e n spritzen, damit viel w e i ß e L ä m m e r u n d s c h e c k i g e K ä l ber g e b o r e n w e r d e n 7 ) . D i e S e r b e n m a c h e n a m T h o m a s t a g aus d e m T e i g des F e s t k u c h e n s ein K r e u z a n den D . n b a l k e n 8 ) . Das Patengeld muß man dem Kinde schweigend zwischen die D.nbalken s t e c k e n , d a n n lernt es g u t s p r e c h e n 9 ) . Z u m S c h u t z e gegen H e x e n h ä n g t m a n i m a l t e n Ö s t e r r e i c h , in D e u t s c h l a n d , Dänemark, Schweden, Finnland, Litauen, bei den S l a w e n sog. D . n g e h ä η g e a u f , g e s c h n i t z t e V ö g e l , b a l d a c h i n a r t i g e Gebilde ( U n r u h ) aus S t r o h oder b u n t e m Papier, Zweige v o n Disteln, Stechpalmen, Misteln, K r e u z e a u s P a l m h o l z . A u s den D . n g e h ä n g e n e r h ä l t m a n a u c h allerlei V o r z e i c h e n über T o d e s f ä l l e u n d W e t t e r , ζ. T . w e r d e n sie j e d e s J a h r e r n e u e r t . In S c h w e d e n u n d in der S c h w e i z (vereinzelt) w e r d e n sie a u s der l e t z t e n G a r b e hergestellt 10 ). s.
Balken.
1)
SchwVk. 10, 29. ! ) G r i m m Myth. 3, 415 Nr. 2. 3) R u ß w u r m Eibofolke 2, 100. J) NdZfVk. 4, 241. 5) Β r u η η e r Ostdeutsche Volkskunde zog.*) Rig 1921, 43. ') S c h n e e w e i s Weihnacht 62. 8) Ebd. 13. Die Huzulen brennen am Dreikönigstag ein Kreuz in die D. MAG. 1896, 150. Die Zigeuner kleben das in den Weihnachtskuchen eingebackene Geldstück an dieZimmerd.: S c h n e e w e i.« 103. * ) W u t t k e 3895594. 10) A n d r e e - E y s n Volkskundliches 78; Fatab. 1906, 83 ff.; MAG. 65,13 ff. Weiser. decken (durch Tiermännchen). Das m u ß a m 3. N e u m o n d s t a g e g e s c h e h e n , b e s t e n w ä h r e n d des L ä u t e η s ' ) . voller der M o n d ist, w e n n die S a u
D. am Je ge-
183
Defixion
deckt wird, um so mehr Ferkel wirft sie 2 ). Eine bei zunehmendem Monde besprungene Kuh gebiert ein Ochsenkalb, bei abnehmendem ein Kuhkalb 3 ). Will man ein Hengstfohlen haben, so muß die Stute so gedeckt werden, daß sie bei wachsendem Lichte w i r f t 5 ) . In solcher Mondphase geworfene Ziegenlämmer bekommen Hörner 5 ). Ist die Kuh s t ö r r i s c h , wenn sie zum Bullen soll, so gibt man ihr gepulverte Eierschale oder ein Stück von einem schmutzig getragenen Frauenhemde oder einen Bovist ein 8 ). Sie muß von der Haustochter, mindestens aber von einem w e i b l i c h e n Wes e n , zum D. geführt werden 7 ). Auf dem Hinweg muß sie über eine Sense oder den Schlagrahmen eines Webstuhls 8 ) oder durch die auseinander genommenen Teile eines Wagens 9 ), auch über eine offene, auf dem Rückweg über eine geschlossene Wassertracht s c h r e i t e n 1 0 ) . Auf beiden Wegen wird sie mit W a s s e r begossen u ) . Während des D.s kann man Geschlecht und Aussehen der erwarteten Jungen willkürlich bestimm e n . Zieht man der Stute oder der Kuh beim D. den Schweif nach links, erhält man ein weibliches, nach rechts ein männliches J u n g e s 1 2 ) . Will man männliche Ferkel haben, so muß, wenn die Sau vom Eber zurückkommt, ein Mann die Stalltür schließen 1 3 ). Damit die Stute ein Schimmelfüllen wirft, muß man während des D.s über ein daneben stehendes Pferd ein weißes Laken legen 14 ). Um Blessen zu bekommen, klebt man dem Stier ein Stück weißes Papier vor die Stirn und läßt es die K u h vor dem D. ansehen l s ). Auch aus V o r z e i c h e n läßt sich das Geschlecht ersehen. Begegnet der zum Bullen geführten Kuh als erster Mensch ein Mann, so erhält sie ein Stierkalb, bei einer Frau ein Kuhkalb 16 ). Ist N e u j a h r " ) oder Fastnachtdienstag der erste Besuch ein Mann, so wirft die trächtige Kuh ein Ochsenkalb, ist es eine Frau, ein Kuhkalb 18 ). Wenn eine Elster auf den Pferdedüngerhaufen fliegt, werfen die Stuten Hengstfüllen 19 ). N a c h dem D. muß man die Kuh über den Henkel des Tränkeimers säufen 20), dann wirft sie ein
Kuhkalb 2 1 ). Ebenso muß man die K u h das erste Wasser nach dem Kalben über den Henkel saufen lassen, damit das nächste Kalb ein Kuhkalb wird 2 i ). Nach dem D. macht man der Kuh einen Schnitt ins Ohr 23 ) oder gibt ihr ein Stückchen Glockenseil ein, um „das Kalb in der Kuh anzubinden" 24 ). Damit die Kuh t r ä c h t i g b l e i b t , muß die Hausfrau sie vor Sonnenaufgang im Nachtkleid oder nackt um die Düngerstätte führen 2 S ). Fürchtet man, daß eine trächtige Kuh verkalbt, so bringt man einen Ziegenbock in den Stall 26 ). Eine trächtige Stute darf nicht vor den Leichenwagen gespannt werden, sonst trägt sie nicht aus a7 ). Wie Menschen, können sich auch trächtige Kühe v e r s e h e n und Mißgeburten werfen M e y e r Baden 399. 2) H e c k s c h e r Hann. Volksk. 1 § 79. s) Ebd. *) Ebd. 5 ) Ebd. e) W u t t k e 441. ') M e y e r Baden 399. 8) S a r t ο r i Sitte 2, 136. 8) B a r t s c h Mecklenburg 2, 145; L i e b r e c h t Z. Volksk. 349 f. 10) B a r t s c h Mecklenburg 2, 145. " ) D r e c h s l e r 2, 108. " ) B a r t s c h 2, 145. ») S a r t ο r i Sitte 2, 137. " ) H e c k s c h e r Hann. Volksk 1 § 79. ls ) S c h ö n w e r t h 1, 339. ls ) S a r t ο r i Sitte 2, 137. ") J o h n Westböhmen 210. le ) S c h ö n 1B werth 1, 340. ) Grοhmaηη by. «) B a r t s c h 2, 145. 2l ) H e c k s c h e r 22 23 Hann. Volksk. 1 § 79. ) Ebd. ) B a r t s c h 2, 145. 24) W u t t k e 441. 2S) J o h n Westböhmen 210. 26) H e c k s c h e r Hann. Volksk. 1 § 79. 27) Ebd. 28) S c h ö n w e r t h 1, 339. Heckscher.
Defixion. Als Widerspiel zum Amulett (s. d.), dessen Besitz schützt, glaubte das griechische und römische Altertum auch an Schadenzauber (s. d.), der durch Bilder oder durch Schrift verübt werden konnte. Da diese Vornahmen, die vom 4. J h . v. Chr. bis tief in die christliche Zeit nachzuweisen sind, in der Regel Briefform annahmen des Inhalts, den Gegner zu behindern oder zu fesseln (griechisch *αταδβΐν, lateinisch ligare), was außer durch den Wortlaut vermittels eines durchbohrenden Nagels (s. vernageln) noch deutlicher gemacht wurde, so nennt man sie nach antikem Vorgang defixio 1 ). Das gewöhnliche Material ist das bedeutungsvolle Blei (s.d.), selten sind Exemplare auf Papyrus 2 ). Alle Riten des Bindezaubers {s. binden) wer-
Degen— Dengelmännle
i85
den dabei vereinigt 3 ). Das zeigt hübsch eine bleierne Rachepuppe, die einen kopflosen nackten Mann darstellt, Hände und Füße auf den Rücken gedreht, doppelt umwunden und von zwei Nägeln durchbohrt 1 ). Verwandte Anschauungen findet man in der germanischen Welt unter N e s t e l k n ü p f e n , K n o t e n (s. dd.), einiges auch unter R i n g und G ü r t e l (s. dd.). Besonders beliebt ist der Fluch, das Liebesleben zu behindern 5 ). Nicht eigentlich bezeichnet man so wohl auch die Weihung eines ganzen Volkes zum Verderben, die in der Form der Kriegserklärung bei Römern und Germanen erkannt worden ist 8 ). Nahe verwandt sind Vorgänge, die man eher als D e v o t i o n bezeichnet. Daß diese Vorstellungen noch leben, zeigt eine mündliche Überlieferung: Die unglücklich Liebende tut eine Haarlocke des Geliebten in den Sarg der Mutter, damit sie ihn nach sich ziehe. Der Sohn erkrankt; dadurch, daß man die Locke findet und entfernt, wird er gerettet 7 ). Benutzung von Menschengebein dabei ist schon antik 8 ). Im allgemeinen hört man von diesen Dingen wenig, so daß auch die D. in der Literatur nur ganz gelegentlich erwähnt wird 8 ). ') Allgemein P a u l y - W i s s o w a 4, 2 3 7 3 ff.; Sammlung der erhaltenen D.en bei R . W ü n s c h Inscr. Graecae I I I , Appendix 1897. *) W i 1 c k e η Urkunden der Ptolemäerzeit 1 , 97 ff. •») Η e c k e η b a c h De nuditate 87 ff. «) W ü n s c h Philologus 61, 26 ff. ») R o h d e Psyche ' 2, 87, 3. ·) S c h w e η η Menschenopfer 1 4 2 ff. ') J a h n Rhein. Museum 1863, 5 6 6 , 3 1 . ') A b t Α pulet us 1 4 1 . ») T a c i t u s Ann. 2, 69; A p u l e i u s Metam. 3, 5 4 ; H i e ronymus Vit. S. Hilarii 2 1 . Aly.
Degen s.
Schwert.
Deichsel. An der D. offenbaren sich vor allem die Gefahren des Ü b e r s c h r e i t e n s und D u r c h k r i e c h e n s (s. d.). Eine Schwangere soll nicht unter der D. durchkriechen, sonst muß sie über die Zeit gehen x ), ein Kind wächst im gleichen Fall nicht mehr 2 ). Überschreitet die Schwangere die D., so verfällt das K i n d dem Scharfrichter 3 ). Übersteigt man die D. mit einem Eimer Milch, so gerinnt sie 4 ). Sich auf die D. setzen, bietet Schutz vor Geist 6 ). Wenn Feuer ausbricht,
wendet man es, wenn man die D. der Wagen v o m Hause wegdreht ®). Einen durch Zauber gestellten Wagen macht man flott, indem man mit Beil oder A x t (s. d.) auf die D. h a u t ' ) . ') G r i m m Myth. 3, 440 Nr. 1 7 9 ; H i l l n e r Siebenbürgen 14 Nr. 17. 2) G r i m m Myth. 3, 455 Nr. 618: 3) Ebd. 3, 479 Nr. 729. 4) Ebd. 3, 463 Nr. 820. ®) S c h ö n w e r t h 2, 349 Nr. 7. ·) G r o h m a n n 43. ') S t r a c k e rj a n i , 3 5 5 ; M e i e h e Sagen 5 8 1 Nr. 723. Haberlandt.
Dekan (astrologischer) s. H o r o s k o p i e. Delphin. Was im deutschen Aberglau ben vom D. erzählt wird, stammt alles aus der Antike *). Eigenartig ist die Wendung, die D.e seien unter dem Meeresspiegel Ritter; deshalb dürfe man ihnen kein Leid zufügen 2 ). Die Asche des D.magens heilt Milzbeschwerden; sein Fett ist gut gegen die Wassersucht; seine Zähne, als Amulett umgehängt, erleichtern das Zahnen der Kinder 3 ); seine Leber stillt das Fieber 4 ). ') Zusammengefaßt bei Pauly-Wiss o w a 4, 2, 2504; teilweise bei M e g e n b e r g Buch der Natur 296 wiedergegeben. *) G e r v a s i u s v o n T i l b . otium imp. 3, 63. ») J ü h 1 i η g Tiere 34. «) J ü h 1 i η g 3 3 ; B r e h m « 3, 707. Stemplinger.
Dengelmännle, Dängelgeist. 1. Unsichtbarer Spukgeist, der gegen Abend oder nachts im Wald (Allgäu, Schwaben), auf Bergwiesen (Feldberg), oder im Haus (Allgäu) sein „ D e n g e l n " ertönen läßt: „ E s ist, wie wenn man leise eine Sense dengelt oder wie das Gehen einer Taschenuhr" J ). Sein Klopfen sagt einen Todesfall 2 ) oder ein großes Sterben 3 ) voraus. In Tirol gilt das D. als umgehender Sonntagsfrevler 4 ). Literarisch bekannt ist der Deng(e)legeist auf dem Feldberg (Schwarzwald) 5 ). ») M e i e r Schwaben 2, 489 Nr. 2 8 5 ; Β i r linger Aus Schwaben 1, 76; Reiser Allgäu 1, 168; 2, 3 1 3 ; F i s c h e r Schwab. 3 Wb. 2, 48 f.; R e i s e r 2 , 3 1 3 . ) R e i s e r 2, 4 430 f. ) Ζ i η g e r 1 e Sagen » Nr. 418. 4 1 9 . ») H e b e l Α lern. Gedichte ed. Behaghel 2, I (Anm. Hebels: „Gespenst auf dem Feldberg"); 34, 1 ; 54, 1 ; vgl. W a i b e l u. F l a m m 2, 1 4 5 ff.
denken—Deposition
i87
2. D a n g e l m ä n n l e , Dängelschmiedle: Tickender H o l z w u r m B). 5)
Fischer
Schwäb.Wb. 2, 48 f.;
Schw-
Id. 4, 281.
s. a. K l o p f g e i s t c r , uhr.
TotenRanke.
denken. U m die Unterscheidungen, die E m p e d o c l e s e t w a zwischen sinnlicher W a h r n e h m u n g und D e n k k r a f t m a c h t J ), wird sich kein Mann des praktischen L e bens bemühen, a u c h nicht um die K a n t sche Erklärung, daß D. gleich Urteilen ist und die F ä h i g k e i t bedeutet, seine Gedanken unter höhere B e g r i f f e zu subsum i e r e n 2 ) . Gleichwohl liegt die F ä h i g k e i t des a b s t r a k t e n D.s dem assoziativen D. einfacher Menschen zugrunde, mögen diese nun Menschen der K u l t u r oder die Wilden in ihren W ä l d e r n sein 3 ). P r a k tisch wird freilich nach einem gewissen logischen T a k t entschieden. Der primit i v e Mensch scheut die A n s t r e n g u n g logischer D e n k p r o z e s s e 4 ) . — A u s dem praktisch gerichteten C h a r a k t e r des D.s f o l g t nur, daß D. und W ü n s c h e n zusammengehören und einander bestimmen. W e n n man an j e m a n d tief denkt, so k o m m t er w i r k l i c h 5 ) . Derjenige, an den der Sterbende im letzten A u g e n b l i c k e denkt, erhält sofort ein Zeichen 6 ). Das intensive D. k a n n bis zu „ G e s i c h t e r n " 7 ) und Geistererscheinungen 8) führen. W e r des N a c h t s schlaflos an eine b e s t i m m t e Person denken muß, der w e n d e rasch das K o p f k i s s e n um, dann d e n k t der andere ebenso l e b h a f t z u r ü c k 9 ) . D a ß Fernweilende an ,uns d., ist an gewissen körperlichen Z u s t ä n d e n zu erkennen. „ W e r den Schlucken hat, an den denkt ein A b w e s e n der"10). D e r Schlucken vergeht, wenn man recht eifrig an etwas, ζ. B. an seinen Schatz, denkt u ) . — D a s p r a k t i s c h Intensive des D.s, w o n a c h die G e d a n k e n unv e r r ü c k t auf einen P u n k t gerichtet sein müssen und dadurch erst eine W i r k u n g haben, äußert sich in mancher Beziehung. B e i m Heben eines S c h a t z e s darf man nichts böses d. 12 ). Ähnliches gilt bei der dreimal zu denkenden Beschwörungsformel 13 ) und selbst noch im unterhaltenden Spiel in einer K a f f e e g e s e l l s c h a f t 1 4 ) .
188
') R o h d e Psyche 2, 1 7 6 . ') K a n t s Schriften 1 (Ha. 1838), 4 1 9 ff. 3) Anthropos 1 9 1 7 bis 1 9 1 8 , 4 1 9 — 4 2 3 . 4) V i s s c h e r Naturvölker 1 , 9 9 f f . ; Ρ r e u ß Naturvölker 7 ff.; Reu-
terskiöld Speisesakr. 86 f. ') F o g e l Pennsylvania 363 Nr. 1939. ') W u t t k c § 320. ') M e i c h e Sagen 8 Nr. 4 ; 9 Nr. 5 . ·) W a i b e l u. F l a m m 2, 7 2 . ») ZfVk. 8 (1898), 398. " ) H o v o r t a u. K r ο η f. ζ, u ) J o h n 82. Erzgebirge 35; W u t t k e § 537· " ) J e c k 1 ί η Volkstümliches (1916),
244. 13) S e y f a r t h quell 3 (1892), 246.
Sachsen 140. " ) UrBoette.
DeodatUS. Benediktinermönch, f 679. Sein T a g ist der 8. Ν ο ν e m b e r. In dem nach ihm benannten lothringischen S t ä d t c h e n St. Die soll auch der dichteste Nebel nicht über zwei S t u n d e n dauern, weil D. ihn einst mit seinem S t a b e zerteilt h a t 1 ) . In Ammersweiler k a m e n nur K i n d e r mit K r ö p f e n zur W e l t , weil die dortigen B a u e r n den Heiligen einst v o n dort vertrieben hatten. Die Frauen gingen daher v o r ihrer N i e d e r k u n f t auf die andere Seite des Baches, wo sie stets gesunde K i n d e r gebaren 2 ). ZfdMyth. 1, 404 f.; vgl. S έ bi H o t FolkLore ι, 1 2 0 2) W o l f Beiträge 2, 3 2 ; Alemannia 1 2 (1884), 101 f. Sartori.
Deposition. Die akademische D. ist seit der R e f o r m a t i o n ein v o n den Universitätsbehörden vorgeschriebener B r a u c h , der einen Teil der A u f n a h m e h a n d l u n g (Immatrikulation) b i l d e t e 1 ) . Der Depositor n a h m dabei an den Neulingen (Beanen oder B a c h a n t e n ) eine Reihe s y m b o lischer H a n d l u n g e n vor, die das A b t u n des früheren Wesens und das A n z i e h e n eines neuen Menschen bedeuteten. D e n B e a n e n wurde ein H u t mit Hörnern aufgesetzt, die nach mannigfachen V e x a t i o n e n abgeschlagen, abgestoßen, abgelaufen oder abgeschliffen wurden („depositio c o r n u u m " ) . Große Zähne (Bachantenzähne) wurden ihnen in den Mund gesteckt und ausgerissen, ihre K ö r p e r mit verschiedenen unförmlichen H a n d w e r k s z e u g e n v o n H o l z uns a n f t bearbeitet; auch wurde sinnbildlich eine gründliche R e i n i g u n g und Verschönerung an ihnen v o r g e n o m m e n . Schließlich erklärte der D e k a n nach einer P r ü f u n g und Ermahnungsrede die Deponierten f ü r Studenten, indem er ihnen S a l z
Detlaustag·:—Dezember — sal sapientiae — in den Mund gab und W e i n — v i n u m laetitiae — aufs H a u p t goß und sie feierlich v o m Beanismus lossprach 2 ). Manche dieser B r ä u c h e wurzeln im MA., manche (die A n w e n d u n g des Handwerkzeuges) sind im 16. J h . v o n den H a n d w e r k e r n entlehnt 3 ). D a s Haar- und Bartscheren k n ü p f t an ältere und allgemeinere B r ä u c h e a n 4 ) , in den Hörnern sieht S c h a d e einen R e s t a l t e r Tierverkleidungen 6 ), Fabricius eine A u f f a s s u n g des Beanen als Ziegenbock und einen Hinweis auf die „ b e a n i t a s olens" e ). S a l z und Öl (Wein) k o m m e n a m Schlüsse zur A n w e n d u n g , weil die A b l e g u n g der B e a n i t ä t als eine A r t v o n T a u f e und Exorzismus aufgefaßt wurde'). Vgl. H ä n s e l n . ^ S c h a d e in Weimarisches Jahrb. 6 (1857), 315 ff.; W . F a b r i c i u s Die akademische Deposition. Diss. Freiburg i. Β. Frankfurt a. Μ. 1895. ! ) F a b r i c i u s 7*·; vg 1 · 3 7 f f 48. 53 f. 56 ff. 66 ff. ») Ebd. 62. 4) Ebd. 63 f. 5) Weimar. Jahrb. 6, 367. ·) Akad. Depos. 65. ') Ebd. 67. Sartori. Detlaustag (31. März). D a s Haus m u ß an diesem T a g e gereinigt und alles ausgeschüttelt werden, dann k o m m t kein U n geziefer ins H a u s * ) . A u c h das Fleisch wird a m D. aus dem R a u c h e genommen. !)
') F o g e l Pennsylvania 255 Nr. 1324. Ebd. 256 Nr. 1335. Bächtold-Stäubli.
Deus, k o m m t in Formeln, gewissermaßen zum Z a u b e r w o r t geworden, öfters vor, so im Iudicium o f f a e * ) : -f- Deus. + Meus. - f Max. + P a x . + V i r a x 2 ) , ähnlich gegen T o l l w u t in der Rockenphilosophie 3 ): H a x , P a x , Max, D. a d i m a x ( = adime „ n i m m w e g [das Ü b e l ] " ? ) 4), in einer Formel gegen G i c h t 5 ) als D. Dominus (Jesus, der der Gicht begegnet), in der A n r u f u n g des hl. Andreas (s. d.) a m Andreasabend, um den künftigen G a t t e n zu s e h e n 6 ) : d. meus (entstellt dees mees rees u. ä.). D. m. geht zurück auf Psalmenstellen wie 22, 2.3; 40, 18; 42, 7 ; 71, 12; vgl. auch Mi.. 27, 46; Mc. 15, 34 und auf die Liturgie und Benediktionen ') und ist Ü b e r s e t z u n g des hebr. Eli bzw. Eloi „ m e i n G o t t " . D. e x mac h i n a 8 ) h a t seinen U r s p r u n g in der bekannten Stelle bei Plato, K r a t y l o s p. 425 :
ώσπερ οί τραγψδοποιοί, έπειδάν τι άπορωσιν, έπΐ τάς μηχανάς χαταφεύγουσι θ-εούς αΐροντες. και ήμεΐς δντως είπόντες άπαλλαγώμεν, 8xt τά πρώτα όνόματα οί θ^ο'ι εθ-εααν κού διά ταΰτ1 άρθ-ως έχει. ») ARw. 13 (1910), 525 If· 634· s) B a r t s c h Mecklenburg
2, 340.
3)
S e y f a r t h
Sachsen
175. 4) Ons Hemecht Festschrift 17. 5) S e y f a r t h Sachsen 108. ·) W u t t k e 2495360. ') Vgl. ζ. B. F r a n ζ Benediktionen 2,264.281. ·) S t a e h l i n Manlik 229; P f i s t e r Re. liquienkult 1, 133 *". Jacoby. deuten s.
zeigen.
Deuteroscopie s. H e l l s e h e n , zweites Gesicht. D e u t s c h in der Besegnungsformel: ,.D. ist d. und bleibt d.! J . N. G. d. V . d. S. u. d. h. G. A m e n " *), die gegen das A u f l a u f e n oder V e r f a n g e n des Viehs bei Ü b e r f ü t t e r u n g mit frischem Heu, K l e e usw. g e b r a u c h t wird. In e t w a s anderer F o r m : „ D e u s c h ist deusch und bleibt d e u s c h " 2 ) ; Losch meint „ v i e l l e i c h t = D ' H e u s c h , d. h. die Heunsche, wofür sonst Haische oder heisch = heunisch s t e h t " , also die K r a n k h e i t h ü n s c h e 3 ) . W o h l eher ein Z i t a t , wie man a u c h Ges a n g b u c h v e r s e ähnlich v e r w e n d e t 4 ). ') M e i e r Schwaben 2, 521. 2) WürttVjh. 13 (1890), 227 Nr. 308. 3) G r i m m Myth. 2, 973. ') B a r t s c h 2, 375; HessBl. 1 (1902), 18 Nr. 4 d ; ZfVk. 5, 4. Jacoby.
Dezember. I. Der D. h a t den N a m e n davon, weil er im altrömischen K a l e n d e r , der mit dem März begann, der 10. Monat war. Der älteste deutsche N a m e ist ' H e i l a g m ä noth' J ), w o f ü r später Christmonat 2) eintrat. D a n e b e n erscheint W i n t e r m o n a t , z u m Unterschied v o m N o v e m b e r a u c h der ander W i n t e r m o n a t 3 ) . W i e der J a nuar heißt er a u c h H a r t m o n a t 4 ). Bildlich ist wohl der A u s d r u c k W o l f s m o n a t 5 ) gemeint als B e z e i c h n u n g eines der N a t u r und den Menschen feindlichen W i n t e r monats e ). A u c h der N o v e m b e r und J a nuar (s. d.) werden so genannt. W i e der N o v e m b e r heißt er ferner Schlachtmonat '), dem sich das norddeutsche ' S p e c k m a e n ' 8 ) , das island. 'Mörsugur' (= S c h m e r s a u g e r ) 9 ) und der N a m e ' S c h w e i n e m o n a t ' 1 0 ) anreihen. Im holsteinischen (Bordesholmer) Kalender (16. Jh.) heißt der D. 'Hasenmaen' " ) .
i9i
Dezember
Sonst finden sich noch die Namen 'Andresmonat' und 'Adventmonat' 1 2 ) (bei Fischart) und 'Lestmanat' = der letzte Monat 1 3 ). Im 14. Jh. hieß in der Pfalz der D. 'Martinsmant', obwohl der Martinstag auf den II. November fällt 1 4 ). Nicht den D. allein, sondern die Zeit von Ende D. bis Januar bezeichnen norweg. Jolemoane, schwed. 'Julmänad', dän. 'Juulemaaned' 1 5 ). Betreffs Personifikation des D.s s. Monat. !) W e i n h o l d Monatnomen 41. 2) Ebd. 35 f.; S A V k . I i (1907), 98 f. s ) W e i n h o l d a . a . O . 62. 4) E b d . 40. 6) Ebd. 63; B a r t s c h Mecklenburg 2, 215; K o l b e Hessen 113; 6) Drechsler 2, 102. Reinsberg Böhmen 521 f. ') W e i n h o l d a . a . O . 54. 8) Ebd. 56. ») Ebd. 51 = H ö f l e r Weih10) J a h n nacht 12. Opfergebräuche 265 = Andree Votive 166. " ) W e i n h o l d a. a. O. 41. " ) Ebd. 29. la ) Ebd. 49. " ) Urquell NF. 1 (1897), 104. >5) W e i n h o l d a. a. O. 47.
2. Im D. tritt die Sonne in das Zeichen des Steinbocks l e ). Dieser dem Saturn geweihte Monat war im alten Rom ein Festmonat, am 17. begannen die Saturnalien, ferner wurden gefeiert am 5. die Faunalien, am 15. die Konsualien und am 23. die Larentinalien 1 7 ). Nach dem cäsarischen Kalender fiel die 'bruma', die Wintersonnenwende (s. d.), auf den 25. D.; diesen Geburtstag der Sonne machte die Kirche zum Geburtstag Christi l 8 ) (s. Weihnacht). Da im christlichen MA. der kirchliche und bürgerliche Jahresanfang auf Weihnachten verlegt worden war, was ungefähr bis zur Einführung des gregorianischen Kalenders in Geltung blieb 1 *), haben sich an diesen bedeutungsvollen Wendetag im Naturleben auch Neujahrsbräuche angeknüpft, die sich zum Teil auch an den Luziatag (13. D.), der bis in das 14. Jh. als der kürzeste T a g galt w ), und an den Thomastag (21. D.) als wirklich kürzesten T a g 21) geheftet haben, so daß an allen diesen Tagen ähnliche abergläubische Bräuche, ζ. B. betreffs der Zukunftserforschung, üblich sind wie am Silvestertag. Aus alten Lärmumzügen zur Abwehr böser Dämonen scheint sich das Brauchtum am Nikolaustag (s. d.) entwickelt zu haben. Auf solche gehen auch
192
die Klöpflesnächte (s. d.) an den drei Donnerstagen vor Weihnachten zurück 22 ). Für den D. empfiehlt der hundertjährige Kalender Warmhaltung durch Speise, Trank und Kleidung und Vermeiden jedes Aderlasses, da der Mensch in diesem Monat am wenigsten Geblüt hat 2S). Gefürchtet ist der 1. D., an dem Sodom und Gomorrah zerstört worden sein soll, als Unglückstag 2 4 ) (s. d.). Die an diesem Tage Geborenen bleiben krüppelhaft und gehen im Elend unter oder sterben eines schlimmen Todes 2S). Sonst gelten alle im D. Geborenen als glücklich 2 e ). Im D., dem Wolfsmonat, soll man kein Kalb abgewöhnen 27), die im D. geworfenen Schweine wachsen nicht Im D. soll man nicht p f l ü g e n d a g e g e n Holz fällen ""J. Reiche und volle Blüte der Zimmerpflanzen ist zu erwarten, wenn man sie während des Christmonates beschneidet S1 ). Wenn im D. die Weser aus ihren Ufern tritt, so wiederholt sich das in jedem Monat des kommenden Jahres 32 ) (s. November). Ähnlich ist die Witterung des Wolfsmonats vorbedeutend für das folgende Jahr und im besondern für den nächsten März 3 3 ). Aus dem Wetter der 12 Tage von Weihnachten bis Dreikönig kann man auf das Wetter der 12 Monate des folgenden Jahres schließen, dem Christtag entspricht der Januar, dem Stefanstag der Februar 3 4 ) usw. Allgemein gilt die Regel: Dezember kalt mit Schnee Gibt Korn auf jeder Höh' 3S).
Erwähnt sei endlich, daß neben dem als Wechseltag der Dienstboten allgemein üblichen Silvestertag auch der Stefanstag (26. D.) vielerorts in Betracht kommt 3 6 ). 1β ) Ν ο r k Festkalender 708; vgl. PaulyW i s s o w i 4, 2, 2252. " ) M e y e r Konv.Lex4 (1904), 855. Vgl. Pauly-Wiss o w a 2. R . 2, 1, 201 f f . ; D o m a s z e w s k i Religion 173. 18) N o r d e n Vergil 167 f. Vgl. F r a ζ e r 5, 303 ff. '») S a r t ο r i Sitte 3, 25. s0) Ebd. 3, 20. «) Ebd. 3, 20 f. 1 ! ) Fehrle Volksfeste8 12 ff. Vgl. A b r a h a m a S. C l a r a Etwas für alle (Würzburg 1733), 487; B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 155 (Augsburger Monatgedicht); L e o p r e c h t i n g Lechrain 203; Z i n g e r l e Tirol 182t. *>) H o v o r k a und K r o n f e l d 2, 380. " ) B a u m g a r t e n Jahr u. s. Tage 29; P o l l i n g e r Landshut
193
Diale—Diamant
168; H ö h n Tod Nr. 7, 3 1 1 (s. Unglückstage). »5) W u t t k e 84 § 100. " ) H ö h n Geburt Nr. 4, 261. " ) D r e c h s l e r 2, 102. M ) F ο g e 1 Pennsylvania 175 Nr. 844. " ) Ebd. 195 Nr. 949. 3°) Ebd. 2 1 3 Nr. 1073. 31 ) ZfVk. 24 (1914), 193. 32 ) ZfrwVk. 1907, 9. a3) B a r t s c h Mecklenburg 2, 215. Vgl. Baumgarten Aus der Heimat 1, 54. 34 ) Zingerle Tirol 200. Schon in der „Pauren-Practick" (1508) vgl. K. I C a ß n e r Das Wetter2 (WuB. Leipzig 1918) 18. 3δ) R e i n s b e r g Böhmen 522 und Wetter 194; Z i n g e r l e Tirol 200; Β. Η a 1 d y Die deutschen Bauernregeln (Jena 1923) 99; Wäldlerkalender 4 (Oberplan 1926), 103. 3e) S a r t o r i Sitte u. Brauch 2, 38. —· Zum ganzen Abschnitt vgl. A . C. v. B u s s e n Der Monat Dezember im Schwäbischen (Der Schwabenspiegel 19 Nr. 48, 380 f.). Jungbauer.
Diale. Dialas, Dielas, Dieuldas heißen in romanisch Graubünden schöne in Grotten und Wäldern 2) hausende weibliche Geister mit Ziegenfüssen. Die ersten Belege für das Wort Diala finden sich in der Bifrunschen Bibelübersetzung (1560) in der Form diel (männl.) diela (weibl.) in der Bedeutung „heidnische Gottheit": Apostelg. 19, 27 la granda diela Diana 3). Die D.n tragen scharlachrote mit Gold und Spitzen geschmückte Kleidlein. Am Tag kommen sie hervor aus ihren Höhlen, den foras dallas Dialas, und hängen ihre Wäsche an der Sonne zum Trocknen auf 4 ). Gegen gute Menschen zeigen sie sich immer freundlich 5 ). Sie bringen armen, arbeitsamen Leuten in glänzendem . Silbergeschirr Speise und Trank, schwangern Frauen frisches Zwergenbrot e ); aber ein ihnen gestohlener Silberlöffel fängt in der Tasche des Diebs an zu glühen 7 ). Sie führen Verirrte auf den rechten Weg zurück, geleiten verlorene Kinder heim 8 ), als Gevatterinnen von menschlichen Kindern spenden sie Kohle, die zu Gold wird 9 ), bereiten Gemskäse, der nicht abnimmt 10 ). Polyphem- (Selbertan-) Motiv in einer D.nsage 1 1 ). Tanzen um Mitternacht auf Burgruinen 1 2 ). Gestört oder beleidigt ziehen sie fort und zerstören manchmal aus Rache die Alp 1 3 ). *) V e r n a l e k e n Alpensagen 219. a) Nach Mitteilung von Herrn G. Caduff. 3) Freundl. Mitteilungen von Herrn Prof. C. Pult in St. Gallen. Vermutlich ist also die Bezeichnung Diala für einen weibl. Zwerggeist von Dealis „gottähnl. Wesen", abzuleiten, wenn das auch
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nicht eine volkstümliche Bildung zu sein scheint. Für eine Herleitung von Diabula spricht nur die vereinzelte Form diaula (diaul — der Teufel). In seinem Parier de Sent 104 § 276 leitete P u l t diala noch von diabolam ab. Die Bedeutung „Satyr, geiler Mensch", die C a r i g i e t in seinem Rätoroman.Wb. gibt, läßt sich nicht nachweisen. *) R o c h h o l z Sagen 1, 318. 5 ) L e o n l i a r d i Rhät. Sitten und Gebräuche 41. ') V e r n a l e k e n Alpensagen 2x9 f. ') V ο η b u η Beitr. 67. e) L e o n h a r d i 41. ") D e c u r t i n s 2, 150: Pli che Ii piardas meius che ti has. 10) R o c h h o l z Sagen 1, 318. «) V ο η b u η Beitr. 67. 1 2 ) Freundl. Mitteilung von Herrn G. Caduff. " ) J e c k 1 i η Volkstümliches (1916) 1 5 3 f. Bäschlin.
Diamant, Adamas, Griech. ώϊάμας unbezwingbar, Bezeichnung des Stahles, dann auf den durch gleiche Härte ausgezeichneten Edelstein übertragen; mhd. adamas, bis Anfang des 18. Jhs. demant, dann D., vielleicht aus frz. diamant = mtlat. diamas l ). Der D. galt im Altertum für unbezwingbar; der bis weit ins MA. sich fortpflanzende Glaube (vgl. Parciv. II, 1402 ff.), daß nur frisches warmes Bocksblut den stahlharten Stein erweichen könne 2 ), entstammt der antiken Heilkunde, die Bocksblut für ein stark erweichendes und auflösendes Mittel hielt und ζ. B. gegen Nierensteine verwandte®). Der Ausgangspunkt für die Bedeutung des D.en im Aberglauben war seine Unbezwingbarkeit. Im MA. galt er als Sinnbild heroischer Tugenden und siegbringender Stein, der, in Eisen gefaßt und im Goldring getragen, stark und unbezwingbar machte 4). Deshalb trugen ihn auch als Talisman kriegerische Herrscher, ζ. B. Karl der Kühne von Burgund und Napoleon I.5). Noch im Weltkriege wurden geweihte Brillantringe getragen, von denen man glaubte, sie machten ihren Besitzer unverwundbar 6 ). Wegen seines feurigen Glanzes (und meist dreikantigen Schliffes) wurde der D. auch Abwehrmittel gegen böse Dämonen und die durch sie verursachten Krankheiten. Im Altertum und MA. glaubte man, ein am linken Arm getragener D. schütze vor Behexung, bösem Blick, Besessenheit, Gift, Gemütsunruhe, Mondsucht u. a.7). Auch vor dem Biß toller (?) Hunde und vor wilden Tieren sollte er bewahren 8) und schwan-
195
Diana
geren F r a u e n eine glückliche N i e d e r k u n f t v e r s c h a f f e n e ). In der a n t i k e n Heilkunde wurde der D. vielfach v e r w e n d e t , namentlich in den H a r n s t r a n g eingeführt, z u m Zerbrechen v o n Blasen- und Nierensteinen 1 0 ). Im M A . und bis in die Neuzeit hielt m a n ihn f ü r ein unfehlbares inneres Mittel gegen viele K r a n k h e i t e n , obwohl seine angebliche H e i l k r a f t sich nicht b e w ä h r t e u ) . Zedier sagt spottend, zerstoßen eingenommen, könne er alle Säuren im K ö r p e r an sich ziehen, doch t ä t e n das weniger kostbare Dinge auch. D e n in den alten Offizinen hergestellten D.salzen und D.liquores schrieb m a n große H e i l k r a f t , namentlich bei Fallsucht, z u 1 2 ) . Viele w a r n t e n aber v o r innerem G e b r a u c h des D.en, da er alle Eingeweide zerreiße und als G i f t wirke 13 ). So soll Paracelsus mit i h m v e r g i f t e t w o r d e n sein w ) . V o n m a n c h e n w u r d e der D. zu den zwölf Monatssteinen gerechnet; er verleiht den im A p r i l Geborenen T r e u e , T a p f e r k e i t und B e s t ä n d i g k e i t 1 5 ) . In einer R e i h e v o n Sagen spiegelt sich wider, wie dieser stahlharte, f u n k e l n d e und kostbare Edelstein die fabulierende E i n b i l d u n g s k r a f t l e b h a f t a n r e g t e 1 β ) . Es soll sogar einmal D.en geregnet haben 17 ). Im A l t e r t u m schrieb m a n dem A d a m a s starke magnetische K r ä f t e z u ; er sollte selbst dem M a g n e t das Eisen entreißen. Es werden i h m daher fälschlich bis ins M A . W i r k u n g e n zugelegt, die nur dem M a g n e t z u k o m m e n , ζ. B. A n z e i g e n der Himmelsrichtung. — V g l . Magnetstein 1 8 ). S c h r ä d e r Reallex.1 1, 211; Kluge EtWb., s. v. Demant; G r i m m DWb. 2, 916 f. Auf die Härte des D.s wird angespielt in A r i ο s t s Rasendem Roland (Reclam 1, 439), im Don Quijote (Reclam 1, 352) und in Η e b b e l s Diamant (Hesse 4, 69). 2) P I i n . n. h. 37 § 57 u. 59; P a u 1 y - W i s s ο w a 5, 332 f.; M e g e n b e r g Buch der Natur 372; M i r b o d c. 1; L o n i c e r 12 s. v. hircus; G r i m m Μ yth. 3, 363; B r ü c k m a n n 60 f.; Η ο v o r k a u . K r o n f e l d 1,98. 3) S c h a d e 1318 f. s. v. Adamas; P e t e r s Pharmazeutik 1, 221 f.; S t e m p l i n g e r Sympathie 16. 334· **) B a u m g a r t e n Aus der Heimat 2,82. M ) Germania 22 (1877), 258; BlpommVk. 7, 45. *5) H a l t r i c h Siebenb. Sachsen 278. " ) Vgl. S A V k . 25, 4 ff.; Ζ a c h a r i ä K l . Sehr. 84. 141 ff.; Z f V k . 14 (1904), 403; Urquell 4 ( I S93), 199; L i e b r e c h t Zur Volhsk. 344 Nr. 7. " ) Franhengeschichte 7, 44, t8} S c h ö n bach Berthold v. R. 19 f. ") H a n s e n Hexenwahn 524, 48. 10°) JbhistVk. 1, 90; Hansen a . a . O . 525 f. 542. 579. 600. lul) W r e d e Rhein. Vk.2 135 f. 102) Μ agiologia 254. 103) N i d e r b e r g e r Unterwaiden i, 64; L ü t ο 1 f Sagen 247. 10i ) SAVk. 25, 5; G r i m m Myth. 3, 462 Nr. 790; H ö h n Volksheilkunde 1, 68. 10a) Art. 28; JbhistVk. 1, 94. 106) Z f V k . 8, 325; Η u ß Aberglaube 23; Bavaria 4, 395 f.; K ü h n a u Sagen 3, 204. 223. 237; E n d t Sagen 63 ff.; A n d r e e Braunschweig 398; M e y e r Baden 566; M a r t i n u. L i e n h a r t Elsäß.Wb. 2, 231 (Nachrichter, Scharfrichter); G r a b e r Kärnten 212; Urquell 2 (1891), 125. l07 ) S t r a k k e r j a n 1, 100. loe ) SAVk. 25, 5 ff.; Urquell 2, 125. 186; E n d t a. a. O.; Andree a. a. Ο.; Η e 1 1 w i g Aberglaube 97 f.; AKultg. 11, 360. "«J G r o h m a n n 66. 68. 70; W. §§ 274. 280; vgl. S e b i l l o t 3, 241. ««) H u ß Aberglaube 24; Α η h ö r η Magiologia 772; D ä h n h a r d t Volkst. 2, 89 Nr. 371; B a u m g a r t e n Aus der Heimat 2, 86; M e y e r Baden 567; BIPommVk. 4, 119 f.; Urquell 3 (1892), 200; W. § 368. m ) Magiologia 519 i. u2) S c h e l l Berg. Sagen 210. l13 ) D r e c h s l e r 2, 2 i i . ' " ) K u h n u. S c h w a r t z 448; F r i s c h b i e r Hexenspr. 117 f. lls) H e c k s c h e r 358 A. 171. 1Ιβ ) M a n n h a r d t Aberglaube 8; BIPommVk. 8, 16; 10, 16; Alemannia 37, 16; Η e l l w i g Aberglaube 94 ff. (hier auch eine moderne Abart der D.sentdeckung 1905); SAVk. 25, 8; AKrim. 2S, 369 f.; T y l o r Cultur 1,128. »') M ü l l e n h o f f Sagen 88. "«) Urquell 1 (1897), 178. "») F r i s c h b i e r a. a. O. u o ) H u ß a. a. O.; Bavaria 4, 395; B a u m g a r t e n a . a . O . 121)
B a r t s c h Mecklenburg 2, 331; W. § 369. Magiologia 519. 123) Akten des Bad. Generallandesarchivs, Breisgau Generalia 2120. l21 ) G r o h m a n n 204. l25 ) G r i m m Myth. 2, 927; BIPommVk. 4, 139; A m e r s b a c h Grimmelshausen 1, 76; S A V k . 25, 9 f. " · ) Bavaria 4, 395 f.; P a n z e r Beitrag 1, 210; S e b i l l o t Folk-Lore 2, 255. n~) Alemannia ias 2, 134 f. ) Montanus Volksfeste 117; A n h o r n 770. 1£9) K l i n g n e r Luther 117. "») M e y e r Baden 566. «') ZfVk. 8, 325. 13! ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 214. la3 ) G r i m m Myth. 3, 428 Nr. 55 ff.; F e h r l e Keuschheit 59. l34 ) MschlesVk. 21 (1919), 90. ,35 ) A n h o r n 771; M e y e r Baden 567; auch Gervasius und Protasius, Κ e r 1 e r Patronate 65t. 13s ) H u ß Aberglaube 29; S c h ö n w e r t h a. a. O. 3, 215; Z a u n e r t 122)
215
Dieb, Diebstalil
Rheinland 2 , 1 6 4 . I 3 : ) D o r n s e i f f Alphabet 1 1 7 . 1 Μ ) Η a η s e η Hexenwahn 5 2 5 f. 13 >) B I P o m m V k . 4, 1 3 9 ; E c k a r t Südhannover. Sagen 5 7 ; D r e c h s l e r 2 , 4 8 ; Κ ü hn a u Sagen 3, 204. 2 5 8 ; Ε η d t Sagen 1 9 2 ; Niderberger U nterwalden 1, 6 4 ; Β i r linger Volksth. 1 , 3 3 7 ; Meyer Baden 5 6 6 ; H ö h n Volksheilkunde τ, 6Ά. y\. 1 1 0 ) H a n 1 s e η Hexenwahn 579. " ) Α η h ο r η Magiologia 5 1 2 ff. I 4 2 ) K r u s p e Erfurt 2, 58. »=) H u ß Aberglaube 2 3 . 1 4 4 ) H ö h n a . a . O . ; vgl. M a r t i n u. L i e n h a r t Elsäß.Wb. 2, 231; Reinwald Henneberg. Idiotikon 2, 1 4 4 ; Κ ü h η a u Sagen 3, 2 2 0 ; S A V k . 25, 1 3 f. >") B a r t s c h 2, 3 3 1 . 1 ) 0 ) G r o ß Handbuch χ, 5 5 5 . " ' ) ν . Κ ü η β b e r g a. a. O. 5 1 . 14e "») S t r ä c k e r j a n 1, 100. ) Β irling e r Volksth. 1, 1. l ä 0 ) M o n t a g u s Volks1M feste 1 1 7 . ) MschlesVlc. 1 7 (1907), 4 4 ; 52 D r e c h s l e r 2, 48. > ) B I P o m m V k . 4, 119; S A V k . 2 5 , 1 5 f . ; 27, 8 1 ( 1 5 . J h . ) ; Z f V k . 1 3 , 269. 2 7 9 ; W e i n h o l d J>s 385; Urquell 2, 125. 2 ") Magiologia 770; Beleg in D r a m a v o n 1606 s. HessBl. 12, 216. 2 " ) M ä n n l i n g 285; HessBl. 22, 60 f.; eine neuere Lesart s. M a c k e n s e n Hanseat. Sagen 37.
24 ')
Bartsch
Mecklenburg
2, 322. 332;
M e y e r a . a . O . 247) A R w . 21, 488 ff.; a u c h in Skandinavien verbreitet, s. ζ. B . Svenska 248 L a n d s m ä l 8, 3, 302. ) A R w . a. a. O.; HessBl. 12, I 3 9 f f . ; J b h i s t V k . 1,91. "") W l i s ,5 l o c k i Magyaren 122. °) B I P o m m V k . 4, 47; Weinhold Festschrift 1 1 4 ! 2 " ) W o l f Beiträge 1, 258; G r i m m
Myth. 3, 3 2 1 ; Ale-
m a n n i a 31, 184; B a r t s c h 2 , 3 3 9 . 2M ) SchwVk. 2, 73. 2M ) B I P o m m V k . 4, 120. »«) B a r t s c h 2, 331. s " ) R o c h h o l z Sagen 2, 158. " · ) R e i s e r Allgäu 1 , 2 1 2 . 257) B I P o m m V k .
4, 140 Nr. 13. " · ) S c h ö n b a c h Berthold v. R. 149. 2äe) A l e m a n n i a 2, 135; B I P o m m V k . 7, 45. 2eo ) M ü l l e n h o f f Sagen 557. 261) Alemannia 2, 131; vgl. W . § 644. 2 " ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 214. te3 ) B I P o m m V k . 4,140 Nr. 16; K n o o p Hinterpommern 169. 2 ' 4 ) L ü t ο 1 f Sagen
233.
2βί
) Α mir a
Todesstrafen
223.
" · ) S c h ö η w e r t h 3, 204 f. » ' ) M e y e r Germ. Myth. 212; Urquell 3, 6; W i t z s c h e l Thüringen 2, 290. ί ω ) M a n n h a r d t i , 6 8 f . ; B I P o m m V k . 4, 103; K u h n Westfalen 2, 194; Wolf
Sagen N r . 22; D e r s. Beiträge 1 , 2 5 8 ;
Baumgarten Ζ i η g er 1e
Tirol
Aus
der Heimat
73 N r . 620.
2, 89;
"·)
Magio-
logia 771. °) ZfrwVk. 8, 154; Sartori Westfalen 73; J b h i s t V k . 1, 90; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 3, 38; SAVk. 25, 17 f. 271 ) L ü t o l f 557. 272) S t r a c k e r j a n 1 1, 104. Die Heiligen Nicolaus v o n Bari, R e s t i t u t u s u. Vincentius v o n Saragossa erzwingen a u c h die R ü c k g a b e gest. Eigentums, Κ e r 1 e r Pat7
tronate
412.
273
) F r i s c h b i e r
Hexenspr.
229
Dieb, Diebstahl
116. ST1) SS. rer. Liv. 2, 652; JbhistVk. 1, 90. " · ) W. § 389; vgl. Z f V k . 8, 37 f. Grohmann 213. *") M o n t a n u s Volksfeste 119. Ein Fluchbrief gegen einen D., erlassen vom Bischof v o n Czernowitz 1786 s. Z f V k . 27, 240 f.; vgl. S A V k . 25, 16. »'«) Z f V k . 7, 189. 279) A l p e n b u r g Tirol 309; Zingerle Sagen 437; vgl. S A V k . 2 1 , 1 9 1 . M0) ζ. Β. Κ ü h m η a u Sagen 3, 223 f. ) A mira Grundriß 267; L i e b r e c h t Zur Volksk. 431; G r i m m RA * 637 f.
I I I . 6. So mannigfaltig die A b w e h r - , Entdeckungs-, Straf- u n d Z w i n g z a u b e r sind, die gegen den feigen, meist nächtlichen D. g e b r a u c h t werden, ebenso sehr arbeiten auch die D.e neben den Mitteln der L i s t mit zauberischen W a f f e n . Z u nächst gilt es, b e i m Dl. n i c h t e n t d e c k t zu w e r d e n , zugleich auch natürliche Hindernisse zu beseitigen, sich d e n W e g z u ö f f n e n . a) Als der beste, über das ganze germ, und slaw. Gebiet verbreitete Helfer begegnet seit alter Zeit bis heute die D.sk e r ζ e , das D.s l i c h t und v e r w a n d ter Zauber mit Leichenteilen, vgl. Leiche, Leichenteile, Toter. Hier will der Verbrecher die Z a u b e r g e w a l t der Seele benutzen, die nicht nach einem natürlichen Lebensablauf den K ö r p e r e n t k r ä f t e t verlassen, sondern die mit ihrer u n v e r brauchten L e b e n s k r a f t noch in dem v o r z e i t i g g e w a l t s a m zerstörten K ö r p e r s t e c k t als wie dem eines u η g e b ο r e η (s. d.) vernichteten, eines h i n g e r i c h t e t e n (s. d.) oder e r m o r deten ( s . d . ) Menschen 282). Gewöhnlich gelten besondere Leichenteile solcher zu früh zu T o d G e k o m m e n e r , selten (bei K i n d e r n ) die ganze Leiche, als H a u p t s i t z dieser helfenden Z a u b e r k r a f t , die durch die S.ü n d l o s i g k e i t unoder neugeborener K i n d e r oder entsühnter Hingerichteter v e r s t ä r k t s c h e i n t m ) . Die D.s l i c h t e r verr a t e n entweder, o b a l l e Hausbewohner schlafen, oder sie s c h l ä f e r n diese e i n , sie m a c h e n den T r ä g e r u n s i c h t b a r , sie ö f f n e n die S c h l ö s s e r . Sie brennen in der Regel v o n s e l b s t , w a n n man will, und sind gegen den W i l len des Inhabers n u r mit (süßer) M i l c h z u l ö s c h e n (allg.); daß nur
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Milch (s. d.) sie zu löschen v e r m a g , rührt meines Erachtens aus ihrer E i g e n s c h a f t als d e r K i n d e r n a h r u n g , denn ursprünglich dienen nur die Glieder n o c h n i c h t g e n ä h r t e r K i n d e r als D.slichter, da nur solche als „ S e e l e n " l e u c h t k r ä f t i g sind (s. u.). H ä n d e oder Finger werden als eigentliche D.skerzen verwendet, oder diese werden aus F e t t , aus E i n g e w e i d e n gegossen. Die H e x e n stehlen u n g e t a u f t e K i n d e r und bringen sie um oder graben ung e t a u f t Verstorbene aus, um ihnen die H ä n d e abzuschneiden. A n einer solchen H a n d kann man alle fünf Finger anzünden; dringt man auf nächtlichem D . s g a n g in ein Haus und sämtliche Finger lassen sich entzünden, so schlafen alle Hausb e w o h n e r ; so viele Finger nicht brennen wollen, so viele Menschen w a c h e n noch 284 ). Oder die D.slichter werden v o n den D.en aus u n g e b o r e n e n , schwangeren Frauen aus dem Leib geschnittenen K i n dern verfertigt, es werden so viele angezündet, als L e u t e im H a u s e sind und niemand k a n n erwachen, so lange sie brennen 285 ). D a ungeborene, u n g e t a u f t e und noch nicht genährte K i n d e r schon vorchristlich als S e e l e n eines luftigen oder feurigen Elementes galten 286) — gest. zu Irrlichtern, s. d. — erklärt sich daraus dies L e u c h t v e r m ö g e n , das sich später auch auf Leichenteile anderer H e r k u n f t übertragen hat. W e r das Zeichen einer unsichtbaren Seele mit sich trägt, ist a u c h selbst unsichtbar, zumal unter dem Scheine jenes seelischen L i c h t e s (s. Seele). Die Hilfe des T o t e n aber l ä h m t den Gegner und sprengt die Hindernisse. O f t wird die E i n s c h r ä n k u n g gemacht, daß nur männliche K i n d e r , besonders nur männliche E m b r y o n e n , zu brauchen sind. Die Finger, a u c h Zehen ungeborener, da sicher ung e t a u f t e r , K i n d e r werden allgemein a m höchsten geschätzt 2 8 7 ). Eine Tiroler Sage gibt an, d a ß das gedörrte rechte K i n d e r h ä n d c h e n mit s c h w a r z e m W a c h s überzogen werde 288). N e b e n den Gliedern unschuldiger K i n der werden vorzüglich die F i n g e r d e r E r h ä n g t e n , die D a u m e n aufgehäng8·
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Dieb, Diebstahl
ter D.e, G a l g e n h ä n d e , d a n n der E r m o r d e t e n w i e der T o t e n ü b e r h a u p t als D . s l i c h t e r g e b r a u c h t 2β9 ). E i n e n der ältes t e n B e l e g e liefert w o h l V i n t l e r ( 1 4 4 1 ) : E t l i c h die l e u t p l e n d e n — Mit einer h a n d v o n d e m g a l g e n 2eo ). A n h o r n (1674) u n t e r scheidet K i n d s h ä n d e ungeboren ausges c h n i t t e n e r oder u n g e t a u f t a u s g e g r a b e n e r K i n d e r u n d D . s h ä n d e , n a c h t s z u gewisser Stunde von am Galgen hangenden D.en g e n o m m e n 2 9 1 ) . In E n g l a n d u n d Irland e n t s p r i c h t „ t h e H a n d of G l o r y " (auch frz. m a i n de gloire = M a n d r a g o r a ? ) 292 ), die g e t r o c k n e t e u n d e i n g e s a l z e n e H a n d eines a m G a l g e n e r h ä n g t e n M a n n e s , in die m a n eine K e r z e a u s d e m F e t t eines ebenfalls a m G a l g e n g e e n d e t e n Ü b e l t ä t e r s a n g e z ü n d e t e i n s t e c k t , u m J e d e n zu lähmen, der sie s i e h t ; es d i e n t a u c h die H a n d s e l b s t als K e r z e , w i e in D e u t s c h l a n d (nordengl., ndl.), u n d ebenso v e r w e n d e t m a n die F i n g e r u n g e b o r e n e r oder neugeborener K i n d e r 293 ). D o c h n i c h t nur die a n g e z ü n d e t e D . s k e r z e s c h l ä f e r t ein u n d m a c h t unsichtbar. Schon Cäsar v o n Heisterbach e r w ä h n t als E i n s c h l ä f e r u n g s m i t t e l : s p i n a m h u m a n i c a d a v e r i s de t e c t o p e n d e n t 294 ). A u c h der auf d e n T i s c h g e l e g t e F i n g e r m a c h t s c h l a f e n d (Oldenburg) 29S ). Mit der g e d ö r r t e n H a n d eines ungeborenen Kindes rauchen, schläfert die F e i n d e des D . s ein 296 ). E i n A r m s ü n d e r k n o c h e n v e r h i n d e r t das A u f w a c h e n 297 ), bei den S i e b e n b ü r g e r S a c h s e n s c h ü t z t das K n ö c h e l c h e n eines E r h ä n g t e n i m G e l d b e u t e l d e n D . v o r E n t d e c k u n g 298), in Bosnien bringt sogar jedes Totenbein d e n Z a u b e r s c h l a f 299 ). A u c h ein stillschweig e n d e n t w e n d e t e s L e i c h e n m a ß (s. d.), das n a c h t s a n die H a u s t ü r e g e l e h n t w i r d , v e r s e n k t in S c h l a f 300). W e n n m a n ein u n g e borenes K i n d v e r t r o c k n e n l ä ß t u n d in e i n e m H o l z k i s t c h e n bei sich t r ä g t , w i r d man u n s i c h t b a r ( P o m m e r n ) 80l ) I d e s g l e i c h e n d u r c h D a u m e n oder Z e h e eines G e h e n k t e n ( S c h w a b e n ) 302 ). D a h e r s u c h t e m a n n o c h in neuster Zeit, ζ. B . 1823 in Schneeberg, Zehen, Finger und Kleider eines A r m s ü n d e r s sich z u d i e s e m u n d a n d e r e n Z w e c k e n a n z u e i g n e n 3 0 3 ) . U m 1900 w i r d a n g e b l i c h d e s h a l b in S a c h s e n e i n e m
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e r h ä n g t e n S e l b s t m ö r d e r der P e n i s a b g e s c h n i t t e n s 04 ). P u l v e r a u s g e d ö r r t e n Gliedern eines u n g e b o r e n e n K i n d e s , in ein S c h l ü s s e l l o c h g e s t r e u t , b l ä s t das S c h l o ß auf 305 ). K i n d s f i n g e r , die H a n d eines ungetauften Kindes, ö f f n e n d i e S c h l ö s s e r 3 0 e ) , a b e r a u c h die H a n d einer f ü n f j ä h r i g e n K i n d e r l e i c h e 307 ), die F i n g e r eines E r m o r d e t e n aoe ). E i n e A b a r t des ü b l i c h e n B r a u c h e s b r i n g t ein k ä r n t n i s c h e r B e r i c h t : R ä u b e r s t e c k t e n , w e n n sie w i s s e n w o l l t e n , o b sie sicher seien, eine ( K i r c h e n - ) K e r z e in die m i t g e f ü h r t e R e c h t c eines u n g e b o r e n e n K i n d e s — s t a n d sie l o t r e c h t , so w a r e n sie ungef ä h r d e t , a n d e r n f a l l s n e i g t e sie sich 309 ). D a z u dienten auch fünf „ z u s a m m e n g e s c h n u r f t e " K i n d e r h ä n d c h e n in einer T r u h e 3 1 0 ). Z a h l r e i c h sind die N a c h r i c h t e n ü b e r d e n G e b r a u c h der D . s l i c h t e r , meist g e richtlich belangte Fälle; viele M o r d e , n a m e n t l i c h s c h w a n g e r e r F r a u e n , s i n d erf o l g t , u m diese k o s t b a r e n Z a u b e r w a f f e n z u e r l a n g e n , w o b e i ihnen o f t n o c h l e b e n d der Bauch aufgeschnitten oder die S c h w a n g e r e g e h e t z t w i r d , bis die G e b u r t e i n t r i t t 3 U ) . E i n e n solchen Mord s p i e g e l t die B a l l a d e v o n der v e r k a u f t e n s c h w a n g e r e n M ü l l e r i n wider, die w o h l a u f eine w i r k l i c h e B e g e b e n h e i t 1596 oder 1645 z u r ü c k g e h t 3 1 2 ) . U n d es fehlt nicht an entsprechenden Sagen313). I m 13. J h . f ü h r e n G a u n e r z u B o r d e a u x e i n e n K i n d s a r m bei E i n b r ü c h e n mit sich 3 1 4 ), einen e r s t e n d e u t s c h e n F a l l ü b e r l i e f e r t ein L i e d des 15. J h s . , d a ein Mörder bei N ü r n b e r g einer S c h w a n g e r n das K i n d a u s d e m L e i b n i m m t , u m i h m ein „ h e n t l e i n " a b z u s c h n e i d e n . B e i e i n e m R a u b in einer H a r z m ü h l e 1540 sollen s o v i e l L i c h t l e i n als P e r s o n e n im H a u s auf e i n e m b e s o n d e r e n H o l z a u f g e k l e b t g e w e s e n sein, „ d i e s e l i e c h t l e i n a u s ungeborner kindlein därmen g e m a c h t " , als S c h l a f z a u b e r . 1568 b e g e g n e n in S c h w a b e n V e r b r e c h e r m i t d e m A r m l e i n einer L e i b e s f r u c h t . W e i t e r e , z u m Teil m e h r fache Mordfälle: Pommern 1581 3 1 5 ), S c h w a b e n 1586 3 l e ) , B a m b e r g 1577, N ü r n b e r g 1601, S p e y e r n a c h 1600 3 1 7 ), S a c h s e n 1605, P r a g 1614, St. G a l l e n 1617318),
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Dieb, Diebstahl
Sorau 1 6 1 9 (Därme und Finger mit A l t a r wachs v o m hl. Christtag überzogen) 3 1 9 ), Oberösterreich 1630 3 2 0 ), Düsseldorf 1645 3 2 1 ), Wohlau um 1660 3 2 2 ); Abtreibungen im 18. J h . 323 ), Morde J ü l i c h 1 7 9 1 324 ), Magdeburg 1 8 1 0 3 2 5 ) . A u c h die neueste Zeit weist so begründete Schwangernmorde auf, Mitte des 19. J h s . in Österreich 326 ), 1879 in H a m b u r g , gegen 1890 in Wien 3 2 7 ); Leichenfinger werden 1908 in Sachsen mißbraucht 328 ). Der „ S c h l a f d a u m e n " findet sich auch bei den Zigeunern, die dazu den linken Daumen eines Verstorbenen, der 9 Wochen im Grab lag, zur Neumondszeit ausgraben; in Polen wird die rechte H a n d eines 9 T a g e begrabenen Selbstmörders getrocknet, damit k l o p f t m a n siebenmal an die T ü r des zu besuchenden Hauses, und der Tote hält die Bewohner im Schlaf 329 ). D.skerzen werden, wie gesagt, auch aus dem E i n g e w e i d e ungeborener K i n der verfertigt, das zu Kerzen gegossen Avird, ferner aus dem Fett einer schwangeren F r a u ; auch diese wirken einschläfernd und machen unsichtbar (Pommern) 330 ). E i n e solche K e r z e aus Menschenfett, die mit blauer F l a m m e brennt, tiefen Schlaf zaubert und erst v o m Henker gelöscht wird, erwähnt Grimmelshausen im Vogelnest (1672) 3 3 1 ). A u s dem Bauchfleisch eines Mädchens wurde 1865 bei Elbing das F e t t ausgebraten und mit Rindertalg zu einemD.slicht gegossen 3 3 2 ). Man muß dieses Licht in Ostpreußen den Schlafenden unter Fußsohlen und Nase halten 3 3 3 ). So scheint der ganze scheußliche Aberglaube sich über die ostd. Gebiete a u f s l a w . L a n d e zurückg e z o g e n zu haben, wo er noch lebendig begegnet, wie russ. Mordfälle 1869, 1 8 8 1 , 1887, 1896, 1904 erweisen 3 3 4 ). Die kleinruss. D.e sollen Leichen ausgraben, um aus deren F e t t Kerzen zu verfertigen, die ohnmächtig machen 3 3 5 ). In Bosnien verfertigt man D.skerzen aus einem Siebenmonatskind 336 ), sie werden heute noch gemacht und benützt 337 ). In Ungarn sind 1900 unsichtbar machende Kerzen aus dem B l u t einer bei einer Zwillingsgeburt verstorbenen F r a u her-
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gestellt worden 338 ). In Polen macht die erstbeste Ader einer Leiche, getrocknet und angezündet, den D. unsichtbar 339 ). Wer den kleinen Finger der linken H a n d eines totgeborenen Kindes mitternachts auf einem K r e u z w e g , gegen Norden sitzend, verzehrt, kann durch seinen Hauch tiefsten Schlaf hervorrufen (ungarisch) 34 °). Blut, Glieder, Kleiderfetzen von E r h ä n g t e n bewahren den Z i g e u n e r vor E n t d e c k u n g 3 4 1 ) . Als Schutz- und Zaubermittel gelten ferner die H e r z e n ungeborener, meist nur männlicher K i n d e r 342 ). Drei, neun solcher Herzen, gegessen, machen unsichtbar (Schlesien, Preußen) 3 4 3 ). E i n schlesischer Verbrecher um 1660 pülvert die Herzen dreier genotzüchtigter und ermordeter Mägde, tut sie in Bier und trinkt dies, um seinen Mut zu steigern; durch Verzehren von Herz und K ö r p e r eines neugeborenen Kindes glaubt er v o r E n t d e c k u n g sicher zu sein 344 ). Gauner in Mittelfranken meinen, durch Blut, das sie aus den Geschlechtsteilen eines unschuldigen K n a b e n mit drei Holzscheiten auffangen, beim Dl. unsichtbar zu werden 3 4 5 ). Im b a y r . W a l d zeigt sich 1895 die Ansicht, das A u g e eines toten Kindes mache unsichtbar 34e ). Die gleiche K r a f t , zu leuchten und unsichtbar zu machen, eignet schließlich dem R a b e n s t e i n (s. d.), der aus den Augen der D.e, die die R a b e n a m Galgen ausgehackt haben, erwachsen soll 347 ). b) Außer der Z a u b e r k r a f t der Leichenteile suchen die D.e sich auch noch andere Talismane zunutze zu machen. Z u m E i n s c h l ä f e r n dient auch die Mandragora (s. A l raun) 34s ). Oder man betritt rückw ä r t s das Haus 349 ), beim Grasstehlen verläßt man rückwärts und unbemerkt das eigene Haus 350 ). Der D., bes. der gegewerbsmäßige, verrichtet seine Notd u r f t (s. K o t ) a u f den Tisch; solange der H a u f e n (Wächter, Posten) d a m p f t , erwacht keiner (europäisch) 3 5 1 ). Wenn man einen Z a u n p f a h l auszieht und v e r k e h r t zurücksteckt, wacht niemand auf, auch kein H u n d bellt (Mähren) 3 5 2 ). Letzteres erreicht der D.
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gleichfalls, wenn er sich a n d i e E c k e des Hauses anklammert (Symbol der Besitznahme?) 353), oder er geht mit e n t b l ö ß t e m H i n t e r n (s. d.) rückwärts auf den Hund los 354). Um u n s i c h t b a r z u w e r d e n , schneiden die D.e einer schwarzen K a t z e und einem schwarzen Hund die Zungenspitzen ab, hüllen sie in das Wachs einer Osterkerze und binden dies unter den linken Arm 355). Sie können sich in schwarze Hunde v e r w a n d e l n und verstehen so, alle Schlösser ohne Berührung zu öffnen (Hilfe des Teufels ? Oldenburg) 35e ). Türen und Schlösser ö f f n e t auch die S p r i n g w u r z e l (s. d.) 357 ); die D.e nehmen sie dem Specht ab und verbergen sie in einer Wunde in der Handfläche, die sie verwachsen lassen, worauf sich alles unter ihrem Druck auf tut 3 5 8 ). Ähnlich verfahren die Slawen mit einem Eisen brechenden sog. D.sgras 3 5 S ). Mit der Alraunwurzel verwandelt sich der D. so klein wie das Schlüsselloch 36°). Um n i c h t e r w i s c h t zu w e r d e n , besprengen sich H o l z und W i 1 d d.e, ehe sie in den Wald gehen, mit W e i h w a s s e r und beten drei Vaterunser für die a r m e n S e e l e n , die sie beschützen sollen 3 e l ). Oder sie rufen dreimal den W i n d an, alle Förster blind zu machen 382). Sie sind das ganze Jahr sicher, wenn sie den Abend vor dem Heiligen Abend schweigend verbracht 3 6 3 ). Dl. zu gewissen h e i l i g e n Z e i t e n wie Weihnachten, Neujahr, Dreikönigsabend, Fastnacht bewirkt ungestörtes Stehlen für das ganze folgende Jahr, s. stehlen. Es fehlt auch nicht an einem Schutzpatron der Roßd.e, C a s t u 1 u s (s. d.), 26. Februar 364). Der Montag ist in der Schweiz den D.en günstig, der Mond heißt „D.ssonne" (Mann im Mond als Schutzgeist?) 3 ® 5 ). Schließlich werden allgemeine G l ü c k s m i t t e l mitgeführt. Männling erwähnt vierblättrigen Klee oder einen Ring aus der Galgenkette 3ββ). Bei einer D.in zu Berlin 1846 fand man ein grünes Glückskraut im Unterrock vernäht 367 ). Johannishändchen (s.d.), Krö-
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tenpulver (s. Kröte), Zaubersprüche und Freibriefe, ζ. B. den Tobiassegen, der umgekehrt auch vor Dl. schützt, hat man bei sich 3ββ ), das Evangelium Johannes am Halse 3β8), nicht anders als die Dl. verhüllenden Runen des germ. Nordens 370). Ein rheinischer D. 1565 hält zwei angebrannte Holzstückchen vom letzten kirchlichen Osterfeuer für Schutzmittel 3 7 1 ). Um die E n t d e c k u n g n a c h d e r Tat und die V e r f o l g u n g zu hindern, wenden die D.e folgende Mittel an: Sie h a l t e n die U h r im Zimmer a η 372). Sie lassen eine S p u r ihrer Person, Exkremente, die Fußspur ( ! ) , blutige Handzeichen (Zigeuner, „Sprich für mich") 373), Sperma, Hut, Waffen a m T a t o r t zur ü c k 374), Exkremente auch an der Haustür 3 7 5 ), bei Kirchendl. auf der Kanzel (Holstein) 376). Dieser Aberglaube (Opfergedanke?) muß j ü n g e r e n U r s p r u n g s sein, nicht nur seinen Belegen nach, sondern da er sich nicht vereinen läßt mit der notwendigen Besorgnis des D.s, solche Spuren möchten gerade für verfolgende Strafzauber verwendet werden; diese verlieren sich aber heute im deutschen Gebiet ziemlich, während jener Abwehrzauber der D.e sehr gewöhnlich erscheint, von keinem Bedenken mehr aufgehalten. Nach Verlassen der Stube gießen die D.e durch die Ritzen der verschlossenen Tür Wasser und halten es für ein unfehlbares Zeichen, daß sie nicht entdeckt werden, wenn das Wasser in die Stube läuft 377). Südslawische D.e glauben, ihre Spuren zu verwischen, wenn sie vor dem Verlassen des Tatortes sich durch die Beine schauen 378). Zuweilen läßt die Sage den verfolgten D. sich gewisser H e x e n k ü n s t e bedienen: er verwandelt sich in einen Strohwisch 87β) (vgl. Hexe) oder in einen Strauch 880). Er weiß die Verfolger festzumachen von Dämmerung zu Dämmerung 3 8 1 ). Der Kirschend., glaubt unentdeckt zu bleiben, wenn die Kerne im Stuhlgang abgehen und der Haufen als „ W ä c h t e r " bleibt M2 ). Endlich hält der D. Verfolgung 1 und Strafzauber auf, wenn er etwas T O I »
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Gestohlenen in fließendes Wasser wirft, einen Flußlauf überschreitet, die B e u t e weiterverkauft, s. o. § 5. U m einen festhaltenden B a n n s p r u c h abzuw e h r e n , s t e c k t man einen P f e n n i g in eine R i t z e des b e s t o h l e n e n H a u s e s oder W a g e n s 383 ). D e m entspricht die A u f h e b u n g eines tödlichen s y m p a t h e t i schen Strafzaubers (Verwesenlassen) durch das Legen eines Sechslings oder Dreilings auf den Standort des gestohlenen Guts S84 ). Einen w i r k s a m e n Geg e n z a u b e r w e n d e t ein bis z u m untersten A s t auf den B a u m gebannter Kirschend. an, der durch Löcherbohren in den B a u m , l a n g s a m v o n o b e n nach u n t e n rückend, den Banner herbeizurennen zwingt 385 ). Über weitere Möglichkeiten für den D., selbst den B a n n zu lösen, vgl. § 3· 02 ) Vgl. die Anschauung der D a j a k auf Sumatra: H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 314; Globus 87, 413t. »') H e c k s c h e r 361 f. A. 187 ff. "*) M e i e r Schwaben 1, 175 f.; B i r l i n g e r Volksth. 1, 339. 509; G r i m m Myth. 2, 897 f. B a r t s c h Mecklenburg 2, 332 f. 335. *··) M a n n h a r d t Germ. Mythen 310; ZfdMyth. 4, 180 ff.; K ö h l e r Kl. Sehr. 3, 279. 2e') F r i s c h b i e r Hexenspr. 111 f.; H e 11 w i g Aberglaube 72; BIPommVk. 2, 109 f.; J a h n Hexenwesen Nr. 528. 576; S t r a c k e r j a n 1 1,100; K u h n Westfalen 1, 145; S c h e l l Berg. Sagen 442; B o c k e l Volkslieder 27 ff.; D r e c h s l e r 2, 239; G r o h m a n n 106. 205; L a m m e r t 84; R ö s e g g e r Steiermark 70; V e r n a l e k e n Alpensagen 422; L ü t ο 1 f Sagen 241 f.; H e c k s c h e r n o f . » ) H e y l Tirol 308. Μβ ) G r i m m Myth. 2, 897 f.; H e c k s c h e r 362 A. 188 ff.; K ü h n a u Sagen 3, 264 ff.; Fuß eines Erhängten, Flandern 16. Jh.: B o c k e l Volkslieder 30. ZfVk. 23, 9. 126. 2sl ) Magiologia 768 f.; M ä n n l i n g 283. 2M "ή G r o ß Handbuch 1, 537. ) F r a ζ e r 1, 149; C r ο ο k e Northern India 342; d e C o c k Volksgeloof 1, 196 f. 2M) Dialogus 6, 10; G r i m m Myth. 3, 311. S95) S t r a c k e r j a n 1, 100. ««) B a u m g a r t e n Aus der Heimat 2, 96 f. *»•) K u h n u. S c h w a r t ζ 460. ··») H e l l w i g a . a . O . *·*) K r a i ß Relig. Brauch 146; vgl. F r a z e r 1,148; Urquell2,186. 3°°) G r i m m Myth. 3, 464 Nr. 849. »01) S t r a c k Blut 71; J a h n Hexenwesen 170 Nr. 576; W. § 184. m ) L a c h m a n n Überlingen 13. ω 8 ) S t r a c k Blut 79. 301) S e y f a r t h Sachsen 288. *·*) B a u m g a r t e n a. a. O. *08) Alemannia 12,30; B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 434 f.; M o n t a n u s Volksfeste 88. "·») Η e 11 w i g a. a. O.; ZfrwVk. 12, 261; Berliner philol. Wo-
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chenschrift 19Γ9, 160 ff. aos) W. § 190. M») G r a b e r Kärnten 212. S1°) H e y l Tirol 108. 3n ) Η e c k s c h e r 361 A. 188; BIPommVk. 5, 154; ZfrwVk. 12, 261. 3 " ) E r k - B ö h m e 1, 193 ff. Nr. 58; Β ö c k e 1 Volkslieder X X V I ff.; J u n g b a u e r Bibliogr. 14 Nr. 64; K ö h l e r Kl. Sehr. 3, 279; O s e n b r ü g g e n Studien 300; BIPommVk. 2, 107; M o n t a n u s a. a. 0 . 130 f. 313) S t r a c k e r j a n 2, 127; B a r t s c h a. a. Ο.; Β ö c k e 1 a. a. Ο. X X X . »') G r i m m Myth. 2, 897 f.; Bockel X X V I I ff.; Ältere L i t . : J . P r ä t o r i u s Vom Diebs-Daume. Leipzig 1677; S c h a m b e r g De jure digitorum 1715, 61 ff. (Bericht über gefälschte D. sdau men). 31 ') Für alles vgl . B o c k e l a . a . O . 31e) Alemannia 12, 30; B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 433 ff. 3l7 ) S c h m i d t Nachrichter 5. 55; M e y e r Aberglaube 279; M a n n h a r d t Aberglaube 23. 318) AKrim. 26, 222; O s e n b r ü g g e n a. a. O. 31S) H a u p t Lausitz τ, 199. 320) v. K ü n ß b e r g Rechtsbrauch u. Kinderspiel 33. 321) H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 313. 822) D r e c h s l e r 2, 238 f. 323 ) ν. Κ ü η ß b e r g a. a. O. 32 A. 5. 824 ) S t r a c k Blut 78. 3 ") Β ö c k e 1 a. a. O.; W. § 184. 326) O s e n b r ü g g e n a. a. G. 327 ) L ö w e n s t i m m Abergl. 125; S t r a c k 32β Blut So. ) S e y f a r t h Sachsen 288 f.; vgl. ν. Κ ü η ß b e r g 32 f. 3 ") G r o ß Handbuch 1, 537· 33°) S t r a c k Blut 71; J a h n Hexenwesen 162 Nr. 524. 52G. 331 j A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 62. 332) M a n n h a r d t Aberglaube 21 f.; T o e p p e n Masuren 107; L ö w e n s t i m m Abergl. 121. 333) L e m k e Ostpreußen 1, 114. 33i ) K r a u ß Relig.Brauch 144 ff.; L ö w e n s t i m m Abergl. 114 ff.; Η e l l w i g Aberglaube 76 f.; Hovorka und K r o n f e l d 1,313. 33s) Urquell 5, 163. 33e 337 ) K r a u ß a . a . O . 146. ) G r o ß Handbuch 1, 529. 338) Ebd.; vgl. Salbe nordungar. Wanderzigeuner, Urquell 3, 65; Blutkerzen ebd. 92. 33e) Ebd. 148. 3 " ) Ebd. 92; vgl. S t r a c k Blut 72 ff. 3 " ) W 1 i s 1 ο c k i Zigeuner 94 f.; S t r a c k a . a . O . 3 ") M a n n h a r d t A berglaube 23; D r e c h s l e r 2, 238; v. K ü n ß b e r g a . a . O . 32 Α. 5. 3 ") H e l l w i g 72; F r i s c h b i e r hi; H o v o r k a u. K r o n f c l d 1,313 (schwed. Fall). 34) W r e d e Rhein. Volksk. 93. " ) ZfrwVk. 1910, 35. ") Ζ i η g e r 1 e Tirol 121. «) S c h ö n b a c h Berthold v. R. Γ50. u ) M e y e r Aberglaube 207. 4S) G r ü n e r Egerland 39 f. " ) S t r a c k e r j a n 1, 80 f. Nr. 84. ") K u h n Westfalen 2, 192 Nr. 543. " ) W u t t k e 60 § 68. Bei den Südslawen ( K r a u ß Relig. Brauch 102) werden sie geistersichtig, bei den Spaniolen ( S t e r n Türkei 2 > 375) reich, aber ausschweifend, denn a m D. entfaltet die Natur ihre Reichtümer und die Erde entwickelt ihre Kräfte. " ) W 1 i s 1 ο c k i Magyaren 156 = ZfVk. 4 (1894), 3 ° 6 ") S t e r n Türkei 2, 378 ff.; vgl. 351 f. Doch kommt bei den Südslawen nach K r a u ß Sitte u. Brauch 172. 456 der Vorabend des D. f ü r Zaubereien und der D. f ü r den ersten Beischlaf der Neuvermählten in Betracht. " ) K r a u ß Volkforschung 372. " ) G r ä b e r Kärnten 181. 53) S έ b i 1 1 ο t Folk-Lore 1, 145. «) W 1 i s 1 ο c k i Volksglaube 48. Jungbauer.
Dienstbote. Für den Begriff D. war immer und ist jetzt noch wesentlich, daß er in häuslicher Gemeinschaft mit dem Herrn leben muß l ). Eine entwicklungsgeschichtliche Darstellung kann hier nicht gegeben werden. Das W o r t D. bedeutet ursprünglich einen, der in Dienst genommen ist, um Bestellungen auszurichten, Botendienste zu tun, nach Grimm „einen anderswohin Verschickten". Das Wort Ehehalte ist gegenwärtig ganz verklungen, es bedeutet nach Grimm 3 ) einen, der die έ, den Vertrag des Herrn, einhält. Alle Worte aber zur Bezeichnung eines freien Hausarbeiters (D., Knecht, Magd) haben eine Bedeutungsverschlechterung erlitten, so daß ihnen heutzutage etwas Verächtliches a n h a f t e t und sich niemand mehr damit benennen lassen will 4). In diesem Bedeutungswandel spiegelt sich die allmähliche Änderung in der ganzen Stellung des D.n zum Dienstgeber wieder. Die gewaltige Umwälzung
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einerseits im Betriebe der Landwirtschaft überhaupt und anderseits die wirtschaftlich-soziale hat die Stellung des Dienstherrn und des D.n grundlegend geändert. Daher ist vom Aberglauben der ländlichen D.n nur wenig mehr erhalten, und auch bei diesem Wenigen ist meistens der ursprüngliche Sinn verblaßt. Von dem Aberglauben der städtischen D.n ist kaum mehr etwas zu finden. Auf dem Lande ist vor allem durch den Krieg ein ungeheurer Umschwung eingetreten, und das einstige patriarchalische Verhältnis zwischen D. und Bauer ist im Verschwinden begriffen. Allerdings, gemeinsames Essen am Familientisch ist auch heute noch die Regel, die Festsetzung von Lohn, Kost und sonstigem Entgelt erfolgt auf Grund der gegendweise von Behörden und Organisationen festgesetzten D.nverträge, die strenge eingehalten werden, wie die Dienstlohnforderung immer eine bevorzugte war; „Liedlohn (Dienstlohn) soll man vor allen Schulden zahlen." ,,Verdienter Liedlohn schreit zu Gott im H i m m e l " 5 ). Siehe eine Bestimmung in den n.-ö. Weistümern: „ W e n n einer Knecht und Dirn hat, welche auf Gnad (ohne Abmachung über den Lohn) dienen wollen, so soll der Herr f ü r den Knecht, die F r a u f ü r die Dirn 3 Helbinge (halber Silberpfennig) auf die Torsäule legen. Weht der Wind das Geld hinein, gehört es den Hausleuten, wenn hinaus, den D.n, womit dieselben bezahlt sind 6 ) . " Die Zugehörigkeit zu einer fremden Hausgemeinschaft ist das Wesentliche f ü r den D.n; daher ist sein Eintritt — eine Einführung in sie — sein Austritt — eine Trennung davon. Demnach bildet der sog. Übergangs- und Einführungsaberglaube die 1. Gruppe. Auf dieser gemeinsamen Grundlage erklärt sich somit die bis ins einzelne gehende Ubereinstimmung in der Einführungszeremonie bei den D.n (vor allem der Magd) und der Braut. Diese findet sich im allgemeinen jetzt nur bei den ländlichen D.n, weil nur mehr die Landbevölkerung in einem Zustande lebt, der sich noch am ehesten als Gemeinschaft darstellt. Der D.naberglaubeist ein Gemeinschaftsgut, der seinen
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Sinn verliert und dann allmählich verschwindet, sobald diese Gemeinschaft aufgelöst ist; daher findet sich davon im Verlaufe der gegenwärtigen Entwicklung immer weniger und in der Stadt kaum etwas mehr. Dieser 1. Gruppe tritt die 2. zur Seite, beruhend auf derselben Grundlage: Der Aberglaube a) in bezug auf Hausstand und Familie der Dienstherrschaft im Verlaufe des Wirtschaftsjahres, b) in bezug auf die eigene Person im Anschluß an die Jahresfeste. l ) Könneclce Rechtsgeschichte des Gesindes in West- 11. Süddeutschland 2 3 9 If.; E . L e n n h o f Das ländliche Gesindewesen in der Kurmark Brandenburg vom 16. bis ig. Jh. Breslau 1906, 3 3 ff.; W . K ö h l e r Gesindewesen und Gesinderecht in Deutschland. J e n a 1896. 2 3 ) DWb. 2, 1 1 2 3 . ) DWb. 3, 43. 4) K ö n necke I.e. Ί M e y e r Volkstum 2, 49. e ) Z f ö V k . 27, 6 1 . — D a in der volkskundlichen Literatur den D.n nahezu keine oder nur eine geringe Beachtung zuteil wird, ist für den Aberglauben um so schwerer Vollständigkeit erreichbar.
I. D i η g u η g: 1. neuer D.n. Hiefür tritt der Bauer entweder mit Knechten, die Bäuerin mit Mägden und zwar entweder mit ihnen selbst in Verbindung oder bei jüngeren mit deren Eltern oder durch Vermittlung von vertrauten Personen, in manchen Gegenden auch mit gewerbsmäßigen Vermittlern (im ostdeutschen Gebiete Knechteväter und Knechtemütter geheißen) 7 ). Die gegenwärtige Form der Dingung ist sehr einfach. Sie besteht meistens nur mehr in der Annahme eines Stück Geldes 8 ), das den gleichen Namen hat wie die Angabe beim Verkauf und wie das manchmal vom Bräutigam der Braut nach erhaltener Zustimmung überreichte Geld (Drangeid, Mietpfennig, Leutkauf, Haftlgeld, Haftlpfennig, Handgeld, Dienstgroschen, Miets-, Gottesgeld, Har (Pinzgau "), Unterinntal) 10 ), Arre, Capärre (Gossensaß) 1 1 ), Meetpennig (Rheinlande, früher zu Ehren der hl. Dreifaltigkeit) 1 2 ). In Nordböhmen spuckt der gedungene D. auf das Handgeld 1 3 ), wie die Kaufleute auf das erste eingenommene Geld. Durch die Annahme dieser Geldsumme und durch den Handschlag ist er, meistens auf ein J a h r , verpflichtet (Pinzgau) 14 ). Sie werden von
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n u n a n so sehr als H a u s g e n o s s e n b e t r a c h t e t , d a ß sie s o g a r v o r i h r e m D i e n s t a n t r i t t z u W e i h n a c h t e n u n d N e u j a h r ein G e s c h e n k e r h a l t e n . Sollte der D . sich s p ä t e r a n d e r s e n t s c h e i d e n , h a t er das G e l d z u r ü c k z u g e b e n , in B a d e n ein d o p p e l t e s R e u g e l d 1 5 ). In G o s s e n s a ß m ü s s e n die D . n die A r r e (arrha = D r a u f g e l d ) , C a p ä r r e (v. it. c a p a r r a ) erst a b d i e n e n u n d d ü r f e n d a n n den D i e n s t noch v e r l a s s e n 1 6 ) . V o r a l l e m w i r d a u c h die D i n g u n g (wie K a u f u n d die W e r b u n g der B r a u t ) g e g e n w ä r t i g n o c h d u r c h einen T r u n k oder ein Mahl b e k r ä f t i g t , das der B a u e r b e z a h l t ; so z e i g t der N a m e W e i n k a u f (Minden) 1 7 ), W i n k o p ( S o e s t e r B ö r d e ) 18 ), W e i n g o f f , W e i g u f f ( B a d e n ) 19 ) f ü r das D i n g g e l d die einstige B e k r ä f t i g u n g der D i n g u n g d u r c h einen T r u n k . E b e n s o k e n n t m a n in S ü d tirol den T r u n k W e i n bei der D i n g u n g I m S a l z b u r g i s c h e n ( P i n z g a u ) 2 1 ) z a h l t der B a u e r die V e r h a r z e c h ( B r a n n t w e i n b i l d e t d a b e i den H a u p t b e s t a n d t e i l ) 22 ). „ Z u m g l ü c k l i c h e n E i n s t a n d " g e h t es in N i e d e r b a y e r n ins W i r t s h a u s , s o b a l d der B a u e r d a s D r a n g e i d e i n g e h ä n d i g t h a t ; der G e d u n g e n e ü b e r r e i c h t i h m z u m Z e i c h e n der Ü b e r e i n k u n f t ein g e m a c h t e s B l ü m l e i n 23 ). In S t e i e r m a r k d i n g t der B a u e r a m L e u t k a u f s t a g , der s t e t s ein S o n n t a g i m H e r b s t m i t J a h r - u n d V i e h m a r k t ist, u n d z a h l t d e m D . n i m W i r t s h a u s ein E s s e n 2 4 ) . In H o r n b e r g ( B a d e n ) e r f o l g t e die D i n g u n g a u f d e m K a t h r e i n m a r k t , e b e n d o r t in W o l f a c h auf d e m K u c h e n m a r k t . D e r B a u e r b e w i r t e t e die b l e i b e n d e n und n e u e n „ V ö l k e r " i m G a s t h a u s r e i c h l i c h s t 2S ). In Z e r b s t s u c h t der B a u e r m i t d e m auf d e m K n e c h t e m a r k t g e d u n g e n e n K n e c h t eine W i r t s c h a f t a u f , w o sie den „ V e r t r a g bet r i n k e n " . D a z u v e r z e h r e n sie eine v o m B a u e r v o n zu H a u s e m i t g e b r a c h t e G ä n s e k e u l e . In L ü t t i c h ist m i t d e m D i n g m a h l e die Z u k u n f t s k ü n d u n g v e r b u n d e n , d e n n d e r j e n i g e , der einen K n e c h t oder eine M a g d dingen will, m u ß diesen v o r h e r z u essen g e b e n . E s s e n sie schnell, w e r d e n sie a u c h bei der A r b e i t f l i n k w e r d e n 2 6 ) . G e l e g e n t l i c h des D i n g m a h l e s m a g es a u c h ein b e s t i m m t e s B r o t g e g e b e n h a b e n , w i e der P a n i s p u r i f i c a t i o n i s B e a t a e M a r i a e i m 13. J h . i m Gloss, l a t . m e d . a e v i 6, 135 Bächtold-Stäubli,
A b e r g l a u b e II.
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a u f g e f a ß t w e r d e n k a n n 2 T ) . I m 14. J h . w u r d e das G e s i n d e b e i m F e s t b r o t e oder beim Opferbrote aufgedungenM). Die D i n g u n g k a n n a u c h auf e i n e m sog. Gesinde· (Schlänkel-) M a r k t geschehen. In i h m l e b t sicherlich ein R e s t e h e m a l i g e r S k l a v e r e i f o r t , u n d er w a r einst über g a n z Deutschland und darüber hinaus verb r e i t e t 2S ). A b e r a u c h n o c h in der G e g e n w a r t g i b t es solche, so in O s t f l a n d e r n M ), a n einzelnen O r t e n in der E i f e l ( N e u e r b u r g , K r e i s B i t b u r g n o c h 1922 ein G e s i n d e t a g ) 3 1 ). H i e r w a r e n die j u n g e n L e u t e an e i n e m u m den H a l s g e w i c k e l t e n S t r o h seile k e n n t l i c h . V e r g l e i c h e d i e D . n - M ä r k t e in S c h o t t l a n d , w o die K n e c h t e u n d M ä g d e sich m i t e i n e m S t r o h h a l m i m M u n d e a u f stellten 32 ). A u f d e m G e s i n d e m a r k t in der W u s t e r m a r k t r u g e n n o c h in der l e t z t e n Z e i t die u n v e r h e i r a t e t e n K n e c h t e als E r k e n n u n g s z e i c h e n ihre L e d e r p e i t s c h e , die sie n a c h der D i n g u n g a b l e g t e n , u m die S c h u l t e r 3 3 ) . A n die a l t e n D . n - M ä r k t e erinnert, d a ß noch j e t z t an J a h r m ä r k t e n die neuen D . n g e d u n g e n w e r d e n . So im S a r n tal auf d e m K i r c h e n p l a t z 3 4 ) , in W e n d l i n g , O b e r ö s t e r r e i c h , a m B l a s i u s t a g . D i e stell e n l o s e n D . n t r a g e n hier einen r o t e n F i n g e r l i n g als E r k e n n u n g s z e i c h e n 35 ). A u f der „ l a n g e n B a n k " in P e u e r b a c h , S c h ä r d i n g , T a u f k i r c h e n u n d a n d e r e n O r t e n im Innv i e r t e l e r w a r t e t e n die D . n noch in den 20er J a h r e n des v o r i g e n J a h r h u n d e r t s die B a u e r n , o b sie einer dingen w e r d e 3 6 ) . A u c h m i t d e m auf d e m M a r k t e g e d u n g e nen D . n w i r d die D i n g u n g d u r c h ein gem e i n s a m e s Mahl r e c h t s k r ä f t i g , so i m S a r n t a l , w o i h m v o m B a u e r ein M i t t a g essen b e z a h l t w i r d , das in S p e c k s u p p e b e s t e h t . D e n S p e c k h a t der B a u e r ins S t a m m w i r t s h a u s s c h a f f e n lassen, a b e n d s e r f o l g t z u d e m noch eine reichliche B e w i r t u n g m i t Fleisch, S t r ü z e l und W e i n 37 ), desgleichen in Z e r b s t 3 8 ) . ') B r u n n e r Ostd. Volksk. 33. «) S a r t ο r i Sitte 2, 37 ff. ·) Wiener Völkerkunde 2, 246. »·) H ö r m a n n Volksleben 5 ff. ») S a r t ο r i Sitte 1, 56. I2) W r e d e Rhein. Volkshunde 2, 199; Alt-Köln 11, 5. ») ZföVk. 13, 133. 14) Wiener Völkerkunde 2, 246 ff.; S A V k . 19, 187. 15) M e y e r Baden 331. le ) Z f V k 8, 119; S c h m e l l e r i, 121; 2, 1146 " ) ZfrwVk. 6, 259. 18) Nds. 12, 294. " ) M e y e r
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259 20
Baden 3 3 1 . ) H ö r m a n η Volksleben 5 ff. ) Wiener Völkerkunde 2, 246 ff. " ) S c h m e l 23 l e r 2, 1146. ) S e p p Religion 245. " ) R o s e g g e r Steiermark 347 ff. ! l ) M e y e r 2e Baden 332. ) ZfVk. 7, 1 5 5 ; S a r t o r i Sitte 2, 38 Anra. 8. 27) ZfVk. 15 318. 2e) SchweizId. i, 1168. 29) S e p p Religion 245; D ä h n h a r d t Volkst. 1, 95 Nr. 1. M ) ZfVk. 5, 298 ff. 31 ) W r e d e Eifler Volksk. 188; Schmitz Eifel 1,67·, W r e d e Rhein. Volkshunde 2 199. 32 33 ) S e p p Religion 245. ) B r u n n e r Os/ii. Volksk. 30; s. HessBl. 25, 166 ff.; 26, 1 4 1 . 190 ff. M ) ZAlpV. 1926, 33. 35 ) Hmtg. 2, 1 1 9 . 3e ) Schärdinger Heimat 1 9 1 3 , 64. 37) ZAlpV. 1926, 33. ») ZfVk. 7, 155. 21
2. D i n g u n g d e r b i s h e r i g e n D.n. Im Thüringerwald bekommen auch die im Hause verbleibenden D.n jedes J a h r ein Dinggeld 3 9 ). Oftmals werden sie schon mehrere Monate vor dem Ziel „ g e f r a g t " , ob sie bleiben wollen; erfolgt diese Frage nicht, so heißt das, daß sie sich nach einem neuenDienst umzusehen haben, soinOberösterreich *>), Baden 41 ), Flandern 42 ), Allgäu 4 3 ), in Südtirol beim Kirchweihfest des verflossenen J a h r e s 44 ). Die „ A u f dingung" f ü r das kommende J a h r erfolgt am J u l a b e n d vor dem Julbock in Schweden 4 5 ). Die Zustimmung der D.n zum weiteren Verbleiben bekräftigt die Bäuerin in Oberösterreich damit, daß sie ihnen hinter dem Rücken jener, die sie nicht mehr dingen will, eine Schale K a f f e e gibt (eine letzte Erinnerung an das Dingmahl) 4e ). Werden in Stilfes und in der ganzen Umgebung von Sterzing (Tirol) am Johannistag (27. Dezember) die D.n nicht ausdrücklich zum gemeinsamen Mittagmahl geladen, so haben sie sich f ü r das kommende J a h r um einen neuen Dienst umzusehen. F ü r die Geladenen gilt die Einladung als stille Dingung f ü r das folgende J a h r 4 7 ) . *>) ZfVk. 6, 259. "») Mündt. " ) M e y e r Baden 33Γ. 12 ) ZfVk. 5, 299. " ) R e i s e r Allgäu 2, 360. " ) H ö r m i n n Volksleben 5 ff. «) Η ö f 1 e r Weihnacht 15. " ) Mündl. *') M a n g Weihnacht 105.
3. Erforschung der eigenen Z u k u n f t durch die D.n. Bei dem gegenwärtigen D.nmangel ist einem jeden f ü r das nächste J a h r ein Posten gewiß. Nicht so früher. Da hing f ü r manchen seine Zuk u n f t wesentlich davon ab, ob ein gutes J a h r f ü r den Bauer zu erwarten war.
260
Dies zu erforschen, achtet der Knecht in Ottenhofen (Baden) auf die Stellung des Abendsternes. Steht der nächste Stern vor diesem, wird der Herr dem Knecht nachgehen, steht er aber hinter jenem, wird der Knecht den Bauer um Arbeit bitten müssen, d. h., es wird ein schlechtes J a h r geben 4e ). Da das Dienen als hart empfunden wird und die Dienstzeit meist nur mit einer Heirat ihr Ende findet, so vermengt sich die Erforschung nach der Dauer der Dienstzeit mit der einer allfälligen Heirat. Hieran sind vor allem die Mägde beteiligt. Diese Erforschung der Zukunft erfolgt an allen Tagen des J a h r e s , an welchen eine solche überhaupt geübt wird. In der Oberpfalz wirft die Dirne in der Silvesternacht den Schuh, um zu erfahren, ob sie im Dienste bleibt 49 ). A m Lechrain war es üblich, daß in der Thomasnacht um 12 Uhr die D.n, die auf Lichtmeß aus dem Dienst treten und noch nicht wissen, in welcher Weltgegend sie einen neuen bekommen, einen Kriechenbaum schüttelten. Auf welcher Seite ein kleines Hündchen bellte, würden sie dienen gehen Im Zillertal am Thomasabend, in Prettau in den Klöcklnächten, werden unter 9 Schüsseln oder 9 Hüte 9 verschiedene Dinge gelegt, darunter ein Wanderbündel. Wenn nun von der Person dreimal der Gegenstand erraten wird, so tritt das durch den Gegenstand Symbolisierte ein, und zwar bedeutet das Wanderbündel, daß die betreffende Person im nächsten J a h r e wandert 6 1 ). In Weißkirchen bei Wels (Oberösterreich) nimmt in der Thomas- oder Fastnacht die Magd eine Henne aus dem Stall und tut sie wieder hinein. K o m m t dabei die Henne neben den Hahn, bekommt sie bald einen Mann. Erwischt sie eine Barthenne, Bartl geheißen, bekommt sie einen Bartl zum Mann. Dort werfen Dirnen Zaunstecken nach einem B a u m ; diejenige, deren Stecken auf den ersten Wurf an einem Baume, am besten an einem Nußbaum, stecken bleibt, bekommt nächstes J a h r einen Mann 52 ). A m Weihnachtstag reicht die Großdirn in Oberösterreich ein kleines Laibchen Brot, das mit dem Störilaib gebacken wurde, mit einem Geld-
2ÖI
Dienstbote
stück oder mit einem Ei oder Fleischstücken der ersten bettelnden Person. Ist diese ein Mann, so heiratet sie im nächsten J a h r , und ihr Mann wird wie der Bettler heißen. Ebendort nimmt in Eberstallzell die Großdirn nach dem Einschießen des Weihnachtsstöri den Ofenwisch um 1 2 Uhr mittags ab und trägt ihn auf das Weizenfeld (als Zeichen, daß um diese Zeit zu Hause f ü r die Vegetationsgeister gekocht und gebacken wird). Sie wickelt die Schinde (Rinde, Schale, Kerne) von Äpfeln und Nüssen, sowie Brosamen und sonstige Abfälle vom Essen in das Tischtuch und späht, auf dem Weizenfelde angelangt, ob nicht in der Nähe ein Mann geht. Nach jener Richtung heiratet sie nächstes J a h r 5 3 ) . In der Steiermark klopfen in der Christnacht die Mägde gerne ans Hühnerhaus. K r ä h t der Hahn, bekommen sie einen Mann (Kaiwang) B4). Im Egerland geht die Hausmagd in der Christnacht nackt in den Schweinestall, klopft an und fragt, ob sie das nächste J a h r heiraten werde oder nicht. Grunzt das Schwein, wird sie B r a u t 55 ). Geht in Tirol in der hl. Nacht eine Dirne mit dem zuerst gebackenen K r a p f e n in der rechten Hand dreimal ums Haus, so begegnet ihr der künftige Bräutigam (Umgebung von Innsbruck) 5β ). Dieselbe Erforschung, aber nicht mit Krapfen, sondern mit dem Kletzenbrot, spiegelt eine Volkssage aus dem Innviertel wieder. Nach ihr ging eine Magd dreimal in der Christnacht mit dem Kletzenbrot schweigend ums Haus. Man hatte ihr erzählt, würde ihr ein Mann begegnen, so müsse sie es ihm reichen, und schneide er sich ein Stück ab, so würde er der Auserwählte sein. Bei dem dritten Rundgang sei ihr der Bauer begegnet, und sie habe nach der Vorschrift gehandelt. Als die Bäuerin den näheren Sachverhalt erfahren habe, sei sie aus Entsetzen darüber bald gestorben, und der Bauer habe die Magd geheiratet 57 ). Dasselbe soll, aber am Dreikönigstag, die Magd um Sarntheim mit 3 frischgebackenen Kücheln tun 5 8 ). In Wolpading (Baden) bindet sich die Magd am Christabend zwischen 1 1 und 12 einen Faden in den drei heiligen Namen dreimal um den
262
bloßen Leib, löst ihn am anderen Morgen und legt ihn unter die linke Seite des Altars, holt ihn nach schweigender Anhörung aller drei Messen und legt ihn zu Hause unter das Tischbein, an dem der Meister (Bauer) sitzt, ohne dessen Wissen. Dieser fängt während des Mittagessens von dem, der ihr Ehemann werden wird, zu reden an 59 ). Schlüpft eine Dirne in der Mettennacht um 12 Uhr nackt in den Backofen, so reicht ihr, wenn sie nächstes J a h r heiratet, der Zukünftige das Hemd hinein eo ). Die Dirnen stecken am Christabend einen Apfel in den Schnee; ist dieser am nächsten Morgen gefroren, stirbt die Dirne im kommenden J a h r e l ). In Südtirol trägt die Dirne am Dreikönigstag drei Körbe Scheiter in die Küche. Sind die Scheiter jedesmal in gerader Anzahl, bekommt sie einen Bräutigam e2 ), dasselbe war einst auch im Mühl viertel üblich 6 3 ). Ähnlich ist der Vorgang im Eggental (Tirol) am Tage nach Markus, dem letzten Abend vor dem Austritte. Man geht abends zu einem Holzstoß, nimmt so viele Scheiter auf, als man mit beiden Armen fassen kann, trägt sie in die Küche und zählt sie. Die ungerade Zahl ist ein Zeichen, daß man noch ein J a h r oder noch länger dienen müsse. Die gerade Zahl bedeutet, daß man schon im kommenden J a h r e „ e t w a s zum Heiraten b e k o m m t " M ). A m Neujahrstage gehen die Dirnen in Oberösterreich in die Holzlagen, nehmen soviel Scheiter in beide Arme als sie fassen können und tragen sie ins Haus; entfällt ihnen keines, heiraten sie 65 ). In Osttirol soll am Christabend mittags der Hahn krähen, dann heiratet die Dirn, daher wird der Hahn von der Bäuerin mit Wasser übergoßen e 6 ). Im niederösterreichischen Waldviertel wird das Schuhund Schlappenwerfen in der Thomasnacht besonders gerne von den D.n geübt 6 '). Als eine Art Liebeserklärung vor dem Auseinandergehen fassen es die Mägde in der Oberpfalz auf, wenn ihnen der letzte Rocken im alten Dienste von einem männlichen Rockenstubenbesucher abgesengt wird M ). Die Dirne, welche in einer Rauchnacht die Rupfe 9»
Dienstbote
203
n i c h t a b s p i n n t , b e k o m m t einen b ä r t i g e n M a n n e9 ). 48 60
)
) Meyer L e o
Baden 517. ") Bavaria 2, 312. Lechrain
ρ l e c h t i n g
205.
") Schiern 7, 132; M a n g Weihnacht 35. 38. 62 ) Hmtg. 7, 6. «») ZföVk. 11, Suppl. III, 21. 51 ) Ebd. 1, 244. ") Ebd. 6, 121. M ) Z i n g e r 1 e
Tirol
181
N r . 869.
67
)
Schärdinger
ω Heimat 1913, 61 ff. ) Schiern 7, 498. 59) M e y e r Baden 200. e0 ) Hmtg. 7, 12. e2 ") H m t g . 7, 10. ) Schiern 7, 132. «3) Mündl. M ) Z i n g e r l e Ti'roZ 94 Nr. 721. e5 ) Hmtg. 7, 13. ee ) Alpenländ. Monatshefte 28 (Graz 1927), 397. B7) Deutsches Vaterland 7, 3. 74.
")
B a u e r n f e i n d
Nordoberpfalz
38.
) Hmtg. 7, 17.
OT
Die E i n f ü h r u n g in den n e u e n D i e n s t o r t . Die Einführung des D . n (besonders d e r Magd) e r f o l g t w i e die H e i m f ü h r u n g der B r a u t . E s h o l t ihn 1. der n e u e D i e n s t h e r r s e l b s t z u g l e i c h m i t seiner H a b e f e i e r l i c h auf e i n e m W a g e n a b . D i e s e r w a r f r ü h e r , w i e der W a g e n m i t der A u s s t a t t u n g der B r a u t , b e k r ä n z t . W i e diese n i m m t a u c h die M a g d auf d e m W a g e n P l a t z , so in S c h u t t e r w a l d ( O f f e n b a c h ) , Z u z e n h a u s e n (Sinsheim), Eiersh e i m , T a u b e r b a c h 7 0 ) , dasselbe f i n d e n w i r v o m O b e r r h e i n bis B r a b a n t , w o f r ü h e r Pferde und Peitsche mit bunten Bändern, die W a g e n m i t A s t e n u n d L a u b ges c h m ü c k t w a r e n 7 1 ). In der U m g e b u n g des Marktes Y b b s i t z (Niederösterreich) holt der n e u e H e r r d e n D . n auf e i n e m O c h s e n w a g e n s a m t seiner H a b e h e i m 7 2 ) . D e n H e r r n v e r t r i t t der G r o ß k n e c h t oder, w e n n a u c h der w a n d e r t , der z w e i t e K n e c h t , so in der P f a l z , w o P e i t s c h e , Pferde, Mütze mit Bändern geschmückt sind. D o r t f a h r e n z u g l e i c h m i t der M a g d ihre F r e u n d i n n e n m i t 7 3 ) . I m u n t e r e n I n n v i e r t e l darf der D . m i t d e m ersten K n e c h t oder a n seiner S t e l l e m i t d e m z w e i t e n K n e c h t oder m i t d e m B a u e r n selbst, w e n n sie seinen „ K a s t e n " i m a l t e n D i e n s t o r t sehr f r ü h m o r g e n s a b holen, nur m i t f a h r e n , w e n n der W e g sehr w e i t ist, da er erst z w i s c h e n 10 u n d 11 U h r mit seinem Dienstweiser eintreffen darf74). In O s t d e u t s c h l a n d h o l t der B a u e r den K o f f e r 7 5 ). ) M e y e r Baden 198. ) ZfVk. 5, 299. ") Unsere Heimat N. F. i , 78. «) B e c k e r 74 Pfalz 265 ff. ) Schärdinger Heimat 1913, 63. 70
'5) Β r u η η e r
71
Ostd.
Volksh.
30.
264
2. K a m e r a d e n g e b e n d e n S c h e i d e n d e n d a s f e i e r l i c h e Geleite. Sie t r a g e n i h n e n ihre H a b s e l i g k e i t e n , so i m H u n s r ü c k 7 e ), w o die j u n g e n B u r s c h e n die K i s d ( K i s t e ) m i t d e n H a b s e l i g k e i t e n der M ä g d e in d e r e n n e u e n D i e n s t o r t t r a g e n , f e r n e r in H o c h d o r f ( F r e i b u r g ) ' 7 ) , in S c h w a b e n 7 8 ) ; i m T h ü r i n g e r w a l d b e g l e i t e t die g a n z e L i c h t s t u b e , s o w o h l die K n e c h t e als a u c h die M ä g d e 7 8 ) , i m F r ä n k i s c h - H e n n e b e r g i s c h e n w e r d e n die S c h e i d e n d e n v o n F r e u n d e n u n d F r e u n d i n n e n nur bis z u r F l u r m a r k u n g g e l e i t e t ®°). I m V o g e l s b e r g (Hessen) b e g l e i t e t die S p i n n s t u b e a n d e n n e u e n D i e n s t o r t 8 1 ) , ebenso i m O b e r i n n t a l 8 2 ); in N a s s a u w e r d e n sie v o n den K a m e r a d e n eine S t r e c k e m i t G e s a n g begleitet83). U m Waiblingen (Württemb e r g ) ist der K l e i d e r k o r b der M a g d m i t d e n K i r b e - ( K i r c h w e i h - ) b ä n d e r n , die ihr ihr Bursche schenkte, ü b e r r e i c h ges c h m ü c k t 8 4 ) . In T i r o l b e s t e l l t sich die M a g d ihren Burschen z u m P a c k t r a g e n in einige E n t f e r n u n g v o m H a u s e 8 5 ) . '*) ZfrwVk. 14, 169. ") M e y e r Baden 198. 7e
) B i r l i n g e r
Meier
Aus
Schwaben
Schwaben 2, 494 Nr. 312.
2,
16. ) Spieß Fränhisch-Henneberg ) H e s s B l . 2, 124 f f . 82 ) Η ö r m a η η
118 f f . Volks-
81
leben 5 f f . 8S
8a
) M e y e r
) H ö r m a n n
D. Volksk.
Volksleben
335;
) ZfVk. 6,
7S
80
191.
81
) Ebd.
5 ff.
3. E i n D i e n s t w e i s e r f ü h r t den D . n ein, d e n n d a ß er allein k o m m t , s i e h t m a n n i c h t g e r n e ; in B a y e r n u n d d e n a n g r e n zenden Gegenden sagt man: „ E r geht b a l d z u z w e i t f o r t u n d ist n i c h t s A n s t ä n d i g e s " 8 e ). D e n D i e n s t w e i s e r k e n n t v o r a l l e m das ö s t e r r e i c h i s c h e u n d s ü d d e u t s c h e Gebiet. Er nimmt beim D.n und beim D i e n s t h e r r n eine gewisse V e r t r a u e n s s t e l l u n g ein; er ist der V a t e r oder die M u t t e r oder a u c h ein V e r w a n d t e r oder sonstiger B e k a n n t e r , so M ü h l v i e r t e l 8 7 ) , I n n v i e r tel 8 8 ), N i e d e r b a y e r n 8 9 ) , in der N o r d o b e r pfalz (Einführer) ; der V o r m u n d ist es in H ü n x e a. d. L i p p e ( R h e i n l a n d ) 9 1 ). ω I
") B r o n n e r Sitt' «. Art 68. «) Hortus Sanitatis. Mainz 1485, cap. 14; B o c k Kräuterbuch 1551, 171 r. Marzeil. Dillestein ( G r u n d f e s t e , Fundament). „ E s s c h e i n t , m a n d a c h t e sich i m g r u n d der erde, g l e i c h s a m als d e c k e u n d g i t t e r der u n t e r w e i t , einen stein, der in m h d . ged i c h t e n d. ( v o n dille, diele, t a b u l a , p l u teus, a h d . dil, dili, altn. pil, pili) g e n a n n t ist." Vgl. G r i m m Myth. Westfalen 1, 332 ff.
2, 672 f.; Kuhn Bächtold-Stäubli.
D i n g . U m ein g e f ü r c h t e t e s W e s e n n i c h t m i t N a m e n (s. d.) n e n n e n z u m ü s s e n u n d es d a d u r c h h e r b e i z u r u f e n (vgl. die zur „ R e d e n s a r t " herabgesunkene W a r n u n g : „ W e n n m a n den W o l f bei N a m e n n e n n t , so k o m m t e r " ) , g i b t m a n i h m n i c h t seinen r i c h t i g e n N a m e n , s o n d e r n b e z e i c h n e t es e i n f a c h m i t , , D . " . S c h o n i m H e l i a n d ( V . 1055. 2990) w e r d e n die b ö s e n G e i s t e r „ d e r n e a w i h t i " , d. h. w ö r t l i c h „ v e r h ü l l t e D . e r " , o c c u l t a e res
298
g e h e i ß e n x ) (s. a. W i c h t ) . E l b i s c h e W e s e n w e r d e n m i t „ D . , böses D . , böse D . e r " b e n a n n t 2 ) . In e i n e m S e g e n a u s W e s t f a l e n s i n d es „ d i e D . e " , die e i n e m R i n d „ d i e Q u a l " g e b r a c h t h a b e n 3 ). D i e E r d m ä n n c h e n w u r d e n in Schlesien v o m V o l k e die „ F ä h n s k e d . e r " g e n a n n t . „ D . " w a r v o r 5 0 — 6 0 J a h r e n ( a n f a n g s des 19. J h s . ) in der G e g e n d a n der M e i ß e ü b e r h a u p t der N a m e f ü r G e s p e n s t 4 ). A u s S c h e u v o r den sie v e r u r s a c h e n d e n Dämonen werden auch K r a n k h e i ten mit „ D . " bezeichnet5). So heißt ζ. B . der F i n g e r w u r m (s. d.) „ d a s b ö s e D . " o d e r das „ U n g e n a n n t e " (s. d.). D i e „ R o s e , R o t l a u f " (s. d.) ( E r y s i p e l a s ) g e h t in M e c k l e n b u r g ζ . B . u n t e r d e m N a m e n „ d a t hillig D . " , das „ h e i l i g e D . " e ). K r a n k h e i t e n w e r d e n aber a u c h „ g u t e D . e r " gen a n n t '). Es ist deshalb verständlich, wenn m a n d a v o r w a r n t , ein K i n d oder ein S t ü c k V i e h „ D . " z u n e n n e n . T u t m a n es d o c h , so n i m m t m a n d e m K i n d auf n e u n T a g e das G e d e i h e n 8 ), oder w ä c h s t es drei T a g e lang nicht9). Die meisten Schäfer w e r d e n e r z ü r n t , w e n n m a n ein L a m m „ D . " n e n n t ; „ e s soll n i c h t g u t s e i n . " S a g t m a n z u e i n e m S c h w e i n D . , so h a t es kein „ D e g " ( G e d e i h e n ) 1 0 ) . ') G ü n t e r t Kalypso 63; Göttersprache 15. *) G r i m m Myth. 2, 898; DWb. 2, 1163 f.; Ε. H. M e y e r Germ. Myth. 114. 118; S o l d a n H e p p e i, 291. ·) K u h n Westfalen 2, 210 Nr. 597. 4) Κ ü h η a u Sagen 2, 120. *) DWb. 2, 1164. β) Μ e η s i η g Schleswig-Holst. Wb. i , 737; B a r t s c h Mecklenburg 2, 416f. Nr. 1933; 2, 418 Nr. 1941; 2, 419 Nr. 1945; M a n n h a r d t Germ. Mythen 26. ') W o l f Beiträge 1, 254 Nr. 3.4. ») B a r t s c h Mecklenburg 2, 52 Nr. 126; 2, 53 Nr. 142. ') M ü l l e r Isergebirge 23; vgl. Urquell 6, 181. " ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 143 Nr. 631 f. Bächtold-Stäubli.
D i n k e l ( F e s e n ; T r i t i c u m spelta). i . B o tanisches. Eine mit dem Weizen n a h v e r w a n d t e Getreideart, deren H a u p t k e n n z e i c h e n darin b e s t e h t , d a ß die K ö r ner v o n d e n S p e l z e n f e s t einges c h l o s s e n sind. D e r D . w i r d besonders i m s ü d w e s t l i c h e n u n d s ü d l i c h e n D e u t s c h l a n d ( h a u p t s ä c h l i c h in a l e m a n nischen Gegenden) g e b a u t * ) . ') Μ a r ζ e 11
Kräuterbuch 209.
2. Der D. soll am Mittwoch oder Freitag g e s ä t werden, dann wird er nicht taub 2 ), oder in der Kreuzwoche 3 ). Wenn man an Veit (15. Juni) die erste D.-Ähre sieht, so kann man an Jakobi (25. Juli) schneiden 4 ). An dem Blütenstand der Karde (s. d.) kann man die für den D. günstigste Saatzeit ablesen (18. Jh.) 5). s)
Eberhardt Landwirtschaft 200. 3) F i s c h e r SchwäbWb. 2, 218. 4) Ebd. 2, 1029. 1437; M a r z e i l Bayer. Volksbot. 121. 5)
Marzeil
a.a.O.
103 f.
3. Während der zwölf Nächte (Weihnachten bis Dreikönig) werden zwölf „ K e r n e n " (D.-Körner) nacheinander in einem Löffel über das Feuer gehalten; jeder herauspringende „ K e r n e n " bedeutet einen Monat:, in dem der Preis des Kernens steigt e ). ') Meyer
300
Dinkelsbühl—Dismas et Gestas
299
Baden 484.
4. Auf jedem D.korn kann man mit bloßem Auge die Muttergottes, angetan mit einem Mantel und dem Christuskind auf dem Arm, sehen. Deshalb schützt der D. gegen die Hexen, auch hat das Brot vom D. eine besondere K r a f t 7 ) . Sieht man auf dem D.korn das Muttergottesbild, so bedeutet das eine Hungersnot 8). ') M e i e r Schwaben 250; vgl. auch Brandenburgia 1916, 178. 8) B i r l i n g e r Aus
Schwaben 1, 401.
Dinkelsbühl k e l s b ü h 1.
Marzell.
s.
Nikolaus
Din-
Dionysius. Märtyrer und erster Bischof von Paris im 3. Jh., oft mit D. Areopagita, dem ersten Bischof von Athen, verwechselt. Er soll nach seiner Enthauptung seinen Kopf noch eine Strecke weit in der Hand getragen haben. Im 7. Jh. wurden seine Reliquien in die von König Dagobert gegründete Abtei St. Denys übertragen. Sein Gedächtnis wird am 9. O k t o b e r gefeiert *). Nach französischem Aberglauben richtet sich das Wetter des Winters nach dem D.tage 2 ). Im Kanton Waadt legen am 9. Oktober die geheimen Polizeiwächter ihr A m t in die Hände der neuen Flurschützen 3 ). ') Über seine Legende: G ü n t e r Legende 148 f f . ; S A V k . 28, 232; B u c k Volksmedizin
27;
Grässe
Preußen
2, 996 Nr.
1224;
Sein K u l t als Kennzeichen fränkischer Ansiedler i m Osten: K a i n d l Volkskunde 63. Die D.kapelle in Lenggries bei Tölz trägt, wie manche Leonhardskapellen, an den Innenwänden eine dicke Eisenkette: Bayerischer Heimatschutz 24, I i i . 112. 2) Z f V k . 17, 453. » ) H o f f m a n n - K r a y e r 166. Sartori.
Diptam (Eschenwurz; Dictamnus albus). 1. B o t a n i s c h e s . % bis I Meter hohes ausdauerndes K r a u t mit unpaarig gefiederten (eschenähnlichen) Blättern und großen rosagefärbten und zitronenartig duftenden Blüten. Der D. wächst ab und zu an steinigen Berghängen und in Laubwäldern des mittleren und südlichen Deutschlands ') M a r z e l l
Kräuterbuch 454 f.
2. Der D. ist keine Pflanze des d e u t s c h e n Volksaberglaubens. Daß sich die verwundeten Hirsche mit ihm heilen, daß die (wilden) Ziegen von dem K r a u t fressen, wenn sie von einem Pfeile getroffen werden, geht auf den antiken Bericht über die Pflanze dictamnos zurück, worunter jedoch ein Lippenblütler (Origanum dictamnus), nicht unser D. zu verstehen ist 2 ). a) D i o s k u r i d e s Mat. med. 3, 32; V e r g i l Aeneis 12, 412 f f . ; P l i n i u s Nat. hist. 25, 92 f f . ; ferner A g r i p p a von N e t t e s h e i m 1, 1 1 3 ; H e r t z Abhandl.
177;
Höf ler
Organotherapie 39. 97 f. Marzell.
Dirne s. H u r e . Dismas et Gestas. Um bei der Tortur die Schmerzen nicht zu fühlen oder um nicht ergriffen zu werden, sprachen Verbrecher und Hexen den Spruch *): Imparibus meritis pendent tria corpora ramis, Dismas et Gestas, media est divina potestas: Alta
petit
Dismas,
infelix,
infima
Gestas:
Nos et res nostras conservet summa potestas. Hos versus dicas, ne tu furto t u a perdas.
Er scheint ein alter Schutzbrief zu sein. D. und G. (auch Gesmas geschrieben) sind nach den apokr. Acta Pilati die beiden mit Jesus gekreuzigten Übeltäter 2 ). *) D e 1 r i ο I 679),
767;
praestigiis 1885,
Disquisitiones
Thiers
1,
magicae
365;
Wier
(Cöln De
daemonum 1. 5 c. 12 (franz. Ausg.
2, 65).
a)
C. v o n
Tischendorf
Evangelia apocrypha (1876), 245 f. 361 f.; W. Bauer Das Leben Jesu im Zeitalter der r.eutest. Apokryphen (1909), 221. Jacoby.
Distel—Docht
3oi
Distel (Cirsium-Arten). 1. Botan i s c h e s . Die D.n zerfallen botanisch in eine große Anzahl von Arten, die, abgesehen von besonders leicht kenntlichen Vertretern (wie der gelbblühenden KohlD.), vom Volk meist nicht näher unterschieden werden. Die D.n gehören zu den Korbblütlern; viele von ihnen sind verhaßte Unkräuter
302
Laurentiustag le ) genannt. D.n im Löwen im August gehackt, wachsen nicht mehr1*). ") M a r z e i l BayVolksbot. 112. ") F r i s c h b i e r Naturkunde 322. l5) B a r t s c h Mecklenburg 2, 290; ZfrwVk. 4, 30; 12, 84; ähnlich in England: D y e r Folkl. of plants 124 und in Russisch-Karelien: FFC. 30, 87. >«) JbEls.-Lothr. 10, 226. ") S c h u l e n b u r g 254. ") S £ b i l l o t Folk-Lore 3, 464. ") F o g e l Pennsylvania 243.
4. Die Abkochung der Kohl-D. (Cirsium oleraceum) dient gegen den „Schreck" oder andere (dämonische) Krankheiten der Kinder Gegen die Mitesser der kleinen Kinder wird die Kohl-D. (ebenso wie die Kraus-D., Carduus crispus) gekocht und mit Hefe ein Teig daraus gemacht. Dieser wird auf ein weißes Tuch geschmiert und darin das ganze Kind eingewickelt 21 ). Gegen die Maden („Würmer"), die beim Vieh in Wunden auftreten, muß man vor Sonnenaufgang an einen Ort gehen, wo D.n stehen, vier D.n übereinander knicken, daß die vier Köpfe nach den vier Himmelsrichtungen gewendet sind und über die Kreuzung einen Stein legen 22), oder man drückt den D.kopf zu Boden, legt einen Stein und eine Ackerkrume darauf und sagt dreimal: „Distelchen, Distelchen, ich lasse nicht eher dein Köpfchen los, so lang du nicht frei läßt die Würmer der K u h " *»). Eine im 16. Jh. (Cod. Pal. germ. 255) niedergeschriebene Beschwös) Η ö f 1 e r Botanik 109. *) M e y e r Barung, „wann ein mensch oder vihe madige den 600; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 289 f. Ebenso in Frankreich: S 6 b i 11 ο t Folk- wunden hat", schreibt vor, eine alleinLore 2, 514. *) M a n n h a r d t 1,41; G r ä s s e stehende D. dreimal zu reiben und zu Preußen 2, 809. 6) J a h n Pommern 1886, 398. sprechen: ,,D.kraut, ich reib dir umb ·) ZfVk. 9, 78. ') Geschichtsbl. f. Stadt u. Land deinen kragen, das du ausdreibst dem Magdeburg 16 (1881), 234. ») J o h n Westmenschen die maden" 24). Der Weichselböhmen 203. 209. *) F i s c h e r Angelsachsen zopf soll durch D.samen erzeugt werden 32. >°) D y e r Folkl. of plants 77. " ) Κ r a u ß Relig. Brauch 39. " ) F L . 16, 36; S e l i g (Ostpreußen) 2S). m a n n Blick 2, 58. s. a. E b e r w u r z , K l e t t e , Mannstreu. 3. Viele D.n wachsen auf dem Acker, wenn der Sämann bei seiner Arbeit viel E n g e l i e n u. L a h n 234; S c h u l e η b u r g 227. 21) S c h u l e n b u r g Wend. g e f l u c h t 1 3 ) oder „gefistet" (geVolksth. 103. " ) Τ ο e ρ ρ e η Masuren furzt) 14) hat. Die D.n im Acker müssen 91. •*) G r o h m a n n 153 = M a n n h a r d t an bestimmten Tagen vertilgt werden, r, 15. »*) Urquell N. F. 2, 175. ") W u t t k e wenn sie nicht mehr erscheinen sollen, so 349 § 523. Marzeil, 1 S 1 β an Johanni ), am Karfreitag ). Bei Distelfink s. S t i e g l i t z . den Wenden werden Dietrich, PankraDivination s. W a h r s a g u n g . tius, Servatius, die ,,böse Christiane", 17 Medardus und Vitus ), in Frankreich der Docht s. K e r z e , L i c h t . ') Μ a r ζ e 11 Kräuterbuch
370 f.
2. Die D.n erscheinen vielfach als d ä m o n i s c h e bzw. S e e l e n p f l a n z e n 2 ) . Sie wachsen auf den Gräbern als Zeichen, daß der Verstorbene verdammt ist s ), an der Stelle wo ein Mord begangen ist 4 ) oder auf dem Grab eines Selbstmörders 5 ). Auch Schätze „blühen" (s. Farn) unter D.n e ). Andrerseits gelten die D.n, wie viele andere stechende Pflanzen {vgl. Dornsträucher), als a n t i d ä m o n i s c h . D.büsche läßt man auf den Flachs- und Kornfeldern stehen zum Schutz gegen Hexen 7 ), ähnlich wie andere spitze Gegenstände (vgl. Egge, Besen), die Hexen vertreiben. „Neidd.n", die an Kreuzwegen gewachsen sind, werden in ungerader Zahl im Stall aufgehängt, damit böse Leute das Vieh nicht verhexen 8). Als antidämonisch galten bzw. gelten die D.n bei den Angelsachsen °), den Estländern 10), den Südslawen u ), in Marokko 12 ).
Docke-. — D o h l e
303
Docke s. D ο g g e 1 i. Doggeli, auch Toggele, Dockje. Bezeichnung des Alpdämons in der Schweiz und ihrer Nachbarschaft (Verbreitung s. unter Alp 3). Das Wort, dessen ältester Beleg aus dem 15. Jh. s t a m m t 1 ) , ist etymologisch nicht sicher zu deuten, da der kaum bestreitbare Zusammenhang mit mhd. locke = Puppe verschieden erklärt werden kann 2 ); von L a i s t n e r 3 ) zu ahd. *diohan, dühjan „ d r ü c k e n " 4 ) gestellt, also = „Drückerle". 1 ) In den (alemann.) Handschriften D , Κ , Μ des „ A c k e r m a n n s aus B ö h m e n " ersetzt töckl(e)in, döchlin das schretlein des Originals: Ackermann ed. Β e r η t und Β u r d a c h (Berlin 1917) zu Cap. 25, 18. Nächster B e leg: C y s a t 48. ') W o l f Beitr. 2, 264; Lütolf Sagen 52. ') Nebelsagen 341; vgl. Stadler 1, 287; V e r n a l e k e n Alpensagen 177. 4) G r a f f 5, 1 1 7 ; Schmeller BayrWb. 1, 494. Ranke.
Dohle. Corvus (od. Lycus od. Coloeus) monedula; ahd. taha, seit dem 13. Jh. auch tol(e), tul(e) (auch C. Gesner: ,die Tul'); daneben tale, dal(l)e. Onomatopoetische Formen: ahd. kä(a), mundartl. kauk u. ä. Personennamen: mundartl. Alfejke (Adelheid), Klas (Nikiaus), Jakob, Hansel, Matschke (Matthäus) u. a. 1 ) Namen namen
der
185ft.;
Edlinger
D.:
S u o l a h t i
Hoops
Realle χ.
Tiernamen
25;
Vogelι,
474 f . ;
Brehm
Tierl.
9, 241; Z f V k . 12, 458; B I P o m V k . 5, 1 1 ; MschlesV k . H e f t 19, 81 f. — land s ο η
Französ. N a m e n :
Faune pop. 2, 1 2 7 ; englische: Folh-Lore
of British
Rol-
Swain-
Birds 81 f.
ι.Naturwissenschaftliches. Verbreitet ist die Ansicht, daß die D. leicht und gut sprechen lerne (s. a. u. 4) 2). Noch älter ist die Überlieferung von ihrer D i e b e r e i , die sich besonders auf Münzen und goldene Gegenstände richtet. Ihr Name Monedula wird heute als monet-edula „Münzenfresserin" gedeutet 3 ) und schon Isidor 4 ): „quasi monetula, quae, cum aurum invenit, aufert et occultat"; Albertus Magnus 5 ) und Vincentius Bellovacensis e ): „quasi monetam tollens" (-dula = tollens). Schon die Antike bietet Belege '). Mittelalterliche s. bei den eben Genannten und Konrad v. Megenberg 8 ): „Monedula haizt ain täh und ist ze latein als vil
304
gesprochen als ain münzheb, sam Jacobus [de Viatico] spricht, dar umb, daz diu täch gar gern pfenning auf hebt und hat die münz liep. wenn diu täch golt oder silber vint, daz verstilt si und verpirgt es." Ahnlich Gesner®) und spätere Quellen 1 0 ). Nach einer Lausitzer Sage u ) stiehlt ein Kobold Geld in Gestalt einer D. In mittelalterlichen Quellen wird überliefert, daß das Fleisch der D. die Eigenschaft habe, ihr K o p f j u c k e n zu machen; sie lasse sich daher gern den Kopf krauen 12 ). Auf Aristoteles scheint die mittelalterliche Überlieferung zurückzugehen, daß die D. mit dem Uhu kämpfe und ihm seine Eier raube 13 ). Die G e i l h e i t der D. scheint nur für den Glauben der Antike zu gelten 1 4 ). *) A l b e r t u s M a g n u s De anim. 21, 26; 23, 129; G e s n e r Vogelb. 251 f . : ,,So man disen vogel von jugend auf erzeucht / so lernet er schwätzen wie die Atzlen. Aber man sol sy deß morgens fru vnderrichten: dann also lernend sy es vil schnäller / behaltend es auch baß / wie alle Vögel die menschliche stimm lernend"; MschlesV k . B d . 9, H e f t 19 (1905), 8 1 : Auf die Frage „ J a k o b , wo bist d u ? " antwortet die D . „ H i n derm O v e n und flick Schuh". ') P a u l y W i s s o w a 11, 1558; W a l d e Lat. etym. Wb. 5 493. *) Etymol. L . 12, c. 35. ) De anim. 23, 129. ·) Speculum naturale 16, 109. ') Ρ a u 1 y W i s s o w a 11, 1559. e) Buch der Natur (ed. Pfeiffer) 206. ') Vogelbuch 251 b. 10) MschlesV k . B d . 9, H e f t 19 (1905), 82. " ) H a u p t Lausitz 1 , 5 7 . 12) V i η c. Β e 11 ο v . Speculum naturale 16, 109; Konr. ν . Megenberg Buch d. Natur (ed. Pfeiffer) 206. " ) A r i s t o t e l e s Hist. an. 9, 2, 3 spricht jedoch nur von dem Kampf der Krähen mit den Eulen, während I s i d o r Etym. 16, 109 und A l b . Magnus De anim. 8, 14 „monedula" und „ b u b o " nennen; 8, 12 erwähnt die Feindschaft der D . mit dem Adler (s. d.). ") P a u l y W i s s o w a 11, 155 f.
2. O r a k e l t i e r . Das Geschrei der D.n oder ihr zahlreiches Auftreten verkündet T o d 15 ). Wenn sie schreiend über einen Leichenzug fliegen, stirbt bald wieder jemand aus der Familie oder Verwandtschaft l e ). Ein österreichisches Reiterlied (von H. Zuckermann) aus dem Weltkrieg beginnt: Drüben a m Wiesenrand Hocken zwei D . n — F a l l ' ich a m Donaustrand ? Sterb' ich in Polen? ").
Dom—Dominik
305
K r i e g zeigen sie an, wenn sie in Scharen ziehen l8 ), kreisen l e ), oder sich zanken 80); andernorts auch nur S t r e i t 2 1 ) . Erscheinen sie an Orten, wo sie sich sonst nicht sehen lassen, sind sie ein Vorzeichen von P e s t 2 2 ) oder Krankheit überhaupt 23). Als W e t t e r prophet, namentlich für R e g e n und K ä l t e , war die D. schon dem Altertum bekannt 24). Auch im deutschen Volksglauben verkünden die D.n R e g e n 8 5 ) , „wenn sie einsam auf den Häusern sitzen, mit den Flügeln flattern, mit dem Schnabel auf der Haut herumfahren, als suchten sie etwas" 2e), oder wenn sie sich schwarmweise in einen Graben setzen 2 7 ). „ W e n n die Tul gegen abend schreyet, zeigt sy einen ragen damit a n " 2 8 ) . Auch in England ist der „ j a c k d a w " Regenprophet e ) . Oft deutet die D. auf W i n d oder S t u r m 3 0 ) , besonders wenn sie sich schreiend in größeren Mengen zeigt 3 1 ). Im Braunschweigischen prophezeit sie S c h n e e f a l l mit ihrem Ruf „Snei, Snei" 3 2 ), im Isergebirge W e t t e r u m s c h l a g , wenn sich der Schwärm auf dem Ackerboden niederläßt, s c h ö n e s Wetter dagegen, wenn er auf Bäume fliegt 33). „ W e n n die Tulen spaat ab der weid fliegend, verkündend sy vngewitter" S4).
306
gegen die F a l l s u c h t an: Nimm eine D., pflücke ihr die Federn aus und nimm die Eingeweide aus. Alsdann fülle ihren Magen mit Kümmelsamen aus; darnach dörre sie in einem Ofen, bis sie zu einer Mumie werde. Eine Drachme von dem gestoßenen Pulver, Samen und allem, ist eine herrliche (Arznei) für die fallende Sucht, wenn man es alle Morgen früh gebraucht in einem bequemen liquore. Thue Päonienwasser drein 35 ). 36) BlpommVk. 5, Ii. 4. V e r m i s c h t e r A b e r g l a u b e . Die D. versteht die Menschens p r a c h e und spricht sie auch, wenn man ihr die Zunge löst (vgl. ο. 1) 3e ). In Swinemünde glaubt man, daO ein D.nh e r z , einem (schlafenden?) Menschen unter die Seite gelegt, diesem G e h e i m n i s s e entlocke 3 7 ). Bei den Südslaven nimmt die H e x e D.ngestalt a n M ) . 3')
M)
") ZfVk. 19, 440 (Mansfelder Seekreis). K u h n u. S c h w a r t z 460 Nr. 449. Κ ra uß
Religiöser Brauch 112.
5. S a g e n . Als in Böhmen der dreißigjährige Krieg ausgebrochen war, hielten die Lausitzer Stände eine Zusammenkunft in Budissin zur Beratung. Da pickte eine D. an das Fenster, und als man ihr öffnete, hüpfte sie herein und krächzte: „ I h r Herren, was macht ihr d a ? " Die ") D r e c h s l e r 2, 230; MschlesVk. Bd. 9, Herren haben das gleich als böse VorbeHeft 19 (1905), 82; J o h n Erzgebirge 238 deutung genommen 3e ). Nach einer andern (sie ruft „Grab, Grab, Grab"); BlpommVk. 5 Lausitzer Sage stiehlt ein Kobold Geld 11; Z i n g e r l e Tirol Nr. 652. —- Auch in in Gestalt einer D. (s. 0. Anm. 11). Auch England: S w a i n s o n Folk-Lore of British Birds 81. ι ·) J o h n Erzgebirge 127. " ) K r o n - die Antike weist eine Reihe von Anekf e 1 d Krieg 183 f. «) W o l f Beiträge 1, 232; doten und Fabeln über die D. auf 40). Z i n g e r l e Tirol Nr. 654; H o p f Tiers>) Κ ü h η a u Sagen 3, 484 ( = Μ e i c h e orakel I2i. '·) J o h n Erzgeb. 236. ϊ0) W u t t Sagen 67 = Η a u ρ t Lausitz 1, 156). ™) P a u k e 202 § 275. !1) Z i n g e r l e Tirol Nr. 654. *·) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 17. ") H o p f l y - W i s s o w a 11, 1560. Tierorakel 121. ") P a u l y - W i s s o w a 11, Vgl. a. K r ä h e . Hoffmann-Krayer. 1561; G e s n e r Vogelb. 251b (nach Aratos und Aelian). ") H o p f Tierorakel 121. Dom, Zauberwort *), das aus dominus 2S) Ο r ρ h a 1 Die Wetterpropheten im Tierreich (Leipz. 1805) 68. ") M ü l l e r Isergebirge 14. abgekürzt ist; vgl. D. mper vobism, ver*·) G e s n e r Vogelb. 251 b. *·) S w a i n s o n mutlich: dominus semper vobiscum. Folk-Lore of British Birds 81. M ) Z i n g e r l e ') K r o n f e l d Krieg 202; S e y f a r t h Tirol Nr. 653; H o p f Tierorakel 121; H o · Sachsen 156; T h i e r s 1,375; S c h e i b l e v o r k a - K r o n f e l d 1,99. ") O r p h a l Kloster 3, 503; SAVk. 19 (1915), 218 Nr. 29; (s. o. 26) 70. ") ZfVk. 10, 222. »») M ü l l e r 230 Nr. 84. Jacoby. M Isergebirge 14.
) Gesner
Vogelb. 251 b.
3. V o l k s m e d i z i n . Das Henkenhagener Arzneibuch führt folgendes Mittel
Dominik. Dominicus, Stifter des Ordens der Dominikaner oder Predigermönche, starb am 6. August 1221. Sein
307
Donar
Gedächtnistag ist seit Papst Paul IV. der 4. A u g u s t . Seine Statue soll auf wunderbare Weise in die Dominihöhle am Pilatus gerettet worden sein Sterbende ließen sich oft in die Kutte eines Dominikaners (oder Franziskaners) einhüllen, um am jüngsten Tage einen gnädigen Richter zu finden 2). Bei den Kaschuben beginnt am D.tage die Ernte 3). *) N i d e r b e r g e r Unterwaiden i , 168 f. Sagen von der Dominihöhle: Ebd. 168f.; L ü t o l f Sagen 3 ff. 16 f. Vgl. M. R u n g e Pilatus und S. D. Zürich 1859. ! ) N o r k Festkalender 1, 510. 3) S a r t o r i Sitte 2, 73. Sartori
Donar. Um den gemeingermanischen Gott D. = Thor *) selbst kann es sich hier nicht handeln, sondern allein um die Möglichkeit seines Fortlebens im späteren deutschen Volksglauben und um die etwaigen Zeugnisse hierfür. Das Material erstreckt sich hauptsächlich auf die Flur-, Orts-, Pflanzen- und Wochentagsnamengebung, auf die Donnerstagsverehrung, einige Märchen und Sagen, auf einige sakrale Gegenstände des Volksglaubens, einige Gebräuche und auf den Heiligenkult. Das Vorkommen des Wortes Donner, meist wohl mit Recht auf D. bezogen, in alten deutschen Flur- und Ortsnamen 2), die indessen noch nicht kritisch gesichtet sind, in einigen alten Pflanzennamen (s. u.), sowie in der Wochentagsnamengebung bestätigt nur des Gottes sowieso bezeugte einstige Existenz in Deutschland, beweist aber, da die Namen längst nicht mehr mit D. in Verbindung gebracht werden, nichts für sein Fortleben bis in die Neuzeit. Daß sich an Donnersberge, wie sie ihres numinosen Charakters wegen dem Gotte wahrscheinlich ihren alten Namen verdanken, so auch immer wieder von neuem Sagen aller Art, vom Kaiser im Berg 3 ), von der Kirche im Berg *) usw. 5) geknüpft haben, erlaubt keinen Schluß auf D.s Fortleben und hat mit ihm selbst nichts zu tun; solche Sagenbildung erfolgt in wechselnder Gestalt immer von neuem und die Konstante dabei ist der numinose Berg selbst. Über Altvater als Bergname s. Altvater.
308
Wie es sich mit der Tagewählerei überhaupt nicht um germanischen, sondern um antiken Volksglauben handelt, so hat die auch außerhalb Germaniens verbreitete e) Donnerstagsverehrung nichts mit dem germanischen Gotte zu tun, sondern es handelt sich um eine spätantike Sitte, die mit dem synkretistischen Tagesgötterglauben zusammenhängt, und die in den abendländischen kirchlichen Quellen, welche sich mit Sakrilegienbekämpfung befassen, öfters in Erscheinung tritt; jene Quellen hatten sich überwiegend an Cäsarius von Arles orientiert') und die Verehrung gilt dem dies Jovis, nicht dem daraus übersetzten Donarstag. Das Spessartmärchen vom 'Doktor mit den Böcken' 8), das übrigens seine walachische und vermutlich noch weitere Parallelen hat, mit 'Hammers Heimholung" in Verbindung zu bringen, es für die deutsche Version der eddischen Erzählung zu halten, wird heutiger Forschung grotesk erscheinen; es war übrigens schon von Fries selbst leicht der eddischen Diktion angenähert worden (Schleier heben, Sturm und Ungewitter usw.). Einige Tiroler Sagen kennen das Motiv vom geschlachteten, wiederauferweckten, aber nun lahmenden Vieh ·): wie es Snorri von Thor erzählt, so jene vom Nachtvolk. Es handelt sich um eine Parallelverwendung des Motivs. Die Figur des numinosen Alten in einer Hildesheimer Sage ist vermutlich wieder erst vom gelehrten Erzähler stark nach D. stilisiert, s. Alter Mann. Volksglaube, der sich an den Kuckuck 10 ), an den Donnerkeil oder -stein u ) , an den Hammer 12), an rote Gegenstände 13 ), an Stahl 1 4 ), an die Donnerwurz, Donnerdistel und andere Pflanzen 16 ), auch Tiere1®), an den Müller 17 ) usw. heftet, gewisse Gebräuche, die sich mit der Ernte le ), dem Fluchen 19), dem Bierbrauen 20) usw. verbinden, haben mit D. schon längst nichts mehr zu tun. Wieder sind sie nur die Konstante wechselnder, mit ihnen seit Urzeiten verknüpfter primitiver Glaubensvorstellungen. Wenn der w'lde Jäger einmal im Schwarzwald den Hammer mit sich führt 2 1 ), so braucht deshalb eine Verbindung mit D. nicht zu bestehen.
309
Donatus
M a g sich auf S t . P e t e r i m S ü d e n , auf S t . Olaf i m N o r d e n G e r m a n i e n s v i e l e s v o n der V e r e h r u n g u n d der P o p u l a r i t ä t d e s G o t t e s ü b e r t r a g e n h a b e n , so d a ß sie g e w i s s e r m a ß e n als seine E r s a t z l e u t e u n d Stellvertreter angesehen werden können, so k a n n m a n d e n n o c h n i c h t sagen, d a ß auf diese W e i s e der D . g l a u b e w e i t e r lebe. D i e v i e l e n a n d e r n Heiligen, in denen m a n D. wiedererkennen wollte (Leonhard, E l o g i u s , Michael, G e o r g , M a r t i n , H i p p o l y t , C h r i s t o p h ; s e l b s t Elias, Christus, der T e u f e l sind h e r a n g e z o g e n w o r d e n als E r b e n des D . k u l t s ) , 22 ) sind ζ. T., w i e S t . L e o n h a r d , v i e l z u j u n g in d e u t s c h e n L a n d e n , als d a ß sie auf eine a l t e G o t t h e i t zurückgehen könnten. Ganz allgemein m u ß g e s a g t w e r d e n 23 ), d a ß es sich v i e l m e h r bei dieser A u s g e s t a l t u n g des H e i l i g e n g l a u b e n s u m eigene s c h ö p f e r i s c h e E n t w i c k l u n g des C h r i s t e n t u m s h a n d e l t , w o b e i sich p r i m i t i v e S t i l f o r m e n i m m e r w i e d e r h o l e n u n d sich n u n auf die H e i l i g e n ü b e r t r a g e n w i e f r ü h e r auf die G ö t t e r , z u m a l j a die H e i l i g e n i m V o l k s g l a u b e n , e n t g e g e n d e m W i l l e n der K i r c h e , w i e G ö t t e r , u n d n i c h t wie b l o ß e F ü r b i t t e r bei G o t t , f u n k t i o n i e r e n . D a ß in der hl. K ü m mernis keineswegs, wie noch Bernoulli l e h r t e , D . f o r t l e b t , s o n d e r n der m i ß v e r s t a n d e n e oder u m g e d e u t e t e r o m a n i s c h e S a l v a t o r k u l t , ist j e t z t ü b e r allen Z w e i f e l e r h a b e n 2 6 ) . W i e sich p r i m i t i v e m y t h o logische Vorstellung immer wieder v o n n e u e m einstellt, o f f e n b a r t a m s c h ö n s t e n des christlichen Dichters Frauenlob christl i c h g e m e i n t e s B i l d v o m smit ύζ oberlande, der seinen H a m m e r in Märiens S c h o ß w i r f t 2 e ) ; es v e r g l e i c h t sich d e m Dithmarscher Bauernwort v o m Gewitt e r M ) : 'der A l t e f ä h r t w i e d e r e i n m a l a m H i m m e l da o b e n u n d s c h l ä g t m i t der A x t a n die R ä d e r ' . Mit D., der einst, w e n i g stens im Norden, ähnlich gesehen wurde, h a t beides längst nichts mehr zu tun. ') H o o p s Reallex. 1, 480; 4, 322. s) G r i m m Myth. 1, 140 ί. 154 f.; 3, 63; W o l f Beitr. 1, 65; M a . n n h a r d t Germ. Mythen 235 f.; S a ü p e Indiculus 13; F i s c h e r Angelsachsen 6; G o l t h e r Myth. 243. s) R a n k e Volkssagen 97. 4) S e p p A Itbayr. Sagenschalz 4 Nr. 1. ') R o c h h o l z Sagen 2, 202t.; Ε. H. Meyer German. Mythol. 247;
310
G r i m m Mythol. 2, 797. ·) ZfVk. 11, 470; P. H e r r m a n n Deutsche Mythol. 351 f. ') W. B o u d r i o t Die altgerm. Religion in der amtlichen kirchlichen Literatur des Abendlandes vom 5. bis Ii. Jh. (1928), 58 f. e) ZfdMyth. 1 (1853), 19 und 71; die walachische Parallele ebd. 3 (1855), 1071. 107 f. ·) Ebd. 1, 71; vgl. auch W o l f Beitr. 1, 99; 2, 54 f. 10) M a n n h a r d t German. Mythen 237. n ) E . H . M e y e r German. Mythol. 214. " ) Ebd. 209. " ) Ebd. 214; W u t t k e 22 §20. ») ZfdMyth. 2 (1854), 297. 1S) W u t t k e 22 § 20; W o l f Beitr. 1, 101. " ) M a n n h a r d t German. Mythen 138. " ) Ebd. 398 s . ") M e i e r Schwaben 1, 19; W o l f Beitr. 2, 54 f. ") W u t t k e 22 § 21. M) M a n n h a r d t German. Mythen 101. " ) M e i e r Schwaben 1, 18 f. " ) G r i m m Myth, ι, 157; Ε. H. M e y e r German. Mythol. 218 ff.; Q u i t z m a n n 66; M a n n h a r d t German. Μ ythen 118 f. Anm. 154; W o l f Beitr. 2, 54 f.; W u t t k e 23 § 2 1 ; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 520; M e i e r Schwaben 1, 19. " ) Vgl. dazu grundsätzlich N a u m a n n Christentum und deutscher Volksglaube, Z. f. Deutschkunde 42 (1928), 321 ff.; auch Η e 1 m in Germanische Wiedererstehung 393 ff. " ) C. Α. Β e r η ο u 11 i Die Htiligen der Merowinger 169 ff. " ) N a u m a n n a . i . O , ; G. S c h n ü r e r Das Kümmtrnisproblem in Bayern, Bayr. Heimatschutz, Festnummer 1927, S. 43 ff.; Bolte-Po1 i ν k a 3, 242 f. " ) L. Ρ f a η η m ü 11 e r Frauenlobs Marienieich 1913, 58. 95. " ) P. H e r r m a n n Deutsche Mythol. 345. H. Naumann,
Donatus, hl., ein im Martyrologium Rom a n u m z u m 30. J u n i e r w ä h n t e r , a b e r sonst ohne alte u n d z u v e r l ä s s i g e V i t a ü b e r l i e f e r t e r K a t a k o m b e n h e i l i g e r , dessen G e b e i n e im C o e m e t e r i u m der hl. A g n e s g e f u n d e n u n d 1652 v o n R o m in die K i r c h e des Jesuitenkollegs zu Münstereifel (Rheinland) übertragen w u r d e n D e r Heilige gilt i m R h e i n l a n d , v o r n e h m l i c h in der E i f e l 2 ), sowie in L u x e m b u r g 3 ) in b e s o n d e r e m M a ß e als P a t r o n g e g e n B l i t z g e f a h r ; er e r l a n g t e in D e u t s c h l a n d ü b e r h a u p t a l l g e m e i n e r e s A n s e h e n als a n d e r e B l i t z p a t r o n e . Dieses P a t r o n a t l i e g t teils in einer n a i v e n N a m e n s e x e g e s e (D.D o n n e r ) b e g r ü n d e t , teils in einer w u n d e r b a r e n B e g e b e n h e i t bei der Ü b e r t r a g u n g der R e l i q u i e n . W ä h r e n d einer Messe soll der J e s u i t , der die Ü b e r t r a g u n g leitete, v o m B l i t z g e t r o f f e n w o r d e n sein, ohne j e d o c h S c h a d e n z u n e h m e n . Seine E r rettung schrieb man d e m Heiligen zu und stellte dessen B i l d z u m S c h u t z g e g e n
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Blitzgefahr an vielen Orten auf. In der Kirche zu Münstereifel errichtete man ihm ein Steinbild mit der Inschrift: „Heiliger Märtyrer D., bitte für uns, auf daß wir vom Blitz und Ungewitter befreit bleiben" *). Ebendort wird während eines Gewitters die D.glocke geläutet, und alljährlich am zweiten Sonntag im Juli ziehen aus der Umgegend Prozessionen herbei, um des Heiligen Fürsprache gegen Wetterschäden anzurufen. In der Strut (Hocheifel) läßt jede Gemeinde im Sommer eine D. messe lesen 6 ). Allenthalben sind Kirchenglocken nach dem Heiligen benannt und unter Anrufung seines Namens gesegnet e ). Alleinwohnende, zu denen der Schall der Kirchenglocke nicht hindringen konnte, verschafften sich sogenannte D.schellen, Klingeln, die wie Kirchenglocken getauft und gesegnet waren und also auch in ihrem Gehörkreise den Wetterschaden abhalten sollten '). ») A A . SS. Juni 5, 5 1 7 . 575; S a m s o n Die Heiligen als Kirchenpatrone 176; Becker Geschichte der Pfarreien des Dekanates Münstereifel (1900), 241; K o r t h Die Patrozinien im Erzbistum Köln 55; K ü n s t l e Ikonographie 186. Hier die Vermutung, dieser D . sei identisch mit D., Bischof v o n Arezzo, unter Julian (361 bis 363) gemartert, Fest 7. August. *) W r e d e Eifeler Vk83; F o n t a i n e Luxemburg 108. 3) E n g l i n g Die Verehrung des heiligen D. im Luxemburger Land: Publications de la Socifetfi pour la recherche et la conservation des monuments hist, dans le Grand-Duch£ de Luxembourg X V I I I 227. *) Ähnlich Geistl. Schild 18; J o h n Westböhmen 282, mit dem Zusatz: und damit wir da, wo der Regenbogen niedergeht, reiche Schätze finden. 5) W r e d e a. a. O. 84. ·) S c h m i t z Ei fei 1, 99. ') Z f V k . 7 (1897), 365· Wrede.
Donner. I. M y t h o l o g i e und Sage. 1. Während der Blitz (s. d.) im Volksglauben gar nicht selten als ein persönliches, den Menschen feindliches dämonisches Wesen aufgefaßt wird, eine Anschauung, die gänzlich unabhängig neben der von der W a f f e in der Hand Donars steht, ist das Gegenteil beim D. der Fall. Der an den D. anschließende Volksglaube steht in engster Beziehung zum Gotte Donar, von dessen Namen das Wort abgeleitet i s t u n d ist nur im Zusammenhang mit ihm zu erklären. Die noch vorhan-
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denen Reste des Naturdämonenglaubens sind verschwindend gering. A m bekanntesten ist, daß der D. als das Tönen eines von Riesen bedienten Kochkessels ( = Gewitterwolke?) aufgefaßt wird 2), dann als das Tönen einer donnernden Glocke s ) ( = Gewitterwolke?) oder, wie es in einem Volkslied der Faröer heißt: ,,D. ist die rote Trommel, die durch alle Lande schlägt" 4). — Der personifizierende Naturdämonenglaube begreift den D. als männlichen Riesen; er wird meist mit dem Blitz zusammen genannt s ). 1) H e l m Religgesch. 275 A . 86. — „ Ü b e r die Namen des D s" G r i m m Kl. Sehr. 2, 402 ff. «) Μ e y e r Germ. Myth. 89 f. ») E b d . S. 90; Z f V k . 7 (1897), 113. «) R o c h h o l z Naturmythen 54; M a n n h a r d t Germ. Myth. 119 f. e) M e y e r a. a. Ο. 114. Andere Erklärungen: D . n ist Herabfallen von Schnecken (Lusern Südtirol: Z f V k . 12 (1902), 175) oder Frau Berchta spült ihre Fässer (ebd.). Ferner ist es der Jagdruf des wilden Jägers: Z f V k . 7 (1897), 241.
2. Viel größere Bedeutung kommt dem D. als Τ ä t i g k e i t D ο η a r s zu, des sich im Wetterstrahl und D. ankündigenden Gottes ®). Der D. entstand entweder durch das Schleudern seines berühmten Hammers oder das Werfen von K u g e l n ' ) , die gelegentlich auch auf die Erde herabfielen (s. D.keil) 8 ), oder er ward als das Geräusch des Wagens verstanden ®), auf dem Gott fährt. Noch zu Grimms Zeit dachte sich der Krainer wie das Volk in Schweden den D. als das Geräusch des Gotteswagens 10). Daß das D.n von Gott ausgeht, bezeichnet allgemein eine deutsch wie französisch noch heute erhaltene Redensart: wenn irgendwo großer Lärm herrscht, sagt man, „ m a n könne unsern Herrgott vor dem Tosen nicht d.n hören" (le bruit est si fort, qu'on n'entend pas dieu tonner) ω ). Christlicher Einfluß hat hier nur wenig die Vorstellungen zu ändern vermocht: der D. ist die Ζ ο r η e s s t i m m e G o t t e s 1 1 ) (s. u. II c) (biblischer Einf l u ß : Naturpsalmen) oder das K e g e l s p i e l " ) d e r E n g e l bzw. S t . P e t e r s , der, wie St. Leonhard, gelegentlich Donar substituiert worden i s t 1 3 ) ; auch: Petrus karrt Steine M ), Gott spält Kägel (Olden-
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burg) 1 8 ), der Himmelvater greint, er ist harb l e ); die Heiligen kegeln (Böhmen, wo aber auch die andern Ansichten bekannt sind) " ) ; bei den Wenden heißt es bei D.: heut ist Petrus nicht zu Hause, seine Jungen schieben Kegel 1 S ); schlägt es ein, sagt man in Westböhmen und Schwaben: Petrus hat alle neunc bzw. den Eckkegel getroffen 1β ). Andere Volkserklärungen lassen trotz der Christianisierung deutlich die Beziehung zwischen Donar und dem Ackerbau erkennen. In Schleswig-Holstein kennt man eine Sage, daß ein Bauer sofort einen Knecht entlassen habe, der beim D. gesagt hat: de lewe Herrgott smitt mit den B r o t k n u s t 2 0 ) ; in der Schweiz sagte man bei Gewitter (mitgeteilt 1854): Gott Vater rollt d'Brenta {Milchkübel) über die Kellerstiege hinunter 21 ), was gleichfalls aus der Beziehung Donars zu Feldbau und Viehzucht verständlich wird. Selbst C h r i s t u s wurde Donar gleichgesetzt; der älteste Troubadour nennt Christus Herrn des D.s 22). ·) G r i m m Myth. 1 , 138 f. ') M e y e r Germ. Myth. 204. β) Μ e i je r Schwaben 1 , 259. Daher ist der D. gefürchteter als der Blitz. ·) R o c h h o l z Naturmythen 54; G r i m m Myth, ι , 138 f. 274; 3, 62; vgl. Η e s y c h s. ν . έλασίβροντα · 8οχεΤ δχΐ}μα toü Λι&ς ή βροντή εΓναι. 10) G r i m m Myth. 1 , 1 3 8 f . ; ZfVk. 7 (1897)» 233 f f ; vgl. M a n n h a r d t Mythen 1 2 1 f. " ) ZfVk. 9 (1899), 2 3 1 . In der Form „use Herrgott k i f f t " ( S t r a c k e r j a n 2, 109). Auch antik: vgl. L y d u s de ostentis. 85, Z. 22 ed. Wachsm. zum 20, April: εΐ βροντήσω, θ-εοχολωσίαν εΓναι; vgl. S. 105, 1 5 ; vgl. B o l l Offenbarung 18. u ) Viele Belege: B a r t s c h Mecklenburg 2, 205 ( E n g e l ) ; J o h n Westböhmen 240; K u h n und S c h w a r t z 454 Nr. 410; H a l t r i c h Siebenbürg. 301 ( P e t r u s ) ; vgl. G r i m m Myth. 1, 139 f.; 3, 62 f. M e y e r Germ. Myth. S. 219. ") S c h u l e n b u r g Wend. Volkst. 165. ")· S t r a c k e r j a n 2, 109. " ) V e r n a 1 e k e n Mythen 316. " ) G r ο h m a n n 37 Nr. 212. 18) S c h u l e n b u r g Wend. Volkst. 164. M ) J o h n Westböhmen 240; B i r l i n g e r Volksth. I. 195. w ) M ü l l e n h o f f Sagen 358 Nr. 480. " ) ZfdMyth. 2 (1854), 54; M a n n h a r d t 26. **) V e r n a l e k e n Mythen 227; M e y e r Germ. Mythen 127.
3. Die christliche Anschauung vom D. als Z o r n e s s t i m m e Gottes hat ebenfalls ihre Voraussetzungen im Donarglauben. Donar verfolgt mit Blitz (s. d.)
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und D. die den Menschen feindlichen Naturunholde, um sie unschädlich zu machen. So fürchten Trollweiber, Riesen und Elben den D. als Donars wütende Stimme; wenn sie ihn hören, wissen sie, daß er zu ihrer Bekämpfung herannaht. Später wurde daraus die Sage, daß die Zwerge sofort, wenn sie den D. hörten oder die Wolken sich zum Unwetter zusammenballen sahen, in ihre „Bergein" eilten, um sich zu verstecken 2 2 ). Da später der D. durch Trommelklänge (s. o.) ersetzt wird, fürchten die Zwerge auch diese, zumal wenn eine rote Trommel gerührt wird (s. o.) 23 ). Aus Schweden wird berichtet, daß, wie alle Trolle auch die Skogsrä (Waldgeister), vor dem hinter ihnen jagenden D. große Furcht haben; während der Gewitter höre man oft im Walde den Skogsman und die Skogsfrö laut jammern 2 4 ). Oder: Ein König namens Oden jagte die Trollweiber. Auf dem Rückritt begegnete er einem Soldaten. Er gab sich zu erkennen mit dem Bemerken, er sei vom Allmächtigen dazu gesetzt, alle Trollweiber auszurotten. Auf die Gegenfrage des Soldaten, ob der König damit viel Arbeit habe, sagte Oden: „ J a , doch habe ich den D. zur Hilfe" 2 S ). Die Angst vor dem D. erstreckt sich zuletzt sogar auf Menschen, die von Trollen geraubt sind. Kommen solche Menschen wieder zur Erde, so bleiben sie es nur gegen das Versprechen, niemals den D. zu nennen. Diesbezügliche Sagen begegnen zuweilen M ). In vielen Erzählungen dieser Art fungiert der D. auch als P e r s o n ; vom Tode eines weiblichen Trolls heißt es einmal: „ E s kam der D. ihr nach und schlug sie zu Tode" 2 '). — Auch diese germanische Erzählung ist christianisiert; eine preußische Volkssage (nach Grimm) erklärt den D.: „Der mit der blauen Peitsche ( = Blitz s. d.) verfolgt den Teufel" 2 8 ). Eine andere Fassung teilt ebenfalls Grimm mit: „Der D. entsteht, wenn Gott dem Teufel nachsetzt, ihn erreicht und niederschmettert" M ) (darum soll man bei Gewitter die Fenster geschlossen halten, sonst flüchtet sich der Teufel ins Haus und es schlägt ein; s. Blitz).
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**) V e r η a 1 e k e η Mythen 2 2 7 ; M a n n h a r d t Germ. Mythen 1 1 9 f.; M ü l l e n h o f f Sagen 289 Nr. 396. M ) Μ a η η h a r d t 1, 137. " ) Ebd. 138. " ) ZfVk. 10 (1900), 195 f. " ) Ebd.; vgl. M a n n h a r d t 1, 137· ») G r i m m Afj/iA. 1, 148. ») Ebd. 3, 490 Nr. 61.
II. V ο 1 k s g 1 a u b e. 1. Der meiste im Volke verbreitete D.glaube schließt sich an den D o n a r k u l t an. Weissagungen aus dem D. spiegeln Donars mannigfache Funktionen als Haus-, Hochzeits-, Ackergott usw. wieder. Danach ist die folgende Verarbeitung einer Reihe heute noch lebendiger Volksanschauungen v o m D. gegliedert. a) Die Anschauung von D o n a r a l s F r e u n d des M e n s c h e n offenbart sich in einer Reihe von Bräuchen bei Geburt und Namengebung (Taufe). Ein Donnerstagskind gilt ζ. B . als geistersichtig; die Weihe des Kindes mit dem christlichen Kreuz ersetzte den germanischen Brauch der Hammerweihe, die das Neugeborene unter den besondern Schutz Donars stellte Gegen elbische Wesen, die Krankheiten bringen, bindet man den Kindern D.keile (s. d.) um den Hals 3 1 ). Ein großer gewichtiger Stein, beim ersten D.n aufgehoben und einige Schritte weit getragen, verleiht außergewöhnliche Stärke 3 2 ); das ganze J a h r kommt man nicht von K r ä f t e n und bewahrt sich bei schwerer Arbeit vor Leibesschaden. Dieselbe Anschauung kennen wir etwas verändert aus Westböhmen 3 3 ): hier wird derjenige, der beim ersten D.n einen schweren Gegenstand hebt, nicht vom Blitz getroffen. Schreibt man den Namen des Tages, an dem man zuerst den D. gehört hat, an die Wand des Hauses, so erhält das Gebäude Schutz gegen Blitzschlag 34 ) (nach einer Hs. aus Magdeburg, die mittelalterlichen Aberglauben enthält, ca. Ende 15. Jahrh.). Man ist selbst von Unglück f ü r ein J a h r frei, wenn man sich beim ersten D.schlag des J a h r e s auf dem Boden wälzt 35 ) (s. wälzen) (Dönhoffstädt; sonst bedeutet das sich über die Erde wälzen ein Fruchtbarmachen des Ackerbodens, s.u. f.). Ein Palmbesen, der am J a h r e s a n f a n g vor das Haus gestellt ward und dort so lange
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stehen blieb, bis es einmal darüber gedonnert hatte, wird heilkräftig; man trägt ihn in den Viehstall, wo er erst im nächsten J a h r e durch einen neuen ersetzt w i r d 3 e ) (Schwaben und Südbaden: Freiburg). Über Palmbesen und ihre blitzabwehrende Wirkung s. Blitz. b) D. u n d Krankheitsheil u n g . Donars menschenfreundliche Tätigkeit erstreckt sich weiter vor allem auf Krankheitsschutz. A d a m von Bremen berichtet (4, 27), daß man bei ansteckenden Krankheiten dem Donar opferte. A m Donnerstag sucht man Heilkräuter. Heilige Wasser und Brunnen lauten vielfach auf Donars Namen. Solche existieren sowohl in Norwegen wie in Norddeutschland 37 ). Interessant ist die Sitte, sich beim ersten D. auf dem Boden zu wälzen (s. d.) (Köflach-Steiermark) Μ ) oder auf freiem Felde Purzelbäume (s. d.) zu schlagen (Öls, Juliusberg, Groß-Graben, Schlesien) oder den Rücken an eine Wand anzulehnen (Bez. Kanew) dreimal rückwärts niederzufallen und den Rücken auf dem Boden zu reiben 4 1 ), sich mit einem Stein an den Kopf zu schlagen (Galizien) 42 ), um von K o p f - bzw. Kreuzoder Rückenschmerzen befreit zu werden. Die Sitte, sich durch Wälzen auf dem Acker von Kreuzschmerzen zu befreien, ist sicher aus dem Gedanken an die die Glieder, vor allem aber den Rücken des Menschen bis zu Schmerzen anstrengende Schnitterarbeit entstanden. Später gewährt diese Zeremonie, die in Schweden ausdrücklich dem Thor zugeschrieben wird, überhaupt Abwehr von Krankheiten 43 ). c) D o n a r als Wahrer des R e c h t s 4 1 ) (christl.: Gott straft mit D.schlag Abfall vom Glauben) ist gleichfalls noch in einigen Spuren erhalten. Abgesehen von wenigen Sagen, in denen ζ. B . D. l ä s t e r u n g mit Blitztod bestraft wird 4 S ), ist eine Stelle aus Jeremias Gotthelf gelegentlich ans Licht gezogen worden, die deutlich die Furcht der Berner vor D.schlag bei Gottesl ä s t e r u n g zeigt 4e ). J a k o b , ein Handwerksbursche, der bislang einen unchristlichen Lebenswandel geführt hat, will aus
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Donaer
L i e b e zu einem f r o m m e n Mädchen namens Eiseli sich z u m Christentum bekehren und Ostern das A b e n d m a h l besuchen. A u f J a k o b s Frage, ob vorher besondere Formalitäten zu erfüllen seien, g i b t ihm sein Meister die freundliche A n t w o r t , ein jeder könne ohne weiters z u m Tisch des Herrn gehen. A b e r das Erstaunen der Hausbewohner ist doch g r o ß ; man sieht ihn seltsam an, schweigt indes. Nur die Meisterin sagt, es müsse ihm anders gek o m m e n sein, seit er hier sei; damals habe er (sc. lästerliche) R e d e n g e f ü h r t ; es h ä t t e ihr gegraut, mit ihm aus einer Schüssel zu essen; sie habe immer gefürchtet, d e r l i e b e Gott donn e r e h i n e i n (vgl. I, 2.). d) D . a u s p i z i e n b e i d e r H o c h z e i t . Donar w a r Hochzeitsgott. Noch heute ist in vielen Gegenden der Donnerst a g ^ . d . ) ein beliebter Hochzeitstag 4 7 ). Ein D.n beim B r a u t z u g ist meist als günstiges Vorzeichen angesehen H e b t die B r a u t während des Gewitters beim B r a u t z u g oder während des ersten Gewitters nach dem B r a u t z u g e t w a s Schweres, so wird sie sehr s t a r k und k r ä f t i g 4 9 ) . — A b e r D o n a r spendet nicht nur Hochzeitssegen, er v e r s a g t ihn a u c h mit seiner Stimme. N a c h der G a u t r e k s a g a b e s t i m m t er dem Starkad, daß er weder Sohn noch T o c h t e r haben und so sein Geschlecht beschließen solle Eine nordische Sage erzählt, T h o r - D o n a r besuchte einst menschliche Hochzeiten. W o der G o t t g u t bewirtet wurde, zog G l ü c k ins H a u s ein; ein ungastliches B r a u t p a a r aber begrub er v o r den A u g e n der gastfreien B r a u t l e u t e unter einem B e r g s t u r z 61 ). A u c h im deutschen V o l k s g l a u b e n existieren noch Spuren v o m Glauben an Donars die E h e schützende K r ä f t e : P a t e n h e i r a t ist ζ. B. v e r p ö n t ; so o f t sie sich vermischen, donnert es sofort oder bricht ein U n g e w i t t e r los 52 ). e) D. u n d Hausvieh. Die B e ziehungen Donars z u m H a u s v i e h 53) und seinem Gedeihen erhellen noch aus einer A n z a h l v o n Weissagungscharakter tragenden Sprüchen. Das Ertönen des D.s über dem kahlen, dürren oder leeren (d. h. unbelaubten) W a l d gilt dabei stets als Zeichen ungünstiger E n t w i c k l u n g des
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Viehs. So heißt es O . A . Leonberg (Württemberg), daß dann eine Seuche unter den Gänsen zu befürchten sei H ) . In Ertingen und sonstigen Gegenden Schwabens d e n k t man an ein Sterben der jungen Gänslein 5 5 ). In T h ü r i n g e n geht die A n s c h a u ung um, daß bei D. über dem kahlen W a l d e sogar das gesamte Federvieh nicht gerate 5 6 ). In Mecklenburg sagt man, die Hexen h ä t t e n kein gutes B u t t e r j a h r 5 7 ) . Beziehungen zwischen D. und Großvieh sind auch in dem Brauch, das E u t e r der K ü h e mit Donnerkeilen (s. d.) zu bestreichen, damit die K ü h e reichlich Milch geben 5 8 ). Auch in S c h w a b e n (Oberbettringen, O.-A. Gmünd) g l a u b t m a n bei D. über dem kahlen W a l d an eine k o m m e n d e T e u e r u n g f ü r S c h m a l z und B u t t e r 59 ). f) D . u n d F r u c h t b a r k e i t d e s Feldes. W e i t a u s die meisten Glaubensanschauungen v o m D., die heute noch umgehen, sind Relikte des germanischen Glaubens an Donars feldersegnende K r a f t . Schon A d a m v o n Bremen wies in der oben zitierten Stelle (4, 27) darauf hin: T h o r praesidet in aere, qui tonitrus et fulmina, v e n t o s imbresque, serena et f r u g e s gubernat. W e r sich beim ersten Frühlingsgewitter, v o n dem es allgemein h e i ß t : „ F r ü h e r D., später H u n g e r " m ), auf der Erde w ä l z t (s. d.), erhält eine reiche Ernte (Böhmen, Teile Schwedens, Oberösterreich) 61 ). Dieser B r a u c h ist nur aus der B e f r u c h t u n g des Feldes durch Gewitterregen zu erklären; in Schweden nennt man den das D.n begleitenden Blitz direkt , , K o r n b l i x t , Kornb 1 i c k " ; in Norwegen „ K o r n m a d e " ®2). In W e s t f a l e n v e r k ü n d e t früher D. ein fruchtbares J a h r 6 3 ) ; rollt der D. im F r ü h j a h r ordentlich über die Berge Tirols, so wird die E r d e rogel, d. h. weich und f r u c h t b a r 64 ). Neben diesen in ihrer zeitlichen A n g a b e nur sehr ungenauen Regeln stehen präzisere. In vielen Gegenden (Erzgebirge, Mecklenburg) heißt es, daß D. über der B a u m b l ü t e ein fruchtbares J a h r h e r a u f f ü h r e 6 5 ) . D a z u aus S c h w a b e n (O.-A. Aalen) β β ): W e n n s im Mai o f t donnert, gibt's ein f r u c h t b a r e s Jahr. D a s gleiche gilt v o n D. im Juni (in Schönberg, O.-A. Rottweil). D. im
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Donner
September bedeutet viel Obst im nächsten Jahr (Altsteußlingen, O.-A. Ehingen). Dagegen bringt D. über dem kahlen Baum meist ein unfruchtbares Jahr (Mecklenburg, Schwaben) 67). Haben die Obstbäume noch kein Laub, und es donnert, so gibt es in Mecklenburg kein Steinobst; auch bei D. über den Blütenknospen der Fruchtbäume gibt es daselbst kein Obst 68 ). Eine weitere Differenzierung findet sich in der Vorstellung, daß Frühlingsgewitter aus dem Westen ein gutes Jahr bringen, aus dem Osten hingegen nicht *·) (oder ist dieser Glaube unter antikem Einfluß entstanden?). Wie stark gerade in dem D.Volksglauben die ehemalige Verehrung der ackersegnenden Tätigkeit Donars nachwirkt, mögen noch einige volkstümliche Erklärungen des D.ns dartun, die sämtlich im Zusammenhang mit der Feldarbeit stehen. In Buchau (Schwaben) sagt man bei Ertönen des D.s: „Unser Herrgott fährt ins Heu, der Wisbaum kläppert w ) schon" oder: „ D e r D. entsteht dadurch, daß unser Herrgott Getreide in den Grant ( = Getreidekasten) schüttet" 71 ). Als ein Troll, der den D. hörte, eine Frau fragte, was das für ein Geräusch sei, erhielt er die Antwort: „ D a s ist der Bauer, er führt Korn über die Brücke" 72). M) M e y e r Germ. Myth. 209. 31) Ebd. 210. »») G r o h m a n n 39 Nr. 237. **) J o h n Westböhmen 239. »*) ZfVk. 11 (1901), 276. ·«) Urquell 1 (1890), 65. *•) Β i r 1 i η g e r Volkst. 2, 74. 89; M e y e r Baden 94. »») M e y e r Germ. Myth. 210. M) H o v o r k a - K r o n f e 1 d 2, i g i ; vgl. auch Schönwerth Oberpfalz 2, 125; M a n n h a r d t I, 486. •») D r e c h s l e r 2, 309. *°) H o v o r k a K r o n f e l d 2, 290. 41) P a n z e r Beitrag 2.303· " ) H o v o r k a K r o n f e l d 2, 193. " ) M e y e r Germ. Myth. 210; ZfVk. 9 (1899), 232. " ) Vgl. Donnerstag: Gerichtstag, Feierund Gesellschaftstag. Daher für Gesellschaftsputz die Ausdrücke: donnersnett, aufgedonnert: W u t t k e 61 § 70. " ) Schell Bergische Sagen 520 Nr. 50. " ) Jeremias Gottheit (A. B i t z i u s ) Samt!. Werke herausg. von R. Hunziker und H. Bioesch, Bd. 9 (München 1917), S. 407. Die Stelle entdeckt durch H o f f mann-Krayer SAVk. 22 (1918), 199 (zitiert nach der 1. Ausgabe). ") M e y e r Germ. Myth. 213. **) Doch beachte die Bemerkung W u t t k e s S. 60 § 70, daß in Gegenden, in denen die düstere Seite des Donnergottes sich vordrängt, d. h. besonders in
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Gegenden, wo slawische Elemente einwirken, am Donnerstag keine Hochzeit gehalten wird, sonst „donnert es in der Ehe" (Norddtl., Old.). 4») M e y e r Germ. Myth. 213; R a n k Böhmerwald 1,68. *') M a n n h a r d t Mythen 129: Fornaldarsög. 3, 32 ff. n ) M a n n h a r d t Mythen 99 f. 130. ") ZfdMythol. 3, 314; G r i m m Mythol. 3, 440 Nr. 163. ° ) M e y e r Germ. Myth. 214. M ) E b e r h a r d t Landwirtschaft 21. ") B i r l i n g e r Volkst. 1, 195; F i s c h e r Schwab. Wb. s. v. donneren. '") W u t t k e 429 § 672; Schönw e r t h Oberpfalz 2, 125 (für Neuenhammer). ") B a r t s c h Mecklenburg 2, 204. M) Μ e y e r Germ. Myth. 214. '·) F i s c h e r Schwäb. Wb. s. v. donneren. M e y e r Germ. Myth. 214; Q u i t z m a n n Baiwaren 57; B i r l i n g e r Schwaben 1,401 in der Fassung: „ S p ä t D . , früh Hunger"; M a n ζ Sargans 118; Schönw e r t h Oberpfalz 2, 126. el ) M e y e r Germ. Myth. 2 i 4 ; M a n n h a r d t 1, 482 (Schweden). Erklärung ebd. 485 f.; G r o h m a n n 37 Nr. 216. ·«) M a n n h a r d t 1,484. ·») K u h n Westfalen 2, 154 Nr. 431. ««) ZfVk. 1 (1891), 69. ,s) J o h n Erzgebirge 251; B a r t s c h Mecklenburg 2, 204. **) F i s c h e r Schwäb. Wb. s. v. donneren. ·') Ebd.; B a r t s c h Mecklenb. 2,204; W u t t k e 197 § 266. «) B a r t s c h Mecklenburg 2, 204. "') Urquell 4 (1893), 160. '») B i r l i n g e r Volkst. 1, 195. " ) ZfdMyth. 3,30; M a n n h a r d t 1, 484 A. 4. , ! ) M a n n h a r d t 1, 484 A. 4.
2. N a t u r d ä m o n e n g l a u b e ist wohl nur noch in der Anschauung enthalten, daß gewisse Pflanzen, wie die D.glocke, ins Haus gebracht, den Blitz auf dasselbe herabziehen, daß er einschlägt 73 ). In manchen Teilen Badens hält man den D. für ein dämonisches Wesen, gegen das man, da es den Menschen feindlich gesonnen ist, sein Haus mit Johannis- oder D.kraut (s. Blitz) schützen muß 7 4 ). Unter die D.-abwehrenden Pflanzen zählt man auch den Mauerpfeffer (herba fulminaris!) 7 5 ). Eine andere Anschauung Südbadens und von Teilen Schwabens dürfte diese Furcht vor dem D., die zuweilen größer ist als die vor dem Blitz, mit erklären helfen: man faßt das D.n als ein lautes Steinewerfen im Himmel und glaubt, es schlage dann ein, wenn ein solcher Stein an ein Loch kommt und auf die Erde hinunterfällt. Einen solchen D.schlag nennt man einen „ S t r e i c h " 7 6 ) . " ) G r o h m a n n 99. ") M e y e r Baden 106. " ) Ebd. — Über Abwehr des Gewitters durch Glockentöne, Pauken usw. vgl. die Art. Blitz, Gewitter. " ) M e i e r Schwaben 1, 259; vgl. P o l l i n g e r Landshut 161, vgl. ZfMyth. 3, 29.
321
Donneraxt—Donnerbeschwörungen
I I I . A n t i k e E l e m e n t e sind i m d e u t s c h e n D . g l a u b e n nur g a n z s p ä r l i c h nachweisbar. V o n den i m deutschen W e t t e r b ü c h l e i n (herausg. 1549, s . d . ) a u s a n t i k e n Meteorologien, D . b ü c h e r n 7 7 ) u s w . z i t i e r t e n W e t t e r r e g e l n , die a n D . a n g e k n ü p f t sind, ist n i c h t s in das V o l k s b e w u ß t s e i n ü b e r g e g a n g e n . D a r ü b e r sowie ü b e r diese D . r e g e l n s. W e t t e r b ü c h l e i n . H i e r sollen indes zwei a n d e r e R e g e l n P l a t z f i n d e n , die a u c h d e u t l i c h a n t i k e n U r s p r u n g v e r r a t e n : 1. „ D . t es z u W e i h n a c h t e n , so ist P e s t , C h o l e r a , Ü b e r s c h w e m m u n g z u e r w a r t e n " ™); v g l . C C A . I V 1 7 1 , 3 2 : Δεκέμβριος. 'Γδροχόψ έάν βροντήσω, πόλεμον ί η λ ο ί . . . • νόοοι δέ καΙ μαλακισμοί εις τοΰς άνθ-ρώποος (vgl. L a u r e n t . L y d . de o s t e n t i s aus N i g i d i i T o n i t r u a l e e d . W a c h s m . p. 76 f f . cf. p. 89, 14 ff.). Ä h n l i c h e b d . p. 106, 18 f f . a u s e i n e m Fulgurale: "Ηλιος (έν) 5!ροχόφ. Κατά 8έ τόν καιρόν τοδτον el κεραυνός κατενεχθείη, έκδρομάς των ποταμών άπειλεΐ καΙ άφανισμούς των χωρίων. 2 . , , D . t es z u Georgi (April), so w e r d e n v i e l e R a u p e n i m J a h r e sein. D . v o r Georgi, z e i g t eine g u t e E r n t e a n " n ) . E i n d i r e k t e s Z e u g n i s aus der a n t i k e n L i t e r a t u r dieses I n h a l t s ist mir z w a r n i c h t b e k a n n t ; a b e r d e u t s c h e m G l a u b e n s c h e i n t die V o r s t e l l u n g n i c h t z u e n t s p r i n g e n , u n d es g i b t in der A n t i k e Sätze v e r w a n d t e n Inhalts, cf. L a u r e n t . L y d . p. 102, 13 f f . Ήλιος ( i v ) ταύρψ. έάν κεραονός κατεχεθ-j; έπϊ καρποφόρον δένδρον, εύχαρπίαν τοις κατ' αύτά καρποΐς σημαίνει· τψ δέ γένει των βοών έπιβλαβές τό σημεΤον τοΟτο. ( E i n e R e i h e v o n f o r m a l ä h n l i c h e n Z i t a t e n bei B o l l , O f f e n b a r u n g J o h a n n i s p. 90.) ") B o l l Offenbarung 10 f. 82. 96 f. " ) Z f V k . 4 (1894), 312. Eine ähnliche Quelle muß einem verwandten Spruch aus dem Erzgebirge zugrunde liegen: „Wenn es im Frühjahr in den „leeren Busch" donnert, so werden viel uneheliche Kinder geboren" ( J o h n Erzgebirge 251). " ) ZiVk. 4 (1894), 399. IV. S o n s t i g e r V o l k s g l a u b e . Z u m S c h l u ß soll noch eine Z u s a m m e n stellung von wichtigeren W e t t e r r e g e l n f o l g e n , die a n D . a n s c h l i e ß e n , aber nicht aus dem Nachwirken germanischer Religion verstanden werden können (s. ο. II), s o n d e r n p r a k t i s c h e r N a t u r b e o b a c h t u n g e n t s p r i n g e n . V o r a l l e m spielt B ä c h t o l d - S t ä u b l i . Aberglaube II.
322
in diesen R e g e l n eine V e r b i n d u n g v o n D . u n d S c h n e e f a l l eine R o l l e : „ W e n n es i m L e n z i g f r ü h d o r e t ( = d.t), g i b t es i m H e r b s t s p ä t S c h n e e ; d o r e t es i m H e r b s t noch s p ä t , so s c h n e i t s f r ü h z u " ( T i e f e n b a c h - A l l g ä u ) " 80 ). — „ W e n n es i m M ä r z o d e r April über den noch kahlen W a l d d o n n e r t , so v e r m u t e t m a n n o c h einen Nachwinter" (Mittelschlesien) 8 1 ). — „ W e n n s d.t über dem kahlen W a l d , bleibt's noch vier W o c h e n k a l t " (Nahetal) 82 ). — „ B e i D . im W i n t e r , ist v i e l K ä l t e dahinter" (Mecklenburg)83). ,,D. i m W i n t e r q u a r t a l b r i n g t uns K ä l t e o h n e Z a h l , b r i n g t E i s z a p f e n ohne Z a h l " (ebd.). „ W e n n ' s d . t über d e m d ü r r e n W a l d , so w i r d ' s n o c h e i n m a l k a l t " oder „ g e h t ' s über J u n g und A l t " (Schwaben) M). E i g e n t ü m l i c h ist endlich f o l g e n d e i m Allgäu und Sarganserland verbreitete A n s c h a u u n g : „ W e n n es auf den „ n a s s e n B o d e n " d . t (d. h. n a c h v o r a u s g e g a n g e n e m R e g e n w e t t e r ) , so w i r d das W e t t e r neuerdings schlecht"85). W e i t e r e W e t t e r r e g e l n f i n d e n sich in den Wörterbüchern zu den betreffenden Mundarten. Ferner vgl. B l i t z , Gewitter. «·) R e i s e r (1894), 8 z .
a
Allgäu
2, 430.
»>) Z f V k . 4
) Z f V k . 15 (1905), 3 0 0 . « )
B a r t s c h
M)
Mecklenburg 2, 205. F i s c h e r Schwab. Wb. s . v . donneren. · 5 ) M a n ζ Sargans 118; R e i s e r Allgäu 2, 431. Stegemann.
Donneraxt s. D o n n e r k e i l . Donnerbart s.
Hauswurz.
Donnerbeschwörungen in der Form von G e b e t e n sind n i c h t h ä u f i g , d a der D o n n e r nur selten p e r s o n i f i z i e r t a u f g e f a ß t w o r d e n ist (s. D o n n e r I 3, I I 2). 1. W o indes der D o n n e r als P e r s o n gedacht wird, ruft m a n wie zur Blitza b w e h r (s. B l i t z ) a u c h g e g e n den D o n n e r J e s u s C h r i s t u s a n ; so in Schleswig-Holstein: „ H e l p Gott, Jesus Christus"; auch singt m a n fromme Lieder A u s den f r a n z ö s i s c h e n Teilen des B e r n e r J u r a sind n o c h einige G e b e t e bek a n n t , die den D o n n e r d i r e k t als feindliches W e s e n a u f l a s s e n u n d ihn m i t der Hilfe irgendwelcher Heiligen fernzuhalten suchen. D a s hier n o t i e r t e G e b e t w i r d ge-
Donnerbeschwörungen
323
heim gehalten 2 ); A. Rossat, der es mitteilt, erzählt von den Schwierigkeiten, unter denen es ihm endlich gelang, eine Reihe derartiger priferes secretes zu erhalten, da die Bevölkerung um nichts in der Welt zur Mitteilung der im wesentlichen auf kirchlichen Einfluß zurückgehenden Gebete zu bewegen w a r 3 ) . Das Gebet lautet (in Schriftfranzösisch umgeschrieben): „ L a Dame Ste Barbe nous preserve du feu du tonnerre et puis de ne pas mourir d'une mort subite." Ein anderer französischer Segen beim Donner beginnt: „ S a i n t Donat faites que le tonnerre ne tombe pas sur mes parents, pas sur mes a m i s " etc. 4 ). Die alten Preußen fielen bei Gewitter auf die K n i e und beteten: „ G e h e an uns v o r ü b e r " 5 ). ») ZfVk 24 (1914), 60 Nr. 49. ' ) Vgl. SAVk. 1 1 (1907), 230. ' ) Ebd. 210 ff. 4) ZfdMyth.i (1853), 109. 5) ZfVk. 14 (1904), 15·
2. D. zum Zwecke des F r u c h t b a r k e i t s z a u b e r s kennen wir nur noch aus dem Osten (Estland. Litauen, Lettland) 6 ); doch müssen ähnliche Gebete auch auf deutschem Sprachgebiet existiert haben. Man opferte dem Donner und bat ihn um reiche Ernte. Wenn es donnerte, d. h. der über Unwetter und Dürre, Regen und Sonnenschein waltende Perkunas (entspricht dem Donar der Germanen) seine Stimme erschallen ließ, trug der lettische Bauer mit entblößtem Haupte auf seinen Schultern eine Speckseite über den Acker und bat um Gottes Gnade. Vgl. damit ein Gebet an den estnischen Picker (von 1 6 4 4 ) ' ) : „ L i e b e r Donner, wir opfern dir einen Ochsen, der 2 Hörner und 4 Klauen hat, und wollen dich bitten um unser Pflügen und Säen, daß unser Stroh kupferrot, unser Getreide goldgelb werde. Stoß anderswohin alle dicken schwarzen Wolken über große Sümpfe, hohe Wälder und breite Wüsten. Uns Pflügern und Säern gib aber fruchtbare Zeit und süßen Regen. Heiliger Donner, bewahre unsern Acker, daß er trage Stroh unterwärts, Ähren überwärts und gut Korn innenwärts." «) ZfVk. 14 (1904), 15. 1, 484 A . 4.
»)
Mannhardt
324
3. Zu den D. gehören zuletzt auch die noch heute üblichen Donnerformeln, die, letzte Relikte von aus dem Donarglauber» zu erklärenden Beschwörungen, zu Drohungen und Flüchen geworden sind und ausgestoßen werden, wenn einem etwas quer gegangen ist. Man richtet die Donnerflüche vor allem gegen Menschen, die die Absicht haben, einem zu schaden, ihn der Lüge zu bezichtigen usw.; bei Vergeßlichkeit flucht man beim Donner auch über sich selber. So charakterisiert ein Donnerfluch meist eine Situation oder Handlung, zu der man sich in keiner Weise zustimmend stellen kann und die man ursprünglich wohl auf diesem Wege zu beseitigen wünschte. Ein solcher Fluch begegnet uns zum erstenmal in Deutschland in einem ca. 1 2 3 1 in Bayern verfaßten Stück der Spielmannsdichtung 8 ), das die Verzauberung Wolfdietrichs durch eine Trolle schildert, weil Wolfdietrich sie auf ihre Aufforderung nicht minnen wollte. Verzaubert irrt der Unglückliche durch die Wälder: Endlich greift Gott ein und befiehlt der Waldfrau durch einen Engel: D u widertuo ez balde, du ungeslahtez wlp, Oder dir nimet der donner in drein tagen den 11p.
Hier bricht der alte Sagenzug von der Verfolgung der Waldfrau durch Donar-Thor (s. Donar I 2, Blitz 1, 1406 f.) noch ganz deutlich erkennbar durch. Die gleiche Erinnerung birgt sich in dem Schlachtruf der Landsknechte Maximilians, die mit „Donner und D o r i a " die Feinde angriffen (vgl. Schiller, Fiesko 1, 5) e ). In K i n d e r r e i m e n selbst kehrt dieser Sagenzug wieder; nur sind hier an Stelle der Riesen die Zwerge getreten, die von der Donnerdrohung betroffen werden. Vgl. Schleswig-Holstein: Hamer slä hamer, slä Bussemann d o t 1 0 ) . Dies ist die Gedankenwelt, aus der die heute noch gängigen kurzen Fluchformeln (auch als Schwur- und Scheltformeln gebraucht) erklärt werden müssen. Auch sie knüpfen alle irgendwie an Donar an. Einige seien hier notiert: ,,Bi gods helege steenen! (s. Donner I I 2) Bi de godsige steenen!" (Antwerpen) u ) .
Donnerbesen-ι—Donnerkeil
325
„ P o t z d u m m e r h a m m e r " als F l u c h ; „ d u d u m m e r hammers h e x " als Schelte (Zürich u ) ) . Allgemein ist „ D o n n e r k e i l " , „ D u n n e r k i l " als Ausruf unwilligen Erstaunens bekannt und gebraucht. Mecklenburg (zur B e k r ä f t i g u n g eines Gelübdes): „ D u n n e r h a l " , „ D u n n e r s l ä " . Die s t a t t dessen o f t gehörte F o r m e l : „ D a n n soll mich der Teufel h o l e n " h a t die gleiche B e d e u t u n g , da christliche Zeiten außer G o t t zuweilen a u c h den T e u f e l an Donars Stelle setzten 12 ). So sind W ö r t e r und Flüche, w i e : „ D u n d e r s a t a n " ( S c h u l z e n d o r f , Heiligensee) 13 ) oder „ D u n n e r d i e w e l " (Grimm, M y t h . I, 151) eigentlich Verdoppelungen v o n Donar (3. u.). In der Schweiz k e n n t m a n als Fluch und S c h w u r „ b i m D o n n e r " , ferner „ P o t z D o n n s t i g " , w o v o n scherzh a f t „ P o t z Donnstig v o r m F r i t i g " s t a t t „ b i m Donner". Verstärkungen davon sind: „ D o n n e r s d o n n e r ! " (vgl. Donnersatan) und „ D o n n e r s s c h i e ß ! " 14 ). — D e r allgemein verbreitete F l u c h „ D o n n e r w e t t e r " , „ d a fahr (schlag usw.) denn doch das Donnerwetter d r e i n " verbindet mit D o n a r noch W o d a n , den W e t t e r g o t t und W i l d e n Jäger, der dem W e t t e r gleichgesetzt ist und im G e w i t t e r s t u r m heranbraust 1 5 ). Die B e d e u t u n g des Fluches ändert sich dadurch nicht. 6) M a n n h a r d t Germ. Mythen 213; D e r s . Feldk. 1, 108 f. Die Erklärung schon bei
G r i i n m Namen des Donners 425. ·) Ρ f i s t e r Hessen 23
hoff 213.
Sagen 603;
")
i n Kl. Sehr. 2, Μ ü 11 e η -
10)
Mannhardt
Μ a η η h a r d t
Mythen
Mythen
213.
") B a r t s c h Mecklenburg 2, 205; vgl. G r i m m Myth. 1 , 1 5 1 ; vgl. auch M e i c h e Sagen 194 Nr. 262; 662 Nr. 821. " ) S c h u le η b u r g
Wend. Volkstum
167.
14 )
Roch-
h o l z Sagen 2, 201. 18) H e l m Religgesch. 261; K n o o p Hinterpommem 15 f. Stegemann. Donnerbesen s. A l p r u t e , besen.
Hexen-
Donnerdistel s. E b e r w u r z , treu.
Manns-
D o n n e r f l u g s.
Lerchensporn.
D o n n e r g u g s.
Hirschkäfer.
Donnerkeill). nerbeile,
D.e, Donnersteine, DonD o n n e r ä x t e nennt das V o l k
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prähistorische, meist neolithische W e r k zeuge, die es gelegentlich findet. Sie sind aus verschiedenen harten Gesteinsarten hergestellt; die meisten haben als A c k e r gerät gedient, sind daher a b g e n ü t z t und schartig, die zur W a f f e b e s t i m m t e n sind sorgfältiger gearbeitet und besser erhalten. A l l e sind durchlocht, um den H o l z s c h a f t einzulassen. V i e l f a c h finden sie sich in Gräbern als B e i g a b e 2 ) . Allgemein verbreitet ist der A b e r g l a u b e , die D.e seien bei einem Gewitter v o m Himmel herabgeschleudert worden. Der Mythus v o n dem Donnergotte, der den Blitzh a m m e r schleudert, m a g der A u s g a n g s p u n k t für diesen A b e r g l a u b e n gewesen s e i n 3 ) . W i e Donars H a m m e r nach altgermanischem G l a u b e n immer wieder in seine H a n d z u r ü c k k e h r t , so steigen die D.e nach dem Volksglauben, nachdem sie 7 oder 9 K l a f t e r tief in die Erde fuhren, in j e d e m Jahre wieder etwas e m p o r ; im siebenten Jahre sind sie so hoch an die Oberfläche der Erde gek o m m e n , daß ein H a h n sie ausscharren k a n n 4 ) . Die D.e stehen beim V o l k e in h o h e m Ansehen, gelten als heilig und genießen abergläubische Verehrung. W i e man einst bei Donars H a m m e r schwur, so später bei den D.en. In den Niederlanden f l u c h t m a n : „ b y gods heilige s t e e n e n ! " , in der Oberpfalz „ D ü n a r unz W e d a " , v e r s t ä r k t in „ D u n a - W e d a S t r a h l " , v e r k ü r z t in „ U i S t r a h l " . E i n übliches K r a f t w o r t im Bergischen ist „ D o n n e r k i e l " , in Mecklenburg „Dunner s l a " oder „ D u n n e r h a l " 5 ) . Bei heranziehendem Gewitter ist der echte D., wie man glaubt, unruhig, b e w e g t sich hin und her und schwitzt e ). A u c h kann man seine E c h t h e i t daran erkennen, daß eine um ihn gewickelte Schnur im Feuer nicht v e r b r e n n t 7 ) . Der Ort, wo der D. liegt, kann nicht wiederum v o m Blitz heimgesucht w e r d e n ; er ist der beste S c h u t z gegen Blitzschlag. W e r ihn bei sich trägt, kann v o m Blitz nicht getroffen werden 8 ); wo immer er sich auch befindet, da kann der Blitz keinen Schaden tun. Man legt ihn deshalb bei heranziehendem Gewitter auf den Tisch, das Herdfeuer, steckt ihn unter das D a c h oder vergräbt ihn im 11*
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Hause 9 ). In Masuren steckt man bei Gewitter den Finger durch das Stielloch des D.s, dreht ihn unter dem Sprechen einiger Zauberworte dreimal herum und wirft ihn mit aller K r a f t gegen die Stubentür 10 ). Dem D. schreibt das Volk magische Wirkungen zu, wie es bereits im Altertum geschah. Wer ihn bei sich trägt, erlangt gewaltige Stärke und Z a u b e r k r a f t u ) . Wenn man nur ein kleines Stückchen unter die Handhaut schiebt und schlägt oder berührt jemand damit und spricht dabei: „Treff dich der Strahl", so fällt der Getroffene sofort tot zu Boden. Getroffenes Wild fällt wie vom Donner erschlagen augenblicklich zu Boden, wenn der Jäger beim Kugelgießen ein Stückchen D. in die Gießform getan h a t l a ) . Ja, der D. kann seinen Träger sogar unsichtbar machen 1 3 ). 1870 verlangten viele deutsche Soldaten von den Apothekern D.e, da sie glaubten, daß diese sie gegen feindliche Kugeln schützen könnten 1 4 ). Als Donars Gewitterstein ist der D. ein kräftiger Schutz gegen alle teuflischen Mächte, Hexen, Maren, Alpe, Gespenster 16 ). In Pommern trägt man ihn gegen Hexenzauber auf der B r u s t 1 6 ) . Geschwollene Euter der Kühe deuten auf Hexenschaden hin. Ist die K u h krank, so daß sie blutige Milch gibt, so melkt man sie durch das Loch des D . s 1 7 ) (vgl. Kuhstein, Trudenstein). In Baden, Schlesien, Hessen, dem Nahetal, Elsaß u. a. bestreicht man die kranke K u h (das entzündete Euter) mit dem D.e 18). In Oldenburg legt man krankem Vieh einen D. in die Krippe, in Pommern gibt man ihm Abschabsei von dem Stein ein 19 ). Gegen Behexung der Milch, die nicht buttern will, legt man in Schleswig einen D. ins Butterfaß 2 0 ). Unter dem Schutze des Donnergottes stehen die Saaten. Man vergräbt deshalb Donnersteine im Acker oder wirft sie am Gründonnerstagabend über die Saaten 2 1 ). In Schlesien steckt der Bauer einen Donnerstein ins Sätuch, damit das Korn gedeiht 2 2 ). Auch an kranke, verdorrende Bäume hängt man Gedeihen bringende Donnersteine 23). Dem D. werden ganz besondere Heilkräfte zugeschrieben, als Sympathie-
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mittel verwendet man ihn gegen verschiedene Krankheiten 24). Er vertreibt Entzündungen und Geschwüre, wenn man die kranken Stellen mit ihm bestreicht, ebenso Warzen, Gesichtsrose, Entzündungen der Brüste, Furunkel, kurz alle äußerlichen Entzündungen. Auch Hals- und Kopfweh, Seitenstechen und Brüche weichen, wenn man die leidenden Teile mit einem D. bestreicht 26). In Hessen gibt man Gebärenden zur Erleichterung der Geburt einen D. in die Hand 2 e ). Bettnässen wird beseitigt durch Harnen durch das Loch eines D.s 2 7 ). Abschabsei des Steins werden bei Krämpfen, Fieber, Bauchweh, besonders Kindern, eingegeben M ). Der Glaube an die überirdische Herkunft des D.s und seine Kräfte ist im Schwinden begriffen; nur alte Leute halten noch zäh an dem Aberglauben fest und geben dem Altertumssammler nur ungern den (meist in der Familie vererbten) D. Sie borgen ihn gegen Bezahlung an andere Dorfbewohner aus und geben der heiratenden Tochter die Hälfte des D.s mit Der D. ist einer von den wenigen Steinen (die im Aberglauben und in Sagen vorkommen), die rein germanischen Ursprungs sind 30 ). Ahnliche Anschauungen über die Herkunft und die K r ä f t e der D.e herrschen in den meisten Teilen Europas und Asiens; sie sind nicht auf indogermanische Völker beschränkt 31 ). Auch in Afrika und Amerika finden sich gleiche abergläubische Vorstellungen 32). Der gemeinsame Ursprung ist wohl, daß man sich die zerschmetternde K r a f t des Blitzes nur durch eine Waffe erklären konnte und die rätselhaften prähistorischen D.e damit in Verbindung brachte. Vielleicht hat auch das zufällige Auffinden von Meteorsteinen, die das Volk noch heute D.e nennt und als beim Blitz geschleuderte Geschosse ansieht, den Aberglauben manchmal unterstützt 33). l ) Α η d r e e Die prähistorischen Steingeräte im Volksglauben (1882), i i 2 f i . ; E . K i r c h n e r Thors Donnerheil (1853); Β l i n k e n b e r g The Thunderweapon in Religion and Folklore; T y l o r Cultur 2, 264; S e g e r in MschlesVk. 11 (1904), 10 ff.; H o o p s
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Donnerkeil
Realie χ. ι , 4 8 1 ; G r i m m DWb. 2, 1 2 5 3 f . ; S c h a d e s. v . c e r ä u n s 1 3 7 1 i f . ; B r e s l . S a m m l . R e g b . 5 2 7 ; S a r t ο r i 2, 13 f. ( L i t e r a t u r ! ) ; F r a n z Benediktionen 2, 22 ( a n t i k e L i t . ) . 2) K a u f t m a n n Altertumsk. 1 (1913), 105 f f . ( A b b . T a f e l 5 ) ; M e y e r Germ. Myth. 3 1 2 § 2 8 8 ; B e r g m a n n 1 3 4 . 3) G r i m m Myth. 1, 106. 150 f . 1 3 9 ' ; M e g e n b e r g Buch der Natur 7 4 u n d 380; Z e d i e r ; , 1282; K n o o p Hinterpommern 1 8 1 N r . 2 4 1 ; G e s η e r d. j.l. 59, 63 f f . ( A b b i l d . 62 u. 64); M e y e r Religgesch. 7 1 ; H e l m Religgesch. 1, 193 f . ; H o c k e r Volksglauben 2 2 1 ; S c h w a r t z Studien 145; M a n n h a r d t Germ. Myth. 9 1 u. 1 0 9 ; A n d r e e Parallelen 2, 30 f f . ; Α η d r e e - Ε y s η 2 5 ; Η e y 1 Tirol 797 Nr. 223; S i m r ο c k Edda 61 f. ') M e y e r Germ. Myth. 9 1 . 1 5 1 f . ; G r i m m a . a . O . 2, 8 1 0 ; Z f d M y t h . 2 (1854), 3 2 7 ; B a r t s c h Mecklenburg 2, 205; Birl i n g e r Volkst. 1 , 194 N r . 3; L a u f f e r Niederd. Volksk. 9 5 ; K u h n u . S c h w a r t z 30; M e i e r Schwaben 1, 253 f . ; D r e c h s l e r 2, 1 3 7 ; Η e y 1 Tirol 379 N r . 5 ; M e y e r Baden 402; S t ö b e r Elsaß (1858), 4 4 5 t . ; H e s e m a n n Ravensberg 101; M ü l l e r Siebenbürgen 29; S c h w a r t z Heidentum 66'; W u t t k e 91 N r . i n ; W e i n h o l d Neunzahl 3 8 ; L ü t t i c h Zahlen 20; Zedi e r a . a . O . s ) G r i m m DWb. 2, 130 N r . 3 ; W o l f Beiträge 1 , 6 7 ; Z f V k . 13 (1903), 3 5 1 ; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 2 3 ; ElsM t s c h r . 1 (1910), 9 7 ; B a r t s c h a. a. O. 2, 205 N r . 1008; W r e d e Rhein. Vk. 3 4 ; G ö t z e Luther 1 3 ; v g l . R o c h h o l z Sagen 2, 203 u. 201 f . ; W o l f Beiträge 1, 67. Z u d e r Verehrung des D . s durch Bestreichen mit B u t t e r (s. d.) o d e r B a d e n i n B i e r (s. d.) b e i d e n N o r d g e r m a n e n v g l . M e y e r Germ. Myth. 1 4 1 u n d M a n n h a r d t Germ. Myth. 23 u n d 1 0 1 . ·) S a r t o r i Westfalen 69; W o l f Beiträge 1, 6 7 ; M o n t a n u s Volksfeste 4 1 ; Α η d r e e Parallelen 2j 32: Κ ü h η a u Sagen 3, 4 5 7 N r . 1 8 4 0 ; Z f V k . 1 3 (1903), 3 5 2 ; T o p p e n Masuren 43. ') D r e c h s l e r 2, 1 3 8 ; S e g e r a . a . O . 1 1 ; Z f V k . 9 (1899), 226. ") M e g e n b e r g a.a.O. 380 u. 4 4 1 ; M a r b o d 28; J a h n Hexenwesen 194 N r . 775; Z e d i e r a.a.O.; Z a h l e r Simmenthai 3 8 ; S e p p Sagen 94; W a i b e 1 u. F l a m m 2, 1 6 7 ; L o h m e y e r Saarbrücken (1924), 52 N r . 1 2 2 ; U s e n e t Götternamen 2 8 7 ; W u t t k e 3 0 4 5 4 4 8 ; K e l l e r Grab d. Abergl. 2, 150. ») Z f r w V k . 5 (1908), 1 8 4 ; Z f V k . 24 ( 1 9 1 4 ) , 60; W o l f a . a . O . 1, 217; S i m r o c k Myth. 613; B a r t s c h a . a . O . 2, 205 N r . 1005; H a r t m a n n Westfalen 2 1 f . ; A n d r e e Braunschweig (1896), 4 1 1 ; S t r a c k e r j a n 1, 69 u. 2, 1 1 7 N r . 3 4 4 ; K u h n u. S c h w a r t z 455 N r . 4 1 1 ; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 1 1 6 ; W u t t k e 304 § 448; K e l l e r Grab d. Abergl. 2, 138 f f . u n d 250; S i g l Wetterei u. D. 1, 298 f . ; v g l . W e i n r e i c h Heilungswunder 168; S e l i g m a n n 2, 25 ( F i n n l a n d ) . 10) F r i s c h b i e r Hexenspr. 1 ; S e g e r a. a . O . 1 2 ; v g l . Κ η u c h e l Umwandlung 36; T o p p e n Masuren
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42. " ) W u 1 1 k e 309 § 4 5 5 ; 3 1 6 § 4 6 7 ; H e y 1 Tirol 423 N r . 1 0 9 ; 3 7 9 N r . 5 7 ; S e y f a r t h Sachsen 261 f. 1 ! ) M e i e r Schwaben i , 2 5 3 ; H ö h n Tod 3 1 4 ; G r ä s s e Jägerbrevier I , 1 3 6 . 13) G r o h m a n n 3 7 ; W u t t k e 3 1 7 § 4 7 2 ; 92 § i n . " ) A u s l a n d 63 (1890), 534. Jt) M e y e r Germ. Myth. 208f.; W u t t k e 281 § 4 1 1 ; S e y f a r t h Sachsen 2 6 1 ; M ü l l e η h ο f f Sagen 243 N r . 2 ; G r o h m a n n 150. " ) S e l i g m a n n 2, 2 5 ; J a h n Hexenw*sen 1 4 f . " ) F r i s c h b i e r Hexenspr. 19; D r e c h s l e r 2, 1 0 4 ; E i s . M t s s c h r . 1 (1910), 96; M ü h l h a u s e 5 7 f . ; T o p p e n Masuren 100; Μ a r t i η y Molkerei 4 f.; K e l l e r a . a . O . 1 5 0 ; W u 1 1 k e 440 § 700; v g l . S a r t o r i 2, 143 ( R u m ä n e n ) . 1B ) M e y e r Baden 402; S c h m i t t Hetlingen 15; Urquell 3 (1892), 108; M a n n h a r d t Germ. Myth. 2 1 f . ; A R w . 18, 5 9 4 ; F o x Saarland 2 9 1 ; E i s . M t s s c h r . 1 (1910), 96; Z f r w V k . 2 (1905), 2 9 7 ; D r e c h s l e r 2, 106 N r . 4 7 8 ; W o l f Beiträge 1, 2 1 9 ; M e y e r Germ. Myth. 2 1 4 ; Z f V k . 15 (1905), 9 2 ; L o h m e y e r Saarbr. (1924), 26 N r . 6 1 ; K e l l e r a . a. O . ; M a n n h a r d t Germ. Myth. 22. ") J a h n Hexenwesen 14 f . ; W u t t k e 436 § 686; Z f V k . 5 (1895), 3^4- * ) Z f V k . 5 (1895), 324. " ) M e y e r Germ. Myth. 2 1 5 ; M a n n h a r d t Germ. Myth. 138. *») D r e c h s l e r 2, 5 5 N r . 408; S a r t o r i 2, 6 4 ; Z f V k . 1 4 (1904), 1 7 . " ) W u t t k e 4 2 7 § 669. ") S e y f a r t h Sachsen 261 f . ; A l e m a n n i a 34 (1906), 269; v g l . G r o h m a n n 230; Z f d M y t h . 2 (1854), 3 1 9 ; M e y e r Germ. Myth. 210. " ( D r e c h s l e r a . a . O. 2, 204 u n d 292, 289; Z f r w V k . 2 (1905), 283; Z f d M y t h . 1 (1853), 202; Z f V k . 2 1 ( 1 9 1 1 ) , 3 1 5 ; 5 (1895), 294 u. 24 ( 1 9 1 4 ) , 3 0 1 ; Z e d i e r 7, 1 2 8 3 ; S a r t ο r i Westfalen 7 1 ; J a h n Hexenwesen 194 N r . 775; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 5 9 u. 2, 12 u. 1 9 3 ; W u t t k e 348 § 5 2 0 ; 91 § i n ; 346 § 5 2 o ; H e s s B l . 2 0 , 2 3 N r . 2. ") W u t t k e 92 § i n . " ) H a l t r i c h Siebenbürgen 2 6 8 ; Z f V k . 5 (1895), 324· " ) M e y e r Germ. Myth. 2 1 0 ; S e y f a r t h a . a . Ο . 2 6 1 ; S t r a k k e r j a η ι , 94 u. 2, 1 0 9 ; B a r t s c h a . a . Ο . 2 , i i 2 ; K n o o p Hinterpommern 181; W u t t k e 360 § 542. 2 ·) S e g e r a . a . O . 1 2 ; Z f V k . 9 (1899), 226; S a r t o r i Westfalen 71; L o h m e y e r a . a . O . 52 N r . 1 2 2 ; S e g e r I I . 30) G r i m m Myth. 2, 1 0 2 1 ; v g l . S c h a d e ! 3 7 3 · s l ) S 6 b i l l o t Folk-Lore 1, 104 f. u n d 4, 6 7 ; S e l i g m a n n 2, 25 ( F i n n l a n d ) ; W l i s l o c k i Magyaren 6; Festskrift til F e i l b e r g 792 f . ( S k a n d i n a v i e n ) ; Τ e t ζ η e r Slaven 3 6 4 ; Z f V k . 8 (1898), 238 ( S ü d r u ß l a n d ) ; F r i s c h b i e r Hexenspr. 1 (Masuren); S e e f r i e d - G u l g o w s k i 171 (Kaschuben); Β ö c 1 e r Ehsten 115; L i e b r e c h t Zur Volksk. 3 3 6 ( K i r g i s e n ) ; v g l . A R w . 2, 3 2 ; T y l o r Cultur 2, 263 f f . ; F u c c i in L ' A n t h r o p o l o g i e 29 (1918), 539 f f . ( C h i n a ) ; A n d r e e Parallelen 2, 3 2 ; J e r e m i a s Religgesch. 228 u n d 2 3 4 ; A R w . 2, 3 2 ; F r a ζ e r 1, 2, 3 3 1 f . **) S e g e r a . a. O . 1 3 ; G l o b u s 8 1 , 3 5 3 ; S a r t o r i 2, 1 4 ; F r a ζ e r Totemism 3,
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Donnerkraut·:—Donnerstag
236; H o v o r k a - K r o n f e l d 1 , 5 9 ; SA Vk. 25, 2. 33) S e g e r a . a . O . 13; W n u d t Mythus und Religion 3, 215; Rhein. Mus. 1905, 18 ff.; Ausland 63 (1890), 536; BayHefte 1, 191 f. Olbrich.
Donnerkraut s. H a u s w u r z . Donnerstag. 1. Namen. — 2. Heilighaltung. — 3. Andere Erinnerungen an Donar. — 4. Geburt, Hochzeit, Tod. — 5. Vieh- und Feldwirtschaft. — 6. Recht, Volksmedizin u. a. I. B e i der Ü b e r n a h m e der siebent ä g i g e n W o c h e (s. d.) e r s e t z t e n die D e u t s c h e n d e n r ö m i s c h e n J u p i t e r d u r c h ihren Wetter- und Gewittergott D o n a r ( s k a n d i n a v i s c h T h o r ) *) u n d m a c h t e n den 'dies J o v i s ' , der sich nur in d e n r o m a n i schen Sprachen (franz. ' j e u d i ' , ital. ' g i o v e d i ' , s p a n . ' j u 6 v e s ' ) e r h a l t e n h a t 2 ), z u m D o n a r t a g , D . (ahd. ' d o n a r e s t a g ' , m h d . ' d o n r e s t a c ' , an. ' t h o r s d a g r ' , ags. ' t h u n o r e s d ä g ' , engl, ' t h u r s d a y ' ) 3 ). N u r auf bayr.-österr. Mundartgebiet bürgerte sich der d e m griech. ή πέμπτη (ήμέρα) nachg e b i l d e t e N a m e Ρ f i n s t a g oder P f i n z t a g ein 4 ). G o t i s c h e Christen, w e l c h e die Bezeichnungen Pfingsten und P f a f f e nach B a y e r n g e b r a c h t h a b e n 6 ), d ü r f t e n a u c h diesen N a m e n , w i e v i e l l e i c h t a u c h E r t a g ( A r e s t a g ) f ü r D i e n s t a g , hieher g e b r a c h t haben. I m V o l k s b r a u c h u n d G l a u b e n sind einzelne, d u r c h e i g e n e N a m e n h e r v o r g e h o b e n e D . e des J a h r e s w i c h t i g , so der D . v o r F a s t n a c h t (s. d.), der Z i m b e r s t a g Westfalens, an dem nicht gearbeitet w e r d e n d a r f e ) , der W e i b e r f a s t e l a b e n d o d e r L u t z e n f a s t a b e n d im a l t e n K ö l n , a n d e m die W e i b e r b e s o n d e r e V o r r e c h t e genossen '), der f e t t e D . der R h e i n l a n d e , an dem m a n wenig arbeitet und „ f e t t " lebt, auch Deckendonnerschdiesch genannt ( H u n s r ü c k ) 8 ) , der f e t t e D . in L u x e m b u r g 9 ) u n d v e t t e n d o n d e r t a g bei den V l ä m e n 1 0 ), d e n e n der feiste P f i n s t a g i m B ö h m e r w a l d , w o er s o g a r a u c h der f e i s t e S o n n t a g h e i ß t u ) , u n d in Ö s t e r r e i c h e n t s p r i c h t 1 2 ) , d e r u n s i n n i g e D . oder P f i n s t a g in der S c h w e i z l s ) u n d in Ö s t e r r e i c h 1 4 ) , der t o l l e D . in W e s t b ö h m e n 1 5 ), der g u m p i g e o d e r l u m p i g e oder s c h m u t z i g e D . in S c h w a b e n 1 6 ). S c h m u t z i g e r oder r u ß i g e r
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D . h e i ß t in der S c h w e i z u n d in B a d e n a u c h der D . n a c h A s c h e r m i t t w o c h , der a u ß e r d e m n o c h a n d e r e N a m e n f ü h r t 1 7 ) . Die ursprüngliche Bed e u t u n g des D o n a r t a g e s s t e i g e r t der G r ü n d. (s. d.), f ü r d e n sich i m V o l k e ebenfalls verschiedene Bezeichnungen find e n l e ) , d u r c h die c h r i s t l i c h e B e d e u t u n g z u einer b e s o n d e r s g l ü c k l i c h e n 1 S ) , w a s a u c h bei d e n auf D . e a n g e s e t z t e n F e i e r t a g e n Christi H i m m e l f a h r t 20) (s. d.) u n d F r o n l e i c h n a m 2 1 ) (s. d.) z u t r i f f t . E n d l i c h sind n o c h die drei l e t z t e n D . e v o r W e i h n a c h t e n , die heiligen N ä c h t e 2 2 ) oder K l ö p f l e s n ä c h t e 23 ) z u e r w ä h n e n 24 ). A l s F a m i l i e n n a m e k o m m t der D . sehr selten v o r 2 5 ) . I m V o l k s r ä t s e l f i n d e t sich die F r a g e : W e l c h e r T a g ist der l ä n g s t e in der W o c h e ? (Der D . , weil er z e h n B u c h s t a b e n h a t ) 2 e ). *) Vgl. M e y e r Germ. Myth. 202. 8) A 1 b e r s Jahr 6. 8) v. d. L e y e n Sagenbuch 22; Schräder Realien\ 964; Rochbolz Glaube 2, 29; M ü l l e r Essays 1 , 3 7 8 ; G o l 4 t h e r Myth. 2 4 3 ' . ) DWb. 2 (1860), 1252; H o o p s Reallex. 4, 558; F i s c h e r Altertums/t. 112. 6) v. d. L e y e n Sagenbuch 18. «) W u t t k e 83 § 96. ') W r e d e Rhein. Volksk. 1 7 4 ! ") Ebd. ") F o n t a i n e Luxemburg 22. 10) R o c h h o l z Glaube 2, 49. ") John Westböhmen » 3 6 . " | G e r a m b Brauchtum 25. l s ) Unoth 1 (1868), 187; R o c h h o l z Sagen 2, X L 1 1 I . Z i n g e r l e Tirol 134 ff.; G e r a m b Brauchtum 20. >3) J o h n Westböhmen 2 35 f. 1β) Β i r 1 i n g e r Volksth. 2, 21 f.; R e i n s b e r g Festjahr 37. 1?) M e y e r Baden 210 und bes. H ö f l e r Fastnacht 72. 18) D W b . 2 (i860), 1252; A l b e r s Jahr 150. ή W u t t k e 73 § 85. s°) Ebd. 78 § 91. Vgl. K u h n u. S c h w a r t z 491 Aran. 200. " ) Vgl. M e y e r Germ. Myth. 217. " ) M e i e r Schwaben 2, 457 f. 23) F e h r 1 e Volksfeste * 12 f. " ) S a r t o r i Sitte 3 , 1 1 ; L e o p r e c h t i n g Lechrain 203; Κ a ρ f f Festgebräuche 3. " ) Α. Η e i n t ζ e Die deutschen Familiennamen 6 (Halle 1922), 300. Über nordische Personennamen nach Thor vgl. G r i m m Myth. 1, 155 f. 2e) S t r a c k e r j a n 2, 26. 2. W ä h r e n d f ü r d e n A b e r g l a u b e n des F r e i t a g s die c h r i s t l i c h e R e l i g i o n die w i c h t i g s t e n G r u n d l a g e n g e l i e f e r t h a t , l ä ß t sich der a m D . g e l t e n d e V o l k s g l a u b e f a s t d u r c h w e g a u s der ü b e r r a g e n d e n , d u r c h J a h r h u n d e r t e bis in die G e g e n w a r t wirk e n d e n B e d e u t u n g e r k l ä r e n , die einst D o n a r z u k a m . Sein T a g m u ß der h ö c h s t e F e s t t a g der G e r m a n e n g e w e s e n s e i n 2 7 ) .
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Donnerstag
Gegen die heidnische Festfeier dieses Tages kämpfte die Kirche mit wenig Erfolg 2 8 ). Sie hob den D. selbst hie und da durch einen eigenen Gottesdienst hervor 29) und erhöhte sein Ansehen durch die Feier der Einsetzung des Abendmahls und der Himmelfahrt Christi w ) , die in den Mai fällt, in welchem nach den fränkischen Kapitularien die D.e besonders festlich begangen wurden 3 1 ). Die H e i l i g h a l t u n g des D . s 3 2 ) , der bis zum 17. J h . mehr oder weniger als Feiertag g a l t 3 3 ) und den die Esten sogar über den Sonntag stellen 34 ), zeigen noch Volksglaube und Volksbrauch der Gegenwart. Dabei ist aber das meiste, was sich auf den Abend des D.s bezieht, auszuscheidcn, da dies, namentlich das Verbot des Spinnens am D.abend 3 5 ), einerseits auf F r e y a hindeutet, der der Vorabend des Freitags gehört 3e ), andrerseits sich aus dem christlichen Glauben erklären kann, daß man auch am Vorabend des Todestages Christi nicht arbeiten soll. Auf F r e y a ist vielleicht auch das Pfinzdaweibl Niederösterreichs zurückzuführen, eine Abart d e r „ B e r c h t l " 3 7 ) . E s kommt vom „ f o a s t n P f i n z d a " , dem letzten D. im Fasching, bis zum Aschermittwoch und an allen Feierabenden des J a h r e s in die Häuser und zerstört in den letzten Faschingstagen jede Arbeit. Was dieses Wesen gebietet, geschieht. Wenn es 2. B. zur Ofengabel sagt: „Mach' mir die Tür a u f ! " so folgt die Ofengabel sofort diesem Befehle. Wenn das ,,Weibl" nicht will, daß das Feuer im Ofen brenne, so erlischt es augenblicklich M ). In der Gegend von Zwettl spinnt man am D.abend nicht, weil man dieses Weibchen fürchtet 39 ). Es erinnert an die russische Freitagsfrau, 'Pjatnica', und die rumänische 'swinta maica Vinire' oder 'Paraskeve' (heilige Mutter Freitag) Dagegen deutet teilweise Arbeitsruhe am Tage selbst noch heute auf den heidnischen Festtag hin. A m D. darf kein Geschirr gereinigt, kein Holz gehauen und -kein Mist ausgeführt werden 4 l ). Im Nahetal darf Wäsche nicht gebeucht, d. h. in Holzaschenlauge gebrüht werden, denn das kostet ein Rind oder ein K i n d 42 ). In
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Wagensteig bei Freiburg haben die Dienstboten im Winter bis Fastnacht jeden D.nachmittag frei und dürfen die Zeit für sich verwenden 43 ). A m D. tragen selbst die Vögel nicht zu Neste 44 ), was auch damit erklärt wird, daß am D. Gott die Vögel geschaffen h a t 4 5 ) . Der Fluch „ P o t z Donnstig" mag sich ebenfalls auf die sonst üblich gewesene Heiligung des D.es beziehen 4 e ), wie man ähnlich in Holstein, wenn man den Namen des Donners selbst nicht aussprechen will, flucht: „ H a e l im de donnerstag"! 47 ). Als Feiertag gilt der D. auch bei den Schweden; in Norwegen darf an dem T a g nichts Wichtiges begonnen werden, doch ist er der geeignetste Tag f ü r Zauberei Die Wenden spinnen am D. nicht und fahren keinen Dünger 4 9 ). Bisweilen handelt es sich um bestimmte D.e im J a h r e . A m ersten D. im März erhielt jeder Droste (Truchseö) in Westfalen Brot und Bier M ) (vgl. u. § 6), und an den ersten drei D.en im März wurden in Lützkampen (Kreis Prüm) die Fides, Spes und Caritas verehrt 5 1 ). ") Grimm Myth. 2, 953; M e y e r Germ. Myth. 2 1 5 ; Η ö f 1 e r Ostern 2. M ) Η e f e 1 e Conciliengeschichte 3, 5 5 ; W i d 1 a k Synode v. Liftinae 28 f.; S a u p e Indiculus 25 f.; Friedberg Bußbücher 25; Grimm Myth. 1, 159; 3, 402 = M e y e r Aberglaube 120; M a n n h a r d t Götter 187 f.; M e y e r Germ. Myth. 215. •·) R o c h h o l z Glaube 2, 34 f.; M e y e r Germ. Myth. 215, M ) R o c h h o l z Glaube 2, 3 3 ; D r e c h s l e r 2, 186; ZfVk. 8 (1898), 447. 3 1 ) M a n n h a r d t Germ. Mythen 18 Anm. *») G r i m m Myth. 1, 159; 3, 70 f. Vgl. oben die Artikel Arbeit i, 572 f. und Bad 1, 802 f. " ) M e y e r Aberglaube 207; M e y e r Religgesch. 290; Stemplinger Aberglaube 1 1 4 ; B a r t s c h Mecklenburg 2, 2 1 7 (Keine Hopfenarbeit, sonst wird Nesselhopfen) ; A 1 b e r s Jahr 7. **) Β ο e c 1 c r Ehsten 97 ff. " ) K u h n u. S c h w a r t z 1 3 2 Nr. 1 5 3 ; vgl. 445 Nr. 3 5 7 ; K u h n Mark. Sagen 379 Nr. 26 und Westfalen 1, 61 f. Nr. 48; 2, 129 Nr. 390; vgl. i, 321 Nr. 367 (Fischen in der D.nacht); G r i m m Myth. 2 , 8 3 0 ; W o l f Beiträge 1, 69; B a u m g a r t e n Jahr u. s. Tage 3 1 ; W u t t k e 402 § C19; Meyer Germ. Myth. 2 1 5 ; ZfVk. 8 (1898), 447 (SteierM mark). ) Α I b e r s Jahr 7. Über Frigg-Verehrung auch am D. vgl. M e y e r Religgesch. 3 272. 274. ') G e r a m b Brauchtum 25. M ) Baumgarten Jahr u. s. Tage 3 1 ; P f a l z Marchfeli 43. *·) Germania 29 (1884), 4 1 1 . *°) Μ a η η h a r d t 2, 185 Anm. Vgl.
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AnSpr. 98 (1897), 84 . " ) W n t t k e 60 § 70; S t e m p l i n g e r Aberglaube 114; D r e c h s l e r 2, 186. Vgl. Ν ο r k Festkalender I X Anm. " ) ZfrwVk. 1905, 205. 43) M e y e r Baden 338 = S a r t o r i Sitte 2, 44. " ) W u t t k e 60 § 70; D r e c h s l e r 2, 186. 45) R o c h h o l z Glaube 2, 32. *·) Ders. Sagen 2,202. 4 , ) W o l f Beiträge 1, 70. "J H e c k s c h e i 353. Vgl. R. Th. C h r i s t i a n s e n Der D. im skandinavischen Volksglauben (Festskrift til Feilberg 183 ff.). «·) H e c k s c h e r 369. 5°) Η ö f 1 e r Fastnacht 85. " ) Ebd. 89 = M e y e r Germ. Myth. 172. Vgl. oben Apokalypse 1, 546. 3. A u c h sonst hat der D. E r i n n e r u n g e n a n D o n a r und heidnische Züge bewahrt. A m D. geht, wie einst jener, unser Herrgott a m liebsten über L a n d 62 ). A m H i m m e l f a h r t s t a g e , an dem stets ein Gewitter kommen soll 5 3 ), darf m a n nicht nähen, sonst schlägt in dem J a h r e ein B l i t z ein (Ostpreußen) oder dem, der das Kleid trägt, ziehen die Gewitter nach (Voigtland). A n dem T a g e gesammelte und zu K r ä n z e n gewundene K r ä u t e r werden zum Schutz gegen den Blitz im Hause a u f g e h ä n g t . In katholischen Gegenden findet der „ W e t t e r s e g e n " statt, eine Flurprozession, bei welcher an v i e r H a l t p u n k t e n nach Verlesen eines S t ü c k e s aus den vier E v a n gelien jedesmal ein Wettersegen gesprochen wird 54 ). A u c h die Fronleichnamsprozession nahm in Deutschland sofort nach ihrer E i n f ü h r u n g den Charakter einer Flur- und Wetterprozession an 55 ). Die dabei mitgetragenen K r ä n z c h e n und Sträuße, wie auch Aste der geweihten B i r k e n oder Tannenreiser von den Altären b e w a h r t man auf, um sie gegen Blitzgefahr und gegen K r a n k h e i t e n v o n Menschen und Vieh zu verwenden 5e ). Noch reichere Erinnerungen birgt der Gründ. 5 7 ) (s. d.), an dem auch der von der weißen F r a u in Neuhaus gestiftete süße Hirsebrei an die A r m e n verteilt wurde 58 ). Auf Donar, dem die E r b s e n heilig waren, weist der B r a u c h , a m D. Erbsen zu essen 59 ). Man hat sie als Sinnbilder der v o n Donar gesandten Hagelkörner gedeutet m ), doch sind Hülsenfrüchte nach griechisch-römischem und deutschem Glauben überhaupt eine wichtige Geisterspeise e l ). Die an den K l ö p f l e s t a g e n abends umziehenden K i n d e r werfen auch
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E r b s e n oder Maiskörner u. a. an die F e n ster oder schlagen mit kleinen hölzernen Hämmerchen, die an Donars H a m m e r erinnern, daran e2 ). A m D. sind die E l f e n und Zwerge am tätigsten ® 3 ), und K o b o l d e und Hausgeister äußern ihren Widerwillen, wenn die Menschen an diesem T a g e arbeiten oder l ä r m e n 6 4 ) , besonders in der nordischen Ü b e r l i e f e r u n g e s ) . Der D. w a r auch der H a u p t o p f e r t a g f ü r die Elben 66 ). In Norddeutschland schlachtete man eine schwarze D.shenne den Zwergen ® 7 ). Dagegen h a t man bisher wohl allzu viel B e d e u t u n g dem in einer norddeutschen Sage ω ) vorkommenden Zwergennamen Hans D. beigelegt, der die V e r w a n d t s c h a f t der E l b e n mit dem Gotte Donar dartun s o l l t e 6 · ) . Zwerge und Geister führen überhaupt seltsame N a m e n oder Spottnamen, ζ. B . R ü b e z a h l = R ü b e n s c h w a n z im Sinne v o n Rübenpenis. A m D. ist auch der feurige Drache besonders tätig T O ) und zieht zuweilen das wilde Heer u m 7 1 ) . Dieser so mit heidnischen Vorstellungen und Überlieferungen erfüllte T a g mußte durch das Christentum in einen H e x e n t a g v e r w a n d e l t werden. Nach den H e x e n a k t e n erscheinen die Teufel zumeist a m D. und Dienstag 72 ), am D. k o m m t der Hexenbuhle 73 ) oder w u r d e nach Aussage v o n H e x e n in Gestalt eines Hündchens g e b a d e t 7 4 ) , a m D. muß die Hexensalbe bereitet werden 75 ) und am A b e n d dieses T a g e s f a h r e n die H e x e n zu ihren Versammlungsplätzen7β). In Niederösterreich finden diese Z u s a m m e n k ü n f t e nur zweimal im J a h r e statt, a m D. in der Weihnachtswoche und a m Johannistage 77 ), also zur Zeit der Sonnenwenden. I m Mittelalter galten die drei D.snächte v o r A d v e n t als 'noctes infaustae', in welchen der Teufel und die H e x e n besonders zu fürchten waren 78 ). A u c h f ü r die Zauberer ist der D. ein günstiger T a g w ) . Daraus, noch mehr aber, weil man vielleicht an dem Tage, an welchem der Heiland v o n den J u d e n gekreuzigt worden ist, v o n diesen nichts wissen wollte, erklärt sich die Verordnung, daß sich J u d e n nur an bestimmten Tagen in der S t a d t a u f h a l t e n durften und a m D. abends in
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das Dorf zurückkehren mußten 8 0 ). Doch war der D. zugleich mit dem Montag gemäß einer Anordnung des Propheten Esra bei den J u d e n selbst ein halber Feiertag 8 1 ). Als Hexentag und als der Tag, an dem J u d a s den Herrn verraten hat, ist der D., allerdings nicht so stark, wie dies Wuttke betont 8 2 ), ein Unglückstag, namentlich im katholischen Süddeutschland 8 3 ). In Braunschweig gilt er als „sehr g u t " 84 ), was er dort, wo das Volk die Wochentage vom Montag an zählt, als gerader T a g sein muß 85 ). Bei den Slawen und dort, wo slawischer Einfluß vorliegt, überwiegt die düstere Seite 8 6 ). Nach russischem Glauben kommen Würmer in das Fett, wenn man es am D. salzt 8 7 ), und man kann den Kühen der Nachbarschaft die Milch entziehen, wenn man am 1. D. des Monats die Alraunwurzel verbrennt 8 8 ). Bei den Finnen darf man am D. nachmittags den Kopf nicht umdrehen 89) (s. Rückwärtssehen). Auch bei den Arabern ist der D., wenn er auch gut zum Aderlaß ist, ein unglücklicher Tag, weil an ihm viele Heilige den Märtyrertod erlitten haben. Doch ist er sonst bei den Bekennern des Islam ein Glückstag nach dem Ausspruch Mohammeds: „ A l l a h segnet den D. und den Sonnabend" 9 0 ). " ) ZfVk. 14 (1904), 145. " ) M e i e r Schwaben ι, X I X . " ) W u 1 1 k e 78 § 91. Noch heute findet die „Hagelfeier" (Flurumgang) in Brechten bei Dortmund alljährlich am letzten D. im Juni statt: Sartori Westfalen 1 1 5 f. ") F r a n z Benediktionen 2, 72 ff. si ) S a r t o r i Sitte 3, 220. " ) W u t t k e 73 f. § 85; M e y e r Germ. Myth. 2 1 5 f. 58) J u n g b a u e r Böhmerwald 134. ") B a r t s c h Mecklenburg 2 , 2 1 7 , 1 1 2 6 a ; M a n n h a r d t Germ. Mythen 49; R o c h h o l z Glaube 2, 46 f.; W u t t k e 61 § 70; D r e c h s l e r 2 , 1 8 6 . eo) W u t t k e 22 §20. " ) F e h r 1 e Volksfeste 2 13. ") K a p f f Festgebräuche 3. " ) K ö h l e r Voigtland 358; R o c h h ο 1 ζ Glaube 2, 30; Z a u n e r t Westfalen 27. M ) ZfdMyth. 3, 2 7 2 ; M a n n h a r d t Germ. Mythen 48 ff. Vgl. Κ ü h η a u Sagen 3, 75. *s) H. F . F e i 1 b e r g Der Kobold in nordischer Überlieferung in ZfVk. 8 (1898), 5. 269. " ) Ebd. 134 f. und 10 (1900), 322; M e y e r Germ. Myth. 140. ·') K u h n u. S c h w a r t z 516 = M e y e r Germ. Myth. 140. M) M ü l l e n h o f f Sagen (1921), 325 Nr. 484. '·) W o l f Beiträge i, 70; Mannhardt Germ. Myth. 48; Rochh o l z Sagen i, 355. ») W u t t k e 46 § 49 (Ostpreußen). ») M a n n h a r d t Germ. Myth. 48; R o c h h o l z Glaube 2, 36; ZfVk. 18
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(1908), 182. " ) G r i m m Myth. 2, 953 f. ") S c h m i t z Eifel 2, 42. " ) B a r t s c h Mecklenburg 2 , 1 9 (a. d. Jahr 1584). " ) S t r a k k e r j a η 2, 26 Nr. 286. " ) ZfdMyth. ι (1853), 294; 2, 422; 3, 54 f.; M a n n h a r d t Germ. Myth. 49; L e o p r e c h t i n g Lechrain 1 7 ; Strackerjan 2, 25 Nr. 286; Heyl Tirol 39 Nr. 5 1 ; 5 3 1 Nr. 100; W u t t k e 60 § 7 0 ; 158 § 2 1 5 ; L a i s t n e r Sphinx 2, 3 1 8 = M e y e r Germ. Myth. Γ4θ; J e c k 1 i η Volkstüml. 108. 405; S A V k . 3, 32. " ) P f a l z Marchfeld 66. " ) M e y e r Aberglaube 215. " ) F r i s c h b i e r Hexenspr. 7. 10. 80) Schw81 Vk. 1 1 , 2. ) Buxtorf Judenschul 302 = R o c h h o l z Glaube 2, 33. 82) W u t t k e 83 60 § 70. ) Z i n g e r l e Tirol 1 2 1 f.; H e y l Tirol 765 Nr. 70 f.; H ö h n Geburt Nr. 4, 261. M ) Α ηdree Braunschweig 400. Ebenso S a r t o r i Westfalen 30, dagegen ebd. 74 auch s unglücklich. * ) Vgl. M e y e r Baden 135. 8 ") W u t t k e 60 § 70 8 ') S t e r n Rußland I, M 65. ) Α . T. S t a r c k Der Alraun (Baltimore 1917) 5. " ) S e l i g m a n n Blick 2, 287. •°) S t e r n Türkei 1, 376 f.
4. Auf Donar weisen auch Glaube und Brauch hin, die an die Hauptstufen des menschlichen Lebens, an Geburt, Hochzeit und, allerdings weniger, T o d geknüpft sind. Die am D. geborenen Kinder können Geister sehen 9 1 ). Dieser Glaube scheint erst später auf die Sonntagskinder (s. d.) übergegangen zu sein 9 2 ), wobei die Meinung, daß am Sonntag getaufte D.skinder geistersichtig werden e 3 ), eine Zwischenstufe darstellt. Eine Umkehrung dieses Glaubens liegt vor, wenn auch die am D. getauften Sonntagskinder als geistersichtig gelten 9 4 ). Diese Gabe hat auch der in einer auf D. fallenden Weihnachten Geborene und ein Wunderkind ist, wer je im 3. Monat (März, J u n i , September und Dezember) am i . D . zur Welt kommt 9 5 ). In Tirol hält man die am D. geborenen Kinder für Unglückskinder, die närrisch und zu Torheiten geneigt sind 9 e ), in Württemberg glaubt man, daß sie viel J a m m e r erleben 97), dagegen bei den Magyaren, daß sie viel Glück im Leben haben M ) und bei den Spaniolen, daß sie wohltätigen Sinnes sind, weil Gott am D. die Vögel und Fische geschaffen hat, die sorgenlos leben und ihre Nahrung selbst finden 9 9 ). Im Norden setzte man am D. die Wechselbälge an Kreuzwegen aus oder schlug sie mit Ruten 10 °). Auf Thor weisen die
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mit H a m m e r u n d H a k e n k r e u z bezeichn e t e n u n d a m G r ü n d . eingesegneten nordischen T a u f s t e i n e hin 101 ), doch wird im südlichen Schweden a m D. nicht g e t a u f t , auch nicht g e t r a u t und b e g r a b e n 1 0 2 ) . Neben d e m Dienstag ist der D. im Egerl a n d der günstigste T a g z u m K i r c h g a n g der Wöchnerin, u n d zwar bei K n a b e n ; a n d e r e Tage h ä t t e n Unglück oder Tod der K i n d e r zur Folge 103 ). K i n d e r dürfen a n einem D. nicht z u m erstenmal in die Schule geschickt w e r d e n 1 0 4 ) u n d d o r t auch nichts Neues zu lernen a n f a n g e n l o s ). U n d so h a t m a n den alten F e s t t a g auch schon im Mittelalter als 'dies academicus' gefeiert, und er ist noch h e u t e vielfach schulfrei 1 0 6 ). D o n a r (Thor) w a r der G o t t der Hochzeit, worauf auch sein H a m m e r , d e m z u m Teil phallische B e d e u t u n g z u k o m m t , hinweist 107 ). U n d so gehört der D., auf den in Baden die „ K o m m n a c h t " fällt 1 0 8 ), zu den bevorzugten Hochzeitstagen 108 ), besonders in S ü d d e u t s c h l a n d , wo es h e i ß t : D.sheirat, Glücksheirat n o ) . In S t r a ß b u r g w a r der D. der gesetzliche Hochzeitst a g l u ) , sonst heißt es im Elsaß auch, daß die „ n o b l e n " Hochzeiten a m Dienstag u n d n u r d i e geringen a m D . s t a t t f i n d e n 1 1 2 ) . Man h a t eben im südwestlichen Deutschl a n d vielfach a u s E r s p a r n i s g r ü n d e n den f r ü h e r e n Dienstag d u r c h den D. ersetzt. Denn die Hochzeit d a u e r t e in der Regel bis z u m n ä c h s t e n S o n n t a g u n d verurs a c h t e daher, wenn sie schon a m Dienstag begann, b e d e u t e n d e Kosten 113 ). A m D. feiert m a n die Hochzeit auch in Shetl a n d 114 ), bei den R u m ä n e n 115 ) u n d neben d e m Dienstag bei z u n e h m e n d e m Licht in M a s u r e n l l e ) . A n einem dieser zwei Tage beginnt bei den Slowinzen die Hochzeitsfeier n ' ) . A m D. ging in B o r n u m die j u n g e F r a u in das H a u s ihres Mannes, n a c h d e m die Hochzeit a m Dienstag gefeiert u n d die N e u v e r m ä h l t e noch a m Mittwoch zu H a u s e geblieben war. S t a m m t e sie v o n auswärts, so k a m sie a m D. in das Gehöft des B r ä u t i g a m s u n d die Hochzeit f a n d erst a m S o n n t a g s t a t t . Der D. gilt auch als glückbringend f ü r den Einzug in eine neue W o h n u n g (Anhalt) 1 1 8 ), neben anderen Tagen auch im Erzge-
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birge 119 ). Vereinzelt heißt es in W ü r t t e m berg 12°) u n d besonders in Norddeutschland, d a ß a m D. keine Hochzeit s t a t t finden soll, weil dies U n f r i e d e in der E h e b e d e u t e t 1 2 1 ) , die Eheleute d a n n sonst wie H u n d und K a t z e zusammenleben werden 122) oder es, wie auch wortanalogisch erklärt wird, in der E h e „ d o n n e r n " w i r d 1 2 3 ) . Auch in F r a n k r e i c h heiratet m a n nicht a m D., a n d e m der Teufel seine M u t t e r h e i r a t e t 1 2 4 ) . Nach s ü d d e u t s c h e m Glauben ist der d e m Tod geweiht, der a m D. k r a n k wird 125 ). ,l ) W u t t k e 316 § 469; auch in Schweden, vgl. H e c k s c h e r 104. ·') M e y e r Germ. Myth. 209. ·3) Urquell 1 (1890), 152; W u t t k e 60 § 70; Rogasener Familienblatt 2 (1898), 83. ·*) K u h n Märk.Sagen 378 Nr. 22 = R o c h h o l z Glaube 2, 29; W u t t k e 387 § 589. »s) R ο c h h ο 1 ζ Glaube 2, 29. ··) Ζ i η g e r 1 e Tirol 121 f. 8;) H ö h n Geburt Nr. 4, 261. ") ZfVk. 4 (1894), 309. ») S t e r n Türkei r > 375· 10°) M a n n h a r d t Germ. Myth. 49. 101 ) M e y e r Germ. Myth. 209. 102) R o c h h o l z Sagen 2, 202. In manchen Orten Württembergs wird der D. mit dem Dienstag als Tauftag bevorzugt, vgl. H ö h n Geburt Nr. 4, 268. J03) G r 2ü n e r Egerland 39; J o h n Westböhmen 262. ,M ) Urquell 4 (1893), 277; W u t t k e 60 § 70. »«) Vgl. ZfrwVk. 1910, 66. 10i) R ο c h h ο 1 ζ Glaube 2, 38 f.; L ü t ο 1 f Sagen 560 Nr. 589. An Volks- und Bürgerschulen war der D. im alten ÖsterreichUngarn schulfrei und ist es noch heute in den Nachfolgestaaten. 10') M e y e r Germ. Myth. 212. 10") D e r s . Baden 191. 109) D e r s. Germ. Myth. 213; S a r t o r i Sitte «. Brauch 1 , 6 0 f.; H e c k s c h e r 354. Dazu E n g e l i e n u. L a h n 245 Nr. 84; W r e d e Rhein. Volksk. 127; L a m m e l t 154; D r e c h s l e r 1, 235; H ö h n Hochzeit Nr. 6, 2 (II.); G e r a m b Brauchtum 125; S a r t o r i Westfalen 86; H o f f m a n n - K r a y e r 34. uo) W u t t k e 60 § 70; S t e m p l i n g e r Aberglaube 115; R o c h h o l z Glaube 2, 41. 111 ) A 1 b e r s Das Jahr 7. >") Elsäss. Monatsschr. 1 (1910), 169. n 3 ) H ö h n Hochzeit Nr. 6, 2 (II.). 46 (I.). "«) H c c k s c h e r 104. >") S t e r n Türkei 1, 379. 11β) Τ ο e ρ ρ e η Masuren 75. 117) T e t z n e r Slawen 434. Bei den Südslawen ist der erste Beischlaf am D., Κ r a u ß Sitte 11. Brauch 456. l l i ) Mitteil. Anhalt. Gesch. 14, 16. u e ) J o h n Erzgebirge 28. 103. 12°) H ö h n Hochzeit Nr. 6, 2 (II.). m ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 59 Nr. 193. '«) ZfVk. 9 (1899), 443 Nr. 20 (Kr. Jüterbogk). 123) K u h n u. S c h w a r t z 434 Nr. 285. >«) S έ b i 11 ο t Haute-Bretagne 113; Les Evangiles des Quenouilles (Paris 1855), 158 Nr. 23. 12ä) P a n z e r Beitrag i, 259; L a m -
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Donnerstag
m c r t 95; H e y l Tirol 766 Nr. 74; W n t t k e 60 § 70; 221 § 3 1 4 ; H ö h n Toi Nr. 7, 312. Uber Thor als Totengott vgl. M e y e r Germ. Myth. 213. 5. D o n a r (Thor) s c h ü t z t a u c h das V i e h u n d d e n A c k e r b a u 1 2 6 ). A m L e c h r a i n h ä l t m a n das a m D . g e w o r f e n e V i e h f ü r b e s o n d e r s k r ä f t i g u n d n e n n t solche D . s kälber im oberbayrischen Gebirge mit b e l o b e n d e r B e t o n u n g s c h l e c h t w e g nur P f i n z t e l e i n 1 2 7 ). A u c h in T i r o l g e l t e n sie als g u t 1 2 8 ) . D o c h h e i ß t es a u c h , d a ß m a n sie n i c h t a u f z i e h e n 12β ) u n d K ä l b e r überhaupt am D. nicht entwöhnen soll130). A l s F l e i s c h t a g ist der D . g ü n s t i g z u m ersten A u s t r i e b m ) , w u r d e a b e r an e i n i g e n Orten durch den S o n n t a g v e r d r ä n g t 1 3 2 ) . A m D . sind die K ü h e a m b e s t e n z u m e l k e n und werden v o n Läusen befreit; meist a m H i m m e l f a h r t s t a g , d e m ersten s o m m e r l i c h e n D. ( f a n d i m N o r d e n das Mitt a g s m e l k e n (s. M i t t a g ) s t a t t 1 3 3 ) . In O s t p r e u ß e n m ü s s e n die P f e r d e a m D . v o r d e m A b e n d b r o t gefüttert werden, sonst drückt sie die M a h r 1 3 4 ). D e r D . , a n d e m G o t t die V ö g e l g e s c h a f f e n h a t , ist ferner g ü n s t i g z u m U n t e r l e g e n der B r u t e i e r 1 3 5 ) . A m D . soll m a n in W ü r t t e m b e r g n i c h t s a m B i e n e n s t a n d a r b e i t e n 1 3 6 ), d a g e g e n m i s c h t m a n in O l d e n b u r g a m G r ü n d . E r d e v o n e i n e m in der l e t z t e n N a c h t a u f g e w o r f e n e n M a u l w u r f s h a u f e n in das F u t t e r ; d a n n f l i e g e n die B i e n e n nie f o r t u n d s e t z e n sich beim S c h w ä r m e n niedrig137). Bei den M a g y a r e n l ä ß t m a n die B i e n e n a n e i n e m D . (oder M i t t w o c h ) in der e r s t e n A p r i l w o c h e z u m e r s t e n m a l i m J a h r e ausf l i e g e n ; d a n n w e r d e n sie f l e i ß i g , f e t t u n d m u n t e r 138 ). A u s der A r b e i t s r u h e des f r ü h e r e n Feiert a g s e r k l ä r t sich das V e r b o t des A u s m i s t e n s 1 3 e ) u n d D ü n g e r f a h r e n s 140 ) a m D . E i n B a u e r in O l d e n b u r g , der an e i n e m D . Mist g e f a h r e n h a t t e , f a n d a m a n d e r n M o r g e n die K u h t o t i m S t a l l e 1 4 1 ). D e r D . ist d a g e g e n g e e i g n e t z u m P f l ü g e n 1 4 2 ) u n d S ä e n , d a n n w i r d das F e l d v o n H a g e l u n d B r a n d v e r s c h o n t bleiben 1 4 3 ). N a m e n t l i c h Erbsen und Hülsenfrüchte müssen a m D. gesät werden144). A m Gründ., an dem man in O l d e n b u r g m ö g l i c h s t viel s ä t 1 4 5 ) , u n d bei V o l l m o n d g e l e g t e K a r t o f f e l n g e r a t e n
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g u t 1 4 " ) . D e r D . ist a u c h f ü r F r u c h t b a r k e i t s z a u b e r g ü n s t i g 1 4 7 ). In M e c k l e n b u r g ging man an einem D. vor Sonnenaufgang dreimal um das blühende Kornfeld, zog an j e d e r E c k e j e d e s m a l einen H a l m a u s u n d h ä n g t e diese z w ö l f H a l m e i m R a u c h f a n g a u f ; a n g e b l i c h k a m e n d a n n keine S p e r l i n g e in das K o r n f e l d 148 ). A u f d e m H e r t f e l d in S c h w a b e n g e h t m a n in der G r ü n d . s n a c h t in die G ä r t e n , k n i e t dreim a l u n t e r d e n B ä u m e n nieder u n d bet e t 1 4 9 ). In T i r o l , w o der B a u e r a m G r ü n d . a b e n d auf seinen A n g e r h i n a u s g e h t , unter e i n e m B a u m n i e d e r k n i e t u n d m i t ausg e b r e i t e t e n A r m e n sein G e b e t v e r r i c h t e t , h e i ß t dies B a u m b e t e n , in O s t s t e i e r m a r k dagegen Grünwasengang. Hier m u ß man b a r f u ß auf den A n g e r gehen, d a n n ist m a n das g a n z e J a h r ü b e r v o r B l i t z s c h l a g geschützt150). Endlich wird auch für den E r n t e b e g i n n bisweilen der D . g e w ä h l t 1 5 1 ) . W ä h r e n d die a n g e f ü h r t e n G e b e t e auf a l t e n N a t u r g l a u b e n z u r ü c k w e i s e n , sind andere D.gebete im christlichen Mittelalter entstanden und eng v e r w a n d t mit d e m F r e i t a g g e b e t (s. d.), m i t d e m sie d a s M o t i v teilten, d a ß d u r c h das d r e i m a l i g e B e t e n a r m e Seelen erlöst w e r d e n . E i n solches f r ü h e r i m B ö h m e r w a l d a m D . a b e n d übliches G e b e t l a u t e t : Heut is Dunnerstäg, heut is a heiliger Täg. Heut hät unser Herrgott sei(n) bittres Leid'n und Sterb'n ängfängt. Sie häb'n an bund'n, Sie häb'n an valäss'n, Sie häb'n an vastoss'n, Sie häb'n an ai's heilige Kreuz afg'nägelt. Unter dem Kreuz steht d' heilige Maria und spricht: Wer dös Gebetl dreimäl spricht und nia vagißt, Dem hät s' fünf arme Seel'n g'schenkt: Die erst' — sein' Vädern, Die zweit' — sei(n) Muadern, Die dritt' — sein' Bruadern, Die viert' — sei(n) Schwestern Und die fünft' — die sei(n) ( = seine eigene), Kummt nia in koa(n) Pei(n). Amen 1 M ). Ä h n l i c h ist ein G e b e t , das a m A b e n d des S a m s t a g s (s. d.) z u b e t e n ist. " · ) M e y e r Germ. Myth. 214 f. l ä ') L e o p r e c h t i n g Lechrain 152. 12) A l p e n b u r g Tirol 99. 1( ") ZfVk. 7 (1897), 450; R o c h h o l z Sagen l02 2, 1 ; d e r s. Naturmythen 189. ) Vgl. Anm. 52. 103) B a r t s c h Mecklenburg 2, 476 f.; P a n z e r Beitrag 1, 27 (aus Murnau). 1M ) S e p p Altbayer. Sagenschatz 1 1 3 f Nr. 36; Κ ü h η a u Sagen 2, 402 ff. 400 ff. 389; H e y l Tirol 488 Nr. 52; R a n k e Volkssagen 206; R ο c h h ο 1 ζ Naturmvthen 192. 105) Κ ü h η a u Sagen 2, 398 ff. 10i ) Vgl. B o l t e - P o l i v k a i, 547 ff.; A. O l r i k in: Danske Studier 1904, 19 ff. 30 ff.; SAVk. 2, 169; W o l f Beitr. 2, 446; K ö h l e r Kl. Sehr. 1, 303 ff.; S t o r f e r Jungfr. Mutterschaft 138 (psychoanalytische Deutung); S i n g e r Schweizer Märchen 2, 159 ff.; N a u m a n n Gemeinschafts kultur 84. 107) ζ. B. ZfdMyth. 2, 384 f.; P a n z e r Beitrag 1, 194; 1, 191 f.; 2, 93 t. 97 f.; M e i e r Schwaben 1, 2 1 3 f f.; S c h e l l Ber zische Sagen 501 Nr. 15; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 277. 283 f.; R o c h h o l z Naturmythen 204 f. M e i e h e Sagen 395; W o l f Beitr. 2, 4.16 f.; S k l a r e k Märchen 291; SAVk. 1, 71 ff ; Melusine 3 Nr. 13. 17; D a u c o u r t Ligendes 10 ff.; B o l t e - P o l i v k a 2, 307; Ν i d e rb e r g e r Unterwaiden 1, 79; K n o o p Posener Märchen 21. 108) z . B . N i d e r b e r g e r Unterwaiden 1, 79. *») K ü h n a u Sagen 3, Nr. 1963; E i s e l Voigtland M Nr. 589 Anm. ) E. H . M e y e r Germ. Myth. 132. " ) ZfrwVk. 1906, 201. " ) P a n z e r Beitrag I, 137; 2, 156; Η a u s e r Paznaun Nr. 24; K ü h n a u i, Nr. 500; 2, Nr. 1242. 1300; E i s e l Voigtland Nr. 726; H a u p t Lausitz Nr. 149. " ) S ο m m e r Sagen Nr. 54; K u h n Westfalen 2, 30 Nr. 82; K u h n u. S c h w a r t z
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25 Nr. 32; 480 zu Nr. 101; B a r t s c h Mecklenburg 1, Nr. 133. 157. 158; 2, 38 f. Nr. 663; J a h n Pommern Nr. 446. s l ) Vgl. auch den Toten auf z w e i b e i n i g e m Rosse im wilden Heer: A g r i c ο 1a Sprichwörter 667 = G r i m m Myth. 2, 779. " ) W o l f Beiträge 1, 21. " ) Das bei V e r n a l e k e n Mythen 83 Nr. 11 erscheinende achtbeinige Roß des Teufels ist in seiner Einzigartigkeit wenig glaubwürdig. " ) G r i m m Myth. 2, 831 f.; vgl. dagegen Μ i g η e Patrol, lat. 66, 187 Anm. a und Thesaurus ling. lat. 4, 968 s. v. cornu II 3 b (über das Horn des Tierarztes). Μ ) Ε. Η. Μ e y e r Germ. ΜythT 172 § 233; n a c h Stephens in Aarb0ger f. nord. Oldkyndighet 1884, 20. ! ·) Nach freundlicher Mitteilung des Direktors des Victoria und Albert-Museums, Southkensington-London; vgl. auch die Abbildung in Transactions of the Cumberland antiquarian society X V I I (NS) 1917, 101. Ranke. D r e i b l u m e n s e g e n J ). D e r Z w e c k dieses in D e u t s c h l a n d ä u ß e r s t b e l i e b t e n S e g e n s ist in der R e g e l B l u t s t i l l u n g 2 ) , seltener D i e b e oder F e i n d e 3 ) z u m S t e h e n z u bring e n oder (s. u.) die „ R o s e " z u besegnen. D e r ä l t e s t e B e l e g ist f r a n z ö s i s c h (der einzige in dieser S p r a c h e ? ) aus der S c h w e i z v o m J a h r e 1429: „ S u r lai f o s s e nostre seigneur I l i a trois f l e u r s : l ' u n e de grace, l ' a u t r e de v o l u n t e et l ' a u t r e p o r Ii sane g u a r i r " (etc.) 4 ). — D e u t s c h e B e l e g e t r e f f e n wir erst v o m 16. J h . an. B e i s p i e l e : „ E s g i e n g e n auss 3 g i l g e n (Lilien) g u o t , sie g i e n g e n G o t t d e m H e r r n auss s i n e m h e r t z e n ; dass erst ist sein T u g e n t , dass a n d e r ist sein M u g e n t ( V e r m ö g e n ) , dass d r i t t ist sein [Will] also g u o t ; s t a n d still, du w i l d e s b l u o t " 5 ) ( u m 1 6 1 7 ) . — „ A m H i m m e l s t e h e n drei B l u m e n , die eine h e i ß t W o h l g e m u t , die a n d e r h e i ß t D e m u t , die d r i t t e h e i ß t G o t t e s W i l l e ; B l u t , s t e h e s t i l l e " °). — „ E s s t u n d e n d r e y R o s e n auf unsers H e r r n G o t t e s G r a b , die erste i s t mild, die a n d e r ist g u t , die d r i t t e s t e l t dir dein B l u t " ' ) . D i e B l u m e n sind in der R e g e l R o s e n , seltener L i l i e n (diese m e i s t a m hl. G r a b e ) oder B l u m e n , B l ü m e l e i n (am G r a b e oder i m G o t t e s g a r t e n ) . D e r O r t , a n d e m sie s t e h e n (aus d e m sie wachsen) ist G o t t e s H e r z (seit d e m 16. Jh.) 8 ), a u c h H a u p t , M u n d , oder sein Grab oder sein G a r t e n (dieser sicher unursprünglich), seltener a n d e r s w o , v g l . unten. 14*
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Dreiblumensegen
Die N a m e n oder E i g e n s c h a f t e n : Sehr gewöhnlich und völlig zweckmäßig w e r d e n drei (zwei) E i g e n s c h a f t e n g e n a n n t , die G o t t e s Macht und Wille zum Helfen ausdrücken. So: Gottes Tugend, M u g e n d , W i l l e ( T u g e n d : H e i l k r a f t ) (um 1600)8); (Gottes) Macht, K r a f t , Wille; ( G o t t e s ) G ü t e , G e m ü t e , W i l l e (und V e r drehungen wie Jugend für „ T u g e n d " , G e b l ü t e f ü r „ G e m ü t e " , M u t B l u t Wille). -— O f t ist j e d o c h dies v e r d u n k e l t , so d a ß die zwei ersten G l i e d e r eher m e n s c h liche Eigenschaften bezeichnen: Dem u t W o h l g e m u t ( t a t s ä c h l i c h ein K r a u t name) Gottes Wille; statt W o h l g e m u t a u c h W e h m u t (sogar moralisierend ζ. B . Hoffnung Geduld Gottes Wille); Demut d o c h a u c h auf C h r i s t u s g e d e u t e t : „ C r e u t z t e m u t h . . sein L i e b e s b l u t , . . ein ehrlicher W i l l e " . Für Gottes Wille steht manchmal das gleichdeutige „ S i b y l l e " , von gelehrter H a n d g e s e t z t , d a n n v o l k s t ü m l i c h in „ S u b u l " und „ S e v i l l a " verdreht. — Das E n d g l i e d ist r e c h t h ä u f i g „ d i e d r i t t e stillt dir das B l u t " ( „ h e i ß t B l u t - s t e h - s t i l l e " o. ä.), v g l . s c h o n die a l t f r a n z . V a r i a n t e , a u c h die D r e i f r a u e n s e g e n (s. d. § 3); d a n n r e i m e n sich g e w ö h n l i c h das z w e i t e u n d d a s d r i t t e Glied, „ g u t ( a u c h : - m u t ) : B l u t " bzw. „ W i l l e : stille". Eine F o r m wie etwa „ g u t : wohlgemut: Blut"hält Ebermann11) f ü r die G r u n d f o r m unseres S e g e n s ; aber die (anders g e r e i m t e n ) F o r m e n , die — f ü r z w e i oder alle G l i e d e r — G o t t e s M a c h t u n d g u t e n W i l l e n a u s d r ü c k e n , sind s o w o h l f r ü h e r b e z e u g t als a u c h religiös k r ä f t i g e r . A n d e r e F o r m e n : D i e B l u m e n sind G o t t V a t e r , S o h n u n d Hl. G e i s t 1 2 ) . Sie sind dreifarbig, ζ. B. weiß-schwarz-rot (Blutoder R o s e n s e g e n ) 1 3 ) ; dies ist d e n W u r m oder d e n A u g e n s e g e n e n t l e h n t . — E i n e G r u p p e , g e w ö h n l i c h R o s e n - oder G i c h t segen, d r ü c k t T ä t i g k e i t e n (Geschehnisse) aus, n a c h A r t der D r e i f r a u e n s e g e n , teilweise a u c h v o n d e n B r a n d s e g e n (s. d. § 1 b) b e e i n f l u ß t ; ζ. B . „ U . H . J e s u s g i n g ü b e r L a n d u n d t r u g drei R o s e n in seiner H a n d ; die eine flog, die a n d e r e zog, die d r i t t e v e r s c h w a n d " usw. 1 4 ). D e r D . ist j e d e n f a l l s n a c h d e n Ostseel ä n d e r n (estnisch h a n d s c h r i f t l i c h ) u n d n a c h D ä n e m a r k (wenige Belege) g e w a n -
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d e r t ; i m h o h e n N o r d e n sind die S p u r e n sehr s c h w a c h l s ) . U r s p r u n g . Mit Ebermann kann m a n den S e g e n als f o r m e l l dem T y p u s v o n d e n drei F r a u e n n a c h g e b i l d e t a u f f a s s e n , d. h. d a n n d e m älteren m a r c e l linischen T y p u s ( D r e i f r a u e n s . § 1), denn die j ü n g e r e n D r e i f r a u e n s e g e n (§ 3) sind n i c h t aus f r ü h e r e r Z e i t als die B l u m e n s e g e n b e z e u g t , a u c h n i c h t an sich klarer u n d e i n h e i t l i c h e r . S i c h e r h a b e n sich s p ä t e r b e i d e S e g e n g r u p p e n g e g e n s e i t i g beeinflußt. — I n h a l t l i c h hat Ebermann P a r a l l e l e n a u s d e m V o l k s l i e d e (bes. d e m weltlichen) herangezogen 16): Beliebth e i t der L i l i e n u n d R o s e n u n d des R o s e n g a r t e n s (d. h. des H i m m e l s ) , B l u m e n auf d e m . G r a b e des (der) G e l i e b t e n . L e t z t lich liegt sicher c h r i s t l i c h e Blumensymbolik hinter dem Segen; schon M o n e wies auf B i l d e r hin, w o aus G o t t e s (Jesu) H a u p t drei L i l i e n hervors t e h n 1 7 ). R e l i g i ö s e L i e d e r ( v o m 16. J h . a n b e k a n n t ) bieten P a r a l l e l e s : Drei L i l i e n w a c h s e n i m H i m m e l auf e i n e m Z w e i g e 1 8 ): V a t e r , S o h n u. H l . G e i s t 1 9 ) . M a r i a h a t u n s drei R o s e n g e b r a c h t ; n ä m l i c h das J e s u s k i n d , das hl. A b e n d m a h l u n d d e n G e k r e u z i g t e n 20 ). D i e bibl. A n k n ü p f u n g b o t Jes. 11, 1. — L o s c h 2 1 ), v o n der F o r m m i t d e m G r a b e a u s g e h e n d , f a n d hier a l t e s H e i d e n t u m : d a s L e b e n des g e t ö t e t e n B a l der d a u e r t in den B l u m e n f o r t . V g l . a b e r Segen § 17. 1) E b e r m a n n Blutsegen 95 ff. mit Belegen; vgl. Z f V k . 14, 355. 2) Blutung (auch „Schmerz") ζ. B. J o h n Erzgebirge 108; L ü t ο 1 f Sagen 546; S A V k . 2, 257 Nr. 98 ff.; 17, 64 Nr. 2; Alemannia 19, 122; B i r l i n g e r Schwaben i, 205 f.; L a m m e r t 192. 1 9 4 ! ; D r e c h s l e r 2, 288. 294; MschlesVk. 1896, 45; Ganzlin Sachs. Zauberformeln 17 Nr. 15; 18 Nr. 22; S e y f a r t h Sachsen 119 ff.; F r i s c h b i e r Hexenspr. 37 Nr. 6 f.; BIPommVk. 1, i n ; J a h n Hexenwesen 69; Τ e m m e Pommern 342; B a r t s c h Mecklenburg 2, 373 f. Nr. 1747 ff.; 2, 418 Nr. 1939; Z f V k . 7, 57 ff. Nr. 13. 16. 33. 39. 60; 7, 169 Nr. 17; 8, 56 Nr. 4; 10, 64 Nr. 2; Α n d r e e Braunschweig 418; K u h n Westfalen 2, 199 Nr. 560; 2, 202 Nr. 570; Urquell 1, 186; M ü l l e n h o f f Sagen 511 Nr. 1 1 ; WürttVjh. 13, 184 Nr. 114; 13, 192 Nr. 149; H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 371. a) Romanusbüchlein 17. 23. 3 2 f . ; BIPommVk. 4, 141; D r e c h s l e r 2, 47. «) S A V k . 18, 5 f.
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Dreibrüdersegen
') Μ ο η e Anzeiger 6, 469; vgl. 3, 283 (16. Jh.) (auch G r i m m Myth. 3, 501 Nr. 32). ·) S e y f a r t h Sachsen 119. ') SAVk. 2, 257. «) Urquell NF. 2, 103. ·) S. Anm. 5. ») BlPommVk. 4, 141. ») Blutsegen 102. 1S) Z . B . B a r t s c h Mecklenburg 2, 365 Nr. 1715; F r i s c h b i e r Hexenspr. 84 Nr. 10; WürttVjh. 13, 201 Nr. 198. «) Ζ. B. ZfrwVk. 1 (1904), 206 Nr. 2; D i r k s e n Meiderich 48 Nr. 2; ZfVk. 4, 326 Nr. 3; 7, 409 Nr. 15; B a r t s c h 2, 381 Nr. 1788; 2, 418 Nr. 1938; BlPommVk. 1, 47. " ) S e y f a r t h Sachsen 123; vgl. 122; ZfVk. 7, 407; 8, 390; 17, 451; ZfEthn. 31, 463. 15) Danm. Tryllefml. Nr. 146. 921 (Norske Hexefml. Nr. 260 f.). '·) Blutsegen 95 ff. mit Hinweis bes. auf H i l d e b r a n d Materialien zur Gesch. des deutschen Volksliedes 1, 113 ff. ") Μ o n e Anzeiger 6, 469; vgl. E b e r m a n n Blutsegen 100. 18) Vgl. Alemannia 25,242 (im Segen). ") H r u s c h k a - T o i s c h e r Deutsche Volkslieder aus Böhmen 14 Nr. 24. *°) W a c k e r n a g e l Das deutsche Kirchenlied 1, 918 Nr. 1143. ») ARw. 2, 264 f. Ohrt. Dreibrüdersegen 1 ). Die älteste b e k a n n t e V a r i a n t e dieses W u n d segens ist deutsch 12. J h . : „ D r i g u o t pruoder giengen ainen w e c h ; da bechom in unser herre Jhesus Christus und s p r a c h : w a n n e v a r t ir dri g u o t pruoder? Herre, wir v a r n z'aeinem perge und suochen aein chrut des gewaltes, daz iz guot si z'aller slaht wnden . . . D o s p r a c h . . . Christ: Chomet zuo m i r . . . und swert mir bi dem cruce guoten (1. goles?) und bi der milch der maide S. Marien, daz irz en-helt noch Ion emphahet, und v a r t hinz zuo dem mont O l i v e t und nemt ole das olepoumes und scaphwolle und leget die über die wndin und s p r e c h e t . . " (hier f o l g t der Longinussegen). Übrige deutsche V a r i a n t e n meist 1 3 — 1 6 . Jh. (einige sind gereimt), aus neuerer Zeit wenige, ζ. T . v e r k ü m m e r t e . L a t . Fassungen seit dem 13. Jh. b e k a n n t ; A n f a n g g e w ö h n l i c h : „ T r e s boni fratres per u n a m v i a m a m b u l a b a n t " , eine italienische und eine dänische, beide aus dem 14. Jh., eine englische aus dem 15. Der Segen war einst wohl auch in Frankreich ü b l i c h 2 ) . Die älteren Varianten, jedenfalls die lateinischen, sind sich recht ähnlich; sicher w a r die w e s t europäische G r u n d f o r m lateinisch. Eine b y z a n t i n i s c h e , v o n griechischen kirchl. Termini g e p r ä g t e Fassung, liegt aus dem 15. Jh. vor. Der Segen bietet uns a) ein K e r n s t ü c k , den eigentlichen Begegnungssegen, b) eine
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Sonder-Episode, die V e r e i d i g u n g 3 ) , c) eine Zugabe, den Longinussegen; letzterer könnte fehlen, ohne irgendwie v e r m i ß t zu werden. Denn daß Jesu eigene W u n d e durch jenes Öl geheilt würde, w ä r e z w a r ein echt volkstümlicher Z u g (vgl. Christus im Segen, § 2), wird aber nie ausdrücklich gesagt). a) D a s K e r n s t ü c k ist formell B e g e g nung eines Heiligen mit niederen Heiligen (s. Segen § 5), inhaltlich eine ätiologische Legende, welche die K r a f t der tatsächlich gebrauchten W u n d m i t t e l Öl und W o l l e erklärt. Die d r e i „ g u t e n " B r ü d e r sind in der Regel unbenannt, selten werden sie näher bezeichnet. Neudeutsch e i n m a l : „ E s gingen drei Apostel, untereinander B r ü d e r " 3 ) (Matth. 17, I ; 26, 30. 3 7 ? ) . Italienisch: ,,S. Cosimu e Damianu, belli f r a t i " 4 ) ; die altdänische V a r i a n t e (aus dem Deutschen übersetzt) nennt die Brüder Y l i n u s ( d . i . Helinus?), Cosmas, Damianus. Zu Cosmas und D a m i a n p a ß t , mit Hinblick auf den Inhalt des Eides, jedenfalls vorzüglich, daß eben v o n diesen Brüdern und Ärzten, den „ A n a r g y r o i " der griech. Kirche, in ihrer sehr alten Legende stark hervorgehoben wird, sie hätten, v o m Hl. Geiste in die K u n s t eingeweiht, u n e n t g e l t l i c h geheilt, das Gebot des Heilandes erfüllend: „ U m s o n s t h a b t ihr es empfangen, umsonst g e b t es a u c h " (Matth. 10, 8) 6 ). Der b y z a n t . T e x t nennt die „ d r e i B r ü d e r " „ n i c h t zur L a s t fallend, unerschütterlich, u n a n s t ö ß l i c h " . — Der Ö 1 b e r g , „ m o n s o l i v e t i " , kann schon wegen des „ o l e u m o l i v e " g e w ä h l t sein. A u f einem B e r g e sammeln auch Cosmas und D a m i a n u s K r ä u t e r e ), auf dem heidnischen Götterberge O l y m p o s wachsen nach der ältesten Cyprianslegende Z a u b e r k r ä u t e r 7 ) . Übrigens war jedenfalls seit dem 6. J h . der Zionsberg bei Jerusalem durch Pilger als Heilungsort b e k a n n t 8 ) . b) Der E i d , der den Brüdern abgefordert wird, bildet eine Episode, die in keinem anderen Segen v o r k o m m t (ein Versprechen — nicht zu schaden — wird anderswo der b ö s e n Macht abgezwungen, s. Segen § 5 und Fiebersegen § I c):
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Dreieck
S i e sollen ihr W i s s e n ohne z a u b e r i s c h e s G e h e i m t u n u n d ohne L o h n b e n ü t z e n , also wie rechte Ärzte und gute Klosterbrüder a u f t r e t e n : „ u t non a b s c o n d i t e d i c a t i s n e q u e m e r c e d e m inde c a p i a t i s " o. ä. ( B y z . : keine G a b e n n e h m e n , n i c h t h e i m l i c h sagen). D a s dicatis b e z i e h t sich v i e l l e i c h t (ursprünglich) n i c h t auf d e n L o n ginussegen, s o n d e r n auf das G e h e i m n i s m i t d e m Öl. S c h w ö r e n m ü s s e n sie ,,per c r u c e m C h r i s t i " (od. , , c r u c i f i x u m " ) u n d „ p e r lac b e a t e v i r g i n i s " o. ä., a u c h bei J e s u B l u t (deutsch) oder T o d ; m i t u n t e r ( v o r s i c h t i g ? ) bei M a r i a s t a t t bei ihrer Milch; b y z a n t . „ b e i dem kostbaren und b e l e b e n d e n K r e u z e u n d der h o c h h e i l i g e n Gottesmutter". c) L o n g i n u s s e g e n (s. d.) m i t „ e t dicite" a n g e k n ü p f t — v o n einem B e a r b e i t e r der das dicatis i m E i d s c h w u r a l s einen b e s o n d e r e n S e g e n g e l t e n d a u f f a f l t e (vgl. oben) ? V o r g e s c h i c h t e . Ein kürzerer H e i l s e g e n auf g r i e c h . P a p y r u s a u s Ä g y p t e n u m 500, e n t s p r i c h t u n s e r e m K e r n stück allein: Jesus belehrt Hilfesuchende ü b e r das O l i v e n ö l : „ E s b e g e g n e t e n . . . in der W ü s t e . . . J e s u s , w e l c h e s H e i l m i t t e l g i b t es . . . u n d er s a g t i h n e n : Ö l . . . v o n O l i v e n u n d M y r r h a . . . denen, die v e r trauen . . . Vaters und H e i . . . Sohnes"9) (die P u n k t e d e u t e n hier U n l e s b a r e s an). F ü r „ d r e i B r ü d e r " ist i m T e x t e kein R a u m d a ; die D r e i z a h l k ö n n t e e t w a d e m E i n f l u ß des w o h l seit d e m 9. J h . v o r l i e g e n d e n D r e i e n g e l s e g e n s (s. d.), w o a u c h ein B e r g e r w ä h n t wird, z u v e r d a n k e n sein. S t a t t eines V e r b o t e s , g e h e i m z u h a l t e n , g i b t dieser „ W ü s t e n s e g e n " eher eine B e s c h r ä n k u n g des G e b r a u c h s : d a s Ö l ist f ü r die G l ä u b i g e n ! (vgl. J a k o b s b r i e f 5, 14 f.). Ein wirkliches religiös-magisches Geh e i m t u η l ä ß t sich a b e r besser d u r c h einen noch ä l t e r e n v e r w a n d t e n T e x t a u s einem synkretistischen Zauberbuche um 300 (in einem L i e b e s z w a n g ) v e r a n s c h a u l i c h e n : „ . . . ich b i n es der (dir) u n t e r d e n hl. B e r g g e h e n d b e g e g n e t ist, u n d d e m du d a s W i s s e n des h ö c h s t e n ( G o t t e s ) O n s u s c h e n k t e s t , w e l c h e s ich a u c h h e i l i g bew a h r e n w e r d e , es N i e m a n d e m ü b e r -
g e b e n d , a 1 s d e n in deine hl. M y s t e r i e n M i t e i n g e w e i h t e n " 10 ) (der A n g e r e d e t e ist i m v o r a u s als „ d a s K i n d , der l e b e n d i g e G o t t " u s w . b e z e i c h n e t ) . — G e g e n derlei (oder g e g e n g e h e i m n i s v o l l e s H e r f l ü s t e r n der S e g e n ? ) m a g unser „ n o n a b s c o n d i t e d i c a t i s " sich w e n d e n (ob e b e n der V e r f a s s e r der E i d - E p i s o d e a u c h den L o n g i nussegen hinzufügte, bleibt wohl fraglich). Die f r o m m e n Prätentionen haben dem D. natürlich doch kein kirchliches A p p r o b a t u r verschaffen können; einem B e r n a r d i n o (nach 1400) ist er „ l ü g e n h a f t und lächerlich" 11). r ) K ö h l e r Kl. Sehr. 3, 552ff. (aus Germania 13, 184 ff.); E b e r m a n n Blutsegen 35 ff.; F r a n z Benediktionen 2, 512 f.; alle mit Hinweisen ( F r a n z auch auf Ungedrucktes, K ö h l e r und E b e r m a n n auch mit Zitaten). L a t e i n i s c h e . 13. Jh.: Germania 13, 184; 18, 234; S t e i n m e y e r 379; 14. Jh.: Danm. Tryllefml. Nr. 145; 15. Jh.; ZfdA. 38, 14; F r .
Heinrich
Ein
mittelenglisches
Medizinbuch
(Halle 1896) 162 (220). — D e u t s c h e . 12. Jh.: ZfdA. 15, 454 (oben mitgeteilt); 13. Jh.: Ebd. 15, 452; 14. Jh.: AnzfKddV. NF. 1862, 234; 15. Jh.: ZfdA. 18, 80; 38, 14; AnzfKddV. NF. 1854, · Neues Archiv für Sächsische Geschichte 10, 157. —- E n g l i s c h . 15. Jh.: W r i g h t u. H a l l i w e l l Reliquiae antiquae 1, 126 (u. E b e r m a n n 38). — D ä n i s c h . 14. J h . : Danm. Tryllefml. Nr. 1125. — I t a l i e n i s c h . 14. J h . : Ρ i t r έ Biblioteca delle tradizioni popolari Siciliane 5, 566 (u. K ö h l e r
3.554)· — B y z a n t i n i s c h . 15.Jh.: L e g r a n d Bibliothique
grecque vulgaire 2, 25. B e l e g e für
spätere Zeit s. bei K ö h l e r u. E b e r m a n n (auch G r i m m Myth. 3, 501 Nr. 31), hierzu noch F r i s c h b i e r Hexenspr. 34. 2 ) Vgl. nämlich den verwandten Segen ZfVk. 24, 139. 3) Germania 13, 187. 4 ) P i t r f e o.e. 19, 311. 6) D e u b n e r
Kosmas u. Damian 88;
vgl. schon I r e n a e u s Adv. haer. 2, 31, 2. ") D e u b n e r 81. 216. ') Τ h. Z a h n Cyprian von Antiochien 31. e ) Antoninus v. P l a c e n t i a's Itinerarium ed. G i l d e m e i s t e r 7. ') G r e n f e ü u. H u n t The Oxyrhynchus Papyri X I N r . 1384. 10 ) L e e m a n s Papyri Graeci mitsei Lugduni-Batavi 2, 15 f. u ) ZfVk.
22, 234.
Ohrt.
D r e i e c k . D a s D . ist ein a l t e s O r n a m e n t , das in der religiösen S y m b o l i k u n d i m m a g i s c h e n G e b r a u c h s c h o n f r ü h z e i t i g eine R o l l e s p i e l t l ) . B e i einer A n z a h l neolithis c h e r F r a u e n f i g u r e n ist die S c h a m d u r c h einen d . i g e n E i n s c h n i t t b e z e i c h n e t 2 ) u n d m i t „ D e l t a " w i r d s c h o n v o n den G r i e c h e n das weibliche Sexualorgan bezeichnet3).
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Dreieinigkeit
Nach Eitrem wird darum das D. zum apotropäischen Zeichen (ähnlich wie auch der Phallus), und Dornseiff leitet daraus die pythagoräische Deutung des D.s als άρχή •trjs γενέαεω{ im kosmischen Sinne ab. Xenokrates faßte das gleichseitige D. als Symbol der Gottheit, das ungleichseitige der Menschheit, das gleichschenklige der Dämonen 4 ). Mit dieser kosmischen und sexual-magischen Bedeutung des D.s hängt dann der Gebrauch der Figur als Amulett zusammen, der sich von Westeuropa bis nach Asien nachweisen läßt 5 ) und bis zur Gegenwart fortdauert. Eine d.ige beschriebene Scheibe zum magischen Gebrauch nennt der Papyrus Osloensis 1 e ), in D.form geschriebene Amulette sind in den hellenistischen Zauberpapyri nicht selten 7 ). Ein d.iges Papier mit Kreuzen in den drei Ecken und einem Gebet in der Mitte hilft gegen Gichter 8 ), d.ige Papiere an der Wiege gegen Hexen 9 ). 1 6 1 1 verbietet Herzog Maximilian von Bayern ,,segen auff ein gewiss papier oder perment im gestalt eines tryangels" geschrieben 1 0 ). In Ägypten hängt man Kindern und Pferden gegen den bösen Blick d.ige Amulette u m u ) . U m das Buttern zu erleichtern, legt man das Seihtuch im D. 1 2 ), man benutzt magische D . e 1 3 ) , das Lebensd. 1 4 ), die D.szahl 1 5 ), d.iges Gebäck l e ) spielen eine Rolle, in den Hexenhütten sind alle Geräte d . i g 1 7 ) . Schön in einem koptischen Traktat über die Bedeutung des Alphabets 18 ) war das Delta Symbol der Trinität, wie das durch Einschnitte in drei Teile geteilte Eulogienbrot im christl. Altertum l e ); im Mittelalter wird das gleichschenklige D. häufiges Sinnbild des dreieinigen Gottes 20 ), oft mit den hebräischen Zeichen f ü r J a h w e 2 1 ); eine Messingscheibe, die beim Abbruch eines Hauses gefunden wurde und mir vorlag, zeigt auf dem Avers eine Strahlensonne mit Augen und gleichschenkligem D.auschnitt, auf dem Revers die 6 übrigen Planetenzeichen, 1. die Inschrift: Ocidens, r.: Oriens, oben: Magia, unten: Ala (Agla?) und die Datierung: 1608 (Amulett gegen B r a n d ? ) . Auf die magisch-symbolische Bedeutung des D.s geht auch die Nachricht eines Adam-
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lebens 22 ) zurück, daß Gott das Grab Adams mit einem d.igen Siegel zeichnete, damit es niemand verletze 2 3 ). In der Innerschweiz wurden von Männern goldene Ohrringe in D.form getragen 24 ). ') R ü t i m e y e r Urethnographie 25. 2) S. Eitrem Papyri Osloenses 1 (1925), 95 f. 3 ) D o r n s e i f f Alphabet 2 1 f. ') P l u t a r c h de defect, orac. 3 1 . s ) S e l i g m a n n Blick 2, 292 f. 37&; vgl. auch C r ο ο k c Northern India 208; H o p f n e r GriechischÄgyptischer Offenbarungszauber 1 (1921), § 604. ') E i t r e m a. a. O. 1 3 . ') Ebd. 95; D o r n s e i f f a. a. O. 58; L . Β ' a u Das altfüdische Zauberwesen (1914), 70. Römisch: Elsaß. Mtsschr. f. Gesch. u. Volksk. 1 9 1 3 , 369. 8) Alemannia 25, 37. ·) H ö h n Geburt 263. J ü d i s c h : F . A. C h r i s t i a n i Der Juden Glaube ti. Aberglaube ( 1 7 1 3 ) , 55. 10) P a n z e r Beitrag 2, 276. n ) L a n e The modern Egyptiens i , 3 2 1 . >2) E b e r h a r d t Landwirtschaft 18. >3) Β i s c h ο f f Zahlen 84 ff. » ) D e r s. a. a. O. 1 5 7 f f . ; C a r d a n u s De varietate rerum (Basel 1 5 8 1 ) , 961. , 5 ) D ο r η s e i f f a. a. O. 100. 106. ») ZfdMyth. 2 (1854), 298. " ) Z f V k . 7 (1897), 449. ia ) L e Museon N S . 1 (Louvain 1906), 1 1 6 . Vgl. auch Ε . Τ r u m ρ ρ Das Hexaemeron des Pseudo-Epiphanius (Abh. B a y e r . A k . d. Wiss. B d . 1 6 (1882), 2. Abt., 226. «) F r a n z Benez diktionen 1 , 2 4 1 . °) H a u c k RE. 18, 3 9 1 ; R G G . 2, 146. 2 1 ) B e r g n e r Grundriß d. kirchl. Kunstaltertümer (1900), 350. M ) K a u t z s c h Die Apokryphen und Pseudepigraphen des A.T. 2, 5 2 7 ; E . P r e u s c h e n Die apokr. gnostischen Adamschriften (1900), 23. " ) Vgl. noch S 6 b i 1 1 ο t Folh-Lore 4, 487; P a r a c e l s u s 222; D e o n n a Croyances rcügicuses 382 f f . ; B a c h o f e n Gräbersymbolik 2 5 1 . 259; H o v o r k a u. K r o n f e l d 1 , 2 5 ; v. M a i l l y Friaul 1 1 6 f . ; B i r l i n g e r Aus Schwaben 1 , 430. **) Ein P a a r im Museum für Völkerkunde zu Basel. Jacoby.
Dreieinigkeit. 1 . Theologische Grundlegung. — 2. Magische Verwendung der D. — 3. Ätiologische Legenden im Zusammenhang mit der D . — 4. Der D.ssonntag in Sitte und Brauch.
I. D. (oder Dreifaltigkeit, wie der volkstümlichere Ausdruck heißt) ist einer der dogmatischen Leitbegriffe der christlichen Religion. Gemeint ist damit die Zusammenordnung von Vater, Sohn und Geist, wie sie im N T . mehrfach begegnet *). Dabei kann nicht nachdrücklich genug betont werden, daß das NT. nie und nimmer eine trinitarische Lehre statuieren wollte; die drei wichtigsten Glaubensgegenstände der Christen wurden in
43i
Dreieinigkeit
f e i e r l i c h e r F o r m u l i e r u n g e i n f a c h aneinandergereiht (wohl zu kultischer Verw e n d u n g ) , e i n e m auf D r e i h e i t d r ä n g e n d e n F o r m g e s e t z f o l g e n d , das sich v i e l f a c h in der R e l i g i o n s g e s c h i c h t e o f f e n b a r t ; so sind beispielsweise die G ö t t e r t r i a d e n der babylonischen und ägyptischen Religion v ö l l i g u n d o g m a t i s c h , n i c h t s w e i t e r als Übertragung menschlicher Verhältnisse ( F a m i l i e ) in die G ö t t e r w e l t , w o b e i die H e i l i g k e i t der D r e i z a h l m i t b e s t i m m e n d g e w e s e n sein m a g . In der w e r d e n d e n k a t h o l i s c h e n K i r c h e s t e h t der G l a u b e a n G o t t n o c h n e b e n d e m G l a u b e n a n C h r i s t u s oder an d e n hl. Geist. D a s V e r h ä l t n i s der drei G r ö ß e n w i r d a b e r p r o b l e m a t i s c h in d e m A u g e n b l i c k , d a u n t e r d e m E i n f l u ß hellenistischer Elem e n t e , v o r a l l e m der L o g o s s p e k u l a t i o n u n d der E m a n a t i o n s t h e o r i e , eine g e h e i m nisvolle E i n h e i t z w i s c h e n i h n e n k o n s t r u iert w i r d . T e r t u l l i a n h a t u m die W e n d e des 2. u n d 3. J h s . die T r i n i t ä t s l e h r e auf die klassische F o r m e l der einen S u b s t a n z (μία ούοία) in drei P e r s o n e n (ύποστάοεις) g e b r a c h t . A l s D o g m a h a t sich die D . endg ü l t i g auf d e m 2. ö k u m e n i s c h e n K o n z i l v o n K o n s t a n t i n o p e l (381) n a c h v i e l e n S t r e i t i g k e i t e n d u r c h g e s e t z t . B e i der zweid e u t i g e n F o r m u l i e r u n g des D o g m a s blieb i m m e r eine S p a n n u n g zwischen E i n h e i t u n d D r e i h e i t . Ihre L ö s u n g w u r d e n a c h zwei Richtungen gesucht: Die D. wird i m m a n e n t g e f a ß t , d. h. die E i n h e i t der drei H y p o s t a s e n m a c h t e b e n das g ö t t liche W e s e n a u s — eine D e u t u n g , die s c h l i e ß l i c h im T r i t h e i s m u s die w i c h t i g s t e G r u n d t a t s a c h e des C h r i s t e n t u m s , n ä m l i c h d e n M o n o t h e i s m u s , preisgibt. O d e r a b e r m a n f a ß t die D . als ö k o n o m i s c h e , d. h. m a n g e h t u n t e r s t r e n g e r W a h r u n g d e s m o n o t h e i s t i s c h e n G e d a n k e n s auf die geschichtliche Offenbarung zurück: Gott h a t sich in s e i n e m S o h n g e o f f e n b a r t d u r c h d e n Geist. Diese L i n i e f ü h r t v o n A u g u s t i n ü b e r L u t h e r u n d S c h l e i e r m a c h e r in die G e g e n w a r t . S o g e d e u t e t , ist D . als z u m W e s e n Gottes gehörig keine intellektuelle B e l a s t u n g m e h r f ü r den G l a u b e n ; als b e k e n n t n i s m ä ß i g e s D o g m a freilich ist D . d e m modernen Bewußtsein unannehmb a r 2 ).
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Μ I Kor. 12, 4 fi.; II Kor. 13, 13; Matth, 28, 19. 2) Zu der ganzen schwierigen Frage der Entstehung und Entwicklung des Trinitätsdogmas vgl. RGG. 2 2, 2015 ff., vor allem auch Gustav K r ü g e r Das Dogma von der D. und Gottmcnschheit in seiner geschichtlichen Entwicklung. 1905. 2. D e r g r o ß e n Masse des C h r i s t e n v o l k e s war allerdings das D o g m a v o n der D. G o t t e s nie a n s t ö ß i g , so w e n i g w i e i r g e n d ein anderes D o g m a . Im G e g e n t e i l , das V o l k braucht konkrete, massive Vorstellungen, an die sein G l a u b e a n k n ü p f e n k a n n . S o w i r d m i t der D . als s e l b s t v e r s t ä n d l i c h e r G e g e b e n h e i t operiert, ohne viel K o p f z e r b r e c h e n ü b e r die in ihr l i e g e n d e n S c h w i e r i g k e i t e n . M a n c h m a l w i r d die D . ohne weiteres Gott gleichgesetzt. So gut man im Namen Gottes Beschwörungen ü b t , so g u t a u c h i m N a m e n der hl. D . D i e N a m e n der D . t r e t e n so a n Stelle a l t e r h e i d n i s c h e r Z a u b e r f o r m e l n 3) u n d g e l t e n als b e l i e b t e r Z a u b e r s c h u t z 4 ) . In F e h r bellin ( O s t - H a v e l l a n d ) b e s t r e i c h t m a n ein k r a n k e s T i e r v o m K o p f bis z u m S c h w a n z m i t der f l a c h e n H a n d u n d s p r i c h t d a z u : „ L a u f e n d F e u e r , du b i s t b r a u n u n d rot, d u m u ß t stille s t e h n u n d n i c h t w e i t e r g e h n " ; d a n n m u ß m a n die H a n d s o l a n g auf d e m R ü c k e n des T i e r e s liegen lassen, bis m a n d e n N a m e n des Dreieinigen ges p r o c h e n h a t 5 ). In S c h w a r z a c h bei B ü h l in B a d e n m i s c h t m a n der neu g e k a u f t e n K u h drei T r o p f e n W a s s e r oder drei B r ö c k c h e n B r o t im N a m e n d. hl. D . in die erste T r ä n k e 6 ). A u c h f ü r menschliche K r a n k h e i t e n m u ß die D . h e r h a l t e n . D r ü s e n u n d Halsgeschwülste verschwinden sofort, w e n n m a n sie i m N a m e n der hl. D . m i t der H a n d eines T o t e n ü b e r s t r e i c h t 7 ) . G e g e n Gesichtsrose s p r i c h t m a n dreimal i m N a m e n der hl. D . : Es fiel ein goldner Ring vom Himmel, Das war Gottes Ring: Ein solches Ding Vergeht wie der Hauch im Wind e l. B e i Z a h n w e h h i l f t es, w e n n m a n den Z a h n mit einem rostigen Nagel berührt und diesen i m N a m e n der hl. D . in eine T ü r schlägt 9 ). Im V o g t l a n d w e r d e n W a r z e n i m N a m e n der hl. D . b e s p r o c h e n 1 0 ) . In R a h m bei A n g e r m u n d b e s p r i c h t m a n d e n B r a n d i m N a m e n der hl. D . u ) . I m
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Dreieinigkeit
A l t e n b u r g i s c h e n w i r d dreimal i m N a m e n der hl. D . auf das F e u e r g e b l a s e n u n d gesagt: UDser lieber Herr Jesus Christ ging über Land Und hatte den Brand in der Hand. Brand schwäre aus und nicht ein. Du sollst nicht gären, Du sollst nicht schwären. Das zähle ich dir imNamen der hl. D. zu gute1S).
E i n e A r t A b w e h r z a u b e r d ü r f e n wir a u c h in der a u s d e m A l l g ä u b e z e u g t e n Z e r e monie mit der D r e i f a l t i g k e i t s k e r z e s e h e n : Bei einer B e e r d i g u n g t r ä g t die n ä c h s t e N a c h b a r i n u n m i t t e l b a r b e i m S a r g eine a u s drei r o t e n K e r z e n z u s a m m e n g e w u n d e n e D . s k e r z e , die v o r d e m W e g z u g a u s d e m H a u s e , b e i m B e t e n der herk ö m m l i c h e n fünf V a t e r u n s e r , a n g e z ü n d e t wird, u n d die m a n w ä h r e n d des g a n z e n Beerdigungsaktes brennend erhält13). ·) W u t t k e 166 Nr. 225; 182 Nr. 248. ') S e l i g m a n n 2, 319. «) ZfVk. 8 (1898), 306. ·) M e y e r Baden 401. ') B a r t s c h Mecklenburg 2, 109. s) D r e c h s l e r 2, 293. ·) B a r t s c h Mecklenburg 2, 122. w) Mündlich. ») ZfrwVk. 1914, 173. ») S e y f a r t h Sachsen 106. 1S) R e i s e r Allgäu 2, 299.
3. In diesem Z u s a m m e n h a n g sind z w e i ä t i o l o g i s c h e L e g e n d e n z u e r w ä h n e n , die a n die D . a n k n ü p f e n . D e r D r e i f a l t i g k e i t s b e r g (auf der s c h w ä b i s c h e n A l b bei S p a i c h i n g e n ) k a m so z u seinem N a m e n u n d seiner K i r c h e : E i n a r m e r H i r t h ü t e t e a m H e u b e r g seine V i e h h e r d e ; da e n t w i c h e n i h m einige S t ü c k V i e h . A l s b a l d g i n g er auf die S u c h e , schrie u n d rief zwei T a g e l a n g d u r c h alle B e r g e u n d Hölzer, bis er endlich a m d r i t t e n T a g auf d e m a b g e l e g e n e n v e r w a l d e t e n B e r g z i n k e n des B a l d e n b e r g s seine v e r l o r e n e n K ü h e f a n d . D a s erste w a r , d a ß er G o t t f ü r solche G n a d e d a n k t e u n d ein B i l d n i s der allerheiligsten D . gelobte. A b e r seine D a n k b a r k e i t w a r schon ersetzt d u r c h ein altes u n d ziemlich v e r s e h r t e s B i l d der D . , das er i m D o r n e n g e s t r ü p p f a n d . E r s ä u b e r t e u n d v e r s o r g t e es ehrlich u n d b a u t e i h m ein H ü t t l e i n a u s H o l z 1 4 ). In der O b e r p f a l z h e i ß t die K o r n b l u m e : Dreifaltigkeitsblümlein. Das kam so: D a s K o r n b l ü m c h e n h a t t e so s c h ö n e n G e r u c h w i e keine a n d e r e B l u m e auf E r d e n . Dieses lieblichen D u f t e s w e g e n p f l ü c k t e n
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es die L e u t e in d e n K o r n ä c k e r n u n d t r a t e n die F r u c h t nieder. D a s p r a c h das K o r n b l ü m l e i n : „ 0 heilige D r e i f a l t i g k e i t , n i m m mir den s c h ö n e n G e r u c h , d a m i t das liebe K o r n n i c h t w e g e n mir n i e d e r g e t r e t e n w i r d . " D i e hl. D . s p r a c h : „ W e i l d u n i c h t h o c h m ü t i g bist, so sollst d u z w a r n i c h t mehr riechen, a b e r du sollst d a f ü r unseren N a m e n t r a g e n . " D a h e r h e i ß t m a n die B l u m e das hl. D r e i f a l t i g k e i t s b l ü m l e i n 1 5 ). ") Β i r 1 i η g e r Schwaben 1, 69. z e r Beitrag 2, 203. 486.
16)
Pan-
4. D e n S o n n t a g n a c h P f i n g s t e n h a t die christliche K i r c h e der hl. D . g e w e i h t . Dieses T r i n i t a t i s f e s t (auch D r e i f a l l i g k e i t s s o n n t a g ) spielt, w i e alle k i r c h l i c h e n Feste, i m V o l k s l e b e n u n d - g l a u b e n eine besondere Rolle. In der Eifel w i r d der D . s t a g b e s o n d e r s heilig g e h a l t e n und h e i ß t d a h e r F r o m m t a g 1 6 ). M a n darf keinerlei A r b e i t v e r r i c h t e n 1 7 ) ; soll alle H a n d l u n g e n unterlassen, die g e f ä h r l i c h w e r d e n k ö n n t e n 1 8 ); n i r g e n d s h i n a u f s t e i g e n 19 ), nicht verreisen M ), n i c h t b a d e n oder in den W a l d g e h e n 2 1 ) ; keine P f e r d e in die S c h w e m m e reiten22). W e r a m D.stag näht oder f l i c k t , w i r d v o m B l i t z erschlagen 23 ). A u c h die ä r m s t e F r a u , die die g a n z e W o c h e t a g l ö h n e r t u n d nur a m S o n n t a g d a r a n d e n k e n k a n n , die K l e i d e r ihrer K i n d e r in O r d n u n g z u bringen, r ü h r t keine N a d e l an, aus A n g s t v o r d e m B l i t z schlag24). Geheimnisvoll und wunderbar ist der D . s o n n t a g . K i n d e r , die an diesem T a g g e b o r e n w e r d e n , k ö n n e n Geister sehen u n d w e r d e n g l ü c k l i c h 25 ). W e r in der hl. D . s n a c h t g e b o r e n ist, sieht später, w e n n er e r w a c h s e n ist u n d d a r a u f a c h t e t , in derselben N a c h t die v e r s t o r b e n e n P f a r r a n g e h ö r i g e n u m die P f a r r k i r c h e w a l len ( H u n s r ü c k ) M ). G e r n e wird die A r b e i t des L a n d m a n n s m i t der hl. D. in V e r b i n dung gebracht27). A m D.ssonntag werden in T h ü r i n g e n ( B a d e n ) besonders heilsame K r ä u t e r g e p f l ü c k t , w e s h a l b der D . s t a g auch „ K r ä u t e r s o n n t a g " heißt28). Ahnlich b r i c h t m a n in Mengen (Breisgau) neunerlei B l u m e n , die v o r H a g e l s c h ü t z e n 29 ). In Angelrode werden am D.ssonntag Taxusund Eibenzweige gebrochen und kreuzweise in K e l l e r , K ü c h e , S t u b e u n d S t a l l a u f g e s t e c k t F r ü h l i n g s f e s t e und Bitt-
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Dreiengelsegen
Prozessionen werden auf den D.ssonntag g e l e g t 3 1 ) . Selbst der am D.stag niedergehende R e g e n hat besondere K r a f t . Wenn es an D. regnet, gedeiht der Flachs sogar auf einer Steinmauer 3 2 ) und die Kornähren brechen nicht, so daß die Ährenleser schlechte Aussicht haben (Deißlingen) 33 ). Der D.sregen macht den Schaden des Pfingstregens, der das halbe Korn wegregnet 33 ), wieder gut. E r wird in Schüsseln aufgefangen und als Weihwasser verwendet 3 4 ). Im Allgäu wird dem D.sregenwasser besondere Heilkraft bei Brandwunden oder gegen Kindergichter zugeschrieben 35 ). Allerdings sind die Vorstellungen über die „ H e i l i g k e i t " des D.sregens nicht einheitlich. Wie überall vom Heiligen zum Dämonischen und Unheilvollen nur ein ganz kleiner Schritt ist, so gilt vielerorts die Bauernregel, daß Regen am D.ssonntag ein schlimmes Vorzeichen ist. Regnet es an D., so regnet es sieben Sonntage nacheinander 3e ), und der Bauer kann an diesen Tagen nicht einmal ruhig zu Mittag essen, so sehr muß er das Wetter fürchten 3 7 ); oder es regnet gar alle Sonntage im S o m m e r M ) oder 30 Tage lang 3 8 ). Regen an D. gibt schlechte Frucht- 4 0 ), K o r n - 4 1 ) und Beerenernte 4 2 ). In der Landshuter Gegend deutet D.sregen auf Hochwasser 4 3 ). Zu allerlei zauberischen Handlungen wird D.s s a l z verwendet, das ist Salz, das am D.stag zur kirchlichen Weihe auf den Altar gestellt worden ist 4 4 ). Das D.ssalz nützt gegen jeden bösen Einfluß 45 ). Im aargauischen Freiamt wird es zum Schutz des Hauses vor Blitzschlag in das Herdfeuer geworfen 4 6 ). Der Ettenheimer Bauer hängt zum Schutz vor Hagelschlag an den Ecken seiner Äcker und Weinberge Säckchen mit „gewiehenem" Salz auf, auch dem Vieh wird D.ssalz in die Tränke geschüttet 47). In Krenkingen tut man der Gebärenden zu leichter Geburt ohne ihr Wissen D.ssalz in die Speisen Gegen Gicht wird im Spessart und in Franken folgendes Rezept gegeben: Man gehe an fließendes Wasser unberufen, nehme geweihtes D.ssalz (77 Stückchen), werfe es während des Läutens rücklings stromaufwärts ins Wasser und spreche dreimal:
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Jetzt säe ich diesen Samen In siebenundsiebzig Gichter Namen. Das Gicht soll mich meiden, Bis ich meinen Namen wieder thue schneiden. Im Namen der hl. Dreifaltigkeit w ).
Die heilige K r a f t des D.ssalzes ist so stark, daß sich davor selbst eine böse Zauberin fürchtet, der sonst gar nichts heilig ist so ). Wie geweihtes Salz auf die Felder gestreut wird, so wird auch gelegentlich in Baden geweihtes D.swasser auf die Saaten gespritzt 6 1 ). Fürchtet man bei einem Gastmahl behexte Speise vorgesetzt zu bekommen, so muß man D.s w a c h s an den Löffel kleben. Dann erkennt man die Hexenspeise sofort als K u h f l a d e n 6 2 ) . Auf dieselbe Weise kann man verhextes Schmalz erkennen S3 ). «) W r e d e Rhein. Volksk. 192; ZfrwVk. 5, 49 f. " ) B e c h s t e i η Thüringen 1, 45. le ) S a r t o r i Sitte u. Brauch 3, 218. " ( M e y e r Baden 506. ®>) Ebd. 506 " ) S a r t o r i 3, 218. ·«) M e y e r Baden 506. =3) W i t z s c h e i Thüringen 2, 209 = S c h r a m e k Böhmerwald 156. M) ZfrwVk. 1907, 118. " ( W i t z s s c h e i Thüringen 2, 208. ·) ZfrwVk. 1907, 118. " ) L e o p r e c h t i n g Lechrain 186. M e y e r Baden 505. «·) Ebd. 505. ») W i t z schei Thüringen 2, 209. 31 ) S a r t ο r i Sitte m. Brauch 3, 2 1 8 ; ZfVk. 5 (1895), 454. 32 ) E b e r h a r d t Landwirtschaft 9. 33 ) Β i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 388. M ) ZfVk. 10 (1900), 254 = D r e c h s 1 e r 1 , 1 3 2 . " ) R e i s e r Allgäu 2, 145. " ) SAVk. 12 (1908), 18. " ) R e i s e r Allgäu 2, 145. ω ) ZfdMyth. 2 (1854), 102 = W e t t s t e i n Disentis 1 6 5 " . ae ) L a c h m a n n Überlingen 402. 40) M e y e r Baden 505. « ) SAVk. 1 2 (1908), 16; Ebd. 15 (1911), 5. " ) R e i s e r Allgäu 2, 145. 43 ) P o l l i n g e r Landshut 2 3 1 . " ) Urquell N F . 1 (1897), I o 6 · " ) R o c h h o l z Sagen 2, 167. " ) Η ο f f m a η η - K r a y e r 162. *') M e y e r Baden 505. «) Ebd. 389. " ) H o v o r k a und K r o n f e l d 2, 274 = L a m m e r t 267. ">) R o c h h o l z Sagen 2, 167. " ) M e y e r s2 Baden 505. ) Alpenburg Tirol 266. 63 ) L e o p r e c h t i n g Lechrain 10. Rühle.
Dreiengelsegen l ). „ E s gingen drei wahre Gottes-Engel auf den Berg Sinai. Begegneten ihnen der R a s t (Jast), der Brand und das steigende Gesicht. D a sprachen die wahren Gottesengel: Wo wollt ihr hin? — Wohin änderst als zu dem Diener Gottes NN. . . . Wir wollen ihn übergehen und zertrümmern und ihm eine lange Weile anthun. Da sprachen die wah-
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dreierlei, dreifach—Dreifrauensegen
ren G o t t e s e n g e l : W i r g e b i e t e n e u c h allen 77 G i c h t e r n u n d G e s i c h t e r n , wie ihr seid g e n a n n t , d a ß ihr v o n d e m N N . a b w e i c h e n w o l l t a u s a l l e n seinen G l i e d e r n usw. u n d a u s d e m g a n z e n G e b l ü t . . . " 2 ). Diese s p ä t e A u f z e i c h n u n g s c h e i n t in d e u t s c h e r S p r a c h e die einzige v o l l s t ä n d i g e des alten b y z a n t . und lateinischen G i c h t segens über drei E n g e l z u sein. E i n e b y z . V a r i a n t e (um 1500?) l ä ß t drei E n g e l ü b e r d e n Sinai gehen, hier das „ R h e u m a " (Krankheitsstoff) antreffen und, n a c h d e m ü b l i c h e n G e s p r ä c h , es f o r t b e s c h w ö r e n 3 ). A u s d e m (?.(?) bis 13. J h . liegen sechs epische lat. V a r i a n t e n v o r 4 ) . D i e f ü n f sind sich sehr ä h n l i c h ; in e i n e m derselben h e i ß t es: „ 3 angeli a m b u l a v e r u n t in m o n t e S y n a i et o b v i a v i t illis Nessia Troppho Gnagado Crampho Colora Gii"; g e f r a g t , a n t w o r t e t die Nessia, sie w o l l e n d e m N N . ,,ossa eius siccare, m e d u l l a s e v a c u a r e " u s w . ; die E n g e l bes c h w ö r e n sie bei G o t t , E n g e l n , A p o s t e l n , M ä r t y r e r n u s w . , d e m N N . an k e i n e m K ö r perteil z u s c h a d e n 5 ). A h n l i c h eine V a riante in dänischer S p r a c h e , u m 1500®). D i e sechste l a t e i n i s c h e 7 ) n e n n t nur eine D ä m o n i n , u n d diese e r ö f f n e t den S e g e n : ,,Nesia n o e i v a p e r r e x i t v a g a n d o per div e r s a s p l a t e a s " , sie b e g e g n e t n i c h t E n geln, sondern d e m H e r r n . D i e m e i s t e n lat. V a r i a n t e n g e b e n die M e h r z a h l der K r a n k h e i t s n a m e n in d e u t s c h e r S p r a c h e ung e f ä h r wie o b e n (hinzu k o m m t Stechedo, Stechido)8). Ü b e r Nessia s .Nesse, in der d ä n . V a r i a n t e h e i ß t sie Nocia (vgl. o b e n noeiva, schädlich), M u t t e r aller B o s h e i t . E i n e B e s c h w ö r u n g dieser u. ä. K r a n k h e i t e n ohne epische E i n l e i t u n g liegt u m 1200 v o r : ,,. . . ego te Nessia, Tropho, Crampho (usw.) . . . e d u e o " 8 ) . V g l . n o c h u m 1 6 1 7 : „ I c h g e b e u t dir N ö s c h m i t allen deinen gesellen, d a n n m i t dir ist der s t e c h u n d der k r a m p f . . . . " 10 ). Z w i s c h e n Nessia u n d den s l a w i s c h e n K r a n k h e i t s resp. D ä m o n e n n a m e n Nezid, Nezit in ä h n l i c h e n S e g e n (doch ohne S i n a i e n g e l ) 1 1 ) b e s t e h t sicher k e i n e t y m o l o g i s c h e r Z u sammenhang. O b g l e i c h l ä n g s t f a s t g ä n z l i c h a u ß e r Geb r a u c h g e k o m m e n , m a g der K e r n der D . (nebst a n d e r e n a l t e n B e g e g n u n g s s p r ü -
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chen) n o c h in epischen d e u t s c h e n G i c h t s e g e n (s. d.), w o G i c h t e r v e r j a g t w e r d e n , nachleben. Ur s p r u n g des Segens. W i e der D r e i b r ü d e r s e g e n , ist sicher a u c h der D . ö s t l i c h e n U r s p r u n g s . L e t z t e r e r m a c h t in seinem e p i s c h e n T e i l einen rein j ü d i s c h e n , nichtchristl. E i n d r u c k , ist a b e r in j ü d i scher T r a d i t i o n n i c h t b e z e u g t u n d ist v i e l leicht eher eine auf g r i e c h i s c h e m B o d e n e n t s t a n d e n e S o n d e r f o r m der als L e g e n d e u n d S e g e n sehr b e l i e b t e n , u r s p r ü n g l . orientalischen E r z ä h l u n g v o n G e 11 ο (s. F i e bersegen) : diesem b ö s e n W e i b s d ä m o n (mit ihren zwölf „ N a m e n " , d. h. K r a n k h e i t s f o r m e n ) b e g e g n e n u n d d r o h e n drei hl. B r ü der (oder Engel), Sisinnios, Sines, Senodoros 0. ä. (ersterer ist ein v o l k s t ü m l i c h e r H e i l i g e n n a m e ) 1 2 ), oder a u c h ein v o m H i m m e l oder „ v o m S i n a i " 1 3 ) k o m m e n d e r E n g e l (das „ S i n a i " hier u n d im D . k ö n n t e v i e l l e i c h t a u s den s c h o n u m 700 b e z e u g t e n w ) S m - N a m e n a b s t r a h i e r t sein). E b e r m a n n Z f V k . 23, 435; 26, 128 ff., wo jedoch die Benennung auf alle ähnlichen Segen übertragen ist. '] M e y e r Baden 39; vgl. doch auch G a η ζ 1 i η Sachs. Zauberformeln 20 Nr. 33. *) V a s s i l i e v Anecdota GraecoByzantina 1, 331. *) Angebl. 9. Jh.: S c h ö n b a c h HSG. ohne Nr. (Cod. Vatic. 645 fol. 4 b); 10. Jh.: ZfdA. 21, 209; 12. Jh.: Germania 18,46; G r i m m Myth. 3, 370; 13. Jh.: ZfdA. 17, 560; 22,246. S c h ö n b a c h s. Anm. 4. ·) Danm. Tryllefml. Nr. 174. ') G r i m m s . Anm. 4. 8) Germania 18,46; ZfdA.22,246. ·) Germania 18,234. 10) Μ ο η e Anzeiger 6, 463 Nr. 11. " ) Mans i k k a Über russische Zauberformeln 49 ff. 1S) Vgl. G a s t e r in der Monatsschrift für Geschichte des Judentums i88c, 562 f. " ) Ζ. B. P r a d e l Gebete 23. 14) Alphabetum Siracidis ed. S t e i n s c h n e i d e r fol. 23 a. Ohrt. dreierlei, d r e i f a c h s. Z a h l e n D r e i f a l t i g k e i t s.
Β 3.
D r e i e i n i g k e i t .
Dreifaltigkeitsblume terchen.
s.
S t i e f m ü t -
Dreifrauensegen*). 1. Die M a r c e l l u s s p r ü c h e (unten g e k ü r z t „ M d . " ) . M a r c e l l u s v o n B o r d e a u x , c. 400, b r i n g t z w e i S p r ü c h e g e g e n M a g e n l e i d e n ; in d e m einen s t e h t : „ T r e s v i r g i n e s in m e d i o mari m e n s a m marmoream positam habebant; duae torquebant, una retorquebat"2). Der a n d e r e l a u t e t : „ S t a b a t a r b o r in medio
439
Dreifrauensegen
m a r e , e t ibi p e n d e b a t s i t u l a p l e n a intestin o r u m h u m a n o r u m ; tres v i r g i n e s circ u m i b a n t , d u a e a l l i g a b a n t , u n a resolveb a t " 3 ) (Die K o n j e k t u r revolvebat, v i e l l e i c h t u n n ö t i g ) . D e r S i n n j e d e n f a l l s des ersteren T e x t e s scheint klar: Zwei verurs a c h e n d a s L e i d e n d u r c h ihr D r e h e n des G e d ä r m s , eine w i r k t e n t g e g e n u n d heilt, a l s o eine g e w ö h n l i c h e „ H i s t o r i o l a " . D e r S c h a u p l a t z ist k a u m , w i e w o h l a l l g e m e i n a n g e n o m m e n , die Meerestiefe (vgl. E i m e r , B a u m ) , eher eine ( W u n d e r - ) Insel oder K l i p p e . Die J u n g f e r n w e r d e n v o n G r i m m 4 ) als a l t e S c h i c k s a l s g ö t t i n n e n a u f g e f a ß t . N a c h einigen m o d e r n e n F o r s c h e r n e n t h a l t e n die S p r ü c h e c h r i s t l i c h e V o r s t e l l u n g e n ( J a c o b y z w e i f e l n d : die drei Marien a m hl. G r a b e ) 6 ), oder sind g a r d u r c h u n d d u r c h c h r i s t l i c h allegorisch (Mans i k k a s. S e g e n § n ) . D i e T e x t e selbst b i e t e n keine s o l c h e A n d e u t u n g ; ihre V o r g e s c h i c h t e bleibe dahingestellt; jed e n f a l l s k ö n n e n c h r i s t l i c h e Z ü g e in s p ä ten P a r a l l e l e n oder M o d e r n i s i e r u n g e n dieser S p r ü c h e (vgl. unten) n i c h t ohne w e i t e r e s hier b e w e i s k r ä f t i g sein; sie k ö n nen v o n Bearbeitern herrühren, denen n u n e i n m a l die Mcl. b e w ä h r t e S e g e n w a ren, die also christlich sein m u ß t e n . W a s i n s b e s o n d e r e die A u s l e g u n g v o m G e d ä r m als J e s u (in der M e s s e ? ) g e o p f e r t e r L e i b u n d B l u t b e t r i f f t , so w ä r e dieses d o c h w o h l w i d r i g e F l e i s c h e r b i l d r e c h t sonderb a r g e w ä h l t . F ü r d e n mit e r s t e r e m Marc e l l u s t e x t e n g v e r e i n t e n S p r u c h ü b e r die kochenden Hirten hat J a c o b y e ) ä g y p t i s c h e n U r s p r u n g als m ö g l i c h erw i e s e n . — B y z a n t i n i s c h ist k e i n solcher S p r u c h b e l e g t , d a g e g e n ein S e g e n v o n drei b ö s e n G e s c h w i s t e r n 7 ) , a u c h slawisch u n d f i n n i s c h 8 ). B i s u m 1400 k o m m e n auf d e u t s c h e m B o d e n w e n i g e l a t e i n i s c h e u n d ein d e u t scher T e x t v o r , die alle auf die Mcl. oder eine g a n z ä h n l i c h e Quelle weisen, i n d e m sie das „ D r e h e n " oder d a s „ M e e r " biet e n 9 ); d a z u noch der erste M e r s e b u r g e r S p r u c h (s. d.), der aber eine s e l b s t ä n d i g e P a r a l l e l e ist. Z w e i b e s c h w ö r e n die G e b ä r m u t t e r , einer B l u t , die ü b r i g e n A u g e n leiden (s. A u g e n s e g e n ) . In allen h a t aber, a b w e i c h e n d v o n Mcl., j e d e der Drei
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ihre S o n d e r t ä t i g k e i t oder ihren N a m e n ; ζ. B . „ T r e s sorores a m b u l a b a n t , una v o l v e b a t , alia c e r n e b a t , t e r t i a resolveb a t . " D e n Mcl. a m n ä c h s t e n s t e h t d e r d e u t s c h e S p r u c h , 14. J h . ? (mit h e b r ä i schen L e t t e r n g e s c h r i e b e n ) : „ ( E s s a ß e n da i m S a n d e ? ) drie mer m i n d u , di h a t e n z ' h a n d a m i n gederme, d'ein s c h l e h t s (schlichtet's), d ' a n d e r r e h t s (richtets), d* drite instet r u k t s " (hier heilen sie a l s o alle drei). B e s t i m m t Christliches f i n d e t sich a u c h n i c h t in diesen T e x t e n , a b g e sehen v o n den aus der H e i l i g e n l e g e n d e e n t l e h n t e n N a m e n in den A u g e n s e g e n . D e r d e u t s c h e S p r u c h ist, d u r c h d a s A l b e r t u s - M a g n u s - B u c h v e r b r e i t e t , noch in unserer Z e i t g e l ä u f i g g e w e s e n in dieser w e n i g g e ä n d e r t e n F o r m : „ E s sitzen drei W e i b e r i m S a n d " usw. 1 0 ). A u c h s o n s t f i n d e n sich n a c h 1400 einzelne A u f z e i c h n u n g e n , deren A b h ä n g i g k e i t v o n Mcl. deutlich i s t l l ) . A n d e r e n o r t s k o m m e n den Mcl. s e h r ä h n l i c h e S p r ü c h e j e d e n f a l l s in R u ß l a n d v o r 1 2 ) ; einige v o n ihnen s c h e i n e n (vgl. oben) eine w e i t g e h e n d e A l l e g o r i s i e r u n g ihrer G r u n d l a g e zu bieten, w i e d i e s e r : „ I m O z e a n s t e h t die S ä u l e - A l t a r (sie), a u f d e m hl. A l t a r s t e h t eine g o l d e n e Schüssel, u n d in der Schüssel s t e h t J e s u s C h r i s t u s s e l b s t " 1 3 ) . Ganz vereinzelt ähnlich in S c h w e d e n : „ D i e drei G o t t e s M ü t t e r , d i e a m T i s c h e Christi (vgl. Mcl. mensam) s a ß e n u n d m a ß e n , sie m a ß e n S a n d " u s w . 1 4 ) . *) E b e r m a n n Blutsegen 80 ff. mit Hinweisen bes. für die Blutsegen; Η ä 1 s i g Zau106 f.
berspruch
s
)
De
medicamentis
21, 3.
) E b d . 28, 74. 4 ) G r i m m Kleinere Schriften 2, 148. s ) Ons H6mecht 1924, 30. «) SAVk. 25, 293 ff. ') V a s s i l i e v A needota Graeco-By3
zantina
1,
333 ( u m
1600); v g l .
F L . 7, 144.
) H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 292; Finnisch-ugrische Forschungen 12, 218. ") L a t . : H e i m Incantamenta 559 (9. J h . , oben zitiert); S t e i n m e y e r 378Anm. (12. J h . ) ; S c h ö n b a c h H S G . Nr. 904 (13. J h . ) ; Deutsch: ZfdA. 19. 473 f · (14- J h . ?, oben zitiert). 10 )WürttVjh. 13, 194 Nr. 163; vgl. H ö h n Volksheilkunde 1, i n . u ) So ZfdA. 38, 19 lat. aus England, 12 Kräutersegen 15. Jh. ) Μ a η s i k k a Über
8
russische Zauberformeln
154. 195.
13
) E b d . 187.
) J o n J o h a n s s o n s Signerier och Besvärjelser (Malmö 1917) 18. 14
2. D e r D r e i - M a r i e n - S e g e n . Bei Behandlung einer (venerischen)
441
442
Dreifrauensegen
„ B l a t t e r " , 14. J h . : „ D o die drie Marien vnsern herren salben woltent, do hettent sie aloe och in ieren salben; alse gut v n d alse gesunt sol es sin . . . an heimlichen Stetten alse wol drucckent e s " 1 5 ). Dieser Salben- oder Wund-Segen, dessen T h e m a letzter Hand auf Mark. 16, 1 und L u k . 24, I zurückgeht, ist von den Mcl. grundverschieden, erstens durch seine ausgesprochene Christlichkeit, zweitens indem die Frauen, wie in der bibl. Quelle, e i n h e i t l i c h , ohne Rollenverteilung, a u f treten; alle tragen gar denselben Namen, nach üblichem populär-christlichem Sprachgebrauch (die 3 Marien, d. h. teils die Weiber a m Grabe, teils die hl. J u n g f r a u und ihre Schwestern). Segen, die diesem Muster streng folgen, kommen lateinisch nie und deutsch recht selten vor. U m 1600 ( ? ) : „ E s gingen drei Salomen (der bibl. Name des dritten Weibes) über einen Ölberg . . . begegnet ihnen Marie uns. 1. fraue . . . wei willen hengahn ut und seuken mancherlei god krut . . . " 1 β ) (die K r ä u t e r L u k . 24, 1 haben hier den Dreibrüdersegen, s. d., herangezogen). In neuerer Zeit: „ E s wollten drei Frauen recht früh aufstehn zu suchen das hl. G r a b " usw. (gegen die Rose) w ). „ E s kamen drei hl. Frauen f r ü h Morgens im Taue, sie suchten uns. H. J . C h r i s t . . . das B l u t soll s t e h e n . . " 1 8 ) . W i e Ebermann nachgewiesen hat l s ), finden sich solche Eingangszeilen in religiösen Volksliedern ( F r a u ' n : im T h a u schon v o m 14. J h . ) ; diese Lieder werden zum Teil die unmittelbare Quelle der deutschen Segen sein. Andere Formen, ohne (deutliche) Rollenverteilung aber mit einfachen „ d r e i J u n g f e r n " o. ä. als S u b j e k t , machen eher den Eindruck, Verstümmelungen des in § 3 zu behandelnden T y p u s zu sein In einem dänischen Kuhsegen um 1540 begegnet die Mutter Gottes d e n drei meje'n) (d. h. wohl Marien und nicht Maiden). Französische Augensegen lassen die hilfesuchenden „trois M a r i e " (auch „ v i e r g e s " ) J e s u s oder St. J e a n begegnen 2 2 ). ") Alemannia 10, 220. ") G r i m m Myth. 3, 503 Nr. 39. ") S e y f a r t h Sachsen 117.
«) MschlesVk. Blutsegen
1896, 66.
80—82;
>») E b e r m a n n
E r k - B ö h m e
3,
678 ff. 754 f. M) S e y f a r t h Sachsen 117; B a r t s c h Mecklenburg 2, 361 f. Nr. 1694; ZfVk. 7, 409 f. Nr 17. 22; englisch: County Folk-Lore 3, 147; dänisch: Danm. Nr. 344 ( J . 1619). *>) Danm.
Tryllefml.
Tryllefml. Nr. 209.
**) Melusine 1, 399; RTrp. 2, 165; 19, 491; ZfVk. 24, 14I Nr. 13; 144 Nr. 5.
3. D i e n e u e r e Ü b e r l i e f e r u n g , seit dem 1 5 . J h . , im 19. J h . haufenweise vertreten, zeigt ganz überwiegend einen besonderen T y p u s . Normal hat wie in den Mcl. (§ 1) jede der Drei ihre Rolle bzw. ihren Namen, aber im übrigen fehlen die marcellinischen Züge (Meer, Tisch, drehen usw.). Christliche Züge (nach A r t des Mariensegens § 2, oder andere) sind häufig. Einige B e i s p i e l e . Frühester B e leg des neueren T y p u s , 15. J h . , gegen den „ F l o ß " ( K a t a r r h ) : „ S a n t Ann, S a n t Osann, min frow Sant Maria, die haiigen dry frowe gingent über ainen gewichten kilchoff. Die ain sprach: dis ist das fliegend. Die ander: es en-ist. Die dritt: es sig oder es sig nit, so bütz uns der gutt her S a n t M a r t i " (usw.) 2 3 ). — F ü r Blutung: „ E s steigen drei J u n g f r a u e n v o m Himmel zur Erden, die erste heißt B l u t gülpe (d. i. Sprudeln), die andere Blutstülpe (d. i. Hemmung), die dritte B l u t stehestill" 24 ). — F ü r das Mal auf dem Auge, J . 1 6 8 g : „ D r e y J u n g f e r n lepen gerade . . . dei eine lep dat Grass uth der Erde, dei ander 1. d. L o f f v a m Böhm, dei drüdde 1. d. Mal v a m O g e " 2 5 ) (diese F o r m sehr beliebt). — A h n l i c h e Segen sind auch niederländisch 2e ), englisch 27 ), skandinavisch (sehr viele) 2 8 ), czechisch 2 9 ) bekannt. E i n Dreiheitsspruch mit boshaft wirkenden männlichen Dämonen ist norwegisch aus dem J a h r e 1 3 2 5 bezeugt 3 0 ). Der Z w e c k ist in den deutschen Segen hauptsächlich: B l u t s t i l l e n 3 1 ) oder Hilfe entweder f ü r Augenleiden (Mal, Star) 32 ) oder f ü r Entzündungen verschiedener A r t ( „ F e u e r " , Geschwulst, R o s e usw.) 3 3 ). Die P e r s o n e n sind gewöhnlich: „ d r e i J u n g f r a u e n " ( J u n g f e r n ) (immer ohne den Artikel), seltener „drei F r a u e n " . J e n e werden oft, diese f a s t immer, irgendwie als christliche Persönlichkeiten be-
443
Dreifuß
z e i c h n e t : R e i n e J u n g f r a u (in d e m d u r c h Z a u b e r b ü c h e r sehr v e r b r e i t e t e n S p r u c h gegen „ H e i s c h " , Geschwulst: „ E s gingen drei reine J., sie w o l l t e n eine G e s c h w u l s t und Krankheit b e s c h a u e n " usw.) 34 ), H e i l i g e Jungfrauen, „ S e l i g e junckf e r n " (J. 1576) 3 5 ), J u n g f e r n , die v o m H i m m e l kommen, auch g e s e g n e t e Mägde; weiter Frauen mit N a m e n w i e Maria, S u s a n n a , M a g d a l e n a u. ä . ; ( J u n g - ) F r a u e n i m T a u e (s. § 2); Christi T ö c h t e r usw. (Czechisch a u c h Marias S c h w e s t e r n , s k a n d i n . M a r i a s T ö c h t e r oder Mütter). H i e r w i r k t der e i g e n t l i c h e Dreim a r i e n s e g e n (oben § 2) u n d sicher a u c h die d i e s e m e n t s p r e c h e n d e n religiösen L i e der u n d L e g e n d e n n a c h . D i e R o l l e n : H i e r g a b e n u n s obige Beispiele die H a u p t t y p e n : a) J e d e r e d e t ihr W o r t , b) j e d e h e i ß t mit ihrem N a m e n ( k o n k r e t b i b l i s c h oder a b s t r a k t ) , c) j e d e h a n d e l t auf ihre W e i s e . D e n f ü r b) g e w ö h n l i c h e n a b s t r a k t e n N a m e n s t y p u s (schon i m 16. J h . v e r t r e t e n ) k a n n man mit E b e r m a n n 3 β ) aus dem Redet y p u s h e r l e i t e n : „ d i e dritte s a g t ( > heißt) B l u t stehe s t i l l " . — Ü b e r die „ L o g i k " der R o l l e n v e r t e i l u n g s. S e g e n § 5. Ursprung. Es scheint durchaus möglich, die H a u p t z ü g e der neueren D r e i f r a u e n s p r ü c h e als ä l t e r e n S e g e n n a c h g e b i l d e t z u e r k l ä r e n : den Mcl. § I ( „ d r e i J u n g f e r n " ) , d e m M a r i e n s e g e n § 2 (der christl. S t o f f ) u n d a n d e r e n . Z u m R e d e n der D r e i e n v g l . die a l t e n A u g e n s e g e n (s. d. § 2) mit drei Heiligen, ihrerseits den Mcl. n a c h g e b i l d e t (auch „ B l u t steh", „ B l u t geh", vgl. „ S e d e a m u s " und „ E a m u s " ? ) 3 7 ). Z u m N a m e n s t y p u s v g l . b z w . den E i n g a n g der b i b l . M a r i e n s e g e n u n d (jedenfalls z u m k l e i n e r e n Teil) a u c h die D r e i b l u m e n s e g e n (s. d.) 38 ). D e r H a n d l u n g s t y p u s k ö n n t e freie d i r e k t e U m b i l d u n g der M c l . - F o r m e n sein; v i e l l e i c h t w a r e n d e u t s c h e S e g e n speziell m a r c e l linischen I n h a l t s n o c h i m S p ä t m i t t e l a l t e r mehr g a n g u n d g ä b e als u n s j e t z t b e k a n n t ; j e d e n f a l l s s i n d u n t e r den s k a n d i n a v i s c h e n , bes. d e n n o r w e g i s c h e n V a r i a n t e n sehr viele, die eben M a g e n l e i d e n gelten, u n d w o die Drei die G e b ä r m u t t e r 0. ä. b i n d e n (u. w i n d e n , a u c h spinnen) 39 ).
444
A b e r a n d e r e r s e i t s sind V o l k s g l a u b e n u. V o l k s d i c h t u n g (weltliches Lied, Märchen, K i n d e r r e i m e ) so reich an ä h n l i c h e m S t o f f — drei W a l d f r a u e n u s w . , drei (Mädchen) m i t v e r t e i l t e n R o l l e n oder m i t drei N a m e n — d a ß a u c h hier eine ( b e i d e r s e i t i g e ? ) E i n w i r k u n g w a h r s c h e i n l i c h w i r d (in E i n zelfällen w o h l a u c h n a c h w e i s b a r ) 40 ). V e r m u t l i c h ist die G e s c h i c h t e der neueren D. äußerst b u n t und verwickelt, und so w i r d m a n die F r a g e , w e r d e n n die drei ( J u n g - ) F r a u e n dieser s p ä t e n u n d gemischten Segensformen „eigentlich sind", in solcher A l l g e m e i n h e i t ü b e r h a u p t k a u m stellen 4 1 ). " ) Germania 25, 68. 21) G r i m m Myth. 2, 1042; vgl. E b e r m a η η 87 ff. " ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 358. *·) Ons Volksleven 3, 62 f.; 6, 57. 11) H e n d e r s o n Folk-Lore of the Northern Counties 170 und E b e r m a n n 93 f. a) Norske Hexefml. Nr. 239 ff.; schwedisch: Svenska Landsmäl 2, X L ; 8, 317. 321; Meddelanden frän Nordiska Museet 1897, 39. 46; usw. a») G r o h m a n n 152t. Nr. 1 1 0 5 ! ; Hov o r k a u. K r o n f e l d 2, 101. M) Norske Hexefml. Nr. 238; vgl. O h r t Trylleord 93. S1) W l i s l o c k i Sieb. Volksgl. 85. 88; D r e c h s 1 e r 2, 288; S e y f a r t h Sachsen 116; E n g e l i e n u. L a h n 255 Nr. 134; ZfVk. 1, 195; K u h n Westfalen 2, 199 Nr. 559; ZfdA. 4, 391; Urquell 6, 183 f.; F r i s c h b i e r Hexenspr. 36 ff. usw. 32) ZfrwVk. 1904, 217; K u h n Westfalen 2, 207 Nr. 589; 2, 211 Nr. 601; K u h n u. S c h w a r t z 441 f.; M ü l l e n h o f f Sagen 516 Nr. 24; E n g e l i e n u. L a h n 266; W u t t k e § 229; B a r t s c h 2, 358ff. (viele Belege); ZfVk. 7t 54 f.) J a h n Hexenwesen 77 usw. " ) Η ο v o r k a u. K r o n f e l d 2, 725; S e y f a r t h Sachsen 117; ZfVk. 7, 406 Nr. 5; 7, 411 Nr. 27; 8, 202 Nr. 10; B a r t s c h 2, 366 Nr. 1717 f.; 2, 415 Nr. 1926 f.; K u h n n. S c h w a r t z 440; F r i s c h b i e r 48. 50; BlpommVk. ϊ, I I I usw. M ) Geistl. Schild 154 (vgl. Romanusbüchlein 11), ein wenig anders WürttVjh. 13, 168 Nr. 43 usw. " ) Β a r t s c h 2, 11. *·) E b e r m a η η 89. " ) Vgl. auch einen Blutsegen S c h ö n b a c h Nr. 1034, 15. Jh. („dry herren g u t . . . da sprach" usw.). *") E b e r m a n n 86. a®) Das S p i n n e n der Drei auch czechisch; deutsch im Segen selten: W l i s l o c k i Sieb. Volksgl. 110; ZfVk. 1, 204; vgl. Ebermann 84. E b e r m a n η 83. 89 f. 92; vgl. auch ζ. B. M a n n h a r d t Germ. 41 Mythen 524. 656. 659. ) Vgl. auch E b e r m a η η 83 unten. Ohrt. Dreifuß. Der einfache volkstümliche D. als H e r d g e r ä t ist die K e i m - u n d G r u n d g e s t a l t , a u s der sich der K e s s e l d . der m i t t e l m e e r l ä n d i s c h e n K u l t u r w e l t bis z u r
445
Dreifuß
höchsten künstlerischen Vollendung entfaltet hat. Auch die sakrale und kultische Bedeutung, die dem antiken D. — besonders im apollinischen Kultgerät — anhaftet 2 ), geht auf dieselbe Keimgestalt zurück. In neuerer Zeit hat namentlich K . Schwendemann dargelegt, wie die mantische K r a f t ursprünglich nicht mit dem Kessel oder mit dem Sitzen auf dem D., sondern mit diesem primitiven Feuerund Herdgerät selbst zusammenhängt 3 ), welches der älteste mittelgriechische Orakelkult des 8. vorchristlichen Jahrhunderts schon lange vorher voraussetzt. Freilich hat die sakrale Bedeutung des klassischen τρίπου;, der j a auch im K u l t der römischen Quindecimviri sacris faciundis eine bedeutende Rolle spielte, eine gewaltige Verbreitung gefunden, und es ist daher wohl möglich, daß er auch seinerseits wieder Niederschläge im deutschen Volksglauben, soweit sich dieser auf den D. bezieht, zurückgelassen hat. Doch liegen außerdem vielleicht auch eigene german. an den D. gebundene Vorstellungen zugrunde, wiewohl das Zaubergerät (seidhiallr) nordischer Halbgöttiniren kaum — wie J . Grimm meinte 4) — mit dem antiken D. in Beziehung zu bringen i s t 5 ) . Auch Goethes Erwähnungen des D., ζ. B . „ein glühender D. tut dir endlich kund, du seist nun in dem tiefsten, allermeisten G r u n d " 6 ) , sind wohl der Kenntnis antiker Vorstellungen zuzuschreiben. Die deutsche Volkssage scheint sich indessen — w i e schon so oft 7 ) — a u c h hier wieder alter Traditionen halbbewußt gewesen zu sein. Im Lenzleswäldle bei Ludenhausen in Oberbayern wußte sie lange von drei weißen Fräulein zu sagen, die dort ihr Wesen trieben. Als man nachgrub, fand man einen eisernen D. 8 ). Ob auch etliche Bergnamen wie „Dreistelz, Dreisesselberg", besonders aber der wetterauische „welle fra gestoil 9 )" in diesen Zusammenhang gehören, ist zweifelhaft, wiewohl auch der dreibeinige Stuhl „dristempelstoil und drysessel", der auch im Rechtsleben Bedeutung besaß, nach Grimms Meinung mit dem antiken τρίποας zusammengehört 1 0 ). Ob das alte Swastika-Ornament, auch Triskele und , , D . "
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genannt, mit dem Herdgerät in Verbindung steht, sei dahingestellt. 1 1 ). Jedenfalls fällt es auf — und deutet möglicherweise auf antiken Einfluß — daß die, übrigens nicht sehr zahlreichen, deutschen Volksmeinungen, die sich auf den D. beziehen, in größerer Zahl im Süden und Westen des deutschen Sprachgebietes zu finden sind. Die ältesten Nachrichten bringt ein Papiercodex des 14. (15 ?) J h . aus St. Florian in Österreich: Will ein Weib beim Tanze bevorzugt sein, so wende sie folgenden Zauber an: „ e e das sy zu dem tancz get, so siez sy auf ain drifues . . . so tancz man mit ir var f ü r die andern" 1 2 ). Im selben Codex heißt es: „item so man ain taezs (Abgabe) gen Kirchen trait für ain haws, so lauft aine in dem haus hin und seezt auf ainm drifüz so wirt ir derselb m a n . " 1 3 ) Andererseits bestimmt ein österr. Weistum von Guggingvom J . 1489: „ d a s kainer frauen noch diern nicht porgen soll, den auf die Katzen und auf den drifues auf dem hert f ü r 12 P f g . " 14 ). — Ein richtiger Herdglaube ist es auch, wenn in der Wetterau gekauftes Vieh zuerst über einen D. hinwegschreiten muß, damit es sich leicht ans Haus gewöhne 1 5 ). Mit dem Herd hängen wohl auch die Beziehungen des D. zum Seelenglauben zusammen. Nach dem Glauben der alten Walliser durfte eine arme Seele den Ort der Pein verlassen, wenn ein Huhn am Weihnachtstag unter dem D. durchschlüpfte. Die Bäuerin nahm dann die Henne, hielt sie unter dem D. fest und schnitt ihr das darüber hinausragende Schwanzstück ab. Nun war die arme Seele ein J a h r lang Hüterin des Huhnes und kehrte am nächsten Weihnachtstag auf den D. zurück, um weiter zu büßen l e ). Mehr verbreitet ist der Glaube, daß man einen D. nicht leer über dem Feuer stehen lassen dürfe, weil sich sonst eine arme Seele (oder unsere liebe Frau) auf ihn setzen und braten müsse 1 7 ), oder, was schon die Chemnitzer Rockenphilosophie weiß: die Frau, die den D. stehen läßt, bekommt eine „ S c h ü r z e " , d. h. Runzeln im Gesicht 18 ). Der D. findet auch gegen K r a n k heit und Hexerei allerlei Verwendung:
Dreiheit—Dreikönige
447
Schon in Vintlers „Pluemen der Tugent", die den Tiroler Volksglauben an der Wende des 14. und 15. Jhs. wiedergibt, heißt es: „und etlich nement ire Kind, wenn sy eyn wenig krank sind und legends auff eyn drysessel" 19 ). Wenn eine Krankheit unter den Gänsen ausbricht so brät man in Bayern eine kranke Gans lebendig auf einem D., dann muß die Hexe, die die Krankheit hervorgerufen hat, solche Schmerzen leiden, als ob sie selbst im Feuer läge 20). Wenn jemand fürchtet, daß sein Hund von einem wütenden Hunde gebissen werde, dann lasse er ihn durch einen D. fressen und trinken, so ist er den Tag gesegnet 2 1 ). Gibt eine Kuh keine oder nur schlechte Milch, so nimmt man einen D. und macht ihn glühend. Dann wird die Kuh gesund und der Urheber bekommt schwere Brandwunden 22 ). ') M e r i n g e r in Mitt. Anthr. Ges. Wien 21 (1891),, 1 3 3 f. 2) W i s s o w a Religion 500 ff. 541 Anm. 1 ; P a u l y - W i s s o w a 5, 2, 1669 f.; L. v. S c h r ö d e r in ZfvglSpr. 9 (1887), 197; P f i s t e r Reliquienkult 287. 328; G. K a r o in A R w . Beiheft z. Band 8 (1905); U s e n e r Sintflut 135 f. 184. 186. з ) K. S c h w e n d e m a n n in Jb. Arch. Inst. Bd. 36 (1921), 98ff bes. 174. 4) G r i m m Myth. 2, 872. 5) ebd. 3, 306. 6) D e r s . DWb. 2, 1381. ') M a c k e n s e n in NddZfVlc. 3 (1925), 88 ff. 8 ) P a n z e r Beitrag 1, 40. ») Ebd. 1, 372 und G r i m m Myth. 1, 359. 10) G r i m m RA. i, 80 f. u. 188. " ) H e l m Religgesch. 1, 169. l2 ) G r i m m Myth. 3, 419 Nr. 60. «) Ebd. Nr. 39. " ) Österr. Weist. 9, 5. IS) W u t t k e 4 3 9 5 6 9 1 . 1β) SchwVk. 12 (1922), 40. " ) Ebd. 97; H e y l Tirol 783 Nr. 1 1 1 ; Andrian A Itaussee 1 1 8 ; B a u m g a r t e n Heimat 1, 1 6 1 ; Jahr u. s. Tage 30; L a n d s t e i n e r Niederösterreich 32; vgl. ZfVk. (1914), 416. "·) G r i m m Myth. 3, 438 Nr. m ; ZfdMyth. 3, 310. и ) ZfVk. 23 (1913), 9; G r i m m Mvth. 3, 424 liest dryschu/fel. 20) P a n z e r Beitrag 2, 306; G r i m m DWb. 2, 1 3 8 1 . 21 ) ZfdMyth. 3, 312. J2 ) A n d r i a n Altaussee 155. Geramb.
Dreiheit s. Ζ a h 1 e η Β 3. dreihundert s. Ζ a h 1 e η Β 300. dreihundertfiinfundsechzig s. Z a h l e n Β 365. dreihundertundsechzig
s.
Z a h l e n
Β 36ο.
dreijährig. Die hl. Dreizahl (s. Zahl) spielt im Zeitglauben eine wichtige Rolle (s. Tag, Nacht). Das A l t e r v o n d r e i
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J a h r e n ist bei Menschen, Tieren und Pflanzen bedeutsam. In Steiermark meint man, an dem d.en Kind schon sehen zu können, wie groß es einmal sein werde. Denn der M e n s c h erreicht genau die doppelte Größe, als er sie mit drei Jahren hat*). Zur Erlangung des wunderkräftigen weißen Steines benötigt man einen d.en H a h n 2 ) . Beim Pferde scheint man anzunehmen, daß es erst mit drei Jahren, als d.es F ü l l e n , voll ausgewachsen ist. Gegen eine Aiße spricht man im Böhmerwald den folgenden Segen: I hän an Oaß, Daß 's Gott woaß, Daß 's Gott will, Daß 's morg'n is wie a drijahrig's Füll 3 ).
Neben der einjährigen ist die d.e H a s e l r u t e zauberkräftig. Eine solche wird in einer englischen Anweisung zum Fangen der Feen (17. Jh.) empfohlen 4 ). In Süddeutschland glaubt man, daß man mit einem oder auch mit drei Streichen mit einer Haselrute die Nattern sofort töten kann, doch muß nach Schweizer Glauben der Haselschoß d. und ganz gerade sein 6). F r i s t e n v o n d r e i J a h r e n sind nicht selten. Nach drei Jahren und einem Tag holt der Teufel den ihm Verfallenen 6), drei Jahre lang müssen im Märchen die Helden wandern oder Unglück erleiden 7 ). Wenn beim Brande eines Hauses Vieh mit verbrennt, so brennt das neue Haus in drei Jahren wieder ab 8). ZfVk. 13 (1903), 360. 2) W e i n h o l d Neunzahl 18. 3) J u n g b a u e r Volksdichtung 229. 4) ZfVk. 1 1 (1901), 7. s ) Ebd. 7 f. β = Schweizld. 2, 1675. ) Κ ü h η a u Sagen 2, 28. ') S t r a c k e r j a η 2, 13 Nr. 270. ") Ebd. i, 36 Nr. 26. Jungbauer.
drei Jungfrauen s.
Nomen.
Dreikönige. 1. Am 6. J a n u a r feiert die Kirche seit den ältesten Zeiten die E r s c h e i n u n g ( E p i p h a n i a ) des Herrn, eine Art von Sammelfest. Man dachte dabei an gewisse einzelne Vorgänge in seinem Leben, bei denen seine Gottessohnschaft in besonderem Glänze hervortrat, seine menschliche Geburt, die Huldigung der Magier aus dem Morgenlande, die Taufe
Dreikönige
449
im Jordan und das Wunder zu K a n a . Bis zur Mitte des 4. Jhs. beging man in R o m noch den 6. Januar als Geburtstag Jesu. Bei den Orientalen macht sich namentlich die T a u f e im Jordan als eigentlicher Gegenstand der Festfeier geltend. Nach der Verlegung des Geburtstagsfestes blieb im Abendlande die Huldigung der Magier das wesentliche Ereignis des 6. Januar. Der Volksmund in Deutschland und anderswo redet aber nicht von ihnen, sondern immer nur von den hl. drei Königen. Diese kommen freilich erst im 12. Jh. recht zur Geltung, nachdem ihre vermeintlichen Reliquien v o n Rainald v o n Dassel i. J. 1164 aus Mailand nach K ö l n überführt worden waren Man kann wohl sagen, daß das Epiphaniasfest, das älteste Fest der christlichen Kirche, im bäuerlichen Leben ebenso viel Bedeutung h a t wie der 1. Januar 2 ). *) K . H o l l
D.
Ursprung
des
Epiphanien-
festes. Sitzb. Berl. 1917, 402 ff.; ARw. 19, 190f.; 21,
195;
Menzel
Symbolik
1,
497 f f . ;
K e l l n e r Heortologie 125 ff. 130 ff. Über die Namen der hl. drei Könige: ebd. 131 Anm.; Milusine 7, 27 ff. Nach H ö f l e r ZfVk. 14, 263. 275 sind Züge der drei,,Schicksalsfrauen" auf sie übergegangen. ') R e u s c h e l Volkskunde 2, 46.
2. Der 6. J a n u a r ist der letzte T a g der Zwölften (s. d.), gilt noch vielfach als A b schluß des alten und eigentlicher B e g i n n d e s n e u e n J a h r e s 3 ) und heißt dementsprechend: der oberste ( = letzte) Tag, Großneujahr, Hochneujahr 4 ). Er und die ihm vorhergehende Nacht sind voller Wunder. Die Tiere können reden s ). Das um Mitternacht geschöpfte Wasser hat große H e i l k r a f t e ) . U m Mitternacht ö f f n e t sich der Himmel, die hl. Dreifaltigkeit wird sichtbar, und wer das sieht, dem gehen drei Wünsche in Erfüllung 7 ). Der T a g hat sich jetzt um einen Hahnenschrei 8) oder um einen Hirschsprung ·) gelängt. W e r Weihnachten, Neujahr und D.sabend etwas s t i e h l t , ohne ertappt zu werden, der kann das ganze Jahr über sicher stehlen 10 ). Die sonst im ganzen Jahre verbotenen Glückss p i e l e sind in Bocholt am Neujahrsund D.sabend erlaubt 1 1 ). Fröhliche Feiern finden in der Familie und im größeren B&chtold-St&uhli. Aberglaube II.
450
Kreise statt 1 2 ). Darum heißt der D.sabend in bayrischen Gegenden „ d i e feiste Rauhnacht", und r e i c h l i c h e s Essen bringt Segen 13 ). W e r sich nicht genügend daran beteiligt, den tritt die Perchte 14 ). Man ißt als altherkömmliche Gerichte v o r allem Brei, Brot, Klöße, Kuchen, Fladen oder Zelten und K r a p f e n 16 ) und gibt auch dem Vieh kleine B r ö t c h e n l e ) . W e r es unterläßt, am D.sabend „ Z e m m e d e " zu essen, dem schneidet P e r c h t a den Leib auf, und wer nicht Pulse ( = puls, Mehlbrei) ißt, dem reißt „ d i e W e r r e " den Bauch auf und füllt ihn mit Kieselsteinen 17 ). In Steiermark verzehrt man in der D.nacht (oder Dreimahlsnacht) drei Mahle (Koch), früher sogar neun (Haferkoch, Roggenkoch, Milchkoch usw.) 18 ). In Westfalen ißt man von dem gewaltigen Mittwinterroggenbrot zu drei Malen, am Weihnachts-, Neujahrs- und D.sabend. Die Reste werden bis Lichtmeß verwahrt und dann den Pferden gegeben 1β ). Alle Weihnachtskuchen müssen in der D.snacht aufgegessen sein; es bringtUnglück, wenn etwas übrig bleibt 20 ). Wer nachher noch Hutzelbrot im Hause hat, soll es hinauswerfen 2 1 ). So viel Sterne man a m D.sabend durch den Schornstein sieht, so viel Schoppen Wein darf man an dem Abend trinken (Eifel) 22 ). Andrerseits gilt auch das Fasten als verdienstlich. W e r es von seinem siebenten Jahre an den hl. drei Königen zu Ehren tut, dem geben sie rechtzeitig bekannt, w a n n ihm zu sterben bestimmt sei 2 3 ). In der P f a l z muß das Vieh den ganzen T a g fasten, damit es vor K r a n k heit geschützt sei 24 ). a ) S a Γ t ο Γ i Sitte 3, 72 f. 81. A n m . 3. s ) Z i n g e r l e Tirol
4
) E b d . 3, 73 127 (1139).
·) M e y e r Baden 495. Man schöpfte es schon zu Chrysostomus' Zeit in Krüge und glaubte, daß es ein Jahr frisch bliebe: M a n n h a r d t r > 5 r 7 · 7) G r o h m a n n Sagen 305; B i r linger
Volksth. 1, 469. ») W r e d e
Rhein.
Vkde. 125; F o n t a i n e 15; ZfrwVk. 12, 238 (Essen); S t r a c k e r j a n 2, 54; ZfVk. 7· 357 (Oberinntal); BF. 3, 169 f. ·) M e y e r Baden
10
494;
S c h r a m e k
) Grimm
Rockenphilosophie).
139. " ) D e r s . Volksfeste
31;
Böhmerwald
129.
Myth. 3, 445 (339: Chemnitzer ") S a r t o r t
Westfalen
")
Fehrle
Sitte 3, 73 f.
R o s e g g e r
Waschnitius
Steiermark
189;
Perht 57. 65. ») ZfVk. 14, 1«
Dreikönige
45i 264.
1S )
Ebd. 14, 257 ff. ») Ebd. 259; W a s c h -
n i t i u s
Perht
50.
103 f.; ZfVk. 14, 264 f.
mark
189.
")
") Ε i s e 1
18)
S a r t ο r i
Westfalen
») D e r s . 5. u. Br. 3, 74. " )
A.
Schw.
I, 383;
Voigtland
E o s e g g e r Steier-
R e i s e r
137.
Birlinger
Allgäu
2, 40 f .
«) ZfrwVk. 12, 60. »») ZföVk. 4, 144. «) S e l i g m a n n Blick 2, 325.
3. W i e der Neujahrs- so g e w ä h r t a u c h der D . s a b e n d einen B l i c k in die Zukunft. Bleigießen u n d Lichters c h w i m m e n verhelfen dazu 25 ). In Steierm a r k sind vornehmlich T h o m a s - , Christund D . s n a c h t „ L o e s s e l n ä c h t e " . Man loesselt namentlich mit S c h u h e n 2e ). In Sent (Engadin) stahlen früher die J ü n g linge überall H o l z z u m Bleigießen 27 ). A u s dem L o c h e eines unter dem Gebetläuten ausgezogenen Zaunsteckens hört man, ob m a n im k o m m e n d e n J a h r heirate, sterbe usw. 28). A u s den Gegenständen, die man unter 9 H ä f e n gelegt hat, schließt man auf das A n g e n e h m e oder Unangenehme, w a s das neue J a h r bringen wird 29 ). In U n g a r n machen sich die Mädchen aus Gänsefedern ein Pölsterchen, schreiben mit K o h l e darauf den N a m e n eines der K ö n i g e und legen es unter ihr K o p f k i s sen. Im T r a u m e erscheint ihnen jener, und w a s er dann mitteilt, das geht in Erfüllung 3 0 ). Z u m L i e b e s o r a k e l ist besonders das S c h u h w e r f e n beliebt 3 1 ), auch das Greifen in den S c h a f s t a l l 3 2 ) und das Scheiterzählen 3 S ). W e r einem in der D ä m m e r u n g zuerst begegnet, wird ^ j e ^zukünftige E h e h ä l f t e (Engadin) 34 ). Manche dieser Orakel künden den T o d an. A u c h die an die Schüssel mit Berchtelmilch (s. unten 7) gelehnten L ö f f e l werden ängstlich b e o b a c h t e t 3 5 ) . Der D . s t a g ist der „ A l l o s e r " , d. h. jede S t u n d e dieses T a g e s deutet f ü r einen Monat des k o m m e n d e n Jahres die W i t terung a n 3 e ) . Im E l s a ß legen die B a u e r n a m V o r a b e n d 12 Weizenkörner auf den Ofen. Jedes bedeutet einen Monat. Welches a m andern Morgen durch die Hitze a m weitesten weggesprungen ist, in dessen Monat wird das Getreide a m teuersten 3 7 ). Man erforscht das W e t t e r a u c h durch das Zwiebelorakel ω ) . W e n n es a m D.sabend friert, so wird es noch sechs W o c h e n hintereinander frieren 39 ).
452
T r o p f t es v o m Dache, so soll man mit dem V i e h f u t t e r sparsam umgehen, denn der L e n z ist noch weit (Ungarn) *"). Scheint die Sonne, so bedeutet das Frieden i m k o m m e n d e n J a h r e (Nordthüringen) 4 1 ). ") R e i n s b e r g Böhmen 12 f. " ) ZfVk. 8, 444. ") SAVk. 19, 28. 28) B a u m g a r t e n Jahr
13.
!l)
H ö r m a n n
Volksleben
244.
»») ZfVk. 4, 320. 31) ebd. 4, 162; H o f f m a n n - K r a y e r 122; SAVk. 19, 29. 32) BF. 3, 171. a3) R ο s e g g e r Steiermark 31 190. ) H o f f m a n n - K r a y e r 122. 3ä) Η ö r m a η η Volksleben 244; B a u m s g a r t er. Jahr 13; ZfVk. 14, 265. «) B i r l i n g e r Volksth. 1, 470. 3') Urquell 1, 140; v g l . B F . 3, 171 (120);
S έ b i 11 ο t
Folk-Lora
3, 510. ») F e h r l e Volksfeste 30. s>) BF. 3, 171 (Flandern). 40) ZfVk. 4, 320. 41) Ebd. 9, 229.
4. F ü r das V o l k sind die hl. drei K ö n i g e alljährlich zwischen W e i h n a c h t e n und Epiphanias p e r s ö n l i c h unterw e g s . In Ramsdorf k o m m e n sie immer aus der gleichen R i c h t u n g „ ö w e r t B r o h m k ä m p k e n " , und die Bürger Osnabrücks wandeln a m V o r a b e n d beim E i n l ä u t e n über die W ä l l e und S t r a ß e n der S t a d t , als ob sie die Gäste einholen wollten 42 ). In Essenbach stellt man sich an den K a m i n und schreit hinein: „ D i e hl. drei K ö n i g e sind hier. K o m m e n s heut nicht, k o m m e n s morgen in der F r ü h . " D a n n schlägt der Blitz nicht ein M ). In Niederösterreich m u ß die Tenne rein gefegt sein, damit die K ö n i g e darauf tanzen können. Ein B a u e r legte einmal viele Sensen darauf, die waren a m nächsten Tage, b l u t i g 4 4 ) . In vielen Orten des T r a u n viertels begibt man sich nach dem A b e n d essen in den Garten vors H a u s und r u f t , das A n t l i t z gegen Morgen gewendet, die K ö n i g e herbei. Darauf wird einmal ge schössen, als ob man sie b e w i l l k o m m n e n wollte 4 5 ). Im Mühlviertel (Oberösterreich) erzählte man, daß sie früher selbst auf E r d e n umherwandelten und H a u s u n d Hof, Stall und Scheune segneten 4e ), u n d im F r a n k e n w a l d e l ä d t der B a u e r sie zu Gaste und stellt ihnen nachts B r o t und Wasser auf den T i s c h 4 7 ) . Im A a r g a u glauben die K i n d e r sie beim L ä u t e n sogar zu sehen 4S ). V o n ihrer leibhaftigen Erscheinung als „ S t e r n s i n g e r " s. unten 9. Die Menschen suchen es den rüstigen W a n d e r e r n gleich zu tun. Im B ö h m e r w a l d
453
Dreikönige
gehen die Leute zum Hochamt mit Vorliebe in eine entfernte Kirche, weil auch die hl. drei Könige zur Krippe des Heilandes weit gewandert waren 4i ). U m s c h n e l l z u g e h e n , legt man in Frankreich ein Briefchen mit ihren Namen in den Schuh M ). Häufig werden sie als H e l f e r gegen die G e f a h r e n d e r R e i s e angerufen 5 1 ), und ihre Bilder dienen als Amulett 52). Beim Antritt einer Reise genießt man auch von dem geweihten Salzstein (s. 5·) und besprengt sich mit geweihtem Wasser 53 ). " ) S a r t o r i Westfalen 1 4 1 . 43 ) P o l l i n g e r Landshut 204. " ) Vld. (Wien) 27 (1925), 103. *·) B a u m g a r t e n Jahr 12. *·) Ebd. 14. «) J a h n Opfergebr. 279. *") H o f f m a n n K r a y e r 122. " ) S c h r a m e k Böhmerwald 132. M ) W o l f Beitr. 1. 248. «) MschlesVk. 2 1 , 9 0 ; Hess.Bl. 26, 224 (12. Jh.). «*) F r a z e r 9, 3 3 1 . ·») SAVk. 7, 157.
5. Am Vorabend des Epiphanienfestes fand früher in der römischen Kirche die Weihe des T a u f w a s s e r s statt. Auch jetzt noch werden allerlei Gegenstände i n d e r K i r c h e g e w e i h t , vor allem W a s s e r , Salz und K r e i d e , als Schutzmittel für Menschen und Vieh 54). Im Notfalle kann man Wasser aus dem Brunnen im eigenen Hause durch Gebet weihen 6S). In Kirchham (Traunviertel) will man in jedem christlichen Hause D.swasser aus drei Pfarren haben 6 β ). Mit dem geweihten Wasser werden Wohnräume, Vieh und Ställe, Felder und Weinberge besprengt 57 ). Wenn man einen Schluck davon trinkt, wird man nicht krank w ). Es hält 7 Jahre, ohne zu faulen si ). Man benutzt es daher auch zu manchen Zeiten und Gelegenheiten, am Walpurgistage für das Vieh M ), beim Schatzheben el ), bei der ersten eingebrachten Garbe 42 ), bei Krankheiten des Viehes. Wenn eine Unke sich sehen läßt, die, wie man glaubt, Tod verkündet, so besprengt man sie damit, und alsbald verschwindet sie ·*). Das D.s s a l z wirft die Bäuerin, ehe sie die Milch anrührt, in das Rührfaß M ). Der Wöchnerin wird es in die Brotsuppe getan, um das Kindbettfieber fernzuhalten, auch einer „Kalberkuh" im Krankheitsfalle in den Kräutertrank einge-
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kocht e6). Vor dem Alpauftrieb gibt man es dem Vieh, mit „Dreifaltigkeitssalz" gemischt, gegen Rauschbrand ein ββ). In Grafenried gibt die Hausfrau am D.stage von einem Teller voll Brot und geweihtem Salz jeder Kuh etwas ein β7). Im badischen Bolschweil streut man es gegen ein drohendes Gewitter zum Fenster hinaus β®). Im schwäbischen Oberlande wird es angefeuchtet, in kleine Scheiben geformt und getrocknet ®9). Ebenso in Böhmen, wo man es in die Milch tut, wenn sie nicht buttern will 70). Die g e w e i h t e K r e i d e kriegen die Säue am D.stage mit Salz zu fressen 71), in der Oberpfalz das Vieh auf Brot 7 2 ). Meist dient sie aber dazu, die Namen der drei Könige an die Türen zu schreiben (s. CMB) oder wenigstens drei Kreuze. Um die Scheune wird ein Kreidestrich gezogen 73 ). Beim ersten Austrieb am Walpurgistage wird jedes Stück Vieh des Stalles mit D.skreide vom Kopfe bis zum Rücken hinunter mit einem Kreuze gezeichnet, damit es den Weg heimfinde 74 ). Am hl. Abend zieht man mit ihr auf einem Kornfelde einen Kreis und läßt sich in ihm die Zukunft verkünden 7S). Auch den Teufel beschwört man auf ähnliche Weise76) und das Feuer, indem man die Bannformel mit D.skreide auf einen Teller schreibt und diesen in die Flammen wirft 77 ). An die Bettlade der Wöchnerin malt man einen Drudenfuß 78 ), und wer mit D.skreide in der Kirche einen Kreis auf der Erde um sich herum zieht, der kann die Hexen sehen, ohne daß sie ihn schädigen 79 ). Polnische Landleute lassen B e r n s t e i n weihen und räuchern damit im Hause 8 0 ). In Böhmen weiht man Zwiebeln, Schwefel, schwarzen Kümmel und Lorbeer; die letzteren werden mit Weihwasser und Salz zu einem Kuchen angerührt und Stücke davon den Kühengegeben, wenn sie gekalbt haben 81 ). " ) S a r t o r i Sitte 3, 76. " ) G r ο h m a η η 47 ( 3 0 1 ) · ") B a u m g a r t e n Jahr 12. " ) H ö r m a n η Volksl. 244; Zingerle Tirol 1 2 7 (1138); J o h n Westb. 3 1 . 184. 202. 207. " ) D r e c h s l e r 1, 5 1 . " ) J o h n Westb. 30. 257. M ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 3 1 3 . 320. " ) K n o o p Schatzsagen 15 (26). ») W u t t k e 423 (661). " ) F r a n •5*
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Dreikönige
z i s c i Kärnten 32. **) S c h ö n w e r t h i, 337. ") S t oll Zaubirglauben 100; vgl. M e y e r Baden 494. ··) Μ a η ζ Sargans 49· «) J o h n Westb. 207. M ) F e h r l e Volksfeste 3 1 . «·) K a p f f Festgebr. 9; vgl. ZfVk. 14, 2 7 4 · '") J o h n Westb. 2 1 1 . " ) B i r l i n g e r Volksth. 2, 16. " ) S c h ö n w e r t h 1, 313. ™) J o h n Wesiii. 32. M ) S c h ö n w e r t h ι, 320. ") S c h r a m e k Böhmerwald 116. " ) S c h ö n w e r t h 3 , 5 1 ; ein Schatzhebungsversuch: ebd. 2, 423. " ) P o l l i n g e r Landshut 160. *>) Ebd. 239. " ) ZfVk. 4, 320 (Ungarn). " ) K n o o p Posen 322(58). 81 ) R e i n s b e r g Böhmen 13.
6. Zu den bösen Gewalten, gegen die die drei Könige Schutz gewähren, gehören auch die Erreger der K r a n k h e i t e n bei Menschen und Tieren. Im St. Gallischen sprach man am D.sabend drei Vaterunser für jedes Stück Vieh im Stall, und in der Kirche St. Nikolas zu Freiburg Benediktionen gegen das Kopfweh 8 2 ). Die hl. drei Könige werden vor allem gegen F a l l s u c h t angerufen ω ), auch gegen E l b e überhaupt M ), ihre Bilder als Amulette gegen Epilepsie, Kopfweh und Fieber, Biß toller Hunde und plötzlichen Tod getragen 85 ). Durch B a d e n am D.stage erhält man sich das Jahr über gesund ··). ·*) H o f f m a n n - K r a y e r 122. ea) MschlesVk. 2 1 , 90; F r a z e r 9, 330 (Vogesen). M ) Grimm Myth. 3, 503 ( X X X V I I I ) . " ) F r a z e r 9, 331 (Belgien). "*) F e h r l e Volksfeste 3 1 ; G r o h m a n n 47 (3 0 1 )· S. oben Bad 6 b = 1, 809.
7. Der D.stag ist eine Tummelzeit u n h e i m l i c h e r M ä c h t e . D.snacht ist die gefährlichste der zwölf Nächte 87). Man geht daher nicht gern ins Freie 88 ). Mit dem Teufel ist jetzt gut Geschäfte machen 89 ). Versunkene Glocken läuten 90 ). In den Lüften treiben Geister ihr Wesen; in Antwerpen das „Doodenheer", anderswo König Herodes 91 ). Zwischen Neumünster und Kiel fährt der Herr v. Wittorf im vierspännigen Wagen n ) . In Oberund auch in Mitteldeutschland ist die häßliche Berchta (Perchta, in den Ostalpen Stampa) besonders gefürchtet. Ihr Name, vor dem 14. J h . nicht nachweisbar, ist wohl auf die giperahta naht zurückzuführen, die althochdeutsche Bezeichnung für Epiphania (wegen der himmlischen Lichterscheinung vor den
45) V e n a n t i u s F o r t . 8,3,195,MG. auct.ant.4,186. "e) J o h a n n e s Ap. 12, 9 ff.: Und es ward ausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt Teufel und Satanas. "Λ) Μ i g η e Patr. lat. 197, 1343 cap. 12; H o v o r k a K r o n f e l d 1, 53. ») Ρ ο 1 i ν k a in ZfVk. 1918, 43 ff. bes. 45; vgl. H a b e r l a n d 1. c. 78; das Mandragoramännchen entsteht aus dem Ei einer schwarzen Henne: S c h e i b l e Kloster 6, 188—189; im „Riesenhügel" von V o ß ist es ein roter H a h n : ZfVk. 1919, 7. *·») U l y s s i s A l d r o v a n d i Ornithologia (Frankfurt 1610) Teil II, 104, 30 ff. (lib. X I V c. 1). ») Ν i d e r b e r g e r Unterwaiden 2, 109. 40) L ü t ο 1 f Sagen 353, 307 a ; M ü l l e n h o f f 254, 379. 539; M e n s i n g Sohlesw.-Holst. Wb. i , 242; G r a b e r 1. c. 68, 74; W i t ζ s c h e i 1. c. 2, 282, 65; P a n z e r Beitr. 1, 360 f f . ; H e y 1 1. c .
375, 53; 790, 175; Z i n g e r l e Tirol 62, 683; ZfdMyth. 2, 421 Nr. 60; vgl. Μ e i c h e Sagen 398, 519; H. L. F i s c h e r Aberglauben 105; A l p e n b u r g Tirol 376 ff. (schwarzer Hahn; daher schlachten die Bäuerinnen einen schwarzen Hahn mit 6 Jahren; vgl. Η ο v o r k a - K r o n f e l d 1, 54); B a r t s c h Mecklenburg
2, 160, 7 4 1 ; K l o s t e r 9, 9 6 1 — 9 6 2 ;
ZfVk. 1913, 149; W. 58; Z e d i e r Universallex. 8, 2 4 1 5 ; 3, 599; Des vortrefflichen
Thomae
Brown
Engländers
Pseudodoxia Epidemika
( F r . u . L . 1680), 579 f f . ; W 1 i s 1 ο c k i Magyaren 122; R o l l a n d Faune p. 6, 85. 89 b i s 9 1 : 3 , 4 1 f f . ; K r i s t e n s e n Jyske Folkesagen
Nr. 113. " ) B r ä u η e r Curiositäten 603 ff.; B i r l i n g e r
Volkst.
1, 1 2 2 — 1 2 3
mit
Al.
" ) B r ä u n e r I.e.; in der Oberpfalz r 1 Jahre: S c h ö n w e r t h I.e. 1, 348, 5. 4>) L e o p r e c h t i n g Lechrain 78. " ) Β r ä u η e r I.e.; T h a r s a n d e r 2,862. «)Thars a n d e r 1. c. " ) Besonders in der Schweizer Sage: Niderberger I.e.; Lütolf 1. c.; Bavaria 2 a, 304: aus dem im Mist ausgebrüteten E. eines zehnjährigen roten Hahnes kommt ein Vogel, der die Leute vergiftet; „der Lindwurm entsteht vom hundertjährigen Mist": ZfdMyth. 4, 147 Nr. 34; nach der sächsischen Sage legt ein 2ojähriger Hahn ein Ei in den Dünger; daraus entsteht der Basilisk; so tötete ein Basilisk in Budissin viele Menschen: Μ e i c h e Sagen 399, 522; v g l . 398, 519. 4 ') L e o ρ r e c h -
t i η g 1. c. e ) G r a b e r 1. c. 68, 74; 71, 79. ") K ü h n a u Sagen 2, 21 ff. 33 ff. 382 f t (hier phantastisch ausgemalt, vgl. P o l i v k a
6O3 1. c. 44). ®°) L e o p r e c h t i n g I.e.; Q u i t z m a η η Baiwaren 246 (schatzhütender L i n d w u r m aus dem Ei eines 12jährigen Hahnes). 51 ) S t r a c k e r j a n 2, 97. 156. 385; auch in Mecklenburg treffen wir diese Sage: B a r t s c h I . e . w ) S p i e ß Fränkisch-Henneberg 152; für die Oberpfalz: S c h ö n w e r t h I.e. 1, 348, 5 u. 6. B ) W i t z s c h e l 1. c. " ) Ζ i η g e r 1 e Tirol 82, 683: der Hahn brütet das Ei aus, indem er es anschaut ( B a s i l i s k e n b l i c k ) ; A l p e n b u r g Tirol 377. " ) K o h l r u s c h Sagen 346 ff.; O s e n b r ü g g e n Studien 147; Α m i r a Tierstrajen 558. 599; W a i b e l F l a m m 1, 1 1 2 ; H o v o r k a - K r o n f e l d 1 , 53 ff. " » ) G r i m m DWb. 4, 2, 166; vgl. A d e l u n g Wb. 1 , 662. *·) G r i m m Myth. 3. 454» 583; vgl. M ö l l e n h o f f 2 254, 379; vgl. ZfVk. 1 9 1 3 , 149; im Rheinland ist es ein krummes Ei, aus dem ein Skorpion entspringt: ZrwVk. 12 (1915), 102; in Pommern das Kükenei: BlpommVk. i, 1 5 1 ; 3, 126—127. Ml ) M e y e r Germ. Myth, i n ; Alpenb u r g 376; G r o h m a n n 18. 5 , b) A l p e n b u r g 1. c. 377. ·') D ä h n h a r d t Volkst. 1 , 96, 2; G r a b i n s k i Sagen 46; J o h n Erzgebirge 234; G r o h m a n n 1 4 1 , 1036; M e i e r Schwaben 2, 499; Μ ü 1 1 e r Isergebirge 1 3 ; M ü h l h a u s e 64; S t r a c k e r j a n I.e. 1, 24; W. 276; ZfVk. 1913, 183; W i t z s c h e l 1.e. 2, 281, 59; 282, 65; B r e v i n u s - N o r i c u s 142 f f , ; für die Deutschamerikaner: Fogel Pennsylvania 182, 876—877. ω ) S c h m i t t Hettingen 17. 6>) S c h ö n w e r t h 1. c. 137, 3; ZföVk. 3, 1 1 5 . ,0 ) ZfVk. 1910, 383; 1915, 239; Urquell i, 8; W. 674; H a a s Pommersche Sagen4 24, 48; M e n s i n g Schlesw.-Holst. Wb. 1 , 1023—1024. " ) Η ü s e r Beiträge 2, 28 Nr. 29. «) ZfVk. 1903, 99. ·») S p i e ß M Fränkisch-Henneberg 152. ) Pollinger Landshut 1 5 7 ; in der Oberpfalz heißen sie Urlegerln oder Irlegerln: S c h ö n w e r t h 1. c. 347» 3; bei B r e v i n u s Norieus lesen wir von Uhr-Eylein: 142 ff.; S c h m e 1 l e r Bayr.Wb. 1 , 55; vgl. U. A l d r o v a n d i 1 . e . 104. es ) Μ e i c h e Sagenbuch der Sächsischen Schweiz 126, 64. Die Hühner f l ö ß e n die Windeier: C o l e r Oeconomta 516, Cap. 87; geflößte Eier (reifes Ei ohne die harte Kalkschale) heißen in Schlesien D r a c h e n e i e r : Κ ü h η a u Sagen 2 , 2 1 mit Α. 1 . M ) S t r a k k e r j a n r, 24: das Spukei ist besonders gefährlich für den Stall. «') ZföVk. 8 (1902), 224. «) G r i m m DWb. 14, 2, 238; H ö f l e r Krankheitsnamen 109. " ) ZrwVk. 1908, 184; über dieses Ständerei vgl. S a r t ο r i Sitte u. Brauch 2, 3 A. 6 u. 1 3 A. 1 2 ; Urquell 1894, 157 ff.; S t r a c k Blut 1 3 ; M e n s i n g 1. c. ,0 ) Α η d r e e 1. c. 382. " ) Ns. 5, 130. 240; S ο 1 d a η Η e ρ ρ e 2, 3 7 1 ff· ™) S t r a c k e r j a η 1. c. «) ZfVk. 1917, 32; vgl. Z e d i e r Reallex. 8, 2414; vgl. 2415. 5. Auch die g u t m ü t i g - h i l f reiche Seite dieser Hexendrachen kommt in gewissen Sagen zum Ausdruck:
Ei
604 sie schleppen als Hauskobolde neben Butter, Milch, Speck 74 ) auch Eier 76 ) dem Herrn herbei. In Schwaben glaubt man, daß, wenn man ein Antlaßei einer schwarzen Henne unter dem A r m ausbrüte, eine Schlange herauskomme, mit der man hexen könne , e ). Nach der pommerschen Sage muß man ein Sparei, das von einem siebenjährigen Hahne gelegt ist, unter der Achselhöhle, ohne zu sprechen oder zu lachen, ausbrüten, dann schlüpft ein Puk heraus " ) . Boshaft ist aber der Puk, den nach einer Rügenschen Sage ein armer Mann sich verschafft, indem er das um Mitternacht gelegte E i einer schwarzen Henne ausbrüten läßt 7 8 ). Nach der böhmischen Sage gibt der Waldteufel einem Wanderer das E i einer schwarzen Henne unter den A r m zum Ausbrüten, und zeigt ihm dann einen Schatz 7 9 ). Der aus einem Ei ausgebrütete S p i r i t u s f a m i 1 i a r i s heißt bald Spazifankerl in Österreich 80 ), Spadefantel in Schlesien 8 1 ), Puk auf Rügen 8 2 ), Coqwergi in der französischen Schweiz 8 S ), Sotek 8 4 ) bei den Slawen, in Rumänien „Küchlein des Teufels" 86 ), in Ungarn „ S i d e r c z " 8β ), in Westböhmen „ G e l d h u m m e l " 8 7 ) . In Tirol kann man mit Hilfe des L a u t e r f r e s s e r s Eier ziehen M ). ") S c h a m b a c h - M ü l l e r 163, 182. 169,187. 163,180; B r e v i n u s - N o r i c u s 196 ff.; M e i c h e Sagenbuch der Sächsischen Schweiz 18, 5 ; 19, 5; Κ ü η ζ i g Bad. Sagen 63, 184; G r a b i n s k i Sagen 23. 24. 25—26; W i t z s c h e l Thür. 1, 323.336; S c h w a r t z Brandenburg'' 60, 34. 61. 100, 60; vgl. 99, 60; P o l i v k a 1. c. 41—43. 49 ff. 75) W i t z s c h e l I . e . 2, 270, 55; SchambachM ü l l e r 1 6 6 , 1 8 3 ; L ü t o l f Sagen 354,308; G r i m m Mythol. 3, 452 :52ο; in Ertingen (Schwaben) scheißt eine Kröte Eier: Β i r l i n g e r Volhsth. 1, 33 2 —333 N r - 557· vgl. „ B u t t e r " . '«) B i r l i n g e r Volksth. 1, 123; vgl. W l i s l o c k i Magyaren 162—163. 165; in Völs (Tirol) muß man eine Henne, die ein schwarzes (!) Ei legt, verbrennen: Z i n g e r l e Tirol 82, 692. " ) H a a s Pommersche Sagen1 24, 48. 78) D e r s. Rügensche Sagen 6 24, 42. 79 ) G r o h m a n n Sagen 1 1 7 . 80) W. 386; ZföVk. 2, i n . " ) W. 386. 8a) H a a s 1. c.; P o l i v k a I.e. 42. 83) S e b i l l o t 3, 231. 235—236. 84) G r o h m a n n 16, 77. 18, 78. 75» 76, 544; W. 386; Urquell 4, 125. 85) Urquell 1. c.; W l i s l o c k i Magyaren 162—163. 165. 8e) W l i s 1 ο c k i I.e. 1 1 9 — 1 2 1 ; 162—163. 87 ) J o h n Westböhmen 217. 8 S ) H e y I Tirol 1 7 3 , 8 1 .
6O5 6. T e u f e l - H e x e u n d E i . Teufel und H e x e n sind nach dieser K r a f t s p e i s e l ü s t e r n , in Mecklenburg nach E i e r pfannkuchen 8 *). B e i der Hexenmahlzeit gibt es, wie eine H e x e (1577) bekennt, Eier, B u t t e r und Bier 9 0 ). Z i m m e r m a n n hält es f ü r möglich, daß die H e x e n Eier aus den Nestern z i e h e n M ) ; nach dem höllischen Proteus r a u b t e in Döttingen ein Geist Eier 9 2 ); ein bergischer Zauberer zieht E i e r an sich 9 3 ); ebenso eine H e x e in der Schweiz 9 4 ). In diesem Sinne sind wohl die Verse in Vintlers Bluemen der T u g e n t zu deuten M a ) : Etleich lert er (Teufel) nemen das ai das an dem weihen pfinztag wird.
Ei
606 dadurch, daß sie ein Ei der Henne mit dem bösen Blick anschaut. , ·*) B i r l i n g e r Schwaben
1, 116,
137.
7. Das E i verleiht der H e x e besondere Z a u b e r k r ä f t e : Vor 1 3 0 J a h r e n sollte in Neukirchen (Oberpfalz) eine W e t t e r h e x e v e r b r a n n t w e r d e n ; als sie a m P f a h l stand, b a t sie u m ein E i ; sie trank das E i aus, und sogleich lief die Eierschale die S t a n g e h i n a u f , und die H e x e w a r v e r s c h w u n d e n 1 0 e ) . Nach Zigeunerglauben reibt sich die H e x e mit E i und Wachtelblut ein und fliegt d a v o n 107 ). »«) S c h ö n w e r t h 1. c. 3, 184. «') W l i s -
1 ο c k i Zigeuner
122.
8. D a s E i d e r F r ü h l i n g s z e i t : Konzentrierte K r a f t haben die E i e r der U m die D r u d loszubekommen, verspricht Frühlingszeit, insbesondere der Osterman ihr ein E i 9 5 ) . A u c h können die H e x e n t a g e ; auch an Weihnachten macht ein E i , bewirken, daß ihre Hühner k r a f t eines nüchtern gegessen, s t a r k 1 0 8 ) . Die K i r c h e Z a u b e r f u t t e r s viele E i e r legen, gewöhnh a t sich dem uralten Glauben a n die lich fehlt das komische Motiv nicht, daß W u n d e r k r a f t der Frühlingseier angepaßt 9e ein M ö n c h ) v o n dem F u t t e r ißt und und weiht die v o n den B a u e r n gebrach97 E i e r legt; die pommersche ) S a g e kennt ten E i e r 109 ), an die sich ein festgewurzelden eierlegenden Meier, ähnlich in einer ter Volks- und A b e r g l a u b e k n ü p f t : die n o r d d e u t s c h e n M ) und schwäbischen S a A η 1 1 a ß e i e r 1 1 0 ), auch Dudlasoia oder ge 9 9 ). Das H u h n der E l s a L ö t z (1598) legt Olasoia m ) (Orleseier) 1 1 2 ) geheißen, weil täglich drei E i e r 1 0 0 ) ; in der S c h w e i z 1 0 1 ) der Gründonnerstag auch Olas-Pfins102 und in S i e b e n b ü r g e n ) legt die H e x e t a g 1 1 3 ) heißt, oder Odlesoyar 1 1 4 ) , haben selbst mittels eines Zauberfettes E i e r ; erhöhte Z a u b e r w i r k u n g (auch in bösem sie bringt ihre Erzeugnisse auf den Sinne) l l s ) und besondere K r a f t l l e ) , weil 103 M a r k t ) . Die Schadenhexe bezaubert sie schon in der Henne geweiht sind 1 1 7 ) ; natürlich auch die E i e r : In einem Schweisie erhalten sich das ganze J a h r frisch 1 1 8 ), zer Hexenprozeß greift eine H e x e fünf während die Aschermittwochseier zu 104 Hennen, welche nicht mehr legen ); Asche werden u s ) und die Bluesteier sich in S c h w a b e n legen die verhexten Hennen nicht h a l t e n l s o ) ; sie spenden sexuelle Eier ohne Schalen 1 0 5 ). K r a f t 1 2 1 ) und bewahren (mit der Schale »») Β a r t s c h 1. c. 1, 107, 1 2 1 . ·») D e r s. gegessen) B a u e r und K n e c h t 1 2 2 ) v o r 1. c. 2, 13. 12, 9. η ) Β r e v i η u s Ν ο r i c us Leibschaden 1 2 3 ). Die Zimmersche Chro224; ebenso P r a e t o r i u s Blocksberg 148; nik berichtet gelegentlich einer an dem Gegenmittel bei B i r l i n g e r Schwaben 1, 435· " ) Der höllische Proteus durch E r a s - Sohn Werners v. Z i m m e r n vorgenommem u m F r a n c i s c i (Nürnberg 1690), 1082 ff. nen B r u c h b e h a n d l u n g : D a ein K n a b oder ") S c h e l l Berg. Sagen 28, 2 5 . " ) S A V k . gewachsener Mensch ain B r u c h hat an 1915, 12; 1925, 137—138; Z i n g e r l e Tirol gemechten . . . so soll derselbig mensch 291 v. 8189 ff.; ZfVk. 1913, 133; vpl. A. 366. " ) P o l l i n g e r I.e. 1 1 3 . ·«) S c h e l l I.e. sich 3 m o r g e n - n a c h ainander in ainem 460—461 Nr. 67. »') BlpommVk. 1, 126 ff.; garten uf ein K r a u t p l a t z setzen, bloß, das w 10, 182 ff. ) K u h n - S c h w a r t z 106, 121 er gegen den sonnen u f g a n g sehe; das N r . 2. " ) Μ e i e r Schwaben 2, 364, 408. soll beschehen in aller frühe, ehe dan die " · ) ZfdMythol. 2 (1854), 73 A. 101 ) K o h l r u s c h Sagen 1 1 3 . 1 0 ϊ ) M ü l l e r Siebenbürson u f g h a t . Alsdann sol aine j u n g f r a w , gen 1 3 1 . 103 ) S o l d a n - H e p p e 1, 292; die noch rain ist, . . . K n a b e n k r a u t in 104 S c h i n d l e r Aberglaube 286. ) S c h m i d Boden daselbst setzen, so nahe, dass der S p r e c h e r 53; L e o p r e c h t i n g I.e. 47; A l p e n b u r g Tirol 263: die Hexe schadet stengel den bruch anrüre (im N a m e n des
6O7
Ei
6θ8
226 ff. »») DG. 13, 183. »») So in V i n z i e r s Bluemen der Tugent: ZfVk. 1913, 133; J o h n 1. c. "*) S c h ö n w e r t h 1. c. 1, 348, 6. »>) ZfVk. 1902, 423; S f e b i l l o t 2, 234. «·) DG. 13, 122; am grünen Donnerstag muß man etwas Grünes und Eier essen: W i t z s c h e 1 1. c. 2, 194, 5· MschlesVk. 21, 94; zum Anfangszauber vgl. ARw. 20, 383; zum Gemüseessen im Frühjahr vgl. Ρ 1 i η i u s Hist, nat. 21, 93. u ' ) S c h ö n w e r t h 1. c. 11β) J o h n Westböhmen 61; SAVk. 1905 146; 1898, 282. "") E b e r h a r d t Landwirtschaft 21. ls0) Schweizld. 1, 18; die Augsteier sind besonders dauerhaft: Schweizld. 1, 15; O c h s Bad. Wb.; C o l e r Oeconomia (Prodromus) 83. lJ1 ) H ö f l e r Volksmedizin 154. l i s ) M e y e r Baden 411; L a m m e r t 257; J a h n 1. c. 79. 138—-139; F e h r 1 e Feste 55—56; B r e v i n u s N o r i c u s 195—196. " 3 ) ZföVk. 1902, 227; DG. 13, 183; B i r l i n g e r Volksth. 1, 471, 6; R o c h h o l z Glaube 2, 49; Alemannia 24, 135; M e y e r Baden 411; W. 85; ZfVk. 1902, 423. «»») B i r l i n g e r Schwaben 1, 384 ff.; Zimmersche Chronik ed. v. Barack 2, 339, 29 ff. lst) J o h n Westböhmen 61; S e l i g m a n n 2, 121; J a h n I.e. 79—80. >") W. 647; J a h n I.e. 139; L e ο ρ r e c h t i η g 1. c.175; ZföVk. 1902, 227—28. l l e ) M e y e r Germ. Mythol. 214, vgl. 209. "·») V e r n a l e k e n Alpensagen 396, 36. "') G r a b e r 1. c. 128) MschlesVk. 17 (19x5), 37 Nr. 51; Theol. Quartalschr. 88, 430. lm) B i r l i n g e r Volksth. 2, 78; S t r a c k e r j a n 2, 156. 358; F o g e 1 1. c. 180, 862; W. 71; Η ο f f m a η η K r a y e r 145—146. In Mühlenbach (Baden) gibt man den Kindern beim ersten Schulgang ein Karfreitagsei, in das man die Buchstaben des großen und kleinen gedruckten Alphabetes zerhackt beimischt: M e y e r Baden 109; vgl. P r a d e l Gebete 129; Essen § 32. m ) J o h n Westb. g2; L a c h m a n n Überlingen 403; ZföVk. 1912, 133 ff. 158 (die Dreißigsteier haben auch Heilkraft); man bezeichnet sie mit einem f, dann halten sie lange: B i r l i n g e r Volkstüml. 1, 498 Nr. 29; Z i n g e r l e Tirol 169, 1411. m ) B i r l i n g e r 1. c.; M e y e r I.e. 18J) B i r l i n g e r Volksth. 2, 443; 1, 471; D r e c h s l e r 1,90. 99. 2, 92. 457; Hmtl. 1915. 17. , M a ) Journal 1787 (Pforzheim) = G r i m m Myth. 3, 454, 585. "»·>) Z i n g e r l e Tirol 149. 1285. ls3 ) F e h r 1 e Volksfeste 55 ff.; "») G r i m m Mythol. 3, 454, 585; vgl. egg 1902, 225 ff.; on good frtday and Christmas: Notes and Queries P f i s t e r Hessen 163; ZföVk. für Ungarn: ZfVk. 1894, 396. 1M ) J a h n 1. c. 1922, 12. ser. 10, 15. 10·) F r a n z Benedik12; vgl. 139; ZföVk. 1907. i n ; W o l f Beitr. tionen 1, 589—594. 506; DG. 13, 183. "») ZfVk. i, 228; G r i m m Mythol. 3, 173; M a e n n 1897, 251; 1898, 340; 1902, 422 ff.; 1911, 258; 1 i η g 193. 1913, 183—184; Globus 34, 60ff.; M e y e r Baden 411 ff.; H ö f l e r Ostern 17—18. 35; Jahn Opfergebräuche 78—79. 112. 138. 139; 9. Ο s t e r e i (s. d.). L e o p r e c h t i n g I.e. 171. 175; W. 85. 87. 10. Wie alles Kraftspendende a p o 156; K o l b e Hessen 56. 138; H o f f m a n n K r a y e r 144; S i b i l l o t 2, 233—234; R e u tropäisch wirkt, so in erhöhtem s e h e l Vh. 2, 31. 55; ZrwVk. 8, 147; ARw. 22, Maße dieses Sinnbild der lebenschaffen358; Bavaria i a , 371; 2a, 309; über die Frühden Natur und der zauberischen K r a f t 1 3 5 ) ; lingseier in Rußland: ARw. 9, 456. m ) J o h n Westböhmen 60; B r o n n e r Sitt' und Art 145; oft gehen die apotropäische Bedeutung S c h r a m e k Böhmerwald 145; ZföVk. 1902, und der Opfergedanke ineinander über, Vaters usw.). Darnach soll man nemen ain Hennenai, das an dem grönen Donderstag gelegt worden; sollichs soll man dem bresthaften Menschen zu essen geben — das ai aber soll man oben a m spitz ufthun — die Schalen soll der K r a n k volhanen . . , 1 2 3 f t ). Diese Eier schützen, wie wir sehen werden, das Haus vor Blitz und geben dem Vieh 124 ) und den Äckern 12S ) Segen (bes. rote Eier, weil die rote Farbe T h o r s y m b o l 1 2 9 ) ist?) und wirken in erhöhtem Maße a p o t r o p ä i s c h . In Niederösterreich essen je zwei Personen am Ostersonntag die geweihten ,,Antl a ß - P f i n z t a h - E i e r " ; verirrt sich eine Person, so braucht sie sich nur zu erinnern, mit wem sie das Ei gegessen hat, und sofort k o m m t sie auf den rechten W e g 1 2 6 * ) . In weitestem Sinne heißen die an den drei A n t l a ß t a g e n gelegten Eier in K ä r n t e n Antlaßeier 127 ). Schon Frater Rudolphus w a r n t 1 2 e ) : quidam faciunt cum ovis quinta feria mirabilia. Dieselben Eigenschaften wie die Antlaßeier haben die K a r f r e i t a g s e i e r . Sie besitzen besondere Heil- und Zauberkraft 1 2 *), sie faulen nicht, wie die Fraueneier 13 °), schützen das Haus auch vor B l i t z m ) und werden gegen das Überheben gegessen 132 ). Wer Christtag morgens nüchtern ein ungesotten Ei ißt, kann schwer t r a g e n 1 3 2 · ) . W e n n man a m Karfreitag ein frisches Ei über das Haus wirft, zerbricht es nicht und bleibt bis zum nächsten Freitag frisch (Pustertal) 1 3 2 b ). Die am Ostermorgen gesammelten oder an Ostern geweihten Eier besitzen hervorragende H e i l k r ä f t e 1 3 3 ) und werden z u m Löschen des Feuers v e r w e n d e t 1 3 4 ) .
9
so beim Blitzabwenden. Das Ei 13β ) (besonders der s c h w a r z e n H e n n e)137) schützt gegen Teufel und Hexen und jeden Unfall 13S ). Mit seiner Hilfe erkennt man die Hexen 13S); besondere Zauberkraft für das Feststellen der Hexen haben die Antlaßeier 14°) (einer schwarzen Henne) 1 M ); man nimmt sie mit in die Kirche 142 ), oder an einen Kreuzweg 143 ), oder man schlachtet am Sonntag nach Maitag ein Huhn, das noch nicht gelegt hat und nimmt ihm ein Ei aus, dann kann man in der Kirche alle Hexen 144) sehen. Auch in der Christmette sieht man mit einem Ei unter der Achsel die Hexen 145). Um festzustellen, ob ein Kind verhext ist, wirft man ein Ei ins Wasser; geht das Ei unter, so ist das Kind verhext 1 4 e ). Gegen B l i t z gefahr verwendet man das Drudenei 147 ), das man über das Dach 148 ) wirft, in einem Balken verpflöckt 14> ), wie schon Prätorius 15°) berichtet, in einem Lappen unter die Stalltür nagelt 151 ), unter der Türe vergräbt 1 5 2 ) oder unter das Dach 153 ) legt. Besonders wirksam sind die Gründonnerstags- 154 ) und Karfreitagseier 155). Gegen Feuersbrunst vergräbt man unter der Schwelle ein schwarzes Huhn, ein Antlaßei und Katamenienblut eines Mädchens 15e), Eier, die in der Karwoche gelegt und am Ostersonntag geweiht sind, verhindern das Einschlagen des Blitzes, man macht ein Kreuz darauf und legt sie zwischen die Fenster 157 ). Wieder bevorzugt man das Ei einer schwarzen Henne am Vorabend vor Dreikönig 158 ). Antlaßeier stillen auch die Feuersbrunst 158 ). Nach einer Kärntner Sage wurde einst in Lind eine Feuersbrunst dadurch vom Häuschen einer armen Witwe abgewandt, daß diese ein Antlaßaale über das Dach warf le0 ). Ein Gründonnerstagsei vertreibt den H a · g e 1 l e l ) . In Bayern legt man die Schalen der geweihten Ostereier gegen Hagelschlag aufs Feld l e l a ) . Einen interessanten Eierabwehrzauber von den Zigeunern berichtet Wlislocki 1β2 ). 1M ) S t r a c k e r j a n I.e. 2, i 5 5 ; D r e c h s l e r 2, 225; J o h n Erzgebirge 235; S e y f a r t h Sachsen 295; bei den Arabern schützt das Ei gegen den bösen Blick: P ü c k l e r -
B f i c h t o l d - S t a u b l i . Aberglaube II.
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Μ u s k a u Vorletzter Weltgesang von Semilasso 3 , 2 1 2 — 2 1 4 . "·) J o h n Westböhmen 2 0 2 . 2 5 5 ; vgl. 58; dazu ein isländisches Zauberbuch: ZfVk. 1 9 0 3 , 2 6 9 ; S e l i g m a n n 1. c. 2, 1 2 1 . '") G u b e r n a t i s 1. c. 560; Schönb a c h Berth, v. R. 50; Kloster 9, 379; W. 411. 517; Q u i t z m a n n Baiwaren 245. l » ) W. 85. »»») ZfVk. 1918, 56; W. 373; 14 S c h i n d l e r Abergl. 290—291. °) S t r a k k e r j a n 1. c. 2, 68. 155. 385; 1, 421, 223; G r i m m Mythol. 3, 462, 783; mit dem Karfreitagsei erkennt man im Elsaß die Hexen, die an Stelle der Gesangbücher Speck haben: ZfdMyth. 1, 407. »") W i t z s c h e l I . e . 2, 194, 7. »») S c h i n d l e r 1. c. »») K u h n S c h w a r t z 377, 43. , M ) B a r t s c h 1. c. 2, 267—268 Nr. 1 3 9 1 . , 4 i ) J a h n 1. c. 268; vgl. B a r t s c h 2, 2 4 1 , 1 2 5 0 . "•) G r i m m Myth. 3> 47°. 966; T h a r s a n d e r 2 , 5 9 7 ; M o n tanus Volksfeste 176; S e l i g m a n n 1, 260. "') vgl. § 4; H e η s i n g 1. c. 1023 bis lti 1024. ) H e y l 1. c. 754, 1 4 ; J o h n Westb. 5 8 . 2 1 5 ; W. 1 5 6 ; ZfVk. 1914, 159. "·) A n d r e e 1. c. 382; ZrwVk. 1908, 184; ZföVk. 1902, 225; ZfVk. 1893, 38 ff. "·) Phil. 207. »") E b e r · h a r d t Landwirtschaft Nr. 3, 13. , M ) J a h n 1. c. 62. 80—81. 109; ZfVk. 1891, 69; Β a u m g a r t e n Heimat 1, 66; in Ungarn vergräbt man ein St. Gregorsei, um das Haus vor Krankheit zu schützen: ZfVk. 1894, 323. 1M ) B r e v i n u s N o r i c u s 189; W. 448. l s l ) B a r t s c h 1. c. 2, 257, 1342; Globus 34, 6 1 ; J a h n 1. c. 78; B a u m g a r t e n Jahr 2 1 . J ") B i r l i n g e r Volhsth. 2 , 7 8 ; M e y e r Baden 502; an jeder Ecke der Scheune wird ein Karfreitagsei vergraben: SAVk. 1901, 245. 1M ) R o c h h o l z Glaube 2, 169; W o l f Beitr. 1, 236 Nr. 423. B i r l i n g e r Schwaben i , 435. "') ZföVk. 1 9 0 7 , 1 1 1 . »») H e y l 1 . 0 . 7 5 4 , 1 4 . 1S») B i r l i n g e r Schwaben 1, 435; Α η h ο r η Magiologia 1 3 5 ; M a e n n l i n g 1 9 3 ; Schultz Alltagsleben 239. "") G r a b e r Kärnten 206, 276. 1 · 1 ) Schweizld. i , 1 4 — 1 5 ; in Gottschee vergräbt man 3 Eier, die am Karfreitag gelegt und a m Karsamstag geweiht sind, am Ostersonntag vor Sonnenaufgang in drei verschiedene Stellen des Feldes gegen Hagel, dabei muß man eine geweihte Rute nachschleifen: ZföVk. 1907, 20. 1 , 1 *) B a y H e f t e 9, 209, 44. ln ) Zigeuner 1 1 2 ; vgl. S c h ö n w e r t h I . e . 3, 282.
I i . Eng mit dem Glauben an die apotropäische Kraft des Eis hängt seine Verwendung im FruchtbarkeitsÜ b e r t r a g u n g s r i t u s les ) zusammen; oft können wir hier nicht mehr mit Sicherheit feststellen, inwieweit wir Opfer oder apotropäische Absichten vor uns haben; Jahn neigt entsprechend seiner allgemeinen Einstellung mehr zur Annahme von Opfern. In der Mehrzahl der Fälle haben wir es mit dem allen Völkern
6ιι gemeinsamen Glauben an die Übertragung der K r a f t des Eis auf alle Gegenstände zu tun, mit denen das Ei in Berührung kommt. Oft lagern auch mehrere Stufen des Volksglaubens übereinander. Man vergräbt das Ei (Antlaßei) im Ackerboden 1 M ) oder bringt Eier aufs Feld gegen Mehltau und Hagel l e 5 ), hier ist die apotropäische Absicht klar, wie etwa der Senne in der Hütte Eier von Schneehühnern gegen Mäuse aufhängt 1 β β ). Bei der P f l u g z e r e m o n i e finden wir neben Brot das Ei 1 6 7 ), der Pflug wird über vergrabene Eier geführt 1 M ); in den Saatweizen mischt man Gründonnerstagseier le9 ), auch Eierschalen 17 °). Vor oder nach dem Flachssäen erhält der Bauer 1 7 1 ) und das Gesinde 172 ) Eier, deren Schalen vergraben werden. In Thüringen wirft der Sämann die Eierschalen möglichst hoch, damit der Flachs hoch wachse 1 7 S ). In Pommern trägt man beim F l a c h s ziehen weichgekochte Eier ins Feld 174 ). Ähnliche Riten beobachten wir beim Lein- 1 7 S ) und Hanfsäen 17β ) (Hanfei 177 ) in der Schweiz), um das Gedeihen der Saat zu fördern. In die erste oder letzte Garbe bindet man ein Brot oder ein Osterei 178 ) oder Antlaßei 1 7 9 ), oder man birgt darin ein rotes Antlaßei mit Kränzel und geweihtem Holz 1 8 0 ); wenn die Garbe gedroschen ist, wird sie ins Ofenfeuer geworfen. Neben den Erntehahn nagelt man in Westfalen Eierschalen 181 ). Meist apotropäisch gedacht ist der Eierritus beim V i e h a u s t r i e b . Am 1. Mai bekommt der Hirte, der die Kühe mit dem Vogelbeerzweig schlägt, Eier (Westfalen) 182 ). Mit den Schalen verziert man dann das Ebereschenbäumchen (hier Fruchtbarkeitsritus neben dem apotropäischen Schlag mit dem Vogelbeerbaumzweig) 183 ). Beim ersten Weidegang erhält der Hirte harte Eier 1 8 4 ), welche er dem Vieh unter die Füße wirft, die Schalen werden vergraben. In der Altmark legt man am Maitag ein Beil und ein frisches Hühnerei unter die Schwelle gegen die Hexen 1 8 5 ). In der Mark 1 8 8 ) treibt man das Vieh über ein Ei und einen roten 187 ) Rock. Die Esten legen ein Ei vor die Stalltür; das Tier, welches das Ei
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βΐ2 zertritt, ist zum Tode reif und wird bald verkauft 1 8 8 ). In Siebenbürgen nimmt man in der Frühe, ehe das Vieh zum ersten Male ausgetrieben wird, drei Eier und wirft ein jedes auf einen besonderen Kreuzweg 1 8 9 ), Singulär ist in Ostpreußen 180 ), daß man an Ostern die Viehherde mit einem Ei umwälzt (Zauberkreis, circumambulatio) m ) . In Niederbayern wirft man die eine Hälfte eines geweihten Gründonnerstagseies in den Pferdestall, die andere in den Kuhstall 1 9 2 ). Beim Pfingstaustrieb 1 9 3 ) erhalten die Hirten Eier, damit die Kühe milchreich werden. Hierher gehört auch die Verwendung des Eies in den Bräuchen der Frühlingszeit, besonders an den Fruchtbarkeitsfetischen. An den Sommertagsstecken an Lätare l M ) sind ausgeblasene Eier angebracht. Auf dem Maibaum in der Eifel ist eine Krone mit ausgeblasenen Eierschalen 19S ). Am Erntemai 1 9 e ) hängen Eier, ebenso ist der Pfingstlümmel mit Eiern geschmückt 197 ), die Pfingstbuche in der Eifel 1 9 8 ), die Johanniskrone im Rheinland 199). In Schwa·* ben schmückt man den Wasservogel mit hohlen Eiern 200 ); und der Maibaum auf dem neuen Haus trägt Eierschnüre 201 ). Auch das E i e r s a m m e l n finden wir häufig bei den Frühlingsriten: An Lätare werden in Thüringen und auch sonst Eier gesammelt 202). An Johanni ziehen die Burschen in der Eifel mit einem Bäumchen herum und heischen Eier 203). Im Elsaß sammelt man beim Umzug mit dem Pfingstnickel Eier ebenso die Begleiter des Laubmännchens in Meiningen ^ und der Füstjemeier mit Gefolge in Braunschweig 20e). Nach dem Aufpflanzen des Pfingstbaums erhalten die Burschen in Nassau Eier 20, ) l Schon 1574 ist das Eiersammeln in der Pfingstnacht verboten 208); nach dem Wasservogelspiel an Pfingsten werden in Bayern die Teilnehmer mit Eiern gelabt 208 ). In Salzwedel 210 ) wünschen die Kinder beim Pfingstumzug, wenn sie Eier sammeln, Fruchtbarkeit für den Stall und die Hühnerzucht 2 1 1 ). In Ailringen sammeln die Schüler am Fastnachtssonntag Eier mit dem Ruf 2 1 1 a ): Eier raus, Der Β u t ζ (I) ist haus.
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In einigen Dörfern des Odenwalds und des Neckartales gingen früher an Fastnachtsdienstag die Knaben mit papierenen Kappen auf dem Kopf und hölzernen Säbeln an der Seite, oft auch mit Schnurrbärten durch das Dorf und riefen vor den Häusern 211 b ): Eier heraus, Eier heraus, Der M a r d e r ist im Hühnerhaus.
Liegt in beiden Fällen ein apotropäisches Opfer zugrunde? Wenn in Bayern die Buben am Palmsonntag mit den Palmen von der Kirche zurückkommen, schreitet die ganze Familie über den Palmenbusch, und die Träger erhalten dann Eier 2 1 2 ). »") Z f V k . 1915, 218 ff. >") I . e . ; H ö f l e r Ostern 42. 52. 60; S a r t o r i 1. c. 2, 62; für Ungarn: W l i s l o c k i Magyaren 86. "•) G u b e r n a t i s Tiere 562; Leoprechting 1. c. 175; e contrario wird der Ackerboden mit einem verhexten E i unfruchtbar gemacht: W o e s t e Mark 55 Nr. 1 1 ; W. 388. »··) Ζ i η g e r l e Tirol 187, 739; in Steiermark streut man Schalen von Ostereiern um das Haus als Mittel gegen böses Gewürm: R o s e g g e r Steiermark 236. " ' ) J a h n 1. c. 75; W . 428. 693; S a r t o r i I.e. 2, 60; J o h n Westböhmen 186; S c h ö n w e r t h 1,400, 2: wenn man zum erstenmal ackert, stellt man eine Schüssel mit Mehl, Brot und einem Ei zwischen das Gespann und den Pflug und treibt diesen darüber; bleibt die Schüssel unversehrt, so ist es ein gutes Zeichen; die Schüssel bekommen dann die Armen. , M ) R e u s c h e l Vk. 2, 30; bei der ersten Ausfahrt legt man Brot und Eier unter das Hoftor; darüber geht der Pflug; das Brot erhält der erste Bettler: Egerl. 4, 36; Bavaria 2 a, 297—298. Z f ö V k . 1899, 196. »") Schalen der Orleseier: D G . 13, 183. m) S a r t o r i 1. c. 3, 110. Kuhn· Schwartz 445, 355; ZföVk. 1899, 195; Sartori I.e.; E b e r h a r d t Landwirtschaft Nr. 3, 3; bei den Tschuwaschen vergräbt man nach der Aussaat gefärbte Eier im Acker: Globus 63, 322. m ) W i t z s c h e l 1. c. 2, 219, 44. " 4 ) BlpommVk. 3, 150. " ' ) D r e c h s l e r 2, 53; S c h r a m e k Böhmerwald 232; in Gottschee wirft man die Eier möglichst hoch und fängt sie wieder auf: ZföVk. 1907, 19. *'·) M e y e r Baden 421; Z f V k . 1915, 219; Frazer 1, 1, 138. l "). Schweizld. 1, 17: das Hanfei verwahrt der Bauer zu Hause. 17e) M a n n h a r d t 1, 158. «·) J a h n I . e . 158, 78—83. 148. 162—163; vgl. 112. 271. " · ) Μ a η η h a r d t Germ. Mythen 137. Sartori Westfalen 118. »*) D e r s. I.e. 114; J a h n I.e. 297; vgl. K u h n Herabkunft des Feuers 183—184. 187; in Waldmünchen erhält der Hirte für das Feilen der Horner ein E i : Bavaria 2 a, 302, 9; in Schleswig-Holstein kennt man das Eieressen der Knechte;
614 die Schalen bringt man einem Freund, sie verleihen Glück: M e n s i n g 1. c. 1023. 1M ) F r a z e r 7 s , 2, 281; vgl. i j 2,53; W. 1 4 5 . 1 M ) Grundlegend für diese Riten: J a h n 1. c. 297—303. 308 f. 318; S c h r ä m e t I.e. 239; J o h n Westböhmen 2 1 1 ; S a r t o r i Sitte u. Brauch 2, 151; S e l i g m a n n 2 , 1 2 1 ; J o h n Erzgebirge 227; G r i m m Mythol. 3, 490, 69; B o e c l e r Ehsten 1 1 7 ; W. 428; der Hirte erhält am 1. Mai das Rennei: Z f V k . 1897, 77. 1ί5 ) Τ e m m e AItmark 65; M a n n h a r d t Germ. Mythen 1 1 ; Z f V k . 1893, 39; S e l i g m a n n 2, 1 2 1 ; B o e d e r 1. c. 116; in Bayern vergräbt man rote, geweihte Antlaßeier unter der Türschwelle: L e o p r e c h t i n g 1. c. 175; die Schalen wirft, man aufs Feld; vgl. ZföVk. 18, 1 1 7 ; dieselben Gebräuche beobachten wir im Volksglauben der Russen: A R w . 9, 458. 1M ) M a n n h a r d t Germ. Myth. I.e.; Kuhn Mark. Sagen 380, 5. U7 ) In Mecklenburg gebraucht man ausgesprochene Apotropaia: ein rotes Tuch, Eisen und Besen: B a r t s c h 1. c. 2, 141. I8e) G r i m m Mythol. 3, 491, 79; vgl. 490, 69; R o c h h o l l Glaube 2, 169. 1M ) H a l t r i c h Siebenbürger Sachsen 277 Nr. 3. , M ) B r u n n e r Ostdeutsche FA. 220; zu vergleichen ist das Umkreisen mit einem Ei im Böhmerwald: S c h r a m e k 1. c. 239. m ) M a n n h a r d t Forschungen 340 ff.; MschlesVk. 1911 (Festschrift), 3 ff. m) M a n n h a r d t Germ. Myth. 11; in Passau legt man zwei über das Kreuz gelegte Nudeln und ein Antlaßei dem Vieh in den Barn: Ρ a η ζ e r Beitr. 2, 213. 1M ) J a h n 1. c. 3 1 0 — 3 1 1 . 313—314; ZfdMyth. 2, 87; S a r t o r i Sitte 3, 195. 215; vgl. 210; K u h n Westfalen 2, 167, 468; J o h n Erzgebirge 228; Schramek I.e. 238. 1M ) D i e t e r i c h Sommertag in: A R w . 8, Suppl. 105; F r a z e r 1 , 1 , 138; über ausgeblasene Eier beim Todaustragen: Führer durch das tschecho-slowakische Museum 49 ff. 1,s) S c h m i t z Eifel 1 , 3 5 ; vgl. M o n t a n u s Volksfeste 176; S A V k . 1898, 16—28; Schweizld. r> 15- "*) M a n n h a r d t 1, 158. 203; F r a z e r 2 *, 64—65; Ε i s 1 e r Weltenmantel 2, 522 Anna 5; ZfrwVk. 1923—1924, 67. " ' ) M a n n h a r d t 1, 356. 1 K ) D e r s . 1, 169; vgl. die Pfingstbirke in Westfalen: S a r t o r i West-• falen 114; F r a z e r 1, 2, 65: im Oberharz werden im Sommer Tannen aufgestellt, behangen mit gelben und roten Eiern. IM ) ZrwVk. 12 (1915), 9 1 ; F r a z e r 1 , 2 , 6 5 . M°) P a n z e r I.e. 2, 462 ff.; G e s e m a n n Regenzauber 84; M a n n h a r d t 1. c. 353. 201) Globus 91, 336; Schweizld. 1, 15. 20t) W i t z s c h e l 1. c. 2, 306—306; vgl. 298. 210, 32; F r a z e r 1, 2, 63—65; bei Ellwangen sammeln die Kinder am Gregoritag Eier und Mehl: M e i e r Schwaben 395, 70. i o s ) S c h m i t z I.e. 1, 41—42. I04) M a n n h a r d t 1. c. 162; F r a z e r 1, 2, !05 64—65.78. ) M a n n h a r d t 320; F r a z e r 1, 2, 81. i0 ') Α η d r e e 1. c. 347; F r a z e r 1 , 2 , 8 5 . 2) M ü l l e r Siebenbürgen 50, 69; vgl. B e r g e n Current Superstitions 46. »o») ZfEthnol. 15, 92; Poll i n g e r Landshut 195. 2 i l ) B a r t s c h 1. c. 2, 241, 1250. ""») Bavaria 2 a, 241. 2M ) J a h n I.e. 268; W. 346. 2«3) M e i e r Schwaben 388, 46; W. 346; in Schleswig-Holstein werfen die Mädchen am Osterabend Eierschalen vor die Tür; den Beruf des Mannes, der zuerst vorübergeht, wird der Zukünftige haben: Μ e η s i η g Schleswig-Holst.Wb. 1, 1023. J M » ) V e r n a 1 e k e η Alpensagen 341. 2 " ) B a u m g a r t e n Heimat 1, 192; H e c k s c h e r 1, 108; Ρ f i s t e r Hessen 162; D r e c h s l e r 2 , 2 2 5 ; M ü l l e r I.e. 66; W. 346; F r a ζ e r 7, 1, 208—209 (Azoren). 236 ff. 238; Alemannia 37, 17 (Weissagen aus dem Eidotter, vgl. das Eiorakel der indischen Khasi: Anthropos 1 2 bis 1 3 (1917—1918), 494—496); der altfranzösische Aberglaube kennt folgendes Orakel: Man zerschlägt das Ei auf dem Kopf und schüttet es ins Wasser: L i e b r e c h t Gervasius 259, 477. 2 «5) Urquell 4 (1893), 143. " " ) P o l l i n g e r 1. c. 195; S c h u l t z Alltagsleben 5. " ' ) ZfVk. s 1895, 212. «) S f e b i l l o t 3, 2^4—235; SAVk. 12, 4; vgl. L i e b r e c h t 1. c. " · ) F ο a g e 1 Pennsylvania 65, 203. '°) S e b i 1 1 ο t 3. 235. 271 ) S A V k . 21 (1917), 227 b. 2 ' 2 ) J o h n Erzgebirge 1 1 4 . 273 ) K ü h n a u Sagen 3, 365, 1747. "*) L i e b r e c h t Z . Volksk. 329. 2;s ) E b e r h a r d t Landwirtschaft 2 1 . "") M e n s i n g I.e. 1, 1024. 2 " ) B a r t s c h I.e. 2, 57, 169; S t r a c k e r j a n 1, 38.
1 7 . E i e r s p e n d e n 278 ): Eieropfer werden oft durch Eierspenden abgelöst; ein Schulbeispiel dafür ist nach Rochholz die Brot- und Eierspende im Fricktal a 7 e ): Der Sigrist besprengt die Schwellen der Häuser mit Ostertauf und erhält dafür die Spende, in einem L a i b B r o t und zwei Eiern bestehend; Rochholz deutet die Spende als Ablösung des als Festigkeitszauber f ü r das Haus zu erklärenden Eier-
621 opfers; aber dieser Einzelfall, nicht durch Parallel material basiert, ist durchaus nicht so eindeutig; apotropäisches Besprengen mit Weihwasser ist allgemein bekannt, so das Besprengen mit Ostertauf bei Ravensburg 279»). Vielleicht ist die Spende, welche die Bäuerinnen dem Pfarrer von Grün auf den Brennet bringen, die Ablösung eines Frühjahrsfruchtbarkeitsritus ffla). Ganz eindeutig sind die Eierspenden beim Herumtragen der Frühjahrs-Fruchtbarkeitsfetische 281 ); ebenso das Beschenken der Hirten, wenn sie die Tiere mit dem Zweig eines Frühlingsbaumes schlagen (vgl. § 1 1 ) , oder wenn im 16. Jh. der Gemeindehirt zu Döllnitz (Oberpfalz) für den Austrieb der Herde zwei Antlaßeier bekommt 282). Natürlich können wir nicht alle Spenden in diese Beleuchtung stellen; im Mittelalter k a m der kleine Mann allgemein seinen V e r p f l i c h t u n g e n a n Z i n s und andern Lasten durch Eierabgaben (Osterei ist im Mittelalter Zinsei) nach, weil Eier für ihn ein bequemes Zahlungsmittel waren 2S3). Die originelle Eierspende f ü r das Kloster Weingarten 284) ist kein abgelöstes Opfer und bei der Eierspende an die Gleichsteher in der Brettener M 5 ) Gegend liegt eine Übertragung der Eierspenden zwischen Burschen und Mädchen als Liebespfand auf die K o m m u n i k a n ten 2St ) vor. Auf einen früheren Ritus deutet wohl die Eierspende an die Kinder in Herford 287), ebenso die Spende beim Söllvogelaustreiben 8 8 8 ). W e n n in der Schweiz der M a r d e r a ' ) oder der Habicht erlegt ist, trägt man das tote Tier von Haus zu Haus und sammelt Eier.
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622 für Klöster. *») Β i r 1 i η g e r Volksth. 2, 185. ) M e y e r Baden 11G—117. **') In der Schweiz ziehen Knaben als Konfirmanden von den Mädchen Eier ein: Schweizld. i , 16. •») S a r t o r i Westfalen 151. «") D e r s . 441. "·) Schweizld. i , 15. SAVk. 1902, 155. M6
18. E i e r s p i e l e 2 β 1 ): Neben den meistens nur der Unterhaltung dienenden Spielen der K i n d e r t t i ) gehen die Eierbelustigungen der Erwachsenen, besonders wenn sie mit Läufen und W e t t kämpfen der Geschlechter verbunden sind, auf uralte Frühlingsfeste und Riten z u r ü c k 2 M ) . Eine besondere Bewandtnis scheint es mit dem Eierlauf der Kinder in dem Wunderkreis auf dem Hausberg bei Eberswalde gehabt zu haben m ) . a) D a s E i e r w e r f e n : „Ein Ey auf einer Wiesen zu werfen, daß es nicht zerbreche. Diese K u n s t brauchen auch die Kinder um Ostern, wann sie mit gefärbten Eiern, auf der Wiesen spielen. Sie machen die rechte Hand etwas hohl, legen das E y der L ä n g der Hand nach in die Höhle, daß die Spitz gegen die Finger komme . . .; werfen von unten her das E y drehend in die Höhe. Weil nun das E y wegen solches Umdrehens auf eine Spitze fället, . . . zerbricht es n i c h t " 2 9 4 · ) : Ε. H. Meyer vermutet, daß man ursprünglich durch das Ei dem Rasen Fruchtbarkeit übermitteln wollte. Das Eierwerfen •wird von den Kindern in Baden *·*) und Oldenburg 2 9 6 ) g e ü b t ; im Allgäu *") heißt es Eierschupfen oder Gugallen, verbunden mit Sprüchlein; ähnlich ist das Eierr u g g e l e m t ) in Merdingen bei Freiburg, wobei man die Eier einen A b h a n g hinunterwirft, im Allgäu Eierbögle oder Eierschuergele 2W ), in W ü r t t e m b e r g so°) s 8 Eierrugele, -schucken, -hurgele, -hötzeln, ' ) Hierher gehören bes. die §11 aufgezählten Spenden. !,s ) R o c h h o l z Glaube 2, 168 bis im Rheinland Eierschadern a o l ) I in Bran169; L i e b r e c h t Z. Volksk. 296; P i a n denburg Eierkullern 301 *), in Schlen e n s c h m i d Weihwasser 112; vgl. ZrwVk. S02) sien Eierkullen, auch in Ostfries1906, 150; K ö h l e r Voigtland 173. *"») B i r land 30S) bekannt, bei den Slawen l i n g e r Volksth. 2, 84, 109. »») ZföVk. 1902, 236 d; vgl. Κ a ρ f f Festgebräuche 14; W r e d e (Nieder-Lausitz) Waleien, in SchleswigRheinVk. 261; S a r t o r i Sitte 3, 217 A. 114; Holstein Eiersmieten 306), in NiederZfVk. 1896, 431; Τ e t ζ η e r Slaven 51. m österreich Eierwalgen (auch von Erwach) Vgl. A. 202—212; Bavaria 1 a, 369. 375; senen geübt) 3 0 β ). In den Ostseeprovinzen 4 b, 355- 353. *") H ö f l e r Ostern 35; B a r t s c h I.e. 2, 261, 1365: früher samspielten die Kinder früher auf den Edelmelten die Hirtenjungen am zweiten Ostertag höfen das Eierrollen 308 ·). in Brütz Eier. Ma) G r i m m RA. 1, 501; b) Ein sehr weit verbreiteter Brauch beW a i b e l - F l a m m 2, 341; Schweizld. 1, 16; R e u s c h e l Volkskunde 2, 55: Eieriins steht darin, daß man die S p i t z e n zweier
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Ei
Eier aneinander schlägt, um die Härte zu erproben. Im Spielverzeichnis bei Altswert heißt es 307 ): zwei wollen mit eigern klucken. In Baden heißt das stumpfe Ende Engele, das spitze Teufele Me ). Das zerbrochene Ei gehört dem Sieger. Dieses Spiel heißt in Baden 30e) Eierticken (mit dem „ H i g e i " bei Bruchsal) -pikken 31°), -stutzen, -bipperln, -dipfen; in Schwaben 3 1 1 ) Eierbicke (in Reutlingen 312 ) S p i t z u n d A s c h ) , im Allgäu 3 1 3 ) Eierhücken, -spicken. Bekannt ist das Eierklöckle in Leutkirch 314 ), ein berühmtes Volksfest, dem sich vor allem die Erwachsenen mit Leidenschaft hingeben. In Steiermark hören wir vonEiertutschen 3 1 6 ); die Niederösterreicher kennen das Oarbeck'n 31β ); die Gewinnsucht verleitet die Buben, mit Pecheiern zu beck'n, indem sie leere Eier mit warmem Pech füllen; diese Eier heißen auch Poispitz s l 7 ); in der Schweiz 3 1 8 ) spricht man von Eiertutschen, -tütschen 3 1 9 ), -düpfen, im Böhmerwald 32°) übt man das Eierpecken, in Westböhmen 3 2 1 ) Eiertippen, -stutzen, -tupfen, -pecken, im Voigtland 322) Eierhärten, in Hessen 323) Eierkippen, in der P f a l i 324) Eiertupfen, in Westfalen 32B) und im Rheinland 3 2 8 ) Eierpicken, -pipen 327 ), -bibbeln, -kippen, -kappen 328), in der Eifel Eierkippen 3 2 ·), in Oldenburg 330) Eierbicken; in Friesland spricht man vom Hicken-bicken-Söridag 331 ). In SchleswigHolstein wird beim Eierpicken mit dem Ei „ g e p u n d i e r t " s s a ) . Dasselbe Spiel ist in Holland 332»), Piemont 333) und bei den Slawen belegt, wo es Eiertetschen heißt 334 ). Die Kinder der Deutschen im Banat ase ) spielen Eiertitschen; in der deutschen Sprachinsel Gottschee kennt man das Eierstoßen 33 ®). c) Weniger bekannt ist das A n w e r f e n des Eies mit einer M ü n z e , das Eierspicken in Württemberg 3 3 '), „Oanhana" in Westböhmen 338 ); der eine Spieler hält das Ei mit der Hand so umschlossen, daß nur eine Spalte freibleibt; der andere muß die Münze so in den Spalt werfen, daß sie stecken bleibt 33i ). Ganz ähnlich ist das von Nork genau beschriebene E i e r s c h l a g e n , ein Volksspiel i ü r Erwachsene in Rußland 33®»).
624 d) Auf alten F r ü h l i n g s b r ä u c h e n beruht das bei vielen Stämmen belegte E i e r l e s e n oder - l a u f e n , auch Eierwerfen 340 ) genannt, ein Wettspiel der Burschen, oft ein Wettkampf der Zünfte 3 4 1 ), bald wechseln Burschen und Mädchen ab 342 ). Im Jahreinmal lesen wir 3 4 2 4 ): A m Osterdienstag darf man glauben, Ist eine Freud ums Eierklauben.
Dieses Eierlaufen 343), -klauben 344) ist in der Schweiz 3 4 S ) wohl am bekanntesten und hat im allgemeinen den Verlauf, den Herzog 3 4 e ) für Küttigen bei Aarau beschreibt: Es ist ein Wettspiel zwischen einem Eierleser und Eierläufer, die ausgelost werden. Während der Leser die in einem bestimmten Abstand (eine Elle) hingelegten 101 Eier in einer Wanne einzeln sammelt, muß der andere eine bestimmte Strecke hin- und zurücklaufen. Im Birsigtale wurde das Eierlaufen abgestellt, weil sich ein Läufer einen Blutsturz holte 347 ). In Steißlingen (Baden) wurde 1845 das Eierlesen abwechselnd durch Buben und Mädchen auf dem gefrorenen See feierlich abgehalten 347a ). In Württemberg 3 4 8 ) ist das Eierlesen in Ennabeuren, auf dem Heuberg und in Remingsheim, ferner der Ε i e r r i 1 1 in Haid bei Saulgau berühmt, ebenso das Eierlesen in Wurmlingen; in Tirol M e ) {Eierklauben) finden wir diese Spiele sehr verbreitet, auch in Baden 3S0), hier kommt ein dritter Bursche als Reiter hinzu, während beim Saulgauritt 3S1 ) Leser und Läufer beritten sind. In Hessen 352) (vgl. die Beschreibung des Eierlaufens in Pfungstadt in V u l p i u s ' Kuriositäten 352 a )) kennt man das Wettspiel ebenso wie in Bayern 353) und im Rheinland 3B4), wo es Eierlage oder Eierraffen heißt, in Westfalen 355) Eierlesen, auch in Schlesien 356), in Siebenbürgen 357 ) Eierlauf, in Schleswig-Holstein Eiersetten 35e). e) A n d e r e Eierspiele treffen wir beim Kranzwerfen in Baden 3 5 β ), Eierwalzen im Voigtland S6°), dem Irrgang in Preußen 3 6 1 ). f) Zu den Osterrechten der Kinder zählt in Schlesien auch das Eiersammeln der Klapperjungen 3β2).
626
Ei
625 g) In einem Osterspiel, dem E i e r p e i t s c h e n oder Schinacko s t e r n 863 ), lebt der ehedem sehr ernst gemeinte Schlag mit der Lebensrute fort; die Mädchen kaufen sich von der sehr derben Zeremonie durch r o t e Ostereier los 3 e 4 ), welche die Burschen am Abend ausspielen, indem sie sie einen Ab-hang hinunterrollen lassen. Im Banat 3 β 5 ) spritzen die Knaben am Ostermontag die Mädchen mit Wasser und sammeln dafür Eier.
m ) j Ζ i η g e r 1 e Das deutsche Kinderspiel 3—4. 49. 51; B ö h m e Kinderlied 422—423; M e y e r Baden 101.218; S a r t o r i Sitte 3, 161 f f . ; Globus 34, 60 i f . ; W u 1 1 k e Sächsische Vk. 283 f f . ; W r e d e Rhein. Vk. 261 f f . ; D e r s . Eifeler Vk. 217 ff.; S a r t o r i Westfalen 155 ff.; K o l b e Hessen 67 f f . ; B r o n n e r 1. c. 142 ff.; S t r a c k e r j a η 1. c. 2, 70.
Eierspecken: ZfEthnol. 28, 266—267; P o l l i n g e r I.e. '") R e i s e r I.e. 128—129. ' u ) B r o n n e r 1. c.; vgl. P o l l i n g e r 1. c. 31 «) ZföVk. 1899, 50—51. »") S c h r a m e k Böhmerwald 325; Schweizld. 1, 17; die Karfreitagseier haben eine so harte Schale, daß sie beim Picken alle Eier zerschlagen: R o c h h o l z Glaube 2, 53. "•) H o f f m a n n K r a y e r 151; H e r z o g Volksfeste 236; SAVk. 19, 43, I i . »·) SAVk. 9 (1905), 213; 10 (1906), 226; Schweizld. 1, 16. 17. **·) S c h r a mek
1. c.145.
'") J o h n
Westböhmen 60. 68.
) K ö h l e r Voigtland 173; M e y e r I.e. 101; W u t t k e Sächs. Vk. 284. »«) K o l b e
s,!
Hessen
66 ff.;
167; v g l .
ZrwVk. 14
(1917),
135. 3") B r o n n e r 1. c. 142. '") S a r t o r i Westfalen 155; ZrwVk. 1906, 80—81; vgl. K a p f f 1. c. 14. 32°) W r e d e Rhein. Vk. 261; D e r s . Eifeler Vk. 217. '") ZrwV k . 13 (1916), 216. 3 a ) E b d . 10 (1913), 67. »») Schmitz Eifel 1, 28. " · ) S t r a c k e r -
j a n 1. c. 2, 71, 42 (Saterland); v^l. ZfVk. 1897, 392.
ωι
) Η ö f 1 e r Ostern 47.
S3!)
Mensing
1. c. 1022. 33ίβ) ZfVk. 1897, 392; M e y e r I.e. 101. 333) ZfdMythol. 3, 50. >Μ) Τ e t ζ η e r 1. c. 156. 385; R e h m Volksfeste 13; S t a u b er 331. 335 ) Das Deutschtum im Ausland: Banal Zürich 2, 174 f f . ; L i ρ ρ e r t Christentum 603. hrsg. von K. B e l l 1926, 130. "*) Η a u f f e η 610; ZföVk. 1902, 232ft.; X e t z n e r Slaven 74. "') K a p f f 1. c. 14. »>) J o h n 331; HmtVrlb. 3, 76 ff. "») M e n s i n g Gottschee Westböhmen 68. 33") ZföVk. 1899, 51. ""») KloSchleswig-Holst.Wb. I, 1021—1022: Faul Ei ster 7, 930—932. SAVk. 2, 129. ·") ZfVk. und Eierlopen der Mädchen. m ) H o f f m a n n 1902, 210—214; SAVk. 2, 129; 11 (1907), 261; K r a y e r 151; F e h r l e Volksfeste 56. D r e c h s l e r 1, 103—104. ' " ) B i r l i n g e r 2 ") S c h w a r t z Sagen der Mark BrandenSchwaben 2, 79. ·"») B i r l i n g e r Schwaben burg 109, 66. ,M») Henisch bei B i r l i n g e r Schwaben 2, 79. "') M e y e r I. c. 101; B i r 1.e. »") ZfVk. 1893, 17; S a r t o T i S. u. B. l i n g e r Schwaben 2, 79. *»·) S t r a c k e r j a n 2, 161; Α1 b e r s I.e. 193; R e i n s b e r g Das I.e.
2,
70.
*") R e i s e r
B r o n n e r 1. c. 142. Sartori
S.u.B.
,,s
Allgäu
2,
128;
) M e y e r 1. c.; vgl.
3,161; S c h m i t z
Eifel
1, 28—29. »») R e i s e r I.e.; ZföVk. 1902, 233. ">') K a p f f 1. c. 14. »01) W r e d e Rhein.
Vk. 261;
D e r s . Eifeler
Vk. 217; v g l .
festliche Jahr 114; D u l l e r
Das deutsche
Volk
324 ff.; F e h r l e I.e. 156; K ü c k und S o h n r e y 84 ff.; R e h m Feste 13. *") ZfVk. 1893, 17; B i r l i n g e r Schwaben 2, 79. MS) H o f f m a n n - K r a y e r 151; B a u m b e r g e r
5/.
Galler
Land
130;
Eierschibbeln: ZrwVk. 14 ( 1 9 1 7 ) , 185; A u b i n - B r o d m a n n Eningen 69; O b e r h o l z e r F r i n g s - M ü l l e r Kulturströmungen und Τ hurgauer Sagen 78 f f . ; S a r t ο r i S.u. B. 3, Kulturprovinzen in dem Rheinland ( B o n n 1926) 186. 287; S e n n Charakterbilder 201 ff.; 187. »01») S t e p h a n Askanische Vk. 140. 309. für Appenzell: V e r n a l e k e n Alpensagen 30, j D r e c h s l e r 1. c. i, 103; vgl. S t e p h a n 370ff.; W y ß Reise 1, 336; Z f E t h n o l . 51, 314; Askanische Volksk. 140. 309; MschlesVk. 1897, SAVk. 2, 129; 3, 175. 232; 5, 75; 9, 213; 10, 8. 303) M e y e r I.e. SM) T e t z n e r Slaven 331; 114; 11, 261: 16, 237 ff. (mit Bild); 22, 171; ZfEthnol 27 (1895), 334; V u 1 ρ i u s in seinen 23, 205; HmtVrlb. 1, 54 ff.; Der Wanderer in Kuriositäten beschreibt „die Walei" ausführ- der Schweiz 1, 166 ff.; ZfVk. 1895, 387; 1902, lich: Kloster 7, 926—928. sos) Eier werden auf 210—214. 3 ") Volksfeste 238—241. "') ZfVk. einem Balkengerüst mit Kugeln beworfen, das 1895, 387. 3") K a p f f 1. c. 14; B i r l i n g e r mittlere Ei heißt das Königsei: M e n s i n g Volksth. 2, 85, 112 (Ennabeuren); 88, 114 (Heu1. c. 1, io2r. 30e) ZföVk. 1899, 51. 30ea) Kloster berg); 89, 115 (Remingsheim); D e r s . Schwa7. 93°· 3I") B ö h m e Deutsches Kinderlied und ben 2, 76 (Wurmlingen); alte Zeugnisse und Berichte sind 76-—80 abgedruckt, darunter die Spiel 423; Z i n g e r l e Das deutsche Kinderspiel ergötzlichen Ausführungen von Schwenter 49, 3 — 4 . s r . Μβ ) S c h m i t t Hetlingen 20; (1651); vgl. M e i e r Schwaben 394, 68. Alemannia 24, 145: Eierpicken in Mudau. 3") M Z i n g e r l e Tirol 150—152 Nr. 1298; ·) M e y e r I.e. und 218; vgl. die D i n g e i e r in der Niederlausitz: Kloster 7, 925 ff.; M e i e r 1. c.3S0395, 69; vgl. R e i n s b e r g Festjahr 115. ) M e y e r I.e. 101. 217—218; B r o n n e r 1. c. 142. ,10) Alemannia 1. c.; P o l Freiburger Bote v. 10. 4. 1911; L a c h m a n n l i n g e r Landshut 212. * u ) M e i e r Schwaben Überlingen 434—437. '") B i r l i n g e r Volksth. ai! 2, 393, 66. ) B i r l i n g e r Volksth. 2, 84—85 2, 86—88; M e i e r 1. c. 394, 69. 3 ") K o l b e s ,53 Nr. i n ; A l b e r s Jahr 193. *1*) B r o n n e r Hessen 67—68. "®) Kloster 7, 923 ff. ) BronI.e.; R e i s e r I.e. 2, 127 ff.; bei München
627 η e r 1. c. 143. * 51 ) W r e d e Rhein. Vk. 261; ZrwVk. 1 (1904), 138; W r e d e Eifeler Vk. 217; S c h m i t z Ei fei 1 , 29—31: das Spiel wird auf eine Wette im Mittelalter zurückgeführt. a " ) S a r t o r i Westfalen 155—156; K u h n Westfalen 2, 152. 426; ZrwVk. 4 (1907), 24. " · ) D r e c h s l e r 1 , 103—104; vgl. das Eierlesen der Tuchmacher in Breslau bei K r ü η i t ζ Encyklopaedie 1 1 , 768; Kloster 7, 925 ff. *57) H a l t r i c h Siebenbürg. Sachsen 286. ««) Μ e η s i η g 1. c. I , 1021. " · ) Μ e y e r 1. c. 218; S a r t o r i S.u.B. 3 , 1 6 1 A. 66. a « » ) K ö h 1 e r Voigtland 173. ' " ) Β r u η η e r Ostdeutsche Vk. 219—220. " ' ) MschlesVk. 1902, 56; 1904 Heft 1 1 , 75; vgl. W r e d e Rhein. Vk. 356 ff.; D e r s. Eifeler Vk. 212 ff. »«) F e h r 1 e I.e. 56; M a n n h a r d t 1 , 259—260. 263. 2 8 1 ; ZfVk. 1915, 2 2 1 ; R e u s c h e l Volkskunde 2, 56; A l b e r s Jahr 194; Jungb a u e r Bibliographie 168, 1046 ff.. »") V e r n a · 1 e k e η Mythen 3 0 1 : J o h n Westböhmen 64. 67. 68; W r e d e Eifeler Vk. 208; vgl. das Herumziehen der Knaben am Georgitag: M e i e r Schwaben 395, 70. 3 , s ) F r a ζ e r 6, 268—269.
19. D a s E i i m Z a u b e r 3 6 4 ) : Wie man machen könne mit dem Meyenthau daß ein E y einen Spieß aufsteige / weiset Pedemontanus: Nimm Meyenthau / thu es in ein leer E y / . . . / vermache es mit W a c h s . . . / stelle es im Mittag an die Sonne an einen Spieß oder Bret / so steiget es über sich (zu vgl. ist die Sage aus der Oberpfalz A. 106). a) Z a u b e r m i t R a b e n - u n d E l s t e r n e i e r n : Schon die Griechen schrieben den Eiern des Raben besondere Kräfte zu: Nach Aelian färben die Rabeneier die Haare schwarz 3β? ). Zimmermann berichtet, daß nach Albertus Magnus folgender Aberglauben herrschte: Wenn man ein Rabenei siedet und es wieder ins Nest legt, so geht der Rabe ans Rote Meer auf eine Insel, wo der Alodrius begraben Hegt, und bringt einen Stein, mit dem man alle Türen und Ketten sprengen kann 368 ). Eine Version dieses Zaubers haben wir in Schleswig-Holstein: Der Rabe macht durch die Berührung mit diesem Stein die Eier wieder roh; wenn man mit dem Stein den Mund berührt, so versteht man die Sprache der Vögel 36i ). Nach dem Glauben in Derendingen (Schwaben) bringt der Rabe eine Wurzel, mit der man viel Geld gewinnt 370 ). Etwas Ähnliches berichtet Leoprechting:
Ei
628 Wenn man ungesehen Schwalbennester ausnimmt, holt die Schwalbe eine Wurzel, um die Eier lind zu bekommen; mit dieser Wurzel kann man zu viel Geld kommen 371 ). Nach Tiroler (Kolsaßberg) Aberglauben macht der mit dem Rabenei errungene Stein unsichtbar 372 ). Nach badischem Glauben macht das Elsternei unsichtbar 373 ). Nach altem Glauben vergräbt man ein Donnerstagsei in einem Mist- oder Ameisenhaufen und läßt es 9 Tage liegen. Dann scharrt man das Ei heraus und findet mit seiner Hilfe einen Stein, und wenn man den in der Hand erwärmt, wird man unsichtbar 374 ). Aß nach römischem Aberglauben eine Schwangere ein Rabenei, so abortierte sie durch den Mund 876). b) Das Ei im S y m p a t h i e z a u b e r : Auf dem oben erwähnten Glauben an das Ei als Sinnbild der Lebenskraft und an die Entstehung der Menschen und Götter aus dem Ei beruhen folgende Beispiele eines Eizaubers: Nach der schlesischen Sage zaubert sich der Wasserkobold 37e ) in ein Ei; ein Geist 377 ) ist in ein Ei gebannt. Man kann nach Schweizer Glauben jemand mit einem Ei verzaubern, vernichtet aber die Person das Ei, so ist der Zauber unschädlich 378). Nach Bodinus verkaufte ein Weib einem Engländer ein Ei; dadurch verwandelte es ihn in einen Esel und ritt auf ihm drei Jahre auf den Markt 379). Eine Verbindung dieser Identifikation von Ei und Leben mit der Vorstellung von den goldenen Eiern als Schatz haben wir in einer Pommerschen Sage 3 8 0 ): Eine Frau wirft zwei Eier weg, welche faul sind; sobald die Eier auf den Boden fallen, rollen Goldstücke heraus, auf denen steht: dat het din Mann makt. Als die Frau ins Zimmer geht, ist der Mann tot. In der böhmischen Sage darf der Wanderer, welchem der Waldteufel ein Ei unter den Arm (vgl. Achsel) gesteckt hat, das Ei nicht wegwerfen, sonst ist er tot; behält er das Ei, so zeigt ihm der Waldteufel einen Schatz M 1 ). Nach SoldanHeppe 382 ) hexte eine Hexe ein Pferdehaar (Haar Symbol der Lebenskraft?) in ein Ei.
629
„ N i m m in des Diebes Namen (Namen = Person) ein frisch gelegtes Hühnerei . . . . lege es im Namen des Diebes in heiße Asche, so hat der Dieb keine R u h e und bringt das Gestohlene wieder" M 3 ). c) D a s E i i m Liebeszauber: Nach einem Papyrus in Oslo wird in einem römischen Liebeszauber ein Ei geopfert M4 ). Ostereier, von einem Mädchen am Karsamstag beim geweihten Feuer im Freithof r o t gesotten, entzünden in dem Burschen die Liebe 385 ). In ein ausgeblasenes E i steckt man Haare, Nägel und B l u t der Geliebten; dann vergräbt man die Schale in dem Grabhügel eines ungetauften Kindes; findet sich nach drei Tagen Feuchtigkeit vor, so ist der Zweck erreicht M e ). Von einem derben erotischen Sympathiezauber berichtet Schönwerth 387 ). In Schwaben schreibt man nach einer alten Handschrift auf ein Ei, das an einem Samstag im Neumond gelegt ist: -f- esa + his -f- masmo caldi + male + am + er + und legt das Ei auf das Feuer; dann hat der Bezauberte keine Ruhe, bis er den Willen vollbringt 388 ). d) D a s Ei im Schadenzaub e r : Nach Anhorn legen die Hexen Eier einer schwarzen Henne in das Grab einer H e x e ; nach einiger Zeit nehmen sie diese heraus und gebrauchen sie zu Schadenpulver und Salben 389 ). Die Magd des Gockelius f a n d unter der Türschwelle in einem grünen Häfelein ein Ei, auf besondere A r t mit einem Faden umwickelt; das hatte eine Hexe vergraben, um die Geiß und die Tochter zu bezaubern 390). Nach einem um 1540 abgefaßten Handbuch (Rügen) vergraben die Hexen Eier und anderes Tandwerk im Feld, um das Vieh zu bezaubern 3 9 1 ). Im Liebesschadenzauber gebraucht man in Thüringen das hart gesottene Ei einer schwarzen Henne in zwei Teile geschnitten; jede Hälfte versieht man mit dem Namen der Liebenden, die man trennen will, nebst drei Kreuzen in des Teufels Namen; eine Hälfte gibt man einem schwarzen Hund, die andere einer schwarzen K a t z e zu fressen 392 ). Im G e g e n s c h a d e n z a u b e r verwendet man das Ei in der
Ei
630 Oberpfalz: Will man einem Bösewicht die K r a f t rauben, so bläst man ein E i aus und füllt es mit dem Harn desselben; verklebt, hängt man es in den Schornstein; wie das Ei trocknet, schwindet die K r a f t des Bezauberten 393 ). e) D a s E i im Festigkeitszauber: Wenn man am Abend zu einem Hühnernest geht und alle Eier schwarz macht und am Morgen das Ei ißt, welches weiß (!) geworden ist, so ist man gegen jede Verwundung geschützt 394 ); genau denselben Zauber finden wir in Mecklenburg 3 9 5 ). In Tirol muß aber eine Henne, die ein schwarzes E i legt, verbrannt werden 3 M ). "') P r ä t o r i u s Blocksberg 563; der Zauber in V i n t l e r s B. der Tugent ist unsicher: ZfVk. 1 9 1 3 , 1 3 3 v . 8189. 3 · 7 ) A e l i a n Var. Hist. 1, 48 (1, 22, 6 ff. Jacobs). sffl ) B r e v i n u s N o r i c u s 323. 3 " ) M e n s i η g 1. c. 1024—-1025. 3, °) M e i e r Schwaben 2 2 0 , 3 ; B i r l i n g e r Volhsth. 1, 1 2 3 Nr. 1 8 1 , 1. Über einen Zauber, mit dem man weiße Raben bekommt, berichtet B i r l i n g e r Schwaben 1, 436. *") Lechrain 82—83; ebenso in Schwaben: B i r l i n g e r Schwaben i , 397 bis 398. 3 ") Ζ i η g e r 1 e Tirol 87, 736. 3 3 ' ) K ü n z i g Bad. Sagen 5 1 , 149. 3 ' 4 ) ZfdMythol. 3, 3 3 1 . 3 ' 5 ) P l i n i u s Historia Naturalis 10, 3 2 ; P a u l y - W i s s o w a 1, 76. 3? ·) Κ ü h η a u Sagen 2, 307. 926, 2; vgl. 329, 931. 3 ") D e r s . 1 , 4 7 2 , 4 9 8 . 37S) SAVk. 1905, 275, 108; vgl. A. 23. '") T h a r s a n d e r 2, 5 7 5 ; über Schadenzauber mit dem Schlangenei, vgl. A e 1 i a η ι ι , 34 = 1, 260, 16 ff. Jacobs; über das Schlangenei, bestehend aus dem Geifer der Schlange: Kloster 9, 957; S c h a m b a c h M ü l l e r 186, 199. »·) BlpommVk. 10, 92, 6. MI ) G r o h m a n n Sagen 117; vgl. A. 64—67. M2 ) S o l d a n - H e p p e 2, 4 1 3 ; vgl. Z e d 1 e r Vniversallex. 8, 2414. m 3 ) J o h n Westböhmen 3 2 3 ; über Eiweiß i m Diebeszauber: HessBl. 22 (1924), 62. M i ) K . L a t t e Die Religion der Römer (in Bertholets Rel. Lesebuch B. 5) 47—48 Nr. 38. 385) Z i n g e r l e 1. c. 149, 1290 = ZfdMythol. 2, 422 Nr. 69. Μβ ) Urquell 2 (1891), 56; W l i s l o c k i Magyaren 50. Oberpfalz 3, 282, 4; vgl. den ernstgemeinten obszönen Zauber der Dieris in Australien: Frazer Totemism 1, 359, m ) B i r l i n g e r Schwaben 1, 462. »·) Ma390 giologia 733. ) Gockelius Traciatus polyhistoricus-magicomedicus-curiosus (Frankf. M1 1699) 57· ) BlpommVk. 9, 2; über Eierschadenzauber bei den Litauern: S a u s s a y e B e r t h o l e t - L e h m a n n 2 , 5 3 6 . 3M ) W i t z s c h e l 1. c. 2, 270, 53. 3M ) S c h ö n w e r t h 3 , 2 0 0 , 3 . 3M) S t a r i c i u s Heldenschatz 105. 3S5 ) B a r t s c h 1. c. 2, 349, 1638; vgl. W. 475;
631 dasselbe Mittel gegen Verwundung: J ü h ling Tiere 2 2 1 ; W o l f Beitr. i , 226; vielleicht hängt dieser Zauber mit der Vorstellung von der außerhalb des Körpers in dem Ei wohnenden Seele und Lebenskraft zusammen: B o l t e - P o l i v k a 3, 439—440. 3M ) Z i n gerle Tirol 82, 692 (Vols); über schwarze Hennen: R V V . 14, 3, 41 ff.
20. f) D a s E i i m H e i l z a u b e r 3 S 7 ) : Neben der Verehrung des Eis als empirisch erprobtes Fruchtbarkeitssymbol und Quelle sexueller K r a f t spielt im eigentlichen Heilzauber wieder der Sympathiezauber die Hauptrolle. Da außerdem das Volk hinter jeder Krankheit einen bösen Dämon vermutet, so wirkt auch der Glaube an die apotropäische K r a f t herein. In diesem Glauben an die übelabwehrende K r a f t des Eis konnte sich das Volk durch die Formel der Benedictio ovorum bestärkt fühlen: ut fiat eibus salubris tuis fidelibus in tuarum gratiarum actione sumentibus Bei Mergentheim wird gegen Fieber ein Ei, mit weißem Faden vollständig umwickelt, ins Feuer gebracht und gesprochen: Im Namen . . . , dreimal s w ). Wird das Ei schwarz, so muß der Fieberkranke sterben. Ein anderer Zauber befiehlt, daß der Fieberkranke das Ei mit der Hand fasse, welches dann in den Hof geworfen wird 40°). Nach Zimmermann mißt man einen roten Faden dreimal an dem ausgespannten Arm des Kranken, wickelt diesen um ein Ei und wirft das Ei ins Feuer 401). Paracelsus erwähnt ein Mittel: Man füllt ein Ei mit dem Blut des Kranken und backt es im Backofen, das heilt alles. Man legt das Ei auf den Leib des Kranken und vergräbt es dann in die Erde 402). Ein altes Rezept aus Schlesien rät „wider Schwindtund Gelbsucht: Laß die Medianader und tu das Blut in eine Eierschale; diese wird von einer Henne 14 Tage bebrütet und dann gib sie einer hungrigen Henne zu fressen" 402a ). Nach Schweizer Überlieferung verpflöckt man gegen den Leibschaden eines Kindes das Ei einer schwarzen Henne am Karfreitagmorgen in eine Eiche 4 0 3 ). Der häufigste Übertragungszauber ^ besteht darin, daß man, wie ζ. B. in Mecklenburg 405), das Ei im Urin kocht, bis der Urin zur Hälfte ein-
632 gekocht ist, dann bohrt man das Ei an, trägt es schweigend in den Wald und legt es in einen Ameisenhaufen 4oe ); man wirft das Ei auch wie in Baden *") an einen Kreuzweg oder ins Wasser 40e); nach altfranzösischem Aberglauben füllt man das Ei mit dem Urin des Kranken und gibt es einem Hund 409). Man versteckt in Mecklenburg, wenn eine ansteckende Krankheit herrscht, ein Ei auf dem Kirchenboden 410). Das besonders zubereitete sympathetische Ei verwandte man vor allem bei Wundheilung 4 U ). In SchleswigHolstein legt man ein solches Ei auf den Schornstein, damit der Nabel des Kindes heilt 4 1 2 ); gegen Bruch mauert man es in den Feuerherd 4 1 3 ), vergräbt ein mit 13 Pfeffer- und 13 Salzkörnern gefülltes Ei gegen Fieber im Garten 4 1 4 ). In der Oberpfalz wird der „ F r e r a " durch einen Eierheilzauber geheilt 414 ®). Staricius gibt einen Eierzauber gegen Impotenz an tts); in Mecklenburg streicht man das erste Gänseei im Jahr stillschweigend dreimal um das Gesicht, dann wird man weiß wie ein Gänseei 416 ). Den Kopf eines Erschreckten bestreicht man dreimal mit einem Ei und wirft es hinter den Gartenzaun 417 ). Man wälzt auch das Ei auf dem Körper auf und ab 418). Z f V k . 1915., 221 ff. » ) F r a n z 1. c, 592. · " ) H ö h n Volksheilk. 1, 154; Ho· v o r k a - K r o n f e l d 2, 333; in der Rheinpfalz wird dem kranken Kinde ein F a d e n u m den B a u c h gewickelt und dieser u m ein frisches E i gewickelt, das man in heiße Asche legt; zerspringt das Ei, so schließt man auf Gelbsucht; das E i wirft man in einen Maulwurfshügel: 400) Alemannia 1912, Bavaria 4 b, 405. 145. 401) B r e v i n u s Noricus 210. 40! ) P e t e r s Pharmazeutik 1, 229. 402 a ) MschlesVk. 1910, 190; vgl. 189. 403) Schweizld. 1, 1 5 ; in der französischen Schweiz gibt man den K i n dern gegen Atrophie (le dicroit) nach einem Gebet 3 Eier einer schwarzen Henne mit Salz: S A V k . 1897, 233; in Frankreich heilt eine Omelette aus 5, 9, 13 Eiern: S 6 b i l l o t 3, 204. »") S c h e f t e l o w i t z l . c . 3 7 f f . 405) B a r t s c h 1. c. 2, 354,1663 c; H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 164; vgl. den altfranz. Aberglauben: L i e b recht Gervasius 237, 207. 40e) G r i m m Mythol. 3, 465, 864; H ö h n 1. c. 1, 90. 94. 99. 103; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 275; 2, 39; S e y f a r t h Sachsen 189; Schönwerth 1. c. 3, 258. 259, 5; Schramek 1. c. 283; W . 494; S 6 b i l l o t 3, 236; oder in einen Maulwurfshaufen: Bavaria 4 b, 405,.
633 ). Eier, welche von einer weißen Henne am Himmelfahrtstag in ein neues Nest gelegt sind, vertreiben Kopf-, Magen- und Ohrenschmerzen 4 3 0 7 ; J ü h l i n g 210. 4M) H o v o r k a K r o n f e l d 2, 248; W . 333. J ü h l i n g 205. 2 1 7 f f . 2 1 8 . 2 1 9 ; R e i s e r Allgäu 2,446,220; 4") W. 494. «o) J ü h l i n g 204. H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 1 9 3 ; v g l . 2, 2 5 3 ; 4·2) L a m m e r t ZföVk. 1909, 175. 255.
" ' ) J ü h l i n g 212. 4M ) H ö f l e r Ostern 38, ' " ) M e y e r Baden 54g; vgl. K r a u ß Sitte u. Br. 5 5 7 — 5 5 8 . " · ) B a r t s c h Mecklenburg 2> r 3 7 . 601 a. 4 " ) S t r a c k e r j a n 2, 1 5 5 , 385; W 1 5 6 . 4 6 4 . 5 1 3 ; Z r w V k . 1908,98; F o -
g e l Pennsylvania 325, 1734; M e n s i n g 1. c. 1, 1024. 4ce) S e y f a r t h Sachsen 295. '">) Z f ö V k . 1908, 1 1 8 ; F o g e l Pennsylvania 269,1396; L a m m e r t 166. 470) J ü h l i n g Tiere 204; H ö h n 1. c. 1, 1 3 7 ; Z r w V k . 1904,
98; 4")
Krauß J o h n
Volksth.
Sitte
Erzgebirge
und 57.
1, 497 Nr. 18;
Brauch 472 )
557—558.
B i r l i n g e r
John
I.e.
54;
L a m m e r t 128; M e y e r Baden 50; W . 156. 6 0 1 ; F o g e l 1. c. 3 0 9 , 1 6 4 3 ; 3 1 0 , 1 6 4 7 . 47S ) J ü h l i n g I . e . 207; L a m m e r t 235;
W.
527.
4")
Wlislocki
Zigeuner
81.
475 )
J ü h l i n g I . e . 2 2 1 ; Z f V k . 1898, 1 7 1 . " " ) W . 6 9 5 ; a u c h bei den D e u t s c h a m e r i k a n e r n : F o g e l Pennsylvania 1 6 7 , 798. 4 " ) Z r w V k .
1907, 24.
478)
Eberhardt
Landwirtschaft-
17; J o h n Westböhmen 2 1 1 ; vgl. Alemannia 1903, 183, 2 7 . 47 ·) Z f V k . 1898, 1 7 1 ; 307, 10. 4eo) E b d . 1898, 1 7 1 ; über d a s E i i n der P f e r d e b e h a n d l u n g : C ο 1 e r 533 c. 26.
638
Ei
637 22. E i u n d F a m i l i e 1 8 1 ) , a) E i u n d K i n d : Nirgends ist die Rolle des Eis als Fruchtbarkeitsübertrager klarer als hier. Man steckt ins Tragkissen nach der T a u f e ö 2 ) ein Ei, auch beim ersten Besuch * a3 ) t und der Pate schenkt dem getauften Kinde ein Ei 4 8 4 ); das bringt Glück, am meisten, wenn es zwischen Maria Himmelfahrt und Maria Geburt gelegt 485 ) ist. In Rottenburg 4 8 e ) gibt man dem Kinde vor dem Zubettgehen ein Ei. Mit dem kraftspendenden Ei verbindet sich der Anfangszauber. Schon beim Frater Rudolfus lesen wir 4OT): ovum in p r i m o b a 1 η e 0 ponunt quod patri dant cibum; und nach der T a u f e : portantes domum puerum in ostio ovum sub scopa conculc a n t m ) . Das Journal meldet als Aberglaube im Lande ob der E n z 4 8 e ) : Legt man in sein erstes B a d . . . . ein Ei, so bekommt's klare Stimme. Dasselbe berichtet Baumgarten 4 9 0 ), auch in der Schweiz ist es belegt. Bei Fogarasch gießt die Wöchnerin außerdem Milch in das B a d e l ) . In Bosnien gibt man in das B a d einen Eidotter, damit das K i n d stark wird 492 ). In Thüringen müssen die ersten Eier, die der Pate dem K i n d schenkt, wobei auf den Eiern ein Storch gemalt ist, aufbewahrt werden; zerbricht ein Ei, so erreicht das Kind kein hohes Alter 493 ). Beim ersten Besuch beim Paten oder bei Bekannten bekommt das Kind ein oder mehrere Eier, man bestreicht Mund oder Zahnfleisch mit dem Ei, damit es gut sprechen lernt 494). Fischer berichtet: das K i n d erhält 3, 6, 9 S c h n a t t e r e i e r , diese stoßt man dem K i n d dreimal in den Mund und spricht 49S ): Wenn das Buttla anfängt zu gatzen, So fange du an zu schwatzen.
In Thüringen bekommen die Kinder ein gekochtes Ei im fremden Hause geschenkt mit den Worten: Lern's Schwatzen wie die Hühner s'Gatzen; dies sagt man dreimal, dann muß das Kind vom Ei essen, davon gedeiht es. Das Ei heißt Trosei 496). Damit das K i n d ein guter Sänger wird, erhält es im Schwarzburgischen ein gesottenes Lerchenei 497). Eine andere Variation des Spruches treffen wir im Erzgebirge 498 ):
Kinnel lärn's schwatzen, W i e die Hihnla s'gatzen.
Im Egerland fährt man mit dem E i über den Mund des Kindes, macht das Kreuz und s a g t 4 9 8 ® ) : Kinnel, lern 's Latschen, W o i d' Hoihnla s' Gatzen.
In Baden sagt man: Gackele nei, Plauderle raus 499 ). Dieses Ei heißt in Baden 5 0 0 ) Plaudergaggele, in Württemberg Μ 1 ) Schwätzoi, im Böhmerwald ®02) Schnodroirl, in der Oberpfalz m ) Kloberey, in Westböhmen M4 ) Schlodaei; im Fränkischen 605 ) kennt man den Schwatzgockel, in Nassau^'JdasPlauderei.in der Sächsischen Schweiz 507 ) das Tatschei, in Hessen 608 ) das Blaureei, auf der Iglauer Sprachinsel 5 0 9 ) in Mähren das Schnatterei. Dieses E i soll auch das Zahnen 5 1 0 ) fördern; doch ist der heute angegebene Zweck 5 U ) sekundärer Art, ursprünglich soll durch Berühren des Mundes und des Zahnfleisches die K r a f t des Eis übertragen werden. Das Pappelei 5 1 2 ) wird auch auf den obersten Balken des Dachfirstes gelegt, damit das K i n d schwindelfrei 5 1 3 ) wird. Bei Landshut sagt man, man soll einem kleinen K i n d keine Eier schenken, sonst wird das K i n d nicht 6 Tage über ein J a h r alt s l 4 ). Bei der ersten Feldarbeit 5 1 5 ), beim ersten Schulgang 5 1 β ) , iii Bayern bei der ersten Beicht 5 1 7 ), erhält das K i n d ein Ei oder ein Eiergericht. In B a d e n 5 1 8 ) zerhackt man mit dem Karfreitagsei das Alphabet, wie etwa der hl. Columban nach einer isländischen Sage dadurch das Lesen lernte, daß er Alphabetkuchen verschluckte 519 ). ω1 ) Z f V k . 1 9 1 5 , 220 ff. «·») H ö h n Geburt Nr. 4, 2 7 7 ; der Litauer opfert für das Neugeborene an dem Lebensbaum ein E i : Sauss a y e - B e r t h o l e t - L e h m a n n 2, 5 3 5 . «») Z r w V k . 1 2 ( 1 9 1 5 ) , 58. « ' ) L e o p r e c h t i n g I.e. 2 3 7 ; K o n d z i e l l a Volksepos 1 0 3 (Oldenburg); L a m r a e r t 1 1 9 ; M e y e r Baden 1 6 ; S t r a c k e r j a n I, III; W . 596. 1>s ) L a m m e r t I . e . « · ) H ö h n Geburt Nr. 4, 276. « ' ) MschlesVk. 1 7 (1915), 30 N r . 10. *») L . c. 3 1 Nr. 1 6 ; Theol. Quartalschrift 88, 4 2 1 ; in Indien zerbricht man bei der Hochzeit Eier unter dem Fuß des Pferdes: S a m t e r Geburt 1 5 9 A . 2. 489) G r i m m Mythol. 3, 460, 7 3 5 ; vgl. Mannhardt Germ. Mythen 5 8 9 ; in der Schweiz legt man ein E i ins B a d des Epileptikers: S A V k . 1906, 39.
640
Ei
639
zuspricht. In Österreich bittet der Hochzeitslader um Eier 5 2 s ). In der Schweiz 1 5 0 , 1 2 9 1 . 4 M ) G r i m m Mythol. 3 , 4 5 4 , 5 8 2 ; wird aber dieses Eiersammeln 1692 verboten S2e). Bei der Hochzeit selbst ist das das Kind bekommt eine gute Stimme, wenn es in einem Haus 2 1 Eier erhält: SAVk. 1 8 9 8 , 1 5 3 ; Ei ein bei allen Völkern beliebtes FruchtJ a h n 1. c. 3 6 4 . 4 ") F i s c h e r Aberbarkeitssymbol 627). In Gossensaß steckt glauben (L. 1 7 9 0 ) 2 5 9 ; z u m L i e d t e x t v g l . man der Braut ein Ei ins Kleid 52i ). Bei S c h ö n w e r t h I.e. i, 1 8 2 , 1 8 ; R o c h h o l z Kinderlied 2 8 2 ff.; Mannhardt den Juden wird der Braut ein rohes Ei Germ. Mythen 3 1 1 — 3 1 2 A . 2 ; J e n s e n Nordvorgesetzt, damit sie leicht gebären solle, friesische Inseln 2 x 8 ; L a m m e r t 1 7 4 ; W. wie die Henne die Eier legt 628). In Ser5 9 9 ; SAVk. 2 1 , 3 9 ; F o n t a i n e Luxemb. 1 3 7 ; dagegen K ö h l e r Voigtland 4 2 3 ; W. 6 0 5 ; P o l - bien läßt man der Kreißenden ein Ei l i n g e r I . e . 2 4 4 ; K r a u s s Sitte und Brauch 5 4 8 . durch den Busenlatz fallen und reißt das 4M ) W i t z s c h e l 1. c. 2 , 2 5 0 , 5 4 . 2 4 9 , 5 0 . Hemd entzwei 830). Auch im deutschen 4OT ) D e r s. 2 , 2 5 0 , 5 5 , 4W) ZfdMundarten 1 9 0 8 , Heilzauber gebraucht man das Ei bei Ge2 0 ; M ü l l e r - F r a u r e u t h 1, 3 8 3 — 3 8 4 . burtswehen 631 ). Auf einem Bilderbogen "••) Egerl. 1 1 , 6 4 . 4M) Bad. Heimat 1 9 2 7 , 8 3 ; S c h m i t t Hettingen 1 4 . "·) M e y e r des Jahres 1617 bekommt der Weiber1. c. 3 2 ; Alemannia 2 4 , 1 4 5 ; 2 7 , 2 2 8 . M 1 ) H ö h n knecht ein Ei 532 ); auch im dänischen Geburt 2 7 7 ; B i r l i n g e r Schwaben 1 , 3 9 3 ; Volksscherz wird dem Pantoffelheld ein P a n z e r Beitr. 1 , 2 6 6 , 1 5 7 . 2 6 8 . 60») S c h r a m e k I.e. 1 8 1 . M") S c h ö n w e r t h I.e. 1 , Ei zuerkannt S 3 3 ), offenbar zur Auffrit04 182,18. ) J o h n Westböhmen 1 1 8 . 2 1 5 . 2 5 3 . schung der Manneskraft 534). "») S p i e ß Fränkisch-Henneberg 1 0 0 : der Schwatzgockel besteht aus Eiern, Äpfeln und "») ZfVk. 1 9 1 5 , 2 2 0 f. ««) D r e c h s l e r 1, Butterbrot. ·°·) K e h r e i l Nassau 2 , 1 7 5 , 2 3 0 f . ; ZfVk. 1 9 1 1 , 2 5 8 ; vgl. Ostereier und Lie2 6 . 2 6 2 , 1 5 7 . "") M e i c h e Sagenbuch der A n d r e e Braunschweig 4 0 3 . Sächsischen Schweiz 121,7: aus den geschenkten beszauber. M3 ) M e y e r 1. c. 2 5 5 ; dagegen L a i s η e 1 Eiern wird oft ein Eierkuchen gebacken, den d e l a S a l l e Le Berry 2 , 5 0 . " 4 ) B a u m Mutter und Kind sofort verzehren. Ms) Hess. g a r t e n Heimat 3 , 4 5 — 4 6 ; Bavaria 3 a, 3 3 1 ; Archiv A 8 4 6 8 (Hainstadt). 5°») ZfVk. 1 8 9 6 , 2 5 5 ; ZddVereinsfdGeschichte Mährens und im Rheinland beobachtet der junge Mann, ob das Mädchen beim Backen des Pannkauken Schlesiens 7 , 1 6 3 ff. t10) B i r l i n g e r Schwaauch jedes Ei ausstreicht: ZrwVk. 1 9 1 3 , 1 7 8 . ben 2 , 2 4 2 ; H ö h n 1. c. Nr. 4 , 2 7 7 ; H a r t M6 «0) Heimat 9.
4n
) H i l l n e r
Siebenbürgen
16.
««) K r a u ß Sitte und Brauch 5 5 7 . 4U ) W i t z s c h e l 1. c. 2 , 1 9 8 , 3 7 ; vgl. Z i n g e r l e 1. c.
m a n η Dachau und Bruch 2 0 4 , 3 0 ;
Meyer
) B a u m g a r t e n
Heimat
3, 53;
vgl. 3 3 .
Η ö f 1e r
Hochzeit
«·) Schweiz Id. 1, 1 5 . "') ZfVk. 1 9 x 5 ; der Eierzauber, den Livia als Mittel anwendet, um Beiträge 1 , 207; P o l l i n g e r I.e. 2 4 4 . einen Knaben zu gebären, ist ein Fruchtbarkeitszauber: P l i n i u s io, 1 5 4 (2, 1 9 5 MayJ o h n Erzgebirge 6 5 ; S t r a c k e r j a n hoff); vgl. A l d r o v a n d i 1. c. Teil 2 , 9 8 ; I . e . 1 , h i ; W. 5 9 9 . W o l f I.e. 1 , 207. vgl. Anm. 5 3 0 ; über Eieropfer der Braut: "») H ö h n I.e. Nr. 4 ; J o h n I.e.; J a h n E W . 1 4 , 3 . 1 2 ; bei den Mohammedanern I.e. 3 0 4 . ·") P o l l i n g e r I.e. 2 4 4 ; in Al- schreibt man die Sure 1 1 2 auf ein Ei und gibt banien schützt man die Kinder gegen Hexen, den Eheleuten je eine Hälfte zu essen: Globus indem diese an Fastnacht Knoblauch essen, es 9 1 , 3 4 4 ; v g l . Η a r 1 1 a η d Primitive Paternity darf aber an diesem Abend kein Ei im Haus sein: S t e r n Türkei 1 , 3 5 4 . ·") M e y e r 1, 5 8 — 6 0 . 112; für die Tschuwaschen: Globus l.c.423; S a r t o r i 5. «. B. 2 , 68. «·) J o h n 63, 3 2 2 . ta) J o h n Erzgebirge 94. 9 5 ; Baden 3 2 ;
Erzgebirge
Reiser
66.
Allgäu 2 , 2 3 2 ;
"') P o l l i n g e r
Wolf
I . e . 245.
"·) M e y e r I . e . 1 0 9 ; H ö h n I . e . Nr. 2 7 8 : hier wird das Vaterunser eingebacken. "") ZfVk. 1905, 94—96· e 6S0):
23. b) L i e b e u n d Ε h In der Zeit der Werbung oder an Ostern schenkt das Mädchen dem Burschen Eier als Zeichen der Zuneigung 621 ); wenn aber ein Mädchen auf einen Eierdopp tritt, wird sie im gleichen Jahr schwanger 522). Bei der Werbung gilt in Baden 523) ein Eierkuchen als Zusage, im Innviertel 524) ist die Heirat richtig, wenn der andere Teil bei der Schau den Eiern in Schmalz fest
M a n n h a r d t
1, 2 2 3 ;
1 2 . 1 8 ; Kloster 1 2 , 1 7 0 ; S e l i g m a n n 1. c. 2 , 1 2 1 ; dagegen W. 5 6 6 . 3 7 3 = F ο g e 1 Penn-
sylvania 1 4 7 , 6 8 7 . '**) Β u χ t ο r f Judenschul 411; Z a c h a r i a e Kl. Schriften 2 1 5 ff.
"") K r a u ß Sitte u. Brauch 5 3 9 ; Anthropophyteia 6 , 1 5 8 , 8 ; S t e r n Türkei 2 , 2 9 5 ; in der Schweiz nimmt die Frau die Eier, welche gebrütet werden sollen, und führt sie oben durch den Hemdenschlitz hindurch und unten wieder heraus: M e s s i k o m m e r 1, 1 8 3 . ' " ) ZfVk. 1 8 9 8 ,
171;
PI
ο ß
Weib 2 , 2 9 0 .
2 9 1 , 2 9 3 . 532) ZfVk. 1 9 0 5 , 4 0 ff.; 1 9 1 2 , 3 0 7 , 5 . Ms ) ZfVk. 1 9 0 5 , 4 5 4 . iM ) In Österreich heißt man einen Pantoffelhelden Hennagraiffa, weil das Greifen der Hennen Sache der Frau ist: ZföVk. 1 9 0 2 , 1 7 2 .
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24. Aberglauben beim Setzen der Eier zu Brutzwecken: Wie bei den Römern 53B) und heute in Frankreich53®) ist auch beim deutschen Bauern das Legen der Eier zum Ausbrüten (s. brüten) eine Zeremonie, bei der auf Tageszeit, Mondkonstellation, Art der Eier sehr geachtet wird. Das Nest soll aus der Krippenausputzete gemacht werden 537), Julstroh wehrt Behexung und wilde Tiere ab 538)1 auch das Verlegen Me ). Man legt apotropäisch einen eisernen Gegenstand hinein 540 ); die Hennen legen am liebsten hinein, wenn schon ein Bilgei M 1 ) (Schwaben), Bülloa 542) (Bayern) darin liegt. Im Rheinland wirft man das erste Ei über das Dach, damit die Hühner fleißig legen 543 ). Wichtig ist der Tag, an dem die Eier gelegt oder aus dem N e s t M 4 ) genommen werden. Karfreitagseier M 5 ) geben bunte Hühnchen, Antlaßeier solche, die die Farbe wechseln 5 1 6 ): „ I t e m vom Gruenen Donnerstage, daß die Eiyer, so darinne gelegt werden und hernach den Hühnern auszubrüten unterleget werden, Hühner ausbringen sollen, so alle Jahre neue Farbe an Federn im Mausen bekommen." Besondere Bedeutung haben auch die Blusteier 547) und solche, die im Frauendreißigsten 548) gelegt sind. Man setzt die Eier bei wachsendem Mond 548 ); zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche 65°) gibt es Hähne, aus den bei Neumond 551 ) gesetzten Eiern kommen blinde Gänse, Eier an St. Valentin gesetzt, faulen 552), wenn man die Eier am Freitag setzt, frißt der Hühnervogel die Küchlein 553 ). Man lege die Eier unter, „gerade wenn die Schweine einkommen" 554 ), „unter Glockenklang" 555 ), „während die Leute aus der Kirche kommen" 55e ). In der Schweiz 567) führt die Frau die Eier durch den Hemdenschlitz hindurch und unten wieder heraus; in der Oberpfalz wickelt man die Eier in ein Stück einer Mannshose, damit es Hähne gibt 858). Die Zahl darf in Tirol 55>) nur ungerade sein (auch Glauben der Römer) 5eo), spitze 5 e l ) Eier geben Hähne, auch dieser Glaube ist antik 5 6 2 ). Aristoteles 563) verlegt das männliche Prinzip in die Spitze des Eies. Beim Setzen der Eier muß man einen B S c h t o l d - S t S u b l i . Aberglaube II.
Ei
642 Sack 564) über den Kopf ziehen, oder eine Pelzmütze aufsetzen 5 6 S ). Eine Schwangere darf keine Eier unterlegen 5ββ). Wenn man der Henne ein Ei wegnimmt und kocht, verderben alle Eier 5 6 7 ). Die Schale eines ausgebrüteten Eis hat besondere K r a f t 568). Ms ) Hauptstelle: C o l u m e l l a 8 , 5 ; Pauly-Wissowa 1, 49 ff. 71 ff.; 7, 1, 908; über italienisch-mittelalterlichen Aberglauben beim Setzen der Hühner: Aldrovandi 1. c. 105 ff. "«) S g b i l l o t 3, 227—231. " ' ) E b e r h a r d t Landwirtschaft 21. "») H e c k s c h e r 139. 397; F r a z e r 5 , 2 , 3 2 6 ; S a r t ο r i S. u. B. 3, 33 f.; in der Oberpfalz Stroh aus dem Ehebett: S c h ö n w e r t h I . e . 1, 347, 4; vgl. B i r l i n g e r Schwaben 1, 435; C o l u m e l l a 8, 5 (mundissimis paleis constrata eubilia). " ' ) W r e d e Rhein, Vh. 130; über den Zauberkreis: A e 1 i a η περί ζώων 2, 3°; S c h ö n w e r t h I . e . 1, 352—353. sl °) S c h ö n w e r t h 1. c. i , 352, 9; A η d r e e 1. c. 405; S f e b i l l o t 3, 229; S c h e f t e l o w i t z Huhnopfer 20 ff.; nach C o l u m e l l a (8, 5, 12:) legt man Knoblauchknollen und eiserne Nägel ins Brutstroh; vgl. V a r r o Rer. Rust. 3, 9, 8: a c u s substernendum; Plinius 10, 152; A r i s t o t e l e s Hist. Animalium 6, 9; Z f V k . 1893, 39; für die Ruthenen vgl. Beil. z. allg. Literaturzeitung 1903 Nr. 202, 461; S t e m p l i n g e r Sympathie 13; H e c k s c h e r 369—370; F o g e l I.e. 180,864; 1 8 1 , 8 7 3 . "») B i r l i n g e r Schwaben 1, 410; P a n z e r 1. c. 2, 535. «**) Z f ö V k . 1902, 173. H J ) Z f V k . 1915, 239; J a h n I . e . 6 «) K e h r e i η 304. "«) S A V k 24, 64 Nassau 2, 258, 106; M e i e r Schwaben 388, 45; S t r a c k e r j a n 2, 70. 385. 156; F o g e l 1. c. i 8 r , 870. M ·) P r ä t o r i u s Blocksberg 550; dazu: G r i m m Mythoi. 3, 468, 912; Α η d r e e 1. c. 340; B i r l i n g e r Schwaben 1, 434 f.; W o l f Beitr. 1, 228; Z r w V k . 8, 147; 18, 36; K e h r e i η 1. c. 258, 108; Bavaria 2 a, 304; W i t z s c h e l 2, 194, 7; Cuttie Waldeck 398, 133; Brevinus N o r i c u s 195 (Gründonnerstagseier taugen nichts zum Brüten, weil sie wegkommen); Gründonnerstagseier geben Hähne: R o c h h o l z Glaube 2, 49. ®47) M e y e r I.e. 4x1; W. 674; S A V k . 7, 12. "*) B a u m g a r t e n Jahr 29: S a r t o r i I.e. 3, 241; L e o p r e c h t i n g 1. c. 191. "") L e o p r e c h t i n g 1. c 150; dasselbe bei V a r r o I.e. 3 , 9 , 16; vgl. C o l e r 500 und 509. M a e n n l i n g 192; über die Beeinflussung des Geschlechtes: B a c h o f e n Gräbersymb. 4; B o h n e n b e r g e r 16; H ö h n Tod Nr. 7, 323; J o h n Erzgeb. 234; K n o o p Hinterp. 173, 166; M e y e r I.e. 410. 412; P a u l y - W i s s o w a 7, 1, 908. »") I I . L . F i s c h e τ Abergl. 91. «•«) G r i m m I.e. 3, 468, 917 (Bayern). " 3 ) D e r s . I.e. 3, 462, 800; S c h ö n b a c h Berth, v. R. 151; A n h o r n Magiologia 134; in Schwaben aber
21
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Eibe
muß man die Henne am Freitag um 11 Uhr setzen: Β i r 1 i η g e r Volksth. 1, 473 Nr. 699, 3. " · ) G r i m m 1. c. 3, 461, 762. BlpommV k . 3, 90. " · ) G r i m m I.e. 3, 435, 18; F i s c h e r I. c. 197; B i r l i n g e r Schwaben 1, 400. "') Μ e s si k o m m e r 1, 183. "») S c h ö η w e r t h I . e . '**) Ζ i η g e r 1 e M0 Tirol 83, 694. ) Pauly-Wissowa 1, "1) Z i n g e r l e I.e. 83, 695; vgl. 49_5o. Des Vortrefflichen Engelländers Ihomae Brown.... Pseudodoxia epidemica . . in 7 Büchern (1680) 704. "») C o l u m e l l a 8, 5 , 1 1 . M3 ) A r i s t o t e l e s περί ζώων γεν. 3, 27. 5M ) ZfdMythol. 3, 315, 66; vgl. Drechsler 1. c. 2, 90; E b e r h a r d t 20; G r o h m a n n 139, Ϊ021; M e y e r 1. c. 412; S Ä b i l l o t 3, 230; S a r t o r i 1. c. 2, 131; W . 673; ZrwVk. 1909, 196; Z f V k . 1893, 38; F o g e l 1. c. 182, 879; 183, 880; 184, 890 ( = Alemannia 20, 284); 1 8 5 , 8 9 1 ; 186,899 und 900; Bavaria 2 a, 304. 6ω) F i s c h e r I . e . 197; bei den Slaven darf man nicht pfeifen und tanzen: Anthropophyteia 10, 99. 6M) H o f f m a n n - K r a y e r 23. 5") M a e n n l i n g 243; vgl. G r i m m I . e . 3, 414 ff. "») S t r a c k e r j a n 2, 155. 385·
25. A l l e r l e i G e b r ä u c h e u n d A b e r g l a u b e n : Dem Fremden, der zum erstenmal ins Haus kommt, gibt man ein Schwätzei 6 6 9 ) (vgl. § 21), ebenso einem seltenen Besuch S7°); wenn er keinen guten Eindruck macht, wirft man ihm die Eierschalen 571 ) nach (apotropäisch). Eier soll man nur daheim 572) und nicht ohne Salz 5 7 3 ) essen. Man muß sie mit Brot essen, sonst bekommt man das kalte Fieber 5 ' 4 ). Eier und Äpfel darf man nicht auf die Reise mitnehmen 5 ' 5 ). Wer Eier ißt, muß sieben Torheiten begehen 5 7 e ). Wer ein Ei stiehlt 577), hört mit dem Stehlen nicht auf. Wenn man bei Tisch von Vögeln redet, die man kennt, saugt der K u c k u c k die Eier aus 578 ). Ein rotes Ei 578 ) zieht den Schwefel aus dem Wein. Auf ein faules Ei treten bedeutet Glück«»), ebenso Eier fallen w l ) lassen und finden M 2 ); dagegen auguriert man in Schlesien auf Unglück, wenn einem Mädchen ein Ei aus der Schürze fällt 583). Von Eiern t r ä u m e n , bedeutet schon im Mittelalter Unglück 684 ): dar zuo müeze im von eijern sin getroumet (Reimar von Zweter). Dieser Glaube ist allgemein in Deutschland in England orakelt man auf Gefahr 586 ); im Traumbuch Artemidori bedeutet das Träumen von Eiern für Ärzte Glück, Träumen von wenig Eiern
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Gewinn, von vielen Angst und Not ®87). Sehr oft deutet man diesen Traum auf Tod 588), Verdruß»8») und Streit 5 " 0 ), in Schlesien auf Krankheit, Feuer, Freundestod 5M ). "») S a r t o r i S. u. B. 2, 177; H ü s e r 3, 4. t7°) B i r l i n g e r Volksth. 1, 497 Nr. 16; S a r t ο r i Westf. 130; H ö h n Geburt Nr. 4, 277. ">) S a r t o r i Westf. 1. c. »") S c h ö n w e r t h I . e . 3, 281. »") W . 459. s ' 4 ) M e n s i n g 1. c. 529. 1024. 5">) Z f ö V k . 1897, 2 °> 96. 67e) D r e c h s l e r 1. c. 2,192, 225; A g r i p p a v. N e t t e s h e i m 4, 189; im Ei sind sieben Sünden: S A V k . 24, 66. s " ) S c h ö n w e r t h I . e . 3, 281 f . ; Urquell 4 (1893), " 8 , 7 1 ; S A V k . 12 (1908), 153, 481; 24, 66. s " ) P e t e r Österreichisch-Schlesien 3 , 2 1 2 ; ZfVölkerpsychol. 18, 263. Z e d i e r Universallex. 8, 2416. «") SchweizXd. x, 14. ffll) Ebd. 3, 74, 18. K2) B i r l i n g e r Schwaben 1, 397; Z f V k . 1903, 99; dagegen S c h ö n w e r t h 1. c. 3, 281 f. MS) Κ ü h η a u Sagen 3, 365, 1747 A. 1. 581) 221, 12 = 520 Roethe, der 624 noch Lit. aniührt; G r i m m Mythol. 3, 332; HessBl. 15, 130 Nr. 16. Dagegen K o p p Palaeographia critica 4,291. Ms ) Z i n g e r l e 1. c. 34, 261; E n g e l i e n u. L a h n 285. 288; Höhn Tod Nr. 7, 3 1 1 ; Schönwerth I . e . 3, 271; A n d r e e I.e. 404; Z f V k . 1908, 312; S A V k . 5, 30; ZfdMyth. 1, 203; R o t h e n b a c h Bern 45 Nr. 424. Me ) B e r g e n Current superstitions 72, 510—512. "") Traumbuch Artemidori des Griechischen Philosophi sampt einer Erinnerung Philippi Melanc h t h o n i s (Straßb. 1624), 279. Me) Urquell N. F . 1 (1897), 15; ZrwVk. 1908,241; SchweizVk. 4,42. «·) Schweizld. 1, 15. ω ο ) D r e c h s l e r I.e. 2, 202; W o l f Beitr. 1, 239; W . 325; S A V k . 7, 135; Z f V k . 1910, 384; F o g e l 1. e. 75, 256 = Alemannia 1 9 , 1 6 6 ; Z f ö V k . 1902, 223; Z r w V k . 1915, 58; K e h r e i n Nassau 2, 255, 59; W i t z s c h e l 1. c. 2, 285, 106; C u r t z e Waldeck 386, 89. M1 ) Κ ü h η a u Sagen 1. c. Eckstein.
Eibe (Taxus baccata). 1. B o t a n i s c h e s . Ein in Deutschland im Aussterben begriffener Nadelbaum, der sich von der ziemlich ähnlichen Tanne (Abies pectinata) dadurch unterscheidet, daß die Nadeln eine einfache (nicht geteilte) Spitze haben und auf der Unterseite grün (nicht weißlich) sind. Das Hauptmerkmal sind die roten, beerenartigen Früchte. Hin und wieder kommt die E. eingesprengt in Wäldern vor, größere Bestände sind jedoch sehr selten. Häufig wird die E. in Anlagen, in Parken und auf Friedhöfen angepflanzt x ). 1)
Marzeil
Kräuterbuch
82 f.
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2. Die Ε. wurde anscheinend besonders bei den alten Kelten hoch verehrt. Sie soll auch der „ T o t e m b a u m " der Eburonen (germanischer Volksstamm an der Maas) gewesen sein 2 ). Jedenfalls spielte sie im Totenkult eine bedeutende Rolle, sie ist im ehemaligen Keltengebiet (besonders auf den britischen Inseln) ein sehr häufiger Friedhofsbaum. Das dunkle, düstere und immergrüne Nadelkleid (und vielleicht auch die Giftigkeit) lassen die E. als Baum der Toten erscheinen 3). Andrerseits galt aber auch die E. schon früh als d ä m o n e n v e r s c h e u c h e n d . Ein Stückchen E.nholz auf dem nackten Körper getragen, half gegen Behexung 4 ). Die Zwerge in den „Kammerlöchern" bei Angelrode (Thüringen) wurden dadurch vertrieben, daß man E.nzweige vor die Eingänge ihrer Höhlen legte. Noch Ende des vorigen Jahrhunderts wanderte dort die Bevölkerung am Trinitatissonntag nach dem „weißen Stein" und zu den Kammerlöchern, brach E.nzweige und steckte diese kreuzweise in Keller, Küchen, Stuben und Ställe, damit Zwergen und Hexen der Eintritt verwehrt würde. Der Brauch blieb, nachdem der sich daran knüpfende Aberglaube verschwunden w a r s ) . Im Spessart galt der Spruch: Vor den E.n Kann kein Zauber bleiben '),
ein Glaube, der auch in Immermanns „Münchhausen" ') in dem Waldmärchen „Wunder im Spessart" literarisch verwendet wurde. Auch in anderen Ländern gilt die E. als zauberwehrend, so bei den Wenden 8 ), in Bosnien *). In Spanien sollen die E.nzweige vor dem B l i t z schützen 1 0 ). Übrigens ist die E. nicht selten ein Bestandteil des zauberabwehrenden „ P a l m s " (s. d.). *) M a c C u l l o c h Ret. of anc. Celts 1911, 201 ff. ") H o o p s Reallex. 1, 519; M e y e r Germ. Myth. 258. 4) W o l f f Scrutin. amulet, med. 1690, 138. ') B e c h s t e i n Thüringen · 295; W i t z s c h e l Thüringen 1, 170; 2, 209; ZfVk. 12, 194. ·) H e r r l e i n Sag. d. Spessarts 1851, 135; Bavaria 4, 196. ') Hrsg. v. Vesper 1913, 490. ') S e l i g m a n n Blick 2, 60. ·) Wissensch. Mitt. aus Bosnien u. d. Herzegowina 4,443; 7, 350; ZföVk. 6,169. 10 ) Β u r η e Hb. of Folkl. 1914, 32.
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3. In der S y m p a t h i e m e d i z i n wurde gegen T o l l w u t ein Butterbrot, in das magische Zeichen geritzt wurden, und das mit geschabtem E.nholz bestreut war, eingegeben (Ostpreußen) u ). — Die Rolle der E. in der Volkskunde wurde schon öfters behandelt 1 2 ). 11 ) Deutsche Wissensch. Ztschr. f. Polen 1923, 81; vgl. auch G o t t s c h e d Flora prussica 1703, 266. 1J) Naturwissensch. Wochenschrift 1899, 257; K o r s c h e i t Über die E. und E.nstandorte. Zittau 1897; L e m k e Die E. in der Volkskunde in ZfVk. 12, 25—38. 187—189; M a r z e i l Die E. in Mitt. der Deutsch. Dendrol. Gesellsch. 40 (1928), 105 bis 110; N e u m a n η Aus Leben, Sage und Geschichte der E. Abhandl. z. Jahresber. des Bautzener Gymnasiums. Bautzen 1908.
Maxzell.
Eiche (Quercus robur). 1. Botanisches. — 2. E.nverehrung. Heilige E.n. ·— 3. E. als Gewitterbaum. E. im Feuerkult. — 4. E. als böser, unheimlicher Baum. — 5. E. als Apotropaeum. — 6. Volksmedizinisches (Übertragen von Krankheiten. Durchkriechen). — 7. E. u. Eichel im landwirtschaftlichen Aberglauben. — 8. Verschiedenes. — 9. Literatur.
1. B o t a n i s c h e s . In Deutschland kommen zwei E.narten vor, die aber wegen ihrer großen Ähnlichkeit vom Volk meist nicht näher unterschieden werden: die Stiel-Ε. (Sommer-E.; Quercus robur) mit ganz kurzgestielten Blättern, jedoch auf langen Stielen sitzenden Früchten, und die Stein-Ε. (Trauben-, Winter-E.; Q. sessiliflora) mit langgestielten Blättern und sitzenden Früchten. Die letztgenannte Art reicht nicht so weit nach Norden (etwa bis zum 6o° n. Br.) wie die Stiel-Ε. *). In Deutschland war die E. zur Römerzeit und im frühen Mittelalter sehr verbreitet; es handelte sich aber nicht um reine E.nbestände, sondern um Mischwälder, in denen die E. vorherrschte 2 ). J) M a r z e i l Kräuterbuch 91 f. ') H o o p s Reallex. 1, 520 ff.
2. Die E. gehörte im germanischen Altertum (und auch bei anderen indogermanischen Völkern) zu den am meisten verehrten Bäumen 3 ). Der Grund dafür dürfte, abgesehen von der mächtigen Baumgestalt, auch der gewesen sein, daß sie in der Urzeit ein menschlicher Nahrungsbaum war 4). Η ö £ 1 e r *) hält es 21*
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für wahrscheinlich, daß die E. ein vegetabilisches T o t e m der Kelten war. Einen Nachklang dieser Ε. η Verehrung dürfen wir in den zahlreichen Sagen von heiligen E.n sehen, wie sie in allen Gegenden Deutschlands nachzuweisen sind e ). So stand früher in der Bauernschaft Hellern bei Osnabrück auf einer Wiese eine E., von deren Ästen oder Blättern weder das geringste aufgelesen, noch gar auf dem Herde verbrannt werden durfte 7 ). Bei der Christianisierung wurde die heidnische Verehrung mancher dieser E.n auf christliche Heilige, besonders auf die hl. Maria, übertragen. „Marien-E.n", von denen die Sage erzählt, daß ein Hirte, ein Bauer usw. einst das Bild der Gottesmutter im Stamme gefunden, daß dann neben oder über die E. eine Kapelle gebaut worden und so ein Wallfahrtsort entstanden sei, erscheinen im ganzen deutschen Sprachgebiet 8 ). ®) G r i m m Myth. 2, 5 4 1 ; U s e n e r Sintflut 247; M a c C u l l o c h Ret. of anc. Celts 1 9 1 1 , 198 f. 4) Β ο 1 1 e Die E.nfrucht als menschliches Nahrungsmittel in Z f V k . 1, 138 f f . ; B r o c k m a n n - Jerosch Die ältesten Nutz- und Kulturpflanzen in Vierteljahrsschr. der naturforsch. Ges. zu Zürich 62 (1917), 86 f f . 6)
Kelten 14. •) G r i m m Myth. 1, 59. Sartori Westfalen 67; vgl. K u h n Westfalen 1, 60. ·) Ζ. B . W o l f Beiträge 1, 200; G r e d t Luxemburg 271 f f . ; Η ö f 1 e r Waldkult 102; Germania 16 (1871), 4 7 ; Meier Schwaben 323; B a v a r i a 2, 795; Stöber Elsaß 1, 39; 2, 25. 168; W a g l e r E. 2, 4 9 — 5 6 ; a u c h in Frankreich kennt man solche Sagen v o n ,,ch6nes de N o t r e - D a m e " : R o l l a n d Flore pop. 10, 137, ebenso in Italien: F L . 12, 455. 7)
3. Besonders wurde die E. beij den europäischen Indogermanen mit dem G e w i t t e r g o t t in Verbindung gebracht. Bei den Germanen war sie der B a u m des Donar 8 ). Der Grund dafür ist wohl darin zu suchen, daß die E. unter den einheimischen Bäumen ganz besonders häufig vom Blitz getroffen wird, was auch naturwissenschaftliche Untersuchungen bestätigt haben 10). Die Ideenverbindung E.-Blitz-Feuer äußert sich auch vielfach im Aberglauben. Bei einem Gewitter darf man nicht unter E.n unterstehen, da trifft einen das Wetter, weil sich Judas an einer E. aufgehängt hat u ) . Man scheut sich, E.nzweige zu Bändern,
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Garben und Strohdächern zu verwenden, weil sie den Blitz anziehen würden l a ). Dagegen schlägt der Blitz nie in einen „männlichen" (d. h. keine Früchte tragenden) E.baum 13 ). Nach dem Glauben der alten Preußen gab es gewisse E.n, deren Holz besonders leicht (beim Reiben) Feuer fangen sollte " ) . Zu Weihnachten verbrannte man im Rheinland und in Westfalen einen E.nklotz, dessen Holzres'te vor Donner schützten und dessen Asche die Felder fruchtbar machte 1 5 ). Der „Christblock", der bei romanischen Völkern und besonders bei den Südslawen (serb. „ b a d n j a k " genannt) an Weihnachten angezündet wird und dessen Reste besondere Heilkraft haben sollen, ist ein E.nblock ιβ ). E.nholz wurde zur Entzündung des „Notfeuers" (s. d.) b e n u t z t " ) . Das Holz, das am Karsamstag im Osterfeuer angezündet wird (der „Judas") und Schutz gegen Zauberei und Krankheit bieten soll, wird meist von der E. genommen M ). E.nholz bzw. -rinde, die vom Blitz getroffen sind, haben zauberische Eigenschaften. Ein Pferd kann man hinkend machen, wenn man einen Splitter einer vom Blitz getroffenen E. in den Pferdetritt (Hufspur) steckt 1 β ). Die Rinde einer vom Blitz getroffenen E. im Garten aufgehängt, macht, daß kein Bienenschwarm über den Zaun fliegt (Schleswig) 2°). Die Schweine schützt man vor Finnen, wenn man ihr Futter mit einem angekohlten Stück E.nholz umrührt 2 1 ). Schließlich gehört auch die Rolle der E. im F r u c h t b a r k e i t s a b e r . g l a u b e n (Donar als Fruchtbarkeitsgott! Beziehung zwischen Gewitter und Fruchtbarkeit!) hieher, wobei auch ihre einstige Bedeutung als „nährender" Baum (vgl. oben) mitgewirkt haben mag. In einem Walde bei Dahle (Westfalen) stand ehedem eine große E., zu der die Brautpaare hinauszogen, sie dreimal umtanzten und ein Kreuz hineinschnitten 22). In Holstein (beim Forsthaus Dodau) ist eine ,,Bräutigams-E.". Wenn ein Mädchen dreimal herumläuft, so bekommt es einen Mann. Hier scheint aber der Glaube erst in neuester Zeit entstanden zu sein, weil die Tochter eines Försters sich unter dem Baum trauen
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ließ 2S ). Über ein E.nscheit läßt man die K u h zum Farren schreiten, damit sie ein Kuhkalb bekommt 2 4 ). ·) G r i m m Myth. 1, 141 f. 153; M a n n h a r d t Germ. Myth. 138; Ztschr. f. vergl. Sprf. 15 (1865), 100 f f . ; F r a ζ e r 2, 347 f f . ; B a l d e r 2 (1913), 89. 298; F o w l e r The oak and the thundergod in A R w . 16, 3 1 7 — 3 2 0 und F L . 23, 480 f . ; Η . Μ. C h a d w i k The oak and the Thunder-god in Journ. of the A n t h r o p . Inst, of Great Brit. 30 (1900), 2 2 — 4 4 ; L . v . Schröder Arische Relig. 2 (1916), 614. 10) Stahl Blitzgefährdung der verschiedenen Baumarten 1912, 59 f. n ) F i s c h e r Schwab. Wb. 2, 556. 12 ) S c h w e i z l d . i , 72. 1S ) W o l f Beiträge 1, 237. 14 ) P r a e t o r i u s Deliciae •pruss. 19. 15 ) M e y e r Germ. Myth. 85. 1β ) Μ a η η h a r d t 1, 225; Y e r m o l o f f Volkskalender 522 f . ; S c h n e e w e i s Weihnachten 188. " ) K u h n Herabkunft d. Feuers 1886, 44. 1β) M e y e r Baden 98; Wilde Pfalz 47; M a r z e i l Bayer. Volksbot. 26. u) S t e r z i n g e r Aberglaube 178; Mont a n u s Volksfeste 160. Urquell 6, 21. " ) W i r t h Beiträge 6 — 7 , 19. " ) K u h n Westfalen 2, 44. " ) L a n f i e r Niederd. Volkskunde 89. M ) B o h n e n b e r g e r 22; E b e r h a r d t Landwirtschaft 16.
4. Als Baum, der in der heidnischen Zeit große Verehrung genoß, kam die E. in den Ruf eines b ö s e n , teuflischen oder wenigstens u n h e i m l i c h e n B a u m e s . Weit verbreitet ist die Sage, daß die Blätter der E. deswegen gebuchtet sind, weil der Teufel, als er sich in seiner Hoffnung (ζ. B. die Seele des Menschen zu erhalten) getäuscht sah, ergrifnmt mit seinen Krallen durch die Blätter der E. fuhr, eine Sage, die auch Hans Sachs 2 B ) in seinem Schwank „ D e r Teufel und die Geiß" verwertet hat 2β). Sagen von Teufels- oder Hexene n, in deren Umgebung es nicht geheuer ist, sind nicht selten 27). Die Hexen lesen E.nlaub in ein Mannshemd und hängen es angefüllt mit den Blättern an einen B a u m : sofort erhebt sich der Wind, der allen Regen vertreibt ; auch sollen die Hexen E.nlaub in Töpfen zum Sieden bringen, um Sturm und Hagel zu erzeugen 29). Im Hexenprozeß wird eine Hexe beschuldigt, eine Frau gelehrt zu haben, sie solle ein Reis von einer E. brechen und eine K u h damit bestreichen, dann sterbe das Tier 30). *•) W e r k e hrsg. ν . Α . ν . Κ e 11 e r u. G o e t z e 5, 143 ff. " ) Z . B . Z i n g e r l e Tirol 1857, 6 1 ; A l p e n b u r g .Tirol 3 9 1 ; Z f V k . 9, 376;
650
D ä h n h a r d t Naturgesch. Volksmärchen 1898, 4 1 ; Urquell 6, 72. " ) Z . B . G r ä s s e Preußen r, 422; 2, 295; P a n z e r Beitrag 2. 202; K ü h η a u Sagen 2, 203. 572. a ) G r i m m Myth. 910. 2a) E b d . 897. 30) Z f d M y t h . 2, 71.
5. Die E. (besonders ihre Blätter) gilt aber auch als z a u b e r w i d r i g . Sie vertreibt elbische Tiere. Die Schlangen flüchten, wenn man E.nblätter auf sie wirft 31 ). Wenn eine K u h ihr erstes K a l b trägt, gibt die Bäuerin E.nlaub in den Milchsechter, dann kann niemand der K u h die Milch nehmen 32). Ist die Milch einer K u h blutig, so muß man diese durch einen „ E . n d o p p " (d. h. ein Stück E.nholz, in dem eine natürliche Öffnung ist) melken 33). Dem Vieh wird Salz in einer Portion zerschnittenen E.nlaubs gereicht gegen Krankheit und Unfall 34). Kühe, die zum erstenmal auf die Weide getrieben werden, bekommen drei E.nblätter (Mittelfranken); auch altes vorjähriges E.nlaub, am Karfreitag vor Sonnenaufgang gesammelt, dem Vieh zum Fressen gegeben, schützt vor Krankheit (Oberbayern) 35 ). Ein am Karfreitag vor Sonnenaufgang in die Stube und die Ställe gelegtes Stück E.nholz schützt das ganze Jahr vor der Zauberei des Teufels (Tirol) se ). Um die Hühner vor dem Fuchs zu schützen, schlägt man drei E.npfähle in den Garten; soweit der Schall der Schläge dringt, ist der Fuchs gebannt (Mittelfranken) 37 ). Eine „kunst alle Zauberei und malefitz" aus dem Menschen zu treiben empfiehlt, frisches E.nlaub (mit anderen Mitteln) als Pflaster überzulegen (Schwyz, 17. Jh.) M ). In Schlesien (Kr. Neisse) werden in der Johannisnacht kleine Zweige von E.n an Fenster und Türen gesteckt, um die Hexen abzuhalten, auch Kränze von E.nlaub (mit eingeflochtenen Blumen), die im eigenen Haus verfertigt sind und über keine Schwelle getragen werden dürfen (vgl. neunerlei Blumen), werden vor das Fenster gehängt 3e ). Bierhefe wird, ehe man sie in die Maische bringt, mit einem belaubten E.nzweig gestrichen *"). Das erinnert daran, daß die ebenfalls mit dem Blitz in Verbindung gebrachte „Donnernessel" (s. Brennessel) zum Bier gelegt
Eiche
651
wird. Auch in Frankreich 4 1 ) und bei den Litauern 42) gilt die E. als zauberwehrend. a i ) M i z a l d u s Hortorum Secret a 1574, 16, o f f e n b a r nach einer antiken Quelle, vgl. P l u t a r c h Quaest. convtv. 2, 7. 3 i ) A u s einem C o d e x des 1 4 . — 1 5 . Jhs. der B i b l . St. F l o r i a n : G r i m m Myth. 3, 416. »») K u h n Mark. Sagen 379. a4) M e y e r Baden 137. M ) Μ a r a z e l l Bayer. Volksbot. 24. 204. ·) Z f V k . 9, 376; v g l . a u c h B a u m g a r t e n Aus der Heimat 1862, 130. 155. " ) M a r z e i l Bayer. Volksbot. 195. ») S A V k . 15, 181. »») K ü h n a u Sagen 3, 39; MschlesVk. 13, 86. «·) S t r a k k e r j a n Oldenburg 1, 126. " ) S 6 b i l l o t Folk-Lore 3, 388. 390. 4 1 ) B e z z e n b e r g e r Litauische Forsch. 76.
6. In der Volksmedizin 43) gehört die E. zu den Bäumen, die sich besonders zum Ü b e r t r a g e n von Krankheiten eignen, Vor allem handelt es sich hier um die „ G i c h t " , wo der Segenspruch ζ. B. lautet: E i c h b a u m i c h klage dir, D i e Gicht, die plaget m i r ; I c h wünsche, d a ß sie mir v e r g e h t U n d in dir besteht.
Im Namen usw. **). Auf ähnliche Weise wird das Fieber und das Zahnweh { „ S t . Petrus stand unter einem E.nbusch" usw.) 4 ·) vertrieben. Wer an Mundfäule leidet, stelle sich zwischen zwei oder drei E.n, nehme einen Zweig davon, fahre damit dreimal an den geschlossenen Zähnen hin und her und sage dabei: M u n d f a u l geh hin und wieder, G e h aus allen meinen Gliedern U n d k i m m (komme) nie wieder.
Im Namen Gottes usw. 47 ). Das Kopfweh wird besprochen: E i c h b a u m , i c h hör dich rauschen, G(e)schoß und Nachtg(e) schirr t u t mir tauschen (Be)halt's bis z u m jüngsten T a g , B i s ich's wieder haben m a g " ) .
Zum Durchkriechen bzw. Durchziehen (s. d.), um Krankheiten (vor allem Brüche) loszuwerden, eignet sich ebenfalls besonders die E. Gewisse E.n genießen in dieser Hinsicht eine besondere Berühmtheit, ζ. B. eine Wundereiche in Schleswig M ), die , , K r u p - E . " bei Volkshagen 6 1 ). Mit Vorliebe werden ferner Krankheiten in die E. v e r b o h r t , indem Finger- oder Zehennägel, abgeschnittene Haare usw. in den Stamm ge-
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steckt und dann zugepflockt werden. Die K u r wird angewendet bei Gicht M ), Zahnschmerzen BS), Brüchen B4), Gliederschwund 56), englischer KrankheitM), Kröpf S7), Stickfluß M ). Auch Kleidungsstücke des Kranken werden an die E. gebunden, um die Krankheit auf den Baum zu übertragen se ). Wenn der erste ausgefallene Zahn eines Kindes unter einer E. vergraben wird, so erleichtert das den Durchbruch der übrigen Zähne e o ). E.nholz am Johannistag vor Sonnenaufgang stillschweigend auf den Leib gestrichen, heilt alle offenen S c h ä d e n w ) . E.nlaub in kleinen Säckchen um den Leib gehangen, soll für die „aufsteigende Gebärmutter" helfen β2). Damit das Vieh das „ B l u t nicht bekommt", füttert man es am Karfreitag mit vorjährigem E.nlaub, das noch an den Bäumen war M ). Das im Herbst noch auf den E.n sitzende Laub wird ausgekocht; in das heiße Wasser steckt man gefrorene Hände und Füße, wodurch der „ F r o s t herausgezogen wird" 8 4 ). Der „ S i n n " dieses Brauches ist offenbar der, daß das noch in der kalten Jahreszeit am Baum hängende Laub auch die Kälteschädigungen vertreiben muß (s. Herbstzeitlose). Geschwüre werden mit E.nlaub, das in Weihnachtswasser eingetaucht wurde, zugebunden es ). Gegen Kolik helfen E.ln, die an dem Tag, wo die Sonne in den Skorpion geht, gesammelt worden sind, ohne daß sie die Erde berührten ββ). Das Regenwasser, das in einem alten E.nstumpf stehen geblieben ist, hilft gegen Sommersprossen OT), gegen Warzen M ) und gegen Blutharnen 68 ). In letztgenanntem Fall mag eine gewisse Wirkung vorhanden sein, da dieses Wasser aus dem E.nholz Gerbstoff aufgenommen hat. Das alte Kultmittel ist zum empirischen Mittel geworden 70 ). « ) Vgl. a u c h M. Sal. Rein ach Le chine dans la midecine populaire i n : L ' A n t h r o pologie 4 (1893), 3 2 — 3 5 . **) E n g e l i e n und L a h n 2 6 7 ; Z f V k . 7, 167; vgl. a u c h B a r t s c h Mecklenburg 2, 403. 409. ") K u h n und S c h w a r t z 439; Z f V k . 7, 69. " ) Romanusbüchlein 33. " ) B a u m g a r t e n Aus d. Heimat 1862, 130. a ) H ö h n Volksheilkunde 1, 124. *') Z.B. Η u ß Aberglauben 4; P a n z e r Beitrag 2 , 2 0 1 . 3 0 1 ; W o e s t e Mark 54; B a r t s c h Mecklenburg 2, 321 f . ; W i r t h
Eiche
653
Beiträge 6—7, 27; D r e c h s l e r 2, 278; Pollinger Landshut 291; Μ a r ζ e 11 Bayer. Volksbot. 163; vgl. auch M a n n h a r d t Germ.
Myth.
135;
Sibillot
Folk-Lore
3,
Mecklenburg
1,
418; F r a z e i Balder 2, 170 f. Preußen
2, 1037; B a r t s c h
w)
Grässe
417 f. u ) Natur u. Haus 12 (1904), 69 ff. m. Abbild. ") F r o m m a n n DeFascinatione 1008; Bartsch
Mecklenburg
2, 109.
IS )
Enge-
l i e n u. L a h n 262; K u h n Mark. Sagen 384. '*) B a r t s c h Mecklenburg 2, 104; Seyfarth Sachsen 200; Rochholz Kinderlied
336. " ) H ö h n
95. ") B o h n e n b e r g e i Volksheilkunde
1, 88.
Volksheilkunde
1,
13. ") H ö h n
") F o g e l
Pennsyl-
654
heißt es ,,Αηηέβ de glands, ann6e de eher temps": R o l l a n d Flore pop. ίο, 152. " ) Ζ. B .
C ο 1e r u s
Calender
1604,
197;
S c h r e g e r Hausbüchlein 1770, 132; F i s c h e r SchwabWb. 2, 557; Schweizld. 4, 983. '·) a.a.O. 1 , 4 , 1 . ") F i s c h e r Schwöb. Wb. 2, 555; MschlesVk. 6, 14. ") F i s c h e r Schwab. Wb. 2, 557.
'*) C o l e r u s
Calender
1604, 127; S c h r e g e r Hausbüchlein 1770, 129; A n d r e e Braunschweig 410; W i l d e Pfalz 48; ebenso in Frankreich: R o l l a n d Flore pop. 10, 152. *°) Alemannia 25, 103. ·*) F i s c h e r Schwäb.Wb. 2, 557.
8. V e r s c h i e d e n e s . Schließlich erscheint die E. bzw. ihre Frucht noch in verschiedenen Ζ a u b e r Vorschriften. Um ««) Η ö f 1 e r Waldkult 104. " ) L δ b e Altenburg 445 = Veckenstedts Zs. 2, 359 (hier falsch eine Flinte zu verderben, daß man zwei wiedergegeben). ·*) K n o o p Hinterpommern Jahre nichts damit trifft, wird der aus 176. ·') M e y e r Baden 529. ·*) B a r t s c h Mecklenburg 2, 112. ") ebd. 2, 362. «) Zfrw- der Flinte geschossene Pfropf in eine E. verbohrt und mit einem Hagedornpfropf V k . 1913, 191 = W r e d e Eifler Volkskunde * 97. ·») H ö f l e r Waldkult 105. '·) ebd. zugepflöckt 8 2 ). Um den unbekannten Mörder zu erfahren, macht man ein Feuer 7. E. u n d E i c h e l im landaus trockenem E.nholz, gibt darein etwas wirtschaftlichen Aberglauvon dem Blute des Ermordeten und wechb e n . Wenn die E.nblüte wohl gerät, soll selt dann dessen Schuhe. Der Mörder ist ein gutes Schmalzjahr werden 71 ). Wenn dann mit Wahn und Blindheit geschlagen, die E. viele Früchte trägt, verkündet das glaubt bis an die Knie im Wasser zu eine gute Ernte 7 2 ), ein Glaube, der sich reiten und kommt wieder zur Leiche M ). bereits in der Antike nachweisen läßt: Ebenso wird der unbekannte Verbrecher Wenn die πρίνος ( = Stein-Ε., Quercus entdeckt, wenn man eine A x t in eine ilex) viel Früchte trägt, so bedeutet das E. schlägt und dazu spricht: „ T a g und einen Reichtum der Feldfrüchte 7S ). AnNacht geschehet, beindöfet, donnia (Duodrerseits bedeuten aber auch viele Einia), unitar." Darauf nennt man den cheln gerade das Gegenteil, nämlich eine Namen des Verdächtigen. Ist er es wirk74 karge Ernte· ). Viele Eicheln belich, dann zittert der Stiel der Axt 8 4 ). Die deuten auch einen strengen oder langen Mannheit kann man einem rauben, wenn Winter und viel Schnee 7 8 ). Auch dieser man einen E.nzweig, der gegen Mittag hin Glaube ist schon in der Geoponica 7 e ) in die Höhe wächst, mit einem Messer aufgezeichnet. Ein strenger Winter steht gegen die Sonne zu spitzig zuschneidet bevor, wenn die E.n ihr Laub lang beund den Zweig dann mit dreimaligem halten " ) oder die Eicheln tief in ihren Fußtritt in die Erde tritt, wo jemand sein Fruchtbechern stecken w ). Wenn es an Wasser gelassen hat. Sobald der E.nJakobi (25. Juli) regnet, so verderben die zweig in der Erde steckt, ist die Mannheit Eicheln (werden wurmstichig, fallen ab)78) genommen 8 5 ). Auf E.nspäne pissen, gibt 80 Das gleiche gilt vom Johannis- ) und Flöhe 8 8 ). Eine „ K u n s t , daß sich das Eustachiustag (2. November) 81 ); vgl. Weibsvolk muß nackend entdecken und Buche. das Gewand aufheben": Schreibe mit 71) Bauernpraktik v. J. 1514; Schreger Hasenblut den Namen der Frau auf E.nHausbüchlein 1770, 128; Z i n c k e Allgem. holz und leg es auf die Schwelle. Wenn sie oecon. Lexik* 2 (1744), 1836; Y e r m o l o f f darüber geht, so hebt sie das Gewand bis Volkskalender 114. **) Ζ. B . S t r a c k e r j a η r, 27; ebenso in Rußland: Y e r m o l o f f auf den Nabel auf *"). Um zu sehen, ob ein Volkskalender 383 und in Frankreich: R o l - Kind beschrien ist, wirft man stilll a n d Flore pop. 10, 152. " ) Geoponica rec. schweigend in ein mit Flußwasser geB e c k h 1895, Ii. 14. " ) G o t t s c h e d Flora prussica 1703, 214; auch in Frankreich fülltes Becken, das unter der Wiege des vania 330. ·») MschlesVk. 16, 12. M) L a Him e r t 128. «) G r i m m Myth. 3, 471.
Eichel—Eichhörnchen
655
Kindes steht, drei Eicheln; schwimmen sie oben, so ist das Kind unbeschädigt, sinken sie, so ist es beschrien Legt man das Ohr in der Christnacht um 12 Uhr an einen E.nstumpf, so hört man die Engle'n singen (Wenden) 8β). An E.n wird die Nachgeburt von Pferden aufgehängt 8 0 ). Legt man ein E.nblatt in den Hut, so läuft man sich die Füße nicht wund (Schleswig - Holstein) 8 1 ) ; vgl. Wacholder. **) Ans einem Zauberbuch: J o h n Westböhmen 324. *3) M o n t a n u s Volksfeste 159f. M ) D e r s. a . a . O . 119. 160. ,s ) D e r s . a.a.O. 160. e") S c h u l e n b u r g 267. " ) Altes handschriftliches Rezept: SAVk. 7, 52. 88) F r o m m a n n De Fascinatione 59 = S e l i g m a n n Zauberkraft 417. *·) W u t t k e e0 Sachs. Vk. 370. ) S t r a c k e r j a n 2, Γ2θ. " ) ZfVk. 23, 283.
9. L i t e r a t u r : C h a r l . M o s l e y The oak. Its natural history, antiquity and folklore. London 1910 (unbedeutend). Paul Wagler Die Eiche in alter und neuer Zeit. Eine mytholog.-kultur· gesch. Studie. 1. Teil: Programm des K . Gymnas. in Würzen. 1891, 3 — 4 1 ; 2. Teil: Berliner Studien für class. Philol. 13. Bd. 2. Heft. 1891, 128 S. (reiche Materialsammlung!). Vgl. auch
Baum
Gallapfel,
Mistel.
Marzeil.
Eichel s, E i c h e Sp. 653. Eichhörnchen Das E. ist wegen seiner meist roten Farbe und seiner Raschheit im Springen und Klettern als Personifikation des züngelnden Blitzes gedeutet worden 2) und war dem Gewittergotte heilig 3). Vermutlich war es auch Jagdtier 4) und wurde als solches auch als Opfertier verwendet 6 ). Jedenfalls spielte es eine nicht unwichtige Rolle im Kult, was aus den E.-J a g d e η am Gründonnerstage bzw. Osterfest (Pommern e ), Harz) 7) und auch am Himmelfahrtstage (Waldeck) 8 ) hervorgeht. Man jagte es entweder bis es tot niederfiel oder fing es lebendig, zeigte es beim Osterheischegang (um Eier) von Haus zu Haus und ließ es am Ostertage wieder aus 9). Ferner kommt es in einem Kölner Spruch beim Bettelgang für das Osterfeuer vor 10). Wahr-
656
scheinlich (Mannhardt nimmt es als ganz sicher a n ) u ) warf man es ins O s t e r f e u e r , dessen Kohlen man nach Hause oder auf den Acker trug gegen Krankheit („das wilde Feuer"), Blitz und Unwetter M). l ) Über deutsche Bezeichnungen s. S t r a k k e r j a n 2, 154 Nr. 382; Η ö f 1 e r Organo* therapie 73; Kluge Etymolog.Wb. 84; H o o p s Reattex. 1, 522. 2) M e y e r Germ. Myth. 82, 209; vgl. d. nord. Ratatöskr auf der Esche Yggdrasil: G r i m m Myth. 2, 664 Anm. 2. 3) M e y e r a . a . O . ; L i e b r e c h t Zur Volksk. 260; ZfrwVk. I (1904), 60; Mannhardt Götter 192; HovorkaK r o n f e l d 1 , 1 1 3 . *) Im äußersten Norden Europas gilt sein Fell heute noch als Geld oder Tauschmittel: S c h r ä d e r Reallex. 164 f. 5) Η δ i 1 e r Organotherapie 73. ·) S a t t o r i 3, 140 = K u h n und S c h w a r t z 374 f. Nr. 27; W o l f Beitr. 1, 78; M e y e r Germ. Myth. 104; L i e b r e c h t Zur Volksk. 260 = K u h n und S c h w a r t z 511 Anm. zu Nr.26. 27; J a h n Opfergebräuche 136; K ü c k und S o h n r e y 114 f. ') S a r t o r i a . a . O . = M ü l l e r Altdeutsche Religion 250; ZfdMyth. 3, 36S : S a r t o r i Westfalen 154; G r i m m Myth. 1, 512; 2, 664 2 ; 3, 176; Wuttke 70 § 80 = G r i m m Myth. 1, 5x2. ·) S a r t o r i 3, 140. 186 = C u r t ζ e Waldeck 411. ') S a r t o r i 3, i40 = ZfVk. 12 (1902), 422 f. 10) Μ a η η h a r d t r, 508; ZfrwVk. 1 (1904), 60; S a r t o r i 3, 140 = W ο 1 f Beitr. I, 74; Η ö f 1 e r Organotherapie 73 = Böhme Kinderlieder 343 und W o l f 1 , 7 4 ; M e y e r Germ. Myth. 209. n ) M a n n h a r d t 1, 508. ") M e y e r Germ. Mythol. 104 = Mannhardt Germ. Myth. 238; Liebrecht
а . a . O . ; M e y e r Germ. Myth. 198. 217 = G r i m m Myth. 1, 512; W o l f Beitr. 1, 72; B i r l i n g e r Schwaben 2, 56. 65.317; M e i e r Schwaben 382; v. H ö r m a n n der heber 45; K u h n Westfalen 2, T34; M a n n h a r d t 2, 317; ι , 508. 515. 558. 564; JbnddSprachf. б, 134; S i m r o c k 5 555; F r a z e r 11, 40; S a r t o r i 3, 140 = J a h n Opfergebräuche 123 f. In den Ardennen wurde es ebenfalls ins Osterfeuer geworfen ( F r a z e r I i , 40). — In England jagte man es am Andreastage und zu Weihnachten und warf es ins Weihnachtsfeuer ( M e y e r Germ. Myth. 104; L i e b r e c h t a. a. O.; S a r t o r i 3, 140 = W o l f Beitr. 2, 101 f. und Jahn a . a . O . 267; M a n n h a r d t Götter 202; M e y e r Germ. Myth. 104 = M a n n h a r d t Germ. Myth. 238). Vgl. ferner den Brauch bei den Wotjäken, wo die Kinder am 1. Oktober, an dem sie ihr großes Herbstfest feiern, vormittags mit Pfeil und Bogen auf die Eichhornjagd gehen ( S a r t o r i 3, 140).
2. Das E. ist Ο r a k e 1 1 i e r und zukunftkündend. Sein Angang gilt für
657
Eichhörnchen
entschieden günstig und glückbringend (Baden13), rheinisch-westf. Gebiet14), 16 18 17 Schweiz ), P o s e n ) , B a y e r n ) ) . L ä u f t ein E . über ein Dach, so bricht Feuer aus M ) . S a m m e l t es f ü r den Winter viel Tannenzapfen, so wird der Winter kalt sein l e ) (muß nicht Aberglaube sein). " ) M e y e r Baden 5 1 5 . " ) ZfrwVk. 1 1 (1914h 259. " ) SchwVk. io, 35. " ) Rogasener Fambl. 8, Nr. 4, S. 16. «) Η ö f 1 e r Organotherapie 73. Nach magyar. Volksglauben bedeutet die Begegnung mit einem E. große Freude, für einen Kranken baldige Genesung (W l i s l o c k i Volksglauben 72). 1β) M e y e r Germ. Myth. 104. Ein ähnlicher Glaube herrscht bei den Finnen (ZfdMyth. 3, 366). Hier dürfte Entlehnung anzunehmen sein. Die Magyaren glauben, daß sie aus Rache Feuer anlegen, wenn man sie wirft ( W l i s l o c k i a. a. O.). ») Urquell 4 (1893), 88.
3. A u c h in der Volksmedizin findet es Verwendung. Das Fleisch wird, gekocht und eingemacht, zu P u l v e r zerrieben oder in Wein genommen, ebenso wie die Suppe, genossen als Mittel gegen R u h r 2 0 ) (Schweiz 1685 2 1 ), S t e i e r m . 2 2 ) , Slowenen) 2 2 ), L u n g e n s u c h t 2 3 ) , in Ob.B a y . geräuchert und nüchtern genossen gegen Diphtherie 2 1 ). Seiltänzer und Alpenjäger (Gemsjäger) bewahren sich durch seinen Genuß v o r Schwindel 2 1 ), ebenso erzielt der Genuß von Eichhornbraten durch schwangere F r a u e n schwindelfreie K i n d e r 2B ). W a r m und nüchtern gegessen gilt es als gutes Mittel zur E r l a n g u n g eines scharfen Gedächtnisses 25 ). Das zu P u l v e r verbrannte E . soll das beste Heilmittel f ü r kranke Hengste, ein weibliches f ü r kranke S t u t e n sein. Hier h a f t e t ihm der Glaube an geschlechtliche F r u c h t b a r keit 2β ) an. — Der öftere Genuß des G e hirns soll nach dem Glauben v o n Dachdeckern 2 7 ), Seiltänzern 2 8 ) und G a u k lern **) (bes. in Steierm.) 29 ) vor Schwindel bewahren; zur Erleichterung des Zahnens, d. h. zur V e r h ü t u n g des Zahnfraisens, wurde es noch w a r m auf das Zahnfleisch a u t g e l e g t 2 3 ) . — Das F e t t (Schmalz), das aus dem während des B r a tens mit B ä r e n f e t t begossenen K ö r p e r wie aus dem oberen K o p f und den Eingeweiden ausgebraten wird, gibt eine gute Salbe gegen die Gicht 30 ). In die Schläfe eingerieben, verursacht es zauberischen Schlaf
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(Schwa.) 3 1 ) . — W e r etwas P u l v e r v o n dem K o t e eines ganz roten E . s (besser ist er v o n einem Weibchen) in der F r ü h in ein Getränk, Wein oder Wasser, das Ganze einen D u k a t e n schwer, mischt, der wird frei von Schwindel und kann steigen, klettern und über A b g r ü n d e gehen, ohne daß ihn dabei A n g s t und Unsicherheit erf a ß t 3 2 ) (Tirol) » ) . — W e r sich v o n R h e u matismus befreien will, muß ein w e i b l i c h e s E . mit ins B e t t nehmen, bis es „ s i c h tot l i e g t " 34 ). — H a t sich ein K i n d einen Milchzahn ausgerissen, so muß es hinter den Ofen gehen, den Z a h n hinter sich werfen und dreimal s p r e c h e n : „ E i c h k ä t z c h e n , Eichkätzchen, ich geb' dir einen beinernen, gib mir einen eisern e n " 3 S ). J ü h 1 i η g Tiere 1 3 ; HovorkaK r o n f e l d 2, 302. 303. " ) Η ö f 1 e r Organotherapie 73 f. " ) H o v o r k a - K r o n i e l d 2 , 3 0 3 . " ) J ü h l i n g a. a. O.; H ö f l e r a. a. O. 74. " ) Ebd; H o v o r k a - K r o n f e l d r, 1 1 3 ; Jägerhörnlein 133. **) J ü h l i n g a . a . O . 1 3 ; H ö f l e r Organotherapie 73. 74; A l p e η b ü r g Tirol 383; Hovorka-Kronfeld 1, 1 1 3 . *·) H o vorka-Kronfeld a. a. O.; Höfler a . a . O . " ) L a m m e r t 224; H o v o r k a K r o n f e l d 1, 1 1 3 ; 2, 197; H ü s e r Beitr. 2, 29 Nr. 32. " ) Η ö f 1 e r Organotherapie 73 f.; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 1 1 3 . " ) H ö f l e r a. a. O. so) H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 1 1 3 . " ) L a m m e r t 91; HovorkaK r o n f e l d 2, 252. " ) ZfVk. 8 (1898), 41. ") A l p e n b u r g Tirol 383. ») ZfVk. ig (1909), 440. — Das Fell des E.s wurde von Galen gegen Ohrenschmerz empfohlen, da sein sehr scharfes Gehör bei der Jagd auf Vögel ihm zustatten kommt ( H ü s e r Beiträge 2, 29). 35 ) V e r n a l e k e n Myth. 3 1 3 . — Sein zahnbesetzter Unterkiefer wurde schon in der schwedischen Bronzezeit (als Talisman gegen Zahnfraisen ?) bei Leichen gefunden (H ö f 1 e r Organotherapie 73 = M ü l l e r Altertumsk. 1, 47; Beil. z. Allg. Z. Nr. 120, 24. 5. 1906, S. 359).
4. S o n s t i g e r Aberglaube. Von abergläubischen Menschen sagt m a n in Schlesien: ,, Der denkt auch, der T e u f e l ist ein, E i c h h ö r n d e l " 3 e ) . Die E . n sollen v e r w ü n s c h t e Menschen sein und sie leiden an der f a l l e n d e n S u c h t (Schwa.) 37 ), was wie ihre rote F a r b e darauf hinweist, daß sie zu den Tieren Donars gehören Wer E. i ß t , b e k o m m t nach schwäb. Glauben das fallende W e h 39 ). — Versucht j e m a n d die
Eid
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Vorratskammer eines E.s zu zerstören, so wird diese Person U n g l ü c k haben (Posen) «). Kein Aberglaube ist, was Konrad von M e g e n b e r g 4 1 ) erzählt: „Will das E. seinen Aufenthalt des Futters wegen verlassen, so nimmt es ein leichtes Stück Holz, legt es auf das Wasser, setzt sich darauf und reckt den Schwanz wie ein Segel in die Höhe. So treibt es dann der Wind hinüber." Auch der schwäbische Volksglaube, nach dem es sich im Winter mit seinem Schwänze wärmen, im Sommer sich damit gegen die Sonne schützen soll, gehört nicht in das Gebiet des Aberglaubens 42).
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voll starker, dynamischer Wirkung, Wer sie anpackt oder anfleht, verstrickt sich mit ihnen. Er ruft ihren Segen oder ihren Fluch auf sich herab. Ihr Zauber nützt oder schadet dem Schwörenden. Sie, die Gegenstände, nicht eine dahinter stehende Gottheit, üben die eidliche Wirkung aus 2 ). Das Anfassen des Reliquienkästchens in christlicher Zeit oder das Berühren der Stele im griechischen Heiligtum, gehen wurzelhaft auf diese Vorstellungen zurück 3 ). >) V o r d e m f e l d e Religion 1 (1923), 48. ·) R u d o l f O t t o Das Heilige * (1920) · «) L a t t e Heiliges Recht (1920), 7 Anm. 7.
2. E i n g e s e t z t w i r d b e i m E. die eigene Persönlichkeit. Und da die Persönlichkeit in engster VerBeitr. 2, 421 - M e i e r Schwaben 1, 217; Η ο v o r k a - K r ο η f e 1 d 1, 113. ") H o - bindung mit dem ganzen Geschlechte vorka-Kronfeld a. a, O.; Meier steht, umfaßt der E. auch Glück und UnSchwaben a. a. O. ··) L a m m e r t 271; J ö h glück des ganzen Geschlechts. Der Glaube l i n g Tiere 13; H o v o r k a - K r o n f e l d ist: Wenn mein E. wahr ist und damit 2, 214. 40) Rogasener Fambl. 8, Nr. 4, S. 16. 4I ) M e g e n b e r g Buch der Natur 130. dem Rechte entspricht, soll der „ k r a f t «») M e i e r Schwaben 1, 217; vgl. den altgriech. geladene Gegenstand" mir Segen bringen. Namen σχίοορος ( οκία — oüpä'Schattenspender, Schattenschwanz: Η ö f 1 e r Organotherapie 73; Wenn nicht, soll er mir Fluch bereiten. In d i e s e m S i n n e i s t der ä l S c h r ä d e r Reallex. 164t. t e s t e E. e i n e E i n s e t z u n g zu 5. S a g e n von E. sind in der volksPfände und zugleich eine tümlichen Überlieferung nicht allzu häuSelbstverfluchung. Der E. fig. Eine Sage aus dem Isergebirge *3) erwird nicht einem Richter oder einer zählt von einem Manne, der E. aus Werg ganzen Gerichtsversammlung abgelegt, zaubern konnte, eine aus Schlesien 41 ) von vielmehr der Gegenpartei. In einer aragespenstigen E., die einem Manne am mäischen Urkunde aus Assuan erklärt der Abend erschienen; einen Unhold in E.abgewiesene Kläger: „ D u hast mir gestalt, der beim Melken auf der K u h sitzt schwören müssen bei Jahwe, und ich bin ( = Drache), kennt man im Vogtland befriedigt" 4 ). von einer verwünschten weißen Jungfrau 4) S t a e r k in Hans L i e t z m a n n s Kl. oder einem Hausgeist, der in diese GeTexten 94, 36. stalt gebannt ist, weiß man in Baden 4e) 3. Auf der zweiten Entwicklungsstufe zu erzählen. hört der Gegenstand auf ein Fetisch zu ") K ü h n a u Sagen 3, 242 f. = T a u b sein. Seine magische K r a f t ist verblaßt. m a n n im JbdJeschken- u. Isergebirges 6 Dämonische Gewalten aller (1896), 79. " ) K ü h n a u a. a. Ο. i, 379 f. A r t o d e r die G o t t h e i t s e l b s t " ) Ε i s e 1 Voigtland 128 Nr. 333. " ) W a i b e i und F l a m m 2, 213. Herold. s i n d es, bei d e n e n geschwor e n w i r d . Die Verderben- oder SegenEid. bringenden sind die unsichtbaren Mächte, I. D e r E. h a t s e i n e n U r s p r u n g und der Gegenstand (Schiff, Pferd, Erdim Z a u b e r w e s e n . Fetischistische scholle usw.) gilt nur noch als sinnlicher Anschauungen sind maßgebend. Daher Vermittler zwischen Gott und Mensch. wird bei gewissen Gegenständen geDie Idee ist: Mein Schiff soll mir den Tod schworen, etwa bei den Waffen oder bringen, mein Pferd soll mich abwerfen, bei einem Ringe (E.ring) *). Diese Dinge meine Erde soll unfruchtbar sein, wenn gelten als beseelt. Sie haben eigene Kräfte, *«) K ü h n a u
Sagen 2, 589.
») W o l f
Eid
661 mein Ε. unwahr ist. Dämonen oder Götter bescheren mir dieses Geschick. A u c h Leibesglieder, auch die Freiheit und die Ehre können z u m Pfand gesetzt werden. Daraus erklärt sich etwa das Schwören beim Bart, beim Haar, bei der Brust. Der Gedanke der Selbstverfluchung hat sich erhalten ®). *) A m i i a
Grundrtß
des german.
Rechts *
(1913)1270. Schwur bei Bergen, Felsen, Steinen, G r i m m RA * 2,547. Schwur bei Sonne und Mond, B u t c h a r d Ϊ. W o r m s 19 c. 53. 4. M i t der Christianisierung Europas verdrängen G o t t und die H e i l i g e n alle a n d e r e n G e w a l t e n . Man glaubt, daß G o t t imstande sei, die Wahrheit unter allen Umständen an den T a g zu bringen. Der E. beim Christengott oder bei einem Heiligen ist untrügliches Beweismittel. Daher müssen sich Richter und Gegenpartei an den abgelegten E. halten. Er s c h a f f t vollen Beweis. T r a u t man dem Schwörenden nicht, so muß man ihm, bevor er zum E. schreitet, die Schwurhand herunterreißen. Dann entscheidet die K r a f t p r o b e , der Zweikampf. In fränkischer Zeit wird der E. häufig durch ein G o t t e s u r t e i l verstärkt (s. d.). Man glaubt, daß die Wahrheit am besten zutage trete, wenn der Schwörende allerlei Wasser- und Feuerproben unterworfen werde. Und hier offenbart sich die ganze Dämonologie des MA.s. Der Verbrecher gilt als ein v o m Teufel besessener Mensch. Er hat keinen freien Willen mehr. Er schwört so, wie der Dämon ihn schwören heißt. In K ö r p e r und Seele sitzt der Teufel. Daher greift man zu den reinen Elementen des Feuers und des Wassers, um mit Hilfe dieser Ordalien einen „ r e i n e n " E. zu erlangen. Gott hat dem Priester die K r a f t verliehen, die beim Ordalprozeß angewandten Mittel gegen die Dämonen zu feien. Gott t u t ein W u n d e r . Der Reinigungse. des Beklagten, unterstützt durch ein Gottesurteil, läßt absolut sicher die Wahrheit erkennen ®). *) F e h r
Gottesurteil
Stammler 1926), 232 ff.
u.
Folter
(Festgabe
5. A u c h noch in anderer Weise versuchte man den E . zu stärken: durch die
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E.e s h e 1 f e r. Man zog Männer, hinzu, die den E. des Schwörenden unterstützen mußten. Diese Schwurgenossen, im A n f a n g nur aus der Sippe genommen, erklärten, der E. des Schwörenden sei ein wahrer, reiner E. Man dürfe ihm glauben. Sie sagten also nicht über Gehörtes und Gesehenes aus (das waren die Zeugen), sondern sie unterstützten nur die Zuverlässigkeit ihres schwörenden Sippegenossen. Die E.eshelfer verstrickten sich also mit dem Schwörenden in Segen und Fluch. Die Selbstverfluchung, die im E. liegt, ging auch auf sie über. Auf diese Verstrickung geht die Vorstellung zurück, daß eine Schwangere nicht schwören d a r f 7 ) . Es heißt, sie werde nicht z u m E. zugelassen, „ w e i l ihr K i n d sonst viel auf dem Gerichte liegen müsse." Das unschuldige K i n d im Mutterleibe nimmt gleichsam a m Schwüre vor Gericht teil. Man glaubt, es werde dadurch später in zahlreiche Händel gezogen und komme v o m Gerichte nicht mehr los. W i e beim E. der Verwandten übt hier das Blut seine magische W i r k u n g aus. ') Urquell 3 (1892), 185; dazu 2, 58—59; 120—122; 142—143. 174. 6. A u c h im s p ä t e m MA., nachdem der Glaube an die Gottesurteile verblaßt war, blieb die Meinung lebendig, der Teufel hindere den Menschen, einen reinen E. zu leisten. Sprechend dafür sind die Miniaturen im sog. Nequambuch der S t a d t Soest 8 ) (Mitte des 14. Jhs.). Maßgebend sind die Tafeln 6, 9 und 12. Die erste weist eine Gerichtszene auf. V o r dem Richterstuhle stehen zwei Personen und über diesen schwebt eine teuflische Gestalt, die im Begriffe ist, die Krallen in das Haar der einen Person einzubohren (seit Urzeiten gilt das Haar als Sitz der Dämonen). Unter dem Bilde steht: „ F a l s c h e Z e u g e n . " Der Teufel verleitet also den Beweisführer' z u m Meineid. — Vom gleichen Gedanken getragen ist die Vorschrift, in der Gerichtsstube seien beim Ablegen eines E.es Türen und Fenster zu öffnen. Das Volk glaubte, Gott habe dann freieren Zutritt zum Schwörenden, oder, der Teufel sei dann leichter im-
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Eid
stände, die Seele eines falsch Schwörenden sofort abzuholen 9). Bis spät in die Neuzeit hinein war die Vorstellung weit verbreitet, der Prozeß sei ein Kampf zwischen Mensch und Teufel. Daher auch die Meinung, der E. sei eine Handlung, die den Schwörenden in unmittelbare Verbindung mit Gott bringe und am ehesten imstande sei, eine wahrheitsgetreue Aussage herbeizuführen. Aus dieser Überzeugung leitet sich die D e u t u n g d e r S c h w u r f i n g e r ab 1 0 ). Handbuch des Kantons Appenzell, Innerrhoden, vom Jahre 1585: „Merckhe mit fleiss ein jedes Christen Mensch, so äydt schweren will, der soll auf heben drey finger, Bey dem ersten Finger dass ist der Thummen, ist zu verstehen, Gott der Vatter, Bey dem andern Gott der Sohn. Bey dem dritten Gott der Heilige Geist." Die d r e i e r s t e n F i n g e r der rechten Hand auszustrecken und die beiden letzten einzuschlagen ist der Gestus der E.es 1 e i s t u η g und des priesterlichen Segens in der römischen Kirche u ) . Schon im 6. J h . sehen wir auf einem Mosaik in Ravenna Gott und einen Engel diese Gebärde machen. Eine Christusfigur mit derartiger Fingerhaltung ist eingemeißelt in der angelsächsischen Kirche von Daglingworth in Gloucestershire. Im Augenblick des Schwurs nahm man an, die drei Finger bedeuteten wirklich Gott, Christus und Heiliger Geist oder wenigstens, daß diese drei Mächte unmittelbar im Schwörenden wirkten und seinen E. lenkten. Man darf da nicht nur mit dem Begriff Symbol arbeiten 12 ). Das sind weit mehr als Symbole, als bloße Gleichnisse oder Bilder. Da sind magische Kräfte im Spiele. Erst später entsteht das Gleichnis. ·) Das Soester Nequambuch, hrsg. v. d. hist. Kommission für die Provinz Westfalen (1924). ·) S A V k . 25, 7 1 ; Urquell 3 (1892), 188. ,0 ) Künßberg Schwurfingerdeutung und Schwurgebärde. ZfSchweizR. 61, 384—420. 12 " ) S e l i g m a n n 2, 179. ) Künßberg Trinitätssymbol 12.
7. D e r E. a l s A n r u f u n g G o t t e s i s t bis h e u t e im G e r i c h t s verfahren erhalten geblie-
b e n . Noch heute schafft der E. vollen Beweis. E. gegen E. ist ausgeschlossen. Mit dem Glauben an Gott schwindet aber der E. als Beweismittel mehr und mehr dahin. Einzelne Prozeßgesetze (ζ. B. Zivilprozeß des Kantons Bern) 13 ) kennen ihn nicht mehr. In hundert Jahren wird man über den E. als über einen veralteten Aberglauben spotten! Mit der Ablehnung transzendentaler Gewalten geht die Ablehnung des E.es Hand in Hand. Außerhalb des Gerichts wird aber das Volk am E. oder ähnlichen Beteuerungen noch lange festhalten. 13 ) Zivilprozeßordnung von 1918, Art. 2 1 2 .
des Kantons
Bern
8. D i e E.e s f o r m e l n u n d B e teuerungen sind sehr vers c h i e d e n . Doch stimmen viele darin überein, daß sie die alte Selbstverfluchung durchblicken lassen. Einige Beispiele: Zur Bekräftigung der Wahrheit einer Aussage hört man im Volksmunde Ostpreußens folgende Redensarten: Das könnte ich gleich auf der schwarzen Decke beschwören 14 ). — Das kann ich bei offenen Fenstern und Türen beschwörein. — Das kann ich vor zehn geladenen Flinten (Gewehren) beschwören. — Die beiden ersten Redensarten beziehen sich auf die Einrichtung des früheren Schwurzimmers; bekanntlich war ein Fenster desselben während der Vereidigung geöffnet. Wer es mit dem E.e wenig genau nimmt, läßt sich wohl zu der Redensart verleiten: Wenn ich den Prozeß erst auf der dreizinkigen Gabel (den drei erhobenen Schwurfingern) habe, dann ist er auch gewonnen l s ). Bei den Huzulen gilt betreffs des E.es folgendes l e ): Man schwört gewöhnlich bei Gott, bei Jesus, Maria oder auch bei einzelnen Heiligen, insbesondere bei Nicolaus und dem hl. Johannes von Suczawa 1 7 ); auch sind noch andere Schwurformeln üblich. Der gewöhnlichste Schwur ist: „ B i h me", das heißt etwa: „ B e i G o t t ! " Andere sind: daß mich Gott strafe; ich schwöre bei Jesus Christus und der heiligen Mutter Go tes; die Mutter Gottes soll mich strafen: so möge mir der hl.
665 Nicolaus (oder der hl. Johann von Suczawa) helfen; so soll ich leben; so soll ich Nutzen haben von meinem Vieh; meinem Hab und Gut; ich möge erblinden, wenn ich nicht die Wahrheit sage; ich soll den morgigen T a g nicht erleben; so soll ich erleben, meine Kinder zu sehen oder meine Kinder zu verheiraten u. dgl. m. Der Gegner antwortet daraui gewöhnlich: „ N a c h der Wahrheit Deines Schwures möge Dir Gott helfen." Bei primitiven Völkern tritt oft an Stelle eines eigentlichen E.es eine bloße Beteuerungsformel. Auf Neuguinea lautet sie: „ H a s t Du mir etwa meine Lendenbinde zum erstmaligen Anziehen geg e b e n ? " Junge Männer beteuern beim wachsenden Barte, junge Mädchen bei ihrer schwellenden Brust 1 8 ). " ) F r i s c h b i e r Preuß. Sprichw. i, Nr. 328. " ) Urquell 2 (1891), 58. ») Vgl. K a i η d l und M a n a s t y r s k i Die Rulenen in der Bukowina i, 83; Urquell 4 (1893), 260. ") Johann von Suczawa ist der Landespatron der Bukowina. le) R. N e u h a u s s Deutsch-Neu-Guinea 3, 314.
9. D i e E.z e r e m o n i e n haben im L a u f e der Z e i t an F e i e r lichkeit wesentlich eingeb ü ß t . Das ist ganz begreiflich, dachte man sich doch Gott ursprünglich beim Schwur persönlich anwesend. Aber bis in die Neuzeit erhielten sich allerlei abergläubische Solennitäten. Noch am Ende des 14. Jhs. schwuren die Siebenbürger Sachsen den E. bei entblößtem, in die Erde gestoßenem Schwert oder, wenn es strittige Grenzen galt, mit bloßen Füßen, gelöstem Gürtel und einer Erdscholle auf dem Haupte 19 ). Als das Obergericht noch in Glückstadt (Schleswig-Holstein) war, mußten manche E.e dort abgelegt werden. Das Zimmer, in welchem das geschah, war dunkel ausgeschlagen, die Fensterläden waren geschlossen, ein Totenkopf und ein Licht standen auf dem Tisch. In einem solchen Zimmer soll es selbst einem grundschlechten Advokaten aus Heide, von dem man erzählt, ihm seien zuletzt Horner aus dem Kopfe herausgewachsen, und endlich habe ihn der Teufel geholt, doch etwas eigentümlich zu Mute geworden sein.
Eid
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Auch erzählt man, daß in noch älterer Zeit nur derjenige allein im Gerichtzimmer (Glückstadt) gewesen sei, der einen E. habe schwören sollen. Selbst der Richter, der die E.formel vorlas, soll für den Schwörenden unsichtbar gewesen sein Höchst eigenartig war der Ritus der sog. P h i l i p p o n e n (einer Sekte) in Ostpreußen. Ein Bericht darüber aus dem ersten Viertel des 19. Jhs. sagt folgendes: „ I m allgemeinen behaupten die Philipponen, daß ihnen die Religion verbiete, einen E. abzulegen, wenn es jedoch einem von ihnen auf die E.esleistung ankommt, dann ist er bereit, solchen abzulegen. . . . Die zur Leistung des Homagiale.es berufenen Philipponen haben denselben in der Art abgelegt, daß sie die ihnen von dem Beamten vorgesagten Worte der E.es-Norm nachsagten und am Ende das Wort hinzufügten: j e y ! j e y i (so! so!)." Der Gerichtshof von Augustowo vermeide es jedoch wegen Gefahr des Meine.es, andere als Zeugene.e einem Philipponen aufzulegen; dieser werde in der oben beschriebenen Form geleistet. Nur in einem umfangreichen Prozesse des Jahres 1827 wurde auf Veranlassung des Berichterstatters einer Anzahl von Philipponen der Zeugene. nicht in dieser einfachen Form, sondern „ m i t aller Solennität und allen Formalitäten, die sie nach ihrem Religionsbekenntnisse zu beobachten schuldig sind", abgenommen. Der Staryk Wasil Maximow wurde zu diesem Zwecke berufen und „brachte hierauf ein K r e u z an, welches die Philipponen glauben (dasselbe hatte diese Form und erklärte zugleich . ., daß ein den E. leistender Philippone vor ein solches Kreuz stehen, die linke Hand auf die Brust legen und die r e c h t e Hand dagegen mit drei z u s a m m e n g e l e g t e n und zwei ausgestreckten F i n g e r n in die H ö h e h a l t e n m ü s s e." Während die meisten Philipponen den E. in dieser Form leisteten, weigerten sich Angehörige eines anderen Kirchspiels; diese wurden ohne E. verhört ao»).
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" ) ZfVk. 18 (1908), 1 1 6 nach K a i η d l Gesch. d. Deutschen in den Karpathenländern 2, 283. «·) Urquell 2 (1891), 1 2 1 . , 0 ») ZfVk. 22, 400.
10. E. a u f R i n g u n d S t a b . Der Ring als Fetisch ist vielen Völkern bekannt. Das hängt wohl zusammen mit seiner Unendlichkeit, seinem ewigenKreislauf. In heidnischer Zeit wurden die feierlichsten E.e geleistet auf einen Ring, den man in das Blut eines Opfertieres eintauchte. Goten und Nordgermanen schwuren auf den E.ring des Priesters. Lex Ribuaria 67, 5 kennt einen E. ,,in circho et in hasla, hoc est in ramo". Der Circulus ist der Ring, die hasla ein Haselstab. Auf beide wird geschworen, beide sind als Fetische aufzufassen 21 ). 21 ) E . bei den Goten: G ü η t e r t Kalypso 163; Β r u η η e r Rechtsgesch. 2, 429; M ö l l e n h o f f ZfdA. 17, 428; V o r d e m f e l d e a. a. O. 48 f. wo mit Recht die Ansicht G o l d m a η η s zurückgewiesen wird. Über E.ringe: Ε. H. Meyer Germ. Myth. 194.
1 1 . E. a u f W a f f e n . Auch die Waffen, vor allem das Schwert, hatten einst die Bedeutung von Fetischen. Der Waffene. ist in den germanischen Volksrechten sehr verbreitet. L e x Ribuaria 33, 1 und 66, 1 kennt einen Schwur „Cum dextra armata", wobei wahrscheinlich das Schwert zum Himmel emporgehoben wurde. Bei. den Angelsachsen geloben die Sippen des Erschlagenen und die des Totschlägers mit gemeinsamer Hand auf eine Waffe, daß der Königsfrieden eingehalten werde. Später wird die Waffe auf dem Altar geweiht. Es entsteht ein christlich-heidnischer Mische.: „ a d arma sacrata." Durch die Weihung wird vor allem die Waffe gegen Dämonen sicher gestellt 22 ). ·') G r i m m Myth, 1, 169 f.; 3, 73; d e m f e 1 d e a. a. O. 43 f.
Vor-
12. E. u η t e r d e m R a s e n . Er ist hauptsächlich in nordischen Rechten nachweisbar und schafft unter den Verbundenen eine Art künstlicher Verwandtschaft. Nach skandinavischer Sitte „schnitten s c h w ö r e n d e Bundesbrüder einen langen Streifen grasbewachsener Erde auf, doch so, daß er an beiden Enden am Grunde hängen blieb. In der
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Mitte wurde durch einen untergestellten Spieß der Wasen in die Höhe gehoben. Unter diesen Wasen traten sie; jeder stach oder schnitt sich in die Fußsohle oder inwendige Hand, das herausfließende und zusammenlaufende Blut mischte sich mit der Erde. Dann fielen sie zu Knie und riefen die Götter an, daß sie einer des andern Tod, wie Brüder, rächen wollten. Die feierliche Handlung hieß unter den Rasen gehen (gänga undir iardar men) oder Rasen schneiden (iardar men skerda)" 23 ). " ) G r i m m RA. 1 , 163 f ; P a n z e r trag 2, 537 f.; ZfVk. 3 (1893), 224 f.
Bei-
13. A b l e i t e n d e s E.e s. Sehr bekannt ist der Glaube, ein E. könne während des Schwörens unschädlich gemacht werden. Während man die Rechte zum Schwur erhebt, hält man die Linke mit ausgestreckten Schwurfingern zur Erde nieder. Der Schwörende gleicht dann einem Medium, durch welches der E. nur hindurchgeht. Der E. lastet nicht auf ihm. Die Erde nimmt den Schwur in sich auf 2«), 24 ) Urquell 2 (1891), 1 2 1 . Vgl. für Litauen: ZfVk. 1 (1897), 348. .Für Lippe: ZfrwVk. 3 (1906), 229. Für Hirschberg (Liegnitz): D r e c h s l e r 2, 263. Für Oldenburg: S t r a c k e r j a n 1, 67. (Die 1. Hand in die Seite stemmen bei W u 1 1 k e 272 § 401. Abdrehen eines Hosenknopfes während des Schwörens ebd.); H e l l w i g Aberglaube 122 f f .
14. V e r w ü n s c h u n g e n beim E. - S c h w u r s i n d a u ß e r o r d e n t l i c h h ä u f i g . Mit am bekanntesten ist die Formel: Der Teufel soll mich holen 28 ) oder: Der Blitz soll mich erschlagen 2 ®). Eigentümlicher ist: So wahr meine Frau einen stummen Knaben gebären wird 27). **) Η e y 1 Tirol 278 Nr. 95; J o h a n n e s P a u l i Schimpf und Ernst hrsg. v. J . Β ο 1 1 e 2 (1924), 67. ») Urquell 4 (1893), 159. ») SAVk. 8, 3 1 0 f.
15. E . · ( S c h w u r - ) V e r b o t . „Schwören und Fluchen" wird im MA., wie in der Neuzeit, oft unter Strafe gestellt. Man sah darin nicht nur ein unerlaubtes Anrufen Gottes und der Heiligen, eine Gotteslästerung; es spielt die Vorstellung mit hinein, daß Worte
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eine magische K r a f t besitzen und dem A n d e r n Schaden bringen können. T r e f f e n de Beispiele im Weistum v o n Mut· t e η ζ M ) : Weller m a n oder k n e c h t . . . . ungewonlich schwüre und gott darzu nempt, es were mit dem verch oder one das verch (d. h. zusammen mit einer Verwünschung v o n L e i b und L e b e n oder ohne solche) . . . . der sal ston darnach a m nechsten suntag oder f i r t a g offenlich in dem holsysen . . . und darzu geben 2 β P f . zu Besserung oder gut pfender d a f ü r , ee er us dem holsysen k u m p t . Siehe dort weiter die S t r a f e eines K n a b e n , einer F r a u oder einer Tochter 2e ).
in seine Schuhe getan, sondern auch einen weitzackigen K a m m , im Volksmunde „ R i c h t e r " (zum R i c h t e n des Haares) genannt, nebst einem Schöpflöffel im H u t e versteckt und schwur n u n : „ S o w a h r ich auf dem Grund und B o d e n des Klosters Muri stehe und über mir den Schöpfer und den R i c h t e r weiß, u s w . " Unmittelbar nach diesem S c h w u r h a t ihm der Beizebub in einem R u c k den K o p f vollständig umgedreht, so daß das Gesicht über dem R ü c k e n stand, sich zu ihm auf das P f e r d gesetzt und ist mit demselben, a m S t a m m e einer glatten B u c h e hinauf, davon gesprengt M ) .
Basel, 1464; G r i m m Weistümer 4, 472 Art. 10. " ) Dazu G r i m m Weistümer 5, 129, 42; 215, 20 u. 646, 28; B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 227.
Meistens k o m m t aber der Betrüger nicht ohne Schaden davon. Der Teufel, dem er sich durch seinen betrügerischen Schwur ausgeliefert hat, mischt sich in irgendeiner Weise ein und bringt ihm Verderben, so ζ. B . in einer Siebenbürger S a g e : „ B e i Feldorf zieht ein sonderbarer Graben auf der K a n t e eines links v o m B a c h sich erhebenden Berges, Teufelsfurche genannt. D a s F e l d herwärts d a v o n gehörte den Feldorfern, aber ein Zendrischer s c h w u r es ihnen mit E r d e in den Stiefeln ab. Der h a t aber auch seinen L o h n b e k o m m e n ; denn in der nächsten N a c h t hörte man ein Brausen und sah, daß der Teufel den Betrüger v o r den P f l u g gespannt hatte und mit ihm die genannte Furche p f l ü g t e " 34 ).
16. E . - T ä u s c h u n g e n . Die berühmteste Täuschung ist uns überliefert in G o t t f r i e d v. S t r a ß b u r g s Tristan 3 0 ). E s gelingt Isolde, das Beweist h e m a selbst zu bestimmen ( „ v e r n e m e t , wie ich sweren w i l " ) . Sie schwört, daß kein Mann j e an ihrer Seite gelegen habe außer ihr Gemahl, der König, und der Pilger, der sie ans U f e r trug und strauchelte. In ihm w a r Tristan verborgen. Isolde täuscht, sagt aber die Wahrheit. Daher verbrennt sie sich in der darauf folgenden Eisenprobe nicht. Das Gottesurteil b e s t ä r k t f o r m a l einen „ r e i n e n " E. «). Ahnlich verhält es sich in der so o f t wiederholten Geschichte v o n der E r d e und dem Schöpflöffel. E s liegen dabei meist Grenzstreitigkeiten vor. Der Schwörende t u t E r d e aus seinem eigenen B e sitztum unten in seine Schuhe hinein. Zugleich v e r s t e c k t er einen Schöpflöffel ( „ S c h ö p f e r " ) unter seinem Hute. D a n n k a n n er mit F u g und R e c h t beeidigen: S o w a h r sein Schöpfer über ihm sei, gehöre die Erde, auf der er steht, ihm 3 2 ). Diese nämliche T ä u s c h u n g beim E . s c h w u r überliefert ζ. B . die S a g e v o m „ S t i f e l i r e i t e r " v o n Muri (im Freiamt). Der „ S t i f e l i r e i t e r " hatte nicht bloß E r d e des Klosters Muri (in dessen Interesse er übrigens seine Verbrecherlaufbahn führte)
Bisweilen ereilt das Geschick den Betrüger erst nach seinem T o d e : als Nachtgespenst muß er auf seinem P f e r d e ruhelos herumreiten. Der Volksgeist duldet nicht, daß das Unrecht ungesühnt bleibt. M ) Ed. Marold (Leipzig 1912), 219 Vers. 15710 ff. " ) Vgl. die Erzählung von der Königin u. dem Narren bei P a u l i Schimpf und Ernst. Ausgabe von J . Β ο 1 1 e 1 (1924) 1 3 1 . **) P a n z e r Beitrag 2, 105. " ) SAVk. 3, 342. Dazu: R o c h h o l ζ Sagen 1, 301; 2, 24. 30. 36. 46 f. 53. 1 1 3 ; Kuhn-Schwartz Nr. 132. 157. 228; P a n z e r Beitrag 2, 105 f. Nr. 160; S c h ö p p n e r Bayr. Sagenbuch Nr. 973; Urquell 3 (1892), 188; W y ß Berner Oberl. 2, 640; M e i e r Schwaben 1, Nr. 125 f.; F l u g i Volkssagen (1843), 108; S c h u l e n b u r g Volkstum 63; B i r l i n g e r Volksth. 1, 222; Μ ο η e Anzeiger {1834), 145; M ü l l e r Siebenbürgen 65. st ) M ü l l e r Siebenbürgen 65 Nr. 90.
Eidechse
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17. A b s t u f u n g e n des E.e s. Das A l t e r t u m unterschied gern S t u f e n des E.e s. Den Göttern des Olymps ist der S c h w u r beim S t y x „ d e r größte E.schwur und f u r c h t b a r s t e " (Od. 5, 185) und noch Victor Hugo erzählt, gewiß auf alte Quellen gestützt, daß der fromme und gern schwörende L u d w i g X I . seinen größten E., auf das K r e u z v o n St. Lö, nur dreimal in seinem L e b e n ablegte (Notre Dame de Paris II, K a p . V). D a ß aber diese A n s c h a u u n g v o n zweierlei E. noch in die Gegenwart reicht, bezeugt wieder T h . v . Bernhardi. Die Minister beschwören 1848 die Verfassung mit der Formel „ S o wahr mir Gott helfe". Einer macht den Z u s a t z : „ d u r c h Jesum Chris t u m z u m ewigen L e b e n " — da wendet der Graf A r n i m Boitzenburg ein, es sei doch bedenklich, in solch einer Lage „ e i n e n so h o h e n E. z u 1 e i s t e n!"35) »«) ZfVk. 7 (1897), 346 f. 18. E . - G e l d o d e r Schwörduk a t e n hieß die Belohnung, welche den Gerichtsinsassen oder den Bürgern einer S t a d t für die Ableistung des UntertanenE.es ausbezahlt wurde s e ). '·) B i r l i n g e r
Volhsth. 2, 191
19. E . - S t e i η e. Es gab Steine und Säulen, auf welche man beim Schwur die H a n d legte 3 7 ). Zuweilen wiesen solche Steine das A n t l i t z eines Tieres oder eines Menschen auf. In dessen offenen Mund s t r e c k t der Schwörende seine Hand hinein. Johannes Pauli berichtet in seinem B u c h e Schimpf und Ernst (älteste A u s g a b e 1522): „Virgilius hat zu R o m ein Angesicht an einen Stein gemacht, da bewert man die, die da E. schwuren. W a n einer unrecht geschworen hat, so beiß das Angesicht dem die Hand, w a n er im die Hand in das Maul stieß; hat er recht geschworen, so geschah im nichtz. Also worden vil überwunden, das sie meineidig waren M ). *') R e i t h a r d Sagen 152; R o c h h o l z Sagen 2, 31. M) Ausgabe von J. Β ο 11 e 1 (1924), 130. 20. E . - W a s s e r Wasser, in welches
nannte man das der Beweisführer
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beim Gottesurteil der Wasserprobe untertauchen m u ß t e 3e ). Zuweilen muß das E.W a s s e r getrunken werden. D e m falsch Schwörenden bringt es den T o d *°). *») ZfVk. 20 (1910), 176. «) R. Der E. 200 ff.; ARw. 1912, 637.
Hirzel Fehr.
Eidechse (lacerta agilis) I. E t y m o l o g i s c h e s . Die Herleitung des Wortes, ahd. egidehsa, mhd. egedehse2), macht Schwierigkeiten. Im ersten Teil vermutet man Zusammenhang mit griech. δφις, skr. ahis „ S c h l a n g e " 3 ). Der zweite Teil gilt als dunkel. Immerhin ist der Hinweis auf mhd. dehse „ S p i n d e l " bemerkenswert. „ E . " wäre demnach soviel wie Schlangenspindel, was gestützt wird durch analoges russ. wereteteniza „ E . " , abgeleitet von wereteno „ S p i n del 4 )". Dasselbe meint im Grunde Rödiger mit seiner Herleitung v o n mhd. dehsen „ s c h w i n g e n " , „sich schwingend fortb e w e g e n " 6 ). Z u beachten sind die zahlreichen dialektischen Umgestaltungen des Wortes mit häufiger Anlehnung an hag, hecke e ) wie tirol. hegedex, egerex, schles. heidox, edox, ferner steir. arax, adraxel, adadraxel7). Der Gottscheer Name egedaksche (Tschermoschnitz) scheint dem ahd. egidehsa am nächsten zu stehen 8 ). Über niederdeutsche Namen, von denen besonders ärdkruper „ E r d k r i e c h e r " , ärdsluper „Erdschlüpfer" bemerkenswert sind, vgl. Strackerjan 8 ). Neue, ask beruht auf alte, dpesce 8a). *) Ist von E. schlechtweg die Rede, so ist die bei uns häufigste Art der gemeinen oder Zaun-Ε. gemeint. Seltener ist bei uns die grüne E. (lacerta viridis), die hie und da sprachlich von der gemeinen E. unterschieden wird (vgl. ζ. B. im Etschtal gruenz von gruen = grün ( D a l l a T o r r e Tiernamen 27), grianling (Gottschee, Oberes Gail- u. Lesachtal in Kärnten, S a t t e r Tiernamen 13); M e g e n b e r g Buch der Natur 232 bringt die Etymologie des I s i d o r u s : lacerta — lacertus „Arm" (weil das Tier „Arme" habe). ') Varianten bei L e x e r Wb. 1, 511. — Im Oberdeutschen auch d e r E.: O. W e i s e Mundarten 74 ') K l u g e Wb. 106 f. Dem Umstand, daß die E. vielfach als Schlange angesehen wurde, hat das Tier mehrere Namen zu verdanken. So gehört lat. seps, alb. sapi' E.", zu griech. σήψ, „giftige Schlange" ( S c h r ä d e r Reallex. 170). In schwed. ormödla „ E . " steckt orm,, Schlange" ( F r o m m a n n Mundarten 6, 474 Nr. 10).
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Nicht selten ist in den Mundarten Verwechslung, besonders mit der Natter. So heißt die E. in Schlesien Otterjimferla (Drechsler 2, 82); im Siegerland und einigen Gegenden Hessens Schießotter (Natur u. Schule 6, 57); im böhmischen Riesengebirge fißlnotter „ F ü ß chennatter" (ZSprV. 1919, Sp. 7 — i o ) ; das D W b . verzeichnet Schießnatter. Bemerkenswert sind die romanischen Namen wie trient. lüzerpa, gask., westprov. lüzerp (MeyerL ü b k e REWb. Nr. 4821), die aus einer Kontamination von luceriola + serpens entstanden sind. Vgl. ähnliche Namen bei G a r b i η i Antroponimie 265. Originell ist die franz.-dial. Bezeichnung filyola de boba (filleule de serpent) in Lavigerie (D a u ζ a t Giographie linguistique i , 49). Analoge Bildungen liegen auch im Vlämischen vor, ζ. B. slangenartits, slangeratisj ( d e C o c k Volksgeloof 1, 133 f.) Verwechslung der E.en mit den Schlangen war bei den Alten häufig ( P a u l y - W i s s o w a 11, 1859); auch glaubte man, bei Trockenheit verwandelten sich die E.n in Vipern (a.a.O. 1959). Vgl. M e g e n b e r g Buch der Natur 231: die E. zischt wie eine Schlange, aber leiser und hat auch einen Schwanz wie eine Schlange. *) E d l i n g e r Tiernamen 30. 6) Z f V k . 27, 138. ·) K l u g e a . a . O . Der Badenser H a n s j a k o b gebraucht in seinen Wilden Kirschen S. 102 Heckgeiß. Über ähnliche Namen aus Baden, die sich meist an „ G e i ß " oder „ O c h s " anlehnen, vgl. Hmtl. i , 116 f. Im Hennebergischen ist ein (seltener) Ausdruck für , , E . " himmelszige, womit zunächst ein mythisches, entfernt dem Drachen verwandtes Tier, dann auch die Schnepfe (scolopax gallinago) bezeichnet wird ( F r o m m a n n Mundarten 6, 473 Nr. 3). ') op. cit. 6, 471 f. 474; R i e g l e r Das Tier 189. ') S a t t e r Tiernamen 13. ·) Oldenburg 2, 174. — Zahlreiche nieder- und mitteldeutsche Namen in F r o m m a n n Mundarten 6, 472 f. ·») K l u g e a . a . O . II. B i o l o g i s c h e s . D i e E . als sonnenliebendes Tier trat bald z u m Sonn e n g o t t e in B e z i e h u n g , w i e sich d e u t l i c h a u s der S t a t u e des A p o l l o n s a u r o k t o n o s , d e s E. töters, e r g i b t 1 0 ) . In der A u f f a s s u n g der N e u p l a t o n i k e r t r e f f e n w i r d e n S o n n e n g o t t selbst als E . 1 1 ) . D i e E r l e g u n g des Straßenräubers Sauros = E . in E l i s d u r c h H e r a k l e s , den S o n n e n g o t t , ist anthropomorphisch zu deuten12). In dieser ersten s y r i s c h - h e l l e n i s c h e n S y m b o l i k e r s c h e i n t also die E . als T i e r der übermäßigen, schädlichen Hitze. Auf r ö m i s c h e n G r a b s t e i n e n ist sie A t t r i b u t des T o d e s s c h l a f e s u n d der k ü n f t i g e n A u f e r w e c k u n g , eine R o l l e , d i e sie m i t d e m S c h m e t t e r l i n g teilt (Seelentier) u n d z u der s i e d u r c h ihren W i n t e r s c h l a f p r ä d e s t i -
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niert e r s c h e i n t l s ) . Ü b e r ihre N a t u r berichtet Aristoteles ziemlich sachgemäß. A b e r g l a u b e ist, sie w e r d e nur sechs Mon a t e a l t . A u c h g l a u b t e m a n , die E . erblinde w ä h r e n d des W i n t e r s c h l a f e s . E r w a c h t sie d a n n i m F r ü h l i n g , s u c h t sie eine n a c h O s t e n s t e h e n d e W a n d a u f , s t e i g t in eine R i t z e u n d r i c h t e t ihr G e s i c h t angestrengt nach Osten. Bei Sonnenaufg a n g ö f f n e n sich die A u g e n des T i e r e s , d a s sich w i e d e r v e r j ü n g t f ü h l t ( P i t r a , spicileg. S o l e s m . II, 3 6 ο ) 1 4 ) . Ä h n l i c h e s b e r i c h t e t a u c h M e g e n b e r g 1 5 ) . D i e blinde E . k a n n a b e r (nach Plinius) a u c h d u r c h d e n M e n s c h e n ihr A u g e n l i c h t w i e d e r e r h a l t e n . M a n l e g t ihr E r d e u n t e r u n d s c h l i e ß t m i t ihr z u g l e i c h m a s s i v e R i n g e aus E i s e n oder G o l d in e i n e m G l a s e ein. G e w a h r t m a n , d a ß sie w i e d e r s e h e n d g e w o r d e n , l ä ß t m a n sie a u s d e m G l a s e h e r a u s s p r i n g e n u n d geb r a u c h t die R i n g e g e g e n T r i e f a u g e n w ) . Die Naturhistoriker nach Aristoteles, der r i c h t i g a n g i b t , der a m p u t i e r t e S c h w a n z des T i e r e s w a c h s e w i e d e r n a c h , w i s s e n n i c h t g e n u g über i h r e e i g e n t ü m l i c h e R e generationskraft zu berichten. W e r d e die E . g e s p a l t e n , h e i ß t es bei A e l i a n , so f ü g e n sich die b e i d e n T e i l e i n e i n a n d e r , w a c h s e n w i e d e r z u s a m m e n , u n d das T i e r f ü h r t seine Lebensweise wie zuvor17). Derselbe A b e r g l a u b e w i r d aus D e n d e r b e l l e ( B e l g i e n ) b e r i c h t e t 1 8 ) . Ä h n l i c h e s f i n d e t sich n o c h h e u t e in O l d e n b u r g 1 9 ) . D o r t h e i ß t e s : S c h l ä g t m a n einer E . d e n S c h w a n z a b , l e b t dieser f o r t , u n d t r i f f t er z u f ä l l i g m i t d e m H a u p t k ö r p e r z u s a m m e n , so p a ß t sich der S c h w a n z d e m K ö r p e r a n u n d beide w a c h s e n w i e d e r z u s a m m e n . A u f d e m G l a u b e n an diese R e g e n e r a t i o n s k r a f t M ) b e r u h t a u c h die v o n Z i n g e r l e 2 1 ) b e r i c h t e t e S a g e v o n den g r ü n e n E . n ( G r o a n z e n ) . T u t m a n einer s o l c h e n E . ein L e i d , so k o m m t eine m i t zwei K ö p f e n , w i r d diese g e t ö t e t , eine m i t drei K ö p f e n usf., bis die a l l e r g e f ä h r l i c h s t e m i t s i e b e n K ö p f e n k o m m t u n d sich in den A n g r e i f e r verbeißt. Diese mehrköpfige E. dürfte w o h l z u r E n t s t e h u n g des D r a c h e n m y t h u s b e i g e t r a g e n h a b e n 2 2 ) . In D e n d e r b e l l e u n d U m g e b u n g g l a u b t m a n n o c h h e u t e , die E . k ö n n e F e u e r speien, u n d z w a r w e r d e dieses F e u e r u n t e n a m B a u c h e s i c h t b a r 2 S )
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(wohl mit Bezug auf die gelbliche Färbung des Bauches). 10) O. Keller Antike Tierwelt 2, 270. ) op. cit. 2, 271. » ) a. a. O. " ) op. cit. 2, 15 ) Buch 272. " ) a. a. O. der Natur 256. " ) Α . ν . Ν e 1 1 e s h e i m 1, 107. " ) O . K e l l e r 2, 274. " ) D e C o c k Volksgeloof 1, 2 1 1 . " ) S t r a c k e r j a η 2, 174 Nr. 404. Daher ist in den mittelalterlichen Kirchen die D a r stellung v o n E . n als Kanzelornament nicht selten; sie sollen den belebenden und erleuchtenden Einfluß des Evangeliums symbolisieren ( E v a n s Animal symbolism 94 f.). a i ) Sagen aus Tirol 189. ") K r a u ß Volkforschungen 393. De Cock Volksgeloof 1, 240. n
III. A n i m i s m u s . Der Glaube an die Regenerationskraft des Tieres in Verbindung mit der Beobachtung seines Winterschlafes machen seine Rolle als Seelenepiphanie ohne weiteres verständlich. Deutlich tritt eine animistische Auffassung zutage in der Posener Sage von der Frau, die nach ihrem Tode in Gestalt einer E. zur Buße wallfahrtet und von ihrem ahnungslosen Gatten erschlagen wird, worauf dieser von einem Priester den Vorwurf hört: „ D u hast die Seele deiner Frau gemordet" 24) (in deutschen Sagen wird Ähnliches von der Kröte berichtet). Noch heute schlüpft die E. nach oberösterreichischem Volksglauben aus dem Munde sterbender Kinder und verschwindet ebenso rasch 2 6 ). So verläßt nach dem Glauben der Santalen in Ostindien die Seele den schlafenden Körper in Gestalt einer E. Wird es dieser irgendwie unmöglich gemacht in den Körper zurückzukehren, stirbt der Mensch 2e ). Auch in Schlesien erscheint die E. nach dem Tode als Seele 27). Dieselbe Vorstellungfindet man bei primitiven Völkern 28 ), wo man, wie bei den Schlangen, an eine Verjüngung des Tieres durch Abwerfen der alten Haut glaubt 29). Auf diesem Seelenglauben beruht auch, ähnlich wie bei der Schlange, die Rolle der E. in V e r w a n d l u n g s s a g e n . So gelten in Oberdeutschland die E.n als verwunschene Prinzessinnen, die wegen ihrer Eitelkeit von Zauberern in solche Tiere verwandelt worden sind 3 0 ). Bei den Italienern erscheinen Feen in E.ngestalt (vgl. Basiles Märchen „ L a faccia di capra" imPentamerone) 3 1 ). Dieser Glaube
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erklärt auch die schlesischen Namen Schönjungfern, Schinjimpferle, Otterjungfrauen32). Wenn in Deutsch-Lothringen die E. Jumpfre (Jungfer) Sara heißt, so liegt dieser Bezeichnung wohl franz. lezard zugrunde 33). 21) Knoop Tierwelt 5. " ) B a u m g a r t e n Heimat 3, 105; A R w . 16, 355. *·) F r a z e r 256, zit. bei T o b l e r Epiphanie 22; v g l . hiemit die Guntramsage bei G r i m m Myth. 2, 905. 27) MschlesVk. 19, 14. F r a ζ e r 3, 38. 2B) E b d . 9, 302 f f . a0) M e i e r Sagen 217; H o v o r k a - K r o n f e l d I, 1 1 4 ; Urquell 5, 114. 31) Trad, da B . C r o c e i , 101 ff, 3a) D r e c h s l e r M) 2, 224. R o l l a n d Faune pop. 3, 10; F r o m m a n n Mundarten 6, 473 Nr. 6. O b tirol. Ruapracht, Ruaprachtl ( D a l l a T o r r e Tiernamen 26), k ä m t . Riapele (Car. 96, S. 63) zu K n e c h t Ruprecht in B e ziehung stehen, wie F r o m m a n n op. cit. 6, 473 Nr. 5 angenommen wird, bleibe dahingestellt.
IV. D ä m o n i s m u s . In der volkstümlichen Auffassung der E. ist ein entschiedener Dualismus wahrzunehmen. Bald erscheint sie als böses, bald als gutes Wesen, ähnlich der Schlange 34). Als dämonisches Tier — bei den Juden unrein 34) — ist die E. eine Teufelsgeburt, hervorgegangen aus der fleischlichen Vermischung der Hexen mit dem bösen Feind 35 ). Nach einer belgischen Sage gab sich ein junges Mädchen aus Geldgier dem Teufel hin und gebar nach kurzer Zeit zwei Tierchen, eine männliche und eine weibliche E., von der alle anderen abstammen 3e ). Gleich der Schlange gilt sie als giftig (schon im Altertum) 37). Auch die Zulus halten die E. für giftig und töten sie S8). In Frankreich glaubt man sie aus verpesteter L u f t (air infect6) entstanden 3 9 ). Daher war im 16. Jh. langue de l&zard, langue lezarde Bezeichnung für ein böses Weib In der Haute-Bretagne gilt die grüne E. als giftig; beißt sie den Kühen in die Nase, so gehen sie zugrunde 4 1 ). Im 17. Jh. galt es in Frankreich als ein unheilvolles Zeichen, wenn man auf eine E. stieß 42 ). So noch heute im vlämischen Belgien 43). Auch das Landvolk am Niederrhein und im Anhaltischen hält die E.n für giftgeschwollene, bösartige Wesen 44 ). Im MA. galt auch ihr Schwanz als stachelig: du stickest als der tarant und der egedehsen zagel4δ).
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Als giftige Teufelsgeburt ist die E. natürlich ein H e x e n t i e r . So bedeutet im Mndl. haghetisse „ E . " und „ H e x e " 4e ). In Riedichen (Baden) kennt man H e x e n als Gegochsen47). Sie verwandeln sich überhaupt gern in E.n 48). A u c h werden sie des Umgangs mit diesen Tieren bezichtigt 4 9 ). Findet sich eine H e x e in einer Kirche, so kommen E.n, laufen an ihr in die Höhe und hüpfen ihr über A r m und Schulter 6 0 ). Dieser Aberglaube macht es verständlich, daß die E. ab und zu in Hexenprozessen v o r k o m m t 5 1 ). Bei Apollonius 8 1 a ) hat eine Zauberin anstatt der Haare E.n 6a ). Als Hexentier wird die E . zu Zaubereien verwendet und zwar schon im A l t e r t u m v o n den M a g i e r n M ) . So schützte man im A l t e r t u m Weinstöcke mit der H a u t der E. vor Hagel 54 ), ihr Fleisch diente zu Liebeszauber 6 5 ) (wie heute noch in Schlesien 6 e )), und zwar wurden nach Plinius *7) hiezu zweischwänzige E.n, die ab und zu wirklich vorkommen 6 8 ), verwendet 6 9 ). Merkwürdig ist ein von Grimmelshausen (17. Jh.) " ) berichteter A b e r g l a u b e : W e n n man im Sommer grünen E.n die Schwänze abschlägt, diese auf ein Tüchlein in die Sonne legt, „ s o daß der S a f f t und die Feuchtigkeit in das Tüchlein spritzen", und aus diesem Tuche einen Docht macht, so erscheint alles silbern, was die L a m p e beleuchtet, in der ein solcher Docht sich befindet. Ein 1678 nach einem Spruch der Juristenfakultät zu F r a n k f u r t a. d. O. hingerichtetes Mädchen sollte v o m Teufel E.n geboren, sie verbrannt und mit der Asche Mensch und Tier bezaubert haben 61 ). Eier werden verdorben, indem Hexen E.n in sie hineinzaubern 62 ). A u c h sonst wird die E . zu Schadenzauber verwendet, indem man ζ. B . diese Tiere in kleinen Stücken dem Feinde zu essen gibt, aus denen in seinem Innern kleine E.n entstehen, welche ihn zu Tode quälen e3 ). Dagegen werden Brech- und A b f ü h r m i t t e l eingegeben e4 ). A u c h ein drastisches Mittel gibt es: Man nützt die Feindschaft der Schlange gegen die E. aus und läßt diese von jener aus dem Magen heraufholen 6 5 ). Ebenso konnte einem während des Schlafes auf freiem Felde eine E. in die K e h l e
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kriechen. Im mittelalterlichen England glaubte man, man könne sich durch das Belecken einer E. dagegen schützen, auch gebe einem dies die Fähigkeit, jede W u n d e durch Berührung mit der Zunge zu heilen ββ). Bei den Negern in Virginien wird das Abmagern dem Vorhandensein einer E. im Magen zugeschrieben β7). Eine in erotischer Beziehung hemmende W i r k u n g geht von einer unter die Türschwelle gelegten E. aus, die bei Tier und Mensch Beischlaf und Konzeption verhindert 6 8 ). Nach Plinius 28, 117 vergeht das Verlangen nach Beischlaf, wenn man eine E . in seinem Harn ertränkt. Durch einen etwas komplizierten E.nzauber, bei dem auch eine Erbse eine Rolle spielt, kann man sich unsichtbar machen und unbehindert stehlen ··). Unsichtbarkeit wird ferner erzielt durch Einreihen mit E.nfett, und zwar in S c h l e s i e n w ) und B ö h m e n 7 1 ) . A u c h glaubt man in Westböhmen, man könne mit einem aus der grünen E. gewonnenen Pulver Schlösser zum A u f springen bringen 7 2 ). Auf die magische V e r w a n d t s c h a f t der E. mit der Schlange deutet der in älteren Zeiten übliche Brauch, E.n zusammen mit Nattern (und Spinnen) in ein Gemengsei zu brauen — man denke an die Hexen in Macbeth — und dieses vor die Türe derer zu schütten, die man bezaubern wollte 7a ). V o n dem in französischen Landen sehr verbreiteten Glauben, der E. gelüste nach K u h - und Weibermilch , 4 ), scheint sich in deutschen Gegenden kaum eine Spur zu finden, wohl aber k o m m t v o m Bisse der E. das „ l e t z t e " Euter der K ü h e 7 6 ) , und in Löwen gilt die E. beim Volke heute noch als ein blutspeiendes und -saugendes Tier 7e ). In der Haute-Bretagne, wo die E. als weiberfeindlich gilt, glaubt man, sie sauge an den Brüsten der Frauen und verursache so deren A b m a g e r u n g 7 7 ) . Auch Kindern kann nach französischem Volksglauben die E. gefährlich werden, so warnt man in der Cöte d'or die Kinder v o r dem Barfußgehen, denn eine E. könne die Beine hinaufkriechen und diese verkrümmen 7 8 ). Als Hexentier bringt die E. beim A n g a n g Unglück (s. oben). Dieser Glaube geht bis ins A l t e r t u m zurück. 22*
679
Eidechse
Beim Auszug des Amphiaraos, der nicht mehr heimkehren sollte, läuft sie die Wand h i n a u f 9 ) . So verwendete man die E. auch zu mantischen Zwecken, und zwar zuerst in Sizilien 80 ). In Irland hat die E. den bösen Blick, und wenn jemand in Japan mit dem Finger auf eine E. zeigt, so fault dieser 81). Mit der Auffassung der E. als Hexentier hängt die Verwendung des Tieres als Schutzmittel gegen Zauber zusammen (Gleiches mit Gleichem). So verwahrt man auf der Insel Föhr und in SchleswigHolstein Häuser und Ställe dadurch gegen Hexen, daß man unter der Schwelle eine lebende E. vergräbt 8 2 ). In der Gironde tötet man zu Entzauberungszwecken eine kleine graue E.83). Im Altertum trug man die E. auf Ringsteinen eingegraben zum Schutze der Augen, denn sie gehört nicht zu den Tieren, die das böse Auge angreift. Kleine E.n aus Bronze waren sehr beliebt als Amulette 84 ). In deutschen Landen scheint die E. als Amulett nicht vorzukommen, wohl aber finden sich E.namulette in Frankreich, in Italien, im Orient 8 5 ). .«*) R i e g l e r Tier 198 f. Urquell fs,
68θ
Volksgeloof
1, 133 f.
" ) W S . 7, 141 f . " ) o p . Volksgeloof I, 240. " ) S έ b i 11 ο t Folk-Lore 3, 274. '·) D e r s. a. a. Ο. " ) Κ e 11 e r Antike Tierwelt 2, 275. 80 ) ARw. 18, 95. ") S e l i g m a n n Blick 1, 133. " ) D e r s. 2, 116. ·») S έ b i 11 ο t FolkLore 3, 279. •*) Österreich: W u t t k e 118
cit. 7, 140. »«) D e C o c k
§ 155.
) Vorarlberg: V ο η b u η Beiträge 122;
SE
Vernaleken
Alpensagen
260.
V. S c h u t z g e i s t . Steht die E. an einigen Orten in Beziehung zum Teufel, so erscheint sie an anderen wiederum als ein geheiligtes Geschöpf, das man nicht töten oder beleidigen darf, denn ihr Gerippe stellt das Leiden Christi dar, das ihr der Herr in die Beine gelegt hat zum Danke dafür, daß sie ihm die Blutstropfen abgeleckt, als er am Kreuze hing. Mit dieser Auffassung stimmt es überein, wenn die E. glücklichen Angang bedeutet 8 6 ). Sie gilt sowohl in Deutschland wie in Frankreich als geld- und glückbringend 87), und zwar legt man zu diesem Zweck den Schwanz einer E. in den Schuh 88). Sehen die Kinder in Laa an der Thaya (Niederöst.) eine E., so sagen sie zu ihr: Adraxl, Α., wünsch ma a Glück, daß i heut oder morgen was find' w ). Das Geldstück, mit dem man den Kopf einer vor dem Georgitage gefangenen E. ab113 ff.; L e o p r e c h t i n g Lechrain 88; H ö f l e r Organotherapie 14. ") W o l f Bei- schneidet, kehrt stets wieder zu seinem träge 2, 447. ") P l i n i u s n. h. 30, 135. Besitzer zurück 90 ). Im Anhaltischen " ) Κ η ο r t ζ Reptilien 87. *») Β r i s s a u d (Zuchau) bleibt das Wasser im Brunnen, Expressions populaires 108 ») R o l l a n d 41 wo eine E. ist, schön klar 9 1 ). Namentlich Faune 3, 10. ) Sebillot Folk-Lore 3, 273. ") Ders. 3, 265 f. ") De Cock Volksgeloof ist es die doppeltgeschwänzte E., die ge1, 133. «) Urquell 5, 114; W i r t h Beiträge gen jede Gefahr feit 8 2 ). Nach italieni4—5, 24. " ) Β a t e r e a u Die Tiere 59. schem Aberglauben ist ihr Besitz glück**) D e C o c k Volksgeloof i, 133*·! Wolf 4 bringend 93 ). Vgl. die Redensart aver la Beiträge 2, 447; Urquell 5, 113· ') Meyer Baden, 556. «) Urquell 5, 113 ff.; W u t t k e lucertola da due code = Glück haben 9 4 ). 118 § 155. ») M o n t a n a s Volksfeste 178 f. Um die Rolle eines Schutzgeistes «») Urquell 5, 114. H) ZfVk. 7, 245. M«») hgl. von Singer (Berlin 1906), Vers 9019. ) Β a - richtig zu verstehen, die die E. im deutt e r e a u Tiere 58. ") D i e t e r i c h Kl. Schriften schen und ausländischen Aberglauben 40. ") F e h r 1 e Geoponica 9 f. ") T h e o k r i t spielt, ist es ratsam, auf die Bedeutung 2, 58, zit. bei K e l l e r Antike Tierwelt 2, 275. dieses Tieres bei wilden Völkerschaften M) D r e c h s l e r 2, 225 § 599; Urquell 3, 272. 57 hinzuweisen. So ζ. B. bei den Samoanern, ) n. h. χ ι , 264. " ) A b t Apulejus 267 A n m . M ) Lehmann Aberglaube 50 f. e°) Amers- in deren religiösen Vorstellungen das Tier bach Grimmelshausen 2, 60. S o l d a n - einen hervorragenden Platz einnimmt. Heppe i, 291. ") 83M o n t a n u s Volksfeste Die E., ein Sohn des höchsten Gottes und 178 f.; Urquell5,114. ) op. cit. 8,272. ") Alemannia 26, 265. 6t) L a i s t n e r Sphinx 1, 269. des Regenbogens (schillernde Haut!), ··) Η u l m e Natural history 296 f. 67) K n o r t z spielt die Rolle einer Botin (άγγελος) M Reptilien 88. ) S ο 1 d a η - Η e ρ ρ e 1, 27 f. zwischen der Gottheit und den Men,0 ») Urquell 3, 277. ) D r e c h s l e r 2, 225. 95 ") W u t t k e 118 § 155; G r o h m a n n 84. schen ). Sie hat die Macht, von dem Wettergotte schönes Wetter zu erbitten »*) J o h n Westböhmen 319. ") De C o c k
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Eidechse
(Wärmeliebe!), wie sie überhaupt von ihrem göttlichen V a t e r die Weisung erhalten hat, den Menschen Hilfe und Trost zu spenden 9 e ). Zunächst beauftragt, die Menschen im Landbau und Fischfang zu unterweisen, wurde sie allmählich zum Gott des Hauses und des Herdes, zum Schutzgott in der Gefahr zu Lande und zu Wasser, so daß die Samoaner sie schließlich mit ihrem höchsten Gotte identifizierten und ihr die höchsten göttlichen Ehren erwiesen 9 7 ). Hiezu ist zu vergleichen der alte Volksglaube im K a n t o n Bern, die E.n seien die Spione der Götter, ausgesandt, um ihnen die Handlungen der Menschen zu berichten, damit Rechenschaft von diesen gefordert werde 9 8 ). Einen ähnlichen Glauben setzt voraus der in Istrien (Pisino, Capodistria) übliche E.nname serva de Dio"). Wie ein Überbleibsel dieser religiösen Vorstellungen nehmen sich die volkstümlichen Anschauungen aus, die bei deutschen und anderen Völkern sich mit Bezug auf den Schutzgeistcharakter der E.n erhalten haben 10°) (ähnlich bei der Schlange). So glaubt man in gewissen Gegenden, es bestehe zwischen Hausvieh und E. ein gewisser Zusammenhang: Jedes Vieh hat eine bestimmte E. gleichsam als Schutzengel. Man soll eine solche E. nicht töten, denn sonst würde auch das Vieh sterben oder mindestensBlut statt Milch geben 1 0 1 ). W e i t verbreitet, auch außerhalb Deutschlands, ist der Glaube, die E. schütze den Menschen vor der Schlange. In der Cöte d'or (Frankreich) gilt die E. überhaupt als menschenfreundlich. P f e i f t man ihr in einer bestimmten Weise 10i ), so k o m m t sie herbei und klettert dem Menschen sogar auf die Knie 1 0 3 ). Nähert sich nach österr. Volksglauben einem im Freien Schlafenden eine Schlange, so kriecht die E. in seinen Busen hinein und w e c k t ihn durch Kitzeln l04 ). In Westpreußen laufen die rettenden E.n dem Schlafenden über den Mund 105 ) (ähnlich in Frankreich) 1 0 6 ), in Böhmen fahren sie ihm mit dem Schwänze über das Gesicht 1 0 7 ) oder beißen ihn in den F u ß 108). A u c h in Vorarlberg 109) und Oberösterreich n o ) erscheint die E. in der Rolle eines Schutzgeistes gegen Schlan-
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gengefahr. Bei den Slawen findet sich derselbe A b e r g l a u b e m ) , der auch in Frankreich und England verbreitet ist 1 1 2 ). In Pirigord l l s ) heißt es von der E . : le lezard est l'ami de l'homme l u ) . Hält man den andalusischen Aberglauben dazu, die Schlange sei die Freundin der Frau 115 ), so ist man beinahe geneigt, komme nicht mit „ M e n s c h " , sondern mit „ M a n n " zu übersetzen, um so mehr als ein sowohl französischer wie italienischer Aberglaube ausdrücklich feststellt, die grüne E. habe die Männer gern, hasse aber die F r a u e n 1 1 6 ) . Rolland 117 ) zitiert eine Stelle aus einem W e r k e des 16. Jhs., wo es h e i ß t : La lezarde (weiblich!) est ä l'homme amy. Wie tief eingewurzelt die Vorstellung von dem Schutzengelcharakter der E. ist, geht aus verschiedenen mundartlichen E.nnamen hervor. So heißt die Zaun-E. in Österr. Natterretterlein118), die grüne E. in ital. Mundarten 1 1 9 ) salvadmeni, vardaomo 12°), salvacrisiiän, salvom m), guardaIdmu, guarda-dmeni, guadda-ömu, vardomu, vardaldmu. In einer französischen Mundart (Mans) heißt die E. eveillette „ W e c k e r i n " 1 2 2 ) . Gewisse ital. Namen spielen an auf die A r t und Weise, wie die E. ihre Feindin, die Schlange, bekämpft, so veron. liga-bisso, ligador, ligaor m ) , von ligar „binden, bannen, bezaubern". Es wird angenommen, daß die (grüne) E. die Schlange mit ihrem Blicke bannt und so unschädlich macht. Als „Schlangenstecherin" = -pungi-serpe wird die E. in der Toscana bezeichnet 1 2 4 ), was daran erinnert, daß der französische Aberglaube (P^rigord) von siegreichen K ä m p f e n der E.n mit den Schlangen zu berichten w e i ß 1 2 5 ) . Nach einem ebenfalls französischen Volksglauben ist die Viper nicht weit, wenn man eine Schlange sieht und ferner: die (grüne) E. verfolgt die Viper derartig, daß dort, wo es E.n gibt, keine Schlangen mehr vorkommen 12e ). Gleichfalls in Frankreich ist der Aberglaube zu Hause, daß man einen Stall vor Schlangen schützt, wenn man eine E. an die Decke h ä n g t 1 2 7 ) . Wie die Schlange, so verfolgt die E. (Stern-Ε.) auch den Skorpion, der bei ihrem bloßen Anblick flieht. Man macht daher Skorpionsstiche unschäd-
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lieh durch Einreihen mit einem Öl, in dem man eine Stern-Ε. hat verfaulen lassen 128 ). Wichtig für die Bewertung des Tieres als Seelenepiphanie ist die Alpensage von der E., die plötzlich vor Spielern mit Spielkarten im Maul erscheint und einige Male vor ihnen hin und her läuft. Die leise warnende Stimme, die nach dem Verschwinden der E. ertönt, läßt deutlich den Schutzengelcharakter des Tieres erkennen 12β).
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das Tier in öl siedet oder zu Pulver zerreibt. Öl wie Pulver werden sodann als Heilmittel gebraucht. Folgende Krankheiten und Gebrechen kommen hiebei in Betracht: hohle Zähne 132), Ohrwurm 133), Hühneraugen 1 3 4 ), Augenleiden, Star 136 ), Schlagfluß 13e), kaltes Fieber, Wechselfieber 137), Bruch bei Kindern 188), Kröpf 13»), Fallsucht 140 ), Syphilis 141 ), Kopfgrind (Mittelalter) 142 ), Hautschwielen, Warzen, Entfernung von Fremdkörpern 143), Hautwucherungen 144 ),'Gelbsucht (Übertragung ··) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 274. ) S f e b i l l o t 1, 264. ·*) Grimm Myth. 3, 136.
6. Mit demselben Mittel zwingt man den W e c h s e l b a l g , den die Koboldweiblein gerne unterschieben, zum Sprechen M ). Auch hier ist die Hauptsache das Erstaunen, welches den Wechselbalg zum Sprechen bringt und so verrät. In Brandenburg ruft er beim ,,Αηpinken" des Lichtes aus: "4) Ik bin so old äs Böhma Gold; aber so'nLicht anmaken hef'k noch nichseen.
Aber in den meisten Sagen staunt der Wechselbalg über das Bierbrauen in E. Als nach der holsteinischen Sage die ratlosen Pflegeeltern in einem Hühnerdopp den Brau machten und das Bier in den Dopp eines Gänseeis gössen, schrie der Wechselbalg e 5 ): Ik bin so old as de Behmer Woold, un heff in min Leben so'n Bro nicht seh'n.
Auch im irischen Märchen ruft das Teufelchen: Ich bin 1500 Jahr auf der Welt und habe niemals gesehen, daß man in E. braut««). Bald wird Bier« 7 ) in E. ge-
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braut, bald Wasser«®) in den Schalen gekocht; oder der Inhalt eines Eis wird von einer Schale in die andere gegossen «9); es genügt auch der bloße Anblick der E. 7 0 ). Für den Böhmerwald wird der Thüringer- 71 ) oder Westerwald 72), in Schlesien der ungarische 7S ) Wald, in Baden der Dusener 74 ) Wald, im Bergischen der Duisburger 74 ®) Wald erwähnt. In Frankreich erzählt man sich von frappant ähnlichem Apparat 7 6 ); die Sage ist gemeineuropäisch 7e). • 3 ) Grundlegend: P o l i v k a in A R w . 6, 1 5 1 — 1 6 2 ; K ö h l e r Kl. Schriften 1, 2 1 9 ; Η ö f 1 e r in ZfVk. 1896, 5 2 — 5 7 ; B a r t s c h I.e. 2, 42, 2; 43, 6 5 c u. d; 47, 65; 79, 87. •*) W. S c h w a r t z Sagen der Mark Brandenburg ' 66—67 Nr. 39; vgl. S c h e l l Bergische Sagen 325, 6. 481, 34 (Erstaunen über eine Höhle); in Siebenbürgen gibt man dem Wechselbalg aus einem kleinen Geschirr mit einem großen Löffel zu essen: M ü l l e r Sieb. Sachsen 3 1 , 50. 6S) M ü l l e n h o f f Sagen 3 3 1 — 3 3 3 Nr. 494; vgl. B a r t s c h 1. c. 89, 97. 6 4 , 8 2 . ·*) G r i m m Irische Elfenmärchen 35 ff. 204. ") S c h a m b a c h-M ü 11 e r 132—134.354; G r i m m Mythol. 3, 1 3 6 ; B o l t e - P o l i v k a 1, 368—369 (mit Literatur); das Motiv auch in der Literatur: ZfVk. 1906, 4 1 4 ; vgl. M e n s i n g I.e. i, 537. 1025. " ) G r i m m Ä J i J l i . Nr. 39; B o l t e - P o l i v k a 1, 294. 368 ff.; M e y e r Germ. Myth. 79. 1 3 7 ; M a n n h a r d t 1. c. 302—303; G r i m m Myth. 1, 388; K u h n Westfalen 1, 72, 60; P r o h i e Unterharz 50; V ο η b u η Beiträge 58; K e h r e i n Nassau 262, 1 5 5 ; vgl. S e b i l l o t 2, 1 1 5 . "·) S c h a m b a c h - M ü l l e r 354. ™j G r i m m I.e. 1, 388; M e y e r Baden 44; G r a b e r Kärnten 46—48. " ) S c h a m b a c h • M ü l l e r 1 3 2 . 134. » ) G r i m m K H M . Nr. 39; W. 585. ™) Κ ü h η a u Sagen 2, 128, 763. **) M e y e r 1. c. 44. " » ) S c h e l l Berg. Sagen 325, 6. 386, 32; vgl. 528, 73. " ) S 6 b i l l o t 1, 440—441. 457; 2, 1 1 5 ; M a n n h a r d t 1. c. 304; G r i m m Myth. 1, 388. »«) B o l t e - P o l i v k a I.e.; G r i m m 1. c. 3, 136.
7. Wenn das Kind im Schlafe unruhig ist, haben die Kobolde ihre Hand im Spiel 77 ). Besonders läßt das J ü d e l 7 8 ) (Gütel, spiritus familiaris) das Kind nicht in Ruh; dann „hängen sie E., aus welchen der Dotter in des Kindes Brei und der Mutter Suppe geblasen ist, an der Wiege mit Zwirnsfaden auf, daß das Jüdel damit spiele, statt mit dem Kinde" ») (vgl. § 2). In Frankreich kennt man dasselbe Mittel gegen den Pferdekobold I I 3." vgl. 341. 516. 792. " ) 1. c.
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2» 333 if. " ) H ö h n Volksheilkunde 1 , 1 1 8 . 138 ff.; J ü h 1 i η g Tiere 221. w ) J o h n Erzgebirge 48; S e y f a r t h I.e. 295. ·°) SAVk. 15, 180. «) ZfVk. 1898, 172. »>) H ö h n I.e. 1, 1 1 6 ; S t o l l Zauberglaube 80; SchwVk. 2,97. ·») ZfVk. 1898, 172. " ) Urquell 4 (1893), 42, 1 . " ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 87.
9. A u g u r i a und Sonstiges. In der Gegend von Husum werfen die Mädchen am Osterabend E. vor die Tür, um den Beruf des Zukünftigen zu erraten; der wird den Beruf des Mannes haben, der zuerst vorübergeht ββ). In Frauenburg (Oberöst.) auguriert man am hl. Abend mit 7 Gegenständen, darunter E. In Württemberg rächen sich die Mädchen an untreuen Burschen, indem sie ihnen Schnüre mit E. vor die Fenster hängen 9 8 ). " ) ZfVk. 1914, 59, 13. " ) V e r n a l e k e n Alpensagen 341, 6. "·) K a p f f Festgebräuche Nr. 2, 15. Eckstein.
Eierspiele s. Ε i Sp. 622 ff. Eierstein s. A r r a g o n i t
I, 600.
Eimer. Riecht ein Schwein am E., so gerinnt die Milch *). Das Danaidenmotiv wirkt sich des öftern in der deutschen Volkssage aus, wenn Geister 2) oder auch Frau Holle 3) mit dem Fluch beladen sind, mit einem E., ursprünglich wohl stets ohne Boden, den Bach ausschöpfen oder ein Faß füllen zu müssen. Öfters berichtet die Sage auch von einer weißen Frau, die einen E. t r ä g t 4 ) . In Indien gilt noch heute der Angang mit vollem E. für günstig 6 ). G r i m m Myth. 3, 463 Nr. 820. J ) Κ ü h η a u Sagen 1, 445; S t r a c k e r j a n 1, 257; 2, 287. s) P r ö h l e Harz 155. 225 = Μ a η η h a r d t German. Myth. 260. *) G r i m m Myth. 2, 804 f.; Schambach-Müller 84 f. 87 = M a n n h a r d t German. Myth. 104; K u h n Westfalen 1 , 203 Nr. 228. 6) ZfVk. 15 (1905), 77. Haberlandt.
ein, - b e i n i g , m a l s. Z a h l e n
-jährig, Bi.
ein-
Einäugigkeit. 1. Einem Einäugigen traut man einen besonders scharfen Blick zu (vgl. Auge I, 681) !). ') W a n d e r Deutsches 1 (1867), 78.
Sprichu/örter-Lexikon
2. Einäugige bieten eine häßliche, auffallende, abschreckende Entstellung dar.
695
Einäugigkeit
Deshalb galt E . (bei einem neugeborenen Füllen) schon bei den alten Chaldäern als böses Vorzeichen und kündete die Verheerung des Landes an 2 ). Und bei Prätorius lesen wir, daß eine Mißgeburt mit einem Auge auf der Stirn Pest und Hungersnot bedeutet 3 ). Der Einäugigejsteht beim Volke in noch üblerem R u f e als der Rothaarige: er gilt als Spitzbube 4 ) und hat häufig den bösen Blick (vgl. Auge § I i ) 5 ) . Einer Hexe in Gestalt einer Katze wurde von einem Burschen ein Auge ausgestochen. Seit der Zeit wird stets ein Glied der Familie einäugig 6 ). Wenn man in Gegenwart einer einäugigen Frau Erdäpfel pflanzt, so werden alle Erdäpfel einäugig und fast ungenießbar (Alpen) 7 ). 2 ) F r . L e n o r m a n t Magie u. Wahrsagekunst der Chaldäer. Jena 1878, 482. *) J ο h. P r ä t o r i u s Anthropodemus plutonicus. 2 (Magdeb. 1667), 330. *) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 239; H a r t l a n d Perseus ι, 1 2 ; W . C r o o t e Popular religion 2 (1896), 5 1 . 5 ) S e l i g m a n n Zauberkraft 232. 253. ·) S c h e r l Bergische Sagen 188 Nr. 1 1 9 ') V e r η a;l e k e η Alpensagen 419 Nr. 138.
3. Die bösen Riesen werden in vielen Märchen und Sagen einäugig dargestellt 8 ), ihre E. weist auf Blitz oder Wirbelwind 8), ebenso die Dämonen, Elben und T r a den 10 ), die Windgeister, wie das Kasermandl und andere u ) , die Venediger 1 2 ), der feurige M a n n 1 3 ) , und die dämonischen Tiere M ) : das Pferd " ) , der Eber l e ), die Sau 1 7 ), der Hund 18 ), der Hase oder die Häsin l e ), der Dachs der Fisch (Hecht, Borch) 2 1 ). Wer solche Tiere fängt, muß es meist mit dem Leben büßen 2 2 ). Manchmal sitzt das eine Auge auf der Stirn (Stirnauge, Zyklopenauge) 23 ) oder auf der Brust 24 ). 8 ) G r i m m Myth. 3, 153; AndreeE y s η Volkskundliches 2 1 5 ; S e l i g m a n n Zauberkraft 232. ·) Ε . H. M e y e r German. Myth. 143. 10 ) S e l i g m a n n Zauberkraft 205. " ) Ε. H. M e y e r Germ. Myth. 122. 124 f.; S t ö b e r Elsaß 1, 17 Nr.23; G r ο h m a n n Sagen 282 f. " ) L a i s t n e r Nebelsagen 356. " ) S c h e l l Bergische Sagen 318 Nr. 52; H e y l Tirol 19 Nr. 1 7 ; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 2, 1 0 1 . Die Alen in Armenien ( S e l i g m a n n Zauberkraft 206), der Teufel (Sitan) der Araber und Indier: W e s t e r m a r c k Acta Academ. Aboens.
696
Humaniora, Äbo 1 (1920), 129; J . H. K n o w l e s Folk-tales of Kashmir. Lond. 1888, 333; die Krankheitsgeister der Bulgaren ( S e l i g m a η η Zauberkraft 232), die Dämonen der Japaner: F l o r e n z Japan. Mythol. Tokyo 1901, 289; Globus 32 (1877), 123. " ) Walliser Sagen 2, 100 Nr. 8 1 ; L ü t o l f Sagen 160, 326; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 2, 82. 15 ) R a n k e Volkssagen 55; H e r z o g Schweizersagen 2, 53 f.; Ε. H. M e y e r Germ. Myth. 93; V e r n a l e k e n Alpensagen 76 Nr. 58; L a i s t n e r Nebelsagen 356. le ) E . H . M e y e r Germ. Myth. 93. 102. 245. " ) Ebd. 283; K u h η Westfalen 1, 325. 326. 327; R o c h h o l z Naturmythen 1 0 1 ; K u h n und Schwartz 472; W o l f Beiträge 2, 4 1 1 . >a) R o c h h o l z Naturmythen 85. 98; L a i s t n e r Nebelsagen 356; S c h e l l Bergische Sagen 318 Nr. 52; L ü t o l f Sagen 342; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 2, 104; H e r z o g Schweizersagen 2, 64. 92; K u o n i St. Galler Sagen 61. 91. ") P a n z e r Beitrag 2, 7 1 ; Ε . Η. Μ e y e r Germ. Myth. 93; R a n k e Volkssagen 2 1 5 ; K u h n Westfalen 1 , 327. ai ) R ο c h h ο 1 ζ Naturmythen 1 0 1 ; S c h w a r t z Studien 376; K u h n Westfalen 1 , 326. 21 ) K u h nt und S c h w a r t z 28 Nr. 35. 155 f. 472; W o l f Beiträge 2, 4 1 1 ; K u h n Westfalen 1, 325. 326. S c h w a r t z Studien 376; Ε. H. M e y e r Germ. Myth. 93. 283; S c h a m b a c h und M ü l l e r 6 3 . 3 4 2 ; R a n k e Volkssagen 2 1 5 ; E c k a r t Südhannov. Sagen 7; Möllenh o f f Sagen 264 Nr. 353; Rochholz 2S Naturmythen 1 0 1 . ) Rochholz Naturmythen 1 0 1 . *») Z e n d - A v e s t a BunDehesch X V . Deutsch von J . Fr. Klenker, Riga 1776, 87; H e r o d o t 3, n 6 ; 4, 1 3 ; 4, 27; P l i n i u s 7, 10; 6, 50; 4, 88; A u 1 u s G e l I i u s Nodes Atticae, Lib. I X , Cap. IV § 6; R o s c h e r Lexikon 1 , 1767; Ρ a u 1 y - W i s s ο w a s . v . Arimaspoi; Tausend und eine Nacht, 3. Reise Sindbads 4 (ed. A. König, Berlin 1851), 4 1 ; B r ü d e r G r i m m Κ Ή Μ . 2 (5. ed. 1843), 245; K ö h l e r Kl. Schriften 1, 1 0 1 . 259; v. A l p e n b u r g Alpensagen 266; H. P r ö h l e Kinder- u. Volksmärchen (1853), 1 3 7 ; Maximilian M e y e r Die Giganten und Titanen in der antiken Sage u. Kunst, Berlin 1887, i n ff.'; A R w . 1 (1898), 305 bis 336; K r a u ß Relig. Brauch 1 3 2 ; Globus 21 (1872), 3 3 1 ; A 1 y Volksmärchen 1 1 4 ; S e l i g m a n n Blick 2, 163 u. Fig. 1 4 3 ; R o c h h o l z Naturmythen 85. 98. M ) V e r n a l e k e n Mythen 52; S e l i g m a n n Zauberkraft 207. 4. In der deutschen Mythologie ist Wodan (Odin) einäugig (als wilder Jäger, Schimmelreiter, ewiger Fuhrmann), weil sein eines Auge, die Sonne, des Himmels Auge ist 2 5 ). ss ) G r i m m Myth. 1, 1 2 1 . 3 2 1 ; 2, 585. 777. 803; M a n n h a r d t Götter 1 3 2 ; D e r s. German. Myth. 546 Anm.; V e r n a l e k e n Mythen 83—84; ZfdMyth. 2 (1854), 4 1 7 ;
697
Einbeere—Einbet
Ε. Η. M e y e r German. Myth. 231 f.; S i m rock Myth. 8 (1869), 88. 267; R . Μ. M e y e r Religionsgesch. 229 ff.; G ü n t e r t Kalypso 67 Anm. 6. Einäugig sind auch die solaren Gottheiten in Afrika und Neuseeland (L. F r o b e n i u s Die Weltanschauung der Naturvölker Weimar 1898, 256. 271). 5. Nach der deutschen S a g e k a n n nur ein einäugig Geborener den Schatz heben 2β ). ! ·) Μ e i c h e Sagen 691 Nr. 855; Ε i s e 1 Voigtland 182 Nr. 485. t Seligmann. Einbeere (Paris quadrifolius). 1. B o t a n i s c h e s . Liliengewächs mit unscheinbaren, sternförmigen, vierzähligen B l ü t e n und vier (selten fünf oder mehr) kreuzartig angeordneten, eiförmigen B l ä t t e r n . Die F r u c h t ist eine schwarzblaue, etwa kirschgroße Beere. Die E . ist nicht selten in L a u b w ä l d e r n . Sie scheint giftige E i g e n s c h a f t e n zu haben l ) . *) M a r z e i l Kräuterbuch 481 f.; C a r l v. Schroff Histor. Studien über Paris quadrifolia L. Graz 1890. 2. Daß die E . in den alten K r ä u t e r büchern als Ζ a u b e r ρ f 1 a η ζ e erscheint, rührt wohl ζ. T . daher, daß m a n in ihr den mit geheimnisvollen K r ä f t e n ausgestatteten άστήρ 'Αττικός des D i o s k u r i d e s 2 ) sah (mit Unrecht). S o schreibt Μ a 1 1 h i ο 1 ιι s 3 ), er habe selbst erfahren, daß etlichen, die „ d u r c h Unholden und Zauberei ihrer V e r n u n f t ber a u b t worden w a r e n " , mit der P f l a n z e geholfen worden sei. A u c h nach S c h r ö d e r 4 ) „ t a u g t die E . denen, die durch H e x e r e y närrisch geworden s i n d " . Wenn B o c k 5 ) schreibt, daß „ e t l i c h e meinen, so m a n dieses K r a u t mit der linken H a n d abbreche und an die geschwollene Macht ( = Leistendrüsen) binde, es die Schmerzen lindere", so ist das wörtlich aus Dioskurides entnommen. A u c h Hagen6) berichtet, daß die J ä g e r mit der E . A b e r glauben treiben. Im deutschen Volksglauben gilt die E . (wohl wegen der einer Pestbeule ähnlichen Gestalt ihrer F r u c h t ) als Mittel gegen die P e s t (daher auch „ P e s t b e e r e " genannt). Zur Pestzeit soll man E . n an die Türen s t e c k e n 7 ) , drei E . n über das K r e u z in die E c k e hängen (Angeltal) 8 ). E . n unter dem Dach a u f bewahrt, schützen das Haus vor Pest
698
und ansteckenden K r a n k h e i t e n 9 ) . Als „ S c h w a r z b l a t t e r k r a u t " in den Weihbrunnkessel getaucht und auf die schwarzen B l a t t e r n gebunden, hilft es gegen d i e s e 1 0 ) . Wie die Bibernelle (s. d.) erscheint auch die E . in der Pestsage u ) . A u c h sonst sind S a g e n über die Wunderk r a f t der E . zu Pestzeiten b e k a n n t 1 2 ) . Die E . muß mit einer B e s c h w ö r u n g gepflückt werden, ζ. B . gegen G i c h t : Ε., wer hat dich gepflanzt ? Unsere Frau mit ihren fünf Fingern. Durch all ihre Macht und Kraft Hat sie dich hieher gebracht, Daß ich werd gesund 13 ). A l s Heilpflanze muß sie zwischen den zwei F r a u e n t a g e n (Böhmerwald) 1 4 ) oder am Rochustag (Pestpatron) l s ) gep f l ü c k t werden. *) Mat. med. 4, 119. ») Kreuterbuch 1563, 472. ) Medizin.-chym. Apotheke 1685,1007. s) Kreuterbuch 1 (1539), 89 r. ·) Preußens Pflanzen 1 (1818), 314. ') U η g e r u. K h u l l Steir. Wortsch. 71. ·) P e t e r Osterreich.-Schlesien 2, 241. ,0 ) N e i d h a r t Schwaben 55. " ) Mnnordböhm. Exc. 16, 351 f.; Treichel Armetill, Bibernelle u. and. Pestpflanzen. 1887, 12 14. ) S c h ö n W e r t h Oberpfalz 3, 20; A n d r i a η Altaussee 136 f. u ) S c h r a m e k Böhmerwald 282; vgl. S c h ö n w e r t h a. a. O. " ) DbotMonatsschr. 13 (1895), 45. 16) Mnnordböhm. Exc. 19, 77. 4
3. Das G e w i t t e r wird v o n der E . angezogen (Bayrischer Wald) l e ). le
) Marzell
Bayer.
Volksbot. 134. Marzeil.
Einbet. Eine der drei J u n g f r a u e n , deren Verehrung als christliche Heilige (sie sollen der Gesellschaft der hl. Ursula angehört haben) v o n Tirol, wo Meransen im Pustertal der Mittelpunkt ist, über Oberund Niederbayern, Worms, S t r a ß b u r g bis ins R h e i n l a n d und nach L u x e m b u r g r e i c h t 1 ) . In der bildlichen Darstellung werden sie o f t als St. Spes, St. Fides und St. Caritas bezeichnet. Ihre N a m e n werden in mannigfaltigen F o r m e n angegeben: in Straßburg, wo sie begraben sein sollen 2 ), Einbetta, Worbetta, W i l b e t t a ; in Leutstetten Ainpet, Gerpet, Firpet; in Schildturn Einbeth, W a r b e t h , Wilbeth usw. 3 ). Ihr F e s t t a g ist in Meransen und in Schlehdorf am Kochelsee der 16. S e p t e m b e r 4 ) ; in Frauweiler bei B e d -
699
einbinden-
burg der 1. August 5) (im Martyrologium der Tag für Spes, Fides und Caritas). Die drei Jungfrauen fanden in Schlehdorf (Oberbayern) namentlich in Pestzeiten viel Zuspruch, besonders bei Nacht e). In Leutstetten sollen alte Leute sie gesehen haben, zwei ganz weiß, die dritte schwarz 7 ). In Schildturn (Niederbayern) 8 ) und in Frauweiler 8 ) helfen sie gegen Unfruchtbarkeit und für glückliche Entbindung. Man sieht in den drei Jungfrauen Nachfolgerinnen der drei deutschen Schicksalsschwestern, mit denen sich die keltischrömischen Matres oder Matronae vermischten 10). E. gilt unter ihnen als die vornehmste und kommt zuweilen vereinzelt vor; nach ihr sind Orte benannt, auch werden Reliquien von ihr a u f b e w a h r t n ) . In Schlehdorf wird sie als Gräfin bezeichnet 12 ). Ihren Namen deutet man als „die in ihrer Art einzige Schicksalsbestimmerin" 13) oder als „Gebieterin des Schreckens" und glaubt in ihr die „Todesnorne" sehen zu dürfen 14). In Tirol deutet das Volk den Namen Aubet als „aufwärts" 15). *) P a n z e r Beitrag τ, i f f . , n a m e n t l . 23 ff. 32 f. 69 f. 206. 208; Z i n g e r l e Sagen 19 ff.; M a n n h a r d t Germ. Myth. 640 ff.; W o l f Beiträge 2, 1 7 1 f f . ; Pfannenschmid Weihwasser 95. 100; M e y e r Germ. Myth. 169 f. 1 7 1 f.; D e r s. Mythol. d. Germanen 254 ff. A n d r e e - E y s n Volkskundliches 35 ff. *) P a n z e r 1, 208 f. ") Zusammenstellung der N a m e n : P a n z e r 1, 285 f. 378 f f . ; 2, 548; A n d r e e - E y s n 36. 4) A n d r e e - E y s n 44· 53· ') S c h e l l Sagen d. Rheinlandes 3 (nach M o n t a n u s - W a l d b r ü h l Die Vorzeit 1, 55). ·) P a n z e r 1, 23 f. ') E b d . 1, 25. «) E b d . 1, 6 9 t «) S c h e l l 3. Vgl. B u r c h a r d v . W o r m s p.iged.; G r i m m Myth. 3, 409; A n d r e e - E y s n 59. N a c h Helm Religgesch. 394. 410 f. ist die Vorstellung v o n drei M a t r o n e n den G e r m a n e n ursprünglich f r e m d u n d erst durch die B e r ü h r u n g mit den K e l t o r o m a n e n zu i h n e n gekommen. Andere sehen in den drei hl. J u n g f r a u e n drei christliche Marien: A n d r e e - E y s n 36, Anm. 1. l l ) W o l f Beitr. 2, 174 f.; P a n z e r Beitr. 1, 34. 379; Α η d r e e - Ε y s η 45. 57 f. " ) W o l f Beitr. 2, 174. " ) M e y e r Myth, d. German. 254. " ) M a n n h a r d t German. Myth. 644 ff.; G ü n t e r t Kalypso 241 f. D o c h scheint die älteste N a m e n s f o r m (in Meransen, 13. J h . : Z i n g e r l e Sagen 21) A m b e d zu sein u n d in L e u t s t e t t e n wird St. A i n p e t gerade a m hellsten dargestellt: Α η d r e e
700
änbohren
E y s n 53. Andere N a m e n s d e u t u n g e n : P a n z e r 1, 378 f f . ; Z i n g e r l e Sagen 22 (nach W e i n h o l d Riesen 26); L a i s t n e r Sphinx 2, 400 f. " ) A n d r e e - E y s n 46. Sartori.
einbinden ( E i n b u n d ) . 1. e., einstecken, einstricken; Einbund, Eingebinde, Eingestrick, Einstricket ist die aus Geld, Taufbrief, Schenkungsurkunde u. dgl. bestehende Taufgabe des Paten, die vor oder nach der Taufe dem Kind ins Steckkissen oder die Windel gesteckt bzw. gebunden wird x). Manchmal geschieht das E. der Gegenstände heimlich durch den Paten selbst 2), manchmal aber auch öffentlich mit viel Umständlichkeit 3 ); die Art und der Wert der Geschenke ist meist genau und einheitlich festgelegt 4). Im Vogtland ist das E. fast ganz abgekommen und in ein Geschenk des Paten am ersten Geburtstag in Gestalt von Kleidern, Ringen, silbernen Löffeln umgewandelt worden 2). Im Hochalemannischen heißt man es „Heise", weil die Geschenke dem Kind ursprünglich um den Hals gebunden wurden e). Vom Einbund soll die Mutter immer etwas aufheben, dann kommt das Kind nie in Geldnot (Berolzheim, Tauberb.)'). *) K o n d z i e l l a Volksepos 100; Η ü s e r Beiträge 2, 23; M a n n h a r d t Germ. Myth. 697; M e y e r Baden 25; S e e f r i e d - G u l 2 g o w s k i Kaschubei 122. ) ZfVk. 6 (1896), 254; 13 (1903), 385. *) H ö h n Geburt Nr. 4, 2 7 1 . 2 7 2 ; B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 235; SAVk. 21 (1917), 79. 4) R ο c h h ο 1 ζ Kinderlied 295; B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 235; K ö h l e r Voigtland 244; M e y e r Baden 25; SAVk. 21 (1917), 38; 22 (1918), 243; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1 , 1 7 1 ff.; R o t h e n b a c h Bern 12 Nr. 28. 5) K ö h l e r Voigtland 244. ·) M e y e r Baden 25. ') E b d . 25.
2. Neben dem E. der Geschenke seitens des Paten findet sich auch das E. verschiedener Gegenstände durch die Mutter oder die Hebamme zu dem Zweck, das Kind auf dem Taufgang vor Hexen und bösen Geistern zu schützen 8 ). s. a. a n b i n d e n , Angebinde. *) B o e d e r
Ehsten
19.
einbohren s. v e r b o h r e n , p f l ö c k e n.
Lüers.
ver-
7οι
Einführungsgebräuche—Eingeweide
Einführungsgebräuche s. h ä n s e l n , Jünglingsweihe. eingeben s. e s s e n . Eingeweide. 1. A l l g e m e i n e s u n d P h y s i o l o g i s c h e s . Das Gesamte, wird im deutschen Aberglauben seltener genannt als die Einzelorgane, denn E. ist Sammelbezeichnung. Der wissenschaftlich-anatomisch gefaßte Begriff E. deckt sich schon nicht mit den mundartlichen Sammelbezeichnungen für Organgruppen. a) Es werden farblose Begriffe gewählt wie ingebeilh 1)1 ingedöme 2), inker 3), gebüttt 4), die einfach soviel wie Füllsel, Inhalt oder Hohlraum bedeuten (gebütie wird mit -put, bottech in Zusammenhang gebracht), oder man braucht Bezeichnungen wie gehänge s), gekröse ·), gerebe7), die der äußeren Form entnommen sind. Bei allen schwankt, je nach örtlicher Auffassung, die Weite des Begriffs. b) Man faßt eßbare Teile zusammen: E. gehört schon zu ahd. weida = Speise. In der Regel gibt ein besonders auffälliges Organ den Namen her. Zu dieser Gruppe gehören Ausdrücke wie kutteln *), das zu got. quithus, Magen gestellt wird (vgl. Kuttelfleck) und kaldaunen, das Kluge zu lat. calduna tut l 0 ), gepläutze u ) und Schawanzen12), schließlich obdt. gelüngels) (s. Lunge, Lungeln), geschlinke14) und nie'derdt. hanslag16) (s. Herz). Diese letzten drei bezeichnen die vom Schlachter zusammenhängend gelösten Teile: Leber, Lunge, Herz und Zunge. Eine gemeindeutsche, allgemein gebräuchliche Bezeichnung für solche Organgruppen gibt es nicht. Die Mundartenwörterbücher enthalten in reicher Auswahl weitere Belege. Keiner bietet eine Handhabe für die irrtümlichen, weitgehenden Theorien über Reste altgermanischen Opferglaubens und -brauchs, wie sie beispielsweise Pfannenschmid le ) und noch ausgesprochener Höfler 17 ) dem Stoffe abringen wollten. „Die Opferanatomie führte zur Küchenanatomie", sagt Höfler; das Umgekehrte dürfte der Fall sein nach den Mundartenbezeichnungen und der Uberlegung, daß der Opferkult bereits eine se-
702
kundäre Stufe der Primitivität bedeutet. Die Mundartenbezeichnungen für E. lassen neben der Beobachtung, daß in indogermanischer Zeit schon Wörter für die Einzelorgane existieren, den Schluß auf gute anatomische Kenntnisse der Vorzeit zu 18). Das hohe MA. in seiner Verachtung des Körpers vernachlässigte die anatomische Weiterbildung, die noch die Frühzeit eifrig betrieben hatte. Das wirkt heute noch nach, wenn hier auch oft stark übertrieben wird. So ist im Werke von Brenner-Schäffer entschieden ein Zerrbild der Volksanschauungen gegeben le ). Durchweg vergleicht der Volksglaube das menschliche Leibesinnere mit dem der Tiere, wie es Megenberg schon tat nach dem Vorbild der Antike 21). Grobe Unterschiede zwischen den Organen der Brustund Bauchhöhle macht es, außer in den oben gegebenen Bezeichnungen, noch durch die Benennungen Vorder- und Achtergeweide 22), Innen-, Herz-, Nach-, Unter-, Vorbrust 23). Gewisse Ungereimtheiten in den anatomischen Vorstellungen haben ihre erklärbaren Gründe. So ist die Fabel von wandernden Organen teils durch tatsächliche Verlagerungen, teils durch Vorstellungen von der Humoralpathologie bedingt. Dasselbe gilt für wandernde Krankheiten (s. Fluß; Saft, unreiner). Die seltsame Verwechslung von Herz und Magen 24 ) (s. d.) taucht schon auf bei der griechischen Gleichsetzung von Herz und Magen in dem Worte χαρβία. Der Blutkreislauf ist dem Volke heute bekannt (s. Blut), jedoch wird der Unterschied zwischen Arterien und Venen nicht gemacht, vielmehr lassen die mittelalterlichen Vorstellungen von Luftadern noch immer von in den Adern „verschlagenen Winden" 25) sprechen, und Herzbeschwerden werden heute viel auf solche Winde zurückgeführt 2e ). Vom Gehänge, das in engerer Bedeutung auch Herz, Lunge und Leber umfassen kann, glaubte man, daß es bei Lungenschwindsucht nur noch an einem Nähfaden hänge 27 ), wohl in der richtigen Vorstellung von der zersetzenden Tätigkeit der Tuberkulosis und in Anlehnung an die Bezeichnung „Abzehrung" (s.
703
Eingeweide
Schwindsucht, Lunge). Weitere volksphysiologische E.vorstellungen sind bei den Einzel Organen gegeben 28). i) Z f V k . 7 , 1 9 2 ; 2 3 , 2 7 8 Anm. 1 ; Val. H i n t η e r Benennung der Körperteile in Tirol. Wien. Progr. (1879), 8; Ernst M e i e r Gewerksausdrücke des Schlachters in Westfalen. Diss. Münster (1914), 58 f.; vgl. 14. J h . : N o r r b o m 2 1 6 und Klapper Schlesien 80; Spieß Frank.-Henneb. 15. ») C u r t ζ e Waldeck s Idiot, s. v.; M e i e r 1. c. ) W o e s t e Mark Glossar s. v.; M e i e r I.e. 4) P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 84 ff.; Η ö f 1 e r Organotherapie 46; G r i m m DWb. 4, 1, 1 9 1 3 * · ; B u c k Volhsmed. 1 7 . 5) P a u l i Pfalz (1842), 23. ') H i n t n e r I.e.; Meier I.e.; K l u g e 8 1 8 3 ! ; vgl. G e i l e r s Enteis hsg. Stöber (Basel 1856) 27, in der Beschreibung vom wüt. Heer. ') Η ö f 1 e r Krankheitsnamen 499; B u c k Volhsmed. 17. ») K l u g e « 108. ·) M. S c h o l l e n Volkstümliches aus Aachen (1881), 5 2 ; F u l d a Idiot. (1788), 240; L e χ e r s. v . ; N e u b a u e r Bezeichnungen des menschlichen Körpers und seiner Teile im Egerlande. In BayernsMa. 2 (1894), s. v . ; MsäVk. 3, 2 1 7 ; 14. J h . : K l a p p e r Schlesien 80. 10 ) ZfrwVk. 6, 264; Klapper I.e.; M e i e r I.e.; K l u g e » 222. n ) MschlesVk. 1 7 , 8 9 (16. bis 1 7 . Jh.). " ) MsäVk. 2 , 3 3 7 . " ) D o m b r o w s k i Die Waidmannssprache2 (1897), 64; K e h r e i n Die Waidmannsspr. (1872), 207; Georg H e e g e r Die Tiere im pfälz. Volksmunde (Progr. Landau 1902), 9; für 1 5 9 7 : Tabernaem o n t a n u s Arztney Buch 579. " ) Karl K ä s b o h r e r Der Metzger in „ D i e Heimat" 8 1 9 (1918), 45 ff.; K l u g e 168 stellt es zu „ S c h l u n d " ; D o m b r o w s k i 1. c.; MsäVk. 3, 5 8 ; MschlesVk. 8, 146; vgl. für 1 5 9 7 : L e r c h e i m e r hsg. Binz-Birlinger (Straßburg 1888), 98, 37. 1S ) Mündl. Hamburg und Umgebung. " ) P f a n n e n s c h m i d 1. c. " ) H ö f l e r Organotherapie 45 ff. l ') G. G r u ρ ρ Kelten und Germanen (1905), 82; S. F e i s t Kultur, Ausbreitung und Herkunft der Indogerm. (1913). 99 ff., vgl. 102 ff.; S c h ä f e r Verwandlung 1 1 ; W u n d t Völkerpsych. 4, 82 ff. 1β) B r e n n e r - S c h ä f f e r Oberpfalz 26. 20) B u c k Schwaben 18. " ) M e g e n b e r g Buch der Nat. ed. P f e i f f e r 3 1 . M e i e r 1. c. " ) Η ö f 1 e r Organoth. 46. " ) Z.B. Β r e η n e r - S c h ä f f e r Oberpfalz 25. ««) Bavaria 2, 2, 898. " ) Mündl. Hamburg-Finkenwärder. *) P a u l i Pfalz (1842), 23. Eine zusammenfassende Darstellung vom Verf. erscheint voraussichtlich 1929 u. d. T . Die E. im dt. Glauben und Brauch.
2. D a s E. a l s T r ä g e r d e r S e e l e n - u n d L e b e n s k r a f t . Das Gesamte. wird nicht ausdrücklich als Seelenträger angesprochen (s. dagegen die Einzelorgane und den Artikel Seele). Die Beobachtung, daß die inneren Organe
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wesentlich sind zum Leben, wird den Glauben an Seelenkräfte nahe gelegt haben, die vermeintlich in ihnen schlummern. Die heute noch lebendigen Vorstellungen von der Beziehung der Organe zu dämonischen Kräften scheinen jedoch weniger aus der Zeit der Primitivität 29), als aus Überlieferungen zu stammen, die teils astrologischer 80), teils antik-mythischer 31 ) oder christlicher Natur sind 32 ). Sogar arabische s3 ) und talmudistische 34) Einflüsse sind nachzuweisen (s. Seele). Strittig ist die Herkunft des im MA. häufigeren, heute vereinzelt überlieferten Brauchs 36 ), Organe gesondert zu bestatten, der entschieden auf Körperseelenglauben deutet (s. Herzu. 1, 979). Als Dämonen zeugend kommt bisweilen Fisch-Ε. in der Sage vor 36 ), lebenzeugend ist das Tier-E. im Märchenmotiv vom Wunderbaum 37 ). *·) Wie etwa: M ü l l e n h o f f Sagen 5 1 2 , 2 ; W u n d t Völkerpsych. 4, 78 ff. ao) G u η d e 1 Sterne und Sternbilder (1922), 198; Boll Sternglaube 65; Meyer Aber gl. 18 ff. 81 ) W ü η s c h im A R w . 1 2 , 1 6 0 . 8a) R. Κ ö h l e r Adams Erschaffung aus acht Teilen in Germania 7 (1862), 3 5 0 — 3 5 4 ; dazu A R w . 1 1 , 483; 12, 578; Klapper Erzählungen 381. a3 ) D i e t e r i c i Araber des 10. Jhs. (1861), M 3S 24 f. ) L e h m a η η Abergl. passim. ) Dietr. S c h ä f e r S . B . der preuß. Akademie (1920). 26; dazu: K l a p p e r Erzählungen 72. 78; H. O t t e Hdb. der kirchl. Kunstarchäol.6 Lpz. 1883, 350 ff. ae) J u n g b a u e r Böhmerwald (1924), 91 ff. " ) Β ο 1 1 e - Ρ ο 1 i ν k a 3, 60.
3. E.m a n t i k . Zunutze macht sich der Mensch die im Organ nach seiner Meinung schlummernden Kräfte in Mantik und Zauber. Reste alten Opferglaubens oder -brauches sind in den mantischen Überlieferungen des Volkes nicht sicher nachzuweisen (s. Opferschau). Wie bei allen Naturdingen und Naturvorgängen der Mensch nach Beziehungen zu seinem eigenen Schicksal sucht, so tut er es, ohne Zugrundelegung der Opferidee, am lebenden und toten Körper, bei Jagd, Schlachtfest und Krieg auch wohl an den inneren Leibesorganen (s. Mantik, Gans, Ichthyomantie, Skapulimantie usw.). Zur E.mantik in weiterem Sinne kann noch gerechnet werden: die Kephalomantie, die Hauch- und Niesmantik (s. Sternomantie), die Blutmantik (s. Blut, Nase,
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Eingeweide
G o t t e s u r t e i l ) , die B l u t p r o b e (s. B l u t ) , die Speichel-, K o t - , H a r n m a n t i k , s o w i e die M i ß g e b u r t e n m a n t i k (s. d.) u n d die A m n i o s k o p i e (s. N a c h g e b u r t , N a b e l s c h n u r ) . Zusammenfass. Lit. gibt es nicht, s. § 1, Anm. 28. 4. E . z a u b e r. E . t e i l e f i n d e n V e r w e n d u n g im A b w e h r - , S c h a d e n - u n d G e w i n n z a u b e r (s. Z a u b e r ) . A u c h hier ist es das E i n z e l o r g a n , das die k o n z e n t r i e r t e L e bens- oder S e e l e n k r a f t a b g i b t ; s o w e i t m i t dem Gesamteingeweide manipuliert wird, liegt demnach fast immer Häufungsz a u b e r v o r . So e t w a in d e m R e z e p t des E g e r l ä n d e r Z a u b e r b u c h s , n a c h d e m drei F r e i k u g e l n e n t s t e h e n , w e n n sie in den L e i b einer a u f g e s c h n i t t e n e n F l e d e r m a u s g e t a u c h t w e r d e n M ) (s. F l e d e r m a u s ) . F l e d e r m ä u s e . w u r d e noch i m 20. J h . a u f schweizerischem Gebiet im Liebeszwang b e n u t z t 3 9 ) . N a c h e i n e m irischen K e t z e r p r o z e ß v o n 1324 w e r d e n S a l b e n u n d P u l v e r der H e x e n g e k o c h t „ d e intestinis et interioribus g a l l o r u m " 4 0 ) . Weiteres s. bei E i n z e l o r g a n e n , S e k r e t e n und E x kreten. M) ZföVk. 11, 174. 3») S t o l l Zaubergl. 185 f. H a n s e n Zauberwahn 341
5. H e i l z a u b e r m i t E. Der E.z a u b e r f i n d e t eine spezielle A u f g a b e v o r i m H e i l z a u b e r , der z u m G e w i n n z a u b e r g e r e c h n e t w e r d e n k a n n . Die s o n s t übliche, der Medizinhistorie e n t l e h n t e B e z e i c h n u n g O r g a n o t h e r a p i e (s. d.) ist n i c h t g a n z g l ü c k l i c h , weil sie v o n m e d i z i n wissenschaftlichen Vorstellungen ausgeht. I m m e r h i n w i r d d u r c h die W a h l dieses A u s d r u c k s auf die v e r m e i n t l i c h e Heilw i r k u n g des E i n z e l o r g a n s n a c h d r ü c k l i c h h i n g e w i e s e n . E i n e H e i l h a n d l u n g mit den G e s a m t e i n g e w e i d e n liegt v o r b e i m b a l n e u m a n i m a l e 4 1 ). S p i n a l e K i n d e r l ä h m u n g w i r d geheilt, i n d e m m a n das e r k r a n k t e Glied in den g e ö f f n e t e n L e i b v o n f r i s c h g e s c h l a c h t e t e n H u n d e n oder K a t z e n s t e c k t bis z u m E r k a l t e n der T i e r l e i c h e 4 2 ) ; h ä u f i g e r sind es H a u s t i e r e , d e r e n f l i e h e n d e L e b e n s k r a f t bei der S c h l a c h t u n g so a u s g e n u t z t w i r d 43 ). G e g e n G e s c h l e c h t s k r a n k h e i t ist u m 1880 ein M a n n sogar in einen frisch g e s c h l a c h t e t e n O c h s e n bis zu dessen E r k a l t u n g „ e i n g e B ä c h t o l d - S t ä u b l i , A b e r g l a u b e II.
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k l a p p t " w o r d e n 4 4 ) . K l e i n e r e T i e r e werden a u f g e s c h n i t t e n u n d bei verschiedenen S c h ä d e n u n d K r a n k h e i t e n a u f g e l e g t , wie gegen Biß eines tollen Hundes Krämpfe46), Fraisen47), Hautausschläge, G e s c h w ü r e M ) u n d W a s s e r s u c h t 4e ). Die M a n n i g f a l t i g k e i t der a n g e b l i c h durch balneum animale heilbaren Krankheiten e r k l ä r t sich aus d e m C h a r a k t e r des H ä u f u n g s z a u b e r s . H ö f l e r l e i t e t ohne b e s o n d e r e G r ü n d e d e n G l a u b e n a n die H e i l w i r k u n g des b a l n e u m a n i m a l e a u s d e m K u l t o p f e r a b 5 0 ) . E i n e N o t i z bei Most, der n o c h 1842 als A r z t das b a l n e u m a n i m a l e a n w e n d e t , w e i s t auf m ö g l i c h e A b h ä n g i g k e i t v o n Mesmers L e h r e n über tierischen M a g n e t i s m u s 5 1 ) . W e i t e r z u r ü c k f i n d e t sich das b a l n e u m a n i m a l e j e d o c h schon bei G o c k e lius als M i t t e l g e g e n den B i ß toller H u n d e 5 2 ) . G o c k e l i u s e n t n i m m t sein W i s s e n v o m animalischen B a d einem T r a k t a t von 1591 53 ). D a s hohe A l t e r des b a l n e u m anim a l e ist d a m i t b e l e g t . O f f e n b a r l i e g t seiner A n w e n d u n g der G e d a n k e an d i r e k t e Ü b e r t r a g u n g der in d e n E . n s c h l u m m e r n den L e b e n s - oder S e e l e n k r a f t z u g r u n d e . A l s S u b s t i t u t des h e i l e n d e n E . s gilt der E . d u η s t , der S c h w i n d s ü c h t i g e n z u m Einatmen empfohlen w i r d 5 4 ) , j a sogar der F i n g e r , m i t d e m der J ä g e r ,,das W i l d a u s z u w a i d e n p f l e g t " , ist h e i l k r ä f t i g : er e r l e i c h t e r t d e n K i n d e r n das Z a h n e n , w e n n das Z a h n f l e i s c h d a m i t in B e r ü h r u n g g e b r a c h t w i r d 6 5 ) . D i e H a n d des S c h l a c h t e r s e n t f e r n t W a r z e n d u r c h Bes t r e i c h e n 6 e ) . Mit „ K u t t e l w a s s e r " heilt m a n in S c h w a b e n die F ü ß e „ r e c h e r " P f e r d e 67 ). E i n e A b e r g l a u b e n l i s t e von 1387 s a g t : similiter p e c c a n t illi, qui c o n t r a c o m p u n c t i o n e m p r e c o r d i o r u m de m a n i b u s h o m i c i d a r u m b i b u n t 58 ). 4l ) J. D e t m ο 1 d t de balneo animali . . . . Gottingae 1797. " ) F l ü g e l Volhsmed. 26; vgl. G o l d s c h m i d t Volksmed. 86. " ) H ö f l e r Volhsmed. 217. " ) Mündl. Finkenwärder. 45) Hs. des 18. Jhs. (Hamburg. Staatsarch. C L V I I Lit Cb 2). " ) Bavaria 4> 1, 221. *') F ο s s e 1 Volksmed. 73; vgl. W 1 i s 1 ο c k i Vom wandernden Zigeunervolke (Hamburg 1890), 275. «) So bei den Zigeunern: S A V k . 15, 148. «) B u c k Volksmed. 53. 6») Η ö f 1 e r Organoth. 169; ihm folgen HovorkaK r o n f e l d 2, 212 f. " ) M o s t Sympathie 115 bezieht sich auf C. A. F. K l u g e Versuch
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eingraben—Einhorn
und Darstellung des animalischen Magnetismus als Heilmittel. Bln. 1815. «·) Bericht von de· nen wüetenden Hunds-Bissen v o n Eberhardo G o c k e l i o . Ausgpurg 1679, 49. »») B a u h i η u s Tractat von etlichen wüetigen Wölffen . . 1591. H ) Mündl. Finkenwärder; vgl. Janus 12, 29, 2 1 ; Η ö f 1 e r Organoth. 34. s5) B a r t s c h Mecklenburg 2, 54 ff = B l a n c k - W i l h e l m i (1896), 193. ··) Mündl. Finkenwärder. ") B u c k Volhsmed. 48. Schönbach Berth, v. R. 135.
6. D a s k r a n k e E. u n d s e i n e H e i l u n g . Erkrankungen der E. können hervorgerufen werden: a) Durch äußere Einwirkungen, indem Tiere in den Leib dringen (s. bei Einzelorganen), Fremdkörper eingehext werden (s. Hexenschuß, Schuß) oder die Hexen bzw. die Dämonen wie Holden, Unholden und Elben selbst in den E.n hausen (s. Besessenheit, Hexe, Krankheit). Hier mischen sich entschieden primitive und altchristliche Vorstellungen. b) Die E. siechen, weil das Gleichgewicht der Säfte gestört ist, oder die Säfte verunreinigt sind (s. Saft, unreiner) Die Volksmedizin hat damit das Andenken an die Humoralpathologie gewahrt. Die Heilbräuche an den inneren Organen halten sich wie sonst auch an Naturdinge, an Handlungen (s. etwa Verpflöcken, Verbohren, Wegschwemmen, Durchziehen usw.) oder an Worte (s. Segen, Charaktere). Im christlichen Kult hat sich unter deutlichem Einfluß älterer Bräuche der Glaube an Heilwirkungen durch Opferung erhalten. Jedoch bilden die Votivfiguren Einzelorgane, nur vereinzelt E.gruppen ab (s. Votive, Lungin). Uflter den 14 Nothelfern ist es St. Erasmus, der bei E.schmerzen angerufen wird, vor allem jedoch wieder bei Unterleibsleiden und Bauchgrimmen, also schon lokalisierten Krankheiten, weil ihm nach der Legende die E. ausgehaspelt wurden 69). Als Patron der Unterleibskranken und Gebärenden wird er mit dem Attribut der Haspel dargestellt eo). Ihm opfert man im Krankheitsfalle heute noch die sog. „Erasmuswickel", die man bei den Wachsziehern erstehen kann e l ). Si) B u c k Volhsmed. 27. ω ) R . P f l e i d e r e r Die Attribute der Heiligen. U l m (1898), 44. " ) Mündl. Bayern.
708
Weitere Literatur s. bei: k r a n k , Volksmedizin, heilen, Medizin. Vgl. noch die Stichwörter: Hirn, Lunge, Herz, Blut, Leber, Galle, Milz, Magen, N i e r e n , H a r n (-blase), G e b ä r m u t t e r .
Bargheer.
eingraben s. v e r g r a b e n . St. Einhardsbrunnen. Ein Born bei der Kapelle auf dem Klusenberge bei Altena a. Lenne (Westf.), wo im MA. ein Einsiedler, St. Einhard (als sein Gedächtnistag galt der 25. März), seine Klause hatte. Ein Trunk aus diesem Brunnen gab Frauen den gewünschten Kindersegen x ). In späterer Zeit gingen die Leute am Ostermorgen dorthin spazieren und holten sich Wasser, das gut für die Augen sein sollte 2). J) S a r t o r i Westfalen 73; Heimat (Beilage z. Westdeutschen Volkszeitung, Iserlohn) 1 1 (1928), 71 f. *) W ο e s t e Mark 49. Saxtori.
Einhorn. 1. Das E. wird als ein wildes, ungeheuer starkes Tier meist in Pferdegestalt, aber auch antilopen- oder bocksartig gedacht und trägt als Haupteigentümlichkeit ein langes, spitziges, gewundenes Horn mitten auf der Stirn *). Auch hat es eine wulstartige Erhebung auf dem Kopf, worin man wohl einen Karfunkelstein sah 2). Das Tier stirbt in der Gefangenschaft 3). Es ist einsiedlerisch und haßt männliche Wesen 4). M e g e n b e r g Buch d. Natur 133; S t a r i c i u s 35; C a r u s Zoologie 125. 284. 295. 314. 347; B i r l i n g e r Volksth. 1, 359; H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 114 f f . ; Β r ä u η er Curiositäten (1737), 592 f f . a) G r i m m Mythol. 3, 363; W . H e r t z zu W o l f r a m s Parzival 526 (mit Belegen). 1 Megenberg a. a. O. 4) Hl. Hildeg a r d 289; s. Η ο ν ο r k a - Κ r ο η f e 1 d ι ,
2. Von den S a g e n über das Ε. ist sein Kampf mit dem Löwen bemerkenswert; dieser stellt sich vor einen Baum und weicht dem anstürmenden E. blitzschnell aus, so daß es sein Horn tief in den Stamm einbohrt und dadurch wehrlos wird 5 ). Gelegentlich wird das auch von Menschen, die vom E. angegriffen
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Einhorn
werden, so g e m a c h t 6 ) . Vor allem aber w a r die Sage v o n seinem F a n g durch eine reine J u n g f r a u verbreitet, zu der das sonst so wilde E . traulich herankommt und seinen K o p f in ihren Schoß legt. Die Fabel wurde f r ü h allegorisch auf Christus ausgelegt, der in den Schoß der J u n g f r a u Maria eingegangen und dann v o n den J u d e n gefangen und getötet worden s e i 7 ) . Viele K ü n s t l e r haben die Szene dargestellt, sehr bekannt ist Morettos Gemälde 8 ). s ) M e g e n b e r g a. a. O.; Birlinger Volksth. 1, 359; vgl. S h a k e s p e a r e Jul. Caes. 2 , 1 . ") Märchen vom tapferen Schneiderlein: B o l t e - P o l i v k a 1, 164; 2, 2 1 ; vgl. auch L i e b r e c h t Z. Volhsk. 1 1 3 ; G e r h a r d t Franz. Novelle 76. ') Ausgezeichnete Quellensammlung bei Carl C o h n Zur literar. Geschichte des Einhorns (Wiss. Beil. z. Jahresber. d. 1 1 . städt. Realschule zu Berlin 1, 1896; 2, 1897). S. noch H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 1 1 5 ; S t o r f e r Jungfr. Mutterschaft 184; J. Franko Die Einhornsage und ihre bulgar. Variante (Sbornik na narodni umotvorenija), 8 Sofia 1896. ) Fr. Κ u η t ζ e Die Jagd des Einhorns in Wort und Bild, AKultgesch. 5 (1907), 2 7 3 f f .
3. Im Volksglauben hatte das Horn des E . s die größte B e d e u t u n g ; es galt als kostbarer Talisman, man fertigte A m u l e t t e und R i n g e daraus e ). 1 4 1 6 ließ der Herzog J o h a n n von B u r g u n d an ein S t ü c k E . einen Griff m a c h e n 1 0 ) , 1 5 6 5 gab Friedrich I I . von D ä n e m a r k sein E . gegen eine große S u m m e als P f a n d " ) , ein „ p r o b i e r t und ein rechtes natürliches" E . wird 1568 f ü r die P f a l z gesichert 1 2 ). Man bezahlte diese Hörner teuer, und so wurde Handel damit getrieben. Man brauchte sie, um festzustellen, ob etwas G i f t enthalte, so K a r l der K ü h n e , der das S t ü c k eines E . stets auf seiner T a f e l hatte 1 3 ), aber auch zu sonstigen Heilzwecken. D a her kommt das E . auch als Giebelschmuck v o r 1 4 ), und als Wappentier in der Heraldik war es sehr beliebt; so f ü h r t e n es Dietmar von Aist, der englische Dichter Chaucer, die Markgrafen v o n E s t e ; da es die Könige von Schottland im W a p p e n trugen, k a m es auch in das englische S t a a t s w a p p e n . A u c h Schillers Adelswappen zeigt den Oberleib eines E . s 1 S ). *) SchwVk. 10, 14 und 78 ff.; Alemannia 10 (188z), 1 1 0 ; P e t e r s Pharmazeutih 2, 160 ff.;
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H o v o r k a - K r o n f e l d i, 1 1 6 ; 2, 338. ) SchwVk. 10, 14. " ) H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 116. " ) SchwVk. io, 78 f. ») A. a. O. 14; H ö f l e r Organotherapie 270; H e r t z a. a. O. 526. ») Η e y 1 Tirol 788 Nr. 156. " ) C. C ο h η a. a. Ο. 2, 28 f. 10
4. Die Fabeleien v o m E . sind kein bodenständiger deutscher Volksglaube gewesen, sondern sie beruhen, wie die anderen europäischen E.-sagen l e ), sämtlich auf gelehrter, literarischer Überlieferung aus dem A l t e r t u m 1 7 ). Wir müssen zwei Quellenberichte unterscheiden: der ältere geht auf Ktesias, den Leibarzt des A r t a x e r x e s II. Memnon, zurück (erhalten bei Aelian, natur. anim. IV, 53). Darnach gab es in Asien eselähnliche P f e r d e von weißer F a r b e , mit rotem K o p f und blauen Augen und einem großen Horn. Dieses gilt als Heilmittel; etwas d a v o n abgeschabt und in einer Flüssigkeit genossen, schützt vor V e r g i f t u n g und K r a m p f . Der jüngere Bericht s t a m m t von Megasthenes, der Indien besucht hat. E r beschreibt das E . v o n der Größe eines ausgewachsenen Pferdes mit E l e f a n t e n f ü ß e n und dem Schwanz eines Schweins (Aelian X V I , 20); zwischen den A u g e n habe es ein Horn v o n schwarzer F a r b e . E s sei friedfertig und s a n f t gegen andere und liebe die Einsamkeit, sei aber von f u r c h t b a r e r Wildheit gegen seinesgleichen; seine S t i m m e sei laut und mißtönend 1 8 ). le ) Frankreich: S e b i l l o t Folk-Lore ι, 296; Niederlande: A. d e C o c k Volksgeloof 1 (1920), 153; Island: G e r i n g Islendzk sEventyri; Griechenland: ZfVk. 15 (1905), 393; Polen: ZfVk. 16 (1906), 389; Italien: S t r a f f ο r e 1 1 ο Errori 86ff; Ukraine: ZfVk. 15, 393. Bulgarien: F r a n k o a.a.O.; China: S e l i g m a η η 2, 138; Mexiko: Urquell NF. 1 (1897), 257. " ) Die Namen sind sämtlich Lehnübersetzungen: E., franz. licorne, italien. licorno, neugriech. λιοχόρνο, lat. unicornis nach griech. μβνοκέρως. 18) W. v. M ü l l e r Das E. 1853; Ed. S c h r ä d e r Die Vorstellung vom μονοκέρως und ihr Ursprung (Abh. d. preuß. Ak. d. Wiss. 1892); Rob. B r o w n The Unicom, a mythological investigation. 1881; Ο. K e l l e r Ant. Tierwelt ι (1909), 415 ff.; P a u l y - W i s s ο w a 5, 2, 2114 f.
5. Der jüngere Bericht geht auf das indische Nashorn, das Rhinozeros; aber dazu k a m die besondere Rolle, die dieses Tier in der buddhistischen S y m b o l i k spielt: das „ e i n s a m w a n d e l n d e " Nashorn 23·
7 Ii
Einkleidung—einmauern
g a l t in d e r b u d d h i s t i s c h e n L i t e r a t u r als Sinnbild der Tugend, Friedfertigkeit und Weitabgewandtheit. Das wird Megasthenes durch mündliche Berichte gehört haben. Auch Ktesias vernahm dunkle K u n d e v o m Nashorn, vielleicht a u c h von t i b e t i s c h e n A n t i l o p e n , bei d e n e n die H ö r n e r h ä u f i g v e r w a c h s e n ; a b e r bei i h m d ü r f t e a u c h ein E i r i f l u ß b a b y l o n i s c h a s s y r i s c h e r F a b e l w e s e n n a c h k l i n g e n ; jed e n f a l l s s i n d E., teils m i t L ö w e n k ä m p f e n d , teils wie es v o n e i n e m K ö n i g get ö t e t wird, u n s bildlich e r h a l t e n l s ) . 1») S. Abbild, bei K e l l e r a. a. O. 415 f. (Fig. 142. 143), auch B r o w n a. a. O. 6. Auf diese b e i d e n B e r i c h t e , die d a n n teilweise m i t e i n a n d e r v e r s c h m o l z e n w u r d e n , g e h t alles z u r ü c k , w a s in d e r v o r christlichen L i t e r a t u r v o m E. berichtet w i r d ; n i c h t n u r die e i n h o r n i g e n P f e r d e des H o r a z ( S e r m . I, 5, 58—60), s o n d e r n a u c h die b e t r e f f e n d e n A n g a b e n bei A r i s t o t e l e s ( H i s t . a n i m . I I , 1), S t r a b o n (Geogr. X V , 710), P l i n i u s ( N a t . h i s t . X I , 255), S o l i n u s (52, 39), P h i l o s t r a t ( I I I , 2) u. a., s o w e i t sie n i c h t u n m i t t e l b a r d a s afrikanische oder indische Nashorn meinen, das im A m p h i t h e a t e r zu Ausgang der R e p u b l i k gelegentlich vorgeführt wurde. F ü r die f r ü h c h r i s t l i c h e Z e i t a b e r k a m zweierlei h i n z u : e i n m a l ü b e r s e t z t m a n d a s h e b r . Re'm des a l t e n T e s t a m e n t s (4. Mos. 23, 2 2 ; 5. Mos. 33, 17; Ps- 92, 11; H i o b 39, 9. 10; P s . 29, 6 u n d 22, 22), d a s e i g e n t l i c h d e n w i l d e n B ü f f e l m e i n t , in d e r S e p t u a g i n t a d u r c h μονοκέρως, in d e r V u l g a t a m i t rhinoceros, w e s h a l b es a u c h L u t h e r durch ,,E." wiedergibt. V o r a l l e m a b e r h a t t e die D a r s t e l l u n g d e s P h y s i o l o g o s (2. J h . n. Chr.), w o H e l l e n i s t i s c h e s sich m i t o r i e n t a l i s c h e n W u n derberichten paart, den größten Einfluß auf die m i t t e l a l t e r l i c h e A n s i c h t v o m E . : n a c h K a p . 17 dieses W e r k s ist d a s E. ein wildes F a b e l t i e r , b o c k s ä h n l i c h ; hier w i r d die abenteuerliche Geschichte v o m F a n g des E . s d u r c h eine k e u s c h e J u n g f r a u z u e r s t b e r i c h t e t : es n ä h e r t sich d e m M ä d c h e n u n d legt z u t r a u l i c h seinen K o p f in s e i n e n Schoß, so d a ß dieses das' T i e r m i t sich n e h m e n u n d in d e n P a l a s t des K ö n i g s
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f ü h r e n k a n n . Die g a n z e c h r i s t l i c h e S y m b o l i k b e r u h t auf dieser Stelle, n a c h d e m d u r c h j e n e a n g e b l i c h e n B i b e l b e l e g e die A n r e g u n g zu allerlei A u s d e u t u n g e n n a h e gelegt war. 7. Diese J a g d g e s c h i c h t e des E . s i m P h y s i o l o g o s b e r u h t n u n a b e r auf e i n e m g r o b e n M i ß v e r s t ä n d n i s . E s g a b eine w e i t verbreitete altindische Geschichte v o m E i n s i e d l e r „ E . " ( E k a s r h g a - ) , d e n eine Königstochter mit Vorbedacht betört und i h n m i t dieser L i s t in d e n P a l a s t i h r e s V a t e r s b r i n g t , w o er die f u r c h t b a r e D ü r r e des L a n d e s m i t seiner W u n d e r k r a f t b e s e i t i g e n soll. D e r N a m e dieses E i n s i e d l e r s ist gew i ß i m H i n b l i c k auf j e n e b u d d h i s t i s c h e S y m b o l i k (s. o. § 5) g e w ä h l t , weil die ält e s t e F a s s u n g d e r bis n a c h J a p a n ged r u n g e n e n G e s c h i c h t e in e i n e m b u d d h i s t i s c h e n M ä r c h e n ( J ä t a k a 526) e r h a l t e n ist. D u r c h e i n e n p l u m p e n I r r t u m ist diese Geschichte v o m Einsiedel , , E . " im Physiologos auf d e n F a n g des F a b e l t i e r e s bezogen w o r d e n 2 0 ) . 2 °) F. W. Κ. Μ ü 1 1 e r Festschrift f. A. Bastian 1897, 531 ff.; H. L ü d e r s Nachr. d. Kgl. Ges. d. Wiss. z. Göttingen, phil.-hist. Kl. 1897, 1 1 5 ; 1901, 53 ff.; R . G a r b e Indien und das Christentum 1914, 63 f.
8. Die H ö r n e r , m i t d e n e n m a n i m MA. Handel trieb, waren meistens Narwalz ä h n e , w o z u g e l e g e n t l i c h ein p a s s e n d e r fossiler F u n d 2 1 ) g e k o m m e n ist. M a n c h a b n o r m e H ö r n e r b i l d u n g , w o b e i d a s eine H o r n bis z u e i n e m W u l s t v e r k r ü p p e l t sein kann, k o m m t vor und trug zur Erhaltung des V o l k s g l a u b e n s bei. D e r K a r f u n k e l s t e i n (s. o. § 1), d e n s c h o n d e r P f a f f e L a m p r e c h t i m A l e x a n d e r l i e d 5581 erw ä h n t , ist so zu v e r s t e h e n . D u r c h B ö c k lins „ S c h w e i g e n im W a l d e " ist d a s a l t e F a b e l t i e r w i e d e r a l l g e m e i n b e k a n n t geworden. 21
) S. SchwVk. io, 79.
E i n k l e i d u n g s.
Güntert.
Kleid.
einmauern. Das E. v o n lebenden Mens c h e n e r s c h e i n t teils als B a u o p f e r (s. d.), teils als S t r a f e . A u s d e m A l t e r t u m s t a m m t d e r B r a u c h — seine E r k l ä r u n g s. u n t e r „ B a u o p f e r " — l e b e n d e M e n s c h e n o d e r T i e r e in ein B a u w e r k e i n z u m a u e r n I m MA. u n d in v e r e i n z e l t e n F ä l l e n bis in
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einnageln—Eipipperjahn
neuere Zeit sind bei Erbauung von Burgen, Stadtmauern, Brücken, Flußwehren, Deichen Kinder, bisweilen auch Erwachsene, lebendig eingemauert worden, um das Bauwerk dauerhaft zu machen. So häufig auch die Sage von eingemauerten Menschen berichtet, so selten sind die sicheren geschichtlichen Fälle. So wurde 1463 bei Bruch des Nogatdamms, als alle Arbeiten vergeblich waren, ein Bettler in die Lücke geworfen und überschüttet. Aber auch sagenhafte Berichte bekunden wenigstens die Erinnerung an den alten Brauch, der in der Volksanschauung noch in neuerer Zeit auftritt. So meinte in Halle das Volk, als die Elisabethbrücke 1841 gebaut wurde, es müsse ein K i n d eingemauert werden 2 ). Als die Eisenbahnbrücke über das Göltschtal gebaut wurde, war der Glaube verbreitet, daß die Brücke nicht eher fertig werde, bevor nicht dem Teufel sieben Menschen dafür gegeben wären, ein Kind sei schon eingemauert 3 ). Auch in die Brücke von Rosporden sei ein Kind eingemauert, das in der einen Hand eine geweihte Kerze, in der andern ein Stück Brot hielt 4). An die Befestigung Magdeburgs durch Otto I. knüpft die Sage an, daß der Eingang der Stadt dreimal einstürzte, bis nach Weisung eines Astrologen ein von der Mutter freiwillig gebotener Knabe eingemauert wurde. Dafür gab die Kammerfrau der Kaiserin Edifha, Margareth, die verarmt war, ihr Kind gegen Gold her. Kindersärge sind bei Niederlegung von Bauwerken im 19. J h . mehrfach gefunden worden; daß es Bauopfer seien, ist nicht sicher 5 ). Beim Bau der Mauer von Hermannstadt sollen die Bürger einen Studenten lebendig eingemauert haben 6 ). Die Sage von der Einmauerung von Menschen erscheint auch in einer ungarischen Volksballade 7). Vielfach sind auch Gespenstersagen mit dem Glauben an Einmauerung von Menschen verbunden 8 ). In Tirol lebt eine Sage von einer eingemauerten Burgfrau, die zwölf Kinder auf einmal geboren hat 9 ). Als Sühne oder als Strafe 10 ) erscheint mehrfach das E. So wird ein König eingemauert n ) . Der Ehebruch und die Verletzung des Gelübdes bei N o n n e n 1 2 )
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wird nach Sagen mit E. bestraft. Ebenso kommt es bei einem Liebesverhältnis vor 1 3 ). Hierher gehört auch die Sage von dem unseligen Abt. An der Stelle der Wand, wo er eingemauert ist, hält kein Mörtel, weil er sie mit seinen Tränen befeuchtet 1 4 ). Auf Ösel sei ein Mädchen in die Wand einer noch nicht vollendeten Kapelle eingemauert, das der Domherr als verkleideten Chorknaben in sein Gefolge aufgenommen h a t t e 1 5 ) . Ein teilweises E., wobei in der Mauer eine Öffnung gelassen wird, durch welche dem Gefangenen Nahrung gereicht wird, erscheint mehrfach im Strafrecht. Es ist ζ. B. eine Freiheitsstrafe bei Diebstahl; auch als Form der Begnadigung statt der Todesstrafe kommt es v o r 1 6 ) . Um gutes Wetter zu erzielen, wird ein Hahn 1 7 ), als Mittel gegen Viehsterben ein Kalbsherz, in den Stall eingemauert 1 8 ). Bei einer Pest ist das E. als ein Opfer aufzufassen 1S ). P a n z e r Beitrag 2, 5 5 9 ; Ε . Η. Μ e y e r Mythol. der Germanen 3 3 7 . 2) S t e m p l i n g e r Aberglaube 90. 3) P a n z e r Beitrag 2, 255. 4 ) ZfEthnol. 1898, 27. s) Ebd. 2, 559—560. 561. e) M ü l l e r Siebenbürgen 99. ') Ebd. 1 7 8 ; vgl. W 1 i s 1 ο c k i Magyaren 26. β) Κ ü hn a u Sagen 1, 1 1 8 . 202; vgl. M e i c h e Sagen 444 Nr. 580; 505 Nr. 654. ·) Η e y 1 Tirol 576 Nr. 36. '·) S t ö b e r Elsaß 100 Nr. 138. ") M ü l l e n h o f f Sagen 144 f. Nr. 198. 12 ) Ρ ο 1 1 i η g e r Landshut 2 7 1 Nr. 1 8 ; C o r · revon Gespenstergeschichten 61; Schell Bergische Sagen 126 Nr. 4; Bechstein Thüringen 2, 6 5 ; W i t z s c h e l 1, 249 Nr. 2 5 5 . 13 ) Witzschel Thüringen 2, 47 Nr. 47. w ) Kuoni St. Galler Sagen 101 Nr. 208. I5 ) L ö w i s of M e n a r Balten 45. 1β) O s e n b r ü g g e η Studien 3 7 3 ff. , 7 ) G r i m m Myth. 3, 449 Nr. 472. " ) M ü l l e n h o f f Sagen 239 Nr. 327. 19 ) G r i m m Myth. 2, 994. Vgl. i.a.'EingemauerteMenschen'in K ö h l e r Aufsätze (1894), 3 6 — 4 7 (mit vielen Literaturangaben). Stübe.
einnageln s.
vernageln.
einpflöcken s. v e r p f l ö c k e n . einundachtzig s. Z a h l e n
B81.
Eipipperjahn, Name eines Stroms in einem Blutsegen E. steht neben „ G u t " und „ B l u t " und ist eine niederdeutsche Bildung (Ei: Interjektion?; Pipper: Piper = P f e i f f e r ; J a h n = Johannes) wie Dummerjahn, Grobian usw. 2 ). Der Segen
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Eis—Eisbär
gehört in die Gruppe der Blutsegen von den drei Flüssen 3 ). K u h n u. S c h w a r t z 488 Nr. 3 1 5 ; Das sechste u. siebente Buch Mosis (Buchversand Gutenberg, Dresden) 62; E b e r m a n n Blutsegen 70. ') G r i m m DWb. 4, 2, 2262; K l u g e EtWb. (1915), 101. 180. In G o s c h e s Jahrb. f. Literaturgesch. 1 (1865), 35 ff. findet sich der Name unter den Bildungen mit Jan nicht. 3) V. J . Μ a η s i k k a Über russische Zauberformeln (1909), 243. Jacoby.
Eis. 1. M y t h i s c h e s und Sagenh a f t e s . Bei den Nordgermanen, besonders auf Island am Rande des nördlichen E.meeres, galt das E. als der U r s t o f f d e r W e l t . Nach der jüngeren Edda entstand aus geschmolzenen E.tropfen der Urriese Y m i r l ) ; der Ahne der Götter wird von der K u h Audhumla aus den E.blöcken herausgeleckt 2 ). Die E.r l e s e n der Edda sind lebendig gedachte E.berge. Diese mythischen Wesen kennt noch eine Sage aus der Oberpfalz 3 ): auf einer Insel des E.meeres leben 1 2 E.riesen, die Feinde der Sonne; ihre Volksgenossen sind im K a m p f e gegen die Sonne gefallen; von ihnen kommt die Sonnenfinsternis; bei ihnen lebt der E . w o l f , der Sonne und Mond bedroht. —• Die gefährliche Natur des E.es (die E.decke bricht ein, sie zerbirst krachend) gibt zu Fabeleien Anlaß: wenn man im Sommer E. in die Sonne trägt, wird es donnern, krachen, regnen, deshalb soll man das E. mit einem Lappen bedeckt tragen 4 ). Das E. hält nicht mehr nach Lichtmeß 5 ). Der klare, glänzende E.zapfen veranlaßt die Sage, daß ein abgeschlagenes Stück zu Hause sich in Silber verwandelt e ). — Über ins E. gebannte Seelen s. G l e t scher. Thüle 20, 53 f. Kap. 5. a) Ebd. 54 Kap. 6. ') S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 361 ff. *) Urquell 4 (1893), 90. 5) S t r a c k e r j a n 2, ι ι 6 . e ) R o c h h o l z Sagen 1, 278 f.
2. B e z i e h u n g e n z u r F r u c h t b a r k e i t . E. in den Zwölften weist auf ein fruchtbares J a h r mit viel Obst ' ) ; desgleichen, wenn die Bäume im Februar dick voll E. sind 8 ); Glatteis im März weist manchenorts auf viel Obst, anderswo auf kein Obst 9). Lange E.z a ρ f e η
deuten auf langen Flachs im kommenden J a h r l 0 ) ; maßgebend ist besonders die Länge an F a s t n a c h t u ) oder zwischen Weihnachten und N e u j a h r 1 2 ) . Die E.zapfen an den Dächern darf man nicht abschlagen, sonst gibt es keinen Flachs 1 3 ). Die Fichteiberger säten den Lein im Frühjahr, wenn der Dezember schöne lange einfache E.zapfen brachte; beobachtete man solche im J a n u a r , so geriet die Mittelsaat wohl, wenn im Februar, so war die späte Saat die beste. Wuchsen die E.zapfen zwieselig mit Nebenzapfen, so wurde auch der Flachs nicht schön, sondern zwieselig 14 ). ') F o g e l Pennsylvania 227 Nr. 1 1 5 5 . ) Ebd. 2 1 5 Nr. 1083 f. ®) Ebd. 230 Nr. 1184. 10 ) G r i m m Myth. 3 , 4 7 4 Nr. 1042; Α η d r e e Braunschweig 2 2 7 ; J o h n Erzgebirge 150. ") J o h n Westböhmen 41. 1 9 5 ; Schönw e r t h Oberpfalz 1, 143 Nr. 3. " ) F o g e l 227 Nr. 1 1 5 6 f.; K n o o p Hinterpommern 176. u ) ZfrwVk. 6 (1909), 190. " ) P a n z e r Beitrag 1, 270; 2, 549. 8
3. W e i s s a g u η g. In Vang glaubten die Leute, wenn im Frühjahr das E. dem Strome folgte, sie müßten im künftigen Winter mit dem E. hinabreisen, um Getreide zu holen 1 5 ). E.b l u m e n an den Fenstern in den Zwölften verkünden ein fruchtbares J a h r l e ) . An Weihnachten schaut man unter das E. eines Flusses oder Teiches, um dort sein künftiges Geschick zu sehen 17 ). Die Mädchen erkennen den Beruf ihres Zukünftigen aus den E.figuren, wenn sie am Weihnachtsabend einen Topf Wasser hinausstellen 18 ) oder Wasser ausschütten 1 9 ) (s. a. Brunnen 4). Über E. am Brunnen als Zeichen der beginnenden Vergletscherung s. d. «) ZfVk. 8 (1898), 143. ") J o h n Erzgebirge 150. 17 ) G r o h m a n n 5 1 . 18 ) F o g e l Pennsylvania 253 Nr. 1 3 1 6 f.; S c h ö n w e r t h Oberpfalz i, 1 4 1 Nr. 6; W u t t k e 241 § 345; K a p f f Festgebräuche 4 Nr. 2. " ) SAVk. 21 (1917), 46.
4. H e i l k r a f t bei Verbrennungen, Fieber und anderen Krankheiten hat die E.s a 1 b e , in Fett gelegte E.zäpfchen v o m 3 1 . März 20). 20
) John
Erzgebirge 193.
Hünnerkopf.
Eisbär. Der E. (Ursus maritimus), bereits im Palaeolithicum gemalt *), war
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Eisblume—Eisen
den A l t e n unbekannt, wird in N o r w e g e n v o r 900 nicht gesehen 2 ) und erscheint a u c h bei uns erst im 11. Jh. 3 ). A d a m v o n B r e m e n e r z ä h l t : N o r t h m a n n i a ursos albos h a b e t 4 ) , und Ruodlieb f a b e l t v o n weißen B ä r e n (V, 84 ff.). Im Brief des Priesters Johannes an Kaiser E m a n u e l wie in der deutschen U m d i c h t u n g desselben (12. Jh.) erscheinen sie unter den Fabeltieren 6 ). E s k i m o m ä r c h e n kennen ihn natürlich *), ebenso wie die Nordgermanen. D a n i m m t die F y l g j a E.gestalt a n 7 ) . In Südisland heißt es v o m E.en allgemein, er sei v o n so heißer Natur, daß er nie K ä l t e f ü h l e ; diese E i g e n s c h a f t heißt B ä r e n w ä r m e ( b j a r n y lur). Dieselbe E i g e n s c h a f t erhalten Menschen, die auf einem E.enfell geboren w e r d e n ; sie frieren nie, werden gesund und k r ä f t i g 8 ) . V o m E.en t r ä u m e n bedeutet, daß Oststurm k o m m t 9 ) . N a c h nordischem V o l k s g l a u b e n erkrankt, wer die Leber eines E.en g e n i e ß t 1 0 ) . W e i ß bärenfett ist ein A r k a n u m , das Gesicht zu salben u ) . In der deutschen Sage erscheint der E. als Wasserbär u m 1295 in einer Verserzählung Heinrichs v o n Freiberg 1 2 ); vgl. B ä r . *) Herbert K ü h n Die Malerei der Eiszeit (1928), 8 (aus Font de Gaume, Südfrankreich). *) B o l t e Z f V k . 33—34, 34 N . 4. 3) E b d . ; 1054 erhält Heinrich III. von dem island. Bischof einen E.en geschenkt. *) K e l l e r s) Z a r n c k e Antike Tierwelt i , 180. in Abhdlgn. sächs. Ges. d. Wissensch, phil. hist. K l . 7, 910. 950. 860. *) W . K r i c k e b e r g Indianermärchen aus Nordamerika 1924, 17. 36. ') Atlamal en groenlenzku = Genzmer Edda 1, 73; Z f d A . 42, 290; vgl. auch N a u m a n n Gemeinschaftskultur 110. 8) Z f E t h n . 32, 67. ·) A t l a m a l = Genzmer Edda 10) Η 5 f 1 e r 1, 73. Organotherapie 160. 12 " ) Κ r ä u t e r m a η η go. ) B o l t e in Z f V k . 33—34, 33 f f . ; S i m r o c k Mythologie 546. Peuckert.
Eisblume s. E i s . Eisen. I. S t a h 1. N a c h uraltem A b e r g l a u b e n sind Ε. und Stahl magische A b w e h r - und S c h u t z m i t t e l gegen D ä m o n e n und ihre bösen Einwirkungen. V o n den angeführten Gründen, weshalb sie E. und S t a h l fürchten, ist der einleuchtendste, daß aus diesen blanke, scharfe W a f f e n v e r f e r t i g t wurden. S a m t e r f ü h r t eine Fülle v o n
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B r ä u c h e n an, in denen W a f f e n mannigfacher A r t , unter denen auch die A x t nicht fehlt, zur A b w e h r v o n D ä m o n e n v e r w e n d e t werden. A b e r auch E. und Stahl an sich haben die K r a f t , Geister zu vertreiben. O f t k o m m t ihnen als solchen weniger die abwehrende K r a f t zu, als der F o r m der aus ihnen gefertigten Gegenstände (Hufeisen, Messer, Nagel, Beil u. a.) und der mit ihnen v o r g e n o m m e n e n Handlung E. und Stahl schützen vor T e u f e l und H e x e n 2 ) . Nägel in der Türschwelle, ein angenageltes Hufe., ein E r b s t a h l (besonders in der F o r m des Erbbeils) verwehren dem Teufel den E i n t r i t t in R ä u me 3 ). Er h a t keine M a c h t über den, der sich „ z w i s c h e n E. und S t a h l " b e f i n d e t 4 ) . Bei nächtlichen F a h r t e n ist es besonders ratsam, S t a h l als A b w e h r m i t t e l gegen den bösen Geist m i t z u n e h m e n 5 ) . W e r den höllischen Mächten die f l a m m e n d aufsteigenden S c h ä t z e abgewinnen will, m u ß ein S t ü c k E. (Stahl) in das S c h a t z f e u e r w e r f e n ; dann erlischt es sofort, und der S c h a t z bleibt z u r ü c k e ). Den fliegenden höllischen Drachen z w i n g t man, seine L a s t (Schatz) fallen zu lassen, w e n n man mit einem E . s t ü c k oder Feuerstahl nach ihm w i r f t 7 ) . A l s Teufelsdiener galten die Venediger, die auf ihrem Mantel in einer W i n d s b r a u t durch die L ü f t e f a h r e n ; wirft man in die W i n d s b r a u t ein Messer, so v e r w u n d e t man sie, aber mit ihnen verschwindet das Messer 8 ). Gegen den unheimlichen N a c h t j ä g e r s c h ü t z t eine hingelegte A x t 9 ) . Die H e x e n scheuen besonders scharfe spitze Gegenstände aus S t a h l 1 0 ) . W i r d ein solcher ζ. B. unter die Türschwelle gelegt, so kann keine Hexe darüber u ) . Der Wirbelwind ist Hexentanz, H e x e n w e t t e r ; hineingeworfenes E., besonders ein Messer, verwundet oder tötet die H e x e n und zwingt sie, in ihrer Gestalt zu erscheinen 1 2 ). Ebenso müssen sie dann die Tiergestalt, in die sie sich verwandelt haben, ablegen 1 3 ). A u c h der unheimliche Werwolf, ebenso der gespenstische Hase, in den sich ein Mensch verwandelt hat, muß, wenn man Stahl (E.) über ihn wirft, seine wahre Gestalt zeigen' 1 4 ). Durch ein glühendes „ H e x e n e . "
719
Eisen
zwingt m a n die H e x e herbei, die sich d a r a n v e r b r e n n e n m u ß 15 ). Mit glühendem E. v e r s c h e u c h t m a n in Oberschlesien die gespenstische Strzyga l e ). Vor den Augen dessen, der hinter einer eisernen Egge steht, können durch die L u f t f a h r e n d e H e x e n nicht verborgen bleiben, u n d sie können ihm nicht schaden 17 ). In Schlesien schützt man sich vor dem Druckgeist (Alp), indem man ein Hufeisen a n die Tür nagelt oder drei Messer kreuzweise übereinander vor die T ü r l e g t 1 8 ) . In Mecklenburg schützt m a n sich vor der „bösen Fru G a u r " , die in den Zwölfnächten die F u t t e r v o r r ä t e v e r d i r b t , indem m a n in Stroh u n d Heu allenthalben spitzige Geg e n s t ä n d e s t e c k t 1 9 ) . Gegen die Tücke der Nixen sichert m a n sich, indem m a n vor dem B a d e n Stahl ins Wasser wirft oder vorher ein Messer oder eine Nadel in die Binsen steckt. Der Taucher, der den W a s s e r m a n n fangen will, l ä ß t sich a n eisernen K e t t e n ins Wasser hinab, weil E. den W a s s e r m a n n b a n n t 2 0 ) . Auch der Kobold verschwindet auf immer, wenn man ihm aus Ü b e r m u t ein glühendes E. n a c h w i r f t 21 ). Ebenso die Irrlichter, wenn m a n ihnen ein Messer oder einen Schlüssel h i n w i r f t 22 ). W e r sich vor Behexung schützen will, m u ß stets E. und Stahl bei sich tragen 23 ). Es schirmt ihn auf seinem Lebenswege. In Ostpreußen, Westfalen u n d Schlesien m u ß der T a u f z u g über eine vor die Haust ü r gelegte A x t oder Sichel schreiten 24 ). In AValdeck schreiten N e u v e r m ä h l t e über eine A x t ins H a u s 25 ). In Schlesien und O s t p r e u ß e n legt man als Schutz gegen die Hexen der Wöchnerin einen Stahl (Axt) ins B e t t ; anderswo steckt m a n in Wiege, Badewasser, Taufzeug, Windeln des Kindes E., u m es vor dem Beschreien zu s c h ü t z e n 2 6 ) . Ein u n t e r das Kopfkissen gelegtes Stück Stahl (Beil, Messer, Schere u. a.) s c h ü t z t besonders Wöchnerinnen und kleine, neugeborene Kinder vor Behexung u n d Alp 2 7 ). Stählerne Gegenstände b e w a h r e n das Kind vor Vert a u s c h u n g mit Wechselbälgen und sonstiger Zauberei 2 8 ). In Bayern schwang m a n im MA. ein gezogenes Schwert u m die G e b ä r e n d e ; dort müssen, wenn ein unge-
720
t a u f t e s K i n d im H a u s e bleibt, Männer mit einem Säbel in der H a n d dabei W a c h e h a l t e n 2 9 ) . In der Steiermark und der Oberpfalz steckt m a n ins W o c h e n b e t t oder die Wiege einen Degen oder ein (zwei) gekreuzte Messer, so d a ß die Spitze herv o r r a g t ; will n u n die Unholdin über die F r a u oder das K i n d her, so fällt sie hinein 30 ). In der Pfalz wird vor der E n t b i n d u n g eine A x t u n t e r das B e t t gelegt, ebenso in Schlesien als Schutz gegen böse Geister 31 ). An der oberen N a h e wird der Gebärenden, ebenso dem neugeborenen Kinde, ein scharfes Beil, die Schneide nach oben, ins B e t t gesteckt, u m die Mahr f e r n z u h a l t e n 3 2 ) . In Mecklenburg s t e c k t m a n bei Hochzeiten der B r a u t ohne ihr Wissen stillschweigend ein S t ü c k Stahl an den Leib 33 ). In Schlesien legt m a n auf den Sargdeckel eine schwere Axt, d a m i t der Böse d e m Verstorbenen nichts a n h a b e n k a n n ; in Österr.-Schlesien gibt m a n männlichen Leichen ein Hufeisen mit in den Sarg, weiblichen eine Sichel 3 4 ). E. u n d Stahl schützen auch das H a u s und seine Bewohner. In der Oberpfalz steckt m a n ein Messer in die Tür, u m das Eindringen von Hexen zu verhindern 3ä ). In ganz Deutschland findet m a n W o d a n s Symbol, das Hufeisen, mit der offenen Seite nach innen auf die Schwellen der H a u s t ü r e n genagelt, als Schutz der Bewohner gegen allen bösen Zauber. Ein zufällig gefundenes Hufeisen bringt besonders Gewinn u n d Glück 3 6 ). In Österreich verfertigte man aus Hufeisen während des Weltkrieges Kriegsglücksringe 3 7 ). Auch jedes andere gefundene Stück altes E. bringt Gewinn. So läßt ein auf dem Wege z u m K u h h a n d e l gefundenes guten H a n d e l m a c h e n 38 ). E. u n d Stahl schützen auch das Vieh vor Verhexung u n d a n g e h e x t e n K r a n k heiten. E., vor allem Hufeisen, befestigt m a n an den S t a l l t ü r e n ; an den Stirnk e t t e n der K ü h e bringt m a n E.kreuzchen an 3 8 ). E. (Stahl) legt m a n in die Krippen, in den Stall, in die Viehwassereimer, besonders zu W e i h n a c h t e n 40 ). Beim ersten Austrieb im F r ü h j a h r m u ß das Vieh über ein vor der Stalltürschwelle befestigtes E. (Axt, Beil, Säge, Schlüssel u n d anderes
721
Eisen
Ε . g e r ä t ) schreiten, d a n n ist es v o r B e z a u b e r u n g sicher, u n d es k a n n i h m auf der W e i d e kein S c h a d e n g e s c h e h e n 4 1 ). E h e ein n e u g e k a u f t e s V i e h in den S t a l l geb r a c h t w i r d , m u ß es ü b e r (dreierlei) E . schreiten, d a m i t die H e x e n keine G e w a l t d a r ü b e r h a b e n 41!). B e v o r ein frisches S t ü c k V i e h in den S t a l l k o m m t , l e g t m a n (dreierlei) S t a h l an den E i n g a n g des S t a l l e s u n d n ö t i g t das Tier, d a r ü b e r hinw e g z u s c h r e i t e n 4 3 ) . In der Z w i s c h e n z e i t , ehe das n e u e S t ü c k V i e h in den S t a l l k o m m t , w i r d in die leere K r i p p e des i h m z u g e w i e s e n e n S t a n d e s ein S t ü c k E. gelegt, d a m i t böse Geister sich n i c h t inzwischen dort festsetzen können44). Eine K u h , die g e k a l b t h a t , l ä ß t m a n ü b e r (dreierlei) E . s c h r e i t e n 4 5 ) , oder m a n s c h l ä g t ihr eine S t a h l n a d e l ins H o r n , d a n n ist sie g e g e n j e d e n S c h a d e n g e s i c h e r t 4 6 ) . K r a n k e m V i e h g i b t m a n W a s s e r z u trinken, in d e m ein g l ü h e n d e s E . gelegen h a t 47 ). E i n e a m E u t e r k r a n k e K u h w i r d auf eine g l ü h e n d e K o h l e n s c h i p p e gem o l k e n 48 ). A n L ä u s e n (oder B l ä h s u c h t ) krankes Vieh bestreicht man unter Hers a g e n eines Z a u b e r s p r u c h e s auf b e i d e n S e i t e n v o m K o p f e bis z u m S c h w a n z m i t e i n e m F e u e r s t a h l 4B). A l s S c h u t z g e g e n die T r u d l e g t m a n in den H ü h n e r b r u t s t a l l u n d den T a u b e n s c h l a g ein S t ü c k S t a h l 50 ). A u c h O b s t b ä u m e w e r d e n d u r c h ein m i t der W u r z e l e i n g e g r a b e n e s oder an den S t a m m gehängtes S t ü c k E. geschützt und g e f ö r d e r t 5 1 ). V o n der S a a t h ä l t m a n die H e x e n a b u n d v e r h i n d e r t sie, U n k r a u t z u säen, i n d e m m a n a m J o h a n n i s a b e n d m i t Sensen u m die S a a t f e l d e r g e h t 52 ). W e n n die Milch n i c h t b u t t e r n will, so ist V e r h e x u n g d a r a n s c h u l d 53 ). U m sie a u f z u h e b e n , l e g t m a n einen F e u e r s t a h l oder ein g l ü h e n d e s E . in das F a ß 54 ), f ä h r t m i t einem g l ü h e n d e n E . ins B u t t e r f a ß 5 5 ) , l e g t ein Messer oder einen F e u e r s t a h l d a r u n t e r 56 ), s c h l ä g t die Milch, w e n n sie n i c h t r a h m e n will, m i t Messern 57 ), oder w i r f t S t a h l (Eisen) in die M i l c h 5 8 ) , oder v e r w u n d e t die H e x e , i n d e m m a n mit Messer oder Sichel in die Milch hineins t i c h t 59 ). E . u n d S t a h l sind besonders m a g i s c h w i r k s a m in der F o r m v o n N ä g e l n , R i n g e n ,
722
Schlüsseln. A l l g e m e i n v e r b r e i t e t ist der B r a u c h , bei Z a h n s c h m e r z e n einen (Huf-) N a g e l in B a u m oder W a n d zu s c h l a g e n ; d a n n g e h t die K r a n k h e i t auf diesen ü b e r u n d m a c h t so den d ä m o n i s c h e n Z a u b e r u n s c h ä d l i c h 60 ). U n w i l l k ü r l i c h d e n k t m a n bei diesem V e r n a g e l n an den „ S t o c k im E . " in W i e n , u m den sich ein reicher Sagenkranz gebildet hat. A u c h anderswo hören wir, d a ß in die F e r n e reisende H a n d w e r k s b u r s c h e n in einen B a u m oder eine H o l z f i g u r N ä g e l e i n z u s c h l a g e n p f l e g ten, v e r m u t l i c h u m ein U n h e i l d a m i t z u b a n n e n . S a g e n h a b e n den B r a u c h zu einem s y m p a t h e t i s c h e n V e r h ä l t n i s z w i schen d e m E . u n d dem, der es e i n s c h l ä g t , g e s t a l t e t e l ) . E i n e N a c h a h m u n g des W i e ner „ S t o c k i m E . " w a r i m W e l t k r i e g e der Eiserne H i n d e n b u r g 6 1 a ) . Im A l p e n g e b i e t e v e r f e r t i g t e m a n a u s zufällig gefundenen Nägeln dünne E.ringe, die ihren T r ä g e r v o r G e s p e n s t e r n s c h ü t z e n u n d g e g e n Epilepsie, Gicht, F i e b e r u. a. g u t sein sollten 62 ). E i n gef u n d e n e r E . r i n g gilt als Mittel g e g e n den R o t l a u f u n d bei B e u l e n des V i e h s e 3 ). A m Vogelberge trugen Gichtkranke am Ringf i n g e r der r e c h t e n H a n d eiserne R i n g e , g e s c h m i e d e t aus N ä g e l n , a n denen Menschen sich e r h ä n g t h a t t e n . Der G l a u b e an die a p o t r o p ä i s c h e u n d m e d i z i n i s c h e K r a f t der a n n u l i ferrei w a r schon im A l t e r t u m verbreitet64). A l s besonders wirksam g a l t e n G e g e n s t ä n d e a u s E., das m a n auf d e m T o t e n a c k e r f a n d . So f e r t i g t e ein Schlosser a u s N ä g e l n , die er auf d e m F r i e d h o f e f a n d , kleine K r e u z c h e n , deren V e r t r i e b die H e b a m m e ü b e r n a h m ; sie wurden gegen Verhexung, namentlich der kleinen K i n d e r , a m H a l s e g e t r a g e n . In W a l d e c k t r u g m a n R i n g e , die a u s Nägeln ausgegrabener, verfaulter Särge hergestellt w a r e n , als M i t t e l g e g e n G i c h t u n d P o d a g r a . S a r g n ä g e l n (s. d.) s c h r i e b m a n ü b e r h a u p t heilende W i r k u n g , besonders bei Z a h n s c h m e r z e n , zu. In S c h w a b e n wurden gestorbenen Frauen Scheren mit ins G r a b g e g e b e n ; sie w u r d e n u n d w e r d e n eifrig g e s u c h t u n d zu R i n g e n v e r a r b e i t e t , die gegen K r a m p f u n d G i c h t w i r k e n sollen e 5 ). A l t e r V o l k s g l a u b e ist, d a ß ein E . schlüssel, in die H a n d des E p i l e p t i k e r s
7 23
Eisen
gelegt, die Anfälle sofort beendet. Fraisschlüsselchen, in die Hände kleiner Kinder gelegt, lassen die Krankheit verschwinden ββ ). Ein Stück E. in der Hand mäßigt die Zuckungen des Veitstanzes, ein Schlüssel in den Nacken gehalten beschwichtigt sie β7). Bei Bein- und Wadenkrämpfen legt man nachts einen Gegenstand aus E. (Stahl) neben sich ins Bett oder reibt damit die schmerzenden Stellen oder tritt mit den Füßen auf kaltes Ε."8). Bei Magenkrämpfen oder einer Wassergeschwulst (bei Menschen und Tieren) f ä h r t man neunmal mit einem Feuerstahl um die leidenden Stellen und spricht dabei einen Zauberspruch w ). Auch Wunden, Blutungen und sonstige äußere Schäden heilen, wenn man sie mit einem Feuerstahle kreuzweise bestreicht 7 0 ). In Landshut gibt man kranken Kindern ein Hufeisen mit Nägeln ins Bett, damit sie genesen 71). Von weitern Verwendungen des E.s (Stahls) in der Volksheilkunde ist noch zu erwähnen: Wer nicht harnen kann, soll Wasser trinken, in dem ein glühendes E. lag 7 2 ). Krätzige sollen sich mit dem Wasser waschen, worin der Schmied glühendes E. gelöscht hat. Bei Unterleibsleiden, Ruhr, Milzsucht, Cholera, durch Durchfall angegriffenen Magen hilft Trinken von Wasser, Milch, Wein, in denen ein glühendes E. gelöscht wurde 7 3 ). Aus der dem E. zugeschriebenen herausziehenden K r a f t erklärt sich seine vielfache Verwendung bei Zahnschmerzen, Kopfweh, als Mittel, die Milch aus den Brüsten zu ziehen und als Abortivum 7 4 ). Wie wir sahen, schreibt das Volk besonders altem, rostigem E. Heilkräfte zu 7 5 ). Der E.rost selbst galt im Altertum, MA. und ζ. T. noch heute als heilsam. Äußerlich und innerlich wurde er bei Ausschlag, Geschwüren, Rose u . a . verwendet 7 6 ). E.feilspäne, auch E.hammerschlag, galten als gut für den Magen 77 ). Wunden brannte man mit glühendem E. aus 78), was ζ. B. beim Coupieren der Pferdeschweife noch heute üblich ist. Weitere Verwendungen des E.s, ζ. B. bei Bleichsucht, sind, wenn auch in anderer Art, in der wissenschaftlichen Medizin gebräuchlich 7 8 ). Bei den
724
Heilkuren, bei denen das Volk Siebe, Seiher, Durchschläge verwendete, ist die Heilkraft des E.s nicht maßgebend 8 0 ). Aus der fernhaltenden, abwehrenden Art des E.s entwickelten sich manche Anschauungen und Bräuche. So erklärt sich daraus die alte Sitte, daß Personen verschiedenen Geschlechts, die ohne nähere Berührung nebeneinander schlafen mußten oder wollten, ein blankes Schwert zwischen sich legten; es war eben das Stahlgerät, das der Ritter am schnellsten zur Hand h a t t e 81). Weit verbreitet ist der Aberglauben, daß Brautleute oder Freunde sich keine scharfen oder spitzen, schneidenden Gegenstände (Nadel, Messer, Schere) geben oder schenken dürfen, weil dies die Liebe und Freundschaft zersticht, zerschneidet, also t r e n n t 8 2 ) . Aus der fernhaltenden Art des E.s erklärt sich auch der vereinzelt dastehende Brauch, E. auf Leichen zu legen, um die Verwesung aufzuhalten 8 3 ). Bei Zauberhandlungen darf E. und Stahl nicht angewendet werden. Vielleicht ist dieser Glaube eine Erinnerung an die Steinzeit oder ein Festhalten an altem Ritual, wahrscheinlicher erklärt er sich aus der dämonischen Macht des E.s 84 ). Eine noch heute nicht völlig vergessene Vorschrift besagt, man dürfe E. nicht gebrauchen beim Ausgraben und Schneiden gewisser heilkräftiger Kräuter (Wegerich, E.kraut), des Alrauns und der Wünschelrute 8 5 ). Wenn später gesagt wird, die Pflanze dürfe beim Graben mit dem E. nicht berührt werden, so ist das nur eine Abschwächung des ursprünglichen Verbotes, überhaupt kein E. dabei zu verwenden 8e ). ') F t a z e r 1, 175; S a m t e r Religion 61; P I i n . «. h. 34 § 51; R o h d e Psyche 1, 56 2 ; S t e m p l i n g e r
Aberglaube 81;
F r a n z Benediktionen 2, 521; S a u ρ e Indiculus 27; T y l o r Cultur 1, 140; L i e b recht Gervasius 98 ff.; S e 1 i g m a η η ι, 273 f. u. 2, 8 f.; SAVk. 25,74; D r e c h s l e r 2, 205 Nr. 579 u. 236 Nr. 611; S e y fart h
Sachsen 264;
Strackerjan
2,
118 Nr. 345; S a m t e r Geburt 45 ff. u. 51
Ρ 1 ο ß Kind 1, 102; vgl. R o c h h o l z
Natur-
mythen 138 f. Nr. 6. *) S t r a c k e r j a n a. a. O. 1, 303; W u t t k e 2815411; V o n b u n Beiträge 81 f. ») W u t t k e a . a . O . ;
Eisen
7 25 S t r a c k e r j a n
lenburg 2, 2,
124;
s)
2,
118
Rhein.Vk.
W r e d e
313
und
56;
Nr.
220
1522.
4)
609 *)
a . a . O . 3 , 6 9 2 u . 7 0 8 , 3 X L I I I s. v . G a n d e r Niederlausitz 7 0 N r . Sagen 707 Nr. 877; E i s e i N r . 485 u. 1 7 2 N r . 466; 205
Nr.
2;
103;
M
1,
323
5 9 9 f.
Schatzsagen;
184;
u.
2,
M e i c h e
366;
Schwaben
M e i e r
u.
K ü h n a u
Voigtland 182 ü l l e n h o f f Sagen Samland 5 4 N r . 7 1 ;
R e u s c h
S t r a c k e r j a n 4 (1893),
464;
Meck-
D r e c h s l e r
Sagen 2, Masuren 1 0 2 .
K ü h n a u
T o p p e n
Nr.
B a r t s c h
Urquell
509 Nr.
411.
') W u 1 1 k e 45 § 4 9 ; S t r a c k e r j a η i , 329. 8)
K ü h n a u
2163; ·)
a . a. O . 3, 7 6 4 N r . 2 1 6 6 ; v g l .
S c h ö n w e r t h
G a n d e r
Oberpfalz
a. a. Ο . 9 N r . 27.
2,
10)
Nr.
333 f.
Manz
Sar-
gans 112; R e i s e r Allgäu 2, 426 Nr. 2; SchwV k . 9, 4 ;
D r e c h s l e r
w e r t h
1 7 7 Nr. 18;
J a h η
k e r j a η ι , 433. 2, i i 3
1, 1 0 9 f . ;
ι, 214, I I I Nr. ι ;
Nr. 3;
Hexenwesen
14.
u
)
S t r a k -
") S c h ö n w e r t h
E i s e l
a.a.O.
Myth. 2, 923
G r i m m
S c h ö n -
Schwaben
M e i e r
a. a. Ο . Nr.
548;
u. 3, 4 5 3 N r . 5 4 4 ;
e b d . 3, 4 9 1 N r . 1 0 0 ( E s t e n ) .
§415; W i t z s c h e l
208
vgl.
»») W u t t k e
Thüringen
283
2, 266 Nr. 23;
Waldech 3 9 0 N r . 1 0 1 ; G r i m m Myth. 3, 467 Nr. 886. ") K u h n Westfalen 2, 31 N r . 83; H e r t z Werwolf 8 5 ; H ü s e r
C u r t ζ e
Beiträge 2, 9; C u i t z e a. a. O. 409 Nr. 1 9 1 ; Ρ f i s t e r Hessen 57 Nr. 2; B i n d e w a l d
Oberhessen 1 1 8 u n d 1 2 1 ( v g l . 1 3 3 ) ; M e y e r Religgesch. 129. ") Η e y 1 Tirol 800 Nr. 248. ")
K ü h n a u
k e r j a η
a.a.O.
2,
266
")
B a r t s c h
,0)
H a u p t
Lausitz
vgl. J a h n
Pommern
falen Nr.
Nr.
1S)
1384.
343.
")
117.
2,
2, Nr.
376
vgl.
177. 1263.
50 u.
Anm.;
144 f. " ) K u h n
West-
")
D r e c h s l e r 282
209. )
M
MschlesVk.
")
")
(1915),
Nr.
315 Ebd. vgl.
C u r t ζ e
S e l i g m a n n
17
204
§ 414.
1,
1, 1 9 4 N r . 2 2 5 ;
Nr.
37.
1,
244
1, 5 3 f. N r .
61
D r e c h s l e r
a. a. Ο . 2,
Nr.
W u t t k e
Waldeck
S t r a k -
D r e c h s l e r
D r e c h s l e r
B a r t s c h
»)
B a r t s c h
a.a.O.
1, 307 N r . 346.
387 § 5 9 1 ;
8 f.;
I,
ι , 434 Nr. 233;
31
231;
Nr.
2, 17;
G a ß n e r
Mettersdorf 1 5 ; T o p p e n Masuren 8 1 ; H a l t r i c h Siebenbürgen 2 6 0 ; F r i s c h b i e r Hexenspr. 9 . " ) R e i s e r Allgäu 2 , 2 2 8 ; B a r t s c h
a. a . O . 2, 3 N r . i b ;
K r o n l e l d
2,
681;
ZföVk.
13
Z f V k . 3 (1893), 34; Τ ö ρ ρ e η
Myth. 2,
923;
und 213; vgl. Nr.
37
50.
L i e b r e c h t
G r i m m
5 a m t e r
a. a. O .
(1907),
90.
*·)
119;
" ) G r i m m
Benediktionen
F r a n z
(franz. Abergl.).
3 °)
H o v o r k a -
2,
Gervasius
207
222
S a m t e r
Geburt
Myth.
3,
565;
4 8 f. u .
49
453 1
;
vgl.
Nr. 45
oben
und S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 191 Nr. 10 und 158 Nr. 13; H ö h n Geburt 260; vgl. G r i m m 31)
W u t t k e
182 ") M
)
Myth.
Nr.
3,
378
207.
«)
B a r t s c h
a.
D r e c h s l e r
**) P l o ß 48';
vgl.
Weib
488
Nr.
§ 574;
(Esten).
D r e c h s l e r
ZfrwVk. a.
32
1, 292 N r . 3 1 5 u. 2 9 7
oben.
G r i m m
61
1, 178. 209.
450;
2,
(1905), Nr.
2,
O.
2
S a m t e r
Myth.
3,
456
a.a.O. Nr.
638.
726
··)
D r e c h s l e r
2,
235
Nr.
611
u.
243;
Braunschweig ( 1 8 9 6 ) , 2 9 0 ; W i t z s c h e l Thüringen 2 , 2 7 7 N r . 1 5 ; S e p p Sagen 145; K u h n Mark. Sagen 387 Nr. 95; A n d r e e
K u h n
u.
S c h w a r t z
B a r t s c h
Sitt' u. Art
n e r
252 u. 58 f.;
u. a. m. ")
241;
gebirge 9 ;
Myth.
Nr.
3, 4 3 8 N r .
Mystik
Sagen
M ü l l e r
S c h m i t t
277
452;
Β r ο η -
") G r a b i n s k i
u.
23
2,15;
Hettingen
(1913),
2, 1 9 3 N r . 5 6 1 u. 2 0 5 f. 451
Nr.
Germ. Myth.
M e y e r
G r i m m
R o c h h o l z
(1901),
460
a. a. O . 2, 2 1 3 N r . 1 5 2 1 ;
516;
181;
*·)
63.
Iser-
17; ZfVk.
11
D r e c h s l e r
Myth.
G r i m m
Vierlande
F i n d e r
129
1,
3,
217;
Thüringen 2 , 2 6 3 N r . 6 ; E b e r Landwirtschaft 1 3 ; D r e c h s l e r 1 , 109; W r e d e RheinVk. 5 6 u . 6 5 ; Z f r w V k . 3 (1906), 204; B a r t s c h Mecklenburg 2 , 3 1 3
W i t z s c h e l h a r d
Nr.
t
1523;
T y l o r
A n d r e e - E y s n
Cultur
r, Γ40 ( E n g l a n d ) .
112
(15);
")
B a r t s c h
a . a. O . 2 , 1 4 3 N r . 6 3 6 u . 1 5 1 N r . 6 7 7 ;
vgl.
K u h n
Mark. Sagen 379 Nr. 24; Westfalen 2, 62 Nr. 189; u.
K u h n
378
Nr.
u.
S c h w a r t z
44.
41)
N r . 1 9 ; 460 N r . 7 5 2 ;
S c h ö n w e r t h 1—3;
A g r i ρ ρ a
Oberpfalz
B a r t s c h
S e l i g m a n n
412
Nr.
169
3,
417
Myth.
G r i m m
ν . Ν . 4, 1 9 0 ;
3, 129 u. 1, 320,
a. a. O . 1, 1 4 1 N r . 628 a — k ;
2, 2 8 9 ;
F i n d e r
a.a.O.
2,
K u h n
West-
falen 2, 154 Nr. 429 u. 62 Nr. 189 A n m . ;
Jahn
231;
D r e c h s l e r
2,
109;
Hexenwesen 1 3 ; S a m t e r Geburt 4 1 ; M a n n h a r d t Germ. Myth. 1 0 7 ; v g l . L i e b r e c h t Zur Volksk. 3 1 5 N r . 7 3 ( N o r w e g e n ) . 1 2 ) H e s s Bl.
1,
Ebd. «)
14;
S a m t e r
11;
B a r t s c h
Beitr.
4S)
")
(1896), 284; v g l .
L i e b r e c h t
Nr.
45
a. a. O. 15. *')
M)
352
a. a. O .
20;
1053
l e r
i,
132.
139
64 )
und
Nr. 233;
ZfrwVk.
41; 394; a.a.O.
T o p §
238.
223 Nr. 15 23;
E b e r h a r d t
1081.
Allgäu Nr.
3,
452
")
ZfVk.
M e y e r
Religgesch.
2, 2 4 6 ;
W u t t k e
2, 1 0 5 ;
1,
186
8 5 3 u. Nr.
H e y l
Nr.
179 Nr.
529
=
S t r a c k e r j a n
196; 861.
S a m a. a. 1,
O. 434
Waldeck 390 Nr. 104. 135;
vgl.
Frauenzimmer-
L e o p r e c h t i n g 28
210
D r e c h s -
S c h ö n w e r t h
S c h u l e n b u r g
S e l i g m a n n
(1904),
Baden 4 1 2 . 5 l ) Pennsylvania
63)
178
Myth.
58)
1
175
1,
15;
Vierlande
Curt ζ e
W r e d e
lexikon 1263. 31;
")
a. a . O . 1 5 4 f . ;
D r e c h s l e r
a . a. O .
388
156.
a.a.O.
G r i m m
t e r
57)
Nr.
R e i s e r
F o g e l
F r i s c h b i e r
Oberpfalz
Nr.
F i η d e r
a.a.O.;
a. a. O .
F o g e l
214
")
464;
B o h n e n b e r g e r
M e y e r
u.
Nr.
A n d r e e
J a h n
W u t t k e
9;
193;
4 4 9 § 408.
1,
46;
Hettingen
(1914),
Nr.
')
a.a.O.
Nr.
S c h m i t t 24
*·)
F r i s c h b i e r
S c h ö n w e r t h
und
a. a. O. 15
Η e y 1 Tirol 802 Nr. 259; vgl.
Masuren
p e n
15.
W o l f
a. a. O . 3 1 5 N r . 34 u n d
(Norwegen). 47)
F r i s c h b i e r 216.
E b e r h a r d t
Myth. 3 , 4 4 9 Thüringen 2, 2 7 8 ;
Braunschweig 318
144 Nr. 638;
G r i m m
W i t z s c h e l 11 und
M a n n h a r d t
Landwirtschaft
a . a . O . 2,
1, 129.
N r . 3.
35;
E b e r h a r d t
Wend. Volkst.
(Norwegen)
und
Lechrain 15;
vgl.
L i e b -
727
Eisen
r e c h t a. a. Ο. 315. ω ) L o h m e y e r Saarί0) A η d r e e brücken (1924)» 84 Nr. 207. Braunschweig (1896), 307; R e i s e r Allgäu 2, 442 Nr. 175; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 322 f.; vgl. 2, 859; J a h n Hexenwesen 156 Nr. 487; E n g e l i e n u. L a h n 262 e; K u h n Mark. Sagen 384 Nr. 66; D r e c h s l e r 2, 299; vgl. L i e b r e c h t Gervasius 237 Nr. 223 (franz. Abergl.). β1) S e p p Sagen 589 Nr. 161; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 323; Andree a . a . O . ; MschlesVk. 27 (1926) Nr. 147; Ε i s e 1 a. a. O. 254 Nr. 637 4. 0Ia ) D e ο η η a La recrudescence des superstitions en temps de guerre et les statues ά clous in: L'Anthropologie 27 (1916), 243—268. β2) A n d r e e - E y s n 136; vgl. D r e c h s l e r 2, 306 Nr. 683 u. 299; B l a c k FolkMedicine 174 (England). ®3) M a n ζ Sargans 80. 81) G r i m m Myth. 2, 978. 6ä) S a r t o r i Westfalen 71; C u r t z e Waldeck 378 Nr, 48 und Anm.; Κ e h r e i η Nassau 267 Nr. 213; M e i e r Schwaben 491 Nr. 302; Β i r 1 i η g e r Volkst. 2, 408 Nr. 357; B a r t s c h a. a. O. 2, 503; s. v. Sargnagel; H e c k e n b a c h de nuditate 94 f.; vgl. W i t z s c h e l Thüringen 2, 254 Nr. 15; P l i n . a . a . O . e6) A n d r e e E y s n 138 und 137; vgl. L i e b r e c h t Gervasius 100 (Schweden). e7) L a m m e r t 273; H o v o r k a - K r o n t e l d 2, 206; vgl. Β i r l i n g e r a . a . O . 1, 481 Nr. 9. es) M a n ζ a. a. Ο. 8ο; L a m m e r t 219; vgl. D r e c h s 1 e r 2, 304. 6e) Z f V k . 5 (1895), 195. ">) F r i s c h b i e r a. a. O. 59 und 60; W u t t k e 345 § 516; vgl. ZfVk. 7 (1897), 287. ») D r e c h s l e r 1, 211; vgl. G r i m m Myth. 3, 458 Nr. 689. " ) H ö h n Volksheilkunde 1, 115; 73 M e i e r Schwaben 509 Nr. 406; ) L ο η i c e r 51; G. F a b r i c i u s de metallicis rebus (Tiguri 1566), 25; H o v o r k a - K r o n f e l d 1 , 1 1 9 ; vgl. P l i n . a . a . O . 74) ZfVk. 8 (1898), 400; 14 (1904), 200; H o v o r k a - K r o n f e l d i, 165; T o p p e n Μ asuren 54; W u t t k e 351 § 526; Bresl. Samml. 520 s . v . Mars.; vgl. Μ a n ζ a . a . O . 58; D r e c h s l e r 2, 298; vgl. Ρ 1 i n. n. h. 34 § 51. " ) s. o.; vgl. L i e b recht a . a . O . 321 Nr. 65 (Norwegen). '*) P e t e r s Pharmazeutih 2, 109 f.; P l i n . 34 § 153; H ö h n a. a. O. 1, 149; L ο η i c e r 51. " ( M e g e n b e r g B.d.N. 411; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 119; Bresl. Samml. 34, 656 f.; H o f f m a n n - K r a y e r 50; vgl. P l i n . 34 § 154. '«) B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 483; F i n d e r Vierlande 2, 283. ") H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 120 oben; ZfrwVk. 1 (1904), 103 u . a . e0) S e y f a r t h Sachsen 267. 81) L i e b r e c h t Gervasius 101; W e i n h o l d Frauen 2,48. 82) L i e b r e c h t a . a . O . ; T e m m e Pommern 340; F i n d e r Vierlande 2, 55; B a r t s c h Mecklenburg 2, 58 Nr. 184 und 133 Nr. 569; A n d r e e Braunschweig1 291; C u r t z e Waldeck 419 Nr. 240; Κ e h r e i η Nassau 255 Nr. 70; P f i s t e r Hessen 170; W r e d e Rhein. Volksk. 129; D r e c h s l e r 2, 23 Abs. 2 u. i, 231 Nr. 260; E n g e l i e n u . L a h n 244 Nr. 76; S c h ö n -
728
w e r t h Oberpfalz 3, 881 Nr.4; Frauenzimmerlexikon 1263; P e t e r s Pharmazeutik 1,258 u. a. ®3) H ö h n Tod 333; vgl. SchwVk. 11, 8 und S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 246 Nr. 10. 8ä) W u t t k e 95 § 1 1 9 ; W ä c h t e r Reinheit 115 und 117 1 ; H ö f l e r Organotherapie 33; L e o p r e c h t i n g Lechrain 31. 85) G r i m m Myth. 2, 1001 und 3, 474 Nr. 1038; F i s c h e r Angelsachsen 28. 30 u. 34; S c h ö n b a c h Berthold ν. R. 138 u. 140 f.; F r a n z Benediktionen i, 413; MschlesVk. 17 (1907), 37; Schlosser Galgenmännlein 103. 8β) MschlesVk. 17, 37 u. 13 (1903), 23. S t a h l und Stein. Im Voraufg e h e n d e n w u r d e w i e d e r h o l t die V e r w e n d u n g des F e u e r s t a h l s e r w ä h n t . M a n bed i e n t e sich seiner w a h r s c h e i n l i c h d e s h a l b vielfach zu abergläubischen Handlungen, weil er f r ü h e r in k e i n e m H a u s h a l t f e h l e n d u r f t e u n d sogleich z u r H a n d w a r . U r s p r ü n g l i c h spielte w o h l die u r a l t e A n s c h a u u n g m i t , d a ß der D o n n e r g o t t das G e w i t t e r m a c h t , i n d e m er S t a h l u n d S t e i n aneinander schlägt87). Deshalb schützt der S t a h l a u c h (wie der D o n n e r s t e i n ) gegen den Blitz88). Mit Stahl und Stein e n t z ü n d e t e s F e u e r gilt k r ä f t i g e r als a n d e res F e u e r 8 9 ) . N o c h h e u t e z ü n d e t der k a t h o l i s c h e P r i e s t e r in der K i r c h e auf diese W e i s e das O s t e r f e u e r w ) an, a n d e m die O s t e r k e r z e n u n d das e w i g e L ä m p c h e n e n t z ü n d e t w e r d e n . In O l d e n b u r g m u ß a u c h das H e r d f e u e r in e i n e m n e u g e b a u t e n Hause mit Stahl und Stein entzündet werden91). Gegen Spukgespenster und Irrlichter s c h ü t z t m a n sich, i n d e m m a n mit Stahl und Stein F u n k e n schlägt, denn dies k ö n n e n sie n i c h t v e r t r a g e n 9 2 ) . V e r b r e i t e t ist der B r a u c h , bei G e s i c h t s r o s e dreimal m i t e i n e m F e u e r s t a h l F u n k e n auf den l e i d e n d e n T e i l z u s c h l a g e n (rot g e g e n r o t ! ) ; meistens ist d a m i t eine Z a u b e r f o r m e l zur B e s p r e c h u n g v e r b u n d e n 9 3 ); in M e c k l e n b u r g g e s c h i e h t es a u c h bei K r e b s s c h a d e n 9 4 ) . A u c h ü b e r ein A u g e n m a l schlägt man unter Besprechung kreuzweise F e u e r m i t S t a h l u n d S t e i n 9 6 ) . Bei den Inselschweden wird jede durch menschliche Bosheit verursachte K r a n k h e i t d u r c h F u n k e n v o m F e u e r s t a h l bek ä m p f t 9 e ). 8') S i m r ο c k Myth. (1878), 260. ») W u 1 1 k e 304 § 448 u. 95 § 119; vgl. G r o h m a n n 169. "») S t r a c k e r j a n 2, 118 Nr. 345. 90) G r i m m Myth. 1, 513 (vgl. 505); F r a n z Benedik-
Eisen
7 29
730
denkt man hier an Erhöhung der Furchtbarkeit durch das harte Metall. Vielleicht liegt hier aber derselbe Gedanke zugrunde ·») W u t t k e 348 § 520 u. 95 § 119; G r i m m wie bei den Wesen aus Stein (s. d.). Dann Myth. 3, 447 Nr. 383; D r e c h s l e r 2, 204 handelt es sich hier um Dämonen, die aus und 292 f.; F i n d e r Vierlande 2, 279 u. 266; Toten entstanden sind l o e ). Die T o t e n K u h n a. a. O. 377 Nr. 1; B a r t s c h Mecklenburg 2, 114 Nr. 440; ZfVk. 7 (1897), 409. s t a r r e wäre dann das Vorbild f ü r das M ) Β a r t s c h a. a. O. 413 Nr. 1919. ·5) Μ ü 1- harte Metall, aus dem diese Dämonen be1 e η h ο i i Sagen 5 1 6 N r . 2 7 . »·) C. R u ß stehen. Das Menschenfressen ist ein bew u r m Eibofolke 25 ff. sonderer Zug dieser Leichendämonen, und so ist der Menschenfresser in einem neuE. u n d Stahl im Orakelgriechischen Märchen ein eiserner Derzauber. In der Christnacht werfen wisch 1 0 7 ). Öfters hat sich aber die VorMädchen zwischen I I und 12 Uhr einen stellung, daß das ganze Wesen aus E. beBund Erbschlüssel an die Haustür; aus steht, abgeschwächt: der menschenwelcher Richtung dann ein Hund bellt, fressende Dämon in einem Balkanmärdorthin vermeinen sie zu heiraten 9 7 ). Ein chen 108 ) ist ein halbeiserner Mann, in scharfer Gegenstand darf nicht auf den einem andern Märchen tritt ein Wolf mit Rücken gelegt werden, vor allem kein einem eisernen Kopf a u f 1 0 9 ) ; der E.Messer; geschieht es doch, so können die h a η s des Märchens ist braun am Leib Kinder in der Wiege nicht schlafen wie rostiges E. 1 1 0 ), und manchmal sind nur (Schwaben) M ), gibt es Zank (Fahrland) 99 ), noch die K l e i d u n g s s t ü c k e eisern: geht der Teufel ums Haus (Kr. Münsterder dämonisch aussehende J o h a n n Hübberg) 10 °), kann ein Engel sich daran ner hat eiserne K l e i d e r l u ) ; die E i s e r n e schneiden, macht es den armen Seelen im Β e r c h t a (s. Perchta) wirft in ein Fegefeuer Schmerzen usw. 1 0 1 ). UberHaus, wo man kein Kreuz ans Fenster haupt sagt es Unglück voraus, wenn ein gemacht hat, einen eisernen Handschuh, Stahlgegenstand mit der Schärfe nach den niemand vom Fleck bringen kann 1 1 2 ), oben liegt 1 0 2 ). Allgemein verbreitet ist der das verwünschte Fräulein im Rachselsee Aberglaube, daß (angenehme) Gäste zu legt zwei eiserne Pantoffeln auf einen erwarten sind, wenn heruntergefallene Granitfelsen a u s 1 1 3 ) . Ein Nachtrabe in spitze Gegenstände aus Stahl (Messer, Norddeutschland hat eiserne Flügel, mit Gabel, Schere) im Boden stecken bleidenen er die Leute totschlägt, die ihm ben 103 ). Will man im Lechrain feststellen, nachrufen 1 1 4 ). Vielleicht gehört hierher ob ein Kind behext ist, so steckt man ein auch der E . w a l d in der Edda (Völuspa), Messer ins Brot; rostet es, so ist das K i n d sofern er der Aufenthaltsort eines Däbeschrien 1 M ). mons (des „ A l t e n " ) ist. Man könnte noch *') Z e d i e r 8, 1500; Frauenzimmerlexikon weiter die E.s t a η g e η der Riesen l l s ) 4 7 8 ; v g l . Β r ο η η e r Sitf u. Art 1 8 . '") Μ e i e r Schwaben 5 0 2 N r . 5 3 7 ; v g l . ebd. 5 0 1 N r . 3 4 3 . und wilden Leute 1 1 β ) hierherstellen, doch s9 ) Engelien u. L a h n 272 Nr. 198. können diese selbstverständlich auch ein1M ) Mündlich aus Dobrischau. 101 ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 1 3 3 Nr. 567 b; S c h ö n w e r t h fach als die furchtbaren Waffen dieser Oberpfalz 1, 286 Nr. 2; 3, 281 § 48; D r e c h s - Wesen erklärt werden. — Eine andere l e r 1, 216 Nr. 245 u. 182 Nr. 208; G r i m m Rolle spielen e i s e r n e S c h u h e und Myth. 3, 454 N r . 596 u . 441 N r . 209. 1 0 2 ) F i n Wanderstäbe in Sagen, wo ein d e r Vierlande 2, 1 1 9 . 1 0 3 j Κ e h r e i η Nassau Mensch so lange wandern muß, bis beides 2 5 3 N r . 3 4 ; K u h n Mark. Sagen 386 N r . 88; B a r t s c h a. a. O. 2, 131 Nr. 557; S c h ö n völlig abgenutzt i s t 1 1 7 ) (vgl. B l e c h ) . w e r t h Oberpfalz 3, 281 Nr. 3. l04) L e o 105 p r e c h t i n g 18. Olbrich. ) Κ ü h η a u Sagen 3, 5 9 1 f. 1 0 e ) N a u m a n n Gemeinschaftskultur qqi. 107) K r e t s c h m e r Neugriechische Märchen N r . 60. 1 M ) L e s II. M y t h i s c h e s . Sage, Märchen l t i e n Balkanmärchen Nr. 59. 109 ) Ebd. Nr. 63. und Mythus kennen e i s e r n e W e s e n . 110 ) G r i m m Märchen Nr. 136. " ' ) D e r s. Ein furchtbarer Mann aus E. bewacht Sagen N r . 1 2 9 . " » ) H e y 1 Tirol 660 N r . 1 3 5 ; 10S einen Schatz im Keller ). Zunächst vgl. weiter P a n z e r Beitrag 2, 464; R o c h Honen 1 , 454. 5 1 1 . 5 1 8 ; v g l . R e i s e r
131 f. ·») W u t t k e
§ 772; Ε i s e 1
396 § 608.
M
Allgäu
2,
) Ebd. 484
K u h n Mark. Sagen 3 8 5 N r . 7 2 ; Voigtland 1 2 9 N r . 3 3 7 u. 1 6 6 N r . 4 5 3 .
73i
Eisen, F r a u — E i s e n g r i n d
h o l z Sagen 1, 182; M a n n h a r d t Germ. Myth. 80; Q u i t z m a n n 1 1 6 f . ; Grimm Myth. 1, 230; 3, 89 f. n 3 ) P a n z e r Beitrag 1 Nr. 105. 114 ) S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. 96. 1 1 5 ) Η e y 1 a. a. 0 . 350 Nr. 19; 392 Nr. 69. «·) Ebd. 342 Nr. 15; 346 Nr. 1. " ' ) Zahlreiche Beispiele bei K ö h l e r Kl. Sehr. 1, 573. Hünnerkopf.
Eisen, Frau s. I s i s . Eisenbahn. A n manchen Orten h a t die E. v o r g e s p u k t (s. d.). Es bestehen darüber, namentlich in O l d e n b u r g x) und im Bergischen 2 ), E r z ä h l u n g e n wie die folgende/die e t w a aus dem J a h r e 1820 s t a m m e n soll: „ A u f einmal sehe ich einen F e u e r w a g e n ohne Pferde, welcher mehrere W a g e n nach sich zieht, dahinrasen. Gleich darauf w a r alles a u s . " Seit 1874 oder 1875 l ä u f t die B a h n Oldenburg-Osnabrück dort, w o der S p u k gesehen worden ist. W i e gegen alles Neue, so h a t t e das V o l k auch gegen dieses neue V e r k e h r s m i t t e l eine s t a r k e A b n e i g u n g ; es konnte nur ein W e r k des Teufels sein, den m a n da und dort a m B a u mithelfen s a h 3 ) . N a c h E m m e n taler Glauben soll auf den Alpen mehr Gras gewachsen und alles viel fruchtbarer gewesen sein, bevor die E. k a m . Die E. w a r auch schuld, als (1848) auf einmal die K a r t o f f e l n k r a n k wurden 4 ). Eine alte F r a u unterhalb S t r a ß b u r g h a t t e sich überreden lassen, ihre W a l l f a h r t nach St. L u d a n oder St. L o t t e n auf der E. zu machen. D a sie sich aber so schnell an dem Ort ihres heiligen Ziels angelangt fand, w a s so sehr v o n der L a n g s a m k e i t ihrer früheren Fußreisen dahin verschieden war, wurde sie s t u t z i g und erklärte die ganze Sache für ein Blendwerk des Teufels. Sie sah es als durchaus s ü n d h a f t und G o t t und dem hl. L u d a n u s mißfällig an, auf solche Weise ihre W a l l f a h r t zu machen; sie kehrte alsobald zu F u ß bis nach S t r a ß b u r g zurück, um ihren Bittgang v o n da wieder nach ihrer alten Gewohnheit zu F u ß e zu m a c h e n 5 ) . W e i t verbreitet war der Glaube, daß die E.en nach einer bestimmten Frist plötzlich wieder verschwinden werden, wie sie plötzlich gekommen seien; ihre Frist ist gleich der, welche der Teufel den L e u t e n vergönnt, die sich ihm zur Gewinnung irdischer Genüsse verschrieben haben.
732
Im Badischen geht die Sage, daß beim A n h a l t e n der E. an größeren Stationen jedesmal einer fehle, den der Teufel für seinen L o h n genommen habe, und im Elsaß m u ß t e 1851 v o n den K a n z e l n wider den E . a b e r g l a u b e n gepredigt w e r d e n e ) . W e i t verbreitet sind in W e l t u n t e r g a n g s prophezeihungen die Stellen: „ W e n n die W e l t eisern wird, dann . . . " , was dahin ausgelegt wird, wenn sie mit E.en überzogen ist 7 ), oder: „ S o b a l d durchs Brixental der große schwarze W u r m kriecht, k o m m t eine andere Z e i t " 8 ). Die E. w a r es, die um Elberfeld die Zwerge v e r t r i e b 9 ) . s. a. A u t o m o b i l , W e l t u n t e r g a n g .
W a g e n ,
') S t r a c k e r j a n i , 152 f. ') S c h e l l Berg. Sagen 378 Nr. 1 7 ; 65 Nr. 101; 169 Nr. 73. 3) B a a d e r Volkssagen (1859), 38 Nr. 53; M e i e r Schwaben 1, 160 f. Nr. 179; S t ö b e r 4 Elsaß 2,230. ) S A Vk. 24 (1927), 67; S t ö b e r Elsaß 2, 230 f. ') S t ö b e r Elsaß 2, 229 f. ·) R i e h l Land und Leute (1854), 44 = Z f d M y t h . 4, 163. ') S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 332. 8) Η e y 1 Tirol 699 Nr. 85. ») S c h e l l Berg. Sagen 207 Nr. 161. Bächtold-Stäubli.
Eisengrind. 1. In der Schweiz, besonders in der Gegend v o n Zürich, zieht der E. (Ise[n]grind) in der Julzeit (in der Nikolausnacht, zwischen W e i h n a c h t e n und Neuj a h r usw.) als dämonenartiges Ungeheuer in Hundsgestalt mit feurigen A u g e n und Hörnern umher, ein böser Geist und K i n derschreck, der sich durch seine F u n k tionen (winterliches Umherschweifen, Schreckspuk, Kinderdiebstahl usw.) in die Reihe der übrigen sog. „ Z w ö l f t e n d ä m o n e n " stellt und wohl ebenso wie diese zu beurteilen ist. Vgl. Z f V k . 12 (1902), 81; S A V k . 2, 276; F e h r 1e Volksfeste 1 1 1 ; H o f f m a n n Krayer 102; M a n n h a r d t 2,323.
2. Verschieden v o n diesem E. ist eine Prozessionsfigur der Zürcher Metzger, ein holzgeschnitzter Löwenkopf mit herausbleckender Zunge und erhobenen Vordertatzen, der a m A s c h e r m i t t w o c h — wie es heißt, zum A n d e n k e n an die Mordnacht v o n 1350 — auf hoher Stange umgetragen wurde. Seit 1728 ist er durch eine Bärenmaske im U m z u g ersetzt; doch wurde der E.-kopf weiterhin als Wahrzeichen öffent-
Eisenhütlein—Eisenkraut
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lieh ausgestellt und auch ersetzt, als der alte 1798 zertrümmert wurde. Nachahmungen dieses Löwenkopfes werden beim Metzgerumzug unter dem gleichen Namen E. oder Ilsengrimm öffentlich feilgeboten. Abergläubische Grundlagen dieses E.s sind mir nicht bekannt; die Tatsache, daß er von der Person getragen werden mußte, die im Viehkauf die wenigst glückliche Hand bewiesen hatte, ist wohl nur als Spottstrafe aufzufassen. Wahrscheinlich ist dieser E. das Wappentier der Zürcher Metzger, das seinen Namen vielleicht der Tiersage entlehnt hat (vgl. Isengrimm!). V e r n a l e k e n Alpensagen 354 f.; G r i m m Myth. 1, 197. Mackensen.
Eisenhiitlein, Name eines Hausgeistes (s. d.). G r i m m Myth. 1, 420; vgl. 2, 999 (Pflanzenname) .
Eisenkraut (Verbena officinalis). 1. B o t a n i s c h e s . Der in seinem oberen Teil sparrig verästelte Stengel trägt gegenständige Blätter. Die Blüten sind sehr klein, blaßblau und sitzen in Ähren. Die Blütenkrone ist verwachsenblättrig, annähernd zweilippig und besitzt einen fünfspaltigen Saum. Das E. ist meist häufig auf Schuttplätzen, an Mauern und Wegrändern. Früher in der Heilkunde vielfach angewendet, ist es heutzutage in dieser Beziehung so gut wie vergessen Marzeil
Kräuterbuch 339.
2. Das E., das besonders in der mittelalterlichen „gelehrten" Zauberliteratur eine große Rolle spielt, ist keine deutsche Zauberpflanze. Es verdankt sein Ansehen der a n t i k e n (besonders spätantiken) Überlieferung 2 ). Nach Ρ 1 i η i u s 3) genoß keine Pflanze bei den Römern ein größeres Ansehen als die „verbenaca" (auch hierabotane = heiliges Kraut und aristereon genannt). Er unterscheidet zwei „ A r t e n " der Pflanze. „Die Gallier benutzen beide zum Wahrsagen und die ,magi' treiben wahren Unsinn damit. Wenn man sich damit salbe, so erlange man alles, was man wolle, sie vertreibe Fieber, stifte Freundschaft;
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und heile alle Krankheit. Man müsse sie sammeln beim Aufgang des Hundssternes, wenn weder Sonne noch Mond scheine, zuvor aber die Erde mit Wachs und Honig versöhnen (Opfer an den Pflanzengeist!), mit Eisen (daher der Name E. ? auch bei D i o s k u r i d e s σιϊηρΐτες von σίϊηρος = Eisen) einen Kreis um die Pflanze ziehen, dann mit der linken Hand ausgraben und hoch in die L u f t halten (damit die Pflanze die Erde nicht berührt?) . . . Wenn ein Speisesaal mit Wasser, worin die Pflanze gelegen, besprengt werde, so sollen die Gäste fröhlicher gestimmt werden." Letzteres gibt auch D i o s k u r i d e s 4 ) von der tepi βοτάνη an und setzt noch zu, daß dem am dreitägigen Fieber Leidenden der dritte Stengelknoten (von der Erde an) mit den daranstehenden Blättern (in Wein) zu trinken gegeben werde; dem an viertägigem Fieber Leidenden der vierte Stengelknoten. V e r g i l 6 ) erwähnt die Anwendung der „verbenae" im Liebeszauber. Nach A e 1 i a n e ) trägt die Krähe die Pflanze άριοτερέων ins Nest gegen Neidzauber. Ausführlich über die Zauberkräfte des E.s berichtet auch (Pseudo-) Α ρ u 1 e i u s '). Übrigens ist es zweifelhaft, ob unter der antiken „verbena" wirklich unsere Verbena officinalis (oder eine nahe Verwandte) zu verstehen ist. Jedenfalls bedeuten die „verbenae" der antiken Schriftsteller vielfach ganz allgemein Zweige, die bei Kulthandlungen verwendet wurden 8 ). s) Vgl. J e r . W o l f g . M o n r a d De Verbena ejusque usu in sacris et incantationibus veterum. Dissert, liter. Hafniae. 1751. 4 0 ; M a r ζ e l l Das Ε. (Verbena officinalis) als Zauberpflanze. Eine botanisch-kulturhistorische Studie in: Der Naturforscher 3 (1926—1927), 419—425· 3) Nat. hist. 25, 105 ff. 4) Mat. med. 4, 60. η Eel. V I I I , 64; vgl. F a h z Doctrina magica 17. ") Hist, animal. 1, 35. ') De medicam. herbarum rec. A c k e r m a n n 1788,153. ») A b t Apuleius 145 f.; S c h r ä d e r Reallex* 1, 241; H ö f l e r Kelten 8.
3. B e s e g n u n g e n der Verb e n a mit Grabevorschriften usw. finden sich vielfach in mittelalterlichen Handschriften teils in lateinischer, teils in deutscher Fassung, ζ. B. „ . . . der dieselben wurtz graben wil, der sol an
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Eisenkraut
unser frowen aubent zu wurtzwichi (also am 14. August) gaun, da die wurtz stat und umbrise sy mit gold und mit silber und sprich ain pater noster und ain credo in Deum und sprich: , B y der frowen unsres hern Jhesu Christi und by den vier engein Michahel, Gabriel, Raphahel, Anassahel und by den vier evangelisten Lucas, Marcus, Matheus, Johanes und by allem himelschen here, das du kain diner k r a f t noch kain diner tugent in der erde nit laussest, du sigest umer von der tugend und mit der tugend und mit der kraft als dich got geschaffen haut.' und du solt das gold und das silber über nacht daby laussen ligen. des morgens ee die sun uff gang so grab sy und solt sy mit dem ysen nit rueren und wasche sy mit win oder mit anem rainen wasser und wiche sy mit andren wurtze nund behalt sy mit flys. — Weles wib sy haut in den kindbetten die haut ruw und fürchtet ir von großhait nit. der sy mit dem kind umbgürtt oder in die finger legt, der wirt sälig und redhaft — wen du damit rürst, der muß dir hold sin — wer sy by im treit den mag man nit bezobren noch nit vergeben" 8 ). In den alten Kräuterbüchern wird f a s t überall auf die Zauberkraft der verbena hingewiesen 1 0 ); ζ. B. von Megenb e r g 1 1 ) : „ d a s k r a u t . . . ist den zaubraeren gar nütz, daz wizzend die wol, die in den netzen sint gewesen", und von H. B o c k 1 2 ) : „Unsere teutschen Zauberer umbreissens (das E.) auff S. Johans abend mit golt und sylber, beschwerens, verzauberns und grabens auff S. Johannstag vor der Sonnenauffgang um. also fast ist die Zauberei eingerissen bei den Geistlichen mehr dann bei dem gemeynen Man." Diese letzte Bemerkung deutet darauf hin, daß die Verbena-Zauberei, wie schon oben bemerkt, in Deutschland mehr „gelehrt" als wirklich volkstümlich war. Auch M. L u t h e r 1 3 ) spricht von den Leuten, die die heiligen Sakramente schänden und E. an die Kinder binden, wenn man sie taufen läßt. „ D a s E. ist gar gebräuchlich zu solchem Aberglauben. Wenn sie es ausgraben, gebrauchen sie dazu einen Haufen Zeichen, darnach lassen sie es weihen und rufen darüber an
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freventlich den Namen Gottes und der Heiligen, wie sie es vielleicht von einem gottlosen J u d e n gelernt haben." Daß aber das E . doch bis zu einem gewissen Grade volkstümlich geworden ist, sehen wir aus seiner Verwendung beim Johannisfeuer 14 ) und daß es ζ. B . im Elsaß eines von den neun Kräutern ist, die an Maria Himmelfahrt geweiht werden 1 δ ). ·) Cod. germ. Monac. 384 (15. Jh.): S c h ö n b a c h Berthold υ. R. 140; vgl. auch M o n e Anz. f. Kunde d. Vorzeit 6 (1837), 474; ebd. N.F. 9 (1862), 234; 12 (1865), 350; ZfdMyth. 2, 1 7 1 f.; 3, 3 2 3 ; H o f f m a n n Fundgruben 1 (1830), 326; J ü h 1 i η g Tiere 291," MschlesVk. 13, 23; F r a n z Benediktionen 1, 4 1 3 ; H e i m Incantamenta 551 (ut mures non comedant annonam in horreo); S t e i n m e y e r Kl. ahd. Sprachdenkmäler 1916, 371 (ob hier unter „uerminantia" wirklich die verbena zu verstehen ist ?); Arch. Gesch. d. Mediz. Γ2 (1920), 83 f.; H a u p t Bartholomaeus 523 f.; P f e i f f e r Arzneibücher 150; eine englische Beschwörung des E.s aus einem Ms. aus der Zeit der Königin Elisabeth: Ebermann Blutsegen 4 1 ; MschlesVk. 16, 34; Dyer 10 Folk-Lore of plants 285. ) ZfVk. 24, 18. ") Buch d. Natur hrsg. v. P f e i f f e r 424. ls ) Kreuterbuch 1539, 1, 56 r. 13 ) Werke hrsg. von B u c h w a l d u. a. Volksausg. Berlin 7 (1898), 63. " ) G r i m m Myth. 1, 514. 16 ) M a r t i n u. L i e n h a r t Elsäss. Wb. 1, 5 3 ° ·
4. Das E. fand Verwendung im L i e b e s z a u b e r (bereits antik! vgl. unter 2): Der kan Verbenam beschweren/graben Das jn die Meitlein lieb miesend h a b e n " ) . So habent etlich leut den wan das Verbena das krut mach die leut einander trut (traut) wann sy dz grabent ze sybent (Sonnenwende oder zu sieben? vgl. unten!)
singt V i η 1 1 e r in den „ B l u m e n der Tugend" 17 ). Auch in den oben genannten Segen wird diese Eigenschaft des E.s meist hervorgehoben 18 ). Wenn man sieben Stengel des E.s pflückt, sieben Fäden aus dem Hemd eines Mädchens zieht, damit die sieben Stengel zusammenbindet und das Bündel unter das Kopfkissen des Mädchens legt, so wird man von diesem geliebt werden 19 ). Um jedermann zu gefallen, muß man E., das am Peter- und Paulstag mit einem silbernen Löffel gegraben worden ist, auf sich tragen 2 0 ).
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Eisenkraut
Auch in den romanischen Ländern genießt das E. den Ruf als Liebesmittel 21 ). Nach (Pseudo-) A l b e r t u s M a g n u s 2 2 ) wird der, der das Kraut trägt, tüchtig zum Beischlaf 23 ). '·) T h u r n e y s s e r Archidoxa 1575, vgl. auch G r i m m Myth. 2, 1003. " ) ZfVk. 23, 27. 1 2 1 . 18 ) vgl. auch O h r t Danmarks Trylleformler 1 (1917), 381 (latein. Beschwörung aus dem 15. Jh.). " ) P r ö h l e Harzbilder 1855, 85. ») M m z Sargans 144. al ) Z . B . R o l l a n d Flore pop. 8, 42; S f e b i l l o t FolkLore 3, 477; F L . 24, 2 1 6 ; REthn. 20, 160. **) Buch der Versammlung 1508. " ) Im Thesaurus pauperum 1576, 67 wird jedoch gerade das Gegenteil behauptet.
5. Wenn man E. in die S c h u h e legt, wird man nicht müd 24), vgl. dazu „wer verbenam pey im hat der wirt des wegs nymmer irr noch müd" 2S). Wenn man rasch fahren will, reibt man die Füße der Pferde mit E. ein und bindet ihnen ein Sträußchen unter den Schwanz 26 ). Das gleiche wird auch vom Beifuß (s. d.) behauptet, dessen zauberische Anwendung manche gemeinsame Züge mit der des E.s zeigt. *4) Z i n g e r l e Tirol 1857, 62; Schull e r u s Pflanzen 410; F o g e l Pennsylvania 238. " ) 15. Jh.: ZfVk. 1, 322; auch in Frankreich: S £ b i l l o t Folk-Lore 3, 484; R o l l a n d Flore pop. 8, 41. *·) S c h ü l l e r u s Siebenb.Wb. 2, 187.
6. Als a n t i d ä m o n i s c h e s Mittel erscheint das E. ebenfalls schon in der Antike w ). Vor Schlangen ist man sicher, wenn man E. bei sich trägt M ). Um Wiesel und andere giftige Tiere zu vertreiben, tue man E. in einen neuen Topf, zünde es mit einem Licht an und lasse den Rauch in alle Winkel des Hauses gehen 29). Wer E. bei sich hat, braucht keinen Zauber zu fürchten 30 ), auch in England heißt es: „vervain and dill hinders witches from their will" 3 1 ), vgl. Dill. Um Hexen zu stellen, nehme man die Milch einer jungen Kuh, die noch nicht gekalbt hat, setze E., Pimpernell und noch sieben andere Kräuter mit der Milch ans Feuer, koche alles und seihe es durch. Damit bespritze man den Stall (Nassau im 17. Jh.) 32 ). Das an Peter und Paul mit einem silbernen oder goldenen Griffel gegrabene und am Leib getragene E. erwirbt Sicherheit vor
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allen Feinden M ). E. schützt auch gegen Blitzschlag (Anhalt) M ). " ) Vgl. oben bei A e 1 i a η Hist. anim. 1, 35. ) Apuleius De medic, herbarum rec. A c k e r m a n n 1788, 1 5 3 . *·) Arzneibuch des Jerem. Martius zu Augsburg o. J . Germania 24 (1879), 75 (15. Jh.); P f e i f f e r Α rzneibücher 150 f.; vgl. auch S c h u l l e r u s Pflanzen 410. " ) M e y e r Germ. Myth. 136. »') Zeitschr. f. Kulturgesch. N . F . 3 (1896), 225. " ( D r e c h s l e r 2, 2 1 4 ; vgl. auch unter 4. " ) ZfVk. 7, 7 5 ; Mitt. Anhalt. Gesch. 1922, 15 = W i r t h Beiträge 6—7, 6; auch in der Normandie: S έ b i 1 1 ο t Folk-Lore 3, 472. a
7. Der antike 3 5 ) Glaube, daß das E. den T a u b e n (daher auch περιστέριον = Taubenkraut genannt) besonders angenehm sei, hat sich in der Zauberliteratur erhalten: Wenn man E. in einen Taubenschlag legt, so bringen dessen Bewohner fremde Tauben mit nach Hause 3e ). Auch auf die Bienen soll das E. Anziehungskraft ausüben. Damit der Bienenschwarm nicht wegfliegt, soll man sich in der Johannisnacht um 12 Uhr E. vor den Bienenstock setzen und sprechen: „ So gewiß ich dieses Kraut stecke durch die Beine, so gewiß sollt ihr bleiben daheime" xl ). ") D i o s k u r i d e s Mat. med. 4, 59; P l i n i u s Nat. hist. 25, 126. ··) W a r t m a η η St. Gallen 82; W i r t h Beiträge 4—5, 18. *>) W i r t h ebd. 23.
8. In der Z a u b e r m e d i z i n findet das E. häufig Verwendung. Das in den alten Arzneibüchern M ) angeführte Orakel, um zu sehen, ob ein Kranker stirbt oder gesund wird (man tritt mit dem E. in der Hand zu dem Kranken und fragt ihn, wie es ihm gehe; sagt der Kranke gut, so wird er genesen, sagt er schlecht, so stirbt er), geht zurück auf M a c e r Florid u s 39). Das E. ist ein Sympathiemittel gegen Kopfweh, wenn man eine Krone davon aufs Haupt s e t z t I n den Hundstagen soll man vor Sonnenaufgang E. suchen, dann hat man dieses J a h r kein Kopfweh und die Läuse sterben ab (Rheingau im 17. Jh.) 41 ). Die Wurzel des E.s, an den Hals gehängt, vertreibt den Kröpf 42). Damit die Kinder gut zahnen, hängt man ihnen Amulette des frischen Krautes an und zwar am 1 1 . Tag eines Monats I i Uhr vormittags. Nach einem Monat wird das Amulett ins Feuer gewor-
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Eisenmänndl—eisern
fen 4 3 ). Gegen Epilepsie wird E. mit einigen Rosenkörnern vermischt, gepulvert und täglich eine Messerspitze davon eingegeben. Das E. muß zu diesem Zweck am Morgen des Tages, wenn die Sonne in das Zeichen des Widders tritt, gesammelt werden 44). β») Z . B . Pfeiffer Arzneibücher 150. *») De viribus herbarum ed. C h o u l a n t 1832, 40 124. ) A p u 1 e i u s De medic, herbarum rec. A c k e r m a n n 1788, 1 5 3 ; Thesaurus pauperum 1 5 7 6 , 1 8 ; A l b e r t u s M a g n u s 1, 2 1 ; vgl. auch F i s c h e r Angelsachsen 3 1 . " ) ZfKulturgesch. N.F. 2 (1895), 188; 3 (1896), 244; ähnlich als „ländlicher Aberglaube" berichtet bei Μ i ζ a 1 d u s Memorab. Centur. 1592, 183. **) M a r c e l l u s Empiricus De medicamentis ed. H e l m r e i c h 1889 cap. 15, 82; A p u l e i u s De medicam. herbar. rec. A c k e r m a n n 1788, 1 5 1 ; auch ins Volk übergegangen: „de Wort von Eisenhendrek ( = E.) verdrift den kruphals": Scham· b a c h Wb. 1 1 4 ; gegen das Erblinden trägt man a m H a l s auf der bloßen Haut E . : S c h u l l e r u s Pflanzen 410. " ) L a m m e r t 126. " ) A l p e n b u r g Tirol 397.
9. V e r s c h i e d e n e s . Als Z a u b e r p f l a n z e dient schließlich das E. noch zu den verschiedensten Praktiken. Um zu erkennen, ob einer verzaubert ist, wird der Kranke mit einem Absud der Pflanze gewaschen. Findet man dann eine große Menge Haare in dem Waschwasser, so war der Patient stark verzaubert 45). Verborgene Schätze zu erfahren, hilft die am Georgitag gegrabene Wurzel des E.s 4e ). Verlorenes oder Gestohlenes findet man, wenn man auf E. schläft 4 7 ). Willst du wissen, wer dein Freund ist, so zerreibe E. zwischen den Fingern, so kann der nicht essen noch trinken, der dein Freund ist 48). E. besitzt die Kraft, alle Schlösser zu öffnen und die Bande zu sprengen 49 ). Die Flinte mit Absud des E.s ausgespült oder die Kugeln darin nach dem Gießen abgelöscht, macht, daß die Flinte unfehlbar trifft 5 0 ). E. lockt die Mäuse in die F a l l e s l ) . Mit E. (und einigen anderen Pflanzen) lockt man Fische, daß man sie mit den Händen fangen kann 62). Wer E. bei sich trägt, den bellen die Hunde nicht an 63 ). In drei Bosen (Bündel) Flachs bindet man vor dem Rösten E., dann werden die Bastfasern wie Eisen 54 ). E. den Kindern ins erste Bad gelegt, macht sie stark wie Eisen 56).
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·«) G o c k e l Tract at. 1 7 1 7 , 85. " ) J a h n Hexenwesen 357. *') SAVk. 7, 5 1 . " ) Handschr. d. 18. Jhs.: B i r l i n g e r Volksth. 2, 136. *·) K e l l e r Grab d. Abergl. 5, 232 f.; Böhmen: Grohmann 93; Walachen: Müller Siebenbürgen 26; Rumänien: ZföVk. 4, 2 1 7 ; neugriechische Pflanzensage: Z f V k . 15, 390. M ) G r o h m a n n 207; W e i n h o l d Ritus 47; S A V k . 19, 227. " ) W i r t h Beiträge 4—5, 3 1 . " ) J o h n Westböhmen 3 1 4 . 5 3 ) P l i n i u s Nat. hist. 25, 1 2 6 ; A p u l e i u s De medicam. herbarum rec. A c k e r m a n n 1788, 230; Fischer Angelsachsen 3 1 . H ) H e ß l e r Hessen 2, 536. " ) S c h u l l e r u s Pflanzen 410. Marzoll.
Eisenmänndl, ein Kinderspiel, wobei derjenige „ f r e i " ist, dem es beim Jagen gelingt, Eisen anzurühren l ). l ) D r e c h s l e r 2, 205; B ö h m e Kinderlied 560 Nr. 369; R o c h h o l z Kinderlied 406 ff. Nr. 24 a („Vatter, i ha ke Ise mehl"). Bächtold- Stäubli.
Eisenvitriol s. V i t r i o l . eisern. Viel Aufsehen erregten und zu den verschiedensten Erklärungsversuchen führten die in Süddeutschland aufgefundenen e.en Opfertiere. Heute werden diese Tierfiguren meist nur aus Wachs oder Holz hergestellt; der Gebrauch des Eisens ist fast völlig geschwunden. Die alten Eisenfiguren befinden sich, soweit sie nicht in den Kirchen noch aufbewahrt werden, in Museen. Gefunden wurden diese Bildwerke in Kirchen und Kapellen, die dem hl. Leonhard, Wolfgang, Oswald u. a. geweiht sind. Sie stellen in roher, kindlicher Ausführung teils zusammengejochte, meistens aber einzelne Ochsen, Kühe, Kälber, Pferde, Lämmer, Schweine dar 1 ). Völlig abwegig war der Versuch, sie mit den sogenannten e.en „ K ü h e n " zusammenzubringen; denn diese waren nur eine auf Höfen lastende Zinsgabe 2), wobei die Bezeichnung „ e . " die Dauer dieser „Ewigzinse" kennzeichnen sollte, wie j a auch noch heute wir von einem e.en Bestand (ζ. B. bei Kassen), e.er Ration (beim Militär) reden. Es handelt sich vielmehr um Weihgeschenke, die bei Erkrankung eines Tieres ex voto dem Schutzpatron dargebracht wurden, entweder als Bittopfer für die Genesung oder als Dankopfer nach ihr 3). Die Entwicklung dieses Brauches kennzeichnet am
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Eisheiligi; e — E i s v o g e l
besten die Sitte in Kärnten. Dort wurde früher bei Viehseuchen, wenn alle anderen Mittel vergeblich waren, zu dem wirksamsten, wenn auch selten angewendeten, gegriffen, ein Stück des kranken Viehs lebendig zu begraben. Später verfiel man darauf, anstatt des Viehs sein Abbild zu vergraben, besonders wenn dieses ex voto sich schon an heiliger Stätte befunden hatte, somit größere K r a f t besaß, als die anderen e.en Opfertiere. In Kärnten herrscht dieser Brauch noch, und verschiedene Museen daselbst zeigen solche durch Rost und längeres Liegen in der Erde verunstaltete e.e Tierfiguren 4 ). Hier begegnen sich zwei Vorstellungen: Das Beseitigen der Krankheit durch Vergraben und das Opfer. Die e.en Votivbilder sind jedenfalls ein Ersatz für das ursprüngliche Opfer der entsprechenden Tiere selbst B). In die heidnische Urzeit versetzen verschiedene e.e Götzen, roh gegossene Büsten, jede von nahezu drei Zentnern ·). Sie entsprechen nach Verwendung und Namen ganz jenen mächtigen Holzklötzen, die das bergische Landvolk am St. Lienhardstage, das Appenzeller am Blochtage prozessionsweise von Dorf zu Dorf schleppt und dann ins Wasser wirft. Kleinere Götzenbildchen erwähnt Rochholz und eine Redensart, mit der man Fopper abweist: „Wenn d'en Nar witt ha, so la dir en isige mache." Ein solches eisernes Hausgötzchen verwahrt man noch in der Abtei Rheinau, Kanton Zürich, und Mone gibt in seiner Geschichte des Heidentums eine Abbildung dazu 7). *) Z f V k . 9 (1899), 463; Z f ö V k . 10 (1904), 1 2 9 f f . u. 1 3 6 ! ») Z f ö V k . 19, 1 3 8 f f . ») H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 338; A b b i l d u n g e n : E b d . 339 und 434 f. *) A n d r e e - E y s n in; B r o n n e r Sitl' u. Art. 2 4 1 . ®) Ü b e r Lebendigbegraben der Tiere vgl. J a h n Opfergebräuche 17; J o h n Westböhmen 2 1 4 ; A η d r e e Votive 5 4 ; L i e b r e c h t Zur Volksk. 293 f . ; D e r s. Gervasius 225 N r . 80; 238 N r . 230; 243 N r . 296 (franz. Abergl.). ·) P a n z e r Beitrag 2, 390; R o c h h o l z Sagen 1 , 3 6 3 . ') R o c h h o l z e b d . Olbrich.
Eisheilige nennt man die „gestrengen Herrn", die Tagesheiligen der sog. „Eismännertage", des 11.—13. M a i , nämlich M a m e r t u s (Bischof um 475),
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Pankratius (Märtyrer 304) und S e r v a t i u s (Bischof um 384). Auch B o n i f a t i u s (Märtyrer um 307; s. o. I, 1475 f.), dessen Tag der 14. Μ a i ist, wird wohl genannt l ), sowie auch noch die „kalte", „böse" oder „schmutzige" Sophie (15. M a i ) . Alle diese Tage werden wegen der an ihnen oft noch auftretenden Fröste von den Landleuten und Winzern sehr gefürchtet; danach schadet der Reif nicht mehr 2). Man muß auf sie beim Legen der Bohnen (am besten am 10. oder 14. Mai) und bei der Aussaat anderer Gartenerzeugnisse Rücksicht nehmen 3). In Bonndorf wählt man auch, um hohen Hanf zu erzielen, die 3 ,Fazi" (hier 11.—13. Mai) zur Aussaat, weil sie die längsten Männer gewesen seien 4). In Nordenau wird es vermieden, das Vieh an den Tagen der drei starken Männer, P., S. und B., zum erstenmal auf die Weide zu treiben. Auch glaubt man, daß alles Vieh, das an diesem Tage zur Welt kommt, verunglücken werde 6 ). Wenn es am Servatiustag regnet, so wächst das Korn bis auf den Halm ®). ') D a h e r i n L a n d s h u t die „ d r e i Fazi": P o l l i n g e r Landshut 229. I n T i r o l die „drei Azi": Hör m a n n Volksleben 83. 2) W r e d e Rhein. Volhsk.1123 f.; D r e c h s l e r 1, 1 1 5 ; S c h r a m e k Böhmerwald 1 5 3 ; E b e r h a r d t Landwirtschaft 11; H o f f m a n n - K r a y e r 162; R o c h h o l z Naturmythen 4 ; Z i n g e r l e Tirol 1 5 5 ; Η ö r mann Volksleben 83 ff. D i e Eisheiligen in F r a n k r e i c h : S 6 b i 1 1 ο t Folk-Lore 1, 123 f. Vgl. die „Eisennächte" in Skandinavien: H e c k s c h e r 517. *) U r q u e l l 6, 1 5 ( R u p pin); S t r a c k e r j a n 2, 91. ') M e y e r Baden 421. ·) Η ü s e r Beiträge 2, 26. «) W r e d e Rhein. Volksk.1 124. Sartori.
Eismanndle, Eismännlein, zwergartige Dämonen der Tiroler Alpenwelt, die auf der höchsten Spitze der Schneeberge und der Gletscher wohnen, die Unschuld in Schutz nehmen und die Frevler bestrafen *). Μ A l p e n b u r g Tirol 86 f f . 102 f . ; Z i n gerle Sagen 100 Nr. 1 6 4 ; Q u i t z m a n n 173. Bächtold-Stäubli.
Eisvogel *), Κ ö η i g s f i s c h e r , Alcedo ispida L. B i o l o g i s c h e s . „Gemain läut waenent, wer dem t o t e n v o g e l die haut 24*
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Ekstase
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Μ a r 1 ο w e Jew of Malta, in D o d s l e y s abzieh mit den federn und spanne si an Old Plays 8, 307). ain want, so m a u z e sich diu h a u t all Seinen d ä m o n i s c h e n Charakter j a r , reht als an dem lebentigen e . " 2 ). E r bezeugt er dadurch, daß er nach dem b a u t mit der S p r i n g w u r z e l sein Glauben der Alten das U n w e t t e r N e s t ; wer sie findet, kann Schlösser beruhigen k a n n 8 ) . Nach Gesner öffnen s ) . wird ein H a u s , in dem er nistet (kaum 1) Mit deutsch Eis hat der Name E., der denkbar), v o m B l i t z nicht getroffen e ) ; schon spätahd. vorkommt, auch mndl. t'/svogel, -wohl nichts zu tun, trotz der Vermutung ebenfalls nach altem B e r i c h t mehrt er S u o l a h t i ' s Vogelnamen 8, daß die Benen- die G e 1 d s c h ä t ζ e 1 0 ). Eisvögel wernung an sein winterliches Leben anknüpfe; den daher als Glückbringer in Käfigen höchstens könnte die bläulich-grünliche Färgehalten (Böhmen) u ) ; j a in älterer Zeit bung an stehendes Eis erinnern. Anklingende Namen sind Ise(r)nbart, isanvogel u . a . ; auch wurden sogar t o t e Eisvögel, in seidene der Speciesname ispida klingt an, der angeblich Tücher gewickelt und mit goldenen ( L e u n i s Synopsis * i, 348) aus hispidus Ringen um den Hals, aufbewahrt, weil „rauh" verstümmelt ist. Sollte K o n r . v . M e sie Wohlstand und Ehren bringen sollten; g e η b e r g Buch d. Natur 202 recht haben, solche wurden auch zuweilen unter den der sagt: „Isida haizt ain e. und hat den namen von seiner stimme, wan er schreit ysi, ysi" ? Altar gelegt, wenn Messe gelesen wurde ( B r e h m 8, 411: ,,tit tit" oder „si si"). A l (offenbar um die Zauberwirkung zu erbertus Magnus De anim. 23, 123 höhen) 1 2 ). Darauf mag sich der Ausspruch schreibt „Ipsida". Bei den Alten bezeichnet Vintlers: „vil die wellen den e. h a b e n " A r i s t o t e l e s (hist. anim. 5, 8; 9, 15) den E. als άλχυών, die biologische Schilderung ist beziehen l s ) . aber teilweise entstellt; ihn schreibt Ρ 1 i η i u s ·) H o p f Tierorakel 149. ") G e s n e r {NH. 10, 32. 47) fast wörtlich aus, mit weiteren Fehlern (vgl. L e n z Zoologie d. alten Griechen Vogelbuch 2 8 a . 10) Ebd., nach A l b e r t u s M a g n u s De anim. 23, 123. 1J ) G r ο l i u. Römer 313; S c h r ä d e r Reallex. s.v.). m a η η 64. ι 2 ) Hs. des 15. Jhs.: ZfVk. 19, 144. K o n r . v. M e g e n b e r g (202 u. 171) widl s ) V i η 11 e r Pluemen der tugent V. 7759 met dem E. (Isida) und dem Alk (Alcio = hal(s. Ζ i η g e r 1 e Tirol 285), und nach ihm cyon) zwei verschiedene Kapitel; der Alk A s m u s M a y e r i n s . Gedicht aus den beruht ganz auf Plinius, die Quelle der E.1520er Jahren V. 51 (s. ZfVk. 23, 5); vgl. schilderung, die auch Fehler aufweist, ist vielZs. f. österr. Gymn. 31, 379; G e f f c k e n leicht A l b e r t u s M a g n u s (anim. 23, Bildercatechismus d. 15. Jhs. (Lpz. 1855) Bei123). Auch G e s n e r Vogelb. 1 4 b u. 2 7 a lage 9, 113; C r u e l Gesch. d. dt. Predigt im trennt die beiden; an der zweiten Stelle ist MA. 620. unser E. deutlich abgebildet. ») M e g e n b e r g B. d. N. (ed. P f e i f f er) 202; vgl. A l b e r t u s Medizin. Gegen Epilepsie M a g n u s 23, 123; G e s n e r Vogelb. 2 7 b ; wurde das H e r z des E . s gegessen oder s. a. S w a i n s o n British Birds 105 (η. Giral14 dus Cambrensis). ») P r ö h l e Unterharz 116 in gedörrtem Zustande u m g e h ä n g t ) . Nr. 308. " ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 262; Η ö f 1 e r Organotherapie 258 (n. J o h . S c h r ö d e r O r a k e l . Schon bei den Alten galt Apotheke 1685); Η ο ν ο r k a - K r ο η f e 1 d der E . als W e t t e r p r o p h e t 4 ) . Im 2, 221. Hoffmann-Krayer. deutschen Volksglauben ist er namentEkstase. Griech. = das Aussichherlich R e g e n k ü n d e r 5 ) oder, nach ausgetreten-, Außersichsein. Das W o r t seinem Namen, E i s p r o p h e t « ) . Nach zeigt die alte Meinung an, die Seele vereiner französischen und englischen Quelle lasse in Zuständen der Verzückung den hängt man den E . a m Schnabel an der Leib und wandle ihre eigenen Wege über Zimmerdecke auf, wo er als Windfahne die Erde, durch die Luft, zur Milchstraße dient, da sein Körper stets der Richtung und großen Sternen, in die Nähe Gottes. des Windes f o l g t 7 ) . Der Apostel Paulus bekannte bei der B e *) H o p f Tierorakel 148 f. (mit Zitaten); schreibung einer selbsterlebten „ E n t 6 Gubernatis Tiere 545 f. ) Gesem a n n Regenzauber 83. ·) ZfVk. 12, 458. zückung bis in den dritten H i m m e l " , ') W o l f Beiträge 1, 249; Notes and Queries nicht zu wissen, ob er im Leibe oder außer 153 (1927). 45·87; Sw a i η s ο η British Birds ihm war x ). Immer ist mit E . ein abnor104 (η. Τ h. B r o w n e Vulgar Errors III, maler Bewußtseinszustand gemeint, in ch. X ; vgl. S h a k e s p e a r e King Lear 2, 2;
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dem die Psyche auf äußere Reize entweder gar nicht oder auf durchaus ungewöhnliche Weise reagiert. Viele von selbst sich einstellende Zustände des religiösen Mystikers gehören ebenso hierher, wie die durch künstliche Mittel hervorgerufenen Verzückungen, die jedoch nicht etwa in allen Fällen religiöser Art sind. Oft handelt es sich um eine überstarke Aufpeitschung der Nerven und Leidenschaften, die erst nachträglich in den Dienst der Religion, gewöhnlich alsdann des religiösen Fanatismus, gelangen, wie das vor allem bei Orientalen ausgebildet ist 2 ). Im Altertum jedoch hat man wohl jede E. als einen religiösen Vorgang angesehen, als ein Eingegangensein der Gottheit in den Menschen, oder umgekehrt ein Hineingezogensein des Menschen in die Gottheit, woher der griechische Ausdruck Enthusiasmus ( = in Gott, ένθ·εος, sein) stammt 3 ). Die echte religiöse E. entsteht ohne Zuhilfenahme von physikalischen Erregern wie Giften, also auf rein psychischer Basis. Unter den Qualen der Steinigung sieht der erste christliche Märtyrer Stephanus den Himmel offen 4 ). Die Märtyrerin Perpetua, aus der Arena ins Gefängnis zurückgeführt und dort gleichsam aus tiefem Schlaf erwachend, fragte zum Erstaunen aller, wann sie dem Stier vorgeworfen würde, und mußte nun hören, daß dies bereits geschehen, und sich durch ihr gezeigte Verletzungen am eigenen Körper davon überzeugen 5 ). Umgekehrt sind die neu einzuweihenden sibirischen Schamanen in solcher Trance, daß sie die gräßlichen Prozeduren, welche nach dem Wortlaute der ihnen bekannten Überlieferung mit ihnen vorzunehmen sind, wirklich zu erleben meinen, das Zerhackt- und Geköpftwerden e ). J a auf ebenfalls rein psychischer Basis entsteht in des Ekstatikers verzücktem Auge die Träne der Rührung und überträgt sich auf die Zuschauer das Miterleben derselben Dinge'). Die „künstliche" (ζ. B. durch Rauschgifte hervorgerufene) E. ruht selbstverständlich auf der Erfahrung von der
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„natürlichen" und dient dazu, letztere zu verstärken oder überhaupt zu ersetzen. Die Erfolge können in beiden Fällen die gleichen sein, wie denn auch die Scheidung zwischen jener und dieser nicht immer scharf gezogen werden kann, da der Ekstatiker in seinem Rauschzustande ganz von selbst unwillkürlich zu Mitteln der Steigerung dieses seines abnormalen Zustandes greift, bzw. sogar die E. in sich selbst zur Steigerung führt. Wenn die Derwische in ihrem Zikr eine gewisse Höhe der Verzücktheit erlangt haben, so steigert sich das psychophysische Mittel, das unablässige Denken und Aussprechen eines bestimmten Namens Gottes und die gleichmäßige Schwingung des Leibes, zu weiterer Erregung des bereits in Mitleidenschaft gezogenen Nervensystems von selbst: die Bewegungen werden heftiger und schneller, die Sinne immer mehr ausgeschaltet 8 ). Die in allen Zeiten und Zonen sich findende E. ist irgendwie aus dem Erleben von außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen hervorgegangen zu denken, sei es, daß magische oder religiöse Bedürfnisse in ihrer einfachsten Form schon treibend waren, oder daß die primitive Lebensweise mit aufgenötigten Fastenzeiten, rauchgeschwängerter Luft und auch ungewolltem Genuß giftiger Pflanzen dazu geführt hatte. Der S c h a m a n e oder Medizinmann ist noch bei heutigen Primitiven das Vorbild des Ekstatikers, sofern er schon für seine Anerkennung als Schamane oder Medizinmann von Entrückungen über Länder und durch die Luft zu erzählen weiß, wobei er gewöhnlich eine Art B e r u f u n g und B e l e h r u n g erlebt haben will, und durch Fasten, Selbstpeinigungen und wilden Tanz sich in R a s e r e i versetzt und in den hierbei eintretenden H a l l u z i n a t i o n e n Wunder zu erlangen glaubt und außerordentliche Taten vollbringt. Auch die E. des Brahmanismus und des buddhistischen Mönchtums verstehen sich auf dieser Grundlage: das der Welt Abgestorbensein, die Überwindung des Raumes und der Schwerkraft, die Schmerzlosigkeit
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usw. ·). Diese E. wird von dem Einzelnen, der sie individuell erlebt, leicht auf eine ganze Gemeinde von Anhängern übertragen. G e p f l e g t wird die E. wegen des V e r l a n g e n s , über das a l l t ä g l i c h e L e b e n s n i v e a u , das niederdrückende Alltagsbewußtsein h i n a u s z u k o m m e n . Das Bedürfnis nach übernatürlichem Erleben, wodurch die Bürde des Daseins vergessen gemacht wird, ist der Grund ekstatischer Übungen. Neben diesem s o z i a l e n Grunde steht der r e l i g i ö s e : der Zug nach Ε η t w e r d u n g d e s I c h und E r w e r d u n g G o t t e s i m M e n s c h e n oder Erwerdung der Göttlichkeit des Menschen; daneben ein m e d i z i n i s c h e r , das Verlangen nach einer irgendwie psychisch bedingten H e i l u n g der Krankheiten, wie sie ja primitive Völker in erster Linie infolge des Glaubens, daß alle Krankheiten auf dämonischen Ursprung zurückzuführen sind, erwarten. In jedem Falle ist ein Zusammenhang mit der metaphysischen Welt erstrebt; auf niederer Stufe aus dunklem Drang heraus, auf höherer ein Nachjagen dem Ziele der Erfassung der E i n h e i t hinter der verworrenen Vielheit, des Beständigen hinter dem schwankenden Wechsel. Schließlich soll durch E. die Einheit überhaupt erreicht werden, die Einheit des Individuums sowie die Einheit des Universums, und wenn irgendwo innerhalb des Erscheinenden und im Zusammenhang mit ihm diese Einheit gefunden werden kann, so im Ich als einzigem Orte, wo solcher Zusammenhang denkbar ist. „Ich, die Welt, wir — nein, ich Welt bin das Entrückte, das Nichtzuerfassende, das Nichtzuerlebende" 10 ), so daß die Befreiung der Seele vom Körper, die der Ekstatiker wirklich e r f ä h r t u ) , wieder nur als eine Vorstufe und als Mittel zum höheren Zweck erscheint. Von hier wird deutlich, daß die E. in Zusammenhang mit dem O p f e r w i l 1 e η steht. Die Hingabe des das Ich umgebenden Nichtich zum Zwecke der Reinigung des Ich (s. Kathartik), die Opferung alles Nichtich löst in der mit dem
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Grade der Opferung steigenden Befriedigung die E. aus. Die E. ist ein Austausch möglicher Zuständlichkeiten, der Eintausch der unsinnlichen durch Preisgabe der sinnlichen. Man wird von einem Gott oder Dämon erfüllt 1 2 ). Darum verhilft auch (auf polytheistischer Stufe) ein Tieropfer dazu, daß man die schädlichen Geister abzuschrecken fähig ist; der in die antiken Mysterien Eingeweihte gerät in solche E., daß er, nach dem großen Pariser Zauberbuch, sieht, wie die Dämonen gegen ihn anstürmen; er aber legt nur den Finger auf den Mund und sagt dreimal „Schweigen" l s ). Als „ n a t ü r l i c h " erscheint die E. vor allem im r e l i g i ö s e n Leben, während sie in der Magie und Medizin durchweg künstlich erzeugt wird. Das spricht, wenn auch nicht entscheidend, für die Ansicht, daß auch ihr Ursprung ein religiöser sei. Auch das Christentum kennt die E. als eine objektive, von Gott gewirkte Beeinflussung der menschlichen Psyche, wodurch Gott sich dem Menschen fühlbar macht, ihm besondere Aufschlüsse gibt und zur Mitteilung der letzteren an die Mitmenschen (Offenbarung) auffordert. Alttestamentliche Propheten befinden sich nicht minder in E. wie der neutestamentliche Prophet, der Verfasser der „Offenbarung des Johannes". Die Begleiter Jesu auf den Berg der Verklärung wurden durch E. fähig, den Meister mit leuchtendem Antlitz und schimmerndem Gewände zu sehen und Mose und Elias neben ihm 14). Die mittelalterlichen M y s t i k e r sind klassische Zeugen einer nicht durch äußere Reizmittel hervorgerufenen und doch tiefgehenden E., in welcher sie das Einswerden mit Gott und Christus erlebten. Viele von ihnen erfuhren in ihrer durch strenge Askese bedingten E. die unbeschreiblichen Geheimnisse der geistlichen Hochzeit. Sofia von Klingnau (nach E l s b e t h S t a g e 1 s Schwesternbuch) gerät ohne äußerliche Mittel erst in größte Sündenqualen, verfällt dann dreimal in Ohnmacht und erlangt, nachdem sie zu Bett gegangen, höchste Klarheit und Freude durch ein herabkommendes himmlisches Licht und
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spürt, ,,daß mein Gott aus dem Herzen emporgenommen und zum Munde hinaus hoch in die L u f t geführt wurde, und da wurde mir gegeben, daß ich meine Seele klar und eigentümlich mit geistigem Gesichte sah wie ich mit leiblichen Augen kein Ding je gesehen habe, und alle ihre Gestalt und ihre Zier und ihre Schönheit wurden mir völlig gezeigt. Und was für Wunder ich an ihr sah und erkannte, das könnten alle Menschen nicht zu Worte bringen" 1S ). Diese mystische E. hat ihre Repräsentanten durch alle späteren Jahrhunderte bis in die Gegenwart l e ). S w e d e n b o r g sah in den Zuständen seiner E. Himmel und Hölle offen und verkehrte mit den dort befindlichen verstorbenen Menschen 1 7 ). Der religiöse Fanatiker sieht in seiner durchaus geistig bedingten E. Ketzer brennen und zerrissen werden. Fanatische E. liegt auch bei den französischen K a m i s a r d e n vor. Ein junger Kamisarde äußerte sich: „ I c h weiß, daß alsdann eine höhere Macht durch mich spricht; meine Worte kommen mir wie die Rede eines Anderen vor, aber sie lassen einen tiefen Eindruck in meinem Geiste zurück" 1 8 ). — Indessen findet sich die natürliche E. in ursprunghafter Form auch, wo jemand infolge seiner Beschäftigung die Besinnung verliert oder in rasende W u t gerät. Das B e r s e r k e r t u m muß hier erwähnt werden, da der Berserker (s. d.) einfach aus einer gegebenen Situation heraus so erregt wird, daß er (im Kampf ζ. B.) in unbezähmbare Raserei gerät, unerklärliche K r a f t entfaltet, aber auch heult und beißt wie ein Hund, dabei unempfindlich für Feuer i s t l e ) . Gewöhnlich wird aber die E. auch vom r e l i g i ö s e n Menschen und um der Religion willen durch Mittel angestrebt, welche entweder stofflicher oder geistiger Natur sind. Im ganzen Polynesien wird der aus der Wurzel von Piper methisticum bereitete K a v a t r a n k , den Frauen und Mädchen mit ihrem Speichel herstellen, zur Erzeugung von E. verwendet; in Amerika und Afrika der T a b a k , und zwar sowohl durch Einsaugen des Rauches wie durch Genuß von
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Pillen 2 0 ). Die E., welche der Arzt im Tabakrausch erlangt, ist selbst die beste Medizin für den Patienten, sofern sie den Medizinmann zu gewaltigem Stöhnen über dem Kranken veranlaßt, durch das der Patient seinerseits in E. gerät 2 l ). Je mehr verschiedene Rauschgifte ein Medizinmann der Bakairi zu sich genommen, um so beachtenswerter werden seine Reden, die er während der Narkose wie auch nach dem Erwachen hält. Der aus gärendem H o n i g bereitete M e t ist das Mittel bei Skyten und Arabern, der H a s c h i s c h (aus Blättern oder Harz des indischen Hanfs) bei Indern, Persern, Arabern 22). — Dem Genuß bestimmter Stoffe steht die E n t h a l t u n g von jeder Nahrungsaufnahme zum Zweck der Entsinnlichung der leiblichen Organisation direkt gegenüber (in Mysterienkulten, Gnosis, Sufismus). Schon früh erkannte der Mensch, daß F a s t e n und andere Kasteiung leistungsfähiger macht. Die A s k e s e verschiedenster Art sichert dem indischen Kontemplator (Brahmane) das Ta-pas, die inwendige Feuerglut, die selbst schon E. bedeutet 23). Ganz so wie der Haschischekstatiker sich über die Erde zu erheben und zu fliegen meint 24), schwebt der indianische Jüngling (Nordamerikas) nach sieben- bis neuntägigem Fasten in seinem ekstatischen Zustande in die Ratsversammlung der oberen Welt hinauf 2S). Die Mönche auf dem A t h 0 s fügten (im 13. und 14. Jh.) dem Fasten noch die angestrengte B e s c h a u u n g d e s e i g e n e n N a b e l s hinzu (hießen deshalb Omphalopsychiten) und erlangten durch diese Fixation und die dadurch entstehende A.utohypnose einen hohen Grad der Entrückung, in dem ihnen ein himmlischer Glanz erschien. Zur Selbsthypnose durch Blickfixierung dienen außerdem die eigene Nasenspitze, Kristalle und kristallinisch geschliffene Gläser (Jakob Böhms Schusterkugel). Der Yogin erregt seine E. durch strengste Askese und psychische Konzentrationsübungen, wobei Atemgymnastik unterstützend mitwirkt. ,,Ιη der Verminderung und absolut strengen Regularisierung des Atmens sah der Yogin ein kräftigstes Mit-
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tel, die Intensität des eigenen Daseins in der Diesseitswelt herabzusetzen und eine klare Stille zu schaffen, in der sich der Ausblick auf das Jenseits a u f t a t " 2β ). Der T r a u m , ebenso ein vorübergehender D ä m m e r z u s t a n d führen oft zur E., noch mehr aber der T a n z , der zu jenen physiologischen Verrichtungen gehört, durch welche das Nervensystem in so hohe Erregung versetzt werden kann, daß eine Sinnesstörung eintritt Dies zeigt sich in zahlreichen kultischen Tänzen, bei denen es geradezu beabsichtigt wird. Der Κ u 1 11 a η ζ i n d e n V e g e t a t i o n s r i t e n (z.B. Sonnenwendfest) führt über ausgelassene Freude und Taumeln zur Ε. ; vgl. die ekstatische Raserei der Mänaden u. ä. Diese Raserei unterscheidet sich nicht von der des Tobsüchtigen und geht, wie diese, zu unwiderstehlichem Zerstörungsdrange fort. So tritt an die Stelle des Schlachtens der Opfertiere in derartigen Kulten (bei Primitiven und vielfach im geschichtlichen Altertum) das wilde Z e r r e i ß e n des l e b e n d e n Tieres (s. Ersatzopfer), das Verzehren des lebenden Rohfleisches (s. Omophagie), wobei sich die Imagination einstellt, man esse die Gottheit (s. Theophagie); und dadurch wird die E. wieder weitergetrieben bis zur Imagination der eigenen Gottheitlichkeit, des Eingehens in das Wesen der Gottheit 28). Die Jumpers unter den englischen Methodisten seien nur eben erwähnt, desgleichen die Tanzepidemien und Springprozessionen im mittelalterlichen Mitteleuropa, der Tanz zu Ehren des hl. Vitus (Veitstanz). Bedeutsamer und vor allem gegenwärtig in Übung sind die o f t mit vieler Anstrengung herbeigeführten ekstatischen Zustände der großen russischen Sekten der C h 1 y s t e η und S k ο ρ ζ e η. Das Mittel, den göttlichen Geist v o m siebenten Himmel herabzurufen, ist die mit dem Gebet verbundene Radenije, der religiöse Tanz nach dem Vorbild des vor der Bundeslade in E. hertanzenden D a v i d 3 0 ) . In ungeheuerlich rasendem Tempo schwirren selbst Greise dahin, verfallen in Zittern und konvulsivische Krämpfe oder wech-
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seln unaufhörlich lautes Weinen und Lachen miteinander, bis Erschöpfung und Ohnmacht eintritt, wonach jedoch, den Versicherungen vieler zufolge, Christus selbst erschienen ist. Geißelungen werden, wie im europäischen Mittelalter, ebenfalls zu Hilfe genommen. Die Propheten der Chlysten werden derart v o m hl. Geist ergriffen, daß ihre „Menschheit" stirbt und der Geist aus ihnen redet 31 ) (s. Besessenheit). Sobald die Skopzen bei der Radenije den Geist in sich fühlen, fangen sie an zu laufen, schneller und immer schneller, wie im Trabe. Einige behaupten, daß die Verschneidung ein Mittel zur E. sei 32 ). Das Zungenreden spielt in der E. allenthalben eine sehr große Rolle, wobei dieser Zustand auf einen in den Menschen eingegangenen Dämon oder den heiligen Gottesgeist zurückgeführt wird. — I m Mittelalter erblickte man auch in den Melancholikern Menschen 33 ), welche von bösen Geistern bewohnt sind, die in ihnen Unruhe stiften und aus ihnen heraus sprechen 34 ). Das Brennen der (weißen, nicht schwarzen) Galle sollte einen übernatürlichen Erregungszustand herbeiführen, sagte man in Anlehnung an Aristoteles, der zu besonderem Wissen führt und, wenn dann noch ein himmlischer Einfluß, ζ. B. der des Planeten Saturn, hinzukommt 3 5 ), treten Weissagungen ein. 1)
2. Kor. 12, 2.
Konfessionen
9.
s)
') B o b e r Ekstatische
Dieterich
Kl.
Schrift.
415. *) Apost.gesch. 7, 54—59. 5) A c h e l i s Die E. 141. ·) D e r s . 31 f.; Bastian Allerlei aus Völker- und Menschenkunde 1, 197. ') W u n d t Mythus u. Religion 3, 491. •) Jacob Beiträge zur Kenntnis des Derwisch-
ordens der Behtaschis (1908). 9) H. B e c k h Buddhismus 2 (Sammlung Göschen 770), 74. l ») B u b e r 11. " ) W u n d t 2,105. 12) D i e t e r i c h Kl. Schrift. 319. IS ) B u b e r 17. " ) Matth.-Ev. 17, 1 ff. » ) B n b e r 109 ff. " ) Vgl. L . C a r u s Die
Tyroler
ekstatischen
Jungfrauen (2 Bde. 1843). " ) Martin L a m m u) Swedenborg (deutsch 1923). Achelis 121 f. " ) Vatnsdaela Sagacp. 37 f. 20) R a t z e l Völkerkunde 1, 241. 21) Karl v. d. S t e i n e n Unter
den Naturvölkern
") A c h e l i s
8 f.
Lehre der Upanishaden
420.
si)
Bastian
handlungsweise Wundt
259 f.
der Psychologie
Mythus
M)
Tylor
345.
Die 2,
Zur naturwissensch. Be-
d e n b e r g a.a.O. 261.
")
Zentralbrasiliens
»>) O l d e n b e r g
a)
u.
139.
s *)
Ol-
A c h e l i s 163ff.
Religion
3, 649 f.
753
El—Elaiomantie
" ) Ebd. 650. 30) Karl G r a ß Die russischen Sekten 1, 266f. 31 ) P r e o b r a s c h e n z e i r Ergänzende Nachrichten über d. Sekte der Gottesleute 339. »*) G r a ß a. a. O. 2, 754—771. " ( A c h e l i s l o i f f . M) A g r i p p a v . N e t t e s h e i m i, 290 ff. " ) ebd. 1, 2 8 7 ! K . Beth. E l einer der zehn G o t t e s n a m e n 1 ) , auch H e i 2 ) , das hebr. ^ t „ G o t t " , bei Philo v . B y b l u s mit "Ηλ bzw. Ήλος umschrieben s ), vgl. auch Mt. 27, 46 ήλεί bzw. ήλί, lat. Eli, Heli, auch E l y 4 ), o f t auf A m u letten und in Formeln. *) H i e r o n y m u s ed. Erasmus (Froben 1537), 3, 94; I s i d o r Etymol. bei M i g n e Patrol. Lat. 82, 259 f.; Z i m m e r m a n n Bezaar (hd.) 89 a; K i e s e w e t t e r Der Occulttsmus des Altertums 350; A g r i p p a v. N e t t e s h e i m 3, 55; H o r s t Zauberbibliothek 2 , 1 3 2 . a) F r a n z Benediktionen 1, 430; T y l o r Encyclopedia Brittanica 15, 202. *) M ü l l e r Fragnt. Hist. Graec. 3, 567. 568. 570 nach E u s e b i u s pr. evang. 1, 10; 4, 16. *) F r a n z a. a. O. 2, 92. Jacoby. E l a i o m a n t i e , Ölwahrsagung {IX αιον = ö l ) . Daß die Bezeichnung unter den zahlreichen Divinationstypen, in deren A u f zählung sich besonders das 16. und 1 7 . J h . gefällt, anscheinend nicht a u f t r i t t , ist o f f e n b a r ein bloßer Zufall, die T a t s a c h e (είσί τίνες οΐ έν έλαίφ όρωντες μαντεύοντας ist bereits f ü r das A l t e r t u m belegt. J e nach der V e r w e n d u n g des Öles lassen sich folgende F o r m e n unterscheiden: a) Öl wird auf eine glänzende Fläche, ζ. B! einen Metallschild oder eine Schale 2 ) oder auf Wasser 3 ) gegossen, um die Spiegelwirkung zu erhöhen. Der Befragende, o f t ein besonderes Medium (unschuldiges K i n d ) , f i x i e r t seinen B l i c k darauf und glaubt schließlich, in der reflektierenden F l ä c h e Bilder und Gestalten zu sehen; auch wurden aus der A r t , wie sich das Gesicht des Konsultierenden spiegelte, Schlüsse auf die Z u k u n f t gezogen 4 ). Diese F o r m ist, wie m a n sieht, mit Becken-, Spiegel- und Wasserwahrsagung a u f s engste v e r w a n d t und wird daher bisweilen auch von den Berichten in diesem Zusammenhang a u f g e f ü h r t 8 ) (vgl. Hydro-, K a t o p t r o - , L e k a n o m a η t i e). b) E i n e eigentümliche A b a r t der vorhergehenden Methode ist folgende: Man
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poliert die Fingernägel oder auch die H a n d f l ä c h e n eines reinen K i n d e s mit einer Mischung v o n ö l und R u ß , so daß eine spiegelnde schwarze F l ä c h e entsteht. Diese wird gegen eine Lichtquelle (Sonne oder Kerze) gehalten und dient nun wie oben als Zauberspiegel. In der Divinationsliteratur tritt diese F o r m meist in Z u s a m m e n h a n g mit der Onychomantie (s. d.) auf «). c) E i n p a a r T r o p f e n Öl werden in Wasser gegossen (bisweilen auch Wasser in Öl); aus dem Verhalten des Öls, der Vereinigung der Tropfen, der sich bildenden Figuren usw., wird ζ. T. auf Grund einer detaillierten K a s u i s t i k die Z u k u n f t gedeutet. Diese F o r m w a r besonders im alten Orient verbreitet, erhalten sind zwei H a n d b ü c h e r dieser F o r m der Lekanomantie aus der Zeit H a m m u r a p i s in bereits überarbeiteter F o r m ' ) . In E u r o p a findet sich diese E . im allgemeinen nur in den ölproduzierenden L ä n d e r n , besonders Spanien und Italien, wo sie zur Diagnostik des bösen B l i c k s d i e n t 8 ) . In Deutschland tritt an die Stelle des Öls wohl f a s t ausnahmslos Blei (s. B l e i gießen, Molybdomantie) oder das Weiße eines rohen Eies (s. O o s k o p i e ) , T a l g u. dgl. 8 ). ') Scholion zu A r i s t o p h a n e s Acharn. IT28; S u i d a s s. ν. κατάχει τοδλαιον. •) A r i s t o p h a D e s a. a. O.; Z a c h a r i a e in ZiVi. 15, 85 (aus Indien 1673); S o l d a n · Η e ρ ρ e 1, 97 (aus dem Policraticus des J ο h a n n e s v. S a l i s b u r y 1 , 28). 3) D e l · r i ο Disquisit. magicae lib. 4, cap. 2, quaest. 6, sect. 4 (Mainz 1603, 2, 168, Nordafrika}; Pap. Graec. Mag. ed. Preisendanz r (1928), 78. 178. 182. 4) Jahrb. f. jüd. Vk. 1923, 205 Nr. 139 bis 140 (Nacht vor Versöhnungsfest). ') C ο c 1 e s Anastasis (1517), 2 ν b; D e l r i o a . a . O . ·) H a r t l i e b Buch aller verboten Kunst ed. Ulm 51, cap. 84; schon bei B e n e d i c t v. M a s s i l i a , s. K l a p p e r in MschlesVk. 2 1 , 8 2 ; P i c t o r i u s Magia (1539), 57, auch in A g r i p p a Opera ed. Bering i , 481, Dt. Ausg. 4, 165; T h i e r s Trait6 i, 183 ff. = Melusine 4, 281 ff. Weitere ältere Literatur s. unter Onychomantie. Reste dieser Form noch in der Neuzeit, s. Η i 1 1 η e r Siebenbürgen 16. ') U η g η a d Deutung der Zukunft 1 5 ; J a s t r o w Religion Babyloniens und Assyriens 2, 748—775; M e i ß n e r Babylon 2, 275 ff.; D a η ζ e 1 Magie und Geheimwissenschaft 99 f. 8 ) S e l i g m a n n Zauberkraft 425 f f . ' ) W u t t k e § 346; P. H o f f m a n n Das Oraculum
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Elaiosemantik
astronomico-geomanticum oder die Kunst und Weisheit im Kaffee und allen anderen Gießungen das Schicksal zu sehen (Raab 1756). Boehm.
Elaiosemantik. Έλαια ist die griechische Bezeichnung nicht allein für den Ölbaum, sondern auch für „ M u t t e r m a l , Leberf l e c k " u. dgl. 1 ). E. ist also wörtlich = Zeichendeutung aus Muttermälern und anderen Hautflecken. Die bisweilen auch gebrauchte Bezeichnung Neo- oder Naevomantie für diese Weissagungsart 2) geht auf lat. naevus = H a u t m a l zurück. Für die A n t i k e bezeugt das Vorhandensein der E. der T r a k t a t des sog. Μ e 1 a m p u s περί έλαιων, ein kurzer A n h a n g zu dem für die spätere mantische Pseudowissenschaft ebenfalls hochbedeutsamen „ Z u c k u n g s b u c h " (s. Jucken), das unter demselben apokryphen Verfassernamen läuft, in mehreren Hss. überliefert und zuerst 1545 in R o m gedruckt ist; die Entstehungszeit ist nicht mit Sicherheit festzustellen, die A n f ä n g e der bis zum Ausgang des MA.s vielgelesenen und durch Überarbeitung usw. heute sehr entstellten Schrift mögen um den Beginn der Kaiserzeit, vielleicht noch früher liegen 3 ). Der T r a k t a t enthält eine dürre A u f z ä h l u n g von Deutungen, ζ. B . : ein Fleck oberhalb der Augenbrauen bedeutet f ü r den Mann, daß er eine gute und schöne Frau bekommen wird, für die Frau entsprechend ; ein Fleck auf der Nase = Unersättlichkeit im Geschlechtsverkehr, auf der Hand = Kinderreichtum usw. Bereits hier findet sich die später zu einem System ausgestaltete Theorie, daß jedem Mal im Gesicht ein zweites an einer bestimmten anderen Körperstelle entspreche, ζ. B . Nase - Geschlechtsorgan, Kinn-Milz, Ohren-Schenkel. W i e in der Physiognomonie, Metoposkopie und Chiromantie spielt in der Weiterentwicklung dieser Divinationsart die Verbindung mit der Astrologie eine bedeutsame Rolle; sie erst ermöglichte eine kasuistisch ausgebaute strenge Systematik. Die A n f ä n g e hierfür scheinen bei den Arabern zu liegen; das astrologische H a u p t w e r k des A l b o h a c e n (Haly, I i . Jh.) bringt auf Grund der Schriften des Alkindi die H a u t f l e c k e mit dem Ein-
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fluß der Gestirne in Zusammenhang 4) ; doch ist sehr auffallend, daß gerade in der Hauptstelle B ), wo jene schon bei Melampus vereinzelt auftretenden Analogien oder Relationen zwischen den Teilen des Gesichts und denen des übrigen Körpers vermehrt werden, astrologische Begründung fehlt; die Übersicht ist ganz äußerlich an die Behandlung der astrologischen Entdeckung von künstlichen Sklavenbrandmalen angeknüpft. Die stärkste Ausbildung der E. nach der astrologischen Seite hin, findet man erst bei C a r d a n u s , der ihr das ganze 13. B u c h seiner Metoposkopie e ) widmet. Er bespricht hier zuerst die Mäler nach ihrer L a g e in den Teilen des Gesichtes, die den Tierkreiszeichen entsprechen und nach diesen benannt werden, ζ. B . ' ) : „ D e r Mann, der auf der rechten Seite des Wassermanns (diesem entspricht die Oberlippe) ein Mal hat, wird in Handel und Geschäften glücklich sein; auch eine Frau wird gesegnet und in der Ehe glücklich sein, denn sie wird fünf Männer haben, von denen sie große Reichtümer, aber keine Kinder gewinnen wird. Beziehung (Relatio): Das Mal deutet auf ein anderes Mal auf dem rechten Unterarm oder dem Schienbein derselben Seite, das für beide Geschlechter Glück b e d e u t e t . " Auf ähnliche Weise werden dann die Mäler auf oder zwischen den Gesichtslinien behandelt, die, wie bei der Chiromantie, nach den Planeten benannt sind, ζ. B . 8 ) : „ E i n Mal auf der linken Stirnseite zwischen der Mond- und Merkurlinie bedeutet für einen Mann Sorgen und Kerker wegen Betruges, für eine Frau bedeutet es, daß sie zu Z a n k und Ehebruch n e i g t . " Zum Schluß folgt eine D e u t u n g der Mäler nach ihrer Lage ohne astrologisches Beiwerk mit deutlichen Anleihen bei Melampus. Der astrologischen E. steht G. B . della P o r t a (1540—1615)») ablehnend gegenüber und versucht, die von Melampus u. a. aufgestellten Deutungen auf natürliche Weise zu begründen, indem er die Entstehung der Mäler aus den Körpersäften ableitet. Andere, ebenfalls medizinisch oder auch philosophisch gerichtete Schriftsteller, wie Portas Zeit-
Elbegast—Elben
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genösse Lodovico S e t t a l a (1552—1633) u. a. begnügen sich mit einem Ausbau jener „Relationen" zwischen den Malern an verschiedenen Körperstellen 10). Vorbedeutend sind auch die Leibesmäler, die nach der Überlieferung große Persönlichkeiten der Geschichte oder Sage an ihrem Körper trugen, so der Kaiser Augustus, bei dem die Flecken auf Brust und Bauch in der Anordnung des Sternbildes des Großen Bären verteilt w a r e n u ) , das schwertförmige Mal auf dem Arm Skanderbegs 12 ), das lanzen-, dreizack- oder gorgonengestaltige auf der Achsel des Pelops und seiner Nachkommen 13 ). Bekannt ist die verhängnisvolle Bedeutung, die bei den Hexenprozessen dem Auftreten eines „Teufelsmales" oder „Stigma diabolicum" im Sinne eines Belastungszeugnisses beigelegt wurde u ) und noch heute hie und da im Volke gilt 1 S ). Auch sonst wird bisweilen Malern usw. noch heute eine Vorbedeutung beigelegt."). Vgl. a. M a l , x)
Muttermal.
In etwas anderem Sinne C a m e r a r i u s Commentarius de generibus divinationum (1576) 6: έλαιοσημαντιχά, quae sunt notae et signa, quibus aliqua parte tamquam olei macula corpus est iniectum, vgl. auch ebd. 38: έλαίας vocarunt maculas alicubi in corpore et quid in unaquaque parte illae significarent tarn virorum quam mulierum conati sunt explicare. *) Nie. S ρ a fi ο n Studium curiosum 91—93, in dem Sammelband Kleeblatt (1695), s. Anm. 3. 3) Abgedruckt u. a. als Anhang zu C a r d a n u s Metoposcopia (Paris 1658), bei J. G . F . F r a n z i u s Scriptores Physiognomoniae Vt teres (Altenburg 1780), 501—508; andere ältere Ausgaben bei F a b r i c i u s Bibl. graecas 1, 1 1 6 — 1 1 8 ; zur Textüberlieferung s. D i e 1 s AbhBln. 1907 (Berlin 1908), 6 ff. Deutsche Übersetzung von J. S. E l s s h o l t z Chiromantisch- und Physiognomisches Kleeblatt (Nürnberg 1695), 516 ff. 4) De iudieiis astrorum, lat. Übers, von S t u ρ a (Basel 1551) II, 30 p. 72. 5) Ebd. V I , 3 p. 61. ') Erstausgabe Paris 1658, Übersetzung von E l s s h o l t z in dem Anm. 3 zitierten Kleeblatt (1695), 521—550. ') A . a. O. 186. *) Ebd. 198. ·) Das 5. Buch seiner Coelestis Physiognomia ist der E. gewidmet, 124—139 der Ausgabe von Rouen 1650. 10) Lud. S e ρ t a 1 i i De naevis liber, Dordrecht 1650 (Anhang zu S.s Animadversiones et cautiones medicae ebd.). Ganz von Settala abhängig ist J. S. E l s s h o l t z (Elsholtius) Anthropometria sive de mutua membrorum proportione et naevorum harmonia libellus (Frankfurt a. O.
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1663), 259—266, deutsch in Kleeblatt 500 bis 515; vgl. auch die kurze und unbedeutende Neomanti des S ρ a d ο n (s. ο. Anm. 2.). " ) S u e t ο n Aug. cap. 80. " ) Μ. B a r l e t i n s De vita Georgii Castrioti Scanderbegi cognominati (Straßburg 1537). l s ) Schol. zu P i n d a r Olymp. 1, 40. *>) s. H e x e . " ) L a u f f e r Niederdt. Vk. 8r. ») So im synkretistischen Aberglauben Louisianas, JAmFl. 1927, 164 Nr. 341—345. Boehm.
Elbegast s.
Meisterdieb.
Elben (s. auch A l p ) . Während die Bezeichnung alp für den Druckgeist über das ganze deutsche Sprachgebiet verbreitet ist, findet sich ein Plur. „ E l b e n " und „ E l b e r " sehr selten und zwar nur in Nord- und Mitteldeutschland. Weiter verbreitet sind noch das Adjektiv „elbisch" in der Bedeutung 1. stumpfsinnig, wahnwitzig, 2. drehkrank (von Schafen) und die Bezeichnung „Elbentrötsch" (s. d.) (ölpedrütsch, alberdrutsch, drelpetrütsch, tölpentrötsch, trilpentrisch) für eine beschränkte Person 1 ). In dem Spiel: „ D e n Elbertrötsch jagen" wird ein etwas einfältiger Mitspieler mit einem Sack in eine dunkle Ecke postiert und soll nun auf den Elbertrötsch warten, den die andern herbeizujagen vorgeben. Der Hintergangene bekommt den Namen „Elbertrötsch" 2). Im Vorarlbergischen sind noch die „ E l b b ü t z " oder „ E l b b u t z e n " bekannt. Sie suchen die Weiden heim, machen Quellen versiegen, bringen Krankheit über Menschen und Vieh. Gegen sie werden Prozessionen veranstaltet und auch etwa Kapuziner gerufen ä). Auch einige Krankheitsnamen erinnern an die E. So heißen die Mitesser „zehrende E . " ; Krankheiten, die wie angeflogen kommen, heißen „fliegende E . " 4 ) . Die Sommersprossen oder Roßmucken werden auf den „Elbertrauf" zurückgeführt 5 ). Wenn jemand Kopfweh hat, so sagt man in Rauen bei Fürstenwalde, er habe die „verkehrten" oder „schwarzen E . " . Soll er wieder gesund werden, so bindet man ihm abends ein Tuch um den Kopf. A m andern Tage soll ein kluger Mann durch das Tuch pissen, dann gehen die E. fort 6 ). Nach Woeste wird in Norddeutschland zuweilen die Krankheit selbst „ E . " genannt').
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Elben
A u c h in der mhd. L i t e r a t u r k o m m t das W o r t elben nur in md. und nordd. Sprachdenkmälern vor. Sie tragen noch nicht so ausgesprochenen Alpcharakter, aber auch hier zeigen sie dämonische Züge. Nach Albrecht v o n Haiberstadts ovidischen Metamorphosen sind „ e l b e n und e l b i n n e n " wie die E r d m ä n n c h e n (s. d.) gestürzte Engel, die an der E r d oberfläche h a f t e n geblieben s i n d 8 ) . Heinrich v o n Morungen spricht v o n dem dämonischen Z a u b e r des E . b l i c k s : Von den elben wirt entsen vil maDic man: So bin ich von grozer liebe entsen.
W a s K ä t e Heß-Worms übersetzt: Wie der, den Elfenaugen sahn, verzaubert ist, So bin ich deinen Augen nun verfallen ·)!
Bei B r u n v o n Schonebeck wird die Seele durch den Engel v o r dem T r u g der „elben" geschützt10). L u t h e r erzählt in seinen Tischreden, daß seine Mutter o f t unter dem E i n f l u ß einer Zauberei treibenden Nachbarin an „hertzgespan und e l b e n " zu leiden gehabt habe u ) . A u c h in Hexenprozeßa k t e n werden E . erwähnt. Nach Carpzows „ P r a x i s criminalis" soll der Teufel mit den H e x e n die E . z e u g e n 1 2 ) . In Nordhausen besaßen die 1 5 7 3 verbrannten H e x e n die Fähigkeit, den L e u t e n m a s s e n h a f t E . (Plagegeister) im Namen des Teufels anzuhexen, und sie auch im N a m e n Gottes wieder zu v e r t r e i b e n 1 3 ) . A u s hessischen Hexenprozeßakten teilt das K u r h e s s . Idiotikon einen Segen gegen die H e x e n m i t : „ W e i c h t aus, E . und E l b i n , hie k o m m t der liebe Herr J e s u s Christ und wil zu uns herin. Im N a m e n des Vaters, des Sohnes und des hl. Geis t e s " ; dazu werden „ S c h a b e n gelangt, welche in dem Kirschenteiche an der Brunnenkresse k r i e c h e n " und dem K r a n ken a u f s Herz gelegt und zwar in ungerader Zahl, meist 19, „ d a v o n fressen die E . " 1 4 ). Den A l p c h a r a k t e r der E . zeigt ein Viehsegen aus Mecklenburg gegen die „ n e u n e r l e y E l v e n " : „ n e u n e r l e y E l v e n die saugen sich zusammen sie sprachen wir wollen in Hans Chrichtian Sinlo sein hofstedt gehen In das Viehhaus und Saugen das vieh Ihr blut und fleisch aus
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und ich gebreche Sie Ihre gebeine und ich wil sie ihr hertz brechen. E s sprach aber unser lieber herr J e s u s Christus das solt Ihr nicht thun N e t z n e u ς netz ς net ς net J e s u s christus Η 4 m 4 1 4 η " 1 6 ). Auf den Z u s a m m e n h a n g mit den H e x e n deutet ferner die Bezeichnung „ A l f l o d d e r " f ü r ein struppiges Geäst, was auch etwa Donner-, H e x e n - oder Wetterbesen genannt wird l e ). Alf heißt j a auch der Drache oder der Teufel " ) oder wenigstens ein böser G e i s t l e ) . A b e r auch ein u n g e t a u f t verstorbenes K i n d wird zum „ w i l d e n a l f " oder zur „ H e i d e l b e " 1 β ). A u c h die Bezeichnung „ E l b e l " f ü r den wilden J ä g e r in Thüringen bringt die E . mit dem Totenglauben in Verbindung. In der Gegend an der W e r r a heißen zwei F e l s k ö p f e „ E l b e l s t e i n " und „ E l b e l k a n z e l " 20 ). E r s t im 18. J h . wurde der Begriff Elf (selten der E l f , ζ. B . bei Mörike) in der etwas unbestimmten B e d e u t u n g eines anmutigen, weiblichen Zwerggeistes in die deutsche L i t e r a t u r eingeführt aus dem engl, elf (ae. self), zuerst v o n Wieland in der Uebersetzung v o n Shakespeares Sommernachtstraum 1 7 6 4 und später öfter von ihm gebraucht 2 1 ). A u c h das nord. alfr, plur. elfar, das schwed. älv, plur. älvor, das dän. elv, plur. elve, wurden mit Elfe wiedergegeben 22 ). D a s W o r t ist aber auf deutschem Sprachgebiet nicht eigentlich volkstümlich und gehört nicht in den Bereich des Aberglaubens. J a c o b G r i m m schreibt in der Einleitung seiner Irischen E l f e n m ä r c h e n : „ d e r unhochdeutschen, nie unter dem V o l k gebräuchlichen W o r t f o r m Elfen hätten wir uns enthalten, wenn sie nicht v o n den Dichtern des vorigen J a h r h u n d e r t s in Uebersetzungen aus dem Englischen, ohne die Eigenheit unserer Mundart zu beachten, angenommen und einmal eingeführt worden w ä r e " 23 ). ») H ö f l e r h i f.; G r i m m Myth. 1, 4 1 1 f. 430; M ü l l e r RheinWb. 2, 104. 8) M e i e r Schwaben 90; M ü l l e r RheinWb. 2, 104. ») V e r n a l e k e n Alpensagen 227. *) H ö f l e r i n f. ') L a i s t n e r Nebelsagen 328 f. ·) K u h n und S c h w a r z 443. *) K u h n Westfalen 42, 19 Nr. 54; Dar sin de elwen ane, sagt man von einem, der elend aussieht. ·) W i c k r a m
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Elbentrötsch—Electrum magicum
Werke, ed. Bolte 7, 20, 274. ') H . v . M o r i n g e n M.F. 126, 8, hg. v. C. v. Kraus 1925, 2 7 ; H. v. M o r u n g e n Liebeslieder, übers, von Käte Heß-Worms 1 7 (C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung, München o. J.).; ent-sehen, durch den Anblick bezaubern, entseelen. 10) Brun v. S c h o n e b e c k Hohes Lied 220. n ) L u t h e r Tischreden Krit. Gesamtausg. III, 1 3 1 . u ) S o l d a n - H e p p e Hexenprozesse 2, 246; Μ e i c h e Sagen 490. «) S o l d a n - H e p p e 1, 528. " ) V i 1 m a r 1S Idiotikon von Kurhessen 89. ) ZfVk. 1 1 (1901), 83 f. " ) L a i s t n e r Nebelsagen 328. " ) F r i s c h b i e r PreußWb. 18. ») S c h i l l e r und L ü b b e η Mittelnd. Wb. i, 53. " ) AfdA. 13, 45 f. ») B e c h s t e i n Thür. I, 1 1 4 ff. Nr. 72. «) G o I t h e r Myth. 124. «) W e i g a n d Deutsches Wb. 1, 433. »*) G r i m m Irische Elfenmärchen L I X . Bäschlin.
Elbentrötsch. 1 . Der Schwachsinnige, Trottel heißt in Südwestdeutschland E . (Nebenformen Elpentrötsch und -tritsch, Elbertrötsch, Ilpentrötsch und -tritsch, Ilmedredsche, Olpetrütsch, Alberdrütsch, Ilwentritsch, Illebritsche, Hilpertritsch, Tolpentrotsch, Trilpe(n)tritsch, Drelpetritsch) v)·, das W o r t ist abgeleitet v o n alp, elbe, (die mit
t und tr anlautenden Formen durch Fernassimilation entstanden) und bedeutet den vom Elben, d. i. vom Alp „Getretenen". *) Η ö f 1 e r Krankhetlsn. 754; ZfdPh. 3, 340; S c h m e l l e r BayerWb. 1, 66; Grimm Myth. 1, 366; Pfalz. Mus. 1922, 200.
2. Der Name des ähnlich verbreiteten Spiels „ d e n E . f a n g e n " 2 ), mit dem der Dümmling geneckt wird, scheint von der Bedeutung 1 auszugehen und nicht einen mythischen E. vorauszusetzen. Damit erledigt sich die gelegentlich 3 ) auftauchende Angabe, E . sei ein „ H e r r der E l b e n " oder der „wilde J ä g e r " . 2 ) M a n n h a r d t Germ. Myth. 3 1 ; M e i e r Schwaben 88 f. Nr. 100 u. 1 0 1 ; Pfalz. Mus. a. a. O. ') G r i m m Myth. 2, 776; M e y e r Germ. Myth. 120. Ranke.
Elbst. Der E., ein Seegespenst im Bergsee bei Seelisberg (Schweiz), erscheint als moosbewachsener Baumstamm (als „ S a g h o l z " ) oder als treibende Insel auf der Seeoberfläche und zieht Unvorsichtige in die Tiefe; bei Mondschein liegt er als Schlange rings um den See *), steigt auch in Gestalt eines Drachen, bzw. einer
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Schlange mit Krallen, nachts ans L a n d und würgt das Vieh 2 ), zeigt sich auch in Gestalt einer schwarzen S a u s ) , einer Schweineherde *) oder als Fisch 6 ), verfolgt Neckende in Gestalt eines Feuerrads e ). Schon Cysat ') beschreibt „ d a s gespenst vff Seewlisberg", ohne freilich seinen Namen zu nennen. — Bevor der E . erscheint, soll der See von sich aus in starke Bewegung geraten; sein Erscheinen kündet schlechtes Wetter 8) oder böse Zeit an 9 ). — Der Name E . ist wahrscheinlich als ahd. albiz
( „ S c h w a n " ) aus alb
ab-
geleitet 1 0 ); mit dem E l f s t i e r 1 1 ) hat der E . nichts zu tun 1 2 ). — Daß E . wie Elbentrötsch auch den Blödsinnigen bezeichne, wird von R o c h h o l z 1 3 ) ohne Beleg behauptet. >) H e n n e a m R h y n Sagen 42 Nr. 65; Schweizld. 1, 187; M ü l l e r Urner Sagen 2. Bd. ) Kohlrusch Sagen 206 = Herzog Schweizersagen 1, 201 Nr. 179. •) V e r n a 4 1 e k e η A Ipensagen 228. ) L ü t o l f Sagen 282 Nr. 223 b. ·) Ebd. 283 f. ·) Ebd. 282. ') C y s a t 49. ') L ü t o l f 284. ') C y s a t a. a. O. " ( L a i s t n e r Nebelsagen 258. ") G r i m m Ir. Elfenmärchen X L V I I und CXXI; Kuhn Westf. 1, 292 Nr. 335 c; M a n n h a r d t Germ. Mythen 7 f. " ) Gegen L a i s t n e r a. a. O. 18 ) ZfdPh. 3, 336. Ranke. l
Electrum magicum. Electrum oder Weißgold ist der klassische Name f ü r eine schwefelgelbe bis weiße Legierung von Gold und Silber, die man in der römischen und spätrömischen Eisenzeit und auch später bis in die Wikingerzeit an filigranverzierten Anhängern, Haarnadeln u. dgl. verwendet f i n d e t 1 ) . K o n r a d v. Megenberg 2 ) weiß davon zu berichten: „ E . haizt gunderfai *). daz ist zwairlai: nätürleich und künstleich. das künstleich wirt von golt und von Silber, wenn man daz zesamen mischt, sam daz puoch spricht der ding, und das nätürleich geleicht im an der varb und ist pezzer wan daz diu kunst macht, aber man vint ez gar seiden und erkennt man ez gar kaum von dem gevelschten gunderfai. iedoch mag man ez also erkennen, ain geväz, daz gemacht ist auz rehtem nätürleichem gunderfai, melt ( = meldet) vergift 4 ), wan sö man gift dar ein geuzt, sö senst daz vaz, ez sei schüzzel oder köpf (Becher), und verleust sein varb, unz man es rainigt in feur. daz gunderfai behelt andreu dinch, daz si iht vaulen, und dar umb legt man hie vor der grözen herren cörpel in archen, die auz gunderfai gemacht wären, und dar umb
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Elefant
list man, daz der gröz kaiser Constantinus der hailigen zwelfpoten leichnam, sant Peters und sant Pauls, legt in ainen sarch v o n cyprio. nu sprechent die Ißraer, daz cyprium gunderfai sei, daz auz der inseln Cypro k ö m . "
Im 16. Jh. bezeichnete man dann mit E. m. eine „Mischung der sieben alten Metalle, in der Weise zubereitet, daß man jedes Metall einzeln unter gewissen Zeremonien schmolz, wenn der ihm vorstehende Planet in seine astrologische Behausung trat. Wenn dies geschehen war und zwei beliebige Planeten Zusammenkunft hatten, schmolz man die ihnen geweihten Metalle zusammen und setzte ein drittes hinzu, wenn der ihm entsprechende mit einem der ersten in Konjunktion kam. So fuhr man fort, bis alle Metalle zusammengeschmolzen waren. Die so erhaltene Metallmischung war das E. m., aus welchem man magische Spiegel, Glocken, Kugeln, Ringe, Schwertgriffe, Planetenbilder usw. goß" 8 ). Durch erneutes Studium der Kabbala und die Schriften des Paracelsus kam die Beschäftigung mit dem E. m. in stark vermehrtem Maße auf. Paracelsus erzählt in seinem Buche „De compositione metallorum", daß ein Magier in Spanien eine aus E. m. gegossene zwei Pfund schwere Glocke besaß, in die er gewisse Worte und Charaktere schrieb, und mit er die gewünschten Geister in allen möglichen Gestalten, manchmal ganze Scharen, herbeiläuten konnte e ). Staricius erzählt in seinem Heldenschatz, nachdem er mitgeteilt hat, wie Becher aus E. m. Gift anzeigen, auf Grund von Paracelsus, eine Reihe anderer merkwürdiger „Tugenden und Kräffte unsers Electri, das wir mit unsern Augen gesehen haben / und mit Wahrheit sagen und darthun können. Dann wir haben gesehen Finger-Ring (aus e. m.) / uer die angetragen / daß ihm der Krampff unnd Zahnwehe gantz und gar nichts gethan . . .". Auch gegen Schlag und Fallsucht werden sie verwendet. „So haben wir auch gesehen und selbst erfahren / dz ein solcher Ring / so er am Hertz-Finger getragen wird / un sich in dem Menschen eine verborgene Kranckheit eröffnen wil / so f&het der
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Ring an stetigs zu schwitzen / un wird ex sympathica oder von großem Mitleiden maculiert und ungestalt. So ist noch mehr und weiters zuwiesen / daß unser Electrum allen bösen Geistern widerstehet und widerwertig ist. Denn in unserm Electro steckt verborgene Himmlische Wirckung / und die Influens aller sieben Planeten" '). Das E. m. spielte lange Zeit eine große Rolle und eine ganze Industrie entstand auf ihm; das zeigen verschiedene, um die Mitte des 18. Jhs. erschienene Schriften, wie ζ. B. diejenige des L. v. H., Magia Divina. Franckfurth u. Leipzig 1745 8 ). *) H o o p s Reallex. 1, 551. ') Buch der Natur 478 K a p . 5. 3) = Kunterfei, vgl. D W b . 5 b, 2745 f . ; 2, 635: unechtes, verfälschtes, versetztes Metall. a) Wie es auch nach Paracelsus Staricius Heldenschatz 18 ff. bezeugt. *) K i e s e w e t t e r Faust 282 f. ·) E b d . 283 ff., wo auch noch andere Fälle solcher Glocken angeführt sind. ') 23 f f . 8) Vgl. auch K i e s e w e t t e r Faust 284. Bächtold-Stäubli.
Elefant. Was vom E.en im deutschen Aberglauben erzählt wird, stammt ausnahmslos aus der A n t i k e ; Megenberg 2) gibt das Wesentliche antiker Fabeln wieder, so ζ. B., daß er nach dem Stand der Gestirne sich richtet, daß er Rotwein, rotgefärbtes Wasser, das grunzende Schwein, den Geruch der Mäuse fürchtet; daß er beständig mit dem Drachen kämpft, in der Ehe treu ist; daß man mit gebranntem Elfenbein Schlangen und Gift vertreiben kann. In Hexenprozessen hört man öfter, daß der E. keusch ist 3 ); bisweilen erscheinen Geister mit einem E.enrüssel 4). Einmal erfahren wir, daß eine mit Gliederkrämpfen geplagte Frau dadurch geheilt wird, daß ihr über jedes Knie ein Stück E.enh a u t gebunden wurde 6). Im Jahre 1577 kam beim Kloster Reiden in der Schweiz unter den Wurzeln einer vom Sturme gefällten Eiche das Skelett eines „Riesen" zum Vorschein, das u. a. auch für die Knochen eines fossilen E.en erklärt wurde 8 ). ') Zusammengefaßt bei P a u l y - W i s sowa 5, 2, 2248; G u b e r n a t i s Tiere a 410 f f . ) Buch der Natur n o f . ; vgl. weiteres 3 bei C a r u s Zoologie (Register). ) H a n s e n
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Elefantenlaus—Elementargedanke
Hexenwahn 420. 425. 434. 4) Μ e i c h e Sagen 154 Nr. 206. •) SAVk. 2, 288. «) A b e l Vorweltl. Tiere (1923), 39. Stemplinger.
Elefantenlaus.
1. Unter Ε . versteht man die getrockneten Steinfrüchte (Fructus Anacardii, „männliche" Ε.) des in Ostindien wachsenden Baumes Semecarpus anacardium (die westindische E., die im Volke als das „ W e i b c h e n " bezeichnet wird, stammt von Anacardium occidentale). Die Früchte sind herzförmig und plattgedrückt. Die Droge diente früher als Aphrodisiacum und als Mittel gegen Schwerhörigkeit. Das aus den Früchten gewonnene Cardol findet Verwendung als ätzendes und blasenziehendes Mittel. 2. Gegen Rotlauf, K a t a r r h , Erkältungen trägt man eine E., die mit einer Nadel durchstochen und in ein rotes Läppchen eingenäht ist. Bei Augenblattern hängt man sie (und zwar ein „Männchen" f ü r Frauen, ein „ W e i b c h e n " für Männer) mit K a m p f e r , in ein Stück Leinwand gelegt, ins Genick. A m Rücken und am Hals aufgehängt dient die E . als Vorbeugungsmittel gegen Zahnweh x ). Lammert 1 2 3 . 2 3 0 . 2 2 9 . 2 3 4 ; SAVk. 23, 224; M a n z Sargans 55; ZfrwVk. 1, 92. 102; S t ο 1 1 Zauberglaube 74; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 256. Marzeil.
Element. Nach altem Glauben sind die vier Grund-E.e Wasser, Feuer, L u f t und Erde. Diese Lehre von den E.en finden wir schon im Altertum *), bei den Griechen (Thaies, Empedokles, Stoa), in Ägypten und im Orient, besonders im Mithraskult unter dem Einfluß der Stoa 2 ). Gelegentlich kommt ein fünftes 3 ) E. dazu: neben die L u f t (dijp) tritt der Äther (αίθ-ήρ), in China ist es das Metall 4 ). Jacobus a Voragine 6) weist die vier E.e im Menschenleib nach: ignis in oculis, aer in lingua et auribus, aqua in genitalibus, terra in manibus et in aliis membris dominatur. Au-ch die mittelhochdeutsche Dichtung und Hans Sachs kennen die vier E.e e ). Paracelsus 7 ) unterscheidet vier Klassen von Elementargeistern, die Nymphen und Undinen im Wasser, die Sylphen und Sylvestres in der L u f t , die Pygmäen und Gnomen in der Erde, die
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Salamander und Vulkane im Feuer. Dieselben Namen begegnen uns in Goethes Faust (I, Studierzimmer), wo Faust den Mephistopheles beschwört. Die E.e wurden von den heidnischen Germanen zwar nicht als Gottheiten betrachtet, aber doch als Wirkungsgebiete einzelner Götter heilig gehalten; man verunreinigte und verunehrte sie nicht 8 ). Da sie als reinigend, heilend und sühnend galten, verwendete man sie bei Gottesurteilen e ). Bis vor nicht allzu langer Zeit brachte man ihnen Opfer (s. Füttern der E.e). S. E r d e , F e u e r , L u f t , W i n d , Wasser. S t e m p l i n g e r Aberglaube 1 5 f.; D i et er i c h Abraxas 57 if. ') D e r s. Mithrasliturgie 55 f. ») Ebd. 4) J e r e m i a s 5 Religgesch. 1 8 1 . ) Wolf Beitr. 2, 352. ·) G r i m m Myth. 3, 165. ') M e y e r Aberglaube 120. ') W u t t k e 14 § 1 2 ; D r e c h s l e r 2, 139. ·) G r i m m a. a. O. 1, 484 f. Hünnerkopf.
Elementargedanke
(Völkergedanke,
Übertragungstheorie). Der E . und die Theorie der Übertragung oder Wanderung sind einander entgegengesetzt. Während f ü r letztere der Ethnologe Friedrich Ratzel1) als Gewährsmann gelten darf, ist der Begriff des E.ns von Adolf Bastian2) geprägt worden. Beide Theorien antworten auf die F r a g e : wie ist es zu erklären, daß wir bei den verschiedensten Völkern, selbst wenn sie räumlich ganz getrennt sind, dieselben Anschauungen, Vorstellungen, Glaubensweisen, Sagen- und Märchenmotive, rechtliche Bestimmungen usw. finden? Ähnlichkeiten, die oft bis in kleinste Einzelheiten sich erstrecken ? Diese Frage kann in dem Sinne beantwortet werden, daß von e i n e m Punkt menschlicher Geistes- und Kulturentwicklung aus, an dem die Vorstellung usw. erstmalig auftrat, eine Verbreitung und Übertragung auf alle übrigen, Stellen des Völkerlebens stattgefunden hat, sei es durch Wanderung der Stämme und Völker oder durch Handelsverkehr, oder auch durch einzeln die Grenzen überschreitende Personen. Die Frage kann aber auch in dem Sinne beantwortet werden, daß die psychische Gleichartigkeit aller Völker und Rassen
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Elementargedanke
der Grund der weitgehenden Gleichheiten und Ähnlichkeiten ist (E.). F ü r die Beurteilung des Aberglaubens, der in einemVolke festsitzenden A n s c h a u ungen und Bräuche, ist es v o n allergrößter Wichtigkeit, in welchem Sinne j e n e F r a g e entschieden wird. D a sich zu überaus zahlreichen F o r m e n des Aberglaubens Parallelen bei einem anderen V o l k oder auch bei vielen Völkern finden, so steht man immer erneut v o r dem Problem, ob man es mit autochthonen oder entlehnten Gebilden zu tun h a t . Schon der literarische F u n d o r t vieler Anschauungen, das Märchen und die Sage, zeigen nicht nur in ihrer Tendenz die Parallelen, sondern selbst im Tenor der literarischen Darbietung, in der ganz gleichen märchenh a f t e n oder s a g e n h a f t e n Einkleidung. Dennoch machen sie gar nicht selten auf den ersten B l i c k den unverkennbaren E i n d r u c k , das P r o d u k t einer ganz lokalen A u f f a s s u n g und D e u t u n g lokaler Ereignisse zu sein, die sich s p o n t a n im Gefolge eines Begebnisses eingestellt h a t ; und dann liegt es nahe, j e d e Übertragung abzuweisen, und die Gleichheit der A u f f a s s u n g und Vorstellung auf die spezifische A r t der psychischen R e a k t i o n des Menschen auf eine bestimmte K l a s s e v o n Begebnissen der A u f f a s s u n g und Vorstellung zurückzuführen. V o r B a s t i a n genügte den Forschern schon die äußere Analogie v o n Mythen und K u l t u r g e g e n s t ä n d e n zwischen weit entlegenen Völkern, um einen Zusammenhang durch Ü b e r t r a g u n g anzunehmen, und m a n e r f a n d dieser Übertragungstheorie zuliebe eigene Erdteile als B r ü k ken, auf denen die Wanderungen der Ideen v o r sich gegangen seien, wie ζ. B . die Atlantis. Besonders die weite Verbreitung der F 1 u t s a g e wurde in diesem Sinn ausgenützt. Oft mußte die Hypothese v o n dem A u f t a u c h e n der z e h n verloren gegangenen S t ä m m e I s r a e l s , und z w a r an allen möglichen Orten der Erde, zumal in Nordamerika unter den Indianern, der Entlehnungstheorie d i e n e n 3 ) . Solange m a n die weite Verbreitung des Kreuzzeichens noch nicht kannte, w u r d e jedes sporadisch
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entdeckte Kreuzzeichen, wo immer es war, als christliches S y m b o l gedeutet. Die Völker des australischen K o n t i n e n t s gelten noch heute als diejenigen, bei denen a m ehesten Ursprünglichkeit in S i t t e und A n s c h a u u n g anzutreffen sei, und auch einige S t ä m m e v o n N o r d w e s t a m e r i k a zählt man hinzu; auch die Indianer a m obersten Orinoko zeigen s t a r k ursprüngliche Märchenbildung. Die Wandertheorie selber sieht sichere Z u s a m m e n h ä n g e nicht nur zwischen Nord- und S ü d a m e r i k a , sondern auch zwischen N o r d w e s t a m e r i k a über die ozeanische Inselwelt bis nach S ü d a f r i k a und erkennt selbst in der australischen Märchenüberlieferung Züge, die von A m e r i k a stammen. D a machte B a s t i a n mit der p s y c h o logischen E r k l ä r u n g dieser Erscheinungen von Analogien und Gleichartigkeiten E r n s t und erklärte sich gegen die v o n der Wanderhypothese angenommenen „monströsen Völkerbezieh u n g e n " . Auf dem ersten deutschen Geographentag 1889 sagte e r : „ A u s allen K o n t i n e n t e n tritt uns unter gleichartigen Bedingungen e i n g l e i c h a r t i g e r M e n s c h e n g e d a n k e entgegen, mit eiserner N o t w e n d i g k e i t " , und verglich diese Erscheinung mit der homologen S t r u k t u r der Pflanzen, die zugleich unter dem E i n f l u ß der klimatischen und lokalen Variationen selbst variieren. „ Ü b e r a l l gelangt ein schärferes Vordringen der A n a l y s e zu gleichartigen Grundvorstellungen, und diese in ihren primären Elementargedanken festzustellen, f ü r die religiösen ebensowohl wie f ü r die rechtlichen und ästhetischen Anschauungen — also diese E r f o r s c h u n g der in den gesellschaftlichen Denkschöpfungen manifestierten Wachstumsgesetze des Menschengeistes — das bildet die A u f g a b e n der E t h n o l o g i e " 4 ) . Der vornehmste G r u n d f ü r diese Analogien ist nach B a s t i a n die G l e i c h a r t i g k e i t der menschlichen Psyche. A n f ä n g l i c h hatte er f ü r diese Erscheinung den A u s d r u c k V ö l k e r g e d a n k e gebraucht, der recht mißverständlich und mehrdeutig ist, in der H a u p t s a c h e eine allgemein gleiche, unbewußt tätige Geistesfunktion
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Elementargedanke
meint. Besser war der später von ihm gewählte Ausdruck E., der von v. d. S t e i η e η im weiteren Ausbau der Bastianschen Gedanken erläutert wird: „Ursprünglich müssen die E.n nach eisernen inneren Gesetzen auf der ganzen Erde gleichartig sein gemäß der psychischen Einheit des Menschengeschlechtes, die aus seiner unverbrüchlich feststehenden physischen Einheit folgt . . . Die E.n passen sich an, wie sich das Zellenleben der leiblichen Organe den klimatischen Bedingungen anpaßt" 5). Wie wichtig diese Theorie von den E.n war und ist, zeigt am besten der Umstand, daß gerade die schärfsten Gegner Bastians wie Ratzel, Schurtz und Ehrenreich, statt sie einfach zu widerlegen, sie nur durch die Entstellung der Vereinseitigung bekämpften und nichts anderes gegen Bastian anzuführen wußten, als daß es unstatthaft sei, „ a l l e P a r a l l e l e n im Völkerleben auf rein innere Ursachen zurückzuführen" e ). Bastian hatte seiner Theorie nie diese absolute Geltung zuerkannt, vielmehr hat er schon beim ersten Entwurf seiner Theorie eine dreifache Aufgabe der Völkerkunde angegeben: zuerst die elementaren Grundgesetze des Wachstumsprozesses der Völker zu ermitteln, um dadurch diejenigen Dienste, welche die Zellentheorie der Pflanzenphysiologie gewährt, für den Völkergedanken zu gewinnen; sodann die lokalen Einflüsse aus dem Milieu zu studieren und so die „geographischen Provinzen" zu bestimmen; schließlich die Erscheinungen des geistigen Austausches und die gegenseitige Geistesbeeinflussung zu beobachten '). Es ist daher ganz verkehrt, wenn man die Theorie von dem E.n mit S c h u r t z so interpretiert, daß sie bedeutet „die selbständige Entstehung aller Kulturbesitztümer" 8) oder mit B ü c h n e r so: sie sei „die Leugnung aller Zusammenhänge" 9). Daß sich die Wanderungshypothese der Leipziger Schule schneller verbreitete und mehr Anklang fand als der E., ist in erster Linie durch ihre Parallelität zur biologischen Methode verständlich. Da die Biologie ein allgemeines Ursprungs-
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zentrum für alle organischen wie auch ein Erschaffungszentrum für die Menschheit annimmt und durch Wanderung und Wandlung die Erfüllung der Erde mit dem Lebenden erklärt, so liegt es durchaus auf der Linie dieser Betrachtung und dieses Denkens, anzunehmen, daß alles, was sich in dem Leben der Menschheit als typisch zeigt, von einem Ursprungszentrum her ausgebreitet und dabei abgewandelt gedacht wird, und daß nun alle einzelnen Fälle der Parallelität, Homo logie und Übereinstimmung diesem Gedanken eingereiht werden. Zudem ist immer wieder versucht worden, nach der von Ratzel selbst beliebten Methode die entgegengesetzte Theorie als populärwissenschaftliche zu diskreditieren. Der E. sei eine bequeme Ausflucht derjenigen Arbeitsweise, die sich nicht die Mühe geben wolle, der Wanderung und Verbreitung der einzelnen Anschauungsglieder durch die Völker hin nachzugehen, sie nehme in der Ethnologie eine ähnliche Stelle ein, wie die in der Biologie längst überholte Theorie von den generatio aequivoca oder spontanea 1 0 ). Am gründlichsten hat R i c h a r d M. M e y e r diese Behauptung als gänzlich verfehlten Vorwurf zurückgewiesen, da die Fragestellung der Anhänger des E.ns gar nicht auf eine „mystische Urzeugung" abziele, sondern eine ganz andere sei, die nämlich: „ob die gleichen Bedingungen, die irgendwo — auch nach Ratzel!—eine kulturelle, mythologische und sprachliche Neuerung bewirken, nicht auch an einem zweiten oder dritten Orte eintreten können" u ) . Eine gesetzliche Form gibt dem E.n Alb. Herrn. P o s t dahin, daß „es im Völkerleben so gut Gesetze gibt wie in der übrigen Natur, und daß diese Gesetze für alle Menschen dieselben sind. Eine Erkenntnis dieser Gesetze eröffnet uns tiefere Einblicke in die menschliche Natur, als sie auf irgendeine sonstige Art jemals haben gewonnen werden können; sie lehrt uns, daß ein Widerstreben des Einzelnen gegen diese sozialen Gesetze nur zu seiner Vernichtung führen kann; sie lehrt, daß jede Nation mit jeder anderen verbunden ist durch ein allgemein menschliches
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Elementargedanke
Band, welches viel mächtiger ist als die nationale Eigenart" " ) . An einem Streitobjekt der beiden entgegengesetzten Auffassungen läßt sich der Sachverhalt gut illustrieren. Das A u g e n o r n a m e n t auf den Vogelmasken der Makahindianer und den Menschenmasken Neuguineas, das auch als Flächenmuster auf Wänden und Geweben gebraucht wird, zeigt nach der Wanderungshypothese trotz der räumlichen Entlegenheit der Orte des Vorkommens einen gemeinsamen Ursprung. Für Ratzel lag hierin ein Beweismoment für uralte Kulturbeziehungen, welche die Übertragung zwischen Amerika, Neuseeland und Neuguinea bewirkt hätten 12 ). Franz B o a s zeigte darauf, daß die Ornamente in beiden Fällen grundverschieden sind, bei den Melanesiern nämlich mehrere Augenpaare nebeneinander gebildet werden, bei den Indianern hingegen nur ein Augenpaar, während die übrigen als Augen gedeuteten Figuren die Gelenke der geschlachteten Tiere bedeuten, da die Indianer die Tiere nach ihren Hälften so niederzulegen und abzubilden pflegen, daß oben das Augenpaar und unten die Gelenke in die Erscheinung treten. Sonach handelt es sich in den beiden Fällen sowohl um veraltete Darstellungen selbst als auch um ganz verschiedene Ideen l s ). — Ein anderes Beispiel sei für unsere Verdeutlichung der E n d o k a n n i b a l i s m u s , der sich bei überraschend vielen Völkern findet, wo er in neuster Zeit zuverlässig beobachtet worden ist. Diese Tatsache scheint zu dem Schluß zu berechtigen, daß er für eine gewisse Stufe der Zivilisation zugehörig ist und gleichsam „eine ständige Sitte der Urmenschen wie der niederen Völker. Alles treibt sie dazu, nichts hält sie davon zurück" u ) . Nur Vorurteil kann nach S t e i n m e t z veranlassen, für diese Sitte nicht dieselbe Universalität anzunehmen wie für den Animismus, die Totenfurcht oder die Blutrache. Dinge der äußerlichen Zivilisation wie Werkzeuge und Waffen können freilich verhältnismäßig leicht entlehnt werden, nicht so jedoch soziale oder religiöse
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Institutionen. Die Rezeption des römischen Rechts, die Steinmetz als Beispiel nimmt, blieb ein Rätsel, solange man sie als eine reine Übernahme betrachtete. Erst als v. S t e i n und M a i n e auf ihre Grundlage in der allmählich anwachsenden Gleichheit der sozialen und Verkehrsverhältnisse und Bedürfnisse zwischen dem Rom der Kaiserzeit und den Städten Westeuropas im ausgehenden MA. hinwiesen, wurde das Problem gelöst. Denn nun zeigte sich der für die Herübernahme bereitete Boden. „Ein psychisch und sozial tief wurzelndes Erzeugnis kann nicht wirklich übernommen werden, wenn nicht der Boden schon ganz identisch ist, bereit dieselbe Frucht bald selbst spontan zu erzeugen" 1B). Hiermit ist das psychische Moment berührt, das von besonnenen Vertretern der Wandertheorie nicht übersehen, sondern als die Vorbedingung der Aufnahme des Fremden gewertet wird; so namentlich von W u η d t , der dem E.n so weit entgegenkommt zuzugestehen, daß „der Grundton der Märchen- und Mythenwelt eines Volkes schließlich doch auf den Gesamtzustand seiner eigenen Kultur abgestimmt" ist, so daß „das mythologische Märchen überall, unbeschadet einzelner Züge oder gar Episoden, die ihm von außen zugeflossen sein mögen, seinen eigenartigen Charakter" bewahrt l e ). Dauernd festgehalten werden kann jedenfalls nur das, was der eigenen Stufe des Vorstellens und Denkens entspricht M ). Es versteht sich von selbst, heißt es von der Übertragungstheorie aus gesehen, daß jedes Volk die Umwelt, in der sich die in einem Märchen erzählten Begebenheiten abspielen und aus der es sie oder das Märchen übernimmt, mit seinen eigenen Lebensverhältnissen in Einklang bringt, daß aus einer Sandwüste unter Umständen ein dichter Wald, aus Nebel Regen oder Sonnenschein werden muß. Solche Besonderheiten sprechen also an sich gar nicht für Ursprünglichkeit am Fundort und gegen Wanderung; denn sie sind auch bei jeder Übernahme eine Unerläßlichkeit, sie dienen dem, was Steinmetz „die psychische Einwurzelung" nennt 1 8 ).
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Elementargedanke
F ü r den E.n oder das menschheitspsychologische Verständnis v o n Märchen und M y t h e n spricht hingegen der U m s t a n d , daß es sich bei dem über weite Entfernungen hin zu beobachtenden V o r k o m men derselben S t o f f e nicht bloß um Übereinstimmung im Erzählungstenor handelt, sondern daß bei größter A b w e i c h u n g in den durch die umweltliche A n g l e i c h u n g die genaue Ü b e r e i n s t i m m u n g der M o t i v e der Märchen und Mythen, also die Selbigkeit der psychischen Momente und psychischen K o m p o n e n t e n vorliegt. Darüber hinaus aber weisen a u c h die A u s f ü h r u n g e n der S t o f f e eine weitgehende Gleichheit in der V o r s t e l l u n g s m e n t a l i t ä t auf, v o r allem in den Zügen des D ä m o n e n glaubens, den Geistervorstellungen und dem Zauberglauben, w o m i t Märchen und Sage in ihren Ursprüngen eng zusammenhängen. Gerade die Geistervorstellungen und die Ideen des Bosheits-, Schädigungs- und Glückszaubers (s. Schädigungszauber) sitzen im G l a u b e n der meisten Völker fest und finden sich v o n der tiefsten P r i m i t i v i t ä t bis zur höchsten Zivilisation. Bei solch universalen psychischen Erscheinungen die W a n d e r u n g allein f ü r die V e r b r e i t u n g v e r a n t w o r t l i c h machen zu wollen, geht nicht an. N i c h t einmal die sich im wesentlichen gleich bleibenden Vollzugsriten dieser zauberischen B r ä u c h e wird man im allgemeinen anders denn durch die sich gleichbleibenden Einstellungen begreifen wollen. D a s Erstlingsopfer ist so allgemein, daß man der A n n a h m e seiner W a n d e r u n g v o n einem zu anderem V o l k e wahrlich nicht bedarf. Die entsprechende psychische Einstellung erklärt die spontane B i l d u n g des gleichen R i t u s . Die Jenseitsvorstellungen tauchen mit ebenso v e r b l ü f f e n d e r Gleichheit wie Ungeheuerlichkeit der A b weichungen a u f ; hier erkennt m a n unschwer in letzteren das A u t o c h t h o n e , ohne die erstere als entlehnt ansehen zu müssen. Der mit den Jenseitsvorstellungen in engem Z u s a m m e n h a n g stehende S c h l a n g e n k u l t ist schon vielfach f ü r den E . n in A n s p r u c h genommen worden 19 ). Der A b e r g l a u b e des bösen Blicks (s. d.) spricht in seiner allgemeinen V e r b r e i t u n g
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stark f ü r den E.n. Schwer verständlich ist nun, wie, w e n n diese eben erwähnten Erscheinungen mit spontaner Universalität auftreten, das Märchen, die Sage, der Mythus, der spätere A b e r g l a u b e , die aus ihnen wenigstens teilweise hervorwachsen, nicht ebenso u r s p r u n g h a f t in ihrer V e r b r e i t u n g an den verschiedensten Orten sein sollten. D. h., eine gerechte A b w ä gung der ursprünglichen gegen die gew a n d e r t e n S t ü c k e wird ergeben, daß die Ü b e r t r a g u n g durch W a n d e r u n g immer nur insoweit P l a t z greift, wie in den autoc h t h o n v o r h a n d e n e n Motiven die Bedingungen gegeben sind, „ d i e diese A u f nahme (von außen) erst ermöglichen" M ). Nur so ist es begreiflich, daß das Märchen, das sich, wie P a n z e r sagt, v o n verschiedenen P u n k t e n aus weit verbreitet hat, eine „ ü b e r v ö l k i s c h e Erschein u n g " geworden i s t 2 l ) . Es wanderte, durch den täglichen V e r k e h r v o n Nachbar zu N a c h b a r , mit den W a r e n des weiter reisenden K a u f m a n n s in größere Fernen, mit dem einsamen Wanderer, mit kulturellen B e w e g u n g e n sozialer und religiöser N a t u r über die Grenzen v o n K o n t i n e n t e n hinaus, mit den Kolonisten in die F r e m d e und aus der Fremde m i t den Eingeborenen der Kolonien in die höheren K u l t u r e n , j e nachdem. D r u m „ ü b e r w i e g t in der Märchenüberlieferung aller Völker das Gemeinsame das Besondere, das gleichwohl nicht völlig m a n g e l t " 22 ). A n der Sage v o n der Weibertreue w u r d e j ü n g s t gezeigt, wie sie v o n mehr als 40 B u r g e n des deutschen Sprachgebiets, einmal in Holland und Belgien, einmal an der französisch-belgischen Grenze angesiedelt ward, wobei in Einzelzügen Veränderungen, die den K e r n nicht berühren, eingetreten sind 23 ). Natürlich l ä ß t sich ein E. mit einiger Zuversichtlichkeit immer nur dann annehmen, wenn die bet r e f f e n d e Vorstellung oder das M o t i v in hinlänglicher V e r b r e i t u n g über eindeutig p r i m i t i v e Sphären nachgewiesen werden kann. E n t w i c k e l t e r e Formen einer Kosmologie oder K o s m o g o n i e fallen nicht unter diesen Gesichtspunkt, sondern heischen die N a c h f o r s c h u n g nach den Wegen, auf denen sie gewandert sein
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Elementargedanke
k ö n n e n . Mit Bezug auf solche entwickelt e n F o r m e n h a t R. Eisler, der der Übert r a g u n g s t h e o r i e huldigt, mit R e c h t bem e r k t , d a ß die Analogien zwischen den W e l t s y s t e m e n des Morgen- u n d A b e n d landes nicht durch das „ a n sich gesunde Bastiansche Prinzip des Völkergedank e n s " zu erklären s e i e n 2 4 ) . Der Aberglaube a r b e i t e t n u n vorzugsweise mit B e s t a n d s t ü c k e n von A n s c h a u u n g e n u n d Bräuchen, die a n sich nicht den entwickelt e n Bildungen angehören. Die Kompliziertheit, welche abergläubische Riten öfters aufweisen, ist nicht Folge geistiger Fortgeschrittenheit, sondern der der magischen M e n t a l i t ä t einwohnenden Nötigung, die P r o z e d u r e n durch s t e t e Vervollständigung wirksamer zu gestalten. D a h e r darf gerade bei Elementen des Aberglaubens d e m E . n eine m a ß g e b e n d e Stelle eingeräumt werden. Der E. behält sicherlich den W e r t eines s t ä n d i g e n Warners, wenn die Versuchung n a h t , die Gleichheit der Riten, Vorstellungen u n d Überlieferungen sofort im ersten Anlaufe d u r c h W a n d e r u n g zu erklären. Die Sagen u n d Legenden schießen zumeist aus d e m Ganzen der Angst-, W u n s c h - u n d H o f f n u n g s m e n t a l i t ä t hervor u n d zeigen infolgedessen schon eine sehr weitgehende V e r w a n d t s c h a f t , während n a t u r g e m ä ß Lokalkolorit die wechselnden Züge bedingt. Daher reicht nie die strenge Ü b e r e i n s t i m m u n g einzelner Stoffelemente, auch in gewisser regelmäßiger Verbindung, f ü r den bündigen Schluß auf Ü b e r t r a g u n g aus. Märchen von so weiter V e r b r e i t u n g wie das Brüd e r m ä r c h e n oder das Märchen des Schwes t e r n m o t i v s bieten d e m Forscher zweifellos eine f ü r sehr zahlreiche Völker, und nicht n u r Europas, sondern bis in die weniger zivilisierten Teile Afrikas u n d Asiens u n d bis zu den Santal, gemeinsame Grundvorstellung dar, t r e t e n aber mit derartigen grundsätzlichen Besonderungen sowohl in den H a u p t - wie in den Nebenzügen auf, d a ß die A n n a h m e der S p o n t a n e i t ä t f ü r viele der Fälle zur g r ö ß t e n Wahrscheinlichkeit wird. U m s o mehr, wenn, wie i m m e r zuversichtlicher b e h a u p t e t werden k a n n , der Anlaß des
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Motivs die B e t r a c h t u n g von Teilen des S t e r n e n h i m m e l s war. Zu bedenken geben muß, d a ß der aus dem deutschen B r ü d e r m ä r c h e n b e k a n n t e Scherz mit d e m in der Eile v e r k e h r t aufgesetzten u n d erst d u r c h nachträglichen Eingriff richtig a n w a c h senden Kopf (des Jägers) sich selbst in indischen u n d amerikanischen Erzählungsformen wiederfindet. Ähnliches ließe sich etwa von den ü b e r a u s weit verbreit e t e n Erzählungen sagen, die v o m Einäugigen als dem Vertreter des bösen oder menschenschädlichen Prinzips h a n d e l n ; ferner v o n den weltweit wiederkehrenden Sagen von den Riesen (oder Hexen), die nach vielen schrecklichen T a t e n endlich d r a n glauben müssen, und zwar gewöhnlich — auch dieser Zug s t i m m t noch überein — d u r c h den Einfall eines K n a b e n oder das Zufallsglück des einfältigsten der B r ü d e r . In solchen Fällen werden die Bem ü h u n g e n u m die R ü c k f ü h r u n g auf eine einzige Quelle durch die A n w e n d u n g des E . n s erfolgreich ergänzt, ζ. B. in der Weise, d a ß es eine den Menschen sich wieder u n d wieder darbietende L e b e n s e r f a h r u n g u n d die d a r a u s gewonnene L e b e n s a n s c h a u u n g ist, d a ß ein böses Schicksal, u n t e r dem das Volk oder die S t a d t leidet, durch die H e l d e n t a t oder das Selbstopfer des Einzelnen gewendet wird. Es h a t den Anschein, als ob sich in der Wissenschaft unsrer Tage der U m s c h w u n g zu vollziehen beginne von der Alleinherrs c h a f t des W a n d e r u n g s g e d a n k e n s zu der A n e r k e n n u n g des R e c h t s des E.ns. J a h r zehnte h i n d u r c h h a t der Ü b e r t r a g u n g s gedanke in der Arbeit auf dem Gebiete der Ethnologie im allgemeinen, der Sprachwissenschaft, Religionsgeschichte, Myt h e n f o r s c h u n g im besonderen so sehr die V o r m a c h t besessen, d a ß bei der Unters u c h u n g der einzelnen Vorkommnisse stets die Frage gestellt wurde, auf welchem Wege eine Vorstellung oder ein Glaube oder ein R i t u s oder ein Gebrauchsgegens t a n d zu d e m Orte, a n dem er gerade beo b a c h t e t wurde, gelangt sei — wobei die Voraussetzung obwaltete, daß er eben nicht dort, wo m a n ihn f a n d , e n t s t a n d e n sein k ö n n t e . F o r t u n d f o r t wechselten dabei die Ansichten über den Ursprungs-
777
Elend, Elentier, Elch
o r t u n d e b e n s o die T h e o r i e n ü b e r die A r t der W a n d e r u n g e n , bis z u d e m G r a d e , d a ß m a n v o n einer i r g e n d w o a u t o c h t h o n e n K u l t u r oder einer a u t o c h t h o n e n R e l i g i o n k a u m m e h r zu s p r e c h e n w a g t e . D i e s e r Übertragungsdogmatismus scheint j e t z t der A n e r k e n n u n g der B e r e c h t i g u n g des E.ns zu weichen. l ) Fr. R a t z e l Anthropogeographie 2, 705 ff. 2) A. B a s t i a n Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen 1881; Der Elementargedanke 1 und 2, 1885; Kontroversen in der Ethnologie 1 und 2, 1895; Der Menschheitsgedanke durch Raum und Zeit 1 und 2, 1901. 3) J u l i u s Eisenstädter Elementargedanke und Übertragungstheorie in der Völkerkunde, 1912, 7. ') B a s t i a n Rede auf dem I. Geographentag, abgedruckt in Völkergedanke 177 ff. 5) Ztschr. Ges. f. Erdkunde 1905, 169. ·) S c h u r t z Urgeschichte der Kultur 52, vgl. D e r s . Altersklassen 10. ') B a s t i a n Vorgeschichte der Ethnologie 90. Vgl. Völkergedanke 114 ff. 175 f. ') S c h u r t z Urgeschichte 49. ·) E i s e n s t ä d t e r 15. " ) R a t z e l Anthropogeographie 2, 707. u ) Ztschr. f. Altertum 12) Urquell 4, 20. und Pädagogik 17, 360 13 ) R a t z e l Anthropogeographie 2, 605; Völkerkunde 1, 139. '*) P. E h r e n r e i c h Zur Frage der Beurteilung ethnologischir Analogitn. Korresp.Bl. f. Anthropol. 1903, 176 ff.; vgl. Eisenstädter 36. l ä ) S t e i n m e t z Gesammelte kleinere Schriften 'zur Ethnologie u. Soziologie 1 (1928), 259. " ) Ebd. 252 f. 17) W u η d t Mythus und Religion 3, 61. 181 W u η d t 3, 62. M ) S t e i n m e t z 252. ,0) K ü s t e r Schlange 57 ff. «) W u η d t 3, 83. **) Fr. P a n z e r Märchen in J o h n Meier Deutsche Volkskunde (1926), 256. " ) Ebd. 256 f. " ) R a η k e Sage in J o h n M e i e r Deutsche Volkskunde 2Ti; vgl. W. H o f f m a n n Sage v. d. Weinsberger Weibertreu (1925). — Zum Ganzen noch R i e h . Schwarz Bastians Lehre vom Elementar- u. Völkergedanken (1909); B o c k e l Volkslieder (Einleitung). K . Beth. E l e n d , E l e n t i e r , E l c h ( C e r v u s alces). D i e a l t e B e n e n n u n g des Elentieres, eines n a h e n V e r w a n d t e n des Hirsches, ist a h d . elah (vgl. griech. Ιλ-αφος), ags. eolh (ne. elk w o h l aus d e m hd.), w o z u g e h ö r e n a n . elgr, s c h w e d . älg Im Mhd. erscheint n e b e n eich 2), elhe das a u s d e m lit. elms „ H i r s c h " 3) s t a m m e n d e elent (mnd. elenfd)*), m n d l . den), w o r a u f n h d . elentier (tier ist v e r d e u t l i c h e n d e r Z u s a t z ) ber u h t 5 ). D e r E l c h f i n d e t sich h e u t e n i c h t m e h r in D e u t s c h l a n d , v o n w o er s c h o n n a c h d e m 12. J h . verschwand®), w o h l a b e r in
778
Litauen, K u r - und Livland, Schweden und Norwegen. Ein sprachlicher Beweis f ü r sein f r ü h e r e s V o r k o m m e n in D e u t s c h l a n d ist der N a m e der S t a d t Ellwangen < Elehenwang 7 ) ; f e r n e r Elchingen, Elchbach 8). l ) P a l a n d e r A hd. Tiernamen 102. s ) Über die Nebenform schelch vgl. P a l a n d e r 89. ®) Vgl. altslaw. jelen „Hirsch" ( E d l i n g e r Tiernamen 31). 4) Holl, eland, wovon franz. έΐαη ( E d l i n g e r ebd.). Über afrz. hele vgl. W ü s t e r Tiere 36. Nach H o o p s r, 551 ist elen eine Fortsetzung des andd. elo (elend nach wisend). 5) P a l a n d e r 102. ·) H ö f 1 e r Organotherapie 83. Nach H o o p s 1, 551 kommen in den Forsten Ostpreußens noch einige hunderte Exemplare vor. ') E d l i n g e r Tiernamen 31; P a l a n d e r Ahd. Tiernamen 103. *) K e l l e r Antike Tierwelt 1, 282.
B i o l o g i s c h e s . Die Alten verw e c h s e l t e n d e n E . n i c h t selten m i t d e m u n g e f ä h r in g l e i c h e n B r e i t e n l e b e n d e n R e n t i e r 9 ). E r f i n d e t E r w ä h n u n g bei P o l y b i u s , C a e s a r , I s i d o r , P l i n i u s , P a u s a n i a s . T r o t z reichlicher G e l e g e n h e i t , m i t d e m T i e r e in B e r ü h r u n g z u k o m m e n , f i n d e n sich bei diesen A u t o r e n v i e l e u n r i c h t i g e A n g a b e n 1 0 ) . P l i n i u s u n t e r s c h e i d e t rein w i l l k ü r lich z w i s c h e n z w e i v e r s c h i e d e n e n A r t e n , v o n denen er die eine alces, die a n d e r e achlis nennt. V o n d i e s e m achlis e r z ä h l t er ( V I I I 39), es h a b e k e i n e G e l e n k e an den B e i n e n , w e s w e g e n es sich n i c h t niederlege, w e n n es s c h l a f e n wolle, s o n d e r n sich nur an einen B a u m lehne. W o l l e m a n es f a n g e n , so säge m a n den B a u m a b . Ü b r i g e n s sei das T i e r sehr schnell. S e i n e O b e r l i p p e sei sehr l a n g u n d d e s h a l b w e i d e es r ü c k w ä r t s gehend, denn die O b e r l i p p e w ü r d e sich r ü c k w ä r t s biegen, w e n n es v o r w ä r t s g e h e n d w e i d e t e u ) . D i e s e S c h i l d e r u n g des E.s hat dann C a e s a r von P l i n i u s übernommen. P a u s a n i a s h i n g e g e n h ä l t sich in s e i n e m B e r i c h t m e h r an das T a t s ä c h liche. D a s Tier, s a g t er, sehe d e m H i r s c h und dem K a m e l ähnlich und bewohne das L a n d der K e l t e n . M e n s c h e n k ö n n t e n es n i c h t a u f s p ü r e n ; u m es z u erlegen, m ü s s e m a n das T i e r einkreisen u n d d a n n i m m e r n ä h e r z u s a m m e n r ü c k e n 1 2 ) . In der römis c h e n A r e n a erschien das s c h w e r z u er-
elf
779 legende Tier selten 1 3 ). Μ e g e η b e r g w ) scheint auch den E. mit dem Rentier zu verwechseln. Hingegen meint er mit dem Tragelaphen (griech. τραγ-έλαφος, lat. hircocervus15) wohl den E. ") C a m s Zoologie 346. 10) K e l l e r 1,281. " ) Ebd. 1, 282. «) Ebd. 1, 283. 13) Ebd. ") Buch der Natur 116. ") 132. Mythisches. Das Tier hat im Volksglauben ausgesprochen mythischen Charakter. Bei den Omakaindianern ist es ein T o t e m l e ). Das Fleisch des männlichen Tieres dürfen sie nicht genießen, sonst bekommen sie Beulen oder Flecken auf der Haut, weil der im E. verkörperte Gott sich rächt 17 ). A u c h den alten Preußen galt das Tier als Gottheit 1 8 ). Eine Spur dieser mythischen Auffassung des E.s findet sich in der Ellwanger S a g e 1 9 ) von dem gejagten E., der als göttliches Zeichen gegolten haben soll, daß an der Stelle, wo er fiel, das Kloster Ellwangen gegründet werden sollte (Namendeutung: ellwangen < elchenwang, siehe oben). " ) H ö f l e r Organotherapie 83. «) Ebd. " ) H o p f Tierorakel 84.
" ) Ebd.
V o l k s m e d i z i n . In der Volksmedizin spielt das Tier eine bedeutende Rolle, und zwar auch nach seinem Aussterben. Allgemein galten die „ E l e n d s " klauen 2 0 ) als erprobtes Mittel gegen Epilepsie 2 1 ), weil man glaubte, das Elentier neige selbst zu dieser K r a n k h e i t 22 ). Die A r t der Verwendung dieser heilkräftigen Elendsklauen war eine verschiedene. A m häufigsten trug man eine solche K l a u e am bloßen Leibe 23 ). Auf dieselbe Weise heilte man Kopfschmerzen 2 4 ). Seltener riß man dem K r a n k e n die Brust mit den Elendsklauen auf, so daß B l u t herausfloß 26 ). A u c h pulverisiert nahm man das Mittel 2 8 ). Häufig trug man Ringe 2 7 ) oder A m u l e t t e a u s der K l a u e des E.s gefertigt 29). Gichtkranke suchte man zu heilen, indem man ihnen eine Elendsklaue 3 0 ) unter das Kopfkissen legte 31 ). D a infolge des Aussterbens des E.s die Elendsklauen in Deutschland schwer aufzutreiben waren, v e r k a u f t e n Charlatane an ihrer S t a t t K u h k l a u e n 32 ). A n s t a t t der K l a u e n werden auch Sehnen desselben
780 Tieres an Händen und Füßen getragen 3S ). Im Spessart heilt man damit Kopfschmerzen 3 4 ). Gegen Fallsucht, „ g i f t i g e " Fieber, Schlagfluß („Schlag"), Schwindel und andere Krankheiten wird wie das Horn des Hirsches auch das des E.s verwendet 36 ). In Italien hängen es Apotheker und Drogisten an ihre Türen 3e ). A u c h aus dem Gehirn des Tieres wird ein Mittel gegen Epilepsie bereitet ®7). Hochgeschätzt war die H a u t des E.s, die nach dem Volksglauben stich- und hiebfest machte. Ein Koller aus Elendsh a u t wurde einem Harnisch gleichgewertet. Es sei hier erinnert an die Stelle bei S c h i l l e r (Wallensteins T o d V , 5): Was wollt ihr da für Wunder bringen! Er trägt ein Koller von Elendshaut, Daß keine Klingejkann durchdrungen "), Nicht unerwähnt bleibe, daß man früher den Huf des E.s trug zur A b w e h r des bösen Blickes 3e ). 20) Auch eine Farnart (ungulae alcis), gegen Epilepsie verwendet, heißt so ( H o v o r k a K r o n f e l d 2, 220). 21) K ö h l e r Voigtland 354; ZföVk. 13, 137; A r n o l d v. H a r f f 97, 35; Alemannia io, 110; B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 411 zitiert eine Stelle aus einem Buche des 18. Jhs., wo es heißt, die Elendsklauen „seien gut bei vielen gefährlichen Krankheiten". H o v o r k a - K r o n f e l d 1,116. Der wahre Grund ist wohl in einer Volksetymologie zu suchen. Elendlier wurde aufgefaßt als „das Tier des Elends". „Elend" aber war eine volkstümliche Bezeichnung der Epilepsie (vgl. H ö f l e r Krankheitsnamen 112). " ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 190f.; S t a r i c i u s Heldenschatz 28; J ü h l i n g Tiere 13; Alemannia 7, 212 f. 24) M e v e r Aberglaube 104; L a m m e r t 224. M) H o v o r k a - K r o n f e l d 2,215; L a m m e r t 273· " ) J ü h l i n g Tiere 13; H o v o r k a K r o n f e l d 1, 121. S t a r i c i u s Heldenschatz 519. L a m m e r t 271. !") J ü h l i n g Tiere 14; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 121; Alemannia 7, 213; ebd. i, 196 Nr. 8. so) In Grethen ist „du elendshlä" ein Schimpfwort: P a n z e r Beitrag 2, 301. 81) J ü h l i n g Tiere 13; P a n z e r a. a. O. **) H o v o r k a - K r o n f e l d 1 , 1 2 1 ; Alemannia 7, 212 f. **) S t a r i c i u s Heldenschatz 28. 31) L a m m e r t 224 Hovorka-Kron35 f e l d 2, 190 f. ) Alemannia 8, 286. s") S e Ii g m a n n Blick 2, 116. " ) H ö f l e r Organotherapie 83. ·») Alemannia 7, 212; H o v o r k a - K r o n f e l d i, 121. " ) S e l i g m a η η Blick a. a. Ο. Riegler.
elf s. Z a h l e n
Β
Ii.
Elfenbein—Elias
78I
Elfenbein. Ahd. helfantbein; mhd. helfenbein ( = Elefantenknochen) 1 ). Ein im Mittelalter verbreitetes ärztliches Handbüchlein für Entbindungen empfiehlt einen mit geschabtem E. gemischten Trank als Mittel zur Erleichterung der Entbindungen 2 ). So tragen auch heute noch Wöchnerinnen in München einen E.kamm an einer Schnur um den Nacken 3 ) und legt man einen E.kamm in den Vierlanden auf die entzündeten Brüste der Wöchnerin 4 ). E. hat offenbar eine Kraft, dämonische Einflüsse abzuwehren; man bediente sich seiner auch deshalb beim Ausgraben des Alrauns 8). Wegen seiner Farbe galt das E. (similia similibus) als Mittel gegen Gelbsucht e ). Lonicer erwähnt den Gebrauch eines Pflasters aus gepulvertem E. gegen Geschwüre und den Fingerwurm und eines Trankes aus gepulvertem E. und Bockshorn, der Lenden- und Blasensteine brechen soll 7 ). Zedier rühmt geraspeltes E. als Heilmittel gegen Gelbsucht, alle Fieber-, Leber- und Milzbeschwerden, das ebur ustum als dienlich bei allen Flüssen 8 ). Schräder Reallex. 180 f f . ; K l u g e Etym. Wb. s . v . ') F r a n z Benediktionen 2, 188. ·) L a m m e l t 176. *) F i n d e r Vierlande 2, 270; vgl. Bresl. Samml. 25, 32 (geschwollene Brüste mit Abschabsein von Kammmacherspänen kuriert). ') S c h l o s s e r Galgenmännlein 24; F i s c h e r Angelsachsen 28; vgl. L i e b r e c h t Gervasius 103. ') S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 180 Nr. 7. 7) L o n i c e r 26 s . v . Helfenbeinpflaster. ») Z e d i e r 8, 788 f. Olbrich.
Elhorn s.
Holunder.
Ell, J u n g f e r , die Seele einer bösen Haushälterin im Münsterischen Stifte Frekenhorst, die ohne Buße gestorben war; in einen Wald gebannt, fährt sie alle Jahre über die Abtei mit schrecklichem Gebraus und schlägt Fensterscheiben ein x ). s. w i l d e J a g d ; rauhe E l s e . l) 2>
Grimm Sagen 103 Nr. 1 2 1 ; Myth. 2, 7 6 5 ' ; A m e r s b a c h Lichtgeister 23. Bächtold-Stäubli.
Ellas. 1. E. ist neben H e n o c h 1 ) der einzige von Adams Geschlecht, der vor der Höllenfahrt bewahrt blieb und lebend in
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den Himmel aufgenommen ward 2 ), so daß er den Tribut des Todes noch schuldig ist. Nach jüdischem Volksglauben besucht er noch oft sein Volk, wandert überall und in manchen Gestalten umher oder ist gar überall zugegen und bringt Glück und Heil s ). A m Pascha-Abend wird ihm ein Becher Wein hingestellt 4), bei jeder Beschneidungsfeier ein Stuhl 8 ). Über ihn: W e t z e r u. W e l t e 5, 1769 f. *) W o l f r a m v. E s c h e n b a c h 5 Willehalm 218, 18. ) A R w . 16, 173 f f . ; Urquell 4, 11 ff. 42 f f . Der ruhelose Wanderer Chidher wird o f t mit ihm in Beziehung gesetzt: A R w . 12, 239. 248. 259. 262 f f . 271. 280; 13, 96 f f . A u c h Henoch ist Weltwanderer: Gunkel Märchen 44. 51. *) Urquell 4, 12; N o r k Festkalender 472. ') Urquell 4, 44; Z f r w V k . 18, 3; J b j ü d V k . 1923, 325 f.
2. Im Orient gilt E. als K r a n k e n h e i l e r 4 ) und wird in dieser Eigenschaft mit Gelübden angerufen und mit Opfern verehrt 7 ). In E.brunn schuf er eine Heilquelle, indem er daraus trank 8 ). In deutschen Wundsegen kommen E. und Henoch zusammen vor 9). Um den Bösen abzuhalten, schreibt man mit Dreikönigskreide über die Wohn- oder Schlafstubentür Ε + Ε d. h. Enoch und E. 10 ). Desgleichen, wenn sich das „Schreckele" irgendwo einstellt u ) . ·) A b b o t t Macedonian folklore 240 f. ') C u r t i s s Ursemitische Religion 177. 285. ·) E i s e i Voigtland 256(641). ·) Z f d M y t h . 3, 326. Elias allein: oben 1, 1454 (14. Jh.). Henoch auch im Tobiassegen: M e y e r Völuspd 228; F r a n z Benediktionen 2, 268. Auf Island wurden Henoch und Elias mit Christus und Maria beim Würfelspiel angerufen: M e y e r Völuspd 228 f. " ) M e y e r Baden 495. " ) Β i r 1 i η g e r Volksth. 2, 16.
3. Da E. im Wetter auf feurigem Wagen gen Himmel gefahren ist (2. Kön. 2, 11), so gilt er bei manchen Völkern des Ostens, namentlich bei Slawen und Kaukasiern, als G e w i t t e r h e r r ; das Rasseln seines Wagens bringt den Donner hervor. So bei Serben 1 2 ), Armeniern 1 3 ), Osseten w ) , die glauben, einen Blitzerschlageneii habe E. zu sich genommen 1 6 ). Bei den Ingriern wurde der E.tag (2. August), „ a n dem es gewöhnlich donnert", noch späterhin der Ukutag genannt (nach dem finnischen Donnerer Uku) 1 β ). Auch kämpft E. in den Wolken gegen Unge-
Elias
783
heuer, Teufel und Drachen. So bei Bulgaren und Rumänen M ), bei Mazedoniern l s ), Ostslawen l e ), Imeretiern 20), Armeniern 2 1 ). In kirchlichen Benediktionen des MA.s gegen Gewitter wird E. nur gelegentlich genannt 22). In einer Formel aus dem 13. Jh. wird Henoch angerufen 23). Vereinzelt hat der H i m m e l s w a g e n seinen Namen davon, daß E. auf ihm zum Himmel gefahren ist; der kleine Stern über der Deichsel ist sein Fuhrmann 24). Nach südslawischer Sage sitzt E. im M o n d e , und dieser nimmt ab und zu, je nachdem der Heilige davon ißt ®). ") G r i m m Myth. 1, 144. ls ) A b e g h i a n
u) Τ y 1 ο r D. armenische Volksglaube 83. Cultur 2, 265. " ) G r i m m Myth, 1, 145;
H a x t h a u s e n
") E i s e n - E r k e s
") S t r a u ß
Transkaukasien 2, 2t. Estnische
Mythol.
152.
Bulgaren 85; vgl. 30. 156t.;
S c h m i d t D. Jahr u. seine Tage in Meinung u. Brauch der Romanen Siebenbürgens 13 f.;
D ä h n h a r d t Natursagen i, 145;
Schott
Walachische Märchen 375. In der Bukowina:
D ä h n h a r d t 1,133.139; ZfdMyth. i, 180; 2, 3. Er führt Kuchen mit sich (Folgen des Regens ?): Urquell 1, 16. ») RTrp. 8, 284. ") Z e l e n i n Russische
Volkskunde 398.
a0)
Globus 8o, 305.
") A b e g h i a n 83. ") F r a n z Benediktionen 2, 84. 90. »·) Ebd. 2, 62. M) K u h n Westfalen 2, 87 f.; M ö l l e n h o f f " ) Κ r a u ß Volksglaube 12.
Sagen 360.
4. Als Gewitterherr, aber auch weil er dem Könige Ahab Ausbleiben und Wiederkehr d e s R e g e n s voraus verkündete (1. Kön. 17, 1. 18, 1. 41 ff.), bringt E. den Feldern der Menschen das erwünschte Naß 2e ). In Imeretien trägt man bei andauernder Dürre sein Bild zum nächsten Bache und taucht es dort dreimal ein 27 ). — Im Brachmonat trinken die Raben nicht, weil sie den E. gespeist haben (Lesachtal) M ). 2t) G r i m m Myth. 1, 144; 3, 64 (auch Henoch); ARw. 16, 175 (Juden); JbjüdVk. 1923, 59 f.; D ä h n h a r d t Natursagen 1, 133 f. (Bukowina); A b e g h i a n 83. ") Globus 80, 305. •) Z i n g e r l e Tirol 87 (733).
5. Ebenfalls als Gewitterherrn, und auch wohl weil er sich gern auf Bergen aufhielt M ), werden dem E. a u f Höhen Feste gefeiert und Opfer dargebracht. So namentlich auf dem Karmel Die
784
Osseten opfern ihm auf Höhen Ziegen S1 ). Viele Berge sind mit seinem Namen benannt 32). Nach dem Glauben der basianischen Tartaren zeigt sich E. oft auf Gipfeln der höchsten Berge; sie opfern ihm unter Gesang und Tanz Lämmer, Milch, Butter, Käse und Bier 3 S ). Südslawen zünden ihm an seinem Festtage (20. Juli) Feuer an 3 4 ). Die Wotjäken bringen ihm an diesem Tage in den heiligen Hainen Opfer 3 6 ). Bei den Rumänen gilt er als Unglückstag 3β). In Ungarn darf man nicht in den Weinbergen arbeiten, sonst bekommen die Reben Rostflecken. Irgend jemand muß am E.tage in der Hitze ersticken. Donnert es, so werden die Haselnüsse würmig 37). Bei Kursk und Voroneje läßt man bei der Ernte ein Stück Roggen für E. stehen Μ ). *·) ι. Kön. 18, 19. 42; 19, 8. 11; 2. Kön. i, 9. VgL auch Ev. Matth. 17, 3. M) A n d r i a n
Der Höhencultus 259; R . S m i t h Religion d. Semiten 120 A. 187; C u r t i s s Ursemit. Relig. 100. 233; vgl. 1. Kön. 19, 9. 81) A n -
d r i a n 319. Über die Tscherkessen: Ebd. 323. 8a)
S c h m i d t Volksleben d. Neugriechen 48; Abbott Macedonian folklore 240; Cur-
tiss
110.
3S)
Andrian
337 f. *·) Β u c h Wotjäken
325.
125.
M)
151.
Ebd.
160.
Der Tag heißt bei ihnen der „neue Tag". 8·)
Schmidt D. Jahr u. seine Tage in Meinung u. Brauch der Romimen Siebenbürgens 13.
«) ZfVk. 4, 404 f. ») F r a z e r
7, 233.
6. Beim Propheten Maleachi 4, 5 heißt es: „Siehe ich will euch senden den Propheten Elia, ehe denn da komme der große und schreckliche T a g des Herrn." Und gestützt auf Offenb. Joh. 11, 3 glaubte die christliche Kirche des Altertums, daß E. und Henoch auf die Erde kommen und gegen den A n t i c h r i s t predigen würden, bis sie den Märtyrertod fänden 3S). Nach jüdischer Tradition wird E. am jüngsten Tage, dem Messias auf einem Esel vorreitend, wiederkommen Drei Tage zuvor besteigt er den höchsten Berg in Judäa und stößt in ein großes Horn, so daß man es über die ganze Welt hört, und das Gericht findet statt 41 ). Bis dahin hat er nach deutschen und slawischen Legenden in einer Höhle oder unter einem Baum oder im Paradiese geschlafen 42 ). Die Sage, daß kurz vor dem Weltende der Antichrist erscheinen und
785
Elidia—Eligius
mit Ε. k ä m p f e n werde, ist durch das ganze MA. verbreitet. Nach dem ahd. Gedichte Muspilli (9. Jh.) erliegt er zwar, doch auch E. erhält eine schwere Wunde, von deren niedertriefendem Blute die Berge in Brand geraten 43). Nach andern Sagen werden E. ünd Henoch auf die Erde gesandt, um mit dem Antichrist zu streiten, werden aber von ihm besiegt und getötet 44). Im übrigen muß für diesen Kampf auf Peuckerts Ausführungen oben 1, 494 f. 499 verwiesen werden. **) Ο 1 r i k Ragnarök, übertr. v. Ranisch, 3 5 8 ; vgl. 3 6 5 ; B i r l i n g e r Volksth. 1, 1 8 1 ; vgl. oben 498. 499. u) N o r k Festkalender 1, 41 472. ) JbjüdVk. 1923, 52. 6 5 ; A R w . 1 4 , 1 1 ; Urquell 4, 4 4 ; M a n n h a r d t German. Myth. 1 1 8 f. Anm. 3 ; O l r i k 1 1 8 . «) O l r i k 359 (die Mohammedaner im hl. Lande glauben, daß Henoch und E . in einer Höhle am Hebron schlafen); S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 3 3 5 ; 94: I s i d o r Etymol. bei M i g n e Patrol. Lat. 82, 259 f.; Ζ i m m e r m a η η Bezaar (hd.) 8 9 a ; K i e s e w e t t e r Der Occultismus des Altertums 350; A g r i p p a v o n N e t t e s h e i m 3, 54; W u n d t Mythus u. Religion 3, 5 5 3 ; P a u l y - W i s s o w a 5, 2, 2 4 5 2 ! ; R G G . 2, 304; Η a u c k RE. 5, 3 1 6 £f· s ) A g r i p p a v o n N e t t e s h e i m 3, 56. 3 ) F r a n z Benediktionen 2, 92. 1 0 1 ; HessBl. 4 20 (1921), 2. ) F r a n z a . a . O . i, 430. 5 ) Ebd. 2, 92. ') W e s s e l y 1, 47 Z. 92. 139 Z. 495. ') D e r s . 1, 52 Z. 3 2 1 ; P a r t h e y Zwei griech. Zauberpapyri (1866), 129 Z. 3 1 1 ; E i t r e m Papyri Osloenses (1925). 6 Z. 41. o) W e s s e l y 2, 6 8 R 3 . 7 1 R 1 1 ; Eitrem a. a. O. 21 Nr. 5 Z. 2. ») Mc. 15, 34 (Mt. 27, 46 hat Ήλί); H e i m Incantamenta 523 nach Alexander Trail; H e e g Hermetica 36 Z. 16; E . L e g r a n d Bibliothique grecque vulgaire 2 (1881), 20 ff. u. Bibl. nat. ms. 2 3 1 6 fol. 430 b zu Ps. 102 (Wettersegen). Koptisch Rossi Cinque manoscritti in Mem. Accad. Torin. ser. 2 vol. 43: Tur. Zaubertext fol. 4. 5. 8. 9. " ) A g r i p p a ν. Ν e 1 1 . 3, 55. l l ) Ebd. 3, 56. l2 ) Τ y 1 ο r in Encyclopedia Brittanica 15, 202. ») T h i e r s 1, 355. Jacoby.
Eisbeere s. T r a u b e n k i r s c h e .
Else, Ilse: Name verschiedener weiblicher Naturdämonen. Der Name, mag er nun als Verkürzung des hebräischen Elisabeth oder als germanischer Name gefaßt werden — vgl. die männlichen Namen E., Elsan, Elsung, Ilsan, Ilsung in der deutschen Heldensage —, ist im wirklichen Leben so weit verbreitet, daß er als Bezeichnung f ü r Mädchen i. a. wie Gretel und Ursel a u f t r i t t 1 ) , und deswegen kann man aus ihm nicht auf Wesensgleichheit
794
seiner verschiedenen Trägerinnen schließen, noch deren Wesen aus Etymologien des Namens, deren verschiedene vorgeschlagen sind, erkennen 2 ). l ) Flenn-E.: Amersbach Lichtgeister 22; Gant-Elsi, Kitter-, Lacher-Else, Elsi, Rümpel-, Taub-Elsi: Schweizld. 1, 202; ein rechtes Elsslin v m vnnd vm: Mädchen für alles: Fischart Bienenkorb; Martin und L i e n h a r d Elsäß.Wb. 1, 34; E., in verächtlichem Sinn eine einfältige Weibsperson: C r e c e l i u s Oberhess. Wb. 1, 336; dastehn wie Ilse: albern, verblüfft, unbeholfen: M ü l l e r F r a u r e u t h Wb. d. obersächs. und erzgebirg. Mundarten 1. 557. ·) L a i s t n e r Sphinx 1, 255; A m e r s b a c h a. a. O. 20.
I. Die r a u h e E . : ein wildes Wasserweib im Wolfdietrich: sie taucht aus dem Meer auf, hat eine Schuppenhaut, ist ganz mit langem Wassermoose bewachsen, hat einen langen Kinnbart, der ihr bis zu den Füßen reicht, ist überall schleimig und naß, ihr Haar geht ihr über die Fersen, ihre Augengruben sind spannenweit und zwei Finger tief, ihr Mund ist groß wie ein Wasserschaff, ihre Zähne spannenlang, ihre Stirne ellenbreit. Diese Beschreibung einer Nixe (s. d.) aus der ersten Hälfte des 1 3 . J h s . ist die älteste, die wir haben. Sie stiehlt dem schlafenden Helden sein Schwert und verlangt von ihm zum Weibe genommen zu werden. Als er sich weigert, streift sie die Schuppenhaut ab und verwandelt sich in eine wunderschöne Frau. Doch bleibt er fest in seiner Weigerung, und sie will sich mit seinem Bruder begnügen. Sie herrscht nicht nur im Meere über die Meerwunder, sondern auch auf dem Lande über alle schrawazen (s. Schrat) s ). Wir finden hier den Zug der Verwandlungsfähigkeit der Wasserwesen, wie schon beim antiken Proteus, und den ebenfalls bekannten ihrer Sehnsucht nach ehelicher Vereinigung mit dem Menschen. Mit Recht betont Schneider, daß nur dieser' Bericht des Wolfdietrich Α für das Verständnis dieser Figur maßgebend sein darf, daß alles, was sich darüber hinaus in der Fassung Β finde, Zusatz ist, was übrigens eigentlich schon Mannhardt, wenn auch minder klar, gefühlt hat 4 ). Alle Kirke- und Kalypsokombinationen entfallen damit 5 ).
Elster
795
») W o l f d i e t r i c h Α . 470 f f . 0 ) J. N. S e p p Das Heidenthum ι (1853), 502. al ) H ü l s e n b e c k im Programm Gymnas. Paderborn 1878; vgl. Friedr. Ζ u r b ο η s'e η Sage v. d. Völkerschlacht d. Zukunft ,,am Birkenbaume" 1897, 3 6 ί ί · Histor. Vierteljahrsschr. 12, 406 f. " ) So der Seeborn bei Kolbnitz a m Rande des Mönchswaldes (BoberKatzbachgebirge) Κ ü h η a u Sagen 3, 516 f. Vgl. P e u c k e r t Schlesien 70. So hoch die Haselstauden wachsen: K r o n f e l d Krieg 146; die Lärchen, die roten Nummern reichen: P e u c k e r t Schlesien 72. Kamenz am Rande der mittelschles. Ebene: Κ ü h η a u Sagen 3, 517. ss ) So Köln als westlichster Punkt Deutschlands. Kolbnitz als Westpunkt der mittelschles. Ebene. M ) Dreigräben: K ü h n a u Sagen 3, 517 = P e u c k e r t Schlesien
820
69; vgl. P e u c k e r t Schles. Volkskunde 1928, 19 f. " ) Z a u n e r t Westfalen 244; ZfdA. 3, 459; K u h n Westfalen 1, 206; Ztschr. f. Kult.gesch. 4. Folge 4 (1897), 286. »«) L ä k e n Die sibyllin. Weissagungen u. ihr Nachhall bis in unsere Zeit. Progr. Gymn. Meppen 1871, 17 nach S e p p Jerusalem u. das Hl. Land 1, 69 ff. ») Ebd. ") Th. B e y k i r c h Prophetenstimmen (1849), 70 Anm. 15; P. B a h l m a n n Rheinische Seher u. Propheten 1901, 25 f. ") ZfdMyth. I, 189. «·) S c h w e b e l Tod u. ewiges Leben 368. M ) Ζ a u η e r t Rheinland 2, 250; S i m r ο c k Mythologie 5 131. *2) Z a u n e r t Westfalen 241. 33) Ebd. 244. 31) K u h n Westfalen 1, 205 f. 35) B e y k i r c h Prophetenstimmen 67. 3 ') ZfdA. 3, 459. 37) S t r a c k e r j a n 1, 151 f. 154. M) G r i m m Sagen Nr. 293. 3 ·) Α η d r e e Braunschweig 374. 40) M ü l l e n h ο f f Sagen 374. " ) Ebd. 377. " ) B a s t i a n Elementargedanke i, 44 N. 2 = S c h w e b e l Tod u. ewiges Leben 373. " ) S i m r o c k Mythologie 5 131. " ) K n o o p Hinterpommern 92; A. Haas Pommersche Sagen 1921, 125. " ) S c h w e b e l Tod u. ewiges Leben 371. 3a * ) P. Z a u n e r t Hessen-Nassau 1929, 255. " ) Ebd. 365 f. *') R ο c h h ο 1 ζ Schweizersagen i , 6 i ; B ä c h t o l d Soldatenbrauch (1917), 7 f.; S c h w e b e l Tod u. ewiges Leben 361. " ) R o c h h o l z 1, 135 f. *') V e r n a 1 e k e η Alpensagen 66; S c h w e b e l Tod u. ewiges Leben 360 f. s0) Κ r ο η f e 1 d Krieg 146. 51 ) Ζ i η g e r 1 e Sagen 1859, 406. "} Ebd. 407. "3) S c h w e b e l Tod u. ewiges Leben 364 f. 51 ) ZfVk. 1, 218 f. " ) s. Anm. 24. 5«) K ü h n a u Sagen 3, 517 f. " ) Ebd. 3, 520. M) Schles. Provzlbl. N.F. 1861, 194. ») K ü h n a u 3, 520 f. "») Ebd. 521. ,0 ) M ü l l e r Siebenbürgen 4 f. Ma ) G r o h m a n n Sagen 24. Schweb e l Tod u. ewiges Leben 378 f., nach G r ο h M0 m a n n Sagen 14. ) Ebd. 379 nach S e p p Heidenthum 1, 502. ·') G r a b i n s k i Neuere Mystik 227. 4. D e r F e i n d . Selten werden die Gegner der E . so unbestimmt angegeben, wie in den westfälischen Weissagungen, nach denen der Norden gegen den S ü den ® 2 ), der Westen gegen den Osten ® 3 ) zieht. Schon da versucht m a n bestimmtere Deutungen wie Preußen gegen Österreich ®4), Deutsche gegen R u s s e n 3 3 ) . In Braunschweig sind's die Undeutschen 3 e ), in Schleswig-Holstein blaue Truppen über S e e 4 1 ) , sonst die Franzosen ® 5 ), T ü r k e n ββ) oder T a r t a r e n ® 7 ), Chinesen ®8), Schweden ®9), den Katholischen die R e formierten **), den Tirolern die Schweizer „ m i t gefrorenen S c h u h e n " 7 0 ) , also immer feindliche N a c h b a r n . β2 ) Anm. 32; K u h n Westfalen 1, 208. Vgl. Karl G o l d Einheitl. Anschauung u. Auf-
Endschlacht
821
fassung d. Chronik Eckehards υ Aura. Diss. Greifswald 1916, 23 " ) A n m 40; Ζ a u η e r t Westfalen243f. 244; ZfdA. 3,458.459. M ) K u h n Westfalen 1, 205. ·«) Vgl. Anm. 16. 18. 49. 68. ··) Anm. I i . 29. 40. 44. 54. 55; W. H. R i e h 1 Land u. Leute 1861 ·, 315 ff.; Z a u n e r t Hessen-Nassau 255; M ü l l e n h o f f Sagen 377; K ü h n a u Sagen 3, 516 ff. Nr. 1922. 1923. 1925. 1926. 1928. 1929. ") Ebd. Nr. 1925. **) Glatzer Heimatbl. 3 (1917), 55 Ν. 1 (aus Lothringen). ·») K ü h n a u Sagen 2, 516 f. Nr. 1923. ,0 ) Anm. 52. 57; Z i n g e r l e Sagen 1859, 407.
5. T e r m i n d e r E. D a es sich um einen eschatologischen A k t h a n d e l t 7 1 ) , sind die Vorzeichen des W e l t e n d e s (s. j ü n g s t e r Tag) a u c h die der E. Ihr geht soziale und sittliche V e r w i l d e r u n g voraus 72 ), Ü b e r m u t besonders in der K l e i d u n g (rote H ü t e ! ) 7 3 ) ; F r a u e n tragen Hosen 74 ), die S t ä d t e r gehen auf die A l m und feiern dort F e s t e 7 S ) , Menschen fliegen 75 ), W a g e n laufen ohne Pferde 7e ). Es werden viele neue Häuser (Kasernen) g e b a u t 7 " ) . F r o m m e Gebräuche lassen n a c h 7 7 ) , sogar die Geistlichen sind verderbt 7 8 ). V o n Hungerzeiten 7 9 ) ist seltener die Rede, als daß der letzte W i n t e r kein W i n t e r mehr sein w i r d ; ein zeitiger w ) und fruchtbarer Sommer k o m m t 8 1 ) . Zuweilen h a t m a n lokale Zeichen: die B r ü c k e zu K ö l n wird fertig sein 82 ), u n b e b a u t e L a n d s t ü c k e werden gebrochen M ), die nicht ausgebaute K i r c h e in K a s t e l r e u t h stürzt e i n 8 3 a ) , die Glocken beider T ü r m e in S. J o h a n n schlagen zus a m m e n M ), Schloß C a m e n z ist ausgebaut85), K r a n i c h e fliegen durch die Glatzer B r o t b ä n k e 8 8 ) . A b e r die Schlacht wird ganz plötzlich sein, ohne d a ß jem a n d was ahnt 8 7 ). In Notzeiten (1848) a u c h 1913, rechnete m a n in Schlesien auf die Schlacht. Die Friesen erwarten sie, w e n n ein K ö n i g mit weißem Haar des L a n d e s vertrieben werden wird Μ ), die Deutschen um L e i t m e r i t z (Böhmen), wenn ein Schimmel sich z e i g t w ) , mit einem W o r t , w e n n U b e r m u t und Frechheit aufs höchste gestiegen sein wird. Die 90er J a h r e 9 1 ) sollten es sein, dann wieder 1913 (mündlich). V g l . ferner S c h l a c h t e n b a u m und schlafendes Heer, Kyffhäuser. " ) ZfdMyth. Alpensagen 62;
1, 34 f.; Müller
Vernaleken Siebenbürgen 4 f.
822
Aus Lothringen: Glatzer Heimatbl. 3 (1917), 55 Ν. 1. " ) Μ ü 11 e r Siebenbürgen 4 f.; Z a u n e r t Rheinland 2, 248. " ) ZfdMyth. 3, 34 f . ; S t r a c k e r j a n 1, 154; französisch: Zentralbl. f. Okkultismus 7, 610; 8, 682; Belege zu 72. '*) Z a u n e r t Rheinland 2, 247. 248. Aus Lothringen: Glatzer Heimatbl. 3, 55 N. 1. " ) Zentralbl. f. Okk. 8, 682. '·) Ebd. 8, 683 f. ") Ebd.; Z i n g e r l e Sagen 1859, 406; Z a u n e r t Westfalen 243. '») Vgl. ,,jüngster T a g " . " ) ZfdMyth. 3, 34 f.; P e u c k e r t Schlesien M 72. ) Zaunert Westfalen 243. ·') M ü l l e r Siebenbürgen 4 f. ··) Z a u n e r t Rheinland 2, 248 f. ·"») Z i n g e r l e Sagen 1859,406. 3 • ) S t r a c k e r j a n 1, 154. ·*) V e r n a l e k e n Alpensagen 66 f. , s ) Κ ü h η a u Sagen 3, 516 Nr. 1925. Aus Lothringen: Glatzer Heimatbl. 3 (1917), 52. " ) K ü h n a u 3, 520 f. " ) Z a u n e r t Westfalen 243 f ; Rheinland 2, 247f.; V e r n a leken Alpensagen 661.·, französisch: Zentralbl. f. Okkultismus 7, 610. ") K ü h n a u Sagen 3, 518 f. ··) M ü l l e n h o f f Sagen 377. '") Jos. K e r n Die Sagen des Leitmeritzer Gaues 1922, 57. " ) Zentralbl. f. Okk. 8, 682.
6. D i e S c h l a c h t u n d i h r A u s g a n g . Die Feinde k o m m e n so schnell, daß sie die Arbeiter a m W e g e überraschen 9 2 ). Alles f l i e h t 9 S ) auf d i e B e r g e 9 4 ) , bis über die H a s e l s t a u d e n 9 S ) , übers W a s s e r 9 8 ) , auf eine W a l d w i e s e * 7 ) ; ein Mädchen im roten R o c k 9 6 ) , ein Schäfer mit w e i ß e m H u n d e 9 8 ) werden als letzte über die B r ü c k e gehen. Die Feinde erschlagen die Geistlichen 9 e ), schlachten eine rote K u h M ) (sonst gilt das über eine B r ü c k e führen der roten K u h als V o r zeichen der E.) " ) , stellen ihre Pferde in die K i r c h e n 10°). Die E . dauert drei T a g e 1 0 1 ) , im obd. Glauben aber g a n z kurze Zeit, so daß das Essen noch w a r m b l e i b t 9 5 ) ; deshalb b r a u c h t m a n auf die F l u c h t nur ein B r o t m i t z u n e h m e n 1 0 2 ) . Viele fallen 1 0 3 ); das B l u t steht den Männern bis zu den Schenkeln, den Pferden bis z u m B a u c h 1 0 4 ); es f l i e ß t so viel B l u t , daß eine goldne (Wunsch-) R u t e bloßgespült w i r d 1 0 4 a ) . Die B a u e r n und 1 1 j ährigen aus den Schneebergen 10S ), die j u n g e n L e u t e l o e ), die W e i b e r geben den A u s s c h l a g 107 ). A n d e r s wieder glaubt man, G o t t selbst schlage die T ü r k e n 108 ), ein Erretterkaiser (s. S c h l a c h t e n b a u m ) schaffe R a u m . Die Feinde fliehen so schnell, daß die Schinken auf den Z ä u n e n unangetastet bleiben 1 0 9 ). D a n n bricht die neue, glückliche Zeit unter dem R e t t e r -
823
Engel
kaiser herein u o ) ; Paderborn hat wieder eigne Herren 1 1 1 ). Aber das Land ist menschenleer m ) ; zehn Jungfern schlagen sich um eine Mannshose 113 ), es gibt keine Geistlichen mehr 1 1 4 ); für einen Brotlaib zahlt man einen Bauernhof 1 1 5 ); eine Kuh führt man an goldner Kette 114 ). Manche Stadt (Prag) wird vom Erdboden verschwunden sein l l e ) . **) Z a u n e r t Westfalen 243. 244; K u h n Westfalen 1, 206. Vgl. M ü l l e n h o f f Sagen 379. " ) S t r a c k e r j a η ι, 51 f. " ) Z a u n e r t Westfalen 243; Jose! K e r n Die Sagen des Leitmeritzer Gaues 1922, 57. ,5 ) V e r n ä h t e n A Ipensagen 66 f. ") Z a u n e r t Westfalen 243 f.; Rheinland 2, 248 f. «) Ebd. 2, 249. ") Z a u n e r t Westfalen 244. ·») Μ ü 1 1 e η h ο f £ Sagen 378. 10°) Z a u n e r t Rheinland 2, 250; Z i n g e r l e Sagen 1859, 406; V e r n a l e k e n Alpensagen 66 f. 101) Z a u n e r t Westfalen 244. 102) D e r s. Rheinland 2, 249; K u h n Westfalen 1, 206; Zingerle Sagen 1859, 407; V e r n a l e k e n Alpensagen 66 f.; R o c h h o l z Sagen 1, 1 3 5 I 1 0 3 ) S t r a k k e r j a n 1 , 1 5 4 ; M ü l l e r Siebenbürgen 4 f. , M ) Z a u n e r t Rheinland 2, 249; K u h n Westfalen 1, 205. 206; S t r a c k e r j a n 1, 151 f.; Zingerle Sagen 1859, 407; französisch: Zentralbl. f. Okkultismus 7, 610. 104tt) Z a u n e r t Hessen-Nassau 256. 1 M ) R o c h h o l z Sagen i , 61. «·) Zentralbl. f. Okkultismus 8, 682. 107) Z i n g e r l e Sagen 1859, 407. 1M ) ZfdMyth. 3, 34 f. 1M ) Z a u n e r t Westfalen 244; Rheinland 2, 249. n 0 ) Z a u n e r t Westfalen 244; Hessen-Nassau 256; K ü h n a u Sagen 3, 520; P e u c k e r t Schlesien 72. Doch: A . H a a s Pommersche Sagen 1921, 125. u l ) K u h n m Westfalen 1, 205. ) R o c h h o l z Sagen 1, 61; K ü h n a u Oberschles. Sagen 1926, 492 f. Aus Lothringen: Glatzer Heimatbl. 3, 55 N. 1. 113 ) Z a u n e r t Westfalen 244; Zingerle Sagen 1859, 406; Vernaleken Alpensagen 67; Zentralbl. f. Okkultismus 8, 682. n 5 »") Z a u n e r t Westfalen 244. ) Vern a l e k e n Alpensagen 67; A. H a a s Pommersche Sagen 1921, 125. Aus Lothringen: 11β Glatzer Heimatbl. 3, 55 Ν. 1. ) Vernal e k e n Mythen 111; P e u c k e r t Schlesien 72. Vgl. K ü h n a u Sagen 3, 507 f. 496; Zentralbl. f. Okkultismus 8, 683. Peuckert.
Engel, griech. angelos, bedeutet eigentlich Bote, nämlich Gottes (so auch das hebr. Wort mal'ach im AT.), ein überirdisches, der Gottheit besonders nahestehendes Wesen. In der Mehrzahl als E.scharen, in der Umgebung Gottes als Dienerschaft, Sängerchor u. a. Das A T . kennt schon in der vorexilischen Zeit solche Wesen, eine größere Bedeutung
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jedoch nahmen sie erst an, nachdem die Juden im Exil einerseits durch Berührung mit umgebenden Völkern (Persern, Babyloniern) die Vorstellung von E.n in lebendigerer Formen kennengelernt hatten, andererseits eine Änderung der Mentalität erfahren hatten, in der Gott selbst ihnen ferner gerückt, transzendenter geworden war und dadurch die Disposition für die Annahme von Mittelwesen zwischen Gott und Menschheit stärker geworden war. Unter diesen Mittelwesen nahm einer, der kurzweg „der E. J a h v e s " und E. d e s g ö t t l i c h e n Antlitz e s hieß x ), eine hervorragende Stelle ein, derart, daß manchmal kaum zwischen ihm und Gott unterschieden werden kann, er gewissermaßen die Stelle Jahves zu übernehmen scheint 2). Drum verhüllt Mose sein Antlitz, als Jahves E. vor ihm als Feuerflamme erscheint 3 ), und ruft Gideon aus: „ W e h ' mir, daß ich A u g in A u g Jahves E. sehen m u ß t e " ! 4 ) Daher sind die E. überhaupt Gott an Wesenheit sehr ähnlich gedacht, ohne Bedürfnis nach Speise und T r a n k 5 ) und nach Schlaf e ), natürlich auch nicht heiratend 7 ), während R. Judan später lehrt, daß sich die E. vom Lichte der Schechina nähren 8 ). Sie sind Träger der menschlichen Gebete zu Gott 9 ), aber auch Verkünder des göttlichen Willens auf Erden 10), mit F l a m m e n g l a n z , L i c h t n a t u r u ) . Sie übernehmen auch wohl die Leitung eines bestimmten Bereiches von Naturgeschehen und zeigen in solchen Fällen eine Herkunft aus alter Auffassung, indem sie in solchen Fällen aus Naturdämonen herausgebildet zu sein scheinen (E. des Feuers, des Lichts) 1 2 ). Die Zahl der E. wurde immer größer, schon die Apokalypsen des ATs. und des Spätjudentums sprechen von tausend mal tausend und zehntausend mal zehntausend 13 ). Den Verkehr mit den Menschen bewirkt Gott nach der später entwickelten Anschauung vor allem durch die Ε r ζ - E. 14) (E.anführer), deren zunächst vier namhaft gemacht werden (Gabriel, Michael, Raphael, Uriel), dann dazu Phanuel u. a. Weiter wurden bestimmte Klassen von höheren E.n unter-
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schieden, nämlich die Cherubim, die die W ä c h t e r des Paradieses s i n d 1 5 ) , deren symbolische Gestalten auf der Bundeslade standen 1β ), die J a h v e s W a g e n ziehen 17 ) und beim Propheten Ezechiel Gottes Thronwagen bewegen 18 ), und die Seraphim, welche mit sechs Flügeln vorgestellt werden und einander den Lobpreis J a h v e s zurufen, den Menschen entsündigen und ihm dadurch den Zugang zu Gott ermöglichen l e ). Eine Tradition weiß davon, daß die beiden ersten E. schon v o m Schöpfungsbeginn an bei Gott waren, während die gewöhnliche Lehre ist, daß die E. erst am sechsten Schöpfungstage, nach anderen am fünften, nach anderen am zweiten erschaffen wurden 20). Andere wieder betonen, daß die E. durch Gottes A l l m a c h t aus dem großen Feuerstrom hervorgehen und, nachdem sie ihm Lob- und Preislieder gesungen, wieder darin verschwinden 2 1 ), weshalb nach R . Chelbo Gott jeden T a g neue E.scharen s c h a f f t S2 ). Die E.lehre hatte in alten Religionen große Bedeutung, weil d i e Stufen d e r E. d i e S t u f e n d e s H i m m e l w e g s d e r S e e l e bedeuten. Celsus berichtet in seiner Streitschrift gegen die Christen, daß letztere lehren, die Seele durchlaufe bei ihrem Aufstieg zum Himmel die Sphären der sieben Archonten (Planetensphären = E.fürsten). Er meint, wie ihm Origenes nachweist, die Lehre der o p h i t i s c h e n Sekte, die, wie auch andere Sekten und ähnlich Posidonios, mit der Stufenfolge der Sphären und Elemente v o m reinsten Äther, dem Sitz des höchsten Gottes, bis herab zur Erde die Lehre von rangmäßig abgestuften, in diesen Sphären lebenden Geistern (Sterngeistern, Heroen, E.n usw.) verbanden, welche in wachsender Entfernung v o m höchsten Gotte je unvollkommener werden 23 ). Die Menschenseele geht von unten nach oben die Seinsformen der Archonten durch, nämlich die der vier schon aus d e m Judentum bekannten Michael, Uriel, Raphael, Gabriel, und die von drei anderen namens Thauthabaoth, Erathaoth und Thartharaoth (oder Onoel). Man lernte Beschwörungsformeln gegen jene E. und
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T ü r h ü t e r der E i n g ä n g e der S p h ä r e n , wobei die Kenntnis ihrer Namen unerläßlich war 2 4 ). Origenes nennt die sieben Namen anders: Jaldabaoth, Jao, Sabaoth, Adonaios, Astaphaios, Ailoaios, Horaios 25 ). Ähnliches sagen uns koptische gnostische S c h r i f t e n 2 ' ) . Als das Christentum sich den von ihm nicht zurückgewiesenen Glauben an die bösen D ä m o n e n (s. d.) in Einklang mit seiner biblischen Grundanschauung zu bringen suchte, erklärte man jene Dämonen f ü r gefallene E. Alle möglichen Unholde wurden als v o m Himmel herabgestürzte Wesen angesehen die von Gott wegen ihres Aufruhrs auf die Erde verbannt wurden, während die guten E. Lichtwesen wurden M ). Die Elben galten als gefallene Geister, welche im Mondlicht auf den Wiesen tanzen, soweit sie nicht etwa Seelen Verstorbener sind 30). A u c h reitende Dämonen mit S p i t z h ü t e n 3 1 ) , auf ihren (oft kopflosen) Pferden verkehrt sitzend, sind solche Luftgeister, was auf die reitenden E. der Offenbarung Johannes zurückgehen kann. Die T r o l l e sind eigentlich b ö s e E. 32 ), welche selbst einem Pfarrer, der sie vertreiben wollte, klagten, daß sie herabgestürzte E. seien, die bis z u m jüngsten T a g e in dieser Dämonengestalt leben mußten. Svetlonosi, Lichtträger, sind in Böhmen die unter die Dornen und auf die Feld- und Wiesenwege geratenen lichten E., die wie dichter Regen herabfielen M ). Zwerge 34) und Erdleutchen 35) sind ebenso wie das Herdm a n n l i s e ) gefallene E. In Schweden heißt einer solcher gefallenen E . der „ T o m t e g u b b e " , der zu dem „schwarzen Mann mit dem weißen K r a g e n " , dem Pastor, nicht hineingeht, von diesem aber, der zu ihm hinausgeht, beschworen wird, die seinem Vater weggenommenen Vorräte an Kleidern und Nahrung zurückzugeben 37 ). Auch sonst erscheinen sie in rein menschlicher Gestalt wie die Holzhetzer (Hulzhatza), die zu jener Klasse von gestürzten E.n gehören, welche in diesem Zustand bis z u m jüngsten Tage bleiben müssen M ), sie sind sehr zahlreich, bellen wie Hunde, gehören z u m wilden Heer; ziehen sie vorüber, so ist es geraten,
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auf die Erde niederzufallen oder den K o p f zu verbergen. Sie haben manch ein „ H o l z w e i b l e i n " in den L ü f t e n zerrissen, die Fleischstücke herabgeworfen, die sich aber immer wieder zusammensetzen. A u c h der Wassermann, der durch ins Wasser geworfene Schinkenknochen vertrieben werden soll 3e ), ist ein gefallener E . Die aufs L a n d herabgefallenen heißen in Westgalizien die Strzygoni, die nach der Volksansicht in Pech zerfließen, sobald man an die Glocke schlägt, f ü r gewöhnlich ihren K o p f unter dem A r m tragen 4 0 ). Die g e s c h w ä n z t e n E., die in Schillers Räubern „ i h r hochheiliges Synedrium h a l t e n " und von einigen Auslegern für Raubvögel, von anderen für wirkliche Teufel gehalten werden, sind als V ö g e 1 bezeichnet 41 ). Jedenfalls sind viele E. nach mancherlei Volksglauben bei ihrem Niedersturze in Tiere verwandelt worden; wie es unter den Fischen viele verwünschte Leute und arme Seelen gibt, so auch manche E., die sich nie an dem T a n z auf der mondbeschienenen Wiese beteiligen dürfen 4 2 ), sondern in Fischgestalt den jüngsten T a g erwarten müssen. Andere wurden giftige Schlangen, Eidechsen und ähnliche kriechende Tiere 43 ). Die meisten sind allerdings in menschlicher Gestalt und werden in festen Formeln beschworen, „ d e r göttlichen Fruchtbarkeit, der Erde, den Hopfengärten, den Wiesen, den Menschen und dem V i e h e " nicht zu schaden 4 4 ). A u c h gefällt sich die Volksanschauung darin, den A b f a l l dieser E. zu entschuldigen: in jugendlicher Unwissenheit sind sie dem Luzifer gefolgt und weinen nun jeden Morgen und A b e n d die Tauperlen auf die Wiesen, in deren Glitzern sie, wenn sie sich lichtscheu zurückziehen müssen, noch den Glanz ihrer entschwundenen Pracht gewahren 4S ). l ) 2. Mose 23, 14; 5. Mose 4, 37. 2) 1. Mose 16, 7 ff. u. 13; 48, 15 f. 3) 2. Mose 3, 2. ') Richter 6, 22 f. 5) Tobias 12, 19. ·) Henoch 39, 12. ') Mark. 12, 25. *) ZfVk. 23, 240. ") Tobias 12, 12. 15. 10) Apostelgesch. 38. 53; Gal. 3, 19; Ebr. 2, 2. n ) Matth. 28, 3; Apoc. Baruch 21, 6; 59, 11. 1! ) G r i m m Myth. 3,430. 13) Daniel 7, 10; Henoch 40, 1. Die Gott umgebenden Myriaden schon 5. Mose 32, 2. " ) P r a d e l
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Gebete 55. 15) 1. Mose 3, 24. " ) 1. Kön. 6—8. ") Jes. 1 9 , 1 ; Ps. 104, 3; Ps. 18,11. ") Ezech. i , 5—14. ") Jes. 6, 6. 20) ZfVk. 23, 240. ») ZfVk. 23, 239. " ) Ebd. «) P. W e n d l a n d Die hellenistisch-römische Kultur 170 Anm. 4. M ) Bei O r i g e n e s Contra Celsum 30—33. ίβ) " ) Ο r i g e η e s a. a. O. cap. 31. C. Schmidt Koptisch-gnostische Schriften 1, 295 f. s ') G r ο h m a η η ιο8. ") G ü n t e r t Kalypso 179. 263 Anm. 2. ") M e y e r Germ. Myth. 136. 30) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 164 § 28. 31) Ebd. § 27. 32) ZfVk. 10, 196. 33) G r o h m a n n M) 20. Bolte-Pol i v k a 3, 321. 35) N i d e r b e r g e r Unterwaiden i, 18. M ) Ebd. 1, 31 f.; ZfVk. 8, 269. M) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 161 f. Si ) V e r na 1 e k e η Mythen 353. «) Ebd. 358 f. " ) Urquell 4, 182. 4!) S c h ö n w e r t h 2, 231. **) G r o h m a n n 79. " ) Ebd. 34. " ) S c h ö l l w e r t h 2, 133.
2. Im MA. wurde der Volksglaube an die E. auch in der Theologie ausgestaltet, und zwar auf Grund der neuplatonischen Geisterlehre (des Jamblichos und Proklos) und des von dieser beeinflußten D i o n y s i o s v o m A r e o p a g , der ein eigenes B u c h über „ d i e himmlische Hierarchie" als Teil seines Werkes über die christliche M y s t i k schrieb. Man unterschied mit den genannten d r e i Klassen oder himmlische H i e r a r c h i e n von E.n und i η j e d e r Klasse drei Ordnungen oder C h ö r e . Denn das Bemühen war rege, sich den fern und in weltabgeschiedener Tatenlosigkeit vorgestellten Gott, wie der Neuplatonismus ihn beschrieb, mit dem Weltgeschehen in Verbindung zu bringen. Zu diesem Zwecke wurden die E. zu Gehilfen Gottes bei der A u s ü b u n g der einzelnen A k t e seiner Fürsehung (Providenz) angesehen 4 6 ). Zu der o b e r s t e n H i e r a r c h i e rechnete man die Seraphime, Cherubime und Throne als himmlische Dämonen, welche noch möglichst eng an dem weltfernen göttlichen Grundwesen teilhaben und die Ordnungen der göttlichen Vorsehung schauen, indem der erste Chor sich in der Güte, der zweite im Wesen und der dritte in der Weisheit Gottes bewegt. Zur m i t t l e r e n H i e r a r c h i e werden die regierenden Gewalten gezählt als Dämonen, die bei der Regierung der W e l t mitwirken. Der erste Chor dieser Klasse hat die Gene-
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ralsgewalt und erteilt die Befehle, die von den beiden anderen auszuführen sind. Der zweite Chor lenkt die Himmel und w i r k t Wunder. Die E. des dritten Chors halten diejenigen Mächte fern, welche das göttliche Gesetz stören zu können scheinen. Die d r i t t e Hierarchie umfaßt die Fürstentümer, Erz-E. und die anderen E., welche alle in abgestufter Weise die Befehle Gottes in der unteren W e l t und ihrer Verwaltung ausführen 47 ). Der erste Chor dieser Klasse sorgt für die großen öffentlichen Angelegenheiten, für Fürsten, Obrigkeiten, Länder, der zweite Chor sorgt für die religiösen Angelegenheiten und bringt die Gebete der Menschen vor Gott, der dritte Chor besorgt die kleinsten Angelegenheiten und steht den einzelnen Menschen als Wächter zur Seite. Unter ihnen gibt es solche, die den kleinsten K r ä u t e r n und Steinchen und allen unteren Dingen ihre K r a f t verleihen, die daher viele Eigenschaften mit Gott, viele aber auch mit den Menschen gemein haben. — In der obersten Hierarchie führt A t h a n a s i u s außer den oben angegebenen Klassen noch sieben andere Ordnungen an, die er zusammen als „ d i e himmlische Heerschar" bezeichnet Unter ihnen sind die Ersten die „ L e h r e r " , dann folgen die „ S c h u t z - E . " , dann die „ F ü r s p r e c h e r " , die „ D i e n e r " , die helfenden E., die E., welche die Seelen in A b r a h a m s Schoß tragen 49) und in die ewigen Hütten aufnehmen *>), schließlich die Ordnung der beistehenden E. (nach A r t der zwei Ölkinder nach der Prophetie des Zacharia) 6 l ). In ähnlicher Weise wie die E.schöre den Planeten vorgesetzt sind, sind sie auch Vorsteher der einzelnen Stunden des T a g e s 5 2 ) ; und der Geist, welcher einem Tage vorsteht, führt auch über die erste Stunde desselben die Herrschaft 53 ). Als geflügelt sind sie wahrscheinlich, da schon in antiken Religionen geflügelte Dämonen vorkommen, ζ. B . bei den Griechen, von A n f a n g an, wenn auch nicht in der Regel, gedacht, der Nimbus hingegen trat erst in nachkonstantinischer Zeit auf 54 ). Zugleich werden die Namen der E. stark vermehrt 55 ). Man weiß auch
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über i h r e S p r a c h e mancherlei zu sagen, jedoch gibt es darüber keine feste Theorie 5 < ). Noch A g r i p p a ist unsicher, ob die E. sich einer unter Menschen gesprochenen Sprache bedienen, und verweist darauf, daß der Apostel Paulus „Menschen- und E . z u n g e n " unterscheidet 5 7 ). Er f ü h r t nur als ein Bespiel an, daß manche den E.n die hebräische Sprache zuschreiben, hält es aber selbst für ungewiß, ob sie wirklich menschliche Sprachorgane besitzen M ) und zitiert in diesem Sinne mit sichtlicher Zuneigung die Ansicht der Platoniker, daß Sokrates seinen Dämon nur durch das Gefühl, wiederum jedoch nicht durch das körperliche, sondern durch ein in diesem verborgenes ätherisches Gefühl vernommen hat, auf welche Weise, wie A v i c e n n a glaubt, auch die E. v o n den Propheten gewöhnlich gesehen und gehört werden 5 9 ). Sicher hingegen ist, daß die E. s i η g e η , da ihnen j a das Lobpreisen Gottes gleichsam als Ehrenpflicht überwiesen ist. E. zeigen durch Gesang den Ort an, wo ein Kloster gebaut werden soll e0). Nicht ohne Grund werden die E. vielfach a l s K i n d e r dargestellt. Der Franziskanerprediger Berthold von Augsburg hat im 13. Jh. die E. als langlockige Kinder beschrieben" 1 ), und manches K i n d wird als ein E. bezeichnet e2 ). Diese A n sicht geht weit in vorchristliche Zeit zurück. Olaf T r y g g v a s o n wurde zugleich mit seiner fylgja und seiner hamingja geboren e3 ), gewissermaßen seinem Lebensund Todes-Ε., mit den E.n seines Schicksals und Verhängnisses, und Ahnliches wird j a auch sonst erzählt. Die fylgja wurde später zur weißen T a u b e und z u m christlichen E., die hamingja z u m schwarzen R a b e n oder schwarzen Hund. Daß des Kindes Seele aus dem Himmel, aus der Gottesnähe stammt, hat der Hausglaube zu keiner Zeit ganz fern gelassen. Entweder ist es ein E. und wird wieder ein solcher, oder es bringt sich zumindest einen E . aus der Gotteswelt mit. Stirbt ein K i n d , so herrscht in der Regel, oder soll doch herrschen, mehr Freude als Jammer im Trauerhause, denn der „ E . " ist d i r e k t i n d e n H i m m e l ge-
Engel f l o g e n «*). J a es gilt als Sünde gegen Gott, ein frühverstorbenes K i n d zu beweinen, da es, wie man auch in Böhmen und Bosnien sagt, „ z u den E.n gegangen ist". Ein Erstgeborener wird ein geflügelter Ε. e5 ). Diese Anschauung, nicht e t w a erst aus dem Christentum in den Volksglauben eingedrungen, findet sich als ein sehr verbreiteter indogermanischer Glaube, der in vielen Parallelsagen in etwa folgender F o r m erscheint: Eine Mutter wollte ihre Tochter vor dem Schicksalsspruch, sie müsse im 16. Lebensjahre sterben, behüten. Gleichwohl starb die Tochter an einer Krankheit. Die Mutter kannte nach dem Begräbnis keine andere Sehnsucht, als ihre Tochter noch einmal irgendwo zu sehen und eröffnete einem Bettler, der bei ihr ein Nachtlager begehrte, er werde doch keine R u h e finden, da sie die ganze N a c h t hindurch jammere, weil sie ihre Tochter noch einmal sehen wolle. Der Bettler, der hl. Petrus, sagte ihr das zu und verzichtete auf die dafür gebotenen 100 Gulden. Seiner Weisung gemäß ging die F r a u am Allerseelentage in die Kirche und sah dort in dem feierlichen Zuge weißgekleideter Seelen, die alle frohe Gesänge sangen, ihre Tochter als einzige ganz naß und bitterlich weinend. Diese rief der Mutter z u : „ A l l e übrigen Seelen sind freudig gestimmt und schön gekleidet, während ich v o n Euren Tränen ganz naß b i n " ββ ). Beim Anblick eines gestorbenen K i n d e s sagt m a n : „ D a s ist ein schönes Engelein" und zu den E l t e r n : „ J e t z t h a b t Ihr ein schönes Engelein im Himm e l " β7 ). Die Kindesleiche soll daher wie ein E. behandelt werden ·») und k o m m t auf den E.gottesacker β β ). Man wird sich hüten, seinen T o d dadurch heraufzubeschwören, daß man es bei Lebzeiten einen E. nennt (Wammern K i n d - E . hast, lebts net lang) 7 0 ). Fliegt eine eigenartige F l i e g e von der Leiche auf die Honigvase, welche für die Leichenwächter hingestellt ist, so hält man sie für einen E., die Seele des Verstorbenen, und meint, daß diese sich mit Nahrung vers i e h t 7 1 ) . A u c h andere Tiere kommen im Volksglauben noch als Seelentiere, E r -
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scheinungen, in Betracht. D e m hl. V a m bert erscheint der E. in A d l e r gestalt und auch die G e s ä n g e d e r V ö g e l werden gern als E.gesang g e d e u t e t 7 2 ) ; denn Gesänge, Musik und T ä n z e sind (seit Christi Geburt und schon vordem) der E. Weise, wie auch die der „ G ö t t e r " , das ist nach okzidentalischer A u f f a s s u n g E., in der buddhistischen Legende. Außerdem erkennt man E . in Sternschnuppen 7S ), wie auch Sterne unter Umständen die Augen von E.n sind 7 4 ). Schon bei primitiven Völkern findet ein h e f t i g e r S t r e i t um das W o h l der Menschen zwischen bösen und guten Dämonen s t a t t 7 5 ) . Dieser Streit erscheint auf christlichem Boden als derjenige zwischen E.n u n d d e m Teuf e l 7 6 ) . Eine Schäferin sah am Todestage einer Freundin durch den Nebel hindurch zwei gespenstische Wesen, deren eins einem E. glich, so daß das andere sicherlich der Teufel war. Es gab einen K a m p f , in welchem der E. Sieger war " ) . Die Teufel, welche im Kreise Beuthen an der polnischen Grenze, auf dem Berge bei Przelaika, die Kapelle der heiligen Dorothea mit Felsblöcken zertrümmern wollten, wurden durch einen einzigen E. vertrieben 7 8 ). Wodan, dem Christengott gleichgesetzt, erhebt gegen die Aufrührer im ersten Bürgerkriege, dem E.krieg, siegreich seine W a f f e n 7 · ) . Mit diesem ersten Krieg, den die W e l t gesehen und den die Vanengötter gegen Odhin führen, ist die Halbgöttin Gollveig oder Heidr innig verflochten, die nach späterer Sage v o n einem Cherub aus dem Himmel auf die Erde vertrieben ward 8 0 ). Die Wesensverbundenheit der Kinder mit den E.n wird in den Sagen immer wieder betont. W e n n ein K i n d lächelt, sieht es einen E. 81 ), verziehen sich im Schlafe des Kindes Mienen zum Lächeln, so „spielen die E . im Himmel mit i h m " 8 2 ) . Es gibt aber auch sonst gute Menschen, welche die E. hören können. W e n n man den Kehricht der Stube während des mitternächtlichen Geläutes hinausträgt und sich auf den zu Boden geworfenen Besen stellt, kann man den Gesang der E. hören 8 3 ). Das Verlangen, den E.n nah
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zu sein oder von ihnen besucht zu werden, ist so groß, d a ß m a n die einfache V e r s t u m m u n g der U n t e r h a l t u n g in der Gesells c h a f t als Anzeichen d a f ü r n i m m t , d a ß ein E. gegenwärtig sei oder durchs Zimmer gehe oder fliege 8 4 ). G u t e E. bringen natürlich den Menschen Gutes, Heilmittel gegen K r a n k heit 8 5 ), erscheinen im Sonnenschein 8 e ), auf d e m Regenbogen 87), helfen den Menschen bei ihren religiösen Ü b u n g e n , ind e m sie ζ. B. das Brevier m i t b e t e n 8 8 ) . Sie beschützen das einschlafende Kind, wobei vier E. zu seinen F ü ß e n u n d drei zu seinem Kopfe sitzen mögen, w ä h r e n d die J u n g f r a u Maria an der Seite s t e h t 8 9 ) . L u t h e r sagte: „ D a r u m ist gewiß, daß ein kleines Kindlein, sobald es geboren wird, einen eigenen E. h a t " 9 0 ) . Dieser Schutze. glaube geht, wie schon gesagt, vor allem im N o r d l a n d in sehr alte Zeit zurück und h a t sich in allgemeiner Verbreit u n g erhalten, da er j a ein Teil des individuellen Vorsehungsglaubens ist, sofern auch hier der E. das Mittelsorgan Gottes zu dem Menschen hin ist 91 ). Von der G e b u r t a n s t e h t ein solcher E. (oder a u c h deren mehrere) dem einzelnen Menschen zur Seite *2), begleitet ihn auf seinen W e g e n 9 3 ) , s c h ü t z t ihn gegen Unfall u n d A n g r i f f 9 4 ) . Dementsprechend, d a ß bald m e h r der f y l g j a - G e d a n k e , bald mehr der h a m i n g j a - G e d a n k e vorwiegt, ist das Schicksalhafte des ganzen Ergehens seiner günstigen Seite nach oder d e m Ende, d e m Tode nach, in B e t r a c h t gestellt, u n d mit der Papierrolle k a n n ein solcher E. zu W e i h n a c h t e n die Lebensdauer a n zeigen 9 5 ). Der E. erscheint a u c h als der W i d e r p a r t des Dämons, welcher den S c h a t z b e w a c h t (s. D ä m o n e n I) wie die zwei goldenen E., welche ebenso wie der dämonische K r ü m b i h u n d vor d e m Eingang der S c h a t z g r u b e W a c h e h a l t e n 9 6 ) . Die Rollen dieser beiden Geistwesen teilen sich d a n n auch wohl so, d a ß der D ä m o n den Z u t r i t t verweigert, bzw. die Existenz des Schatzes verschleiert, während der E. den Platz bezeichnet, an welchem der Schatz r u h t ; aus einem solchen ist der v o r n e h m e Bergmeister L a u r e n t i u s Angel geworden 9 7 ). Auch das
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ganze L a n d bzw. das Volk k a n n seinen S c h u t z - Ε . h a b e n wie, wenn auch s y m b o lisch, so doch m i t einem Beigeschmack von Realität, von „ D e u t s c h l a n d s S c h u t z - , Herz- u n d S t ä r k - E . " gesprochen w i r d 9 8 ) . Ein solcher E. k a n n auch das G e b e t des Menschen, das er u n t e r s t ü t z t oder n a c h oben trägt, völlig ersetzen wie das Gebet der vierzehn E., von d e m d e u t s c h e r Glaube viel zu sagen w e i ß " ) . E b e n s o halten die E. auch die Messen in Stellv e r t r e t u n g des P r i e s t e r s 1 0 0 ) ; im K l o ster Heilig-Kreuz geht die Sage, E. s ä n g e n oft nächtlicherweile bei hellerleuchteter Kirche die Metten, u n d in j e d e m Menschenalter gibt es eine noch l e b e n d e Nonne, die das gehört h a t . D a n e b e n a b e r h a b e n auch die bösen Gespenster ihr Wesen u n d stören die E.messe d u r c h nächtliches Schubkarrenfahren und Schaufeln; das sind die u m g e h e n d e n Seelen derer, die das Kloster b e t r o g e n h a b e n 101 ). Der Τ ο d e s - E. oder U η h e i 1 s - E. ist der V e r k ü n d e r eines b e v o r s t e h e n d e n Todes oder Unheils 102 ), sowohl f ü r eine Familie wie f ü r einen O r t . Vgl. die K r a n k heiten als die „ B o t e n des T o d e s " , also gleichsam als die E. des Todesgottes 103 ). Diese Vorstellung k o m m t a u s ganz primitiven Schichten. Ein E . des Scharlachfiebers n a m e n s Al ist bei den Persern g e f ü r c h t e t in Gestalt einer e r r ö t e n d e n J u n g f r a u mit F l a m m e n h a a r u n d rosenroten W a n g e n 104 ). Der E . der P e s t schlägt die Menschen 105 ); die P e s t j u n g f r a u , eine hohe in Linnen gehüllte Gestalt, l ä ß t sich auf den Schultern eines Russen d u r c h das ganze L a n d t r a g e n l o e ), der Todes-Ε. der Mohammedaner, Azrael, d e m e n t s p r e c h e n den jüdischen Glauben entlehnt 1 0 7 ), ist von den Tschuwaschen als Esrel gefürcht e t 108 ). Bisweilen k e n n t m a n zwei E., deren einer das Gute, der a n d e r e das Böse besorgt u n d den Menschen je nach ihrem Verhalten n a h e b r i n g t ; so besonders in Lokalsagen l o e ). W e n n im allgemeinen die E. auch G o t t und der göttlichen Welt recht nahe stehen, so h a f t e t ihnen doch im Volksglauben mancher Zug des Dämonischen a n bzw. ist er ihnen aus ihrer dämonischen
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Engel in den Segen
Vorstufe her, wo eine solche vorhanden, geblieben. So kann man E. sehr leicht, wenn es auch selbstverständlich unabsichtlich geschieht, v e r l e t z e n . Schon dadurch, daß man eine Harke mit den Zinken nach oben hinlegt, werden d e n E.n d i e A u g e n a u s g e s t o c h e n 1 1 0 ) , es sei nun eine Heu-, Korn- oder Mistgabel, die man so verkehrt h i n l e g t m ) . Auch ein auf dem Rücken liegendes Messer verletzt die lieben Engelein 1 1 2 ). Ein waschechter Rationalist (im Journal von und für Deutschland 1786) meinte freilich, dieser Glaube bedeute etwas Nützliches, nämlich die Warnung, einen Rechen oder ein anderes Instrument so verkehrt liegen zu lassen, weil man sich dadurch, wie ihm selbst geschehen sei, die Nase blutig schlagen könne, wenn man flach darauf trete 113 ). Auch mit den Fingern kann man den E.n die Augen ausstechen 1 1 4 ), j a man kann sie sogar dadurch t ö t e n , daß man mit Fingern auf sie w e i s t l w ) . Der weinende E. ist eine gar nicht seltene Erscheinung l l e ). In demselben Maße, wie E. zu verletzen und zu beleidigen sind, sind sie natürlich auch zu begütigen und zu versöhne·;. Daher begegnen uns immer wieder O p f e r , die E.n dargebracht werden 117 ), so daß sie ähnlich wie Seelengeister behandelt werden 1 1 8 ), Speisen l l e ), das Fastnachtabendessen 12°) vor allen Dingen, die erste Garbe m ) , auch die Speisereste von der Mahlzeit des heiligen Abends 1 2 2 ), als Fastnachtsopfer 1 2 a ) oder Weihnachtsopfer, können ihnen vor die Tür oder in die Scheune gesetzt werden, auch wohl für die „ E n g a l a " ins Tischtuch eingeschlagen in den Garten gelegt werden (s. Opfer). Bleibt alles unversehrt, „so haben die E. keinen Hunger gehabt" 1 2 4 ). " ) A g r i p p a v . N e t t e s h e i m 3, 7 3 ; Z f V k . 23, 240. « ) A g r i p p a v . N e t t e s h e i m ^ 2 6 8 « . " ) E b d . 3, 7 3 — 1 0 1 . " ) L u k a s - E v a n g . 16, 22. , 0 ) E b d . 16, 9. i l ) S a c h a r j a 5, 3 — 1 4 . " ) A g r i p p a v. Nettesheim 4, 116. ") N i d e r b e r g e r Unterwaiden 3, 598. " ) A R w . 1 9 , 428. " ) D o r n s e i f f Alphabet 88. 65. 143. 168; B i s c h o f f Kabbala 2, 223; K i e s e w e t t e r Faust 443 f. " ) G ü n t e r t Sprache der Götter 2 7 f . 5 1 f f . 74. 172. " ) A g r . v . N e t t e s heim 3, 136 f f . **) 1. Kor.brief 13, i f f .
836
" ) Α ρ r i ρ ρ a 3, 138. " ) Η e γ ζ ο g Schweizersagen ι , 197. " ) R o c h h o l z Sagen 1, 345. ·*) L e o p r e c h t i n g Lechrain 235. 83) M e y e r Germ. Myth. 68. " ) Z f V k . 3, 176. »5) Κ r a u ß Sitte u. Brauch 555. ··) E b d . 555 f. ») E b d . 2, 80. "*) K ü h n a u Sagen 3, 5 1 3 . 1 M ) G r i m m Myth. 3, 467 N r . 897, m ) J o h n Erzgebirge 156. K . Beth.
Engel in den Segen. a) B e s p r e c h u n g e n . Die häufigen Beschwörungen „per angelos et archangelos" oder „per novem ordines angelorum" in den lateinischen Benediktionen x), be-
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Engel in den Segen
sonders für Augenleiden, haben in den deutschen Segen manchmal Widerhall gefunden. So wird ζ. B . im 15. Jh. die Wünschelrute u. a. „ b e i der K r a f t der E n g e l " beschworen 2 ); und in einigen alten Ausfahrtsegen (s. d.), 12. Jh., erfleht man sich den Engelschutz; so im Murier Segen: „ H e r r e S. Michahel, hüte wistu N. sin shilt unde sin s p e r " 3 ) ; im Weingartner Segen: „ i c dir nach sendi mit minen fünf fingirin f u n v i undi funfzic engili" (vgl. Matth. 18, 21 f . : 77 neben 7); der Ausdruck wurde später in epischen Segen wiederholt: Maria ,,hub auf ir fünf finger vnd segnet in (Jesus) mit 55 engel", 14. Jh. 4 ); weiter im Halberstädter Segen, 14. J h . : „ H o d e dath ich uth ga, v e f t e g engele mi na g a " usw. 6 ). Diebssegen (s. d. § 7 und 10 b) können mit Engel- wie mit Teufelsnamen beschwören. b) E p i s c h e S e g e n . Unter den aus dem Osten übernommenen alten Segen bietet der Dreiengelsegen (s. d.) Engel, im Westen fast immer unbenannt, als handelnde Personen; vgl. auch „engelen dv iaege" in altdeutscher Form, 12. Jh., des Gellosegens (s. Fiebersegen § 1 c). Ein lateinischer Pferdesegen, 10. Jh., hebt a n : „ P e t r u s , Μ i c h a e 1 et Stephanus a m b u l a b a n t " e ), und Michael f ü h r t hier das W o r t . Im spätmittelalterlichen deutschen Segen über die Diebe und das Jesuskind (s. Diebssegen § 1) gehören „drei (und dreißig) E n g e l " , gewöhnlich Gabriel, Michael, Raphael, jedenfalls der sehr verbreiteten jüngeren Form an. c) A b e n d s e g e n von den 14 (12) E n g e l n 7 ) . Ältester Beleg dieses auf deutschem, niederländischem und skandinavischem Sprachgebiete sehr beliebten Segens s t a m m t v o m Jahre 1529, mit 12 Engeln; gew. ist die Zahl 14. Beispiel: „ A w e n s w a n n wi te Bedde g a t t — Verd e n Engelkes bi mi s t a t t — T w e ten H ö f t e n — T w e ten Fäuten — T w e ter Rechten — T w e ter Linken — T w e dä mi decket — T w e dä mi wecket — T w e dä mi wist — Int hillige P a r a d i s " 8 ) . Vielleicht hat schon L u t h e r (1519).. d i e Form mit 14 Engeln gekannt ·). — Ähnliche Segen finden sich in England,
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Frankreich, Spanien, Italien; in diesen Formen, denen sich das südöstlichste deutsche Sprachgebiet anzuschließen scheint, ist die Zahl der Engel kleiner, gew. 4, 5 oder 7, und ihre A u f g a b e n bloß zwei, nämlich an K o p f und Füßen zu stehn („in der M i t t e " kann noch Jesus oder Maria stehen). Die Auffassung, daß die niedrigen Zahlen durchweg „ V e r minderungen" der 12- oder 14-Zahl seien, ist sicher unrichtig; es gibt zwar eine vereinzelte italienische, der nördlichen Form fast ganz entsprechende Fassung mit 14 Engeln 1 0 ), sie erweckt aber durch gewählte Ausdrücke den Verdacht, von einem literarisch Gebildeten aus dem Deutschen übersetzt zu sein (kunstmäßige Bearbeitungen des Segens gibt es auch im Deutschen und Nordischen). Und den romanischen normalen Fassungen nahe stehen a 1 1 deutsche und a 1 1 nordische Ausfahrtsegen, wo die Zahl 4, 5 (bzw. Multiplum v o n 5) oder 9 ist: Weingartner Segen im 12. und „ H o d e dath ich uth g a " im 14. Jh., s. oben a ; altnordisch (14. Jh., angeblich schon um 1000): „ N i c h t allein geh' ich aus — Vier folgen mir — Fünf Engel G o t t e s " usw. u ) . In diesen Formen ist noch keine deutliche r ä u m l i c h e Verteilung, so wenig wie in Aldebertus', im Jahre 745 verketzertem Gebet, wo acht namhafte Engel angerufen wurden 12 ). — Für den deutschen Abendsegen mit der 14-Zahl vermutet Reuschel Zusammenhang mit dem seit dem 15. Jh. in Deutschland (und im Norden) üblichen K u l t der 14 „ N o t helfer" (eine Auswahl bekannter Kirchenheiliger) und mag in der Hauptsache recht haben. Übrigens kennt auch die weltliche Volksdichtung 12 oder 14 Wesen mit verteilten Rollen 13 ), dies vom Segen entlehnt ? — Die r ä u m l i c h e Verteilung um den Betenden herum k o m m t auch im alten K r e u z segen (s. Karlssegen) vor und weiter in griechischen Prosasegen, hier mit sechs (namhaften) E n g e l n 1 4 ) . Vierzehn (12 + 2) Engel umgaben nach altjüdischer Tradition die gebärende E v a l s ). >) Ζ. B. g. Jh. S t e i n m e y e r 24; 12. Jh.:
Wackernagel
Altdeutsche Predigten 288;
27*
839
Engelmann—Engelwurz
ZfdA. 18, 78; 13. Jh.: ZfdA. 17, 560; S c h ö n b a c h H S G . Nr. 904; 15. J h . : Germania 25, 69; 32, 455. 4 5 7 ; deutsch und lateinisch ZfdA. 24, 66 (14. Jh.). — Auf griech. magischem Papyrus ζ. B . um 400: D e i ß m a n n Licht vom Osten 3 4 1 . >) AnzfKddV. 1864, 96; vgl. ZfdMyth. 2, 1 7 1 (c. 1400); S c h ö n b a c h Berthold v. R. 140 f. 142 ff. (14.—15. Jh.). ») MSD. 2, 286. 4 ) AnzfKddV. 1862, 2 3 5 ; vgl. ZfdA. 24, 70. e ) MSD. 2, 290; ebd. ein ähnl. hochdeutscher Segen. ') G r i m m Kl. Schrift. 2, 25 (Myth. 494). ') Literatur K ö h l e r Kl. Sehr. 3, 320 ff. 344 ff., mit Belegen; M a u r e r Germania 12, 234 ff.; R e u s c h e l i n Euphorion 9, 273 ff.; MSD. 2, 290; O h r t Gamle danshe Folkebönner (1928), 48 ff. mit skandinav. u. a. Belegen. ·) K ö h l e r 322. ·) R e u s c h e 1 1. c. 10 ) K ö h l e r 347. n ) Faereyinga saga cap. 56, vgl. Germania 12, 234. " ) Μ a η s i Sacr. Conciliorum nova et ampl. collectio X I I , 379. ") Meier Schwäbische Volkslieder (1855), 408 und Deutsche Kinderreime (1851), 27. " ) V a s s i l i e v Anecdota Graeco-Byzantina 343 f.; HessBl. 13, 108. ») Vita Adae et Evae § 21 ( K a u t z s c h Die Apokryphen usw.) des A. Ts. 2, 5 1 5 . Ohrt.
Engelmann. In Rottenburg wurde bis zum Jahre 1808 am Johannistage eine blumengeschmückte Strohpuppe mit Tonkopf verbrannt und dabei von den umstehenden Jungburschen mit Degen zerschlagen und zerfetzt (wobei es zweifelhaft bleibt, ob dies zur schnelleren Vernichtung der Puppe oder zur Gewinnung eines Puppenteilchens, etwa aus abergläubischen Gründen, geschah). Dies nannte man den „ E . köpfen" und „verbrennen". — Die Sitte reiht sich zweifellos unter die bei anderen Feuerfesten geübten Verbrennungsriten (Hexen, Tatermann, Luther, Popanz usw.) ein und ist wie diese zu beurteilen. M a n n h a r d t 1, 5 1 3 f. = Birlinger Volkstümliches 2, 100 = S a r t o r i Sitte und Brauch 3, 228 »». Mackensen.
EngelsiiB (Polypodium vulgare). 1. B o t a n i s c h e s . Farnkraut mit tief fiederspaltigen Wedeln, die auf der Rückseite mit kreisrunden, tüpfelartigen (daher „Tüpfelfarn") Sporenhäufchen bedeckt sind. Nicht selten an Felsen, auf Mauern, an alten Baumstümpfen 1 ). Der süß schmeckende Wurzelstock wird ab und zu von Kindern gegessen und war wohl früher eine „Notnahrung" 2 ). ») Μ a r ζ e 1 1 Kräuterbuch 495. 2) Η ö f 1 e r Botanik 4.
840
2. Der Wurzelstock wurde gegen das „Säusterben" gebraucht 3), vgl. Eberwurz (die ebenfalls eine menschliche „Notnahrung" war!). Den Wurzelstock gibt man den Stubenvögeln ins „ S a u f e n " , damit sie mit heller („süßer") Stimme anschlagen 4 ). E. soll das Blut süß machen 5 ). Vgl. F a r n . r ») Bock Kreuterbuch 1539, , 160 v ; Ζ i η c k e Oecon. Lex* 1744, 1, 643. *) Vecken5 stedts Zs. 4, 147. ) H ö h n Volksheilkunde 1, 138. Marzeil.
Engelwurz (Heiliggeistwurz; Archangelica officinalis). 1. B o t a n i s c h e s . Stattlicher, bis zwei Meter hoher Doldenblütler mit zwei- bis dreifach gefiederten, auf der Unterseite blaugrünen Blättern. Die oberen Blätter sitzen unmittelbar auf den großen, blasig aufgetriebenen Blattscheiden. Die Blüten sind grünlichweiß. In Deutschland kommt die E. nur selten (ζ. B. Ostseeküste, Riesengebirge) wild vor, dagegen wird ihre Kultur in Gärten in Deutschland schon seit dem 14. J h . erwähnt x ). Sehr alt ist ihr Anbau in Skandinavien 2 ). l ) Μ a r ζ e 1 1 Kräuterbuch 1 5 6 f.; Heilpflanzen 1 1 2 — 1 1 4 . 2) H o o p s Waldbäume 641 f.; W e i n h o l d Altnord. Leben 1856, 79. 87.
2. Wie viele andere Doldenblütler (vgl. ζ. B. Dill, Kümmel, Liebstöckel) gilt auch die E. wegen ihres stark a r o m a t i s c h e n G e r u c h e s (ätherisches Umbelliferenöl) als zauberwidrig. „Diss kraut bey sich zetragen sol gut für allerley zauberey sein" 3 ). In einem alten Simmentaler Rezeptbuch wird das Tragen der E. empfohlen, „daß die Hexen keinen Platz bei dir haben" 4). In Frankreich hängt man die E. den Kindern um den Hals, um sie vor Zauberei zu bewahren 5 ). Im besonderen galt die E. als Mittel gegen „ G i f t , Pestilenz und böse L u f t " 6 ) , zu Pestzeiten wird sie als Amulett unter die Zunge gelegt 7 ). Wenn einer eine Spinne gegessen, so schadet es ihm nichts, wenn er darauf E. ißt 8). Den Namen E. und Heiliggeistwurzel erklärt T a b e r n a e m o n t a n u s 9 ) „umb seiner fürträffent-
Engerling
841
lichen K r a f f t und T u g e n d t willen als wenn der Heilige Geist selber oder die lieben Engel dem menschlichen Geschlechte dises Gewächs und heylsame Wurtzel geoffenbart h e t t e n " . s)
Fuchs
W o l f f
Kreuterbuch 1543, cap. 43; vgl.
Scrutinium
amuletorum 1690, 144;
ZfVk. 24, 13. *) Ζ a h 1 e r Simmenthai 176. 5) R o l l a n d Flore pop. 6, 132; vgl. auch S 6 b i l l o t Folk-Lore 2, 483; S e l i g m a n n Blick 2, 61; B a r t e l s Pflanzen 5. ·) Μ a 1 1 h i ο 1 i Kreuterbuch
1563,
510;
Med.-Chym.
Apotheke
Wolff
Scrutin.
amulet. 1690, 359; FL. 23, 234; S c h r e g e r Hausbüchlein 1770, 147. ') S c h r o e d e r mann
92.
1693,
·) S c h r e g e r
870;
G roh-
Hausbüchlein
1770, 147. ·) Kreuterbuch 1588, 286.
3. Im e r o t i s c h e n Zauber scheint die E. gleichfalls eine Rolle gespielt zu haben. W e r die „Heiliggeistwurzel" bei sich trägt, wird von allen Leuten geliebt 10) (oder Verwechslung mit dem nahestehenden Liebstöckel, vgl. ds.). Beachtenswert ist jedenfalls, daß auch bei den Lappen die E. im Liebeszauber verwendet wird u ) und daß im 16. Jh. die E. ein Bestandteil eines Mittels gegen Impotenz, die durch Zauberei verursacht sein sollte, war 12 ). n)
10)
S t e r z i n g e r Aberglaube 176. Q v i g s t a d t Lappischer A bergl. Kristian.
1920, 46. 1>) C a r r i c h t e r Ratio medendi etc. 1551 bei M e r k l i n Tract, phys.-med. de
incantam. 1715, 201.
Marzell.
Engerling. Das Deutsche besitzt als eigenen Ausdruck für die Maikäferraupe engerling < mhd. engerinc (engerlinc) < ahd. engirinc „ K o r n m a d e " , abgeleitet von dem gleichbedeutenden ahd. angar, mhd. anger, enger, noch jetzt alem. engering *). Ndd. (ζ. B. im Kreis Minden) findet sich Eggerling, daneben Etterling2). Von sonstigen mundartlichen Namen seien angeführt aus Minden - Ravensberg 3 ): fettmännken, gäilwurm, kartuffelwörm. In Westrup (Kreis Lübbecke) heißt der E. einfach Wurm, im oberen Mölltal (Kärnten) Ausbiss*). Französische Dialekte bieten einige interessante N a m e n 5 ) : caite = chatte (Guernesey); norm, quien (= chien) de ierre; [ver) iure {= teür, Montargis) heißt
842
der E. nach R o l l a n d ® ) , weil sein K o p f wie mit einem türkischen Turban gekrönt erscheint, nach S a i η έ a η 7) hingegen, der wohl das Richtige trifft, ist teür < lat. taurus „ S t i e r " (wegen der Dicke und Gefräßigkeit des E.s); ferner: magot „verborgener S c h a t z " (Guernesey) 8 ), meunier „ M ü l l e r " 8 ) erklärt durch ver blanc „weißer W u r m " 8 ) ! A u ß e r d e m ver-coi „stiller W u r m " (Neuchätel) 8 ), wallon. varbot zu mhd. werbet9). Die Bedeutung des E.s im Aberglauben ist eine geringe. S t a r i c i u s 1 0 ) (Ende des 17. Jhs.) gibt ein eigentümliches, sehr kompliziertes Rezept zur Stahlgewinnung an, nach dem E.e künstlich gezüchtet werden: Stoß E y s e n k r a u t / und truck den S a f f t daraus / zu diesem nimb so viel Maußharn und Wassers / mische es durcheinander: und nach Ostern find man W ü r m e / die heißen E n g e r i n g e / die seynd klein und k r ä f f t i g ; trucke dieselbigen aus / und thue dasselbige Wasser in das vorige / dann kühle das Eysen a b in obgeschriebenem S a f f t . In der Tiermedizin wird der E. selten verwendet: er galt ehemals als nervenstärkend u ) , in späterer Zeit wurde sein F e t t zur Einreibung bei R h e u m a t i s m u s gebraucht12). Wichtiger ist die Rolle, die die E.e als ehemals elbische, also v e r n u n f t b e g a b t e Wesen in Tierprozessen spielten. So wurden im 15. und 16. Jh. in den Diözesen Chur, K o n s t a n z und Lausanne E.e vor weltliches oder geistliches Gericht geladen 13 ). 1492 erhielt Uri v o m apostolischen Stuhle eine E.sbulle 1 4 ). Nicht unerwähnt bleibe, daß nach dem Volksglauben so wie der K ä f e r (franz. hanneton „ M a i k ä f e r " ) auch der E. durch sein Vorhandensein im menschlichen Hirn Geistesstörungen verursachen k a n n 1 5 ) . ») W e i g a n d - H i r t DWb. 1, 441. ') H a r t -
wig 3)
Plattd.
Tier-
u. Pflanzennamen
i , 33.
a. a. O. 4) Car. 96, 56. ') R o l l a n d Faune
3, 331 f. ·) Faune
3, 332
7)
Etym.
franf.
i, 78. 8) R o l l a n d Faune 3, 332. ·) M e y erL ü b k e REWb. Nr. 9523. ,0) Hcldenschatz 279. n ) J ü h 1 i η g Tiere 94. »») N e t o l i t z k y Käfer 11 f.
3, 528 f.
14)
1S )
Niderberger
Unterwaiden
D e r s . a. a. O.; M a n n h a i d t
Germ. Mythen 368
2.
") H ö f l e r
namen 113; WS. 7, 131.
Krankheits-
Riegler.
843
England—englische
England als das Land der Seelen, das Totenreich, zunächst eine mythologische Vorstellung der kontinentalen Gallier, ist schon bei Plutarch und Prokop zu belegen *), s. Totenfährmann. Im germanischen Altertum ist nichts Ähnliches nachzuweisen. Unabhängig davon wird im christlichen MA., schon im altenglischen Rätsel, der Himmel als das Land der Engel bezeichnet 2 ), später mit einem bereits aus der Zeit der Bekehrung der Angelsachsen herrührenden Wortspiel das irdische England damit vermischt 3 ). In norddeutschen Sagen gilt deshalb E. als die Heimat der Mährten, Walridersken usw. 4 ), und in Siebenbürgen kommen die Seelen der ungetauft gestorbenen Kinder dorthin 5 ). Wie weit das E. des Kinderliedes, das zugeschlossen, dessen Schlüssel abgebrochen ist u. a. m., hierhergehört«), ist fraglich. ») G r i m m Myth. 2, 694 f f . ; E . H . M e y e r German. Myth. 1 2 7 ; Myth. d. Germanen 1903, 170; L i p p e r t Christentum 448; P f a n n e n s c h m i d Weihwasser 99; T y l o r Cultur 2, 64 f f . ; L e Β r a ζ La Ugende de la mort chez les Bretons Armoricains r,| X X I I I f f . ; D o t t i n Manuel pour servir ä l'itude de l'antiquiti celtique 353 f f . ; S e b i l l o t Folk2) Τ r a u t m a η η Lore 2, 148 f f . Die altenglischen Rätsel Nr. 64. 3) S i n g e r P B B . 44, 426 f . ; Neidhartstudien 11; S t r a u c h PBB. 47, 1 7 1 . *) Ε . Η . Μ e y e r German. Myth. 242; M ü l l e n h o f f Sagen 244 Nr. 333; Kuhn Westfalen 1, 54 Nr. 40; 287 Nr. 332; 291; 2, 21 Nr. 55; K u h n u. S c h w a r t z 14.92.262 Nr. 5 0 1 ; 299 Nr. 505; 440 Nr. 322; R a n k e Volkssagen 7\ M a n n h a r d t Germ. Mythen 344 f f . ; A R w . 4, 318; S t r a c k e r j a n r, 466; Ζ a u η e r t Westfäl. Sagen 253; 6) Η i 11 η e r Siebenbürgen 19. ·) L e w a l t e r 355 f f . ; Z ü r i c h e r Kinderl. Nr. 3023 u. A n m . ; A R w . a . a . O . ; Z f V k . 6, 216; 7, 58. 406. 407; K n o o p Hinterpommern 10; E n g e l i e n u. L a h n 255 Nr. r34; L a n d s t e i n e r Niederösterreich 40; Siebenbürg.-sächs. W b . 2, 205; Schleswig-Holstein.Wb. 1, 1047 f.; Schweizld. 3, 1300; S c h w a b . W b . 2, 718. Singer.
englische Krankheit. Rachitis und Skrofulose faßt das Volk unter dem Namen e. K . zusammen, so geheißen, weil sie im 17. Jh. besonders massenhaft in England auftrat, unter Anlehnung an den altenglischen Namen 'Rickets' ( = Buckel) von ihrem ersten Bearbeiter Glisson *). In Ostpreußen meint man, die
844
Krankheit
Kinder bekämen die Krankheit durch das Verschlucken von Katzenhaaren 2) (s. d.). In Niederösterreich (Stockerauer Au) breitet man ein Tuch auf der Wiese aus und setzt, sobald das Tuch vom T a u ganz durchnäßt ist, das Kind darauf 4 ). In Oldenburg legt man das Kind am Johannismorgen ganz nackt in den Garten und säet Leinsaat über dasselbe. Wenn die Leinsaat zu „ l a u f e n " anfängt, tut es auch das Kind 8 ). In Masuren wird das kranke Kind dreimal um die Kirche getragen und haucht jedesmal, wenn man an die Kirchtür kommt, hinein ®). Das 6. und 7. Buch Mosis (S. 46) empfiehlt Einreibungen mit Regenwurmöl oder das Vergraben (s. d.) eines Eis in einen Ameisenhaufen, das mit dem Urin des kranken Kindes gefüllt wurde. In Franken faßt man das Kind unter den Armen, allenfalls auch bei den Füßen, und schwingt es unter Segensprüchen nach den vier Ecken des Zimmers 7 ). „ H a t dein Kind diese Krankheit", empfiehlt man in Thüringen 8), „so gehe zu einem guten Freund des Morgens vor Sonnenaufgang; du mußt aber vorher erst mit demselben sprechen und sagen: Gib mir um Gottes willen für mein Kind Ν. N. eine Hand voll Hafer, drei Körnchen Salz, drei Stückchen Brot. Dies alles nimmst du nun stillschweigend, wie du es bekommen hast, und gehst unter eine Dachtraufe und machst ein Loch, zuvor teilst du es aber in drei Teile und nimmst den ersten Teil und sprichst die Worte: Kennst du nicht den alten Vater und die alte Mutter ? Hier bring' ich dir und deinem Pferd ein F u t t e r ; D u sollst meinem K i n d Ν . N . helfen aus seiner Noth! I m Namen f t t
Es muß dreimal gesprochen werden, bis die drei Teile eingegraben sind (s. vergraben); zum letzten Male spricht man 'Amen' und betet noch ein Vaterunser." Ein anderer Segen gegen die e. K . ist uns aus Schleswig-Holstein überliefert ®): Engeische Krankheit verswinn, W i e der D a u an der Sünn, W i e der K u k u k vor den Saevenstern. >) H o v o r k a - K r o n f l e r Krankheitsnamen 312.
e l d 2,687; H ö f W u t t k e 360
2)
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846
Enkel—Entblößung
§ 543· s ) S t r a c k e r j a η ι , 83 § 88; Urquell 4 (1893), 278; F r a z e r 11,168.170.184.187. 4 ) Germania 29 (1884), 87 Nr. 8; vgl. G r ο Ii m a n n 184 Nr. 1289 (gegen krumme Beine). 5) S t r a c k e r j a n 1, 92 § 103; ähnlich in Schleswig-Holstein: Urquell 4 (1893), 278; Wuttke 360 § 543. ·) T o p p e n 11. ') W u t t k e a.a.O. ·) W i t z s c h e l 2, 274 Nr. 78. ·) M ü l l e n h o f f Sagen 513 Nr. 18. Bächtold- Stäubli.
Enkel. 1. Der Wiedergeburtsgedanke in seiner Begrenzung auf die Wiederverkörperung der Geist- oder Seelensubstanz eines Dahingeschiedenen in einem Mitglied seiner eigenen Familie schafft mit Vorliebe eine besonders enge Verbindung zwischen Großvater (s. d.) und Ε. Im athenischen Gebiet wurden als Winde oder Hüter der Winde gedachte Ahnengeister verehrt, denen man um Kindersegen opferte, welche den bezeichnenden Namen Tritopatores führten 2), nicht ohne Spuren von altjiranga-mitjina-Natur zu zeigen. Auch schon auf früheren Kulturstufen, im Gebiet des Totemismus, wenn die Kinder weder dem väterlichen noch dem mütterlichen Totem, bzw. der betreffenden Heiratsklasse angehörten, sondern einer dritten, ist es doch so eingerichtet, daß die E. wieder in die Klasse des Großvaters 3 ) fallen. In der weiblichen Linie bestehen ähnliche, aber doch charakteristisch verschiedene Beziehungen. Die „Brüder der Mutter" und „ G a t ten der Töchter" gehören derselben Klasse an, das Wort für „ O n k e l " und „Schwiegersohn" ist identisch 4), so daß die E.in in die Klasse der Brüder der Großmutter einheiratet. An diese Klasse der Mutterbrüder und Schwiegersöhne fällt auch die Hinterlassenschaft eines Gestorbenen 8). l ) W e i n h o l d Frauen τ, 87. *) O . G r u p p e 3 ) Baldwin Griechische Mythologie 1, 442 5 . Spencer Native Tribes of the Northern Australia 53 f. pass. *) D e r s. u. F . J . G i 11 e η The Northern Tribes of Central Australia 79 ff. ') D i e s . 1. c. 523 ff.
2. Ein sohnloser Mann sichert sich nach altindischem Recht im E., dem Tochtersohn, einen Ersatz und Erben, den putrika putra e ). In China wird bei der Adoption das Altersverhältnis strenge
festgehalten; infolgedessen Adoption als „ E . " v o r 7 ) .
kommt
die
•) Jolly Outlines of the Hindu Law 149; ') W i l u t z k y Vorgeschichte 2, 39 f. M. Beth.
Enoch s.
Henoch.
Entbindung s.
Geburt.
Entblößung. Hier soll nur auf die teilweise E. bestimmter Körperteile eingegangen werden, meist ein Ersatz für die völlige Nacktheit (s. d.). 1. R e l i g i ö s e M o t i v e . Während Aeneas *) bei den Römern die Sitte eingeführt haben soll, mit verhülltem Haupt zu beten, beteten die Griechen 2) aperto capite; ebenso verrichten die Seher auf den Hebriden 3) ihr A m t barfuß (s. d.) und mit entblößtem Haupte (s. barhaupt). Auf der englischen Synode (zu C a l c h u t f ) 787 wird bestimmt: Kein Altardiener darf mit entblößten Beinen zur Meßfeier hinzutreten 3 a ). Ε contrario verbietet Hesiod 4) gegen die Sonne zu harnen, weil die E. den Gott beleidigen würde. Die E. des Hauptes vor den Beamten Roms 5) war eine Ehrenbezeugung, die auch sonst bei vielen Völkern üblich ist. Vor den Bienen, denen man allgemein als Sinnbild des Fleißes und der Keuschheit große Ehrfurcht entgegenbringt, entblößt man in der Schweiz das H a u p t 5 * ) . E i darf niemand, auch ein Kind nicht, mit entblößtem Hintern auf den Eßtisch sitzen 5 b ). M a c r o b i u s Saturnalien 3, 6, 17 (Eysenhardt 181, 12 ff.); S i t t l Gebärden 177; P l e y De lanae usu 12. 14. 39: die Priester hatten immer das H a u p t verhüllt; F r a z e r 2, 14; Β r e ν i η u s N o r i c u s 6; F e h r 1 e Keuschheit 39 A . ; C a s s e l Kirchenbuch 83 ff. *) E y s e n h a r d t 1. c. 9 ff.; S i t t l I . e . 177; bei der Einweihungsfeier in die Mysterien zu Lykosura durften die F r a u e n das H a a r nicht aufgebunden tragen und die Männer mußten entblößten Hauptes sein: Religionsgesch. Lesebuch v. B e r t h o l e t B d . 4 : Ν i 1 s s ο η Relig. der Griechen 5. 3 ) ZfVk. 19x7, 1; vgl ZfVölkerpsych. 18, 260. *») H e f e i e Conziliengesch. 3, 639, 10. *) W ä c h t e r Reinheit 135 Α . ; P l i n i u s 28, 69 (4, 239, 13 ff. Mayhoff); H e s i o d Opera 757; Fehrle I . e . 37—38. 6 ) S i t t l I.e. 154. 6») Schweizld. t b 4, 909; SAVk. 16, 20. ) W . 461.
2. E. d e r A i d o i a war in der Antike eines der wirksamsten Apotropaia e ), die
847
Entblößung
apotropäische Ε. des Phallus ist das „fascinum k a t ' e x o c h e n " ' ) . Bekannt ist auch die E. des cunnus einer menstruierenden Frau gegen Hagel und Sturm; so bezeugt uns Plinius 8 ): iam primum abigi grandines turbinesque contra fulgura ipsa mense nudata; sie averti violentiam coeli; in navigando quidem tempestates etiam sine menstruis. Wenn bei den Huzulen gegen den Hagel nichts helfen will, dann zeigen die nackten huzulischen Zauberinnen dem Hagel den bloßen Hintern e ). Die K a f f e r n glauben, man könne den Regen dadurch abhalten, daß der Zauberer sich auf den Kopf stellt und dem Himmel den entblößten Hintern zeigt 1 0 ). A n die apotropäische K r a f t des entblößten Hintern gegen den Sturm auf dem Meere glauben besonders die italienischen und französischen Seeleute. Wenn der italienische Fischer vom Sturme überrascht wird und er hat einen erstgeborenen Sohn auf dem Schiff, muß dieser dem Sturm den bloßen Hintern zeigen, während die Matrosen St. Barbara und St. Franziskus anrufen u ) . Eine humorvolle Episode erzählt S^billot 1 2 ) in seinen Schiffergeschichten. Eine Oberpfälzer Erzählung dagegen zeigt, wie man auch Regen und Unwetter mit dieser Methode hervorzaubern kann: Ein Handwerksbursche sagte auf dem Weg nach Waldthurn zu dem ihn begleitenden Bauern, er könne Wetter machen; dann ging der Handwerksbursche in die Wiese, wo ein Brunnfluß war und stieß dreimal den entblößten Hintern ins Wasser; sogleich stieg Rauch auf, und ein Gewitter brach los 13 ). Eine Sage der Lappländer berichtet, wie eine Lappenfrau unter Zauberliedern ihren Hintern der heransegelnden Flotte der Tschuden entgegenstreckte, worauf sofort ein Sturm losbrach und die Schiffe vernichtete 14 ). Ganz klar ist die dämonenabwehrende K r a f t des entblößten Hintern, wenn man dem Drachen den blanken Hintern zukehrt, damit er Geld fallen läßt; so hält man in Mecklenburg, wenn ,,dei D r a k " abends dahinzieht, um seinen Kunden Lebensmittel und Geld zu bringen, diesem den entblößten Hintern hin; dann läßt er Unrat fallen 1 6 ). Auf
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diese Weise wehrt man Spukgeister l e ) und den Teufel 1 7 ) ab. Um einen Bienenschwarm am Fortziehen zu verhindern, ist die E. des Hintern, und zwar von einem Weibe, sehr wirksam, auch hier sollen die feindlichen Hexen und Dämonen verjagt werden 18). Hierher gehört wohl auch eine Sitte, die in Brandenburg belegt ist: wenn die Kühe beim Melken schlagen, soll sich die Magd mit entblößtem Hintern auf den Melkschemel setzen, dann werden die Tiere ruhig stehen l e ). Da die Hexen gerne das Melkgeschäft stören (s. melken), so ist hier die apotropäische Absicht klar. Dieser Brauch hat jedenfalls mit dem in Italien, Holland und Schwaben belegten nichts zu tun, daß man den Schuldner mit entblößtem Hintern auf einen Stein setzt 2 0 ). Um das Angesicht der Hexe zu entblößen, nimmt man einen neuen Melkkübel und melkt von allen Kühen soviel Milch, als man braucht, um Käse zu machen; in diesen bohrt man ein Loch 21 ). — Zu allen Zeiten und bei vielen Völkern ist es das Zeichen der furchtbarsten V e r h ö h n u n g gewesen, einem den entblößten Hintern zu zeigen: Nach Isaias führten die Assyrier die Ägypter weg, „die Kinder und die Greise nackt und barfuß (s. d.) mit entblößtemHintern zuÄgyptens Schande" 2 2 ). Die Perserinnen und Spartanerinnen entblößten gegen fliehende Krieger die Scham und fragten sie, ob sie an ihrem Leibe Zuflucht suchen wollten 23). Diese Sitte durch E. der Scham den gräßlichsten Hohn auszudrücken, hat sich bis heute bei den meisten Völkern erhalten 24). «) O. J a h n Böser Blich 66 f f . 72 f f . ') S i t t l I.e. 121; H e c k e n b a c h De nuditate sacra 5 6 — 5 8 . ·) P l i n i u s 28, 7, 23 (4. 3°3» 12 f f . M a y h o f f ) ; S i t t l I . e . 123. ·) W e i n h o l d Ritus 3 5 ; K a i n d l Die 10 Ruthenen 2, 90. ) W e i η h ο 1 d 1. c. 26. " ) Z f V k . 1901, 426 f f . « ) S έ b i 11 ο t Contes des Marins 249, erzählt i n Z f V k . 1 1 , 427. 13 ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 184; W e i n h o l d I . e . 23. " ) Z f V k . 1 1 , 427. 1 5 ) W e i n hold Ritus 1 1 ; L i t . i n Z f V k . 1 1 , 427 f f . le) R o c h h o l z Naturmythen 65; ZfVk. 1 1 , 4 2 8 . " ) R o c h h o l z I . e . 65; M ö l l e n h o f f Sagen 280; K u h n - S e h w a r t z 4; S c h w a r t z Volksglaube 120; W u t t k e M 281. ) A u s f ü h r l i c h L i e b r e c h t Zur Vk.
Ente
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355 f f . ; Germania 1, 109; Eberhardt Landwirtschaft 22; Weinhold I.e. 45; J a h n Pommern 17; BlpommVk. 2, 26; 6, 75; W u t t k e 49; W 1 i s 1 ο c k i Siebenbürgen 121; Z f V k . 11, 428. Man zieht auch das Hemd aus und blickt dem Schwärm durch den Ärmel nach: W l i s l o c k i I . e . " ) Z f V k . 1891, 185; W e i n h o l d I.e. 42; W u t t k e 428. ">) L i e b r e c h t I.e. 427 ff. " ) S c h i n d l e r Aberglaube 291. **) Isaias 20, 4; die ganze Frage be!3 handelt im A R w . 25, 332 ff. ) S i 1 1 1 1. c. 104; H e r o d o t 2,60. 24) A n d r e e Parallelen 2, 51; S i t t l 1. c. 124; Z f V k . 1901, 426; S t e r n Türkei 2, 159 ff.
3. E. a l s Z e i c h e n d e r T r a u e r . Wie die Nacktheit als Trauerritus auf die Füße beschränkt wurde, ζ. B. bei den Römern 2S) (vgl. barfuß), so war es nach dem Talmud bei den Juden in Palästina Sitte, den Arm und die Schulter als Zeichen der Trauer zu enthüllen 2 e ). Die alten Friesen entblößten das Haupt vor den Toten; der Zusatz aber „nicht vor den Lebenden" sagt, daß man diese E. des Hauptes als eine Art Ehrfurcht auffaßte " ) . ") S a m t e r Geburt 110; Weinhold I.e. 4 ff. *·) S a m t e r I . e . 1 1 1 ; für den Orient vgl. S t e r n 1. c. 2, 160. ") Urquell 3 (1892), 300.
4. Die E. im H e i l z a u b e r : Nach deutschem Aberglauben muß ein kräftiger Mann seinen entblößten Fuß auf einen vom Schlag gerührten Kranken setzen und einige Zeit in dieser Stellung verharren ae ). M)
H o v o r k a - K r o n f e l d
2, 246.
5. Nach einem im Poenitentiale Arundel und bei Burchard von Worms gerügten Aberglauben entblößten die Weiber ihre nates, um darauf ein L i e b e s z a u b e r b r o t zu kneten 2e). ") S c h m i t z Bußbücher i, 459, 81; 2, 447, 173; A R w . 25, 332. Eckstein.
Ente. B i o l o g i s c h e s . Sitzt eine E. auf Eiern, aus welchen junge E.n in kurzer Zeit herauskriechen sollen, und es kommt ein Gewitter, so muß man einen möglichst großen Kessel in die Nähe des Nestes tragen, damit dieser den Schall des Donners auffange; sonst würde der Donnerschall die Jungen töten (Sagard) *). Die Trauer-Ε. (Anas-nigra) soll
850
nach französischem Aberglauben auf faulenden Baumstämmen entstehen 2). ') BIPommVk. 6, 107 f. *) Volksleven 11, 59.
O r a k e l . Die E. ist vielfach W e t t e r prophetin. R e g e n verkündet sie, wenn sie schnattert (,,natt, naii" = „ n a ß naß") s ), wenn sie oft untertaucht 4), sich fleißig putzt, mit Wasser wäscht und ihre Federn fettet 5), K ä l t e , wenn sie von Norden, M i l d e , wenn sie von Süden k o m m t e ) . Blut im E.nteich bedeutet K r i e g 7 ) . 3) Z f V k . 13, 92; 24, 59; Veckenstedts Zs. 3, 394; ähnl. Volksleven 11, 59; vgl. P a u l y W i s s . 5, 2642, 36; F r a z e r 1, 155. *) BIPommVk. 9, 175. ·) Ebd ; Volksleven 11, 59. ·) Volksleven n , 59. 7) Brandenburgia 1916, 164; Ε i s e 1 Voigtland 267 Nr. 672.
D ä m o n i s c h e s . Sie ist H e x e n tier8). Auch Z w e r g e l b e n erscheinen als E.n 9 ), besonders als rote 1 0 ), oft nur e.nfüßig u ) . Menschen s e e 1 e η nehmen E.ngestalt an 1 2 ). ») S t r a c k e r j a n 2, 158 Nr. 388; S έ billot Folk-Lore 1, 391; 3, 208; 4, 285; Gubernatis Tiere 576; A R w . 23, 165. ·) A R w . 23, 165. 10) Κ ü h η a u Sagen 2, 281. n) G ü η t e r t Kalypso 75; Rochholz Sagen 1, 332; 2, 44. 47. 105; A R w . 23, 165. " ) A R w . 23, 164 ff.
M e d i z i n . Schon antik ist der Glaube, daß eine E., solange an den Bauch gehalten, bis sie stirbt, die K o l i k vertreibe 13 ). E.n b 1 u t macht G i f t e im Körper u n s c h ä d l i c h u ) und „stillet das b 1 u t , so von dem hirn f l e u ß t " 15 ). E.ne i e r gerührt, durchgeseimt und mit dem Safte des Blutkrautes ins Ohr geträufelt, heilen T a u b h e i t (Pommern) l e ). E.nf e 1 1 ist gut für die N e r v e n 17 ), die Veits- oder Feixblattern (F e i g w a r ζ e n) 1 8 ), H u s t e n und K a t a r r h 18 ), E.n g a 11 e für O h r e n leiden 20). „ D i e vbrige f e u c h t i g k e i t zu vertreiben lege darüber (über den Bauch) Endens c h w e n t , z e , einen nach dem andern" 21 ). Eine kompliziert bereiteteSalbe gegen G i c h t empfiehlt Ortolffs aus Beyern Arzneybuch 22). Mehr dem Z a u b e r gehört an der Glaube, daß ein E.n h e r z Glück bringe 23), und daß die geringelte S c h w a n z f e d e r des E.richs, in den Schuh
Entführung, Entrückung—enthaupten, köpfen
851
der B r a u t gelegt, dieser die H e r r s c h a f t über den Mann sichere 2 i ). " ) J ü Ii l i n g Tiere igo (n. G e s η er); H o ν ο r k a - K r ο η f e 1 d 2, 124; A g r i ρ ρ a ν. N e t t e s h e i m 1, 124; F r a ζ e r g, 50; Pauly-Wiss. 5, 2642 f. ») H ö f l e r Organotherapie 116; H e r t z Abhandl. 225 A n m . 2 (η. Ρ 1 i η i u s NH. 29, 33.104; D i ο s -
k u r i d e s ed. Sprengel i, 222; 2, 97; J ü I l l i n g Tiere 190. 1S) J ü h 1 i n g Tiere 190 (n. G e s n e r ) . " ) Ebd. 191; BIPommVk. 6,107.
17 )
J ü Ii 1 i η g Tiere 190 ( n . G e s n e r ) ,
«) Ebd. 191. ") Ebd. (n. Fossel).
2°)
Ebd.;
Η ö f 1 e r Organotherapie 216. " ) J ü h 1 i η g 2S ) J o h n Tiere 191. " ) E b d . 190. Wes'.böhmen 319. S4) D r e c h s l e r 1,259.
W e i t e r e r A b e r g l a u b e n . Um E.n an das H a u s zu gewöhnen, muß man sie, bevor man sie frei läßt, in einen S p i e g e l sehen lassen 2 5 ). V o r dem H a b i c h t b e w a h r t man sie, wenn man nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei die Schalen schön beisammen v e r g r ä b t 2 β ) . W i l d e E . n f ä n g t man, indem man ihnen Wein statt Wasser hinstellt 27 ). *·) S t r a c k e r j a n 1, 124. ") BIPommVk. 9, 175· ") SAVk. 2, 155. S a g e n 2 8 ) . H ä u f i g sind Sagen von goldenen E.n mit goldenen Eiern (s. d.) Vgl. hierzu auch die unter A n m . 12 verzeichnete Literatur (E. als Seelenvogel). ") Vergleichendes bei Gubernatis Tiere 576 ff. " ) G r a b i n s k i Sagen 19; K n o o p Sehatzsagen 29 f f . ; Κ ü h η a u Sagen
3. 5 8 8 · 589—592; S o m m e r Sagen 63 Nr. 56; W l i s l o c k i Zigeuner 373; G u b e r n a t i s Tiere 577.
Taylor.
Entführung ( = Ef.), Entrückung ( = Er.). W i r verstehen hier unter Ef. die wunderbare zeitweilige Versetzung eines Menschen v o n einem Ort z u m andern, unter Er., gleich wie bei der Himmelfahrt, die dauernde Versetzung des lebenden (von der Gottheit bevorzugten) Menschen an den Ort des ewigen Lebens, ohne daß er durch den Tod gehen muß. Die Ef. ist also nur eine zeitlich beschränkte Er., meist nicht an den Ort des ewigen Lebens. Schon das A l t e r t u m kannte Er.en und Ef.en: „ D u r c h den Glauben ward Henoch weggenommen, daß er den T o d nicht sähe, und ward nicht erfunden, darum, daß ihn Gott w e g n a h m ; denn v o r seinem Wegnehmen hat er Zeugnis gehabt, daß er Gott gefallen h a b e " 1 ). Christus selbst
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„ w a r d aufgehoben zusehends, und eine W o l k e nahm ihn auf von ihren (d. h. der Jünger) Augen w e g " 2 ). Christus wurde aber auch „ v o m Geist in die W ü s t e gef ü h r t (entführt), auf daß er von dem Teufel versucht w ü r d e " 3 ) . Dem griechisch-römischen A l t e r t u m waren E r . η nach den Inseln der Seligen, in einen Fluß, durch N y m p h e n usw. ebenfalls nicht f r e m d 4 ) . Neros T o d ζ. B . wurde bezweifelt, und besonders die Jerusalemer Christen erwarteten in seiner Wiederk u n f t die Erscheinung des Antichrists (s. d.). Die christliche Theologie des ausgehenden A l t e r t u m s und des MA.s beschäftigte sich zeitweise sehr stark mit dem Probleme der Ef. und der Er. 5 ). Dazu kommt, daß die Er. (namentlich in Berge) auch im germanischen Glauben bekannt war. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn Ef. und Er. im Volksglauben eine große Rolle spielen. Über Einzelheiten s. b e r g e n t r ü c k t , Flug, Mantelfahrt. *) Hebräer 11, 5; vgl. auch 1. Mose 5, 24 (Methusalah); 2. Kön. 2, 11 (Elia); Jesaja 57, 1—2; Apostelgeschichte 8, 39 (Philippus); vgl. H a n s e n Zauberwahn 198 f.; S c h ü r e r Gesch. d. jüd. Volkes * 3, 190 f f . ; B e t h Relig.gesch. 94; G u n k e l Märchen 85 f. ·) A p o -
stelgeschichte 1, 9; Markus 16, 19; Lukas 24, 51. 3) Matthäus cap. 4; Lukas cap. 4; vgl. H a n s e n Zauberwahn 198 f. *) Vgl. R ο h d e
Psyche Register s. v . ' E r . ' ; P f i s t e r Reliquienkult 2, 480—489; K o c h Siebenschläfer-
legende 28 ff. ') Vgl. die schöne Darstellung bei H a n s e n Hexenwahn 189—209. Bächtold-Stäubli. Enthaltsamkeit k o m m t im deutschen Volksglauben in doppelter Form v o r : 1. als E. v o n Speisen und Getränken (s. Fasten); 2. v o n geschlechtlichem Verkehr (s. Keuschheit).
enthaupten, köpfen. 1. e. als Strafe. Kräfte des Enthaupteten. — 2. e. als Zauber: Wachstumszauber, Erlösungszauber, Abwehrzauber. — 3. Verschiedenes. In gleichem Maße wie seit dem 16. Jh. in allen deutschen Mundarten, mit Ausnahme der Siebenbürgischen, H a u p t durch K o p f ersetzt worden ist, h a t das Zeitw o r t köpfen das mhd. houbeten völlig verdrängt, die Nebenform enthoube-
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enthaupten, köpfen
ten immer mehr der Schriftsprache überlassen 1 ). Im Folgenden erscheinen die Bezeichnungen bunt gemischt, wie sie die Quellen bieten, e. = enthaupten, et. = enthauptet, k. = köpfen, gk. = geköpft. l ) Vgl. K l u g e EtWb.· 194. 255; DWb. 3, 555 f.; G r i m m RA.' 689; RA.1 2, 267; B i r l i n g e r Schwaben 2, 458.
I. a) Gleich der Strafe des Hängens (s. d.) findet sich in der deutschen Rechtsübung schon seit alter Zeit die S t r a f e des E . s 2 ) . Die Tötung mit W a f f e n wie Schwert und Streitaxt, besonders durch Abschlagen des Hauptes, war, wenn aiich wenig bezeugt, doch wohl einst die gewöhnlichste germ. Todesstrafe 3 ). Wie alle Todesstrafen trug auch sie ursprünglich einen s a k r a l e n Charakter, der öffentliche A k t der Hinrichtung sollte keine Rache stillen, sondern durch die feierliche Opferung des Schuldigen die durch das Verbrechen gekränkte Gottheit versöhnen 4 ). Anfangs lag ihr V o l l z u g daher in der Hand des Priesters, erst in historisch erkennbarer Zeit wandelte sich die Stellung des erhabenen Strafvollstreckers in die eines „unehrlichen" Scharfrichters (s. d.). Das spätere MA. erniedrigte mit der Entehrung des Vollziehers auch die Strafe selbst deutlich v o m sühnenden Opfer zur handgreiflichen wörtlichen Vergeltung, wie zahlreiche Weistümer es etwa an dem Beispiele zeigen, daß einer, der einen Baum, besonders einen Grenzbaum, gk. habe, wiederum gk. werden solle 5 ), vgl. Strafe. F ü r den Verurteilten ist aber die Strafe des E.s nie so entehrend geworden wie die des Hängens; während diese heimlicher Übeltat vorbehalten blieb, leistete jene als „ehrliche" Lebensstrafe Sühne f ü r weniger verächtliche Schuld e ). Unter dem Namen des H a l s a b s t o ß e n s ist sie vor allem die Strafe f ü r Notzucht und f ü r Grenzsteinfrevel gewesen 7 ). Dem Mahlsteinausackerer droht ausdrucksvolles altes Recht der Weistümer die unwirkliche Strafe an, daß ihm der Kopf mit dem Pflug abgefahren werden solle 8 ). Ebenso sagenhaft erscheint der Rechtsbrauch, den K o p f abzupflügen als Strafe f ü r Diebstahl eines im Felde
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stehenden Pfluges (Wegnahme des Eisens) e ). Eine ähnliche A r t der Hinrichtung konnte vorkommen: wenn ein Verurteilter dem Scharfrichter nicht „ h e b e n " wollte, wurde ihm der Kopf „ v o n der Erde abgeschnitten" 10 ). b) Ebenso wie der gehängte Verbrecher spukend und büßend in einem Schattendasein weiterleben muß, spricht man auch dem Gk. eine F o r t d a u e r seiner L e b e n s k r a f t nicht ab. Diese äußert sich zunächst noch einige Augenblicke unvermindert in einem mehrfach berichteten Vorgang. Ein Scharfrichter legt seinem Opfer nach der E.ung ein Stück Rasen statt des K o p f e s auf den Rumpf und f ü h r t den neben ihm herschreitenden, neubelebten Leichnam zum Entsetzen der Zuschauer über neun, bzw. dreißig Äcker zum Scheiterhaufen; f ü r das Meisterstück erhält er die neun Acker u ) , er bekommt den Namen Dreißigacker 1 2 ). Die Lebensfähigkeit des E t . η wird hier durch die Zauberkraft der Erde noch eine kurze Zeit aufrechterhalten ? Eigentümlich paßt dazu heutiger Wiener Kinderglaube, daß ein Toter noch eine halbe Stunde lebe, wenn man ihm den Kopf abschlägt und einen L a i b Brot darauf l e g t l s ) . Noch wunderbarer lautet die folgende Variante dieser S a g e : der Verurteilte hat f ü r seine Frau so viel Land ausgebeten, als er ohne Kopf noch überqueren könne, und der Gk. l ä u f t nun so weit, daß man einen Graben zieht, in dem er seinen Lauf beendigen m u ß 1 4 ) . Ahnlich nimmt ein et. er Heiliger den Kopf unter den A r m und eilt bis zu einer später durch eine Kapelle bezeichneten Stelle, wo er sein Haupt in die Erde legt und sich selbst d a z u 1 5 ) . Hier wie bei einem andern Schweizer Fall bezeugt dieses Davonlaufenkönnen, in einer Badener Sage an 300 Schritte 1 6 ), die U n s c h u l d des Gk.en. E s bleibt jedoch nicht nur bei diesem kurzen, sehr vereinzelten Fortleben eines Et.en, es ist vielmehr dem Et.n gleich dem Gehängten bestimmt, nach dem „ e r s t e n " Tode noch u m z u g e h e n , auch hier begegnet noch heute der lebende Leichnam in mannigfacher Gestalt, so dreht sich der Kopf eines Gk.en um, wenn man
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enthaupten, köpfen
seinen Namen ruft (Wiener Kinderglaube) " ) . Der Zusammenhang mit einer Totengottheit wie die Aufnahme des Gehängten in das Seelenheer des Teufels = des Windgottes fehlt beim Et. η völlig, aber man findet trotzdem auch Erzählungen vom Spuk et. er Gerichteter. Der Gk.e geistert am Todesplatz 18 ), et. e Mädchen gehen um, einen roten Ring um den Hals 1 9 ), oder das Gespenst erscheint gleich ohne Kopf 20), weiteres vgl. H i n gerichteter, kopflos. c) Auch vom et.en Verbrecher wird wie vom gehängten und jedem gewaltsam und daher zu früh ums Leben gekommenen Menschen die noch in der Leiche und ihren Teilen steckende L e b e n s k r a f t demHeil-und Glückszauber d i e n s t b a r gemacht. Der einst sakrale Charakter der Hinrichtung hat die wohltätige Macht des geweihten Körpers von alter Zeit her noch verstärkt. Am gk.en Verbrecher haftet vor allem der Blutaberglauben. Wie schon die Römer vom Blut gefallener Gladiatoren Gesundung der Fallsucht in sich trinken wollten 2 1 ), so erstrebte man immer wieder bis zur Gegenwart das Blut gk.er Verbrecher zur Heilung dieser Krankheit 2 2 ). Man soll solch Armsünderblut hinuntertrinken und sich dann von zwei Reitern greifen und bis zum Umfallen fortreißen lassen 2 3 ). Solche Fälle sind noch bekannt aus der Mitte des 19. J h s . : in Hanau 1861, Marburg 1865 und Kassel 2 4 ), vgl. H i n g e r i c h t e t e r (Armsünder). Zauberkräftig ist jeder Körperteil, so ist aus dem Schädel eines Et.n zu trinken heilsam 26). Man erzielt schönes Vieh dadurch, daß man es mit dem Kleid eines Gk. en reibt 2e ), vgl. hängen § 5 b. *) Α m i r a Todesstrafen 1 1 5 ff. 1 7 1 f.; d e C o c k Oude Gebr. 100 ff.; ErschG r u b e r Enzyklopädie 1. Sektion 35, 66 ff.; S c h r ö d e r Deutsche Rechtsgeschichte * 370. 831. •) W. E . W i 1 d a Das Strafrecht der Germanen 1 8 4 2 , 5 0 ο . 4 ) A m i r a a. a. O. 207 ff. s ) M a n n h a r d t 1, 27. 1 A m i r a a . a . O . 184. 190; S c h u l t z Höfisches Leben 2, 1 5 1 . ') G r i m m RA.» 689 f.; RA* 2, 267 ff. E.ung Strafe für Ehebrecher: Ζ i η g e r 1 e Tirol 207 f. Nr. 1670. 1 6 7 1 ; ZfVk. 2 , 4 8 ; E i s e i Voigtland Nr. 936. Einem in Liebe sich vergessenden Geschwisterpaar reißt der Teufel die Köpfe ab, und dies
856
wiederholt sich immer wieder an den Steinbildern über ihrem Grabe: Κ r u s ρ e Erfurt 1, 7 1 . Strafe für crimen bestialitatis 1684, 8 Birlinger Schwaben 458. ) Grimm RA.» 547; RA* 2, 76; S c h a m b a c h und M ü l l e r 202. ·) S c h a m b a c h u. M ü l l e r 38. 202; G r i m m a . a . O . 10 ) Β i r l i n g e r Schwaben 2, 458 f. Fälle 1 5 1 4 u. 1574. " ) Ε i s e 1 Voigtland Nr. 936 = ZfVk. 2, 48. 12 ) G r ä s s e Sachsen Nr. 128. 13 ) ZföVk. 33, 53. 14 ) Urquell 4, 253 = K ü h n a u Sagen I, 16. " ) J e c k l i n Volhstüml. 1 3 7 ; K ü h n a u a.a.O. 1, 15. Vgl. NdZfVk. 5, 236 (h. Adalbert); S e b i l l o t Folk-Lore 2, 176. 1 9 3 ; abgeschlagener Kopf spricht durch Marias Hilfe noch eine kurze Beichte; K l a p p e r Erzählungen Nr. 196; vgl< Nr. 67. " ) R o c h h o l z Sagen 2, 128. 17 ) ZföVk. 33, 53. ls ) S c h a m b a c h und M ü l l e r 202; Ε i s e 1 Voigtland 77; vgl. Naumann Gemeinschaftskultur 39. 42. 1») Μ e i c h e Sagen 187. " ) E i s e l Voigtland 64 f.; NdZfVk. 5, 225. 235 f.; vgl. S 6 b i l l o t Folk-Lore 1, 280. «) Ρ 1 i η i u s 28, 1, 2. M ) W o l f Beiträge 1, 223 (Hessen). 2ä ) K e l l e r Grab 3, 172. 174. " ) HessBl. 24, 2S 61 f. ) A m i r a Todesstrafen 223. *·) Ε b e r h a r d t Landwirtschaft 15.
2. Die E.ung hat sich als ein Mittel erwiesen, ein Leben zu vernichten oder zum mindesten ein wirkendes Dasein in seiner vollsten K r a f t zu brechen und in einen andern Zustand überzuführen; von einer gänzlichen Zerstörung und Entkräftung kann ja ursprünglich nicht die Rede sein, so daß wir die E . u n g o f t n u r alseinen V e r w a n d l u n g s v o r g a n g auffassen können. Diese Deutung macht ihr Erscheinen in anderen Zusammenhängen verständlich. In Volksbrauch und Volkssage begegnen E.ungen auch als s a k r a l e Z a u b e r r i t e n und als e r l ö s e n d e oder a b w e h r e n d e Z a u berhandlungen. a) In zahlreichen F r ü h l i n g s s p i e l e n , über deren Verlauf und Deutung man die einzelnen Stichwörter vergleiche, wird dem bösen Dämon, dem Symbol des Winters, oder dem Wachstumsgeiste durch E.ung und etwa nachfolgende Verbrennung ein Ende bereitet. So widerfährt es in Campovasto dem F a s t • n a c h t s b u t z , der sonst meist nur verbrannt oder ertränkt wird; am schmutzigen Donnerstag schleppen die Schulkinder eine Puppe auf den Ortsplatz, e. und verbrennen sie 2 '). Das gleiche Schicksal erleiden P f i n g s t l ü m m e l ,
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enthaupten, köpfen
Pfingstbutz, Pfingstl und andere L a u b männer (Könige) der Mai- und Pfingstbräuche, auch der Maibaum selbst, in Mitteldeutschland, Schwaben, Niederbayern und a m feierlichsten in Böhmen Mannhardt deutet den V o r g a n g als ein symbolisches Menschenopfer, als mimische T ö t u n g des Repräsentanten des (alten?) Vegetationsdämons, welch rituelles Schauspiel v o m Sterben (und Wiederaufleben!) des W a c h s t u m s M ) als Analogiezauber (Regenzauber) zu verstehen wäre; auch Schurtz und Weinhold sehen darin ein Opfer, das Töten eines Dämons, dem die Wiedergeburt folgt während Gesemann die Zeremonie nicht für ein Opfer, sondern für einen Zauber hält, wobei schon die tötende Handlung an sich als Zauber wirken soll 3 l ). Wir können beide Ansichten auf einen gemeinsamen Nenner bringen, wenn wir bei dieser T ö t u n g den Gedanken der V e r w a n d l u n g (Erlösung) hervorheben, den das Folgende besonders nahelegt. b) Nicht selten erscheint in Märchen und Sage das E . eines Tieres als e r l ö s e n d e V e r w a n d l u n g eines zur Tiergestalt verzauberten Menschen, vgl. töten. Der Prinz in Löwengestalt wird erlöst, wenn die Hand eines liebenden Mädchens dem Tiere den Kopf abschlägt 3 2 ). Dementsprechend bittet auch ein Geist, die weiße Frau, um Erlösung durch E. 33 ). Die Erlösung erfolgt auch, wenn der schuldige Zauberer oder der W ä c h t e r gk. wird. Durch die E.ung einer H e x e wird alles von ihr Verwandelte erlöst 34 ). Es müssen der W ä c h t e r oder gespenstische Trugbilder et. werden, um verwunschene Prinzessinnen zu befreien 35 ), ebenso ist es nötig, den Schatzhüter zu k. 3e ). Hier vernichtet das E. also eine aufgezwungene Gestalt oder setzt einer bösen Zauberkraft eine Ende. c) Wenn die E . u n g schon im oben A n geführten einem unerwünschten, verwandelten Zustand Schluß zu machen sucht, so äußert sich ihre befreiende, Böses a b w e h r e n d e Macht noch eindringlicher im K a m p f mit dem lebenden Leichnam, im (ost) deutschen und slaw.
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Nachzehrer (s.d.) u n d Vamp i r g l a u b e n . Der dämonische Tote (Neuntöter), der seine Angehörigen nach sich ins Grab zieht und verschlingt, kann nur zur Ruhe gebracht werden, wenn man nachts zwischen I I und 12 den beigesetzten Sarg erbricht, mit einem scharfen Spaten der L e i c h e d e n K o p f a b s t i c h t und diesen ihr z w i s c h e n d i e F ü ß e , i n d e n S c h o ß l e g t 3 7 ), ein uraltes Mittel sicherer Tötung, das in Grabfunden der Steinzeit wie im anord. MA. parallele Erscheinungen b e s i t z t Μ ) . Der Kopf erweist sich hier als der Sitz auch des zweiten Lebens, das durch sein, des wichtigsten Organs, Abschlagen vernichtet werden soll 3e ), vgl. A b w e h r z a u ber § 3. Diese grausige A b w e h r einer vermeintlichen Gefahr ist bis in neueste Zeit immer wieder ausgeübt worden. So soll 1532 in Pirna der erste Pesttote ausgegraben und sein H a u p t mit dem Grabscheit abgestoßen worden sein, damit er niemand nachhole 4 0 ), ebenso 1558 in H e s s e n 4 1 ) ; 1575, 1671, 1709 begegnen Fälle in Schlesien 4 2 ), 1750 in Westpreußen 43 ), im 19. Jh. bei der Cholera von 1866 44), 1890 in Ostpommern 4 5 ); die letzte derartige Leichenschändung in Deutschland k a m 1913 v o r das A m t s gericht zu Putzig, abgesehen von zahlreichen Vorkommnissen in Österreich, Rußland und Südslawien 4 6 ). Einer dem V a m p i r ähnlichen A b w e h r bedarf auch die S e l b s t m ö r d e r i n , die sich nicht verscharren läßt, ehe ihr R e c h t geworden ist und der Henker ihr mit der Schaufel den K o p f abgestochen h a t 4 7 ) , neben Pfählen eine einst übliche Strafe des Selbstmörders (s. d.) **). " ) SAVk. 2, 146; vgl. F e h r l e
50.
a
) Mannhardt
3 5 7 f · 3 8 6 . 514; S a r t o r i 203.208; P a n z e r Beitrag
berg
Volksfeste
i , 321. 343. 353 ff.
Sitte u. Brauch 3, 1, 236; R e i n s -
Böhmen 231 ff. 253 ff. 262 f t . ;
Bir-
l i n g e r Volksth. 2, 100 ff. 128 („den Engelmann k.," Rottenburger Johannisbrauch); W i t ζ s c h e 1 Thüringen 2, 201 ( M a i b a u m a m
Sonntag nach Johannis).
*») M a n n h a r d t
χ, 358. 364; G e s e m a n n Regenzauber 70 f. ) S c h u r t z Altersklassen 1 1 5 ! ; Weinh o l d Ritus 26; vgl. F r a z e r 4, 207 (the killing of t h e tree-spirit); M e y e r Germ. Myth. 30
r
37-
") G e s e m a n n
a.a.O.;
mythische
entkleiden—Entwöhnung
859
E.ung vgl. Siecke Göltet attribute 127. 138 f. 142. 32) Β ο 1 1 e - Ρ ο 1 i ν k a 1, 9. 515; 3, 60. 86; G r i m m K H M . Nr. 57. 135; Schambach u. M ü l l e r 78; Kuhn und S c h w a r t z 334; P a n z e r Beitragt, 98; vgl. G r u n d t v i g Folkeviser 2, 199 Nr. 62; I . a n d s t a d Norske folkeviser Nr. 1, v. 62; RTrp. 3, 561; S e b i 11 ο t Folk-Lore 3, M 140; JAmFl. 18, i f f . ) H a u p t Lausitz τ, 147; K ü h n a u Sagen 1 , 2 3 7 ; K u h n Mark. Sagen Nr. 94; S c h a m b a c h u. M ü l l e r 77 ff.; E c k a r t Südhannover. Sagen 222; M N d Z f V k . 6, 26 ff. ) V e r η a 1 e k e η Mythen 35 3i 152. ) M ü l l e n h o f f Sagen 350. ) Niderberger Unterwaiden 1, 57. a7) J a h n Pommern Nr. 514; K n o o p Hinterpommern 7. 84 f. 403; K u h n Mark. Sagen Nr. 30; H a u p t Lausitz 1 Nr. 69; D r e c h s l e r 1, 317 f.; ZfdMyth. 4, 260; Z f V k . 16, 96; Sitzb. Wien 29, 155; N d Z f V k . 6, 27 f.; Z f v g l R w . 33, 348; M e y e r Aberglaube 346; A c k e r m a n n Shakespeare 30; F L . 11, 413; i z , 1 0 1 ; Globus M 19, 96. ) H e l m Religgesch. I, 132 f.; S A V k . 26, 161 f . ; M e y e r Germ. Myth. 71. ' ^ N a u m a n n Gemeinschaftskultur 40. 54. 56. 40) Μ e i c h e Sagen 805. " ) L y n c t e r Sagen 124. " ) K ü h n a u Sagen 1, 149. 152 f. *59', 1, 33 ff.: 1567 wurde in Trautenau ein Vampir unter dem Galgen geköpft. *3) Τ e 1 1 a u und Τ e m m e 275 ff. **) Ν a u m a η η a. a. Ο. 56; M a n n h a r d t Aberglaube 13 ff.; Z f V k . 14, 23 ff. " ) A K r i m . 4, 340 f. = Η e 11 w i g Aberglaube 24 f. 27. " ) A R w . 18, 292 ff.; L ö wenstimm Abergl. 97 f. «') Μ e i c h e Sagen 227. «) S A V k . 26, 157 f.
3. B l e n d w e r k : Nim schwebel und wachs, zin (zünde) in einem glas an, so meinen die lütt, si sien al enthoupt (elsäss. Arzneibuch 15. Jh.) 49 ). Ein Zauberer köpf t seinen Gesellen mit einem Beil und heilt ihn wieder Μ ) (Petrus setzt einem et.n Seiler den Kopf verkehrt auf) " ) . Kinder versuchen das K., der Teufel kommt in Gestalt eines dreibeinigen Hasen dazwischen und lockt die spielenden Knaben nach sich, unterdessen fällt der im Scherz Gefesselte dem als Fallbeil über ihm angebrachten Messet* zum Opfer 52) — eine Variante zu Erhängenspielen, vgl. hängen § 2. Enthauptung als Spiel s. w. G e r i c h t , Hingerichteter. " ) S A V k . 27, 81. " ) K r u s p e Erfurt i , 32. ") M ü l l e r Siebenbürgen 163. " ) K n o o p Hinterpommern 24 f. Müller-Bergström.
entkleiden s. K l e i d , entleihen s. l e i h e n . Entriickung s.
Entführung.
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entsehen, mit bösem Blick bezaubern. Vgl. D W b . 3, 619; G r i m m Myth, 1, 382; 2, 864. 920; K u h n u. S c h w a r t z 300 Nr. 341. Bächtold-Stäubli.
Entwöhnung. Die kleinen Kinder der Mutterbrust entwöhnen, junge Tiere des Säugens am Muttertier entwöhnen *). 1) J u n g b a u e r Bibliographie 364 Nr. 2514; G r i m m Myth. 3, 441 Nr. 205; 440 Nr. 178; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 184 Nr. 23; J e n s e n Nordfries. Inseln 233 ff.; Hillner Siebenbürgen 50; Mülhause 8 ff.; S t a r i c i u s Heldenschatz (1679), 469; S a r t o r i Sitte u. Brauch 1, 42; A m e r s b a c h Grimmelshausens, 80; Baumgart e n Aus der Heimat 3, 28 ff.; H o o p s Sassenart 89.
E.s z e i t 2 ) : Für das Entwöhnen werden ganz bestimmte Zeiten eingehalten. Knaben sollen allgemein vor „ J a h r und T a g " entwöhnt werden; unter den Wochentagen werden bevorzugt: Sonntag, Montag, Mittwoch, nicht überall Freitag; besonders beliebt unter den Tagen im Jahr ist der St. Johannistag, das „ A b gewöhnen am Johannistag ist mehr wie tausend Taler wert" (Wenden der Lausitz); unter den Jahreszeiten bevorzugt man die Zeit der Baumblüte, wenn die Felder voll Früchte stehen oder aber, wenn sie mit Schnee bedeckt sind (letzt, vereinzelt). Knaben sollen bei zunehmendem, Mädchen bei abnehmendem Mond entwöhnt werden. 2) B r a u n e r Curiositäten 436; G r ü n e r Egerland 40; E b e r h a r d t Landwirtschaft 15; J o h n Westböhmen 118; K u h n Schwartz 393 Nr. 93; K ö h l e r Voigtland 376; Engelien u. L a h n 234; G r i m m Myth. 3, 461 Nr. 767; W u t t k e 392 § 6 0 1 ; L e o p r e c h t i n g Lechrain 238; Urquell 1 (1890), 165; ZfdMyth. 1 (1853), 200; Meyer Aberglauben 219; F o g e l Pennsylvania 49 Nr. 125 ff.
Zur U n z e i t entwöhnte Kinder 3 ) haben verschiedenen Schaden zu gewärtigen: sie werden vorzeitig grau, wenn sie entwöhnt wurden solange Schnee auf den Feldern liegt; sie bleiben nie lange an einem Ort, wenn sie entwöhnt wurden zur Zeit des Vogelzuges; sterben bald, wenn zur Zeit des Fallens der Blätter, bleiben klein, wenn im Sommer entwöhnt. Dagegen zahnen sie leicht, wenn am Gründonnerstag oder Johannistag entwöhnt.
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Enzian
s ) K ö h l e r Voigtland 423; D r e c h s l e r 1, 2 1 3 . 2 1 4 ; M e y e r Aberglauben 2 1 9 ; ZdVfVk. 13 (1903), 384; 9 (1899), 234; F ° g e l Pennsylvania 46 Nr. 106 ff.
Den b ö s e n B l i c k 4 ) bekommen Kinder, wenn sie nach dem Entwöhnen nochmals an die Brust gelegt werden, oder wenn ein Kind über drei Karfreitage gestillt wurde (vgl. Nachzehrer). ) S e l i g m a n n Blick 1, 1 7 1 ; ZfVk. 11 (1901), 337; D r e c h s l e r 1 , 2 1 4 . 4
Zur E r l e i c h t e r u n g 5 ) des Entwöhnens werden verschiedene Mittel angewendet und Handlungen vorgenommen: Bei den Südslaven gibt die Mutter dem Kind einen aus ihrer Milch bereiteten Kuchen zu essen; anderwärts näht die Mutter den Brustschlitz ihres Hemdes zu oder zieht das Hemd verkehrt an; auch verriegelt sie beim letzten Stillen die Türe. Im Braunschweigischen gab es früher folgendes Mittel: die Mutter nahm einen erhitzten Kieselstein in ihren Schoß, goß Essig darauf und ließ die Essigdämpfe auf die Brüste einwirken e ). Da die Kinder zur Zeit des Entwöhnens besonderen Gefahren ausgesetzt sind, werden sie im sächsischen Erzgebirge mit einem Schutzkreis umgeben, den die Mutter umschreitet; darauf stößt sie als symbolische Loslösung des Kindes von der Brust das Kind mit der großen Zehe um und schenkt ihm eine Zuckerdüte und ein Töpfchen 7 ). Beim Entwöhnen legt man den Kindern gerne verschiedene Gegenstände hin 8 ), Geldstücke, Brot, Werkzeuge, Spielkarten, wonach das Kind zuerst greift, das ist für seinen späteren Beruf oder Lebenswandel bestimmend, es wird dann ein Geizhals, Vielfraß, fleißiger Handwerker oder Spieler u. dgl. Ahnlich ist es beim Entwöhnen der jungen Tiere*). Beim Entwöhnen soll die fütternde Person selbst essen, um dem Tier ein Beispiel zu geben. Es geschieht, wenn ein gutes Zeichen im Kalender steht oder der Mond im Abnehmen ist. Allgemein sollen Tiere am Sonntagmittag entwöhnt werden, Kälber bei abnehmendem Mond, doch nicht an einem Donnerstag; Schafe am Sonntag,
Schweine am Samstag oder im Zeichen des Löwen. Kälber soll man Kuhhaare fressen lassen. Beim Entwöhnen von jungen Pferden schüttet man etwas Stutenmilch in ein fließendes Gewässer 10 ). Sprüche für das Entwöhnen l l ) : 1. Vergiß dei(n) Mutter denk an dein'n Vatter, friß Futter und sauf Wasser, gang v o n deiner Amm' wie der Apfel v o m Stamm (Nagold). 2. I(ch) stell di(ch) a(n) zum Gedeihe(n) und net zum Schreie(n). (Hall, Künzelsau.) ·) S e l i g m a n n Blick 1, 1 7 1 ; ZfVk. 1 7 (1907), 168; H ö h n Geburt Nr. 4, 277. 278; L a m m e r t Volksmedizin 1 7 6 ; J o h n Wesiböhmen 1 1 9 ; Urquell 6 (1895), I 7 2 · ') A n d r e e Braunschweig 292. ') K n u c h e l Umwandlung 63; MsäVk. 3, 278; W o l f Beiträge1, 8 207. ) Grohmann 110; J o h n Erzgebirge 66; G r i m m Myth. 3, 461 Nr. 770. *) E b e r h a r d t Landwirtschaft 16; S a r t o r i Sitte 2, 1 3 8 ; ZfVk. 1 (1891), 1 8 7 ; Ρ ο 11 i η g e r Landshut 1 5 6 ; F ο g e 1 Pennsylvania 157 Nr.744; 160 Nr. 757; 1 6 1 N r . 7 6 4 ; 1 7 5 Nr. 834; 1 7 4 Nr. 778; G r i m m Myth. 3, 461 Nr. 7 5 7 ; S c h ö n w e r t h Oberpfalz I, 339; S c h m i t t Hetlingen 15. ") R e i s e t Allgäu 2, 439. n ) E b e r h a r d t Landwirtschaft 16. Lüers.
Enzian (Gentiana-Arten). I. B o t a n i s c h e s . Die verschiedenen blaublühenden E. arten werden in der volkskundlichen Literatur nicht immer auseinandergehalten und meist kurz als ,,E." bezeichnet, so daß eine genauere Identifizierung schwierig ist. Die E.arten sind ζ. T. Gebirgspflanzen. In der Ebene wächst der Kreuz-E. (G. cruciata), kenntlich an seiner v i e r zähligen Blütenkrone und den gekreuzt gegenständigen Blättern. Auf Moorwiesen ist hin und wieder der Lungen-Ε. (G. pneumonanthe) mit lineal-lanzettlichen Blättern anzutreffen. Im Alpengebiet und im südlichen Deutschland blüht der Frühlings-Ε. (G. verna), dessen zahlreiche Volksnamen zeigen, daß er allgemein Im Volke bekannt ist. Die stattlichste Art ist der gelbe E. (G. lutea), dessen Hauptverbreitungsgebiet die Alpen und Voralpen (auch in den Vogesen, im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb kommt er vor) sind l
) Marzell
Kräuterbuch
269 f. 504.
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Enzian
2. Eine alte Z a u b e r p f l a n z e ist der K r e u z - Ε . Als „Madelger" 2 ) fand er vor allem Verwendung im Liebeszauber 3 ). Mittelalterliche Segen beim Ausgraben des Madelgers, in denen auf seine Eigenschaften als Aphrodisiacum angespielt wird, sind verschiedentlich erhalten 4 ). Nach diesen Beschwörungen muß die Pflanze an Johanni oder an einem Samstag früh, wenn die Sonne aufgeht, gegraben werden. Ihr Ansehen besagt auch der alte Wurzelgräberspruch: „Modelgeer ist aller Wurtzel ein E h r " 5 ) . T h α τ ή e y s s e r s „Archidoxa" (16. Jh.) bringen den Spruch:
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zu legen" 13 ). Wenn der Jäger sicher sein wollte, daß ihm sein Rohr nicht „versprochen" werde, so fütterte er den Flintenstein mit E.wurz. Die Wurzel mußte am Samstag vor Sonnenaufgang mit einem Pfennig ausgegraben, unter das Altartuch gelegt und von dem Pfarrer, der nichts davon wissen durfte, mußten drei Messen darüber gelesen werden w ).
Verbeen (s. Eisenkraut), agrimonia (s. Odermennig), modelgeer Charfreytags graben hilfft dich sehr Daß dir die frawen werden holdt, Doch brauch kein eisen, grabs mit goldt *).
*) Über den Namen vgl. G r i m m Myth. 2, 1012. 3) Η ö f 1 e r Botanik 70 ff. 4) ZfdMyth. 2» 170; 3, 333; S c h m e l l e r BayrWb. * 1, 1568; G r i m m Myth. 3, 355. ») B o c k Kreuterbuch 1539, 1 , 70 v. ·) G r i m m Myth. 2, 1003. ') a. a. Ο.; ebenso M a t t i o l i Kreuterbuch 1563, 258. ») A l b e r t u s M a g n u s 2 0 Toledo x, 45. *) S έ b i 11 ο t Folk-Lore 3, 494. 10 ) SAVk. 23, 172. l l ) J a h n Hexenwesen 180. lJ ) Preußens Pflanzen 1818, 1 , 214. 1S) Vgl. auch F r i s c h b i e r Hexenspruch 10. " ) Ρ e r g e r Pflanzensagen 170 nach einem „Jägerbrevier".
Den Grund für die Verwendung im Liebeszauber sieht B o c k 7 ) darin, daß „die wurzel (des Kreuz-E.s) wie ein weiblich glid zerspalten ist, darum die Circeischen Weiber ihren Handel damit treiben". Tatsache ist, daß der Wurzelstock der Pflanze häufig gespalten ist, daher auch die alte Bezeichnung „Sperenstich" für den Kreuz-Ε. Nach den oben erwähnten Segen soll der hl. Petrus (deshalb „Peterswurz") die Wurzel mit seinem Speer durchstoßen haben. Auf die „Signatur" der wie mit einem Speer durchstoßenen Wurzel geht wohl auch der Glaube zurück, daß man nicht verwundet wird, wenn man die Wurzel am Halse trage 8 ). In Frankreich werden dem Fieberkranken neun Stengel des kleinen E.s (petite gentiane), die am Himmelfahrtstag vor Sonnenaufgang gesammelt sind, um den Hals gehängt ·). — Unter dem „blauen Orant" (Dorant, s. d.), der besonders in Ostdeutschland als zauberwidrige Pflanze genannt wird, scheint eine E.art (wahrscheinlich G. pneumonanthe) zu verstehen zu sein 1 0 ). Drei „Spierken" vom blauen Orant, neben das Butterfaß gelegt, schützen es vor Hexerei l l ). Auch H a g e n 1 2 ) sagt vom Lungen-Ε., daß „der Pöbel vormals diese ohnehin seltene Pflanze begierig aufsuchte, um sie den Kindern gegen das Behexen in die Wiege
3. Der Kreuz-Ε. (und wohl auch ihm ähnliche E.arten) ist ein altes Mittel gegen V i e h s e u c h e n , das vielleicht aus dem Osten zu uns gekommen ist. Nach einer ungarischen Sage schoß König Ladislaus der Heilige (1077—1095) nach göttlicher Eingebung bei einer Pestseuche einen Pfeil (vgl. oben „Sperenstich") in die Luft ab und die Pflanze, auf die der Pfeil niederfiel, sollte gegen die Pest heilsam sein. Der Pfeil fiel auf den KreuzE. Daher heißt er in Ungarn Läsld Kiraly füve ( = Kraut des hl. Ladislaus) l s ). Das ist die gleiche Sage, wie sie von Karl dem Großen und der Eberwurz (s. d.) erzählt wird. Im 16. J h . hatten die Hirten im Westrich ihre „Superstition" mit dem Kreuz-Ε. und gaben ihn bei Schweinesterben (Viehseuche!) zerhackt ins Futter 1 6 ). Als „Schelmenkraut" (Viehschelm = dämonische Viehseuche) wurde der E. in der Schweiz angewendet, wenn die Kühe von giftigen Spinnen gebissen waren " ) ; in der mährischen Walachei geben die Schafhirten die Pflanze „prostrelec" (anscheinend der Kreuz-Ε.) dem Vieh gegen Verzauberung zu fressen 18 ). Der Kreuz-Ε. (und andere E.arten) gelten seit alters als Mittel gegen den Β i ß w ü t e n d e r H u n d e 1 9 ) . Der E. muß zu diesem Zweck zwischen den beiden Frauentagen gegraben werden 20 ). Im
86s
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Enziloch—Erasmus, hi.
18. Jh. gab man im Zillertal den Kühen, die „zittern und keine Milch geben" (also offenbar eine Dämonenkrankheit), sog. Zittkräuter, zu denen auch der stengellose E. (G. acaulis) gehörte 2 1 ). Gegen Kolik der Pferde wurde in Mecklenburg das K r a u t „ S t a h up und gah w e g " ( = Lungen-Ε.) eingegeben. Darauf wurde ein Spruch gemurmelt, der mit den Worten „ S t a h up und gah w e g " Schloß 22). „ S t e h auf und geh w e g " ist die Bezeichnung verschiedener Heilpflanzen wie für den echten Ehrenpreis, die Liebstöckelwurz usw. 23), jedenfalls eine Anspielung auf das biblische „ S t e h auf und wandle". 1S ) Β e y t h e Nomenciator stirpium pannonicus. Antverp. 1583; v g l . B o t a n . Zeitung 17 (1859), 6; G u b e r n a t i s Myth, des plant. 2, 155 f . ; H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 1 : 4 . *·) B o c k Kreuterbuch 1539, 71 r. " ) A r e t i u s Stocchorni descriptio 1560, 234 v . " ) Z f ö V k . 13, 25. ») P a l l a s Reise durch versch. Provinzen d. russ. Reiches 1 (1776), 34; Wiss. Mitt. Bosn. Here. 2, 546; Schuller u s Pflanzen 392. i0 ) N a c h einem i m 17. Jh. niedergeschriebenen Arzneibuch: A l e mannia 12, 26. ") S c h r a n k u. M o l l Naturhist. Briefe usw. 2 (1785), 109; Η ö f 1 e r Krankheitsnamen 855. ") S c h i l l e r Tierbuch 3, 26. " ) Vgl. H o l f e r t - A r e n d s Volkstüml. Namen d. Arzneimittel 5 1908, 207.
4. Der Frühlings-E. gilt, wie verschiedene andere blaublühende Pflanzen, als g e w i 1 1 e r anziehend. In Süddeutschland heißt es vielfach, daß man ihn nicht abreißen dürfe, sonst schlage der Blitz ein 24). Auf der Schwäbischen Alb heißt daher die Pflanze Hausa(n)brenner 2 S ). A u c h als T o t e n b l u m e gilt der Frühlings-E.; wenn man ihn abreißt, stirbt jemand 2e ). In der Schweiz sieht man in dem schneeweißen, walzenförmigen Blütengriffel des Frühlings-E.s ein „ T ö t l i " (kleine Leiche) 2 '). Wie von verschiedenen anderen Frühlingspflanzen (s. d.) heißt es auch vom Frühlings-Ε., daß man nicht daran riechen dürfe, sonst bekomme man Sommersprossen (bayr. Roßmucken), daher auch „Roßmuckenveigerl" genannt 2 8 ). M ) Μ a r ζ e 11 Bayer. Volksbot. 134; Β ο h nenberger 112; F i s c h e r SchwäbWb. 4, 692. " ) L o s c h Volksnamen 1899, 3; so heißt auch der Hirschkäfer, wäil das Haus anbrennt, in das man ihn bringt: G r i m m Myth.
1 , 1 5 2 . " ) M e y e r Baien 577. r ) Schweizld. 5, 91. " ) M a r z e l l Bayer. Volksbot. 182.
Marzell.
Enziloch, tiefe und gefährliche Schlucht unter dem Gipfel des Napfberges (Entlebuch, K t . Luzern). Die Seelen der hartherzigen Reichen, ungerechten Vögte und Ratsherren hausen hier, verdammt auf alle Ewigkeit. Es ist einer der vielen regionalen Höllenorte. Vgl. Geogr. Lexikon der Schweiz 2 (1904), 38; Schweizld. 3, 1022; L ü t ο 1 f Sagen 27 f. 504. 513. 519; R o c h h o l z Sagen 2, X X X V I I f. i n ; D e r s . Natursagen 13; S A V k . 21 (1917), 212 f . ; L a i s t n e r Nebelsagen 2 3 1 ; Sepp Sagen 439. Bächtold-Stäubli.
Epidemie s.
Seuche.
Epilepsie s.
Fallsucht.
Epiphanias s. Eppich s.
Dreikönige.
Sellerie.
Epraim, das Stichwort, mit dem sich in der Sage der Berg der Unterirdischen erschließen läßt: „ E . thu dich a u f " 1 ) . Es handelt sich um eine Parallele zum Märchen vom Simeliberg a ), wo das Zauberwort Semsi lautet und in der falschen Form Simeli (vgl. simele, simila, SemmelWeizenmehl), auch Simson 3 ), die wieder zurückgeht auf das Märchen von Ali Bäbä und den 40 Räubern in Tausend-undeine Nacht 4), wo das Wort Sesam heißt und die verkehrte Form Gerste usw. Die Verwendung des biblischen Namens Simson (Jud. 13 ff.) läßt vermuten, daß auch E. der mons Ephraim (Jud. 17, 1; 2. Sam. 13, 23; 2. Par. 15, 9) ist. l) M ö l l e n h o f f Sagen 287 Nr. 393. ») G r i m m K H M . (Reclam) 2, 222 Nr. 142, 3) G r i m m a. a. O. 3, 241; HessBl. 8 (1909), 207. 4) Tausend und eine N a c h t übers, von M. Henning (Reclam) 21, 59 f f . ; vgl. von der L e y e η Das Märchen (1911), 141. Jacoby.
Erasmus, hl. Bischof im Patriarchat von Antiochien; später Einsiedler. Märtyrer unter Diokletian. Einer der 14 Nothelfer. Die Martyrologien setzen seinen T a g auf den 2. oder 3. Juni x). Ihm sollen die Eingeweide aus dem Leibe gehaspelt worden sein. Man opfert ihm daher in Niederbayern Winden (Haspeln) 2 ), und die Drechsler haben ihn zum Fürbitter auserkoren 3 ). Auch wird er bei Unterleibs-
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Erbbibel—Erbe
leiden angerufen 4). Gegen Darmgicht der Kinder muß man ihm eine Strange Reistengarn opfern s ). Der „Rasimustag" ist gut zum Leinsäen 6 ). Da sollen nach volksetymologischer Deutung recht „Raasen" (Leinenzeug) werden 7 ). Dagegen soll man kein Kraut setzen, sonst fressen es die Ratten 8 ). In Hirschberg heißt die Woche vor E. die Kropfwoche; in ihr dürfen Rüben und Kohlpflanzen nicht gesäet werden; sie werden sonst kropficht, Kropzeug®). Vgl. auch E l m s f e u e r . ·) W e t z e r äu. W e 11 e 4, 728 f. 2) ZfVk. 35—36, 252 f. ) Ebd. 254. ') L a m m e r t 250; Z i n g e r l e Tirol 157 (1333); F o n t a i n e Luxemburg 105. 1 lo. ») R ο c h h ο 1 ζ
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Daraus erklärt sich, daß bei den Erbteilungen so häufig nur einzelne kostbarste Stücke erscheinen, über deren Verteilung sich die E.n nicht einigen können, so daß sie einen Fremden zu Hilfe rufen müssen, der sich oft den Löwenanteil behält ') (wie die Zwerge im Nibelungenlied tun). Oder die umstrittene Wiese wird zum Teich 8 ). Manchmal muß der Tote selbst wieder aus dem Grabe, um zu entscheiden ·). •Ungerechte Teilung zwischen Mite.n, Benachteiligung ζ. B. eines Blinden 10 ), zieht schwere Strafe nach s i c h u ) . Der ungerecht Teilende findet im Grab keine Ruhe 12). Im allgemeinen herrscht bei den GerKinderlied 335. ·) L e o p r e c h t i n g Lechmanen der Brauch, die Erbschaft in gleirain 180. ') ZföVk. 5, 196. s) B i r l i n g e r Aus Schwaben i, 387. ·) D r e c h s l e r 1,133. chen Teilen an die Söhne zu vergeben, Sartori. wobei.aber der Alteste als ein Voraus die 13 Erbbibel s. B i b e l , E r b s a c h e n . Pferde empfängt ). Das Märchen aber spiegelt einen Zustand, wo ein einzelner Erbbuch s. B u c h . besonders bewährter Sohn das ganze E. Erbdegen s. S c h w e r t , E r b s a - allein erhält 1 4 ). Brüder kommen auch chen. freiwillig überein, daß der Hervorra16 Erbe hängt mit lat. orbus, verwaist zu- gendste von ihnen das Ganze erhalte ), sammen und bezeichnet jemanden, der Zur Muttererbschaft waren die Töchter ein verwaistes Eigentum antritt. Ein die Nächsten (s. Tochter). Der E. ist nach späterer Auffassung indogermanisches Wort fehlt, weil in der Großfamilie, wie sie für die Frühzeit nicht nur der von vornherein nächste charakteristisch ist, ein eigentlicher E.- Verwandte, also Bluträcher, Blutgemeinantritt nicht stattfindet, der E. vielmehr samer, wobei dieselbe Sukzession wie bei in die Erbschaft hineinwächst In älte- der Blutrachepflicht eingehalten wird: ster Zeit wurde das intimste persönliche d. i. Kinder, Brüder, Vaterbrüder, MutM Eigentum dem Toten in das Grab mit- terbrüder ), sondern direkt Repräsengegeben, während natürlich Grund und tant des Toten. „Wer sein Gut bringt an Boden, welche in Gemeineigentum stan- den rechten E.n, der kann sanft und selig 17 den, nicht Gegenstand einer „Erbschaft" sterben" ). Der E. tritt sofort an Stelle le sein konnten. Mit all seinen Schätzen des Familienoberhauptes ). Anderer3 wurde Alarich im Busento begraben ). seits darf der E. den Hochsitz erst nach Später entwickelte sich der Brauch, die dem „Erbtrunk" beim Leichenmahl, das auch „Erbmahl" genannt wird und mit •wertvollsten Stücke zurückzubehalten 4). Mit Baidur ζ. B. wurde nur sein Hengst dem die rechtliche Besitznahme der Erble mit allem Geschirr, sein Weib Nanna und schaft verbunden war, einnehmen ). der Zwerg Lit usw. verbrannt, aber sie Wer deshalb bei seinen E.n nicht die konnten doch aus Hei den Göttern Ge- rechte Gesinnung vermutete, oder wußte, daß sie ihm nicht wirklich zugetan sind, schenke senden 5). sein Vermögen anderweiDas übrige Eigen wurde durch ma- verschenkte 20 gische Praktiken von der Verbindung tig ), durch Testierung an den Häuptmit dem Toten gelöst (s. Besitz). Aber ling oder an die Gemeinde. J noch in christlicher Zeit wurden das Ritter) S c h r ä d e r Reallex. i t f i i . *) H o w i t t pferd und der Sterbochse geopfert ®). Native Tribes of South East Australia 461 ff.
Erbegge—Erblichkeit
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3) S i m r o c k Mythologie 602 f. *) F r a ζ e r Immortality 1, 145 ff. 6) S i m r o c k Myth. 76 f. ·) Ebd. 603. ') ZfVk. 4 (1894), 2 8 f · 2 8 6 · ·) W i t z s c h e l Thüringen 2, 48 Nr. 48. ·) H e y l Tirol 17 Nr. 11. 10) Ebd. 581 Nr. 41; 414 Nr. 99; 602 Nr. 66. " ) S c h e l l Bergische Sagen 156 Nr. 38. 12) Ebd. 265 Nr. 22; 178 Nr. 96. I3) T a c i t u s Germania Cäp. 32. ») G r i m m KHM. 5, 112 ff. " ) H e y ! Tirol 594 Nr. 55. " ) T a c i t u s Germania Cap. 20. " ) ZfVk. 6 (1896), 183. ») Ebd. 9 (1899), 55. " ( S i m r o c k Mythologie 606. 20) G u t m a η η Recht der Dschagga 62; M e i e r Schwaben 2, 349. M. Beth.
Erbegge s. E g g e .
Erbeisen s. E i s e n . Erbhandschuh s.
Handschuh.
Erbkette s. K e t t e . Erbläuse s. L ä u s e . Erblichkeit. I . A l l g e m e i n e s . U n t e r E . ist hier v e r s t a n d e n die n a c h d e m V o l k s g l a u b e n b e s t e h e n d e M ö g l i c h k e i t des W e i t e r l e b e n s irgendwelcher Erscheinungen v o n Geschlecht zu Geschlecht. Und zwar kann es sich hierbei u m die V e r e r b u n g 1. v o n K r ä f t e n und E i g e n s c h a f t e n oder 2. v o n W i s s e n u n d K e n n t n i s s e n oder 3. v o n K r a n k h e i t e n und G e b r e c h e n handeln; dazu k o m m t , h ä u f i g m i t d e m e i n e n oder a n d e r n v e r b u n d e n , die V e r e r b u n g v o n i r g e n d w e l c h e n G e g e n s t ä n d e n u n d G e r ä t e n , die m i t j e n e n g e i s t i g e n oder k ö r p e r l i c h e n v e r erbten Erscheinungen irgendwie zusammenhängen. Die e i g e n t l i c h e Vererbung geschieht nach dem Volksglauben d u r c h die g e s c h l e c h t l i c h e Z e u g u n g oder auf einer g a n z p r i m i t i v e n D e n k s t u f e , die den Z u s a m m e n h a n g v o n K o i t u s und Bef r u c h t u n g bzw. Geburt noch nicht kennt, w i r d sie m i t i r g e n d w e l c h e n a n d e r n M a n i p u l a t i o n e n in Z u s a m m e n h a n g g e b r a c h t , die a b e r a u c h auf h ö h e r e n S t u f e n als z u r Übertragung v o n K r ä f t e n usw. dienend anerkannt werden. Man k a n n aber auch von E. im w e i t e r e n Sinne reden, w e n n das z u V e r e r b e n d e in der F a m i l i e auf a n d e r e W e i s e w e i t e r g e g e b e n w i r d , etwa durch mündliches Überliefern von K e n n t n i s s e n oder d u r c h m a g i s c h e H a n d lungen (Handauflegen, sonstige Berühr u n g e n , B e i ß e n , s. b e r ü h r e n ) oder d u r c h
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b e s o n d e r e W e i h e n oder d u r c h Ü b e r g e b e n von Gegenständen, etwa von Büchern. D e r G l a u b e a n die E . j e n e r drei E r s c h e i n u n g e n b e r u h t x) a u f d e m G l a u b e n , den ich als O r e n d i s m u s (s. d.) b e z e i c h n e . Die außerordentlich wirkungsvolle K r a f t , d a s M a n a oder O r e n d a , ist ü b e r t r a g b a r u n d erblich. C o d r i n g t o n 2 ) b e r i c h t e t v o n den M e l a n e s i e r n : D e r S o h n e r b t n i c h t eigentlich die H ä u p t l i n g s w ü r d e , a b e r er erbt, w e n n sein V a t e r es d u r c h s e t z e n k a n n , das, w a s i h m die W ü r d e g i b t , n ä m l i c h seines V a t e r s M a n a , seine Z a u b e r m i t t e l , magischen Gesänge, Steine und Geräte u n d seine K e n n t n i s s e ü b e r die A r t , w i e man mit Geistern verkehren kann. Der H ä u p t l i n g b e s i t z t hier ein b e s o n d e r e s W i s s e n u n d K ö n n e n , das diese P e r s o n v o n d e n A h n e n her b e s i t z t u n d d a s die gesamten zur Volksleitung nötigen Fähigk e i t e n u m f a ß t u n d i h m seine A u t o r i t ä t verleiht. Falls nicht besondere U m s t ä n d e eintreten, e r b t sich dieser B e s i t z , dieses W i s s e n u n d K ö n n e n in der H ä u p t l i n g s familie f o r t 3 ) . Eine Manipulation, wod u r c h die V e r e r b u n g solcher Kräfte d u r c h g e f ü h r t w i r d , k e n n e n wir v o n d e m S ü d s e e s t a m m der M a o r i 4 ) : B e i m T o d eines H ä u p t l i n g s , d e r viel M a n a b e s a ß , w u r d e ein besonderer R i t u s in v i e l e n F ä l len v o n d e m ä l t e s t e n S o h n des A b g e s c h i e denen v o l l z o g e n , u m sich d a d u r c h die K r ä f t e seines V a t e r s z u e r w e r b e n . E i n Teil der Z e r e m o n i e b e s t a n d darin, d a ß der S o h n in das O h r oder in die g r o ß e Z e h e des L e i c h n a m s b i ß . S o l c h e s Z e h e n b e i ß e n h a t sich m i t m e h r oder m i n d e r a b g e blaßter B e d e u t u n g im deutschen Volksg l a u b e n bis h e u t e e r h a l t e n 5 ) . A h n l i c h : W e n n m a n i m B e z i r k G a r d die ausges t r e c k t e H a n d eines S t e r b e n d e n a n f a ß t , der den b ö s e n B l i c k h a t , so e r b t m a n u n f e h l b a r seine M a c h t e ). D e r G l a u b e a n die E . f i n d e t sich d e m g e m ä ß b e s o n d e r s bei M e n s c h e n u n d B e rufen, m i t denen b e s o n d e r e K r ä f t e v e r bunden sind: Häuptling, König, Medizinmann, Zauberer, Wahrsager, Priester. A b e r s e l b s t v e r s t ä n d l i c h k e n n t der V o l k s g l a u b e a u c h die E . v o n g a n z a l l t ä g l i c h e n Eigenschaften, geistigen wie körperlichen, und mit solchen empirischen Beobach28*
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Erblichkeit
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Durch das Sacramentum ordinationis, tungen mag der Glaube an die E . auch magischer Kräfte, Kenntnisse usw. zu- bei dem das Wesentliche die Handauflegung (s. d.) seitens einer bereits gesammenhängen. weihten Person ist, wird die wunderbare i ) P f i s t e r BIBayVk. 11 (1927), 47t; K r a f t , das δγιον πνεβμα, auf den EinzuweiP a u l y - W i s s o wa 11, 2133 f. 2137 f. s henden übertragen; vgl. Paulus an ) Bei Fr. R. L e h m a n n Mana. 1922, 18. ») Ebd. 14. *) Ebd. 17. 6) Ρ f i s t e r a. a. O. Timoth. I 4, 1 4 ; Ap.-Gesch. 6, 6; 1 3 , 2 f . 41 ff.; vgl. D e r s. Rhein. Mus. 77 (1928), 186 f. — Häufig werden in solchen Geschlech·) S e l i g m a n n Blich 1, 176. tern zugleich mit der besonderen K r a f t auch besondere Kenntnisse vererbt. 2. E . v o n K r ä f t e n u n d E i g e n ') Grimm Myth. 2, 926; 3, 432 f. = Ulm s c h a f t e n . Der deutsche Volksglaube kennt Familien v o n Zauberern, Wahr- Harllieb 63 cap. 107, Ζ. 2θ ff. ') Grimm Myth. 1, 926; 3, 320; W e i n h o l d Ritus 35; sagern und Wunderdoktoren, in denen Schönwerth Oberpfalz 3, 169. ·) ZfVk. diese Kunst und die Heilkraft erblich ist. 6> 443! 7> Pf i s t er Schwaben 31 f.; Eine Wahrsagerin, die Johann Hartlieb Hepding HessBl. 23, 173. 10) P a u l y Wisso w a 11, 2133. selbst gekannt, gab vor, „das die kunst 3. E . v o n W i s s e n u n d K e n n t (des Wahrsagens und Zauberns) lange n i s s e n . Die Macht von orendistischen jar jn jrem geschlecht gewesen wäre v n d Personen beruht vielfach auf ihrem Wissen nach jrem tod so käm die genad vf j r und ihren Kenntnissen; denn Wissen verelteste" (Tochter) '). Wahrsagerei und leiht besondere Macht und ist besondere Zauberei (s. d.) vererbt sich meist v o n Macht u ) . So werden auch die Kenntnisse Mutter auf Tochter, von Vater auf Sohn, oft in der Familie vererbt und vor ansie müssen aber auch oft von Frauen auf dern geheim gehalten. Magisches Wissen, Männer, von Männern auf Frauen fortKenntnis von Zauberformeln und Zaubergepflanzt werden 8 ). In gewissen Familien handlungen geht parallel dem, was der erbt sich die Heilkraft fort '}. Dieser Myste durch die Einweihung in die MyGlaube findet sich auch sonst vielfach. sterien empfängt; beides ist geheimIm griechischen Altertum galt die K r a f t zuhalten, bei beidem spielt die Überder Wahrsagung als erblich 10 ). Der Wahr12 sager (μάντις zu μαίνομαι, μανία) ist der mit gabe ) an andere Personen (παράδοσις) besonderem Orenda Begabte. So gab es eine große Rolle, beide waren ursprünglich auf einen engen Kreis der Familie Wahrsagergeschlechter wie die Jamiden beschränkt 1 3 ). So heißt es am Schluß in Olympia und die Branchiden in Didyeiner griechischen Zauberanweisung 1 4 ): moi; das unter dem Namen des Hesiod gehende Epos der Melampodie w a r sol- „Doch überliefere es niemandem außer deinem leiblichen Sohne allein." Und von chen Wahrsagergeschlechtern gewidmet, einer heilkräftigen Wurzel berichtet ein denen Seher wie Melampus, Teiresias, antiker Autor 1 5 ) : Dies Heilmittel kennt Kalchas angehörten, und der ausführnur ein Geschlecht, das von Cheiron ablichste Stammbaum, den das homerische stammen soll. Der Vater vererbt die Epos (Od. X I 23S f f · ; X V 222 ff.) kennt, Kenntnis auf den Sohn, und so geheim gibt gerade die Genealogie eines solchen wird das Heilmittel gehalten, daß kein Sehergeschlechts. Ebenso gab es Priesteranderer von den Bürgern davon weiß. geschlechter, da auch das Priestertum vielfach erblich w a r ; s. auch Tacitus, Ähnliches wurde von den Chaldäern (s. d.) berichtet l e ), und an jenes GeHist. 2, 3 und über Zauberfamilien schlecht, das auf den heilkundigen CheiPlinius 28, 3, 30 ff. In Religionen, die ron seinen Ursprung zurückführte, könvom Priester Ehelosigkeit und Keuschnen wir das Medizinergeschlecht der heit verlangen, gibt es keine PriesterAsklepiaden auf K o s anreihen, dem auch geschlechter, also auch keine E . priesterHippokrates angehörte, und von ähnlicher Fähigkeiten durch Zeugung. Hier licher E . medizinischer Kenntnisse, die wird das priesterliche Charisma durch bis auf den Gott Ammon hinaufreichte, die Weihung, Ordination usw. verliehen.
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Erbpantoffel—Erbring
erzählt der römische Dichter Silius Italicus (Pun. V 357 ff.). — A u c h im deutschen Glauben ist weit verbreitet, daß sich die Z a u b e r k u n d e v o m V a t e r auf den S o h n v e r e r b t und so durch J a h r h u n d e r t e o f t gleichsam an einer Familie h a f t e t 1 7 ) . Solches Wissen wird als wertvolles Geheimnis b e w a h r t , das nur den K i n d e r n als E r b s c h a f t hinterlassen wird 18 ). Mit dem Wissen vererben sich h ä u f i g auch die Z a u b e r b ü c h e r 19 ). " ) R e i t z e n s t e i n Hellenist. Myst.- rel? 301 f. 363; P f i s t e r Phil. Woch. 1925, 619. 12 ) D i e t e r i c h Mithrasliturgie 53; P a u l y W i s s ο w a Suppl. 4, 339. 13) W . Kroll A R w . 8, Beih. 43 f. " ) Pap. Berol. 5025, 193, 12 ed. P r e i s e n d a n z Pap. Gr. mag. I ; vgl. D i e t e r i c h Abraxas 161 f. 15 ) Herakleides K r i t i k o s Geogr. Gr. Min. 1, 108. l e ) D i ο d ο r 2, 29, 4; D i e t e r i c h Mithrasliturgie 52; W . K r o l l bei P a u l y - W i s sowa 8, 803. I7) J o h n Westböhmen 283; G a η ζ 1 i η Sachs. Zauberformeln 5. 18) S t r a k k e r j a n 1, 60. " ) B o h n e n b e r g e r 12; K l a p p e r Schlesien 248; P f i s t e r Schwaben 31 f.
4. E. v o n K r a n k h e i t e n und Gebrechen. W i e das Orenda nützlich oder schädlich, heilig oder unrein sein kann, und wie diese K r a f t erblich ist, so vererben sich a u c h schädigende K r ä f t e eines Menschen, die e t w a durch einen F l u c h über das Geschlecht g e k o m m e n sind, K r a n k h e i t e n und Gebrechen. Bei den Griechen kennen wir diese Vorstell u n g besonders aus der attischen T r a gödie, wo h ä u f i g v o n solcher erblicher B e f l e c k u n g (άγος), v o n einem Rachegeist, der in einem Geschlecht v o n Generation zu Generation w i r k t (δαίμων, άλάστωρ), die R e d e ist, so in dem Geschlecht der A t r i den und K a d m i d e n ; in beiden w a r der G ö t t e r f l u c h zugleich mit einem unheilvollen Göttergeschenk v e r b u n d e n , dort mit dem Szepter, hier mit G e w a n d und Halsband, das sich in der Familie vere i b t e 2 0 ) . Die Angehörigen dieser Geschlechter galten 21 ) als „ D ä m o n i s c h e " , „ d ä m o n i s c h Besessene" (δαιμονωντες έν δαιμόνιοι, ίυσίαίμονες). D e r Grund, wesh a l b solche Geschlechter v o n den Göttern geschlagen wurden, ist in der R e g e l ein Verbrechen eines V o r f a h r e n ; die S t r a f e kommt infolge 22) alten Götterzorns
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(παλαιών έκ μηνιμάτων); es ist also die Lehre v o n der Erbsünde. H i e r v o n konnte m a n sich durch S ü h n u n g e n befreien; Plato, R e p . 364 Β : „ B e t t e l p r i e s t e r und W a h r sager belagern die T ü r e n der Reichen und reden ihnen ein, sie seien im Besitze einer ihnen v o n den Göttern verliehenen K r a f t , durch Opfer und Zaubersprüche jeden Frevel, den der B e t r e f f e n d e selbst oder seine V o r f a h r e n verübt, zu sühnen unter L u s t b a r k e i t e n und F e s t e n . " — Dabei ist zu beachten, daß die Sünde wie die K r a n k h e i t vielfach als reale, fast körperliche W e s e n h e i t a u f g e f a ß t wird, die man abwaschen kann 2 3 ). — Deutscher G l a u b e : Körperliche Gebrechen sind sehr o f t die Folge eines über eine Familie oder ein ganzes Dorf ausgesprochenen Fluches, der sich noch nach langen Generationen ausw i r k t . A l s die Bewohner des elsässischen Ammerschweiler aus Neid und H a b s u c h t den hl. D e o d a t v o n seinem B e s i t z t u m vertrieben, bestrafte sie der H i m m e l damit, daß alle K i n d e r f o r t a n mit K r ö p f e n geboren wurden. B a l d bemerkte man jedoch, daß dieser Fluch nur diejenigen betraf, welche diesseits des B a c h e s geboren w u r d e n ; daher zogen die Frauen v o r ihrer N i e d e r k u n f t hinüber und brachten also gesunde K i n d e r zur W e l t M ) . Infolge eines Fluches der Zwerge haben die Bewohner v o n Solingen alle k r u m m e Beine 25 ); in einem G e h ö f t bei B u r g an der W u p p e r befindet sich, solange es besteht, aus dem gleichen Grunde stets ein lahmer Mensch 2e ) usw. 2 7 ). V o n den N a c h k o m m e n einer Hexe, der in K a t z e n g e s t a l t ein A u g e ausgestochen wurde, wird stets einer einäugig geboren a ) . ") P a u l y - W i s s o w a 1 1 , 2118. 2129. E b d . II, 2138. " ) Plato, Phaidros 244 D ; Pfister Festschr. Cimbria 1926, 59 f. 23) O l d e n b e r g Religion des Veda 8 295 f f . ; S c h e f t e l o w i t z Die altpers. Religion u. d. Judentum 1920, 148 f. ") S t ö b e r Elsaß 1 (1892), 94 Nr. 127 (Literatur 142) = Alemannia 12 (1884), 101 f. ") S c h e l l Sagen 231 Nr. 206. *·) E b d . 226 Nr. 200. 27) Vgl. ähnliche Beispiele bei Η e y 1 Tirol 83 Nr. 45, 2; 525 Nr. 92; W a i b e l u. F l a m m 1, 124. S c h e l l Sagen 188 f. Nr. 1 1 9 ; vgl. S e b i l l o t Folk-Lore 2, 205. Pfister. n)
Erbpantoffel s. P a n t o f f e l . Erbring s. R i n g .
Erbsachen—Erbse
875
Erbsachen (s. Besitz) sind ausgezeichnet im guten wie im bösen. Auf einem geerbten B e t t stirbt man s c h w e r 1 ) . Andererseits läßt man um seiner heilbringenden Gewalt willen das Vieh den T r u n k a m Weihnachtsabend aus einem Gefäß tun, auf dessen Boden ein ererbter Silberring liegt 2 ); in den Mehltrunk einer neukalben K u h t u t man Erbstahl 3 ); unter den Samen k o m m t Erde von dreierlei E r b ä c k e r n 4 ) ; Erbsilber t r i f f t H e x e n 5 ) , hilft gegen K r ä m p f e e ) . B e h e x t e Milch gießt man auf eine ererbte Schaufel und schlägt sie mit einer ererbten Sichel 7 ); einen Dieb findet man mit Hilfe eines ererbten Schlüssels, Buchs oder Siebes 8 ); sind Körner in dem in der Neujahrsnacht aus dem D a c h eines ererbten Hauses gezogenen Stroh, heiratet das orakelsuchende Mädchen einen Bauern 9 ); der so zu Weihnachten orakelsuchende Besitzer hat im nächsten Jahr großes Glück 1 0 ); liegt ein K i n d das erstemal an Freisig oder Fresel, so deckt man einen ererbten F i s c h t i e g e l u ) übers H a u p t und Angesicht und bricht ihm den Mund mit einem Erbschlüssel a u f 1 2 ) ; mit einem Erbhemd drückt man vermeintem Vieh die locker gewordenen Zähne e i n 1 3 ) , beschwört Geister 1 4 ); mit geerbten oder geschenkten Bienen ist man a m glücklichsten 1 5 ); der Erbsack dient z u m F e r n z a u b e r 1 8 ) . Erbpfanne " ) , Erbhechel 1 8 ), Erbscheunen l e ), Erbsichel und vieles andere, sogar die Erbläuse, sie alle empfangen durch das Angestammtsein eine besondere Weihe 21 ) und dadurch besondere magische Brauchbarkeit. ') W u t t t e
Zur
Myth.
Volksk.
428 § 723. a) L i e b r e c h t
3x2.
') E b d . 315·
3, 450 N r . 477.
6
*)
Grimm
) Z f V k . 3 (1893), 389 f .
·) S t r a c k e r j a n 2, 219 Nr. 464. ') S e ligmann 1, 276. ') S a r t o r i 2, 19; A n d r e e Braunschweig 406. ") W u t t k e 237 § 339· 10) Ebd. n ) G r i m m Myth. 3, 449 Nr. 474.
la
) Seyfarth
Sachsen
265.
) S c h ö n w e r t h 1, 310. ") M a n n hardt Zauberglaube 130. 15) S c h ö n w e r t h 1, 355. l e ) Ebd. 1, 335. 17) G e s e la
m a η η
Regenzauber
69.
1β
) G r i m m
Myth.
3, 4 6 5 Nr. 865. » ) Ebd. 3, 460 Nr. 951. 2 °) S c h ö n w e r t h 1, 335 f. «) W u t t k e 145 § 202. Μ. Beth. Erbsack s.
Sack.
876
Erbschaden (malum hereditarium, in der Familie herrschende Krankheit). V o n einem E. m u ß man einer Leiche einen Teil in den Sarg mitgeben, will man davon geheilt werden *). 1
) ZfVk. 23, 282; Urquell 1, 11. Stemplinger.
Erbschere s.
Schere.
Erbschlüssel s. Erbschmied s.
Schlüssel. Schmied.
Erbse (Pisum sativum). 1. Botanisches. — 2. Mythologische Beziehungen: E.n und Donnergott; Verbot des E.nessens zu gewissen Kultzeiten. — 3. E. als Fruchtbarkeitssymbol. — 4. E. im Totenkult. — 5. E. als Zaubermittel. — 6. Volksmedizinisches. — 7. Saat und Wachstum der E.n. 1. B o t a n i s c h e s . Die E., ein Hülsenfrüchtler, wird in Mitteleuropa in zahlreichen Formen (ζ. B . Feld-, Gemüse-, Zucker-Ε.) teils für den menschlichen Genuß, teils als Viehfutter gebaut. Ihre K u l t u r reicht in Europa bis in die jüngere Steinzeit zurück, in Deutschland tritt die E. zu Beginn der Eisenzeit auf, in Nordeuropa sind bis z u m frühen MA. bisher keine archäologischen Funde von E.nsamen gemacht worden Hoops Reallex. 1, 622 ff.; Hegi Illustr.
Flora v. Mitteleuropa
4, 1616.
2. Die E. zeigt unverkennbar gewisse mythische Beziehungen. In der Volkssage ist sie besonders bei den Zwergen ein beliebtes Gericht 2 ). Als apotropäisches Mittel erscheint öfters die E. bzw. ihr Stroh 3 ). D a m i t die Mäuse nicht überhandnehmen, wird a m hl. A b e n d in die vier E c k e n der Stube eine Portion des E.ngerichts in K r e u z f o r m geschüttet (Komotau) 4 ). Eine gewisse Verehrung der E. geht auch aus der besonders im östlichen Deutschland verbreiteten Volksmeinung hervor, daß ein Reiter wegen einer E . v o m Pferde steigen müsse 5 ). Im V o l k wird dies damit begründet, daß auf jeder Erbse ein K e l c h (Abendmahlskelch) zu sehen sei (gemeint ist jedenfalls der rundliche bis elliptische Nabel des Samens!). Der Genuß des E.ngerichts zu gewissen K u l t z e i t e n (Weihnachten, Fastnacht, Ostern, Johanni) und a m
8 77
878
Erbse
Donnerstag weist ebenfalls auf alte mythische Beziehungen hin. Die ältere mythologische Schule wollte hier vielfach eine Beziehung der E. zum germanischen Donnergotte sehen (Vergleich der E . n mit den Hagelkörnern usw.) e ). Die schwäbische Sitte, an den Adventsdonnerstagen (Klöpfleinsnächten) E . n (Linsen oder Körner) an die Fenster zu werfen, scheint, trotzdem sie vielfach mit christlichen Beziehungen erklärt wird, heidnischen Ursprungs zu s e i n ' ) . Auch als Erinnerung an vergangene Pestzeiten wird der Brauch erklärt 8 ). In Ostdeutschland, besonders aber in Polen, erscheint das Werfen mit E.n am Stephanstag (26. Dezember). Dort wurde früher der Geistliche in der Kirche am genannten T a g mit E.n beworfeil (vgl. Hafer) als Erinnerung an die Steinigung des hl. Stephan. Diese E.n wurden dann aufgesammelt und im nächsten J a h r zur E r zielung einer reichen Ernte ausgesät"). Der schwäbische Brauch, am Johannisfeuer E.n („Sadihanserschen" = St. J o hanneserbsen) zu kochen, die dann als heilsam bei Quetschungen und Wunden galten 10 ), dürfte auf eine alte Kultspeise hinweisen u ) . Durch das ganze deutsche Sprachgebiet geht der Glaube, daß der Genuß von E.n (auch anderer Hülsenfrüchte, s. Bohnen und Linsen) in den „ Z w ö l f t e n " Geschwüre (Schwären, Aißen) verursache 1 8 ). Außer den Zwölften werden noch genannt Karfreitag und Ostern 1 S ), der Dreikönigstag (Tilsit) 1 4 ), alle Tage mit Ausnahme des Donnerstages 1 5 ). Daß gerade „ S c h w ä r e n " als schlimme Folge des E.ngenusses bezeichnet werden, hat wohl darin seinen Grund, daß man einen Vergleich zwischen der Gestalt der E . n und den Schwären zog (vgl. unten Warzen). Auch andere üble Folgen hat der Genuß der E.n um die Weihnachtszeit: die „ E i s a b e r t a " schneidet den Bauch auf und füllt ihn mit E.nstroh an (Oberpfalz), die Hühner legen nicht mehr (Mittelfranken) l e ) oder man wird schwerhörig 1 J ). Diese Speiseverbote scheinen darauf hinzuweisen, daß die E . ebenso wie die Bohne (s. d.) eine Seelen- (Toten-) speise war.
«) Ζ. B. R ο c h h ο 1 ζ Sagen 1, 349; K u h n und S c h w a r t z 224.244; E c k a r t Süd-
hannoversches Sagenbuch 7 9 ;
V e r n a l e k e n
Mythen 213. 3) Wolf Beiträge 2, 324; S e l i g m a n n Blich 2, 61; Scheftelowitz Huhnopfer
37.
') V e r n a l e k e n
Mythen
315. 6) G r o h m a n n 96; MnböhmExc. 27, 155.295; D r e c h s l e r 2 , 2 1 3 . *) K u h n u. S c h w a r t z 25 f.; M a n n h a r d t Germ. Myth. 49. 1 3 8 ; M e y e r Germ. Myth. 2 1 5 . 2 1 8 ;
S a r t o r i Sitte u. Brauch 2, 29. ') M e i e r
Schwaben 459 f . ; M e y e r
Baden 1 9 6 . ») Β i r -
l i n g e r Volkst. 2, 6; SchwVk. 1, 21. ·) K n o o p Posen 318; Dr e c h s l e r 2, 214. 10) S c h m i d SchwäbWb.
1 8 3 1 , 1 6 7 = Μ e i e r Schwaben 4 2 7 ;
vgl. auch G r i m m Westfalen 2, 1 7 5 ;
Myth. 1, 514;
S c h r ö d e r
Arische
Kuhn
Relig.
2, 381. " ) ZföVk. 16, 89. " ) Rockenphilosophie 1701, 1, 86; Journ. v. u. f. Deutschland 3 (1786), 180 (für Ansbach mitgeteilt); K e l l e r
Grab d. Abergl.
305 f.;
Spieß
Knorrn
Hexenspr.
1, 178;
P a n z e r
Pommern 126;
61; B a r t s c h
Schullerus
Beitrag
2,
Fränkisch-Henneberg 1 5 1 f . ;
Frischbier
Mecklenburg 2, 2 4 8 ;
Pflanzen 79;
Sartori
Sitte u. Brauch 3 , 2 4 ; v g l . a u c h G r i m m Myth. 3, 436; M a n n h a r d t Germ. Myth. 135;
Η ö f 1 e r Krankheitsnamen 115.
Schwaben 3 8 8 ; S a r t o r i
") M e i e r
Sitte u. Brauch
144.
" ) Mitt. Lithauisch. liter. Gesellsch. 3, 508. " ) K u h n u. S c h w a r t z 445. " ) M a r z e i l Bayer. Volksbot. 12. " ( D r e c h s l e r 2, 214. 3. Vielfach sind die E.n (wie andere in reichlicher Menge wachsende Samen bzw. Früchte vgl. Hirse, Lein, Linse, Mohn) ein F r u c h t b a r k e i t s s y m b o l l s ) . A m K a r f r e i t a g schlägt man mit einem erbsengefüllten Säckchen an die Obstbäume, dann tragen diese so viel Früchte als E.n im Säckchen sind " ) . In Litauen kocht man graue E . n zu Weihnachten und gießt das Wasser über langes Stroh. Mit diesem Stroh werden die B ä u m e umwickelt. Man glaubt, daß dadurch so viele Früchte im nächsten Sommer erzeugt werden als E . n gekocht werden 20 ). In den Zwölften 2 1 ), an Weihnachten 22 ), gibt man den Hühnern E.n, damit sie im kommenden J a h r gut legen. Die Zahl der E . n symbolisiert die der Eier. Oder man gibt dem Hahn am hl. Abend E.n, dann soll er das ganze J a h r munter ( = geschlechtstüchtig) sein und tüchtig krähen 2 6 ). Die E.n sind vielfach ein H o c h z e i t s e s s e n , oder die B r a u t wird mit E.n überschüttet 2 4 ). Im Werder wirft man am Polterabend E.n an die Fen-
Erbse
879
ster^ 7 ); im E.nfeld erfährt das Mädchen, ob es bald heiraten wird 28 ). In Ungarn werfen Mädchen an Silvester weichgekochte E.n an die Wand; deren E. hängen bleibt, die heiratet im nächsten Jahr 2 9 ). Besonders gilt eine E.nhülse mit n e u n E.n (vgl. unten) für das Mädchen als zukunftskündend. Legt es eine solche über die Tür, so ist der nächste eintretende Mann ihr Zukünftiger ""J, oder das Mädchen ißt, wenn es eine Hülse mit zehn E.n findet, n e u n davon und legt die zehnte unter den „ S ü l l " der Stuben- oder Haustüre. Der Anfangsbuchstabe vom Vornamen desjenigen Mannes, der zuerst hinübergeht, ist der des künftigen Mannes 3 1 ). Ähnliche Orakel mit neun Erbsen in einer Hülse sind auch in Frankreich 32 ) und England 33 ) bekannt. Ganz allgemein bringt der Genuß von E.n (vgl. Hirse, Linse) an Silvester Glück und Wohlstand M ). Das Wälzen der Rhönbewohner in der Christnacht auf ungedroschenem E.nstroh und das Mischen der ausgefallenen E.n unter die Aussaat, um das Gedeihen der Frucht zu fördern 35 ), dürfte ebenfalls in das Gebiet des Fruchtbarkeitszaubers gehören 36 ). 1β ) Scheftelowitz Huhnopfer 15. ") G i o h m a i n 45. " ( B t n n n e r Ostd.
Vk.205. " ) T o p p e n Masuren 93; S t r a k -
k e r j a n 2, 38; K u h n u. S c h w a r t z 411; F i s c h e r SchwäbWb. 2, 766. " ) G r o h m a n n 96; K n o o p Pflanzenwelt 11, 57; F r i s c h b i e r Hexenspr. 130. »») B a r t s c h Mecklenburg 2, 233.- »*) Ztschr. hist. Ver. f. Niedersachsen 1878, 84. ") K n o o p Posen 316. ,e) Brandenburg 257; B r u n n e r Ostd. Vk. 174; G r o h m a n n 122; Meyer Baden 274; W e i n h o l d
Frauen
3
1 , 382 f . ;
auch ina Frankreich: R o l l a n d Flore pop. 4, 201. ') Τ r e i c h e 1 Westpreußen 7, 560. 28 ) K n o o p 2Pflanzenwelt 11, s073; G r o h m a n n 96. ») ZfVk. 4, 318. ) W i r t h 31
Beitr. 6—7, 1 1 .
) Κ ü c k Lüneburger Heide
158; R o c h h o l z Sagen 2, 278. »*) R o l l a n d
Flore pop. 4, 2 0 1 ; S i b i l l o t Folk-Lore 3, 513. ") D y e r Folk-Lore of plants 96 f . ;
B r a n d Pop. Antiqu. 208. M) Niederlausitzer Mitt. 2 (1892), 261; J o h n Erzgebirge 154; D r e c h s l e r 1, 33; ebenso in Ungarn: ZfVk. 4, 314; vgl. auch S a r t o r i Sitte u. Brauch 3, 134.
as
) J ä g e r Briefe über die hohe
Rhöne Frankens 3 (1803), 6. ··) Vgl. G r i m m
Myth. 3, 472; M a n n h a r d t
1, 484.
4. Hin und wieder erscheint die E. auch im Τ ο t e η k u 1 t (s. Bohne). Wer am
88ο
Karfreitag E.n ißt (oder überhaupt in der Karwoche E.n kocht), bekommt bald eine Leiche ins Haus 3 '). Wenn man E.n verleert, stirbt man bald 38 ). Wenn man in der Neujahrsnacht auf einem Büschel E.nstroh sitzt, so erfährt man, wer im kommenden J a h r stirbt 39 ). Bei Leichenschmäusen (Mecklenburg) 40) oder Totenwachen (Kt. Freiburg) 41 ) wird E.nbrei bzw. -suppe gegessen 42 ). Auf E.nstroh stirbt man leicht 4 3 ); E.n werden ins Grab gegeben 44). 37
) W i r t h Beitr. 6—7, 6. >») Z i n g e r l e Tirol
i8 57. 10
!39- 3S) B i r l i n g e r Volksth. 1, 469. ) G e n l i s - S t a n g Bot. d. Gesch. 2 (1817),
102.
41
) R ο c h h ο 1 ζ Sagen 2, 278.
« ) Vgl.
auch Η ö f 1 e r Ostern 13; G r o h m a n n 96. 43 ) W i t t s t o c k Siebenbürgen 99. ") W1 i s -
l o c k i Zigeuner 13.
5. Im Z a u b e r g l a u b e n wird häufig auf die den S c h w ä r e n (Aißen) ähnliche Form der E.n Bezug genommen. So viel geröstete E.n man in den Kot eines Menschen steckt, so viele Geschwüre wird er am Gesäß bekommen 46). Überhaupt kann man mit E.n Geschwüre anhexen 4 6 ). Wenn man die grünen „Schoten" der E. bricht und geht über drei Beete weit hinein, so bekommt man ein „böses Maul" (gemeint ist wohl Hautausschlag) " ) . Besondere K r a f t haben die Samen einer E., die in einem Totenkopf, in dem Kopf einer Katze, einer Schlange, einer Heidelerche 48 ) in die Erde vergraben wird und dann gekeimt ist. Sie machen unsichtbar 4e ), lassen alle Hexen erkennen Ό), dienen zur Herstellung von „Freikugeln" w ), lassen die Sprache der Gänse verstehen 52). Ähnliches gilt vom Knoblauch (s. d.). Es handelt sich hier wohl um einen „literarischen" Zauberglauben (Quelle?), da sich das Rezept meist in Sympathiebüchern usw. findet. Besonders zauberkräftig gilt ferner eine Hülse mit neun (zehn oder elf) E.n (vgl. oben Heiratsorakel). Sie dient, um sich bei der Rekrutierung frei zu lösen 53 ). Fährt ein Fuhrwerk über eine E.nhülse, die neun 64 ), zehn 55 ) oder elf 5 6 ) E.n enthält, so muß es umstürzen. Legt man einem die neun E.n ins Bett, so wird er das Bett benässen B7). In Frankreich gelten solche E.nhülsen als glückbringend oder
881
Erbse
882
als ein Mittel, die Hexen zu erkennen 58 ). Wenn die Tauben Saate.n aus der Erde holen, so hat der Besitzer Glück mit dem Vieh 8 9 ). Weiße E.n bedeuten Tränen 6 0 ). E.n soll man nicht auf den Boden schütten, denn sie sind die Tränen der Muttergottes, die nicht auf die Erde fallen dürfen e l ). Wenn die E.n (oder das Kraut) noch sieden, wenn sie vom Feuer genommen werden, so bedeutet dies, daß in dem Haus keine Zauberei ist ®2).
Gichter vergräbt man einen Topf mit 77 E.n, auf die der Kranke geharnt hat, in einen Ameisenhaufen 76 ). Verstauchung heilt man durch Stecken von drei E.n " ) . Kinder werden bei Masern mit E.nbrühe gewaschen 78 ). Wenn die Wehen kommen, setzt man E.n über das Feuer; sobald diese kochen, erfolgt die Geburt 7 9 ). Wer am Neujahrstag 8 0 ) oder am Karfreitag 8 1 ) E.n ißt, bleibt fieberfrei und das ganze Jahr gesund.
**) F r o m m a n n De fascinaiione 1023. *') G r o h m a n n 201; J o h n Westböhmen 322. *') F i s c h e r SchwäbWb. 2, 766. ") J o h n Westböhmen 327. *·) S t r a c k e r j a n 1, 99; B r u n n e r Ostd. Volhsh. 249; J o h n Westböhmen 318; M e i e r Schwaben 246. eo) M ü l l e r Siebenbürgen 142. " ) ] o h n Westböhmen 330; Mitt. Ver. f. Gesch. d. Deutsch, in Böhmen 18 (1880), 208; vgl. auch A n d r e e Parallelen 2, 43; SAVk. 7, 52; ZföVk. 3, 274. ·*) G r o h m a n n 202; vgl. M e y e r Relig.gesch. 262. ,a) B a r t s c h Mecklenburg 2, 350; M vgl. W e i n h o l d Neunzahl 20. ) F r i s c h b i e r Hexenspr. 6. " ) E n g e l i e n u . L a h n 282. " ) G r o h m a n n 96. " ) T r e i c h e l Westpreußen 7, 561. a ) S e b i 11 ο t Folk-Lore 3, 477. 485. 513. "J W i r t h Beitr. 4—5, 18. «») UrqueU 1, 203. «·) ZföVk. 4, 213. " ) ZfdMyth. 3, 311.
•3) Ausführlich darüber mit reichen Literaturangaben bei P. S a i n t y v e s La guirison des verrues. Paris 1913, 16—22. M ) So schon antik: D i o s k u r i d e s Mat. med. 2, 126; das Mittel ist in die alten Kräuter-, Arznei- und Sympathiebücher übergegangen ζ. B. B o c k Kreuterbuch T55T, 332 v ; T a b e r n a e m o n tanus Kreuterbuch 2 (1731), 884; Thesaurus pauperum 1576, 108; Albertus M a g n u s 4, 54; S t o l l Zauberglaube 75; B a r t s c h Mecklenburg 2, 120; H u ß Aberglaube 5; 138; Geheimnisse usw. 1717, 80; W i r t h Beitr. 6—7, 27. ·*) W o l f Beiträge 1, 248; S έ b i 11 ο t Folk-Lore 3, 498. ··) Ebenfalls schon in der Antike nachgewiesen: Pf i s t e r Schwab. Volksbr. 1924, 37; vgl. ferner M ä r z e 11 Die Erbse im Zauberglauben in: Der Heimgarten (Wochenschr. d. „Bayer. Staatszeitung") 5 (1927), 354 f.; T o p p e n Masuren 46; S c h u l l e r u s Siebenb. Wb. 2, 233; L a m m e r t 187; SAVk. 2, 260; 7, 138; P o l l i n g e r Landshut 281; ebenso in Schweden: R u ß w u r m Eibofolke 2, 225. ") S c h r o e d e r Med.-Chym. Apotheke 1693, 933; ZfVk. i, 192; 8, 200; auch in Frankreich: Sibillot Folk-Lore 3, 498; Rolland Flore pop. 4, 200. w ) L a m m e r t 187. ·*) J ä c k e l Oberfranken 229. ,0) ZfrwVk. 11, 168; vgl. S c h r a m e k Böhmerwald 282; S έ b i 11 ο t Folk-Lore 3, 498. «) Μ a r ζ e 11 Bayer. Volksbot. 157. '*) S e y f a r t h Sachsen 284. " ) W u t t k e 347; ähnlich S e b i l 1 ο t Folk-Lore 3, 498. '«) L a m m e r t 248. " ) ZfVk. 1, 193. '«) J ä c k e l Oberfranken 220. ") B o h n e n b e r g e r 19. ™) R o c h h o l z Kinderlied 334. '») ZfVk. r, 183; vgl. S a r t o r i Sitte u. Brauch 1, 23. 80) M e y e r Baden 494. el ) F r i s c h b i e r Naturkunde 323.
6. In der S y m p a t h i e m e d i z i n dienen die E.n hauptsächlich zum Vertreiben der Warzen 6 3 ). Die Warze wird mit einer E. gerieben und diese in ein Tüchlein eingebunden, das man hinter sich wirft M ). Wer das Säckchen mit den E.n aufhebt, bekommt die Warzen e5 ). Noch häufiger wirft man die E.n in einen (Back-) Ofen und läuft dann gleich fort, um das „ P r a t z e l n " der E.n im Feuer nicht zu hören ββ), in einen tiefen Brunnen 67), in den A b o r t Μ ) , vergräbt sie unter der Dachtraufe 6 e ) oder läßt sie sonst irgendwo faulen 7 0 ). Die E. muß auf der Warze zerdrückt werden 7 1 ). Gegen aufgesprungene Brustwarzen bei einer jungen Mutter kocht man eine Handvoll E.n in Wasser 72). Einen bösen Finger reibt man mit neunerlei E.n (Thüringen) 73). Gegen Gelbsucht gibt man den Hühnern E.n, die im Harne des Kranken aufgeweicht sind, zu fressen 7 4 ). Gegen Zahnschmerzen zerbeißt man E.n auf dem Kirchhof und wirft sie in ein frisches Grab (Mark Brandenburg) , 6 ). Gegen
7. S a a t u n d W a c h s t u m d e r E.n. Die E.n müssen gesät werden am Gründonnerstag 8 2 ), am Karfreitag 8 3 ), am Hiobstag 8 4 ), am Matthiastag 8 5 ), am Markustag (dann werden sie „markig") 8 6 ), am Ambrosiustag 87), am 100. T a g des Jahres (dann tragen sie hundertfältige Frucht) 88). E.n sät man an dem Wochentag, an dem der erste Schnee gefallen ist (Kreis Goldap) 89 ), am Mittwoch oder
883
Erbse
Sonnabend am Vormittag, denn nachmittags gesät bekommen sie weniger „ S c h o t e n " 91 ) oder lassen sich nicht weich kochen (Mittelfranken). E.n im Neumond 8 2 ) oder im zunehmenden Mond 9 3 ) gesät, blühen immerfort ohne Früchte zu bringen; sie sollen im abnehmenden Mond gesät werden 9 4 ) oder bei Vollmond („dann werden sie voll") 9S) oder drei Tage vor dem Neumond („sonst blühen sie gleich ab") ββ). Im alten Mond gesät kommen Maden (Larven des E.nkäfers) in die Hülsen 9 7 ). Günstig für die Aussaat sind die „weichen" und „wässerigen" Zeichen des Tierkreises (Fische, Wassermann, Jungfrau, Wage, Zwillinge), sonst lassen sie sich nicht weich kochen* 8 ). Im Steinbock werden sie hart 9 9 ), im Krebs gehen sie im Wachstum zurück (Pfalz) oder werden wurmstichig 10°). Wenn man die ersten E.nblüten, die man sieht, abbricht und unter einen Stein legt, so lassen sich die E.n dieses Feldes nicht weich kochen 101 ). E.n dürfen nur bei Süd- oder Westwind („weiche" Winde) gesät werden, bei Ost- oder Nordwind gesät lassen sie sich nicht weich kochen 1 0 2 ). Eine gute E.nernte ist zu erwarten, wenn an Fastnacht die Sonne scheint 1 0 i ), wenn sich im Frühjahr viel Frösche zeigen (Ostpreußen) 1 M ) oder wenn es viele Tannenzapfen gibt 1 0 5 ). Zuckere.n soll man säen, wenn die Leute vom Wochenmarkt heimgehen l o e ). Beim E.nsäen soll man die ersten drei Handvoll gegen den Wind werfen (Windopfer) 1 0 '). Vor der Aussaat müssen die E.n mit Wasser, das stromaufwärts geschöpft ist, begossen werden (Prov. Sachsen) los ). Damit die Vögel die E.n nach der Aussaat nicht fressen, muß der Sämann drei E.n in den Mund nehmen 10i ), oder man muß sie stillschweigend säen 1 1 0 ); man vergräbt drei im Munde angefeuchtete E.n am Ende des Beetes l u ) , oder man legt die E.n in drei Reihen und murmelt bei jeder Reihe dreimal: „Mien Arfen und mien Bohn — Sali keen Menschen und Vagel wat dohn. — Im Namen Gottes usw." l l z ) . Die E.n dürfen nur am Mittwoch und Sonnabend gepflanzt werden, sonst holen sie die Vögel 1 1 3 ). Wenn
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man E.n und Bohnen ißt und in der gleichen Woche welche aussät, dann geraten sie nicht 1 1 4 ). Die E.n werden madig, wenn der Sämann viel „gefistet" (gefurzt) h a t 1 1 5 ) . Frauen sollen keine E.n und Bohnen an ihrem Backtag pflanzen u e ) . Um das E.nfeld muß ein menstruierendes Frauenzimmer gehen, oder es muß dessen Hemd herumgetragen werden, damit die E.n nicht v o m Meltau befallen w e r d e n l l 7 ) . Wenn die E.n im Wachsen sind, wirft man ein altes Stück Eisen ins Feld, damit sie während der Blütezeit nicht vom Donner beschädigt werden 1 1 8 ), oder man muß zwei Hölzer in Form des Kreuzes des hl. Laurentius in die Erde stecken und in die Mitte, wo beide Hölzer sich treffen, ein Stück Glas 1 1 9 ). ·*) Jahrb. Els.-Lothr. 3, IZ4; G r o h m a n n 96; W i t z s c h e l Thüringen 2, 215; vgl. auch Schroeder Arische Religion 2, 637. β3) Μ a r ζ e 11 Bayer. Volksbot. 23; M e y e r Baden 423; Alsatia 1851, 1 3 1 ; ebenso in Frankreich: R o l l a n d Flore pop. 4, 195· M ) F i s c h e r SchwäbWb. 2, 765. " ) Niederlausitzer Mitteil. 1, 271. ") B e c k e r Pfalz 146. »') M a r z e i l Bayer.Volksbot. 105. ») Z f V k . 1, 186. s") F r i s c h b i e r Naturkunde 332, ebenso in Estland und Finnland: F F C . 31, 9; in Wallonien an dem Wochentag, auf den Weihnachten gefallen ist: S έ b i 11 ο t Folk-Lore 3, 455. ,0 ) Κ ü c k Lüneburger Heide 74; Z f r w V k . 6, 184; vgl. M e y e r Germ. Myth. 256. " ) F i s c h e r SchwäbWb. 2, 765. " ) F o r s t n e r Beschr. v. Franken 1 (1791), 108; Kuhn Mark. Sag. 386. ί3 ) Ζ i η c k e Oecon. Lexic. 2 (1744), 1926; ebenso in Frankreich: S έ b i l l o t Folk-Lore 3, 456. M ) W i t z s c h e l Thüringen 2, 215; ebenso in Finnland und Schweden: F F C . 31, 3, dagegen als ungünstiges Zeichen: ZfrwVk. 6, 184. i5 ) W i r t h Beitr. 6 — 7 , 20; D r e c h s l e r 2, 50; ebenso in Wallonien: R o l l a n d Flore pop. 4, 195; dagegen als ungünstiges Zeichen (Anhalt): Z f V k . 7, 148. ··) W i r t h Beitr. 6 — 7 , 20. "') F o r s t n e r Beschreib, v. Franken 1 (1791), 108. w ) Z f V k . 7, 148; Leoprechting Lechrain 150; Μ a τ ζ e 11 Bayer. Volksbot. 100; F i s c h e r SchwäbWb. 2, 765. w ) P f i s t e r Hessen 164; H e s e m a n n Ravensberg 110; ebenso in der französischen Schweiz: S έ b i 1 1 ο t Folk-Lore 3, 455. 10°) A n d r e e Braunschweig 412. ,01 ) P e t e r Österreich.-Schlesien 2, 267; Egerland im 18. Jh.: ZföVk. 5, 122. ">') B a r t s c h Mecklenburg 2, 213; Veckenstedts Zs. 1, 363; ZfrwVk. 6, 184; F i s c h e r SchwäbWb. 2, 765; ebenso bei den Finnen und Esten: F F C . 31, 53. "») HessBl. 11, 224; W i l d e Pfalz 52. 104) F r i s c h b i e r Naturkunde 323. 10S) T r e i c h e l Westpreußen
885
Erbs(en)bär
886
ίο, 545. 10«) Ebd. 7, 566. «') W i l d e Pfalz 52. 108) Veckenstedts Zs. 4, 387. 1M ) K u h n Mark. Sagen 382; S t r a c k e r j a n 1, 67; Η e ß 1 e r Hessen 2, 103. ll °) Κ η ο r r η Pommern 128; ZfrwVk. 10, 8; Zeitschr. hist. Ver. Niedersachs. 1878, 89; dann werden sie nicht madig: Veckenstedts Zs. 4, 387: W i r t h Beitr. 6 — 7 , 2 0 . "») " W i l d e Pfalz 52. m ) M a a c k Lübeck 35. " · ) K u h n u. S c h w a r t z 446; Κ ü c k Lüneburger Heide 74. 114) Schon im 17. Jh.: P r a e t o r i u s Coscinomantia ibyy, S c h ö n b a c h Berthold v. R. 151; Alemannia 4, 273; 8, 128; beim Säen darf man keine E.n essen (Estland, Finnland): FFC. 32, 76. U5) F r i s c h b i e r Naturkunde 322. m ) F o g e l Pennsylvania r88. " ' ) T o p p e n Masuren 85; vgl. P l i n i u s Nat. hist. 17, 266. 11β) Peter Österreichisch-Schlesien 2, 267. "*) G r o h m a n n 39. Marzeil.
b r a u c h u ) — d e n ' E b e r ' m e i n t e , der besser zum winterlichen Agrarzauber stimmen würde; Beziehungen z u m altgermanischen B ä r e n m y t h u s ( e t w a z u i>6rr B j ö r n ) sind wohl abzulehnen. Die Tanzbärenfigur, als die der E . h e u t e m e i s t erscheint, ist w o h l s e k u n d ä r u n d k ö n n t e r e c h t g u t als v o l k s e t y m o l o g i s c h e V e r s c h i e b u n g einer ursprünglich sinnvolleren Maske gedeutet w e r d e n . D o c h b l e i b t die M ö g l i c h k e i t z u erw ä g e n , d a ß der w e i h n a c h t l i c h e E . a u s e i n e m a n d e r n F e s t k r e i s (vgl. die w e i t e r e D a r s t e l l u n g ! ) s t a m m t u n d erst s e k u n d ä r , als M a s k e n f o r m e l , in d e n W e i h n a c h t s k r e i s v e r p f l a n z t wurde, zur erwünschten Bereicherung der schon vorhandenen Masken.
Erbs(en)bär. Ein Bursche wird mit Erbsenstroh u m w i c k e l t ; an den H ä n d e n mit Fausthandschuhen angetan, kriecht er a u f a l l e n V i e r e n i m w e i h n a c h t l i c h e n , F a s t n a c h t s - , E r n t e - , K i r m e s - , B r a u t - oder s o n s t i g e n F e s t m a s k e n u m z u g als T a n z b ä r , w o m ö g l i c h a n eiserner K e t t e oder m i t e i n e m T a n z s t o c k , m i t : d a s ist der w e i t h i n durch Deutschland bekannte E. 1. In d e n U m z ü g e n der W e i h n a c h t s z e i t e r s c h e i n t er z u m e i s t n e b e n a n d e r n M a s k e n ; er b e g l e i t e t den S c h i m m e l r e i t e r * ) , den Klapperbock2), den wendischen Siebreiter und Ziegenb o c k 3 ), als w e s t b ö h m i s c h e r „Zempa" d e n S c h n a p p e s e l 4 ), sowie a n d e r e M a s k e n dieses F e s t k r e i s e s 5 ) . E r s c h e i n t er als e i n z i g e M a s k e , so b e g l e i t e t i h n m e i s t der B ä r e n f ü h r e r ·), z u w e i l e n a u c h ein Musik a n t , der z u seinen T ä n z e n a u f s p i e l t ' ) ; der g a n z e M u m m e n s c h a n z w i r d d a m i t z u einer b l o ß e n I m i t a t i o n des T a n z b ä r e n v e r g n ü g e n s (der B ä r e n f ü h r e r e r s c h e i n t d e n n a u c h z u w e i l e n als „ Z i g e u n e r " ) ; das k a n n n i c h t die u r s p r ü n g l i c h e F o r m sein. W e s e n t l i c h e r s c h e i n t es, d a ß g e l e g e n t l i c h s t a t t seiner K n e c h t R u p r e c h t 8 ) , P e l z m ä r t e 9) oder N i k o l a u s 1 0 ) in E r b s s t r o h u m h ü l l u n g als „ E r b s b ä r " erscheinen, w i e d e r u m z u m e i s t in B e g l e i t u n g a n d e r e r bekannter Zwölftenmasken. Wichtiger als die M a s k e ist also die S t r o h u m h ü l l u n g , die F r u c h t b a r k e i t s z a u b e r a n d e u t e t ; v i e l l e i c h t ist die d a r a n a n k n ü p f e n d e V e r m u t u n g n i c h t z u g e w a g t , d a ß 'ftär, ber' u r sprünglich — nach älterem Sprachge-
') B u s c h a n Das deutsche Volk in Sitte und Brauch 17 f.; auf S. 19 ein Bild des E.n; Wuttke 22 § 20; W e i n h o l d Weihnachtsspiele 6; Meyer German. Mythologie 21S. ") M e y e r ebd. 218. ») S c h u l e n 4) J o h n b u r g 136. Westböhmen 18. 5) A n d r e e Braunschweig 324; s. hier 1, 895 f. «) Z f V k . 6, 429 f. 436; M e y e r Baden 65; W i t z s c h e l Thüringen 2, 158. ') Z f V k . 6, 429 f. ») R i e t s c h e 1 Weihnachten 112. ') M a n n h a r d t German. Mythen 238. 10) RheinWb. 2, 150. u ) So auch noch in heutigen Mundarten; vgl. ζ. B. Schlesw.-Holst.Wb. 1, 294; Rhein.Wb. j, 615; Bad.Wb. 1,148 u . a . 2. K l a r e r u n d s i n n v o l l e r ist die E r s c h e i n u n g des E . n in der F a s t n a c h t z e i t . E r ist hier a u c h s e l b s t ä n d i g e r ; m e i s t t r i t t er allein a u f 12 ), u n d seltener w i r d seine Tanzbärennatur b e t o n t 1 3 ) ; anscheinend ist d a s R h e i n g e b i e t u n d dessen n ä h e r e U m g e b u n g sein H e i m a t b e z i r k 1 2 ) . Er stellt sich — i m G e g e n s a t z z u m w e i h nachtlichen E. — mit derber Selbstvers t ä n d l i c h k e i t in d e n M i t t e l p u n k t der A u f m e r k s a m k e i t : sei es, d a ß er a m A s c h e r m i t t w o c h b r ü l l e n d ü b e r die S t r a ß e t o b t 1 4 ) , sei es, d a ß er als P e r s o n i f i k a t i o n der F a s t nacht a m gleichen T a g e kultisch verb r a n n t w i r d l s ) . S c h o n dieser B r a u c h d e u t e t a u f seinen C h a r a k t e r u n d seine B e s t i m m u n g ; d a ß er g e l e g e n t l i c h g e p r ü g e l t w i r d ( w o z u m a n i h m eigens ein H o l z b r e t t u n t e r das E r b s s t r o h bindet) 1 6 ), d a ß m a n i h m S t r o h a u s r u p f t u n d dieses d e n H ü h nern u n d G ä n s e n ins N e s t l e g t 1 7 ) , v e r s t ä r k t die V e r m u t u n g , d a ß w i r es hier m i t einem Vegetationsdämon zu tun haben. D e r B ä r t r i t t j a h ä u f i g u n d g e r a d e um
Erbs (en)bär
887
F a s t n a c h t herum in dieser Funktion a u f 1 8 ) ; beim römischen K a r n e v a l wurde im 12. Jh. ein Bär umgeführt und getötet 1 9 ): dies der älteste Beleg für unsern oben erwähnten Brauch. Ob hier die Übernahme einer römischen Karnevalssitte vorliegt (was gut zum Verbreitungsgebiet passen würde) oder wir mit älteren, einheimischen Vorstellungen zu rechnen haben 2 0 ), wird erst eine Untersuchung der Geschichte der deutschen Fastnacht lehren können. Jedenfalls scheint der E. in den Fastnachtsbräuchen ein sinnvolleres Dasein zu führen als im Weihnachtsb r a u c h t u m ; an sich schon Fruchtbarkeitssymbol, v e r s t ä r k t er diese Eigenschaft noch durch seine Erbsenstrohmaske. 12 )
S a r t ο r i
RheinVk.
176;
Westfalen
146;
W r e d e
ZfrwVk. 11, 271 ff.; 13, 215;
S c h m i t z Eifei τ, I5f.; W r e d e EifelVh. 208; niederrheinisch: J a h n Opfergebräuche
87; Α η d r e e Braunschweig 333 = H o o p s Sassenart 39; schjesisch: F e h r l e Volks-
feste 1 39; D r e c h s l e r 2 , 2 1 4 : 1 , 5 8 . 160f.; ZföVk. 4, 268; s. hier 1, 893 ff.; G e s e m a n n Regenzauber 54 Anm. (mit Literatur); R o c h holz
Sagen 2, 278.
13 )
S art οri
Westfalen
146; D r e c h s l e r 1,160 f.; s. hier 1, 894 f. " ) RheinWb. 2, 150. " ) Μ a η η h a r d t 1, 499. 522 f.; s. hier 1, 894. " ) S c h u l e n b u r g 136. ") böhmisch: S a r t o r i 3, 117. 18) S. liier 1, 893 ff. l») Ebd. 1, 894.. " ) Ebd. 1, 892f.; vgl. auch S c h r ö d e r Rigveda 432. 3. Im E r n t e b r a u c h tritt der E. in doppelter Gestalt auf. a) W e r als letzter mit dem Ausdreschen fertig wird, erhält die bekannte Strohumhüllung, Hörner werden ihm aufgesetzt, er wird als Erbsenmockel zum Brunnen gef ü h r t und muß saufen 2 1 ), oder er geht als E. gabenheischend im E r n t e z u g 22 ). Das gehört in den weitschichtigen B r a u c h der letzten Garbe; Fruchtbarkeitszauber ist auch hier das Ziel, das Erbsenstrohkleid wesentlicher als die Bärengestalt. Fruchtbarkeitsmasbe 'Fastnacht I Brautzug Letzte Garbe
Weihnachts· PfingstPüngstI Ernteί Kirmes-
.
masKe
888
b) Im E r n t e z u g erscheint neben dem Haferbrautpaar, dem Schimmelreiter 23), dem Bärenweib und dem Bärenkind 24) auch der E., gewöhnlich hinter dem Erntewagen einhertrottend. Er spielt also keine wesentliche, ausschlaggebende Rolle; ähnlich wie in den Weihnachtsumzügen, dient er zur Motivverstärkung; sein A u f t r e t e n hier wird also sekundär sein. 21) M a n n h a r d t Forschungen 61. *') Ebd. 166. M) S o m m e r Sagen 160 f. " ) K l a p -
per
SchlesVk.
277.
4. Ahnlich wie zur Fastnachtzeit wird der E. als Strohpuppe am Ende der Kirmes, die er an dieser Stelle zu personifizieren hat, begraben 25 ); scheinbar ist diese Sitte v o m Fastnachtsbegräbnis hierher verpflanzt. In den Kirmesaufzügen erscheint er wieder neben anderen Masken ohne eigene Note und ohne innere N o t w e n d i g k e i t 2 e ) ; er wird hier nicht anders als im Erntemaskenzug zu beurteilen seift. A u c h zu P f i n g s t e n tritt er gelegentlich als Maske unter Masken a u f 2 7 ) . Wesentlicher ist sein Erscheinen im ostdeutschen B r a u t z u g , in dem er früher vor dem B r a u t w a g e n einher geführt wurde 2 8 ), ein deutliches Fruchtbarkeitssymbol, das allerdings wohl auch hierher erst von andern Fruchtbarkeitsriten übernommen wurde, aber doch seine sinnvolle Stellung bei der Verpflanzung voll bewahrte. Im rheinischen Schützenumzug am Sebastiansabend, wo er an der Spitze der Schützen einhermarschiert und v o n den B ä c k e r n seinen T r i b u t in Form v o n Weißbroten einfordert 2 8 ), scheint er die Rolle des Wappentieres zu spielen. Die E n t w i c k l u n g s g e s c h i c h t e des E.n 3 0 ) würde also, graphisch dargestellt, etwa so verlaufen: —'
wird
begraben
Fastnacht I Kirmes
Wappentier Sebastiansabend
889
890
Erbsenmutter—Erdbeben
ι ·) M e y e r Baden 233 ; M ü l h a u s e 70 f.; RheinWb. 2, 150. ") S a r t o r i 3, 250; D r e c h s l e r 2, 214. ") S o m m e r Sagen 155 f. • ) Niederlaus. Mitt. 1, 456 ff.; 2, 137 ff.; 13, 162; Β r u η η e r Ostd. Vk. 175. !*) RheiDWb. 2, 150. 30) Vgl. ferner: M a n n h a r d t Forschungen i n . 165 ff.; M e y e r German. Mythol. 103; M a n n h a r d t German. Mythen 238; D e r s . Götter 142; D e r s . 2, 353, 156; V o g t Weihnachtsspiele 89. Mackensen.
Erbsenmutter s. K o r n d ä m o n e n . Erbsichel s. S i c h e l . Erbsieb s. S i e b . Erbsilber s. S i l b e r . Erbstahl s. S t a h l , Eisen. Erbtuch s. T u c h . Erbzaun s. Z a u n . Erce. Das Wort erscheint in dreimaliger Wiederholung zu Anfang eines altenglischen Flursegens: erce. erce. erce. eorfcan m o d o r l ) . Man sieht gewöhnlich in E. einen Eigennamen und zwar den der Erdmutter, der Mutter Erde 2) oder den der Mutter der Erde, was freilich eine merkwürdige mythologische Anschauung voraussetzen heißt. Im ersten Fall m ü ß t e man e o r j i a n als einen epexegetischen Genitiv auffassen, wie in l a v i l l e d e P a r i s , die Tugend der Enthaltsamkeit, was im Altnordischen reichlich belegt ist 3 ). Man hat zu wenig auf einen Hinweis Grimms geachtet, der einen andern altenglischen Segen gegen Natterbiß beizieht: aercre aercre aernem nadre aercund hol aern, em nij>aern, wie Grimm liest 4), während Cockayne Acras. aercrae. aernem. nadre. aercuna hei. sernem. nipaern. gibt 6 ). Im Inhaltsverzeichnis dieses Arzneibuchs wird dieser Segen als s c y 11 i s c bezeichnet e ), und obwohl es bisher nicht gelungen scheint, denselben aus dem Gälischen oder Irischen zu deuten, ist es doch a m wahrscheinlichsten, daß wir es hier mit keltischen Zauberwörtern zu t u n haben, die sich vielleicht der Deutung auf immer entziehen werden '). ') G r e i n - W ü l c k e r Bibl. d. ags. Poesie 1, 314; C o c k a y n e Leechdoms, wortcunning and starcraft of early England 1, 402. 2) G r i m m Myth. 1, 210 ff.; G o l t h e r Mythol. 455; M a n n h a r d t Götter 317; R. M. M e y e r Religgesch. 308; Ε. Η. Μ e y e r German. Myth.
288 f.; Simrock Mythol. 516; Jahn Opfergebräuche 74; Döhring Etymolog. Skizzen 9; D i e t e r i c h Mutter Erde 16 f. 3 ) D e t t e r - H e i n z e l Saemundar-Edda 2, 23 zu V ö l u s p i 14, 7 askr Yggdrasils. *) G r i m m a. a. O. 2, 1034. ') C o c k a y n e a. a. Ο. 2, 112. *) Α. a. Ο. ίο. ') D a s einzige Wort, das anklingt, ist altirisch eichie, Zerfall, T h u r n e y s e n Handbuch des Altirischen 1, 451, w a s vielleicht als Anfang einer Verfluchung angängig wäre. Singer.
Erchtag s.
Dienstag.
Erdbeben. Solange die Menschheit in mythischem Denken befangen ist und die naturwissenschaftlichen Gründe f ü r Erscheinungen nicht kennt, stellt sie sich lebende Wesen als verursachende Mächte vor. So ist das E. nach der Anschauung der sog. Naturvölker in verschiedenen Erdteilen wie der Kulturvölker auf einer Frühstufe der Entwicklung entstanden aus der Bewegung starker, oft dämonisch vorgestellter Wesen; diese sind bald Götter, Dämonen, Riesen, vereinzelt die Mutter Erde, die t a n z t dann Schildkröten, Schlangen, Fische, Krebse, Eber, Stiere 2 ). Ein Mittelpunkt der Sagengebilde, die sich an solche Vorstellungen anschlossen, scheint in Indien gewesen zu sein; von dort wanderten sie einerseits (wohl in vorgeschichtlicher Zeit) nach Amerika, andererseits nach dem Westen bis nach Europa und nach dem Norden. Manche dieser Anschauungen wirken in unserem Volksglauben nach, auch in Büchern, die naturwissenschaftlich aufklären wollten 3 ). Dort ist ζ. B. der Fisch Zelebrant als Verursacher des E.s gen a n n t 4), vereinzelt auch der Walfisch s ). Oder das Volk erzählt unbestimmt von einem großen Tiere, das im Meer lebe und E. verursache e ). Eine ferne Verbindung mit dämonischen Wasserwesen ist in einer Sage aus K ä r n t e n 7 ) erhalten: Ein Drache grämt sich sehr, weil er von einer Nixe verschmäht wird. Als er dann sieht, wie diese verliebt ihre Arme um einen Burschen schlingt, schüttelt er sich vor W u t und schlägt mit dem Schwänze so heftig auf den Berg, daß dieser erbebt. Die Vorstellung, daß ein gefesselter Unhold die Erde erbeben mache, ist im
891
Erdbeere
germanischen Mythus auf Loki übertragen 8 ). Er ist in einer Höhle gefesselt. Ein wurmartiges Wesen träufelt ihm beißendes Gift ins Gesicht. Lokis Weib hält im allgemeinen durch eine Schale das Gift fern. Aber wenn die Schale voll ist und geleert werden muß, spritzt etwas Gift auf das Gesicht Lokis; dieser krümmt sich vor Schmerz. Davon erbebt die Erde. In christlicher Zeit denkt sich das Volk ein E. als Strafe Gottes für die Sünden der Menschen 8). Hier mögen da und dort biblische Erinnerungen nachwirken 10), im ganzen ist diese Annahme nicht notwendig. Das E. ist nach dem Volksglauben wie andere Übel zur Mahnung der Menschen von Gott geschickt. Vielfach wird es als ein göttliches Vorzeichen gedeutet, das auf kommende Übel hinweist 1 1 ). Öfters, so ζ. B. in Tirol, kündigt es einen kommenden Krieg an 12 ). Andererseits wird a'uch das E. durch besondere Vorgänge angekündigt. Solche Vorzeichen gehen vielfach auf die griechischen Donner- und E.bücher zurück 13 ), die auf orientalisch-astrologischen Anschauungen fußen und teilweise durch die Johannes-Apokalypse (Kap. 6), teilweise in apokryphen Schriften mittelbar (ζ. B. Paracelsus) und unmittelbar in deutschem Volksglauben nachwirken 14 ). An sich deutet in dieser astrologischen Schriftstellerei das E. nicht immer auf etwas Schlimmes, sondern zunächst auf etwas Bedeutendes, meist allerdings ist dies im schlimmen Sinne gemeint. Doch entscheidet für die ältere Zeit die Astrologie nach den Begleitumständen. Daß E. auf übernatürliche Weise angekündigt werden, findet sich noch vereinzelt in unserem Volksglauben. So hörte nach einer schweizerischen Sage ein Mann nachts seinen Namen rufen. Als er davon erwachte, sah er einen Geist mit einem Licht in der Hand in die Kirche gehen. Diese war bald hell erleuchtet. Kurz darauf entstand ein E . l s ) . Astrologische Anschauungen haben sich, wie in der Antike so auch später mit naturwissenschaftlichen Erklärungsversuchen verbunden. So leitete man die Dünste, die in unterirdischen Höhlen
892
entstehen, auf die Kraft der Gestirne zurück, „besonders des Streitgottes, der Mars heißt und des Helfvaters oder Jupiter wie auch des Saturnus, wenn sie in Konstellation stehen" l e ). Die Abwehrmaßnahmen gegen E. sind dieselben wie bei allen Übeln, die auf übermenschliche Mächte zurückgeführt werden, besonders Zauber und Gebet 1 7 ). Durch Anrufung eines mächtigen Namens wie Christus wird das E. zum Stehen gebracht 1 8 ). In Innsbruck bittet man um die Fürbitte des hl. Alexius 19). Es ist ihm für einen Tag ein Umgang gelobt. Ein Tiroler erzählt 2 0 ): „Einmal haben sie den ausgelassen, da hat die Erde so gebebt, daß in den Wirtshäusern die Gläser aneinandergeschlagen und zersprungen und verschüttet sind. Sie haben Nachmittag dann noch den Umgang gehalten, da hat das E. aufgehört. Heut und morgen wird auch deshalb hier ein Rosenkranz gehalten und Samstag eine Messe." ! ) R. ') D i e t e r i c h Mutter Erde 13. Lasch Die Ursache und Bedeutung der E. im Volksglauben und Volksbrauch. A R w . 5
(1902), 236—257.369—383; A n d r e e Parallelen ι (1878), 100ff. 301; T y l o r Cultur 1, 358; F r a z e r 5, 194 ff.; 12,252. ') Μ e g e η b e r g Buch der Natur 87. 91 f. *) Germania 13 (1868), 399 f. S. unten Zelebrant. s) SchwVk. 9, 7; ZfVk. 19 (1909), 199. ') ZfVk. 10 (1900). 62; 19 (1909), 198 f. 7) G r a b e r Kärnten 6. ') G r i m m Myth. 2, 681 f.; v. d. L e y e η Sagenbuch 1, 212; R. M. M e y e r
Religgesch.
237. ») L a s c h a.a.O. 378; R. C y s a t 27 f.; ZfVk. 19 (1909), 198. 10) Psalm 60, 114. u ) L a s c h a. a. O. 378 ff.; M e y e r Abergl. 145. ") ZfVk. 19 (1909), 189. ") Vgl. Geop. 1, 12. ") B o l l Offenbarung Joh. 18. 82 ff . ") K o h l r u s c h Sagen 240 ff. ") Μ e -
g e ηb erg
Buch der Natur 87.
")
Lasch
a. a. O. 380 ff. 18) ARw. 18, 1915, 17. ")άλέξειν = jemanden} gegen etwas beistehen. ,0) ZfVk. 19 (1909), 199. Fehrle. Erdbeere (Fragaria vesca). 1. Die Wald-Ε. l ), die im griechischen und römischen Altertum kaum beachtet wurde 2), erfreute sich ohne Zweifel bei den germanischen Völkern schon in vor·' geschichtlicher Zeit großer Beliebtheit 3 ) ( wie auch die Funde in den Schweizer Pfahlbauten der jüngeren Steinzeit beweisen 4). Auch verschiedene altertümliche Bräuche beim Sammeln der E.n
Erdbeere
893
894
2. Der volksmedizinischen Verwendung der E . scheint zum Teil der Glaube an ihre antidämonischen Eigenschaften zugrunde zu liegen. Tee aus E.blättern ist gut gegen allerlei K r a n k heiten und B e h e x u n g u ) . Gegen die Maienkrankheit gab man beim Austrieb des Viehes am letzten April (Walpurgi) Salz und E.stengel mit drei Blättern 1 2 ). Besondere Heilkraft haben die ersten im J a h r gefundenen E.n bzw. deren Blüten (s. Frühlingspflanzen). Die ersten Blüten soll man essen, dann bekommt man das Fieber nicht 1 S ). Ahnliches wird von den Slowaken (mit den ersten E.n wird das Gesicht gegen Sommersprossen bestrichen) 1 4 ), aus Wolhynien (gegen Gesichtsrose) 1 S ) und Kujawien (Vorbeugungsmittel gegen Frostbeulen) l e ) berichtet. Die E . n sind (als Umschlag) gut gegen erfrorene Glieder und Frostbeulen " ) . Die rote Farbe der E.n (Farbe der Frostbeulen) und der Umstand, daß zur E.zeit die erfrorenen Glieder am seltensten schmerzen, sind f ü r diesen Glauben wohl maßgebend gewesen 18 ). E.n am Sonnwendtag getrocknet und in Branntwein angesetzt sind gut gegen Mundfäule 1 9 ). Gegen Bleichsucht (rote Farbe der E.n) ißt man E.blätter, täglich um ein Blatt steigend bis zu der Zahl, die man noch vertragen kann und geht dann wieder bis zu einem B l a t t zurück M ). Tee aus E.wurzeln ist gut gegen den Bluthusten 2 1 ). Gegen „Mutter-Siecht u m " (Krankheit der Gebärmutter) wird ') M a r z e l l Kräuterbuch 451. «) S c h r ä - ein gebackenes Ei, das mit E.krautpulver bestreut ist, gegessen (Tirol) 22 ). E . n mit d e r Reallex.1 1 , 85. ') H e y n e Hausalter4 tümer 2, 1 5 1 . ) B u s c h a n Vorgesch. Botanik Salz vier Wochen in einem Hafen unter 188. 4) G r o h m a n n 93; B a u m g a r t e n der Erde vergraben und dann destilliert, Aus der Heimai 1862, 1 3 1 ; ZfVk. 1 1 , 53; vgl. gegen das Fell in den auch J a h n Opfergebräuche 206. ·) Magazin sollen ein Mittel Augen sein 2S ). Wer E.n an J a k o b i ißt, f. Literat, d. Auslandes 67 (1865), 40. ') SchwVk. 1, 23; 2, 97; 5, 81; SAVk. 8, 147; U l r i c h bekommt Beulen (Oberfranken) 24 ). Volksbotanik 20; Schweizld. 4, 1463; P a n z e r Beitrag 2, 1 3 ; F i s c h e r SchwäbWb.2, 773; " ) D r e c h s 1 e r 2, 210. " ) E b e r vgl. auch M a r z e l l Volksleben 28. ·) S c h ö n - h a r d t Landwirtschaft 217; ähnlich S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 203; Pollinger w e r t h Oberpfalz 1, 320. " ) H a l t r i c h (vgl. Beere, Heidelbeere), die als Rudimente eines Beerenopfers an die Waldgeister anzusehen sind, weisen auf die Bedeutung dieser Waldfrüchte f ü r den Urmenschen hin. Eine E., die dem Kinde beim Pflücken entfallen ist, gehört den armen Seelen (oder dem Teufel) und wird nicht mehr aufgehoben. Gehen die Kinder mit Beeren an einem Kreuz oder einer Feldkapelle vorbei, so opfert jedes drei Beeren 6). In Böhmen legten die Kinder von den gesammelten E . n eine Handvoll auf einen Baumstrunk und sprachen dabei: „Medulina (Melusina?), da hast du, du gibst es über das J a h r wieder" e ). Besonders in der Schweiz findet sich der Glaube, daß die E . n f ü r die Männer sehr gesund, f ü r die Frauen aber schädlich sein sollen. Daher soll ein Mann, wenn er eine E . sieht, v o m Pferd steigen, ein Weib (besonders das menstruierende) dagegen soll die E . zertreten 7 ). Vielleicht steht damit der Glaube in Zusammenhang, daß eine Schwangere 8) oder eine Mutter, der ihr K i n d gestorben, vor Johanni keine E.n essen dürfe, da sie sonst dem Kinde die „ F r e u d e abesse" oder das Kind im Himmel keine E . n bekomme, weil sie die Mutter schon gegessen habe*). Daß die E . n nicht sättigen, rührt daher, daß ein E.n sammelndes Kind unserm Herrn (oder der Gottesmutter), als es ihm im Walde begegnete und gefragt wurde, was es im Körblein habe, antwortete, es habe nichts darin 10 ).
Landshut 238 f.
·) MittnordbExc. 27, 295;
Siebenb. Sachs. 2 9 7 =
S c h u l l e r u s
Siebenb.
P e t e r österr.-Schlesien 2, 212; D r e c h s - Wb. 2, 234. " ) H o v o r k a u. K r o n f e l d 15 l e r 1, 295; ZföVk. 14, 123; M ü l l e r Di« 1, 125. ) Henrici Volksheilmittel 75. Deutschen in Mähren 1 8 9 3 , 3 2 6 ; G r o h m a n n " ) MschlesVk. 14, 70. " ) Schweizld. 4, 1463; 1 1 3 ; J o h n Westböhmen 110; Panzer Lammert 218; vgl. auch S i b i l l o t Beitrag
2, 1 3 ;
Toten 60.
10
vgl. S a r t ο r i
Speisung
der
) M e i e r Schwaben 250; ZfdMyth.
4, 415; R e i s e r Allgäu 1, 361; Bayer. Volksbot. 2 3 5 .
Marzell
Folk-Lore
3 , 490. " ) Η ö f 1 e r Oberbayern
121.
") B a u m g a r t e n Aus der Heimat 1862, 131. " ) F o s s e l Volksmedizin 125. " ) W i r t h Beitrag 6—7, 25. " ) ZfVk. 8, 171. »·) B o c k
895
Erde
Kreuterbuch 1551, 190 v = H ö f l e r Botanik 6t. M ) Bayerl. 20, 575; vgl. auch S c h m i t t Hetlingen 13.
3. Wenn die E.n schon an Pfingsten reif sind, so verspricht das eine reiche E r n t e 2 6 ) oder ein gutes Weinjahr 2 ®). — Wenn man von roten E.n träumt, wird man bestimmt Geld erhalten 2 '). " ) G o t t s c h e d Flora prussioa 1703, 75. Wander Sprichw. 1, 834; Fischer SchwabWb. 2, 773; vgl. Y e r m o l o f f Volks2 kalender 251. ') S t ο 11 Zauberglaube 142. Marzeil. ie )
Erde. 1. Die Tatsache, daß alle lebenden Wesen, Pflanzen, Tiere und Menschen Nahrung und K r a f t vom Erdboden haben, hat dazu geführt, daß im Glauben der Völker die Erdkraft als segenspendende Macht und als Hilfe gegen schädliche Gewalten angegangen wird, auch wo physisch keine Stärkung zu erwarten ist. Diese Macht ist bei manchen Völkern zu einer persönlich gestalteten Göttin geworden, die mütterlich aufgefaßt wurde. Die Mutter E. gebiert alles Leben. A u c h die Menschen stammen in letzter Linie von ihr ab und werden nach dem Tode wieder in ihren Schoß gebettet, um einst zu einem neuen Leben wiedergeboren zu werden. Diese Erdkraft ist, ob sie nun als eine unbestimmte Macht aufgefaßt wird, oder z u einer persönlich gestalteten Göttin geworden ist, nirgends ganz vom Dinglichen gelöst x ). Immer aber ist sie als eine weibliche K r a f t angesehen. Das wird deutlich veranschaulicht durch einen Brauch aus Siebenbürgen: Zur Abwehr der Dürre veranlaßt der Bauer eine Zigeunerin, sich am Johannismorgen nackt auf den Acker zu legen und zu rufen: Junger Sonnenherr, tu mir und dem, was um mich ist, keinen Schaden 2). Dadurch, daß das Weib nackt auf dem Acker liegt, ist es in unmittelbarster Verbindung mit der E., ja gehört ganz zu ihr, es stellt die weibliche, mütterliche Erde dar, die den Sonnengott um Erbarmen bittet. A m besten unterrichtet über diese Fragen Dieterich, Mutter E. Während Dieterich selbst in der ersten Auflage
seines Buches in der Hauptsache die persönlich gestaltete Mutter E. der alten Griechen und Römer behandelt und deutschen Volksglauben nur gelegentlich zur Erläuterung beizieht, ist in Nachträgen zu der jetzt vorliegenden 3. Auflage der Volksglaube aller Länder, auch der deutsche, ausgiebig behandelt; nicht nur der Glaube an eine persönlich gestaltete Mutter E. ist dabei berücksichtigt, sondern viele andere Glaubensäußerungen, die von der Erdkraft ausgehen, sind beigezogen 3). ') F e h r l e ]. ]. Bachofen und das Mutterrecht. Neue Heidelberger Jahrbücher 1927, 116. *) G o l d m a n n Cartam levare. Innsbruck 1914, 38. s) Vgl. D i e t e r i c h Mitkrasliturgie 143 f.; S a m t e r Geburt 1 if.
2. Bei den Griechen war die Γτ) μήτηρ eine alte Göttin, sie zählte aber nicht zu den Olympiern. Teilweise mag ihre Verehrung auf die eingesessene Urbevölkerung zurückgehen und von ihr auf das neue Griechenvolk übergegangen sein 4 ). Die Tellus mater oder Terra maier der Römer gehört zum ältesten Bestand der italischen Religion 6 ). Das germanische Volk verehrte mehrere mütterliche Gottheiten ®). Nach Tacitus Germania K a p . 2 ist der Urvater der Germanen, der Zwittergott Tuisto, von der E. geboren. Von ihm leiten sich alle Menschen a b 7 ) . Die germanische Göttin Nerthus stellt Tacitus der . römischen Terra mater gleich 8 ). Also werden ähnliche Glaubensvorstellungen und Kultgebräuche mit ihr verbunden gewesen sein, wie mit der römischen Erdmutter. Nerthus gehört zum nordischen Njörd. Freyr und Njörd sind als Götterpaar bezeugt. Sie feiern heilige Hochzeit und erwirken dadurch Segen im Lande. Überschaut man die Kultüberlieferungen, so erscheint die Nebeneinanderstellung der Nerthus und der römischen Mutter E. berechtigt und nicht nur äußerlich begründet 9). Diesen ältesten Zeugnissen für eine Erdgöttin können aus frühchristlicher Zeit Zaubersprüche der Angelsachsen angereiht werden: „Heil sei dir Erde, der Menschen Mutter, sei du wachsend in
897
Erde
Gottes U m a r m u n g , erfülle dich mit Frucht, den Menschen z u n u t z e ! " 1 0 ) . A u s späterer Zeit finden sich manche Spuren einer Verehrung der E. oder wenigstens gewisser Bräuche, die der E. gelten. Ob man dabei aber sich eine persönlich gedachte Macht vorgestellt hat, l ä ß t sich meist nicht entscheiden. Jedenfalls sind nicht all die Erdmütter, von denen man in unserem mythologischen Schrifttum liest, Gottheiten u ) . Die Möglichkeit einer persönlichen Vorstellung der Erdmacht kann angenommen werden bei Opfern: bevor man trinkt oder wenn man getrunken hat, gießt man ein paar Tropfen auf die E. 1 2 ). Es kann aber auch an irgendwelche dämonischen Mächte gedacht werden, die im Erdinnern hausen. Denn solche kennt der Volksglaube j a in Menge 13 ). Mehr persönlich ist die E., und zwar als Mutter, gedacht in Erzählungen, nach denen sie Tote, die geizig oder ungerecht waren 14 ), nicht aufnimmt. Ganz klar ist die persönliche A u f f a s s u n g in dem griechischen Glauben, daß die E. jemanden, der seine Mutter geschlagen habe, nicht a u f n e h m e 1 6 ) . Die Mutter E. tritt hier schützend für die menschliche Mutter ein. Andererseits sagt der Volksmund, wer mit dem Stock auf die E. schlage, der schlage seine M u t t e r 1 6 ) . Die E. schlagen sieht man deshalb als Sünde an " ) . Noch weniger darf im Schöße der heimischen Muttere. ruhen, wer sich gegen das Leben, das sie geboren hat, vergeht. In Maulburg (Baden) geht die Sage, eine H e b a m m e habe einst dem Teufel jedes 10. K i n d versprochen, bei dessen Geburt sie geholfen habe. Als sie gestorben war, habe man sie auf dem Friedhof beerdigt, wie andere Leute. A m anderen Morgen aber war der Sarg aus dem Grabe herausgeworfen. Dies geschah mehrmals. Denn ,,der Bode het sie ebe nit d o l t " . Sie mußte als Gespenst umgehen. So durfte im alten Griechenland ein Mörder nicht im Schöße der heimischen E. begraben werden; man warf ihn über die Grenze 1 8 ). ·) D i e t e r i c h Mutter E. 3 6 » . ; E. M a a s s NJbb. 14, 547 ff. ') D i e t e r i c h 73 ff. «) M u c h ZfdA. 65 (1928), 43 f f.; D i e t e -
rich
898 16 f f .
Tacilus
') F e h r 1 e
Germania
ff. ·) Ebd. 101 ff. ·) D i e t e r i c h ist S. 16, W i s s o w a folgend, vielleicht zu vorsichtig, wenn er die Nerthus ganz von seinen Betrachtungen fernhält. 10) H o o p s Reallex. 1, 625; D i e t e r i c h 16; MschlesVk. 13—14 ( 1 9 1 1 — 1 2 ) , 523; ZfVk. 14 (1904), 39.") D i e t e r i c h 16 ff.; G o l t h e r Mythologie 454 ff.; G r i m m Myth. 1, 534; 3, 183; H e l m Reltg.· 1929, 58
gesch.
1 , 2 2 9 I ; H ö f l e r Fastengebäche
Opfergebräuche
341; L i e b r e c h t
7;
Z.
Jahn
Volksh.
332. 410 f.; M a n n h a r d t 315; R. M. M e y e r Religgesch. 287. 308; MschlesVk. 18, (1907), 15 f.; S i m r o c k Mythologie 182. 6 1 5 ; W e i η h ο 1 d Frauen 2, 335; Wundt Mythus u. Religion 2, 485; ZfVk. 9 (1899), 2; 14 (1904), 139. 145.
116. 279; garten §427.
zer
Aus
Jahn
der Heimat
") H e l m 12, 252;
(1898), 139.
bel
12 )
Drechsler
14)
Religgesch.
Urquell
Opfergebräuche
2, 153; B a u m 1, 42; W o t t k e 1,32 f.;
4 (1893), 160;
Fra-
ZfVk.
8
A l e m a n n i a 12 (1884), 18; W a i -
u. F l a m m 2, 2 7 1 ; B a a d e r VolksR o c h h o l z Sagen 2 , 1 2 9 . 1S) ARw. r7> 35 2 · l") L i e b r e c h t Z. Volksh. 332. ") D r e c h s l e r 2, 153. *·) Hmtl. io, n o f . ;
sagen 28;
L i 1j e b 1a d
Tobiasgesch.
107.
3. Die Geburt eines Kindes ließ man auf der E. erfolgen oder legte das Neugeborene nach der Geburt auf die E., damit die Erdkraft auf das junge Leben überströme. Diesen Brauch kennen Völker der verschiedensten Länder 1 9 ). Mehrere Begründungen werden v o m Volke dafür gegeben. Das K i n d soll durch das Niederlegen auf die E. stark und k r ä f t i g werden ao ). Wenn das K i n d auf den Stubenboden gelegt wird, so ist das soviel wie auf die E . ; denn der Boden war j a in alter Zeit gestampfte E. Durch das Legen auf den Boden soll das K i n d in der Schweiz demütig w e r d e n 2 1 ) . Manche Leute im Erzgebirge verwerfen den Brauch, weil das K i n d durch ihn zum Dienen bestimmt werde; andere glauben, daß es durch dies Niederlegen fleißig werde 22 ). Öfters wird das Kind auf den Boden unter den Tisch 23) oder unter die B a n k gelegt 2 4 ), damit es ordnungsliebend, wirtschaftlich, wohlhabend, fleißig werde, sich überall gut einlebe, kein Heimweh bekomme, nie den Geistern verfallen sei 2 S ). Vor dem Niederlegen wird in Schlesien mit dem K i n d ein R u n d g a n g um den Tisch gemacht 2e ). Die zuletzt gegebenen Erklärungen sind spätere Deutungen eines nicht mehr
899
Erde
in seinem ursprünglichen Sinne verstandenen Brauches. Das Niederlegen auf die E. soll bewirken, daß die Erdkraft auf das Kind übergehe. Dasselbe wird bewirkt, wenn dem Kinde E. in die Wiege gelegt wird Auf einer höheren Stufe der religiösen Entwicklung, auf der die Erdkraft zu einer weiblichen Gottheit geworden ist, faßte man das Niederlegen als eine Weihung an die Mutter E. auf. Gelegentlich können die Volksbräuche auch verblaßte Erinnerung an solche Weihung sein M ). Dieterich ging beim Niederlegen des Kindes von der Weihe an die Erdmutter aus. Dieser Gesichtspunkt darf aber, wie Deubner, Goldmann u. a. hervorgehoben haben, nicht so verallgemeinert werden. Denn Kinder werden nicht nur nach der Geburt auf die E. gelegt. Wenn bei den Siebenbürgener Sachsen die Mutter den ersten Donner hört, legt sie ihre Kinder auf die E., damit sie stark werden anderswo läßt man zum selben Zweck Kinder öfters auf der E. schlafen s o ), Kranke werden zur Stärkung auf die E. gelegt 3 1 ). Das nach der Geburt auf die E. gelegte Kind wird mancherorts vom Vater aufgehoben und damit als sein Kind anerkannt. Anderswo besorgt das Aufheben die Hebamme. Darauf wird ihre Benennung zurückgeführt 3 1 a ). Auch eine andere Verbindung mit der E. erstrebt man zur Stärkung schwacher Kinder: man gibt ihnen Namen, die mit E. zusammenhängen, wie Erdmann, Erdmut. Dadurch sind sie vor frühem Tode bewahrt 32 ). " ) D i e t e r i c h Mutter E. 6 ff.; S a m t e r Geburt 1 ff.; D i e t e r i c h Kl. Sehr. 3 1 2 f.; G o l d m a n η 38 ff.; A R w . 9, 144 ff. 290; ZfrwVk. 1 9 1 3 , 161 f.; S a r t o r i Sitte und Brauch 1, 2 5 ; S e l i g m a n n Blich 2, 378; Urquell 2 (1891), 20; ZfVk. 21 (1911), 417. 20 ) Drechsler 1, 1 8 3 ; 2, 1 5 2 ; 2, 204; W u t t k e § 580. « ) SAVk. 8, 144 Nr. 69. ") J o h n Erzgebirge 49. ") D r e c h s l e r 1, 107 f.; Hoffmann-Krayer 24; Urquell N.F. 1 (1897), 8 f. " ) R o c h h o l z Kinder lied 280. ") H ö h n Geburt 260. " ) D r e c h s l e r 1, 197. G a ß η e r Meta tersdorf 19. ) Vgl. dazu meine Erörterung der verschiedenen Ansichten in Dieterichs Mutter E. 1 3 2 f. 2») G ο 1 d m a η η 47.
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ZföVk. 10 (1904), 99. " ) G ο 1 d m a η η 43. ) D i e t e r i c h 6 ff. und G ο 1 d m a η η 44 wollen auch die Bezeichnung Erdmutter für Hebamme auf das Aufheben des Kindes von der E . zurückführen. Doch dagegen sind zweierlei Bedenken zu erheben. Die Bezeichnung Erdmutter für Hebamme ist mir aus Deutschland nicht bekannt, sondern nur als Übersetzung des norwegischen Wortes jordgumma. Ob eine Bezeichnung, die Erdmutter bedeutet, auf das Aufheben des Kindes von der E . zurückgeführt werden kann, ist mir zweifelhaft. Man erwartet doch, daß die Frau nach ihrer Tätigkeit benannt werde, nicht nach dem Ort, von dem sie das Kind aufhebt. Ist die Bezeichnung Erdmutter für Hebamme richtig, so könnte ich mir die Entwicklung so denken: die Menschen sind nach altem Glauben Kinder der Erdmutter. Als dieser Glaube geschwunden war, ging die Bezeichnung Erdmutter auf die Hebamme über, die die Kinder aus dem Schöße der E . hervorholt, wie man den neugierigen Geschwistern erzählte. M ) D i e t e r i c h Mutter E. 10; D e r s . Kl. Sehr. 3 1 4 ; D r e c h s l e r 2, 1 5 2 ; S e l i g m a n n Blick 2, 39; W u t t k e § 12. Sla
4. Den Segen der Erdkraft durch Anrühren läßt man nicht nur Kindern zukommen, sondern jedem hilfsbedürftigen Menschen, Tier, j a auch leblosen Gegenständen 33 ). Unter der Ε., ζ. B. im Keller, ist man vor Behexung sicher M ). Um ein Kind gesund zu machen, gräbt man mehrere Rasenstücke aus und stellt sie so auf, daß sich zwischen drin ein hohler Raum bildet. Durch diesen wird das Kind unter Stillschweigen dreimal durchgezogen (s. d.) ss ). „Vergifftung der Glieder" heilt man mit Milch- und Erdbestreichung; so setzte ein Knabe, den eine Otter gebissen hatte, seinen Fuß in einen Topf voll Buttermilch und steckte ihn nachher drei Stunden in frische E. 3e ). Den Kühen stopft man etwas E. ins Maul, um sie gesund zu erhalten 37 ). Bei Vermessung eines Kranken werden zwei Bindfäden kreuzweise auf ungeackerten Boden gelegt, darüber wird der Kranke gemessen, die E. hierunter wird für ein Krankenbad abgegraben se ). Wer den Schlucken hat, soll ein Klümpchen E. essen 3e). In Krankenzimmern wird frische E. auf dem Ofen angebracht, weil ihre Ausdünstung für die Kranken gesund sei 40). In Hessen zieht man bei Beginn der Frühlingsarbeit drei Furchen auf dem Acker, dann reibt man den Pferden die Brust mit drei
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Händen voll frisch umgepflügter E., damit das Geschirr das Jahr über sie nicht wund r e i b e D e r Lehmpastor in Mörs verordnet seinen Kranken das Schlafen auf bloßer E. 42 ). Der Zauber, der von der Verbindung mit der E. erwartet wird, kann durch besondere Umstände verstärkt werden, so, wenn er stattfindet, bei den ersten Zeichen des kommenden Sommers: man legt sich auf die E., wenn man die erste Schwalbe oder Bachstelze sieht oder den ersten Donner hört 43). E., die unter der Dachtraufe ausgegraben ist, galt im MA. als Hilfsmittel gegen das Beschreien. Der Kranke wurde, auf dem Fußboden sitzend, mit einem Laken bedeckt, dreimal kreuzweise mit E. beworfen **), oder die E. wird nach der Rockenphilosophie für Beschrieene „ v o n der Gemeine" genommen 4B). Man schleift Kranke auf der E. an Kreuzwegen 4 '). Bei manchen Heilbräuchen handelt es sich weniger um die Überführung der Erdkraft auf den Menschen, als um Beseitigung des Übels durch Übertragung oder Vergraben in die E. 47 ). Auch Arzneien werden in die E. vergraben, um ihre Wirkung zu erhöhen **). Andrerseits darf man gewisse Dinge nicht auf die E. bringen, um ihnen ihre Zauberkraft nicht zu nehmen. Denn die stärkere ErdHraft würde bei Berührung die diesen Dingen innewohnende K r a f t brechen 4e ). So muß man in Sachsen eine Nadel oder einen Nagel, die man im Freien findet, erst dreimal in die E. stecken,bevor man sie zu sich nimmt. Durch die Berührung mit der E. ist alle schädliche Macht, die an den Gegenständen haften könnte, vernichtet »). **) F r i e d b e r g Bußbücher 75; L a m mert 32; L i e b r e c h t Gervasius 88 f.; R o c h h o l z Sagen 2, 48; W u t t k e § 4 1 1 ; Z f V k . 18 (1908), 378; bes. G o l d m a n n 31 ff. ») W u t t k e § 416. «) Z f V k . 7 (1897), 45. *·) S e y f a r t h Sachsen 259. " ) B i r l i n g e r Volksth. 1, 471; Κ e i s e r Allgäu 2, 1 1 7 ; Strackerjan 2, 117. * ) H o v o r k a und Κ r ο η f e 1 d 2, 51. ·») ZfrwVk. 1 (1904), 96. " ) L a m m e r t 32. «) Z f V k . 14 (1904), 143; S a m t e r Geburt 6. " ) G o l d m a n n 36. Vgl. den Tempelschlaf der Griechen: D e u b n e r De incubatione. Diss. Gießen 1899.
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" ) S e l i g m a n n Blick 2, 38 f.; W u t t k e § 117. 455. 535; S e y f a r t h Sachsen 248. 259; G r i m m Myth. 3, 441. " ) S e l i g m a n n Blick 1, 281. " ) S e y f a r t h Sachsen 259. «·) F r i e d b e r g Bußbücher 28. *') B a r t s c h Mecklenburg 2,388; S t r a k k e r j a n 2, 117. " ) L a m m e r t 32. 178. *·) G o l d m a n n 49 f.; G r o h m a n n 1 5 1 ; Wuttke § 511. ») S e y f a r t h Sachsen 183. Vgl. B o h n e n b e r g e r 19.
5. Als sehr wirksam gegen Krankheiten und Übel anderer Art gilt E., die mit Toten in Verbindung war 51 ). Hier können zwei Gesichtspunkte ausschlaggebend gewesen sein: einmal ist ganz allgemein die Zauberkraft der E. verstärkt, wenn sie mit etwas in Verbindung gebracht wird, das auch für sich zauberische K r ä f t e enthält, so alles was vom Friedhof kommt. Dann aber spielt in der Volksmedizin die Verbindung der Krankheit mit dem Tod eine große Rolle: Die Krankheit soll absterben. Wenn Warzen durch Berührung mit E. von einem frischen Grab geheilt werden M ), so kann das aus denselben Beweggründen entstanden sein, wie das Besprechen der Warzen, während eine Leiche zum Friedhof getragen wird. In Baden wird E. von einem frischen Grabe gegen Gichter verwendet M ) ; Friedhof-E. (s. d.) in den Viehstall gestreut, bewahrt das Vieh vor K r a n k h e i t M ) ; fressen die Schweine nicht ordentlich, so geht man in Mecklenburg nach Sonnenuntergang schweigend zum Friedhof, holt eine Handvoll E. vom Grabe des zuletzt Verstorbenen und legt sie den Schweinen in den Trog M ) ; gegen den bösen Blick legt man Kindern Friedhof-E. unter das Kopfkissen, Knaben vom Grabe eines Knaben, Mädchen von einem Mädchengrab M ). Ein Mann aus Lauterbach im Vogtland holte in der Karfreitagsnacht oder am Weihnachtsheiligenabend auf dem Friedhof E. von den drei frischesten Gräbern, band diese um den Körper von Epileptikern und heilte sie so i r ). Friedhof-E., die in der Weihnachtsmitternacht geholt ist, schützt in der Altmark vor jedem Ungeziefer, wenn man sie in der rechten Tasche trägt, aufs Herz gelegt, heilt sie in Tirol Brustleiden. ") H e y l Tirol 809; W u t t k e § 117. 186; Z f V k . 7 (1897), 46; 13 (1903), 384; K u h n
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Westfalen 2, 64 Nr. 196. ") W u t t k e § 513. ·*) M e y e r Baden 40. M) S t r a c k e r j a n 1, 66. ") B a r t s c h Mecklenburg 2, 157. ") S e Ii g m a η η Blick 2, 38. «) K ö h l e r Voigtland 415.
6. E. ist in der mannigfachsten Weise verwendet, um eine zauberische Wirkung hervorzubringen. Gegenstände, die auf die E. gelegt werden, erhalten Dauerhaftigkeit, ζ. B. ein Pergament, auf das eine Urkunde geschrieben werden soll, sowie die zum Schreiben derselben bestimmte Feder und Tinte. Das feierliche Aufheben des Pergaments von der E. nannte man cartam lev are M). Wenn in der Oberpfalz das Brot eingeschossen ist, wirft man mit jeder Backschüssel drei Hände voll E. auf die Kohlen, dann wächst das Brot im Ofen 6 9 ). Beim Krautstecken werden die Mädchen von den Burschen mit E. beworfen, die Burschen von den Mädchen beim Krautackern 60). Ein Schatz, den niemand heben konnte, wurde von einem Kapuziner gehoben, der ein Taschentuch voll E. bei sich hatte β1 ). E., die unter dem Herde oder am Scheideweg ausgegraben wird, kann zum Zaubern verwendet werden ®2). Die Sennerinnen nahmen einst E. vor der Türe der Sennerei und gaben sie mit Salz gemischt den Tieren zu fressen ®3). Wenn die wilde Jagd kommt, soll man sich mit E. beschmutzen oder auf die E. legen e4 ). Dieser Brauch ist vielleicht weniger dem Bestreben zuzuschreiben, bei der Zauberkraft der E. Schutz zu suchen, als sich vor dem Totenheer, das gerne Lebende mitreißt, zu verbergen und sich seinem bösen Blick zu entziehen. Beide Beweggründe mögen sich da und dort gemischt haben 65). E. wird unter das Bienenfutter gemischt, damit die Bienen sich von ihr angezogen fühlen, d. h. niedrig fliegen ββ ). Ε., die von Maulwürfen aufgewühlt ist, fördert die Bienen e7 ). A m wirksamsten ist auch hier Friedhof-E. Ins Hemd eingenäht, befreite sie einst bei der Musterung vom Militärdienst ββ). Wenn ein Mann sich frei losen wollte, ging er um Mitternacht zwischen 12 und 1 Uhr, nahm drei Messerspitzen
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voll E. von einem frischen Grabe, warf diese in die Losetrommel, dann loste er sich frei w ). Die Gerstensaat ist vor Sperlingen sicher, wenn man am Karfreitag drei Hände voll E. aus drei verschiedenen Gräbern unter sie mischt 70). Vor Sonnenaufgang umschreitet die Bäuerin nackt den Acker und streut von Zeit zu Zeit E. (oft vom Friedhofe geholte) mit Asche vermischt über das Feld 71 ). Bisweilen holte man E. vom Grabe eines Enthaupteten oder sonst durch gewaltsamen Tod Verschiedenen 72 ). ») G ο 1 d m a η η 31 ff. ") W u 1 1 k e § 620. J o h n Westböhmen 198. «) S c h m i t t Hetlingen 8 Nr. 10. «) ZfVk. 7 (1897), 249; ,3) L i e b F r i s c h b i e r Hexenspr. 5. r e c h t Z. Volksk. 316. **) D r e c h s l e r 2, 152.160; G r a b e r Kärnten 81; K ü h n a u ,0)
Sagen
2, 481.
728;
Wolf
Beitr.
2,
159.
•5) ObZfVk. 1 (1927), 34 ff. ··) S t r a c k e r j a n 2> 117 Nr. 344. «) ZföVk. 5 (1899), 189; ZfrwVk. 6 (1909), 196; W u t t k e § 117. M) S e y f a r t h Sachsen 259. OT) B a r t s c h Mecklenburg 2, 349. ,0) D r e c h s l e r r, 89; ZfrwVk. 4 (1907), 222. ™) Κ η u c h e 1 81. ") B a r t s c h Mecklenburg 2, 28. 68. 7. Leute, die sich auf die Zauberkunst verstehen, wissen die Erdkraft zu ihren Zwecken viel mehr auszunützen als ein gewöhnlicher Mensch. Deshalb hält man Zauberer und Hexen, die man wegen ihrer Künste verurteilt, von der E. fern 7 3 ). Man hält derartige Menschen in Ketten gefesselt, über der E. schwebend gefangen 74) oder führt sie in einem Kupferkessel zur Richtstätte. Als ein Zauberer in der Schweiz so hinausgeführt wurde, liefen die Kinder nebenher und gaben dem Gefangenen Brot in den Mund. Ein Stücklein Brot fiel zur E. Die Kinder hoben es auf und reichten es ihm wieder. Es haftete aber etwas E. daran. Dadurch bekam der Zauberer wieder Macht und befreite sich. Er wurde später erneut gefangen. Auf dem Weg zur Gerichtsstätte ermunterte er die Kinder, ihn mit E. und Steinen zu bewerfen. Er habe nichts Besseres verdient. Doch das Gericht hielt diesmal die Kinder fern. Und der Zauberer konnte im Kupferkessel verbrannt werden 7S ). Eine Hexe, die man ergriffen hatte, rief einem Knaben, er möge ihr drei Handvoll E. zuwerfen. Der Knabe
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t a t dies. Die H e x e erhielt dadurch ihre Z a u b e r k r a f t und konnte entweichen. E r s t nachher f i n g man sie durch eine L i s t wieder ein. Ein F u h r m a n n , der an ihrer W o h n u n g vorbeifuhr, überreichte ihr einen Brief. A l s sie durchs Fenster nach diesem griff, p a c k t e er sie an den A r m e n und zog sie auf seinen W a g e n , ohne daß sie die E. berührte. Sie w u r d e s a m t dem „ K a i b e n w a g e n " v e r b r a n n t ' 6 ) . W e r einen gebannten B a u m besteigt, k a n n nicht mehr herunter, bis der B a n n e n d e selbst ihn herabgehen heißt oder er E. a u f z u nehmen v e r m a g 7 7 ) . '*) R a d e r m a c h e r Venus in Ketten WestdZ. 24, 219 f f . ; G o l d m a n n 48 f.; Baader Volkssagen 13; Grimm Myth. 2, 899; 3, 167. 444; H a u p t Lausitz 1, 196; H e c k e n b a c h de nuditate 45; Η e y 1 Tirol 172. 183. 184; M e i c h e Sagen 492 Nr. 639; 500 Nr. 649; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 2, 155. 159. 1 6 1 ; R o c h h o l z Sagen 1, 379; S c h e l l Bergische Sagen 287 Nr. 53 d ; V e r n a l e k e n Alpensagen 125; Waibel u. F l a m m 2, 1 7 4 ; Z f V k . 2 (1892), 195. '*) R o c h h o l z Sagen i , 379. " ) P a n z e r Beitrag 2, 1 1 4 ; v g l . Η e y 1 Tirol 438 Nr. 128; 173 Nr. 81; 306 Nr. 122; D r e c h s l e r 2, 153; Κ ü h η a u Sagen 1, 198 f ; 3, 13; W o l f Beitr. 2, 211 f. '«) S A V k . 2, 107 f. 1 1 2 ; T h . Η u m ρ e r t Der A mtsbezirk Schönau i. W. (1920), 63 Nr. 6. " ) R ο c h h ο 1 ζ Sagen 1, 78.
8. A u s der E. sucht m a n seit alter Zeit die Z u k u n f t zu erforschen 7 8 ). Im deutschen V o l k e findet sich der G l a u b e in v e r schiedenster A r t . G e h t m a n in Schlesien in der Christnacht auf ein Weizenfeld, zeichnet dort mit geweihter K r e i d e ein Dreieck auf den B o d e n und legt das Ohr auf die E., so erzählt eine S t i m m e , was im neuen J a h r v o r k o m m e n wird. Die L e u t e nennen das Weizenhören 7 *). E b e n so kann man in U n g a r n in der Christoder N e u j a h r s n a c h t zur mitternächtlichen S t u n d e die Z u k u n f t erfahren, w e n n man an einem K r e u z w e g oder auf einem B e r g e das Ohr auf die E. legt 8 0 ). ,s) D i e t e r i c h Mutter E. 60; R o h d e Psyche 2, 432; F e h r l e Keuschheit 7 9 f t . ; Küster Schlange 122 f.; Grimm Myth. 3, 416 Nr. 9; M a n n h a r d t Forschungen 60; A g r i p p a v. N e t t e s h e i m 5, 60 f f . '») D r e c h s l e r 1, 26. 80) Z f V k . 4 (1894),
315 f-
9. S t a r k bindende W i r k u n g h a t die H e i m a t - Ε . W e r mit ihr v e r b u n d e n ist,
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bleibt mit der H e i m a t v e r w a c h s e n und ist in der F r e m d e sicher vor Gefahren und v o r allem v o r H e i m w e h . Deshalb gibt m a n den in die Ferne Ziehenden H e i m a t - Ε . mit oder sogar E. b z w . S t a u b aus den vier E c k e n des Hauses. M a n n ä h t ihnen diese Zaubermittelchen, die sie an die H e i m a t binden, in die K l e i d e r ein, gibt sie ihnen, meist heimlich, v o r dem Scheiden im Essen oder T r i n k e n oder p a c k t sie ihnen in den K o f f e r 8 1 ) . W e n n man Vieh ausw ä r t s k a u f t , gibt man ihm, sobald man die Dorfgrenze überschritten hat, e t w a s E. aus der H e i m a t g e m e i n d e ins Maul 8 2 ). A u c h w i r f t man E. v o n der ersten F u ß spur auf dem H e i m a t b o d e n hinter sich über die Grenze, u m nicht b e h e x t zu w e r d e n 8 3 ) . H a t man E. v o n einem G u t , so k a n n man einen S c h a t z , der dort begraben ist, heben 8 4 ). Ü b e r h a u p t gibt die B e r ü h r u n g mit der E. eines Bezirkes A n r e c h t auf denselben. Hier darf an die zahlreichen Sagen erinnert werden, nach denen ζ. B . ein Schultheiß oder ein B a u e r bzw. Gutsherr E. aus dem N a c h b a r g u t in seine S c h u h e n i m m t und schwört, er stehe auf eigenem B o d e n 8S ). ") V o r d e m f e l d e Religion 70 f f . ; F e s t schrift für Marie Andree-Eysn 59 f f . ; D r e c h s l e r 2, 153; F o g e l Pennsylvania 151 Nr. 708; 152 Nr. 7 1 3 ; Z f V k . 23, 283; Wolf Beitr. 2, 396 f. •·) E b e r h a r d t Landwirtschaft 1 5 ; K u h n Mark. Sagen 380; Kuhn und S c h w a r t z 446 f. •·) Z f V k . 4 (1894), 43. M ) Z f ö V k . 4 (1898), 230. " ) R o c h h o l z Sagen 2, 49; W i t z s c h e l Thüringen I , 31 f. 36 f · 423-
10. Mit einer eigenartigen H u l d i g u n g ist die B e r ü h r u n g mit der E. v e r b u n d e n in der Sitte, sie zu küssen. W e r dies in Mähren beim ersten Donner im Frühling dreimal tut, wird nicht v o m B l i t z get r o f f e n 8 6 ) . In der O b e r p f a l z k ü ß t m a n die E. dreimal, w e n n m a n Brot h a t fallen lassen 87 ). ··) G r o h m a n n 40. e ') S c h ö n w e r t h Oberpfalz r, 403 Nr. 2; vgl. B o e d e r Ehsten 139; C a m i n a d a Friedhöfe 26; Osenb r ü g g e n Studien 416; G r i m m Myth. 1, 534; S i m r ο c k Mythologie 22.
11. W e i t v e r b r e i t e t ist die Sitte, sterbende Menschen auf die E. zu legen. Vielf a c h holte man sie besonders zu diesem
Erdfloh—Erdleute, -männchen, -weiblein
9°7
Z w e c k e w ä h r e n d des T o d e s k a m p f e s v o m B e t t e h e r u n t e r u n d l e g t e sie auf die b l o ß e E. 88 ), oder m a n l e g t e d e m S t e r b e n d e n (s. d . ) E . in den M u n d w ) , a u f die B r u s t oder u n t e r das K i n n 9 0 ) . In v i e l e n L ä n d e r n ist es B r a u c h , bei der B e e r d i g u n g m i t e i n e m S c h ä u f e l c h e n d r e i m a l E . ins G r a b h i n a b z u w e r f e n e l ) . In W i e r l a n d s c h i e b t m a n m i t d e m l i n k e n F u ß d r e i m a l E . a u f d e n S a r g , u m die „ H e i m g ä n g e r " abzuhalten92). A n manc h e n O r t e n sollen die V e r w a n d t e n k e i n e E . in das G r a b w e r f e n , s o n s t m ü s s e n sie nachsterben. Anderswo ist dies nur K i n d e r n v e r b o t e n a m G r a b e der E l t e r n 9 3 ) . N a c h s c h l e s i s c h e m G l a u b e n s t i r b t der V e r w a n d t e zuerst, der m i t d e m W e r f e n der E . a u f d e n S a r g b e g i n n t 9 4 ) . In B a y r e u t h d a g e g e n h a t a n d i e s e m der T o d k e i n e n T e i l 9 5 ) (s. B e g r ä b n i s I, 6). D i e v o n der W i s s e n s c h a f t g e g e b e n e n E r k l ä r u n g e n f ü r diese B r ä u c h e sind v o n G o l d m a n n z u s a m m e n g e f a ß t : er s e l b s t g l a u b t , d u r c h die V e r b i n d u n g m i t der E . solle d e r e n Z a u b e r k r a f t d e n Schwerk r a n k e n das S t e r b e n e r l e i c h t e r n . N a c h D i e t e r i c h k a n n der S t e r b e n d e in dieser V e r b i n d u n g l e i c h t e r e i n g e h e n in d e n S c h o ß der M u t t e r E . , die ihn einst z u e i n e m n e u e n L e b e n w i e d e r g e b i e r t . Sie ist i n d i e s e m F a l l e f a s t i m m e r die H e i m a t - E . D e s h a l b h a b e n in K r i e g e n v e r s c h i e d e n s t e r Z e i t u n d in m e h r e r e n L ä n dern, a u c h i m W e l t k r i e g 1914— ö f t e r s S o l d a t e n E . a u s der H e i m a t bei sich g e t r a g e n , u m d a r a u f b e e r d i g t z u w e r d e n , f a l l s sie s t e r b e n sollten β β ). J u d e n h a b e n b i s w e i l e n E . a u s P a l ä s t i n a , auf der sie s t e r b e n w o l l e n 9 7 ) . S a m t e r b e t o n t bei seiner E r k l ä r u n g solcher B r ä u c h e die Verbindung mit dem Totenreich. M)
D i e t e r i c h Mutter E. 26 ff.; G o l d m a n n 40 ff.; H e c k e n b a c h De nuditate 46; ZfrwVk. 5 (1908), 247. ") ZfVk. 26, 372 ff.; Κ ο η d ζ i e 11 a Mettersdorf 86;
Volksepos t.2 i. S e y f a r t h
M)
G a ß η e r Sachsen 28;
W u t t k e § 724; Z f V k . 18, 378. ·«) G r i m m Myth. 3, 458 Nr. 699; H ö h n Tod 346; John Westböhmen 176. 255; Köhler Voigtland 254; L a m m e r t 107; M e y e r Baden
594;
Sartori
150; S c h r a m e k
Sitte und
Brauch
1,
Böhmerwald 229; S A V k .
24 (1922), 163; W r e d e
Rhein.
Volhsk.
Z f V k . 6 (1896), 410; 14 (1904), 3°;
18
141;
(1908),
378; Sitte
908
H ö h n Tod 322. 348. ·») S a r t o r i u. Brauch 1, 150. , s ) Urquell 3, 52.
") D r e c h s l e r ··) B ä c h t o l d
D i e t er i c h 361.
1, 304. " ) L a m m e r t 106.
Deutsch. Soldatenbrauch
Mutter E. 136 f.
16 f.;
·') A R w . 17, Fehrle.
E r d f l o h , k l e i n e r K ä f e r a u s der F a m i l i e der B l a t t k ä f e r ( C h r y s o m e l i d a e ) , der d u r c h A b f r e s s e n der K e i m b l ä t t e r u n d z a r t e n Erstlinge oft ganze Saaten zerstört. Eine R e i h e v o n A b w e h r m i t t e l n w a r e n oder sind g e g e n i h n i m G e b r a u c h e . D i e „ N e u eröffnete Schatzkammer" (Nürnberg 1 7 0 1 ) S. 527 *) u n d das „ G r a b des A b e r g l a u b e n s " 5 (1786), 3 1 6 e m p f e h l e n , d a ß man a m rechten Fastnachttage Sauerk r a u t k o c h e n u n d d a s G e s i n d e essen l a s sen solle. D i e K r a u t s c h ü s s e l soll m a n darn a c h ( u n g e w a s c h e n ) a u f h e b e n bis m a n s ä e n will, a l s d a n n den R e t t i g s a m e n oder w a s m a n s o n s t s ä e n will, d a r e i n t u n , so b e i ß t ' s k e i n E . In der O b e r p f a l z 2 ) r ä t m a n , d e n S t a l l d ü n g e r v o r der S o n n e (also n o c h n a c h t s ) auf d e n M i s t h a u f e n z u b r i n g e n , d a n n d u l d e t er, w e n n d a m i t das Feld gedüngt wird, keine Erdflöhe und m a c h t das E r d r e i c h f r u c h t b a r . B e i d e n Pennsylvania-Deutschen3) muß man zum S c h u t z v o r i h n e n a b e n d s n a c h oder m o r gens vor S o n n e n a u f g a n g säen. — Will m a n u m L a n d s h u t 4 ) seinen N a c h b a r n s c h ä d i g e n , so k e h r t m a n d i e S t u b e a m Ostertag vor Sonnenaufgang und wirft d e n K e h r i c h t in des N a c h b a r s G a r t e n ; d a n n w i r d d o r t i m S o m m e r d as G e m ü s e von Erdflöhen aufgefressen. l ) Nach B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 434 § 24. *) S c h ö n w e r t h Oberpfalz i , 401 Nr. 7. ') F o g e l Pennsylvania 194 Nr. 945. *) P o l l i n g e r Landshut 159. Bächtold- Stäubli.
Erdleute, -männchen, -weiblein ( E r d w i c h t e 1 e s. W i c h t). I. N a m e u n d B e d e u t u n g . D e r N a m e E. k o m m t mhd. nicht vor. Er s c h e i n t e r f u n d e n w o r d e n z u sein z u r Ü b e r s e t z u n g des l a t . pygmaei. D e r erste B e l e g f i n d e t s i c h bei B r a n t in „ v o n d e m K r i e g der E r d l e u t l e i n u n d K r a n c h " 1 ) . In der Z i m m e r s c h e n C h r o n i k 2 ) w e r d e n die erdenmendle g e n a n n t ( M i t t e 16. J h . ) . F i s c h a r t , in „ a l l e r P r a k t i k Großmutt e r " 3 ), n e n n t S c h n e c k e n k r i e c h e n , ma-
Erdleute, -männcheo, -weiblein
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reschrötlein, aufhocker, wichtelein, erdmännlein als verwandte Begriffe. Meistens ist der Name E. gleichbedeutend mit Zwerg. Das Erdmännlein kann aber auch als Alp auftreten 4 ). In der Schweiz ist das E. oft gleich dem Bergmännlein») (s. Berggeister). Vielerorts ist das E. bald Hausgeist, bald in der Erde hausender Zwerg e) (Hausgeister sind zuweilen frühere E. s. Hausgeist). Das SchwäbWb. gibt als Synonym für Erdwibli — weiße Fräulein, Hochzeiterinnen'). Die E. werden oft auch in Zusammenhang gebracht mit früher im Lande ansäßigen Völkern, knüpfen sich doch die Sagen von Erdleuten sehr oft an alte Siedelungsstätten 8). Der Glaube an die E. hängt auch zusammen mit dem Totenglauben. Das wilde Heer wird etwa als ein Heer von Erdmännlein gedacht; würde jemand zum Fenster hinausschauen, wenn es vorbeifährt, so würden sie ihm den Kopf abreißen 8 ). Nach der Chronik des Renw. Cysat (1545—1614) sind die E. gefallene Engel, welche in der von Gott gesetzten Frist nicht bis in die Hölle gelangten, sondern an der Erde hängen blieben 10 ). Daß die E. den Pflügern „Wähen" bringen, daß Backen ihre Haupttätigkeit ist, deutet auf den Zusammenhang mit den Korn- und Vegetationsdämonen. Im Kt. Aargau läßt man dem Erdbiberli jährlich beim Kornschnitt zwei Garben auf jedem Acker stehen u ) . Auch als Kinderschreck 12 ) (s. d.) ist das E. in der Schweiz bekannt wie der Bölima
(s. d.) u n d d e r Bögg
(s. d.). S e h r
oft ist das E. Schatzgeist (s. d.) 1 3 ). Das ntaanväki = Erdvölkchen in Finnland bringt den Menschen Krankheiten. Diese Krankheitsdämonen der Erde treten hauptsächlich als Alp in männlicher und weiblicher Gestalt auf, auch als Urheber von Fallsucht und Augenkrankheiten. Gegen Ansteckung schützt man sich durch Opfer (Geld, Brot, Salz). Es ist die Vorstellung, daß in der Krankheit der Erdgeist mit dem Menschengeist ringe. Auch der Erde selbst erweist man in Finnland dieselbe Achtung wie dem Erdgeist").
910
>) G r i m m DWb. 5, 2020 f. ·) Zimm. Chr. 4, 228. ») 2. Aufl. 1574t S c h e i b l e Kloster 8, 651. 4) M a r t i n und L i e n h a r t 1, 683 f. ») L ü t o l f 475 Nr. 437; M e y e r Α bergt. 1 1 8 ; M e i e r Schwaben 1, 64. ·) Nach Schweizld. 4, 252 ff. werden in der Schweiz auch Holzwürmer (s. Erdschmied) für E . gehalten. In Steiermark ( U n g e r - K h u l l Steir. Wortschatz 203) ist das Erdmannl ein Hausgeist, der bei Feldarbeiten hilfreich gedacht wurde. 7 ) SchwäbWb. 1 , 7 8 1 ; M e i e r Schwaben i, 20. ·) S f e b i l l o t ι , 459; ZfrwVk. 4 (1907}, 1 2 3 : vgl. dazu den Aufsatz von S. S i n g e r Die Zwergsagen der Schweiz in Aufsätze und Vortrüge 37 ff. ') M e i e r Schwaben 1, 65; Erdmann = der die Menschen in die Grabeserde bringende Tod, in Mecklenburg und Preußen: ZfVk. 4 (1894), 1 8 7 ; H ö f l e r Kranhheitsnamen 394. Einem nachgeborenen Sohn, dessen ältere Brüder alle gestorben sind, wird der Name Erdmann gegeben, um ihn zu schützen vor dem Tod: F r i s c h b i e r PreußWb. 1, 298; Übersetzung von Adam. " ) C y s a t 46; vgl. 5. S i n g e r Zu Wolframs Parzival in Festschrift für Heinzel 362. u ) J a h n Opfergebr. 178. " ) R o c h h o l z Kinderlied 3 1 9 . Häufig heißt der Popanz nur „der Mann", „der schwarze Mann" Schweizld. 4, 242; Herdmannli als Schimpfname: F r i e d l i Ins 442, um 1589. " ) S A V k . 21 (1917), 2 4 6 f t . " ) M a n n i n e η F F C . Nr. 45, 44—47.
2. G e o g r a p h i s c h e V e r b r e i t u n g . Der Name Erdleute, -männchen, -weiblein kommt volkstümlich für die Zwerge vor in Nordwestdeutschland (Oldenburg, Westfalen), in Friesland, Holland, am Rhein (Pfalz, Lothringen, Elsaß), in Süddeutschland (Baden, Württemberg, Bayern), (Thüringen? Der Name wird aufgeführt bei Quensel, Thüringer Sagen 195), in der Schweiz, in Steiermark und Tirol. In Oldenburg sind die Erdmünken (Erdmönche) als in der Erde und im Hause lebende Zwerggeister bekannt. Besonders hausten sie im Oserberg. Fehmöhme soll ihre Königin geheißen haben. Entweder wohnten sie unter dem Hause, im Keller, unter dem Schweinestall, unter dem Pferdestall oder doch in der Nähe desselben, oder in Erdwohnungen, deren Zugänge so klein sind wie Mäuselöcher 15 ). In Ostfriesland heißt Erdmanlje ein spukhafter, grauer, bösartiger Zwerg, der im Innern der Erde lebt. Aber auch die sonst lefe engelkes genannten Sonnenkälbchen (-käfer) werden mitunter E. geheißen.
Erdleute, -männeben, -weiblein
9ii
In dem Kinderspruch: erdmantje fleg up fleg wer (wieder) breng ml morgen moi wer
(Wetter).
Erdmanijes -pifien sind kleine in der Erde gefundene Pfeifchen, die früher von den E. gebraucht worden sein sollen 16 ). Die letzten E. wurden in Ostfriesland von einem Bauern unter einem Schweinestall entdeckt und alle getötet 1 7 ). In Westfriesland heißen sie ierdmankemantsje, holländisch aardmanetje, Synon. Klabauter (s. d.), ierdmantsje-pypkele). In Westfalen, ganz besonders im Limburgischen, sind die E. neben andern Bezeichnungen bekannt unter den Namen Eirdmannekes le) Aardmannetjes. Nach dem Westfälischen Frieden soll in den Maaslanden besonders viel von den A. gesprochen worden sein. Die letzten Α., die sich taufen ließen, heißen in Limburg Spätgens20). In Westfalen hausten vorzeiten so kleine Erdmännkes, daß in einem Backofen von 8 Scheffeln ihrer 7 haben dreschen können 21 ). Im Elsaß tritt das Erdmännli, -mannet als freundlicher Zwerg, aber auch als A l p (s. d.) auf: ' sErdmännli hat an im gsoffe. Um es von den Kindern fernzuhalten, werden drei Knoten ins Wiegenseil gemacht 2 2 ). In Mörnach im südlichen Sundgau gab es Herdwible. Sie lebten in Fichten oder unter der Erde und wurden für „verwiesene oder verwunschene Menschen" gehalten 23). Besonders verbreitet ist der Name Erdleutlein, Erdmännlein, -weiblein für die unterirdischen zwerghaften Geister in Süddeutschland und in der Schweiz. In Schwaben sind die E.männle und E.weible als im Berg und besonders bei Brunnen hausende Geister bekannt: Erdmendlisbrunnen 24). Synonym sind die „weißen Fräulein" oder „Hochzeiterinnen" (s. Anm. 6). Einmal erscheinen die E. auch mit dem wütenden Heer identifiziert (s. Anm. 8). In der Schweiz bedeutet Herdmannli, -männli, (-wibli) 1. Wichtelmännchen, Zwerg, im Volksglauben 2. gefleckter Salamander 25 ).
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Die Erdleutlein heißen in der Schweiz auch Erdbiberli, weil sie aussehen wie Hühner (aus der Kindersprache) 2e), Godwirgi (s. Zwerg), Schrätteli (s. Schrat) und Toggeli27) (s. Alp). Auch in Steiermark 2 8 ), in Tirol 2 8 ), Bayern und Osterreich 30 ) sind die E. bekannt. , 5 ) ZfrwVk. 11 (1914), 91. 1β) ten D ο ο r η k a a t - K o o l m a n Wb. der ostfries. Sprache 1,403. ") ZfrwVk. 11 (1914), 91. 1 8 ) D i j k s t r a Friesch Woordenboek 2, 6; eardmansje-eardmanske Ebd. 1, 312. w ) F r ο m a η η Deutsche Mundarten 5, 141. 20) ZfrwVk. 4 (1907), 123. 124. 126 f. al ) K u h n Westfalen i, Iii Nr. 117. " ) M a r t i η 'u. L i e n h a r t 1, 683 i. Auch in Lothringen ist der Name der zwerghaftsn, unterirdischen Geister Erdleutlein. Das Erdmännel ist aber in Lothringen auch eine Art Stallgeist, der nachts die Mähnen der Pferde durcheinanderbringt: Deutsch-Lothr.Wb. 125. " ) ZfdMyth. 1, 399 f. " ) SchwäbWb. 1, 779; Zimmersche Chronik 4, 229. !5 ) Herd = 1 . Erde als Stoff eines der 4 Elemente. 2. Mit Rücksicht auf Qualität = Ackerkrume, Humus: SchweizId. 2, 1597; Holzwürmer wurden nach L. L a vater (1578) für E . gehalten, die Kinder wiegten, Glück ins Haus brachten: Schweizld. 4, 252 ff. *·) Hauptsächlich im K t . Aargau: Rochh o l z Naturmyth. 109. ") Schrätteli und Toggeli = Zwerg und = Schmetterling. Rosentoggeli = Tagfalter; Nachttoggeli — Nachtfalter. R o c h h o l z Sagen 1, 348. B ) Nach U n g e r K h u 11 Steir. Wortschatz 203 wird das E. als Hausgeist bei Feldarbeiten hilfreich gedacht. •·) H e y l Tirol 380; B a u m g a r t e n Aus der Heimat 2, 156. 3C) Q u i t z m a n n Baiwaren 172.
3. A l l g e m e i n e Charakter i s i e r u n g . 1. Die E. werden geschildert als ein kleines Völklein, etwa so groß wie Kinder von 4 Jahren 31 ), das unterirdisch in Erdmennlislöchern oder Erdmannshöhlen 82) wohnt. Diese Höhlen weiten sich manchmal in der Tiefe zu wunderbaren Reichen 33) oder führen an einen See 3 4 ). Oder die E. wohnen in Stuben unter Marksteinen 35 ), unter dem Pferdestall 3 e ). In der Erde hüten sie Schätze 3 7 ), backen Μ ), schmieden 39). Aus ihren Höhlen vernimmt man zuweilen ein Klingeln oder man hört Seufzen und Kindergeweine 41 ). Ihr Erscheinen an der Erdoberfläche ist vielfach an bestimmte Stunden gebunden. Manche scheuen das Tageslicht 42). Andere spielen, wenn ungestört,
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Erdleute, -männchen,
im Sonnenschein 43). In Tirol kommen sie eine halbe Stunde vor Feierabend aus dem Boden und heißen die Leute, ihre Arbeit niederlegen 44 ). In Unterwaiden verschwinden sie mit der Betzeitglocke 4 5 ). Wenn der böse Wind, der Föhn, weht, so getrauen sie sich nicht hinaus 4e ). Wenn sie im Frühling beim Mondschein tanzen, so gibt es ein gutes, schleichen sie im Gebüsch einher, ein schlechtes Jahr; seufzen und jammern sie, so steht Ungewitter bevor 4 7 ). In Oldenburg bringt ihr Erscheinen Unheil. An der Stelle, wo sie sich gezeigt haben, wird sich ein Unglück ereignen 48 ). Mancherorts sieht man sie nur an besondern Tagen, wie Weihnacht 4 9 ). O f t kommen sie nachts hervor, um auf stillen Wiesen zu tanzen M ). Wo sie einmal getanzt haben, tanzen sie jeden Frühling wieder. An solchen Stellen gibt es besonders viele Beeren. Von ihrem Reigen bleiben im Gras Ringe zurück 51 ). Die E.männchen haben meist weißen Bart und lange, herabwallende Locken 5 2 ), zuweilen sind sie aber auch kahl 63). Vom Aufenthalt in der Erde sind ihre großen Augen mit den langen Wimpern rot 5 4 ). Ihre schwarzen, grünen, weißen oder roten Mäntel sind sehr lang, weil sie darunter ihre Gänse-, Enten- oder Ziegenfüße verbergen wollen 55). Wenn sie Menschenfüße haben, fehlt je eine Zehe 6e ). Als Kopfbedeckung tragen sie ein rotes Mützchen (mit Federbusch) 57) oder einen R u n d h u t M ) . Meist sieht ihre Kleidung ärmlich aus *·), j a oft erscheinen sie ganz nackt und schwarz w ). Die E. bei Kaiserstuhl haben die Eigentümlichkeit ungewöhnlich großer Lampohren e l ) Die Erdweiblein oder Erdfräulein, auch Nachtfräulein, • ind gewöhnlich schön 62). In Schwaben werden sie auch Hochzeiterinnen genannt, weil sie Kränze im Haar tragen w e Bräute 6 3 ). sl) Z f r w V k . 4 (1907), 1 2 3 ; n a c h R . C y s a t 44 s i n d so g r o ß als ein Knablin von 6 oder 7 Jaren. 5i) B a a d e r Volkss. N r . 2 2 ; B i r l i n g e r Volkst. 1, 44; S c h w a b . W b . i , 7 7 9 ; S c h w e i z l d . 4, 2 5 2 ; U n t e r d e m Erdmännlistein wohnende E. R o c h h o l z Sagen 1, 290. ') N e u e s S o l o t h . Wochenbl. 1911, 411; R o c h h o l z 1, 2 8 1 . 3 4 9 f . ; v g i . d a s M ä r c h e n a u s der G e g e n d v o n Köln bei B o l t e - P o l i v k a 2, 297 ff.
-weiblein
914
**) R ο c h h ο 1 ζ Sagen 1, 265. 2 7 7 . 35 ) R ο c h h o l z Naturmythen 1 1 2 . ··) E b d . 1 1 8 . » ) S. A n m . 1 3 ; Z i m m e r s c h e C h r o n i k 2, 3 8 3 ; Z f r w V k . 4 (1907), 1 2 3 . ") Κ ü h η a u Brot 32 f . a*) G r i m m Myth. 3, 1 2 6 (s. Erdschmied). « ) Z f V k . 7 (1897), 280. « ) Z f r w V k . 4 (1907), 280. " ) E b d . 124. *·) S t r a c k e r j a n 1, 490. " ) H e y l Tirol 380. " ) N i d e r b e r g e r Unterwaiden 1, 43. 4") L ü t o l f Sagen 4 7 8 f f . N r . 440; 487 N r . 4 4 7 ; Z f r w V k . 4 , 1 2 6 . «) N i d e r b e r g e r Unterwaiden 1 , 20. *') S t r a c k e r j a η ι , 502. " ) R o c h b o l z Sagen 1, 2 7 2 . 50 ) B a v a r i a 1, 327. 61 ) S A V k . 22, 2 4 9 ; in F r a n k reich h e i ß e n diese R i n g e les cercles mystirieux 5 e b i 1 1 ο t 1, 201 f . ; V e t t e r Beiträge zur Erklärung u. Gesch. d. Werke J. Gotthelfs 645 f. " ) R ο c h h ο 1 ζ Sagen 1, 329. " ) S c h ö n w e r t h 2, 2 9 5 ; n a c h 2, 304 t r a g e n b e i d e G e s c h l e c h t e r d a s H a a r i n Z ö p f e n . " ) E b d . 2, 304. " ) R o c h h o l z Sagen 1, 2 8 2 ; B a v a r i a 1 , 3 2 7 ; M e i e r Schwaben 1 , 6 3 ; L e n g g e n h a g e r 1 1 ; M ä n t e l , d e r e n K a p u z e den K o p f v e r h ü l l t ; R o c h h o l z Sagen 1, 2 6 5 ; Z u s a m m e n h a n g m i t T a r n k a p p e s. N e b e l k a p p e . M ) S c h ö n w e r t h 2, 295. " ) R o c h h o l z Sagen 1, 184. " ) E b d . 1 , 329. *·) S c h ö n w e r t h 2, 293. M) R o c h h o l z Naturmyth. 108. 1 2 0 ; M e i e r Schwaben 1, 63. " ) R o c h h o l z Naturmyth. 106. , s ) Ε . H . M e y e r Myth. d. Germanen , s 180. ) M e i e r Schwaben i , 1 8 N r . 9.
2. Manches wird von der vielseitigen Betätigung der E. berichtet. Besonders den guten Bauern sind sie beim Vieh und im Felde behilflich. Sie melken Kühe 4 4 ), füttern das Vieh es ). Sie sind es, die den Menschen gezeigt haben, wie man mit Hilfe des Labmagens Käse bereitet 6 e ). A m Morgen wecken sie die Dienstboten 87 ), auf dem Feld arbeiten sie besonders gern über Mittag, wenn alles ruhig ist ββ). Besonders häufig wird ihr unterirdisches Brotbacken erwähnt*·). Das schwarzbestreute Backwerk, sog. „ W ä h e n " , das sie den Pflügern 7 0 ) saube· mit Messerchen und Gäbelchen 7 1 ) au s Pflugshaupt legen, soll sehr gut schmecken. Manchmal enthält es auch Gold. Sie haben in der Erde ihre eigenen Backofen. Bei Taufmählern und Hochzeiten leihen die Bauern etwa von ihnen das Backgeräte, besonders die Backtroge. Aber vor Sonnenaufgang müssen diese abgeholt werden und beim Zurückgehen soll man alle Reste, wenigstens ein Brot, mitgeben. Zum Lohn für das Ausbessern der Geräte geben sie den Menschen Kuchen 72). Stiehlt man den E. ihre Messerchen und
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Erdleute, -männchen, -weiblein
Gäbelchen, so bleiben sie w e g " ) . Auch Bäckern backen sie über Nacht das B r o t ' 5 ) . Andere Tätigkeiten der E. sind: Fleisch einsalzen n ) , Teig kneten , e ), Wäsche w a s c h e n " ) , schmieden 78 ), Geräte, besonders Kupfer-, Zinn- und Silberwerk blank scheuern 78 ), das Kirchenpflaster fegen 8 0 ), spinnen. A m Abend kommen sie zu den Stubeten. In Kärnten muß man jeden Abend die Schnur vom Rade lösen, sonst müssen die armen Seelen, die E., spinnen 8 1 ). Erdweiblein, die zum Spinnen kommen, tragen breite Pantoffeln 8 2 ). Erdluitla führen sogar einem Maler die Hand 83). Den Kindern bringen sie in der Schweiz Gvätterzüg 8 4 ). Erdmännchen wiegen Säuglinge in den Schlaf, wenn die Mutter im Wald dürre Reiser sammelt. Kranken legen sie Speise auf die Bettdecke, des Armen Hütte schützen sie vor Feuersbrunst 8S). Zuweilen vergnügen sie die Menschen und führen ihnen Tänze 8 e ) und kurzweilige Theaterspiele vor 8 7 ). Aber nur den frommen Menschen verrichten sie die Arbeit in Haus und Feld 8 8 ). Durch Beleidigungen 89 ), durch Fluchen 90 ), durch Habsucht und Sittenlosigkeit werden sie vertrieben M ). Wenn man ihnen Kleider schenkt, so ziehen sie weg mit Seufzen oder zu stolz für weitere Dienste 92 ); denn sie wollen keinen Lohn annehmen. Das einzige, was sie verlangen, ist Essen und Trinken. Sie lieben namentlich Schweinefleisch und Bier und sog. Ziberlisturm 93 ). Auch Neugier vertreibt sie, wenn die Menschen mit Hilfe von Mehl- oder Aschestreuen ihre Tierfüße entdecken 9 4 ). M) R o c h h o l z Sagen i , 325. ·») L ü t ο 1 f Sagen 475 Nr. 436; M e i e r Schwaben 1, 63. ««) L ü t ο 1 f Sagen 481 Nr. 443. ») B o h nenberger 5. " ) K a p f Schwab. Sagen 44. «·) K ü h n a u Brot 32. ,0 ) R o c h h o l z Sagen 1, 281 f. 3 1 7 . " ) B o h n e n b e r g e r + " ) = A . 69. Sie kommen auch selbst auf Hochzeiten zu G a s t : R . C y s a t 44; S t r a c k e r jan 1, 498. '») = A . 71. '*) S c h m i t z Eifel 2, 19; K u o n i St.Galler Sagen 278 f. " ) R ο c h h ο 1 ζ Naturmyth. 121. '«) E b d . 106; G r i m m Myth. 3, 126. " ) Κ ü h η a u Brot 35. '·) R o c h h o l z Naturmyth. 116. '·) Z f r w V k . 4 (1907), 124. M ) Ρ ο 11 i η g e r Landshut 122. ·») R . C y s a t 44; G r i m m Myth. 3, 472. Man sieht die E . nicht spinnen, man hört sie nur; W a s c h n i t i u s Percht 165 über
die sog. Spinnruhe·, R o c h h o l z Sagen 1, 274. O f t sprechen die E . beim Spinnen kein Wort. Sie gehen dann fort mit den Worten: „ H ä t t e t ihr uns etwas gesagt, so hätten wir euch auch etwas gesagt", hätte man mit ihnen gesprochen, so wären sie erlöst worden. M e i e r Schwaben 1, 45 f. Beim Spinnen PanM o t i v (s. d.) ebd. 20 f. *J) M e i e r Schwaben 1, 45. , a ) K a p f Schwöb. Sagen 43. ·*) SchweizId. 4, 252. F e c h t Der südwestl. Schwarzwald A b t . 2, 487. ··) R o c h h o l z Sagen 1, 290. " ) J e n z e r Schwarzenburg 192; danach fahren sie auf einem F a d e n auf und davon. M) M e i e r Schwaben 1, 45 f. ··) Z f r w V k . 4 (1907), 124 f. ") W i e d e RheinVk. 102 f. E . bleiben unerlöst, wenn man flucht. Lütolf 485 f . : Verlust ihrer Wunderkräfte. " ) R . C y s a t 44 t.: weil die W e l t nicht mehr in der frommen Einfelltigkeit der allien wandle und weil man zu neugierig Fragen an sie gestellt habe; Zimmersche Chronik 4, 229 ff. S. auch die Geschichte, die Käthi die Großmutter erzählt K a p . 5, wie Käthi kümmert und was sie von den Erdmännchen erzählt (Ausg. V e t t e r J. Gotthelfs Schriften im Urtext B d . 10, 88—109), wo die meisten hier erwähnten Motive verwendet sind. In der Armennot B d . 7, 178: In heitern N ä c h t e n decken E . den Brunnen mit Nidle. ea) L ü t ο 1 f Sagen 475; R o c h h o l z Sagen 1, 286 f. allgemein verbreiterter Zug. M) S t r a c k e r j a n 1, 490; R o c h h o l z Naturmyth. 1 2 1 ; Ziberlisturm: L ü t ο 1 f Sagen M 474. ) Allgem. verbreiteter Zug. Rochh o l z Sagen 1, 280; Erdmännlein in Tiergestalt, in Gestalt eines Rosses: ebd. 1, 368, in Gestalt einer goldhörnigen Geiß: ebd. 1, 333.
3. Neben freundlichen zeigen die E. im Verkehr mit den Menschen auch boshafte Züge, besonders Diebsgelüste. Sie stehlen Silbersachen 95), Korn vom 9 8 Acker ), Brot und Kuchen und legen Steine an deren Stelle 9 7 ). Sie melken heimlich die Kühe 9 8 ). Einem Sennen in Unterwaiden treiben sie das Vieh durch die Lüfte fort. Nach drei Tagen kommt es ganz mager zurück 8 9 ) (s. Viehrücken). Während des Hochamts nehmen sie das Fleisch aus dem Topf und werfen Lederlappen hinein. Den verhaßten Glocken schlagen sie die Ohren ab 100 ). Sie machen Nachtlärm 1 0 1 ), stiften Zwist unter den Dienstboten 1 0 2 ). Erdmännlein und -weiblein fangen Liebschaften mit Menschen an 103 ). Es kann zwar dann einem Erdmännchen passieren, daß es vom wirklichen Liebhaber durchgeprügelt wird 104 ). Erdleute stehlen Kinder oder tauschen sie aus gegen ihre Wechselbälge (s. d . ) l o s ) . Zur Strafe für Vorwitz drehen sie den
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Erdleute, -männchen, -weiblein
Menschen den K o p f um 1 0 8 ). K i n d e r werden e t w a m i t dem E. geschreckt, w e n n sie ans dürre oder grüne O b s t gehen 1 0 7 ). ,5 ) S t r a c k e r j a n 1, 501. ··) R o c h h o l z Naturmyth. 132. ·') W a i b e l und F 1 a m m 2, 182 f.; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2> 3°3- w ) ZfrwVk. 4 (1907), 126. M) Ν i d e r b e r g e r Unterwaiden 1, 27 ff. 10°) ZfrwVk. 4 (1907), 127. ,01 ) B a u m g a r t e n Aus der Heimat 2, 156 f. wie wenn jemand dengelte. 10a) ZfrwVk. 4 (1907), 126. 103) Bavaria 1, 327; L ü t ο 1 f Sagen 475; S t r a c k e r j a n 499. ,M) S i n g e r Schweizermärchen 1, 26. ,os ) S t r a c k e r j a D 496; R. C y s a t 45 (s. Wechselbalg und Zwerge). "") SAVk. 22, 247 f; G ο 1 1 h e 1 f Käthi die Großm. (Vetter Bd. 10) 97. ,0 ') R o c h h o l z Kinderlied 319; SAVk. (1917), 82.
4. Die E r d l e u t c h e n sind aber auch auf die Hilfe guter Menschen angewiesen. Besonders v e r b r e i t e t ist der Z u g v o n dem Erdweiblein, das nach einer menschlichen H e b a m m e s c h i c k t und sie dann scheinbar gering belohnt mit K n o c h e n 1 0 8 ) , S t r o h l o s ) , Glasscherben, Steinchen und h a u p t s ä c h l i c h K o h l e u o ) . D o c h der vera c h t e t e und bis zu Hause schon f a s t g a n z verlorene L o h n v e r w a n d e l t sich in Edelsteine oder Gold. Die B e s c h e n k t e n erhalten r e g e l m ä ß i g noch einen W a r n spruch mit auf den W e g : Je minger as b'hebsch: Je minger as hssch. Je minger as bseh'sch, je minger as hesch111). Sie wollen keinen L o h n annehmen, aber f ü r die· N a h r u n g , die ihnen hingestellt wird, sind sie doch sehr d a n k b a r 1 1 2 ). O f t sind sie sehr anhänglich und gehen trauernd weg, w e n n m a n sie mit Hinterlist oder mit Geschenken vertreibt. Ihre B a c k geräte lassen sie v o n den Menschen ausbessern; denn das können sie nicht selber t u n 1 1 3 ). 109) Β i r "") S t r a c k e r j a n 1, 494. l i n g e r Volksth. 1,42. u 0 ) R o c h h o l z 1, 266; B o h n e n b e r g e r 4. m ) R o c h h ο 1 ζ Sagen 1, 330. In Variationen allgemein verbreitet. Patin erhält Laub: L ü t ο 1 f Sagen 52 f. 11J ) Doch rächen sie sich furchtbar, wenn man ihnen nicht genügend zukommen läßt: SAVk. 2, 2. 113) S. Anm. 69.
5. Die E. stehen durchaus nicht immer mit den Menschen in näheren Beziehungen, j a zuweilen fliehen sie die Menschen U 4 ) oder können es doch nicht vertragen, daß man sie a n s i e h t 1 1 5 ) . Sie leben
918
ihr eigenes Leben, haben eigene Einrichtungen, bilden selber eine kleine Menschheit. Besonders wird ihre F r ö m m i g k e i t g e r ü h m t . Sie haben eigene K i r c h e n (im Berner Oberland die sog. Toggelikirchen) u e ) und Friedhöfe U 7 ) . Bei keiner Messe fehlen sie 1 1 8 ); sie leben wie Mönche. Geschnäbelte S c h w i m m s c h u h e tragen sie bei Z u r z a c h über den R h e i n l l e ) . Zuweilen sieht man betende E r d m ä n n c h e n 120 ). A n W e i h n a c h t e n k a n n man Prozessionen v o n E r d w e i b c h e n sehen. Jedes t r ä g t ein K i n d auf dem A r m m ) . A u f heidnischen U r s p r u n g deutet der Zug, daß sie Glocken und Glockengeläute hassen 1 2 2 ). Ursprünglich sind die E . wohl V e g e t a t i o n s d ä m o nen. Sie kennen die E i g e n s c h a f t e n der P f l a n z e n und Steine 123 ) und können deshalb Heilmittel gegen K r a n k h e i t e n ang e b e n 1 2 4 ) . Heiltätige Quellen gehörten einst i h n e n 1 2 5 ) . E r d w e i b c h e n werden a l s Hüterinnen v o n Quellen g e n a n n t 1 2 e ) . W e n n sie unten kochen, gedeiht der W e i n 1 2 7 ) . Sie kochen unserm H e r r g o t t die D i a m a n t e n und Edelsteine, sie weben die Blümlein, bereiten den T a u 128 ). A u c h die Erdbeeren sollen ihr W e r k sein 1 2 8 ). D u r c h w u n d e r b a r e n Z a u b e r können sie bewirken, daß Fleisch, aus lebendigen Kühen geschnitten, wieder nachw ä c h s t 130 ), daß K ä s e 1 3 1 ), F l a c h s 1 3 2 ) und H e u 1 3 3 ) nicht a b n i m m t . Tiere stehen unter ihrem Schutz, so die Fische und die G e m s e n 1 3 4 ) , mit denen sie in den Bergen V i e h z u c h t treiben. Ihre S p r a c h e ist das E c h o 1 3 5 ) . In der Märchenvorstellung sind die E. greisenhafte, a l t k l u g e W e s e n v o n K i n d e s g r ö ß e . W e n n ihnen ein K i n d geboren wird, so trauern sie 1 3 β ). 1I4 ) ZfrwVk. 4 (1907), 124. Sie halten ihre Namen geheim. Bohnenberger 4. » 5 ) ZfrwVk. 4, 126. »·) R o c h h o l z Sagen 1, 348; D e r s . Naturmyth. 114 ff. «') ZfrwVk. 4 (1907), 127. 1U ) R o c h h o l z Naturmyth. 11β 115. ) D e r s . Sagen 1, 285. ls0) D e r s . 1!1 Naturmyth. 114 ff. ) D e r s . Sagen I, 272. ZfrwVk. 4 (1907), 123. "») Ebd. 127. 1S4) Gegen Pest: Astrenzen u. Bibernellen. ' " ) R o c h h o l z Naturmyth. 121. "·) Ebd. Γ03. 109. 113. i 2 i . 126. 134. 127) Ebd. ri2. i a ) SAVk. 22, 249 = J. G o t t h e l f Käthi die Großmutter a. a. O.; Schulm. 2, 108. , M ) SA13 Vk. 22, 246. °) J a h n Kt. Bern 243. m) L ü t ο 1f Sagen 485 f.; Kohlrusch 1M Sagen 25. ) H e r z o g Schw.-Sagen 1, 1 f.
Erdmilbe—]•Erhard, hl.
919
Darf nicht verraten werden. 13*) L ü t ο 1 f Sagen 484. l M ) R . C y s a t 45; Niderb e r g e r Unterwaiden 1, 28; L ü t o l f Sagen 487. '"») ZfrwVk. 4 (1907), 124. " · ) R o c h h o l z Naturmyth. 133; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 305 f. Über das Erdmännchen in der Märchenlit. s. B o l t e - P o l i v k a 2, 297 ff. Er erwähnt neben d e m Grimmschen Märchen Dat Erdmännehen Nr. 9, nur noch zwei aus der Gegend v o n Köln. Bäschlin.
Erdmilbe (Trombidium holosericeum) heißt im Bergischen „Glücksspinne"; ihr Auftreten auf der Hand ist von guter Vorbedeutung. Vgl. ZfrwVk. 11 (1914), 265. Bächtold-Stäubli.
Erdpech s.
Asphalt.
Erdrauch (Fumaria officinalis). 1. B o t a n i s c h e s . Pflanze mit stark verästeltem Stengel, graugrünen, doppelt bis dreifach gefiederten Blättern und rosenroten, in Trauben stehenden, dem Lerchensporn (s. d.) ähnelnden Blüten. Der E. ist überall als Unkraut auf Ackern, auf Gartenland und Schuttstellen häufig1)· ') M a r z e i l
Kräuterbuch
371.
2. Findet ein Mädchen beim Jäten E., so muß es diesen an den Busen oder in den Schuh stecken. Der erste Mann, dem es dann auf dem Heimweg begegnet, ist sein Zukünftiger 2) oder der Vorname des begegnenden Mannes ist auch der des Zukünftigen 3 ). Der E. heißt daher im Niederdeutschen auch Frikrut (Freierkraut), Lewkens- (Liebchens-), Brüdigamskrut, Mannslev (Mannslieb). Auch die slowakischen Mädchen legen den E. unter das Kopfkissen, damit ihnen der Bräutigam erscheint 4 ). Der E. dient dazu, um die Geister der Verstorbenen erscheinen zu lassen und um sich unsichtbar zu machen 6).
920
Tod ankündende, in Wänden und Fußböden tickende Holzwurm 2 ). ,,ErdSchmidlein, eine Art Holzkäfer, cossus minoris speciei, qui roiendo lignorum interiora sonum obscurum efficit" 3), auch Wandschmid, dän.-schwed. vägsmed und Schmidhämmerle 6), Totenuhr, -ührli, Tangel-Tängeli-mannli, Totebicker; nach R. Cysat sagte man auch: es schmide das Dogkelin allso e). „ D e r E. hat ihm geklopft, er muß bald sterben" '). >) SchwäbWb. 2, 781; S c h m e l l e r BayrWb. 2, 545; A d e l u n g Wb. 2, 1277; SchweizId. i , 420; 9, 869. 2) P a n z e r Beitrag 1, 257. 3 ) Frisch Teutsch-lateinisches Wb. 1, 231 (ältester Beleg) = G r i m m DWb. 3, 780, wo aber vermis pulsatorius fehlerhaft für termes pulsatorium s. N e m n i c h 2, 1432. 4) Ν e m n i c h 2, 1432 = G r i m m DWb. 13, 1739. *) S c h m e l l e r BayrWb. 2, 545. *) SchweizId. i , 420; C y s a t 48. ') M e i e r Schwaben 489. Bäschlin.
Erdspiegel s.
Spiegel.
ererbt s. E r b s a c h e n , keit. erhängen s.
Erblich-
hängen.
Erhard, hl.
*) S c h i l l e r Tierbuch 1, 20; B a r t s c h Mecklenburg 2, 56; E n g e l i e n u. L a h n 234; Curtze Waldeck 401; Grimm Myth. 3, 472. s ) Geschichtsbl. f. S t a d t u. Land Magdeburg 16 (1881), 242; H e ß l e r Hessen 2, 327. 387; H ü s e r Beiträge 3, 3. ') Η ο vorka-Kronfeld 2, 143 ff. *) M o n t a n u s Volksfeste 145. Marzeil.
1. Bischof in Regensburg im 7. oder 8. Jh. Die Nachrichten über sein Leben sind sehr unsicher 1 ). Sein Gedächtnistag ist der 8. Januar 2). Ihm wird die Heilung der blindgeborenen hl. Ottilie zugeschrieben, und er wird deshalb wie diese mit einem Buche, auf dem zwei Augen liegen, abgebildet. — E. gilt als mächtiger Viehpatron 3) und als Pestpatron 4). Erde von seinem Grabe spielt in der Volksmedizin Oberbayerns eine Rolle 5 ). E.brot (E.zelten) wird gegen Viehkrankheiten verwandt e) und gegen Husten in den Klosterapotheken abgegeben '). E.sbrunnen sind in bayerischen Landen nicht selten 8 ). Das Erhardibrünnlein in Rainertshausen hilft gegen Augenkrankheiten und Krankheiten im Viehstalle 9). Der Erhardistein in Frauenberg soll den Heiligen über die Isar getragen haben und wird von jung und alt verehrt und geküßt 1 0 ).
Erdschmied. In Süddeutschland, in der Schweiz und im Vorarlberg *) der den
>) W e t z e r u. W e l t e 4, 77s f. ") „Erhart mit der Hack steckt die Weihnachtfeiertag in Sack": Z i n g e r l e Tirol 130 (1152: Etsch-
921
land). ·) P o l l i n g e r Landshut 82. 2 0 5 ; Z f V k . 3 5 — 3 6 , 255 f f . ; Festschrift f. M . AndreeE y s n (1928), 29. *) Z f V k . 1, 293. «) H ö f l e r
Waldkult 64. Pollinger
·) Ρ a η ζ e r Landshut
Beitrag 2, 492;
81. 83. 205; Η ö f 1 e r
Fastnacht 8. ') Z f V k . 1, 293. Beitr. 1 , Π 9 f f . ; Z f V k . 1, 293. ·) 82 f. " ) E b d . 80 f .
') P a n z e r P o l l i n g e r
2. D e r hl. E . soll in B e r g a g e k r e u z i g t w o r d e n sein; d e s h a l b h a t B e r g a n i e m a l s den g e w ü n s c h t e n A u f s c h w u n g n e h m e n können u ) . n
)
Ei sei
Voigtland
372 (942).
Sartori.
Etichstninne. Der Brauch, zu Ehren des hl. E r i c h seine Minne z u t r i n k e n x ), ist n u r a u s S k a n d i n a v i e n b e l e g t . S o wissen wir v o n einer d ä n i s c h e n E r i c h s gilde, die n e b e n Christi u n d M a r i e n W o h l besonders die M i n n e ihres Heiligen auszubringen pflegte2). A u s Deutschland f e h l e n alle S p u r e n einer E . ») V g l . A r t . M i n n e . «) Ε . H . M e y e r
Myth.
922
Erichsminne—Erle
186.
Germ.
Mackensen.
Erle (Alnus glutinosa). 1. B o t a n i s c h e s . D i e S c h w a r z - E . ist ein B a u m , der a n seinen v o r n s t u m p f e n oder a u s g e r a n d e t e n , k a h l e n u n d in der J u g e n d k l e b r i g e n B l ä t t e r n l e i c h t z u e r k e n n e n ist. D i e m ä n n l i c h e n B l ü t e n s t e h e n ä h n l i c h w i e bei der H a s e l in K ä t z chen, die w e i b l i c h e n e n t w i c k e l n sich z u einem holzigen, rundlichen F r u c h t z a p f e n . N i c h t selten ist a u c h die G r a u - E . ( A . inc a n a ) , ihre B l ä t t e r sind s p i t z i g . D i e E . n w a c h s e n h ä u f i g a n U f e r n , in Mooren, in f e u c h t e n W ä l d e r n *). Marzeil
Kräuterbuch
gc.
2. D a ß die E . v i e l f a c h als u η h e i m l i c h e r , j a als b ö s e r B a u m gilt, h a t w o h l d a r i n seinen G r u n d , d a ß sie o f t a n v e r r u f e n e n O r t e n (Moore, E . n b r ü c h e ) w ä c h s t 2 ) u n d d a ß ihr H o l z sich w e n i g f ü r d e n m e n s c h l i c h e n G e b r a u c h eignet. „ R o t e s Haar und E.nloden — wachsen n i c h t auf g u t e m B o d e n " , h e i ß t ein altes S p r i c h w o r t . D i e E . ist ein B a u m des T e u f e l s 3 ); in der V o l k s s a g e w e r d e n Ü b e l t ä t e r i n E . n g e b a n n t 4 ). D a s K r e u z Christi soll a u s E . n h o l z g e w e s e n sein 6 ). D a s E . n h o l z ist rot, weil der T e u f e l seine G r o ß m u t t e r d a m i t g e p r ü g e l t h a t e ) . Die E . w i r d b e s o n d e r s v o n H e x e n z u ihren K ü n -
sten gebraucht, ζ. B . z u m W e t t e r m a c h e n 7 ) . Anrüchigen Mädchen steckt man am I. Mai g e k n i c k t e E.nzweige ans Haus8). ·) M a r z e i l
Volksleben
44.
')
H a n d t -
m a n n Mark. Heide 36. 4) B a r t s c h Mecklenburg 1, 165; 2, 465; vgl. G r i m m Myth. 3, 188; nach dänischem G l a u b e n lebt die Ellefru i n der E . : M a n n h a r d t 1, 1 1 . ') W o s -
sid1ο
Volhst. aus Mecklenburg
1 (1885), 27;
e b e n s o i n W e s t f i n n l a n d : F F C . 52, 50. ·) K n o o p
Pflanzenwelt R e i s e r Rhein. Vk.
11, 58. ') ZfdMyth. 1, 335; 2, 178; e) Z . B . Allgäu 1, 193. W r e d e 1 8 7 ; e b e n s o id B e l g i e n : S e b i 1 1 ο t
Folk-Lore 3, 403. 3. Die E . soll b e s o n d e r e Z a u b e r k r a f t h a b e n . Sie w e h r t die H e x e n a b das g l e i c h e g l a u b t m a n a u c h v o n der E . n a s c h e 1 0 ) . M i t E . n h o l z darf m a n den T e u f e l p r ü g e l n ( K u j a w i e n ) u ) , der W e c h selbalg wird mit E.nruten geschlagen la). H a u s u n d S t a l l s c h ü t z t m a n in der ersten Mainacht (Walpurgis) durch A u f h ä n g e n v o n E . n z w e i g e n 1 3 ) . E . n h o l z (ob n i c h t Verwechslung mit Elsenholz, vgl. Traubenkirsche) w i r d i m S t a l l v e r p f l ö c k t 1 4 ) . „ A l p r u t e n " v o n E . n (es sind w o h l V e r bänderungen von Zweigen gemeint, vgl. H e x e n b e s e n ) w e r d e n u n t e r den K o p f g e l e g t g e g e n d e n A l p 1 5 ). B e s o n d e r s w i r k s a m s i n d die E . n z w e i g e , m i t d e n e n a n F r o n l e i c h n a m (vgl. B i r k e ) die S t r a ß e n geschmückt waren (ζ. B . i m bayer. S c h w a b e n ) . E i n e b e s o n d e r e R o l l e spielt die E . i m l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n A b e r g l a u b e n 1 β ). B e i m A u s s ä e n l e g t m a n ein a m K a r f r e i t a g g e b r o c h e n e s E . n z w e i g s t ü c k in d e n M u n d oder n i m m t d e n S a m e n d u r c h einen aus E . n h o l z g e f l o c h t e n e n R i n g heraus, d a d u r c h w e r d e n die S p e r l i n g e v o m F e l d a b g e h a l t e n 1 7 ). M ä u s e u n d M a u l würfe verscheucht man dadurch, daß man in die v i e r E c k e n des F e l d e s b z w . der S c h e u n e (am K a r f r e i t a g gebrochene) E . n z w e i g e s t e c k t 1 8 ) . D a m i t die S a m e n n i c h t v o n den S p e r l i n g e n gefressen w e r d e n , s ä t m a n d u r c h einen K r a n z v o n E . n r u t e n aus19). E.näste, an einem Freitag früh z u P f l a n z e n g e s t e c k t , v e r t r e i b e n den Meltau V i e l l e i c h t e r k l ä r t sich aus dera r t i g e m G l a u b e n a u c h der B r a u c h , den l e t z t e n E r n t e w a g e n m i t einem E . n w i m p e l ( E . n a s t ) z u s c h m ü c k e n 2 1 ). F ü r die U m -
923
Erlkönig
gänger 22) schneidet man am Karfreitag vor Sonnenaufgang E.nholz „unberaff e l t " (unbeschrien) und macht einen K l o t z daraus 2 3 ). E.nblätter werden besonders verwendet um die Flöhe zu vertreiben. Es läßt sich hier deutlich verfolgen, wie sich das Empirische zum Zaubermittel entwickelt hat. Zunächst dachte man jedenfalls daran, daß an den (jungen) klebrigen E.nblättern die Flöhe hängen bleiben: „das laub morgens im taw (Tau) in die gemach gespreit, da vil flöhe innen sind / und über ein stund widerumb außgefegt verjagt die flö, denn sie bleiben an gedachtem zähen laub kleben" 2 4 ). Dann gilt aber auch der Ellerbruch als Aufenthaltsort der Flöhe; dorthin werden sie mit einem Spruche gebannt (Wusseken b. Bütow) 25 ). Aus E.nzweigen, die, am Karfreitag vor Sonnenaufgang gebrochen sind, werden Kränze geflochten, die, ins Feuer geworfen, jede Flamme ersticken. Das Haus, in dem ein solcher Kranz hängt, ist vor Feuersgefahr sicher 2 "). Diese Kränze müssen mit einer gewissen Beschwörung geschnitten werdenw). Vielleicht war hier die rötliche Farbe des E.nholzes maßgebend **). E.nzweige am Karfreitag geschnitten, biegen sich am besten zu Ruten *•). ·) G o c k e l Tractatus 1717, 97; John Westböhmen 320. 10) M e i e r Schwaben 178. Z f V k . 15, 102. «) R t C T u i m Sagen aus Hapsal 1861, 117. " ) R e g e l Thüringen 1895, 700; ebenso in Belgien: R o l l a n d Flore pop. 11, 64. " ) L a c h m a n n Überlingen 393. " ) S e y f a r t h Sachsen 8. " ) A u c h im finnischen Feldzauber ζ. B . F F C . 31, 7 1 ; 32, 5. 15; 55» 7 1 · " ) W i t z s c h e l Thüringen 2, 214; ebenso in Estland: F F C . 32, 75. " ) W i t z s c h e l Thüringen 2, 222; G r o h m a n n 58; P . L a n d 4 (1896), 332; 6 (1898), 344! Z f V k . 10, 212 (Nordthüringen); P f i s t e r Hessen 164; K n o o p Posen 333. " ) D r e c h s l e r n 2 , 5 6 . «) Schweizld. ϊ , 451. ) E b e r h a r d t Landwirtschaft 205. " ) Viehkrankheit s. H ö i l e r Krankheitsnamen 183. " ) A l b e r t u s M a g n u s " Toledo 2, 43. " ) B o c k Kreuterbuch 1551, 409; bereits bei A l b e r t u s M a g n u s De Vegetab. 6, 2 cap. 6, 26; Megenberg Buch der Natur hrsg. v . P f e i f f e r 315; vgl. auch F i s c h a r t Flöhhatz (Reclam-Ausgabe) 62; aus neuerer Zeit: JbElsLothr. 8, 178; gegen Erdflöhe: M a r z e l l Bayr. Volksbot. m . " ) T r e i c h e l Westpreußen 7, 517. M ) K u h n u . S c h w a r t z 374; B a r t s c h Mecklenburg 2 , 3 5 6 ; W i r t h Bein)
924
träge 6—7, 6; an Silvester geschnitten: W i t z s c h e l Thüringen 2 , 1 7 6 . *>) U r b a n Pflanzen 1904, 10. ") Vgl. auch K u h n Herabkunft d. Feuers 1886, 46. " ) K ö h l e r Voigtland 372; in Belgien behauptet man das gleiche v o n den am Freitag geschnittenen Zweigen: R o l l a n d Flore pop. 11, 63.
4. In der sympathetischen M e d i z i n wird das Fieber auf eine E. übertragen"), ebenso das Zahnweh s l ) und Warzen S 2 ). Mit einem E.nästchen, das am Karfreitag vor Sonnenaufgang mit e i n e m Streich abgehauen wurde, kann man das Blut stillen s a ). Die E.n spielen auch eine Rolle im Fruchtbarkeitszauber (wegen ihrer früh erscheinenden Blütenkätzchen?). Damit die K u h gut rindert, gibt man ihr neun E.nknöpfe (wohl Fruchtzapfen) M ) oder das Pulver von „ E . n b e t z e l n " (damit die K u h nicht verkalbt) 86). Literatur: Zahlreiche Angaben über die Zauberkraft der E. bei E. G ο 1 d m a η η Beitr. ζ. Geschichte des fränk. Rechtes. Wien 1 (1924), 23—31 (es ist hier jedoch manchmal die E. mit der „ E l s e " = Traubenkirsche, Eisbeerbaum verwechselt), ferner M a r z e l l Die E. (in der Volkskunde) in: Mitt. d. Deutsch. Dendrol. Gesellsch. 38 (1927), 76—82. s0) S t r a c k e r j a n ' 1, 84; 2, 120; vgl. auch D u b a l e s Prot, midie, popul. 1907,47; bei den Ruthenen hilft eine Abkochung der E.n, die den Fronleichnamsaltar schmückten, gegen das Sumpffieber: H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 338. " ) L a m m e r t 235; vgl.Weide. »') Veckenstedts Zs. 1, 202. m ) R e i s e r Allgäu 2, 116; wohl Verwechslung mit der Esche s . d . '*) E b e r h a r d t Landwirtschaft 214; vgl. R e i s e r Allgäu 2, 439. M ) Z f ö V k . 3, 115. Marzell.
Erlkönig. Die Gestalt des E.s, aus Goethes Ballade bekannt, verdankt ihr Dasein einem Mißverständnis Herders, der im 2. Bande der „Volkslieder" (1779) das dänische eller konge (= elverkonge, Elfenkönig) in Anlehnung an ndd. eller Erle, mit „ E . " übersetzte; von daher übernahm Goethe das Wort für seine Ballade (1782)*). Dadurch berichtigt sich Grimms Vermutung 2 ). — Die bei S t ö b e r aufgezeichnete Sage vom Dorfesel von Illzach 8) erinnert so stark an Goethes Ballade, daß sie im Verdacht steht, erst aus dieser geflossen zu sein 4 ).
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Erlösung
>) S i η t e α i s im Goethe-Jahrbuch 22 (1901), 259 f. s) G r i m m Myth. 3, 188. ") S t ö b e r Elsaß 1, 38 Nr. 56. l ) Vgl. auch Α η d r e e Braunschweig 378 und GoetheJahrbuch 19, 305. Ranke.
Ertösung. Umgehenden Toten und allerlei Spukgestalten wohnt nach dem Volksglauben der Wunsch inne, „erlöst", d. h. von dem peinlichen Zustand und Schicksal des Umgehenmüssens befreit zu werden. Die Vorstellung von dem E.sbedürfnis der ruhelosen Toten und von der Möglichkeit, ihnen zur E. zu verhelfen, ist noch heute vielerorts lebendig. Erzählungen von mißlungenen oder (seltener) geglückten E.sversuchen sind als Sagen durch das ganze Sprachgebiet verbreitet. — Eine vollständige Aufzählung aller Formen, in denen die E. eines Umgehenden geschehen kann oder versucht worden ist, verbietet sich durch die Überfülle des sich noch stets vermehrenden Variantenmaterials; es muß genügen, die verschiedenen Gruppen durch reichliche Beispiele zu kennzeichnen !). Wir unterscheiden eine religionsgeschichtlich jüngere und eine religionsgeschichtlich (darum noch nicht notwendig zeitlich) ältere Schicht von E.svorstellungen, zwischen denen die Grenze freilich nicht überall scharf zu ziehen ist; beide sind über das ganze Gebiet verbreitet. Die j ü n g e r e und im Volksglauben heute allein noch recht lebendige Schicht arbeitet mit Vorstellungen, die aus der c h r i s t l i c h e n Sphäre stammen: der zur Buße irgendwelcher bei Lebzeiten von ihm begangener Vergehen oder Unterlassungen ruhelos umgehende Tote (s. auch unter „arme Seelen") ist durch die christlichen H e i l s m i t t e l oder durch Wiedergutmachung des von ihm Begangenen zu erlösen: durch Messelesen 2) (die Primizmesse eines Priesters) 3 ), durch Gebet 4 ) (der 3 ärmsten Witwen) 5 ) oder Wallfahrt *) („wenn alle Schulkinder nach Weißenstein kirchfahrten gingen, wäre ich selig") 7 ), durch fromme Formeln des Dankes („Vergelts G o t t " erlöst den Feuermann 8) und andere Geister '), ebenso ein „ G o t t erlöse dich") 1 0 ) und des Grußes u ) (der niesende Spukgeist wird
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durch ein oder mehrere „Helf dir G o t t " erlöst) 1 2 ), durch Singen oder Beten eines Kirchenliedes l s ) (das vor- und rückwärts gebetet werden muß) 14 ), durch Errichtung eines Kreuzes l s ), durch gute Werke (7 Monate lang jeden Freitag 7 Brote kaufen und unter die Armen verteilen l e ); die für die Seelen ungetauft verstorbener Kinder geltenden Irrlichter werden durch die Taufe erlöst 1 7 ) (vgl. das Übergießen mit Taufwasser l e ) oder mit Wasser aus dem Weiher 19) und die E. durch Namengebung) M ). — Das Prinzip der W i e d e r g u t m a c h u n g herrscht ζ. B. in der weitverbreiteten Sage von der E. des umgehenden Grenzfrevlers, dem man auf seine Frage, wo er den von ihm versetzten Grenzstein oder -pfähl hinsetzen solle, antworten muß: „ S e t z ihn hin, w o du ihn her h a s t " ; „tus, wos gehört" oder dgl. 2 l ) (auch französisch) 22), oder dem man stillschweigend Schaufel und Hacke leihen muß, mit denen er den Grenzstein richtig setzt 23). In andern Fällen muß der Erlöser den von dem Toten angerichteten Schaden ersetzen 24), seine Schulden bezahlen 2S), unerfüllte Versprechen einlösen 2β), ihm die Verzeihung Lebender oder seine Aussöhnung mit einem andern Toten erwirken 2 8 ). — Der umgehende Tote kann auch selber seine E. versuchen, indem er ζ. B. als Kröte eine von ihm im Leben gelobte Wallfahrt unternimmt M ). — Ohne Beziehung auf den Einzelfall heißt es als allgemeiner Satz: wenn zwei Personen gleichzeitig dasselbe sprechen, haben sie „eine arme Seele erlöst" * ) , desgleichen, wenn man eine Sternschnuppe fallen sieht 31 ), wenn man Besen, Strohbündel, Misthaufen zerstört (denn die sind Aufenthaltsorte der armen Seelen) 32). — Den Beispielen dieser Schicht ist es gemeinsam, daß als Objekte der E. Gestalten des lebendigen Totenglaubens, als Ziel der E. deren Eingehen in die „Seligkeit", in die „ewige R u h e " gedacht ist, wenn es auch oft nur heißt, der erlöste Tote sei „verschwunden". ') Reichliches Material in der Arbeit von H. B o e s e b e c k Verwünschung und Erlösung des Menschen in der Volkssage der Gegenwart (NddZfVk. 5 u. 6) bes. 6, 15 ff. und 90 f f .
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Der Schluß der Arbeit lag bei Abschluß meines Manuskripts noch nicht vor. *) M e y e r Aberglaube 357; K l a p p e r Erzählungen 310, 22 f.; L ü t o l f Sagen 66 (24 g). 156; J e g e r l e h n e r Sagen 1, 68 Nr. 11; 87 Nr. 4; 2, 172 Nr. 52; Z i n g e r l e Sagen Nr. 429; Η a u s e r Paznaun Nr. 52; B a a d e r Sagen Nr. 428; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 402; K n o o p Posen (1913) Nr. 24. 27; S e e f r i e d - G u l g o w s k i 165; vgl. auch Β ο e s e b e c k a. a. O. 18 f. ') H e y l Tirol 642. 688; vgl. Η a r r y s 1 Nr. 3. 4) B o e s e b e c k a.'a. O. 20; R o c h h o l z Sagen 2, 92; V ο η b u η Sagen a 121 f.; Alpenburg Tirol 148; Zingerle Sagen Nr. 533; MschlesVk. 5 (1902), 53; G r e d t Luxemburg Nr. 770; M ü l l e n h o f f Sagen Nr. 252. ') J e g e r l e h n e r Sagen 2, 214 Nr. 125; B o e s e b e c k 17. ') K ü h n a i i Sagen 1, 113. 276. ') Z i n g e r l e Sagen Nr. 456. *) ζ. B. J e g e r l e h n e r Sagen 2, 162 Nr. 33; R e i s e r Allgäu 1, 324; Z i n g e r l e Sagen Nr. 401. 478; H ä u s e r Paznaun Nr. 36. D ö r l e r Innsbruck Nr. 24. 26. 27; P o l linger Landshut 1 3 1 a ; Leoprecht i η g Lechrain 68 f.; Κ ü h η a u Sagen 1, 385. 397. 403. 410. 432; vgl. S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. 225; auch unter F e u e r m a n n und B o e s e b e c k 23 f. ·) B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 245, 2; S c h a m b a c h und M ü l l e r 227 f.; S a t r a c k e r j a n 249; K n o o p Hinterpommern Nr. 107; Rank Böhmerwald 1, 168 f.; vgl. Ε i s e 1 Voigtland 10 Nr. 161. ) K n o o p Posen (1913) Nr. 98. " ) B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 242. 243; 2 Nr. 659; M a c k e n s e n Niedersachsen Nr. 24; M e i e r Schwaben x, 276; B a a d e r Sagen Nr. 428; ähnlich auch französisch: ε έ b i l l o t Folk-Lore χ, 148. " ) z . B . L ü t o l f Sagen 147 Nr. 81; B i r r c h e r Frichtal 49 Nr. 16; V ο η b u η Sagen ' 1 1 9 c; S t ö b e r Elsaß 2 Nr. 208; B a a d e r Sagen Nr. 153; D e r s . N.Sagen Nr. 35; S c h ö p p n e r Sagen 2 Nr. 63; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 302, 9; Ε i s e 1 Voigtland Nr. 223; G r i m m Sagen Nr. 225—227; vgl. B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 245, 1; 271. 412, 2; S c h a m b a c h und M ü l l e r 102; vgl. auch B o e s e b e c k 22. ls ) R o c h h o l z Sagen χ Nr. 179; Bartsch Mecklenburg 1 Nr. 246. 365. 644; H a a s Pommern Nr. 189; vgl. K n o o p Hinterpommern Nr. 279; J a h n Pommern Nr. 545 (3). ") H a a s Usedom Nr. 28. ») J e g e r l e h n e r 2, 17 Nr. 24; Η a u s e r Paznaun Nr. 40; G r a b e r Kärnten Nr. 592; S o m m e r t Egerland 102; G r o h m a n n Sagen 241. " ) K ü h n a u Sagen 1,205. »') R o c h h o l z Naturm. 178; W o l f Ndld. Sagen Nr. 261. 521; vgl. auch S f e b i l l o t Folk-Lore i, 148. w ) P r ö h l e Unterharz Nr. 314. ") H ü s e r Beitr. 2, 16 Nr. 37. 20) Κ r a i η ζ Steiermark Nr. 307; G r a b e r Kärnten Nr. 104. iro; W a s c h n i t i u s Perht 152 f. *») Literatur bei K u h n Westf. 1 Nr. 127; dazu z . B . noch Walliser Sagen 222; V o n -
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b u n Sagen * 118 f. (25 a und b); G r a b e r Kärnten Nr. 181. 226; Z i n g e r l e Sagen Nr. 360. 363. 381 ff.; D ö r l e r Innsbruck Nr. 33, 2; E i s e l Voigtland Nr. 184; M a k k e n s e n Nieders. Sagen Nr. 55; S t r a c k e r j a η 250 f.; B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 256, 6. »«) b i l l o t Folk-Lore 1, 147. **) R o c h h o l z Sagen 2, 78. " ) J e g e r l e h n e r Sagen 2, 336; K u o n i St. Galler Sagen Nr. 92; V ο η b u η Sagen2 95 f. (5 und 6); H ä u s e r Paznaun Nr. 33. 35. 41. 42; L e o p r e c h t i n g Lechrain 51 f. 67; V o g e s Braunschweig Nr. 93; S c h a m b a c h und M ü l l e r Nr. 224. 239 u. Anm.; S t r a k k e r j a η ι, 240 f. 245; M e y e r Rendsborg 66. " ) S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. 239, 1; Meyer Rendsborg 63. " ) K u h n Westfalen 1 Nr. 207; M a c k e n s e n Nieders. Nr. 5; S t r a c k e r j a n 1, 245. ") S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. 239, 9; S t r a c k e r j a n 1, 252; W a i b e l u. F l a m m 1, 207; Η a u s e r Paznaun Nr. 43; vgl. B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 50Γ. *) S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. 237, 1; S e e f r i e d - G u l g o w s k i 226. «·) ZfdMyth. I, 8 ff.; Z i n g e r l e Sagen Nr. 329. 330. 331; Dörler Innsbruck Nr. 39; BJa u m g a r t e η Heimat 115; vgl. auch B o e s e b e c k a . a . O . 18. ao) D r e c h s l e r 1, 321; Quitzmann 177. 31) G r o h m a n n Nr. 172. " ) Ebd. Nr. 1386; vgl. G r e d t Luxemburg Nr. 776 s = Ranke Sagen 74. Die religionsgeschichtlich ä l t e r e Schicht von E.svorstellungen liegt in den Sagen des T y p u s E . d e r weißen F r a u vor. Hier handelt es sich um ein k a u m mehr lebendiges, meist zur bloßen Erinnerung, zur „ S a g e " erstarrtes Gebiet des Totenglaubens (vgl. „ w e i ß e Frau"). — Die „ w e i ß e F r a u " kann zwar gelegentlich auch durch die Mittel der christlichen Sphäre erlöst werden 33 ), für gewöhnlich aber gelten für ihre E. die altertümlicher aussehenden, handfesteren Mittel, die wir zum Teil auch aus dem E.smärchen kennen, und an denen zumTeil das nochmalige Töten des Toten (s. enthaupten 2 b) ( R ü c k v e r w a n d l u n g bzw. „zweiter T o d " ) , zum Teil nur die Erprobung v o n Mut, Ausdauer und Charakter des „ E r lösers" das Wesentliche zu sein scheint. Der Erlöser muß die weiße Frau (die als Schlange, Hund oder dergleichen erscheint) t ö t e n , besonders durch K o p f abschlagen 3 4 ) aber auch durch Erschießen (mit geweihter Kugel) 3 6 ) oder Erstechen 3 6 ); er muß einem spukenden Ochsen einen Hieb mit der A x t geben 3 '), oder er muß
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die weiße Frau (bzw. ihren Hund) mit der R u t e (dreimal) s c h l a g e n 3 8 ) (Schlag mit der Zauberrute zur Rückverwandlung?). — Er muß die weiße Frau, die dabei meistens in allerlei Spukgestalten, als Schlange, Kröte oder dergleichen erscheint, (dreimal) k ü s s e n 3 9 ) oder sich von ihr küssen lassen 4 0 ), muß ihr gestatten, sein Kind zu küssen (das noch nicht getauft sein darf) 41 ). Dem erlösenden K u ß verwandte Bedingungen: der Erlöser muß die Schlangenjungfrau über sich wegkriechen 4 2 ) oder sich von ihr umwinden lassen 4 3 ); er muß sie umarmen 44), sie fest umschlungen halten 45), mit ihr ringen 4e ), sie mit der Hand berühren 47), eine Nacht bei ihr bleiben ω ) (mit ihr „Üppigkeit treiben") 49), ihr auf den F u ß treten so ), s t a t t der vor ihm liegenden Schätze die J u n g f r a u selber wählen 5 1 ). — Ein anderes Mittel der E. besteht darin, daß der Erlöser die weiße Frau eine bestimmte Strecke weit t r a g e n (s. heben) muß M ), wobei sie entweder immer schwerer wird (vgl. Aufhocker) oder allerlei Spukgestalten den Erlöser erschrekk e n : dreimal (zwölfmal) um ein bestimmtes Gehölz 5 3 ), um Schloß 6 4 ), Berg 8 5 ), Kirche 5 6 ), F a ß 5 7 ) , den Berg hinauf 5 8 ), über den Bach 5 B ), über die Brücke ®°), in die Kirche e l ) (und auf den Taufstein setzen) *2), auf den Kirchhof (und dort mit voller Gewalt auf den Boden werfen) M ) (einen Totenkopf ins Beinhaus) e4 ), vom Schloßberg bis zur S t a d t *5), bis zu einem Kreuz " ) , oder sich umgekehrt von ihr tragen lassen e7 ); er m u ß sie dreimal herumschwingen·*), sie h o c h h e b e n " ) , ihr einen Korb auf den Kopf heben 70), eine Reisigwelle aufheben 7 1 ), einen Pudel von der Schatztruhe heben 72), eine Katze in den See 73 ), Wasser den Berg hinauf 7 4 ), Haare zur Kirche (und auf den Hochaltar) 75) oder zum Bach hinaus tragen 7 6 ). — Oder er muß, auch ohne jene mythische Belastung, eine bestimmte Strecke weit l a u f e n : um drei Berge herum 7 7 ), den Berg hinauf oder dergleichen 78 ), er m u ß über einen Graben 7 β ), über den Rachen der Schlange springen β®), er muß (in der Johannisnacht) nackt rücklings den Berg hinaufgehen und oben seinen
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Pantoffel rücklings über den Kopf werfen 8 1 ), oder einen Wagen verkehrt den Berg hinaufziehen 8 2 ), oder er m u ß (von 12 bis 1 Uhr, siebenmal, dreimal) auf den Knien um einen bestimmten Berg 8 3 ), um eine Insel herumrutschen 8 4 ). Beim Tragen und Laufen gilt besonders die Orpheusformel: Daß der Erlöser sich bei seinem Werk n i c h t u m s e h e n darf M ). — Eine dem erlösenden Kuß sehr ä h n liche Situation ergibt sich, wenn es heißt, der Erlöser müsse einen S c h l ü s s e l , den die Schlangenjungfrau im Maul trage, mit seinem Munde in E m p f a n g nehmen 8e ); oft braucht er ihn ihr aber auch nur zu „entreißen" oder einfach abzunehmen 87) (ihr mit dem F u ß abtreten) w ) . Mit diesem Schlüssel (bei dem es sich letztlich um den Schlüssel zum Totenreich handelt?) 8 9 ) könnte der Erlöser den mit der weißen Frau verzauberten S c h a t z gewinnen und sie dadurch erlösen; denn wenn der Schatz gehoben ist, ist der ihn hütende Geist erlöst (vgl. Schatz); darum genügt es gelegentlich, wenn der Erlöser etwas von dem Schatzgeld nimmt 9 1 ), ein goldenes Ei aufhebt 9 2 ), einen goldenen Teller ins Wasser wirft (?) 9 3 ), der Schlange die goldene Krone abnimmt 9 4 ), oder überhaupt nur etwas annimmt, was der Geist ihm anbietet 95), ein ihm dargereichtes Glas Wein 9 S ) (das als K r a f t t r u n k f ü r die ihm bevorstehenden Aufgaben aufgefaßt wird) 9 7 ), oder Milch 98 ) austrinkt, oder von der ihm angebotenen Speise ißt 9 9 ). Vereinzelte Arten der E. sind ferner ζ. B.: f ü r die Verwünschten einen Pasch würfeln 10°), dem Geist den Bart scheren oder sich von ihm rasieren lassen 101) oder andere Mutproben bestehen 102 ); schwarze Wolle weiß waschen 1 0 3 ) (vgl. Aufgabe), in einem alten Buch lesen 104) oder eine Schrift abschreiben und in fließendes Wasser werfen 1 0 5 ) (d. h. den Zauber vernichten?), ein Stück Leinwand, rotes Tuch, ein Paar Schuhe für den Geist kaufen, ohne (wie beim Kauf der Opfergabe) dabei zu feilschen (östlich) l o e ); ganz märchenhaft klingt es, wenn es heißt, der Erlöser müsse der schlafenden J u n g f r a u eine Nadel aus dem Kopf
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ziehen 1OT) oder ihr ein weißes H e m d überwerfen 108 ). — Immer wieder besteht für diese E.sversuche das Gebot des S c h w e i g e n s l o e ). Umgekehrt gilt es gelegentlich, d a s r e c h t e W o r t zu finden 110 ) oder den umgehenden Geist nur a n z u r e d e n lu). Mißlingt (wie meistens) die E., so verschwindet der Geist mit einem lauten Schrei, einem K n a l l oder Donnerschlag oder mit W o r t e n der K l a g e und des J a m mers 1 1 2 ), in denen er oft die Bedingungen nennt, unter denen erst ein neuer E.sversuch wieder möglich sein wird (s. u.). Ist die E . geglückt, so v e r s c h w i n d e t er meistens gleichfalls („darf zur Ruhe eingehen") (allgemein); nur selten, und nur in der älteren Schicht, k e h r t die erlöste weiße Frau i n s L e b e n zur ü c k : als altes Mütterchen, das nur noch wenige Jahre lebt l l s ) , oder (wie im Märchen) als liebliche Jungfrau, die sich dem Erlöser v e r m ä h l t 1 1 4 ) . — Der Erlöser b e k o m m t den S c h a t z (allg.), l e b t allerdings meistens nicht mehr l a n g 1 1 5 ) ; denn „ w e r einen Geist erlöst, stirbt b a l d " 1 1 6 ) und m u ß gelegentlich sogar a n s t a t t des durch ihn erlösten Geistes umgehen 1 1 7 ). as) z . B . T o e p p e n Masuren 133; Κ ü h η a u Sagen 1 Nr. 244, 1; B a a d e r Sagen M 359. ) S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. 106, 2; 107, 3; M ö l l e n h o f f Sagen Nr. 466; K u h n Mark. Sagen Nr. 94; H a u p t Lausitz 1 Nr. 168; Κ ü h η a u Sagen 1 Nr. 229, 1 Α.; 233, 3; 245. 2-3! P a n z e r Beitrag 1, 193 f.; 2, 99; Z i D g e r l e Sagen Nr. 528; vgl. J e g e r l e h n e r Sagen 2, 221 Nr. 147 und Β ο e s e b e c k a. a. O. 6, 26 f.; fürs Märchen: B o l t e - P o l i v k a 1, 9; 3, 86 4. 3S) Z i n g e r l e Sagen Nr. 528, vgl. 421; S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. 206. 3β) Κ ü h η a u Sagen 1 Nr. 245 (umgekehrt: sich dreimal in die Brust stechen lassen: V e r n a l e k e n Myth. 123). 3') J e c k l i n Volhstüml. 290 = H e r z o g Schweizersagen 2, 56; vgl. B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 231. Ζ i η g e r 1 e Sagen Nr. 559. 560; H a u s e r Nr. 85; D ö r l e r Innsbruch Nr. 29; H e n n e am R h y n Sagen Nr. 627; M e i e r Schwaben 1 Nr. 25; ZfdMyth. 2, 174 = V ο η b u η Sagen 2 125 f.; Κ u ο η i St. Galler Sagen 42; H e r z o g Schweizers. 2, 185; K ü h n a u 1 Nr. 232. 238; vgl. 235; H a u p t Lausitz Nr. 168, 1. ") Literatur: G r i m m Myth. 2, 809 f.; 3, 287; B o c k e l Volksl. L X X X ; S i n g e r Märchen 2, 33 ff.; J e g e r l e h n e r Sagen 2, 296 zu Nr. 21; B o e s e b e c k a. a. O. 6, 97 ff.; zum Mär-
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chen: B o l t e - P o l i v k a 2, 271. — Vgl. ζ. B. P r ä t o r i u s Weltbeschreibung 661 f. = G r i m m Sagen Nr. 13; Walliser Sagen 151 Nr. 45; R o c h h o l z Sagen 1, 238; Naturmythen 153 f.; K u o n i St. Galler Sagen Nr. 333; V ο η b u η Sagen 2 100 f.; V e r n a l e k e n Alpensagen Nr. 100. 118. 123; Mythen 139 Nr. 21; G r a b e r Kärnten Nr. 203; Ζ i η g e r 1 e Sagen Nr. 397. 555; ZfdMyth. 2, 226; S t ö b e r Elsaß 2 Nr. 124; M e i e r Schwaben 1 Nr. 4; B a a d e r Sagen Nr. 186; P a n z e r Beitrag 1, 195. 196; S c h ö p p n e r Sagen 3 Nr. 1069; C u r t z e Waldeck 201; S o m m e r Sagen Nr.16; S c h e l l Berg. Sagen 415 Nr. 26; P f i s t e r Hessen 76; Μ e i c h e Sagen Nr. 711. 720; K u h n und S c h w a r t z Nr. 138. 224; S c h a m b a c h und M ü l l e r Nr. n 8 , 1. 132. 260, 1 u. 6; K u h n Westf. 1 Nr. 276; M ö l l e n h o f f Sagen Nr. 597; B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 351. 352. 356. 360. 362; BlpommVk. 1, 98; H a a s Pommern Nr. 19, 30; J a h n Pommern Nr. 233. 276. 281. 297; K n o o p Hinterpommern Nr. 56. P f i s t e r Hessen 76 Nr. 14; Κ üηζig Baden Nr. 62; Kuhn und S c h w a r t z Nr. 10; B a r t s c h Mecklen41 3 burg 1 Nr. 428. ) W u c k e Werra Nr. 471. 541; P f i s t e r Hessen 79; Μ e i c h e Sagen Nr. 1244; J a h n Pommern Nr. 246; G r i m m Myth. 2, 806 = Κ u h η Mark. Sagen Nr. 67. 42) A l p e n b u r g Tirol Nr. 232. 4a) Z i n g e r l e Sagen Nr. 258 = P a n z e r Beitrag 1, 154. 556; H e y l Tirol 250; SAVk. 6, 1 3 7 = K u o n i St. Galler Sagen 184; B a r t s c h Mecklenburg 1, Nr. 356, 2. 44) Z i n g e r l e Sagen Nr. 557; K n o o p Hinterpommern Nr. 272. 4 i ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 397 ff.; Bartsch Mecklenburg 1 Nr. 357. 358; Τ ο e ρ ρ e η Ma4β suren 127. ) K u h n u. S c h w a r t z Nr. 1. 4') G r a b e r Kärnten Nr. 195; L fi t ο 1 f Sagen Nr. 73. ") R o c h h o l z Sagen 1 Nr. 181 d. « ) K u h n u . S c h w a r t z Nr. 47; vgl. P r o h i e Vnterharz Nr. 188. 361. s0) S c h a m b a c h u. M ü l l e r ' Nr. 260, 2. «) Z i n g e r l e Sagen Nr. 527. 530. 548. 549. 551; H e n n e a m R h y n Sagen Nr. 625; Τ e m m e Pommern Nr. 212 = J a h n Pommern Nr. 227; vgl. auch Boesebeck a . a . O . 6, 97. ·*) P a n z e r Beitrag 1, 28; W i t z s c h e l Thüringen 1 Nr. 106; vgl. auch S e b i 11 ο t Folk-Lore 1, 463. 63) S c h a m b a c h u. Μ ü i l e r Nr. 8g. 90. 79. M) R o c h h o l z Naturmythen 153 f. is ) K n o o p Hinterpommern Nr. 55; vgl. B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 364, 2. ") K u h n Mark. Sagen Nr. i n ; K n o o p Hinterpommern Nr. 111. 67) B a a d e r N.Sagen 111; vgl. Sagen Nr. 36. M) S c h w a r t z Heidentum 109. 58) Τ e m m e Pommern Nr. 208 = J a h n Pommern Nr. 263; K n o o p Hinterpommern Nr. 63. eo) K n o o p a. a. O. Nr. 275. " ) M e i e r Schwaben i, 273 f.; J a h n Pommern Nr.314. 315. ea) P a n z e r Beitrag i, 141 = R e i s e r Allgäu 1, 98 f.; vgl. 91. •3) T e t t a u u . T e m m e N r . 2 6 7 = G r i m m Myth. 2, 807 = K n o o p Hinterpommern
933
Erlösung
Nr. 6; vgl. Ebd. Nr. 14. M ) L ü t ο 1 f 68 Nr. 26. ") T o e p p e i Μasuren 126; vgl. 132. " ) S t ö b e r Elsaß 2 Nr. 237. " ) S c h i m b a c h ii. M ü l l e r Nr. 133, χ. β ) V ο η b u η Sagen1 124 (h). **) R o c h h o l z Sagen 1, 238. '") Ebd. 233 f. " ) Ρ f i s t e r Hessen 72 Nr. 7. '») M e i e r Schwaben 1, 19 Nr. 10; vgl. 312. '*) R o c h h o l z Naturmythen 171 H e r z o g Schweizersagen 2, 62. **) S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. i n . ™) B a u m g a r t e η Heimat 2, 143. " ) R o c h h o l z Sagen 1, 238 = Η e r ζ ο g 1, 23. " ) K n o o p Hinterpommern Nr. 10. " ) Ζ i η g e r 1 e Sagen Nr. 545; R o c h h o l z Naturm. 162; K n o o p Hinterpommern Nr. 306. *·) Μ e i c h e Sagen Nr. 31. ,0) B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 428. " ) H a a s Rügen Nr. 141, 1. ·*) R e u s ch Samland Nr. 49 = G r i m m Myth. 3, 287. • s ) Κ ü h η a u Sagen 3 Nr. 1743, 3; vgl. 2. 84)
B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 352. G r i m m Myth. 2, 807 = Τ e 1 1 a u und Τ e m m e Nr. 267; ζ. B. auch K n o o p Hinterpommern Nr. 275; H a a s Pommern Nr. 189; Kuhn Mark. Sagen Nr. i n ; Gander Niederlausitz Nr. 194,2; 197; M e i c h e Sagen Nr. 191; Z i n g e r l e Sagen Nr. 538; H e r z o g Schweizersagen 2, 22. ··) ζ. B. G r i m m Myth. 3, 287; Κ u ο η i St. Galler Sagen Nr. 431; G r a b e r Kärnten Nr. 189; B a u m g a r t e n Heimat 2, 143; Jahrb. d. Vogesenklubs 25, 95 Nr. 1 1 ; Κ ü h η a u Sagen 1, 273 f. 274 f.; S c h e l l Berg. Sagen 503 Nr. 17; G r e d t Luxemburg. Nr. 398. 400. 411. 1074; W o l f Hess. Sagen Nr. 42; K n o o p Hinterpommern Nr. 57. 87) Z i n g e r l e Sagen Nr. 526. 562; V e r n a l e k e n Mythen 124. 135 f.; G r a b e r Kärnten Nr. 71. 143. 154. 191. 192. 194. 196. 197; R e i s e r Allgäu 1 Nr. 286; P a n z e r Beitrag 1, 115. 136; S t ö b e r Elsaß 1 Nr. 63; 2 Nr. 161; K ü h n a u Sagen i, 251. 282; Z f V k . 4, 453; P r ö h l e Unterharz Nr. 361; S c h a m b a c h und M ü l l e r Nr. 110. 113, 2. 131. 260, 4; K u h n und S c h w a r t z Nr. 231; vgl. auch Β ο e s e b e c k a. a. O. 6, 101. M ) K ü h n a u Sagen 1 Nr. 231. 232, 2. 233, 2. ··) A R w . 8, 214 ff. >0) G r a b e r Kärnten Nr. 158. 159; Z i n g e r l e Sagen Nr. 545; D ö r l e r Innsbruck Nr. 49; P a n z e r Beitrag 1, 36 f. 75. 141; 2, 158. 198 f.; M e i e r Schwaben 1 Nr. 95; ZfrwVk. 1914, 2 8 2 ! ; S o m m e r Sagen 16; Ε i s e 1 Voigtland Nr. 250. 468; S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. 110. 129. 81) Z i n g e r l e Sag«» Nr. 585. 588; D ö r l e r Innsbruck Nr. 50; S t ö b e r Elsaß 2 Nr. 124; K ö h l e r Voigtland 560 Nr. 174; M e i c h e Sagen Nr. 290; P r ö h l e Unterharz Nr. 406. " ) Κ u h η u. S c h w a r t ζ Nr. 176. >3) S t ö b e r Elsaß 1 Nr. 60. M ) Z i n g e r l e Sagen Nr- 565; M e i e r Schwaben 1 Nr. 363. " ) Η a u s e r Paznaun Nr. 72; V ο η b u η Sagen' 120 (d) = V e r n a l e k e n Alpensagen Nr. 114; M e i e r Schwaben 1 Nr. 40; Baader N.Sagen 120. ··) K n o o p Hinterpommern Nr. 188; vgl. B a a d e r N.Sagen 85)
934
Nr. 34, " ) K n o o p Hinterpommern Nr. 219. " ) H a u s e r Paznaun Nr. 37; Z i n g e r l e Sagen Nr. 396. ··) D ö r l e r Innsbruck Nr. 22. 23; P a n z e r Beitrag 2, 202; Köhler Voigtland 520. 10°) M e i c h e Sagen Nr. 32. 101 ) G r i m m Myth. 2, 819; Zingerle Sagen Nr. 435; B a r t s c h Mecklenburg 1 Nr. 284; vgl. auch B o l t e - P o l i v k a 1, 24 Anm. «») Z . B . R o c h h o l z Sagen 1 Nr. 173; Herzog Schweisersagen 2, 45; Reiser Allgäu 1, 100. 243 f.; P a n z e r Beitrag 1, 131 f.; 2, 154. 202; K ü h n a u Sagen 1 Nr. 236. 240; S c h a m b a c h u. M ü l l e r 246 (3). I03) P a n z e r Beitrag 2, 79 f. 10 935; G r i m m Myth. 3, 442; J a h n
946
Opfergebrcuche
161;
Sartori
Sitte
2,
80.
'») ZfVk. 7, 155. '») D r e c h s l e r 2, 75; J o h n Westböhmen
188;
J o h n
Erzgebirge
221;
W i t z s c h e l Thüringen 2, 16. 77; M e y e r Baden 427 f.; B o h n e n b e r g e r 20; S a r t o r i Sitte 2, 80; J a h n
Opfergebräuche 159 f.
80)
G r i m m Myth. 3, 485. " ) J o h n Erzgebirge 221. 82) ZfVk. 7, 154; M e y e r Baden 427. 83) J o h n Erzgebirge 2 2 1 ; Η ö h η Volksheilkunde r, 137; R e u s c h e l Volkskunde 2,
33; S a r t o r i Sitte 2, 80. " ) P a n z e r Beitrag 2, 214; B o h n e n b e r g e r 20; D r e c h s l e r 2, 61. 63. "5) J o h n Erzgebirge 221. " ( D r e c h s l c r 2, 61; R e u s c h e l Volkskunde 2, 33; S a r t o r i Sittel, 80. ,7 ) E b e r h a r d t Landwirtschaft 6. J o h n Westböhmen 187 = S a r t o r i Sitte 79· 8e) J o h n Erzgebirge 221. e0) P a n z e r Beitrag 2, 215. 391; Bavaria 2, 1, 299 = J a h η
2>
Opfergebräuche
158.
91 )
Kuhn
Westfalen
2,
183; Z f V k . 7 , 1 5 5 ; P a n z e r Beitrag 2, 211 f.; Bavaria 3, 2, 937; M e y e r Baien 427; H a l t r i c h Siebenbürger Sachsen 306; H e n r i c h
Agrar. Sitten d. Siebenb. Sachsen 19; Jahn Opfergebräuche 158. 160; S a r t ο r i Sitte 2, 81. e2)
J a h n Opfergebräuche 158. β3) D r e c h s l e r 2 , 6 1 . s l ) P a n z e r Beitrag 2, 213; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 435; P o l l i n g e r Landshut
178;
Jahn
Mannhardt
Germ. Myth.
Opfer gebrauche 112. 161;
Sitte 2, 100; R e u s c h e l
138;
Sartori
Volkskunde
2, 34;
G e s e m a n n Regenzauber 49. ·') G e s e m a n n 47. *•) M a n n h a r d t i, 213 f.; ZfVk. 3, 277. *r) K u h n u. S c h w a r t z 397. § 5. B e i der H e i m f a h r t des ersten F u d e r s t r e t e n dieselben Z a u b e r m i t t e l in T ä t i g k e i t w i e bei der ersten G a r b e . W o r t z a u b e r l i e g t v o r , w e n n es a m S c h e u nentor v o n Kindern mit einem Wechselgespräch empfangen w i r d " ) , T ä u s c h u n g s z a u b e r , w e n n m a n den ersten W a g e n v e r k e h r t in die S c h e u n e fährt, um das K o r n wieder zu bekommen, das der N a c h b a r als B i l m e s s c h n i t t e r ges t o h l e n h a t 9 9 ) . A u c h hier erscheinen o f t die Z a u b e r h a n d l u n g e n v e r k i r c h l i c h t. D e r erste W a g e n w i r d feierlich m i t M u s i k e i n g e h o l t u n d den A r m e n überlassen 10 °), nach Hungerjahren festlich geschmückt u m die K i r c h e g e f ü h r t u n d mit seiner E i n h o l u n g eine k i r c h l i c h e F e i e r v e r b u n d e n 1 0 1 ) , v o n feierlich als S c h n i t t e r n g e k l e i d e t e n Kindern begleitet102), mit Weihwasser besprengt103), was auch vor dem A b l a d e n m i t der S c h e u n e als M i t t e l g e g e n die M ä u s e g e s c h i e h t , wie a u c h g e s e g n e t e K r ä u t e r oder der C h r i s t b r a n d in diese geb r a c h t w i r d 104 ).
947
Ernte
M ) ZfrwVk. 2, 277; S a r t o r i Sitf« 2, 82. ) L e o p r e c h t i n g Lechrain 22. 10°) S a r t o r i Sitte 2, 81. 1 M ) M e i e r Schwaben 2 , 4 4 1 . 102 ) Birlinger Aus Schwaben 2, 328; M e y e r Baden 432; M a n n h a r d t 1, 192; S a r t ο r i Sitte 2, 82. 103 ) J o h n Westböhmen 188. m ) W r e d e Rhein. Volkskunde ' 178. M
§6. W ä h r e n d der E . sind zunächst allerlei Z a u b e r s c h u t z Vorschriften zu beachten. Niederstehendes, dünngesätes Getreide mit der Sense zu schneiden, wird als eine A r t U n d a n k gegen die Vorsehung mißbilligt 1 0 5 ). Wenn ein E . w a g e n bei der H e i m f a h r t umfällt, so ist das eine göttliche S t r a f e f ü r den Geiz des B a u e r n 106 ). Wenn bei der Gersten-E. des Abends Wildgänse schreiend durch die L u f t ziehen, verkriechen sich die Schnitter mit den W o r t e n : „de Waur dei kümt" unter die Gersthocken 1 0 7 ). Wer aus der Furche tritt, zerschneidet seine H a n d 108 ). Steigt man über die Deichsel eines E.wagens, so f ä l l t dieser bei der H e i m f a h r t um 109 ). Geht eine Schwangere durch die Teile eines auseinander genommenen E.wagens, so wird sie verhindert, die F r u c h t abzutreiben u o ) . A l s F r u c h t b a r k e i t s z a u b e r wird das walen g e ü b t : die Mädchen umfassen die Beine der Burschen und diese die der Mädchen, und so wälzt man sich auf dem Boden u l ) . Als R e g e n z a u b e r werden bei der ersten H e u - Ε . die Mägde von den Knechten b e g o s s e n 1 1 2 ) oder ins Wasser g e w o r f e n 1 1 3 ) . U m die E r n t e zu verderben, schlagen Zauberer mit einer kleinen weißen R u t e in eine Quelle, deren Wasser sich in D a m p f , in eine Wolke und darauf in Hagel und Reif v e r w a n d e l t 1 1 4 ) . 10ä ) Handschriftl. aus Flaach. ««) Ebenso aus Sternenberg. 107 ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 308 f. IM ) Urquell 4 (1893), 143. "») J o h n Erzgebirge 222. u 0 ) G r i m m Myth. 3, 468 Nr. 929; Liebrecht Zur Volksk. 349 Nr. 15. >") ZfVk. 3, 278; S a r t o r i Sitte 2, lls 76. ) R e i n s b e r g Festjahr a 175. ll3 ) S a r t o r i Westfalen 118. 114 ) G e n o u d Ligendes fribourgeoises (1893), 190; vgl. H e c k s c h e r 1 1 5 . 363 f.
§ 7. Wenn sich die Mahd ihrem E n d e zuneigt, zieht sich der F r u c h t b a r k e i t s g e i s t immer weiter zurück, bis er zuletzt in den l e t z t e n H a l m e n steckt. Diese bleiben, um dem Felde
948
nicht die K r a f t zu nehmen, unabgem ä h t u s ) (vereinzelt läßt man auch an allen vier E c k e n des Ackers ein Halmbüschel stehen) 1 1 6 ), wie auch nach der F l a c h s - Ε . einige Büschel, drei Handvoll oder drei Stengel stehen b l e i b e n 1 1 7 ) . Sie werden mit B l u m e n und Gras 1 1 8 ) oder mit bunten u e ) Bändern nach beendeter E . zu einer Garbe u m w u n d e n 1 2 0 ) , zu einem K n o t e n gebunden 1 2 1 ) , auf den man einen Blumenstrauß s e t z t 1 2 2 ) , ihrer Ähren beraubt zu einer Scheune g e f o r m t : j e größer die Scheune, desto größer der E . s e g e n 1 2 S ) . Weiter erhalten die letzten H a l m e oft Menschengestalt: sie werden dreifach gebunden, um K o p f , L e i b und Beine abzuteilen l 2 4 ), oder die Ähren werden geknickt und unterwärts gebunden, so daß eine P u p p e mit abgeteiltem Kopf entsteht12S). F r u c h t b a r k e i t s zauberisch wirkt man auf den Ackerdämon ein, indem m a n B r o t 1 2 6 ) und Steine 1 2 7 ) in die letzten Halme legt, r e g e n z a u b e r i s c h , indem man sie mit Wein, Branntwein m ) oder mit Wasser 1 2 e ) besprengt. Man zündet ein E . f e u e r an 1 3 0 ), u m t a n z t 1 3 1 ) und überspringt es 1 3 2 ), die Schnitter stellen sich um es, knien, nehmen den H u t ab, schwenken ihn und rufen W o d a n an 1 3 3 ), der in Süddeutschland in St. Oswald verkirchlicht ist 1 3 4 ), oder man r u f t den heiligen
Sankt
Mähä135).
Das
stehen-
bleibende Büschel heißt Waulroggen Vergodendel137),
Peterbült138),
l3e
),
Oswald13*),
Wawa ( = altes Weib) 14 °), Vägeltegen141), Finkentegen (tegen = Z e h n t e n ) 1 4 2 ) oder noch anders 1 4 3 ). E s bleibt auf dem Felde stehen 1 4 4 ), wird mit u n t e r g e p f l ü g t 1 4 S ) oder wird feierlich abgemäht, als Garbe gebunden, was jedoch nur mit der rechten H a n d geschehen darf oder in Abwesenheit der Schnitter, von der Bäuerin 1 4 e ), einer J u n g f r a u oder einem K i n d e geschieht 1 4 7 ), und eingefahren 1 4 8 ). Der B a u e r legt in das aus neun Halmen bestehende Büschel kleine Geschenke, die der jüngste Schnitter erhält, der es kniend im Namen Gottes in drei Zügen a b m ä h t 1 4 9 ) . Weiter werden die sieben letzten Halme mit den Wurzeln ausgerissen und bilden den K e r n des E . -
Ernte
949
kranzes 1 S 0 ). Die letzten Halme werden endlich von einer geschnittenen und gebundenen Garbe abgelöst, in deren Namen: Bock151), Halmbock, Habergeiß, Bocksiom152) oder Waldmann153), sich die zunächst tiergestaltigen und darauf die menschengestaltigen Feldgeister erhalten haben, die dann auf dem Felde liegen bleibt 1 5 4 ), auf dem letzten Fuder eingefahren 155 ) oder beim E.fest mit dem E.kranz eingeholt wird 156 ). 115)
Grimm
Niederdeutsche
Myth, ι, 129 f.; Volksk.
113;
Lauffer
S a r t o r i
Sitte
2, 82. "·) ZfVk. 19, 440. "') Ebd. 17, 472. " e ) W u 1 1 k e 297 § 434. "») Ebd. 269 § 433. 12°) K u h n - S c h w a r t z 395; Kuhn Märh. Sagen 337; ZIVk. 17, 472; Mythologie
290;
Jahn
"') M a n n h a r d t Beitrag
1M)
2, 2 1 5 f.
Golther
Opfergebräuohe
1, 210.
350.
Panzer
"3) J o h n
Erzgebirge
222.
. G r i m m Myth. 1, 129. 12s) K u h n und S c h w a r t z 396. l2·) P a n z e r Beitrag 2, 214; J o h n Westböhmen 189. ia7) M a n n h a r d t 1, 210; J o h n Westböhmen 189. 12a )
K r a u ß Relig. Brauch
Myth,
ι, 129.
la0 )
157. " " )
Ebd. 1, 130;
G r i m m
Golther
Myth. 291; K u h n Westfalen 2,187; W u t t k e 296 § 434; J a h n Opfergebräuche 341; M a n n h a r d t 1,614. m ) P a n z e r Beitrag 2,216; K u h n Märh. Sagen 337; K u h n und S c h w a r t z 395; A n d r e e Braunschweig
261;
K ü c k
Lüneburg.
Heide
152;
G r i m m Myth. 1, 129; W u t t k e 296 f. § 433 f.; S a r t ο r i Sitte 2, 83. m ) K u h n Mark. Sagen 337; K u h n u. S c h w a r t z 396; W u t t k e 2965433; S a r t o r i Sitten, 83. "*) G r i m m Myth, ι, 129 i.; G o l t h e r Myth. 290 f.; K u h n u. S c h w a r t z 395; H e c k s c h e r HannovVolhsk. 1, Reg. s . v . ; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 403; ZfVk. 3, 11; K u h n
Westfalens, 177;
Westfalen 1 1 6 ; B a r t s c h
Jahn Beitrag
Sartori
Mecklenburg
307 f . ;
Opfergebräuche 163 fi. " ' ) P a n z e r 2,
214 f f .
l3ä)
ebd.
2,
216;
W u t t k e 297 § 434. "·) K ü c k - S o h n r e y 3 194. I37) K u h n - S c h w a r t z 394; K u h n Mark. Sagen 337; A n d r e e Braunschweig 260 f . ; K ü c k Lüneburg. Heide 152. 133)
S t r a c k e r j a n 5 2, 126; K u h n S c h w a r t z 395. 13s) P a n z e r Beitrag 1, 242; 2, 214. 140) J o h n Westböhmen 188. K u h n - S c h w a r t z 395; P f a n n e n schmid Erntefeste 107; Heckscher Hannov Volksk. 1, R e g . s. v .
112)
Heckscher
a. a. O. »») S a r t o r i Sitte 2, 82. Schwaben 439.
1«) P a n z e r Baden 430.
14β )
14t )
Meier 2, 127
Beitrag 2, 214 f. "') M e y e r K u h n
Märk.
A n d r e e Braunschweig 261; Hannov Volksk.
1M)
Strackerjan'
I, Reg. s . v . ;
Sagen 337. 394;
Heckscher
Meier
Schwa-
ben 43g. *") K ü c k - S o h n r e y Feste 3 203. D r e c h s l e r 2, 64. 151) W o l f Beiträge
150)
1, 75.
16s)
M a n n h a r d t
"3) S a r t o r i
Sitte 2,85.
Germ. Myth. 151 )
Ebd.
1SS)
137.
Zfd-
Myth. 1, 172; K u h n u. S c h w a r t z 394; A n d r e e Braunschweig 260 f.; B a r t s c h Mecklenburg 2, 306f.; S a r t o r i
Sitte 2, 85.
89. 1M) ZfdMyth. 1, 172. § 8. Die l e t z t e G a r b e gilt als O p f e r für Wodan 157 ), für Fru Gaue 1 S S ), die Alte 15e ), die Holzfrau leo ), die arme oder gute Frau 1 0 1 ), die drei Stifterinnen 1β2 ), die sieben Schauerjungfrauen l e 3 ), die Rugioboba, Glöso, V i l e n l M ) , die T r o l l w s ) , den Bock 16 «), das Rehlamm 1 » 7 ), die Moorhühner i e s ), die V ö g e l l w ) , die Mäuse 17°), womit die Reihe der Ackerdämonen vom heidnischen Gott über die christlichen Heiligen und die Feldgeister des neuzeitlichen Volksglaubens zu Wild und endlich dem Acker- und Hausungeziefer geschlossen ist. Andererseits wiegt der Gedanke, dem Acker seinen Fruchtbarkeitsgeist zu erhalten, vor, wenn man „dem Acker nicht alles nehmen" m ) und somit den Ertrag der nächsten E. sichern will 1 7 S ). Die letzte Garbe erhält, da sich in sie der Vegetationsdämon zurückgezogen hat 1 7 2 ), den Namen des Tieres, unter dessen Gestalt man sich diesen Dämon vorstellt; sie heißt: Bock, Rind, Kuh, Hahn, Wolf, Kater, Hase™) und wird endlich anthropomorphisiert, wobei sie als Alte, Große Mutter, E.mutter, Kornmutter, Kornjungfer, Braut, Kind, Hurkind, E.kind bezeichnet 1 7 6 ) und als menschliche Gestalt geformt 1 7 e ) oder doch diese angedeutet wird 177 ). An ihrer magischen K r a f t partizipiert derjenige, der sie geschnitten hat und auf den ihre Bezeichnung oft geradezu übergeht: er heißt E.gans178), -sau 17β) oder der Alte1*0) ; zuweilen wird diese Partizipation noch dadurch vergrößert, daß man ihn in die letzte Garbe einwickelt 1 M ). Als A n a l o g i e z a u b e r wird die letzte Garbe recht groß gebunden, damit die nächstjährige E. gut ausfalle 182 ); zu demselben Zweck wird sie mit einem Stein beschwert u > ) l wenn hier der Stein, der auch mit den drei ersten Garben in die Scheune gelegt w i r d " 4 ) , nicht als Opferding aufzufassen ist 1 8 S ). Weiter werden Z a u b e r d i n g e , wie der Christbrand 1ββ ), Brot und Getränk in sie eingebunden 187).
951
Ernte
Sie wird g e p r ü g e l t , um das die nächstjährige E. bedrohende Ungeziefer zu vertreiben m ) . Sie selbst besitzt m a g i s c h e K r ä f t e und wird als Glücksspenderin ans Scheunentor genagelt 1 B 9 ), im Hause aufgehängt 1 9 0 ), wo sich in Form einer T a u b e oder eines Kreuzes unter dem K r u z i f i x das Glückshämpfele befindet m ) , zu Brot verbacken den Armen gegeben 192 ) oder als segenwirkend nur von den Familiengliedern gegessen 193 ). Besonders aber wird die in ihr haftende K r a f t des Wachstumsgeistes dem A c k e r wieder zugeführt, indem man ihre Körner unter die S a a t mischt 1 9 4 ), weshalb sie geradezu als Stamm-, Grund- oder Stockgarbe bezeichnet 1 9 5 ) und, u m das Mana des Ackers mit dem des Regens in Berührung zu bringen, begossen wird 196 ).
952
K u h n Westfalen 2, 184; D r e c h s l e r 2, 66; Russikon (handschriftlich). 184) F r i s c h b i e r Hexenspruch 137. 18S) H e c k s c h e r 137. 18e) K u h n Westfalen 2, 187. 523; M a n n h a r d t 1, 228. l8 ') S a r t ο r i Sitte 2, 88 f. 188) Μ a η η h a r d t i, 280. «») J a h n Opfergebräuche 180. 1ί0 ) M e y e r Baden 429 f. ISI) H o f f m a n n - K r a y e r 70; KückS o h n r e y Feste 3 204. l s 2 ) W o l f Beiträge 1, 222. 193) D r e c h s l e r 2,67. l M ) R e u t ' e r s k i ö 1 d Speisesakramente 105; G e s e m a n n Regenzauber 46. 195) M a n n h a r d t 1, 213. 19β) G e s e m a n n Regenzauber 15; Reuschel Volksk. 2, 34; Τ e t ζ η e r Slawen 188 f. 243. 183)
§ 9. Ein Zaubermittel zur Verstärkung der der letzten Garbe innewohnenden W a c h s t u m s k r a f t ist die Lebensrute in der Gestalt des E.m a i s. W i e man bei den Griechen zum E.fest einen mit Feigen, Oliven, allen Arten Feldfrüchten, auch wohl Fläschchen mit Wein und Öl behan15 ') G r i m m genen Zweig, die Eiresione, herumtrug Myth, 1, 128; G o I t h e r Myth. 291; Ε. Η. M e y e r Germ. Myth. 255; und vor dem Hause a u f p f l a n z t e 1 9 7 ) , so ARw. 11,112; B a r t s c h Mecklenburg 2, 307; steckt man ihn heute in die letzten M a a c k Lübeck 63; ZfrwVk. 1, 37; J a h n 19S Opfergebräuche 164 ff.; W u t t k e 395 § 433; Halme ), an deren Stelle in den Acker, 168) nachdem sie geschnitten 1 9 9 ), in die letzte S a r t o r i Sitte 2, 83. 85. Grimm Myth. 1, 209; J a h n Opfergebräuche 164. Garbe 200), und zwar als grünes Reis 2 0 1 ), 15») M a n n h a r d t 1, 337; J a h n Opfergeals K r e u z v o n Stroh, dessen Spitze eine l i 0 bräuche 183 f. ) P a n z e r Beitrag 2, 160; M2 J o h n Westböhmen 189. 1βι ) S a r t o i i Sitte Blumenkrone ziert ), oder als Blumenkranz 203). Auf das Feld steckt man den 2, 83. "») P a n z e r Beitrag 1, 280 f. le3 ) Ebd. lM) S a r t o r i 1, 88. 280f. Sitte 2, 83. E.mai als belaubten Birkenbaum oder 1M ) Urquell 2, 194. 1M ) J a h n Opfergebräuche als Birke mit Kreuzpfählen, an die man 192 f. " ' ) M a a c k Lübeck 63. 1») K u h n Getreidebüschel hängt 2 0 S ). Vielfach hat und S c h w a r t z 395. 1M) Ebd. Τ οeρp e n Masuren 95; ZfVk. 7, 154. m ) S a r sich die Vorstellung von der Einkörpet o r i Sitte 2, 82. " 2 ) SAVk. 11, 262; ZfVk. 19, rung des Wachstumsgeistes von den 440; Urquell 3 (1892), 4; D r e c h s l e r 2,64. letzten Halmen und der letzten Garbe 173 ) M a n n h a r d t 1, 212 ff.; R e u t e r s k i ö 1 d Speisesakramente 105; N i l s s o n auf den E.mai übertragen, der deshalb Jahres feste 12; M e y e r Baden 435; S a r theriomorph als Baulhahn ( = E.hahn), t o r i Sitte 2, 83 f. "*) M a n n h a r d t ForHase, chien de moisson, Meckel ( = K u h ) schungen 19 ff. 316 ff.; S a r t o r i Sitte 2, 87. bezeichnet 20e) und endlich als Menschen"«) S a r t o r i Sitte 2, 88. " · ) W o l f Beifigur ausgeschmückt w t ) und regenzaubeträge 1, 57; K u h n Mark. Sagen 3 4 1 ! ; Kuhn-Schwartz 397; B a r t s c h risch begossen wird 208). Die häufigste Mecklenburg 2, 309; Kück-Sohnrey Gestalt des V e g e t a t i o n s d ä m o n s 3 Feste 193; ZfVk. 12, 339; S a r t o r i Westist dabei die des Hahnes. Als dramatische falen 118; D e r s . Sitte 2, 86. 89; W u t t k e 297 § 434; J a h η Opfergebräuche 341; M a n n - Darstellung seiner T ö t u n g wird ein Hahn hardt 1, 6 ι ι . " ' ) M a a c k Lübeck yz. freigelassen und erschlagen m ) . Eine ge"») M e y e r Baden 428; Eberhardt tötete Henne wird am Wipfel des E.mais Landwirtschaft 6. ' " ) E b e r h a r d t a. a. O. 18°) S a r t ο r i Sitte 2, 86. 181) hängend auf dem letzten Fuder eingeDrechsler 2 , 6 5 ; M e y e r Baden 427; M a n n h a r d t fahren 210), neben dem E.zweig sitzt eine 1 , 2 0 f f . 182) G r i m m Myth. 3,448; W i t z Person und hält einen lebendigen Hahn, s c h e 1 Thüringen 2, 220; ZfVk. 7, 155; J o h n der beim E.mahl verzehrt wird 2 1 1 ), man Westböhmen 188; Drechsler 2, 65; hängt an die mit dem E.mai geschmückte B a r t s c h Mecklenburg 2, 311; Sartori Westfalen 116; D e r s . Sitte 2, 85. 88; J a h n letzte Garbe eine kalekuttische Henne Opfergebräuche 178; M a n n h a r d t 1, 204 f. mit dem Kopf nach unten, und verzehrt
953
Ernte
954
sie nach vollendetem Abdrusch 212 ); oder in die letzte Garbe wird ein lebender Hahn eingebunden und dann getötet 2 1 3 ). Das Verzehren des Hahns hat dabei überall den Zweck der Aneignung seiner magischen Kräfte 214 ). Der natürliche Hahn wird alsdann substituiert durch ein hölzernes Abbild, das, bunt bemalt, mit Goldpapier überklebt, mit Früchten im Schnabel, um den Hals einen Kranz von Trauben oder Eierschalen tragend, im E.kranz oder auf einer Stange auf dem letzten Fuder eingebracht wird 215) und endlich bis zur Hahnenfeder, die im E.kranz mitgeführt wird, zusammenschrumpft 21β ). Der Hahn wird unter Begießen mit Wasser auf der Diele aufgehängt, wo er bis zur nächsten E. bleibt 21 ') oder als Giebelzierrat über der Einfahrtstür befestigt 2 1 S ). Der E.kranz wird, wie ja schon die letzte Garbe als Hahn heimgebracht wird 2 1 9 ), auch ohne Hahn und Hahnenfeder E.hahn, Bauthahn, Stoppelhahn genannt 22°).
E.gans genannt 2 2 1 ), wie früher ein E.gans genanntes Weib mit einem Strauß und einem roten Sacktuch auf ihm saß 222), trägt wie den Hahn so auch die letzte Garbe (siehe § 8) 223), soweit sie nicht von den Schnittern heimgetragen wird 224), und den E.mai (siehe § 9) 225), der beim Einbringen begossen 22e), bei der Sichelhenke in der Mitte des Zimmers aufgestellt 227), oder für ein Jahr auf dem Dach oder am Schornstein 228) oder auf dem letzten Getreidebarmen befestigt wird 229). Neben Laub und Blumen 23°) zieren den letzten Wagen eine senkrecht gestellte oder an eine Stange befestigte Garbe 231 ), wie auch bunte Fähnchen, aus den Nastüchern hergestellt 232). Man setzt Kinder hinauf 233), die einen Strauß in der Hand halten 234). Damit die nächste E. reich werde, muß man als Analogiezauber alle Pferde vorspannen 236). F r u c h t b a r k e i t s zauberisch muß der letzte Wagen von der Hausfrau oder der Haustochter auf die Tenne gefahren werden 2 3 β ), oder diese müssen bei der 1K) Ν i I s s ο η Jahresfeste 11; MannEinfahrt die Peitsche halten 237). Als 1Μ h a r d t ι, 295. 605. ) B i r l i n g e r Aus v erkirchlichten Zauber fährt Schwaben 2, 329; M e i e r Schwaben 2, 439; K ü c k - S o h n r e y Feste 9 197; S a r t ο r i man zunächst vor das Gotteshaus oder Sitte 2, 83 f. "9) K u h n Westfalen 2, 184; das Rathaus, wo von der ganzen Gemeinde Η ü s e r Beiträge 3, 11; ZrwVk. 3, 188; S a r nach einer Ansprache ein Danklied ge2 ) S a r t o r i Sitte 2, 87. 214) R e u t e r sich drehenden Speichen Lärm erzeugt 242 ), s k i ö l d Speisesahramente 111. a15) K u h n wird das letzte von den Schnittern geS c h w a r t z 398; K u h n Westfalen 2, 181 f. tragene Bündel mit Schellengeläut eingeS a r t o r i Westfalen 117 f.; W r e d e Rhein Vk.' 205; D e r s. Eifler 7A. a 178; F e h r 1 e Volksholt 2 4 3 ). feste 76 ff.; H e s e m a n n 104; P f a n n e n 221) M e y e r Baden 432; S c h m i t t Hetsch mid Erntefeste 412; Jahn Opfergelingen 22. 222) M e y e r Baden 433. 2 ") W o l f bräuche 341. 398; K ü c k - S o h n r e y Feste 3 178. "·) K u h n Westfalen 2, 181 f.; S a r - Beiträge 1, 57; K u h n - S c h w a r t z 397; K u h n Mark. Sagen 342; B a r t s c h Meckt o r i Westfalen 117. "') H e s e m a n n 104. 21i) ZfrwVk. 3, 187; S a r t o r i Westfalen 118. lenburg 2, 309; M a n n h a r d t i, 191; ZföVk. I2 a24 al") T e t z n e r > 339; W u t t k e 297 § 434. ) Panzer Slawen 335. 22°) K u h n S c h w a r t z 398; S a r t o r i Westfalen 117. Beitrag 2, 220; K u h n Mark. Sagen 342; 225 Kuhn-Schwarte 396. ) Meyer § 10. Das l e t z t e F u d e r , nach dem tiergestaltigen Vegetationsdämon auch
Baden
432;
Sartori
VA.1
E b e r h a r d t
Landwirtschaft
Westfalen 117 f.; W r e d e
7;
Rhein.
205; G r i m m Myth. 3, 467; M a n n -
955
Ernte
h a r d t 1, i g o f. m ) S a r t o r i Westfalen 1 1 8 ; G e s e m a n n Regenzauber 48. " ' ) E b e r h a r d t Landwirtschaft 7. , a ) M a n n h a r d t 1 , 1 9 0 . »») W r e d e Rhein.Vk. « 205. "«) S a r t o r i Westfalen 117; Sitte 2, 90. 231 ) E b e r h a r d t Landwirtschaft 7. *») S A V k . 19, 8 1 ; 24, 1 0 1 ; M e y e r Baden 432. 23S ) Z f r w V k . 6, 187; E b e r h a r d t Landwirtschaft 7. 2M) M e y e r B a d « » 432 f. 23S ) Η ü s e r B e i träge 3, 12. 23 ·) E b d . 3, 10. " ' ) Z f r w V k . 6, a33 ) E b e r h a r d t 186 f. Landwirtschaft 7. "·) P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 110. ««·) S A V k . 1 9 , 8 1 . «") J o h n Westböhmen 190. * " ) S a r t o r i Sittel,92. '") Kück-Sohnr e y Feste 3 204.
§ Ii. Das E.f e s t trägt in seiner Benennung vielfach noch die Erinnerung an seine einstige Eigenschaft als Opfermahl. Man nennt es Waudelsmähe oder Wodelbier 244) oder Vergodendel 245). Reminiszenzen an die Verspeisung des tiergestaltigen Wachstumsgeistes liegen in Namen wieE.gans 2 **), -kenne247), -hahnm), Schnitthahn2ta), Bauthahn2S0), Eingewinnhahne251), Burhahn252), Krähhahne253), Stoppelhahn 25i). Sonst wird in den Namen nur der Charakter als Eß- und Trinkfest ausgedrückt, wie in E.- oder Schnitterkuchen 255), Austköst268), Arnkollatsch 257), E.f est oder -hier 258), Schnittermahl oder -hier 25»), Kkechtebier 2β0), Seckelbier 2β1), Sichelbier 2β2), Weizenbier oder -fest 263), Haferfest2β4), Knebelbier28S), Korrdalk {talk =Schmaus) 2 e e ), Plon( =Schmaus)287) oder nur der Umstand der Arbeitsbeendung ausgedrückt, wie in Sichellege 2es), m), -löse 269), Sichlete 27°), Sichelhenke Niederfall v*2), Ausstand273). Das E.fest ist teils zeitzauberisch, teils kirchlich festgelegt. Es findet statt in der Zeit vom ersten Schnitt (Jakobstag, 25. Juli) bis Katharinen (25. Nov.) 27i ), besonders am Bartholomäustag (24. Aug.) oder dem folgenden Sonntag 2 7 β ), am 9. Sonntag nach Trinitatis 2 ' 8 ), am I . S o n n t a g im September B 7 ) I an Mariä Himmelfahrt 278), im Oktober 279), zu Martini 280), Weihnacht oder Fastnacht 2S1). 2ä4) M e y e r Germ. Myth. 254; G o l t h c r Myth. 291. " · ) K u h n Westfalen 2, 493; Α η d r e e Braunschweig 3 6 5 ; Κ ü c k Lüneb. Heide 152; K ü c k - S o h n r e y Feste 3 1 9 5 ; H e c k s c h e r 405; P f a n n e n s c h m i d 2") M e y e r Erntefeste 106 f. 421 f. Baden 4 3 3 - 4 4 3 : S a r t o r i Sitte 3, 267. *·') D r e c h s l e r 2 , 6 8 ; J o h n Westböhmen 190. 24β) S a r -
956
t o r i Sitte 2, 96. " ' ) M e i e r Schwaben 2, 442; B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 3 2 7 ; R e i s e r Allgäu 2, 360; L e o p r e c h t i n g Lechrain 192; M e y e r Baden 433. , w ) K u h n Westfalen 2, 1 8 1 ; S a r t o r i Westfalen 1 1 7 f . a") R e i s e r Allgäu 3, 360. "2) H e c k scher 443. s " ) H o f f m a n n - K r a y e r 72. K u h n Westfalen 2, 182; W u t t k e Sachs. Vh. 312; John Erzgebirge 222. "5) D r e c h s l e r 2, 6 8 , Z f V k . 12, 340. "«) H e c k s c h e r 405. 2 «) E b d . "») Z f V k . 3, 2 7 7 ; Z f ö V k . 12, 340; H e c k s c h e r 405; D e r s . HannovVk. 1 §162; M a a c k Lübeck 78 f . ; J o h n Westböhmen 1 9 2 ; D r e c h s l e r 2, 68; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 421 f. 2C0) "·) J o h n Westböhmen 191. H e c k scher 405; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 421 f. 2β1 ) H e c k s c h e r 405; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 4 1 1 . 2 · 2 ) D r e c h s l e r 2, 68. s«3) E b d . ; Z f V k . 12, 340. « 4 ) D r e c h s l e r e b d . " ' ) E b d . 2, 68. 2 , e ) H e c k s c h e r 406. "») E b d . 2ββ) H o f f m a n n - K r a y e r 72; H e c k s c h e r 405. '") H o f f m a n n K r a y e r 72. »·) S A V k . 24, 67. " ' ) P a n z e r Beitrag 2, 235; R e i s e r Allgäu 2, 360; H o f f m a n n - K r a y e r 72. 2 ' 2 ) M e i e r Schwaben 2, 442; Meyer Baien 433. "3) P a n z e r Beitrag 2, 220. W e i t e r e B e z e i c h n u n g e n : Mschles V k . 8 , 74 f . ; S a r t o r i Sitte 2, 94 A n m . 3; M e y e r D. Volhsk. 233. 2") ZfVk. 2 3, 10. ") B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 3 2 7 ; M e i e r Schwaben 442; B a r t s c h Mecklenburg 2, 306; Z f V k . 3, 10; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 420. l") S c h u l e n b u r g Wend. Volkstum 145. *") J o h n Westböhmen 191 f. 2 " ) R e i s e r Allgäu 2, 360 f. »») Z f r w V k . 3, 188; M a n n h a r d t 1, 197. 280) Μ a η η h a r d t a. a. O. 01) K u h n Westfalen 2, 179.
§ 12. Die Fortsetzung des E.mais im Ablauf des E.festes ist der E.k r a n z . Er wird, abgesehen von vereinzelten Ausnahmen, wo dies am Abend des ersten E.tages geschieht m ) , oder wo während der E. ein kleineres Vorfest, das Kranzbier gegeben wird am Tage des letzten Schnittes s84) oder der Einbringung des letzten Wagens ^ 5 ) hergestellt. Der E.kranz ist ein kronenartiges Gebilde, an welchem über dem Kranzreifen zwei Bogen in Kreuzform ansteigen und besteht aus Ähren aller Getreidearten tgr ), Laub, Moos, Blumen, Bändern, Flitterwerk und Goldpapierstreifen a8e). In ihm hängen zwei Puppen, Schnitter und Binderin d a r s t e l l e n d m ) , eine Reminiszenz an den anthropomorphen Wachstumsgeist, wie auch der E.kranz selbst zuweilen noch als E.puppe, die mit Blumen,
957
Ernte
Bändern und F ü t t e r n verziert 2i0 ) und mit Hose, Weste, J a c k e und H u t bekleidet ist a l ) und die endlich zu einem aus drei Bündeln Ä h r e n von etwa 20 cm L ä n g e hergestellten dreifußartigen Halmflechtwerk v e r b l a ß t 292), vorkommt. Erinnerungen an den theriomorphen Vegetationsdämon liegen in den am E.kranz hängenden mit Kopf und Schwanz versehenen und aus ausgepusteten Eiern hergestellten Vögeln M3 ). Zuweilen hat der E.kranz noch (oder wieder?) die ursprüngliche Form des einfachen grünen Zweiges, wie auch, wo ein gemeinsamer E.kranz vorliegt, an die einzelnen Festteilnehmer Sträuße von Blumen 2W ), besonders Rosmarin oder auch Zeugblumen M7 ), verteilt werden. Lichtz a u b e r bezwecken die in der K r o n e angebrachten abends brennenden Kerzen m ) , die zuweilen in einem als menschliches A n t l i t z geschnittenen K ü r b i s stekken m ) , F r u c h t b a r k e i t s zauber der oben auf der K r o n e neben einem Fähnlein prangende vergoldete Mohnkopf, von dem eine rote Schleife, oft auch Schnüre mit Rosinen, Mandeln und andere Näschereien herabhängen 300). Nach der Kartoffelernte werden auf einen Dornenkranz oder die geschmückte Forke K a r t o f f e l n gesteckt und feierlich heimgebracht 3 0 1 ), womit sich ein alter Ackerritus auf eine junge K u l t u r f r u c h t übertragen hat. Vereinzelt ist der E.kranz, der sonst immer Gemeinschaftszeichen ist, nach Geschlechtern getrennt: die Schnitter machen einen E.kranz, die Harkerinnen eine E.krone 802). A u c h der für sich bauende Häusling zieht nach beendeter Ernte mit einem an der Sense befestigten Ährenkranz heim 303). Unter A b s a g u n g von E.s p r ü c h e n , die zumeist nur Wünsche für das Wohlergehn des Gutsherrn und seiner Familie und Bitten um Belohnung für die geleistete Arbeit durch Speis und Trank, dagegen nichts für den Volksglauben Bedeutsames enthalten, wie j a auch der Umstand, daß sie selten mundartlich sind SM ), für ihr kurzes Alter spricht sos ), wird der E.kranz dem Gutsherrn überreicht 30β). Der alte B i n d e z a u b e r , der den Wachstumsgeist auf
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den Grundherrn überzuleiten bezweckte, hat sich erhalten, wenn der K r a n z dem Herrn um den Hals gelegt aoi ) f die K r o n e ihm auf den K o p f gesetzt 3 0 8 ) wird, wobei er sie nicht eher wieder abnehmen darf, bis der T a u v o n ihr abfällt, damit die nächste E. nicht v e r d o r r e S M ) ; wenn die Herrin mit den Bändern des Kranzes umwunden wird und sich mit Geld lösen muß 3 1 0 ), wie auch der Gutsherr f ü r jeden ihm und seinen Angehörigen gebrachten K r a n z eine bestimmte Summe g i b t 3 1 1 ) ; wenn ihm ein Büschel Ähren um den A r m gewunden w i r d 3 1 2 ) , und der Bindezauber endlich so weit verblaßt, daß ihm nur einige Ä h r e n gezeigt w e r d e n 3 l 3 ) . A l s R e g e n z a u b e r werden die E.leute beim Überbringen des K r a n z e s begossen 3 1 4 ). Während des nachfolgenden M a h l e s liegt der K r a n z auf einem Teller auf dem T i s c h 3 1 5 ) . W i r d im Wirtshaus gefeiert, so hängt er an der Decke des Tanzsaales oder - z e l t e s 3 l e ) . U m der Hausgemeinschaft nicht nur am T a g e des E.festes, sondern das ganze Wirtschaftsjahr hindurch die Partizipation an seiner magischen K r a f t zu gestatten, bleibt er bis zur nächsten E. in der Stube 317 ), w o er vor dem K r u z i f i x hängt 318 ), auf der Diele 3 1 9 ), vor dem Hause über der Großtür 32°), auf dem Schreibtisch des Gutsherrn 321 ). Der Wachstumsgeist wird andererseits wieder unmittelbar dem Boden zugeführt, indem die Körner des E.kranzes mit der neuen Aussaat verbraucht 3 2 2 ), als erste in den A c k e r gestreut 323) oder in einen Zipfel des Säetuches gebunden werden 324 ). M2) K ü c k - S o h n r e y Feste 3 190 i.; B a r t s c h Mecklenburg 2, 298 f. "*) B a r t s c h
Mecklenburg
2, 299; v g l . S a r t o r i
Sitte 2, 94;
H e c k s c h e r 305. «") ZfVk. 7, 154; K u h n Mark.
Sag. 342;
B a r t s c h
Mecklenburg
309; S e e f r i e d - G u l g o w s k i S c h u l e n b u r g
Wend.
Volkst.
2,
87 f.;
146;
S c h r a m e k Böhmerwald 234; J o h n Westböhmen 190;
S a r t o r i
Sitte 2, 93.
a5)
Zfd-
Myth. 1 (1853), 172; ZfVk. x, 187; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 4 1 2 ; M a a c k
Lübeck 73.
**') ZfVk. 22, 90; H e c k s c h e r Hannov.Vk. 1 § 162. e 7 ) J o h n Westböhmen 190; M a a c k
Lübeck
72;
Η e c k s c h e r a. a. O .
Myth. 1, 172; ZfVk. 7, 154; a. a. O . ;
B a r t s c h
*·») Z f d -
Heckscher
Mecklenburg
2, 298 f f . ;
D r e c h s l e r 2, 68 f. = ZfVk. 12, 340; J o h n
Ernte
959 Westböhmen 190; S c h u l e n b u r g Volkstum 146; S a r t ο r i Sitte
Wend. 2, 93.
"*) B a r t s c h Mecklenburg 2, 302. m ) Ebd. m ) K ö c k - S o h n r e y Feste 3 193. " 3 ) S e efried-Gulgowski 87 f. »») Κ ü c k Lüneburger Heide 153.
»") ZfrwVk. 3, 186.
•") B a r t s c h Mecklenburg 2, 302. Vk. i,
187.
»") S a r t ο r i
*·*) B a r t s c h Mecklenburg 2, 305 = Sitte 2, 97.
,M)
"·) Zf-
Sitte 2, 93.
Sartori
Η e c k s c h e r Hannov Vk. 1
§ 162; Schweizld. 3, 1054 („Räbeliecht"). D r e c h s l e r 2, 6 8 = ZfVk. 12. 340. SM) S e e a") S a r t o r i Westfalen 120. fried-Gulgowski 88 . 303) Ebd. 87. 3M) Urquell 4 (1893), 197; Μ a a c k Lübeck 76 f.; J o h n Westböhmen 190. 305) Α η d r e e 300)
Braunschweig 361; H e c k s c h e r Hannos. Vk. ι § 266; K ü c k Lüneb. Heide 152 ff.;
K u h n Mark. Sagen 338 ff. 343 f.; B a r t s c h Mecklenburg 2, 298 ff.; D r e c h s l e r 2, 69 f.; ZfrwVk. 3, 187 f.; H ü s e r Beiträge 2, 11; W i t z s c h e l Thüringen 2, 220; M e y e r Baden 433 f.; ZfVk. r, 187; 10, 85 ff.; 19, 247; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 413 ff.; vgl. J u n g b a u e r Bibliographie 177 Nr. 1112; MschlesVk. 11 (1904), 81 ff.; S e e f r i e d G u l g o w s k i 88 f.»»·) ZfVk. 7, 155; 19, 247; K ü c k - S o h n r e y Feste3 190 f. 193. 197; A n d r e e Braunschweig 360; M a a c k Lübeck 7 2 ! . ; B a r t s c h
Mecklenburg 2, 309,
D r e c h s l e r 2, 69; J o h n Westböhmen 190; Sartori Sitte 2, 93. » ) S c h r a m e k Böhmerwald 234. "·) ZfVk. 1, 187; J o h n Westböhmen 190. *») ZfVk. 22, 90. sl°) K u h n Mark. Sagen 343. ' " ) Z f V k . 7, 154. ««) K ö h -
1 e r Voigtland221. »») ZfVk. 7, 154. »») S a r t o r i Westfalen 120; T e t z n e r Slawen 188 f. 243; S e e f r i e d - G u l g o w s k i 89; Κ ü c k S o h n r e y Feste3 198; G e s e m a n n Regenzauber 48. »") M e y e r Baden 433; J o h n Westböhmen 191.
"•) H e c k s c h e r
Vk. 1 § 162; S c h r a m e k
Hann.
Böhmerwald 234;
Schulenburg
Wend. Volkst. 146;
Urquell 1, 184.
Toeppen
Sar-
t o r i Sitte 2, 95. sl7 ) J o h n Erzgebirge 223. «») M e y e r Baden 433. s l i ) M a a c k Lübeck 76. ZfrwVk. 3, 186; S a r t o r i Westfalen 118; M a a c k Lübeck 76; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 419. 3S1) S e e f r i e d G u l g o w s k i 87 f. ' " ) M a a c k Lübeck 76. Frischbier Hexenspruch 135; SM)
S a r t ο r i Sitte 2, 64.
Μasuren 92;
§ 13. Mancherlei kultische Rudimente haben sich a u c h im E . m a h 1 erhalten, deren Mittelpunkt wieder wie bei allen magischen E.sitten der Vegetationsdämon ist. Wie die Schnitter vor Beginn der E. außer der E.stärke (vgl. § 3) einen Pfannkuchen 32S ), a m A b e n d des ersten E.tages 32e ) oder während der E. 327 ) ein Kranzbier oder Laufbier erhalten 328), wie man ihnen, wenn das L e t z t e gemäht ist,
960
Bier und Musikanten aufs Feld schickt* 28 ), wie sie nach der A u s s c h m ü c k u n g des letzten Wagens auf dem Felde mit Wein bewirtet werden 930), wie sie nach dem A b m ä h e n des letzten K o r n s das Strikelber und nach dem Binden der letzten Garbe die Binnelklätsch oder Binnelgrütt erhalten 3 S l ), wie sie schon am A b e n d des letzten E.tages ein festliches Mahl erhalten M 2 ), so findet das H a u p t m a h l jedoch am Tage des E.festes statt 33S ), das, anfangs unmittelbar der Beendigung der E. folgend, meist zeitlich von ihr abgerückt ist. Die Speisen zeigen oft noch den einstigen kultischen Charakter des Mahls. Wie früher ein Hahn verzehrt wurde (siehe § 9) 334 ), so ißt man in Westfalen noch heute Hühnersuppe 335 ). Sonst ißt man Schweinebraten 33e ), Rind- oder Schaffleisch s s , ) t weiter Semmel und Milch 3 3 8 ), Hefekuchen 3 3 »), E.küchlein 3 4 0 ), kleine Brote, die als einzige Speise genossen werden 341 ), aus neuem K o r n gebackene E.brote 342 ), K a r t o f f e l f l a d e n 3 4 3 ) oder andere Speisen ·**), unter denen bezeichnenderweise die Mohnkeulchen nicht fehlen dürfen 34S ). In der Mitte der Tafel steht die mit den größten Feldfrüchten wie Kartoffeln, Rüben, K o h l , gefüllte E.schüssel, aus der die längsten Getreideähren herausragen M e ) . Der kultische Charakter des E.mahls zeigt sich auch darin, daß, wenn nach der E. keine E.kuchen gebacken werden, die nächste E. nicht gerät 347 ). Der letzte Schnitter als Träger der nächstjährigen Fruchtbarkeit wird vielerart b e v o r z u g t : er darf zuerst in die Schüssel langen S 4 8 ), b e k o m m t die besten Bissen ·*·) oder ein besonderes Gebäck, wie ein Teigweiblein 3S0). O f t ist das E.mahl zu einem Trinkgeld zusammengeschrumpft 3 5 1 ), das sonst nebenbei gegeben wird 362 ), wie auch die K i n d e r Erngeld erhalten, um sich W u r s t , Käse, Bier aus dem Wirtshaus zu holen 353 ). 3 ") E b e r h a r d t Landwirtschaft 5. äs«) K ü c k - S o h n r e y Feste " 190 f. » ( B a r t s c h Mecklenburg 2, 299. *") S a r t o r i Sitte 2, 98. »») ZfVk. 7,154. Meyer
Baden 432. »») Η e c k s c h e r 406.
33>)
Β ir-
l i n g e r Aus Schwaben 2, 328 f.; L e o p r e c h t i n g Lechrain 192; M e y e r Baden 432; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 401 f.; K ö h l e r
Ernte Voigtland 221; J o h n Westböhmen 190; J o h n Erzgebirge 222; Τ ο e ρ ρ e η Masuren 94; S c h u l e n b u r g Wend. Volkstum 146; Pfannenschmid Erntefeste 108. 422; M a n n h a r d t i , 202 ff. 333) B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 332. 334; M e y e r Baden 434; R e i s e r Allgäu 2, 360 f.; J o h n Westböhmen 192; D r e c h s l e r 2, 68; Z f V k . 12, 340; B a r t s c h Mecklenburg 2, 304t.; H e c k s c h e r 406; ZfrwVk. 3, 186. »") ZfV k . 12, 340; J o h n Westböhmen 190; D r e c h s l e r 2, 68; 335) J a h n Opfergebräuche 185. 33β) Α η d r e e Braunschweig 363. 33') Z f V k . 12,340; H e y l 760. 33") J o h n Westböhmen 189. 33i ) M e y e r Baden 434. 340) E b e r h a r d t Landwirtschaft 7. 341) B i r l i n g e r 312 ) Volkstümliches 2, 424. HoffmannK r a y e r 72. 3 " ) ZfrwVk. 6, 186. 3 " ) P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 420 f. M5 ) Τ ο e ρ p e n Masuren 95. 3 " ) S a r t ο r i Sitte 2, 96. M ') F ο g e 1 200. 34e) P a n z e r Beitrag 2, 320. 3 «) S a r t o r i Sitte 2, 86 . 35°) E b e r h a r d t Landwirtschaft 6; J o h n Westböhmen 190. 351 ) M e y e r Baden 433. 3Sa) R e i s e r Allgäu 2, 360 f.; D r e c h s l e r 2, 68; Z f V k . 12, 340; Z f r w V k . 3, 186. 353) M e y e r Baden 434.
§ 14. Kultreste liegen ebenso vereinzelt noch in E.t a η ζ und - s p i e l . Die Magd kauft für den Hut des Burschen einen „Maien" und wird dafür zum Tanz geführt 354 ). Der Hausherr eröffnet den Reigen, indem er mit der aus der letzten Garbe hergestellten E.puppe tanzt 355 ), oder Großknecht und E.magd beginnen den Tanz, indem sie den E.hahn zwischen sich halten 35e ). Eröffnen ihn die Hauseltern, so trägt die Hausmutter eine blendend weiße Schürze 357 ). A m zweiten Tage haben die Mädchen für bestimmte Stunden das Kommando, zum Zeichen dessen ein Pantoffel unter dem E.kranz hängt 358 ). Magischen Ursprungs sind auch bestimmte E.spiele: so wird nach der in einer bestimmten Entfernung aufgestellten E.puppe ein Wettlaufen der Mädchen veranstaltet, bei dem die Siegerin erste Tänzerin wird 359), es findet ein allgemeiner Wettlauf nach einem mit Tüchern behangenen Birkenbusch statt 360), ein nach Geschlechtern getrennter Wettlauf um Tücher, Backwerk und ähnliche Preise 3 M ), oder während der E. ein Laufbier, eine Art Stafettenlaufen zwischen je einem Knecht und vier Mädchen 3β2)( beim E.fest ferner das Ballholen der im letzten Jahre verheirateten
962
jungen Frauen 383), wie auch ein Preisklettern an einem Mast 3β4). 354) M e y e r Baden 434. 35S) B a r t s c h Mecklenburg 2, 309. 35*) P f a n n e n s c h m i d Erntefeste I i i . 357) J o h n Erzgebirge 222. 358) Ns. 13, 86 . 35») K u h n Mark. Sagen 341 f. 36°) M a n n h a r d t 3") 1, 396. Kuhn Westfalen 2 , 1 8 7 ; Κ u h η - S c h w a r t ζ 399 = 3 2 3M Z f V k . 3, Ii. « ) Ns. 8, 209 f. ) Ebd. 5, 374. 3β4) K u h n - S c h w a r t z 398; Drechsl e r 2 , 7 1 ; M a n n h a r d t 2, 313 f.
§ 15. Mancherlei Übergänge leiten vom weltlichen zum kirchlichen E.fest, dem E.d a η k f e s t. Wo das weltliche E.fest verschwunden ist, hat sich manches von dessen Gebräuchen, so etwa der E.mai 3es ), an die Kirchweih geheftet 3 6 e ), die an manchen Orten zu einem E.fest in großem Maßstabe geworden ist 367). Wie es schon A k t e der christlichen Dankbarkeit gegen Gott waren, wenn die auf dem letzten Fuder einfahrenden E.leute, nachdem sie erst lustige Lieder gesungen hatten, in der Ortschaft ein geistliches Loblied anstimmten 3β8), wenn sich die Gemeinde nach eingebrachter E. auf einem Hofe des Dorfes versammelte, um unter Gesang, Gebet und Posaunenschall Gott zu danken 3β9), wenn der Nachtwächter nach beendeter E. ein besonderes Lied sang 370), wenn die Kinder mit brennenden Kerzen und dem E.kranze um die Kirche zogen, um darauf den Kranz auf den Altar zu legen 8 7 1 ), so hatte sich zunächst, wie ein weltliches, so auch ein geistliches offizielles Dankfest unmittelbar an die E. geschlossen, das erst später beweglich auf den der E. folgenden Sonntag und darauf auf einen festen Kalendersonntag verlegt wurde 372 ). Erstlingsopfer (s. d.) und Kirchenzehnten spielen genetisch mit, wenn auf dem Altar der bekränzten Kirche die Früchte des Feldes stehen 373), welche Garbenopfer 374) heute die Dorfarmen bekommen 375 ). O p f e r z a u b e r sind auch die aus Ähren geflochtenen oder verkleinert aus Holz geschnittenen Sensen und Rechen, die den Kranz an der Kanzel zieren 376). Die Opfergarben haben als Geweihtes schutzzauberische K r ä f t e : die Bauern nehmen sich einige Ähren mit, um sich eine reiche E. zu sichern 377), wie auch das in der Kirche geweihte E.-
Erntegans—Ersatzopfer
963
büschele in der Stube über dem Kruzifix hängend gegen Blitzschlag schützt 378). Außer den örtlich verschiedenen Arten der Dankgottesdienste finden auch Danksagungsprozessionen statt 3 7 S ), wobei weißgekleidete Mädchen früchte- und ährentragend im Zuge mitschreiten S80). Vgl. H e u e r n t e . 3β5) S a r t o r i Sitte 3, 253. 36e) M e y e r Baden 433. 3 · 7 ) S a r t ο r i Sitte 3, 245; J o h n Westböhmen 192. 3ea) Z f r w V k . 3, 187. 3M ) E b d . 188. 370) E b e r h a r d t Landwirtschaft 7.
371)
Ns. 3, 44,
Erntefeste
372)
P f a n n e n s c h m i d
427 f . ;
J o h n
Erzgebirge
223;
Μ a a c k Lübeck 76; F r a z e r 1,16. a'3) P f a n n e n s c h m i d Erntefeste428; H e c k s c h e r HannVk.
1 § 182. 365;
K ü c k - S o h n r e y
Feste a i 7 o f . ; K ö h l e r Voigtland221; J o h n
Erzgebirge 223; John Westböhmen 192. Höf ler Waldkult 99. 3 " ) S A V k . 25,
371 )
224; Η ο f f m a η η - Κ r a y e r 72. "') J o h n Erzgebirge 223.
431.
37")
3")
Ebd.
"·) M e y e r
Baden
R e i s e r Allgäu 2, 366. ""J J o h n
Westböhmen
191.
Heckscher.
Erntegans s.
Gans.
Erntegarbe s.
Korndämonen.
Erntehahns. H a h n , K o r n d ä m o n e n . Erntekind s.
Korndämonen.
Erntekönigin
s.
Korndämonen.
Erntekranz s.
Kranz.
Erntekrone s.
Krone.
Erntekuchen s.
Kuchen.
Erntemännlein s. K o r n d ä m o n e n . Erntemonat s. Erntemutter s. Erntepuppe s.
August. Korndämonen. Puppe.
erraten. Gegen E. des Namens, gelegentlich auch des Alters *), versprechen dämonische Wesen ihre Ansprüche auf Menschen aufzugeben 2), oder sie werden dadurch selber erlöst 3 ). Zum wirklichen E. des Namens kommt es dann freilich in allen Märchen und Sagen, die so erzählen, nie; das Geheimnis wird stets erlauscht oder irgendwie erlistet. Demnach ist das Wissen des Namens, nicht die Art, wie man zu diesem Wissen gelangt, also etwa E., das Entscheidende. Man vgl. die Art. N a m e n und R ä t s e l , namentlich den Abschnitt H a l s l ö s u n g s r ä t s e l . ') C o s q u i n 1, 271. 2) G r i m m KHM. 55 (Rumpelstilzchen) und die bei B o l t e -
964
Polivka 1, 490 ff. N y r o p Navnets magt 179); E. C l o d d Tom l i v k a ZfVk. 10, 254 ff. Oberpfalz
2, 354.
erratische Blöcke s.
gegebene Lit., bes. (opusc. philol. 1887, Tit Tot 1898; P o 3) S c h ö n w e r t h Mculi.
Findlinge.
Ersatzopfer. In zweifacher Weise kann man vom E. im eigentlichen Sinne sprechen: I. als Erweichung einer grausamen Opfersitte in eine weniger grausame, 2. als Umwandlung der Hingabe von schwer zu beschaffenden und übermäßig kostbaren Spenden in weniger kostbare. 3. Uneigentlich wird das Wort E. auch gebraucht als Ersatz eines Opfers überhaupt durch eine nicht mehr als Opfer aufgefaßte Handlung, d. 1. als Opferablös-E. Die Entstehung aller dieser Arten von E.n ist in der Regel das Ergebnis des religionsgeschichtlichen Prozesses dort, wo eine höhere Religion, wie ζ. B. die christliche, eine tief erstehende überlagert; zumal im Falle des Christentums dadurch, daß dieses mit der Opfereinrichtung überhaupt grundsätzlich aufräumt. Solche Fälle des E.s begegnen uns sonderlich auf dem Gebiete der Fortbildung deutscher Glaubensanschauungen, somit im deutschen Aberglauben. Das E. hat sich in allen drei Bedeutungen als eine geschichtliche Notwendigkeit eingestellt. Ganz allgemein findet sich bei den Völkern im Laufe der Geschichte des Opferrituals das Bedürfnis nach Herabminderung der Gaben, bzw. nach Anpassung des im Opfer zu Gebenden, an die allgemeinen Anschauungen und Verhältnisse, die sich gegenüber der Zeit der Ursprünglichkeit des Opfers geändert haben. Psychologisch angesehen, liegt also der Grund des Entstehens des E.s in dem Bestreben, den Aufwand an dinglicher oder seelischer Leistung für die Darbringung herabzusetzen, ohne einen geringeren Erfolg fürs Leben zu haben; im dritten Falle in der Überzeugung, der Gottheit überhaupt durch eine dingliche Zuwendung nicht nahen zu können. Diese Überlegung tritt freilich nicht als solche ins Licht der Überlieferung, aber die Ergebnisse und die Art, wie durch die Tradition, durch Fabeln und Sagen die Ab-
965
Ersatzopfer
S c h w ä c h u n g e n des O p f e r b r a u c h e s e r k l ä r t w e r d e n , zeigen n i c h t selten m i t z i e m l i c h e r D e u t l i c h k e i t d e n W e g , d e n die m e n s c h liche P s y c h e hier g e w a n d e l t ist. E s ist s e l b s t v e r s t ä n d l i c h , d a ß u r s p r ü n g l i c h nur die w e r t v o l l s t e G a b e , die d e m W e r t der P e r s o n des O p f e r n d e n s e l b s t nächsts t e h e n d e G r ö ß e den w i r k s a m s t e n E i n f l u ß auf die G o t t h e i t h a t , u n d d a ß m a n d a h e r menschliche Personen selbst vor allem darbringt; das M e n s c h e n o p f e r s t e h t u n t e r diesem G e s i c h t s p u n k t a l l e n a n d e r e n Opfern voran, nicht immer a n Häufigkeit, a b e r an W ü r d i g k e i t . A u f dieses b e z i e h t sich d a r u m a u c h in erster L i n i e die s t u f e n w e i s e E n t w i c k l u n g des E . s . S o d a n n s e t z t m a n ü b e r h a u p t a l l e n t h a l b e n a n die S t e l l e des W e r t v o l l e n das W e r t l o s e , in der R e g e l o h n e S c h e u v o r der E i n b i l d u n g , d a ß m a n die G o t t h e i t , den D ä m o n , d e n T o t e n g e i s t d a m i t hinters L i c h t f ü h r e . V i e l f a c h ist die V e r a n l a s s u n g z u r H e r a u s b i l d u n g eines E . s r a t i o n a l v e r s t ä n d l i c h : sie liegt e b e n n i c h t selten in der V e r s c h l e c h t e r u n g der wirtschaftlichen Lebensbedingungen. Man d e n k e a n die H e k a t o m b e n v o n T a u r o bolien, die nur u n t e r b e s t i m m t e n ö k o n o misch g ü n s t i g e n V e r h ä l t n i s s e n e n t s t e h e n und aufrechterhalten werden konnten, z u d e m a u c h in besseren Z e i t e n nur d e m G r o ß g r u n d b e s i t z e r die M ö g l i c h k e i t eines solchen O p f e r s g a b e n , a b e r b e i m E i n t r i t t ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse a b g e s t e l l t w e r d e n m u ß t e n . Bei l a n g s a m e r R ü c k k e h r z u besseren V e r h ä l t n i s s e n w u r de d a n n die z u r Ü b u n g g e w o r d e n e S p a r s a m k e i t a l l g e m e i n f e s t g e h a l t e n u n d ihr G e g e n t e i l als m u t w i l l i g e V e r s c h w e n d u n g v e r u r t e i l t . D e r G e d a n k e des h e r a b g e m i n d e r t e n O p f e r s e r f u h r hierbei eine A r t Moralisierung, i n d e m m a n d e n W i l l e n der G o t t h e i t s e l b s t darin e r k a n n t e , in der H i n g a b e v o n G ü t e r n ihr g e g e n ü b e r M a ß z u h a l t e n 2 ). D a g e g e n m a c h t e sich allerdings d a n n der T r i e b g e l t e n d , die d u r c h A l t e r g e h e i l i g t e S i t t e eines f r e i g e b i g e r e n oder blutdürstigeren Zeitalters aufrechtzuerhalten, und das führte zu mancherlei K o m p r o m i s s e n in der O p f e r p r a x i s u n d -theorie. D i e E r g e b n i s s e dieser beiderlei Prozesse, s o w o h l d e s j e n i g e n der H e r a b d r ü c k u n g der O p f e r l e i s t u n g d u r c h E r -
966
w e i c h u n g infolge Ä n d e r u n g der religiöss i t t l i c h e n A n s c h a u u n g , w i e a u c h der d u r c h die ö k o n o m i s c h e n V e r h ä l t n i s s e bed i n g t e n , f i n d e n sich v i e l f a c h i m A b e r g l a u ben, in h a r m l o s e n u n d g u t m ü t i g e n V o l k s b r ä u c h e n v o r , die den O p f e r c h a r a k t e r teils deutlich, teils s p u r h a f t a u f w e i s e n 3 ). Die a m Teufel begangenen Betrügereien g e h ö r e n ζ . B . teilweis hierher (s. T e u f e l , geprellter). W u η d t Mythus u. Religion 3, 679. B e t h Religgesch. 81. 3) S a r t o r i Sitte 1, 136.
2)
1)
I. D i e A b s c h a f f u n g des M e n s c h e n o p f e r s h a t zu v e r s c h i e d e n e n F o r m e n des E . s g e f ü h r t , die hier k u r z b e s p r o c h e n w e r d e n sollen in der R e i h e n f o l g e , w e l c h e , ohne s e l b s t v e r s t ä n d l i c h eine historische b e d e u t e n z u k ö n n e n , eine a l l m ä h l i c h e S t u f u n g des E r s a t z e s e r k e n n e n l ä ß t . a) B e i v i e l e n V ö l k e r n b e s t a n d die Mild e r u n g der H ä r t e , w e l c h e d u r c h das Mens c h e n o p f e r der U m g e b u n g , d e m V o l k s s t a m m e s e l b s t a u f e r l e g t w a r , darin, d a ß a n Stelle v o n S t a m m e s g e n o s s e n A u s l ä n d e r z u m O p f e r s t e i n g e f ü h r t w u r d e n , v o r allen D i n g e n also K r i e g s g e f a n g e n e oder S k l a v e n 4 ). Bei den Ä g y p t e r n w a r es g a n g u n d g ä b e , die G e f a n g e n e n oder einen T e i l derselben h i n z u s c h l a c h t e n ; teils einer G o t t h e i t , teils a u c h der M a j e s t ä t des K ö n i g s 5 ). Dasselbe war im alten Mexiko wie auch bei d e n G r i e c h e n u n d G e r m a n e n der F a l l , ist a b e r s p o r a d i s c h a u c h a u s v i e l e n a n d e ren V o l k s g e b i e t e n b e k a n n t . D i e K a r t h a g e r w ä h l t e n in ä l t e r e n Z e i t e n die O p f e r f ü r den G o t t Moloch ( M e l k a r t ) u n t e r ihren eigenen S ö h n e n aus, s p ä t e r w u r d e n d a r a u s O p f e r v o n k l e i n e n K i n d e r n , die f ü r diesen Z w e c k g e k a u f t w u r d e n . E i n s c h w e r e s U n h e i l b r a c h t e es aber, da es auf R e c h n u n g des d u r c h diese S p a r s a m keit begangenen Betruges gesetzt wurde, zu einer R e a k t i o n , die d a d u r c h eingeleitet wurde, daß zweihundert K i n d e r aus d e n e d e l s t e n F a m i l i e n des L a n d e s m i t einem Male dem blutdürstigen G o t t darg e b r a c h t w u r d e n 6 ). M a n c h m a l ist s c h w e r f e s t z u s t e l l e n , o b ein B r a u c h , der den E i n d r u c k eines E . s m a c h t , seiner E n t s t e h u n g n a c h als E . a u f z u f a s s e n ist. D i e zwei M ä d c h e n ζ. B.,
9 67
Ersatzopfer
welche von den Lokrern aus hundert vornehmen Familien ausgelost und in das Athene-Heiligtum zu Ilion geschickt wurden (entweder alljährlich oder, wie nach anderem Bericht wahrscheinlich, zum Ersatz der bisher dorthin geschickten und verstorbenen Mädchen), scheinen Ersatz für frühere alljährliche Opferung eines Mädchens zu sein, die zur Sühnung der am Altar durch A j a x vollzogenen Schändung der Kassandra nach der Einnahme Trojas vollzogen wurde 7 ). Das Orakel soll gelegentlich einer Pest den Lokrern dieses Sühneopfer aufgetragen haben, welches tausend Jahre dargebracht wurde, bis die Lokrer den Mut faßten, die harte Sitte zu unterbrechen. Auf neuerlichen Orakelspruch hin wurde dann nur noch ein Mädchen gesandt. Vielleicht aber ist die Deutung als Opferersatz falsch, da es sich in Wirklichkeit um eine ursprünglich schon als Sühnezeremonie aufgefaßte Opferung handeln kann, indem die Mädchen als Pharmakoi außer Landes gebracht wurden. Indessen ließe sich auch dann wieder geltend machen, daß das Töten von Pharmakoi überhaupt ein restringierter Opferbrauch zu sein scheint, dem ein grausameres Menschenopfer gewichen ist 8 ). b) Der häufigste Ersatz für Menschenopfer war das T i e r o p f e r und zwar zunächst das H a u s t i e r als ein Teil des Besitzes, später aber als eine weitere Milderung für den Geber das J a g d t i e r und selbst das Eichhörnchen 9 ). Eine Reihe von Sagen bezeugen ein rudimentäres Bewußtsein von einer solchen Übergangszeit: Ersatz durch einen von Gott selbst hingestellten Widder bei der beabsichtigten Opferung Isaaks durch Abraham 10) — während aus der Richterperiode des jüdischen Volkes die Opferung der Tochter Jephtas als wörtliche Befolgung eines nur ein Tieropfer beabsichtigenden Gelübdes überliefert i s t 1 1 ) ; Ersatz der Hirschkuh für die Iphigenia gleichfalls mit der Fabel, daß die Gottheit selbst auf das Menschenopfer verzichtet 12 ). Die Geschichte von Embaros, welcher derselben Göttin Artemis, die zur Abwehr der Hungersnot das Opfer einer
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Jungfrau verlangt hatte, statt seiner Tochter eine in die Kleider der Tochter gehüllte Ziege darbrachte, läßt die Gottheit in der Rolle der strengen Förderin bestehen 13 ). Hingegen wird der Traum des Pelopidas vor der Schlacht bei Leuktra wiederum zugunsten eines milden Schicksals ausgedeutet. Der Vater der Ortsnymphen, der Leuktriden, verlangte von dem Feldherrn die Opferung eines Mädchens mit dunkelbraunem Haar, falls er die Schlacht gewinnen wollte. Während man über die Ausführung des Traumbefehles sprach, lief ein braunes weibliches Füllen durch das Lager, worauf der Wahrsager Theokrit rief: „Hier ist das heilige Opfer, warte auf kein anderes Mädchen; benutze das, was der Gott Dir gegeben h a t " 1 4 ) . Auch in historischen Zeiten wurden noch Menschenopfer in Tieropfer gemildert, so ζ. B. durch einen zyprischen König 15 ). Dem Dionysos wurde zu Potniä statt eines Knaben ein Geißbock geopfert, wie dem Melkart auf Tenedos von den Aolern an Stelle eines neugeborenen Kindes ein neugeborenes K a l b dargebracht wurde 1 6 ). Daß eine böse Gottheit, ein Dämon, von den Menschen durch ein Tieropfer an Stelle eines Menschen betrogen wird, findet sich nicht selten. Bastian berichtet von einem Exorzisten auf Ceylon, der von dem Dämon die Antwort erhält, er werde die Kranke, die von ihm besessen ist, nur dann verlassen, wenn ihm ein Mensch geopfert werde; das Opfer wird versprochen, die Patientin wird gesund, das Opfer wird darnach ausgeführt aber durch Darbringung eines Huhnes 17 ). c) Eine andere Form des E.s liegt häufig dort vor, wo junge Menschen dem T e m p e l d i e n s t g e w e i h t werden. So will es die Sage von dem K u l t der Artemis Munychia, der von Mädchen besorgt wurde, die unter der Bezeichnung „ärkt o i " geweiht waren und nach der Legende in früherer Zeit getötet worden waren, so daß ihre Weihe zum Tempeldienst als Ersatz für die Aufopferung erscheint 1 8 ). d) Eine Stufe weiter in der Entwicklung der Ersatzgabe führt die Opferung einer m e n s c h l i c h e n F i g u r ,
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Ersatzopfer
P u p p e oder eines B i l d e s . U n d dies ist diejenige F o r m des E.s, welche sich a m häufigsten im deutschen A b e r g l a u b e n erhalten hat. D a s Essen v o n gebackenen Tierfiguren ist eine symbolische Tieropferung, welche wiederum nicht selten a n Stelle eines Menschenopfers dargebracht wurde 19 ). W e n n auf Bali die Verstorbenen in effigie aufgegessen werden, diese Bilder aus im Leichenwasser gek o c h t e m Reis verfertigt werden, so weist eine solche Sitte nicht selten über das einfache Verschmausen der Leichen auf ältere Menschenopfer z u r ü c k 20). In R o m wurden der M a n i a , der Geistermutter oder G r o ß m u t t e r der L a r v a e , Menschenfiguren aus Wolle a m Fest der Compitalia geweiht und solche P u p p e n in den Haustüren zu R o m a u f g e h ä n g t , je eine f ü r jede freie Person und j e eine für j e d e n S k l a v e n . Man glaubte, daß die T o t e n geister an diesem T a g e umgehen und diese Figuren an Stelle der lebenden Menschen, nach denen sie trachten, mitnehmen. Schon nach einer römischen T r a d i t i o n wurden früher diesen Geistern Menschen geopfert 21 ). Dies ist ein Beispiel des häufigen Versuches, die A u f m e r k s a m k e i t der D ä m o n e n v o n den L e b e n d e n durch A u f stellen v o n menschlichen Figuren (aus Holz, Wollstoff u. ä.) a b z u l e n k e n 22 ). U m die Geister der Abgeschiedenen in den ersten T a g e n nach dem T o d e zu hindern, die Überlebenden nach sich zu ziehen oder zu holen, stellt man auf den W e g , den sie gehen müssen, P u p p e n oder Bilder, die der Geist für die Menschen halten und s t a t t ihrer nehmen wird. Es ist ein E r s a t z des Opfers, das sonst, freilich ohne Willen der Menschen, an ihnen selbst vollzogen werden w ü r d e 2 3 ) . Die Galelareezen in Holländisch-Indien verbrennen mit dem L e i c h n a m den S t a m m einer Banane, auf daß der T o t e nicht erst nach einem Begleiter unter den Überlebenden suchen möge. W e n n der S a r g in die Erde vers e n k t wird, s t ö ß t j e m a n d eine j u n g e B a n a n e n s t a u d e ins G r a b und r u f t : „ F r e u n d , du b r a u c h s t deine Genossen nicht zu vermissen, hier nimm d i e s e n K a m e r a d e n " 24 ). V i e l f a c h m a c h t e m a n Bilder aus T e i g (namentlich
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aus M e x i k o überliefert), betete sie an, schnitt die B r u s t auf, nahm das Herz heraus, zerteilte die ganze Figur in S t ü c k e und verzehrte schließlich die einzelnen Körperteile. D a n e b e n f a n d sich, gerade bei mexikanischen Indianerstämmen, noch gleichzeitig die A u f o p f e r u n g v o n Sklaven, denen in ähnlicher Weise das Herz aus der geöffneten Brust genommen und der K ö r p e r zerteilt wurde, in welchem zeitlichen Z u s a m m e n t r e f f e n m a n den Beweis dafür finden kann, daß die ersterwähnte Sitte ein E r s a t z für früheres Menschenopfer war 25 ). W e n n die Masuren noch v o r wenigen J a h r z e h n t e n zu Neujahr P u p p e n aus T e i g buken, welche lange in den Häusern a u f b e w a h r t wurden, damit die D ä m o n e n an ihnen Gefallen finden und sie mitnehmen möchten, dafür aber die Menschen v o n ihren bösen T ü c k e n , K r a n k h e i t e n usw. verschonen, so bedeutet diese D a r b r i n g u n g v o n P u p pen ein E. 26 ). e) Die A n f e r t i g u n g v o n menschlichen Figuren f ü h r t in einigen Fällen zu einer anderen S t u f e des E.s. Nämlich a u c h einem T o t e n wurde schon in frühern Zeiten s t a t t eines lebenden Menschen ein Bild desselben d a r g e b r a c h t ; so wurde ζ. B. die F i g u r d e r G a t t i n , die dem Manne h ä t t e in den T o d folgen sollen, mitgegeben, d a m i t sie ihm j e t z t unter dieser Gestalt im Jenseits Gehilfin sei 27 ). Ein K a u k a s u s v o l k f ü h r t um die Leiche eines verstorbenen Mannes die W i t w e und sein Pferd dreimal herum 28 ). D a die W i t w e nicht heiraten, das P f e r d nicht bestiegen werden darf, so ist klar, daß dieser R i t u s ebenso wie der vorerwähnte, der D a r b r i n g u n g der Figur die endgültige Z u e i g n u n g der Person wie des Tieres als bleibendes B e s i t z t u m des Verstorbenen bedeutet. Man darf daher annehmen, daß diese Erklärung z u m bleibenden B e s i t z t u m an die Stelle eines früheren blutigen Opfers, das an eben dem überlebenden W e s e n vollzogen wurde, g e r ü c k t ist. Im Leben und D e n k e n des griechischen Volkes m u ß in früheren Zeiten das Menschenopfer und sein Ersatz eine große Rolle gespielt haben A u c h die bildliche Darstellung in ä g y p -
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Ersatzopfer
tischen Gräbern, welche die Überlebenden (Frauen, Diener, Dienerinnen, Haustiere, sowie auch die Gerätschaften) darstellt, wie sie alle dem Toten, als sei er noch lebend, bei seiner Arbeit behilflich sind und seinen Hausstand weiterführen, sieht nach einem Ersatz f ü r die Mitgabe aller dieser Wesen an den Toten aus. f) Ein besonders häufiger E r s a t z f ü r die Aufopferung eines Menschen ist die H i n gabe nur eines Teiles seines körperlichen Organismus. Dabei kommen dann selbstverständlich erst wiederum diejenigen Körperteile in Betracht, welche von besonderem Werte sind, d. h. welche in erster Linie das Ganze darzustellen geeignet sind, also die Körperteile, welche für die Seele eintreten, „ S e e l e n t r ä g e r " sind usw. (s. Animismus). Wenn der K o p f auf eine Stange gesteckt, B l u t und F e t t auf den Altar gestrichen wird, während die Opferer hingegen die eßbaren Teile des Menschen verschmausen, so ist hier der E r s a t z für das ursprünglich den Göttern dargebrachte Ganzopfer deutlich erkennbar 30 ). Sehr häufig werden die H a a r e geopfert als Ersatz f ü r die Darbietung des ganzen Menschen 3 1 ). Nicht minder häufig scheint die Opferung eines Fingerg l i e d e s ein E . zu sein: Abschneiden eines Fingergliedes der Frau statt ihrer eigenen Nachfolge in den Tod, Abschlagen des kleinen Fingers auf Tonga als Opfer f ü r die Götter in der Absicht, einen kranken Verwandten wieder herzustellen (die Sitte des Tutu-nima) 32 ). In Indien ist das Vorbild dieses Fingeropfers sogar in die Mythologie hineingelegt, indem der Gott Siwa seinen Finger abschneidet, um den Zorn der Göttin K a l i zu besänftigen. Durch diesen Mythus ist die Sitte sanktioniert, daß Mütter ihre eigenen Finger als Opfer abschneiden, um ihre Kinder vor Krankheit, dem Zorn der Dämonen zu retten 33 ). Eine Weiterbildung dieses Ersatzmittels ist der goldene Finger, der f ü r einen fleischernen geweiht w i r d 3 4 ) . g) In vielen Fällen enthält auch der sehr verbreitete Ritus mit dem h e i l i gen Tierfell im K e r n den Gedanken eines Menschenopfers, sofern das
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Tier an Stelle des Menschen geopfert worden ist, der Mensch selbst aber sich nachträglich in die Rolle des an seiner Stelle geopferten Tieres wirklich versetzt, indem er sich in das Fell des Tieres einhüllt und an heiliger Stätte so übernachtet. Moslims geloben in Krankheitsfällen ein L a m m , welches von zwei Männern dem K r a n k e n auf seinen Kopf gesetzt und darauf geschlachtet wird, auf daß nunmehr der K r a n k e in das Fell des Tieres eingehüllt werden kann; dadurch wird der K r a n k e mit dem Opfertier identisch, das zuvor an seiner Stelle geschlachtet worden war 35 ). 4
) B a s t i a n Der Mensch 3, 112.
Junker
5
) Herrn.
Schlacht- u. Brandopfer, Ägyptische
Zeitschr. 48, 69 ff. T y l o r Cultur 2, 405. ) S c h w e i n Menschenopfer 49 f. 8) Auch diese Deutung S c h w e n n a. a. O. ·) J ü h l i n g Tiere IV. 10) 1. Mose 22,1 χ—14. " ) Rich12 terbuch 1 1 , 30 f. ) Schwenn 114. 13 ) Jane H a r r i s o n Prolegomena to the 7
study
of Greek religion
( 1 9 0 3 ) , 72 f .
»)
Ebd.
73 f. 15 ) S c h w e n n 1 1 . le ) T y l o r Cultur 2, 406. 17) Ebd. 1S) S c h w e n n 10 ff. 19 ) G ο 1 1 h e r Mythologie 566. Wirz Totenkult auf Bali {1928), 5.
scape goat 2, 94 f . 21
2
) Ebd. 97.
26
M
21
) Frazer
) E b d . 96.
) Tylor
·) Τ ο e ρ ρ e η Masuren 67.
23
) Ebd.
The 97.
Cultur 2, 406 f. 2
')
Schwenn
67. ·») Ebd. 69. 2S) Ebd. 67 f. 30) T y l o r Cultur 2, 401. 31 ) S c h w e n n 12. 82) Τ y 1 ο r Cultur 2, 402. as) Ebd. 403. 31 ) B a s t i a n Mensch 3, 2 4 . 35 ) C u r t i s Primitive Religion today (1902), 2 0 5 f .
Semitic
2. Auch die T i e r o p f e r sind vielfach ersetzt worden, einesteils in der Weise, daß statt des ganzen Tieres nur ein Teil der Gottheit oder dem Dämon dargebracht wurde, wiederum in erster Linie Repräsentanten des tierischen Vitalstoffes, Haare, Herz, anderes; sodann indem an die Stelle des Opfers eine A r t von Weihung oder Zusprechung, bei welcher das Tier verschont wurde, trat. Man legt ζ. B. einem Toten etwas aus dem Bienenstock in den Sarg und meint, dann geraten die Bienen und werden nicht gestohlen 3 6 ). Auch hier haben wir daran zu denken, daß durch das Ersatzstück der ganze Bienenstock dem Toten als unverrückbares Eigentum erklärt wird, so daß der nun darauf verzichtet, die Bienen nach sich zu holen.
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erschrecken
A u c h der A u s d r u c k , d a ß die B i e n e n „ n i c h t g e s t o h l e n " w e r d e n , ist in d i e s e m F a l l e ein E u p h e m i s m u s (s. d.) d a f ü r , d a ß d e r T o t e sie n i c h t n a c h sich z i e h e n soll. A l s E . a n den V e r s t o r b e n e n i m g a n z ä h n lichen Sinne wie im vorigen Falle wird a u c h a n g e s e h e n , w e n n der N a c h f o l g e r eines H a u s w i r t e s bei der B e e r d i g u n g s feier d e n G ä s t e n ein H e r d e n t i e r a b s c h l a c h t e n m u ß , weil s o n s t der n e u e W i r t k e i n e n H e r d e n s e g e n h a b e n w i r d 3 7 ). A u c h eine so a l l g e m e i n v e r b r e i t e t e S i t t e w i e die H e r r i c h t u n g des b l u m e n b e k r ä n z t e n P f i n g s t o c h s e n w e i s t w o h l auf ein f r ü h e r e s O p f e r des T i e r e s u m diese J a h r e s z e i t z u r ü c k M ) u n d n i c h t m i n d e r die m a n c h e n o r t s b e i b e h a l t e n e S i t t e , d a ß ein K n a b e über d e m J o h a n n i s f e u e r ein H u h n s c h w i n g t 3 9 ) . A l l e s U n h e i l a u s der E h e w i r d v e r b a n n t , w e n n die B r a u t a m H o c h z e i t s t a g e d e n Ä r m s t e n im O r t e v o m B r a u t k u c h e n spendet und Geld gibt oder w e n n sie a u f d e m K i r c h g a n g G e l d f o r t w i r f t 41) — o f f e n b a r E r s a t z eines f r ü h e r e n d i n g l i c h e n Opfers, das mit denselben Gegenständen a u s g e f ü h r t w e r d e n k o n n t e , so d a ß der A r m e b z w . der z u f ä l l i g e F i n d e r a n S t e l l e d e r G o t t h e i t g e t r e t e n ist. In derselben W e i s e w i r d das O p f e r s e l b s t a u f r e c h t e r h a l t e n , i n d e m nur der E m p f a n g e n d e w e g f ä l l t u n d a n seine S t e l l e das E l e m e n t (Wasser) a l s l e b e n f o r d e r n d e I n s t a n z t r i t t (s. F ü t tprn der E l e m e n t e ) . W e n n die M u t t e r K l e i d u n g s s t ü c k e des k l e i n e n K i n d e s ins W a s s e r w i r f t , u m das K i n d g e g e n E r t r i n k e n z u f e i e n (üblich v o r a l l e m i m F a l l e , d a ß d a s K i n d u n t e r d e m Z e i c h e n des W a s s e r m a n n s g e b o r e n w u r d e ) 42 ), so h a n d e l t es sich n i c h t u m E r s a t z f ü r ein M e n s c h e n opfer, sondern u m die F o r t f ü h r u n g des G e d a n k e n s eines d i n g l i c h e n O p f e r s , d a s die E r s a t z a n g a b e f ü r d a s L e b e n des K i n d e s ist, d. h. also, es ist ein i m v o l l gültigen und ursprünglichen Sinne aufb e w a h r t e s O p f e r . U n z w e i f e l h a f t l i e g t ein E . v o r , w e n n in O b e r b a y e r n , in J a c h e n a u , a n O s t e r n v o n e i n e m H o f b e s i t z e r ein W i l der gegeben, gebraten, wieder zusammeng e s e t z t (!), der K o p f m i t B u c h s b a u m bek r ä n z t u n d m i t B ä n d e r n geziert, m i t gold e n e n H ö r n e r n in der K i r c h e g e w e i h t u n d dann im Wirtshause — statt einem Gotte,
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w i e es f r ü h e r w a r — den H i r t e n u n d T a g l ö h n e r n a u s g e t e i l t w i r d 4 3 ). M) S t r a c k e r j a n i , 65. »') ZfrwVk. 1 (1904), 45. 3S) \ y u t t k e 90. ») Ebd. 93. " ) Ebd. 563. «) Ebd. 565. «) Ebd. 105. *3) Bavaria 1, 1, 372. K . Beth.
erschrecken. „Wer erschrickt, der s p u c k e d r e i m a l v o r sich u n d a t m e d r e i m a l z u r ü c k " * ) . D a s M i t t e l w i r k t m e h r auf n a t ü r l i c h e W e i s e i m S i n n e der V o l k s m e d i z i n . D e r A f f e k t des E . s k a n n a u f d e n K ö r p e r u n d auf den G e i s t des M e n schen lähmend wirken. U m den normalen Zustand wiederherzustellen, werden gewisse H a n d l u n g e n v o r g e n o m m e n ; n e b e n den m e h r n a t ü r l i c h e n M i t t e l n , w o m a n das E . n o c h ü b e r b i e t e t u n d s t e i g e r t a ) , auch Beschwörungsformeln wie diese: Ich b e s p r e c h e dich „ E . " , m a g s t du v o n der F e l d g r e n z e o d e r v o m W i n d oder ges c h i c k t o d e r v o m S c h l a f sein; ich rolle dich aus dem K o p f , aus den Händen und F ü ß e n , a u s den A d e r n u n d S e h n e n , a u s der L e b e r u n d Milz, a u s d e m H e r z e n u n d den A u g e n , a u s d e n S c h u l t e r n u n d a u s d e i n e m w e i ß e n K ö r p e r ; hier d a r f s t d u n i c h t v e r w e i l e n , du sollst i m f r e i e n L a n d dich a u f h a l t e n 3 ) . In s o l c h e n B e s c h w ö r u n g e n ist d a s E . p e r s o n i f i z i e r t . V o n i h m als einer T e u f e l s m a c h t r ü h r e n v i e l e K r a n k h e i t e n her, d i e a b e r m i t S y m p a t h i e u n d Z a u b e r m i t t e l n zu heilen sind 4 ). — Z a u b e r m ä ß i g , a l s o rein mec h a n i s c h , m u ß der R a t w i r k e n , d a ß ein e r s c h r o c k e n e s K i n d z u heilen ist, w e n n m a n es m i t e i n e m S t ü c k v o m P r i e s t e r o r n a t oder einer K o h l e , die a u s d e m R a u c h f a ß h e r a u s g e f a l l e n ist, r ä u c h e r t , oder d e m s e l b e n , w ä h r e n d es s c h l ä f t , e t w a s C h r i s a m ins O h r t r ö p f e l t 5 ). In dasselbe Zaubergebiet gehört, daß erschreckte Personen geheilt werden, indem m a n sie m i t P ö l l e r s t ö p s e l n r ä u c h e r t e ) . D e n G l u c k s e r ( S i n g u l t u s ) stellt m a n ein, w e n n m a n d e n d a m i t B e h a f t e t e n ers c h r e c k t 7 ). s. a. M u t t e r m a l , versehen. J) G r o h m a n n 224. 2) H o v o r k a u. K r o n f e l d 152; J o h n Erzgebirge 5 3 ; Z f V k . 3(1893), 188; S t e r n Tärkei'i, 214; Urquell 3 (1892), 41. " ( H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 229 f. *) Ebd. 2,229. 5) ZföVk. 4 (1898), 218. «) Ebd. 4(1898), 218. ') ζ. B. in Basel, mündl. Boette.
erster—Erstling
975 erster s. Z a h l e n
Β i.
E r s t g e b o r e n D i e E.en nahmen insbesondere rechtlich eine Sonderstellung ein (ausgenommen dort, wo das Jüngstenrecht gilt). Aus dieser Sonderstellung erklären sich die verschiedenen Anschauungen, namentlich von besonderen Kräften, über die E.e verfügen sollen. Weit verbreitet ist der Glaube, daß der E.e Glück ins Haus bringt, wenn es ein Knabe ist, ist es dagegen ein Mädchen, so deutet es auf Z a n k 2 ) . Dementsprechend wird auch der Umfang der Festlichkeiten eingerichtet, je nachdem das e.e Kind männlichen oder weiblichen Geschlechtes ist 3 ). Ins Bad eines E.en werden Münzen aus Gold und Silber geworfen, um ihm, dem Erben, Glück zu sichern 4). In der Sage spielen die E.en eine bedeutsame Rolle, sei es, daß nur ein E.er zu dem besonderen Glück oder Schatz gelangen kann, sei es, daß hiezu ein E.er geopfert werden muß 6 ). Dem Erstgeburtsopfer kam als besonderem Sühneopfer eine hervorragende Bedeutung zu 7). Mit dem E.en-Recht hängt auch der Brauch zusammen, den e.en Sohn nach dem Vater zu benennen; auf dem allgemeinen Wiedergeburtsglauben beruht die Sitte, ihn nach dem Großvater zu taufen 8 ). Die Ausnahmestellung des E.en bedingt auch die abergläubischen Folgerungen aus seinem Tod. Die Mutter in Ostpreußen darf nie die Leiche des E.en begleiten, sonst bleibt ihr kein Kind am Leben 9 ). Teils allgemein, teils unter besonderen Umständen schreibt man E.en außergewöhnliche Kräfte und die Fähigkeit, Krankheiten zu heilen, zu. Das Taufwasser e.er Mädchen hilft gegen Bettnässen. E.e können nicht beschrieen (s. beschreien) werden, können aber umgekehrt einen mit dem bösen Blick Behafteten davon befreien 1 0 ). Der Kröpf verschwindet, wenn ihn ein E.er mit Daumen und kleinem Finger betastet. Rheumatismus können E.e heilen, indem sie die schmerzenden Körperteile des Kranken berühren und drücken u ) .
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Auch fürs Glück beim Schießen sind E.e gut: „Nimm einen Nabel von einem neu- und e.en Sohn, laß ihn wohl drucken (trocken) werden. Darnach ein Gesicht auf das Rohr gemacht, so kannst du schüssen und alles treffen" 12). Im Braunschweigischen und in der Lüneburger Heide setzt man den E.en unmittelbar nach der Geburt auf ein Pferd, da ein solcher E.er später kolikkranken Tieren die „Kolik tot reiten" kann 13). Auch die e.e η T i e r e nehmen eine Sonderstellung ein, doch ist die Art sehr verschieden, bald werden sie zu besonderen Opfern verwendet, bald werden sie als unbrauchbar betrachtet 1 4 ). *) ZföVk. 10 (1904), 105; H ö h n Geburt Nr. 4, 272; F r a ζ e r Totemism 4, 343; W i l u t z k y Recht 2, 173; H a s t i n g s 6, 31 ff.; F r a z e r 12,273; B u x t o r f Judenschul 135 ff.; G u η k e 1 Märchen 137; Κ r a u ß Sitte und Brauch 663; L i ρ ρ e r t Kulturgesch. i, 209; 2, 647; d e r s. Christentum 139; B a c h o f e n Mutterrecht, 2 Register. ) R o c h h o l z Kinderlied 281. ») ZföVk. 23 (1917), 80. ') ZfVk. 4 (1894), 5 137. ) J o h n Erzgebirge 17; G r i m m RA. 1, 651 f. «) ZfVk. 7 (1897), 445; 10 7 (1900), 325. ) F r a z e r Totemism 4, 171 ff.; Κ ü h η a u Sagen 3, 620; Bindewald Sagen 178; G r i m m Sagen 182 Nr. 260. ») ZfVk. 6 (1896), 254; H ö h n Geburt Nr. 4, 274. ') W u t t k e 4 6 5 5 7 3 7 ; ZföVk. 3 (1897), 21; R o c h h o l z Kinderlied 344. 10) B o h n e n b e r g e r 24; S e l i g m a n n Blick 2, i f f . ; Urquell 4 (1893), 142. " ) Urquell 4 (!893), 142; 5 (1894), 8 i ; H o v o r k a und K r o n f e l d 2, 290. 12) K r o n f e l d Krieg 112. l s ) ZfVk. 10 (1900), 223; S e l i g m a n n Blick 2, 2. " ) H ö f l e r Organotherapie 33; F ο g e 1 Pennsylvania 158 Nr. 745; ZfVk. 3 (1893), 142; G r i m m Myth. 3, 447 Nr. 396. Liiers.
Erstling. 1. Das E.sopfer ist ein altes, weitverbreitetes D a n k o p f e r : der Nomade bringt der Gottheit die Erstgeborenen der Herde, der Ackerbauer das Erstgeerntete des Feldes dar *), ein Opfer, das älter als die Religion des Ackerbaues ist 2). Die Inder opferten allerdings weniger als Dank-, denn als Bittopfer für den nächstjährigen Erntesegen 3), die E.e von Gerste, Hirse und Reis nach eingebrachter E r n t e 4 ) . Auch die Perser kannten das E.sopfer 5 ), das dann seine größte Rolle unter den
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Erstling
alten K u l t u r v ö l k e r n bei den Semiten spielte. Die ackerbauenden A r a b e r bringen E . s f r ü c h t e 6 ) , die nomadisierenden das v o n P f e r d und Schaf ü b e r h a u p t oder v o n der Herde im Jahre erstgeworfene J u n g e dar 7 ), wobei das als Gemeinschaftskult g e ü b l e Radschabtieropfer dem israelitischen Passahopfer als E.sopfer entspricht 8 ). D a s E.skindesopfer, das genetisch als Ü b e r t r a g u n g des E.sopfers der F e l d f r ü c h t e auf das begleitende Menschenopfer anzusehen ist 9 ), wird bei den J u d e n v o m älteren Gesetz (Exod. 13, 13; 22, 28; 34, 20) vorgeschrieben und abgelöst durch L o s k a u f (Num. 3). W e n n es a u c h k a u m j e m a l s die tatsächliche Töt u n g aller männlichen E r s t g e b u r t verlangt haben wird, so m u ß doch in dem alten G l a u b e n eine A n k n ü p f u n g gelegen haben, daß die Gottheit diese auch v o m Menschen forderte, und wenn außerordentliche U m s t ä n d e ein Menschenopfer nötig machten, so ist dieses ein erstgeborener Sohn 10 ). W ä h r e n d nach dem alten Gesetz dem E. v o n Haustieren, die nicht dem H e i l i g t u m geopfert werden konnten, das Genick gebrochen w u r d e ( E x o d . 13, 13; 34, 20), w a s nach dem späteren Gesetz dahin gemildert wurde, daß er zugunsten des Heiligtums verk a u f t wurde (Lev. 27, 27) u ) , m u ß t e n die E.e v o n K ü h e n und Schafen a m 8. T a g e dargebracht werden ( E x o d . 22, 30) 12 ). W i e das Passahfest ursprünglich E.sopfer w a r 13 ), wird an dem 7 W o c h e n später gefeierten W o c h e n f e s t eine E.sgarbe im T e m p e l d a r g e b r a c h t und das Fest nach dieser'Tagder Erstlinge'benannt14). Lev. 19, 2 3 — 2 5 bestimmt, daß die F r ü c h t e neu gepflanzter O b s t b ä u m e f ü r die ersten drei Jahre als „ u n b e s c h n i t t e n " behandelt und nicht gegessen werden sollen, daß die F r ü c h t e des vierten Jahres J a h v e geweiht, und daß danach die F r ü c h t e erst f ü r den gewöhnlichen Gebrauch erlaubt sein s o l l e n 1 S ) . In Griechenland opferte man den P y a n o p s i e n als άπαρχή, als E.sfrucht, B o h n e n und Olivenzweige, die mit Feigen und mit Schalen v o n Honig, Öl und W e i n behangen waren 1 6 ). Bei den R ö m e r n erhalten die Götter des L a n d baus und des v e g e t a t i v e n Lebens als
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primitiae der E r n t e den ersten Ährenschnitt,die erste Bohne, die erste T r a u b e und den ersten Most, und bei der Gründung der S t a d t werden neben andern Opfergaben E.e der F r ü c h t e in den mundus der unterirdischen Götter geworfen 1 7 ). D a s Christentum h a t sodann den alttestamentlichen B r a u c h der E.sopfer übernommen und unter A n l e h n u n g an den römischen R i t u s auf die Erträgnisse des G a r t e n s und des Feldes beschränkt. A l s freiwillige Gaben t r u g man Feigen, Oliven, Birnen, Granatäpfel, Pfirsiche, Kirschen und Mandeln in die K i r c h e und übergab sie dem Bischof und den Priestern. Die kirchliche Weihe dieser F r ü c h t e übertrug sich auf die Opfernden und ihre Ernte. D a die D a r b r i n g u n g auf dem A l t a r Mißstände mitbrachte, verordneten die Apostolischen Canones, nur Weizenähren und T r a u b e n in die Kirche, alle andern E.e ins H a u s des Bischofs zu bringen l e ). B e d i n g t durch römische Agrarverhältnisse, wurden später in der alten K i r c h e die Weizenähren durch Bohnen s u b s t i t u i e r t 1 9 ) . In Deutschland entfernte man die Bohne mit A u s n a h m e der K l ö s t e r , in denen eine W e i h e neuer B o h n e n s t a t t f a n d , aus dem Meßkanon, und so blieb nur die T r a u b e n w e i h e ; dafür wurden jedoch a u c h Garten- und Feldfrüchte zur S e g n u n g gebracht, besonders Ä p f e l 20). H e u t e lebt noch mancher dieser alten Opferriten in den kirchlichen Sitten der E r n t e (s. E r n t e § 15). ») W u n d t
Mythus 3, 184.
2)
Smith
Religion der Semiten 76. ') F r a n z Benediktionen 1, 361. «) O l d e n b u r g Religion des
Veda 1923, 310; die ethnolog. Materialien bei F r a ζ e r 2 2, 459 ff. ') C l e m e n Persische Religion 93 f. ·) S m i t h a a. Ο. 184. ') Ebd. 79. 187 f. 8) Ebd. 172. ·) W u n d t Mythus 3, 184. 10) S m i t h a . a . O . 188; vfcl. M a r t i Altes Testament 38. ») S m i t h a . a . O . 115. 188. 12) Ebd. 187. 13) Ebd. 189; A l b e r s Jahr 16. ») A l b e r s a . i . O . " ) S m i t h a. a. O. 188. le ) F r a n z BenediMionen 1, 361; vgl. Ν i 1 s s ο n Griech. Feste 48 f.; G r i m m Myth. 1, 32. " ) W i s s ο w a Religion 409 f. 1S)
F r a n z Benediktionen i, 362 f. ") Ebd 1, 369. 20) Ebd. 1, 362 ff. 2. N e b e n dieser sichtbaren E n t w i c k lungslinie l ä u f t zweifellos eine der historischen V e r f o l g u n g latente zweite Linie,
979
Erstling
aus autochthonem Heidentum durch Volksüberlieferung in den Volksglauben der Neuzeit auslaufend, in welchem beide Linien die Quellstränge der Vorstellungen v o n der kultischen Eigenschaft des E.s bilden. Eine Erinner u n g a n diese in bezug auf den M e n s c h e n liegt wohl in der Sage, nach der jeder E. von den N a c h k o m m e n dreier v e r r u c h t e r Mörder mit einem roten Striemen u m den Hals auf die Welt k o m m t 21 ). Klarer h a t sich die Vorstellung von der O p f e r u n g der T i e r e r s t g e b u r t erhalten, wenn m a n die ersten J u n g e n einer H ü n d i n ins Wasser werfen m u ß , da sie sonst wasserscheu u n d h u n d s w ü t i g w e r d e n 2 a ) , w e n n das erste K a l b einer K u h dem Kloster 23) oder d e m Hospital 24) geschenkt werden m u ß , w e n n m a n das E r s t k a l b nicht aufziehen u n d f ü r den eigenen H a u s h a l t schlachten darf, sondern es dem Schlachter v e r k a u f e n muß, da sonst der M u t t e r k u h die Milch versiegt 25 ), wie auch „die K u h v e r d o r r e t " , wenn m a n etwas v o n ihm b r ä t 2β ). V e r k a u f t m a n es dem Schlachter, so m u ß m a n sich jedoch die Leber (als den Seelensitz) v o r b e h a l t e n u n d zurückgeben lassen ^ . E.sopferzauber liegt ferner vor, wenn die erste Milch einer K u h f o r t g e s c h ü t t e t a ) , oder wenn sie in einen neuen Topf gemolken werden m u ß , den man, n a c h d e m drei Pfennige hineingelegt sind, einem A r m e n schenkt 2 9 ). Eine Schutzmaßregel gegen Bosheitsz a u b e r dagegen besagt, d a ß sie drei oder a c h t Tage nicht aus d e m H a u s gegeben werden darf, sondern im eigenen H a u s h a l t v e r w a n d t werden m u ß , da sonst die K u h schlechte Milch g i b t 3 0 ) . Aus demselben G r u n d e darf die erste B u t t e r nicht v e r k a u f t oder v e r s c h e n k t werden, u m nicht der K u h den ' N u t z e n ' zu entziehen, sondern m u ß als Opferzauber d e m Hospital oder der Kirche als Brennstoff f ü r die L a m p e gegeben w e r d e n 3 1 ) . Die magische K r a f t des E.s als Opfergegenstand wird genutzt, w e n n m a n die E.sfedern des Hausgeflügels ins Taufkissen s t o p f t 32) oder ein E.sei hineinlegt 33 ), wenn m a n ein solches Ei einem Neugeborenen gibt, damit es eine g u t e S t i m m e b e k o m m t 3 4 ) , wenn m a n i h m d a m i t durch den Mund
980
streicht, d a m i t es g u t z a h n e 3 5 ) , w e n n es, übers D a c h geworfen, H ü h n e r s e g e n b r i n g t 3e ). E.sopfer sind weiter u n t e r den V e g e t a b i l i e n die Flachsopfer, da m a n sie überall in den Zwölften, der Zeit des Spinnbeginns, d a r b r i n g t 37 ), das erste von einem Mädchen gesponnene Garn, das es in einer Mühle aufs Mühlrad legen u n d v o m Wasser f o r t t r a g e n lassen muß, ebenso wie die zuerst geklöppelten Spitzen, die es ins Wasser w i r f t ferner das erste S t ü c k Brot, das m a n beim Anschneiden wegwerfen, wie die ersten Tropfen, die m a n beim T r i n k e n w e g s c h ü t t e n m u ß 3S). Schutzzauberische N u t z u n g des E.sopfers, v e r s t ä r k t , wie oben beim Ei, durch die dem Gegenstand a n sich a n h a f t e n d e magische K r a f t , schreibt vor, beim Einzug in eine neue W o h n u n g das erste „ B r o t r a n f t e l " in Seide zu hüllen und aufzuheben wie auch die K a n t e n des ersten a u s d e m neuen Getreide gebackenen Brotes sorgfältig zu verwahren, w ä h r e n d m a n das übrige B r o t opferzauberisch einem Bettler g i b t 4 1 ) . Opfer sind auch in die R u ß l a n d den Totengeistern gegebenen ersten F a s t n a c h t s z e l t e n , w ä h rend m a n wieder abwehrzauberisch d e m Vieh einen a u s Gerstenmehl u n d d e m ersten Bissen aus jeder F a s t n a c h t s s p e i s e bereiteten K u c h e n gibt, u m es gegen Wolfsbiß zu s i c h e r n 4 2 ) . Opferzauber schreibt endlich vor, die ersten F r ü c h t e der O b s t b ä u m e , u m diese nicht u n f r u c h t bar zu machen, nicht zu p f l ü c k e n 4 3 ) , einige F r ü c h t e 44 ) oder doch eine Frucht 4 5 ) sitzen zu lassen, oder etwas von ihnen zu v e r s c h e n k e n 4 e ) . Sie sind t a b u , gehören d e m Teufel u n d bringen T o d 4 7 ) . Obstbäume, deren E.e gestohlen sind, t r a g e n sieben 48) oder n e u n J a h r e 49) oder überh a u p t nicht w i e d e r m ) . Als kultisch Reine dürfen n u r Kinder sie pflücken 51) u n d d a n n auch nur, als kultisches Blickv e r b o t , r ü c k ü b e r g r e i f e n d 5 2 ) . Als Übert r a g u n g der menschlichen F r u c h t b a r k e i t auf den j u n g e n B a u m m u ß , wenn er i m m e r reich t r a g e n soll, die ersten F r ü c h t e eine Schwangere 53 ), eine F r a u , die das erstemal im K i n d b e t t e liegt 5 4 ), wie ü b e r h a u p t eine j u n g e F r a u 55) oder endlich ein f r u c h t b a r e s Weib, das schon
ertränken—ertrinken, Ertrunkener
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viele K i n d e r geboren h a t 5 e ) , p f l ü c k e n fen die Müller im Tale, sobald sie's hören, oder essen. Analogiezauberisch muß man ein schwarzes H u h n hinein *). E i n über die ersten F r ü c h t e in einen großen S a c k einem Wasser a u f - und abgehendes L i c h t pflücken, damit der B a u m immer einen bedeutet in Dithmarschen, daß a n der großen S a c k voll trage 57 ). Stelle, wo das L i c h t gesehen worden ist, bald j e m a n d e. wird 2 ). In den Brüchen «) ZfdMyth. 2 ( 1 8 5 4 ) , 2 3 6 . « ) J a h n Opfergebräuche 3 0 4 . 23) Z i n g e r l e Tirol 2 2 , oder Wellen am 'Marnerdeich (Schleswigr 76. 24) J a h n Opfergebräuche 3 0 3 . ") Ebd. Holstein) hält sich ein F i s c h a u f , der ist 2 ") Rockenphilosophie 5 , 6 7 . a') Η ö f 1 e r Organotherapie 1 6 9 = K o l b e Hessen 1 0 8 . so groß wie ein K a l b und t r ä g t einen S a r g Jahn Opfergebräuche 3 0 4 . M ) G r i m m auf dem R ü c k e n . D a r u m heißt er der Myth. 3 , 4 6 0 . 3 0 ) J a h n Opfergebräuche 3 0 4 . Sargfisch. Fischer und überhaupt jeder, «) Ebd. 3 0 3 f. «) H ö h n Geburt Nr. 4 , 2 6 9 . der ihn zu Gesicht b e k o m m t , muß bald 33 ) Ebd. 2 7 7 . ") E b e r h a r d t Landwirtschaft 2 1 . 3 ä ) J a h n Opfergebräuche 3 0 4 . darnach e. D a r u m warnen die Mütter ihre K i n d e r v o r dem Sargfisch, wenn sie abends ") W o l f Beiträge i, 2 2 1 . =') J a h n Opfergebräuche 2 0 4 , 2 7 8 . Rockenphilosophie 5 , noch spät a n den Wellen spielen wollen 3 ). 86. »I B o e d e r Ehsten 1 2 9 . 40) ZfVk. 1 6 , Zuweilen zeigt sich auf dem Klostersee 1 6 6 . 41) J a h n Opfergebräuche 3 3 2 . 42) H ö f l e r Fastengebäcke 3 3 f. ") G r ο h m a η η nördlich von Lehnin mittags ein H u t , der 1 4 3 ; M ü l h a u s e Hessen 3 2 0 ; ZfVk. I, 1 8 7 ; mit einer K e t t e a m Grunde des Sees beJahn Opfergebräuche 2 0 9 f. ") K u h n - festigt ist, und sobald er erscheint, muß S c h w a r t z 446; S t r a c k e r j a n 2 , 1 1 9 . 4 4ä ) Η ü s e r Beiträge 2 , 2 6 Nr. 1 3 . " ) J a h n immer b a l d darauf einer im See c. ). A m 47 Hallwiler See soll es alter Glaube sein, Opfergebräuchs 2 0 9 . ) B i r l i n g e r Volkstümliches 1, 4 9 1 . 4S) G r i m m Myth. 3 , 4 6 5 . so o f t j e m a n d ertrinke, sehe m a n ein ") W c i n h o l d Neunzahl 3 8 . ») S t r a k H a u p t im S c h a u m e der Wellen a u f t a u k e r j a n 2 , 1 1 9 ; S c h m i t t Hetlingen 1 6 . chen, die der S t u r m ans U f e r schlägt 5 ). ") Urquell 3 ( 1 8 9 2 ) , 4 1 . ") P e t e r Osterrcichisch-Schlesien 3 , 1 2 8 . a) G r i m m Myth. In der Oberpfalz s a g t man, daß, wer im 3, 455- ") SAVk. 2 , 2 6 4 . ") M ü l l e r IserMondlichte badet, v o m Monde betrogen gebirgeS. ") G r o h m a n η 1 4 3 . a ) K u h n wird und e r t r i n k t 6 ) . S c h w a r t z 4 4 G ; H e c k s c h e r Hannov. Vk. 1 § 7 7 . Heckscher. U m sich v o r dem E . zu schützen, w i r f t man in Obcrösterreich a m P a l m s o n n t a g ertränken. Das E . von Strohmännern, drei geweihte P a l m e n in Hauslache und Nutzen, des Pfingstlümmels u. dgl. - b r u n n e n 7 ) . E i n e sächsische S a g e überk o m m t zu F a s t n a c h t , zu Pfingsten und liefert einen Segen dagegen aus dem andern Zeiten h ä u f i g vor. Ursprünglich J a h r e 1 6 8 4 8 ) : „ W e r diesen Zettel (mit vielleicht Menschenopfer zur A u s ü b u n g vielen 'Charakteren') bei sich trägt, der eines Regenzaubers, w u r d e es entweder soll v o n keinem Feuer verbrannt, v o n zum Wasserguß (s. d.) abgeschwächt oder keinem Feuer verletzt und v e r w u n d e t wurden s t a t t der Menschen P u p p e n werden, auch in keinem Wasser ersaufen (s. d.) und Strohmänner (s. d.) ins Wasser k ö n n e n . " Das Bergmännlein aus dem geworfen. Wunderberge bei S a l z b u r g schenkte dem F ä h r m a n n , der es über die Salzach fuhr, s. a. e n t h a u p t e n . ein kleines Steinlein: „ W e n n du dieses an Vgl. M a n n h a r d t 1, 3 5 3 u. ö.; 2 , 2 6 4 ff.; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 5 9 6 ; G e den Hals hängst, so wirst du in dem W a s s e m a n n Regensauber 7 0 f.; F r a ζ e r 2 , ser nicht zugrunde gehen k ö n n e n " 9 ) . Im 364. Beowulf (1095—-iioo) ist v o n einem Ε. als Hinrichtungsart s. G r i m m RA. 2 , gegen das E . schützenden goldenen H e m d 2 7 8 ff.; O s e n b r ü g g e n Studien 3 4 6 ff. ; Bolte-Polivka 2, 7 ; Schwenn die R e d e 1 0 ) . Menschenopfer s. v. „Werfen ins Wasser"; Die bei K e l l e r Grab 5 , 3 0 1 erwähnte E b e r t Reallexikon 3 , 1 2 1 f. Schrift: N i e m e y e r Über den Aberglauben Bächtold-Stäubli. bey Ertrunkenen (Halle 1 7 8 3 ) war mir nicht zu-
ertrinken, Ertrunkener. 1 . Wenn das Wasserhuhn (s. d.) in der Bode p f e i f t , so muß einer e.; darum wer-
gänglich. K u h n u. S c h w a r t z 4 2 6 Nr. 2 3 7 . 2 ) Urquell 1 ( 1 8 9 0 ) , 9 . 3) M ö l l e n h o f f Sagen 2 4 4 Nr. 3 3 4 . 4) K u h n Mark. Sagen 8 0
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ertrinken, Ertrunkener
Nr. 79; vgl. dazu das Lied bei H o f f m a n n R i c h t e r Schles. Volkslieder 4 Nr. 1 und S c h a m b a c h und M ü l l e r 343 5) R o c h h o l z Sagen i, 38 N r . 2 3 = H e r z o g Schweizersagen 2, 30 Nr. 32. °) S c h ö η w e r t h 2, 64 Nr. 4. ') B a u m g a r t e n Jahr u. s. Tage 20 f. •) Μ e i c h e Sagen 566 Nr. 705; vgl. dazu G r i m m Myth. 1, 4 1 1 f. G r i m m Sagen 27 Nr. 39; vgl. S e b i 1 1 ο t Folk-Lore 1, 356. 10 ) Grimm Myth. 2, 920.
2. In Böhmen getrauen sich die Fischer nicht, einen untersinkenden Menschen den Fluten zu entreißen; sie fürchten, der Wassermann würde ihnen alles Glück beim Fischfang abwendig machen und sie bei der ersten Gelegenheit selbst ertränk e n 1 1 ) . Den Hilferuf Ertrinkender hält man oft f ü r den Schrei des Nixes, der sein Opfer v e r l a n g t 1 2 ) . ") G r o h m a n n 12 Nr. 41 = Tylor Cultur 1, 109, wo vergleichende Parallelen angeführt sind; ZfrwVk. 5 (1908), 272. 1 2 ) Μ a η nh a r d t Götter 10; W u 1 1 k e 49 § 54; vgl. dazu S c h a m b a c h u. M ü l l e r 62 f.; L e B r a ζ Ligende L X X X I nach S A V k . 28, 218.
3. Nach alter Überlieferung muß in zahlreichen Gewässern alljährlich mindestens ein Mensch e, (s. a. Wasseropfer) 1 3 ). Der Wassermann (s. d.) will sein Opfer haben, und um es zu bekommen, wendet er alle möglichen K n i f f e an. Schon sein Erscheinen kündet an, daß demnächst ein Mensch im Wasser verunglücken werde 14 ). Durch Hilferufe lockt er die Menschen a n 1 5 ) , klatscht in die Hände, lacht usw., namentlich, wenn man die Ruhe des Wassers stört, etwa angelt oder mit Netzen f i s c h t l e ) . Sobald jemand e. sollte, kamen in der Oberneisse bei Guben Bänder geschwommen: rote, grüne, gelbe, von allen F a r b e n ; mit ihnen will der Nix die Menschen anlocken, um sie ins Wasser ziehen zu können 1 7 ). Sie wühlen und graben, schaufeln und rumoren auf dem Grunde ihrer Flüsse und Seen im Frühjahre solange herum, bis sie den Grund ganz verändert haben: wo es früher seicht war, ist es nun tief, und sie bekommen ihr Opfer 1 8 ). Sie erzählen sich auch ihre vereitelten Anschläge, wenn die Menschen durch irgend etwas Gesegnetes gegen sie gefeit sind. Schon Gregor von Tours überliefert ein solches Gespräch l e ) (s. w. bei W a s s e r g e i s t e r § 28—29).
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A m Körper der so Ertrunkenen sieht man oft den Abdruck einer Hand, mit welcher der Wassermann sie zu Boden gezogen hat 20), oder blaue Flecken 2 1 ). Weder der oberpfälzische Brunnenmann 22 ), noch der schweizerische „ H o u g g ä - M a " (Hakenmann) 23 ) geben die Leichen ihrer Opfer je wieder zurück; sie fesseln sie mit einer K e t t e 24 ). Die Seelen der Ertrunkenen hält der Wassermann unter Töpfen gefangen, welche von den Leuten als unbrauchbar ins Wasser geworfen wurden. Die Volkssage weiß davon vielerlei zu berichten: Nur Samstags zwischen 1 2 und 1 Uhr mittags dürfen sie hervor und miteinander spielen; ein lebender Mensch, der als Gast in des Wassermanns unterirdischen Palast kommt, kehrt die Töpfe um und befreit die Seelen usw. 25 ). Wenn ihm eine Seele entflieht, kommt sie in Form einer Blase aus dem Wasser hervor 3β ). In Osterreich glaubt man, daß er die Ertrunkenen vier Tage bei sich zurückhält. Die Fischerstochter, die bei ihm wohnt, bindet dann einen Blumenstrauß, welcher an die Oberfläche des Wassers geschickt wird. Wenn man einen solchen Strauß sieht, so weiß man, daß jemand ertrunken ist w ). " ) Vgl. z . B . G r i m m Myth. 1, 409; G r o h m a n n 49 Nr. 3 1 2 ; B r ä u n e r Curiositäten 3 2 ; H e l m u t h s Volksnaturlehre zur Dämpfung des Aberglaubens 120 § 36 nach Κ r ü η i t ζ Encyclopädie 73, 170; T y l o r Cultur 1, 109 f.; S c h a m b a c h u. M ü l l e r 341 ff. 14 ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 187 Nr. 6; K u h n und S c h w a r t z 175 Nr. 197, 6; G r o h m a n n 12 Nr. 44; Q u i t z m a n n 167. 15 ) S c h a m b a c h u . M ü l l e r 62 f. (vgl. auch hier unter 2, Anm. 12). le ) Ebd. 342 Nr. 85; S o m m e r Sagen 39 Nr. 3 4 ; K u h n Mark. Sagen 222 Nr. 207; 236 Nr. 220; K u h n u. S c h w a r t z 426 Nr. 238; Kühnau Sagen 2, 270. 17 ) G a n d e r Niederlausitz 52 Nr. 136 u. Anm. 18 dazu. ) H a u p t Lausitz 47 Nr. 45. 19 ) G r i m m Myth, ι, 4 1 2 ; S c h ö n w e r t h 20 Oberpfalz 2, 187 Nr. 7. ) G r o h m a n n 12 Nr. 43. 21 ) Μ e i c h e Sagen 375 Nr. 494; 387 Nr. 508; K u h n u. S c h w a r t z 490 f.; G r i m m Sagen 2 1 8 Nr. 307. 2S) S c h ö n 23 w e r t h 2, 186 Nr. 2. ) S A V k . 25, 237. 24 ) Vgl. hier Abschnitt 1, Anm. 4; Rochh o l z Sagen 2, 208 f. " ) Vgl. ζ. B. G r i m m Myth. 1, 4 1 1 ; 2, 701; B o l t e - P o l i v k a 2, 423; 3, 487; R a n k e Sagen 190. 282; Q u i t z m a n n 169; E . H . M e y e r Germ. Myth. 70. 1 3 1 ; G r i m m Sagen 37 Nr. 5 2 ; K ü h n a u
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ertrinken, Ertrunkener
Sagen 2, 356 f. Nr. 965; 3, 3 1 9 Nr. 1691 f.; Grohmann Sagen 1 6 1 ; Taubmann Nordböhmen 60; Z i n g e r l e Sagen 101 Nr. 167. " ) G r o h m a n n 12 Nr. 42. 2 ') V e r n a l e k e n Mythen 165. 169.
4. Der Glaube ist weitverbreitet, daß das Wasser die Leiche Ertrunkener neun T a g e lang behalte und sie dann auswerfe 29 ). E s gibt aber auch Gewässer, wie ζ. B . der Starnbergersee, die sie nicht zurückgeben, vielmehr alle aufrechtstehend in seinem lehmigen Grunde aneinanderreiht 30 ). Der hl. Suitbert hat bei seinen Lebzeiten die Gabe besessen, im Rhein E.e ins Leben zurückzurufen; nun ist er in dem von ihm gestifteten Kloster zu Kaiserswerth beigesetzt und lange Zeit ging die Sage, daß alle Leichen, welche der Rhein an dieser Stelle mit sich führe, in Kaiserswerth antreiben müßten 3 1 ). Die Leiche eines E.en soll man nicht ganz aus dem Wasser ziehen, sondern mit den Füßen drin l a s s e n 3 1 ® ) . ») Urquell 4 (1893), 277; S c h m i t t Hetlingen 1 7 ; S A V k . 21 (1917), 204 r; M e i e r Schwaben 2, 507 Nr. 393; Urquell 3 (1892), 209 (drei Tage); G r i m m Sagen 43 Nr. 62; W u t t k e 467 § 741. 3°) Bavaria ι, 1, 3 1 8 . 31 ) S c h e l l Bergische Sagen 468 Nr. I i u. Anm. 599. 3 1 a ) Κ r ü η i t ζ Encycl. 73, 224 f.
5. Unbegraben (s. d.) zu bleiben, war schon in der Antike ein großes Unglück. Wer nicht bestattet wurde, kam nicht zur Ruhe des Jenseits. Dem christlichen Apokalyptiker (Offenbarung Johannis 20, 13) ist es etwas ganz Besonderes, wenn auch das Meer die Toten wiedergibt, die in ihm sind 32 ). Man gibt sich deshalb auch heute noch alle erdenkliche Mühe, die Leiche eines Ertrunkenen zu f i n d e n und wendet zahlreiche Mittel an, um zu entdecken, wo erliegt; bei manchen dieser Mittel wird der Gedanke zugrunde liegen, daß die Strömung dem ins Wasser geworfenen Gegenstand denselben Weg weisen werde wie dem Leichnam des Ertrunkenen. In Mecklenburg läßt man in dem Wasser ein kleines Brett schwimmen, auf welchem man ein brennendes Licht befestigt hat. Wo dies Brettchen stehen bleibt, da liegt der Tote. Man nimmt auch, wie Bartsch selbst gesehen hat, ein bloßes
986
kleines Brett zu diesem Zwecke 33 ). U m den Ort, wo ein Ertrunkener liegt, festzustellen, w i r f t man in Baden einen Teller in fließendes Wasser, gleich wie man ihn gegen Feuersbrunst ins Feuer wirft, um, wie Meyer 34 ) meint, das Feuer zu konzentrieren, auf einen möglichst engen, nur tellergroßen R a u m zu beschränken. Nach der Chronika der S t a d t Costantz von Hans Stettier 1 3 9 1 wird zum J a h r e 1 3 0 1 gemeldet, daß am ersten T a g nach J o hannes dem Täufer ein I3jähriger K n a b e in der „ S i t e r e n " bei Bischofszell ertrunken sei. Da ihn die Leute nicht finden konnten, riet ein alter Bauer, ein altes Pflugrad ins Wasser zu werfen. Wenn es auf den Ertrunkenen käme, werde es stillstehen und auf den Grund sinken 35 ). Die Zimmersche Chronik meldet von der „ a l t e n " Sitte, daß man in solchem Unglücksfalle eine eichene Scheibe aus dem St. Jörgenkirchlein im Weiler geholt und in die Donau an die Stelle geworfen habe, wo der Mensch ertrunken. Dann sei die Scheibe dem Wasser nachgeschwommen bis an den Ort, wo der Körper gelegen; dort sei sie nicht weiter, sondern habe sich vielmals im Wirbel umgedreht 3 e ). In Oberbayern wird ein hölzerner Johanneskopf, der nicht selten an einer Kette in der Nähe von Flüssen in Kapellennischen untergebracht ist, ins Wasser geworfen, um durch seinen Stillstand die Lagerstelle des Ertrunkenen anzugeben 37 ). Nach Grohmann läßt man in Böhmen ein Schaff auf das Wasser und schwimmen 38 ). Prätorius erzählt in seiner Weltbeschreibung (1, 105 ff.), als man die Stelle eines Ertrunkenen nicht wußte, habe ein Zauberer durch seine K u n s t zuwege gebracht, daß der Leichnam dreimal aus dem Wasser hervorsprang, worauf man an dem Ort suchte und den Toten im Grunde des Flusses fand 39 ). Ein L u zerner Zauberer fand die Stelle, wo die Ertrunkenen lagen, dadurch, daß er in einen Zuber mit Wasser schaute 40) (s. a. Wasserorakel). Außerordentlich verbreitet sind die folgenden Mittel, die Leiche eines Ertrunkenen zu finden: Man steckt in ein ausgehöhltes Brot ein brennendes Wachs-
9«7
ertrinken, Ertrunkener
licht und l ä ß t es dann auf dem Wasser schwimmen. W o das Brot stille steht, befindet sich der Leichnam 41 ). Mark T w a i n erwähnt in seinen Erzählungen einen Brauch am Missisippi: „ S i e nehmen auch große Brote und stecken Quecksilber hinein und lassen die schwimmen" usw. 4 2 ). A n andern Orten wird der Name des Ertrunkenen auf ein Brot geschrieben und es dann einfach ins Wasser geworf e n 1 3 ) . In der Schweiz wird am A g a t h e n t a g geweihtes Brot (s. Agathenbrot) ins Wasser geworfen 44 ), in Baden in einer Schweinsblase eingeschlossen 4S ); an andern Orten genügt gewöhnliches B r o t ; da wo es stehen bleibt, liegt die Leiche 4 8 ). Bei primitiven Völkern werden, um die Seelen der Ertrunkenen zu versöhnen, Eier, Pfannkuchen, Brot, Geld, Tuchfetzen ins Wasser geworfen. Unsere angeführten Bräuche können auch als ursprüngliche Opfergaben an die Ertrunkenen gedeutet werden 47 ). Im außerdeutschen Brauche finden sich ebenfalls zahlreiche Mittel, die Leichen Ertrunkener zu finden 3S ) D i e t e r i c h Mutter Erde 51; C l e m e n Neues Test. 131. 33) B a r t s c h Mecklenburg 2, 127 Nr. 515. 34) M e y e r Baden 376. 35) Ebd. 507. 3a) ed. B a r a c k 2, 364; Meyer Baden 507; L i e b r e c h t Zur Volhsk. 345. 37) M e y e r Baden 508. Aberglaube 50 Nr. 320. ") Nach G r i m m Sagen 218 Nr. 307. «») SAVk. 21 (1917), 219. " ) Urquell N.F. 1 (1897), 178; 4 (1893), 53; H a l t r i c h Siebenb. Sachsen 309; W i t t s t o c k Siebenbürgen 60; G r o h m a n n 50 Nr. 318 u. 3tg; K ü h i a u Sagen 2, 281; MschlesVk. 9 (1902), 21. 53. 87; Bavaria 2, 1, 305; W o l f Beiträge 1, 236 Nr. 430 (Bretagne). 42) MschlesVk. 9 (1902), 53. 87; SAVk. 21 (1917), 91; L i e b r e c h t ZVolksh. 344 f. Nr. 8. " ) ZfVk. 17 (1907), 373; L i e b r e c h t ZVolksh. 344 Nr. 8; W o l f Beiträge 1, 236 Nr. 430 (mit Bretonischer Parallele). " ) MschlesVk. 9 (1902), 88; H o f f m a n n - K r a y e r 124; 45 SAVk. 10 (1906), 226. ) M e y e r Baden 507. 40) Alemannia 17 (1889), 93 (aus Abraham a Santa Clara); S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 406 Nr. 13; F ο g e 1 Pennsylvania 1 3 5 ! ; W i t z s c h e l Thüringen 2, 285 Nr. 99. 47) Globus 71, 373 (Permier, östliche Finnen) = S a r t o r i Totenspeisung 48 Anm. 1; K o c h Zum Animismus d. südamerik. Indianer 21. a ) S e b i l l o t Folk-Lore 2, 384 f.; L i e b r e c h t Ζ Volksh. 332 Nr. 169 (Norwegen); Globus 63, 214 (Rußland).
988
6. W e n n jemand ertrunken ist und nicht gefunden wird, regnet es (so lange und schwillt der Fluß an), bis der T o t e gefunden ist) 4e ). Deshalb glaubt man bei slavischen Völkern und in Frankreich, daß jemand ertrunken sei, wenn ein Gewitter lange anhält B0). Mit dem Gewitter kehren die Seelen Ertrunkener h e i m 5 1 ) . W e n n bei den nordfriesischen Inselbewohnern ein Verwandter ertrunken ist, so meldet er sich gleich darnach oder wohl schon v o r h e r 5 2 ) . Die Seelen der Ertrunkenen sehnen sich nach Erlösung; um Mitternacht hört man sie oft klagen, weinen und rufen 53 ). In der Untersteiermark müssen sie solange auf Erden wandeln, und zwar nicht weit v o m Orte, wo das Unglück geschah (gewöhnlich in einem Umkreise von einer Stunde), bis sie einen Menschen verlocken können, daß er ebenfalls ertrinkt. Dann ist die Seele des ersten Ertrunkenen gerettet, und auf gleiche Weise m u ß es die zweite versuchen. Die Seele wandelt nämlich als L ü f t c h e n neben den Gewässern auf und ab und sucht so den Menschen, welcher an diesen Ort kommt, in irgend einen Sumpf oder ein Wasser zu locken S 4 ). Nach böhmischem Glauben werden die Ertrunkenen dem im Innern eines Felsens auf die Befreiung der Tschechen wartenden Heere Libussas eingereiht 55 ). Zu Martini oder zur Julzeit kehren in England die von der jammernden Mutter gerufenen ertrunkenen Söhne wieder 5e ). Nach südfranzösischer Sage (Arles) steigen in der Medardusnacht (8. Juni) die zahlreichen Opfer der Rhone, die, weil sie die letzte Ölung nicht empfangen haben, ohne die Gnade Gottes nicht selig werden können, aus ihrem feuchten Grabe; es ist ihnen gestattet, ihre guten Werke, die sich zu Blumen verwandeln, zu suchen. Sind es genug zu einem Strauß, so öffnet sich ihnen der Himmel s '). W e r sich im Blute eines Ertrunkenen wäscht, der wird schußfest M ). 4S ) H a l t r i c h Siebenb. Sachsen 309; Urquell 4 (1893), 53. 5») ZfVk. 2 (1892), 184; S e b i l l o t Folk-Lore 2, 14. ») ZfVk. 2 (1892), 185. M ) J e n s e n Nordfries.Inseln 328; M ü l l e n h o f f Sagen 183 Nr. 251. " ) B a u m g a r t e n Aus der Heimat r, 37; D e r s. Jahr
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erzählen—Eschatologie
u. s. Tage 30; G r a b e r Kärnten 270; Κ ü h η a u Sagen 1, 504 Nr. 539; M s c h l e s V k . 21 (1909), 132; S e b i 1 1 ο t Folk-Lore 2, 138 f f . ; Μ a a ß Mistral 12 f . ; W i t z s c h e l Thüringen 2, 1 3 1 Nr. 162. 5J) Z f V k . 4 (1894), 4 5 1 ; v g l . ebd. 15 (1905), 3 f · = Melusine 2, 333. " ) G r ο Ii m a η η Sagen 25. ") C h i l d English and Scottish popular ballads 3, 143 = Ε . Η . Μ e y e r Germ. Myth. 74. " ) Μ a a ß Mistral 12. M ) B a u m g a r t e n Aus der Heimat 1, 96. Bächtold-Stäubli.
erzählen s. r e d e n , schweigen. Erzengel s. E n g e l . Erzspiegel s. S p i e g e l . Eschatologie, die Lehre von den letzten Dingen (έσχατος = das äußerste, letzte der Endzeit; vgl. I. Joh. 2, 18: έαχάτη ώρα έστίν 1 )), bei Norden die Lehre vom Schicksal der Seele 2 ). Greßmann und Gunkel unterschieden eine Heils- und eine Unheils-Ε. v. Gall stellt fest, daß, abgesehen von der jüdischen Religion, nur noch eine Religion eine E., eine ReichsGotteshoffnung besaß, die Zarathustras 3 ), in dessen Gathas (um 550 v. Chr.) 4) zum erstenmal von der Βασιλεία τοδ θ-εοΰ (chsathra) die Rede ist, während eine solche Erwartung weder in der babylonischen noch ägyptischen Religion vorkommt 5 ). Eine ,,Heils-E". besaßen ursprünglich also nur die arischen Stämme und Völker südlich und östlich des Kaspischen Meeres, die sich später zum medischen und unter Kyros zum Perserreiche vereinigten e ). Deutero-Jesaia übertrug sie in die jüdische Religion'), die in der vorexilischen Zeit nur Unheilsweissagungen kennt (Arnos) 8 ). Die christliche 9 ) wie die mohammedanische 10) E. kommt von der jüdischen 1 1 ) her (doch vgl. Apokalypse!). ') v . G a l l Βασιλεία τοδ 9-εοδ 1926, ι ; B e r t h o l e t in R G G . 2 3 2 0 . *) v . G a l l 3 Ν . 2. I n diesem Sinne spricht a u c h Ζ i e 1 i n s k i A E w . 48 f f . v o n einer a r k a d i s c h - hermetischen E . V g l . d a z u P . V ο 1 ζ Jüd. Ε. 1903, ι . 3) v . G a l l 83. 4 ) E b d . 85; v g l . Joh. H e r t e l Die Zeit Zoroasters 1924, 21. ä) v . G a l l 85. 1 5 6 ; Α . J e r e m i a s Handbuch d. altoricntal. Geisteskultur 1913, 193. 179. 2 1 9 f f . Z u r pers. H e r k u n f t = C. C l e m e n Religionsgeschichtl. Erklärung d. NT.s 1909, 90 b i s 130. «) v . G a l l 164. ') E b d . 185 f f . ; P r o c k s c h in R G G . 2«, 329 f f . ·) v . G a l l 167 f f . ·) P a u l F e i r e Theologie d. NT.s ign*, 177. 179. 474. 632; v . G a l l a.a.O. i°) S c h e f t e l o w i t z i m A R w . 14, 322 N . 3;
990
J. B . R ü l i n g Beitr. E. des Islam. Leipziger Dissert. 1895; G o l d z i h e r Vorlesungen über d. Islam 1910, 5 f . ; S n o u c k - H u r g r o n j e i n R H R e l . 1894, 30. 48 f f . 1 4 9 f f . ; W i l h . R u d o l p h Die Abhängigkeit d. Qorans v. Judentum u. Christentum 1922, 28 ff. m i t L i t e r a t u r . E . der D r u s e n : Correspondenzbl. d. Ges. f. A n t h r o p o l . 49 (1918), 34. n ) Zur E n t w i c k l u n g der j ü d . E . v g l . v . G a l l Βασιλεία τοδ θεοδ 1926. Ü b e r pars. E i n f l u ß auf die t a l m u d . E . v g l . die ältere A b h a n d l u n g Κ ο h u t s i n Z M G . 21 (1867), 5 5 2 f f . ; P a u l V o l z Jüd. E. von Daniel bis Akiba 1903; H. G r e ß m a n n jüdischen E. 1905.
Ursprung
der
israelitisch-
I. Ähnlich wie später Mohammed 1 2 ) hat Christus unter dem Einfluß eschatologischer Erwartungen gestanden 13 ). Die ganze Verkündigung Jesu ist durch und durch eschatologisch orientiert, d. h. der Gedanke des Gottesreiches und des vollendeten Gottesreiches steht in ihrem M i t t e l p u n k t u ) , und er erwartet es zu seinen Lebzeiten (Matth. 10, 23). Für das Urchristentum war die E. das eigentliche Lebenselement, der Hauptinhalt des Glaubens, 15 ); man stützte sich auf Herrenworte wie Mark. 13, 30. — Auch Paulus1®) erwartete zu seiner Zeit das Ende (1. Thessal. 4, 15) und malt es aus (1. Kor. 15. I. Thessal. 4). Dann aber verschiebt sich die Hoffnung; er weiß, daß er erst sterben muß (II. Kor. 5, 1 ff. Phil. 1, 23); die E. wird spiritualisiert. An Johannes Evangelista, der nach Mark. 9, 1 den Tod nicht schmecken sollte, und den eine Legende deshalb noch lebend weiß, klammerte sich die letzte Hoffnung des einfachen Volkes; solange er lebte, war Aussicht auf des Herrn Parusie. Als er starb, wurde das Christentum eben um seiner E. willen zum Spott (II. Petr. 3, 4). Doch hat es zeit seiner Bedrängnis die Hoffnung nicht fahren lassen 17 ), und noch Gregor von Tours (Dial. IV, 41) hat das Gefühl, es sei vor Sonnenaufgang; das Ende sei schon angebrochen, die Grenze zwischen Zeit und Ewigkeit gefallen 1 8 ). Über die eschatologische Stimmung des MAs. s. Antichrist III. IV. VI. Vgl. weiter Apokalypse, Chiliasmus. I2 ) P a u l C a s a n o v a Mohammed et la fin du monde. 1 9 1 1 ; B e c k e r in A R w . 15, 5 4 3 t . " ) A R w . 12, 393 f . ; 15, 279 f . ; Joh. W e i ß Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes. 1892; E r i c h H a u p t Die eschatologischen Aussagen
991
Eschatologie
Jesu in den synoptischen Evangelien 1895; Rud. K n o p f Die Zukunftshoffnungen des Urchristentums 1907, 6 ff. " ) D e i ß n e r in 2 R G G . 2 , 339 f.; vgl. H a u p t 56. 82 f. 15 ) R G G . 2 a , 339 ff. 3 4 6 f f . »«) E . L o h m e y e r Paulinische E. 1927; Fritz T i l l m a n n Die Wiederkunft Christi nach den Paul. Briefen. 1909. " ) Reichen Stoff dazu sammelte Leonh. A t z b e r g e t Gesch. der christl. E. innerhalb der vornicänischen Zeit. 1896. Die E . des Ps.-Dionysius in Zeitschr. f. kath. Theologie 1899, i f f . 18 ) Η. ν. S c h u b e r t Gesch. der christl. Kirche im Frühmittelalter. 1 9 2 1 , 1 9 9 . 1 7 2 .
2. U r z e i t — E n d z e i t . Diese für die Aufhellung eschatologischer Fragen wichtige Gleichung hat Gunkel aufgestellt 1 9 ). E r wies nach, daß ζ. B . das Paradies der Urzeit f ü r die Endzeit verheißen werde (Genesis 1 = J e s . 1 1 , 6ff.) 2 0 ), daß der Chaosdrache der endzeitlichen Schlange entspreche 2 1 ); vgl. auch Antichrist. — Diese Methode wird auch für die Erforschung germanischer E . brauchbar zu machen sein. Im Inntal erzählt man von einer großen Flut aus der Wildschönau, durch welche die große S t a d t Heidach bei Wörgl unterging und die durch den Ausbruch eines Drachen verursacht ward 22 ). Ebenda lebt die Furcht vor einem neuen Drachen, durch den das Tal und die ganze Welt vernichtet werden soll 2 3 ). Wie ein Ende der Welt durch den Großwinter prophezeit worden ist (s. 3.), so weiß man vom bereits vollendeten Untergang mancher Orte durch Eis und Schnee 24 ); daß solche Sagen oft lokalen Charakter haben (s. Blüemlisalp), darf nicht stören; der einfache Menich kennt keine größere Welt als sein Tal 25 ). Vorgeschichtliche Funde erleichtern das H a f ten der Sagen an bestimmten Orten. le ) Schöpfimg und Chaos. 1895, 367 ff.; Genesis. 1 9 1 7 4 Registsr unter Urzeit. 20) G u n k e 1 Schöpfung u. Chaos 87. s l ) D e r s. Genesis 1 2 1 f. M ) Z i n g e r l e Sagen. 1859, 260 Nr. 462; H e y l 88 ff. Nr. 52. «) Ebd. 85 Nr. 48. Vgl. auch V o n b u n Beiträge 119. 120 f. " ) Z i n g e r l e 1859, 262 f. Nr. 467. 468. ts ) Axel O l r i k Ragnarök. 1922, 27 ff.
3. G e r m a n i s c h e E. Eine Darstellung der germ, oder deutschen E. besitzen wir nicht. Ich kann nur eine vorläufige Skizze geben. S t a m m t die jüdischchristliche E. aus dem Iranischen (s. I.), dann wird man vermuten dürfen, daß
992
andere indogerm. Völker ähnliche Vorstellungen hatten. Eine Aufzählung nordgerm. eschatologischer Stücke aus später Zeit begegnet in der Völuspä, ihr folgend Gylfaginning c. 51 f. Axel Olrik hat versucht, heidnische und christliche Vorstellungen in der Völusp4 zu scheiden und nennt als heidnisch, d.h. als vor der Christianisierung v o r h a n d e n : Fimbulwinter, die Sonne vom Wolf verschlungen, Erde sinkt ins Meer, Loki kommt los, Schlange in der Tiefe, Fenriswolf, Götterkampf, das neue Göttergeschlecht, das überwinterte Menschengeschlecht 26 ). Dem f ü g t er später zu: Der Himmel stürzt ein 2 '). E i n s t u r z d e s H i m m e l s , der durch die Irminsül getragen wird 2 e ); „innerhalb des keltischen und des germanischen Volksstammes ist das die älteste Form f ü r R a g n a r ö k " 29 ). Diese und die neue Welt. Charakteristisch f ü r das Persische war die Lehre von diesem und dem andern Aion. Dunkel klingt das im Germanischen an. Die Völuspa kennt eine neue Welt 3 0 ); Vaffiruänismäl weiß von zwei Menschen, die wie im Parsischen 3 1 ) den Fimbulwinter überdauern und das neue Menschengeschlecht zeugen 32 ). Als im Inntal Heidach versank, blieben zwei übrig, die sich am Halsgatterl (Holzgatter) trafen; die neue Bevölkerung stammt von ihnen 3 3 ). Jeremias glaubt dabei an Einwanderung der Weltzeitalterlehre aus dem Orient M ). Der F i m b u l w i n t e r , wahrscheinlich die Erinnerung an einen vorzeitlichen Klimasturz 35 ), den man noch einmal in die Endzeit verlegte, ist im parsischen Großwinter 3e ), im Norden in Vaffcrudnismal 3 '), Gylfaginning (wo er eine Vorstufe des Unterganges geworden ist und 3 J a h r e dauert) 38) bezeugt. In Völuspä in skamma 12 bildet er den Höhepunkt nach Wasser- und Feuersnot. Alpensagen, die berichten, daß jetzt die tausend kalten J a h r e hereingebrochen seien, dürften eine abgeschwächte E r innerung enthalten 3 9 ). In der Oberpfalz weiß man, daß vorm Weltende keine Sommer, nur noch Sommerin, statt Sommer lauter Winter sein wird 40 ).
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Eschatologie
Das V e r s c h w i n d e n d e r S o n n e , die der Wolf oder ein unheimliches Wesen 41 ) vernichtet, ist vielleicht die Ursache zu diesem Winter 4 2 ); wenigstens l ä ß t Prokop, de bello Gothico I I 15, darauf schließen. In der neuen W e l t wird eine neue Sonne leuchten 43 ). Surts Lohe verzehrt nur die Wohnungen der Götter, das ist die Vorstufe zu dem Glauben v o m W e l t b r a n d , der mit dem Christentum eindringt 4 4 ). In Ostpreußen weiß man, daß diese W e l t durch Feuer (wie die vorige durch Wasser) untergeht (s. Jüngstes Gericht) 4 4 a ). Der Glaube, daß die Erde i m W a s s e r u n t e r g e h e n wird, findet sich an den K ü s t e n des nordeuropäischen Ozeans 45) und ist im Volksglauben (Dänemark, Island) häufig bezeugt 4 e ); Olrik zieht mit Recht hier auch Sagen lokaler Untergänge (s. 2) a n 4 7 ) . Er führt das Motiv auf keltischen Einfluß zurück 4 8 ). Es fehlt in Persien, findet sich aber in Indien, bei Griechen und K e l t e n 4 i ) , kann also alt, aber im regenlosen Iran ausgefallen sein. Es findet sich aber auch in vielen binnenländischen S a g e n M ) ; wenn der Glatzer Schneeberg zerreißt und der See in ihm ausbricht, k o m m t das Ende der W e l t S1 ). Häufig sind es dämonische Wesen, die das Tal oder ganz Schlesien überschwemmen wollen 5 2 ); so wird ein Schwein die Quelle entfesseln, die Flensburg ersäuft 53), die Ochsen im Dorf am Meer die Düne a u f w ü h l e n 5 4 ) . Dämonische Ungeheuer brec h e n a u s . In Alpenseen hausen Drachen 8S ); wenn die losbrechen oder sich umwenden 5e ), geht das Tal unter, j a die Flut reicht bis Ungarn 57 ). W i e schon gesagt, erhalten solche lokale Ängste leicht eschatologische Färbung. — Das drohende Unheil kann aber aufgehalten werden: in der Wildschönau war bereits ein Drache in der Erde vorhanden, der aber glücklicherweise beim Ackern mit dem P f l u g getötet wurde; dadurch wurde das Ende noch hinausgeschoben 58). Oder ein Held (Saosyant), wie der persische Keresaspa 5e ), muß das Tier bezwingen und töten. Solche Dämonenkämpfe werden ζ. B. von Thor erzählt w ) . Die Vorzeit-
994
kämpfe wiederholen sich in der Endzeit, er besteht das Wasserungeheuer, den Midgardsdrachen 6 1 ). Ähnliche Ungeheuer werden von andern Göttern b e k ä m p f t , so der aus dem K a u k a s u s oder dem Osten importierte gebundene Wolf von Odin e2 ). Wird eine Reihe solcher Einzelkämpfe, die zeitlich und örtlich verschiedener Herk u n f t sind, zusammengelegt, dann entsteht die große E n d s c h l a c h t der Götter gegen die Untiere. Auf ihre dichterische Ausgestaltung mag die keltische Sage vom K a m p f auf der Turedebene (9. Jh.), die aber nichts von den Ungeheuern weiß, von Einfluß gewesen sein®3), aber die Grundlagen waren älter ®4), vielleicht gemein-indogerm., worauf die Keresaspasage schließen läßt. Die südgerm. E. kannte d a v o n : Einsturz des Himmels, die Sonne verschlungen, K a m p f mit den Ungeheuern und vielleicht auch: Fimbulwinter (Wasserflut), die neue W e l t mit dem neuen Menschengeschlecht, Stücke, die im pars. Mythus ebenfalls begegnen. " ) Axel O l r i k Ragnaröh 1922, 131; vgl. dazu ZfdPhil. 35, 402 ff. *) O l r i k 423 f. M) Ebd. 403 ff. ») Ebd. 424; G r i m m Myth.
3, 241.
") 44. 45.
») O l r i k
") H e y l
J e r e m i a s
3i )
60 ff.
Tirol 89.
Religionsgesch.
» ) 331 f f .
" ) Alfr.
1918,
240.
S e r n a n d e r in E b e r t s Realie χ. 7, 6 ff.; O l r i k 17. 432. ») O l r i k 331 ff. *') 44. 45. ") c. 51. ") H e r z o g Schweizersagen 1, 74 f.; K u o n i St. Gallen 73; H e y l Tirol
149 N r . 43; 233 N r . 46; 234 N r . 4 7 ; 354
Nr. 25; Z i n g e r l e Sagen 1859, 260 Nr. 464. 40)
S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 331 f. " ) V a f -
Jrüdnismil 46; Völuspi 40; O l r i k 36 ff.;
S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 69. 7 5 ; Q u i t ζ -
m a n n 199 f.; R o c h h o l z Naturmythen 234 ff.; L a s c h in ARw. 3, 138 ff.; O l r i k 426 f f . ; E . L ü d e r s Buddhist. Märchen aus Indien 1921, 229; Joh. H e r t e l Indische
Märchen 128 >. «) ARw. 8, 443. «) VafJ>rüdnismäl 45. **) ARw. 8, 444 N. 1; RGG. 2», 325t.; PBB. 40, 438 f.; G r i m m Myth. 3, 241. Doch vgl. N i e d n e r ZfdA. 49, 274 f. "») L e m k e 3, 125 f. " ) O l r i k 22 ff. 26. " ) Ebd. 24 ff.; L e m k e 3,34. «) O l r i k 27. ω ) Ebd. 31 ff.; ARw. 8, 440 f. «·) O l r i k 374 ff. 434 ff. so) H e y l Tirol 88 Nr. 51. 52; S c h ö p p n e r Sagen 2, 321. 446; 3, 80; Μ a i 1 1 y Niederösterreich. Sagen 1926, 28. 93 f. 105 f . ; Z a u n e r t Hessen-Nassau 57; A 1 ρ e η b u r g Tirol 235; P r ö h l e Unterharz
23; S i e b e r Harzland 1928,27; Natursagen
1921,
13 f.
51 )
Zaunert
Ρ e u c k e r t
995
Eschatologie
Schlesien 268. «») Ebd. 180; Herta. H e l l e r Höhlensagen aus d. Lande unter d. Enns 1924, 48. " ) M ö l l e n h o f f Sagen 105 f. " ( G r i m m Sagen Nr. 96. Drachen: Z i n g e r l e Sagen 1859, ico Nr. 1 5 7 ; 101 Nr. 159; 103 Nr. 1 6 1 ; V o n b u n Beitrag 1 1 9 . 120; W o l f Sagen 102 Nr. 160. «) Q u i t z m a n n 197 nach S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 178 und ZfdMyth. 2, 347. 5 ') Z i n g e r l e Sagen 260 Nr. 462; H e y l Tirol 88 Nr. 5 1 . 52. ») H e y l 85 Nr. 48. M) O l r i k Ragnarök 345 ff.; R G G . 2 2 , 326 f. M) Gylfaginning c. 46—48. el ) Völus Pä 55: O l r i k 55 ff. ·*) Völuspä, 5 3 ; O l r i k 52 ff.; vgl. Verhandl. d. gelehrten estnischen Ges. 20, 190 f. (1900); Aug. v. L ö w i s o f Me η ar Finnische u. estn. Märchen 1922, 212. 278; Qu i t ζ m a η η 197; dazu F r o b e n i u s Atlantis i, 85 f. β3) Ο 1 r i k 59 ff. " ) Ebd. 56.
4. M i t t e l a l t e r l i c h e E. Die Rezeption der parsischen, indogerm. E. durch die jüd. Religion wurde bereits (1) erwähnt. Vom J u d e n t u m wuchs sie ins Christentum hinein. Schon f r ü h wanderten eschatologische Motive nach Norden e5 ), wie nach Neckeis Ausführungen etwa das Heuschreckenheer (Apoc. J o h . .9, 3 ff.) als Muspills Heer ββ ). Als christlichen Ursprungs in der Völuspa zählt Olrik a u f 6 ' ) : Baldrs Kommen (s. Balder); das Gjallarhorn 68 ) ist die Posaune zum Gericht ββ ); rein jüdischen 70) Ursprungs (Sach. 9, 14; Ps. 47, 6; Matth. 24, 3 1 ; IV. Esra 6, 24; I. Kor. 15, 52) sind die Zeichen an Sonne und Sternen (s. jüngster Tag); Gimlehalle 7 1 ) ist das neue Jerusalem der Apokalypse J o h . 21 72), das auf das parsische himmlische Paradies z u r ü c k g e h t , 3 ) ; der kommende Mächtige 74) aber ist der Christus selber 7S), ist Mazdah Ahura 7e ). Der Weltbrand 77), ursprünglich eine an den Demawend gebundene Untergangssage 78), wurde vom nachexilischen J u d e n t u m auf den Tag J a h v e s leicht übertragen 7 "), da J a h v e ursprünglich selbst der Dämon eines feuerspeienden Berges war 8 0 ), kam zu den Christen (2. Petr. 3, 7; 1. Kor. 3, 13), f a n d sich vor allem in den apokalyptischen Schriften 8 1 ). Muspilli 55 (s.d.) und Völuspd 52, wo er an die (lokale, isländ. ?) Sage von Surts Lohe anschloß, bezeugen die Rezeption im Germanischen 82 ). Es bleibt eine Reihe echatologischer Vorstellungen aufzuzählen, die nicht von
996
der Völuspä aufgenommen worden sind, im MA. ins deutsche Volk drangen und christl. H e r k u n f t sind: Das sind I. die Aufzählung der messianischen Wehen, auf die ich unter 'jüngster Tag* näher eingehe, 2. Gog und Magog, 3. Antichrist, 4. Endschlacht, 5· Tausendjähriges Zwischenreich (Chiliasmus), 6. Jüngstes Gericht im Tale Josaphat, 7. der Endkaiser (Friedrich) und der Engelpapst; vgl. die einzelnen Artikel, wie auch Sibylle. D i e 15 V o r z e i c h e n . Das MA. zählte 15 Vorzeichen des Jüngsten Gerichts. „Der Inhalt dieser messianischen Wehen und Zeichen, nach denen J u d e n t u m und Christentum so oft ausgeschaut haben, ist älter als beide Religionen; er s t a m m t aus der parsischen Religion. Zum Teil sind diese Vorzeichen, selbst ursprünglich Stücke des Weltendes, von diesem nur losgerissen und ihm zeitlich vorangestellt." S. im einzelnen „jüngster T a g " 83 ). • 5 ) K a u f f m a n n in A R w . 15, 604 Anm. 5. '·) Sitzb. Heid. 9. " ) Ragnarök 1 3 1 ; vgl. dazu Kahle A R w . 9, 64 ff. «) Völuspä 46. ">) E . H . M e y e r Völuspa 1 8 8 9 , 1 9 0 ; O l r i k 70 Ragnarök 1 1 6 ff. ) v. G a l l 222 f. 303 f. 71 ) Völuspa 64. " ) M e y e r Völuspa 2 3 1 ff. " ) v. G a l l 358. '*) Völuspä 65. " ) M e y e r Völuspa 233 f. '«) v. G a 1 1 85 ff. " ) Völuspä. 52. *>) v. G a l l 92. '·) Ebd. 224 f. »») Ed. Meyer in Sitzb. Berl. 1905, 1, 641 ff. " ) v. G a l l 3 1 7 . 3 2 1 ff. " ) Vgl. auch Ο 1 r i k 43 ff. u. Register. «») v. G a l l Βασιλεία το δ »eoö 1926, 83 ff. 286 ff.
5. L ο k a 1 e E. Man wird nicht übersehen dürfen, daß viel eschatologischer Unheilsglaube lokal gebunden erscheint. Es wird nicht nur vielfach (2. 3.) vom Untergang eines Tales, einer Landschaft durch Wasser, Kälte 8 4 ), Feuer gesprochen, sondern auch von einer Vermurung, vom Niedergehen einer Lahn 8 6 ), oder auch vom Versinken eines Dorfes 8e ), einer S t a d t 8 7 ) . Doch darf man wohl nur die Sagen und Voraussagungen hierher rechnen, die einen Termin angeben. Dieser Termin ist meist geheimnisvoll fixiert: „ e i n s t " wird Breslau vom Erdboden verschwinden 88 ); wenn der Ring im Karpfen zum dritten Male gefunden wird, versinkt Liegnitz 8 7 ); eine eiserne K e t t e drei-
997
998
Esche
mal um eine Kirche bei Brixen reicht 87 a ), der gefesselte Teufel seine K e t t e durchfeilt hat 8 7 b ); wenn ein Steinbild, das näher rückt, Paulsdorf erreicht haben wird 8 β ); wenn der Zobten Feuer speien wird ist Weltende, oder wenn die schlafenden Reiter im Berge erwachen (vgl. schlafendes Heer, Endschlacht) 89 ). Wenn die Strafen spukender Seelen ein Ende haben (s. jüngster Tag) i0 ), wenn aller Flachs gesponnen ist 9 0 a ), der Mond die Sonne überwältigt 90 b ), wenn Ostern (Pfingsten) 81 ) auf Markus fällt 92 ), Ostern auf Antonius und Johanni auf Fronleichnam ,2 ) oder der schwarze Wolf (Teufel) eins der drei Kälber (Dreieinigkeit), die sich auf der Wiese bei Jankow zeigen, erhascht hat 93 ); wenn die Mauleselin Junge hat (kabylisch) 9 3 a ). Über 400 Jahre 9 4 ), ehe das 2. Tausend, das wir schreiben, zu Ende ist, denn es heißt: Tausend Jahre und nicht tausend 9 B ). Vgl. auch dazu jüngster Tag. *«) G r i m m Myth. 3, 241; Carl C a 11 i a η ο Niederösterreicher Sagenschatz 2 (1924), 109. 5 • ) G r i m m Sagen Nr. 92; Q u i t z m a n n 198. " ) P e u c k e r t Schlesien 272 f. ,7 ) E b d . 70 (Rest einer Kaiser-Friedrichsage: Albert F u l d a Die Kyffhäusersage 1889, 23). Vgl. R o c h h o l z Sagen i , 5. w a ) P a n z e r Beim b trag 2, 393, ) Ebd. 2, 426 f f . " ( P e u c k e r t ω Schlesien 70. ) Κ ü h η a u Sagen 3, 517. ,0 ) Z a u n e r t Westfalen 326; K n o o p Posen M a 3. ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 60. «b) E b d . 2, 55 f. «) R e h s e η e r in Z f V k . 6, 306, «) K n o o p Posen 336. 344 f. " ) E b d . 336. M a ) L . F r o b e n i u s Atlantis i , 105. M ) L e m k e Ostpreußen 3, 34. »6) E b d . 3, 125 f.
6. W e l t e r n e u e r u n g . „ D e r Weltuntergang ist nicht der E. letztes W o r t ; durch ihn kommt es zur Welterneuerung" 9e). Ein Welterneuerungsglaube findet sich, wie der Untergangsglaube OT)I schon bei den Primitiven *), bei Indern 98 ), P a r s e n " ) und im Jüdisch-Christlichen. Die neue Welt der Voluspa in skamma, Baldrs Wiederkehr usw. wird freilich auf christlichen Einfluß zurückgeführt, doch will auch Olrik manche Züge, etwa die neugeborene Sonne, das neue Menschengeschlecht aus Lif und Leifthrasir für eigentümlich halten 100 ). Auch eschatologische Vorstellungen des deutschen Volkes wissen von einer erneuerten, besseren
Welt; vgl. Endschlacht, Schlachtenbaum, Chiliasmus. ··) Β e r t h ο 1 e t in R G G . 2 », 322. »') E b d . 323 f f . ») E b d . 327. ") E b d . ; vgl. auch v . G a 11. 10°) Ο 1 r i k Ragnarök 104 ff.
7. Über die religiösen Grundlagen eschatologischen Denkens vgl. Bertholet R G G . 2 2 , 320 ff. Vgl. auch A n t i c h r i s t , C h i l i a s mus, jüngster Tag, Endschlacht, schlafender Kaiser.
Peuckert.
Esche (Fraxinus excelsior). 1. Botanisches. — 2. Mythologische Beziehungen: Anthropogene Mythen. Yggdrasil. E . und Blitz. E . und Hexen. — 3. E . als Apotropäum (vertreibt Schlangen). — 4. Volksmedizinisches. Die E . als „ W u n d h o l z " . — 5. E . im Witterungsorakel.
X. B o t a n i s c h e s . Die E. ist einer von den wenigen einheimischen Bäumen mit g e f i e d e r t e n Blättern. Die Fiederblättchen sind länglich-lanzettlich und am Rande sehr fein gesägt. Die unscheinbaren grünen Blüten sind in büscheligen Rispen (Unterschied von der EberE.!) angeordnet Die E. hat ihre Hauptverbreitung im mittleren und nördlichen Europa. Sie war vielleicht der Charakterbaum in der Urheimat der Indogermanen; zur Steinzeit war sie übrigens in Nordeuropa noch selten 2). ») Μ a r ζ e 11 Kräuterbuch 98 f. *) H o o p s Waldbäume u. Kulturpflanzen 77. 121.
2. Die E. hat vielfach m y t h o l o g i s c h e Beziehungen 3). Bekannt ist der Eddamythus (Völuspa) von der Entstehung der ersten Menschen aus den Bäumen askr (E.) und embla (Ulme?) 4). Damit wäre zu vergleichen, daß H e s i o d 5 ) den Zeus das dritte eherne Geschlecht aus der μελία, worunter wohl die Manna-E. (Fr. ornus) zu verstehen ist, schaffen läßt. Wenn nach dem Tiroler Volksglauben die E. ein „Kleinkinderbaum" (die kleinen Kinder werden daraus geholt) ist 6 ), so ist das kaum ein Nachklang dieser anthropogenen Mythen, da ja auch von vielen anderen Bäumen das gleiche gesagt wird (vgl. Holunder). In Schweden opferte man der Askafrao (E.nfrau), indem man am Aschermittwoch (Gleich3 2*
Esche
999
klang des Namens!) vor Sonnenaufgang Wasser über die Wurzeln des Baumes goß '). Über die E. als Weltbaum Y g g d r a s i l s. d. Vielleicht hängt es mit den mythologischen Vorstellungen von der E. als dem „ W o l k e n b a u m " 8 ) zusammen, daß sie in der Volkssage nicht selten mit dem Gewitter in Verbindung gebracht wird. Mit einem „seltsam geformten" E.nreis schlägt eine Tiroler Dirne ins Wasser und es entsteht ein Gewitter®). Es handelt sich hier vielleicht um Mißbildungen, die von Blattläusen (Pemphigus-Arten) hervorgebracht werden 10 ), ähnlich den Hexenbesen (s. d.) anderer Bäume. Eine Hexe stürzt aus der Wetterwolke herab auf eine Drillings-E. 11 ). Wenn die E.n stark blühen, kommt viel Hagel 12 ). Nach englischem Volksglauben soll die E. den B l i t z anziehen l s ), während anderwärts wieder die E. den Blitz abhält 1 4 ). Die Esche gilt als unheimlicher Baum, unter dem die Hexen wohnen 1 5 ) oder ihre Zusammenkünfte 1 6 ) abhalten. Die Trud setzt sich mit Vorliebe auf E.n, daher findet man an diesen Bäumen auch so oft merkwürdige Bildungen, die wie Bischofsstäbe, Sicheln usw. aussehen (hier sind wohl die in der Botanik als Verbänderungen, Fasciationen, bezeichneten Zweigmißbildungen gemeint, vgl. oben) 1 7 ). Ein Wagen mit Deichsel und Gabel aus E.nholz erschwert einen vorausfahrenden Wagen um fünf Zentner. Axthelme aus E.nholz haben auf die Arbeiter eine aufregende Wirkung 1 9 ). *) Vgl. K u h n Herabkunft d. Feuers 25. 159. 203. 208; M e y e r Germ. Myth. 81 ff. «) M a n n h a r d t 1 , 8 . δ) Opera et dies 147.
·) ZfdMyth. 2, 345. ') M a n n h a r d t 1, τι. ») Vgl. ZfVölkerpsych. 2 (1862), 4; M e y e r Germ. Myth. 81. B) A l p e n b u r g Alpensagen 1861, 46 = H e y l Tirol 110. 10) R o ß Pflanzen-
gallen 1911, 147. n ) B a u m g a r t e n Heimat 1862, 67.
12 )
Aus d.
M e n g h i n Südtirol 1884,
i n . ") B a r t e l s Pflanzeng. Grobm a n n 101. 15) M e i e r Schwaben 251; H e y l Tirol 793. " ( K n o o p Posen 81; auch bei den SüdslaweD: Mitt. Anthrop. Ges. Wien 14 (1884), 21. ") Z i n g e r l e Tirol 1857, 62. ") S p i e ß Obererzgebirge 28. ") U l r i c h Volksbotanik
14)
21.
3. Die E. hat a p o t r o p ä i s c h e Eigenschaften. Sie vertreibt die S c h l a n g e n (bzw. der Rauch ihrer angezündeten
1000
Blätter oder ein Schlag mit einem E.nzweig). Diese entfliehen, wenn sie eingeschlossen werden, lieber ins Feuer als ins E.nlaub. Der Glaube an die Antipathie zwischen Schlange und E., von der in Sympathiebüchern usw. oft die Rede ist (wirklich volkstümlich war er wohl bei uns nie) geht auf den Bericht des Ρ1 i η i u s 21 ) zurück. Auch der S a f t der E. ist gut gegen Schlangenbiß 22) oder Bier, in dem E.nlaub abgekocht ist 2 3 ). Gegen Wanzen hilft E.nrinde, die am St. Othmarstag gesammelt wurde (Rezept des 18. Jhs.) 24). Ganz allgemein galt die E. als g i f t w i d r i g: „ S u b fraxini umbra non urgent v e n e n a " M ) . E.nrinde mit Maulwurfsasche, dem Vieh gegeben, hilft gegen Unheil für das ganze Jahr 2e ). Bei den Slowenen wird am Johannistag ein E.nzweig auf den Acker gesteckt 2 '), die Spanier (in San Sebastian) hängen am Johannisabend E.nzweige im Hause auf, die Glück bringen sollen " ) . Die Slowaken des Trentschiner Komitates nehmen bei weiten Wanderungen einen E.nstock mit gegen böse Geister, Gespenster, Kobolde und Hexen *·). Der „ b a d n j a c " 3"), der an Weihnachten geschnitten und dann zum Austreiben des Viehs verwendet wird, wird meist von einer E. genommen 31 ). Keller
Grab
des
Abergl.
4,
48 f.;
P a n z e r Beitr. 1, 251 f.; vgl. auch G r i m m Myth. 3, 198. 237; M e y e r
Germ. Myth. 84;
auch in England und Amerika: D y e r FolkLore of plants 78; JAmFl. 4 (1891), 152; Bergen
Animal and Plant Lore 1 1 7 ; bemer-
kenswert ist, daß die amerikanische E. (Fr. Americana) gegen den Biß der Klapperschlange verwendet wird: R o l l a n d Flore pop. 8, 21. S1) Nat. hist. 16, 64; ähnlich auch bei D i o s k u r i d e s Mat. med. 1, 108 und bei Ν i k a η d e r (nach K u h n Herabkunft des Feuers 1886,203). 2a) B o c k Kreuterbuch 1551, 422V; Τ r e i c h e 1 Westpreußen 10, 436. ") S t r a k k e r j a n 1, 85. «) SAVk. 7, 50. ») R o l l a n d Flore pop. 8, 22. 2β) Z a h l e r Simmental 181; ähnlich in Frankreich: S 6 b i l 1 ο t Folk-Lore 3, 388; R o l l a n d
Flore pop.
8, 22. ») ZföVk. 11, 122. ») FL. 24, 73. 2») Η ο 1 u b y Trentschin 1881, 7. 30) S c h n e e w e i s Weihnachten 16 f. 31) Wiss. Mitt. Bosn, Here. 4, 452. 4. In der S y m p a t h i e m e d i z i n ist die E. das berühmte W u n d h o l z 32). An gewissen Tagen ζ. B., wenn Maria Verkündigung mit dem Karfreitag
ΙΟΟΙ
Eschereia
zusammenfällt 33 ), am Neujahrsmorgen 34 ), am Karfreitag am Johannistag bzw. in der Johannisnacht 3 e ), am Jakobstag 3 7 ), am Himmelfahrtstag 3 8 ), am Peterund Paulstag 3i ) und zu gewissen Stunden 40), vor Sonnenaufgang 41 ), geschnitten, heilt es alle Wunden und stillt im besonderen auch das Nasenbluten 4 2 ). Es werden Aste geschnitten, die nach O s t e n sehen 43), ein reiner Knabe muß mit gewaschenen Händen den A s t mit drei Hieben unbeschrieen abhauen der Ast darf auch vorher nicht berührt werden 4 5 ). Es genügt, wenn man die Wunde bloß mit dem Holz berührt 4 β ) oder das Holz wird ins Hemd des Verletzten eingenäht 4 '). Auch der E.nbast ω ) und das Moos, das auf einer E. gewachsen ist, stillt das Blut 4>). Den E.nspan vergräbt man dann an einem Ort, wohin weder Sonne noch Mond scheint B0). Auch das verletzende Werkzeug wird mit einem E.nzweig bestrichen 61 ). Eine gewisse empirische Begründung findet die Verwendung der E.nrinde zur Blutstillung insofern, als sie viel Gerbstoff enthält und demnach eine zusammenziehende (adstringierende) Wirkung hat. Wie so oft, gehen auch hier Empirie und Aberglauben zusammen. Ferner hilft das E.nholz gegen das „Schwinden", daher auch „Schwindholz" genannt. Zu diesem Zweck schneidet man es, wenn der Mond drei T a g alt ist; wer es schneidet, muß völlig nackt sein, der Zweig darf nicht mit der bloßen Hand berührt und muß in der L u f t aufgefangen werden, damit er die Erde nicht berührt (Zillertal) M ). Ein Leinenflecklein, das mit dem Blut des geschwundenen Gliedes getränkt ist, wird in die E. verbohrt 63). Auch das Sägmehl von E.nholz in Branntwein hilft gegen Schwindsucht 6 4 ). Die „ G e s ü c h t e r " (Gicht) heilt man durch Tragen von neun Zweigstücken der E., die mit e i n e m Schlag um 12 Uhr am Karfreitag unbeschrieen gehauen wurden M ). Gegen das Reißen streicht man sich mit einem E.nzweig, den man vor Sonnenaufgang von sich abgewendet geschnitten hat 5e ), gegen Kolik bindet man E.nholz auf den Leib OT). Der
1002
Gliedschwamm wird mit einem bei abnehmendem Mond vor Sonnenaufgang geschnittenen E.nast bestrichen und dieser dann an einem düsteren Ort verwahrt M ). In Frankreich 8e) und in England eo) werden bei Fieber oder Zahnweh Finger- und Zehennägel unter einer E. vergraben. Bruchkranke Kinder zieht man durch eine gespaltene junge E. e l ). Die Nachgeburt des Füllens muß an eine E. (oder Eiche) gehängt werden, dann trägt das Tier später den Kopf hoch (weil beide Bäume hochgewachsen sind) e2 ). 3!) Auch in Dänemark: F e i 1 b e r g Ordbog 3, 1155. 33) ZfdMyth. 1, 326. ") F o s s e l 3t) B o h n e n b e r g e r Volksmedizin 150.
112.
3$)
Schroeder
Med.-chym.
Apotheke
1693, 990; ZfrwVk. 5, 94. 227. ") S c h r o e d e r a. a. O. 990. w ) L a m m e r t 193. 3e) B a r t s c h Mecklenburg 2, 293. 40) Zwischen 11 und i2Uhr: S c h r o e d e r a. a. O. 990, nachts 12 Uhr: U l r i c h Volksbotanik 20. ") F r o m m a n n de fascinatione 696. ") ζ. B. H ö h n Volksheilkunde I, 83. «) ZfdMyth. 1, 326; B o h n e n b e r g e r 112. **) S c h r o e der Med.-chym. Apotheke 1693,990. *5) W a r t m a n n Volksbotanik 34. ") ZfdMyth. 3, 174; S t r a c k e r j a η ι, 85. 47) ZfrwVk. 5, 94. ") F o s s e l Volksmedizin 150. ") SchwVk. 11, 48. 50) M e i e r Schwaben 528; Β i r l i n g e r Volksth. 1, 480. ") L a m m e r t 205. a ) S c h r a n k u. M o l l Naturhist. Briefe 2 (1785), 363.
M
*·) H u ß
)BohneDberger
heilkunde
1, 94.
Aberglaube 4.
112; H ö h n Volks-
") M e y e r
Baden
572.
*·) S p i e ß Obererzgebirge 12. ") F o s s e l Volksmedizin 118. ») D e r s . 163. '») R o l l a n d Flore pop. 8, 23. «°) FL. 13, 173. β1) MnExc. 20, 129; besonders in England häufige Sitte: FL. 7, 303 ff.; 16, 65; 25, 248; F r a ζ e r Balder 2, 169 f. ·*) S t r a c k e r j a n £ i , 105. 5. Wenn im Frühjahr die Blätter der Eiche vor denen der E. erscheinen, wird es viel regnen; wenn umgekehrt, kommt große Trockenheit ®3). •3) Ζ. Β .
Α η d r e e
Braunschweig
410,
ebenso in England: D y e r Folkl. of plants 117. L i t e r a t u r : H ö f l e r Waldkult 139—-144; H. M a r z e l l
X>ie deutschen Bäume
in der
Volkskunde. 1. Die E. in Mitt. Deutsch. Dendrol. Gesellsch. 35 (1925), 75—86. Marzell. Eschereia, Gottesname im Zauber, der auf E x . 3, 14: Γνπκ "ιψκ .ΤΠΚ „ich bin, der ich bin", die Deutung des Namens Jahwe, zurückgeht 1 ). Die Form „Eschereyeye" 2 ) mit voranstehendem „Messias" zeigt, daß
Esel
ioo3
a u c h „ M e s s i a s Y e y e " 3 ) n i c h t ,, J e h o v a " , w i e F r a n z e r k l ä r t , sondern ίΤΠΚ ist, das a u c h in der K a b b a l a 4 ) als G o t t e s n a m e u n d s c h o n bei H i e r o n y m u s u n t e r den „ d e c e r n n o m i n a dei m y s t i c a " 5 ) vork o m m t . H o r s t g i b t a u c h die g r i e c h i s c h e F o r m Έσερειέ, der bei H e e g β ) έσεραγέ e n t s p r i c h t ; in ä t h i o p i s c h e n Z a u b e r f o r meln ' ) : „ A h y ä ! R ä h y ä ! R ä d e d y ä ! " . Entstellt a u c h auf d e m R i n g des H e r r n v o n Veltheim8): „ G u g Gug Baltebani Alpha et O m e g a E z e r a v e E g e r ( = E z e r ) A v e Eazam." H o r s t Zauberbibliothek 2, 133. 135; G o l d z i h e r in Z D M G . 1894, 358; G r ü n b a u m
Ges. Aufsätze z. Sprach- u. Sagenkunde 122; Β a s s e t Apocryphes Äthiopiens 6, 51. a) Τ y lor in Encyclopedia Brittanica 15, 202; Horst 2, 90. ') F r a n z Benediktionen 2,
92. 4) K. K i e s e w e t t e r Der Occultismus des Altertums 350; A g r i p p a v o n Nett e s h e i m
3, 53.
5)
H i e r o n y m u s
ad.
Marcell. epist. 136; Opp. ed. Erasmus (Froben 1537) 3, 94. ·) Hermetica 34 (168) Z. 8. ') W o r r e l l Studien z. abess. Zauberwesen 23. *) K r o n f e l d
Krieg
59.
Jacoby.
Esel (Equus asinus; M a u l t i e r , Equus mulus; M a u l e s e l , Equus hinnus). I.Naturwissenschaftliches: D e r E . „ i s t h i n d e n s t e r k e r d a n v o r n " , berichtet M e g e n b e r g 1 ) , und trägt „ain k r ä u z auf d e m r u c k " . Der Leg e n d e n a c h h a t er es, s e i t d e m ein E . das C h r i s t u s k i n d auf der F l u c h t n a c h Ä g y p t e n t r u g 2 ). D i e L e g e n d e w e i ß a u c h z u e r k l ä ren, w e s h a l b der E . s d r e c k dreik a n t i g g e f o r m t i s t : A l s die T i e r e in die A r c h e gingen, s ä u m t e der E s e l l a n g e , so d a ß N o a h s c h l i e ß l i c h die G e d u l d v e r l o r u n d d e m t r ä g e n T i e r einen r a s c h e n S t o ß ins H i n t e r t e i l g a b ; die S p u r e n d a v o n behielt das T i e r sein L e b e n l a n g 3 ) . „ P l i n i u s s p r i c h t " , t e i l t M e g e n b e r g , der P l i n i u s a u s g i e b i g a u s s c h r e i b t , w e i t e r mit, , , d a z der e. p a i n w e i z e r sei d a n n a n d r e u p e i n . " Sie f ü r c h t e n die K ä l t e m e h r als a n d e r e Tiere, „ d a r u m b u n k ä u s c h e n t sie n i h t in den e b e n n ä h t i g e n z e i t e n ( T a g - u n d N a c h t gleiche) s a m diu p f e r t , a b e r sie u n k ä u s c h e n t in d e m s u m e r , dar u m b , d a z ir g e p u r t sei in w a r m e r zeit . . . . diu esl i n n e gepirt selten z w a i kint, u n d w e n n e si g e p e r n schol, so f l e u h t si das l i c h t
1004
u n d s u o c h t die v i n s t e r , d a z si v o n d e m m e n s c h e n i h t g e s e h e n w e r d " 4 ). E b e n f a l l s a u s P l i n i u s (8, 46) s t a m m t M e g e n b e r g s 5 ) B e r i c h t ü b e r d e n „ w a l t e s e l " oder „ o n a g e r " ( E q u u s onager, G e n k u r , Kulan, w i l d e r E . ) : „ d e r l ü e g e t (brüllt) zwelf s t u n t in der n a h t an d e m f u n f z e h e n d e n T a g des m e r z e n , s a m Isidorus s p r i c h t , u n d l ü e t als o f t a n d e m t a g . d ä pei erk e n t m a n , d a z der selbe t a g der n a h t e b e n m a e z i g ist ( T a g - u n d N a c h t g l e i c h e ) , so die j u n g e n eselein g e p o r n w e r d e n d a z m ä n n e l sint, die v e r p e r g e n t die a l t e n e. u n d p e i z e n t in irn gailn ( H o d e n ) ab, also s p r i c h t Solinus, u n d d a z w i z z e n t die m ü e t e r w o l u n d g e p e r n t an h a i m l i c h e n s t e t e n u n d v e r p e r g e n t die g e p u r t . D i e w a l t e s e l i n n e s c h a m e n t sich der u n k ä u s c h , w i e d a z sei, d a z si g e l u s t d a r z u h a b e n , d a r u m b h a z z e n t si die e. . . . der w a l t e s e l l a e z t seinen mist v o n n ä t ü r l e i c h e r a r t w e n n e in die j a g h u n d j a g e n t , w a n n die h u n d s m e c k e n t den m i s t g e r n u n d bes t S n t d a r ob, u n z der w a l t e s e l g e f l e u c h t , w e n n e er n i h t w e i b e s h a t so diu zeit seiner u n k ä u s c h k u m t , so s t e i g t er auf die h ö h e n p e r g u n d z e u c h t d e n l u f t in sich u n d s c h r e i t so v a s t , d a z a n d r e u tier d a r a b e r s c h r e c k e n t . " W e n n die E . S c h i e r l i n g fressen, so v e r f a l l e n sie in t i e f e n S c h l a f e ). Z a h l r e i c h e L e g e n d e n wissen z u e r k l ä r e n , w e s h a l b der E . l a n g e O h r e n , eine so l a n g e T r ä c h t i g k e i t s d a u e r u s w . h a t ' ) . A n geistigen Eigenschaften rühmt M e g e n b e r g d e m E . n a c h , d a ß er n i c h t s v o m K r i e g e wisse, weil er f r i e d f e r t i g sei 8 ). Buch d. Natur ed. P f e i f f e r 120. Dähnhardt Natursagen 2, 15. 24. 94; Black Folk-Medicine 86 f.; WS. 2, 192. 2)
3)
D ä h n h a r d t
372.
4)
Buch
a. a. O. 1, 267 =
der Natur
120 aus
Z f V k . 16,
Plinius
N H . 8, 68 u. 69, wo noch verschiedene andere Meinungen mitgeteilt sind, die Megenberg nicht
wiedergibt. 5) S. 135 f.; vgl. C a r u s Zoologie 128 ( S o l i n u s 27, 27; Ο ρ ρ i a η Cyneget. 3, 205; A r i s t o t e l e s de mirabil. auscult. cap.
9).
medizin
·) S A V k .
40.
178. 190.
e)
7)
25,
156;
Dähnhardt
B u c k
Volks-
a. a. O. 3, 187.
Buch der Natur 119.
2. V o l k s m e d i z i n i s c h e s . Der E . u n d seine T e i l e spielen in der V o l k s m e d i z i n a l t e r u n d neuer Z e i t eine g r o ß e Rolle:
ioo5
Esel
a) Das Zahnweh vertreibt man, wenn man einen E . k ü ß t 8 ) . Läßt ein K i n d den Speichel fließen, so läßt man es mit dem Munde eines E.s berühren, steckt es dann dreimal unter seinem Leibe durch (s. d.) und läßt es dann auf ihm reit e n 1 0 ) . Damit ein Kind bald laufen lerne, setze man es auf einen E., heißt es im Voigtland x l ). E t contra malum vberum alique equitant vaccas: alique asinas in nocte lucente luna, sagt Gottschalk Hollen in seiner von Bernardinos Quadragesimale stark beeinflußten Sonntagspredigt 1 2 ). Aber es heißt auch, daß das K i n d nicht gescheit werde, das vor seinem siebenten J a h r auf einem E . reite 1 3 ). Wenn jemand gelähmt und mondsüchtig ist, berichtet die hl. Hildegard, der werde auf der Stelle, wo ein E. getötet wird oder stirbt oder sich wälzt („walgert"), auf das Gras oder die Erde gelegt und mit einem Laken zugedeckt und womöglich zum Einschlafen liegen gelassen. Dann ergreife man seine rechte Hand und spreche: Lazarus dormivit et requievit, et surrexit, et sicut eum Deus de foetendi excitavit, sie et cum periculosa peste hac et de mutabilibus moribus febrium sarge in conjunctione, qua ipse Christus ad huiusmodi desuper sedendo istud se conjunxit, praesignans quod hominem de peccatis suis redimeret et eum erigeret. Die? werde öfter wiederholt 1 4 ). Heimkehrende Soldaten brachten nach Schwaben die Meinung, daß man sich durch Vermischung mit einer Stute oder E.in der „Franzosenkrankheit" entledigen könne 1 S ). b) „ D a s b 1 u t des E.s / wo man auch deßselben drey oder vier tropffen in weyn trinckt / so heylt es das tägliche Fieber: aber das selb blut soll zu den oren des E.s außgelassen werden" (16. J h . ) 1 6 ). Das gleiche Mittel empfiehlt schon Sextus Platonicus (330 n. Chr.) 1 7 ). „ D a s blut von einem jungen E.fühlin / auß weyn getruncken / vertreibt die g ä 1 s u c h ί " ω ) . Vor allem dient es aber gegen Fallsucht, Schwachsinn u . d g l . : „ V o r die Schwere Kranckheit ( = Epilepsie). Wann einem Menschen solche Kranckheit ankombt, So sol man alsbaldt zu derselben Zeit
1006
einem Mühl-Ε. die große Ader vnder der Zung schlahen vnnd desselben bluts einen guten löffei voll auffahen. Solches sol mann Patienten also warm eingeben, das er es austrincke vnnd solches jederzeit 3 mahl gethan, wann es ihn a n k o m b t " (16. J h . ) 1 9 ). „ W e n n ein Mensch einen blöden Kopf hat und ist f a s t zerstreut, der fase einen Ameisenhaufen in einen Sack, koche ihn 6 Stunden in einem Kesel vol waser, läse hernach in flaschen und disteliere es an der Sonne; dann mit dem waser den köpf waschen, ist es gar bös, so thue noch ein wenig E . s blut darin, und dan bade darin, dan wird e s b e s e r " 20). Nach schwäbischem Glauben erhält man die S p r a c h e wieder, welche man durch S c h l a g (Apoplexie) verloren hat, wenn man drei Tropfen B l u t aus dem Ohre einer E.stute zwei Tage hintereinander in einem Gläschen voll Erdbeertrank t r i n k t 2 1 ) . E.s f l e i s c h empfahlen Hippokrates und Celsus (II, 18) als leichte Krankenkost, Plinius (28, 195 u. 230) als Mittel gegen Auszehrung 2 2 ). Aber „esels flaisch macht gar poes pluot dem der ez izzet und läzt sich niht wol kochen in dem magen; iedoch ist ez pezzer, wann der pferd flaisch", weiß Megenberg 23 ). In Schwaben glaubt man, daß E.s h a a r von der Gegend der Rute eingegeben heftige Wind und Bläst verursache solche vom Kreuz auf dem Rücken sind gut gegen Husten 2S ). Gegen Ohnmachtsanfälle trägt man am linken A r m einen Chrysoliten, in den man ein Löchlein gebohrt und das man mit E.shaar gefüllt h a t 2 6 ) . Aus dem J a h r e 1594 überliefert eine Breslauer Hs.: „ W i l t u haben, das dein Viehe nicht soll bezaubertt werden, So soltu an Walpurgis abendt Wiederthat (s. Widerthon) vnd Teilscheiben (Dill?) nehmen, die dem Viehe eingeben, vnd vnter die Thürschwelle oder darüber, wie es am besten geschehen kahn, ein wenig Esellhar eingraben vndt also s a g e n " : (folgt Segen) 27 ). Abraham a Santa Clara führt an, „daß ein K i n d nicht geschrecket wird, wann man demselbigen etwas von einer E.sh a u t in die Wiegen legt Μ ).
ιοο7
Esel
„ E t l i c h e n e m e n das h e r t z v o n e i n e m j u n g e n E . / d e r ein m ä n n l i n v n n d S c h w a r t z ist / v n n d g e b e n das e i n e m v n d e r f r e y e n h i m m e l ze essen m i t b r o t in v o l l e m Monstag v n n d den nächsten tag darnach: D a s sol g u t f ü r die f a l l e n d s u c h t s e y n " 2 9 ) , ein M i t t e l , das a u s P l i n i u s (28, 63) z u s t a m m e n s c h e i n t , der uns überl i e f e r t : „ S u n t qui e m a r e (asini) n i g r o q u e cor e d e n d u m c u m p a n e s u b dio p r i m a a u t s e c u n d a l u n a p r a e c i p i a n t " 30 ). D a s H e r z der als u n f r u c h t b a r g e l t e n d e n M a u l e . i n e m p f a h l d e r u m 330 n. Chr. l e b e n d e S e x t u s P l a t o n i c u s als M i t t e l g e g e n die E m p f ä n g n i s (similia similibus!) 3 l ) . A l s Mittel zu Liebeszauber kennt man E . s h i r η a u s R a b e l a i s 32 ) u n d aus B o s nien 33 ), g e g e n E p i l e p s i e a u s P l i n i u s (28, 63) " ) . „ M a n s a g t / so einer einen ring, der kein schwartzen Fläcken hab / aus E.h u f f a n n f i n g e r n t r a g / so w e r f f e j n das f a l l e n d w e e n y m m e r nider / o b er g l e y c h den s i e c h t a g e n h a b e " 3 5 ) . N a c h Diosk u r i d e s (II, 44) sollen g e b r a n n t e E . s h u f e , in t ä g l i c h e n D o s e n v o n zwei L ö f f e l n , den Epileptikern v o n N u t z e n sein36). Gesner ü b e r l i e f e r t u n s : „ W o die f r u c h t in der f r a u w e n l e y b t o d w ä r e / so n i m E . h u f f v n n d s c h a b es a u f f ein k o l e n / lass den rauch zur g b ä r m u t t e r gon"37). „So y e m a n t s a m h i n d e r e n oder an der s c h ä m g s c h w ä r v n n d n a c h t e i l l e y d e t / ist die ä s c h e n v o n E . s h u f f g u t d a r e y n ges a y e t " M ) . K l a u e n des W a l d e . s w u r d e n a u c h g e g e n Z a u b e r a n g e w a n d t 3e ). „ D i e Ε . 1 ä b e r g e b r a t e n v n n d als n ü c h ter g e g e s s e n / soll a u c h f ü r dise k r a n c k h e i t (Epilepsie) s e y n " 4 0 ) , ein Mittel, das s c h o n P l i n i u s (28, 78) u n d D i o s k u r i d e s m i t t e i l e n 4 1 ) . „ W e l c h e r l ä b e r s i e c h seye, der derr (dörre) v n n d p ü l f f e r e es, b r o u c h a l s d e n n z w e y m a l so s c h w ä r gestossen Petersilien / g e s c h e i t e E y c h l e n d r e y m a l so v i l / m i t H o n i g a n g e r ü r t / als d a n n esse er n ü c h t e r d a r u o n es h i l f f t m ä c h t i g " 42 ). A u c h gegen Haarausfall empfahl Sextus P l a t o n i c u s das V e r b r e n n e n der M a u l e.leber 43 ). V e r b r a n n t e E . s l u η g e soll n a c h Plin i u s (28, 42) alle A r t v o n G i f t u n d V e r giftung vertreiben M).
I008
„ D a s E . m a r g k / a u c h sein v n s c h l i t / ist t r ä f f e n l i c h g u t / w o m a n also w a r m d a m i t den s c h m i e r t / so der die f a l l e n d s u c h t h a t " 4S ). „Plinius spricht", schreibt Megenberg, „ d a z der eselinne m i l c h gar w e i z sei u n d d a z si a u c h helf der m e n s c h e n w e i z e n , u n d da v o n list m a n , d a z des k a i s e r s N e r o n i s h a u s f r a u sich p a d e t in esels m i l c h " 4β ). „ d i e f r a u w e sol n e m e n eine gez a u s t e w o l e v n n d soll die eine s t u n d e in e s e l s m i l c h l e g e n n , d a r n a c h die w o l e so n a s v n n d f e u c h t auf d e n n n a b e l b i n d e n v n n d bei d e m m a n n e das eliche w e r c k t r e i b e n ; sie w i r d t b a l d t s c h w a n g e r , dis a b e r sol g e s c h e n n , w e n n die m u t t e r / e i n i s t " , e m p f i e h l t D r . J . H a r t l i e b (?) 4 7 ). „ D e n k e y c h e n d e n u n d e n g b r ü s t i g e n (Asthm a t i k e r n ) ist g u t / w o m a n j n e n das s c h o t t e n w a s s e r v o n E . milch / v n d e r k ü m i l c h g e w a l l e t / z u essen g i b t " „Ortolff a u s B e y e r n A r z n e y b u c h " (5, 71) r ä t : „ W e r an seinem ganzen Leibe a b n i m m t d u r c h einen s c h w e r e n h u s t e n , d e m soll m a n g e b e n e . s m i l c h in einen t r a n c k " 49 ), u n d ein d e u t s c h e s A r z n e i b u c h des 15. bis 16. Jhs. 5 0 ), w i e a u c h solche a u s neuerer Z e i t 5 1 ), e m p f e h l e n E . s m i l c h g e g e n L u n genschwindsucht. „ D e n versteerten magen heilt auch E.milch getruncken; v n n d v a s t alle m a g e n w e e h e i l e t s y / w o d a r e y n gethon wird Holtzwurtz pulffer % quintl i " 5 2 ). A u s d e m 16. J h . k e n n e n wir als Mittel gegen K r e b s : „ E . s m i l c h v n n d Saltz, b r e n n e es z u p u l u e r , n i m d a r n a c h f u c h s s c h m a l t z , z e r l a s d a s " 63 ), u n d als W u n d heilmittel: „ D . Johann Neuens. Nim E . s m i l c h , a l s w a r m sie v o n der E . i n k o m b t v n n d b e s t r e i c h die w u n d t e " 64 ). D i e S p ä n e v o m H u f e eines E . s m i t E . s m i l c h w e r d e n auf s t a a r k r a n k e A u g e n gel e g t oder, z u A s c h e g e b r a n n t , innerlich gegen Fallsucht genommen58). „ E . s m i l c h also w a r m s t e r k t die z e n d u n d s ä n f t i g t irn s m e r z e n u n d aller m a i s t w e n n e m a n si d a m i t r e i b t " s e ). „ D e n w e y b e r n / so die b r ü s t w e e t h u n d / sol m a n E . m i l c h z e t r i n c k e n g e b e n : a u c h so s y j r z e y t n i c h t r e c h t h a b e n " 57 ). „ W e r k r ö d t e n im b a u c h h o d t " , r ä t ein A r z n e i b u c h a u s d e m J a h r e 1554, „ d e m g i b e z u t r i n c k e n einer eselin m i l c h v n d ires h a r n V n d los inen in eim
ioo9 b a d e leigen A l s l a n g e er es erleiden m a g e , E r w i r d t z u h a n t d a u o n e r l ö s t " ®·). G e g e n I m p o t e n z k o c h e n die M a g y a r e n C a n t h a riden, H a n f s a m e n b l ü t e n u n d H a s e n h o d e n in E . s m i l c h , t r i n k e n es j e d e n F r e i t a g v o r S o n n e n a u f g a n g u n d s p r e c h e n einen Seg e n d a z u 5 e ). „ N e t z e w a s du w i l t m i t E . s m i l c h / so k o m m e n alle F l ö h e im Hause darzu", empfiehlt Staricius60). D i e M i l z des E . s w i r d v o n P l i n i u s (28, 77) u n d v o n S e x t u s P l a t o n i c u s als Mittel, u m die w e i b l i c h e M i l c h s e k r e t i o n zu s t e i g e r n u n d u m die S c h e i d e z u v e r bessern, e m p f o h l e n 6 1 ) . I h n e n f o l g t Gesner in s e i n e m T i e r b u c h e ( 1 5 6 3 ) : „ D a s m i l t z des E.s, so e t w a s l a n g b e h a l t e n w o r d e n v n n d g e d e r r t , h i l f f t a u c h den y h e n i g e n , so das m i l t z e sticht, w o s y v i e r t a g n a c h e i n a n d e r n ü c h t e r l i n g d a r u o n essen; g e p u l f f e r t v n n d m i t W a s s e r a n g e m ä n g t ü b e r die b r ü s t g e l e g t , b r i n g t es die M i l c h : v n n d g e r o u c h t heilt es die G e b ä r m u t t e r . E s s t i l t v n n d v e r t r e y b t die h a r n w i n d e , so m a n deß selbigen ein n u ß s c h a l e n v o l l in ein trünckle starcks guts weyns thut v n n d n e u ß t s " 6 2 ) . Gegen Fallsucht verschrieb Dr. Jacob Jenner aus Kerns (Obwalden; f 1786) ein P u l v e r a u s „ E . s - m y l t z y 4 L o t " u n d „ M a u l w u r f - H e r z 1 L o t " ®3). „ W e n n eine f r a u e ire Z e i t zu ser h a t t " , v e r s c h r e i b t D r . J . H a r t l i e b 6 4 ) : „ n i m e.sm i s t , b r e n n e d e n z u puluer, s t o ß e d e n n k l e i n e V n n d t t h u e in ein t u c h l e i n v n n d s e u d t es in bier, d a r n a c h d r u c k e es d u r c h v n n d m a c h es m i t b u t t e r , t r i n c k e darv o n n a b e n c z t v n n d m o r g e n s a u c h , idesmal z w e n e lefel fol, d o c h das es w a r m i s t . " G e g e n N a s e n b l u t e n hilft, n a c h e i n e m A r z n e i b u c h des 16. J h s . , „ E . s m i s t g e p u l u e r e t v n n d in die N a s e n n g e t h a n " 6S ). „ W o y e m a n t s hauptgeschwär gächlingen a u f f s p r i n g e n / v n n d m a n den s a f f t a u s E . s k a a t t r u c k t / v n n d m e n g t denselben a n m i t e r d z w i b l e n der g e s t o s s e n / n i m p t d a r z u r i n d s f e y ß t e / oder rinderin v n s c h l i t / m i s c h l e t es v n d e r e i n a n d e r / m a c h t h e r n a c h ein w a c h ß p f l a s t e r d a r a u ß v n n d l e g t s über / das heilet z u m a l s e e r " a e ). M i t E . s k o t , den er ihr a u f die A u g e n l e g t , heilt i m o b e r p f ä l z i s c h e n M ä r c h e n der P r i n z die e r b l i n d e t e P r i n z e s s i n 7 e ). N a c h
Esel
I0I0
M a r s h a l l w e r d e n N i e r e n k r a n k h e i t e n innerlich m i t E . s h a r n k u r i e r t 68 ). A l s S c h l a f m i t t e l w i r d der S c h m u t z a u s den O h r e n einer E . i n auf die S t i r n gestrichen 6 9 ). D i e R o c k e n p h i l o s o p h i e (104 c a p . 81) r ä t : „ W e r das F i e b e r h a t , der soll e i n e m E . ins Ohre sagen, es h ä t t e ihn ein S c o r p i o n g e s t o c h e n , so v e r g e h e t das Fieber v o n Stund a n " , wozu Plinius (28, 42) z u v e r g l e i c h e n i s t : „ Q u i n e t i a m si quis a s i n o in a u r e m p e r c u s s u m a scorpione se d i c a t , t r a n s i r e m a l u m p r o t i n u s tradunt, venemataque omnia accenso eius p u l m o n e f u g e r e . " „ E . s c h ä 11 e η (Hoden) v n n d z u u o r die g e r e c h t a u ß w e i n g e t r u n c k e n / h e l f f e n den y h e n i g e n / so der w e y b e r nit m ä c h t i g s e y n m ö g e n / v n n d b r i n g t j n e n die g e i l e " *>). „ D i e w i l d e E . s e y n d allhier a u c h in g r o ß e r A n z a h l , in deren K o p f , w i e m a n v o r g i e b e t , sich ein S t e i n vorfinden solle, der d e n j e n i g e n , so der f a l l e n d e n S u c h t oder d e m S e i t e n s t e c h e n u n t e r w o r f e n seind, w i e a u c h den K i n d e l b e t t e r i n n e n dienlich s e i e " 7 1 ) . ') W o l f Beiträge 1, 224 Nr. 270 (Wetterau) = R o c h h o l z Sagen 2, 270 = W u t t k e 352 § 527. 10) C u r t z e Waldeck 380 = ZfVk. 12, 1 1 2 = W u t t k e 327 § 486 = J ü h l i n g 17; vgl. B l a c k Folk-Medicine 35.118. " ) K ö h l e r Voigtland 430 = W u t t k e 392 § 600; auf E. mit Kreuzzeichen bis Kreuzweg gegen Keuchhusten: B l a c k a. a. O. 86. ,2 ) ZfVk. 18, 444 = Zachariae Kl. Sehr. 332. " ) R o c h h o l z Kinderlied 317 Nr. 763. " ) Physica nach H o v o r k a K r o n f e l d 1,127. " ) B u c k Volksmedizin 67 f. = H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 151. ") J ü h l i n g Tiere 14. »') Η ö f 1 e r Orl8 ) J ü h l i n g ganother. 105. 14; vgl. S t r a c k Blut 93. 19) J ü h l i n g 16; vgl. 171 = S t r a c k e r j a n 2, 143 Nr. 373; 1, 96 = Η ö f 1 e r Organoth. 105 = W u t t k e 355 § 532 = H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 219. «·) S A V k . 2, 258 Nr. 104 (Kt. Zürich) = Η ö f l e r Organother. 105 = H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 237; vgl. ebd. 2,238. 2I) L a m m e r t 226 = H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 245 f. (1, 80) = Β u c k Volksmedizin 44; S t r a c k Blut 56. " ) H ö f l e r Organoth. 105. 248; Weinreich Heilungswunder 123. 1 2 4 1 . ") Buch d. Natur ed. P f e i f f e r 120. " ) L a m m e r t 251 = H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 88. ») B l a c k Folk-Medicine 86 f. «·) ZfVk. 8, 43 (Tirol); vgl. A n h o m Magiologia (1674), 224 (E.sbild iD Chrysolith ist wundertätig). *>) MschlesVk. 9, H. 18 (1907), 18.
ΙΟΙΙ
Esel
1012
geisterhafter und teuflischer Z u g des Hasen auf den E. und umgekehrt übertragen worden sein könne. 249. ) G e r h a r ) Wiss. Mitt. Bosnien 3, 565 = Η ö f 1e r Eine Umkehrung wird es wohl sein, Organother. 105. M) Vgl. Η ö f 1 e r a. a. O. 105. wenn dieRockenphilosophieerklärt: „ W e r ) J ü h l i n g 1 6 ; v g l . 14 ( E l e n t i e r ) = H o an einem unsichern Orte ist und einen E. v o r k a - K r o n f e l d 2, 2 1 2 ; B l a c k Folkbei sich hat, dem kann der Teufel nichts Meiicine 1 5 3 ; J o n e s Finger Ring Lore 1 5 3 . *·) H o v o r k a - K r o n f e l d i, 126 f. Leides thun" 8 0 ). Z u Frickenhausen am *·) Tierbuch 3 ( 1 5 6 3 ) , f o l . X L I I I f f . = J ü h Neuffen in Württemberg sollen die l i n g 16; vgl. ä h n l i c h e s R e z e p t J ü h l i n g 16 Bauern als Schutzheiligtum des Ortes (aus d e m 16.—17. Jh.). ) J ü h l i n g 343. ·*) A n h o r n Magiologia ( 1 6 7 4 ) , 7 5 1 ; S e l i g einen hölzernen E. in einem Keller verm a n n Blick 2 , 1 1 6 ; v g l . 2 , 1 0 , ) J ü h l i n g borgen halten (?) 8 1 ). 14. " ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 210; Zur Stütze von E.so ρ f e r η 82), die an H ö f l e r Organother. 1 7 7 ; J a n u s 1 2 ( 1 9 0 7 ) . Stelle der verbotenen Pferdeopfer ge" ) J ü h l i n g 14 = H ö f l e r Organother. 177 f.; Ρ 1 i η i u s N H . 28, 55. «) Η ö f 1 e r treten wären, zieht man oft den Spotta . a . O . 178. " ) E b d . 276. «) J ü h l i n g 15. namen der Schlesier, E. s f r e s s e r *·) Buch d. Natur ed. P f e i f f e r 120. herbei, der in der Humanistenzeit bei ") J ü h l i n g 16; gegen ö d e m a t ö s e Anschwellung der Geburtsteile Dunstbäder aus E.milch: Conrad Celtes (esores asini) zuerst aufU r q u e l l 3 (1892), 9. « ) J ü h l i n g 14. " ) E b d . taucht und über den Caspar Sommer 16. «») E b d . 1 7 . «) H ö h n Volksheilkunde 1 , 1677 seine Dissertation „ D e onophagia 94; S c h m i d t Mieser Kräuterbuch 5 9 ; Silesiorum" schrieb. Die Frage ist aber H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 25. ) J ü h l i n g 14. M) E b d . 1 6 . «) E b d . 16. ") Ebd. heute noch immer sehr ungewiß, ob man 17 = M a r s h a l l Arztney-Kästlein (1894). mit dem Namen alte E.sopfer verknü") M e g e n b e r g a . a . O . 120; vgl. J ü h pfen darf 83). l i n g 14. •») J ü h 1 i η g 14. ) Alemannia 2 6 (1898), 265. 2 6 6 ( „ f ü r s c h l a n g e n w ü r m oder E . s b r u n n e n erscheinen mitunter aidessen i m leibe"; „ k ü m p t ein nater I n ein als K i n d e r b r u n n e n 8 4 ) . In Westmensch"). ") W l i s l o c k i Magyaren 137. falen bezeichnet man die uneheliche Ab«") iHeldenschatz ( 1 6 7 9 ) , 4 6 7 . " ) Η ö f 1 e r Orkunft mit der Redensart: „die iesel hiät ganother. 2 6 6 f . ·*) J ü h l i n g i 5 = H ö f l e r a . a . O . 2 6 7 . ·») S A V k . 7 ( 1 9 0 3 ) , 4 7 = Η ö f 1 e r 'ne üter want slagen" 8 5 ). Organother. 2 6 7 . " ) J ü h l i n g 1 6 . ) Ebd. Da der Legende nach der E. das einzige ·) E b d . 15. ·') S c h ö n W e r t h 3, 241. Tier ist, in das der Blitz nicht einschlägt 8β ), «") J ü h l i n g 17. ) M a r s h a l l a . a . O . , werden E. s k ö ρ f e (s. d.) als Abwehr auf nach J ü h l i n g 17. ) J ü h l i n g 15; vgl. A i g r e m o n t Pflanzenwelt 2 , 7 3 ; H o v o r Gebäuden aufgepflanzt 8 7 ). Schon die Rök a - K r o n f e l d 2, 163 f. " ) B i r l i n g e r mer glaubten, durch einen E.skopf allen Schwaben 1, 390. bösen Zauber abwehren z u können 88 ). Magyarische Schafhirten pflegen in den Niederungen Pferde- und E.sschädel auf 3. K u l t u n d Z a u b e r 7 2 ) . Der E. die Pflöcke der Hürden zu stecken, wäherscheint im deutschen Brauch und Glaurend die des Hochlandes dergleichen ben zunächst im wesentlichen als ein däSchädel auf Berge stellen, die in ihrem monisches Tier. „ D e r wildesil bizeichenit Weidegebiete liegen, um dadurch die den t i e f e 1" 73). Auf dem E.sborn in der Herden vor den Wölfen zu schützen 8 9 ). Rhön spukt Luzifer als dreibeiniger Auf Weideplätze pflanzt man auch solche E. 74 ). G e i s t e r erscheinen oft in E.sSchädel auf, damit kein Tier das Gras gestalt (vgl. auch Bier-E. 1, 1282) 75 ), abfresse und dadurch Schaden anrichte 90 ). ebenso der A l p 7 6 ) . Auf E.n reiten die Nach Luther warf man einen E.skopf in Hexen zum Tanze 77), dort tragen sie oft die Flammen, um den Geliebten meilenE.s- u. Katzenköpfe 7 8 ). Mannhardt 7 8 ) weit zu sich herzuzwingen 9 1 ). vermutet, daß durch Flurnamen (ζ. B. to dem heselinen brunnen) und durch Das Entlibucher „Posterli", das am Formen wie 'heselin, hesiken, heselken' Donnerstag v o r Adventsfronfasten im oft Verwechslungen zwischen E. und Lärmumzug der P o s t e r l i j a g d Hase vorgekommen und dadurch manch (s. d.) als Einzelgestalt mitzieht, trägt die ")
14
Alemannia =
Η
M
ο ν
17
) Vgl. Höf l e r 32
(1889),
ο r k a - Κ
94.
")
J
ü h 1i η
2,
r ο η f e 1 d
g
211.
Organother. 248 f. «) Ebd. d t Franz. Novelle 136.
ss
3ä
M
40
1,0
M
M
e5
β
ω
70
ioi3
Esel
Maske einer alten Hexe oder einer alten Ziege oder eines E.s. Posterli stellte ursprünglich einen (Winter-)Dämon vor, der in ein anderes Dorf g e j a g t wird 93 ). In Pillersee in Tirol f ä h r t an den A n k l ö p f donnerstagen der , A n l d ö p f e - E . ' u m ; ein Gerüst, mit einem K o p f versehen und mit einem Sattel bedeckt, wird v o n zwei B u r schen auf den Schultern getragen. Darauf sitzt ein lustiger Kerl, ein anderer geht nebenher. D a s Gefolge bilden Zigeuner, V a g a b u n d e n , H e x e n usw. Dieser b u n t e Z u g m a c h t in den B a u e r n s t u b e n seine Spässe 9 4 ). W e i t v e r b r e i t e t ist die E.sfigur a m N i k o l a u s t a g e (s. d.). In W e s t b ö h m e n w u r d e früher a m V o r a b e n d 'der E. geritten'. Ein verkleideter Bursche mit künstlichem E . s k o p f e ging v o n Hof zu Hof, u m die Mädchen zu schrekk e n 9 5 ) (s. K l o p f n ä c h t e ) . N a c h heutigem K i n d e r g l a u b e n reitet der hl. Nikolaus auf einem Schimmel oder E., und die K i n d e r stellen f ü r denselben Heu oder H a f e r auf 9e ). In T e p l i t z h a t t e der K n e c h t R u p r e c h t o f t einen sog. S c h n a p p - E . bei sich oder gab vor, ihn bei sich zu haben. W e n n dieser a u f t r a t , so war es ein auf vier F ü ß e n gehendes, mit einem umgekehrten Schafspelz bekleidetes phantastisches U n g e t ü m , das nach allen Seiten u m sich schnappte. Es wurde gewöhnlich v o n zwei J u n g e n dargestellt, v o n denen einer den Vorder-, der andere den Hinterteil m a c h t e 9 7 ) . In E m b r a c h und Lufingen ( K t . Zürich) übten größere K n a b e n noch v o r e t w a drei J a h r z e h n t e n a m Silvesterabend den B r a u c h des ' E s e l n s ' : Einer t r u g einen E.skopf und war mit diesem in ein L e i n t u c h gehüllt, so daß v o m K o p f nur der mit den eisernen Z ä h n e n versehene Teil sichtbar war. Der „ S c h n a b e l " des E.s k o n n t e durch eine Schnur, die ein hinter dem E.reiter gehender „ K l a u s " in der H a n d hielt, auf- und zug e k l a p p t werden. Der Z w e c k des Umzuges w a r B e t t e l n oder unartigen K i n dern ihre U n t u g e n d e n v o r z u h a l t e n 9 8 ) . In W e s t f a l e n und anderswo wird derjenige, der a m T h o m a s t a g e (s. d.) zuletzt in die Schule k o m m t , als „ T o m s - Ε . " verhöhnt 9 9 ). In der F a s t e n z e i t geht in der G e g e n d v o n K a r l s b a d der ' Z e m p a ' mit d e m
I0I4
' S c h n a p p - E . ' (einer Schreckgestalt f ü r K i n d e r mit einer E.smaske) an einigen A b e n d e n um 10°). Der E. des W e i h n a c h t s k i n d c h e n s 1 0 1 ) , der P a l m - Ε . 1 0 2 ) (s.d.) und die E.s f e s t e 103 ) sind wohl zunächst durch die schauspielmäßige Darstellung der biblischen Geschichte entstanden, wenngleich beim W e i h n a c h t s - E . Beeinflussung durch die dämonischen E.sfiguren der Winterszeit begreiflich ist. '"-VWie Pferde und Hunde, so ist a u c h der E. ein g e i s t e r s i c h t i g e s 1 0 4 ) und, namentlich im A l t e r t u m 105 ), O r a k e l t i e r: W e n n er sich im Grase w ä l z t , ist es ein gutes W e t t e r z e i c h e n ; spitzt er aber die Ohren oder rennt er zur Seite, dann gibts R e g e n 1 0 6 ) . Spielen oder rantzen zwei E. miteinander, so wird es morgen gut W e t t e r 1 O T ) , u. ä. 1 0 8 ). Als w e i s e n d e s Tier spielt er in der deutschen Sage und L e g e n d e eine sehr große R o l l e 1 0 9 . " ) Über antiken Glauben vgl. PaulyW i s s o w a 6, 626 ff.; W i s s o w a Religion 158; W ä c h t e r Reinheit 91; SoldanHeppe i, 128; H a s t i n g s 1, 501 f.; R.
S m i t Ii
Die
Religion
der Semiten
225 f .
U s e n e r Sintflut 185!. " ) Diutisca 3, 27 nach R o c h h o l z Sagen 2,271. ' 4 ) B e c h -
stein Sagen des Rhoengebietes und des Grabfeldes 79 f f . N r . 28 = M a n n h a r d t Germ. Mythen 412. , 5 ) Μ a η η h a r d t a. a. O . 411.
413; K u h n Westfalen 1, 216 Nr. 245; als kopfloser Ε.: K n o o p Tierwelt 6 Nr. 45; s. Dorftier 2, 353. '·) M e r b i t z De infantibus
suppositis
vulgo Wechselbälgen
1 § 21 n a c h
M a n n h a r d t a . a . O . 412. ") M ü l l e n h o f f Sagen 213 = M a n n h a r d t a. a. O. 412. ™) Z i n g e r l e Tirol 62 Nr. 539, 9; vgl. W l i s l o c k i Magyaren 113. ") A . a . O . 413; vgl. L a i s t n e r Nebelsagen 170. M) G r i m m Myth.
3, 446 N r . 371.
81 )
Μ a η η h a r d t a. a .
0. 4 1 1 = H a s t i n g s 1, 501. ··) Vgl. über die Antike: S t e n g e l Opfergebräuche 148; F e h r l e Keuschheit 36 Anm. 2 (mit weiterer Lit.); W ä c h t e r Reinheit 91 (mit Lit.); M a n n h a r d t Forschungen 136. 170; H ö f ler
Organother.
105. 249.
83 )
G r i m m
Myth.
1, 40 Anm. 2; 3, 27; R o c h h o l z Sagen 2, 271; H a u p t Zeitschr. 6, 254; W e i n h o l d Festschrift 135 f.; D r e c h s l e r 2, 32. Für diese Erklärung tritt ein K ü h n a u in MschlesVk. 8, Heft 15 (1906), 114 ff., namentlich S. 139 f., dagegen K l a p p e r in MschlesVk. 8, H . 16 (1906), 63 f. u. Schlesien
164, s o w i e
K a h l e in MschlesVk. 9, H. 17 (1907), 92 ff. Ρ r ö h 1 e Harzsagen 198 Nr. 2; S c h a m bach-Müller 341 Anm. zu Nr. 81;
M)
Mannhardt
Germ. Mythen 411.
,5)
Mann-
Esel h a r d t ebd. 411 Anm. 4; vgl. K ü c k Lüneburger Heide 160. M ) R o l l a n d Faune 4, 250 nach W S . 2, 192. "') W S . 2, 192. M ) Z f E t h n . 8") W l i s l o c k i 19, 671. Magyaren 9. ,0 ) E b d . ; vgl. dazu den E.sschädel als Verbotszeichen in B o c c a c c i o Decamerone 7, 1 nach Z f V k . 20, 204 f. Anm. β1) Κ 1 i η g η e r Luther 72. 92) S t a 1 d e r Fragmente aus dem Entlebuch 1, 101 f f . ; Μ ο η e Gesch. d. Heidentums 2, 246; R o c h h o l z Sagen 2, 269; H o f f m a n n - K r a y e r 101 und S c h w V k . 1 (1911), 93; O s e n b r ü g g e n Wanderstudien χ, 235 f. " ) U s e n e r Kl. Sehr. 4, 109 f. 123 ( = RhMus. 30, 198). M ) S a r t o r i 3, 12 f. = Η ö r m a η η Volksleben 219 = Κ ü c k u. S o h n r e y 32 = Zingerle Tirol 182 f. Nr. 1 5 1 6 = Z f d M y t h . 3, 337 f . »•) J o h n Westböhmen 6 = S a r t o r i 3,18. ·*) Lit. bei Sartori 3, 17 f. A n m . 16; H o f f m a n n - K r a y e r in Z f V k . 25, 121. w) L a u b e M) S t a u b e r 34 f. Zürich 2, 113. " ) L i t . bei S a r t o r i 3, 21 Anm. 6. 10°) J o h n 101 ) Lit. Westböhmen 52. bei H o f f m a n n - K r a y e r in Z f V k . 25, 1 2 1 ; weiter 12, 428. 429; R i e t s c h e l Weihnacht 13 f f . ; M e y e r Baden 407; S t r a c k e r j a n 2, 32. 102) H a s t i n g s 1, 502; Germania 17, 8r; S a r t o r i 3, 137 (mit viel Lit.); M a n n h a r d t Germ. Myth. 414 A n m . 4. 3 " ) Η er z o g - Η au c k 5, 497 f . ; W S . 2, I92f.; H a s t i n g s 1,502; P f i s t e r Reliquien r, 326; M a n n h a r d t Germ. Myth. 414 A n m . 4; R o c h h o l z Sagen 2, 268. κ») W o l f Beiträge 2, 162; 1, 231 Nr. 365. 10s ) Z f V k . 11, 4 1 1 ; H o p f Thierorakel 75; A g r i ρ ρ a ν . Ν . ι , 252 f. l M ) W o l f Beiträge J07 ι , 249 Nr. 589. ) P r a e t o r i u s Phil. 114. »«) B a r t s c h Mecklenburg 2, 208 Nr. 1019; Zingerle Tirol 1 1 3 Nr. 978; v g l . Hopf Thierorakel 75. , ω ) J e g e r l e h n e r Sagen 2,158; B i r l i n g e r Volksth. I, 389 = Z f V k . 1 1 , 409; Q u i t z m a n n Baiwaren 238f.; Zingerle Sagen 165 Nr. 268; Schönwerth Oberpfalz 2, 441; P o l l i n g e r Landshut 85; Z a u n e r t Rheinland i , 211 f . ; 13. 180; S c h e l l Berg. Sagen 257 Nr. 8; 513 Nr. 3 6 b ; K u h n Westfalen 1, 284 Nr. 329; Hopf a. a. O. 75.
4. S a g e und L e g e n d e . Die V e r w a n d l u n g eines Menschen i n e i η e η E. und seine schließliche Entzauberung war eine schon im Altertum verbreitete Sage 110 ), sie findet sich auch in Deutschland recht häufig, ob vom Altertum übertragen oder autochthon entstanden, sei hier d a h i n g e s t e l l t l u ) . Wer am Weihnachtsabend keine Bohnen ißt, wird zum Esel, teilt die Rockenphilosophie mit 1 1 2 ), und wer Gründonnerstags Honigzu essen unterläßt, dem passiert dasselbe oder der bekommt wenigstens E.sohren 113 ).
I0l6
Gemäß der ambivalenten Stellung des E.s im Volksglauben nimmt er auch eine solche in Sage und Legende ein. Er ist durch seine Rolle in der biblischen Geschichte (Geburt Christi, Flucht nach Ägypten, Palmsonntag) (vgl. oben 1) das Tier der christlichen Legende: es kniet vor dem Allerheiligsten, das der Priester auf seinem Versehgang mit sich trägt, fromm nieder U 4 ). Er hat aber auch dämonische Eigenschaften, die wir oben schon kennen lernten: in Märchen und Sage ist viel die Rede vom goldenen E.sfüllen und Gold-Ε., die voller Gold sind und Gold spucken und scheißen l l s ) . Er wird zum Schatzhüter des Teufels l l e ) oder ist in Berge verwünscht U 7 ). Der musizierende E. scheint noch ein Überrest antiker Märchenmotive zu sein 118 ). 110 ) Vgl. B o l t e - P o l i v k a 3, 6 ff.; W u η d t Mythus u. Religion 2, 144 f. m ) Zu der bei B o l t e - P o l i v k a 3, 6 ff. angeführten L i t . sei nachgetragen: A c k e r m a n n Shakespeare 4 1 ; Α η h ö r η Magiologia (1674), 581; H e c k e n b a c h de nuditate 39; H e r t z Elsaß 5 7 ; K e l l e r Grab 5, 193; K n o o p Posener Märchen 19 Nr. 35; Κ u ο η i St. Galler Sagen 207 f . ; S c h a m b a c h - M ü l l e r 188 Nr. 205. 112 ) G r i m m Myth. 3, 443 Nr. 274. l l s ) M a n n h a r d t Germ. Mythen 412; vgl. auch W ο 1 f Beiträge 1, 79. " · ) Z a u nert Rheinland 1, 160. 1 1 5 ) R o c h h o l z Sagen 2, 269 f f . ; W o l f Beitr. 1 , 1 7 ; S c h n e l ler Wälschtirol 28; S e p p Sagenschatz 46 Nr. 16; W e i n h o l d Festschrift 135 f . ; Κ ü h η a u Sagen 3, 737 Nr. 2146; M ö l l e n h o f f Sagen 202 Nr. 276; MschlesVk. 8, H. 15, 1 1 4 f f . ; H . 1 6 , 6 3 ! u. 9, H . 17, 92 ff. " · ) H e y l Tirol 268 Nr. 62. " ' ) R ο c h h ο 1 ζ Sagen 2, 66. 2 7 1 ; S a r t o r i 2, 205; K ü h n a u 3, 580. 727 Nr. 2138. 1») B o l t e - P o l i v k a 3, 166.
5. R e c h t . Auch im alten Rechte ist der E. und die E.symbolik recht häufig, am bekanntesten in Gestalt von Ehrenstrafen, dem E.r i 1 1 , wobei der Übeltäter oder der von seiner Frau geprügelte Ehemann verkehrt auf einem lebenden E. sitzend umgeführt wurde, oder auf einem hölzernen E. thronend sich den spottenden Zuschauern ausstellen m u ß t e l l e ) . Beim Landumgehen oder -umpflügen war der E. oft gebräuchlich 12°). E.s b e g r ä b η i s hieß das Begräbnis in ungeweihter Erde des im Kirchenbanne usw.
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Eselskopf
Gestorbenen121). Eine alte Schulstrafe f ü r f a u l e oder u n a r t i g e K i n d e r w a r das E . a n h ä n g e n (s. i , 437) oder E . h e i m tragen m ) . «·) G r i m m RA. 2, 318 f.; DWb. 3, 1:46 (wo noch andere Strafen); Schmeller BayerWb. 1, 159; J. R. D i e t e r i c h in HessBl. 1, 87 ff., vor allem 109 ff.; vgl. weiter S a r t o r i 2, 180; D G . 7, 68; B i r l i n g e r Schwaben 2, 499 f.; L i e b r e c h t ZVolhsh. 387. 509; R o c h h o l z Sagen 2, 269; Κ ü h n a u Sagen 3, 237 f. Nr. 4. 1M ) G r i m m RA. 1, 1Γ9ff. m ) B o d e m e y e r Hannoversche RA. r , i 7 9 f . ; S a r t o r i 1 , 1 5 3 ; S c h u l l e r Siebenbürgen (1865), 41 f. 122) B i r l i n g e r Schwaben 2, 510 f. 6. V e r s c h i e d e n e s . Der Monat Mai (s. d.) h i e ß der E . s m ο η a t , in d e m m a n n i c h t h e i r a t e n soll, weil d a n n alle E . verliebt sind123). Als alte schimpfliche G e b ä r d e ist a u c h h e u t e n o c h das E . b o h r e n b e k a n n t 124); dabei streckt m a n d e n Z e i g e - u n d kleinen F i n g e r g e g e n einen aus, w ä h r e n d die ü b r i g e n drei eing e b o g e n w e r d e n . E . w e g e h i e ß e n ehed e m alte R ö m e r s t r a ß e n , E . e i s e η a l t e H u f e i s e n , die d a n n u n d w a n n a u s g e p f l ü g t w e r d e n 1 2 δ ) . Im V o l k s m u n d u n d S p r i c h w o r t spielt der E . eine sehr g r o ß e R o l l e 1 2 e ). "») ZfdMyth. 2 (1855), 4t9 Nr. 29; Z i n g e r l e Tirol 19 Nr. 116; S A V k . 11 (1907), 94; W e i n h o l d Monatnamen 36. 1 M ) S i 1 1 1 Gebärden 109 f.; A. S a u e r Stürmer «. Dränger (Kürschner) 1, 74; 2, 336; DWb. 3, 1146; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 22 f. l i 5 ) R o c h h ο 1 ζ Sagen 2, 269. 270. i a ·) W a η d e r Sprichwörterlex. 1, 854—886 (ca. 700 Nr.); vgl. auch die verschiedenen Mundartwörterbücher. Bächtold- Stäubli. E s e l s k o p f . In seinem K o m p e n d i u m des A b e r g l a u b e n s g i b t L u t h e r *) B e r i c h t v o n e i n e m Z a u b e r b r a u c h , bei d e m ein E . v e r w e n d e t w u r d e : „ A l i i c a p u t asini in m e d i o f o r o p o n e n t e s , u r g e n t a d se v e n i r e q u o t q u o t v o l u n t , sui m y s t e r i i v e l a e m u l o s v e l consortes. E t m i r u m d i c t u , q u o d non sit salus, nec remissio v e n i r e coactis, donec i g n e potiri eis licuerit, asini c a p i t i s c o c t o r e . " E s h a n d e l t sich d e m Z u s a m m e n h a n g n a c h u m einen L i e b e s z a u b e r , den a u c h K l i n g n e r 2 ) b e s p r i c h t u n d m i t and e r m Z a u b e r z w a n g v e r g l e i c h t , der m i t Pferde- bzw. Ochsenköpfen vorgenommen w u r d e . D e n Z a u b e r m i t d e m c a p u t
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asini e r w ä h n t a u c h P e u c e r 3 ) : „ d i v i n a t i o per c a p u t asini, asini c a p i t e super p r u n a s a s s a t o , nescio q u i b u s r i t i b u s a b s o l v i t u r " u n d T h i e r s 4 ) : ,,la C 6 f a l a i o m a n c i e , qui se fait par la tete d'un ä n e . " S c h o n in d e m d e m o t i s c h e n Z a u b e r p a p y r u s v o n L o n d o n u n d L e i d e n ®), d e r u m 2 0 0 — 2 5 0 in Ä g y p t e n g e s c h r i e b e n ist, w i r d als Mittel, u m einen F e i n d z u l a h men, a n g e g e b e n , m a n solle einen E . n e h m e n , sich die F ü ß e m i t T o n b e s c h m i e ren u n d sich der S o n n e g e g e n ü b e r s e t z e n , d e n E . z w i s c h e n den F ü ß e n , d a n n die H ä n d e u n d d e n M u n d m i t E s e l s b l u t salben, die eine H a n d n a c h v o r n , die a n d e r e n a c h h i n t e n s t r e c k e n u n d eine l a n g e B e schwörung an T y p h o n - S e t h , den ä g y p t i s c h e n S c h a d e n g o t t , sprechen. E i n z w e i ter hellenistischer g r i e c h . Z a u b e r p a p y rus e ) b r i n g t eine P r a x i s , u m eine D i e n e rin z u g e w i n n e n : „ D e s A p o l l o n i u s v o n T y a n a a l t e D i e n e r i n . N i m m einen Eselss c h ä d e l , s c h r e i b ' m i t B l u t eines s c h w a r z e n L a m m e s d a r a u f diese C h a r a k t e r e (folgen Z a u b e r z e i c h e n ) σαβερρα. W e n n d u a b e r a n die S t e l l e b e i m F l u ß (oder) Meer oder einem Dreiweg zur Mitternacht gekommen bist, l e g ' den S c h ä d e l auf die E r d e u n d an d e i n e n r e c h t e n F u ß . E s m u ß a b e r folgender Spruch gesagt werden: (Zaub e r w o r t e ) . . . k o m m , erscheine, G ö t t i n , die g e n a n n t w i r d H a u s h ä l t e r i n (gemeint ist die N a c h t - u n d M o n d g ö t t i n ) . " Sie ers c h e i n t d a n n u n d der B e t e r g e w i n n t eine a l t e Dienerin, die s e i n e m H a u s e G l ü c k u n d W o h l s t a n d b r i n g t ; d a m i t er sie in seine G e w a l t b e k o m m e , ü b e r g i b t i h m die G ö t t i n einen B a c k e n z a h n (γομφίον) der a l t e n F r a u u n d einen B a c k e n z a h n (μύλη) des Esels. W i l l er sie entlassen, w a s er a b e r n i c h t t u n soll, so m u ß er die Z ä h n e ins F e u e r w e r f e n , w o r a u f das W e i b h e u l e n d f l ü c h t e n w i r d . A l s P h y l a k t e r i o n bei der H a n d l u n g dient der E s e l s s c h ä d e l u n d der E s e l s z a h n , in S i l b e r g e f a ß t , der der F r a u in G o l d . „ S o w i r d dir die a l t e F r a u Untertan sein. D a s Mittel ist e r p r o b t . " Als etruskisches Mittel z u m Schutz gegen G e w i t t e r d i e n t n a c h C o l u m e l l a ' ) ein E s e l s s c h ä d e l : „ H i n c c a p u t A r c a d i i nud u m c u t e f e r t u r aselli / T y r r h e n u s figisse T a g e s in l i m i t e r u r i s . " A l s S c h u t z d i e n t e
Espe
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w o h l a u c h der E . a n der L a g e r s t a t t bei den R ö m e r n 8 ). L e i d e r f e h l e n die M i t t e l glieder, a b e r es w i r d z w i s c h e n a n t i k e m u n d n e u e m B r a u c h d o c h w o h l ein Z u s a m m e n h a n g bestehen. Tierköpfe werden auch sonst im Zauber verwandt. Plinius9) erwähnt Pferdes c h ä d e l als S c h u t z g e g e n R a u p e n , W o l f s k ö p f e 10 ) als S c h u t z in T a u b e n s c h l ä g e n , die a u c h I b n B a i t h a r u ) n e n n t ; n a c h l e t z t e r m h ä n g t m a n d e n K o p f des r a c h m a h (Geier) d e n G e b ä r e n d e n u m , e b e n s o H a s e n k ö p f e (der H a s e ist F r u c h t b a r k e i t s tier) 1 2 ). E i n W o l f s k o p f i m Z a u b e r als S c h u t z a u c h i m I. B e r l i n . Z a u b e r p a p y rus 1 3 ). In d e n K a n o n e s des J a c o b u s v o n E d e s s a 1 4 ) l a u t e t die 43. F r a g e : „ w e g e n deren, die sich in ihrer K r a n k h e i t an einen zusammengetrockneten Tierkopf w e n d e n . " A u c h die N e i d s t a n g e der Germ a n e n 1S) w i r d d a m i t v e r k n ü p f t w e r d e n d ü r f e n u n d die P f e r d e k ö p f e , die in das Johannisfeuer geworfen wurden le). Einen z u Heil- u n d a n d e r n Z w e c k e n b e n u t z ten Hundekopf nennt Nicolaus Dinckelsp ü h e l " ) : „ s u n t i n s u p e r aliqui, qui, u t f e r t u r , c a p u t h a b e n t canis m o r t u i , c u m q u o nescio q u a l i a e x e r c e n t s u p e r s t i t i o s a p r o s a n i t a t i s a u t a l t e r i u s e f f e c t u s inductione." ') Werke W i t t e n b . Ausg. i , 401 f f ; Werke (Berlin, Schwetschke 1905), 4. Folge, Verm. Sehr. 1, 61. J) Luther 72. 3) De praeeipuis divinationum generibus (1591 bzw. 1593), vgl. ZDMG. 39, 321. 4) T h i e r s 1, 163, nach M a j o l u s Dies caniculares 1614, 599. 6) G r i f fith-Thompson The demotic magical •papyrus of London and Leiden (1904), 47; Ε r m a η Die ägyptische Religion (1905), 229. ·) Κ e η y ο η Greek papyri in the British Museum ι (1893), 123. ') de agric. 10, 344. 8) J u venal sat, II, 96; H y g i n fab. 274. ·) n. h. 9, 10. ») n. h. 28, 10; ZDMG. 39, 329. " ) ZDMG. 39, 329. » ) P l i n i u s n.h. 28,48; 13 A b t Apulejus 137. ) Part hey Zwei griechische Zauberpapyri (Abh. Berl. Ak. 1866), 128 Z. 282. " ) Κ a y s e r Die Kanones des Jacobus v. Edessa (1886), 25. I5) M a u r e r Bekehrung des norwegischen Stammes 2, 64; Ν ο r k Mythologie der Volkssagen, i n S c h e i b l e s Kloster 9 (1848), 98; Ε . H . M e y e r Mythol. d. Germ. (1903), 47. 147. ") G r i m m Myth. r > 5 M ; 3. 177'· M a n n h a r d t 1,178; S a r t o r i Sitte u. Brauch 2, 227; F e h r Aberglaube 68. ") P a n z e r Beitrag 2, 262. Jacoby.
1020 Espe (Zitterpappel; Populus tremula).
1. B o t a n i s c h e s . B a u m mit graug r ü n e r R i n d e u n d e i f ö r m i g e n bis f a s t kreisrunden, a m R a n d e buchtig gezähnten B l ä t t e r n . D a die B l a t t s t i e l e sehr l a n g u n d d ü n n sind, w e r d e n die B l ä t t e r v o m ger i n g s t e n L u f t z u g b e w e g t . D i e E . ist h ä u f i g a n W a l d r ä n d e r n (besonders an n a s s e n Stellen), a n U f e r n u s w . a n z u t r e f f e n *). D i e E. g e h ö r t m i t der B i r k e u n d K i e f e r z u den ersten W a l d b ä u m e n , die n a c h d e m E n d e der E i s z e i t in N o r d e u r o p a u n d in N o r d d e u t s c h l a n d erschienen 2 ). ') Μ a r ζ e 11 Kräuterbuch 87. Reallex. 1, 632.
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Hoops
2. N a c h einer w e i t v e r b r e i t e t e n Legende m u ß die E . d e s w e g e n i m m e r z i t t e r n , weil das K r e u z Christi a u s i h r e m H o l z v e r f e r t i g t w a r 3 ), weil sie sich n i c h t n e i g t e oder n i c h t z i t t e r t e , als Chris t u s s t a r b 4 ), weil sie u n b e w e g l i c h blieb, als C h r i s t u s oder die hl. J u n g f r a u d u r c h den W a l d g i n g 5 ) , als C h r i s t u s in d e n H i m m e l f u h r e ), oder weil sie d e n H e r r n (oder die M u t t e r g o t t e s ) v e r r i e t , als er sich auf seiner F l u c h t v o r den H ä s c h e r n v e r b e r g e n w o l l t e ' ) , oder weil sich J u d a s a n einer E . a u f h i n g 8 ) . Die- E . z i t t e r t , weil der K n e b e l , der J e s u s in d e n M u n d geschoben wurde, aus E.nholz w a r 9 ) . 3 ) Z . B . E n g e l i e n u. L a h n 251; F r i s c h b i e r Naturkunde 320; Walliser Sagen 1, 247; ebenso in F l a n d e r n : F F C . 37, 90; in F i n n l a n d : F F C . 8, 23; 52, 51; in Norwegen: S c h ü b e l e r Pflanzenwelt Norwegens 1875, 229; bei den L a p p e n : Q v i g s t a d t Lappischer Aberglauben 1920, 83. 4) G l o n i n g Oberösterreich 1884, 108; P a n z e r Beitrag 2, 201; S e e f r i e d - G u l g o w s k i 177; D r e c h s l e r 1, 95; S c h u l l e r u s Pflanzen 138; R o l l a n d Flore pop. 11, 5; R t r p . 22, 414. 5) D ä h n h a r d t Natursagen 2, 39. 271; F r i s c h b i e r Naturkunde 320; H a a s Rügensche Sagen 1891, 153; R u ß w u r m Sagen aus Hapsal 1867, 187. ") G r o h m a n n 101. ') D ä h n h a r d t Natursagen 2, 38. 42; Aus d e m Posner L a n d 3 (1908), Nr. 24; S c h u l l e r u s in Kalender des Siebenb. Volksfreundes 1908, 104. 8) D ä h n h a r d t Natursagen 2, 239; M n o r d b ö h m E x c . 20, 74; S c h u l e n b u r g Wend. Volkst. 162; Mitt. Litauisch, liter. Gesellsch. 3 (1893), 117; FFC.52, 51; J A m F l . 4, 152. ') F r i s c h b i e r Naturkunde 320.
3. A l s z a u b e r w i d r i g e s Mittel erscheint die E., w e n n m a n S ä g s p ä n e v o n
1021
essen
E.nholz, das a m hl. A b e n d gesägt wurde, unter das Saatgetreide mischt, um dieses v o r V o g e l f r a ß zu schützen 10 ), oder wenn man am Karfreitag vor Sonnenaufgang z u m S c h u t z gegen Maulwürfe E . n r u t e n in die Wiese s t e c k t n ) . In Finnland umschreitet m a n mit einem S t o c k aus E.nholz das Feld und steckt einen S p a n dav o n in den Boden um die R a u p e n zu vertreiben 12 ), oder man begießt die Beete mit einem A b s u d v o n E . n r i n d e 1 3 ) . W e n n einem das Gewehr verdorben ist, v e r b o h r t man den P f r o p f e n des Gewehres in eine E. oder h ä n g t den Fleck, mit dem man das Gewehr ausgewischt hat, an eine E. 1 4 ). U m einen D i e b zu entdecken, verbohre man etwas v o n dem g e s t o h l e n e n ' G u t in eine E. Der Dieb wird dann zittern wie E . n l a u b und das Gestohlene wiederbringen 1 5 ). Der Leiche s t e c k t man ein mit drei K r e u z e n versehenes S t ü c k E.nholz unter das K i n n gegen den V a m p y r (Deutsche in Kassubien) 1 β ). In Ungarn trägt man E.nholz bei sich gegen Hexen, Teufel usw. 1 '). 10) D r e c h s l e r 2, 57. n ) G r o h m a n n 58; R e i n s b e r g Böhmen 129. i a ) F F C . 55, 95. 13 ) E b d . 55, 96. " ) J o h n Westböhmen 3 2 9 f . ls) T o p p e n Masuren 50 f. " ) Z f d M y t h . 4, 2 6 1 ; vgl. a u c h G l o b u s 35 (1879), 2 7 1 . " ) U r quell 3, 268; Z i V k . 4, 3 1 4 ; v g l . ebd. 4, 312.
4. W e g e n der zitternden B l ä t t e r wird die E. mit dem F i e b e r (der K r a n k e wird v o m Fieber geschüttelt) in Verbindung gebracht (s. Pappel). Der Fieberk r a n k e m u ß die Schnitzel der Fingernägel unter einer E. vergraben ( B a y e r n ) 1 8 ) . Gegen Fieber n i m m t man v o n neun E.n neun Blätter, pulverisiere sie und gebe das P u l v e r in Branntwein, der dann getrunken werden m u ß 1 · ) . D a s am Peter- und Paulst a g geschnittene E.nholz heilt alle W u n den 2 0 ). Hier liegt wohl eine V e r w e c h s l u n g mit dem „ W u n d h o l z " der Esche (s. d.) vor. D a s Holz der E . wird zu einem Zaubert r a n k gegen R i p p s u c h t (Rachitis) der K i n d e r v e r w e n d e t 2 1 ) . V o r Sonnenaufg a n g mit drei Streichen geschlagenes E.nholz wird der K u h gegen das „ T r ü k k e n " (Druck, der o f t nach der Geburt bei großen W e h e n v o r k o m m t ) eingegeben 22 ). 1β) W u t t k e 322; H o v o r k a und K r o n f e l d 2,326. ") G r o h m a n n 164; ähnliche Fieberrezepte a u c h in F r a n k r e i c h :
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S έ b i 1 ] α t Folk-Lore 3, 4 1 4 f f . und D ä n e mark: O h r t Danmarks Trylleformler 1917, 210. , 0 ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 293; v g l . a u c h E n g e l i e n u. L a h n 2 5 1 . s l ) S A V k . 2, 261 f. " ) Z a h l e r Simmental 195. Marzeli.
essenx). 1. Grundvorstellungen. — 2. V i e l - E . der R i e sen, Helden u n d Götter. — 3. E . - S p e i s e o p f e r . — 4. G e m e i n s c h a f t s - E . als U n t e r p f a n d . — 5. Scheu v o r g e m e i n s a m e m E . aus F u r c h t v o r S c h a d e n z a u b e r . — 6 . — 1 0 . W a s m a n i ß t , das ist man. — 6. E . des G o t t e s u n d g o t t g e w e i h t e r Tiere. — 7. F l e i s c h - Ε . u n d A n e i g n u n g der K r a f t und E i g e n s c h a f t e n gewisser Tiere. — 8. N i c h t - E . b e s t i m m t e r Tiere. — 9. E . der P f l a n z e n u n d K r ä u t e r . — 10. A n t h r o p o p h a g i e . — · 1 1 . E i n dringen böser D ä m o n e n in den Körper. — 12. S c h a d e n z a u b e r (böser B l i c k ) . — 13. V o r sicht m i t Speiseresten; alles auf-e., schönes Wetter. — 14. E ß v e r b o t e in der N ä h e der T o t e n , bei G e w i t t e r n u n d Sonnenfinsternis. — 15. Seele e n t f l i e h t b e i m E . aus d e m M u n d e . — 1 6 . — 2 2 . Vorschriften für das Benehmen beim E . u n d A u g u r i e n . — 16. R a n g o r d n u n g b e i m Ε . — Γ7. B e s u c h . — 18. Schweigen. · — 19. A u g u r i a . — 20. E ß g e r ä t e ; S a l z v e r s c h ü t t e n (Auguria). — 2 1 . T i s c h - A u g u r i a . — 22. E . der ersten Speisen i m Jahr. — 23. M i t t a g - E . S p u k . — 24. Segensreiche W i r k u n g des E . s in den R a u c h n ä c h t e n . — 25. B e s t i m m t e Speisen in den R a u c h n ä c h t e n . — 26. A u g u r i a b e i m W e i h n a c h t s - E . — 27. E . a n F a s t n a c h t u n d in der F a s t e n z e i t . — 28. E . u n d K i n d . — 29. N i c h t - E . und Eßverbote (Geister u n d Zwerge). — 30. E ß v e r b o t e f ü r b e s t i m m t e Personen ( S c h w a n gere) und a n b e s t i m m t e n Orten. — 3 t . E . i m Liebeszauber. — 32. Z e t t e l - Ε . i m Heilzauber. — 33. A b - E . der K r a n k h e i t . — 3 4 . E . und T r ä u m e n .
A. D i e m a g i s c h - s y m p a t h e t i s c h - a ρ ο tropäischen Grundvorstellungen der Essenshandlung und deren Reste im d e u t s c h e n Aberglauben. I. W e n n irgendwo, so gilt das b e r ü h m t e W o r t Useners 2 ), daß jeder A b e r g l a u b e früher G l a u b e war, bei der lebenswichtigen H a n d l u n g des E . s : Die umständlichen Gebräuche und A n s c h a u ungen der heutigen Primitiven lassen uns ahnen, welche s y m p a t h e t i s c h e K r a f t man früher a u c h bei unserm V o l k e in den Urzeiten seiner E n t w i c k l u n g dieser H a n d l u n g zuschrieb und mit welchen Zeremonien sie umgeben war. Alle A b e r glaubenreste, die wir im deutschen V o l k e nachweisen können und all der magischsympathetisch-apotropäische Zauberapparat der Primitiven lassen sich auf fol-
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gende Wurzeln zurückführen, wobei sich die einzelnen Motive oft kreuzen und überschneiden: 1. Der empirische Mensch beobachtet den K r ä f t e z u w a c h s durch Nahrungsaufnahme. 2. Das Schlachten der Tiere und das E. des Fleisches, ebenso das E. der Früchte und Kräuter ist ursprünglich nicht nur bei Festen eine O p f e r h a n d l u n g , ein Speiseopfer, an dem der (Haus-) Gott teilnimmt. 3. Dieses Opfer wird als G e m e i n s c h a f t s o p f e r zum Unterpfand bei Verträgen und Familienfesten, Kultfesten und Brüderschaften; bei Kultfesten spielt auch noch besonders die folgende Vorstellung eine Rolle: 4. Das E. ist eine T r a n s p l a n t a t i o n der physischen, der seelischen (des Vitalstoffes 3 ) im Vorstellungskreis der animistischen Periode) und der Zauberkräfte (Orenda) 4) des Gegessenen: E. des Gottes, gottgeweihter Tiere, von Menschen in Vertretung des Gottes, der Getreidefrüchte; hierzu gehört auch das Schlachten der Priester und Könige, Kannibalismus und Schädelkult. 5. Bei dieser heiligen Handlung der Kraftübertragung und -ersetzung muß man verhüten, a) daß bei dieser Tätigkeit böse G e i s t e r in den Körper eindringen, b) daß S c h a d e n z a u b e r (böser Blick) auf die Speisen einwirkt, c) daß die S e e l e aus dem Mund e n t f l i e h t , oder daß dem Körper K r a f t entzogen wird. Zur Illustration dienen am besten nicht nur die verkümmerten und entstellten Reste, die heute noch im deutschen Volke fortleben oder in historisch bekannten Zeiten fortgelebt haben, sondern insbesondere die noch tief in der sympathetischen Magie und der Angst vor Schadendämonen wurzelnden Gebräuche der heutigen Primitiven und der alten Kulturvölker. Eine Monographie über das E . schrieb H a b e r l a n d inZfVölkerpsychol. 18, i f f . 128ff. 3 5 7 f f . ; für die Gebräuche und den Aberglauben beim E . im Orient vgl. S t e r n Türkei 1,
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399—401; vgl. ferner: F. F u h s e Sitten und Gebräuche der Deutschen beim E. und Trinken von den ältesten Zeiten bis zum 11. Jh. Diss. Göttingen 1891; E . H e y c k Gaia (Lahr 1928), 217 f f . ; W e i n h o l d Altnordisches Leben 150; Unterhaltungs- und Literaturbeilage zur München-Augsburger Abendzeitung 90 (1921), Nr. 146, 4 f f . ; L a u f f e r Niederdeutsche VA. 125; F i s c h e r Altertumskunde 54; Z f r w V k . 1909, 262 ff. (Minden); Z f ö V k . 5, 9 0 — 9 2 ; Z f V k . 1896, 230 ff. (E. bei den alten Germanen); Gebote für die Einschränkung G r i m m DWb. „ E . " . Sprichwörter bei W a n d e r Sprichwörs terlexikon 1, 889 f f . ) Angeführt v o n P f i s t e r Kultus in P a u l y - W i s s o w a 11, 3 2109. ) B e t h Religion u. Magie * 153. 4) Berl. Phil. Wochensch. 1920, 645 f f . ; 1921, 396 f f . ; Grundlegend: J. N . B . H e w i t t Orenda and a definition of Religion, in American Anthropologist 1902, 3 3 — 4 6 ; A R w . 7, 232.
2. ad I. Daß nur der, welcher viel ißt, etwas Besonderes leisten kann, sagt schon eine Stelle im Avesta s ), und in Holstein heißt es: wer tüchtig ißt, kann auch tüchtig arbeiten e ); ähnlich in der Eifel: wer nicht ißt, der arbeitet auch nicht 7 ). Einen Niederschlag dieser einfachen Empirie finden wir im Märchen vom Schlaraffenland 8) und in den Sagen vom g e w a l t i g e n E ß v e r m ö g e n der Götter und mythischen Helden. Herakles 9 ) ist der berühmte Fresser der griechischen Sage, der berykische Ringer, den Polydeukes besiegt, heißt άίηφάγος10). Thor und Loki sind gewaltige Esser und Trink e r 1 1 ) . An Siegfried wird die ungeheure Eßlust gerühmt 1 2 ), ebenso an den Riesen H ) . Der Dicke im Märchen von den 6 Dienern frißt 300 Ochsen M ). Tief scheint im Germanen der Glaube zu wurzeln, man dürfe nichts Wichtiges mit n ü c h t e r n e m Magen beginnen, weil sonst die geistigen und körperlichen K r ä f t e ge schwächt sind. Schon in der Germania l 5 ) lesen wir, daß die Germanen nicht nüchtern aus dem Haus und an die Arbeit gingen, und in den „Sprüchen des Hohen" lesen wir in Beziehung auf den Richter l e ) : Zum Gericht reite man rein und gespeist, ist auch nicht kostbar das Kleid. Nach derselben Stelle der Germania beraten die Germanen beim Mahl 1 7 ); Haberland le ) bringt treffende Parallelen. Auch in Rußland hält man den Zustand der Nüchternheit am Morgen für kritisch: Die Bauern beeilen sich, am Morgen etwas zu e., denn
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wenn sie den Kuckuck mit nüchternem Magen hören, entsteht Hungersnot l e ). In der alten Weiber Philosophey heißt es : So man des Morgens vor dem E. Geld auf der Erde findet, das ist ein Unglück, so kein Holz darunter ist. Dagegen wird öfters betont, daß man Arzneimittel nüchtern nehmen soll 21 ). s ) Zitiert bei H a b e r l a n d I.e. 1—2. ·) M e n s i n g Schleswig-Holst. Wb. i , 1067. ') S c h m i t z Eifel X, 190; vgl. S t e p h a n Askanische Volkskunde 146; Haltrich Siebenbürgen 374 if.; in der Bukowina sind Vielesser Egoisten: ZföVk. 1897, 117 Nr. 176. ») Β ο 1 1 e - P o l i ν k a 3,244—258. » ) A t h e n a e u s 10, 411 ( = 2, 396 Kaibel); E u r i p i d e s Alkestis 754 ff. 10) T h e o k r i t 22, 115. n ) S c h r ä d e r Reallex. 515; H a b e r land I . e . 4 ff.; M a n n h a r d t Germ. Myth. 99 ff.; W o l f Beitr. 1 , 9 1 . " ) P a n z e r Sigfrid 43 ff. 52; vgl. B o l t e - P o l i v k a 2, la) M a n n h a r d t 285 ff. I.e. 162. 167. 169 ff. 210 ff. " ) B o l t e - P o l i v k a 3,84 bis 85; vgl. den jungen Riesen, der alles aufißt: Bolte-Polivka 2, 285 ff. ») T a c i t u s Germania c. 22. " ) Edda, 2. Teil übers, v o n F. G e n z m e r (Jena 1920) 129 Strophe 6 1 ; vgl. 123 Str. 15. " ) Sed et de reconciliandis invicem inimicis et iungendis affinitatibus et asciscendis prineipibus, de pace denique ac bello plerumque in conviviis consultant. Ähnlich die Perser: H e r o d o t i , 133. " ) I.e. 375—376. ») Globus 63, 77. 20) ZfdMyth. 3, 311, 28; vgl. 317, 88. i l ) Z f V k . 1912, 131.
3. ad 2. Bei den Griechen 22) bedeutet ίερεόειν opfern und schlachten; bei jedem Mahle wurde geopfert, besonders bei den Gastmählern 23). Die Römer warfen bei jeder Mahlzeit eine Gabe für die Laren ins Feuer 2i ). Daß auch die Germanen 2S) ihre Mahlzeiten als Opfer betrachteten, zeigen verschiedene Gebräuche und Gewohnheiten (vgl. Bissen, Brot, Butter). Nach böhmischem Aberglauben 2 e ) soll man von jeder Speise etwas dem Feuer geben. Im 18. Jh. warfen die Köche in Mecklenburg von der Speise etwas ins Feuer gl ). Bei den Esten wirft man von neu angeschnittenem Brot etwas beiseite und „so oft sie schlachten, sei es nur ein Huhn, legen sie ein Stück davon hinter den Viehstall zum Opfer" Besonders werden die Reste 3 0 ) geopfert: In der Rheinpfalz 31 ) stellt man den Rest des Mahles als „Gottesteil" zur Seite; die Brosamen opfert man in Tirol den armen Seelen 3 2 ) (vgl. Brosamen). Bekannt ist B ä c h t o l d - S t ä u b l i , Aberglaube II.
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auch das Weihnachts- und Neujahrsopfer an die Perht 33), gegen das schon Burchard von Worms 31 ) wettert; diese Stelle und die in der sogenannten Predigt des hl. Eligius 35) gehen auf Caesarius von Arles 3e) zurück (vgl. Speiseopfer, Brot). A m Dreikönigsabend darf man nicht alles auf-e., damit Frau Perht noch etwas findet 3 7 ). Wenn jemand zu e. aufgehört hat und wieder anfängt, sagt man in Ertingen (Schwaben): Einen Heller in's Katzenteller 3 8 ). Dasselbe berichtet Schönwerth von der Oberpfalz 3e ). **) P a u l y - W i s s o w a Ii, 2 1 7 1 — 2 1 7 2 " ) K i r c h e r Wein 48—50; H a b e r l a n d I.e. 13 ff. ") S e r v i u s zu Vergils Aeneis 1, 730. " ) M ü l l e n h o f f Altsrtumsk. 4, 340; Grimm RA. 1, § 191. B *·) G r o h m a n n Nr. 255. ) Bartsch Mecklenburg 2, 130 Nr. 548: Bei Anrichtung des Opfers warfen die Wenden etwas von der Speise ins Feuer, „welches annoch etliche Köche thun, unter dem Vorwand, daß alsdann das Fleisch eher mürb werde." G r i m m Myth. 3, 491, 87. *·) Ebd. 491, 97. 30) Bei den Opferresten herrschen zwei Vorstellungen: entweder werden sie weggeworfen oder vernichtet, oder als krafterfüllt verehrt: G r u p p e Mythologie 2, 729; A R w . 18, 373. «) Bavaria 4, 336. ·*) Z i n g e r l e Tirol 37, 297—301. **) A n d r e e - E y s n Volkskundl. 161 (mit Literatur); H a b e r l a n d 370 ff.; Ε. Η. Μ e y e r Germ. Myth. 276. 31) S c h m i t z Bußbücher 1, 423 c. 62; vgl. A R w . 7, 445 ff.; 20, 132 A. 1. 376. 377 A. 4; R a d e r m a c h e r Beiträge 92 A. 1. " ) MG. SS. Meroving. 4, 705, 14 ff. " ) 1. c. 3, 479 A. 6. *') A n d r e e - E y s n I.e. " ) B i r l i n g e r Schwaben 1, 413—414. *) 1, 359; schon von Η a b e r 1 a η d I . e . als Opfer an den Hausgeist gedeutet; vgl. N d d Z f V k . 1926, 3.
4. ad 3. Für die Antike vgl. Kircher ethnographische Parallelen bringt Haberland *v). Jedes Gemeinschaftsmahl ist für den primitiven Menschen eine heilige Handlung, welche die Beteiligten v e r b i n d e t u n d z u B r ü d e r n macht (vgl. trinken), ein Unterpfand für die Freundschaft 4 2 ). Für die Deutschen und andere Völker (Perser) ist das gemeinsame E., besonders an Festen, der äußere Rahmen für wichtige Beratungen (vgl. A. 17) und ein Mittel zur Versöhnung (vgl. Brot § 3 A. 25) 43). Als in Saulgau der Bürgermeister und der Amtmann 1638 in Fehde lagen, entschied die Bürgerschaft: Wenn sich die beiden Herrn nicht bald besser vertragen, so setze man sie
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auf das obere Tor und gebe ihnen zum E. nur einen einzigen Löffel 44). In Schwaben sagt man: Ich habe 30 Jahre mit ihm Suppe gegessen = ich bin vertraut mit ihm 4S). Besonders bindend ist das E. von zwei Personen 4 e ), speziell bei Brautpaaren 4 7 ). Der Sachsenspiegel sagt: se schollen hebben ein samende woninge . . . einen rock und brot In Thüringen ißt das Brautpaar vor dem Kirchgang eine Weinsuppe; wer mit dem Löffel zuerst hineinfährt, wird Herr im Hause 4e). In Marksuhl e. Braut u.Bräutigam Suppe aus einem Teller; sie müssen zu gleicher Zeit anfangen und aufhören, damit keines von beiden früher stirbt (Augurium beim gemeinsamen Opfer) Im Erzgebirge müssen die Verlobten einmal aus einer Schüssel e., das bringt eine friedliche Ehe B1 ). Bei den Römern war das gemeinsame Verzehren des Speltkuchens das Symbol der Ehegemeinschaft S 2 ). Ahnliche Zeremonien finden wir bei den vedischen Indern 6 3 ), Bengal-Indern S 4 ) und Australiern 5 5 ). Der Gedanke der Kraftübertragung spielt noch herein, wenn in Livland Braut und Bräutigam die Hoden eines Bockes e., um fruchtbar zu werden εβ ). An vielen Orten aber darf die Braut nichts e. oder muß sich zum E. zwingen lassen 5 7 ). Reste des bindenden Gemeinschaftsmahles haben wir auch in der Sitte, nach der Dienstboten und Hausherr beim Dienstantritt zusammen e.: Einer neuen Magd soll man in Hessen vor der Arbeit etwas zu e. geben, dann gewöhnt sie sich besser 58). In Zerbst ist es Brauch, daß der Dienstherr mit dem frisch gedungenen Knecht eine mitgebrachte Gänsekeule ißt 69). Auch die Verbindung mit den Toten wird durch Tisch- und Eßgemeinschaft betont 60). Gegen das manducare und bibere supra mortuum nocturnis horis eifert schon Burchard e l ). In der Antike geschieht die Einladung von Seiten des Toten e2 ). Über das Mahl bei Kultfesten s. Pfister 6 3 ), Bertholet e4) und Dieterich 6S). 40) I. c. 4 8 — 5 1 . Über die religiösen Zeremonien bei der Mahlzeit als Opferhandlung bei den Römern v g l . P e t r o n i u s Satyrae 60 ( = 4 0 , 22 Büecheler). « ) I . e . 383 ff. 376 f f . ; S t e p h a n Ashanische Volksk. 317 f.
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" ) Chantepie de la S a u s s a y e 2, 293 f. ") H a b e r l a n d I . e . 382 f f . ; vgl. Brot. " ) Β i r 1 i η g e r Volksth. 2, 232. 256. « ) F i s c h e r SchwäbWb. 2, 880. " ) H a b e r l a n d 1. c. 385 ff. «) S a r t o r i Sitte 1, 73 f. 64. 93. 110; Chantepie de la S a u s s a y e I.e. 1 , 5 9 — 6 0 . " ) H o m e y e r Sachsenspiegel 2, 2, 4 458. ") W i t z s c h e l Thüringen 2, 230, 38. 50) D e r s . 2, 235, 74; W . 560. 561. 61) W . 560. H) W i s s o w a Kultus2 118. 387; Chantepie de la S a u s s a y e 2, 450. " ) D e r s . 1, 5 9 f . M) F r a ζ e r Totemism 1, 72. " ) D e r s . i , 578; vgl. H a r t l a n d Ptrseus L. 1895, 3 4 3 f f . *·) F r a ζ e r 1. c. 2, 262. " ) S a r t ο r i 1. c. 1, 94. " ) W o l f Beiträge i , 218, 201; vgl. Z f V k . 15, 314 f f . ; S a r t o r i 1. c. 2, 41. 5») Z f V k . 7, 155; vgl. R T r p . 9, 134: In Lüttich gibt man einem K n e c h t oder einer Magd beim Dingen zu e.; wenn sie schnell e., werden sie auch schnell arbeiten; S a r t o r i 1. c. 2, 38. eo) S a r t ο r i Totenspeisung 34. 35. 36. 37. 40. 4t. 43. 44. 49. " ) G r i m m Myth. 3, 405, 54; vgl. S c h m i t z Bußbücher 2, 430, 94; dazu 1, 46t, 88 mit Lit. und Indiculus 1 ; G r i m m 1. c. 403. ,2 ) A R w . 12, 484 f f . : ή άποίοχή γίγνεται δπ6 toö άποθ-ανόντος. ·») 1. c. 2 1 6 9 — 2 1 7 1 . β ·) 1. c. ι , 64; 2 479. 571. 617. βί ) Dieter i c h Mithrasliturgie 102 ff.
5. Auf einer ganz anderen Grundlage steht der deutsche Aberglaube, von dem die Rockenphilosophie berichtet: Wenn ihrer zwei auf einem Teller e., werden sie einander gram 6e ); diese auch im Erzgebirge e7) belegte Warnung fließt aus der Angst vor S c h a d e n z a u b e r , wie etwa der Satz: Wer Brot ißt, davon ein anderer gebissen hat, wird dem andern gram ·*). Wenn in Island jemand seinem Freunde von einer Seehundsniere abgibt, werden beide Feinde auf Lebenszeit β ·). ··) G r i m m I . e . 3, 449, 448. W e n n zwei Verlobte in der Türkei miteinander e., darf der Mann dem Mädchen keinen Bissen in den Mund stecken: S t e r n Türkei 1, 400. ·') J o h n Erzgebirge 35; vgl. H a b e r l a n d 157 f f . ; S a r t o r i I . e . 2, 31. ") G r i m m 1. c. 3, 439, 146; vgl. Bissen. Ein syrisches Sprichwort sagt: W e n n jemand meinen Bissen ißt, wird er Gegenstand meines Hasses: S t e r n 1 , 4 0 0 . " ) Z f V k . 1898, 156.
6. ad 4. Alle Arten von Kraftübertragung beruhen auf der homöopathischen Vorstellung: W a s m a n i ß t , das ist m a n ; die Kulthandlung, durch welche diese Stärkung des eigenen Orenda erstrebt wird, ist das Speisesakrament 70 ). Nach der Herkunft der übertragenen K r a f t unterscheiden wir:
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a) D a s d i r e k t e oder s y m b o l i s c h e E . d e s G o t t e s : D e r G o t t u n d dessen K r a f t k a n n v e r t r e t e n w e r d e n d u r c h einen Menschen, ein T i e r , ein G e b i l d b r o t oder B r o t , ferner durch Kräuter, Pflanzen und Sträucher, die d e m G o t t heilig sind oder k o n z e n t r i e r t die K r a f t des V e g e t a t i o n s g o t t e s e n t h a l t e n . F r a z e r b e h a n d e l t als klassisches Beispiel f ü r die S u b s t i t u t i o n d u r c h einen M e n s c h e n die S i t t e der A z t e k e n , e i n e m g e f a n g e n e n J ü n g l i n g einige Z e i t die g ö t t l i c h e n E h r e n als I n k a r n a t i o n des G o t t e s T e z c a t l i p o c a z u erweisen u n d ihn d a n n z u t ö t e n u n d zu e. 7 1 ). D e r t o t e P h a r a o i ß t die g r o ß e n G ö t t e r z u m F r ü h s t ü c k , die m i t t l e r e n z u M i t t a g u n d die kleineren a m A b e n d , „ e r a ß die W e i s h e i t j e d e s G o t t e s " 7 2 ). b) N e b e n d i e s e m d i r e k t e n E . des G o t t e s h a b e n w i r die s y m b o l i s c h e V e r e i n i g u n g d u r c h E . eines g o t t g e w e i h t e n T i e r e s ζ. B . im D i o n y s o s k u l t : D i e M y s t e n eign e t e n sich d u r c h das V e r z e h r e n des r o h e n F l e i s c h e s ( k u l t i s c h e O m o p h a g i e ) 7 3 ) die K r a f t des G o t t e s a n 7 4 ) . A u c h die P r i m i t i v e n n e h m e n m i t d e m E . des T o t e m t i e r e s dessen O r e n d a in sich a u f 7 5 ) , a b e r ein reines S a k r a m e n t h a b e n wir hier n i c h t 7 e ) . 70) R e u t e r s k i ö l d Speisesakrament 6 u. passim; P f i s t e r I.e. 2172—2173. 2183 bis 84. " ) F r a z e r 5, 2, 92 ff.; R e u t e r s k i ö l d 1. c. 92 ff.; E b e r t Reallex. 6, 211; W u n d t Mythus u. Religion 6, 98 ff. 490. 493—508; W i s s l e r The American Indian (1922), 202. 228. 248. 266; Chantepie de la S a u s s a y e 1, 57. " ) D i e t e r i c h Mithrasliturgie 100 ff. **) Vgl. „Animismus" 1, 446; Chantepie de la S a u s s a y e 2, 233. '*) E u r i p i d e s Baltchen 135; G r u p p e Griech. Myth. 2, 731—732; F r a z e r I.e. 13. 1 4 . 1 5 ; C u m o n t Orient. Rel. 83; W u n d t I.e. 6, 97—98. 444; A R w . 14, 326 ff. 446; L i e b r e c h t Z. Volkskunde 436; R e u t e r s k i ö l d 126—135: das E. des Dionysosstieres (mit Lit.); P f i s t e r 1. c. 2172—2x73; Chantepie d e l a S a u s s a y e 1, 64. 2, 233; H e l m Religgesch. 1, 27. 7ä) F r a z e r Totemism 4, 231; 1, 120; 2, 590; R e u t e r s k i ö l d 1 4 f f . u. ö.; W u n d t 1. c. 4, 335 ff., vgl. 93; 6, 466; A R w . 15, 22. 500. " ) Als eine Art Speisesakrament auf gef aßt bei: Frazer Totemism 1, 109. i n . 120. 207. 217. 238—242; 2, 590; 4, 231; dagegen P r e u ß in A R w . 13,445 mit Literatur.
7. c) A b g e s c h w ä c h t h a b e n wir diese V o r s t e l l u n g , w e n n m a n die edlen T e i l e u n d das F l e i s c h s t a r k e r T i e r e i ß t , u m sich
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deren K r a f t oder Mut anzueignen. A c h i l l e s a ß B ä r e n m a r k " ) , die Giljaken nehmen durch E. v o n Bärenfleisch die K r a f t des B ä r e n in sich auf ' 8 ), E . v o n L ö w e n - oder L e o p a r d e n h e r z e n macht tapfer78), von Wolfsherzen mut i g 8 0 ); in diese B e l e u c h t u n g g e h ö r t w o h l a u c h das E b e r - E . der G e r m a n e n 8 1 ). W e r S c h l a n g e n h e r z e n ißt, v e r s t e h t in der d e u t s c h e n 82) S a g e die S p r a c h e der T i e r e . E . einer w e i ß e n N a t t e r m a c h t in der schlesischen S a g e die G ä n s e s p r a c h e 8 3 ) v e r s t e h e n , eines A a l s die V o g e l s p r a c h e 84 ). Wer nach antiker Anschauung Nachtigallenfleisch 85 ) i ß t , k a n n l a n g e w a c h e n , das E . v o n H ü h n e r e i e r n m a c h t n a c h d e m G l a u b e n der P r i m i t i v e n f e i g 8 6 ) . E . der Z u n g e einer T u r t e l t a u b e b e w i r k t n a c h s c h w ä b i s c h e m G l a u b e n , d a ß das M ä d chen n i c h t s v e r s a g e n k a n n 8 7 ) . W e n n ein B u r s c h e e i n e m M ä d c h e n den N a c h l a u f a n t u n will, m u ß er i h m u n b e m e r k t die Z u n g e eines j u n g e n H u h n e s z u e. g e b e n M ) . In e i n e m C o d e x des 1 7 . — 1 8 . J h s . h e i ß t es: W e r eine H a s e n b o h n e f i n d e t u n d i ß t , k r i e g t sein T e i l v o n d e m H a s e n 8 · ) . ") K e l l e r Tiere 121; G r u p p e I.e. '·) A R w . 8, 458. " ( F r a z e r 5, 2, 142 ff. D e r s. 1. c. 146. " ) ZfEthnol. 50, 60. " ) F r a z e r 146—147; das ist eine antike Vorstellung: D i e t e r i c h Mithrasliturgie 229 Anm. zu S. 101. M ) Κ ü h η a u Sagen 2, 389. »«) D e r s . 3, 346. " ) A e l i a n Var. Hist. 1, 43. ··) F r a z e r I.e. 140. " ) B i r l i n g e r Schwaben i , 406; nach P e t r o n bellt der, der eine Hundszunge ißt: Satyrae c. 43 = p. 28, 26 Bücheler 4 . " ) B i r l i n g e r Volkstüml. i, 478, 3. *') S c h ö n b a c h Berthold v. Regensburg 151. 80)
8. D a m i t h ä n g e n die V o r s c h r i f t e n ü b e r das Ν i c h t - E . v e r s c h i e d e n e r T i e r e M ) zusammen, besonders v o n Totemtieren91). Die F r a u darf bei den G i l j a k e n n i c h t v o m H e r z e n des B ä r e n e. 92 ). In A u s t r a l i e n 9 3 ) sind d e n J ü n g l i n g e n 20 v e r s c h i e d e n e Wildarten verboten. Die Frauen dürfen keine h ä ß l i c h e n u n d p l u m p e n T i e r e e., sonst ü b e r t r a g e n sie diese E i g e n s c h a f t e n auf die K i n d e r M ) , ζ. B . k e i n T a p i r f l e i s c h 9 5 ) . W e n n in der B u k o w i n a eine Frau Zwillingsfrüchte ißt, glaubt man, d a ß sie Z w i l l i n g e g e b ä r e n w i r d 9 5 a ). In O l d e n b u r g d ü r f e n E p i l e p t i k e r v o n keines T i e r e s K o p f e. 98 ). In d e m v o n H e r o l d 33*
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herausgegebenen T r a k t a t heißt es ähnlich: Item abstinentes a capitibus animalium et volucrum et piscium, ne capite infirmentur 97). Wer nach dem Glauben in Schleswig-Holstein Hühnersteiß oder Gänseeier ißt, kann nicht schweigen 9 8 ). Im Schwarzburgischen erhalten die Kinder als Piauder-Ei ein gekochtes Lerchenei, damit sie gute Sänger werden 9 9 ). Kinder, die nicht sprechen können, sollen keine Fische e., weil diese s t u m m sind (Bukowina) 9 9 *). Beim E. von Bücklingen darf m a n in Dithmarschen die Fiber (Blase) nicht aufe., da man sonst Fieber bekommt 10°). Wer in Schwaben Taubenfleisch ißt, bekommt das Zipperlein 101). Im Nahetal darf man von einem Tier, das einem Habicht abgenommen ist, nichts e., da es der Gesundheit schaden könnte 102 ). (Vgl. 5 b.) *°) Ausgenommen sind die Eßtabus aus religiösen Gründen: W ä c h t e r Reinheit 76 ff.; für das germanische MA. spielen die den mosaischen Gesetzen nachgeahmten Verbote eine große Rolle: Fleisch der Tiere, die Menschenfleisch oder Menschenblut genossen haben oder sonst unrein sind; S c h m i t z ϊ , 380. 488. 5 3 1 . 5 6 1 . 585; 2 , 7 4 0 (Index); S c h ö n b a c h Berth, v. R. 1 1 3 . n ) F r a ζ e r Totemism 1, 1 6 ff.; 3, 94; dagegen erlaubt: 2, 448—449. ·») A R w . 8, 458. " ) F r a z e r 1. c. 1, 4 0 f f . M ) C l e m e n Reste (1916), 1 2 0 f f . ; E b e r t Reallex. 7, 342; vgl. S 6 b i l l o t 3, 47—48: ein Werwolf ist feige, weil die Mutter Hasenfleisch aß; die Schwangere darf in Schwaben von unkastriertem Vieh nicht e., sonst werden die Kinder unzüchtig ( H ö h n Geburt Nr. 4, 257); wenn die Schwangere Quitten- oder Coriandersamen ißt, werden die Kinder klug, durch Bohnen und Zwiebeln dumm: M ä n n l i n g 169; vgl. B a s t i a n Elementargedanke 19; in Frankreich dürfen die Schwangeren kein Schweinefleisch e. ( S g b i l l o t 3, 129) und junge Mädchen keinen Haseijkopf, sonst bekommen ihre Kinder Hasenscharten (S e b i l l o t 3, 47); wenn in der Bukowina die Schwangere Mohn ißt, bekommt das Kind eine weiße Haut: ZföVk. 1 8 9 7 , 2 1 , 1 3 7 . ,5 ) ZfVk. 1903, 378. " » ) ZföVk. 1897, 22, 147. " ) S t r a c k e r j a m , 55. »7) ZfVk. 1 9 1 2 , 242; derselbe Aberglaube in Frankreich: S e b i 1 1 ο t 3, 48 (Bärenkopf). 341 (Fischkopf). 129 (Katzenkopf und Hammelskopf). *·) M e n s i n g Wb. 1, 1068; solange bei den Südslaven das Kind nicht sprechen kann, soll es nicht das Fleisch eines Huhnes e., das noch nicht gegluckt hat: K r a u ß Sitte u. Brauch 548. ·») W i t z s c h e l Thüringen 2, 250, 55. »*a ZföVk. 1897, 22, 144. 10 101 °) ZfVk. 1 9 1 3 , 282, 3 1 . ) Bir linger
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Volksth. 1, 497, 2 1 . In der Schweiz bekommt das Kind, damit es intelligent wird, ein Schwalbenherz : S 6 b i l l o t 3, 204; aber das E. von Kaninchenhirn bewirkt ein schlechtes Gedächtnis : S £ b i l l o t 3, 48. 102) ZfrwVk. rgos, 206; in Frankreich darf man von keinem Tier e., das der Wolf zerrissen hat: S e b i l l o t 3, 47.
9. d) Neben dem E. des Gottes in Tiersubstituten treffen wir ζ. B. bei den Azteken die Sitte, den Gott Huitzilopochtli in effigie zu töten und zu e. 103 ); b e k a n n t ist der Ersatz durch ein Gebildbrot (vgl. Gebildbrote), so bei den Azteken 104), durch eine Teigstatue des Huitzilopochtli oder Vitzliputzli. Uber das sakramentale E. von Getreide als der Wohnung eines Vegetationsdämons haben wir die klassischen Darstellungen von Frazer 1 0 5 ) und Mannhardt 1 0 8 ). Die Bacchantinnen aßen Epheu, weil die Vorstellung herrschte, daß der Gott im Epheu wohne 107). Damit zu vergleichen ist das E. der letzten Halme als Fruchtbarkeitsfetisch durch das Vieh im deutschen Aberglauben 1 0 8 ). Wenn der italienische und deutsche Aberglaube vom täglichen E. einer Wacholderbeere das lange Leben abhängig macht, so liegt wohl auch hier die Vorstellung zugrunde, daß man den in dem Wacholderstrauch wohnenden, göttlich verehrten Vegetationsdämon und sein Orenda in sich a u f n i m m t 1 0 9 ) . In diesen ganzen Vorstellungskreis der sympathetischen K r a f t übertragung durch E. gehört auch das bek a n n t e Märchenmotiv, nach dem Frauen durch E. schwanger wurden, besonders durch das E. 110 ) von Fischen 1 1 1 ) (Phallus), so in einem englischen Märchen eine Frau durch den Kopf eines Wunderfisches 112 ). ms) F r a z e r 5, 2, 90 ff. l «) Ebd. 86 ff.; R e u t e i s k i ö l d 1. c. 97 ff. 10s) 1. c. 48—58; vgl. R e u t e r s k i ö l d 1. c. 106. 120 ff. 10«) 2, 22. 409. 410. 609 ff. 107) P l u t a r c h Quaestiones Rom. 1 1 2 ; G r u p p e Mythologie 2, 7 3 1 — 7 3 2 A . 1 ; 734; E b e r t Reallex. 7, 324. we) F e h r l e Feste 76; vgl. R e u t e r s k i ö l d 105 ff. 120ff. 109) Vgl. Η ö f 1 e r Waldhult I i i ; H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 746. In Frankreich muß man, um ewig zu leben, den Wacholderbeervogel e.: S e b i l l o t 3, 204. 110 ) ARw. 1 3 , 2 1 4 ; W i e d e m a n n Altägyptische Sagen (1906), 75. m ) B o l t e P o l i v k a 1 , 5 4 4 ff.; K ö h l e r Kl. Schriften
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ι , 1 7 9 — 1 8 0 . 387; R V V . 14, 3, 1 3 ; A n t h r o p o s 7, 2 2 5 — 2 2 6 ; A R w . 25, 334; E i s l e r g i b t eine p s y c h o a n a l y t i s c h e D e u t u n g i m I m a g o 1914, 165 — 1 9 6 : der Fisch als Sexualsymbol. lls) H a r t l a n d Primitive Paternity 1, 4 bis 17· 3 2 — 7 3 - 75 • d a g e g e n S έ b i 1 1 ο t 3, 341.
10. Die Ü b e r t r a g u n g des O r e n d a und der körperlich-seelischen K r a f t ist a u c h der tiefere Sinn des K a n n i b a l i s m u s u n d der A n t h r o p o p h a g i e ; man i ß t die Leichen der gefallenen Feinde auf 1 1 3 ) ; noch häufiger der alten l u ) und verstorbenen V e r w a n d t e n , u m die K r a f t der Familie zu erhalten, 'as a s y m b o l of r e s p e c t ' 1 1 5 ) . N a c h d e m G l a u b e n der Salomoinsulaner m a c h t der G e n u ß v o n Menschenfleisch stark und i n t e l l i g e n t 1 1 6 ) , die Herero e. die H ä n d e und Genitalien der gefallenen H o t t e n t o t t e n , d a m i t sie u n v e r w u n d b a r w e r d e n 1 1 7 ) . Damit s t i m m t der b e k a n n t e f u r c h t b a r e , auch in Deutschland belegte A b e r g l a u b e überein, m a n könne sich durch E. v o n Herzen ungeborener 1 1 8 ) oder neugeborener K i n d e r fest und unsichtbar machen 119 ). Denselben Motiven entspringt der Schädelk u l t 1 2 °); die K e l t e n schnitten den Feinden die K ö p f e ab, um d a m i t deren L e b e n s k r a f t zu erwerben m ) . Ü b e r das E. v o n Zetteln und Z a u b e r formeln siehe E. (§ 32) im Heilzauber. (-; 113) F r a ζ e r 5, 2, 148 f f . ; 1, 18 f f . ; D e r s . Totemism 4, 260, 7 f f . ; i , 7 4 ; C h a n t e p i e de l a Saus s aye 1, 3 0 — 3 1 . 160; H o v o r k a K r o h f e l d 1 , 2 4 9 — 2 5 1 . U4) H o v o r k a K r o n f e l d 1. c. 249; F r a ζ e r Totemism 4, 260; Z f V k . 1912, 69, 22 ( K o r e a ) ; S t e i n m e t z Endokannibalismus i n M i t t . A n t h r o p o l . Ges. W i e n 1896, 26, 1 f f . l l s ) F r a z e r Totemism τ, 74; 4, 7. 26ο. " · ) Ε b e r t Reallex. 6, 209; v g l . 2 1 1 ; i m Scherz f o r d e r t Silen i m E u r i p i d e i s c h e n K y k l o p s d e n R i e s e n auf (v. 314£f.), die Z u n g e des O d y s s e u s z u e., d a m i t er redell7) A R w . gewandt werde. 1 1 , 550 A . 1. 118 ) Κ ü h η a u Sagen 2, 610. u > ) D e r s . 1, 63. 120 ) B e t h Animismus 446—447; F r a z e r 5, 1, 240 ff. 256. m ) C h a n t e p i e de l a S a u s s a y e 2, 620.
11. ad 5 a. Darüber besonders D i e t e rich 122 ), K a h l e 123 ) und D r e w s 124 ). Dieser Glaube v o m E i n d r i n g e n d e r D ä monen in den K ö r p e r f i n d e t sich ins Christliche übertragen im deutschen A b e r g l a u b e n des M A . s : si enim h o m o cibos non benedicit, potest evenire, u t sicut in J u d a m introierat (nach den v i t a e
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p a t r u m sitzt der T e u f e l auf einem K o h l b l a t t und wird v o n dem W e i b e v e r schluckt, das ihre Speisen nicht bekreuzt) in eum post panis bucellam sathanas 1 2 5 ). Hoc die de dyabolo, qui sedebat super lact u c a m . In Mähren g l a u b t man, daß das Fieber meist mit dem ersten Bissen oder mit dem ersten Löffel S u p p e in den K ö r p e r eindringe 1 2 e ). W e r nach der alten W e i b e r Philosophey „sein benedicite nit liset über seine Speis, da sitzt der Teufel unsichtbarlich a m Tisch und isset m i t " 1 2 7 ) . N a c h dem G l a u b e n in der Oberpfalz k a n n m a n einem beim E. Schadenzauber zufügen, indem man s a g t : W e n n du nur den Teufel hineinässest128). In einer sächsischen S a g e sagt ein altes M ä n n c h e n : „ W e n n die L e u t e v o m E. ohne T i s c h g e b e t aufstehen und hinauslaufen, ist das K i n d mein, und ich kann einenWechselbalgbald unterschieben" 1 2 9 ). So h a t das T i s c h g e b e t neben D a n k - und Segenszweck 13 °) o f t apotropäische Bedeutung. Im O b e r a m t F r e u d e n s t a d t soll eine Wöchnerin v o n fremden L e u t e n nichts e., bevor sie drei Vaterunser geb e t e t h a t l s l ) . In den Benedictiones ad mensas des Mönches E k k e h a r d w i r d jede Speise g e s e g n e t 1 3 2 ) . 121)
Mithrasliturgie 99. " 8 ) A R w . 12, 145 f f . 1!S) H e s s B l . 4, 177. S c h ö n b a c h Berthold v.R. 5 3 — 5 4 ; zur a p o t r o p ä i s c h e n K r a f t des B e t e n s v g l . K ü h n a u Sagen 4, 108; nach t ü r k i s c h e m G l a u b e n i s t m a n in d e m A u g e n b l i c k , d a man i ß t , f ü r K r a n k h e i t s z a u b e r sehr e m p f ä n g l i c h : S t e r n Türkei 1, 399. "·) G r o h m a n n Nr. 1147; Haberland 147 f f . " ' ) Z f d M y t h . 3, 313, 51. 1») S c h ö n ltt) werth Oberpfalz 3, 70 f f . Meiche Sagen 340 N r . 442. 1 M ) H a b e r l a n d 1. c. 1 1 — 1 3 ; S A V k . 25, 99; S a r t o r i Westfalen 107; v g l . die griechischen spondai b e i m M a h l e : P a u l y - W i s s o w a i , 30; f ü r die R ö m e r : P e t r o n satyrae 60 ( = 40, 22 Bücheler). 1SI) H ö h n Geburt N r . 4, 266. «») M i t t . a n t i q u a r . Ges. Z ü r i c h 3, 100 ff. 1M)
12. ad 5 b. Bei den heutigen P r i m i t i v e n ist die A n g s t v o r Schadenzauber, besonders v o r dem b ö s e n B l i c k , sehr groß. Seligmann 133 ) und Frazer 134 ) stellen das Material z u s a m m e n ; so ζ. B. darf dem K ö n i g v o n L o a n g o 13S ) beim E. niemand zusehen, wenn er nicht seinen K o p f verlieren will; auch der Mikado t r i f f t ängstliche Vorsichtsmaßnahmen 1 3 6 ), eben-
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so die B r a h m a n e n 1 3 ' ) . Die persischen Könige sahen beim Mahle die Gäste, diese aber den König nicht 1 3 8 ). Wenn in Italien jemand überraschend zum E . kommt, heißt es: Setzt Euch, nehmt etwas, damit mich nicht der böse Blick t r e f f e 1 3 9 ) . In Schwaben soll m a a während des E.s niemand die Spätzle zählen, denn so vergönnt man das E. und der Essende wird nicht s a t t 1 4 0 ) . In Berlin darf man beim E . dem Nachbarn nicht auf den Mund sehen, sonst bekommt das E . n i c h t 1 4 1 ) . In Schlesien sagt man: den Kindern gedeiht beredtes E. nicht 1 4 2 ). Auf die Vorstellung von der Möglichkeit des Eßschadenzaubers geht auch die Redensart zurück: Wenn einem beim E . etwas aus der Hand fällt, ist es nicht gegönnt 1 4 S ), ebenso, wenn einen die Speise drückt 144 ) oder im Halse stecken b l e i b t 1 4 5 ) . Bei Augsburg heißt es: Verschluckt man sich beim E., so hat jemand die Speise mißgönnt 1 4 5 a ). In Böhmen soll, damit niemand die Speise beschreie, der Essende vor dem E . ein Stückchen der K a t z e oder dem Hunde v o r w e r f e n 1 4 6 ) . Nach einer sächsischen Sage konnte ein Schäfer einen Förster verhexen, daß dieser nichts e. konnte 1 4 7 ) ; und einBergmann konnte das E. festmachen 148 ). In Oldenburg scheut man sich, E. von fremden Leuten anzunehmen, aus Angst vor Vergiftung, oder weil sich die Speisen im Magen in giftige Tiere verwandeln 1 4 9 ). In Schlesien sagt der Geber: Segne's Gott; verzehr's mit Gesundheit 1 6 0 ). Eier soll man in der Oberpfalz 1 B 1 ) nur zu Hause e. und nicht ohne Salz (!). Kinder, die mit K a t z e n oder Hunden aus einem Teller e., bekommen einen dicken H a l s 1 5 2 ) oder Skrofulose 1B3 ) (Katze = H e x e ? ) . lM ) Blick i, 2 3 8 — 2 3 9 . 240. 263. 278. 1 M ) 2, 4. 1 1 7 ff. 1 1 9 . l s 5 ) F r a ζ e r 1. c. 2, 1 1 7 — 1 1 8 ; Liebrecht Zur Volksk. 3 2 1 ; Tylor Cultur 1, 102 ff.; H a b e r l a n d 149 ff.; in der Türkei fürchtet man sich vor allem vor dem Krankheitszauber: Stern Türkei 1, 1 5 . 399 ff. 1 3 ·) Die Eßgefäße werden zerbrochen: Frazer 1, 2, 4; H a b e r l a n d 1 5 5 ff. lä7 ) H a b e r l a n d 260. 13S ) A t h e n a e u s 4, 26, p. 1 4 5 B - D . " · ) S e l i g m a n n 1. c. 1, 238. 140 ) Β i r l i n g e r Volksth. 1, 497, 24; Dampfnudeln darf man nicht zählen, sonst gibt es Wetzsteine: D e r s. Schwaben 1, 4 1 2 , 1 7 .
" ' ) ZfEthnol. 1 5 , 9 1 . »") D r e c h s l e r x, 208. Vgl. S e l i g m a n n 1 , 2 5 4 ; S A V k . 1 8 , 1 1 4 : in J . G o t t h e l f s Bauernspiegel heißt es: Obgleich alles so gut war, aßen der Bauer und seine Tochter doch, als ob ihnen das E . zuwider sei. 14S ) D r e c h s l e r 2, 1 1 . 2 5 8 ; F o g e l 1. c. 82 Nr. 298; J o h n Westböhmen 252; W o l f Beiträge 1, 2 1 7 — 2 1 8 Nr. 1 8 9 ; ZfEthnol. 1 5 , 9 1 ; H a b e r l a n d 359—360; 144 Spieß Frank. Henneberg 1 5 2 . ) Birl i n g e r Schwaben 1 , 4 1 3 , 2 0 ; Drechsler 1.e. 2, 1 1 ; H e y l Tirol 805 Nr. 2 7 9 ; P a n z e r Beitr. i , 266 Nr. 160; W. 305. 1 1 5 ) P o l l i n g e r Landshut 1 6 4 ; Z f V k . 1898, 1 5 7 ; BayHfte. 9, 208, 3 1 ; genau so im Orient, wenn man sich verschluckt: S t e r η 1. c. 1, 400 ff.; für den Fall, daß das Obst würgt, das man gegessen hat: Birlinger Volksth. 1 , 4 8 9 , 5 3 . " « ) G r o h m a n n 1 5 5 Nr. 1 1 2 5 ; S e l i g m a n n I.e. 14 2, 290; W. 4 1 3 . ') M e i c h e 1. c. 580 N r . 7 2 2 ; L i e b r e c h t zitiert im Anhang zu seinem Gervasius aus dem alten französischen Aberglauben: 2 1 8 , 5 ; v g l . 2 2 7 , 103:empecherlesgens de manger, en mettant ä table sous leur assiette une aiguille qui a servi ä ensevelir les morts. »») M e i c h e 1. c. 559 Nr. 693. 14») S t r a k kerjan 1, 3 7 7 ; vgl. Z f V k . 1893, 1 4 3 ; vor allem am Kilimandjaro fürchtet man sich vor Eßschadenzauber: A R w . 14, 208. 2 1 0 ; Angst vor Vergiftung: Η a b e r l a n d 1 4 7 f f . ; daher auch die Angst vor dem E . mit Andersgläubigen: H a b e r l a n d 128. 1 3 2 — 1 3 3 ff. 150 ) D r e c h s l e r 1. c. 2, 2 2 — 2 3 . 1 5 1 ) S c h ö n 152 w e r t h 1. c. 3, 2 8 1 . ) F r i s c h b i e r Hexenspruch 64; vgl. S i n g e r Schweizer Märlss chen 1, 37. ) M ü l l e r Isergebirge 1 3 .
13. Besonders vorsichtig maß man mit Speiseresten oder angebissenem B r o t usw. sein. Die Vorschriften sind natürlich hier entsprechend den Vorstellungen verschieden: Ahnlich der antiken Vorstellung, daß die Opferreste krafterfüllt sind (vgl. A. 30), gelten in der Türkei die Überbleibsel vom Sultanstisch als heilbringend 1 5 3 a ). Wie bei den Körperabfällen (vgl. abschneiden) hüten sich die Primitiven ängstlich davor, daß Reste ihres E . s in fremde Hände kommen 1 5 4 ). Nach deutschem Aberglauben darf man kein Brotstückchen beim E. zurücklassen; wenn ein Hund den Rest ißt, verliert man den Verstand 1 5 S ). Beim letzten Bissen lade man niemand zum Mit-e. ein, davon schwindet die K r a f t 1 5 e ) . Auch die Rockenphilosophie warnt dringend davor, Brotreste liegen zu lassen; wenn einer diese über den Galgen wirft, entgeht man diesem n i c h t 1 5 7 ) ; und ebenso warnt der isländi-
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sehe Aberglaube dringend davor, Reste einer fremden Mahlzeit zu e.168). In Thüringen darf die W ö c h n e r i n von der ersten Suppe nichts übrig lassen; denn so viele Brocken sie übrig läßt, so viele Kinder hat sie noch zu erwarten. Uberhaupt darf sie vom E. in den ersten sechs Wochen nichts übrig lassen; sonst wird das Kind beim E. wählerisch 158 a ). Wenn die Kinder Speisereste für spätere Zeit aufbewahren, wird das Haus arm 158 b ). Im Voigtland darf niemand von einer Frucht e., von der ein anderer schon abgebissen hat, sonst werden sie sich gram 159). Nach deutsch-amerikanischem Aberglauben fallen dem die Zähne aus, der an etwas kaut, an dem ein anderer schon gekaut hat 1 β 0 ). Aber wenn man vom Brot ißt, an dem schon eine Maus genagt hat, bekommt man kein Zahnweh m ) . Wer nach ostfriesischem Glauben etwas Eßbares findet, wirft den ersten Bissen weg, sonst schaden die Hexen 1 6 2 ). Wer gefundenes Brot ißt, verliert den Verstand (Steiermark) le3 ). Man soll geschenkte Kuchenstücke nicht von der Spitze, sondern vom Rande aus e. le4 ). Während bei den Römern die Vorschrift galt, immer beim E. etwas übrig zu lassen, weil der Tisch als etwas Heiliges nie leer sein darf (hier wiegt der Opfergedanke vor) l e s ), gilt in Deutschland der auch in außereuropäischen 1ββ) Ländern belegte Satz allgemein, den Männling le7 ) und die Rockenphilosophie 1ββ) zitieren, und den Prätorius 1ββ) also formuliert: Wenn man alles fein rein aus- und aufisset, so wird es morgen ein guter Tag oder gutes Wetter geben. Für das Trinken mahnen dazu schon die von Boehm edierten Symbola der Humanistenzeit 17°). In Schwaben beschränkt man den Satz auf das Leer-e. der Suppenschüssel 1 7 1 ). Besonders könnten die Reste vom E. an Gräbern als Medium zum Schadenzauber dienen; in Thüringen darf von dem, was die Grabmacher im Friedhof e., kein Rest ins Trauerhaus gebracht werden, sonst stirbt jemand m ) . 1H ») S t e r n i , 400. 1 M ) Wenn der König von Loango gegessen hat, werden die Reste verbrannt, damit sie nicht in die Hände von Hexen
1038 fallen: F r a ζ e r 3, 118. 119. 15S ) Urquell 4 (1893), 118; H a b e r l a n d 369; in Frankreich bekommen die Leute, welche das von Mäusen angebissene Brot e., schwarze Zähne: S e b i 11 ο t 3, 47 (15· J h · ) ; vgl· dagegen Brot Anm. 737. i s e ) Urquell 1. c. 95, 54. 1OT) G r i m m Myth. 3, 440, 168. 1S») Z f V k . 1898, 157. läs ») W i t z s c h e l Thüringen 2, 245, 9. 158b ) ZföVk. 1897, 21, 113. 15>) K ö h l e r Voigtland 426; W. 553; vgl. S t e r n I.e. 1,400. , i 0 ) F o g e l Pennsylvania 312 Nr. 1653 (Heidelberg). "») W o l f Beitr. 1, 224. 266; Z f V k . 1891, 193, 5; dagegen S έ b i l l o t 3, 47 A . 155. lea ) G r i m m 1. c. 3, 477, 1120. lea ) R o s e g g e r Steiermark 66. 1 M ) B o h n e n b e r g e r 23. " 5 ) Wer die Reste der Opfermahlzeiten verzehrt, nimmt die K r a f t der Götter in sich auf: A R w . 18, 373; auf das Menschliche übertragen sind diese Vorstellungen auf Sumatra: Die Armen glauben, daß sie ihre Lebenskraft erhöhen, wenn sie die Reste vom Tisch der Reichen e. ( vgl. A. 153 a u. A. 30. >«·) F r a z e r I.e. 1, 316; H a b e r l a n d 363. " ' ) 227. 1 β ) G r i m m 1. c. 3, 443, 279. 1M ) Phil. 114; ebenso: A n d r e e Braunschweig 403. 411; Bartsch Mecklenburg 2, 208 Nr. 1016; D r e c h s l e r 2, 10; F o g e l I . e . 233 Nr. 1205; Bait. Stud. 33, 135; Gesemann Regenzauber 43; J o h n Erzgebirge 31; J o h n Westböhmen 252; K e h r e i η Nassau 2, 253, 36; K ö h l e r Voigtland 425; K u h n Märkische Sagen 387, 103; M e i e r Schwaben 2, 508, 399; M e n s i n g Schlesw.-Holst.Wb. 1, 1068; Mühlhause 53 ff.; P a n z e r Beitr. 1, 257, 1 1 ; P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 583; Pollinger Landshut 166; Sartori St'««2,3i; S c h m i t t Hetlingen 18; S c h r ä m e k Böhmerwald 255; S c h u l t z Alltagsleben 241; Strackerjan I . e . 1, 37; Witzschel Thür. 2, 285, 95; Wolf Beitr. i , 218, 190; W. 293. 459. 622; S A V k . 1903, 134; Urquell 4 (1893), 118; Z f V k . 1899, 292; 1914,60, 33; Z f r w V k . 1914, 60; Unoth i , 184, 74; Η a b e r l a n d 365 ff. "») Z f V k . 1915, 24. 21; D r e c h s l e r 2, 10. i n ) B i r l l i n g e r Schwaben 1, 401. " ) W i t z s c h e l 2, 259, 70.
14. Aus dieser Angst vor Schadenzauber rühren auch die Eßverbote bei Todesfällen 173 ) her, besonders auch bei den alten Griechen 174 ). Bei den alten Litauern durfte man nicht in demselben Gemach e., in dem der Tote lag; die Speise durfte nicht im Trauerhause gekocht werden 174 ®). Im Erzgebirge sagt man: Wer essend einer Leiche folgt, dem fallen die Zähne aus 1 7 5 ); und wer einem Leichenzuge begegnet, darf nicht e. 17e ). Allgemein ist der schon von der Rockenphilosophie erwähnte Aberglaube: Man soll während des Grabgeläutes nicht e., sonst bekommt man Zahnweh 177 ), oder
essen
1039
d i e Z ä h n e f a l l e n a u s 1 , s ) . W e r auf d e m F r i e d h o f i ß t , v e r l i e r t die Z ä h n e 1 7 9 ) oder s t i r b t b i n n e n J a h r e s f r i s t 1 8 0 ) . W e r essend einen T o t e n a n s c h a u t , d e m f a l l e n die Z ä h n e a u s 1 8 1 ). W e r in der K i r c h e i ß t , d e m b l e i b t der M u n d n a c h d e m T o d e o f f e n 1 8 2 ) ; d a s gleiche gilt f ü r das E . auf d e m F r i e d h o f 1 8 3 ) , u n d auf d e m W e g zur K i r c h e 1 8 4 ) ; in M e c k l e n b u r g m u ß , w e r auf d e m K i r c h w e g B r o t k r u m e n i ß t (vgl. B r o s a m e n ) , diese n a c h dem T o d e s a m m e l n 1 8 5 ). W ä h r e n d hier die religiöse S c h e u v o r w i e g t , w i r d das V e r b o t , auf d e m A b o r t z u e., v o n der A n g s t v o r d e n d o r t h a u s e n d e n G e i s t e r n (s. Abort) diktiert, abgesehen von dem E k e l ; m a n b e k o m m t einen ü b e l r i e c h e n den A t e m 1 8 e ). D a g e g e n w i r k t das E . auf dem A b t r i t t im Simmental e contrario a p o t r o p ä i s c h : W e n n einen d a s D o g g e l i d r ü c k t , soll m a n d o r t B r o t u n d K ä s e e. 1 8 7 ). E h r f u r c h t u n d A n g s t v o r S c h a d e n d ä m o n e n v e r b i n d e n sich a u c h in der W a r n u n g , m a n solle n i c h t bei G e w i t t e r 188 ) u n d S o n n e n f i n s t e r n i s 18e ) e., s o n s t b e k o m m e m a n Z a h n w e h . A l s einst ein S c h ä f e r w ä h r e n d des G e w i t t e r s a ß , sein K a m e r a d a b e r schlief, erscholl eine S t i m m e v o m Himmel und rief: D e n Schlaf e n d e n l a ß s c h l a f e n , den F r e s s e n d e n s c h l a g t o t ; d a r a u f e r s c h l u g der B l i t z d e n E s s e n d e n 1 9 0 ) . U n d in N o r d t h ü r i n g e n m ) l a u t e t ein S p r i c h w o r t : Den Beter laß beten, den Schläfer laß schlafen, Den Esser schlag tot. A l s ein B a u e r einst b e i m G e w i t t e r a ß , s t a n d m i t F l a m m e n s c h r i f t auf d e m T i s c h : K a n n s t d u n i c h t w a r t e n , bis G o t t e s Z o r n v o r ü b e r i s t 1 9 2 ) ? In B ö h m e n i ß t m a n gew e i h t e P a l m e n , d a m i t der B l i t z n i c h t eins c h l ä g t 1 9 3 ). 173) S a r t o r i Totenspeisung60. 17t ) Chantepie de la S a u s s a y e 2, 285. " 4 a ) A R w . 17, 502. 17 ') J o h n Erzgebirge 127. «·) D e r s . I . e . l " ) G r i m m I.e. 3, 435, 39; F i s c h e r Aberglaube 201; A n d r e e 1. c. 318; B a r t s c h Mecklenburg 2, 96, 328; G r o h m a n n 169 Nr. 1193; H ö h n Tod Nr. 7, 345; S c h m i t t Hetlingen 17; S a r t o r i Totenspeisung 58—59; S p i e ß Fränhisch-Henneberg 153; V e r n a l e k e n Alpensagen 399, 77; W i t z s c h e l 2, 259, 73; W. 457; H a b e r l a n d 257 ff.; Z f V k . 1898, 30; W o l f 1. c. 1, 224. «") J o h n Erzgebirge 123; Z f V k . 1898, 30; W o l f I.e.
I040
"·) D r e c h s l e r 1, 304. «·) J o h n Erzgebirge 114. 1β1) Ebd. 123. la2) Ebd. 31. Ebd. lM) D r e c h s l e r 1 , 2 1 6 ; 2, 11. 185) B a r t s c h I.e. 2, 136, 593. "«) D r e c h s l e r 2, 12; 187) W. 459. Z a h l e r Simmenthai 45. 1M ) B a r t s c h 1. c. 2, 205 Nr. 1006; D r e c h s l e r 2, 8 Nr. 362; S c h a m b a c h - M ü l l e r 42, 60. 335; M e y e r Baden 362; S a r t o r i Sitte 2, 16; S t r a c k e r j a n I.e. 1, 49; Z f V k . 1891, 193, ρ, 1; H a b e r l a n d 1. c. 258. 18·) S c h ö n w e r t h 2, 55 Nr. 2; W. 457; H a b e r l a n d 257 ff. Eckart Südhannov. Sagen 58. m ) ZfVk. 1899, 232; A n d r e e I.e. 411; D r e c h s l e r 2, 136; ZfrwVk. 1910, 65; W. 266. Dähnhardt Volkstüml. 1, 89, 2. >·») G r o h m a n n 39, 232; vgl. Nr. 229; W. 447; über Palmen-Ε. vgl. den Tractatus von Herolt: ZfVk. 1912, 243, 27; Palmkätzchen ißt man gegen Fieber: F e h r l e Feste 54; gegen Halsweh: Z i n g e r l e I . e . 147. 126. ^ 15. ad 5 c. B e i m E . ist a u c h die G e f a h r sehr g r o ß , d a ß die Seele a u s d e m M u n d e n t f l i e h t oder d u r c h f e i n d l i c h e n Z a u b e r herausgezogen wird. Dieser Glaube h e r r s c h t b e s o n d e r s a n der Sklavenk ü s t e 1 9 1 ). D i e K ö n i g e der Maori m ü s s e n m i t l a n g e n L ö f f e l n gespeist w e r d e n , d a m i t sie b e i m E . n i c h t d e n k r a f t e r f ü l l t e n K o p f b e r ü h r e n u n d d a d u r c h sich der K r a f t ber a u b e n 19S ). D a s i n d i s c h e S p e i s e z e r e m o niell v e r b i e t e t , n a c h d e m E . den K o p f z u b e r ü h r e n 1 9 6 ). W e n n es in S c h w a b e n h e i ß t , m a n d ü r f e b e i m E . den K o p f n i c h t h a l t e n , da m a n s o n s t eine l a h m e H a n d b e k o m m e , so ist das d o c h w o h l p ä d a g o g i s c h e V o r s c h r i f t l 9 7 ). " ' ) F r a ζ e r 2, 116 ff. »") Chantepie de la S a u s s a y e 1, 48. lse ) H a b e r l a n d 1. c. 20. lt7 ) B i r l i n g e r Schwaben x, 410. B. A n d e r e a b e r g l ä u b i s c h e V o r s c h r i f t e n und M e i n u n gen, wo die V o r s t e l l u n g e n n i c h t e i n d e u t i g sind oder sich kreuzen. Vorschriften
und Auguria beim E . :
16. Ü b e r R e i n i g u n g s z e r e m o n i e n v o r d e m E . h a n d e l t H a b e r l a n d 198 ). Sie spielen i m d e u t s c h e n A b e r g l a u b e n keine R o l l e . Sie sind w o h l a p o t r o p ä i s c h g e m e i n t , w i e die S i t t e bei d e n R ö m e r n , v o r d e m E . den Ring abzulegen199). Die R a n g o r d n u n g ist besonders i m k o n s e r v a t i v e n B a u e r n h a u s f e s t u n d d u r c h T r a d i t i o n geh e i l i g t 20°). M a n darf auf d e m L a n d e in
essen
1041
Schlesien nicht e., bevor das Vieh zu e. bekommen hat 2 0 1 ). Um das Vieh zum E. zu veranlassen, ißt man selbst 202). Gewöhnlich beginnt der Hausvater 203); in Westfalen ζ. B. spricht der Bauer das Gebet und verteilt das Fleisch 2M ). Im Oberamt Weinsberg muß man einer Schwangeren zuerst schöpfen 205). Wenn aber Gäste da sind, muß der Hausvater warten, bis diese gegessen haben ϊοβ ). In Thüringen muß der Bräutigam den Gästen aufwarten und darf erst später mit den Dienstboten und den Musikern e.207). "*) I.e. iöoff. 260; bes. bei den Türken: S t e r n 1, 400. 1M) P l i n i u s 28, 24; H e c k e n b a c h De nuditate 86; Z i n g e r l e Tirol 49, 432. 200) Ε . Η e y k Gaja, Sitte und Sinne des Naiven in vier Jahrtausenden (1928), 223 ff.;
S a r t o r i Sitte 2, 28—29; über das „ins E. sitzen" in Schwaben vgl. Β i r l i n g e r Schwaben 2, 250. i01) D r e c h s l e r Haustiere 13. l0a) B o h n e n b e r g e r 16. i03) K r a u ß Sitte und Brauch 88.
l°6)
2M )
Saitori
Westfalen 107.
Η a b e r 1 a η d 1. c. 139 ff. t05) H a b e r l a n d 136—137. i0') W i t z s c h e l 1. c. 2, 237· 17. Wenn während des E.s B e s u c h in die Stube tritt, muß man ihn zum Mit-E. n ö t i g e n m ) , mahnt die Rockenphilosophie 209 ), und sei es nur zu einem Bissen; lädt man den Besuch nicht ein, so gedeihen die am Tisch sitzenden Kinder nicht 2 1 0 ). Der Gast sagt in Schlesien: Segne Gott's Frühstück usw. 2 U ). Der Gastgeber betont: Hast du dich nicht sattgessen, ist's dein Schaden 212 ). Bei den Römern war es ein sehr schlimmes Zeichen, wenn der Gast nichts aß 213 ). Tritt jemand immer während des E.s ins Zimmer 2W ) oder hat er gar einen Bissen im Munde, so entsteht zwischen Hausherr und Hausfrau Zank 2 1 5 ). Auf Island ist man, wenn man während des E.s in ein Gehöft kommt, ,,feigur" 2 l e ). Wenn Heiratsfähige immer während des E.s zu fremden Leuten kommen, ist ihnen eine alte Ehehälfte beschieden 2 1 7 ). Im Nahetal bekommt ein solches Mädchen einen verfressenen Mann 2I8 ). Vor allem darf der Besuch während des E.s nicht spinnen, sonst spinnt er das E. aus dem Magen 219). *») S a r t o r i 2, 177. »·) G r i m m Myth. f» αλτ jnt T l r p r l i c l c r τ ->Tfi fA K'
1042
W o l f Beiträge 1, 206. ««) D r e c h s l e r 2, 222. I1S) Ebd. s,a ) P l i n i u s 28, 26. »") D r e c h s l e r 2, 12. »«) I.e. »«) ZfVk. 1898,
158.
»')
Pf i s t er
Hessen
170.
»») ZfrwVk. 1905, 209. »") Urquell 1 (1890), 185, 21. 18. Allgemein wird das S c h w e i g e g e b o t beim E. betont 22°). Schon Haberland deutet es apotropäisch 221 ); doch könnte man auch an das ehrfurchtsvolle Schweigen beim Speiseopfer denken. Allerdings sagt eine jüdische Speiseregel, man solle ein Geräusch vermeiden, weil sonst die unreinen Geister kommen, in der Meinung, man schlage sich untereinander 222). Nach einer andern Stelle verschwindet bei unnützem Geschwätz der gute Engel, um einem Schadendämon Platz zu machen 223). Bei den Römern 22i ) mußte man vor allem η a c h dem E. schweigen. In Tirol heißt es: Wenn jemand beim E. etwas erzählt, fehlt der Segen Gottes 22S). Nach altem deutschen Aberglauben mißlingt, was über die Mahlzeit verabredet wird 22e) (vgl. aber § 4). Auch der französische Aberglauben fürchtet das viele Sprechen 227 ); in Schwaben bekommt die heiratsfähige Person, die viel spricht, eine närrische Ehehälfte 228). Vor allem muß man beim Totenmahl schweigen 22i ). Wer beim E. pfeift, bekommt ein närrisches Weib 230 ); ebenso, wer singt, bekommt ein närrisches Ehegemahl 231) oder einen trunksüchtigen Mann 232). Verpönt ist es, von bestimmten Sachen beim E. zu sprechen, so bei den Römern von einer Feuersbrunst 233), bei den Esten von einem Toten 234). Nach der Rockenphilosophie darf man nicht von Tauben sprechen, sonst fliegen sie fort 236). Wenn man im Nahetal von Vogelnestern spricht, kommen die Jungen oder die Eier um 23β). Wenn man in Württemberg von Bienen spricht, fressen fremde Bienen den Stand aus 237). Wer beim E. liest, wird gedankenlos 238). Sehr von Bedeutung ist das plötzliche Schweigen beim Mahl 23e ). Dann geht ein Engel durch das Zimmer M0 ). Er bleibt bei dem stehen, der zuerst wieder spricht 241 ). H a b e r l a n d 1. c. 261 ff.;
1. c. 2, 30; W e i n h o l d
auch in Her Türkei!
Sartori
Altnord. Leben 150;
Stern
I.e. 1. j.00.
1043
essen
»21) 1 c Mi) Β 11 x t o r f Judenschul 271; R o c h h o l z Glaube 1, 219—220. " 3 ) Β u χ 2ai t o r i I.e. 289. ) S e r v i u s zu V e r g i l Aeneis 1, 790. 225) Ζ i η g e r 1 e 1. c. 36, 283. ·") G r i m m Myth. 3, 463, 822. ««) L i e b r e c h t Gervasius 223, 54. 22') Β i r 1 i η g e r Volksth. 1, 495, 7. 22·) S a r t o r i Totenspeisung 26. 36. 49. 230) F i s c h e r Wb. 2, 881. 231 ) B i r l i n g e r Schwaben 1, 415; D r e c h s l e r 1,227; G r a b i n s k i Sagen 48; W. 547; aus Pabianice mündlich. 232) ZföVk. 1897, 183, 208: Bukowina. 233) P l i n i u s 28, 26: incendia inter epulas nominata aquis sub mensam J34) profusis abominamur. Haberland 362. 23S) G r i m m Myth. 3, 448, 441. "«) Z23') frwVk. 1905, 205. E b e r h a r d t Landwirtschaft 21; B o h n e n b e r g e r 16. 2M) B a r t s c h 1. c. 2, 134, 579. 23») Wenn bei den Römern, wenn die Zahl der Tischgenossen gerade ist, plötzlich alle schweigen, faßte man das als famae labor auf, P l i n i u s 28, 27: quin et repente conticescere convivium adnotatum, sed non nisi in pari praesentium numero; isque famae labor est ad quemeumque 210) H a b e r l a n d eorum pertinens. 36t. ' " ) S c h ö n w e r t h 3, 273. 19. W e r in N o r w e g e n z u e r s t a u s der B r e i s c h ü s s e l bei e i n e m F e s t m a h l ißt, w i r d n i c h t selig oder s t i r b t z u e r s t v o n den M i t e s s e n d e n 242 ). W e r in W e s t b ö h m e n 243 ) z u e r s t f e r t i g ist, s a g t : Ich b i n der K a i s e r . W e r in Tirol z u l e t z t a u f h ö r t , k o m m t n i c h t z u m H e i r a t e n 244 ). D a s E . darf m a n n i c h t k a l t b l a s e n 2 4 5 ). W e r n i c h t s H e i ß e s e. k a n n , k a n n a u c h n i c h t s c h w e i g e n 246 ). W e r a b e r g e k o c h t e S p e i s e n k a l t i ß t , bek o m m t eine s c h ö n e H a u t 247 ). W e n n m a n genäschig ißt, b e k o m m t man Spirken im G e s i c h t 2 4 s ). W e r langsam ißt, lebt l a n g 24S ). Liebrecht Zur Vh. 337, 186. J o h n Westböhmen 252. s " ) Z i n g e r l e 1. c. ix, go. 245) S c h ö n w e r t h 1. c. 3, 244. "·) B a r t s c h I . e . 2, 133, 576; Mens i n g I.e. 1, 1068. a ") G r o h m a n n 225, 1599; von kaltem Kaffee wird man schön: M e i e r Schwaben 509, 412. * a ) D r e c h s l e r 1 , 2 1 6 . '«») F i s c h e r W6. 2, 879; G r o h m a n n 227, 1626. s")
242)
20. Ü b e r d a s B e n e h m e n bei der E ß t ä t i g k e i t g i b t es m a n n i g f a c h e A n s i c h t e n u n d A u g u r i a 250 ). B e i m E . soll m a n d i e Füße nicht kreuzen251). Schon Aristop h a n e s e r w ä h n t als a l t e S i t t e 2 5 2 ): o4ä' Ιχειν τώ πόί' έναλλάξ. B a u m e l t j e m a n d b e i m Ε., so l ä u t e t er d e n T e u f e l a u s 253 ). M a n darf n i c h t h i n t e r d e m R ü c k e n des N ä c h s t e n e., s o n s t r a u b t m a n i h m die G e s u n d -
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h e i t 254 ). D e r F r e i b e r g e r 255 ) a ß nur m i t d e m R ü c k e n a n der W a n d . D a s V e r b o t , m i t der l i n k e n H a n d z u e., w a s bei a n d e r n V ö l k e r n sehr v e r p ö n t ist 2 5 e ), e r w ä h n e n nur die S y m b o l a der H u m a n i s t e n z e i t 257 ). W ä h r e n d bei den R ö m e r n das H e r a b f a l l e n der S p e i s e n sehr g e f ü r c h t e t w a r 258 ), a u c h in den S y m b o l a der H u m a n i s t e n erw ä h n t 259) (vgl. § 12), d e u t e t der d e u t s c h e A b e r g l a u b e v o r a l l e m das F a l l e n l a s s e n des E ß b e s t e c k s aus 26 °). W e r den L ö f fel 2 e l ) f a l l e n l ä ß t , h a t eine T o d e s n a c h r i c h t zu e r w a r t e n 2 β 2 ); w e r L ö f f e l oder G a b e l 263 ) oder Messer 2e4 ) f a l l e n l ä ß t , m u ß a u f h ö r e n , weil i h m das E . v e r g ö n n t ist (vgl. § 12) u n d er L e i b w e h b e k o m m t 28S ), oder es g i b t B e s u c h (Berlin) 2 e 6 ). M a n darf das Messer n i c h t m i t der S p i t z e g e g e n sich legen 2OT), v o r a l l e m n i c h t m i t der S c h n e i d e n a c h o b e n l i e g e n lassen 268 ). W e n n die K i n d e r in Island s t a t t des Messers die S c h e r e g e b r a u c h e n , w a c h s e n sie n i c h t m e h r 2e9 ). B e s o n d e r s a n den L ö f f e l , d e n ζ . B . eine F r a u n a c h einer P r o z e ß v e r h a n d l u n g (1905) in O s t p r e u ß e n wie den umgekehrten Besen apotropäisch v e r w e n d e t 270 ), k n ü p f t sich allerlei A b e r g l a u b e (vgl. L ö f f e l ) . M u ß m a n m i t e i n e m f r e m d e n L ö f f e l e., so soll m a n z u v o r dreimal hineinhauchen, dann b e k o m m t m a n k e i n e n bösen M u n d 2 7 1 ). W e n n m a n S u p p e i ß t u n d den L ö f f e l h i n l e g t , so d a ß er m i t d e m i n n e r n T e i l n a c h o b e n f ä l l t , ist m a n n o c h n i c h t s a t t 272 ). M a n m u ß v o r a l l e m b e i m E . m i t d e m L ö f f e l n a c h sich, n i c h t v o n sich s c h ö p f e n 2 7 3 ). M a n soll ihn a u c h n a c h d e m E . m i t d e m S t i e l auf die Schüssel z u w e g l e g e n , s o n s t k o m m t der W a s s e r m a n n u n d i ß t a u s der Schüssel 2 7 4 ). Man v e r l i e r t d e n S c h n u p f e n , w e n n m a n die G a b e l b e i m E . so legt, d a ß die Z i n k e n n a c h der T ü r e w e i s e n 276 ) (s. a n s c h n e i den u n d B r o t ) . M a n m u ß b e i m E . d a s T i s c h t u c h z u sich z i e h e n ; d e n n da, w o es n i c h t h i n r e i c h t , s i t z t der B ö s e 276 ). Messer, L ö f f e l u n d G a b e l darf m a n n i c h t n a c h d e m E . k r e u z w e i s e hinlegen, s o n s t t u t das d e m S e g e n A b b r u c h 277 ). D e n T e l l e r soll m a n n i c h t u m w e n d e n , s o n s t n e h m e n die H e x e n a n der M a h l z e i t teil 278 ). W i e der L ö f f e l , w i r d in B a y e r n das E ß b e s t e c k a p o t r o p ä i s c h g e b r a u c h t (als K r a f t ü b e r m i t t l e r ) :
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es wird gegen den B l i t z in den Hof geworfen 279 ). Wenn man einen T e l l e r 2 m ) oder ein E ß b e s t e c k Μ 1 ) zuviel auflegt, k o m m t noch ein hungriger Gast, ebenso, wenn man sich etwas nimmt, w o v o n man schon auf dem Teller hat 282 ). Wenn sich j e m a n d beim E . in den Finger schneidet, sagt man in Island: es wird ihm eine neue Speise gegeben werden a 3 ) . Wenn man sich beim E . in die Zunge beißt, gönnt es einer nicht 284 ). Sehr ominös ist das Verschütten v o n S a l z , es bedeutet Zank besonders aber das Verschütten v o n P f e f f e r 28e ). In Berlin sagt man M7 ), wenn einer S a l z v e r s c h ü t t e t : Soviel Körnchen du verstreust, Soviel Sünden du begeuhst. Wenn beim E . ein Glas zerspringt, ist ein Unglück passiert S88 ). Das Umrühren des E . s mit Gabel oder mit dem Messer verursacht Leibschmerzen oder Seitenstechen **·). Man soll nicht beim E . mit der Gabel oder demMesser klopfen, sonst k l o p f t m a n auf die N o t 290 ). Ißt eine Magd Milch oder Brei aus der P f a n n e , so regnet es b a l d 2 8 1 ) . W e r „ o w e r n P a n n s t e r t " ißt, muß sieben J a h r e umsonst freien e a ) . Wer aus einem schartigen Geschirr ißt, b e k o m m t Leibschmerzen 2 * 3 ). Wenn m a n während des Suppenbrotschneidens ißt, vergißt m a n alles viel leichter 2 9 1 ). ,M ) S a r t o r i 1. c. 2, 30; H a b e r l a o d 1. c. 272 ff. 357H.; ZfVk. 1898, 157; D r e c h s l e r 2, 265. s s l ) L a m m e r t 217. " ' ) Wolken V. 984. "») D r e c h s l e r 2 , 1 1 . »") Urquell 4 (1893), 119, 79; ZföVk. 1897, 21, 127. »") E i s e i Voigtland 218, 565. " · ) Η a b e r l a n d 164 ff. !57 ) Sinistra manu sumere cibum nefas: ZfVk. 1915, 22 Nr. 16. 26. a5e) Alle Literatur in ZfVk. 1915, 26 Nr. 18; vgl. Bissen; dazu P l i n i u s 28, 27; Pauly-Wiss o w a 1 , 9 1 . " · ) I.e. 22 Nr. 18. a, °) H a b e r sel l a n d 360 ff. ) D e r s. 280. 360; vgl. Löffel. ' " ) R o c h h o l z Glaube 1, 142; W. 314; in Tirol sagt man: er ist verheiratet: Z i n g e r l e 1. c. 26, 155. ««) D r e c h s l e r 2, 10; G r o h m a n n 225, 1593; W. 457; ZfVk. 1902, 179. "*) S t r a c k e r j a n 2, 229 Nr. 485; W. 457. « 5 ) B a r t s c h 1. c. 2, 133, 575. »·) ZfEthnol. 15, 91. η Rochholz Glaube 1, 50; G r i m m KHM. Nr. 105; ,ffl ) R ο c h h ο 1 ζ 1. c.; Η a b e r 1 a n d 274 ff.; S c h ö n w e r t h I.e. 3, 280, 1 ; Meier Schwaben 501, 343 (der Herrgott schneidet sich darin); 502, 357 (die Kinder können nicht in der Wiege schlafen); der Teufel läuft darauf herum:
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B i r l i n g e r Schwaben!, 409,15; L ü t o l f Sagen 556,577 ;s. Messer; dasMesser wirkt apotropäisch: Κ ü h n a u Sagen 3,126,1494. " ' ) ZfVk. 1898, 157. *">) ARw. 18, 297. *") M e i e r I.e. 508, 398. »«) G r i m m Myth. 3, 445, 3 5 1 ; H a b e r l a n d I.e. 280 ff.; S c h ö n w e r t h 3, 242. J " ) Urquell 1 (1890), 185; 24, S a r t o r i 1. c. 2, 3 1 . a i ) T a u b m a n n Nordböhmen 44 Nr. 22. «") ZfVk. 1891, 192, h. 1. »«) Urquell 1 (1890), 1 8 5 , 1 5 . ® ' ) G r o h m a n n 226,1609. G r i m m 1. c. 3, 444, 309. «·) P o l l i n g e r Landshut 162; vgl. die apotropäische Verwendung des Messers gegen den Wirbelwind (K ü h n a u Sagen 3, 761. 764. 765) und Alp (I.e. 3, 125). "·) J o h n Erzgebirge 3 1 . al ) H a b e r l a n d I.e. 2 7 1 f t . ; J o h n I.e. *·*) F o g e l Pennsylvania 84 Nr. 315 (Freiburg). »») ZfVk. 1898, 157. •«) W. 293. M5 ) Alle Literatur bei H a b e r l a n d 361 bis 363; dazu ZfVk. 1914, 57, 57; W. § 231. "*) M e i e r 1. c. 505, 375. "») ZfEthnol. 15, 9Γ. "») ZfdMyth. 4, 30, 17. "*) H a b e r l a n d I.e. 278ft.; D r e c h s l e r 2 , 3 1 8 . »"·) J o h n Westböhmen 252. W1) G r i m m 1. c. 3, 463, 803; H a b e r l a n d 1. c. 272 ff. *") Μ e n s i n g Wb. 1, 1068; wenn eine Schwangere aus dem Kessel ißt, stammelt das Kind: G r i m m 3, 468, 924. ***) S c h ö n w e r t h 3, 242. M ) B i r l i n g e r Schwaben 1, 403. 2 1 . Der T i s c h als T r ä g e r der k r a f t spendenden N a h r u n g ist bei allen Völkern, so bei den R ö m e r n e s ) , besonders heilig (vgl. Tisch): osculatique mensam rogamus Nocturnas ut suis se teneant (zu H a u s e zu bleiben), d u m redimus a cena 295tt ). E s darf sich niemand, auch das K i n d nicht, mit dem bloßen Hintern auf den Eßtisch setzen m ) . Von den vielen Tischauguria seien nur zwei e r w ä h n t : E i n Mädchen, das beim E . an der Tischecke sitzt, b e k o m m t eine böse S c h w i e g e r m u t t e r M 7 ) . W e r beim E . zwischen zwei Schwestern sitzt, wird bald heiraten Μβ ). Wer nach dem E . den Stuhl unter den Tisch schiebt, wird leicht tanzen 2 " ) . Nach dem E. muß man den Tisch abräumen, sonst k o m m t man nicht in den Himmel 30 °), oder das J ü n g s t e im Haus kann nicht schlafen 3 M ) (Vgl. dagegen das E . an Weihnachten § 24). Das Mädchen, das bald nach dem E . abräumt, wird bald heiraten 302 ). Der Eßtisch darf über N a c h t nicht bedeckt (s. bedecken) werden, weil an ihm die Engel wachen S M ) ; wenn das Tischtuch zu lange liegen bleibt, müssen die Engel im Himmel zu lange beten 3 0 4 ).
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*") Alle Literatur bei R i e s in P a u l y W i s s o w a I, 30. " 6 » ) P e t r o n i u s Satyrae 64 ( = 42, 26 Bücheler); vgl. D ö l g e r 1. c. 502 f f . «··) W . 461. »') J o h n Erzgebirge 76; über den Tischaberglauben ausführlich: B r e v i n u s Noricus 340—343. s w ) W . 293. «") D r e c h s l e r 2, 12, 365. so °) J o h n Erzgebirge31; S a r t o r i 1. 0 . 3 , 3 1 . , 0 1 ) S c h ö n 30t ) b a c h Berthold υ. Regensb. 151. Grohmann n 8 , 885; H a b e r l a n d 267 f f . «·») W . 461. »«) D r e c h s l e r 2, 12.
22. Ein mit Anfangszauber verbundener Moment ist es, wenn man eine Speise zum e r s t e n m a l im J a h r e ißt; dafür gilt das Wort von Scherffer: L e g t sie ihm einmal denn was vor, das -was neues ist v o m Jahre, greift's ihm sprechend sanft ans Ohr: E ß t , Herr, daQ E u c h G o t t bewahre 30S).
Wenn man in diesem Augenblick etwas wünscht, wird es erfüllt 30e). Beim E. der ersten Frucht soll man sich etwas Gutes wünschen 307). Wer beim E. des Federviehs den Brustknochen bekommt, zieht am einen Ende, während der Nachbar am andern zieht; wer das größte Stück erhält, dessen Wunsch geht in Erfüllung soe ). «") D r e c h s l e r 2 , 9 (mit Bild); K e l l e r Grab des Aberglaubens 5, 308. »°·) F ο g e 1 Pennsylvania 86, 332; 95, 387 (Heidelberg). "") J o h n Erzgebirge 38; vgl. Drechsler 2, 9. ,oe ) Z f V k . 1914, 75, 46.
23. D a s Μ i t t a g - E.: Bei dieser Hauptmahlzeit 30e) achtet man besonders auf Vorzeichen 310). Der Glaube, daß man nichts übrig lassen darf, gilt natürlich gerade für diese E.szeit 3 1 1 ). Auch das Schweigegebot: Kindern, welche beim Mittag-Ε. murren: „ D a s ist aber wenig!" sagt die Mutter: „Viel fährt auf dem W a g e n " 3 1 2 )! Wenn zum Mittag-E. ein Besuch kommt, wird dieser der Ehemann 313 ). Nach dem Schweizer Volksglauben darf man an Neujahr niemand zum Mittag-E. einladen 314 ). Ist der Mann unterwegs, so soll die Frau nach dem Mittag-E. den Stuhl unter den Tisch schieben, damit jener die Treue bewahrt 31S ). Wie die Mittagstunde allgemein die Zeit des Spukes und der Geister i s t 3 l e ) , so finden sich zum Mittag-Ε. willkommene oder unerwünschte Geister ein, wie die Unterirdischen in Pommern, die durch den
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großen Schlapphut unsichtbar sind 317 ). Im Neubistritzer-Land rauben die Schachenweibeln einem Bauer bei Schamers jeden Mittag, wenn die Leute in der Kirche sind, das E. aus der Bratröhre 31S). Die wilden Bergfräulein in Martell kamen oft nach der Mittagsstunde zu den Thialer Mähdern. Für sie hielt man daher ein späteres und reichliches Mittag-E. parat, besonders ihre Leibspeise, weizene Speckknödel. Dafür halfen die Fräulein bei der Arbeit 31i ). Die Mora in Oberschlesien bereitet sich in der Küche selbst das Mittag-K 3 2 0 ). aos) D r e c h s l e r 2, 8; W . 293. 310) F ο g e 1 Pennsylvania 114, 501. 811 ) W . 622; in Braunschweig gibt es Regen, wenn die Sonne ins Abendbrot scheint: Α η d r e e Braunschweig 410. 312) B l p o m m V k . 9, 13. 313) F ο g e 1 1. c. 61, 185 (Heidelberg). ««) S c h w V k . 10, 30. sl5) John Erzgebirge 34. '") Κ ü h η a u Sagen 2, 2 0 9 — 2 1 1 ; vgl. Index 4, 160: Mittagsstunde. »») J a h n Pommern 68, 84. 31«) J u n g 3U) H e y l bauer Böhmerwald 31. Tirol 5 1 9 — 5 2 0 Nr. 86, 2. s2°) Κ ü h η a u 1. c. 2, 549 Nr. 1194.
24. Die meisten der behandelten abergläubischen Vorstellungen und Eßtabus vereinigen sich mit dem Anfangszauber in der Segenshandlung des E.s an W e i h nachten, Neujahr und and e r n F e s t e n 3 i l ). Schon bei Caesarius von Arles, der uns den ältesten Beleg für diesen Anfangszauber bietet, von dem alle späteren Quellen 322) bis zum Correktor Burchardi 323) abhängen, lesen wir von der Reichhaltigkeit des Weihnachtstisches und der für die „dominae" bestimmten Opfer 324 ): aliqui etiam rustici mensulas in ista nocte, quae praeteriit, plenas multis rebus, quae ad manducandum sunt, necessariae componentes tota nocte sic compositas esse volunt, credentes quod hoc illis kalendis Jan. praestare possint, ut per t o t u m annum convivia illorum in tali a b u n d a n t i a p e r s e v e r e n t . Diese Fülle gilt für die Zeit von der Thomasnacht bis Dreikönig. In Westfalen muß man in der Thomasnacht viel e. und trinken, damit man sich nicht tothungert 325). Im Voigtland müssen Mensch und Vieh an den drei heiligen Abenden besonders reichlich e. 32e), ebenso im Erz-
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gebirge, sonst hungert man das ganze J a h r 327 ); auch in Schlesien 32a ). Wer viel ißt, erlangt Glück und Abwehr des Unglücks 32e ) oder lebt lang 330 ). Im Niederdeutschen heißt der hl. Abend Vull- oder Dickbuksawend 3 3 1 ) ; vielerorts sind sieben· oder neunerlei Speisen vorgeschrieben 332 ). An vielen Orten legt man den Schmaus auf die Zeit nach der Mette 333 ). Das E . muß besonders fett sein, damit das Messer der Perht vom Bauch des Essers abgleitet; wer nämlich nicht fett ißt, dem schneidet die Perht den Bauch auf und füllt ihn mit Häcksel 3 3 1 ). Sie bekommt die Reste des Mahles über Nacht hingestellt 335 ) (vgl. Perht u. Speisopfer). A m Fuße des Kaiserwaldes im Erzgebirge sagt man: Dau, Zempa, haust da Ess'n, thou uns neat vagess'n 33e ). Wer am hl. Abend in Westböhmen vor dem Weihnachts-E. etwas ißt, dem schlitzt der Zembera den Bauch auf 337 ). Ißt sich im Erzgebirge die Hausfrau nicht satt, so legen die Hühner weg 33S ). In Böhmen wirft man die Reste in der Scheuer f ü r die Mäuse hin und sagt: Mäuse freßt die Überreste und laßt das Getreide in R u h 3 3 β ) . In der Dreikönigsnacht müssen alle Weihnachtskuchen aufgegessen werden, sonst bringt das neue J a h r Unglück 340 ). »") D r e c h s l e r i, 6 — 7 . »»») So die sogenannte Predigt des hl. E l i g i u s MG. S S : Merov. 4, 705, 14 ff. »»») S c h m i t z Bußbücher 2, 423 c. 62; A R w . 7, 445 ff.; 20, 1 3 2 A . 1 ; 376. 3 7 7 A. 4; Radermacher Beitr. 92 A . 1. 8S) E b d . F e h r l e 1. c. 5 5 — 5 6 . 63. E b d . 41. 48. 49. 3 " ) S a r t o r i 1. c. 3, 1 1 2 . »«) B a v a r i a 4 b, 393. R o c h h o l z Glaube 2, 49. 37S) F o g e l I . e . 254, 1 3 2 1 ; W . 83. * " ) S t r a c k e r j a n 1, 123, 3 5 6 ; die R ö m e r a ß e n a m 1. 6. Schweinefleisch u n d B o h n e n , ne laedantur viscera: P a u l y - W i s s o w a 1, 45. 3 " ) W e i n h o l d Neunzahl 10 f f . ; v g l . A . 332. 3'8) M a n n h a r d t Germ. Myth. 3">) W . 1 3 4 ; v g l . Bretzel. 528. *">) Z f ö V k . 1900, 1 2 1 . a")
28. Beim K i n d s t a u f s c h m a u s e müssen die Paten von allem tüchtig e., damit das Kind früh und gut e. lernt 381). Im Voigtland ißt man zu diesem Zweck ein Stück Kuchen M2 ). Auch berichtet das Journal aus der Gegend von Chemnitz ***): Von welchen Speisen der Pate beim Taufmahl nicht ißt, vor denen bekommt das Kind einen Abscheu. Die Mutter muß in Thüringen in den ersten sechs Wochen alle Speisen auf-e., sonst wird das Kind wählerisch; vor allem muß sie die erste Suppe aus-e.; denn soviel Brocken sie übrig läßt, soviel Kinder bekommt sie noch 384). Wenn die Mutter ißt, während das Kind getauft wird, wird dieses ein Fresser 386). Wenn eine Schwangere jemand e. sieht und diese Speise will, sie aber nicht bekommt, stirbt das Kind 386). Wenn eine Schwangere von einer Lieblingsspeise zu viel ißt, kann das Kind die Speise nicht e.387). Nach der alten Weiber Philosophey muß man dem
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Kind, bevor es an der Brust saugt, einen gebratenen Apfel zu e. geben, damit es anständig e. lernt und züchtig wird 388). Das Journal erwähnt als Aberglaube vom Lande ob der Enz: Wenn ein Kind nicht e. will oder kann, gebe man den Vögeln in der Luft oder dem schwarzen Hund ein klein Traktament 38S ). „Kinner möten stan bi't äten, denn wasen se goot" Einem Kinde soll man von allem, was man ißt, geben, sonst blutet ihm das Herz 3 M ), oder es vergeht ihm der Wuchs 392). Wenn die Kinder beim Lausen e., bekommen sie mehr Läuse 393).
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zum e.; würde dieser nichts e., so würde ihn der wilde Mann zerreißen 401). 3M ) K ü h n a u Sagen 3, 307 ff. Nr. 1680; 310 Nr. 1682. 3,s ) G r i m m Sagen 28, 41. 3 » ) D e r s. 47, 68. » ' ) K ü h n a u 1. c. 2, 141 ff. Nr. 769; vgl. M ü l l e r Siebenbürgen
56
f.
•") Μ e i c h e
Sagen
380,
501.
' " ) K ü h n a u 1. c. 2, 271, 916. "") S έ b i l l o t ι , 263. 401) Η e y 1 Tirol 352, 21.
30. Das besondere Verbot, nicht bei heftigen Bewegungen und während des Laufens zu e., ist ein empirischer R a t der Volksmedizin 402). Man darf in den Rauchnächten nicht im Freien e. (Angst vor Dämonen?), weil man sonst das ganze S1) W i t z s c h e l 1. c. 2, 249, 46; W. 591. Jahr Hunger hat 403 ). In Siebenbürgen darf 596; vgl. L a u f { e r Niederdeutsche Vk. 125. man in dieser Zeit nicht essend über die *") K ö h l e r 1. c. 436. "·) G r i m m 1. c. 3, Schwelle treten, sonst wird man im Som450, 495. m ) W i t z s c h e l 1. c. 2, 245, 9; ZfVk. 1891, 183, 2. »«) ZfrwVk. 1907, 112. mer durch Maden geplagt 404). Wer im "·) ZföVk. 1897, 117, 174 (Bukowina). Isergebirge essend in die Haustür tritt, be« ' ) H ö h n Geburt Nr. 4, 257. "·) ZfdMyth. kommt Zank 405). Wer abends im Bett 2 : v 3> 3 9i 5 Sl· M a n n h a r d t Germ. Myth. ißt, dem beleckt der Tod den Mund 40 571· ) S A V k . 7, 50. " ) B I P o m m V k . 5, 46. so ) H ö f l e r Organotherapie 2 5 3 . " ) E b d . 126. M ) Buch der Natur ed. P f e i f f e r 209. " ) Ρ 1 i n. 30, 1 2 ; J ü Ii I i η g Tiere 192. " ) Ρ 1 i n. 2 9 ; H ö f l e r Organotherapie 2 1 9 . " ) J ü h 1 i η g Tiere 1 9 1 ; Η ö f 1 e r Org. 126. 1 8 4 ; B I P o m m V k . 5, 45 (Gicht). se ) J ü h ling 1 9 2 . 5? ) B I P o m m V k . 5, 46. » ) Vgl. D ä h n h a r d t Natur sagen 4, 2, 3 1 8 (Register). 6S ) W o l f Beiträge 2, 28 (nach B e c h s t e i n Sagenbuch 1 , 246, 90). 6°) W u 1 1 k e 4 7 3 § 7 5 5 (n. G r ο h m a η η). " ) D r e c h s l e r 2 , 2 3 1 ; vgl. S A V k . 7, 1 4 1 Nr. 1 2 4 . · 2 ) Sagin 3 5 5 . • 3 ) K u h n Herabkunft 2 1 5 . " ) Z f V k . 10, 3 5 2 . " ) S a r t o r i 3, 1 9 8 ; H ü s e r Beiträge 2, 36. Unzugänglich war mir: K . G ü n t h e r Unsere Eulen. Karlsruhe 1 9 2 1 ; B r a n k y Eulennamen in „ D i e S c h w a l b e " (Wien) 1 6 (1892), vgl. dazu Z f V k . 3, 1 1 2 ; 10, 3 4 2 . Taylor.
Eulogius s.
Eligius.
Euphemia, hl. Märtyrerin aus Chalcedon um 300. Aus ihrem Leichnam soll von Zeit zu Zeit wohlriechendes Blut geflossen sein x ). Ihr Name wird unehelichen Kindern gegeben und ist daher Schimpfwort geworden: „ D u bisch mer au e netti F ä m e ! " 2 ) . ') W e t z e r Baden 28.
u. W e l t e
4, 990 f.
2
)Μ ey er Sartori.
Euphemismus meint an sich überhaupt die Beschönigung durch Vermeidung des rechten, gewöhnlichen Namens und Umnennung mittels eines schmeichlerischen Namens. Das Wort kommt vom griech. euphemein, gut reden von jemand, das zu einem kultischen Gebot bei den Griechen und auch bei den Römern geworden war und dessen Überbietung, etwa in einem Zweifelfalle, zum Gebot des völligen Schweigens über jemanden bzw. Nichtnennung des Namens führt Wie E. im
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gewöhnlichen Leben nicht selten vorkommt, zur Belebung und Erhöhung des gesellschaftlichen Lebens dient, so wird er im besonderen in Religion und Magie und den hiermit zusammenhängenden Anschauungen geradezu als eine Art A b w e h r z a u b e r (s. d.) gebraucht. Man meidet „ominöse" Worte und Namen oder Aussagen und setzt entgegengesetzt lautende an deren Stelle, während man in Fällen der Ermangelung eines solchen euphemistischenErsatzausdruckesetwaein,,Unberufen" oder ähnliches hinzufügt. So sagt man für Gefängnis „das graue H a u s " (so selbst im Griechischen einfach Haus statt Gefängnis), und wie die Griechen die Erinnyen gern E u m e n i d e n , Spenderinnen gütigen Geschicks, nannten und für Sterben „ E n t s c h l a f e n " sagten, so wird für Rachegeister etwa „die Holden" (s. u.), für Sterben „ E n t s c h l a f e n " oder „ H e i m g e h e n " zur Vermeidung des dem Ohr unangenehmeren Wortes, und für den Tod „ F r e u n d H e i n " gebraucht 21 ). Auch E l y s i u m ist vielleicht „ L a n d der Heimgegangenen" 3 ), jedoch nicht notwendig ein E. 4 ). Die Toten hießen bei den Römern „die Guten" (boni), wie bei uns „die S e l i g e n " ; und auch die Hinzufügung „ G o t t hat ihn (sie) selig" bei Nennung des Toten war vielleicht ursprünglich weniger der Wunsch f ü r den Toten als ein solcher für den Überlebenden, daß nämlich der Tote bei Gott bleiben und j a nicht wiederkehren möge 5 ). So werden namentlich auch K r a n k h e i t e n mit sehr vielen Decknamen euphemistischer Art bezeichnet, wahrscheinlich zunächst, um sie oder die betreffenden Dämonen nicht durch Nennung des rechten Namens herbeizuziehen oder auf den Sprecher aufmerksam zu machen, später, als die animistisch-dämonistische Anschauung geschwunden war, um sich selbst den unmittelbaren Gedanken an die Unannehmlichkeit der Krankheit fernzuhalten. Statt von jemandem zu sagen, er habe die E p i l e p s i e , sagt man: „ E r liegt in bewußter Abrechnung mit dem Dämon" oder „das Ding hat ihn überfallen" 6 ). In
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Euphemismus
der Gegend des Parnaß wird für ein Leiden, das von einem Dämon verursacht gilt, häufig einfach „ B e g e g n u n g " (antema), nämlich mit dem Dämon, gesagt '). In Zeiten einer Pestepidem i e spricht man das W o r t Pest (kuga) nicht aus, sondern, um das Böse zu täuschen, sagt man kuma, d. i. Gevatterin; oder man sagt statt morija (Mörderin) molija8). Manchmal bildet die Sprache von selbst, unwillkürlich und unbewußt, den E. heraus. Mit dem W u n s c h : „ D i c h soll das Mäuslein beißen" wünschte man ursprünglich dem Nächsten die Pest an den Hals, denn: Mäusl = Meisel = Misel (-sucht) oder P e s t 9 ) . A u c h die heutigen Griechen nennen die Pest „ d a s gute Ges c h i c k " (kalotyche), wie sie die schwarzen Pocken als „ S e g e n " oder „Schönes Begebnis" (eulogia) bezeichnen 10 ). In der Beschwörung gegen den T a rantelstich wird nicht das W o r t Merimage genommen, sondern Maro. Neun Frauen setzen sich neben den K r a n ken und singen: „ W i r sind neun Maros, du bist nur eine Maro" u ) . A u s ähnlichem Grunde nennt ein Beduine die ihm so oft gefährliche Schlange immer „ M ä d c h e n " 12 ). Der A f f e , der bei den Beduinen als unheilbringend gilt, wird deshalb „ d e r Glücksbringer" g e n a n n t 1 3 ) . Dem T e u f e l gibt man den Titel „ G r i m m b a r t " 1 4 ) oder „ d e r Garandere" — der Spani-Spadi-Spari-Speri-Fankerl, entsprechend dem Altsächsischen gSrfiand = Speerfeind — der Fankerl schlechtweg — der Guzigagl — der D r a k — der Hollabirbou = Hollunderbeerbube — der Hörlseph — der Wuggerl, welches wohl zu Nordischem: Y g g r , Beinamen des Odin, des Schrecklichen, gehalten werden darf — Alp, Schratl — Urahnl. — Wie überall, ist auch in der Hölle der Name „ M a y e r " vertreten: der Teufel tritt als „ H ö r l m a y e r " a u f 1 5 ) . — U m nicht das Unheil, welches die Nachteule zu prophezeien pflegt, herbeizurufen, spricht man in Bosnien den wahren Namen d e s ' V o g e l s „ J e j i n a " nicht aus, sondern umschreibt ihn mit „ V e l i k a B u b a " oder „ V e r l i k a B a j a " , große B u b a oder große Zauberin. Entschlüpft aber
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das W o r t Jejina zufällig, dann zieht man die kleinen Kinder, indem man dabei piepst, an den Ohren und vermeint, dadurch die üble W i r k u n g zu paralysieren 1 6 ). Die Aussätzigen werden in Damaskus von den Mohammedanern „ d i e Herren" genannt, von den Christen „ d i e B r ü d e r " — aus dem ersichtlichen Grunde, dem Dämon oder Stoff der K r a n k h e i t zu schmeicheln. Es ist derselbe Grund, wenn der W a h n s i n n im Arabischen „ d i e segenbringende P r ü f u n g " genannt wird 1 7 ). In Monastir muß bei den Gräko-Wallachen außer der Mutter immer noch ein anderer bei dem neugeborenen K i n d e während der ersten sieben Tage weilen und die Mutter selbst 40 Tage lang; ist letztere auszugehen genötigt, so stellt sie neben das K i n d zum Ersatz einen Besen als Gesellschafter hin; das alles z u m Schutz gegen „ d i e Weiss e n " oder „die weißen Freundlichen", wie man schmeichlerisch die Nymphen nennt, welche das K i n d bis zur T a u f e verfolgen und auch wohl die Wöchnerin l s ). Ist eine Wöchnerin krank geworden, so geht die Mutter um Mitternacht zum Hausbrunnen, zum Gartenquell, zur Dachtraufe oder zum nächsten Bächlein und ruft, „die Weißen, die Freundlichen und Allerschönsten" mit leisem Lied 19 ). Wenn die Wallachin ein Neugeborenes zum erstenmal an die Brust nimmt, muß sie einen Spruch sagen, der sie vor dem Bösen schützt. Erkrankt das Kind durch die Bosheit eines Geistes, so sagt man in Monastir: „ D a s k o m m t v o m G u t e n " 20). Da man sich fürchtet, die wahren Namen der K r a n k h e i t s g e i s t e r und auch anderer böse Geister, Hexen usw. zu gebrauchen, so bedient man sich euphemistischer Fälschungen. Die Nordalbanesen nennen die Poltergeister, die nur Böses anst.ften und Tod bringen, nichtsdestoweniger Stojzowale (Stoj zot valet, d. i. Vermehrer des Chors, sc. der auf Gott Lobhymnen singt). Diese fromme Bezeichnung soll die Poltergeister freundlich stimmen; ja man f ü g t wohl, wenn man sie einmal erwähnt, hinzu: „Möge Gott sie vermehren wie Gras und B l ä t t e r ! " und glaubt sie damit zu Freun-
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Eva
den zu haben 21 ). Die Juden nannten den bösen Krankheitsdämon L i 1 i t h , „die Schöne", ebenso wurde die Ε m ρ u s a bei den Griechen und wurden die S t r i g e s und L a m i a e bei den Römern ,,d i e S c h ö n e n " genannt 22). In Südalbanien nennt man die bösen Geister „Jaschtschesmeja", d. i. ,,das Auswärtige", wie j a auch das altgriechische ίο exotikon gebraucht wurde; oder die Fatmire, „die Glücklichen"; oder Ν us e malljot, „ B r ä u t e des Berges"; oder in Elbassan: Ate Kjä bantschine naten e mire, d. i. „die eine gute Nacht haben mögen" 2ä ). Sündhaft und gefährlich ist es, den Namen des Gottes Smrt unnützerweise auszusprechen; man sagt statt dessen einfach „die Krankheit" (bolestschiza), auch wohl „die liebe Krankheit" 24). Der E. wünscht nach dem Tod des Bauern, die Bienen möchten nicht „gestohlen" werden, um nicht zu sagen: vom Toten nachgezogen (s. Ersatzopfer 2). Die Griechen nannten augenscheinlich die Dämonen auch gerne ihre Brüder (adelphoi), und „brüderlich" ein von Dämonen gesandtes Übel. Anscheinend wird auch so in einem griechischen Gebet die Epilepsie als „ d a s S ü ß e " bezeichnet 25). Noch jetzt kommt es in Griechenland vor, daß man am Kreuzweg den Hut abnimmt, um den sich dort aufhaltenden Geist zu ehren (eine dem E. entsprechende Handlungsweise) 26). H a n d l u n g e n eup h e m i s t i s c h e r A r t spielen neben euphemistischer Rede eine bedeutsame Rolle. So wurde, um einen bösen Geist günstig zu stimmen, derselbe nicht nur „guter Dämon", „ A g a t h o - D ä m o n " genannt, sondern es wurde ihm zum Schluß der Mahlzeit ein Trank von ungemischtem Wein dargebracht 27). An Obenerwähntes erinnert es, wenn dieser „Agathodämon" nicht selten in Schlangengestalt gedacht ist; er ist dann der zu besänftigende, heißt auch wohl selbst „der Besänftiger", wie der in Schlangengestalt verehrte Zeus tneilichios Dieser Agathodämon wurde sowohl in Ägypten, wie im griechischen Kulturkreis verehrt (als Seelenwurm oder fürchterlicher Totengeist vorgestellt) M ).
Die Göttin H o l d a ( H u l d a ) trägt auch wahrscheinlich einen durch E. gebildeten Namen. Im mhd. Hulda und Frau Holle klingt nach Hermann G ü η t e r t der uralte Glaube an die verhüllte Totengottheit und ihr gespenstisches Gefolge an (Verhüllerin, Verbergerin, K a lypso) 30). Der Name wurde dann erst in der Volksetymologie mit „ h o l d " oder „gnädig" zusammengebracht, wobei Güntert freilich erwägt, ob das nicht schon ein alter euphemistischer Beiname sei 31 ). Die ursprüngliche Bedeutung „ h o l d " im Sinne von „verhüllt" (verborgener Gott, deus absconditus) wäre dann von einer euphemistisch arbeitenden Denkweise jetzt als „ h o l d " im Sinne von „günstig" aufgefaßt, und dann wäre diese Bedeutung wiederum von der christlichen Namengebung umgedreht worden in „unhold", „die Unholden" für dieselben Wesen 32). Überhaupt ist aber zu bemerken, daß bei solchen Wesen die Bezeichnungen gar nicht selten fort und fort zwischen günstigen und ungünstigen Prädikaten schwanken und wechseln, indem manchmal die wirkliche und manchmal die euphemistische Bedeutung betont wird. l ) F e Ii r 1 e Keuschkeit 69 f. Anm. «) S t e m ρ l i n g e r Aberglaube 24. •) R o h d e Psyche 1, 76. 4) G ü n t e r t Kalypso 38 Anm. 3. ') D e r s. Göttersprache 16 ") S t e r n Türkei 1, 180. ') P r a d e l Gebete 96. ') S t e r n Türkei 1, 264. ·) G ü n t e r t Göttersprache 14. l °) S e l i g m a n n Blich 2, 371 f. n ) S t e r n 1, 211. " ) Ebd. 2, 356. ») Ebd. ») Ebd. 2, 357· IS) S c h ö n w e r t h 3, 40. 1β) S t e r n 2, 356. " ) Ebd. 18) Ebd. 2, 315. l») 2, 316. 20) 2, 355- 21) 2, 356· M ) 1, 338 u. 347· " ) 2, 356. ») Ebd. " ) P r a d e l Gebete 80 ff. 82 2 e Anm. 1. )B. S c h m i d t Volksleben der Neugriechen 93. " ) K i r c h e r Wein 24 f. 2> Ebd. 26. ) Ebd. 26 ff. " ) G ü n t e r t Kalypso 89. J1) Ebd. 91. " ) Ebd. 92. K. Beth.
Eva. 1. Die biblische Urmutter. Mannigfache Sagen und Schwänke von ihrer Erschaffung (oft aus einem Hunde-, Katzen-, Affenschwanz) sollen ihre und des ganzen weiblichen Geschlechtes Minderwertigkeit in verschiedenen Beziehungen erweisen 1 ). Sie soll mit dem Teufel gesündigt haben 2), aus ihrem Teige werden
evangelisch—Evangelium
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S t e i n e 3 ) , aber aus ihren R e u e t r ä n e n P e r l e n 4 ) . Sie a h m t A d a m nach wie der Teufel G o t t 6 ) . l) D ä h n h a r d t Natursagen 1, 105. 1 1 4 f f . ») E b d . 2 1 1 . 352. 3) E b d . 214 t *) E b d . 223 f. ') E b d . 248.
2. Der N a m e E. (und Genoveva) ist örtlich z u m S c h i m p f w o r t geworden, weil er mit Vorliebe unehelichen K i n d e r n gegeben wird ·). A b e r auch, wenn Mädchen gedeihen und nicht früh sterben sollen, m u ß man sie E. taufen l a s s e n 7 ) ; v g l . A d a m 3. ·) M e y e r Baden suren 8 1 ; K n o o p
28. ') Τ ö ρ ρ e η MaHinterpommern 155 (4).
3. Im M o n d e steht A d a m mit der Heugabel und E. mit der Mistforke 8 ) oder sitzt a m Spinnrocken 9 ). Sie müssen auf das Elend niedersehen, das sie in die W e l t gebracht haben 1 0 ); neben ihnen steht der B a u m der Erkenntnis u ) . Im isländischen V o l k s g l a u b e n zeigt die S o n n e das Gesicht E.s, der Mond das A d a m s 1 2 ) . In der Picardie will m a n A d a m und E. i m K o p f e einer K r a b b e n a r t erkennen 1 3 ). *) Urquell 4, 21 (Westpreußen). *) S e e f r i e d - G u l g o w s k i 169. 10 ) R ο s e g g e r Waldheimat 1, 115. 1 1 ) D ä h n h a r d t Natursagen 1, 248 (Dalarne i n Schweden). " ) M a u r e r Island. Volkssagen 185. " ) S 6 b i l l o t Folk-Lore 3, 355 f.
4. Im späteren M A . w a r die Sage v o n den u n g l e i c h e n K i n d e r n Evä weit v e r b r e i t e t 1 4 ) . V o n den häßlichen oder unsauberen, die sie v o r G o t t vers t e c k t hat, stammen die Unterirdischen und A l b e n 1S ), die A f f e n l e ), „ a n t r i s c h e " L e u t e " ) ab. " ) Β ο 1 1 e - Ρ ο 1 i ν k a 3, 308 f f . ; D ä h n hardt Natursagen i , 246 f . ; S t r a u ß Bulgaren 85 f. ") D ä h n h a r d t 1, 247. 354 f . ; G r i m m Myth. 3, 163; Müllen1β h o f f Sagen 279. ) D ä h η h a r d t 1, 246 f. " ) Η e y 1 Tirol 564 (18).
5. A d a m und E. kommen im gegen Schlangenbiß v o r 18 ). " ( B a r t s c h
2, 453.
Segen Sartori.
evangelisch s. K o n f e s s i o n . Evangelisten, die vier. Ihre N a m e n schützen das Haus und stehen neben denen der hl. Dreikönige oder auch allein auf Glocken 2 ). A u f einer alten Glocke zu Gilching (Oberbayern) sind sie viel-
(Evangelist)
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leicht absichtlich v e r k e h r t geschrieben 3 ). Zettel mit ihnen t r ä g t man gegen K r a n k heiten und sonstiges Unheil bei sich 4 ). Im Salzburger Bienensegen (9. Jh.) werden die vier E. den Bienen zu W ä c h t e r n bestellt, weil sie die christlichen H ü t e r der vier W e l t g e g e n d e n sind 5 ). So kommen sie a u c h im englischen K i n d e r g e b e t beim Schlafengehen v o r 6 ) . A u c h sonst sind die N a m e n im Segen nicht s e l t e n 7 ) . ') W u t t k e 179 (244). *) B e c h s t e i n Sagenschatz d. Frankenlandes 1, 224; Otte Glockenkunde2 124. 3) O t t e 131. *) S e y f a r t h Sachsen 1 5 1 . 5) F e s t s c h r i f t f. E . H a h n (1917), 332. 341· e ) E b d . 341. ') S A V k . 19» 219; Z f V k . 7, 409; 24, 153 ( F r a n k r e i c h ) ; F r a n z Benediktionen 2, 139 (lateinischer Viehsegen); P a n z e r Beitr. 2, 535 f. (angelsächsisch). I m T o b i a s s e g e n : Z f V k . 7, 167 (Böhmerwald). D r e i E v a n g e l i s t e n i m Segen gegen k a l t e n B r a n d , M a t t h ä u s f e h l t : W i t z s c h e l 2, 272 (66). Sartori.
E v a n g e l i u m (Evangelist). Die Bibel, das B u c h der Bücher, spielt als älteste und vornehmste Quelle der V o l k s b i l d u n g wie als T r ä g e r eines geheimnisvollen, wunderbaren Inhalts n a t u r g e m ä ß eine entsprechend große Rolle im Zauberglauben aller christlichen Völker. B a l d dient die ganze Bibel als helfende K r a f t , bald erhofft man eine W i r k u n g von einzelnen sinngemäßen Textstellen, vgl. Bibel. H ä u f i g zieht m a n s t a t t der ganzen Bibel den bekanntesten Teil des N T . s , die vier E.en, als starken Helfer heran, sie wirken an Stelle der Gottheit selbst. Schon die alten Christen f a ß t e n daher beim Eid, einer A n r u f u n g Gottes, das E.e η b u c h an oder legten die eine H a n d darauf, Justinian f ü h r t e diesen Brauch gesetzlich ein, und die P ä p s t e förderten seine A n w e n d u n g in der ganzen Christenheit *), weshalb er auch dem altdeutschen R e c h t geläufig wurde 2 ). Eine gleiche Rolle spielte das E. beim Gottesurteil, ζ. B. bei der Wasserprobe, v o r deren Beginn E. und K r e u z g e k ü ß t werden m u ß t e n 3 ). Doch nicht nur zur Bek r ä f t i g u n g solcher göttlicher Bezeugungen diente seit ältester Zeit die Macht des E.s, bereits Augustin erwähnte, daß man auch den K o p f eines K r a n k e n mit d e m E.enbuch berührte 4 ), und er meinte dazu, es sei noch besser als andere A m u l e t t e 5 )
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Evangelium (Evangelist)
ebenso beklagte Chrysostomus, daß man einen Teil des E.s aufgeschrieben am Halse trage®). So bedient sich in erster Reihe christlicher H e i l z a u b e r neben der Bibel (s. d. § 5) der E.en im besondern. Noch im 1 7 . J h . gebraucht man in Oberbayern das E.enbuch als Wundermittel gegen Irrsinn 7 ), und ähnlich legt man im 19. J h . im Allgäu das Hinterhaupt eines Neugeborenen auf ein E.enbuch, um ihn vor geringem Verstand zu bewahren 8 ). Z u m Heilzauber schreibt man im 1 5 . J h . auch Bibelworte auf das E. 9 ) (s. u.), oder man beschwört die Krankheit „bei dem hl. E . " 1 0 ). An die Stelle des E.enbuchs, der ganzen vier E.en, treten öfter ihre Α η f a n g s w o r t e . Noch jetzt pflegt die römisch-katholische Kirche in Deutschland und Österreich den Brauch, bei der Fronleichnamsprozession an vier verschiedenen Altären die „ I η i t i e n " d e r v i e r E.e η zu singen, nach ihrer Deutung als ein Symbol der Ausbreitung des E.s nach den vier Weltgegenden — diese vier E.en an Fronleichnam zu hören soll dem Säugling sehr zum Gedeihen beitragen u ) . Ebenso singt man mancherorts bei Wetterprozessionen die Initien, schon im MA., so im 15. J h . in Österreich, bekämpft, doch heute noch offiziell in Süddeutschland g e d u l d e t 1 2 ) ; als Anstoß des zweiten Brauches diente das Wunder von der Stillung des Sturmes auf dem See Genezareth, diese Stelle der E.en las man im 1 0 . — 1 1 . J h . , seit dem 12. J h . aber den A n f a n g des Johannise.s, später aller vier E.en, die besondere Beziehung ging verloren 1 3 ), vgl. W e t t e r s e g e n . Dementsprechend erscheinen die Anfänge der E.en im 15. J h . auch in Wetterkreuzen eingelassen 1 4 ). Hier enthüllt sich unzweifelhaft ein a p o t r o p ä i s c h e r Charakter, er wohnt den E.en, als pars pro toto ihren Anfängen, den E.enbüchern wie einzelnen E.enstellen (vgl. Bibel § 5, Bibelamulett) als Symbolen göttlicher Macht, bereits seit dem frühesten christlichen Altertum i n n e l s ) . Diese abwehrende K r a f t ist nicht nur im Wettersegen angewandt worden, von alters her hat man die Initien als Abwehrmittel gegen
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allerhand D ä m o n e n betrachtet, ζ. B . in Oberösterreich zur Beschwörung Besessener gelesen 1 6 ); hierbei war im 15. und 16. J h . — lokal verschieden — genau die Himmelsrichtung vorgeschrieben, nach der die einzelnen E.enanfänge verlesen werden sollten 1 7 ). Bis Ende des 18. J h s . hat man in der Christnacht im Wiener Stephansdom die Initien als Wolfssegen (s. d.) zum Schutz gegen Wolfsgefahr gesungen 18 ). Nach einer Erfurter Hs. des 1 5 . J h s . kann dem, der Worte des hl. E.s geschrieben bei sich trägt, wobei höchstens noch ein Kreuz hinzugefügt sein darf, kein Übel zustoßen, auch nicht im Kriege 19 ) — Griechen und Römer gebrauchten in gleicher Weise gegen Krankheit Homerund Vergilverse 20). In Asturien befestigt man gegen den bösen Blick „ e v a n giles" an den Windeln oder dem Gürtel des Kindes a l ). Und auch dann herrscht der Abwehrgedanke, wenn man die vier E.en auf einer verwünschten Allmend v e r g r ä b t 2 2 ) . Der oben erwähnte Heilzauber ist schließlich ebenfalls nichts anderes als eine Abwehr böser Dämonen. Von den einzelnen E.en besitzt das E. J o h a n n i s , gegen dessen Mißbrauch sich schon die Synode von Seligenstadt 1023 gewandt hat 23 ), die größte K r a f t ; es wird im Heilzauber wie zum Schutz vor Gewitter und dem wilden Heer, gegen Behexung, bei Diebsbeschwörungen, beim Schatzheben, zum Spielglück herangezogen 2 1 ) , vgl. J o hannis-E. Demgegenüber r u f t man andere E.en viel seltener zu Hilfe. Beim Schatzheben betet man tags zuvor auf dem Hortplatze die Verklärung J e s u nach dem E. Matthäi (17, 1 ff.) 25 ). Beim Erbschlüsseldrehen (vgl. Dieb § 4 a) legt man neben dem Johannis-Ε. den Schlüssel auch auf Matth. 1, I — 1 6 26 ). Oder man liest aus einem Erbbuch ein sonntägliches E. laut vor und denkt dabei an des Diebstahls verdächtige Personen, beim Schuldigen dreht sich während des Lesens der Erbschlüssel, den zwei andere halten 27 ). A m Walpurgisabend betet man zum Schutze das E. des Tages 28). A m hl. Abend liest man dem Stallvieh das , , H a u s - E . " vor 2 i ).
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Ewaldus—ewiger Fuhrmann
Dem Inhalt des S o n n t a g s - E . s wird sogar ein Einfluß auf das bäuerliche Leben eingeräumt; so hält man den Sonntag Oculi wegen seines E.s von der Teufelsaustreibung (Luk. 11, 14—28) für besonders gesegnet zum ersten Austreiben der Herde, da an diesem Tag jedes Teufelswerk unmöglich sei 30). Während das E. 12 Uhr nachts in der Christmette verlesen wird, hört man auf einem Kreuzweg, wenn man „losen geht", allerlei 31 ). So birgt die Zeit des E.l ä u t e η s , während der der Pfarrer „das E. spricht", erhöhte Zauberkraft, die man benützt, um Krankheiten von Mensch und Tier zu bekämpfen 32). Ja, am Faschingsdienstag schüttet man heimlich während des E.läutens Kehricht auf einen fremden Misthaufen, um das eigene Haus von Flöhen zu befreien 33). Auch die E v a n g e l i s t e n selbst werden als Helfer beschworen, wie noch ein Soldatenschutzbrief unserer Zeit beweist 34 ); man begegnet ihren Namen in zahlreichen Beschwörungen und Diebssegen M ), sie schützen das Haus 3 i ) vor dem bösen Blick "), vgl. vier E v a n g e listen. 1l S i 1 1 1 Gebärden 145. *) S c h r ö d e r Rechtsgeschichte * 395 A. 33. *) S c h i n d l e r Aberglaube 110 f. ') Tract. 7, 12 in Joh.Evang., vgl. S i t t l a. a. O. 324; S e l i g m a n n Blich 2, 340. ') F r a η ζ Benediktionen 2, 436 f. ·) Ebd.; Hexenhammer 2, 242. ') F r a η ζ a. a·. Ο. 2, 437. ·) R e i s e r Allgäu 2, 230. ·) Z f V k . 11, 274. 10) H ö h n Volksheilkunde 1, h i ; M o n t a n u s Volksfeste 116. " ) J o h n Westböhmen 109. Vgl. Α . S c h o t t Das Meßbuch der hl. Kirche unter Fronleichnamsfest, Wettersegen; F r a n z a. a. O. 2, 14. 112 f. 115; P f i s t e r Schwaben 67; W. § 91; Gewitterbeschwörung durch cure apr£s avoir dit l'Evangile de la Passion: S e b i l l o t FolhLore 1, 109. " ) F r a n ! a. a. Ο. 2, $2. 57· " ) Ebd. 2, 437· 14· " ) Ebd. 2, 57. 436 f. " ) Ebd. 2, 582. " ) Ebd. 2, 58. " ) K o l b e Hessen 113. " ) Z f V k . 11, 276. s0) P f i s t e r Schwaben 35. , l ) S e l i g m a n n Blick 2, 340. «) L ü t ο 1 f Sagen 263. " ) H ö h n Volkskeilkunde i , 64. **) Α η h ο r η Maaiologia 519· 790. 807. 830; M ä n n l i n g 237. 291; Romanusbüchlein (Philadelphia) 46; Strakk e r j a η ι , 101; B a r t s c h Me klenburg 2, 31 f.; D r e c h s l e r 2, 136. 160. F r i s c h b i e r Hexenspr. 118; L a u b e Teplitz 58; Β i r 1 i η g e r A us Schwaben 1, 398; E b e r h a r d t Landwirtschaft 4; P f i s t e r SchwaB ä c h t o l d - S t ä u b l i Aberclau!,e II.
I090
l>eu 351 L ü t o l f Sagen 235 f.; S e l i g m a n n Blick 2, 239 f.; Livland: SSRerLiv. 2, 468; S έ b i 11 ο t Folk-Lore 2,199; 3, 6. 39. " ) L ü t ο 1 f Sagen 235; l'fevangile du premier dimanche de l ' A v e n t : S e b i l l o t a. a. O. 4, 204. «) J o h n Westböhmen 276. «') L y η k k e r Sagen 261; G r o h m a n n 204. a ) J o h n Westböhmen 72. "1 S c h r a m e k Böhmerwald 241. ®°) F r i s c h b i e r Hexenspr. 141. 3 1 ) V e r n a l e k e n Mythen 335. *») Β a r t s c h Mecklenburg 2, 456; S e y f a r t h Sachsen 77. " ) S c h r a m e k a . a . O . 136. " ) SAVlc. 19, 219 Nr. 31. «) Ζ. B. Alemannia 2 , 1 3 1 ; H ö h n Volksheilkunde 1, 146; S c h r a m e k a . a . O . 273. " ) W. § 244. 37) S e 1 i g m a η η Blick 2, 325. Müller-Bergström.
EwaldUS. Die beiden hl. Ewalde, der schwarze und der weiße, sollen nach der Sage den Morsbach bei Müngsten zur Wupper hinabgetrieben haben. Sie schwammen den Rhein aufwärts bis Köln. Dort bereitete ihnen Pipin eine Ruhestätte in geweihter Erde *). Nach den hl. Ewalden scheint der Name eines Zwergkönigs E. oder Echwaldus gebildet zu sein, der im untern Bodetale hausen soll. An derselbeft Stelle zeige sich zuweilen ein Mönch 2). Nach einer andern Sage hält sich der Zwergkönig Echwaldus in einer Mühle bei Elbingerode auf 3). l ) ZfrwVk. 1908, 275. 2) P r o h i e Unterharz. Sagen 7 Nr. 24. ') Ebd. 146 Nr. 368. Bäschlin.
ewiger Fuhrmann, der Stern Alcor, der kleine kaum sichtbare Stern über der mittelsten Deichsel des Himmelswagens, des großen Bären. Es ist ein Fuhrmann, der dorthin an den Himmel versetzt ist, weil er sich entweder in der Art des wilden Jägers gewünscht hat, ewig fahren zu dürfen, oder weil er sich in seinem Berufe irgendwie versündigt hat. Es kann gefragt werden, ob solche Gestirnmythen, die sich auch in altnordischer Überlieferung finden, eigentlich germanischen Ursprungs sind, oder erst der Einwirkung der Antike ihr Dasein verdanken '). Der Fuhrmann als Sternbild scheint sich nur im nördlichen Deutschland zu finden: etwas anderes ist der schwäbische e. F., der zwischen Martini und Weihnachten lärmend durch die Luft fährt. Wohl wird daselbst auch von dem Himmelswagen berichtet, an dem man neben anderem auch den F. unterscheiden könne,
ewiger Jäger—Ewigkeit
1091
nicht aber, daß dieser ein dorthin versetzter Irdischer sei s ). ') G r i m m Myth. 2, 605 f.; S a r t o r i Westfalen
62. 68;
Schell
Bergische
Sagen
Preuß. Wb. i , 155. 209; Ν ο r m a η η der Sterne 1925. 241. 461. *) M e i e r
Mythen Sagen
151 Nr. 29; K u h n und S c h w a r t z 200. 457; S c h a m b a c b u. Μ ii 11 e r 67 f. 344 f.; K u h n Westfalen 1, 222; 2, 33. 76. 87; M ü l l e n h o f f Sagen Nr. 484; F r i s c h b i e r Nr. 104. 260.
ewiger Jäger, s. w i l d e r ewiger Jude, s. J u d e ,
Singer.
Jäger. ewiger.
1092
standen, die erst bei Aufdeckung des Grabes erloschen"). Von anderer Lampe, welche bald nach Christi Kreuzigung angezündet worden und etwa 500 Jahre lang unter einem Christusbilde in Edessa gebrannt hatte, bis die Soldaten des Chosroe ihre Ruhe störten, weiß die Sage 1 0 ), ähnlich wie von der 1401 im Grabe des (aus V i r g i l u ) bekannten) Pallas entdeckten Lampe, deren Licht durch neugieriges Anbohren der Lampe selbst zerstört wurde 12 ). L i ρ ρ e r t
ewiges Licht, wie es in indischer und anderer orientalischer Religion, gleich dem heiligen Feuer in stetem Brennen erhalten, als Symbol der Unvergänglichkeit des himmlischen Segens gebraucht und in der morgenländischen wie in der römisch-katholischen Kirche mit Vorliebe von dem aus dem Grabe des Erlösers in der „ K i r c h e zum heiligen Grabe" in Jerusalem herausgereichten Auferstehungslicht abgeleitet wird, ist auch die Lichtquelle, an welcher die Kerze oder das Lämpchen entzündet wird, das man für die armen Seelen im Fegfeuer brennt ; denn profanes Licht besitzt solche K r a f t nicht 2 ). Zur Not tut es ein mit Stahl an Stein entzündetes Licht s ), weil das also der Natur selbst entlockte Feuer (das in Kulten die neu belebte Zeugungskraft bedeutet) *) die Kontinuität oder Ewigkeit des Lichtes garantieren kann. Das ewige Lämpchen wird wach gehalten, wobei die heilige Flamme in vielen Fällen Phallus-Symbol i s t s ) , wie die immerwährende Pflanze, das Unsterblichkeitskraut (des Gilgamesch), auch die immergrüne Fichte (in welche schon dem alten phrygischen Mythus zufolge der entmannte Attis verwandelt wurde) die ewige Regeneration bedeutet ·). Brennt aber das e. L. in der Kirche nachts recht hell, so zeigt das einen baldigen Todesfall in der Pfarrei a n 7 ) . Das dem guten Frommen ins Grab mitgegebene Licht brennt, wenn nicht freventlich gestört, ewig 8 ). Unter Papst Paul III. wurde in einem Grabe an der Via Appia eine unversehrte Mädchenleiche gefunden, zu deren Füßen seit 1500 Jahren brennende öllämpehen
Christentum
48 f .
*) Β i r -
l i n g e r Volkst. i, 283. ') Ebd. ') S t o r f e r Jungfr.
Mutterschaft
91 £. 185.
173.
') R e i s e r
derberger
5)
E b d . 90.
·) V g l .
Allgäu 2, 313. ') Ν i -
Unterwaiden 3, 61 ff. ·) J e n -
nings Rosenkreuzer 1, 11. 10) Ebd. 12. ») V i r g i 1 Aeneis 8, 51—55. " ) J e n.n i η g s
a. a. O. 12 f.
K. Beth.
Ewigkeit spielt in den Glaubensweisen der Völker eine große Rolle. Schon auf verhältnismäßig primitiver Stufe wird ein Hochgott verehrt, der als ewig gilt oder den Namen des Ewigen trägt (so Altjira bei den Aranda) und „die Ewigen, Unerschaffenen" heißen die sagenhaften Urfahren eines Totemklans *). Andererseits dauert es lange, bis der Begriff der E. klar erfaßt wird und der bloßen Vorstellung einer unabsehbar langen Zeit weicht, lange auch, bis die Götter als ewig gedacht werden, da zumeist ihre Zeit begrenzt erscheint (bei Germanen, Griechen, Römern, Indern usw.). Unter den alten Völkern zeichnen sich die Ägypter und Perser durch frühe Pflege des Gedankens der E. aus. Die ersteren gaben dem Führergott des Pantheons die Prädikate uranfänglich, nie geworden, aus sich selbst seiend (dem Sonnengott Re, dem Amon, der Isis); die alten Perser verehrten einen Genius der Unsterblichkeit (Amurti) und später wurde die anfangsund endlose Zeit, Zrvan akarana, sowohl der mächtigste Gott wie auch unpersönlich; der „Heilige" Geist hat nach dem Videvdad alles in ewiger Zeit, im Zrvan akarana, geschaffen und der Sitz des guten Gottes ist das e w i g e Licht (s. d.) *). Von diesen Zentren hat sich der Gedanke der E. verbreitet und ist besonders auf der Bahn des Christentums in
1093
Ewigkeit
unsere K u l t u r gelangt. A u s der Schwierigkeit, die der Begriff der E . dem menschlichen Fassungsvermögen bereitet, ist verständlich, daß die volkstümliche Vorstellung von der E . , welche im Aberglauben f a s t durchwegs zugrunde liegt, nichts anderes als eine u n a u s d e n k b a r lange Zeit besagt, die man teils denkmöglich zu machen sucht durch Vorgänge, welche außerordentlich lange Zeit in Anspruch nehmen, teils zu verschleiern bestrebt ist, indem man irgendwo einen E n d p u n k t der f ü r die E . berechneten E r eignisse ansetzt. Sie dauert ζ . B . so lange, wie ein Vogel, der alle 1000 J a h r e einmal seinen Schnabel an einem B e r g e wetzt, Zeit braucht, um den ganzen B e r g wegzuwetzen 3 ), ausgedehnter und zugleich genauer beschrieben im Märchen v o m Hirtenbüblein: der Demantberg, eine Stunde hoch, eine S t u n d e breit, eine S t u n d e tief, eine S t u n d e lang, wird alle 100 J a h r e einmal v o m Vöglein gewetzt und „ w e n n der ganze B e r g abgewetzt ist, dann ist eine Stunde von der E. vorbei"4). Oder, wie nach dem Vorbilde des Weltschiffs N a g l f a r in der E d d a , macht eine J u n g f r a u im Böhmerwald jährlich einen Stich an ihrem Hemde, und wenn sie das H e m d fertig hat, beginnt die E. 5 ). Andererseits winkt dem Bösewicht oder dem Helden, der „ a u f e w i g " in eine bestimmte L a g e gebannt ist, doch eine Stunde der Befreiung, wodurch die ewige B a n n u n g selbst begrenzt erscheint. — Ins Gebiet der Neugier nach Einzelheiten der E . f ä l l t der e w i g e G ü r t e l , den ein Mädchen während des Tanzens auf mondbeschienener Flur, wenn durch das Mondlicht der Boden spinnewebedünn ist und die Geister drunten alles hören, von dem im bethlehemitischen K i n d e r m o r d hinabgeschickten Seelchen e m p f ä n g t . Alles was die Geister ihr anvertrauen, darf sie weiter erzählen, solange sie den Gürtel, der ohne A n f a n g und E n d e ist, trägt e ). D a s Interesse des Menschen an der E . gründet naturgemäß in dem Glauben an das ewige Schicksal, ans e w i g e Leb e n , tritt dabei häufiger zutage in der F u r c h t v o r ewigen Höllenstraf e n 7 ), die auch als das ewige
1094
F e u e r bezeichnet werden, gegen welches die F ü r b i t t e der heiligen A g a t h a (im Glottertal und in Bermatingen) schützt 8 ). Eine E i n w i r k u n g auf das ewige Los k o m m t auch dem e w i g e n Geb e t zu, das von morgens 6 Uhr an 24 Stunden dauert ·). A u c h Schuhe, dem Toten in den Sarg mitgegeben, sichern ihn f ü r die E . , wie denn Schuhe zum S y m b o l des Siegs der ewigen Götter über die Mächte des Verderbens geworden sind 1 0 ). Das Hineinwerfen v o n Speisen ins Feuer, ζ. B . v o m B r o t - oder Kuchenteig, erinnert an alte Verehrung des Feuers als unauslöschlicher d. i. ewiger göttlicher Macht (s. Feuer, füttern). E w i g e s Feuer ist v o r allem das durch den Blitz entzündete, das entweder gar nicht oder nur durch (Ziegen-)Milch gelöscht werden k a n n 1 1 ) . Weil ewiges Element, deshalb ist das Feuer auch stetig fordernde M a c h t : der F e u e r m u t t e r wird bei Hochzeiten (in Estland) Geld und B ä n d e r w e r k in die F l a m m e geworfen l a ). D a s sind R e s t e des altarischen B e g r i f f s v o m ewigen Feuer, wie es die Parsen noch heute in ihren weithalligen Tempeln mit Sandelholz u n t e r h a l t e n l s ) und wie es in ähnlicher Gestalt bei den Altpreußen, S k y t h e n und S a r m a t e n gebräuchlich gewesen i s t 1 4 ) . Dieser Gedanke flacht sich zu dem lang dauernden Segen ab, der ζ. B . im Begriff des E . s h ο 1 ζ e s ausgedrückt erscheint, das in Nußdorf am Inn in großer Menge a m T h o m a s t a g e gefällte und verarbeitete Holz, das so heißt, weil es „ u n g e h e u e r lang h ä l t " " ) . Mit den Höllenqualen hängt der e w i g e Durst zusammen, den hartgesottene Sünder ebenso wie der Teufel leiden müssen. Während des Teufels ewiger Durst sprichwörtlich ist, kann der mecklenburgische Edelmann „ m i t seinem Herrn J e s u s C h r i s t " nach Herzenslust saufen l e ) . Andererseits löst das gute Gemüt des Volkes den „ e w i g e n D u r s t " v o n der Hölle und f ü h r t ihn nach A r t häufiger Ätiologie (s. d.) auf das Verschulden eines anderen Menschen an dem zum Durst Verurteilten zurück. S o heißt der e w i g e D u r s t eine F r a u , welche 35*
iop5
Exkommunikation
ihren Durst nie löschen kann, da sie, so oft sie auch zur Mittagszeit {nach anderer Version abends) in weißer Kleidung die Quelle auf einer Waldwiese bei Bautzen besucht, trotz Bückens das Wasser mit ihrer H a n d nie erreichen kann und sich seufzend entfernt. Dies Tantalusgeschick ward dieser jungen Frau in Wilten zuteil, weil ihr während ihrer Niederkunft die Hebamme das Trinkwasser verweigert h a t t e 17). Immerhin bleibt auch die Vorstellung in Geltung, daß die Menschen selbst dazu beigetragen haben, wenn sie zu ewigem Umherwandeln über die Erde (s. e w i g e r J u d e ) oder zur ewig dauernden Wiederkehr an bestimmte Orte verd a m m t sind. Zwar scheint der e w i g e H u n d nicht ein verwandelter Mensch zu sein und ebensowenig der e w i g e H a s e 1 8 ) . Denn einmal handelt es sich hier u m eine alte indogermanische Vorstellung l e ), zum andern gemahnt mancher Zug an Umbildung alter Gottheiten, zumal des W o d a n (oder an das Festhalten eines seiner Hunde im Volksglauben) oder eines Berggeistes. Ewiger Hund heißt in vielen Dörfern der dort von Zeit zu Zeit gesichtete große schwarze Hund, ζ. B. in Escholzmatt, mit nur einem, jedoch tellergroßen Auge mitten im grimmigen K o p f d e r S t e i n i b a c h h u n d zu Dallenwyl 21), der W e 1 t h u η d mit dem Schlüsselbund um den Hals zu Engelbostel 22 ). Wohl aber ist f ü r seine Mordbrennerei b e s t r a f t der ewige Krieger, der auch Rosselhännes heißt und 6 Wochen vor Ausbruch eines Krieges Pferde beschlägt und einem Bauern durch die Scheune fährt, der dafür steuerfrei bleibt 23 ). Ob strafweise oder aus eigenem Entschluß, das pflegt die Volk-vorstellung nicht zu entscheiden bei dem Schicksal der vielen Heerführer und Knegsheere, welche irgendwo in unterirdischen Behausungen auf den Zeitp u n k t warten, da sie in die Geschicke der Völker eingreifen werden, um das ewige Friedensreich endlich herzustellen. Das in der Grotte bei Beuthen schlafende Heer der h e i l i g e n Hedw i g 2 4 ) wird einst zwischen den hier auf der Anhöhe kämpfenden Völkern den
e w i g e n F r i e d e n herstellen. Ausführlicher ist diese Sage lokalisiert auf dem Berge Radhost bei dem mährischen Molkenkurort Rozmann, wo sie mit dem Hirtenknaben in Zusammenhang gebracht wird 25 ). Dieser k a m selbst in das Berggemach, wo er die a m Boden schlafenden u n d um einen Tisch herumsitzenden Feldherren fand, deren oberster einen Bart trug, der mehrmals um den Tisch gewunden war. Vor sehr langer Zeit ist dieses „ G o j m a g o j - R e g i m e n t " von der Erde verschlungen worden, damit es, wenn des Generals Bart dreimal um den Bergabhang gewunden werden kann, mit dem Schwerte den ewigen Frieden herstelle. Daß das ewige Friedensreich mit der großen Entscheidungsschlacht einsetzt, wird ζ. B. in Österreich so vorstellbar gemacht, daß die Christen vom Grazer Schloßberg aus gegen die Türken vordringen und diese bis auf den letzten Mann vertilgen 2e ), und ähnlich wird die Entscheidungsschlacht als Beginn des ewigen Friedens in der Schweiz, der Oberpfalz usw. lokalisiert. ') C. S t r e h l o w Aranda- «. Australiens ι , ι f. s ) E i s l e r
408. 498 f.
3
) Birlinger
Loritjastämme Weltenmantel
Volkst. 1, 183.
*) G - r i m m KHM. Nr. 152. s) S c h ö n w e r t h 2, 64 Nr. 5. ·) Κ u h η u. S c h w a r t z 70. ') S t o l l e Kirchenväter10101. ·) M e y e r Baden 500. ») ZfrwVk. 1,9. ) S c h w e b e ! Tod u. ewiges Leben 246.
12
) Boeder
Religion
ll
Ehsten 13.
der Iranier
) W u 11 k e w
618.
) B. G e i g e r
(in: Die Religionen
der
Erde 1929) 247 f. u ) T y l o r Cultur 2, 284. ) S a r t o r i Sitte 3, 22. ") S c h w e b e 1
16
a 4 a. O. 318. " ) Μ e i c h e Sagen 190 N r . 256.
») Κ o r t h Jülich 10. ") A. W e b e r Indische Studien 2, 229 u. 296. !0) L ü t o l f Sagen 342. ") Ebd. 243. ") K u h n u. S c h w a r t z 255. !3 ) H ü s e r Beiträge 2, 15Nr. 29. M) K ü h n a u Sagen 3,520. " ) V e r n a l e k e n Mythen 112 f.
«) S c h w e b e 1 a. a. O. 361 f.
K. Beth.
Exkommunikation. Die E., der Kirchenbann, einst eine furchtbare Waffe der römisch-katholischen Kirche, hat seit dem Zusammenbruch des einheitlichen mittelalterlichen Weltbildes in der Reformation ihre erschütternde Wirkung eingebüßt und daher auch innerhalb der Kirche an praktischer Bedeutung sehr verloren, obgleich ihre Anwendung auch heute noch nicht aufgegeben ist x ). Trotzdem ist die
Exkremente—Exorzismus
io97
Ε. s a m t ihren g e f ä h r l i c h e n F o l g e n s p ä t e stens seit d e m 18. J h . d e m d e u t s c h e n V o l k s b e w u ß t s e i n e n t s c h w u n d e n . Im M A . m u ß t e sie tiefere B e a c h t u n g g e f u n d e n h a b e n . D e n n die E . z o g die s c h w e r s t e n rechtlichen F o l g e n n a c h s i c h 2 ) . A u ß e r gegen K e t z e r w u r d e sie als k i r c h l i c h e Strafe für Zauberei und Hexerei, Verb i n d u n g e n m i t d e m T e u f e l , u n d z w a r bis z u m 13. J h . als einziges schärferes S t r a f mittel v e r w a n d t 3 ) . Sehr e i g e n a r t i g w a r das A u s s p r e c h e n der E . oder richtiger einer m a l e d i c t i o unter j e n e m N a m e n , einer V e r f l u c h u n g über s c h a d e n b r i n g e n d e Tiere, Gespenster, die m a n v o m 12. bis z u m 18. J h . d u r c h ordentliche, ö f f e n t liche Prozesse a b z u w e h r e n suchte, a m h ä u f i g s t e n i m 15. Jh., u n d z u m e i s t in B u r g u n d , nur v e r e i n z e l t d e u t s c h 4 ) , v g l . T i e r p r o z e ß . D a ß der E x k o m m u n i z i e r t e , a u s d e m Heil V e r s t o ß e n e , n a c h dem T o d e keine R u h e f i n d e n kann, liegt f ü r m i t t e l alterliches D e n k e n auf der H a n d 6 ). D i e R u s s e n u n d die N e u g r i e c h e n g l a u b e n , d a ß E x k o m m u n i z i e r t e nach ihrem T o d e B l u t sauger, V a m p i r e w e r d e n m ü s s e n e ) . In Italien erscheint die E . als die s c h l i m m s t e U r s a c h e zur j e t t a t u r a , d e m bösen B l i c k , der u n a b w e n d b a r i n n e r h a l b eines M o n a t s t ö t e t 7 ), s o g a r die Tiere fliehen v o r d e m H a u s eines E x k o m m u n i z i e r t e n 8 ) . Der deutsche Aberglaube weiß nichts mehr v o n solchen A n s i c h t e n . >) W e t z e r u . W e l t e 1,1933 ff.; Z e d i e r 3,349: „ n i c h t m e h r z e i t g e m ä ß " (1733)· *) RS c h r ö d e r Deutsche Rechtsgeschichte' 833 f . ;
G r i m m RA. 2, 333. ") S o l d a n . - H e p p e 1, 116. 180; Hexenhammer 3, 234; H a n s e n
Hexenwahn 700. 4 ) A m i r a TUrstrafen und Tierprozesse, M i t t e i l u n g e n d e s I n s t i t u t s f ü r
österreichische Geschichtsforschung 12, 545 ff. 560 f f . ; M a n n h a r d t Germ. Mythen 368; F r a n z Benediktionen 2, 144 f f . ; Schönb a c h Berthold v. R. 113; ZfrwVk. 1904, 741 ZfVk. 23, 186; S 6 b i l l o t Folk-Lore 3, 311.
440. Parodistische E.en s. P a u l
Lehmann
Die Parodie im MA. 15S. 213a. 216. ") M e y e r Aberglaube 356; S A V k . 26, 166; S c h l a n g e h i n -
dert
Bestattung
eines
Exkommunizierten:
S i b i l l o t a . a . O . 3,266. «) M e y e r a . a . O . 345; H e l l w i g Aberglaube 23. ' ) S e l i g m a n n Zauberkraft 57. ·) F r a η ζ a . a. Ο.
2, i6o.
Müller-Bergström.
E x k r e m e n t e . D e r B e g r i f f Ε . i m wissens c h a f t l i c h e n S i n n e als f ü r den K ö r p e r un-
brauchbare Abscheidungsprodukte, ist d e m V o l k e u n b e k a n n t . I m w e i t e r e n Sinne sind H a r n , S c h w e i ß , K o t u n d die gasförmigen Abscheidungsprodukte der L u n g e gemeint, i m e n g e r e n nur die D a r m E., also der K o t (s. d.). — W i e v o n allen K ö r p e r t e i l e n s o w o h l des Menschen wie a u c h der T i e r e sind V o r s t e l l u n g e n überliefert, die in den A b s c h e i d u n g e n gewisse L e b e n s k r ä f t e w ä h n e n , einen L e b e n s r e s t , der f ü r allerlei K u r e n u n d Z a u b e r a u s g e n u t z t w i r d (s. D r e c k a p o t h e k e ) , bisweilen a u c h in der Μ a η t i k B e d e u t u n g e r l a n g t (s. H a r n p r o b e ) . Der v e r m e i n t liche L e b e n s r e s t in den A b s c h e i d u n g e n b l e i b t m i t d e m f r ü h e r e n T r ä g e r in m a g i scher V e r b i n d u n g (s. g r u m u s m e r d a e , Z a u b e r ) . A u ß e r d e m so g e a r t e t e n G l a u b e n an einen K r ä f t e r e s t hier noch m y t h i s c h e Vorstellungen, eine „mythische Urs c h i c h t v o r d e m M y t h o s " zu s u c h e n , w i e es g e s c h e h e n ist, w i r d v e r f e h l t s e i n * ) . Im ü b r i g e n Schweiß.
vgl.
H a r n ,
K o t ,
') Ida L u b l i n » k i im AKw. 22, 154 bis 175. Bargheer. Exorzismus. I . W o r t u n d B e g r i f f . Das Wort E. hängt etymologisch ebenso mit dem griechischen W o r t f ü r S c h w u r (ίρκος) z u s a m m e n w i e das d e u t s c h e W o r t „ B e s c h w ö r u n g " mit dem deutschen W o r t „ S c h w u r " , u n d u r s p r ü n g l i c h h a t t e n beide W o r t e a u c h die gleiche B e d e u t u n g ; doch w i r d h e u t e das W o r t E . i n e n g e r e m S i n n g e b r a u c h t als das W o r t B e s c h w ö r u n g . F ü r l e t z t e r e n B e g r i f f n e h m e n wir ungef ä h r die B e s t i m m u n g v o n Frl. S c h u s s e r (ο. I, 1109) a n ; nur m ö c h t e ich s t a t t „ H e r b e i r u f u n g " „ A n r u f u n g " sagen, d a der Z w e c k der B e s c h w ö r u n g a u c h , wie die V e r f . r i c h t i g S p . 1 1 2 9 s a g t , die V e r j a g u n g der a n g e r u f e n e n M a c h t sein k a n n , die schon z u g e g e n ist u n d n i c h t erst herbeig e r u f e n z u w e r d e n b r a u c h t . E . ist a b e r viel enger, n ä m l i c h die B e s c h w ö r u n g einer besonderen M a c h t , u m sie z u vertreiben; der E . w i r k t a p o t r o p ä i s c h. D a g e g e n h a t t e u r s p r ü n g l i c h das entsprechende griechische Wort εξορκισμός (ebenso έξορχίζω) die w e i t e r e Be-
1099
Exorzismus
deutung „Beschwörung", ohne daß ein apotropäischer Zweck damit unbedingt verbunden war. So im Zauberpapyrus I 80 S. 6: „ D u aber beschwöre (έξόρχ'.ζε) ihn mit folgendem Spruch, damit er unentwegt bei dir bleibe." Eine solche Beschwörung wird έρχισμός (I 92 S. 8) und έξορκισμός (I 133 ρ. ίο) genannt. Dagegen P a p . mag. IV 1239 S. 114 handelt es sich mit έξορχίζω σε, 8αΐμον um eine Dämonenvertreibung, ebenso IV 3007 ff. S. 170 m i t όρχίζω u n d δρχισμός 1 ). D a s W o r t δρχος
selbst h a t nicht nur die Bedeutung „ E i d " , sondern auch „Zauberspruch, Beschwörungsformel" 2 ). Da das Wort E. heute durchaus die apotropäische Bedeutung hat, so gehört der E. in die erste Gruppe der ο. I, 375 f. oder in die zweite Gruppe der ο. 1, 1288 ff. aufgezählten vier kultischen oder magischen Handlungen, also unter die Apotropaia, worunter kultische oder magische Maßnahmen zu verstehen sind, durch welche böse Einflüsse,Mächte, Geister usw. ferngehalten, wenn sie sich nahen, oder vertrieben werden sollen, wenn sie bereits da sind; so möchte ich, etwas anders als o. 1, 129, die Definition geben. Auf den E. war also auch in dem Art. A b w e h r z a u b e r wenigstens hinzuweisen. E. bedeutet also die direkte, gewaltsame Vertreibung der anwesenden bösen Geister, mögen diese sich nun in einem Menschen, einem Tier, in einem Bauwerk oder Grundstück oder sonstwo befinden. Eine i n d i r e k t e Vertreibung findet z. B. vermittelst des Sündenbockes (s. d.) s t a t t und gehört nicht hierher; s. auch Übertragung. Der Mensch, der diese Vertreibung vornimmt, ist der Exorzist (έξορκιστής Anth. Pal. X I 427; Ap.-Gesch. 19, 13). Wenn also die apotropäisch-kathartischen Riten entweder vertreibend oder prophylaktisch wirken k ö n n e n 3 ) , so dient der E. dem ersten Zweck. Und wenn es Apotropaia gibt, die sich gegen orendistische K r ä f t e wenden (z. B. Maßnahmen gegen den bösen Blick, Fesselung oder Pfählung des Toten, Abwaschen von Befleckungen u. a. m.), so richtet sich der E. lediglich gegen p e r s ö n l i c h e böse Geister. Er setzt also den Glauben an solche voraus. Demnach
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ist also der E. mit einem strengen Monotheismus (s. d.) eigentlich nicht vereinbar, wenn man nämlich mathematisch eins gleich eins n i m m t und unter Monotheismus den Glauben (nicht an ein höchstes Wesen, sondern) an einen einzigen Gott versteht, neben dem es keine andern, auch keine bösen Götter mehr gibt. Doch h a t sich vielfach in der Theologie und in der durch sie beeinflußten Religionswissenschaft ein laxerer Gebrauch des Wortes Monotheismus breit gemacht, so daß sogar etwa gesagt werden k a n n 4 ) : „Die Galla sind bis zu einem gewissen Grade monotheistisch. Sie nehmen das Wirken guter u n d böser Geister an und verehren die Tot e n . " So findet sich denn der E. sowohl bei polytheistischen wie bei den sogen a n n t e n monotheistischen Völkern auch im offiziellen Ritual. *) Die Texte bei P r e i s e n d a n z Papyri Graecae magicae 1, 1928. ! ) P a u l y - W i s s ο w a Suppl. 4, 340. Auch das Wort „Schwur" kommt gelegentlich in der Bedeutung „Beschwörung" vor: DWb. 9, 2767. 3) P a u l y W i s s o w a 11, 2177 ff. 4) Anthr. 22 (1927), 302.
2. V e r b r e i t u n g d e s E . : Apotropäisch-kathartische Riten sind überall zu Hause, wo der Glaube an schädigende, unreine K r ä f t e u n d böse Geister lebendig ist, und wo man an böse Geister glaubt, gibt es auch einen E. — Hier einige Nachweise über deii E. außerhalb des neueren deutschen Aberglaubens. I n d i e n : 01denberg, Religion des Veda 8 484 ff. — Bäbylonien und Assyrien: 0 . Weber, Dämonenbeschwörung bei den Babyloniern und Assyrern 1906; Langdon, Z t s c h r . f. Ass. 36 (1925), 209 f f . —
J u d e n t u m : D. Leistle, Die Besessenheit mit besonderer Berücksichtigung der Lehre der hl. Väter. Progr. Dillingen 1887, 85 ff.; Th. Taczak, Dämonische Besessenheit, Diss. Münster 1903, 24 f.; A. Jirku, Die Dämonen und ihre Abwehr im Alten Testament 1912. — G r i e c h e n und R ö m e r : Tambornino, De antiquorum daemonismo. R G W . 7, 3, 1909. — B y z a n t i n e r und Neugriechen: Pradel, Gebete; E.texte bei Delatte, Anecdota Atheniensia 1 (1927), 228 ff. — A l t e s Christentum:
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Exorzismus
A n r i e h , D a s a n t i k e M y s t e r i e n w e s e n 1894, 200 f f . ; H e i t m ü l l e r , I m N a m e n J e s u 1903, 250 f f . ; T a m b o r n i n o 92 f f . ; L e i s t l e 89 f f . ; 126 f f . ; T a c z a k 12 f f . 29 f f . ; D ö l g e r , D e r E . im a l t c h r i s t l . T a u f r i t u a l 1909. — A b e n d l ä n d i s c h e s M i t t e l a l ter: Soldan-Heppe; Hansen, Zauberw a h n ; Ders., H e x e n w a h n ; Meyer, A b e r g l a u b e 294 f f . ; F r a n z , B e n e d i k t i o n e n 2, 514 ff. — N a t u r v ö l k e r : Frazer, D e r g o l d e n e Z w e i g 1928, 794 f f . ; B a r tels, Medizin 189 f f . ; A n d r e e , P a r a l l e l e n 2, I f f . ; S c h w e i n f u r t h , I m H e r z e n v o n A f r i k a 3 1918, 173. Ü b e r einen E., v o n Missionaren an e i n e m K a f f e r n m ä d c h e n v o r g e n o m m e n , s. G r a b i n s k i , M y s t i k 444 f f . — I m a l l g e m e i n e n s. a u c h B e r t h o l e t , R G G . 2 2, 4 7 4 f . ; D i c t i o n n a i r e de T h 6 o logie c a t h o l i q u e 5, 1762 f f . 3. E . i n G l a u b e und A b e r g l a u b e , R e l i g i o n und Μ a g i e. D e r E . w i r d als religiöse H a n d l u n g u n d als Z a u b e r h a n d l u n g b e t r i e b e n ; der P r i e s t e r u n d der Z a u b e r e r n i m m t ihn v o r ; er f i n d e t sich bei u n s als religiöses M i t t e l in d e r k a t h o l i s c h e n K i r c h e u n d als a b e r gläubische Veranstaltung im heutigen deutschen Volksbrauch. So können wir a l s o a u c h h e u t e n o c h e i n e n k i r c h l i c h geb i l l i g t e n u n d einen v o n der K i r c h e v e r worfenen (volkstümlichen) E. unters c h e i d e n 6 ). N u r die B e t r a c h t u n g des l e t z t e r e n g e h ö r t h i e r h e r ; a b e r a u c h der erstere m u ß berücksichtigt werden aus zweif a c h e m G r u n d : einmal, weil eine A b g r e n z u n g des einen v o m a n d e r n g e g e b e n w e i d e n b z w . die v e r s c h i e d e n e n Gesichtsp u n k t e , u n t e r denen beide b e t r a c h t e t u n d beurteilt werden können, besprochen w e r d e n müssen, d a n n , w e i l die E r s c h e i nungsformen beider A r t e n v o n E. große Ä h n l i c h k e i t e n zeigen. U m die U n t e i s c h e i d u n g des religiösen v o m m a g i s c h e n E. ruhiger beleuchten zu können, wenden wir uns zunächst einem nichtchristlichen K u l t u r k r e i s z u , d e m a n t i k e n , w o dieser U n t e r s c h i e d e b e n f a l l s s c h o n v o r h a n d e n ist u n d w o w i r b e r e i t s den d r e i f a c h e n ü b e r h a u p t m ö g l i c h e n S t a n d p u n k t , den m a n dem E. gegenüber einnehmen kann, ant r e f f e n . S o m a c h t P l a t o einen s c h a r f e n
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Unterschied zwischen dem Weihepriester, der m i t seiner g ö t t l i c h e n K r a f t den v o m Wahnsinn Befallenen vermittelst Geb e t e n , S ü h n e - u n d W e i h e m i t t e l n heilte, e t w a d e n P r i e s t e r n des D i o n y s o s , u n d auf der a n d e r n S e i t e d e n W i n k e l p r i e s t e r n u n d Z a u b e r e r n , die ä h n l i c h e W i r k u n g e n durch ähnliche Mittel wie jene hervorz u r u f e n v e r s p r a c h e n e ). U n d in der T a t k a n n t e m a n bei den G r i e c h e n s o w o h l d e n E . als k u l t i s c h e H a n d l u n g , v o r g e n o m m e n d u r c h die Priester b e s t i m m t e r G o t t h e i t e n , als a u c h den E . als Z a u b e r 7 ) . D i e s e n S t a n d p u n k t , den P l a t o v e r t r i t t , der die eine A r t des E . billigt, die a n d r e A r t v e r w i r f t , w o l l e n wir d e n t h e o l o g i s c h e n S t a n d p u n k t n e n n e n . A l s V e r t r e t e r einer z w e i t e n A n s c h a u u n g t r i t t uns ein A r z t aus der S c h u l e des H i p p o k r a t e s e n t g e g e n , der in seiner S c h r i f t ü b e r die „ h e i l i g e K r a n k h e i t " jegliche A r t von E. v e r w i r f t u n d bei K r a n k h e i t e n allein d e n A r z t h e l f e n l ä ß t 8 ) ; das ist der w i s s e n s c h a f t l i c h e S t a n d p u n k t , der d e n Glauben an Dämonen und dämonische B e s e s s e n h e i t a b l e h n t u n d also a u c h d e n E . in keinerlei F o r m a n e r k e n n t . U n d der d r i t t e S t a n d p u n k t i s t der v o l k s t ü m liche, der i m P r i n z i p k e i n e n U n t e r schied z w i s c h e n r e l i g i ö s e m u n d m a g i s c h e m E . m a c h t , s o n d e r n n a c h B e d a r f einen P r i e s t e r des D i o n y s o s oder d e r K y b e l e oder einen Z a u b e r e r beizieht, d a er v o n der W i r k u n g j e g l i c h e n E . ü b e r z e u g t ist. G e n a u so liegen die V e r h ä l t n i s s e a u c h noch h e u t e , w o v o n der k a t h o l i s c h e n K i r c h e der E . der K i r c h e v o n d e m des Aberglaubens unterschieden wird, und w o a u c h j e d e der z w e i a n d e r n g e n a n n t e n Anschauungen ihre Vertreter findet. W i e w e i t also der E . in das G e b i e t der R e ligion oder des A b e r g l a u b e n s f ä l l t , d a r über w i r d die E n t s c h e i d u n g j e n a c h d e m S t a n d p u n k t des B e u r t e i l e r s , f ü r den es, w i e wir sahen, eine d r e i f a c h e M ö g l i c h k e i t gibt, verschieden ausfallen. W i r m ü s s e n d a b e i zwei F r a g e n s t r e n g a u s e i n a n d e r h a l t e n : 1. W a s ist m a g i s c h e r , w a s ist religiöser E . ? W e l c h e r E . g e h ö r t in das G e b i e t der Z a u b e r e i u n d des A b e r g l a u b e n s u n d w e l c h e r in das G e b i e t der
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Religion ? 2. Welcher E . beruht auf richtigem Glauben und Anschauungen und welcher auf falschem ? Welcher E. ist berechtigt und welcher nicht? — Wir betrachten diese Fragen v o n jenem dreifachen S t a n d p u n k t aus. A . V o m theologischen S t a n d p u n k t aus oder speziell v o m S t a n d p u n k t der katholischen Kirche aus wird der kirchliche E. streng v o m magischen E. geschieden, dieser verworfen und jener gebilligt, wenn auch nicht, wie es scheint, wenigstens in der Gegenwart, gerade mit besonderem Eifer gefördert und betätigt. Z u m magischen E . gehört hiernach jeder E., der nicht von einem Vertreter der Kirche vorgenommen wird, also auch ζ. B . der E., den Plato als religiösen E. dem zauberischen gegenüberstellt, d. h. jeder nichtkirchlich-katholische E. in jeglicher Form. Denn der wesentliche Unterschied zwischen beiden E.arten liegt nach dieser Anschauung in der Macht begründet, womit er ausgeübt w i r d : in der Macht Gottes, die weder im E. des Zauberers noch in dem des heidnischen Priesters wirksam ist. Hierüber werden sich freilich die Vertreter des E . aus beiden Lagern, aus dem katholischen und aus dem magischen bzw. heidnischen, nicht einigen, da jeder Exorzist seine K r a f t für die wirkungsvolle hält, und wer ihn um Hilfe anruft, wird ihm beipflichten. So ist ja auch der Vorwurf der Magie den Wunderhandlungen einer fremden Religion gegenüber uralt; der Heide Kelsos hat die evangelischen Wunder als Zauberei bezeichnet und ebenso Origenes die antiken Wunder*). Dazu ist zu bemerken, daß die K r a f t , mit der der E. v o n den Dienern der Kirche und denen des Zaubers vorgenommen wird, h ä u f i g dieselbe ist, exorzisieren ja doch auch häufig die „ B r a u c h e r " unter A n r u f u n g Gottes oder Christi, was selbstverständlich v o n der Kirche wieder als Mißbrauch verworfen wird. Literatur zum kirchlichen E. s. u. Nr. 4. — Die katholische Unterscheidung zwischen kirchlichem und nichtkirchlichem E. ist also dieselbe, wie etwa zwischen kirchlich gebilligten geweihten Medaillen, Skapulieren usw. und volkstümlichen A m u -
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l e t t e n ; s. hierüber i , 377 f. Und wie ebenda gesagt ist, daß zwar der Protestantismus keine amulettähnlichen heiligen Gegenstände kennt, sich aber A m u l e t t e doch auch in der protestantischen Bevölkerung finden, so gibt es auch in der protestantischen Kirche zwar keinen E., aber da der Teufels- und Dämonenglauben auch der protestantischen Bevölkerung nicht fehlt, kommen auch bei ihr gelegentlich exorzistische Handlungen vor. B . Für den volkstümlichen Standpunkt ist zu bemerken, daß wir hier jeden E. als wirksam angewendet finden, daß man an die K r a f t des Dieners der Kirche wie an die des Brauchers glaubt, daß jedoch das Bewußtsein für die Unterscheidung dessen, was kirchlicher E. und was Zauberei bzw. von der Kirche verboten ist, h ä u f i g vorhanden ist. C. V o m dritten Standpunkt aus verwirft man jeden Dämonen- und Teufelsglauben und hält somit jeden E. für unberechtigt. Gleichwohl kann man auch von diesem Standpunkt aus einen Unterschied zwischen religiösem und abergläubischem, magischem E. machen, wie man j a auch hier einen Unterschied zwischen Religion und Magie, Gebet und Zauberspruch usw. macht. Der Unterschied wird nach dieser A u f f a s s u n g wesentlich in der Stellung des E. zur offiziellen Religion liegen 1 0 ). Der religiöse E. wird von den offiziellen Vertretern der Religion und der Kirche, der magische E. von denen vorgenommen, die sich persönlich durch eigene K r a f t und Kenntnisse dazu für berechtigt halten. Hier ist also religiöser E. nicht nur der E. der katholischen Kirche, sondern auch der E., wie ihn ein Dionysos- o d e r K y b e l e priester vornahm. Ein weiterer Unterschied l ä ß t sich v o n diesem Standpunkt aus nicht feststellen, wenn freilich die Zugehörigkeit zur offiziellen Kirche dem religiösen E. auch in der äußern Erscheinung einen besondern Stempel aufprägt. Im übrigen besteht kein prinzipieller Unterschied weder in den angewandten Mitteln noch in dem damit verfolgten Zweck, und ebenso liegt hier wie dort der
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gleiche Glaube an die Existenz böser Dämonen und an die Wirkung einer starken K r a f t , wodurch jene vertrieben werden, zugrunde. Hinsichtlich dieser K r a f t aber eine Unterscheidung zwischen zweierlei E. zu machen, ist nicht Sache des auf diesem S t a n d p u n k t stehenden Beurteilers, da dies nicht Sache der Wissenschaft, sondern des Glaubens und der Theologie ist. s) P f i s t e r ZfrwVk. 24 (1927), 85 ff. «) P f i s t e r Festschrift Cimbria 1926, 55 ff. ') T a m b o r n i n o a. a. O. 75; Pfister a. a. O. ') Text der Schrift περί ίβρτ)ς νόσο« in der Ausg. von L i 1 1 r έ V I und bei v. Wilamovitz Griech. Lesebuch 1 , 2 ; dazu v. W i l a m o w i t z S.-B. der Berl. Ak. 1901. ») P a u l y - W i s s o w a Suppl. 4, 342 f. "} Ebd. I i , 2108 f.; ZfrwVk. 24 (1927), 85 ft.
4. G e s c h i c h t e d e s E . Von einer eigentlichen geschichtlichen Entwicklung der E r s c h e i n u n g s f o r m e n des E. kann naturgemäß keine Rede sein, da Zweck, Mittel und äußere Formen im wesentlichen konstant sind und zu allen Zeiten in ähnlichen Formen vorkommen, nur daß gelegentlich in den E.formeln und in cfer Anwendung dieser oder jener Mittel eine Änderung, auch in der kirchlichen Praxis, eintrat. Er findet sich auch im europäisch-christlichen Kulturkreis als kirchlicher und volkstümlicher E. von den Anfängen des Christentums bis zur heutigen Zeit. Dagegen hat sich der Glaube an die Wirksamkeit des E. insofern geändert, wodurch auch die Häufigkeit seiner Anwendung gemindert wurde, daß auf die Blütezeit des E. im MA. (s. a. Hexenhammer) seine stärkere Bekämpfung und Zurückdrängung im 18. und 19. J h . folgte, wie auch hier die Lehre von der Existenz des Teufels (s. d.) und der bösen Geister mehr und mehr angegriffen wurde. Die Mehrzahl der Fälle von Besessenheit und E. aus neuester Zeit stammen wohl aus Bayern. Die protestantische Kirche kennt offiziell keinen E. Bereits in der ersten Zeit der Reformation finden sich Stimmen für und gegen den Teufels- und Dämonenglauben, ein Streit, der auch heutigentages im protestantischen Lager noch nicht ganz entschieden ist, und in dem manche noch der Auffassung Luthers fol-
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gen. Und so werden gelegentlich auch von protestantischen Pfarrern noch Exorcismen ausgeführt, wie ζ. B. durch den bekannten " ) Joh. Christ. Blumhardt in Möglingen bei Calw um die Mitte des 19. Jhs. l s ). Aus den älteren Streitigkeiten über den E. im protestantischen Lager nenne ich noch die zwei Schriften: „Vom Exorcismo. Das dieser ohne Verletzung des Gewissens bey der Tauffe mag gebraucht und behalten werden. Etliche Tractätlein: 1. J . Menü, 2. Lutheri Vorrede über das Tauffbüchlein, 3. Die Gebet bey der Tauff zu Cölln an der Sprew, 4. Zwei Episteln T. Heshusii, 5. Epistel Ph. Melanchthonis, 6. J . Coleri Büchlein. Weil sich itzo etliche unterstehen, denselben auszumustern." O. 0 . 159°· Und: „Ch. Kittelman, Von dem Exorcismo d. i. Von den Worten: ,Fahre aus, du unreiner Geist, und gib Raum dem heiligen Geist.' Daraus zu ersehen, das ermelter Exorcismus in unsern Kirchen behalten werde, und W. Amling zu Anhalt kein Ursachen gehabt denselben abzuschaffen." O. O. 1591. Aber noch 1893 wehrte sich der Kongreß der Irrenärzte gegen die auch von protestantischer Seite vertretene Ansicht, die Irrsinnigen seien dämonisch Besessene 13 ). Auch die Grundlage des kirchlichen E. ist in neuerer Zeit in ihrer Festigkeit bezweifelt worden. Er beruht ja auf den bekannten evangelischen Erzählungen, bei denen es sich nach der Auffassung der katholischen Kirche um wirkliche Dämonenaustreibungen handelt, eine Ansicht, die hier naturgemäß keine Wandlung erfahren h a t 1 4 ) , während andere in ihnen lediglich Berichte von Heilungen natürlicher Krankheiten oder bloße legendarische Erzählungen erblicken, wie sie auch im Bereich der antiken Wundererzählungen vorkommen. Der'orthodoxe Protestantismus nähert sich der katholischen Auffassung. In der katholischen Kirche ist die Wirklichkeit der Besessenheit zwar kein förmlich erklärter Glaubenssatz, aber sie ist „nach der Lehre der hl. Schrift, nach der Übereinstimmung aller heiligen Väter, nach einigen Synodal-
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aussprüchen, sowie nach so manchen Maßnahmen, Einrichtungen und Anordnungen der Kirche als ein geoffenbartes Dogma, als ein dogma revelatum zu qualifizieren" 1S ). Und so hat die Kirche auch einen eigenen ordo exorcistatus bestellt, dem die offizielle Gewalt der Dämonenbeschwörung übertragen ist, und den jetzt jeder Priester (als die zweite unter den vier niederen Weihen) besitzt. Das Rituale Romanum gibt die genauen Anweisungen l e ). Die katholische Pastoralmedizin erkennt ebenso die Möglichkeit der dämonischen Besessenheit (s. d.) wie die Berechtigung des kirchlichen E. an l7 ). — Über die Stellung der modernen Psychologie s. Τ. K . Oesterreich, Die Besessenheit 1921. — Daß Heilungen solcher, die sich für besessen halten, durch E. vorkommen, ist natürlich unbestreitbar, ebenso wenig bestreitbar aber auch der Schaden, der vom E. auf den Exorzisierten und seine Umwelt ausgehen kann. " ) R G G . * 1, 1152 f.; H e r z o g - Η a u c k 3, 264 f f . 12) T h . F r e i m a η η Die Teufelsaustreibung in Möttlingen. 1905. " ) T a c z a k a. a. O. 37. — Über die Geschichte des E. im protestantischen Taufritual s. H e r z o g H a u c k 5, 695 ff. " ) J o b . S m i t De daemoniacis in historia evangelica, 1913; ich zitiere dies umfangreiche Werk von 595 Seiten nur als Beispiel; s. etwa auch O s w a l d A ngelologie 1883; S o l d a n - H e p p e 2, 3 3 g f f . 15 ) L e i s t l e a. a. O. 142 f.; T a c z a k a. a. O. 33. *·) W e t zer u. W e l t e 4, 1141 f f . ; s. etwa auch B i s c h o f b e r g e r De benedictionibus et exorcismis ecclesiae catholicae 1858. Über die geschichtliche Entwicklung von Einzelheiten des kirchlichen E . und der E.formeln s. F r a n z Benediktionen 2, 528 f f . ; auch K l a p p e r 17 ) A . Schlesien 234 f f . S t ö h r Hdb. der Pastoralmedizin * (1900), 424 f f . ; ν. Ο 1 f e r s Pastoralmedizin 18S1, 128 ff. — C. C a p e l i ma η η Pastoralmedizin (1877) geht dieser Frage aus dem W e g e ; alle drei Bücher sind von Medizinern geschrieben.
5. V e r w e n d u n g u n d Mittel d e s E. Der E. kann überall da eintreten, wo das Dasein böser Geister angezeigt ist, die vertrieben werden sollen. So kann es also ein Exorzisieren von Menschen und Tieren, aber auch von Feldern, Grundstücken, Haus, Hof und Ställen geben, auch ein Vertreiben von Dämonen, die beim Gewitter tätig sind. Wie man hier überall apotropäische Gegenstände, Amu-
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lette, Talismane (s. d.) u. dgl. als prophylaktische Mittel anbringen kann, so kann auch hier ein E. ausgeübt werden, wenn böse Geister bereits vorhanden sind. S. etwa Art. G l o c k e , landwirtschaftliche Segen,Stall, V i e h , W e t t e r b a n n usw. Da Zaubern nichts anderes ist, als die Zauberkraft, das Orenda des Zauberers gegen das Orenda eines anderen anwenden, so soll beim E. durch die stärkere Kraft des Exorzisten die Kraft der Dämonen besiegt und diese vertrieben werden; es ist also ein Kampf gegen die Dämonen, die sich zur Wehr setzen. Als Mittel des Exorzisten kann man folgende Gruppen nennen, die alle in Sonderartikeln behandelt werden. Es sind dieselben vier Gruppen, die auch im Kult eine Rolle spielen 18). A. Rein akustische Mittel: Geschrei, Lärm mit Instrumenten, Glocken, Musik. B. Worte: Beschwörungsformel, Zauberspruch, Gebet, orendistische und heilige Sprüche und Namen, Beschimpfungen. C. Körperbewegungen: Drohende Gebärden, Kreuzeszeichen, Hauchen und Blasen, Umgang, Tanz, Nacktheit. D. Orendistische oder heilige Gegenstände: Amulette, Kräuter, Kreuz, Heiligenbilder, Bibel, Reliquien, Weihwasser, sonstige apotropäische Dinge wie Eisen, Salz, Feuer usw.; Räucherungen. — Dazu tritt das Orenda, das Charisma des Exorzisten und seine Kenntnisse, über die er verfügen muß. Jede dieser Gruppen von exorzistischen Mitteln findet sowohl im religiösen wie im zauberischen E. Verwendung; Formeln des kirchlichen E. werden auch in volkstümlichen Beschwörungen angewandt u ) . — Über die volkstümliche Beliebtheit der K a p u z i n e r beim E. s. d. Art. 1») P a u l y - W i s s o w a 11, 2108. 2151 ff. 2 1 7 7 ff., wo die meisten der obigen Mittel besprochen sind; dazu die Sonderartikel des Handwb. " ) S c h i n d l e r Λberglaube 1 1 2 f f . ; K l a p p e r Schlesien 234. Pfister.
Externsteine. „ E t w a eine Stunde von der Stadt Horn im Lippischen erheben sich einige wunderbar hohe Felsen, die in
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einer Reihe hintereinander ganz freiliegen und wie Gebäude anzusehen sind. A u f diesen Felsen haben die Sachsen ein Götzenbild verehrt, das K a r l d. Gr. zerstören und an dessen Stelle in einer K a pelle, die sich auf dem einen Felsen befindet, einen A l t a r aufrichten ließ. A u f der Spitze des einen Felsens liegt ein großer Stein, der, w e n n der W i n d geht, sich bew e g t und gleichsam zu fallen neigt und dennoch mit keiner G e w a l t heruntergebracht werden kann, gleichwie auch nicht abzusehen ist, w o r a n er befestigt sei." So werden in Zedlers Universallexikon die rätselhaften, sagenumwobenen E. beschrieben x ). W e d e r der N a m e noch die Reliefdarstellungen der Felsen haben bisher eine unbestrittene D e u t u n g gef u n d e n . D a die älteste urkundlich bezeugte Schreibart (1093) Agisterstein lautet, w ä r e eine A b l e i t u n g des Namens v o n dem westfälischen Zeitwort extern ( = quälen, peinigen) möglich. Weil ein christlicher K u l t an Stelle eines heidnischen getreten ist, können a u c h die Hexen, die ebenfalls Aekstern (Elstern)
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hießen und mit d e m s e l b e n N a m e n und Bilde bezeichnet w u r d e n , an Stelle heidnischer Gestalten, vielleicht der Disen, getreten sein und die Felsen so den N a m e n Elsternsteine, Hexensteine erhalten haben 2 ). D a s V o l k h a t sich mit solchen gelehrten D e u t u n g e n und Streitigkeiten nicht abgegeben. N a c h ihm „ h a t dfer Teufel in alter Zeit, als die A n d a c h t auf den E.n noch im S c h w a n g e war, diese Felsen umstürzen wollen und sich deshalb mit aller Macht dagegen gestemmt, sie aber doch nicht u m w e r f e n können. So m ä c h t i g h a t er sich dagegen g e s t e m m t , daß sein Hinterer sich tief in den Stein eindrückte und die lichte heiße L o h e ihm hinten herausfuhr und B r a n d f l e c k e an den Felsen hinterließ. J e t z t sind diese Zeichen aber von Erde und B u s c h w e r k b e d e c k t " 3 ). Vgl. D r e h s t e i n , Teufelsstein s. u. Findlingssteine. *) Z e d i e r
8, 2358 s. v. E.; vgl. G r i m m
Gesch. d. deutsch.
Sprache
457.
*)
S i m r o c k
Mythol (1878), 477 f.; Urquell 1 (1890Ϊ, 6 u. 95; vgl. G r i m m DWb. s. v. extern (quälen) 3, 1208. ») K u h n Westfalen 1, 225 Nr. 256. Olbrich.
F. F a b i a n , hl., P a p s t (236—250), z u Beginn der Dezischen V e r f o l g u n g gemartert, F e s t 20. J a n u a r , gleichzeitig mit dem hl. S e b a s t i a n (s. d.) gefeiert, weil beide a m gleichen T a g e , w e n n a u c h nicht in demselben Jahre litten und starben, in der Allerheiligenlitanei ebenfalls beide zusammen genannt und gewöhnlich auch beide vereint zu K i r c h e n p a t r o n e n gewählt '•J. x) AA. SS. Jan. II, 250; S a m s o n Die Heiligen
als Kirchenpatrone
356.
I. Der T a g des Heiligen gilt als ein wichtiger L o s t a g , der sich auf das Gedeihen der B ä u m e bezieht, und spielt deshalb i m G l a u b e n des V o l k e s eine gewichtige Rolle, wie allenthalben verbreitete Sprüche und W e t t e r r e g e l n bekunden. „ F . , Sebastian, let den S a f t int
Holt g a n " , h e i ß t es ζ. B . in Holstein und ähnlich in zahlreichen andern L a n d s c h a f t e n . N a c h alten Rechtsweisungen und -gewohnheiten durfte v o m F . t a g e an kein N u t z h o l z (Stangen, Bauholz) geschlagen werden 2 ). ') L e o p r c c h t i n g Lechrain 158; R e i n s b e r g Böhmen 25; B a r t s c h Mecklenburg 2,251; S i m r o c k Mythologie 574; H ü s e r Beiträge 2, 31 N r . 1 ; A n d r c e
Braunschweig
413; S c h r a m e k Böhmerwald 132; D r e c h s l e r 1, 52; J o h n Wesiböhmen 35; S e b i 1 l o t Folk-Lore wirtschaft 1 3 ;
4, 4 5 1 ; E b e r h a r d t LandK ü c k Wetterglaube 55.
2. F ü r die K i n d e r beginnt an diesem T a g e die Zeit, in der sie W e i d e n f l ö t c h e n m a c h e n 3 ) , indem sie unter z a u b e r h a f t e n R e i m s p r ü c h e n den B a s t l ö s e n 4 ) .
I III
Fackel
*) R e i n s b e r g Böhmen 25; F o n t a i n e Luxemburg 17. M ü l l e n h o f f Sagen 510 Nr. 5; Η ö f 1 e r Fastnacht 1 1 ; Sartori Sitte 3, 82.
3. F. gehört zu den sogenannten Plagheiligen und F.splage bedeutet Hunger, ebenso F. allein in der Kunden- und Gaunersprache *). ») Z f V k . I (1891), 293; O s t w a l d Rinnsteinsprache 44. Wrede.
Fackel. Die F. ist im Volksglauben ein Substitut des F e u e r s (s. d.), wird aber, vollkommen analog zu ihrer profanen Verwendung als Lichtträger, nicht wegen ihrer Brennkraft, sondern nahezu ausschließlich wegen ihrer Leuchtkraft gebraucht, die alle lichtscheuen Dämonen der Finsternis vertreibt und fernhält. In dieser l u s t r a t i v e n Bedeutung gehörte sie sowohl im alten Orient wie in der Antike zu den unentbehrlichen Requisiten der Reinigung von Krankheit und Schuld und zu den gebräuchlichsten Schutzmitteln gegen schädigende Einflüsse an den besonders gefährlichen Wendepunkten im Jahres- und Lebenslauf. Diese Rolle hat sie später an die auch in der technischen Entwicklung an ihre Stelle tretende Kerze (s. d.) abgegeben, vor allem unter Einwirkung des Christentums, das auch die apotropäischen F.läufe an den heidnischen Festtagen verbot 2) und sie an seinen eigenen durch symbolisch umgedeutete Kerzenprozessionen ersetzte 3). Im deutschen Volksbrauch hat sich die F. nur noch erhalten bei den Jahresfeuern (s. d. im einzelnen), wo es galt, den Schein der allem Unheil wehrenden Lohe des Scheiterhaufens möglichst weit über das Land zu tragen. Besonders bei den F r ü h l i n g s f e u e r n (s. Fastnachts-, Oster-, Mai-, Pfingstfeuer) findet sie sich als wesentliches Ausrüstungsstück der Teilnehmer, und sie hat als solches ζ. B. dem Sonntag Invocavit stellenweise die dem französischen schon 1222 bezeugten jour des brandons *) entsprechende Bezeichnung F. s o n n t a g 8 ) und dem Fastnachtsfeuer selbst den Namen F.f e u e r 1 ) eingetragen. In der einfachsten Form bedient man sich dabei eines aus dem flammenden
III 2
Holzstoß gerissenen Feuerbrand e s . Meistens aber bringt man die F.n zu der Veranstaltung mit, und sie bestehen dann nicht nur in S t r o h w i schen, Bohnenstangen oder g e t e e r t e n B e s e n , sondern sind auch nicht selten sorgfältig zubereitet: so als zersplitterte, zu Bast zerklopfte, am Ofen getrocknete und schließlich in Petroleum getauchte eichene Schälp r ü g e 1 '), als mit harzigen Föhrenkienspänen gespickte kurz geschnittene R e i s i g b e s e n 8 ) oder als teergetränkte, auf einem Stock befestigte L u m p e n b a l l e n 8 ) . Bei den Martinsfeuern (s. d.) werden vorzugsweise ausgehöhlte und mit Einschnitten versehene Rüben verwendet, in die man Kienspäne oder Lichter stellt, eine Form, die schon zu den Laternen (s. d.) hinüberführt. Mit diesen F.n setzt man den Holzstoß in Brand, oder man entzündet sie erst am auflodernden Feuer, tanzt und springt um den brennenden Scheiterhaufen herum, wirft sie in die Luft, schlägt funkensprühende Räder und geht oder rennt darauf unter Geschrei, Schellenläuten, Schießen und sonstigem Lärm durch die Flur. Diesem F. s c h w i n g e n und F. 1 a u f e η wird kaum, auch nur als Nebenbedeutung, eine Nachahmung des Blitzes 10) zugrunde liegen, sondern lediglich das Bestreben, die Mächte der Finsternis, die schädigenden Dämonen von den in der Saat stehenden Feldern zu verscheuchen. Das geht noch hervor aus der Zweckangabe: „ d e n b ö s e n S ä mann vertreiben", „den Tod a u s j a g e n " (s. Todaustreiben), ,,d e η Hutzelmann v e r b r e n n e n " u), „damit der Ertrag nicht gemindert werde" 12 ). Ins Positive gewendet, wird aus dieser schützenden Lustration dann eine segnende, das Wachstum fördernde Handlung; nicht nur wird der Tod ausgetrieben, sondern es wird auch der Sommer eingeholt 1 3 ), aus dem „ S a a t leuchten"14) wird ein „Korna u f w e c k e n " 1 5 ) , ein „Samenz ü n d e n und - l o c k e n " : Samen, Samen rege dich, Samen, Samen streck dich ' ·)!
Faden A u c h dem T r ä g e r selbst, dessen F. nicht erlöschen darf 17 ), bringt sie hellbrennend G l ü c k l e ) , und in einem Vorarlberger Reimspruch wird schließlich alles in den Fruchtbarkeitszauber einbezogen: Flack us! Hack üs! Über alle Spitz und Berg us! Schmalz in der Pfanna, Korn in der Wanna, Pflueg in der Erda· Gott alls grota lot Zwüschat alla Stega und Wega '·). Stellenweise, so vor allem bei den W a l p u r g i s - , M a i f e u e r n (s.d.), ist der ganze Feuerzauber zu einem solchen F.lauf unter fast ausschließlicher V e r w e n d u n g v o n Besen (s. d. und Hexe) z u s a m m e n g e s c h r u m p f t , und auch bei den außerkultischen F r e u d e n f e u e r n und festlichen Illumination e n 2 0 ) bedient man sich vorwiegend der F.n. Vielleicht sind die besonders in Norddeutschland alljährlich stattfindenden L a t e r n e n u m z ü g e der K i n d e r ebenfalls Ueberreste der F.läufe. ») ZfVk. 23, 243 ff.; P a u l y - W i s s o w a 6, 2, 1945 ff.; 11, 2, 2163 f.; K r o l l Aberglaube
35 f . ;
S a m t er
Mannhardt
Familienfeste
2, 261 ff.;
Kuhn
16 f f . ;
Herab-
kunft 200. 209;
Ν i 1 s s ο η Griech. Feste 487;
Aberglaube
D i e t e r i c h
Hep ding
Attis
80,
166;
Stemplinger Kl.
Sehr.
260.
346; U s e n e r Kl. Sehr. 4, 503; A b t Apuleitts 220. Vgl. auch F r a z e r 12, 498 (Index unter ,,torches"). 2) So auf den Synoden von Arles 443 (452) und Toledo 693: Η e f e 1 e Concilietigesch. 2, 757; 3, 350 und bei Burchard von Worms: W a s s e r s c h i e b e n 658. 643; J a h n Opfergebräuche 282; vgl. ZfVk. 3, 35; 14, 262. ») V g l . Κ η u c h e 1
Umwandlung
100f.; F i s c h e r Angelsachsen 9. ') D u C a n g e i, 736 unter „brandones"; SAVk. 1, 182. ') K a p f f Festgebräuche 12. ·) M e i e r Schwaben 383.') BlhessVk. 2 (1901), 14:4 (1905), 212. ") SAVk. 10, 224. ») Ebd. 1, 182. >°) M a n n h a r d t 1,536; S c h w a r t z Studien 514 f. ") M a n n h a r d t 1, 501; G r i m m Myth. 3, 471; W i t z s c h e l Thüringen 1, 189; Panzer Beitrag 2, 207 f.; Gera mb Brauchtum
28.
Brauchtum
28.
13)
12 )
John
Erzgebirge
197.
G r i m m Myth. 2, 644. 14) B i r l i n g e r Schwaben 1, 384; M a n n h a r d t 1, 535. 1S) H ö r m a n n Volksleben 27; G e r a m b ls)
K a p f f
Festgebräuche
13; M a n n h a r d t 1, 535. ") ZfdMyth. 1, 88. ») Μ a η η h a r d t 1, 507. ») V ο η b u η Beiträge
20.
" ) Vgl. G r i m m
Myth.
1, 524.
Freudenthal.
1114
Faden. Das Wort F. ist ahd. zu der üblichen B e d e u t u n g g e k o m m e n . Es bedeutet ursprünglich ein Maß, „ w i e v i e l man mit ausgestreckten A r m e n abm i ß t " und hängt mit mhd. , v a d e ' „ U m z ä u n u n g " z u s a m m e n * ) . D a s m u ß man im folgenden im A u g e behalten. Die zauberische W i r k u n g des F.s meist v o n bes t i m m t e m S t o f f e (Seide s. d., Zwirn s. d., auch Wolle s. d.) und roter, seltener schwarzer Farbe, leitet sich 1. v o m Festbinden und Verbinden, 2. v o m U m h e g e n (s. Zauberkreis), wodurch das U m h e g t e a) gefesselt, b) geschützt wird, her. F ü r den geknoteten F. s. K n o t e n . Eigentümliche E n t w i c k l u n g unter L e b e η s f. ') K l u g e
Etym. Wt>.' 123.
I. Ein wirkliches A n b i n d e n v e r m i t t e l t vor allem der im Märchen b e k a n n t e A r i a d η e f. 3 ), den u. a. eine Eifelsage b e n u t z t 4 ) . A b e r schon um 560 v. Chr. haben die Ephesier ihre S t a d t mit einem Strick an das 1,5 k m entfernte A r t e m i sion angebunden und so in den S c h u t z der Göttin gestellt 5 ). So wird der Fenriswolf gefesselt 6 ) und an einem Seidenf. auch der Uristier z u m K a m p f e geführt 7 ); ein SchweizerVolkslied v o n 1653 8 ) k a n n daher umgekehrt singen v o n einem Seidenf., wie ihn der Schlosser macht. Die Bamberger Kirche v e r w a h r t den Seidenf., mittels dessen ihr 4 Reichslehen verbunden waren 9 ). So wird der F. zur magischen V e r b i n d u n g 1 0 ) . Er ist häufig als Liebessymbol. F. und Bänder sind Geschenke, die die Liebe befestigen u ) . F.spannen ist ein E h e o r a k e l 1 2 ) . A n derartiges m a g W a l t e r v. d. Vogelweide gedacht haben, als er dichtete: .,welch wip verseit im einen F. ? guot man ist guoter siden w e r t " 13 ). K n ü p f t sich gar der F. beim Nähen, so bedeutet das H c c h z e i t 1 4 ) . F.spinnen und F. ziehen ist em Liebeszauber, der nicht bloß in S c h l e s i e n 1 5 ) , den A l p e n 1 6 ) und S i e b e n b ü r g e n 1 7 ) belegt ist, sondern auch dem griechischen Liebeszauber geläufig l e ). Verwickelter ist folgender aus W o l p a d i n g e n berichteter B r a u c h : ein Mädchen bindet sich a m Christabend zwischen II und 12 in den heiligen drei Namen einen F. um den bloßen Leib, löst ihn a m anderen Morgen
Faden und legt ihn unter die linke Seite des A l t a r s , holt ihn v o n dort nach schweigender A n h ö r u n g aller 3 Messen und legt ihn unter das Tischbein, wo der Meister sitzt, ohne dessen Wissen. D a n n f ä n g t der Meister bei Tische v o n ihrem künftigen Manne an zu r e d e n l e ) . Man erk e n n t die s y m p a t h i s c h e Beziehung des F . s zu dem Mädchen (s. messen) und seine bindende K r a f t .
1116
sprechen, mit der R o m u l u s das Gebiet der S t a d t R o m umhegt h a t und deren Verletzung nach der Sage R e m u s das Leben kostete M ). Ähnliches wurde v o n dem alten Poseidonheiligtum bei Mantinea in A r kadien erzählt 2e ). A b e r genau so haben die Brügger in der Schlacht v o n Roosebeke 1 3 8 1 ihre Stellung mit einem fil de soie rouge a y a n t sept noeuds ä ögale distance et une croix έι ses extr6mit6s 30 *) R o b e r t Griech. Heldensage 2 4, 2, 681 f.; rdunies geschützt ); dasselbe taten die D i e i s Labyrinth 66. *) S c h m i t z Ei fei 2, Valencienner gegen die Pest 3 1 ). 54. ») Η er ο d o t ι, 26, 2; antike Parallelen S o wurden also der Vorhof der Opferdazu bei S t e i n im Kommentar (1901), 31. ·) S i m r o c k Mythologie 98. 7) R o c h h o l z stätte 32 ) und der germanische GerichtsSagen 2, 15 f. ») ZfdMyth. 2, 228. ·) Ebd. platz eingehegt 3 3 ); aber dasselbe wissen " ) Material bei Κ ο η d ζ i e 11 a Volksepos wir v o m Athenischen Gericht, wenn über 177 ff.; S a r t o r i Speisung 15. n ) D r e c h s Mysterien verhandelt w u r d e 3 4 ) . Dann l e r 1, 232; E n g e l i e n u. L a h n 244 1% wird der Seidenf. kurzerhand zum S y m Nr. 76. ) G r i m m Myth. 3, 438 Nr. 110; M a n n h a r d t Germ. Mythen 685. 13 ) 44, 10. bol des Hausfriedens. E r schützte Häu" ) F ο g e 1 Pennsylv. 86 Nr. 331. ») D r e c h sser 35 ) — im A a r g a u der ' S i d ^ f a d e um das l e r 1, 145. " ) V e r n a l e k e n Alpensagen 1? H u s ' 3e ) — was auch das Volkslied festin. ) Haltrich Siebenbürgen 273 f. 37 hält ), Gärten, wie in der S a g e den R o ") P a u l y - W i s s o w a 10, 1384 f.; vgl. Knoten. l>) M e y e r Baden 200. sengarten K ö n i g Laurins 38 ), Wälder 3 9 ). Die S t i f t u n g Kunigundes an B a m b e r g 2. Der h e g e η d e F . ist sowohl f ü r den (kurz nach 905) hieß K u n i g u n d e s SeidenEingeschlossenen wie f ü r den Eindringf. 4 0 ); damit ist zu verbinden, daß seit 1 1 8 5 ling eine unüberschreitbare G r e n z e 2 0 ) . der seltene Eigenname Seidenf. aufS o ist es aus K ö l n schon aus dem 1 2 . J h . , taucht 4 1 ). Die in den K i r c h e n v o n Laeken aus dem Basier Bischofsrecht aus dem und L e b b e k e a u f b e w a h r t e n F . werden zur 1 4 . J h . belegt, daß man Gefangene mit Abgrenzung einer Weihung gedient haeinem F . eingesperrt h a t 2 1 ) ; aber noch ben 4 2 ). Daraus entwickelt sich die apotroim 1 9 . J h . sind K i n d e r zur S t r a f e so an päische K r a f t des F.s. Wie die Georgier das 22 einen S t u h l angebunden ); über seine B e t t der Wöchnerin mit einem F . hegen 43 ), V e r w e n d u n g in der Volksmedizin s. u. so bindet in dänischen Volksliedern der Wir nennen das symbolisch; ursprüngHeld einen roten Seidenf. um den Helm 44 ). lich ist es eine real wirkende Zauberfessel Der Schatzgräber umgibt sich d a m i t 4 5 ) . (s. Fessel). In der romanischen Schweiz schützt die Viel verbreiteter ist das eigentliche rote Schnur den Hühnerhof v o r dem 23 Umhegen ). S o schützten die Perser den F u c h s 4e ), Nadel und F . schützen in P o m T o t e n a c k e r mit einer Schnur aus 100 mern das B u t t e r f a ß vor B e h e x u n g 4 7 ) . goldenen oder baumwollenen F ä d e n 24) — Umbinden v o n Gefäßen ist überhaupt m a n kann hier zweifeln, ob das Gefürchweit v e r b r e i t e t 4 8 ) . Weiter ins magische tete nicht hinaus oder nicht herein sollte Gebiet fortgesetzt f ü h r t das zum F.— in C u m a n ä a m Karibischen Meer amulett 4 9 ) (s.d.) und Knotenamulett. So(Venezuela) hegt m a n die Felder mit wohl im antiken Zauberbrauch wie bei B a u m w o l l f ä d e n , deren Verletzung man den J u d e n s l ) und in S c h o t t l a n d 6 a ) f ü r todbringend hält 2 6 ). Dasselbe wird schützte der rote F . gegen bösen Blick. ein unbekannter griechischer E p i k e r DioA u c h bei Tieren kann m a n das anwennysios * ) meinen, vielleicht derselbe, der den 83 ). Die Wöchnerin trägt ihn u m den um 260 v . Chr. als Gesandter in PalimL e i b S4 ) oder in Pommern um das Handbothra in Indien war, wenn er v o n einer gelenk 55 ). Die Russen schützen sich so indischen S t a d t λινοτειχής sagt 2 '). Das v o r S c h a r l a c h s e ) ; in B ö h m e n und der würde der unverletzlichen F u r c h e ent-
Faden Gegend v o n Halle (slawischer Einschlag) schützt sich damit das B r a u t p a a r 5 7 ) . Der rote F. s c h ü t z t auch vor dem wilden Heer M ). In Mazedonien 5e ) und Siebenbürgen ea ) k o m m t er an die T ü r der Wöchnerin. Im Erzgebirge legt man ihn bis zur T a u f e dem K i n d e ins B e t t e l ). W e n n in Österreich die H e b a m m e während des T a u f a k t e s eine rot-weiße Schnur flicht, so gehört das entweder hierher oder zum Lebensf. 6 2 ). Endlich kann der rote F. einfach Glück bedeuten, daher die Seidenbänder der B r a u t in Hessen M ), der Burschen im Plauenschen a m Faschingsdienstag M ), beim Glücksspiel in Hergiswil «). Besondere W i r k u n g haben natürlich F. besonderer H e r k u n f t , v o m T o t e n h e m d " ) oder aus einem Grabe w ) , oder der einen T o t e n berührt h a t w ) , Sonntags oder in der Christnacht gesponnen w ) , oder der mit geweihtem W a c h s gewichst i s t ' 1 ) . Entsprechend der Bedeutung alles Primitiven in K u l t u s und Aberglauben wird oft ein r o h e r F. (in den Berichten leicht mit roter F. verwechselt) bevorzugt. Das linum crudum, griechisch ώμόλινον ist schon a n t i k 7 2 ) . Nachzuweisen ist er dann in einem Beichtspiegel v o m Ende des 14. Jhs. mehrfach in den Quellen des 15. Jhs. 73 ), bei L u t h e r 7 1 ) und noch im 18. Jh. 7 5 ). Gerade für das Umwinden eines Gefäßes wird er vorgeschrieben 7e ). Weiteres s. messen. Die zauberische K r a f t des Meßf.s kann durch Zerschneiden und Verknoten beseitigt werden 7 7 ). Analog hilft ein zerschnittener F. gegen B a n d w u r m ™) und gegen Spulwürmer 7 e ); da verbindet sich die apotropäische K r a f t mit der Gestalt des f.förmigen Tieres. Die Z a u b e r k r a f t geht auch auf das F.wasser über Eine andere Anschauung ist, daß der gedrehte F. (s. Zwirn) schwindlig m a c h t e l ) , wie man umgekehrt F.reste v o m Webstuhl gegen Wahnsinn eingibt 8 2 ). Die mehrfachen Verbote, F. abzubeißen oder zu verschlucken, neigen wohl zu der Vorstellung v o m Lebensf. hinüber. M ) Allgemein G r i m m RA. 1, 182 ff.; vgl. S. 276„reingermanisch"; M a n n h a r d t
German. Myth.
674 f f .
") L i e b r e c h t
Zur
IIl8
Volksk. 424 f . ; B i r l i n g e r
Volksth. 2, 177.
") Mündl. aus dem Braunschweigischen. »») L i e b r e c h t Zur Vk. 305 ff. ») G r i m m RA. I, 183. " ) W - i t z Anthropol. 3, 383. *·) St e ρ h. Byzant. 194, 22. n | L i e b r e c h t Zur Vk. 308; Nachahmung bei N o n n o s Dion.
26,
50 ff.
«·) Ρ a u 1 y - W i s s ο w a
I A, 1091, 51 ff. ") P a i i s a n i a s 8, 10, 3; anderes bei K ö c h l i n g de coronarum vi g it. M) R e i n s b e r g - D ü r i n g s f e l d Beigique 2, 43. " ) R e i f f e n b e r g Zur Chronique de Philippe de Mouskes 2, 71 V . 13 951
(Arnn. 30 u. 31 aus L i e b r e c h t Zur Vk. 307). 31) P f a n n e D S c h m i d Weihwasser 46 f. s3) G r i m m a. a. O. " ) Das heißt περιοχοινίζειν P o l l u x 8, 124. *») L i e b r e c h t Zur Vk. 425. *·) M e y e r Baden 77. 17) R o c h h o l z Kinderlicd 147 f. ») S i m r o c k Mythologie 88. 256. 433. *) H e t k e r Mosellandsagen 382, 443. *·) Neue Alsatia 195 ff. " ) Ebd.; vgl. K n u c h e l 105. " ) W o l f Beiträge 176. " ) K n u c h e l 12. " ) ZfdMyth. 2, 307. " ) Κ ü h η a u Sagen 3, 562. " )
Knu-
c h e l 104. ") S e 1 i g m a η η 2, 95; Μ ü 1 1 e η h ο f f Sagen 224 Nr. 305. «·) ZfVk. 21, 156. *») H e c k e n b a c h de nuditate 108 ff. so) J a h n Sitzb. Leipz. 1855, 79 Anm. 211, vgl. 42 Anm. 47. ") ZfVk. 3, 134; 23, 258. ") S e l i g m a n n ι, 262. u ) P o l l i n g e r Landshut 156; in Irland: ZfVk. 23, 257. M) Η c c k e η b a c h I! ) K n o o p a. a. O. M) ZfVk. Hinterpommern 157. 23, 257. ") W u 1 1 k e 369 § 560. M) W o l f Beiträge 2, 160. S e l i g m a n n 2, 247. w ) H i l l η e r
Siebenbürgen
50.
"') J o h n
Erzgebirge
52. «") ZföVk. 10, 97 f. "I K o l b e Hessen 170 f. M) J o h n Westböhmsn 42. ·•) L ü t o l f Sagen 557 Nr. 578; erschöpft ist damit die Bedeutsamkeit der Bänder (s. d.) in Volkssitte und -kleidung keineswegs. ··) M ü l l e r Iser· gebirge 24.
") S c h u l l e r
Siebenbürgen
bei
G a ß η e r Mettersdorf 84. a ) S e l i g m a n n 2, 94. «·) Η ο ν ο r k a - K r ο η f e 1 d 2, 16. 70) S e y f a r t h Sachsen ™) D e t t 1 i η g Hexenprozesse 13. ") M a r c e l l u s Emp. 8, 62; K r o l l Aberglaube 6 ff.; A b t Apuleius 85. ") MschlesVk. 17, 39; vgl. ZfVk. 21, 153 ff. ") K l i n g n e r Luther 124. ™) S e y f a r t h Sachsen 270; in Böhmen jetzt noch: H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 52; in Oldenburg: S t r a c k e r j a n 1,88. '·) MschlesVk. 17, 30. ") ZfVk. 21, 152. '•) S e y f a r t h Sachsen 177. '·) L a m m e r t 133. M) D r e c h s l e r 2, 310. ") S e y f a r t h Sachsen 271. " ) D r e c h s l e r a . a . O . 3. In der V o l k s m e d i z i n wird der F. gern v e r w a n d t und berührt sich in seiner Anwendungssphäre weithin mit dem K n o t e n (s. d.). Ausgangspunkt sind ζ. T . ganz praktische Dinge, so das Abbinden (s. d.) der Warze. A b e r magisch wirkt, wenn man einen s c h w a r z e n M ) Z w i m s f . kreuzweis über die Warze legt M ), wenn
I i 19
II 20
Fahne
der F. um den Hals eines Toten gelegt wird M ) ; man kann auch von der Zahl der Warzen rückwärts bis ο zählen 8e ); auch abnehmender Mond ist günstig 8 7 ). In Brasilien hilft dasselbe Mittel gegen Kröpf M ) und sonst gegen Geschwülste 89) und Verrenkungen 8 0 ). Ein anderes Hausmittel ist, durch Blasen einen Wollf. zu ziehen. Abergläubische Bedeutung bekommt das an sich sehr nützliche Mittel erst, wenn dem Kind gegen Geifern ein F. durch den Mund gezogen wird 91), wenn sich die Mutter einen F. durch die Brust zieht, damit das Kind keine Zahnfisteln bekommt 9 2 ), wenn man gegen Fieber sich einen F. durch den linken Strumpf zieht 9 3 ). Am weitesten reicht die b i n dende Wirkung des F.s 9 1 ). Gegen Nasenbluten bindet man den linken kleinen Finger 9 5 ) oder hängt mit einem bestimmten F. einen Zettel um den Hals 9β ). Beide Ohrfinger umwickeln h e m m t die Menstruation 9 7 ). In Österreich weiht man Fäden gegen den Fluß 9 8 ). Blutende Wunden heilt man durch dreimaliges Umfahren mit einem F. und durch allerhand Gebete 9 9 ). Auch an der Schwindsucht fällt dem Volk vor allem das Bluten auf; daher sie durch Messen 100 ) oder durch einen F. um den Hals geheilt wird 101). Das letztere für Halskrankheiten kennt die Türkei 1 0 2 ). Derselbe Glaube ist jüngst in Berlin aufgetaucht 103). Dann bei Kopfweh: hier ist das Messen des Kopfes die Hauptsache; belegt in Bayern 104), in den Alpen 105), in der Altmark l o e ). Auch Verpflöcken kommt dabei vor 1 0 7 ). Ferner bei Fieber: hier verbindet man das Umbinden des Kranken mit verschiedenen Besprechungsformeln; belegt aus Preußen 1 0 8 ), Mecklenburg 109 ), S. Goar 110). Ein ausführliches Ritual gibt Hovorka-Kronfeld m ) . Allgemein, wenn ein Kind nicht zunimmt oder nicht ißt, so überträgt man sein Leiden auf einen F., und durch diesen auf eine Maus 1 1 2 ). Überhaupt: Seidenes Band nimmt Krankheit ab (aus Oldenburg) 113), dasselbe von Tieren 1 1 4 ). Im Märchen kann der rote F. sogar wiederbeleben 1 1 5 ), daher Zwirnfäden als Heilmittel betrachtet 1 1 6 ) oder zu Amuletten verwandt werden l l 7 ).
•·) S c h r a m e k
Böhmerwald 282. ·*) S e y-
f a r t h Sachsen 227. ") H ö h n Tod Nr. 7, 325. ··) ZfVk. 1, 203. ") wS t r a c k e r j a n 1, 88 ZföVk. 6, i n ü.M oft. ) H o v o r k a K r o n f e l d 2, 16. ) G r i m m Myth. 3, 417 Nr. 28. M) B i r l i n g e r Schwaben 1, 405. ") W u t t k e 386 § 587. ") SAVk. 7, 138. 93 ) B a r t s ch Mecklenburg 2, 394. ·*) G r i m m Myth. 2, 981. ,5) S t r a c k e r j 8e a n i, 94; Deutschein Kanada: ZfVk. 23,257. ) B a r t sch 7 Mecklenburg 2, 113. · ) L a m m e r t 148. w ) Andree Votive 180. »») S e y f a r t h Sachsen
234; S c h r a m e k
Böhmerwald
268;
L a m m e r t 203 aus Unterfranken; H o v o r k a - K r o n101f e l d 2, 371 u. sonst. 10 °) Ebd. 2,102 52. ) F o g e l Pennsylvania 273 Nr. 103 1424. ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 13. )105W u t t k e 132 § 181. 104) ZfVk. 13, 364. ) loa V e r n a l e k e n Alpensagen 341 Nr. 6. ) H o v o r k a - K r ol0n f e l d 2, 189. "") G r i m m Myth. 3, 343 f. ») F r i s c h 10 b i e r Hexenspr. 54. ') B a r t s c h Mecklenburg 2,lla 384. u0 ) ZfrwVk. 1910, 55. m ) I, 153. ) G r i m m Myth. 3, 466 Nr. 872; L a m m e r t 137 aus der,l4Pfalz. Ils ) S t r a k ku s e r j a η 2, 228. l ZfdMyth. 2, 71. ) B o l t e - P o l i v k a 3, 19. "«) S e y f a r t h Sachsen 271. "') ZfVk. 23, 257. Aly.
Fahne (s. a. We t t e r f a h n e ) . F.n — ursprünglich T u c h — und Feldzeichen (Tierbild) sind den Germanen als eine Art Kampffetische seit ältester Uberlieferung vertraut und mit den Römern gemeinsam, so daß dafür indogerm. Ursprung anzunehmen ist, während gar in kultischen Handlungen F.n und f.nartige Zeichen überall und allezeit erscheinen (Prozessionen!) 2). Tacitus berichtet, daß die Germanen effigies (vielleicht Bilder gottheiliger Tiere) und aus Hainen hervorgeholte signa (uns unbekannte Symbole) in die Schlacht zu tragen pflegten 3 ). Diese Zeichen spielten, wie sie auch beschaffen gewesen sein mochten, einst die Rolle der späteren F.n. Tierbilder waren den F.n des MA.s noch wesentlich, an die Stelle der alten Götter traten zwar die Heiligen als Schützer, der Sinn eines T a l i s m a n s aber blieb der F. immer erhalten, besonders der deutschen Reichssturmf. mit dem schwarzen Adler im goldenen Felde 4). Die Entwicklung der Η e e r e s f. als solcher gehört nicht hierher 5 ). Die F. wurde aber auch im rechtlichen Leben zum Zeichen der Macht; schon germ, verkündete die Aufrichtung einer F.
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Fahne
den Dingfrieden, aus welchem Wahrzeichen später die Gerichtsf. entstand e), ihr verwandt begegnen als Zeichen der Marktfreiheit die Marktf., als Zeichen der Kirchweihfreiheit eine F. am Kirchturm '); Gewaltensymbol liegt der Königsf. und der Lehensf. (Belehnung mit der F.) und schließlich der heutigen Staatsf. zugrunde. Aus Kriegsbrauch, Rechtsleben und Kultus dringt die F. naturgemäß als ein verehrtes und bedeutungsvolles Zeichen auch in die V ο 1 k s s i 1 1 e ein 8), sie erscheint im Wipfel des M a i b a u m s 9 ) (im heutigen Schweden schmückt sie auch den Weihnachtsbaum) oder sie wird beim Maibaumumtanz 10 ), auf den verschiedensten festlichen U m z ü g e n an Neujahr, Fastnacht, am weißen Sonntag getragen u ) . Eine s c h w a r z e F. wird katholischen Leichenzügen vorangeführt 12 ), sie ist in Deutschland überhaupt das Zeichen des Todes 1 3 ), vgl. Farbe; beim Hochzeitsfest spielt die F. nur in Südslawien eine auffallende Rolle 1 4 ). Zahlreiche deutsche V o l k s s p i e l e , die wohl zum Teil auf altgerm. Übung zurückgehen 15 ), weisen F.n als Wahrzeichen oder Preis, F.nreiten 16 ), F.nj a g e n , ein Pfingstwettrennen 17 ), wo eine mit Preisen behangene F. an Stelle des Maibaums das Ziel eines Wettritts geworden ist 1 8 ), F.ntanz (Fähndelschlagen) l e ); F.nschwenk s. u. Trotz der scheuen Verehrung, die man dem zum Machtsymbol gewordenen Schutzzeichen zollt, findet sich wenig Wunderglauben an die F. geknüpft. Nach angelsächs. Überlieferung ließen die Normannen ihrem Heer eine F. mit einem Raben vorantragen, aus deren Flattern oder Stillhängen sie Sieg oder Niederlage weissagen konnten M ), als ob Wodans Hauch nur des Siegers F. straffte 21 ). Ähnlich führten die christlich gewordenen Schweden die F. des hl. Erich mit in die Schlacht, die als eine Art Reliquie für wunderwirkend gehalten wurde 2a ), vgl. die mohammedanische F. des Propheten 23 ). Der F. selbst schreibt man sonst fast nur außerhalb des europäischen Kulturkreises magische K r a f t zu 24). Ver-
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einzelt steht der Oberpfälzer Rat, einem Kind, das durch Stottern des Priesters bei der Taufe zur Drud oder zum Nachtwandler verurteilt ist, mit einem Lappen von der F. des Johannis- oder Maibaums den ganzen Leib abzureiben 25) — und auch hier wirkt deutlich die K r a f t des Maibaums in der F. Die militärische Sitte, durch S c h w e n k e n d e r F. über einem Ehrlosen diesen wieder ehrlich zu machen 2e ), ihn gewissermaßen durch die Kraft des höchsten Ehrenzeichens wieder zu weihen, findet ein kirchliches Gegenstück im Segnen der Felder bei der abendlichen Trinitatisprozession, da die F.nträger in die grünen Saaten hineingehen und die F.n darüber schwenken 27). Ein Schwenken der F.n trifft man bei den verschiedensten Feierlichkeiten a ) . Neben dem natürlichen Willen zur Entfaltung des bedeutenden Tuches läßt ein segnender Sinn dieser Handlung sich oft wohl erkennen, so an Fronleichnam M ). Das F.nschwingen der Egerer Fleischerzunft am Fastnachtsdienstag geht auf ein historisches Verdienst im Jahre 1412 zurück „F.nschwenk" begegnet schließlich auch als feierlich-lustiges Kirmesspiel 3 1 ). ») DWb. 3, 1241 f.; K l u g e Etym.Wb.» 122, das germ. Wort dringt auch ins Roman, und Slaw. ') S c h r ä d e r Realie χ. 2oy ff.; Ebd.» 1, 276 ff.; H o o p s Reallex. 2, 2 1 ; D o m a s z e w s k i Religion 1 ff.; F. und Adler der röm. Legionen hatten Asylrecht: W i l u t z k i Recht 3, 106; S c h w a r t z Studien yzi.; M e y e r Religgesch. 3 1 ; P f a n n e n s c h m i d 3 Erntefeste 353 ff. (Konstantins!.). ) Germania c. 7. *) K r o n f e l d Krieg 46 f.; man vgl. die heilige Lanze, A. H o f m e i s t e r Die heilige Lanze ein Abzeichen des alten Reichs (Breslau 1908). *) Eingehende Darstellungen s. Z e d i e r 9, 95 f.; E i s c h , u. G r u b e r Enzyklopädie 1. Sect. 41, 1 1 9 — 1 4 4 (ausführliche Belege bes. aus MA.); S c h u l t z Höfisches Leben 2, 193—-202 (zahlreiche mittelalterliche Beispiele für die Gebrauchsweise der Schlachtf.); G r i m m RA. 1, 221 f. 276. 335. 366 ff.; S c h r ö d e r Rechtsgeschichte β 1053; K o n d z i e l l a Volksepos 62. 1 8 1 ; S A V k . 2, 159 f. 6) S c h r ö d e r a. a. O. 46. 619. ') L y n k k e r Sagen 230; W i t z s c h e l Thüringen 1, 152; S a r t o r i Sitte 3, 248 t. 8) Ein historisch begründetes Beispiel bei den Siebenbürger Sachsen vgl. K r o n f e l d Krieg 51 f. ») S e p p Sagen 489 f. Nr. 1 3 2 ; H ö f l e r Waldkult 1 5 ; S a r t o r i a . a . O . 3, 1 7 7 ; H e c k s c h e r 177
II2S
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fahrende Schüler—fahrendes Volk
(Schweden). 10) Mergentheim, H e c k s c h e r 409 A. 30. ») R e i s e r Allgäu 1, 460; 2, 60; B i r l i n g e r Volhsth. 2, 72. ia ) H ö h n Tod 341 f. " ) W r e d e Rhein. Volksk. 186; S a r t o r i a . a . O . i , 1 3 1 . " ) K r a u ß Sitte u. Brauch 376. 416. 434. 438; Spottf. bei Witwenhochzeit: Z i n g e r l e Tirol 22 Nr. 146. 16 ) ZfVk. 3, 3. le ) S a r t o r i a . a . O . 3, 252. " ) Α η d r e e Braunschweig 350 ff.; H o o p s Sassenart69; S a r t o r i a. a. O. 3, 2 1 4 . l e ) M a n n h a r d t 1, 387. " ) S a r t o r i Westfalen 1 7 1 . » ( G l i m m Myth. 2, 931 f. " ) N e c k e l in ZfDkde. 1927, 479. " ) H e c k s c h e r 1 1 4 ; E . G. G e i j e r Svenska Folkets Historia c. 3. a3 ) K r o n f e l d Krieg 47 t. s 4 ) Zf Vk. 9, 298; in Ostsumatra gelten weiße F.n als Schutzmittel gegen böse Geister undHexen: ZfVk. 23, 1 5 8 ; die Türken verboten dagegen früher aus Angst vor dem bösen Blick den Nichtmoslems, die osmanischen F.n anzusehen: S e l i g m a n n Blick 1, 232. " ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz i, 169. " ) A . Keller Der Scharfrichter (1921), 261 = A n g s t m a n n Henker 82. " ) W i t z s c h e l M a . a . O . 2, 202. ) SchwVk. 12, 2 8 f . ; S a r t o r i a. a. O. 3, 2 1 8 ; Z e d i e r e , 97; MsäVk. 5i 335 ff.; R e u s c h e 1 Volkskunde 2, 63 (Reutlingen 1909). *») W r e d e a . a . O . 272. 30 ) R e i n s b e r g Böhmen 57 f. = J o h n Westböhmen 46·, ZfVk. 17, 201 ff.; Egerl. 5, 38; 1 1 , 2 2 . 45; 16, 105; ZföVk. 13, 140 (Festbericht 1907); R e u s c h e l a. a. O. 2, 62. 31 ) W r e d e a. a. O. 288 f.; SAVk. 3, 5 5 f . Miiller-Bergström.
fahrende Schüler. In einem mhd. Gedicht de Vita Vagorum werden die Zauberkünste und das kümmerliche Leben der f.n Sch. beschrieben. U m die Wende des 1 5 . und 16. J h s . ist die Blütezeit der f.n Sch. In der Literatur des 16. J h s . werden sie als Schwindler und Landstreicher geschildert, die Amulette verkaufen, sich auf Zauberformeln, Wunderkuren, Schatzgräberei, Teufelsbannerei, auf das Prophezeien, auf das Wiederbeschaffen gestohlenen Gutes verstehen und mit alten Zauberbüchern hantieren. Mehrfach wird überliefert, daß sie sich durch ein Abzeichen (gelbes B a n d oder Mütze) als Glieder eines großen Verbandes ausgaben. Sie behaupten im Venusberg gewesen zu sein, mit dem Teufel ein Bündnis geschlossen zu haben, Vertreter der sieben freien Künste, d. h. Schwarzkünstler, zu sein. Daher exkommuniziert die Kirche Leute, die sich f.n Sch.η anvertrauen Nach dem neueren Volksglauben lernen sie ihre Künste in Salamanca 2 ), Toledo, K r a k a u 3 ) , bei dem T e u f e l 4 ) . Sieben müssen zugleich lernen, nach 7 J a h r e n
wird gelost, wer des Teufels sein soll s ). Sie verstehen sich auf die Passauer K u n s t (s. d.), künden die Zukunft, geben Ratschläge wie kommendes Unheil abzuwenden sei ®). Vor allem beschwören sie Geister (ζ. B . den bösen Geist auf dem P i l a t u s ) ' ) , bannen Schlangen 8 ), wenn keine weiße Schlange darunter ist 8 ), und Drachen 10 ). Sie graben nach verborgenen Schätzen wie die Venediger (s. d.), mit denen sie oft verwechselt und vermischt w e r d e n u ) . Reich genug entdecken sie die Geldquellen einem Armen, der f. Sch. unterstützen muß, und sie bei seinem Sterben nur unter der gleichen Bedingung einem anderen verraten darf 1 2 ). F. Sch. werden gewöhnlich nicht reich, können nur andere reich machen l s ) . Seine Wundersalbe hatte ein berühmter Doktor von einem f.n Sch., den man auf einem feurigen Drachen den See hinunterfahren sah 1 4 ). Auch andere Fahrende gelten f ü r zauberkundig, so die Feilenhauer (s. d.) in der Oberpfalz 1 6 ). s. B e t t l e r ,
Zigeuner.
>) K l u g e Bunte Blätter 6 1 — 7 7 (Literaturangaben für das 16. Jh.). F.r Sch. lernt im Venusberg: Simplizissimus 2, 83, 26 = A m er sb a c h Grimmelshausen 36; Luck Alpensagen 70 ff. 2) M e y e r Aberglaube 286; 3 K o h l r u s c h Sagen 164. 292. ) Meyer Aberglaube 286. *) In Salamanca: Kohl5 r u s c h Sagen 205. ) R e i s e r Allgäu 1, 225 f. ·) K u o n i St. Galler Sagen 1 7 7 Nr. 314. ') K o h l r u s c h Sagen 164; L ü t o l f Sagen 14 f. ") R e i s e r Allgäu 1, 267; Jecklin Volkstüml. 3 1 ; V e r n a l e k e n AIpensagen 250. ·) A l p e n b u r g Α Ipensagen 203 Nr. 206. 10) R e i s e r Allgäu 1, 267 Nr. 3 1 9 ; J e c k l i n Volkstüml. 232. u ) "Reiser Allgäu 1, 1 5 7 Nr. 159; J e c k l i n Volkstüml. 178. 298. 568. 12 ) J e c k l i n Volkstüml. 178. 13 ) H e r z o g Schweizersagen 1, 1 1 4 . 14 ) K u o n i St. Galler Sagen 192 Nr. 343. " ) B o c k e l Volkssage 9 8 = S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 168 ff.
fahrendes Volk.
Weiser-Aall.
I. Die B e g r i f f s b e s t i m m u n g d e s f. n V . e s ist nicht leicht. Vor allem ist es heutzutage nahezu verschwunden, und dann hat es im L a u f e einer langen kulturgeschichtlichen Entwicklung vom Altertum bis in unsere Zeit seine Zusammensetzung vielfach geändert. Seinen Bestand bildeten nicht immer dieselben Gewerbsgenossen, auch seinen Lebensunterhalt
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fahrendes Volk
verdiente es sich nicht immer auf dieselbe Weise. Sicherlich zum Wesen des f.n V.es aller Zeiten gehört es, daß es im L a n d e zu F u ß herumwanderte oder im Wagen fuhi - , ohne festen Wohnsitz, ohne H e i m a t und sich die Unterhaltung und Erheiterung der Mitmenschen zum Beruf gemacht hat. Doch einst w a r der U m f a n g der Fahrenden weit größer, denn auch die Bettler hatten zum f.n V . gehört. Daher wurden sie alle als „ v a r e n d e " oder „ g e r n de d i e t " z u s a m m e n g e f a ß t A b e r auch als Spielleute wurden sie im MA. bezeichnet, da die altdeutsche Sprache f a s t sämtliche unterhaltenden K ü n s t e unter dem Begriff „ S p i e l " z u s a m m e n f a ß t e und jeden, der solche Spiele berufsmäßig ausübte, Spielmann hieß 2 ). Nach A u s scheidung der f a h r e n d e n Schüler (s. d.) und folgender G r u p p e n : I. der Spielleute, 2. der Bettler, 3. der Gauner, die eine gesonderte B e h a n d l u n g (s. Spielmann, Bettler, Gauner) erfahren, gehören weiters zum f . n V . die Gaukler, Taschenspieler, Seiltänzer, Kunstreiter, mittelalterlichen K l o p f f e c h t e r , Tierbändiger, Bärenführer, Possenreißer, R i n g k ä m p f e r , Athleten, J o n g l e u r e , A k r o b a t e n , Zauberer, Marktschreier, Bänkelsänger und die Hellseher und W a h r s a g e r auf den J a h r m ä r k t e n und als letzter R e s t der Leiermann oder Drehorgelspielei, sofern er noch v o n Ort zu Ort wandert. Zu dem f . n V . hatten einst auch die fahrenden Schauspieltruppen, die sogenannten Schmieren, gehört. Alle diese Fahrenden sind verschwunden oder nahezu imSchwinden begriffen, da durch die strenge polizeiliche Ü b e r w a c h u n g im modernen S t a a t e und die genaueste R e g e l u n g der H e i m a t zugehörigkeit, ebenso durch die Grenzüberwachung zwischen den einzelnen Staaten, die frühere Freizügigkeit des f.n V.es nahezu unterbunden ist. Ferner zog diese herumfahrenden L e u t e vor allem die Großstadt an, wo sie in der Unterschicht der B e v ö l k e r u n g untertauchten und seßhaft wurden. Solange J a h r m ä r k t e in größerem A u s m a ß e noch bestanden, f a n d e n hier noch einige Gruppen f.n V.es eine Lebensbedingung f ü r sich, seitdem aber diese S a m m e l p u n k t e großer Men-
II2Ö
schenmengen aus einem Gebiete ihre B e deutung verloren haben, da die S t ä d t e zu jeder Zeit leicht zu erreichen sind, beginnen die letzten R e s t e auch v o n hier zu weichen. Zudem h a t das Unterhaltungsbedürfnis der breiten Massen eine andere R i c h t u n g genommen, als daß die F a h r e n den es befriedigen könnten. Zirkus- und Varietikünstler, die im V e r b a n d ihres Unternehmens zwar durch die L ä n d e r reisen, können nur bis zu einem gewissen Grade zu den Fahrenden gerechnet werden, sie selbst zählen sich zu den S c h a u spielern und Künstlern und haben sich dadurch von den einstmaligen Fahrenden ebensoweit entfernt wie die S c h a u spieler selbst, die als K o m ö d i a n t e n auch zu dem f.n V. gehört hatten. Was außer den bereits A n g e f ü h r t e n heute noch als f. V . bezeichnet werden kann, sind nur wenige Gruppen, allerdings sind auch sie j e t z t einer Heimat zugewiesen und ihr Beruf ist nicht die Unterhaltung der Mitmenschen. E s sind dies v o r allem die sogenannten Schleiferleute (Scherenschleifer), meist eine vielköpfige Familie, die v o n Ort zu Ort zieht, im S o m m e r v o r dem Ort an einem W a l d r a n d lagert, gegen Geld oder auch gegen Lebensmittel der Bevölkerung Scheren, Rasiermesser schleift, zerbrochene Regenschirme repariert. Bei den K u n d e n g ä n g e n im Dorf, die nahezu immer v o n den Weibern gemacht werden, wird wahrgesagt und womöglich gestohlen oder die Örtlichkeit f ü r einen nächtlichen Diebstahl ausgekundschaftet. Eine zweite Gruppe bilden die sogenannten SchaukelP r a t e r - R i n g e l s p i e l l e u t e , die mit einer Schaukel oder einem Karussel im L a n d e herumziehen und auf den J a h r m ä r k t e n erscheinen; diese G r u p p e ist aber nicht mehr f a h r e n d im strengen Sinn des Wortes, denn die ihr Angehörigen verbringen den Winter an einem bestimmten Ort. E i n e andere, allerdings sehr seltene Gruppe, die ebenfalls nicht mehr vollkommen f a h r e n d ist, bilden die K o m ö d i leute, eine Truppe, meist nur eine Familie, die auf dem flachen L a n d e , so noch in Oberösterreich, an Abenden oder Sonntagnachmittagen, in einem Wirte56»
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fahrendes Volk
haus oder auch im Freien davor Volksstücke aufführt. Auf dem Jahrmarkt erscheint noch der Tierbudenbesitzer, ferner der Unternehmer mit einer hellsehenden Frau und ähnliches. Die Schlesier finden auch heute noch an den Vergnügungen der Fahrenden ihr Gefallen, Bei ihnen erscheint auf den Jahrmärkten der Bärenführer, Kameltreiber, der Mann mit der gelehrigen Ziege, der Kunstreiter, Seiltänzer, Degenschlucker, nie fehlt der Verkäufer von Planetenzetteln und der Wahrsager der Zukunft. Dieser bedient sich für die Zukunftserforschung einer Teufelsbeschwörung mit den festüberkommenen Worten: Steig' herab, kleiner Mann, aus deinem Kontor, durchschaue das Herz und prüfe den Sinn eines jeden! Er läßt nämlich hierbei, gelehnt auf seine Glassäule, sonderbare kleine Figuren zur Überraschung der Zuschauer erscheinen 3 ). Für diese Reste ist in der lebenden Sprache keine Gesamtbezeichnung mehr vorhanden. Seit der Romantik ist der Begriff f. V. im guten Sinne eingeschränkt und wird nur mehr auf die Spielleute im eigentlichen Sinne angewendet. Die früher mit f. V . gleichwertige Bezeichnung „Landstreicher, Landfahrer", wird jetzt nur mehr für die verschiedenen Gaunerberufe verwendet, so daß diese Wörter eine Bedeutungsverengerung im herabwürdigenden Sinn erfahren haben. Jetzt unterscheidet man genau zwischen den die Straßen ziehenden Landstreichern, Bettlern usw. einerseits und den nur mehr wenigen Schaubudenbesitzern, Komödianten andererseits 4 ). Was auch heute herumwandert, gehört meistens zu den Hausierern, so die Lumpensammler und die Kesselflicker, Karnerleut (oberes Inntal) und ähnliche Berufe. Den Aberglauben des f.η V.es kann man in zwei Gruppen einteilen. Die erste bilden die abergläubischen Anschauungen der Mitmenschen über das f. V. in bezug auf seine Stellung zur christlichen Kirche und ihre Satzungen und zur Geistlichkeit. Wie die kulturgeschichtliche Entwicklung des f.n V.es zeigt, vertrat dieses gegenüber der Kirche
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ein antikes und germanisch-heidnisches Element. Da die christliche Kirche als Siegerin über die antiken Religionen und die germanische hervorgegangen war und somit den Anspruch erhob, als die richtige anerkannt zu werden, war von ihrem Standpunkt aus das besiegte Heidentum als überholt, als Aberglaube gebrandmarkt. Aus ihrem Siege leitete sie weiter das Recht ab, diese abgetanen Religionen zu bekämpfen. Das f. V. mußte schon durch den Umstand, daß es Heidnisches, ob es nun aus antiker oder germanischer Wurzel stammte, inmitten der zum Christentum Bekehrten noch lange pflegte, als Träger dieses Aberglaubens auch selbst Gegenstand des Aberglaubens werden. Eine kurze kulturgeschichtliche Skizze über die Stellung und Entwicklung des f.n V.es soll diesen Aberglauben, der am besten als absoluter aufgefaßt werden kann, entwickeln. Daß das f. V. in seiner bunten Zusammensetzung nicht auf germanischem Boden entstand, sondern ein jErbstück aus der antiken Kultur ist, ist längst bekannt 6 ). Das ist insoweit vollkommen richtig, als man derartige Berufstypen bei Römern und Griechen nachweisen kann, doch muß man über die griech.röm. Welt hinausgreifen, wenn man die Grundlagen für den Aberglauben, dessen Objekt das f. V. wird, aufdecken will. Es ist das Neue Testament selbst, wo der Apostel Paulus Gelegenheit nimmt, den urchristlichen Standpunkt gegenüber den zu seiner Zeit zahlreichen Fahrenden zu vertreten. Wie aus den Schriften des Paulus klar hervorgeht, hatte er mit seinen Worten nicht so sehr Fahrende der griech.-röm. Welt als vor allem solche aus dem Judentum und zwar in erster Linie Zauberer, Wahrsager, Teufelsbeschwörer im Auge. Im Laufe der Zeit aber werden alle Gruppen der antiken Fahrenden unter die von Paulus namentlich genannten einbezogen und als eine unterschiedslose Menge behandelt, und nur geringe und seltene Ansätze finden sich bis zum Verschwinden des f.n V.es überhaupt, daß bestimmte Gruppen Fahrender entweder nach ihrer künstlerischen Be-
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tätigung, oder aus einem sonstigen Grunde gesondert behandelt wurden. A l l e A r t e n des f . n V . e s , die u m L o h n die Z u s c h a u e r oder Z u h ö r e r u n t e r h i e l t e n u n d im MA. in Deutschland begegnen, k a n n t e n s c h o n die R ö m e r . D a s U n t e r h a l t u n g s b e d ü r f n i s der r ö m i s c h e n Gesellschaft hatten früh Gaukler, Taschenspieler, A k r o b a t e n , Seiltänzer auszun ü t z e n v e r s t a n d e n . D a s Interesse f ü r M e r k w ü r d i g k e i t e n b e f r i e d i g t e n die circ u l a t o r e s ; u n t e r i h n e n b e f a n d e n sich die „ s t a r k e n M ä n n e r " , die G e w i c h t e h o b e n , d a n n die K u n s t s p r i n g e r , die das K o p f s t e h e n , R a d s c h l a g e n u n d auf den H ä n d e n gehen vorführten. Trapezkünstler (petauristarii) u n d S e i l t ä n z e r (die h e u t i g e n A k r o b a t e n ) , die J o n g l e u r e (pilarii), m i t großer manueller Geschicklichkeit und besonders die T a s c h e n s p i e l e r (praestigiatores), e i g e n t l i c h Z a u b e r k ü n s t l e r (praestigia, B l e n d w e r k ) . D u r c h ihre g r o ß e K u n s t f e r t i g k e i t , m i t der sie auf den ersten Anblick an das Wunderbare g r e n z e n d e K u n s t s t ü c k e a u s f ü h r t e n , err e g t e n sie bei der M e n g e l e i c h t den G l a u b e n a n Z a u b e r , so b e s o n d e r s die F e u e r f r e s s e r , eigentlich F e u e r s p e i e r ; ihre Kunstfertigkeit wurde zu betrügerischen Z w e c k e n gern a u s g e n ü t z t , es k o n n t e d a m i t bei der a b e r g l ä u b i s c h e n M e n g e F u r c h t e r r e g t w e r d e n . F e r n e r g a b es F a h r e n d e m i t dressierten T i e r e n , u n d u n t e r ihnen e r w e c k t e n die S c h l a n g e n b e s c h w ö r e r viel B e w u n d e r u n g u n d A n g s t ; sie w u r d e n als m i t besonders z a u b e r i s c h e n K r ä f t e n a u s g e s t a t t e t b e t r a c h t e t , da sie diese gefährlichen Tiere unschädlich m a c h t e n , o h n e d a ß i h n e n der G i f t z a h n e n t f e r n t w u r d e . E i n e w e i t e r e enger zusammengehörige Gruppe bildeten die Wahrsager, Traum- und Zeichendeuter, d e n n a u c h sie ü b t e n o f t ihren B e r u f i m H e r u m z i e h e n aus, w i r k t e n auch als Arzte und Quacksalber und erweckten m i t ihren H e i l m i t t e l n , die sicher v i e l in Z a u b e r k ü n s t e n u n d B e s p r e c h u n g e n bes t a n d e n , in der B e v ö l k e r u n g B e w u n d e rung. Man sprach ihnen daher besondere g e h e i m e K r ä f t e z u u n d b e t r a c h t e t e sie als Z a u b e r e r . U n t e r diese G r u p p e v o n F a h r e n d e n k o n n t e n sich a m e h e s t e n B e t r ü g e r
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m i s c h e n , so d a ß die F a h r e n d e n s c h o n im A l t e r t u m viele unehrliche Gewerbsgenossen in ihren R e i h e n h a t t e n . Sie w a r e n f a s t d u r c h w e g s Griechen. D i e s e b u n t e G e s e l l s c h a f t der F a h r e n d e n v o n verschiedenen Betätigungen wird aber v o n einer F i g u r a n B e l i e b t h e i t übertroffen, von dem altrömischen scurra, der in der s p ä t e r e n K a i s e r z e i t m i t V o r liebe j o c u l a r i s , j o c u l a t o r , g e h e i ß e n w u r d e . A l s S p a ß - u n d L u s t i g m a c h e r bei d e n G a s t m ä h l e r n u n d auf der B ü h n e w i r d als j o c u l a t o r w e i t e r h i n j e d e r b e z e i c h n e t , der sich die U n t e r h a l t u n g seiner M i t m e n s c h e n z u m Z i e l m a c h t . Diese k u l t u r g e s c h i c h t l i c h e E n t w i c k l u n g s p i e g e l t a u c h die B e d e u t u n g s e n t w i c k l u n g des W o r t e s wieder, i n d e m s c h l i e ß l i c h das p r o v e n c . j o g l a r (jocularis) u n d das f r a n z ö s i s c h e j o g l e o r ( j o c u l a t o r ) der G e s a m t n a m e f ü r alle diej e n i g e n w i r d , w e l c h e a u s der U n t e r h a l t u n g der M i t m e n s c h e n ein Gewerbe m a c h e n , sei es d u r c h V o r t r a g e n v o n M u s i k oder Poesie oder d u r c h A u f f ü h r u n g von Kunststücken. Diese Fahrenden h a t t e n die r ö m i s c h e n P r o v i n z e n d u r c h w a n d e r t , sie w a r e n a u c h den G e r m a n e n bekannt geworden. Ehemalige germanische K r i e g s g e f a n g e n e m o c h t e n diese B e l u s t i g u n g e n in Italien g e s e h e n u n d vieles erl e r n t u n d , als sie in ihr V a t e r l a n d z u r ü c k g e k e h r t w a r e n , sich d a m i t ihren Lebensunterhalt verdient haben. Vor a l l e m w e r d e n die S c h w e r t t ä n z e r u n t e r den F a h r e n d e n die A u f m e r k s a m k e i t der Germanen zuerst erregt haben, und mit ihnen w e r d e n sich d a n n a n d e r e eingestellt h a b e n . W i r k ö n n e n a n n e h m e n , d a ß s c h o n im r ö m i s c h e n A l t e r t u m gewisse F a h r e n d e w e g e n ihrer n i c h t gleich z u durchschauenden Kunstfertigkeit, oder a u c h w e g e n ihrer- g e h e i m n i s v o l l e n E r scheinung, v o n m a n c h e m A b e r g l a u b e n u m g e b e n w a r e n , d a ß i h n e n geheime K r ä f te z u g e s p r o c h e n w u r d e n , so w e n n i h n e n ζ. B . die S c h l a n g e n g e h o r c h t e n . Dieser A b e r g l a u b e ü b e r sie m u ß t e sich bei den G e r m a n e n n o c h steigern, s c h o n w e g e n ihrer f r e m d a r t i g e n K l e i d u n g , Erschein u n g , S p r a c h e u n d ihres B e n e h m e n s . D i e F a h r e n d e n w e r d e n a b s i c h t l i c h d a s Geheimnis ü b e r sich noch g e s t e i g e r t h a b e n .
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Die Germanen verachteten zwar die fremden Fahrenden, unter denen sich viel Gesindel jeden Geschlechtes befunden haben wird, als „unehrliche L e u t e " , ferner wegen ihrer Heimatlosigkeit und ihres würdelosen Gebarens, aber dieser Mißachtung des ganzen Berufes der Fahrenden entsprach nicht die Verachtung ihrer Künste. Daß die fremden Waffentänzer sich entlohnen ließen und sich nicht mit dem Vergnügen der Zuschauer begnügten (Tacitus, Germania c. 24), widersprach zwar ganz der germanischen Auffassung, doch die Vorliebe f ü r diese Waffenkünste war bei hoch und nieder zu groß. Man konnte manchen neuen Kunstgriff bei den Fremden lernen. Als Einheimische in die Reihen der Fahrenden eintraten, wurden diese mit ihren Künsten in immer weiteren Kreisen beliebt, und wie immer wurde die derbere Unterhaltung mit dem Reiz des Fremdartigen dem reineren Vergnügen des nationalen Heldensängers vorgezogen. Dieser, in seiner Existenz jetzt ernstlich bedroht, mußte auch selbst manche Kunststücke dazulernen und damit gehen die nationalen Sänger in den Fahrenden unter. Daß die nationalen Sänger so leicht aus der Gunst der Menge verdrängt wurden, hat auch die Kirche begünstigt, denn sie wollte sie als die Träger des heidnischen Heldengesanges beseitigen und sie erreichte ihr Ziel zuerst bei den Vornehmen. Die Menge des f . η V.es aus der griech.-röm. Welt vermehrte das germanische Heidentum um den nationalen Sänger. Ein weiteres Kontingent zu den Fahrenden stellten die, welche durch die große staatliche Umwälzung der Völkerwanderungszeit ihren Besitz verloren hatten, ferner die Bettler, die durch die Begünstigung der Kirche die Straßen in erschreckender Weise bevölkerten. Besonders überschwemmt von Fahrenden war im MA. Paris, wo man ihnen einen eigenen Stadtteil zuwies, damit sie besser überwacht werden konnten. In B a sel räumte man ihnen den außerhalb der Stadt gelegenen Kohlenberg ein, wo der Nachrichter mit seinen Gesellen wohnte®). Auch sonst suchte man das f. V. von den
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übrigen Menschen abzusondern, wie es ihr Benehmen und zudringliches Gebaren notwendig machte; so ließen die Wormser fahrende Gaukler gar nicht in die Stadt, und in einer Verordnung bestimmten sie, daß die Fremden nicht durch unbeherbergte joculatores, joculatrices, histriones et garciones belästigt werden sollten 7 ). Währenddes 30 jährigen Krieges erhält das f. V . noch einen weiteren Zuwachs durch Alchimisten, Geisterbeschwörer, Schatzgräber. Daß sich auch viele Frauen, besonders in der Zeit der Sachsenkaiser und der Hohenstaufen, unter den Fahrenden befanden, drückte den Stand in der öffentlichen Achtung noch weiter stark herab 8 ). Ihr Unwesen muß so arg gewesen sein, daß Berthold von Regensburg Frauen wegen der Gefahren der Straße nicht wallfahren lassen will. Das sogenannte Spielweib ist ein allgemein bekannter T y p u s unter den fahrenden Frauen, da es sogar die religiöse Dichtung zum Vergleich heranzieht, wie in einer Evangeliendichtung des 10. J h s . f ü r die Salome. Diese fahrenden Frauen waren im 12. J h . überall zu treffen, besonders im Gefolge der Kreuzzüge, auf Reichstagen und bei Konzilien. Sie erschienen in dieser Zeit auf den J a h r märkten der Städte und bei den Festen der Höfe als Bärenführerinnen, Tänzerinnen, Gauklerinnen. Sie trugen wesentlich dazu bei, die Fahrenden gänzlicher Verachtung preiszugeben, denn sie waren vor allem als Zauberinnen bekannt und gefürchtet. Sie werden den Zauber f ü r sich und andere angewendet haben und besonders den Frauen darin die Lehrmeisterinnen f ü r den Liebestrank gewesen sein. Die Germanen sprachen der F r a u geheimnisvolle K r ä f t e zu, und sie war bei ihnen im Besitze der durch viele Generationen weiter vererbten Erfahrung in der Anwendung von Volksheilmitteln und dem künstlichen Heilzauber. Indem das Christentum der Frau diese hohe Einschätzung nahm, wurden ihre Zaubersprüche und Segnungen, an denen sie sicher weiter festhielt, zu Teufelswerk gestempelt und sie selbst zur Dirne des Satans gemacht. Dem Zauber der seß-
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h a f t e n Frauen konnte die K i r c h e leichter entgegentreten, dagegen den herumziehenden F r a u e n konnte sie nicht beik o m m e n ; die seßhaften werden sich aber gern in ihren Anliegen a n die f a h r e n d e n g e w a n d t haben, schon deshalb, weil sie bei ihnen stets neue und w i r k s a m e Formen des Zaubers zu finden h o f f t e n . Der s t a r k e Haß der K i r c h e mußte von den f a h r e n d e n F r a u e n herausgefordert werden, wenn sie zu ihrem Z a u b e r w e r k die heilige Hostie verwendeten. Nach Cäsarius von Heisterbach suchte ein Mädchen dem R a u p e n f r a ß dadurch E i n h a l t zu gebieten, daß sie auf den R a t einer fahrenden F r a u die heilige Hostie im Munde mit nach Hause brachte, in kleine S t ü c k e zerrieb und unter ihre K r ä u t e r und Gemüse streute. E s wurde mit Besessenheit g e s t r a f t ® ) . Den Aberglauben über das f. V . wird bei den Germanen besonders auch der U m s t a n d gefördert haben, daß sie ohne Wohnsitz, ohne H e i m a t unstet herumwanderten und somit außerhalb der im MA. streng ständisch gegliederten Gesellschaft standen. Ihnen fehlte somit jede S t a n d e s e h r e ; sie waren nach germanischer E h r e n r e c h t s a u f f a s sung „ e h r l o s " , auch v o r dem Gericht, denn sie wurden nicht als gültige Zeugen anerkannt. Menschen, die keine H e i m a t hatten, keinem Geschlechtsverband angehörten, wirkten auf die G e r m a n e n sehr unheimlich, und mancher A b e r g l a u b e wird sich daher an sie geheftet haben, g a l t doch die Ausstoßung aus dem Geschlechtsverbande f ü r die schwerste S t r a fe, der Ausgestoßene w u r d e im Volksglauben zum Werwolf. Diese Rechtlosigkeit w a r aber außer in der Heimat- und Standeslosigkeit auch noch mit ihrem unehrlichen Gewerbe begründet. Denn es widersprach dem germanischen E h r begriff, die L e u t e f ü r Geld zu unterhalten, und so wird gerade dieser U m s t a n d immer wieder hervorgehoben, so werden ζ. B . im S t a d t r e c h t v o n S t . Pölten v o n 1 3 3 8 A r t . 3 1 unter unehrlichen L e u t e n insbesondere „ D i r n e n , Spielleute und sonstiges f. V . " a u f g e z ä h l t 1 0 ) , das Gut f ü r E h r e n i m m t (guot u m b ere nemen), das heißt sie verletzten f ü r Geld durch würde-
loses Benehmen die Mannesehre. In der gleichen Gesellschaft erscheinen sie auch im L a n d r e c h t v o n W ü r t t e m b e r g v o m J a h r e 1 5 5 4 , fol. 2 4 9 : F r a w e n w i r t oder Wirt, Nachrichter, Scholderer, Platzmeister, Gaukler und dergleichen u ) , ebenso auch an anderen Stellen. Sehr o f t erscheinen zusammengestellt meretrix und histrio, so schon bei Augustinus 1 2 ). U m ein Beispiel aus dem MA. anzuführen, im S t a d t r e c h t von L a n d s h u t aus dem J a h r e 1 2 7 9 : Item si civis interdictum civitatis vel m i m u m vel meretricem publicam ex causa l a e s e r i t 1 3 ) . Das f. V . bildete eine G r u p p e der sogenannten unehrlichen Leute, die alle im R u f e der Zauberei standen und daher später auch in die Hexenprozesse verwickelt wurden. In dieser Unehrlichkeit verbleibt das f. V. das ganze M A . hindurch, mag es sich auch zu gewissen Zeiten (14. und 1 5 . J h . ) in recht günstiger wirtschaftlicher L a g e befunden haben, was insbesonders f ü r die Musikanten und Spielleute in engerem Sinne gilt. Diese hatte v o r allem die künstlerische Höhe ihrer Leistungen von der früher unterschiedslosen Menge abgesondert und ihnen gelang es zuerst, eine zunftähnliche Organisation zu schaffen und damit gleich den anderen Ständen eine eigenartige Standesehre zu gewinnen, so besonders im Elsaß mit dem K ö n i g t u m der fahrenden L e u t e in Rappoltenstein. Durch die B e s t ä t i g u n g K a i s e r Friedrichs I I I . waren die Elsässer P f e i f e r eine Z u n f t geworden, die mit U r k u n d e und Siegel gleich anderen H a n d w e r k e r z ü n f ten ehrlich wurden M ) . Dies w a r e n allerdings nur einige glückliche Versuche, im allgemeinen blieb das f. V . bis ins 18. J h . v o n der bürgerlichen Z u n f t o r d nung ausgeschlossen. D a d u r c h , daß in einzelnen L ä n d e r n bestimmte Gruppen sich die bürgerlichen Ehrenrechte erwarben und d a m i t „ e h r liche L e u t e " wurden, w a r auch f ü r sie die Möglichkeit gegeben, f ü r ihren S t a n d einen Schutzheiligen zu erwählen. Auf diese Weise glückte es ihnen, in den V e r b a n d der K i r c h e hineinzukommen und ihren Schutz zu erhalten. Sie unterstellten sich als B r u d e r s c h a f t dem S c h u t z
fahrendes Volk einer Heiligen, besonders der hl. Maria oder der hl. Cacilia. Eine vielgepriesene Patronin der Fahrenden war die Mater Dolorosa im Dusenbach im Elsaß, von deren wundertätigen Hilfe an den Fahrenden viele Legenden erzählen. So sei sie in Rochester einem, der durch einen Windstoß von der Brücke in den Fluß geschleudert worden war, zu Hilfe gekommen, daß er gleich Arion von einer Woge ans Land getragen wurde. In Clairv a u x habe sie einem Fahrenden, der vor ihrem Bilde tanzte, eigenhändig die Stirne getrocknet usw. 1 6 ) (s. Spielmann). In Uznach wurde 1407 eine Bruderschaft der „ f a r e n d Lüt, Giger und P f i f e r " gegründet, die sich in der Kirche zum hl. Kreuz einmal im J a h r zu einer Seelenmesse f ü r die verstorbenen Mitglieder zu versammeln pflegte. Die Mitglieder trugen ein kleines silbernes Kreuz, das nach ihrem Tode der Bruderschaft in der Kirche übergeben werden mußte 1 8 ). In Paris stifteten auch die Spielleute wie andere Zünfte f ü r ihre Angehörigen ein Spital, das sie neben dem Patron der anderen Spitäler, St. Julien, auch dem hl. Genesius weihten, der als Spaßmacher unter Diokletian die christlichen Zeremonien zuerst verspottete, nach seiner plötzlichen Bekehrung aber den Märtyrertod erlitt 1 7 ). Und wenn eine Basler Kirchenversammlung eine solche Gesellschaft fahrender Pfeifer in Zürich zu einer Bruderschaft erhob und unter den Schutz Unserer Lieben Frau stellte 18 ), so hat das f. V. wenigstens in einzelnen bestimmten Ländern den Frieden der Kirche gefunden, den ihm diese seit ihren ersten Zeiten verweigert hatte. Der Kampf der christlichen Kirche gegen die Fahrenden beginnt schon früh. Die Worte des hl. Paulus im I. Brief an die Korinther bilden den Ausgangspunkt: c. 5, v. 1 1 nunc autem scripsi vobis non commisceri: si is, qui frater nominatur, est fornicator, aut avarus aut idolis serviens aut maledicus aut ebriosus, aut r a p a x : cum eiusmodi nec cibum sumere. Daß diese Worte auf das f. V . zur Zeit Christi anzuwenden sind, ist nicht sofort klar, doch die bestimmte Bezugnahme späterer kirch-
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licher Schriftsteller, so besonders des Augustinus, der bestimmte Gruppen von Fahrenden nennt, beweist, daß auch Paulus bereits an herumfahrendes Volk gedacht hat. Den Aposteln selbst, die von Ort zu Ort zogen, dürfte es öfter geschehen sein, daß sie von der Menge zu den herumreisenden Zauberern und Teufelsbeschwörern gerechnet wurden, wie die Szene mit dem Simon Magus (Apostelgeschichte 8, 9 ff.) zeigt; dieser will sich von den Aposteln eine erhöhte Zauberkunst, wie er ihre Wunder betrachtet, um Geld erkaufen. In dem Zauberer E l y m a s , den Paulus auf Paphos c. 1 3 , 6 f f . mit Blindheit schlägt, lernen wir wieder einen solchen herumfahrenden Zauberer kennen, über den der Apostel bei der Masse eigentlich nur deshalb den Sieg davontrug, weil sein Wunder noch größer war als das des andern. C. 19, 13, ist die Rede von herumziehenden jüdischen Teufelsbeschwörern, die gleich Paulus im Namen J e s u Teufel austreiben wollten: Tentaverunt autem quidam et de circumeuntibus J u d a e i s exorcistis, invocare super eos, qui habebant spiritus malos, nomen Domini J e s u dicentes: Adjuro vos per J e s u m , quem Paulus praedicat. Den Namen J e s u wollten sie als Zauberformel benützen. In der Zeit nach Christus zogen nämlich zahlreiche Teufelsbeschwörer, Traumdeuter, Geisterbeschwörer, Wahrsager und Heilkünstler umher und betrieben ein wenig ehrliches Gewerbe 1 9 ). Hingewiesen sei darauf, daß schon Paulus den Zauberer einen Sohn des Teufels nennt, Apostelgeschichte, c. 13, 10, D i x i t : Ο, plene omni dolo, et omni fallacia, fili diaboli, inimice omnis justitiae. Während aber durch die Worte des Ν. T. ganz bestimmte Gruppen von Fahrenden getroffen und bekämpft werden sollen, verwenden sie die Kirchenväter zum Kampf gegen alles f. V., das die weiten Gebiete des römischen Reiches durchzog, und sie belasten Gruppen mit einem Haß seitens der Kirche, den diese eigentlich ursprünglich nicht verdienten. Es entspricht dem Apostel Paulus, wenn Augustinus die Freigebigkeit gegen die histriones ein abscheuliches Laster und
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k e i n e T u g e n d n e n n t . In Ioannis E v a n g . T r a c t , i o o , c. 2 : D o n a r e q u i p p e res s u a s h i s t r i o n i b u s V i t i u m est i m m a n e , non v i r t u s 20 ). A u c h in der E n a r r a t i o in P s a l m u m 102, c. 13 s p r i c h t er solcher F r e i gebigkeit kein Verdienst zu. A l s unreine G e i s t e r b e z e i c h n e t er d e r a r t i g e B e r u f e nach einem Briefzitat Alcuins aus Engl a n d [ 7 9 1 ) : nescit h o m o , qui mimos, et histriones et s a l t a t o r e s i n t r o d u x i t in d o m u m s u a m , q u a m m a g n a eos s e q u a t u r immundorum spirituum turba21). Diesem U r t e i l e n t s p r i c h t es a u c h , d a ß A u g u s t i n u s sie v o m E m p f a n g der hl. S a k r a m e n t e a u s s c h l i e ß t de f i d e e t o p e r i b u s . c. 18: Illud s a n e m i r a b i l e est, q u o d f r a t r e s , qui aliter sapiunt, c u m debeant a b ista vel n o v a v e l v e t e r e , perniciosa tarnen opinione discedere, ipsi i n s u p e r d i c u n t , n o v a m esse d o c t r i n a m , q u a n e q u i s s i m i h o m i n e s in suis f l a g i t i i s se p e r s e v e r a t u r o s in prop a t u l o p r o f i t e n t e s non a d m i t t u n t u r a d b a p t i s m u m : quasi nescio ubi peregrinentur, q u a n d o meretrices. et histriones et q u i l i b e t alii p u b l i c a e t u r p i t u d i n i s professores nisi solutis a u t d i s r u p t i s t a l i b u s v i n c u l i s a d Christiana s a c r a m e n t a non p e r m i t t u n t u r a c c e d e r e , nisi a n t i q u u m et r o b u s t u m m o r e m s a n c t a ecclesia r e t i n e r e t , e x ilia scilicet l i q u i d i s s i m a veritate venientem, qua certum habet, quoniam qui t a l i a a g i t , r e g n u m dei n o n possideb u n t , et nisi e g e r i n t a b his m o r t u i s o p e r i b u s p a e n i t e n t i a m , a c c e d e r e ad b a p t i s m u m non s i n u n t u r . B e r e i t s in das C o r p u s j u r . c a n . 22 ) ist ü b e r d e n h i s t r i o eine d i e s b e z ü g l i c h e B e s t i m m u n g a u f g e n o m m e n ( G r a t i a n i D e c r e t . p. I I I . cap. 9 5 ) : Ystrionibus s a c r a non committantur m i s t e r i a : C i p r i a n u s , E u r i c a c i o f r a t r i sal u t e m . P r o dilectione t u a c o n s u l e n d u m m e e x i s t i m a s t i , f r a t e r carissime, q u i d mihi v i d e a t u r de y s t r i o n e et m a g o illo, qui a p u d v o s c o n s t i t u t u s a d h u c in s u a e artis dedecore perseverat, et magister et d o c t o r non e r u d i e n d o r u m , sed p e r d e n d o r u m p u e r o r u m , id, q u o d m a l e didicit, ceteris q u o q u e i n s i n u a t : an t a l i b u s d e b e a t s a c r a c o m m u n i o c u m ceteris Christianis dari a u t d e b e a t c o m m u n i c a r e v o b i s c u m ? P u t o nec m a j e s t a t i d i v i n a e , nec e v a n gelicae disciplinae congruere, ut pudor
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e t h o n o r ecclesiae t a m t u r p i e t i n f a m i c o n t a g i o n e f e d e t u r . H i e r w i r d f ü r die r ö m i s c h e Z e i t der h i s t r i o m i t d e m m a g u s in Z u s a m m e n h a n g g e b r a c h t , w a s besonders w i c h t i g ist, da w i r d a r a u s ersehen, w i e ein V e r t r e t e r des f . n V . e s in der A n tike, der histrio, g l e i c h g e s e t z t ist d e m m a g u s , d a ß also die g a n z e Masse des f . V . e s s c h o n in der A n t i k e i m R u f e der Z a u b e r e i s t a n d . D i e S t e l l u n g n a h m e der K i r c h e ist a l l e r d i n g s n i c h t d u r c h a u s kons e q u e n t ; w ä h r e n d n a c h der a n g e f ü h r t e n S t e l l e i m k a n o n . R e c h t e die V e r w e i g e r u n g der K o m m u n i o n n u r bis z u einer U m k e h r des [ b e t r e f f e n d e n histrio d a u e r n soll, w a s m a n a u s d e n W o r t e n qui . . . . a d h u c in s u a e artis d e d e c o r e p e r s e v e r a t h e r a u s lesen k a n n , sind a n d e r e k i r c h l i c h e A u t o r i t ä t e n der A n s i c h t , d a ß eine B e k e h r u n g u n d R e t t u n g seines Seelenheiles überh a u p t n i c h t m ö g l i c h ist. D e n ersten S t a n d p u n k t n i m m t eine s u m m a de penit e n t i a aus d e m 13. J h . ein, w o e b e n f a l l s die histriones m i t den m e r e t r i c e s z u s a m m e n g e s t e l l t s i n d 2 3 ) : c u m i g i t u r meretrices et histriones v e n i u n t a d conf e s s i o n e m , non est eis d a n d a p e n i t e n i a , nisi e x t o t o t a l i a n e g o t i a r e l i n q u a n t , q u a r e aliter s a l v a r i non p o s s u n t . A n der a n g e f ü h r t e n Stelle w e r d e n w e i t e r s 3 v e r s c h i e d e n e R a n g s t u f e n u n t e r den F a h r e n den u n t e r s c h i e d e n , die a u c h v o n Seiten der K i r c h e eine v e r s c h i e d e n e B e h a n d l u n g erfahren. E i n e Gruppe bilden: quidam transformant et transfigurant corpora sua per turpes saltus vel per t u r p e s gestus, v e l d e n u d a n d o corpora sua t u r p i t e r , v e l i n d u e n d o horribiles l a r v a s ; diese G r u p p e ist verd a m m t , w e n n sie n i c h t ihre T ä t i g k e i t a u f g i b t : omnes tales dampnabiles sunt, nisi r e l i n q u a n t o f f i c i a s u a . D i e z w e i t e G r u p p e : s u n t e t i a m alii histriones qui nihil o p e r a n t u r sed curiose a g u n t , n o n h a b e n t e s c e r t u m d o m i c i l i u m , sed circumeunt curias m a g n a s et locuntur a p p r o b r i a e t i n n o m i n i a s de a b s e n t i b u s . U n t e r i h n e n b e f i n d e t sich eine G r u p p e , die besonders Berthold v. Regensburg im A u g e h a t , die ü b e r A b w e s e n d e S c h m ä hungen und ehrenrührige W i t z e machen (ignominias). A u c h sie sind v e r d a m m t
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und exkommuniziert: tales et dampnabiles sunt, quare prohibet apostolus cum talibus cibum sumere, et dicuntur tales scurre sive magi, quare ad nihil aliud utiles sunt nisi ad devorandum et ad maledicendum. Das ist unter den Fahrenden die Gruppe der Histrionen und Magier, auf die sich die Anfrage im corp. jur. can. bezieht. Von der 3. Gruppe, qui habent instrumenta musica ad delectandum homines, gibt es 2 Gattungen: quidam frequentant potationes publicas etlascivas congregationes, ut cantent ibi lascivas cantilenas, et tales dampnabiles sunt. Die 2. Gattung sind die joculatores, qui cantant gesta principum et vitas sanctorum, et faciunt solacia hominibus in egritudinibus suis vel in angustiis suis. Nur diese Gruppe ist erlaubt und zwar mit Berufung auf Papst Alexander. Dieser soll einen joculator auf die Frage, utrum posset salvare animam suam in officio suo, zuerst gefragt haben, ob er nicht einen anderen Beruf wüßte. Erst auf die verneinende Antwort soll er ihm die Zusage für sein Seelenheil gegeben haben, dummodo abstineret a predictis lascivis turpitudinibus, nämlich gewisser joculatores: sicut faciunt saltatores et saltatrices et alii, qui ludunt in ymaginibus inhonestis, et faciunt videri quasi quedam fantasmata per incantationes vel alio modo. Diesem wichtigen Abschnitt der summa de penitentia ist am Schluß eine Notiz beigefügt, die das oben angeführte Verbot der Mildtätigkeit an Fahrende durch Augustinus in Erinnerung ruft, wenn es heißt: Notandum est quod omnes peccant mortaliter, qui dant scurris vel joculatoribus vel predictis histrionibus aliquid de suo. Im 14. Jh. zählt eine Handschrift in der Stuttgarter Bibliothek 21) unter den von der hl. Kommunion Ausgeschlossenen neben Epileptikern, Mondsüchtigen, Unholden, Zauberern und Loswerfern die joculatores, „spillut", auf. Damit befinden sich die Fahrenden in der Umgebung von Zauberern und Loswerfern, wo also der mittelalterliche Aberglaube am üppigsten wucherte. Mondsüchtige und Epileptiker galten als vom Teufel besessen.
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Ein Synodalbeschluß von Eichstadt aus dem Jahre 1435 l s ) schließt sie ebenfalls von der Kommunion aus, doch ist ihnen nicht jede Hoffnung auf Rettung ihres Seelenheiles genommen. In der bischöflichen Verordnung, „ w e m und aus welchen Gründen das Sakrament der Eucharistie verboten ist", heißt es: Item, daß das hl. Sakrament nicht ungewürdigt werde, so ist es nach der Auffassung der hl. Väter verbotten allen Leuthen, die ein verläumbt Leben führen, als Gaukler, Zauberer, öffentlich Scholderer, öffentlich Loderer und gelohnt sündlich Spilleuth, gemeinen Frauen und ihren Wirten . . ., solang bis sie von ihrem sündlich Leben gänzlich gelassen, und darüber ihr aufgesetzte Büß verbracht haben. Neben dieser Anschauung, die den Fahrenden doch eine Rettung ihres Seelenheiles in Aussicht stellt, steht eine zweite, die ebenfalls schon bei Augustinus vorliegt, wo er sie im Anschluß an verschiedene Stellen des Neuen Testamentes als unreine Geister erklärt (s. o. nach dem Briefzitat Alcuins). Danach sind sie die folgenden Jahrhunderte und das ganze MA. hindurch die Diener und Helfer des Teufels und haben als solche gar keine Hoffnung, gerettet zu werden. Es wird nicht einmal der Versuch zu ihrer Bekehrung gemacht, wie die Antwort des Meisters im Elucidarius des Honorius von Augustodunum 2 e ) auf die Frage des Schülers besagt: Schüler: Welche Hoffnung haben die Fahrenden? Der Meister: Keine, denn mit ihrem Tun sind sie Diener des Satans. Membra diaboli nennt sie auch Otto von Freising, Chron. lib. 6, 32, wo er erzählt, Heinrich III. habe sie auf seiner Hochzeit mit Agnes in Ingelheim 1043 nicht auftreten lassen, dafür aber die Armen reich beschenkt: pauperibus ea, quae membris diaboli subtraxerat, large distribuit 2 7 ). Dieselbe rettungslose Anschauung vom Seelenheil der Fahrenden findet sich noch bei Berthold v. Regensburg der die Fahrenden nicht einmal zur Buße auffordert, weil sie ohnehin hoffnungslos verloren seien. In seiner Predigt von den 10 Chören der Engel
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und der Christenheit stellte er in die 10. niedrigste, l e t z t e K l a s s e die, „ d i e gar v o n uns gefallen und a b t r ü n n i g worden s i n d " . D a s sind die Gungelleute (Possenreißer), Geiger, T a m b u r e und wie sie alle heißen mögen, die G u t für Ehre nehmen. Sie reden v o n einem das Beste, w a s sie nur können, solange er es hört, und kehrt er ihnen den R ü c k e n , so reden sie das Böseste und schelten viele, die v o r G o t t und der W e l t gerechte L e u t e sind, und loben, die G o t t und der W e l t zu Schaden leben. Denn ihr ganzes Leben haben sie auf Sünde und S c h a n d e gerichtet und schämen sich keiner Sünde und S c h a n d e . U n d g a n z im Geist A u g u s t i n u s h ä l t a u c h B e r t h o l d die Mildtätigkeit gegen sie f ü r eine Sünde, wenn er in derselben Predigt s a g t : Alles, was m a n dir gibt, das g i b t man dir mit Sünde, denn sie müssen G o t t Rechens c h a f t ablegen a m j ü n g s t e n Tage, die dir geben. So g i b t man es dir mit Sünde und so e m p f ä n g s t du es mit Sünde u n d Schande. A u f eine S t u f e stellt er sie mit den T e u f e l n mit f o l g e n d e m : F o r t mit dir, w e n n du irgendwo hier unter uns b i s t ; denn du bist uns a b t r ü n n i g geworden mit Schalkheit und Liederlichkeit und darum sollst du zu deinen Genossen gehen, den abtrünnigen T e u f e l n ; denn du h e i ß t nach den Teufeln und bist nach ihnen genannt. D u heißest Lasterbalg, dein Genösse Schandolf, so heißt ein anderer Hagedorn. So hast du einen schimpflichen N a m e n wie deine Gesellen, die Teufel, welche a b t r ü n n i g sind. N a c h dieser A n s c h a u u n g darf dem F a h r e n d e n v o r allem nicht die K o m m u n i o n gereicht werden. Die ewige Seligkeit verschließt den F a h r e n d e n auch das religiöse G e d i c h t „ W a r n u n g " aus dem 13. Jh., wo es v o m Spielmann h e i ß t : W e r als ein Spielmann in das Reich Gottes eingehen will, dem wird H a b und G u t , das er sich in Sünde erworben, nichts n ü t z e n ; er wird d r a u ß e n v o r der T ü r bieiben müssen; um nichts und wieder nichts, nach einem im M ü ß i g g a n g v e r b r a c h t e n Leben, gibt G o t t die ewige Seligkeit n i e m a n d e m " Milder urteilt über sie T h o m a s v . A q u i n , denn er erlaubt ihr Spiel, w e n n es sich
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in den Grenzen des A n s t a n d e s b e w e g t : Histrionum officium non esse per se illicitum, d u m m o d o moderate ludo utantur, id est non u t e n d o illicitis verbis vel factis ad l u d u m e ) . In demselben Sinn e t w a a u c h das „ B u c h der T u g e n d e n " ( H a n d s c h r i f t v o m J a h r e 1328 im Cod. germ. 5267 der Münchner Bibliothek) in der B e a n t w o r t u n g der Frage, O b spillüte ir froidenriches a m p t mügen triben ane totsünde ( B l a t t 101 b): H a r u m b so sprechent die meister, das der spillüten a m p t , das da geordent ist ze einer kurtzwile oder ze einer lichtekeit, wol mit gotte m a g gesin ane sünde. A n der S t e l l u n g n a h m e der K i r c h e ist nicht so sehr die Strenge auffällig, denn sie m u ß t e gegen das f. V., das ihr bei der Verdräng u n g des H e i d e n t u m e s so entgegen arbeitete, mit der strengen K i r c h e n s t r a f e der E x k o m m u n i k a t i o n vorgehen, als vielmehr, daß das f. V . nach manchen kirchlichen Zeugnissen ü b e r h a u p t als einer Bekehrung unfähig betrachtet wurde, ein S t a n d p u n k t , der nahezu häretisch ist. Es kann sich allerdings dabei um vereinzelte strenge Stimmen h a n d e l n ; vielleicht b e s t ä r k t e sie ein besonders lasterhafter Lebenswandel, ein keiner kirchlichen E i n w i r k u n g z u g ä n g licher Sinn bestimmter Fahrender ihrer Zeit zu dieser strengen Stellungnahme. V o r allem verhinderte das unstete U m h e r w a n d e r n der Fahrenden, daß die Geistlichkeit mit ihnen in dauernder V e r b i n d u n g bleiben, sie beaufsichtigen konnte. Ohne festen W o h n s i t z und ohne Eingliederung in eine Seelsorgestation kann sich auch nach der heutigen A n s c h a u u n g der K i r c h e kein christliches Leben entwickeln. D a die F a h r e n d e n auf keinen Fall ihr W a n d e r l e b e n a u f g a b e n , v e r z i c h t e t e die Kirche, die eine strenge Oberaufsicht über die religiösen P f l i c h t e n ihrer Gläubigen führte, lieber auf diese Menschen und ließ sie an der kirchlichen G e m e i n s c h a f t nicht teilnehmen. Ihre Heimatlosigkeit m a g f ü r die K i r c h e ein bestimmender Grund zu ihrer Ausschließ u n g v o n den G n a d e n m i t t e l n gewesen sein, genau so wie sie deshalb a u c h v o r dem Gesetz rechtlos w a r e n . U n d wie das
fahrendes Volk f. V . d u r c h eine O r g a n i s a t i o n ä h n l i c h den Z ü n f t e n e h r l i c h w u r d e , u n d an d e m S i t z e ihres P f e i f e r - u n d S p i e l l e u t e k ö n i g t u m s d o c h eine gewisse H e i m a t z u s t ä n d i g k e i t e r w a r b , so m i l d e r t e a u c h die K i r c h e ihre H ä r t e g e g e n sie, s o b a l d sie sich z u S p i e l leutebruderschaften vereinigten, die d u r c h die Z u w e i s u n g a n eine b e s t i m m t e K i r c h e die s e e l s o r g l i c h e Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t der e i n z e l n e n F a h r e n d e n d a r s t e l l t . S i n d a u c h die F a h r e n d e n das g a n z e J a h r ü b e r alle L ä n d e r v e r s t r e u t , e i n m a l i m J a h r m ü s s e n sie an d e m S i t z ihrer religiösen B r u d e r s c h a f t z u s a m m e n k o m m e n u n d , m e i s t nur f ü r einen oder zwei T a g e , b i l d e n sie eine religiöse G e m e i n s c h a f t . D a n n d ü r f e n sie b e i c h t e n , k o m m u n i z i e r e n , die Messe hören. Sie bilden f ü r die K i r c h e auf k u r z e Z e i t eine religiöse G e m e i n s c h a f t , die v o n den Seelsorgern beaufsichtigt und geleitet werden kann, u n d n u r die B r ü d e r s c h a f t u n d n i c h t die e i n z e l n e n F a h r e n d e n w e r d e n v o n der K i r c h e a n e r k a n n t . A u f diese W e i s e h a t sich die K i r c h e m i t d e n F a h r e n d e n , die e i n m a l als B e r u f v o r h a n d e n w a r e n , abg e f u n d e n . D a m i t die e i n z e l n e n Mitglieder a b e r a u c h w ä h r e n d des J a h r e s a n ihre religiöse Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t erinnert w ü r d e n , m u ß t e n sie c h r i s t l i c h e S y m b o l e t r a g e n , so die M i t g l i e d e r d e r P f e i f e r g i l d e v o n U z n a c h . W i r e r k e n n e n also in der Bild u n g v o n V e r e i n i g u n g e n des fn. V s . , sei es m e h r n a c h d e m V o r b i l d e der ü b r i g e n Z ü n f te der Z e i t oder der religiösen B r u d e r s c h a f ten, j e n e n p r i m i t i v e n , a l l g e m e i n m e n s c h l i c h e n Z u g n a c h B i l d u n g eines G e m e i n s c h a f t s l e b e n s . D a s f. V . in seiner b u n t e n Z u s a m m e n s e t z u n g d u r c h M e n s c h e n , die den v e r s c h i e d e n s t e n d e u t s c h e n S t ä m m e n a n g e h ö r t e n u n d die m a n n i g f a c h s t e n B e t ä t i g u n g e n h a t t e n , s u c h t e g e n a u so w i e alle ü b r i g e n S t ä n d e , die b e k a n n t l i c h v o r a l l e m i m M A . ein s t a r k e s G e m e i n s c h a f t s l e b e n a u f w e i s e n , eine A r t G e m e i n s c h a f t z u e n t w i c k e l n . D i e R i c h t i g k e i t der v o r g e b r a c h t e n B e h a u p t u n g v o n der B e d e u t u n g der v e r s c h i e d e n e n V e r e i n i g u n g e n f ü r das f. V . b e z e u g t ein E r l a ß des E r z bischofs Caspar v o n Basel, v o m I i . März 1480 aus P r u n t r u t d a t i e r t , m i t d e m er den S p i e l l e u t e b r u d e r s c h a f t e n den nur einmali-
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g e n E m p f a n g der S a k r a m e n t e u n d z w a r zu Ostern gestattet, unter der Bedingung, d a ß sie sich 15 T a g e v o r h e r u n d n a c h h e r der A u s ü b u n g ihres B e r u f e s e n t h a l t e n . Darin heißt es: „fuisse permissum, et c o n c e s s u m esse, v o b i s e t singulis v e s t r i s , u t a n n o q u o l i b e t semel t a n t u m , v i d e l i c e t in p a s c a l i f e s t o , v o b i s , confessis, e t contritis, et in c o m m u n i o n e f i d e l i u m e x i s t e n tibus, divinissimum Eucharistiae Sacram e n t u m , m i n i s t r a r i possit, et E c c l e s i a r u m R e c t o r e s , seu C u r a t i , s u b q u o r u m c u r a vos, pro tempore, degere contigerit, illud v o b i s m i n i s t r a r e d e b e a n t ; d u m m o d o per q u i n d e c i m a n t e h u j u s S a c r a m e n t i p e r c e p t i o n e m , e t p o s t i l l a m , per t o t i d e m alios dies, a b o f f i c i o r u m v e s t r o r u m e t scurrilium operum exercitijs, abstineatis, e t id v o b i s s p e c i a l i t e r i n h i b e r i n o n cont i g e r i t " s 0 ). Z u s a m m e n f a s s e n d k a n n also gesagt w e r d e n , d a ß das f. V . in d e m A u g e n b l i c k , als es v o n d e n G e r m a n e n a u s der A n t i k e ü b e r n o m m e n w u r d e , b e r e i t s v o n der c h r i s t lichen K i r c h e g e b r a n d m a r k t war, schon als eine ihr f e i n d l i c h e G r u p p e g a l t , g e g e n die der K a m p f b e r e i t s a u f g e n o m m e n w a r u n d v o n der G e i s t l i c h k e i t m i t aller E r b i t t e r u n g g e f ü h r t w u r d e . Z u d e m b i l d e t e n die F a h r e n d e n n i c h t eine a n Z a h l kleine S c h a r , s o n d e r n sie ergossen sich in Masse ü b e r die g e r m a n i s c h e n L ä n d e r . Die c h r i s t l i c h e n B e k e h r e r s a h e n sich somit einem zwiefachen Heidentum gegenüber, d e m g e r m a n i s c h e n u n d d e m a n t i ken, als dessen T r ä g e r die z a h l r e i c h e n F a h r e n d e n a u f t r a t e n , die v o n ihnen w e g e n ihres u n s t e t e n W a n d e r l e b e n s w e d e r bekehrt noch wirkungsvoll b e k ä m p f t werden k o n n t e n . W i e sich die Z u s a m m e n s e t z u n g des f . n V . e s v o n der A n t i k e her bis ins M A . n i c h t m e h r g e ä n d e r t h a t , so b r i n g t a u c h die K i r c h e in i h r e m K a m p f e g e g e n sie keine neue W a f f e bei. Ihre S t e l l u n g n a h m e ist im N e u e n T e s t a m e n t b e g r ü n d e t u n d d a r a n ä n d e r t sich n i c h t s m e h r . W i e in der christlichen F r ü h z e i t die F r a g e der A u f n a h m e in die K i r c h e , d i e Zulassung zur Taufe im Vordergrund s t e h t , so ist es s p ä t e r die, o b das f. V . d i e S a k r a m e n t e e m p f a n g e n d a r f . A u c h der g a n z e A b e r g l a u b e n ist d a t i n b e g r ü n d e t
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fahrendes Volk
u n d l e i t e t sich s c h o n a u s der F r ü h z e i t her u n d ist bei der u n u n t e r b r o c h e n e n K u l t u r t r a d i t i o n v o n der A n t i k e ins g e r m a n i s c h e M A . ü b e r n o m m e n w o r d e n . D a ß bei d e n G e r m a n e n der e i n s t m a l s h o c h g e s c h ä t z t e H e l d e n s ä n g e r in der Z a h l der F a h r e n d e n v e r s a n k , ist ein neues, w e n n a u c h f ü r die a b e r g l ä u b i s c h e S t e l l u n g des f . η V . e s i m g a n z e n n i c h t das w i c h t i g s t e M o m e n t . D a d u r c h , d a ß die christliche K i r c h e die germanischen Götter zu Dämonen und T e u f e l n h e r a b d r ü c k t e , w a r der h e i m i s c h e S ä n g e r , der g e g e n ü b e r d e m C h r i s t e n g o t t n o c h w e i t e r h i n seine G ö t t e r v e r t r a t , in die N ä h e dieser u n h e i m l i c h e n G e s t a l t e n , a n d e r e n E x i s t e n z die K i r c h e d a s g a n z e M A . h i n d u r c h g l a u b t e , g e r ü c k t . E s traf sich hier die E n t w i c k l u n g bei den G e r m a n e n m i t der A n s c h a u u n g der H l . S c h r i f t v o n d e n u n r e i n e n G e i s t e r n u n d den T e u f e l n , o b w o h l sie d o r t a u s e i n e m g a n z a n d e r e n Ursprung stammen. D i e R e c h t l o s i g k e i t t e i l t e n die F a h r e n d e n m i t d e n ü b r i g e n z a h l r e i c h e n unehrl i c h e n L e u t e n , a b e r n u r sie allein erh a l t e n i m S a c h s e n s p i e g e l die S c h a t t e n b u ß e 3, 4 5 : s p e i l u d e n u n d e allen den, die s i k t o egene g e v e n , den g i f t m a n t o b o t e d e n s c a d e n enes m a n n e s . k e m p e n u n d e ire k i n d e r e n d e n g i f t m a n t o b o t e den b l i k v o n e m e k a m p f s c i l d e j e g e n die s u n n e n . N a c h d e m S c h w a b e n s p i e g e l darf der F a h r e n d e den S c h a t t e n nur a n den H a l s schlagen u n d sol der s p i l m a n dar g a n oder der sich ze a i g e n e r g e b e n h a t , u n d sol den s c h a t e n a n der w e n d e an d e n hals slahen, m i t der r ä c h sol i m g e b e z z e r t sin. N a c h K ü n ß b e r g s 3 1 ) sicherlich r i c h t i g e r E r k l ä r u n g , p f l e g t der F a h r e n de Schatten-Zauberkünste vorzuführen. „ W e n n er n u n d a b e i b e l e i d i g t w i r d , w i r d ihm m i t seiner M ü n z e heimgezahlt. Seinen B e r u f spiegelt die B u ß e wieder, d i e i h m z u k o m m t . W e n n er sich auf S c h a t t e n s p i e l e v e r s t e h t , m a g er sich a u c h a n d e m S c h a t t e n r ä c h e n . D u r c h die eins c h r ä n k e n d e B e s t i m m u n g des S c h w a b e n spiegels w u r d e n i c h t e t w a irgendeine v e r derbliche oder g e f ä h r l i c h e Z a u b e r e i ges t a t t e t , s o n d e r n nur der S c h l a g , w o h l d e m gleich, m i t d e m der S p i e l m a n n b e l e i d i g t wurde."
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Bestimmte Fahrende betrieben das S c h e l t e n u n d S p o t t e n b e s o n d e r s eifrig, so d a ß sie in der s u m m a de p e n i t e n t i a a l s 2. G r u p p e a n g e f ü h r t w e r d e n : alii histriones qui nihil (s. o.) u n d bereits i m N e u e n T e s t a m e n t u n d bei A u g u s t i n u s als m a l e dici erscheinen. In d e n H l . S c h r i f t e n sind vor allem Gotteslästerer (vom christl i c h e n S t a n d p u n k t ) z u v e r s t e h e n , Menschen, die die d a m a l s j u n g e n E i n r i c h t u n g e n des C h r i s t e n t u m s , b e s o n d e r s ihre L i t u r g i e , v e r h ö h n t e n . E i n e n solchen P u n k t mochten auch viele herumziehende L e u t e in i h r e m U n t e r h a l t u n g s p r o g r a m m h a b e n u n d d a m i t bei der A k t u a l i t ä t der christlichen L e h r e viel A n k l a n g f i n d e n . D i e s e V e r h ö h n u n g w i r d auf dieselbe W u r z e l i m r ö m i s c h e n W e s e n z u r ü c k g e h e n , auf die a u c h die d i f f a m a t i o d u r c h die ö f f e n t liche f l a g i t a t i o als eine F o r m der V o l k s j u s t i z e n t s p r u n g e n w a r 3 1 ) . E s ist n i c h t u n m ö g l i c h , d a ß a n t i k e F a h r e n d e ihre K u n s t in der ö f f e n t l i c h e n B e s c h e l t u n g , v o r a l l e m in d e n r o m a n i s c h e n L ä n d e r n weiterhin übten u n d a u c h bei d e n G e r m a n e n , die ihrerseits das S c h e l t g e d i c h t seit den ä l t e s t e n Z e i t e n h a t t e n , p f l e g t e n . W e n n sich a l s o eine f r e m d e u n d eine e i n h e i m i s c h e E n t w i c k l u n g t r a f e n , so ist es erklärlich, d a ß diese B e s c h e l t u n g bei den G e r m a n e n eine solche B e d e u t u n g erlangen konnte, daß derartige Fahr e n d e in den P o e n i t e n t i a l e n erscheinen. U n d besonders v o n dieser G r u p p e der Fahrenden konnte mit Recht gesagt w e r d e n , d a ß sie „ G u t f ü r E h r e " n a h m . Ihren H o h n u n d S p o t t m ö g e n die Spielleute im Spottlied vorgetragen haben, andere Fahrende mögen durch Schattenfiguren Personen verhöhnt haben. Bei solch v e r h ö h n e n d e n V o r f ü h r u n g e n v o n S c h a t t e n k ü n s t e n w e r d e n die v o r f ü h r e n den F a h r e n d e n o f t v e r p r ü g e l t w o r d e n sein, u n d n u n w i r d i h n e n B u ß e in der W ä h r u n g ihres B e r u f e s zuteil, „ d e m spiegelfechtenden L o h n k ä m p f e r wird Spiegelb l i n k e n eines Schildes g e w ä h r t " . l)
Η a m ρ e
Die
fahrenden
Leute
(Mono-
graphien zur Kulturgeschichte) 1 f f.; S a r t o r i Sitte 2, 169 if.; D r e c h s l e r 1, 173 f f . ; Η ö r m ann Volkstypen 39 f f . ; Steinhausen Deutsche Kulturgeschichte
1, 410 ff.
2)
Hertz
Spielmannsbuch
(Stutt-
fahrendes Volk gart 1886), 5 fi. *) K l a p p e r Schlesien 194 ff. *) Η a m ρ e 6 ff. ') D e r s . 12 ff.; H e r t z Spielmannsbuch 10 ff.; B l ü m n e r Fahrendes Volk im Altertum. SitzbMü. 1 9 1 8 ; G r y s a r Der röm. Mimus. SitzbWien X I I , 237 ff.; G a i e i s Fahrende Gaukler im A Itertum (Tuskulumbücher); G. F r e y t a g Die jahrenden Leute, Bilder aus der deutschen Vergangenheit. °) O s e n b r ü g g e n Studien 391 ff. H e r t z Spielmannsbuch 298 Anm. 8 50. ) Lulu von S t r a u ß u. T o r n e y Deutsches Frauenleben in der Zeit der Sachsenkaiser und Hohenstaufen (Deutsche Volkheit) 41 ff.; W e i n h o l d Frauen 2, 103 ff. ·) Lulu von S t r a u ß 44. " ) M a n n Pädau gog. Magazin, Heft 1026, 70 ff. ) A. S c h a e r Die altdeutschen Fechter und Spielleute. Straß1 burg 1901. *) De fide et operibus c. 18; Μ i g η e Patrolog. Lat. XL c. 219. ") S c h a e r 101 ff. u ) Alsatia 1856 bis 1857, 5 ff.; S t r ο b 1 Geschichte des Elsasses 3 (Straßburg 1843), 170 ff.; S c h e i d Diss, inaug. de jure in musicos etc. Straßburg 1719; H a m p e 91 ff. 15 ) H e r t z Spielmannsbuch 39. le ) O s e n b r ü g g e n Studien 136. " ) H e r t z Spielmannsbuch 41. " ( O s e n b r ü g g e n Studien 137. w ) Die heil. Schrift des A. u. N. T.s von Arndt 3, 436 Anm. 5. ®) M i g n e Patrolog. Lat. X X X V . Col. 1891. ») Nach G r y s a r SitzbWien X I I , 237 ff. **) Diese Belegstelle verdanke ich der Freundlichkeit von Dr. Rosa Scliömer; Corp. iur. can. edit. Lip.sec. instr. Aem.Friedberg. M ) S c h a e r 95. M ) H e r t z Spielmannsbuch 292 Anm. 7. *') Dan.de F a l c k e n s t e i n Cod. Dip. Antiqu. Nordgau. Append, p. 75; Schaer 103. ") H e r t z Spielmannsbuch 8. " ) G r y s a r SitzbWien X I I , 243 ff. «·) H a m p e 22. 2») G r y s a r SitzbWien X I I , 243 ff. w ) S c h a e r 31 z2 99. ) JbhistVk. r, 1 1 5 . ) H. U s e n e r Kleine Schriften 356 ff.
II. Das f. V. a l s T r ä g e r d e s A b e r g l a u b e n s . Das f. V. wird in allen Zeiten viel Aberglauben gehabt und ihn zu eigenem und fremdem Nutzen und Schaden praktiziert haben. Erhalten hat sich davon sehr wenig, denn die Reste, die noch heute zu den Fahrenden gerechnet werden können, sind sehr gering und infolge ihrer gänzlichen sozialen Deklassierung h a t sich ihr Wesen gegenüber den einstigen Fahrenden sehr geändert und sie dürften in den meisten Fällen ins Gaunertum herabgesunken sein. Ferner ist es die höhere Allgemeinbildung weiter Kreise, auch der Landbevölkerung, die der Betätigung der verschiedenen Formen des Aberglaubens entgegenarbeitet. Gelegentlich versucht noch eine fahrende Frau den Leuten zu wahrsagen, wenn sie,
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wie die Schleiferleute, in den Häusern Arbeit sucht oder bettelt. Vom Aberglauben der fahrenden Schauspielertruppen u n d Seiltänzer und verwandter Künstlergruppen mag sich manches in dem noch jetzt von Schauspielern (s. d.) und Vari6t6künstlern beachteten Aberglauben erhalten haben, so soll auf den unter den Artisten, die wenn auch nicht mehr fahrend im eigentlichen Sinne viel in der Welt herumkommen, noch heute allgemein verbreiteten Aberglauben hingewiesen werden, daß bereits angezogene Kostüme a m Leibe nicht geflickt, ebenso keine Knöpfe angenäht (s. nähen) werden dürfen, denn damit würde das Unglück eingenäht werden und der Arzt etwas zum Flicken bekommen. Der Analogiegedanke liegt auch dem Verbote zugrunde, wederKostüme noch andere zum Geschäft gehörigeDinge aufs Bett zu legen, weil sonst das Geschäft einschläft. Neue Schuhe dürfen auf keinen Tisch gestellt werden, sonst stürzt man darin. Aus der Zeit des fahrenden Daseins dieser Gruppe wird sich auch die schlimme Vorbedeutung des Regenschirms (s. d.) im modernen Bühnenaberglauben erhalten haben. Wird ein solcher im geschlossenen R a u m aufgespannt oder durch die Manege getragen, so bringt das schlechtes Wetter und schlechte Einnahmen. Solange die Truppe als Fahrende im Freien spielte, war in dem Falle, daß durch eintretendes Regenwetter ein Schirm nötig wurde, der finanzielle Erfolg gefährdet. Als glückbringend gilt ein Buckliger (s. d.), besonderswenn man seinen Buckel mit der Hand berührt, und zwar steht dies im Gegensatz zum sonstigen Volksglauben, nach dem ein Buckliger Unglück bedeutet. Für fahrende Künstler mit abgerichteten Tieren mußten jene Tiere eine abergläubische Bedeutung haben. So wird heutzutage von vielen Schauspielern den Katzen eine besondere glückbringende Zauberkraft zugemessen. Solange es f. V. gab, das den Wohnwagen benützte, wird es sich für den jedesmaligen Aufbruch von einem Orte von der Tagewählerei (s. d.) haben leiten
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Fährmann
lassen, so daß man nicht Freitags oder Sonntags auf die Reise ging. Weiters wird der Wagenführer besonders den Fuhrmannsaberglauben berücksichtigt haben, so über das Teeren und Schmieren der Räder, der Mitnahme von Feuer und das Knallen mit der Peitsche u. a. (s. Fuhrmann). Ein Hufeisen ist über der Eingangstür oder an der Stirnseite des Wohnwagens noch heute zu sehen, wenn man einem solchen begegnet. III. Sonstiger Aberglaube. Ein Leiermann, der ins Dorf kommt, bringt den Regen mit (Marwitz, Kreis Greifenhagen). Vgl. dazu den Aberglauben englischer Bauern in Oxfordshire, daß die A n k u n f t einer deutschen Musikbande in einem Dorfe Regen f ü r den nächsten Tag bedeutet. Für Wolfenbüttel erschienen mit derselben Vorbedeutung noch vor einigen J a h r e n wandernde Prager Musikanten Dieser Aberglaube dürfte auf dem Analogiezauber beruhen: Musik-Lärm als Einwirkung auf die Wolken, damit sie sich entladen. Die fahrende Mutter oder die fahrende Frau ist eine Gestalt aus dem wilden Heere, dem sie voranfliegt. Ihr läßt man in Flandern nach vollendeter Ernte auf dem Felde ein Bündelchen Flachs zurück. Dazu stellt sich die K o r n m u t t e r Μ ). •3) G e s e m a n n Regenzauber 95. M ) M a n n h a r d t Forschungen 2. 92; J a h n Opferbräuche 197. 198. Jungwirth. F ä h r m a n n . Neben F. auch Ferge, allgemein Schiffer, Schiffmann, W a r t m a n n , Hindermeister (Neuenburg a m Rhein). Bevor sich ein besonderer F.sberuf ausgebildet hatte, setzte der Fischer die Personen über, andererseits ist der F. oft auch Fischer; daher die Wechselbeziehungen zwischen F. und Fischer (s. Fischer). Der Beruf des F.es ist es, an einer bestimmten Stelle den Verkehr zwischen den beiden Ufern eines Flusses mit einer Fähre zu besorgen. Sein A m t war einst wichtiger und verantwortungsvoller als heutzutage, wo aber auch noch bestimmten, meist kleinen Anwesen entlang eines Stromes das Überfuhrrecht zukommt.
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Fähre: J e nach der Größe hat sie verschiedene Bezeichnungen (Plätte, Weidling, Kahn, Zille). Die Überfuhrstelle heißt im Oberdeutschen, besonders im Bayrischen, Urfahr. An die Fähre knüpfen sich vor allem mannigfaltige und wichtige Rechtsbestimmungen in den einschlägigen Weistümern über ihre Instandhaltung, Fährengerechtigkeit, Nachbarhilfe bei Hochwasser und Eisgang, wie f ü r die Moselfähre zu Schengen in Luxemburg *), daß nämlich jedermann, sogar Weib und Kind bei Eisgang helfen soll. Daß sie als Gemeinschaftsgut galt, beweisen strenge Weistumsbestimmungen gegen einen Frevel (Stehlen, Schlagen, Schmähen, Balgen und andern Mutwillen) in ihr (Schengen), ferner, daß sie dem Missetäter, der sich in sie gerettet hat, sechs Wochen eine Freistätte bieten sollte. Nach dem Weistum von Dinghoff zu Kems in Oberelsaß hat der F. den Missetäter, im Falle, daß diesen ein Verfolger so einholt, daß beide zugleich über den Rhein fahren, vorn in die Fähre, den Verfolger hinten zu setzen und selbst in der Mitte zu stehen 2). Ähnlich in österreichischen Weistümern f ü r die Donau zwischen Wien und Pöchlarn. Während Künßberg für die Freistätte in der Fähre keine religiöse Wurzel annimmt und den alleinigen Grund darin sieht, daß diese eine allgemeine Einrichtung zum öffentlichen Gebrauche ist 3), mag doch auch die Furcht vor den Wasser- und Flußgeistern, in deren Bereich sich die Fähre befindet, und die man durch eine Verfolgung desMissetäters nicht aufregen will, mitgespielt haben. Aus demselben Grund soll im K a h n während der Überfahrt über die Donau und überhaupt während der Wasserfahrt nicht gepfiffen werden, weil sonst um den Wind (d. h. die Wassergeister) gepfiffen würde 4 ) (s. pfeifen). Um die Fähre, die vor Erbauung der Kirchenfeldbrücke in Bern den Verkehr über die Aare vermittelte, führen Fluß- und Wassergeister einen tollen Tanz auf vor den Augen zweier Studenten, die sie um Mitternacht anriefen 5 ). Dem F. ist f ü r die Benützung der Fähre ein bestimmterFährlohn (Fährschatz, Fährgeld) e ) zu leisten,
Fährmann d e r sein V e r d i e n s t ist. W e n n das F . s - A m t zur Zufriedenheit geführt wurde, wurde es in einer F a m i l i e erblich. Der F. im A b e r g l a u b e n : i . a l s T o t e n f. A l s solcher g e h ö r t er z u der J e n s e i t s v o r stellung mit dem großen Wasser, über w e l c h e s ein F . die T o t e n auf e i n e m S c h i f f f ü h r t . D a f ü r e r h ä l t er ein G e l d s t ü c k , das seinen F ä h r l o h n b i l d e t . D i e V o r s t e l l u n g ist w e i t v e r b r e i t e t , b e s o n d e r s f ü r die a l t e n Griechen allbekannt. Die griechischen P a r a l l e l e n , e b e n s o die a u s der s e m i t i s c h e n F l u t s a g e s. U s e n e r 7 ). U b e r die A u f f a s s u n g des G e l d s t ü c k e s , e n t w e d e r als des F ä h r lohnes ( n a c h der ü b e r l i e f e r t e n A n s i c h t ) oder einer A b l ö s e des B e s i t z t u m s a n den T o t e n (nach einer n e u e r e n D e u t u n g ) , s c h w a n k e n die A n s i c h t e n . M a n sieht neuerdings im Geldstück den Fährlohn für C h a r o n 8 ) . D a ß a b e r der T o t e n f . bei den D e u t s c h e n auf d e n C h a r o n u n d seine m y s t i s c h v e r b l a ß t e n V e r w a n d t e n bei den G r i e c h e n z u r ü c k g i n g e , ist n i c h t a n z u n e h m e n , er g e h ö r t a u c h bei i h n e n zur selben J e n s e i t s v o r s t e l l u n g v o n einem g r o ß e n W a s s e r , die sie als ein s e e a n w o h nendes und seegewohntes V o l k hatten9). B e i d e n N e u g r i e c h e n h a t sich C h a r o n v o m Totenf. zu einem Todesdämon e n t w i c k e l t , a l l e r d i n g s ist h e u t e n o c h die Vorstellung v o m Totenf. nicht geschwunden10). B e i d e n D e u t s c h e n b e g e g n e t i m allgemeinen kein N a m e für den Totenf., es ist der a n der Ü b e r f u h r s t e l l e dienstm a c h e n d e S c h i f f e r , d a g e g e n h a t sich bei i h n e n die V o r s t e l l u n g a n b e s t i m m ten geographischen P u n k t e n lokalisiert. W ä h r e n d bei den G r i e c h e n der T o t e n f . C h a r o n m i t d e m T o t e n r e i c h u n t e r der E r d e z u s a m m e n g e b r a c h t w u r d e , w o h i n er u r s p r ü n g l i c h n i c h t g e h ö r e n k o n n t e , liegt bei d e n D e u t s c h e n n o c h die ältere, einfachere v o n einem Jenseits auf Erden, ü b e r e i n e m g r o ß e n W a s s e r v o r , so in der H e i s t e r b a c h e r V o l k s s a g e , n a c h der der F . v e r s t o r b e n e M ö n c h e n a c h t s ü b e r den R h e i n s e t z t , d. i. in d a s j e n s e i t s des Stromes im W e s t e n gelegene Totenreich u ) . In diesen S a g e n k e h r e n als Motive wieder: Der F. wird nachts geweckt, m e i s t u m M i t t e r n a c h t ; er sieht nur eine
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oder w e n i g e G e s t a l t e n ; die F ä h r e i s t jedoch dicht angefüllt mit Unsichtbaren, d e n n ihr G e w i c h t d r ü c k t sie tief ins W a s ser. S c h n e l l e F a h r t ü b e r d e n S t r o m , o f t auch wiederholte Fahrt (Motiv des Wunderschiffes)12), eigenartiger Fährlohn. A n andern Orten finden ebenfalls Ü b e r f a h r t e n v o n T o t e n s t a t t , so bei S p e y e r u n d hier ist die Ü b e r f a h r t sog a r d a t i e r t auf den 18. J u l i 1530. V o n 3 F i s c h e r n m u ß t e j e einer in drei a u f e i n anderfolgenden Nächten Mönche über den S t r o m setzen. Die ersten zwei F.er verf a l l e n in eine K r a n k h e i t , der d r i t t e soll a u f G e h e i ß der M ö n c h e ein neues S c h i f f n e h m e n . D a er k e i n e s h a t , g e h t es z u e r s t mit ihm über rauhe Orte und Steinfelsen, w o er eines f i n d e t , m i t d e m er die g r o ß e Z a h l der s c h w e i g e n d e n M ö n c h e ü b e r s e t z t . N a c h der L a n d u n g f ä h r t das S c h i f f a u s f r e i e n S t ü c k e n n a c h S p e y e r z u r ü c k ; der F i s c h e r w e i ß nicht, w i e er u n d sein Schiff nach Hause gekommen sind13). Ä h n l i c h eine w e i t e r e S a g e a u s S p e y e r , n u r e r h e b t sich dort, als der K a h n m i t t e n im S t r o m ist, ein g e w a l t i g e r S t u r m , der sich a b e r s o f o r t l e g t , als die M ö n c h e a m jenseitigen Ufer ausgestiegen sind. D e r F . e r h ä l t hier k e i n e n F ä h r l o h n 1 4 ). Nach Prokop versehen keltische Fischer u n d A c k e r s l e u t e das A m t des T o t e n f . e s , i n d e m sie die T o t e n v o n N o r d g a l l i e n ü b e r den K a n a l n a c h der Insel B r i t t i a g e g e n S t e u e r f r e i h e i t ü b e r s e t z e n 1 5 ). E i n T o t e n f . ist a u c h der u n a b g e l ö s t e F . im M ä r c h e n v o m T e u f e l m i t d e n 3 g o l d e n e n H a a r e n l e ) , f e r n e r die F ä h r l e u t e u n d W ä c h t e r , w e l c h e v o r den R o s e n g ä r t e n d e n f u r c h t b a r e n Zoll a n H a n d u n d F u ß , g e w ö h n l i c h die r e c h t e H a n d u n d den l i n k e n F u ß v e r l a n g e n , w e s h a l b m a n den T o t e n h ö l z e r n e H ä n d e u n d F ü ß e in den S a r g l e g t e 1 ' ) , w e i t e r s der „ E l s e n v e r g e " in der N i b e l u n g e n d i c h t u n g , w e n n diesen a u c h nur die v o r h e r e r f o l g t e n T o d a n k ü n d i g e n d e n V o r z e i c h e n als solchen erk e n n e n lassen. O d i n selbst ist T o t e n f . in der S a g e v o n S i n t f j o t l i 1 8 ) . Z u m T e u f e l ist der F . n a c h d e m V o l k s g l a u b e n der e h e m a l i g e n G r a f s c h a f t M a r k ( W e s t f a l e n ) g e w o r d e n ; d a n a c h s t e h t der T e u f e l auf H i ä l w i ä c h ( H e i w e g ) m i t d e m
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Fährmann
Ruder, n i m m t die ihm v o n seiner Großm u t t e r z u g e b r a c h t e n Seelen in E m p f a n g , s c h i f f t sie ein und bringt sie über das Wasser in die Hölle 19 ). N a c h einem serbischen Volkslied leisten die beiden Heiligen Elias und Nikolaus den Seelen F.sdienste 20). A b w e i c h e n d v o m deutschen V o l k s g l a u ben f ü h r t nach einer norwegischen Volkssage der F. den T o d e s d ä m o n selbst, die Pesta, über ein kleines Wasser. Auf seine Forderung nach B e z a h l u n g sagt sie ihm, er werde daheim auf der B a n k das Fahrgeld finden. Zu Hause a n g e k o m m e n , stirbt er sogleich 21 ). 2. Der F. f ü h r t das w i l d e H e e r über: Diese Volkssagen bestehen meist aus folgenden M o t i v e n : Der F . f ä h r t auf ein Brausen und Winseln hin an das jenseitige Ufer, wo die wilde J a g d einsteigt. Der Fährlohn ist verschieden, für den ersten A u g e n b l i c k karg, eine lächerliche Gabe, so daß ihn der F. aus E m p ö r u n g g a n z oder teilweise ablehnt, w e g w i r f t . In R a n d e r s a c k e r a m Main w i r f t die wilde J a g d Feuer in die Fähre, daß die K o h l e n a m B o d e n rollen 22 ), in W i p p f e l d am Main wird ein K n o c h e n an den S t r a n d gelegt 2 3 ). D a s Kinderheer der P e r c h t a wird in der Dreikönigsnacht in Presnitz zwischen der Hohewest- und der Altermühle, v o m F. nach anfänglichem Sträuben, übergef ü h r t . Dreimal m u ß er f a h r e n ; der L o h n sind einige S p ä n e v o m P f l u g des F.s, den P e r c h t a ausgebessert hat, und die zu Gold werden. Dieselbe Sage bei K a u s dorf an der Saale, ferner zu K ö s t r i z an der E l s t e r 2 4 ) . 3. Der F. f ü h r t abziehende Z w e r g e 2 5 ) , so die S c h w a m m e l w i t z e r F e n i x m ä n n c h e n , über die Neiße. Den ganzen T a g dauert die Ü b e i f a h r t , der L o h n ist ein B l a t t , das jeder Z w e r g i h m in den H u t getan, den er v e r k e h r t a m Ufer hingelegt h a t t e . Er s c h ü t t e t die B l ä t t e r empört in die Neiße, nur die a m H u t h a f t e n d e n sind zu H a u s e G o l d s t ü c k e 2 e ) . Ä h n l i c h die Hermannla, welche a m Uferrand der Neiße bei Johnsbach w o h n t e n u n d sich ans andere Ufer übersetzen ließen. A l s L o h n w a r f e n sie Steinchen in den K a h n , die aber v o m F. herausgeworfen wurden 2 7 ). N a c h einer Β ä c h t ο 1 d - S t ä u b I i . A b e r e - U i i h « TT.
II54
anderen Version derselben Gegend gibt der eine der beiden Mannla dem F. eine Handvoll Birkenlaub in den H u t 2 8 ) . Bei Spichra (Thüringen) lassen sich W i c h t e i n bei ihrem A b z u g aus dem Spatenberge überführen; der F. w ä h l t als Lohn nicht den Scheffel Geld, sondern die beste W ü r z e (Salz) 29). Ein Fischer f ü h r t die Zwerge mit ihrem K ö n i g bei Stublach (an der Elster) über; er ist dadurch wohlhabend geworden 30). Auf der Arneburger F ä h r e l ä ß t sich F r a u Harke aus den Camernschen Bergen übersetzen. Als Fährlohn s c h ü t t e t ein Reiter dem F. eine Metze mit alten Scherben hin, die bis auf einige in die F ä h r e gefallene S t ü c k e v o m F. e m p ö r t in die E l b e geworfen werden 31 ). Ein anderer F . b e k o m m t v o n den Zwergen ein totes Pferd, schneidet aber nur ein S t ü c k für seinen H u n d ab. Dieses und die Blutstropfen, die aus dem Fleisch niedergefallen waren, sind a m nächsten T a g Gold 32 ). 4. Der F. setzt U n t e r i r d i s c h e über, so in Groß-Wieden an der Weser. Der Fährlohn ist Pferdemist, den er in den F l u ß wirft, nur ein K l u m p e n fällt ihm in den Stiefel und v e r w a n d e l t sich zu Hause in Goldstücke 33 ). A u c h aus L ü b e c k lassen sich die Unterirdischen, weil ihnen der wilde Jäger keine R u h e läßt, über das große Wasser (Ostsee) setzen und zahlen gut. — Der R e i c h t u m der Familie des F.s s t a m m t aus jener Zeit 34 ). Ebenso lassen sich Unterirdische an der Hohner Fähre v o n einem F. bei ihrem A u s z u g e aus den Hüttenerbergen übersetzen. Der L o h n sind Goldpfennige, die in seinen H u t v o n jedem einsteigenden Unterirdischen geworfen w u r d e n ; daher war der F. Zeit seines Lebens reich 35 ). Gleichwertig mit dem F. im K a h n ist der Recke, der die Menschen über das Wasser trägt. Bei den Griechen sind es verschiedene Gestalten, in der mittelalterlichen L e g e n d e ist es St. Christop h e r u s 33 ). K ü n ß b e r g ZfRechtsg. germanist. A b t . 5 8 , 1 4 4 f t . ; d e r s. Bauernweistümer 8 3 112. ) E b d . 140. ) ZfRechtsg. 205. 4) Mündl. 6) C o r r e v o n Gespenstergesch. 7 f f . e ) Z f R e c h t s g . 165. ') U s e η e r Sintflut 258. 8) S c h m i d t 215 ff. Volksleben der Neugriechen 239; A R w . 24, 292 f f . ; 25, 79 f f . ;
Fahrnächte—Falke
"55
A n d r e e Parallelen 2, 24 ff. ') R ä d e r m a c h e r Jenseits 89. 10) ARw. 24. 292.
1156
F.n beruhen entweder auf antik-mittelalterlicher Überlieferung oder haben sich nicht bis in die Gegenwart fortgesetzt. ") S c h m i d t Kultübertr. 89. ™) S c h a d e Anderes findet sich auf außerdeutschem Die Sage der hl. Ursula 123 ff. " ) M a n i h ar dt Germ. Mythen 362. J5) W a s e r Gebiet. Charon 7; M o g k Religgesch. 62. 16 M a n n Im deutschen MA. wird oft der H e l d h a r d t Germ. Mythen 203; M ü l l e n h o f f oder insbesondere der G e l i e b t e mit Sagen 427 Nr. 13; W o l f Beiträge 2, 11. ") W a s e r Charon 7. ") Ebd. 3, 8 ff.; einem F.n verglichen, so im NibelungenS i m r ο c k Mythologie 255. 292. ") W a s e r lied (Str. 13 f.), bei dem Kürenberger Charon 8; M a n n h a r d t Germ. Mythen 364. (Minnesangs Frühling 8, 33 ff.), Dietmar 20) W a s e r Charon 8; K r a u ß Sitte u. Brauch 191. a l ) G r i m m Myth. 2, 294. von Eist (ebd. 37, 4 ff.), in dem Liederai ) M a n n h a r d t Germ. Μ ythen 362 ff. buch der Clara Hätzlerin (1, Nr. 41) " ) Ebd. 362 ff. " ) Β e c h s t e i η Thüringen u. a. e), wie auch im Altertum Herrscher 2, 183; W i t z s c h e l Thüringen 1, 211 !s F.n heißen oder mit ihnen verglichen Nr. 210; S e p p Sagen 638 ff. ) W u t t k e 46. «) K ü h n au Sagen 2, 115 ff. a') Ebd. 2, werden 10 ). M 89 ff. ) Ebd. 2. 100. ··) W i t z s c h e l Naturwissenschaftlicher Thüringen 1, 107 Nr. 101. 3°) E i s e l Voigtland Nr. 26/27; S e p p Sagen 638ff. 31) K u h n Aberglaube ist selten und unbedeutend. u. S c h w a r t z 11 i f f . 32) W o l f Beiträge 1, K o n r a d v o n M e g e n b e r g 1 1 ) sagt, 17; K u h n u. S c h w a r t z 291. 33) Ebd. 270. daß „seinen äugen zwainhundert äugen ") M ü l l e n h o f f Sagen 575 Nr. 590. >') Ebd. 12 317 Nr. 179; vd. L e y e n Sagenbuch 4, 156 ff. gleich kreftig sint mit erkennen" . . . ). 3·) U s e η e r Sintflut 187; R a d e r m a c h e r „er hat krank (schwache) nieren und ein Jenseits 89. Jungwirth. starch prust" . . . , 13 ). „der unedel falk, wenn er den raigel (Reiher) zuo der erd Fahrnächte heißen im Remstale (Würtgesieht (schlägt) und wil in vähen, so temberg) die drei Donnerstagsnächte vor laezt der raigel ainen frischen visch auz Weihnachten (s. Κ 1 ο ρ f η a c h t), in dem Kröpf, den er gevangen hät, den denen der kinderbeschenkende Pelzmärte selben nimt der unedel falk und lsezt den seinen Umzug hält Nach Liebrecht 2) raigel vliegen. also tuot der edel falk niht: sind sie von den durch die L u f t fahrenden wan (denn) so der raiger [so!] den visch geisterhaften Wesen so benannt. auz dem snabel laezt, so helt er in vester M e i e r Schwaben 2, 460(196). 2) Ger- denne v o r . " „ E z hat der falk ain scharpfez vasius 144; vgl. G r i m m Myth. 2, 884. pain an seiner prust, daz ist gar hert, daz Sartori. hat im diu nätur geben, daz er den raup d ä m i t s t ö z . " G e s n e r berichtet (nach Falke. In Betracht kommen vorwiegend Aristoteles): „ D i e F.n habend ir gall an die E d e l - F . n 1 . Der W a n d e r - F. der läberen" 14 ). (Falco peregrinus), 2. der J a g d - F. Früher muß der F. ein bedeutungs(Hierofalco oder F. rusticolus), 3. der volles O r a k e l t i e r gewesen sein 1B) Β a u m - F. (F. subbuteo), 4. der G i e r A l d r o v a n d u s bezeichnet sein ErF. (Hierofalco Gyrfalco); von andern scheinen als günstig (ohne Quelle) 16 ). etwa noch der Τ u r m - F. (Cerchneis Bei Johannes Sarisberiensis (f 1182) tinnunculus). Von der Bedeutung des heißt es von dem Baum-F.n: wenn er von F.n als h e i l i g e s oder Göttertier links nach rechts fliege, so deute das auf (namentlich in Indien a) und Ägypten 3 ), „fröhliche Gastfreundschaft" („hospitii im Norden als Tier der Freyja u. Frigg) 4) hilaritas"), und umgekehrt 1 7 ). Bei den und als J a g d v o g e l 5 ) sind, soviel Tschechen (auch Deutschböhmen?) ist wir sehen können, im Aberglauben des der Τ u r m -F. (postolka) ein glückdeutschen Sprachgebiets fast keine Spubringender Vogel. Wenn Leute beim Pilzren zurückgeblieben und selbst die weitschweifigen Erörterungen des A l b e r - suchen sind, fliegt er um sie herum und zeigt ihnen die besten Plätze. Ist ein tus M a g n u s ® ) , Conr. G e s η e r 7 ) Mensch im Walde eingeschlafen, und es u. a. 8 ) über das Aussehen, Natur, Abnähert sich ihm ein Feind, so schreit der richtung, Ernährung und. die Arten des u
)
M a n n h a r d t
Germ.
Mythen
361.
1157
fallen
Turm-F. so laut, daß der Mensch erwachen muß. Holzdiebe und Wildschützen können den Turm-F.n nicht leiden. Sowie sie sein Geschrei hören, laufen sie davon, weil sie glauben, er verrate sie dem Förster 18). Für z a u b e r i s c h e Verwendung des F.n wissen wir aus dem deutschen Sprachgebiet keine Belege. In Island werden F.nklauen und F.nbälge mit andern Tierteilen zusammen gekocht und daraus ein Trank bereitet, der Augentäuschungen hervorrufen soll 1 β ). In Italien und Finnland nagelt man einen F.n zum Schutz über die S t a l l t ü r e ; in Bosnien nähen die Eltern in die Kleider ihres Knaben den Kopf oder die Krallen eines F.n, damit er die Eigenschaften dieses sichern Beutetöters bekomme 21 ). Ein F., auf einen Topasstein graviert (und als Amulett auf dem Körper getragen?) soll wundertätig sein 22 ). V o l k s m e d i z i n i s c h fanden der F. und seine Teile im Altertum gelegentlich Verwendung 23). Nur aus G e s η e r wissen wir fernerhin anzuführen, daß F.nkot mit Wein gegen den giftigen Biß der Sterneidechse eingenommen wurde M ). Allg. L i t e r a t u r s. außer der in A n m . 5 zitierten: A l d r o v a n d u s Ornithologia. F r a n k f . 1630, fol. 2 2 1 — 2 5 5 . ') B r e h m Tierl.* 6, 438 f t . ») K u h n Herabkunft passim (s. Register); S i e c k e Götter attr. 186; G u b e r n a t i s Tiere 47g f f . 3) P a u l y - W i s s o w a Suppl. I I I 4 7 5 ; A R w . 1 7 , 2 1 1 ; H e r o d ο t Hist. 2 , 6 5 f . ; D i o d o r u s S i c u l u s 1, 8 7 ; S t r a b o lib. 1 7 § 49; A e l i a n 7 , 9 . 4 ) M e y e r Myth. 1 8 2 . 1 8 3 . 2 6 8 ; B r e h m Tierl.4 6, 439 ff. ') S c h r ä d e r Reallex. 2 1 0 f f ; P a u l y - W i s s o w a S u p p l . I I I 473 f . (auch B e l e g e aus d e m M A . , v g l . n a m e n t l i c h K a i ser Friedrichs I I . „ D e arte v e n a n d i c u m a v i b u s " ) ; v . D o m b r o w s k i Altdeutsches Weidwerk. Wien 1 8 8 7 ; M A . und neuere Z e i t : L e n z Gemeinnützige Naturgesch,5 Gotha 1872—1887; v . D o m b r o w s k i Gesch. der Beizjagd. W i e n 1886. ·) De anim. (ed. Stadler) B u c h 23, 44 f f . ') Vogelbuch 1582, 1 4 5 f f . 8) V i n c e n t i u s B e l l o v a c e n s i s Speculum naturale 1. 16, c. 70. 7 1 . ·) W e i t e r e Parallelen s. Minnesangs F r ü h l i n g , A n m . zu der Stelle 8, 33. " ( K e l l e r Tiere 242. 310. " ) Buch der Natur (ed. P f e i f f e r ) 188. 12 ) D a s scharfe S e h v e r m ö g e n des F . n ist sprichwörtlich: „ F . n a u g e " : s. R i e g l e r Das Tier 109. l s ) V i n e . Β e 1 1 ο v . 1. 16, c. 70 (η. Aristoteles). " ) Vogelb. 1 4 6 a ; A r i s t ο t. Hist. an. 2, 1 5 ; „ a n d e r e (Tiere) h a b e n die G a l l e
1158
a n der L e b e r u n d a n den G e d ä r m e n zugleich, wie der F . u. die W e i h e " . " ) L e n z Zoologie d. a. Griechen u. Römer 284 f f . " ) Ornithologie 237. " ) Polycraticus 1, 13 (nach Hopf Tierorakel 92, w o auch V o r b e d e u t u n g e n des W ü r g - F . n bei T a r t a r e n und K a l m ü c k e n ) . ") G r o h m a n n 66. ") ZfVk. 13, 275. » ) S e l i g m a n n Blich 2 , 1 1 7 . " ) H ö f l e r Organother. 120. *») A i h o r n Magiologia 224. a *) P a u l y - W i s s o w a Suppl. III 474 f . 24) Vogelbuch 149a. Hoffmann-Krayer.
fallen. Der Gedanke, in dem plötzlichen, unerwarteten und daher (scheinbar) grundlosen und geheimnisvollen Hinf. eines Gegenstandes oder eines Menschen ein Vorzeichen für die Zukunft zu sehen, liegt für den primitiven Menschen nahe. So finden wir auch bei allen Völkern und zu allen Zeiten den Glauben an eine glückliche oder üble Vorbedeutung des F.s. Aus dem Altertum ist er uns für die Griechen in dem pythagoreischen Symbolon: τά πεσόντα από τραπέζης μή άναιρεΐσθαι 1 ) überliefert. Für die germanische Zeit bezeugen uns die an. Redewendung: „fall er farar heill" 2) und die Stelle bei Saxo Gramm. 73: „in lapsu faustum omniatus eventum" 3) sein Bestehen. In der Zimmernschen Chronik wird seiner gleichfalls zweimal (II, 46 ff. u. III, 132) Erwähnung getan 4 ). Auch die alten Preußen 6 ), die Esten 8 ), Slovenen'), Rumänen 8 ) und galizischen Juden ·) glauben an die Orakelkraft des F.s. Die Deutschamerikaner haben ihn in ihre neue Heimat mit hinübergenommen w ), und auch für die Gegenwart ist er in verschiedenen Formen und Abwandlungen für alle Teile des deutschen Sprach- und Kulturgebietes belegt. Die Fülle der abergläubischen Meinungen, die sich an das F. knüpfen, gliedert sich in drei Gruppen; diese unterscheiden sich nach der Verschiedenheit des primären Erlebnisses, dem sie ihre Entstehung verdanken. Dagegen ist die Ausdeutung jedes einzelnen Geschehnisses landschaftlich und zeitlich ganz verschieden. Als erste und bei weitem größte läßt sich die Gruppe absondern, die auf Grund eines einmal zufällig bestätigten Ereig37*
fallen
nisses, durch prälogisches D e n k e n des p r i m i t i v e n Menschen entstanden ist. Die z w e i t e u m f a ß t abergläubische H a n d l u n gen mit magischer Grundlage, w ä h r e n d die dritte mythischen G e d a n k e n g ä n g e n ihre E n t s t e h u n g v e r d a n k t . *) R ο Ii d e Psyche i , 245. a ) F o r n m a n n a sögur 6, 414 ·. ') G r i m m Myth. 3, 329. 4) B i r l i n g e r Schwaben 1, 275 u. 276. 6) R o h d e e ) B o e c l e r Psyche 1, 245, 1. Ehsten 122. ') Z f ö V k . 4, 144. ·) S t e r n Türkei 1, 395 f f . ; Z f ö V k . 3, 21. ') U r q u e l l 4 (1893), 95 u. 274; N F . 1 (1897), 2 7 1 . 10) F o g e 1 Pennsylvania 61, 1 8 6 — 1 8 8 ; 74, 2 5 1 ; 82, 298 303; 83, 308 f . ; 87, 333; bis 379; 108, 458; i n , 483.
92, 364;
94, 377
i . a. Z u n ä c h s t h e i ß t es nur, das Hinf. eines Menschen bringe ihm G l ü c k oder U n g l ü c k . M a ß g e b e n d dafür sind Ort und Zeit. Bei den R ö m e r n galt g a n z im allgemeinen das Hinf. als ein günstiges Omen, w ä h r e n d S t r a u c h e l n U n g l ü c k verhieß n ) . Im deutschen A b e r g l a u b e n ist es ein glückliches Vorzeichen, die Treppe hinaufzuf. 1 2 ), Hinunterf. jedoch bringt U n g l ü c k . Ebenso prophezeien die Isländer G l ü c k oder Schaden, je nachdem m a n beim F o r t g e h e n oder bei der R ü c k kehr f ä l l t « ) . V o n besonderer B e d e u t u n g ist das Hinf. an bemerkenswerten Orten oder bei bes t i m m t e n Gelegenheiten. T o d oder doch wenigstens großes U n g l ü c k sagt sich an, w e n n m a n auf dem Friedhof 14 ) oder über ein G r a b 1 5 ) , w e n n man a m Neujahrstage l e ) oder auf dem W e g e v o n oder zur Messe 17 ) oder nur zur Christmesse fällt 1 8 ). Meistens erfolgt der T o d des B e t r e f f e n d e n noch in diesem oder im nächsten Jahre. A l s Zeichen baldiger Heirat gilt es, wenn ein M ä d c h e n f ä l l t 1 9 ) ; aber m a n sagt auch, daß sie dann noch lange 20) oder, wenn sie t r e p p a u f w ä r t s gefallen ist, noch sieben J a h r e 21 ) oder soviel Jahre, als sie noch S t u f e n zu steigen h a t t e 22 ), w a r t e n müsse. Gefährlich ist es f ü r die B r a u t , beim H e i m w e g e v o n der K i r c h e zu f., da dann ihre drei bis vier ersten K i n d e r eines frühen T o d e s sterben w e r d e n 2 3 ) (auch f ü r die Esten belegt) 24 ). W ä h r e n d der S c h w a n g e r s c h a f t k a n n die Frau, j e n a c h d e m sie in der ersten oder zweiten
Il6o
H ä l f t e fällt, erkennen, ob sie ein Mädchen oder einen K n a b e n gebären w i i d 25 ). Im T r a u m zu f., ist ein übles Vorzeic h e n ; es prophezeit S c h a n d e und Leid 2e ) oder eine k ü n f t i g e schwere Sünde b. In einer z w e i t e n U n t e r a b t e i l u n g dieses A b s c h n i t t e s fassen wir alle die Meinungen zusammen, die sich darauf beziehen, daß ein Mensch ungewollt, also aus U n a c h t s a m k e i t oder Zufall, e t w a s f. l ä ß t . A m verbreitetsten ist hierin der A b e r glaube, daß man, wenn m a n einen spitzen Gegenstand, also Gabel, Messer, Schere oder Feder, f. l ä ß t und dieser im B o d e n mit der Spitze stecken bleibt, B e s u c h oder G ä s t e zu erwarten habe 28). Zuweilen sagt der f.de G e g e n s t a n d zugleich auch S t a n d und Geschlecht des Besuchers a n : E i n großer L ö f f e l ein Großmaul 29 ), ein Buttermesser einen Pfarrer 30), eine Gabel einen Mann 31 ) und ein Messer eine F r a u 32 ). A n Stelle des Besuches können a u c h andere Dinge treten: Eine B o t s c h a f t 3 3 ) , ein Brief 34 ), eine notwendige A r b e i t 35 ), Fleisch zur nächsten M a h l z e i t 3 e ) , die N ä h e eines hungrigen F r e u n d e s 3 7 ) und schließlich Z a n k M ). A u c h die spitzen Gegenstände können ersetzt werden. So k ü n d e t Brot, das in die Tasse fällt, gleichfalls Besuch 39), Glück 4 0 ) oder Neuigkeiten 41 ), oder die B r a u t des B e t r e f f e n d e n hungert zur gleichen Z e i t 4 2 ) . F ä l l t ein B u t t e r b r o t auf die bestrichene Seite 43) oder wird eine H a r k e zufällig so hingeworfen, daß die Z ä h n e nach oben stehen 41 ), so steht ein f r u c h t b a r e r R e g e n in A u s s i c h t . Eine andre Gruppe dieser Meinungen erstreckt sich auf Liebe, H e i r a t und T r a u u n g . Ein Mädchen, dem beim Sandstreuen S a n d auf die F ü ß e f ä l l t 4 5 ) , heiratet erst in sieben Jahren, fällt ihr die Schürze ab, so wird der S c h a t z untreu 4e ), doch das Hinf. der S c h u h b ü r s t e deutet auf baldige Heirat 4 '). Verderblich ist es f ü r die B r a u t l e u t e , auf dem W e g e zur K i r c h e e t w a s ω ) oder während der T r a u u n g den T r a u r i n g 4 9 ) f. zu lassen; beides deutet auf einen baldigen T o d des Unvorsichtigen. Gering ist in dieser A b t e i l u n g die Zahl der Meinungen, die allgemein e t w a s U n -
ii6I
fallen
günstiges aussagen. So h e i ß t es: W e n n man f r ü h e t w a s f. läßt, wird sich das gleiche a m T a g e noch zweimal wiederholen 5 0 ); geschieht dies gar a m Neujahrstage, so h a t m a n das ganze J a h r Ung l ü c k zu erwarten 5 1 ). E b e n s o ist es ein Zeichen v o n k o m m e n d e m U n g l ü c k , w e n n einem der S t o c k 52 ) oder der K a m m S3) h i n f ä l l t ; doch h e i ß t es beim S t o c k e auch, daß die Hausgenossen dann an den Betreffenden denken 54 ). F ä l l t bei einem Begräbnis während des Liedes „ N u n lassen wir ihn hier s c h l a f e n " dem T o t e n g r ä b e r die Schippe aus der H a n d , so ist die nächste T o t e eine Frau, fällt aber die Harke, so stirbt ein Mann als nächster 8 5 ). c. Zu e i n e r d r i t t e n U n t e r g r u p p e s c h l i e ß e n sich die abergläubischen Meinungen zusammen, die beim F. eines Gegenstandes ohne Z u t u n oder Verschulden des Menschen entstehen. A u c h hier ist die Zahl der üblen V o r b e d e u t u n g e n die bei w e i t e m größte. Jeder Gegenstand, der unberührt auf geheimnisvolle Weise umfällt, k a n n den T o d irgendeines Mitgliedes der F a milie 6e) oder deren V e r w a n d t e n und Bek a n n t e n 57) oder große G e f a h r und N o t prophezeien M ). Zuweilen ist jedoch der Gegenstand näher bezeichnet. Besonders h ä u f i g gilt der A b e r g l a u b e v o n herabfallenden Bildern oder P h o t o g r a p h i e n 5 9 ) ; das bevorstehende Unheil wird m a n c h m a l auf den A b g e b i l d e t e n b e z o g e n , besonders wenn diesem schon k r a n k β 1 ) ist. A n d e r e Gegenstände v o n der gleichen üblen V o r b e d e u t u n g sind ein Ofenrohr e t ), ein G e f ä ß , das d e m K r a n k e n gehört 83), ein L a m p e n z y l i n d e r , der beim Fall nicht zerbricht 4 4 ), ein D a c h z i e g e l 6 6 ) , ein Teller oder K n ä u e l schwarzer Wolle 6 8 ), ein B r e t t 67 ), eine P f e r d e k e t t e , ein Blechg e f ä ß , eine T r u h e oder die K e t t e eines W a g e n s m ) , zwei S t r o h h a l m e , w e n n sie nachher auf der Erde ein K r e u z bilden 69 ), ein Grabstein 70 ), der auf dem H a u s b a l k e n a u f b e w a h r t e Besen, mit dem bei dem letzten Begräbnis die A b f ä l l e v o n K r ä n zen und B l u m e n h i n w e g g e k e h r t w u r den 7 1 ), K r ä n z e , die auf dem W e g e z u m Friedhof v o m W a g e n f. 72 ), ein Zahn, der in den Z w ö l f t e n a u s f ä l l t 7 3 ) , drei B l u t s tropfen, die unversehens aus der Nase
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f . 7 4 ) , S t e r n f a l l 7 S ) . Häufiger wiederum k n ü p f t sich der A b e r g l a u b e an den Fall eines Spiegels 7 8 ), Heiligenbildes 7 7 ), K r u z i fixes TO) und Weihwasserbeckens ™) an. Tischler erkennen den baldigen A u f t r a g , einen S a r g zu zimmern, daran, daß die Sägen v o n der W a n d f. 80 ). B e k a n n t ist die Stelle aus Schillers „ W a l l e n s t e i n s T o d " V , 4, wo Wallenstein beim E n t kleiden die K e t t e , die ihm der K a i s e r einst als ersten Gunstbeweis verliehen, zerreißt und zu Boden f ä l l t 8 1 ) . Im M A . zeigte das Herabf. des W a p p e n s c h i l d e s einer Adelsfamilie den T o d eines F a m i lienmitgliedes 82) oder Aussterben des g a n z e n Geschlechtes a n 8 3 ) . A u c h bei allen diesen B r ä u c h e n sind b e v o r z u g t e Zeiten des Jahres, wie die Z w ö l f t e n , h ä u f i g besonders erwähnt. O b schließlich das oben erwähnte Herabf. eines D a c h ziegels als T o d e s v o r z e i c h e n mit dem B r a u c h , nach dem T o d e eines Menschen einen Dachziegel im Sterbehause abzunehmen und umzudrehen, damit seine Seele entweichen könne, v e r w a n d t ist, war nicht festzustellen, bleibt aber wahrscheinlich. Eine ganze Reihe der a u f g e zählten Meinungen sind mit analogischen G e d a n k e n durchsetzt, so ζ. B. das Zerbrechen des Gegenstandes im Fall (s. A n m . 62, 65, 75, 80). A u c h nur zu träumen, daß einem die Z ä h n e ausf., weissagt großes U n g l ü c k 84) oder den T o d des B e t r e f f e n d e n 8 5 ) oder eines Familienmitgliedes 86) voraus. Selten sind die Meinungen, daß das Herabf. des Gegenstandes im A u g e n b l i c k e des A b l e b e n s 87 ) oder k u r z danach erfolgt, also zur N a c h r i c h t an entfernter wohnende V e r w a n d t e oder Bekannte dient. Die Zahl der guten Omina, die sich a n den Fall von Dingen k n ü p f e n , ist gleichfalls nicht groß. W e n n Färberstöcke ins Gleiten k o m m e n und umf., h a t man viel G l ü c k zu e r w a r t e n 89 ); glühende K o h l e n , die aus dem Ofen fallen 90) und der Kesselh a k e n , der v o n selbst u m einen Z a c k e n h e r u n t e r f ä l l t 9 1 ) , sagen k o m m e n d e n Besuch a n . Zur E n t s t e h u n g dieses A b e r g l a u b e n s h a t wohl der Gedanke, daß zur B e w i r t u n g der Gäste K e s s e l h a k e n und
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fallen
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782,108. ·«) ZfVk. 13 (1903), 99. «') G r i m m Myth. 3, 328. M) ZfrheinVk. 5, 244 ff. «») B i r l i n g e r Volhsth. 1, 476. *>) J o h n Erzgebirge 114. 71) Ebd. 115. ") Ebd. 115; SAVk. 8, 273. 73) J o h n Erzgebirge 115. '") L a m m e r t 99. 7S) SAVk. 2, 217. 7e) G r o h m a n n 225; W u t t k e 212, 296. ") S t e r n Türkei 1, 395 ff.; ZföVk. 3, 21. ™) G r o h m a n n 219. 7S) M e y e r Baden 579. m) Urquell 1 (1890), 8. 81) K r o n f e l d Krieg 39. 8 2 ) B i r l i n g e r G r i m m Myth. 3, 329. ") F o g e l Schwaben 1, 276. 83) Ebd. 1, 275. el) SAVk. 2, Pennsylvania 108, 458; i n , 483; J o h n Erzgebirge 38. u ) L i e b r e c h t Zur Volksk. 219. 85) R e i s e r Allgäu 2, 429. »·) SAVk. 2, 371. ») ZfVk. 8 (1898), 286. ») J o h n West217; B a u m g a r t e n Aus der Heimat 3, 101. 87) S c h e l l Bergische Sagen 34. 88) D r e c h s böhmen 165. 1 ·) K n o o p Hinterpommern 179; 17 ZföVk. 4, 144. ) J o h n Westböhmen 20. l e r 2,14; L a m m e r t 98. 89) ZfrheinVk. 11, J8) Ebd. 20; ZiöVk. 4, 147; ZfVk. 11 (1901), 268. M) J o h n Erzgebirge 33. ") S t r a k 273 (= Abdruck eines Traktates aus dem k e r j a n 1, 38, 29. 92) J o h n Westböhmen 15. Jh. „Praecepta quaedam propter super252. 93) Urquell 3 (1892), 40. stitiones" in der Bibliothek des Domgymna2. Ganz vereinzelt kommt es vor, daß siums zu Magdeburg). ") B a u m g a r t e n Aus der Heimat 3, 90; F o g e l Pennsylvania durch das F . l a s s e n eines Gegenstandes 87, 333- 20) D r e c h s l e r 1,217. ") F o g e l eine m a g i s c h e W i r k u n g a u s g e l ö s t Pennsylvania 61, 187. a2) Ebd. 61, 188. werden soll. Im Mecklenburgischen wird 23) ZfVk. 4 (1894), 50. «) G r i m m Myth. 3, der Brauch des Siebdrehens, der zur Ent487. 5· ") D r e c h s l e r 1, 179. 2e) R e i s e r Allgäu 2, 429, 31. «') F o g e l Pennsylvania deckung und Herbeizauberung eines Die74, 251. M) A n d r e e Braunschweig 403; bes dienen soll, dahin abgewandelt, daß Bartsch Mecklenburg 2, 131, 357; D ä h n das Erbsieb auf eine Erbschere gespießt h a r d t Volkst. 1, 97, 8; D r e c h s l e r 2, 199; F o g e l Pennsylvania 92, 364; G r o h wird, und, indem man ganz entsprechend m a n n 225; J o h n Erzgebirge 33; J o h n dem weitverbreiteten Siebdrehen verWestböhmen 252; K ö h l e r Voigtland 395; fährt, das F. des Siebes an Stelle des K u h n Mark. Sagen 386; P o l l i n g e r Drehens tritt 9 4 ). Eine ähnliche Sitte Landshut 166; Reiser Allgäu 2, 428; S c h m i t t Hettingen 18; SAVk. 21, 202; wird im Lechgebiet geübt, wenn man erS t r a c k e r j a n 1, 38; 2, 229; Unoth 179; fahren will, ob das Vieh behext ist: Man Urquell 3 (1892), 40; W o l f Beiträge 1, 216; steckt eine Messerklinge in die StalltürZfVk. 1 (1891), 189; ZfrheinVk. 11, 267. 2") F o g e l schwelle und legt geweihtes Brot auf die Pennsylvania 83, 309. M) Ebd. 94» 378· 31) E b d · 94, 377· 3i) Ebd. 94, 379. Klinge. Fällt das Brot herab und zer33) S c h ö n w e r t h Öberpfalz 3, 281, 3. bricht die Klinge, so fehlt es im ganzen ") SAVk. 2, 221; SchwVk. 10, 36. 35) J o h n Stall 9B). Erzgebirge 37. '·) D r e c h s l e r 2, 10—11. 37) J o h n Erzgebirge 31. M) Ebd. 35. M) P o l Aus Estland ist der Aberglaube bel i n g e r Landshut 167. SchwVk. io, 35. kannt, daß die Bauern dort, wenn der «) SAVk. 25, 283. «) Urquell 4 (1893), 274. 43) B a r t s c h Wolf ihnen ein Stück Vieh geraubt hat, Mecklenburg 2, 211, 1061. ") S t r a c k e r j a n 1,38,31. «) W u t t k e einen schweren Stein oder was sie sonst 222, 317. *·) S c h r a m e k Böhmerwald 255. bei der Hand haben, aufheben und sofort ") G r o h m a n n 117, 884. ") L a m m e r t wieder f. lassen; sie meinen dann, daß 155; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 81, 3. 49) A n d r e e Braunschweig 307. 50) SchwVk. dem Wolf das geraubte Vieh zu schwer 3, 74. ") H ö h n Tod 312. ") W u t t k e würde und er es gleichfalls f. lassen 222, 317. 53) F o g e l Pennsylvania 82, 303; müsse 9e ). M J o h n Erzgebirge 35. ) Strackerjan T> 39» 3 2 · Zu den magischen Bräuchen beim F. ") W o l f Beiträge 1, 215—216. '·) H ö h n Tod 310; J o h n Erzgebirge 115. gehört schließlich noch ein Gebet, das ") J o h n Erzgebirge 116. M) A n d r e e in der Schweiz der spricht, der beim BeBraunschweig 372. M) H ö h n Tod 310; steigen eines hohen Gegenstandes in GeD r e c h s l e r 1, 286; G r o h m a n n 219; J o h n Westböhmen 165; ZfrheinVk. 5, 120. fahr zu f. kommt. Er sagt: *D) Alemannia 33, 301; S t r a c k e r j a n 1, Ach Gott, ich bitt! 38, 29; Urquell 1 (1890), 8. ») J o h n ErzBewahr mein Tritt, gebirge 113. ·2) Ebd. «3) SAVk. 2, 217. so fall ich nit! ") J o h n Erzgebirge 115. ·5) H e y l Tirol Im Namen Gottes und drei Kreuze 97). Feuer im Ofen notwendig sind, mit beigetragen. Das Einf. eines Holzstoßes bedeutet Gevatterschaft 9 2 ), und eine ausgef.e Wimper gibt einen Wunsch frei, der dann in Erfüllung geht, wenn sie sich hernach leicht vom Handrücken wegblasen läßt »*).
fallen ··) G r i m m Myth. 2, 927 if.; Mecklenb. Jb. 5, 108. ,5 ) L e o p r e c h t i n g Lechrain 28. M) B ö c l e r Ehsten 122. ») S A V k . 2, 267. 3. Das eingangs erwähnte pythagoreische S y m b o l o n g e h t auf d e n H e r o e n g l a u b e n der G r i e c h e n z u r ü c k . B e i i h n e n w a r es B r a u c h , z u B o d e n G e f a l l e n e s n i c h t a u f z u h e b e n , s o n d e r n den im H a u s e u m h e r i r r e n d e n Seelen der A b g e s c h i e d e nen z u überlassen. W a s auf die E r d e fiel, g e h ö r t e d e n ήρωες •β). D e r gleiche G l a u b e f i n d e t sich au^h bis in die G e g e n w a r t hinein in m a n n i g f a c h e r A u s g e s t a l t u n g in D e u t s c h l a n d . So s a g t man im Österreichischen v o n Früchten, die z u B o d e n g e f a l l e n sind, sie g e h ö r e n dem Teufel, und verbietet den Kindern, sie a u f z u s a m m e l n u n d z u essen " ) . Kleine Kinder schweben natürlich bes o n d e r s in G e f a h r , d u r c h B e r ü h r u n g m i t d e r E r d e in die G e w a l t der G e i s t e r z u k o m m e n . So s a g t m a n e i n e m K i n d e , das v o m A r m e seiner M u t t e r f ä l l t , viel U n g l ü c k i m L e b e n v o r a u s 10 °). D i e G r ü n d e , die m a n f ü r z u h ä u f i g e s F . kleiner K i n d e r a n f ü h r t , sind m a n n i g f a c h e : D i e M u t t e r ist o h n e n e u e S c h u h e a u s d e m K i n d b e t t a u f g e s t a n d e n 1 0 1 ), oder das K i n d h a t das Weihwasser nicht richtig bekommen 1M). G r o ß ist a u c h d i e Z a h l der V o r b e u g u n g s u n d V e r h ü t u n g s m a ß n a h m e n g e g e n die s c h ä d l i c h e W i r k u n g des F.s. M a n z i e h t das gefallene K i n d unter Anrufung G o t t e s dreimal d u r c h die S p r o s s e n einer L e i t e r h i n d u r c h l 0 3 ) oder die M u t t e r k a u f t d e m K i n d e ein T ö p f c h e n u n d g i b t es i h m auf die S t r a ß e m i t . Z e r b r i c h t dieses b e i m n ä c h s t e n F a l l , so ist f ü r das K i n d in Z u k u n f t alle G e f a h r b e s e i t i g t 1 0 4 ) . W a h r scheinlich l i e g t d i e s e m B r a u c h e dei Ged a n k e , das K i n d d u r c h ein f r e i w i l l i g e s O p f e r a u s der G e w a l t der c h t h o n i s c h e n D ä m o n e n zu befreien, zugrunde. Im Sächsischen glaubt man, einem K i n d e schade ein F a l l s o l a n g e nicht, als das Ei, w o m i t sein M u n d bei e i n e m B e s u c h e b e s t r i c h e n wurde, auf dem Hausbalken liegen b l e i b e 1 0 5 ) . A m d e u t l i c h s t e n w i r d der Glaube an das Einwirken dämonischer M ä c h t e b e i m F . kleiner K i n d e r a u s e i n e m B r a u c h e g a l i z i s c h e r J u d e n : diese p f l e g e n n ä m l i c h die Stelle, w o solches g e s c h e h e n
Il66
ist, m i t W a s s e r z u b e s p r i t z e n u n d ein Messer h i n e i n z u s t o ß e n , d a m i t d e m K i n d e n i c h t s g e s c h e h e 1 0 6 ) . E i n e christliche U m d e u t u n g des a l t e n G l a u b e n s a n die S c h u t z g e i s t e r der M e n s c h e n u n d deren e n g e V e r b u n d e n h e i t m i t diesen ist der belgische Volksglaube, daß jedesmal, w e n n ein K i n d auf die E r d e falle, ein E n g e l i m H i m m e l m i t falle m ) . D o c h a u c h E r w a c h s e n e sind n i c h t v o n a l l e n G e f a h r e n frei. W e r seine T r ä n e n auf e t w a s T o t e s f . l ä ß t , b e k o m m t die A u s z e h r u n g , d. h. er ist d e m Geiste des T o t e n v e r f a l l e n , s a g t ein a l t e r G l a u b e 1 0 8 ) . Und wiederum christliche U m d e u t u n g dieser M e i n u n g ist es, w e n n es in der W e t t e r a u h e i ß t , w e n n j e m a n d auf einen T o t e n eine T r ä n e f. l ä ß t , so h a t der keine R u h e i m G r a b e 109 ). D a d u r c h , d a ß m a n also e t w a s z u B o d e n f. l ä ß t , t r i t t m a n in V e r b i n d u n g m i t den Seelen der T o t e n u n d s t e h t u n t e r ihrer M a c h t . So ist es a u c h g e f ä h r l i c h , b e i m E s s e n den L ö f f e l f. z u l a s s e n ; es s t i r b t d a n n b a l d j e m a n d a u s der F a m i l i e 1 1 0 ) . H i e r b e i ist z u b e a c h t e n , d a ß der L ö f f e l ein R e c h t s s y m b o l , d a s d a s B e s i t z r e c h t ausdrückt, darstellt. So sagt m a n im Braunschweigischen für sterben „den lepel w e g s m i t e n " l u ) . S p ä t e r s i n d d a n n a n S t e l l e des L ö f f e l s oder a u c h in Gem e i n s c h a f t m i t i h m Messer, G a b e l 1 1 2 ) , Teelöffel113), überhaupt jeder spitzige G e g e n s t a n d , der b e i m H i n f . i m B o d e n s t e c k e n b l e i b t 1 1 4 ) , g e t r e t e n . A u c h die üblen F o l g e n des F a l l e s h a b e n sich v e r m i n d e r t z u d e m V e r b o t e , w e r b e i m Essen sein Messer f. lasse, d ü r f e n i c h t w e i t e r essen 1 1 5 ) oder s o g a r nur z u der s c h e r z h a f t e n B e m e r k u n g : „ W ä r e s t d u ein J u d e , dürftest du nicht weiter e s s e n " l l e ) . Doch h e i ß t es g e r a d e bei d e n J u d e n , d a ß der, d e m b e i m E s s e n der L ö f f e l a u s d e m M u n d e falle, e i n e m g r o ß e n U n g l ü c k e n t gangen sei117). Jedes mythischen Geh a l t e s b e r a u b t ist s c h l i e ß l i c h die Mein u n g , d a ß der Bissen, der j e m a n d e m beim Essen aus dem Munde falle, ihm v o n einem anderen nicht gegönnt s e i l u ) . H a n d w e r k e r g l a u b e ist es, d a ß der, dessen H a n d w e r k s z e u g bei der A r b e i t h i n f ä l l t , seines T a g e l o h n e s v e r l u s t i g sei
A u c h Tiere und P f l a n z e n sind v o n der M a c h t dieser dämonischen Geister bedroht. E i n S t ü c k Vieh, das a m V a l e n t i n s tage (14. Februar) fällt, k o m m t nicht wieder auf 12 °). Pfropfreiser, die einem zu B o d e n f., b r a u c h t man gar nicht erst zu Okulieren, denn der B a u m w ü r d e seine F r ü c h t e später doch v o r z e i t i g f. lassen 1 2 1 ). Mit mythischen Gedankengängen durchwoben ist schließlich noch der V o l k s g l a u b e v o m F. des T o t e n b r e t t e s . Man hört den Fall eines B r e t t e s und sagt dann, daß der aus der Familie, der es nicht gehört habe, in drei T a g e n sterben müsse 1 2 2 ). D a s Eigentümliche dieses F.s ist, daß nur das Geräusch gehört wird und m a n beim Nachforschen a m Orte keine Ursache d a f ü r entdecken kann 123 ). Zuweilen wiederholt sich das gleiche Geräusch nochmals im A u g e n b l i c k e des A b l e b e n s des B e t r e f f e n d e n 1 2 4 ) . So leicht a u c h solche V o r g ä n g e auf akustischen T ä u s c h u n g e n beruhen können, das V o l k sieht darin ein Vorzeichen der Geister, die das L e b e n eines Menschen fordern. D o c h l ä ß t sich nach sächsischem Glauben die Gefahr abwenden, wenn man ein H a u s t i e r dem Geiste opfert. So sagte eine Magd in A n n a b e r g jedesmal, w e n n sie einen solchen Fall h ö r t e : Gütchen, Ich gebe dir mein Hütchen. Willst du den Mann, Dann gebe ich dir den Hahn! Willst du die Frau, Dann nimm hin die Sau! Willst du mich, Nimm die Zieg'! Willst du unsre Kinder lassen leben, Will ich dir alle Hühner geben! G i n g m a n a m nächsten T a g in den Stall, so f a n d m a n das entsprechende S t ü c k Vieh t o t und wie v o n einer Presse zerquetscht d a l i e g e n 1 2 5 ) . ») R ο h d e
Psyche
1, 245, 1.
garten
Aus der Heimat 2, 102.
Erzgebirge
57.
101
) Rochholz
ss
) Β a u m 10°)
Kinderlied
John 316.
) Ebd. 318. 1M) A n d r e e Braunschweig 292. ,M ) J o h n Erzgebirge 56. 105) Ebd. 56. »·) Urquell N.F. 1 (1897), 271. ">') M a n n h a r d t Germ. Mythen 308. 1M) P a n z e r x, 261. 1011) W o l f Beiträge 1, 215. 110) B a u m g a r t e n Aus der Heimat 3, 101. 111) A n d r e e Braunschweig 225. 112) D r e c h s l e r 2, 10; S a r t o r i Sitte 2, 31. u 3 ) F o g e l 1M
Pennsylvania
II68
Fallsucht
II67
83,
308.
nl
)
ZfVk.
8 (1898),
290. 115) S t r a c k e r j a n 2, 229; G r o h mann 225. "·) Urquell 3 (1892), 165; D r e c h s l e r 2,10. 117) Urquell 4 (1893), 95. 11B ) F o g e l Pennsylvania 82, 298; G r o h m a n n 226; J o h n Erzgebirge 31; K ö h ler Voigtland Henneberg 152;
395; S p i e ß W o l f Beiträge
) SAVk. 25, 283; S c h r a m e k
119
wald 255; Z f r h e i n V k . 2,209.
trag 1,
260.
121
12
Fränkisch1, 218.
Böhmer-
°) P a n z e r
) Bohnenberger
Bei-
19;
M e y e r Aberglaube 226; P a n z e r Beitrag 1, 266; W u t t k e 427,669. 1 2 2 ) G r i m m Myth.
3» 473·
m
Bergische
) D r e c h s l e r 1, 286. Sagen
260 ff. 337.
552, 27.
125
121
) Schell
) Μ e i c h e
Sagen
Tiemann.
F a l l s u c h t . Der große U m f a n g einer ged r ä n g t e n Z u s a m m e n f a s s u n g der v o l k s medizinischen Vorstellungen v o n der F . erklärt sich einmal aus der relativen Fülle v o r allem älterer Quellen, zweitens ist die Epilepsie bis in die j ü n g s t e Zeit in ihrer Ätiologie, P a t h o l o g i e und T h e r a p i e teilweise r ä t s e l h a f t geblieben. Die tastende Empirie h a t neben die wunderlichsten E r k l ä r u n g s v e r s u c h e tausenderlei Mittel und K u r e n gestellt. Der H a m b u r g e r A r z t R a m b a c h charakterisiert noch 1801 die H e i l m e t h o d e n der wissenschaftlichen und v o l k s t ü m l i c h e n Medizin: ,,So lächerlich dergleichen K u r e n seyn mögen, so finden wir doch gewöhnlich, daß die empirisch gegen diese K r a n k h e i t a n g e w a n d t e n Mittel mehr leisten als die r a z i o n a l e n " x ). 1 ) R a m b a c h 325; sogar P a u l i Pfalz (1842), 55 drückt sich noch ähnlich aus. Zu den wiss. Anschauungen vgl. D o r n b l ü t h (1922) s. v. Epilepsia.
Α. N a m e n , Art und Ents t e h u n g d e r F . I. Der heute im V o l k e gebräuchliche N a m e F. 2 ) bezeichnet überwiegend E p i l e p s i e 3 ) , seltener E k l a m p s i e (s. Fraisen, Gichter) und gelegentlich Paralysis oder A p o p l e x i e 4 ) (s. Schlag). E r hält sich wie die meisten Krankheitsnamen an die auffälligste Ä u ß e r u n g der „ S u c h t " . Neben der in mittelalterlichen Quellen gebräuchlichen B e z e i c h n u n g „ m o r b u s c a d u c u s " 6) stehen schon f r ü h entsprechende A u s d r ü c k e wie „ v a l j a n d i a s u h t " , „ d a z fallende ü b e l " e ), „ s t ö r t e n S u k e " 7 ) u s w . ; A u s d r ü c k e wie „ U n g e l ü c k e " 8 ), „schedelnde Gottesstraf" „ b ö s e K r a n k h e i t " 10 ), „ J a m m e r " , „ s c h w e r e N o t " u ) bezeichnen nur die F u r c h t v o r der S u c h t , die im M A .
Fallsucht
ι ι6ρ
häufiger a u f g e t r e t e n sein soll als h e u t e 1 2 ) . A n d e r e N a m e n deuten schon auf V o r stellungen v o n A r t und E n t s t e h u n g der F . : griech. έπιλήμψις (zu έπιλομβάνω) geht v o n der Vorstellung des Packens, des lähmenden Festhaltens aus 13 ), abwehrend sprach der Grieche v o n der „heiligen K r a n k h e i t " 1 4 ). Entsprechend g i b t die deutsche V o l k s m e d i z i n N a m e n wie „ d i e heilige K r a n k h e i t " 1 5 ), „ d a s heilige W e h " , „ d a s H ö c h s t e " i e ) . Der bei den R ö m e r n gebräuchliche N a m e „ m o r b u s c o m i t i a l i s " erklärt sich daraus, d a ß die Volksvers a m m l u n g auseinandergehen m u ß t e , w e n n während der K o m i t i e n A n f ä l l e vork a m e n 17 ). Reste v o m Glauben an dämonistische Einflüsse können gesehen werden in der B e z e i c h n u n g „ W e s e n " , „ b ö s e s W e s e n " 18 ), die nicht selten ist. Die Bet r a c h t u n g außerdeutscher F . - N a m e n und -Vorstellungen f ü h r t zu den gleichen Ergebnissen 19 ). *) Ζ. B . L a m m e r t 2 7 0 ; F ο s s e 1 Steier-
mark 90; H ö h n Volkh. 1,131; Z i m m e r m a n n Volhsheilk. 63. 3) H ö f l e r Kranhheitsn. 704. 4) G r i m m Myth. 3, 339; Alired M a r t i n in: Dt. Zs. f. Nervenheilkunde 75 (1922), 108. •) ZfVk. 22 (1912), 119; S t e i n m e y e r 380 f. ') G r i m m Myth. 2, 968 f.; vgl. H e y n e Hausaltert. 3, 125 ff. ') F i η d e r 8 Vierlande 2, 271. ) Grohmann 176. ·) W l i s l o c k i Siebenb. 1, 89. 10) L a m u m e r t 270. ) Grimm Myth. 2, 968. ") H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 213 = L a m m e r t 270. ") MschlesVk. 13 (1905), 24.
u
Ärztliches
) S u d h o f f
aus griech.
pymsurk. (1909), 142 ff. ") F o s s e l mark go. " ) F r i s c h b i e r 17 ) Β . M. L e r s c h Gesch.
Pa-
Steier-
Hexenspruch 46. der Volksseuchen
(1896), 51. ) G r i m m Myth. 2 , 9 6 8 ; H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 213 = L a m m e r t 270; F o s s e l Steiermark 90; S c h u l e n b u r g 99. 19) B a r t e l s Medizin 212 ff.; H o v o r k a - K r o n f e l d 2,215.223; F r a z e r 12, 258. 265; T y l o r Cultur 2, 460; 1S
S e b i 11 ο t Folk-Lore
2
> 385 f.; B l a c k
4, 4 4 9 ; S t e r n
Folk-Medicine 126.
Türkei
2. Überall scheint die F. den Charakter des D ä m o n e n w e r k s in dem V o l k s a b e r g l a u b e n zu h a b e n 2 0 ) ; W a h n sinn, also Besessenheit und F., werden geradezu identifiziert, sowohl in der Vorstellung heute lebender primitiver V ö l k e r 2 1 ) als auch bei den A l t e n 22 ). Dieselbe A n s c h a u u n g h a t das Reichenauer A n t i d o tarium, wenn es v o n den Epileptikern be-
1170
r i c h t e t : hos v u l g u s demoniacos v o c a t 2 3 ) , wie eine Hs. des 17. Jhs., die als nähere E r k l ä r u n g zu einem R e z e p t „ v o r die fallend s u c h t " , diese erläutert, der K r a n k e sei „besessen mit dem bösen g e i s t " 24 ). Neuere Fälle belegen zur Genüge den noch lebendigen Glauben an den dämonistischen Charakter der F. 2 5 ). Ein Zus a m m e n h a n g mit chthonischen Mächten ist wohl in der Uberlieferung angenommen, d a ß die Stelle, wo der K r a n k e hinfällt, eine besondere B e d e u t u n g habe. Plinius rät, dort einen eisernen Nagel einzuschlagen 2e ), an der Fallstelle f i n d e t man das Heilmittel ja, man bringt dort zuweilen sogar O p f e r a s ) . Vollends wird der Glaube an Besessenheit klar in der B e h a u p t u n g , Epileptiker könnten weissagen 29). Die seltsame A n s c h a u u n g , die F. sei ansteckend, und man dürfe deshalb den Epileptiker nicht berühren 3 0 ), findet ihre Parallele schon in der A n t i k e , wo man aus F u r c h t vor A n s t e c k u n g s gefahr vor dem K r a n k e n a u s s p u c k t e 3 1 ) . 20
21
Mythus
) W u η d t
) D i e t er i c h
g e r i st
und
Rel.
1,
Texte
46.
") J ü h -
Kl. Schriften 53. und
Tiere 267; F r a n z
ling 544.
Studien
Si-
Benediktionen 2,
Aberglaube
" ) H e 11 w i g
484 ff.
")
2 9 . 32.
35;
H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 215 f. '·) P l i n i u s Nat. hist. 28, 36; vgl. MschlesVk. 13 (1905), 24. ") G a ß n e r Mettersdorf 77; Urquell 4 (1893), 42. M) H ö f l e r Organotherapie
31;
vgl.
B l a c k
Folk-Med.
46;
H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 218. ») A g r . v. N e t t e s h e i m 3, 298 ff.; Grässe Preußen 1, 95 Nr. 88. ») ZfVk. 7 (1897), 68; H o v o r k a - K r o n f e l d 2,222. 224; H ö h n Volksheilkunde
Volksglaube
42;
und Geisteskrankheit
als
i , 132; B u c k
31 Franz Benediktionen 2, 499. j Abt Apuleius 186 f., vgl. 158 ff.; Alfred M a r t i n
Warum galten Epilepsie
ansteckend. In: Dt. Zs. f. Nervenheilkunde 75 (Leipzig 1922), 103—110. 3. Vorstellungen v o n einem K r a n k h e i t s s i t ζ sind selten 32 ). Entgegen der älteren v o l k s m ä ß i g e n A n s c h a u u n g nehmen die H i p p o k r a t i k e r das Hirn als K r a n k h e i t s h e r d a n 3 3 ) . Die A r z t e des MA.s übernehmen ζ. T . diese A n s i c h t : nach Ortolff „ k o m p t der vallendt siecht u m b v o n k r a n c k h e i t des hirnes" 34 ), in Geilers E v a n g e l i b u c h h e i ß t es: „ v n d die ederli, die zuo dem hirn gond, w e n n sie g a n t z v e r s t o p f f e t sein v o n wuost, so werd
Fallsucht sant Veltins siechtag d a r u ß " D i e neuere deutsche V o l k s m e d i z i n h a t diese V o r s t e l l u n g e n nicht mehr, bei primit i v e n V ö l k e r n sind sie überraschenderweise gelegentlich a n z u t r e f f e n 3 6 ) . Die S l o w a k e n glauben, d a ß F . aus G e s c h w ü ren a m Herzen entstehe 37 ), vielleicht e m p f i e h l t Staricius a u s ähnlichen A n s c h a u u n g e n h e r a u s das T r a g e n seines magischen R i n g e s (s. unten) a m Herzfinger 3®), v o n dem aus a n g e b l i c h eine A d e r d i r e k t z u m H e r z e n f ü h r t e (s. Finger). 3a )
Höf ler
mann
Organoth.
Anatomie
**) O r t o I f f
Bayrld !i)
55.
33)
des Gehirns
Wey
(1900),
er-
13.
(14 77), Bl. 18 v . 19 r ;
Ρ a r a c. 205. L i c b r e c h t Z. Volksh. 352. 3e) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 215 f. 227 f. " ) Ebd. 221. S t a r i c i u s Heldenschatz (i6i6), I i f.; vgl. MschlesVk. 7, 71. 4. Mit der A n n a h m e , das Hirn sei S i t z der Epilepsie und mit der B e o b a c h t u n g der Perioden bei Epilepsis menstrualis wird der G l a u b e V e r b i n d u n g h a b e n , d a ß der Mond E i n f l u ß h a b e auf E n t s t e h u n g u n d Verlauf der K r a n k heit. D a s Hirn als kaltes und f e u c h t e s O r g a n h ä n g t n a c h der L e h r e der H u m o r a l p a t h o l o g i e a b v o m Mond (s. Gehirn, Mond). D i e A n t i k e setzt Mond und epileptische A n f ä l l e in B e z i e h u n g zueina n d e r 3B), neuerer V o l k s g l a u b e t u t dass e l b e 4 0 ) . S c h o n im C o d e x Sangallensis heilt ein R e z e p t zugleich „ l u n a t i c o s et c a d u c o s " 41 ) (s. M o n d s u c h t ) . W o h l aus diesen G e d a n k e n g ä n g e n e n t s p r i n g t die V o r s c h r i f t , d a ß Epileptische n i c h t v o n d e m K o p f eines T i e r e s 4 2 ) , besonders n i c h t eines F i s c h e s 4 3 ) , essen d ü r f t e n . W e i t e r e E n t s t e h u n g s u r s a c h e n sollen in p l ö t z l i c h e m S c h r e c k 4 4 ) , in u n m ä ß i g e m oder f r ü h z e i t i g e m A l k o h o l g e n u ß in der J u g e n d 45 ), w a s den T a t s a c h e n entsprechen k a n n , in S ü n d e n s c h u l d 4e ), nach n e u e r e m G l a u b e n in B l u t a r m u t oder schwacher Konstitution bestehen 47 ). A u c h auf die t a t s ä c h l i c h o f t nachweisbare V e r e r b u n g wird F . z u r ü c k g e f ü h r t e ) . Bei d e m v e r m e i n t l i c h übersinnlichen C h a r a k t e r der K r a n k h e i t ist die landl ä u f i g s t e E r k l ä r u n g f ü r den U r s p r u n g der F . natürlich eine dämonistische. Bei den A l t e n b r a c h t e n die nächtlicherweile
II72
u m h e r s c h w e i f e n d e n Seelengeister „ E p i l e p s i e " 4 9 ) , nach d e u t s c h e m A b e r g l a u b e n w i r d sie einem a n g e t a n durch H e x e n bisweilen operiert die H e x e dabei mit dem bösen B l i c k 5 1 ). Die einleitende aura wird solchen G l a u b e n b e g ü n s t i g t haben. E n d lich k a n n d u r c h Tiere die F. entstehen, und z w a r e r k r a n k t ein Mensch an F., über den m a n eine t o t e Maus w i r f t 52 ), a u c h b e k o m m t der die hinfallende K r a n k heit, der auf einem H u n d e r e i t e t S 3 ) (1825!). W ä h r e n d die erste A n s c h a u u n g ziemlich u n v e r s t ä n d l i c h ist, — die Maus t r i t t nämlich als F . m i t t e l auf, w e n n ihr a u c h v i e l f a c h allerlei zauberische M a c h t a n g e d i c h t e t wird (s. Maus) — scheint die z w e i t e zu f u ß e n auf d e m h ä u f i g e r beoba c h t e t e n Z u s a m m e n f a l l v o n Epilepsie und T o l l w u t . Plinius k e n n t den S c h ä d e l t r u n k (s. unten) als heilsam (zugleich f ü r Epileptiker und v o n tollen H u n d e n Gebissen e 5 4 ) ) ; die K u r des Brennens (s. unten), f ü r gewöhnlich nur bei T o l l w u t angew a n d t (s. H u n d s w u t ) , ist vereinzelt auch im G e b r a u c h bei F a l l s ü c h t i g e n gewesen 5 5 ). 3>) K r o l l Aber gl. 19; B l a c k Folk-Meä. 126. M) Ebd.; W i t t s t o c k Siebenbürgen 60; Η ö f 1 e r Krankheitsn. 712; vgl. G r i m m
Myth.
3, 339.
Psyche
2,
41 )
J ö r i m a n n Rezept. 143 f.;
ähnlich F r a n z Benedikt. 2, 528. 42) S t r a k k e r j a n 2, 187 Nr. 429. *3) Mündl. Finkenwärder. " ) F l ü g e l Volhsmed. 61; Hovorka-Kronfeld 2, 216. " ) L a m m e r t 270 = H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 213; vgl. G r i m m Myth. 2, 981; D o r n b l ü t h (1922) s. v. Epilepsie. '·) H o v o r k a K r o n f e l d 2, 227; Urquell 5 (1894), 290. «) H ö h n Volksheilk. 1, 131. «) Ebd.; vgl. H o v o r k a - K r o n f e l d 2,216. 4e) R o h d e 50)
84;
vgl.
A b t
Apuleius
199.
H ö h n Volksheilk. 1, 131; mdl. Finkenwärder. " ) S e l i g m a n n 1, 201; vgl. H o v o r k a - K r o n f e l d 2,215.227. ·*) H ö h n Volksheilk. 1, 131. ·*) P a n z e r 1, 266 = S c h ö n w e r t h Oberpfalz i, 355 = Bavaria (1863), 3 2 0 = L a m m e r t 271. M) P l i n i u s Nat.
hist. 28, 2. " ) H ö f l e r
Schröder
Jagd-Kunst 418.
Volhsmed. 218;
B . H e i l u n g d e r F. I . P a t r o n e f ü r F . : Schutzheilige, a n die sich der Epil e p t i k e r w e n d e t , sind: die hl. B i b i a n a , weil sie n a c h der L e g e n d e m i t Epileptikern u n d Irren z u s a m m e n g e s p e r r t w a r 5 8 ) , S t . V a l e n t i n w e g e n des Gleichklangs seines N a m e n s m i t der „fallenden" S u c h t 5 7 ) ; ähnlich w e r d e n die hl. drei
"73
Fallsucht
K ö n i g e z u P a t r o n e n , w e i l sie v o r d e m J e s u s k i n d „ n i e d e r g e f a l l e n " w a r e n , ihr P a t r o n a t ist s c h o n f ü r das 12. J h . bez e u g t (s. F a l l s u c h t s e g e n ) M ). In Cornelim ü n s t e r i m I n d e t a l t r i n k e n die a n der F . L e i d e n d e n a u s d e m C o r n e l i u s h o r n B9 ), a u c h der hl. W i l l i b r o r d ist v e r e i n z e l t F . p a t r o n e o ) . Schließlich treten noch St. J o h a n n e s e l ) u n d S t . V e i t 62 ) d a z u , beide a l s P a t r o n e des V e i t s t a n z e s (s. d.) 63 ), H o v o r k a nennt noch Hubert und A n t o n den E i n s i e d l e r 6 4 ) , j e d o c h ist H u b e r t P a t r o n g e g e n T o l l w u t (s. d.) u n d A n tonius wird v o n den Besessenen angeruf e n : u n t e r seinen A t t r i b u t e n t r i t t das Schwein auf, das den überwundenen T e u f e l d a r s t e l l t ®5). F a l s c h e P r o g n o s e u n d Ä h n l i c h k e i t der S y m p t o m e k ö n n e n u n t e r U m s t ä n d e n beide irrtümlicherweise zu F.patronen stempeln. **) F r a n z Benedikt. 2, 500 5. 57) 1500: Η a 11 e r Bern in seinen Rathsmanualen 1 (Bern 1900), 297 f.; 1508: S t ö b e r Geiler von Kaisersberg·, 1532: H ö f l e r 704,neu: M e n g h i n Südtirol 145; vgl. F r a n z Benedikt. 2, 505. M) Dazu: F r a n z Nicolaus de Jawor 152; M o n t a n u s Volksfeste 116; F o s s e l Steiermark 90; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 3, 610. 5») W r e d e Eifel. Vk. 2, 83; vgl. H o v o r k a - K r o n f e l d 2,213. m) F o n t a i n e Lux. 108. ei ) F r i e d b e r g 74; Lercheimer T21, 3; Höf ler 728. ·*) L e s s i a k Gicht 177; ZfrwVk. 12, 99; 3 M Η ö f 1 e r Krankheitsn. 765. " ) Ebd. ) 2, 214. ,6 ) S t a d l e r Heiligenlexikon s. v. Antonius (17. Jan.). 2. B e i der H e i l u n g d u r c h H a n"d 1 u η g e η s t e h t g e m ä ß der V e r w a n d t s c h a f t der F . m i t B e s e s s e n h e i t die A u s t r e i b u n ' g an erster S t e l l e 6 e ). K i r c h l i c h e E x o r z i s m e n w u r d e n also a u c h bei E p i l e p s i s g e b r a u c h t 6 7 ) . D i e F . als W e r k des T e u f e l s ist e n t s p r e c h e n d m i t k i r c h l i c h e n M i t t e l n z u h e i l e n : G e b e t , religiöse Ü b u n g e n u n d religiöse K u r e n w u r d e n e m p f o h l e n , die a u s f ü h r l i c h bei F r a n z bes c h r i e b e n s i n d 6 8 ) (s. a u c h K e r z e ) . In neuerer Z e i t l i e g t w o h l G l a u b e a n D ä monenbekämpfung vor bei: Räuchern m i t g e w e i h t e n P f l a n z e n (s. r ä u c h e r n ) 69 ), K u r in V e r b i n d u n g m i t P r o z e s s i o n e n 70) oder d e m G o t t e s h a u s 7 1 ), in E n g l a n d s o g a r S c h l a f e n u n t e r d e m A l t a r , w o b e i die B i b e l als K i s s e n d i e n t u n d a n s c h l i e ß e n d ein H a h n
als O p f e r d a r g e b r a c h t w i r d , auf d e n die K r a n k h e i t ü b e r g e h t 7 2 ) . In der G e g e n d v o n R e f r a t h soll ein F a l l s ü c h t i g e r soviel R o g gen, G e r s t e , H a f e r oder W e i z e n z u s a m m e n b e t t e l n , als er s e l b s t s c h w e r ist (s. G e w i c h t ) u n d dies o p f e r n 7 3 ) . 1442 w i r d ä h n l i c h g e r a t e n : „ s o v i l w a c h s , d a ß ein I 5 p f ü n diges bild d a r a u s g e m a c h t w e r d e n k a n n , v o n f r o m b u n d b a r m h e r t z i g e n l e u t e n zu e r b e t t e n " 7 4 ) . O b die H e i l h a n d l u n g des B r e n n e n s (s. oben) d ä m o n e n a b w e h rend g e d a c h t ist, b l e i b t z w e i f e l h a f t , S c h r ö d e r b e g r ü n d e t sie, „ w e i l d a d u r c h die K ä l t e u n d z ä h e H u m o r e s , w e l c h e dieses G e b r e c h e n (sc. F . ) v e r u r s a c h t e n , resolviret w e r d e n " 7 5 ) . — Bedient m a n sich b e i m A u s p r ü g e l n der F. f r i s c h e r W e i d e n r u t e n 7 e ) , l i e g t der G e d a n k e a n die H e i l w i r k u n g der „ L e b e n s r u t e " n a h e (s. d. u n d S c h l a g ) , s o n s t könnte auch Austreibungszauber vorliegen " ) : s c h o n i m 14. J h . e n t l ä ß t der P r i e s t e r den E p i l e p t i k e r n a c h einer religiösen K u r m i t e i n e m k r ä f t i g e n S t o ß 7 8 ) . E n d l i c h k a n n in Z u s a m m e n h a n g mit D ä m o n e n g l a u b e n der B r a u c h s t e h e n , d e m Fallsüchtigen im K r a m p f z u s t a n d ein s c h w a r z e s T u c h ü b e r das G e s i c h t z u l e g e n w ) , oder i h m v o n einem, d e r sein L e b t a g noch keinen Epileptiker hinfallen s a h , in die g r o ß e Z e h e b e i ß e n z u lassen 8 0 ). ,e ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 212. ") F r a n z Benedikt. 2, 504. M) Ebd. zu der Kerzenprobe bei Hollen vgl. noch: Z f V k . 18 (1908), 444 f. und 22 (1912), 225. 118 ff. ·") Z f V k . 4 (1894), 402. Fontaine
Luxemburg
56.
" ) ZfVk.
13
(1903),
363.
") B l a c k Folk-Med. 46. *») ZfrwVk. π (1914), 174; vgl. Hovorka-Kronfeld 2, 212. 228. '*) P a n z e r Beitrag 2, 28. " ) S c h r ö d e r Jagd-Kunst 418. '·) M a n n hardt 1, 263. " ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 226. ,s ) F r a n z Benedikt. 2, 50T. " ) B i r l i n g e r Volksth. i , 481; L a m m e r t 271; F o s s e l Steiermark 92. Urquell N.F. ι (1897), 25. 3. E i n e b e s o n d e r e A r t der H e i l h a n d l u n g ist die des A b z a u b e r n s oder A b t u η s , h ä u f i g in V e r b i n d u n g m i t T r a n s p l a n t a t i o n . Das Abzaub e r n oder A b t u n der F . ist s c h o n v o m 12. J h . a b d u r c h Z e u g n i s s e n a c h z u w e i s e n von dem unten behandelten Heilritus mit d e m H i r s c h f e l l r i e m e n (s. F . - s e g e n ) . D i e
Fallsucht
K r a n k h e i t wird in ihn eingeknotet und mit einem T o t e n b e g r a b e n 8 1 ) . Die F . mit d e m Urin, anderen K ö r p e r t e i l e n oder Gegenständen, wie e t w a mit einem H e m d des K r a n k e n der L e i c h e mitzugeben, ist a u c h der neueren V o l k s m e d i z i n bek a n n t 8 2 ) . A n d e r e Mittel, die F . a b z u t u n , sind, das eigene H e m d rücklings gegen einen B a u m 83) oder über das D a c h 84) zu werfen, das H e m d des V a t e r s anzuzieh e n 8 5 ) , sogar: alle K l e i d e r , die m a n beim A n f a l l auf dem L e i b e hatte, zu verbrenn e n 8 6 ) . Noch w i r k s a m e r ist diese Prozedur, w e n n die A s c h e der K l e i d e r in ein fließendes W a s s e r dem S t r o m e nach gew o r f e n 87) oder v o m K r a n k e n eingenommen M ) wird. D a s B a d e n v o r Sonnenuntergang in einem nach Osten fließenden W a s s e r 8 9 ) hilft wie die V e r b o h r u n g der N ä g e l m ) oder des B l u t e s 9 1 ) in einen B a u m . Gelegentlich wird empfohlen, dem P a t i e n t e n einen S t r u m p f auszuziehen 92) oder einen S c h u h abzustreifen und unter die Nase zu h a l t e n 9 3 ) . W e n n geraten wird, den D a u m e n in die H a n d zu kneipen 94 ), so wird eine in der K o n v u l s i o n als t y p i s c h b e o b a c h t e t e Fingerstellung im A b w e h r zauber v o r w e g g e n o m m e n . " ) G r i m m Myth. 1, 325; Berth.
136 f . ;
P f e i f f e r
Schönbach
Arzneibuch
2, 151
Nr. 8; K l a p p e r Schlesien 102. " ) Mdl. Finkenwärder; Urquell 1 (1890), 11; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 254 Nr. 2; Fogel Pennsylvania 290 Nr. 1534; Unoth 1, 181 Nr. 27. " ) F i s c h e r Oststeierisches 115. M) G a ß η e r Mettersdorf 77. ,5 ) G r i m m Myth. 3, 466 Nr. 871. " ) BIPommVk. 8, 75 (Neustettiner Zauberbuch, Mitte 19. Jh.); F o g e l Pennsylvania 303 Nr. 1604. ") BIPommVk. 8, 75. 8") G a ß η e r Mettersdorf 77. »•) D r e c h s l e r 1,83. M) H ü s e r Beiträge 2, 29 Nr. 35. ·') H o v o r k a - K r o n f e l d 1 , 8 1 ; vgl. 2, 220. ·') B i r l i n g e r Volhsth. 1, 481. ") BIPommVk. 8, 75: L a m m e r t 271. M) F i s c h e r Aberglaube 3 (1794), 186 f. 4. H e i l u n g d u r c h D i n g e . Die unzähligen F . m i t t e l aus dem Reich der Dinge a u c h nur im entferntesten hier wiederzugeben ist u n m ö g l i c h 9 5 ) . Wie groß der V o r r a t an angeblichen Heilmitteln gegen F. beispielsweise im 16. Jh. war, erhellt aus des T a b e r n a e m o n t a n u s A r t z n e y b u c h , w o die A u f z ä h l u n g derselben e t w a drei große Folioseiten ausm a c h t 9e ). A m h ä u f i g s t e n sind natur-
1176
gemäß die organotherapeutis e h e n M i t t e l , v o n der V e r w e n d u n g ganzer Tiere 97) geht es wahllos über zu S t o f f e n v o n Mensch und Tier. Noch 1801 k a n n der A r z t R a m b a c h in H a m b u r g schreiben: „ G e h e n k t e Diebe werden in k u r z e m z u m B e s t e n der antiepileptischen p h a r m a c o p o e a p a u p e r u m rein ausgep l ü n d e r t " 98 ). A l s solche Mittel werden genannt F l e i s c h M ) , K n o c h e n 10°), Z ä h ne w l ) , H o r n 1 0 2 ) , S c h ä d e l 1 0 3 ) , Hirn 1 0 4 ), Herz 105 ), Leber 106 ), Galle 107 ), Urin 108 ), N a c h g e b u r t 1 0 9 ) (s. d.), Milch n o ) , die Mörderhand 1 U ) als S u b s t i t u t und v o r n e h m lich das Blut, das als H a u p t s i t z der Leb e n s k r a f t und der Seele auch das verbreitetste F . m i t t e l darstellt (s. d.). D a s Menschen b l u t ist wie stets a m begehrtesten. J u p i t e r selbst soll den Menschen das Mittel v e r r a t e n haDen 1 1 2 ). Plinius erzählt, d a ß die an der F . Leidenden ,,sanguinem quoque g l a d i a t o r u m b i b u n t u t v i v e n t i b u s p o c u l i s " 1 1 3 ). Der A r z t Ortolff v o n B a y e r l a n d e m p f i e h l t das T r i n k e n des eigenen gelassenen Blutes „ i n einen waichen a y e " , B e c h e r h a t wieder das alte M i t t e l : „ D a s B l u t also frisch g e t r u n c k e n und sich also bewegt, daß ein S c h w e i ß darauff erf o l g t " , und in diesen F o r m e n ist in gleichmäßiger Überlieferung weiter geheilt worden. In den meisten Fällen ist m a n bestrebt, das noch w a r m e B l u t eines armen Sünders gleich nach der E n t h a u p t u n g zu erlangen, j e d o c h a u c h das B l u t lebender Personen, besonders Verwandter, wird getrunken 1 1 5 ). — F ü r Menschenblut wird auch T i e r b l u t e m p f o h l e n l l e ) ; daß es S u b s t i t u t ist, geht aus Kellers B e m e r k u n g hervor, es w e r d e g e n o m m e n : „ u m das R e c h t des Todes zu schmälern und ihn mit einem falschen B l u t zu hinterg e h e n " 1 1 7 ). Gebräuchlich ist das B l u t v o n E s e l 1 1 8 ) , B o c k 1 1 9 ) , W o l f 1 2 0 ) , Maulwurf121), Gemse122), Schwein123), K a t z e 1 2 4 ) , W i e s e l 1 2 5 ) , Geier 1 2 e ), H u h n 1 2 7 ) , S c h w a l b e 1 2 8 ) usw. Sogar ein scharlachrotes S t ü c k T u c h v o m A l t a r kann als E r s a t z g e n o m m e n werden 129 ). — A u s dem P f l a n z e n r e i c h seien als F . mittel e r w ä h n t : P ä o n i e 1 3 0 ) , Johannisk r a u t 1 3 1 ), Nesselsamen 132 ), Pfirsichblüten 133 ) usw. 1 3 4 ). A l s A m u l e t t e wer
Fallsuchtsegen den gegen F. metallene Gegenstände oder Steine getragen 135 ) (s. A m u l e t t ) ; Halsbänder, K r ä n z e und G ü r t e l 1 3 6 ) sind zuweilen heilkräftig. R i n g e , aus der Gold- oder Silbermünze hergestellt, die der K ö n i g v o n England alljährlich bei der adoratio crucis opferte, kennt schon Hollen als f.abwehrend 137 ). Einen ähnlichen Fingerring, in geheimnisvollem Verfahren hergestellt, erwähnt Staricius, indem er sich auf Paracelsus bezieht 1 3 8 ) (s. Finger und oben A. 3). Empfohlen werden auch Ringe aus Eselshuf, Elensklauen 139 ), sogar aus gefundenen Hufeisen oder Sargnägeln geschmiedet 14 °). M ) Aufzählungen ζ. B. bei HovorkaK r o n f e l d 2, 210 ff.; Zimmermann Volksheilk. 63 f.; S t r a c k e r j a n 2, 187; K ü c k Lüneb. Heide 239 f.; und viele a. m. *·) T a b e r n a e m o n t a n u s Artz. (1577) s. Reg. r ) K n o o p Tierwelt 49 Nr. 431; Η e y 1 Tirol 788 Nr. 1 5 2 ; H ö f l e r Organoth. 79; Urquell 3 (1892), 67; S c h r ö d e r JagdKunst 316 f.; Altmaxk 2, 145; EngelienL a h n 266; SchwVk. 11, 10; MsäVk. 6, 133. " ) R a m b a c h 324 f.; vgl. F ο g e 1 Pennsylvania 292 Nr. 1548. "') B e r t h o l d Unverwundbarkeit 10; H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 220; G o l d s c h m i d t Volksmed. 149 usw. 10°) ZfrwVk. 4, 231 f. 101 ) BIPommVk. 5, 16; H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 228; MsäVk. 6, 133. 102) M e g e n b e r g (ed. Pfeiffer) 128. "») P l i n i u s Nat. hist. (ed. Detl.) 18, 2; H ö f l e r Organoth. 56; L a m m e r t 271; B u c k 55; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 204; ZfrwVk. 1, 204; 2, 283; 8, 228 Nr. 14; D r e c h s l e r 2, 239. 306 f.; SchwVk. n , 10; MsäVk. 6, 133; Alemannia 10, 110; Urquell 3, 59; F o s -
s i l
Steiermark
91.
1M)
P l i n i u s
Nat.
hist.
(ed. Detl.) 28, 8 (26); vgl. 1 (2); H ö f l e r Organ. 83. 105) S c h ö n e r von Karls t a d t (1528), Ε 4; S c h u l e n b u r g 2, 99; H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 223. 210; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 262; B a r t s c h Mechlenb. 2, 173. 10e ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 210 usw. 107) S c h ö n e r von K a r l s t a d t £4 usw. 1M ) T a b e r n a e 10 m o n t a n u s 168 c. ·) SAVk. 15, 180 f.; ZfVk. 7 (1897), 68; MsäVk. 6, 300. 110) W u t t e l n k 355 § 532. ) Urquell 3 (1892), 4. na) F r a n z Bened. 2, 498 f. 113 ) P l i n i u s Nat. hist. (ed. Detl.) 28, 1 (2). n l ) O r t o l f f (1477) Bl. 19 r; B e c h e r (1663)12. 115 ) ZfrwVk.
5 (1908), 95. 1 8 1 ; 11
(1914), 163;
H o -
v o r k a - K r o n f e l d 1, 85 f.; W a i b e l F l a m m 1, 207 f.; M a n n h a r d t Abergl. 52 f.; S c h m i t t Hettingen 17; Wuttke 355 § 532; S t r a c k Blut 204; Germania 36 (1891), 394; SAVk. 10 (1906), 26; G r i m m Myth.
3, 475 N r . 1080; L a m m e r t Schwaben 42; B u c k
Ρ fist er
271.125; Volhsmed.
II78
Braunschweig 422 f.; Urquell H e n r i c i Rußland (1894), 91 f f . ; D r e c h s l e r 2, 306 f.; H ö h n Volksheilk. 1, 131; W l i s l o c k i Sieb. 205; Meyer Abergl. 105; S c h u l e n b u r g 235; Wolf
44;
Andiee
3, 4. 50;
Beiträge 1, 223; SAVk. 8, 314; 12, 285; E n g e l i e n - L a h n 266; K ö h l e r Voigtland 418; R o c h h o l z Glaube 1, 39. 53; B a v a r i a 3, 1, 403; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 205; K n o r t z Körper 198 f.; P a u l i Pfalz 55 f.; L ü t ο 1 f Sagen 234; M o s t Sympathie 149 f . ;
D e p i n y i Volksh. bei Th. (1916), 7 ; Goldsc Volksmed. 149; Z f V k . 30/32, 1 6 1 ;
Progr.
Linz
farth
Storm.
hmidt
S e y -
277; MsäVk. 7, 27. 64; A R w . 22, 59;
F i s c h e r Aberglaube
1 (1791), 1 5 5 , 3
(1794),
c 197; ( K e l l e r ) Grab des Abergl. 3, 171 f.; H e l l w i g Ritualmord (1914), 124; HcssBl. 37, 189. " · ) ZfVk. 13 (1903), 74! J ü h l i n g Tiere 344; D i o s k u r i d e s 2, 49. 1")
( K e l l e r )
Grab
des
Abergl.
3,
171.
"») P l i n i u s Nat. hist. (ed. Detl.) 28, 16 (63); L ü p k e s 120; F o r m e y Versuche einer
med.
Topographie
von Berlin
Schwaben
51;
B a r t s c h
h a r d t
Germ.
(1796),
193- " ' ) R e i n s b e r g Fest jähr 216. l20) Phys. H i l d e g a r d i s (Ausg. v . 1533) 37. ' " ) H i l d e g a r d i s causae et curae (ed. Kaiser) 206, 122 ) B e c h e r 12. (1663), 40; Zahler Simmenthai 77; SAVk. 20, 58 f.; A l p e n 123 burg Tirol 382. ) Frischbier 73. ' " ) A l p e n b ü r g Tirol 380; H a l t r i c h Siebenbürgen 290; Becher (1663) 42; F ο s s e 1 Steiermark 73; W o e s t e Mark 55 125 Nr. 10. ) A l p e n b u r g Tirol 383; M o n t a n a s Volksfeste 168. 12 ·) SchwVk. 11, 10. 127 ) Ebd. I2S ) F o s s e l Steiermark gl; B u c k ,M)
Meckl.
2,
173.
F r i e d b e r g 74. 13°) P f i s t e r Schwaben 41. 13>) ZfrwVk. 6 (1909), 139. 132 ) M a n n Mythen
103.
m
)
G r i m m
Myth. 2, 978. >31) Vgl. noch: J ö r i m a η η ß « zeptarien 143 f.; MschlesVk. 7, 25. 13s ) F r i e d b e r g 28; ( K e l l e r ) Grab des Abergl. 5, 391 f.; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 27 f.; vgl. 2, 219; MschlesVk. 7, 107. l M ) L e s s i a k Gicht
176.
137)
F r a n z
Benediktionen
2, 503;
dazu vgl. ZfVk. 22 (1912), 119. 1SI ) S t a r i c i u s Heldenschatz (1616), 11. 13·) BIPommVk. 8, 75, dazu K ö h l e r Voigtland 354. 14°) MschlesVk. 9, 85; K ö h l e r Voigtland 371. 4T9; mdl. Finkenwärder. Bargheer. Fallsuchtsegen, a) Der „ D o n e r " S p r u c h 1 ) , nur in zwei Handschriften, I i . und 12. Jh.; die beiden Fassungen (A u. B) decken sich nicht ganz. Der Spruch besteht aus zwei epischen Stücken und einer Besprechung: 1. Teufels Sohn und A d a m s Sohn (s. u.). 2. Fragment (eines Verrenkungssegens?): „ P e t r u s gesanta P a u l u m sinen bruoder, da zer aderuna [sic] aderun f e r b u n d e " (so A) (dann wieder W o r t e zu I gehörig?). 3. Dem
H79
Fallsuchtsegen
Kranken soll so schnell geholfen sein, „ s o sciero ih mit den handon die erdon beruere" (A). Inhalt und Einzelheiten des Teils 1 sind recht dunkel. Α hebt an: „Donerdutigo. dietewigo. do quam des tiufeles sun uf adames bruggon"; B : „Doner dutiger diet mahtiger stuont uf der adamez prucche". Weiter (A B): (er) spaltet einen (B den) Stein ,,zu(m) H o l z " ; es kommt Adams Sohn u. schlägt ihn „ z u r Staude" (??). — Gewöhnlich findet man hier einen Kampf zwischen christlicher Macht (oder Christus) und dem teuflischen Heidengott D o η e r ; und nach Kögel sind die pompösen Eingangsworte vielleicht gar einem heidn. Hymnus entlehnt. Wohl mit Recht meint weiter Steinmeyer, daß der Besegner mit seinem Körper die B r ü c k e veranschaulicht, indem er laut der begleitenden lateinischen Anweisung über den Leidenden hinschreitend stehen soll. Aber die legendarische oder mythologische Bedeutung der Brücke ist dunkel (R. Hildebrand faßt sie historisch: ein Brückenbau christlicher Germanen wurde trotz eines Blitzschlages vollführt). — Ganz eigen deuten Singer und letztlich Jacoby: die Adamsbrücke ist das hl. Kreuz (pons caeli der kirchl. Symbolik), das nach der Legende über Adams Grab errichtet wurde. Den Spalt machte nach Jacoby der Teufel eben für das Kreuz; Singer vergleicht dagegen Matth. 27, 51, indem er, auf Β fußend, die Eingangsworte auf G o t t (Hiob 28, 26) bezieht: der Donnerbrausende, Rauschgewaltige; doner- und diet- sind dann parallele Kompositionsglieder, vgl. Segen § 14 (handelt es sich eher urspr. um los angeknüpfte heilige Zauberworte? vgl. A). b) Eine Erzählung, 15. Jh., wie D a · ν i d beim Viehhüten ein Weib von der Fallsucht überwältigt sah und von einem Engel belehrt wurde, daß eine „aichelmistel", am Finger getragen, hier helfe 2), ist formell eine Anweisung, kein Segen (Grundlage 2. Sam. 14, 4?). c) Verse über die h l . d r e i K ö n i g e : „Caspar fert mirram, thus Melchior, Balthasar aurum — Haec tria qui secum
Il8o
portabit (portaverit) nomina regum — Solvitur a morbo domini (Christi) pietate caduco"; in dieser Form, dem hl. Beda zugeschrieben 3 ), seit dem 13. Jh. beliebt, in Deutschland 4) und anderswo 6 ); die älteste bekannte Fassung, 12. Jh., ein wenig unbeholfen e ). Auch die Namen ') allein. Selten deutsche prosaische Anrufungen 8). Diese Wundermacht der Drei Könige bezieht sich sicher auf Matth. 2, 11 (procidentes) (vgl. das fallsuchtheilende Andenken des fünfmaligen Falles Christi mit dem Kreuze 8) und die populäre Auffassung des Namens V a l e n t i n , s. d.). d) Andere christliche Segen, meist vereinzelte Besprechungen: lateinisch vom 10. Jh. an 1 0 ), deutsch (mit Ritus) im 14. u ). Beliebt war einst ein Ritusspruch, dessen Ritus gemäß der Kranke (a) einen H i r s c h f e l l r i e m e n anlegt, welcher (b) dann später mit einem Toten b e g r a b e n wird; deutsch im 12.—16. Jh. belegt 1 2 ). Um 1250 so: (Im Namen der Dreifaltigkeit) a) „binde ich hie den siehtuom dises menschen in disem chnop h e " (Knoten), und b) „begrab ich mit diseme riemen den siehtuom ditse menschen, mit dem gedinge, daz . . . [er ihm] nimmer mere gewerre, unz dirre lichname an dem jungisten tage erste". >) Literatur (u. T e x t e ) : W . S c h e r e r Kl. Schriften 1, 580 if.; R . Η i 1 d e b r a η d Gesammelte Α uf sätze 209 f . ; K ö g e l Gesch. d. deutschen Lit. 1, 1, 265 f f . ; M S D . 2, 300 f f . ; Z f d A . 23, 436; 42, 186 ( G r i e n b e r g e r ) u. 365 ( S i n g e r ) ; S t e i n m e y e r 380. 2) B i r linger Aus Schwaben 1, 461; Schönbach Berthold v. R. 147; Κ ehr er Die 4 hl. drei Könige i , 76. ) F r a n z Benediktionen 2, 505; Archiv f. Kulturgesch. 3, 78; Germania 24, 74; G o t t s c h a l k Hollen Praeceptorium diuine legis (1499) Bl. 19; J o h a n E c k Der fünft vnd letst Tail Christ, predig (1539) B l . 13; W i e r u s De praestigiis daemonum (1577) 532; Alemannia 17, 244; Mone Anzeiger 2, 62; W ü r t t V j h . 13, 212 Nr. 239; H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 220; 5) St oll Zauberglauben 121. Cauzons La magie et la sorcetterie en France 1, 420 (13. Jh.); Z f V k . 24, 156 Nr. 25; Choice Notes (London 1858) 267; F L . 19, 85; DantnTryllefml. Nr. 229. 6) M o n e Anzeiger 3, 277. ') Ζ. B . Germania 28, 382. 8) Geistl. Schild 18. ») So DanmTryllefml. Nr. 2 2 9 c . 10) S t e i n m e y e r 393 (10. Jh.); S c h ö n b a c h H S G . Nr. 5 1 7 (14. Jh.); Wierus o. c. 533.
ι ι8ι
Familie
ii) Archiv für Gesch. der Medizin 12, 191 f. " ) Sitzb. Wien 15, 151, oben zitiert; MschlesVk. 1905, 25; G r i m m Myth. 1124; Z f V k . i, 175; Schönbach Berthold v. R. 136. Auch DanmTryllefml. Nr. 228 (17. Jh.), auf deutsch. Ohrt. F a m i l i e . D e n K l a n , den t o t e m i s t i s c h e n S t a m m , v e r b i n d e t das G e m e i n s c h a f t s g e f ü h l , w e l c h e s d u r c h den G l a u b e n a n gem e i n s a m e V e r w a n d t s c h a f t m i t einer T i e r oder P f l a n z e n g a t t u n g oder e i n e m l e b l o s e n G e g e n s t a n d u n d d u r c h die R ü c k b e z i e h u n g auf einen m y t h i s c h e n , n i c h t rein m e n s c h lichen A h n e n genährt wird. Die Organis a t i o n ist lose. A l t e r s - , G l a u b e n s - , V e r w a n d t s c h a f t s b e z i e h u n g e n , w e l c h e alle auf die Heiratsmöglichkeiten bestimmend w i r k e n , d u r c h k r e u z e n sich. E r s t w e n n d a s B e w u ß t s e i n v o n der B e d e u t u n g der B l u t s v e r w a n d t s c h a f t (s. d.) sich d u r c h z u s e t z e n b e g i n n t u n d z u g l e i c h eine s t r a f f e O r g a n i s a t i o n die L e i t u n g der g e m e i n s a m e n A n g e l e g e n h e i t e n , die V e r w a l t u n g des g e m e i n s a m e n B e s i t z e s in f e s t e H ä n d e l e g t , b e g i n n t die Zeit, da die F . ihre B e d e u t u n g g e w i n n t . Sie k a n n sich n a c h vaterrechtlichen Grundsätzen ordnen und d e m Ä l t e s t e n , d e m V a t e r oder d e m ä l t e s t e n h e r r s c h a f t s f ä h i g e n V e r w a n d t e n in m ä n n l i c h e r L i n i e die L e i t u n g ü b e r t r a g e n ; oder sie k a n n sich n a c h m u t t e r r e c h t l i c h e n (s. M u t t e r r e c h t ) G r u n d s ä t z e n ordnen u n d die H e r r s c h a f t in die H a n d des M u t t e r b r u d e r s l e g e n . Sie k a n n G r o ß f . sein, w o d a s S i p p e n g u t nur i m N o t f a l l e u n t e r sonst g e m e i n s a m l e b e n d e n u n d wirtschaftenden Sippenglieder geteilt w i r d , oder K l e i n f . , w o die W i r t s c h a f t s g e m e i n s c h a f t nur die E l t e r n u n d unerwachsenen Kinder u m f a ß t ; natürlich gibt es u n z ä h l i g e Z w i s c h e n f o r m e n , die v a t e r rechtliche mit mutterrechtlichen Elem e n t e n v e r e i n i g e n oder die G r o ß f . in v e r s c h i e d e n e n S t a d i e n des V e r f a l l e s zeig e n . E i n e reiche L i t e r a t u r b e s c h ä f t i g t sich m i t d e m F . n r e c h t x ). D i e g e r m a n i s c h e F. ist v o r w i e g e n d v a t e r r e c h t l i c h a u f g e b a u t , o b w o h l bei den U r b e w o h n e r n der v o n G e r m a n e n b e s i e d e l t e n L ä n d e r u n d bei d e n U m w o h n e r n sich a u c h m u t t e r r e c h t l i c h e Z ü g e zeigen, die n i c h t g a n z e i n f l u ß l o s b l i e b e n 2 ) . Sie f ü h l t sich
I 182
als E i n h e i t i m Innern, a b g e s c h l o s s e n g e g e n a u ß e n , einer f ü r d e n a n d e r e n v e r a n t w o r t lich, einer des a n d e r e n R ä c h e r (s. B l u t rache). D i e F . w a r s e l b s t v e r s t ä n d l i c h a u c h K u l t u s g e m e i n s c h a f t 3 ), w a s sich n o c h v i e l f a c h in b e s o n d e r e n F . n f e s t e n u n d Feiern ä u ß e r t *). W i r d die j u n g e F r a u in das H a u s des G a t t e n g e f ü h r t , ist es eine ihrer e r s t e n A u f g a b e n , sich d e n F . n g e i stern a n z u f r e u n d e n , sie sich g e n e i g t z u m a c h e n , sich also, n a c h d e m sie f o r m e l l a u s ihrer F . a u s g e s c h i e d e n ist 6 ), in die n e u e F. a l s m e h r oder w e n i g e r v o l l b e r e c h tigtes Mitglied einzufügen. Besonders w i c h t i g ist es, d a ß die B e z i e h u n g m i t Feuer und Wasser, Erhaltern und S y m bolen der F . n k r a f t , h e r g e s t e l l t w i r d . B e i den v e d i s c h e n I n d e r n f ü h r t der B r ä u t i g a m die B r a u t u m das F e u e r h e r u m , w o b e i sie K ö r n e r in dieses w i r f t 6 ) . A n a l o g u m w a n d e l t die d e u t s c h e n e u v e r m ä h l t e H a u s f r a u d e n D o r f - o d e r F . n b r u n n e n , der n u n a u c h ihr sein W a s s e r s p e n d e n s o l l 7 ) . D i e F . ist a b e r a u c h die B e w a h r e r i n b e s o n d e r e r k u l t i s c h e r oder m a g i s c h e r Ü b e r l i e f e r u n g e n . Sie h e g t das G e f ü h l der Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t , d a s sich n a c h a u ß e n hin d u r c h g e m e i n s a m e s W a p p e n 8 ), s p ä t e r den F . n n a m e n , ä u ß e r t , w a s m e h r a l s ein b l o ß e s S y m b o l ist. N a c h i n n e n h i n f i n d e t diese l e b e n d i g e , w i r k e n d e E i n h e i t der F . ihren A u s d r u c k in der Ü b e r z e u g u n g v o n der V e r b u n d e n h e i t der F . n m i t g l i e d e r in A b s t a m m u n g ' ) und Schicksal i0): v o n einem S c h i c k s a l , das o f t a b h ä n g i g g e d a c h t w i r d v o n d e m E r g e h e n eines G e g e n s t a n des der A u ß e n w e l t , z u w e i l e n eines B a u mes oder eines W a l d e s oder eines W u n s c h g e g e n s t a n d e s w i e R i n g , H o r n , S p e e r (ein Z e i c h e n des h o h e n A l t e r s dieser V o r s t e l lung) ; oder a u c h v o n d e m V e r h a l t e n eines der F . n m i t g l i e d e r , das d u r c h H a r t h e r z i g keit, ζ . B . d u r c h A b w e i s e n eines u m K ü cheln b i t t e n d e n U n t e r i r d i s c h e n , a u f G e n e rationen hinaus das F.nglück vernichten k a n n , a b e r a u c h d u r c h seine W o h l t ä t i g k e i t der g a n z e n F . S e g e n b r i n g t . M a n e m p f i n d e t die G e m e i n s a m k e i t g e g e n ü b e r d e n Ü b e r i r d i s c h e n u n d e i n z e l n e n ihrer V e r treter, b e s o n d e r s Z w e r g e n 1 1 ) . Manche F . n h a b e n eigene F . n g e i s t e r , m i t d e n e n sie auf v e r t r a u l i c h e m F u ß l e b e n 1 8 ). D i e
Fängge
"83
II84
F . ist a u c h i m B e s i t z e b e s o n d e r e r Z a u b e r formeln ls), besonderer Medizinen14).
Morgan
E s h a n d e l t sich hier u m u r ä l t e s t e s G u t . D a s o g a r bei V ö l k e r n w i e d e n N e g e r n Z e n t r a l a u s t r a l i e n s z w a r die g e w ö h n l i c h e n B e s i t z t ü m e r eines M a n n e s sich n a c h S t a m m e s r e g e l n an eine i h m f r e m d e G r u p p e (die der S c h w i e g e r s ö h n e ) v e r e r b e n , d a ß a b e r seine t j u r u n g a , die als sein S e e l e n h e i l gilt, s a m t den m i t ihr v e r b u n d e n e n Z e r e m o n i e n sich nur auf seinen l e i b l i c h e n S o h n oder leiblichen Bruder, unter mehreren Söhnen a n d e n ä l t e s t e n , v e r e r b e n darf 1 5 ), k ö n n t e m a n s o g a r v e r m u t e n , d a ß die G e m e i n s a m k e i t in K u l t u n d in B e s i t z heiliger K r a f t t r ä g e r der A n s a t z p u n k t w a r , u m den heru m die F . kristallisierte. G u t m a n n 1 6 ) w a r es, der d a r a u f hinwies, d a ß die V o r s t e l l u n g v o n der E i n h e i t l i c h k e i t der F., aller l e b e n d e n u n d t o t e n M i t g l i e d e r , einer der s t ä r k s t e n g e s t a l t e n d e n F a k t o r e n in der E n t w i c k l u n g von Recht und Brauch w a r . E i n e A b s c h w ä c h u n g dieser a l t e n E i n h e i t l i c h k e i t ist es, w e n n m a n s p ä t e r v o n V e r e r b l i c h k e i t gewisser G a b e n u n d Kenntnisse spricht17). Das Wort „F.ns i n n " ist die B e z e i c h n u n g f ü r d a s subjektive Sich-bewußtsein und Bejahen dieser F . n e i n h e i t , die j e t z t allerdings n i c h t m e h r als Quelle der V i t a l k r a f t , s o n d e r n nur als ideelle V e r e i n i g u n g a u f g e f a ß t w i r d . D e r einzelne k a n n a u c h a u ß e r h a l b der F . l e b e n u n d gedeihen. E i n s t a b e r w a r die s c h w e r s t e S t r a f e , der j e m a n d a u s g e s e t z t w e r d e n k o n n t e , der sichere U n t e r g a n g , die A u s s t o ß u n g aus der F.18).
lienrechtes (ZfvglRw.); F. M ü l l e r - L y e r Die Familie-, Heinrich C u n o w Zur Urge-
') P o s t turvölker
Familienrecht·,
2, 560;
Visscher
Grunzel
Das
recht der Chinesen,
Globus 1 4 — 1 7 ;
gert
Japanisches
Familien-
141; B e r n h ö f t
Altindische
und
Na-
Familien-
Wei-
Erbrecht
(Mitt. d. Ges. Ostasiens in Tokio 5, 83 bis Familienorgani-
sation (ZfvglRw. 9, 1); K o h l e r
Banturecht
in Ostafrika ( Z f v g l R w . 15); D e r s. Beitrag zur
ethnol. Jurisprudenz (ZfvglRw. 4); Deis. Indische Gewohnheitsrechte (ZfvglRw. 8); D e r s . Indisches
Ehe- und Familienrecht
( Z f v g l R w . 3);
D e r s . Recht der A ustralneger (ZfvglRw. 7); D e r s . Recht der Hottentotten (ZfvglRw. 15); D e r s . Recht dar Hereto (ZfvglRw. 14); D e r s . Recht
der Marschallinsulaner
(ZfvglRw.
14);
D e r s . Recht der Papuas (ZfvglRw. 14); D e r s . Recht der Urvölker Nordamerikas
Lip pert
( Z f v g l R w . 12);
Geschichte der Familie',
Lewis H.
stein h ö f t
Urgesellschaft; F. v.
Reitzen-
Liebe und Ehe im alten Orient-, Zur Geschichte des europäischen
schichte
der
Ehe
und
Familie;
BernFami-
G ir a u d -
T e a l o n Les Origines de la Familie-,
Leist
A Itarisches Jus civile; Roßbach suchungen über die römische Ehe;
UnterHeinrich
B r u n n e r Deutsche Rechtsgeschichte. 2) S c h r ä d e r Indogermanen 75 ff. ! ) S a m t e r Familienfeste pass
4)
S a r t o r i Sitte und
Brauch
з , 2 . s ) G u t m a η η Das Recht der Dschagga 140; v . G e n n e p Rites de passage 185 ff. e) W i n t e r n i t z AItindisches Hochzeits-
ritual in Denkschriften der Wiener Akademie 1892, 60 f f . ; H a a s
') K n u c h e l
Indische Studien 5, 267 f f .
89 f.
') M e i c h e
Sagen
Nr. 1 1 0 1 ; M e y e r m a n n Göttinger Hausmarken und Familienwappen. Göttingen 1904; H. B e r g e r h o f f Humanistische Einflüsse
in den deutschen Familiennamen. Diss. Freiburg 1918. s) M e i c h e Sagen Nr. 1205. 1209 и.a. 10) Ebd. Nr. 1188, 1196. " ) P r ö h l e Unterharz. Sagen 182 f.; G r i m m 910; W u n d t Mythus u. Religion
Myth. 2, 3, 131 ff.
ia )
Urquell 8 (1898), 125. " ) G o l d m a n n 14) Einführung 93. Hovorka-Kronf e l d 2, 394. 15) S p e n c e r and G i l l e n Northern 1β)
Recht
Voigtland
Tribes
of
Central
Australia
der Dschagga pass. 546.
19)
17)
G r οh m a η η
615 f f .
Köhler
ι8.
Μ. Beth. F ä n g g e (s. a. R i e s e , Zwerg). F . h e i ß e n in B a y e r n , L i c h t e n s t e i n , Tirol, G r a u b ü n d e n u n d St. G a l l e n (Sargans) riesenhafte und zwerghafte Naturgeister, a u c h „ w i l d e L e u t e " g e n a n n t x ). A b e r a u c h der T e u f e l h e i ß t in B a y e r n , O s t e r r e i c h u n d T i r o l der F a n k e r l , F a n k e t , F ä n k e r l 2 ). In dieser B e d e u t u n g k o m m t , , F a n k e n " in m o d e r n e n n o r d i s c h e n S p r a c h e n v o r als D i m i n u t i v v o n , , f a n " „ T e u f e l " (schwed.dän. „ f a n " s c h e i n t a u s fries, f a n n j e n , fannen, fännen, „ T e u f e l " entlehnt zu sein) 3 ). M a n k a n n also a n n e h m e n , d a ß es sich u m ein R a n d w o r t h a n d e l t u n d d a ß „ T e u f e l " die u r s p r ü n g l i c h e B e d e u t u n g ist. D i e V o r s t e l l u n g v o n den F . n als v o n R i e s e n s c h e i n t älter als die v o n Z w e r g e n 4 ). E s sind W a l d g e i s t e r , die an den W a l d , j a a n einzelne B ä u m e g e b u n d e n sind. A u s e i n i g e n E i g e n n a m e n der F n . g e h t h e r v o r , d a ß sie z u w e i l e n ' P e r s o n i f i k a t i o n e n riesenh a f t e r B ä u m e sind ( S t u t z f ä r c h e , R a u h rinde). W i r d ein solcher B a u m gefällt, so w i r d d a m i t a u c h die F a n g g a v e r n i c h t e t , w i r d der W a l d g e s c h l a g e n , so s c h w i n d e n
Fängge die Fn. 5 ). Die wilden Fn. in Tirol sind grauenerregendeRiesenweiber. A m ganzen Leibe sind sie behaart, ihr Mund reicht von einem Ohr zum andern, das Haupthaar hängt voll Baumbast, ihre Stimme ist tief wie eine Männerstimme, sie sind mit Wildkatzenpelzen geschürzt, sie hungern nach Menschenfleisch e), besonders nach Kinderfleisch 7 ). Darum sollen die Kinder am Abend das Haus nicht verlassen (Hänselund Gretelmotiv variiert in einer Sage aus Montavon: Knöchlein = Schweinezahn) 8). Die Fanggen Tirols sind immer nur weiblich. Es sind die Gemahlinnen der Waldriesen 9 ). Ihre eigenen Kinder sind vor den wilden Vätern nicht sicher, daher geben die Fn. ihre Töchter etwa als Mägde zu Menschen in Dienst. Solche Riesenmägde wollen den christlichen Glauben nicht annehmen. Oft werden sie in ihre Wälder zurückgerufen, weil einer der Ihrigen gestorben ist (PanMotiv) l0 ). Harmloser als die F.n Tirols sind die Waldfänken Graubündens und die Fenggen in Vorarlberg. Sie zeichnen sich, wenn sie auch nicht so groß sind wie die tirolischen, durch große Körperstärke, durch Gewandtheit und Schlauheit aus 11 ). Auf dem Wappen des Zehngerichtebundes und auf den graub. Blutzgern { = 1 / s Schweizerbatzen) war ein behaarter, mit Eichenlaub bekränzter Waldfänk dargestellt. Die Graubündner und die Vorarlberger F.n werden als ein in Wäldern zusammenlebendes Volk gedacht, kommen also männlich und weiblich vor. Sie sind wetter- und kräuterkundig und vertraut mit den Geheimnissen der Viehzucht 1 2 ). Die Gemsen sind ihre Haustiere, darum werden sie den Gemsjägern gefährlich 13 ). Auch die bündnerischen Waldfänken treten bei Menschen in Dienst. Ein F., der sich in Conters bei Bauern als Ziegenhirt vertlingte, brauchte als Hirtenstab einen entwurzelten Tannenbaum. Um ihm das Geheimnis der Goldbereitung aus Schotten abzulocken, machten die Leute ihn betrunken. Als er wieder freigegeben war, gab er ihnen statt dessen den R a t : „Ist's Wetter gut, so nimm de tschopa mit, ist's aber
Il86
laid, chanst tuen wi d ' w i t t " 14 ). Ungetaufte Kinder tauschen sie gerne gegen ihre Wechselbälge ein 1 5 ). Eine Fangga raubte sogar eine Wöchnerin. Statt der Vermieten saß ein schauerliches Weib mit einem Bart in der Küche l e ). Selbtan s. Polyphem-Motiv 17 ). Aus den riesigen F.n wurden kleine Waldleutlein u ) . Das wilde Fänkenmannli ist kaum drei Schuh hoch 18 ). Nach Sererhard (1742) sind sie ,,den Menschen an Gestalt gleich, doch etwas kürzer und dicker, am ganzen Leib mit Haaren überwachsengewesen". Die F.n-weibchen heissen auch Holzmützen (s. Holzfräulein). „ D i e sollen so lange Brüst gehabt haben, daß sie solche über die Achseln hinwerffen können." Besonders vor der Reformation wurden sie oft gesehen. Sie wohnen in „Felsenklüften und Erdhölenen" 20), den sog. Fenggalöchern. Dort haben sie Tische und Bänke aus Marmelstein 2 1 ). Die zwergartigen F.n haben eine weitere Verbreitung. Sie kommen auch in Bayern (Oberpfalz) vor. Die Fankerln an der Pfreimt unterscheiden sich kaum von den Erdleutchen (s. d.). Sie tragen graue Röckchen, graue Strümpfe mit roten Zwickeln, wohnen in der Erde oder in hohlen Bäumen. Vom Aufenthalt in der Erde sind ihre Augen rot 2 2 ). Dagegen zeigen die F.n in den Berggegenden, in Graubünden, Tirol, Vorarlberg wilde Züge. Zuweilen werden von ihnen die gleichen Sagen erzählt wie von den riesenhaften F.n: Auch sie sind gefürchtete Menschenfresser 23). Wenn sie schon klein sind, besitzen sie doch übermenschliche K ö r p e r k r a f t M ) . Im Sommer gehen sie nackt herum; im Winter bekleiden sie sich mit Tannenflechten und Tierfellen. Sie zähmen Gemsen, Füchse und Wölfe. Letztere brauchen sie als Reittiere 25). Die Gemsmilch feit die unvergleichlichen Läufer und Kletterer gegen den Schwindel. Damit sie nicht Seitenstechen kriegen, schneiden sie sich die Milz heraus 2e ). Wenn sie durch Berg und Tal eilen, binden sie ihre Kinder an sich fest Auch die Zwergf.n sind verstockte Heiden M ). Zwischen dem Abend- und Morgenläuten verfügen sie über Zauberkräfte **). In
II87
Il88
Fängge
ihnen soll die Erinnerung an die Ureinwohner des L a n d e s nachleben 30). D i e r a u h e n F . n treten aber a u c h mit den Menschen in Beziehung. Sie zeigen die g u t e n und bösartigen Z ü g e der Bergm ä n n c h e n (s. d.), der Erdleutphen (s. d.), der Zwerge (s. d.): V i e h z u c h t mit Gemsen 31 ), K e n n t n i s der geheimen K r ä f t e der Pflanzen, der w i r k s a m e n Mittel gegen die Pest ( E b e r w u r z und Bibernellen). Sie selbst werden v o n der K r a n k h e i t nicht a n g e g r i f f e n 3 2 ) , verstehen aus S c h o t t e Gold zu machen 33 ). A u c h als W e t t e r propheten sind sie b e k a n n t . W e n n der F ö h n weht, bleiben sie wie die Erdleutchen (s. d.) in ihren V e r s t e c k e n . A u s stundenweiter E n t f e r n u n g verstehen sie die Gespräche der Menschen. Die F.n können sich a u c h unsichtbar machen 34 ). Sie treten als „ w i l d e K ü h e r " , „ w i l d e Geis t e r " in den Dienst der Bauern. D i e s e l e r n ten v o n ihnen das Geheimnis des L a b m a gens kennen 35 ). Die F.n lehrten sie auch die sog. „ T e u c h e l " f ü r die Wasserleitungen v o n beiden Seiten her anbohren 36 ). Gewöhnlich werden die guten K n e c h t e aber durch Kleidergeschenk vertrieben 37 ). ( „ W i l d e m ä chleid nit lida c h ä " 3 8 ) . „ W a s w e t t au so ne W e i d e l a m ä no mit de Chüene z'weidela g ä " ) 39 ). Sererhard erz ä h l t allerdings v o n einem solchen K ü h e r , der 7 Jahre bei einem B a u e r n diente und jedes J a h r mit ausgelassener F r e u d e ein P a a r Schuhe erhielt. Erst als m a n die große Glocke auf F u r n a f ü h r t e und er es nicht hindern konnte, v e r s c h w a n d er 4 0 ). Weil die F.n Heiden sind, ist ihnen das W o h n h a u s tabu. Sie treten nie über die Schwelle 4 1 ). Im Hintersteiner T a l wurde ein W i l d f ä n g l böswillig zwischen Spaltholz eingeklemmt. Seither gibt es dort keine F.n mehr 42 ). Im P r ä t t i g a u f l o c h t ein F . m a n n l i aus Moos K ö r b l e i n und hängte sie nachts den erwachsenen Mädchen v o r die Fenster. Denen, die das K ö r b l e i n a u f b e w a h r t e n , wurde es nachts mit schönen Erd- und Heidelbeeren gefüllt, diejenigen, die es verderben ließen, bewarf das unsichtbare Männchen hohnlachend mit Pilzen, w e n n sie auf dem Felde arbeiteten 43 ). Heidelbeeren und Eier v o n Schnee- und Perl-
hühnern bilden die N a h r u n g der R u t s c h i fenggen im vorarlbergischen Klostertal 44 ). A u c h die Z w e r g f . n tauschen schöne Menschenkinder g e g e n ihre häßlichen W e c h s e l b ä l g e (s. d.) ein. Die Wechselbälge bleiben k l e i n 4 5 ) . Bei Saas ist ein Fankenstein, wo g a n z allgemein „ d i e kl. K i n d e r abgeholt w e r d e n " 4 e ) . Zuweilen werden die K i n d e r a u c h v o n einer W a l d f ä n g g i n geschützt, w e n n sie sich beim Beerensammeln verirrt haben 47 ). Frauen, die F ä n k e n w e i b c h e n bei der E n t b i n d u n g helfen, werden mit K o h l e , die zu Gold wird, b e l o h n t 4 8 ) . *) Bavaria 2, ι, 245; S c h m e l l e r 1, 543; Schweiz.Id. 1, 8 6 6 1 ; T s c h u m p e r t Bündner
Idiotikon
1, 326 f . ;
Graubünden: die
Waldfänken hausten im Prättigau, Schanfigg, Davos, Safien und Rheinwald; V ο η b u η Beiträge 45. 2) G r i m m DWb. 3, 1317 f. nach S c h w a b e Tintenf. (Kufstein 1 7 4 5 ) ; S e i d l Almer.
Innerösterr.
Volksweisen
3,
50:
sperifankel, spirifankel, sperifankerl. Nach S c h ö p f Tirol. Idiotikon 119 wird fangga = Hexe, Unholdin als Scheltwort für ein liederliches Weib gebraucht; S c h m e l l e r 1,543: ,,E bue wie de Fankel" = ein „Teufelsbube". ) H e l l q u i s t Svensk etymolog. 129; F a l k - T o r p Norweg.-dän.
ordbok etymolog.
s
Wb. 1, 203; G r i m m DWb. 3, 1317 f. erklärt das Wort mit der „Funken sprühende". Eine andere Erklärung leitet es ab aus dem romanischen „salvangg" (frz. sauvage; lat. silvaticus). Die F.n kommen aber nur deutschsprachig vor. M a n n h a r d t 1, 98 f.; Schweiz.Id. I, 867. 4 ) Schweiz.Id. 1, 866 f. s ) A l p e n b u r g Tirol
51 f . ;
Sagen
186.
Ε. Η. Μ e y e r
Mythologie
159;
M a n n h a r d t 1, 89; R a n k e Sagen 186; V o n b u n Sagen 5. ') R a n k e Sagen 185; V o n b u n Beiträge 44. ') R a n k e Sagen 185. 8) V o n b u n Beiträge 48 f. Buben werden an Baumstämmen von den F.n zu Staub geraspelt. R a n k e Sagen 186. e) S c h m e l l e r 1, 543; Sie heißen auch „wildfanggen, wilde wiber" sing, „fangga, fanggin". 10) V o n b u n Beiträge 48.50; hassen Glockengeläute, 51; R a n k e 11
) V o n b u n
Beitr.
47.
12
)
Ebd.
45 ff. ") Z i n g e r l e Sagen 51 Nr. 75. Eine Fangga sagt zu einem Jäger: „da liegt unsre schöne Kuh, sie ist tot, ja tot". 14) V o n b u n Beitr. 47 f.; M a n n h a r d t 1,97 f.; R a n k e Sagen 195; F i e n t Prättigau 184; J e c k l i n I5 Volhstüml. 86. ) Schweiz.Id. I, 867. ") R a n k e Sagen 188 f. ") Ebd. 187 f.; Z i n g e r l e Sagen 134 f. Nr. 218; V o n b u n Sagen 5 N r . 5; Z f V k . 5 (1895), 272.
1β
) Schw-
Id. 1, 866 f. i e )V ο η b u η Beitr. 50; Fänggenmannli bes. in Safien T s c h u m p e r t a. a. O. 13, 26 f . tion aller
) S e r e r h a r d Einfalte gemeinden gemeiner dreyer
20
DelineaPündten
ιιδ9
1190
Farbe
usw. v . Jahr 1742. Chur 1872, v g l . S c h w V k . 21 ) V o n b u n 1928, 30 f f . Beiträge 51; M a n n h a r d t 1 , 9 4 ; H e y l Tirol 23 Nr. 26. a2 ) B a v a r i a 2, 1, 245; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 290 f. 23) L u c k Alpensagen 17: Menschenfresser unschädlich g e m a c h t durch Glockengeläute. J e c k 1 i η Volkstüml. 301 f . ; E b d . 144; F i e n t Prättigau 184 f. " ) S e r e r h a r d a. a. O. 3, 32. " ) L u d Alpensagen 13. 2e ) E b d . 1 3 ; V o n b u n Beiträge 5 2 ; vgl. M ü l l e r Urner Sagen I , 5 N r . 2. 27) V o n b u n Beiträge 52. L u c k Alpensagen 17. 2e) E b d . 14. » ) E b d . 1 7 f. a i ) V o n bun Beiträge 52. >2) J e c k 1 i η Volkstüml. 378 f. E b d . 265 f . ; H e y l Tirol 24 N r . 26. 31) L u c k Alpensagen 14; J e c k l i n Volkstüml. 281. *·) J e c k l i n Volkstüml. 378 f. 86. 3β) R a n k e Sagen 193 f.; J e c k l i n Volkstüml. 1 1 3 . w ) V o n b u n Beiträge 6 1 . S9) J e c k 1 i η Volkstüml. 270. « ) S e r e r h a r d a . a . O . 3 , 3 2 . « ) L u c k Alpensagen 15. " ) R e i s e r Allgäu 140 Nr. 1 4 1 ; V e r n a l e k e n Alpen4S) sagen 208. V o n b u n Beiträge 62. " ) S i m r o c k Mythologie 4 1 4 . " ) S c h w e i z l d . I , 867: Eierschalen. I c h bin so a l t ; R a n k e Sagen 280 f. " ) J e c k l i n Volkstüml. 359. «) Ebd. 144; F i e n t Prättigau 184 f. a) J e c k l i n Volkstüml. 3 5 9 ; S e r e r h a r d a. a. O. 3, 32. Bäschlin.
Farbe. 1. Terminologie. — 2. Physiologisches. — 3. P s y c h o l o g i s c h e s . — 4. F . lebender u n d lebloser D i n g e . — 5. Zauber. — 6. V o l k s m e d i z i n .
I. O b w o h l der G e b r a u c h mehrerer F . n f ü r die Urzeit im ältesten E u r o p a nachgewiesen ist, l ä ß t sich eine gemeinindogermanische B e z e i c h n u n g f ü r den Begriff F. nicht feststellen. Die meisten Sprachen fassen F . als Hülle oder H a u t auf, so skr. v a r n a : v a r = bedecken, lat. color: occulere, gr. χρώμα: χρώς = H a u t . A u c h die germanischen M u n d a r t e n kennen keinen gemeinsamen A u s d r u c k : ahd. f a r a w a (faro, f a r a w e r farbig) und z a w a (zehön f ä r b e n ) ; jenes ist S u b s t a n t i v i e rung des A d j e k t i v s , das vielleicht dem gr. πόρις = Färse (Od. 10, 410; sonst πόρτις) entspricht. Die Schwierigkeit des D e n k prozesses, der darin besteht, daß der a b s t r a k t e Begriff F. v o n dem konkreten, farbigen Gegenstand abgelöst wird, scheint der Grund dafür zu sein, daß bei vielen primitiven V ö l k e r n ein sprachlich selbständiger A u s d r u c k für den Begriff F. ü b e r h a u p t fehlt. S t a t t dessen besitzen solche V ö l k e r zuweilen eine Fülle v o n Bezeichnungen f ü r die einzelnen F a r b -
töne. A u f dieser E n t w i c k l u n g s s t u f e stehen ζ. B . heute noch die Litauer, die f ü r grau e t w a vier oder f ü n f einfache W o r t e besitzen: pilkas (nur v o n W o l l e und Gänsen), szirmas, szirwas (nur v o n Pferden), zllas (Haare des Menschen und des Viehs außer Pferden, Rindern); ähnlich liegt es bei braun, rot, schwarz, bunt. Den gleichen R e i c h t u m an N a m e n f ü r einzelne F a r b t ö n e h a t das Russische, das ζ. B. f ü r braun mindestens sechs verschiedene A u s drücke kennt. Ä h n l i c h v e r h ä l t es sich mit den zahlreichen Bezeichnungen f ü r F a r b töne bei Pferden im A l t h o c h d e u t s c h e n : apfulgrä-ros = Grauschimmel mit apfelrunden F l e c k e n ; blanc-ros = weißliches Pferd (ags. blanca = Schimmel, altn. b l a k k r ) ; blas-ros = P f e r d mit w e i ß e m Stirnfleck (mhd. blasen-hengst = Pferd mit Blässe); bleih-ros = weißliches P f e r d ; brün (ag ros) braunes Pferd (auch brüning); f i z z i l f ö i r o s = P f e r d mit weißen F u ß g e l e n k e n ; gelo (ros) = gelbes P f e r d ; rot-ros = rotes P f e r d ; swarz-ros = schwarzes P f e r d ; wirzbrün (ros) = braunrotes P f e r d ; wiz-ros = weißes P f e r d . A h n l i c h h a t wohl die indogerm. U r z e i t für die zahllosen F a r b t ö n e eine Menge v o n Bezeichnungen gehabt, die „ j e d e s m a l in B e z i e h u n g auf ein bestimmtes, diese F ä r b u n g tragendes O b j e k t " (Tier, P f l a n ze, Mineral usw.) standen, während allgemeine oder zusammenfassende Namen, speziell so genau bestimmte, wie wir sie v o n den F a r b e n des S p e k t r u m s haben, eine lange, sprachliche und kulturgeschichtliche E n t w i c k l u n g voraussetzen. So ist ζ. B. ein A u s d r u c k f ü r die gelbgrüne F ä r b u n g der jungen S a a t (*ghel-, *ghel-, lat. helvus) älter als die Allgemeinbegriffe Gelb und Grün. Solche zusammenfassenden Bezeichnungen entstanden zuerst für R o t , in vorhistorischer Zeit finden sich auch A n s ä t z e f ü r Gelb, S c h w a r z und Weiß, erst viel später auch für Grün und Blau. V e r h ä l t n i s m ä ß i g j u n g sind F a r b e n namen nach Gegenständen, ζ. B. zitronengelb, schokoladenbraun, grasgrün (πράσινος lauchgrün), cervinus hirschbraun, mausgrau, ahd. weitin (angels, waden) v o n waida = waidfarbig. Bei all diesen Erscheinungen spielt seit alters her die durch 3S«
Farbe
Handel und Verkehr begünstigte Entlehnung aus anderen Sprachen eine bedeutende Rolle. Wenn sich in dieser Beziehung im alten Rom besonders griechischer Einfluß bemerkbar machte, so läßt sich bei den romanischen Sprachen eine starke Abhängigkeit von den germanischen feststellen 1 ). Das Neuhochdeutsche weist neben den zusammenfassenden Farbenbezeichnungen eine Unmenge von Ausdrücken für die verschiedensten F.ntöne auf, wobei die Übergänge von der einen zur anderen F. öfters durch die Zusätze „Schattierung" oder „ S t i c h " näher gekennzeichnet werden (vgl. auch „knall-, grell-, schreiendrot; leuchtend-, flammend·, schmutziggelb; Pfeffer und Salz; Läus und Flöh") 2). B u n t ist in seiner heutigen Bedeutung ein recht junges Wort, das in Oberdeutschland, wo man dafür „scheckig, geschecket" sagt s ), noch nicht recht heimisch geworden ist. Ursprünglich bedeutete es schwarz-weiß (Feirefiz der b u n t e man — was beidiu swarz unde wiz, Parzival 758, 2. 17; vgl. 764, 14; 781, 6). Unter einem bunten Stab verstand man einen Haselstock, den man zur Hälfte so schälte, daß ihn die stehenbleibende Rinde bandartig umwindet. Solche Stäbe legte Jakob ,,in die trenkrinnen fur die herde, die da komen musten zu trinken, das sie empfangen solten, wenn sie zu trinken kernen, also empfiengen die herde über den sieben und brachten sprenkliche, fleckete und bundte [lemmer]" (1. Mos. 30, 37—39) 4 ). Manche der „ b u n t " genannten F.nzusammenstellungen sind von altersher üblich; die frühesten sind: schwarz-weiß, schwarz-weiß-rot, schwarz-gelb-rot s ). Die Anregung zur F.ngebung verdankt der primitive Mensch wohl seiner animalischen (Gefieder der Vögel, Fell der Tiere, Haare des Menschen) und vegetabilischen (Gras, Laub, Blüten) Umgebung oder dem Landschaftsbild (bunt ζ. B. zur Zeit der Schneeschmelze: weiße Schneeflecke, darunter die schwarze Erde). Dazu liefert eine fortgeschrittene Kultur neue F.nbezeichnungen wie „ g o l d e n " und „silbern" e ).
1192
l) Vor allem S c h r ä d e r Reallex.* 1, 296ft ') Urquell N.F. 1 (1897), 245 ff.; ZfVk. 2 (1892), 443 f. ·) F i s c h e r SchwabWb. s. v. *) DWb. s. v.; vgl. auch 5) Tharsander 3, 128. Schräder Reallex. * 1, 299; M ü l l e r Altertumskunden, 285. «) Urquell N.F. 1 (1897), 245 ff.
2. Zwar wissen wir über die Entwicklung des F.nsinns beim primitiven Menschen nur wenig. Immerhin läßt sich vermuten, daß ihm zunächst die Begriffe „ h e l l " und „ d u n k e l " geläufig wurden infolge des Lichtwechsels am Himmel, besonders des Wechsels von T a g und Nacht. Dieser Gegensatz läßt sich im allgemeinen bei jeder F.nart feststellen und kann deshalb „als Substitut oder Schattierung für eine jeweilig bestimmte Farbe angew a n d t " werden. Hell kann dann ersetzt werden durch blaß oder licht. Die gewöhnliche Form jenes Gegensatzes ist aber Schwarz und Weiß. Demnächst scheint sich die Empfindung für Rot am frühesten entwickelt zu haben. Als F.n haben Weiß, Schwarz und Rot die Phantasie des Naturmenschen am meisten beschäftigt; R o t wurde j a auch wahrscheinlich wegen seiner unmittelbaren, erregenden Affektwirkung (vgl. bei den Tieren: Stier, Hahn!) für den primitiven Menschen zur Zauber- und Schutzfarbe 7 ). Die Beobachtung der Sprache bestätigt diese Auffassung. Für Rot ist der sprachliche Ausdruck überall am schärfsten entwickelt, dann der für Gelb, Grün, Blau. Den Grund für diese Erscheinung werden wir wohl eben in der gesteigerten Empfindlichkeit gegenüber den langwelligen F.n (Rot, Gelb) und einer ausgesprochenen Gleichgültigkeit gegen die F.n von kurzer Wellenlänge zu erblicken haben. Zur Tätowierung (im ältesten Europa weit verbreitet) verwenden die Naturvölker in folgender Reihenfolge besonders die F . n : Rot, Gelb, Weiß, Schwarz (Farbstoffe: Rötel; Kohle, Kreide, Gips; Färberröte, Indigo, Saflor, Safran, Waid, W a u ; Kermes, Purpur) 8 ). ') W u n d t Mythus u. Religion 1, 96. ») S c h r ä d e r Reallex.1 1, 299. 301; Urquell N.F. 1 (1897), 245 ff·; ZfVk. 23 (1913), 265; ZföVk. 4 (1898), 158.
3. Die babylonische Astrologie verglich die F.n der Planeten in vier Abstufungen
Farbe
1193
v o n R o t zu Weiß mit denen der hellsten F i x s t e r n e und bezeichnete dann die entsprechenden F i x s t e r n e als astrologisch gleich bedeutende Vertreter der Planeten. Diese Theorie ging auch in die griechische Astrologie ü b e r 9 ) . A u c h den K o m e t e n schrieb man (Aristoteles, Plinius) j e nach
1194
F o r m und F . eine besondere B e d e u t u n g z u 1 0 ) . E i n e ähnliche Betrachtungsweise gibt es bei den Sternbildern des Tierkreises, wie die nachstehende Übersicht über das bei dem Astrologen Antiochos von Athen (2. J h . n. Chr.) angenommene System dartut u ) :
Tierkreiszeichen
Jahreszeiten
Lebensalter
Elemente
Windlichtungen
Widder, Stier, Zwillinge Krebs, Löwe, Jungfrau Wage, Skorpion, Schütze Steinbock, Wassermann, Fische
Frühling Sommer Herbst Winter
Kindheit Jugend Mannheit Alter
Licht Feuer Erde Wasser
Süd Ost Nord West
Säfte
Temperamente
Farben
Blut Galle
Sanguinisch Cholerisch
rot gelb
Qualitäten Warm = feucht Warm = trocken Kalt Kalt
= trocken = feucht
Aggregatzustände flüssig fein (gasförmig) dicht zäh
Diese mehr wissenschaftlich-physikalische Betrachtungsweise setzt sich in der abendländischen Astrologie durch das ganze MA. hindurch fort, wobei das p s y chologische Moment allmählich immer mehr an B e d e u t u n g gewinnt. Nach A g r i p p a v o n Nettesheim sind die F . n „ g e w i s s e Lichter, die, mit den Dingen vermischt, diese dem E i n f l ü s s e der Sterne und Himmelskörper, mit denen sie übereinstimmen, auszusetzen pflegen A l l e schwarzen, erdigen, bleigrauen und dunkelbraunen F a r b e n beziehen sich auf den S a t u r n ; die sapphirnen, luftigen, immergrünen, scharlachrothen, etwas dunkeln, goldenen, mit Silber gemischten gehören dem J u p i t e r ; die rothen, brennenden, feurigen, flammenden, violetten, purpurnen, blutigen und eisenartigen dem M a r s ; die goldenen, safrangelben, purpurnen und lichten der S o n n e ; alle weißen, schönen, bunten, grünen, röthlichen, etwas safrangelben oder purpurnen der Venus, dem Merkur und dem Monde. V o n den Häusern des Himmels haben das erste und siebente die weiße, das zweite und zwölfte die grüne, das dritte und elfte die safrangelbe, das vierte und zehnte die rothe, das f ü n f t e und neunte die honiggelbe, das sechste und achte die schwarze F a r b e . A u c h die Elemente haben ihre F . n , nach denen die Arzte die B e s c h a f f e n h e i t
Schwarze Galle Melancholisch Schleim Phlegmatisch
schwarz weiß
und Eigenthümlichkeit der N a t u r beurtheilen: denn die erdige F . , aus kalt und trocken hervorgegangen, ist dunkelbraun und schwarz, und zeigt die schwarze Galle, sowie die saturnische N a t u r a n ; die bläuliche, zur Weiße neigend, bedeutet den Schleim, denn das K a l t e macht das Feuchte weiß und das Trockene schwarz; die röthliche F . zeigt das B l u t a n ; die feurige oder f l a m m e n d e oder brennende aber die Galle, die, da sie wegen ihrer Feinheit mit allen übrigen S ä f t e n sich leicht vermischt, verschiedene F . n hervorbringen k a n n ; denn wenn sie mit dem B l u t e sich vermischt, w ä h r e n d das letztere vorherrscht, k o m m t die rothe F . zum Vorschein; h a t die Galle das Übergewicht, so macht sie röthlich; ist die Mischung gleichförmig, gelbroth; ist die Galle in ihrer V e r b i n d u n g mit dem B l u t e verbrannt, so erzeugt sie die F . des H a n f e s ; die rothe F . aber, wenn das B l u t herrscht, und die röthliche, wenn die Galle v o r w a l t e t ; ist sie mit der melancholischen Feuchtigkeit vermischt, so gibt dies die schwarze F . ; verbindet sie sich dagegen mit einer melancholischen und phlegmatischen N a t u r zu gleichen Teilen, so bekommen wir die H a u t f . ; ist das Phlegma im Überflusse vorhanden, so ist die F . rothähnlich; ist aber die melancholische N a t u r vorwiegend, graugrünlich; ist die
1195
Farbe
Galle nur mit dem Phlegma und zwar zu gleichen Theilen gemischt, so gibt dies die Zitronenf.; ist der eine oder andere Theil im Übermaße vorhanden, so ist die F. bleich oder blaß. Alle F.n besitzen eine größere Kraft, wenn sie an Seide oder Metallen, oder an durchsichtigen Stoffen, oder kostbaren Steinen und an solchen Dingen, welche mehr Ähnlichkeit mit den himmlischen haben, hauptsächlich aber, wenn sie an lebenden Wesen sich befinden" 12 ). „ W i r sehen einen röthlichen Stern am Himmel, den man Mars nennet. Wem solte dabey wohl einfallen, daß er ein zorniger und feuriger Planet sey? Saturnus ist ein blasser Planet, darum muß er von traurigem Wesen seyn; denn die bleiche F. ist bey den Menschen ein Anzeichen der Traurigkeit" 1 3 ). Wegen der F. ihrer Blumen sind auch manche Kräuter den Planeten zugeeignet worden 14 ). „ D e m Planetenlesen ist gleich die Planeten Wahlung, oder die Vnderweisung / in welcher Stund jedwederer Planet regiere / durch dessen krafft vnd Würkung / gut sey schwäre Ding kauffen oder verkauffen / schwarze / oder grawe Kleider anziehe / Erz / oder Fischteich graben / grawe / schwarze / fahlbe 18 ). oder weise Pferd reiten" „ D a soll ein weißes mit etwas Rothe vermischtes Gesicht, muntere Augen, Fleisch so sich warm und weich anfühlen last, . . . . ein sanguinisches Temperament andeuten. Das cholerische will man schließen aus der etwas schwartzbraunen und rothen F. des Gesichts Ein Melancholikus soll eine bleiche und schwärzlicht dunkele F. im Gesicht, und schwärtzlichte Haare haben Von dem Phlegmatico heist es, daß er im Gesicht eine blasse F. und weißlichte Haare h a b e " l e ). Auch aus der Länge, Breite, F. usw. der Nägel glaubte man „den Zustand des Leibes und die Beschaffenheit desGemüthszu erkennen" 1 7 ). „Träumet einem / wie er sich mit gantzem Fleiß herauß streiche außbutze / auch mit färben vnd darzu gemachten Sälblin anstreiche vnd ferbe / ist den Weibern ein guter träum / außgenommen die vnzüchtige vnd Ehebrecherin. Aber
den Mannen bedeut solches Schand vnd Verspottung es seyen daii Leuth / die solches im brauch vnd vbung haben / vnd fleiß vnd auffmerkung darauff wenden" 1 8 ). Tharsander läßt es dahingestellt sein, ob es seine Richtigkeit habe, „ d a ß einem Cholerico gemeiniglich von gelben, einem Sanguineo von rothen, einem Melancholico von schwartzen Farben, ingleichen von Finsternissen und andern dunkeln Sachen, einem Phlegmatico aber von weissen Farben, und daneben von Wasser, Schiffarthen und Fischen träume (Isaaci Schoockii Centuria variorum Problematum Problem. 87)" l e ). In manchen Gegenden schreibt man dem Mond einen ungünstigen Einfluß auf die Farben zu. Wie alles, so zieht er auch die F. an sich, und farbige Gegenstände werden farblos. Das Mondlicht macht alles bleich. Menschen, die im Bett vom Mond beschienen werden, sind einige Tage darauf bleich. Kinder, die nur eine Nacht dem Mondlicht ausgesetzt waren, haben drei bis vier Tage eine rote und eine bleiche Wange; öfters beschienen verlieren sie zeitlebens die rote F. 20 ). Der erste Tag (Neumond) ist zum Aderlassen bös, denn man verliert die Farbe 2 1 ). Auch eine gewisse suggestive K r a f t wird den F.n zugeschrieben. Eine schwangere Frau darf keinen Toten sehen, muß bei Begräbnissen vor dem Sarg aus der Stube treten und darf nicht in das leere Grab hineinschauen, sonst bekommt ihr Kind keine F. (Bunzlau) 22), eine Totenf. (Altmark) 23), wird bleichsüchtig (Siebenbürgen) 24). Dieselbe sympathetische Wirkung wird öfters erhofft besonders bei der Nachzucht von Tieren einer bestimmten F. Den ältesten Beleg liefert wohl die § 1 ausgeschriebene Bibelstelle (1. Mos. 30, 37 ff.) von der Herde Jakobs, die über bunten Stäben empfängt und deshalb scheckige Lämmer zur Welt bringt. Um die seltenen, weißen Pfauen zu bekommen empfiehlt das Neustettiner Zauberbuch: Hänge der Pfauhenne während des Brütens ein weißes Tuch vor die Augen 25 ). Blaue Windhunde wurden gezüchtet, indem weiße Windhunde in blauen Zimmern gehalten und durch blaue Wärter ge-
Farbe
pflegt wurden (Osnabrück) 2e ). Die F . des Füllens bestimmt man nach dem Neustettiner Zauberbuch, indem man die Stute während des Deckens einem Gegenstand von der begehrten F . gegenüberstellt. Ist ein Frauenzimmer zugegen, so fallen Schecken J e nachdem, welche F. die Hennen haben sollen, f ä r b t man die Eier, die man unterlegt (Oberpfalz) e ) . *) B o l l Sternglaube 7 ; Ρ r a d e 1 Gebete 82 f.; über die F . n in d. jüd. Mystik vgl. Β i s c h ο f f Kabbalah 1, 2 3 6 ; über die Auswirkung solcher Spekulationen in den heraldischen Systemen vgl. J e n n i n g s Rosenkreuzer i, 1 7 1 ff.; 2, 1 8 7 ; über myster. Beziehungen zw. F . , Sprache und Musik, ebd. 1, 1 5 3 ff.; 2, 207. 10 ) R. W o l f Handbuch d. Astronomie 1, 5 7 3 ff.; Z f V k . 27 (1917), 1 5 . u ) B o l l Sternglaube 65. la ) A g r i p p a v . N e t t e s h e i m i, 2 2 3 ff. 13 ) T h a r s a n d e r 3, 475. " ) Ebd. 3, 482. lä ) Α η h ο r η Magiologia 2 2 2 ; vgl. J a c ο b i Behutsame Vorstellung (Görlitz 1707) 6, 7. " ) T h a r s a n d e r 2, 1 5 4 f. « ) Ebd. 2, 138. ") Traumbuch Artemidori (Straßb. 1624) 192 f.; vgl. 386. 19 ) T h a r s a n d e r 2 , 1 9 4 ; über die Wirkung verschiedener F.n auf Nervenkranke vgl. u. a. H e c k e r Tanzwuth 39 f. i0 ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 62. *>) F i s c h e r Aberglaube 340; P o l l i n g e r Landshut 272. " ) G r i m m Myth. 3, 474. " ) Aberglaube und Sympathie in der Altmark (1894), I O · " ) S c h u l l e r u s Siebenbürgen 92. " ) BIPommVk. 5, 30. s ») H a r r y s Nieders. 1 , 8 1 . " ) BIPommVk. 10, 23. a ) S c h ö η w e r t h Oberpfalz 1, 3 4 7 ; vgl. Z f r w V k . 8 ( 1 9 1 1 ) , 146.
4. Sehr weit verbreitet ist die Anschauung, daß den F.n eine bestimmte Bedeutung zukommt, etwa derart, wie sie der deutsche Volksmund schon seit langer Zeit festgestellt hat: R o t ist die Liebe, B l a u die Treue, Grün die Hoffnung, Gelb der Neid, Weiß die Unschuld, Schwarz die Trauer 29). In einer Handschrift der Grazer Universitätsbibliothek finden sich von einer Hand des 15. J h s . folgende Verse » ) : 1. Gruner anfank der ist guet /, wo man das ent hat in huet. 2. in weis man guet gedank verstet, / wen trew und warhait darnach get. 3. plab meint stet in allem streit, / darumb man lob und er geit. 4. wer da prinet in der minn, / der darf pflegen gueter sinn. 5. wer da wil tragen praun claid, / der hab verewige diemuetigchait, 6. im gement ist alle varb verslossen, / wo ganze stet peleibt zerflossen.
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7. gel ist guet und ist gewert, / wer des gelükes nicht enpert. 8. swarz ist zorn, das ist war, / und pringt do manigen auf recht spar. 9. grab ist gemainklech über sich, / und niemant weschaut des grundes slich.
In Schleswig-Holstein aber heißt es: „rood schient, grön grient, blau lacht, witt pracht, gel luurt, swart t r u u r t " 3 1 ). In ähnlicher Weise deutet die F.n Grün, Weiß, Rot, Blau, Grau, Gelb und Schwarz ein deutsches Volkslied (Melod. 1610), das mindestens schon im 15. J h . bekannt w a r 3 2 ) . Diese stark psychologisch eingestellte F.nsymbolik fand schon in alten Zeiten Verwendung im Kultus. Die Ägypter betrachteten Weiß, Grün, Hellrot (später durch Hellblau verdrängt) und Dunkelrot als heilige F.n, in denen Teppiche, Vorhänge, Gewänder und Flaggen an den Masten vor den Turmflügeln der Tempel gehalten sein mußten. Uberhaupt haben vielleicht die Ägypter der F.nsymbolik zuerst Beachtung geschenkt: Weiß war die Farbe des Tags und der Oberwelt, der Freude über das Leben, Schwarz oder Dunkelblau die F. der Nacht, der Unterwelt und der Trauer um die Toten. Durch Feuerrot wurde die anhaltende Sonnenglut, auch neben Gelb das Sündhafte symbolisiert, durch Blau das Wasser 3S ). Die J u d e n verwendeten an der Stiftshütte und an den Kultgewändern die weiße Byssusf. als Symbol der Reinheit und Heiligkeit, die dunkelblaue H y a zinthf., die Farbe des Himmels, als Sinnbild Gottes, der göttlichen Offenbarung und des Glaubens, die hochrote K a r m e sinf. als Zeichen f ü r das Blut des Sühnopfers und die dunkelrote Purpurf. als Symbol der königlichen Majestät (vgl. 2. Mos. 27, 16). Die orientalische Kirche nennt im A n f a n g des 5. J h s . zuerst Weiß und Schwarz als F.n der Kultgewänder. Das älteste Zeugnis f ü r die liturgischen F.n in der abendländischen Kirche scheint das des Papstes Innocenz I I I . (f 1 2 1 6 ) zu sein, der nach der Verschiedenheit der Feste und Tage vier Hauptf.n (Weiß, Rot, Grün, Schwarz) nennt (De sacrificio Missae 1, 65), während Violett, die
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spätere f ü n f t e Hauptf., ihm nur als Variante von Schwarz erscheint. Durch die Neuausgabe des Meßbuches im 16. J h . wurde die Auswahl und Anordnung der liturgischen F.n endgültig festgestellt, die trotzdem noch weiter wuchernde Mannigfaltigkeit wurde aber erst aufgehoben durch die im 19. J h . allgemein erfolgte Annahme der römischen Liturgie und ihrer F.nregel. Nunmehr gelten mit Ausschluß jeder anderen F. (Gelb und Himmelblau sind ausdrücklich verboten) folgende F.n in der katholischen Liturgie: „ W e i ß , die F . des Lichtes und darum Sinnbild glanzvoller Reinheit, Unschuld und Heiligkeit, wie auch strahlender Freude, Glückseligkeit und V e r k l ä r u n g " ; R o t „ a l s F. des Feuers und des Blutes versinnbildlicht jene flammende, verzehrende Liebesglut, welche durch den heiligen Geist im Herzen entzündet wird (Rom. 5, 5): jene opferwillige, siegreiche Liebe, welche das Teuerste irdische Gut, das Leben, im Martertode dahingibt und sterbend triumphiert"; G r ü n das Sinnbild der Hoffnung; V i o l e t t , dem Grau der Asche gleich, „predigt ernsten Bußgeist und wahre Bußgesinnung" und kann daneben als color violacens „als Sinnbild anspruchsloser Demut, heiliger Abgeschiedenheit, sanfter Herzenstrauer, schmerzlichen Sehnens und stillen Heimwehs nach dem H i m m e l " angesehen werden; S c h w a r z endlich, der Gegenpol von Weiß, ist die F. „des erloschenen Lebens- und Freudenlichtes, des Todes und Grabes, folglich Zeichen der tiefsten Trauer und Klage, wie sie durch den Tod verursacht w i r d " 3 4 ) . Ein 1637 in München zuerst gedrucktes geistliches Lied singt: „ I n Schwarz will ich mich kleiden, Herr J e s u dir zu Ehr. / Dein bitter Marter und Leiden mein Herz betrübet sehr. / Von wegen unserer Sünden leidst du sehr großen Schmerz: / wer das nicht thut empfinden, der hat ein steines H e r z . " Umbildungen dieses Liedes zu Ehren der Gottesmutter und des hl. Joseph nennen die F.n Weiß und Blau 35 ). Dieses geistliche Lied ist wohl als Nachbildung eines Volkslieds aufzufassen, das die F.n symbolisch deutet, und dessen erste
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Strophe so lautet: „ I n Schwarz will ich mich kleiden, / dieweils Trauren bedeut, / vonwegen meines Buhlen, / der mir ganz Urlaub geit; / Urlaub ohn alle Schuld: / hilf reicher Christ vom Himmel, / daß ichs leid mit G e d u l d ! " 3 6 ) . Dieses Kleiden in einer bestimmten F . war im MA. sehr beliebt. In einem Fastnachtsspiel „ D i e siben F ä r b " aus dem 1 5 . J h . treten die F . n : Grün, Rot, Schwarz, Blau, Weiß, Gelb und Braun auf. Grün deutet sich als „ F r e i h e i t von der Minne, R o t als brennende Liebe, Blau als Treue, Schwarz als Trauer über Liebesleid, Weiß als hoffnungsvolle Liebe und Braun als Gebundenheit in Minne". Dadurch, daß man vielfach Kleidungsstücke in diesen F.n trug, wurden diese „geradezu als ein öffentlicher Liebesanzeiger" gebraucht, wobei noch verschiedene Kombinationen diese F.nsprache bereicherten: Grün und Blau zeigte A n f a n g in Stetigkeit an (Liederbuch der K l a r a Hätzlerin, aus dem 14. J h . , S. 165 ff.), Weiß und Blau treues und gutes Liebesgedenken, Weiß und Grün die Liebe zu einer reinen und schönen F r a u , Weiß und Schwarz gutes Andenken in Leid, Schwarz und Grün Leid nach Liebe, B l a u und Schwarz stete Reue, R o t und Grün brennende, schöne Liebe, Gelb und Blau Vorsatz zur Ruhmredigkeit usw. 37 ). Es ist durchaus wahrscheinlich, daß dieser Brauch im 1 3 . J h . in der französischen Ritterschaft a u f k a m und von dort auch nach Deutschland verpflanzt wurde **). Auch der heutige Volksbrauch kennt eine ausgiebige Verwendung der F.n bei gewissen Kleidungsstücken. In Baden gehen die Mädchen zur ersten Kommunion bekränzt und weiß gekleidet oder nach älterer Sitte farbig, meist blau oder rot, aber mit weißer Schürze 3 9 ). Die Pferde des Hochzeitswagens werden mit bunten Bändern geschmückt 40 ), der Kutscher bekommt ein buntes Tuch an den R o c k gesteckt 4 1 ), wie auch das Brautbett mit bunten, seidenen Bandschleifen ausgestattet wird 42 ). Ein gefallenes Mädchen darf in Baden bei der Hochzeit keinen weißen oder grünen, sondern nur einen buntblumigen K r a n z tragen 43 ). Wie R o t und
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Weiß zur Hochzeit, so gehören sich Schwarz und Weiß zur Trauer, wobei jene als glückverheißende (und apotropäische) F.n des Lebens, diese aber als geisterabwehrende F.n des Todes aufzufassen sein werden 4 4 ). In manchen Gegenden Deutschlands und der Schweiz singt man ein Lied, das auch einigen Berufsständen bestimmte F.n zuweist. Ein solches aus der Gegend von Kassel schreibt Rot den Metzgern zu (Blutf.), Blau den Färbern, Schwarz den Schornsteinfegern, Gelb den Lohgerbern, Grün den J ä g e r n und Weiß den Müllern 45 ). Schließlich sei auch noch an die schon im Altertum übliche, bis in die neueste Zeit beliebte Bezeichnung politischer Parteien mit bestimmten F.n erinnert: ζ. B . die Blauen und Grünen im Konstantinopel Justinians (527—565), die Schwarzen (Zentrum) und Roten (Sozialdemokratie: Rot = Symbol der Revolution) im heutigen Deutschland. Beim Kartenschlagen 46 ) wie überhaupt beim Kartenspiel haben die vier F.n, „welche nach den vier Elementen gestellet sind", ihre besondere Bedeutung: „ R o t oder Blutfarb, ist wäßriger Art, vnd zeiget erstlich an, daß offtmals einer bey dem spiel also geschlagen wirt, daß j h m die rote Würtz vber die Backen lauffet, Etlicher auch vber dem Spiel erstochen wirt, schendtlich sein Blut vergießen, vnd den Geist aufgeben muß. Zum andern, weil solche rote Färb mit einem Hertzen bezeichnet ist, wirdt dardurch angezeiget, daß die Spieler j r hertz in der K a r t e n haben, v n d nit bey Gott, j a daß das spiel j r Gott i s t . . . . Grün ist windiger Art, v n d Waldfarb, zeiget erstlich an, daß die Spiler ein geringer Wind zum Spiel, v n d auch zum Zorn beweget, wie die bletter auff dem B a u m vom gegeringen wind bewegt werden . . . Schellenfarb ist gelb, vnd feuwriger art, zeiget erstlich an, daß die Spiler hefftigen, hitzigen, geliehen Zorn haben, welcher sich wie Feuvver bald a u ß b r e i t e t . . . . Eicheln sind erdiger art, vnd sauwnüß, oderSchweinsobs, zeiget erstlich an, daß sie von jrem bösen fürnimmen schwerlich zu bringen sind, wie eine S a u w v o n Eckern" 4 7 ).
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Auch zu allerlei Orakeln finden diese symbolischen F.n Verwendung 4S ). Dabei gilt vielfach R o t als Sinnbild der Lebensk r a f t und Lebensfreude und demnach als Glücksf. 49 ). Das griechische Mädchen legt abends drei verschiedenfarbige Bänder unter ihr Kopfkissen. A m nächsten Morgen zieht sie aufs Geratewohl ein Band hervor; ist es rot, so wird sie einen Jüngling zum Mann bekommen, einen Witwer, wenn es schwarz ist; ist es blau, so wird ein Fremder um sie werben 50 ). In manchen Gegenden wickeln die Mädchen in der Andreasnacht bunte Bänder um Zaunpflöcke und ersehen am nächsten Morgen aus der Beschaffenheit des Zaunes die A r t ihres B r ä u t i g a m s 5 1 ) . Anderwärts glaubt man, eine „ b u n t e " B r a u t werde unglücklich 52 ). Eine große Rolle spielt die F . auch beim Tierangang 53 ). Steht ein Junggeselle, wenn er die erste Schwalbe sieht, zufällig auf einem Haar, so zeigt ihm dasselbe die Haarfarbe seiner künftigen F r a u 54 ). Eine dreifarbige K a t z e bringt Glück 5 5 ). Ist der erste Schmetterling, den man im Frühjahr sieht, ein bunter, so gibt es bald Hochzeit; ein gelber kündet in Anhalt Taufe an, in Pommern das Ableben eines Verwandten oder Bekannten, ein weißer Tod, ein Trauermantel Trauer 5e ). — Wenn kleine, krause Wolken am Himmel stehen, sagt man in der A l t m a r k : „ h ü t hütt de schäper sine schäpe" oder: „ d e häben is lämmerbunt". Das bedeutet gutes Wetter H ). In Schleswig-Holstein heißt es: „ d e Fenstern warrn buntig, dat gifft R e g e n " ω ) (Vgl. auch Bauernpraktik). Auch in der Volksmedizin spielt die F.nsymbolik eine Rolle, da die weiße, rote, blaue und grüne F . bei Binden und Umschlägen je nach der Sachlage f ü r wichtig angesehen wird S9 ). as ) B a y l d , 2 5 ( 1 9 1 3 — 1 4 ) , 7 9 5 ; Germania 8 (1863), 4 9 7 f f . ; C a m i η a d a Friedhöfe 164 f . ; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 9 ; S t o r f e r Jungfr. Mutterschaft 1 2 8 ff. 1 5 7 . 1 8 5 ; Urquell N . F . ι (1897), 2 4 7 ; Z f V k . 2 3 ( 1 9 1 3 ) , 146. 2 5 0 ff®°) Germania 9 (1864), 455 f. ä I | M e n s i n g SchleswWb. i , 3 7 6 s. v . blau. ä2 ) E r k - B ö h m e 2, 3 2 1 f. Nr. 502. 3 3 ) B r u g s c h - P a s c h a Aus dem Morgenlande (Reclam Nr. 3 1 5 1 / 5 2 ) 16 ff. " ) G i h r Meßopfer 248 f f . ; Pfannenschmid Erntefeste 5 1 6 f. " ) E r k -
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Berti m e 3, 673 Nr. 19Θ7. ) Ebd. 2, 322 f. Nr. 503. 37) W e i n h o l d Frauen 2, 256. M ) ZfVk. 13 (1903), 108 ff. M ) M e y e r Baden 114. W i r t h Beiträge 4—5, 13. " ) S p i e ß 12 Obererzgebirge 72. ) BIPommVk. 3, 188. *') M e y e r Baden 193. " ) DWb. s. v. bunt; B o c k e l Psychologie 106; RheinWb. I, 1 1 3 1 . 45 ) Ε r k - Β ö h m e 3, 564 f. Nr. 1794. *·) F i s c h e r Aberglaube 297. i7 ) S p i e l t e u f f e i (Frankfurt a. M. 1564) bl. d I I I a - f b . " J A i l o t n Magiologia 227. le ) ZfVk. 23 (1913), 260. 60) Ebd. 261. " ) H o v o r k a K r o n f e l d 2, 176. sz) J o h n Erzgebirge 94. " ) Vgl. auch Α η h ο r η Magiologia 140. " ) ZfVk. 23 (1913), 9. " ) J o h n Erzgebirge 6e 233. ) BIPommVk. 8, 1 3 5 ; W i r t h Beiträge 2/3, 48; 4/5, 34; ZfVk. 30/32 (1920/22), 150. " ) K u h n u . S c h w a r t z 455 Nr. 413. M ) M e n s i n g SchleswWb. 1, 587 s. v. bunt. M ) L a m m e r t 33.
4. Der V o l k s g l a u b e s c h r e i b t a u c h den Geistern (s. Geist) eine b e s t i m m t e F . zu. Dem primitiven Empfinden entspricht a u c h hier z u n ä c h s t die U n t e r s c h e i d u n g v o n h e l l u n d d u n k e l . Die g e r m a n i s c h e Mythologie k e n n t d e m n a c h L i c h t e l b e n u n d D u n k e l e l b e n . Diese h e i ß e n a u c h „ W i c h t e " (got. v a i h t s , a h d . w i h t = kleines Wesen) oder einfach „ D i n g " (vgl. unser „ n i c h t " = kein Ding) u n d sind zwergartige Kobolde chthonischer Nat u r *·). S c h w a r z zur H ä l f t e u n d z u r H ä l f t e weiß ( m e n s c h e n f a r b i g ) ist n a c h der E d d a (Sn. 33) Hei, ein G e g e n s t ü c k zu der im T a r t a r u s h a u s e n d e n Erinys, die m a n sich a u c h s c h w a r z oder h a l b w e i ß u n d h a l b s c h w a r z d a c h t e . Die d u n k l e F. d e r Furie, die Verg. A e n . 7, 329 a t r a n e n n t (vgl. Ovid. her. II, 103; Sil. Ital. 2, 529; 13, 575)i ergibt sich a u s der H e r l e i t u n g ihres N a m e n s v o n f u r v u s ( = niger, a t e r , tiefschwarz) in P a u l . Fest. p. 84 M. e l ). Auf eine A r t Suggestion, die d u r c h gewisse F.n und Lichterscheinungen hervorger u f e n wird, sind die b a l d schwarzen, b a l d weißen (grauen) Geister v o n menschlicher oder tierischer G e s t a l t z u r ü c k z u f ü h r e n e2 ). Zu W e i ß u n d S c h w a r z t r i t t R o t (Feuer!) als F. der Geister, die d a n n besonderes Unheil bringen oder K r i e g v e r k ü n d e n e3 ). Vielfach t r a g e n s c h w a r z e oder f e u r i g e Geister b u n t e (weiße, rote, blaue) S t r ü m p fe 8 4 ), w a s w a h r s c h e i n l i c h wieder auf verschiedene L i c h t w i r k a n g e n u n d F ä r b u n g e n im Gewölk u n d Nebel zu d e u t e n ist e s ).
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A u c h grün, gelb, blau, k u r z in allen F . n k ö n n e n Geister erscheinen M ) : Auf d e m Titel einer H a n d s c h r i f t a u s der ersten H ä l f t e des 15. J h s . („des Teufels S e g i " [ = Netz]) sitzen Geistliche u n d Laien, H o c h u n d Nieder in einem N e t z wie Fische, das v o n g r ü n e n , r o t e n u n d s c h w a r zen T e u f e l n a u s d e m W a s s e r gezogen wird w ) ; der W a s s e r m a n n ist g r ü n w ) ; der K l a b a u t e r m a n n h a t einen f e u e r r o t e n Kopf, einen weißen B a r t , g r ü n e Z ä h n e u n d t r ä g t gelbe K n i e h o s e n 69 ). B u n t ist die K l e i d u n g m e n s c h e n g e s t a l t i g e r Geis t e r 7 0 ) , b u n t (scheckig) sind Geistert i e r e 7 1 ) u n d G e i s t e r b l u m e n 7 2 ) . In der N ä h e v o n Flüssen k a n n m a n b u n t e (oder rote) B ä n d e r finden, d u r c h welche der W a s s e r m a n n die Menschen a n z u l o c k e n v e r s u c h t 7 3 ) . N a c h tschechischem Volksg l a u b e n k a n n m a n dagegen den W a s s e r m a n n mit farbigen Bändern abwehren, die m a n ins W a s s e r w i r f t . E r s p r i n g t neugierig d a n a c h u n d verwickelt sich d a r i n so, d a ß er n i c h t h e r a u s k a n n 74 ). U n t e r die verderbenbringenden Geistergeschenke (s. Gürtel) ist a u c h jenes r o t e B a n d zu zählen, das ein F r e m d e r einem B a u e r n s c h e n k t , d a m i t er es, u m g ü n s t i g e n W i n d zu b e k o m m e n , u m den Mast des Schiffes binde. E r g i b t es a b e r d a h e i m seiner T o c h t e r , die es sich u m den Hals legt, worauf es s o f o r t zur F l a m m e wird und sie v e r b r e n n t 75 ). Alles D u n k l e h ä n g t irgendwie m i t der Geisterwelt z u s a m m e n . In der D u n k e l heit, in der die Geister größere M a c h t besitzen, d ü r f e n W ö c h n e r i n n e n , die an sich schon d e m E i n f l u ß der H e x e n b e s o n d e r s a u s g e s e t z t sind, v o r d e m ersten K i r c h g a n g vor S o n n e n a u f g a n g u n d nach Sonnenuntergang nicht außer dem Hause sein. In T h ü r i n g e n u n d im V o g t l a n d soll eine W ö c h n e r i n n i c h t in den Keller gehen. In T h ü r i n g e n g l a u b t m a n , der Teufel b r e c h e ihr sonst das Genick, u n d im V o g t l a n d m u ß sie, w e n n sie s p ä t e r wieder in den Keller geht, neunerlei B a n d oder D o s t e n oder D o r a n t z u m S c h u t z gegen die K o b o l d e bei sich t r a g e n 7e ). I m O b e r a m t M e r g e n t h e i m ( W ü r t t e m b e r g ) soll die M u t t e r beim e r s t e n A u s g a n g n i c h t volls t ä n d i g d u n k e l gekleidet sein, da das
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K i n d sonst keine Freude erlebt 7 7 ). Wer im Dunkeln einen Dienst antritt, hält nicht lange aus (Dithm.) 1 S ). G e f l e c k t e Tiere gelten vielfach als Hexentiere. S t a t t des gefleckten Hasen liegt nach dem Schuß des J ä g e r s eine Frau tot am Boden 7 0 ). Nach der Hinrichtung einer Hexe sehen Scharfrichter und Landsknechte einen „schwarz und rot b u n t e n " Vogel um die Inquisition fliegen 8 0 ). Vor allem nehmen Hexen die Gestalt einer bunten (schwarz-weißen) K a t z e a n 8 1 ) . Ein geflecktes Schwein im Stall bringt Unglück, anderwärts aber Glück 8 2 ). Ein solches kann nicht behext werden 83 ). Wo eine d r e i f a r b i g e (weiß-schwarzrot oder orangegelb, alles F.n apotropäischen Charakters!) Katze im Haus ist, sind die Bewohner vor Fieber sicher (Oberpfalz, Eifel) 84 ), das Haus selbst ist vor Feuersgefahr geschützt (Nürnberg, Böhmen) 8S ). Bei einer Feuersbrunst wirft man (rückwärts) eine dreifarbige Katze in die Flammen, und sofort wird das Feuer gelöscht 86 ). Auch in Pommern glaubt man, daß solche dreifarbigen Katzen, wie auch schwefelgelbe, übernatürliche K r ä f t e besitzen. Deshalb schätzt man sie hoch, hält sie als „ H a u s g e i s t " , der vielfach auch die Gestalt eines schwarzen (!) Pudels hat, und pflegt sie, damit sie Geld und anderes Gut zutragen 87 ). Bei alten Viehbußen und Zehnten des deutschen Rechts wird vielfach Wert auf bunte F. der Tiere gelegt (im Büdinger Waldweistum ein bunter Ochse als Buße; im Conzer Weistum ein weißer und schwarzer Widder) β β ). Diese Vorschrift hängt mit alten Opferriten zusammen. Die Opfervorschriften der Inder sprechen vielfach von m e h r f a r b i g e n Opfertieren 8 9 ). Auch die Griechen kannten Ahnliches. Die Mysten von Eleusis hängten sich bunte Hirschkalbfelle um (νεβρίζειν); denselben war verboten den γαλεός, eine gefleckte Haifischart, auch νεβρίας genannt, zu essen, eine Vorschrift totemistischen Charakters und demnach ein Stück echten, uraltenVolksglaubens. Ein griechisches Rätsel spricht von einem dreifarbigen Stier an Minos' Herd, wie im
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ägyptischen Mythos der Onuphis-Stier mit dem Tageslicht seine F. wechselt 8 0 ). Bei den Slaven und Kelten gelten bunte Tiere ebenfalls als etwas Besonderes. Nach britisch-keltischen Vorstellungen ist eine gefleckte K a t z e Symbol des Sonnengottes 8 1 ). In deutschen Sagen werden beglückte Menschen von einem bunten Stier beschenkt (die Inder kennen eine bunte Wunschkuh £abali) 92 ). Bunte Stuten hielt man in Norddithmarschen für weisende Tiere. Hierher gehört auch die altbayrische Redensart: „ J e t z t hätt' ich bald eine scheckige Henne verl o b t " 83 ). Milch von einer dreifarbigen K u h wandte man anscheinend im 18. J h . bei Vergiftungen a n ; noch heute gilt sie mancherorts als etwas ganz Vorzügliches 9 1 ). Schlesische Bauern glauben, daß jedes Haus ein besonderes Hauswiesel habe, nach dessen F. (braun, rot, grau) sie sich beim Halten von Vieh richten 9 5 ). In manchen Ställen gedeihen nur Tiere von derselben F. 96 ). Hühnereier, die am Gründonnerstag gelegt sind, bringen bunte K ü c h l e i n m ) . Solche Hühner, wie die aus Karfreitagseiern stammenden (Schwaben), wechseln alljährlich die F. 98 ). Auch Hühnern aus Palmsonntagseiern sagt man das nach " ) . In Bayern heißt es: „ H ü n i n , de aus de antles-aer wern, ändern alle jar d ' f a r " 1 0 0 ) . Blumen, am Gründonnerstag gesät, erhalten schöne F.n 1 0 1 ). A m Karfreitag gepflanzte Blumenstöcke erhalten bunte (scheckige) B l u m e n 1 0 2 ) . Nelken in der Karfreitagsnacht zwischen 12 und I Uhr gesät, bekommen die Farbe, die man wünscht (Kusterdingen OA.Tübingen) 1 0 3 ). Schüttelt man einen Blumenstock, während ein Regenbogen (s. d.) am Himmel steht, so bekommt er bunte Blumen (Analogie!) 1 0 1 ). Dasselbe erreicht man, wenn man um die Blumen herumgehend sagt: „Schöner, schöner Regenbogen, / K o m m in meinen Garten zogen, / Mach mir meine Blümle dick, / Bring dei' schöne F. m i t " l o s ). Wenn die Leiche beim Glockengeläute die F . wechselt, sehnt sie sich nach der Erde 106 ). Manche Steine ändern ihre F.,
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wenn ihrem Besitzer ein Unglück oder Tod bevorsteht 1 ® 7 ). M e y e r Religgesch. 1 1 6 ; Q u i t z m a n n Baiwaren 172 f f . ; S c h w a r t z Volksglaube 219; S i m r o c k Mythologie 613; vgl. ZfdM y t h . 2, 142. e l ) B a u m e i s t e r Denkmäler d. klass. Altert, i , 495; G r i m m Myth, 1, 2 5 9 t . ; R o c h h o l z Sagen 1, 2 1 4 ; P a u l y 2 W i s s o w a s.v. Furia. *) Fischer Aberglaube 1 9 ; F o x Saarland 284; Haas Usedom 82; L e o p r e c h t i n g Lechrain 50; Μ e i c h e Sagen 365; R o c h h o l z Sagen i , 97 f f . 2 1 4 ; 2, 237 N r . 445 a ; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 332; 2, 165. 341. 348; 3, 194; Z f V k . M 20 (1910), 387. ) B r ü c k n e r Reuß 204 f f . ; K u h n u. S c h w a r t z 1 N r . 1, 443 N r . 339; L ü t o l f Sagen 457 N r . 424; N i e d e r h o f f e r Meckl. Sagen 1 1 8 f f . ; Z f d A . 4, 389; Z f V k . 23 (1913), 147. M ) R o c h h o l z Sagen 2 , 1 0 7 ; S t r a c k e r ] a n 1 , 2 2 0 . t5) L a i s t ner Nebelsagen 295; Z f V k . 4 (1894); 414. ··) G r e d t Luxemburg N r . 293; Meiche Sagen 195; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 289. «') S . - A b d r u c k , S t u t t g . L i t . V e r . ) ZfdMyth. 4, 154.
9. Dem F. werden vielfach a ρ ο t r o p ä i s c h e Wirkungen zugeschrieben 9S). Der an Johanni gegrabene und an freier Luft, wo kein Sonnenstrahl hinfällt, getrocknete F. schützt den Ort, wo er aufgehängt wird, vor dem Blitzschlag 9e), vgl. auch oben (unter 2) die Stelle aus H i l d e g a r d s Physica. Es gilt dies auch von verschiedenen anderen an J o h a n n i gesammelten Pflanzen, vgl. ζ. B. Arnika, Hartheu. „Blühendes" F.kraut wird oberhalb der Haustür befestigt, damit alles gut gehe, „wohin die Peitsche beim Fuhrwerk reicht" 9 7 ). In Frankreich schützt der am Johannistag vor Sonnenaufgang gesammelte F. vor Zauber 98 ). Bei den Wenden wäscht man sich (s. Berufkräuter) mit dem Absud des F.s gegen den „Schreck" 9 9 ). Gegen Verzauberung schützt sich ein Mädchen, das etwas von ihrer ersten monatlichen Reinigung zusammen mit F.kraut in ein Tüchlein eingenäht um den Hals trägt (18. Jh.) 10 °). Vor allen Übeln (bes. vor Rheumatismus) bewahrt ein verkehrt im Hausflur aufgehängtes Säckchen mit F . k r a u t 1 0 1 ) . In Frankreich umgürtet man sich mit dem am Johannisabend gesammelten F.kraut gegen verschiedene innere Krankheiten 1 0 2 ), vgl. Beifuß („Johannisgürtel"). Die Futterraufe mit einem aus F.krautwurzel verfertigten ,, Johannishändchen" ausgewischt, schützt das Vieh vor bösem Zauber 1 0 3 ). Die Wurzel des Adlerf.s (Pteris aquilina), in der Mitternachtsstunde des Karfreitags oder des Johannistages gesammelt und dem Vieh ins Futter gestreut, schützt die Tiere vor Behexung 1 M ). Die „Johannis Wurzel" (Wurzel vom Dornf., Aspidium spinulosum) wird den Kühen gereicht, wenn sie zu wenig Milch geben 1 0 5 ). Frische F.wedel, in den Schweinestall gehängt, schützen die Tiere vor dem Rotlauf loe ). In Polen gibt man den rotlaufkranken Schweinen um Mitternacht F.krautab-
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kochung zu trinken l m ). In der Touraine räuchert man am Vorabend vor Johanni das Vieh mit F.kraut 108). Gegen die „Mauke" (dämonische Krankheit) macht man den Hausvögeln Streu aus „Teufelsfedern" 109). Die letztere Verwendung hat teilweise eine empirische Grundlage, da Ungeziefer (Federmilben, Läuse usw.), das die Ursache der Mauke ist, anscheinend durch F.streu vertrieben wird. Die Wanzen werden vertrieben, wenn man zwischen den zwei Frauentagen gesammeltes F.kraut unter das Bett legt (handschriftl. Arzneibuch) l l °). F.kraut wird eingestreut, um die Mäuse von der Körnerfrucht abzuhalten U 1 ) . In all den letztgenannten Beispielen ist der Übergang des empirischen in das zauberische Mittel zu beobachten. Kleinen Kindern füllt man die Kissen mit F.kraut, um das Zahnen zu erleichtern 1 1 2 ). Gegen das „Schwinden" (Atrophie) grabe man am Johannisabend F.wurzel 1 1 3 ). Gegen Fieber schreibe man auf ein F.blatt: „Dextera domini fecit virtutem", auf das zweite: „Dextera domini exaltavit me" und auf das dritte: „Dextera domini exaltavit virtutem" (Hs. d. 15. Jhs.) l u ) . Wenn ein Pferd von zauberischer Krankheit befallen ist, so nimm Adlerf.Wurzel, die zwischen den Frauentagen gegraben ist und binde sie dem Pferde unter die Zunge U 5 ). Auch üble Wirkungen werden dem F. zugeschriebop: Wer auf grünen F.kräutern liegt, der erblindet 1 1 β ). ®5) Vgl. auch S c h e f t e l o w i t z Huhnopfer 3 7 f. ··) L e o p r e c h t i n g Lechrain 101. "') Jäger Briefe über die hohe Rhöne Frankens 3 (1803), 6 = P a n z e r Beitrag 2, 307. M ) RTrp. 14, 360; B e a u q u i e r Faune et Flore 2, 2 1 3 . Schulenburg 227. 1») p i o ß Weib ' 1 , 4 4 1 . 1 0 1 ) SchwVk. 6, 87. 10a 103 ) R o l l a n d Flore pop. ττ, 101. ) G rohm a n n 136. , M ) K ö h l e r Voigtland 372. 105 376. ) L e m k e Ostpreußen 2, 282. 10β) Μ ü 1ler-Fraureuth Wb. der obersächs. u. erzgeb. Mundarten 1, 3 1 5 ; ähnlich in: Unsere Heimat. Schlüchtern 1 2 (1920), 67. " " ) K n o o p 1M Pflanzenwelt 1 1 , 74. ) RTrp. 19, 479. 10e ) B a u m g a r t e n Aus der Heimat 1862, 1 3 3 ; vgl. H ö f l e r Krankheitsnamen 405. 110 ) S A V k . 6, 56; vgl. auch P l i n i u s Nat. IU hist. 27, 80. ) S t r a c k e r j a n 1, 67. 112 ) Alemannia 34, 269; vgl. S έ b i 1 1 ο t FolhLore 3, 489; in der Haute-Bretagne und in Westengland muß man in den ersten, im'Früh-
Fasan-ι—Faß
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jähr hervorsprießenden F.krautstengel beißen, um sich vor Zahnschmerzen zu schützen: S έ b i 1 1 ο t a. a. O. 3, 490; D y e r Folkl. of plants 296, vgl Frühlingspflanzen. 1 1 3 ) Z a h l14 ler Simmenthai 194. ) Z f V k . 1, 1 7 4 . 116 ) Staricius 1682, 1 3 5 ; ähnlich bei B u c k Volksmedizin 69. " · ) U l r i c h Volksbotanik 9.
10. Der F. (es ist vor allem der als Unkraut auf sandigem Boden wachsende Adlerf. gemeint) muß an Johanni Enthauptung (29. August) ausgerottet werden, dann wächst er nicht mehr 1 1 7 ). Das gleiche gilt vom Tage der 7 Brüder (10. Juli) 1 1 8 ), vom Abdontag (s. d.) und allen Freitagen im M a i 1 1 9 ) . "') B o c k Kreuterbuch 1 (1539), 1 6 1 v . ; vgl. Z f V k . 24, 12. 1 1 8 ) JbElsaß-Lothr. io, 232. ) S e b i 1 1 ο t Folk-Lore 3, 464.
118
Vgl. noch A l r a u n , Beifuß, Engelsüß, Hartriegel, Irrwurz, Mondraute, Springwurz, Widerton. Marzeil. Fasan. Echt volkstümlichen Aberglauben über den F . können wir auf deutschem Sprachgebiet nur äußerst spärlich nachweisen. Die Berichte über die Natur, den Fang, die Speise, die volksmedizinische Verwendung des Edel-F.s (Phasianus colchicus) — nur um diesen handelt es sich — stammen großenteils aus dem Altertum und haben sich durch die mittelalterlichen Tierbücher hindurchgeschleppt bis in die Frühneuzeit, wo sie durch Conrad Gesner nochmals eine große Zusammenfassung erfuhren. In Deutschland mag der F. schon seit K a r l d. Gr. bekannt gewesen sein. Belegt ist ahd. die F o r m fesihuon,
vom 12. Jh. an
fasan{t)1),
Konrad von Megenberg nennt ihn walthan oder vasant; der lateinische Name ist im M A . : Gallus silvestris (Albertus Magnus), silvaticus (Vincenz v. Beauvais), silvester (Konr. v. Megenberg). Im klassischen Altertum wird manches über den F., seinen Fang und seine Pflege berichtet, doch nichts ausgesprochen Abergläubisches 2 ). Über den Fang berichten auch mittelalterliche Quellen 3 ). Im MA. begegnet uns auch mehrfach die Tradition, daß der F., um nicht gesehen zu werden, nur den Kopf verstecke, wie der Strauß 4 ), auch daß er sich bei trübem
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Wetter traurig in den Wald zurückziehe 4 ). Im Isergebirge erwartet man schönes W e t t e r , wenn der F . stark kräht 5 ). Volksmedizinisches liefert C. Gesner e ), doch meist mit ausdrücklicher Angabe der Quellenliteratur: ,,Galenus zellet auch den Fasanen under die außerweiten speysen / und die so weder ein zarte noch grobe Feuchtung gäbend. Die vögel werdend leychtlich vertöwt (verdaut) / gebärend gute feuchte / und gut blut. Mager F.en heißt Trallianus die ässen, so voll eyterschleym sind . . . Under den wilden vöglen / spricht Conciliator / halt man die F.en f ü r die besten zü der gesundtheit und stercke deß leybs . . . . Das marg von einem Springwider (Wid der) wirt under das gifft gezelt / dem menschen also widerig / daß es im alle sinn hinwäg nimpt: darwider ist F.enfleisch gut / als Arnoldus sagt. Leonellus Faventius heißt under ein artzney / so für die schwindsucht dienstlich / Schildkrotten / F.en / oder Wasserkräbs fleisch vermischen. Ein labenden F.en in weyn getödt / und in weyn getruncken / ist f ü r das winden im bauch dienstlich / sagt Marcellus. Diß b 1 ü t genommen vertreybt g i f f t : sein s c h m a l t z ist für die geprästen der bärmüter: item denen so starrige krümbe im halß habend. Sein g a l l scherpfft das gesicht. Der Gänsen und F.en s c h m a l t z wirt under die zertreybenden oder zeytigmachenden pilaster vermischt." S u o l a t h i Vogelnamen 226 f. s ) Ρ a u l y - W i s s o w a 6, 2, 2001. Silber- und GoldF . sind nach Wellmann (ebd.) bei Griechen und Römern unbekannt, entgegen der Vermutung von L e n z Zool. 340 ff., der in dem Phönix 3 (s. d.) den Gold-F. sieht. ) Albertus M a g n u s De Anim. 23, 1 1 9 ; V i n c e n t i u s Β e 1 1 ο v. Spec. Nat. 2 0 1 ; Megenberg Buch d. N. ed. Pfeiffer 198; Gesner Vogelb. 1 5 8 2 , 5 1 . *) V i n e . B e l l o v . 201; 5 M e g e n b e r g 198. ) M ü l l e r Isergeb. 1 5 . ·) Vogelb. 1 5 8 2 , 5 1 b. Hoffmann-Krayer.
Faß. A n Weinfässer schreibe man a n : „Schmecket und s e h e t ! " so wird der Wein darin nicht umstehen χ ). Die unreine Frau soll darum auch das F. nicht berühren 2 ). Laufen Fässer in der hl. Nacht mit Wein frisch aufgefüllt über, so kündet das einen reichen Herbst an 3 ).
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Faste, Frau
D e r T o d des Hausherrn wird den lebendigen K r ä f t e n , mit denen der W e i n im F . a r b e i t e t (?), a n g e k ü n d i g t , indem m a n die Fässer rüttelt, verstellt, oder (manchmal dreimal) daran k l o p f t 4 ) und s p r i c h t : „ D e r Herr ist t o t " B), so a u c h bei Bierfässern 6 ), „ s o n s t s t e h t alles das a b " 7 ) . Manchenorts geschieht das K l o p f e n an den F . h a h n e n 8 ) . W e n n es in Oldenburg heißt, daß H e x e n eine T o n n e oder ein F . auf dem K o p f haben, w e n n m a n sie in der K i r c h e sieht, so ist das v o n dem gleichen A b e r g l a u b e n m i t dem B u t t e r f . hergen o m m e n 9 ), die Erscheinungen v o n feurigen Fässern oder solchen mit feurigen A u g e n auf nächtlichen Wegen, haben w o h l die feurig zu T a l rollenden Fässer bei Sonnwendfeiern z u m Vorbild 10 ). D e n F . h a h n e n soll man aus einer i m A m e i s e n h a u f e n wachsenden Birke machen, dann k a n n m a n geschwind ausschenken n ) . In W ü r t t e m b e r g ( O A . B a c k n a n g ) wird bei Z a h n w e h im Sinne des V e r p f l ö c k e n s (s. d.) ein Keil in das F. 1 a g e r geschlagen 12 ). Der v o m F. springende R e i f e n ist ein w e i t u m b e k a n n t e s T o d e s o r a k e l 1 3 ) . Z ä h l t man die Reifen a m B u t t e r f . v o n unten a u f w ä r t s und (nicht) wieder v o n oben herab, so k a n n die B u t t e r nicht werden 1 4 ). K o h l e n v o m F.reif nehmen die Siebenbürger Sachsen in Wasser gegen stechendes W e h in B a u c h und Z a h n 1 5 ) . E i n F . - R e i f ist es wohl a u c h zumeist, innerhalb dessen man zu W e i h z e i t e n dem F e d e r v i e h das F u t t e r streut, d a m i t es beisammen bleibe, die Eier nicht verl e g e 1 6 ) u n d anderes (s. Reifen). Im Reift a n z sind die F.reifen dem B r a u c h t u m seines H a n d w e r k s wie anderer Volksfeste v o m T y p u s des S c h w e r t t a n z e s mit künstlerisch ästhetischer W i r k s a m k e i t einverleibt worden. P a n z e r Beitr. 1, 268. *) B o h n e n s) berger 21. Meyer Baden 484. 4) Unoth 1, 180 Nr. 9; 189 Nr. 12; Β i r 1 i η ger Volksth. 1, 280; M e y e r Baden 583; 6) P a n z e r H ö h n Tod 322 f. Beitr. 2, 293 f. ') S c h ö n w e r t h 1, 247 f. ') SchwVk. 5, 30 f. 8) H ö h n 7, 323. 9) S t r a c k e r j a n 2, 233; G r i m m Myth. 2, 902. 10) K ü h n a u Sagen 1, 429, 525 f.; R a n k Böhmerwald 1, 168 f. " ) G r i m m Myth. 3, 437 Nr. 98.
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12) Β o h n e η b e r g e r 14. ") G r i m m Myth. 2, 952 = 3, 439 Nr. 149; Urquell 1, 17; ZfrwVk. 4, 245. " ) G r i m m Myth. 3, 444 Nr. 286. " ) Η a l t r i c h Siebenb, Sachsen 266. " ) D r e c h s l e r 2,67. Haberlandt.
F a s t e , F r a u (Frau F a s t e oder F r a u faste). Ein weiblicher D ä m o n , der als Personifikation der Fronfasten (s. d.), besonders der Dezemberfronfasten, bet r a c h t e t werden kann, g a n z analog der italienischen B e f a n a aus E p i p h a n i a u. a. 1 ). Die U m d e u t u n g v o n „ F r o n f a s t e n " in „ F r a u F a s t e " wird im alemannischen Sprachgebiet noch dadurch erleichtert, d a ß hier mancherorts a u c h die Festzeit Fronfasten fraufaste ausgesprochen wird 2 ), w o f ü r ein Beleg schon bei H a n s Schürpf (1497): 'in der frowfasten', und das seinerseits wieder durch „ F r a u e n t a g " b e e i n f l u ß t sein mag. So viel wir sehen können, k o m m t der N a m e n Fr. F . nur in alemannischen Gegenden vor. Ohne nähere B e s t i m m u n g wird die Fr. F. als weiblicher D ä m o n v o n J. P. H e b e l (aus dem Wiesental im badischen Oberland) in der 3. A u f l a g e seiner „ A l l e m a n n i s c h e n G e d i c h t e " (1806) erwähnt: und sin bis dörthi d'Lüt so närsch wie iez, se göhn au Gspenster um, d'Frau Faste, 's isch mer iez sie fang scho a, me seits emol, der Lippi Läppeli, und was weis ich, wer meh. (Die Vergänglichkeit) ').
In R o h r b a c h ( K t . Bern) wird berichtet, daß die Fr. F. besonders u m die W e i h n a c h t herum a u f t r e t e ; sie habe eine lange Nase, sei so groß, daß sie bis an das D a c h hinaufreiche, könne durch die W ä n d e hindurchsehen und durch das Schiebfensterchen oder gar das Schlüsselloch hindurchschlüpfen 4 ); in andern Gegenden des K t . Bern heißt sie , , F r a u f a s t e W y b 1 i " 6 ), in Brunnen ( K t . S c h w y z ) erscheint das „ F r a u f a s t e - M ü e t e r 1 i " nachts auf einer B r ü c k e 6 ). Die Fr. F. sieht eifrig darauf, daß man nicht spät in die N a c h t arbeite, besonders spinne oder wasche '). W e n n man das tut, so haspelt sie einem die D ä r m e aus dem B a u c h 8), oder es heißt, man spinne sich sein T o t e n h e m d ; denn sie drehe einem den Hals u m 9 ) . Eine Wäscherin, die v o n der
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Fasten
Fr. F. bedroht wurde, entledigte sich ihrer dadurch, daß sie ihr ein Sieb z u m Füllen a m Brunnen g a b ; unterdessen m a c h t e sie sich aus dem S t a u b e 10 ). Namentlich in der F r o n f a s t e n z e i t soll m a n nicht über 9 oder 10 Uhr hinaus beisammenbleiben u ) , sonst wird man v o n ihr v e r w a n d e l t : der K o p f in eine Kegelkugel, der Leib in einen Türpfosten, die Beine in O f e n f ü ß e ( K t . Bern) 12 ). V o r allem duldet die Fr. F. nicht, daß man an Fronfasten a r b e i t e , besonders spinne M ) . Zu H e i l i g - K r e u z (Elsaß) waren einmal an einem Fronfastenabend etliche Spinnerinnen in einer K u n k e l s t u b e bis u m 10 U h r aufgeblieben. D a k l o p f t e Fr. F . zornig ans Fenster, und als a u f g e t a n wurde, warf sie drei Spulen ins Zimmer mit den W o r t e n : „ W e n n die bis 12 nicht voll gesponnen sind, wird es euch schlimm g e h e n . " Sie wurde dadurch getäuscht, daß ein schlaues Mädchen die Spulen mit W e r g umwickelte und dieses mit einigen „ R e i f c h e n " ü b e r s p a n n 1 4 ) . N a c h einer badischen Sage wurden die Spulen nur mit drei Fäden, aber in den heiligen drei Namen, übersponnen 16 ). Anderseits herrscht im badischen Wiesental der Glaube, daß die Fr. F. f a u l e n Spinnerinnen K u n k e l n z u m A b s p i n n e n in die S t u b e werfe (mündlich). Die Fr. F. s t ö ß t auch Wäscherinnen, die in der Fronfastenn a c h t arbeiten, die Zuber u m ( E l s a ß ) l e ) . Zwei Burschen, die in der h e i l i g e n N a c h t z u m „ S c h ü t t e l n " gingen, wurden v o n ihr auf Nimmerwiedersehen entr ü c k t 17 ). Ü b e r m u t bestraft sie. Ein Bursche, der das „ F r a u f a s t e n M ü e t e r l i " auf der B r ü c k e gestört hatte, wurde in der gleichen N a c h t v o n drei gespenstischen Männern heimgesucht, die ihm K o p f w e h anzauberten l s ). E i n e m Schuster, der der Fr. F. das Messer aus dem Fenster entgegengestreckt hatte, bleibt der A r m s t e i f 1 9 ) . Ungehorsame K i n d e r , die man ihr drohweise übergeben hat, r a u b t sie, wie die Sträggele (s. d.) *·). W e n n m a n Fastnachtsküchlein b a c k t und die K i n d e r nicht aus der K ü c h e gehen wollen, scheucht man sie in B r e t t e n mit der F a s t e n m u t t e r , welche mit Nadeln sticht 21 ).
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In B a d e n fahren die „ F r o n f a s t e n w e i b e r " auch g r u ρ ρ e η weise um. W i e die „ H u l d e n " in Goethes „ G e t r e u e m E c k a r t " 22) trinken sie einem Manne das W e i n f ä ß c h e n aus, das nachher zu H a u s e unerschöpflich bleibt, bis die Neugierde ihn treibt, hineinzuschauen, worauf es v e r s i e g t 2 3 ) . N a c h einer andern Sage schlagen sie einem Manne, der sie beobachtet h a t , zur S t r a f e einen Nagel in den K o p f 2*). Die Redensart „ d e r F a s t e n den H a l s b r e c h e n " weist ebenfalls auf eine Personifikation der F a s t e n hin und bedeutet wohl das E n d e der Fastenzeit 2S ). >) M a n n h a r d t 2, 185 Anm.; SchwVk. i , 92 f.; schon von G r i m m Myth. 2, 652 Α. 5 als Personifikation aufgefaßt. s) SchwId. ι, 1113 f. ') SAVk. 14, 170 t. «) Ebd. 25, 126. ») R o t h e n b a c h Bern 25. «) SAVk. 2i, 213; Schwld. 4, 591. 7) W a s c h n i t i u s Perht 73. 75. 79; SAVk. 25, 127 c. ") SAVk. I27d. ») H e n n e Volkssage * 575. l0) SAVk. 25, 127 g.
n
) R ο t h e η b a c h Bern 27.
"(SA-
Vk. 21, 40. 13) Schwld. 4, 591; L ü t o l f Sagen 77. " ) S t ö b e r Elsaß t, 80. " ) B a a d e r N.
Sagen
44.
") S t ö b e r
Elsaß
1,
80.
") SAVk. 25, 126b. ") L ü t o l f Sagen 77 i. ») SAVk. 25, 127ε. ») Ebd.; vgl. L ü t o l f 31.38. " ) M e i e r Schwaben 1, 150. »*) Nach J o h . P r a e t o r i u s Saturnalia (Leipz. 1663) 403 f. M) B a a d e r N.Sagen 15. u ) D e r s. Sagen
35.
") G r i m m
Liebrecht
Myth.
2, 653 A n m . ;
Gervasius 178. Hoff mann-Krayer.
Fasten gehört z u m religiösen Gebrauch fast aller Völker x ). Es ist keineswegs auf einen gemeinsamen Grund zurückzuführen, a u c h nicht e t w a bei einem einzelnen V o l k entstanden und v o n dort aus in die übrigen L ä n d e r verbreitet, sondern bei g a n z verschiedenen Völkern selbständig a u f g e k o m m e n . Natürlich haben, wie auf allen K u l t u r g e b i e t e n , auch die Ü b e r t r a g u n g e n v o n einem V o l k z u m anderen s t a t t g e f u n d e n . F ü r unseren deutschen V o l k s g l a u b e n ist v o r allem orientalisch-griechischer E i n f l u ß stark zu spüren, der teilweise unmittelbar v o n Griechenland her oder durch römische V e r mittlung, ζ. B. Plinius' Naturgeschichte, sich bei uns bemerkbar machte, oder aber in der U m g e s t a l t u n g , die solche Glaubensäußerungen im frühen und späteren Christentum erfahren haben *).
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Fasten
Viele solcher F.Vorschriften haben sich erhalten, wenn auch die Weltanschauung, der sie entsprungen sind, längst nicht mehr die herrschende ist und ihre Begründung meistens aus christlichen Vorstellungen gegeben wird. Wir können die ersten Gründe oft nur noch erkennen durch Beiziehung der Bräuche alter Zeit und durch Vergleich mit entsprechenden Anschauungen bei den Völkern, die heute noch auf einer frühen Stufe der Kulturentwicklung stehen. Durch Essen (s. d.) von Speisen, denen man eine übernatürliche K r a f t zuschreibt, setzt man sich in den Besitz dieser Macht und kann außergewöhnliche Wirkungen erzielen s ). Ist diese übernatürliche Macht schlimmer Art, so kann sie schädlich wirken. Man ist durch ihren Genuß tabu 4 ). Aus Vorsicht enthält man sich zu Zeiten und an Orten, wo man solche unheimlichen Mächte, als Dämonen oder Substanzen, um sich vermutet, überhaupt aller Speisen oder wenigstens der besonders gefährdeten. Deutlich sind derlei Anschauungen ausgesprochen in Verhaltungsmaßregeln bei Sonnenfinsternis. Das fürstbischöfliche Consilium medicum von Eichstätt hat in einem Publicandum vom 12. Juli 1654 auf Grund solchen Glaubens für eine Sonnenfinsternis, die am 12. August zu erwarten war, angeordnet, daß alle Leute zwei Tage vorher f., weil sich die L u f t vergifte. Vor- und nachher seien Pillen, Emanuellis, venetianischer Mithridat, Zitronen und Angelika einzunehmen. A m Tage der Finsternis selbst soll kein Wasser oder Kräuterwerk aus dem Garten in das Haus kommen, weil alles infiziert sei, und während der vorzüglich mittags dauernden Finsternis niemand essen oder trinken, damit der Leib keine Alteration erfahre 6 ). Eine Sonnenfinsternis (s. d.) wird auf die Einwirkung böser Dämonen zurückgeführt. Diese oder die von ihnen vergiftete Luft oder irgendwelche Substanzen, die während ihres Umgehens im Freien waren und von ihnen vergiftet sind, könnten beim Essen in den Menschen eingehen.
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Die Verordnung des consilium medicum in Eichstädt deckt sich ganz mit dem Volksglauben, den wir in Deutschland 6 ) und anderswo finden 7). Während eines G e w i t t e r s drohen dieselben Gefahren. Deshalb soll man auch da nicht essen. Man kann sonst er schlagen werden oder seine Zähne verlieren 8). Auch während man in irgendeiner Ver bindung mit dem T o d steht, wird bei verschiedenen Völkern die größte Vorsicht geübt. Im Odenwald e), in Thüringen und auf dem Hunsrück darf man während des Sterbeläutens oder während eines Leichenbegängnisses nicht essen. Sonst faulen einem die Zähne 1 0 ). Der hl. Bonifatius bestimmte, daß man für die Verstorbenen 30 Tage f a s t e 1 1 ) . Diese Verordnung entsprach altem Volksglauben, wenn sie auch in christlichem Sinne gegeben war. Bertholet vermutet 1 2 ), daß manchmal das F. bei Todesfällen als unblutiges Martyrium neben Verstümmelung und blutig Kratzen der Wangen aufgefaßt worden sei, daß aber ursprünglich andere Vorstellungen Beweggrund gewesen seien: man wollte sich nicht kultisch verunreinigen, nicht tabu werden. Dieser ursprüngliche Beweggrund des F.s bei einem Todesfall ist aus einer Menge von Beispielen fremder Völker ersichtlich 13 ). Wohl, weil die Toten und Dämonen bei Nacht umgehen, trinkt man in Armenien an den Abenden, an denen die Seelen erscheinen, kein Wasser, ebenso wie bei den Israeliten am Vorabend des S a b b a t s M ) . Hier braucht aber nicht immer die Furcht, mit den umgehenden Seelen in Verbindung zu kommen und durch sie Schaden zu erleiden, Grund des F.s gewesen zu sein, sondern auch liebevolle Rücksicht auf die umgehenden Toten, denen man jetzt keinerlei Nahrung vorenthalten will. Auch sonst findet sich der Glaube, daß man Verstorbenen für einige Zeit den Gebrauch ihrer gewöhnlichen Lebensgüter a b t r i t t 1 5 ) . Daraus ist vielleicht auch die Beschränkung auf gewisse Speisen zu erklären, der die Hinterbliebenen gleich nach dem Tode und
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an gewissen Tagen auch später, bisweilen durch das ganze Leben, sich unterziehen müssen. Gewisse Fälle aber können wohl nur auf die Furcht vor einem Tabu zurückgeführt werden. So durfte man bei den Balten, während Totenwache gehalten wurde, nicht so essen, daß es gesehen wurde. Hatte man Hunger, so ging man in ein anderes Zimmer und aß dort etwas 1 6 ). F ü r die F.gebote im deutschen Volksglauben die Beweggründe zu geben ist schwer. Die angeführten Beispiele zeigen verschiedene Gründe, die auch bei uns möglich sind. Aber den heutigen Bräuchen geht, besonders auf religiösem Gebiet, eine lange und von verschiedenen Kulturanschauungen durchkreuzte Geschichte voran, die wir vielfach nicht mehr entwirren können. Bisweilen mögen, durch christliche Vermittlung, auch israelitische Anschauungen nachgewirkt haben 1 7 ). Aus den oben gezeigten Anschauungen heraus hat sich da und dort der Glaube entwickelt, gewisse Speisen dürfe man an den Tagen, an denen die Toten umgehen, überhaupt nicht essen, weil sie den Toten vorbehalten sind. So aßen die Pythagoreer und andere, die besonders rein sein wollten, in der Antike keine H ü l s e n f r ü c h t e 1 8 ) . Auch bei uns ißt man an manchen Orten in den Zwölften, wo die Toten und sonst geisterhafte Wesen umgehen, keine Erbsen oder Bohnen l e ). Denn diese Hülsenfrüchte gehören elbischen Wesen; wer sie zur Zeit der Zwölften genießt, wird „elbisch verw i r r t " oder bekommt Ausschläge. Für diese Glaubensäußerungen darf wohl unmittelbarer Einfluß antiker Religionsanschauungen angenommen werden. Neben Hülsenfrüchten ist bisweilen F l e i s c h nahrung verboten. In Bayern herrscht der Glaube, man werde krank, wenn man um die Zeit der Wintersonnenwende Fleisch esse. Neuvermählte essen am Hochzeitstag kein Fleisch, „ d a m i t der Viehbestand des neuen Haushaltes nicht gefährdet s e i " ae ). Hier ist ein ganz anderer Beweggrund angegeben als sonst beim F. Wenn die H a b e am A n f a n g der
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Ehe abnimmt, dadurch, daß ein Tier geschlachtet wird, nimmt sie immer ab. Ob diese Begründung f ü r das F. hier ursprünglich oder erst später gegeben ist, wird sich kaum entscheiden lassen. Auch die Fleischverbote können von der Antike her beeinflußt sein. Sie sind dort mehrfach begründet: was eine Seele hat, jedes εμψϋχον, darf vom Menschen nicht getötet und verspeist werden. Das ist seit Empedokles öfters betont 2 1 ). Auch die antike Zauberei verlangt Fleischenthaltung 2 2 ). Möglicherweise gehen die Anschauungen, die zu den Fleischverboten führten, sogar in eine Zeit zurück, in der die indogermanischen Völker noch in engerer Verbindung miteinander standen. Denn sie finden sich schon in den Veden. Sie sind wohl aus der Scheu vor dem Lebensgeist des getöteten Tieres zu erklären 23 ). Auch J ä g e r müssen sich durch allerlei Vorsichtsmaßregeln, u. a. Fleischenthaltung, vor dem Lebensgeist des getöteten Tieres h ü t e n 2 i ) . Bei Ägyptern und Israeli ten wurden gewisse Tiere als rein, andere als unrein bezeichnet; diese Anschauungen wirken teilweise bei uns nach 25 ). Bisweilen hängt das F. zu gewissen Zeiten zusammen mit der Furcht vor einem Tabu, das man sich zuziehe durch Essen an Tagen, an denen es nicht geheuer ist. So fastet man in Bayern in den Z w ö l f t e n (s. d.), um nicht krank zu werden 2e ). Vielfach ist F . am Tage vor Weihnachten üblich, in Westfalen vom Untergang der Sterne bis zum Wieder a u f g a n g H ) . Bald nimmt man bis zum Mittagessen nichts zu sich, ißt aber dann reichlich F . s p e i s e n e ) , oder das Mittagessen fällt weg. Durch F . untertags kann man abends „die goldenen Schweinein" oder Meerschweine sehen 29). Wer in Böhmen am 24. Dezember früh zur Beichte und zum Abendmahl geht und den ganzen Tag fastet, kann mitternachts auf einem Kreuzweg die wilde J a g d sehen und bekommt einen Taler, der immer zu ihm zurückkehrt, so oft er auch ausgegeben wird 3 0 ). Allgemein bringt F . am Christtag besonderes Glück 3 1 ), in Schlesien sichert es gegen Hexenschuß 3 2 ).
1239
Fasten
Will ein Mädchen wissen, welchen Beruf ihr zukünftiger Gatte haben wird, so fastet es am heiligen Abend und ißt dann zur Zeit der Dämmerung vor dem Hause ein Stück Brot. Je nachdem zuerst ein Bauer, Handwerker, Beamter vorbeikommt, weiß es nun den Beruf seines zukünftigen Gatten 3 3 ). In Böhmen geht an Weihnachten die Paruchta um und schlitzt den Kindern, die nicht gefastet haben, den Bauch auf; frommen Kindern zeigt sie das goldene Schweinchen M ). Auch das Vieh muß am Tage vor Weihnachten, an Dreikönig und am Karfreitag f. 35 ). An Neujahr dürfen in Hessen keine Apfel, in Schmalkalden keine Klöße gegessen werden 3 6 ). Auch an Dreikönig ist F. für Mensch und Vieh üblich. Teilweise mag das darauf zurückgehen, daß mit Dreikönig die Zwölften zu Ende sind 37). Zum Teil mögen diese Enthaltungen auf dem weitverbreiteten Volksglauben beruhen, daß es in der Zeit der Zwölften nicht geheuer sei, weil unheimliche Mächte umgehen, teilweise mögen, besonders bei dem F. vor Weihnachten, christliche Anschauungen, nach denen F. ein Verdienst ist, mitgewirkt haben; sie wurden, wie so oft, in einem von der Kirche verurteilten Sinne angewandt. Das F. an den Tagen vor Ostern wird zunächst auf kirchliche Enthaltungsvorschriften zurückzuführen sein M ), wurde aber dann auch oft in einem Sinne angewandt, den die Kirche als abergläubisch mißbilligte. F. am Gründonnerstag schützt vor Zahnweh 3 3 ) und Fieber 4 0 ). In Adelsheim (Baden) gibt zum selben Zweck die Hausfrau den Angehörigen und dem Gesinde am Gründonnerstag eine F.brezel 41 ). Im Erzgebirge bewahrt F. am Gründonnerstag allgemein vor Erkrankung 42). Ebenso ist F. am Karfreitag üblich, nur, der kirchlichen Vorschrift entsprechend, strenger 4 3 ). Besonders darf man an diesem Freitag kein Wasser trinken, sonst leidet man den Sommer über Durst M ) oder wird von Schnaken geplagt 45). In Mecklenburg hilft Fleischenthaltung am Karfreitag gegen Mückenstiche 4 6 ), anderswo schützt das F. an diesem T a g vor
1240
Kopfweh 47). Auch das Vieh muß f., sonst gedeiht es nicht 4e). Vereinzelt kommt F. an Ostern vor. Man will dadurch vor Zahnweh oder Fieber bewahrt bleiben 49). Da und dort wird auch an anderen Tagen des Jahres gefastet, die von der Kirche aus nicht als Fasttage festgesetzt sind. Doch sind diese Enthaltungen örtlich beschränkt und beruhen meist auf einem Gelöbnis, das zur Erlangung eines Wunsches oder als Dank für ein besonderes Glück dargebracht worden war. So fasteten bei einem Wirt in Oberbayern Mensch und Tier am Sebastianstag, indem sie sich nur einmal während des Tages satt aßen, „weil bei einem früheren Besitzer eine Stute drei Jahre hintereinander am Sebastianitage glücklich gefohlt h a t " 50). Im Oberinntal wird am Josephstag (19. März) bis zum Abend gefastet 51 ), im 14. Jh. fasteten manche Leute an dem „abent unserre vrowen also si emphangen w a r t " d. 1. am 24. März 5 2 ). In diesen Fällen liegt christlicher Glaube zugrunde. Anders ist es mit dem F. bei Neumond 53). Aus der Anschauung heraus, daß man mit den Speisen etwas Unreines in sich aufnehmen könne, ist es verständlich, wenn Leute, die sich rein halten sollen für eine religiöse Handlung, einige Zeit vorher überhaupt nichts essen, sondern nüchtern bleiben. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn man durch eine Art von sakramentalem Essen eine Gottheit oder gotterfüllte Substanz in sich aufnimmt. Die Indianer reinigen vor dem Kampfe ihren Leib durch Abführmittel, damit der Kriegsgott in sie eingehe. Andere befreien sich durch Brech- und Abführmittel von den Sünden 51 ), die in diesem Falle als körperliche Wesen, vielleicht dämonenartig, gedacht sind und mit den abgehenden Stoffen entfernt werden. Nüchternsein wird aber nicht nur vor sakramentalem Essen, sondern allgemein als Vorbereitung zu magischen und religiösen Handlungen gefordert (s. u. nüchtern). Andererseits ist nach dem Volksglauben der nüchterne Mensch viel mehr den Anfeindungen böser Mächte ausgesetzt S6).
Χ 241
Fasten
Ohne d a ß eine bestimmte Ursache angegeben werden könnte, ist vollständige oder teilweise Enthaltung von Speisen v o r magischen und religiösen Handlungen allgemein verbreitet: so beim Heben von Schätzen 5e ), vor der Jünglingsweihe 57 ). V o n B e d e u t u n g ist dabei, daß der Zustand des F.den sich zu übernormalem Selbstvertrauen steigert. A m Harfenstein im Riesengebirge erscheint alljährlich in der Passionswoche eine weiße Jungfrau und singt herrliche Lieder. Wer sie hören will, muß zur Beichte und K o m munion gehen und dann drei Tage ohne Speise und T r a n k im Felsen zubringen 58 ). Diese Enthaltung ist v e r w a n d t mit dem F. als „psychisches I n z i t a m e n t " , durch das der Mensch hellseherisch und hellhörig wird und in Ekstase gerät 59). W e r einen Geist erlösen will, muß vorher f. 60 ). W e n n 40 Personen einen T a g lang f., kann man nach dem Volksglauben in Wagshurst, Mittelbaden, Knochenfraß abwenden e l ) . Bei Festlegung einer umstrittenen Grenze mußte die Person, welche das Vertrauen der streitenden Parteien dazu berufen hatte, f., dann einen K r a n z von roten Blumen aufsetzen, einen roten Mantel anziehen, Erde auf ihr H a u p t streuen und in diesem A u f z u g die zu bestimmende Grenze abschreiten e 2 ). Bei Wallfahrten ist öfters F. verordnet e3 ). F. kann zur Erlangung von Reichtum und Ehre führen e4 ). Vor A b l e g u n g eines Eides hielt man in Westfalen F. für nötig e s ). Öfters ist auch bei diesem VorbereitungsF. eine Furcht vor Mächten der Erdtiefe, den Toten und Dämonen zu bemerken, die zur Totenehrung übergehen kann ®6). Hierher gehört das s c h w a r z e oder schwere F., das man auf sich nimmt, wenn man bestohlen worden ist. Man kann auf verschiedene A r t den Dieb zu Tode f. In Siebenbürgen sucht der Geschädigte sich eine schwarze Henne heraus, läßt diese an neun Freitagen nichts fressen und ißt auch selbst nichts. Der Dieb muß dann entweder das Gestohlene zurückbringen oder er stirbt OT). Man kann gegen Diebe auch andere Leute für sich f. lassen 68).
I 242
Im christlichen Sinne h o f f t man, durch die Entsagung, die man durch das F. auf sich nimmt, etwas Gutes herbeizuführen. F. an sich gilt als Verdienst. Man legte sich freiwillig diese Entsagung auf, um Gott wohlgefällig zu sein oder sich ihm dankbar zu erweisen. V o n diesen christlichen Anschauungen aus ist wieder der Volksglaube beeinflußt 69). Durch volkstümliche Erzählungen wurden sie verbreitet. So berichtet eine mittelalterliche Quelle von einem Räuber, der in der Nähe von R o m gelebt und viele Menschen umgebracht habe. Als er eines Tages am Meeresgestade schlief, schlugen ihm seine Feinde das H a u p t ab. Es rollte hinab ins Tal und rief ohne U n t e r l a ß : „Heilige Jungfrau Maria, gib, daß ich aufrichtig beichten k a n n . " Da der abgeschlagene Kopf diese W o r t e laut rief, holte man einen Priester. Dieser trat erst zu dem K o p f heran, als man ihn zu dem K ö r p e r zurückgetragen hatte. Dann sprach er zu dem R ä u b e r : „ I c h wundere mich über das, was ich an Dir sehe." D a antwortete der R ä u b e r : „ A l s ich noch lebte, hörte ich, daß jeder, der am Donnerstag oder am Samstag zu Ehren der seligen Jungfrau Maria faste, ohne allen Zweifel v o r seinem Tode eine aufrichtige Beichte ablegen müsse. Und, obschon ich ein Sünder war, habe ich dies doch der seligen Jungfrau zu Ehren getan. E t w a s anderes habe ich nicht getan, woran ich mich sonst noch erinnern k ö n n t e . " Mit diesen Worten starb er und ging zu Christus in die ewige Seligkeit ein 7 0 ). Ähnliche Belege f ü r F. sind in christlichen Erzählungen öfters angeführt. Auch war das F. als Buße, wie es die Kirche verordnete, für den Volksglauben von Bedeutung. *) F e h r 1 e Kult. F. im deutschen Volksglauben. B a y . H f t e 2 (1915), 171 ff.; R . A r b e sm a η η F. im antiken Zauber. BlbayVk. 2 (1927), 48 ff.; C. Η a b e r l a n d Über Gebräuche und Aberglauben beim Essen. ZfVölkerp s y c h . 17 (1887), 353 f f . ; 18 (1888), 128 ff. 2 5 5 ff· 357 ff-; D e r s . Gebotene und verbotene Speisen bestimmter Tage, Globus 55 (1889),
155 ff. 171 ff. 188 ff. 204 ff.; H.
Die
Speiseverbote,
ein
Problem
Schnitz
der
Völker-
kunde. Samml. gemeinverst. wiss. Vorträge. N. F . 8. Reihe,
Heft
184 (1893); Ε b e r t
Fastenzeit
1243
Rea.ll. s. ν . Askese, F . , M e i d u n g ; Hastings s . v . Fasting; L. M a r t r o u Les ,,Eki" des Fang. A n t h r . 1 (1906), 745 ff. 2) K a r l B ö c k e n h o f f Das apostolische Speisegesetz in den ersten fünf Jahrhunderten, ein Beitrag zum Verständnis der quasi-levitischen Satzungen in älteren kirchlichen Rechtsquellen, 1903; D e r s . Speisesatzungen mosaischer Art in mittelalterlichen Kirchenrechtsquellen des Morgenund Abendlandes. 1907. a) D i e t e r i c h Mithrasliturgie 95 f f . ; A R w . 13, 406. 424; J. X a m b o r n i n o De antiquorum. daemonismo 1909, 37 f. 103; Ο 1 d e η b e r g Religion des Veda 482. 487; F e Ii r 1 e Keuschheit 42 f f . ; R o h d e Psyche 2, 76; N J b b . 3 9 (1917), 4 9 1 i - ,
v g l . 484. 489.
5)
Ba-
v a r i a 3, 943 f . ; J. S a x Geschichte des Hochstiftes und der Stadt Eichstätt, neu bearb. v. J. B l e i c h e r (1927), 308. «) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 55. ') H a b e r l a n d 257 f. s ) D e r s . 258. ') S c h m i t t Hettingen 17. 10) H a b e r land 257; S a r t o r i Totenspeisung 58. n) P f a n n e n s c h m i d Erntefeste 166 f. M) R G G . 13 ) S a r t o r i 5, 1303. Totenspeisung 55 f f . ; A R w . 12 (1909), 130. 14 ) Jb15 j ü d V k . 1925, 300 f f . ) B e r t h o l e t Lehrbuch d. Religgesch. 1, 60; S a r t o r i Totenspeisung 5 5 ; A R w . 12 (1909) 343; H ö f l e r Fastengebäcke 68. l e ) A R w . 17 (1914), 483; vgl. l7) S a r t ο r i 502 f. Totenspeisung 57 f.; H o o p s Reallex. 2, 14. 18) T h . Η ο ρ f η e r Griechisch-ägyptischer Offenbarungszauber 1 (1922), § 5 2 9 ; A R w . 14 (1911), 574; P l u t a r c h 19 Rom. Fragen K a p . 95. ) Z f ö V k . 9 (1903), 18; L ü 1 1 i c h Zahlen 35; Z f V k . 6 (1896), 429 f f . ; W u t t k e 64. S. o b e n B o h n e i , 1470. ") W i i t t k e 64; S c h ö n w e r t h Ober2 l pfalz I , 98. ) R o h d e Psyche 2, 1 8 1 . 22 ) H e i m Incantamenta 560; H o p f η e r Griech. ägypt. Offenbarungszauber i , § 850 f. 23 ) O l d e n b e r g Religion des Veda 4 1 4 ; Η ö f 1 e r Fastengebäcke 69; J o l l y Recht und Sitte 1 5 7 . 24 ) G l o b u s 86 (1904), 3 7 5 f . ; 87 (1905), 399. 2S) A R w . 17 (1914), 427 f f . 26) P a n z e r Beitrag 1, 264; B a v a r i a 2, 3 1 2 ; Z f ö V k . 9 (1903), 17 f . ; E r l a n g e r H e i m a t b l ä t t e r 3 (1920), 154; v g l . E . H . M e y e r Germ. Myth. 280. 27) E R E . 2 , 8 3 ; G r i m m Myth. 1, 41. ») S a r t o r i Sitte 3, 27. 2e) L a u b e Tcplitz 35. W u t t k e 409. 31 ) H a b e r l a n d 53. " ) D r e c h s l e r 1, 33 15. ) S c h r a m e k Böhmerwald 117. 35 '*) G r o h m a n n 1. ) W u t t k e 436. 3 ") S a r t o r i 3 , ) B a u m g a r Sitte 3, 67. t e n Heimat 3 , 9 7 ; W u t t k e 69; B a v a r i a 4, 2,393N J b b . 39 (1917), 172 ff. 3") M a n n h a r d t Germ. Mythen 134; W u t t k e 74. 351. 40) G r i m m Myth. 3, 437. 41 ) H m t l . 2 (1915), 1 7 . 42 ) J o h n Erzgebirge 1 1 2 . Vgl. E.H. M e y e r Germ. Myth. 210. 43) S a r t ο r i Sitte 3, 144. 44 ) S c h m i t t Hettingen 105. « ) W u t t k e 75. *·) Η a b e r 1 a η d 52. 47 ) F r i s c h b i e r Hexenspr. 73. ω ) W u 1 1 k e 7 5 ; S c h w V k . 2, 48. " ) H ö f l e r Ostern 1 3 ; W u t t k e 72; H a b e r l a n d 51 f. ») D G . 1 5 (1914), 139; v g l . B a u m g a r t e n Jahr 1 7 .
1244
" ) S a r t ο r i Sitte 3, 129. « ) Η ö f 1 e r Fastengebäcke 97. δ3) G r i m m M j i l i . 3, 4 1 4 ; F r a n z Nik.de Jawor 170. " ) D i e t e r i c h Mithrasliturgie 99; A R w . 1 7 (1914), 362. 387. " ) Z f V ö l k e r p s y c h . 18 (1888), 22 f f . ; S e 1 i g m a η η Blick ι , 194. ··) Κ u ο η i St. Galler Sagen 64; L a n d s t e i n e r Niederösterreich 50. 67) W e i s e r Altgerm. Jünglingsweihen 20. 29. Grohm a n n 47; v g l . ebd. 29. 59) L e h m a n n in B e r t h o l e t s Lehrbuch d. Rel.gesch. 1, 1 2 3 t . 1 2 7 ; 2, 82. 97. 106. 1 1 7 ; T y l o r Cultur i , 302. 439. w) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 293; G r ο l i m a η η 47. " ) M e y e r Baden 529. β2) J o l l y Recht und Sitte 1 1 2 . β3) A n d r e e Votive 33; K n u c h e l Umwandlung 59. e4 ) Z f V k . 1 1 (1901), 274. e5 ) A R w . 12 (1909), 58. ββ) H ö f l e r Organotherapie 27 f . ; d e r s . Fastengebäcke 70 f. β7) W e i n h o l d Neunzahl 1 9 ; S A V k . 25 (1925), 1 7 ; M ü l l e r Siebenbürgen 126. ") Urquell 4 (1893), 69; v g l . A R w . 13 (1910), 536. » ) W u t t k e 289 f. 390. ,0 ) K l a p p e r Erzählungen 209; v g l . ebd. 40 f. 96. Fehrle.
Fastenzeit. 1. E i n n a c h d e m V o r b i l d e J e s u v i e r z i g tägiges
Fasten
vor
Ostern,
Q u a d r a g e s e , K i r c h e seit
dem
hat
die
die
4. J h . 1 ) .
sog.
römische
E s sollte
eine
Zeit der inneren R e i n i g u n g u n d Heiligung u n d eine V o r b e r e i t u n g auf eine Osterfeier
sein.
Den
Anfang
A s c h e r m i t t w o c h
würdige
bildet
der
(s. d . ) .
F ü r das F a s t e n g e n ü g t nicht die völlige Enthaltung von Speise und T r a n k rend einer b e s t i m m t e n Zeit —
auf
wähIsland
d u r f t e w ä h r e n d der g a n z e n F . das
Wort
Fleisch (kjöt) nicht einmal genannt
wer-
den
noch
2)
dazu,
—
sondern
daß
den
erdes
und
Speisen,
auch
laubten Zwischenzeiten zur Fristung Lebens
die
es g e h ö r t
genossen
einfacher
die
werden,
in
von
Beschaffenheit
geringer seien.
Fi-
sche, Mehlspeisen und G e m ü s e sind j e t z t die
gewöhnlichsten.
Erst
1491
wurden
Milch- u n d Butterspeisen, noch später der Genuß ältesten
von
Eiern
Fastenspeise
bloß
brei
f ü r die
sche
4 ).
erlaubt3).
christlichen Auch
Zeiten
in W a s s e r
und
5).
den die
Mehl-
christlich-germani-
F. bildete das F a s t e n m u s
sonderheit
In
bestand
eine
Be-
U n t e r den G e b ä c k e n spielen
n a m e n t l i c h die B r e t z e l (s.d.) eine R o l l e 6 ) . Übrigens konnte durch Geld und das Fasten a b g e k a u f t
Gebete
werden').
N e b e n der E n t h a l t u n g v o n Speise Trank
treten
andere
und
V e r b o t e
auf.
M a n soll v o r a l l e m n i c h t h e i r a t e n ,
denn
1245
Fastnacht
„ F a s t e n b r u t d e i t selten g u t " 8 ) , u n d die Freier, die in der F a s t e k o m m e n , w e r d e n m a d i g , d. h. es w i r d n i c h t s a u s der Heir a t 9 ) . U n g e r n z i e h t m a n in eine neue W o h n u n g ein 1 0 ). W e r B e t t e n frisch ü b e r z i e h t , d e m z i e h t der S c h i n d e r das F e l l a b 1 1 ) . D a s E n t w ö h n e n der K i n d e r ist s c h ä d l i c h , weil ihr H u n g e r d a n n k a u m z u stillen i s t 1 2 ) . D a g e g e n soll m a n v i e l b e t e n . In der E i f e l n a h m m a n a n den S o n n t a g e n n a c h der A n d a c h t noch b e s o n d e r e B e t g ä n g e auf sich, u n d M ä n n e r in r a u h e n S ä c k e n ( „ H a b i t m ä n n e r " ) , mit schweren Kreuzen b e l a d e n , s c h r i t t e n in der M i t t e des Z u ges 1 3 ). In T i r o l u n d S t e i e r m a r k b e s u c h t m a n gern die F a s t e n k r i p p e n u n d die K a l v a r i e n b e r g e u n d v e r g n ü g t sich d a r a n , bei den S t a t i o n s b i l d e r n , die C h r i s t u s in d e n H ä n d e n der s t e i n i g e n d e n J u d e n darstellen, diese z u v e r s t ü m m e l n oder z u v e r unreinigen 1 4 ). *) K e l l n e r Heortologie 70 ff. 2 ) M a u r e r Island. Volkssag. 207 f. ') L a m m e r t 40. ') K e l l n e r 7 3 · 7 7 · H ö f l e r Fastnacht 72. ·) Ebd. 80 ff. 98. Vgl. „Bretzel" oben 1,1565. 1568 ff. ') F r i e d b e r g Bußbücher 5 f. ·) Α η d r e e Braunschweig 296. *) D r e c h s 10 l e r 1,227. ) J o h n Erzgeb. 28. " ) W i t z s c h e l Thüringen 2, 190 (17). 12 ) L a m m e r t 176 (Unterfranken). " ) W r e d e Eileier Vk.s 212. 14 ) H ö r m a n η Volksleben 37 f.; R o s e g g e r Steiermark 218 ff. 2. D i e F . ist eine G e i s t e r z e i t 1 5 ) (vgl. a u c h F r o n f a s t e n ) . Gespensterpudel le), weiße F r a u 1 7 ), Totenw a g e n ω ) , F e u e r m a n n 10 ), D r a c h e M ) u n d sonstiger S p u k 2 1 ) g e h e n u m . In Schlesien treiben diese G e s t a l t e n a u ß e r in der Fastenzeit gewöhnlich auch im A d v e n t ihr W e s e n . Im Q u e r f u r t e r Schlosse s p u k t ein M ö n c h 22 ), bei N e b r a a. U n s t r u t die S c h l ü s s e l k a t h r i n e 2 3 ) . B e i den M ä h r e r n ziehen S c h i m m e l r e i t e r und E r b s e n b ä r m i t i h r e m G e f o l g e heru m 24 ). Die g e w a l t s a m e E n t f e r n u n g einer S t r o h p u p p e f i n d e t an einigen O r t e n a n einem S o n n t a g e in der F . s t a t t 2S ). In H a l b e r s t a d t w a n d e r t e ein m e n s c h l i c h e r S ü n d e n b o c k , A d a m genannt, von A s c h e r m i t t w o c h bis G r ü n d o n n e r s t a g m i t n a c k t e n F ü ß e n d u r c h die K i r c h e n 2 e ). " ) B o h n e n b e r g e r 7. " ) K ü b n a u Sagen 1, 68. ») Ebd. 1, 93. 1B) Ebd. 1, 373.
1246
») Ebd. 1, 402. 426. 2°) Ebd. 2, 33. « ) Ebd. 1, 118; 3, 50. **) Κ u h η u. S c h w a r t ζ 205 f. " ) Ebd. 210 (235). " ) T e t z n e r Slawen 275. " ) Κ a ρ f f Festgebräuche 13. " ) ZfVk. 3, 370; F r a ζ e r 9, 214. 3. W i e das W e t t e r a n den ersten v i e r F r e i t a g e n in d e n F a s t e n , die F a s t n a c h t s w o c h e m i t g e r e c h n e t , so ist es a u c h in d e n v i e r J a h r e s z e i t e n . A u c h a n d e n Quatembertagen (Mittwoch, Freitag und S a m s t a g der ersten F a s t e n w o c h e ) w i r d v o n den L a n d l e u t e n f l e i ß i g auf das W e t t e r g e a c h t e t . W i e an diesen T a g e n , so wird es sich im k o m m e n d e n F r ü h l i n g oder d u r c h f ü n f W o c h e n g e s t a l t e n 27 ). 1
") S t r a c k e r j a n
2, 66.
4. Mit d e m A u s l ä u t e n (in W e s t f a l e n bereits a m M i t t w o c h v o r Ostern) w u r d e „ d e r F a s t e der H a l s g e b r o c h e n " oder „ a b g e l ä u t e t " . In W i n t e r b e r g s t ü r z t e m a n d a b e i eine K a t z e v o m T u r m M ) ; in Selfkant und L i m b u r g wurde „ d e Vauste u t g e b r a n n t " d u r c h das v o m P r i e s t e r a u s d e m S t e i n e g e s c h l a g e n e O s t e r f e u e r a n der K i r c h e n t ü r 29 ). So ernst die F. ist, u n d so n a c h d r ü c k lich die K i r c h e diesen E r n s t e i n z u s c h ä r f e n s u c h t , — in den V o l k s b r ä u c h e n s e t z t sich die F r ö h l i c h k e i t der F a s t n a c h t n o c h eine Z e i t l a n g über den A s c h e r m i t t w o c h h i n a u s f o r t . D e r D o n n e r s t a g u n d der F r e i t a g n a c h d i e s e m f ü h r e n noch b e s o n d e r e B e z e i c h n u n g e n ""J. D e r S o n n a b e n d v o r d e m ersten F a s t e n s o n n t a g h e i ß t in B ö h m e n „ F u c h s s o n n t a g " . A n i h m h ä n g e n die E l t e r n ihren K i n d e r n B r e t z e l n in die B ä u m e u n d sagen, der F u c h s h ä t t e sie g e b r a c h t 3 1 ). — Ü b e r die w e i t e r e n H a u p t t a g e der F a s t e n s. I n v o c a v i t (Fun k e n s o n n t a g ) , L a e t a r e , Jud i c a. *>) Η ü s e r
Beiträge
*») ZfrwVk. 3, 150. 31 ) Ebd. 73.
M
2
(1898),
34
(8).
) H ö f l e r Fastnacht 72. Sartori.
Fastnacht. I n h a l t : 1. Allgemeines. — 2. Überwindung des Winters; neue Zeit. — 3. Arbeit in Haus, Garten und Acker. — 4. Vertreibung des Ungeziefers. — 5. Pflege der Obst bäume. — 6. Sorge für Geflügel und Vieh. — 7. Verbote. — 8. Geister und Hexen. — 9. Vertreibung des Bösen. — 10. Förderung der Fruchtbarkeit. — I i . Heiraten; Frauen und
1247 Mädchen. — 12. Essen und Trinken. 13. Kuchen. — 14. Wetterregeln; Orakel.
Fastnacht —
I. Die Freuden und Bräuche der F. im weitesten Sinne beginnen gleich nach Weihnachten oder Dreikönigen und sollen eigentlich mit dem Dienstag vor Aschermittwoch schließen, setzen sich aber oft noch ziemlich weit in die Fasten hinein fort. Freilich wird nicht täglich gefeiert, sondern nur an bestimmten Tagen, vor allem an den drei Donnerstagen vor Estomihi (Quinquagesima). Mit dem letzten von diesen beginnt dann die eigentliche „ F . s w o c h e " . Jeder T a g in ihr hat seinen besonderen Namen *) und vielfach auch seine eigenen Bräuche. A m Sonntag Estomihi ist „Herrenf.", d. h. F. der Geistlichen, die früher fällt als die der Laien 2 ). Mit diesem Tage setzt mitunter erst die Bezeichnung „ F . " ein, bis dahin redet man von „ F a s c h i n g " 3 ). Der F.sonntag gilt manchem als ein heiliger Tag, und im Böhmerwalde sprechen Leute in allem Ernste von einer „heilin Fos c h u n g " 4 ) . Den folgenden Montag bezeichnet man als „ B a u e r n f . " , den Dienstag als „Narrenf.". Dieser ist der Hauptfesttag, die eigentliche F., der Fastelabend. Der Name ist mit „ f a s e l n " zusammengebracht worden, wird jetzt aber doch meistens als Vorabend der Fasten a u f g e f a ß t 5 ) . Protestanten haben mitunter im Gegensatz zu katholischen Vorschriften mit diesem Dienstag eine Fastenwoche begonnen 6). Der heutige Karneval der großen Städte, namentlich des Rheinlandes, ist erst hundert Jahre alt. Aber in der Zeit der F. im weitesten Sinne spielt sich eine Menge alter Bräuche ab, die dem steigenden Jahre Fruchtbarkeit und Segen schaffen und alle feindlichen Mächte unschädlich machen wollen 7 ). Da die lange Dauer der bevorstehenden Fasten mancherlei Entbehrungen auferlegt, so nehmen diese Bräuche zum großen Teil Formen einer Ausgelassenheit an, die sich recht bewußt noch einmal austoben will. Nur vor dem Kirchhof und der Kirche macht der Übermut halt. Ein Maskierter, der einst fliehende Kinder bis in die Kirche verfolgte, konnte nachher sein Leben-
lang die Maske nicht mehr vom Gesichte kriegen 8 ). Ein Vermummter darf den Kirchhof nicht betreten, sonst zerfällt er in Staub und Asche 9 ). Besonders die drei letzten Tage betonen diesen Mutwillen in immer steigendem Maße. Er hat selbst auf die Neugeborenen nachhaltigen Einfluß. K o m m t ein Kind an einem F.tage zur Welt, so wird es ein Gaukler oder mindestens ein Schalk (Rheinland) 10). Wird ein Kind während der F. zur Kirche getragen, so läßt der Humor im späteren Leben Kummer und Sorge nicht aufkommen u ) . K a p f f Festgebr. 9; R e i s e r Allgäus, 45; H ö f l e r Fastnacht 21. 24. 27. 58. 60. 2) H o f f m a n n - K r a y e r 125; Messia) kommer i , 136. Leoprechting Lechrain 161. *) S c h r a m e k Böhmerwald 135. ') ZfrwVk. 3, 242 f. Vgl. Μ e η s i η g 2, 25 f. ·) K a p f f Festgebr. 9. ') A R w . 17, 139 ff. *) R e i s e r 2, 50; M ü l l e r Urner Sagen 2, „Drapoling". ·) Hrotl. (Baden) 13 (1926), 10.
l0)
ZfrwVk. 5, 51.
u)
Manz
Sargans
121.
2. Die erfreuliche Wendung, die mit der bevorstehenden Ü b e r w i n d u n g d e s W i n t e r s eintritt, wird entsprechend gekennzeichnet. Die Burschen gehen in schneeweißen Strümpfen oder Hosen zum Tanze 12 ). Man soll bei diesem ein neues Kleidungsstück, zum mindesten weiße Wäsche tragen 1 3 ). A m F.tage gewaschene Wäsche wird blendend weiß 14 ). Der viele Schaum, den die große Wäsche verursacht, deutet auf viele Milch im ganzen Jahre 1B). Alle Vorräte an Getreide, Kartoffeln, Wurzeln, Fleisch und Wurst werden gewendet, Bohnen und Sauerkraut abgewaschen, die Bienen gehoben und gereinigt, auch das Geld einmal herumgeschüttelt (Odenwald) M ). A m Faschingsdienstag soll man sich die Haare schneiden 17 ). Masken gehen von Haus zu Haus und versuchen die Leute zu rasieren 18), namentlich die alten Jungfern 19), denen man auch in der „ A l t weibermühle" neue Jugendfrische zu verschaffen vorgibt 20). S. auch N a r r e n gericht. ι2) S t r a c k e r j a n 2, 64; Sartori Westfalen 33. " ) J o h n Erzgeb. 191. " ) S a r t o r i Sitte 3, 1 1 7 A. 110. l s ) K n o o p Posen 324 (67). 1β) Hmtl. (Baden) 13, g. 1 1 ; HessBl. 11, 223. " ) Z i n g e r l e Tirol 137 (i2°4)·
1249
Fastnacht
") J o h n Westb. 43; S a r t o r i 3, 120 Α. 140. 10) Η ö r m a η η Volksleben 11. ">) S a r t o r i 3, 120 Α. 142. 3_ Vieles, w a s man j e t z t in H a u s und G a r t e n und auf dem A c k e r vornimmt, bringt besonderen Segen 21 ). Man m u ß B u t t e r stoßen, W i e s e n wässern, Reiser z u m Veredeln der O b s t b ä u m e schneiden, das Geschirr herrichten, das L e d e r z e u g einfetten. D a v o n h ä l t es länger, und das Z u g v i e h wird stark und zieht das ganze Jahr hindurch besser 22 ). Salat, der auf F. gesäet wird, geht auf, und wenn er auf den Schnee f ä l l t 2 3 ) . Gerste w i r f t m a n durch ein A s t l o c h 24 ). Man soll j e t z t schon die f ü r die k ü n f t i g e E r n t e erforderlichen Garbenbänder binden, damit sie reich ausfällt und vor Mäusefraß sicher b l e i b t 2 S ) . Man h ä n g t drei S t ü c k unters D a c h 2e ) und bindet sie auch dem V i e h u m " ) . Die Deichsel darf man nicht in die Tenne hängen, man m u ß sie legen Die P f l ö c k e müssen an F. in die P f l ü g e g e m a c h t werden (Franken) 29 ). «) HessBl. II, 223 t. " ) Hmtl. (Baden) 13, 0. 11; Z i n g e r l e Tirol 137(1203). 23) E b e r h a r d t Landwirtschaft 2. " ) J o h n Westb. 38. ") S a r t o r i 3, 116 A. 113; D r e c h s l e r 1, 56; J o h n Westb. 184; G r i m m Myth. 3, 458 (684). «·) J o h n Westb. 38. 41. 2') S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 311 (8). 2») J o h n Westb. 38. ») W u t t k e 418(651). 4. Das U n g e z i e f e r wird j e t z t durch allerlei Reinigungsmittel verscheucht, namentlich durch E n t f e r n u n g des K e h r i c h t s weit w e g oder auf den D ü n g e r h a u f e n des N a c h b a r n 30). Die Magd m u ß das nackt, unbesehen und unberedet tun 31 ). Die Fenster werden v o n innen und außen gewaschen, dann werden sie im Sommer nicht so sehr v o n Fliegen b e s c h m u t z t 32 ). W e r F . d i e n s t a g f r ü h nach S o n n e n a u f g a n g stillschweigend drischt, vertreibt die Maulwürfe 33 ). Drei Schläge mit dem Dreschflegel auf die Wiese töten sie 34 ). A u c h schlägt der B a u e r am K a r f r e i t a g auf seine Feldgrenze spitze P f l ö c k e ein, die er a m Morgen der F. geschnitten h a t ; so weit der Schall geht, können Maus und Maulwurf nicht zu (Bayern) 3S ). ») P a r t o r i Sitte 3, 116 A. 116. " ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 279 f. M ) J o h n Erzgeb. 191. 33) G r i m m Myth. 3,442(244). ") J o h n
1250
Westb. 41; vgl. SAVk. 7 (1903), 5 ' · ") Opfergebr.
Jahn
113.
5. Den k ü n f t i g e n E r t r a g der O b s t bäume sucht m a n schon j e t z t zu fördern 3e ). Sie sollen mit Stroh (im EgerIande mit roten Bändern) u m w u n d e n werden 37 ). D a s m u ß während des A b e n d läutens „unbeschrieen" geschehen Μ ). W e n n sie F . s beschnitten werden, leiden sie nicht v o n R a u p e n und W ü r m e r n s e ). A u c h durch K ü c h e n a s c h e v o n F. s c h ü t z t man sie davor 40). Man soll die B ä u m e v o r S o n n e n a u f g a n g schütteln, dann f i n d e t m a n das ganze J a h r Vogelnester; desgleichen, w e n n m a n sich im H e m d unter den Tisch setzt oder ums H a u s l ä u f t " ) . ") S a r t o r i 3, 116 A. 115. 37) J o h n Westb. 37. ») Hmtl. (Baden) 13, 11. 3») G r i m m Myth. 439 (154); B i r l i n g e r A.Schw. 2,54. «) W u t t k e 427(669). 41) J o h n Westb. 41. 6. Die H a u s f r a u h a t vielerlei f ü r ihr G e f l ü g e l zu beobachten 42 ). A u s dem F.bären soll sie etwas Erbsenstroh ausziehen und es den brütenden Hühnern und Gänsen unterlegen, dann schliefen alle Eier aus 43 ). Den Hühnerstall soll man putzen, das fördert das Eierlegen 44 ). G i b t man den Hennen in der F. K r a u t zu fressen, so v e r t r ä g t sie der Geier n i c h t 4 5 ) . Man darf nicht aufs Feld gehen, weil sonst die H ü h n e r z u c h t leidet (Franken) 4e ). — A u c h dem V i e h wird besondere Sorgf a l t zuteil. S t e c k t man Birken in den Hof, daß es sich daran reibt, so bleibt es v o n Ungeziefer f r e i 4 7 ) . A m F.dienstag darf keine Milch v e r k a u f t werden, weil die K ü h e v e r h e x t werden k ö n n t e n ; dem V i e h m u ß m a n das F u t t e r v o n w e i t e m hinstreuen 4 8 ). A u c h a c h t e t man darauf, ob der erste Besuch im Hause ein Mann oder ein W e i b sei, danach b e k o m m t die trächtige K u h ein Ochsen- oder ein Kuhkalb 4 0 ). In B a y e r n sucht man a m F . s o n n t a g möglichst schnell mit dem F ü t t e r n des Viehes fertig zu werden, so daß man „ d i e Sonne noch in den Stall s p e r r e n " k a n n ; dann h a t man das ganze J a h r einen w a r m e n Stall **>). Die jungen Ochsen werden a u s dem Stall gelassen, daß sie g u t ziehen l e r n e n 5 1 ) . Die Ställe werden ausgemistet, d a m i t der Mist „ f a s c h e l t " d. h. das ganze J a h r über t ü c h t i g z u n i m m t . D a s Vieh
Fastnacht wird geputzt, damit es schön bleibt 52 ). Man gibt ihm am F.dienstag B l u t w u r s t , d a m i t es keine B l a t t e r n im Maule bek o m m t 5 3 ), schüttet ihm B r a n n t w e i n in die Ohren, um Auswachsen und Mißbildung der H u f e zu v e r h ü t e n 5 4 ) , gibt K ü h e n , Ochsen und P f e r d e n ein S t ü c k B r o t mit Gesundheitspulver und Salz, damit sie stark und gesund bleiben 5S ). In Oberösterreich schor man das Vieh zwischen den Hörnern und warf die A b f ä l l e s a m t dem eben im B a r r e n befindlichen F u t t e r v o r S o n n e n a u f g a n g in ein fließendes Wasser 5 6 ). «) S a r t ο r i 3, 1 1 7 A. 1 1 8 ; Hmtl. (Baden) 13, 9. χι. " ) G r oh m a n η 140 (1024); F r a ζ e r 8, 326. " ) D i e n e r Hunsrück 229 f. 45) Z i n g e r l e Tirol 139 (1214). " ) W u t t k e 83 (98). «) D r e c h s l e r 2, e 217. ) John Westb. 41. «) S c h ö η w e r t h 1 , 3 4 0 . M) F e h r l e Volksfeste 49 f. 51 ) Köhler Voigtl. 369; Schräme k Böhmerwald 240. Vgl. HessBl. 11, 224 (33. 34). M ) Hmtl. (Baden) 13, 9. 11. si) S c h ö n w e r t h 1, 3 1 1 (8). M) S c h r a m e k Böhmerwold -2. qa. 55) J o h n Erzgeb. 190; S a r t o r i 3, 1 1 7 A. 1 1 7 . 5e) B a u m g a r t e n Jahr 18. 7. Dem vielen Gebotenen stehen zahlreiche V e r b o t e g e g e n ü b e r 5 7 ) . Vor allem soll nicht g e s p o n n e n werden, sonst mißraten Garn und F l a c h s M ), oder es werden lauter „ B r a t w ü r s t e " (dicke F ä d e n ) gesponnen 5 9 ), oder das Vieh l a h m t oder wird k r u m m β®), oder die Gänse werden k r u m m e l ), oder es kommen R a t t e n , Mäuse, Frösche und Schlangen ins H a u s e2 ). Was in der F . gesponnen wird, das fressen die M ä u s e e 3 ) . Alle R o c k e n sollen leer sein 6 1 ), sonst k o m m t F r a u Herke, F r a u Holle, F r a u B e r h t a , das P f i n z d a - W e i b l 6 5 ) oder „ d e r F a s c h i n g " drein 66 ). S p i n n r a d und R o c k e n werden sorgfältig v e r s t e c k t 6e ), sonst kommen im S o m m e r viele Schlangen und wildes Getier 67 ). Oder das Spinnrad wird zugebunden, damit der „ F a s c h l b o u z " nicht hineinschlüpfen k a n n 6 8 ) . A u c h stecken die K n e c h t e den R o c k e n in B r a n d M ), denn die Spinnzeit ist nun vorbei. «') S a r t o r i 3, i i 7 f . ; HessBl. 11, 223 f.; Hmtl. (Baden) 13, 10; W u t t k e 83 (97. 98); D i e n e r Hunsrück 230 (nicht backen). S a r t o r i 3, 1 1 8 ; K u h n Mark. Sag. 378; G r i m m Myth. 3, 458 (683). 6») ZfdMyth. 1,
1252
200 (Harz). ®°) K u h n u. S c h w a r t z 370; Drechsler 1, 55; W u t t k e Sachs. Volksk. 370. ZfVk. 6, 436 (Anhalt). °2) Ebd. 6, 438; Hmtl. (Baden) 13, 10; ZföVk. 4, 148; B a u m g a r t e n Jahr 18. ea) ZföVk. 4, 148; SAVk. 15, 5; W e t t s t e i n Disentis 173 (21). M ) S a r t o r i 3, 1 1 8 A. 128. e5) V e r n a l e k e n Mythen 293. ,5 ) Kuhn u. S c h w a r t z 370; K u h n Westfalen 2, 5; S c h r a m e k Böhmerwald, 135. ") G r i m m Myth. 3, 458 (683). ·') S c h r a m e k 135; B a u m g a r t e n Jahr 18. «) Hmtl. (Baden) 13, 10. TO ) K u h n Westfalen 2 , 1 3 0 ( 3 9 1 . 3 9 2 ) ; S a r t ο r i Westfalen 149; P a n z e r Beitr. 2, 304. 8. F.szeit ist eine Zeit der G e i s t e r und H e x e n . Man schützt sich gegen beide durch Mistgabeln und alte Besen 70 ), auch durch K n o b l a u c h 7 1 ). D a s wilde Heer zieht u m 72 ), und man schießt nicht, denn der wilde J ä g e r hat Macht über den S c h ü t z e n 7 3 ) . In Niederösterreich treibt das Pfinzdaweibl sein Wesen 74 ). Unter die auf allen Straßen herumtollenden Masken mischen sich o f t fremde, unheimliche Gestalten. F r ü h e r gingen in K i r c h h e i m zwei Masken verschiedenen Geschlechtes miteinander h e r u m ; das hat aber a u f gehört, weil das Volk glaubt, es gehe eine dritte hinterdrein mit Gänsfüßen 7S ). Unter den Perchten machte sich manchmal, wenn das Toben allzu wild oder nach dem A v e l ä u t e n noch fortgesetzt wurde, die „ w i l d e P e r c h t a " b e m e r k b a r ; dann w a r das Spiel gefährlich 7β ). Übrigens stellen die Masken selbst ihrem ursprünglichen Sinne nach zum großen Teile Geisterwesen d a r 7 7 ) . Sie heißen „ H e x e n " 7S) und „ T e u f e l " 7 9 ) . Die „ S c h l e i c h e r " (Huttier) wie auch die Teufel in den Faschingskomödien sollen sich etwas Geweihtes in die Stiefel tun, sonst hat der Teufel Gew a l t über sie. Mehrere, die das unterließen, wurden schon v o n ihm v e r t r a gen 80 ). In Thorn erschlug 1440 ein B a u e r einen der „ T e u f e l " , die seine alte Mutter wieder „ j u n g m a c h e n " wollten, in dem Glauben, es mit dem Gottseibeiuns selbst zu tun zu haben 8 1 ). Nachbildungen bestimmter Tiergestalten tauchen überall a u f , namentlich B ä r und P f e r d (Schimmelreiter) 82 ), aber Burschen, die einmal ein F . s p f e r d darstellten, kriegten es mit dem Teufel zu tun 83 ). Das wilde Gelärm der herumtobenden Schemen, Berchten,
1253
Fastnacht
H u t t i e r (s. Huttlerlaufen, Schemenlaufen), oder wie sie sonst heißen, soll sowohl die der F r u c h t b a r k e i t feindlichen Mächte verscheuchen wie auch das K o r n „ a u f w e c k e n " und die Fluren ertragreich machen 84 ), und die F u r c h t v o r einer Mißernte ist heute noch ein H a u p t g r u n d f ü r die A u f r e c h t e r h a l t u n g dieser B r ä u c h e 85 ). W e g e n ihrer geisterhaften N a t u r haben diese Gestalten überall die Freiheit, in den Häusern Lebensmittel aus der K ü c h e und v o m Feuer w e g zu stehlen 86 ). A u c h bei den harmloser v o n H a u s zu H a u s ziehenden und Gaben heischenden K i n d e r n und j u n g e n L e u t e n 8 7 ) deutet wenigstens das dumpf eintönige G e s u m m e des sie begleitenden Rummeltopfes 8 8 ) die ursprüngliche Geisterstimme an und soll zugleich die bösen D ä m o n e n verscheuchen. !1) K u h n ") D r e c h s l e r 1, 55. u. S c h w a r t z 510 (10). ") W i t ζ s c h e 1 Thüringen 1, 1 3 6 ; K ü h n a u Sagen 2, 4 7 9 ; B o h n e n b e r g e r 3; H ö f l e r Fastnacht 3 f. '») Ε i s e 1 Voigtland 1 1 6 (298). " ) V e r η a 1e k e η Mythen 293. ") B i r l i n g e r Volksth. 2, 52. ") Ζ i η g e r 1 e Tirol 138 (1209); H ö r m a n π Volksleben 16. " ) S a r t o r i 3, 98 f f . ; F e h r l e Volksfeste 38 f f . ; S A V k . 28, 26. 29; W e i s e r Altgerman. Jünglingsweihen 50. 5 1 . In die M a s k e s p u c k t m a n v o r d e m A n l e g e n , u m sich v o r A n s t e c k u n g zu s c h ü t z e n : B a y e r i s c h e r H e i m a t s c h u t z 23, 128. •>) B i r l i n g e r Volksth. 2, 43 f f . '") S A V k . 20, 193. M ) Z i n g e r l e Tirol 136 ( 1 1 9 7 ) . 8 l ) Β r u η η e r Ostdeutsche Vkde. 2 1 4 . 82) S a r t o r i 3, 9 7 ; F r a z e r 8, 325 f f . 83) K n o o p Hinterpommern 61 f. s l ) S a r t o r i 3, 98 f. 100. 86) H ö r m a n η Volksleben 1 7 . ββ) Β i r l i n g e r Volksth. 2, 2 1 . 46 f t . 64; D e r s. A. Schwaben 2, 38; H ö r m a n n 11; K a p f f Festgebräuche I i f . ; M e s s i k o m m e r 1,137; S A V k . 20, 366 f . ; G l o b u s 9 1 , 203 f. (St. G a l l e n ) ; J o h n Westb. 39; Z f d M y t h . 2, 108 (Duderstadt) ; S t r a c k e r j a η 2, 5.5. 6 i . s7 ) S a r t o r i 3, 92 f f . ··) E b d . 3, 98 A n m . 2 3 ; W r e d e Rhein. Volksk. 247 f . ; L a u ff er Niederd. Volksk. 1 1 9 .
9. Überall lodern F e u e r empor, sowohl an den eigentlichen T a g e n der F . wie namentlich a m darauf folgenden S o n n t a g I n v o c a v i t (s. F u n k e n s o n n tag, H u t z e l t a g ) . Sie haben zunächst den Sinn der A b w e h r 8 9 ) . D a r u m wird beim A b b r e n n e n a u c h viel Getöse mit Glocken, Sensen und Geschrei gem a c h t 9 0 ) , h ä u f i g a u c h die „ H e x e " oder sonst eine V e r k ö r p e r u n g der winterlichen
1254
Mächte in den F l a m m e n v e r b r a n n t 9 1 ) . A b e r mit der U n s c h ä d l i c h m a c h u n g des Bösen wird a u c h dem Guten die B a h n frei. So weit der Feuerschein geht, wird das L a n d fruchtbar 9 2 ). Im K a n t o n L u z e r n söhnten sich die N a c h b a r n beim F.sfeuer aus und sagten, das Feuer müsse den alten Groll v e r z e h r e n 9 3 ) . Neben dem A b b r e n n e n der Feuerstöße ist a u c h das Herabrollen brennender R ä d e r und das Schlagen v o n Scheiben üblich (s. F u n k e n s o n n t a g , S c h e i b e η s c h 1a g e n ) . In beiden sind Abbilder der Sonne zu sehen, deren wachsende K r a f t magisch beeinflußt werden soll 94 ). Seb. F r a n k erzählt, man lasse im F r a n k e n l a n d e ein brennendes R a d ins T a l laufen, „ d a s gleich anzusehen ist, als ob die sunn v o n dem himmel l i e f " 95 ). Der Streit zwischen „ W i n t e r und S o m m e r " , d . h . zwischen den lebensfeindlichen und lebensfördernden Mächten, wird mitunter auch in einem wirklichen K a m p f s p i e l dargestellt 9 6 ). Im A a r gau stürmen berußte Burschen als „ H e u m ü e t e r l i " gegen eine v o n K n a b e n und Mädchen besetzte A n h ö h e 9 7 ) . Die A n führer zweier sich begegnender Maskenzüge müssen miteinander raufen w ) . A u c h die ursprüngliche A b s i c h t der in der F.szeit so o f t ausgeführten Schwerttänze (s. d.) ist es wohl, den guten Geist des Naturlebens gegen die bösen Geister der U n f r u c h t b a r k e i t zu schützen 9 9 ). Zu den Mitteln gegen diese, die freilich zum bloßen S c h a b e r n a c k geworden sind, darf man vielleicht auch das V e r s c h l e p p e n und Verstel1 e η von G e g e n s t ä n d e n , sowie das W e r f e n v o n T ö p f e n und Scherben vor die Haustüren rechnen 10°). A u c h das S c h i e n e n r e i b e n und das Ζ e h e n b e i ß e n , das namentlich in W e s t falen Burschen und Mädchen aneinander ausüben 101 ), gehört wohl zu den gewaltsamen A r t e n , das Böse zu vertreiben. A n d e r s w o ist an seine Stelle das W a s e h e n der F ü ß e 102 ) oder der rechten F u ß s p i t z e 103 ) getreten, wie ü b e r h a u p t das Β e g i e ß e η und Bespritzen mit Wasser eines der häufigsten Mittel ist, alles Böse und Unreine a b z u s p ü l e n 1 0 4 ) . A m F.-
1255
dienstag morgens nüchtern baden ist gut für Rückenweh 105). 8e )
S a r t o r i
feste
34 if.
MA.:
ARw.
Myth.
η
)
L
")
39.
43;
F e h r l e ff er
Vk.
10,
44.
3,109.
1«)
K u h n
l i n g e r 105 f.
105)
u.
Volks-
frühesten
)
Tirol
F e h r l e
Sagen
564.
F e h r l e
31 ff.
®5)
S a r t o r i
3,
36f.; G r i m m
120f.
1 3 4 f. " )
S a r t o r i
45.
B i r l i n g e r Sachsen
61. 143;
,M
A.
118;
Zfrw-
Westfalen
S c h w a r t z 2,
2,
3, 1 2 0 A .
Volksk.
S a r t o r i
124. J o h n
S t r a c k e r j a n 1 0 °)
Volksth.
S e y f a r t h
M
ü t ο 1 f
107!.;
Niederdeutsche
7.
im
»») Z i n g e r l e
Jahresfeste
522.
L a u 102)
B
3,
F e h r l e
schon
H o f f m a n n - K r a y e r
Westb. M)
107 f.
35.
1,
3,109;
S a r t o r i
S a r t o r i
N i l s s o ")
19,
«)
Volksfeste )
Sitte
Frühlingsfeuer
137(1206). M
1256
Fastnacht
370. )
148.
»°3)
B i r -
S a r t o r i Schw.
2,
3, 54;
256.
10. Der namentlich in Niederdeutschland zu F. oft geübte Brauch des S c h l a g e s jagt das Böse davon, weckt aber auch durch die Berührung mit der frischgrünen, oft freilich ziemlich unkenntlich gewordenen L e b e n s r u t e die Keime der Fruchtbarkeit l o e ). Ohne das Peitschen gibt es kein gutes Flachsjahr 1OT). Man soll sich am F.stage mittags zwischen 12 und 1 Uhr sogar tüchtig balgen, damit man recht fleißig werde 108). Schon werden auch die Vorboten des späteren M a i e n g r ü n s sichtbar und beginnen die K r a f t des Frühlings in die Häuser zu tragen. In Mecklenburg bringt man sich mit Tannenbäumen einen „grünen Fastelabend" 10e), im Samlande den „ S t r a u ß k l a n g " n o ) , im westfälischen Sauerlande ein „F.slüstchen" von B u c h s b a u m 1 1 1 ) . Auch das Β 1 ο c k ζ i e h e η (s. d.) gehört hierher. Der Fruchtbarkeit zuträglich soll auch die m i m i s c h e D a r s t e l l u n g künftiger Feldarbeiten sein. In Lintgen gehen die Fackelträger dreimal um die brennende „ B u r g " und ahmen die Bewegungen nach, die beim Getreidesäen v o r k o m m e n l 1 2 ) . In Sonthofen (Allgäu) stört plötzlich eine Hexe die Arbeit und muß vertrieben werden, ein Analogiezauber, durch den der Geist des Unsegens unschädlich gemacht wird 1 1 3 ). Außerordentlich mannigfaltig sind die Mittel die man anwendet, um l a n g e n F l a c h s zu erzielen. Tanzen und Springen der Hausfrau, der Eheleute, der jungen Mädchen ist von günstigem Ein-
fluß, überhaupt lebhafte B e w e g u n g 1 M ) , auch Schlittenfahren 115 ). Im Traunviertel kamen die Weber zusammen und taten hohe Sprünge l l e ) . In Hessen streut eine Frau Hanfsamen über die tanzenden Paare 117 ). Damit der Flachs gerate, soll die Hausfrau früh am Düngerhaufen spinnen 118 ) oder zu den Arbeiten am F.tage eine blaue Schürze umbinden oder beim Tanze in der Schenke eine weiße 1 1 9 ). Auch der „ S c h l a g mit der Lebensrute" wird mit dem Wachstum des Flachses in Beziehung gebracht 1 2 0 ), oder es wird mit einem Höhenmaße ein Analogiezauber bewerkstelligt m ) . Um die rechte Zeit zur künftigen Aussaat festzustellen, baut man jeden F.tag, Sonntag, Montag und Dienstag, einige Leinsamen in einen alten Topf oder eine Schüssel. Das schlechtere oder bessere Gedeihen der späteren oder früheren Saat entscheidet über die Anbauzeit. Manchmal macht man diesen Versuch auch bloß am F.dienstag und da morgens, mittags und abends 122 ). 10e)
S a r t ο r i
Mecklenburg 10ί)
2,
B a r t s c h
deutsche 1,s)
Vk.
3,
253.
2, 254.
2t5.
m
)
F o n t a i n e
Volksfeste 110 f.;
40. 1,
138 f.
"·)
B a u m g a r t e n
43.
1«)
191. 121)
1 2 °)
J o h n
Westb.
S a r t o r i
E b d . 3, i n .
"»)
J o h n 110)
122)
B a r t s c h Erzgeb.
S a r t o r i
29.
Ostdeutsche
11J)
37. 3, 1 0 1
18. 119)
A.
Z f ö V k . 5,
147. Fehrle
3,
Vk.
ZfrwVk.
Jahr.
Ost-
Westfalen
S a r t o r i 115)
191.
Β r u η η e r
Luxemburg 114)
B r u n n e r
F r a z e r
xor f. 108 )
101 f.
212. 23,
117)
56.
F e h r l e
J o h n 47;
214;
52.
Erzgeb.
1 0 2 A . 50.
195.
I i . In der F.szeit wird mit Vorliebe g e h e i r a t e t 123 ). Der Montag ist besonders beliebt 1 2 4 ). A m F.stage selbst darf (in Oberholzheim) keine Hochzeit stattfinden, weil da „auf der Tanzlaube alle Teufel los sind" 125 ), wie überhaupt an F. der Böse mit einem tanzt, wenn die Paare nicht Eheleute oder Geschwister sind 126 ). Das stärker erwachende Liebesleben äußert sich schon jetzt in der Verpachtung der Mädchen, dem „Ausrufen der L e h e n " 1 2 7 ) . Den F r a u e n und M ä d c h e n werden besondere Rechte eingeräumt. Sie veranstalten ihre eigenen Festlichkeiten, sammeln dazu Gaben ein und dürfen sich auch wohl aus dem Walde einen Baum holen 12s ). Andrerseits sind
Fastnacht
1257
sie a u c h b e s o n d e r s den F r u c h t b a r k e i t s b r ä u c h e n des „ S c h l a g e s m i t der L e b e n s r u t e " , des W a s s e r g u s s e s u n d des „ B e s c h m u t z e n s " 129 ) a u s g e s e t z t . D e m g e g e n über s t e h t die z u F. b e l i e b t e V e r s p o t t u n g der a l t e n J u n g f e r n , deren m a n sich in s c h e r z h a f t s y m b o l i s c h e r H a n d l u n g entl e d i g t 1 3 0 ). In den B e r g s t ä d t e n des O b e r h a r z e s sind a m F . d i e n s t a g , d e m T a g e des B e r g d a n k f e s t e s , die F r a u e n v o m G o t t e s d i e n s t e a u s g e s c h l o s s e n ; es w ü r d e n i m k o m m e n d e n B e r g j a h r e so v i e l U n g l ü c k s fälle i m S c h a c h t e sich ereignen, als F r a u e n in der K i r c h e w ä r e n 1 3 1 ). "») S a r t ο r i Sitte 1, 60 A. 3; Frauenrechtliches
62 f.
Becker
Meyer
Baden
216. 280; S c h r a m e k Böhmerwald 135; J o h n Westb. 38. l25 ) H ö h n Hochzeit 1, 2. 13 "·) M e y e r Baden 205. ') ZfrwVk. 4, 62 ff. 209; W r e d e
Rhein.
Vk. 248 f.; F o x
Saar-
land 407; S a r t o r i 3, 104. 109. 12S) S a r t o r i 3, u S f . ; F e h r l e Volksfeste 47 f.; B e c k e r Fraucnrechtliches 21 ff. 33 ff.; Wrede
Rhein.
Vk. 245 f.;
D e r s.
Eifeler
Vh*2oyii.; H ö f l e r Fastnacht 23 f. 1 2 9 ) B e k k e r Frauenre.chtl. 41 f. 71. 13°) S a r t o r i 3, 104 f.; F o n t a i n e Luxemburg 25; H ö r ra a η η Volksleben 1 1 . 18 ff.
m
)
Nds. 17, 238.
12. Z u F. w i r d reichlich g e g e s s e n und g e t r u n k e n 1 3 2 ) . Eine flott mit Essen und Trinken gefeierte F. bedeutet eine f l o t t e E r n t e 1 3 3 ). M a n m u ß so v i e l kochen, daß v o n jeder Mahlzeit noch e t w a s ü b r i g bleibt, s o n s t s t e h t ein t e u r e s J a h r b e v o r 1 3 4 ). D i e F r a u m u ß r e c h t v i e lerlei S p e i s e n k o c h e n , d a n n a b e r auf d e n Herd springen und rufen: „ H ä u p t e r wie mein K o p f , Blätter wie meine Schürze u n d D o r s e n w i e m e i n B e i n " , so w i r d alles in Ü b e r f l u ß g e r a t e n 1 3 5 ) . I m ö s t l i c h e n O d e n w a l d e g i b t es m i t t a g s B o h n e n s u p p e mit Blutwurst, abends Sauerkraut mit Schweinefleisch, damit W u r s t und Fleisch, Bohnen und K r a u t „ f a s s e l n " im kommend e n J a h r e 1 3 e ) . M a n i ß t sieben- oder neunerlei S p e i s e n 1 3 7 ). U n t e r allen U m ständen muß F l e i s c h gegessen w e r den 13S ). A m „ t o l l e n D o n n e r s t a g " sollen es j u n g e L e u t e , besonders M ä d c h e n , t u n u n d z w a r s t e h e n d , d a m i t sie g r o ß e W a d e n bekommen139). Nach dem Mittagessen m u ß m a n in den W a l d h i n e i n die Z ä h n e b l e c k e n , d a n n g i b t ' s v i e l e B u c h n ü s s e 14 °). S c h w e i n e r n e s wird b e v o r z u g t 1 4 1 ) ;
1258
in Schleswig - Holstein schätzt man S c h w e i n s k o p f g a n z b e s o n d e r s 1 4 2 ). W e n n die B ä u e r i n i h r e m G e s i n d e einen S c h i n k e n v o r s e t z t , soll das g a n z e J a h r der S c h m a l z h a f e n nie leer w e r d e n 1 4 3 ). W e r a m F . m o r g e n B l u t w u r s t ißt, b l e i b t das ganze Jahr vor Rotlauf und Flohstichen g e s c h ü t z t 1 4 4 ) . W e n n im Zillertale nicht am F.dienstage morgens frischgeschlagene B u t t e r a u f g e t r a g e n w i r d , so z i e h t in d e m J a h r e die N o t ins H a u s 1 4 δ ). D a g e g e n h e i ß t es i m E r z g e b i r g e : w e r v i e l B u t t e r i ß t , d e n s t o ß e n die K ü h e 1 4 6 ). F . dienstags Milch gegessen, brennt S o m m e r s die S o n n e n i c h t 1 4 7 ) . F e r n e r w e r d e n als F . s p e i s e e m p f o h l e n Hirse und E r b s e n 1 4 8 ) . W e r Hirsebrei ißt, d e m g e h t nie das G e l d a u s 1 4 S ), es „ q u i l l t " 1 6 0 ) . Man ißt Hirse und Erbsen, d a m i t das kleine u n d das g r o ß e G e l d n i c h t m a n g e l e u n d d a m i t e i n e m die Kleider schön und gut stehen l s l ) . Man m u ß , ehe m a n g e w a s c h e n ist, H i r s e b r e i u n d S ä u s a c k essen, d a m i t m a n das g a n z e J a h r g e s u n d b l e i b e 1 5 2 ). S u p p e a b e r soll m a n a n F . n i c h t essen, s o n s t t r i e f t e i n e m s t e t s die N a s e 1 5 3 ). — D e n R e s t e n der F.speisen wohnen besondere K r ä f t e inne; sie w e r d e n a u c h als O p f e r g a b e n f ü r die E n g e l , f ü r F u c h s , H a b i c h t , Marder u s w . v e r w a n d t 1 5 4 ) . D e m Fuchs legt man Geb ä c k u n t e r eine H e c k e , d a m i t er sich nicht an den Hühnern v e r g r e i f e 1 5 5 ) ; f ü r die E r d w i c h t e l ließ m a n das „ W i c h t e l b r o t " ü b r i g 1 5 e ). E i n i g e der z u r V e r s p e i s u n g k o m m e n d e n T i e r e werden unter besonderen F ö r m l i c h k e i t e n g e t ö t e t , n a m e n t l i c h der H a h n . E s sind w o h l V e r k ö r p e r u n g e n des W a c h s t u m s g e i s t e s 1B7 ). D e m kräftigen Essen entspricht das T r i n k e n 1 5 8 ) . Man trinkt Warmbier, u m k r ä f t i g z u b l e i b e n , oder weil m a n s o n s t im selbigen Jahre stirbt15e). W e r morgens nüchtern Schnaps trinkt, hat später beim H e u m ä h e n n i c h t u n t e r den S c h n a k e n z u leiden l e o ) . W e r a b e r W a s s e r t r i n k t , d e n stechen sie1"1). 132) S a r t o r i 3, 112. 133) S t r a c k e r j a n i, 37; 2, 57. 15») S e l i g m a n n Blich 2, 102. 2») Ebd. 2, 283. K. Beth.
F a t a l i s m u s wird eine W e l t - und Lebensa n s c h a u u n g genannt, welche alles, was sich ereignet und insonderheit dem Einzelmenschen oder menschlichen V e r b ä n den zustößt, auf ein unabänderliches vorbestimmtes Schicksal (s. d.) z u r ü c k f ü h r t ,
1206
im P o l y t h e i s m u s auf Schicksalsdämonen oder -gottheiten, im Monotheismus auf die unabänderliche göttliche Vorherbestimmung, in j e d e m Falle auf eine N o t w e n d i g k e i t (welche bei den Griechen, zumal in den orphischen K r e i sen, eine vielgenannte Gottheit, die A η a η k e war und bei den R ö m e r n als die rauhharte, d. h. unerweichliche N o t w e n d i g k e i t , dira Necessitas, im Volksglauben eine Rolle spielte) *). Das F a t u m wurde daher auch bei den R ö m e r n z u m Inbegriff einer unkontrollierbaren und unberechenbar w a l t e n d e n Macht. Unter den monotheistischen Religionen hat der F . nicht nur im Islam, der in A l l a h einen nach W i l l k ü r das Ergehen der Menschen bestimmenden G o t t sieht, besondere B e d e u t u n g erlaugt, sondern auch im Christentum dort, wo der starre P r ä d e s t i n a t i a n i s m u s durchbrach, der auch des einzelnen Menschen Los v o n dessen W o l l e n und Ringen abtrennt 2 ). U b e r h a u p t ist dem F. eigen, daß er menschliches B e m ü h e n und Wollen zur U n w i r k s a m k e i t verurteilt. Er kann zwei verschiedene Motive h a b e n : einmal die B e o b a c h t u n g v o n Fällen, wo anscheinend dem Menschen alles gegen den Strich geht, oder w o schlechte A b s i c h t e n trotz aller A n s t r e n g u n g des bösen Willens nicht zur A u s w i r k u n g g e l a n g e n ; z u m andern aber auch das Bestreben, die sittliche Bem ü h u n g auszuschalten und deshalb als nutzlos hinzustellen, w o f ü r der Glaube ans F a t u m ein gutes Hilfsmittel bildet. Im A b e r g l a u b e n tritt der F. gewöhnlich als eine Folge des ersterwähnten Motivs auf. Man t r i f f t im V o l k e den G l a u b e n an die durch nichts a b z u w e n d e n d e A b h ä n g i g k e i t des Menschen entweder v o m Willen überirdischer G e w a l t e n 3) oder v o n einer gar nicht näher vorgestellten, neutrisch ged a c h t e n Macht, die h ä u f i g mit den Sternen identifiziert wird, aus denen man deshalb das Schicksal abzulesen sich b e m ü h t (s. Astrologie). Die deutschen Märchen sind voll v o n W e n d u n g e n , die den F. erkennen lassen, so, wenn es gegenüber allen A n s t r e n g u n g e n h e i ß t : „ a b e r es sollte anders k o m m e n " ; oder wenn die vorher bestimmte Zeit, drei oder sieben J a h r e
1267
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Fater—Faulbaum
usw. a b g e l a u f e n ist, t r i t t plötzlich die vielleicht v o m Leser noch nicht g e a h n t e W e n d u n g ein, die eben an dieser Stelle n o t w e n d i g ist. Der G l a u b e ans F a t u m ist so allgemein und auch, w e n n nicht eingestanden, in R e d e n s a r t e n durchblickend, d a ß Einzelbeispiele überflüssig erschein e n 4 ) . W a s der eben geborene Mensch werden wird, wie er sich e n t w i c k e l n wird, das gilt als f e s t b e s t i m m t , g a n z in Übereinstimmung m i t dem altgermanischen Glauben an die T ä t i g k e i t der N o r n e n 6 ) . Einige Beispiele mögen nur zeigen, wie er sich a m h ä u f i g s t e n mit gewissen ins L e b e n tief einschneidenden Ereignissen verbindet. V o r allem ist das bei Liebe, Verlöbnis und E h e der Fall. Die Entscheid u n g v o r dem Verlöbnis wird v o m Mädc h e n einfach den E l t e r n zugeschoben, die f ü r es Schicksal sind, d a m i t es nicht entscheiden m u ß e ) ; alles U n g e m a c h aber, das über die durch ihre Eltern getrennten Liebenden k o m m t , wird darauf zurückgeführt, daß sich nicht L i e b e zu L i e b e gesellt h a t 7 ) . „ U n b e s o n n e n " ist der Freier, welcher glaubt, eines Mädchens B e s i t z durch besondere A n s t r e n g u n g e n und Opfer erwerben zu müssen. „ H a t ein G o t t mich dir b e s t i m m t zu eigen, k o m m ' ich selbst schon dir ins Haus, o h N ä r r c h e n " 8 ) . Bei den K a s c h u b e n (in Pommern) sind leidenschaftliche L i e b s c h a f t e n u n d T r e u s c h w ü r e noch h e u t e t w a s U n b e k a n n t e s , aber a u c h g a n z überflüssig, da „ d i e für einander b e s t i m m t e n sich doch finden, w e n n a u c h sieben Berge sie trennen s o l l t e n " 9 ). W i e der A n f a n g , so ist a u c h der A u s g a n g des Lebens durchs F a t u m b e s t i m m t . Die P e s t f r a u , „ M o r d p e s t " , h a t nach einer S a g e eine Liste ihrer Opfer und weist d e m Mädchen, das wegen seiner J u g e n d u m V e r s c h o n u n g bittet, n a c h : „ d a steht ihr j u n g e n L e u t e drin verz e i c h n e t " 10 ). *) P . W e n d l a n d Hellenistisch-römische Kultur 133. 156 f. 399 f. ! ) E . L u t h a r d t a) S t ο 1 1 Lehre vom freien Willen. ZaiAer4) G r i m m glauben 182. Myth. 2, 7 1 4 f f . 7 1 8 f . ; 3, 258 f. 5) G o I t h e r Mythologie 1 0 5 ; S c h r ö d e r Germanentum 1 3 1 . ·) Κ r a u ß 8) E b d . Sitte 11. Brauch 322. ') E b d . 141. e) S e e f r i e d - G u l g o w s k i 104. 10) K r a u ß Relig. Brauch 62. K . Beth.
F a t e r , nur bei Megenberg v o r k o m m e n d e V e r d e u t s c h u n g v o n lat. f a t a t o r , das wir aber außer bei A l b e r t u s Magnus, Vinzenz v o n B e a u v a i s und Megenberg nicht nachzuweisen wissen. Im Register zu A l b e r t u s wird v e r m u t e t : ,,φάττα Aristot. esse v i d e t u r . " Die nhd. Ü b e r s e t z u n g des Megenberg m e r k t a n : „ V i e l l e i c h t der auch im W i n t e r brütende K r e u z s c h n a b e l ? " A l bertus (De A n i m . 23, 110) s a g t : Der F a t a t o r soll ein Vogel des Orients sein, der aus S u c h t nach N a c h k o m m e n s c h a f t sich zweimal im Jahre b e g a t t e t : zuerst im Januar nach der Wintersonnenwende; aber diese Eier gehen o f t wegen der W i n t e r k ä l t e zugrunde. D a s zweitemal begattet er sich im Sommer nach der F r ü h l i n g s t a g - u n d - n a c h t g l e i c h e gegen die Sommersonnenwende; und diese Eier gedeihen und sind f r u c h t b a r . Ahnlich Vinzenz 201 und Megenberg (ed. Pfeiffer) 189.
Hoff mann-Krayer.
F a u l b a u m (Pulverholz, Sprickel; R h a m nus Frangula, F r a n g u l a alnus). 1. B o t a n i s c h e s . S t r a u c h mit dunkelgrauer, hell punktierter Rinde. Die B l ä t t e r sind eiförmig und ganzrandig. Die kleinen B l ü t e n sind weißlichgrün, die F r ü c h t e sind in unreifem Z u s t a n d e grüne, später rote, im Reifezustande schwarze Beeren. Der F. w ä c h s t h ä u f i g in Hecken, an W a l d r ä n d e r n und in W ä l d e r n 1 ) . Beeren und R i n d e des Strauches sind ein volkstümliches A b f ü h r m i t t e l 2 ). A u c h die Traubenkirsche (s. d.) wird m a n c h m a l als F. bezeichnet. ') M a r ζ e i l Kräuterbuch Heilpflanzen 81 f.
126.
2)
D e r s.
2. Die H e x e n können durch die L ü f t e fliegen, wenn sie sich mit dem S a f t e des F.s (vielleicht ist hierunter die T r a u b e n kirsche zu verstehen) beschmieren (Münsterland) 3 ). Mit seinen Zweigen darf man das V i e h nicht berühren, es b e k o m m t B l u t h a r n e n 4 ). O f f e n b a r gilt hier der F . als ein „ b ö s e r " B a u m ; auch nach finnischem Glauben ist der F. „ a u s schlimm e m G e s c h l e c h t " und nach norwegischem h a t der Teufel unter einem F. eine Ziege geschunden 5 ). 3) S t r a c k e r i a n 2 1, 387. ') E b d . i , 1 2 2 ; ebenso in F r a n k r e i c h (Ille-et-Vilaine): S e b i 1 1 ο t Folk-Lore 3, 387. 6) F F C . 52, 5 1 .
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Faust—Faustus
3. In der s y m p a t h e t i s c h e n Medizin b e w i r k t die nach oben geschabte R i n d e E r b r e c h e n , die nach u n t e n geschabte D u r c h f a 11 ®). Das gleiche behauptet man v o m Holunder (s. d.). R i c h t i g ist übrigens, daß die F.rinde sowohl einen abführend wirkenden (Frangulin) wie einen brechenerregenden (Rhamnustoxin) Stoff enthält. Gegen Fieber schabt man v o n neun einjährigen Zweigen die grüne R i n d e a b und trinkt die A b k o c h u n g d a v o n '). ·) Urquell 4, 155; Z f r w V k . i r , 169. ') l e η b u r g Wend. Volksth. 99.
Schu-
4. Die Beeren des F.s bilden ein S a a t o r a k e l : der F. trägt gleichzeitig Blüten, halbreife und reife Früchte. J e mehr reife F r ü c h t e sich frühzeitig zeigen, desto frühere A u s s a a t des Roggens ist vorteilh a f t 8 ) . N a c h russischem Volksglauben gerät der Buchweizen, wenn der F. in voller B l ü t e s t e h t 9 ) . ·) S t r i c k e r j a n ' 1, 28; 2, 122. 125; ähnlich: Peter Österreichisch-Schlesien 2, 264. 9) Y e r m o l o f f Volkskalender 114. Marzell.
F a u s t . Die geschlossene F a u s t gilt ursprünglich als A b w e h r d r o h u n g gegen feindliche Dämonen, wie uns antike A m u l e t t e in Fülle verraten *). Im deutschen A b e r g l a u b e n h a t sich wenig erhalten. In W e s t p r e u ß e n g l a u b t man, wenn der V i e h v e r k ä u f e r die F. nachballt, dann habe man U n g l ü c k 2) (s. Fluch). Im L a n d e ob der Enns m u ß t e 1787 die Gebärerin, ist das K i n d zur W e l t , dreimal in ein Z w i e b e l h a u p t beißen, dreimal im K i n d s stuhl aufgehoben und niedergesetzt werden, die D a u m e n einziehen und dreimal in jede F. blasen 3 ). Seligmann 2, 178; A R w . 11, 128; Z f V k . 20, 162; S i t t l Gebärden 15; W u n d t Mythus u. Religion 1, 271. 273 f. 2) W u 1 1 k e § 292. ') G r i m m Myth. 3, 460 Nr. 732. Stemplinger.
Faustus (Zauberer). 1. Georg (in der Sage immer Johann) F. s t a m m t e wahrscheinlich aus K n i t t lingen in S c h w a b e n . Sichere Nachrichten über ihn fallen in die J a h r e 1 5 0 7 — 1 5 4 0 . Im Besitze zumindest halbgelehrter Bildung erregte er als Astrologe A u f m e r k samkeit und scheint an verschiedenen
1270
Höfen eine nicht unansehnliche Rolle gespielt zu haben. W e g e n seiner Prahlsucht, seines unstäten W a n d e r l e b e n s berichten seine Zeitgenossen nur Ungünstiges über ihn. E r gehörte zu den V a g a n t e n (s. fahrende Schüler), überragte sie aber doch als echter Renaissancemensch Seine Gestalt ist typisch f ü r seine Zeit, in der neben der aufstrebenden Wissenschaft der H e x e n w a h n und der Glaube an Teufelsbündnisse seinen H ö h e p u n k t erreichte 2 ). F. h a t keine literarischen W e r k e hinterlassen. A b 1540 sind die Nachrichten über ihn sagenhaft, die Blütezeit der M y t h e n b i l d u n g fällt in die Mitte der Sechzigerjahre des 16. Jhs. Die seit dem A l t e r t u m herkömmlichen Motive und Sagen v o n Übermenschen und Zauberern 3) haben sich ζ. T . v o n zeitgenössischen Gelehrten 4), wie Agrippa, Albertus Magnus, Paracelsus, Trithemius (s. d.) auf ihn übertragen, an seinen N a m e n angeschlossen 5 ). Durch seinen Verkehr mit Studenten ist die Erinnerung an ihn besonders in E r f u r t 6) (s. o. 2), auch in Leipzig 7) lange lebendig geblieben. Die mündliche v o l k s t ü m l i c h e Überlieferung (F.sage) beschäftigt sich 1. mit seinem Teufelsbündnis und schrecklichen Ende, 2. mit seinen W u n d e r t a t e n , L u f t fahrten, B e s c h a f f u n g wunderbarer Mahlzeiten, 3. seinen verschiedenen Streichen und Schelmenstücken. E r verschlingt Personen und Gegenstände, prellt J u d e n und Wucherer, v e r k a u f t Strohwische f ü r Pferde und Schweine. In L e i p z i g reitet er ein F a ß aus dem Keller, einer Tischgesellschaft l ä ß t er beinahe an Stelle v o n W e i n trauben sich die Nasen a b s c h n e i d e n 8 ) . A u s dieser v o l k s t ü m l i c h mündlichen und auch aus schriftlich gelehrter 9 ) Überlieferung schöpfen die V o l k s b ü c h e r v o n F . 1587 (Spieß) 10 ) und 1599 (Georg Rudolf W i d m a n n ) u ) , durch die, wie durch Volksschauspiele 1 2 ) und das Volkslied 1 3 ), der F.stoff weit verbreitet wurde. V o n dem in den V o l k s b ü c h e r n v o r k o m m e n d e n F a m u l u s W a g n e r 1 4 ) ist in den historischen Berichten und in der neueren Volksüberlieferung keine Rede. l) K l u g e schichtswiss.
Bunte Blätter N . F . 1896/97,
1—28; DZfGe298—350 (Wit-
Faustus kowski); Germ. Rom. Mtsschr. 1910, 99—115 (Petsch); Einleitung zum Volksbuch vom Doctor F. Neudr. d. Literaturwerke d. 16. u. 17. Jhs. Nr. 7, 8, 8 a/b (Petsch); K i e s e w e t t e r Faust 2—60. 2) S c h m i d t Charakteristiken : Faust und das 16. Jh. 3) Kloster 5, 23 (Düntzer); ZfDkde. 1920, 449 ff. 513 ff. (Petsch). ') Kloster 5, 385 ff. 496; W i t k o w s k ' i 315. 5) B r ä u n e r Curiositäten 725; K i e s e w e t t e r Faust 231 f.; Euphorion 2, 39 ff.; Witkowski 302; Programm des königl. Victoria-Gymnasiums zu Burg 1905, 22 (Seeger). °) Euphorion 2, 39 ff.; W i t k o w s k i 313. ') Einleitung zum Faustbuch (Petsch) 8. e) Programm des Gymnasiums zu Burg 1905, 8 f. ») Kloster 11, 217 ff.; Weimarer Jb. 5, 242; M i l c h s a c k Historia D. Johannis Fausti des Zauberers 1 ff.; Euphorion 11, 701; Vierteljahrschr. f. Literaturgesch. 1, 171; 4, 361 f. 381 f. 10) Das Volksbuch vom Doctor Faust nach der ersten Ausgabe 1587 (Spieß) hsg. von Robert Petsch. Ältere (Wolfenbüttler) Fassung: Historia D. Johannis Fausti des Zauberers hsg. von Gustav Milchsack, Wolfenbüttel 1892; Das Volksbuch vom D. Faust nach der um die Erfurter Geschichten vermehrten Fassung, hsg. von Josef Fritz. Halle 1914. " ) Bibliothek d. Lit. Ver. Stuttgart 146. 121 Die beiden alten Volksschauspiele von D. Johann Faust und Christoph Wagner, hsg. von Carl Engel (Deutsche Puppenkomödien 9 und 10); C r e i z e n a c h Versuch einer Geschichte des Volksschauspiels vom Doctor Faust 1878. 13) Α. Τ i 11 e Die deutschen Volkslieder von Doctor F. Halle 1890. 14) B r ä u n e t Curiositäten 725 ff.; K i e s e w e t t e r Faust 72. 495 ff. 2. F . i n d e r n e u e r e n V o l k s ü b e r l i e f e r u n g . S c h o n i m 16. J h . w e r d e n v e r s c h i e d e n e O r t e ( R o d bei W e i mar, S o n d w e d e l in der M a r k , K n i t t l i n g e n in W ü r t t e m b e r g ) als G e b u r t s o r t F . s ang e f ü h r t . N o c h in neuer Z e i t w e r d e n in v i e l e n S t ä d t e n , ζ. B . E r f u r t , Leipzig, Prag, Salzburg, Wien, Häuser genannt, in d e n e n er g e w o h n t h a b e n soll. S e h r reich ist die U b e r l i e f e r u n g in E r f u r t . A u s den A u f z e i c h n u n g e n W i t z s c h e l s ist a b e r leider n i c h t z u ersehen, o b seine B e r i c h t e nur a u s den v o n i h m a n g e g e b e n e n s c h r i f t lichen Q u e l l e n s t a m m e n 15 ) oder o b er sie a u c h a u s m ü n d l i c h e r Ü b e r l i e f e r u n g k e n n t . F . f ü h r t e d e n S t u d e n t e n in seiner V o r l e s u n g die g r i e c h i s c h e n H e l d e n leibh a f t i g v o r 1 8 ) . E r e r b o t sich, die v e r l o r e n e n K o m ö d i e n v o n T e r e n z u n d P l a u t u s auf einige Z e i t h e r b e i z u s c h a f f e n 1 7 ) . E r r i t t auf Mephistopheles, der sich in ein P f e r d v e r w a n d e l t h a t t e , in einer N a c h t v o n
1272
Prag nach Erfurt und zurück18). Ein a n d e r m a l k o m m t er auf e i n e m u n e r s ä t t lichen Z a u b e r p f e r d v o n P r a g n a c h E r f u r t z u einem A b e n d e s s e n 1 9 ) . F . f ä h r t a u s d e m D a c h e seines H a u s e s auf d e m M a n t e l d a v o n , das L o c h i m D a c h l ä ß t sich n i c h t m e h r schließen ^ (s. D a c h 1 c). E r h o l t eine Schüssel m i t g e s o t t e n e m H e c h t und eine K a n n e W e i n z u m F e n s t e r h e r e i n 2 1 ) . E r l ä ß t d u r c h drei h e r b e i z i t i e r t e D i e n e r h e r b e i s c h a f f e n , w a s j e d e r seiner G ä s t e zu essen w ü n s c h t 22 ). E r z a p f t W e i n a u s einem H o l z t i s c h , t ä u s c h t T r u n k e n e n W e i n t r a u b e n v o r , sie h a l t e n sich a b e r g e g e n s e i t i g an der N a s e 23 ). Ü b e r s c h l e c h t e B e w i r t u n g e r z ü r n t , s e t z t F. einen P o l t e r geist ins H a u s 24 ). E r f r i ß t ein F u d e r H e u m i t W a g e n u n d P f e r d e n 25 ). Mit einem F u d e r H e u u n d zwei Ochsen f u h r er d u r c h das enge F . g ä ß c h e n 2e ). E r w u r d e a u f g e f o r d e r t , seinen P a k t m i t d e m T e u f e l zu b r e c h e n ; als er sich n i c h t b e k e h r e n ließ, m u ß t e er E r f u r t v e r l a s s e n 27 ). F . r e i t e t auf e i n e m F a ß 2S ). In S c h w a b e n e r z ä h l t m a n , der T e u f e l h a b e F . alles b e s c h a f f e n m ü s sen, E r d b e e r e n im W i n t e r , i m S o m m e r eine S c h n e e b a h n z u m S c h l i t t e n f a h r e n . B e i seinen R e i s e n m u ß t e der T e u f e l in S t ä d t e n das P f l a s t e r v o r i h m a u f i e i ß e n u n d hinter i h m w i e d e r herstellen, die Feldwege aber pflastern und dann wieder a u f r e i ß e n 2 9 ) . V o n den w o h l e r h a l t e n e n R e s t e n r ö m i s c h e r S t r a ß e n in S i e b e n b ü r gen s a g t man, F . oder der T e u f e l auf dessen B e f e h l h a b e sie e r b a u t . H i e r erinnert m a n sich a u c h a n den in zahlloser T e u f e l s b e g l e i t u n g w i e der S t u r m w i n d d a h i n f a h r e n den F. 3 0 ). N e b e n einer R e i h e v o n Z a u b e r u n d S c h e l m e n s t ü c k c h e n 31 ) e r z ä h l t m a n v o n den v e r g e b l i c h e n B e m ü h u n g e n des Heilands, F. dem Teufel zu entreißen32). I m O b e r w a l l i s h a b e F a u s t u s den T e u f e l so l a n g e m i t s c h w i e r i g e n A u f g a b e n gep l a g t , bis dieser ihn in die L u f t e n t f ü h r t e , w o m a n F . drei T a g e l a n g j a m m e r n h ö r t e 33 ). In M a u l b r o n n h a b e der T e u f e l F . a n der W a n d seines G e m a c h e s ers c h l a g e n , w o a u c h ein u n t i l g b a r e r B l u t f l e c k z u sehen ist 34 ). A l s F a u s t z u m S t e r ben k a m , b e f a h l er seinem K n e c h t , seinen L e i c h n a m in S t ü c k e z u h a u e n , in ein S c h a f f z u pressen u n d drei T a g e h i n t e r
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Febris—Februar
den heißen Ofen zu stellen. D a n n stieg er wieder zusammengesetzt heraus (s. Paracelsus) 35 ). F. soll in N e u - R u p p i n gelebt und mit den Bürgern betrügerisch K a r ten gespielt haben, man h a t auch seinen P f e r d e f u ß gesehen. N a c h seinem T o d e sah man ihn noch zuweilen in einem Dikkicht mit mehreren an einem Tische sitzend K a r t e n spielen 3β ). A u c h in Island erzählt man v o n F.s T e u f e l s p a k t , dem gläsernen Schloß, in dem er mit Helena gewohnt haben soll und v o n seinem schrecklichen Ende. 37 ). " ) Die Volksbücher von Spieß und W i d mann; die Hogelsche Chronik von Thüringen und der Stadt Erfurt, eine Hs. des 17. Jhs., die aus der verlorenen Reichmann-Wambachschen Chronik von 1 5 4 2 — 1 5 5 6 schöpft. Vgl. Einleitung zum Volksbuch hsg. von Petsch 7 f.; Euphorion 2, 39 ff. " ) W i t z s c h e l 1, 305 Nr. 318 (Widmann, Hogel); B e c h s t e i n Thüringen 2, 315 ff. " ) W i t z s c h e l Thüringen 1, 306 Nr. 319 (Hogel). " ) E b d 1, 308. " ) E b d . 306 Nr. 320 (Widmann, Hogel); B e c h s t e i n Thüringen 2, 315 f. 20) W i t z s c h e l I, 310 Nr. 323 (Hogel); Bechstein Thüringen 2, 113. " ) W i t z s c h e l 1, 311 Nr. 324 (Spieß). " ) E b d . 1, 308 Nr. 321 (Hogel). 2l1 " ( B e c h s t e i n Thüringen 2, 315 f. ) W i t ζ schel I, 312 Nr. 326 (Widmann); das berichtet auch der Basler Pfarrer Gast 1548, der Faust persönlich gekannt h a t : Kluge Bunte Blätter 22. ") W i t z s c h e l 1, 311 Nr. 325 (Spieß). a e ) Ebd. 1, 304 Nr. 317. «) E b d . 1, 309 Nr. 322 (Hogel); B e c h s t e i n Thüringen 2, 315 f. Μ ei c h e Sagen 503 Nr. 653. «·) M e i e r Schwaben 1, 167 Nr. 188. 30) M ü l l e r Siebenbürgen 115 Nr. 169. 170. " ) E b d . 113 Nr. 168. 3i ) Ebd. 114. »») J e g e r l e h n e r Oberwallis 265 Nr. 10. M ) Μ e i e r 35) B i r Schwaben 1, 167 Nr. 188. linger Volkst. 1, 212 f. 3e) K u h n Mark. Sagen 160 Nr. 152. 37) L e h m a n n - F i l h e s 2, 53.
3. Zahlreiche F.geschichten sind auf andere volkstümliche Schwarzkünstler übertragen worden, z . B . auf P u m p h u t 3 8 ) oder K r a b a t 3S). 39) Μ e i c h e ») Z f V k . 26, 330 ff. Sagen 538 Nr. 679; Prätorius hat sogar eine F.geschichte auf Rübezahl übertragen: Κ ü h η a u Sagen 2, 589.
4. Einige Zauberbücher 4 0 ), die nicht vor dem 17. Jh. entstanden sein dürften, werden auf F. z u r ü c k g e f ü h r t ; F.s großer und gewaltiger Höllenzwang 4 1 ); Doctor F.ensMiraculkunst, W u n d e r b u c h oder der schwarze R a b e , auch der dreifache Höllenzwang genannt 4 2 ); F.s vierfacher Höl-
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l e n z w a n g ; D o c t o r F . s großer und gewaltiger Meergeist 4 3 ); F . s P r a x i s magica " ) . *°) Z u m folgenden K i e s e w e t t e r Faust 263—315. " ) Kloster 2, 805 ff. « ) Ebd. 2, 852 ff. " ) Ebd. 5, 1107 ff. " ) E b d . 5, i r 5 7 . Weiser.
Febris, als Z a u b e r w o r t in einem Fiebersegen behandelt: F., Fubris, Faberis, transi ad Calabris, linquas me in pace, sic gaudeo in t h o r a c e 1 ) ; das Fieber soll also zu den Calabriern wandern (oder darf man an eine Verwechselung mit calabrix, Dornstrauch, vielleicht Weißdorn, denken ?). D a s Lautspiel mit dem W o r t h a t zahlreiche Parallelen im Zauber seit alters, z . B . ä g y p t i s c h : moket, p o k e t 2 ) ; koptisch: mulal, bulal, thulal 3 ); hellenistisch: Βαλ Βηλ Βολ (Spiel mit dem Gottesnamen Baal in seinen V a r i a n t e n ) 4 ) ; lateinisch: daries, dardaries, a s t a r i e s 5 ) ; äthiopisch: Lis! ' A f l i s ! oder: Q a t a m ? S a t a m ! Saus a r a m ! (Reime zu dam = Blut) e ) ; später H e x e n s p r u c h : Schurius, Turius, Tirius 7 ), Hocuspocus usw., vgl. d. a. Zauberworte. Solche Wortspielereien hängen mit der Vorstellung v o n einer Sprache der Götter und Geister z u s a m m e n 8 ) . *) A b r a h a m a. S. C l a r a Huy und Pfuy der Welt (1707), 515. 2) Α. Ε r m a η Die ägyptische Religion (1905), 156. 31 Α . Ε r m a η u. F r . K r e b s Aus den Papyrus der königl. Museen Berlin (1899), 262. ') W e s s e l y 1, 5) H e i m 69 Z. 1010. Incantamenta 533 f. 566; T h i e r s 1 , 3 6 1 . «) W . H. W o r r e l l Studien zum abessinischen Zauberwesen (1909), 27. ') H o r s t Zauberbibliothek 1 (1821), 230. ') G ü n t e r t Göttersprache pass. Jacoby.
Februar. I. Der v o n den R ö m e r n übernommene N a m e F. bedeutet R e i n i g u n g s m o n a t (s. Weibermonat). Im altrömischen K a l e n d e r v o n 10 Monaten fehlte der F. A l s seit N u m a Pompilius das J a h r in 12 Monate eingeteilt wurde, zählte man anfangs den F. als l e t z t e n Monat, weshalb ihm auch der S c h a l t t a g angehängt wurde J ). Neben F. ist die zuerst bei Einhard (vita Caroli Magni c. 29) erwähnte deutsche Bezeichnung Η ο r η u η g seit Jahrhunderten üblich 2), wobei man auch zwischen dem g r o ß e n Horn, dem J a n u a r (s. d.) und dem weniger T a g e zählenden 3) k l e i n e n H o r n , dem F.,
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unterscheidet 4 ). Den letzten nennt man in Oberösterreich zuweilen das „ H e r n d l " 5 ) . Schon wiederholt hat man den Namen Hornung zu erklären v e r s u c h t e ) ; so ζ. B. als die Zeit, in welcher Festgebäcke in Mondsichelform oder Hornform gebacken werden '), oder in welcher man besonders häufig aus den Trinkhörnern trank, weshalb diese T a g e geradezu als H o r n t a g e bezeichnet wurden 8 ). Nach anderen bringt dieser Name die Verkürzung des Monats um zwei bis drei T a g e zum Ausdruck, denn Hornung bedeutet in germanischen Sprachen auch den unehelichen, also rechtlich minderwertigen Sohn 9 ). D e m widerspricht aber, daß der N a m e Hornung schwankend ist, auch den Januar bezeichnet. Näher liegt die Erklärung, daß der F. der Monat ist, in dem der Frost so hart ist wie ein Horn, wie man ähnlich den Januar (s. d.) Hartmonat nennt. So sagt auch das Breslauer Monatgedicht (15. Jh.): Von dem herten hörne ist der hornung genant, Dy herteste kelde kommet denne yn die lant 10 ). Doch steht im V o l k e mehr die Vorstellung v o n den heulenden und blasenden Winterstürmen im Vordergrund, so daß sich eher ein Zusammenhang mit dem Stierhorn als Blashorn ergibt, zumal man den W i n d oft als einen Mann darstellt, der auf Hörnern bläst. Und so wäre der Hornung oder Horner der B l a s e r u ) . Der Name Hornung wird heute noch in Tirol, in der Schweiz 12 ), in Baden, im Elsaß 13 ) und im Liegnitzer Kreis in Schlesien 14 ) gebraucht. In einen besonderen Zusammenhang gehört der N a m e Weibermonat (s. d.) für F., ebenso der damit in Verbindung stehende, im westlichen Norddeutschland übliche Ausdruck Spörk e 1 (Westerwald, Gebiet von Koblenz und Aachen), auch S ρ ο r k e 1 (um Köln), S ρ ü r k e 1 (Berg- und Eifelgebiet), S p ü ä r k e l oder Spüärk e 1 s c h e (Grafschaft Mark, Sauerland) 15 ), Sparkelersch (Nahetal) 16 ), S p ö r k e l - E l s k e n (Kirchspiel Weitmar), S p ö r k e l s k e (Deilinghofen) " ) , S p r o k k e l m a a n d (Flamland und Niederland) 18 ). Durch
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Auswanderer aus diesem Gebiet wurde der Name wahrscheinlich auch nach Siebenbürgen gebracht, wo er sich bei den Zigeunern als S p i r k e l erhalten h a t 1 8 ) . Einzelne dieser Namen beweisen deutlich, daß man damit die Vorstellung einer weiblichen Person oder Gottheit verband. Man hat daher in dem N a m e n eine Wetter- und Erdgöttin Spurke vermutet 20). Man hat ihn andrerseits unter Hinweis auf das englische spark aus den Feuern zu erklären versucht, die bei Frühlingsfesten üblich sind 2 1 ). Viel wahrscheinlicher ist seine Herleitung aus den Spurealien, die Aldhelm (f 709) und der Indiculus {„De spurcalibus in februario") erwähnen 22), die aber schwerlich ein Totenfest waren 23 ). Dieses heidnische Opferfest der niederdeutschen Stämme war jedenfalls einer weiblichen Gottheit geweiht und hatte zum Mittelpunkt das bei Frühlingsfesten (s. d.) so wichtige F r u c h t barkeitsmotiv. Man kann auch an einen Zusammenhang mit der matrona Aufania denken, die gerade im Verbreitungsgebiete des Namens Spörkel verehrt wurde 24 ). Dieses Fest suchte die Kirche durch den Namen spurcalia verächtlich zu machen, der v o m latein. spurcus, spurcitia nach Analogie v o n saturnalia u. a. gebildet wurde 25 ). Vielleicht wurde zugleich auch die Gottheit von kirchlicher Seite herabsetzend spurcula genannt, welcher Name im Volke auf die Gottheit und den Monat selbst überging. Der niederdeutsche und dänische Name Blidemaend und Blidemaan e d weisen auf die Lustbarkeiten des F. hin 2 6 ). A l s Seelenmonat wird der von Beda überlieferte Ausdruck S o l m o n a d erklärt In Westfriesland heißt der F. S e i l e , ebenso hieß er neben S i 11 e und S ü l l e früher in Flamland und Niederland a ) . Unerklärt sind bisher die auf alemannischem Boden seit dem 14. Jh. belegten Namen Rebmanot und R e d m a n o t 2 9 ) , wobei man in dem zweiten den Namen der von Beda erwähnten Göttin Hrede suchte so ). Weinhold bezog beide Namen auf die sich wieder regende Natur 31 ), wie er ähnlich die skandinavischen Namen für den F.,
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b z w . E n d e F . u n d A n f a n g M ä r z (island. Göi, s c h w e d . G ö j a , G ö i e m ä n a d , n o r w e g . G j ö , d ä n . G ö j e , schonisch G y j e ) , mit d e m H i n w e i s auf d a s A u f t a u e n , Ö f f n e n der E r d e e r k l ä r t 32 ). I m T e g e r n s e e r K a l e n d e r (16. Jh.) h e i ß t der F . Η ο 1 ζ m ο η a t 33 ), weil das bei a b n e h m e n d e m M o n d g e f ä l l t e H o l z n i c h t so l e i c h t f a u l t u n d n i c h t w u r m s t i c h i g w i r d M ) . D e r holsteinische (Bordesholmer) K a l e n d e r ( B e g i n n des 16. Jhs.) n e n n t den F . f o s m a e n . D i e R a n z z e i t der F ü c h s e w ä h r t v o n E n d e J ä n n e r bis März, w e s h a l b die F u c h s j a g d z u L i c h t m e ß s c h l i e ß t 3 5 ) . Ä h n l i c h h e i ß t der F . noch heute K a t z e n m o n a t weil die R a m m e l z e i t der K a t z e n , w i e im J u n i , so a u c h z u E n d e F . e r f o l g t . N a c h d e m S c h a l t t a g e h e i ß t der F. i m N i e d e r l ä n d i schen auch Schrickelmaend37). w e g e n seiner K ü r z e a u c h het kort tnaandeken i m F l ä m i s c h e n , petit men im W a l lonischen s i ) . Im 18. J h . t a u c h t endlich die B e z e i c h n u n g T a u m o n d auf39). N a c h in den M o n a t f a l l e n d e n F e s t t a g e n n a n n t e F i s c h a r t in „ A l l e r P r a k t i k G r o ß m u t t e r " d e n F . a u c h B r i g i d e m o n a t ( i . F.), Faßnachtman, Fronfastenmonat, Lichtm e ß m a n , O c u l i m o n a t 40 ). Als F a m i l i e n n a m e f i n d e t sich nur der N a m e H o r n u n g 4 1 ) . In den M ä r c h e n m a n c h e r V ö l k e r e r f o l g t mit d e n a n d e r e n M o n a t e n eine P e r s o n i f i k a t i o n des F. 4 2 ), w o b e i zuweilen der F . d e m J ä n n e r oder d e m M ä r z einen T a g leiht 43 ), w o m i t m a n w o h l a u c h die K ü r z e des M o n a t s z u erklären v e r s u c h t . N a c h einer f r a n z . E r z ä h l u n g h e i ß t der v o n G o t t zur S t r a f e in den M o n d v e r s e t z t e M a n n F έ ν r i e r , weil seine V e r s e t z u n g auf den M o n d im F . e r f o l g t ist 44 ).
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46; vgl. Alemannia 1 (1871), 152 ff. n ) SAVk. 11, 90 f. 1 ! ) W e i n h o l d a . a . O . 14 ff. " ) SAVk. II, 89 ff. » ) D r e c h s l e r 1, 53. » ) W e i n h o l d a. a. O. 18. 20. 56 f.; S a r t o r i Westfalen 70 (Spüärkelsche). 16 ) ZfrwVk. 1905, 299. " ) K u h n Westfalen 2, 91 Nr. 284. " ) W e i n h o l d Monatnamen 19. " ) H a l t r i c h Siebenb. Sachsen 110 Nr. 1, s0 ) ZfdMyth. 1, 388 f. " ) H . P f a n n e n s c h m i d Fastnachtsgebräuche in Elsaß-Lothringen (Colmar 1884), 23 1 = S a u p e Indiculus 8. " ) S a u p e a. a. O. 7 f.; Η e f e 1 e Conciliengesch. 3, 506 f. Vgl. ARw. 20 (1920/21), 383 f. 23 ) S a u p e Indiculus 7f. s4) H e l m Religgesch. I, 405f. Vgl. ZfVk. 2 (1892), 40. " ) G ο 1 t h e r Myth. 584 Anm. Damit mag sich schon früh die Vorstellung vom Brechen des Eises im Taumonat verbunden haben (niederd. sprohkeln = aufspringen, Risse bekommen, vläm. sprok und Spork = spröde, zerbrechlich); vgl. MschlesVk. 11 (1904), 31. " ) W e i n h o l d Monatnamen 25, 33. 2 ') Ebd. 3 f. 26. 56; ZfVk. r 5 il9°5)> 312· W e i n h o l d a . a . O . 19. 21. 55; MschlesVk. 11, 32 (als Schmutz-, Kotmonat gedeutet). " ) SAVk. 11, 91 f. M ) G r i m m Myth. 1, 23g f.; S c h a d e Ursula 112 f. (Das nur an einer Stelle bei S t r o d t m a n n Idiotikon 278 für Osnabrück belegte „Wannenmond", das ebd. 113 zu deuten versucht wird, scheint auf einem Mißverständnis zu beruhen). 31 ) W e i η h ο 1 d Monatnamen 52 f. 32 ) Ebd. 39. 33 ) Ebd. 14. 31 ) Ebd. 44. 35 ) Ebd. 20. 38. 3 ') Schweizld. 2, 1627; 4, 237. 37 ) Weinh o l d a. a. O. 19, 54. " ) Ebd. 47. ") Ebd. 11 f. 58. «·) Ebd. 35· 37- 49. 51. ·") A. Heintze5 Die deutschen Familiennamen (Halle 1922), 199; vgl. ZfVk. 2 (1892), 320. " ) Vgl. B o l t e - P o l i v k a 1, 107. « ) AnSpr. loo (1898), 149; B a s s e t Les jours d'emprunt chez les Arabes (RTrp. 5, 151); vgl. J e g e r l e h n e r Oberwallis 1, 303 Anm. zu Unterwallis 121 Nr. 22, mit Lit. " ) S e b i l l o t Folk-Lore 1, 12.
2. Mit d e m F . t r i t t die S o n n e in d a s Z e i c h e n der F i s c h e 4 5 ) . Bei m a n c h e n V ö l k e r n w e r d e n a l l j ä h r l i c h i m F . die D ä monen ausgetrieben4e). N u n ist der W i n t e r z u E n d e , der a u c h in unseren Streitspielen dem Sommer weichen muß. Im F . b e g i n n t die a n S i t t e n u n d B r ä u 1 ) P a u l y W i s s o w a 6, 2, 2096; chen wie auch an abergläubischen Uber2 M e y e r Konv.-Lex. 6 (1904), 367. ) W e i n h o l d Monatnamen 2,45. 3 ) SAVk. 11(1907), l i e f e r u n g e n reiche Z e i t des F r ü h 1 i η g s 90 f. 4 ) W e i n h o l d a . a . O . 9 f. s ) Β a u m (s. d.), die in den L u s t b a r k e i t e n der F a s t g a r t e n Heimat 1, 43 ff.; Jahr 18. e ) W e i η - n a c h t (s. d.) ihren H ö h e p u n k t erreicht 47 ). h o l d a. a. O. 45 f.; MschlesVk. 11 (1904), 23ff. Dieser U b e r g a n g v o n der k a l t e n z u r w a r (als Schmutz- und Kotmonat); H. F r e d e n hagen Deutsche Monatsnamen (Festschrift men J a h r e s z e i t fiel m i t d e m J a h r e s e n d e des A . D . Sprachvereins, Hamburg 1914, 133 f.). und J a h r e s b e g i n n z u s a m m e n , s o l a n g e das ') N o r k Festkalender 135ff.; Η ö f 1 e r Fastnacht N e u j a h r a m 1. M ä r z gefeiert w u r d e . 54. s ) W i d l a k Synode v. Liftinae 12. 30 f. D a r a u s , d a ß der F . einen W e n d e ") W e i g a n d Wb. 1, 327 = F i s c h e r Altertumsk. 116. 10 ) W e i n h o l d Monatnamen p u n k t i m J a h r e darstellt, e r k l ä r e n sich
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vor allem die zwei wichtigsten Feste, die wahrscheinlich schon in idg. Zeit in diese Jahreszeit fielen, ein R e i n i g u n g s f e s t und ein T o t e n f e s t . Das erste ist am ausgeprägtesten bei den Römern als L u ρ e r c a 1 i e η gefeiert worden, wobei die Luperci alle, die ihnen in den Weg kamen, besonders aber Frauen, mit den aus Fellen der geopferten Ziegen geschnittenen Hautstreifen schlugen **). Diese durch ein Hunds- und Bocksopfer eingeleitete februatio hat dem Monat den Namen gegeben, ihr Zusammenhang mit anderen Weiberfesten im F. ist offenbar (s. Weibermonat). Die Luperealien wurden 494 von Bischof Gelasius in das Fest M a r i a Reinig u n g umgewandelt 4 e ), das nach Angabe der Kirche zur Erinnerung an die Darstellung J e s u im Tempel (Luk. 2, 22 ff.) 40 Tage nach dem Christfest gefeiert wird. F ü r den Orient hat das Fest Kaiser Justinian 542 angeordnet, die römische Kirche feiert es offiziell seit Papst Sergius I. (687—701)
den und Norwegen wirft man am Lichtmeßtage bei versammelter Familie und unter Kniebeugung etwas Kuchen und Gebäck in den Ofen zur Vermittlung der sühnenden Opferspeise an die Ahnengeister 5e ). Aus diesem ursprünglichen Seelenopfer ist in Deutschland, wo in manchen Gegenden das Gesinde am Lichtmeßtage den Dienst antritt S7), ein G e s i n d e b r o t geworden M ). In Oberbayern werden endlich am Lichtmeßtage abends kleine Wachslichter f ü r die armen Seelen der Anverwandten angezündet 59). Das kirchliche Fest der Lichtmesse selbst, der Kerzenweihe, hat mit diesem alten Totenkult nichts zu tun *") (s. Lichtmeß). Daß im F. das J u 1 f e s t , das Fest der wiederkehrenden Sonne, gefeiert wurde, geht auf eine einzige Quelle (Hervararsaga, K a p . 12) zurück, die nicht glaubwürdig ist e l ). Dagegen fiel in den F. das G ο i ο ρ f e r der Schweden, das ursprünglich im März oder April, zur Zeit der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche begangen wurde ea ).
Ein großes T o t e n f e s t läßt sich in weitgehender Übereinstimmung während der Winterszeit bei f a s t allen idg. Völkern nachweisen (s. Frühling). Im F . feierten die Griechen die Anthesterien, die Römer die Feralien 5 1 ). Die Römer opferten im F. verschiedenen Gottheiten f ü r die Verstorbenen und hatten eine häusliche Totenfeier f ü r die di parentes, welche in die christliche Feier der Inthronisation Petri (Petri Stuhlfeiertag, 22. Feber) überging 62 ). Weniger die Julzeit, wie man gewöhnlich annimmt 5S ), mehr der F . war auch bei den Germanen den Toten geweiht. E s war Sitte, auf den Gräbern der Ahnen S e e l e n s p e i s e n zu opfern M ), was bei den Angelsachsen dazu geführt hat, diesen Monat geradezu S e e l e n m ο η a t zu nennen 65 ). Wenn Beda, der den Namen Solmonat überliefert, diesen als Kuchenmonat übersetzt und bemerkt, daß in diesem Monat die heidnischen Vorfahren seiner Landsleute ihren Göttern Kuchen geopfert haben, so ist wohl anzunehmen, daß auch diese Kuchen Seelenspeisen waren. Reste dieses Totenkultes haben sich bis heute erhalten. In Schwe-
45 ) Ausdeutung bei Ν ο r k Festkalender 129 ff. « ) F r a ζ e r 9, 148. «) Vgl. S a r t o r i Sitte 3, 2; B i r l i n g e r Schwaben 2, 147 f. (Augsburger Monatgedicht); G e r a m b Brauchtum 13 ff. Im schottischen Hochland wird das Erwachen der Natur, bes. am St. Brides Day (1. F.)·, gefeiert, vgl. F r a ζ e r 2, 94 ff. " ) M a n n h a r d t Forschungen 81 f.; A R w . 20 (1920/21), 388 f. «) ZfVk. 15 (1905), 3 1 6 ; M e y e r Konv.-Lex. 12 (1906), 861. w ) Meyer Konv.-Lex. 13 (1907), 297. M ) P a u l y - W i s s o w a 6,2,2097; S c h r ä d e r Reallex. 980 f.; ARw. 20, 385 ff. Vgl. Arme Seelen 1, 590. •») ZfVk. 15 (1905), 312. a ) Schräder Reallex. 980. " ) S a u ρ e Indiculus 9; N o r k Festkalender 1 4 5 ; S a r t o r i Totenspeisung 5 1 . M ) ZfVk. 15 (190s), 3 1 2 . 5e) Ebd. 314. 57) S a r t o r i Sitte 2, 3S; 3, 84. Auch am 3. oder 4. F., vgl. ebd. 2, 38. ») Z f V k . 1 5 (1905), 3 1 4 f. " ) Ebd. 3 1 5 . m ) Ebd.; S a r t ο r i Sitte 3, 84 ff. «») G ο 1 1 h e r Myth. 584. «2) Ebd. 584 t.
3. In der V o l k s m e d i z i n gilt der F. wegen seiner bösen Feuchtigkeit als gefährlich β3 ). Genaue Anweisungen über das Verhalten an den einzelnen, mit den Gestirnen in Zusammenhang gebrachten Tagen gibt eine Heidelberger Handschrift des 15. Jhs. 6 4 ). G e i s t e r s i c h t i g werden die am 29. F . (eines Schaltjahres) G e b o r e n e n 65 ).
Feder
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W e r d e n a m 1. F . Z w i l l i n g e g e b o r e n , so w e r d e n i m selben J a h r e n o c h drei P a a r Z w i l l i n g e geboren 6 6 ). B e z ü g l i c h der H o c h z e i t h e i ß t es i m E r z g e b i r g e , d a ß e i n e m i m F. g e t r a u t e n P a a r e v i e l e K r a n k h e i t e n b e s c h i e d e n sind 6 '). In W i r k l i c h k e i t erf o l g e n i m F a s c h i n g u n d F . die m e i s t e n H o c h z e i t e n , bei den a l t e n G r i e c h e n w a r a u c h der άμηλιών, die Z e i t v o n M i t t e J a n u a r bis M i t t e F., a m b e l i e b t e s t e n z u m HeiratenM). I m R h a m s e r t a l gilt der H o r n u n g als g l ü c k l i c h z u m E h e s c h l i e ß e n , weil in i h m die K a t z e n v e r l i e b t sind 69 ); d a g e g e n meinen die F r a n z o s e n : „ I I ne f a u t pas se m a r i e r a u mois des c h a t s " 70 ). Bei den B u l g a r e n darf m a n sich i m F. n i c h t v e r l o b e n 7 1 ) ; ihre W e i b e r b a c k e n a m 1. F. B r o t u n d f a s s e n n a c h d e m K n e t e n m i t t e i g i g e r H a n d die M u t t e r tiere an, d a m i t diese l e i c h t g e b ä r e n 7 2 ) . Im W e t t e r g l a u b e n überwiegt die M e i n u n g , d a ß der F. n i c h t so s t a r k und g e f ä h r l i c h ist w i e der J a n u a r . Z u diesem s a g t der F . : Hätt' ich das Recht wie du, Ließ ich verfrieren das Kalb in der Kuh 7 3 ). Oder: Wenn ich könnt' wie du, Ich schonte nicht das Kind in der Truh Und das Kalb in der K u h ' 4 ) . U n d w e n n es E n d e F . s c h n e i t , so s a g t m a n in E l b e r f e l d : „ D e S c h n e a f ä l l t op en heeten S t e e n " 7 5 ) . Andrerseits heißt es: W e n n ' s im Hornung nicht recht wintert, so k o m m t die K ä l t e u m O s t e r n 7 6 ) . D e r f r a n z ö s i s c h e V o l k s m u n d d r ü c k t dies a u s : „ S i f e v r i e r ne f a i t pas f e v r o u g e (c'estä-dire ne r e m p l i t pas son role), m a r s et a v r i l s e r o n t p e n i b l e s 7 7 ) . I m sog. G ä u ( B a i s i n g e n ) in S c h w a b e n , m u ß i m F . ein S a c k v o l l S c h n e e d u r c h die Ziegel des D a c h e s g e w e h t werden, w e n n es ein g u t e s J a h r e g e b e n soll 7 8 ). Im f r a n z . V o l k s g l a u b e n spielt bei d e m M o n a t s n a m e n f e v r i e r W o r t a n a l o g i e mit, w e n n es h e i ß t , d a ß g e g e n das F i e b e r (fi^vre) ein T r a n k g u t ist, z u d e m die K r ä u t e r i m F . ges a m m e l t w u r d e n ra); v i e l l e i c h t a u c h dann, w e n n m a n sagt, d a ß den K i n d e r n die H a a r e i m F. g e s c h n i t t e n w e r d e n müssen, w e n n m a n will „ q u ' i l s f r i s e n t " 80 ). Als L ο s t a g e wichtig: Lichtmeß
81 )
(s. d.) sind i m F . (s. d.), P e t r i S t u h l -
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f e i e r 8 2 ) (22.) u n d M a t t h i a s (24.). B e s o n ders die M a t t h i a s n a c h t ist f ü r die B r ä u t i g a m s s c h a u g ü n s t i g 8 3 ) ; in ihr z w i s c h e n 11 und 12 U h r g e s c h ö p f t e s W a s s e r w i r d zu Wein84). H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 378 f. (Hundertjähr. Kalender); vgl. S t e r n Türkei 3δ5· **) Alemannia 24 (1896), 273 ff. ei) W o l f Beiträge 1, 238; W u 1 1 k e 87 § 105; 316 § 469. «) G r o h m a n η I i 6 (Tschech.-Böhmen) = W u t t k e 209 § 290. e7) J o h n Erzgebirge 92. M) Ebenso der altrussische Name für den F. svadebnyj (svadba = Hochzeit); Schräder Reallex. 355. M) R e i n s b e r g - D ü r i n g s f e l d Hochzeitsbuch (Leipzig 1871), 113. ,0) Bulletin du Glossaire des Patois de la Suisse Romande io, 16. " ) A o d r e e Parallelen 3; Stern Türkei 1, 385. " ) S a r t o r i Sitte 3, 34. " ) ZfVk. 5 (1895), 319; Baumgarten Heimat 1, 44. 74) ZfrwVk. 1905, 299. " ) Ebd. 1914, 268. '«) R e i n s b e r g Wetter 81; B. H a l d y Die deutschen Bauernregeln 17. Vgl. B a u m g a r t e n Heimat 1, 43 f. " ) S A V k . 2, 240. Vgl. R e i n s b e r g Wetter 81 f. 7S) B i r l i n g e r Schwaben 1, 383. Weitere Wetterregeln s. Z i n g e r l e Tirol 133. 79) S e b i l l o t Folk-Lore 3, 501. ») S A V k . 22, 255. 8l ) R e i n s b e r g Böhmen 38 ff. und Wetter 84 ff.; H a l d y a. a. 6 . 20 ff. ®2) M a n n h a r d t Forschungen 187 = F r a z e r 7, 300; S a r t o r i Sitte 3, 88 f. " ) S a r t ο r i a. a. O. 3, 90 f. 84) L a u f f e r Niederd. Volksk.2 89. Vgl. F r ü h l i n g , J a h r e s z e i ten, W e i b e r m o n a t , Winter. Jungbauer.
Feder. I. A l l g e m e i n ist die M e i n u n g , d a ß M e n s c h e n auf F . n n i c h t l e i c h t s t e r b e n k ö n n e n x ). D e r G l a u b e h ä n g t v i e l l e i c h t mit der S i t t e , den S t e r b e n d e n v o m B e t t e z u h e b e n u n d auf die E r d e zu legen, zus a m m e n 2 ). A u f e i n e m F . k i s s e n f i n d e t der T o t e i m G r a b e keine R u h e 3 ). L i e g t der L e i c h n a m auf e i n e m F . b e t t , so s t i r b t noch j e m a n d 4 ). A u f d e m A n g e r a u f g e l e s e n e F . n lassen k e i n e n d a r a u f ruhen, u n d die E h e l e u t e , die d a r a u f liegen, l a u f e n v o n e i n a n d e r 5 ) . M ä n n e r sollen n i c h t z u g e g e n sein b e i m F ü l l e n der B e t t e n 6 ). F . n sind b e i m z u n e h m e n d e n M o n d ins B e t t z u t u n 7 ) . B e i m G e w i t t e r l e g t m a n sich ins B e t t , da F . n s c h l e c h t e Btitzleiter s i n d 8 ) . D i e F . , die der H a h n f a l l e n l ä ß t , w e n n er auf die H e n n e s t e i g t , s c h ü t z t i m K r i e g 9 ) . S c h o n die hl. H i l d e g a r d z i e h t
1283
Feder
Gans-F.n den Hühner-F.n v o r ; sie verw i r f t Raubvogelf.n 10 ). In ÖsterreichischSchlesien wirft man bei Sturmwetter u. a. eine Handvoll F.n aus dem Fenster und r u f t : „ D a hast du, hör' a u f " 1 1 ) . Damit gekaufte Tauben nicht davonfliegen, soll man jeder Taube drei F.n ausreissen und diese verkehrt in das Flugloch legen l a ). Dem Gebrauch von F.n in Kleidungsstücken und der rituellen Bedeutung von F.n im Auslande geht Frazer nach 1 3 ). Eine beim Niederfallen im Boden steckenbleibende F . weist auf Besuch hin 1 4 ). „ W a n n die Fäderen seines Rechten Flügells (Drostell Amsell; gr-henkt werden In das Hauss mit einem Rooten Faden, Der noch nie gebraucht Ist, so mag niemanden In dem Hauss Schlafen, Biss E s danengethan w i r t t " (1685) 1 5 ). Solange der Bursche die Floßfeder des Seemannes hat, kann er nicht ertrinken 1 6 ). *) Z f V k . 22, 2 3 1 f.; S a r t o r i Sitte 2, 25 Anm. 3 1 ; W u t t k e 457 § 7 2 3 ; Black Folk-Medicine 1 0 5 ; G r i m m Myth. 2, 9 5 3 ; 3, 443 Nr. 2 8 1 ; A R w . 1 1 , 1 5 3 ; Zachariae Kl. Sehr. 370 ff.; Z a h l e r 2 3 ; W i t t s t o c k Siebenbürgen 99; F o g e l Pennsylvania 133 Nr. 609. Besondere F.arten werden genannt: H u h n : B o h n e n b e r g e r 2 2 ; H ö h n Tod 315; L a n d s t e i n e r Niederösterreich 30; Z f V k . 6, 408; P a n z e r Beitrag 1, 3 1 6 ; Urquell i, 9; 4, 1 1 8 ; G r i m m Myth. 3, 454 Nr. 5 9 3 ; G r o h m a n n 187 Nr. 1 3 1 6 ; D r e c h s l e r 1, 290; 2, 2 2 5 ; Z f r w V k . 2, 194; Lammert 39; A n d r e e Braunschweig 403 (bringen Zank); — Schneehuhn: Z f V k . 8, 1 6 2 ; — Rebhuhn: L i e b r e c h t 95; — Taube: Z f V k . 1 1 , 2 2 1 ; 1 8 , 4 4 5 ; — Raubvogel: Sartori 1, 1 2 6 ; Liebrecht 331; Holmberg Religion der Tscheremissen ( F F C . 61), 16. Die Unruh-F., die unter dem Flügel verborgen liegt, ist ein spezifisch nordischer Begriff, vgl. L i e b r e c h t 331; Heurgren Husdjuren 69; Feilberg ! Bidrag 1, 3 0 1 , 30. ) Literatur bei Z a c h a r i a e Z f V k . 22, 2 3 1 ff. = Kl. Schriften 370 ff. ') K n o o p Hinlerpommern 165. 4 ) H ö h n Tod 3 1 7 . 5) G r i m m Myth. 3, 445 Nr. 346. ·) B i r l i n g e r Schwaben 1, 4 1 4 ; Grimm Myth. 3, 435 Nr. 1 7 (Rockenphilosophie). ') G r i m m Myth. 3, 446 Nr. 3 7 2 . ·) Z f V k . 9, 232. ·) K r o n f e l d Krieg 1 1 1 ; vgl. H ö f l e r Volksmedizin 1 5 4 ; S e b i l l o t Folk-Lore 3, 224 (humoristisch); F . des Zaunkönigs schützt gegen Schiffbruch: F r a z e r 8, 3 1 9 10) L a m m e r t 39; Z f V k . 22, 2 3 2 . " ) J a h n Opfergebräuche 59; P e t e r Österreick.-Schles. 2, 259. Die F.n im siebenb. Hahnopfer werden als nutzbringend aufbewahrt: F r a z e r 7, 278.
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12 ) P o l l i n g e r Landshut 1 5 7 ; A l b e r t u s Magnus Egyptische Geheimnisse 1, 2 2 ; K n o o p Tierwelt 67 Nr. 552. I 3 ) Totemism 4, 342 (unter „feather"); Golden Bough 3, 180. 186. u ) Κ ü c k Lüneburger Heide 248. 16 ) Z a h l e r Simmenthai 2 3 = W i t z s c h e l Thüringen 2, 289 Nr. 138. " ) l i n g e r i e Sagen 102 Nr. 167.
2. V o l k s l i t e r a t u r . Die naturerklärenden Märchen deuten die verschiedenen Farben der F . n 1 7 ) . Die F. eines hilfreichen Vogels kennen viele Märchen l s ). Das F.nhemd (Schwanjungfrau) ist mythen-, märchen- und sagenhaft, kaum ein Stück Aberglauben 19 ). Im Sprichwort kommt die F. nur gelegentlich vor 2 t t ). Der uralte Vergleich mit Schnee führt zu den älteren, kaum noch haltbaren, mythologischen Erklärungen und Zusammenstellungen (F.wolke) 2 1 ) und liefert das Rätsel vom Vogel F . 1 0 s 22 ). Die Sage berichtet von der Mahrt, dem Hausgeist und einer Hexe, die als F. erschien 2 3 ). Eine schwarze Frau, die eine F. auf dem Hute trägt, ist Botin des Todes 24 ). ") S e b i l l o t Folk-Lore 3, 156—160; Dähnhardt Natursagen 1, 368 (Reg. s . v . F a r b e ) . " ) S 6 b i l l o t Folk-Lore 3,213·. F e i l b e r g Bidrag 1, 3 0 1 ; 4, 1 4 4 ; B o l t e 1β P ο 1 i ν k a 3, 33. ) Η ο 1 m s t r ö m Studier over svanjungfrumotivet. Malmö 1 9 1 9 ; H a r t land Science of fairy-tales·, Güntert Kalypso 99; G r i m m Myth. 1, 2 7 2 ; W l i s l o c k i Zigeuner 1 3 ; R o c h h o l z Naturmythen 2 1 1 ; Simrock Myth. 6 1 5 usw. *>) V e r n a l e k e n Mythen 3 5 5 ; W a η d e r Sprichwörterlex. 1, 949—955. ") G r i m m Myth. ι, 2 2 2 ; M a n n h a r d t Götter 94; A 1 y Märchen 1 1 4 f. 1 1 8 . 1 2 3 ; R o c h h o l z Naturmythen 2 1 1 f.; S c h w a r t z Volksglaube 5. 8 1 . as ) S A V k . 3, 1 6 2 ; 24, 1 0 9 — i n ; Knoop Hinterpommern 9; Urquell 4, 252. " ) R a n k e Sagen 8; W o l f Beiträge 2, 268; Grimm Sagen 58 Nr. 74, 6 5 ; M e y e r Baden 5 5 6 ; vgl. Witzschel Thüringen 1, 169 Nr. 1 6 9 ; 2, 48 Nr. 50; 49 Nr. 51 (Teufel heißt F.hänschen); 2, 267 Nr. 2 7 ; Z i m m e r m a n n Volksheilk. 34. 37. M ) G r o h m a n n Sagen 70.
3. In der V o l k s m e d i z i n finden F.n wenig Verwendung (s. auch bei den einzelnen Vögeln). Gegen Bettharnen zerhackt man die Seelen (das Innere des Kiels) von 3 F.n ganz klein und gibt sie in fließendem Wasser zu trinken 26). Man machte ein Pulver aus F.n als Wundpflaster 2e ). Der Rauch einer vom leben·
Fee
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den Tiere ausgerissenen F. heilt K r ä m p f e , der einer Ρ f a u e η - F . hilft gegen Epilepsie **). ») W u t t k e 358 § 540. s«) J ü h 1 i η g Tiere 276. " ) Urquell 4, 2 7 8 ; F . n wurden in der Antike bei Zauberhandlungen verbrannt: Abt Apuleius 221. *») H ö f l e r Volksmedizin 1 5 4 .
4. F e d e r k r a n z . F.n, die sich im Kopfkissen zu einem Kränzchen zusammenballen, heißen F.kranz. Hexen sollen sie verursachen können. Wer darauf schläft, fühlt K o p f w e h und Mattigkeit; und wenn das Unheil nicht gebannt wird, so stirbt er. Man rettet sich durch Eintauchen des Kranzes in siedendes Wasser. In Deutschland scheint der Glaube daran nur norddeutsch zu sein, sonst ist er in Italien bekannt 2 9 ). !s ) Schell Bergische Sagen 1 3 2 Nr. 2 2 ; Z f V k . 4, 324; ZfrwVk. io, 1 6 7 ; S t r a c k e r j a n i, 382; Urquell 2, 93 (Italien). 1 4 1 . 204; 3, 304; D i r k s e n Meiderich 4 1 ; Witzs c h e 1 Thüringen 2, 26g Nr. 45. Vgl. ein australisches Zaubermittel in Urquell 2, 93.
5 . F e d e r s c h l e i s s e n . F.schleissen wird gewöhnlich im Winter gemacht. Darauf folgt der F.schleißschmaus, der in Westböhmen das F.männl heißt Die der Rockenstube vergleichbare Sitte scheint hauptsächlich schlesisch und böhmisch zu sein 3 1 ). K o m m t einMädchen zum F.schleissen, somußes wenigstens 3 F.n mitschleissen, sonst läuft ihr der Bräutigam davon 3 2 ). Hilft man nicht dabei, so bekommt man einen Ausschlag 3 3 ). Was beim F.schleissen auf den Tisch kommt, muß zu Ende geschlissen werden, damit die Gänschen gedeihen 34 ). S c h r e i b -F.
s. s c h r e i b e n .
John Westböhmen 1 1 . 3 1 ) S a r t o r i 2, 193. 32 ) J o h n Westböhmen 2 5 3 . 33 ) E n g e l i e n u. L a h n 273. 34 ) G r o h m a n n 1 4 1 Nr. 1630 = W o t t k e 432 § 677. Taylor.
Fee. 1. Religionsgeschichtliches zum F.nglauben. — 2. Wohnort und Wesen der F.n. — 3. Beziehungen zwischen F.n und Menschen.
I. Eine Phantasie- und Glaubensvorstellung wie die von den F.n und ihrem Land ist in erster Linie kein sprachliches, sondern ein psychologisches Problem. Daher kann man nicht wegen des
1286 sprachlichen Zusammenhanges von F . mit lat. f a t u m (aus n. pi. f a t a , fem. fata, mfrz. faie) 2) als „Ausgangspunkt der Vorstellungen, die zu den F.n führte, das starre F a t u m der Römer nehmen" 3 ). Die Vorstellung von den F.n entstand gerade im Gegensatz zum Fatalismus und abseits von jeder festen Gotteslehre aus dem heiteren Spiel der leichtbeschwingten keltisch-französischen Phantasie, die über die Abgründe menschlicher Schicksalsfragen hinweg in das Wunderland führte, ohne sich dabei um entthronte keltische Gottheiten 4 ) und ihre Priesterinnen, um „alte druidische M y s t e r i e n " s ) oder um römische Parzen und nordische Nornen zu kümmern. Wohl nirgends sonst im Volksglauben ist so die Phantasie des fröhlichen, von überirdisch Gutem träumenden Menschen herrschend wie im Glauben an jene F.n, die bald hilfsbereit den harten Gang des Menschengeschicks mit ihren Wundern durchkreuzen, bald in seliger Anmut nur sich selbst zur Lust in märchenumwobenen F.nländern und Grotten ihr ewig schönes und ewig junges Dasein verbringen, allen Vorstellungen menschlicher Todes- und Schicksalsangst entrückt, ja „voll Widerwillen gegen die Vorstellung des Todes" e ). Nur jene religionswissenschaftliche Theorie, die — überrascht von der selbstverständlichen Verbundenheit alles Seelischen — Wert darauf legt, jede Glaubensvorstellung letztlich auf das Todeserlebnis beziehen und mit dem „lebenden L e i c h n a m " erklären zu können, stellt fest, daß „diese Vorstellungen von einem wunderholden F.nland mit dem alten Glauben an die Leichendämonen zusammenhängen" und verknüpft dieses Märchenland voll potenzierter Lebendigkeit über die Rosengärten mittelalterlicher Dichtung mit dem spukerfüllten Ruheplatz der Toten 7 ). Auch daß die F.n, in Beziehung zum Menschendasein gesetzt, nun in seinen Hauptpunkten, Geburt, Hochzeit, Tod, nach alten Motiven ihre Rolle spielen, „Funktionen der alten Parzen oder Nornen übernehmen" 8), darf nicht dazu verleiten, sie als „Geburtsgöttinnen", Schicksalsgöttinnen, Liebes- und Todes41*
1287
1288
Fee
göttinnen 9) ihrer Eigenart zu berauben, die sie v o n den düsteren Nornen oder kriegerischen Walküren, den kultisch verehrten Disen und schließlich auch noch v o n den meist viel weniger mächtigen l0 ) Huldren, Elfen und Saligendes deutschen, den Vilen des slawischen, den R u s a l k e n des russischen, den Boginki des polnischen, den Peris des persischen Volksglaubens t r e n n t 1 1 ) . V o n irisch-keltischer H e r k u n f t 1 2 ) erweisen sich die F.n als „ d i e einzigen wunderbaren Wesen, die dem frz. V o l k e wirklich e i g n e t e n " 13 ), und zeugen — wenn a u c h k a u m v o n einem ursprünglichen „ M o n d k u l t des keltischen W e i b e s " u ) , — so doch v o n der eigentümlich keltischen A u f f a s s u n g v o m Weibe, wie die durchaus anders gearteten 15 ) nordischen W a l k ü r e n v o n einem anderen, germanischen Frauenideal Zeugnis ablegen. W u n derbare, zarte, in seliger Zwecklosigkeit und überirdischem Frieden lebende Frauen, die sicher nicht „germanischen Riesen v e r w a n d t " , „ d i e stummen Felsb a u t e n keltischer Vorzeit a u f t ü r m t e n " l e ), so finden wir, eng v e r w a n d t den Side altirischer Sagen, die sagenumwobenen F.n (Melusine, Viviane, Morgane) in der altfrz. D i c h t u n g (bes. im H y o n z y k l u s ) 1 7 ) , mit christlichem W u n d e r g l a u b e n bereits s t a r k v e r m i s c h t (F.n tun im N a m e n Jesu W u n d e r , erhalten einen P l a t z im H i m m e l usw.) 18 ). Vergeblich haben eifrige Diener der K i r c h e auch den F.nglauben als heidnischen Teufelsdienst b e k ä m p f t 1 9 ) und in einem A t e m mit Incubus- und Wiedergängerwahn genannt20). „Fluchwürdig bei J u d e n und Christen" nennt B e n e d i k t v o n Massilia den N a m e n „ f a t a " und meint, d a ß diese fatae, „ w e n n sie überh a u p t existieren sollten, böse Geister sind, die jene verführen dürfen, die an solchen Dingen f e s t h a l t e n " 2 1 ) . Die F. erwies sich „ g e f e i t " selbst gegen den B a n n s t r a h l der K i r c h e und lebte durch die J a h r h u n d e r t e in D i c h t u n g und Volksglauben in 'gewissem Sinne als „ d e r edelgeistige Gegensatz des diabolischen Hex e n t u m s " 22 ). Die m h d . höfische Dichtung, dem frz. E i n f l u ß offen, kann auf die wunderbaren „ f e i n e n " oder „ f e i e n " nicht
verzichten 2 3 ); mit F . Morgane als A h n m u t t e r P a r z i v a l s erklärt W o l f r a m seines Helden Schönheit 24 ), und Gottfried sagt in bezug auf Blicker v o n S t e i n a c h : Sinen sin den reinen, ich wasne daz in feinen ze wundere h a b e n gespunnen und haben in in ir brunnen geliutert unde gereinet, er ist b e n a m e n gefeinet 25)
und l ä ß t das Hündlein Petitcriu, das „ g e f e i n e t " war, aus „ A v e l u n , der feinen l a n t " v o n einer „ g o t i n n e " gesandt werden 26 ). W ä h r e n d lat. Schriftsteller des MA.s, die die „ f a t a e " (fadae) erwähnen, k a u m der Eigenart der F.nvorstellung gerecht werden („larvae, quas F a d a s nomin a n t " 27), „ b o n a e mulieres", „ d o m i n a e nocturnae" „felices d o m i n a e " , „ t r e s illae sorores") 20) und die „ f e i n e n " der mhd. D i c h t u n g fast in Vergessenheit geraten, e n t f a l t e t sich in Shakespeares v o l k n a h e m S o m m e r n a c h t s t r a u m die ganze F . n w e l t zu üppiger Gestaltung 30 ). D a s D e u t s c h l a n d des 18. Jhs., v o n Shakespeares Genie und frz. Geist angeregt, b e m ä c h t i g t sich v o n neuem der F.nr o m a n t i k (Wieland) 31 ), und unter dem aus dem nfrz. übernommenen N a m e n tritt die F. im dt. V o l k s g l a u b e n und Märchen, wenngleich geographisch begrenzt 3 2 j , neben die weißen Frauen, H o l d e n und Saligen. 1) A l l g e m . Darstellungen: K e i g h t l e y Fairy Mythology (Ausg. 1900); H a s t i n g s 5, 678 f. ( F a i r y s ) ; S c h r e i b e r Die F.n in Europa 1842; R u n g e Die F.n in der Schweiz; H e r t z Spielmannsbuch 59 f f . : „ D i e bretonischen F . n " ; W o l f f Mythologie der F.n und Elfen. A u s d e m E n g l i s c h e n übers. 1828; J e a n r o y Grande Encyclop. s. v . ; A n S p r . 10, 1 8 1 f f . ; 1 1 , 323 f f . ; M e y e r Germ. Myth. 117 ff. G r i m m Myth. 1, 340 u. a. 3) G ü η t e r t Kalypso 2 5 9 ; v g l . H e r t z Spielmannsbuch 67 und 350. l ) D e ο η η a Croyances relig. 473. 5) H e r t z Elsaß 5. ·) D e r s. Spielmannsbuch 65 f. ') G ü n t e r t Kalypso 82. ·) Η a 1 l a u e r Chansons de geste 20. ') G ü n t e r t 10) V g l . Kalypso 252 u. a. A l p e n b u r g Tirol 83. 95. n ) G ü n t e r t Kalypso 254. 12 ) V g l . S c h r e i b e r F.n in Europa = Z f V k . 5, 266. " ) Η a l l a u e r Chansons de geste 1 7 ; v g l . R. S c h r o e d e r Glaube und Aberglaube in der afrz. Dichtung 86 ff. " ) S c h r e i b e r 15 F.n in Europa 75) Vgl. dagegen G r i m m Myth, ι , 346 f f . ") S c h r e i b e r F.n in
Fee
1289 Europa
74;
H e r t z
") G ü η t e r t
Spielmannsbuch
Kalypso 255;
Frz. Novellen 40 f f . 18) H a l l a u e t le) M e y e r degesteS. Aber gl. 1 1 3 f. s e n Hexenwahn 84. 21 ) K l a p p e r
258. ») A l p c n b u r g
64 f.
Gerhardt
Tirol 83. " )
Elsaß 5. " ) G ü η t e r t Kalypso
256.
Chansons " ) H i d Schlesien
Hertz
25 )
Τ r i-
s t a η 4697 ff.; vgl. S i m r ο c k Myth. 344; G r i m m
Myth.
1,
344.
2a )
Tristan
15 810 ff. a ) Vgl. L i e b r e c h t Gervasius 41 und 145. G r i m m Myth. 2,885. '·) S c h ö n b a c h Berthold v. R. 22. M) Lit. dazu s. Zf Vk. 5, 264 ff.
3a)
31)
Meyer
Myth,
der Germ.
147 f.
Über geogr. Grenzen des F.nglaubens s.
Hertz
Elsaß
5.
2. Die lichten Gestade in altirischen Sagen, die „ L ä n d e r der L e b e n d i g e n " , wo es „ n i c h t T o d noch Sünde g i b t " , und zu denen die Side, zu denen die B o t i n der F.nkönigin den Helden zur Meerfahrt verl o c k t (vgl. Sage v o n Condla dem R o ten 3S ), Brans M e e r f a h r t u ) u. a.), F.ninseln 35) wie A v a l u n , das W u n d e r l a n d bretonischer Sagen3e), F.nreiche wie Oberons Reich mit K ö n i g i n n e n wie Morgue, Oberons M u t t e r 3 7 ) , mit F.nschlössern v o n wunderbarer P r a c h t : in diesem romantischen Dämmerlicht blauer Ferne sind die F.n zu Hause. A b e r sie nähern sich der Menschenwelt, beherrschen das weite Innere schätzereicher Berge3"), bewohnen Meeresfelsen 4 0 ), G r o t t e n 4 1 ) und H ö h l e n 4 2 ) ; zahlreiche F . n s t e i n e 4 3 ) (F.nspindeln) 44) und alte Steinsetzungen (wie die bei Rennes in der Oberbretagne) 45 ) erinnern an sie, Quellen 4e) und Seen 47) dienen ihnen z u m A u f enthalt, auf mondhellen Wiesen im F.nwald t a n z e n d u n d singend 4 9 ) oder badend werden sie belauscht, um schließlich, meist v o n menschlicher Neugier und U n d a n k b a r k e i t verletzt, den W o h n s i t z zu wechseln S1 ) oder achtungslosen Kennern der nötigen B a n n m i t t e l ein begehrter F a n g zu sein 52 ). Ihr Wesen ist Schönheit, Heiterkeit, Jugend, idealisierte Weiblichkeit nach frz. Geschmack, und deshalb bei uns oft nicht ganz verstanden; ihnen verglichen zu werden (belle comme une f£e) ä3) gilt selbst einer K ö n i g i n als höchstes L o b 5 4 ) (bisweilen jedoch verheimlichter körperlicher Mak e l : Gänsefüße u. ä.) 55 ). In lichten K l e i dern, immer beweglich, leicht, frei, ohne Eltern und Sippe, ohne K i n d h e i t und
1290 A l t e r s e ) , b e g a b t mit einem verschenkbaren Glück, durchbrechen sie das heitere Einerlei ihres Daseins, das o f t bereits menschlich-bürgerliche Z ü g e trägt 57) (sie spinnen, backen Brot besitzen Kinder, Haustiere, Vieh usw. 58 )), nur, u m s i c h Menschen (meist glückbringend) zu nähern, sich einem einzelnen in Liebe zu verbinden schönen K i n d e r n das L e b e n zu geben und a m Ende doch wieder heimzukehren in die eigene W u n d e r w e l t . Im Hinblick auf den keltisch-römischen Matronenkult v o n den F.n als den „ m ü t t e r lichen J u n g f r a u e n " , v o n ihrer „ j u n g fräulichen M ü t t e r l i c h k e i t " als wichtigstem W e s e n s z u g zu sprechen 6 1 ), erscheint gezwungen, ebenso wie der Unbestimmtheit ihrer Lebensdauer gegenüber die Feststellung „ m e i s t sterblich, doch länger lebend als die Menschen" 62) nicht treffend ist. Sie erscheinen im allgemeinen durchaus „ a l s Vertreterinnen des guten P r i n z i p s " 6 3 ); „ d i e Fai kann nie zur H e x e w e r d e n " 64 ). Böse T a t e n werden ihnen meist nur nachgesagt als T a t e n berechtigter V e r g e l t u n g menschlichen U n d a n k s und Unrechts e s ). Solche R ä c h e r t a t entspricht ihrem Grundcharakter weit weniger, als das aus vielen Sagen b e k a n n t e Entweichen der v o m Menschen e n t t ä u s c h ten Überirdischen in die u n b e k a n n t e Ferne, aus der sie kamen ββ ). Eine S t a u b wolke verrät mitunter den Z u g eines ausziehenden F . n v o l k e s 6 '). ss) T h u r n e y s e n Sagen aus dem alten Irland 74 f f . ; G ü η t e r t Kalypso 80 f. 34 ) W e η t ζ The Fairy-Faith in Celtic Countries 170. Μ) S έ b i 11 ο t Folk-Lore 2, 120. " ) V g l . San Μ a r t e Gottfr. v. Monmouth 417 f f . ;
PBB. 3, 329. 3') H a l l a u e r Chansons de geste 24. M) Ebd. 22. ") SAVk. 7, 172; vgl. W l i s l o c k i Magyaren 10. 15.22; S e b i l l o t Folk-Lore i , 437. «) S 6 b i l l o t FolkLore 1, 314. 4 1 ) Η a 1 1 a u e r Chansons de geste 23; S e b i l l o t Folk-Lore 1, 436 f f .
«) S e b i l l o t
Folk-Lore
D e ο η η a Croyances
2, 106.
85; H a u p t Lausitz 1, 15 f. u. a. " ) Elsaß
5.
i6)
«) Vgl.
relig. 263 f f . ; S A V k . 2 1 ,
Schreiber
F.n
Hertz
in
Europa
10ff.; H e r t z Spielmannsbuch 64 f. " ) S i b i l l o t Folk-Lore 2, 193 ff. ") Vgl. Ζ e ν a c ο Le lac des fies, ligende corse, A T r p o p . 5, 692. 48) C h a r d i η La danse des fdes, R t r p . 6, 530;
S έ b i 11 ο t Folk-Lore 1, 228 ff.; Z f V i . 14, 114. ") Vgl. Elfenweise (norw. huldreslaat) H e r mann
Nord.
Mythol.
112.
M)
U.a.
Se·
Fee b i l l o t Folk-Lore 1, 445. " ) Ebd. 1, 454. ·») Z f V k . 5, 264 ff. M ) G ü n t e r t Kalypso 76. " ) H a l l a u e r Chansons de geste 17. ·») Z f V k . 25, 118; S A V k . 25, 194. 5") H a l l a u e r Chansons de geste 18. a ) S έ b i 11 ο t 2, 107. M) ZfVk. 25, 120. ») S έ b i 11 ο t 1, 449. M) Ebd. ι, 442 ff.; Kohlrusch Sagen 389 u. a. " ) S c h r e i b e r F.η in Europa 8. 32. " ) H a s t i n g s 5, 679. «) A 1 p e n b u r g Tirol 82. 64) Ebd.; vgl. dagegen J e c k 1 i η Volkstüml. 35 f. ·») S έ b i 11 ο t ι , 452. ··) Ebd. ι, 454. «') W o l f Beiträge 1, 226. 3. A b e r g l ä u b i s c h e N e u g i e r u n d der Wunsch, von den Glückskräften und R e i c h t ü m e r n der F . n e t w a s abzubek o m m e n , z o g diese P h a n t a s i e g e s t a l t e n a u s ihrer W e l t in die S p h ä r e des Menschl i c h e n . Z a h l r e i c h e S a g e n lassen die F . n n a c h a u c h sonst b e k a n n t e n M o t i v e n ihre K r ä f t e in den D i e n s t m e n s c h l i c h e r D i n g e stellen. S e l b s t voll U n s c h u l d , n e h m e n sie sich gern der K i n d e r M ) u n d j u n g e n Mens c h e n a n u n d erscheinen nach f r z . , nord., d t . u n d slaw. E r z ä h l u n g e n w ) s c h o n an der W i e g e N e u g e b o r e n e r m i t G a b e n u n d V e r h e i ß u n g e n ">): einzeln, z u dritt, zu z w ö l f t , z w e i (elf) m i t guten, eine mit b ö s e n G a b e n 7 1 ) , v e r w a n d t den weisen F r a u e n nordischer S a g e 7 2 ) , die gleich den F . n d u r c h „ I n t e r p r e t a t i o R o m a n a " zur D r e i h e i t der S c h i c k s a l s f r a u e n s c h e m a t i siert w o r d e n s i n d 7 3 ) ; v g l . die drei F a t a (neutr.!) bei A u s o n i u s u n d P r o c o p 7 1 ) , die drei Moiren u n d P a r z e n . D e r A u s d r u c k , „ d a s G l ü c k wird uns a n der W i e g e ges u n g e n " , d ü r f t e freilich k a u m auf die F . n a n s p i e l e n 7 S ). — Eine F. leiht n a c h einer m e c k l e n b u r g . S a g e einer W ö c h n e r i n eine g o l d e n e W i e g e 7 e ) oder erscheint d e m spiel e n d e n K i n d e u n d spielt m i t i h m u n d bes c h e n k t es, m u ß a b e r d a n n d e n ihrer Gunst unwürdig gewordenen Jüngling strafen und w e i n t , 7 ) . Aus dem Wunderl a n d der F . n k o m m e n W u n d e r d i n g e unter die M e n s c h e n ( „ g e f e i t e " S c h w e r t e r , P a n zer, M ä n t e l , R i n g e , T a r n k a p p e n , T a l i s m a n e aller A r t ) ™), u n d wer sie besitzt, gewinnt übermenschliche Eigenschaften oder ist g e f e i t g e g e n G e f a h r . D i e F a i im T i r o l e r V o l k s g l a u b e n h a t die G a b e , die v o n ihr B e s c h e n k t e n „ f e s t z u m a c h e n " g e g e n H e x e n z a u b e r 7 9 ) . Die drei F . n gleichen N y m p h a e in S a x o s F a s s u n g des
1292
Baidermythus („echtes F.nmärchen"?)80) r e i c h e n d e m H ö t h e r einen z a u b e r h a f t s t ä r k e n d e n T r a n k . Die F . n f ö r d e r n , s e l b s t H e r d e n b e s i t z e n d , das G e d e i h e n der H e r den, k ü n d e n die zur A u s s a a t g ü n s t i g e n Tage, machen Regen und gutes Wetter, s c h ü t z e n die E r n t e n 8 1 ) . S e l b s t S p i n n e rinnen, s e t z e n sie sich h i l f s b e r e i t z u spinn e n d e n M ä d c h e n 8 2 ) (vgl. G . S c h w a b s G e d i c h t „ D i e F e i e n des U r s u l a b e r g e s " ) 8 3 ) , ü b e r deren T u g e n d sie w a c h e n 84 ), die sie k o c h e n u n d w e b e n l e h r e n 8 S ) . U m ihrer Hilfsbereitschaft gegen A r m e willen, n a n n t e das V o l k die W a l d w e i b c h e n i m „ B u r k h a r d t s l o c h " bei P o b e r s h a u ( S a c h sen) F . n 8e ). M a n k a n n d a h e r w o h l k a u m das V e r h ä l t n i s z w i s c h e n M e n s c h u n d F . u n p a s s e n d e r f o r m u l i e r e n als m i t d e m l a t . „ d o u t d e s " 8 7 ) u n d v e r k e n n t das W e s e n der F . n , w e n n m a n ihre selten bezeugte Menschenfeindschaft für primär h ä l t M ). Sie s p e n d e n ihre G a b e n freiwillig, n i e m a l s als E n t g e l t f ü r O p f e r g a b e n ; der A u s n a h m e f a l l 89) einer bösen F . w i r d meist mit vorhergegangener K r ä n k u n g begründet, u n d ü b e r der bösen T a t v e r l i e r t die F . ihre F . n e i g e n s c h a f t e n (ζ. B . S c h ö n h e i t *°)t Glückseligkeit)81). Die v o m geliebten M a n n v e r s c h m ä h t e oder v e r l a s s e n e F . r ä c h t sich d u r c h s c h r e c k h a f t e n T r a u m 92 ) oder u n h e i l v o l l e E r s c h e i n u n g ( S a g e v o m S t a u f e n b e r g e r ) 93 ), oder sie l ä ß t den M a n n , der die gestellte B e d i n g u n g n i c h t einh ä l t 9 1 ) (ζ. B . V e r b o t , sie F. z u n e n n e n 85 ) oder das W o r t T o d a u s z u s p r e c h e n ) 9β ), der menschliche Neugier nicht überwinden k a n n 9 7 ) , in R e u e z u r ü c k , bisweilen in G e s t a l t einef S c h l a n g e v e r s c h w i n d e n d , w i e ü b e r h a u p t die S c h l a n g e n eine R o l l e in gewissen Gruppen von F.nsagen ( S c h a t z s a g e n ) 9 8 ) spielen. D i e n i c h t zur T a u f e g e l a d e n e F. (Misfere im b r e t o n . Märchen, Dornröschenmärchen) verw ü n s c h t das K i n d (in ein G ä n s l e i n " ) u. a ). N a c h A r t der k i n d e r s t e h l e n d e n D ä m o n e n 10°) k ö n n e n a u c h F . n K i n d e r , die ihnen gefallen, r a u b e n 1 0 1 ) oder v e r t a u s c h e n 102 ). S o w a r n t m a n w o h l d a n n die K i n d e r , v o r der H ö h l e der als U n holdin (Eisenzähne, hängende Brüste) v o r g e s t e l l t e n F . v o r b e i z u g e h e n , weil diese die bösen K i n d e r in den F l u ß w i r f t 103)_
"93
Fegefeuer
A b e r selbst in dieser verzerrten Gestalt ist die F. nicht schlechthin böse; selbst die „ T a n t e A r i e " im Berner J u r a mit eisernen Zähnen und Gänsefüßen ist nicht nur z u m Kinderschreck, sondern auch „ b e i n a h e z u m W e i h n a c h t s k i n d " geworden 104) (vgl. die „ d a m e des cavernes de V a l l o r b e " u. a.) 105 ), und es ist eine das leichte Zauberspiel des F.nglaubens störende Konstruktion, daß die F.n „ a u s F u r c h t vor der ewigen V e r d a m m n i s " bestrebt seien, „ i h r e Reihen fortwährend durch geraubteMenschen zu ergänzen" 1 0 6 ). Ein englischer R e i m w a r n t v o r den F.ntanzplätzen: Hüt' den Fuß auch vor den Ringen, wo die F.n im Grase springen 107). Nur der Unberufene, der ihren Bannkreis betritt, gerät in ihre Macht, wird unsichtbar wie der im F.nwald eingeschlafene Bursche einer englischen L o k a l sage 108), wird ins F.nland entrückt wie T o m der Reimer l08 ), um, beschenkt mit überirdischen Gaben, zurückzukehren, — sicherlich ohne „ d i e V e r w a n d t s c h a f t der entrückenden F. mit der verhüllenden T o d e s d ä m o n i n " 1 1 0 ) als besonders eng empfunden zu haben. — Menschliche Neugier verlangt die Wunderwesen zu schauen. W e n eine F. als K i n d g e k ü ß t hat, der kann sie sehen m ) ; Sonntagskinder können es auch, solange sie f r o m m und rein sind U 2 ). Nachts im Mondschein sieht mancher sie bei T a n z oder B a d 1 1 3 ). Wundersalben 114 ) machen sie selbst bei T a g e s i c h t b a r 1 1 5 ) . A b e r sie sind meist scheu, vor allem da, wo sie herabgesunken sind auf die Stufe kleiner W a l d - und Berggeister. Unerwünschten Störungen durch Menschen (auch durch Glockengeläut u. a . ) l l e ) weichen sie aus, und die F.n aus den Grotten v o n Vallorbe, die sich nachts a n verlassenem Schmiedefeuer bis z u m •weckenden Hahnenschrei erwärmten, verschwanden, v o n einem Burschen einmal belauscht, für immer 1 1 7 ). Menschliche List sucht schließlich die F . n zu fangen 118 ), um ihre K r ä f t e nutzen zu können. Dreijährige Haselruten werden in einer englischen Anweisung, F.n zu fangen (17. Jh.) 119 ), zur Zitation v o n F . n verwendet, eine andere empfiehlt im
1294
ernsten Rezeptenstil eine A u g e n s a l b e 120 ), oder ein vielfältiges V e r f a h r e n mit Glas oder Kristall, B l u t einer weißen Henne, Haselstäben, V e r g r a b u n g und Beschwörung zu bestimmten S t u n d e n m ) . „ A b e r wenn du sie zitierst", heißt es schließlich, „befleißige dich eines reinenLebenswandels und kehre das Gesicht nach O s t e n " m ) . ·») G r i m m Myth, ι, 342. ") Vgl. B o l t e P o l i v k a 1,439. ") H a l l a u e r Chansons de geste 19. " ) G r i m m Myth. 1, 338 („charakteristisch für Nornen- und F.nsagen" ?), s.a. 3, 116 f. ™) Vgl. Nornagestssaga c. 11. ") Vgl. auch das Kinderlied von den drei Feien oder Mareien S i m r ο c k Dt. Kinderbuch * 169 ff. '·) G r i m m Myth. 1, 340; H a s t i n g s 5, 678. 7S) S i m r ο c k Myth. 165. *·) B a r t s c h Mecklenburg 1, 267. ") A l p e η b u r g Tirol 97 f. '*) Η a 11 a u e r Chansons de geste 21 f . ; A 1 ρ e η b u r g Tirol 83.
'») A l p e n b u r g Tirol 83. M) Κ a u f f m a n n Balder 95. " ) S έ b i 11 ο t 1, 449 f. " ) SAVk. 25, 194. " ) H o c k e r Volksglaube 29. ·*) S έ b i 11 ο t 1, 147. »5) Ebd. 1, 448. ") Μ e i c h e Sagen 347. *7) H a s t i n g s 5, 680. M) Ebd. »») H a l l a u e i Chansons de geste 22; S e b i l l o t 2, 109; 1, 452. *°) S έ b i l l o t ι, 452; K o h l r u s c h Sagen 390. ") Vgl. ZrwVk. I i , 278. ·») A l p e n b u r g Tirol 96 f. " ) Adt. Studien (1871), i f f . ; L a i s t n e r Sphinx i, 239; A i g r e m o n t Fußerotik 39 zieht falsche Parallele zur Walküre Kara in anord. Helgidichtung. M) A 1 -
ρ e η b u r g Tirol 94 f.; H e r z o g Schweizersagen 2, 162. , 5 ) C o u r t h i o n Les veilUes des Mayens 73. ··) B o s q u e t La Normandie roma-
nesque (1845), 98. ") S e b i l l o t 1, 442t. W 1 i s 1 ο c k i Magyaren 83; AlpenM b u r g Tirol 95 f.; ZfVk. 7,450. ) B o l t e P ο 1 i ν k a 1, 439. 10°) Vgl. L a i s t n e r Sphinx 2, 311 ff. 1H ) S e b i l l o t 2, 109. 102) Ebd. 1, 439. 103) SAVk. 25, 193. 1011) ZfVk. 5, 267. 1IS) S e b i l l o t 2, 108. UG) M e i c h e Sagen 337. "') R o c h h o l z Säten
i,
366;
Herzog
Schweizersagen
1,
219 f. m ) F r a n k e l F.n- u. Nixenfang usw. in ZfVk. 5, 264. »·) ZfVk. 11, 7. 120) Ebd. 5, 267. aus
m ) E b d . "») Rose und Distel, Poesien England und Schottland übertr. von
Vincke
(1853), 165 f.
Kummer.
Fegefeuer. Purgatorium, Reinigungsort der abgeschiedenen Seele. 1. Im Iran ist ein R e i n i g u n g s o r t der Seele erst in den Pehlevischriften (Sassanidenzeit), also nachchristlich bezeugt 1 ),
1295
Fegefeuer
k o m m t also als E n t l e h n u n g s o r t f ü r c h r i s t l i c h e A n s c h a u u n g e n n i c h t in B e t r a c h t . D a g e g e n k a n n N o r d e n bei den G r i e c h e n die L ä u t e r u n g s l e h r e v o m 5. v o r c h r . J h . bis in die Z e i t der Gnosis v e r f o l g e n 2 ), n a c h d e m R o h d e zeigte, wie v o l k s t ü m l i c h e Vorstellungen (Leichenbrand) theologisch u m g e d e u t e t w e r d e n k ö n n e n 3 ). D i e B i b e l w e i ß (außer I. K o r . 3, 1 3 ? ) n i c h t s v o m F . 4 ) ; v o n p l a t o n i s i e r e n d e n H e l l e n e n ist es d u r c h die p l a t o n i s i e r e n d e christliche T h e o logie (Origenes c o n t r a Cels. 4, 2 1 ; 5, 15) 5 ) wie von Vergil6) übernommen worden. Cyp r i a n 7 ) , A u g u s t i n 8 ) , Caesarius A r e l a t . 8 ) v e r w e n d e n bereits den G e d a n k e n , ohne a n einen b e s t i m m t e n O r t des R e i n i g u n g s f e u ers z u d e n k e n 1 0 ) , A u g u s t i n i m A n s c h l u ß an V e r g i l u ) G r e g o r der G r o ß e e r h e b t ihn z u r K i r c h e n l e h r e 1 2 ). In der V i s i o n e n l i t e r a t u r spielt das F . eine g r o ß e R o l l e 1 3 ). D u r c h P r e d i g t e n 1 4 ) u n d B i l d e r 1 5 ) d r i n g t der Ged a n k e ins V o l k ; i m 14. J h . lehren T h ü ringer G e i ß l e r , d a ß n i e m a n d ins H i m m e l reich k o m m e n k ö n n e , d e r n i c h t v o r h e r i m F . g e w e s e n sei l e ) . — F ü r b i t t e f ü r die a r m e n Seelen i m F . w a r ü b l i c h , w i e die a l t e n L i t u r g i e n " ) , die E i n r i c h t u n g k i r c h licher B r ü d e r s c h a f t e n 1 β ), S e e l e n m e s s e n f ü r den einzelnen l e ) oder f ü r alle T o t e n 20) a n b e s t i m m t e n T a g e n b e z e u g e n , bis O d i l o v o n C l u n y 993 f ü r solche Z w e c k e den A l l e r s e e l e n t a g b e s t i m m t e 2 1 ). — D i e e v a n gelischen Kirchen lehnen, wie vor ihnen W a l d e n s e r , H u ß , W e s e l u n d W e s s e l das F . a b (vgl. A r t . S m a l c . P . I I c, 2 § 9); d o c h g l a u b t e n die P i e t i s t e n in W ü r t t e m b e r g A n f a n g 19. J h . w i e d e r d a r a n a 2 ). 1) August Freiherr v. G a 11 Βασίλεια του θ-εου 1926, 143- Doch ebd. 323 f.; E G G . 2 2 , 533 ff. N o r d e n Aeneis 28. 3) R o h d e Psyche 1, 393; über F.Vorstellungen bei fremden Völkern gibt Marcus L a n d a u Hölle und Fegfeuer 1909, 193 f· einiges. 4) v. G a l l 323 f. Doch spricht Β u χ t ο r f 633 f. von einem jüd. F. «) Ν ο r d e η Aeneis 29 f.; L a n d a u 194 f. 195 f. *) N o r d e n Aeneis 29; Landau 195. ') ep. 52 = Joseph Ε a u t ζ Das Fegfeuer 1883, 5 5 f . N . 3. ·) Civ. dei 21, 13; B a u t z 56 ff. ') hom 8 = Β a u t ζ 59 f. 10) L a n d a u 196. l l ) N o r d e n Aeneis 29. " ) L w d a o 196 f. la ) Ebd. i f f . ; C ä s a r i u s v. H e i s t e r b a c h Wunderbare Geschichten. München s. a. 105; R e b e r Felix Hemmerlin 1846, 446; Germania 25, 133; B e r n h e i m in Preuß. Jahrb. 81, 349. 14) L a n d a u 198 f., wo
1296
auch H a r n a c k Dogmengeschichte 3, 512 angezogen ist. 15) Exk. 2, 74; (Görlitzer) Wegweis 3r 1832, 3 ff. 1β) K . Ed. F ö r s t e m a n n Neue Mitteilungen aus dem Gebiet historischantiquarischer Forschungen 2 (1826), 34. ») B a u t z 85 ff. 1β) Ebd. 89 ff. ») Ebd. 83 ff. a>) Ebd. 88. 21) Ebd. 88. Ztschr. f. histor. Theologie 11, 111. 2. D i e F . l e h r e der k a t h o l i s c h e n K i r c h e h a t g r o ß e n A n t e i l an der G e s t a l t u n g unserer S p u k s a g e n 23 ), denn w a s s p u k t , ist i m F. 2 4 ). D i e K i r c h e d e n k t a n ein m a t e r i e l l e s F e u e r , i m Innern der E r d e , n a h e der H ö l l e 25 ), u n d ebenso g l a u b t das V o l k an das F . in der E r d e , in B e r g e n 2 e ); d a n e b e n w e i ß es, d a ß es f r ü h e r e i n m a l auf der E r d e w a r , oder es s u c h t das F. auf den L i p a r i s c h e n I n s e l n o d e r in I r l a n d das des hl. P a t r i c k in einer s c h a u e r l i c h e n H ö h l e (mit s c h m a l e r B r ü c k e ü b e r s c h a u r i g e n S t r o m ) M ). I m F . s t e h t der N o b i s k r u g (s. d.) 30 ). A l t e r G l a u b e v e r m u t e t e es in der L u f t 3 1 ) ; d e s w e g e n g l a u b t m a n a u c h , die a r m e n Seelen s c h w e b t e n ruhelos z w i s c h e n H i m m e l u n d E r d e 3 2 ) . S o n s t v e r m u t e t m a n d o r t den L i m b u s der u n g e t a u f t g e s t o r b e n e n K i n d e r 33 ), der a b e r n a c h der K i r c h e a u c h w i e d e r d e m F . benachbart ist34). Das deutsche Märchen k e n n t d a s F . als f e s t e n , a b g e s c h l o s s e n e n R a u m w i e H i m m e l u n d H ö l l e 35 ) d i c h t b e i m H i m m e l 36 ). K y n e w u l f hielt es f ü r das F e u e r des j ü n g s t e n G e r i c h t s 37 ). — A u ß e r d e m F e u e r z ä h l t die K i r c h e n o c h a n d e r e S t r a f m i t t e l a u f M ) ; das Volk s p r i c h t v o n der h e i ß e n u n d k a l t e n P e i n 39 ), v o m B u ß a u f e n t h a l t in „ K l a m m e n " 40) u s w . E n t w e d e r h a n d e l t es sich d a n n u m a r m e Seelen, die das F . n o c h n i c h t erleiden ( T i r o l ) 4 1 ) , oder ( L u x e m b u r g ) m a n sagt, ihr F . sei an allerlei O r t e n , i m O f e n , in e i n e m S t r o h s e i l k n o t e n , in der T ü r , h ä u f i g in W a g e n g l e i s e n 4 2 ) , im K e h r b e s e n 4 3 ) , i m irdischen F e u e r 44 ) oder z w i s c h e n H i m m e l u n d E r d e (s. o.). E i n e niesende Seele im F . k e n n t d e u t s c h b ö h m i s c h e Sage 4 4 ®). B ö s e Geister p e i n i g e n die a r m e n Seelen 4 5 ). Meist a b e r w i r d j e d e r d a m i t ges t r a f t , w o m i t er g e s ü n d i g t h a t : H o c h m ü t i g e im S c h l a m m , G r e n z f r e v l e r m i t g l ü h e n d e m G r e n z s t e i n u s w . 4 e ) ; in B o z e n m ü s s e n sie A s c h e n k r a t z e n u n d B u g k l f e g e n 4 6 a ) . H ä u f i g erscheinen sie als f e u -
1297
Fegefeuer
rige Männer 4 7 ), mit glühenden Händen 4 8 ), v o m F . ganz durchglüht 49 ) (s. arme Seele). W a s sie anrühren, verkohlt M ) . A u c h die Gestalt von Tieren (Kröten, Schweinen) wird angenommen 5 1 ). Zuweilen dürfen sie auf Erden erscheinen, um zu warnen (s. arme Seele), Fürbitte zu erflehen (s. 3), oder es ist unter gewissen Umständen Lebenden der Besuch des F . s ermöglicht 5 2 ). ") A l p e n b u r g Tirol 131 ff.; Jungb a u e r Böhmerwald 223 f. 24) Exh. 1, 136. Ant o n Μ a i 11 y Niederösterreich. Sagen 1926,1. D a ß Spukgeister aus d e m F. k o m m e n , wird auch dad u r c h erwiesen, d a ß verkohlt, was sie a n r ü h r e n : A l p e n b u r g 149 f.; Z a u n e r t Rheinland 2, 210 f. " ( B a u t ζ 137. 185 ff.; L a n d a u 26 198. ( Z a u n e r t Westfalen 162; S i e b e r Sachsen 50; G r ä s s e Preußen 1, 736 ff.; Jungbauer Böhmerwald 236 f.; ZfrwVk. 14, 1 5 1 ; S c h ö p p n e r Sagen 2, 106 f.; 3, 186 f.; Κ a ρ f f Schwaben 13 ff. Oft ist nicht zu unterscheiden, ob von der Hölle oder v o m F . die Rede ist: S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 139 f.; vgl. a u c h S c h ö p p n e r 1, 170 f.; Ζ i η g e r 1 e Sagen 200 f.; J e g e r l e h n e r 27 Oberwallis 5. ( Κ u ο η i St. Galler Sagen 17 Nr. 30. S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 1 1 2 f. *·) E r n s t M a r t i n Zur Gralsage 1880, 41; vgl. M a x V o i g t Beiträge zur Geschichte der Visionenliteratur im MA. 1921, 1. I I . = P a l a e s t r a 146; ZfdPhil. 53, 25 ff. "I L a i s t n e r in Germania 26, 83. 92 f.; B o l t e in ZfVk. 37/38, 252 f.; G r o e h n e in N d d Z f V k . 6 (1928), 193 ff. s l ) v. G a l l 120 f.; N o r d e n Aeneis^oi. 32; Laistner in Germania 26, 85. 32( E b d . nach Zingerle Tirol 9; Sagen 1859, 464 Nr. 1093; Z a u n e r t Rheinland 2, 2 1 1 ; S c h a m b a c h - M ü l l e r 222 f.; d o r t m u ß es auch der poln. F a u s t Twardowski erleiden: K . W . W ο y c i r k i (übers. Levestam) Volkssagen u. Märchen aus Polen1 1921, 51. M ) Germania 26, 85. M ) G r i m m K H M . Nr. 82; Bächtold Schweizer Märchen 117. I m b ö h m . Märchen ist es eine traurige S t a d t : V. T i l l e Verzeichnis d. böhm. Märchenvarianten = F F C 193. " ) J o h a n n e s Wilh. W o l f Deutsche Märchen und Sagen 1845, 33. " ) W a d s t e i n in Ztschr. f. wissenschaftl. Theol. 38 {1895), 596. " ) B a u t z 144; L a n d a u 199. " ) A l p e n b u r g Tirol 131 f. 136. 137. 139. 1 4 4 . 1 5 1 . 158. 190; V e r n a l e k e η Alpensagen 165. 379; Z i n g e r l e Sagen 1859, 194 f. 195 f. 196 f.; H e r z o g Schweizersagen 2, 177; R a n k e Erlöser in d. Wiege 24. 29. 36 N. 1. '·) B ä c h t o l d Schweizer Märchen 47; A 1 p e n b u r g Tirol 138 ff.; L u c k Alpensagen 30. A l p e n b u r g Tirol 134 f. " ( R a n k e Sagen* 74; D r e c h s l e r 1, 310; W r e d e Rheinische Vk. 130; z u m Strohseilknoten s. „ a r m e Seele" 1, 595; doch w ü r d e ich das
1298
Motiv lieber zu Spalte 589 „letzte H a l m e als Z u f l u c h t s o r t " stellen. " ) D r e c h s l e r 1, 310. " ) ZfdMyth. 4, 30; vgl. S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 88. 89. " ) L a n g e r DVöB. 12/13, 9- **) B a u t z 150; Jungbauer Böhmerwald 225 f.; P e u c k e r t Schlesien 146. 148 f.; K l a r a S t r o e b e Nordische Märchen 2 (1915), 75. *') B a u t z 163 t . ; Peuckert Schlesien 146 f. 153. 155 f.; D r e c h s l e r 1,313; A l p e n b u r g Tirol 137 ff. 157. 164 f. 176 f. 4 , a ) R e i n s b e r g Meran 61. *') G r ä s s e Preußen 2, 512 f.; Peuckert in Schlesische M o n a t s h e f t e I 2 9 7, 550 ff.; ders. Schlesien 1 1 9 ; Aus unserer H e i m a t , Beilage z. Anzeiger f. B a d Carlsruhe O S . 1924, 3 1 ; Othlos 7. Vision MG.SS. 11, 380 = L a n d a u 249 f.; B a u t z 188 f. "(Zingerle Sagen 1859, 315. " ) L a n g e r D V ö B . 2, 1 1 7 f.; H r u s c h k a T o i s c h e r 18 Nr. 30 a ; B o l t e - P o l i v k a 3, 388 f. M ) Dieser Sagenzug in unzähligen V a r i a n t e n , s. Geisterhand. " ) Z i n g e r l e Sagen 1859, 1 3 7 f t . ; Κ u ο η i St. Galler Sagen 17 Nr. 30; P e u c k e r t Schlesien 1 1 9 ; Glob u s 59, 343. S. „ a r m e Seele". " ) (Görlitzer) Wegweiser 1832, 3 ff.; L y n c k e r Sage n 6 i . Vgl. A n m . 13. 3. Die Dauer des Verweilens im F . ist verschieden; sie kann wenige Taj;e, aber auch bis zum jüngsten T a g e w ä h r e n 8 3 ) . A m Sonntag M ) oder Allerseelen 6 5 ) brennt es nicht. Die, denen Allerseelen W a c h s lichter gespendet werden, sind A d v e n t , Fasten und an den Sommerabenden, an denen nach heißer Sonne Regen folgt, f r e i 5 β ) . F ü r Verunehrung des Brotes müssen die armen Seelen leiden 5 ' ) ; liegt ein Messer mit der Schneide nach oben, gelangen sie nicht in den Himmel M ). Viel Weinen schadet ihnen; so viel Tränen v e r gossen werden, so viel Tropfen Ol gießt man ihnen ins F. 5 9 ). Die Glocke im Kloster zum Neuen W e r k bei Halle hat die K r a f t , arme Seelen aus dem F . zu erlösen Sonst aber ist ihnen erlaubt, auf Erden zu erscheinen, um F ü r bitte zu erlangen e l ), bis ihre Schuld gutgemacht ist e 2 ). N a c h luxemburgischem Glauben erscheinen solche Seelen auffällig oft im T r a u m , F ü r b i t t e heischend® 3 ). E i n Wunsch (Helf Gott!) e4 ), Almosen e s ), Messen ββ), Weihwasser aufs G r a b gesprengt 6) S i e b e r
17.
stiker": ZfdA. 8, 217; 651 f.;
494; Ε. H. »·)
")
DVöB.
vgl.
Othlos
Böhmen
1897, 275.
Nr. 33.
·')
A 1ρ e η b ur g
Altdeutsche Predigt: ZfdPhil. 27,
327;
12, 177 168.
M)
L a n g e r
9, 50 Nr.
,5 )
Episteln
2
123 ff.
M)
293 =
prakt.
L a n d a u
Willibald
Deutschen
Müller
Sprachinsel).
")
u.
11,
61
9.
(1908),
284 fi.;
Jos.
Gaues 1922, 118.
Beiträge
(1893),
M a i l l y
DVöB.
Germania
250 f.
in Mähren
Ii,
F o n -
Evangelien
Quartalschrift
Sagen d. Leitmeritzer
e3)
L a n g e r
G ο f f i η e
(1826),
=
Kern
156.
Priester
«e) Theol.
··»)
z.
Vk.
394
Sagen
d.
(Iglauer
aus
96. Sonst gewöhnlich aus der Hölle:
Friaul
Ρ e u k -
Schlesische Volhskd. (1928), 266; D ο Die Brüder Karamasoff (Piper,
kert
s t ο j e w s k i München) ")
1
(1918),
Alemannia
707 f.
1, 69.
ω)
=
7. Buch
Böhmen
Volkskd. pfalz 3,
494;
1926, 132. 287. " )
71)
c
3.
Β ο 1 1 e - Ρ ο 11 ν k a
3, 457 Ν . ι ; DerOberschlesier 4, 322. berg
70)
Reins-
Sudetendt. h ö n w e r t h OberErlöser in d. Wiege
L e h m a n n S c
R a n k e
26 ff.
IV. K i n d e r z u p f e n a n der B l ü t e der W u c h e r b l u m e : Hölle, F . , H i m m e l 7 3 ) . Einen E i n f l u ß des F.s auf Schatzsagen nimmt Winter an74). ") 74.
1300
fegen—Feien
1299
L a n g e r ")
Leo
DVöB. 7, 176 Nr. 257; Exk. 2,
W i n t e r
Die deutsche
Köln. Diss. 1925, 57.
Schatzsage. Peuckert.
schenke wird es h o c h m ü t i g tanzend fort *).
geht
Idyllen (Bern 1822), 341—49 Sagen i , 355 Anm. = V e r Alpensagen 228 ff. Nr. 158 = Schjieizersagen 2, 147 f. Nr. 135.
J. R. W y ß =
R o c h h o l z
n a l e k e n H e r z o g
Burren.
Fehlgeburt. Die A u s s t o ß u n g der F r u c h t aus dem Mutterleib bezeichnet man in den ersten drei Monaten der S c h w a n g e r s c h a f t als A b g a n g , in den zweiten drei als F. und in d e n letzten drei als F r ü h g e b u r t (s. Geburt). Dettling Hexenprozesse 21; Fr a ζ er 12, 373. 420; 3, 153 ff.; W ä c h t e r Reinheit 26,29;
Stern
Unterwaiden
Türkei
2, 289;
Niderberger
Siebenbürgen
3, 553; H i l l n e r
18.
Lüers.
F e i e n . N a c h A d . K u h n *) zogen in der A l t m a r k a l s Weiber verkleidete j u n g e Burschen, F . genannt, besonders in der Weihnachtswoche, mit geschwärzten Gesichtern umher. A u c h auf Hochzeiten stellten sie sich ein (zuweilen in der Dreizahl), suchten den B r a u t z u g durch Possen zu stören, die Teilnehmer z u m L a c h e n zu bringen und abends mit der B r a u t z u tanzen 3 ). Man h a t sie als Darstellungen der „ a l t e n S c h i c k s a l s g ö t t i n n e n " 4 ) oder der Vegetations- u n d F r u c h t b a r k e i t s dämonen 5) gedeutet, sie als Genossen des Schimmelreiters in B e z i e h u n g zu W u o tans U m z u g in den Z w ö l f t e n e ) gesetzt. Ein Z u s a m m e n h a n g dieser F . über den „ F a i e r " 7 ) ( F a i j e r 8 ) , Feier) 8 ) genannten Berggeist oder wilden Mann in Schweizer Volkssagen (vgl. a. a l t b a y r . Fei) 10 ) mit den nach d e n romanischen Feen benannten Berggeistern i m Graubündner L a n d u ) dürfte nur im N a m e n bestehen, der „ a u f den Begriff des Z a u b e r k r ä f t i g e n , W u n d e r w i r k e n d e n a u s g e h t " 12 ). Über die abergläubischen Vorstellungen, die diesen v e r m u m m t e n Schreckgestalten z u g r u n d e liegen, vgl. noch „ K l e i d e r t a u s c h " und „Hochzeit". ")
fegen s. k e h r e n . Fegmännchetl erscheint in einer S t a m p f mühle des S i m m e n t a i s (Berner Oberland) als hilfreicher Hausgeist (s. d.), k o m m t aus dem B o d e n hervor (s. Erdleute, Zwerge). E s m a h l t Gerste u n d f e g t die Mühle. Durch Kleiderge-
und
Kuhn
h a r d t 433, 280. hardt
Märk,
r, 442. 4)
')
H e r t z
1, 443.
Sagen
362.
K u h n
u.
Elsaß
166.
·) W e i n h o l d
s)
Mann-
S c h w a r t z 6)
M a n n -
Weihnachts-
spiele 7. ') R o c h h o l z Sagen 2, 102. 8) 1, 378. ·) Heer Altglarner. Heidentum vgl.
Schweizld.
BayWb. ")
1,518.
1,
")
M a n n h a r d t
633.
10)
Schm
R o c h h o l z 1, 443.
Sagen
Ebd.
17;
eller 1,378.
Kummer.
i3oi
Feierabend
F e i e r a b e n d . D a m i t b e z e i c h n e t m a n den A b e n d als die Z e i t des Feierns, der A r b e i t s r u h e überhaupt. F . m a c h e n h e i ß t dasselbe w i e z u a r b e i t e n a u f h ö r e n . M a n v e r s t e h t a b e r d a r u n t e r g a n z allgem e i n a u c h das A u f h ö r e n irgendeines Z u s t a n d e s oder G e s c h ä f t e s . E i n e b e s o n d e r e B e d e u t u n g h a t d a s W o r t in der W e n d u n g „ e i n e n F . m i t n e h m e n " , w a s die Z i m m e r l e u t e t u n , w e n n sie sich v o m H o l z des B a u h e r r n ein S t ü c k z u m F . m i t n a c h H a u s e n e h m e n *). F ü r d e n A b e r g l a u b e n k o m m t das W o r t h a u p t s ä c h l i c h in der engeren B e d e u t u n g des A b e n d s vor Sonn- und F e i e r t a g e n in B e t r a c h t , der noch w e n i g e r als der g e w ö h n l i c h e A b e n d (s. d.) oder die Z e i t n a c h S o n n e n u n t e r g a n g (s. d.) d u r c h A r b e i t e n t w e i h t w e r d e n darf (s. S a m s t a g ) . Inn e r h a l b des J a h r e s sind d a b e i b e s o n d e r e A b e n d e u n d n a m e n t l i c h die heilige Z e i t der Z w ö l f t e n (s. d.) z u b e a c h t e n . Meist ist das A b e n d l ä u t e n (s. d.) der Z e i t p u n k t , m i t d e m j e d e A r b e i t sof o r t eingestellt w e r d e n m u ß . W e r w e i t e r arbeitet, wird entweder v o n den N a c h t g e i s t e r n m i t den W o r t e n „ D e r T a g ist dein u n d die N a c h t ist m e i n " auf das U n g e h ö r i g e seines T u n s a u f m e r k s a m gem a c h t 2 ) oder a u c h b e s t r a f t . In S ü d b ö h m e n e n t f ü h r t die w i l d e J a g d den bis z u m E i n b r u c h der D u n k e l h e i t p f l ü g e n d e n B a u e r n u n d s e t z t ihn endlich, s c h r e c k l i c h z e r z a u s t , w i e d e r bei seinem O c h s e n g e s p a n n nieder 3 ), in T i r o l s c h r e c k t der S a t a n , der ä h n l i c h w i e der w i l d e J ä g e r a u f t r i t t , eine W ä s c h e r i n , die den F. n i c h t h ä l t , so d a ß sie b a l d d a r n a c h s t i r b t 4 ), in O s t b ö h m e n r u f t ein g r a u e s M ä n n c h e n dem nach Sonnenunterg a n g p f l ü g e n d e n B a u e r n z u : „ W a r u m so s p a t , es ist j a unserer lieben F r a u e n T a g ? " u n d m a c h t i h m die P f e r d e scheu 5 ), in A n t w e r p e n s c h r e c k t der „ l a n g e W a pp e r " die bis in die N a c h t hinein arbeit e n d e n L e u t e e ) , in Schlesien erscheint e i n e m S c h u s t e r eine s c h e u ß l i c h e G e s t a l t m i t einer g r o ß e n Nase '). A r b e i t a m F. h a t a u c h U n g l ü c k 8 ) und sogar den T o d z u r F o l g e 8 ) . U n d m i t u n t e r f i n d e t der Frevler auch nach dem T o d e keine Ruhe; im W e i n k e l l e r des
1302
S c h ö n b o r n e r H o f e s in A s c h a f f e n b u r g m u ß ein K ü f e r in j e d e r W e i h n a c h t s n a c h t h ä m mern, weil er dies e i n m a l bei L e b z e i t e n g e t a n h a t 1 0 ) . B e s o n d e r s g e f ä h r l i c h ist die S p i n n a r b e i t a n heiligen A b e n d e n . In Schlesien sieht die S ρ i 1 1 a h ο 1 1 e oder S p i l l a l u t s c h e , auch Satz e m s u s e genannt, darauf, daß man am F . m i t der S p i n n a r b e i t f e r t i g ist n ) ; in Westböhmen bestraft F r a u Holle die W e i b e r , w e l c h e a m T h o m a s a b e n d s p i n n e n 1 2 ) , und im A t t e r g a u schreckte eine H e x e eine geizige B ä u e r i n , die in einer der R a u h n ä c h t e n a c h d e m A v e l ä u t e n noch h e c h e l t e , d e r a r t , d a ß die E r s c h r o c k e n e in die H e c h e l fiel u n d an der V e r l e t z u n g s t a r b 1 3 ) (s. D o n n e r s t a g ) . T i r o l e r S a g e n b r i n g e n a u c h eine weitere B e g r ü n d u n g d a f ü r , w a r u m s o g a r g u t e Geister die A r b e i t des M e n s c h e n nach F . n i c h t g e r n e sehen. D a r n a c h stellten s e l i g e L e u t e die v o n den B a u e r n e n t l e h n t e n L e b e n s m i t t e l , ζ. B . Mehl oder Salz, o f t voll U n r a t z u r ü c k u n d e r k l ä r t e n dies d a m i t , d a ß dies der U n r a t sei, den die B a u e r n bei der A r b e i t n a c h F. m a c h e n w ) . O d e r sie g a b e n an, d a ß ihnen der K e h r i c h t in ihre S p e i s e n h i n a b fällt, w e n n die D i e n s t m a g d a m S a m s t a g früh vor dem Gebetläuten und abends n a c h d e m G e b e t l ä u t e n die S t u b e k e h r t 1 5 ) . Im A l l g ä u wird die E i n h a l t u n g des F . s mit H a g e l und W e t t e r s c h ä den in Z u s a m m e n h a n g g e b r a c h t u n d auf seinerzeitige G e l ü b d e z u r ü c k g e f ü h r t . Ein solches h a t t e e i n m a l die o f t v o n Hagelschlag heimgesuchte Gemeinde T h a l h o f e n g e m a c h t , w o a m S a m s t a g oder Vorabend eines g e b o t e n e n Feiertages u m 4 U h r n a c h m i t t a g s , n a c h d e m die K i r c h e n g l o c k e das Z e i c h e n g e g e b e n h a t t e , alle A r b e i t auf d e m F e l d e und z u m Teil a u c h im H a u s e eingestellt w u r d e u n d die L e u t e u m 5 U h r in die K i r c h e z u m R o s e n k r a n z gingen. U n d als m a n v o r J a h r z e h n ten diesen B r a u c h h a t t e eingehen lassen, h a t t e die G e m e i n d e sieben J a h r e n a c h e i n a n d e r u n t e r H a g e l zu leiden, bis m a n sich an das seinerzeitige G e l ü b d e erinnerte und den a l t e n B r a u c h w i e d e r e i n f ü h r t e . U n d gleich im ersten J a h r e sei es geschehen, d a ß eine H e u f u h r e , die ein Müller
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Feiertag[—Feige
beim E r t ö n e n der F . g l o c k e mitten in der W e r t a c h stehen ließ, dort u n v e r r ü c k t stehen blieb, t r o t z d e m durch ein G e w i t t e r in der N a c h t ein Hochwasser entstanden w a r 1 6 ). A u c h im Markte Oberdorf h a t t e m a n seinerzeit, als mehrere G e w i t t e r großen Schaden angerichtet hatten, das Gelübde getan, den F. zu halten und am V o r a b e n d eines Sonn- oder Festtages von e t w a 5 U h r n a c h m i t t a g an keine Feldarbeiten zu verrichten. D a dies Gelöbnis nicht eingehalten wurde, gelobte man auf A n r a t e n eines Pfarrers v o n 1678 an eine alljährliche W a l l f a h r t nach Loretto, Pfarrei A l t d o r f 1 7 ) . Der F. d ü r f t e im allgemeinen f r ü h e r s c h o n z e i t l i c h am N a c h m i t t a g begonnen haben, erfuhr aber bald E i n s c h r ä n k u n g e n und vers c h w a n d in der neueren Zeit in vielen Gegenden völlig. In Bertoldshofen im A l l g ä u ζ. B. begann früher der F . an S a m s t a g e n schon mit dem Z w e i u h r l ä u t e n ; doch h a t sich der B r a u c h schon längst g a n z verloren, und es wird einem nur übel gedeutet, w e n n er abends nach 6 Uhr noch auf dem Felde a r b e i t e t l s ) . Eine A u s n a h m e v o n der A r b e i t s r u h e a m F. m a c h t e n früher die S c h n e i d e r . V i e r z e h n T a g e v o r j e d e m hohen F e s t m u ß t e n die Gesellen, daher der A u s d r u c k F . g e s e l 1 , auch a n den F.en arbeiten 19 ), ein Beweis, daß w i r t s c h a f t l i c h e Gründe a u c h in früheren Zeiten schon stärker sein k o n n t e n als der A b e r g l a u b e . E r w ä h n t sei endlich der beim N e u b a u eines Hauses in der Schweiz übliche, F ü ü r o b e t o p p l e (Firobigklopfen, A b k l o p f e n ) genannte B r a u c h . V o r Einsetzen des Firstes k o m m t der Pfarrer (oder Lehrer) und segnet das H a u s ein, und a m A b e n d wird oben auf dem Gerüst mit dem H ä m m e r n im T a k t F . gek l o p f t »). Vgl. A r b e i t (1, 574) mit weiteren Belegen und Samstag. >) D W b . 3 (1862), 1434. *) M ö l l e n h o f f Sagen (1921), 384 Nr. 567; Z a u n e r t Natursagen 1, 1 5 ; D ? r s . Rheinland 2, 9. Vgl. auch 3 Nacht. ) J u n g b a u e r Böhmerwald 85 f. *) Η e y I Tirol 526 Nr. 94. ') P e n c k e r t Schlesien 199. ·) G o y e r t u. W o l t e r 119. ') Ρ e t e r Oesterr.-Schlesien 2, 5 9 = K ü h n a u
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Sagen 2, 58 = P e u c k e r t Schlesien 230. Η e y 1 Tirol 115 Nr. 5. ') E b d . 87 Nr. 50. ">) S c h ö p p n e r Sagen 1 (1874), 300 Nr. 304. u ) K ü h n a u Sagen 2, 56 ff. Nr. 718 f f . ; ,2 ) P e u c k e r t Schlesien 232. J u n g · ls) G 1 ο η i η g b a u er Böhmerwald 109. Oberösterreich 57. " ) Η e y 1 Tirol 273 Nr. 88. 15) E b d . 405 Nr. 90; v g l . 408 f. Nr. 94 f. " ) R e i s e r Allgäu 2, 358 f. " ) E b d . 2, 359 f. »») E b d . 2, 360. " ) D W b . a. a. O. Sp. 1435. 20) H o f f m a n n - K r a y e r 53; S A V k . 24, 67; S c h w l d . 1 (1881), 36 mit weiteren volkstümlichen Wendungen. Vgl. Z f V k . 15 (1905), 93 f . ; 16, 430 (Hillebilleschlagen). Jungbauer.
β)
Feiertag s. A r b e i t , F e s t e , tag.
Sonn-
f e i g , ahd. feigi, mhd. v e i g e bezeichnet einen Menschen, über den naher, unausweichlicher T o d v e r h ä n g t ist. Der A u s druck h a t sich a m längsten erhalten im Nd. 1 ) und in Norwegen, und z w a r hier in V e r b i n d u n g mit abergläubischen V o r stellungen. W e n n sich zwei B e k a n n t e treffen, ohne einander zu erkennen, so ist einer „ f . " . F ä l l t j e m a n d e m beim Eintreten der P a n t o f f e l ab und bleibt v o r der T ü r liegen, so ist j e m a n d in der N ä h e „ f . " u. a. 2 ). !) G r i m m Myth. 2, 7 1 5 ; 3, 2.-57; D W b . 3, 1441; K l u g e EtWb. 1 3 4 f . 2) L i e b r e c h t Zur Volksk. 327. Meschke.
Feige (Ficus carica). D a die F.,die F r u c h t (oder vielmehr der birnenförmige F r u c h t stand) des im Orient, in N o r d a f r i k a und in Südeuropa wachsenden F.nbaumes, den Germanen in vorrömischer Zeit nicht b e k a n n t w a r und wohl auch noch nicht im frühen M A . in S ü d d e u t s c h l a n d angep f l a n z t wurde spielt sie auch im deutschen V o l k s a b e r g l a u b e n keine hervortretende Rolle. Der F . n b a u m wird nicht v o m B l i t z getroffen (Brixen) 2 ). Vielleicht h ä n g t damit die französische (B6arn) Sitte zusammen, den F . n b a u m bei den W o h n h ä u s e r n a n z u p f l a n z e n 3 ) . W i r d in der Montagne-Noire (Cevennen) F . n h o l z in einem H a u s e gebrannt, worin sich eine ihr K i n d säugende Frau befindet, so verliert sie die Milch oder diese wird ungesund 4 ). W e n n die Gicht unter U m f a s s u n g eines B i r n b a u m e s (s. d.) mit den W o r t e n : „ F . n b a u m , ich klag es dir, Die reißende Gicht, die plaget m i r " usw. beschworen wird, so liegt hier wohl ein
Feige
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Mißverständnis zugrunde 5 ). Im antiken, orientalischen und südeuropäischen Aberglauben (bzw. Kult) wird die F. vielfach genannt e ). l ) H o o p s Reallex. 2, 17. 2) Η e ν 1 Tirol 7W, nach P l i n i u s Nat. hist, 17, 260 fallen die F.η vom Baum, wenn 3es an den Vulkanalieu (23. August) donnert. ) S e b i l l o t Folk-Lore 3, 381. 4) ZfdMyth. 2,5 419; ebenso S e b i l l o t Folk-Lore 3, 390. ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 404. ·) Vgl. ζ. B. P a u l y W i s s o w a 6, 2, 2100 fi. 2144 ff.; W i s s ο w a
Religion
1 8 4 ; Ν i 1 s s ο η Griech.
Feste
487; R e i n a c h Cultes 3 (1908), 92—118 (Les sycophantes et les mysteres de la figue); Η ö f 1 e r Organotherapie I 4 f . 42; Ρ i t r e Usi 3 (1889), 113; R o l l a n d Flore pop. 10,64
bis 72.
Marzell
Feige *). Eine obszöne Gebärde (s. d.), bei der der Daumen durch Zeige- und Mittelfinger der geschlossenen Hand gesteckt wird, dem feindlichen Objekt entgegengestreckt oder meistens heimlich in der Tasche oder unterm Mantel oder Tisch gemacht wird 2). Auch in doppelter Anwendung mit beiden Händen, um den Zauber zu verstärken 3) (die „Doppelf.", bei der man den Daumen der einen zwischen Zeige- und Mittelfinger der anderen Hand steckt, dabei den Zeigefinger um den Daumen krümmend und so beide Hände fest verschränkend, scheint nur der jüdischen Magie geläufig zu sein) 4 ). Sie gilt als mächtiges Abwehrmittel, vor allem gegen den „bösen Blick", dann auch als Zeichen der Verachtung und als obszöne Gebärde. Sie ist in Nordeuropa weniger verbreitet, dafür um so mehr im Süden. In den skandinavischen Ländern scheint sie unbekannt zu sein 6 ). In England nennt man die Gebärde: „to give the fico" oder „the fig" 6). Man wendet sie gegen den „bösen Blick" an '). Der Ausdruck kommt auch vor in der Redensart: „ I do not care a fico" und „a fig f o r . . . " im Sinne von: Es ist mir gleichgültig 8 ). In Deutschland geht sie unter dem Ausdruck: „Die F., F.n weisen·), zeigen", auch „Daumen stekken" 10). Man benutzt sie hier als Gegenzauber (s. d.) bei verdächtigen Begegnungen zur Abwendung einer Gefahr u ) , bei Besprechungen (s. d.) 12) und Verwünschungen (s. d.): die Augen mögen
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dir heraus 13), sogar als Mittel gegen Halsweh 14). Der niederösterreichische Bauer hat sie als Mittel gegen das „Verschrieenwerden" (s. u. beschreien) 15) und als Verachtungszeichen l e ). In der Schweiz wird sie auch gegen einen bissigen Hund angewandt 1 7 ). Eine obszöne Bedeutung hat die F. wieder in den Städten bekommen, wo sie als Aufforderungs- und Verständigungsmittel in sexuellen Angelegenheiten gebraucht wird le ). Hauptgebiete der F. sind Spanien und Italien l8 ). Die Gebärde der F. kann als eine Verbindung von weiblichen und männlichen Geschlechtsorganen angesehen werden 20 ), jedoch liegt offenbar das Schwergewicht der Bedeutung auf dem cunnus *••). Das zeigen schon die sprachlichen Zusammenhänge. Überall auf unserem Gebiet wird der Name der Frucht zugleich zur Bezeichnung des cunnus gebraucht. Der Grund dafür liegt in der Ähnlichkeit beider Objekte 22). So bezeichnet auch heute noch die Jägersprache das weibliche Glied bei Hoch- und Rehwild mit F. 23 ). Vgl. griech. sykon, lat. ficetum und nach Kleinpaul 24) hebr. teenah F. und taanah Brunst (aber hier im Hebr. besteht nur ein phonetischer kein etymologischer Zusammenhang) 2S). Das ital. fica bedeutet F. und cunnus, vgl. auch das deutsche „Feigwarze" 2β). Im Neugriechischen heißt unsere Gebärde geilokopö (aus gellos = cunnus und kopto = schlagen Andererseits sei auf die Bezeichnung: far la faa hingewiesen, die die Gebärde in Otranto hat. Faa = fava bedeutet die Eichel des männlichen Gliedes so daß also möglicherweise e i n e Geschlechtsbezeichnung euphemistisch (s. u. Euphemismus) f ü r die Vereinigung beider eintritt. Erwähnt werde außerdem, daß der Ausdruck F. auch Krankheiten des Anus bezeichnen kann (Hämorrhoiden u. a.) 29). Jedenfalls ist man sich bei dem Worte immer einer obszönen und zauberischen Bedeutung bewußt gewesen. Das ging so weit, daß im Spanischen und Portugiesischen der Name higas und figas geradezu für (obszönes) Amulett (s. d.) gebraucht werden konn-
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Feige
t e 3 0 ) , wie j a überhaupt die H a n d mit dem F . n g e s t u s massenhaft als A m u l e t t gegen den bösen Blick v o r k o m m t (s. u.). Heckenbach leitet die zauberische B e deutung der F . v o n derjenigen ab, die der Phallus (s. d.) b e s i t z t 3 1 ) . Ebenso sieht W u n d t in der Geste eine „ a b geschwächte N a c h b i l d u n g " des Phallus. Seiner Theorie nach (vgl. u. Animismus) setzt sich dabei die „ g e b u n d e n e S e e l e " , die „ i n den Organen der männlichen K r a f t " ihren Sitz hat, der im „ b ö s e n B l i c k " nach außen tretenden „ S e e l e " entgegen 3 2 ). Diese Ableitung zu geben, ist nicht unbedingt n ö t i g 3 3 ) . Die ganze Genitalsphäre ist als die merkwürdigste und erregendste K ö r p e r ö f f n u n g f ü r den primitiven Menschen in besonderem Maße manahaltig. Die in ihr konzentrierte L e b e n s k r a f t macht sie besonders zu Zauberzwecken geeignet. So ist die s y m bolische A n w e n d u n g der Genitalien als Abwehrzauber aus der primitiven R e ligionsauffassung heraus verständlich. Erklärungen der F.n-Geste, wie sie B e r n a r dino Cono und nach ihm R a b e l a i s gegeben haben, B a r b a r o s s a habe die Mailänder, um sie zu strafen und zu demütigen, mit dem Mund eine F . aus der Mutterscheide tiner Mauleselin heraus und ebenso wieder hineinbringen lass e n M ) , und Adelung nach D u c a n g e : die F . sei f o r m a l identisch mit der drohenden F a u s t , haben nur historischen Wert 3 5 ). Der N a m e F . f ü r die F . n - G e b ä r d e wird ursprünglich überall dort zu suchen sein, wo die F . als F r u c h t beheimatet ist. T a t sächlich finden wir die eine wie die andere außer den L ä n d e r n der antiken K u l t u r auch in Ä g y p t e n 3e ) und im semitischen Vorderasien. Der T a l m u d empfiehlt die Doppelf. als Schutzgebärde gegen den „bösen B l i c k " (Berachoth 55 a) und den dämonischen E i n f l u ß gerader Zahlen ( s . d . ) (Pesachim 1 1 0 a) 3 7 ). Im alten Griechenland und in R o m w a r die Geste stark verbreitet. Wir wissen das aus A m u l e t t f u n d e n und aus Ovid f a s t . 5, 4 3 3 f f . ( F . gegen böse Geister, s. d.) M ). Im MA. f a n d sie s t a r k e Verbreitung in den romanischen L ä n d e r n 39 ). In italieni-
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sehen S t a t u t e n wurde die F . als Zeichen schlimmster V e r a c h t u n g gegen K r u z i f i x e , Marien- und Heiligenbilder und auch gegen Personen 40 ) mit S t r a f e belegt 4 1 ) . V o n den „ W a l h e n " drang sie nach Deutschland 42 ) und zu den Slawen 4 3 ). Zuerst in Deutschland wird sie erwähnt von Heinrich v o n E r f u r t zum J a h r e 1 1 7 8 als signum „ p r o b r o s u m " 4 4 ) , allgemein b e k a n n t zu werden aber scheint sie erst seit dem 1 5 . J h . 45 ) und zwar vorzugsweise als Spottgebärde, so bei L u t h e r 46 ), Sachs 47 ), Grimmelshausen ω ) , A b r a h a m a S a n t a Clara 4») u. a. 60 ). *) DWb. 3, 1444; L i e b r e c h t Pent. 2, 266—276 =s Germania (Hagen) y, 183—190 = N o r k Sitten 533—536; Echtermeyer 32—38; S e l i g m a n n Blick 1, 69. 1 1 6 ; 2, 184—188; dort auch 392 f. weitere Lit, ! ) ZfVk. 1 1 , 306; L i e b r e c h t Pent. 2 , 2 7 1 ; S c h i n d l e r BayrWb. 1 , 5 1 5 . 3) S i t t l Gebärden 103»; L i e b r e c h t a. a. O. 276. 4) B i s c h o f f Kabbalah 181. «) S i t t l a . a . O . 258. 103. ') D o u c e 303 ff.; F L . 7, 353; S e l i g m a n n Blick 2, 184.') Globus 33, 348; S i 1 1 1 a. a. O. 103; S e l i g m a n n Blick 1, 69. ») L i e b r e c h t a. a. O. 274. ·) F r o m m a n n de fascinatione 335. 10) K e l l e r Fastnachtsspiele 79; K l e i n p a u l 273. n ) W u n d t Mythus u. Religion 4, 88; S i t t l a. a. O. 103. ») J a h n Blick 80. " ) Urquell 1,92. " ) H o v o r k a Kronfeld 2, 10; F o s s e l Steiermark 100 f. " ) Germania 29, 25. " ) Urquell 1, 92. " ) SchwVk. 4, 16. " ( K l e i n p a u l 275. " ) S i t t l 103. 123; A n d r e e Parallelen 1 , 4 5 ; S e l i g m a n n Blick 2, 188.262; K l e i n p a u l 274; L i e b r e c h t a.a. O.; Germania 29, 25; v.d. S t e i n e n 558; Globus33, 348. 20) K l e i n p a u l 275; S e l i g m a n n Blick 2, 184. M ) H ö f l e r Krankheitsnamen 127; DWb. 3, 1443 f.; S t e m p l i n g e r Aberglaube 85. Kleinpaul 99. l3 ) DWb. 3, 1444; M e y e r Konv.-Lex. 6 4 , 100. !ä ) K l e i n p a u l 274. M ) Hebr.: W. B. S i e g f r i e d S t a d e 837; G e s e n i u s " 868; dagegen König Wb. ζ. A.T. 532· " ) K l e i n p a u l 275. 27) S i t t l a. a. O. 102; L i e b r e c h t a. a Ο. 274; S e 1 i g m a η η a. a. Ο. M ) S e 1 i g m a η η a. a. Ο. " ) D u c a n g e 3 J , 484; H ö f l e r Krankheitsnamen 126. s 0 )Liebrecht a . a . O . 273; Germania (Hagen) a. a. Ο. 31 ) Denuditate 56. 32) Κ l e i η M p a u l 274. ) S e l i g m a n n Blick 2, 196 Anm. 34) A. a. Ο. " ) L i e b r e c h t a. a. O.; Germania (Hagen) a. a. Ο. 3β) A n d i e e E y s η Volkskundl. 118. 3') B i s c h o i f Kabbalah 2, 181. *•) S i 1 1 1 a. a. O. 123; J a h n Blick 80; E c h t e r m e y e r 32 ff.; S e l i g m a n n a . a . O . 2, 185 ff. M) DWb. 3, 1444". S e l i g m a n n a . a . O . 2, 184 ff.; L i e b r e c h t a . a . O . 341; S i t t l a . a . O . 258;
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Feilenhauer
K l e i n p a u l 276. «) J a h n Blick 82.225. *') D u c a η g e 3, 483; DWb. 3, I443f.; A n d r e e - E y s n Volkskundl. 119; S c h m e l l e r BayrWb. 1, 697. ") S e 1 i g m a η η a. a. Ο. 284; DWb. a. a. Ο.; A n d r e e - E y s n a. a. O. " ) S i 1 1 1 103 = Seligmann a. a. O. 2, 185. " ) D u c a n g e a. a. O.; S i 1 1 1 103, 5; DWb. a. a. O. " ) K e l l e r Fastnachtsspiele 79. 377. 538; dagegen Winkelm a n n Herkul. Entdeckungen 39. " ) DWb. a. a. O. *') A. a. O. " ) S e l i g m a n n 2, 186. " ) Etwas für Alle ι , 80; S i 1 1 1 a. a. Ο. I03, 6. M ) B a l d e de vanitate mundi (1638), 46; S i t t l a . a . O . 105, 6; DWb. a . a . O . ; F r o m m a n n de jascinatione 335; S h a k e speare King Henry V. A k t 3 Szene 6, u. a.; D ο u c e 302 ff. 306. A u s der F . - G e b ä r d e g e h t , u m die z a u berische W i r k s a m k e i t z u einer d a u e r n d e n z u m a c h e n , d a s A m u l e t t (s. d.) h e r v o r . I m a l l g e m e i n e n gilt f ü r dieses das o b e n G e s a g t e , nur dient das A m u l e t t ausges p r o c h e n e r w e i s e der z a u b e r i s c h e n Abw e h r . D i e o b s z ö n e B e d e u t u n g der F . wird hier n o c h s i c h t b a r e r d a d u r c h , d a ß diese, b e s o n d e r s in der A n t i k e , m i t d e m Phallus und anderen ähnlichen Zaubers y m b o l e n (s. d.) v e r b u n d e n d a r g e s t e l l t w i r d 5 1 ). A u c h K o m b i n a t i o n e n m i t M o n d (s. d.), H a l b m o n d (s. d.) 62 ), Schlüssel (s. d.) u n d B l u m e (s. d.) sind h ä u f i g 6 3 ) ; seltener mit d e m c h r i s t l i c h e n K r e u z 5 1 ). D a s Material ist m e i s t k o s t b a r , E l f e n b e i n , E d e l s t e i n , Silber, B r o n c e , K u p f e r , B e r n stein, Bein u. a., da das A m u l e t t z u g l e i c h als S c h m u c k u m den Hals, als U h r g e h ä n g e oder H a a r n a d e l g e t r a g e n w u r d e u n d w i r d 5 5 ) . D a s V e r b r e i t u n g s m i t t e l ist das der G e b ä r d e 6 e ) . A b r a h a m a S a n t a Clara e r w ä h n t die F. als Hochrelief auf d e m H o h e n F r a u e n t u r m in I n g o l d s t a d t 6 7 ) . In B a y e r n f i n d e t sich das F . n - A m u l e t t gegen Behextwerden an Rosenkränzen u n d als B r a u t g e s c h e n k a m Miederges c h n ü r u. a. 58 ) u n d in S t e i e r m a r k als „ V e r s c h r e i f . " um Neugeborene vor dem „ V e r s c h r e i e n " (s. d.) z u b e w a h r e n M ). Lit.: vgl. S e 1 i g m a η η Blick 2, 392 f.; Abbildung vgl. J a h n Blick 81; S i t t l a. a. O. 123; S e 1 i g m a η η a. a. Ο. Abb. 50. 52. 174—179; ZfVk. ιο ; 448; A n d r e e - E y s n a. a. Ο. " ) v. d. S t e i n e n 558; J a h n a . a . O . ; vgl. L i e b r e c h t a . a . O . 2731.; Sittl a.a.O.123, 10. «) J a h n Blick 8of. «») S e l i g M m a n n Blick 2, 186 f. ) Portugiesische Amulette aus Brasilien im Mus. f. Völkerkunde
I3IO
zu Basel. "1 S e l i g m a n n a . a . O . ; A n d r e e E y s n Volkskundl. 120. «·) ZfEthn. 29, 368; S e l i g m a n n Blick 2, 187 f.; v. d. S t e i n e n 558. «) Ebd. " )18 Ebd. 2, 981. " ) Ebd. ") 1, 322 f.; 2, 980. ) F i s c h e r Angel-
sachsen 37.
" ) H ö h n Volksheilkunde 1 , 133.
3. Die weitverbreitete Übung, bei gewissen Anlässen mit pantomimischen Tänzen und Prozessionen verbundene T i e r m a s k e r a d e n aufzuführen, gehen, soweit sie nicht alte Jagdgewohnheiten als Ursache erkennen lassen *), auf Kult- und Opferhandlungen zurück (s. Tierkult § 3). So hängten sich in den höheren eleusinischen Mysterien die Mysten bunte Hirschkalb-F.e um (νεβρίζειν)21). Odin trägt einen blauen Mantel aus TierF.en 22 ). Gegen Umzüge von Leuten, die sich in Tier-F.e gehüllt hatten, wenden sich die Synode von Auxerre wie die aus dem Ende des 7. J h s . stammenden Bußbücher des Theodor von Canterbury und später Haitigar von Cambray, Burchard von Würzburg, Regino von Prüm (f 910) und Burchard von Worms (f 1027). Solche Tierverkleidungen waren schon bei den altrömischen, noch unter Papst Gelasius (492—496) gefeierten Luperealien (15. Februar) üblich. In drei pseudoaugustinischen Homilien aus dem 6. und 7. J h . wird das cervulum seu vitulam facere aufs stärkste mißbilligt und dieses zu Neujahr übliche Treiben als heidnisch gebrandmarkt. Die Tier-F.e bedeckten dabei ursprünglich den ganzen Körper. Die späteren Karnevalsumzüge und Maske-
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raden stehen offenbar mit diesen Bräuchen in Zusammenhang M ). ») B e t h Religgesch. 37; ZfVk. 19 (1909), 34f. , 1 ) G o l d m a n n Einführung 77. **) S i m r ο c k Myth. 191; Pfannens c h m i d t Erntefeste 577 ff. 617; F i s c h e r Angelsachsen 5; M a n n h a r d t 1, 563; Usen e r Kl. Sehr. 122 f.; W u n d t Mythus 2, 181 ff. 195 ff.; T e g e t h o f f Amor u. Psychc
29 ff.
4. Nach Grimm war es langobardischer Gebrauch, das F. der Opfertiere an Bäumen oder Stangen aufzuhängen. Die Vita saneti Barbati (geschrieben im 9. J h . ) meldet darüber: „Quin etiam non longe a Beneventi moenibus devotissime sacrilegam colebantarborem, in qua s u s p e n s o c o r i o cuncti qui aderant terga vertentes arbori celerius equitabant, calcaribus cruentantes equos, et unus alterum posset praeire, atque in eodem cursu r e t r o v e r s i s manib u s in c o r i u m j a c u l a b a n t u r . sieque particulam modicam ex eo comedendam superstitiose aeeipiebant. et quia stulta illic persolvebant v o t a , ab actione ilia nomen loco illi. U. a. verehrten sie (d. h. die Langobarden) einen Baum, der nicht weit von den Mauern von Benevent stand, als heilig; sie hingen ein F . daran auf, ritten alle zusammen um die Wette, so daß die Pferde von den Sporen bluteten, warfen mitten im Laufe mit den Speeren rückwärts nach dem F. und erhielten dann jeder einen Teil davon zum Verzehren. Dieser Ort hieß noch im 9. J h . ,,ad v o t u m " M ). Mannhardt 25 ) bringt bei der Behandlung des Maiwettlaufs und -Wettrennens (Kranzreiten) diesen langobardischen Brauch zusammen mit einem litauischen Brauche, der uns aus dem J a h r e 1645 überliefert ist 2e ) und sieht in dem am Baume aufgehängten F . „eine Verbildlichung des theriomorphisch gedachten Vegetationsdämons, der aus den Resten, den abgehauenen Gliedern seines bei der letzten Ernte getöteten Vorgängers im Acker zu neuem Leben aufersteht". Vielleicht gehört in diesen Kreis hinein auch der westfälische Brauch *"): Zu Pfingsten werden in Barssen bei Pyrmont zwei Hammel ausgeschossen, welche die zehn besten
1327
Fenchel—Fenster
S c h ü t z e n erhalten, in der A r t , daß die beiden ersten H a u t und Eingeweide, die übrigen je zwei ein Viertel erhalten. »») Myth, r, 154. " ) E b d . 2, 5 4 1 ; 3, 26. 1 8 7 ; 4 0 7 ; A A S S , 19. F e b r u a r 139. J a h n Opfergebräuche 4 2 ; S c h w a r t z Volksglaube 30. 32 f. 202; T y l o r Cultur 2, 2 3 4 ; Spalding König der Tiere 8. " ) Wald- u. Feldkulte 1 , 3 9 4 f . ; v g l . a. F r a z e r 5, 288 Ii.: T h e h a n g e d G o d , u n d ( R e g i s t e r b a n d ) 12, 463 f. 1β ) P r ä t o r i u s Deliciae prussicae 23 f. 27) K u h n Westfalen 2, 1 6 6 N r . 4 6 6 ; J a h n Opfergebräuche 318.
5. A l s besonders dauerhaftes Schreibmaterial fanden T i e r h ä u t e schon im alten Orient V e r w e n d u n g . Zeus schrieb die T a t e n der Menschen auf Tierhäute (διφδέραι). Im M A . t a t dies der Teufel. Bei der Größe des Gegenstandes ist die weitv e r b r e i t e t e Redensart v e r s t ä n d l i c h : „ D a s geht auf keine K u h h a u t " β) E r m a n - K r e b s Aus d. Papyrus d. königl. Museen. B e r l . 1899, 6 ; L e i p z . S t u d . ζ. klass. P h i l o l o g i e 2 ( L p z . 1879), 2 1 9 ; N J b b . 10 (1907), 7 0 6 ; S A V k . 23 ( 1 9 2 1 ) , 224. Bächtold-Stäubli.
Fenchel (Foeniculum vulgare). 1. B o t a n i s c h e s . Doldenblütler mit 1 — 2 M e t e r h o h e m , bläulich bereiftem Stengel und v i e l f a c h gefiederten, in feine A b s c h n i t t e zerteilten B l ä t t e r n . Die Blüten sind gelblich, die Teilfrüchte besitzen f ü n f stark hervortretende Rippen. D e r aus den Mittelmeerländern stammende F. wird bei uns (bes. in Süddeutschland) h ä u f i g als Gewürz- (manchmal a u c h als Heil-) p f l a n z e gezogen 1 ). V o n den antiken Schriftstellen wird der F. als Heilpflanze h o c h g e r ü h m t 2 ). l) H a r z e l l Kräulerbuch Heilpflanzen 108.
1971.
')
Ders.
2. W i e andere stark riechende (ätherisches Öl) Doldenblütler (s. ζ. B. Dill, K ü m m e l ) ist a u c h der F. ein altes a n t i d ä m o n i s c h e s Mittel. Im angelsächsischen „ N e u n k r ä u t e r s e g e n " werden Kerbel (fille) und F. (finule) als „ z w e i gar m ä c h t i g e K r ä u t e r " bezeichnet; aus den N a m e n , die L e h n w ö r t e r aus dem Lateinischen darstellen, geht j e d o c h hervor, daß antike Überlieferung vorliegt 3 ). Ebenso ist der F. nach einem angelsächsischen Arzneibuch mit vielen anderen Pflanzenmitteln Bestandteil eines Heiltrankes gegen den T e u f e l *). N a c h deutscher
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Volkssage v e r t r e i b t der F. (vgl. K ü m m e l ) die Z w e r g e 6 ) . F. wird zusammen mit anderen zauberwehrenden Mitteln (Silberstückchen, Brot, Salz) ins Säelaken g e k n ü p f t , daß die S a a t g e d e i h t e ) , a m Johannisabend ') bestreicht man Hörner und Euter der K ü h e mit F. (Ostpreußen) 8 ). Bei den F l a m e n scheint der F. ebenfalls als zauberwehrend zu gelten. Charles de Coster 9) l ä ß t die W e h e m u t t e r K a t h e l i n e s a g e n : , , Ich bringe dem Glückskind (d. i. dem eben geborenen Eulenspiegel) Engelw u r z (s. d.), die b e w a h r t den Menschen v o r Wollust, und F., der vertreibt den T e u f e l " 10 ). A u c h in E n g l a n d u ) , Frankreich 12 ) und Spanien 13 ) gilt der F . als zauberwidrig. a) H o o p s Pflanzennamen 58. 63. *} C ο k k a y η e Leechdoms 2, 353. δ) Ε i s e I Voigtland 14. ') F r i s c h b i e r Hcxenspr. 135; Z f V k 14, 1 3 7 . ') I n F r a n k r e i c h s c h ü t z t der neunmal durchs J o h a n n i s f e u e r gez o g e n e F . g e g e n B e z a u b e r u n g : R o l l a n d Flore pop. 6 , 1 5 6 ; in E n g l a n d w i r d F . in der J o h a n n i s nacht an T ü r e n und Fenster g e h ä n g t : D y e r Folkl. of plants 226. «) W u t t k e 435 § 682. β) Tyll Ulenspiegel, übers, v . Oppeln-Bronik o w s k i , J e n a 1 9 1 2 , 7. 10 ) V g l . a u c h S a m t e r Geburt 1 5 3 . 1 5 9 f f . 1 1 ) D y e r Folkl. of plants l2l 226. S έ b i l l o t Folk-Lore 3 482. 4 7 5 ; S e l i g m a n n Blick 2, 62. l a ) L i e b r e c h t Gervasius 3 7 . 1 4 2 ; S e b i 11 ο t Folk-Lore 3, 483; R o l l a n d Flore pop. 6, 1 5 6 : in einigen s p a n i s c h e n D i ö z e s e n f i n d e t a m F e s t e des hl. Ä g i d i u s (Viehpatron), 1. Sept., eine F . w e i h e statt: F r a n z Benediktionen 1, 4 1 6 .
3. In der V o l k s m e d i z i n dient der F. nach der antiken Überlieferung 14 ) vor allem gegen A u g e n k r a n k h e i t e n . Gegen B l a t t e r n im A u g e siedet man F . s a f t mit dem Harn eines gesunden K n a b e n in einem kupfernen Geschirr zur H ä l f t e ein und t r ä u f e l t d a v o n tagsüber etlichemale ein wenig in das e r k r a n k t e A u g e 1B ). W e n n eine schwangere Frau gern F. ißt, so t r ä g t sie einen Sohn l e ). ") D i o s k u r i d e s Mat. med. 3, 70; Ρ 1 i η i u s Nat. hist. 20, 93. I5 ) M n b ö h m E x c . 20, 129. l e ) „ D e r a l t e n W e i b e r P h i l o s o p h e y 1 5 7 1 " i n F e s t s c h r . g e r m a n i s t . V e r . B r e s l a u 1902, 75. Marzeil.
Fenster. 1. S a c h k u n d l i c h e s . Die schöne D a r l e g u n g R . Meringers J ), daß die alten germanischen Bezeichnungen got. auga-
Fenster dauro,
a h d . augaiora,
okno,
wie i m ai.
a n . vindauga,
ags.
eagduru (engl, window) 2), auf einen augenförmigen Schlitz in der Flecht- wie in der Blockwand deuten und im slav. gavakSa
(Ochsenauge
und Fenster) ihre Seitenstücke haben, ist von 0 . Schräder 3) und von Hirt 4) angenommen worden. Ferner hat Hj. Falk 5 ) gezeigt, daß der schwed. Ausdruck vindu (F.) etymol. zum Seemannsausdruck windete (engl, winds'eye) gehört, der eine lichte Öffnung in den Wolken bedeutet, durch die sich nach altem Seemannsglauben der Wind Bahn bricht. Der Zusammenhang mit dem Wind zeigt sich auch in den schwedischen Dachluken-Benennungen vindsglugg, fönster, w i e i m a l t f r i e s . andern >
vinds*and-
durin = Windöffnung. Auch macht Meringer e) auf das ai. vätyäana = „Windzugang" (F.) aufmerksam. Für den auf das F. bezüglichen Volksglauben scheinen mir jene sprachlich belegten Zusammenhänge mit dem Wind von besonderer Bedeutung zu sein. Es ergibt sich daraus, gleichgültig ob die augenförmige Schlitzoder spätere größere F.öffnung im urzeitlichen Dach oder später in der Wand angebracht war, auf jeden Fall, daß dieses alte „ F . " Zugloch des Windes und damit gleichzeitig Flugloch der Seelen war. Dazu kommt noch die Bedeutung des alten , , F . s " als Rauchloch — noch in den heutigen ostalpinen Rauchstuben werden die kleinen Fensterchen der oberen Reihe als Dampf- und Rauchf. bezeichnet 7) — wodurch auch die Assoziation Rauch-Seele mit in Wirksamkeit tritt. *) M e r i n g e r in IF. 16, 125 ff. u. 19, 446 f. 3 Ί Frazer 12, 5 2 1 . ) O. S c h r ä d e r Sprachvergl ichung 1, 213. *) H i r t Indoger5 manen 1, 384. ) F a l k in H o o p s Reallex. 2, 23 und F a l k - T o r p Norweg. dän. etym. Wb. 2, 1383 f. ') M e r i n g e r in IF. 16, 126. ' ) 0 . S c h r ä d e r Indogermanen 34; Ger a m b Kulturgesch. d. Rauchstuben in W S .
9, 5-
2. Das F. a l s Flugloch der S e e l e zeigt sich vor allem in dem ungemein häufigen und verbreiteten Brauch, das F. sofort bei eingetretenem Todesfall zu öffnen. Die Sitte ist in England,
1330
Schottland, bei den Slawen, in Rußland und Armenien, ja sogar in China verbreitet 8 ) und findet sich ebenso im ganzen deutschen Sprachgebiet 9 ). In B a y e r n deutet das Abheben einiger Dachschindeln im selben Falle 10 ) wohl noch daraufhin, daß ehedem das Rauchloch im Dach die Rolle des späteren F.s inne gehabt habe. Die altertümliche Form, bei Todesfällen die seinerzeit als F.scheibe dienende Blasenhaut f o r t z u n e h m e n n ) , stellt die Zwischenform zwischen dem Gebrauch beim alten Rauchloch und dem neuen F. dar. Die Sitte ist schon für Luthers Z e i t 1 2 ) und in der älteren 1 3 ) und jüngeren 1 4 ) Literatur vielfach bezeugt und im einzelnen f ü r die deutschen Landschaften Oldenburg 1 5 ), Mecklenburg l e ), Braunschweig 1 '), die Mark 1β ), Brandenburg w ), Ostpreußen »), Westfalen 21 ), Ravensburg 2 2 ), Thüringen 2 3 ), Vogtland 2 4 ), Erzgebirge 2 5 ), Böhmen und Mähren 2 6 ), Schlesien " ) , Rheinland »), Baden M ), Württemberg 30 ), Schweiz 3 1 ), Schwaben 32 ), Oberpfalz 3 3 ), B a y e r n 3 4 ) , Österreich 35 ) und Siebenbürgen 3e ) sowie auch bei den Deutschamerikanern 37 ) nachgewiesen. In den meisten Fällen ist man sich des Zweckes (Ausfliegen der Seele) noch bewußt. Viele meinen, dabei die entweichende Seele auch sinnlich wahrnehmen zu können 25 ), man findet sie, wenn man das F. nicht öffnete, am folgenden Tage als Rauchwolke im Zimmer oder sie muß irgendwo hängen und ruhelos bleiben, so daß man ein furchtbares Rumpeln im Haus hört Μ ). Man legt ihr auch ein weißes Tüchlein aufs F.brett, auf das sie sich niederlassen kann *•) oder muntert sie auf „ G e h hin und p f l u d e r e ! " (sc. als Taube zum Himmel) *°). Im Braunschweigischen erzählt man von einem Mann, der mit seiner Frau in Unfrieden lebte. Als sie starb, wollte er nicht, daß ihre Seele in den Himmel komme. Darum ließ er alle F. des Sterbezimmers verschlossen und stellte sich zudem mit einem spitzen Messer 24 Stunden vor das Schlüsselloch, um die etwa durch dieses entweichende Seele zu erstechen 4 1 ). Deshalb öffnet man das F., wenn ein Mensch schwer stirbt, auch
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schon vor dem Verscheiden, damit sich t e r Geburt 28 ff. ·) ZfVk. 1 1 (1901), 267 und Sartori Sitte u. Brauch 1, 128 Anm. 1. die Seele leichter vom Körper löse 42). Oft " ) ZfVk. 1 3 (1903), 389 und 18 (1908), 446. sucht sich die Seele gewaltsam den Aus- " ) L i e b r e c h t Zur Volksk. 371. ») K l i n g gang, dann klirren oder zerspringen die n e r Luther 132. ) K e l l e r Grab 3, 73 f.; F.scheiben 43 ), woraus sich auch umge- 5, 39 f·; G r i m m Myth. 2, 701 und 3, 440 kehrt der Glaube entwickelte, daß klir- Nr. 1 9 1 ; W o l f Beiträge i , 214. " ) Urquell 2 (1891), 9 1 ; M e y e r Germ. Myth. 62 und 7 1 ; rende, zerspringende, oder ohne Grund R a n k e Sagen 67. " ) S t r a c k e r j a n 2, sich öffnende F. Todesvorzeichen seien **). 2 1 5 . ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 90. 315. " ) K u h n In der Regel bleibt aber das F. nicht lange ") A n d r e e Braunschweig Mark. Sagen 367 ") E n g e l i e n u. L a h n offen, sondern wird rasch geschlossen, 249; S c h u l e n b u r g 110. ) W u t t k e weil sonst der Tote wiederkehren wür- 458 § 725 al) Kuhn Westfalen 2, 47 Nr. 129; 45 Kuhn und S c h w a r t z 435 Nr. 295. de ). Mehrfach ist auch der Glaube bezeugt, daß die Leiche bei geschlossenem ") H e s e m a n n Ravensburg 88 f. «») Κ e i c h h a r d t Geburt 129. " ) K ö h l e r Voigtland F. „nicht auflaufe" und nicht so rasch 251 und 440, J6) J o h n Erzgebirge 120f. 4e in Verwesung übergehe ). Aus ähn- *·) G r o h m a n η 193 Nr. 1368. " ) D r e c h s lichen Erwägungen verhängt man die F . l e r 1, 290 f. «) ZfrwVk. 8, 1 5 3 und 2, 1 9 5 ; bis zur Beerdigung mit dunklen Vor- 3Alemannia 24, 149. ") M e y e r Baden 582. °) G r i m m Myth. 3, 457 Nr. 664; H ö h n hängen 47), mit feinem Tüll **), mit einem Tod 315—316. ) SAVk. 24 (1922), 63; Sack- oder Handtuch, was eine ruthe- SchwVk. 4, 43; W e t t s t e i n Disentis 1 7 3 nische Sage schon vom Tod der drei Nr. 15; Heer Altglarn. Heidentum 27. )Birlinger Volksth. 1, 280; M e i e r ersten Menschen erzählt 4e ). Im Bergi- Schwaben 2, 489 Nr. 286. ) S c h ö n w e r t h schen werden gleich nach Eintritt des Oberpfalz 1, 242 f. ) P a n z e r Beitrag 1, Todes die F.läden nur soweit angelehnt, 263; 2, 293; P o l l i n g e r Landshut 297; daß ein schmaler Lichtstreifen in die ZiVk. 8 (1898), 35347; Bavaria 4, 258; L a m me r t 103. ) Landsteiner NiederWohnräume einfallen kann 60 ). österreich 28; V e r n a l e k e n A Ipensagen Nr. 78; Fossel Volksmedizin 170. Manche Spuren deuten darauf hin, daß 400 M ) Η a 11 r i c h Siebenb. Sachsen 308; W i 11man seinerzeit auch die Leichen durch das s t o c k Siebenbürgen 60; G a ß η e r MettersF. hindurch fortgeschafft habe, ein dorf 83. ) F o g e l Pennsylvania 134 Nr. 614. Brauch, der in Grönland häufig zu sein ) Höhn Tod 3 1 6 und Grohmann 193 Nr. 1368. ») ZfVk. 6 (1896), 408. » ) Β i r scheint S1 ), in Sagen auch noch im Bergil i n g e r Volkst. 1,280. " ) A n d r e e Braunschen bekannt ist S 2 ), sonst aber nur schweig 372. " ) ZfVk. 18 (1908), 446; Ebd. 19 noch in der üblichen verblaßten Form (1909), 440; Höhn Tod 315. * ) John Erzgebirge 1 2 1 ; M e i e r Schwaben 2, 489 bezeugt ist, bei der sich der Brauch auf 53 Nr. 286. " ) Höhn Tod 3 1 0 , W u t t k e Kinder, die an Seuchen verstarben ), 212 § 297; J o h n Erzgebirge 116. " ) ZfVk. 54 85 auf Zauberer ), Selbstmörder ) und 22 (1912), 158; L i e b r e c h t Zur Volksk. Gehängte se ) eingeengt hat. Damit hängt 373; Höhn Tod 316; Schönwerth es wohl auch zusammen, daß der Teufel Oberpfalz 1, 251 Nr. 3. " ) Höhn Tod die Sünder beim F. hinaus holt, was schon 3 1 6 ; ZfrwVk. 4 (1908), 248; M e y e r Baden 582. *') R e i s e r Allgäu 2, 293: Lammert zu Luthers Zeiten bekannt war 57) und 105; Höhn Tod 316. «) ZfVk. 1 (1891), was in zahlreichen deutschen Volksliedern 157. 4") M e y e r Baden 582; K a i n d l in Globus 67, 358. ) ZfrwVk. 1908, 251. und Sagen von Kindsmörderinnen u. dgl. " ) ZfVk. 1 1 (1901), 268. »·) S c h e l l BergiErwähnung findet M ). In Österreich und sche Sagen 80 Nr. 16. " ) W u t t k e 465 § 737 im Gottscheerlande ist es bezeichnender- (Ostpreußen); Τ ο e ρ ρ e η Μasuren 112 weise gewöhnlich „das mittlere F . " , das Η) Τ ο e ρ ρ e η ebd. ") L i ρ ρ e r t Christenist vielleicht das alte, etwas erhöhte tum 391 und Globus 77, 1 1 3 . '·) W u t t k e 474 § 7 5 (Thüringen). ') M ö l l e n h o f f Rauchf., durch das der Teufel sein Opfer Sagen 204; G r i m m Sagen Nr. 209; K l i n g a — meist nach einem Tanz — „hinaus- n e r Luther 33. ) Literatur über diese Lieder M ) Ebd. 55 und reißt" 5 9 ). Es ist daher begreiflich, daß bei Η a u f f e η Gottschee 434. „Alte Lieder fürs Landvolk" Wien, Stähelin u. man in der Schweiz den Sarg nicht zum Lauenstein Nr. 26. ) SAVk. 24 ;I922), 63. F. hinausschaffen darf, da sonst der Tote keine Ruhe findet 3. Das F. a l s A u f e n t h a l t s o r t ") L i e b r e c h t Zur Volksk. 372 u. S a m la
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von S e e l e n g e i s t e r n . E s ers c h e i n t n a c h all d e m G e s a g t e n l e i c h t beg r e i f l i c h , d a ß sich u m das F . allerlei Geisterspuk bemerkbar macht. W o die S e e l e h i n a u s e n t w i c h , da will sie w i e d e r herein. W e n n j e m a n d gestorben ist, k l o p f t es in der N a c h t n a c h seinem B e g r ä b n i s s e a n s F . D a darf m a n n i c h t a u f m a c h e n , denn d r a u ß e n s t e h t der T o t e . Ö f f n e t m a n , so h o l t der T o t e n o c h a n d e r e F a m i l i e n m i t g l i e d e r ins G r a b n a c h 6 1 ) . A n dererseits e r l e i c h t e r t m a n g u t e n Geistern den Ein- und A u s g a n g durchs F. A n einigen O r t e n der S c h w e i z m u ß i m m e r ein F . o f f e n bleiben, d a m i t der „ G e i s t " ausu n d eingehen k ö n n e ; z u m s e l b e n Z w e c k e darf in einem L a n d h a u s e bei Z ü r i c h die D a c h ö f f n u n g nie z u g e d e c k t w e r d e n t 2 ) . A u c h n a c h einer s ä c h s i s c h e n S a g e k a n n ein g e b a n n t e r G e i s t erlöst w e r d e n , w e n n m a n das K a m m e r f e n s t e r ö f f n e t 6 3 ) . In der P f a r r k i r c h e z u S t . G e r t r a u d in W ü r z b u r g m a c h t sich ein Geist d u r c h E r k l i r r e n der F . b e m e r k b a r M ) . A u c h bei den R u t h e n e n u n d H u z u l e n m e l d e n sich die a r m e n Seelen b e i m F . U n g e t a u f t e K i n d e r erscheinen u m M i t t e r n a c h t a m F . u n d rufen: „ K r e s t a , K r e s t a ! " ( = taufe!). D a n n m u ß m a n ein K r e u z s c h l a g e n u n d d e m irrenden W e s e n einen N a m e n geben, w o b e i m a n i h m g l e i c h z e i t i g ein s i c h t b a r e s Z e i c h e n der v o r g e n o m m e n e n T a u f e d u r c h s F. z u w i r f t e s ). D a h e r stellt m a n a u c h die S p e i s e o p f e r f ü r die Seelengeister (Hirsebrei, B e r c h t l m i l c h u. dgl.) n a m e n t l i c h z u r Z e i t der R a u c h n ä c h t e a n s F . e e ) . Sehr bez e i c h n e n d ist der an die A h n e n g e i s t e r ger i c h t e t e — a u c h bei H e r d u n d O f e n (s. d.) geübte — B r a u c h , den a u s g e z o g e n e n Z a h n eines K i n d e s in B a d e n r ü c k w ä r t s z u m F . h i n a u s z u w e r f e n u n d dabei z u s a g e n : „ M i s l i , Misli, se h e s c h t en Z a h , g i m e r w i e d e r en a n d r e d r a ! " A u c h f ü r die W i n d d ä m o n e n (Seelengeister) stellt m a n B r o t v o r s F. 6 8 ) u n d w e h r t die W e t t e r w i n d e d u r c h eine b e i m D a c h f . h i n a u s g e h a l t e n e B r o t s c h a u f e l a b w ) . A m Dreik ö n i g s v o r a b e n d m a c h t m a n f ü r das Seelenheer der B e r c h t l drei w e i ß e K r e u z e auf d e n F . b a l k e n 7 0 ) , w i e es ü b e r h a u p t z u r Z e i t des w i l d e n H e e r - U m z u g e s g e f ä h r l i c h ist, den K o p f z u m F . h i n a u s z u s t e c k e n ' 1 ) .
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T u t m a n es, so w i r d m a n v e r r ü c k t 7 2 ) , oder der K o p f s c h w i l l t e i n e m so an, d a ß m a n ihn nicht mehr hereinbringen k a n n ' 3 ) . A u c h die d e n S e e l e n g e i s t e r n v e r w a n d t e n D ä m o n e n erscheinen g e r n e b e i m F . B e i den Livländern deckt man das F . zu, damit die K o b o l d e n i c h t h e r e i n s c h a u e n u ) , u n d a u c h der A l p k o m m t n a m e n t l i c h d u r c h das k l e i n e Z u g l o c h a m F . ins H a u s 1 5 ) . Man s t e c k t a u c h g e g e n die H e x e n den P a l m b u s c h e n ans F . ' e ) , w i e a u c h der T e u f e l g e r n e a n s F . k l o p f t , u m einem — wenn man a u f m a c h t — B ö s e s zuzufügen77). Z e r b r i c h t der T e u f e l ein F . , so k a n n es nicht mehr gemacht werden'8). Vielleicht g e h ö r t h i e h e r a u c h die S a g e , d a ß ein Blick durchs verbotene F. im Zwergenreiche, bei den d o r t h i n e n t f ü h r t e n Menschen, H e i m w e h n a c h der irdischen Heimat erregt"). "') K ü h n a u Sagen 1, 171. Rochh o l z Sagen 1, 172. ·*) M e i c h e Sagen 105 Nr. 137. M) ZfdMyth. 3, 68 Nr. 20. «) K a i η d l in Globus 67, 357 f. " ) H e y l Tirol 752 Nr. 8 f.; G e r a m b i n ZdöAlpv. 49, 33 f . ; Globus 50 (1886), 299; 67, 357; H ö l l e r Weihnachtsgebäcke 16 ff. " ) M e y e r Baden 50. " ) W e t t s t e i n Disentis 174,45. ·") K ü h n a u Brot Ii. ,0) H e y l Tirol 659 Nr. 135. " ( S e i s e i Allgäu 1, 59. " ) Ebd. 1, 45. Ebd. 1, 48 f. " ) v . M e t z s c h in Globus 66, 223. " ) L a i s t n e r Sphinx i, 112. '·) P e r s e r Pflanzensagen 29. " ) ZfVk. 22 (1912), 157. '*) S c h e l l Bergischc Sagen 294 Nr. 3. '») L a i s t n e r Sphinx 1, 247. 4. D a s H i n a u s - o d e r Hereins e h e n b e i m F . ist, w i e oben g e z e i g t w u r d e , u n t e r gewissen U m s t ä n d e n gef ä h r l i c h . M a n k e n n t in N i e d e r d e u t s c h land V o l k s s a g e n v o n d e m „ H e i d m a n n " , w e l c h e r n a c h t s den L e u t e n in das F . h i n e i n g u c k t ; w e n er d a n n ansieht, der m u ß in J a h r u n d T a g s t e r b e n 80 ). G e r a d e so s c h a u t B e r c h t a ins F. 8 1 ) oder der T o d 8 2 ) . A u c h in T i r o l e r z ä h l t m a n v o m G e s p e n s t , das in S t e r b e n s z e i t e n u m g e h t : zu w e l c h e m F . es e i n s c h a u t , in d e m H a u s e s t e r b e n die L e u t e 8 3 ) . S i e h t m a n einen L e i c h e n z u g oder eine L e i c h e d u r c h s F . an, so w i r d m a n d a v o n s e l b s t b l a ß w i e eine L e i c h e 8 4 ) , oder m a n b e k o m m t G e l b s u c h t 85 ) oder K o p f s c h m e r z e n 8 e ) , oder m a n f o l g t d e m T o t e n b a l d n a c h 87 ). M a n glaubt auch, daß verstorbene Bösewichte
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gerne zum F . hinausschauen, während ihre Leiche weggetragen wird 8 8 ). Liegt wo ein Toter im Hause, so darf man nicht durchs F. hineinschauen oder hineinsprechen, weil man sonst das ganze J a h r krank sein wird 8 8 ). In Rumänien und in der Bukowina gilt es überhaupt am Abend f ü r gefährlich, durchs F. in eine Stube zu schauen, weil dann bald jemand darin stirbt 9 0 ). Auch wer mit den Füßen zum F . hinaus (d. h. mit der Blickrichtung zum F.) schläft, stirbt bald 8 1 ). Kranken verhängt man daher das F . , damit in demselben nicht die weiße Frau erscheine 8 2 ). Vor allem aber gelten alle jene Vorsichtsmaßregeln f ü r die Wöchnerin. Im Harz war es im 18. J h . der Wöchnerin nicht erlaubt, aus dem F. zu schauen, da ihr sonst jedes vorbeifahrende Fuhrwerk „ein Glück m i t n i m m t " 9 3 ) . Bei herannahender Geburt werden vielfach die F . verhängt 9 4 ), und bis zur erfolgten Kindstaufe soll die Wöchnerin nicht zum F. hinausschauen 8 5 ). E s handelt sich dabei um ganz ähnliche Vorstellungen, wie sie sich auch sonst an die Geburt, an die Wöchnerin und an die Neugeborenen knüpfen, die den von den Totengeistern drohenden Gefahren besonders ausgesetzt sind 9 8 ). Man darf daher auch Neugeborene, ehe sie nicht ein, bisweilen sogar drei J a h r e alt sind, durchs F . hinaushalten oder hinausreichen, denn sonst wachsen sie nicht 9 '). Da und dort hilft es dagegen, wenn man das Kind durch dasselbe F . wieder hereinreicht 9 8 ). Ein solches Kind wird auch gerne diebisch 8>) (vielleicht ein Zusammenhang mit den diebischen Zwergen?). Nur im Verzweiflungsfalle, wenn mehrere Kinder gestorben sind, hilft man sich dadurch, daß man das Neugeborene nicht durch die Türe (durch die die Leichen seiner Geschwister getragen wurden) zur Taufe trägt, sondern es zum F. hinausreicht 1 0 0 ). Allerdings darf dies nicht beim ersten Läuten von neuen Glocken geschehen 1 0 1 ), und muß man das K i n d auch dannnach der Taufe wieder durch das F. zurück hereinnehmen 1 0 2 ). Ebenso muß die Braut, wenn ihremManne schon mehrere Frauen gestorben sind, zum F . ins Haus einsteigen 1 0 3 ).
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e ) G r i m m Myth. 2, 995. , l ) Ebd. 1, 227. »«) Ebd. 2, 644 und Z f V k . 22 (1912), 1 5 7 . ·>) G r i m m Sagen Nr. 266. ·») Urquell 3 (1892), 52. " ) T o e p p e n Masuren 1 0 7 ; W o t t k e 461 § 729. «•) Urquell 3 (1892), 52. »') J o h n Erzgebirge 126. Birlinger Volksth. 1 , 1 8 ; K ü h n a u Sagen 1 , 109 Nr. 1 1 9 . 8B) Z f V k . 2 (1892), 186. »») K a i η d l in Globus 92, 284. ·') Ρ f i s t e r Hessen 170. 9i M ) Grohmann Sagen 7 1 . ) Grimm Myth. 3, 461 Nr. 782 ·*) M e y e r Baden 389; Wittstock Siebenbürgen 60; Hillner Siebenbürgen 15. *6) Höhn Geburt 265. ) ZiVk. 9, 59 ff. Sartori. festmachen I, findet sich für „bannen", „anfrieren", „stellen" im ganzen Sprachgebiet 1 ). Festgemacht werden Gespenster an Bannorten 2), die Elemente Feuer und Wasser 2), Tauben an den Schlag 3), Diebe 4) an der Stelle ihres Frevels oder im näheren Umkreis, Fuhrwerke 6). Das F. kann auch mißliebige Personen e), am meisten Soldaten, Gensdarmen 7 ) usw. treffen, oder wird als Schabernack besonders gegen Fuhrleute ausgeübt 8 ). Räuber machen ihre Opfer fest ·). — Wer festgemacht ist, kann sich nicht rühren, bis er gelöst wird, oder sich selbst zu lösen vermag (s. Bann 1, 874) 10). Eine Anweisung fürs F. spricht vom Gebrauch eines geweihten Schlosses, bei dessen Kauf ein Segen aufzusagen ist u ) . 1) Vgl. die Nachweise nach ihrer laDdschaftl. Herkunft. ') B a r t s c h Mecklenburgs, 322. a) ZfVk. 25, 352 f. 4) B a r t s c h Mecklen-
burg 2,
322;
Jahn
Hexenwesen
6. 51 ff.;
S t r a c k e r j a n 1, 122; Urquell 2 (1891), 126; Q u e η s e i Thüringen 284; J u n g b a u e r Böhmerwald 204. 212; S i e b er
festmachen Sachsen 242 f.; T e t z n e r Slaven 21; Ε η d t Sagen 47 Nr. 21. 22; S i e b e r Harzland (1928), 254; B o l t e - P o l i v k a 3, 453 f. 5) B a r t s c h Mecklenburg 1, 231 f. 232 f.; Jungbauer Böhmerwald 212 f.; M e i e h e Sagen 581; S i e b e r Sachsen 243 f.; B r u n n e r Ostd. Volksk. 248 f. ·) C a 1 m e t Von Erscheinungen der Geister 1 (1752), 373 ff.; B a r t s c h Mecklenburg i, 232 f.; S i e b e r Sachsen 242; H e y l Tirol 426; E n d t Sagen 47 Nr. 20; 48 Nr. 23; E i s e i 225 f.; Birlinger 1, 331 Nr. 554; MGesch. Altert. Ges. d. Oberl. 7 (1874), 491 f.; Brandenburgia 24, 178. ') E n d t Sagen 45 Nr. 16; 48 Nr. 19; B i r l i n g e r Schwaben 1, i n f. 314; Q u e ns e l Thüringen 283; S i e b e r Sachsen 242; Köhler Voigtland 549. ·) E n d t 46 Nr. 18; 47 Nr. 22; Μ e i c h e Sagen 581; Zentralbl. f. Okkultismus 7, 229; K ü h n a u Sagen 3, 237; B a r t s c h Mecklenburg 1, 231 f. ·) Q u e η s e 1 Thüringen 149; J u n g b a u e r Böhmerwald 248. 10) Nachw. 5; R o c h h o l z Sagen i, 78; Urquell 2, 126. " ) ZfdPhil. 38, 368. Peuckert.
festmachen II. I. A l l g e m e i n e s . I. D a s F . ist eine z a u b e r i s c h e H a n d l u n g , die U n v e r w u n d b a r k e i t (s. d.) g e g e n H i e b , S t i c h u n d Schuß verleiht Hierher m a g man auch die H a n d l u n g e n rechnen, die u n ü b e r w i n d b a r im R i n g e n , R a u f e n m a c h e n , weil d a b e i die n ä m l i c h e n M i t t e l g e b r a u c h t z u w e r d e n p f l e g e n . „ D i e W e l t p f l e g t zu sagen, w e n n einer s c h u ß f r e i , stichfrei, hiebfrei, u n d w e d e r G a b e l noch S ä b e l eingeht, er sei g e f r o r e n " 2 ). D i e B e z e i c h n u n g s c h e i n t o b d . z u sein s ). D i e diese K u n s t verstanden, hießen Gfrörer4). D a n e b e n e r s c h e i n t : eisern 6 ), a n . hardg i ö r r 6 ) ; der G e g e n z a u b e r : a u f t u n 5 ) . D e r G l a u b e d a r a n , d a ß m a n sich f. k ö n n e , ist a l t , b e g e g n e t in der griech. S a g e e ), s p i e l t i m nord. A l t e r t u m eine w i c h t i g e Rolle, wo von f.den L i e d e r n ' ) , v o n Festsein g e g e n Eisen, doch n i c h t g e g e n S t e i n e 8 ) oder H o l z ·) oder die eigne Z a u b e r w a f f e 10 ), w i e v o n f.den K l e i d e r n u ) die R e d e ist. E r b e g e g n e t im m i t t e l a l t e r l i c h e n V o l k s e p o s 1 2 ), f i n d e t sich d u r c h alle J a h r h u n d e r t e 1 3 ), e r l e b t a b e r i m 17. (bef ö r d e r t d u r c h den g r o ß e n K r i e g u n d das A u f b l ü h e n des Z a u b e r g l a u b e n s , im A n s c h l u ß a n die P a n s o p h i e 1 4 ) ) eine b e s o n d e r e S t e i g e r u n g . N o c h 1724 w i r d der Z a u b e r in d e n p r e u ß . Kriegsartikeln v e r b o t e n 1 6 ), w a r a b e r 1 9 1 4 noch n i c h t
erloschen, w i e konnte le).
1354 ich
selbst
beobachten
*) Z i n g e r l e Sag·«» 1859, 313. 314; H e y l Tirol 665. 668. ») A b r a h a m a. S. C l a r a Reim dich 1684, 10; vgl. Kön. Schwed. Victorischlüssel 1632,3; K u o n i St. Gallen 258 f. ») Vgl. die B e l e g e : G r i m m DWb. 4, 1, 202. 2162; Schmeller-Fromann BayWb. i , 825; G r i m m Myth. 3, 317. 4) Urquell 4 (1893), 94; R e i s e r Allgäu 1, 206. *) G r i m m Myth. 3, 317. ·) S c h w a r t z Volksglaube 84ft. 151 f.; B e r t h o l d Unverwundbarheit 48 ff. ') Lj6(Jatal Ii. 13 = G e n z m e r Edda 2, 174. ') Hamdismäl 2 6 = G e n z m e r Edda 1, 57; Skäldskaparmäl = P a n z e r Heldensage im Breisgau 1904; S a x o Gesta Danorum 1. 8 = P a n z e r 37; Volsungasaga c. 44 = P. Herrmann Island. Heldenromane 1923, T 35 f ; vgl. P a n z e r 42 f. *) Ρ a η ζ e r 43. l0 ) N j i l a c. 30. " ) Hamdismil 26; P.Herrm a n n Heldensagen (1925), 14. Vgl. zum nord. Glauben auch G e r i n g Weissagung 1 7 t . ; P a n z e r 41 f. " ) K o n d z i e l l a Volksl s epos 59 f. u. Anmerk. ) Vgl. etwa bei L u t h e r Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können: Sämtl. Werke 1833, Bd. 22, 288 f.; Georg S c h e r e r Ein bewerte Kunst vnd Wundsegen 1595. " ) Kön. schwed. Victorischlüssel 1632, 3: vor etlichen und 20 Jahren eingeführt. l s ) Brandenburgia 1016, 180. " ) Vgl. auch F o x Saarland 295. II. G f r ö r e r u n d F e s t g e machte. 2. G e f r o r e n m a c h e n k o n n t e n n a t ü r l i c h die, die a u c h sonst der s c h w a r z e n K u n s t v e r d ä c h t i g waren, also f a h r e n d e S c h ü l e r u n d Z i g e u n e r 1 7 ) , der P r o f o ß l e ), J u d e n l e ) , Schwarzkünstler wie P u m p h u t oder F a u s t 2 t ), j a s o g a r P f a r r e r 2 2 ) , u n d der Schmied von Jüterbogk B ) . 3. S e l t s a m ist dabei, d a ß die F e s t i g k e i t auf einen ü b e r t r a g e n w e r d e n k a n n , o h n e d a ß er d a v o n w e i ß M ). F ü r f e s t g a l t e n bei den E s t e n der kleine T e u f e l , der D i e n e r des T e u f e l s n a t ü r l i c h viele S c h w a r z k ü n s t l e r *·), F r e i m a u r e r B ) , Z i g e u n e r e ) , R ä u b e r *·), w i e e t w a a u c h der s c h w a r z e Hiesel 30 ), R a u f b o l d e so»), W i l d d i e b e 3 1 ), F r e i s c h ü t z e n 32 ), der Z a u b e r s c h ü t z P u n ker 3 2 a ) , a u c h m a n c h e F ö r s t e r w ) u n d sog a r ein O r t s v o r s t e h e r i m S a a r l a n d S o l d a t e n Μ ) , R i t t e r M » ) und Generale nicht zu vergessen. Ich f a s s e u n t e r G e n e r a l e n hier e i n f a c h alle h o h e n K r i e g s - u n d L a n d e s h e r r e n z u s a m m e n , v o n denen n a m e n t l i c h S c h e r t -
festmachen lin v . Burtenbach 3e ), Graf Edzard von Friesland 88 a ), ein ungenannter General des 16. Jhs., der eine Stadt erstürmte 37 ), Tilly »), Wallenstein 3β), T e r z k a *>), H o i k 4 1 ) , Pappenheim 4 2 ), der Bauernführer A h a s Willenger in Österreich 43 ), G u s t a v Adolf **), das ganze Haus Sav o y e n 45 ), K a r l X I I . von Schweden 4e ), das Haus Hohenzollern und zwar besonders Friedrich der G r o ß e 4 7 ) und Friedrich Wilhelm II. 4 8 ), der alte Dessauer®), Herzog Adolf von Plön M ), General Brüse 8 0 »), der General Auerochs 51 ), Graf Haeseler 1914 S2 ), j a P a p s t Alexander V I I . ra) für fest galten. Herzog Friedrich v. W ü r t t e m berg (1593-1608) wäre gern fest gewesen M ). Die Generale verstanden auch, ihre Soldaten zu sichern, machten die ganze Truppe fest 8 S ), verwiesen die Kugeln mit K o m m a n d o s t a b δβ ), oder ließen die Soldaten vor der Schlacht über ihren schwarzen Mantel marschieren 6 7 ). So waren alle Soldaten der Schanze „ T r u t z P a p p e n h e i m " vor Magdeburg oder die aufständigen Bauern 1626 in Österreich fest 6 »). " ) F r e y t a g Bilder aus der deutschen Vergangenheit 3 ( = Ges. Werke 1898 2 Bd 20), 74. 18) A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 40; F r e y t a g 3, 85; K r o n f e l d Krieg (ist fast nur Wiederholung Freytags; ich zitiere ihn nur ergänzend) 85 f. " ) M e i c h e Sagen 566 N. 20) F. S i e b e r Wendische Sagen 1925, 63. sl ) S c h i n d l e r Aberglaube 120. 82) R e i s e r Allgäu 1, 210 f. 23) B e r t h o l d Unverwundbarheit 66. "} F r e y t a g 3, 77. " ) K r e u t z w a l d Esthn. Märchen 2, 138. 2 ·) B i r l i n g e r Schwaben i, n c f f . i i 3 f . ; Alemannia 11, 32. 35. 280; Heinr. G r a d l Sagenbuch d. Egergaues 1892, 39; Jahn Hexenwesen 6; H e y l Tirol 184; Brandenburgia 1916, 178; Q u e η s e 1 Thüringen 283; vgl. B o l t e - P o l i v k a 2, 431. ») Z a u n e r t Westfalen 310. ") Q u e n s e l Thüringen 146; F o x Saarland 295. w ) M e i c h e Sagen 562 Nr. 698; H e y l Tirol 285; Ζ a u η e r t Rheinland i, 235. 80) J u n g b a u e r Böhmerwald 208. 30») K u o n i St. Gallen 258 f. 31 ) J u n g b a u e r 205; Z a u n e r t Rheinland 2, 167 f.; L a n g e r DVöB. 9, 64; ZfdMyth. 3, 343; R e i s e r Allgäu 1, 210. 206. «) (kaschubisch) Globus 70, 281 f. "») Germania 13, 51. 33) Q u e n s e l Thüringen 283; Z a u n e r t Hessen-Nassau 1929, 244 f.; L a n g e r DVöB. 9, 63. 31) F o x Saarland 239. " ) Noch 1675: K r o n f e l d Krieg 86; 1724: Brandenburgia 1916,180; W u t t k e 178; F r e y t a 6 3, 75 ί· Vgl· auch unten. 35») F i e n t
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Praettigau 163 f. M ) F r e y t a g 3, 81. 85. «») Herrn. L ü b b i η g Friesische Sagen 1928, 82. "') G r i m m Sagen Nr. 255 nach Lercheimer (S c h e i b 1 e Kloster 5, 280); vgl. Joh. Nie. Ρ f i t ζ e r Leben . . . D. Joh. Fausti . . , von G. R. Widmann 1711, 262. M) B i r l i n g e r in Alemannia 12, 132; F r e y t a g 3, 81; Μ ä η nl i n g Curiositäten 1713, 278. " ) F r e y t a g 3, 81 f.; Urquell 4 (1893), 93. 4») F r e y t a g 3, 81 f. " ) Ebd. " ) B i r l i n g e r in Alemannia 12, 131 f. Doch F r e y t a g 3, 81. " ) F r e y t a g 3, 82. " ) Der Fels 11 (1915 bis 16), 47; K r o n f e l d 91 wohl nach F r e y t a g 3, 82: „Gustav Adolfs Schwert galt als gefeit". " ) F r e y t a g 3, 82; A m e r s b a c h 2, 40. " ) M e y e r Aberglaube 276. " ) J a h n Volkssagen 505; F r e y t a g 3, 82. «) Ebd. «) Μ e y e r Aberglaube 276. 50 ) Κ ο η d ζ i e 11 a Volksepos 161. M ») J a h n Volkssagen 334 nach T e m m e Volkssagen Nr. 244. " ) Q u e n s e l Thüringen 282. ««) K r o n f e l d gif. 6ä ) S c h i n d l e r 120. M ) H ö h n Volksheilkunde 1 , 6 7 . " ) B i r l i n g e r in Alemannia 12, 131 f. 134. 5e) G r i m m Sagen Nr. 255; M ä n n l i n g Curiositäten 277; Q u e n s e l Thüringen 282, K e l l e r Grab 4, 84. " ) S i e b e r Sachsen 224. a ) Alemannia 12, 132. 5e ) Ebd. 3
III. M i t t e l z u m F e s t m a c h e n . Fest war, wer sein Leben lang keine Nieren gegessen hatte, wie Schertlin von Burtenbach M ). Festigkeit verlieh die Glückshaube eo ), ein Stück Nabelschnur e l ) oder Nachgeburt eingenäht bei sich getragen, ein S t ü c k Hemd, mit erstem Menstruationsblut befleckt *2). Wer das eigne Blut verspindete 8 3 ), einen Hahnenstein e4) oder eine K o r a l l e M ) , Donnerstein, Bezoar, ein gewisses K r a u t β β ) , einen Beutel mit K r ä u t e r n oder W u r zeln «), Alraun M ) bei sich trug, war fest. Ebenso dienten Bilsenkraut M ), weiße W e g w a r t w ) , Eisenkraut oder V e r b e n a 7 1 ) , Johannisblut 7 2 ), Johanniskraut 7S ), Vogelkraut 74 ), Ruhrkraut oder Mausöhrle 75 ), Katzenpfötchen 7e ), Hauhechel "),' fünf Buchsbaumblätter (Belgien) 7 7 a ), das Hexenkraut Circaea lutetiana 7 8 ), Fichtensamen von Zapfen, die nach oben wachsen ™), Farnsamen M ), vierblättriger Klee80®), die Springwurz 8 1 ), S. Peterswurzel 82 ), die Bollwurz 8S ), die Gemsenwurz M ) oder das Gemsenkraut 8 5 ), die Siegwurz d. i. Allermannsharnisch 8 β ), L a u c h 8 7 ) , Doranicum, das die Gemsen fressen w ) , — wie überhaupt die Tiere (Gemse, Hirsch, Reh, Eichhorn)
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festmachen
alle Kräuter kennen 89 ), — Lebensbaum·°), Sade 90 a ), Moos von der Hirnschale eines Gehenkten e l ) in die eigne K o p f h a u t genäht (Lausitz) M ) und endlich die Fabelblume Efdamanila93) zum Festmachen. Wenn man in Pommern das Ohr einer Maus n e n n t M ) , ist wohl eher an Mausöhrle (Gnaphalium dioicum), die Pflanze, zu denken. Ameisengeist in den drei höchsten Namen getrunken 98), ebenso roter Wein, der am Karfreitag f ü r ein J a h r in einen Wallhengstenhaufen getan w u r d e 9 5 ) ; die herzförmigen Versteinerungen von Seeigeln 85 a ). Fest machten auch die Gemskugel aus dem Magen der Gemse 9e ), das Herz einer schwarzen K a t z e in Milch einer schwarzen K u h gesotten 9 e a ), der Bart eines Bockes und Wolfsauge im Beutel aus der Haut eines schwarzen Katers97), ein Maulwurfsherz (1648 Köln) 97 a ), der Hasel wurm die weiße S c h l a n g e " ) , die Haut eines (lebendigen) 10 °) Wurmes 1 0 1 ), Einreihen mit H a u t der K r o n e n s c h l a n g e 1 0 1 a ) , das B a d in Drachenblut 1 0 1 ). Wer einen Fledermauskopf 102 ), ein Stück Fledermaus in den Kleidern trug 1 0 3 ), sich 3 Tage von Fledermausherzen nährte, den Leib mit Fledermausblut einrieb 104 ), ward fest. Fledermausblut w a r — w i e bei jeder zauberischen Schrift — auch bei festmachenden Schriften notwendig 105 ). Göttliche wie t e u f lische H i l f e ward gesucht: K o n stantin ließ die Nägel vom Kreuze Christi in seinen Helm schmieden 1 0 e ); Graf E d zard trug ein geweihtes Kreuz im Koller 3 6 a ) ; ein anderer ward fest durch ein vom Kobold geschmiedetes eisernes Kreuz 1 0 6 »); Liegnitzer Landsknechte wetzten den Degen an Kirchenstufen 1OT), Riemenabschnitzel von Glocken, während des ersten und zwölften Schlages in der C h r i s t n a c h t 1 0 ' 1 ) . Das Evangelium J o hanni trug man in einer Haselnuß bei sich 108 ). Man aß Brotkügelchen, über die 3 Messen gelesen worden waren 1 0 9 ). Man beschrieb Oblaten 1 0 5 ) mit Fledermausblut 1 1 0 ), heilte eine gesegnete Hostie ins F l e i s c h 1 1 1 ) , hatte Reliquien u l e ) , beim Ringen Taufwasser bei sich oder Begräbniserde 1 1 2 ), befahl sich gar dem T e u f e l l l s ) , verließ
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sich auch auf den Spiritus l l 4 ) , schlug einem K r u z i f i x das Glied ab, das man f. w o l l t e 1 1 5 ) , schoß auf die H o s t i e 1 1 5 » ) , in die Sonne und fing drei herabfallende Blutstropfen auf, die festmachten 1 1 6 ). D i n g e v o n T o t e n konnten schirmen, wie etwa Strick oder K e t t e eines Erhängten 1 1 ? ), die Kugel eines Erschossenen 1 1 8 ), der Freischein des Nachrichters u 9 ) . Man zog eine Leiche in der Mitternachtsstunde dreimal um die Kirche 120 ), knetete aus Erde von neun Gräbern ein Totenköpflein 1 2 1 ), tat unter Gebeten Erde aus den drei letzten Gräbern in einen Beutel 1 2 1 a ); auch ein silberner Erbknopf h a l f 1 2 2 ) . Vermittels ihrer Inschriften wirkten Amul e t t e 1 2 3 ) schon in klassischer Zeit, Bilder 1 2 4 ), ein R i n g 1 2 5 ) , ein Stein 1 2 «) oder ein Knopf mit Charakteren beschrieb e n l i n ) , Medaillen 1 2 8 ) und Münzen 1 2 9 ), wie der Mansfelder Taler oder der Georgentaler 13 °). Zauberwirkende Worte hat man stets gebraucht, entweder als Segen, die Wehr und Waffen zu binden 1 3 1 ), Schlachtsegen 1 3 2 ),Wundsegen 1 3 3 ), Tobiassegen 1 3 4 ), Versicherungen 1 3 5 ) usw. oder als Gebete 1 3 e ), aus einem Büchlein 1 3 7 ). Wenn da vom St. Georgsgebet 1 3 8 ), Christophel- 139 ), Colomansgebet 140 ) oder-brief 1 4 1 ), vom Leogebet 1 4 2 ) oder Papst Leonis-Segen 1 4 3 ), vom Benedisten-Oder Notsegen 1 4 3 ), vom Segen des Ritters von Flandern 1 4 3 ) die Rede ist, so weisen solche Gebete schon zu den schriftlich fixierten, die als Schutz- oder Himmelsbriefe 144 ) erscheinen und noch heut in Geltung sind 1 4 5 ), und von denen es heißt, daß man früh vor Sonnenaufgang in Gottes freier Natur niederknien und den Brief abbeten müsse (mündlich). Hierher gehören auch alte Gebet- und Gesangbücher getragen 1 4 5 a ) , das Colomansbüchlein 1 4 e ), Schildwachtbüchlein 147 ), die Länge Christi 1 4 s ), die Pneumatologia occulta 14β ) und — als Gegenspiel die Schwarzkünstlerbücher 150 ), Gefrustbüchlein 1 5 0 e ) , wie die Schwertbriefe, mit denen man die W a f f e bestrich 1 5 1 ). Zauberische Sprüche auf Zetteln, Charaktere werden auch sonst vielfach gebraucht 1 5 2 ), angehängt, am linken A r m getragen 1 5 8 )
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festmachen
e i n g e h e i l t 1 5 4 ) , v e r s c h l u c k t 1 6 5 ) (vgl. P a s s a u e r K u n s t ) , o b w o h l n i c h t alle m e h r dran glaubten und alberne Scherze a u f die Z e t t e l s c h r i e b e n 1 5 6 ). Zaub e r i s c h e K l e i d u n g wird getrag e n : so m a c h t ein neues H e m d 1 5 7 ) , das T a u f h e m d 1 6 8 ) , L e i c h e n h e m d 1 5 9 ) , ein p a l m a t s e i d e n e s i m E p o s 1 β 0 ) , das S. G e o r g s h e m d 1 6 1 ), N o t h e m d 1 « 2 ) oder -kleid 1β3 ), das T e u f e l s h e m d l e 4 ) , Z a u b e r m a n t e l 1 6 4 a ), ein H o r n g e w a n d l e 5 ) , ein silberner P a n zer 1 6 5 a ) , eine E l e n d h a u t 1 6 5 b ) f e s t , wie ein r o t e r S e i d e n f a d e n u m den H e l m i m d ä n i s c h e n L i e d e 1 6 6 ) oder w i e d e r ein mit Gebeten beschriebener Leinenstreif e n 1 8 6 a ). E s b l e i b t n o c h eine R e i h e z a u b e r i s c h e r Mittel a u f z u z ä h l e n , die sich in k e i n e der v o r i g e n G r u p p e einordnen l i e ß e n : L a m m s b r o t , j e d e n M o r g e n gegessen l e 7 ), bei N e u m o n d m i t einem M e s s e r r ü c k e n v o r die S t i r n s c h l a g e n 168 ), die S t a h l t i n k t u r des J ü t e r b o g k e r S c h m i e des 199 ), K a i s e r M a x i m i l i a n s a q u a m a g n a n i m i t a t i s 1 '°), z a u b e r i s c h e Salben m ) . F ä r b e a b e n d s alle E i e r eines H ü h n e r nestes s c h w a r z ; d a s a m M o r g e n w e i ß ist, soll m a n essen, es m a c h t f e s t 1 , 1 *). Ich verweise auf die einzelnen Artikel und gebe hier nur Belege für die Anwendung der Mittel beim F. *°) F r e y t a g 3, 80; Mittlgn. d. Ver. f. Gesch. d. Deutschen in Böhmen 18 (1880), 203; Β ο h nenberger 17. el ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 322; Kronfeld Krieg 88. 3 ·*) S t a r i c i u s 1706 , 76 = Felix M a u r e r Amphitheatrum magiae universae 1714, 796 f.; L a m m e r t 147; Brndb. 24, 169; S c l i m i d und S p r e c h e r 83. e3) A l p e n b u r g Tirol 358 f.; ZfdMyth. 3, 343. '*) B e r t h o l d Unverwundbarkeit 57. "') Ebd. 57 f. ··) Β i r 1 i η g e r ' i n Alemannia 12, 132. ·') Ebd. 133; Κ r ο η f e 1 d Krieg 95. " ) Β e r t h ο 1 d Unverwundbarkeit $8. M) S o h n s Pflanzen 1902®, 102. 70) Ebd. 117; Victor L o m m e r Volksthüml. aus d. Saalthal 1878, 16 f. 18. 48; Schindler 189; B i r l i n g e r 1, 340; Brndb. 24, 167. " ) K r o n f e l d Krieg 252. 93; S c h i n d l e r 225; Brndb. 24, 167. '*) Scleranthus annuus: S t a r i c i u s 1706 3, 92 f. = Maurer Amphitheatrum 796; Witzschel Thüringen 1, 313 Nr. 327. , s ) Hypericum perforatum ( K r o n f e l d Krieg 248 setzt Johannisblut und -kraut gleich, ebenso K r u s p e Erfurt 2, 56: doch vgl. S o h n s " 183); Ebd. 169; Brndb. 24, 167. '«) K r o n f e l d Krieg93. ' 5 ) Ebd. 269; M e i e r Schwaben 247; MAnhGesch. 14, 8. '·) Antennaria dioica; B e r t h o l d Unverwundbarkeit 68.
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" ) H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 202. "») Der Fels 11 (1915/16), 394. '8) K r o n f e l d Krieg 255. '·) S c h w a r t z Volksglaube 152. ·") M a u r e r Amphitheatrum 890; B i r l i n g e r Volkstüml. 1, 340; M e y e r Baden 239; Brndb. 24, 166 f. »») Der Fels 11, 425 = Kronfeld 72 ff.; Brndb. 24, 167 nach M i l i c h i u s Zauberteufel 1564, 12; P a n z e r Beitrag 2, 283. 81) K r o n f e l d Krieg 265. 82) Β e r t h ο 1 d Unverwundbarkeit 68. ,a ) F r e y t a g 3, 80 f. (K r ο η f e 1 d 93 falsch Vollwurz). M ) Adam a L e b e n w a l d t (erstes bis) achtes Tractätl von deß Teuffels List vnd Betrug 1682, 48; S c h m i d u. S p r e c h e r 47. 86) J. Ν. Ρ f i t ζ e r Leben . . . D. Johannis Fausti . . . von . . . Widmann 1711, 262. »·) G r i m m Myth. 3, 447 Nr. 387; Der Fels II (1915/16), 47; Zentralbl. f. Okkultismus 7, 632; K r o n f e l d Krieg 255. 88. 93. 96; Brndb. 24, 166; K u o n i St. Gallen 172 f.; S t a r i c i u s 3 75; S ö h n s Pflanzen5 126. 87) K r o n f e l d Krieg 264. Alemannia 12, 135; Joh. Nik. P f i z e r Vernünfftiges Wun8β den-Urtheil 1668, 33 f. ) Β r ä u η e r Curiositaeten 367 f. M) Κ r ο η f e 1 d Krieg 84 f. s o a ) Alemannia i, 197. n ) S t a r i c i u s ' 95 f.; K r ä u t e r m a n n 369 f.; Porta Magia naturalis 1 (1773), 602; Brndb. 24, 168; ,2 Alemannia 12, 134. ) H a u p t Lausitz 1, 203. ") F r e y t a g 3, 81 ( K r o n f e l d 93 f. falsch Esdama nilah " ) B e r t h o l d Unverwundbarkeit 68 nach J a h n Hexenwesen 191. •5) ZfdMyth. 4, 125. »5») Der Fels 11 (1915/16), 394. ··) S t a r i c i u s 3 424; Alemannia 12, 135; A l p e n b u r g Tirol 381. 382; Bayr. Hefte 1, 231; R e i t e r e r Ennstalerisch 23; F r e y t a g 3, 80; Brndb. 24, 168. »·») A l p e η b ü r g Tirol 359. B ) F r e y t a g 3,80. «'») ZfrwVk. 14, 81. ») W. M a n n h a r t Zauberglaube 56. "") L e ο ρ r e c h t i η g Lechrain 77. ""l S t a r i c i u s 89 = M a u r e r Α mphitheatrum 795 f.; W o l f Niederl. Sagen 366 f. nach de V r i e s de Satan, auf den auch Staricius zurückgeht. 101) Kondziella Volksepos 59; Z a u n e r t Dtsch. Märchen seit Grimm 2, 288 f. 101») C u r t z e Waldeck 89. I02) Κ r ο η f e 1 d loa ) Ebd. Krieg 93. 88; B a r t s c h Mecklenburg 2, 322. 104) ZfVk. 1, 217. 105) Kön. schwed. Victorischlüssel 1632, 3; Brndb. 24, 172; D i o n . K l e i n Kriegsinstitutionen 1598, 87 f. 10 ") M e y e r Aberglaube 276 nach Vita Const. 1, 31. 10β») P r ö h l e Unterharz 113. 1 0 ')'Alemannia 12, 133. 1 0 , a ) Z i n g e r l e Tirol 195 Nr. 1594; Brndb. 24, 168. " ) D r e c h s l e r 2, 268. 10e) Alemannia 12, 133; F r e y t a g 3, 74. 78 f.; Luthers sämtl. Werke 22 (1833), 288 (Ob Kriegsleute auch in seligem Stand sein können); Kön. schwed. Victorischlüssel 1632, 4. 5. n o ) H a u p t Lausitz 1, 203; Gustav R o s k o f f Gesch. d. Teufels 2 (1869), 441; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 40. l n ) Z i n g e r l e Sagen 1859, 314. 313 f.; M e i e r Schwaben 287; H e y l Tirol 665 Nr. 142; Kön. schwed. Victorischlüssel 1632, 4; Alemannia 12, 133; Zentralbl. f. Ok-
festmachen
1361
kultismus 7, 630; Urquell 2, 90; M ä n n l i n g Curiositdten 164. 1 1 1 a ) G r ä s s e Preußen 2, 990 f . m ) Ζ i η g e r 1 e Tirol 71 N r . 603. 604;
B r n d b . 24, 166. u 3 ) F r e y t a g B r ä u n e r Curiositdten 361 f f . ; Vernünftiges
P f i z e r
3, 74. 79; Joh. Nik.
Wunden-Urtheil
1668,
31 ff.; Alemannia 12, 133; K u h n und S c h w a r t z 33 Nr. 38, I. "*) Β e r t h ο 1 d
Unverwundbarkeit 68; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 61. 11B) S c h m i d t Hexenhammer 2, 174 = S c h i n d l e r Aberglaube
120. ») E i 175. m ) Q u e tag 3, 80. Kronfeld N r . 611. 119) 115
s e i Voigtland 221 = B r n d b . 24, n s e l Thüringen 290. n 7 ) F r e y "·) H a u p t Lausitz i , 203; Krieg 88 = Z i n g e r l e Tirol 72 K r o n f e l d Krieg 106; D e r
F e l s n (1915/16), 47. °) Z i n g e r l e Sagen m 1859, 314. 321. ) E b d . 321. 121 ») C. H e ß 12
m)
l e r Hessen 2, 537 = B r n d b . 24, 168. A. H a a s Pommersche Sagen 1921, 74. 123 ) B e r t h o l d Unverwundbarkeit 56; F r e y t a g 3, 76; B r n d b . 24,169; P a n z e r
Beitrag 2, 277 f . ;
Kronfeld 87. 94; Alemannia 12, 133; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 39; Μ e i c h e Sagen 560 N r . 695; D e r F e l s Ii, 394. ' ) Κ r ο η f e 1 d Krieg 87. 1 2 s ) S t a r i c i u s 3 89 f . u n d W o l f Niederländ. Sagen 366 f . ; 12
beide nach d e V r i e s 12, 133. N r . 278.
de Satan; Alemannia
') W o l f Niederländ. Sagen 365 f . ) P f i t z e r Widmanns Faust 1711,
12 I27
262; Μ e i c h e Sagen 566 f. l a ) K r o n f e l d Krieg 97; F r e y t a g 3,81. 12e ) E b d . ; M e y e r AberglaiAe 278; B r n d b . 24, 169; M ä n n l i n g Curiositdten
274;
Volksepos
K o n d z i e l l a
157 f . ; S c h i n d l e r Aberglaube 121. Fels r r , 394; MsäVk. 7, 112; B r ä u n e r riositdten
491.
13
°) S i e b e r
Harzland
Der Cu1928,
79; D o b e n e c k Mittelalter 2, 166 f . ; A 1b e r s Das Jahr 199 f. m ) A u f z ä h l u n g e n v o n S e g e n : Η ä 1 s i g Der Zauberspruch b. d. Germanen 52; H a n d s c h r i f t l . S c h ä t z e a u s K l o s t e r b i b l i o t h e k e n 1734—1810, 585—600; B r n d b . 24,
173. 174 f . ; B e r t h o l d Unverwundbarkeit 66 f . ; Κ r ο η f e 1 d Krieg 98 f.; MschlesVk. H . 4, 88 ff.; 6, 32 ff.; Alemannia 19, 136 ff.; G e r m a n i a 20, 439 f . ; J a h n Hexenwesen 62 N r . 29 f f . ; Z t s c h r . f. K u l t u r g e s c h . 4 (1897), 216 f. 218; P a n z e r Beitrag 2, 303 f f . ; Victor L ο m m e r
Volksthüml.
aus
d.
Saalthal
(1878), 14 f. 18; D e r Fels I i , 425 f . ; z i e l l a Volksepos 60; L u t h e r s Werke
22
(1832), 288;
hammer 3, 174 f . ; Luzifers
Königreich
A l b e r t i n u s
u. Seelengejaidt,
liencron (1884), 87 f . ; A d a m ( e r s t e s b i s ) achtes Tractdtl
48t.; W u t t k e
175;
Hexen-
S c h m i d t
Aegidius
1
Kondsämtliche
ed. v. Li-
Lebenwaldt
von Teuffeis
List
Schindler
glaube 120. E i n T e u f e l s s e g e n : Μ e i c h e
12.
AberSagen
532 f. 13a ) K o n d z i e l l a Volksepos 160 = F r e y t a g Bilder 3, 73. 133) G r i m m 134 Myth. 3, 317. ) MschlesVk. H . i g , 63. m ) Geistl. Schild 161 ff.; R o m a n u s b . 20. 37 f. m ) B e r t h o l d Unverwundbarkeit 58; Alem a n n i a 12, 133; K r o n f e l d Krieg 99. 1 " ) A l e m a n n i a 12, 134. 13*) L u t h e r s sdmtl.
1362
Werke
22
(1832),
288;
3,
F r e y t a g
74.
»») L u t h e r 22, 88. "») H a n d s c h r i f t l . Schätze a u s K l o s t e r b i b l i o t h e k e n . K ö l n 1734—1810, 554; Volksthüml. aus d. Saalthai K r o n f e l d Krieg 99.
Victor L ο m m e r 1 (1878), 30 f . ;
) H a n d s c h r i f t l . Schätze 568 f.; MschlesVk. H . 19, 53- 142) H a n d s c h r i f t l . Schätze etc. 580; MschlesVk. H . 19, 55 f.; B r n d b . 24, 172. ' « ) F r e y t a g 3, 74. 79. 144) B e r t h o l d 141
Unverwundbarkeit
77.
67;
D e r F e l s 10 (1914/15),
) D r e c h s l e r 2, 268; Oberschlesien 370 f f . ; B r n d b . 24, 172; M e y e r Baden 145
239;
Westfalen
S a r t o r i
74;
Sitten
m e i e r
Landes
u.
1925,
Volksthüml.
Gebräuche
36 f.
aus
37;
Saar-
F o x
land 295; MsäVk. 7, 112; Conrad
Tegt-
d.
Kalenberger
Victor
L o m m e r
d. Saalthal
1878, 31 f f . ;
Der
Fels 11, 394. 430f.; K o n d z i e l l a Volksepos 159. 1 4 5 t t ) MsäVk. 7, 112. 14 ·) K r o n feld Krieg 99; Zingerle Tirol 42 = B r n d b . 24, 168. » ' ) E b d . 98. »») H a n d 14e schriftl. Schätze etc. 452. ) M a n n h a r t Zauberglaube
113.
1B
)
Volkssagen
J a h n
505;
Β i r l i n g e r Schwaben 1, n o f f . 150 ») Alemannia 10, 265. 151) Herrn. Κ ο e ρ c k e Joh. Geiler von Kaisersberg.
B r e s l . D i s s . 1927,15 Ν . 3.
) B e r t h o l d Unverwundbarkeit 67; Alem a n n i a 12, 131 ff.; F r e y t a g 3, 74. 75 f.; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 39; W u t t 152
k e 178. 3 1 9 ; A l b e r t i n u s Luzifers reich 87 f . ; S c h m i d t Hexenhammer
König2, 174;
Köhler Voigtland 410; B r u n n e r Ostdeutsche Vk. 248; B r n d b . 24, 172; P a n z e r Beitrag
2, 276; K r o n f e l d
Krieg
86. 87. 95.
99; Binsfeld = ZfrwVk. 24, 15 Nr. 12; J a h n Hexenwesen 63 N r . 32; 64 N r . 36. 37. 153 ) Victor Lommer
Volksthüml.
aus
d.
Saalthal
1
(1878), 40 f.; D e r Fels 11, 349; F r e y t a g 3, 79 f. l s l ) K r o n f e l d 87; Alemannia 12, 134. 155 ) S t a r i c i u s 3 93 = K r o n f e l d 87; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 40; Alem a n n i a 12, 132. 133; 13, 143; S c h ö p p n e r Sagen
2, 59;
K o n d z i e l l a
Volksepos
158;
M e y e r Aberglaube 277; F r e y t a g 3, 79 f. 16 ·) F r e y t a g 3, 86; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 41; L e b e n w a l d t Achtes Tractdtl 12; A l b e r t i n u s Luzifers König1K reich 88. ) Z i n g e r l e Sagen 1859, 471
N r . 21. 1S8) K o n d z i e l l a Volksepos 59; D r e c h s l e r 2, 268. , H ) Z i n g e r l e Sagen i8 1M 5 9 . 3!4· ) K o n d z i e l l a Volksepos 59. 156 ». ™») Der große Wolfdieterich (ed Holtzm a n n ) 570; S c h w a r t z Volksglaube 151; A 1 b e r s Das Jahr
199 f . ; F r e y t a g 3, 78;
G r i m m Myth. 3, 318. " 2 ) B e r t h o l d Unverwundbarkeit 65. 68; K o n d z i e l l a 156 4 ; D o b e n e c k Mittelalter 2, 165 f.; M e y e r Baden 239; P a n z e r
Kronfeld Volksglaube
Beitrag
88. 82. 89 ff.;
150 f . ;
2,278.295.553;
Schwartz
sagen 1926, 14. " ) Z f d M y t h . 1, 242. b e n w a l d t Lehmann
Helden-
Ρ. Η e r r m a η η
3
Achtes Tractdtl. 50. Vom Kronwald und vom
1M
)
Le-
1 , 4 »)
E. Krotten-
pfuhl 1921, 103 f. " ' ) K o n d z i e l l a Volksepos 59. 145 a ) P . Z a u n e r t Hessen-Nassau
festmachen
1363 185b
1M
1929,140. ) Alemannia7, 2 1 2 . ) Grimm RA. 1854, 183. u , a ) Der Fels χι, 394. l e 7 ) A l p e η b u r g Tirol 358. 381; Zingerle Sagen 1859, 316; D e r s. Tirol 75 = Brndb. 24, 18 168; ZfdMyth. 3, 343. ») K r o n l e l d Krieg 97. "·) B e r t h o l d Unverwundbarheit 17 3 66. °) S t a r i c i u s 83 ff.; Maurer Amphitheatrum 799. m ) B e r t h o l d 48 ff.; Κ ü h η a u Sagen 2, 653; S c h i l l e r Wallensteins Lager VI. 171 ft) Theophr. P a r a c e l s u s Natürliches Zaubermagazin 1771, 125; G r o h m a n n 205.
IV. W i r k u n g des Zaubers. Das F . wirkte erst nach 24 S t u n d e n ; wer vorher fiel, gehörte dem T e u f e l 1 7 2 ) ; nach andern hatte der Z a u b e r nur 24 Stunden lang K r a f t 1 7 3 ). E s half nicht gegen grobes G e s c h ü t z 1 7 4 ) , außergewöhnliche Kugelmischungen oder W a f f e n (s. V), schützte nicht die A u g e n und nicht alle G l i e d e r 1 7 5 ) ; eine Stelle, und zwar die im Nacken zwischen den Achseln, unter den Armen, an den K n i e n 1 7 6 ), unter der N a s e 1 7 e a ) , blieb v e r w u n d b a r . Gefrorne sind u n v e r w u n d b a r durch gewöhnliche K u g e l n l 7 7 ), f e u e r f e s t 1 7 8 ) , gefeit gegen Stich und Hieb 17β ), schneiden sich nicht, wenn sie auf Schwertschneiden tanzen 18 °) und sind beim R a u f e n u n ü b e r w i n d l i c h m ) . E i n Dolch macht keine äußeie Wunde, aber innerliche Verletzungen 1 8 2 ); so machen auch die K u geln nur Beulen 1 8 3 ), brennen 184 ), bleiben im Höchstfall zwischen Fleisch und H a u t stecken 1 8 S ), aber erzeugen innerliche Quetschungen 18β ). Doch waren im T o g genburgischen Gefrorne auch gegen Schläge unempfindlich 1 8 6 ®). Feste fangen die K u g e l n zum S p o t t im B u s e n 1 8 7 ) , in den H ä n d e n oder im Ä r m e l 1 8 S ) , in der Mütze auf 1 8 e ), schütteln sie v o n sich a b l e o ) , oder werfen sie gar z u r ü c k m ) , wonach sie den Schützen töten 1 9 2 ). Manche konnten nicht nur sich, sondern alles, H u n d e 1 M ) und P f e r d e "*), Speisen 1 9 S ), j a Mücken 1 ί β ) f. Mengering sah in J e n a das F . eines Herings 1 9 7 ). "*) F r e y t a g 3, 80; S c h ö p p n e r 1,s Sagen 2,59. ) Ebd; Z i n g e r l e Sagen 1859,316; H a u p t Lausitz1, 2 0 3 . 174) Alemannia 12, 132; Q u e n s e l Thüringen 282; K u r a n d o r v. Z i t t a u Neue Gesichter : Der verdammte Spätling 1673, 263. 17s ) Alemannia 12, 132. 133. Schmidt Hexenhammer 2, 174. 176) Kön. schwed. Vic17,a torischlüssel 1632, 4. ) Κ u ο η i St. Gallen
1364
258 f. ) B i r l i n g e r Schwaben 1, n o ff.; D e r 8. Volksthüml. 1, 331; R e i s e r Allgäu 1, 210 f.; Z a u n e r t Rheinland 2, 168; 17i ZfrwVk. 19C5, 311. ) B i r l i n g e r Vnlksthüml. 1, 331. 17t) F r e y t a g 3,75; Urquell 4> 93; L e r c h e i m e r in S c h e i b l e Kloster 5, 280. lao) Ebd. 333. 181) L e o p r e c h t i n g Lechrain 77 f.; Z i n g e r l e Sagen 1859, 313. 314. M ) F r e y t a g 3, 75· 183) M ä n n 1iηg Curiositäten 278; Amersbach Grimmelshausen 2, 40 f.; R e i s e r Allgäu i, 210; B i r l i n g e r Volksthüml. 1, 1M 313. ) Quensel Thüringen 282. 284. 185 ) B i r l i n g e r Schwaben 1, 110 f. 18 ·) A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 40 f.; F r e y t a g 3, 77; Urquell 4, 94. 186ft) K u o n i St. Gallen 258 f. l87) F r e y t a g 3, 77. 18e ) M e y e r Aberglaube 277; K u h n und S c h w a r t z 33 Nr. 38, I. ιω ) H. L o h r e Märkische Sagen 1921, 94 f. le0 ) Z a u n e r t Westfalen 310; J u n g b a u e r Böhmerwald 209; F r e y t a g 3,75. 1M) B i r l i n g e r Schwaben 1, n o f f . ; Q u e n s e l Thüringen 283; ZfrwVk. 1905, 3 1 1 ; Z a u n e r t Rheinland 1, 278 182) ZfrwVk. 1905, 311. m ) F r e y t a g 3, 79; Alemannia 12, 132; M e y e r Aberglaube 278. 1M) Ebd.; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 40. 1M) Kön. schwed. Victorischlüssel 1632, 4; M e i c h e Sagen 559 Nr. 693; S i e b e r Sachsen 242. Ιββ) Alemannia 12, 132. 197) P f i t z e r Widmanns Faust 1711, 261 = M e y e r Aberglaube 278. 177
V . F e s t i g k e i t s p r o b e n . E s ist begreiflich, daß man Proben über den W e r t f.der Mittel anstellte; erzählten doch sogar die Segen und Himmelsbriefe davon 198 ). S o wird berichtet, man habe einer K a t z e einen Z e t t e l 1 9 e ) , einem H u n d einen Georgentaler m ) , ein gewisses K r a u t s® 1 ), einen Zettel mit Charakteren 202 ) angehängt, und auf sie, oder auf eine Flasche mit diesem K r a u t 203 ), geschossen, wobei, außer dem Hunde mit der Münze, die Tiere unversehrt blieben. Im Weltkriege fiel eine P r o b e mit einem Himmelsbrief an einem H u n d schlecht aus 204 ). Z u r P r o b e erbot sich dem A d a m a L e b e n w a l d t ein J ä g e r m ) , der Gemsenwurz essen und auf sich schießen lassen wollte. A n sich n a h m ein sächsischer 20e ) wie ein schwedischer a w ) Soldat mit unglücklichem E r f o l g d e n V e r s u c h vor, ebenso wie ein unbenannter Herzog an einem V e r k ä u f e r v o n Passauer Zetteln 2 0 8 ), Herzog Albrecht v o n Sachsen an einem J u d e n 20®). lw ) MschlesVk. H. 19, 54. 50. 53; Handschriftl. Schätze aus Klosterbibliotheken, Köln 1 7 3 4 — 1 8 1 0 , 570. "·) A m e r s b a c h Grim-
melshausen
2, 41. *°·) M ä n n l i n g
Curiosi-
W f c » 274. "') A l e m a n n i a 12, 132. *·*) K r o n feld Krieg 87. *°») A l e m a n n i a 12, 132. ,M) Fox Saarland 295. "') (erstes bis) achtes Tractätl von de β Teuffels List vnd Betrug
1682, 48 f. i0
') H a u p t
feld
1366
festmachen
1365
Krieg
B r a u n e r 2 8 2 u. oft.
t0
«) M e i c t e
Lausitz
88.
20i
566
Sagen
1, 2 0 3 N r . 240.
,M
) Meiche
Sagen
Curiositdten
)
N.
Kron-
366; A l e m a n n i a
567; Ii,
VI. A u f t u n. Feste wurden nicht nur verachtet 21°), erhielten kein Quartier 211 ), man bemühte sich auch, ihnen mit Gegenzaubern zu Leibe zu gehen 2l2 ). Der Teufel selbst löst wohl den Zauber, wenn's ihm paßt a s ) , und vor dem Profoß half alles Festsein nichts 2 U ). Es gab auftuende Segen 21S), man schrieb vor dem Festen Zirkel und Zeichen in den Sand M ·), schlief er, dann war er so wie so nicht fest 2 "). Da man sich nur gegen gewöhnliche Waffen f. konnte 218), war der Gefrorne schutzlos gegen jede ungewöhnliche Kugel, also gegen goldne 219) oder silberne Geschosse 220), solche von Salpeter 230 »), „grobe Stücke" 2 2 1 ), vergoldete Degenspitze 222), ungewöhnliche Pulvermischungen 22S), die Kugel eines Freischützen 223 »). Als silberne Kugeln benützte man Knöpfe 2 2 4 ), ballte einen Patentaler 225 ); besonders viel galt Erbsilber oder -gold 22β). Gläserne 227) Brisillkugeln, auf denen der Herrgott eingegraben war 22S), sind gut, ebenso wie ein Geschoß aus Holundermark 2a>), Eichenholz 22*a), eine in Jungfernwachs, in Gift 23°) Quecksilber 230 a ), oder Seelsuchehorn(?) 2S1) gelöschte Kugel 2S2) solche, die Blut haben 232»), Kugeln, denen Gersten- 233), Weizenkörner, Spießglanz, Donnerkeile zerstampft beigemengt waren 234), drei Stück Dinkelbrot geladen 234 »). — Gesegnetes 23S), also geweihte Kugeln 23β), Pulver 23?) waren so gut wie Notbüchsen mit Charakteren auf dem Rohr 238 ). Die Picken wurden in Weihwasser getaucht 23e), die Degenspitze mit Ohrenschmalz bestrichen 240 ), das Messer vorher in die Erde 241 ), in warmes Brot (?) gesteckt M2 ), an Brotrinden abge. ieben *48). mit solchen 244) oder mit Osterbrot kreuzweise überstrichen (Notschwert) 24s). — Gegen Steinigen Me ), mit Steinen überschütten M7 ),
lebendig Eingraben 248), war der Feste nicht gefeit. Ein Schuß in den Rücken (zwischen Schultern? s. IV) 2ia ), aus der eignen Flinte tötete. Tötlich waren ferner hölzerne W a f f e n : Knüppel und Prügel 2 5 1 ), Hebebaum, mit dem man Nackenschläge versetzte 252), Holzkeulen 253), Kolben 254), ein Sturz 254»). Den Stallmeister des Herzogs Bernhard v. Weimar grub man ein und kegelte ihm den Kopf ab 256). Daß ein Hellebardenschlag an den Hinterkopf Μβ ), Streithämmer Äxte wirkten 258), hing wohl damit zusammen, daß innere Verletzungen entstanden, die tötlich waren. Ein Scheit aus dem Karsamstagsfeuer war ebenfalls gut 2S9). Einen Rauf er, „der was kann", soll man auf den Tisch werfen oder ihm die Hand reichen, in die man „Hennegries" genommen hat; ist das gewisse K r a u t dabei, so ist die Kunst offen 26°). — Wird ein Gefrorener von seinem Wesen befreit, so geht es von ihm wie eine Hummel oder zerspringt knallend in der Esse 2 e l ). J1
°) A m e r s b a c h
F re y t a g
3, 86.
Grimmelshausen «») E b d .
·")
2,
41;
A m e r s 3
bach Grimmelshausen 2, 41. " ) Ebd.; M e i c h e Sagen 566 N.; H a u p t Lausitz 1, 203. »") F r e y t a g 3, 83. «») Β e r t h ο 1 d
Unverwundbarheit 63. *'·) F r e y t a g 3, 74. Männling
Curiositäten
,1β
) Kön.
277.
s c h w e d . Victorischlüssel 1632, 4; A l e m a n n i a 12, 134; F r e y t a g 3, 83. S a x o i, 17;
vgl. B e r t h o l d s e r Allgäu
33 Nr. 38; 22
64; R e i -
Unverwundbarkeit
1, 207; vgl. K u h n
Lohre
u.
Schwartz
Märkische
Sagen
94.
°) S i e b e r Sachsen 242; Ζ a u η e r t Rhein-
land i, 35; Theophr. P a r a z e l s u s Natürliches Ζ aubermagazin 1771, 13; G r i m m DS. N r . 60; K n o n i S I . Gallen 99; s6i = F r e y t a g 3, 82. M 1 )
von
Zittau
Neue
Gesichter
Kondziella K u r a n d o r s
-
Der
ver-
dammte Spätling 1673, 263; Κ u ο η i St. Gallen 24. »·») Κ r ο η f e 1 d 88. F r e y t a g 83. 83 f. 2 2 3 ») J a h n Volkssagen 330 f.
Arndt
Märchen
und
3, =
Jugenderinnerungen
(Hesses Klassikerausgabe) 6, 251 f. 221 ) Q u e n -
s e 1 Thüringen
148; M e i c h e
Sagen
562 f.;
H e r t z Werwolf 84; G r i m m KHM. Nr. 60; Z i n n k n ö p f e vgl, A n m . 2 3 0 a. ZfdMyth. 4, 179; H e r t z Werwolf 78 Ν . 5; gebissene
D u k a t e n : T h . P a r a z e l s u s Natürl. Zaubermagazin 13. "") M e i c h e Sagen 559; H e r t z Werwolf
83;
M ü l l e n h o f f
231;
J a h n
Volkssagen 334; F r e y t a g 3,83. 2 ") S i e b e r Sachsen 242; G r o h m a n n Sagen 11 f. iM ) Birlinger Schwaben 1, 110 ff.
1367
Fetischismus
«») H e r t z Werwolf 78. 83; T h e o p h r . Ρ a r a ζ e 1 s u s Natürl. Zaubermagazin 1 7 7 1 , 14. «β β) S i e b e r Harzland ng. 23°) K ö n . s c h w e d Victorischlüssel 1632, 5. 2 3 0 f t ) T h e o p h r . Ρ a r a z e l s u s Natürl. Zaubermagazin 1 7 7 1 , 13. »") E b d . s " ) S t a r i c i u s 3 277. m » ) A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 4 1 ; Z a u n e r t 233 Rheinland 2, 168. ) Z f d M y t h . 4> 1 7 g ; 234 H e r t z Werwolf 78 Ν . 5. ) K ö n . schwed. Victorischlüssel 1 6 3 2 , 5 ; A l e m a n n i a 12, 1 3 4 ; Theophr. P a r a z e l s u s Natürl. Zaubermagazin 1 7 7 1 , 1 3 ; vgl. G r o h m a n n Sagen a34a 11 f. ) M e i e r Schwaben 250 = B r n d b . 24, 236 178. ) B e r t h o l d Unverwundbarheit 66. ,3 *) A l e m a n n i a 12, 1 3 2 ; F r e y t a g 3, 83; K u h n Westfalen 1, 3 5 7 ; G r o h m a n n Sagen 11 f. Heyl Tirol 1 8 1 ; Κ u ο η i St. Gallen 111. 1 1 9 . » ) F r e y t a g 3, 83; H e y l Tirol 1 8 1 . "') S c h i l l e r W allensteins Tod V, 2. G r i m m Myth. 3, 439 N r . 1 4 4 ; Β e r t h ο 1 d UnverwundbarM1 heit 69. ) E b d . 69; G r i m m Myth. 3, 3 1 7 . " 2 ) Κ r ο π f e 1 d 88. 243 ) A l e m a n 2 nia 12, 134. " ) K ö n . s c h w e d . Victorischlüssel 1632, 5. , 4 5 ) F r e y t a g 3, 83. "«) H a n i l i s m ä l e n f o r n u 25 ff. 247 ) M e i e r 24s Schwaben 285 ff. ) K u r a n d o r s v o n Z i t t a u Neue Gesichter = Der verdammte Spätling 1673, 263. 24β) Β i r 1 i η g e r Volksthüml. 1, 3 3 1 2G1 Q u e a s e l Thüringen 284. ) Alemann i a 12, 1 3 2 ; W e i n h o l d Altnord. Leben 204; K u r a n d o r s v o n Z i t t a u Neue Gesichter — Der verdammte Spätling 1673, 263; Β r ä u η e r Curiositöten 369; M e y e r A berglauben 278 f . ; J u n g b a u e r Böhmerwald 2 2 0 9 ; W o l f Sagen 78. " ) F r e y t a g 3, 82. 3 254 83. " ) Κ r ο η f e 1 d 92. ) Z a u n e r t Rheinland 2, 26; A l e m a n n i a 12, 1 3 2 ; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 4 1 ; Schiller Wallensteins Tod V, 2. 254 ®) Κ u ο η i St. Gallen iss 258 f. ) H a r s d ö r f f e r Schauplatz jämmerl. Mordgesch. 3 , n 6 ; P f i t z e r Widmanns Faust 263; M e y e r Aberglaube 2 7 9 ; K r o n f e l d Krieg 86. " · ) F r e y t a g 3, 7 5 ; U r q u e l l 4 . 9 3 !57 ) M e y e r Aberglaube 279. ! 5 a ) H a r s d ö r f f e r Schauplatz 3, 1 1 6 ; P f i t z e r Widmanns Faust 2 6 3 ; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 4 1 . *M) L e o p r e c h t i n g Lechrain 1 7 3 . 2M ) Z i n g e r l e Tirol 7 1 N r . 605. M 1 ) Μ e i c h e Sagen 560 N r . 695.
VII. D a s S t e r b e n der Gef r o r n e n. Da F. eine teuflische Kunst ist, können Gefrorene nur nach Sonnenuntergang M i ) oder, nachdem die eingeheilte Hostie ausgeschnitten worden ist 2β3), sterben. Doch heilt auch Purgieren, weil dabei der teuflische Geist ausgetrieben wird 2M ) Die Leiche wird nach dem Tode schwarz 2ββ) oder verwest nach tschech. Glauben nicht. "*) H a u p t Lausitz 1, 203 = Erfurt 2, 5 6 = G r ä s s e Preußen
Κ r u s ρ e 2, 392 N r .
339· " ' ) Gesichter·. 2M ) Si e 193: K r t r a l b l . f.
1368 K u r a n d o r s v. Z i t t Der verdammte Spätling b e r Sachsen 92. *"*) G r o n t e l d Krieg 1 0 0 ; vgl. O k k u l t i s m u s 7, 630.
au Neue 1673, 263. o h m a n n a u c h ZenPeuckert.
Fetischismus. Das Wort Fetisch bezeichnet nur recht unvollkommen den Begriff und die Vorstellung, die ursprünglich mit ihm verbunden waren. Denn man meint mit ihm jedes beliebige Ding, dem zauberische K r a f t zugeschrieben wird. Es k o m m t aus dem Portugiesischen (feitipo, vgl. Latein, facticium d. i. mit Händen Gemachtes) und bedeutete bei den Seeleuten, die es zuerst gebrauchten, die bearbeiteten, behauenen oder geritzten, auch oft mit Zeug umwickelten Hölzer oder Steine, die von den westafrikanischen Negern zumeist in den Hütteft bewahrt werden, damit sie Glück bringen; dann aber mit dem Fortschritt religionsgeschichtlicher Forschung ist das Wort in der allgemeinen Bedeutung genommen für alles, was, ob nun erst mit primitivem Kunsteingriff bearbeitet oder im Fundzustande gelassen, vom Besitzer zum Zweck des Glückbringens bewahrt und zur Entbindung der Glückskraft mit Ol oder Ocker und andrer Farbe eingerieben, mit einem Nagel beschlagen oder sonst geklopft wird *). Ein Fetisch ist kein personifiziertes Ding, besitzt (trotz der gegenteiligen Angabe von Waitz) 2) nicht Seele und Geist, sondern wirkt lediglich wie ein Zaubermittel, d. h. dadurch, daß der Wille des Besitzers ihm die bestimmte Richtung des Wirkens mitteilt 3 ). Früher sah man den F. gern als „eine der einfachsten Formen religiöser Vorstellungsweisen" a n 4 ) und demgemäß, unter Zugrundelegung des 'darwinistischen Geschichtsschemas, den bei Kulturvölkern und auch in der Gegenwart bei uns vorkommenden F. als Überbleibsel aus primitiver Vorzeit oder atavistische Erscheinung 6 ). Diese Annahme f ü h r t indessen zu schiefer Auffassung, da sich der F. stets neu erzeugt, auch unter Gebildeten unsrer K u l t u r zone e ). Ist er doch eine Sonderform der Magie, die sich gleichfalls immer neu ans Licht bringt. Gründlich mit der Meinung,
1369
Fetischismus
der F. sei die einfachste und U r f o r m der Religion, a u f g e r ä u m t h a t M a x Müller, indem er zeigte, d a ß der F. die Vorstellung v o m Übernatürlichen bereits voraussetzt und also nicht erstmalig zu dieser hing e f ü h r t haben kann 7 ). Die Geltung eines Fetischs bei den ihm Ergebenen ist v o n sehr verschiedener Dauer. W i e bei primitiven Völkern 8 ), so ist a u c h bei uns ein Fetisch bisweilen nur g a n z kurze Zeit v o n seinem Besitzer aufb e w a h r t , da er ihn, sobald seine K r a f t versagt, zunächst liebkosend behandelt, d a n n aber z ü c h t i g t und bei f o r t g e s e t z t e m Versagen schließlich w e g w i r f t oder vernichtet. Andererseits k a n n seine Geltung das Leben des Besitzers überdauern, so d a ß der Fetisch in Familienbesitz übergeht, zum Familienfetisch w i r d 9 ) . In zahlreichen Familien befinden sich solche Familienfetische, ζ. B. sind sie b e k a n n t v o n den A l v e n s l e b e n und den Fürsten v o n D e s s a u 1 0 ) . Eine norwegische Bondenfamilie verehrte das Zeugungsglied eines Rosses, das Völsi (Völski), das die Bauersfrau durch K r ä u t e r frisch erhielt und des A b e n d s v o n einem z u m andern gegeben wurde und die W ü n s c h e z u g e r a u n t erhielt, bis K ö n i g Olaf den Fetisch den Hunden vorwarfu). Von ähnlicher P f e r d e r u t e erzählt ein isländisches Märchen, wo der „ G o t t " Völski, der der F a milie alle möglichen K o s t b a r k e i t e n vers c h a f f t hatte, bei Tisch a u f w a r t e t , dann aber v o m Helden überwunden wird 12 ). — S t a m m e s - und Volksfetische, wie der Zedernpfahl im Kriegszelt der Indianer 1 3 ), die Palladien im klassischen A l t e r t u m 14 ) gelangen zu geschichtlicher B e d e u t u n g . In der T a t k o m m t die Stellung eines Fetisches m a n c h m a l der eines Gottes ziemlich n a h e ; aber der Unterschied bleibt doch bestehen. Man kann nicht sagen, daß sich der Fetisch schon dadurch v o n einem Götterbilde unterscheide, daß er zeitlich begrenztes Ansehen habe 1 6 ). Denn das gleiche Geschick wird a u c h manch einem Götterbilde zuteil und sogar m a n c h e m G o t t selbst. A u c h eine G o t t h e i t wird v o n dem Gläubigen verabschiedet und durch eine andere ersetzt, wenn sie d e m Verehrer nicht zu Willen ist, —
1570
wobei freilich die F r a g e a u f g e w o r f e n werden kann, ob nicht die G o t t v e r e h r u n g in solchem Falle vielmehr ein fetischistischer K u l t sei! Die Eigenart des F . gegenüber dem G o t t g l a u b e n liegt darin, daß dem betreffenden Dinge eine K r a f t ä u ß e r u n g zugeschrieben wird, die durch eine b l o ß e W u n s c h ü b e r t r a g u n g auf es ausgelöst wird, falls sie nicht g a n z s p o n t a n erfolgt,weil die g a n z b e s t i m m t g e r i c h t e t e und einzige K r a f t ä u ß e r u n g sein Wesen a u s m a c h t . Letzteres ist vor allem beim T a l i s m a n der Fall, der ein Fetisch mit einer bestimmten prädeterminierten W i r k u n g ist, die eintritt, gleichviel in wessen B e s i t z er sich bef i n d e t ; v g l . A l a d i n s W u n d e r l a m p e , die Ringe in Märchen und Sagen. D a s A m u lett dagegen ist ein Fetisch, dessen W i r k u n g in der F e r n h a l t u n g von Unheil, von Feindseligkeit b e s t e h t ; was im W o r t e selbst (a-molimentum d. 1. F e r n h a l t u n g ) enthalten i s t l e ) . Sieht m a n v o n diesen beiden Sonderfällen (des Talismans und Amuletts) ab, so wird dem Fetisch jeweils diejenige W i r k u n g s r i c h t u n g gegeben, in welche die Vorstellung, das Denken, der W u n s c h des Fetischisten sie wendet " ) . Wieder aber m u ß berücksichtigt werden, daß h ä u f i g genug auch Götter, selbst ein einziger Gott, lediglich als Mittel des menschlichen Wohlbefindens erachtet werden und sich alsdann nicht grundsätzlich v o n Fetischen unterscheiden, sondern nur durch die mit dem Gottesgedanken verbundene Vorstellung v o n seelischpersönlich gearteten Wesen, die jedoch an sich das Verhältnis des Menschen zu ihnen nicht w e s e n h a f t anders gestaltet als zum Fetisch 18 ). D a s gilt um so mehr, als j a in irgendwelchem Sinne a u c h der Fetisch den Willen seines Besitzers „ k e n n t " , dessen Behandlungsweise „ w a h r n i m m t " , seine Gesänge, B i t t e n und Drohungen „ h ö r t " , so e t w a wie die P u p p e des Mädchens und das S c h a u k e l p f e r d des K n a b e n und erst recht die v o n den K i n d e r n selbst roh angefertigten Puppenimitationen hören, sehen und deshalb Befehle entgegenzunehmen haben M ). W e s h a l b denn auch o f t eine E n t w i c k l u n g oder W e i t e r b i l d u n g
Fetischismus
des Fetische zu einem mit Kopf, Augen und Ohren ausgestatteten Idol stattfindet ebenso umgekehri Bilder von Gottheiten oder von gottgeweihten Tieren zu Fetischen werden können. In der Saga wird dem Hallfred zum Vorwurf gemacht, daß er das Bild Thors bei sich in der Tasche getragen habe 21 ). Hier darf auch erwähnt werden, daß von Hrafnkel Freysgodi erzählt wird, er habe für sein dem Frey geweihtes Roß Freyfaxi solche Verehrung gehabt, daß er jeden tötete, der es zu reiten wagte 22). Im MA. hat der F. seine Bedeutung hauptsächlich in der pharmazeutischen Magie erlangt. Der germanische Medizinmann verwandte die kriechenden Tiere (Krebs, Spinne, Assel, Laus, Ameise, Eidechse, Kröte, Natter) und die besonders oder abnorm behaarten Tiere (schwarze Katze) oder besonders rauhschuppigen Fische für seine Heilexperimente 23) (vgl. das Hasenfett in Roseggers Erzählung, desgleichen das vom Volke noch in Apotheken begehrte Mükkenflügelfett). Mittelalterliche Schulbücher zählen die Tiere auf, durch welche Krankheiten kommen und gehen. In allen Aberglauben eingegangen sind die vierblättrigen Kleeblätter und die Fischschuppen, die nicht nur in der Geldbörse getragen werden, sondern auch fetischistisch behandelt, gereinigt oder gerieben werden, damit ihre Wirksamkeit erneut werde (wie Aladins Lampe und die Ringsteine gerieben werden müssen). Noch heute bewahrt mancher mit gewisser daran gehefteter Erwartung einen Stein von auffallendem Glanz oder schönem Bruch. Die alten Germanen schätzten einige Waffen besonders hoch, vor allem Schwerter und Lanzen, die zum Teil Eigennamen hatten und vererbt wurden von Geschlecht zu Geschlecht. Vgl. daß man im MA. bei Waffen den Eid schwur 24 ). Ein ganz altes Messer gibt die Mutter im isländischen Märchen ihrem Lieblingssohne, da es ein Erbteil vom Vater sei, auf die Reise, und es wird ihm zum helfenden Fetisch 25). Aus den zuletzt erwähnten Fällen und Bräuchen verstehen sich die meisten fe-
1372
tischistischen Bräuche unserer Zeit leicht. Tierteile werden zu mancherlei nützlicher Kraftentbindung benützt. Mit den Pfötchen des Laubfrosches, der am Lukastage gefangen sein muß, den „Luxkrallern", soll man die Haut einer Frau blutig ritzen, um ihre Liebe zu gewinnen 26). Auch das Herz der Fledermaus, die vor Georgi gefangen wurde, das Innere eines Kiebitznestes, die Jungen der Turteltaube, die Schweiffeder des Hahns, die Drüsen des Kiebitzweibchens haben bei Behandlung sexueller Art Liebeswirkung selbst der vierblättrige Klee Tugendsam und wissend macht die Nachgeburt, wenn sie in einem Topf unter dem Wochenbett verwahrt und danach unter fruchttragendem Baume vergraben wird 2 9 ). Die Nabelschnur macht, ins Buch gelegt, dem Kinde das Lernen leicht. Wenn das siebenjährige Kind die Knoten der Nabelschnur selbst löst, erhöhen sich seine geistigen Fähigkeiten. Als Fetisch wird auch wohl der Nagel aus Birkenholz anzusprechen sein, den man nach dem Kalben an dem Ort, auf den das Kalb geworfen wurde, so tief, daß er unsichtbar wird, in den Erdboden schlägt 1) B a s t i a n Der Fetisch an der Küste von Guinea. 1884. ') W a i t z Anthropologie der Naturvölker 2, 174. 3) B e t h Religion und 2 4 Magie 289 ff. 377 f. ) Κ r a u ß Religiöser Brauch!4. ®) M a n n h a r d t Roggenwolf 43 f . ; Baumkultus 585. ·) Z f V k . 7, 221. ') M ü l l e r Essays 2, 199. 8) Ν i 1 s s ο η Primitive Religion 14 f f . ; C r o o k e Northern India 289 f f . 301 f.; V i s s c h e r Naturvölker 2, 560; K a t e Zuni fetiches (Int. Arch. Ethn. I i i ) . ·) B e t h Religion der Primitiven (Die Religionen der Erde, Wien 1928), 20. 10) Z f V k . 7, 221 f. " ) Völdafcattr (ed. Nord. Oldskrifter) 133 ff. 1S ) R i t t e r s h a u s Neuisländische Volksmärchen 289. 13 ) B e t h Relig.gesch. 18 und 21 f. " ) E b d . 24. " ] M o j k in Hoops Reallex. 2, 29. " ) Β e 1 1 u c c i II feticismo primitivo in Ifalia (1907). " ) B e t h Religion der Primitiven (in: Die Religionen der Erde) 21. 1S) Vgl. hierzu S c h w a r t z Volksglaube 62. ") T y l o r Cultur 2, 157 f.; S c h w a r t z a. a. Ο. ί0 ) Β e t h Rel.gesch. 31. 21) Hallfred Saga 97. »») Hrafnkels Saga 5. «*) J ü h 1 i η g Tiere 5, 3. ") G r i m m RA. 1, 228 ff. **) R i t t e r s h a u s Neuisländische Volksmärchen 287; hier überhaupt mehrere Fetische erwähnt: einige verrostete Waffenstücke, ein Stück Holz. *·) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, a) 126. ») E b d . Ebd. 1, 179. ») E b d . M) Η a l t r i e h Siebenb. Sachsen 277. K . Beth.
Fett
1373
F e t t . D a s F., besonders das Nierenf. 1 ), ist, wie die Nieren 2) selbst und wie das B l u t 3 )(s. d.), der S i t z der S e e l e n k r ä f t e und des O r e n d a s ; daher spielt das F. wie das Fleisch (s. d.) bei der T r a n s p l a n t a t i o n der seelischen, körperlichen und Zaubereigenschaften eine große Rolle (s. essen). A u c h hier m u ß man die R i t e n der P r i m i t i v e n und des magischen Menschen zur D e u t u n g der in unserm V o l k e noch lebenden G r u n d v o r stellungen heranziehen.
Überlieferung, wenn sie sich in W e r w ö l f e v e r w a n d e l n wollen, sich mit F . einschmieren, das die D ä m o n e n oder der Teufel g e m a c h t haben 9 ), oder w e n n die H e x e n s i c h m i t Z a u b e r f . (s.u.) einreihen,sobald sie zum Blocksberg fliegen wollen 1 0 ). 4 ) F r a z e r 8 (5, 2), 316; das Beschmieren der Priester mit dem Blut des Lammes ist eine Art von Kommunion mit dem Gott. 5) Μ ä η η l i n g 124. ·) Globus 63, 127; Frazer Totemism 4, 328; ARw. 8, 458. ') R e i t z e n s t e i n 1. c. 39—40. 58. 245 ff. ') F r a z e r 8 10
*) Chantepie de l a S a u s s a y e 1, 183; die Nieren als Sitz der Seele: W u n d t Mythus und Religion 4, 93; Nierenf. ist das bevorzugte Opfer des alten Testamentes: Moses 3, 9; vgl. 4> 4; 3> 4> 26; 3, 6, 12; über den Kult der Australneger: A. B e r t h o l e t Religionsg. Lesebuch
82,
9 ff.; vgl. 3 ff.
F.dampf ist das
Opfer für die griech. Götter: S t e n g e l Gr tech. Kultusaltirt. 607.
3
97.
2
) Wundt
) R e i t z e n s t e i n
nen * 32; P f i s t e r s ο w a i i , 2 ) 2148.
Kultus
1. c. ; A R w . 16, Mysttrienr
ligio-
(Pauly-Wis-
I. W i e man durch Bestreichen mit dem B l u t des Opfertieres eine A r t Communion mit dem G o t t e erstrebt *), so soll a u c h durch das F., das man ißt oder mit dem man sich einschmiert, das Orenda des als G o t t verehrten Tieres oder des dem G o t t geweihten Tieres auf die eigenen seelischen und körperlichen K r ä f t e ü b e r t r a g e n werden. Die Ä g y p t e r schmieren sich mit dem F. des heiligen Ochsen ein, um dadurch recht heilig zu werden 6 ). U m die K r a f t des göttlich verehrten Bären in sich aufzunehmen, genießt man in Sibirien das Bärenf. 6 ). Im A t t i s k u l t salbt der Priester den Hals des Mysten und flüstert ihm z u : Getrost, ihr Mysten, weil der G o t t ' ) das Heil gewann, wird auch für uns einst Heil aus Todesnot. Der Priester des T e z c a t l i p o c a stellt dem G o t t in kleinen Gefäßen Schlangenf. vor als Speise; hierauf schmiert er sich mit diesem F. ein, das ihn furchtlos und stark m a c h t und a u ß e r d e m vor T r o c k e n h e i t und K r a n k h e i t s c h ü t z t 8 ) ; hier wird das gotterfüllte F. zugleich z u m Apotropaion. A b e r die primäre Vorstellung ist k l a r : D a s dem G o t t e geopferte F. überträgt das Orenda des G o t t e s auf den Gottesdiener. Es ist im Grunde nichts anderes, wenn die Menschen nach französischer
1374
(5,
2),
165.
) P r ä t o r i u s
») S f e b i l l o t Blochesbcrgs
3,
55—56.
Verrichtung
263.
422; R o c h h o l z Glaube τ, 241—242; G r i m m Myth. 2, 895 Α. 2; ZfVk. 4, 4^0; MAGW. 14, 25, 41 ff. 2. Der Mensch k a n n aber a u c h durch Einreihen mit F. d a s O r e n d a des Gottes selbst erhöhen: In Liberia reibt m a n den Fetisch mit Nierenf. ein, u m seine Z a u b e r k r a f t zu stärken u ) . A u s der F r i d t h j o f s s a g a wissen wir, daß man das Teigbild Balders mit Öl salbte 12 ), und Boetius berichtet, daß man a m T a g e v o n Paul B e k e h r u n g ein Strohbild mit B u t t e r b e s c h m i e r t e 1 3 ) (vgl. Butter). In B a y e r n bestrich man noch im 17. Jh. das K r e u z an K a r f r e i t a g mit Schmer und Eiern u ) . Die Seelengeister stärken sich mit F . : A n Allerheiligen bestreichen die aus dem Fegfeuer kommenden Seelen die W u n d e n mit F. 1 5 ). In der A n t i k e wurden G r a b s t ä t t e n g e s a l b t l e ) . Ein B a u o p f e r für die Hausgötter, das z u m A p o t r o p a i o n wird, haben wir in R o m 1 7 ), wo man die Pfosten des Hauses, in das die N e u v e r m ä h l t e n einziehen, mit W o l f s f . einreibt, und in A t h e n 18 ), wo m a n die Pfosten mit Schweinef. einschmiert. In Schwaben bestreicht m a n die T ü r e gegen Feuer, Donner und U n g l ü c k mit b e n e · d i z i e r t e m Ö l ,,in f o r m a m c r u c i s " l v ). In P o m m e r n wurde 1538 eine H e x e verbrannt, die ihren T ü r r a h m e n mit H a a r butter unter Sagen eines Zauberspruchs beschmierte 1 , a ) . n ) Chantepie de la S a u s s a y e 1, 183. ") G r i m m Myth. 1 , 5 1 ; S c h r ö d e r Germanentum 121 ff.; über das Salben der Fetische und Götterbilder: P f i s t e r Kultus 2148 und
2169 m i t L i t . ; Cl. M a y e r
Das öl im
der Griechen. Diss. Heidelberg 1917,
Kultus
7 ff.;
D ö 1 g e r Exorzismus 137 ff. " ( G r i m m 1. c. ") Q u i t z m a n n Baiwaren 246. 1S ) Β a -
1375
Fett
s t i a η Elementargedanke 17. " ) P l u t a r c h Aristides 2 1 ; P f i s t e r Kultus 2148. " ) S a int e r Familienfeste 8r> ff.; G r u p p e Mythol. 2, 1296; Ρ 1 i η i u s 28, 142 (4, 324 Mayhoff): Masurius palmam lupino adipi dedisse antiquos tradit; ideo novas nuptas illo perunguere postes solitas, ne quid mali medicamenti inferretur; S c h w e η η Gebet und Opfer 1 3 6 ff. 95 ff.; S e l i g m a n n Blich 1, 290; 2, 134; Frazer Totemism 1, 32; ebenso das BeStreichen mit Blut: P f i s t e r Kultus 2148. 18 ) P l i n i u s 28, 1 3 5 : novae nuptae postes adipe eo (suillo) attingere; Seligmann Blick 2, 1 3 2 ; P r ä t o r i u s Blockesbergs Verrichtung 1 1 3 . " ) B i r l i n g e r Schwaben 1, 432; man bestreicht auch den,,Barn" mit benef. Öl: D e r s . 1, 4 3 3 ; vgl. 1, 426. 428; man bestreicht die Schwelle mit F . gegen Diebe: Kloster 6, 218. " » ) BlpommVk 9, 2 ff.
3. K l a r ist auch der Zweck, wenn man sich mit dem (Herz-, Nieren-) F. von Menschen oder Tieren einreibt. Die Australneger reiben sich mit dem Herzf. eines toten Kriegers ein, „ u m sich dessen Mut und K r a f t anzue i g n e n " Μ ), oder mit dem „ c a u l f a t " des Feindes 2 1 ). In Neusüdwales verbrennen die Wilden die Verstorbenen auf Zweigen und fangen das herabträufelnde F . auf, um sich damit einzureihen und die K r a f t und den Mut des Toten auf sich zu übertragen 2 2 ). Der Zaubermeister der Turrhal reibt sich mit dem F. des J ü n g lings ein, der bei den Pubertätszeremonien s t a r b 2 3 ) . Die „ S c h w a r z e Hofmännin", die Freundin des Bauernführers Rohrbach, rieb sich mit dem F. des ermordeten Grafen von Helfenstein 24 ) ein. Nach den Parallelen ist die damals vielleicht unbewußte Vorstellung bei diesem Aberglauben unzweifelhaft. Im MA. ist das Menschenf. zu allerlei Zauberzwecken verwendet worden. Die Hexen verwandten f ü r die Hexensalbe das F. Ungeborener 2 6 ); nach Gockel 2e ) verwandte man Jungfernwachs und Menschenf. gegen Bezauberung. Sehr verbreitet war der Glaube, daß eine aus Menschenf. gefertigte Kerze bewirke, daß der Schlafende nicht erwache; daher verwandten die Verbrecher diese D i e b s k e r z e n 2 7 ) . S o wurden die Kinder oft im Mutterleib getötet und Frauen ermordet *), um diese Diebskerzen zu gewinnen; von einem besonderen Fall berichtet Prätorius * ) . N a c h dem Treffen bei Crevola im Eschen-
1376
tal (1487) hat man nach protokollierten Aussagen den toten und verwundeten Schweizern das F. ausgeschnitten und verkauft 80). Besonders zauberkräftig ist das F. der Verbrecher 3 1 ), das Armsünderschmalz S2 ), die „ a x u n g i a h o m i n i s " 8 3 ) . Nach der Erstürmung von Ofen (1686) wurde das F. der Gefangenen ausgekocht und die membra virilia wurden abgeschnitten und gedörrt 34 ). Aus Menschenf. stellt man den Alraun her 3 5 ); in Bayern herrscht der Glaube, man könne mit Menschenf. Diebstähle entdecken: ein benedizierter Spiegel wird auf der R ü c k seite mit Menschenf. bestrichen, das der Bestohlene sich selbst verschaffen muß; dann zeigt sich im Spiegel das Gesicht des Diebes 3e ). In einem isländischen Zauberbuch heißt es: Jemanden zu töten mit F. eines toten Menschen und fürchterlichem Mißbrauch des heiligen Sakramentes 37 ). In einer andern isländischen Handschrift lesen wir: „Gegen Furcht vor Dunkelheit: wasche dich mit Menschenblut und Quellwasser, bevor ein Vogel darüberfliegt; item trage bei dir Menschenknochen und Menschenf. mit geweihter Erde. Das weiße Menschenf. ist zum Nutzen, aber das andere schädlich, das gelbe" 3β). Um sich vom Militärdienst zu befreien, soll der Bursche in Deutschböhmen Menschenf. essen; dann wird er am ganzen Körper scheckig, als ob er von einer ekelhaften Krankheit befallen sei 3 9 ). In dem 1568 erschienenen „Gründlichen und nützlichen Unterricht von Wartung der Bienen" berichtet der Sprottauer Bürger Nikel J a k o b : Mir ist glaubhaft gesaget worden, daß zur Zeit einer von dem Nachrichter Menschenschmeer oder F.es überkommen, hat die Beuten damit geschmieret und eine große Anzahl Bienen überkommen 40 ). Maennling berichtet, „ d a ß ein Licht aus Jungfernwachs, Hasenschmalz und Hasenblut zubereitet, wenn es angezündet würde, dies kausieren solle, das alles Frauenzimmer, so an diesem Orte zugegen, sich müßten aufheben, und zwar wegen des Geruches, quia vim phantasticam h a b e r e t " 4 1 ) . Besonders groß war die Verwendung des Menschenf.s im Heilzauber (s. u.).
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Fett
» ) A R w . 8, 548. " ) F r a ζ e r 8 (5, 2), 162. " ) Ebd. 1. c. 1 6 2 — 1 6 3 . " ) Ε b e r t Reallex. 6, 208. 2 1 1 . ") K r o n f e l d Krieg 77. « ) G r i m m Myth. 2, 895 Α . 2. 897—898; nach dem Traktate des Schwaben Johannes Nider (1435 bis 1437) gesteht eine Hexe, daß Kinder geraubt würden, aus deien F. und Fleisch die Hexensalbe bereitet werde: H a n s e n Hexenwahn 93, 10 ff.; nach der Chronik des Mathias Widmann, Hofkaplan in Heidelberg (1475), machen die Hexen das F . aus der „Feistigkeit der K i n d e r " : H a n s e n I . e . 233, 1 2 ; vgl. 1 1 9 , 43—45. 120, 23. 1 3 1 , 15. 190, 3; Α η h ö r η Magiologia 635—636; R o c h h o l z Glaube 1 , 241—242; überhaupt haben die Hexen eine Vorliebe für das F . ; die Hexen, Truden und die Weiber mit dem bösen Blick müssen recht f. essen, man kann sie an dieser Eigenschaft erkennen : L e o p r e c h t i n g Lechrain 10. 1 9 ; vgl. K o l b e Hessen 38. 2 ·) Tractatus polyhist. 152. 1 1 0 . H ) F r i s c h b i e r Hexenspr. I i i ; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 1 3 3 . 277; W. 400; wenn man eine mit dem F. eines Ermordeten gefüllte Lampe brennt, wird man unsichtbar: W. 474; Kloster 6, 2 1 7 — 2 1 8 . a ) G o c k e l 1. c. 7 berichtet, daß der Zauberer Maxentius Weiber und Kinder aufschnitt, um das F . zu verwenden. *·) Blockesbergs Verrichtung 302 bis 303: Der Freiherr von Raitz gebrauchte F . von Kindern zu Zaubeizwecken; da das F . verstorbener Kinder nicht wirksam ist, tötete man die Kinder im Mutterleib. 30) Genauer Bericht: SchwVk. 5, 20 ff. 31 ) W u η d t 1. c. 4, 1 , 2 5 1 ; SchwVk. 5, 20. 3 ! ) Bavaria 1 a, 463. 38 ) Hovorka-Kronfeld 1, 298—299. M ) MschlesVk. 1919, 1 1 0 . 85) Τ h a r s a η d e r 3 1 , 567. ") L a m m e r t 84; vgl. den Zauber mit Brot, Salz und Schmalz in Mecklenburg: B a r t s c h 2, 339 Nr. 1623. 3 ') ZfVk. 1903, 268 Nr. 30. ») Ebd. 275 Nr. 43. " ) G t o h m a n n 1 5 2 Nr. 1 1 0 2 ; W. 184. 7 1 9 ; H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 17. 40) D r e c h s l e r 2, 241—242; dasselbe in B e c h e r s Klugem Hausvater (1708): BIPommVk. 2, 26. 41 ) M ä n n l i n g 311. 4. Wie man das Fleisch der Tiere ißt (vgl. essen und Fleisch), besonders der starken Raubtiere, um deren Mut und K r a f t auf sich zu übertragen, so r e i b t man sich mit d e m F. d i e s e r T i e r e ein 4 2 ), weil es der Sitz all dieser Eigenschaften ist, oder ißt es. Die Araber glauben, daß das Löwenf., mit dem man sich einreibt, Kühnheit verleihe und allen Tieren Furcht einjage i 3 ) i n derselben Absicht reibt sich der Primitive mit dem F . des Totemtieres ein 4 4 ). Bei der Bereitung solcher Zauberf.e beobachtet man gewisse Riten: Das F . des E m u gilt als das F . des „ b l a k m a n " , es wird unter Zeremonien bereitet, und man darf dabei B & c h t o l d - S t ä u b l i , Aberglaube IL
1378 den Boden nicht berühren 4 6 ); ebenso dürfen die Frauen beim Bereiten des Zauberf.es aus dem F . der Krokodile und Schlangen den Boden nicht berühren 4e ). Nach Plinius machte man sich durch Schlangenf. für die Krokodiljagd stark 47 ). Siegfried reibt sich mit Schlangenf. ein, um unverwundbar zu werdenund der Genuß des F. es macht, daß er die Sprache der Vögel versteht 49 ). Die Hexen kochen Schlangenf., welches die Menschen weise m a c h t M ) . In Sibirien überträgt Bärenf. die K r a f t und den Mut des Bären 5 1 ). ") Smith Religion der Semiten 382; Cl. M a y e r Das Ol 7 f f . ; P f i s t e r Kultus bei Pauly-Wissowa 1 1 , 2, 2169. *•) F r a z e r 8 (5, 2), 164; in Britisch Ostafrika gibt man den Kindern F. und Herz eines Löwen zu essen, um sie stark zu machen: F r a z e r 8 (5, 2), 142 ff. **) D e r s. Totemism i, 19. 42· " ) D e r s. 10 (7, 1), 13. " ) Ebd. 1. c. 14. *')32, 53; wer sich die Hände mit Schmer einreibt, kann Schlangen ohne Schaden fangen: Grohmann 81 Nr. 577. a ) G r i m m Heldensage 77 f f . ; S c h e l l Sagen 494 f f . ") P a n z e r Sigfrid 103; Edda: S i m r ο c k 180. 309; F r a z e r 8 (5, 2), 146. 5°) Kloster 9, 959—960; nach böhmisch-deutschem Aberglauben kann man sich krümmen wie eine Schlange, wenn man sich mit Schlangenf. einreibt : G r o h m a n n 81 Nr. 576; vgl. ZfVk. 1903, 375; A n h o r n I . e . 935; über einen Zauber mit Fohlenf. vgl. ZfVk. 1903, 2 7 1 . äl ) Globus 63, 127. 5. Das F . als Vermittler der K r a f t und des Orenda wird natürlich zum schützenden A p o t r o p a i o n . Schon die Zaubersalbe der Priester des Tezcatlipoca, die oben erwähnt wurde, wirkt auch unheilabwehrend. In Zentralafrika schützen Brustharnische aus Büffelf. gegen bösen menschlichen Zauber B2 ). Wenn die Damaras von einer weiten Reise zurückkehren, schmieren sie sich mit dem F . bestimmter Tiere ein, bevor sie mit der Familie in näheren V e r k e h r 5 3 ) treten. In Australien beschmieren sich die A n g e hörigen bei einem Todesfall mit F . , um sich gegen die Totengeister zu schützen 5 4 ). In den Geoponica wird empfohlen, die Sichel gegen Hagel mit Bärenf. zu bestreichen, wenn es niemand sieht 5 S ). E i n altes Mittel im deutschen Aberglauben gegen Bezauberung ist Hunde-, Bären-,
1379
Fett
1380
Kapaunen-, Hirschf. Β β ). Nach B . Carrichter wirkt diese Salbe mit Kräutern vermischt gegen alle „ f a s c i n a t i o " 6 7 ) . Gockel erwähnt folgende Mittel gegen allerlei Bezauberung: Menschenschmalz 58 ), J u n g fernwachs 69), Hunde- und Kapaunenschmalz eo), Hunde-, Bären-, Kapaunenschmalz und grüne Mispel von einer Haselstaude* 1 ). Inder nordischen Volksmedizin des MA.s verwandte man F. eines roten Schweines dämonenabwehrend gegen Würmer 8 1 a ). Bestreicht man die Schuhe der Kinder mit Schweinef., so können die Hexen nicht aus der Kirche, solange die Kinder in der Kirche sind e 2 ). Fruchtbarkeit überträgt das F., in dem die Fastnachtkrapfen gebacken wurden, in Marksuhl: Mit diesem F. schmiert man die Wagen, wenn man zum erstenmal auf das Feld f ä h r t ; dabei dreht man die vorderen Räder rückwärts und die hinteren vorwärts es ). Bei den Ruthenen reibt man die Hörner der K ü h e am St. Georgsabend gegen die Hexen mit Schlangenf. ein M ).
s a g t 6 8 a ). Der Marburger Professor und Dr. med. Rodolphus Goclenius gibt in seinem T r a k t a t (1609) ein genaues R e z e p t β β ) : „auf dem Haupt eines gehenkten Diebes / in dem L u f t gewachsen Mieß oder Mösing / Mumien 70) oder balsamiertes Menschenfleisch / Menschenschmalz / und noch warmes Menschenb l u t " ; diese Salbe kann man auf die von einer W a f f e geschlagene Wunde legen; man kann aber auch die W a f f e mit der Salbe einreihen und die Wunde mit sympathetischer K r a f t heilen. „ M a n muß in der Wunde wohl beachten / ob sie gestochen oder gehauen sey / wann sie gestochen / müsse das verletzende W a f fen / von dem Spitz gegen dem H e f t : wann sie aber gehauen / von der Schneiden gegen den Rucken / gesalbet / und das W a f f e n ordentlich verbunden werd e n " 7 1 ) . Gockel 7 2 ) sagt über die Zusammensetzung dieser Salbe, man bereite sie aus dem Schmalz eines wilden Schweines und Bärenf., in Rotwein gesotten.
·*) S e 1 i g m a η η Blick 2, 1 1 4 . ·*) F r a z e r 3 (2), 1 1 2 . " ) Globus 97, 57; A R w . 17, 409 Α.-5; wenn einer der Nandi in Ostafrika eine Leiche im Wasser angerührt hat, reibt er seinen Körper mit F . ein (kathartisch-apotropäisch): F r a z e r 3 (2), 1 4 1 . M ) F e h r l e Geoponica 1 5 ; man bestreicht die Weinstöcke gegen Ungeziefer mit ßärenf. und die Sichel mit Biberf.: Pauly-Wissowa 1, 68. "(Seligm a n n 1. c. 1, 395. 5 ') Ebd. 1, 390. M) Ebd. M 110. ) Ebd. 1 5 2 ; B i r l i n g e r Schwaben 1, 462. m ) S e l i g m a n n 2, 161. el ) D e r s . 2, 90. 148; vgl. 163—164. " » ) H ö f l e r Organotherapie 100. ea) S c h i n d l e r Aberglaube 290; vgl. P r ä t o r i u s Blockesbergs Verrichtung 1 1 3 . ·') W i t z s c h e l Thüringen 2, 190, 1 2 ; vgl. H ö f l e r Fastnacht 63—64. M ) Globus 1892, 280; F r a z e r 2 (1, 2), 335.
«) Ε b e r t Reallex. 6, 208. ««) SAVk. 19, 228 Nr. 67. " ) L. c. 1 7 7 . " ) Magiologia 814 bis 826. « · ) Kloster 9, 1042 ff. ™) Α η h ο r η I . e . 817—818. 822. '·) S c h i n d l e r Aberglaube 176; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 3 1 5 ff. " ) A n h o r n 822 f t " ) L. c. 1 7 8 : vgl. S c h i n d l e r Aberglaube 1 7 8 ; Kloster 6, 2 1 5 ; B i r l i n g e r Schwaben 1, 485—486.
6. Im W a f f e n z a u b e r gebrauchen ζ. B . die Primitiven das Nierenf Sie bestreichen die Speere mit Nierenf., damit diese tödlich wirken e5 ). Nach einem französischen Rezept muß man die Kanone mit einer Salbe aus F. einer r o t e n Sau, einer Schlange und eines Drachen einschmieren und dann erst abfeuern ββ). Zum Heilen der Wunde wird die von Gockel e7) und Anhorn w ) ausführlich beschriebene Waffensalbe verwendet, deren Hauptbestandteil das wundersame Bärenf. war, wie Helmont De magnetica vulnerum curatione
7. D a s F. i m Z a u b e r , bes. L i e b e s z a u b e r und Schadenz a u b e r : Zu Nachod wird 1 5 4 1 eine Hexe verfolgt, die einem Knecht flüssiges Hundef. ins Bier gab, um ihn an sich zu fesseln 7 3 ). Eine Gemeindehirtin gab in Schlesien 1546 folgendes Mittel an, um den untreuen Mann zu fesseln: Die Frau mußte sich mit Haar und F. von einem männlichen Schwein einreihen und sich nackt in den Bach legen 74 ). Wird in Persien eine Frau ohne ihr Wissen mit Schweinef. bestrichen, so wird sie unfruchtbar 74 a ). Marcellus (Arzt zur Zeit Hadrians) gibt in seiner medicina ex piseibus ein Mittel an, um ewige Schönheit und Jungfräulichkeit zu bewahren: das Mädchen legt Meeraalf. auf die v u l v a 7 4 b ). „ E i n e r J u n g f r a u Huld zu erwerben, schreib deinen und ihren Namen auf Jungfernpergament, wind es in
Fett Jungfernwachs und hänge es an deinen Leib" 7 8 ). In einer Verhandlung der medizinischen Fakultät zu Rostock (1681) lesen wir: „Ilse Penziens hat berichtet, daß, wie sie das mit altem F. beschmierte Brot, so ihr ein altes Weib gegeben, aufgegessen, es ihr in den Leib angefangen zu rummeln als ein Wagen, es wäre ihr auch sehr übel geworden und hätte ihr weh getan" 7β). Abmagerung und Auszehrung bewirkt man dadurch, daß man drei in Menschenf. getunkte Nägel unter den drei höchsten Namen oder unter Aussprechen des Namens dessen, dem man schaden will, in Form eines Dreiecks in einen Baum schlägt 7 7 ). Aus Rabeneiern, die man mit Katzenf. einreibt, werden weiße Raben 7 8 ). '·) K u h n a u
Sagen
3,
17
Nr.
1368.
'«) Ebd. 3, 18 Nr. 1369. «») H o v o r k a K r o n f e l d 2, 419. "·>) Zitiert bei: Η öf 1 e r Organotherapie 150 ff. 75) G r i m m Myth. 3, 462, 809. ™) B a r t s c h Mecklenburg 2, 34
Nr. 12. ") SAVk. 2, 270; W. 395.
linger
Bir-
Schwaben 1, 436.
8. F. i m H e i l z a u b e r u n d i n d e r V o l k s m e d i z i n 7 9 ) : Loen, der Großoheim Goethes, berichtet, er habe, als er an Gicht litt, zu einem berühmten Bauern gesandt, der nur den Namen des Kranken wissen wollte; der Bauer augurierte über das Krankheitsstadium des Patienten, indem er geschmolzenes Ochsennierenf. in Wasser goß 80 ). Wenn man sich in Frauenburg (Ober-Öst.) am Neujahrstag unter den Armen mit F. einreibt, gilt das als prophylaktisches Mittel gegen Zahnweh 8 0 a ). Bärenf., namentlich das im Winter gewachsene 81 ), verwendet man besonders gern. Plinius erwähnt es als Mittel gegen Podagra 8 2 ). Gegen Gedächtnisschwäche reibt man sich die Schläfen mit Bärenf. ein 83 ). Die Slovenen reiben damit Geschwülste ein 84 ). Im MA. ist es eine berühmte Wundund Waffensalbe 84 a ). Seit alten Zeiten ist es ein Heilmittel gegen Haarausfall 86 ); Plinius erwähnt es zu diesem Zweck 8β ); ein alter Editor der Hildegard von Bingen schreibt: cum adolescenti homini primum crines cadere incipiunt, de arvina ursi et modicum favillarum
1382 de triticeo aut siligineo Stramine factarum commisceat et cum ista totum caput suum i n t i n g a t w ) . Auch Coler rühmt Bärenf. mit „ L a u d a n o " und altem Wein vermischt gegen Haarausfall w ). Schweinef. gebrauchten die Ägypter zum Einreihen *·), in Unterfranken als Hauptingredienz einer Brandsalbe 88 »); in China heilt man Kinder, indem man Schweinef. in den Rachen eines steinernen Tigers legt, den man anbetet w ). Die Tiroler 91) und Bayern 92) verwenden Murmeltierf. gegen Tuberkulose äußerlich und innerlich. In der Provence gebrauchte man im 13. Jh. und auch heute noch Murmeltierf. gegen Rheuma 93). „Mankeischmalz" hilft bei Entbindung, heilt Leibschmerzen, Husten und zerteilt Brustknollen , 3 s ). Plinius erwähnt Schlangenf. als griechisches Rezept gegen Sterilität 9 4 ); nach Tharsander fördert Schlangenf. die Geburt 9 5 ); die deutsche Volksmedizin rät bei Gicht, das Glied mit Schlangenf. einzureihen ββ). Hundef., besonders der schwarzen Hunde 9 7 ), ist als „das Mittel" gegen Lungenleiden gepriesen *). Gänsef. schrieben die Alten liebeerregende Wirkung z u M ) , sie verwandten es auch gegen Kolik und Blasenleiden 10°) und bei Wundbehandlung 1 0 1 ). Ein alter Mönch sagt: anseris unguentum valet hoc super omne talentum 1 0 2 ). „Gänseschmaitz mit sampt dem Hirn, butter und feyste aus ungewäschner Schaafswulle als ein pflaster übergelegt wird den nieren sehr dienstlich seyn; also wird es auch über alle geprästen des hinderen gelegt" 102e ). Unterwachsene Kinder schmiert man in Tirol mit Kapaunenschmalz 1 0 3 ). Gockel erwähnt Kapaunenschmalz bei einer Kur gegen Goldadern 104). Schnittwunden reibt man in Bayern mit Igelschmalz ein l o s ). Mit dem F. eines im Frauendreißiger geschossenen Sauigels reibt man in Bayern das Kreuz ein l o e ). In den Ardennen kennt man Maulwurfsf. als Mittel gegen Wunden l m ). In Bayern verwendet man Hasenf. gegen Frostbeulen und Abszesse l o e ) Coler 109) kennt Hasenf. als Einreibemittel gegen Gicht. Mit Katzenf. reibt man die Glieder bei Gelenkent-
1383
Fett
Zündung u o ) ein. Prätorius l u ) weiß von F. aus Maienwürmern für das Vieh zu berichten. Wenn der Kranke ganz abstruse und lächerliche F.arten, wie F. eines geplatzten Ochsen U2 ) usw. verlangte, hatte der Apotheker so viel Humor und Geschäftswitz, daß er ihm Schweinef. gab, was auch die Weiblein bekamen, die Armsünderf. von einem Schwerverbrecher verlangten. Bratpfannenf. empfiehlt Coler gegen Herzgespann 113 ). In Lichtenstein reibt man damit die Brust der Kinder ein U 4 ). Nach amerikanischem Volksaberglauben verwendet man Bratpfannenf. gegen Zahnbeschwerden UB ). Nach einem tractatus de superstitionibus des J . Wuschilburgk (15. Jh.) verwendete man das F., welches von dem Backen der Kuchen an Aschermittwoch übrig war, zum Einreihen, wenn man in einen rostigen Nagel getreten war 11β). In der Bretagne ist Dachsf., das auch in der deutschen Volksmedizin bei Sehnenscheidenentzündung verwandt wird U 7 ), als eine Art Wunderf. gegen Quetschung und Rheuma U8 ). Gegen Ohsreißen schmiert man täglich die Ohrmuschel dreimal mit Wachtelschmalz l l e ). Hirschtalg war berühmt gegen offene Füße und wunde Brustwarzen 120 ). Ein Heilzauber mit Talg, wie er früher in Braunschweig geübt wurde, ist bei Grimm 1 2 1 ) beschrieben. Eine der Verwendung der Waffensalbe (vgl. § 6) parallele Sympathiekur kennt man im Harz: man bestreicht Messer oder Schere, womit man sich verwundet hat, dick mit F. und legt das Instrument unter Nennung der drei heiligen Namen an eine trockene Stelle; sobald das Metall trocken ist, wird das Weh heil 122 ). Nach dem Berner Chronisten Anshelm galt das Besenschmalz der Hexenmeister als sehr heilkräftig 123 ). Menschenf. spielt nicht nur in der Medizin der Australneger eine große Rolle 124), im deutschen MA. und in der Neuzeit galten F.wachs (Leichenf., das F., welches die Fäulnis der Gewebe überdauert) 125), Menschenf. 12e), Armsünderf. 127), als besonders wirksame Heilmittel. Ein alter Spruch sagt 1 2 8 ):
1384 Zerlassen Menschenf. ist gut vor lahme Glieder. So man sie damit schmiert, sie werden richtig wieder.
Armsünderf. wurde noch in jüngster Zeit in Tirol gegen Kopfläuse verlangt 1 2 e ). Menschenf. finden wir in einem Mittel gegen den Grind 13°). Gegen das Podagra gibt ein Kapuzinerpater einen Heilzauber mit Menschenf. an 131 ). In Schlesien nimmt man Menschenf. gegen heftige Zahnschmerzen 132). In Mecklenburg verwendet man Hirschtalg und Jungfernwachs gegen Brand 1 3 3 ). Coler erwähnt gegen Kolik als Heilmittel oleum cranei (Menschenhirnschalöl) 134 ). Gegen Apoplexie reibt man das gelähmte Glied mit Menschenf. ein 13S). '») Über F . als Heilmittel in der Vorzeit: Ε b e r t Reallex. 3, 275; für die Verwendung in der babylonisch-assyrischen Zeit ^ . M e i ß n e r Babylonien und Assyrien 2, 307—308; über die häutige Verwendung bei den Römern orientiert ausführlich der Index von J a h n (Ausgabe Ö.Band, 19); Thesaurus Linguae latinae 1, 630—632; dazu H ö f l e r Organotherapie 297; G e i g e r kennt in seiner Pharmacopoea universalis 30 Arten von Heilfetten: Hovorka-Kronfeld i, 463; 2, 43; Rütimeyer Urethnographie 40; L a Dim e r t 87; Bavaria 1, 64; C a r r i e h t e r Von Heilung der zauberischen Schäden (1617), 194 ff. 196 ff. m) Des Herrn von Loen Ges. hl. Schriften herausgeg. von I. B. M ü l l e r n (F. L. 1752) Teil .4, 238 ff.; 1452 wurde eine Gichtkranke durch Menschenf. geheilt: H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 270. 80») V e r n a l e k e n Sagen 3 4 1 , 6 . 8I ) K e l l e r Tiere 374. s2 ) 22, 34; vgl. Index von J a h n 6, 438. 83 ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 2 3 1 . 4 * ) D e r s . 2, 766; gegen Blutbrechen Bärenf. u. 84 85 Honig: 1. c. 92. ») Kloster 9, 1042 ff. ) H o v o r k a - K r o n f e l d ι , 50; K e l l e r Tiere 474. *·) P l i n i u s 2 8 , 1 6 3 ; e b e n s o S e x t u s P l a t o n i c u s vgl. Η ö f 1 e r 1. c. 65. ) S e b i l l o t 3, 51. 93a ) H ö f ler 1. c. 108 ff.; D e r s . Volksmedizin 144; J ü h l i n g 4. χι. 62; über Menschenund andere Fette bei Rotlauf: H o v o r k a K r o n f e l d 2, 739. " ) P l i n i u s 28, 253. 9 5 )Tharsander 3, 524; ein sagenhaftes Drachenf. ist das Murblf. in Tirol: A l p e n b u r g 379. " ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 274; auch bei Augenverletzung: 1. c. 2, 798; Bavaria 1 a, 463; vgl. G r o h m a n n 8i, 577
Fetthenne
1385
bis 578. ") H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 222. ") Bavaria I.e.; Hovorka-Kronfeld 2, 43; vgl. 47. 61.662. M) K e l l e r 1. c. 288; Höf ler
Organoth. 115 f f . 135.
1W
) E b d . 300.
) P l i n i u s 20, 16; vgl. J a h n Index 6, 35; P l i n i u s 29, 134 (Bereitung des Gänsef.). M2) H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 203.
101
102 a
) J ü h 1i η g
194;
Höf ler
Organoth.
116. l03) ZfVk. 8, 171. 1M) G o c k e l 96. »») P o l l i n g e r Landshut 281. 10β) Η ο v o r k a - K r o n f e l d 1, 224. 107) S 6 b i l 1 ο t 3, 51; vgl. H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 292. 10e) H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 199; Hasenf. zieht fremde Körper aus der Wunde: D e r s. i, 203; Hasenf. ist auch ein gynäkologisches Sympathiemittel: 1. c. 567. m) Oec. i, 239. n0 ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 275; vgl. i, 233; dazu Η ö f 1 e r Organotherapie 74. ,u)
Blockesbergs
Verrichtung
vorka-Kronfeld "») Oeconomia 2, 52. N r . 6.
lls
554. " ' )
Ho-
2, 292; 1, 298—299. ) ZfVk. 1897, 288
ul
) F ο g e 1 Pennsylvania
311 Nr. 1652.
"·) ZfVk. 1901, 273. «') H o v o r k a - K r o n f e l d i, 97; vgl. 59; Bavaria 1 a, 463. u 8 ) S έ b i l l o t 3,51. "*) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 811. "") Ebd. i, 213; vgl. 2, 724; Bavaria 1 a, 463. l t l ) Myth. 3,465, 865.»») W . 516.«») R o c h -
h o l z Glaube 2, 227. 1M ) ARw. 8, 543; FL. J 3> 4°3—417- 1>5) H o v o r k a - K r o n f e l d r, 133 ff. 1M) D e r s. 2, 43; Bavaria I.e. in ) H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 298 ff.; vgl. 420. 245. 260. 270. 1M) SchwVk. 5, 20 ff. 1W ) H o v o r k a - K r o n f e l d i, 298—299. "») L a m m e r t 181. 131) SAVk. 15, 181 Nr. 46 (17. Jh.). 1M ) D r e c h s l e r 2, 299; vgl. H o v o r k a - K r o n f e l d i , 420. " 3 ) B a r t s c h 2, 385 Nr. 1810. 1M) Oeconomia
1, 74, cap. 209; vgl. H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 211; über tierisches Hirnfett: H ö f l e r Organotherapie 152. 1M) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 245. Eckstein. Fetthenne (Bohnenblatt, B r u c h k r a u t , Donnerkraut, J o h a n n i s k r a u t ; S e d u m telephium). 1. B o t a n i s c h e m . K r a u t mit rübenf ö r m i g v e r d i c k t e n Wurzeln und fleischigen, eiförmigen, a m R a n d e g e z ä h n t e n Blättern. Die in doldigen Rispen angeordneten B l ü t e n sind weißlich- bis grünlichgelb oder purpurn. Als wasserspeichernde F e t t p f l a n z e ( „ S u k k u l e n t e " ) k a n n die F. ebenso wie ihre V e r w a n d t e n , die H a u s w u r z (s. d.) und der Mauerpfeffer (s. d.), längere Zeit ohne Wasser bleiben, ohne zu vertrocknen. Die F. ist an trockenen Hügeln, sonnigen Felsen und an Zäunen nicht selten *). ') M a r z e l l
Kräuterbuch 291.
2. W e g e n ihrer eben erwähnten Eigen-
schaft. eine Z e i t l a n g ohne Wasser ausdauern zu können, dient die F. zu einem alten und weit verbreiteten O r a k e l . S o schreibt H. B o c k 8 ) v o n den L e u t e n im W e s t e r w a l d und im Westrich, die „ s o b a l d der t a g Johannis verschinen, hencken sie das k r a u t in die kamern, etliche steckens in die wende, über die thüren, do bleibt es alzeit grün, schlegt stets auß das m a n es wol v m b W e i h n a c h t e n in denselben kamern grün m a g finden, verhoffen, sol a n g das k r a u t grün bleibt, so lang m a g die person die solch k r a u t a u f f g e h e n c k t in k e y n dötlich k r a n c k h e y t f a l l e n " . Der große K u r f ü r s t v e r b i e t e t durch eine V e r f ü g u n g v o m 18. Juli 1669 für die Grafs c h a f t Mark „ J o h a n n i s k r a u t oder Donn e r l a u c h " auf J o h a n n i s t a g in die W ä n d e zu s t e c k e n 3 ) , und in einem Thüringer H e x e n p r o z e ß v . J . 1689 wird die F r a g e gestellt, „ o b Zeugin Mutter f e t t e Henne unter den B a l k e n g e s t e c k t ? O b Inquisitin bei Pfeffers f e t t e Henne h ä t t e sehen unter dem B a l k e n s t e c k e n ? " usw. 4 ). „ W e n n j e m a n d aus einem Hause, der ein E r b e desselben ist, sei es V a t e r , Mutter, Sohn oder Tochter, auf einer Reise begriffen und über die b e s t i m m t e Zeit außen bleibt, man auch keine N a c h r i c h t seinetwegen haben mag, ob er lebendig oder tot ist, so soll man in solchen G e d a n k e n und in solcher A b s i c h t einen Stengel v o n diesem K r a u t (F.) brechen und ihn an einen Ort unter des Hauses D a c h stecken; sei nun die verreiste Person noch a m Leben, so soll ein solcher abgebrochener Stengel anfangen bei einer H a n d lang f o r t z u w a c h s e n und eine Zeitlang grün bleiben und v o n oben a u f s neue Blättlein gewinnen, indem die untersten allmählich nacheinander v e r w e l k e n ; dahingegen, wenn die verreiste Person t o t ist, das ganze K r a u t also gleich verwelken und verderben solle" 5 ). A u c h aus neuester Zeit ist dieses Orakel (um zu sehen, ob die verreiste Person noch lebt, oder wer v o n den E h e g a t t e n bzw. Familienmitgliedern zuerst oder noch im laufenden Jahre stirbt) vielfach belegt 6 ). Ebenso aus Dänemark7), Frankreich8), Böhmen9), aus den Vereinigten S t a a t e n 1 0 ) wird es berichtet. Ahnliche Orakel, um aus dem Ge-
Fetthenne
1387
deihen oder Welken einer Pflanze Tod oder Leben eines Abwesenden festzustellen, werden auch in Hinterindien (Birma) u ) und in Australien (Queensland) 1 2 ) angestellt. Ein „Lebenskraut" wird auch in Märchen öfters g e n a n n t l s ) . — Häufig wird das F.norakel am Johannistag befragt, ob zwei Liebende ein Paar werden. Wachsen die beiden in den Stubenbalken gesteckten Pflanzen aufeinander zu, so kommt die Ehe zustande M ). *) Kreuterbuch 1 (1539), 108 r. ») ZfrwVk. 3, 64. *) G r i m m DWb. 3, 1 5 7 3 1 ») Z i n c k e Oeconom. Lexikon * 1 (1744), 737; weitere a l t e Nachrichten über die F. als „Lebenskraut": Bayld. 14 (1903), 168; P r ä t o r i u s Deliciae pruss.
56;
G o t t s c h e d
Flora
prussica
1703,
267. ·) S t r a c k e r j a n 1 , 9 0 ; JbNdSpr. 3, 148; B a r t s c h Mecklenburg 2, 126; Urquell 1, 8 (Dithmarschen); H a r t m a n n Westfalen
1871,
131;
M e i c h e
Sagen
657;
D r e c h s l e r i, 144; MnböhmExc. 34, 143; SAVk. 2, 219; 15, 5; 24, 67; H ö h n Tod 309. ') F e i 1 b e r g Ordbog 3, 162. ·) S i b i l l o t Folk-Lore 3, 507; RTrp. 20, 354. e) G r o h m a η n 94.
10 )
B e r g e n
Animal
and
Plant
Lore 104. " ) F r a z e r 1, 128. " ) F r a z e r Balder 2 (1913), 159 if. " ) ZfVk. 23, 23; G u n k e 1 Härchen
4 3 ; A 1 y Volksmärchen
28. 2 2 j f .
250. 14) Arch, schlesw.-holst. Ges. f. Geschichte 3. F 7 (1864), 381: ZfVk. 10, 41; 23, 280; Neue Preuü. Prov.- Blätter 6 (1848), 229 (Samland); T o e p p e n Μasuren 63; JbNdSpr. 3, 129 (b. Halberstadt); 34, 57 (Westfalen); K u h n Westfalen 2, 176; ARw. 4, 332 (im Bergischen); Originalmitt. von S t e l z h a n i e r 1910 (Erzgebirge); SAVk. 15, 5 (Emmental); ähnlich auch in England: FL. 22,325; B r a n d Pop. Ant. 181 f.; F r a z e r Balder 2 (1913), 61; in Nordamerika (Neu-Schottland): JAmFl. 6, 38
3. Ebenso wie andere „Johanniskräuter" (s. Arnika, Hartheu) und die nahverwandte Hauswurz (s. d.) schützt die F. vor dem Einschlagen des Blitzes l s ) ; vgl. die verwandte H a u s w u r z . 15)
Meyer
Ravensberg
Baden
361;
Hesemann
101.
4. Die F. wird auch im S c h a d e n z a u b e r verwendet: man spielt dem Nachbarn einen Schabernack, wenn man ihm die Pflanze aufs Feld wirft. Sie wird daher „ N o b e k r a u t " (Nachbarkraut) genannt (Eifel) l e ). " ) Verh. naturhist. Ver. d. preuß. Rheinlande u. Westfalens 22 (1865), 288.
5- In der sympathetischen M e d i z i n dient die F. dazu, um Brüche,
1388
bes. bei kleinen Kindern (Knaben), zu heilen, daher Namen wie Bruchkraut, Knabenkraut. „Etliche weiber halten und leren, so eyn knäblein gebrochen were demselbigen kind sol man eyn stock dises krautes zwischen die beyn in eyn garten setzen, sobald das kraut anfahe zu bekleyben (Wurzel fassen) als dan sol der bruch des kindes heylen" 17 ). Ausführlich wird diese Prozedur, wo sie an dem einjährigen Söhnchen des Joh. Werner von Z i m m e r n (erste Hälfte des 16. Jhs.) vorgenommen wurde, in der Zimmerischen Chronik M ) beschrieben. Die Kur mußte vorgenommen werden an dem Namens- oder Geburtstage des Patienten und es mußten gewisse Worte dabei gemurmelt werden l e ). Ein Nabelbruch des Kindes heilt, wenn das „ D ö d l e " (Pate) unberufen gefundenes „ K n a b e n k r a u t " pflanzt 2 0 ). Auf ähnliche Weise werden auch Hämorrhoiden behandelt, die Wurzel wird so beschnitten, daß ebenso viele Knoten an ihr bleiben als sich Hämorrhoiden am Mastdarm befinden und dann in der Achselgrube getragen. Sobald die Wurzel vertrocknet, vergehen die Knoten 21 ). Um den Kröpf eines Freundes zu vertreiben, pflanzt man unbeschrieen die F. in einen Topf, pflegt sie über Winter und bricht im Frühjahr alle Blütenkeime ab, damit die Pflanze nicht zur Blüte kommt. Der mit dem Kröpf behaftete, der von der Manipulation nichts wissen darf, wird allmählich sein Übel verlieren (Nürnberg) 22 ). All diese Kurmethoden gehen auf die „ S i g n a t u r " der rübenförmig angeschwollenen Wurzeln (Vergleich mit Bruch, Hämorrhoiden, Kröpf) zurück. Der Saft der Blätter, auf die Beine geschmiert, stärkt die schwachen Glieder der Kinder und bewirkt, daß sie recht schnell laufen können 23) (Riesengebirge). " ) B o c k Kreuterbuch 1 (1539), io8v. "(Hrsg, ν. Κ. A. Barack 2 2 (1881), 338 »·) F r o m m a n n de Fascinatione 138. s0 ) M e y e r sl) W o l f f Scrut. amulet, med.
Baden 35. 1690, 2 0 7 ;
B a r t s c h Mecklenburg 2 , 1 1 1 ; ebenso in Frankreich ( R o l l a n d Flore pop. 5, 103) und in Italien (Η ο ν ο r k a u. K r ο η f e 1 d 2, 138). **) L a m m e r t 239. •*) Prager Abendblatt Nr. 82 v. 10. 4. 1909; vgl. auch MschlesVk. 17, 91, Marzell.
1389
Feuer
Feuer.
1390
scheinende Arbeit von Herbert F r e u d e n t h a l Das Fetter im deutschen Glauben und Brauch.
1. Allgemeines. — 2. Empirische und mythologische Grundlagen der F.verehrung. — 3. Einflüsse auf die Entwicklung der F.Vorstellungen 2. Ohne Zweifel kommt der e m p i und -brauche. — 4. Himmlisches und irdir i s c h e n B e o b a c h t u n g gerade sches F. — 5. Das „heilige" F . ; F.-Wahrsabeim F.glauben eine entscheidende Begung, -Traumdeutung und -Symbolik. — 6. Das F. als lebendes Wesen. — 7. Das leuch- I deutung zu. Die Fähigkeit, Speisen getende F. — 8. Das brennende F . nießbar und verdaulich zuzubereiten, die
I. Die bunte Fülle der auf das F. 1 ) bezüglichen volkstümlichen Bräuche ist zurückzuführen auf eine ganze Reihe verschiedener Erfahrungen und Glaubensvorstellungen im Weltbild unserer primitiven Vorfahren. Eine jahrtausendlange Entwicklung hat sowohl die tragenden Anschauungen, wie die Ausdrucksformen im Verhältnis des Menschen zum F. auch auf deutschem Boden in fortwährender wechselseitiger Durchdringung und unter Verarbeitung der Einflüsse von außen so vielfach verändert und ausgestaltet, daß die Betrachtung des gegenwärtigen Tatsachenbestandes sich im wesentlichen darauf beschränken muß, die Grundvoraussetzungen aufzuzeigen, die mythologischen Elemente bloßzulegen und die Entwicklungsstufen im großen darzustellen. Bei der Erklärung der Sonderformen, die nicht selten in äußeren Gegensatz zueinander treten, wird man sich jeweils von einer andern Seite her den Fragestellungen zu nähern haben und außerdem in Betracht ziehen müssen, daß nicht alle irgendwie mit dem F. in Verbindung stehenden Bräuche auch notwendig aus F.vorstellungen entsprungen sein müssen a ). ') Zur sprachlichen Seite vgl. S c h r ä d e r Reallex. * r, 308; H o o p s Reallex. 2, 30; G r i m m Myth. 1, 500; 3, 171 f.; P B B . 41, 272 f t ; 45, 258 ff. ·) Über die allgemeinen Fragen unterrichten neben den verschiedenen Mythologien vor allem F r a ζ e r (s. B d . 12 Index 270 ff.) und die betr. Artikel der Reallexika von E b e r t (unter , , F . " , „ K u l t u s " , ,.Religion") , S c h r a d e r (unter „ F . " , ,,F.z e u g " , „ H e i r a t " , „ H e r d " , „Religion") und Hoops (unter „ F . " , „ F . k u l t " , „F.zeug"). Vgl. außerdem K u h n Herabkunft d. F.s und L i n d n e r Das F. Brünn 1881, sowie die Literatur bei den Einzelartikeln Notf., Jahresf. usw. — Ein Versuch, die bislang fehlende zusammenfassende Darstellung unter Verarbeitung der verschiedenartigen einzelnen Ausdrucksformen zu geben, ist die demnächst er-
Kälte zu beseitigen, die Finsternis zu erhellen, den Ton zu härten, das Erz zu schmelzen, das Metall zu schmieden und seuchenerregende Abfälle und Überreste auf das gründlichste zu zerstören, machten das F. zur Vorbedingung jeder Kultur überhaupt. Darauf beruht ein Teil der großen W e r t s c h ä t z u n g , die es unter allen Naturmächten von jeher am meisten genoß, und diese wurde noch durch einen anderen Umstand gesteigert; trotz ausgebildeter F.zeuge empfand man bis zur Einführung der Zündhölzer die Neugewinnung des F.s als so schwierig, daß man das einmal entfachte F. sorgfältig bewahrte und bei unvorhergesehener Löschung lieber vom Nachbarn einen neuen Brand entlieh. Diese in der Unentbehrlichkeit des F.s begründete Wertschätzung, mag sich im primitiven Denken ins K u l t i s c h e gesteigert haben; doch reicht sie als brauchbildend für den ganzen Umkreis der Glaubenserscheinungen bei weitem nicht aus. Neben der Empirie des praktischen Nutzens stehen s e e l i s c h e Ers c h ü t t e r u n g e n , die von Anfang an das F. mythologisch verankert haben werden. Die zwingende Analogie von h i m m l i s c h e m und irdis c h e m F. und der beide Welten unmittelbar in Verbindung bringende B l i t z legten den Gedanken an einen übernatürlichen Ursprung nahe; die Leuchtkraft der Fackel, die alle Unholden und Feinde der nächtlichen Finsternis verscheuchte, und die Brennkraft der prasselnden Lohe, die alles Schädliche verzehrte, stellten das F. in den Dienst der D ä m o n e n b e k ä m p f u n g ; die Unheimlichkeit schließlich des Übergangs vom N u t z e n zum S c h a d e η i. nährte die Vorstellun ζ von einer l e b e n d i g e n , n u r g e f e s -
Feuer selten Naturkraft und ließ einen vorsichtigen Verkehr mit ihr angezeigt erscheinen. — Diese auf sinnlichen und seelischen Erfahrungen beruhenden Grundanschauungen vom außerirdischen Ursprung, von der dämonenabwehrenden Leucht- und Brennkraft und dem freundlich-feindlichen Dualismus des F.s dürfen, wie bei andern Völkern, so auch bei unsern Vorfahren als autochthon vorauszusetzen sein. Unterscheidende kultische Ausprägungen erhielten sie erst in dem Augenblicke, wo sie aus der niederen Mythologie in den Bereich des G ö t t e r g l a u b e n s erhoben wurden. Daß die Germanen eine F.gottheit ähnlich dem Agni der Inder, der Hestia-Vesta und dem Hephaistos-Vulcanus der Griechen und Römer verehrten, j a überhaupt einen besonderen F.dienst veranstalteten, ist angesichts der fehlenden Zeugnisse wenig wahrscheinlich. Casars Nachricht (De bello gall. 6, 21: „ G e r m a n i . . . deorum numero . . . d u c u n t . . . Solem et V u 1 c a n u m et Lunam . .") ist sehr unbestimmt und wird sich auf Ritualien unter Verwendung des F.s beziehen 3) oder auch auf kultische Festlichkeiten im Sinne der Volcanalia; ebensowenig läßt sich aus den summarischen Angaben in den angelsächsischen Verboten Cnuts (Cnutes dömas 2, 5: ]>ät man veordige headene godas, and sunnan odde mönan, f y r e odde flodväter . . . " 4) auf eine F.gottheit schließen oder in der Gestalt des L ο k i s ) eine solche erkennen, und ganz abwegig ist es, die an sich schon kaum beweisbaren Sonderkulte einer Ο s t a r a (s. d.) oder gar eines F r o ' ) verallgemeinert als germanische F.dienste aufzufassen. Wohl scheint die Heilighaltung des Η e r d f.s eine der ältesten religiösen Vorstellungen der Indogeimanen gewesen, eine mythologische Vergöttlichung des F.s aber erst nach der Trennung bei einzelnen Völkern erfolgt zu sein 7 ). Daß die Germanen diese Weiterentwicklung nicht mitmachten, wird auch durch die sprachlichen Tatsachen gesichert 8). So läßt sich für die deutsche Vorzeit vielleicht ein S o n n e n k u l t , a b e r k e i n F.k u 11 als Götter - oder Elementen-
1392
d i e n s t nachweisen 9 ); dagegen hat sich die vorwiegend auf dem Dämonenglauben beruhende Beobachtung .Wertschätzung, Verehrung, Ausdeutung, Pflege und Verwendung des F.s bis in die Gegenwart hinein erhalten. s) Vgl. M o g k in H o o p s Reallex. 2, 30. *) G r i m m Myth. 1, 84; vgl. V o r d e m 6 f e l d e Religion 63. ) So z.B. G r i m m
Myth. 1, 200; 2, 735; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 82 f. ') W ο 1 f Beiträge 1, 116 f.
7)
S c h r ä d e r Reallex. 1, 495. ·) L ö w e n t h a 1 in PBB. 45, 262. ") Vgl. noch G r i m m Myth. 1, 500; S c h r ä d e r Hoops Reallex. 2, 30.
Reallex.
2, 239;
3. Zwei E i n f l ü s s e sind es vor allen Dingen, die, wie bei andern Erscheinungen des volkstümlichen Brauches, so auch hier, im Laufe der Entwicklung die überkommenen Anschauungen vielfach ausgestaltet und um neue Züge bereichert haben. Das C h r i s t e n t u m verdrängte mit seiner ausgebildeten Vorstellung von F e g e f. (s. d.) und H ö l l e (s. d.) die germanischen Anschauungen vom Orte der abgeschiedenen Seelen und befruchtete rückwirkend, in Verbindung mit dem Teufels- und Hexenglauben, ganz ungeheuer die sich in den Volkssagen von f e u r i g e n Geistern, W i e d e r g ä n g e r n (s. F.männer), D r a c h e n (s. d.), S c h ä t z e n (s. d.) usw. niederschlagende mythologische Phantasie (s. auch feurig, glühend). Dazu brachte es aus seiner orientalischen und antiken Geschichte schon äußerlich eine Fülle neuer Anregungen und trat durch verschiedene kultische Einzelerscheinungen, so durch F.w e i h e (s. d.), O s t e r k e r ζ e (s. d.), L i c h t m e ß (s. d.) und ihre Symbolik in eine kaum mehr zu entwirrende lebendige Wechselbeziehung zur germanischen Überlieferung. — Zum andern führten P h i l o s o p h i e , Μ a g i e und Μ a η t i k des Orients und der Antike, besonders in der mittelalterlichen Wiedererweckung, das F. nicht nur als eines der vier Grundelem e n t e (s. Elemente) und als S t o f f , S t r u k t u r und Sinnbild der S e e l e (s. Lebenslicht) schlechthin in die philosophischen Erörterungen ein, sondern sie eröffneten auch abgesickert
1393
Feuer
dem Volksglauben neue A u s b l i c k e und unterbauten manchen überkommenen V o l k s b r a u c h besonders in divinatorischer Hinsicht mit anderen Grundlagen. 4. Im übrigen haben sich die Vorstellungen immer wieder an der reinen Beoba c h t u n g neu gebildet und b e k r ä f t i g t . Diese aber unterschied auf Grund der augenfälligsten Merkmale zwei A r t e n v o n F . : das himmlische und das irdische. D a s ursprüngliche Verhältnis beider zueinander b e w a h r t die Sage v o m halbgöttlichen F . b r i n g e r , die in mehr oder weniger v e r w a n d t e n Formen bei den verschiedensten Völkern das irdische v o m h i m m l i s c h e n F. entlehnt, entwendet sein l ä ß t 1 0 ) ; vielleicht haben wir auch in der Gestalt des Loki eine A r t germanischen Prometheus v o r u n s 1 1 ) . Im praktischen V o l k s b r a u c h aber ging diese Beziehung verloren; sie trat als Fragestellung nur noch auf beim B l i t z (s. d.), der aus dem H i m m e l k o m m t und auf der E r d e brennt, und wird hier besonders deutlich in dem Zwiespalt, ob man bei herannahendem Gewitter (s. d.) das Herdf. anzünden oder auslöschen soll. Der B l i t z w a r schon im A l t e r t u m A t t r i b u t und A u s d r u c k s m i t t e l der zürnenden G o t t h e i t und blieb auch im deutschen V o l k s g l a u b e n der christlichen Zeit entweder ein zauberisches W e r k des Teufels, oder die mahnende S t i m m e und der rächende A r m des Herrgotts. In diesem Sinne steht er unter allen F o r m e n des himmlischen F.s im V o l k s glauben an durchaus beherrschender Stelle. V o r allem tritt die S o n n e (s. d.) an B e d e u t u n g weit hinter ihm zurück, wie a u c h hinter anderen plötzlich oder periodisch auftretenden f e u r i g e n N a t u r e r s c h e i n u n g e n , so K o meten (s. d.), M e t e o r e n (s. d.), F.r e g e η (s. d.), F. k u g e 1 η , F.w ö l k e n usw. (s. feurig), den F.Vorzeichen des Himmels f ü r k o m m e n d e s Unheil auf der Erde. W a r aber das V o l k in b e z u g auf diese und den B l i t z im wesentlichen nur b e d a c h t auf eine an Einzelformen z w a r reiche, in der Grundricht u n g jedoch eindeutige A b w e h r der drohenden Gefahr, so entwickelte es eine
1394
ungleich buntere Vorstellungswelt und ein bedeutend verwickelteres B r a u c h tum bei der B e o b a c h t u n g des irdischen F.s. Dieses o f f e n b a r t seine Eigenschaften nicht so sehr in den S a g e η f.n bei S c h ä t z e n (s. Schatzf.) und D r a c h e n und sonstigen s p u k h a f t e n Lichterscheinungen (s. ζ. B. I r r l i c h t , Ε 1 m s f ., feurig), die mehr oder weniger durch Fegefeuervorstellungen beeinflußt sind, sondern in den genossenschaftlichen V e r a n s t a l t u n g e n der N o t - u n d J a h r e s f. (s. d.) und vor allem in seiner dem einzelnen täglich zugänglichen H e g stelle, im H e r d e (s. d.) und im Ο f e η (s. d.). Schon die Gleichsetzung des Herdes mit dem Hause in f o r m e l h a f t e n Redewendungen d r ü c k t die zentrale Bedeut u n g dieser F . s t ä t t e f ü r Familie und A n wesen aus; dazu k o m m t seine hohe Stellung im R e c h t bei S t r a f v o l l z u g , Besitznahme, L i e g e n s c h a f t s ü b e r t r a g u n g und Einführungsritus (s. Herd), und wer a n bestimmten T a g e n Herdf. auslieh, g a b d a m i t den Segen des Hauses fort (s. leihen). w)
Vgl. K u h n
Herabkunft; Veckenstedts
Zs. i , 343 f. 369 ff. " ) v . d. L e y e η Sagenbuch 247.
Deutsches
5. W e n n a u c h v o n einer dem römischen V e s t a k u l t a m Staatsherd ähnlichen F.v e r e h r u n g im deutschen V o l k s g l a u b e n nichts zu spüren ist, so ist doch die A n s c h a u u n g v o n der H e i l i g k e i t , v o n einer O f f e n b a r u n g s k r a f t und übernatürlichen W i r k s a m k e i t der Herdflamme durchaus lebendig. F ü r entliehenes F . soll m a n nicht danken, heißt es in W e s t falen, denn es ist heilig 1 2 ), und die Heiligkeit k o m m t nun besonders z u m A u s d r u c k in der W a h r s a g u n g aus dem F. Inwieweit diese in ihren neuzeitlichen v o l k s t ü m l i c h e n Formen zurückzuführen ist auf die aus dem A l t e r t u m überkommene ins K u l t i s c h e und Geheimwissenschaftliche gesteigerte Ρ y r ο m a η t i e (s. d.), die sich v o n der ,,observatio pagana in f o c o " des Indiculus superstitionum das ganze M A . hindurch bis ins 17. Jh. hinein an schriftlichen Zeugnissen verfolgen l ä ß t , wird sich schwer entscheiden lassen. D a ß sie
1395
Feuer
aber verwandten Anschauungen entspringt, ist ebenso sicher wie eine wechselseitige Beeinflussung. So schließt schon Eccard l s ) den Ring, wenn er jene alte observatio in foco mit dem Volksglauben seiner Tage als selbstverständlich in Verbindung setzt: „Observatio in foco, sive, igne, restat apud plebeculam, quando dicunt, das F. keifet, sive ignis mala minatur. Fieri hoc creditur, ubi flamma ex non satis siccis lignis succum vi expellit et veluti sibilat; quo indicari putant, ea re infausti quid portendi". Die g e g e n w ä r t i g e F. W e i s s a g u n g unterscheidet sich von der mittelalterlichen Pyromantie in zweierlei Hinsicht: Einmal ist sie fast überall nur eine G e l e g e n h e i t s d e u t u n g von Vorz e i c h e n und kein absichtlich herbeigeführtes Losen und Orakeln; zum andern sind ihre Ergebnisse nicht so schwerwiegend, indem sie sich meistens nur beziehen auf W e t t e r , häusliches E i n v e r n e h m e n und die A n k u n f t v o n G ä s t e n . Immer noch aber werden die Wahrnehmungen sowohl des Gesichts als auch des Gehörs beachtet. Das S e h e n erstreckt sich zunächst einmal auf die F a r b e d e s F.s: ein blauer Brand weist auf eine Leiche 14) oder auf einen strengen Winter l s ). Von größerer Bedeutung aber sind die heraussprühenden F u n k e n . Sind ihrer sehr viele, so erwartet man in Oldenburg für den folgenden T a g ein Unglück l e ) ; in Schlesien dagegen zeigt ein funkenschlagender Ofen Besuch an, der um so vornehmer sein wird, je auffälliger die Beobachtung w a r 1 7 ) . Beide Bedeutungen kennt man auch in Böhmen u ) , während im Egerland l e ) wie in Ostpreußen ^ nur dann Gäste erwartet werden, wenn die Funken beim Nachschüren aus dem Ofenloch herausspringen. Zu den ausdeutbaren Gesichtsempfindungen gehören ferner das Aufglühen d e s R u ß e s (s. d.) und das V e r h a l t e n des Rauc h e s (s. d. und Kapnomantie) wie der A s c h e (s. d.). Größeres Gewicht aber legt man auf das H ö r e n . Mehr oder weniger scharf werden die G e r ä u s c h e des brennenden F.s in bezug
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auf ihre Stärke und Klangfarbe unterschieden. So kennt man in Pommern knisterndes, bullerndes und knallendes F. und schreibt ihm in jedem Falle eine andere Bedeutung zu. Das k n i s t e r n d e weist auf baldige Freude 2 1 ), ein Vorzeichen, das man auch im äußersten Südwesten 2 2 ) wie in Mecklenburg 2 3 ) kennt. Das b u l l e r n d e dagegen verkündet gewöhnlich Verdruß und Streit im Hause 24), oder es zeigt eine Verlästerung an 2 5 ); auch sagt man: es bluddert *·), lärmt braust pratzelt "), surrt, schnalzt, pfurrt **), pfuchzt 31 ), zischt 32)t bissert 33 ). „ W e n n das F. im Ofen platzet", heißt es ferner in der Rockenphilosophie 34 ), „so entsteht ein Zank im Hause"; sonst ist dies k n a l l e n d e Geräusch mitunter als das stärkste von der übelsten Vorbedeutung. Nach Keller 8S) und Fischer 3$) sagt es einen Toten an, und auch im Mecklenburgischen sieht man ein Unglück nahen, wenn das Holz knackt 37). Im übrigen aber unterscheidet man die Einzelgeräusche nicht mehr, sondern achtet nur darauf, ob sie überhaupt zu hören sind. Sie prophezeien dann neben Familienstreit M ) Veränderung des Wetters 3e) und baldigen Besuch In dieser letzten Form ist der Aberglaube schon für das 3. Jh. im Orient nachgewiesen 4 1 ); er findet sich in Deutschland gelegentlich auch in der abgewandelten Form, daß die aus dem Ofen fallende Kohle und das „sich selbst schürende" F. die nahenden Gäste anmeldet 42). Im O r a k e l brauch des Böhmerwaldes deutet das Prasseln eines am Dreikönigabend ins Herdf. gehaltenen weihwasserbesprengten Tannenzweiges auf gute Flachsernte 4 3 ), und pyromantische Absichten liegen schließlich ebenfalls dem O f e n - u n d Haf e n h o r c h e n und dem Ο f e η 1 ο c hg u c k e n der Mädchen an den verschiedenen Lostagen, wie wohl auch dem O f e n a n b e t e n des Pfänderspiels zugrunde (s. Ofen). Dadurch, daß man sich ferner die H a u s g e i s t e r und a r m e n S e e l e n im Herdf. immer oder zeitweilig anwesend dachte, sind all jene Erscheinungen auch als Bekundungen dieser Wesen umgedeutet worden (s.
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Feuer
H e r d ) . — Mit der F . w e i s s a g u n g v e r w a n d t ist die Erklärung der F . t r ä u m e . „ W e m t r ä u m t von fewer und von plitzen u n d v o n kriegen, der h a t v i l m a t e r i in im, diu d a h a i z t diu r o t c o l e r a " , s a g t K o n r a d v o n M e g e n b e r g 4 4 ) , u n d so Schloß der V o l k s g l a u b e a u s solchen T r ä u m e n w e i t e r auf V e r d r u ß u n d B l u t u n d T o d 48 ). K l a r ist a u c h die B e z i e h u n g , w e n n m a n in ihnen V o r z e i c h e n f ü r einen B r a n d oder w ä r m e res W e t t e r 4 e ) z u e r k e n n e n g l a u b t . D o c h sind das E i n z e l f ä l l e . I m a l l g e m e i n e n h a t d a s F . i m T r a u m e eine g u t e V o r b e d e u tung und weist im Gegensatz z u m Wasser auf G l ü c k 4 7 ) . Meistens v e r l a n g t m a n allerdings, d a ß es hell b r e n n e u n d h o f f t d a n n a u f eine H o c h z e i t , eine G e b u r t oder a u c h G o l d u n d G e l d , w ä h r e n d ein d u n k l e s qualmendes Trübsal und T o d verkündet (s. T r a u m d e u t u n g ) . — Endlich g e h ö r t in diesen Z u s a m m e n h a n g n o c h die S y m b o l i k d e s F.s überhaupt. S c h o n der l e b e n d i g e Sprachgebrauch w e i s t eine R e i h e b i l d l i c h e r Redew e n d u n g e n a u f , die den E i g e n s c h a f t e n des F . s e n t l e h n t sind u n d in erster L i n i e der L i e b e u n d d e m H a ß als s c h m ü k kende Beiwörter zugeteilt werden. Auch hier ist die p h i l o s o p h i s c h - s y m p a t h e t i s c h e B e z i e h u n g der E l e m e n t e z u d e n T e m p e r a m e n t e n z u spüren, die d u r c h das Christent u m dann um weitere Parallelen vermehrt w u r d e . N a c h der H e i l i g e n S c h r i f t u n d ihrer A u s l e g u n g ist das F . die g ö t t l i c h e L i e b e s c h l e c h t h i n **), i m besonderen a b e r W e s e n und E r s c h e i n u n g s f o r m des H e i l i g e n G e i s t e s , dessen W i r k s a m k e i t bis ins einzelste m i t d e n E i g e n s c h a f t e n des F . s s y m b o l i s i e r t w i r d so ). ia ) ZfrwVk. 11, 152. I3 ) E c c a r d Commentarii de rebus Franciae Orientalis et episcopatus Wirceburgensis ... Würzburg 1 (1729), 426. " ) Urquell 1, 9. 1S) S t r a c k e r j a n 1, 36; 2, 110. " ) Ebd. i, 36. " ) D r e c h s l e r 2, 198; 2, 5. 18) G r o h m a n η ι, 42. '·) Egerl. 9, 17. " ) W u t t k e 211. " ) BIPommVk. 6, 141; Bait. Stud. 33 (1883), 136. ·*) ZfVk. 11, 448. *>) B a r t s c h Mecklenburg 2, 130. " ) BIPommVk. 6, 141; B a r t s c h Mecklen bürg 2, 130; K u h n Mark. Sagen 381; A η d r e e Braunschweig 403; K u h n und S c h w a r t z 463. **) Τ ο e ρ ρ e η Masuren 40; G r o h m a n n 1, 42; Urquell 4, 74. " ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 130. " ) Vek-
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kenstedts Zs. 1, 435 (Sachsen). *·) G r i m m Myth. 3,477; C u r t z e Waldeck 410; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 88; W u t t k e 294. ") Grimm Myth. 3, 452; P a n z e r Beitrag 1, 264; Bavaria 2, 306. »·) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 88. S1) Ebd. 2, 88; Β i r 1 i η g e r Volksth. 1, 199. " ( G r o h m a n n i, 42. *») Η a 1 1 r i c h Siebenb. Sachsen 316. " ) Rokkenphilosophie 2, 350. " ) K e l l e r Grab d. Abergl. 1, 82. M ) F i s c h e r Aberglauben i, (1791), 261; vgl. MwürttVk. 1913, 313. ") B a r t s c h Mecklenburg 2, 130. a ) Vgl. noch D r e c h s l e r 2,194. M) BIPommVk. 6, 141; SchÖDwerth Oberplalz 2, 88. ·') ZfdMyth. 4, 147 (Niederösterreich); Z i n gerle Tirol 17; G r o h m a n n I, 42; Schramek Böhmerwald 255; D r e c h s l e r 2, 194; BIPommVk. 6, 141; W u t t k e 211. " ) Z f V k . 3, 27 f. " ) G r i m m Myth. 3, 467; C u r t z e Waldeck 140; G r o h m a n n 1, 42. '») ZföVk. 19, 106. «*) M e g e n b e r g Buch der Natur (ed. Ρ f e i 1 f e r) 53. " ) S A V k . 21, 46; ZfVk. 20, 389. 384. " ) SAVk. 10, 31; Urquell 1, 203; D r e c h s l e r 2, 202. *') B a r t s c h Mecklenburg 2, 314; Ζ i η gerle Tirol 18; John Erzgebirge 29; D r e c h s l e r 2,202; K u h n u. S c h w a r t z 463; Schönwerth Oberpfalz 3, 271; ZfVk. 18,312; W u t t k e 228. «) B a r t s c h Mecklenburg 2, 314; E n g e l i e n u. L a h n 284 f.; Κ η ο ο ρ Hinterpommern 158; C u r t z e Waldeck 386; Köhler Voigtland 398; L a u b e Teplitz 54; S c h l e i c h e r Sonneberg 148; S p i e ß Fränkisch-Henneberg 151; W u t t k e 228; W u t t k e Sachs. Volksk. 370; ZfVk. 4, 85; 18, 312; 20, 384; S A V k . 8, 271; 10, 31: ZfrwVk. 4, 272; P e u c k e r t Schles. Volksk. 127. " ) Vgl. ζ. B. S c h ö n b a c h Altdeutsche Predigten. Graz 1886—1891, 1, 24; 2, 69; 2, 89. M ) Vgl. ζ. B. Alemannia 1, 246 ff.; M e g e n b e r g Buch der Natur (ed. P f e f f e r ) 69 f.; S c h ö n b a c h a. a. O. 2, 101 f.; 3, 36. 6. A u ß e r den rein s a c h l i c h e n oder onom a t o p o e t i s c h e n k e n n t nun a b e r die V o l k s sprache noch andere Bezeichnungen für die G e r ä u s c h e des b r e n n e n d e n H e r d f . s . Es spricht81) n i c h t nur, sondern schilt82), schimpft83), hadert84), k e i f t B8 ), b r u m m t 8 e ), w e i η t S7 ), wird also als l e b e n d e s W e s e n 8 8 ) g e d a c h t , d a s e r z ü r n t ist. J e n a c h der i h m g e w ä h r t e n B e h a n d l u n g r i c h t e t es sein V e r h a l t e n z u m M e n s c h e n ein. M a n stellt sich d a h e r g u t mit ihm, ind e m m a n es z u b e s t i m m t e n Z e i t e n u n d bei besonderen Gelegenheiten f ü t t e r t (s. F ü t t e r n der E l e m e n t e ) . D u r c h H i n e i n w e r f e n v o n Mehl, B r o s a m e n , S a l z oder E i e r s c h a l e n v e r m a g m a n a b e r das er
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Feuer
zürnte F. auch zu v e r s ö h n e n und zugleich den aus seinem Prasseln prophezeiten Familienstreit abzuwenden 6B). Vor allem aber hütet man sich, es durch Wort oder T a t zu b e 1 e i d i g e n. Ein v e r fluchtes F. gebärdet sich wie ein gereiztes Tier und wird zur F e u e r s brunst (s. d.), die nicht zu löschen ist e o ). Wer ins F. h a r n t , bekommt schneidendes Wasser e l ) ; wer hineins p u c k t ® 2 ) , tut eine Sünde e3 ), ist gottlos, beschwört ein Unglück herauf ·*), wird räudig 8 6 ), bekommt die Schwindsucht ββ), ein böses Gesicht e '), ein Grindmaul **) oder Blasen auf die Zunge ββ) — also im wesentlichen K r a n k h e i t e n , die durch Farbe oder Schmerz i n s y m p a t h e t i s c h e r B e z i e h u n g zum F. stehen. (Zu „ F . " als Bezeichnung für Krankheiten vgl. Antonius-, Wildf., Brand, Rose). Nicht einmal das S p i e l e n verträgt die Heiligkeit des Herdf.s. „ W e r mit Holtz, Stroh oder anderer brennender Materie im F. oder Lichte gaukelt", heißt es in der Rockenphilosophie 70 ), „der harnt hernach ins Bette", eine Anschauung, die in fast allen deutschen Landschaften zu finden ist 7 1 ) (vgl. Bettnässer). Ja, man soll Kinder überhaupt nicht an den Ofen lassen; die Flammen schlagen heraus und verzehren es 72 ). Hier wird noch einmal die D o p p e l n a t u r des Elementes deutlich; es kann sich bei der geringsten Gelegenheit vom Nutzen- in ein Schadenf. verwandeln und wird in dieser Erscheinungsform dann durchaus als lebendes Wesen vorgestellt (s. Feuersbrunst).
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17. ") W o l f Beiträge 1, 235; K o c h h o l z Kinderlied 319; Urquell 3, 212: „Ausschlag und Geschwür am Munde". ββ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 130; Urquell 3, 55; 4, 59. ™) Rockenphilosophie 1, 180. 71) S t r a k k e r j a n 1, 49; W o l f Beiträge 1, 209; K ö h l e r Voigtland 424; K n o o p Hinterpommern 157;
Brückner
kisch-Henneberg
K e h r ei η
Nassau
2, 255;
Reuß 1, 179; S p i e ß Frän101;
Schleicher
Sonne-
berg 147; D r e c h s l e r 1, 215; P e u c k e r t Schles.
Volksk. 182; S c h u l e n b u r g
Wend.
Volksthum 101; W u t t k e 365; Urquell 3, 39; ZfVk. 23, 278. ") f c h ö n w e r t h Ober-
pfalz 2, 88.
7. W o das F. aber nicht als wilde Brunst zum Feinde der Menschen wird, sondern als gefesselte Naturkraft ihm dienstbar ist, offenbart sich sein brauchbildender Segen vor allem in seinen beiden auch für den profanen Nutzen entscheidenden Haupteigenschaften : e s l e u c h t e t und brennt. Nicht immer ist mit Sicherheit zu entscheiden, auf welcher von beiden Kräften die Verwendung des F.s im Einzelfall beruht; im allgemeinen aber heben sie sich doch scharf voneinander ab, um so mehr, als die L u s t r a t i o n s k r a f t der l e u c h t e n d e n F l a m m e entsprechend der technischen Entwicklung der Beleuchtungsmittel ganz und gar auf die eigentlichen Lichtträger übergegangen ist. Nur von den weit ins Land hineinleuchtenden Jahresf.n (s. d.) glaubt das Volk noch, daß ihr Schein unmittelbar alle schädigenden Einflüsse von Haus und Acker fernhält. Doch bedient man sich auch hier schon von alters her der F a c k e l n (s. d.), um die dämonenvertreibende Leuchtkraft auch dahin zu 61) Z.B. MwürttVk. 1913, 313. H ) B a r t s c h tragen, wohin der Schein des großen F.s Mecklenburg 2, 130; A n d r e e Braunschweig nicht reicht. Bei allen privaten Lustra403. ta) C u r t z e Waldeck 410. ") M e i e r Schwaben 1,258. 5E) Ε c c a r d (s. *•)); L a u f - tionsriten des einzelnen Haushaltes aber f e r Niederdeutsche Volksk. 87. M ) K e h r e i n ist an die Ställe der Fackel die L a m p e Nassau 2, 253; P e t e r Österreich-Schlesien 2, (s. d.) und in weitaus den meisten Fällen 255; W u t t k e 211. 6') B i r l i n g e r Volksdie K e r z e (s. d.) getreten. Sie wird bei th. 1, 199. M) Vgl. G r i m m Myth. 1, 500; 3, 171 f. M) B a r t s c h Mecklenburg 2, 130; herannahendem Gewitter angezündet wie C u r t z e Waldeck 410; S c h ö n w e r t h Ober- das Herdf. (s. Gewitter), leuchtet bei der pfalz 2, 88; W u t t k e 294. M) Ε i s e 1 Voigtland 233; W o l f Beiträge 2, 3 7 6 = G r a e s s e Wöchnerin und ihrem Kinde wie beim Brautpaar zur Abwehr böser Mächte und Preußen 1, 632. ») Bait. Stud. 33 (1883), 137; vgl. SAVk. 11, 244. «2) Vgl. D r e c h s l e r 2, schützt am Sarge und am Grabe die Le139; W u t t k e 397; SAVk.n, 244; Mschlesbenden vor den Toten. In der Weihe der V k . 1 (1), 10. " ) Ζ i η g e r 1 e Tirol 133; ZfdLichtmeßkerze wurden diese VorstelMyth. 1, 295. M) G r o h m a n n 41 u. 226. lungen ausgestaltet und verchristlicht, ") SAVk. io, 34. ··) ZfVk. i, 193. ") Egerl. 9,
i4oi
Feuerbock
und vielfach neue Deutungen verdrängten die alte Anschauung von der dämonenabwehrenden Lustrationskraft der leuchtenden Flamme (s. Kerze). 8. Die b r e n n e n d e F l a m m e dagegen verscheucht nicht nur, sie vernichtet. Auch das kommt bei den J a h r e s f.n zum Ausdruck, wenn der als H e x e , T o d , W i n t e r bezeichnete D ä m o n auf dem Scheiterhaufen v e r b r a n n t wird (s. Jahresf. und verbrennen). „ O m nia purgat edax ignis" 73 ); „ q u a e medicamenta non sanant, ferrum sanat; quae ferrum non sanat, ignis sanat; quae vero ignis non sanat, ea insanabilia existimare oportet" 7 4 ). Diese antike Überlieferung bestätigt die Edda; nach den Hävamäl ist das F. das beste unter den Menschen (v. 68) und soll g e g e n Krankheit e n genommen werden (v. 139). Und in dieser Beziehung wird nun dem F. bis in die Gegenwart hinein sowohl eine a ρ ο t r o p ä i s c h e , als auch eine t h e r a peutische Kraft zugeschrieben. Soll schon das Überschreiten u n d Ü b e r s p r i n g e n der Jahresf., insbesondere des J o h a n n i s f. s (s. d.), Krankheiten abwehren und heilen, so tritt uns dieser Glaube in seiner reinsten Form in den Ν ο t f.n (s. d.) entgegen. Hier wird auch besonders deutlich, daß diese K r a f t dem F. um so mehr beigemessen wurde, je reiner, d. h. je unmittelbarer es gewonnen war. Durch den profanen Gebrauch wurde das F. verunreinigt und verlor seine übernatürlichen Fähigkeiten. Wie im katholischen Ritus das n e u e F. am Karsamstag (s. F.w e i h e ) e silice erzeugt sein muß, so ist der Erfolg des Notf.s ebenfalls abhängig von der R e i n h e i t d e r a u f alt e r t ü m l i c h e Art gewonnenen Flamme. Primitive F.z e u g e (s. d. und Notf.) haben auf diese Weise bis in die Neuzeit weitergelebt. Auch die alljährliche Erneuerung d e s Η e r d f.s kennt man in Deutschland (s. W e i h η a c h t s b 1 ο c k), und in ihm verkörpert sich nun schon aus äußeren Gründen die durch Brennen reinigende und heilende K r a f t des F.s. Die w i r k l i c h e F.t h e r a ρ i e allerdings
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blieb im wesentlichen der Berufsmedizin vorbehalten 7 5 ); doch hat sich auch im Volke der schon in den Bußbüchern 7 *) verbotene Brauch, kranke Kinder dem F. auszusetzen, in dem „ B a c k e n " der neugeborenen oder mit dem „Alterlein" behafteten (s. backen) bis heute erhalten. Auch der Rauch (s. räuchern) und die Asche (s. d.) kommen bei der Heilung und Abwehr in unmittelbare Berührung mit dem kranken oder schutzbedürftigenDing. Bedeutend ausgebildeter aber ist die sympathetische Verwendung d e s F.s sowohl im Heil- wie auch im Schadenzauber; man verbrennt oder räuchert solche Dinge, die mit dem betreffenden Menschen in Berührung gestanden haben oder die sein Leiden und ihn selbst stellvertreten (s. verbrennen). '») Ο ν i d Fast. 4, 785. »«) H i p p o k r a t e s Aphorismi 8, 6; nach H o v o r k a u. K r o n f e l d i , 134. ™) Vgl. H o v o r k a u. K r o n f e l d 1 , 1 3 4 . " ) W a s s e r s c h i e b e n 173. 401. 482. 649; dazu Β ο u d r i ο t Altgerm. Religion 31 f f . ; vgl. für die spätere Zeit N i k o l a u s v. D i n k e l s b ü h l Tractatus (Ausgabe Straß bürg 1516) 28 b, auch in MschlesVk. 21, 94 und S c h ö n b a c h Berthold v. R. 135. Freudenthal.
Feuerbock. Man versteht darunter ein seit Jahrtausenden nachweisbares, heute noch gebräuchliches Herdgerät, das zum Auflegen des einen Endes der Brandscheiter dient, die durch solche Schräglage auch von unten her Luftzutritt gewinnen. Der einfachste F. ist ein auf den Herd gelegtes Holzscheit oder ein länglicher Stein. Solche Steine haben im deutschen MA. die Namen „Brandreite" und „Wichelstein" geführt 1 ). Schon sehr früh aber finden sich neben den steinernen auch F.e aus Ton und Bronze, später aus Eisen, auf die im bayr. Gebiet der Name „Wichelstein" übertragen wurde, die also eine Fortsetzung und Ausgestaltung des primitiveren Herdsteines bedeuten. Die Ausgestaltung, die schon in prähistorischer Zeit erfolgte und deren Entwicklungsstufen sich noch alle erhalten haben, bestand darin, daß der Ton- oder Metallbalken, der nun den alten Stein ersetzte, nicht mehr unmittelbar am Herd auflag, sondern auf Füßchen gestellt wurde, dann
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Feuerbock
weiter in der Anbringung von senkrechten Seitenbalken, die von den beiden Enden des Querbalkens empor geführt wurden, um das seitliche Herabgleiten der Brandscheiter zu verhindern. Schon früh sind dann diese senkrechten seitlichen Stangen mit Hörnern oder Tierköpfen an ihrem oberen Ende und mit Haken an ihren A u ß e n k a n t e n versehen worden; mit Tierköpfen und Tierhörnern aus kultischen, mit einfachen Hörnern und Haken aber auch aus praktischen Gründen; wenn nämlich, wie das in der Regel der Fall ist, zwei solche F.e im A b stand parallel nebeneinander auf dem Herde stehen, so bilden jene Hörner und H a k e n die gegebene A u f l a g e für den Bratspieß, der in sie, von dem einen zum anderen F . hinüberreichend, eingelegt wird. Es gibt eine reiche Literatur über die seit neolithischen Zeiten in Frankreich, Deutschland, Süddeutschland, Osterreich, Ungarn, Siebenbürgen, Italien und a m B a l k a n nachweisbaren prähistorischen 2), antiken 3), mittelalterlichen 4) und neuzeitlichen 5 ) F.e, sowje über die verschiedenartigen Benennungen e ) dieses „ H e r d g e r ä t e s v o n ältestem Adel". W i e bedeutsam der F . für den Volksglauben einmal gewesen sein muß, erhellt schon aus der Tatsache, daß er noch in Glossaren des 14. Jhs. als 'lar' (Herdgott) bezeichnet w i r d ' ) und in Italien noch heute 'alare* heißt, was nach M e y e r L ü b k e s Erklärung 8) ebenfalls auf 'lar' hindeutet. Desgleichen sind auch die zahlreichen animalisierenden Benennungen dieses Gerätes (als Bock, Roß, Hund, Hengst, 'landier', 'koza' usw.) Hinweise nach derselben Richtung, ebenso wie die Tatsache, daß der F. in Albanien als Hexensitz gilt 9 ). A u c h können zahlreiche (ζ. B . im alten Bibracte) ausgegrabene kleine F.e aus Ton (mit Widderköpfen) nicht dem praktischen Gebrauche gedient haben, sondern nur Kultgeräte gewesen sein. D6chelette schon hat auf den Zusammenhang des Widders mit dem antiken und keltischen Herdkult hingewiesen und vermutet, daß an dessen Stelle erst als Folge der Christianisierung der Hund ge-
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treten sei 1 0 ). Für diesen Zusammenhang spricht auch die Vergoldung, die man auf den Hörnern gallischer F.e gefunden hat und die in derselben Weise auch bei den zum Opfer bestimmten Tieren der A n t i k e geschah n ) . Im germanischen Volksglauben scheint es dereinst eine kultische Opferhandlung an dem Wichelstein gegeben zu haben. Im südlichen Norwegen wurden bis ins 19. Jh. die sogenannten 'brödsteinar' zu festlichen Zeiten, besonders am Julfest, gewaschen, am Feuer getrocknet, mit Butter oder Fett gesalbt und dann auf reines Stroh am Ehrenplatz niedergelegt. Von diesen Steinen glaubt man, daß sie ein lusse (Hausgeist) in die Stube gebracht habe 12 ). L . Weiser stellt nun zu diesem Brauch mit Recht einen tirolischen Volksglauben: Im Zillertal legt man jeden Samstag den armen Seelen B u t t e r auf den Dreifuß, damit sie ihre Brandwunden trocknen können. N u n werden tatsächlich F. und Dreifuß (s. d.) in ihrer B e d e u t u n g im Volksglauben oft gleichgesetzt, j a sogar in ihren Benennungen sowohl im Französischen wie im Deutschen miteinander v e r w e c h s e l t l s ) . L. Weiser hat also wohl recht, wenn sie den erwähnten Tiroler Brauch als christliche Umdeutung eines älteren erklärt, der im samstäglichen Salben des F.s (bzw. Wichelsteines) und Dreifußes als Hausgötzen b e s t a n d 1 4 ) . Daraus erklärt sich auch der andere viel verbreitetere Volksglauben, daß man den F . und den Dreifuß nicht leer stehen lassen, sondern mindestens ein S t ü c k Holz auf sie legen sollte, da sich sonst eine arme Seele (eben der ehemalige Hausgeist) darauf niederlassen müsse 15 ). Immerhin ist es auffallend, daß von einem sq wichtigen Herd- und ehemaligen K u l t g e r ä t nur so geringe Reste abergläubischer Vorstellungen erhalten bzw. bekannt sind. Ob der „ a l t e R o s t " , den man „ i n diesen F a s t n a c h t t a g e n " zusammen mit dem Bratspieß „weidlich schlagen" muß l e ), ein F. war, läßt sich nicht entscheiden, ist aber wohl möglich, da Feuerroß und Feuerrost ebenfalls oft verwechselt und im an. 'brantreid' geradezu gleichgesetzt werden 1 7 ).
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Feuerbrief—Feuermann
') Grimm DWb. 2, 300; H o o p s Reallex. 2, 30 (F., 'andena' u.- 'brandrida'), E b e r t Reall. 3, 281; F a l k - Τ o r ρ Wb. 2, 904; vgl. dazu L. W e i s e r MAG. 56 (1926), 2, wo weitere Literatur angeführt ist und K. R h a m m Urzeitliche Bauernhöfe 361 ff. *) H o e r n e s in den Mitt. d. prähist. Komm. Ak. Wien Bd. 1 (1893), Nr. 3, 103 ff. und 4 ff.; Dechelette Manuel d'archiologie prihistorique, celtique t-t galloromaine II. Bd. 2 (1913). 797 ff·, Bd. 3 (1914). 1399 f.; D e r s . Revue d'archiologie Paris, tom. 33 (1898), 63 ff. u. 248 ff.; J. R a η k e Korr.bl. d. Deutschen Gesellschaft f. Anthropol. 37 (1906), 128 ff. i 3 o f . u. 133; O. T s c h u m i Vorgeschichte Mondbilder u. Feuerböcke. Berni9i2, S c h 1 i ζ Fundber. a. Schwaben 9 (1901), 31 und MAG. 33 (Wien 1903), 313; H. S e e g e r in d. Montelius-Festschrift (1913), 215 ff.; W. S c h m i d Mitt. d. prähist. Komm. Wien II/3 (1915), 285 (Bacherngebirge); F. v. D u h η Italische Gräberhunde 1, 80 f. 231 u. a. *) D a r e m b e r g et S a g l i o 1,2, 1557; Β 1üm η er Rom. Privataltertümer 4 (1911), 159. ) S c h u l t z Leben 93 Fig. 105 f.; L a u f f e r in Mitt. d. germ. Nationalmuseums Jg. 1900, 129 ff. 165 und 1901, 10. 65. 93; H a v a r d Dictionn. de l'ameublement. Paris 1887 ff. Bd. 3 s . v . 'landier'; K. R h a m m 5 Urzeitl. Bauernhöfe a. a. O. ) Meringer MAG.· 21, 105 ff. 134 ff; 22, 104 ff.; 23, 151 ff.; 25, 57 ff.; D e r s . Wissensch. Mitt. aus Bosnien 7, 255 ff.; D e r s . IF. 16, 137 ff.; 21, 287 f.; D e r s . ZföVk. 2, 259ff.; Schliz MAG. 33, 313; A. H a b e r l a n d t in ZföVk. 1917, Erg.-Bd. 12, 72; V. G e r a m b in WuS. 9, 49 f. ·) Literatur darüber bei P. Β e η ο i t Die Bezeichnungen für F. Diss. Bern 1925; vgl. auch U r t e l Sitzb. Berl. 37 (1917)» 53· ') S c . h m e l l e r Bayr. Wb. 2, 883. 8) M e y e r - L ü b k e Roman.etym. Wb. Nr. 4910. ») A. H a b e r l a n d t ZföVk. Γ917, Erg.-Bd. 12, 72. 10) Näheres darüber bei P. Β e η ο i t a. a. O. 390 f. und 406 § 22. u ) D έ c h e 1 e 1 1 e Revue d'archfeol. Bd. 33 (1898), 252 ff. " ) R. Β e r g e Husgudar i Norge (1921), s f f . ia) Ζ. Β. Β e η ο i t a. a. O. 960 f. 'anderus' u. 'anders', das F. u. Dreifuß bedeutet; M e r i n g e r ZromPhil. 30, 421; G o l d m a n n Andelang 55 f.; F i s c h e r Schwab. Wb. 2, 1458; Z i n g e r l e Tirol Nr. 147. " ) L. W e i s e r MAG. 56, 2. " ) ZfVk. 3, 47 und L. W e i s e r a. a. O. 2. " ) G r i m m DWb. 8, 1280. 17) H o o p s Reall. 2, 30. Geramb.
Feuerbrief. A l s B r i e f g e g e n F e u e r s n o t
oder B r a n d b r i e f 2 ) wird eine Feuerbesprechung bezeichnet, die beginnt: „ B i s s willkommen du feuriger Gast Greif nicht weiter, als was du hast u s w . " und auf einen christlichen Zigeunerkönig aus Ä g y p t e n oder Indien zurückgeführt wird. Der Brief ist schon handschriftlich aus
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dem J a h r 1 7 1 9 überliefert 3 ), ein anderes E x e m p l a r schließt mit „ p r o b a t u m anno 1684" 4 ), er ist also jedenfalls u m 1700 bekannt. E r dient a u c h gegen Zauberei, Gespenster, Seuche und Pestilenz. E t w a s anderes sind die als Brandbriefe benannten Drohbriefe v o n V a g a n t e n und Zigeunern, die zur R a c h e mit Feuerlegung drohen 6 ). HessBl. 1 (1902), 15 f.; WürttVjh. T3 (1890), 178 f. Nr. 90; B i r l i n g e r Volksth. 1, 201; Das 6. u. 7. Buch Mosis (Buchversand Gutenberg), 108; Drechsler 2, 145. ') B a r t s c h Mecklenburg 2, 358. *) HessBl. a.a.O. ') WürttVjh. a.a.O. ') ZföVk. 4 (1898), 305 f.; S a r t o r i Sitte 2, 170. Jacoby.
Feuermann. A u s d e n z a h l l o s e n u n d v i e l -
gestaltigen feurigen Spukerscheinungen, v o n denen der deutsche V o l k s a b e r g l a u b e weiß, h e b t sich als einheitliche Vorstellung der F. heraus, der, meistens unter diesem Namen, daneben a u c h als „ B r ü n n l i n g " oder „ b r ü n n i g s M a n n l i " (Schweiz) !), „ Z ü s l e r " (desgl.) 2 ), „ B r e n n e n d e r " , „ G l ü h e n d e r " (Rheinland) *) u. ä., im ganzen deutschen Sprachgebiet b e k a n n t ist. B e s c h r i e b e n wird der F . entweder in m e n s c h l i c h e r Gestalt: als Gerippe, aus dessen Innerem die Flammen schlagen 4) ( „ w i e Feuer hinter einem W e i d e n k o r b " ) 5 ), als bleiernes Männchen, aus dessen Bleimantel die F l a m m e n schlagen e ), als schwarzer Mann in einer hohen breiten Feuersäule 7 ) , unten schwarz, oben brennend 8 ), oder eine Seite schwarz, die andere feurig ·); bald riesig 10 ) mit langen dürren Beinen u ) , bald zwergh a f t klein 1 2 ) ( „ k a n n sich himmelhoch, aber auch g a n z klein m a c h e n " ) 1 3 ); o f t kopflos (s. d.) 14 ), mit dem K o p f unterm A r m 1 5 ), mit hohlem R ü c k e n 1 6 ) ; als schwarzer (unsichtbarer) Mann mit feurigen A u gen " ) (einäugig) 18 ), der ein L i c h t w ) , eine Laterne *·) trägt oder aus einer feurigen Pfeife raucht, daß die F u n k e n sprühen 2 1 ); als feuriger (kopfloser) Reiter auf feurigem R o ß 22 ), feuriger P f l ü g e r mit feurigem R o ß und P f l u g 2 3 ); — oder als mehr oder weniger f o r m l o s e s F e u e r : o f t wie ein brennendes B u n d Stroh M ) , eine riesige Feuergarbe 2 5 ), ein großes M ) schwebendes 2 7 ) L i c h t (das pfeilschnell hin und her springt) 2 8 ), also v o m „ I r r l i c h t " (s. d.)
ho ;
Feuermann
kaum, höchstens noch durch die Größe, unterschieden 28 ); wie eine feurige Kugel 30 ) (die plötzlich zu einem großen Feuer wird und die Gestalt eines Menschen mitten in den Flammen annimmt) 3 1 ), bald wie eine feurige Pyramide, bald wie eine Schlange 32 ), ein feuriges Rad 3 3 ) usw. — Der F. bewegt sich sehr schnell 34), fährt plötzlich über sich in die Höhe 35), schwebt um die Wipfel der Bäume 3β) ; wenn er sich schüttelt, sprühen die Funken 37), ebenso wenn mehrere F.er gegeneinanderrennen M ); verschwindend bricht er unter donnerndem Getöse zusammen 39 ). Das Feuer, in dem er brennt, ist manchmal blau — Er erscheint in schwülen Sommernächten (kurz vor Tagesanbruch) 41 ), aber auch an Herbstabenden 42 ) in der Adventszeit 43), Andreasnacht 44) zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten 45 ), in den Fasten 4e), in besonders dunklen Nächten, wenn es bald regnen will"), „zur Zeit des Neumonds, wo sich das Wetter zu ändern pflegt" ω ), auf Feldern und (sumpfigen) Wiesen 49 ), besonders gern auch an Feldrainen und Ackergrenzen 50 ) (s. Grenzfrevler), seltener in Ortschaften 51) (dann als Vorspuk eines Brandes) 52 ); der „feurige Fischer" läuft auf der ganzen Fläche des Bodensees umher 63). Dem Volksglauben gilt der F. als u m g e h e n d e r T o t e r , der (im Fegfeuer) seine Frevel büßt; besonders gern als Grenzfrevler (s. d.) 64), aber auch ζ. B. als Küster, der den Klingelbeutel bestohlen oder beim Einsammeln nicht „Gott bezahls" gesagt hat 6 5 ), als Mordbrenner 66 ), Landesverräter 57 ) oder sonstiger Bösewicht M ). — Sein Benehmen d e m M e n s c h e n g e g e n ü b e r ist im allgemeinen harmlos 59) und gleicht in vielem dem des Irrlichts (s. d.): besonders leuchtet der F. dem nächtlichen Wanderer und Fuhrmann heim m ), verlangt dafür allerdings (meist geringe) Bezahlung 61 ) oder (häufiger) ein „Vergelt's Gott" zum Lohn; denn durch ein (dreimal verschieden formuliertes) 62 ) „Vergelt's Gott" oder „Bezahl dir's Gott" („soviel mal wie du's nötig hast") *3) wird er erlöst 64), ebenso durch Gebet und Messe eB) (s. Erlösung).
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Darum zieht ihn (wie das Irrlicht) das Beten an, während Fluchen ihn vertreibt 6e). Harmlos ist der F. auch, wenn er ihm gereichte Bändchen abbrennt (solange sie brennen, hat er Ruhe vor der höllischen Pein) 67), wenn er in den Wohnungen die Spinnweben anzündet (was man ihm besser nicht nachmacht) *·), oder es duldet, daß man sich an ihm die Pfeife ansteckt 69); er kommt auf Zuruf 70) und soll es besonders aufs Weibervolk abgesehen haben 71). — Doch kann er auch boshaft sein: besonders wenn ihm Dank und Bezahlung vorenthalten, oder wenn er geneckt wird, wird er tückisch; dann führt er irre 72 ), hockt auf 7 3 ) (s. Aufhocker), versetzt dem Boshaften eine Ohrfeige 74), weicht nicht von ihm 7S ) und steckt ihm das Stroh auf dem Wagen 7β) oder gar das Haus an w ). Seine Berührung brennt wie natürliches Feuer; darum reicht ihm der Vorsichtige nicht die Hand, sondern -einen Stecken, ein Taschentuch oder dgl., an dem sich nachher die fünf Finger der Geisterhand schwarz eingebrannt zeigen 78 ). Die Vorstellung vom F. ist einerseits nicht zu trennen von dem christlichvolkstümlichen Glauben an das Brennen der Totenseelen im Fegfeuer (bzw. in der Hölle): der F. ist die verwirklichende Bestätigung dieses Glaubens. Anderseits findet die Vorstellung vom F. an allerlei nächtlichen Lichterscheinungen, die den einsamen Wanderer oder Hüter erschrekken, immer gelegentlich neue Nahrung: am „Irrlicht" (s. d.), Elmsfeuer (s. d.) (der F. setzt sich auf die Stechschaufel) 79 ), an phosphoreszierenden Baumstümpfen („Scheinholz") „wann dann die Flammen vergangen, ist das Corpus da ligen bliben, glüssende wie ein abgebrennter Stock in eindr Rüti" [ = Rodung] 8 1 ); ,,. . sah weiter nichts als einen schwarzen angebrannten Pflock in der Erde stekken" 8 2 ), etwa auch an Kugelblitzen (F. bricht unter donnerähnlichem Getöse in sich selbst zusammen) 83). Einige der ausführlichen Beschreibungen des F.s lassen kaum einen Zweifel, daß ihnen tatsächliche Beobachtungen zugrunde liegen; so gibt ζ. B. Cysat ausführlichen Bericht von
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Feuer mann
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einer Anzahl von „Züslern", die er während einer nächtlichen Fahrt über den Vierwaldstätter See am 23. Dezember 1609 mit mehreren Fahrtgenossen zusammen an den Ufern des Sees beobachten konnte, und denen er, der bis dahin an derartiges nicht habe glauben wollen, „mit großem Verwundern zuogesehen" M ). Daneben kommen auch halluzinatorisches Funken- bzw. Flammensehen und ähnliche „innere Erlebnisse" in Betracht, besonders wenn es heißt, daß nur Auserwählte („Sonntagskinder") den F. sehen können, oder daß von mehreren Wanderern nur einer ihn gesehen habe. — Das älteste Zeugnis über einen F. in Deutschland bringt die sächsische Weltchronik (Recens. C.) zum Jahr 1120: damals sahen die Wächter zweier benachbarter Burgen „in Sassen" „vil na to middernacht bi warheit enen man van der muren der enen burch over dat velt, dat dar untwischen was, also en bernende blas (Fackel) oder en glowende clot (Klotz); alse he quam bi de burch, so ne sagen se ene nicht mer. Des wisede he to dren malen" 85).
Reiser Allgäu 1, 33; W u c k e Werra N r . 677. *') S t r a c k e r j a n 1, 2 2 5 m . " ) Z f ö V k . 10, 146; K ü h n a u Sagen 1 N r . 392 ( = Z f V k . 7, 102). 438 ( = V e r n a l e k e n Mythen 273 f.). 439. 446; Grohm a n n 21 N r . 99; M ü l l e n h o f f Sagen N r . 257 A n m . 350. *•) K ü h n a u Sagen 1 N r . 445; Μ e i c h e Sngen Nr. 366. " ) S t r a k k e r j a n 1, 274». " ) R o c h h o l z Sagen 1 N r . 36; W u c k e Werra N r . 50. " ) Ζ i η g e r 1 e Sagen N r . 358. 359. *·) G r i m m Myth. 3, 455 N r . 611; M e y e r Baden 597. 30 ) M e i c b e Sagen N r . 363. 366. " ) C ν s a t 46 f. » | H a u p t Lausitz 1, 61. " ) E" i s e 1 Voigtland N r . 164; Ζ i η g e r 1 e Sagen Nr. 380; v g l · 379· " ) K ü h n a u Sagen 1 N r . 439. S6 ) B i r l i n g e r Aus Schwaben i , 207 N r . 14; K ü h n a u Sagen 1 N r . 436 = P e t e r österreichisch-Schlesien 2, 18 f. 3 ·) G r i m m Myth. i , 763* = H a u p t Lausitz 1, 60 f. = K ü h n a u Sagen 1 N r . 378 (vgl. a u c h 384); M e i c h e Sagen N r . 363. "') K ü h n a u Sagen 1 N r . 419. 421. 423. E b d . 1 N r . 396. 403. s> ) E b d . 1 N r . 454; MschlesVk. 16 (1907), 87. 40 ) V e r n a l e k e n Mythen 274; vgl. ZIVk. 7, 102. 41 ) S c h a m b a c h u. M ü l l e r N r . 223. « ) E b d . ; K ü h n a u Sagen 1 Nr.439. " ) E b d . 1 N r . 409. 412. 416 ( = MschlesVk. 5 [1902], 50). 44 ) M e i c h e Sagen N r . 363. 364. " ) G r o h m a η η N r . 102. 4 ·) K ü h n a u Sagen N r . 412. 47) C y s a t 47 N r . 131; vgl. S A V k . 2, 227. " ) R o c h h o l z Naturmythen 178, 3. «) K ö h l e r Voigtland 499 N r . 78; Kühn a u Sagen 1 N r . 406. 416. 454; Urquell 2, 203.
Rochholz Sagen 1 N r . 36; ders. Naturmythen 176; SAVk. 25, 128 N r . 59. 61; M e y e r Baden 597. *) C y s a t 46 f. *) S c h e l l Berg. Sagen 304 N r . 23. 4 ) C y s a t 46 f. N r . 130. 131. 132; R o c h h o l z Naturmythen 178 (3). 179 (5),' W u c k e Werra N r . 83. 340. 491. 508. 560. 688; K ü h n a u Sagen N r . 410. 436; MschlesVk. 5 (1902), 49! S t r a c k e r j a n 1, 221 N r . 179. 5) C y s a t 46. «) G r e d t Luxemburg N i . 686; vgl. S. 335. 357· ') W u c k e Werra N r . 177. ") M e i e h e Sagen N r . 363. 367. ·) Ε i s e 1 Voigtland N r . 160. , 0 ) K ö h l e r Voigtland 500 N r . 80; K ü h n a u Sagen 1 N r . 454; Birlinger Volkstküml. 1 N r . 381. » ) E i s e i Voigtland u N r . 159. ) Schell Bergische Sagen 441 N r . 41. S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 96 14 ) Birlinger Aus Schwaben 1, 488; Reiser Allgäu 1 N r . 56; K ü h n a u 1 N r . 449. 450; E i s e l Voigtland N r . 161. 164 A n m . ; dagegen Lütolf Sagen N r . 68. ") K ü h n a u Sagen 1 N r . 448. >·) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 90. 92. " ) SAVk. 25, 232. " ) Η e y 1 Tirol 19 N r . 17; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 2, 101; S c h e l l Berg. Sagen 318 N r . 52. l> ) R e i s e r Allgäu 1 N r . 435, 1. " ) K ü h n a u Sagen 1 N r . 439; Schambach u. M ü l l e r N r . 225, 4 u . A n m . ,l ) Birlinger Aus Schwaben i , 207, 11; R e i s e r Allgäu 1 N r . 183. " ) V e r n a l e k e n Mythen 4 9 c . 52; H e y l Tirol 361 N r . 35;
) C y s a t 47 f.; K ü h n a u Sagen 1 N r . 448. ) Z f V k . 7, 102; I i ü h η a u Sagen 1 N r . 412. 55 ) G r ο h m a η η 21 N r . 68; M ü l l e n h o f i Sagen N r . 233. " ) B i r l i n g e r Volksth. 1, 135 N r . 206. S4) Z . B . C y s a t 74 N r . 130.131; SAVk. 2, 227; 21, 180; 25, 232; R ο c h h ο 1 ζ Sagen 2, 83; Schweizld. 4, 254; Reiser Allgäu ι , 337 (3); S t o b e r Elsaß 2 N r . 75 u. A n m . ; W u c k e Werra N r . 508; Kühn a u Sagen ι N r . 417. 426; J o h n Westböhmen 180; S t r a c k e r j a n 1, 225 i. m . 56 ) K ü h n a u Sagen 1 N r . 406. 417 = MschlesVk. 5 (1902), 23. 19. ' · ) Κ ü h η a u Sagen ι N r . 441. " ) Z i n g e r l e Sagen N r . 365. M ) Ζ. Β. Κ ü h η a u Sagen 1 N r . 409; V e r n a leken Mythen 52 N r . 25; Zingerle Sagen N r . 389. 393. 399; A l p e n b u r g Tirol M 135 f.; M e i c h e Sagen N r . 356. ) K ö h l e r Voigtland 499 N r . 79; K ü h n a u Sagen ι N r . 389. 397. 441. M ) Ζ. B . L ü t ο 1 f Sagen N r . 68. 69; R o c h h o l z Sagen 2 N r . 310. 317; Z i n g e r l e Sagen N r . 478; K ü h n a u Sagen ι N r . 404. 445. 446; ZfVk. 7, 102; K ö h l e r Voigtland 499 N r . 79; M e i c h e Sagen N r . 368. 369; S c h a m b a c h u. M ü l l e r N r . 2 2 5 , 1 , S t r a c k e r j a n 1, 274». " ) B a a der Sagen 411; L ü t o l f Sagen N r . 69; F o g e l Pennsylvania Nr. 1995. M ) K ü h n a u Sagen 1 N r . 445. 446, MschlesVk. 5 (1902), 51. ··) K ü h n a u Sagen 1 N r . 404. 413 418. " ) R e i s e t Allgäu 1 N r . 419; K ü h n a u 50
51
Feuerprobe—Feuerreiter Sagen 1 Nr. 437 ( = P e t e r österr. Schlesien 2, lg). 449; vgl. 404. 407. 4 1 1 ; Köhler Voigtland 499 Nr. 79; ZiVk. 7, 102. ·») L ü t ο 1 f Sagen Nr. 69 b, vgl. 68; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 2, 19 f.; R o c h h o l z Sagen 2 Nr. 3 1 3 ; G r o h m a n n Nr. 102. ··) W i t z s c h e i Thüringen 2 Nr. 57; Rochholz Sagen 1 Nr. 36; aber vgl. S A V k . 2 1 , 194 f. «') B i r l i n g e r Volksth. 1, 135. «) K ü h n a u Sagen 1 Nr. 392 = ZfVk. 7, 102. " ) L ü t ο 1 f Sagen Nr. 186; S c h e l l Berg. Sagen 561 Nr. 92. ,0 ) Ζ. B . R ο c h h ο 1 ζ Sagen 2 Nr. 3 1 3 . " ) S A V k . 2 1 , 180. Kühnau Sagen 1 Nr. 4 2 1 ; W u c k e Werra Nr. 462. 477. ,3 ) K ü h n a u Sagen 1 Nr. 457; Wucke Werra Nr. 477; B a a d e r Sagen 412. 423; ,4 J o h n Westböhmen 180. ) G r a b e r Kärnten Nr. 1 8 1 ; R o c h h o l z Naturmythen 177, 1. '·) K ü h n a u Sagen 1 Nr. 438 = V e r n a 1 e k e η Mythen 273 f. '·) K ü h n a u Sagen 1, Nr. 397. " ) Ebd.; ZfVk. 7, 102; MschlesVk. 5 (1902), 5 1 ; vgl. P a n z e r Beitrag 1 , 2 5 7 ( 1 9 ) . n ) Ζ. B. R e i s e r Allgäu 1 Nr. 392; R o c h h o l z Sagen 1 Nr. 2 7 ; W u c k e Werra Nr. 7 1 3 ; vgl. S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. 223, 7 . 6 ; S A V k . 21, 194; R o c h h o l z Naturmythen 1 8 1 . 182; W u c k e Werra Nr. 399. 567. '·) R o c h h o l z Sagen 1 Nr. 36. ®°) SchweizId. 4, 254. 81 ) C y s a t 46 Nr. 130. »*) K ü h n a u Sagen 1 Nr. 437 = P e t e r. österr.-Schles. 2, 19; vgl. auch S c h u l e n b u r g Wend. Volhst. 88; K ü h n a u Sagen 1 Nr. 333. " ) Ebd. 1 Nr. 454; vgl. auch W u c k e Werra Nr. 383. ,4 ) C y s a t 47 Nr. 130; vgl. auch K ü h n a u Sagen 1 Nr. 394 (vom Jahr 1736) und 389 (vom Jahr 1896). ·*) Sachs. Weltchronik ed. I.. W e i l a n d (Mon. Germ. hist. II, Deutsche Chroniken II) 193; von dort übernommen in K. B o t e s Chronik (Script, rer. Brunsvic. ed. Leibnitz I I I 337), der die Erscheinung in das Jahr 1 1 2 5 und zwischen die Gleichen bei Göttingen verlegt; von dort bei G r i m m Sagen Nr. 284. Ranke.
Feuerprobe s.
Gottesurteil.
Feuerregen s. M e t e o r e . Feuerreiter. Die Gestalt des zauberkundigen Feuerbanners (s. Feuersbrunst § 3 d u. e) hat eine besondere Ausbildung erfahren im F . Das Hauptverbreitungsgebiet dieser sich ins Sagenhafte verflüchtigenden Erscheinung des volkstümlichen Brauches bilden die Landschaften beiderseits der Elbe bis zu den Vierlanden und nach Mecklenburg h i n a u f 1 ) - 1 7 ) ; für Ostpreußen 18 ) und Süddeutschland ») 20) 2 1 ) sind die Belege spärlich, für den äußersten Westen überhaupt nicht vorhanden. Eine verhältnismäßig reiche Überlieferung zeichnet ein vielseitiges Bild von der Per-
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son des F.s und seiner Bannhandlung. H a t eine Feuersbrunst ein einzelnes Haus oder auch einen ganzen Ort ergriffen, so kommt er auf seinem Pferde herangesprengt und löscht den B r a n d schon durch ein- oder dreimaliges Umr e i t e n ' ) 1 1 ) u ) . E r v e r s t ä r k t den Zauber d u r c h Abfeuern von S c h ü s s e n u ) , durch H i n e i n w e r f e n e i n e s F l ä s c h c h e n s 7 ) oder e i n e s T e l l e r s m i t S a l z 8 ) in die Glut, durch H i n e i n h a u e n d r e i e r K r e u z e in den Grenzzaun l s ) und vor allem durch Hersagen eines G e b e t e s 9 ) oder F e u e r s e g c n s 1 ) 4 ) 1 ) ' ) ' ) 1 1 ) 1 ® ) 16) 17) 19) 20). a u c h r e i ß t er wohl e i n e n B r a n d h e r a u s und nimmt so das Feuer m i t l e ) . Nach der Beschwörung sucht er schleunig im Galopp das Weite; denn die F l a m m e s c h l ä g t hint e r i h m h e r 3 ) 4 ) 7 ) 1 0 ) 1 7 ) »). Sie verfolgt ihn b i s unter ein Torh a u s e ) , in den meisten Fällen aber b i s a n e i n W a s s e r , und er reitet deshalb schnurstracks in den nächsten Teich hinein 5) β) 1 δ ) 1 7 ) 18 ), benetzt sich 1 7 ) oder läßt Wasser hinter sich hergießen 8 ); die Überlieferung berichtet, daß dabei hin und wieder ein F. seinen Tod gefunden habe · ) 7 ) . Diese Flucht vor der Flamme ist wohl kaum damit zu erklären, daß das Feuerbannen vom christlichen Standpunkt aus als schwere Sünde angesehen wurde und in Anlehnung an Vorstellungen vom Fegefeuer die Gefahr des Feuertodes als göttliche Strafe in sich Schloß 22 ). Wenn es auch gelegentlich einmal heißt, daß der F . sich dem Teufel verschrieben habe 8 ), so steht er doch in einem ganz anderen Ansehen als Zauberer und Hexen. Schon die gfoße Beteiligung der Geistlichen an der Feuerbeschwörung (s. Feuersbrunst § 3 e), die sogar selbst als F . auftreten 23 ), zeigt, daß solche Handlungen dem lebendigen Volksbrauch durchaus entsprachen und nicht im Widerspruch zur Auffassung der Kirche standen. Der F . braucht nicht die Strafe des Himmels zu fürchten, sondern lediglich den Zorn der Flamme, die er als einen Dämon, als lebendes Wesen bekämpft.
Feuerreiter A u c h f ü r die Feuerbanner zu F u ß gilt die Vorschrift, sich nach vollbrachter T a t schleunig über einen Z a u n oder in ein Wasser zu retten, und sei es nur durch U n t e r t a u c h e n in einer Wassertonne oder durch Benetzen der F ü ß e M ). Bisweilen liegt in dem Nachsetzen der F l a m m e geradezu die A b s i c h t des Beschwörers; er zieht auf diese Weise das Feuer hinter sich her und v o n der Brandstelle ab 25 ). Lassen sich die Einzelhandlungen des F.s somit zwanglos aus allgemein verbreiteten Volksanschauungen erklären, so h a t m a n dennoch versucht, ihnen eine tiefere m y t h o l o g i s c h e G r u n d l a g e zu geben. A u s g e h e n d v o n der Person des F.s, der mitunter als Fremder a u f t r i t t , niem a n d e m vor und nachher b e k a n n t 3 ) 13 ) 17 ) ist und zuweilen auf einem Schimmel ·) 14 ) 15 ) " ) 18) reitet, h a t Becker 2e) geschlossen: „ D i e Sage v o m zauberkräftigen F. ist ein alter M y t h u s v o n W o d a n - O d h i n " . Zweifellos weist der F . in einigen Fassungen der Uberlieferung Ähnlichkeiten mit der W i l d e n Jagd (s. d.) und dem S c h i m m e l r e i t e r (s. d.) a u f ; doch ist das nur eine Beeinflussungseiner äußeren Gestalt, sobald die Sage sich ihrer a n g e n o m m e n hat. W o es sich um mehr oder weniger klar bezeugte tatsächliche Vorkommnisse handelt, liegt der Wesenskern des F,s in der allen oder einzelnen Menschen zugeschriebenen Macht, ein Schadenfeuer durch W o r t , D i n g und H a n d l u n g bannen zu können (s. Feuersbrunst § 3). U n d wie man die g a n z ähnliche B e s c h w ö r u n g v o n K r a n k heiten und sonstigem Unheil nicht auf eine einzelne Gottheit wird z u r ü c k f ü h r e n können, so sind auch die Beziehungen W o d a n s zum Feuer nur sehr dürftig. Die Person des F.s weist vielmehr in eine g a n z andere R i c h t u n g . In den weitaus meisten und bestbezeugten Fällen ist sie b e k a n n t und z w a r ist es bisweilen der L a n d e s h e r r selbst x ) u ) 21 ). Ihm schrieb das V o l k v o n jeher ganz allgemein eine besondere F ä h i g k e i t zu, Unheil zu bannen; er wird a u c h — das weisen die Belege aus — in der E r f ü l l u n g seiner P f l i c h t oder Gepflogenheit überhaupt, bei großen Feuersbrünsten in den ihm unter-
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stellten Gebieten sofort persönlich die Löscharbeiten in die H a n d zu nehmen, zu zauberischen M a ß n a h m e n seine Z u f l u c h t genommen haben. Andrerseits erhielt der Volksglaube aus der W a h r n e h m u n g geglückter Löschversuche neue N a h r u n g und Festigung, wie denn schon Fischer m e i n t : „ D e r große H a u f e denkt, jeder Fürst könne das Feuer besprechen, weil, w a n n der Fürst eine Weile da ist, gewöhnlich es sich zu vermindern a n f ä n g t . . . " Als einst der sehnlich erwartete Graf S c h m e t t a u bei einem Brande im schlesischen Lerchenborn das Feuer umritt, u m den nötigen Überblick zur Einleitung der Löschanstalten zu gewinnen, a t m e t e man erleichtert a u f : „ J e t z t ist er dreimal herumgeritten, j e t z t brennt's nicht weiter" W i e sonst, so ist a u c h hier die dem Landesherrn zugemessene K r a f t auf andere Personen v o n R a n g oder Ansehen, auf A d e 1 i g e 6) · ) 1 0 ) l 5 ) ») M ) l e ), B ü r germeister9), O f f i z i e r e 7 ) u), G u t s b e s i t z e r 6 ) 6 ) , Inspektoren7) und Forstmeister17) übergegangen und schließlich überhaupt irgendwelchen k u n d i g e n Männ e r n 4 ) 7 ) 8 ) 17 ) beigelegt worden (vergl. Feuersbrunst § 3 e). Inwieweit M ö r i k e s G e d i c h t , , D e r F . " , das mit einer vorausgehenden Erläuterung in den „Maler N o l t e n " eingeschoben i s t ω ) , reine V o l k s m o t i v e wiederspiegelt, wird sich schwer entscheiden lassen. O f f e n b a r h a t er eine ganze Reihe v o n Sagenvorstellungen verarbeitet, im übrigen aber ein Musterbeispiel dafür geschaffen, wie eine Volksüberlieferung, durch das Medium eines Dichters gesehen, z u m einmaligen, einzelpersönlichen K u n s t w e r k wird 30). 5.
4)
*) K o l b e Hessen 84. -) BlfhessVk. 3, 3) B e c h s t e i n Thüringen 3, 178 f. 5) M e i c h e ZfVk. 12, 70 (Thüringen).
Sagen
557. 563.
e)
Gander
Niederlausitz
26 f. ') K n o o p Posen 14. 8 ZfVk. 9, 439 (Braunschweig). ·) Nach W e i h e Sagen von Stendal bei K u h n Mark 6 f. und G r a e s s e Preußen 1, 138. 10) K ö h l e r Voigtland 552.
") Ε i s e 1
Voigiland 233.
ll)
Schulen-
b u r g Wend. Volksthum 126. ») H o l s t e n Die Volkskunde des Weizackers S t e t t i n 1914,
204. 14) F r i s c h b i e r Hexenspr. 110. ") K u h n Westfalen 1, 94. ·') F i n d e r
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Feuersbrunst
Vierlande 2, 326. ") B a r t s c h Mecklenburg 1, 233 i.; 2, 355 f. 18) Neue Preuß. Provinzialbl. 2 (1846), 465 f. ») Β i r l i n g e r Volkslh. 1, 201. 20) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 86. 41 ) K u r z Schillers Heimatjahre. Leipzig 1843, II c. 34. 2a) So B e c k e r in seiner ausführlichen Abhandlung Die Sage vom F. in Jahrb. d. Vereins f. mecklenb. Gesch. u. Altertumskd. 23 81 (1917), 3 ff) Halt rieh Siebenb. Sachsen 310. i 4 ) J a h n Pommern 61; B a r t s c h Mecklenburg 2, 356; Finder Vierlande 2, 244; W i t z s c h e l Thüringen 2, 293 f.; H e ß l e r Hessen 323; D r e c h s l e r 2 , 1 4 2 ; J o h n Westböhmen 275; F. i s e 1 Voigtland 233; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 85; BlpommVk. 3, 26; Heimat 4, 45; HessBl. 3, 56; MschlesVk. 2, 48; Egeil. 4, 35. s5 ) F i s c h e r Aberglauben (Leipzig 1791) Anhang 1 8 7 L ; H a l t r i c h Siebenb. Sachsen 310 (Mag2 deburg). «) B e c k e r (s. Anm. 22) 27. a7) F i s c h e r (s. Anm. 25) 1, 174. K ü h n a u Sagen 3, 252. 2i ) Ausg. v. Maync 2, 40. so ) Vgl. dazu B e c k e r (s. 22)) und J. P r o e l ß in Burschenschaftliche Bl. 24, 1, 197 ff. bis 2, 119 ff. Über die mutmaßliche Veranlassung zu dem Gedicht s. auch M a y n c in s. Ausgabe von Mörikes Werken i , 418, wo noch weitere Literatur angegeben, namentl. H e r t z Aus Dichtung und Sage 214 ff. Freudenthal.
Feuersbrunst. 1. Sympathetische und zauberische Ursachen. — 2. Vorzeichen. — 3. Bannende Abwehrmittel und -maßnahmen.
i. Die Auffassung, daß das F e u e r e i n l e b e n d e s W e s e n sei (s. Feuer § 6) wird besonders deutlich in dem Augenblick, wo es nicht mehr als reinigende, belebende, heilende, als dämonenvertreibende und -vernichtende Macht auftritt, sondern in der verheerenden F. gleichsam selbst zum Dämon wird, den man wiederum mit anderen Mitteln beschwören, zurückscheuchen, töten muß. Da heißt es: Das Feuer bricht aus, ist los 1 )! Die im Herde gefesselte Naturkraft hat sich befreit und ist vom Nutzen- zum Schadenfeuer geworden. Neben den natürlichen Gründen für die Entstehung einer F. kennt der Volksglaube eine ganze Reihe s y m p a t h e t i s c h e r und z a u b e r i s c h e r U r s a c h e n , die meistens in der Außerachtlassung überlieferter Gewohnheitsvorschriften des volkstümlichen Brauches bestehen oder unmittelbar Auswirkungen des Geisterglaubens sind. Eng mit der Vorstellung vom Feuer als lebendem W esen verknüpft ist zunächst die Ansicht,
daß es dann ausbricht, wenn es s c h l e c h t b e h a n d e l t worden ist. Damit das Herdfeuer nicht über seine Hegstelle hinausschlage und das Haus in Brand setze, redet man ihm freundlich zu 2) und f ü t t e r t es (s. Füttern der Elemente). Vor allem aber hütet man sich, es durch Wort oder Tat zu beleidigen. Wie ein geschlagenes oder verunreinigtes Feuer sich durch brennende Krankheiten (s. Feuer § 6) rächt, so fliegt ein v e r f l u c h t e s auf den Frevler zu und vernichtet ihn und seine Habe 3 ). Aber auch mittelbar kann man die Gefahr einer F. auf sein Haus herabbeschwören, so wenn man die Nester der S t ö r c h e (s.d.) u n d S c h w a l b e n (s. d.) stört oder diesen Vögeln sonst ein Leid a n t u t (vgl. auch Blitz); nach wendischem Volksglauben kommt der Storch in solchem Falle dann wohl selbst und zündet das Haus mit glühenden Kohlen an 4 ). Das sagt man auch dem H i r s c h k ä f e r (s. d.) nach ohne Rücksicht auf die ihm zuteil gewordene Behandlung. Von ihm glaubt man, heißt es bei Fischer 6 ), „daß er zwischen die an seinem Kopfe befindlichen Zangen eine glühende Kohle nehme, sie in Scheunen, Heuböden usw. werfe und dadurch Feuersbrünste verursache; daher er auch von einigen Feiierträger genannt wird". Daß man ihn deshalb nicht ins Haus bringen dürfe, ist, allerdings spärlich, sowohl aus dem Süden, wie aus dem Norden Deutschlands bezeugt e ). Doch liegt kein Grund vor, aus der neben Feuerschröter, Fürböter, Husbanner (-barner, -brenner)') gelegentlich auch auftretenden Bezeichnung Donnergueg auf „eine tiergestaltige Erscheinung des Gewittergottes" 8 ) zu schließen; die Erklärung wird ganz einfach in der naturwissenschaftlichen Beobachtung liegen, daß der eben ausgeschlüpfte Hirschkäfer mitunter noch phosphoreszierende Teile von Eichenholz an sich trägt"). Ganz vereinzelt tritt an die Stelle des Hirschkäfers in dieser Bedeutung der K r e b s 10). Er ist im Volksglauben eng mit dem D r a c h e n verwandt, und dieser wird nun in seiner Erscheinungsform als feuriger Drache wesentlich häufiger mit der F. in
Feuersbrunst
1417
V e r b i n d u n g gebracht. Er l ä ß t den Hof seines Gastgebers in F l a m m e n aufgehen, w e n n man ihn schlecht oder falsch ernährt u ) , oder wenn kundige L e u t e ihn durch einen Gegenzauber dazu zwingen 1 2 ). Ferner zünden Irrlichter (s. d ) I S ) und F e u e r m ä η η e r (s. d . ) l 4 ) bisweilen die Häuser an, w e n n sie geneckt und v e r s p o t t e t werden oder nicht die richtige Belohnung empfangen für den Dienst, einem Verirrten heimgeleuchtet zu haben. — Die Sage erzählt, daß im J a h r e 1191 zu Mügeln schwarze R a b e n und andere V ö g e l durch feurige K o h l e n die Häuser in B r a n d gesetzt hätten, und sieht in ihnen die v o n G o t t zu diesem Strafgericht b e a u f t r a g t e n Höllengeister* 5 ). Und so ist es im übrigen G o t t e s Z o r n , der sich vor allem in der durch W e t t e r schlag hervorgerufenen F. o f f e n b a r t ; dabei werden die den B l i t z (s. d.) herbeiziehenden Unterlassungs- und T a t s ü n d e n mitunter auf das Schadenfeuer überh a u p t ausgedehnt. Doch m a c h t man gelegentlich neben dem T e u f e l l e ) auch die H e x e n d a f ü r verantwortlich, die ζ. B. 1533 zu Schiltach eine F. durch Umschütten eines Hafens „ v o l l e r w u s t s " bew i r k t haben sollen 17 ). — A u c h die klar erkannte B r a n d s t i f t u n g durch Menschenhand wird im V o l k s g l a u b e n ausgedeutet. Der ergriffene B r a n d s t i f t e r wird v e r b r a n n t 1 7 ) , und ihn t r i f f t diese Strafe, selbst wenn ihn der A r m der weltlichen Gerechtigkeit nicht erreicht. B e v o r er das Haus anzündet, erblickt er das höllische Feuer und sich darin 1 8 ); die so erzeugte F. schlägt ihm nach und f o l g t ihm auf der Spur über S t o c k und Stein, Wasser und W e h r 19 ), und man erkennt ihn daran, d a ß ihm die Schuhe zu brennen anfangen 20). Innerhalb v o n 15 Jahren aber m u ß er sterben und v e r d e r b e n 2 1 ) . O b in der Bez e i c h u n g : , , J e m a n d e m den r o t e n H a h n a u f s D a c h s e t z e n " mehr liegt als eine bloße sinnbildliche R e d e w e n d u n g , ist noch nicht hinreichend g e k l ä r t 22 ). ') Vgl. G r i m m t ο r i u s Deliciae
Myth. 1, 501. >) P r ä -
pruss. 34. ·) E i s e l
land 233; W ο 1 f Beiträge 2, 3 7 6 = Preußen 1, 632. 4) G r o h m a n n s c h e r Aberglauben 1 (1791), 176. Baden 362; W o l f Beiträge I, 223
Voigt-
Graesse 64. ·) F i ·) Μ e y e r (Wetterau);
K ü c k Wetterglaube 145; BlpommVk. 6, 48. ') Vgl. noch G r i m m Myth. 1, 152; W u t t k e 115, 304. 8) B e r t s c h Weltanschauung 246; vgl. G r i m m Myth, ι, 152. ·) So schon Fischer
(s. ®>) und G ö ζ e Nützliches
Aller-
tey aus der Natur . . . Leipzig 3 (1788), 289 ff. ">) B a u m g a r t e n Aus der Heimat 1, 18. l l ) G r i m m Myth. 2,852; E i s e l Voigtland 159; K ö h l e r Voigtland 422; Schönw e r t h Oberpfalz i, 395; Leipzigisches Geschichtsbuch. Leipzig 1714, 357; Μ e i c h e Sagen 305 ff.; K ü h n a u Sagen 2, 27 f . ; 2, 40 f.
J o h n Erzgebirge 135; MwürttVk. 1904 (1), 101; K u h n u. S c h w a r t z 421; S e i -
farth
Sagen,
1 (Göttingen
Märchen
usw. aus
Hildesheim
1854), 61; Brandenburg
185.
ls)
J o h n Erzgebirge 1 3 5 ; A η d r e e Braunschweig 389; Voges Braunschweig 57;
G r a e s s e Preußen 2, 837; Blpomm Vk. 4, 141. " ( D r e c h s l e r 1, 319; K ü h n a u Sagen 1, 387. 14 ) K ü h n a u 395. 432. " ) Μ e i c h e Sagen
Sagen 1, 392. 636 f. " ) ζ. B .
H a u p t Lausitz 113. ") Nach der Zimm. Chronik 3, 82 bei M e y e r Aberglaube 249. l8) G r i m m Weisthümer 3, 416; M e y e r Baden 377. ") P e t e r ösitrr.-Schlesien 259; Η a 1 1 r i c h Siebenb. Sachsen 309.
s0 )
G ri m m
Myth. 3, 464. ") MwürttVk. 1913, 313. " ) Vgl. G r i m m Myth. 1, 500; 2, 558; 3, 192; M e v e r Germ. Μyth. 110; S t r a c k e r j a n 2, 115; ZfdMyth. 2. 61. 327; ZfrwVk. 4, 292; SAVk. 16, 67; zu dem Begriff des „Feuervogels" überhaupt vgl. Veckenstedts Zs. 1, 337.
2. Zahlreich sind die V o r z e i c h e n , die den hellsichtigen oder gewöhnlichen Menschen eine F. im v o r a u s v e r k ü n d e n . Der große B r a n d v o n Sorau v o m Jahre 1684 zeigte sich an durch Vorbrennen, vorzeitigen Feuerlärm und Mißgeburten 23 ), der zu Zeulenrode v o n 1790 durch Feuerkugel, blutroten Sonnenuntergang, Hundeheulen und s p u k h a f t e Feuerlöschgeräusche M ) . Und so gelten auch anderswo ungewöhnliche E r s c h e i n u n g e n a m H i m m e l 2 5 ) und auf der Erde 2e ) nicht nur ganz allgemein als üble Vorbedeutungen, sondern im besonderen auch als Anzeichen f ü r ein Schadenfeuer. Unter den i r d i s c h e n E r s c h e i n u n g e n sind es v o r allem die feurigen, die auf baldigen B r a n d weisen, gelegentlich die S i c h t u n g eines F e u e r m a n n e s 2 7 ) oder F e u e r d r a c h e n *), einer F l a m m e in Gestalt eines drohenden Gesichtes2*). In der B e o b a c h t u n g und A u s d e u t u n g v o n Irrlichtern wird a u c h der Glaube a n ein V ο r b r e η η e η (s. d.) zu einem Teil
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Feuersbrunst
seine Erklärung finden; er ist in divinatorischer Hinsicht dadurch ausgestaltet worden, daß man einzelnen Menschen die Gabe dieses Vorgesichtes zuschrieb, und war stellenweise so fest im Volksbewußtsein verankert, daß man durch öffentliche Fürbitten und Almosen das drohende Unheil abzuwenden sich bemühte. Des weiteren wird eine ganze Reihe mehr oder weniger m e r k w ü r diger G e r ä u s c h e und Beweg u n g e n als Anzeichen für eine F. gedeutet; ein Brand steht bevor, wenn die F e u e r s p r i t z e q u i e t s c h t oder k n a r r t 31 ), wenn sich's im Spritz e n h a u s e r e g t 3 2 ) , die Kinder F e u e r l ä r m nachahmen 3 3 ) und der H a u s s c h l ü s s e l beim Hineinblasen einen l a u t e n T o n gibt 3 4 ); in Schöneck sah man von jeher eine F. voraus, wenn ein an der Wand hängendes J a g d g e w e h r in p e n d e l a r t i g e S c h w i n g u η g e η geriet 3S), und im Erzgebirge glaubte man, daß die Spitze einer in der Christmette krumm werdenden K r ö n l e u c h t e r k e r z e nach der Richtung des demnächstigen Schadenfeuers wiese 36 ). „ I h r lieben Leute, laßt euch sagen, Wenn es thut in das Läuten schlagen, So bewahrt das Feuer und Licht Daß niemanden Schad geschieht, Und trauet Gott dem Herrn" 37). Mit diesen Worten verwahrt sich die Rockenphilosophie gegen den Aberglauben, daß es eine F. anzeige, wenn die S t u n d e n g l o c k e während des L ä u t e n s schlägt38), und dasselbe befürchtet man, wenn z w e i U h r e n zu g l e i c h e r Z e i t oder unmittelbar nacheinander schlagen 3β), wenn das L ä u t e w e r k and e r s schlägt a l s d i e Z e i g e r angeben 40) oder die G l o c k e n von selbst anfangen zu klingen41). Weit verbreitet ist ferner der Glaube, daß ein Haus binnen kurzem oder überhaupt abbrennen wird, wenn bei den H o l z a r b e i t e n zu seinem Bau Funken s p r i n g e n , sei es nun beim ersten Axthieb 42 ), beim Hineinhämmern des ersten Nagels 4 3 ), beim Anschlagen der Dachlatten **), beim Aufsetzen des Gesperres 4S) oder sonstwie 4e ). Das hängt
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offenbar zusammen mit der Anschauung, daß Bäume, in die der Blitz geschlagen hat, ohne sie zu zersplittern, nach einer Reihe von Jahren von selbst anfangen zu brennen und dadurch das Haus, in das Sie hineingebaut wurden, anzünden; solche „ F e u e r b ä u m e " werden von den Zimmerleuten eben daran erkannt, daß beim Behauen Funken hervorspritzen 47). — Vor allem wird nun aber das V e r h a l t e n d e r T i e r e beobachtet. Ein h e u l e n d e r H u n d (s. d.) sagt Feuer oder Tod an 48 ), und zwar das erstere, wenn er den Kopf in die Höhe streckt, das letztere, wenn er gegen den Erdboden heult 49). L ä u f t im Sommer ein H a s e (s. d.) d u r c h s D o r f , so gibt's eine F.60), ebenso, wenn ein Paar P f e r d e d u r c h g e h t 61 ). Der S t o r c h zeigt durch vorzeitiges V e r l a s s e n 6 2 ) oder U m f l a t t e r n s e i n e s N e s t e s 6 3 ) an, daß das Haus bald abbrennen wird. Wenn die G ä n s e h o c h u n d weithin f l i e g e n 64), wenn eine (rote) 65) Η e η η e kräht6e), eine N a c h t e u l e bei Tage auf einem Hause s c h r e i t 6 7 ) oder ein B i e n e n s c h w a r m s i c h a n s H a u s h ä n g t 6 8 ) , steht eine F. bevor, und wie bei den Russen und Esten ganz allgemein der K u c k u c k 6 9 ) ein Schadenfeuer verkündet, so ist es in Westböhmen das R o t k e h l c h e n 6 0 ) . Auch im T r a u m e kommt dem Auftreten von B i e n e n 6 1 ) , rotem Rindv i e h 6 2 ) und B ä r e n 6 S ) , wie dem F e u e r 6 4 ) selbst bisweilen diese Bedeutung zu. — Besonders aber sucht man bei einem ausgebrochenen S c h a d e n f e u e r nach Anzeichen für das nächste. Es müssen in kurzer Zeit noch z w e i B r ä n d e in demselben Orte folgen 66 ). Wenn es ins F*euer h i n e i n r e g n e t 66), wenn der K e t t e n h u n d 6 7 ) oder ein Stück V i e h 6 8 ) i n d e n F l a m m e n u m k o m m t oder B r o t auf dem Tische m i t v e r b r e n n t · * ) , so bricht auf demselben Gehöft bald, nach sieben oder zwölf Jahren, wieder eine F. aus, ebenso wenn das K a m i n stehen b l e i b t 7 0 ) . Bricht es aber zusammen, so weist die R i c h t u n g s e i n e s F a 1 1 e s 71 ), wie die des stürzenden Τ ü r g e -
Feuersbrunst r ü s t e s 7 2 ), nach dem Ort des nächsten Schadenfeuers. Auf die B r a n d s t e l l e selbst aber baut man a m besten überhaupt k e i n n e u e s H a u s wieder. denn es würde, besonders wenn es v o m Blitz getroffen wurde, erneut a b brennen M ) . **) H a u p t Lausitz 265 f.; auch abgedruckt bei Κ ü h η a u Sagen 3, 485. **) F i s c h e r Aberglauben Anhang 187 f. at ) P r ö h l e Harz 73; J o h n Erzgebirge 27; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 73; Urquell 3, 108; S A V k . 2, 2 2 1 ; Β e η e k e Hamburgische Geschichten und Sagen. Berlin 2 (1886), 234. B o e c l e r Ehsten 124. *·) E i s e l Voigtland 248; K ü h n a u Sagen 3 , 5 5 1 ; B a u m g a r t e n Aus der Heimat 1 , 18 f. *') Μ ü 1 1 e η h ο f { Sagen 246 f.; Grohmann 2 1 . M ) G r o h m a n η 23. ») K n o o p Posen 12. 80) M ü l l e n h o f f Sagen 247; S t r a c k e r j a n 1, 164. 182; S a r t o r i Westfalen 76; K ü c k Lüneburger 31 Heide 243. ) P e t e r österr.-Schlesien 2, 25g (auch die Mühlräder); W u t t k e 2 1 1 ; 3S Β e η e k e (s. A;im. 25) 2, 229. ) C u r t ζ e Waldeck 4 1 1 . ®3) J o h n Erzgebirge 27. 34) P e t e r österr .-Schlesien 2, 247. 35) Μ e i c h e Sagen 236. 3 ') J o h n Erzgebirge 27; W u t t k e 2 1 6 . Rockenphilosophie 1, 252. m ) F i s c h e r Aberglauben 1, 1 7 5 ; S e i f a r t h (s. n ) 2, 144; B a r t s c h Mecklenburg 2, 1 3 0 ; vgl. auch Baumgarten Aus der Heimat 1, 18. 3 ') E n g e l i e n und L a h n 280; John Erzgebirge 27; G r o h m a n n 43. *°) G r o h 41 mann 43. ) J o h n Erzgebirge 27. ") K ö h l e r Voigtland 393; K ü c k Lüneburger Heide 186; BlpommVk. 6, 104; Bait. Stud. 1883, 137. " ) Urquell 3, 108; Lüneburger Heimatbuch 2 (Bremen 1914), 510. " ) S A V k . 2, 2 2 1 . 4S) P e t e r österr.-Schlesien 2, 247 = D r e c h s l e r 2, 2. " ) G r i m m Myth. 3, 491 (Esten); Jahrb d. Ver. f. Mecklenburg. Gesch. u. Altertumsk. 20 (1855), 1 7 3 ; 4 Müllenhoff Sagen 570. ') B a u m g a r t e n Jahr u. s. Tage 25; D e r s .Aus der Heimat 1, 19 f f . ; M ü l l e n h o f f Sagen 570. ω ) Rockenphilosophie 1, 298; Fischer Aberglauben 1, 175. 208; B i r l i n g e r Volksth. 1 , 200; M e i e r Schwaben 489; K u h n und Schwartz 452; Pröhle Harz 73; Strackerjan r, 22; P e t e r Österr.Schlesien 2, 255; ZfVk. 9, 208; SchwVk. 10, 32. **) G r i m m Myth. 3, 473; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2 1 8 4 ; K e h r e i η Nassau 2, 269; C u r t ζ e Waldeck 382; P o l l i n g e r Landshut 165; K a l t r i c h Siebenb. Sachsen 2 9 1 ; J o h n Westböhmen 2 1 3 ; E n g e l i e n und L a h n 275; ZfdMyth. 4, 29; Veckenstedts Zs. 2, 357; S A V k . 7, 1 3 4 ; 2 1 , 2 0 1 ; MwürttVk. 1 9 1 3 , 308. M ) ( K e l l e r ) Grab 2, 205; E n g e l i e n u. L a h η 280; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 84; P e t e r Österr.-Schlesien2,2$5; Drechsl e r 2, 234; G r o h m a n n 57; Z f V k . 10, 209; 51 Urquell 3, 108. ) John Erzgebirge 27.
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«·) H e c k s c h e r 1 3 2 ( E . M . A r n d t ) ; B i r l i n g e r Volksth. r, 200; Strackerjan 1, 25; F i n d e r Vierlande 2, 235; S c h u l e n b u r g 260. — In bezug auf Tauben wird dieser Glaube noch beim Brande des Wiener Justizpalastes 1927 erwähnt: Hamburger Fremdenblatt 2 1 . 7. 1927. **) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2184. " ) E n g e l i e n u. L a h n 280; D r e c h s l e r 2, 145. 5t ) G r o h m a n n 75. M ) G r i m m Myth. 3 , 4 7 4 ; B a u m g a r t e n Aus der Heimat 1, 1 8 ; D r e c h s l e r 2, 145; Z f V k . 4, 85; vgl. noch F r i s c h b i e r Hexenspr. 167; Vernaleken Mythen 334. " ) ( K e l l e r ) Grab 1 , 8 2 ; G r i m m Myth. 3, M 473; D r e c h s l e r 2, 145. ) Rockenphilosophie r, 299; F i s c h e r Aberglauben r, 176; M D r e c h s l e r 2, 86. ) Boecler Ehsten 140; ZfdMyth. 3, 291. ") G r o h m a n n 72. «>) Z f V k . 4, 86; E n g e l i e n u. L a h n 285. '*) Ebd.; P e t e r österr.-Schlesien 2, 257. • 3 ) Urquell 1, 203. M ) S A V k . 10, 3 1 . «) ZfrwVk. 4, 267. ··) G r o h m a n n 52 = W u t t k e 2 1 1 . " ) B a u m g a r t e n Aus der Heimat 1, 19; Schönwerth Oberpfalz 1, 3 5 5 ; S t r a c k e r j a n 1 , 2 2 ; G r i m m Myth. 3, 474; G r o h m a n n 54; D r e c h s l e r 2, 96. 1 4 5 ; J o h n Erzgebirge 27; Wuttke 2 U ; Urquell 3, 108. ™) S t r a c k e r j a n 1 , 36. ·') D r e c h s l e r 2, 1 5 ; W u t t k e 2 1 1 . 70 ) M e i e r Schwaben 493. " ) B i r l i n g e r Volksth. 1, 200; ZfdMyth. 4, 48. »·) R o c h h o l z Glaube 2, 1 4 1 . , 3 ) G r i m m Myth. 3, 491 (Esten); D r e c h s l e r 2, 1 3 8 ; ZfrwVk. 5, 172. 3. Die F . w a r nicht nur der furchtbarste Feind des ländlichen H o f - und Dorfbesitzes, sondern auch des städtischen Gemeinwesens, trotz der vielen Feuerordnungen bis weit in die Neuzeit hinein. E s ist nur natürlich, daß das Volk angesichts der unzureichenden obrigkeitlichen Löschvorrichtungen zu abergläubischen M i t t e l n u n d M a ß n a h m e n seine Zuflucht nahm. Diese beruhen nahezu ausschließlich auf der Vorstellung v o m Feuer als einem lebenden Wesen und unterscheiden sich im einzelnen nur insofern, als man im Guten oder im Bösen mit diesem Dämon fertig zu werden sucht; man begütigt es durch hineingeworfene Gaben, oder man g e h t ihm mit dem ganzen Rüstzeug der Beschwörungskunst zu Leibe. H ä u f i g ist diese Verschiedenartigkeit dann gleichbedeutend mit der unterschiedlichen Einstellung des Feuerbanners: nur die heidnische Überlieferung sucht das ausgebrochene Element zu versöhnen; die kirchlichen Vorkehrungen
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Feuersbrunst
sind ausschließlich darauf gerichtet, durch die K r a f t des Segens und des geweihten Gegenstandes den teuflischen Dämon im Schadenfeuer zu bekämpfen. Diese Grundanschauungen gehen nun bei den Einzelerscheinungen des volkstümlichen Brauches in feinen Abwandlungen ineinander über, und das erschwert die systematische Gliederung der ungeheuren Fülle erheblich; sie läßt sich noch am einfachsten ordnen nach den äußeren Erscheinungsformen. Der Volksglaube kennt — wenn man die vorbeugenden Maßnahmen, die im wesentlichen mit der Blitzabwehr (s. Blitz) zusammenfallen, ausscheidet — ein B a n n e n der ausgebrochenen F. durch G e g e n s t ä n d e , gesprochene Worte, geschriebene Worte und Zeichen, Handlungen und die Kraft einzelner Persönlichkeiten schlechthin; doch tritt gewöhnlich nicht eins dieser Mittel allein auf, sondern es wird durch eines oder mehrere der andern in seiner Wirkung verstärkt. a) G e g e n s t ä n d e . „ G o t t hat ein anderes Element, das Wasser, den heftigen Wirkungen des Feuers entgegengesetzt", betont Fischer 7 4 ) gegenüber den abergläubischen Löschversuchen seiner Zeit noch einmal mit Recht; denn das Wasser als das natürlichste Mittel tritt im Volksglauben ganz zurück. Mitunter heißt es in den Anweisungen ausdrücklich: „eine Kunst, Feuer zu löschen ohne W a s s e r " 7 5 ) , und wenn man sich schon des Wassers bedient, so muß es geweiht 7 ®) sein; selbst die Feuerspritzen werden durch ein hineingelegtes Agathabrot " ) löschkräftiger und neuerdings durch eine eigene Benediktionsformel 78) f ü r diesen Zweck eingesegnet. — Auf das vorbeugende Füttern der Elemente (s. d.) gehen all die Maßnahmen zurück, die eine F . durch hineingeworfene Lebensm i t t e l besänftigen wollen. Ihrer bedienen sich in erster Linie diejenigen, „welche einen L a i b B r o t mit gewissen Ceremonien vnd Worten in das Fewr werffen, daß es eintweders ausslösche, oder doch nicht weiter v m b sich fresse" 7 9 ). Unter dem in seiner A r t mehr oder weni-
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ger genau gekennzeichneten Brot ®°) spielen J u d e n m a t z e n 8 1 ) und A g a t h a b r o t 8 2 ) (s. d.) eine besondere Rolle. Daneben wird geweihtes S a l z 8 3 ) und auch wohl H o n i g 8 4 ) ins Feuer geworfen, vor allem aber, und zwar fast ausschließlich gegen den durch Blitzschlag verursachten B r a n d 8 S ) , M i l c h 8 6 ) hineingeschüttet. Auch das Antlaß-, Karfreitags-, O s t e r e i 8 7 ) wird in gleicher Weise verwendet. In verschiedenen handschriftlichen und gedruckten Anweisungen w ) tritt es auch mit einem s c h w a r z e n H u h n und einem mit Menstrualblut befleckten Hemdstück zusammen in mehrfachem Zauber a u f ; doch wird die gleiche K r a f t auch diesen Dingen allein oder im Verein mit Hirschbrunst und Jungfernwachs zugeschrieben 8 '). Stubenkehricht soll man stellenweise noch dazu tun, wie denn auch eine Handvoll E r d e feuerlöschend wirkt 9 0 ). In diesen Beispielen ist schon der Übergang zu den Mitteln vollzogen, die in den Umkreis der Dreckapotheke gehören und unter denen die J a u c h e 9 1 ) auch gegen Schadenfeuer verwandt wird. — Von den eigentlichen Lebensmitteln scheint sich die besänftigende Wirkung übertragen zu haben auf die Gegenstände, in denen sie angerichtet oder aufgetragen werden. S o kommt dem B a c k t r o g in dieser Beziehung eine hohe Bedeutung zu; man stellt ihn, meistens mit der hohlen Seite, gegen das Feuer und hofft dann entweder, daß er den B r a n d auf seinen Herd beschränkt oder umgekehrt in sich hineinzieht 9 2 ). Außerordentlich reich bezeugt ist ferner das Hineinwerfen eines — meistens beschriebenen — T e l l e r s in die Lohe 9 3 ). Der wertvollste Beleg f ü r diesen Brauch ist die berüchtigte Tellerverordnung des Herzogs Ernst August von Sachsen-Weimar vom 24. 12. 1742, die mitsamt ihrer Vorgeschichte ein kulturgeschichtliches und biographisches Dokument ersten Ranges darstellt 9 4 ). Nach ihr sollen die bereits in Gebrauch gewesenen und mit frischer Tinte beschriebenen Teller von Holz sein, und das ist die gewöhnliche F o r m ; doch kennt man auch irdene 86) und zinnerne 9e ), und
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Feuersbrunst
dem gleichen Z w e c k e wird der umstrittene Messingteller des Germanischen Museums gedient haben (s. unten 3 c). A u c h der T i s c h findet bei der Feuerb a n n u n g V e r w e n d u n g und ist in dieser Beziehung ein Musterbeispiel f ü r die Verschmelzung der verschiedensten Vorstellungen. In dem Brauche, ihn bei Gewitter unter der D a c h t r a u f e zu decken oder bei einer F. Brot darauf zu l e g e n " ) , findet sich das E l e m e n t e f ü t t e r n wieder; daß man
ihn umstürzt M ), k n ü p f t die V e r b i n d u n g hinüber zu ähnlichen Gebräuchen nach der Beerdigung, die auf eine gründliche Trennung der Lebenden von den Geistern oder Dämonen abzielen; verchristlicht ist dieser B r a u c h schließlich in der Forderung, d a ß nur der Tisch das Feuer bannt, auf dem ein K r u z i f i x u s steht oder einmal das heilige S a k r a m e n t gelegen h a t " ) . Wie man endlich ein Tischtuch zur Blitzabwehr 10°) benutzt, so glaubt man a u c h
Messingamulett gegen Feuersbrunst (Germanisches Museum, Nürnberg)
durch andere T ü c h e r die F. dämpfen zu können. N a c h T a c i t u s (Ann. 13, c. 57) sollen die Ubier einen B r a n d nach Erschöpfung aller anderen Mittel dadurch gelöscht haben, daß sie „ t e g m i n a prof a n a et usu p o l l u t a " in die F l a m m e n warfen, und bis in die Neuzeit hinein ist der Gebrauch v o n B e t t ü c h e r n der W ö c h nerin 101 ), wie v o n H e m d e n der Menstruierenden w ) zu dem gleichen Z w e c k e bezeugt. — A u c h unter den kirchlichen gegenständlichen Mitteln der Feuerlöschung steht ein T u c h an erster Stelle, das C o r p o r a l e. W i e
verbreitet seine schon zu Beginn des I i . Jhs. belegte V e r w e n d u n g war, geht aus der kluniazensischen Sitte hervor, daß „ u n u m simplum (corporale) semper iacet in sinistro cornu altaris contra periculum ignis" l 0 2 ). A u ß e r dem Corporale warf man auch geweihtes W a c h s ι ο ϊ ) , vor allem in der F o r m des A g n u s Dei (s. d.) 104 ), K a r s a m s t a g s k o h l e 1 1 5 ) und A g a t h a b r o t (s. d. u. unter Brot) in Feuer. H ä u f i g e r und länger bezeugt aber ist der Gebrauch des heiligen S a k r a m e n t e s ( s . d . ) 105 a ) selbst, mit dem die feuerbannenden Geistlichen ebenso wie
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Feuersbrunst
mit den B i l d e r n der Jungfrau Maria und der verschiedenen Feuerheiligen (s. 3 d) 106 ·>) in Prozession die Brandstätte umzogen. b) D a s gesprochene Wort im abergläubischen Feuerlöschwesen hat sich niedergeschlagen in einer großen Zahl mehr oder weniger untereinander verwandter F e u e r s e g e n (s. d.), denen bereits 1723 der Querfurter Archidiakonus J. Chr. Schäffer eine gründliche Kampfschrift widmete l o e ) und die sich als Texte des Feuerbesprechens bis in die Gegenwart hinein überall in Deutschland erhalten haben. c) G e s c h r i e b e n e W o r t e u n d Z e i c h e n . Die Feuersegen werden zum größten Teil mündlich weitergegeben worden sein. Durch die wachsende Länge aber im Verein mit dem Bestreben, zur besseren Wirksamkeit kein Wort der Überlieferung auszulassen, ergab sich von selbst eine schriftliche Festlegung, die dann in den verschiedenen Zauberbüchern des 18. Jhs. feine Weiterführung fand. So konnte schon der bloße Besitz eines F e u e r b r i e f e s (s. d.) das Haus vor Feuersgefahr schützen, und in einzelnen Sätzen auf die feuerlöschenden Gegenstände geschrieben, verstärkte er deren K r a f t . Größere Bedeutung aber kommt einer ganzen Reihe von magischen Sprüchen und Zeichen zu, deren wichtigste sich auf einer zweifellos als Feuerteller oder Feueramulett anzusprechenden Messingscheibe des Germanischen Museums 107) vereinigt finden (vgl. Sp. 1425 f). Der Spruch des äußeren Zirkels: ,,M e n t e r n sanctam spontan e a m h o n o r e m d e o et p a t r i a e l i b e r a t i o n e m " findet seine Erklärung in der Legende der hl. Agatha, (s. d.), der Schutzpatronin gegen Feuersgefahr; er soll auf einer Tafel gestanden haben, die ein Engel Gottes der Heiligen in den Sarg legte zur Kennzeichnung ihrer Tugenden, insbesondere eben der „liberatio patriae", der Befreiung der Stadt Catania von den Feuergluten des Ätna 1 0 8 ). Mit der Ausbreitung des Agathakultes in Deutschland während des 15. Jhs. setzt dann der Gebrauch der mit diesen Worten
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beschriebenen Agathazettel 1 0 9 ) (s. d.) ein. — Das T e t r a g r a m m a t o n (s. d.) des nächsten Kreises tritt in der Feuerbeschwörung vor allem als „ A g l a " (s. d. und weiter unten) auf, doch wird gelegentlich auch der N a m e J e s u auf einen Teller geschrieben 110 ). — Ebenso ist der nach innen zu folgende Spruch Joh. 1, 14: V e r b u m c a r o f a c t u m est et h a b i t a b i t ( = habitavit) i n nob i s (s. noch Johannisevangelium), wie auch die Aufzählung der v i e r Evang e l i s t e n m ) nicht der Feuerbannung vorzugsweise angehörig. — Deutlich aber wird die Bestimmung des Tellers in dem innersten Kreise. Schon das C o n s u m m a t u m e s t („Es ist vollbracht", Wort Jesu am Kreuz) ist in der Beziehung zur F. h ä u f i g e r U 2 ) bezeugt, ebenso das aus den Anfangsbuchstaben des jüdischen Morgengebetes zusammengesetzte Tetragrammaton „ A G I A " ( = A G L A , s. d.) 1 1 3 ). Fast ausschließlich zur Brandlöschung benutzt aber wird die das Mittelfeld einnehmende S a t 0 r f ο r m e 1 (s.d.); ihre Verwendung auf Feuertellern, -zetteln oder -brot ist überall reichlich belegt. Neben diesen in ihrer Bedeutung erkennbaren Sprüchen und Formeln wird gelegentlich auch der reine Buchstabenzauber in den Dienst der Feuerbannung gestellt 1 1 4 ). d) H a n d l u n g e n . Feuersegen, magische Zeichen und amulettartige Gegenstände aber gelangen erst zu ihrer vollen Wirksamkeit durch die mit ihnen vorgenommene zauberkräftige Handlung, die unter Umständen auch schon allein der F. Einhalt zu gebieten vermag. Das gilt zunächst einmal von der christlichen Bannhandlung des Kreuzschlag e n s . In den geschriebenen Feuersegen finden sich mitunter ausdrückliche Vorschriften nach dieser Richtung hin, so ζ. Β „drei mal sprechen und jedesmal mit der Hand das Kreuz gegen das Feuer machen" 11S ) oder „erstlich macht mit der rechten Hand ein Kreutz gegen das feuer und . . . . folgendes gesprochen" l l e ) . In Pommern schlug man beim Absagen des Segens an allen vier Ecken des brennenden Hauses mit der Hand das
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K r e u z 1 1 7 ); in Schlesien schützte man sich in seiner A b w e s e n h e i t v o r einer E n t z ü n d u n g des Hauses durch das Herdfeuer, indem man v o r h e r mit der H a n d über der G l u t ein K r e u z machte u e ) . A n d e r e Feuerbanner nehmen zwei S t r o h h a l m e kreuzweise in die H a n d u e ) oder hauen mit dem Beile drei K r e u z e in den Grenzzaun 120 ), und ähnliche V e r f a h r e n schützen auch gegen den B l i t z und das durch ihn verursachte S c h a d e n f e u e r 1 2 1 ) . — Immerhin ist diese A b w e h r h a n d l u n g verhältnism ä ß i g selten gegenüber einer altheidnischen, die A n h o r n 1674 mit folgenden W o r t e n kennzeichnet: „ N i c h t weniger versündigen sich höchlich diejenigen, welche in den Fewrsnöthen, b e y den Zauberern Hülff suchen, daß sie das F e w r in e i n e n g e w i s s e n R i n g b a n n e n , d a m i t seine F l a m m e n außer denselbigen nicht a u s s b r e c h e n " m ) . D a s kann m i t 1 2 3 ) oder ohne Wasser 124 ) geschehen, wird aber in den allermeisten Fällen ersetzt durch die einfache U m wandlung. Diese bedeutet hier, im Gegensatz zu ihrem V o r k o m m e n bei den Einführungsriten (s. U m g a n g , u m w a n deln usw., Herd), das Ziehen eines trennenden Bannkreises, durch den entweder — nur w e n i g 1 2 5 ) belegt — das Eingekreiste v o r dem F l a m m e n m e e r umher, oder aber das außerhalb ) Z f V k . 6, 255; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 86; s. ferner A n m . 101. 1S2 ) W l i s l o c k i Sieb. Volksgl. 114. , M ) B a u m g a r t e n Aus 134 ) der Heimat i , 23. Schudt Jüdische Merkwürdigkeiten 2. Teil (6. Buch) F r a n k f u r t und L e i p z i g 1714, 6. c. § 575. — Vgl. ferner A n h o r n Magiologia 189; F i s c h e r Aberglauben 1, 1 7 2 ; S c h e l l Bergische Sagen 104, 482; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 1 1 9 ; G r a e s s e Preußen 1, 632; B a v a r i a 2 (1), 241; Z f d M y t h . 2, 102; U r q u e l l 4, 95; s. a u c h A n m . 81. l>5 ) A n h o r n Magiologia 399 f. 13 ·) ( K e l l e r ) Grab 4, 195 f. u 7 ) A u s Mittel- und Süddeutschland überall reichlich bezeugt. 13S) Ζ. B . E n d t Sagen 80; K ü h n a u Sagen 3, 186. , 3 ·) Z f r w V k . 2, 202. u°) Alemannia 10, 157. 141 ) R u p e r t von D e u t z De incendio oppidi Tuitii c. 3, b. Migne PL. 170, 335 f. " 2 ) J a h n Pommern 9. 143 ) G ο e ζ e Nützliches Allerley (s. A n m . 9) 2, 131 f f . ; H a u p t Lausitz 265t. '") F i s c h e r Aberglauben 1, 173 f. V g l . W l i s l o c k i Sieb. Volksgl. 81. "») F i s c h e r Aberglauben A n h . 189; E i s e l Voigtland 233. Freudenthal.
Feuersegen. Diese wollen eine Feuersbrunst löschen (begrenzen) oder ihr vorbeugen (nur wenige gelten dem „ F e u e r " der Schweine *) o. ä.). Vgl. auch Brandsegen. — Außerhalb Deutschlands und den nordischen Ländern scheinen wenige Belege vorhanden; auch recht wenige lateinische Beschwörungen liegen vor 2 ). Schon in griech. Papyri finden sich Sprüche zum Löschen wie zum Erhalten des Feuers 3). Deutsche Segen sind seit dem 15. Jh. überliefert; keine sind formell episch, doch bringen viele, ζ. B . in Vergleichsform, epische Motive.
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Feuersegen
») ZfVk. 8, 305 f. a ) Ζ. B . C i 1 i a Locupletissimus theaurus 7 (1750), 295; D r e c h s l e r 2, 144; s. auch unten 8. ' ) L e e m a n s Papyri Graeci Musei Lugduni-Batavi 2, 105.
1. A l 1 1 e s t a m e η 1 1 i c h es. G o t t a l s S c h ö p f e r der Elemente, steht als Glied in längeren Beschwörungen; besonders so: „Ich gebiete dir bei Gottes Kraft, die Alles that („thut", „kann") und alles schafft" 4). — Hinweis auf d i e drei Jünglinge im Feuerofen, Daniel Cap. 3, 5 6). S. auch Kugelsegen. 4) H ü s e r Beiträge 2, 24; Romanusbüchlein 33 f. (usw. vgl. Anm. 13); Geistl. Schild 148 f. 5 ) Geistl. Schild 148; vgl. B i r l i a g e r Volksth. 1, 199. Auch norwegisch: Norske Hexefml. Nr. 1279 f.
2. M a r i a s K e u s c h h e i t . Ζ. B. „Feuer, ich gepeut d i r . . . behalt dein funck u. flamen, wie Maria ir jungfrauschaft und er behalten hat vor allen manen", 16. Jh. e ) (auch „vor allen Namen", später auch „Damen"). *) Μ ο η e Anzeiger 3, 285 ( G r i m m Myth. 3,500 Nr. X X V b); vgl. z. B.Alemannia 17, 239; HessBl. 9, 139 ff. (mit Anmerkungen von Weinreich) ; D r e c h s l e r 2, 142. Anders Μ ο n'e Anzeiger 7, 422 (15. Jh.) u. 2, 234 (16. Jh.). — Dänisch: Danm Try lief ml. Nr. 589.
3. C h r i s t u s u n d d e r J o r d a n (vgl. Jordansegen). Ζ. B . : „Feuer, ich gebiete dir, daß du wollest stille stehn, so wahr als stille stand Christus am Jordan (hier selten: „als still stand der Jordan"), da ihn Johannes taufte, der heilige Mann" 7). 7 ) Mitt. Anhalt. Gesch. 14, 1 2 ; l e r 2, 141 usw.
Drechs-
4. C h r i s t i B l u t o d e r K r e u z . „Amtlicher" Segen Anno 1404 (Stadtbuch der Stadt Horn): „Dath bloet . . . dat unssem heren uth synen hilligen vyff wunden vloeth, dat 1 e s s c h e de glooth" (daß dieser das Brennen so leid werde, wie Longinus der Maria war) 8 ). Später beschwört man oft die Glut bei Jesu „teurem Blut, das er für uns vergossen hat, für unsere Sünd' und Missethat" u. ä. 8 ). — Oder das Feuer soll s t e h e n , „wie Chr. der Herr ist gestanden in seinem rosenfarben Blut" (vgl. Blutsegen 1 b) 10 ). Ähnlich skandinavisch
1436
') Urquell 1, 93. ») ZfVk. i , 190; 8, 345; SAVk. Γ2, 277; vgl. ZfrwVk. 1904,, 152. « ) SAVk. 15, 93; ( K e l l e r ) Grab 4, 187: G r i m m Myth. 3, 504 Nr. X L I ; Blpomm. Vk. 3, 27. n ) DanmTryllefml. Nr. 595; Eva Wigeström Folkdiktning 2 (Göteborg 1881), 402; Norske Hexefml. Nr. 1273 ft. 1278.
5. K o m b i n a t i o n . Die Motive Nr. 1 (Schöpfung), 3, 2, 4 (das Blut), gew. in dieser Ordnung, kommen sehr häufig zusammen vor, mit der Einleitung: „ B i s („Bist", „ S e i " ) willkommen, du feuriger Gast, greif nicht weiter, als was du hast" (und manchmal mit weiterer Besprechung abgeschlossen). Erster Beleg der Form 5 wohl vom Jahre 1617 12 ). Später in etwas variierenden Einzelheiten teilweise durch Zauberbücher verbreitet 1 3 ). " ) Μ o n e Anzeiger 6, 464; vgl. ZfVk. 8, 345. τ 7 · J h . " ) Romanusbüchlein33 ff.; J o h n Westböhmen 296 ff.; J u n g b a u e r Bibliographie 360 Nr. 2472; 362 Nr. 2496; SchwVk. 8, 9; B i r l i n g e r Volksth. 1, 201; HessBl. 1, 16; Alemannia 25, 237; ZfVk. 21, 340 (Waldeck); B a r t s c h Mecklenburg2, 357; D r e c h s l e r 2, 143 f.; WürttVjh. 13, 161 Nr. 18; vgl. Norske Hexefml. Nr. 1281.
6. C h r i s t i G e b o t . Gewöhnlich so: „Feuer, du heiße Flamm, dir gebeut Jesus Christus, der werte (auch „heilige", „wahre" u. a.) Mann, du sollest stille stehn und nicht weiter gehn" (nach „ A l bertus Magnus" 14 )). » ) WürttVjh. 13, 196 Nr. 174; J o h n Westböhmen 274; J o h n Erzgebirge 25; SAVk. 2, 268 Nr. 157; M e y e r Baden 376; ZfVk. 9, 439 f. (Braunschweig); K ö h l e r Voigtland 407; MschlesVk. 1896, 49; D r e c h s l e r 2, 141 ff.; B a r t s c h Mecklenburg 2, 356 Nr. 1674; B l p o m m Vk. 3, 27; J a h n Hexenwahn 60 f.; F r i s c h b i e r Hexenspr. 109. D ä nisch: DanmTryllefml. Nr. 589. 600.
7. Seltene (biblische) Motive. Der Engel-Ring (vorbeugend): „Mein Haus, das sfei mir umbeschwaifen mit engelischen raifen" usw., 16. Jh. 1 5 ). — J u d a s : „Feuer, verliere deine Hitz, wie der Judas seine Färb verloren hat, als er den Herrn J . Chr. verraten h a t " w ) (gegen das „wilde Feuer") 1 7 ); nur dieser Beleg (Hessen) ? Ein entspr. Segen gegen Brandwunden ist in Frankreich sehr beliebt 18 ). — „ C ο η s u m m a t u m e s t " (vgl. Blutsegen § 2), auf Holzteller zu schreiben, ins Feuer zu werfen, 1742 vom
Feuerstein
1437
Herzog von Weimar verordnet 1 9 ) (s. Spalte 1425). — Andere Motive " ) Μ ο η e Anzeiger 3, 285 ( G r i m m Myth. 3, 500 Nr. 25); vgl. S c h ö n b a c h H S G . (ohne Nr.) aus Freiburg Univbibl. 190. '·) ZfdA. 7. 536 N r - M· " ) v ß ' · G r i m m Myth. 1, 501 ? " ) Siehe Judas in den Segen; ZfVk. 24, 143 Nr. 1; vgl. auch SAVk. 18, 118 Nr. 10. »·) ( K e l l e r ) Grab 4, 198 f. u. öfter abgedruckt, auch Urquell 2, 145 f. 178; 3, 140. so ) ZfdMyth. i , 278; Μ o n e Anzeiger 7, 422 (15. Jh.). 8. Der A g a t h e n z e t t e l (s.d.). Auf das Grab S. A g a t h a s hatte ein Engel die Inschrift gesetzt: „Mentem sanctam spontaneam, honorem deo et patriae liberat i o n e m " ; später schützte ein T u c h v o m Grabe ihre V a t e r s t a d t (patria) Catania gegen den Ä t n a 21 ). Jene Worte, im 12. Jh. als Gebärsegen belegt 22), wurden im 15. als Glockeninschrift 2 3 ) und auch sonst gegen Gewittergefahr M ) verwendet, später gew. gegen Feuersbrunst überhaupt (vorbeugend) geschrieben 2B), auch gegen Zauber 2e ). Nicht norddeutsch belegt ? — Anrufungen anderer Heiliger gehören gew. den Gebeten an s ) . " ) AASS. 5. Febr. i , 618 ff.
Benedihttonen
2,
199.
a
«)
) Μ one
Franz Latein.
Hymnen III Bern, zur Nr. 770 (Spanien). » ) F r a n z 2, 95 (15. Jh.). « ) F r a n z 1, 272; ZfVk. 8, 345 (Österreich); B r o n n e i Sitt' und Art 70 f.; Alemannia 2, 146; M e y e r Baden 498 lat. u. deutsch. ae ) Urquell 2, 183; vgl. in Frankr. RTrp. 17, 175. 27) Eigentüml. S c h i n d l e r Aberglaube 107; episch (Katharinalegende) ZfdMyth. 4, 132 f. — Über F. in der Dichtung E b e r m a n n HessBl. 25, 117 ff. Ohrt. Feuerstein, Flintstein. „ D o n a r , Thor schlägt mit dem Stahle aus dem F. die Blitzfunken, er schleudert auch den F. als B l i t z " *). Deshalb galten aus dem F. geschlagene Funken bei den Angelsachsen als Schutzmittel gegen Blitz, Donner und alles B l e n d w e r k 2 ) . Saxo Grammaticus nennt die aus einem Stein geschlagenen Funken einen guten Schutz vor Dämonen 3). Noch heute schützt man sich in der Mark gegen Spukgespenster, indem man mit Stahl und F. Funken schlägt; denn „ d a s können sie nicht vertragen" 4 ). In Württemberg gilt der F. für ein gegen den Blitz schützendes Mittel B). Eine 1659 erschienene Schrift berichtet, daß, wenn eine Wöchnerin sich legte, man als Schutz
1438
gegen böse Geister, die sie anfechten könnten, einen in ein weißes Linnen gelegten F. gebrauchte"). In Schlesien befestigte man vor der Walpurgisnacht über der Stalltür einen recht durchlöcherten F. als Schutz gegen die Hexen 7 ). In den Hünengräbern finden sich an Stelle der Donnerkeile nicht selten F . e 8 ) . In Mecklenburg war es einst Sitte, bei Begräb nissen den Toten einen F. zu Häupten zu legen 8). Mit Stahl und Stein auf altertümliche A r t entzündetes Feuer galt als kräftiger und reiner als anderes 10 ); man entzündet so das Osterfeuer, in Oldenburg das Herdfeuer eines neuerbauten H a u s e s u ) (vgl. Stahl, Eisen). Wie der Donnerstein, ist auch der F. Schutzmittel bei gefährlichen Zuständen des Menschen und des Viehs. Namentlich durchlöcherte gelten als zauberkräftig (vgl. Trudenstein). In Oldenbbrg hängt man einen solchen Stein über dem B e t t als Schutz gegen Krankheiten auf In Menz und Umgegend wird er an der T ü r des Schafstalles aufgehängt als A b w e h r gegen Pocken und andere Krankheiten 1 3 ). Im Oberspreewald hängt man solche Steine dem Vieh als Schutz gegen Beulen und Geschwülste um 14 ). Hat eine K u h ein geschwollenes Euter, so melkt man sie durch das Loch des F.s (vgl. Donnerkeil, Kuhstein) 1S ). Wie im Altertum fand der F. auch später in der Volksheilkunde Verwendung. So verordneten Schäfer gepulverten F. gegen Magenkrampf; in der Pfalz gilt gepulverter F. als wirksames Mittel gegen Sodbrennen 1β ). In Mecklenburg begegnet uns oft die Erwähnung des F.s bei Besprechungen 17 ). Der F. gehört zu den Werkzeugen, mit denen man die Wünschelrute ungefährdet gewinnen kann 1S ). Vgl. S t a h l und S t e i n , s. v . Eisen. ') G r i m m Myth. 2, 1021; M a n n h a r d t Germ. Myth. 110, 141 f.; vgl. ZfdMyth. 2 (1854), 297 f.; S e p p Sagen 463. «) F i s c h e r Angelsachsen
41.
s
) Meyer
Germ. Myth.
211.
*) K u h n Mark. Sagen 385 Nr. 72; W u t t k e 484 § 772. ®) B o h n e n b e r g e r 23; vgl. M e y e r a . a . O . 136 f. «) ZfdMyth. 2 (1854), 297. ') D r e c h s l e r i , 109 Nr. 120; vgl. 2, 137 f. ») M e y e r a . a . O . 211.») B a r t s c h Mecklenburg 2, 98 Nr. 347; vgl. ZfVk. 17 (1907).
1439
Feuerweihe
374 (Lappen). 10) S t r a c k e r j a n 2, r i 8 Nr. 345. n ) G r i m m Myth. 1, 513; W u 1 1 k e 396 § 608. >*) S t r a c k e r j a η a. a. Ο. ι, 42. ") ZfVk. 8 (1898), 309. »«) Ebd. 9 1 ; vgl. ebd. 15 (1905). 92. ") ZföVk. 13 (1907), 139; le ) D r e c h s l e r 2, 104. HovorkaK r ο η f e 1 d 2, 81 und 87; ZfVk. 22 (1912), 121. l7 ) B a r t s c h 2, 365 Nr. 1715 und 370 Nr. 1738b. ") S c h l o s s e r Galgenmännlein 103. Olbrich.
Feuerweihe. 1. In der katholischen Kirche in Deutschland wird seit dem 12. Jh. in der Regel am K a r s a m s t a g , früher auch o f t am Gründonnerstag, selten am K a r freitag, nachdem in der Kirche alle Lichter gelöscht worden sind, auf dem Kirchhofe das Osterfeuer (ignis paschalis) entfacht und geweiht und an ihm dann die Osterkerze (s. d.) und alle Lampen und Lichter in der Kirche entzündet. Es wird als ein „jungfräuliches F e u e r " mit Stahl und Stein oder durch ein Brennglas (Kristall) hervorgerufen 2). Jeder Besitzer steuert etwas dazu bei 3 ); gewöhnlich müssen aber die abgängigen Gegenstände aus Kirche und Kirchhof den Brennstoff liefern. Im A m t e Delsberg wird auch ein Neues Testament vom Pfarrer m i t v e r b r a n n t 4 ) . Das geweihte Feuer soll die neue Lehre Christi oder den Heiligen Geist versinnbilden. Das Volk meint freilich auch wohl, es werde „ d e Vauste u t g e b r a n n t " d. h. Entbehrung und Entsagung seien j e t z t zu Ende 6). ') F r a n z Benediktionen i, 512 f.; S e p p Heidentum 1, 2 1 1 ; Meyer Baden 97. *) F r a n z 1, 507 ff.; S a r t ο r i Sitte 3, 147 f.; R e u s c h e l Volkshunde 2, 55; S e p p Religion 131. 133. ') D r e c h s l e r 1, 92. •*) H o f f m a n n - K r a y e r 149. 5) ZfrwVk. 3, 150 (Selfkant und Limburg). 2. Das kirchliche Osterfeuer hat auch große Bedeutung für das h ä u s l i c h e L e b e n erhalten. Vor dem Kirchgange wird das H e r d f e u e r sorgfältig ausgelöscht und dann mit den von der F. heimgebrachten Kohlen v o n neuem a n g e f a c h t 6 ) . Man läßt auch mitgebrachte Hölzer im geweihten Feuer ank o h l e n ' ) . Diese sind stets aus drei verschiedenen Arten gebildet; je schwärzer sie werden, desto besser 8 ). Man nimmt dazu namentlich Eiche, N u ß b a u m und
1440
Buche ®), Birkenholz 10 ), Haselnußzweige u ) , in Neusatz nur Scheite und S t e k ken von K a s t a n i e n b ä u m e n 1 2 ) . In Nieheim (Kr. Höxter) brennen die Handwerker etwas von ihrem Gerät an, die Tischler ein Holzstück, die Stellmacher einen Hürdenpfahl oder Axtstiel usw. 13 ). Von jenen W e i h h ö l z e r n legt man bei Gewitter Stücke in das brennende Herdfeuer 14 ), auch am Pfluge werden sie a n g e b r a c h t 1 δ ) . Kreuzchen davon steckt man an die Stubenwände, über Stallund Haustür gegen den von Hexen hervorgerufenen Wetterschaden l e ), an die Ecken des Kornackers gegen Ungeziefer und Hagelschlag 17 ), am ersten Maiabend an jedes Bäumchen im Garten 18 ). Einen, der gegen Schuß und Stich fest ist, braucht man nur mit dem angebrannten Astprügel zu schlagen, so ist er überwunden 19 ). Die Buben halten auch Baumschwämme über das gesegnete Feuer 20) und schwingen sie auf dem Heimgange an einem Eisenstängchen. Dadurch soll das Feuer für das Jahr gezähmt werden 21 ). Die K o p f h a a r e werden mit diesen Schwämmen angesengt gegen K o p f w e h , und dreimal läuft man mit ihnen um das Haus gegen alles Unheil 22 ). A u c h Κ ο h 1 e η und Asche des Osterfeuers s e l b s t sind gut gegen Hexen, Spuk und Zauberei aller Art 23 ). Man malt damit Kreuze an die Haus- und Stalltüren 24), legt sie unter das Dach 25 ), in den Keller gegen K r ö t e n und Ungeziefer 2e ), in die Ställe 2 '), vergräbt sie unter die Stalltür M ) und gibt sie dem Vieh ein **). Sie kommen in die Gärten und Felder, um sie fruchtbarer zu machen 30), in den Ofen 31 ), namentlich wenn er verhext ist und nicht mehr ziehen will 32 ), an das Saatgetreide 33 ). Bei einer Feuersbrunst werden sie in die Flammen geworfen 34 ). W e n n man sie in ein Gewehr ladet, so wird man treffen 3S ). Wer sie bei sich trägt, wird v o m Blitz verschont und ist gegen alles Böse gefeit 3β ). U m in einem Burschen Liebe zu erregen, muß das Mädchen ihm ein Ei zum Geschenk machen, das am Karsamstag bei geweihtem Feuer auf dem Friedhofe rotgesotten ist 3 ').
Feuerzeug—feurig 6) S a r t o r i 3, 147 A. 4; F r a n z Benediktionen 1, 5 1 6 f. 7) S a r t o r i 3, 148 A . 6. 8) B i r l i n g e r Volksth. 2, 79. ') M e y e r Baden 98; L e o p r e c h t i n g Lechrain 172. 10) Urquell 6, 188 (Leobschütz). ») J o h n Westb. 62. 12) M e y e r Baden 99. 13) Z f r w V k . 4, 21. " ) S a r t ο r i 3, 148 A. 5; Birling e r Volksth. 2, 80; M e i e r Schwaben 391 f.; Η ö r m a η η Volksleben 59; W ü s t e f e l d 15 ) M a n n h a r d t Eichsfeld 66. 1, 504. "(Drechsler 1, 93. Meyer Baden 99; Hör mann Volksleben 59; John Westböhmen 62; D r e c h s l e r 1, 93; Urquell 6, 188 (Leobschütz; noch vor Sonnenaufgang). 19) M e y e r Baden 99. le ) L e o p r e c h t i n g Lechrain 173. a0) B a y H e f t e 6, 117. 2l ) M e y e r Baden 99. 22) H o f f m a n n Krayer 148. «) Ebd. 148 f.; S c h w V k . 6, 38 f. a ) M e y e r Baden 98; W ü s t e i e l d Eichsfeld 67. " ) R e i n s b e r g Böhmen 134. *·) J o h n Westb. 63. ") B i r l i n g e r Volksthüml. 2, 78; R e i n s b e r g Böhmen 134. M) H ö r m a n n Volksleben 59; Ζ i η g e r 1 e 2") M a n ζ Tirol 149 (1286). Sargans 49; H o f f m a n n - K r a y e r 149. 30) M a n n hardt 1, 504; Zingerle Tirol 149; Reinsberg Böhmen 133; J o h n West31 3! böhmtn 63. ) Ebd. ) L e o p r e c h t i n g 33) J o h n Lechrain 173. Westböhmen 63. M) H o f f m a n n - K r a y e r 3i ) 149. Ebd. 3β 149; S c h w V k . 6, 39. ) Η ο f f m a η η s K r a y er 149. ') H ö r m a η η Volksleben 60; Z i n g e r l e Tirol 149 (1290).
3. A n vielen Orten wird das kirchliche Osterfeuer als J u d a s f e u e r , „Judasbrennen" bezeichnet, wie denn früher a u c h eine P u p p e in ihm v e r b r a n n t wurde 38). — Seltener findet in Deutschland eine häusliche F e u e r e r n e u e rung ohne kirchliche M i t w i r k u n g zu andern Zeiten statt, zu W e i h n a c h t e n durch den Christblock 39), a m Μ a i m o r g e n 4 0 ) , zu J o h a n n i s 4 l ). A u c h viele andere Völker kennen sie 42 ). " ) S a r t o r i 3, 148 A. 7. 3") Ebd. 3, 43 f. «») Ebd. 3, 185 A . 7 3 . 41 ) Ebd. 3 > 229 A . 45. ") F r a z e r io, 120 ff. Sartori.
F e u e r z e u g . Das F., einst wohl ein D i n g nach jedermanns Wunsch ist in seiner B e d e u t s a m k e i t ungleich dem a l t a r t i g erzeugten Feuer selbst nicht sonderlich v o m A b e r g l a u b e n ergriffen worden. Nur in Schweden legt man m a n c h m a l ein F. in die Wiege, so wie in Preußen in die Windeln des Kindes, das man zur T a u f e in die Kirche b r i n g t 2 ) . Im Erzgebirge und V o g t l a n d bringt das F . als Hochzeitsgeschenk Segen 31. und da und dort
1442
kennt es die Volkssage als Hochzeitsgabe der E r d m ä n n c h e n 4 ). ') Herzog Schweizersagen 2, 129 f f . F r i s c h b i e r 9 . 1 0 = S e l i g m a n n 2, 16. 3) K ö h l e r Voigtland 4 1 5 ; W . 374 § 567. 4) L ü t ο 1 f Sagen 490 ff. Haberlandt. 2)
feurig. Als f. werden in E r g ä n z u n g und A b w a n d l u n g des Begriffes glühend (s. d.) in erster Linie Naturereignisse und L e b e wesen bezeichnet, die als Lichterscheinungen vorbedeutend oder s p u k h a f t zu den Menschen in Beziehung treten. In ihnen o f f e n b a r t sich der Dualismus der christlichen Weltanschauung, indem alle a m Himmel wahrgenommenen f.en Zeichen und Bilder als Ä u ß e r u n g e n und A n zeigen des strafenden Gottes betrachtet, die irdischen aber gewöhnlich mit dem Teufel in V e r b i n d u n g gebracht werden. Unter den f.en H i m m e l s e r s c h e i nungen (s. H i m m e b z e i c h e n ) haben Sonne (s. d.), Mond (s. d.) und Sterne (s. d.) den V o l k s g l a u b e n nur durch Veränderungen ihrer Gestalt, L e u c h t k r a f t und Konstellation angeregt. A b e r schon die überaus reichen Vorstellungen v o m Wesen des B l i t z e s (s. d.) und die abergläubischen Mittel seiner Bek ä m p f u n g führen hinüber zu den vielfachen D e u t u n g e n und G e g e n m a ß n a h men, die alle unregelmäßigen und plötzlichen Lichtzeichen a m Himmel gefunden haben. W i e man in den Meteoren (s. d.) f.e D r a c h e n (s. d.) und in den K o m e t e n f.e Z u c h t r u t e n Gottes sah, so gebrauchte man auch andere Bilder zur K e n n z e i c h n u n g gleicher und ähnlicher B e o b a c h t u n g e n . „ E m i c a n t et faces non nisi c u m decidunt visae . . . . et t r a b e s simili modo . . " , heißt es bei Plinius U n t e r den Formen der „ F e u e r in den L ü f t e n " zählt K o n r a d v o n Megenberg a u f : „ . . . ain dunst . . . unden praid und oben spitzig und wirt oben e n z ü n t ; dar u m b stßt er in dem l u f t als a i n prinnend k e r z . . . . und springt denne diu f l a m m v o n ainem an daz ander wo] snell, reht als der mit ainem ρ r i n nenden schaub füer über vil kerzen . . . . so d u n k t uns denne, daz ain f l a m m spring in dem lüfte sam ain g a i z . . . . ez k ü m p t auch ze stunden, d a z der
1443
Fichte
v a i z t d u n s t z e s a m e n g e w a l z e n ist als ain k u g e 1 , u n d . . . an den e n d e n . . . e n t z ü n t er sich u m b u n d u m b n a c h a i n e m k r a i ζ u n d p r i n n e t ze m i t t e l s t niht. d a r u m b s c h e i n t u n s der d u n s t als ain 1 i e h t i u k r ö n " 2 ). Außer diesen Fackeln3), B a l k e n , K e r z e n , f.e η B ü n d e l n , Kugeln4), Kreis e n , K r o n e n k e n n t der V o l k s g l a u b e noch eine g r o ß e Z a h l a n d e r e r F o r m e n ; so h a t m a n f.e S t r e i f e n 5 ) , R e g e n bogen6), Pyramiden7), Schiffe8), S c h w e r t e r 9 ) , S ρ e e r e 10 ) gesehen, w i e d e n n a u c h d a s F e u e r s e l b s t als R e gen (s. Meteore) v o m H i m m e l g e f a l len ist. E s w i r d d a b e i n i c h t i m m e r g a n z k l a r , u m w a s es sich a s t r o n o m i s c h oder m e t e o r o l o g i s c h h a n d e l t , z u m a l die P h a n tasie des V o l k e s es bei der n ü c h t e r n e n B e o b a c h t u n g n i c h t b e w e n d e n ließ. „ M a n ist bei f.en a u ß e r o r d e n t l i c h e n E r s c h e i n u n g e n , die sich in der L u f t ereignen, ü b e r h a u p t g e n e i g t , sie n i c h t nur z u deuteln, s o n d e r n a u c h Z u s ä t z e z u m a c h e n , die der S a c h e ein r e c h t w u n d e r b a r e s A n sehen g e b e n . " S o k e n n z e i c h n e t F i s c h e r n ) ( 1 7 9 1 ) das B e s t r e b e n , die f.en H i m m e l s e r s c h e i n u n g e n als S i n n b i l d e r z u k ü n f t i g e r E r e i g n i s s e zu d e u t e n . D a s V o l k b e g n ü g t e sich n i c h t m i t K o n r a d v o n M e g e n b e r g s M e i n u n g : „ W e n n e der f e u r vil s c h e i n e n t in den l ü f t e n so w i z z , d a z der erden f r ü h t e n i h t so w o l g e r ä t e n t s a m a n d r e u j ä r " 1 2 ), s o n d e r n s u c h t e diese F e u e r z e i c h e n G o t t e s so g e n a u in ihrer F o r m zu erfassen, d a ß sich g a n z b e s t i m m t e V o r s c h l ü s s e a u f die A r t des d r o h e n d e n U n h e i l s (ζ. B . S c h w e r t = K r i e g ) z i e h e n ließen. F.e E r s c h e i n u n g e n a u f der Erde d a g e g e n sind meistens ein A b g l a n z der H ö l l e (s. d.) u n d des F e g e f e u e r s (s. d., F e u e r § 3 u n d g l ü h e n d ) . D e r T e u f e l (s. d.) s e l b s t erscheint in f.er G e s t a l t 1 3 ) , als f.er D r a c h e (s. D r a c h e ) , als f.e Η e η η e 1 4 ), als H a h n m i t f.en A u g e n l s ) , als f.e r B e s e n 1 6 ), Balken17) oder H e u b a u m " ) . Allein oder mit ihm zusammen erscheinen H u n d e l e ), H a s e n 2 °), K a t z e n 2 l ), S c h w e i n e 22 ), O c h s e n , Kühe23) und K ä l b e r 2 4 ) , Pferde25), Bär e n 2 e ), S c h l a n g e n 2 7 ) als v o l l k o m -
1444
m e n oder in e i n z e l n e n K ö r p e r t e i l e n (besonders A u g e n u n d Z u n g e ) f. V o r a l l e m a b e r sind die m i t den M e n s c h e n in B e rührung kommenden V e r d a m m t e n m e i s t e n s an ihrer f.en N a t u r e r k e n n t l i c h . Sie f a h r e n in f.e η K u t s c h e n 2 8 ) , ers c h e i n e n s e l b s t als f.e W i e d e r g ä n g e r oder t r a g e n das S i n n b i l d ihrer S c h u l d als f . e s A t t r i b u t m i t sich h e r u m (s. glühend, Feuermann). *) Ρ 1 i η i u s Hist. nat. 2, 25 f. 2) Μ e g e η b e r g Buch der Natur (ed. Pfeiffer) 77 f. 3)
S. auch Ε i s e 1 Voigtland 259. 1 ) S. auch Bavaria 4 (2), 403; F i s c h e r Aberglauben 1 (1791), 75 f.; ZfrwVk. 12, 66; Kühnau Sagen 2, 512: Ball. 5) F i s c h e r (s.4)) 2, 71; F.e Wolken: S c h i l l e r - L ü b b e n Mittelniederdeutsches Wb. 5 (Bremen 1880), 564; K ü h n a u Sagen 3, 455. ·) So Μ e 1 a η c h t h o n : Historisches Taschenbuch 8 (1889), 258. ') S. 6). 8) S. «). s) ZfrwVk. 12, 66. 10) S. 6). l l ) F i s c h e r (s. *)) 2, 70. ») S. »). 13) Z . B . S c h a m b a c h u. M ü l l e r 161. " ) V e r n a l e k e n Mythen 368. 1 5 ) D r e c h s l e r 2, 123. " ) Ebd. " ) C u r t z e Waldeck 190 ff. 18) Ebd.; W i t z s c h e l Thüringen 1, 269. le ) H a u p t Lausitz 151 f.; M e i c h e Sagen 57. 59. 64 ff. 692; G r o h m a n n 214; Ε i se 1 Voigtland 173; Schönwerth Oberpfalz 2, 261; Brandenburg 193; M e i e r Schwaben 120; R e i s e r Allgäu 1, 82; ZfVk. 3, 184; K ü h n a u Sagen 1, 326. 509. 533; 3, 252. 20)
22)
Ε i se1
Voigtland
142.
21 )
Ebd.
143 f.
R e i s e r Allgäu 1, 273; M e i c h e Sagen 49; K ü h n a u Sagen 1, 261. 23) K u h n Westfalen
596. ser 25)
21)
i , 242;
Voges
Allgäu
1,
Kühnau
310;
Vernaleken
Allgäu
1, 295;
Sagen 3, 442.
Braunschweig 138;
Wolf
Ei sei
Rei-
Voigtland
Mythen
335;
132.
Reiser
Niederländische
Sagen.
Leipzig 1843, 508; K ü h n a u Sagen 1, 363. 483. 520; Z f V k . 3, 184. 2e) E i s e l Voigtland 128. 27) Ebd. 153. *>) B a a d e r Sagen 306;
Meier Schwaben 143; W o l f Niederl. Sagen 508; S c h e l l Bergische Sagen 108. 497;
Vernaleken
Hunsrüch
85;
Mythen
K ü h n a u
335;
Diener
Sagen 3, 50
455;
R o c h h o l z Sagen 1, 119; ZföVk. 2, 75; vgl. glühend, Anm. 7. Freudenthal. Fichte (Rottanne; Picea
excelsa).
1 . B o t a n i s c h e s . N a d e l b a u m , dessen Z w e i g e r i n g s u m m i t einzelstehenden, (vgl. d a g e g e n K i e f e r ! ) spitzigen, s t u m p f k a n t i g e n N a d e l n b e s e t z t sind. Die r e i f e n Zapfen hängen nach unten und fallen als Ganzes ab (vgl. dagegen Tanne). Die F. wird v o n L a i e n n i c h t s e l t e n m i t der T a n n e (s. d.) v e r w e c h s e l t b z w . in m a n chen G e g e n d e n als „ T a n n e " b e z e i c h n e t .
Fichtelgebirge—Fieber
1445
2. Die F . s c h e i n t i m G e g e n s a t z e z u m a n c h e n L a u b b ä u m e n i m K u l t e der Germ a n e n w e n i g e r b e a c h t e t w o r d e n zu sein. A u c h F . n - W a l l f a h r t s o r t e , die auf die F . als f r ü h e r e n heidnischen K u l t b a u m hinw e i s e n k ö n n t e n , sind n i c h t h ä u f i g 1 ) . A b u n d z u w i r d die F . in S a g e n (als A u f e n t h a l t v o n G e i s t e r n usw.) u n d L e g e n d e n g e n a n n t 2 ). ») H ö f l c r Waldkuli 158. η Ζ. Β. G r a b e r Kärnten 1914, 15; J o h n Erzgebirge 131; Κ ü h η a u Sagen 1, 446; 3, 280; K ö h l e r Voigtland 614; Ε i s e 1 Voigtland 272. 3. Hin u n d w i e d e r e r s c h e i n t die F . a l s a p o t r o p ä i s c h e s Mittel. D a s V i e h s c h ü t z t man vor Behexung durch F.nzweige ( E r z g e b i r g e ) 3 ), als S c h u t z m i t t e l g e g e n B l i t z gilt ein unter d e m B e t t l i e g e n d e r F . n s p a n 4 ). 3) W u t t t c gebirge 26.
435 § 682.
4)
John
Erz-
4. In der S y m p a t h i e m e d i z i n dient die F. besonders z u m V e r t r e i b e n der G i c h t , die auf eine F . ü b e r t r a g e n w i r d 5 ) . J e d e n f a l l s ist der R e i m „ F i c h t e G i c h t " A n l a ß z u dieser V e r w e n d u n g gewesen. H ä u f i g b e g i n n t die B e s c h w ö r u n g : „Guten Morgen, Frau Fichte, Da bring ich dir die Gichte" usw. Mit e i n e m F . n s p l i t t e r s t o c h e r t m a n den schmerzenden Zahn blutig und f ü g t dann den b l u t i g e n S p l i t t e r w i e d e r ein e ), v g l . H o l u n d e r , W e i d e . G e g e n Mitesser im G e s i c h t reißt m a n eine j u n g e F. m i t der W u r z e l aus u n d s t e c k t das B ä u m c h e n u m g e k e h r t in die E r d e 7 ) . G e g e n H ü h n e r a u g e n ist g u t , w e n n m a n „ a r s c h l i n g s " z u einer F. h i n g e h t , einen Z w e i g k n i c k t , d a ß er g e r a d e n o c h h ä n g e n b l e i b t und d a n n w e g g e h t , ohne sich d a b e i umzusehen ( T i r o l ) 8 ) . V o n d e m S a n d , der v o n den a u f die E r d e h e r a b h ä n g e n d e n Z w e i g e n einer a l t e n F . b e r ü h r t w o r d e n ist, s t r e u t m a n d r e i m a l auf die W a r z e n , d a n n v e r g e h e n sie ·). D a s Beil, m i t d e m m a n sich v e r w u n d e t h a t , h a u e m a n einer j u n g e n F . bis a u f s M a r k u n d spreche d a b e i : „ J e s u s v o n N a z a r e t h , K ö n i g der J u d e n " 10 ). G e g e n das Fell auf d e m A u g e s c h l i n g t m a n in der J o h a n n i s n a c h t in den G i p f e l t r i e b einer j u n g e n F . v o r s i c h t i g eine S c h l i n g e ; w e n n der so v e r s c h l u n g e n e
1446
T r i e b zu e i n e m f e s t e n K n o t e n v e r w a c h sen ist, h ä n g t m a n sich ihn u m ( T h ü ringen u ) ) . ') G r i m m Myth. 2, 544. 979; 3, 504; ZfVk. 1, 194; 7, 167 ff.; B a r t s c h Mecklenburg 2, 406; J a h n Hexenwesen 267; F r i s c h b i e r Hexenspruch 63; D r e c h s l e r Schlesien 2, 308; S e y f a r t h Sachsen 194. 204; MnböhmExc. 20, 130; W i t z s c h e l Thüringen 2, 273. 283; M a r ζ e i l Bayer. Volksbot. 172; H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 270 f. e) S e y f a r t h Sachsen 204. ') M a r 8 z e i l Bayer. Volksbotanik 161. ) ZföVk. 2, 156. ") ZfVk. 8, 200. 10) R e i s e r Allgäu 2, 441. " ) W u t t t c 350 § 5 2 5 . 5. S a m e n v o n e i n e m F . n z a p f e n , d e r n a c h o b e n s t e h t (vgl. u n t e r 1), a m Morgen vor Sonnenaufgang nüchtern verschluckt, b e w i r k e n , d a ß m a n den g a n z e n T a g unv e r w u n d b a r i s t 1 2 ) . A u c h dient ein solcher S a m e z u r B e r e i t u n g v o n nie f e h l e n d e n Freikugeln („böhmisches Jägerstück")13). 12) G r o h m a n n böhmen 324.
205.
13)
John
WestMarzell.
F i c h t e l g e b i r g e ist der O r t b e r g e n t r ü c k ter K a i s e r u n d Heere u n d e n t h ä l t g r ö ß t e S c h ä t z e , die d e m z u f a l l e n , der den Schlüssel z u m E i n g a n g s t o r e f i n d e t . S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 346 ff. Bächtold-Stäubli. Fieber. I. M i t z u n e h m e n d e r E r k e n n t n i s der m e d i z i n i s c h e n W i s s e n s c h a f t h a t sich der B e g r i f f v o m F . als einer besonderen K r a n k h e i t l ) a l l m ä h l i c h a u f g e l ö s t in ein Vielerlei v o n K r a n k h e i t s v o r s t e l l u n g e n 2 ), in denen das F . a m E n d e nur n o c h d i e R o l l e einer A b w e h r f u n k t i o n zu spielen s c h e i n t 3 ), deren h e r v o r s t e c h e n d s t e s S y m p t o m die H y p e r t h e r m i e ist *). M i t dieser F e s t s t e l l u n g wird ein g r o ß e r Teil der volksmedizinischen F.anschauungen klar. N u r g a n z v e r e i n z e l t t r i t t die u n k l a r e V o r s t e l l u n g auf, d a ß das F . ein H e i l v o r g a n g s e i 6 ) , der sich „ a u s t o b e n " m ü s s e : „ d e F e e b e r s m ö t sich u t r o s e n " 6 ) ; i m allg e m e i n e n w i r d w i e s t e t s das S y m p t o m der K r a n k h e i t g l e i c h g e s e t z t . N a c h i h m r i c h t e n sich N a m e n g e b u n g , E r k l ä r u n g s v e r s u c h e u n d W a h l der H e i l m i t t e l . — N a m e n , C h a r a k t e r u n d U r s p r u n g des F . s w e r d e n u n t e r den §§ 2 — 4 a b g e h a n d e l t , darauf folgen unter 5 — 7 die H e i l k u r e n und Heilmittel. 46*
1447
Fieber
') A. L u b o w s k y Z. Gesih. d. F.theorien. Erlanger Diss. (1903). 2) S e i f e r t - M ü l l e r Taschenbuch der med-klin. Diagnostik 22 Mü. und Wiesb. (1921), 6 f.; W. G u t t m a n n Med. Terminal. 10-11 (Berlin-Wien 1919), 328; D o r n b l ü t h (1922) 124. 3) Ludolf K r e h l Pathol. Physiol.1' (1920) 121. *) L a n d o i s Physiol, d. Menschen 18 (1919) 477; E u l e n b u r g Real-Encycl. d. ges. Heilk. " (1895) 579. ") Η ο ν ο r k a - K r o n f e 1 d τ, 35; 2, 329; J ü h 1 i η g Tiere 298. ') Mündl. Finkenwärder. 2. W i e richtig diese B e h a u p t u n g ist, b e w e i s e n z u n ä c h s t die Ν a m e n : F. a h d . fiebar a u s l a t . febris, g o t . heito u n d brinno, b e i d e f ü r πυρετός, w i e a g s . adl, das zu ad = ignis g e h ö r t 7 ) , z e i g e n die H i t z e an. W i e d e r u m f i n d e t d a s K ä l t e g e f ü h l , der „ S c h ü t t e l f r o s t " seinen N i e d e r s c h l a g in F . b e z e i c h n u n g e n w i e m h d . daz kalte*), m n d . das kolde9), neuer „ d a s K a l t e " , „ k a l t e F i e b e r " 1 0 ) , Vkoolen). Daneben l a u f e n , in der g l e i c h e n A b s i c h t , d a s Frieren zu bezeichnen, A u s d r ü c k e wie m h d . vriesen = febricitare u n d das vresent12), neuer der „ F r ö r e r " oder „ F r a i r e r " 1 3 ). F r ü h z e i t i g v e r d r ä n g t w u r d e a h d . rito 1 4 ), m h d . ritten 1 6 ). V i e l l e i c h t erinnern a n die B e d e u t u n g des w i l d sich B e w e g e n s , Zitterns noch vereinzelte Bezeichnungen wie „ S c h ü t t l e r " l e ) , „Beutelmann""), „ R ü t t e l w e i b c h e n " 18 ) u n d „ R ü d d e l e " u ) , die z u g l e i c h d ä m o n i s t i s c h e A u f f a s s u n g verraten. ') G r i m m Myth. 2, 966; vgl. S u d h ο f f bei H o o p s Reallex. 2, 43; H e y n e Wb. 2, 910. 8) L e x e r 118. ") H ö f l e r Krankheitsnamen 256. 10) G. S c h m i d t Mieser Kräuterbuch 38; Bavaria 2, 2, 880; P a u l i 15; S c h ö n w e r t h Oberpjalz 3, 259 f.; Wuttke 158. u ) G o l d s c h m i d t 17; Frischbier 53. 12) H ö f l e r Krankheitsnamen 169; vgl. P e t e r Oesterr.-Schles. 2, 227. " ) Z f V k . 23 (1913), 1x4; Höhn Volksheilk. 1, Γ52; L a m m e r t 260; B u c k 29; F l ü g e l Volksmed. 57; HovorkaK r o n f e l d 2, 324; S c h ö n w e r t h Oberpfah 3, 259 f ») G r a f f 2, 475 f.; vgl. Κ u h n's Zeitschrift io, 69. " ) L e χ e r 2, 432. »·) S c h m e 1 1 e r 2, 488. ") D e r s. r, 219. 304. 1β) Η ö f I e r Krankheitsnamen 390. " ) W r e d e Rheinische Volkskunde 95. 3. D i e G e s a m t h e i t der F . e r s c h e i n u n g e n w i r d nur selten v o m V o l k in U n t e r a r t e n g e t e i l t , d e r e n G r e n z e n ineina n d e r v e r l a u f e n . Die D e u t u n g der v o n der Volkskunde festgestellten F.arten nach
1448
medizinischen Begriffen wird deshalb im einzelnen schwierig, ja unmöglich sein.Die Unterscheidung ζ. B. zwischen „hitzig e m " u n d „ k a l t e m " F . 20) ist rein ä u ß e r lich, also ü b e r h a u p t n i c h t z u fassen. „ H i t z i g e s " F . k a n n T y p h u s sein u n d damit auch „ N e r v e n - F . " heißen21), es k ö n n e n a b e r a u c h alle m ö g l i c h e n a n d e r e n F. mit dem Beiwort „hitzig" oder „ h e i ß " belegt werden. Für „kaltes F . " g i l t d a s gleiche, w e n n der k r a n k h a f t e Z u stand mit Schüttelfrost beginnt, weshalb auch für gewöhnlich das Wechsel-F. (febris i n t e r m i t t e n s ) d a m i t g e m e i n t ist 22 ), d a s in f r ü h e r e r Z e i t die v o r w i e g e n d s t e F.a r t g e w e s e n sein soll 2S ). U n t e r A u s s c h a l t u n g des „ k a l t e n " F . s w i r d a u c h w o h l ein „ i n n e r e s " u n d ein „ ä u ß e r e s " F . u n t e r s c h i e d e n 2 i ), j e n a c h d e m rein s u b j e k t i v e n H i t z e g e f ü h l des K r a n k e n . A u s drücke wie Scharlach-F., Hirn-F., GallenF . , K i n d b e t t - F . sind l e i c h t v e r s t ä n d lich 25)-, sie s e t z e n s c h o n die E r s c h e i n u n g s f o r m des F . s als K r a n k h e i t z u r ü c k u n d g l i e d e r n es a n b e s t i m m t e a n d e r e E r k r a n k u n g e n als B e g l e i t v o r g a n g . W e n i g e r d e u t l i c h ist d a s b e i m „ Z e h r " oder „ S c h w i n d - F . " 2 e ) , das nur g e l e g e n t l i c h a u c h als „ L u n g e n - F . " " ) a u f t r i t t u n d f e b r i s h e c t i c a sein wird. D a s M a g e n - F . w i r d in v o l k s t ü m l i c h e r V e r d r e h u n g v o n f e b r i s g a s t r i c a a u c h „ g a r s t i g e s F . " M ) gen a n n t , „ A l l t a g s - F . " oder „ a n h a l t e n d e s F . " ist f e b r i s c o n t i n u a 30 ). Ist F. m i t A u s s c h l ä g e n v e r b u n d e n (f. h e r p e t i c a u. a.), so t r i t t leicht V e r w e c h s l u n g m i t „ F e u e r " oder „ B r a n d " (s. d.) a u f 3 1 ) . D i e ä l t e r e n T y p e n b e z e i c h n u n g e n des W e c h s e l - F . s als Drei-, Vier-, F ü n f t a g e - F . ( T e r t i a n a , Q u a r tana, Quotidiana) schwinden mit dem A b n e h m e n des M a l a r i a - F . s . D i e U n m ö g l i c h k e i t , in die F ü l l e der B e o b a c h tungen von F . f o r m e n S y s t e m zu bringen, s p r i c h t a u s der B e h a u p t u n g , es g e b e 7 bis 77 32 ), j a s o g a r 99 33 ) F . a r t e n , die in Heilsprüchen angeredet werden. Namen- und Z a h l a b e r g l a u b e w e r d e n hineinspielen 3 4 ). A u s der M a n n i g f a l t i g k e i t der F . e r k r a n k u n g e n e r k l ä r t sich wohl a u c h der B r a u c h in N i e d e r d e u t s c h l a n d , den F . n a m e n als „ d e F e e b e r s " a u s s c h l i e ß l i c h i m pl. z u g e b r a u c h e n 3 5 ).
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Fiebsr
M ) H ö h n Volksheilk. 1, 1 5 2 ; 3. Mos. 26, 16; 5. Mos. 28, 22; 32, 24 usw.; G. S c h m i d t Mieser Kräuierb. 39 f. 21 ) Η ö f 1 e r Kranhheitsnamen 1 4 1 ; H ö h n Volhsheilk. 1, 1 5 2 ; 6. u. 7. Buch Mosis 37 f. **) 6. u. 7. BuchMosis 36; D r e c h s l e r 2 , 302; J ü h l i n g Tiere 302. " ) S u d h o f f bei H o o p s Reall. 2, 43; J ö r i m a η η Rezeptarien 104. 24 ) H o v o r k a K r o Ilfeld 1,143. " ( H ö h n Volhsheilk. I, 152. " ) Ebd. 27) Mündl. Finkenwärder; 28 vgl. H ö f l e r Krankheitsnamen 142. ) Urquell 2 (1891), 95. 29) H ö h n Volksheilk. 1, 152. 30 ) ZfVk. 22 (1912), 130. 3 1 ) Z a h l e r Simmenthal 18; W u t t k e 320 § 476. 32) F o s s e 1 Steiermark 1 1 ; P a u l i Pfalz 70; B u c k Volksmed. 6 1 ; F r i s c h b i e r Hexenspr. 54; P o l l i n g e r Landshut 288; H ö h n Volksheilk. τ, 152 f. 33 ) G r o h m a n n 162 f.; vgl. F r a n z Bened. 2, 467; s. auch „F.segen" i c . 3 4 ) Η ö f 1 e r Krankheitsnamen 144. 646 f. J5 ) Mündl. Umgegend von Hamburg.
4. Ganz allgemein soll im Frühjahr der Mensch leichter vom F. angefallen werden als sonst 3 e ). Entsprechend den älteren medizinischen Anschauungen ist das Wasser der U r s p r u n g s ort des F.s, vor allem der Malaria gewesen 37 ). Mit dem Getränk schlüpft das F. ein. Aber auch in Speisen kann es verborgen sein, und zwar soll man es bekommen durch zu gieriges Essen oder mit dem ersten Bissen w ), andererseits soll durch den Genuß der vermeintlich {.erzeugenden Speise oder eines Gerichts, auf das der K r a n k e Appetit hat, die Krankheit wiederum „weggegessen" werden können M ). Solchem Glauben entspricht die Vorstellung, das F. habe seinen Sitz im Magen 40 ). Aus Aufzählungen von Körperteilen in F.gebeten läßt sich natürlich nichts schließen auf F.sitzanschauungen, weil nahezu alle Hauptorgane und -glieder genannt sind: der Priester spricht „ . . . ut sanitas eis fiat in ore, in naribus, in oculis, in fronte, in uertice, in collo, in pectore, in corde, in ventre, in brachiis, in manibus, in pedibus, in omnibus membris corporis illius, ut non possint frigora et febres uincere uel nocere eum nec in uisu nec in auditu nec in ambulando, non in gustu cibi nec bibendo potus . . . . " 4 1 ). — Diese Anschauungen stehen alle noch in losem Zusammenhang mit der nüchternen Beobachtung, und selbst die Behauptung, das F. bekomme man durch Liegen auf einem B a c k o f e n 4 2 ) ,
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scheint immer noch mit wenn auch naiver Folgerichtigkeit gedacht. Offensichtlich wird aber das F . seinem C h a r a k t e r nach von Zauber und Hexerei hergeleitet, wenn es heißt, man werde f.krank, wenn man die Schalen der gegessenen Eier nicht zerbreche 43 ) (s. Eierschalen. Hexe) oder eine Nadel von der Erde aufhebe 4 4 ). Das F. wird von Dämonen geschickt oder ist selbst ein Wesen mit unheimlichem Eigenleben. Die ungarischen Zigeuner stellen es sich als weiße Maus vor 4S ), bei den Slowaken belauscht ein Knecht ein Gespräch zwischen Blattern und F. 46 ), in Böhmen soll man die Krankheit, die in Brotstückchen gekrochen war, mit diesen in eine Schweinsblase gebunden und an einen B a u m gehängt haben, wo es ersticken mußte 47 ). Die Ruthenen halten das F. f ü r eine schöne J u n g f r a u , die sich in L u f t verwandeln k a n n e ) , in Mazedonien sollen Frauen als F.geister in die Körper der Menschen gefahren sein 49), der estnische Bauer stellt sich das F. als Gespenst vor, das auf grauem Roß im Lande umherreitet 5 0 ). Überall kehrt die gleiche Vorstellung wieder, die das F. als Dämon beg r e i f t 5 1 ) ; genährt werden diese Wahnvorstellungen durch die Bilder aus F.delirien 52 ). Die V e r k ö r p e r u n g des Malaria-F.s und seine göttliche Verehrung auf römischem Boden 53 ) gehört ebenso hierher wie die Personifikation des F.s im Kindermärchen, wo der Tod zum Riesen sagt: „ H a b e ich dir nicht einen Boten über den anderen geschickt? K a m nicht das F., stieß dich an, rüttelte dich und warf dich n i e d e r ? " 54 ), oder der Glaube in der Lüneburger Heide, daß die „ U n n e r erdschen" den vom F. Befallenen gepackt hätten 55 ). Auf mögliche Verquikkung von F.- mit Alpdämonen hat schon Grimm aufmerksam gemacht in der Ähnlichkeit von ήπι-χλης, ήπιόλης = Alp und ήπίαλος, ήπίολος = F . , wozu das ags. älfadle passen würde 56 ). 3 ") Mündl. Finkenwärder; HovorkaK r o n f e l d 2 , 3 2 4 . 37) G r o h m a n n 163; H ö h n Volksheilhunde 1, 1 5 2 ; H o v o r k a K r o n f e l d 2, 330; Mündl. Finkenwärder. w ) ZföVk. 4 (1898), 2 1 5 = HovorkaK r o n f e l d 1, 1 5 4 ; ZfrwVk. r (1904), 199;
Fieber 6. u. 7. B u c h Mosis 95; W u t t k e 352 § 528 = G r o h m a n n 162 f.; Pollinger Landshut 288; Z f V k . 15 (1905), 104; Franz Benedikt. 2, 478. s») E b d . ; Urquell 2 (1891), 95. ") G r o h m a n n 162 f. = H o v o r k a K r o n f e l d 2, 337; Urquell 2 (1891), 95. 4I) F r a n z Benediktionen 2, 478. 42) H o ν ο r k a - Κ r ο η f e 1 d 2, 331 f., s. jedoch das. 1, 142. 4S) S t r e c k e r ] a n 1, 68 Nr. 74. " ) Ebd. 1, 54 Nr. 52. 45) A R w . 17, 390. " ) Z f V k . 15 (1905), 104. «) G r o h m a n n 162 i. = H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 337. " ( H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 338. Z f V k . 8 (1898), 380. ») H o v o r k a K r o n f e l d 1, 155. " ) W u n d t Mythus u. Rel. 1, 500. « ) S u d h ο f f bei Ε b e r t 3, 315 f. 53) P a u l v - W i s s o w a 6, 2, 2095 f. M) Z f V k . ι (1891), 158. ") K ü c k Lüneburger Heide 241. u ) G r i m m Myth. 2, 966 f.; S c h w a r t z Siwd. 382. 385; vgl. H o v o r k a - K r o n f e l d I, 12.
5. Der Fülle v o n F . a r t e n entspricht die g e w a l t i g e Zahl der F . m i 1 1 e 1. Nach Oldenburger Glauben g i b t es deren 72, aber jeder A r t entspricht nur eins, das h i l f t ; dies heißt es herauszufinden 67 ). Damit ist treffend der t a t s ä c h l i c h e Z u s t a n d gekennzeichnet. V o n der V e r e h r u n g der febris auf dem P a l a t i n zum Zwecke der F . a b w e h r bis z u m „ P l a s m o c h i n " M ) ist ein langer W e g , der die S k a l a s ä m t licher Heilmittel aus der belebten und u n b e l e b t e n W e l t , wie der Heilhandlungen und der Heilsegen durchlaufen h a t eo ). E s kann d a r u m nur eine Darstell u n g v o n H a u p t t y p e n in F r a g e kommen 6 1 ). B e s c h r ä n k u n g auf deutsches Glaubensg u t ist mehr als sonst geboten 62 ). 5 ')
S t r a c k e r j an 2, 187 Nr. 429. P a u l y - W i s s o w a 6, 2, 1095. 59) A r chiv der Pharmazie B d . 266 H. 8 (Berlin 1928), 6 1 7 — 6 2 7 . e0) P e t e r s Pharmaz. Vorzeit 1, 225; Fr. N e t o l i t z k y Die Fiebermittel des Volkes und ihre Deutung. Pharm. Post, Wien (1918); Michael U r b a n Zur altvolkstümlichen Fieberbehandlung. Ärztliche Centralz. Wien β1 ) Vgl. (1904). etwa: Z i m m e r m a n n Volksheilkunde 19 t.; H o v o r k a - K r o n feld 2, 339; F o s s e l Steiermark 127 f f . ; H a l t r i c h Siebenbürger Sachsen 270 f f . ; S e e f r i e d - G u l g o w s k i 204; Lam6 2 m e r t Volksmed. 2 5 9 — 2 6 ) Außerdeutsch etwa: Frazer 12, 268 f.; Gerhardt Franz. Novelle 73 f. 86 f.; S e b i l l o t FolkLore i , 47; 4, 452; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 1 5 1 ; 2, 340; K r a u ß Rel. Br. 3 8 t . ; W l i s l o c k i Magyaren 11. 133; Stern Türkei 2, 387; B e a u m a n o i r De la Verruga (Peru) in: Archives de medecine navale 55, 1 — 3 5 · M)
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6. D i e H e i l u n g d u r c h Handl u n g e n . a) G e m ä ß dem Wechsel zwischen Frost- und H i t z e g e f ü h l sucht m a n entweder durch W ä r m e oder durch K ä l t e dem F. beizukommen. Schon bei B u r c h a r d heißt es: „ m u l i e r si qua f i l i u m s u u m ponit supra t e c t u m a u t in f o r n a c e m pro sanitate f e b r i u m " e3 ), wobei es zweif e l h a f t bleibt, ob das Legen a u f s D a c h rein als K ä l t e m i t t e l g e d a c h t oder mit anderen Vorstellungen v e r k n ü p f t ist (s. Dach). D a s S c h l a f e n im B a c k o f e n bei F. ist f ü r neuere Zeit belegt 64 ). Vielleicht h ä n g t damit der schwäbische B r a u c h zusammen, den K r a n k e n in Mehl einzuhüllen oder ihm ein Sauerteigpflaster auf die Fußsohlen zu legen e5 ). H i t z e soll den F . f r o s t oder nach dem G r u n d s a t z similia similibus c u r a n t u r auch Hitze vertreiben, wenn man den Ofen im K r a n k e n z i m m e r gehörig a n h e i z t und den P a t i e n t e n durch schwere B e t t s t ü c k e beinahe e r s t i c k t 6 e ) , heißes W a s s e r eingibt e7 ) oder empfiehlt, über das Johannisfeuer zu springen w ) . P f e f f e r , S a l z 6 9 ) , Weinessig 7 0 ) und R e t tich 71 ) dienen dem gleichen Z w e c k . Dagegen wird kaltes Wasser mit Vorliebe bei F. übers H a u p t gegossen, um die H i t z e zu vertreiben 72 ) oder doch den K r a n k e n zu erschrecken. A u c h hier wird j e d o c h das K ä l t e m i t t e l entsprechend dem Heilverfahren mit H i t z e ebenfalls ausdrücklich bei F.frost a n g e w a n d t 73 ). D a s Essen v o n Hagelkörnern dient ähnlich 74 ). A u f S y m p a t h i e g l a u b e n f u ß t das V e r f a h r e n , ein mit A d e r l a ß b l u t des F . k r a n k e n genetztes Tüchlein an einen kühlen Ort zu bring e n 7 5 ) . D a s T r i n k e n aus , , F . b r u n n e n " ist gelegentlich angeraten 7 e ). b) Die b e k a n n t e A p p e t i t l o s i g k e i t bei F. ist dem V o l k besonders bedenklich (s. Magen). Man soll auf j e d e n Fall e t w a s e s s e n 7 7 ) . Der A p p e t i t auf irgendeine Speise stempelt diese z u m Heilmittel 7S ), w i e d e r u m wird verlangt, daß die Speise, die einem a m meisten widerstrebt, genossen werden m u ß ™). K r ä f t i g e r noch ist die K u r , w e n n das Mittel gestohlen w u r d e 8 0 ) . D a s Wegessen steht in selts a m e m G e g e n s a t z zu der B e h a u p t u n g , m a n könne sich das F. anessen (s. o. 4). Eine besondere A r t des W e g e s s e n s
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Fieber
b e s t e h t in d e m V e r s c h l i n g e n v o n S a c h e n , auf die das F . g e s c h r i e b e n w a r . D i e H o milia de sacrilegiis w e i s t s c h o n auf S c h r e i b e n bei F . h i n 8 1 ) . D e r e i g e n e N a m e 8 2 ) oder A b r a c a d a b r a 8 Ϊ ) w i r d a u f B r o t ges c h r i e b e n u n d gegessen, a u c h M a n d e l n w e r d e n so g e b r a u c h t 84 ). E i n e m n d . H s . r ä t , b e s t i m m t e S e g e n a u f dre lokes blade z u s c h r e i b e n : unde he schal dey drey bladere nüchterne eten85). „ F . z e t t e l " soll m a n essen, die b e s c h r i e b e n sind 8 e ); z u der Kombination von Bild- und Schriftzauber t r i t t schließlich n o c h der B l u t z a u b e r in d e r V o r s c h r i f t , d e r K r a n k e solle seinen N a m e n m i t s e i n e m e i g e n e n B l u t e auf d e n F.zettel s c h r e i b e n , ehe er ihn verschlinge " ) . c) A m e i n f a c h s t e n ist es, das F. f ο r t z u s c h i c k e n 8 8 ) oder f o r t z u j a g e n in ö d e G e g e n d e n 8 8 ) . M a n v e r l i e r t es a u c h , wenn man an einem T a g e über neun R a i n e läuftM). A b t u n oder a b w e n d e n k a n n m a n es d u r c h die s i n n b i l d l i c h e H a n d l u n g des H e m d u m k e h r e n s e l ) , w o b e i g e s p r o c h e n w i r d : „ K e h r e dich u m H e m d e u n d d u F . w e n d e d i c h " B2 ), a u c h k a n n m a n d a s H e m d u n d d a m i t d a s F . übers D a c h w e r f e n 83 ). S o g a r v e r s c h e n k e n u n d v e r k a u f e n l ä ß t es sich M ) . W i e so v i e l e K r a n k h e i t e n k a n n das F . d u r c h i r g e n d e i n e n v e r mittelnden Gegenstand einem T o t e n mitg e g e b e n w e r d e n 9 5 ) , es - v e r g e h t mit der Leiche, w i e es v e r g e h t , w e n n der G e g e n s t a n d u n t e r der D a c h t r a u f e ββ ) v e r g r a b e n oder i m F e u e r v e r b r a n n t w i r d 9 7 ) . So können auch F.zettel v e r b r a n n t " ) oder im S c h u h e n t z w e i g e t r a g e n werden " ) . N o c h a u g e n f ä l l i g e r k a n n das d a b e i e n t s c h i e d e n d ä m o n i s c h g e d a c h t e F. v e r n i c h t e t w e r d e n , w e n n der K r a n k e b e i m A n f a l l b l i n d l i n g s u m sich g r e i f t u n d den e r f a ß t e n G e g e n s t a n d an die W a n d n a g e l t l0 °). E r k a n n a u c h eine s c h w a r z e K a t z e s o l a n g e j a g e n , bis sie t o t liegen bleibt101). d) N a c h der Z a h l der Q u e l l e n s c h e i n t das Ü b e r t r a g e n des F . s den bel i e b t e s t e n H e i l m a n i p u l a t i o n e n v o n Gegenwart und Vergangenheit anzugehören 102 ). F . i m Z u s a m m e n h a n g m i t Inf e k t i o n s k r a n k h e i t e n m a g die Möglichk e i t der Ü b e r t r a g u n g auf a n d e r e M e n -
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schen nahe gelegt haben. Man trägt das F . e t w a m i t d e m W a s c h w a s s e r l o s ) oder a n d e r e n D i n g e n , die in enger B e r ü h r u n g m i t d e m K ö r p e r des K r a n k e n standen, auf Wege, besonders gern S c h e i d e w e g e , w o d u r c h es V o r ü b e r g e h e n d e b e k o m m e n 1 0 4 ) ; a u c h in der K i r c h e , w o viele M e n s c h e n z u s a m m e n s t r ö m e n , k a n n es auf eine a n d e r e P e r s o n ü b e r t r a g e n w e r d e n 1 0 5 ). D u r c h a n g e k a u t e oder h a l b g e t r u n k e n e N a h r u n g wird d a s F . a n Hunde abgegebenloe), oft unter Hers a g e n eines S p r u c h e s w i e : , , P r o s t H u n d , d u k r a n k u n d ich g e s u n d " 107 ). T i e r e , a u f die s o n s t w o h l d a s F . ü b e r t r a g e n w i r d , s i n d : K r e b s 108) u n d A a l l o e ) , a u c h F i s c h e a l l g e m e i n 1 1 0 ) w e g e n ihres A u f e n t h a l t s i m kühlenden Wasser, Hühnerul) und S c h n e p f e n 1 1 2 ), a m h ä u f i g s t e n j e d o c h die A m e i s e n l l s ) , bei d e n e n die Ü b e r t r a g u n g d u r c h w e g so v o r sich g e h t , d a ß m a n ein Ei i m U r i n des K r a n k e n k o c h t , a n s c h l ä g t u n d d a n n in einen A m e i s e n h a u f e n l e g t . D e r G e d a n k e der V e r n i c h t u n g des m i t d e m U r i n in das E i e i n g e k o c h t e n F . s d u r c h die das E i fressenden T i e r e m a g m i t w i r k e n . D i e K u r w i r d in g e n a u derselben F o r m a u c h bei a n d e r e n K r a n k h e i t e n a n g e r a t e n (s. U r i n , Ei, A m e i s e ) . S e h r v e r b r e i t e t ist die Ü b e r t r a g u n g a u f B a u m a r t e n w i e W e i d e 1 1 4 ), N u ß b a u m 1 1 6 ), Eiche116), Holunder117) und Obstbäume l l e ) . D i e Ü b e r t r a g u n g g e s c h i e h t d u r c h Verspinden, Verpflöcken, Verbohren, Verkeilen, A n b i n d e n , V e r n a g e l n , V e r k e r b e n , i n d e m T e i l e des K ö r p e r s wie H a a r , U r i n , F i n g e r n ä g e l , B l u t , j a s o g a r der H a u c h , s e l b s t K l e i d e r t e i l e als K r a n k h e i t s t r ä g e r dienen 1 M ) . In b e g l e i t e n d e n A n r e d e n w i r d d e u t l i c h die Ü b e r t r a g u n g a u s g e d r ü c k t . I n der G e g e n d v o n K ö l n h i e ß es u m i 8 6 0 : Ζ wich ich beugen dich, Feber, nu loß mich; Hollerzwich, hef dich op, Rüddele setz üch drop Ich hatt üch einen daach Halt do et johr un daach 120). ( A u s f ü h r l i c h e r s. bei F . s e g e n 3 a.) „ A n b a u e n " k a n n m a n d a s F. m i t S a m e n körnern v o n G e t r e i d e , wie G e r s t e , B u c h w e i z e n , L e i n , die m i t d e m K ö r p e r oder seinen A u s s c h e i d u n g e n in B e r ü h r u n g gebracht wurden121). Mit dem Keimen
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und A u f g e h e n der S a a t schwindet das F. V e r w a c h s e n soll es, w e n n dem K r a n k e n g e r a t e n wird, unter einen Grassoden zu h a u c h e n 122 ). D a ß sogar bei einem leblosen E l e m e n t wie dem W a s s e r an Ü b e r t r a g u n g g e g l a u b t wird, belegt wied e r u m der R i t u s s p r u c h : Man soll Wasser gegen den S t r o m schöpfen, trinken und dabei segnen: Grund, i c h b e l a w di dat Feber dat plagt mi, Gott gäw, dat mi't vergeit un di b e s l e i t 1 2 3 ) .
(Ausführl. s. F.segen 3 b). D a s F . wird ins W a s s e r geworfen 124 ), in den Brunnen g e s p u c k t 1 2 5 ) mit a n g e k a u t e m Brot, in F a d e n g e k n o t e t oder, auf Papier abgeschrieben, in fließendes W a s s e r geb a n n t 1 2 e ). e) Der A n s i c h t v o m F. als einer dämonischen W i r k u n g entspricht die A n wendung von k i r c h l i c h e n Mitteln bei den Heilhandlungen. F r a n z h a t sie in reicher F ü l l e zusammengestellt 1 2 7 ). E r g ä n z e n d sei gesagt, daß das F. außer durch B e k ä m p f u n g mit Benediktionen (s. F.segen) a b g e b e t e t wird 128 ). — Zahlreich sind die F.patrone, a m meisten b e t e t man zu den Siebenschläfern, weil sie nach der L e g e n d e 300 J a h r e lang ruhten und darum geeignet erscheinen, dem F . k r a n k e n R u h e zu verschaffen 129 ). Günstige Behandlungszeiten sind die hohen F e s t t a g e , an denen man f a s t e t oder b e s t i m m t e Speisen a u c h zur F . a b w e h r genießt. D a h i n gehören die Speisevorschriften f ü r Gründonnerstag 13 °), K a r f r e i t a g 1 3 1 ), HimmelfahrtW2), Weihn a c h t 133 ) und N e u j a h r 134 ). Das angeblich heilkräftige O s t e r w a s s e r l 3 5 ) erinnert an den schon für ältere Zeit bezeugten Glauben an die H e i l w i r k u n g e n v o n „ K r e u z w a s s e r " und „ K r e u z w e i n " (s. Wasserkult, Wasserweihe, Osterwasser) 1 3 e ). Die Hostie f e h l t selbstverständlich nicht in der Reihe der Mittel 137 ), wie die a m Palms o n n t a g geweihten Blütenkätzchen13S) und die drei K r e u z e an der T ü r 138 ). Im Gegensatz dazu steht die Vorschrift, man solle bei F. nicht in die K i r c h e gehen 140 ), die erziehliche Gründe haben k a n n . f) Man wirft dem K r a n k e n einen Topf
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nach, um ihn zu e r s c h r e c k e n 1 4 1 ) (s. d.), sucht auch sonst plötzlichen Schreck wie gegen andere K r a n k h e i t e n (s. e t w a Gelbsucht) zu erzeugen. B e d i e n t m a n sich zu diesem Z w e c k k a l t e n W a s s e r s 1 4 2 ) , so n ä h e r t sich die K u r wieder dem K ä l t e heilmittel (s. 6 a). Gelegentlich wird das M e s s e n empfohlen 143 ), auch wohl das B i n d e n 144 ) mit F ä d e n und Stricken, sogar das R e i t e n auf einem Stallbesen nach dem O s t e r g o t t e s d i e n s t 1 4 5 ) , das erinnern k ö n n t e an H e x e n - und Mahrtreiterglauben (s. D r u c k g e i s t , Besen). ·*) G r i m m Myth. 2, 975. ω ) Η ο ν ο r k aK r o n f e l d 1, 142. *') H ö h n Volhsheilk. χι ! 5 3 · ββ) L a m m e r t 40. β ') R o m a n u s büchlein 59. «) G r i m m Myth. 3, 468 N r . 918. «·) A l e m a n n i a 31, 178 N r . 1. ">) 6. u. 7. B u c h Mosis 96. " ) E b d . 50. " ) U r q u e l l 2, 4 (1S93), 2 7 3 ; 6. u. 7. B u c h Mosis 37. " ) Z f ö V k . 4 (1898), 215. 71 ) F o g e l Penns. Germ. 278 N r . 1459 f. , 5 ) H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 81. '·) E b d . 142; B i r l i n g e r Schwaben 1, 185; v g l . S A V k . 3, 148. " ) Urquell 2 (1891), 95. ,8 ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 343; Z f V k . 15 (1905), 104; U r q u e l l 2 ( i 8 g r ) , 95. ™) Urquell 4 (1893), 273. 80) S t r a c k e r j a n 1, 94 N r . 107; G r i m m Myth. 3, 440 N r . 183 81 = Z f d M y t h . 3, 102. ) S a u ρ e Indic. 14. 82) 6. u. 7. B u c h Mosis 5. 83) U r q u e l l 3 (1892), M 68. ) 6. u. 7. B u c h Mosis 50; Urquell 4 (1893), 2 7 3 · , s ) G a l l e e in G e r m a n i a 32 (1887), 458 f . ; v g l . Z a c h a r i a e Kl. Schrift. 359· 1 ( ) S t r a c k e r j a n 1, 91 N r . 1 0 1 ; 8 M ü l l e n h o f f 5 1 2 N r . 15. ') Urquell 3 (1892), 270. W u t t k e 353 § 529· 8al A n dree Parallelen 1 (1878), 31. " l G r i m m Myth. 3, 455 N r . 1079. «) S A V k . 4, 323; 6. u. 7. B u c h Mosis (Engelhilfe); Landsteiner Niederöst. 45. M ) P e t e r Oest.Schles. 2, 232; Flügel Volksmed. 40. 93 ) G r o h m a n n Sagen 140; vgl. noch Κ ü c k Lüneburger Heide 241. " ) R . C y s a t 64 f. B ) Z a c h a r i a e Kl. Schriften 392; vgl. 230ff.; S t r a c k e r j a n 1, 98 N r . 98; J a h n Pommern 152. N r . 463; P o l l i n g e r Landshut 293; B l a c k Folk-Med. 27. 9e) D i r k s e n Meiderich 47; v g l . W u n d t Myth, und Rel. 1, 198. " ) Ρ ο 11 i η g e r Landshut 288; W u t t k e 353 § 529; B l a c k FolkMed. 58. ») Z f ö V k . 9 (1903), 2 1 7 ; S t r a k k e r j a n 1, 91 N r . 100. 89) S t r a c k e r j a n i , 92 N r . 1 0 1 ; A i g r e m o n t Fußerotik 59. 100) W u t t k e 354 § 530 = H o v o r k a K r ο η f. 2, 337; W u n d t Myth, und Rel. r, 198. 101 ) G r i m m Myth. 3, 475 N r . 1080; v g l . G r o h m a n n 1627 — Η ο ν ο r k a - Κ r ο η f e 1 d 2, 337. 102) W u n d t Myth, und Rel. 1, 500; K l a p p e r Schles. Volksh. 102 f . ; M e y e r 103 ) 6. Abergl. 103. u. 7. B u c h Mosis 37.
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Fieber
i " ) W u t t k e 353 § 529; 326 § 483; H o vorka-Kronfeld 2, 334; Meyer Abergl. 103; Vernaleken Alpensagen 398 f.; S t r a c k e r j a n 1, 81 Nr. 85. 105) ZfVk. 1 1 (1901), 9 f. " · ) W u t t k e 324 § 4 5 8 ; B l a c k Folk-Med. 35; F r a z e r 9, 51. 10 ') S t r a c k e r j a n i , 81 f.; K u h n Westfalen 2, 204 Nr. 580. 10e) Z i n g e r l e Tirol 806; K l a p p e r Schlesien 102; vgl. MschlesVk. 12, 188. 10») W u t t k e 327 § 486; S t r a c k e r j a n 1, 82 Nr. 87. >10) J ü Illing Tiere 277. u l ) Κ ü c k Lüneburger Heide 241. u s ) A n d r e e Par. 1 (1878), 30; vgl. noch Rockenphil. 104 Nr. 81. n a ) M S I h a u s e (1867) 328; J a h n Pommern 174 Nr. 599; 6. u. 7. Buch Mosis 96; K u h n und S c h w a r t z 439 f. Nr. 3 2 1 ; S c h ö n w e r t h Oberpf. 3, 282; P o l l i n g e r Landshut 288; J a h n Pommern 174 Nr. 600. l l a ) Germania 36 (1891), 394; B l a c k Folk-Med. 38; G r o h m a n n 165; G r i m m Myth. 2, 979; 3, 475 Nr. 1074; Urquell > (1892), 228. 1 1 5 ) A l b e r t u s M a g n u s 1, 6; W i t z s c h e l Thüringen 2, 272 Nr. 69. " · ) W u t t k e 1 6 9 5 2 2 7 ; W i t z s c h e l Thür. 2, 144 Nr. 179; B l a c k Folk-Med. 39; K u h n und S c h w a r t z 439 Nr. 318. " ' ) J a h n Pommern 152 Nr. 462; 91 Nr. 167; G r i m m Myth. 2, 979; W e i n h o l d Neunzahl 32; ZfVk. 7. (1897), 72; W r e d e RheinVk. 95. n 8 ) G r o h m a n n 164; W u t t k e 329 Nr. 488. »·) K l a p p e r Schles. 103; S t r a c k e r j a n 1, 84 Nr. 89; M a n n h a r d t 1 , 23; Alemannia 15 (1887), 122 f.; Η a 1 1 r i c h Siebenbürger Sachsen 271 Nr. 4; D i r k s e n Meiderich 47; G r i m m Myth. 3, 475 Nr. 1074; Germania 29 (1884), 86 Nr. 3. W r e d e Rhein Vk. 95; vgl. K u h n · S c h w a r t z 439 Nr. 318; W u t t k e 169 § 227; A l b e r t u s M a g n u s 1, 6; Germania 36 (1891), 394. m ) G r i m m Myth. 2, 981; S t r a c k e r j a n 1, 85 Nr. 90; W u t t k e 33 2 § 493 = M a n n h a r d t i , i 7 f . m ) S t r a k k e r j a n 1, 85 Nr. 92. I23 ) Ebd. 87 Nr. 93; vgl. Nr. 105 und 2, 27 Nr. 287; K u h n und S c h w a r t z 439 Nr 319; Germania 36 (1891), 394. m ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 259. 1M ) Ebd. 1, 406 Nr. 12. m ) S t r a c k e r j a n 1, 87 Nr. 94; vgl. Urquell 4 (1893), 142; B l a c k Folk-Med. 577; Hovorka-Kronfeld 2, 342; ARw. 17, 390. 12 ') F r a n z Bened. 2, 12s 468 ff. ) Ρ ο 1 1 i η g e r Landshut 293; G r o h m a n n 167; W o l f Beitr. 1, 223; H o v o r k a - K r o n f e l d 2 , 3 3 1 . I2S) F r a n z Bened. 2, 474 f. 1M ) Rockenphil. 61 Nr. 44; F o s s e l Steierm. 127; W i t z s c h e l Thür. 2, 195 Nr. 10; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 138; M a n n h a r d t Germ. Myth. 134; F o g e l Penns. 257 Nr. 1338; G r i m m Myth. 3, 443 Nr. 275; 436 Nr. 44. l 3 1 ) W i t z s c h e l Thür. 2, 195 Nr. 10; F o g e l Penns. 278 Nr. 1462. 132 ) F o g e l Penns. 255 Nr. 1328. ' " ) Ebd. 261 Nr. 1362; vgl. 249 Nr. 1293. »") ZföVk. 8 (1903), 192. 135 ) K u h n Westfalen 2, 141 Nr. 409; vgl. Urquell 8 (1898), 273; G r i m m Myth. 3, 459 Nr. 7 1 1 ; Urquell 3
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(1892), 68. , M ) Ausführlich darüber: F r a n z Benedikt. 2, 468 ff.; Z a c h a r i a e Kl. Sehr. 359 f· 13 ') S c h i η d 1 e r Abergl. 105 f.; F r a n z Bened. 2, 475; F o s s e l Steierm. 127 = Η ο ν ο r k a - K r ο η f e 1 d 1 , 1 4 2 ; ZfVk. 22 (1912), 130 f.; Germania 32 (1887), 458 f. im) P e t e r Oest.-Schles. 2, 282. 139) 6. u. 7. Buch Mosis 37 f. 1M ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 332. 141 ) F r i s c h b i e r Hexenspruch 52 = H o v o r k a - K r o n f e l d i, 148. >") H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 330; 2, 339; 1, 136. 143 ) Z a c h a r i a e Kl. Sehr. 382; vgl. 230 ff. »") Urquell 1 (1890), 137 f.; ZfVk. 8 (1898), 384 f. 1 1 5 ) Urquell 3 (1892). 68. 7. H e i l u n g durch Dinge, a) A u f f a l l e n d ist, daß im Gegensatz zu anderen häufigen K r a n k h e i t e n , bei denen die o r g a n o t h e r a p e u t i s c h e n Mittel stets einen großen U m f a n g in der Reihe der Mittel zeigen, diese bei F . verhältnismäßig spärlich sind. Das ist vielleicht ein Beweis f ü r die oben (4) ausgesprochene B e h a u p t u n g , das Volk habe so gut wie gar keine F.sitzvorstellungen. E s ist eben nicht möglich, ein erkranktes Organ durch Z u f u h r des entsprechenden Teils aus einem gesunden K ö r p e r zu stärken. — A b und zu tauchen Mittel in der Überlieferung a u f , die Totenknochen 1 4 6 ), auch Tiergebein 1 4 7 ) e m p f e h l e n ; S u b s t i t u t e kommen in A n w e n d u n g , wie das Trinken von Wein, der über ein benutztes Scharfrichterschwert gegossen wurde 1 4 8 ), von Bier mit drei v o m Galgen geschnittenen Spänen 1 4 9 ) oder von Wasser aus einem Tränkeimer der Pferde 1 5 °), das Essen von Gras, das auf einem G r a b e w u c h s 1 5 1 ) , von Feilspänen von einerSterbeglocke 1 5 2 ), das Umwinden des Fußes mit einem Pferdespannstrick l 5 3 ) . K r e b s a u gen 1 5 4 ), Urin 1 5 5 ), K o t 1 5 6 ) werden vereinzelt erwähnt, häufiger ist der Genuß, gelegentlich auch das Tragen von Spinnen, besonders Kreuzspinnen und Spinnweben 1 5 7 ), Schnecken 1 5 8 ), Wanzen 1 5 9 ), L ä u s e n 10 °) und Asseln 1 6 1 ) . b) Selbstverständlich sind die b ο t a n o t h e r a p e u t i s c h e n Mittel recht häufig, und sie werden o f t in Häufungsmitteln gebraucht, wie bei den , , F . p ä c k l e i n " 1 6 2 ) oder der , , F . e s s e n z " 1 6 3 ). Wenn m a n die ersten K o r n b l ü t e n genießt oder durch den Mund zieht, bek o m m t man das ganze J a h r kein F . 1 6 4 ) .
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Fiebersegen
Ähnliches wird v o n Kirschbaumknosp e n 1 β δ ), N u ß b l ü t e n 1 β β ), den e r s t e n V e i l chen le7) und den ersten W e i d e n k ä t z c h e n b e h a u p t e t 1 W ) . F ü r eine A u f z ä h l u n g der P f l a n z e n m i t t e l ist hier k e i n P l a t z . E r w ä h n t seien als h ä u f i g a n g e r a t e n : H o l der-, K a m i l l e n - , H a g e b u t t e n - , L i n d e n b l ü t e n t e e l e 9 ), T e e oder P i l l e n v o n F . k l e e 1 7 0 ) , S c h a f g a r b e m ) , Wegerich m ) , Wermut173), ein s a u r e r A p f e l 1 7 4 ) u n d v i e l e m e h r 1 7 5 ) . B e s o n d e r s b e l i e b t sind p f l a n z l i c h e M i t t e l in B r a n n t w e i n a u f g ü s s e n 1 7 e ). c) E i n w e n i g K a l k v o n der W a n d , in F r a n z b r a n n t w e i n genossen, soll f . s t i l l e n d sein 1 7 7 ), e b e n s o K o h l e , die m a n d u r c h N a c h g r a b e n u n t e r B e i f u ß w u r z e l n 178 ) oder a n d e r S t e l l e f i n d e t , v o n d e r a u s m a n die erste S c h w a l b e s i e h t (s. F a l l s u c h t ) l n ) . D a s T r a g e n v o n F . a m u 1 e 1 1 e η ist r e c h t v e r b r e i t e t . G e w ö h n l i c h h a n d e l t es sich u m k l e i n e K i s s e n a u s S e i d e u n d F l i t t e r g o l d , die ein K n ö c h e l c h e n oder G l a s s c h e r b e n e n t h a l t e n "o). O f t b e s t e h e n a u c h die A m u l e t t e a u s B r i e f c h e n , die a m H a l s g e t r a g e n w e r d e n . A u f ihnen s t e h e n A b s c h r e i b u n g e n des F . s 1 8 1 ), C h a r a k t e r e U 2 ) oder F . s e g e n (s. d.). 146) K u h n - S c h w a r t z 438 Nr. 317; L ö t ο 1 f Sagen 554 Nr. 558. 147) F ο s s e 1 Steiermark 130; J a h n Pommern 187 Nr. 705. 708. 1M ) W i t ζ s c h e 1 Thüringen 2, 275 Nr. 81. ,4e ) S t r a c k e r j a n 1, 96 Nr. log (1497); vgl. Urquell 3 (1892), 149 und A n h o r n Magiologia (1674), 786. 15°) Z f V k . 12 (1902), 384. 1SI ) S t r a c k e r j a n 1, 95. ,12) W i t z s c h e l Thür. 2, 296 Nr. 176 1M = H o v o r k a - K r o n f e l d i, 138. ) Urquell ι (1890), 137. 1 H ) H o v o r k a - K r o n 1S6 feld 2, 339. ) Urquell 4 (1893), τ 4 2 · l s ·) Η e y 1 Tirol 787 Nr. 143; HovorkaK r o n f e l d 2, 339: F o s s e l Steiermark 127. 1S ') 6. u. 7. Buch Mosis 96; F o s s e l Steiermark 127; Strackerjan 1, 94 Nr. 106; H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 138; Ε ο g e l Penns. 296 Nr. 1564; Klapper Schles. 123; B l a c k Folk-Med. 59. 1SS) B l a c k Folk-Med. 57. , M ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 339 1M ) F o s s e 1 Sleierm. 127; S c h w a r t z Stud. 120. Ιβ1 ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 339. ,0!!) P o l l i n g e r Landshut 288; H o vorka-Kronfeld 1, 141; Fossel Steievm. 127. l M ) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 328. 1M ) J a h n Pommern 191 Nr. 741; G r i m m Myth. 3, 473 Nr. 1018; 458 Nr 695; P o l l i n g e r Landshut 277; F o g e l Pennsylv. 272 Nr. 1422; S t r a c k e r j a n 1, 68 Nr. 74; K u h n Westf. 2, 205 Nr. 582; Germania 29 (1884), 4. 165) K u h n Westfalen 2,
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205 Nr. 581. "«) S t r a c k e r j a n 1, 68 Nr. 74. »·') F o g e l Penns. 273 Nr. 1426; H o v o r k a - K r o n f e l d 1,138. 1W ) J a h n Pommern 193 Nr. 764; Z f V k . 23 (1913), 116 f. ι ω ) Mündl. Finkenwärder; Höhn Volksheilhunde 1, 153. 1,0) Η a g e r s Hdb. der Pharmazeut. Praxis 1 (Berlin 1927), 170 f. 171 ) 6. u. 7. Buch Mosis 47. »») P e t e r Oest.Schles. 2, 244; Z i n g e r l e Tirol Nr. 186. "*) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 339; 1, 153. m ) Urquell 4 (1893), 142; Wrede Eifeler Volks/t. 74; J a h n Pommern 188 Nr. 714. "») S A V k . 10 (1906), 268; ZfrwVk. 6 (1909), 139; Hovorka-Kronfeld 1, 138; P e t e r Oest.-Schles. 2, 240 ff ; J a h n Pommern 193 Nr. 768; G r o h m a n n Sagen 323. " ' ) H o v o r k a - K r o n f e l d 1, 140. 148 f.; 2, 328. 339. 348; Urquell 4 (1893), 142; vgl. 6. u. 7. Buch Mosis 50. «') Urquell 1 (1890), 187. " 8 ) A n h ö r η Magiologia (1674), 785 f. ") G r i m m Myth. 3, 441 Nr. 217; K u h n S c h w a r t z 439 Nr. 317; S t r a c k e r j a n ι, 93 Nr. 104; Z i n g e r l e Tirol Nr. 750; W i t z s c h e l Thür. 2, 301. 18°) H o v o r k a K r o n f e l d 2,329; vgl. H ö h n Volksh. ι, 153. 181) Z . B . H u ß Abergl. 17. m ) Z . B . J a h n Pommern 122 Nr. 327; R e i t e r e r Ennstalerisch 22; S a u p e Indiculus 14. Bargheer. F i e b e r s e g e n *). V o n der F u r c h t v o r der ( i n t e r m i t t i e r e n d e n ) F i e b e r p l a g e z e u g t eine R e i h e S p r ü c h e v o m ä g y p t . A l t e r t u m an 2 ) bis ins 19. J h . E u r o p a s . — E s w i r d u n t e n § 1 — 2 christlicher Stoff behandelt, § 3 — 4 sonstiger. I. Segen mit b i b l i s c h e n Personen ( a — d e p i s c h e Segen). a) S i m o n P e t e r s Schwiegermutter. D i e P e r i k o p e L u k . 4, 38 ff., a u c h griech. als S e g e n ü b l i c h 3 ), g i l t der r ö m . K i r c h e als a n e r k a n n t e B e n e d i k tion 4 ) u n d s t e h t d a n n a u c h in p r i v a t e n Handschriften Deutschlands, lateinisch ( n i c h t deutsch), als S e g e n 5 ). b) S. P e t e r s F i e b e r , einer der sehr w e n i g e n a p o k r y p h e n Segen, die a n J e s u L e b e n z w i s c h e n der T a u f e u n d der P a s s i o n b e w u ß t a n k n ü p f e n . F a s t nur l a t e i n i s c h 6 ), in u n d a u ß e r h a l b D e u t s c h lands, a b e r n i c h t d e u t s c h , b e l e g t (14. u. 15. J h . ) . B e i s p i e l : , , P e t r u s s t a b a t (auch jacebai) a n t e p o r t a s Ierusalem, s u p e r u e n i t d o m i n u s . . . D o m i n e , i a c e o de m a l a f e b r e ; et a i t illi d o m i n u s : D e m i t t e i l l a m f e b r e m et s e q u e r e m e . . . " ; P e t r u s e r b i t t e t sich d a n n , d a ß jeder, d e r , . d i e s e n B r i e f " t r ä g t , v o m F i e b e r k e i n e n S c h a d e n erleide. V o r -
1461
Fiebersegen
bild war wohl obiger Segen (a) (aus dem mitunter Sätze wie Matth. 8, 15 entlehnt werden) nebst Matth. 4, 19 f. (die Berufung). Der Ort variiert; auch „ a n t e portam B e t s a i d e " ( „ G a l e l y e " vgl. Matth. 4, 18) usw. — In der ältesten Aufzeichnung eines lat. Begegnungssegens (Italien ca. 800, der besegnete K r a n k e trägt den germ. Namen Tade.bertus) sitzt H e l e n a fiebernd auf Steinen, und Maria k o m m t zur Stelle 7 ). c) S. J o h a n n e s und die R i t t e n , ein geschichtlich merkwürdiger Segen, deutsch 15. u. 16. J h . e ) und dänisch 1 5 . — 1 9 . J h . ' ) , nicht lateinisch bekannt. Alteste deutsche Variante: ,,N[e]un rydden saßen, sie sich vermaßen, sie wolden schaden grakn ( ? ) ; dey g i n g e n g e n osten, dey gingen gen westen, dey gingen ghen dolen. Da quam der gute sant Johan, er fing si, er bant sie, gebunden sint sie mit den yseren 1 b a n d e n . " Gewöhnlich folgt noch nach dem Binden (bzw. der Androhung zu binden) ein Versprechen der Dämonen, ζ. B. „ n u n los vns gen, lieber herr S. J o h a n ; ich will dir das verhaissen . . . ob w e m man diese wordt spricht . . . das in der ridt nümer kümpt a n " 10 ). Einzelheiten: Die D ä m o n e n . Deutsch auch " 7 mal 7 " oder „ 1 5 r i t t e n " , auch „ d e r v e r f l u e c h t " , dänisch auch 9 Brüder oder Schwestern. In lateinischer unepischer Beschwörung, v o m J. I Q O O an bezeugt, werden 7 „ f r i g o r e s " oder „ s o r o r e s " den N a m e n nach aufgezählt ( I l i a , Reptilia, F o l i a , S u f f u g a l i a usw.) u ) . Das Bild von den verschiedenen Fieberarten (nach Hitze oder K ä l t e , Häufigkeit usw.) als (namhafte) Geschwister ist in Zaubersprüchen sehr verbreitet, slavisch (s. u.), altjüdisch 12 ), neuindisch (durch den Isl a m ? ) l s ). — Der H e i l i g e ist „ S . J o h a n " (auch dänisch), je einmal ,.S. T h o m a n " u. „ S a n t Filia Sant Alleluja . . . godtes manne", letzteres wohl urspr. zwei Namen der Dämonen, christl. „ v e r bessert" (vgl. oben). Der O r t kann W a l d ( „ T h a n " ) oder Wiese sein. — Eine Bindung des Fiebers (u. anderer Übel) ist zwar ein beliebter Ritus, s. unten § 3 a. A b e r für unseren Segen ist es eigentümlich, daß der begegnende
1462
Heilige sich nicht, wie sonst in Westeuropas Begegnungssprüchen, mit Bannungsworten begnügt, sondern mit K ö r p e r strafe (Bindung) droht (vgl. auch Fallsuchtsegen a). Auffallend ist auch, daß Johannes als F i e b e r patron auftritt, was sonst griechischer Volkstradition zugehören dürfte 14 ). Der ganze Segen ist ein Ableger des alten morgenländischen G e 11 ο - oder Lilithsegens, für den das lateinische Zwischenglied uns f e h l t 1 5 ) . Der deutschen Fassung am nächsten verwandt ist die r u s s i s c h e : der Heilige (Sisinij u. a., auch Engel, nur einmal Johannes) trifft, gew. am (Roten) Meer, die 12 Fieberdämonen, Töchter des Herodes; abgeprügelt versprechen diese, den Frommen nicht zu schaden und nennen ihre 12 Namen l e ). Ähnlich ruthenisch 17 ). Als Segen gegen K r a n k h e i t oder Verhexung ist der Spruch rumänisch, byzantinisch (hier geradezu Lieblingssegen u. -legende), hebräisch (hier schon von ca. 700 bekannt): die drei Engel oder Heiligen zwingen die Hexe zu versprechen, den Trägern ihrer (der Hexe), oder auch der Engel, Namen nicht zu schaden 18) (s. weiter Dreiengelsegen Schluß und vgl. den Schluß des Grazer Hagelsegens w ) , 12. Jh., s. Wettersegen § 2). d) D i e h 1. G e b u r t. In einer langen Beschwörung, 12. Jh., s t e h t : „ S a n f t e inde wale gebar . . . (Maria Jesum), also sanfte inde also w a l e " soll der Ritten den NN. gelassen 2 0 ). Lateinisch (latinisiert?) bei Wier im 16. J h . : „ A e q u e facilis tibi febris haec sit atque Mariae virgini Christi p a r t u s " 21 ). — Über den Segen v o m B e b e n (Jesu) s. Gichtsegen § 2. e) C h r i s t i . Besprechungen. Lateinische frühmittelalt., meist lange Bespr. beschwören bei Gott, Engeln, Maria, Evangelisten usw. 22). Eigentüml. ums J. 1000: „ C r u x Christi et qui pendebat in cruce, liberet te N. de frigoribus biduis" usw. 23 ). Ein kurzer T e x t (14. und 15. Jh.) ist „ I n c r e a t u s pater, immensus pater, eternus p a t e r " (aus dem S y m b o lum Athanas.), auf 3 Apfelstücke verteilt in 3 Tagen zu essen 24 ). Eine d e u t s c h e recht wortreiche Bespr. aus dem 12. Jh. 2 5 ).
1463
Fiebersegen
S p ä t e r wird deutsch bes. bei dem hl. Blut beschwört, ζ. B . : „ D i e s ist das wahre Christi B l u t , das sei f ü r 99 Fieber g u t " ( S c h l u ß eines Ritusspruchs, indem man zugleich Wasser s c h ö p f t 26 ). ') Η ä 1 s i g Zauberspruch 41 f . ; Η ο ν ο r k a 11. K r o n f e l d 1, 138 f f . 2 ) Ä g y p t . 3. J h . n. Chr. G r i f f i t h - T h o m p s o n The demotic magic Papy/us of London ( u s w . ) 203 ( H o r u s k l a g t d e n G ö t t e r n s e i n F i e b e r ) . G r i e c h . (christl.) u m 400: J a c o b y : Ein neues Evangelienfragment 32 f. ( v g l . F r a n z Benediktionen i , 63 f f . ) . 3 ) G o a r Euchologion ( V e n e t i i s 1730) 341 4 ( n a c h M a t t h . 8, 14 f f . ) . ) F r a n z 2, 474. 476 v o m 10. J h . a n ; v g l . i m M i s s a l e R o m a n u m d i e M i s s a p r o v i t a n d a m o r t a l i t a t e . 5) T h o r n d i k e A History of magic and experim. Science 1, 730, 12. J h . ; S c h ö n b a c h H S G . N r . 495, 14. J h . ; Z f V k . 1, 174; A l e m a n n i a 27, 114. Englische Parafrase: Angl. 19, 87. β ) S c h ö n b a c h H S G . N r . 488; Giac ο s a Magistri Salernitani ( T o r i n o 1901) 368; M s c h l e s V k . 21 (1919), 100; Z f d A . 38, 16 ( o b e n z i t i e r t ) ; A n g l . 19, 79; H e i n r i c h Ein mittelengl. Medizinbuch 167. 220 f . ; Danm. Tryllefml. N r . 266; K l e m m i n g Svensha hätte- och Örteböcker 39. E n g l i s c h (als Z a h n s e g e n ) F L . 6, 304.') Z f d A . 23, 261. 8) O h r t Trylleord 112 ( o b e n z i t i e r t , H a n d s c h r . i n B e r l e b u r g ) ; A l e m a n n i a 25, 266. 267; 26, 70 f. v g l . n o c h A l e m a n n i a 17, 242. 9) Danm. Tryllefml. N r . 252—259. 10 ) A l e m a n n i a 25, 267. n ) H e s s B l . 24, 38 f f . 12 ) B l a u Das altjüdische Zauberwesen2 80. " ) N o r t h I n d i a n N o t e s ( A l l a h a b a d ) u 3, 75) Neugriech.: A b b o t t Macedonian Folklore 65; F L . 10, 165. " ) V g l . S t e i n m e y e r 391, 10. J h . „ H a b e n t n o m e n " u s w . 1β ) Ζ a b y 1 i η Russkij narod 353—363 p a s s i m ; F L . 11, 154; v g l . M o n a t s s c h r . f. G e s c h . u. W s . d e s J u d e n t h u m s 29, 561 f . ; a u c h G r i m m Myth. 2, 966. " ) H o v o r k a u . K r o n f e l d 18 1, 149 f. ) B e l e g e b e s . F L . 11, 129 f f . ; P e r d r i z e t Negotium perambulans (Straßb. 1922) 16 f f . ; H e s s B l . 23, 120; 24, 39; v g l . H o v o r k a u. K r o n f e l d 1. 144. " ) Z f d A . 18, !1 79. 20 ) Z f d P h . 6, 95 f. ) W i e r u s De praestigiis daemonum (Basel 1577) 515. 2t ) S t e i n m e y e r 24. 380; G e r m a n i a 25, 69; F r a n z Benediktionen 2, 480 f f . 2 3 ) F r a n z 2, 481 f . ; v g l . d e u t s c h s p ä t : A l e m a n n i a 27, 114. M ) G e r m a n i a 24, 3 1 1 ; v g l . Z f V k . 1, 174; Danm. Tryllefml. N r . .301. " ) Z f d P h . 6, 95 f. (vgl. 2e oben). ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 394 N r . 1845; v g l . U r q u e l l 6, 184; K u h n und S c h w a r t z 374. 439; E n g e l i e n und L a h n 258^.138; D r e c h s l e r 2,302.
2. B e z i e h u n g e n auf a n d e r e Heil i g e und auf den K u l t . Die S i e b e n s c h l ä f e r (s. d.): B l o ß die N a m e n oder a u c h Motivierung u n d Gebet, 10. bis 16. J h . , in D e u t s c h l a n d
1464
und anderswo, nur l a t e i n i s c h ; besprochen ist fast immer Fieber oder Schlaflosigkeit, v g l . die M o t i v i e r u n g (ums J. 1000, gegen Fieber): „ s i c u t requie u i t dominus super illos, sie requiescat super istum f a m u l u m dei N . " G a l l u s u . a . : Im 1 1 . J h . werden lat. Benedictus, V i t u s ( „ t o l l a t tibi hunc ridun") u. G a l l u s angerufen 29 ). Im 15. und 16. werden 4 Z e t t e l o. ä. mit einem Satze der Galluslegende über den (für die Heidenmission segensreichen) Fieberanfall dieses Heiligen beschrieben, dann teils gegessen, teils v e r b r a n n t : ,,(1.) C u m proficiscendi (2.) tempus instaret, (3.) b e a t u m G a l i u m (4.) febris i n v a s i t " 30 ). K r a f t der M e s s e : Die hier verkörperte G o t t h e i t wird angerufen, 15. und 16. J h . Ζ. B. „ B i s [d. h. sei] G o d t w i l k u m du gegenwärtiger Godt, alle dienge sten in deim g e b o d t ; ich bidt dich, 1. herr Jhesu Christ, als wore du in des bristers henden bist, das du thust dem menschen Ν (72) ridten frei, ob im nichts mere s e i " , während der W a n d l u n g zu s p r e c h e n 3 1 ) ; ähnl. französisch u m 1400 (,,auxi verr a y m e n t come le prestre fist d i e u x entre ses m a y n s " ) 32) u. dänisch 33 ). K r a f t des (heiligen) T a g e s , vom 16. Jh. a n : S ο η η t a g : „ B i s Godt wilkum, hl. Sunnen dage. . . ich will dich bitten, das du mir büßest diese ritten . . " , drei S o n n t a g m o r g e n v o r T a g mit gen Osten gebreiteten A r m e n zu sprechen 34 ). — F r e i t a g : „ H u t is de dach, dar an got geleden h a t . . . so m u t t e m y e h N. d a t feber vorlan . . . " 35 ). S p ä t auch „ W i l l k o m m e n fröhlicher M o n t a g " 36 ), und e i n f a c h : „ G u t e r Morgen, lieber, schöner Tag, n i m m mir die 77 Fieber a b " (usw.) U n d außerhalb des Christlichen sind wir auch in den späten A u f z e i c h nungen, w o die aufgehende Sonne (gegen das T a g e s f i e b e r ? ) angerufen w i r d : „ L i e b e Sonne, k o m m herab und n i m m mir die 77 Fieber a b " 3 8 ) ; vgl. auf Sizilien: „ D u bist erschienen, G o t t e s Morgenrot, j e t z t k o m m t mein Feind . . . " 39 ). 2 ') H ä l s i g 99 f . ; S t e i n m e y e r 392; A n S p r . 84, 324; H e i m Incantamenta 555; H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 30; A f d A .
Fiebersegen
1465 1871,
302;
Angl.
Alemannia 2»)
1,
19,
198.
)
a
79;
ZfdA.
AnSpr.
s.
38, Anm.
Z f d A . 22, 247 u. H e s s B l . 2 , 9 2 . » l
b a c h
HSG.
Tryllefml.
Nr.
Patr. Latina vgl.
Nr.
Mone
421.
1024
S c h ö n -
(vgl.
1 1 4 , 986. Anzeiger
31 )
A l e m a n n i a 25,
7, 4 2 1 ;
Alemannia
A n g l . 19, 84. **) Danm.
Nr.
A l e m a n n i a 25, 2 6 5 ; v g l .
309. " ) 3,
282.
3S)
ZfdA.
23,
W i e r a s De praestigiis
daemonum
515
Volksheilkunde
3«)
(lat.);
H ö h n
ZfrwVk.
1905,
289.
3')
Volksth. i , 209. " ) W u t t k e Biblioteca
delle
Danm.
272); s. die L e g e n d e Μ i g η e
113. 115. " ) Anzeiger
16; 27.
trad, popol.
266; 27,
Tryllefml. Mone
433;
vgl.
(Basel 1577), 1,
156.
Β i r 1 i η g e r § 227. Siciliane
Ρ i t r έ 19, 329·
3. R i t u s s p r ü c h e , a) Ubertragen auf B ä u m e (Tiere). V o n der S p ä t a n t i k e ist die Sitte, Sprüche an das heilsame P f l ü c k e n oder Essen v o n B l u m e n z u knüpfen, überliefert 4 0 ); derartige Sprüche sind in Deutschland und D ä n e m a r k bis zur G e g e n w a r t im Gebrauch 41 ). In deutschen S p r ü c h e n k o m m e n Bäume in B e t r a c h t 42 ), in erster Reihe Holunder und Weide, auf welche dann der Spruch dem R i t u s g e m ä ß die K r a n k h e i t ü b e r t r ä g t ; in recht vielen Fällen (unten in den Hinweisen mit G bzw. S bezeichnet) ist diese nicht Fieber, sondern Gicht oder S c h w i n d s u c h t . Einige Belege sind aus dem 1 5 . — 1 7 . Jh. 43 ), die meisten spät und gewöhnlich durch den V o l k s m u n d , nicht literarisch überliefert, können dennoch alt sein. Ähnliche Sprüche in N a c h b a r ländern 44 ). — Der Spruch kann das Α η b i n d e n des Übels ausdrücken, ζ. B . : „ G u n D a g ok Fleder, ik bring d i ' t Fewer, ik binn't hier an un ga d o r v a n " 45 ). A u c h unbestimmter das bloße Herbringen: „ N u ß b a u m , ich k o m m e zu dir, nimm die 77erlei Fieber v o n mir . . . " (der N a m e des K r a n k e n wird in den B a u m gepfropft, Zauberbuch) 4e ). Im Deutschen selten ist ein Spruch, der das Übertragen durch E ß w a r e n v e r m e r k t : , , G u n Dag, g r ä u n Marie [d. i. der Holunder], ik bring' di dat Nig', hie bring' ik di . . . . K e s un Brot . . . " 47 ), lateinisch (latinisiert?), aus dem J a h r 1646 (gedr. Buch) und schon bei Pseudo-Plinius, auch ital. u. f r a n z . 4 9 ) bezeugt. Nicht selten soll nachher ein Vogel das Übel b e k o m m e n : „ B o o m , B o o m , öck schedder di, d a t kohle Feber bring' öck di, de erseht V a g e l , wo räwerflicht, d a t de d a t Feber kriege m i c h t " M ) ;
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das S c h ü t t e l n soll wohl s y m p a t h i s c h das Fieberfrösteln übertragen, ausländ. Sprüchen g e m ä ß 6 l ). — Die A n r e d e f o r m ist oft ein K l a g e n : „ B o m , ick klag di, d a t Feber plagt m i " usw. 52 ), oder ein G r u ß, ζ. B. an die E i c h e : „ G o d e n A b e n d , du gode olle, ick bringe di dat w a r m e un d a t k o l l e " S3 ). — Schon im 17. Jh. w a r eine andere A n w e n d u n g des Reimes „ a l t e : k a l t e " b e k a n n t : „ D i e s e person h a t das k a l t e ; teufel, hol die alte, so v e r g e h t der das k a l t e " M ) ; ähnlich recht oft später 5 S ); die A l t e (immer weiblich) ist hier die k r a n k e Person, nach W u t t k e ε β ) urspr. aber eine mythologische Gestalt, — s i c h e r liegt hier jedoch, wie von Weinreich nachgewiesen 67 ), ein grober Scherz vor, wie in dem „ A u g e n s e g e n " : „ D e r T e u f e l reiße dir die A u g e n a u s " (usw.) M ). b) A n d e r e Ritussprüche. Vereinzelt wird das Fieber dem Spruche nach auf fließendes Wasser oder auf einen K r e u z w e g übertragen 59). Salzritusspruch (Salz wird in den B a c h 0. ä. gestreut): „ I c h streue diesen Samen in G o t t e s N a m e n : wenn dieser S a m e n wird aufgehn, w e r d ' ich mein Fieber wiedersehn" M ) ( „ u n m ö g l i c h e A u f g a b e " ) , vgl. formell die Getreidesegen u. ä., s. landwirtsch. Segen § 3 a. Ä h n l i c h tschechisch und schwedisch e l ) . 10) P l i n i u s Hist. nat. 2 1 , 1 6 6 ; H e i m Incantamenta 561, 9. Jh. 4 l ) H e s s B l . 23, 125 (Kornblüten); Danm. Tryllefml. N r . 295 f f . 1 1 5 0 f. « ) Z. B . W u t t k e § 4 8 8 . 491. 507 ( B ö h m e n ) ; Z f V k . 1, 2 1 2 G ; R e i s e r Allgäu 2, 446 G ; Β i r 1 i η g e r Volksth. 209; Z f V k . 22, 297, G e l b s u c h t ; S t r a c k e r j a n
1, 72, wildes F e u e r ; Urquell 2, 96; G r i m m Myth. 2, 9 7 9 ; B A R T S C H Mecklenburg 2, 367 Nr. 1 7 2 1 f., S u c h t ; 2, 407 Nr. 1888 G ; Z f V k . 6, 2 1 6 G ; 7, 69; 7, 1 6 6 — 1 6 9 passim G ; J a h n Hexenwahn 90; F r i s c h b i e r Hexenspr. 54; Z f V k . 5, 33 G . " ) Z f d A . 23, 433; M o n e A n zeiger 1834, 287 N r . 34; A l e m a n n i a 17, 244. " ) P i t r bBibl. trad, popol. Siciliane 19, 328. 330; S e b i 11 ο t Folk-Lore 3, 4 1 2 ; G r o h m a n n I6J; H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 333 (Mähren); Z a b y l i n Russkij narod 353; Danm.Tryllefml, Nr. 283 f f . ; F o l k m i n n e n f r ä n S k y t t s härad 2 (Lund 1915), 8; C o u n t y F o l k Lore 5, 124. " ) B a r t s c h 2, 489. " ) W ü r t t . V j h . 13, 176 N r . 79. " ) B a r t s c h 2, 366 Nr. 1 7 1 9 . «) Z f V k . 4, 450 ( G r i m m Myth. 2, 979). *·) Ps.-Plin. 3, 15 nach H e i m Incantamenta 483; Ρ i t r έ Bibl. 19, 330; S έ b i 11 ο t Folk-Lore 3, 4 t 5 . ") F r i s q h b i e r Hexen-
1467
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Fieberstei η — F i m m e l f r a u
spr. 53N1·. 4. Μ) S 6 b i l l o t 3 , 4 1 5 . 5 2 ) S t r a k k e r j a n i , 84; vgl. Brennessel § 7. '*) K u h n und S c h w a r t z 439. M ) Z f d M y t h . 4, 107. ") B i r l i n g e r Aus Schwaben iy 4 4 7 ; L a m m e r t 262; S t r a c k e r j a n 1, 77 ( Z f V k . 7, 68 als „Parodie"). " ) W u t t k e § 227; vgl. den Spruch G r i m m Myth. 3, 504 Nr. 42; s. auch Art. Alte § 5. ·') HessBl. 9, 131 f. Gottsch. H o l l e n Praeceptorium (Nürnberg 1503) Bl. 1 9 a ; Schönw e r t h Oberpfalz 3, 232; vgl. HessBl. g, 127 f f . ; 12, 184 f. 59) S t r a c k e r j a η ι , 86 (vgl. S e b i 11 ο t Folk-Lore 2, 379 f.); Frischbier Hexenspr. 53. Wieder andere Sprüche Höhn Volksheilkunde i , 155 f.; Z f ö V k . 13, 136. " ) H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 139 Harz (u. B a y e r n ) ; Jahn Hexenwahn 92. ") H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 335; A m i n s s o n Bidrag tili Södermanlands äldre kulturhistoria I, i , 107.
4. S o n s t i g e S p r ü c h e , a) N i c h t z u H a u s e : „ F i e b e r , bleib a u s ; ich bin nicht zu H a u s " (oder „ N N . ist nicht z.H.") 6 2 ), wird, u m den Fiebergast zur U m kehr zu bewegen, gewöhnlich an die T ü r geschrieben, doch auch mit Übertragungsoder Tilgungsriten v e r b u n d e n , die aber nicht zu den W o r t e n passen. Tschechische und s k a n d i n a v i s c h e Seitenstücke e s ). b) T a u b e o h n e G a l l e . Gegen Fie'ber oder H e r z g e s p a n n ; nicht süddeutsch ? „ W o l f ohne L u n g e , S t o r c h ohne Zunge, T a u b e ohne Galle, Herzgespann (oder Fieber), du m u ß t f a l l e n " **). S t a t t „ W o l f " auch F u c h s oder Biene, vereinzelt Vogel, Frösche, Hirsch (statt „ T a u b e " selten T u r t e l t a u b e , vereinzelt Fische); Schlußzeile a u c h : „ h i l f t f ü r das 77erlei Fieber a l l " o. ä. A u c h dänische V a r i a n t e n e8 ). — D e r S p r u c h steht mit einem beliebten V o l k s r ä t s e l über diese u. a. Tiere in enger V e r b i n d u n g ββ ), aber die B e z i e h u n g zur K r a n k h e i t scheint dunkel. Mansikka ®7) erklärt die T a u b e als Christus oder Maria ( „ c o l u m b a (turtur) sine f e i l e " in der Kirchenpoesie), die das Fieber vertreiben, die B i e n ; als M a r i a ; aber was sollen dann die anderen Tiere b e d e u t e n ? D a s Rätsel will indessen durchgehend einen wirklich v o r h a n d e n e n V o l k s g l a u b e n über diese Tierarten a u s d r ü c k e n (mit dem Rätsel v o m Vogel Federlos ist es nicht identisch). Die „ T u r t e l t a u b e " ist sicher sekundär. •2) Ζ. B . F ο s s e 1 Volksmedizin 131 (Steiermark); Z f V k . 10, 64 (Braunschweig); Lamm e r t 264 (Unterfranken); S t r a c k e r j a n
1, 9 1 · 95! M ü l l e n h o f f Sagen 5 1 3 ; Urquell 2, 96; B a r t s c h Mecklenburg 2, 393t.; F r i s c h b i e r Hexenspr. 50. 55. e3) G r o h m a n n 167 Nr. 1183; Danm.Tryllefml. Nr. 273 t.; A m i n s s o n (s. Anm. 61) 2, 105. M ) S e y f a r t h Sachsen 126 (Thüringen); H ö h n Volksheilkundei, 107; K u h n Westfalens, 204 N r . 5 7 8 ; K u h n u. S c h w a r t z 439 Nr. 320; J a h n Hexenwahn 91 Nr. 169; B a r t s c h Mecklenburg 2, 396 Nr. 320; F r i s c h b i e r Hexenspr. 54 f.; B l p o m m V k . 7, 1 1 7 ; 9, 185. Vgl. Z f V k . 7, 68; G r i m m Myth. 3, 504 Nr. 42. e5) Danm. Tryllefml. Nr. 278. es) M S D . 2, 307; E b e r mann Blutsegen 142 f. e7) M a n s i k k a Über russische Zauberformeln 72 f. Ohrt.
Fieberstein s.
Quarz.
Filzlaus (Phtirius pubis). Filzläuse darf man nicht vertreiben; denn sie ziehen allen K r a n k h e i t s s t o f f aus dem K ö r p e r 1 ). Leute, die schwere Lasten heben müssen, ζ. B. die Müller, pflegen sie direkt in ihren S c h a m h a a r e n , weil sie sie vor Brüchen bewahren 2 ). A u c h die Fuhrleute sehen es gern, wenn sie mit Filzläusen beh a f t e t sind, j a sie kaufen sich welche, wenn sie nicht schon welche haben, weil nur dann ihre Pferde gedeihen 3 ). — Zur V e r t r e i b u n g der Filzläuse empfiehlt Staricius 4 ), die betreffenden Körperteile mit einem L u m p e n einzureihen, den die Goldschmiede z u m Vergolden und A b r e i b e n des Quecksilbers gebraucht haben, oder ein S t ü c k alten B a r c h e n t zu nehmen, Quecksilber auf K o h l e n zu legen, den R a u c h mit dem L u m p e n a u f z u f a n g e n und die Stellen d a m i t abzureiben, oder klein gestoßene schwarze Nieswurz in starken B r a n n t w e i n zu legen und sich damit abzuwaschen. s. a.
Laus.
!) S t r a c k e r j a n 1, 55 § 55; 2, 175 § 407; 2, 185 § 427. 2) L a m m e r t 257; Birl i n g e r Volksth. 1, 489 Nr. 51. 3) B a r t s c h Mecklenburg 2, 154 f. Nr. 701; W u t t k e 113 § 149; 454 § 7 1 7 . 4) Helden-Schatz (1679), 574 f. Bächtold-Stäubli.
F i m m e l f r a u , einer der N a m e n des Korngeistes a m thurgauischen Untersee, v o n der man den K i n d e r n erzählt, daß sie das K o r n (die Körner des Hanfs) schwer mache, bösen Menschen dagegen Schaden z u f ü g e x ). F i m m e l n sind die männlichen H a n f p f l a n z e n 2 ). *) M a n n h a r d t
Forschungen
311;
Sin-
1469
finden
g e r Schweiz. Märchen 1, 18. 2) Schweizld. 1, 826; F i s c h e r SchwäbWb. 2, 1501. Bächtold- Stäubli.
finden. I . G l ü c k l i c h e und w u n d e r bare W i r k u n g . Vieler D i n g e Z a u b e r k r a f t wird b e w i r k t oder gesteigert, wenn sie gefunden sind denn die G u n s t des Zufalls ist dabei im Spiel 2 ) ; das auf außerordentlichem Wege Erlangte hat eine a u ß e r o r d e n t l i c h e Wirkung3). In e r s t e r L i n i e gilt das v o n u n g e s u c h t gef u n d e n e n D i n g e n 4 ) ; die K r a f t ist dann e t w a s v o m S c h i c k s a l G e w ä h r t e s , das j e n s e i t s des m e n s c h l i c h e n W i l l e n s liegt 5 ). W i r b e h a n d e l n hier g r u n d s ä t z l i c h nur das z u f ä l l i g G e f u n d e n e ; über G e s u c h t e s f. s. s u c h e n . a) E s gilt f ü r g l ü c k b r i n g e n d , ein v i e r b l ä t t r i g e s K l e e b l a t t e ) zu f. (also e t w a s A u ß e r g e w ö h n l i c h e s , das m i t t e n in der Menge des G e w ö h n l i c h e n n i c h t h e r v o r s t i c h t ) . D a s gleiche gilt v o n gefunden e m E i s e n ' ) . F i n d e t ein j u n g e r Mann (oder ein j u n g e s M ä d c h e n ) in B r a u n schweig ein S t ü c k a l t e s E i s e n , so d e n k t die G e l i e b t e (der Geliebte) an ihn (sie) 8 ). G a n z b e s o n d e r e K r a f t h a t ein gefundenes H u f e i s e n 9 ), das m a n an die S c h w e l l e der H a u s t ü r e n a g e l t 1 0 ) oder ü b e r die T ü r e , u m H e x e n u n d G e i s t e r zu v e r t r e i b e n u ) ; h a t m a n es m i t allen Nägeln g e f u n d e n und n a g e l t es d a m i t an, so ist in S c h w a b e n dad u r c h das H a u s v o r B r a n d g e s c h ü t z t 1 2 ). E i n gefundenes Stiefeleisen t r ä g t m a n s t e t s als T a l i s m a n bei sich 1 3 ) . D i e Z a u b e r k r a f t der beiden l e t z t e n D i n g e wird d a d u r c h v e r s t ä r k t , d a ß sie in d a u e r n d e r B e r ü h r u n g m i t der M u t t e r E r d e sind. N a c h der R o c k e n p h i l o s o p h i e m u ß m a n , u m e t w a s G e s t o h l e n e s wiederzuerlangen, einen v o n u n g e f ä h r g e f u n d e n e n H u f n a g e l auf die S t ä t t e schlagen, wo allezeit F e u e r ist 1 4 ) . A b e r a u c h das F . a n d e r e r Nägel b r i n g t G l ü c k 1 5 ) ; ein neuer Nagel m u ß es im E r z g e b i r g e sein 1 6 ) ; weiterhin der F u n d v o n Nadeln 1 7 ) ; S t e c k n a d e l n , die m a n in der K i r c h e f i n d e t und dort zu A n g e l h a k e n biegt, sind n a c h s c h w e d i s c h e m V o l k s g l a u b e n a m b e s t e n z u m F i s c h e n geeign e t 1 8 ). W e r einen gefundenen P f e n n i g bei sich b e h ä l t , ist i m m e r bei G e l d 1 9 ) ; n a c h
1470
v o l k s t ü m l i c h e m K a l e n d e r g l a u b e n in U n garn m u ß t e m a n ein G e l d s t ü c k , das m a n an W e i h n a c h t e n f a n d , ins F e u e r werfen, u m das g a n z e J a h r Geld zu h a b e n 2 0 ) ; g e f u n d e n e s Geld n i m m t m a n i m E r z g e birge gern zur B e z a h l u n g v o n L o s e n 2 1 ) , da m a n a n n i m m t , d a ß das d u r c h G l ü c k s zufall E r w o r b e n e einen weiteren G l ü c k s zufall n a c h sich ziehen wird. E b e n d o r t h a t der F i n d e r eines S t r e i c h h o l z e s G l ü c k 2 2 ), und wer dort a m heiligen A b e n d e t w a s W e r t v o l l e s f i n d e t , b e k o m m t eine L i e b e 2 3 ) . b) U n g e s u c h t G e f u n d e n e s dient als H e i l m i t t e l f ü r allerlei K r a n k h e i t . Durch S y m p a t h i e z a u b e r heilt m a n Zahns c h m e r z e n : in Niederschlesien t r ä g t m a n einen g e f u n d e n e n T i e r z a h n auf der S e i t e des leidenden Z a h n e s in den K l e i d e r n möglichst nahe a m K ö r p e r e i n gef u n d e n e r F ü l l e n z a h n s c h ü t z t in W e s t falen v o r Z a h n l e i d e n **), in M e c k l e n b u r g m a c h t m a n sich a u s e i n e m g e f u n d e n e n S c h w e i n s k i n n b a c k e n einen Z a h n , den m a n s t ä n d i g in den K l e i d e r n bei sich t r ä g t 2 e ) . U n t e r dem gleichen G e s i c h t s p u n k t v e r wendet m a n in B ö h m e n u n d in der Gegend v o n L a n d s h u t M ) einen gefundenen K n o c h e n zur H e i l u n g des Ü b e r b e i n s , das m a n d a m i t r e i b t . A u c h zufällig gef u n d e n e s E i s e n spielt h i e r wieder eine R o l l e : ein S t ü c k c h e n E i s e n , das b e i m A c k e r n an der P f l u g s c h a r h ä n g e n b l e i b t , s t e c k t m a n gegen R o t l a u f zu sich 2 e ) ; und a u c h h i e r sind g e f u n d e n e Nägel b e sonders w i c h t i g : ein a u s drei gelegentlich g e f u n d e n e n Nägeln h e r g e s t e l l t e r Ring wird m i t E r f o l g gegen K r a n k h e i t e n get r a g e n ®°); h a t ein K i n d einen d i c k e n N a bel, so s c h l ä g t m a n einen g e f u n d e n e n Nagel in die T ü r e itl der H ö h e des K i n d s n a b e l s und b e t e t b e i m E i n s c h l a g e n drei V a t e r u n s e r 3 1 ) ; in F e h r b e l l i n k l o p f t m a n bei Z a h n s c h m e r z e n einen solchen Nagel in einen B a u m , doch so, d a ß m a n ihn wieder m i t der H a n d h e r a u s z i e h e n k a n n , und l ä ß t den A t e m d r e i m a l in das L o c h hinein, i n d e m m a n s p r i c h t : „ I m N a m e n G o t t e s u s w . " 3 2 ). M a n ü b e r t r ä g t zuweilen die K r a n k h e i t a u f den g e f u n d e n e n G e g e n stand, den m a n d a n n f o r t w i r f t . I m A l t e n b u r g i s c h e n d r ü c k t m a n U b e r b e i n e bei a b n e h m e n d e m Monde m i t e i n e m u n g e s u c h t
finden gefundenen Tiegelbeine dreimal übers K r e u z in den drei h ö c h s t e n N a m e n u n d w i r f t d a n n das T i e g e l b e i n w e g ; w e r es a u f h e b t , erhält die K r a n k h e i t 3 3 ) . Mit gef u n d e n e n T i e r k n o c h e n , die m a n n a c h Geb r a u c h wieder a n dieselbe S t e l l e legt, reibt m a n G e s c h w ü r e 3 4 ) u n d W a r z e n 3 5 ) . Diese letzteren reibt man nach einem wendischen V o l k s b r a u c h a u s d e m S p r e e w a l d m i t e i n e m S t ü c k c h e n S c h n u r , das m a n z u f ä l l i g f i n d e t ; m a n s t r e i c h t d a m i t dreimal ü b e r die W a r z e n u n d l e g t es d a n n s c h w e i g e n d w i e d e r a n denselben Ort, w o m a n es g e f u n d e n h a t 3 e ). In B ö h m e n m u ß m a n an e i n e m A b e n d , w o der M o n d a u f g e h t , unv e r s e h e n s eine W e g s c h n e c k e f . ; m i t dieser b e s t r e i c h t m a n die W a r z e n u n d l e g t sie z w i s c h e n zwei Steine, d a m i t sie n i c h t f o r t k r i e c h e n k a n n 37 ). In S c h e l k l i n g e n - B l a u b e u r e n ist g e g e n K r e u z w e h ein g e f u n d e n e r S t r i c k g u t ; er darf n i c h t g e r e i n i g t u n d m u ß , o h n e d a ß es j e m a n d w e i ß , ins B e t t g e b r a c h t w e r d e n , s o n s t v e r l i e r t er seine Heilkraft M). Gefundene Wagensalbe hilft im Simmenthai gegen Hühneraugen39), a m L o r e n z t a g e g e f u n d e n e K o h l e n in Rickenbach (Amt Säckingen) gegen B r a n d w u n d e n 4 0 ) ; in O b e r b a i b a c h ( A m t T a u b e r b i s c h o f s h e i m ) l e g t m a n im Freien g e f u n d e n e W o l l e u n t e r ein K o p f k i s s e n , d a m i t d a s K i n d l e i c h t z a h n t 4 1 ). A u f d e m W e g e g e f u n d e n e Speise l ä ß t sich als A r z n e i v e r w e n d e n 4 2 ); ein d o r t g e f u n d e n e s Stückchen Brot legt man im Erzgebirge g e g e n K r ä m p f e in d e n K i n d e r k o r b 4 3 ) . In Mistelholz im B ö h m e r w a l d heilt m a n d a s A u g s t a l l ( B l ä h k r a n k h e i t des Viehs) m i t einer z u f ä l l i g a m W e g e g e f u n d e n e n P e i t s c h e n s c h n u r , die ein H i r t oder ein F u h r m a n n w e g g e s c h n a l z t h a t ; m a n bind e t sie d e m e r k r a n k t e n V i e h u m den Leib, s t r e i c h t m i t den H a n d f l ä c h e n über die M a g e n h ö h l e n des T i e r e s u n d s p r i c h t einen H e i l s e g e n **). W e n n eine ledige P e r s o n einen R o s e n k r a n z f i n d e t , an d e m n i c h t s f e h l t als das K r e u z , u n d ihn neun J a h r e l a n g in e i n e m S ä c k c h e n a n g e h ä n g t t r ä g t oder a n s K l e i d h e f t e t , so k a n n ihr nie e t w a s schaden, a u c h bei S c h w a n g e r s c h a f t n i c h t ; legt m a n so einen neun J a h r e get r a g e n e n R o s e n k r a n z einer s c h w a n g e r e n F r a u auf die B r u s t , so b r i n g t sie leicht
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eine g e s u n d e F r u c h t z u r W e l t , u n d w i r d er K i n d e r n , die v o n F r a i s e n b e f a l l e n sind, auf den K o p f gelegt, so g e n e s e n sie innerh a l b 24 S t u n d e n 46 ). c) N o c h a n d e r e w u n d e r b a r e W i r k u n g e n können zufällig gefundene Dinge hervorrufen. Die Fruchtbarkeit fördert nach wendischem Volksg l a u b e n ein g e f u n d e n e r S t r i c k , der in die blühenden Gurken geworfen wird4e). N a c h der R o c k e n p h i l o s o p h i e s c h ü t z t eine unversehens gefundene Radfelge, wenn m a n sie in der heiligen D r e i f a l t i g k e i t N a m e n in die S c h e u n e w i r f t , das Getreide v o r M ä u s e s c h a d e n 4 7 ) . F i n d e t m a n in der O b e r p f a l z u n g e s u c h t einen H u f nagel und t r ä g t ihn an drei K a r f r e i t a g e n bei sich, so k a n n m a n die E h e z w e i e r B r a u t l e u t e d a m i t stören u n d s o g a r trennen, w e n n m a n beider H ä n d e b e i m H a n d s c h l a g d a m i t d r ü c k t **). W e r einen auf der S t r a ß e g e f u n d e n e n E g g e n n a g e l bei sich trägt, kennt nach Wormser Aberglauben u m 1790 alle H e x e n 4 9 ); n a c h P f o r z h e i m e r A b e r g l a u b e n a u s derselben Z e i t sieht m a n sie in der K i r c h e m i t K ü b e l n auf d e m K o p f , w e n n m a n einen S o n n t a g s gef u n d e n e n E g g e n z a h n z u sich s t e c k t , m a n muß aber dann vor dem Vaterunserläuten die K i r c h e verlassen, s o n s t z e r r e i ß e n sie einen Μ ), u n d auf gleiche W e i s e e r k e n n t nach derzeitigem Aberglauben aus dem A n s b a c h i s c h e n d e r j e n i g e die H e x e n , der drei in g e b a c k e n e m B r o t g e f u n d e n e Get r e i d e k ö r n e r bei sich h a t 5 1 ) . D i e B e d u i n e n h ä n g e n , u m ihre K a m e l e v o r d e m bösen B l i c k z u b e w a h r e n , i h n e n allerlei auf d e m W e g e g e f u n d e n e S a c h e n a n , wie S t ü c k e v o n a l t e n S a n d a l e n , K l e i d e r n , H u f e i s e n u. d g l . 6 2 ) . D r e c h s l e r 2, 243; Z a h l e r Simmenthal 90 2) G r i m m Myth. 2, 952. 3) Μ a a c k Lübeck 36. l | J o h n Westböhmen 265; S e y f a r t h Sachsen 250. So sind auch zuweilen die Wunschdinge des Märchens gefunden: G r i m m K H M . Nr. 93. 5) W u t t k e 145 § 203. e) M e i e r Schwaben 1, 252; Strackerjan 2, 2T9 Nr. 464; Wolf Beiträge 1, 246. ») ZfVk. 11 (1901), 277; 8 S c h m i t t Hettingen 17. ) A n d r e e Braunschweig 296. ') Egerl. 3 (1893), 59. Auch ein Stück davon genügt: G r i m m Myth. 3, 441 Nr. 220. 10) Mitt. Anh. Gesch. 14, 10. ») Z f V k . 12 (1902), 387. lä ) Ebd. " ) ZföVk. 13 (1907),
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finden
133. 14) G r i m m a . a . O . 3, 441 Nr. 220. ») W u t t k c 135 § 186. 1β) J o h n Erzgebirge 38. " ) Z f V k . 11 (1901), 279; F r a n z 1S Nik. de Jawor 190. ) G r i m m a . a . O . 3, 479. ») Urquell 4 (1893), 106. i0 ) ZfVk. 4 (1894), 312. " ) J o h n a. a. O. 37. " ) Ebd. 38. 23) Ebd. 153. " ( D r e c h s l e r 2, 299. » j W u t t k e 351 § 526. " ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 123. Grohmann i, 183; W u t t k e § 5 2 1 . a ) P o l l i n g e r Landshut 287 f. M) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 255. »") ZfVk. 11 (1901), 277. 3l ) W o l f a. a. O. 1, 208. 32) Z f V k . 8 (1898), 204. 33) S e y f a r t h a . a . O . 238. 3«) H e y l Tirol 801 Nr. 253. • s ) W u t t k e 341 § 508; F o g e l Pennsylvania 322 Nr. 1713. s ') S c h u l e n b u r g 3 ') G r o h m a n n 103. 172. a ) H ö h n Volksheilhunde 1, 138. η Z a h l e r a. a. O. 90. ») M e y e r Baden 508. " ) Ebd. 50. «) Urquell 4 (1893), 116. «») J o h n a . a . O . 53. " ) ZfVk. 1 (1891), 213. " ) S c h ö n w e r t h a. a. O. 1, 161 f. " ) S c h u l e n b u r g Wend Volkst. 116. " ) G r i m m a . a . O . 3, 445 Nr. 351. " ) S c h ö n W e r t h a . a . O . 1, 128 Nr. 1. " ) G r i m m a . a . O . 3, 452 Nr. 539. '") Ebd. 3, 456 Nr. 636. " ) Ebd. 3, 485 Nr. 685. " ) A n d r e e Parallelen 1, 36. 2. A b e r a u c h U n g l ü c k k a n n ein gefundener Gegenstand dem Finder bring e n . Z u m m i n d e s t e n b r i n g t er in v i e l e n F ä l l e n k e i n e n S e g e n (nach W i e n e r K i n derglauben geht Gefundenes bald wieder verloren) 6 Ϊ ). W e r ein g e f u n d e n e s D i n g sich a n e i g n e t , d e m k a n n leicht e t w a s a n g e t a n w e r d e n 5 4 ) ; es ist v i e l l e i c h t f ü r irgendeinen Z a u b e r g e b r a u c h t w o r d e n S 5 ). E i n B a n d m i t K n o t e n soll m a n n a c h o b e r p f ä l z i s c h e m V o l k s g l a u b e n liegen lassen, weil m a n sonst seine Z e u g u n g s k r a f t verlieren k ö n n t e s e ) . H a t j e m a n d ein T u c h , das er u m ein G e s c h w ü r g e t r a g e n h a t , auf einen S t e i n a m B a c h g e l e g t (s. F l u ß § 2) u n d ein a n d e r e r f i n d e t es u n d n i m m t es w e g , b e k o m m t er das G e s c h w ü r g e n a u a n derselben Stelle, w o der a n d e r e es g e h a b t h a t M ) . G e l d f. b e d e u t e t U n g l ü c k M ), besonders w e n n m a n es auf d e m K r e u z w e g f i n d e t M ) oder m o r g e n s , sol a n g e m a n noch n ü c h t e r n ist, u n d es liegt k e i n H o l z d a r u n t e r 6 0 ) ; a u c h drei P f e n nige, die ü b e r e i n a n d e r liegen, darf m a n n i c h t a u f h e b e n e l ) , u n d in der O b e r p f a l z k e i n e n G e l d b e u t e l , der a m W e g e liegt, d e n n der T e u f e l ist drin u n d s c h a u t h e r a u s 62 ). Dieser l e t z t e G l a u b e h a t bereits einen s i t t l i c h e n B e i g e s c h m a c k , genau w i e die G e s c h i c h t e v o m S c h ü t t e l -
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H o f f m a n n zu Pfaffendorf (Kreis Landshut), der sich u n r e c h t m ä ß i g ein g e f u n d e nes G e l d t ä s c h c h e n a n e i g n e t e u n d seitd e m den K o p f n i c h t m e h r s t i l l h a l t e n k o n n t e 63 ). A b e r m a n c h m a l ist es a u c h r i c h t i g e s T e u f e l s g e l d , das d a l i e g t : einige K n a b e n , die bei Mörsperg i m E l s a ß Silbergeld f a n d e n u n d a u f h o b e n , erb l i n d e t e n , u n d erst, als einer d a s G e l d in die linke, einen g e w e i h t e n R o s e n k r a n z in die r e c h t e H a n d n a h m , beide H ä n d e ausstreckte und laut rief: „ J e t z t , Teufel, n i m m , w a s d u w i l l s t ! " w u r d e n sie w i e d e r sehend 64 ). W e n n m a n s c h o n g e f u n d e n e s G e l d a n sich n i m m t , so soll m a n es n i c h t a u s g e b e n , s o n s t g i b t m a n sein G l ü c k w e g 6 8 ) . A u c h bei e ß b a r e n D i n g e n , die m a n f i n d e t , ist V o r s i c h t g e b o t e n . G e f u n d e n e s B r o t darf m a n n i c h t essen ββ ), es k ö n n t e b e h e x t sein 6 7 ); n a c h s t e i r i s c h e m V o l k s glauben verliert das Gedächtnis, wer gefundenes Brot i ß t N a c h böhmischem Glauben jedoch kann man Brot sorglos a u f h e b e n , d e n n über die G a b e G o t t e s h a t w e d e r der böse F e i n d n o c h einer seiner Genossen irgendwelche Macht69). Ein Mann im Kirchspiel Gold e n s t e d t in O l d e n b u r g f a n d bei s e i n e m H a u s e ein S t ü c k Fleisch, g e h ö r i g ges c h n i t t e n u n d e i n g e b u n d e n ; er n a h m es m i t u n d e r z ä h l t e es überall, ohne d a ß j e mand etwas von dem Verlierer wußte, und n a c h drei T a g e n l a g seine K u h t o t i m S t a l l e ; ä h n l i c h g i n g es e i n e m M a n n a u s dem oldenburgischen Kirchspiel Visbeck, der einen e i n g e w i c k e l t e n S t r e i f e n Seit e n s p e c k in seinem H o f e f a n d : es s t a r b e n ihm m e h r e r e S c h w e i n e , a c h t K ü h e u n d zwei P f e r d e in Z e i t v o n einem J a h r e 70 ). M a n soll ü b e r h a u p t n i c h t s E i n g e w i c k e l t e s a u f h e b e n ( Z w i c k a u ) , d a eine K r a n k h e i t d u r c h Z a u b e r e i h i n e i n g e b a n n t sein k ö n n te 7 1 ) , e b e n s o w i e in ein Ei (Oberpfalz), d a s a m W e g e liegt 7 2 ). N a c h der R o c k e n p h i l o sophie h a t der F i n d e r einer N a d e l U n g l ü c k , w e n n sie i h m die S p i t z e z u k e h r t ; k e h r t sie i h m den K o p f zu, h a t er G l ü c k 7 3 ) . In B ö h m e n m u ß m a n sich v o r einem a m Wege gefundenen Strick h ü t e n 7 4 ) ; n i m m t der L a n d m a n n zur E r n t e z e i t einen S t r o h s e i l k n o t e n , d e n er f i n d e t , m i t heim, so l o c k t er eine M e n g e
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Findlingssteine
R a t t e n ins H a u s 75 ) und wer ein Rosenk r ä n z c h e n findet und a u f h e b t , wird des K r e u z e s nie los 7 6 ). A u f R ü g e n n a h m ein Mann ein gefundenes B a n d mit nach Haus f ü r seine T o c h t e r ; nach 24 Stunden erhob sich ein L ä r m in der Stube, ein K o b o l d w a r da und s p r a c h : „ D u hast mich mehr als 24 S t u n d e n beherbergt, du kriegst mich dein Leben nicht mehr l o s " 77 ). W e r einen W e r w o l f s g ü r t e l findet und u m t u t , wird ein Werwolf und m u ß v o n da an jeden T a g zu der Stunde, wo er den Gürtel gefunden hat, ihn anlegen und alles zerreißen, w a s i h m in den W e g k o m m t 7 8 ) . W e r in Tirol ein S c h a t z t e u f e l c h e n (Alraunmännchen) f a n d und a u f h o b , dessen Seele gehörte dem S a t a n re). In der Oberpfalz darf insbesondere die B r a u t nichts v o n der S t r a ß e aufheben, wenn sie nicht U n g l ü c k haben will 80). A b e r es gibt auch Mittel, sich gegen den S c h a d e n zu schützen, den gewisse F u n d e bringen. W e r E ß b a r e s findet, m u ß den ersten Bissen wegwerfen, daß ihm die H e x e n nichts antun können81). Das gewöhnlichste S c h u t z m i t t e l besteht darin, dreimal auf· den F u n d zu spucken 82) oder auf seine F i n g e r 8 3 ) , ehe man ihn a u f h e b t . In Littengrün (Westböhmen) soll man einen Gegenstand, den man auf der Gasse findet, nicht eher aufnehmen, als bis man ihn dreimal mit dem F u ß e gestoßen h a t 81 ). Manche F u n d e zeigen T o d an, so im Erzgebirge der eines Flors den T o d eines V e r w a n d t e n 8 5 ) ; wer einen P f e n n i g (Gussenstadt - Heidenheim), überhaupt ein Kupfergeldstück (Tumlingen - Freudenstadt) f i n d e t , h a t das Opfergeld f ü r eine baldige Leiche gefunden, und z w a r g l a u b t man, es sterbe j e m a n d innerhalb der Familie ( P a p p e l a u - Blaubeuren, Tumlingen-Freudenstadt), und nach dem Glauben in Oberholzheim (Laupheim) k o m m t man in Trauer, wenn man drei Heller oder Pfennige f i n d e t und a u f h e b t 8 e ) . H) « ) W Z i V k . 32 (1927), 92. W u t t k c 304 § 4 5 2 ; Z f V k . 8 (1898), 395. 56> F o g e l Pennsylvania 359 N r . 1 9 1 8 . M ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 278. " ) Η e y 1 Tirol 802 N r . 255. M) W o l f Beiträge 1, 246. 5») F o g e l a. a. O . 103 N r . 428. 60) G r i m m Myth. 3, 442 β1) Ρ a η ζ e r N r . 242. Beitrag ι , 265. S c h ö n w e r t h a . a . Ο . 3, 41 N r . 3;
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278. «*) Κ ü h η a u Sagen 404 f. « ) S t ö b e r Elsaß ι , 1 6 N r . 22. · 5 ) F o g e l a . a . O . 100 N r . 4 1 2 . e6 ) B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 410. «') W u t t k e 3 1 1 § 458. «·) R o s e g g e r Steiermark 66. ") G r o h m a n n 103. S t r a c k e r j a n 1 , 380. ») K ö h l e r Voigtland 425. , 2 ) S c h ö η w e r t b a. a. O . 3, , 3 278. 281 f. ) G r i m m a , a . O . 3, 442 N r . 235. " ) G r o h m a n n 2 2 1 . " ) E b d . 145. 7β ) E b d . 221. " ( H a a s Rügensche Sagen u. Märchen N r . 23. *•) R a n k e Sagen 35. " ) Η e y 1 e0 a. a . O . 268 N r . 82. ) S c h ö η w e r t h a. a . O . 1, 61 N r . 4. 8 I ) G r i m m Myth. 3, 4 7 7 82 Nr. 1120. ) J o h n Oberlohma 1 6 2 ; H a l t r i c h Siebenb. Sachsen 272 N r . 1 6 ; A l p e n b u r g Tirol 264; G r o h m a n n 103. ®3) U r M q u e l l 3 (1892), 58. ) J o h n Westböhmen 2 5 1 . 85 ) J o h n Erzgebirge 1 1 6 . se) H ö h n Tod 3 1 3 . Hünnerkopf.
Findlingssteine. V o n jeher haben die erratischen Blöcke, die sich in g a n z Deutschland zerstreut finden, die A u f m e r k s a m k e i t auf sich gelenkt. Erst spät und nach mancherlei vergeblichen Versuchen gelang es der Geologie, ihr Vork o m m e n zu e r k l ä r e n 1 ) . D a s V o l k h a t t e schon frühzeitig erkannt, daß diese einsam und freiliegenden B l ö c k e nicht v o n A n f a n g an auf dem Boden, wo sie j e t z t liegen, gelegen haben können und suchte sich ihr Dasein zu deuten. D a s w a r der A u s g a n g s p u n k t f ü r mannigfache Erzählungen. Man meinte, Riesen h ä t t e n in grauer Vorzeit diese Steine aus irgend welcher Ursache (Haß gegen die christlichen Kirchen, das Zwergengeschlecht der Menschen usw.) geschleudert oder unterwegs verloren 2 ). In Nordschleswig nennt man die erratischen B l ö c k e geradezu S l y n g s t e e n (Schleuderstein) 3 ). Die absonderliche Gestalt mancher Findlinge, seltsame E i n d r ü c k e auf ihrer Oberfläche (Finger, F ä u s t e u. a.) förderten die weitere Sagenausgestaltung. F ü r die Riesen trat später der Teufel ein; er griff zu solch gewaltigen Schleudersteinen, um die ihm v e r h a ß t e n K i r c h e n (Kapellen, Klöster) zu z e r s t ö r e n 4 ) . So schleppte, nach der Sage, der Teufel den Süntelstein herbei, um die K i r c h e in V e n n e zu zerschmettern, und noch heute sieht man in der Mitte des gewaltigen Blockes den tiefen E i n d r u c k , w o er dem S a t a n auf dem R ü c k e n lag 6 ). Bei der K a p e l l e der K i r c h e der heiligen Ursula in der freien Reichs-
1477
Finger
Stadt Coela lag, wie Zedier erzählt, ein großer Stein; a m 3. O k t o b e r 1404 soll ihn unter gewaltigem S t u r m der Teufel n a c h t s geschleudert haben, um boshaft die K a p e l l e zu zerschmettern; man zeigt noch im Gewölbe das Loch, durch das der Stein herabfiel ®). G l o c k e n k l a n g und H a h nenkrähen k a n n der Teufel nicht vertragen; man wird deshalb wohl zu den Teufelssteinen auch die Findlinge zählen können, die sich umdrehen, wenn sie das hören. Ein solcher liegt ζ. B. bei V e h t a in Oldenburg; nach dem V o l k s g l a u b e n dreht er sich dreimal herum, wenn des Bauern B e n e k e H a h n k r ä h t . V o n einem erratischen B l o c k e im T h u r g a u wird berichtet, er springe herum, wenn er a m M i t t a g die Glocke läuten h ö r t ' ) . A n d e r e Sagen berichten, F r e v l e r seien u m ihrer Sünden willen in solche Steine v e r w a n d e l t worden; ihre ungefähr einem Menschen ähnliche Gestalt m a g diesen A b e r g l a u b e n v e r a n l a ß t haben. Als ewiges W a r n u n g s mal stehen sie nun v o r den Menschen 8 ). Unter anderen erratischen Blöcken befinden sich nach dem V o l k s g l a u b e n große S c h ä t z e ®). Im deutschen Nordosten meint man hier und da, die Findlinge beherbergten kleine K i n d e r ; Veranlassung dazu gab vielleicht der N a m e „ F i n d l i n g e " ; es kann aber a u c h auf die in Steinen wohnenden Zwerge zurückgehen (vgl. Kleinkinder-Titistein) 10 ). A u f die einzelnen F. genauer einzugehen, v e r bietet der beschränkte R a u m . Joh. Folkers zählt allein in der Mark, Mecklenburg, Norddeutschland, Schleswig-Holstein, Sachsen und Niedersachsen auf Grund der vorliegenden S a g e n s a m m l u n gen nicht weniger als 120 erratische Blöcke, an denen ätiologische Sagen h a f t e n u ) . Es ist derselbe V o r g a n g wie bei anderen ätiologischen S a g e n : der Erklärungsversuch k n ü p f t e an alte m y thische Vorstellungen a n ; das f a b u lierende V o l k spinnt die Gedanken weiter aus, und schließlich sind die F. gleichsam das letzte übriggebliebene Andenken. R i c h t i g sagt deshalb B a r t s c h : hätten die Riesen nicht allenthalben die mächtigen Steine aufgerichtet, so würde man v o n ihnen nichts mehr wissen 12 ).
1478 *) Α . Β r a u η Eiszeit
der Erde ( = V i r c h o w -
Holtzendorf, Vorträge, Heft 94, 2. Aufl. 1874), 7; M ö l l e n h o f f Natur 80 f. Nr. 127. 128. 2) G r i m m Myth. 1, 442 und 3, 156; M ö l l e n h o f f a. a. O. 10 f.; B o c k e l FoiAssage 91; S t r a c k e r j a n 1, 502 ff.; D e e c ke Lüb. Sagen 1 ; Ρ f i s t e r Hessen 22. 36 N r . 1 ;
37 Nr. 3; M ü l l e n h o f f L y η c k e r
Sagen 263;
Sagen 270 u. 269;
Κ r u s ρ e Erfurt
r,
89; K ü h n a u Sagen 2, 627; Andree Braunschweig 284; ZfVk. 7 (1897), 133; M e y e r Germ. Myth. 148; H a u p t Lausitz 1, 103 I I ; M a n n h a r d t Germ. Myth. 180; Η e y 1 Tirol 603 Nr. 68; B a r t s c h Meck-
lenburg 1, 30. 34. 35. 38. 39. 93; K u h n und S c h w a r t z 22 Nr. 27; 55 Nr. 59; 129 Nr. 149; G r i m m Sagen Nr. 135; J a h n Pommern Nr. 202; E n g e l i e n u. L a h n 12 Nr. 5; K u h n Mark. Sagen 216 Nr. 202; 25 Nr. 22; π Nr. 10. ') Μ ü 11 e η h ο f f Natur
10 Nr. 14. *) K u h n u. S c h w a r t z 159 Nr. 185; S c h w a r t z Studien 441; H e y l Tirol
704 N r .
123;
H a u p t
Lausitz
1, 92
Nr. 101 und 88 Nr. 95; C u r t z e Waldeck 2x7; G r i m m Sagen Nr. 199. 200. 201; J a h n Pommern Nr. 339. 356. 361. 388. 399; W o l f Sagen
7 Nr. 7 ;
M ö l l e n h o f f
Nr. 368 Abs. 2; G a n d e r
Sagen
273
Niederlausitz 17
Nr. 48; Β e h r e η d Westpreußen
4, 17 Nr. 1 3 ;
B a r t s c h a. a. O. 1, 93 Nr. 105; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 251 Nr. 8 und 3, 96. ') K u h n Westfalen 1, 63 Nr. 50; H a r t m a n n Westfalen 117; G r i m m Sagen Nr. 200. ·) Z e d i e r 42, 1641 s. v. Teufelsstein; W o l f Beitr. 2, 25; vgl. K u h n u. S c h w a r t z 207 Nr. 232 u. 214 Nr. 242. ') S t r a c k e r jan a . a . O . 1, 296 f.; Oberholzer Thurgau
(1912) 3. 5.
K u h n
Mark.
Sagen 15
Nr. 13; 26 Nr. 24; G a n d e r Niederlausitz 18 Nr. 49; S e p p Sagen 100 Nr. 31; SchwVk. 16 (1926), 25 ff.; vgl. S i b i l l o t Folk-Lore ι (1904), 326 f. 8) ZfVk. 16 (1906), 180; M ö l l e n h o f f Sagen 547; vgl. K ü h n a u Sagen 3, X L u. Register s. v. Stein, Verwandlungen; K u h n Mark. Sagen 248 Nr. 233. *) S t r a k k e r j a η a. a. Ο. 2, 290; S e p p Sagen 96; R o c h h o l z Naturmythen 157 Nr. 4; V e r η a 1 e k e η Alpensagen 123 Nr. 100; K n o o p Schatzsagen (1908) 23 Nr. 42; SchwVk. 16 (1926), 27 ff. 10) M e y e r Badeng·, H a a s Rügen 147; J a h n Pommern 390; M e y e r Germ. Myth. 88 (Schwanstein, Adebarstein); K u h n u. S c h w a r t z 1 3 ^ . 1 4 ; R ü t i m e y e r Urethnographie F ο 1 k e r s Zur Stilkritik
380 f. ") d. deutschen
Joh. Volks-
sage (Diss. Kiel 1910), 70 A: erratische Blöcke. 12) B a r t s c h Mecklenburg 1, 32. Olbrich.
F i n g e r . „ D i e F . sind eigentlich der ausdrucksvolle theil der hand, daher wird die im allgemeinen der hand beigelegte s y m bolische Verrichtung in vielen Fällen genauer durch f. b e z e i c h n e t " 1 ) ( s . H a n d ) . ΛΊ*
1479
Finger
Die F. spielen in Brauch und Glauben eine große und bedeutsame Rolle. >) G r i m m RA. i, 194. Vgl. i. A . (Friedr. G. G r o s c h u f f ) Abhandlung von den Fingern, deren Verrichtungen und symbolische Bedeutung usw. Leipzig u. Eisenach 1756, 8°, 3 1 2 S. und Sachregister ( M a n n h a r d t Germ. Myth. 621 Anm. 2 bezeichnet irrtümlich den Verleger M. G. Grießbach als Verfasser; vgl. dazu A D B . 9, 742); J . L ö w Die Finger in Literatur und Folklore der Juden in: Gedenkbuch zur Erinnerung an D. Kaufmann (Breslau 1900), 61—85. Uber F.n a m e n vgl. W. G r i m m Exhortatio ad plebem christianum 30 ff. 53 ft.; D e r s. Bedeutung der F.namen, Abh. Berl. Ak. 1846, 481; DWb. 3, 1650; R o c h h o l z Kinderlied 99 ff.; S t r a c k e r j a n 2, 184; Urquell 2 (1891), 80; 4, 198; Mensing Wb. 2, 97 f.; d e C o c k e n T e i r l i n c k 3, 247 ff.; s. weiter die Mundartwörterbücher. Über F.r e i m e u. F.s ρ i e 1 e vgl. W ο s sid 1ο Mecklenburg 3, 59 ff.; B ö h m e Kinderlied 49 ff. Nr. 190 ff.; Z ü r i c h e r Kinderlied 49 ff. Nr. 784 ff.; LewalterSchläger Kinderlied 23 f. Nr. 42 ff. u. Anm. 283 f. Über F.r e c h η e η (etwas an den F.n abzählen): D W b . 3, 1650 f.; . W a n d e r Sprichwörlerlex. i, 1022 f. Nr. 153. 155. 1 7 8 ; S i t t l Gebärden 252 ff.; T y l o r Cultur 1, 240; d e Cock Oude Gebruiken 55.
I . A l l g e m e i n e s : I. Wer l a n g e F . und wenig Zähne hat und dabei noch bleich ist, der wird bald sterben 2 ). Lange F . sollen „geschickte, vieler Künste fähige, kluge und nachsinnliche Leute anzeigen". In der Physiognomie „werden unter den dreymal zehen Erfordernissen zur Schönheit auch drey lange Stucke gesezt, der Leib oder die Taille, die Haare, und die Hände oder F . , welch leztere auch unter die drey weißen Eigenschaften der Schönheit, so wie die .F., unter die drey geschlanken zarten Stücke zur Schönheit gehören" 3 ). Lange (oder krumme) F. haben (machen, kriegen) heißt 'steh'en' 4 ); Langfingerzunft ist die Z u n f t der Diebe 5 ). Es „wurde ihm auch aufgerucket, daß er aus Gasconien, da die Kinder mit langen und pichichen F.n geboren werden, und er sonder Zweiffei nicht aus der A r t geschlagen w ä r e " (anno 1674) e ). In der Schweiz schreibt man scherzhaft den Thurgauern lange (d. h. diebische) F. zu. Wenn das Kind auf die F. geschlagen wird, wird es ein Dieb 7 ).
1480
Zurück g e k r ü m m t e F . heißen bei kleinen K n a b e n ,,Schmiede-F.", bei kleinen Mädchen „ N ä h - F . " 8 ) . Wenn ein Mädchen sich beim N ä h e n (eines Hemdes) in den F. sticht, bekommt es an demselben Tage (in dem Hemde) einen K u ß ®). Wer in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr näht, bekommt eiternde F. 8) Beim Einschiachten darf man keinen wunden F. haben, sonst verdirbt das Fleisch 10 ). Trockene F. verheißen R e g e n w e t t e r u ) . Hört man den ersten Storch des J a h r e s klappern, so steckt man den F. in den Sand; dann findet man etwas l z ). B r e n n t man sich an einem F., soll man mit der gebrannten Stelle schnell ans Ohrenläppchen fahren; dann schmerzt sie nicht mehr l s ) . Im O.-A. Nagold werden die F.- und Zehenspitzen des Neugeborenen ins kalte Wasser getaucht; dann friert es dasselbe nicht an Hände und F ü ß e 1 4 ) . Wer an der F. b e e r e gerade laufende Linien hat, bekommt wenig Kinder; wer Schleifen hat, viele ( K t . Bern) 1 5 ) ; wer an den F.s ρ i t ζ e η „Glücksrosen ( = kreisförmig geschlossene Ringe auf der Innenfläche) hat, ist glücklich (Kt. Zürich) 1 6 ); ein gelber Fleck an den F.n (der linken Hand oder auf dem F.nagel) bedeutet Unglück, an der rechten G l ü c k 1 7 ) , Anschauungen, die auf die Chiromantie (s. d.) des 16. u. 17. J h s . zurückgehen 18 ). Wer einem andern eine F.spitze abbeißt, kommt je sechs J a h r e abwechselnd in das Fegefeuer und in den Himmel 1 9 ). Wen die F. oft schnellen, heißt es im Schwäbischen, der ist falsch 2 0 ). Brot, ein Glas oder eine Tasse darf man nicht so anfassen, daß man sie mit den F.n ü b e r s p a n n t , sonst bekommt man Herzgespann 2 1 ). Ins Glas darf man nicht mit dem F. fahren, sonst kommt man in Not 22 ). 2 ) G r o h m a n n 220 Nr. 1509 = W u 1 1 k e 2 1 7 § 306; F i s c h e r SchwäbWb. 2, 1505. 3 ) G r o s c h u f f 77 f. 4) Ebd. 78 f.; F i s c h e r SchwäbWb. 2, 1505; R e i s e r Allgäu 2, 649 Nr. 1987; 2, 6 7 1 ; M e n s i n g Wb. 2, 96; W a η d e r Sprichwörterle χ. ι, 1022 Nr. 1 3 3 f.; K i r c h h o f e r Wahrheit und Dichtung (1824), 144; DWb. 3, 1652 Nr. 4; F o g e l Pennsyl-
1481
Finger
vania 361 Nr. 1924; ZfVk. 8 (1898), 285 usw. 5 ) DWb. 6, 173 f. ·) G. R. W i d m a n n Fausts Leben (Tübingen, Lit. Ver. 1880), 93. ') J o h n Erzgebirge 56. ·) ZfVk. 8 (1898), 185. ')— l2 ) Μ e η s i η g Wb. 2, 99· " ) Β i r linger Volksth. 1, 200 Nr. 17; B u c k Volksmedizin 57; F i s c h e r SchwäbWb. 2, 1506; Μ e η s i η g Wb. 2, 99; 1, 504. 14) Höhn Geburt 260. " ) SAVk. 7,136 Nr. 65. " ) Ebd. 2, 219 Nr. 59. ") Ebd. 4, 177; 8, 142; 12, 279; M a n ζ Sargans 125. Ιβ) Vgl. z . B . P r a e t o r i u s Chirologia Philologica. 19) Ζ i η g e r 1 e Tirol 27 Nr. 164. M) B i r l i n g e r A. Schwaben 1, 413 Nr. 20. 81) D r e c h s l e r 2, 21. «) W n t t k e 312 § 461. 2. Wie Fußspuren (s. d.) so trifft man auch in der Sage S p u r e n der F. i η S t e i n 2 3 ) . Die Geisterhand (s. d.) verbrennt alles und läßt am Gegenstand, den man ihr hingehalten hat, Spuren der F . zurück 24 ). Ein weitverbreitetes Sagenmotiv erzählt, daß ein Metzger dem Wassermann, der zu ihm kam, um Fleisch zu kaufen, einen F. abhackte 25 ). In Schlesien schneidet aber die Lisse Vieh hütenden Mädchen T a g f ü r T a g ein F.glied nach dem andern ab, bis die armen Dinger nur noch den Daumen und den Spieß-F. an jeder Hand und nur noch die große Zehe und die zweite an jedem Fuße haben 2e ). Wenn man der Hexe in Tiergestalt ein Glied abschlägt, findet man nachher oft einen Frauen-F. mit R i n g 2 7 ) . Der hl. Adalbert wurde von den heidnischen Preußen in unzählige Stücke zerhackt und zerstreut. Ein F. wurde von einem Hecht verschlungen, der von da an stets einen zarten Lichtschimmer von sich gab Als er gefangen worden war, fand man in seinem Bauche den F. ganz unversehrt. Die übrigen zerstreuten Glieder des Heiligen hatten sich wunderbarer Weise selbst zusammengefügt. Als die Fischer mit dem F. zum Leichnam kamen, wuchs er schnell fest 28). Bürgel, ein Ausbund von Bosheit im Riesengebirge, pflegte gefangenen Vögeln die Füße wegzuschneiden und sie dann wieder fliegen zu lassen. Als er es wieder einmal tat, hörte er aus der L u f t rufen: „Bürgel, Bürgel, dir kommt's bis in das dritte und vierte Glied ! " Seit jener Zeit fehlten seinen Nachkommen ein oder zwei F. der rechten Hand 28 ).
*») ZfdMyth. 2 (1854), 231 ff.; S e b i l l o t Folk-Lore i, 375. 377; 3, 371. 446. 447. **) L e n g g e n h a g e r Sagen 114. 1 1 5 ; K o h l r u s c h Sagen 372; H e r z o g Schweizersagen 1, 11 Nr. 9 = B i r r c h e r Das Frichthal (1859), 59; B i n d e w a l d Sagenbuch 172. " ) S. Art. Wassergeister § 34. *·) Κ ü h η a u Sagen 2, 265. ") Ζ i η g e r 1 e Tirol 62 Nr. 536; J e g e r l e h n e r Oberwallis 239 Nr. 10; L ü t ο 1 f Sagen 211 Nr. 1 4 2 a ; 213 Nr. 143 usw. Graesse Preußen 2, 575 Nr. 594. s») Κ ü h η a u Sagen 2, 610. 3. Wenn die F., an denen man zieht, k n a c k e n , so ist man verliebt oder hat man eine B r a u t 3 1 ). So viele F. knakken, so viele Freier, Schätze, Verehrer usw. hat m a n 3 2 ) . Im Sarganserland schließt man aus der Häufigkeit des Knackens auf die Zahl der „ S c h ä t z e " , denen der Betreffende schon den L a u f paß gegeben hat 33 ), oder, wie im Bergischen, auf die in der Ehe zu erwartende Kinderzahl M ). Knacken nur eines F.s bei einer Schwangeren läßt auf die Geburt eines Knaben schließen 3S ). Wem die F . recht häufig knacken, der ist falsch 3e ). Thomas Ebendorfer von Haselbach (f 1464) meint (nach Schönbach) wohl dieses F.knacken, wenn er sagt: „ a d pacta cum demonibus imitata pertinent milia inanissimarum observationum, puta, si membrum aliquid salierit" 37 ). M ) S t r a c k e r j a n 1, 106 § 122; 2, 184 § 424. " ) ZfVk. 23 (1913), 280. " ) Unoth i, 185 Nr. 107; SAVk. y, 135 Nr. 56; 12, 279; M e y e r Baden 165; Z i n g e r l e Tirol Nr. 106; L a m m e r t 216; A n d r e e Braunschweig 296; B a r t s c h Mecklenburg 2, 57 Nr. 174; Me η s i n g Wb. 2, 99; Urquell 4 (1893), 150; E n g e l i e n - L a h n 284 Nr. 286; P e t e r österr.-Schlesien 2 , 2 1 5 ; W o l f Beiträge i, 210 Nr. 72; W u 1 1 k e 220 § 3 1 1 ; ZfVk. 11 (1901), 448 Nr. 28. »») M a n z Sargans 125. M) Ebd.; ZfrwVk. 11 (1914), 255 Nr. 5. 35) M a n z Sargans 125. " ) B i r l i n g e r Schwaben 1, 413. 3') ZfVk. 12 (1902), 9.
4. In Volksmedizin und Z a u b e r sind die F. von hervorragender Bedeutung (s. u. die einzelnen F., namentlich Mittel-F., kleiner F.). In einem alten Wurmsegen heißt es ζ. B . : „ W u r m bist du drinne, so beut ich dir bei sant . . . . minne, du se est weiß, schwarz oder rot, daß du hie ligest tot! Ists ain vich, so streichend im mit der
Finger
1483
r e c h t e n h a n d ü b e r d e n r u c k e n a b ; ists d a n ain m e n s c h , so n e m e n d i m d e n F . i n d i e h a n d und sprechend 5 v a t t e r unser, 5 a v e M a r i a u n d ain g l o b e n " Μ ) . B e i B e s p r e c h u n g der Gesichtsrose l e g t m a n drei F. j e d e r H a n d auf den K o p f des K r a n k e n 3 e ) , bei d e r j e n i g e n des Z a h n s c h m e r z e s legt m a n die vier ersten F. auf d e n Z a h n (d. h. auf die B a c k e ) u n d z w a r so, d a ß der D a u m e n n a c h u n t e n (dem K i n n zu) g e r i c h t e t i s t 4 0 ) , u n d bei Bes p r e c h u n g des G e w ä c h s e s l e g t m a n d e n F . d a r a u f u n d darf n i c h t darauf sehen 4 1 ). Meist f ä h r t m a n m i t d e m F. (Zeigeo d e r M i t t e l - F . ?) über die k r a n k e Stelle 42 ), h ä l t die F . k r e u z w e i s e d a r ü b e r 4 S ) oder u m k r e i s t sie mit d e m F. 44 ). Im kleinen W i e s e n t a l b e s p r i c h t die H e b a m m e das A n w a c h s e n u n d s c h l e u d e r t bei N e n n u n g der drei h ö c h s t e n N a m e n j e d r e i m a l die F . s p i t z e n g e g e n die drei S t u b e n e c k e n 4 5 ). S c h o n die A n t i k e k a n n t e ähnliche H e i l z e r e m o n i e n m i t d e m F. 4 e ). Über den Zauber mit D i e b s - F.n s. D i e b 2, 229 f f . 47 ). G r i m m Myth. 3, 500 Nr. X X I X . »») D r e c h s l e r 2, 293 f. 40) ZfVk. 8 (1898), 203 Nr. 19 (Potsdam). *>) M ö l l e n h o f f Sagen 515 Nr. 23. " ( B a r t s c h Mecklenburg 2, 371 Nr. 1733 f.; 2, 418 Nr. 1942; B u c k Volksmedizin 55 (der F. ist geweiht). 43) A n dree Braunschweig 417. ") K n u c h e l Umwandlung 69; Z f V k . i, 202; 2, 142; 7, 291; 8, 198; S A V k . 12, 101; S c h m e 11 e r BayerWb. 2, 1164; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 267 §26; B i r l i n g e r Schwaben 1, 446; Z a h l e r Simmenthai 98. 101. 107. 109; A R w . 6, 178; B a r t s c h Mecklenburg 2, 370 Nr. 1 7 3 3 c ; D r e c h s l e r 2, 320. *5) M e y e r Baden 42. 4β) Ρ 1 i η i u s Nat. hist. 28, 43; Weinreich Heilungswunder 45 Anm. 2. " ) Vgl. dazu noch H o f i e r Volksmedizin 24. 170; Ρ e u c k e r t Schles. Sagen 40; Z a h l e r Simmenthai 24 (mit Lit.); S t r a c k e r j a n 1, 119; J a h n Pommern 162 Nr. 527 f. II. G e b ä r d e η
(s. d.).
5. M i t den F . n auf j e m a n d oder e t w a s z e i g e n (s. d.), gilt bei vielen V ö l k e r n als u n a n s t ä n d i g oder g e f ä h r l i c h : Man k a n n d a d u r c h die v e r h ä n g n i s v o l l e K r a f t des G e z e i g t e n auf sich l e n k e n 4e ). Chris t i a n W e i s e ü b e r l i e f e r t in seinen „ D r e y E r t z n a r r e n " (1683, S. 226) 4 9 ): „ e s s t e h e t u n h ö f l i c h , w a n n m a n a u f f alles m i t d e n
1484
F . n w e i s s e t . D a r u m b h a t ein V a t e r u n g e f e h r w i e d e r sein K i n d g e s a g t : ' B e y L e i b e weise n i c h t m i t d e m F., du ers t i c h s t einen E n g e l . ' Solches ist v o n d e m K i n d e a u f f g e f a n g e n u n d a u f f die N a c h kommen gebracht worden, daß j e t z und m a n c h e r n i c h t viel G e l d n ä h m e u n d wiese m i t d e m F . in die höhe, w a n n es a u c h die Höchste Noth erforderte." Der h e u t i g e A b e r g l a u b e v e r b i e t e t es v o r n e h m l i c h , den F . g e n H i m m e l (weil m a n e i n e m E n g e l die A u g e n auss t e c h e oder ihn t ö t e 60), oder weil s o n s t der F. a b f a u l t ) 5 1 ), g e g e n die S ο η η e 52 ), den Mond (weil m a n s o n s t einen h ö l z e r n e n F. e r h ä l t 63 ), e t w a s z e r s c h l ä g t , die E n g l e i n t o t s t i c h t , der F . steif wird 64 ), m a n s o n s t m o n d s ü c h t i g wird) 56 ), zu s t r e c k e n u n d n i c h t m i t den F . n n a c h d e n S t e r n e n z u z e i g e n 6 · ) (weil er sonst steif w i r d 57 ), m a n einen E n g e l e r s t i c h t Μ ) , den E n g e l n die A u g e n v e r l e t z t 59 ), der F . a b f ä l l t ®°), weil ihm sonst ein S t e r n ins A u g e fällt u n d er blind w i r d e l ) oder weil ein U n g l ü c k g e s c h i e h t 6 2 ) ) ; „ i n a s t r u m n u n q u a m esse d i g i t u m i n t e n d e n d u m " , h e i ß t es schon in den a n g e b l i c h p y t h a g o r e i s c h e n S y m b o l e n , die j e d o c h auf d e n H u m a n i s m u s des 15. u n d 16. J h s . z u r ü c k g e h e n ®3). W e r m i t d e m F . a u f ein G e w i t t e r ^ B l i t z ) oder einen R e g e n b o g e n d e u t e t , d e n e r s c h l ä g t es (denn der F . z i e h t das W e t t e r an) ®4), der erhält 'Notnägel' (Nietnägel am F.)65). H a t m a n sich a b e r „ v e r m o h n t " (vergessen, übersehen), so soll m a n d e n F . schnell in d e n M u n d n e h m e n u n d s a g e n : f f f ! a i ! a i ! u n d ein K r e u z drauf s c h l a g e n ( S c h w a b e n ) ββ ) oder sich dreimal in den F. b e i ß e n und z w a r so, d a ß m a n die S p u r e n der Z ä h n e d a r a u f sieht ( B ö h m e n ) " ) . W e r einer H e x e b e g e g n e t , darf n i c h t mit F . n a u f sie zeigen, weil sie s o n s t die S t r i l y auf ihn loslassen k ö n n t e 6 8 ) . W e r auf einen L e i d t r a g e n d e n mit d e m F. zeigt, s t i r b t oder r u f t den T o d in seine F a m i l i e ®9). M a n c h e r F i s c h e r w i r d w ü t e n d , w e n n einer m i t d e m F . auf ihn z e i g t oder die B o o t e d r a u ß e n u n d die F i s c h e r in den B o o t e n z ä h l t (s. d.) T O ). D i e (christlichen) Ilocanen auf L u z o n dulden nicht, daß m a n mit dem F. nach den
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Finger
Fruchtkeimen der Kürbisse zeigt, weil sie sonst nicht weiter wüchsen oder gar verdorrten 71), und in Algerien ist die Furcht vor dem bösen Blick so groß, daß es genügt, mit dem F. auf einen Eingeborenen zu zeigen, um ihm einen großen Schrecken einzujagen. In der ersten Zeit der Eroberung machten sich die Führer der Postwagen den Weg durch die Mitte der Eingeborenen sofort durch diese Geste frei 72 ). Der Leiohenbitter darf nicht mit dem F., sondern nur mit einem Stöckchen anklopfen, damit ja niemand „ H e r e i n " rufe; sonst muß eines aus der Familie sterben «). «) Urquell 6, 59; K e l l e r Grab 5, 291; S i 1 1 1 Gebärde 51; Jesaja 58, 9; Sprüche 6, 13. *·) S c h u l t z Alltagsleben 244 Anm. = G r i m m Myth. 3, 469 Nr. 947. M ) SAVk. 23 (1921), 221 (mit Lit.); K e l l e r Grab 5, 291 ff. (aus der Rockenphilosophie); G r i m m Myth. 3, 455 Nr. 597; vgl. darüber K u h n Myth. Studien 2, 62 f. » ) W u t t k e 13 § 11 = L i e b r e c h t Z. Volksk. 341. ") S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 52 Nr. 2. ") G r i m m Myth. 3, 477 Nr. 1123. ·*) D r e c h s l e r 2, 134. ·•) S t r a c k e r j a n 1, 4 8 = W u t t k e 391 § 598; ZföVk. 5 (1899), 137; vgl. K r a u β Relig. Brauch 14. s l ) M e i e r Schwaben 2, 499 Nr. 335. «) S t r a c k e r j a n 1, 48 § 39; K u h n - S c h w a r t z 458 Nr. 426. M) M e i e r Schwaben 2, 499 Nr. 332. ") G r i m m Myth. 3, 445 Nr. 334. ") K u h n - S c h w a r t z 458 Nr. 426; G r o h m a n n 32 Nr. 175. ") G r o h m a η η a. a. Ο. e2) Η a 11 r i c h Siebenb. Sachsen 300. E o e h m in ZfVk. 25, 29 Nr. 29 (mit Lit.); SAVk. 23 (1921), 221 (mit Lit.). «) Urquell 6, 59; B i r l i n g e r Volksth. i , 193 Nr. 305; M e y e r Baden 362; SAVk. 2 4 (1922), 71; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 118 Nr. 5; S c h r a m e k Böhmerwald 250; S t r a c k e r j a n ι, 49; G r i m m Myth. 3, 473 Nr. 1021; R o s e g g e r Steiermark 66; K u h n Mark. Sagen 387 Nr. 98; Laube Teplitz 50; H a l t r i c h Siebenb. Sachsen 301; F ο g e 1 Pennsylvania 237 Nr. 1227 (mit Lit.); Germania 29 (1884), 103 Nr. 16; B a r t s c h Mecklenburg 2, 205 Nr. 1003; G r o h m a n n 41 Nr. 250. « ) ZfVk. 23, 282 Nr. 19; B i r l i n g e r A. S. 1, 402; Germania 29 (1884), 105 Nr. 36; ZfdMyth. 4, 148; Μ e η s i η g Wb. 2, 9 9 (Fingerwurm). ") B i r l i n g e r Volksth. i , 193 Nr. 305. *>) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, t i 8 Nr. 5; W u t t k e 14 § 11. ") G r o h m a n n 199 Nr. 1396; W u t t k e 283 § 416. ") J o h n Erzgebirge 127. '") H e i m s Seespuk 142 = Urquell 6, 10 f. ") Globus 48, 202 = Urquell 6, 59; vgl. Seligmann Blick 2, 262. " ) S e 1 i g m a η η 2, 262.
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" ) D r e c h s l e r 1 , 2 8 8 . 3 0 1 ; S a r t o r i 1, 129. 140; HessBl. 6, 102; ZfEthnol. 20, Verhdl. 169; vgl. 14, Verhdl. 17.
6. Einfachere G e l ö b n i s erging mit der Aufstreckung e i n e s F.s: Henricus de Lindowe miles promisit bona fide digitum suum in dextra manu sua publice erigendo, per modum et formam, qui vulgariter 'sichern' n u n c u p a t u r 7 4 ) . Die feierliche Auflassung oder Firmation geschieht mit dem Aufstrecken eines oder mehrerer F., meist S c h w u r - F. genannt (Daumen, Zeige- und Mittel-F. der rechten Hand, während die beiden andern F. zurückgekrümmt sind) 7 5 ); 'd' F. ufhebe, ufha' heißt im Schweizerdeutschen 'einen Eid schwören' 7 e ). Den 'Friedauf miteinander stechen' ist im Schanfigg eine Friedenszeremonie, bei der zwei Friedenschließende die Spitzen der emporgesti eckten Zeige-F. gegeneinander drücken und mit ihnen in die Höhe fahren, indem sie sprechen: „Friedouf bis ins Himmeli ouf" " ) ! Dem Meineidigen wurden ursprünglich die Schwur-F. resp. die Schwurhand abgehauen n ) ; das lebt noch weiter in der Redensart: „Wenn das nicht wahr ist, so kannst du mir drei F. abhauen" n ) . Sagen erzählten, daß ihm die F. schwarz wurden, abfaulten 8 0 ). Wer in den Stein in Rom „zo vnser lieuver vrauwen schola greca", in den „Virgilius gemaicht in hauende eyn loch mit eyns lewen figuyr", „sijnen vynger staich ind valsch oirdel swor, dem veylen die vynger aeff" 8 1 ). „So wenig als ich meine Schwör-F. in diesen harten Stein tauchen mag, so wenig habe ich einen falschen Eid getan!" rief der habsüchtige Senn aus; aber siehe, der Felsen gab nach wie weicher Schnee, und die drei Schwör-F. begruben sich darin bis ans hinterste Gelenk und waren festgewachsen 8 2 ). Dem verstorbenen Meineidigen wachsen die drei Schwur-F. aus dem Grab 83) oder er muß mit zwei aufgehobenen F.n, die glührot brennen, herumgeistern 8 4 ). Jeder, der lügenhaft einen Eid schwört, der bringt nach österreichischen Weistümern auf sich vier Flüche, die bezeichnet werden durch die drei F., die er aufreckt und durch die andern zwei F., die er niederneigt 8S).
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M ) Grimm RA. ι , 195; vgl. Kondz i e l l a 62. ™) DWb. g, 2767·, 3, 1 6 5 4 1 ; Schwld. i, 864; S i t t 1 Gebärde 144 f. ' · ) Schwld. ι , 862. " ) S A V k . 21 (1917), 76. '·) G r i m m RA. 2, 560. '») Z f V k . 6, 2 1 2 . •) G r i m m RA. 2, 560; SchwäbWb. 2, 1506. β1 ) Α . ν. H a r f f Pilgerfahrt (1860), 2 5 ; G r i m m RA. 2 , 5 6 0 . ·») S t a u b e r 8a glaube 48. ) Ζ a u η e r t Rheinland 2, 204. '*) Z i n g e r l e Sagen 2 1 1 Nr. 362. · 5 ) V e r η a 1 e k e η Alpensagen 380 f.
7. Fecit abnegationem praedii . . . . primo i n c u r v a t i s d i g i t i s , secundum morem Saxonum, teilt Grimm aus einer alten Urkunde mit 8 '): „Me brucht im numme e chrumme F. z'mache", d. b. eine leichte Gebärde genügt für ihn, lautet eine Walliser Redensart 87 ). In der zürcherischen Knabenwelt galt das K r ü m m e n des Mittel-F.s als Gebärde der Herausforderung (ursprünglich wohl zum 'Häkeln') 88 ). »·) RA. i, 195 f. »') Schwld. x, 862. «) Ebd.
8. Eine alte gefürchtete Gebärde ist das F.verschränken. Plinius (Nat. Hist. 28, 6) gibt an, daß durch Verschränkung der F. (wie durch Kreuzen der Beine, s. d.) eine Geburt verhindert werden könne 8 *). Im deutschen Aberglauben findet sich dieser Hemmungs- und Bindungszauber (s. binden) noch in den Meinungen, daß, will man ein Tier am Gebären hindern, man mit einem Kameraden die beiden kleinen F. einhaken, oder so man allein ist, die beiden kleinen oder mittleren F. einhaken 90 ) soll, und daß man einen Hund daran hindern könne, seinen Kot abzulassen, indem zwei Menschen je einen F. krumm biegen und ineinanderhaken 9l ). Vgl. Gebet, Händefalten. ··) Vgl. auch S c h e l t e l o w i t z Schiingenmotiv 1 7 1 ; W e i n r e i c h Heilungswunder 9 (mit reicher klassischer Lit.) 1 5 ; H e c k e n b a c h de nudidate 99; ZfVk. 25, 28 f.; S a m t e r Geburt 1 2 1 f.; K r o l l Aberglaube 20. ») B i r l i n g e r Volhsth. 1, 488 Nr. 45. M ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 1 3 8 Nr. 6 1 2 ; Buck Volksmedizin 24; L a m m e r t 165.
9. Weit verbreitet, trotz des Fehlens literarischer Belege, ist die Gebärde des Hörnermachens: des Ausstrekkens des Zeige- und kleinen F.s und des Einbiegens der übrigen F. Ein Kupfer-
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stich um 1650, den „Hahnreiter" darstellend, zeigt sie 92), ebenso eine Holzskulptur des 18. Jhs. aus der deutschen Schweiz und zwar zusammen mit dem Entblößen des Hintern und dem Ausstrecken der Zunge 93 ). Uns ist sie als Abwehrgebärde gegen böse Hunde aus Schaffhausen bekannt 94) (s. a. Gebärde). " ) ZfVk. 19 (1909), 7 9 . " ) AnzSchweizAltert. N. F . 16 (1914), 62. « ) Vgl. G e r h a r d t Franz. Novelle 72.
10. Die F. s p i t z e n „war noch zu unserer Müter Zeiten eine seltsame Gebärdung ehrbarer Weiber und Jungfrauen, wenn sie sich vor Jemand zierten, indem sie die Hände vorn ineinanderschlugen und die Zeigefinger unter sich, die Daumen aber über sich zusammenspitzten. In Holzwartens Schauspiele von Saul, welches im Jahre 1571 zu Basel aufgeführt worden, gibt Ahinoam, Sauls Weib, ihrer Tochter Michal, als sie mit David getraut werden soll, folgende Lehre: Dein hend davorn zuesammen leg, bey leib kein F . nit beweg beym tisch soltu auch züchtig sitzen, mit zucht dein zarte F. spitzen" ,6 ).
Franz I. von Neapel drückte bei einem blinden Auflauf durch Zusammenlegung der F.spitzen (die Ha.nd wird dabei mehrmals nach vorn bewegt) dem lärmenden Volke allgemeinverständlich seine Ansicht (d.h. Geringschätzung) aus 98 ). ° 5 ) J- J · S p r e n g s Idioticon rauracum = Alemannia 1 5 (1887), 199 = Schwld. 1, 862. ·«) S i 1 1 1 Gebärden 97.
1 1 . R ü b c h e n s c h a b e n ist die verbreitete und alte Spott- und Verhöhnungsgebärde, bei der man den Zeige-F. der rechten Hand lebhaft über den ausgestreckten Zeige-F. der linken streicht 97 ). Die Italiener nennen es 'far pepe' (Pfeffer machen) 88). " ) DWb. 8, 1 3 3 1 ; Schwld. 6, 8 1 ; SchwäbWb. 2, 1507. *·) S i 1 1 1 Gebärden 97.
12. Ein ' S c h n i p p c h e n schlag e n ' (concrepare digitis, mit den F.n knipsen) galt als Ausdruck des Spottes, dann überhaupt: jemandem einen Possen spielen, sich über ihn lustig machen, ohne daß dabei an die Gebärde gedacht wurde 99 ). „Wenn Friedrich der Weise
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Dr. L u t h e r n Audienz gab, begegnete er ihm auf das gnädigste und herablassendste. E r s t wenn sich der gute Mann . . . entfernte — schlug er ihm entweder ein Schnippchen in der Tasche, oder stach i h m . . . . einen Mönch, welrhes nach Adelung so viel sagt, als einem die Feigen w e i s e n " 1 0 °). Wenn j e m a n d gähnt, schnalzen die Inder mit Daumen und Mittel-F.n, u m die Seele a m Entweichen aus dem K ö r p e r zu verhindern 1 M ) . Nach Groschuff vertrieben „ d i e Alten die G e s p e n s t e r " damit102). - ) DWb. 9, 390; 3, 1655, 12; S i t t l Gebärden 95 (antike Belege). 1M) M. A . v . T h ü m m e 1 Reise in die mittäglichen Provinzen von Frankreich im Jahre 1783—86 2, 293 = DWb. 9> 39°· 1011 T a v e r n i e r Voyages des Indes 1. 3, ch. 14 = ZfVk. 17, 469 (Zachariae). ,M ) Finger 202 f. 1 3 . „ K e i n e F . g c b ä r d e k o m m t häufiger v o r " , schreibt das D W b . (3, 1654, 10), „ a l s jenes h a l t e n d e r F . v o r d i e A u g e n , das lat. connivere oder blinz e l n " , die in der Redensart „ d u r c h d i e F . s e h e n " (d. h. nachsichtig sein), noch allgemeint bekannt i s t 1 0 3 ) . In einer vogtländischen S a g e schaut der Schüler durch die drei F . seiner H a n d , mit denen man das K r e u z macht, und erkannte so die scheußlichen Spukgestalten 1 0 4 ). Die Rockenphilosophie (540 Nr. 8) r ä t : „ E s ist nicht gut, wenn man ü b e r d i e F . oder die innere flache H a n d s i c h e t " 1 0 5 ). 10») vgl. auch SchwäbWb. 2, 1506; W a n d e r Sprichwörterlex. 1, 1017 f. Nr. 34 ff.; 1, 1021 Nr. 110. IM) E i s e l Voigtland 81 Nr. 207. 105) G r i m m Myth. 3, 444 Nr. 287; schon bei P r a e t o r i u s Phil. 217. 14. E t w a s a u s d e n F.n s a u gen ist eine weitverbreitete Redensa r t l o e ), die möglicherweise einen tiefern G r u n d h a t : Wie Plutarch, De Iside X V I berichtet, nährte Isis Astartes und Malkanders K i n d dadurch, daß sie ihm s t a t t der B r u s t den F . in den Mund l e g t e 1 0 7 ) . A u c h A b r a h a m wurde nach jüdischer S a g e in der Höhle, in der er geboren war, durch den Engel Gabriel ernährt, der ihn Milch aus seinem rechten F . saugen ließ 108 ). In einem Marienwunder wendet sich ein Geistlicher an Maria u m Beistand bei der ersten Messe; sie
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erscheint ihm und befiehlt: os aperi, in ore tuo positum celestem s u g e d i g i •> t u m ; daraus schöpft der Geistliche wunderbare K u n s t und singt zum E n t z ü c k e n aller 1 0 e ). Nach dem irischen Märchen v o n den zwei Riesen steckt sich Fin den Daumen in den Mund, so o f t er etwas prophezeien oder wissen w i l l 1 M ) ) . 10 «) DWb. 3, 1655, 13: SchwäbWb. 2, 1507; W a η d e r Sprichwörterlex. 1, 1020 Nr. 89. 93; 1, 1022 f. Nr. 156. 169; d e C ο c k Volksgeloof 1 (1920), 180 ff. 1OT) B a c h o f e n Gräbersymbolik 177 = W e i n r e i c h Heilungswunder 35 Anm. 1M) W e i n r e i c h a. a. O. mit folgender Lit.: L o w Die F. in Literatur und Folklore der Juden (Gedenkbuch zur Erinnerung an D. Kaufmann, Breslau 1900), 67; Τ ο 1 d ο in Μ. Kochs StudzverglLitgesch. ι (1901), 341; C u r t i s s Ursemitische Religion (1903), 88. '») M u s s a f i a in SitzberWien 1 1 5 (1884), 74 Nr. 13 nach W e i η r e i c h a. a. O. 34 Anm. 3. 110) K l e t k e Märchensaal 2, 1 5 1 nach L i e b r e c h t Gervasius 156 Anm.
Andere F . gebärden s. unten die einzelnen F . und A r t . G e b ä r d e . III. D i e
einzelnen
15. D a u m e n
F.
s. 2, 1 7 4 f f .
16. K l e i n e r F . ( O h r - F . m ) , auricularis digitus). Dem kleinen F . schiebt der V o l k s g l a u b e die G a b e des Zaubers und der Weissagung z u 1 1 2 ) ; er ist k l u g 1 1 3 ) , weiß alles 1 1 4 ) ; „ d e r kleine F . hat es mir g e s a g t " , erklärt der V a t e r den K i n d e r n 1 1 5 ) . In Island glauben die Leute, wenn man den kleinen F . eines Schlafenden halte und diesen irgend etwas frage, so antworte er darauf so w a h r h a f t i g er könne. Ibn Gudmundsson, der Gelehrte ( 1 5 7 4 bis 1650), hörte in seiner J u g e n d von diesem Glauben reden l l e ) . Nach der Minne Regel des E b e r h a r d von Cersne (V. 3878. 3887 ff.) stecken Tod und Leben in i h m 1 1 7 ) . Die Prinzessin in A r n d t s „ D e r Wolf und die N a c h t i g a l l " wird dadurch aus ihrer Vogelgestalt erlöst, daß der Prinz „ e i n Messer aus der Tasche zog und sich ein Loch in den kleinen F . der linken H a n d schnitt, der immer das lebendigste Herzblut h a t " 1 1 8 ). A u c h f ü r andere zauberische Zwecke wird B l u t aus dem kleinen F . g e z o g e n l l e ) . In der schwedischen S a g e schneidet m a n sich in den kleinen F . und
Finger ersieht a u s d e m T r ö p f c h e n B l u t , d a ß die e n t f e r n t e G e l i e b t e noch a m L e b e n i s t 1 2 0 ) . S o l c h e B e d e u t u n g des kleinen F . s e r k l ä r t es a u c h , d a ß m a n in S c h w a b e n , w e n n m a n e t w a s B ö s e s z u t r i n k e n b e k o m m t , das G l a s nur auf den k l e i n e n F . stellen m u ß , so z e r s p r i n g t es 1 2 1 ) ; e b e n s o w i r f t sie L i c h t auf die R e d e n s a r t : „ W e n n m a n d e m T e u f e l den kleinen F . g i b t , so n i m m t er die g a n z e H a n d " , die n a c h H o f f m a n n K r a y e r s zweifellos r i c h t i g e r D e u t u n g auf wirkliche Teufelspakte hinweist: Die H e x e Elsi H o p t m a n s in A a r a u s a g t e 1586 a u s : „ D a n n e h a b e s y im ( d e m bösen Geiste) v e r w i l l i g t , a n der r e c h t e n h a n d den kleinen finger, (er) s y e a b e r s i d h a r nie k o m e n " 1 2 2 ). Die A n n a Nessier v o n Bellw a l d (Wallis) g e s t a n d (um 1600): „ D a n n v e r l a n g t e er (der s c h w a r z e H u n d = T e u fel), d a ß sie i h m die H a n d g e b e ; sie t a t dies u n d hierauf b i ß er sie in d e n kleins t e n F., so d a ß B l u t f l ö ß ; das Z e i c h e n ist n o c h z u s e h e n " 1 2 3 ). In der h e u t i g e n V o l k s m e d i z i n allgem e i n v e r b r e i t e t ist die M a h n u n g , bei N a s e n b l u t e n (oder B l u t s t u r z ) d e n (linken) kleinen F . 1 2 4 ) , oder d e n j e n i g e n auf der Seite, w o die N a s e b l u t e t 1 2 S ) , oder denj e n i g e n der e n t g e g e n g e s e t z t e n H a n d 12e ) m i t e i n e m (roten, Seiden-, W o l l e n - ) F a d e n zu umbinden. Nach isländischem Glauben h i l f t es, w e n n m a n den k l e i n e n F. eines T o t e n in d a s N a s e n l o c h s t e c k t , d e n l i n k e n in das linke, den r e c h t e n in das r e c h t e 127 ). K o m m t das B l u t a u s d e m r e c h t e n Nasenloch, s c h l ä g t m a n in S a c h s e n den k l e i n e n F. der r e c h t e n H a n d e i η u n d d r ü c k t ihn m i t der l i n k e n fest a n ; k o m m t es aus d e m linken, so v e r f ä h r t m a n ebenso links 128 ). W e n n zwei P e r s o n e n (in Heidelberg) z u gleicher Zeit (s. a. gleichzeitig) dasselbe sagen, d a n n g e h t es in E r f ü l l u n g ; sie müssen sich a b e r d a n n den kleinen F. geben, sich beide leise e t w a s w ü n s c h e n , d a n n auf drei z ä h l e n u n d einen D i c h t e r g l e i c h z e i t i g s a g e n : ist das der gleiche D i c h t e r , d a n n g e h t es in E r f ü l l u n g 129 ). E i n f a c h e r ist der B r a u c h in Schlesien u. a n d e r w ä r t s : S p r e c h e n zwei dasselbe W o r t z u gleicher Z e i t aus, so legen sie ihre k l e i n e n F. der r e c h t e n H ä n d e h a k e n f ö r m i g ineinander, u n d w a s
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sie sich d a b e i s t i l l s c h w e i g e n d d e n k e n , g e h t in E r f ü l l u n g 1 3 0 ) . Ü b e r das E i n h a k e n resp. V e r s c h r ä n k e n der k l e i n e n F . als G e b u r t s h i n d e r u n g usw. v g l . o b e n 8. S c h m e r z t e i n e m a b e n d s der k l e i n e F., so t r ä u m t m a n n a c h t s m ) . D a s A b f a l l e n des kleinen F . s i m T r a u m b e d e u t e t T o d 1 3 2 ) . " ' ) G r o s c h u f f Finger 257 ff.; Schwld. 1,864; R o c h h o l ζ Kinderlied 106; D e r s. Sagen i, 354 (wo mundartl. Namen verzeichnet sind); DWb. 7, 1262; W. G r i m m Kl. Schriften 3, 448; G r a f f Diutisca 3, 44; Μ e η s i η g Wb. 2, 97. l l s ) D r e c h s l e r 2, 237; H. v. K l e i s t Werke (Cotta Weltlit.) 1,43 (Der Schrekken im Bade). u *) Volkskunde 23, 232; S t o r m Werke 2, 10. U4 ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 249. U 5 ) Schwld. 1, 864; W a n d e r Sprichwörterlex. 1, 1020 Nr. 92. 101; de C ο c k Volksgeloof 1 (1920), 180 ff.; B u c k Volksmedizin 25; L e w a l t e r - S c h l ä g e r 29 Nr. 68. l l e ) Z f V k . 8, 450. »') Wohl schon in der Vorlage· A n d r e a s Tractatus amoris. 118) A r n d t Märchen 1 , 4 5 ; H e c k s c h e r 134. 393. ·") H e c k s c h e r 393 Anm. 299. 120) S t e phens u. C a v a l l i u s Schwed. Sagen übers, v. Oberleitner (Wien 1848) nach R o c h lal) holz Kinderlied 106. Birlinger Volksth. 1, 339 Nr. 573. «2) S A V k . 5, 244 = SchweizZfStrafrecht IT, 386. '«) S A V k . 16, 187; vgl. weiter ebd. 13, 83. 89. 91. 1M ) Ζ i π ι πί e r m a η η Volksheilkunde 27; B o h n e n berger 18; Buck Volksmedizin 24; F r i s c h b i e r Hexenspr. 79; D r e c h s l e r 2, 290 § 672; S e y f a r t h Sachsen 234 = J o h n Erzgebirge 1 1 1 ; Germania 36 (1891), 393; ZrwVk. 1 (1904), 92; S A V k . 2, 258 Nr. 103; Μ a η ζ Sargans 70 (mit Lit.); H ö h n Volksheilkunde 1, 83. I25) L a m m e r t 197; H ö f 1 e r Volksmedizin 210. 1!e ) H ö h n Volkskeilkunde i, 83. 127) ZfVk. 13 (1903), 275 Nr. 42. 12s) S e y f a r t h 12B Sachsen 236. ) Alemannia 33 (1905), 303. "") D r e c h s l e r 2, 200; l s l Basel, mündl. ) SchwVk. 10, 31. 132) S t r a k k e r j a η 2, 184 Nr. 42^. 17. Μ i 1 1 e 1 - F . hieß bei d e n A l t e n D i g i t u s m e d i c i n a l i s oder i m p u d i c u s 1 3 3 ) , i m S c h w ä b i s c h e n ist der D a u m e n der d i g i t u s infamis, i m p u d i c u s , sofern er v o r K i n d e r n das B a u c h n ä b e l e , v o r A l t e n a b e r den penis d a r s t e l l t , w ä h r e n d Zeige- u n d M i t t e l - F . d a s m u l i e b r e v o r s t e l l e n 1 3 4 ). E r d i e n t z u m „ H e n n e n g r e i f e n " 1 3 5 ). A l s H e i l - F . k o m m t er a u c h h e u t e n o c h v o r : Ist das B e i n e i n g e s c h l a f e n , r ä t m a n in Belgien, d a n n b e n e t z e den M i t t e l - F . m i t S p e i c h e l u n d m a c h e d a m i t ein K r e u z übers B e i n 1 3 β ). Die alte F r a u , die, w i e uns P e t r o n i u s e r z ä h l t , den v o n b ö s e n B l i c k e n
Finger
1493
1494
E r k r a n k t e n durch eine Mischung v o n S c h m u t z und Speichel helfen will, t r ä g t dieses Medikament mit dem mittleren F. auf. A h n l i c h v e r f ä h r t die A m m e bei Persius, um das K i n d in der W i e g e zu schützen 137 ). A l t e Ä r z t e pflegten nach Sir T h o m a s B r o w n e ihre Medizinen mit dem dritten F. zu mischen 1 3 8 ). Die Rose ( K r a n k h e i t ) streicht man in W e s t - H a v e l land dreimal mit dem Mittel-F. übers K r e u z unter Hersagen eines Segens 13e ). M a n soll, in S c h w a b e n , das u n g e t a u f t e K i n d nicht aus den A r m e n lassen oder es wenigstens immer mit dem Mittel-F. berühren 14 °).
18. Der vierte F. heißt heute gewöhnlich R i n g - F. 1 4 5 ) (Annularis), wird aber auch G o l d - 1 4 e ) , H e r z - 1 4 7 ) und A r z t F. 148) genannt. „ D e n R i n g tregt der Mensch an dem fierden F., der heißt H e r t z f i n g e r " , sagt Geiler v. Kaisersberg im Evangelib. Bl. 101 b, und Cyriac. S p a n g e n b e r g erk l ä r t 1 4 9 ) : „ U n d w ü r t der B r a u t r i n g an den vierdten F. gesteckt, von welchem die A d e r n z u m Hertzen gehen, anzuzeigen, das die Liebe soll hertzlich sein." Der Glaube, daß v o n ihm ein feiner Nerv oder eine Ader direkt z u m Herzen gehe, ist schon alt l5 °).
W e r mit dem Mittel-F. der rechten H a n d einen H a m s t e r erstickt, der kann mit diesem F. alle Schmerzen wegsegnen 1 4 1 ). B e i m Siebdrehen wird das Erbsieb zwischen die beiden Mittel-F. gefaßt112).
Bei solchem Ansehen ist es nicht verwunderlich, wenn dieser F. im Zauber h ä u f i g v o r k o m m t . W e n n eine J u n g f e r einer B r a u t hilft a m Brautlinnen nähen und v e r w u n d e t sich a m Ring-F., wird sie im nämlichen Jahre B r a u t 1S1 ). Dr. Hartlieb beschrieb um 14^5 folgende O r a k e l : „ N o c h wiß, das die menschen a u c h ansehen die vinger, ob der ciain vinger gang an dem goltfinger über das oberglide. das sol groß glück bedeuten v n d so es ye vester darüber gang, so sey das glück y e größer, mer ob der selb ciain vinger das glid an dem benannten goltfinger nit rür, derselb mensch sol so gar v n g l ü c k h a f f t i g s e i n " 152 ).
Den M i t t e l - F . v o r z u s t r e c k e n w a r bei Griechen und R ö m e r n das Zeichen des höchsten Schimpfes und der V e r a c h t u n g . Diogenes beschimpfte so den Demosthenes, indem er ihn einigen Bek a n n t e n mit d e m Mittel-F. zeigte. In R o m bewegte der freche Dieb den F. zur A b w e h r gegen den Gartengott, dessen Phallos nach den Priapeia die Felddiebe b e d r o h t 1 4 3 ) . U m Nasenbluten zu stillen, hält man in T h ü r i n g e n - d e n A r m auf der blutenden Seite mit ausgestrecktem Mittel-F. in die Höhe, den andern ebenso niederwärts 144 ). ,33 ) H e c k e n b a c h de nuditate 56. 84 f.; W e i n r e i c h Heilungswunder 45, 2; S i t t l
Gebärden 101, 7; S e l i g m a n n
Blick 2, 183 f.
M a r c e l l u s de medicam. VIII, 193; XV, 101. 102. 107; X X V I I , 37; B a c h o f e n Mutterrecht 130; B u c k Volksmedizin 25; W a n d e r Sprichwörterlex. 1, 1020 f. Nr. 97; Mc K e n z i e Medicine 138. »") B u c k a . a . O . — Über andere Namen vgl. ζ. B. R o c h h o l z Kinderlied 103 f. >«) B u c k a. a. Ο. "·) W o l f Beiträge 1, 225 Nr. 290; vgl. M c K e n z i e Medicine
267.
1OT)
Petron
Satyr.
131 und
P e r s i u s 2, 32; S i t t l a . a . O . 123; S e l i g m a n η Blick 2, 183. 13a) M c K e n z i e a . a . O . 139. >38) ZfVk. 7 (1897), 411 Nr. 30. lt0 ) H ö h n Geburt 262. »«) G r o h m a n n 59 Nr. 395. "«) G r i m m Myth. 2, 927 f. 143) S i t t l Gebärden i o i f . ; Seligmann 2, 183;
Storfer
·") W u t t k e
Jungfr.
347 § 518.
Mutterschaft
35.
Einst wollte der Teufel in Gestalt eines Hundes eine stets fluchende Frau in Westpreußen holen; ihr Mann aber f a ß t e sie an den Mittel-F. der linken Hand, den HerzF. also und stimmte das Lied a n : „ I h r Höllengeister p a c k e t E u c h " 1 6 3 )! Alsbald verschwand der Hund auf Nimmerwiedersehen 1 5 4 ). „ B i n d e ihm mit diesem Faden die beiden Herz-F. hinterrücks z u s a m m e n " , befiehlt der R ä u b e r im posenschen Märchen der Schwester, „ s o wird er keine K r a f t mehr h a b e n " 15S ). A u s dem Goldfinger der sich ihm v e r p f l i c h t e n d e n Person preßt der T e u f e l B l u t 1 5 5 f t ) . Ein R i n g aus Sargnägeln a m Gold-F. v e r h ü t e t epileptische A n f ä l l e 1 5 e ) . Staricius 157 ) weiß v o n Ringen aus E l e c t r u m magicum (s. d.) zu berichten; „ w e r die angetragen / daß ihm der K r a m p f f unnd Zahnwehe gantz unnd gar nichts gethan / noch a u c h den geringsten Schmertzen
1495
Fingerhut
zufügen können. Deßgleichen der Schlag oder fallende Sucht keinen berühret hat: und so man einen solchen Ring einem Epileptico an dem Hertzfinger gestecket / in dem allerhefftigsten paraxysmo, so ist der paroxysmus bald dahin gewesen / hat ablassen müssen / und der Gesunde wider umb auffgestanden und davon gegangen. So haben wir auch gesehen und selbst erfahren / dz ein solcher Ring / so er an Herz-F. getragen wird / und sich in dem Menschen eine verborgene Kranckheit eroffnen wil / so fährt der Ring an stetigs zuschwitzen / und wird er ex sympathica oder von großem Mitleiden maculirt und ungestalt." Schon der Name Arzt-F., aber auch der Ausdruck „ L a c h s n e r " 168), zeigt, daß auch er ein 'digitus medicinalis' ist. „ein pfile, aber eisen auß einer wonden zo zigen: nym die zwen goltt finger, das ist der negst fynger beim klein fynger, mitt beiden henden vnnd fas das hartt mitt den zweien fyngern vnnd sprich etc." (16. Jh.) 15e). Flechten und ändern Ausschlag bestreicht man mit Fensterschweiß, derj man mit dem Gold-F. abgewischt hat l e o ). Man wird nicht vom Zahnweh befallen, wenn man täglich beim Waschen mit dem Gold-F. über die Zähne f ä h r t l e l ) , sich mittels des Gold-F.s mit frischem Wasser hinter den Ohren wäscht l e 2 ); am 22. Juli, dem Tage der hl. Magdalena, muß man die tränenden Augen an hl. Brunnen mit dem Gold-F. waschen 1M ). Damit ein Ohnmächtiger „wieder zu sich kommt", reibt man ihn recht mit dem Gold-F. 1M ). Der Gold-F. an der linken Hand ist nicht süchtig 145 ). Der Ring-F. heißt auch der u n g e n a n n t e 1 " ) . „Es ist aber ain vngelaub", schreibt Dr. Hartlieb (1455) 1OT), „wann man ain Verlust tüt, so sind lüt, die beswern ain prott vnd stecken darein drui messer jn drui crütz vnd ain spindel vnd ainen enspin daran vnd halten das zwain person vf den vngenannten vinger vnd besweren sy bey den hailigen zwölff boten." Bei der Herstellung des Spiegels Salomonis macht man mit dem Gold-F. der linken Hand dreimal das Zeichen des Kreuzes auf den Spiegel, dreimal auf die Brust l e s ).
X496
145 ) Β ä c h t ο 1 d Hochzeit 1, 1 6 7 ff.; Namn o g B y g d 6, 1 6 ff. " · ) G r o s c h u f f Finger 222 ff.; B u c k Volksmedizin 25. 1 1 7 ) Schwld. r, 864; in Schwarzenburg (Bern) scheint aber der Mittel-F. so benannt zu sein: S A V k . 8, 142. l4i ) Schwld. 1, 864; T r o l l Geschichte von Winterthur 4, 1 1 3 . 14e ) Nach Rochholz Kinderlied 104 f.; B ä c h t o l d Hochzeit 1, 15 167 f. °) P l i n i u s Nat. Hist. X X X , 34, 1 ; X X I I I , 59, 1 ; B ä c h t o l d Hochzeit 1, 169 § 1 7 7 Anm. 9 ; B r a n d Pop. Ant. 2 (1908), 1 0 3 ; Schwld. 1, 864; D e o n n a Croyances 2 3 8 ; Collin de Ρ 1 a η c y Diet, infernal (6) 1 8 6 3 , 2 1 8 ; B u c k Volksmedizin 25. U 1 ) I m m e r m a n n Münchhausen 2. Buch, 2. K a p . "*) U l m Hartlieb 60 cap. 102 = Grimm 15a Myth. 3, 432. ) Vgl. B ä c h t o l d in Ale1S4 mannia 41 (1913), 44. ) Treichel in Veckenstedts Z f V k . 2 (1890), 1 8 f. 1 5 s ) K n o o p 165a Posener Märchen 21. ) Schmidu. Sprec h e r 1 5 . ' " ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 106; vgl. G r o s c h u f f Finger 2 5 5 f. t57 ) Heldenschatz 24. 15e ) R o c h h o l z Kinderlied 105 = Schwld. 3, 1045 f.; B u c k Volksmedizin 2 5 ; vgl. B l a c k Folk-Medicine 176. l5e ) J ü h l i n g Tiere 290. IS0 ) D r e c h s l e r 2, 284. iet les ) Lammert 233. ) Ebd.; Fogel Pennsylvania 311 Nr. 1650. 1 , a ) H ö f l e r ,M Volksmedizin 8 1 . ) Höhn Volksheilkunde 1, 1 2 5 . " 5 ) S c h ö n w e r t h 3, 249. l M ) Vgl. auch Kalewala 27, 1 6 3 ; 43, 260; Rochh o l z Kinderlied 105. 107 ) U I m Hartlieb 3 4 1ββ cap. 50. ) Salesbüchlein, in 6. u. 7. Buch Mosis 87 f.
19. Die Haupttätigkeit des Z e i g e F.s wurde oben § 5 (mit den F.n w e i sen, deuten, z e i g e n ) behandelt 1ββ) (s. a. die andern Gebärden). Der Zeige-F. der rechten Hand wird in Lancashire als besonders 'poisonous' betrachtet 17°). Ein in Ratzeburg aufgewachsenes Kind streckte jemandem, der ihm den 'Letzten* geben wollte, die eine Hand mit über den Zeige-F. gelegtem Mittel-F. wie zur Abwehr entgegen 171), ein Hemmungszauber gleich wie das Verschränken der F. (s. o. § 8). Der Zeige-F. auf die Spitze des kleinen F.s gelegt, hilft gegen den „Häcker" 172). 1M ) Über seine Namen vgl. Beitr. z. Kunde der idg. Spr. 26, 2 3 1 ; R o c h h o l z Kinderlied 103. "") B l a c k Folk-Medicine 176. ' " ) Z f V k . 2 1 , 298. >") B u c k Volksmedizin 24. Bächtold-Stäubli.
Fingerhut. Bringt man dem Mädchen als ersten Marktkram nicht einen F. mit heim, so will es nicht nähen lernen *). Der verstorbenen Wöchnerin gibt man neben
Fingerkraut
1497
andern z u m Nähen notwendigen Dingen auch einen F . ins Grab mit 2) (s. G r a b beigabe). Die Deutschen P e n n s y l v a n i e n s empfehlen, einem Neugeborenen das erste Wasser aus einem F. z u m T r i n k e n zu geben, dann geifert es nicht 3 ). Gegen den blauen Husten (Keuchhusten) sperren sie eine Spinne in einen F . und hängen ihn dem K r a n k e n an 4 ). A u f L ä t a r e wird in Forst, dem berühmten W e i n o r t , ein Sommertagsspiel v o m Hansel F . a u f g e f ü h r t l) R o c h h o l z Kinderlied 320 Nr. 800. ») K u h n Westfalen 2, 50 Nr. 138; M e i e r 3 Schwaben 2, 491 Nr. 302. ) Fogel Pennsylvania 54 Nr. 152. 4) E b d . 337 Nr. 1793. ») B e c k e r Pfalz 307 f. 397; HessBl. 6, 161 f. Bächtold-Stäubli.
F i n g e r k r a u t ( F ü n f f i n g e r k r a u t ; Potentilla-Arten). 1. B o t a n i s c h e s . Der N a m e F . rührt daher, d a ß viele A r t e n , wie das kriechende F. (P. reptans), f ü n f z ä h l i g e B l ä t t e r haben. Die B l ü t e n der eben genannten A r t sind gelb und wie die der v e r w a n d t e n Erdbeere gebaut. D a s kriechende F. ist an W e g r ä n d e r n usw. überall häufig. Gefiederte B l ä t t e r besitzt das ebenfalls gelbblühende Gänse-F. (Gänserich, Grensink; P . anserina). Die Fiederblättchen sind gesägt und auf der Unterseite meist seidig behaart. Es w ä c h s t sehr h ä u f i g an Wegrändern, auf Dorfangern (Gänseweiden) und Grasplätzen l)
Marzeil
Kräuterbuch 345 f.
2. W e g e n der handförmigen B l a t t gestalt gilt das (kriechende) F. nicht selten als Z a u b e r m i t t e l . Die H e r r s c h a f t ( „ O b e r h a n d " ) in der Ehe b e k o m m t , wer bei der Hochzeit F. im Schuh trägt 2 ). U m vor Gericht nicht zu verlieren, lege man „ G e n s e r i c h " ( = Gänse-F. ) und Dill (s.d.) in die Schuhe und spreche dreimal: „ I c h tritte v f f diesen genserich ond v f f diesen dyllen, so gebiette ich ir richtter und gerichtsleutte b e y gottes gericht, auch k r a f f t und macht, das ich N. h e u t t e auff diesen T a g e gerecht erlangen und erhaltten möge und allen meinen wiederwertigen obsiegen könne und wolle, das zehle ich mir Ν. N. zu busse. Im N a m e n u s w . " (Hs. des 16./17. Jhs.) 3 ). A u c h zu
1498
A n f a n g des 18. Jhs. wird der Glaube berichtet, daß man, um v o r Gericht seine Sache zu gewinnen, Gänse-F. in die Schuhe legen m ü s s e 4 ) . D a s an Johanni um 12 U h r mittags mit einem E r b s t ü c k stillschweigend geschnittene und nicht mit der H a n d berührte F . v e r s c h a f f t , in der Brieftasche getragen, G l ü c k (Graslitz in Böhmen) s ). O f f e n b a r wird hier das „ F ü n f f . " teilweise mit der „ J o h a n n i s h a n d " , den h a n d f ö r m i g gestalteten W u r zelknollen gewisser K n a b e n k r ä u t e r (s. d.), zusammengeworfen. Eine B e s c h w ö r u n g des mittels eines Silberstückes an Johanni gegrabenen „ J o h a n n i s k r a u t e s " (?) l a u t e t : Grüß dich Gott, Fünffingerkraut, Bist so schön und wohlgebaut, Stehst allhier in Gottes Garten, Von dir will ich viel Gnade erwarten.
D a s K r a u t bei sich getragen, l ä ß t nie das Geld ausgehen e ). W e r F. immer in den Schuhen trägt, wird r e i c h 7 ) . W e n n man F. (P. canadensis) in der T a s c h e trägt, wird man vergeßlich 8 ). A m J o h a n n i s t a g vor S o n n e n a u f g a n g ausgegrabenes F. bei sich getragen bewirkt, daß man v o n allen geliebt wird 9 ). A u c h hier scheint eine Verwechslung mit der aphrodisisch wirkenden „ J o h a n n i s h a n d " (s. K n a b e n k r ä u t e r ) mit hereinzuspielen. Allerdings sagt schon ein sehr alter A b e r g l a u b e , daß das K r a u t „ p e n t a f i l o n " (pentaphyllon = F ü n f b l a t t ) seinen T r ä g e r wohl reden mache, daß er alles erlange, was er wolle 10 ). A u c h bei den slowakischen Mädchen ist das F. (P. opaca) mit anderen K r ä u t e r n ein Liebesmittel n ) . Im H a r z sammelten die Mädchen das „ G r e n s i n g k r a u t " (wohl Gänse-F.) und s a g t e n : Ich habe gepflückt das Grensingkraut. A u f s Jahr bin ich eine Braut
(vgl. Allermannsharnisch) 12 ). Frauen, die ihre W a r e n zum V e r k a u f auf den M a r k t bringen, p f l ü c k e n auf dem W e g F. und sprechen dreimal: „ S o geschwind es ich raff (raffe), so geschwind ich v e r k ä f f (verk a u f e ) " 1 3 ). „ U m Glück im Handel zu h a b e n " , trage man F. bei sich und spreche: Ich reiße ab Fünffingerkraut, D u bist gepflanzt und gebaut, Du sollst mit mir rennen und laufen Und mir alle meine Ware verkaufen. '*)
1499 In d e r E l s t e r b e r g e r G e g e n d l a u t e t der S p r u c h :
Fingernagel (Sachsen)
Du liebes gutes Fingerkraut, Du bist auf Gottes Acker gebaut. Ich rupf dich aa, ich reiß dich aa, Und wer mich sieht, kauft mir aa. D e r G r u n d dieses G l a u b e n s ist v i e l l e i c h t in e i n e m V e r g l e i c h des B l a t t e s m i t der H a n d , die n a c h der g o l d g e l b e n , r u n d e n Blüte (Vergleich mit Goldstück!) greift, zu suchen l s ) . 2) B o h n e n b e r g e r 110; Höhn Hochzeit 2, 18. s) ZfdMyth. 3, 320 4) G o t t 5 s c h e d Flora prussica 1703, 207. ) Erzgebirgszeitung 21 (1900), 117. ·) J o h n Westböhmen 87. ') M a r t i n u. L i e n h a r t Eis. Wb. 1, 529. 8) F ο g e 1 Pennsylvania 287. ") G r i m m Myth. 3, 464; K ö h l e r Voigtland 377; S A V k . 13, 150; F ο g e 1 Pennsylvania 62. l i ) A l b e r t u s M a g n u s 1508. u) H o v o r t ä u. K r o n f e l d 2, 176. ») P r ö h l e Harzbilder \ 855,85. " ) F r o m 14 m a n n De fascinatione 355. ) Romanusbüchlein 1 1 ; ein ähnlicher Segen: Württemberg. 1S Vierteljahrsschr. 13 (1890), 220. ) Wiss. Beilage der Leipz. Zeitung 1906 Nr. 29, 113.
3. V i e l f a c h ist das F . (oft z u s a m m e n m i t a n d e r e n P f l a n z e n m i t t e l n ) ein Mittel g e g e n H e x e n (bes. i m S t a l l z a u b e r ) u n d d e n T e u f e l l e ) . B e r e i t s Ρ 1 i η i u s 17 ) s a g t v o m K r a u t „ q u i n q u e f o l i u m " , das als ein F . g e d e u t e t w i r d : „ a d h i b e t u r a d p u r g a n d i s d o m i b u s " . N a c h einer b r a u n s c h w e i g i s c h e n S a g e k ö n n e n die „ U n t e r i r d i s c h e n " einer W ö c h n e r i n n i c h t s a n h a b e n , die m i t i h r e m F u ß den „ G a u s e t r a p p " ( = G ä n s e - F . ?) b e r ü h r t h a t 1 8 ) . le ) P a u l l i Quadripart. Botanicum 1667, 128: D e i g e n d e s c h Pferdearznei 1821, 80 („wenn ein Pferd verzaubert ist"); M e i e r Schwaben 178: M t i c h e Sagen 442; S c h r am e k Böhmerwald 264; Η ο ν ο r k a und K r o n f e l d 1, 175; Μ a r ζ e 1 1 Bayer. Volksbotanih 201. " ) Nat. hist. 25, 109. ιβ) V ο g e s Braunschweig 40; vgl. auch SAVk. 23, 161 f.
4. N a c h einer nordfriesischen S a g e wuchs aus dem G r a b e eines unger a t e n e n S o h n e s , der V a t e r u n d M u t t e r g e s c h l a g e n h a t t e , ein s e l t s a m e s F ü n f f . , eine l e i b h a f t i g e H a n d mit f ü n f F i n g e r n , die m e h r m a l s m i t einer R u t e a b g e s c h l a gen w u r d e , a b e r d o c h i m m e r w i e d e r das t a n d , bis ein f r o m m e r P r e d i g e r sie v o r Sonnenaufgang bannte M). " ) Urquell 3, 300.
1500
5. A l s s y m p a t h e t i s c h e s Mittel g e g e n G e l b s u c h t ( w e g e n der g e l b e n Blüte, vgl. Schellkraut!) wird das F . ö f t e r g e n a n n t M ) ; es w i r k t a u c h , w e n n es in die S c h u h e g e l e g t u n d d a r a u f g e g a n g e n w i r d 2 1 ). G e g e n r o t e R u h r (roter W u r z e l s t o c k , allerdings a u c h a d s t r i n g i e r e n d e W i r k u n g der Gerbsäure) w i s c h e m a n den H i n t e r n m i t G ä n s e - F . u n d h ä n g e es i n den K a m i n 22 ). E b e n s o w i r d die P f l a n z e g e g e n den R o t l a u f v e r w e n d e t 2 3 ) . D a ß v i e r B l ä t t e r des F . s g e g e n d a s v i e r t ä g i g e , drei B l ä t t e r gegen das d r e i t ä g i g e F i e b e r usw. h e l f e n sollen, ist a u s D i o s k u r i d e s 24) in die „ S y m p a t h i e b ü c h e r " 2 5 ) übergegangen. 20) H i l d e g a r d Physica 1, 55; S c h r o e d e r Med.-Chym. Apotheke 1693, 874. " ) T a bernaemontanus Kreuterbuch 1588, 344. ") T h a r s a n d e r Schauplatz viel, ungereimt. Meinungen usw. 2 (1735), 663. 23) M a r z e l l Bayer.Volksbotanih 155. " ) Mat. med. 4, 42. 2S) Ζ. B. W e c k e r u s De secretis 1701, 117; vgl. auch B r a n d Pop. Ant. 729. Marzell.
Fingernagel. I . V o r z e i c h e n , W e i s s a g u n g . L e u t e mit g e r a d e n N ä g e l n leben l a n g , Krummnagelige sterben bald*). „des m e n s c h e n negel, w e n n die k l a i n sint, d a z b e d ä u t des m e n s c h e n l e i c h t i k e i t (leichtf e r t i g e r C h a r a k t e r ) , u n d w e n n si d ü n n sint r ö t v a r d u r c h w e i z g e m i s c h e t , d a z b e d ä u t des m e n s c h e n b e h e n d e n s i n " 2 ). W a c h s e n e i n e m K i n d e die F i n g e r n ä g e l schnell, so s t i r b t es z e i t i g 3 ), ebenso, w e n n beim Neugeborenen die N ä g e l hoch liegen 4 ). V i e l e N a g e l w u r z e l n ( H a u t f a s e r n a m R a n d e der F.) b e d e u t e n viel F e i n d e u n d V e r d r u ß ; m a n n e n n t sie a u c h N e i d n ä g e l ; sie z e i g e n an, d a ß m a n b e n e i d e t w i r d 5 ) . „ G e l d b o g e n " (fjdrbugur) nennt m a n den B o g e n , der sich o f t auf den F. η oben a n der N a g e l w u r z e l f i n d e t u n d z w a r m i t der k o n v e x e n Seit,e nach v o r n . Die Isländer sagen, m a n w e r d e um so reicher, j e g r ö ß e r u n d auf j e m e h r N ä g e l n diese B ö g e n seien e ). D i e N ä g e l z o r n i g e r Mens c h e n w e r d e n g i f t i g ; K r a t z e r , d a m i t erlitten, s c h w ä r e n aus. A u c h s o n s t sind die N ä g e l g i f t i g , d r u m soll m a n sie n i c h t a b n a g e n 7 ) . A l l e Nägel sind s ü c h t i g , nur n i c h t der a m G o l d f i n g e r der r e c h t e n H a n d 8 ) .
Fingernagel Außerordentlich weit verbreitet ist die Meinung, daß F l e c k e n auf den N ä g e l n (d. h. das B l ü h e n der F . ) vorbedeutend seien (s. darüber und weitere F.weissagungen unter O n y c h o m a η t i e). ') B u c k Volksmedizin 25; Lammert 216. 2) M e g e n b e r g Buch der Natur ed. Pfeiffer 2 1 , 23 ff. ®) J o h n Erzgebirge 56. 4 ) J e n s e n Nordfriesische Inseln 217 5 ) B u c k Volksmedizin 25; F i s c h e r SchuiäbWb. 4, 1 9 3 2 ; H ö f l e r Krankheitsnamen 835; S A V k . 8, 150; J o h n Westböhmen 249; L a m m e r t 216; Schönwerth Oberpfalz 3, 252. ·) ZfVk. 8 (1898), 449. 7 ) S c h ö n w e r t h 3 , 2 5 2 ; vgl. L a m m e r t 173. 2 1 6 ; Β i r 1 i η g e r Volksth. i , 488 Nr. 42; G e r h a r d t Franz. Novelle 1 1 8 ; RTrp. 9 (1894), 603. 8) S c h ö η w e r t h a. a. O. *) S. z.B. M a n n h a r d t Germ. Myth. 6 1 5 ff., der hierüber sehr viel Literatur zusammengestellt hat; G r o s c h u f f Finger 261—272 („Von den Nägeln und derselben Flecken"). 2. Die F . s c h η e i d e t (s. abschneiden 1, 100 ff.) man am Freitag (namentlich am Karfreitag 1 0 )), dann ist man gegen Zahnweh u ) oder andere Krankheiten 1 2 ) gefeit, wachsen sie l a n g s a m e r 1 3 ) , bekommt man schöne Zähne 1 4 ), hat man Glück 1 6 ), bekommt man viel Geld l e ), ist man das ganze J a h r vor Hexen geschützt 1 7 ). Im K a n t o n Graubünden dagegen herrscht die Meinung, daß die armen Seelen die Schnitzel verzehren müssen, wenn man die Nägel a m Freitag schneidet 1 8 ), im Erzgebirge, der Verstand gehe verloren l e ). Gegenüber dem Freitag treten die andern Wochentage stark zurück *·); es soll kein T a g sein, der ein r h a t 2 1 ) . A n Sonn- und Feiertagen soll man es unterlassen 2 2 ); der Teufel sammelt alle Abfälle, und hat er davon einen S a c k voll, so gehört ihm die Seele des Sonntagsschänders 2 3 ). A m hl. A b e n d wird es als Vorbeugungsmittel gegen alle K r a n k heiten im Erzgebirge empfohlen 24 ), in den Zwölften wird es aber meist verboten, weil man sonst böse Finger bekommt 2 5 ). Schneidet man in Sachsen die Nägel am Gründonnerstag, so hilft das gegen Zahnschmerzen ein ganzes J a h r lang 2β ). Auch Mond und Tierkreiszeichen spielen eine R o l l e 2 7 ) . Man soll sie nicht bei Licht schneiden, sonst gibt es böse A u g e n 2 8 )
1502
oder sammelt der Teufel die Schnitzel W e n n man sich lange Nägel wachsen läßt und sie alle auf einmal ungeteilt abschneidet, versieht man den Teufel mit Schuhen M ) . w ) Μ a n ζ Sargans 58. 1 3 6 ; Stauber Aberglaube 26; H e e r Altglarn. Heidenthum 1 1 ; K u h n Westfalen 2, 134 Nr. 402; Z f V k . 1 , 193 Nr. 6; W i t z s c h e l Thüringen 2, 195 Nr. 1 7 ; F o g e l Pennsylvania 305 Nr. 1624; Veckenstedts Z f V k . 2, 442 Nr. 17. u ) Rockenphilosophie 642 Nr. 67 = G r i m m Myth. 3, 445 Nr. 340; Z a h l e r Simmenthai 46 (mit Lit.); S A V k . 8, 150. 272 Nr. 7 1 ; 2 1 , 35 Nr. 28 (mit Lit.); R o t b e n b a c h Bern 21 Nr. 1 3 5 ; A n h o r n Magiologia 134; Schwld. 4, 683; SchwVk. 10, 4; Μ a η ζ Sargans 58 (mit Lit.); Unoth ι , 179 Nr. 1 ; R e i s e r Allgäu 2, 429 Nr. 42; ZfdMyth. 2 (1854), 4 2 ° Nr. 42; L a m m e r t 2 3 3 ; ZföVk. 3 (1897), 8; KuhnS c h w a r t z 461 Nr. 455; S t r a c k e r j a n i , 94; Z f V k . 10, 449; 20, 386 Nr. 14; 8, 203; Urquell 3 (1892), 40. 329; S e y f a r t h Sachsen 284; K ö h l e r Voigtland 359. 427; K n o o p Hinterpommern 162 Nr. 7 1 ; S c h u l e n b u r g 102; F o g e l Pennsylvania 309 Nr. 1642; S a r t ο r i 2, 36; D r e c h s l e r 1 , 9 0 ; 2, 1 8 7 ; B a r t s c h Mecklenburg 2, 2 1 7 Nr. 1 1 2 9 ; T e t t a u - T e m m e Ostpreußen 283. 12 ) F o g e l Pennsylvania260 Nr. 1358 (Kopfweh); Z f V k 20, 386 Nr. 13 (Fieber); SchwVk 5, 91 (bekommt keine Fleischsprießen). 13 ) Z f V k . 4, 83; R e i s e r Allgäu 2, 1 1 4 . '·) SchwVk. 10, 34. " ) W o l f Beiträge 1, 238 Nr. 455 = S a r t o r i 2, 36; K e l l e r Grab 5, 238. '«) D r e c h s l e r 2, 43. " ) W u t t k e 281 Nr. 4 1 1 ; S e l i g m a n n Blick 2, 142 " ) C a m i n a d a Friedhöfe 1 1 2 ; vgl. J o h n Westböhmen 249; W o l f Beitr. 1, 217. " ) J o h n Erzgebirge 56. *°) Montag: Birlinger Schwaben 1 , 390; Z a h l e r Simmenthai 46; L a m m e r t 233. " ) ZfdMyth. 2 (1854), 4 ' 9 ! W o l f Beiträge 1 , 2 1 7 Nr. 179; 1, 251 Nr. 623 = S a r t o r i 2, 36. " ) Z f V k . 20, 386 Nr. 1 5 ; 25, 20 (schon 15. bis 16. Jh.); W o l f Beiträge 1, 2 1 7 Nr. 1 7 9 ; S c h u l e n b u r g Wend. Volksth. 147; Μ ü 1 1 e r Isergebirge 22; F o g e l Pennsylvania 81 Nr. 296; dagegen günstig 309 Nr. 1 6 4 1 ; S p i e ß Fränkisch-Henneberg 153. I3 ) S c h m i t t Hetlingen 1 1 f. " ) J o h n Erzgebirge 153 = S e y f a r t h Sachsen 284; vgl. dagegen S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 252 (auch nicht am Vorabend von Ostern und Pfingsten). 25 ) John Erzgebirge 1 5 0 = Seyfarth 283; D ä h n h a r d t Volkst. 1, 77 Nr. 8; Κ a ρ f f ' Festgebräuche 8. " ) D ä h n h a r d t a. a. Ο. i , 80 Nr. 3. »») A m e r s b 3 c h Grimmelshausen 2, 50; Sc h mid Glarus 35; P o l l i n g e r Landshut 286; K u h n Mark. Sagen 386 Nr. 92; S c h u l e n b u r g Wend. Volkst. 1 4 7 ; F o g e l Pennsylvania 242 f. Nr. 1 2 5 5 ; 244 Nr. 1265; K r o l l Aberglaube a 1 9 ; S έ b i 1 1 ο t Folk-Lore 1 , 44 f. ) Ζ a h -
Fingernagel
1503 l e r Simmenthai 21. *·) D r e c h s l e r ») Z f V k . 8, 158.
2,124.
3. Kleinen Kindern dürfen die Nägel nicht abgeschnitten, sie müssen von der Mutter a b g e b i s s e n werden 3 1 ), sonst wachsen die Nägel nicht mehr 32), wächst der Nagel schief 33 ), gibt es Nagelumlauf 34 ), wird das Kind ein Dieb 3 8 ) (weit verbreitet) oder ein Selbstmörder 3 '). Auch die Schwangere darf sich die Nägel nicht schneiden, sondern muß sie abbeißen, weil sie sonst ein totes Kind gebiert 37). S. weiter unter a b b e i ß e n x, 9 f. 109. 31 )
S e y f a r t h
Sachsen
58;
B a r t s c h
Mecklenburg 2, 51 Nr. 121; ZfVk. 20, 386 Nr. 16; 14, 429 Nr. 5; G r ü n e r
Westböhmen
109;
deutscher Lit.).
3, 31 Nr. Ii.
3S)
Egerland
F r a ζ er
32)
40;
John
3, 262 f. (mit
Veckenstedts Z f V k . 2, 33;
Rochholz
Kinderlied 320
Nr. 801; S A V k . 12 (1908), 151 Nr.456. »«) P r a e -
t o r i u s Philosophia colus 182 =
Seyfarth
Sachsen
Wolf
58;
L a m m e r t
118;
Bei-
3ä)
träge 1, 208 Nr. 45. Rockenphilosophie 33 Nr. 23 = G r i m m Myth. 3, 435 Nr. 23; Meyer Baden 50; H ö h n Geburt 277; B o h n e n b e r g e r 18; B i r l i n g e r Volksth. 1, 489 Anm. 1 (aus Cönlin); Bavaria 4, 1, 241; Alemannia 27 (1899), 229; Reiser
Allgäu
2, 232; P o l l i n g e r
L a m m e r t
2,
51
118;
Nr. 120;
Landshut
B a r t s c h
Köhler
243;
Mecklenburg
Voigtland
424;
Z f d M y t h . 2 (1854), 420 Nr. 3 1 ; Wrede Rhein. Vkde. 110; Z r w V k . 1 9 3 7 , 1 1 8 ; S c h r ä m e k Böhmerwald 1 8 1 ; Z f V k . 8, 395; W o l f Beiträge 1, 208 Nr. 45; R T r p 10 (1895), 603.
36; J o h n Erzgebirge 56. 37) Α η d r e e Braunschweig 285; vgl. L a m m e r t 173.
4. Der F. spielt im Glauben an die T e u f e l s p a k t e eine bedeutsame Rolle. Wer sich dem Teufel ergibt, darf acht (sieben) Jahre lang kein Vaterunser beten, sich nicht waschen, keine Haare und keine F. abschneiden 38 ). Dämonenhafte Gestalten haben oft außerordentlich lange F., die wie Krallen aussehen 39). Unter den langen Nägeln verbirgt sich der Teufel Der Teufel wird um seinen Lohn gebracht, weil eines der (Mohn-) Körner, die er zusammenlesen muß, unter einem langen F., ein anderes im Weihwasserkessel versteckt wird, und er beide nicht findet 41 ). Von den Peris erzählt man unter anderm bei den Tscherkessen, einer derselben sei abends spät seinem Gehöfte zugeritten, als plötzlich eine Peri hinter ihm aufs Pferd sprang und ihre Arme um
1504
seinen Hals schlang. Er schaute sich erstaunt um und sah ihre große Schönheit und ihre langen herrlichen Haare. Da zog er leise den Dolch, faßte ihre Hand, und schnitt ihr ein Stückchen vom Nagel ab, welches er in der Tasche verbarg; dadurch war sie sein eigen; zu Hause sperrte er sie, wenn er ausging, in eine der großen Amphoren, worin das Wasser aufbewahrt wird; aber sie sang ihm so schön vor, und ihre Stimme lautete so kläglich, und sie wußte ihn so zu liebkosen, daß er ihr das Stückchen ihres Nagels wieder zurückgab und damit die Freiheit 42). Wenn in der Tiroler Sage der Teufel frägt: „Willst du mir ein Stück von deinem Leibe g e b e n ? " und der Fuhrmann ihm ein Stück von seinem F. abschneidet, so ist das sicher ursprünglich keine Prellung des Teufels (wie die dortige Sagenüberlieferung meint), sondern ein richtiger Teufelspakt 4 3 ). Der Henker Diepolt Hartmann von Miltenberg gibt 1494 Auskunft darüber, wie man Hexen behandeln müsse: ,,. . . unde alsbalde sie in das gefengnuß komet, alle hare abscheren, es sy an der scheym (Scham), an oren und an braen, . . . . Item alle negel an den Fußen und henden absnyden biß an das fleysch" 4 4 ). Die langen Nägel, Bart- und Haupthaare, die die Gänsehirtin dem Zignomanusch ( = Zwerg) auf sein Geheiß abschnitt und nach Hause trug, wurden zum großen Goldhaufen 45 ). Amersbach
Grimmelshausen
1, 27;
B o l t e - P o l i v k a 2, 43 f. zu K H M . Nr. 101 (Der Bärenhäuter); Z f d A . 30, 338 (Faustus); K n o o p Hinterpommern 188 Nr. 1 = R T r p . 11 (1896), 476; S c h a m b a c h - M ü l l e r
400; J e g e r l e h n e r u.
Anm.
S. 315.
Mannhardt holz
Sagen
3S)
Oberwallis 90 Nr. 116
ZfVk.
4,
Germ. Myth.
2,223;
289
Anm. 1 ;
626;
Roch-
Baader
Sage» 198 Nr.
215; S t a u b e r A berglaube 45 f.; S o m m e r Sagen 4l)
38 Nr. 34.
Zingerle
40)
RTrp.
Sagen
11
(1896),
472 f.
Nr.
476.
810 f.
") W o l f Beiträge 2, 263 A n m . ; vgl. A c k e r m a n n Shakespeare 45. 43) Z i n g e r l e Sa-
gen 398 Nr. 704. 44) H a n s e n Quellen 593, 17 ff. 45) W 1 i s 1 ο c k i Zigeuner 253 Nr. 30.
5. Mit den S c h n i t z e l n , die man sich von seinen Fingern (oder Zehen) abgeschnitten hat, muß man sehr sorgfältig umgehen; denn bei der Auferstehung müssen auch sie erscheinen 46 ) (s. 1, I i i ) , und
Fingernagel
1505
der Teufel oder übel wollende Leute können damit Unheil anrichten (1, u o f . ) : man verbrennt 4 7 ) oder vergräbt sie usw. ω ) . Dem Toten werden die Nägel an Fingern und Zehen geschnitten 49 ) (s. 1, 112 und unter T o t e n s c h i f f ) . Dagegen schnitten sich die Chinesen nach Olearius M ) weder die Haare noch die Nägel der linken Hand, weil sie glauben, daß sie die Nägel nötig haben, um zu klettern, wenn man sie an den Haaren in den Himmel zieht. Schneidet man im Frankenwalde der Leiche eines noch nicht sechswöchigen Kindes die F. ab und trägt diese Abschnitte bei sich, so kann man stehlen ohne gesehen zu werden B1) (Ersatz des Diebsfingers?). *·) A b e g h i a n Armenien 68; F r a z e r 3, 279 ff.; B o e d e r Ehsten 139; M a n n h a r d t Germ. Myth. 630. " ) F r a z e r 3, 281 ff.; A n d r e e Parallelen 2 , 1 2 ; K r a u l ) Slav.
Volkf.
51;
L i e b r e c h t
ΖVolksk.
319
Nr. 48 (sonst muß man sie am jüngsten Gericht wieder zusammensuchen); 330 Nr. 152; S a r tori 2, 36; M a n n h a r d t Germ. Myth. 629 ff.; S c h ö l l w e r t h j , 252. ω ) ZfrwVk. 1908, 228 (unter Holunder); SchwVk. 10, 4; Bir linger Volksth. 1, 488 Nr. 42; vgl. M e y e r Bader. 512; D ä h n h a r d t Volksth. 1, 80 Nr. 3 (rückwärts in Bach werfen). 4") M e y e r Baden 513 (damit die Welt noch nicht untergehe); H ö h n Tod 318 (bei Juden; bei Christen teilweise geradezu verboten); Grohmann Sagen 59; Schönwerth Oberpfalz 3, 252; Urquell 4 (1893), 51; Veckenstedts ZfVk. 2, 78 Nr. 13 (sonst wachsen sie im Grabe weiter); S a r t o r i Sitte 1, 132 (mit Lit.).
M)
Voyages
cilibres
et remarquables
faits
de Perse aux Indes etc. 2 (1727), 575 nach RTrp. 10 (1895), 603. " ) F l ü g e l Volksmedizin
2 6 =
H ö f l e r
Volksmedizin
61 A n m .
1 (vgl. 23); vgl. RTrp. 9 (1894), 703.
6. Häufig dienen die F.schnitzel zur K r a n k h e i t s ü b e r t r a g u n g (s.a. 1, 112 f.) B2 ): man schneidet dem Patienten die Nägel an Fingern und Zehen übers Kreuz ab und wirft sie, in ein Stück Fleisch gehüllt, einem Hunde vor 53 ); man bindet die Schnitzel einem lebenden Aale M ) oder Krebse 65) oder Frosch auf und läßt die Tiere schwimmen, oder man wirft sie in einen Ameisenhaufen B 7 ). Man vergräbt M ) die Schnitzel unter einer Espe M ), einem Berberitzenstrauch ·°), unter der D a c h t r a u f e e l ) , trägt sie zum Kreuzweg ®2), wirft sie in die Dunggrube e s ),
1506
über die Schulter ins offene Grab M ), man verpflöckt sie in Bäume 6 6 ) usw. Man klebte sie in Rom, mit Wachs vermischt, andern an die Haustüre M ). ") S e y f a r t h Sachsen 283; S t r a c k e r j a n 2, 184; A b t Apuleius 106; B l a c k Folk-Medicine 41; F r a z e r 9, 68 Anm. 2; C r ο ο k e
Northern
India
361 f.
")
L a m -
m e r t 244 = H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 41; 2, 326; ähnlich ZfrwVk. 1914,173; W u 1 1 k e 327 § 486. H ) A g r i p p a v. N e t t e s h e i m 1, 228. " ) Urquell 1 (1890), 19 Nr. 19 (Rhön); Alemannia 17 (1889), 94 (aus Abraham a Santa Clara); K l a p p e r Schlesien 102; Albertus Magnus 4, 52 Nr. 179. *·) K l a p p e r Schlesien 103 (anno 1568). ") Ebd. (anno 1568). «) ZfrwVk. 1914, 163 i. M) L a m m e r t 262; W u t t k e 354 § 530. «) D r e c h s l e r 1, 90. «) F o g e l Pennsylvania 314 Nr. 1671. "") ZfVk. 1, 180 f. Nr. 2. M ") M e i e r Schwaben 2, 390 Nr. 59. ) F ο s sei
Steiermark
109;
P o l l i n g e r
Landshut
277. *s) S t a u b e r Aberglaube 27; ZfVk. 8, 203 Nr. 23; Veckenstedts ZfVk. 2, 202 Nr. 1; Fossel Steiermark 105 f 160. 164; Sib i l 1 ο t Folk-Lore 3, 414. 415; H o v o r k a Kronfeld 1, 117; 2, 44; Alemannia 11 (1883), 287 (in Kruzifix); K l a p p e r Schlesien 103 (anno 1568). ··) Ρ 1 i η i u s Hist. Nat. 28, 86;
103;
A b t
Α pule jus 1 0 6 ;
Stemplinger
M e y e r
Aberglaube
Aberglaube 68.
7. Die Nägel finden weiter Verwendung im L i e b e s z a u b e r : Das Mädchen schabt unbeschrien von seinem F. in des Burschen Wein; der Bursche wird dann vor Liebe wahnsinnig®7). Vermutet ein Mädchen, dem es ein lediger Bursche zubringt, er könnte ihm in den Wein Nagelschabsel getan haben und ihm also den 'Nachlauf antun wollen, dann faßt es das Glas in den drei höchsten Namen mit drei Fingern an; ist Nachlaufzauber drin, dann zerspringt das Glas in tausend Scherben w ). In Hambach (Oberpfalz) herrscht der Gebrauch, daß in die Kücheln (welche beim Brautfuderfahren der Dorfjugend zugeworfen werden) die Nägel gebacken werden, die man der Braut und den Leuten an Händen und Füßen abgeschnitten hat, damit die Braut nicht Zeitlang habe nach Hause und es ihr gut gehe in der E h e 6 ' ) . In einem Liebeszauberprozeß in Bern 1504 erklärt die Angeklagte: „sie wäre gelert, sin har und ihr nägel zu nämmen und daruss ein küchli zu backen" 70). Dagegen vergräbt man, wenn man will, daß die
Fink
1507
Liebe f ü r jemanden im Herzen ersterben soll, F . u n d H a a r e v o n d e m B e t r e f f e n d e n unter Waldkreßboden71). ") M e y e r Baden 170; Μ a η ζ Sargans 143; " ) L a m m e r t 153. •') Schönw e r t h 1, 69 Nr. 8. ">) S A V k . 9 (1905), 154; vgl. dazu die Stelle aus Thomas Ebendorfer von Haselbach (1439) in Z f V k . 12 (1902), 10; H a n s e n Quellen 43, 13; 450, 1 if.; A b t Apulejus 105 f. " ) R o s e g g e r Steiermark 65. 8. A u c h i m S c h a d e n z a u b e r w e r d e n N ä g e l s c h n i t z e l g e b r a u c h t . ,,Si a l i q u i d t i b i sit f u r a t u m . N i m b die negl v o n e i n e m m e n s c h e n , wurf s y e in das f e y r u n d s p r i c h : ' N u n m u s s das h e r z des D i b s also v e r p r ü n n , der mir das m e i n g e s t o l l e n h a t , w i e die negl i m f e u r prinnen'"72). Schnitzel, dem Getränk b e i g e m i s c h t , b r i n g e n d e m , der sie gen i e ß t , die A u s z e h r u n g , den T o d 7 3 ) (vgl. § 1 A n m . 7 ; § 7). A u f der a n d e r n S e i t e d i e n e n sie a u c h i m H e i l z a u b e r : G e g e n das B a u c h g r i m m e n h i l f t , w e n n m a n einer J u n g f r a u , die e b e n ihre Z e i t h a t , e t w a s v o n den F . n in ein G l a s W a s s e r s c h a b t u n d t r i n k t 74 ). D i a r r h ö e bei K i n d e r n w i r d gestillt, w e n n m a n die N ä g e l des K i n d e s a n H ä n d e n u n d F ü ß e n a b w ä r t s (s. d.) s c h a b t , d. h. g e g e n die S p i t z e , u n d das G e s c h a b s e i eingibt; Verstopfung vertreibt man, wenn m a n die N ä g e l g e g e n die W u r z e l schabt 7 5 ). , , W e n n ein P f e r d oder V i e h a u f l a u f t " , soll ein M e n s c h m i t „ e i n e m Messer v o n s e i n e n F . n so v i e l h e r a b s c h a b e n als er k a n n u n d d e m P f e r d oder V i e h auf e i n e m B r o d e i n g e b e n , ist b e w ä h r t " 7 6 ) . " ) S c h ö n b a c h Berthold v. R. 149 = A b t Apulejus 106. **) SAVk. 21 (1917), 203 d; 19,48; W u t t k e 2695395; F o g e l Pennsylvania 271 Nr. 1415; B i r l i n g e r Volksth. 1, 488 Nr. 43; vgl. RTrp. 9 (1894), 603 = S a u v e Vosges 6. 74) Β i r 1 i η g e r 1, 487 Nr. 40; vgl. ZrwVk. 1 (1904), 96. " ) S c h ö n w e r t h 3, 269 Nr. 4 u. 5. " ) A l b e r t u s M a g n u s 3, 27; vgl. S A V k . 25, 4 (gegen Viehdiebstahl). Bächtold-Stäubli. F i n g e r w u i m s.
U n g e n a n n t .
F i n k . D i e w e i t v e r z w e i g t e F a m i l i e der F . e n (Fringillidae) s c h e i d e t sich in z a h l r e i c h e G a t t u n g e n , z u denen u. a. a u c h g e h ö r e n die A m m e r n (s. d.), die K r e u z s c h n ä b e l (s. d.), d e r G i m p e l (s. d.), der G i r l i t z , d e r K a n a r i e n v o g e l (s. d.), der
1508
K e r n b e i ß e r , die S p e r l i n g e (s. d.). A u s der G a t t u n g F . s e l b s t (Fringilla) k o m m e n v o r w i e g e n d in B e t r a c h t : 1. Z e i s i g e : der D i s t e l - F . (s. S t i e g l i t z ) , der Z e i s i g (s. d.), der L e i η - F . (Fr. linaria), 2. H ä n f l i n g e : d e r H ä n f l i n g (s. d.), der G r ü n - F . (s. d.), 3. E d e l - F . e n : der Β u c h - F . ( F r . coelebs), der Β e r g - F . ( F r . m o n t i f r i n g i l l a ) . D e r B u c h - F . ist v o r a l l e m W e t t e r p r o p h e t . S c h o n T h e o p h r a s t u s (nach A l d r o v a n d u s O r n i t h o l . 18, 358) will b e o b a c h t e t h a b e n , d a ß ein in d e r Frühe schlagender F. Unwetter bedeute, b e s o n d e r s w e n n er auf d e m D a c h e s i t z e x ). D a s s e l b e g i l t in B a t t i c e (Belgien) a ) u n d in S c h w a b e n 3 ) . Ü b e r h a u p t v e r k ü n d e t er m i t s e i n e m R u f R e g e n , Unwetter oder K ä l t e , n a m e n t l i c h d u r c h einen bes o n d e r n R u f 4 ) oder g a r w e n n er r u f t : „Schütt-schütt5)" oder „('s)trief(t), ('s)trief(t) · ) " ; selten s c h ö n e s W e t t e r 7 ) . B l e i b t der B e r g - F . l a n g e in den s ü d l i c h e n W i n t e r q u a r t i e r e n , so g i b t es einen s p ä t e n S o m m e r 8 ), t r e i b t ihn u n g e wöhnliche K ä l t e im April v o n den H ö h e n h e r a b , so z e i g t er F r o s t an ( T i r o l : Gossensaß) β ). Τ ο d v e r k ü n d e t der B u c h - F . , w e n n er a n h a l t e n d u m ein H a u s r u f t o d e r in die T e n n e f l i e g t M ) , einen Ρ r ο ζ e ß , w e n n m a n b e i m E i n t r i t t in d e n W a l d i h n s c h l a g e n h ö r t ( S p a ) u ) . In F r a n k r e i c h ist er s t e l l e n w e i s e U n g l ü c k s p r o p h e t 1 2 ) . I m N e s t e des F . e n f i n d e t sich bisweilen ein S t e i n c h e n von grauer Farbe, m i t d e m sich der T r ä g e r u n s i c h t b a r m a c h e n k a n n 1 3 ). A l s B r a u c h sei d a s F . e n - W e t t singen i m H e n n e g a u e r w ä h n t , bei w e l c h e m d e r j e n i g e F . S i e g e r w i r d , der in einer b e s t i m m t e n Z e i t die m e i s t e n S c h l ä g e s i n g t 1 4 ) . A u f der L ü n e b u r g e r H e i d e g i b t es ein V e r s t e c k s p i e l , genannt „ F . e n s t e i n " 1 6 ). Die S t i m m e n d e u t u n g e n (außer den obigen) sind b e i m F . e n sehr z a h l reich l e ) . D i e e b e n s o v i e l f ä l t i g e n Red e n s a r t e n und sprichwörtlichen A n w e n d u n g e n des F . e n h a b e n auf A b e r g l a u b e n k e i n e n B e z u g 1 7 ). l ) Nach H o p f Tierorakel 130; vgl. P e t e r österr.-Schlesien 2, 260. s) Volksleven 12, 23. s) F i s c h e r SchwäbWb. 2, 1509. «) H o p f
1509
Finsternisse
Tierorakel 130 f.; Urquell 5, 32; Baumg a r t e n Aus der Heimat i , 90; ZfVk. 12, 458; F o g e l Pennsylv. 227 N r . 1160; VolksleveD 12, 23. ') R o c b b o l z Kinderlied 77; F i s c h e r SchwäbWb. 2, 1509. 1510. e) ZfVk. 10, 210 (Nordthüringen); O r p h a l Wetterpropheten 90; in England ( R u t l a n d , Stirling) wet bird „because its cry 'weet, weet' is considered t o foretell r a i n " ; ähnlich in S c h o t t l a n d : ' W e e t — w e e t ! D r e e p — dreep', S w a i η s ο η British Birds 63. ') F i s c h e r SchwäbWb. 2, 1510. 8) H o p f Tierorakel 131. •) ZfVk. 10, 59. 10) R o c h h o l z Glaube 1, 153. " ) Volksleven 12, 23. 12) S e b i 1 1 ο t Folk-Lore 3, 196. " ) D r e c h s l e r 2, 228 (η. G r a b i η s k i Sagen 46); H e c k s c h e r 362. " ) Volksleven 12, 23. " ) Κ ü c k Lüneb. Heide 24 (wo in der A n m a u c h das m n d . Spiel 'v i η k e η ν a η g e η' e r w ä h n t wird. ·") D ä h n h a r d t Natursagen 3, 369 (Niederlande); R ο c h h ο 1 ζ Kinderlied 76 (2 mal). 77; K u h n Westfalen 2 > 75! W o e s t e Mark6\ Schulenburg Wend. Volkst. 157; G e r m a n i a 29 (1884), 101 Nr. 13; ZfVk. 10, 222; 13, 93; Fischer SchwäbWb. 2, 1509; H a l t r i c h Siebenb. Sachsen 154; J o h n Westböhmen 220; S w a i n s o n British Birds 63 f.; Carl J . S t e i n e r Tierwelt (1891) 167. 169. " ) R i e g l e r Tiere 166 ff.; W a n d e r Sprichw. 1, 1026 f.; D W b . 3, 1663 ff.; Schweizld. i , 867; Fischer SchwäbWb. 2, 1509. Hoff m a n n - K r a y er. Finsternisse ( S o n n e n f i n s t e r nis, M o n d f i n s t e r n i s ) D i e im Volksmund über Sonnen- und Mondfinsternis u m l a u f e n d e n religiösen V o r s t e l l u n g e n s t i m m e n in w e i t a u s den meisten A n s c h a u u n g e n überein, so d a ß es sich e m p f i e h l t , dieselben z u s a m m e n zu b e h a n d e l n . D a b e i w i r d t u n l i c h s t v o n einer D a r l e g u n g des a s t r o n o m i s c h e n V o r g a n g s a u s z u g e h e n sein, um denselben dann mythologisch zu erklären. Anschließend reiht sich eine B e s c h r e i b u n g der g e f ä h r lichen W i r k u n g e n , die die F . v e r u r s a c h e n , an, sowie deren A b w e h r m a ß n a h m e n . E n d lich f o l g t einiges ü b e r die A u s d e u t u n g der F . in der A s t r o l o g i e . I. M y t h o l o g i s c h e s . D e r astron o m i s c h e V o r g a n g der nur bei K o n j u n k tion ( N e u m o n d ) v o n S o n n e und M o n d e i n t r e t e n d e n B e d e c k u n g der S o n n e d u r c h den Mond — S o n n e n f i n s t e r n i s g e n a n n t — ist e b e n s o w i e sein G e g e n s t ü c k , die Mondf i n s t e r n i s — V e r f i n s t e r u n g des M o n d e s d u r c h den E r d s c h a t t e n bei O p p o s i t i o n v o n S o n n e u n d Mond — , eine d e m m y t h i schen B e w u ß t s e i n der V ö l k e r u n h e i m l i c h e E r s c h e i n u n g . D a s sie b e s c h ä f t i g e n d e u n d
1510
ihnen in seinem n a t ü r l i c h e n H e r g a n g une r k l ä r t e r e P h ä n o m e n des V e r s c h w i n d e n s eines der beiden H i m m e l s l i c h t e r , v o n deren u n m i t t e l b a r e r Bestrahlung das W o h l der E r d e a b h ä n g t , e r g i b t sich d e m D e n k e n einer p r i m i t i v e n K u l t u r s t u f e als ein K a m p f des größeren G e s t i r n s und des kleineren mit Geistern usw., d u r c h deren T o d oder S i e g das W e i t e r b e s t e h e n oder der U n t e r g a n g der E r d e b e d i n g t ist. N a t ü r l i c h e r w e i s e w e r d e n hierbei S o n n e und Mond als g ö t t l i c h e P e r s o n i f i k a t i onen b e h a n d e l t . Bei der d e m p r i m i t i v e n B e w u ß t s e i n s s t a n d eigenen A n g s t vor W e l t k a t a s t r o p h e n ist es b e g r e i f l i c h , wenn die M e n s c h e n s t e t s helfend in diese K ä m p f e v o n S o n n e und Mond e i n z u g r e i fen v e r s u c h e n , so d a ß sie bei V e r f i n s t e rung der S o n n e f ü r diese P a r t e i nehmen, bei V e r f i n s t e r u n g des Mondes l e t z terem beistehen. T y l o r , der die G e s e t z m ä ß i g k e i t u n d G l e i c h m ä ß i g k e i t der menschlichen P h a n tasie an den mit den F . η v e r k n ü p f t e n V o l k s m e i n u n g e n d a r g e t a n h a t *), o h n e indes die g e m e i n s a m e n W e s e n s z ü g e der in D e t a i l s o l t w e i t v o n e i n a n d e r a b w e i chenden M y t h e n h e r a u s z u a r b e i t e n , ist hierin v o r t r e f f l i c h v o n L a s c h e r g ä n z t worden, der n i c h t nur die F i n s t e r n i s m y t h e n a u s allen E r d t e i l e n z u s a m m e n stellte, sondern a u c h j e n e bei T y l o r f e h lende K l a s s i f i k a t i o n und R e d u k t i o n auf bes t i m m t e V o r s t e l l u n g s t y p e n u n t e r n a h m 2 ). N a c h ihm h a b e n wir f o l g e n d e T y p e n z u unterscheiden 3): 1. F . e n t s t e h e n infolge O h n m a c h t , K r a n k h e i t oder T o d des v e r f i n s t e r t e n Himmelskörpers (Sumatra, Aino, Hott e n t o t t e n , Indianer N o r d a m e r i k a s , Cariben, I n k a s t ä m m e , O r i n o k o v ö l k e r , A r a u caner). 2. F . e n t s t e h e n d a d u r c h , d a ß S o n n e und Mond ihren g e w o h n t e n P l a t z a m H i m m e l verlassen h a b e n (nur bei den V ö l k e r n des a r k t i s c h e n A m e r i k a : E s k i mos, A l e u t e n , T l i n k i t e n ) . 3. W e r d e n F . d u r c h p s y c h i s c h e Urs a c h e n , wie Zorn oder T r a u e r des persönlich g e d a c h t e n l i c h t s p e n d e n d e n H i m m e l s körpers h e r v o r g e r u f e n ( T l i n k i t e n , A n tike 4 ), D e u t s c h e des M A . s ) . 48»
Finsternisse 4. Werden F . durch höllische, göttliche oder menschliche Wesen verursacht, die die Gestirne vorübergehend oder dauernd, als ganzes oder in der Fähigkeit, Licht zu spenden, schädigen oder gänzlich zu vernichten drohen : Z a u b e r e r als Ursache der F . bei den Queensland-Australiern, den Bakairi in Südamerika, auf J a p in der Südsee. G o t t als Veranlasser der F. bei Juden, Polynesiern und Massai in Ostafrika. T i e r i s c h e U n g e h e u e r des Himmels oder der Hölle führen Inder, Chinesen, Siamesen, Malayen, Germanen und einige Indianerstämme, D ä m o n e n Cariben und Mexikaner als Urheber der F. an. 5. Werden die F . durch Sonne und Mond gegenseitig hervorgerufen: Sonne und Mond als s t r e i t e n d e Ehel e u t e bei Indianern, einigen Negerstämmen und den Topantunuasu auf Celebes, als l i e b e n d e G a t t e n , über deren ehelichen Verkehr die F. diskret ihren Schleier breiten bei Tahitiern und den Bauern der Oberpfalz. Sehr wesentlich erscheint mir bei einer Diskussion über die Entstehung der F.mythen die Beobachtung, daß der Zivilisationsgrad im allgemeinen keinen oder doch nur geringen Einfluß auf das Zustandekommen der Anschauungen ausgeübt hat: ein und derselbe Mythus kann sich bei den verschiedensten kulturell abgrundtief von einander getrennten Völkern gleichzeitig finden. Geographische Abgrenzungen der einzelnen Vorstellungstypen sind, wie die vorstehende Übersicht ergibt, nicht möglich B) (Ausnahme Nr. 2, wenn dies nicht aus Materialmangel zu erklären ist); es kann also nicht an Entlehnung gedacht werden. Auch eine Stufenleiter der F.mythen aufzuzeigen, ist wohl kaum angängig. Alle oben angeführten Vorstellungstypen enthalten den gemeinsamen Faktor einer Vernichtung des gegnerischen Gestirns. Es gehört diese Anschauungsweise zu „den elementaren Eigentümlichkeiten" der Völker und stellt eine Art Kulturgut dar, das äuch der naturwissenschaftlichen Aufklärung nicht zum Opfer fällt und ruhig neben deren Ergebnissen fortbe-
I5I2
steht. So bei den Azteken, Hindu, Chinesen, Babyloniern und abendländischen Völkern e ). Solange noch religiöse Impulse in den Menschen schlummern, bedeuten ihnen die kosmischen Vorgänge mehr als Bewegungen der Gestirne gegeneinander; gerade der in den Finsternismythen schlummernde Gedanke, daß beim wirklichen „ T o d " eines der beiden Gestirne das Ende der Welt gekommen ist, rührt an die letzten Zusammenhänge des Kosmos. Der Mythus enthält hier eine tiefe Wahrheit, der gegenüber die naturwissenschaftliche Erklärung eben nur Erklärung ist, da sie das Eigentliche des Vorgangs unberücksichtigt läßt, daß nämlich dem Finsternisphänomen K r ä f t e zugrunde liegen, von deren Harmonie das Wohl der Erde abhängig ist und die der Mythus in seinen mit persönlichem Willen ausgestatteten Personifikationen viel konkreter umschreiben kann als die abstrakte Erklärung der Naturwissenschaft. In der Treue gegen den Mythus offenbart sich so ein Bewahren von Beziehungen zu den letzten Dingen, von deren Lebensmächtigkeit doch das moralische Bewußtsein als Grundlage des Gemeinschaftslebens stets abhängig bleiben wird. Die Mythen im einzelnen nachzuzeichnen, geht hier nicht an; nur den germanischen und deutschen F.sagen sei noch ein Wort gegönnt. Ausführlichere F.mythen hat es unter den Germanen wie bei andern Völkern sicher gegeben, in denen von wolfsgestaltigen Riesen die Rede war, die Loki, von den Göttern für seine Untaten gefesselt, zu seiner Rache gezeugt hatte. Der mächtigste heißt Mänagarmer (lunae canis) und soll den Mond verschlingen; gelegentlich heißt er auch Hati, dem dann Sköll als Verfolger der Sonne gegenüber tritt 7 ). Aus diesen Sagen und der Beziehung der F . auf das Weltende wird es zu erklären sein, wenn in der altschottischen Mythologie einmal von einem Wolf und dem Weltende die Rede ist 8 ). Mit diesen Mythenresten hängen noch einige Redensarten zusammen, wie das burgundische 'dieu garde la lune des loups' ·) und die in einem französischen Volksliede auf Heinrich IV. erhaltene Be-
1513
Finsternisse
Schreibung der Endzeit, an der die Zähne des Wolfs den Mond erreichen werden 10 ). Was im Prognostikonbüchiein des Fischart steht: „Derhalben dürft ihr nicht mehr f ü r ihn (d. h. den Mond) beten, daß ihn Gott vor den Wölfen wolle behüten, denn sie werden ihn dies J a h r nicht erhäschen", ist aus dem gleichen Glauben zu e r k l ä r e n 1 1 ) . Über die schwachen Nachklänge vom E r scheinen der Wölfe bei Weltuntergang und dessen Eintreten nach dem Verschlingen des Monds, die sich in deutschen Kinderreimen, wie: „ u m elfe kommen die Wölfe, um zwölfe bricht das gewölbe" erhalten haben sollen, wird man immer geteilter Meinung bleiben 1 2 ). Nur in der Oberpfalz scheint in manchen Dörfern bis vor kurzem noch ein lebendiges mythologisches Bewußtsein im Finsternisglauben vorhanden gewesen zu sein. Dank den Bemühungen Schönwerths 1 3 ) sind uns einige Finsternissagen dieser Gegend bekannt geworden, die alle die angedeuteten mythologischen Züge enthalten. Eine kurze Wiedergabe einiger dieser Sagen soll den Abschluß dieses Abschnittes bilden: a) Sonne und Mond feierten einst Hochzeit. Aber der kalte Mond konnte der feurigen Sonnenbraut kein Genüge tun und wollte lieber schlafen. Da wetteten auf Vorschlag der Sonne beide miteinander, daß dem der T a g gehören solle, der zuerst erwachen würde. Der Mond lachte einfältig und schlief ein; die Sonne aber ärgerte sich, war schon gegen 2 Uhr wach und zündete der Welt das Licht an. Sie bekam so den T a g ; dem Mond blieb die Nacht. Als sie den Mond weckte, schwur sie, nie wieder mit dem Monde eine Nacht zu verbringen. Doch reute sie es bald; auch den Mond zog es wieder zu seiner Braut. E r hielt alles f ü r Neckerei, und so kommen beide öfters zusammen. Das ist die Zeit der Sonnenf. Weil sie aber mit gegenseitigen Vorwürfen beginnen, gibt es bald Streit. Keines der beiden Gestirne wird des andern Herr. Die Zeit der Versöhnung verstreicht und die Sonne muß weiter wandern. Blutrot vor Zorn macht sie sich auf den Weg.
b) Ein Mädchen spinnt in Mondnächten ihre Aussteuer und wird deswegen getadelt. Eines Tages wird sie, während sie schläft, in den Mond versetzt: sie ist zur Spinnerin im Monde geworden. Auch hier arbeitet sie weiter. Ihr Rocken nimmt bei Mondwechsel ab, doch nicht ganz, denn sonst geht die Welt unter. Manchmal ist der Rocken sehr dick. Dann wird das Mädchen müde, sein K ö p f chen neigt sich, und es streift mit seinem Haar an dem Flachs, wodurch der Mond verdunkelt wird. Dann ist Mondfinsternis. Aber sie wird das bald inne und f ä h r t zurück: darum endet die Mondfinsternis oft so plötzlich. ') Τ y 1 ο r Cullur i, 323 ff. *) A R w . 3 (1900), 9 7 — 1 5 2 . 3) Ebd. 3 (1900), 143 ff. — Über die speziellen Formen der Sagen bei den Völkern s. ebd. 98 ff. (nach Erdteilen geordnet). 4 ) Β ο 1 1 in P a u l y - W i s s o w a 6, 2334, 2 ff. 6) A R w . 3 (1900), 145 f. ·) Ebd. 3 (1900), 151 f. 7) G r i m m Myth. 1, 202 f. ®) Ebd. i, 203. *) Ebd. 1, 203, nach Lamonnaye Glossaire zu den noei borguignon (Dijon 1776), 242. l0 ) Jusqu'ä ce que l'on prenne la lune avec les dents. Ob Grimms Verweis auf Ps. 72, 7 zu Recht besteht, scheint mir indes sehr die Frage. " ) F i s c h i . r t Aller Pracktik Großmutter (Ausgabe v. 1623), 18. 1S ) G r i m m Myth. 1, 203; R o c h h o l z Naturmythen235f. 13 1 Schönwerth Oberpfalz 2, 57—61. 71—79.
II. V o l k s g l a u b e . Die Lebendigkeit der Beziehung, die zwischen den beiden großen Gestirnen und der Erde obwaltet, hat über die mythische Gestaltung hinaus ihren besonderen Niederschlag in dem mannigfachen an das Phänomen der Verfinsterung von Sonne und Mond angeschlossenen Aberglauben erfahren. Auch er ist getragen von der Grundstimmung des Mythus, daß bei eintretender Finsternis den Menschen schwere Gefahren bevorstehen; nur spezialisiert der Aberglaube und legt sich auf einige besonders wichtige Einzelhandlungen und -verböte fest, deren Zusammenhang mit dem Mythus nur mehr selten aufgezeigt werden kann. Das Entsetzen über das Nachlassen der K r ä f t e bei dem durch eine Finsternis getroffenen Gestirn schlägt sich zunächst in der Anschauung nieder, daß s o f o r t auf E r d e n f e i n d l i c h e Mächte
Finsternisse
1515 überhandnehmenM).
Böse
Geister
ma-
c h e n sich breit, die m i t L i s t a r b e i t e n ganz daß
Deutschland bei
kennt
l5):
den
Glauben,
Sonnenfinsternis von
Menschen
und Vieh weder Wasser noch
pflanzliche
Nahrungsmittel genossen werden
dürfen
1516
bei Sonnenfinsternis i m Freien hat, gilt als infiziert
2 S ).
gehangen
— A b e r im Volks-
g l a u b e n b e d r o h t die S o n n e n f i n s t e r n i s sogar den B e s t a n d des K o s m o s : N o c h die
Mitte
des
vorigen
um
Jahrhunderts
packte
die Münchener
(s. a . f a s t e n ) , u n d d a ß a u f d e m L a n d e v o r
setzen
vor
a l l e m die B r u n n e n , a u s denen d a s Vieh ge-
28. J u l i 1 8 5 1 . M a n g l a u b t e a l l g e m e i n
t r ä n k t wird, zu bedecken s i n d l e ) .
In B ö h -
den
Untergang
men bezeichnet m a n die Sonnenfinsternis
von
einem
d i r e k t als ein W e r k des T e u f e l s
und
dem
17).
Eine
der
und
Ent-
Sonnenfinsternis
vom
der
Angst
Welt,
Durchbruch
des
Hereinbrechen
bei einer S o n n e n f i n s t e r n i s m i t
ander zu raufen begännen. M a n c h b r a v e r
die
wiederzugeben:
helle
umhüllt, dem
Sonne
mit
gleichsam
„Oft
hat
dicker
als
sich
Finsternis
graute
ihr
vor
k ü n f t i g e n V e r d e r b e n der Menschen.
S c h w e r e s t i n k e n d e N e b e l h a b e n s i c h erhoben,
auch
spenste
sich
gräbnissen liches
viele
phantastische
sehen
und
lassen
auf
Kirchhöfen;
Hundebeilen
und
ängstliches
Geschrei
Verderben,
Tod:
der
wurde
immer
den
machte
sein
Te-
A u c h sonst kannte man
den
Glauben dem
Weltende
tritt
dann
die
Sonne
bei ein,
Sonnenwenn
in
unterliegt2S).
Ge-
I m M y t h u s w i r d der W e l t u n t e r g a n g
Be-
e n d g ü l t i g e r V e r n i c h t u n g des M o n d e s v e r 2e);
er als der Z e i t m e s s e r
Menschen
im
Leben
stand
näher,
sichtbarer
da
seine
um
w e n d e t w e r d e n k o n n t e n als die B a h n der
vor
Phasen
ursprünglich
mit
1 8 ).
Himmels-
t a u s c h e i n t bei F i n s t e r n i s zu fallen,
das
es
Kampfe
den
sie
an
finsternis;
bunden
kreisen
2 4 ).
schleunigst
mitein-
Münchener
ungewöhn-
die G e d a n k e n a n die F . A u c h
Mond
stament
Nachteulen gehört"
und
Sintflut.
Es hieß,
Worten
Sonne
Wallersees
einer
s i e b e n b ü r g i s c h e S a g e s u c h t die V o r g ä n g e folgenden
daß
an
phantasierte
ver-
Sonne. S o w i e das J a h r als S u m m e
eines
Sonnenumlaufs zur Zeiteinheit wurde und
dessen gleichfalls giftiger N a t u r Menschen
die B e d e u t u n g des M o n d e s f ü r den
und
müssen
lender
Die
Version
t r a g u n g der Weltuntergangsvorstellungen
der angeblichen Vergiftung von
Brunnen
Vieh
sich
(Schwaben,
in
acht
Schlesien)
nehmen 1 β ).
zurückdrängte,
wird
eine
v o n der M o n d f i n s t e r n i s auf die
KaÜber-
Sonnen-
d u r c h H i m m e l s t a u s t e h t in e i n e m
Erlaß
f i n s t e r n i s e i n g e t r e t e n s e i n ; ein R e s t dieses
des
Franz
M y t h u s scheint in den oben a u s g e f ü h r t e n
münsterischen
Fürstbischofs
A r n o l d , in d e m w e g e n d e r S o n n e n f i n s t e r -
Vorstellungen
nis
haben.
die a u f
Prozession
den
3. M a i
1715
angesetzte
unter Hinweis auf
die
Schä-
d e n der h i m m l i s c h e n F l ü s s i g k e i t auf den 5. M a i v e r s c h o b e n w i r d 2 0 ) (s. a u c h f a s t e n ) . Derartige Warnungserlasse kennen wir aus f r ü h e r e r Z e i t m e h r f a c h : so g e b o t bei der großen Sonnenfinsternis von 1654 der R a t z u N ü r n b e r g , in S p e i s e u n d T r a n k sich z u m ä ß i g e n und d e s W a n d e l s im Freien sich zu e n t h a l t e n , kein O b s t oder G e m ü s e zu genießen
und
weiden
zu lassen
den
einige T a g e
Ausbruch
21).
das Vieh
Man
einer
muß
Seuche
nicht
bei
F.n
erwartet
haben. Selbst das A t m e n scheint gefährl i c h : wie sollte die V o r s c h r i f t , bei S o n n e n finsternis
das
Haus
nur
zu
verlassen,
w e n n m a n v o r h e r ein T u c h v o r d e n gebunden zu
hat,
verstehen
anders
sein
22 )
in i h r e n
Mund
Motiven
? Auch Wäsche,
die
sich
noch
erhalten
zu
Die Z ä h i g k e i t , mit der der M y t h u s sich h i e r b i s in d e n V o l k s g l a u b e n g e r e t t e t h a t , wird nur verständlich, w e n n man denkt,
daß
auch
chern
gelegentlich
Weltuntergang
daran
in d e n b i b l i s c h e n sehr
und
F.
kombiniert
scheinen. D a v o n berichtet vor allem Offenbarung Johannis27).
Hier hat
das Christentum trotz der Predigten Eligius
(ca.
588—658
[659])
b a n u s M a u r u s (ca. 7 7 6 — 8 5 6 ) stition
eher
bekämpft
a
).
Vorschub
Bü-
eindrucksvoll
und der
geleistet
erdie also des Hra-
Superals
sie
V e r s e w i e A p o c a l . 6, 1 2 f f .
( Ö f f n u n g d e s 6. S i e g e l s ) : „ u n d s i e h e
....
die S o n n e w a r d s c h w a r z w i e ein h ä r e n e r Sack
und
der M o n d w a r d wie B l u t
(vgl.
J o e l 3, 4), . . . . u n d d i e K ö n i g e a u f E r d e n und
die
Großen
und
die
Reichen....
Finsternisse
verbargen sich in den K l ü f t e n und Felsen an den Bergen und sprachen zu den Bergen und Felsen: Fallet über uns und verberget uns vor dem . . . . Zorn des Lammes, denn es ist gekommen der große T a g seines Zornes und wer kann bestehen" nahmen sich j a fast wie eine Bestätigung der germanischen Anschauungen aus. " ) M e y e r Aberglauben 133. " ) P a n z e r Beilrag 2, 297. 3 1 5 ; W u t t k e 301 § 442 (Hessen, Böhmen, Franken, Pfalz); S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 56. M ) S. folgenden Abschnitt III, Anm. 45. " ) C r o h m a n n 28 Nr. 141. " ) M ü l l e r Siebenbürgen 68; vgl. die Schilderung der Sonnenfinsternis vom 24. Januar 1544 in ZfrwVk. 1 1 (1914), 199. " ) Β i r l i n g e r Volhsth. 1, 189; D r e c h s l e r 2, 130; W o l f Beiträge 1, 235. s0) S t r a c k e r j a n 1 , 1 9 . " ) L a m m e r t 49. ·*) W u t t k e 302 § 442. »*) Ebd. " ) Münchener Landbote v. 2. August 1 8 5 1 , nach ZfdMyth. 2 (1854), 1 6 2 ; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 55, 2. " ) P a n z e r Beitrag 2, 297. *·) S. o. Abschn. I u. Anm 8 bis 10. " ) Apocal. 6, 12 und B o l l Offenbarung Joh. 9 ff. 82. Ε 1 i g i u s in einer Predigt an die Gallier, mitgeteilt in seiner von Bischof Audoenus verfaßten Vita II 15. (M i g η e Patrol. Lot. Bd. 87, Sp. 528 D); R h a b a n u s M a u r u s hom. 42 (M i g η e Pair. Lot. Bd. 110, Sp. 78). Letztere Stelle ein fast wörtliches Zitat aus der 101. Homilie des Maximus v. Turin. (S. Maximus Taurinensis Μ i g η e Pair. Lot. Bd. 57 Sp. 485; vgl. J u v. Sat. 6, 442). Trotzdem kommt der Darstellung des Rhabanus Maurus ein selbständiger Quellenwert zu durch die von Maximus unabhängige Darstellung der mit der Finsternis verbundenen Wunderzeichen und der Zeremonien, mit denen man dem kranken Mond zu helfen suchte (a. a. O. Sp. 79).
III. A b w e h r m a ß r e g e l n gegen die Einflüsse der F . existieren begreiflicherweise sehr zahlreich. Wie andere heidnische Völker haben auch die Germanen geglaubt, die bösen Geister, die sich überall einnisten, schrecken zu müssen, vor allem den, der den Mond zu verschlingen drohte, um vor den bösen Folgen der F . bewahrt zu werden. T r a t eine Mondfinsternis ein, so erhob das Volk ein großes G e s c h r e i und dachte dem mit dem feindlichen Ungeheuer ringenden Mond zu Hilfe zu kommen, wenn es in einem fort schrie 'vince luna'. So berichten Eligius und Rhabanus Maurus; ihre Mitteilungen werden ergänzt durch die Nachrichten des der Karolingischen Zeit
angehörigen Indiculus superstitionum et paganiarum und Burchards v. Worms (ca. 965—1025) e ) . Die nordischen Sagen, die, wie wir sahen, die Verschlingungsmythen sehr ausführlich darlegen, erwähnen das Abwehrgeschrei nicht. Ob man daraus aber mit Panzer den Schluß ziehen darf, daß unter Kelten und Römern diese Form der Abwehr gebräuchlicher war als unter den Deutschen, scheint sehr fraglich 30 ). Nichts liegt dem primitiven Menschen näher als der Gebrauch abwehrender Formeln, die, von einer bedrohten Gesamtheit gesprochen, den die Geister schreckenden Lärm hervorrufen. Von den antiken Völkern wie auch von den östlichen E u ropäern wird immer mit Hilfe von Geschrei die Gefahr gebannt 3 1 ). A u f s engste mit den helfenden R u f e n verbunden ist das gleichfalls auf der ganzen Welt verbreitete Erzeugen von ehern klingenden G e r ä u s c h e n 3 2 ) . Der Brauch, bei F.n Becken, Sensen, Pfannen usw. zu schlagen, ist ebenso alt wie das Schreien und wohl auch trotz des Fehlens eines direkten Zeugnisses f ü r die frühen Deutschen zu postulieren. Eisen- und Erzklang vertreiben auch sonst böse Geister. Dieser Abwehrritus hat sich bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts noch vielerorts in Deutschland erhalten, vor allem in Böhmen und der Oberpfalz M ). Andere Gegenden Deutschlands verzichten heute auf die Ausübung der Lärmgeräusche. Sie suchen ihre Zuflucht allein im G e b e t , welches seit der Christianisierung des Landes an die Stelle älterer Beschwörungsformeln (vince luna) getreten ist. So wird aus Oberschwaben gemeldet, daß in manchen Orten daselbst bei einer Sonnenfinsternis Betstunden abgehalten wurden Ob das noch heute geübt wird, entzieht sich meiner Kenntnis; wichtig ist diese Nachricht als letztes Relikt einer im MA. und der Neuzeit weit verbreiteten Abwehrmaßnahme. Denn es wird uns des öfteren aus dem 1 3 . — 1 8 . J h . berichtet, daß gerade vor dem Eintreten von Sonnenf.n die Menschen die Beichtstühle und Kirchen füllten, um von ihren Sünden be-
1519
Finsternisse
freit zu werden, über die Gott zürne, wenn die Sonne der Erde ihr Antlitz entzieht® 5 ). Hier trafen wieder heidnischer und Bibelglaube zusammen. Hoch und niedrig teilten ihn. Selbst Martin Luther, so abhold er sich sonst der Einzelauslegung sideraler Erscheinungen gegenüber verhielt, im Gegensatz vor allem zu Ph. Melanchthon, nannte doch Gewitter, Stürme usw. Äußerungen des göttlichen Zorns, die geschehen seien zur eignen Besserung 3e ). E r stützte seine Anschauungen auf die Überlieferungen vergangener Zeiten. Die vielen Unglücksfälle, die, wie in den Chroniken notiert ist, sich zu Zeiten der Sonnenfinsternis ereigneten, ließen ihn die Äußerung tun, daß 'allzeit ein solch Zeichen der Sonnen eine Bedeutung gewesen eines großen Unfalls, der hernach gefolget hat' 37 ). Diese Worte Luthers erhalten eine interessante Bestätigung durch die sicher glaubwürdige Nachricht, daß Luther die Sonnenfinsternis im April 1 5 3 9 vom A n f a n g bis zu Ende unter ständigem Gebet aufmerksam verfolgt haben s o l l M ) . Eine fürstbischöfliche Anordnung vom J a h r 1 6 5 4 empfiehlt als Sicherheit gegen die Gefahren der bevorstehenden Sonnenfinsternis neben dem S c h l u c k e n v o n P i l 1 e η (gegen die in L u f t und Wasser verbreiteten Gifte) ein I2tägiges F a s t e n 3 9 ) (s. d.). Vor den angeblichen Gefahren seitens der auf den 1. April 1764 f ü r Frankreich angesagten Sonnenfinsternis beruhigte die 'Gazette de France' die erregten Gemüter durch folgende Anzeige: „ D i e Pfarrer zu S t a d t und L a n d werden eingeladen, am 4. Sonntag Fasten den Gottesdienst früher als gewöhnlich zu beginnen wegen der Sonnenfinsternis, die etwa um 10 Uhr Dunkelheit verbreiten w i r d " 4 0 ) . Die Ankündigung ist verbunden mit der Aufforderung, das Volk zu beruhigen und im aufklärerischen Sinne über den wahren Hergang des Phänomens zu belehren. Aber trotz der Aufklärung sind die Furchtvorstellungen erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts gewichen und auch nicht überall in E u r o p a : noch zu der Mondfinsternis vom 27. Februar 1877 wird aus Konstantinopel berichtet, daß
1520
die Bevölkerung glaubte, ein kolossaler Fisch zeige sich am Himmel, um den Mond zu verschlingen. Man lärmte und schoß, um das böse Tier zu verscheuchen; als alles nichts half, vereinigte man sich zu Prozessionen und gemeinsamen Gebeten 4 1 ). Ähnliches wird aus der Türkei von der Sonnenfinsternis vom 1 5 . Mai 1877 berichtet 42 ). Endlich sei noch einer R e i n i g u n g s z e r e m o n i e gedacht. Bei Sonnenfinsternis wirft man nämlich in der Oberpfalz Brosamen ins Feuer 43 ), doch wohl um das Brot von den infizierenden Giften symbolisch zu reinigen. Ähnlich wird es zu erklären sein, wenn man kein K r a u t und keine Frucht, die während der Finsternis im Freien waren, genießen darf, bevor sie nicht durch Regen wieder gereinigt sind 44 ). Von dem Heimtreiben des Viehs, dem Bedecken der Brunnen als Schutzmaßnahme war schon oben im Abschnitt I I die Rede. Der Brauch ist ziemlich über ganz Deutschland, ferner auch in Westböhmen verbreitet und bedarf keiner weiteren Erklärung 45 ). w ) Zu E l i g i u s und R h a b a n u s vgl. Anm. 28. Die Indiculusstelle (Nr. 21) bei S a u ρ e Indiculus 26, mit Verweis auf weiteres Material aus der mittelalterlichen Literatur. B u r c h a r d s v . W o r m s Nachrichten in seiner Kanonischen Sammlung (Titel vielleicht Decretorum libri viginli, s. M a n i t i u s Litg. I I 59) X 3 3 ; X I X 5 = M i g n e Patr. Lat. Bd. 140 Sp. 837 D ; 960 C/D; s. a. G r i m m Mythol. 3, 406—407 (Anm. 9!). Über beschwörende Formeln bei den europ. Finnen vgl. P a n z e r Beitrag 2, 3 1 1 f. 30) P a n z e r Beitrag 2, 310. 81 ) Dies ist aus den mannigfachsten Beschreibungen der Völker fast der ganzen Erde bekannt: P a n z e r Beitrag 2, 3 1 0 ff.; P a u l y - W i s s o w a 6, 2334, i 6 f . äa ) Ebd.; S t e m p l i n g e r Aberglaube 30 f. »') S t e m p l i n g e r Aberglaube 3 1 . M ) B i r l i n g e r Volksth. 1, 189; M e i e r Schwaben 1, 236 f. a5) S 6 b i l l o t Folk-Lore 1, 5 2 : Le seizi£me jour de juin (1409), entre six et sept heures du matin, fut eclipse de soleil bien merveilleux, qui dura prfes d'une demi-heure. C'estoit grande ρίΐίέ de voir le peuple se retirer dans les eglises et cuidoit-on que le monde deust faillir. Toutesfois la chose passa et furent assemblez les astronomiens, qui dirent que la chose estoit bien estrange et signe d'un grand mal 4 venir (nach Juvfenal des Ursins Journal 438). •·) M. L u t h e r Werke (Weimarer Ausg.) 10, 1 i 1 ), 571. Auch bei K l i n g n e r
Finsternisse Luther 95. * ) L u t h e r Kirchenpostille vom Jahre 1522 = Erlanger Ausg. 10, 60; K l i n g n e r a. a. Ο. " ) Μ. L u t h e r i Colloquia etc. ed. Bindseil 1 (1863), 203. 3S) W i i t t k e 301 § 442. 40) Zeitungsnotiz. " ) S t e m p l i n g e r Aberglaube 3 1 . " ) Zeitungsnotiz. 43) W u 1 1 k e 129 § 175. " ) Ebd. 302 § 442 " ) Urquell 3, 1892, 108; D r e c h s l e r 2, 130; S c h m i t z Eifel 1, 99; W u t t k e 301 § 442; G r o h m a η η 28 Nr. 1 4 1 ; W o l f Beiträge 1, 2 3 5 ; J o h n Westböhmen 233. 243; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 55 f.
IV. F. u η d Z a u b e r . Da durch F.e böse Geister entfesselt werden, ist es verständlich, wenn sie vor allem im Zauber eine große Rolle spielen. Wie Dämonen, so können auch böse Zauberer den Mond peinigen und ihn zum Schrekken der Erdbewohner bedrohen, verfinstern und auf die Erde herabholen. Im Altertum war der Glaube lebendig, daß die Mondfinsternis ein Werk thessalischer Hexen sei ; nicht nur literarische, sondern auch bildliche Zeugnisse bestätigen das 4e ). Der deutsche Volksglaube verbindet mit der Mondfinsternis stellenweise (Schwaben und Oberpfalz) das Erforschen von Geheimnissen; wenn man einen Kübel voll Wasser in den Hof stellt und den verfinsterten Mond anschaut, tut man Blicke in die Z u k u n f t 4 7 ) . In Böhmen muß der Goldgräber die Sonnenfinsternis abwarten, denn sie ist seinem Tun günstig **). Auch die aus Schlesien bezeugte Vorstellung, daß derjenige, der sich bei einer Sonnenfinsternis in einem Zuber voll Wasser besieht, eine große Sünde begehe, muß mit der Sündhaftigkeit des zauberischen Tuns bei F . η zusammenhängen 48 ). *·) B o l l in Pauly-Wissowa 6, 2333. «) Β i r 1 i η g e r Volhsth. 1, 188 (Ertingen); S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 71 (Frohnau). „Während der F . schaut man in einen Zuber voll Wasser und damit alles, was in diesem Jahr vorgeht." **) W u t t k e 302 §442. *·) Urquell 3 (1892), 108; D r e c h s l e r 2, 130 (Breslau, Leobschütz).
V. S p e z i e l l e astrologische D e u t u n g . Neben der Bibel nährte den Glauben an das schreckliche Phänomen der F. seit dem Beginn der Neuzeit auch die Astrologie, die natürlich an dieser Erscheinung nicht vorübergehen konnte und seit ihrer Begründung nicht vorüber-
1522
gegangen ist. Zwischen ihrer Lehre und dem Volksglauben besteht aber ein gewaltiger Unterschied, nicht in der zukunftskündenden Deutung, sondern in der Auffassung der F . in rein wissenschaftlichem Sinne. Die Unbedingtheit der astrologischen Lehre mag daher weder mit dem Rankenwerk der Mythologie noch mit den Abwehrriten des Volksglaubens etwas zu tun haben. Ihre von Hermes oder andern Urgöttern beglaubigte Tradition ®°) lehrt das Eintreten böser Ereignisse infolge der F . Die astrologische Deutung der F . bezieht sich teils auf Witterungs- und Erntevorgänge, teils auf Krankheit, teils auf kommende politische Ereignisse. In Mecklenburg glaubt man an strenge Kälte, wenn im Winter eine Mondfinsternis eintritt s l ) . Ebenda heißt es, daß eine Sonnenfinsternis im Frühling zwar Wein hervorbringt, aber den Kornertrag schädigt M ). Die Wenden schließen auf baldige nasse Witterung, wenn Sonnen- und Mondfinsternis in demselben Monat eintreten 53 ). Das alles ist nicht verschieden von dem, was wir in den zahlreichen Prognostikenschriftchen des 16. Jahrhunderts lesen, daß ζ. B . aus den beiden F.n von 1599 auf mittelmäßige Ernte geschlossen wird: „jedoch ist zu besorgen, dess Ungewitters halben, welches durch die Finsternussen auch bösen aspekt andeuten wirt, den fruchten an etlichen orthen ein ziemlichen abbruch geschehen mochte . . . " M ). So stand es schon in den Kapiteln über Sonnen- und Mondf. bei den alten der hellenistischen Zeit angehörenden ägyptischen Astrologen Nechepso-Petosiris B6). Viel ausgebreiteter als die Wettervorhersagen sind in den Praktiken und astrologischen Lehrbüchern die Verbindungen von F.n mit Krankheit, Krieg, Tyrannenvertreibung i/sw. Schon in den antiken Finsterniskapiteln ist den medizinischen und politischen Wirkungen ein viel größerer R a u m gegönnt als den meteorologischen se ). Auch im frühen Mittelalter blieb dank der Bibel (s. Abschnitt II) der astrologische Glaube an den Einfluß der Sonnenfinsternis auf das politische
1523
Finsternisse
Schicksal der Völker lebendig. In der V i t a Caroli 32 berichtet Einhard von der Sonnenfinsternis vor 'Karls des Großen Tod und vermehrt damit die uns bekannte Reihe großer Leute, deren Tod die Antike mit einer Sonnenfinsternis verband, um ein bezeichnendes Beispiel M ). Zu den J a h r e n 1 1 3 3 und 1 2 3 9 notieren italienische Annalenwerke F. und kombinieren dieselben mit den politischen Ereignissen dieser Zeit M ). Dabei ist besonders noch die Beziehung der F. zu den Qualitäten der Planeten und Tierkreisbilder (s. Horoskopie) beachtet worden, wodurch die F. je nachdem in ihrer Wirkung gesteigert oder gemildert wurden. Ein Prognostikumkapitel über die Sonnenfinsternis von 1 5 5 6 mag die weitreichenden Folgen solcher Kombinationen veranschaulichen 6 8 ): ,,Dise finsternuß verkündet das Mars j r fürer ist / -Der a n f a n g bedütet bürgerliche kriege / viel gefangeschaft / todtschleg / fürnemlichen Martialischen leute. Eclipsis mittel wil anzeigung thün vieler widerwertigkeit / hochmüt der krieger, vngewittes, vnstäte l u f f t / verderbung deß fürgesetzte / Ein a n k u n f f t eines außlendigen frömden Tyrannens / das auch der recht anerboren herr verachtet und verjaget werd. Zeigt weiter gifftige pestilentzischekräckheit / Bocken / Frätzosen / Bauchlauff / wird vorab ein geforliche Zeit sein den menschen / so erboren sind vnder dem anderen auch dritten decamoria (s. Horoskopie) Scorpij. Item deng so die Sonn im anfang der dritten decamorie deß Widers habend / vnd dise alle so in volgenden l e n d e r n v n n d Stetten wonend / werdendt
diser finsternusse bedeütung / straff vnnd v n f a a l nicht leichtlich vberhaben sein / als do ist das landt Capadocia / J u d e a / Idumea / Mauritania / Nordwegia / B a varia superior / P a r t h i a / Media / Persia, Asia minor / Neapolis / die stett Aquileia / Ternis / Pafei / Forum J u l i u m / Genua / Bolonia / Bern Dieterich / Salernu / Ancona, Novaria / Florentz / " etc. M ). " ) Stellen bei Boll Offenbarung 7 f. ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 201. »*) Ebd. 2, 198. «*) S c h u l e n b u r g Wend. Volkstum
,l
1524
168. **) Prognosticon astrol. auff das Jhar nach unseres Herren . . . . Jesu Christi Geburt MDXCIX. . durch Chr. G y g e r der Artzney Doctor zu Zürich cap. V I I I , p. 2 7 ; vgl. cap. I, p. 7 (Univ.-Bibl. Heidelberg). " ) Cat. cod. astr. V I I 133, 10; H e p h a i s t i o n v. T h e b e n ed. Engelbrecht 83, 7 ff. " ) Sehr instruktive Beispiele in Cat. cod. astr. " ) Eine Sonnenfinsternis wird von den antiken Autoren beim Tode des Karneades (Diog. L a e r t . 4,64). Caesars ( V e r g . Georg. 1,466; O v i d M e i . X V 785 f.), Christi (Math. 27, 45), Nervas (Victor ep. 12) und des Proklos ( M a r i n u s vita Procli 37 in Cobets Ausg. des D i o g . L a e r t . [Didot]) festgestellt. Andere Belege bei U s e η e r Kl. Schriften 4, 307 f. = Rhein. Mus. 55 (1900), 286 ff. w ) Zu 1 1 3 3 : Annal. Rodens. = MG. SS. X V I p. 7 1 0 (atmosph. Sonnenfinsternis, vgl. B o l l Offenbarung 17); zu 1239 vgl. Joh. L o n g i Chron. = MG. S S . X X V p . 841 (mit allerhand Wunderzeichen verbunden) . Der stilistische Typus der Beschreibungen ist antik, Vergleichsstellen P l u t a r c h de fac. 93 1 E ; A m m i a n . M a r c e l . X X 3, 1 ; Script, hist. Aug. Gord. I I I 23, 2. 6·) Weyssagung Sibylle Tyburtine von dem ehrwürdigen Hochgeehrten Herren Luca G a u r i c ο . . . . für das 1557. jar (Univers.-Bibl. Heidelberg). Weiteres Material zu den Finsternisprognosen des 16. u. 17. Jhs. Caecareus, Nicol. v. W e i ß e n f e l s a. Saale, Bedeutung und Offenbarung warer hymmlischer Influxion, nämlich der Finsternissen, so die folgenden 7 Jar nacheinander geschehen von 155g—1565 (Weisenfels ca. 1558); D e r s . Wunderliche Practica von d. Bedeutungen, die da volgen werden auss d. obgemelten Constellation u. Finsternussen.... Erdffurt, Bawmann 1576; A r g o l i u s Andr. Patav. Arologicum vber das Jahr 1654—1656. Copey aus der Cantzley Memmingen (F. v. 1654—1656 u. das Hereinbrechen des Jüngsten Tages i. J . 1656). — Bildliche Darstellungen (Holzschnitte) zu den F.n von 1616 und 1 6 1 7 bei Η. A . S t r a u ß Der astrologische Gedanke in der deutschen Vergangenheit (München 1926) 74.
VI. G e s c h i c h t l i c h e s zur astrolog. Finsterniserklär u n g . Während sich bei den Witterungs- und Ernteweissagungen aus den F.n noch einiges aus der uralten astrologischen Tradition bis heute erhalten hat, ist der Glaube an die Einflüsse der F . auf den Gesundheitszustand der Menschheit und auf kommende politische Ereignisse großenteils ein Opfer der A u f klärung geworden. Begreiflicherweise verzichten auch die modernen Astrologen darauf, den schädigenden Einflüssen der F . das Wort zu reden·. Bis ins 17. J h . nach Chr. indes sind in der Tradition des astrologi-
1525
Firstsäule
sehen Lehrgebäudes der A u s l e g u n g der F . große A u s f ü h r u n g e n gewidmet, in denen j e nach der Stellung des verfinsterten Gestirns in den Zeichen des Tierkreises und rücksichtlich seiner B e z i e h u n g zu den andern Planeten die Z u k u n f t enträtselt wird. Die deutsche Astrologie des 15. bis 16. J h s , durch die Renaissanceastrologen propagiert, ist der letzte Ausläufer jener geistig-religiösen B e w e g u n g , die v o m M u t t e r l a n d e der Astrologie, B a b y l o n i e n , über Ä g y p t e n ins römische Reich eindrang und v o n hier im Norden die Deutschen und im Osten die J u d e n und A r a b e r erreichte, um durch diese erneut den B y z a n t i n e r n , Italienern und Deutschen mitgeteilt zu werden e l ) . So finden wir bei den B a b y l o n i e r n bereits die gleichen A u s deutungsversuche der F . ; indes bezogen sich damals die beiden Gestirne Sonne und Mond nach der astrologischen Grunda n s c h a u u n g v o n dem Harmonieren v o n Makrokosmos und Mikrokosmos und der nachbildende^ T ä t i g k e i t des Mikrokosmos noch stets auf die exponierten Gestalten des Landes, die K ö n i g e (außerdem natürlich auf die W i t t e r u n g ) ®2). Im Hellenismus, dessen Astrologie, wie gelegentlich gezeigt werden konnte, stellenweise nur eine differenzierende Erweiter u n g der babylonischen Astrologie vors t e l l t 6 3 ) , begegnen die gleichen Ideen: Nechepso-Petosiris und seine Excerpisten sind voll v o n Finsternisdiagnosen, die stets das Wohlergehen des L a n d e s und des Herrschers z u m T h e m a haben M ) . N i c h t anders bei den A r a b e r n e s ). D a ß die deutsche Astrologie der beginnenden Neuzeit gleichfalls nur die Erbin dieser Gedanken ist, beweist neben der oben A b s c h n . V angeführten Stelle aus einem P r o g n o s t i k u m auf das J a h r 1557 a u c h T h e o p h r a s t u s Paracelsus in einem T r a k t a t über die Sonnenfinsternis und in einem P r o g n o s t i k u m auf das J a h r 1537, nur daß die Dinge hier schon recht ins Allgemeine gezogen erscheinen ββ ). B e m e r k t sei noch, daß die altorientalische und die antike Astrologie der Griechen des öfteren auch atmosphärische, d. h. durch W o l k e n verursachte Sonnenund Mondf. b e h a n d e l t w ) ; sie werden
auch später sichtigt.
1526 gelegentlich
noch
berück-
·*) Vgl. Art. Horoskopie, Sterndeutung. ·*) J a s t r o w Die Religion Babyloniens und Assyriens II, 1, 512—560; Br. M e i ß n e r Babylonien und Assyrien II, 249 ff.; B o l l Sternglaube · (her. v. Gundel) 4. " ) B o l l Β e ζ ο 1 d Reflexe astrol. Keilinschriften bei griech. Schriftstellern Abhd. Heid. Akad. d. Wiss. 1911, phil.-hist. Kl. 7. ·4) Η e ρ h. ν. Τ h e b e η ed. Engelbrecht 82—89 passim; Cat. cod. astr. VII, 132 ff. passim. ··) Vgl. ζ. B. M e s s a h a 1 a c h (j üdischer Astrologe namens M&schä'llah ca. 770—820) De ratione circuit et stellarum cap. V u. VII (der Text in lateinischer Übersetzung beigebunden aa Pruckners Ausgabe der Libr. VIII Astronomicum des Iulius F i r m i c u s M a t e r n u s . Basileae 1533 (II. Teil, ii5ff.). ··) Theophr. P a r a c e l s u s ed. Huser (Straßburg 1616), tom. II, p. 660 c—661 a (aus einem Traktat De eclipsi Solis) und p. 648 a (Progn. in a. 1537 cap. II). *>) B o l l Offenbarung 17; Br. M e i ß n e r Babylonien und Assyrien 2, 252; J a s t r o w a . a . O . 513 f.; die in den Ann. Rodens, zum Jahr 1133 erwähnte Sonnenfinsternis scheint ζ. B. atmosphärischer Natur zu sein (s. o. Anm. 58). Stege mann. Firstsäule. Eine Reihe v o n Vorstellungen, die sich an verschiedene Teile des Hauses knüpfen, sind nur verständlich aus der Rolle, die das Haus und seine in alter Zeit wichtigsten k o n s t r u k t i v e n Teile im G l a u b e n der Germanen spielten. Unter ihnen n a h m die Säule, die das D a c h s t ü t z t e , einen hervorragenden P l a t z ein l ). Heute ist die F. aus bautechnischen Gründen f a s t völlig v e r s c h w u n d e n 2 ) , doch d ü r f t e manches v o n dem a n ihr h a f t e n d e n Glauben auf die D e c k e (s. d.) und den S t u b e n b a l k e n (s. Balken) übertragen worden sein. In der anord. L i t e r a t u r werden die geschnitzten Hochsitzsäulen h ä u f i g als Heiligtümer e r w ä h n t 3 ). Wahrscheinlich waren sie ursprünglich k o n s t r u k t i v e Teile des Hauses. Eine Säule, die den Firstbalken trägt, wird im Beowulflied (927) erwähnt, auf d e u t s c h e m Gebiet in ahd. Zeit in der L e x B a i u a r i o r u m (9, 6) als firsts&l, als magensHI, dia meistün sül bei N o t k e r 4 ). Im Schönfelder E h e h a f t s r e c h t wird die F. beim H a u s b a u in V e r b i n d u n g mit dem Wichtstein, dem heiligen Herdsteine 5) (s. d.), als wichtiger Teil des Hauses a n g e f ü h r t ' ) . A n die H o c h s i t z -
Fisch
säulen erinnert auffallend die ungarische bodag-anya, „Mutter Gottes", ein mitten im Zimmer stehender Pfosten, der die Zimmerdecke trägt '). Auch im Kumanenhause kommt die F. noch vor, sie heißt balvänä „ G ö t z e " . Im Sippenhause von Wales heißt die F. ynen bren, „ K r a f t könig" 8). Aus dem Bericht der Völsungasaga 9 ) ergibt sich, daß in alter Zeit das Haus mitunter um einen lebenden Baum gebautwurde. Darauf bezieht sich wohl auch das anord. Sprichwort: „ D i e Eiche soll man pflegen, unter der man wohnt." (Egilssaga 68.) Es handelt sich dabei einerseits um den Schutzbaum, der auch heute noch bei vielen Gehöften Skandinaviens verehrt wird 10), andererseits hat Finnur Jonsson mit Recht zur Erklärung der Weltesche Yggdrasil den Baum in der Wölsungenhalle h e r a n g e z o g e n u ) . Das Weltgebäude ist nach der Vorstellung vieler Völker wie das Wohnhaus aufgebaut. So muß der Himmel wie das Dach durch eine Säule bzw. durch den Weltbaum gestützt werden. Die Lappen errichten für den Gott Frey, den sie von den Germanen übernommen haben, eine Säule, die den Himmel stützen soll l 2 ). Die Kelten fürchteten nichts so sehr, als daß der Himmel einstürzen könnte. Auch die Deutschen kannten eine Himmelsstütze, die Irminsül, die der Chronist Rudolf von Fulda (gest. 865) als columna universalis quasi sustinens omnia erläutert 1S ). Die Hauptstütze des Daches stand wie der Schutzbaum, mit dem sie in manchen Fällen identisch war, in enger Beziehung zum Ahnenkult (s. d.). l) H e y n e Hausaltertümer 1, 26. 51. *) R h a m m 2, 361 f. 365 f. ') H o o p s Reallex. 2, 600; NdZfVk. 4, 10 f. *) B o e t h i u s de cons. 3, 40. (Schriften hsg. von Piper 1, 150, 6). 5) R h a m m 361 f.; MAG. 56, 2. ·) G r i m m
Weistümer
3, 6 2 6 ; D W b . 3, 1 6 7 9 . ') I F . 2 1 , 3 0 1 ;
WuS. 1, 40. ») R h a m m 362 f. ·) S. 87, o der Ausgabe von S. Bugge. 10) Ν i 1 s s ο η A rets folkliga fester 30 f f . 1 I ) A f n F . 2 1 , 399. M ) M o M . 1910, i f f . ; H o l m b e r g Baum des Lebens
10 f. passim. " ) WuS. ι, 40; M a n n h a r d t 1, 303 ff., s.a. G ü n t e r t Weltkönig 82 ff.; H o o p s Reallex. 2, 600. " ) Ebd. Weiser-Aall.
1528
Fisch. Es kann sich an dieser Stelle nicht darum handeln, den vielgestaltigen Erscheinungen nachzugehen, in denen der F. in R e l i g i o n und M y t h u s der alten Kulturvölker auftritt. Auf sie wie auch auf die S y m b o l i k des F.es kann nur dann zurückgegriffen werden, wenn wahrscheinliche Spuren und Reste im heutigen Glauben und Brauch sich vorfinden. Das gründlichste Werk über den F. in Symbolik und Religion ist Dölger Ι Χ Θ Υ Σ 1 ) , das uns freilich manches als kultisch auszulegen scheint, was doch gewiß rein dekorativ zu deuten ist. Stoffreich und wertvoll sind ferner die Arbeiten von Scheftelowitz über das F.symbol im Judentum und Christentum 2 ); und von Ε i s 1 e r über den F. als Sexualsymbol 3 ); alle mit vielfach vergleichender Literatur. In R e l i g i o n und M y t h u s tritt der F. nicht selten auf. So gibt es F.G ö t t e r und G ö t t e r 4 ) bzw. D ä m o n e n ® ) i n F.-G e s t a 1 1 , an die sich M y t h e n knüpfen e ). F.en werden O p f e r dargebracht und F.e selbst geopfert 7). Andernorts sind sie nicht opferbar 8 ). In vielen Religionen, namentlich Ägyptens und des alten Orients sind die F.e oder gewisse Arten heilig8). Infolgedessen liegt oft ein Speisev e r b o t auf ihnen 10), während er hinwiederum, als Opfertier, auch gegessen wird (s.a. unten: Fruchtbarkeitssymbol, Volksmedizin, Brauch) u ) . Bei einigen Völkern ist der F. T o t e m t i e r " ) . Von S y m b o l e n sind hier nur zu nennen das Symbol des C h r i s t u s , das vermutlich jüdischen Ursprungs (Scheftelowitz, Eisler) ist 1 3 ), und das der Fruchtbarkeit bzw. des L e b e n s 14 ). Es ist nicht immer mit Sicherheit auszumachen, was von diesen Kulten, Mythen und Symbolen sich bis in die neuere Zeit gerettet hat. A l t ist der Genuß des F.es als christliche F a s t e n - 1 5 ) und als jüdische S a b b a t speise. Vielleicht ist auch das typische F.essen zu andern Festzeiten und bei bestimmten Gelegenheiten ursprünglich kultisch (s. u.: Brauch). Insbesondere mit dem Symbol der F r u c h t -
Fisch
15 29 b a r k e i t bei
mag
jüdischen
,,F.t a η ζ " der
16);
vielleicht
tunesischen
(und auf
am ein
Juden,
Sabbath) Kissen
S p e i s e n überhaupt gende
zusammenhängen
Hochzeiten
von M).
auch bei 17)
und
(
an
das
Hochzeiten
D a m i t vergleiche m a n fol-
altindische
Hochzeitssitte:
neuvermählte Brautpaar Knie
F.schwanz
legen F.en
die Sitte
Hochzeiten
einen
zu
der
aufgeführte
ins W a s s e r
steigt
und fängt
Das
bis
mit
zum einem
neuen G e w ä n d e , dessen S a u m nach Osten g e r i c h t e t i s t , F . e , w o b e i es e i n e n
Brah-
manenschüler
Du?"
Antwort:
fragt: „ W a s
„Söhne
sinnbildlichen und
den
die
und V i e h . " F.e
den
Reichtum
überhaupt
die
siehst
an
Vieh
Fruchtbarkeit
gilt
(s. u . :
ver-
Kindersegen
v o n alters her als S y m b o l des s e g e n s
Hier 1 9 ),
wie
des
F.es
K i n d e r -
Brauch).
D a z u k o m m t , d a ß der F. o f t als Sinnb i l d des
P h a l l u s
angesehen wird
F.genuß bewirkt nach Erzählungen schiedener
Völker
schaft
S c h w a n g e r e n
2 2
einerseits fohlen
M)
).
verboten23),
S c h w a n g e r sind F.e
anderseits
emp-
(s. a . u n t e n : O r a k e l ) . D a s
bot findet sich auch
21).
ver-
im
neueren
VerAber-
glauben, freilich m i t der B e g r ü n d u n g , d a ß das
Kind
einen
„F.kopf"
oder nicht sprechen lerne s t u m m sind)
2e)
bekommt25) (weil die
F.e
(s. a . 4 : M e d i z i n ) . D i e E r -
l a u b n i s a n S c h w a n g e r e , F . e z u f a n g e n in G e w ä s s e r n , w o es s o n s t v e r b o t e n i s t , w i r d dagegen
kaum
religiöser
N a t u r sein
w).
») Franz Jos. D ö l g e r ΙΧΘΥΣ. Das Fischsymbol in frühchristlicher Zeit. X. B d . (Religionsgeschichtl. u. epigraph. Untersuchungen.) Rom 1910. II. B d . Der Heilige Fisch in den antiken Religionen und im Christentum. Textband. I I I . B d . Dasselbe. Tafeln. Münster i. W . 1922. I V . B d . Die Fischdenkmäler in der frühchristl. Plastik, Malerei und Kleinkunst. Tafeln. Münster i. W . 1927. ( D ö l g e r wird im folgenden mit D . zitiert.) D a z u A R w . 15, 297. a) J. S c h e f t e l o w i t z Das Fisch-Symbol im Judentum und Christentum. A R w . 14 (1911), 3 1 — 5 3 . 321—392 (zitiert mit Sch.). ) Rob. E i s l e r Der F. als Sexualsymbol. Imago (Wien) 3 (1914), 1 6 5 — 1 9 6 (vgl. hiezu Deubner A R w . 20, 415, manchen Äußerungen gegenüber skeptisch). «) D . 1, 459 (F.gewand); 2, 599 (Register: F.gottheiten, F.gestalt, F.gewand); 602 (F.Verwandlung); 619 (Liebesgenuß); P a u l y - W i s s o w a 9, 1, 844 f.; H a s t i n g s 1 , 5 1 4 ; G u b e r n a t i s Tiere 592 f f . ; J e r e -
1530
m i a s Relgesch. 27. 38. 83. (F.masken); R . M. M e y e r Religionsgesch. 221; Mannh a r d t Germ. Myth. 86; B r a u n Sage i , 37. 105. 107. 1 1 4 ; 2, 325. 327. 393. 415 f f . ') F . m e n s c h e n s. a. N i x , Wasserelben, -fräulein, -geist, -könig, -mann, -weiblein; Meerdämonen, -frau, -wunder; Seegeister, -jungfrau, -männchen. L o k i : M e y e r Germ. Myth. 165; Q u i t z m a n n Baiwaren 100; Seegeist : L ü t ο 1 f Sagen 285 f f . ; Κ ü h η a u Sagen 2, 284; K o b o l d : K u h n u . S c h w a r t z 83. 479. ·) A u ß e r ob. Lit. besonders G u b e r n a t i s 592 ff. ') D . 1, 133. 134. 147. 427. 430. 436 ff. 459; 2, 600 (Register: F.opfer); S t e n g e l Opfergebräuche 201 f f . ; G r i m m Myth. 3, 29 (Perht); Sch. 337 f f . 378; Wissowa Religion 229; H a s t i n g s 1, 514 f.; S t o r f e r Jungfr. Muttersch. 142; F r a z e r 8, 132; P a u l y - W i s s o w a 9, 1, 845—847. ') D . 1, 127. ·) D. 1, 123 ff. 127; 2 passim; Sch. 327 f f . ; P a u l y - W i s s o w a a. a. O. 844 f.; H a s t i n g s 1, 5 1 4 ! . ; A b t Apuleius υ. M. 67; F r a z e r 1, 30; 8, 26. 249 f f . l0 ) D . 1, 125. 126. 127. 130. 133 f.; 2, 602 (Register) ; P a u l y - W i s s o w a 844. 846. 847; Sch. 327 f f . ; H a s t i n g s ι , 5 1 4 ! ; Störf e r Jungfr. Muttersch. 143 (m. Lit.); F r a z e r 3, 10; 8, 140; Α η d r e e Parallelen 1, 125. Bei den Zigeunern darf die H e x e keine F.e essen: W l i s l o c k i Volksglaube 125. " ) D . passim; Sch. 18 ff. 321 ff. 337 f f . ; Has t i n g s 1 , 5 1 4 t . " ) D. 1, 128; H a s t i n g s 1 , 5 1 5 ; F r a z e r 4 , 1 2 9 ; D e r s. Totemism 4, 343 (Reg.); W u n d t Mythus und Rel. 1, 509. l a ) D. 2, 601 (Register: F . Sinnbild Christi): aus syrischen K u l t e n : A R w . 11, 140; Sch. 2 ff. 16 ff. (bisherige Deutungen). 342: jüdisch; P i s c h e l Der Ursprung des christl. F.-Symbols, in SitzbBerl. 1905, 506 f f . : indisch; U s e η e r Sintflut 223 f f . : indisch (dagegen Sch. 17); Ε i s 1 e r in A R w . 16, 300 f f . : jüdisch (samaritanische Überlieferung von J ο s u a redivivus mit J e s u s v e r k n ü p f t ) ; S t ο r f e r Jungfr. Mutterschaft 140 (m. Lit.); Dieter i c h A R w . 8, 506 A n m . 3; W i s e r ARw. 16, 358 (unterstützt Usener); eine gute Zusammenfassung von C u m o n t in P a u l y W i s s o w a 9, 1, 848. '*) D . 1, 429 f.; 2, 601 (Register: F . Sinnbild der Fruchtbarkeit, Sinnbild des Lebens); Sch. 376 f f . ; D e r s. Huhnopfer 12 f.; E i s l e r a. a. O. (s. o. A n m . 3); S t ο r f e r Jungfr. Mutterschaft 146 f f . ; Ζ a chariae Kl. Sehr. 207 ff. 213 f f . 219. " ) F . w e i h e an Ostern s. F r a n z Benediktionen 1, 587 f. '·) Globus 60, 128; Ζ a c h a r i a e Kl. Sehr.,21$ f f . ; D. 2, 228 R T r p . 22, 57; A b t Apuleius υ. M. 143. " ) H ö f l e r Hochzeit (wohl nach Melusine 8,34; s. a. Z a c h a · r i a e Kl. Sehr. 227) 13. Höfler sägt, d a ß diese Sitte schon v o n P e r s i u s (Satura 5, 180 bis 184) erwähnt werde. Persius spricht aber v o n dem Thunfischschwanz in der roten Schüssel. Dazu D. 2, 94 f.: „ P e r s i u s spottet über die Juden, die nach ihrem Gesetz von d e m schuppenlosen T h u n f i s c h nicht essen durften, aber
Fisch das Gesetz zu umgehen wußten, daß sie den F . wenigstens zur Bereitung einer F.brühe benutzten und das Schwanzstück darin schwimmen ließen." " ) Η ö f 1 e r a . a . O . ; Sch. 378 A . 1 ; E i s l e r a . a . O . 175 ff.; Storfer Jungfr. Mutterschaft 148 f. " ) Sch. 377, wo noch weitere Beispiele von F.-Hochzeitsritual. ,0 ) Sch. 376. " ) E i s l e r 169 f. 173; D. 1, 109. 492; G u b e r n a t i s Tiere 193; S t o r f e r Jungfr. Mutterschaft 141 ff. (im Italienischen pesce = penis); s. a. Anm. 74. 75. " ) B o l t e P o l i v k a 1, 544 f. (mit weiterer Lit.); E i s l e r 169 A . 3. 175 A. 7; S t o r f e r Jungfr. Mutterschaft 151. 185; Sch. 378 A . i ; M a n n h a r d t Germ. Mythen 216 (n. Z i n g e r l e Märchen 148). " ( H a s t i n g s 1, 515 (Serbien, n. Globus 33, 349); Sch. 335 (Hawaii). " ( H a s t i n g s 1 , 5 1 5 (Talmud). " ) L a m m e r t 159; J ü h l i n g Tiere 35; Foss e l Steiermark 51. 2β) G r o h m a η η i o g ; ZfMyth. 3,310. " ) S l o e t Dieren 363 f. (nach G r i m m RA. 1, 564; Weistümer 3, 887). I. A n a t o m i s c h e r und biol o g i s c h e r A b e r g l a u b e f i n d e t sich m e h r bei den e i n z e l n e n A r t e n , als b e i m F. im allgemeinen. W i r verweisen daher auf diese S t i c h w ö r t e r . M a n c h e F . e tragen zauber- oder heilkräftige S t e i n e im K o p f 2 8 ) (vgl. B a r s c h , Karpfen, K a u l b a r s c h , K a u l k o p f ) . Das A u s b l e i b e n v o n F . s c h w ä r m e n ist die F o l g e irgendeines menschlichen Frev e l s *>). Die m i t t e l a l t e r l i c h e n Anschauungen gehen meist auf das A l t e r t u m z u r ü c k , h a b e n sich aber, soweit wir sehen k ö n n e n , n i c h t bis in die N e u z e i t f o r t g e p f l a n z t ; ein B e w e i s , d a ß sie a l s G e lehrtenstoff übernommen worden war e n 3 0 ). B e s o n d e r s r e i c h h a l t i g s i n d die A n gaben von A l b e r t u s M a g n u s 3 1 ). A l s B e i s p i e l f ü r die bei d e n m i t t e l a l t e r lichen Zoologen herrschenden Anschauungen zitieren wir K o n r a d ν. Μ e g e η b e r g 3a): Alle F.e s c h l a f e n wenig. I m Schlafe rühren sich die F.e nicht, nur den Schwanz bewegen sie ein wenig. Einige behaupten, die F.e f l ö h e n , von einer inneren Mahnung getrieben, a u s dem Lande, dem ein g r o ß e s V o l k s s t e r b e n d r o h t oder aus dem die Leute vertrieben werden sollen. Die F.e haben die Eigenart, n i e m a l s m i t f r e m d e n F.en, die nicht ihrer Art angehören, zusammen z u l a i c h e n . Ein Hecht ζ. B . laicht immer nur mit einem Hecht, und eine Schleie nur mit einer Schleie. Eine Ausnahme hiervon macht die Muräne, die mit einer
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Schlange zusammen laicht und, nach einigen Angaben, der Aal, der dasselbe tun soll. Alle F.e im Meere f r e s s e n e i n a n d e r , ausgenommen eine Art, die Aristoteles Fascaleon nennt, welche kein Fleisch frißt. Kein Meertier frißt seine Jungen, bevor sie ausgewachsen und den Alten gleichgeworden sind. Das F l e i s c h der See-F.e, welche sich i n d e r N ä h e d e r K ü s t e aufhalten, ist k r ä f t i g e r und gesunder wie das der F.e, welche die Tiefe aufsuchen und weicheres, weniger gutes Fleisch haben. Alle z w i s c h e n S t e i n e n und an steinigen Orten lebenden F.e sind in der Regel f e t t , und alle größeren, von F.en gebildeten Scharen haben einen F ü h r e r und Leiter. Jeder F., der vom Raube lebt, schwimmt g e s e l l i g , wie der Hecht und ähnliche F.e. Alle F.e, die d e r B r e i t e nach schwimmen, werden fett, wenn der S ü d w i n d von Mittag h e r w e h t , wie zum Beispiel die Brachsen, die Halb-F.e und die ihnen gleichen. Die F.e dagegen, welche, wie der Hecht, der L ä n g s a c h s e des Körpers nach schwimmen, w e r den fett, wenn der Nordwind weht, der im Lateinischen Aquilo heißt. Die w e i b l i c h e n F.e sind g r ö ß e r wie die männlichen, denn die Rogener werden größer wie die Milchner. Der F i s c h f a n g (s. fischen) gerät am besten m o r g e n s , ehe die Sonne aufgeht, weil die F.e dann a m w e n i g s t e n g u t s e h e n können. Bei Nacht sehen sie so gut wie am Tage. Wenn sie Ö l t r i n k e n , sterben sie. Der größte Teil der F.eier geht zu Grunde, wenn der Rogner sie beim Hin- und Herschwimmen ausläßt. Einige F.e gebären aus sich selbst Junge, ohne alles vorhergegangene Laichen, einige werden v o n d e r E r d e b e f r u c h t e t , auf d e r ä n d e r e F.e g e l e g e n h a b e n , noch andere von g e w ö h n l i c h e r E r d e , wie auch einige von der fauligen, hier und da zerstreuten F e u c h t i g k e i t , die man auf dem Wasser wie Öl s c h w i m m e n s i e h t . Die F.e haben die Gewohnheit, h i n u n d herzuschwimm e n und häufig den Ort zu wechseln, ehe sie gebären oder miteinander laichen. Einige F.e w e r d e n k r a n k , w e n n s i e g e b ä r e n oder den Rogen auslassen, deshalb fangen sie sich dann leichter, wie zu anderer Zeit. D ü r r e s c h a d e t den F.en sehr, in der Regel werden sie f e t t b e i Regenw e t t e r . Der Regen kräftigt sie gerade so wie die Pflanzen, die aus der Erde hervorwachsen. Deshalb auch schwimmen die F.e an der Oberfläche des Wassers, wenn es regnet, gerade so, als ob sie sich über den Regen freuten. Reibt ein Stück Holz mit der L e b e r eines Seefisches, so brennt es wie Öl. Deshalb behauptet auch ein Forscher, man bereite aus der Leber einiger See-F.e Öl. Einige F.arten b e r ü h r e n das G e f ä ß , mit dem man sie gef a n g e n h a t , nie, w e n n es nicht ganz f r i s c h ist. Die weiblichen F.e sind l ä n g e r wie die männlichen, und ihr
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Fisch
F l e i s c h i s t h ä r t e r . Die F.e k e h r e n m i t V o r l i e b e an den O r t z u r ü c k , wo s i e g e b o r e n sind, wo sie auch hinkommen, nach oben oder nach unten, und geraten dadurch leicht in Schaden. Der große Gelehrte Basilius sagt: Schau, wie ein jedes Geschlecht der F.e s e i n b e s o n d e r e s L a n d hat und seine Gegend. Keiner nimmt dem anderen seine Wohnstätte weg. D i e F . b ü c h e r des a u s g e h e n d e n M A . s w i e der f r ü h e n N e u z e i t v e r b r e i t e n sich m e h r über die E i g e n s c h a f t e n der einzelnen A r t e n als ü b e r das A l l g e m e i n e 3 S ). Eine vereinzelte anatomische Notiz b r i n g t C a r u s M ) n a c h den K o l m a r e r A n n a l e n : d a ß im B i s t u m B a s e l im T a l e der S ü ß ( R a u s ? ) in der N ä h e v o n G r a n felde(n) ( G r a n d v a l ) sich W e i ß - F . e o h n e S c h w i m m b l a s e finden. Ρ 1 i η i u s N.H. 9, 24. " ) S a r t o r i Sitte 2, 162 A. 18. 30) L e n z Zool. 479 ff. zitiert Herodot, Varro (de re rust.), Diodorus Siculus, Valerius Maximus, Columella (de re rust.), Strabo, Plinius, Plutarch (de solertia anim.), Appian (de piscatione), Dio Cassius, Aelian. — Die mittelalterlichen Naturbücher berufen sich aber auch auf A r i s t o t e l e s u. a. Klassiker der Zoologie. Besondere Erwähnung verdient M a r c e l l u s a u s S i d e (2. Jh. n. Chr ) περί Ιχθύων (Ausg. ν. Μ. Schneider, Comment, in hon. Ribbeckii 1888, 124 f.: Volksmedizin). — Von Späteren behandelt I s i d o r Etymologiae 1. XII, c. VI (M i g η e Patrol, lat. 82, 450 ff.) das Allgemeine sehr kurz. 31) De animalibus ed. Stadler S. 1638 (Register: piscis). 32) Buch d. Natur, nhd. Ausg. 203, mhd. Ausg. 242. **) s. Ζ a u η i c k Das älteste F.büchlein v. J. 1498, in: Archiv f. Fischereigeschichte (Festgabe für Emil Uhles) 1916; Joh. M e y e r Gregor Mangolts Fischbuch. Zürich 1557, in Thurgauische Beiträge z. Vaterland. Gesch. 45. Heft (Frauenfeld 1905); F r a n c . M a s s a r i u s In nonunt Plinit de nat. hist, librum castigationes (Basileae 1537); Petrus Β e 11 ο η i u s (B e 11 ο η) De aquatilibus (Par. 1553); J. R o n d e l e t i u s (Rond e l e t) Libri de piscibus marinis (Lugd. 1554) und Universa aquatilium historia (Lugd. 1555); H. S a l v i a n i Aquatilium animalium historia (Rom 1554—1558); namentlich aber C. G e s η e r Historia animalium (Zur. 1551 ff.); dessen Fischbuch deutsch v. Forer (Zür. 1563). M) Zoologie 185. 2. D e r F . ist Ο r a k e 1 t i e r u n d z u k u n f t k ü n d e n d 3 S ). V o n F . e n zu t r ä u m e n b e d e u t e t den T o d eines B e k a n n t e n oder H a u s g e n o s s e n 3 e ), t r ä u m t m a n v o n k l e i n e n F . e n , so s t i r b t ein K i n d , v o n g r o ß e n , ein E r w a c h s e n e r 3 '), t r ä u m t
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eine S c h w a n g e r e v o n t o t e n F . e n , so s t i r b t das K i n d (Österr.) h a t sie F . g e l ü s t e , ebenso, oder es k o m m t v o r z e i t i g z u r W e l t (Österr.) *·). E n t h ä l t der a m N e u j a h r s t a g e a u f g e s c h n i t t e n e F . R o g e n , so g i b t es einen T o d e s f a l l in der F a m i l i e ( P r o v i n z Posen) 40 ), s p r i c h t ein K r a n k e r v o n F . e n oder b e g e h r t er w e l c h e zu essen, so s t i r b t er b a l d 4 1 ) . A u c h s o n s t i g e s U n g l ü c k 4 2 ) oder V e r d r u ß 43 ) z e i g t der T r a u m v o m F . an ( S a g e n v o n t o d - oder u n g l ü c k k ü n d e n d e n F . e n s. u. 6.). In O s t f r i e s l a n d d a g e g e n gilt, d a ß m a n g u t e N e u i g k e i t e n erfahre, w e n n m a n v o n F . e n t r ä u m e 4 1 ), w i e ü b e r h a u p t die F . e (die j a auch im Gegenzauber v e r w e n d e t werd e n ; s. u. 3.) a u c h G l ü c k a n z e i g e n 4S ). W o l l e n die Z i g e u n e r den F . als O r a k e l ben u t z e n , so nageln sie ihn lebend an einen B a u m . L e b t er a m f o l g e n d e n T a g e n o c h , so gilt dies als g u t e s V o r z e i c h e n ; ist er t o t u n d b l u t i g , so d e u t e t er U n g l ü c k an46). Träume von F.en deuten a u c h auf G e l d 4 7 ) . In T h ü r i n g e n i ß t m a n an N e u j a h r m i t V o r l i e b e S c h u p p e n F . e ; denn F . s c h u p p e n u n d - e i e r bedeuten Geld48) ( s . u . A n m . 117). F.s c h u p p e n w e r d e n i m E r z g e b i r g e an W e i h n a c h t e n in den G e l d b e u t e l g e l e g t , d a n n b e w i r k e n sie R e i c h t u m (vgl. K a r p f e n ) 49 ). B a l d h e i r a t e n w i r d m a n , wenn man von F.en träumt (Provinz Posen) s o ). In S a c h s e n b i n d e t d a s h e i r a t s f ä h i g e M ä d c h e n b e i m S c h l a f e n g e h e n eine F . b l ä s e an die g r o ß e Z e h e . Ist sie a m Morgen g e p l a t z t , so b e k o m m t sie k e i n e n M a n n , u n d u m g e k e h r t 8 1 ). N a c h u n g a r i schem Glauben erblickt das Mädchen im Schlaf seinen k ü n f t i g e n G a t t e n , w e n n es a m S i l v e s t e r a b e n d F . e i ß t , ohne d a r a u f e t w a s zu t r i n k e n (vgl. H e r i n g ) 52 ), bei den Z i g e u n e r n a m V o r a b e n d des Osteru n d G e o r g s t a g s 6 3 ); oder sie g e h t an diesen T a g e n h i n a u s auf einen K r e u z w e g , s e t z t sich auf die E r d e u n d stellt geb r a t e n e n F . u n d einen B e c h e r m i t B r a n n t w e i n hin. D a n n erscheint der z u k ü n f t i g e G a t t e ; g r e i f t er n a c h d e m F . , so w i r d die E h e g l ü c k l i c h , n a c h d e m B e cher, u n g l ü c k l i c h ; g r e i f t er n a c h k e i n e m v o n beiden, so s t i r b t eines der E h e l e u t e i m ersten J a h r M ) . A u c h das W e t t e r
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Fisch
sagen die F.e voraus: R e g e n (oder Gewittir), wenn sie springen oder plätschern 65) oder wenn man von F.en träumt 5e ). Einen späten W i n t e r gibt es, wenn die F.e lange „reiben", d. h. sich paaren 57 ). Ein estnisches Wetterorakel von F.en mit und ohne Schuppen erwähnt G r i m m Myth. 2, 933. Vermischte Orakel und Vorzeichen: Kann eine Frau an Weihnachten einen F.s c h w a η ζ in zwei gleiche Hälften spalten, so wird sie noch einmal J u n g f r a u (?) M ). Ebenfalls an Weihnachten wird der Schwanz des gegessenen F.s an die Stubendecke geklebt. Solange er dort haften bleibt, so lange bekommt man kein Z a h n w e h 6 8 ) . Wenn die F.e beim Kochen die Schwänze in die Höhe recken, so gibt's nach dem märkischen Glauben b a 1 d w i e d er F. Wenn beim Zerschneiden der Schwanz zappelt, ist der F. n a h r h a f t (Wien) el ). Träumt man von F.en, so hat man mit Schlangen zu tun (bergisch) ®2). Wenn man um Mitternacht einen F. ißt, so geht der nächste T r a u m in Erfüllung; vielleicht ist hier der F. wieder S e x u a l s y m b o l ; denn es wird erzählt, daß der Tochter eines Holzhackers ein schöner Jüngling im Traum erscheint ®3). Wenn der Zigeuner an O s t e r n F.e und Frösche schwimmen sieht, glaubt er, daß er im Sommer nur W a s s e r statt Wein zu t r i n k e n bekomme M ). Aus den E i n g e w e i d e n eines F.es entnahm ein Tiroler Fischer, daß er einen Sohn bekomme, der ihn töten werde e s ). Wir haben hier einen Rest des alten Eingeweideorakels vor uns, das vielleicht in die Antike zurückreicht. G r i m m (Myth. 2, 933) sieht in der Ichthyomantie der Griechen eine solche; sie ist jedoch unseres Wissens nirgends sicher bezeugt, denn die bei A e 1 i a η (De anim. 8, 5) und A t h e η a e u s (8, 8) erwähnten Vorzeichen beziehen sich nur auf das G e b a h r e n der F.e; ebenso die bei Ρ 1 i η i u s ββ). S5 ) Im klassischen Altertum: H o p f Tierorakel 197 f.; A g r i p p a v o n Nettesh e i m 4, 172; F r e u d e n b e r g Wahrsagekunst 104; B o u c h f e - L e c l e r g Hist, de la
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divination 1 , 1 5 1 . A e l i a n De anim. 8, 5; P l i n i u s NH. 9, 55; 3 1 , 22; 32, 1 7 ; bei den alten Juden (vergleichend) ZfVk. 23,388 ff.»") Grimm Myth. 3, 416 Nr. 16 (Hs. d. 14./15. Jhs.); Μ ο η t a η u s Volksfeste 180; MittWürttVk. 8, 3 1 1 ; ZfVk. 23, 390; ZrwVk. 5, 2 4 1 ; 1 1 , 264; W u t t k e § 3 2 5 ; M e y e r Abergl. 140. »') W r e d e Rhein. Volkskunde 87 ( s 119). M ) G r i m m Myth. 3, 459 Nr. 729. " ) Ebd. Nr. 727. 40 ) K n o o p Tierwelt 7. «) J o h n Erzgeb. i n ; D r e c h s l e r 2, 283; Grabinski Sagen 53. " ) K u h n Westfalen 2, 59 Nr. 1 7 1 ; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 2 7 1 ; W i t z s c h e 1 Thüringen 2, 286 Nr. 108. » j s t r a k k e r j a n 2, 174. " ) ZfVk. 23, 390 (n. Globus 26, 153). " ) J o h n Erzgeb. 29; BlpommVk. 8, 9; ARw. 14, 347 ff. (Indien, Antike, Irland, Estland); ZfVk. 23, 389 (Indien, Birma,Borneo). 4β ) ZfVk. 23, 390 (η. W l i s l o c k i Aus dem inneren Leben der Zigeuner 143). 47) K u h n und S c h w a r t z 463 Nr. 473; W u 1 1 k e § 325; ZfVk. 23, 389 (Indien). ω ) W i t z s c h e 1 Thüringen 2, 187. 4") J o h n Erzgebirge 1 5 1 . 50) K n o o p Tierwelt 7. 6 1 ) D ä h n hardt Volkstümliches 2, 79 Nr. 315. " ) ZfVk. 4, 318. 6») W l i s l o c k i Volksglaube 1 3 1 . 44) Ebd. 1 3 2 ; SAVk. 14, 269 (Wunscherfüllung). Vgl. Hembygden (Helsingfors) 6, 87. 88 (F.e im Eheorakel). Über ein indisches Orakel, wobei die Braut mit einem Pfeil auf einen künstlichen F. schießt, berichtet Z a c h a r i a e Kl. Sehr. 2 1 1 . " ) O r p h a l Wetterpropheten 109 f.; ZfVk. 24, 59; G e S e rn a η η Regenzauber 83. ··) K n o o p Hinterpommern 182; BlpommVk. 8, 90; vgl. F r a ζ e r 1 , 288 f. a ) H e i t e r e r Ennstalerisch 56. ") D r e c h s l e r 1, 34. «») Ebd. »)Eng e l i e n u. L a h n 269. ·*) WZfVk. 32, 37. 2 « ) ZrwVk. 1 1 , 256. «*) W l i s l o c k i Zigeuner 259. *4) D e r s. Volksglaube 148. ·«) H e y l Tirol 786 Nr. 132. ·«) ZfVk. 23, 388 f., wo auch F.Vorzeichen bei exotischen Völkern s. a. Anm. 35.
3. Im Z a u b e r und Gegenz a u b e r fand der F. von alters her Verwendung, vorwiegend bei den Völkern des Orients (s. a. oben bei der Symbolik des F.es) ®7). So diente er zur D ä m o n e n a b w e h r 6 8 ) . Da er immun ist gegen den b ö s e n B l i c k ® ' ) , schützt er auch vor diesem 70) und wurde daher als Amulett oder Talisman getragen oder dekorativ angebracht 71 ). Anderseits sind die F.e auch dem bösen Blick ausgesetzt und müssen vor ihm geschützt werden (Ägypten, Estland) 7 a ). Hamburger Fischer brachten am Bugspriet ihres Segelbootes den S c h w a n z eines T ü m m l e r s (Phocaena, eine Delphinart) oder eines H a i f i s c h e s an, um dem
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Fisch
Schiff gute F a h r t und guten Segelwind zu v e r s c h a f f e n bzw. die M a n n s c h a f t v o r Haifischen zu schützen; später w u r d e der Schwanz a m Hause als S c h u t z befestigt 7 8 ). In Tunis werden T h u n - F . s c h w ä n z e apotropäisch verwendet 7 4 ) (vgl. o b e n A n m . 1 7 und unten: Volksmedizin). Ü b e r einen alten L i e b e s z a u b e r berichtet F r a t e r R u d o l f u s ( 1 3 . J h . ) : „ D r e i Fischlein legen sie, eins in den Mund, das zweite unter die Brüste, das dritte an den untern Teil („in loco inferiori"), bis sie sterben; dann machen sie sie zu P u l v e r und geben sie den Männern in Speise und T r a n k " 7 4 ) ; und ähnlich der K o r r e k t o r zu B u r c h a r d v o n W o r m s : „ s i e nehmen einen F . , stecken ihn in die V a g i n a und halten ihn solange da, bis er tot ist; dann kochen und braten sie ihn und geben ihn ihren Männern zu essen, um sie zur Liebe zu e n t f l a m m e n " 7 5 ) . In Wagensteig (Baden) mischt das Mädchen dem Geliebten F . g a 1 1 e in den T r a n k 7 " ) . Dasselbe Mittel wird nach einem thüringischen Gedicht aus dem A n f a n g des 1 7 . J h s . gebraucht, um G e s t o h l e n e s zu offenb a r e n 7 7 ) . Auf R ü g e n zerschneidet man die G r ä t e n des gegessenen F.es, u m der H e x e das K r e u z zu zerschneiden ra). In B a y e r n steckt man sich eine Gräte ins H a a r , wenn einem eine solche im Hals steckengeblieben ist 7 8 ). Der S c h a u s p i e l e r L e h f e l d ging v o r Beginn der Vorstellung ruhelos hinter der Szene umher, f o r t w ä h r e n d in den verschiedensten Modulationen „ F i s c h ! F i s c h ! " vor sich hinsprechend 8 0 ). Bienen werden v o r Ameisen geschützt, wenn man F . e i η g e w e i d e v o r das Flugloch l e g t 8 l ) , wohl kein eigentlicher Aberglaube, da auch sonst F . fleisch gegen die Ameisenplage empfohlen wird. U m bei O b s t b ä u m e n F r u c h t b a r keit zu erzielen, werden die Gräten des a m heiligen Abend gegessenen F.es unter die B ä u m e gestreut 8 2 ) (vgl. H e r i n g 2, K a r p f e n 2). " j Z a c h a r i a e Kl. Sehr. 2 2 3 ff. «) E b d ; A R w . 14, 343 ff. — Dazu vgl. den Brauch assyrischer Priester, bei der Austreibung von Krankheitsdämonen eine F . m a s k e überzuziehen: E b e r t Rentier «, 432 (m. Lit.).
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" ) S e 1 i g m a η η Zauberkraft 403. 405. ) A R w . 14, 343 ff.; S e 1 i g m a η η Blick 2, 3. 1 1 7 . ") E l w o r t h y Evil Eye 167; D. 1, 4 3 1 f f . ; 2, 598 (Register). 207 ft. (als Pferdeschmuck); auf zahlreichen Tafeln des 3. und 4. Bandes; A R w . 14, 345 ff. 3 5 3 ff.; S t ο r f e r Jungfr. Mutterschaft 146; Β e 1 1 u c c i Paralliles ethnographiques (1915), 19 ff.; B e l l u c c i II feticismo primitivo (1907), 42; S e l i g m a n n Heil u. Schutz 3 2 (Taf. 1 p); Rütimeyer Ur-Ethnogr. 3 5 2 ff.; F . S p e i s e r Südsee Taf. 100; A R w . 15, 154. 156. 158. 160 (Thrakische Denkmäler); im Museum für Völkerkunde in Basel befindet sich (unter Nr. V I , 10 022) ein F.-Amulettchen aus Catania, das den Kindern Glück bringen soll. '») S e 1 i g m a η η Blick 1, 2 3 7 . " ) N d Z f V k . 1925, 97 ff. " ) MschlesVk. 1 7 (1915), 34. " ) Ebd. 4 1 . (nach W a s s e r s c h i e b e n 661); F r i e d b e r g Bußbücher 97; vgl. A b t Apuleius 69 ff.; s. a. Anm. 2 1 . " ) M e y e r Baden 170. " ) HessBl. 12, 2 1 6 . " ) BlpommVk. 8, 90; vgl. Seligm a n n Blick 2, 1 1 7 . 7J ) L a m m e r t 254. M ) Fürs Schweizerhaus (Zürich) 14. Februar 81 1920. ) BlpommVk. 8, 91. « ) J o h n Westböhmen iy\ Egerl. 4, 3 7 ; J a h n Opferg. 2 1 3 (n. W e i n h o l d Weihnachtsspiel 28; P e t e r österr.-Schlesien 2, 2 7 1 ) ; W 1 i s 1 ο c k i Volksglaube 136. — Zu der völkerpsychologisch wichtigen Vorstellung, daß man sich einer geistigen Qualität bemächtigt, wenn man deren Träger sich einverleibt, vergleiche, daß manche Völker durch V e r s c h 1 i n g e n von F.e η h u r t i g wie diese zu werden glauben, s. O l d e n b e r g Religion des Veda 1894, 474 und das dort erwähnte Material; Z f V k . 1 3 , 369. ,0
4. In der V o l k s m e d i z i n sind es mehr die einzelnen F . a r t e n , die zur Verwendung kommen, als der F . im allgemeinen. Immerhin läßt sich einiges anf ü h r e n 8 3 ) . N ä g e l und H a a r e eines K r a n k e n werden einem F . angeh ä n g t und dieser schwimmen gelassen, damit er die K r a n k h e i t f o r t n e h m e 8 4 ) . Gegen die „gfressig Hettich", die S c h w i n d s u c h t , bindet man dem K i n d drei Morgen hintereinander ein lebendiges F . l e i η auf die Brust85) (s. A a l , A a l r a u p e , Forelle, Goldfisch, H e c h t , H e r i n g 3, Schleie 2 , S c h m e r l e ) ; um die L e b e r Verhärtung loszuwerden, s c h a b t man von sämtlichen Finger- und ZehenNägeln etwas ab, näht es ohne K n o t e n in ein Bündelchen und dieses, wieder ohne Knoten, einem lebenden F . auf die R ü c k e n f l o s s e , dann läßt man den F . „ g e h e n " (ist gemeint „fortschwimmen"?), und sobald er
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Fisch
u m k o m m t , v e r g e h t die KrankheitM). Gegen das G e i f e r n und zur Beförd e r u n g des Z a h n e n s w i r d d e m K i n d ein F . c h e n d u r c h den Mund g e z o g e n 8 7 ) ; a u c h w e n n die S c h w a n gere F.e i ß t , w i r d das K i n d g u t z a h n e n 8 8 ) ; gegen den K e u c h h u s t e n läßt man das K i n d an einem F. r i e c h e η oder den F . d a s K i n d a n a t m e n ( ! ) 8 9 ) . G e g e n F i e b e r w e r d e n F . c h e n , die sich im B a u c h eines R a u b - F.es (s. a. Η e c h t) f i n d e n , genossen M ) , gegen G i c h t e r l ä ß t der P a t i e n t einen F . ein B r o t k ü g e l c h e n s c h l u c k e n , in d a s er seine a b g e s c h n i t t e n e n F i n g e r n ä g e l gek n e t e t h a t , u n d w i r f t den F. r ü c k w ä r t s ins W a s s e r z u r ü c k m i t den W o r t e n : D a F . ! N i m m mein 277 G i c h t e r m i t 9 1 ) . A u s fossilen F . a b d r ü c k e n w i r d S t e i n ö 1 ( „ T ü r s c h e n - " d. i. R i e s e n - „ B l u t " ) gew o n n e n u n d in T i r o l g e g e n R h e u m a t i s m e n e i n g e n o m m e n 92 ). U n v e r s t ä n d l i c h ist uns die A n g a b e v o n S e l i g m a n n ( Z a u b e r k r a f t 2 7 3 ) 9 S ) aus der H e r z e g o w i n a : L e i d e t j e m a n d an G e l b s u c h t , so soll er einen F . f a n g e n , ihn' in ein g r ö ß e r e s G e f ä ß m i t W a s s e r w e r f e n u n d ihn a n b l i c k e n , bis er s t i r b t (!); d a n n s c h ü t t e m a n das W a s s e r s a m t d e m F . e a u f einen K r e u z w e g . Dasselbe Verfahren gilt z u r Heilung von Leibschmerzen. Ganz verbreitet und schon d u r c h das E r l e b n i s des Tobias94) n a c h g e w i e s e n , j a g e r a d e d u r c h dieses v o l k s t ü m l i c h g e w o r d e n , ist die A n w e n d u n g v o n F . g a l l e (s. A a l 2, A a l r a u p e , H e c h t 3, K a r p f e n 3) bei A u g e n k r a n k h e i t e n u n d sogar B l i n d h e i t 9S ). A n d e r s e i t s s c h e i n t im M A . der F . als d e n A u g e n s c h ä d l i c h a n g e s e h e n w o r d e n zu sein 9 8 ). B e i den Z i g e u n e r n e r l e i c h t e r t die Galle m i t der F. 1 e b e r und dem Pulver v o n ausgef a l l e n e n Z ä h n e n der S c h w a n g e r n als B r e i der G e b ä r e n d e n auf den L e i b gelegt, die G e b u r t 9 7 ) . Die L e b e r d ä m p f t die Sinnlichkeit98). Die G r ä t e n , p u l v e r i s i e r t , sind g u t g e g e n B r a n d w u n den " ) . W e n n j e m a n d e m eine G r ä t e im S c h l u n d e s t e c k e n g e b l i e b e n ist, so m u ß er sich m i t einer a n d e r n G r ä t e von d e m s e l b e n F . e auf der K o p f p l a t t e ein ^venig stechen, d a d u r c h w i r d b e w i r k t , d a ß
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die s t e c k e n g e b l i e b e n e G r ä t e h i n u n t e r g e h t ( O s t p r e u ß e n ) 10 °), oder m a n k l e b t i h m eine a n d e r e G r ä t e hinters O h r 1 0 1 ) . F . g r ä t e n v o m heiligen A b e n d h e r w e r d e n a u c h bei K u h k r a n k h e i t e n ang e w e n d e t 102 ). W e n n ein b e h e x t e s K i n d nicht s c h l a f e n k a n n , so w i r d i h m das S c h l ä f e n b e i n eines F . e s pulv e r i s i e r t e i n g e g e b e n 1 0 3 ). M u s k e l s c h w u n d wird durch F.s c h m a 1 ζ g e h e i l t 1 0 4 ) . F . s c h u ρ ρ e η w e r d e n bei den Z i g e u n e r n z u s a m m e n m i t H a a r e n d e r M u t t e r v e r b r a n n t u n d die A s c h e d e m b e t t n ä s s e n d e n Kinde in das T r i n k w a s s e r g e m i s c h t 1 0 5 ). Mit dem S c h w a n z des an W e i h n a c h t e n g e gessenen F . e s r e i b t m a n den K i n d e r n die A u g e n , d a n n bleiben diese das g a n z e J a h r g e s u n d l o e ) . W e r an Z a h n w e h leidet, k l e b t den S c h w a n z des e b e n gegessenen F . e s m i t S p e i c h e l in einen W i n k e l pder a n die D e c k e der S t u b e ; s o l a n g e er d o r t h ä n g t , b l e i b e n die Z a h n s c h m e r z e n f e r n 1OT ). B e i d e n S ü d s l a v e n u n d R u m ä n e n ist der G l a u b e v e r b r e i t e t , w e n n die S c h w a n g e r e oder die S t i l l e n d e oder das K i n d s e l b s t F . e s s e , das K i n d s t u m m bleibe oder erst s p ä t s p r e c h e n lerne (vgl. o b e n A n m . 23 u n d H e ring)!«8). 83) R e g e n s b u r g e r Die F.e in der Heilkunde früherer Zeiten in: Der Sammler (München) 89 (1920) Nr. 143; D. 2, 47 5. 79 2. 315 4 ; M a r c e l l u s a u s S i d e ed. Μ. Schneider Comment, in hon. Ribbeckii 1888, 124 f.; A R w . 14, 347; A b t Apuleius 155. " ) S c h u l t z Alltagsleben 242. 8i ) M e y e r Baden 42; Schweizld. i, 600 unten; hier sind es speziell ,,Bam(b)eli" (nach Schweizld. 4, 1257 Leuciscus phoxinus od. albus, nach Brehm Fische 4 192 Alburnusbipunctatus). ββ) S c h i l d Großätti 3, 168; vgl. W l i s l o c k i Volksglaube 177. 87) F ο g e 1 Pennsylv. 269 Nr. 1399. 314 Nr. 1672; M ü l l e r Isergebirge 21 f. M) H ö h n Geburt 257a. " ) F o g e l Pennsylv. 339 Nr. 1805; vgl. B l a c k Folk-Medicine 80 36. ) ZföVk. 4, 215 (Bukowina); Η ο ν ο r k aK r o n f e l d 1,149.154. 91) H ö h n Volksheilkunde 1, 143. " ) MschlesVk. 29, 273. 93) Nach Grgjic-Bjelokosic Mitteilungen a. Bosnien (1899), 617; L i l e k ic. (1896), 485. M) T o b i a s 2, 1 1 ; n , 13; dazu T r u s e n Sitten, Gebräuche und Krankheiten der alten Hebräer1 (1853), 216 ff. >5) Schon P l i n i u s 32, 24 (weitere ältere medizinische Literatur bei T r u s e n a. a. O. 2 i 8 u . Anm.); b i n G o r i o n Born Judas 1, 36. 42; H ö f l e r Organo-
Fisch therapie 224 (mit Lit.); A R w . 14, 347; S t a r i c i u s Heldenschatz (1679), 56; " ) W o l f r a m v. E s c h e n b a c h Parzival 487, 4 und AfdA. 2 7 , 1 0 9 . 2 1 9 . ·*) W l i s l o c k i Volksglaube 84. •") BlpommVk. 8, 91. ™) J ü h 1 i η g Tiere 34 (16. Jh.). 10°) Urquell 1, 185; ähnl. H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 126 (Würzburg). 101 ) L a m m e r t 242; H o v o r k a - K r o n l02 f e 1 d 2, 19. ) G r o h m a n n 130. — Über F.g r a t e n im antiken Aberglauben s. A b t Apuleius υ. M. 93. 103) G r o h m a n n 109 104 105 Nr. 794. ) J üh1iηg 35. ) Wlis10e locki Volksglaube 83. ) Drechsler 1, 34. 10 ') Ebd. (in Sizilien und Tunis gegen Behexung an der Tür befestigt: RTrp. 27, 258). 108 ) ZfVk. 13, 3 7 3 ; G r o h m a n n 109. 1 1 0 ; K r a u ß Sitte und Brauch 534; ZföVk. 3, 22.
5. Im V o l k s b r a u c h kommt der F . namentlich als Festspeise vor. Das hat seinen Grund in der oben berührten symbolischen Bedeutung des F.es und seiner Verwendung als Opfertier. Wir verweisen auf die erwähnten Hochzeitssitten (Anm. 1 6 — 1 9 ) . Auch in Deutschland muß der F . mancherorts H o c h ζ e i t s speise gewesen sein; denn im Anhaltischen ζ. B . wird-an Hochzeiten noch Butter in F . f o r m aufgestellt 1 0 9 ), wie überhaupt der F . auf Butter- und Gebäckmodeln nicht selten ist. So auch auf Bildern von schwedischen Hochzeiten n o ) . Ferner tritt der F . als Speise, oft in Lebkuchenform, in winterlichen Festz e i t e n a u f ; so am M a r t i n s - l u ) und N i k o l a u s t a g 1 1 2 ) , an Weihn a c h t e n (s. K a r p f e n ) u s ) , wo er zuweilen als Gebäck, aus Schokolade oder uneßbarem Material hergestellt, an den B a u m gehängt wird l w ) , am S t e p h a n s t a g (26. Dezember), wo das Gebäck aus 8 aneinandergereihten F.en besteht 1 1 5 ) , an S i l v e s t e r in Schlesien, wo ihr Genuß Reichtum bringt (vgl. Her i n g 2) l l e ) , an N e u j a h r , wo im Brandenburgischen und Thüringischen der Glaube geht, daß, wer große F.e esse, großes Geld bekomme (s. o. Anm. 47 und 48) U 7 ) ; in Muri (Schweiz) werden Lebkuchenf.e gegessen 1 1 8 ), auch in Neujahrsliedern werden „gebackene F . e " angewünscht 1 1 9 ). Im Vogtland muß man an D r e i k ö n i g e n F.e mit Klößen essen, sonst kommt Perchta und schneidet den Ungehorsamen den Leib auf, füllt ihn mit Häckerling und näht ihn mit einer
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Pflugschar oder mit einer Eisenkette wieder zu l 2 °); auch an F a s t n a c h t werden dort F . e gegessen 1 2 1 ) ; in Pommern zu Karfreitag, hier mit dem Aberglauben, daß man, wenn man es unterlasse, von den Mücken geplagt werde ( s . H e r i n g 2) 1 2 2 ); F.e werden gern an K i r c h w e i h a u f g e s t e l l t 1 2 3 ) , ferner an Erntefesten, wo sie auch im Glückwunschspruch als „goldene F . e " vorkommen 1 2 4 ). In den meisten Fällen wird es sich hier um eine Opfers p e i s e handeln (s. o. Anm. 7) 1 2 5 ). Im Rheinland findet an A s c h e r m i t t w o c h als „ K e h r a u s " ein F.mahl statt 1 2 8 ). Am R u d o l f s t a g (17. April) wanderten ehemals, bis gegen Ende des 19. J h s . , die Basler nach St. J a k o b an der Birs hinaus, um dort gebackene Nasen (Chondrostoma nasus) zu essen und roten Wein, genannt „ S c h w e i z e r b l u t " (von der Schlacht bei St. J a k o b 1444) dazu zu trinken 1 2 7 ). In Höri ( K t . Zürich) fand im Sommer ein „ F . s o n n t a g " statt, an dem ein F.essen abgehalten und getanzt wurde 128 ). Unerklärt ist das Anbringen von F.en an K i r c h t ü r e n l 2 e ) (vgl. Hering, Karpfen, Lachs). Es ist zu vermuten, daß auch das scherzhafte Zusenden von F.attrapen und Scherzkarten mit F.en auf den I . A p r i l (s. d.) in Frankreich („poisson d ' A v r i l " ) und Italien („pesce d'Aprile") ein alter Fruchtbarkeitsritus ist, um so mehr, als man in Tunis Glückw u n s c h karten mit F.en am I . A p r i l verschickt 1 3 0 ), in Frankreich die Buben als Aprilscherz den Vorübergehenden TuchF.chen a n h ä n g e n (s. d ), was auch als Fruchtbarkeitszauber gedeutet wird 1 3 1 ) , und ebenda an O s t e r n der F . mit dem Ε i abwechselt, so, daß F.e verschickt oder gekauft werden, wenn Ostern i η den April, Eier, wenn es ν ο r den April fällt 1 3 2 ). Mancherorts kommen F . e als Z i n s a b g a b e n vor 1 3 3 ). 10 ») W i r t h Beiträge 4/5, 25. 110 ) H ö f l e r Hochzeit 13 (statt „ K a n a a n " lies „ K a n a " ) . ul ) P f a n n e n s c h mid Erntefeste 512 (meist nur im Heischespruch den Gebern gebratene F.eangewünscht. E b d . 4 7 3 ; J ü r g e n s e n Martinslieder (1910), 22. 163). n t ) ARw. 14, 330;
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J543 113
1
Schweizld. ι , 1 1 0 2 . ) J o h n Westböhmen 1 7 ; D r e c h s l e r 1, 3 3 ; A R w . 16, 307. 1 1 4 ) A R w . 1 7 , 3 3 6 (der Zweifel Höflers an dem Alter dieser Sitte, weil der Weihnachtsbaum selbst nicht alt sei, ist nicht berechtigt; denn der F . wird auch an primitiverem Weihnachtsgrün angebracht, ζ. B . an den Epheugestellen der Insel Föhr, von denen ein Exemplar im Museum für Völkerkunde zu Basel ist). u 6 ) B a u m g a r t e n Jahr 12. " · ) D r e c h s l e r 1 , 4 4 . »») Z f V k . 1, 180. "») Schweizld. 1, 1 1 0 2 . 1 I 9 ) S l o e t Pieren 360 f. 1 M ) Z f V k . 14, 268 (n. O r t w e i n Deutsche Weihnachten 1 2 9 ff.). l s l ) K ö h ler Voigtland 368. 1 2 a ) BlpommVk. 8, 91. lis ) Pfannenschmid Erntefeste 575; 124 A R w . 1 7 , 336. ) Pfannenschmid 126 4 1 4 f.; S l o e t 360. ) J a h n Opfergebräuche 1 1 7 . 2 1 4 . 283. » · ) W r e d e Rhein. Volksk.1 2 179; 2 5 0 ; vgl. H ö f l e r Fastengebäck 30. 1K ) Eigennotiz. 128 ) S t a u b e r Zürich 2, 103. "») S A V k . 9, 3 1 4 ; Mitt. d. Ver. f. Gesch.u. Altertumskunde zu Kahla und Roda 6 (1904), 1 3 6 ; vgl. Nds. 22, 1 2 7 ; K r u s p e Erfurt 1, 91 f. l a 0 ) D. 1, 433- m ) S. d. Art. anhängen (Bd. i , 4 3 7 f.), wo in Anm. 7 zu korrigieren ist: L a Tradition 10, 99 (statt 76) ; Art. A p r i l (Bd. x, 5 5 7 ff.), wo der F . als Sinnbild der D u m m h e i t erklärt wird. » " ) „ D e r B u n d " (Zeitung in Bern) 16. April 1922. 1 S 3 ) Z f V k . 12, 199.
6. Von F.s a g e η gibt es einige typische. So die von dem R i n g (Schlüssel oder ähnl.), der, ins Wasser geworfen, sich i m B a u c h e eines gefangenen F.es wiederfindet (Ring des Polykrates) 1 3 4 ); ferner die Sagen von dem gefangenen F., der w e i n t , r e d e t oder auf eine Stimme aus dem Wasser a n t w o r t e t 1 3 5 ) . Etwas abweichend ist die Sage von dem Jäger, der einen schönen F. erschießt, worauf die Stimme einer Nixe: „Mein K i n d ! " Aus Rache wird ihm der Hals umgedreht 13e ). Sehr verbreitet sind Sagen von d ä m o n i s c h e n F.en besonderer Gestalt (groß, mit Moos auf dem Rücken, schwarz, mit goldenen Schuppen und Augen aus Edelsteinen, mit Krone oder Horn u. a., oft nicht zu fangen und nicht zu töten (s. A a l , Barsch, F o r e l l e , H e c h t , H e r i n g ) 137 ). Zuweilen künden solche F.e Ung l ü c k l38 ), Erdkatastrophen, Ü b e r s c h w e m m u n g 139 ), W e 1 t Untergang140), K r i e g , Teuerung141), Unwetter142), Tod143) an. Zuweilen verlangen dämonische F.e M e n s c h e n o p f e r 144 ); der Teufel als F. dreht dem Fischer, der ihn gefangen
1544
hat, den Hals um 148 ); ein anderer RiesenF. verschlingt eine K u h 14e ). Als einst Fischer einen F. mit goldenen Schuppen gefangen hatten und ihn nicht wieder herausgeben wollten, verwandelte die „Schwarze Greth" auch die andern F.e in goldene, wodurch der Kahn so schwer wurde, daß die Fischer ertranken 147 ). Die in Anm. 139 erwähnte Sage von dem F., der durch sein Umdrehen die Welt untergehen läßt, kehrt wieder in der Sage vom Zitter-F., auf dem die Welt ruht (Westfalen) 1 4 8 ); auch die Stadt Cham (Oberpfalz) ist auf dem Schwanz eines ungeheuren F.es gebaut 1 4 i ). Eine Sage von der E r s c h a f f u n g der F.e s: BlpommVk. 8, 91. V e r w a n d i u n g e n in F.e sind nicht selten (s. o. Anm. 5. 6) 15 °), wie j a der F. überhaupt auch S e e l e n t i e r ist (s. a. A r m e S e e l e n Bd. 1, 586 Anm. 1 7 ) l s l ) . Auch die im Brunnen geholten ungeborenen K i n d e r stellt man sich als F.lein vor 152 ). V e r e i n z e l t e F.sagen kommen in großer Zahl vor. Sie können hier nicht gesondert aufgeführt werden. Auch in der L e g e n d e findet sich der F. So im Leben der Heiligen Brandan, Anton v. Padua, Ida von Löwen, Viventius, Guthlacus, Gualfardus, Franz von Assisi 1 5 3 ), in der Geschichte von den 7 Jungfrauen zu Vöhrenbach, wo alle 7 Jahre ein F. mit 7 goldenen Schlüsseln erscheint 154 ). Den Mönchen von Corvey stellen sich zwei große F.e selbst als Nahrung 156 ). Die F.e haben deswegen kaltes Blut und werden auch von vielen Leuten deswegen lebendig aufgeschnitten, weil sie beim Tode des Herrn im Wasser lustig schnalzten 16e ). Von M ä r c h e n ist verbreitet das von dem „Fischer un siner F r u " ( G r i m m KHM. Nr. 19) 157 ) (s. a. B u t t e ) . 131 ) Über Schillers (indirekte) Quelle: Herodot s. L e i t z m a n n Quellen von Schillers und Goethes Balladen (Bonn 1 9 1 1 ) 6 f. Sonstige Sagen und Märchen mit diesem Motiv s. K ö h 1 e r Kl. Sehr. 2, 209 u. Anm. 1 ; Studien z. vgl. Literaturgeschichte 8, 40; Piper Spielmannsdichtung 1, 1 6 3 f.; S a i n t y v e s Essai de folklore biblique 365 ff.; b i n Gorion Born Judas 1, 1 6 3 f.; 2, 106. 298; 3, 5 1 . 5 7 ; W o l f Beitr. 2, 459 ff.; Wiener Oswald Hs. D
1545
Fisch—Johann Fischart
V. 700 ff.; 1001 Nacht (Weil) 3, 183; 4, 61; P a n z e r Beitr. 2, 194; G r ä s s e Preuß. Sagen 2, 148; Z a u n e r t Rheinland i, 268; Oberholzer Thurgauer Sagen 61 tf.; Klapper Erzählungen 91 (deutsch). 298 (lat.); Μ e i c h e Sagen 642 (Kirchenschlüssel), iss) W e i n e n d e F.e: S e p p Sagen 393 Nr. 105; V e r n a l e k e n Mythen 156; 1 — K u h n r e d e n d : D. 2, 186 2. 249 Westfalen 1, 319 Nr. 362 ff.; Μ e i c h e Sagen 381 Nr. 502; S e p p Sagen 399; Schmitz Eifel 2, 78 f.; Grohmann Sagen 150 f.; Kühnau Sagen 2, 308 ( „ E c h u " : ,,Stechu"). 582 f. ( „ K u b e " ) ; P e u k keit Schles. Sagen 216; Vernaleken Mythen 58 f. (F. wird beim Tragen schwerer und springt als Männchen aus der Butte); ähnl. Schambach u. M ü l l e r 64 Nr. 88; e i n ä u g i g e F.e: S t o r f e r Jungfr. Mutterschaft 146; M e y e r Germ. Myth. 113; K u h n u. S c h w a r t z 155!; Eckart Südhann. Sagen 7; K u h n Westfalen 1, 324 f.; S c h a m b a c h u. M ü l l e r 63. 116. 342. S e p p Sagen 423; Z a u n e r t Rheinland 1, 273; ZfVk. 12, 68; s c h w a n z l o s e F.e: G a n d e r Niederlausitz 60 Nr. 151. 152. 160 f. (vgl. Anm.); r o t ä u g i g e F.e redekundig: S i 1 ν a η u s Sagenkranz d. bayer.-böhm. Waldes 16. 136) E i s e i Voigtland Nr. 73. 1 3 7 ) B i r l i n g e r Volkstüml. 1, 132 Anm. 1; D e r s. Aus Schwaben 193; K u h n Westfalen i, 311. 319 ff. 322 ff.; S e p p Sagen 351 Nr. 92; 369; S t δ b e r Oberrhein 55 f.; Ε i s e 1 Voigtland 154 ff.; K ü h n a u Sagen 2, 442 f.; 3, 373; Amersbach Lichtgeister 36; Reiser Allgäu i, 233; B a u m g a r t e n Heimat 1, 110 f.; L ü t o l f Sagen 283 f.; Ν i d e r b e r g e r Unterwaiden 2, 92; W i t ζ s c h e i Thüringen 2, 294 Nr. 161 (alle 7 Jahre kommend); S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 179; P a n z e r Beitr. 2, 191. Ein Band mit G e h e i m s c h r i f t tragend: S c h ö n w e r t h Oberpf. 3, 356; g o l d e n e Schuppen, E d e l s t e i n a u g e n : S e p p Sagen 351 f.; H o r n : Ebd. 353; ZfdMyth. 1, 105; K u h n Westfalen 1, 45. 52; K r o n e : Ebd. 154 Nr. 157; ZrwVk. 3, 298; B i r l i n g e r Volkstüml. 1, 345; S ä g e : G r a b e r Kärnten 68. 1M ) E i sel Voigtland 155 Nr. 425. "*) P a n z e r Beitrag 2, 192; Bavaria 3, 1, 275 (wenn der F. den S c h w a n z , den er im Maul hat, ausläßt); Z i n g e r l e Sagen 150 (wenn er sich umkehrt); vgl. Anm. 127; K u h n Westfalen 1, 337 Nr. 372 (Untergang eines Schlosses). 14°) S e p p Sagen 364 (ebenso). 141 ) V e r n a l e k e n Alpensagen 404 Nr. 103. 142) L a i s t ner Nebelsagen 297 („Gewitter-F.", nach S c h w a r t z Urspr. d. Myth. 268). 143) V e r n a l e k e n Alpensagen 297; Kohlrusch Sagen 192 (nach Cysat, mit zwei Parallelen); M e y e r Abergl. 140; Z f V k . 23, 390; G r ä s s e Preuß. Sagen 2, 101 (Tod des Landesfürsten); wer den F. mit einem S a r g auf dem Rücken sieht, inuß ertrinken (s. a. e r t r i η k e η ι ) : M ö l l e n h o f f Sagen 244 Nr. 334. 144) W i t z -
1546
schel Thüringen 2, 83 Nr. 98; K n o o p Tierwelt 8; Gander Niederlausitz 113 (297); Peuckert Schles. Sagen 204; Veckenstedts Zs. 1, 178 (Prov. Sachsen); G r i m m Sagen Nr. 54. 14s ) S c h a m b a c h u. M ü l l e r 64. 342. 14e) M a n n h a r d t Germ. Mythen 86 Anm. (n. H a l t r i c h Zur deutschen Tiersage 70). 14 ') M a n n h a r d t Germ. Mythen 383; G r ä s s e Preuß. Sagen 2, 1032 Nr. 1258. l4s ) M e y e r Germ. Myth. 166; G r i m m Myth. 3, 236; B i r l i n g e r Volhst. I, 181 f. I49) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 179. 150) D. 2, 602: F.verwandlung. 619: Liebesgenuß und F.verwandlung; PaulyW i s s o w a 9, 1, 845; L ü t o l f Sagen 285; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 230 ff.; V e r n a l e k e n Mythen 59. 147; M ü l l e r Siebenb.jy, G r o h m a n n Sagen 51. l s l ) F r a z e r 1, 105; 2, 30; 5, 95 f.; 8, 285. 291. 295; II, 99 f. 122 f. 147 f.; W u n d t Mythus und Religion 1, 147. 159. 301. 368. 404; 2, 237; ARw. 14, 362 ff. 371 f. 390; 16, 356; H e y l Tirol 64 Nr. 23.; G r o h m a n n Sagen 250; K u h n Westfalen 1, 349 Nr. 388; W u 1 1 k e § 764. 152) M e y e r Baden 10. 153) S 1 ο e t Dieren 361 f.; SchwVk. 5, 23 (n. Studien z. vgl. Lit.-Gesch. 8, 21. 31. 32. 34. 36). ,s4 ) B a a d e r Sagen 71. 155) W o l f Beiträge 2, 423 f. lse) P a n z e r Beitrag 2, 190 f. 1M ) B o l t e P ο 1 i ν k a 1, 138 ff.; S 1 ο e t Dieren 356 f. (s.d. e i n z e l n e n F.e; f i s c h e n ; F i s c h e r ; Tierkreis). F. i m S p r i c h w o r t s. W a n d e r S p r i c h w ö r t e r l e x . s. v . F . ; Z f d U . 33, 100 f. D a s R ä t s e l v o m F . im W a s s e r : Z f V k . 26, 1 f f . R a n g o r d nung und B e d e u t u n g der F . e : G r ä s s e J ä g e r b r e v i e r 2 7 5 ; D e r s. P r e u ß . S a g e n 2, 145. Hoffmann-Krayer. F i s c h (Tierzeichen) s. S t e r n b i l d e r
I.
Johann Fischart. Erich S c h m i d t A D B . 7, 31—47; Ad. Η a u f f e η F.-Studien 1—8 (Euphorion 3. 4. 5. 6. 8. 9. 10. Ii. 13). 9 — 1 3 (Euph. Ergänzungsheft 7). 14—16 (Euph. 19. 20. 21); D e r s . Joh. F. Ein Literaturbild aus der Zeit der Gegenreformation. 2 Bde. Berlin und Leipzig 1921. 1922 ( = Schriften des wissenschaftlichen Instituts der Elsaß-Lothiinger im Reich I). ! · J · F-i g e n · Mentzer, geb. zu S t r a ß b u r g 1546 (oder 1547). H u m a n i s t i s c h u n d juristisch g e b i l d e t , 1574 D r . j u r . zu B a s e l . N a c h u n s t e t e n W a n d e r j a h r e n in Italien, F r a n k r e i c h und D e u t s c h l a n d , in denen er S i t t e u n d B r a u c h vieler G e g e n d e n k e n n e n lernte, l e b t e er seit 1 5 7 6 als L i t e r a t in Straßburg, wurde 1580 A d v o k a t am Reichskammergericht in S p e y e r und
1547
Johann Fischart
1583 A m t m a n n zu Forbach, w o er 1590 starb. B e k a n n t als fruchtbarer Schriftsteller, eifriger Parteigänger der Reformation, phantasievoll und sprachschöpferisch. 2. Unter F.s zahlreichen W e r k e n für die es eine G e s a m t a u s g a b e 2) noch nicht gibt, dürfen Aller P r a k t i k G r o ß m u t t e r 3 , F l ö h h a t z 4 ), Geschichtsklitterung s ), G l ü c k h a f t S c h i f f e ) , Das podagramisch T r o s t b ü c h l e i n 7 ) , Das E h z u c h t b ü c h l e i n 8) und der Bienenkorb 9 ) als die bedeutendsten gelten. Sie bilden mit den übrigen, hier nicht genannten, eine unerschöpfliche F u n d g r u b e f ü r Kulturgeschichte und V o l k s k u n d e . W e n n auch gerade die wichtigsten auf fremden Originalen beruhen, so hat F. sie doch alle durch wertvolle Z u t a t e n erweitert; so geben in der Geschichtsklitterung die K a p i t e l 4, 8 und 25 umfangreiches Material für unsere K e n n t nis v o n Volkslied und Spiel des 16. Jhs. 10 ). ') A u f z ä h l u n g bei G o e d e c k e Grundriß 2 2, 489 f f . 2) In V o r b e r e i t u n g durch Joh. Β ο 1 1 e. D i e V e r s d i c h t u n g e n hrsg. v o n H. K u r z Deutsche Bibliothek 8—10. Leipzig 1866 f f . Sonst nur E i n z e l a u s g a b e n und A u s w a h l p u b l i k a t i o n e n , so a u c h die v o n H ä u f ten Deutsche National-Literatur 18. χ — 3 , i8q2 ff. 3) Hrsg. v o n W . Β r a u η e Hallesche 4 N e u d r u c k e Nr. 2. ) H r s g . v o n C. W e n d e l e r Hall. N e u d r u c k e 5. 5) Hrsg. v o n A 1 s leben Hall. N e u d r u c k e 6 5 — 7 1 . ·) Hrsg. v o n G. B a e s e c k e H a l l . N e u d r u c k e 182. ') Hrsg. v o n Α . Η a u f f e η (s. A n m . 2) 3, 1 ff. ') H r s g . E b d . 3, 1 1 5 f f . ') V g l . H a u ' f f e n Fischart-Studien 10; D e r s . Joh. Fischart 2, 108 f f . 1°) Η . A . R a u s c h Jb. f ü r Els.L o t h r . 24, 5 3 — 1 4 5 ; J. B o l t e Z f V k . 19, 3 8 1 — 4 1 4 : C h . W i l l i a m s P B B . 35, 395 bis 465; 37, 2 5 2 — 2 7 2 .
3. A u c h mit den abergläubischen B r ä u chen und Vorstellungen der Zeit h a t sich F. teils direkt, teils in Anspielungen beschäftigt, bald referierend, bald positiv oder negativ Stellung nehmend. D a ß dem protestantischen Eiferer dabei auch manche Bräuche der alten K i r c h e als abergläubisch erscheinen, ist natürlich man vergleiche den A b s c h n i t t über die Wirksamkeit der Heiligen in K a p . 48 der Geschichtsklitterung u ) . Wie er gegen diese A n s c h a u u n g e n eifert, so hat er η Aller P r a k t i k G r o ß m u t t e r die P r a k t i k (s. d.),
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d. h. die Wahrsagerei der Astrologen und K a l e n d e r m a c h e r nach dem Muster des Joh. Nas und anderen persifliert 1 8 ). Desto merkwürdiger berührt es, daß er — freilich im E i n k l a n g mit dem Protestantismus des 16. Jhs. — die zu seiner Zeit mächtigen Anschauungen des Hexenwahns fast restlos teilt. Er h a t sich, wohl durch praktische E r w ä g u n g e n geleitet, dazu herbeigelassen, zwei berüchtigte W e r k e aus der Literatur des Hexenw a h n s neu herauszugeben 13 ). Zuerst übert r u g er 1581 die 1580 erschienene Dämonologie des Joh. Bodin (s. d.) nach dem französischen T e x t ins Deutsche, wobei er z w a r zu einigen P u n k t e n Zweifel ä u ß e r t und Vorsicht empfiehlt, im ganzen aber durchaus auf Bodins S t a n d p u n k t steht, auch zu dessen Material einiges weitere b e i t r ä g t 1 4 ) . F.s A u s g a b e der Dämonologie ist 1588 und 1591 neu gedruckt und auch noch 1698 in modernisierter Gestalt neu herausgegeben worden. Ein J a h r nach der Ü b e r s e t z u n g der Dämonologie erschien in F r a n k f u r t eine zweibändige A u s g a b e des Malleus malef i c a r u m (s. H e x e n h a m m e r ) . A n dieser A u s gabe ist F. beteiligt, indessen nicht als Urheber, sondern nur als der v o n dem Straßburger Buchhändler Zetzner b e a u f t r a g t e Herausgeber. Denselben rein formalen A n teil hat er auch an dem D r u c k der zehn Schriften, die in dieser A u s g a b e dem Malleus beigegeben sind. Es sind die folgenden 1 5 ): B u c h V a u s dem Formicarius des Joh. Nider; Bernh. Basin, O p u s c u l u m de artibus magicis; Ulr.Molitoris, Dialogue de L a m i i s u s w . ; Hieron. Mengus, Flagellum d a e m o n u m ; Joh. v. Gerson, T r a k t a t de probatione s p i r i t u m ; Murners tractatus de p h y t o n i c o c o n t r a c t u ; Fei. Malleolus, De credulitate daemonibus a d h i b e n d a ; De exorcismis v o n demselben; B a r t h o l . de Spina, Quaestio de strigibus und desselben Schrift gegen Ponzinibius. Die v o n F. besorgte A u s g a b e erlebte N e u d r u c k e 1588 und 1600 und ζ. T. neubearbeitete N a c h d r u c k e 1614 und 1619. " ) A . a. O. 412. l a ) Vgl. Fischart-Studien E u p h o r . 5 und Η a u f f e η Fischart 1, 143 l3) Fischart-Studien 3, E u p h o r . 4 und H ä u f e η Fischart 2, 206 f f . 14 ) E u p h o r . 4, 14
4, ff. f ff.
1549
Fischer, fischen
" ) Vgl. die genauen Angaben Euphor. 4, 256 bis 260. Helm.
Fischer, fischen. 1. F i s c h e n : Die einfachste und altertümlichste und auch heute vielfach noch g e ü b t e M e t h o d e ist das F a n g e n mit der H a n d oder das E r l e g e n m i t d e m S p e e r ; a u c h A n g e l u n d N e t z w e r d e n schon seit den v o r g e s c h i c h t l i c h e n Z e i t e n v e r w e n d e t x ). D a der p r i m i t i v e M e n s c h keine E r k l ä r u n g d a f ü r h a t t e , d a ß e i n m a l ein reicher F a n g g e t a n w u r d e , ein a n d e r e s Mal d a g e g e n wieder ein M i ß e r f o l g e i n t r a t , k a m er zu d e m G l a u b e n , d a ß der erfolgreiche F i s c h f a n g auf Z a u b e r v o n Seiten des F . s b e r u h e b z w . ein M i ß e r f o l g auf einem G e g e n z a u b e r . V o r a l l e m m u ß t e er einen F i s c h f a n g , bei d e m sich die F i s c h e ins N e t z d r ä n g t e n , in Massen, die sein S t a u n e n erregten, der Z a u b e r e i des F . s zuschreiben. D a ß die F i s c h e d e m F. z u streben, ist f ü r ihn ein z a u b e r i s c h e r V o r g a n g , u n d der F. b r a u c h t Z a u b e r k r a f t (Orenda), u m sie a n z u l o c k e n . J e m e h r er d a v o n h a t , desto erfolgreicher w i r d er f. F ü r seine U m g e b u n g w i r d er v e r e h r u n g s w ü r d i g ; diese i h m z u g e s c h r i e b e n e Z a u b e r k r a f t m a c h t ihn t a b u ; d a h e r erscheint der F. bei d e n h e u t i g e n p r i m i t i v e n V ö l k e r n in vieler H i n s i c h t t a b u i e r t 2 ). V o n d e r a r t i g e n T a b u r e g e l n f i n d e n sich i m deutschen F.aberglauben begreiflicherweise nur m e h r s c h w e r e r k e n n b a r e S p u ren. U m diese Z a u b e r k r a f t z u steigern, b e o b a c h t e t der p r i m i t i v e F . v o r u n d w ä h r e n d des Fischfanges Keuschheit u n d F a s t e n . Die E r k l ä r u n g f ü r die g e forderte geschlechtliche E n t h a l t s a m k e i t l i e g t viel eher in d e m G l a u b e n an die Z a u b e r k r a f t der k u l t i s c h e n K e u s c h h e i t b e g r ü n d e t 3 ), als in der A n n a h m e , d a ß ihr B r u c h die F i s c h e b e l e i d i g e n k ö n n t e u n d sie sich n i c h t f a n g e n ließ e n *). Bei den T i e f k u l t u r v ö l k e r n ist die B e o b a c h t u n g der K e u s c h h e i t seitens des F.s selbst, a b e r a u c h der F . f r a u e n , o f t der g a n z e n F a m i l i e , ferner d a ß der F seine Fr;_u n i c h t einmal sehen darf 5 ), eine Vorbedingung für glücklichen Fischfang. D e m k a n n der G l a u b e zur Seite g e s t e l l t w e r d e n , d a ß kein G r i n d w a l f a n g g l ü c k e n kann, wenn Weiber a m Land stehen und
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z u s c h a u e n (Faröer). D i e E r k l ä r u n g , d a ß sich die Männer genierten, w e n n sie in ihren Manieren b e i m T o t s c h l a g e n der W a l e v o n den F r a u e n gesehen w u r d e n e ), e r f a ß t den u r s p r ü n g l i c h e n Sinn des F e r n h a l t e n s der F r a u e n n i c h t mehr. H i n t e r dieser innerlich u n m ö g l i c h e n E r k l ä r u n g k a n n m a n noch die p r i m i t i v e T a b u - V o r s c h r i f t , d a ß der F . v o n den W e i b e r n n i c h t gesehen w e r d e n darf, e r k e n n e n ; in ihr wird l e t z t e n E n d e s a u c h der G r u n d z u s u c h e n sein, d a ß in weiterer E n t w i c k l u n g der A n g a n g eines W e i b e s ü b e r h a u p t 7 ) als u n g ü n s t i g g i l t ; w e r e i n e m alten W e i b begegnet, f ä n g t n i c h t s m e h r ( W e n d e n ) 8 ). Gleich u n g ü n s t i g ist die B e g e g n u n g u n d die A n w e s e n h e i t eines Priesters (s. A n g a n g 1, 423). F . k e h r t e n n a c h H a u s e zur ü c k u n d g a b e n ihr V o r h a b e n a u f 9 ) . A u f den F a r ö e r n g l a u b t e m a n (1828), d a ß die F i s c h e sogleich u m k e h r e n , w e n n sie einen Priester v o r sich h a b e n 10 ). E i n F., der z u seinem B o o t g i n g und d a b e i e i n e m e v a n gelischen G e i s t l i c h e n b e g e g n e t e , s a g t e , lieber h ä t t e er den T e u f e l gesehen ( S c h o t t land) u ) . W ä h r e n d der A r b e i t d ü r f e n die F. d a s G e s p r ä c h n i c h t auf P f a r r e r u n d G e i s t l i c h e bringen, weil sonst der Seeh u n d die F i s c h e fressen w ü r d e 1 2 ). D a r a u s e r k l ä r e n sich die v e r s c h i e d e n e n S p r a c h v e r b o t e , d a ß die W o r t e G e i s t l i c h e r und K i r c h e v o n den F . n u n d S c h i f f e r n ü b e r haupt nicht ausgesprochen werden dürf e n ; w e n n n ö t i g greifen sie zu U m s c h r e i b u n g e n , w i e „ d e r M a n n mit d e m s c h w a r zen R o c k " f ü r den G e i s t l i c h e n und „ G l o c k e n h a u s " f ü r die K i r c h e (schottisch) oder „ s i d k o f t a " ( L a n g r o c k ) als U m s c h r e i b u n g f ü r den G e i s t l i c h e n in S c h w e d e n . D a s s e l b e gilt f ü r die F . der N o r m a n d i e . Diese S p r a c h v e r b o t e sieht L i e b r e c h t darin b e g r ü n d e t , d a ß m a n d u r c h N e n n u n g des G e i s t l i c h e n den Z o r n der Seegeister n i c h t erregen wollte, die das C h r i s t e n t u m u n d seine Geistlichen h a ß t e n , weil sie d a d u r c h u m die f r ü h e r e n O p f e r g e b r a c h t w u r den 1 3 ); doch d ü r f t e diese B e g r ü n d u n g n i c h t den u r s p r ü n g l i c h e n G r u n d f ü r den s c h l e c h t e n A n g a n g des Priesters ü b e r h a u p t a u f d e c k e n (s. Priester). V o n den T i e r e n v e r k ü n d e t eine a u f f l i e g e n d e E l s t e r einen b e u t e l o s e n T a g u ) .
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Gleich dem J ä g e r steigerte auch der F. seine Zauberkraft durch Fasten, wie es die heutigen primitiven F. einige Zeit vor dem Fischfang beobachten 1 5 ). Hierin mag das Eßverbot begründet sein, wenn die Kinder der F . oder die F.mädchen die Suter (den als Köder benützten Sandaal, Ammodytos Tobianus) an die Angel stecken; werden sie vom Hunger geplagt, so müssen sie beiseite gehen, um zu essen l e ). Die Fische würden nämlich sonst nicht anbeißen. Zur Vorbereitung auf den Fischfang gehört bei den Primitiven auch Schweigen. Die Ursache hierfür ist entweder in der Annahme zu suchen, daß Schweigen die Zauberkraft des F.s auf die anzulockenden Fische steigert, oder daß er die Fische, die auf den primitiven Menschen einen unheimlichen Eindruck machen (Hdw. 2, 1543 ff.), von seiner Absicht ablenken will. Vgl. in Irland darf weder gesungen noch gepfiffen werden 1 7 ). Ist in dem deutschen F.aberglauben davon nichts erhalten, so mag die auffallende Schweigsamkeit der F. bei der Arbeit vielleicht doch auch ein Rest jener Anschauung sein, daß man die Fische durch Sprechen nicht aufschrecken soll. Daß das F n . ein Heranzaubern durch den F. ist, beweisen zahlreiche Vorschriften, wie die Fische mit der Hand gefangen werden könnten. Ersfcheint uns der auch jetzt noch geübte Fang mit der Hand (so das Forellenkitzeln) 1 8 ) als bloße Geschicklichkeit, sah der primitive F. darin die Zauberkraft, durch die die Fische zur Hand desF.s hingeführt werden. Die Beobachtung der Wirkung gewisser Pflanzen mochte ihn bewogen haben, diese als Zaubermittel zu verwenden. Nach einer Sage (Böhmen) gibt eine Nixe einem F. auf dessen Bitte um reichen Fang den Rat, gewisse Blätter und Kräuter abzureißen und ins Wasser zu werfen 19 ). Ein anderes Mittel (ebenfalls aus Böhmen) lautet: Nimm Kreilenwurzel und Eisenkraut, lege solche in Honig einen Tag und eine Nacht, lege es hernach an die Sonne, lasse es wohl trocken werden, danach binde es an einen Faden, dann hänge es in einen Teich; alle Fische, die darinnen
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sind, kommen herbei, daß du sie mit den Händen greifen kannst. Wenn du dazu tust ein K r a u t , heißt Strödelwurzel und mit diesem Wurzel- und Kräuterwasser deine Hände schmierest, und solche in$ Wasser tust, so kommen alle Fische, die im Teiche sind, zu deinen Händen und saugen daran, wo du alsdann fangen kannst, soviel als dir gefallen *"). Baldrianwurzel bringt man in Kärnten mit den als Köder verwendeten Regenwürmern in Berührung, um besonders reichen Forellenfang zu erzielen 21 ). Die Fische kommen dem F. von selbst in die Hand, wenn er sich diese mit Nesselblatt und dem B l a t t von Hauswurz s a l b t 2 2 ) . Als Zauber für reichen F a n g wird auch die Opfer»· asche ins Wasser gestreut 2 3 ). Als die Asen in der Behausung Lokis das von diesem verfertigte Netz in der Asche des Herdfeuers finden, erblicken sie darin einen Fischzauber. Mangolts Fischbucch (Zürich 1557) enthält 30 solche Rezepte, die größtenteils auf Grund abergläubischer Anschauungen über Pflanzen und tierische S t o f f e zusammengestellt sind. So blähen die Blätter und die Frucht der Springwurz, ins Wasser geworfen und von den Fischen genossen, diese so auf, daß sie das Weiße der Unterseite zu oberst kehren und dann mit den Händen gefangen werden können (Nr. 30) u. a. Vgl. die noch jetzt geübte, aber behördlich verbotene Verwendung von ungebranntem K a l k in den Balkanländern 2 1 ). Erfolgt der F a n g mit der Angelrute, so werden die Fische mit dem Köder angelockt. Dieser ganz natürliche Vorgang schien ebenfalls auf zauberischer Beeinflussung der Fische zu beruhen und man suchte den Zauber des Köders auf mannigfache Weise zu erhöhen, so lautet (Fischbuoch Nr. 29) ein bewährtes Rezept: Man binde an die Angel ein nußgroßes Stück eines Gemisches aus Menschenblut, Gerstenmehl, mit Sauerteig gesäuertes weißes Brot und Unschlitt von einer Geiß. E s wird auf den Köder gespuckt, damit die Fische anbeißen, vielfach in deutschem Gebiet 2 5 ), auch in Pennsylvanien 2 β ) und Portugal 2 7 ). Über die Angel darf man nicht hinweg-
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s c h r e i t e n , s o n s t w i r d sie keine F i s c h e f a n g e n **). D e s g l e i c h e n , w e n n sich auf der A n g e l r u t e oder L e i n e eine Schlange z e i g t *·). N e t z e : D a ß die F i s c h e in diese g e h e n , s c h e i n t e b e n f a l l s auf Z a u b e r b e r u h e n d ; m a n s u c h t ihn z u s t e i g e r n ; so soll m a n ein w e n i g R o s e n b l ä t t e r , Senf, einen F u ß v o n einem W i e s e l hineinlegen (Fischbuoch N r . 29) oder in eine R e u s e ein G l ä s c h e n mit etwas Quecksilber und einem Stückc h e n eines in der N a c h t l e u c h t e n d e n H o l zes h ä n g e n , v e r s c h l o s s e n m i t W a c h s u n d H a r z (Nr. 27). D a s F i s c h g l ü c k k a n n e i n e m g l ü c k l i c h e n F . z u s a m m e n m i t der L e i n e oder d e m N e t z g e s t o h l e n w e r d e n , so w i r d v o n den K u r e n ( O s t p r e u ß e n ) a n das N e t z ein S t ü c k v o m S c h i f f s t a u eines g l ü c k lichen S c h i f f e s g e b u n d e n , oder es w i r d in der N a c h t a u s d e m N e t z eines g l ü c k l i c h e n F . s ein S t ü c k h e r a u s g e s c h n i t t e n , v e r b r a n n t u n d die A s c h e auf die eigenen Netze gestreut (Lokis Vorgehen). Oder m a n s c h n e i d e t die E n d e n des S c h l e p p n e t z e s w e g . D u r c h diesen S c h a d e n z a u b e r w i r d d e m B e s t o h l e n e n das F i s c h g l ü c k e n t z o g e n ; er s c h ü t z t sich d a v o r , w e n n er die b e s c h ä d i g t e S t e l l e mit der l i n k e n H a n d f l i c k t . D o r t n i m m t m a n in gleicher s c h ä digender Absicht, wenn man v o m N e t z n i c h t s e r w i s c h e n k a n n , R o h r oder S t r o h v o m D a c h e des g l ü c k l i c h e n F . s u n d r ä u c h e r t d a m i t die eigenen N e t z e . M a n s c h i e ß t d r e i m a l k r e u z w e i s e ü b e r sie. U m die W i r k u n g des bösen B l i c k e s n a c h geglücktem F a n g unwirksam zu machen, s t ö ß t m a n in der G e g e n d der K i e m e n ein Messer d u r c h den K o p f des L a c h s e s u n d l ä ß t die S p i t z e h e r a u s s e h e n 30 ). V g l . den V o l k s g l a u b e n der R u m ä n e n in der B u k o w i n a , w o n a c h sich die F i s c h e g e r n e in e i n e m N e t z f a n g e n lassen, w e n n es a u s gestohlenem Sommerhanf verfertigt ist 3 1 ). D a h e r müssen die N e t z e v o r s c h ä d lichem Gegenzauber sorgfältigst ges c h ü t z t w e r d e n , besonders v o r d e m bösen B l i c k , der n o c h h e u t e sehr g e f ü r c h t e t w i r d 32 ). Die K u r e n b e s t r e u e n die f e r t i g e n N e t z e m i t S a l z , d a m i t allen B ö s e n u n d H e x e n die A u g e n v e r s a l z e n w e r d e n . M a n r ä u c h e r t sie m i t a l l e r h a n d K r ä u t e r n u n d b e s p r i t z t sie m i t S c h l a n g e n w a s s e r ( d e m
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D e s t i l l a t eines S c h l a n g e n l e i b e s i m W a s ser). Sie b e k r e u z i g e n sie v o r d e m Geb r a u c h , u m den bösen B l i c k z u v e r m e i d e n u n d s t e l l t e n sie f r ü h e r n a c h t s aus. B e i m Netzaustragen vermeidet man an Brunnen u n d W a s s e r s c h ö p f e r n v o r b e i z u g e h e n . A u s A n g s t v o r B e h e x u n g der N e t z e darf b e i m ersten F a n g n i c h t s a u s d e m Hause geborgt werden; dadurch würde das Fischglück weggeborgt werden. K o m m t a b e r einer b o r g e n oder s t e h l e n , entwendet man ihm etwas Ahnliches. Die T ü r e m u ß an d i e s e m T a g e v e r s c h l o s s e n bleiben, es soll n i c h t g e f e g t w e r d e n oder d o c h der K e h r i c h t bis S o n n e n a u f g a n g im H a u s e liegen bleiben 33 ). K e h r i c h t ins N e t z g e l e g t , b r i n g t G l ü c k (Ostpreußen) 3 4 ). D a ß besonders g e g e n die N e t z e g e f ä h r licher Z a u b e r g e ü b t w u r d e , k a n n d a r a u s erschlossen w e r d e n , d a ß die c h r i s t l i c h e K i r c h e eine S e g n u n g der F . n e t z e v o r n i m m t ; m i t B e r u f u n g auf j e n e n w u n d e r b a r e n F i s c h f a n g i m N T . ( L u k . 5, 6) h e i ß t e s : non (rete) sinas (deus) a d v e r s a n t i u m a r t e a l i q u a inligari nec v e r b i s i n c a n t a n t i u m pessimis irretiri . . . . 35 ). D i e a b e r g l ä u b i s c h e B e d e u t u n g des F . n e t z e s e r s t r e c k t sich ü b e r das e i g e n t l i c h e G e b i e t des F i s c h f a n g e s h i n a u s , als D ä m o n e n a b w e h r e n d w i r d es in C h i n a v e r w e n d e t , w o die K i n d e r G ü r t e l a u s a l t e n z e r s c h n i t t e n e n F . n e t z e n t r a g e n ; a u c h die S ä n f t e einer s c h w a n g e r e n F r a u w i r d dam i t u m g e b e n als S c h u t z m i t t e l gegen böse E i n f l ü s s e . A l s A n a l o g i e z a u b e r w i r d in einigen G e g e n d e n R u ß l a n d s w e g e n der g r o ß e n A n z a h l der K n o t e n ü b e r die B r a u t im H o c h z e i t s k l e i d ein F . n e t z gew o r f e n . D e r B r ä u t i g a m u n d seine F r e u n d e t r a g e n S t ü c k e d a v o n i m G ü r t e l 36 ). G e g e n das A u s b l e i b e n der M e n s t r u a t i o n h i l f t ein S t ü c k v o n e i n e m F . n e t z u n d ein Z i p f e l v o n e i n e m M a n n s h e m d z u P u l v e r gebrannt und eingegeben (Grafschaft R u p pin u n d U m g e b u n g ) 37 ). U m den T o t e n zu b e s c h ä f t i g e n u n d seine R ü c k k e h r z u v e r hindern, g i b t m a n i h m ein N e t z mit, da er alle J a h r e nur einen K n o t e n a u f b r i n g t (Pommern) D a s F . n e t z spielt in den M ä r c h e n u n d S a g e n eine Rolle, da es die r ä t s e l a r t i g e B e d i n g u n g , w e d e r n a c k t noch b e k l e i d e t
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z u sein, e r f ü l l t 39 ), ein F . z i e h t im N e t z eine S c h a t z t r u h e herauf u ) ; er b r e i t e t seine N e t z e über ein G e b ü s c h , w o r a u f eine s c h ö n e J u n g f r a u d e m See e n t s t e i g t 4 1 ) . Gebete um Erfolg beim Fischfang: Daß das F i s c h e n ein Z a u b e r auf die F i s c h e ist, z e i g t ein a n t i k e s G e b e t u m g u t e n F i s c h f a n g , G e o p o n . 7, 20, 2 (die F i s c h e an einer S t e l l e z u s a m m e n b r i n g e n ebend o r t 4). C h r i s t l i c h e G e b e t e n e h m e n B e z u g auf die F i s c h f a n g e p i s o d e n i m N T . u n d sind m e i s t k o n t a m i n i e r t aus J o h . 21, 6 u n d L u k . 5, 4. M a n erinnert den hl. P e t r u s a n den w u n d e r b a r e n F i s c h f a n g oder w e n d e t sich an A n t o n i u s v o n P a d u a , eines seiner F i s c h w u n d e r zu w i r k e n 42 ). F e r n e r w i r d in zwei g r i e c h i s c h e n G e b e t e n εις λίμνην v o r e r s t die B i t t e a u s g e s p r o c h e n , d a ß der T e i c h , in d e m g e f i s c h t w e r d e n soll, eine reiche Menge v o n F i s c h e n liefern möge, d a ß z u g l e i c h a b e r die F i s c h e v o r N a c h s t e l l u n g e n des T e u f e l s u n d böser M e n s c h e n , vor Neid und Faszinationen geschützt w e r d e n sollen ( άπδ φί>άνου και ζήλου και κακών όφθ-αλμών). I m Μ Α . t r u g m a n das S a n c t u s auf P e r g a m e n t a u f g e z e i c h n e t bei sich, u m F i s c h g l ü c k z u h a b e n . Die K o n zile b e z e i c h n e n es als A b e r g l a u b e n , w e n n m a n J a S a b a o t h s a g t , u m eine g r o ß e M e n g e F i s c h e z u f a n g e n 43 ). D i e christliche L e h r e w a n d e l t e die einstigen z a u b e r i s c h e n F o r m e l n u m . Christliche G e b e t e begleiten die A r b e i t e n der F. auch heute noch. Der Schellfisch- und H u m m e r f a n g ist auf H e l g o l a n d als sehr w i c h t i g in das s o n n t ä g l i c h e G e b e t eingeschlossen. D a s A u s w e r f e n u n d W i e d e r e i n h o l e n der L e i n e n b e i m S c h e l l f i s c h f a n g g e s c h a h in a l t e r Z e i t u n t e r g e w i s s e n v o n G e s c h l e c h t zu G e s c h l e c h t v e r e r b t e n Geb e t s s p r ü c h e n u n d F o r m e l n , die v o n j e d e m F . treu b e w a h r t u n d heilig g e h a l t e n w u r den. B e v o r der A n k e r , an d e m die B o j e bef e s t i g t w a r , u m den A n f a n g der A n g e l leinen a n z u z e i g e n , fallen gelassen w u r d e , b e t e t e m a n : A n k e r m i t G o t t , k o m m wieder m i t g u t e m W e t t e r u n d g u t e m F a n g u n d g u t e m S c h u ß des T a u e s , mit k l a r e m Gesicht und g u t e m Verstand und behalt e n e m G u t , m i t h e i l e m T a u , frei v o m F e s t h a l t e n u n d v o n S e e s t e r n e n u n d frei v o n Menschen, m i t g e s u n d e r M a n n s c h a f t
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u n d g e s u n d h e i m . N a c h d e m der A n k e r g e f a l l e n w a r , rief der erste F . : D a g e h t er hin, — u n d der erste M a n n l ü f t e t e den H u t u n d b e t e t e : Herr, auf dein W o r t ! segne unser U n t e r n e h m e n ! U n t e r Geb e t s f o r m e l n e r f o l g t e a u c h das E i n h o l e n des A n k e r s . N a c h E i n h o l u n g aller L e i n e n l ü f t e t e der S c h i f f e r seinen H u t u n d s p r a c h : G o t t sei D a n k , h e u t e ! m o r g e n m e h r ! O d e r m o r g e n mehr u n d n i c h t w e n i g e r ! A h n l i c h e F o r m e l n bei der Schellf i s c h f ä n g e r e i a u c h auf N o r d e r n e y u n d Wangeroog. Ob derartige Gebetsformeln a u c h bei a n d e r e n A r t e n des F i s c h f a n g e s ü b l i c h waren, ist n i c h t b e k a n n t , nur einige g a n z alte F . h o b e n n o c h i m l e t z t e n J a h r h u n d e r t den S ü d w e s t e r m i t einer stillen A n r u f u n g , w e n n die N e t z e u n d L e i n e n gestellt w a r e n . B e i m D o r s c h f a n g s p r i c h t der Ä l t e s t e des B o o t e s b e i m E i n s e n k e n der A n g e l n , i n d e m er die M ü t z e a b n i m m t : T e D ö s c h , te D ö s c h ! D e lewe G o t t k e bescher ons j « d e m t i g e S c h o c k F ö s c h ! u n d sind die A n g e l n ins B o o t geh o b e n , s p r i c h t er wieder, i n d e m er d a s H a u p t e n t b l ö ß t : G o t t si D a n k for d e m w e d d e r e m F a n k ! (den wir w i e d e r g e m a c h t h a b e n ) 4 4 ) . Im N a m e n G o t t e s b e g i n n t m a n in O b e r ö s t e r r e i c h (Wels) 45 ). V g l . , a u c h in G r i e c h e n l a n d ist hie u n d da noch ein S e g e n s g e b e t ü b l i c h 4 e ). D e m A n r u f e n des N a m e n s G o t t e s ist gleich der F i s c h f a n g in des B i s c h o f s N a m e n 47 ). D a g e g e n f ä n g t der F . nichts, w e n n er ü b e r d e m F i s c h e flucht D o c h b e d e u t e t es G l ü c k , w e n n über ihn g e f l u c h t wird. S o h a l t e n die F. v o n W e r r o s c h e n es f ü r g l ü c k b r i n g e n d , w e n n a n d e r e ihnen n a c h f l u c h e n . D a h e r s u c h e n sie S t r e i t m i t j e m a n d e m v o n der F a m i l i e u n d reizen besonders die H a u s f r a u e n (vgl. dasselbe in E n g l a n d , w o m a n die H a u s f r a u e n d u r c h p r ü g e l t ) 4e ). W e r z u m F i s c h e n a u s z i e h t , d e m soll m a n einen Besen n a c h w e r f e n ( W e n d e n ) 50 ). V g l . , d a ß a u c h d e m a u s z i e h e n d e n J ä g e r Böses gew ü n s c h t w e r d e n soll (allgemein) 6 1 ). Zu bestimmten Tagen und Zeiten (Tagewählerei) darf n i c h t g e f i s c h t w e r d e n 52 ), so n i c h t an F r e i t a g e n auf der F i n k e n w ä r der Elbinsel, w o dies U n g l ü c k b r i n g t 63 ), e b e n s o n i c h t in der N a c h t v o n D o n n e r s t a g auf F r e i t a g . A l s L e u t e dies d e n n o c h
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Fischer, fischen
t a t e n , e r h o b sich ein g e w a l t i g e r S t u r m 6 1 ) . D a g e g e n g e h t m a n in P e n n s y l v a n i e n a m K a r f r e i t a g z u m e r s t e n m a l f., in Freiburg am Gründonnerstag, Karfreitag55), a m H i m m e l f a h r t s t a g in K a i s e r s l a u t e r n 56 ). D i e christliche L e h r e v o n der S o n n t a g s h e i l i g u n g spielt mit, w e n n das F i s c h e n a m S o n n t a g sehr h ä u f i g S ü n d e ist, so in Oberösterreich 5 7 ), ferner in d e r K a s c h u b e i . G o t t b e s t r a f t n ä m l i c h den S o n n t a g s - F . , u n d s c h o n g a r m a n c h e r h a t s t a t t eines F i s c h e s eine S c h l a n g e (Teufel) g e f a n g e n . W e r d e n Fische dennoch a m Sonntag gefangen, müssen sie noch a m selben T a g e gegessen werdenM). Wenn Sonntags unbedingt g e f i s c h t w e r d e n m u ß , d a n n soll in der W o c h e einmal k ü r z e r g e a r b e i t e t w e r d e n , s o n s t h a t m a n kein G l ü c k (Wels) M ). W e n n F i s c h e S o n n t a g s w ä h r e n d der hl. W a n d l u n g g e f a n g e n w e r d e n , so v e r s c h w i n d e t diese g a n z e A r t aus den Gewässern, so die W e l s e (auch die K r e b s e ) a u s d e m W e i t s e e e o ) . A u c h m i t t a g s soll n i c h t g e f i s c h t w e r d e n , es k ö n n t e der W a s s e r m a n n als g r o ß e r K a r p f e n g e f i s c h t werdenel). Während eines Gewitters g e h e n F i s c h e z w a r gerne ins G a r n , a b e r es ist g e f ä h r l i c h 62 ). A m J o h a n n i s t a g w o l len die F . a n der S p r e e u n d O d e r n i c h t e i n m a l einen R e t t u n g s v e r s u c h m a c h e n , da sie n i c h t ihr L e b e n e i n b ü ß e n wollen. In m a n c h e n G e g e n d e n d e h n e n sich diese V e r b o t e a u c h auf die T a g e v o r u n d n a c h J o h a n n i u n d den P e t e r s t a g (29. J u n i ) a u s 6 3 ) . A n diesem T a g e w u r d e in v i e l e n L ä n d e r n , d a r u n t e r f r ü h e r a u c h in E n g l a n d , v o n der A r b e i t gefeiert. D e n n teilweise h e i ß t es, daß, w e r an diesem T a g h i n a u s f ä h r t , n i e m a l s m e h r G l ü c k h a b e n oder den größten Gefahren entgegengehen w ü r d e 61 ). E b e n s o n i c h t an d e n F r a u e n t a g e n (Wels) e 5 ). A n e i n e m b e s t i m m t e n T a g des J a h r e s v e r l a n g t die S a a l n i x e ihr O p f e r ; daher unterlassen es d a n n die F., ihr G e w e r b e a u s z u ü b e n 6 6 ) . D a g e g e n soll n a c h d e m F . g l a u b e n auf R ü g e n in den hl. N ä c h t e n v o r Ostern, P f i n g s t e n und H i m m e l f a h r t die g a n z e N a c h t d u r c h g e a r b e i t e t w e r d e n , weil der F i s c h f a n g zu keiner a n deren Zeit g e s e g n e t e r sei 67 ). A n d e r e r s e i t s w e r f e n die F. a m R a n d e der Ostsee die N e t z e niemals z w i s c h e n A l l e r h e i l i g e n u n d
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Martini aus, in der F u r c h t , sie w ü r d e n das g a n z e J a h r kein G l ü c k h a b e n , e b e n s o f a h ren sie n i c h t a m B l a s i u s t a g 6 8 ) . Die N e t z e müssen bei z u n e h m e n d e m M o n d einger i c h t e t w e r d e n u n d z w a r , w e n n Fisch, Z w i l l i n g , J u n g f r a u u n d W a s s e r m a n n regieren. A m s t r e n g s t e n m u ß m a n dies bei der L a c h s f ä n g e r e i h a n d h a b e n u n d auf k e i n e n Fall die F.ei an e i n e m K r e b s t a g b e g i n n e n β ί ). A u c h a n b e s t i m m t e n S t e l l e n darf n i c h t g e f i s c h t w e r d e n , es l a s t e t auf ihnen ein T a b u . Die Ü b e r t r e t u n g dieses V e r b o t e s u n d die f o l g e n d e B e s t r a f u n g ist das M o t i v z a h l r e i c h e r S a g e n . Bei einem solchen F i s c h z u g w i r d ein R i e s e n f i s c h g e f a n g e n , doch v e r h i n d e r t eine g e h e i m n i s v o l l e S t i m me oder ein S t u r m dessen A b t r a n s p o r t ( P u c h i m in M e c k l e n b u r g 70) u. a. a. O r t e n ) . E i n solches V e r b o t m a g a u c h der S a g e z u g r u n d e liegen, w o n a c h n i e m a n d a u s d e m L i e g n i t z e r See ( L u n g a u , Österreich) F i s c h e f a n g e n k o n n t e , weil es g e b a n n t e Geister w a r e n 7 1 ). V g l . , d a ß m a n in e i n e m gewissen T e i c h L a k o n i e n s , der d e m N e p t u n heilig w a r , n i c h t z u f. w a g t e , a u s A n g s t , in einen gewissen F i s c h v e r w a n d e l t zu w e r d e n ( P a u s a n i a s c. 21). V e r t r e i b e n der F i s c h e : Ist erfolgreiches F i s c h e n ein H e r b e i l o c k e n der Fische d u r c h den Z a u b e r des F.s, so k ö n n e n d u r c h einen G e g e n z a u b e r die F i s c h e v e r t r i e b e n werden. D a z u w e r d e n R u t e und Besen, die gewöhnlichen Zaubermittel, verwendet; die Heringe w u r d e n m i t R u t e n gestrichen, w e s h a l b sie seit 1580 v o n H e l g o l a n d v e r s c h w u n d e n s i n d ; n a c h einer a n d e r e n S a g e n version w u r d e n sie m i t d e m Besen w e g g e f e g t 7 3 ) . Ins M o r a l i s c h - P o l i t i s c h e u m g e w e r tet ist die S a g e v o m V e r s c h w i n d e n der Heringe, w e n n die O b r i g k e i t d u r c h die K r i e g e mit den H e l g o l ä n d e r n sie a u s den S t r ö m e n z w i s c h e n den H a l l i g e n v e r t r i e b e n h a b e n soll 7 3 ). V o n der M ü n d u n g der S c h l e i v e r t r e i b t eine M a g d die D o r s c h e , da sie einem g r o ß e n einen S p i e ß d u r c h b e i d e A u g e n t r e i b t und ihn mit der B i t t e , nie wieder zu k o m m e n ins Meer w i r f t 74 ). D a ß F i s c h e mit P e i t s c h e n v e r t r i e b e n w e r d e n , zeigt a u c h eine B e s t i m m u n g i m W e i s t u m v o n C r ö v (bei Zell an der Mosel), w o n a c h ein F u h r m a n n v o r d e m D u r c h q u e r e n
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Fischer, fischen
eines F l u s s e s auf einer F u r t m i t der Geißel d r e i m a l in den B a c h s c h l a g e n soll; w e n n er d a s n i c h t t u t u n d seine P f e r d e einen F i s c h t o t t r e t e n , so h a t er sein b e s t e s P f e r d als B u ß e v e r w i r k t 7 5 ) . V g l . d a m i t den f r a n z . F . g l a u b e n , d a ß die merles v e r s c h w i n d e n , weil ein F . einen solchen d u r c h p e i t s c h t e u n d ins Meer w a r f , f e r n e r d e n s c h o t t . , w o n a c h H e x e n die H e r i n g e aus der irischen B u c h t v o n D o n e g a l w e g z a u b e r t e n 7 e ). W i e F r e m d e d u r c h den b ö s e n B l i c k das F i s c h g l ü c k s c h ä d i g e n , so darf der F . selbst b e i m A n g e l n n i c h t die F i s c h e z ä h l e n , s o n s t f ä n g t er k e i n e m e h r " ) . D a h e r darf m a n a u c h n i e m a n d e m sagen, w i e v i e l m a n g e f a n g e n h a t , sondern m u ß i m m e r weniger a n g e b e n , s o n s t h a t m a n kein G l ü c k m e h r ( P o m m e r n , S c h w e d e n ) 7 8 ) . M a n darf den ersten F i s c h n i c h t v e r s c h e n k e n , der bedeutet großes Glück (Hotzenplatz, Schlesien) 7e ). E r f o r s c h u n g des F i s c h g l ü c k e s : G l ü c k beim Fischen a m folgenden T a g bedeutet es, w e n n der F . s e l b s t v o n H o l z u n d besonders v o n H o l z k l o b e n t r ä u m t dagegen U n g l ü c k für j e m a n d anderen, wenn er i m T r a u m F i s c h e f ä n g t 8 1 ) . W e n n er a b e r i m T r a u m g r o ß e F i s c h e f ä n g t , z e i g t dies G l ü c k a n 8 2 ) (vgl. e b e n s o in der A n tike) 8S ). N i e s e n a m W e i h n a c h t s a b e n d ist ein g u t e s V o r z e i c h e n f ü r den F i s c h f a n g des f o l g e n d e n J a h r e s ( F r a n k r e i c h ) 8 4 ) . D e r bisher b e h a n d e l t e A b e r g l a u b e bildet insofern eine engere G r u p p e , als der F. durch A u s ü b u n g zauberischer Riten u n d B e a c h t u n g gewisser R e g e l n sich das Fischglück zu sichern h o f f t . E i n e w e i t e r e G r u p p e s c h l i e ß t sich zus a m m e n , bei der der F. auf Geister, w i e Fisch- und Wassergeister Bezug nimmt. A n diese w e n d e t er sich bei seiner A r b e i t , sie s u c h t er g n ä d i g z u s t i m m e n , z u v e r söhnen, i h n e n b r i n g t er V e r e h r u n g e n t g e g e n u n d r i c h t e t i h n e n O p f e r ein. W ä h rend die e r s t e r e G r u p p e noch in der älteren, p r ä d e i s t i s c h e n R e l i g i o n s e n t w i c k ^ l u n g w u r z e l t , stellt die l e t z t e r e eine weitere, j ü n g e r e S t u f e m i t G e i s t e r n u n d G ö t tern (deistisch) dar. H i e h e r g e h ö r e n die O p f e r z u B e g i n n des F i s c h f a n g e s ; da der F. a u c h S c h i f f e r sein
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m u ß , ist d a s v o m F . d a r g e b r a c h t e O p f e r o f t a u c h als ein solches u m g u t e F a h r t a u f z u f a s s e n . Die F . o p f e r n den ersten gef a n g e n e n F i s c h , so in der A n t i k e die B ö o t i e r g r o ß e A a l e , besonders d e m N e p t u n . A u s d e m O p f e r an d e n F . g o t t w i r d ein solches an den F . h e i l i g e n ; so o p f e r t e m a n i m 15. u n d 16. J h . d e m hl. U l r i c h in D e u t s c h l a n d einen H e c h t u n d einen K a r p f e n . In weiterer E n t w i c k l u n g w i r d d a r a u s die S p e n d e a n d e n G e i s t l i c h e n a m S i t z des Heiligen ( B a s t i a auf K o r s i k a , f e r n e r in einigen H ä f e n O s t e n g l a n d s ) 85 ). D e r E r t r a g des S t r a l a u e r F i s c h z u g e s geh ö r t e einst d e m G e i s t l i c h e n 8e ). D a der F . d u r c h seine T ä t i g k e i t s t ä n d i g a u s d e m B e s i t z der W a s s e r g e i s t e r e n t n i m m t , k ö n nen diese i h m f e i n d l i c h sein; er w i r d v o r d e m S a a l h u n d bei der A u s f a h r t ges c h ü t z t , w e n n schon in seine W i e g e ein Stück von einem F.boot gelegt wird (Hiddense) 87 ). A m b e s t e n k o m m t der F. w e g , w e n n ihn der W a s s e r g e i s t nur n e c k t , i n d e m er in d e n N e t z e n d e n L ä r m v i e l e r F i s c h e m a c h t , sie z e r r e i ß t u n d ihn d u r c h ein L a c h e n v e r h ö h n t ®). D i e N e t z e w e r d e n bei e i n e m N a c h t f i s c h e n m e h r m a l s in die See h i n a u s g e w o r f e n , u n d der P o p a n z v e r h i n d e r t j e d e A r b e i t bis z u m A n b r u c h des T a g e s 8 9 ) . V g l . den a n t i k e n X i p h i a s , der die N e t z e z e r r e i ß t ·°). D e r F . w i r d w e g e n B e u n r u h i g u n g der F i s c h e m i t L ä h m u n g b e s t r a f t 9 1 ). V g l . das O p f e r a n d e n W a s s e r m a n n bei d e n O s t s l a v e n , b e s t e h e n d in z w e i bis drei kleinen F i s c h e n , B r o t k r ü m c h e n , einem G e s c h i r r m i t e t w a s W e i n r e s t e n u n d einer P r i s e T a b a k . D a er d e n F . n die F i s c h e in die N e t z e treibt, aber a u c h e n t s c h l ü p f e n l ä ß t , m u ß er bei B e g i n n der F a h r t b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n 92 ). Die S t e l l u n g der W a s s e r g e i s t e r n i m m t der T e u f e l ein u n d ist w i e j e n e teils f r e u n d lich, teils f e i n d l i c h g e s i n n t . H i e f ü r g i b t es z a h l r e i c h e F . s a g e n , so v e r s p r i c h t er, in einen g r ü n e n R o c k g e k l e i d e t , e i n e m F.sohn die L i e f e r u n g der s c h ö n s t e n F i s c h e f ü r den K ö n i g s t i s c h u m das E i g e n t u m , das er z u H a u s e v e r b o r g e n h a t (sein n o c h u n g e b o r e n e s K i n d ) 93 ). A l s f r e m d e r F . m i t nur einer H a n d b e g e g n e t er i m E i n b a u m f a h r e n d den M o n d s e e - F . n (Oberösterreich) M ) . A l s F i s c h v o n der G r ö ß e eines
Fischer, f i s c h e n
1561 Menschen und mit Moos bewachsen,
wird
er g e f a n g e n , d e r F . ist a m n ä c h s t e n M o r g e n tot
(Osterode)8ä).
Ein
schwarzer
Kerl
wird g e f a n g e n und w ä l z t sich wieder ins M e e r *·). I n G e s t a l t e i n e s F . s e r s c h e i n t d e r Seehirt guten des
und
Teufels
Freund rief
gibt
Ratw).
bei
der
man
einem
Vgl. den
F.
ihn
die
Kuren,
auftritt; mit
Bauern
einen
besondere wo
zum
einer
Rolle er
als
Lachsfang
Beschwörungs-
f o r m e l , in der er P e t e r oder Christof
ge-
h e i ß e n wurde, herbei u n d s c h i c k t e ihn z u r rechten
Zeit
Entwirren beim ihn
wieder
der
Flicken. trug
weg.
Er
gebrauchten Gegen
man
half
beim
Netze
Schädigung
sogenannte
oder durch
Qaitschen-
E b e r e s c h e n bei s i c h u n d b a n d sie v o r
Be-
ginn des Fischzuges an die Netze. Gefährlich ist der T e u f e l menschlicher
d o r t , w e n n er n i c h t
G e s t a l t erscheint, so
in
nahm
er e i n m a l als S e e h u n d einen F . in die T i e f e mit98). D e m F. stellen W a s s e r j u n g f r a u e n aus vom
Liebe
nach.
Die
zahlreichen
Sagen
F., der ins W a s s e r v o n einer
gezogen
wurde
(Goethes
sich mit
den Schiffersagen
F.),
haltes. Ein F., kundig der
Nixe
berühren
gleichen
In-
Fischsprache,
v e r n a h m bei der A r b e i t eine S t i m m e ,
und
a m n ä c h s t e n M o r g e n w a r er in die T i e f e g e z o g e n . In M o n d s c h e i n n ä c h t e n will m a n ihn, v o n Fischen u m g a u k e l t ,
schwimmen
sehen (Eifel) " ) . W i r d der F. v e r w u n s c h e n , so t r e i b t er sein U n w e s e n a u f d e m W a s s e r , so als Geist auf d e m R h e i n
10°);
als feu-
riger F . n e c k t er die B e r u f s g e n o s s e n dem Bodensee
101).
V e r w u n s c h e n e erlösen durch und K u ß
102);
mißlungen
auf
Der F. kann aber auch Umarmung
f l u c h t er, i s t d i e
Erlösung
103).
E i n e s y s t e m a t i s c h e D a r s t e l l u n g des deutschen F . a b e r g l a u b e n s besteht noch n i c h t ; es w u r d e i h m bisher in der v o l k s k u n d l i c h e n L i teratur wenig Beachtung geschenkt: P. S e billot Le Folk-Lore des Picheurs, Paris 1901, behandelt den französischen, zieht a b e r zur V e r g l e i c h u n g a u c h den deutschen heran. *) S t e i n h a u s e n German. Kultur 4 f f . ; D e t s . Kulturgeschichte 1, 31 f f . ; Hoops Reallex. 1, 85; H e y n e Nahrung 248 f f . ; N o r d e n Die german. Urgeschichte 2 294 f f . ; M. u. A . H a b e r l a n d t Die Völker Europas und ihre volkstümliche Kultur 317 f f . 2 S a r t o r i Sitte 2, 162 f f . ) Frazer 2, 190 f f . ') F e h t i e Keuschheit 40; B a y H f t e 5 2, 261. 264. *) F r a z e r a. a. O. ) E b d .
1562
·) Z f V k . 3, 289; S a r t o r i Sitte 2, 162. ') F o g e l Pennsylvania 1 1 2 N r . 486; 265 N r . 1378; S a r t ο r i Sitte a. a. O. «) S c h u l e n b u r g 1 1 4 . ·) G r i m m Myth. 2,938. 10) H e c k s c h e r 348. »») S 6 b i l l o t 179. l2) F r i s c h b i e r Hexenspr. 158. » ) L i e b r e c h t Zur Volksk. 359; F r a z e r a . a . O. 2, 392 f f . ( S h e t l a n d ) ; S a r t o r i Sitte 2, 160; L a s c h S. A . M i t t h . d. A n t h r o p o l o g . - G e s . in Wien 37 (1907), 14 f f . ") K o h l r u s c h Sagen 339. IS ) F r a z e r 2, 190 f f . ; F e h r 1 e Keuschheit 69; B a y H f t e 2 , 1 7 1 f f . " ) F r i s c h b i e r Hexenspr. 1 5 7 . " ) F r a z e r a . a . O . 2, 190 f f . ; S 6 b i l l o t 226. ») Α . H a b e r l a n d t 318. >·) G r o h m a n n 139. a ) J o h n Westböhmen 314. ! 1 ) S ö h n s Pflanzen 138. 2i) W i t z s c h e l Thüringen 2, 287. 23) Ρ r ä t ο r i u s Deliciae pruss. 22. S1 ) A . H a b e r l a n d t 319. 2 t ) S e l i g m a n n Blick 2, 210; L i e b r e c h t Zur Volksk. 32. 2«) F o g e l Pennsylvania 265 N r . 1379. " ) U r t e 1 Portugal 7 1 . a ) U r q u e l l 4, 1 1 7 ; S f e b i l l o t 87 M) F o g e l (Griechenland). Pennsylvania 265 Nr. 1380. " ) G l o b u s 75, 148 f f . ; 82, 236 f f . 31 ) Z f ö V k . 3, 373 N r . 458. ") S e 1 i g m a η η Blick 1 , 2 1 8 . 33 ) G l o b u s a. a. Ο. 31 ) W u t t k e 35 453· ) F r a n z Benediktionen 1, 624 f f . 3«) S e 1 i g m a η η Blick 2, 228 f f . " ) Z f V k . 7, 291 f f . " ) K n o o p Hinterpommern 164. 3») Mitra. Z f M y t h e n f o r s c h . 1, 166 ff. 10 ) Panz e r Beitrag 1, 73; H m t g . 5 , 1 5 4 . " ) B a r t s c h Mecklenburg 1, 269; Z f V k . 7, 125. **) Ρ r a d e 1 4S ) Gebete 5 1 ; Sebillot 206. F r a n z Benediktionen 1, 624; Sebillot 208. ") S i e b s Helgoland 78 f f . ; F r i s c h b i e r 4ä Hexenspr. 157. ) M ü n d l . *·) F r a n z Benediktionen a . a . O . 4 ') H e y l Tirol 129 N r . 18. ") F o g e l Pennsylvania 265 N r . 1381. **) S e b i l l o t 173ft.; B o e d e r Ehsten 90 f f . ; S a r t o r i Sitte 2, 162. a ) S c h u l e n b u r g 114. " ) S t r a c k e r j a n 1,47; S a r t o r i Sitte 2, 164. M ) F r i s c h b i e r Hexenspr. 157; T e t t a u u. T e m m e 277 f f . ; Β ο e c 1 e r Ehsten 9 1 ; M i t t h . d. A n thropol. Ges. in W i e n 6, 30. ·*) S c h e i d t u. W r i e d e Finkenwärder 52. M ) K u h n Westfalen 1, 321 N r . 367. " ) F o g e l Pennsylvania 266 N r . 1 3 7 7 . " ) E b d . 265 N r . 1377. " ) Mündl. M ) S e e f r i e d - G u l g o w s k i 101. 5 i ) M ü n d l . *°) S e e f r i e d Gulgowski a . a. Ο. " ) Μ e i c h e Sagen N r . 116. 502. es ) M ü l l e n h o f f Sagen 63) R e i n s b e r g Nr. i r 6 . Festfahr 240. M) S e b i l l o t 165. « ) Mündl. ··) E i s e l Voigtland 31 N r . 62. ·') H e c k s c h e r 368. «) S e b i l l o t 168. ·») G l o b u s a . a . O . ; W u t t k e 453. ,0 ) K u h n u. S c h w a r t z 28 N r . 35. , l ) Z f ö V k . 31, 128. '*) S i e b s Helgoland 92. '*) M ü l l e n h o f f Sagen 135. '*) E b d . 136. " ) K ü n s s b e r g Bauernweistümer 98. '·) S e b i l l o t 160. " ) B a r t s c h Mecklenburg 2, r8o; Urquell 6, 10 ff. ™) S e b i l l o t 214. " ) Z f ö V k . 32, 92. M ) R o g a s . F a m i l i e n b l . 2, 48. 81 ) S t r a c k e r j a n 2 , n o N r . 405; W i t z s c h e l Thüringen 2, 286. ea ) Z f ö V k . 32, 92.
1563
Fischer, fischen
··) A r t e m i d o r Traumbuch 107, 18 (Hercher). ·*) S f e b i l l o t 77. «) Ebd. 116 ff. ") NdZfVk. 6, 44 ff. ·') H e c k s c h e r 381 Anm. 268. ™) W a i b e l u. F 1 a m m i, 256. »·) Urquell 4, 255. ") S e b i 11 ο t 116. n) Niderberger Unterwaiden 1, 31. >a ") Z e l e n i n 77 ff. 389. j Β ir1 iηge r Volkst. 1, 344 ff.; v. L e y e η Sagenbuch 1, 201. Hmtg. 5, 155. »5) P r o h i e Harz 75.
M)
*·) K u h n Westfalen 323 zu Nr. 362; S c h a m b a c h u. M ü l l e r Nr. 87. »') Κ ü h η a ι. Sag. ι, 578 ff.«) Globus 82, 236. »») S c h m i t z Eifel
78.
10°)
Κ ο h 1 r u s c h 260.
b e i u. F l a m m
1, 73.
Mi)
101)
W ai-
NdZfVk. 6, 97;
Haas Pommersche Sagen Nr. ι03) S c h n i p p e l Ostd.Vh. 150.
30.
180.
2. F . s t e c h e η 104 ). Gleich d e m B a u e r u n d d e m H i r t e n e n t w i c k e l t e a u c h der F . einen eigenen L e b e n s k r e i s , der v o n v o l k s tümlicher Glaubensgestaltung erfüllt und s t a r k b e e i n f l u ß t ist. W i e in der a g r a r i s c h e n R e l i g i o n die F r u c h t b a r m a c h u n g der E r d e d e n I n h a l t der F r ü h l i n g s f e s t e bildet, so s u c h t der F . a m B e g i n n seines A r b e i t s jahres den erwünschten E r t r a g dadurch g ü n s t i g z u beeinflussen, d a ß er einen reichen F i s c h z u g t u t . Dieser A n a l o g i e z a u b e r w u r d e in d e m F . s t e c h e n v o l l z o g e n . E i n solches b e s t a n d i m w e s e n t l i c h e n darin, d a ß z w e i F . auf zwei v e r s c h i e d e n e n B06t e n sich m i t e i n e m g e g e n V e r l e t z u n g ges i c h e r t e n S p e e r ins W a s s e r zu s t o ß e n v e r s u c h t e n . „ D a s F . s t e c h e n ist n i c h t s a n d e r e s als eine s c h e r z h a f t e u r s p r ü n g l i c h a b e r als F a n g g l ü c k bringender Zauber betracht e t e N a c h a h m u n g des F . s t e c h e n s m i t der H a r p u n e " (Eisler). Ist i m F . s t e c h e n das M e n s c h e n f i s c h e n als Z a u b e r b r a u c h g e ü b t , so ist a u c h der m i t i h m o f t als z w e i t e r T e i l g e ü b t e S e i l s p r u n g u n d das G ä n s e r e i ß e n ein N a c h a h m u n g s z a u b e r . Dieses w u r d e n i c h t ü b e r a l l u n d a u c h n i c h t bei j e d e m F . s t e c h e n a u s g e f ü h r t . E s sollte dam i t d a s „ S c h n a p p e n u n d B e i ß e n des F i s c h e s f ü r den k o m m e n d e n F a n g " darg e s t e l l t w e r d e n . D a s Seil stellt die L e i n e oder L e g e s c h n u r dar, die G a n s ( W u r s t , A a l , Geld) den K ö d e r , b z w . K ö d e r f i s c h , u n d der s e i l s p r i n g e n d e F., den n a c h d e m K ö d e r s c h n a p p e n d e n , s p r i n g e n d e n u n d anb e i ß e n d e n F i s c h dar. D u r c h das F . s t e c h e n u n d S e i l s p r i n g e n h o f f e n die F . oder h o f f t e n doch einst in g r a u e r V o r z e i t n a c h d e n d e m p r i m i t i v e n D e n k e n tiefeingew u r z e l t e n G r u n d s ä t z e n des N a c h a h m u n g s -
1564
z a u b e r s , d a s J a h r h i n d u r c h reicheren F a n g zu erzielen (Eisler). W i e der Z a u b e r umgedeutet und z u m derben U l k wird, z e i g t der bis in die l e t z t e Z e i t g e ü b t e N ä s l i n g f a n g d u r c h die F . i n n u n g v o n E f e r d i n g (Oberösterreich). A m H a u p t f i s c h t a g e suchen sich die F . a u s z w e i g e g n e r i s c h e n B o o t e n ins W a s s e r z u s t o ß e n . M a n ist b e r e c h t i g t , darin den l e t z t e n R e s t eines e h e m a l i g e n F . s t e c h e n s oder eines ä h n l i c h e n B r a u c h e s z u sehen 1 0 5 ). Fischzugfest-F.prozession. Verschieden n a c h der Z e i t f i n d e n a n v e r s c h i e d e n e n O r t e n F. u m ζ ü g e s t a t t , v o r a l l e m zu F a s t n a c h t , a m S o n n t a g L ä t a r e in E r m a t i n g e n die s o g e n a n n t e G r o p p e n f a s t n a c h t . D i e F . g i l d e f ä h r t auf e i n e m m i t N e t z e n beh a n g e n e n W a g e n d u r c h das Dorf ( S c h i f f s w a g e n ) u n d s u c h t m i t d e n N e t z e n die M ä d c h e n e i n z u f a n g e n l 0 6 ). Man k a n n hier einen l e t z t e n R e s t des z u r F a s t n a c h t unterhaltung gewordenen Nachahmungsz a u b e r s sehen. D i e F i n k e n w ä r d e r F. f e i e r n z w a r kein F e s t , a b e r sie f a h r e n erst um F a s t n a c h t z u m erstenmal aus107). (Vgl. in der N a c h t auf Maria V e r k ü n d i g u n g , e i n e m F r ü h l i n g s t e r m i n , die estnischen S t r a n d - F . ) 1 0 8 ) . A n m a n c h e n O r t e n wird i m F r ü h l i n g die F . k i r b e gefeiert, a m z w e i t e n P f i n g s t t a g an allen O r t e n a m Ü b e r l i n g e r see 1 0 '). In S t r a l a u bei B e r l i n f i n d e t seit 1923 w i e d e r erneuert a m B a r t h o l o m ä u s t a g der F i s c h z u g s t a t t . D a b e i m a r s c h i e r e n die T e i l n e h m e r a m f r ü h e n Morgen, h e u t e unter B e g l e i t u n g einer M u s i k k a p e l l e , z u m F l u ß u n d t u n f ü n f Z ü g e 1 1 0 ). D e r N a s e n f a n g in der G l a t t g i n g u n t e r g r o ß e r B e t e i l i g u n g v o r sich, w o b e i z u r F r e u d e n b e z e u g u n g Mörserschüsse a b g e g e b e n w u r den l u ) . E b e n f a l l s a m B a r t h o l o m ä u s t a g f i n d e t in M e m m i n g e n ein F . t a g s t a t t l l z ) . Der u r s p r ü n g l i c h e Sinn dieser A u f z ü g e ist n i c h t s o f o r t klar, sie erscheinen, w o sie h e u t e n o c h g e f ü h r t w e r d e n , als w e l t l i c h e V e r a n s t a l t u n g e n eines F . v e r e i n e s . S o w e i t sich a u s diesen h e u t e u m g e w e r t e t e n F . u m z ü g e n S c h l ü s s e ziehen lassen, sind sie nur eine a n d e r e G e s t a l t u n g des a u c h d e m F.stechen zugrunde liegenden Nachahm u n g s z a u b e r s , der einst z u B e g i n n des F i s c h f a n g e s e r f o l g t e (in E r m a t i n g e n suc h e n die F . die M ä d c h e n m i t N e t z e n ein-
1565
Fischer, fischen
zufangen). Wenn in Stralau, einem Ort mit protestantischer B e v ö l k e r u n g , a m 24. A u g u s t , dem Fest des hl. Bartholomäus, ein Fischzugfest gehalten wurde, so war der E r f o l g dieser Züge einst v o n Vorbedeutung f ü r den folgenden Fischf a n g . Die F . treten dabei als Genossenschaft, Z u n f t oder Gilde auf 1 1 3 ) . Vgl. die F.prozessionen am Peterstag (29. J u n i ) in Flandern und in der Bretagne, bei denen das Meer und die auf F i s c h f a n g ausziehenden B o o t e gesegnet werden. Der angeblich unabsichtlichen Versenkung der S t a t u e des F.patrones, des hl. Petrus, in R u m p s t , die von den F . n herausgefischt wird und wodurch der F . den E r t r a g des Fanges noch zu steigern h o f f t U 4 ) , ist auf deutschem Gebiet keine Parallele an die Seite zu stellen. Der Protestantismus dürfte hier mit mancherlei Altertümlichem a u f g e r ä u m t haben. Aüsführliches über das Fischen der F.gottheit s. Eisler (a. a. 0 . ) . Bei den Fischzugfesten treten wie andere Handwerker und B e r u f e auch die F . knechte als Gabensammler auf (Köpenick) l l s ) . In Stralau ziehen sie mit einem an einer S t a n g e befestigten bunt geschmückten Schiff gabensammelnd umh e r 1 1 8 ) , oder sie erhalten, was am frühen Morgen gefangen worden war 1 1 7 ) . 104
) Im Anschluß an die grundlegende Arbeit von Ε i s 1 e r BayHfte 1, 20g ff.; 2, 73 ff.; S e p p Religion 240 ff.; R e i n s b e r g Festjahr 275; S a r t o r i Sitte 2, 163; B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 144 (Augsburg); ebd. 2, 132. 139; Volksth. 2, 245 (Ulm); R e h m Feste 68, 70; S o m m e r Sagen 159 (Halle). »«) Hmtg. 2, 1 1 7 . 10«) B u s c h a n Sitten 3, 222 (s. Abbildung Nr. 292 nach einem Lichtbild aus dem Besitze der Schweiz. Gesellschaft f. Volksk.); M e y e r Baden 461. 101 ) S c h e i d t u. W r i e d e Finkenwärder 10ä 108 54. ) B o e d e r Ehsten 81. ) Meyer Baden 461. »») NdZfVk. 6,44 ff.; K u h n Mark. Sagen 336. m ) S t a u b e r Zürich 2, 96. 1 1 2 ) R e i s e r Allgäu 2, 163 ff. 113 ) A. H a b e r l a n d t a. a. O. 117. l u ) R e i n s b e r g Festjahr 240. m ) K u h n Mark. Sagen 308. 3. F.f r a u e n f a s t n a c h t . Dabei treten auf Helgoland die F . f r a u e n als geschlossene Weibergemeinschaft auf. Gemeinschaftlich sammeln sie von ihren Verwandten die Gaben zum Mahle, von dem aber die Männer ausgeschlossen sind.
1566
Handelt es sich hier um eine Weiberf a s t n a c h t analog derartigen Veranstaltungen in anderen Gebieten, so mag der Grund der Ausschließung der Männer vom Rochenschmaus v o r Beginn der Frühlingsfischerei tiefer liegen 1 1 8 ). Die Abschließung vor den Männern wird letzten Endes die T a b u v o r s c h r i f t sein, insofern die Männer vor dem F i s c h f a n g nicht mit den Frauen zusammenkommen dürfen und der Schmaus eines Fisches als Analogiezauber a u f g e f a ß t werden soll. Man verspeist den f ü r die Nahrung wichtigsten Fisch vor Beginn des Fanges und h o f f t , daß das Ergebnis günstig genug sein wird, um das Leben zu sichern. A l s mehr oder minder geschlossene Gemeinschaft treten auch die Helgoländer-F.mädchen bei ihrem Fest am St. J o h a n n s tag a u f , das mit dem Erntefest der L a n d leute eine gewisse Ähnlichkeit hat. Sie haben gemeinsame Schmausereien, binden einen K r a n z , meist aus dem J o h a n n i s kraut (einem dickblättrigen Fetthennengewächs), mit dem ein besonderer Aberglaube verbunden ist: R i c h t e t sich die P f l a n z e auf und wächst sie weiter, so ist nach allgemeiner A u f f a s s u n g nicht nur der S c h i f f e r , sondern die ganze K o m p a g n i e f ü r dieses J a h r vor dem Tode sicher 1 1 9 ). "') Kuhn Baden 462.
Mark. Sagen
309. l l ·)
Meyer
4. F . m e i e r. E i n e P f i n g s t f i g u r in der Südheide, heute noch in Westerbeck. E i n K n a b e wurde durch ein Gewand, das aus Birken und Buchenlaub bestand und mit Weidenbast geflochten war, zum Pfingstmaien herausgeputzt. Der begleitende Knabenchor sammelte unter einem Lied G a b e n 1 2 0 ) . 12 °) Siebs Helgoland 78. 5. F . e i r e c h t 1 2 1 ) . Zahlreiche B e s t i m m u n gen finden sich in den Weistümern. Vor allem wurde die Ausdehnung des F i s c h r e c h t e s genau bestimmt, so durch Billenw u r f : Soweit ein Mensch auf einem Holz, Sole genannt, stehend mit der Bille (Hacke mit breiter Spitze zum Schärfen der Mühlsteine) werfen kann, h i n a u f w ä r t s und abwärts m ) . Die Grenzen der Fischplätze (Züge), die den einzelnen F . n oder Ge-
Fischer, fischen
1567
nossenschaften zugewiesen waren und manchmal besonders eigentümliche Bezeichnungen hatten 1 2 3 ), durften nicht überschritten werden. Schwere Strafe, wie Blendung, traf die Ertappten 124 ). Die Fischrechte waren oft an besondere Rechte geknüpft, die manchmal eine recht eigenartige Begründung aufwiesen, so im Marchtaler Fischrecht (1580), daß die F. für die Fasttage eine bestimmte Portion Fische liefern mußten, wogegen sie das Recht hatten, mit dem Prälaten zu frühstücken, wenn das Kirchweihfest auf einen Fasttag fiel 1 2 5 ). Im übrigen erhielten sich die F.eirechte in den F.familien durch lange Zeit, wie überhaupt für die F.ei das Verharren alter Zustände bemerkenswert ist; in einem F.eigebiet der Steiermark (Salzkammergut) haben die F.eiverhältnisse seit etwa 1500 keine Veränderung erfahren 12e ). In diesem Zusammenhang sei hingewiesen auf den Stammbaum gewisser Straßburger F.familien, der aus den besten und schönsten Hechten, Karpfen, Aälen der Fischkästen bestand, die bei der Geburt der Kinder bezeichnet und besonders liebevoll gepflegt worden waren, bis sie nach Jahren bei einer besonderen Feier verspeist wurden !»). m)
S i e b s Helgoland 78.
1M)
K ü c k Lüne-
burger Heide 41. 42 Anm. 1; A n d r e e Braunschweig 247 ff. m ) H o o p s Reallex. 2, 33 ff.
Β i r l i n g e r Volkst. 2, 178.
Mecklenburg
1, 405 ff.
12e )
125)
Bartsch
W a i b e 1 u.
F l a m m 1, 62. B i r l i n g e r Volkst. 2, 203. 6. F . g e n o s s e n s c h a f t e n , - z ü n f t e , - i n n u n g e n , - v e r e i n e 1 2 8 ) . Diese seit dem frühen MA. begegnenden Organisationen waren ähnlich denen der anderen Berufe und Stände eingerichtet, bewiesen jedoch eine größere Ausdauer als jene; so besitzt die F.innung von Eferding (Oberöst.) noch jetzt eine F.lade 1 2 9 ). Die Rechnunglegung in der Innung war auf bestimmte Tage festgesetzt, so Maria Lichtmeß (Hartheim, Staufen), auf den Dreikönigstag jedes zweiten Jahres (Auenheim bei Kehl). Darauf wird die Nacht durchgetrunken, gegessen und getanzt (Hartheim) 130 ). In Helgoländer Kompagnien dauern die Schmausereien nach
1568
der Rechnungslegung oft eine Woche 1 3 1 ). Die F. in Lübeck hatten bei ihrem Krugtag eine eigenartige Trinkordnung 1 3 2 ). Dem Zunfttag, der somit den Schluß des F.jahres darstellte, folgte eine Allerseelenfeier für die während des Jahres verstorbenen Mitglieder mit einem Seelenamt (Hartheim, Staufen) 133 ). Zur Zunft gehört ihr Heiliger, so allgemein der hl. Petrus, der vor seiner Berufung zum Apostel F. gewesen war. An seinem Tag finden die F.umzüge und -feste statt, s. o. Vgl. auch bei den Russen schmückten sich alte F.mit der Pflanze Peterskreuz 1 3 4 ). Wieweit St. Petrus, der den Schelmfisch fängt, auch als F. Wesenszüge vom nordischen Thor, der den listigen Loki in Lachsgestalt beim dritten Male aus dem Wasserfall fischte, übernommen hat, ist mit Vorsicht zu beantworten 13S ). Der St. Ulrich wurde im 15. und 16. Jh. als F.patron verehrt 1 3 e ), ebenso Andreas 137) und Nikolaus 1 3 8 ). Die antiken F.gottheiten waren Dionysos Halieus 139), Priapus, Pan 1 4 0 ). 12β) Α. H a b e r l a n d t 117. l29) Zfdeutsches Vaterland 1922, Sonderh. Elsaß-Lothringen 16 ff. 130) H o o p s Reallex. 2, 54; M e y e r Baden 463. "») Mündl. Meyer
Baden
1M )
464 ff.
133 )
Siebs
Helgoland
78 ff.
Urquell 4, 244. 13s) M e y e r Baden 465. ™·) Ζ e l e n i n 77 ff. '") S e p p Sagen 353. >») S έ b i 11 ο t 118. »») A l b e r s Das Jahr 249. 14°) Ebd. 311. 7. F.könig. Als solcher erscheint in den mittelalterlichen Gralsdichtungen der kranke Herr der Gralsburg: er wird als der F. oder der reiche F. bezeichnet und betätigt sich auch fischend (L. v. Schröder) W1 ). Ein F.-König ist Meister Ise, nach dem gegen Ende des 12. Jhs. entstandenen Spielmannsepos Orendel. Er hat 7 Türme und 800 F. dienen ihm 1 4 2 ). Zur Symbolik des Fischens und der F. in der orphisch-dionysischen Mysterienreligion und ihre Bedeutung und Weiterentwicklung in der altchristlichen Lehre s. Eisler 1 4 3 ). 141) BayHfte. 2, n i f f . ; R e i n s b e r g
Festjahr 242 ff.; M a n n h a r d t
Germ. Myth.
61; S i m r o c k Myth. 255 ff. 11! ) S t ö r f e r Jungfr. MtMerschaft 142. 113) Sitzb. Wien 166, 2. Abhdl. 70 ff.; ebd. 168, 4. Abhdl. »") MschlesVk. 21, 22 ff. 14S) Vortrage d. Bibl.
1569
Fischotter—Fistemeier
Warburg 1922 bis 1923, 2. Teil, 102 ff.; ARw. 16, 309 ff. Jungwirth. Fischotter (Lutra vulgaris). E t y m o l o g i s c h e s . Otter, ahd. ottar1), ursprünglich nur männlich, seit dem 17. Jh. durch Verwechslung mit Otter = Natter auch weiblich 2 ), ist ein uralter indogermanischer Name. Urv e r w a n d t mit aind. udrd „ W a s s e r t i e r " , lit. udra, akslw. vydra, gehört es zu griech. 88a>p „ W a s s e r " 3 ). Zu den von E d l i n g e r 4 ) angeführten Namen in der Bedeutung „ W a s s e r h u n d " (bret., pers., malaisch) sei noch hinzugefügt neugr. σχυλοπάταμος „ F l u ß h u n d " . *) Das Wort findet sich in allen germanischen Schwestersprachen ( P a l a n d e r Ahd. Tiernamen 63). *) W e i g a n d - H i r t DWb. 2, 351. ') Ebd.; DWb. 7, 1384. 4) Tiernamen 79. Biologisches. Dieses zu den Mardern gehörige Raubtier war den Alten zwar bekannt (altgr. ένίρίς, ένυδρος „ W a s s e r t i e r " , lat. lutra), doch hatten die Naturhistoriker, offenbar wegen der verhältnismäßigen Seltenheit des Tieres, keine richtige Vorstellung von dessen Wesen. A r i s t o t e l e s erzählt von der F., sie beiße auch Menschen und lasse „ a n g e b l i c h " nicht früher los, als bis sie die Knochen habe knirschen hören ®). V a r r ο verwechselt sie offenbar mit dem Biber, wenn er sie beschuldigt, die W u r zeln der Uferbäume anzubeißen und in ihre Teile aufzulösen e ). B e k a n n t war das Tier wegen seines sehr geschätzten Felles. Besonders zahlreich kamen Otterfelle aus den Skythenländern. Nach H e r o d o t gab es auch im Nil F.n, die den Ä g y p t e r n heilig sein sollten. Die Ä g y p t o logie weiß jedoch nichts davon. W a h r scheinlich beruht dieser Irrtum Herodots auf einer Verwechslung der F. mit dem Ichneumon 7 ). 6) K e l l e r Antike Tierwelt 1, 173. «) Ebd. ') Ebd.
M y t h i s c h e s . Im deutschen Aberglauben hat die F. keine Bedeutung. Ob die schlesischen Wassermannssagen wirklich auf das häufige V o r k o m m e n und unheimliche Gebaren der F. zurückzuführen sind 8), ließe sich erst dann mit Bestimmtheit behaupten, wenn nachgewiesen wer-
1570
den könnte, daß dort, wo es keine F . n gibt, derlei Sagen nicht vorkommen. A l s ein mit übernatürlichen K r ä f t e n ausgestattetes Wesen erscheint die F. in Korea, wo man ihr die K r a f t zuschreibt, den Menschen zu hypnotisieren '). ·) Κ ü h η a u Sagen 2, 226 f. ·) S e 1 i g m a n n Blick 1, 122. V o l k s m e d i z i n . In der deutschen Volksmedizin wird die F. in einem einzigen Rezept erwähnt. Die Warzen sollen nämlich vergehen, wenn man sie mit dem Zahn dieses Tieres z e r k r a t z t 1 0 ) . Bei den Kaschuben heißt der Karbunkel im Volksmunde wydra „ F . " u. zw. deswegen, weil man die Krallen einer F. z u m Offnen des Geschwüres verwendet, um den Heilprozeß zu beschleunigen u ) . ") J ü h 1 i η g Tiere 36. ") S e e f r i e d G u l g o w s k i 204. Riegler. Fistemeier oder Füstgemeier hieß eine im Braunschweigischen (Wahrstedt, Bahrdorf) bekannte Laubmaske, die zu Pfingsten ausstaffiert wurde. Die J u gend loste unter sich mit Weidenstäbchen von verschiedener Länge vier Ä m t e r a u s : König, F., Pennigmeister und Tobelträger (Tobel = kleine Kiepe); während der „ K ö n i g " nur einen Blumenstrauß an die Mütze und einen rotbebänderten Rohrstock (als Symbol seiner Macht) erhielt, wurde der F. vollständig mit einem L a u b g e w a n d bekleidet, das aus dichtem Birkenlaub (zusammengeflochten durch gewässerte Baststricke) bestand. Nach oben war dieses Gestell, über das noch ein Birkenlaubrock gehängt wurde, durch ein blumengeschmücktes gabelförmiges Holz mit Querholz ( „ G a f f e l e " ) verlängert, um die Gestalt des F. ins Riesenhafte zu erhöhen. Eine blumenumwundene Holzkrone bildet die Spitze der Erscheinung, der z u m Überfluß noch ein dicker B l u menkranz umgehängt wurde. Sie wurde dann, durch die dichte Umhüllung blind geworden, v o m „ L e i e r " geführt; der „ K r o f d r a g e r " zum Eiereinsammeln und der ,, K a t t e n s l ä g e r " zur A b w e h r der Hunde und K a t z e n folgten; Z w e c k des Umzugs war — äußerlich gesehen — , Gaben zu heischen; doch deutet die L a u b Verkleidung deutlich a u f e i n e n F r u c h t b a r -
Fitler—]•Fladen
i57i
keitszauber x ). — Der Name F. ist wohl von fistern, „geschäftig hin- und herlaufen" 2 ), abzuleiten; bei „Füstgemeier" könnte an volksetymologische Anlehnung an füstgen = Fäustchen 3 ) gedacht werden. *) Α η d r e e Braunschweig 347 f. 2) Schleswig-Holst.Wb. 2, 1 1 7 . 3) Ebd. 2, 279. Mackensen.
Fitler, eine in Windheim a. d. Weser bekannte Variationsfigur zum wilden Jäger. Man erzählt, F. sei früher dort Förster gewesen; ein Traum, in dem er von einem Wildschwein getötet worden sei, habe ihn veranlaßt, sich dem Teufel zu verschreiben. Kurze Zeit darauf sei er beim Zerlegen eines Keilers von dessen Hauern so unglücklich getroffen worden, daß er nur knapp mit dem Leben davon kam. Er muß nun in alle Ewigkeit in seinem früheren Revier jagen, dabei geht er nachts im Jagdhabit mit Dreispitz durchs Dorf. Eigentümlich ist ihm, daß in jedem Timpen seines Dreispitzes ein Licht brennt, mit deni er die Leute in die Irre führt; wilder Jäger und Irrlichtgespenst sind hier eine seltsame Verbindung eingegangen. W. Meyer Ein niedersächsisches Dorf am Ende des ig. Jhs. (1927), 233. Mackensen.
Fixsterne s. S t e r n e . Flachs s. L e i n , 1 a η d w i r t s c h a f t l . S e g e n 3 a. Fladen. Die F. als Opferkuchen nahmen im antiken Kult einen großen Raum ein 1 ). Über die F.gebildbrote in Deutschland handelt Höfler 2). Die
fasnacht
hat
uns procht zu großem schaden, Das wil uns die ostern wider kern ( = gern) mit air und f. 3).
Auch F. ,,ze wienacht" werden erwähnt 4 ). Im Rheinland sind die F. ein beliebter Festkuchen 8 ), besonders auch die OsterF . e ) in Bayern. Sie gehören zum O s t e r g e s e g n e t e n . Im Papistenbuch heißt es: „Voigt zu Morgen der Ostertag, da weiset man den A n b i ß k r a m : F., Keß, Geheckts auf den Altar und schicken die Freund einandren des Geweihten oder F . s " 7 ) . Die Oster-F. und
15 72
Osterbrote weihte man „an dem heiligen östertage, dö ein heilig prister sine vladen wien solde und sin vleisch" 8 ). Die .feinen Gebäckarten, die man auch statt des Brotes brachte, hieß man „tortae" 9 ); es gab dafür besondere Benediktionsformeln. Das Gesegnete verwandte man zu Heilzwecken 10 ). Der Gebrauch der geweihten Oster-F. ist oft bezeugt, auch noch im jetzigen Volksbrauch: In einer schwäbischen Chronik des Jahres 1542 heißt es: „auch hat man dieses Jahr die Liechter, den Palma und die Flada im Schnee geweiht" u ) . In Schömberg bestand eine alte Oster-F.stiftung 12 ), und in der Augsburger Pfründordnung vom Jahre 1543 steht: die Gültayr sollen Allwegen zu Oster-F. damit gebachen und jedem Pfründner ein Stück von einem F. geben werden 1S ). In Tirol werden am Ostersonntag Eier, Schinken, kalter Braten und Fochaz (Oster-F.) in der Kirche geweiht 14 ). Im Mindeltale stritt man sich, wer den Oasterflada und die Broatle zur Kirche tragen dürfe 15 ). Noch jetzt backt man in Auenheim (Kehl in Baden) Oster-F. l e ); in Oberachern (bei Bühl) 17 ) kannte man früher die Sitte, daß am Gründonnerstag die Fußwaschung und Beschenkung der Apostel mit Oster-F. stattfand. Am Fladasunntig, dem ersten Sonntag nach der Lichtmeß, oder auch an Neujahrstag besucht man in Appenzell das Wirtshaus und tut sich an F. gütlich 18 ). Der Hochzeits-F. hat bei den Serben besondere symbolische Bedeutung bei der Hochzeitszeremonie l e ) und wird auch unter Zeremonien zubereitet Im Heilzauber verwendet man den F. in Masuren: man zieht das kranke Kind durch einen F. von Roggenmehl 21 ). ') O r t h in P a u l y - W i s s o w a 11, 2088 ff.; B e r t h o l e t Relig. Lesebuch 5, 3. 2 14. 1 6 f f . ) Η ö f 1 e r Fastnacht 3 3 ; D e r s . Ostergebäcke 3 3 — 3 4 . 66; D e r s . Weihnachten 32. 3 3 ; M a n n h a r d t Forschungen 556. 3 ) Heyne Nahrungswesen 274 ff. A . 62. 4 5 ) 1. c. ) W r e d e RheinVk. 105. 173. 283. ·) Bavaria 1 a, 3 7 1 . 7) B i r l i n g e r Schwaben 2, 75. ') H e y a e I.e. ') F r a n z Benediktionen 1, 593; vgl. L e o p r e c h t i n g Lech10 u rain 174. ) Franz I.e. 602. ) Birl i n g e r Schwaben 2, 73; vgl. D e r s . Volhsth. l3 2, 82. " ) D e r s . Schwaben 1. c. ) 1. c., vgl.
Flamme—Flaschengeist
1573 14
M e i e r Schwaben 392. ) Ζ i η g e r 1 e Tirol 150, 1295; vgl. Q u i t z m a n n Baiwaren 1 3 1 . 248. " ) Β i r 1 i n g e r Schwaben 2, 75. 1β ) M e y e r Baden 501. " ) I.e. 501 ff.; Freiburger Diözesanarchiv 21, 303. 18) V e r n a 1 e k e η Sagen 368, 33. ln) Κ r a u ß Sitte u. Brauch 418. ») 1. c. 437. 21 ) Η ο ν ο r k a K r o n f e l d 2, 695. Eckstein. F l a m m e s.
Feuer.
Flasche. F . n erscheinen zuvörderst als Behältnisse f ü r Trankspenden auf Maiund K i r c h t a g s b ä u m e n für Trankopfer im Fasching oder bei der E r n t e , wo sie vergraben 2) oder beim R i c h t f e s t und der S c h i f f s t a u f e , wo sie heruntergeworfen oder zerschellt werden (s. Glas). Auch zu N e u j a h r findet man den B r a u c h 3 ). Die ersten Tropfen aus einer F . werden geopfert 4 ). Sonst kündigt das Springen einer F . den Tod im H a u s e an 6 ). Das Motiv des Geistes in der F . kehrt mehrf a c h auf deutschem Boden w i e d e r e ) . In eine F . zu blasen s c h a f f t in Siebenbürgen wie in der Türkei leichte Geburt, wohl zufolge dieser Grundanschauung 7 ). Auch kann man die H e x e in eine F . bannen 8 ) und der S y m p a t h i e doktor läßt den Fragenden in einem Fläschchen den Urheber eines ihm zugef ü g t e n Schadens erblicken '). R ü h r t daher das Zutrauen des Volkes zur Urinbeschau, die von S y m p a t h i e d o k t o r e n in Steiermark, Niederösterreich, wie anderswo bis auf den heutigen T a g geübt wird ? E i n e F . mit Wasser zu vergraben, macht die H e x e k r a n k 10 ). ') M a n n h a r d t 1, 204 f. 216, so auch in Österreich: G e s e m a n n Regenzauber 64 2 ) Ebd. 2 1 5 ; S a τ t ο r i Sitte u. Brauch 3, 92. 102. ») S t r a c k e r j a n 2, 221 Nr. 468; S a r t o r i 3, 69. 4) G r i m m Myth. 1, 488 *) M e y e r Baden 579; SAVk. 2, 217; 12, 214. *) Κ ü h η a u Sagen 1, 469. 483; W i t ζ sc h e i Thüringen 1, 189. ') H i l l n e r Siebenbürgen 25 Nr. 1 ; S t e r n Türkei 2, 295. 8 307. ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 380 Nr. 10. ·) Μ e y e r Baden 563; vgl. L e o p r e c h t i n g Lechrain 12. " ) H e y l Tirol 547 Nr. 1 1 5 ; H a u p t Lausitz 1, 181 Nr. 215. Haberlandt. Flaschengeist. Weit verbreitet ist ein E r z ä h l u n g s m o t i v zweifellos orientalischen Ursprungs, dessen K e r n s t ü c k sich folgendermaßen skizzieren l ä ß t : J e m a n d befreit einen in eine Flasche gebannten Geist, er-
1574
preßt von ihm f ü r die B e f r e i u n g mancherlei Dienste und bringt ihn dann durch L i s t wieder in sein Gefängnis Die Quelle ist das Märchen v o m Fischer und Geist in 1 0 0 1 N a c h t (hrsg. v . G. Weil I 3 , 26 ff.). Literarisch verwertet wurde dieser Stoff in neuerer Zeit durch De la Motte-Fouqu6 in seiner fesselnden Novelle „ D a s Galgenm ä n n c h e n " ( 1 8 1 0 ) . Die dramatischen Bearbeitungen durchRosenau ( „ V i t z l i p u t z l i " 1 8 1 7 ) und Albert L u t z e „ ( D a s Galgenm ä n n l e i n " 1839) sindohne j e d e B e d e u t u n g , etwas tiefer geht Adolf Böttgers „ G a l g e n m ä n n c h e n " (1870). Durch d i e „ D e u t s c h e n S a g e n " der B r ü d e r G r i m m angeregt, verwertete A. v. Droste-Hülshoff das Motiv im,,SpiritusFamiliarisdesRoß täuschers". A m merkwürdigsten präsentiert sich der Stoff in der englischen L i t e r a t u r , findet sich aber auch im Holländischen, Irischen, Toskanischen und Französischen a ). Dabei wurde das Motiv in der westlichen T r a d i tion im Gegensatz zu der orientalischen Überlieferung so umgebogen, daß der Teufel zwar nicht mehr aus der Flasche erlöst wird, trotzdem aber den Besitzer oder Finder der Flasche völlig in der Gewalt hat 3 ). Die E r z ä h l u n g v o m F . beruht auf dem überaus weitverbreiteten Glauben an die Möglichkeit, D ä m o n e n d u r c h d i e M a c h t d e s Z a u b e r s in e n g e , leicht t r a n s p o r t a b l e Behälter (Flasche, R a n z e n , Schachtel, S c h n u p f t a b a k s d o s e u. a.) *) e i η ζ u s c h l i e ß e n und dadurch unschädlich zu machen. Schon Salomon soll zu diesem Zweck Flaschen aus Elektron, einer Legierung von Gold und Silber, v e r f e r t i g t haben s ). A b e r auch gewöhnliche Glasflaschen, Wasser-, B r a n n t w e i n - oder Bierflaschen tun gute Dienste e ). Die bösen Geister, häufig Seelen v o n Menschen, die in ihren Sünden gestorben sind, werden auf dem Weg der B a n n u n g (s. b a n nen, Geisterbann) in ihr Gefängnis g e z w u n g e n 7 ) . Das v e r m a g ein Geistlicher zu tun, ein Mönch (Kapuziner), der Ortspfarrer, der Scharfrichter, ein besonderer berühmter Geisterbanner oder ein geheimnisvoller F r e m d e r (Zigeuner), die sich alle auf die schwarze K u n s t ver50*
1575
Flaschengeist
stehen 8 ). Oft wirft der Geist dem Banner Sünden und Verfehlungen vor, wird aber von dem Beschwörer überwunden 9 ). Meist sind Rute, Gerte oder Stock, mit denen der Geist gezüchtigt wird, die wichtigsten Helfer des Banners. Vorbedingung für das Gelingen des Unternehmens ist, daß der riesenhaft gedachte Geist zur Annahme einer kleinen (Tier-) Gestalt gezwungen werden kann (Hund, Hahn, Henne, Krähe, Maus, Kröte, Fliege u. a.). Der eingesperrte Geist muß dann aus dem Bereich menschlicher Ansiedelungen gebracht werden. Das geschieht durch Tragen oder Fahren unter stets sich steigernden Strapazen f ü r Menschen und Zugtiere; denn je näher man dem Ziel kommt (hoher Berg, ζ. B . Feldberg im Schwarzwald; tiefer Wald, einsamer See usw.), desto schwerer wird die L a s t 1 0 ) . Vielfach erhält der Geist an seinem neuen Aufenthaltsort eine beschränkte Freiheit zurück, da der Zweck der Bannung erfüllt ist u ) . Anderwärts aber genügt das Verbringen des gefangenen Geistes an den entlegenen Platz nicht. Oft erlangt man erst Ruhe, wenn man die Flasche samt dem eingesperrten Geist v e r g r ä b t 1 2 ) oder in einem Gewässer v e r s e n k t l s ) . Solche Flaschen werden häufig wieder gefunden. Durch allerlei Lockungen und Versprechungen sucht der eingeschlossene Geist den Finder zu überreden, ihm die Freiheit wiederzugeben 1 4 ). Oft ist es auch nur Neugier, die den Finder veranlaßt, die verhängnisvolle Flasche zu öffnen. Der Geist entweicht, und der Mutwillige muß mit Krankheit oder gar Tod büßen 1δ ), wenn es nicht gelingt, den Feind zu überlisten und wieder in die Flasche zurückzubringen. Mit der Vorstellung vom F . vermischt sich vielfach die v o m Spiritus f a m i Ii a r i s , d. i. H a u s g e i s t (s.d.), der, auf Unrechtem Weg erlangt, seinem Besitzer Reichtum, Glück, Macht und Weisheit verschafft, dafür aber die Seele seines Herrn verlangt. E s ist also ein dem Teufel dienstbarer Geist, dessen Besitz eine Art P a k t mit dem Teufel darstellt l e ). Durch Kauf gelangt man in Besitz des Geistes; durch Verkauf kann man ihn
1576
wieder los werden, was sehr bedenklich ist, da sein Verschwinden Unglück über das Haus b r i n g t 1 7 ) . Die Gestalt dieser, von ihrem Besitzer zu ernährenden G l a s t e u f e l ist verschieden: bald hat einer die Gestalt eines Männchens, bald sind sie tiergestaltig, vor allem spinnen- oder skorpionenartig 1 8 ). Der hohe Wert, in dem die Glasteufel standen — gehörten sie doch in Preußen geradezu zum Hausrat, so daß sie den Töchtern bei der Heirat in die Aussteuer mitgegeben wurden M ) — führte auch zu betrügerischer Herstellung menschen- und tiergestaltiger Glasteufel aus Moos 20 ). Andrerseits zog der blinde Aberglaube auch haltlose Verdächtigungen ehrenwerter Leute nach sich. Selbst hervorragende geschichtliche Persönlichkeiten wurden mit solchen Geistern in Verbindung gebracht. Von mehreren Päpsten behauptete man, sie verdankten ihre ganze L a u f b a h n derartigen Dämonen; ein großer Fürst und Feldherr des 1 7 . J h s . , wahrscheinlich Gustav Adolf, soll einen Geist in einem Ring bei sich getragen haben 21 ). In den Hexenprozessen spielten die Glasteufel selbstredend eine große Rolle, so in dem des berüchtigten Matth. Niederjocher von Schwaz (1650), der beschuldigt war, Erze und Bergwerke verzaubert zu haben. Einer dieser Glasteufel ging um einen hohen Preis an zwei Zillertäler Bauern über 22 ). Wie zäh sich mancherorts der Glaube an solche Dämonen hielt, zeigt der Vorgang, der sich um 1850 auf dem J a h r m a r k t zu Hänga Hed (Schweden) abspielte. Dort wurde ein Spiritus (Geist), in einer Flasche zappelnd, gezeigt. Ein Mann zerschlug die Flasche, so daß alles Volk in panischem Schrecken davoneilte und den Täter hinterher verprügelte 23 ). !) G r i m m KHM. Nr. 99; K u h n und S c h w a r t z ι, 26 ff.; P r ö h l e Harz Nr.
83;
Knoop
Posener Märchen 5 f. Nr. 2 ;
S t a r k Alraun 60; ZfVk. 21 (1911), 278. *) B o l t e - P o l i v k a 1, 346ff.; S t a r k
Alraun
61 f f .
3
) Stark
Alraun 60.
4
) M-
schlesVk. 13 (1911), 101 f. Nr. 5—9; io8ff. Nr. 20—53; L a i s t n e r Nebelsagen 126; L ü t o l f Sagen 155; S c h i n d l e r Aber-
glaube 3 1 .
6
) E . v. L i p p m a n n
Entstehung
u. Ausbreitung der Alchemic (Berl. 1919), 91; MschlesVk. 21 (1919), 7 Anm. 1. ·) K ü h n a u
Flaum—Flechten
15 77
Sagen 1, 463; MschlesVk. 1 3 (1911), 1 1 2 ff. Nr. 40—53; ZfVk. 22 (1912), 239. ') MschlesVk. 13 (1911), 1 1 5 . *) Ebd. 1 3 (1911), 101 Nr. 7; 107 Nr. 24; S A V k . 10 (1906), 130 Nr. 3. s ) B a a d e r NSagen 8 Nr. 1 3 ; Kühnau Sagen i, 1 1 7 ; MschlesVk. 1 3 (igii), 1 1 5 . 10 ) B a a d e r NSagen 8 Nr. 1 3 ; R o c h h o l z Sagen 2, 1 3 7 ; K ü h n a u Sagen i, 466; 2, 6. 705; Μ e i c h e Sagen 57 Nr. 65; 505 Nr. 654; MschlesVk. 13 (1911), 1 1 9 ; S A V k . 5 (1901), 255 t. Nr. 4. " ) MschlesVk. 1 3 (1911), 1 1 7 . " ) K ü h n a u Sagin 1, 1 1 7 ; Rochholz Sagen i, 304; L e o p r e c h t i n g Lechrain 13 1 2 5 ! ; ZfVk. 7 (1897), 447. ) Panzer Beitrag 2, 134 f.; R e i s e r Allgäu i, 95; M e i e h e Sagen 505 Nr. 654. " ) B i r l i n g e r Volksth. 1, 295. 1S ) R o c h h o l z Sagen 2, 139 f. ie ) S t a r k Alraun 57; ZfVk. 25 (1915), 223; MschlesVk. 13 (1911), 98. 99 Nr. 1. 2. 3 ; 100 Nr. 5; 120. " ) S t a r k Alraun 60 f.; ZfVk. 25 (1915), 223; MschlesVk. 13 (1911), 98. 99 Nr. 1. 1β) M e y e r Aberglaube 3 4 3 ; S c h i n d l e r Aberglaube 32; L e o p r e c h t i n g Lechrain 76; S t a r k Alraun 60; MschlesVk. 13 (1911), 98. 99 Nr. 3; 100 Nr. 4. 5; 101 Nr. 6. 7. 8. 9; 102 f. Nr. 10—14. " ) F r i s c h b i e r Hexenspr. 2. 3 Anm. so) M e y e r Aberglaube 343. " ) Ebd. 334. 344; S c h i n d l e r Aberglaube 31 f. " ) S ο 1 d a η - Η e ρ ρ e 2, 68. " ) ZfVk. 25 (1915), 224. Mengis.
tern hätten. Da verdorrten die saftigen Kräuter und wurden zu den dürren trockenen Gewächsen, den F . (Cyprian, Massiga in der Schweiz, Misere, RispaiRaspai in Tirol) 2 ). Nach einer Tiroler Sage verwünschte der auf der Erde wandelnde Christus, den eine geizige Bäuerin abwies, die F . („Misere"), die vorher überall im Tale wuchsen, auf die Bergeshöhen 8 ). ') S c h r a n k u. M o l l Naturhist. Briefe über österr. usw. 2 (1785), 360 (Zellertal); A l p e n b u r g Tirol 408 f.; S c h ö p f Tirol. Idiot. 1866, 289; A n d r e e - E y s n Volkskundliches 2 1 2 ; V o n b u n Beiträge 1 3 5 f.; Wartmann St. Gallen 23 ff., Walliser Sagen 2 4 1 ; U l r i c h Volksbotanik 1 5 ; H e r z o g Schweizersagen 1, 1 2 4 ; Schwld. 4, 5 7 8 ; SAVk. 4, 66. a) Z i n g e r l e Sagen 163.
3. Wenn man Zweige, die mit der B a r t flechte (Usnea barbata) bewachsen sind, im Ofen verbrennt, dann schlägt der B l i t z ins Haus ein (s. Hexenbesen), jedoch zieht der Blitz an den mit diesen F . bewachsenen Bäumen vorbei *). 4
Flaum s. F e d e r . Flechten (Lichenes). 1. B o t a n i s c h e s . Blütenlose Pflanzen (Sporenpflanzen) mit krustenartigem, lappigem oder auch strauchähnlichem Vegetationkörper (Thallus). Die in zahlreichen Arten vorkommenden F. wachsen an Baumstämmen, Mauern, Felsen, auf Holz (Zäunen usw.), einige, wie die isländische F. (isländisches „ M o o s " ) oder die Renntierf. (Cladonia rangiferina), sind auch auf dem trockenen Boden von Heiden und Wäldern anzutreffen x ). Im Volke werden manche F. ab und zu als „ M o o s e " bezeichnet. *) M a r z e i l
Kräuterbuch 3 1 1 f.
2. Nach einer in den Alpenländern weit verbreiteten S a g e gab es einst auf einer Alm so viel kräftige Futterkräuter, daß das Weidevieh große Erträge bester Milch lieferte und die Sennen so übermütig wurden, daß sie mit den Butterkugeln Kegel schoben. Die Sennen (nach einer anderen Fassung Gott selbst) verfluchten die milchgebenden Weidekräuter, weil diese daran schuld waren, daß sie so viel Arbeit mit dem Melken und B u t -
1578
) Drechsler
2, 137.
4. In der Neujahrsnacht soll man zwischen I i und 12 Uhr nackend auf den Gottesacker gehen und „ M o o s " (es sind wohl F. gemeint) von den hölzernen Kreuzen „ i m Namen Gottes des V a t e r s " usw. holen, um Gicht und andere K r a n k heiten zu heilen 5 ). Eine besondere Rolle spielt das „ M o o s " , das auf einem Totenschädel (vor allem eines Hingerichteten) gewachsen ist®), es dient als Waffensalbe, um sich fest zu machen 7 ). F., d. h. Hautkrankheit, werden mit F . kuriert, die an Pappeln wuchsen (Signature r e r u m ? ) 8 ) . Die Wandflechte (Parmelia parietina) sammelt man im J a n u a r und Februar von der Nordseite alter Buchenstämme, um sie gegen Wassersucht zu verwenden ®). Der „Masigel", der mit einer Beschwörung als Mittel gegen Roßkrankheiten gebrochen wird 10 ), dürfte kaum die Renntier-Flechte (Cladonia rangiferina), sondern eher die Mehlprimel (Primula farinosa) sein u ) . 5 ) W i t z s c h e l Thüringen 2, 181. ·) G r i m m Myth. 3, 349. ') S t a r i c i u s Heldenschatz 1679, 97. 365 f.; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 58; H a u p t Lausitz i, 203; K r o n f e l d Krieg 87. ») Α η d r e e Braun-
is
η
Flechten—]-Fledermaus
schweig 424. ·) Urquell 4, 155; ZfrwVk. 11, 168. 10)
L ü t ο 1 f Sagen 379 f. «) R h i n e r
Wald-
stätten 36. Marzell. Flechten (Krankheit) 1 ). Die Flechte, heißt es in der Schweiz 2), ist ein Zeichen des nahen Todes. Unter den vielen Heilmitteln 3 ) wird neben dem Besprechen (s. d.) empfohlen, die F. mit Fensterschweiß zu bestreichen (Ostpreußen), ein Geldstück darauf zu legen, einen Kreis damit zu beschreiben und dann kreuzweise Eindrücke zu machen (Franken, Österreich) 4), oder sie am Freitag mit Tinte zu bestreichen, aber mit umgekehrtem Federhalter 6), oder bei abnehmendem Monde den Finger herumkreisen zu lassen e ), die F. mit speichelbefeuchtetem Zeigefinger der rechten Hand dreimal zu bestreichen 7 ). Auch Übertragen auf Menschen 8 ) und Fortschicken ·) durch Schwalbe und Mond kommt vor. ») H ö f l e r Krankheitsn. 151. 2) SchwVk. 10,31. 3) M ü l l e η h o f f Sagen 513; H a n -
del man α
Antiquarische
Miszellen
381.
*) W u t t k e § 513. 5) G r o h m a n η 172. ·) P a n z e r Beitr. 2, 300. ') ZfrwVk. 2, 142. ·) D r e c h s l e r 2, 284. ·) ZfVk. 13, 66. Vgl. K r a n k h e i t s s e g e n §2. Stemplinger.
Fledermaus *). I. Ε t y m ο 1 ο g i s c h - b i ο 1 ο g i s c h e s. Schon der Name dieses allbekannten Handflüglers gehört dem Aberglauben an. Das Volk betrachtet die F. als eine fliegende Maus, d. h. als ein Mittelding zwischen Vogel und Maus. Nach einem Bukowinaer Volksglauben muß jede Maus, die am geweihten Brote genagt hat, zur F. werden 2 ). Schon Isidor 3 ) spricht von dem mäuseartigen Aussehen ihres Körpers 4 ). Seit Aristoteles wußte man, daß die F. ein Säugetier sei und Plinius 1 Beschreibung 6) ist ganz richtig bis auf die Behauptung, die F. habe nur ein einziges Hüftbein e ). Megenberg'), der das Tier ganz gut beschreibt, betont die Ähnlichkeit mit der Maus. Dem deutschen 'F.' 8), ahd. 'fledarmüs' (von 'fledarön' „ f l a t t e r n " und 'müs' „Maus") entspricht ndl. 'vledermuis' (schwed. 'flädermüs' aus dem Deutschen).
1580
Neuengl. 'flittermouse' beruht auf kontinentalem Einfluß 9 ). Analoga finden sich in den romanischen Sprachen: so bedeuten „fliegende R a t t e " : piem. 'rata vulora', pav. 'ratavola' 1 0 ), ostfranz. 'rat volät', 'volärat', span, 'ratön volante' 1 1 ). Hierher gehört auch prov. 'soritz pennada' „gefiederte M a u s " 1 2 ) , dem neuprov. 'rato penado', kat. 'rat penat' l s ) entsprechen. Hiemit verwandt ist die istrianische Bezeichnung 'meso sorzo e meso usäi* 14 ) „halb Maus, halb Vogel", zu der sich in den ital. Dialekten viele Analoga finden 15 ). Auch nach bestimmten Vögeln wird die F. benannt. So zitiert Sain6an l e ) ein franz. 'coqsouris* „ H a h n m a u s " und im Wallon. gibt es ein 'chawe-sori' „ E u lenmaus" l 7 ). Benennungen nach Vögeln liegen ferner vor in schott. 'bauckybird' 18), in westfäl. leerspecht = Lederspecht (nach den nackten Flughäuten) w ). Als Nachtvogel ('os£l de la nott') " ) wird die F. in Val Sarca sowie in vielen anderen Gegenden Italiens bezeichnet (vgl. hiemit ostfries. 'afendvogel'). Für „ M a u s " treten auch andere Tiere ein, so ζ. B. die Katze in novar. 'gata-vläura', 'gatavlora' „fliegende K a t z e " oder in Bari 'gattveggh' „wachende K a t z e " 22), oder auch die Kröte, so in den Vogesen 'bö vouleu' „fliegende K r ö t e " 2 S ) . Die Auffassung der F. als Vogel findet sich schon in der Bibel M ). Moses zählt sie unter den unreinen Vögeln auf. Auch bei Homer 25) erscheint die F. als Vogel 2e ). Die ältere deutsche Zoologie charakterisiert das Tier als „Vogel ohn' Zung, der säuget seine Jungen" w ). Hiemit vergleiche man folgendes spanische Volksrätsel: Estudi antes que estudiais en libros de teologia, ,ι cuäl es el ave que vuela y tiene pechos y cria ? "). (Welches ist der Vogel, der fliegt und hat Brüste und säugt ?) Eine bessere Beobachtungsgabe verrät schon Georg Horstius, der im 17. Jh. C. Gesners Vogelbuch neu bearbeitete, wenn er die F. als ein „Mitteltier" zwischen Vogel und Maus bezeichnet e ) . Hiezu stimmt völlig der Charakter der F. in der Fabel vom Krieg zwischen den vier-
Fledermaus füßigen Tieren und den Vögeln, in dem es die F. nach dem jeweiligen Vorteil bald mit diesen, bald mit jenen hält (vgl. hiezu eis. 'fledermüsle' im Sinne von „zweideutig reden oder handeln" 3 1 )). Interessant sind die mannigfachen Umgestaltungen, die nengl. 'rear-mouse' ( < aengl. 'hrfire-müs' von 'hrSran' „sich bewegen") erfuhr: 'airy-mouse', 'hairymouse', 'raw-mouse', 'rye-mouse' 32). Als „kahle Maus" wegen ihrer nackten Flughäute erscheint die F. in franz. 'chauvesouris' neben 'souris-chauve' (vgl. griech. φάλχη), im Gotland, (schwed. Dialekt) heißt sie 'nättmysk' „ N a c h t m a u s " 33). Häufig wird die F. als „ S p e c k m a u s " bezeichnet, da man glaubte, das Tier fresse den Speck in den Rauchfängen, wo es häufig angetroffen wird, und zwar wohl deswegen, weil ihm die Wärme zusagt oder es die Speckkäfer anziehen 34). Im Elsaß hieß es früher, die Fledermäuse fräßen den Speck vom Rücken lebender Schweine 35). Auf den Volksglauben der Speckliebhaberei der F. bezieht sich folgender mecklenburgischer Kindervers: Fledermuus, k ä m m to huus, ik g ä w di speck un broot *·).
„Speckmaus" heißt die F. überall dort, wo letzteres Wort für „Schmetterling", zunächst: „Nachtschmetterling" 3 7 ) gebraucht wird, ζ. B. im Odenwald " ) . Im Elsaß erscheint auch 'Speckmaus' auf den Schmetterling übertragen 3 *). Schriftengl. 'bat', < mittelengl. 'backe' (zu germ, bakon „ S p e c k " ) bezeichnet die F. gleichfalls als „Speckfresserin" (vgl. hiezu dän. 'aftenbakke' *»)). *) Zwischen den einzelnen Arten (vespertilio muriDus, plecotus auritus usw.) wird volkskundlich kein Unterschied gemacht. ·) Η ο v o r k a u . K r o n f e l d 1, 157. •) Etym. X I I , 7 36.*) P a u l y - W i s s o w a 6, 2741. 5) n. h. X , 168. ·) K e l l e r Antike Tierwelt 1, 11. ') Buch der Natur 188. ») Die Bezeichnung als „ M a u s " schlechtweg ist selten wie ζ. B . veron. moriciola „ M ä u s c h e n " ( G a r b i n i Antroponimie 709). ·) Ρ a 1 a η d e r Ahd. Tiernamen 22 f. ι ·) G a r b i n i Aniroponomie864 f.; wo noch zahlreiche Beispiele aus ital. Mundarten verzeichnet sind. " ) M e y e r - L ü b k e REWb. Nr. 7054'. ») Ebd. Nr. 8098. " ) Ebd. Nr. 7054«.') Hiezu folgende ätiologische Sage aus S a m o a : Einst h a t t e die R a t t e Flügel gehabt und die F . hatte keine.
1582
D a borgte diese von jener die Flügel und g a b sie nicht mehr zurück ( D ä h n h a r d t Natursagen 3, 1 , 1 3 1 ) . 15 ) G a r b i n i op. cit. 862 f. Die schriftital. Bezeichnung der F . , 'pipistrello', erklärt sich aus lat. 'vespertilio' mit Einmischung v o n 'pipiare' „ p i e p e n " nach der eigentümlich piependen Stimme des Tieres. Dieses 'pipistrello' hat selbst wieder zahlreiche dialektische Varianten (G a r b i η i op. cit. 7 1 1 f.). ") Etym. franf. i , 174. 17) Zool. Garten 10, 18) 148. H e n d e r s o n Folh-Lore 125. M) R i e g l e r Tier I i ; vgl. hiezu dän. 'läderlapp' sowie den wendischen Kinderreim: P y r , p y r , Fledermaus! I n der ledernen Jacke, A n der W a n d , auf dem Nagel, (Übersetzung) womit darauf angespielt wird, d a ß die F., zusammengefaltet, wie die Jacke auf dem Nagel an der W a n d , in B ä u m e n oder auf dem Dachboden hängt ( S c h u l e n b u r g Wend. Volkstum 151). ,0 ) G a r b i η i op. cit. 954. " ) A . a. O. 554. " ) Ebd., wo noch viele Beispiele aus anderen ital. Dialekten angeführt werden. " ) R o l l a n d Faune 7, 4. " } Z f V k . 9, 172. ") Od. 14, 6. " ) P a u l y - W i s s o w a 6, 2741. "JHovorkau. Kronfeldi,i55. e)Llano Cantares 311 Nr. 1 2 7 1 ; Varianten bei C e l s Go mis Zoologia 234. " ) Z f V k . 9, 172. 30) R e u s c h Samland 40 Nr. 35. Eine ähnliche Rolle spielt die F . in der franz. F a b e l „ L e phfenix et la chauve-souris" (Liebrecht Zur Volksk. 121). M ) M a r t i n - L i e n h a r t ElsWb. I, 725.»») Ε. M. W r i g h t Rustic speech 34. *') Ν e m η i c h 2, 1560. M ) N a t u r u. Schule 6> 5 1 ; vgl. noch M ü l l e n h o f f Natur 7, Nr. 10; J ü h 1 i η g Tiere 35 f . ; Bergm a n n Deutscher Wortschatz 96; Η ο ν ο r k a u. Κ r ο η f e 1 d 1, 155. " ) S 6 b i 11 ο t FolkLore 3, 14. *•) W o s s i d l o Mecklenburg 2, 151. *') So schon i m A h d . u. Mhd. ( P a l a n d e r Ahd. Tiernamen 24). Nach d e m Schmetterling wird die F . auch in ital. Dialekten benannt. Vgl. sard, 'papilio de nocte' (G a r b i η i op. cit. 481), 'sparpaglione' (Potenza, Ebd.) u. a. m. So wird auch i m Mölltal (Kärnten) 'Pfeifalter', sonst „ S c h m e t t e r l i n g " , für die F. gebraucht (Mündlich v o n D r . E . K r a n z m a y e r ) . " ) F u c h s - Β e r g m a η η DWb. 78. - ) M a r t i n - L i e n h a r t ElsWb. 1 , 7 2 5 . 40) R i e g l e r Tier 12.
2. G e s i c h t s s i n n . Auffallend ist, daß in bezug auf den Gesichtssinn der F. zwei ganz entgegengesetzte Aberglaubenkomplexe sich herausgebildet haben. Einerseits gilt die F. wegen ihrer äußerst kleinen Augen ähnlich wie der Maulwurf für blind (vgl. im Engl, 'blind as a bat') 41 ), andererseits wird ihr infolge ihrer nächtlichen Tätigkeit ein sehr scharfer Gesichtssinn und besonders die Fähigkeit
1583
Fledermaus
zugeschrieben, im Dunkeln zu sehen. In Wirklichkeit ist es die Feinheit des Gehörs und des Tastsinns, die sie befähigt, ihre Beute im Fluge zu erhäschen. Der Aberglaube von der Blindheit des Tieres spiegelt sich in der Onomastik wieder. Verschiedene Sprachen bezeichnen das Tier als „blinde Maus". So serb. 'slepi mis' 42), ferner das Romanische der Pyrenäenhalbinsel: katal. 'muricec', span. 'murcieg(al)o', 'murcielago' (Metathese des Vorigen), port, 'murcego', was alles auf lat. mus caec(ul)us beruht 4 3 ). Hieher gehört ferner kalabr. 'surici-uörbu < sorex orbus 44 ). Besonders interessant sind zwei italienische Dialektnamen, die die F. als „Maulwurfmaus" bezeichnen: kalabr. 'sürici - puondicu < sorex ponticus' 45) und lombard. 'ratt-tupin* (tupln = talpa) «). Ihre Blindheit kann die F. nach dem Volksglauben auch auf den Menschen übertragen, und zwar entweder durch ihren Urin (so in Südfrankreich: vgl. den Namen 'pissorato' n ) oder durch ihren K o t (so im Badener Bauland) **), oder schließlich durch Überfliegen der Augen (in gewissen Gegenden Italiens) 4e ). Auf letzterem Aberglauben beruhen folgende italienische Dialektnamen: neapol. 'cavalöcchi' ferner die abruzz. 'cecacech^tta' (aus einem Kinderreim) 51 ) und 'ceca-Matt£= acceca-Matteo' 5 2 ). Auch das trevis. 'belanotola' „schöne F . " gehört in diesen Zusammenhang. Es ist ein Schmeichelname aus einer kindlichen Beschwörungsformel, die den Zweck hat, die F. von den Augen fernzuhalten 6 3 ). Der entgegengesetzte Volksglaube von dem scharfen Gesichtssinn der nächtlicherweile umherschweifenden F. hat den sehr verbreiteten Aberglauben gezeitigt, durch Bestreichen der Augen mit dem Blute des Tieres erlange man die Fähigkeit, in der Nacht so gut zu sehen wie bei Tage oder überhaupt besonders scharfsichtig zu werden 51 ). Da man die in der Dunkelheit fliegende F. nicht leicht unterscheiden kann, ist der Aberglaube verständlich, das Tier könne die Gabe der U n s i c h t b a r k e i t verleihen 58 ). So heißt es inSchwaben, man könne
1584
sich unsichtbar machen, wenn man ein der F. ausgestochenes Auge bei sich trägt se ). So auch in Böhmen und Tirol 67). Meist wird betont, es müsse das rechte Auge sein M ), in einem Falle gibt man dem linken den Vorzug 5 9 ). In Bayern 4 0 ) und in Frankreich e l ) wird man unsichtbar, wenn man das Herz der F. bei sich trägt. " ) R i e g l e r op. cit. 12 f. Vgl. hiezu was B r e h m (Tierleben 3. A u f l . Säugetiere 1, 319) s a g t : Manche Arten haben besonders kleine A u g e n und diese stehen mitunter so in den dichten Gesichtshaaren versteckt, daß sie unmöglich dem Zwecke des Sehens entsprechen können. ") H ö f l e r Organother. 112. " ) M e y e r L ü b k e REWb. Nr. 5764 a. " ) Garbini Antroponimie 738. 45) E b d . " ) E b d . 737 f. ") R o l l a n d Faune 7, 9. S c h m i t t Hetlingen 16; schon bei A r n o l d u s de V i l l a n o v a erwähnt (Η ο ν ο r k a u. K r o n feld i , 157). *') N a r d o - C i b e l e Zoologia popolare 103. 60) G a r b i n i 394; hiemit vgl. auch abruzz. 'tajafaccia' ('tajar' = „schneiden" G a r b i n i 395. 741). " ) E b d . 5S H 395. " ) , E b d . ) Ebd. 703. ) B o h n e n b e r g e r 2 1 ; S t r a c k Blut 57; Reiser Allgäu 2, 435; H o v o r k a u . Kronfeld 1, 80; Z f V k . 1, 324; Η ö f 1 e r Organother. 294; A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 60; B a u m g a r t e n Aus der Heimat 1, 110; John Westböhmen 319. ") Bohn e η b e r g e r a. a. O.; S A V k . 7, 51 {Kt. Bern). M ) Z f V k . 9, 248. ") W u t t k e 319 § 474. M ) G r o h m a n n 58; Manz Sargans 144; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 208. «) Z f d M y t h . 1, 237. ··) Z f V k . 8, 400. ··) W n t t k e 319 § 474.
3. H a a r d ä m o n ® ) . Die vollständige Kahlheit der Flughäute (vgl. franz. 'chauve-souris') ist dem Volke aufgefallen ®3) und hat den Aberglauben gezeitigt, diese Kahlheit sei ansteckend. So ist der Aberglaube weit verbreitet, daß dem, der abends im Freien mit unbedecktem Haupte herumgeht, die F.e in die Haare kommen 6 4 ). Hierauf beruht der österr. Dialektname der Zwergf.: 'Haarrafferl' ®5). Hiemit vergleichen sich als Namen für die F. triest. 'ciapa-cavei' = acchiappa-capelli sowie röm. fura-capiju = fruga-capelli ββ). Eine solche F., die sich in den Haaren verfängt, ist schwer zu entfernen. Man muß sie gewaltsam losreißen und büßt hiebei seine Haare ein, wenn man es nicht vorzieht, diese ganz abzuschneiden ®7). Besonders böse Folgen hat der Angriff
Fledermaus
1585
der F. auf die Haare in Tirol: eine Dirne, der die F . schon im Haar gesessen, muß ledig bleiben Die Mädchen in Mecklenburg beschwören das gefährliche Tier mit folgendem R e i m : F., F., rauf' mir nicht die Haare aus, Laß' mir meine Zöpfe stehen, Daß ich kann zu Tanze gehen ·*).
Die Berliner Rangen fordern die F. heraus, indem sie ihr zurufen: F . ! komm heraus! Rauf mir alle Haare aus!' 0 ),
und die J u n g e n in Mecklenburg lassen sich mit ihr in ein gemütliches Zwiegespräch ein: Fläermus, wo hest di Hus ? — Bowen up dat Rathus. — Wat deist du doar ? — Kamm min Haor, Putz min Schau' 1 ).
Als dämonisches Wesen (Hexentier) offenbart sich die F . in den Wirkungen ihrer Haarattacken. Man kann davon sterben 72 ) oder den 'Wichtel' (Weichselzopf), d. i. eine zopfartige Verfilzung der Haare bekommen 7 S ). Die Haare ergrauen 74 ) oder fallen aus 75 ). Man kriegt einen „ o f f e n e n " K o p f , d. h. eiternde Beulen 7 6 ) oder einen Ausschlag 7 7 ). Ihre Berührung oder ihr K o t bewirkt Grind 7 8 ). Daher die Namen: mailänd. 'tegna', 'tegnöra' = „Grind", = appiccica-tigna 'peta-tegnöra' (Como) 79 ), 'tinaus' = „grind i g " (H.-Pyr£n6es) 80). Schädlich wirkt auch nach dem Volksglauben auf die Haare der U r i n der F., die als elbischer Pißdämon erscheint 8 1 ). Nach franz. Aberglauben (vgl. südfranz. 'pissorato' = „ F . " ) wird man räudig oder kahl, wenn einem das Tier auf die Haare pißt 8 2 ). Kahlheit bewirkt der Urin der F . auch nach schwäbischem und oberitalienischem Volksglauben 83 ). Nach alledem versteht man ohne weiteres, warum F . b l u t als Enthaarungsmittel gilt 8 4 ) (s. weiter unten). Vgl. übrigens schon Megenberg 8 S ): Ir pluot macht harploz, wä ez an die gehaerten haut kümt. « ) A R w . 2, 1 1 9 . « ) ZfVk. 9, 178. M ) P a n z e r Beitrag 1, 268; J ü h 1 i η g Tiere 35 f.; B a r t s c h MeMenburg 2, 176; ZfVk. 9, 201 (Bayern); 9, 2 5 1 (Schweiz, Siebenbürger
1586
Sachsen). , 5 ) Fragebogen zum bayr.-österr. Wb. ··) G a r b i η i Antroponimie 727. " ) ZfVk. 9, 251 (Berlin); MschlesVk. 9, 10; Baumgarten Aus der Heimat 1, 110. M ) Η e y 1 Tirol 784 Nr. 122. " ) W ο s s i d 1 ο Mecklenburg 2, 1 5 1 . ">) ZfVk. 9, 251. " ) S t r a k k e r j a n 2, 1 5 1 . " ) Siebenbürger Sachsen: ZfVk. 9, 2 5 1 f. " ) D r e c h s l e r 2, 2 3 2 ; ZfVk. 8, 468 (Berlin). " ) F o g e l Pennsylvania 341 Nr. 1 8 1 7 . '*) Ebd. 343 Nr. 1829 f. '·) Z a h l e r Simmenthai 23. " ) R o t h e n b a c h Bern 38 Nr. 332. " ) Zürich: Μ e s s i k o m m e r 1 , 1 8 8 , S c h m i t t Hetlingen 16. **) G a r b i n i A ntroponimie 707. M ) M e y e r L ü b k e REWb. Nr. 8746. »>) A R w . 2, 125. ·*) R o l l a n d Faune 7, 9. " ) N a r d o Cibele Zool. pop. 103. M ) S c h m i d t Kräuterbuch 44; Z f V k . 9, 1 7 8 ; H e y l Tirol 788 Nr. 146. " ) Buch der Natur 227.
4. M i t t e l g e g e n Schläfrigkeit bzw. Schlaflosigkeit. Da die F. erst bei Anbruch der Dämmerung ausfliegt und ihre Tätigkeit in der Nacht entfaltet, gilt sie als gutes Mittel gegen Schläfrigkeit. Trägt man eine F . (heimlich) bei sich, dann bekommt man keinen Schlaf 8 8 ). Auch genügt zu diesem Zwecke das Herz des Tieres w ) oder dessen K o p f 8 8 ) . Anderswo 8 9 ) erzielt man Schlaflosigkeit durch Genuß von sieben F.herzen. Viel seltener findet man die gegenteilige Auffassung derF. als eines sch 1 a f bringenden Mittels. Im hellenisch-jüdisch-ägyptischen Schlafzauber (300—350 v. Chr.) nimmt man eine lebende F., auf deren Flügel magische Zeichen und Bilder geschrieben werden, um Schlaf zu erzielen 90 ). Nach schwäbischem Aberglauben bringt Einreibung mit dem S c h m a l z der F . S c h l a f 8 1 ) . M ) Alpenburg Tirol 360; S A V k . 19, 2 1 8 ; H ö f l e r Organother. 250; ZfVk. 9, 246; B o h n e n b e r g e r 16. 8 ') A g r i p p a v o n Nettesheim 1, 104; H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 2 5 1 ; H ö f l e r a. a. O.; H ö h n Volksheilkunde 1, 136 f.; ZfVk. 8, 40; 9, 246 (Schwaben u. Franken). Μ) L a m m e r t 9 i ; H ö h n Volksheilhunde 1, 136. ·») ZfrwVk. 1, 136. ®°) H ö f l e r Organother. 1 1 2 . 1 3 6 f. ·') L a m m e r t 9 1 ; ZfVk. 9, 178.
5. V o l k s m e d i z i n . Die volkstümliche Verwendung der F., die den J u d e n als unreines Tier galt 9 2 ), geht bis ins Altertum zurück, und zwar kommen entweder das ganze, auf besondere Weise gekochte Tier 93) oder dessen Bestandteile
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Fledermaus
zur Verwendung wie Herz, Hirn, Galle, Leber M ), Knochen, Blut 95), Milch, Harn. Desgleichen bereitete man ein F.öl 9 6 )! Auch sehr sonderbare Rezepte kommen v o r : eine Salbe aus in Pech verfaulten F.en 97 ), eine geköpfte F. 98 ), eine in Brot gesteckte F.99), F.asche 10°). Die Anzahl der zu verwendenden F.e wird vorgeschrieben: drei 1 0 1 ) oder zwölf 1 0 2 ). Schon Plinius weiß von der Verwendung der F. gegen verschiedene Übel wie Darmgicht 1 0 3 ), Schlangenbiß 104), Hautfratte 106), Bauchgrimmen loe ), Trief1 0 7 augen ), als Enthaarungsmittel 1 0 8 ) (vgl. oben). Nach Μ ο s c h i ο η 109) gilt ihre Asche als muttermilchfördernd. In der modernen Volksmedizin findet die F. Verwendung gegen Erkrankung der Augen (jüdisch) 110 ), beim Zahnen m ) , gegen Fieber u a ) , Hühneraugen l l s ) , Podagra 1 U ) , Handgicht 11B ), Rheumatismus l l e ) , Nagel (Flecken) im A u g e 1 1 7 ) , Warzen l l e ), Milzkrankheit 1 1 9 ). Die volkstümliche Tiermedizin kennt nur wenig Fälle von Verwendung der F. Nach Plinius 120) sollte das Zugvieh von gewissen Schmerzen befreit werden, indem man eine F. an das kranke Tier band. Noch jetzt gibt man der K u h beim Kalben eine in Brot gesteckte F. zu fressen 121 ). Ihr Blut wenden Zigeuner bei Blähungen von Haustieren, namentlich Pferden, an 1 2 2 ). Im MA. heilte man den „hinfallenden Siechtag" (Epilepsie) beim Habicht durch eine gekochte F., die man ihm zu fressen gab 12S ). " ) Z f V k . 9, 179. ·«) Ebd. ") K e l l e r Antike Tierwelt i , 12. , 5 ) D i e t e r i c h Kl. Schrift. 41. »·) Z f V k . 9, 179. ·') H o v o r k a w u. K r o n f e l d 1, 156. ) Jühling Tiere 35. " ) W u 1 1 k e 442 § 696. 10°) Z f V k . 1OT 9, 178. ) J ü h l i n g 36; H o v o r k a u. 10! ) J ü h l i n g K r o n f e l d 1, 156. 36. 10») H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 124. 1M) Z f V k . 9 , 1 7 8 ; H o v o r k a u. K r o n f e l d I. 157· 105) Η ö f 1 e r Organother. 112. ,0 ·) Η ο vorka u. K r o n f e l d 1, 157. l0 ') E b d . ; Z f V k . 9, 178. l o s ) H ö f l e r Organother. 1 1 2 ; H o v o r k a u. K r o n f e l d 1 , 1 5 6 . — Schon die Ä g y p t e r entfernten falsch gekrümmte A u genlidhaare durch Bestreichung mit F.blut ( H ö f l e r Organother. 112). 10") Z f V k . 9, 178. «·) S t r a c k Blut 57. u l ) M e y e r Baden 50. l l J ) Bukowina: Urquell 1, 205 Nr. 1. " 3 ) Tirol, Böhmen: W u t t k e 124 § 166. 114 ) H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 156;
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J ü h l i n g Tiere 36. 11S ) E b d . ; H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 158 f. 11€ ) Nördliches Indien: Z f V k . 8, 246. !») H o v o r k a u. K r o n f e l d i , 157. «·) J ü h l i n g 36. "») D e r s . 35. 120) K e l l e r Antike Tierwelt 1, 12. ' « ) W u 1 1 k e 442 § 696. »») S A V k . 14, 268. las) H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 157.
6. S c h i e ß z a u b e r. Es ist begreiflich, daß die F., die ihren Gegner auch im Dunkeln trifft 1 2 4 ), zum Treffsicherheit verleihenden Schießzauber verwendet wird. Hierbei ist der häufigste Vorgang der, daß man Herz und Leber des Tieres oder nur eines der beiden Organe pulverisiert und unter das Blei mengt, oder aber man trägt das Herz des Tieres oder das Tier selbst, aber geköpft, bei sich 125 ). Nicht selten taucht man die Kugel in das Blut des getöteten Tieres oder mischt das Blut unter das Pulver 1 2 e ). Grausam ist der Brauch, eine lebende F. samt Blei in einem Topf auf das Feuer zu stellen. Aus dem gesghmolzenen Blei werden dann treffsichere Kugeln gegossen 127 ). Im Simmental (Schweiz) wird das Tier zwischen zwei Ziegeln zu Pulver verbrannt 1 2 8 ). Nach einem Wildschützenaberglauben in Böhmen wird nicht die F. selbst, sondern ein in ihrem Körper befindlicher Stein pulverisiert 1 2 9 ). Ganz vereinzelt erscheint der Brauch, als Schießzauber das rechte Auge der F. in den Gewehrschaft einzulegen 1 3 0 ). — Umgekehrt wird unverwundbar (macht sich „gefroren"), wer den ganzen Leib mit F.blut einreibt oder sich drei Tage lang von F.herzen nährt 1 3 1 ) oder endlich das Tier bei sich trägt. Vgl. folgende Stelle bei Hans Sachs V 341 d: Er ist hin, hat uns hie gelassen, er hat im Busen ein F., darmit schlug uns den Armbrust aus 132 ). — Im 17. Jh. macht ein Zettel aus Jungfernpergament, mit F.blut beschrieben, „ f e s t " 133 ). "«) H ö f l e r Organother. 119. 13s ) K r o n f e l d Krieg i n f . ; J o h n Westböhmen 326 f . ; Η ö f 1 e r op. cit. 249; Z f V k . 8, 4 1 ; F ο g e 1 Pennsylvania 369 Nr. 1972; L a c h m a n n Überlingen 395; H e e r Altglarn. Heidentum 12 Anm. 12®) S A V k . 1 9 , 2 2 7 ; Grohmann 206 (Böhmen); B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 462; W u t t k e 452 § 714 (Böhmen); S c h r ä m e k Böhmerwald 275; D r e c h s l e r 2, 232. 12 ') John Westböhmen 326; K r o n f e l d Krieg 1 1 0 f . ll») S A V k . 19, 227. »··) G r o h -
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Fledermaus
m a n n 207; W u t t k e 452 § 714. lso ) R e i s e r Allgäu 2, 435. »«) ZfVk. 2 1 7 f. "') DWb. 3, 1746. l i s ) A m e r s b a c h Grimmelshausen 2, 39 f- 60·
7. L i e b e s z a u b e r . Als angeblich blindes und nachts schlafloses Tier wird die F. zur Erweckerin blinder schlafloser Liebe 1 3 4 ). Hiebei erreicht man seinen Zweck auf verschiedene Weise. Man trägt einfach eine F. bei sich 135). Man schüttet Blut von dem Tiere in Bier, Kaffee (Liebestrank) oder t r ä n k t ein Tuch oder auch Flockwolle mit dem Blute und legt dann diese Dinge unter das H a u p t der Person, deren Liebe man erringen will (schon antik) 13e ). Häufig wird auch das Herz als wichtigstes Organ verwendet. Man trägt es an der linken Seite (Herzseite) oder pulverisiert es, um dann das Pulver in Wein oder Kaffee zu schütten, meist nach vorhergegangenen komplizierten Prozeduren 1 3 7 ). In Bosnien und der Herzegowina werden Haare des Tieres in den Kaffee gegeben 1 3 8 ). Seltener suchen Mädchen durch Berühren oder Stechen mit F.krallen Liebe zu erwekken 13S). Eine sehr häufige Prozedur beim Liebeszauber ist das Vergraben der F. (unter einem Stein, in einem Topf oder Säckchen). Nach einiger Zeit wird das Skelett ausgegraben und nach verschiedenen Manipulationen wird mit diesem oder mit einzelnen Knöchelchen die Person berührt, deren Liebe man erringen will 140). Ein deutlicher Fall von Analogiezauber soll besonders erwähnt werden. In Posen pflegten eifersüchtige Frauen eine lebendige F. im geschlossenen Topf zu braten, wodurch der untreue Mann gleiche Schmerzen empfand wie das gequälte Tier U 1 ). Beispiele von Analogiezauber mit der F. gibt auch S t ο 11 l 4 2 ). Die symbolische Wertung der F. tritt klar hervor in folgendem Liebeszauber 1 4 3 ): Der Bursche, der die Liebe eines Mädchens erringen will, steckt ein Stückchen von einer F. in den Mund, küßt das Mädchen seiner Wahl und spricht: „So soll sie blind nach mir sein, wie die F. blind ist." 1Μ ) Η ö f 1 e r Organother. 249. l35 ) S t r a c k Blut 57. » · ) H ö f l e r op.cit. 1 1 2 ; W u t t k e 3 6 5 S 5 5 i ; ZfVk. 9, 249 (Bosnien); G r o h -
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m a η η 209 (Böhmen); H o v o r k a u. K r o n f e l d 1,157; P e t e r s Pharmazeutik 1, 257; K u h n u. S c h w a r t z 460 Nr. 448; H o v o r k a u. K r o n f e l d 2 , 1 6 4 ; K e l l e r Antike Tierwelt r, 12. 1>7) H ö f l e r Organother. 250; D r e c h s l e r 1 , 2 3 1 ; P o l l i n g e r Landshut zw, K n o o p Hinlerpommern 168; ZfVk. 9, 249; H o v o r k a u. K r o n f e l d 1B 2, 1 7 5 ; S t o l l Zauberglaube 185 f. ) ZfVk. 9, 249. "•) W u t t k e 364 § 550; ZfVk. 9, 249 (Ostpreußen); Urquell 3, 240. "») SAVk. 7, 5 1 ; ZfVk. 4, 393; H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 176; ZföVk. 4, 2 1 4 ; Urquell 3, 240 (Posen). ">) Ebd. "») Zauberglaube 185 f. »») S t o r f e r Jungfr. Mutterschaft 51.
8. B ö s e s O m e n — T o d e s orakel. R u f t , wie wir sahen, das nächtliche Treiben der F. einerseits erotische Vorstellungen hervor, so gem a h n t andererseits die Nacht 1 4 4 ) an das Verlöschen des Lebens, und so wurde die F., ähnlich den Nachtraubvögeln, zu einem bösen Omen 146), ja zum Sinnbild des Todes 14e ). So bedeutet die F. üble Nachrede (Siebenbürger Sachsen), Neid (Magyaren), Schaden (ungarische Zigeuner) 147 ). Ihr Erscheinen im Traume kündet irgendeinen Verlust an 1 4 8 ), Sturm auf dem Meere oder Überfall durch Wegelagerer (antik) 14B). Vorbote des Todes ist häufig die Krankheit, zu der die F. daher auch in Beziehung tritt. In ihrer Gestalt dachten sich die Alten die Krankheitsdämonen, die in den Fiebersümpfen Ceylons und Indiens auf die Menschen lauern, die sich zur Gewinnung des Kassiazimtes in jene Gegenden wagen 1 S 0 ). Bei den Südslawen soll die Pest manchmal als F. erscheinen 161 ). Krankheit bedeutet es auch, wenn die F. ihren Kot jemandem auf den Kopf fallen l ä ß t 1 5 2 ) . Am häufigsten aber gilt die F. als Bote des Todes. Reißt sie dem Menschen ein Haar aus 163) oder fliegt sie über seinen Kopf 1 S 4 ), so m u ß er sterben. In der Oberpfalz 155) und bei den Siebenbürger Sachsen 1δβ) ist sie Todesorakel. Ganz so wie bei Nachteule und Käuzchen (s. d.) bedeutet es einen Todesfall, wenn die F. ein Haus umschwärmt oder in die Stube hineinschwirrt 1 5 7 ). Im Italienischen wirkt sich dieser Aberglaube in einigen Dialektnamen des Tieres aus. So heißt die F. in Trient 'usel del malauguri' 1 5 e ), in Lecce 'aucfeeddhu
Fledermaus te la m o r t e * 1 M ) , in Catanzaro 'ocfeju e malanötte'leo). 114 ) F r i e d r e i c h Symbolik 384. Auf der Insel der Träume sind nach antiker Vorstellung die F.e die einzigen Vögel ( P a u l y - W i s s ο w a 6, 2741). U6 ) S t r a c k e r j a n 2, 150. "·) ZfVk. 9, 174. "') Ebd. 9, 250. Die Zigeuner in Siebenbürgen schützen sich gegen die F.e in folgender Weise: Sie werfen, fliegt das Tier ins Zimmer, so viel glühende Kohlen zum Fenster oder zur Türe hinaus, als das Haus Familienglieder zählt (Beziehung zur Hölle: ZfVk. 9, 174). 1M) Sieb. Sachsen: ZfVk. 9, 25Γ. "») P a u l y - W i s s o w a 6,2741. »°) Ebd. 151 ) K r a u ß Volkforschung 102; ZfVk. 9, 175. 1H ) M e y e r Baden 514. 15S) Bukowina: H o v o r k a u. K r ö n f e i d 1,157. 1H ) J o h n Erzgebirge 114. 165) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 262 Nr. 67. "«) W u 11 k e 124 § 166. 167 ) D e r s. 201 § 273; S t r a c k e r j a n r, 24; ZfVk. 9, 174 (bei Magyaren, Sieb. Sachsen, Zigeunern). 15e) G a r b i η i Antroponimie 740. 954· "') op- cit. 956. le0 ) Ebd. 9. S e e l e n - b z w . T e u f e l s e p i ρ h a η i e. Die P h a n t a s i e des Volkes setzte das unheimliche m e r k w ü r d i g gestaltete Tier, dessen nächtliches Gebaren a u f f a l l e n mußte, zur Geisterwelt in B e ziehung. B e i den K a r a i b e n gelten die F . e als die Geister der Abgeschiedenen 1 H ·). U n d wenn es in Homers Odyssee heißt, die Seelen der v o n Odysseus getöteten Freier folgten dem Seelengeleiter Hermes zwitschernd und schwirrend wie F.e, so ist im Grunde auch an eine V e r w a n d l u n g zu d e n k e n 1 6 2 ) . H ä u f i g erscheint die Metamorphose in eine F . als S t r a f e f ü r ein s ü n d h a f t e s L e b e n oder irgendein Vergehen. S o schon im A l t e r t u m . Nach Ovid 1 β 3 ) wurden die T ö c h t e r des K ö n i g s Minyas v o n Orchomenos zur S t r a f e f ü r die E n t w e i h u n g des B a c c h u s f e s t e s durch Wollarbeit zu F . e n und senden mit dünner, piepsender S t i m m e ihre K l a g e n in die A b e n d l u f t l e l ) . Im E l s a ß gelten die F . e f ü r die Seelen alter Junggesellen oder alter F r a u e n (wohl richtiger: J u n g frauen) M S ). V e r w a n d l u n g von Feen in F . e zur S t r a f e f ü r eine Missetat findet sich in der A u v e r g n e 1 ® 6 ) . In Sizilien glaubt man, daß L e u t e , die eines gewaltsamen Todes gestorben sind, die ihnen v o n G o t t bes t i m m t gewesene Zeit in Gestalt von F . e n zubringen müssen 1 β 7 ). A u c h in anderen Gegenden Italiens scheint man die F . e f ü r Geister zu halten, wie aus den dial. Na-
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men 'spiritillo', 'spiridicolo' (Marche) geschlossen werden kann. Diese N a m e n erklären sich aus 'vespertilio' mit E i n mischung v o n ' s p i r i t u s ' l w ) . Interessant f ü r die animistische B e d e u t u n g des Blutes ist folgender V o l k s g l a u b e : So viele T r o p f e n Blutes m a n v o n einer getöteten F . auf Seide fallen läßt, so viele Seelen entreißt man dem T e u f e l 1 β β ) . — Daß m a n in der F . ein menschliches Wesen w ä h n t , geht hervor aus dem Aberglauben, werde das Tier in die F l a m m e n geworfen, so stoße es deutlich v e r n e h m b a r e S c h i m p f worte aus 1 7 °). E i n ganz ähnlicher Glaube findet sich in K a t a l o n i e n 1 7 1 ) . V o m A n i m i s m u s zum Hexenglauben ist nur ein S c h r i t t . Tatsächlich berichtet Montanus 1 7 ä ), daß die H e x e n bisweilen als F . e umherfliegen, wie sie auch zur Bereitung ihrer Salbe Organe der F . benutzen 1 7 3 ). Hex;entiere sind immer zugleich Teufelstiere. Ist doch nach katalanischem Volksglauben die F . v o n G o t t v e r f l u c h t , da sie sich über dessen Sohn lustig gem a c h t 1 7 4 ). Zwischen F . und Teufel finden sich in der T a t mannigfache Beziehungen. Nach Aussagen der H e x e n ist „ F l e d e r w i s c h " ( s . d . ) (engl.: 'flittermouse') 1 7 B ) einer der üblichsten T e u f e l s n a m e n 1 7 ® ) . Als Dienerin S a t a n s erscheint die F . in dem Volksglauben, man müsse H a a r e und Nägel verbrennen, weil die F . sie sonst dem Teufel bringt und dieser dann den Menschen holt (Haare und Nägel als Sitz der Seele) 1 7 7 ). Nach einem Volksglauben der Zigeuner ist die F . aus einem K u ß entstanden, den der Teufel bei Gelegenheit einem schlafenden Weibe g a b 1 7 8 ) . Fliegt eine F . ins Haus, fliegt der Teufel hinterdrein 179 ) (man beachte, daß der S a t a n mit F.fittichen dargestellt wird) l i 0 ). In der Mehrzahl der Fälle scheinen F . und Teufel geradezu identisch 1 8 1 ) . Schon im MA. tadelt ein A u t o r das „ t e u f f e l i s c h e s p i l l " , das „ F r a w e n und M a n " mit der F . trieben u 2 ) . A u c h zur Teufelsbeschwörung bedient man sich dieses Tieres 1 8 S ). Der T e u f e l s p a k t wird gerne mit F . b l u t geschrieben 1 8 4 ). Bemerkenswert ist folgender V o l k s g l a u b e : Mit F . b l u t schreibt m a n Z a u b e r w o r t e an ein H a u s t o r und k o m m t
Fledermaus
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man wieder, f i n d e t m a n ein Pferd dav o r 1 8 6 ) . Will m a n ein Mädchen z u m T a n zen zwingen — der T a n z gilt als teuflisches L o c k m i t t e l zur Sinnenlust — so schreibt m a n den N a m e n des Mädchens mit F . b l u t auf einen Zettel, den m a n zu B o d e n wirft. Die d a r a u f t r e t e n d e M a i d m u ß tanzen, ob sie will oder nicht 1 8 e ). Bei einer T e u f e l a u s t r e i b u n g fliegt der böse Geist aus d e m Munde einer Besessenen „ ä h n l i c h einer F . " 1 8 7 ) . N a m e n t l i c h gilt die F. in Sizilien, wo sie ' t a d d a r i t a ' heißt als V e r k ö r p e r u n g des Bösen 18e ). Bei dem F a n g e der F. singen die K i n d e r in Sizilien folgenden V e r s : Taddarita, 'ncanna, 'ncanna, L u dimonio ti 'ncanna Ε ti 'ncanna pri Ii peni, Taddarita, veni, veni 1 M ).
D a s gefangene Tier wird entweder verbrannt oder g e k r e u z i g t l e l ) . In einigen Dialekten Italiens ist die F . nach dem T e u f e l benannt. So heißt sie im Veronesischen 'galina del diaolo' „ T e u f e l s h u h n " 192 ), in Brindisi 'tiaül' ('diauHcchiu') „ T e u f e l " ( „ T e u f e l c h e n " ) 193 ), in der U m g e b u n g v o n Lecce 'strippa' ( = 'stirpe') 'ti tiaulu' „ T e u f e l s s p r o ß " m ) , in Bari 'aucifel du dmone' „ T e u f e l s v o g e l " 1 9 5 ) , 'lauru' ( L e c c e ) 1 9 e ) bedeutet eigentlich „ K o b o l d " und gehört wohl zu auru „Lufthauch"197). Nicht vergessen sei, daß der slawische V a m p i r g l a u b e v o n der F. seinen A u s g a n g genommen hat. Der V a m p i r ist ein m y t h i s c h e s Wesen, halb Mensch, h a l b F.198). lel)
Z f E t h n . 1, 53. "2) ARw. 16, 342. met. 4, 410 1 M ) P a u l y - W i s s o w a 9, 2741; Keller Antike Tierwelt 1, 12. "') M a r t i n - L i e n h a r t E f c ä s i f F i . s. v . „ F . " . »·) Z f V k . 9, 207. »») K e l l e r a . a . O . le») M e y e r - L ü b k e REWb. Nr. 9275; 1M ) Garbini Antroponimie 713. Liebr e c h t Zur Volksk. 338; H ö f l e r Organo171 ther. 112. "·) Z f d M y t h . 2, 419. ) Go mis Zoologia 233 Nr. 886. *'2) M o n t a n u s 173 Volksfeste 172; Z f V k . 9, 285. ) Montanus a. a. O.; W u η d t Mythus u. Religion 2, 157. 174) G ο m i s op. cit. 233 Nr. 885. 175 ) S h a k e s p e a r e Sommernachtstraum 2, 2. 17e) G ü n t e r t Kalypso 222 f. 177) L i e b r e c h t Zur Volksk. 330. 17i ) N a c h v. W 1 i s 1 ο c k i Z f V k . 1, 251. 17 ') F o g e l Pennsylvania 91 Nr. 360. 18°) G a r b i n i Antroponimie 1420. m ) W ü n 18a) Z f V k . sche Sagenkreis 115. 23, 8. 1M)
1594
1M ) Urquell 3, 240. 1M ) G r i m m Myth. 3, 426. M t ) op. cit. 3, 498 Nr. X V I . «·) S A V k . 7, 50 (Kt. Bern). 1>7) L e o p r e c h t i n g Lechrain 133. l w ) M e y e r - L ü b k e REWb. Nr. 6010; G a r b i η i Antroponimie 718 f. 18·) Rev. intern. 2, 597; Ρ i t r έ Fiabe 397; 1M Z f V k . 9, 254 f. ) In Übersetzung: T . , fang dich, fang dich, Deine Teufelei, die f a n g sich, Bist du gefangen, kommt die Strafe, T . , komm oh komm. m) Z f V k . 9, 255. i n ) G a r b i n i op. cit. 1419. 1M ) E b d . 1 M ) Ebd. 1420. "6) Ebd. 956. " · ) E b d . 1420. " ' ) M e y e r - L ü b k e REWb. Nr. 788. »") H ö f l e r Organother. 1 1 2 ; Z f V k . 9, 250.
10. A b w e h r gegen Hexen und s o n s t i g e böse E i n f l ü s s e . Als dämonisches Tier w u r d e die F . homöopathisch zur A b w e h r gegen D ä m o n e n (in christlicher Z e i t : Teufel, Hexen) verwendet 19e ). Im A l t e r t u m w u r d e nach Plinius die W o h n u n g dadurch gegen Einflüsse böser D ä m o n e n geschützt, daß m a n eine lebende F. dreimal ums Haus t r u g und sie dann bei den F ü ß e n an die T ü r oder das Fenster hing 200). So g e w ä h r t noch j e t z t eine an das Haustor genagelte F. dem Hause S c h u t z gegen B e h e x u n g 2 0 1 ) . A n der Stalltüre s c h ü t z t sie das Vieh m ) , bei den alten Römern namentlich S c h a f e 203 ). A u c h wird sie dem R i n d v i e h an die Horner g e s t e c k t 204). Seltener erscheint sie a m Scheunentor 2 0 6 ). Im Innern des Stalles h ä l t sie Fliegen und sonstiges Ungeziefer ab. Bei den Siebenbürger Sachsen und in Slawonien wird sie als B a u o p f e r in den Grund des Hauses oder der Stallungen versenkt. 20 ®). Ihr Herz, zugleich mit anderen A b w e h r mitteln an den vier E c k e n des Gebäudes begraben, b a n n t das H a u s v o r j e d e m Feuer 207 ). Hiebei ist jedenfalls die Vorstellung des Feuers als dämonischen Elementes wirksam. A u c h über der T ü r des Hauses aoe ) oder der Scheune SB*) s c h ü t z t die F. v o r Feuer und Blitz. Nach einem'antiken Aberglauben210), der sich nicht erhalten zu haben scheint, übt das Tier auf Ameisen und T a u b e n eine bannende W i r k u n g aus. L e g t m a n F.flügel auf einen Ameisenhaufen, so verl ä ß t keine Ameise den B a u ; ebenso z w i n g t man durch einen F.kopf die T a u b e n z u m Bleiben im Schlage 2 1 1 ).
Fledermaus
1595
"») K e l l e r Antike Tierwelt 1,12; W u t t k e 281 § 4 1 1 ; K r a u ß Volkf. 66. Sel l g m a η η Blick 2, 118; K n u c h e l Um201 wandlung \B5. ) ZfVk. 9, 253 1.; B o h n e n b e r g e r 22 (Württemberg); D r e c h s l e r 2, 250; B i r l i n g e r Schwaben 2, 378; G r a b i n s k l Sagen 39 (Schlesien); S e l i g m a n n Blick 2, 118 (Belgien, Böhmen, Schlesien). " ) B o e d e r Ehsten 143 (Pferde); ZfVk. 9, 254; J o h n Westböhmen 205; Grohmann 137 (Böhmen); W u 1 1 k e 124 § 166 (Böhmen); Ebd. 287 § 420; Ebd. 435 § 382 (allgemein); D r e c h s l e r 2, 100; MschlesVk. 9, 10. ,M ) K e l l e r op. cit. 1, 12; S e l i g m a n n Blick 2,118. M 4 ) P o l l i n g e r Landshut 154; D r e c h s l e r 2, 232. ϊω) R e i s e r Allgäu 2, 435. "·) K r a u ß Relig. Brauch
160; Z f V k . 9, 254.
207)
Leo-
p r e c h t i n g Lechrain 22. 20a) Urquell 3, 240. «·) P o l l i n g e r Landshut 154. 21°) Geoponica 14, 2. 211) K e l l e r op. cit. 1, 13. Ii. G l ü c k s s y m b o l . Man hat sich über den Widerspruch gewundert, der in der bald optimistischen, bald pessimistischen Wertung der F. zutage tritt. Die Todeskünderin ist gleichzeitig Symbol des Glücks. In England ist dieser Gegensatz besonders scharf ausgeprägt: in der Grafschaft Shropshire werden F.e im Süden für heilig gehalten, im Norden getötet 212 ). Man hat versucht, den optimistischen Aberglauben durch Entlehnung aus China zu erklären, da in diesem Lande das Tier ausschließlich als Glückssymbol gilt. Im kantonesischen Dialekt bedeutet 'Fuk-schii', der Name der F., „ R a t t e des Glücks" m ) . Eine chinesische Glückshieroglyphe zeigt eine kreisrunde Öffnung (Mondturm), die von fünf F.en umflattert wird 2 1 4 ). Häufig sieht man auch chinesische Fahnen, an deren Ecken flatternde F.e dargestellt sind 2 1 5 ). Die Hypothese der Entlehnung erweist sich jedoch als überflüssig, wenn man bedenkt, daß bei vielen anderen Tieren (ζ. B. Wolf, Eidechse, Schlange 2le ), Spinne) 217 ) dieselbe dualistische Auffassung festzustellen ist. Sehr weit verbreitet ist zunächst der Volksglaube, daß die F. beim Spiel (Karten, Kegel, Würfel, Lotterie) Glück verleihe, und zwar bedient man sich zu diesem Zwecke entweder des ganzen Tieres 2 1 8 ) oder eines Teiles desselben (Herz, Kopf 21e ), rechtes Auge 22°), Blut) 221 ). Weitaus am häufigsten ver-
1596
wendet man das Herz 222 ): man trägt es bei sich oder bindet es am linken Arme an, oder man bestreicht schließlich damit die Katten (vereinzelt). Die Knochen der F. gelten als Glücksfetische 223). Besitz von Kopf oder Herz machen bei Losungen frdi 224). Im Magen des Tieres findet man den berühmten Schwalbenstein 226) oder auch einen goldenen Knopf, dessen Besitz reich und glücklich macht 22e). Glück verleiht ferner der linke Flügel einer F. 227 ). Wickelt man in den Flügel einer vor dem Georgitage gefangenen F. ein Geldstück ein, so kehrt dieses Geld das ganze Jahr stets zu seinem Besitzer zurück 22e). Ist ein Herr auf seinen Diener böse, so braucht dieser jenen nur durch einen F.flügel anzusehen, so gewinnt er wieder seine Gunst 22e). Aus F.haut läßt sich ein Zaubergeldbeutel anfertigen 230). Der schon von Grimm 231) verzeichnete Aberglaube, im Rücken der F. finde sich ein Stein, der Glück im Spiele verleihe, hat sich mit deutschen Einwanderern bis nach Nordamerika 232) verpflanzt. Eng mit dem Abwehrzauber (s. oben) berührt sich der Volksglaube, das Vorhandensein einer toten oder lebenden F. bringe dem Hause Glück. Erstere ist entweder unter der Türschwelle vergraben 233) oder über der Tür festgenagelt 234). Was bei uns von der Schwalbe, das gilt in Bosnien und der Herzegowina von der F. Nistet sie sich mit ihren Jungen in einem Hause ein, bringt sie Glück und muß geschont werden 23S). Kommt sie durch den Rauchfang herab, so bedeutet dies dem Bauer reichen Viehstand 23e ). Im Laden des Kaufmanns zieht sie Kunden an 237). Auch anderswo bringt das Hereinfliegen der F. Glück 238 ). Das Zaubern gelingt dort besonders gut, wo F.e sich aufhalten 239). Schon im Altertum wurde die F. als geschickte Fliegerin gewertet. Setzt sie sich einem-Krieger auf die Lanze, so verleiht sie ihm Gewandtheit 240). Begegnet sie einem Fliehenden, so bedeutet dies, daß er entkommen werde, denn „obgleich sie keine Federn hat, flieget sie doch davon" (16. Jh.) 241 ). Reiben sich die Hexen mit dem Flugfett ein, das sie aus F.en herstellen, so ver-
1597
Fledermausstein—Fleisch
mögen sie zu f l i e g e n M 2 ) . Desgleichen findet sich bei den Magyaren der Aberglaube, eine solche Einreibung verleihe dem Wanderer ungeahnte K r ä f t e M S ). Schließlich gilt die F. auch als Wetterprophetin. Fliegen die Tiere (am Abend) aus, so bedeutet dies schönes Wetter ***). Ihr Nichterscheinen läßt auf stürmisches Wetter schließen 24S ). "») ZfVk. 9, 337. a«) Ebd. 9, 176. «") Ebd. 8, 468. »") Ebd. 9, 177. "«) R i e g l e r Tier 198 f. « ' ) SAVk. 26, 56 f. ! u ) W u t t t e 124 § 166; B o h n e n b e r g e r 2 1 ; S c h u l e η b ü r g Wend. Volkstum 1 5 1 . »·) R e i s e r Allgäu 2, 435; H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 364 (Hessen; auch Nabelschnur); D r e c h s l e r 2, 232; J o h n Westböhmen 3 1 9 ; ZfVk. 9, 248 (Oberbayern); Fogel Pennsylvania 378 Nr. 2028. M0 ) B i r l i n g e r Schwaben i, 399. * " ) Zettel mit Blut beschmiert, an den Arm gebunden ( S c h r a m e k Böhmerwald263). * " ) W u t t k e 3 1 9 § 474; 410 § 636. " * ) K r a u ß Relig. Brauch 147. ' " ) B o h n e n b e r g e r 22. Η e y 1 Tirol 796 Nr. 216. »") Ebd. 787 Nr. 137. 22 ') ZfdMyth. 3, 329. "») Urquell 5, 23 (magyarisch); ZfVk. 4 400. «») ZfVk. 9, 249. "») K ö h l e r Voigtland 434. «»») Myth. 3, 442 Nr. 2 5 1 . " 2 ) F o g e l Pennsylvania 378 Nr. 2029. 233 ) Urquell N. F . 1, 48. "*) J o h n · Westböhmen 222; ZfVk. 9, 254 (Sarajewo). ·») Ebd. "«) Ebd. " ' ) Ebd. 2M ) Rogasener Familienblatt 1, 40; ZfVk. 9, 254. «») S t o l l Zauberglaube 186. " ° ) K e l l e r Antike Tierwelt 1, 13. 2 " ) A g r i p p a ν. Ν e 1 1 e s h e i m 1, 2 5 1 . i42 ) Z f V k . 4, 400. «") Ebd. 9, 248. ««) H o v o r k a u. K r ö n f e l d 1, 1 5 7 ; Rogasener Familienbl. 1, 40. "') Hopf Tierorakel 52.
Z u s a m m e n f a s s u n g . Der größte Teil der auf die F . bezüglichen Aberglaubenkomplexe beruht auf ihrer nächtlichen Tätigkeit (vgl. die unter Abschnitt 2, 4, 6, 7, 8, 9, 10 behandelten Fälle). Einerseits macht die F. scharfsichtig, vertreibt unerwünschten Schlaf, heilt Krankheiten, verleiht Treffsicherheit, feuert zur Liebe an, wehrt Hexen ab, läßt im Spiel gewinnen, bringt dem Hause Glück und Reichtum, andererseits gefährdet sie die Haare, bedroht mit Krankheit und Tod, beherbergt büßende Seelen, ist mit dem Teufel eng verwandt, j a zuweilen der Teufel selbst. Dieser Dualismus in der Auffassung findet seine Erklärung in der Dämonenlehre. Wie es nur gute und nur böse Dämonen gibt, so gibt es auch solche, die sich dem Menschen
baid freundlich, bald
159» feindlich
zeigen. Riegler.
Fledermausstein s. a. S c h w a l b e n -
stein.
Flederwisch heißt ein kleiner Abkehrbesen aus Gänsefedern x ). Von Goethe wird das Wort verächtlich f ü r „ D e g e n " gebraucht 2 ). Ein fahriges, flatterhaftes Mädchen wird etwa „ F . " genannt. F.e feilhalten ist eine Bezeichnung für,,nicht tanzen gehen". Die alten J u n g f e r n müssen nach dem Tode vor der Hölle F.e feilhalten 3 ). Im alten Osterspiel kommt für den Teufel der Name F. vor (15. J h . ) . Die Hexen werden häufig F . genannt 4 ). In Thüringen und im Voigtland heißt der Zwerggeist einmal F. (Pan-Motiv: F. ist gestorben) 5 ). G r i m m DWb. 3, 1747. 2) Faust 3706. ) Obersächs.-erzgeb. Mundarten 1, 342. «) G r i m m Myth. 2, 889. «) W i t z s c h e l Thüringen 2, 85; Ε i s e 1 Voigtland 47 Nr. 104; hier heißt das Graumännchen (s. d.) Fl. Bäschlin. 3
Flegel s. d r e s c h e n 2, 463 ff. Fleisch. Aus zwei Grundvorstellungen fließt so ziemlich aller an das F . sich anschließende Volks- und Aberglaube: 1. Ursprünglich ist die F.mahlzeit, in erhöhtem Maße die gemeinsame F.-Mahlzeit, eine O p f e r h a n d l u n g , ein S p e i s e o p f e r mit all den Folgerungen, die sich ergeben, wenn der Mensch gemeinsam mit dem Gotte ißt. 2. Wie das Blut repräsentiert das F., und von diesem wieder einzelne lebenswichtige Teile wie Herz und Nieren (vgl. Fett), den Körper als Sitz besonderer körperlicher und geistiger Eigenschaften und des gerade im Vorstellungskreis des primitiv-magischen Menschen wichtigen Orenda (vgl. Fett). I. ad 1. Wie bei den Juden, so war auch bei den Griechen und Römern jede Hausschlachtung zugleich ein O p f e r 1 ) ; man vergleiche ζ. B . die Schlachtung des Ebers durch Eumaios 2 ). Diese sakrale A u f f a s sung der Schlachtung wirkte bis in die spätere Zeit n a c h 3 ) ; ursprünglich gehörte das, was man dem Gott oder den Göttern nicht verbrannte, den Priestern und Gläubigen; auch den Freunden
1599
Fleisch
sandte man etwas ins Haus, Kircher verweist auf die noch bei uns üblichen S p e n d e n bei Hausschlachtungen 4 ). Die alten Deutschen begingen ebenfalls die Schlachtung eines Tieres als Speiseopfer 5 ). Bei F.gelagen trifft man bei verschiedenen Völkern Abmachungen und schließt Bündnisse®). Noch heute opfert der Mongole beim F.mahl auf dem Hausaltar F.'). Die Reste des Speiseopfers sind einmal mit der K r a f t des Opfergottes e r f ü l l t : In Attika mischte man die Reste vom Demeteropfer, Schweinefleisch und Gebildbrote, unter die Saat, um diese fruchtbar zu machen 8 ); auch bei uns übertragen die Reste besonderer Kultmahlzeiten Fruchtbarkeit 9 ): beim Fastnachtsessen (Schwcinef. mit Sauerkraut und Erbsensuppe) legt man die Reste für die Leinsaat auf den Acker. Dann finden wir oft das strenge Verbot, die Knochenreste von der Fleischmahlzeit wegzuwerfen, damit sie besonders die Hunde nicht bekommen 1 0 ). Nach Geiler von Kaisersberg gibt man -deshalb nicht den Hunden die Beinlein vom Osterlamm, weil sie sonst unsinnig werden u ) . Nach Zimmermann verendet das Vieh, wenn man beim F.essen die Knochen zum Fenster hinauswirft 1 2 ). In Disentis muß man das gekochte Fleisch sauber von den Knochen lösen, damit man Glück hat mit dem Vieh (pädagogisch?) 1 3 ). Bei den Speiseopfern wurden den Göttern bestimmte Stücke zugewiesen M ) ; deswegen wohl und als Repräsentationsstücke des ganzen Tierkörpers und seiner K r a f t (vgl. ad 2) sind besondere Stücke als Fest- und Gastbissen reserviert. Im Spessart ist beim Hochzeitsschmaus das Ehrenstück das Bruststück des Rindes 1B ). In Thüringen bekommt der Pfarrer am Hochzeitsmorgen 6 — 1 0 Pfund Rindf. 1 6 ). Über die F.nahrung der alten Germanen berichten Pomponius Mela 1 7 ), Cäsar 18 ) und Tacitus 19 ). Besonders interessant ist die Aufzählung der F.- und Wildarten in den Benedictiones ad mensas von Ekkehard IV. M ); darüber ferner F u h s e 2 1 ) und Schräder 22 ). Heute ist grünes F . in Westfalen •*) und andern Gegenden M ) eine Seltenheit, in manchen armen Orten von
1600
Bayern ist der F.genuß neben Zerealien und Kartoffeln so selten, daß ζ. B . früher die Rekruten in den Kasernen beim ungewohnten F.genuß sich erbrechen mußten 25 ). Des einfachen Mannes Festbraten ist der Schweinebraten 2e ). *) Ρ f i s t e r Kultus in P a u l y - W i s s ο w a 11, 2171—72; Η ö f 1 e r Organother. 21. *) Odyssee 14, 425 ff.; S t e n g e l Opferbräuche 132. *) S t e η g e 1 1. c. 46. 27 A. 2; der locus classicus von den antiken Zeugnissen ist A t h e n a e u s 1, 35: Satis constat tarn ex sacris quam ex aliis Uteris primis temporibus ignota hominibus carnium manducatione, tantum in honorem numinis mactari solitas hostias. . itaque coepere etiam ipsi carnibus vesci sed parce initio et fere non nisi salitis . . . Nunquam autem ullum animal in proprioS usus mactabant, quin eius aliquam partem Deo consecrarent adolendam. *) K i r c h e r Wein 48—49. ') M ü l l e n h o f f AUertumskunde 4, 340; G r i m m RA. 1 § 191; W. 423; alles Nähere bei J a h n Opfergebräuche 341 (Index). ·) ZfVölkerpsychol. 18, 376. ') L. c. 15. ·) Ρ a u s a η i a s 9, 8, 1; F r a ζ e r 8 (5, 2), 17—18.,») H ö f l e r Fastnacht 67. 10) ZfVölkerpsych. 18, 391—392. " ) S t ö b e r Zur Geschichte des Volksaberglaubens im Anfange des 16. Jhs. (Basel 1875), 56. « ) B r e v i n u s N o r i c u s 83 (Angst vor Schadenzauber). " ) W e t t s t e i n Disentis 175 Nr. 53. " ) ZfVölkerpsych. 18, 141. 145—146. " ) Bavaria 4 a, 248. " ) W i t z s c h e l Thür. 2, 235, 74. " ) 3. 3. Victu ita asperi incultique, ut cruda etiam carne vescantur aut recenti aut cum rigentem in ipsis pecudum ferarumque coriis, manibus pedibusque subigendo renovaverunt; vgl. M ä n n l i n g 151: die Russen schlagen das F. zwei Monate in die Haut ein. ,e ) B.G. 4, 1 § 8: Ncque multum frumento, sed maximam partem lacte atque pecore vivunt multumque sunt in venationibus. lö) Germania 23: Cibi simplices: agresti poma, recens fera aut lac concretum; vgl. W e i n h o l d Frauen 2. 55· 69; D e r s. Altnord. Leben 145. ,0 ) Mitt. antiquar. Ges. Zürich 3 (1846—1847), 102. 104. 107 ff. ai ) In H o o p s Reallex. 2, 64 ff.; vgl. H ö f l e r Organother. 21. 45. " ) Reallex. 251. 2a) W r e d e RheinVh. 198. 284. " ) L a m m e r t 41; K ö h l e r Voigtland 261. *·) L a πιπί e r t 41 A 2. *·) D r e c h s l e r Haustiere 12; ZfVk. 1893, 154. 2. ad 2. Das Essen von Tier- und Menschenf. (s. essen) verleiht besondere Kräfte, je nach den seelischen und körperlichen und Zaubereigenschaften des getöteten Tieres oder Menschen. Besonders das rohe F . vermittelt am stärksten die K r a f t ; mit dieser Vorstellung verbindet sich die sakramentale Kommu-
ι6οι
Fleisch
nion mit dem Gotte: Auf Chios zerriß man als Opfer des Dionysos Omadios einen Menschen"), sonst nahm man durch den Genuß roher Opfertiere das Numen des Gottes in sich auf M ). Wenn die Sarazenen dem Morgenstern opfern, essen sie ein Kamel roh vollständig auf (vgl. Omophagie). S c h vr e η η Menschenopfer 71—72. L. c. 73; E u r i p i d e s Bakchen 135. S c h w e n n I.e. 73—74; B e t h Animismus oben 1, 446. M)
a ')
M)
3. Der Primitive ißt das F., namentlich Leber, Herz, Nieren, Ohren, des besonders tapferen Feindes, um dessen M u t , Intelligenz u η d Τ a ρ f er k ei t zu erwerben 30). Das F. von Weibern hebt die Potenz 3 1 ). Allgemein herrscht die Vorstellung, daß Menschenf. in hohem MaßeZaubereigenschaften verleihe: Schon Plato sagt an einer berühmten Stelle im Staat, daß der Genuß von Menschenf. einen zum W e r w o l f mache 3 2 ). A m Südkap essen die, welche H e x e n werden wollen, Menschenf.; namentlich werden in dieser Absicht außereheliche Kinder aufgefressen 33). Daß die Hexen Menschenf. essen, ist ein Glaube, den wir schon im Poenitentiale ecclesiarum Germaniae finden: Credidisti, quod multae mulieres retro Satanam conversae credunt et affirmant verum esse, ut credas inequietae noctis silentio, cum te collocaveris in lecto tuo, et marito tuo in sinu tuo jacente, te dum corporea sis januis clausis exire posse et terrarum spatia cum aliis simili errore deeeptis pertransire valere, et homines baptizatos et Christi sanguine redemptos, sine armis visibilibus et interficere e t d e c o c t i s carnib u s e o r u m v o s c o m e d e r e , et in loco cordis eorum stramen aut lignum aut aliquod huiusmodi ponere et commestis, iterum vivos facere et inducias vivendi dare? 3 3 a ).Im deutschen Aberglauben essen die Hexen nach Tharsander besonders die Leichen ungetaufter Kinder 31 ). Der Teufel gibt ihnen Pulver aus Menschenfl. zum Schadenzauber 3 5 ); nach einem Prozeßprotokoll wird 1438 ein Hexer in der Dauphin6 gefragt, ob er Kinder mit den Genossen aufgefressen B ä c h t o l d - S t ä u b l i , Aberglaube Π.
1602
habe M ) ; desselben Verbrechens werden vier Männer in Neuchätel 1481 beschuldigt 37 ). Zu Sagan wurde 1575 ein Verbrecher aufgespießt, der die Herzen von6 ungeborenen Kindern fraß, um nicht erwischt zu werden 3 8 ) (vgl. Fett, Diebeskerze). ") F r a z e r 8(5, 2), 148 if.; 138 ff.; vgl. 7 (5, 1), 240. 244. 251. 31) E b e r t Reallex. 6, 209. 208. M) 8, 565 D: Ώς dpa 6 γευσάμενος τοδ Ανθρωπίνου σπλάγχνου, έν άλλοις άλλων ίερείων ένάς ίγκατατϊτμημένου, άνάγκη ίή τούτψ λύκψ γενέαθ-cct; vgl. W. H e r t z Der Werwolf 35 ff. 39; R i e s in P a u l y - W i s s o w a 1, 29 bis 30; vgl. P l i n i u s 8, 80 bis 82; F r a z e r 4 (3), 83 ff. 3S) S e l i g m a n n Blick i, 151; Ε b e r t 1. c. 6, 209. **») S c h m i t z Bußbücher 2, 446, 170; vgl. H e f e l e Conciliengesch. 3, 636, 6. M) T h a r s a n d e r 2, 454. 85) H a n s e n Hexenwahn 210, 9 ff. M) Ebd. 460, 33; vgl. 210. 3') Ebd. 500; vgl. 570. M) Kloster 6, 33—34; vgl. B i r l i n g e r Schwaben 1, 115, 134.
4. Auffallend starke Spuren haben sich im deutschen und französischen Glauben von der bei allen heutigen primitiven Völkern tiefwurzelnden Vorstellung erhalten, daß gerade die physischen *·) und psychischen Eigenschaften besonders mutiger und starker und schöner Tiere durch F.genuß übertragen werde. Auch der Tierf.genuß dient, wie wir sehen werden, dazu, um wie beim Essen von Menschenf. Z a u b e r k r ä f t e zu vermitteln. Lokalisiert wird der Sitz der Kräfte besonders in den Nieren 41 ), auch im deutschen Volksglauben sind Nieren, Milz, Leber und Herz der Sitz der Seele 42 ). Über die medizinische und zauberhafte Wirkung des Tierf.es hat Höfler in seiner Organotherapie das Material am ausführlichsten gesammelt, und zwar über jedes Tier einschließlich der antiken Stellen. Man ißt ein Löwenherz, um Mut zu erhalten 4 3 ), und in Marokko macht der Genuß von Löwenf. aus einem feigen einen mutigen M a n n u ) . In derselben Absicht ißt man Jaguarf. 46 ), Bärengalle und -herz macht stark 4 e ). F. ist d i e Kraftnahrung47), besonders der Riesen auch in der deutschen Sage *·). Nach der nordischen Sage wird Ingiald durch den Genuß eines Wolfsherzens mutig 4 *), und Nialto nach dem Genuß des Bärenherzens. In der Siegfridsage begehrt Regin das Herz Fafnirs zu essen (als 51
Fleisch Sitz der Fähigkeiten); er gibt es Siegfrid z u m B r a t e n ; als dieser das schäumende Herz mit dem Finger prüft, verbrennt er sich diesen, f ü h r t ihn z u m Munde und versteht die Sprache der Vögel 8 0 ); nach einer andern Version kocht er das F. des Drachen im K e s s e l 5 l ) . W e r nach böhmischem Glauben Schlangenf. ißt, versteht die Sprache der Tiere; so versteht ein K n e c h t die Sprache des Hofhundes 52 ), D a ß das F . einer weißen Schlange den Esser weise mache, glaubte man in Norwegen, Schweden und Jutland bis ins 19. Jh. 5 3 ), ebenso wirkt das Essen eines Raben- oder Steinfalkenherzens M ) ; denn die Schlange gilt als w e i s e M ) . Nach dem Glauben der Gemsjäger hält ein Nachtigallenherz wach 5e ). W e r nach französischem Aberglauben ein Nachtigallenherz ißt, singt sehr schön und braucht nur zwei Stunden in der N a c h t zu schlafen w ) . Nach schwäbischem Aberglauben bek o m m t man eine schöne Stimme, wenn man ein Lerchenei trinkt oder dichtes Sehnenf. ißt 5 7 e ). In der Schweiz gibt man den Kindern ein Schwalbenherz zu essen, damit sie intelligent werden und ein gufes Gedächtnis bekommen M ). Dagegen bewirkt das Hirn der K r ä h e Gedächtnisschwäche M ) (franz.). Nach Gockel meint ein Mädchen, das ein Katzenhirn aß, es sei eine K a t z e g e w o r d e n M ) . Sperlingsf. macht lüstern (franz.) 61 ). Hasenf. macht 7 T a g e schön ®2); dieser Glaube ist antik e 3 ); Si quando leporem mittis mihi, Gellia, dicis:
„Formosus Septem, Marce, diebus eris."
Ißt man das F. eines brünstigen Hasen, so bekommt man leicht Syphilis 44 ). Das F. des Wacholdervogels® 5 ) bringt langes Leben, wie das Essen der Wacholderbeere (vgl. essen). A u c h die Tiere erhalten durch das F. gewisser Tiere bestimmte Eigenschaften ββ). Stiert bei L a n d s h u t eine K u h nicht, so gibt man ihr das Gescharre v o m F. bock, auf dem ein Stier ausgehauen wurde ·'). W e r nach Tiroler Volksglauben einem lebenden Wiesel das Herz ausreißt und zuckend ißt, kann in die Z u k u n f t schauen M ). Dieser Genuß macht nach französischem Aberglauben zum N a c h t w a n d l e r w ) . Im De-
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partement Meuse glaubt man, daß der ein Zauberer wird, der ein Schwalbenherz i ß t 7 0 ) . Andererseits verscheucht ein cor vulturis p o r t a t u m alle H e x e n und Dämonen 7 l ). Nach indischem Aberglauben essen nur die Dämonen und Zauberer rohes F. 72 ). Die Hexen essen neben K i n dern a m S a b b a t h auch die Herzen von Tieren, besonders O c h s e n 7 3 ) ; überhaupt sind sie nach F, lüstern; so stahl eine H e x e zu W u l f t e n als K a t z e einem K a u f mann beim Essen immer F. 74 ). W e n n sie einen K n a b e n oder einen Ochsen verzehrt haben, so machen sie das Wesen aus den Knochen wieder lebendig, eine Auffassung, die wir oben (A. 33 a) schon im Poenitentiale ecclesiarum Germaniae feststellten und die G. Visconti mit gelehrten Argumenten widerlegt 75 ), Das ist auch die Zauberkunst der V e g e t a t i o n s d ä m o n e n , die ebenfalls nach F . gieren, als der Speise des L e b e n s : So nehmen die Β i l l e w e i s dem Hirten ein Tier, verzehren das F. und stellen aus den K n o c h e n das Tier wieder h e r 7 6 ) . Dasselbe erzählt man sich in Frankreich von den Feen 7 7 ). Die N i x e n 7 8 ) kaufen F., sie rächen sich dafür, daß ihnen der Fleischer in den Finger haut™). Die H e r d m a n n l i und die Z w e r g e 8 1 ) lieben vor allem das Schwei nef. 80 ) In Gera 8 2 ) stehlen die Zwerge F., ebenso in Pommern 8 3 ). Der K o b o l d in Jena hält die Ställe rein und verlangt dafür ein halbes Stübchen Bier und F. 8 3 t t ). Die g u t e n Leutlein in K ä r n t e n M ) aber verschmähen das F. des unschuldigen Lämmleins und verschwinden für immer, ebenso wollen die Holzfräulein 8 5 ) in der Oberpfalz kein F . Zum D a n k f ü r Bewirtung läßt das wilde Heer in Thüringen das F. n i c h t 8 e ) ausgehen, oder das F. des Farnröder Männleins wird zu Gold 8 7 ) (vgl. Brot). Ein K o b o l d frißt einer Frau das F. aus der Schüssel und wirft ihr die K n o c h e s an den K o p f M ). Der wilde Jäger wirft, wenn man nach ihm ruft, faules F. in die Stube 8 9 ), »») F r a ζ e r 8 (5, 2), 138 ff. 140. " ) ZfVk. 1903, 375—376. " ) W u η d t Mythus und Religion 4, 93. *•) ARw. 16, 607. " ) F r a ζ e r 8 (5,2}, 141.142 ff. 147. " ) L. c. 147. " ) F r a -
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Fleisch
ζ e r I.e. 140. " ) Ebd. 146. »') T e m m e Pommern 215—216, 177. "} ZfVölkerpsych. 18, 3—4. ") F r a z e r I.e. 146; P . E . M ü l l e r Saxo Grammaticus 2, 60. M ) P a n z e r Sigfrid 101—102. 104 ff. " ) G r i m m Heldensage' 78; Ρ a η ζ e r 1. c. 49. M ) G r o h m a n n 230 Nr. 1658; F r a z e r I.e. 146ff. " ) F r a z e r 1. c. 146; nach antikem Glauben entsteht die Schlange aus dem Blut gewisser Vögel (Ρ 1 i nius io, 137; 29, 72; Philostratus Vita Apollinii 1, 20; F r a z e r 8 (5, 2), 146), und deswegen macht ihr F. die Vogelsprache verstehen; es genügt, wenn sie die Ohren ausleckt, wie dem Melampus: Ρ 1 i η i u s 10, 137; P o r p h y r i u s de abstinentia 3,5. M) P a n z e r 1. c. 101—102. *•) F r a z e r 1. c. 147 Α. 1 mit Lit.; G r i m m Sagen Nr. 132; Ebd. Nr. 17; K ü h n a u Sagen 4 (Index: Schlange). 5«) A l p e n b u r g Tirol 360. " ) S έ b i 11 ο t 3, 204. 5,a ) B i r l i n g e r Volhsth. 1, 127. M) s·) S6billot I.e. Ders. 3, 48. «) G o c k e l 27. ") S έ b i 11 ο t 3, 204. M ) D e r s. 3, 44. " ) M a r t i a l Epigr. 5, 29, ι — 2 ; vgl. Ρ 1 i η i u s nat. hist 28, 260: Somnos fieri lepore sumpto in eibis Cato arbitrator, volgus et gratiam corporis in novem dies, frivolo quidem ioco, cui tarnen aliqua subesse debeat causa in tanta persuasione; vgl. F r i e d l ä n d e r zu M a r t i a l I.e.; M ä n n l i n g 229; nach antikem Glauben machte der Genuß von Hasenf. 9 Tage schön: P l i n i u s 28, 260; vgl. O t t o Sprichwörter der Römer Nr. 942. ") S 6 b i l l o t 3, 48. «) D e r s . 3, 204. ··) D e r s . 3, 45. 220. ") P o l l i n g e r Landshut 155. ") A l p e n b u r g I.e. 383. ·») S f e b i l l o t 3, 44. '·) D e r s . 3, 204. n) H a n s e n I.e. 46, 4; A r n a l d u s de V i l l a n o v a (1235—1312) Experimenta contra demones et maleficia; um die Hexe zu zitieren, die ein Tier ζ. B. Pferd tötete, kocht man nach dem Rat des Scharfrichters einen Topf F. (vgl. Milch); dann muß die Hexe um Gnade flehen: E. F r a n c i s c i Der höllische Proteus (1690), 109. " ) S c h r ä d e r Reallex. 251. " ) H a n s e n I.e. 203 Nr. 6 u. 8; aus dem Werk des G i r o l a m o Visconti Lamiarum sive strigarum opusculum (1460); '*) S c h a m b a c h - M ü l l e r 179, 196. '·) H a n s e n 1. c. 203; zu dem Motiv der geschlachteten und wieder belebten Tiere: G r i m m Myth. 1, 154 Α. ι ; für die Antike: Ovid Metamorphosen 6, 404 ff. ™) G r a b e r Kärnten 65, 73. ") S i b i l l o t 3, 154; 2, 393. ») W i t z s c h e l Thür. 1, 286, 2. ">) Ε i s e 1 Voigtland 36, 70—71. ,0) L ü t ο 1 f Sagen 478, 439. el ) R o c h h o l z Sagen 1, 337. " ) Ε i s e 1 1. c. 18, 28.") BlpommVk. 1,179, 50.»·») W i t z s c h e 1 Thüringen 1, 240, 240. M ) G r a ber Kärnten 63, 72. " ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 359. 8") W i t z s c h e l 1, 189. s ') D e r s . 1, 125 ff. ") F i s c h e r Aberglaube 58. "') E i s e l I.e. 118, 305—306.
5. Wie das F, bestimmter Tiere (Zauber-) Kräfte verleiht, so muß man das
F. anderer Tiere wieder m e i d e n : Der Primitive ißt kein Hühnerf. oder -herz, weil das mutlos macht Die Buschmänner meiden das F. von langsamen Tieren M ). Im französischen Aberglauben ist es verboten, das F. von einem Tier zu essen, das der W o l f g e w ü r g t hat, sonst verliert man die Sprache 82 ). Interessant ist, daß auch die Pönitentialen dieses Verbot kennen: In den verschiedensten Fassungen haben wir ein Kapitel De mundis et immundis animalibus, quae non licet comedere; da heißt es im Bußbuch des T h e o d o r von C a n t e r b u r y 9 3 ) : Tiere, welche von Wölfen oder Hunden gerissen werden, darf man nicht essen, weder Hirsche noch Ziegen, wenn sie verendet gefunden wurden; es müßte denn sein, daß sie noch lebend von den Menschen getötet würden; aber den Schweinen und Hunden sollen sie gegeben werden. Das ist alt-mosaisches Verbot 9 4 ); daß aber das Theodor'sche Bußbuch auch auf speziell germanische Verhältnisse eingeht, zeigt der Satz: Equum non prohibent, tarnen consuetudo non est comedere 95 ); auch Hasenf., das Moses verbietet 9β ), erlaubt das Bußbuch 97 ). Schwangere dürfen bestimmte F.arten nicht essen wegen der Übertragung der Eigenschaften auf die Kinder: Nach französischem Aberglauben hängen die Eigenschaften des Kindes in hohem Maße von dem F. des Tieres ab, von dem die Hoffende genießt08); die Schwangern dürfen keinen Kopf vom Hasen essen, sonst bekommen die Kinder Hasenscharten99). Überhaupt ist das K o p f e s s e n auch im deutschen Aberglauben verboten: das Verbot wird von Agrippa von Nettesheim besonders betont 100 ); und imTractatus de decern praeeeptis von J. Herolt lesen wir: item abstinentes a capitibus animalium et volucrum et piscium, ne capite infirmentur 101 ). Nach altfranzösischem Aberglauben darf man, um die Paralyse zu vermeiden, weder den Kopf einer Katze 102 ), noch eines Bären 103 ) essen (15. Jh.). Nach deutschem Glauben sollen die schwangeren Mütter nicht das F. eines Zuchtstieres 1M ) essen und nicht das einer Ziege 105 ), weil die Kinder darunter lei5«*
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Fleisch
den. Nach dem Glauben der Esten darf der Gevatter vor der Taufe kein F. essen, sonst bekommt das Kind Zahnweh loe ). Frühzeitiger Fleischgenuß verursacht trübe Augen 1OT). In Lifege fürchtet man, daß die Kinder der Mütter, die Schweinef. essen, Grind bekommen 108 ). Das S c h w e i n e f . v e r b o t beruht bei den verschiedenen Völkern auf verschiedenen Vorstellungen: Während man in Athen am Fest der Thesmophorien Schweinef. als Communio aß loe ), war es im Attis- u o ) und A d o n i s k u l t m ) (Adonis vom Eber getötet!) verpönt, ebenso bei den J u den 1 1 2 ) und Indern 1 1 3 ). Einige Primitive vermeiden das Schweinef., weil die Seelen der Verstorbenen in den Schweinen wohnen 1 1 4 ), nach dem Glauben der Samoaner im Herzen l l s ) . Andere essen beim Säen kein Schweinef., weil die Schweine die Saaten verwüsten l l e ) ; die Karaiben fürchten, kleine Augen zu bekommen 1 1 7 ). »») F r a ζ e r 8 (5, 2), 140. 1 4 2 . 1 4 7 . " ) Ebd. 140; Z f V k . 1903, 376 (plumpe Tiere). °2) S e b i l l o t 3, 47; wen nach römischem Aberglauben der Wolf zuerst sieht, der verliert die Sprache: O t t o Sprichw. d. Römer Nr. 989. »») S c h m i t z Bußbücher 1, 544; 2, 537, 1 3 8 ; vgl. 1, 4 1 5 . 617. 668; 2, 575. 607; das ist dieselbe abergläubische Vorstellung, wie wenn H i l d e g a r d von Bingen sagt: wenn der Hund in Brot beißt, soll man davon nicht essen, weil der Mensch damit Gift in sich aufnimmt: Physica 7, 20 = M i g n e Patr. lat. 197, 1328. ») Moses 3, 7, 24. cap. 1 1 ; cap. 1 7 , 15. «) S c h m i t z I.e. 1, 545. 41 2. 538, 144. «) Moses 3, II, 5—6. ·') S c h m i t z i, 545, 5 ; 2, 538, 145. - ) S f e b i l l o t 3, 48. 129 ff. s ») D e r s . 3, 47. l0 °) 4, 190. 1 0 1 ) Z a c h a r i a e Kl. Schrift. 383. 1 0 J ) S e b i 1 l o t 3, 129. i » i ) D e r s . 3, 48. 1 0 1 ) B o h n e n b e r g e r 17. los) J o h n Oberlohma 1 6 0 . 1 M ) B o e d e r Ehsten 22; G r i m m Myth. 3,490, 57. 10 ') L a m m e r t 1 1 9 . 1 M ) S e b i l l o t 3, 129. " " ) F r a z e r I.e. 19—20. "») H e p d i n g Attis 157; F r a z e r 5 (4, 1), 265; W ä c h t e r Reinheit 84 ff. vgl. 82. »») F r a z e r 8 (5, 2), 22; dem Heiligtum der Hemithea durfte sich niemand nähern, der Schweinef. gegessen hatte: F r a z e r I.e. 85; auf Kreta galt das Schwein als heilig und tabu: A t h e n ä u s 9 , 1 8 , 3 7 5 ; Frazer I.e. 2 1 . " * ) Moses 3, 1 1 , 7 ff. »") M ä n n l i n g 119· 1 U ) F r a z e r I.e. ns 295—296. ) Ders. Totemism 1, 157. "«) F r a z e r 8 (5, 2), 33. 1 1 5 . 139· "*) Ebd. 1 3 9 f f . ; ZfVk. 1903, 376; vg 1 · F r a z e r 1 (1, 1), 118.
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6. Auf ganz anderer Basis steht das F.verbot in der Fastenzeit. Von 40 Stunden vergrößerte sich die vorösterliche Fastenzeit, wie auch die vor Weihnachten und nach Pfingsten, allmählich bis zum 8. J h . auf 40 Tage, eine Nachahmung der vierzigtägigen Fastenzeit Christi in der Wüste; darüber alles in den Bußbüchern 1 1 8 ). Die Übertretung des F.verbotes in der Fastenzeit, besonders aber am Freitag, wurde sehr schwer geahndet, sogar mit der Todesstrafe 1 1 9 ). Wenn im ausgehenden Altertum und Frühmittelalter die Übertreibung des F.verbotes bis zum Abscheu vor dem F. getrieben wurde, so spielt hier die Lehre vom S a r χ als der Q u e l l e d e r S ü n d e n herein. Nach einer bestimmten Homilien-Version sündigen die gefallenen Engel durch F.genuß, und auch bei Porphyrius ist F.genuß die Auswirkung böser Dämonen 120 ). Gegen diese Übertreibungen wendet sich die Synode von Braga (563): Sie verdammt den, der Fleisch prinzipiell für unrein und sündhaft erklärt 1 2 1 ). In der Antike war besonders bei den Pythagoreern das F. als εμψυχον verboten 1 2 2 ); auch verschiedene Primitive vermeiden das F. als Sitz von Seelendämonen 123 ). Prudentius in seiner Schrift De abstinentia nimmt auch auf das F.verbot der Pythagoreer Bezug 1 2 4 ). 11β ) S c h m i t z Bußbücher 1, 150 ff. 162. 237. 436. 577; 2, 492 ff. 579; ZfVölkerpsych. 18, 44 ff.; Η ö f 1 e r Fastnacht 66 (mit Vorsicht!). «·) ZfVölkerpsych. 18, 48 ff.; Kloster 6, 478; S t o l l e Kirchenväter 62, 198. 120 ) A R w . 18, 159. 1 6 7 ; C l e m e n Neues Testament 4 6 f f . ; B o n h ö f f e r Epiktet in U V V , io, 1 6 0 f f . ; A R w . 24, 1 4 5 ; vgl. das Verbot für den Popen: T e t z n e r Slawen 234. 1 2 1 ) H e f e l e Conciliengesch. 3, 17 Nr. 1 4 ; 1 9 N r . 14. 1 M ) W ä c h ter Reinheit 76 ff. 78 ff. 80; Gruppe Mythol. 2, 1033 A . 2; A b t Apuleius 39; Th. B r o w n Pseudodoxia epidemica (F. u. L. 1680) 677; der Flamen dialis durfte kein rohes F. berühren, weil es mit Leben oder Dämonen erfüllt ist: F r a z e r 3 (2), 13. 239—240; P l u t a r c h Quaest. Rom. 1 1 0 ; Gellius Noctes atticae 10, 15, 12. »*) F r a z e r 3 (2), 2 9 1 ; A R w . 18, 303. 307. 3 1 0 (Indonesien); F r a z e r I.e. 239 (Brahmanen); J o l l y Recht und Sitte 1 1 7 . 122. 1 5 1 . 1 5 6 — 1 5 7 ; die Ägypter aßen keine Fische: F r a z e r 1. c. 3 2 . 1 S 4 ) P o r p h y r i u s Dt abstinentia 3, 18; F r a z e r 1. c. 291.
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Fleisch
7. Während die Kirche am Osterfest den F.genuß frei gibt, versteift sich der Volksaberglaube, vielleicht um päpstlicher zu sein wie der Papst oder im Glauben an die K r a f t des Verbotenen, darauf, daß gerade die F.enthaltung an Ostern und andern Festen heilsam sei. Eine Wiener Handschrift vom Jahre 1387 erwähnt: Quidam contra febres in die resurrectionis vel nativitatis Domini carnes non comedunt 1 2 5 ). Dieser Aberglaube war auch in Frankreich verbreitet, wo man an Ostern und andern Feiertagen gegen das Fieber keine Eier und kein F. aß 1 2 e ); die Provinzialsynode von Reims wendet sich dagegen 127 ): nemo a carnibus superstitiose diebus solemnibus, abstineat, ut sacro die Paschae, ne toto anno febre laboret (1583). Ebenso wettert die Synode von Toulouse dagegen 128). Auch ein Edikt des Herzogs Maximilian von Bayern verbietet diesen Aberglauben (1611) 1 2 9 ). Noch heute glaubt man, F.enthaltung am Ostertag schütze vor Fieber l s o ) oder Zahnweh 1 3 1 ) oder das Vieh vor Krankheit (Baden) 1 3 2 ). Herolt in seinem Tractatus de decern Preceptis schreibt: Item qui quinta feria in angaria non comedunt carnes; et credunt quod pestilentia non possit eos invadere 1 3 3 ). Wer in Mecklenburg am Karfreitag kein F. ißt, den stechen die Mücken nicht 1 3 4 ). Nach dem St. Florianer Codex aß man am Donnerstag im Quatember kein F., im Glauben, man sterbe in dem J a h r e nicht 1 3 5 ). In Vintlers Bluemen derTugent (1411) lesen wir 136 ): Ir seind auch vil, die da jehen, wer da fast den Suntag, das Got dem selben nicht versag chainerlai Ding, des er in pit. Ißt man in den Zwölften Hülsenfrüchte, so erkrankt man, ißt man F., so fällt das beste Vieh im Stall 1 3 7 ). Dieses abergläubische Verbot, an Weihnachten F. zu essen, herrscht allgemein 138 ), besonders in Bayern 1 3 9 ) und Baden 1 4 0 ). In der Oberpfalz dehnt man das Verbot auf die Neuvermählten beim Hochzeitsmahl aus 1 4 1 ). Dagegen schreibt Zimmermann, in der Christnacht gebe man dem Vieh drei Stückchen F. mit Branntwein, damit
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das Vieh gedeihe 1 4 2 ) oder nicht den Brand bekomme 143 ). In manchen Gegenden Norddeutschlands ißt man in den Zwölften Schweinskopf 1 4 3 »). Beim Mahl für die Drescher nach Beendigung des Dreschens nach der Buchweizenernte ist das F. verboten 144 ). 1SS) S c h ö n b a c h Berth, v. R. 136; vgl. S t e r n Türkei 1, 246. 126) L i e b r e c h t
Gervasius 235 Nr. 195. " ' ) Ebd. 236.
ia)
Zf-
Völkerpsych. 18, 51. "') P a n z e r Beitrag 2, 283. 13°) Ebd.; S t r a c k e r j a n 1, 64. 131) S t r a c k e r j a n 2, 78; 2, 12 Nr. 268; W. 83.526; S a r t o r i Sitte 3, 27. 13lt) M e y e r U3 Baden 530. ) ZfVk. 1912, 242; Z a c h a r i a e Kl. Schrift. 383—384; Theol. Quartalm schr. 88, 429. ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 259 Nr. 1351; vgl. M e y e r I.e. 501. 504; F o g e l Pennsylv. 251 Nr. 1303. 135) G r i m m Myth. 3, 417, 26. ' " ) Z i n g e r l e
Tirol 292,
V. 8208—10. »") G r i m m Myth. 3,463,814. >m) F i s c h e r Aberglaube 337; K e l l e r Grab 1, 178; vgl. F o g e l I.e. 262 Nr. 1368; ZfVölkerpsych. 18, 52. 13i) P a n z e r Beitr. 1, 264; Bavaria 2a, 312. 140) M e y e r Baden 483; SAVlc. 24, 65; W. 74; L ü t o l f Sagen 360 ff. 141) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 98. 142) B r e v i n u s N o r i c u s 185. I43) D e r s. 80. 143») K u h n - S c h w a r t z 411, 161. 144) F i s c h e r Aberglauben 333; P a n z e r 1. c. 2, 228; S c h ö n w e r t h 1. c. r, 402; M a n n h a r d t 2, 248 ff.; S a r t o r i Sitte 3. ι°3· 8. In den S a g e n finden wir den Niederschlag der Meinung wieder, daß die Übertreter des F.verbotes in der Fastenzeit streng bestraft werden: Die S t r ä g g e l e , ein Gespenst, war einst ein stolzes Fräulein, die mit dem Buhlen in der Fastenzeit nach Wildschweinen jagte, da sie für den Namenstag F. haben wollte; beide jagen ewig als wilde J a g d 1 4 5 ) . Ähnlich muß in der französischen Sage ein Jäger, der trotz der Warnung Gottes am Freitag sich F. verschaffen wollte, alle 5 Jahre in der wilden Jagd erscheinen 1 4 6 ). In einer mittelalterlichen Erzählung will ein Mönch im Geheimen F. essen, wird aber durch Gottes Auge erkannt 1 4 7 ). Eine andere Sagengruppe berichtet (wie die Brotsagen) von der S c h ä n d u n g d e s F.e s o d e r d e r S t r a f e d e r F ä l s c h e r : Eine Prinzessin weigert den Armen das Brot, fährt auf Salz Schlitten (vgl. Brot) und wirft das F. der Heringe weg; sie versinkt 148 ). In einer badischen Sage geht ein
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Metzger, der anderes F . für Kalbf. verkauft, um 1 1 8 ). 14S
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Fleisch
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26.
9. „ E z t chund die lustigi F a s n a c h t z i t , wös Brotwürst rägnet und Chüechli schnit" 1 5 0 ). Da gehen die Armen zur Allgäuer F.spende in die Fasten 1 5 1 ). In Schlesien wird am Fastnachtdienstag das Gesinde mit Schweinef. und Kuchen gespeist 181 »). Am Donnerstag vor Fasten muß man mit fettem Maul in den Wald schauen 152 ), damit es viel Buchnüsse gibt. An diesem fetten Donnerstag muß in der Rheinpfalz in jedem Haus F . gebraten werden 153 ). In Schwaben kennt man den „schmalzigen Samstig" X54). F.spenden an die Pfarrer 1 5 5 ), seit alten Zeiten feststehende F.- und Wurstessen i s e ) (Schleswiger Schweinskopfessen 167 ), Fleischerbälle in Schlesien) 168 ), vor allem Spenden von Schweinef. an die Armen 1 5 9 ) deuten vielleicht auf alte Frühlingsopfer oder mindestens Gemeinschaftsessen (Anfangszauber, übertragen vom Weihnachts- und Neujahrsessen?). Am Vorabend vor Antonius (17. 1.) wurde früher im Rheinland ein Schwein geschlachtet und den Armen verteilt, nach Höfler in Erinnerung an ein Frühjahrsschweineopfer leo ), vor allem aber wohl deswegen, weil Antonius der Schutzpatron der Schweine war 1 6 0 a ). Angelehnt an die Weihnachtsopfer ist auch der Aberglaube, von dem Lorichius (1593) berichtet: Die F.speisen am Dienstag in der Fastnacht oder andere Speisen am ersten Sonntag in der Fasten oder zu welcher Zeit sonsten, durch die ganze Nacht aufm Tisch stehen lassen für die Seelen, ist ein grober, spöttischer und heidnischer Aberglaub l e l ). Frater Rudolphus berichtet aus seiner Zeit: In principio quadragesime carnescomedunt, ut eorum bene crescat annona 1 M ). In Thüringen muß man Fastnacht, Aschermittwoch und Donnerstag Brei, Schmalzkrapfen und Sauerkraut mit Schweinef. essen; die Knochen und Rippen muß man in den Samenlein stecken i e 2 a ) ; damit vergleiche man den Fruchtbarkeitszauber in Athen,
wo man die Reste des Schweineopfers unter die Saat mischt (vgl. Gebildbrote). An Fastnacht muß in Westböhmen jeder, der bei gutem Aussehen bleiben will, fettes F. essen l e s ), die Mädchen müssen stehend essen, damit sie dicke Waden bekommen le4 ). Nach den Fasten des Ovid soll man am 1 . Juni Schweinef. mit Bohnen und Spelt essen, ne laedantur viscera 1 β 5 ). An Sebastian muß in Burg im Spreewald jeder frisches F . im Hause haben, sonst stirbt das Vieh 1ββ ). Zu Christihimmelfahrt muß jeder mindestens ein Stückchen F. essen (Böhmerwald) le7 ). Und zu Martini muß man in Westböhmen F. essen, sonst verendet ein Stück Vieh 1β8 ). "») seines »")
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1903,
Drechsler
R o c h h o l z 393.
7, lel
67.
Bestandes 85.
)
4,
28—29.
MschlesVk. 85.
15a
162 ff. Bavaria
Ikonographie l
S t . Gallen, Denkschrift z. Feier
hundertjährigen
1. c.
54.
vgl. ZfdMyth.
2, 108, 15; F e h r 1 e Feste 49; W i t zs c h el 1. c. 2, 1 8 9 , I i . 1 M ) J o h n Westböhmen 3 7 . 1 M ) D e r s . 36; S a r t o r i 1M 1. c. 3 , 1 1 2 . ) O v i d Fasten 6, 1 8 1 f f . "·) S c h u l e n b u r g Wend. Volkst. 1 3 6 ; S
a r t ο r i
Böhmerwald S a r t o r i
1. c.
153. 1. c. 3,
3, 8 2 .
1W
)
lt7
)
J o h n
S c h r a m e k
Westböhmen
\
266.
io. F . w e i h e a n O s t e r n : Schon H. von Gorkum, der erste Regens der Montanerburse zu Köln (1420—1431), stellt in seinem Tractatus 1β9) unter den 9 propositiones folgende These a u f : Deferre ad ecclesiam scapulas porcinas vel alias escas aut pocula hac intentione, ut super eas fiat divini nominis invocatio et per quasdam certas orationes benedictio, deinde eis uti reverentius et in principio comestionis ex intentione precircumstantionata, neque illicitum videtur neque superstitiosum. Über die ganze Frage referiert Franz 1 7 0 ). F . gehört wie Eier, Speck und Brot und Osterfladen zum „ 0 s t e r g e s e g n e t e n " 1 7 1 ), das man in der Kirche weihen läßt, in Bayern Salz, Brot, Kalbf. und Schweinef. 172 ); in Steiermark geht der Kaplan von Haus
i6i3
Fleisch
zu Haus, er erhält für die Benediktion F. und Würste 173 ); hier gewährt das Weihf., wenn es in neun verschiedenen Häusern genossen wird, Stärke und schützt vor tollen Hunden 174 ). Nach schwäbischem Aberglauben ist das Weihf. gut 1 7 5 ): 1. „wann solches ob der Türe eingemacht, dardurch das gelegte Malefiz vernichtet, und vor weiteren Nachstellung befreit wird"; 2. „wann durch teuflische Pakta und Bossen die Jagdhund falsch ausgeben oder krumb und verlahmbt seynd"; 3. „wann in andern Krankheiten, so von Malefiz herrühren, wird benedicirt und aufbehalten." In der Biographie des hl. Ulrich beschreibt Gerhard genau die Sitte in Augsburg; dieser Bericht wird von einer Augsburger Bearbeitung also wiedergegeben: Als der Gotzdienst desselben Fests vollbracht was, so ging St. Ulrich haim; daselbst warn besunderlich drei köstlich Tisch bereit: ainer im selbst und die er bei im wollt haben; der ander Tisch unser Frauen Pfaffheit; der dritt St. Afra Samnung. Und als das Lemplin, Trank, Speck und anderes nach Gewohnheit des Tages gesegnet und von jedermann genommen ward, darnach fing jedermann an mit Freuden essen und trinken 176a ). In Wendelsheim 175b) macht man seit uralten Zeiten aus verhackten Eiern und F. Figuren, ζ. B. das Osterlamm mit der Siegesfahne, und läßt das in der Kirche weihen; jedes im Haus muß einen Löffel vom Gesegneten essen. In Tirol 1 7 5 c ) läßt man Braten und Schinken weihen; am Lechrain l , 5 d ) Kalbf. und Geselchtes. Die Knochen des gesegneten Osterf.es haben Heilkraft: Item in allen frischen Wunden also: Ir solt nemen die pain von dem osterlamp und solt sy zu pulver prennen . . und darnach klein stoßen . . . .; es ist auch gut das pain von einem jedem lamp, doch das g e s e g n e t ist das beste 175e ). Bei den Slovenen bringen die Mägde ganze Körbe mit F., Backwerk und roten Ostereiern zur Kirche; die Magd, welche zuerst heimkehrt, heiratet zuerst 17β ); die Knochen vom Weihf. werden unter dem Dach gegen Blitz ver-
1614
wahrt, die Schalen der Eier um das Haus gegen Ameisen und Ungeziefer gestreut. Nach einem alten Rezept schützt man in Schlesien Tauben- und Hühnerställe vor Mardern und Füchsen, wenn man Schweineknochen mit Salbei siedet und an den Eingang legt oder ein Stück Wolfspelz 17e»), "») Tractaius de superstiiiosis quibusdam casibus, compilatus in alma universitate Colo-
niensi per...
H. d e G o r c h e n
bei H a n -
s e n Hexenwahn 87, 14 f f . " · ) Benediktionen 1, 582 f f . ; v g l . Η e f e 1 e Conc. 3, 342 f f . m ) Β i r172 l i n g e r Schwaben 2, 74. ) Bavaria 1 a, 371. 1,a )
Rosegger
Steiermark 236. "*) W e i n -
Zingerle
Tirol 150, 1295. "®»5) Kloster 6, 194 ff.; aus A l b e r t i Parvi Libellus de mirabilibus naturae arcanis (Lyon 1744). "·) A r i s t o t e l e s Historia animalium 6, 116; F a h z Doctrina magica 134. 1OT) Ρ 1 i η i u s 8, 165; 28, 181. 261; alle Lit. im Artikel Hippomanes in P a u l y W i s s ο w a 8, 2, 1879—82. 1M) Kloster 6, 193. 1B») Ebd. 6, 196. 201; vgl. H a n s e n Hexenwahn 450, 4: le coeur d'une tourterelle im Liebeszauber (Prozeß in Carcassonne 1335). i0°) 236. ,01 ) D e r s . 10. 20i) H a n s e n 1. c. 46, 30. !03) D e r s . 45, 4. 204) Anthropophyteia 9, 348 Nr. 2.
14. F. i m H e i l z a u b e r u n d i n der Heilkunde des Volkes (vgl. § 7). Für jede Tierf.art ist das reiche Material in Höflers Organotherapie nachzusehen. Rein a p o t r o p ä i s c h gibt man in Pommern den verhexten Pferden gesalzene Heringe ins Futter ^ (Kraftnahrung-Apotropaion). In Tirol soll man F., das in der Fastnacht übrig geblieben ist, mit Brot, das am Karfreitag an das heilige Schmerzenskreuz gelegt
Fleisch
wurde, am Karfreitag dem Vieh zu essen geben, probatum gegen den V i e h s c h e l m 2 0 e ) . In Franken kennt man folgenden Übertragungszauber gegen Gicht: man b e t t e l t einSchüsselchen und ein Stück F., zerschlägt es in 77 Stücke, geht an die Gemeindegrenze und wirft es in ein anderes Gebiet; dabei darf man nicht angesprochen werden; wie das F. fault, schwindet die Gicht 207); überhaupt ist erbetteltes F. sehr heilsam, so erbetteltes Rindf. gegen Rose 2078 ). In einer schlesischen Chronik des 16. Jhs. wird geraten, das F. auf die Gichtstelle zu legen und einem Hund zu geben 208). In Bayern durchtränkt man ein Stück F. mit dem Urin des Gichtkranken und gibt das F. einem Hunde 208 ); bei den Magyaren ißt man Storchenf.209®). Vor allem heilt die unmittelbar wirkende K r a f t des rohen F.es 2 1 0 ). Man legte warmes Tierf. auf die Wunde 211 ), auch bei den Römern 212 ); bei Bindehautkatarrh legt man in Deutschböhmen frisches Kalbf. auf dieAugen 212a ); gegenMutterkrebs legte man blutiges F. in die Scheide 213 ); dasselbe Mittel überhaupt gegen Krebs 2M ). Auf Warzen und Muttermäler legt man F. und wirft es in die Rinne 215 ), das F. muß vor Neumond g e s t o h l e n sein und in der 12. Stunde unter der Dachrinne vergraben werden 2 l e ). Gegen Hühneraugen nimmt man in Schlesien bei abnehmendem Mond ein Stück frisches Rindf. und drückt damit auf die Hühnerwurzeln das Zeichen des Kreuzes im Namen usw.; darauf gibt man das F. einer Henne zu fressen 21β4 ). Gegen Warzen stiehlt man ein Stück F. vom Hackklotz des Fleischers oder vom Teller des Nachbarn, bekreuzt damit dreimal die Warze und wirft das F. unter die Traufe 2 l e b ). Als besonders heilkräftig galt M e n s c h e n f. 217 ). Im Poenitentiale ecclesiarum Germaniae lesen wir: Fecisti quod quaedam mulieres facere solent? Tollunt testam hominis et igni comburunt et cinerem dant viris suis ad bibendum pro sanitate 218 ). In Braunau schneidet man von einem Erhängten an einer „unnennbaren" Stelle ein Stück F. ab, verbrennt es zu Pulver und gibt es dem Fieberkranken 2 l e ). Auf
I6l8
Borneo dörrt man Menschenf. gegen Dyssenterie 220). Das Bußbuch des Theodor von Canterbury rät: Leporem licet comedere et bonus est pro desinteria et fei eius miscendum est cum pipere pro do lore 221 ). Avis Pica vel assata vel elixata comesta sanitatem reddit velociter infirmantibus et in incantatione trufatos solvit et sanat 222). Die Leber eines wütenden Hundes ist Heilmittel gegen Biß 223) (ό τρώσας ϊάσεται 224)). Besondere Heilkraft hat Kamelf. 228 ), in der Antike Eselsf. 226 ). Hildegard von Bingen empfiehlt Schweinsleber für schwache Menschen 227 ); B. Carrichter zählt verschiedene F.arten zu Heilzwecken auf 228). Besonders ist Hundef. 228 ), Wieself. 230 ) und Igelf. 231 ) in der Volksheilkunde beliebt. Im französischen Heilzauber muß man gegen Epilepsie F. essen von einem Tier, das mit einem Messer getötet ist, mit dem schon ein Mensch ermordet wurde 232). Interessant ist, wie in einem von Vegetius angegebenen Mittel die apotropäische w e i ß e F a r b e im Heilzauber verwendet wird: Ein lebend zerkochter w e i ß e r Hahn wirkt gegen Pferdekrankheit 233). Ekkehard rühmt in seinen benedictiones das Bärenf. als heilkräftig: E t semel et rursus cruce sit medicabilis ursus Hunc medici sanum memorant nullique nocivum "*).
Biberf. 234a ) verwendet man gegen Gallfieber innerlich; Katzen- und Hundef. sind gegen Schwindsucht sehr gerühmt 2 3 4 b ). Gegen Lungensucht 234c ) bei Kindern gab 1641 eine weise Frau das Durchz i e h e n durch eine Ochsen- (Knaben) oder Kuhmilz (bei Mädchen) mit Zauberspruch; die Milz wird 9 Tage im Rauchfang geräuchert; ist sie dann trocken, so ist das Kind gerettet. *°ä) Τ e m m e Pommern 341; in der Antike wirkt Schildkröten! gegen allen Zauber: Ρ 1 i η i u s 32, 33. 20·) A l p e n b u r g Tirol 350. S07) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 274. *"») D e r s . 2, 7 3 7 ; D r e c h s l e r 2, 243. *») MschlesVk. 1910, 189. »»») HovorkaK r o n f e l d 2, 282. *») Ρ ο 1 1 i η g e r 21 Landshut 284; W . 534. °) Hier wird die tierische Lebenskraft und Gesundheit genau so übertragen, wie durch das Auflegen v o n frischen Tierfellen oder Einwickeln in lebenswarme Felle: G r i m m Myth. 1, 3 2 2 — 2 3 ; 2, 980;
Fleischtage—Flieder, türkischer 3, 344; dasselbe bezweckt das Einwickeln von Frühgeburten in Schweinespeck; bekannt der Fall B u r c h a r d s von St. Gallen: G r i m m 1. c. 1, 323; der junge Aias wird in das Fell des nemeischen Löwen eingewickelt und bekommt so wunderbare Kraft: R V V . 11, i, 2 ff.; über die ganze Frage der Übertragung der Kraft zu Heilzwecken: P f i s t e r Kultus 2158. 2170; W e i n r e i c h Heilungswunder 100. *") G r i m m 1. c. 1, 980; 3, 344; die Dalmatier binden bei Fieber lebend halbierte Tiere auf die Fußsohlen: H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 231; J ü h l i n g 1. c. 344. 81>) Ρ 1 i η i u s 25, 97. "«») H o v o r k a - K r ö n f e l d 2, 787. a «) L a m m e r t 208. s " ) J ü h l i n g Tiere 344. S e y f a r t h Sachsen 297; K ö h l e r Voigtland 432. , u ) J ü h l i n g 1. c. 343; vgl. H o v o r k a u. K r o n f e l d 2, 774; F o x Saarland 306. " ' · ) D r e c h s l e r 2, 285. ·"·>) D e r s . 2, 286. »') S c h i n d l e r Aberglaube 165 ff.; S e y f a r t h 1. c, 247; vgl. S t e r n Türkei 1, 223. "») S c h m i t z 1. c. 2, 448, 177. Jl») ZföVk. 1897, 280, 20. «ο) Ε b e r t Reallsx. 6, 210. ,S1 ) S c h m i t z 1. c. i , 382. 415. 545. 668; 2, 538, 145. 575. 607. »") H a n s e n 1. c. 46, 7 (1300). *»*) W a i b e 1 - F l a m m z> 315; vgl. A R w . 12, 343. *") R i e s in Pauly-Wissowa x, 36. 2 ") M ä n n 1 i η g 80. *»·) W e i n r e i c h Heilungswunder 123—124. 204; P l i n i u s 28, 195. 230; R i e s I.e. 70. *") Physica 7 c . 1 5 = M i g n e 197, 1326. *a) B. C a r r i c h t e r Von Heilung der zauberischen Schäden (Straßburg 1617), 180ff. » ) H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 221 ff.; vgl. R i e s I. c. 73; in der Antike besonders Hirschf. gegen Fieber: Keller Tiere 87; R i e s I.e. 72. ,so ) H o v o r k a u. K r o n f e l d 1, 451 ff. ' " j D e r s . 1 , 2 2 3 ff.; alle medizinalen Tiere werden 1, 414 ff. aufgezählt ; vgl. S t r a c k Blut 5 (Papyrus Ebert); vgl. ZfVk. 1894, 8 4· *") L i e b r e c h t Gervasius 245, 314. " ' ) V e g e t i u s x, 18, 17; 2 vgl. K. M a y e r . Weiße Farbe 3 2 ff. ") L. c. 110 vers. 119—120. ,34a ) H o ν o r k a - Κ r o n f e l d 2, 106. »«*>) 1. c. 2, 59. S3 '°) 1. c. 658.
15. Z a u b e r i s c h e und sons t i g e E i n f l ü s s e . Das F. ist sehr leicht zerstörbar, wie schon Megenberg betont 23S ); daher sind zauberische Einflüsse besonders gefährlich: In Schottland glaubt man, daß Zauberer F.Vorräte durch den Blick verderben können 23β). In der Oberpfalz glaubt man indessen, daß man mit F. am wenigsten Zauber treiben könne 2 3 7 ). Eine Frau in menstruis darf das F. nicht einsalzen238) (vgl. Bier). In Pommern schlachtet man das Schwein nur bei zunehmendem Monde 239). Nach Fischer ist das F. der im Vollmond geschlachteten Tiere besser als das der bei abnehmendem Monde ge-
1620
töteten 240). Nach dem Glauben der Deutschamerikaner soll man das F. im Sternbild des Löwen einsalzen 241 ); auch sonst glaubt man an Zusammenhänge zwischen der astronomischen Konstellation und dem Räuchern des F. es 242). Die Römer pökelten das F. bei abnehmendem Monde ein 243). ,3S) Buch der Natur 37. '*·) S e l i g m a n n Blick 1, 236. ,37) S c h ö n w e r t h 1. c. 3, 160. 238) Μ ä n n 1 i n g 313. "·) BlpommVk. 3, 184. M0) Aberglaube 91; vgl. F o g e l I.e. 244 Nr. 1262. a u ) F o g e l 245 Nr. 1270; vgl. 252 Nr. 1307 (Quatember.). *") Ebd. 243 Nr. 1258; 24g Nr. 1266; 246 Nr. 1274; 256 Nr. 1335. ,4>) C o l u m e l l a 12, 55, 3.
16. T r ä u m e n von F. Träumt man von ungebackenem Brot und frischem F., so stirbt jemand 244 ); nach dem Traumbuch des Artemidor bedeutet Träumen vom Essen des selbstzubereiteten F.es Glück, besonders von gebratenem Schweinef. 245 ). Dagegen bringt im indischen Traumbuch der Genuß von gekochtem F. Verderben 24e), der Genuß von rohem aber ist heilvoll 247). Wenn in Schlesien ein Schwerkranker nach F. Appetit hat, stirbt er bald 248). s") C a m i n a d a Friedhöfe 112. ' " ) Traumbuch Artemidori des griechischen Philosophi sampt einer Erinnerung Philippi Mel a n c h t h o n i S (Straßburg 1624) 185—187. c. 67. "«) R V V . 11, 4, 226. L. c. 51—52. **•) G r a b i n s k i Sagen 53. Eckstein.
Fleischtage s. D i e n s t a g 2, 249ff., D o n n e r s t a g 2, 331 ff., W o c h e n tage. flicken s. n ä h e n . Flieder, s. H o l u n d e r . Flieder, türkischer (Lilak, Syringe; Syringa vulgaris). I. B o t a n i s c h e s . Aus dem südöstlichen Europa stammender Zierstrauch mit herzförmigen Blättern und duftenden violetten (auch blauen oder weißen), in pyramidenförmigen Rispen angeordneten Blüten. Der türkische F. wird auch sehr häufig in Bauerngärten gezogen In der Benennung wird er manchmal vom Holunder (s. d.) nicht auseinandergehalten. Μ a r ζ e 11
Kräuterbuch
148.
1621
Fliege
2. Wer eine F.blüte mit f ü n f teiliger Blumenkrone (in der Regel ist diese vierteilig) findet und diese ißt, hat Glück 2) oder bleibt gesund 3). Der gleiche Glaube (bzw. das bloße Finden einer solchen Blüte) gilt im B a l t i k u m 4 ) , in Frankreich 6) und in den Ver. Staaten von A m e r i k a e ) . Eine „Holunderblüte" (es ist wohl Syringa gemeint) steckt man in eine Hautfalte des Daumens und bewegt diesen hin und her. So oft dies geschieht, ohne daß die Blüte herunterfällt, so viele Jahre lebt man noch 7 ). ») ZfVk. 10, 214. ») Arch. Ver. d. Freunde d. Naturgesch. in Mecklenburg 71 (1917), 82.
4)
ZfDkde. 37, 90. «) S έ b i 11 ο t Folk-Lore 3,
395· *) B e r g e n Animal- and Plantlore 106. D r e c h s l e r 2, 197; M ä r z e 11 Bayer.
7)
Volhsbot.
83.
3. Mit getrocknetem blauem F., der am Karfreitag vor Sonnenaufgang (aber nicht mit bloßer Hand) gepflückt ist, räuchere man am Ostersonntag vor Sonnenaufgang alle Kammern, und die Ratten werden verschwinden 8 ). e) G r ο h m a η η 59. Marzell.
Fliege. 1. E t y m o l o g i s c h e s . Die F., mit welchem Wort das Volk meist die Stuben-F. (musca domestica), gelegentlich aber auch die Fleisch-F. (musca carnaria) oder die Stech-F. (stomoxys calcitrans) bezeichnet, bietet omasiologisch nichts Bemerkenswertes. — Unser F. erscheint ahd. als flioga, fliuga, fliega, mhd. νliege, and. fliega, ndl. νlieg, ags. fleoge, engl, fly, anord. flttga, schwed. fluga, dän. flue1). Ableitung von fliegen liegt auf der Hand. In manchen deutschen Mundarten wird zwischen „ F . " und „ M ü c k e " nicht genau geschieden. — Die romanischen Namen gehen sämtlich auf lat. musca zurück 2 ). Für andere Sprachen vgl. Ε d 1 i η g e r 3). *) W e i g a n d - H i r t DWb. 1, 552. 2) Me y e r - L ü b k e REWb. Nr. 5766. *) Tiernamen
43.
2. B i o l o g i s c h e s . Von der Entstehung der F.n hatte schon A r i s t o t e l e s eine ungefähre Vorstellung. Er weiß, daß sie aus Maden entstehen, „welche sich im Dünger bilden" 4 ). Me-
IÖ22
genberg 6) berichtet: „ D i e F.n entstehen aus faulem Mist. Sie gebären Maden, aus denen sich neue F.n entwickeln." Noch jetzt glaubt man im ehemaligen Osterr.Schlesien, die F.n entstünden aus Staub®). In Ungarn bringt man das Erscheinen der F. zur hl. Margarete in Beziehung. A m Margaretentage (13. Juli) zieht die hl. Margarete herum und läßt aus ihrer Schürze die F.n in die Wohnungen der Menschen fliegen, deshalb soll man an diesem Tage die Türen geschlossen halten 7 ). Von der Lebenszähigkeit der F. hatte man im Altertum übertriebene Vorstellungen. So glaubte man, man könne eine ertrunkene F. wieder lebendig machen, wenn man sie mit Asche bestreue und sie in die Sonne setze (Plin., Älian, Lukian, Isidor) 8 ). Schneide man ihr den Kopf ab, so könne sie noch weiter leben (Tertullian) ®). Wie auf das Erscheinen der F.n, achtet das Volk auch auf ihr Verschwinden. So sollen nach einem oldenburgischen Aberglauben (Ganderkesee) die Fn. am 22. Oktober weggehen 10 ). In Ossendorf werden die letzten F.n bei der Kirmes in den Kuchen gebacken u ) . ' ) K e l l e r Antike Tierwelt 1, 447. «) der Natur 259. ·) K n o r t z Insehten
7)
Buch 89.
ZfVk. 4, 404. ») K e l l e r a. a. O. ·) Ebd. ") S t r a c k e r j a n 2,94. l l ) ZfrwVk. 1, 31.
3. A b w e h r d e r F. Es ist begreiflich, daß es sich der von der F. geplagte Mensch seit jeher angelegen sein ließ, das lästige Insekt von sich abzuwehren. Ja, das F.nvertreiben war sogar das Attribut gewisser Gottheiten. So kannten die Griechen einen Dämon Myiagros, d. h. F.nverjager, der identisch ist mit dem syrischen F.ngott Baal-zebub = Herr des Ungeziefers 12 ). Dafür trat später der in Elis verehrte Zeus apomyios ein (a. = fliegenwehrend) 1 3 ). Auf den Orient weist auch die Sage, dieser K u l t sei von Herakles, d. i. Melkarth, dem phönizischen Nationalgotte, gestiftet worden, als er einst beim Opfer durch F.n belästigt w u r d e u ) . Daher auch der Glaube, im Haupttempel des Herkules auf dem Forum boarium gebe es keine F . n u ) . Als F.nvertreiber trat neben Zeus und
Fliege
IÖ23
Herakles auch Apollo, der G o t t der Sommerhitze, der auch sonstiges Ungeziefer wie Mäuse, Heuschrecken usw. v e r t i l g t e w ) . Die K r a f t des F.nbannens ging im MA. auf Heilige über. A l s sich einst St. Bernhard auf der K a n z e l von einem F.nschwarm umringt sah, sprach er den B a n n f l u c h darüber aus, was den sofortigen T o d der F. η zur Folge hatte H ) . A n eine B a n n u n g der F.n glaubt man noch heute in Bensdorf im Neißer Kreis l s ). Gelegentlich betet man auch zu Gott um Schutz gegen die F.n. So beginnt ein ländliches Tischgebet in Oberösterreich mit den W o r t e n : G o t t segne uns die Suppen vor F.n und v o r Mucken M ). Ein A b w e h r m i t t e l gegen F.n ist auch das Peitschen mit der Osterrute 20). Gegen F.n im K u h s t a l l e hält man eine E l s t e r 2 1 ) . Französische R e z e p t e zur Vertilgung der F.n ( S t e c h - F . : N u ß b a u m b l ä t t e r , StubenF . : Zucker und Pfeffer) bringt die ZfVk. M). 1S) K e l l e r op. cit. 2, 449. " ) ZfEthn. 1, 162. ») K e l l e r a . a . O . 15) Ebd. ») Ebd.
") Κ η ο r t ζ
Insekten
92.
1β)
Κ üh ηa u
Sagen 3, 297. ") B a u m g a i t e n Aus der Heimat i, 111. R e i n s b e r g Böhmen 167, zit. bei M a n n h a r d t 1,263. 81) S t r a k k e r j a n 2, 176 Nr. 408. 22) 24, 148. 4. K r a n k h e i t s d ä m o n . Die wissenschaftliche Erkenntnis der Übertragung v o n K r a n k h e i t s k e i m e n durch F.n scheint in der Dämonologie der A l t e n vorgebildet zu sein. In F.ngestalt besuchen die Krankheitsdämonen und Totengeister der Unterwelt den Menschen 2 3 ). A u c h der D ä m o n der Verwesung, Eurynomos, wird als A a s - F . gedacht (Paus. X . 28/7) 21 ). Bei den alten Persern treffen wir dieselbe mythische Vorstellung. Sobald ein Perser starb, setzte sich Drukhs Nagus, der unreine Dämon des Todes, in F.ngestalt, Fäulnis und Verderben bringend auf den Leichnam und — was besonders charakteristisch — auch auf eine der anwesenden Personen 2 5 ). A u c h nach einem afrikanischen Märchen nimmt der T o d die Gestalt einer F. a n 2 e ) . In Gegenden der französischen Schweiz war der Glaube verbreitet, Hex e n würfen blaue F.n auf Menschen und Tiere. Die Getroffenen verfielen in
1624
schwere Krankheit, die schließlich zum Tode f ü h r t e s l ) . Hiezu der Bericht aus einer St. Galler Sage v o n einer Hexe, die als F. durch Stiche t ö t e t 2 8 ) . V g l . ndd. dase (dasseP) , , S t e c h - F . " zu mhd. däse „ U n h o l d i n , H e x e " 2 i ). Häßliche F.n zerstechen plündernde Hussiten, die in Schlesien ein Gotteshaus bedrohen, derartig im Angesicht, daß sie erblinden i 0 ). Ebenso schickt der hl. Narzissus in Gerona (Spanien) gegen die französischen Krieger, die sein Grab entweihen wollen, eine Menge großer giftiger F.n aus, die in Verbindung mit der H i t z e und dem Fieber einen großen Teil der Armee wegraffen. Dieser V o r g a n g wiederholt sich im Herbste 1710, als man wieder einen Angriff der Franzosen auf die S t a d t befürchtet 31 ). Im ganzen MA. und bis in die neuere Zeit hinein erscheint die Pest häufig als F. (Bremse) 32 ). S c h ö n w e r t h 3 3 ) berichtet: „ V o r Windisch-Eschenbach hütete ein Bube und sah an einem Feldstein ein hölzernes Pflöckchen eingetrieben. Neugierig nahm er es weg, und heraus k a m eine F. und hinter ihr R a u c h . D a v o n k a m die Pest ins L a n d . " A l s dann nach einiger Zeit die F. wieder in den Stein verkeilt wurde, hörte die Pest a u f 3 4 ) . So hält man auch bei Viehseuchen auf den A l m e n die großen Bremsen f ü r die Trägerinnen des Pestgifts 3δ ). Desgleichen soll die Cholera des Jahres 1854 eine böse F. zur Vorbotin geh a b t haben 3e ). W i r d man nach tschechischem Aberglauben von einer F. gestochen, die auf einem toten Maulwurf gesessen, so b e k o m m t man ein Blutge^ schwur, das krtice „ M a u l w u r f " heißt ®7). — Als Alpepiphanie ist die F. selten. Kühnauw) führt ein Beispiel aus Schlesien an. — Die tschechische Müra n i m m t gern die Gestalt einer großen schwarzen F. an, doch verrät sie ein roter Streifen um den Hals 3e ). Ähnlich wie andere Insekten dachte man sich auch eine F. im Hirn als Ursache von Geistesstörungen (Wahnsinn, Rausch). K e l l e r 4 0 ) v e r m u t e t allerdings, daß die Legende von dem Kaiser, in dessen Hirn eine F. bzw. Mücke saß, sich erklärt aus einer mißverständlichen
Fliege
1025
Interpretation einer Stelle in einer Fabel des Phädrus (IV 23), wo sich die F . rühmt, in capite regis zu sitzen (in capite „ a u f dem K o p f e " und „ i n dem K o p f e " ) . Auch dem Kaiser Titus soll nach rabbinischer Sage zur Strafe f ü r die Zerstörung Jerusalems eine F. in die Nase und von da ins Hirn gekrochen sein 41 ). Im MA. ist musca-in-cerebro belegt als Spitzname des halbverrückten Konrad von Lützelhardt42). Das Vorhandensein von F.n im Gehirn erzeugt Hypochondrie. So heißt es im Französischen des 17. Jhs. von einem Hypochonder: II α des mouches dans la cervelle43) (vgl. unter „ G r i l l e " ) . Im selben Jahrhundert gab es in Paris eine archiconfrerie des cervelles emouquees. Cervelle emouqute ist ein von F.n = trüben Gedanken gesäubertes Gehirn 4 4 ). A u c h die dänische Redensart saetle en Finer i Hovedet, eine F. in den K o p f setzen, d. h. jemand beunruhigen, beruht auf der Vorstellung einer imaginär-pathologischen F. Ob die französische Redensart la mouche lui monte ä la tele (von einem in Zorn Geratenden) und ihre italienischen und spanischen A n a l o g a 4 5 ) sich auf eine wirkliche oder eingebildete F. beziehen, bleibe dahingestellt 4 e ). In franz. Dialekten ist F. = R a u s c h : habe ία mousque (Beam), haper la mohe (wallon.) 47). Sard. muscare vereinigt die beiden Bedeutungen „sich närrisch gebärden" und „betrunken sein" 4 8 ). — In der französischen Volksmedizin spricht man v o n mouches volanies (unser „Mückensehen"), womit man eine A r t Blendung meint 49 ). Die den Geburtswehen vorhergehenden Lendenschmerzen bezeichnet der französische Volksmund auch als mouches M). ") K e l l e r Antike Tierwelt 2, 448 f. " ) Ebd.
«) Ebd. ») Κ η ο r t ζ Insekten 88. *>) SAVk. 25,
190.
M)
Kuoni
St. Galler
Sagen
51.
«·) W e i g a n d - H i r t DWb. 332. ») K ü h 31) Urquell i, 156. n a u Sagen 3, 125!. S2) W u t t k e 207. «) Oberpfalz 3, 18. 34) L a i s t n e r Nebelsagen 87, 263 f. 35) S e p p Religion 321 ff. ») Ebd. 37) G r o h m a n n 59. Μ) Segen 3, 125 f. **) G r o h m a n n 25 f. 40) K e l l e r op. cit. 2, 448. «) Zit. bei K e l l e r a. a. O. nach G e r v a s i u s Otia imperialia
77.
") B r i s s a u d
" ) W S . 7, 133.
" ) A . a. O.
Expressions 267; WS.
7,
1626
133*. 4i) R i e g l e r Tier 253 f. ") WS. a. a. O. ") R o l l a n d Faune 13, 165 und 167. *·) S ρ a η ο
Voc.
sard.-it.
") B r i s s a u d Expressions308.
s. v. 50)
muscare.
A.a.O. 318.
5. T e u f e l s e p i p h a n i e . Der Krankheitsdämon in F.ngestalt (Peindämon) s l ) führt zum Verständnis der F . als Teufelsepiphanie. Der F.nteufel (fliegender Alp) kommt nämlich aus der Nasenhöhle der Besessenen, die — wissenschaftlich gesprochen — fieberhaft delirierende S c h w e r k r a n k e s 2 ) sind. Höfler 63 ) findet hiefür eine rationalistische Erklärung. Er hält es nämlich f ü r möglich, daß in früheren Zeiten in den Nasenhöhlen dieser Kranken F.nmaden nisteten. Der Urahne des F.nteufels ist wohl der syrische F.ngott Baal-zebüb B4) (s. o.), aus welchem W o r t später der Teufelsname Beizebuh w u r d e 6 5 ) . Über dessen griechischen Vertreter Myiagros oder Myiodes vgl. Höfler 6S ). Eine andere K o m ponente des F.nteufels dürfte in dem bösen Gott Loki der nordischen Mythologie zu suchen sein, der sich in eine F. wandelt, als er Freyja um das brisingamen betrügen w i l l w ) . Ahriman, der persische Gott der Finsternis, dringt in F.ngestalt in die N a t u r M ) . A u c h die Litauer kannten einen F.ngott, mussubirbiksM). Bei den Mikmak-Indianern wandelt sich ein böser Felsengeist, um sich an seinen Feinden zu rächen und sie zu plagen, in eine schwarze F. eo ). Im MA. finden sich bei uns reichlich Spuren des F.nteufels. Bei P a u l u s D i a c o n u s 6, 6 erscheint der böse Geist als F. a m Fenster, wobei ihm ein Bein abgehauen wird e l ). In F.ngestalt flohen die bösen Geister aus den v o m Bischof O t t o v o n Bamberg gereinigten Götzentempeln ·*). Bei der Hinrichtung des berühmten Zauberers Urban Grandier in London (1634) hielt man die große F., die den Scheiterhaufen umsummte, für den Teufel, der in eigener Person gekommen sei, den Übeltäter abzuholen e3 ). Der Glaube an die F.nepiphanie des Teufels hat sich bis in die Gegenwart erhalten. Als F. dringt der böse Geist in den Mund seines Opfers. In dieser Form schließt er ein Bündnis mit einem Wildschützen® 4 ), oder
Fliege er nimmt auf diese Weise eine Bauersfrau auf Rügen beim Wort, die aus Scham über die sichtlichen Folgen des Liebesgenusses ausgerufen hatte: Hol' der Teufel die Frucht meines Leibes zur Hölle e5). In F.ngestalt verläßt Satan am Abend die Hexe, in der er tagsüber gehaust M ). In F.ngestalt bietet der böse Geist seine Hilfe an wie in der Sage von der „Nahrungs-F.", die einer Frau vom Teufel in einem Kästchen angeboten wird oder er versucht als F. in einer versiegelten Flasche einen Einsiedler zu verführen, der ihn aber überlistet®). Auch fliegt er als F. aus dem Ohr eines Bösewichtes, der hierauf seine Sünden reumütig gesteht e9). Als F. in einen Baum verkeilt, verleiht er der Sense eines schwachen Mähers Kraft 7 0 ). Von einem ähnlichen spiritus familiaris in F.ngestalt ist in einer Oldenburger Sage die Rede. Nach dem Tode eines Ehepaars fand man in einer verschlossenen Kruke eine große F. 71 ). Nicht nur der Teufel selbst, auch seine irdischen Verbündeten, die Hexen und Zauberer, wandeln sich in F.n 7 2 ). Desgleichen begegnen im slavischen und magyarischen Volksglauben Hexen, im letzteren auch Zigeuner in F.ngestalt 7 3 ). In Schweizersagen kommen Zwerge in F.ngestalt vor 7 3 a ). " ) A R w . 2, 132. 52) O p . cit. 2, 251. " ) E b d . " ) G r i m m 2, 834; 3, 295. " ) U r q u e l l 4, 129. 50) Organotherapie 13 f. " ) G r i m m Myth. 2, 834. ») E b d . ») E b d . «°) U r q u e l l 4, 130. " ) R o c h h o l z Sagen 1, 347; 2, 53. ·*) Urquell 4, 201 f. I ä ) K n o r t z Insekten 88. Graber Kärnten 212. ··) J a h n Pommern N r . 547, zit. bei Α η d r e e Parallelen 2, 2. ··) Κ r a u ß Relig. Brauch 1 1 2 . , 7 ) E i s e l Voigtland 6 N r . 10. w ) M s c h l e s V k . 13/14, 102. " ) S t r a k , 0 k e r j a η ι N r . 141 b. ) O p . cit. 1, N r . 2 1 7 e. " ) O p . cit. 1 , 3 8 0 . " ) Z i n g e r l e Tirol 485. 460. 462 (rahmstibitzender Zauberer als F . i m M i l c h h a f e n ) ; P a n z e r Beitrag 2, 212, zit. in Z f V k . 9, 3 7 1 ; H e y l Tirol 173 N r . 81. 1 7 8 ; R e i s e r Allgäu 1 , 1 9 7 ; K ü h n a u Sagen 3, 1 7 1 . **) W l i s l o c k i Magyaren 1 1 4 ; Z f V k . 9, 3 7 1 ; K r a u ß Volkforschung 5 7 . 7 8 a ) R o c h h o l z Sagen 2, 239.
6. S e e l e n e p i p h a n i e . Die F. gilt nicht nur als Erscheinungsform von Teufel und Hexe, sondern als Seelenepiphanie überhaupt, und zwar kann die Seele bei Lebzeiten den Körper in F.n-
1628
gestalt verlassen oder sie lebt nach dem Tode als F. fort M ). Auch bei S h a k e s p e a r e findet sich ein Echo dieses Volksglaubens: In Henry V. (11, 3, 42—44) wird eine F. (flea „ F l o h " steht dort wohl irrtümlich für fly „ F . " ) , die auf Bardolphs Nase sitzt, von Fallstaff als eine schwarze, im Höllenfeuer brennende Seele bezeichnet. Vgl. auch die sogenannte fly-killing-scene des Titus Andronicus (111, 2, 53 ff) 7 5 ). In einem Kärntner Märchen verleiht eine Nixe einem Fährmann die Fähigkeit, sich durch Genuß von Schilfgras in eine F. zu verwandeln 7β). " ) Ε. Η. P o l i v k a 3i 36. 39; griechen 1 , speare 36.
M e y e r G e m . Myth. 63; B o l t e 2, 326. 4 1 6 ; F r a z e r 8, 290 f . ; S c h m i d t Volksleben der Neu229. " ) A c k e r m a n n Shake™) G r a b e r Kärnten 7.
7. A m u l e t t e . Als Amulette sind F.nnachbildungen im Altertum nicht selten. Ihr Bild findet man daher auf orientalischen Hämatitzylindern und auf Rinnsteinen als Mittel gegen den bösen Blick, ζ. B. in Gruppen um ein menschliches Auge 7 7 ). Gegen Faszination und Triefäugigkeit trug man eine in ein weißes Tuch gewickelte F. bei sich " ) . Nach dem homöopathischen Grundsatz, daß metallene Figuren eine abwehrende K r a f t gegen diejenigen Tiere ausüben, die sie vorstellen n ) , gebrauchte man im MA. eherne F.n gegen die F.nplage. So hatte nach neapolitanischer Überlieferung V i r g i l , der im MA. bekanntlich als Zauberer galt, über einem Tore von Neapel eine eherne F. angebracht 80). Ebensowenig gab es nach dem Volksglauben im Palaste zu Toledo und im venezianischen Dogenpalaste F.n, weil eingegrabene Bilder diese fernhielten 8 1 ). ") K e l l e r Antike Tierwelt 2, 449. η i u s 28, 5, z i t . bei S e l i g m a n n 118. ™) L i e b r e c h t Gervasius ">) M e y e r Aberglaube 1 3 1 . 81 ) E b d . ; l i n g e r Antiker AberglatAe 88.
™) Ρ 1 i Blick 2, 10, 98. Stemp-
8. V o r z e i c h e n . Schon Chaldäer und Semiten benützten F.n zumWahrsagen 82 ). Als Wetterprophetin dient die F. in alter und neuer Zeit. Heftiges Stechen dieser Insekten bedeutet im alten Rom Sturm 83)
IÖ29
fliegen—Flock enblume
und heute in deutschen Gegenden Gewitter M ). Große F.nmengen im Sommer deuten auf reichlichen Schneefall im Winter 8S). Dies erklärt auch die Bezeichnung mouches Manches „weiße F . n " oder mouchesd'hiver,, Winter-F.n" (vgl. ebenso ital. tnosche Manche, span, moscas blancase6)). Der Begriff „ S c h n e e " führt zur Vorstellung des Nahrungsmangels. Daher sind im Italienischen weiße F.n nicht nur ein Symbol des Winters, sondern auch des Hungers 87 ). Als Todeszeichen gilt die Anwesenheit einer Schmeiß-F. im Haus M ). Wem in der Christmette eine F. in den Mund fliegt, muß binnen Jahresfrist sterben ® ) . Krieg bedeutet das Vorhandensein einer F . in einem Gallapfel 9 0 ). Zeigen sich im Sommer viele Schmeiß-F.n, so folgt im nächsten J a h r e Krieg oder Teuerung· 1 ). Auf Zank deutet eine das Licht umtanzende F. Die F . kann aber auch ein g ü n s t i g e s Vorzeichen sein. Allgemein ist der Glaube, das Überwintern einer Stuben-F. bringe Glück · ' ) ; daher dürfen die letzten F.n im Winter nicht getötet werden M ). Glück ist dem Bauer Geld, daher: so viele F.n überwintern, so viele Taler werden gespart 9S), oder es heißt in Mecklenburg: Wer eine F . durchwintert, erhält 100 Taler 9 6 ). Ahnlich in Schlesien w ). Nach böhmischem Aberglauben bedeutet es eine Neuigkeit, wenn einem eine F . ans Ohr summt M ). Merkwürdig ist die Beziehung der F. zum Quellwasser. Im alten Rom galt das Vorhandensein der allerwinzigsten F . auf einem Platze über der Erde als Anzeichen einer unterirdischen Quelle"). So erscheint auch der Schutzgeist der Quelle zu Kirkmichael in Banffshire (Schottland) stets in Gestalt einer F . Sie gilt als heilig und unsterblich und aus ihren Bewegungen wollen die Wallfahrer die Zukunft erkennen 10 °). **) K e l l e r op. cit. 2, 451. ") D e r s . 2, 450. " ) ZfrwVk. 1914, 264. ·») ZfVk. 10, 211 (Nordthüringen). ··) R o l l a n d Faune 13,158; S6b i 1 1 ο t 1,86 f.; R i e g l e r Tier 249. ") S p i t z e r Hunger 186. «) F o g e l Pennsylvania 115 Nr. 509. ") J o h n Erzgebirge 114. ") G r i m m Myth. 3, 471 Nr. 968. " ) D r e c h s l e r 2, 198. ·«) M ü l l e r Iser-
1630 M
gebirge 34. ) Germania 20, 355 Nr. 95 (Zitschau in Niederösterr.), M) B a r t s c h Mecklenburg 2, 186. " ) Ebd.; W u t t k e 119 § 150. ·«) B a r t s c h a. a. O. ") D r e c h s l e r 2,219. w) G r o h m a n η 222; W u t t k e 206 Nr. 283. ") K e l l e r op. cit. 2, 451. "·) K n o r t z Insekten 92. 9. V o l k s m e d i z i n . Die Bedeutung der F. für die Volksmedizin ist nicht hervorragend. Im alten Rom verwandte man F.n gegen Triefäugigkeit 1 0 1 ) (s. o.). Im MA. gebrauchte man gegen „ r o t e " Augen ein aus F.n bereitetes Augenwasser 102 ). Auch wurden F.n verwendet gegen Gerstenkorn 103 ) und Blattern in den Augen (so viele Blattern, so viele F.n) 1 M ). Gegen Haarausfall gebraucht man eine Schmiere aus zerstoßenen F.n 106 ). Solche sind ferner gut gegen Grind, Flechten, Hautausschlag, Bienenstich, Fingerwurm l o e ). Mit Ysop gesottene F.n helfen gegen Lungenleiden 1 0 7 ). W1
) K e l l e r op. cit. 2, 450. 10») J ü h 1 i η g
Tiere 89. "») Ebd. ' » ) Ebd. »·«) Ebd.;
Rol-
l a n d Faune 13, 156. 89. ">') Ebd.
1M
fliegen fahrt.
2, 1657 ff., L u f t -
s. F l u g
) Jühling
Tiere Riegler.
fliehen s. F l u c h t 2, 1 6 5 3 f f .
fließendes Wasser s. F 1 u ß 2, 1681 ff. Flinte s. G e w e h r . Flintsteins.
Feuerstein
2, 1437 ff.
Flockenblume (Centaurea iacea). 1. B o t a n i s c h e s . Mit der bekannten blauen Kornblume (s. d.) nah verwandter Korbblütler mit länglichen oder eiförmigen Blättern und pfirsichroten Blütenköpfen. Die F . ist häufig an trockenen Wiesen und an Rainen ') M a r z e i l
Kräuterbuch 253 f.
2. Die F . wird ab und zu als O r a k e l benutzt. Wenn eine J u n g f r a u wissen will, wer ihr zukünftiger Mann wird, so nimmt sie so viel „Wunderblumen" als sie Liebhaber hat. Jeder Blütenkopf erhält den Namen eines Geliebten. Hierauf werden die Randblüten abgeschnitten und so die Blütenköpfe in der Tasche getragen. Wenn die Blume eines Geliebten wieder aufblüht, so wird dieser ihr Mann *), ähn-
1631 lieh auch in Ostprignitz 3 ), ebenso Frankreich 4) und in England 6 ).
Floh
in
s ) JbElsaß-Lothr. 8, 179. s ) Brandenburg 256. «) R T r p . 20, 301. 5 1 7 ; R o l l a n d Flore pop. 7, 145. 5) Flora 18(1835), 2 7 2 : Dyer Folhl. of plants 95 f.; B a r t e l s Pflanzen 16. Marzeil.
Floh (pulex irritans). 1. O n o m a s t i s c h e s . Deutsch F. (ahd. floh, mhd. vlöch, heute noch so bayr.österr.); engl, flea, das auf altengl. fleah beruht. Das Wort hängt zusammen mit „fliehen", bedeutet demnach der „Flüchtige" Ein anderes germanisches Wort für „ F . " ist altengl. loppa, dazu schwed. loppa, dän. loppe2), hiezu ndd. loppen, pl. „ F . e " 3). Das Wort besagt „Läufer, Springer". Die romanischen Namen des F.s gehen sämtlich auf lat. pulex4) zurück: rum. purece, ital. pulee, franz. puce, span.-port, pulga. Scherzhaft-volkstümliche Namen für den F. nehmen Bezug auf seine Farbe. So heißt er im böhm. Riesengebirge Schwarzla5). Vgl. hiemit im Pariser Argot puce als Bezeichnung für eine Spanierin oder Negerin. In der deutschen Soldatensprache®) heißen die F.e braune Husaren, schwarze Dragoner, Schwarzreiter, Schutztruppe e). W e i g a n d - H i r t DWb. 1, 556. E d l i n g e r Tiernamen 43 f. ') B e r g m a n n DWb. 166, s. v. „ L a u f " . *) M e y e r L ü b k e REWb. Nr. 6816. 5) ZfadSprV. 1919, 7 — 1 0 . ·) HessBl. 11, 202. 2)
2. B i o l o g i s c h e s . Über die. Entstehung der F.e haben sich schon die Alten Gedanken gemacht. Nach Aristot e l e s entsteht der F. aus Fäulnis und Mist 7 ). Auch sein altind. Name malaga, d. h. der im Schmutz Gezeugte 8 ), bekräftigt diese Auffassung. Ahnlich äußert sich M e g e n b e r g 9 ) : der F. entsteht aus angewärmtem Staub und fäuliger Feuchtigkeit. Nach I s i d o r , der pulex von pulvis „ S t a u b " ableiten will, leben die F.e vom Staube wie die Teufelsschlange im Paradies 1 0 ). Man beachte, daß Beelzebub der Herr des Ungeziefers, also auch der F.e ist. Nach einer kurdischen Sage entstehen die F.e aus der Asche einer Schlange, wodurch der dämonische Charakter des Insekts erwiesen ist u ) . Der Glaube an die Entstehung des F.s aus
1632
Staub und Mist ist natürlich darauf zurückzuführen, daß das Insekt bei Unreinlichkeit am besten gedeiht. Im Böhmerwalde glaubt man, die F.e entstünden aus Sägespänen 1 3 ), daher der Aberglaube, man könneaus Sägespänen F.e machen 1 4 ). Was die Ernährungsweise des F.s betrifft, so konnte in dieser Hinsicht kaum ein Aberglaube aufkommen, da der Mensch ja selbst, allerdings unabsichtlich, für das Fortkommen des Tieres sorgt. Schon A r i s t o t e l e s sagt, daß der F. vom Blute seiner Wirte l e b t 1 β ) . Auf diesen Blutdurst bezieht sich wohl auch die Volksmeinung, daß wer Fleisch ißt, von den F.n gebissen wird l e ). Fleischgenuß erzeugt Blutfülle. Demgemäß ist auch bei Polen und Russen die Ansicht verbreitet, der F. gehe aus dem Dorfe in die Stadt, weil die Leute dort länger schliefen und fetter seien 17 ). ') K e , l l e r Antike Tierwelt 2, 400. *) Ε d linger Tiernamen 44. *) Buch der Natur 259 f. ">) K e l l e r op. cit. 2, 400 f. ») Z f V k . l 6 , 383. l s ) K n o r t z Insektenyi. ")Schram e k Böhmerwald 245. 14) W u 1 1 k e 267. 16 § 393 (Schlesien, Ostpreußen). ) Keller op. cit. 2, 400. 16) Z f V k . 1, 181. " ) Ebd. 15,104.
3. A b w e h r . Die meisten Abwehrmittel gegen die F.e sind zeitlich begrenzt. A m Fastnacht-Irtag (Faschingsdienstag) kehrt die Magd noch vor Sonnenaufgang nackt die Stube, wodurch sie sich selbst gegen die F.e im Jalire schützt, dann trägt sie,,unberedet" diesen Kehricht auf des Nachbars Mist, damit diesem die F.e z u g e h e n u ) . A m Gründonnerstag lüftet man die Betten 19 ). A m Karfreitag kehrt man vor Sonnenaufgang das Zimmer fleißig aus auch tut man frisches Stroh in die Betten 21 ). A m Karsamstag, beim ersten Glockenläuten, schwingt man ein Bündel Palmenzweige, das hinter einem Muttergottesbilde stak, und ruft dabei: „ F o r t mit allen Tieren, die keine Knochen haben" 22). Wie böse Geister vertreibt man die F.e durch Zaubersprüche 2 3 ) oder durch Lärm. In Cornwall knallt man am I. März vor Sonnenaufgang mit der Peitsche vor der T ü r 2 3 ) . In Rumänien (Bezirk Covur) stößt man im März ein Messer mitten in die Schwelle und spricht dreimal die
1633
1Floh
Worte: März ins Haus, F.e hinaus!! (mart in casä, purecii afarä) 2S ). In Bäringen (Böhmen) rasselt man während des' ersten Glockengeläutes beim Auferstehungsfeste mit dem Schlüsselbunde * ) . In Ungarn (Szegeder Gegend) und in{ Rumänien (rechts und links der Donau) springt man über das Johannisfeuer hinweg s ) . In Anhalt fegt man beim Anblick: der ersten Schwalbe die F.e mit dem' Besen aus dem Bette e ) . Von den zeitlich nicht begrenzten Mitteln seien aus dem 17. J h . zuerst die animalischer Natur genannt wie Eselsmilch, Fuchs- und Igelschmalz, Bock- und Igelblut, Bocksunschlitt M ). Von vegetabilischen Mitteln war schon im Altertum die.
Besprengung der Wohnung mit Korianderwasser (Koriander = Wanzenkraut)1 in Gebrauch 30 ). M e g e n b e r g 3 1 ) empfiehlt allabendliche Einreibung mit Wermutsaft. In alter Zeit gebrauchte man, auch einen Absud von Pfirsichblättern1 mit sublimiertem Quecksilber vermengt 38 ). In Hinterpommern legt man noch jetzt Farnkräuter in die Betten 33 ). Erde galt schon im Altertum als Abwehrmittel gegen Fl.e und zwar berichtet Ρ 1 i η i u s eine eigentümliche Prozedur. Hört man den Kuckuck das erstemal schreien, so gräbt man den Fußstapfen des rechten1 Fußes genau aus und streut diese Erde an die von F.η heimgesuchten Orte 34 ). Zu demselben Zwecke wird noch heute Pflugerde gebraucht 36). Auch von einem[ Maulwurfshügel kann die Erde herrühren 3e ). Für die Volkskunde des Mondesι ist von Interesse der ländliche Glaube, man müsse die F.e bei Mondenscheinι suchen, denn das Licht des Mondes ziehe! sie an sich w ). Ein sehr kompliziertesι Rezept zur Vertilgung der F.e auf; Katzen und Hunden, bei dem Koloquintenäpfel, Hirschhornöl, Terpentinöl! usw. eine Rolle spielen, gibt das Romanusbüchlein " ) an. u ) Schönwerth Oberpfalz 3, 279. " ) S t r a c k e r j a n 2, 176 Nr. 408; W u t t k e: 398 § 613. ») B i r l i n g e r Volksth. 1, 472 (Schwaben); K u h n Westfalen 2 , 1 3 4 Nr. 403; E n g e l i e n u. L a h n 2 3 1 (Brandenburg). *') D r e c h s l e r 1, 89. **) G r o h m a n n1 85 (Böhmen): M a n n h a r d t 1, 290; W u t t -
1634
k e 3 9 8 5 6 1 3 ; ZfVk. 7, 362 »») MnböhmExc. 1 1 , 297 f. " ) S a r t o r i 3, 128. " ) P a p a hagi Folklorul romanic 1 2 1 . *·) G r o h m a n n 62. **) ZfVk. 4, 403 f.; P a p a h a g i op. cit. 81. " ) Mitteil. Anhalt. Gesch. 14, 24. ») S t a r i c i u s 466 f.; J ü h 1 i η g Tiere 269; MschlesVk. 13, 29. " ) K e l l e r op. cit. 2, 401. n) Buch der Natur 259 f. M ) J ü h 1 i η g 33 Tiere 274. ) Κ ηοrt ζ Insehten 70. **) A g r i p p a v. N e t t e s h e i m 1, 2 1 5 . ,s ) G r i m m Myth. 3, 476 Nr. 1 1 1 0 ; Mitteil. Anhalt. Gesch. 14, 24. " ) Ebd. " ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 62 Nr. 2. w ) S. 63.
4. V o r z e i c h e n . Der F. dient mannigfach als Vorzeichen. Zunächst fungiert er als Wetterprophet. Schlechtes Wetter bedeutet es, wenn die F.e dem Menschen besonders zusetzen *·). Kriecht ein F. jemandem an den Hals, so ändert sich das Wetter Es wird gut oder schlecht, je nachdem F.e den Körper herunter oder herauflaufen 41 ). Steigt der F . dem Hunde an Kopf und Ohren, so gibt's Regen 42). Weit verbreitet ist der Glaube, ein F. auf der Hand deute auf eine Nachricht, einen Brief. Meist wird dieser Aberglaube als Reim formuliert: F . auf der Hand, Brief aus fernem Land **).
Nach Baumgartens 44 ) geistreicher, aber wenig wahrscheinlicher Vermutung ist der F. auf der Hand ein Symbol des Siegels auf dem Briefe. Vereinzelt bedeutet der F. auf der Hand auch einen Besuch 4 5 ). In Schlesien läßt ein F. auf der Stirn Krieg befürchten 4e). Merkwürdig ist es, daß der F. dazu herhalten muß, einem Kinde eine gute Stimme zu verschaffen. Findet man nämlich bei einem Kinde in den ersten Wochen oder Monaten seines Lebens einen F. und tötet ihn auf der Bibel, so bekommt das Kind eine gute Stimme 47). Über ein F.orakel, das bei Kranken angewendet wird, vgl. Grohmann " J . " ) R e i t e r e r Ennstalerisch 58; B l u m g a r t e n Aus der Heimat 1 , 1 1 2 ; H o p f Tierorakel 2 1 7 . *°) M e i e r Schwaben 2, 5 1 2 ; W u t t k e 206 § 283. " ) D r e c h s l e r 2, 194. " ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 206. " ) G r i m m Myth. 3, 437 Nr. 74; S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 248; R e i t e r e r Ennstalerisch 58; ZrwVk. 1914, 264; L i e b r e c h t ZurVolksk. 329; B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 4 1 4 ; G r o h m a n n 222; W o l f Beiträge i, 239; F i s c h e r Oststeirisches 1 1 4 ; Baumgar-
Florian, hl.—Fluch
ι«35
1636
R e i s e r Allgäu 2, 146; MschlesVk. 21, 103; R e i n s b e r g 2, 428; P a n z e r Beiträge 1, 262; F o g e l Böhmen 224 f. ·) ZfVk. 21, 254. ') P a n z e r Pennsylvania 91 Nr. 356; G r a b i n s k i Beitr. 1,215.219; B a u m g a r t e n Jahru.s.
t e n Aus der Heimat 1, 112·,
Sagen 48; W u t t k e
206 Jj 283. " ) Aus der
Heimat 1, 112. ") Ebd. ") D r e c h s l e r 2, 194. *') A K w . 2, 268. " ) Aberglaube 1 5 1 .
5. V o l k s m e d i z i n . In der Volksmedizin ist vom F. wenig die Rede. Gegen Wechselfieber hilft ein Trank aus Salbeiwasser und neun F.n, die man bei abnehmendem Monde fangen muß 49). Beim F . fällt im Vergleiche zu anderen Insekten (ζ. B. Fliege) seine geringe mythisch-metaphysische Wertung auf. Der Grund ist wohl in dem Beigeschmack der Komik zu suchen, der dem F. seit jeher anhaftet. Die Komik aber läßt den Mythus nicht aufkommen. Hingegen spielt der F. in der humoristischen Literatur keine unbedeutende Rolle. Es sei hier nur erinnert an F i s c h a r t s noch immer gern gelesene „ F . h a t z " sowie an E. Th. A. H o f f m a n n s entzückende Erzählung „Meister F . " . *·) J ü h 1 i η g Tiere 98.
Riegler.
Florian, hl. 1. Römischer Krieger in Noricum, der um 300 unter Diokletian in die Enns gestürzt sein soll in der Nähe des Ortes, wo jetzt das Chorherrenstift St. F. steht. Patron von Oberösterreich. Sein Gedenktag ist der 4. Mai *). Er schützt gegen Feuers- und Wassersgefahr. Sein Bild kommt unter das Dach des Hauses oder an die Mauern 2), in Oberbayern oft mit Löschgefäßen an die Firste 3 ). Sprüche am Hause erflehen seine Hilfe 4 ). Er wird mit Prozessionen gefeiert 5) und in Feuersegen angerufen 6). Aber der berüchtigte Vers: „Heiliger Sankt F., Schütz' unser Haus, zünd' andre an", ist nur ein Erzeugnis des Scherzes. An Orten, wo die Buben für das Johannisfeuer Holz sammeln, pflegen sie in ihren Heischeversen neben andern Heiligen zuerst den hl. F. anzurufen 7).
Tage 2 7 ;
Pollinger
Landshut 2 2 1 .
2. Am F.stage finden Feuerwehrfestlichkeiten und -Übungen statt, und jedes Haus wird bespritzt, um es vor Brand zu schützen 8 ). Man soll aber kein Wasser in die Küche tragen, weil man sonst arge Fliegenplage zu erwarten hat 9 ). Man darf auch kein Feuer machen, auch nicht Tabak rauchen, und in Wansen bei Ohlau soll außerdem kein Bürger auswärts sein 10 ). Wenigstens soll vor 9 Uhr vormittags nicht „angefeuert" werden. In drei Häusern der Pfarre St. Marien unweit St. F. wird weder Feuer noch Licht gemacht, bis jemand aus einem der drei Häuser dem Heiligen das Opfer gebracht hat u ) . In Pirnik durfte früher am Tage vor F. kein Feuer in den Häusern angezündet werden; die Bauern mußten hinter ihrem Hofe ihre Pfeife rauchen. Nur der Dorfschmied hatte Feuer und bei ihm wurde das Essen gewärmt 1 2 ). Manche brachten den Tag außer dem Hause zu, weil sie meinten, dadurch Vieh und Menschen vor Krankheit bewahren zu können 13 ). Am F.stage soll es wenigstens etwas regnen, dann gibt es weniger Feuerbrünste 14 ). Heiterer Himmel läßt viele Brände, Regen dagegen Dürre fürchten 1 5 ). 8
) Vernaleken
Alpensagen 372;
Ge-
r a i n i Brauchtum 43. *) S a r t o r i Sitte 3, 185; G e r a m b 43. 10) L a n d s t e i n e r Niederösterreich 44 A. 2; R e i nus b e r g Böhmen 224; D r e c h s l e r 2,146. ) Β a u m g13 a r t e n Jahr 25. ") S a r t o r i 3, 185. ) F r a η ζ Benediktionen 2, 133. " ) B l u m 15
g a r t e n Jahr 25.
) ZföVk. 4, 145.
Sartori. Fluch ist eine Redeformel, durch welche man Unheil auf einen anderen oder auf dessen Habe oder auch auf sich selbst herabwünscht; im letzteren Falle ist er die Beteurung einer Aussage, bei deren ') W e t z e t u. W e l t e 4, 1 5 7 6 ! ; A n - Unwahrheit man das Unheil als Strafe erleiden will, und in dieser Form erscheint d r e e Votive 1 6 1 ; N o r k Festkalender 1 , 342. 2 ) ZfVk. 1, 296. 303; Z i n g e r l e Tirol 155 die Selbstverfluchung oft in alten Reli(1316); A n d r e e Votive 161; D r e c h s l e r gionen, ζ. B. auch im AT. („Jahweh tue 2, 145; vgl. auch 139. 3) P a n z e r Beitrag 2, 451.461. ') M e y e r Baden 358; A n d r e e mir dies und d a s ! " u. ä.). Wird Gott oder Votive 160; ZlöVk. 10, 82. ') D r e c h s l e r eine Gottheit, die das Unheil bringen soll,
1037
Fluch
genannt, so hat der F. die Form eines abgekürzten Gebets. Häufiger wird die Geistesmacht nicht genannt, nicht einmal immer bestimmt gedacht; wennschon ursprünglich eine bestimmte Vorstellung vorhanden gewesen ist (der Teufel, ein Dämon, Gott). Die Denkweise, welcher der F. entspringt, ist die m a gische Weltanschauung (s. Magie), welche auf dem Glauben an die A l l m a c h t (Übermacht) d e s e i g e n e n W i l l e n s beruht. Der Fluchende lebt der Überzeugung, daß das bloße Aussprechen, unter Umständen das bloße Denken des bösen Wunsches das Eintreten des Ereignisses zur Folge hat, mag nun dies Eintreten selbst einer bestimmten Macht wie Gott, dem Teufel oder sonst einem geistigen Wesen, auf das der Wille oder Gedanke des Fluchenden alsdann unwiderstehlichen Einfluß hat, zugeschrieben sein, oder dem undefinierbaren Geschick oder Zufall, dem sich der Fluchende, ob nun noch bewußt oder schon unbewußt, überlegen wähnt. 1. Zur Psychologie des F.s gehört ferner die Beobachtung, daß der F. gemeinhin in einem Augenblick g r o ß e r Erregung ausgestoßen wird, die eine abnorme Willenssteigerung und das undeutliche Empfinden ungeheuren K r a f t zuwachses und der Ausdehnung des geheimnisvollen Einflusses mit sich bringt 1 ). Die Erregung sowie die gesteigerte Willensspannung kommeninRedensarten zum Ausdruck wie: er flucht, daß die Balken krachen, daß der Boden kracht, er flucht das Blaue vom Himmel herab 2). Im MA. bestand die Theorie, daß der Wille des Fluchenden auf die nächste Umwelt einwirkt. Roger Baco: Quodsi ulterius aliqua anima maligna cogitet fortiter de infectione alterius atque ardenter desideret et certitudinaliter intendat atque vehementer consideret se posse nocere, non est dubium quin natura obediat cogitationibus animae 3 ). Insofern läßt sich der F. dem Schadenzauber (s.d.) und auch dem F e r n z a u b e r (s. d.) einordnen. Seine Wirkung ist dieselbe wie die von magischen B o s h e i t s handlungen, nur daß die Hand-
1638
lung, die magische Zeremonie, fehlt, wenigstens grundsätzlich nicht zum F. gehört, und daß lediglich die für die schwarze Magie charakteristische D e n k r i c h t u n g , die Imagination, wie P a racelsus sagte 4 ), bestimmend ist. Aber es kommt auch vor, daß sich der Fluchende gerade infolge heftiger Gemütserregung niederkniet und beim Aussprechen der heiligen Namen die Arme ausbreitet, ja daß er eine Zeremonie mit dem Hut ausführt, in den Hut die Namen der Heiligen, die er selbst verwünscht, hineinspricht, den Hut zu Boden wirft und zertrampelt s ). Unwesentlich ist, daß man versucht hat, einen „sittlichen" F. vom frevelhaften zu unterscheiden, sofern jener die Gerechtigkeit Gottes gegen die Gottlosen berufe und als Ausdruck des gläubigen Vertrauens auf Gottes heilige Weltregierung angesehen werden solle e ). Höhere religiöse Denkweise verwirft auch solchen F. als einen dem Menschen nicht zustehenden Haßausbruch, unter welchem Gesichtspunkt der F. in der Hl. Schrift verurteilt wird 7 ). Einige der gebräuchlichsten F.formeln: Potz (Gotts) Blitz! — Gotts Gründieblitz! — Potz Heidewetter! — Du Heideblitz! — Du Judeblitz! — Beim Blitz! — Bei Gott! — Bigott! 8 ) — Wie „ G o t t e s " in Potz geändert wird, so sonst der Name des Teufels oder Heiligen, oder des heiligen Gegenstandes infolge der magischen Scheu vor einer unmittelbar durch die Nennung erfolgenden Wirkung gegen den Fluchenden selbst, der sich also durch die Verdrehung schützt; ebenso wird auch der Name einfach fortgelassen: Potz Sapperment! statt: Gottes Sakrament! Botz Wetter! Jemine! statt Jesus Domine! und ähnlich : Jekus, Jegerl, Jerum, Jessas, Jesses 9 ). Da soll doch gleich . . .! Verd . .! Mein! (wo einfach Gott ausgelassen wird). So gehen volle und verstümmelte Formeln nebeneinander her: Donnerwetter! Himmelkreuzdonnerwetter! Heiligs siedigs Millionen-Kreuz-Donnerwetter! Himmelsakerment! -sapperment! Donner und Doria! — Donnerledder (für Donnerwetter!) 1 0 ) Donnerstag noch neinl
I639
Fluch
f ü r : Donnerwetter fahre h i n e i n ! u ) . — W i e diese und die Hammer-Formeln (Daß dich der Hammer schlag! noch heute in Niedersachsen, wofür Grimm 1 2 ) Teufel einsetzen möchte, was aber natürlich nur abgeleiteterweise geht, sofern Teufel an Stelle Donar-Thors getreten ist) 13 ) auf Gott Donar-Thor gehen, so (an der Ostsee) Dunnerwettstock, Dunnerjuchting, Dunnerlichtink, Dunnermassink, Dunnermissink, Duckenmissink M ), und die Formel Dunnersaxen! auf die Verbindung der Götter Donar und S a x n o t 1 5 ) — woraus erhellt, wie alt solche Formeln sind, und zugleich ein Licht auf das hohe Alter der andern fällt. Bekräftigungsflüche: Gott straf mi(ch)! — Mit Veränderung: Bock straf mi! Bock streck mi! — Was Teufel! — Hol dich der Teufel! — Zum Teufel — ! Du Teufelssakermost! — Der Teufel soll dich vierspännig holen! — Des Teufels Paar K a t z e n ! — Daß dich nur das beste Paar Hexen reiten tat von Gomaringen! (oder: von Pfrondorf!) l e ) — Der Teufel soll dich lotweis holen! — Ins Dreiteufels Namen! — Verflixt! f ü r : Verflucht! — Kruzitürken! statt Kruzifix, ebenso Kruzidaxl! — Heiliger Bimbam oder Strohsack ! statt des Namens eines Heiligen. — A u c h : Daß dich das Mäuslein beiße! ist, aber wohl unbewußt, Entstellung, indem Mäusl für Misel d. i. Aussatz eingetreten ist. — Der Teufel fahr ihm in den Mund! l 7 ). — An den Regenbogen möge ich gehängt werden! (er möge mir als Krawatte dienen) 18 ). — Der Teufel zerreiße mich kreuzweis! Gott straf mich an meinem letzten Ende! 1 9 ). Vgl. wie die Dschaggas das Zerrissenwerden wie die Opferziege auf sich herabwünschen, falls sie Böses im Schilde führen, im umgekehrten Falle aber reichen Kindersegen 20). — Auch die Wölfe werden in dritter Person zitiert: die Wölfe mögen dich fressen, oder nagen; oder die wilden Krähen, oder die Raben. Daß dich die Maden essen! 21 ). Er werde zu einem Stein! 22). — In Frankreich und den Vogesen war es üblich, die Erde aufzurufen. Die Erde möge sich öffnen und mich verschlingen! — Erde! durch deine K r a f t bilde sich sofort Nebel! (bas-
1640
kisch) 23 ); daß des Himmels Feuer mich vernichte! 24). Der rein magische Charakter des F.s zeigt, daß er seinem Wesen nach mit Gott nichts zu tun hat, daß diese vielmehr nur als Substitute gelten können, durch die dem F. ein religiöses Mäntelchen umgehängt wird 2S), freilich doch oft zu dem Zweck, daß der F.ende einen tüchtigen Bundesgenossen habe. Deshalb hat die Kirche das F.en für unsittlich und unfromm erklärt, und bei besonders krasser Häufung des F.ens haben Einzelgemeinden durch Verbote eingegriffen, wie die Regeler Dorfordnung von 1488 und die von Kappel bei Villingen von 1544 den F. er mit Geldstrafen belegten 2 β ) und nach der Pfarrchronik von Saulgau mußte, wer f.t oder Gott lästert, vor der Kirchtür stehn mit der Inschrift am H u t : ,,Du sollst nicht fluc h e n " ! w). Bavaria 1, 318 f. ') G r i m m Myth. 3, 366. 3) S t e m p l i n g e r Aberglaube 66. Ebd. 6) ZfVk. 10, 338 f. ·) W u 1 1 k e 164 § 221. ') 1. Mose 12, 3. 27, 29; 3. Mose 24, 11; 4. Mose 24, 9; Ps. 10, 7; Rom. 3, 14; 12, 14; Matth. 5, 22; ARw. 15, 435 ff. 8) M e i e r 4)
Schwaben
1, 169. ·) G ü n t e r t
Göttersprache
14. 10) M e y e r Baden 521. ") G ü n t e r t a. a. O. ") G r i m m Myth. 2, 1023—1027. 13 )
M a n n h a r d t
Germ.
Mythen
1 1 2 f.
") K n o o p Hinterpommern XVIII. ,5) K n o o p XV. 1 ·) M e i e r Schwabens., a. Ο. ") G r i m m Myth. 3, 367, der mittelhochd. Text. ") S i b i l l o t Folk-Lore 1, 93. «) Ε i s e 1 Voigtland N r . 697. w ) J. R a u m in A R w . 10, 286 f. 21)
G r i m m Myth. 3, 367. *4) G r i m m 368. 23) S 6 b i l l o t 1,211. ·«) Ebd. 1, 92 f. ") ZfVk. 21, 427. 2e) M e y e r Baden 521. 27) B i r l i n g e r Volksth. 2, 232.
2. Der F. geht in E r f ü l l u n g ; das ist allgemeiner Glaube. Die Volksvorstellung jedoch, welche gern auf die Möglichkeit des Versagens mancher schrecklicher Flüche im Interesse des Verfluchten Rücksicht nimmt, andererseits sich vielfach entschlossen auf die Seite des Fluchers stellt und mit ihm den Verfluchten moralisch verurteilt, hat Unterschiede in dem Sicherheitsgrade des Eintreffens gemacht. Sie hat bestimmten K l a s s e n v o n F. e r η eine b e s o n d e r e A u t o r i t ä t zugesprochen und dadurch ihnen eine außerordentliche K r a f t v e r -
1641
Fluch
bundenheit mit den für Menschen immer unkontrollierbar wirkenden metaphysischen Agentien zuerkannt. Dahin gehören: die S t e r b e n d e n , die schon selbst im Übergang zur unsinnlichen Welt begriffen sind. Ein im Augenblick des Todes ausgesprochener F. erfüllt sich auf wunderbarste Weise, und die uns c h u l d i g Hingerichteten verfluchen mit Erfolg die Fruchtbarkeit des Orts M ); die E l t e r n , von denen oft die M u t t e r wieder vorgezogen wird (ihre Flüche sind besonders schmerzhaft und unabwendbar); dem A T . wird nachgedichtet: „ D e s Vaters Segen bauet ein Haus, der Mutter F. reißt's wieder aus" 28). Auch sehr a l t e r Leute Flüche überhaupt, der F. des P r i e s t e r s sind hervorzuheben; eines b e trogenen Mädchens F. geht ebenso sicher in Erfüllung 3 0 ) wie der einer Schwangeren, der ζ. B. macht, daß aus einem Teich voller bester Fische kein Mensch mehr einen Fisch zu essen bekommt 31 ). — Andererseits gelten auch die Flüche, die G o t t a l s V e r fluchenden oder Verderbend e n anrufen, für die feierlichsten, somit ganz sicher treffenden 32). Ein von Gott selbst Verfluchter, der nun ewig wandern muß, ist der (aus dem Gott Thor umgebildete) Schmied, der mit seinem Hammer die Himmelspforte einschlug und den Petrus, der ihn nicht einlassen wollte, die Leiter hinabstürzte 3 3 ). Die auf T a f e l n geschriebenen und vergrabenen Flüche, ζ. B. mit den Namen sämtlicher Stadträte der etruskischen Stadt Tuder, haben eine sonderlich lange Dauerkraft, durch welche jene den Unterirdischen geweiht sind 3 4 ). F . r u n e n auf viereckiger Knochenplatte aus dem 10. Jh. sind in Lund ausgegraben worden; es ist ein bei der Bandwirkerei benütztes Brettchen, in das die Besitzerin einen F. gegen den treulosen Geliebten ritzte, damit er Mangel und Kummer leide 35 ). Der gewöhnliche mündliche F. dagegen ist durch Barschheit, „Geschwindheit", „Schnellheit" oder „ W i l d h e i t " ausgezeichnet M ). a ) K ü h n a u Sagen 3, XXXVI. 29) G r i m m
1642
Myth. 3, 366. ") Elsaß. Monatsschr. x, 229. 31) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 153 f. 3i) G r i m m Myth. 3, 367. **) P a n z e r Beitrag
1, 98.
M)
Stemplinger
glaube 65. ") ZfVk. 18, 349. Myth. 3, 366.
3«)
Aber-
Grimm
3. Dem F. wohnt unter Umständen eine reinigende Kraft bei (s. Kathartik), weshalb er wie Verderben so auch Gedeihen bringen kann. Die von bösen Geistern (in Gestalt von Wölfen oder Menschen) heimgesuchten Herden werden durch des Hirten F. gerettet (F. gegen den feindlichen Reiter) 3S), während natürlich auch vorkommt, daß sich die Rappen (Raben) auf den fluchenden Hirten stürzen, um ihn vom Fels zu stoßen, und er sich nur durch Anrufung Unserer Lieben Frau r e t t e t V i e l e Tiere g e d e i h e n nur unter Fluchen **) und jeder F. jagt drei Fische ins Netz 4 0 ). Ebenso gedeihen Pflanzen wie K ü m m e l und R a u t e 4 1 ) und das B a s i l i e n k r a u t vornehmlich 4 2 ), wenn sie unter Fluchen gesäet werden. Wie nach Fischarts Gargantua des Fuhrmanns „ G e b e t " Schiff und Wagen vorwärts treibt, so ist es empfehlenswert, unter einem „Hauptmanns-F.", der durch neun Harnische ätzt, Basilien, Quendel und Kresse zu setzen 4 3 ). Bäume, Saaten und Kinder werden durch Lob von den •Zauberern verdorben, durch F. gefördert 4 4 ). Während diese Vorstellungen auf die Vertreibung böser Geister zurückgehen (vgl. auch Abwehrzauber), so wird in späterer Zeit umgekehrt der F. an sich als schädlich betrachtet und daher auch für die genannten Arbeiten ausgeschlossen, soweit sich nicht der erwähnte Brauch einfach erhält. Man darf also beim Pflanzen eines Baumes n i c h t fluchen 4 5 ), und wenn man beim Fischen flucht, fängt man nichts 4 e ). So darf auch in der Grube unten der Bergmann nicht fluchen oder lästern 47), und ganz allgemein darf, bei mühevoller Arbeit, die ja, um gesegnet zu sein, in Gottes Namen oder im Namen der Dreifaltigkeit begonnen werden muß, nicht geflucht werden **). Der Hirt darf beim Austreiben des Viehs nicht fluchen, der Waldgeist solle es holen, überhaupt kein böses Wort sprechen,
Fluch sonst schädigt der Waldgeist es wirklich « ) . Hiermit hängt zusammen, daß gewisse Wesen abgesagte Feinde des F . e n s sind. S o die B i e n e n , wie o f t e r w ä h n t wird. Der Bienenzüchter darf nicht fluchen, weil er sonst gestochen und die Z u c h t schlecht w i r d 5 0 ) . Der F . er überhaupt wird v o n den Bienen gehaßt und v e r abscheut (in Schwaben) 5 1 ). Bienen vertragen das F . en n i c h t 6 a ) . Der K o b o l d kann das S c h i m p f e n und F . e n nicht leiden 63 ) und ebensowenig können es die Zwerge 54 ). In G e g e n w a r t des F e u e r m a η η s darf m a n kein F . w o r t gebrauchen 65 ), und die Holzweibchen, welche in der Mühle zu Markneukirchen beim V i e h f ü t t e r n behilflich waren, sind, als eine neue w a c k e r drauflos fluchende Magd eintrat, davongegangen und nimmer wiedergekommen 6e ). 3
«) ZfVk. 5, 334. ») Ebd. 10, 51.
») F i -
s c h e r Angelsachsen 10. '") Β ο e c 1 e r Ehsten g i . " ) S t e m p l i n g e r a. a. O. 67.
42
) Agrippa
Reuschel ,!
v. N e t t e s h e i m
Volkskunde 2, 18;
3, 376;
BayHefte 44
1, 200 f. ) S t e m p l i n g e r 67. ) A g r . v. N e t t e s h e i m a. a. O. 45) M ü l l e r
Jsergebirge 7 ; Z f V k . 24, 1 9 3 . " ) F ο g e 1 Pennsylvania 265 N r . 1 3 8 1 . 4 7 ) S a r t o r i Sitte 2,
167. «) ZfVk. 8, 397. «·) Urquell 4, 143. ) SAVk. 2, 223. " ) Urquell 6, 20 Nr. 12.
so M
) Schönwerth
Beiträge 2, 344.
") K ü h n a u Voigtland 454;
54
Oberpfalz 1, 354.
) Ε i se 1
M
)Wolf
Voigtland N r . 2 7 . 6
Sagen 1, 389. «) K ö h l e r E i s e l Nr. 39 und 40.
4. Gehen wir auf die W i r k u n g des F . s näher ein, so verweilen wir zunächst bei der schon erwähnten reinigenden (apotropäischen) W i r k u n g . W e n n der Wirbelwind ins G r u m m e t f ä h r t , glaubt man, der Böse wolle es seinen Dienern zuf ü h r e n und v e r t r e i b t ihn durch F . und S c h i m p f w o r t e 8 ' ) . Die ganze S c h a r der Geister oder einzelne derselben werden durch F . e n verscheucht 5 8 ). A m Nonerloch, wo es nie geheurig ist, sind o f t die P f e r d e nicht weiter zu bringen (weil ihnen ein D ä m o n entgegensteht), bis man einen F . ausstößt 59 ). W e r v o n einem Gespenst irregeführt ist, k o m m t durch einen F . sofort auf die rechte Spur, aber der betreffende Geist muß nun noch länger büßen und der Kobold, der
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nicht einmal, wenn er wie der B ä r v o n Reinecke F u c h s ins Holz gezwängt ist, abläßt, wird durch F . endlich vertrieben 6 1 ), aber auch, wenn er im Gegenteil zum B e t e n gezwungen werden soll 62 ). Z u den durch F . e n zu vertreibenden K o b o l d e n gehört auch der neckische J e r l a oder wie sonst das Wesen heißen mag, welches gern dem F u h r m a n n ein R a d unterwegs f e s t m a c h t . Sowohl in B ö h m e n 63 ) wie in Schlesien 64) und in der Schweiz 6S) bringt man durch F . das R a d wieder in Gang. In B a y e r n h a t eine Ulmer H e x e einem F u h r m a n n seinen Gaul zum Hinken gebracht, und nachdem er tüchtig geflucht, ging's wieder gut weiter ββ ). D a s S c h r a t t e l e , ob es nun bloß S c h a b e r n a k treibt oder dem im B e t t liegenden B a u e r n k n e c h t auf die B r u s t springt und unangenehm wird, v e r t r e i b t m a n durch F.en 6 7 ). E b e n so die Z w e r g e 6 8 ) und die S e l i g e n wie die L e c k f r ä u l e i n in Nobels, die in Höhlen beim Locherer in der L e c k lahn wohnten, Glück brachten und Speisen v e r l a n g t e n und auf einen F . hin durch den K a m i n entwichen 69). Die I r r l i c h t e r , die als unselige Kinderseelchen durch B e t e n herbeigezogen und so erzürnt werden, daß sie den Menschen töten 7 0 ), verschwinden durch den F . 7 1 ). A l s in der Gegend v o n S t o r k o w die P f e r d e des P f a r r w a g e n s v o r den Irrlichtern scheuten, kamen letztere immer zahlreicher, j e mehr der P a s t o r betete, schwanden aber, als der K n e c h t „ I n s Teufels N a m e n ! " f l u c h t e 7 2 ) . Anders freilich, wenn's kein wirkliches Irrlicht ist, sondern ein Teufelsgesell. Das L i c h t wird durch F . e n zur W u t gebracht, eilt hinter dem ins H a u s flüchtenden Menschen her, k r a c h t gegen die T ü r , in der sich a m Morgen ein Hufeisenloch eingebrannt f i n d e t 7 3 ). Der F e u e r m a n n wird im allgemeinen durch F . e n v e r scheucht 74 ), doch kann sich's auch ereignen, daß F e u e r m ä n n e r den F.enden auf bösen W e g bringen und erst dann, weil sie nun über solch W e r k zufrieden sind, sich d a v o n m a c h e n 75 ). Die H o l z w e i b l e i n verschwinden auf einen F . hin 7β ) oder lassen den F l a c h s mißraten 7 r ). V e r f l u c h t e Menschenseelen verschwinden
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Fluch
auf F . K a u m h a t der V a t e r seinen auf dem W e g stolpernden J u n g e n gescholten: „ D u d u m m e r Junge, w o hast du denn deine A u g e n ! " — da verschwindet die weiße Frau, die ihnen vorangegangen w a r 7 8 ) . D a s weiße Fräulein, das mittags vor einem Tisch voller Gold und Kleinodien sitzt, verschwindet, als der sich Nähernde stolpert und deshalb Donn e r w e t t e r ! r u f t ; die F . w i r k u n g bedeutet aber, daß sie nach h u n d e r t Jahren wiederkehren m u ß 79 ). Der spukende S t a d t schreiber v o n Gera rührt sich nicht auf des B e t r u n k e n e n F o r d e r u n g nach Bier, erst als dieser ein D o n n e r w e t t e r d a z u s e t z t verschwindet er s a m t seinem Tisch a ) G r i m m Myth. 3, 452 Nr. 522. M) M a n n h a r d t Germ. Mythen 1, 81; Grohmann Sagen 284 ff.; L a c h m a η η Überlingen 112; Κ r a u ß Volkforschung 369; G a n d e r NieE9 derlausitz 100 f. Nr. 266. ) L ü t ο 1f Sagen w 175. ) Ebd. 177 Nr. d. " ) R a n k e Sagen 154 f. «) Ebd. 156. ·») K ü h n a u Sagen 3, 5 291. " ) Ebd. 1, 600. * ) M a n ζ Sargans 102. ") Η e y 1 Tirol 39 Nr. 52. «') R a n k e Sagen 5; M e y e r Baden 551; B i r l i n g e r w) B a a d e r Volhsth. 1, 302. Sagen 11. S9) H e y l Tirol 276 Nr. 91. ">) G r o h m a n n Sagen 20. 71 ) G r i m m Myth. 3, 455 Nr. 611. 7ϊ) Κ u h η u. S c h w a r t z 85. 479; vgl. ebd. 143; K e l l e r Grab d. Abergl. 1, 139; S c h m i t z Eifel Nr. 453; R a n k e Sagen 59; man braucht bloß zu sagen: „Donnerwetter, was bist du für ein dummes D i n g ! " ™) Μ ü 1 1 e η h ο f f Sagen Nr. 169 und 254. " ) W i t ζ s c h e l Thüringen 2, 182 Nr. 57; W u t t k e 477 § 761. " ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 93 Nr. 5. '·) Ebd. 2, 369 Nr. 14; Eisel Voigtland 23 Nr. 39; Κ ü h η a u Sagen 2, 182; B e c h s t e i n Thüringen 2, 118; Köhler Voigtland 454. " ) S c h ö n w e r t h 2, 370. ?s) K u h n Westfalen1, 17 Nr. 21. »·) E i s e l Voigtland Nr. 242. ») Ebd. Nr. 221.
5. Mittelbare und unmittelbare W i r kungen des F.s entsprechen in der Regel ihrem Inhalt und treten gewöhnlich sofort, manchmal jedoch erst nach längerer Zeit ein. In einigen Fällen h a t es freilich den Anschein, als laufe die W i r k u n g entgegengesetzt, sie aber sind dadurch zu verstehen, daß, wie in bereits angeführten Fällen, die eigentliche A u s w i r k u n g des F.s auf die Behinderer des Guten sich erstreckt, a u c h wenn das nicht ausdrücklich gesagt ist oder nicht einmal mehr e m p f u n d e n wird. D a ß m a n sich durch F . v o m Irrwege wieder zurechtfindet, er-
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klärt sich durch die apotropäische Wirk u n g (Verscheuchung des Irreführers) 81 ). E n t w e d e r wird nun das Übel genau im F. selber bezeichnet, so K r a n k h e i t und Tod, oder es ist allerlei Ungemach 8 2 ). Die Hausiererin, die allerlei Böses anfluchen kann, j a g t zwei Gesellen, die ihren K o r b festgenagelt haben, in den T o d 8 3 ) . Viel ist im V o l k s g l a u b e n v o m A n f l u c h e n v o n verschiedenen Übeln die R e d e 8 4 ) . A u f einem v e r w ü n s c h t e n Gehöfte wird stets ein L a h m e r sein 8 5 ), und die Solinger haben infolge eines F.s k r u m m e Beine 8 8 ). A u f d e m Bauernhof P l ü c k e r s b u r g bei Hecklinghausen ist stets einer einäugig, weil der Liebhaber der T o c h t e r nach der schwarzen K a t z e stach und dadurch nicht nur sie, sondern a u c h die Mutter ein A u g e verlor und diese Eigentümlichkeit durch den (Hexen-) F. sich v e r e r b t e 8 7 ) . Die E r b l i c h k e i t d e s F.e r g e b • η i s s e s ist in Sagen sehr h ä u f i g M ). D a s h ä n g t schon mit den überaus zahlreichen F l ü c h e n zusammen, durch welche die Kinder das Leben verlieren, so daß das g a n z e G e s c h l e c h t getroffen wird. So wird die Königstochter, weil die Mutter wünscht, sie möge ein R a b e sein und fortfliegen, in einen R a b e n v e r w a n delt 8 8 ) und die drei Königstöchter, deren eine einen A p f e l im Garten pflückte, werden durch desVatersF. hundert K l a f t e r tief in die Erde gebannt 90)) andere K i n d e r infolge der V e r f l u c h u n g durch Geister weggeführt 9 1 ), und in dem ungarischen Märchen Eisen-Lakzi wird die Schwester in die Erde v e r w ü n s c h t 9 2 ) , böse Schloßkinder werden durch Zwergen-F. in W a s sermäuse 83), eine B u r g t o c h t e r in Stein v e r w a n d e l t M ). Die verführerisch singende K u h m a g d auf der A l m wird v o n der Mutter eines verführten Burschen in einen Gletscherbach, den Reichenbach, durch F. v e r w a n d e l t 9 S ) . D e r Sohn des Ritters v o n Lindum, dessen V a t e r lieber eine Wildsau werden als v o n seinem J a g d revier etwas dem Feind überlassen wollte, wird mit Schweinskopf geboren 9e ). Ferner erstrecken sich aber die Flüche gereizter Geistwesen nicht selten gleich auf mehrere Generationen, wobei die S i e b e n und Neunzahl eine große Rolle
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Fluch
spielen (s. Zahlen). Die wilden Männer (Heiden, setzen die erklärenden Traditionen hinzu), welche beim Lanznaster Bauern zum Fenster hinein um Krapfen baten und diese auch erhielten, zugleich aber von der Bäuerin mit dem Schmalz verbrannt wurden, schrien auf 7mal 7 Menschenalter F. und Wehe über das Haus w ), das nun in Armut sinkt. Sonst rächt der F. bis ins neunte Glied Μ ). Ein kleines trauriges Weiblein erhält von der Bäuerin zu Velton eine Kelle voll heißen Schmalzes hinausgeschüttet und ruft: „ B i s afn neuntn koa reicha Veltoner mea" " ) . Ähnlich ruft die beim Verlotter von St. Magdalena in Villnös bedienstete Selige, als sie von der Bäuerin schlecht behandelt wird, daß bis ins 9. Glied kein Verlotterer mehr ein Haus haben soll 10°). Das L e c k f r ä u l e i n bekam regelmäßig beim Locherer Essen, nur eines Tages schlug ihm die Bäuerin mit der Kelle auf die Hand. Drum: „ K e i n reicher Locherer m e h r " 1 0 1 ) l Ebenso verhielten sich die Saligen in der Gegend von Brixen 102). Im Kreise Habelschwerdt wird ein Hof von einem unschuldig Verurteilten am Galgen verflucht: nie soll in seinem Besitze der Sohn dem Vater folgen 103 ).
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Nr. 2. ») W e i n h o l d Neunzahltf. Tirol
101)
168 Nr. 77.
10°)
Ebd.
169
»)Heyl
Nr.
78.
Ebd. 276 Nr. 91. 102) Ebd. 166 Nr. 76. 10J) K ü h n a u Sagen 3, 290 f. 1M) L ü t ο 1 f Sagen 485 f. 10ä) ZföVk. 10, 95. 10«) M ü l l e n h ο f f Sagen 338 Nr. 452.
6. S t r a f e n f ü r d a s F. e n . Den F.er treffen mancherlei Strafen, die seine Bequemlichkeit und Bewegungsfreiheit, seine Wünsche und Strebungen, seine Sachgüter, Gesundheit und Leben angehen. Hatte doch der Schiffer, der die Hollemännchen über die Fulda fuhr, von dem Sprecher der Zwerge einen nicht endenden Garnknäuel erhalten; als aber seine Frau einmal beim Haspeln ungeduldig ward und zum Teufel fluchte, war der Knäuel fort 1 0 7 ). Ähnlich geschah's mit dem Knäuel, den eine Salige bei Brixen geschenkt hatte l o e ). Dem vogtländischen Edelmanne fährt zur Strafe für sein F.en der Teufel den großen Eichbaum ins Schloßtor, so daß es ganz versperrt ist l 0 8 ). Einige Beete werden zur Strafe auf Halbfruchtbarkeit gesetzt 1 1 0 ). Flucht man beim Graben eines Schatzes, so hebt sich der Schatzkessel in die L u f t und entschwindet m ) oder er sinkt ganz tief in die Erde 1 1 2 ), oder er ist plötzlich weg 113 ). — Harmlos erscheint es j a noch, wenn der F.er von unsichtbarer Hand eine Ohrfeige b e k o m m t 1 M ) , die Das sind die schweren Verfluchungen. vom Feuermann herrühren kann116). Die leichteren beziehen sich zumeist auf Wenn man um die B i e n e n herum Speisen. Die Erdmännlein nehmen flucht, so kommen sie und stechen l l e ) , alle verschüttete Milch in ihrer Genügwas in kirchlichem Sinn damit begründet samkeit für sich, nur wenn ein F. über wird, daß die Bienen das Wachs für die sie gesprochen war, können sie sie nicht geweihten Kerzen liefern 1 1 7 ). — Der gebrauchen 1 0 4 ). Der hartherzigen Mül„Ziegenbockspeter" war ein durch vieles lerin, die den Handwerksburschen Milch, F.en weit und breit bekannter JungQuark und Butter weigert, werden diese gesell, dem auf dem Heimweg von seiner Dinge abgeflucht, und B l u t m e l k e n Braut nach Lennep auf dem Weihersfeld ist die Folge 1 0 5 ). Die durch Spruch eines ein gespenstiger Bock über den Weg lief; Zwerges unerschöpflich gewordene Bierals er nach ihm warf, nahm der Bock ihn tonne wird durch einen F. sofort leer l o e ). auf die Hörner und trug ihn weit f o r t l l e ) . «) K ö h l e r Voigtland 525. ") K ü h n a u Auch dem Vogelsteller erscheint, als er Sagen 3, 290. ") SAVk. 2, 269. ") Ebd. 3, wegen des von mutwilligen Jungen seiner 25; K ü h n a u Sagen 1, 273. ·») S c h e l l Bergische Sagen 226 Nr. 200. ··) Ebd. 231 Falle angerichteten Schadens flucht, ein Nr. 206. ·') Ebd. 188 Nr. 119. «) W a i b e l ungeheures gehörntes Tier, das ihn über u. F l a m m t, 124. M) G r i m m KuHM. Berg und Tal jagt m ) . Auf zwei Wochen Nr. 93. ») Ebd. Nr. 91. ") L i e b r e c h t Gervasius 137. · 2 ) Κ 1 e t k e Märchensammkrank liegen müssen, nachdem einem lung 2, 1. Schönwerth 2, 184. zwei schwarze Reiter einen Todesschrek") K ü h n a u Sagen 3, 36. »5) SAVk. 22, ken eingejagt haben 12°), ist auch noch 200. ··) Bavaria 1, 314. ") H e y l Tirol 240
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nicht das Schlimmste. Wesentlich unangenehmer ist es jedoch, wenn ein Fuhrmann, weil er beim Umwerfen auf der Weinstraße gottsjämmerlich fluchte, mit einer Laterne nachts die Straße erleuchten muß, bis er einmal davon erlöst wird 1 2 1 ). Die Strafe des e w i g e n Jagens (s. Ewigkeit), die sonst wohl für ungezähmte Jagdlust oder scheußliche Greueltaten auferlegt wird, wird auch wegen F.ens verhängt 122 ). Mit Namen genannt wird der Freiburger Leinweber Lorenz Richter, der seinem ungehorsamen Sohne zurief: „ A l s o steh, daß du nimmer fortgehn k a n n s t ! " , worauf der Sohn drei Jahre a u f derselben S t e l l e s t a n d und eine tiefe Grube in der Diele· entstand und man ihm des Nachts, damit er schlafen könnte, Polster f ü r Kopf und Arme hinbringen m u ß t e ; dieser Mensch stand, nachdem er umgepflanzt worden, weitere vier Jahre am neuen Ort, bis er starb m ) . Ein Junker, der seinen W a l d rechtmäßig an die Gemeinde verloren, verfluchte Dorf und W a l d und schwur, den W a l d nicht mehr mit eigenen Augen anschauen zu wollen: was dadurch wirklich wurde, daß er von Stund an e r b l i n d e t e 124 ). So und so oft aber muß der F.er mit dem T o d e büßen. Unter den pommerschen Fischern war ein arger F.er, dem das Ziehen der Glocken schwerer als jedem anderen wurde, weil die Glocken sich von ruchlosen Händen nicht ziehen lassen wollen. Da stieß er wieder einen F. aus, worauf die Glocken in die Tiefe sanken und ihn mit hinabrissen 125 ). Hiermit stehen wir im Reiche der verw ü n s c h t e n P e r s o n e n , die nach ihrem Tode nicht zur Ruhe kommen — ein Motiv aller Zeiten. Ein Bauer, der, weil ihm all sein Vieh gefallen war, dem lieben Herrn fluchte, ist z u m Hund geworden, der nur Aas f r i ß t 1 2 e ) . Wie v e r f l u c h t e G r u n d s t ü c k e nie mehr gedeihen und verwünschte Plätze kein Vieh mehr nähren, so können verfluchte Menschen bei eintretender K r a n k heit nicht wieder genesen 1 2 7 ). Es gibt H ä u s e r , die von ihren Eigentümern verflucht worden sind und in denen nie
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mehr ein Glied ihrer Familie wohnen m a g 1 2 8 ) . S c h l o ß und Reich werden v e r f l u c h t 1 2 8 ) . Andere gehen unter, veröden oder versinken, dem f.enden Besitzer zur Strafe. ,,Er hub ein F.en und Schelten an, daß kein Wunder, das Schloß wäre v e r s u n k e n " 130 ). Der Sumpf Elsenborn „ a m versunkenem H a u s e " ist dadurch entstanden, daß eine Frau wegen ihres F.ens mitsamt ihren Kindern und dem Hause v e r s a n k 1 3 1 ) . A u c h in dem erlenumstandenen Sumpf bei Oberglogau befindet sich ein versunkenes Schloß, dessen Besitzer von der Frau des von ihm im Raubmord erschlagenen Mannes verflucht war 132 ). Eine andere Burg versank, weil der Burgherr greulich f l u c h t e 1 3 3 ) . Wegen der Übervorteilung eines Armen während einer Hungersnot wurde ein Metzger verflucht und hackte nun oft im Keller Fleisch, ist aber jetzt erlöst 134 ). In die tausend Jahre schon leidet die Feuerpein der „ R e n a l m e r P u t z " , der als feuriger Mann u m g e h t 1 3 S ) . Der umgehende Schuster befindet sich auf seiner dritten Wanderung um die W e l t : diese geht unter, wenn er damit fertig i s t 1 3 β ) . Man muß j a drauf achten, wenn man mit so einem Verfluchten zu tun hat, denn würde man ihm oder in seiner Gegenwart fluchen, so müßte die arme Seele weiter leiden 137 ). A l s strafender Geist erscheint namentlich der W e t t e r g o t t (Donar, der christliche Gott, beide ohne genannt zu werden), der durch den B l i t z das Gericht unmittelbar vollstreckt. Ein kleiner Mann flucht während des Gewitters: „Heiligs Gotts K r e u z ! Bald rechts, bald seits!" und wird v o m Blitz gefällt 1 3 8 ). Der übers himmlische Kegelschieben spottende Bursche wird mitten aus den Kameraden heraus v o m Blitz erschlagen 1 3 9 ), ein Landvogt, der über seine steten Fehlschüsse flucht, beim Losdrücken 140 ). V o n zwei Geißhirten wird der Betende ver schont, der fluchende von der Steinlawine begraben (Steinschlag, ein W e r k des Hammers des T h o r ) l u ) . Der Blitz brennt des F.ers Gut und das ganze Dorf nieder 1 4 2 ). — Der Donar-Ersatz, der T e u f e l , nimmt sich den F.er als sein
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Eigentum, holt den fluchenden Bauern 143 ) und andere 144 ). Oft erkennt man ihn dann an Hörnern, Geißfüßen und Gestank 1 4 5 ). Wenn er den Menschen noch nicht für immer festhalten kann, indem er ihm etwa den Hals umdreht 1 4 6 ) oder der F.er mit Leib und Seele verlorengeht 1 4 7 ), so stürzt er ihn in einen Graben 148) oder fährt ihn eine gute Strecke durch die Lüfte,um ihn dann abzusetzen 1 4 9 ). Manchmal kommt eine ganze Schar von Teufeln, die den F.er entführt, aber über einer Kapelle, wo gerade zum Gebet geläutet wird, niedersetzen muß 150). So umringt eine Schar abscheulicher Teufel die Hütte eines Sennen, der später spurlos verschwand 151 ). Auch Gehilfen des Teufels vollstrecken die Strafe: neben dem immer fluchenden Tischler in K a l t e m spazierte, als er wegen eines angestoßenen Hühnerauges fluchte, eine schwarze Katze einher, verfolgte ihn bis in sein Haus und sprang, als er sich bekreuzte, mitten durch die Tür, die dadurch ein großes Loch eingebrannt erhielt 1 5 2 ).· 's Geiggle kommt und zerreißt den fluchenden Hirten auf der Daba-Alm 153 ). Dem fluchenden Bergmann bringt der Berggeist Unglück 1 5 4 ), und der Mann, der seiner spät heimkehrenden Frau zuruft: „ W o bist du Düwel so lange w e s e n ? " verliert sie, indem sie zu den Zwergen entschwindet 1 6 6 ). " ' ) S c h a m b a c h u. M ü l l e r 118 N r . 141. l09 ) H e y l Tirol 166 Nr. 76. 1M ) E i s e l 110 Voigtland Nr. 20. ) S c h ö n w e r t h 3,127. " ' ) S c h a m b a c h u. M ü l l e r 109 N r . 138. lla ) Κ ü h η a u Sagen 3, 564. 113 ) B a a d e r Sagen 5 8 ; E i s e l Nr. 476. 114 ) K ü h n a u Sagen 2, 414. 115 ) R a n k e Sagen 49. l " ) Urquell 6, 2 0 N r . 12; S c h ö n w e r t h 1, 3 5 4 ; lir M e s s i k o m m e r 1, 190. ) L ü t ο 1f Sagen 358. n B ) S c h e l l Bergische Sagen 155 12 N r . 37- " ' ) D e r s. 3 6 Nr. 41. °) K ü h n a u Sagen 2, 552. m ) E i s e l Voigtland N r . 443. 122 1M ) Z f V k . 13, 190. ) M e i c h e Sagen 561 Nr. 696. 124 ) R o c h h o l z Sagen 2, 98. 125 ) K n o o p Hinterpommern 136. 12< ) S c h ö n w e r t h 3, 126. , 2 7 ) S t e m p l i n g e r Aberglaube 66. ia 1S ) W u t t k e 164 § 222. >) G r i m m 1M KuHM. N r . 92. ) G r i m m Myth. 3, 366. m) Schell Bergische Sagen 398 N r . 4. "*) K ü h n a u Sagen 3, 368. » 3 ) S c h ö n w e r t h 2 , 4 4 8 . ' " ) M e i e r Schwaben 1, 275. 1SS ) Heyl Tirol 19 Nr. 17. " · ) E b d . 680 N r . 158. »») Z f ö V k . 10, 144. «o) G r a b e r Kärnten 260. "») B a v a r i a 1, 314. 14°) S A V k .
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8 , 2 7 8 . >") R e i s e r Allgäu 1, 415. »«) E i sel Voigtland N r . 696. l 4 S ) B a v a r i a 1, 314. 1H) H a u p t Lausitz 1, 107 Nr. 126 u n d 128. 14S ) S c h ö n w e r t h 3, 126 ff. 1 4 ·) M e i c h e Sagen 470 N r . 610. 14 ') H e y l Tirol 798 Nr. 229. 148 ) G r a b e r Kärnten 301. "») B a v a r i a 1, 314. 1H>) S c h ö n w e r t h 3, 127. 151 ) Z f V k . 9, 2 6 0 ; ähnliche F ä l l e bei Zingerle Sagen 3 9 0 f. 152 ) H e y l Tirol 525 154 N r . 93. »») E b d . 611 N r . 76. ) W u t t k e 156 4 7 § 51. ) Müllenhoff Sagen 310 N r . 4 2 1 ; J e n s e n Nordfriesische Inseln 220.
7. A b w e h r m i t t e l . Einige Menschen sind vom F.en geheilt worden und in der Regel hat der Teufel selbst das größte Verdienst daran. Der in Krankheit verfallene Edelmann (s. 0. Nr. 6) 15β ), der erwähnte Ziegenbockspeter, der einige Zeit zwischen den Hörnern des Tieres schwebte 157 ), der vom Teufel durch die Straßen Breslaus geschleppte lange Hans 158) und andere vom Teufel mehr geneckte als gestrafte Personen wurden das F.en los, und die nicht ausbleibende rationalisierende Deutung der Geschichte erklärt bisweilen den Teufel für die Umgebung, welche sich mit dem F.er einen Jux gemacht habe 159). Ein anderer hatte die Vision eines kleinen Männleins mit großer Laterne und strahlendem Licht 1 6 0 ). Auch der von der schwarzen Katze heimgesuchte Tischler (Nr. 6 b) wurde vom F.n geheilt 1 β 1 ). Es gibt G l a u b e n s s c h u t z gegen F.wirkungen und F.strafen. Die Teufelsschar auf der A l m wird vom Geistlichen durch das Sakrament v e r j a g t 1 6 2 ) , viele wenden den F.spuk durch Bekreuzen ab 163 ), andere durch Anrufen der hl. Jungfrau und des hl. Josef 164 ); außerdem helfen Gegenzauber zur Lösung der bleibenden Wirksamkeit des F.ens 165 ), ζ. B. in Häusern, wo Kinder, die das F.en nicht lassen könne, vorhanden sind, hängt die Mutter eine abgeschälte Zwiebel an die Wand, damit sie die Flüche „einsappen", d. i. aufsaugen soll 1 6 e ). » · ) K ü h n a u 2, 552. 15 ') S c h e l l Berg. Sagen 155 N r . 37. l a ) K ü h n a u Sagen 2, 576. "») E b d . 596. 1W ) E b d . 4 1 2 f. »") H e y l Tirol 525 N r . 93. » 2 ) Z f V k . 9, 269. "») H e y l 525. l M ) Z f V k . 10, 51. "») W u t t k e 164 § 222. "•) U r q u e l l 4, 94. Vgl. n o c h Mail a n d Der Fluch in der siebenbürgisch-rumänischen Volkspoesie Z f V k . 3, 2 0 8 ; A R w . 11, 11 f f . 14, 318 f f . ; H e r z o g Schweizersagen 1, 38. 42; 2, 131 f . ; A b t Apuleitts 230 ff. K. Beth.
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Flucht
Flucht. ι . F. vor Krankheits- und Opferdämonen. — 2. F. der Braut bei der Hochzeit. — 3. Hilfsmittel für den Fliehenden. — 4. Hilfsmittel für den Verfolger. — 5. Orakel bei der F.
1. Nach dem Glauben des primitiven Menschen ist F. das einfachste Mittel, um sich vor den gefährlichen Einflüssen irgendwelcher Geister zu schützen. So fliehen noch jetzt die hinterindischen Völkervor dem Dämon der S e u c h e in den Urwald. Und in Frankreich herrscht folgende Sitte 2 ): will man sich von Fieber, Halsschmerzen u. dgl. befreien, so muß man eine Schnur, mit der man vorher den kranken Körperteil in Berührung gebracht hat, an einem Baum befestigen und dann so schnell wie möglich fliehen, weil es möglich sein kann, daß der gebannte Dämon sich wieder befreit und zu seinem Besitzer zurückkehrt. Erst in einem späteren Stadium der Kultur fliehen nur diejenigen, von denen der Krankheitsdämon schon Besitz ergriffen hat; ζ. B. müssen die Eskimofrauen 3) vor der Geburt ihrer Kinder in eine hierzu bestimmte Hütte im Walde fliehen, damit der unreine Dämon, der in der Frau ist, nicht im Hause, im Dorf bleiben kann. — Die P\zeremonien bei O p f e r n 4 ) weisen auf die Furcht vor dem göttlichen Geist hin, der in dem heiligen Opfertier ist. Wer die heilige Handlung vollzog, mußte sofort fliehen, weil er die Strafe des göttlichen Geistes zu fürchten hatte. Dieser Glaube herrschte in Ägypten 5 ), bei den Griechen 6 ) und Römern'), und ist noch jetzt bei Eingeborenenstämmen zu finden 8). *) H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 296. S£billot 3, 414. Ί F r a z e r 1, 152. 6 N i l s s o n Griech. Feste 156. ) F r a z e r 1,308; D i o d o r u s S i c u l u s 1, g i , 4. ·) N i l s s o n Griech. Feste 15. ') F r a ζ e r 1, 308; Ο ν i d Fasti 22, 685; P l u t a r c h Quaest. Rom. 63. ·) F r a z e r 1, 310. s)
4)
2. Einzelne Hochzeitsbräuche weisen auf Fluchtversuche der Braut hin, die ursprünglich wohl auf Angst vor dem neuen Leben beruhen. Schon im MA. ·) war der sogenannte B r a u t l a u f verbreitet und wird jetzt noch in vielen Gegenden Deutschlands geübt, so in der Steier-
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mark 10), in Schwaben u ) , in Thüringen 12 ), in Oldenburg 13 ) und in der Mark Brandenburg M ). Wenn das Brautpaar von der Trauung kommt, pflegt die Braut vorauszueilen, und der Bräutigam muß sie einholen. Es ist wie eine F., wie ein letztes Sträuben vor der Ehe 18 ). Die eigentliche Vorstellung von der F. ist meistens verwischt; denn es h e i ß t l e ) : wenn bei diesem Lauf der Bräutigam die Braut nicht einholt, dann ist es ein übles Vorzeichen für die Ehe. Vereinzelt wird dieser F.versuch noch dann ausgeführt, wenn er zu einem wirklichen Erfolg führen könnte, nämlich vor der Trauung; so ist es bei den Siebenbürger Sachsen 17 ), wo das Brautpaar vor der Trauung zusammen tanzt; dabei flieht die Braut in ein Nachbarhaus, und erst wenn der Brautknecht sie holt, kommt sie zum Bräutigam zurück. Jetzt heißt dies zwar: der Bräutigam läßt die Braut laufen. In einzelnen Gegenden pflegt der Brautlauf am Abend des ersten oder zweiten Hochzeitstages stattzufinden, und dann schließt sich die Haubung hieran an; so ist es in der Mark Brandenburg u ) . Aber auch hier ist der Gedanke der Braut-F. dem des Wettlaufes zwischen dem Brautpaar gewichen. — Bei der H a u b u n g selbst gibt es Bräuche, die noch einmal einen F.versuch der Braut vor der neuen Gemeinschaft, in die sie eintreten soll, andeuten. Häufig findet ein letzter Kampf der Mädchenschaft gegen die Frauen statt, die die Braut in ihre Gemeinschaft hineinzuziehen suchen, indem sie ihr die Haube aufsetzen 18 ). Die Braut hält sich an ihre alte Gemeinschaft und sucht sich durch F. der neuen zu entziehen, wobei die jungen Mädchen und Burschen sie unterstützen. A m deutlichsten ist dieser F.gedanke in dem Brauch aus dem Hildesheimschen erkennbar M ) : die Verheirateten bilden einen Kreis, in dem die Unverheirateten tanzen. Der Brautknecht tanzt mit der Braut und versucht, unversehens den Kreis zu durchbrechen und mit der Braut zu entfliehen. Die Verheirateten aber wissen dies zu verhindern; sie umringen die Braut, nehmen ihr den Kranz ab und setzen ihr die Haube auf. Nun muß sie mit
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den Frauen tanzen. Ähnlich ist es in einigen Dörfern in Thüringen 21 ), wo die Burschen die Braut zu entführen und festzuhalten suchen; hier ist es der Bräutigam, dem sie sie ausliefern. — Andrerseits entfliehen auch die Frauen mit ihrer neuen Genossin 22) aus Furcht, daß sie ihnen wieder entrissen werden möchte. 8 ) W e i n h o l d Frauen i, 362. 10) M e y e r D. Volksk. 179. " ) Ebd. " ) W i t ζ s c h e i Thüringen 2, 238. 13 ) S t r a c k e r j a n 1, 105 Nr. 118. " ) K u h n Mark. Sagen 358. 15 ) S a r t o r i Sitte u. Brauch 1, 90; S t r a k k e r j a n 1, 105 Nr. 118; M e y e r D. Volksk. 179. " ) S t r a c k e r j a n 1, 105. »') S a r t o r i Sitte M. Brauch 1,104. 18) K u h n Mark. Sagen 358. " ) H e c k s c h e r 169; W i t z s c h e 1 Thüringen 2, 238; B a r t s c h Mecklenburg 2, 68; S t r a c k e r j a n 2, 200 Nr. 445; K u h n u . S c h w a r t z Westfalen 2, 40, 38 Nr. 109. M) K u h n u. S c h w a r t z Westfalen 2, 40. 21 ) W i t z s c h e l Thüringen 2, 238. 22) H e c k s c h e r 420 Anm. 66 u. S. 169.
3. Besteht auf einer wirklichen F . die Gefahr, daß der Verfolger den Fliehenden erreicht, dann braucht dieser nur Dinge wie Spiegel, Kamm, Bürste oder was er sonst bei sich trägt, hinter sich zu werfen.· Diese verwandeln sich nämlich auf magische Weise in Berge, Wälder, Seen, die den Verfolger hemmen 23 ). Diese sog. ,,m a g i s c h e F . " ist ein Märchenmotiv, das über die ganze Welt verbreitet ist 24). Von deutschen Märchen seien erwähnt: Fundevogel 25)} Wassernix 2 e ), Liebster Roland 25 ), Königskinder **). Eine magische F . ist auch der Zug der Israeliten durch das Schilfmeer **); zu dieser Geschichte findet sich eine genaue Parallele in einem Märchen der Wadschagga am Kilimandscharo — Ursprünglich verwandeln sich nicht die ausgeworfenen Gegenstände; sondern der Verfolger wird dadurch gehemmt, daß er sie aufnimmt und sich mit ihnen beschäftigt 3 1 ). So heißt es in einer schlesischen S a g e 3 2 ) : Eine Frau nahm auf ihrer F. aus dem Zwergenreich einen Hahn, einen Kamm und eine Lage Garn mit. Als die Zwerge es merkten, folgten sie ihr schnell. Da warf die Frau nacheinander den Hahn, den Kamm und das Garn unter sie; den Hahn zerrupften sie, den Kamm zerbrachen sie, und in dem Garn verwickelten sie sich so,
daß die Frau sich inzwischen retten konnte. Ferner findet sich dieser ursprüngliche Gedanke schon bei Ovid in einem indischen und einem serbischen Märchen 35 ). — Ein zweites Hilfsmittel für den Fliehenden ist die V e r w a n d l u n g ζ. B. in einen Teich und eine Ente 36). Auch der S p e i c h e l des Fliehenden, der an seiner Stelle antworten kann, solange bis er vertrocknet, verheimlicht die F. und ist so ein Hilfsmittel 37 ). Denselben Dienst kann ein Blutstropfen, ein Apfel, eine Bohne leisten **), wenn der Fliehende sie mit denselben magischen Kräften ausstattet. " ) B o l t e - P o l i v k a 2, 140; K ö h l e r Kl. Sehr. 171. 388. " ) B o l t e - P o l i v k a 2, 140—146. " ) G r i m m Märchen i, 231 Nr. 51. 2«) Ebd. I, 256 Nr. 56. ») Ebd. 1, 354 Nr. 79. Ebd. 2, 154; s. auch B o l t e P o l i v k a 2, 141. 2e) G u n k e l Märchen 106; 2. Mose 14. »>) G u n k e l Märchen 106. 31 ) Naumann Gemeinschaftskultur 27. 62; s. auch Bolte-Polivka 2, 140. 2 » ) K ü h n a u Sagen 2 , 1 1 3 . «·) O v i d Meta84 morphosen 10, 664. ) B o l t e - P o l i v k a 2, 140. «) Ebd. M) K ö h l e r Kl. Sehr. 55; B o l t e - P o l i v k a i, 498 Nr. 56. ») Ebd. M ) Ebd. 2, 526.
4. Ebenso wie der Fliehende kann der Verfolger m a g i s c h e M i t t e l anwenden. Aus dem Jahre 1530 wird berichtet, wie in Sachsen 3S) ein flüchtiger Edelmann in sein Gefängnis zurückgeführt wird, dadurch daß der Pfarrer alle Bilder in der Kirche umdreht. Dieser Zauber zwingt den Flüchtling zur Umkehr. Ahnlich wurde in der Türkei ein fliehender Sklave zur Rückkehr gezwungen, weil er sich — durch einen magischen Zauber beeinflußt, — einbildet, daß ihm Löwen und Schlangen auf der F. entgegenkommen werden. — Eine besondere Schwierigkeit bietet die G r e n z ü b e r s c h r e i t u n g für den Fliehenden sowie den Verfolger. Ersterer kann sie nur überschreiten, wenn er, wie aus Schleswig") berichtet wird, die Weste umgekehrt anzieht, d. h. wenn er sich durch ein Gegenmittel gegen den Zauber der Grenze wehren kann. Für den Verfolger hört überhaupt die Macht an einer Grenze auf 42), und er kann dem Flüchtling nichts mehr anhaben. — Daß der
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Flüchtling seinen Verfolger betrügt und sich durch dessen Dummheit rettet 4 S ), kommt oft vor, und man braucht darin keinen Aberglauben zu suchen. 3») Μ e i c h e Sagen 566 Nr. 704. 4°) Μ e y er Aberglaube 223. " ) M ü l l e n h o f f Sagen
641. **) K u h n u. S c h w a r t z 126 Nr. 144. ") S c h u m a n n Nachtbüchlein 288 Nr. 46; RTrp 11, 300; K r a u ß Sagen «. Märchen d. Südslaven 2, 249.
5. Der Fliehende sucht durch O r a k e l zu erfahren, wie seine F. verläuft. Begegnet ihm eine Fledermaus 44), dann ist es ein gutes Zeichen; denn sie fliegt ohne Federn. Der Sperling dagegen 4S) ist ein böses Vorzeichen; denn während er vor dem Habicht flieht, fliegt er der Eule entgegen. Anmerkung: In der etymologischen Bildung „ F l ü c h t i g e s Element" für die Salbe: linimentum volabile 4β) liegt kein Aberglaube. — Über Flucht der Seele aus dem Körper siehe: S e e l e n vogel. **) A g r i p p a v. N e t t e s h e i m 1,251. ") Ebd. ") ZfrwVk. 1908, 101. Schmekel. Flug ( f l i e g e n , Luftfahrt). 1. Der bei Kultur- und Naturvölkern in weitem Maße verbreitete, durch abergläubische Meinungen, Märchen und Sagen bezeugte uralte Glaube, daß Menschen imstande seien, sich nach Belieben über die Erde zu erheben und längere Zeit schwebend zu erhalten, sich nach Wunsch an einen beliebigen Ort zu versetzen und Fahrten durch die Luft in den verschiedensten Vehikeln zu unternehmen, beruht auf verschiedenen Grundlagen. Als wichtigste kommen in Betracht: 1. W u n s c h ; 2. T r a u m ; 3. Z u s t ä n d e k r a n k h a f t e r E r regbarkeit; 4. Rauschzus t ä n d e . — 1. Der W u n s c h mußte im primitiven Menschen erwachen, wenn er seine eigene erdgebundene Schwerfälligkeit mit dem Fluge der Vögel, Insekten usw. verglich. Ihm gliedert sich 2. der T r a u m an, der einst vom primitiven Menschen für volle Wirklichkeit genommen wurde, da es ihm vollständig an Einsicht in die Gesetze der Natur und des Lebens fehlte x) und der in verschiedenen
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Formen, als aus dem Verlangen entstandener W u η s c h t r a u m 2), als eigentlicher F.t r ä u m und als F a 11 t r ä u m die wichtigste Voraussetzung für den Glauben an die Kunst des Fliegens bildet. Die beiden letztgenannten Arten gehören zu den typischen Träumen. Der Schläfer löst sich langsamer oder rascher von der Erde los, und bald beherrscht ihn das Gefühl unendlicher Leichtigkeit des Körpers und der Freiheit von der Last der eigenen Körperempfindung 3 ). Der F.t r ä u m , einer der angenehmsten Träume, tritt, wie häufige Beobachtungen neuerer Zeit ergaben, namentlich dann auf, wenn die Atmung besonders frei ist (Lehmann) 4), andere Beobachter (Ellis) sehen die Ursache in der Herabsetzung der Hautempfindlichkeit, die dort eintritt, wo Körperteile aufliegen. Sie soll zunächst die Traumvorstellung hervorrufen, als ob der Körper frei schwebe. Daß diese Erklärungen der Wahrheit ziemlich nahekommen, geht aus dem Studium hysterischer Personen hervor. Eine Herabsetzung der Empfindlichkeit der Haut ist nämlich nicht selten bei solchen hysterischen Personen, die zuweilen flugähnliche Vorstellungen selbst im Wachzustande haben. Nicht unmöglich ist, daß damit der Himmelfahrtsglaube zusammenhängt. Die wichtige Rolle, die der F.traum in den Hexenprozessen spielt, ist zur Genüge bekannt. — Der F a 11 t r a u m , der seit jeher beobachtet worden zu sein scheint, für den besonders das „ N i c h t a u f - d i e - E r d e - k o m m e n", das in vielen Sagen von mehrtägigen Luftfahrten berichtet wird, bezeichnend ist, reiht sich dem F.traum an. Bewirkt wird er durch eine mit fortschreitendem Schlafe zunehmende Muskelerschlaffung, ζ. B. bei angezogenen Beinen, durch die endlich ein Ausgleiten und plötzliches Strecken der Beine, die durch die entspannten Muskeln nicht mehr gehalten werden, eintritt 5 ). Dadurch wird der Körper von einem Ruck erschüttert. Während nun das langsame Ausgleiten der Krümmung der Knie die Traumvorstellung des Fallens erweckt, wird durch die Schlußerschütterung das jähe Er-
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wachen hervorgerufen. Dieser T r a u m hat im Gegensatz z u m vorerwähnten etwas Beängstigendes an sich e ). — Eine 3. Ursache zu diesem Glauben sind Zus t ä n d e u n g e w ö h n l i c h e r zent r a l e r E r r e g b a r k e i t im Halbschlaf, in der H y p n o s e oder a u c h bei w a c h e m B e w u ß t s e i n . Der T r a u m und diese Zustände stimmen nach W u n d t 7 ) überein in der Verlegung der unmittelbaren Erlebnisse in zeitliche und räumliche F e r n e ; entweder ist das Bewußtsein der F.vorstellung von vornherein vorhanden oder es tritt nachträglich auf, nachdem die Vision vorbei ist 8 ). Ferner sind e p i l e p t i s c h e K r a n k heitszustände mit vorausgehenden Gehörs- und Gesichtshalluzinationen und nachfolgender Erinnerungslosigkeit f ü r die Zeit der W a n d e r u n g (des F.es) in vielen Fällen mit Veranlassung zu diesem Glauben gewesen. Das V o l k und die Betroffenen selber legten sich das ihnen unerklärliche rätselhafte psychopatische Erlebnis mit Hilfe ihrer Glaubensvorstellungen zurecht und fanden die Erklärung im Bereiche der wilden Jagd 9) und anderer religiöser Vorstellungen, wie dem Glauben an die durch die L u f t fahrende Mahrt 1 0 ), den H e x e n f a h r t e n u ) , den durch die L u f t ziehenden Z w e r g e n 1 2 ) . Man schrieb die Fähigkeit irgendeinem teuflischen Wesen zu (bei den Hexenfahrten), besonderen Mitteln wie der F.oder Hexensalbe l s ) (s. d.) oder besonderen Zauberdingen wie Flügelschuhen, Siebenmeilenstiefeln, zauberischen Mänteln und Tüchern (s. Μ a η t e 1 f a h r t), F.ringen und F.hemden u. a. 1 4 ). — D a ß 4. der Genuß n a r k o t i s c h e r Mitt e l und die durch sie erzeugten D i m mer· und R a u s c h z u s t ä n d e ebenfalls mit Anteil an der Entstehung dieses Glaubens haben wird, darf nicht bezweifelt werden. Es sei an die Zauberer und Medizinmänner der Naturvölker erinnert. Wieweit der E i n f l u ß des Bilsenkrautes (s. d.), das als H e x e n k r a u t gilt (Tifol) 1 S ), und des daraus gewonnenen Absudes sowie anderer Narkotika, die das Gefühl des Fliegens und Sicherhebens in die L u f t verursachen, von Einfluß war, ist noch zu I
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wenig bekannt. A b e r auf die Wirkungen des Opiums, Haschisch und anderer Narkotika, ferner des Alkohols m u ß verwiesen werden 1 β ). *) L e h m a n n A ber glaube 494. 2) W u n d t Mythus u. Religion 2, 147; W. F i s c h e r D e f ο y Schlafen und Träumen * (Stuttgart: Kosmos 1921), 70—72. 75 f.; L e h m a n n a. a. O. 471 f. 3) W u n d t a. a. O. z, 193· 199· 4) L e h m a n n a. a. O. 484. 6) Ebd. 485 f. «) F i s c h e r - D e f o y a.a.O. ') W u η d t a. a. O. 2, 147. 8) Ebd. 1, 179. s) R a n k e 2 Sagen 110; Mannhardt Germ. Mythen 44. 48. ") R a n k e a. a. O. 17 f.; M e y e r Germ. Myth. 120.123. 127. 175. ") R a n k e * a. a. 0 . 3 3 f . ") M a n n h a r d t Germ, Mythen 716!. 13) F l u g s a l b e (s.d.) erzeugt nach den Versuchen des Giambettista Porta (1538—1615) tiefen Schlaf mit wunderbaren Träumen ( L e h m a n n Aberglaube 235). u ) Siebenmeilenstiefel sind auch im magyar. Märchen bekannt (W l i s l o c k i Magyar. Volksglaube 6). Ob Entlehnung? l s ) H e y l Tirol 794 Nr. 205. ") Vgl. E n n e m o s e r Geschichte der Magie (1844), 108. 2. Zu diesen auch dem deutschen Volksglauben primären Elementen traten dann Vorstellungen hinzu, die aus dem Orient stammen und die zu verschiedenen Zeiten teils durch Handel und Verkehr, das Christentum, in gewiß nicht unbedeutendem Maße durch Teilnehmer an den Kreuzzügen, teils auf literarischem W e g e in den Glauben des Volkes hineingetragen wurden. Im alten A s s y r i e n schon glaubte man an einen F . durch die L u f t auf S t e c k e n 1 7 ) . V o n großem Einfluß auf diesen Glauben war ferner I n d i e n , aus dessen Literatur das Wunder des A u f steigens und Schwebens in der L u f t vielfach bekannt ist. G a u t a m a B u d d h a und andere buddhistische Heilige von hohem asketischem R a n g besaßen diese erhabene Fähigkeit, aber auch v o n anderen weltlicheren Männern hören wir das Gleiche 18 ). V o n Indien aus wurde Vorderasien und im weiteren Verlaufe Griechenland und das römische Reich beeinflußt. Bei den J u d e n glaubten die Talmudisten an das Luftfliegen, ferner scheint auch die Vorstellung von einem fliegenden weiblichen Nachtgespenst nachweisbar zu sein (bei Isaias 13, 2 1 ; 34, 14) u ) . Bei den Griechen ist dieser Glaube sehr h ä u f i g bezeugt. Nach ihren Sagen flogen
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die thessalischen Weiber durch die L u f t , nachdem sie sich mit Hexensalbe eingeschmiert hatten. Die Sage vom Fliegenkönnen wurde auch auf Alexander den Großen übertragen 2 0 ). Die Biographie des Apollonius von T y a n a bietet Beispiele f ü r den Glauben an wunderbares Schweben durch die L u f t , weitere das Leben des neuplatonischen Mystikers Jamblichus, der sich beim Gebet in die L u f t erhoben haben soll 2 1 ). Lucian, Plinius, Apuleius, Festus und Ovid belegen uns den Glauben bei den R ö m e r n 2 2 ) . Auf gallis c h e m Boden tritt uns diese Vorstellung ebenfalls sehr häufig entgegen 23 ). Daß das C h r i s t e n t u m dieses Wunder bald f ü r sich beanspruchte und mit dieser überirdischen Fähigkeit seine Heiligen ausstattete, nimmt nicht wunder. Dieser Glaube, dessen biblisches Vorbild jedenfalls die Verklärung Christi ist f a n d weitere Nahrung durch das A s k e t e η t u m. Die Asketen — nicht nur des Christentums — unterwarfen sich vor allen Dingen strengen Fasten und anderen Entbehrungen, die im Verein mit länger dauernder Beschaulichkeit in der Wüste oder im Walde bald eine Störung der geistigen Funktionen hervorrufen mußten und infolgedessen ekstatische Visionen bewirkten 2 5 ), unter denen Halluzinationen, in die L u f t zu steigen oder in ihr zu schweben, besonders häufig gewesen sein mußten 2e ). Der christliche Wunderund Lcgendenglaube hat diese Fähigkeit auf sehr viele Heilige übertragen, unter denen als die bedeutendsten die Heiligen Philipp Neri, Ignatius von Loyola, Dominikus, Kajetan, der hl. Nikolaus " ) und die hl. Therese genannt seien, welche im Besitze der K r a f t waren, sich während verzückter Gebete in die L u f t zu erheben. Noch im A n f a n g der Neuzeit glaubte man in katholischen Kreisen an diese Wunder des Emporsteigens in die L u f t , das bis ins 18. J h . immer wieder als stattfindend geschildert wird, und zwar nicht nur als subjektiv, sondern als objektiv stattfindend, teils in neueren Berichten über Teufelsbesessenheit, teils in Berichten über gottbegnadete Ordensleute und Nonnen M ).
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") H a n s e n Zauberwahn 1 5 = S η e 1 1 Hexenprozeß und Geistesstörung 2. " ) T y l o r Cultur 1, 149. " ) Wer die Worte „Schern Hamm Phorasch" auf Salomons Ring ausspricht, kann durch die Luit fahren. Das taten u. a. E v a , ein Knecht Abrahams, der mit seinen Kamelen in der Luft stand, David, Judas, der Jesum in der Luft verfolgte u. a. ( B i r l i n g e r Volkst. 1, 3 1 1 ) . Der F . des Simon Magus beweist, daß F.vorstellungen auch in anderer Gestalt den Juden nicht fremd waren. Durch sie ist das Christentum unmittelbar beeinflußt. Vgl. H a n s e n a. a. O. 15. 200. *>) Vgl. dazu Ρ f i s t e r Reliquienkult 1 , 2 1 4 Anm. 785 (vermutliche Entstehung der unglücklich verlaufenen Luftfahrt Alexanders). S1 ) T y l o r a . a . O . 1, 149; über hellenistische und römische Himmelfahrtslegenden vgl. Ρ f i s t e r Reliquien 2, 487. « ) t B i r 1 i η g e r Volhsth. 1,311; Hans e n a. a. O. 15. Das Herumfliegen der Weiber ist häufig gedacht in Gestalt eines Vogels, der Nachteule. Man nahm an, daß die Verwandlung der Frauen in einen Vogel durch Einreihen mit einer Salbe erfolge ( H a n s e n a. a. O.) ; M e y e r Aberglaube 238. ss ) H a n s e n a. a. Ο . 1 7 . **) M e y e r Aberglaube 164. »*) T y l o r Cultur 2, 4 1 2 ; vgl. W u n d t Mythus 1, 199. ") T y l o r a . a . O . 1, 1 5 1 . " ) H a n s e n 199 f. Über die Luftfahrt des hl. Nikolaus vgl. J a h n Opfergebräuche 276; über die vermutliche Entstehung der Legenden von Christi Himmelfahrt (Zusammenhang mit antiken Himmelfahrts- bzw. Entrückungslegenden oder Analogiebildung) und Maria Himmelfahrt (Anschluß an Entrückungslegenden des Altertums) vgl. Ρ f i s t e r Reliquien 2, 488 f.; 1, 125 Anm. 443; ferner 1, 257Anm. 9 1 5 a (ChristiHimmelfahrt); S A V k . 26, 302ff. ") Meyer Aberglaube 165; T y l o r Cultur 1, 1 5 1 f.
3. Der Glaube an (nächtliche) L u f t fahrten von Menschen ist auf deutschem Boden erst nach 800 nachzuweisen. Weder die germanischen Gesetze noch die kirchlichen Bußordnungen (bis ins 10. J h . ) wissen etwas davon 23 ). Dagegen scheinen noch im I i . J h . auch in Deutschland die Vorstellungen von dämonischen Weibern (den Idisi-Walküren) lebendig gewesen zu sein, die zum K a m p f e durch die L u f t ritten. Ferner wußte man von dämonischen Waldweibern, die sich plötzlich zeigen und ebenso wieder verschwinden, die in christlicher Zeit zu einer Schar unholder Geister wurden. Endlich war der Glaube an das wilde Heer vor dem 1 3 . J h . überall in Deutschland bekannt 30 ). Seit R e g i n o v o n P r ü m (f 9 1 5 ) lassen sich antike Vorstellungen von zauberischen Weibern, die durch die L u f t fahren,
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in Deutschland im geschriebenen (Kirchen-) Recht nachweisen 31 ), und damit beginnt der dokumentarisch belegte Glaube an die Luftfahrten der Hexen, der von einem theologischen Werke in das andere übernommen wurde 3 2 ). Die heimischen volkstümlichen Vorstellungen sind durch die Beimischung antiker und christlichabergläubischer Elemente schon so geändert, daß an eine reinliche Scheidung der volkstümlichen heimischen Elemente von den übernommenen nicht mehr zu denken ist, besonders nachdem sich die kirchliche Gesetzgebung dieser im Volke lebenden Vorstellungen bemächtigt hatte. Bei Burchard von Worms (f 1024) finden sich die ältesten genauen Ausführungen aus christlicher Zeit, die einen hinreichenden Einblick in die Mannigfaltigkeit der Vorstellungen gewähren. Vieles ist älter als er und von ihm in der Hauptsache bereits vorgefunden 3 3 ). Im 14. Jh. (Provinzialkonzil von Trier 1310) werden nächtliche Ausritte der Frauen mit der aus der Antike übernommenen, seit dem 10. Jh. unter verschiedenen Namen als Diana, Abundia, Satia, Herodias, Hera in Deutschland bekannten Führerin erwähnt 31 ), aber noch in der Bulle „Summis desiderantes" vom 5. Dezember 1484, die Innozenz V I I I . erlassen hatte und durch die die Hexenverfolgungen in Deutschland eigentlich begründet wurden, ist von Hexenfahrten nichts gesagt 3S). Doch ist in dieser Zeit der Glaube an Luftfahrten ohne Zweifel in weitem Maße vorhanden gewesen. Denn bis ins 15. Jh. glaubte man, daß es schädigende und wohlwollende Nachtfahrerinnen gebe 36). Die theologischen Kreise, die auf das Volk wirkten und dort empfänglichen Boden fanden, verhielten sich seltsam zwiespältig 37), wenn wir von einzelnen Ausnahmen (siehe unten 4) absehen. Im 13. und 14. Jh. glaubten sie an eine k ö r p e r l i c h e Entrückung 3 8 ), im 15, Jh. trat im Kirchenrecht an Stelle der Diana oder Herodias der Teufel, der die Leute (Hexen und Zauberer) mit seiner Hilfe fliegen ließ. Man glaubte an einen „Transport" von Menschen durch den Teufel nach Analogie der Entführung
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Christi durch den Satan, dann erfolgte (wohl neuerlich) die Verquickung mit dem alten Volksglauben an Nachtfahrerinnen, der im alten kanonischen Recht als ein Wahn gekennzeichnet und verboten worden war 3e). Den Einfluß auf das empfängliche Gemüt des Volkes und die dadurch bedingte weite Verbreitung des Glaubens in seiner neuen Gestalt ersehen wir aus der großen Menge von Sagen, die auf alle bedeutenden Gestalten der deutschen Volksdichtung übertragen sind, besonders auf Faust und viele örtliche Sagengestalten Kiesewetter 4 1 ) begründet diese weite Verbreitung durch die außerordentlich große Empfänglichkeit und Reizbarkeit der früheren Geschlechter, die auch leichter dem Hypnotismus unterlagen. Berücksichtigt muß allerdings werden, daß es sich oft um die Wiedergabe traditioneller Dinge handelte (besonders bei den Hexenfahrten). Ferner kommen dazu oft nicht ernsthaft gemeinte Prahlereien mit allerlei gefährlichen Kunststückchen, die leicht gefährliche Folgen haben konnten, wie das Beispiel eines gewissen Griffoletto aus Arezzo beweist, welcher verbrannt wurde, weil er sich gerühmt hat, fliegen zu können «). *·) H a n s e n a. a. O. 48 f. Im Norden sind solche Flüge von Weibern durch die Luft bekannt. Die Seidweiber (Zauberweiber) konnten, während ihr Leib auf dem Stuhl blieb, sich in einer anderen Gestalt, oft in der eines Tieres, nach entfernten Stätten begeben und sich über die Vorgänge daselbst unterrichten ( L e h m a n n Aberglaube 96). Der F. vollzog sich auch auf einem Stecken ( H a n s e n Zauberwahn 15 = Lehmann Aberglaube 73; Grimm RA. 646). Hansen a . a . O . 16; der Glaube ist auch in der Normandie, in Frankreich und Spanien nachweisbar ( E b d . ) . " ) H a n s e n a . a . O . 80 f. M) MschlesVk. 17 (1915), 43 f. ss) Η a η s e η Zauberwahn 82. 84. 87; vgl. dazu noch ebd. 88. 95 und F r i e d b e r g Bußbücher 67. «) S o l d a n - H e p p e » 1,228; H a n s e η a. a. Ο. ι6. Μ) S o l d a n H e p p e ' ι, 251. **) H a n s e n a. a. Ο. 17. 37) Thomas von Aquino in seiner Abhandlung über die Entrückung zeigt deutlich die unentschiedene Haltung der Scholastik ( H a n s e n a. a. O. 208 f.). ") H a n s e n a. a. O. 193 f. 198 ff. 205. So der F. des um 411 lebenden Bischofs Antidius von Besanjon nach einer im Ii. Jh. verfaßten Vita. *·) H a n s e n a. a. O. 87. 235. 305. Über die weite Verbreitung des
Flug Glaubens vgl. ebd. 195 if. 315. 350. 405 f. 444. 449. Ebd. 15. 195. 405 f. 442. 444. 447. " ) K i e s e w e t t e r Faust 1, 214. 4i ) M e y e r Aberglaube 280. 4. Schon frühzeitig finden w i r V e r suche einer natürlichen Erklärung. Seit dem 9. J h . h a t t e das kanonische R e c h t den Glauben an das Fliegen (besonders der F r a u e n im Z u g e der Diana, Herodias, Pharaildis usw. auf gespenstigen Tieren) als W a h n verpönt, bis tief ins 1 5 . J h . glaubte man, daß es eine v o m T e u f e l bewirkte Illusion sei ( H a n s V i n t l e r um 1 4 1 0 ; A 1 ρ h ο η s u s d e S p i n a , ein g e t a u f t e r J u d e , der B e i c h t v a t e r des J o h a n n v o n Kastilien, um 1420, unter ausdrücklicher B e r u f u n g auf den Canon episcopi) 4 3 ). B u r c h a r d v o n W o r m s nimmt einen a u f g e k l ä r ten S t a n d p u n k t ein und verweist die Sache in das Reich der Träume, ebenso G r a t i a η ( 1 1 4 0 ) , J o h a n n v o n S a l i s b u r y (fil82), J e h a n d e Μ e u η g , der Verfasser des „ R o m a n de la R o s e " (1280) 44 ). Der v o n B u r c h a r d abhängige Ivo von Chartres (f I I 15) v e r w e i s t diese F a h r t e n in das Reich des W a h n s . G e r v a s i u s von T i l b u r y ( 1 2 1 4 ) weiß, daß man nach Ansicht vieler in T r ä u m e n und K r a n k h e i t e n allerlei E r s c h e i n u n g e n haben könne, so l e b h a f t , daß man im Wachen an sie glaube. E r neigt allerdings mehr zu der Ansicht, daß die Weiber wirklich f l i e g e n 4 S ) . Viele Ärzte zur Zeit des Wilhelm v o n P a r i s (um 1 2 3 0 ) , der es auch ablehnt, an den wirklichen F . zu glauben, neigten dazu, nur n a t ü r l i c h e Ursachen d a f ü r anzunehmen 4e ). Die großen Scholastiker Thomas von Aquino (um 1250) und A l bertus Magnus (f 1289) suchen ebenfalls nach einer natürlichen E r k l ä r u n g , etwa einem v o n G o t t erzeugten Orkan 4 '). Besonders der letztere h a t sehr verständige Ansichten über das T r a u m l e b e n und die in ihm v o r kommenden mannigfachen Illusion e n , er zweifelt nicht, daß die n ä m lichen T ä u s c h u n g e n , die sich im T r a u m zeigen, a u c h i m Wachen bei gewissen K r a n k h e i t e n , bei
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T r u n k e n h e i t und F i e b e r a u f treten, womit er dem K e r n der S a c h e schon sehr nahe k o m m t . G o t t und die Gestirne sind nach ihm die Ursachen, nicht die Dämonen Der bereits erwähnte Alphonsus de S p i n a n i m m t eine mysteriöse Salbe mit als Ursache des Schlafes a n 4 e ) , der Dominikaner Nikolaus J a q u i e r , Inquisitor v o n Nordfrankreich (1458), steht dem Glauben, daß diese F a h r t e n ins Reich der T r ä u m e gehören, nicht ferne, ohne es indes zuzugeben *·), L u t h e r und Μ e lanchthon erklären sie f ü r Einbildungen und T r a u m g e s p e n s t e r 5 1 ) , K o n r a d v o n M e g e n b e r g (1309 bis 1 3 7 4 ) meint in seinem „ B u c h der N a t u r , daß ,,zu große Trockenheit und Dünnheit des Blutes und anderer S ä f t e T r ä u m e v o m Fliegenkönnen e r r e g e n " S2 ). Neuere S p i r i t i s t e n behaupten, daß gewisse ausgezeichnete lebende Medien die K r a f t , sich in die L u f t zu erheben, besäßen, und diese K r a f t wird natürlich als G e i s t e r k r a f t betrachtet 6 3 ). Der modernen Psychologie blieb es vorbehalten, die richtigen Wege zur E r k l ä r u n g dieses die Menschheit seit ihren frühesten T a g e n bewegenden Glaubens zu weisen. **) H a n s e n a. a. O. 133. 303 f. 406; S ο 1 d a n - H e p p e ' i , 223. " ( H a n s e n a. a. O. 82. 95. 149. " ) Ebd. 88. 139. — Ebenso glaubt er allen Ernstes an Luftschiffer (Luftmenschen), die von Zeit zu Zeit auf die Erde herabkommen ( M e y e r Aberglaubens). " ) H a n s e n 1 3 7 f . ·') Ebd. 200. 191. a ) Ebd. 191. «·) Ebd. 460. M ) S o l d a n - H e p p e » 1 , 2 2 1 . 2 2 3 . " ) Ebd. i, 423; K l i n g n e r Luther 81 f. 86. Weitere Zeugnisse bei H a n s e n a . a . O . 5x0. 5 1 5 ! ") M e g e n b e r g Buch der Natur 42. «») T y l o r Cultur 1, 152. 5. Wir müssen scheiden zwischen dem F . v o n Geistern, Gespenstern, Teufeln und gespenstischen Tieren und den L u f t f a h r t e n v o n Menschen; letztere geschehen unfreiwillig (ohne besondere Ursache, aus Unkenntnis v o n Abwehrmaßregeln, veranlaßt durch F ü r w i t z und Übermut, als Strafe) oder freiwillig (Hexen, Zauberer, mit übernatürlichen K r ä f t e n begabte gute Menschen und Heilige, auf Grund eines Vertrages mit dem Teufel usw.). E i n e Scheidung ist infolge vielfacher Vermengung der einzelnen Vorstellungen und
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Flug
Grundlagen nicht durchzuführen. Entsprechend der Herkunft der Vorstellung aus Traum, Krankheits- und Rauschzuständen fließen die einzelnen Motive ineinander. a) Die M a h r t (Mahr, Alp, S c h r ä 11 i) (s. A l p ) fliegt in Windwirbeln 54) oder im Milchsieb nach England 5S) oder Venedig 5e ), oder reitet auf einem Besenstiel 67) (Old.). b) Ζ w e r g e (s. Ζ w e r g) ziehen mit wunderbarer Musik (Harz) M ) oder als großes Heer mit Getrappel und Gebraus durch die L u f t (wildes Heer) (Schw.) m ), ein ziegenfüßiger Zwerg trägt einen Schneider durch die L u f t (Schwz.) ®°). c) Ebenso fliegen die mit den Zwergen verwandten V e n e d i g e r durch die L u f t (Vogtl., Schles.) e l ) oder lassen Leute mit Hilfe ihrer Zauberkunst nach Venedig 82) und wieder in die Heimat fliegen (Schw.) es ). Auch der Teufel führt die Venediger durch die L u f t an Orte, wo Schätze liegen (Schi.) M ) (s. V e n e d i g e r ) . d) Häufiger ist es ein rasender S t u r m oder die w i l d e J a g d , die Menschen mit sich nimmt. Ein Sturmwind trägt 1430, am Feste Johannes und Pauli, ein dreijähriges Knäblein durch die L u f t (Bay.) β6), ein anderer zwei Männer über eine Talschlucht (Vogtl.) ββ), ein Mann in Siebenbürgen wird von etwas gepackt und ein Stück durch die L u f t getragen e7 ), ein Mädchen in Schlesien 26 Meilen weit geführt M ); eine Windsbraut entführt einen Knecht, der erst im zweiten. Jahr heimkommt 6 9 ), und einen Bauern nach Ungarn , 0 ). Vielfach geschieht das ohne nähere Veranlassung, manchmal sind die Entführten selbst Schuld, weil sie ein Messer in den Wirbelwind werfen (Schlesw., Oberpf.) 71 ) oder rufen: „ N i m m mich m i t " (Vogtl.) 72) oder sich beim Herannahen der wilden Jagd nicht niederlegen (Allgäu) 7 3 ). Hexenmeister fahren im Sturm durch die L u f t 7 4 ) (s. S t u r m ) . — Die w i l d e J a g d (s. d.) trägt die Menschen oft 200 Stunden bis 6 Wochen lang mit durch die Luft und setzt sie in fernen Ländern ab, von wo aus sie wochenlang nach Hause wandern müssen (Schw., Tir., Lech-
rain) 76), zwingt einen Bauern samt Ochsen und Wagen mit durch die L u f t zu fahren (Tir.) 7β ). Die Leute sind während der Fahrt ihrer nicht bewußt und kommen „ g a n z damisch" heim 7 i ). S e l t e n folgt ein Mensch dem wilden Heere bewußt und mit Absicht, wie einst ein furchtloser Ritter, der mit nach Jerusalem ritt 7 7 ) (s. Μ a η t e 1 f a h r t). — Hierher gehören auch die Sagen von Luftfahrten in W a g e n und G e i s t e r k u t s c h e n , bei denen oft eine übernatürliche Musik zu hören ist (Schwab., Allgäu) 78). Die Entführten werden ebenfalls weit fortgeführt. Die Sage wird, übertragen auf sagenhafte und geschichtliche Personen und erweitert durch das Motiv, daß der Wagen an einen Kirchturm stößt oder die Peitsche an diesem hängen bleibt, besonders in Norddeutschland und Schlesien erzählt 7 9 ) (s. G e i sterkutsche). M
) M e y e r Germ. Myth. i 2 0 = L a i s t n e r
Sphinx Mythen
j , 3 5 ; 2, 190; M e y e r Indogerm. 2, 515. " ) M e y e r Germ. Myth. 123.
175; Ebd. 127 = S t r a c k e r j a n 1, 378 und J a h n Pommern 366; R a n k e Sagen 2 17 f. = J a h n Pommern Nr. 465. M) Κ u ο η i St. Galler Sagen 146 f. Nr. 272. 57) W u 1 1 k e 2 7 3 § 402. M ) M a n n h a r d t Germ. Mythen 717 = Pro hie Unterharz 171 N r . 453. M
) Μa η η h a r d t
Schwaben
a. a. O. 716 =
65 Nr. 75;
Sepp
Meier
Religion
W u t t k e 41 §45 = R o c h h o l z
413 f.;
Sagen 1,
371. 232. ω ) M a n n h a r d t Germ. Mythen 717 = R e i t h a r d Sagen aus der Schweiz 4 8 7 ;
S e p p Religion 413 f.; R o c h h o l z Sagen 1, el 334 = R e i t h a r d a. a. O. )Eisel Voigtland 2 3 6 Nr. 591; 238 f. Nr. 5 9 4 ; Κ ü h n a u Sagen 3, 761 ί. β ! ) Ε i s e 1 a. a. O.
237 Nr. 592. " J L ü t o l f Sagen 509. n a u
Sagen
3, 773.
e5
) Panzer
M
)Küh-
Beitrag
2,
30. ··) Ε i s e 1 a. a. O. 251 Nr. 627. "') M ü l l e r Siebenbürgen
139.
*•) K ü h n a u Sagen
2,
553; H a u p t Lausitz i, 172 f. m) M a n n h a r d t Götter 124 f. 70) Ebd. «) M ü l l e n h o f f Sagen 225 f. Nr. 308; R a n k e Sagens 34 = S c h ö n w e r t h Oberpfalz 1, 113; M a n n h a r d t Götter 99- " ) Ε i s e 1 Voigtland 119 N r . 307. " ) R e i s e r Allgäu 1, 3 9 f.
») M a n n h a r d t Sagen
2
108 =
Götter 98. ») R a n k e
C y s a t Nr. 16; Η e y 1
Tirol
65 Nr. 25; R a n k e a. a. O. 109 f. = L e ο p r e c h t i n g Lechrain 36; M a n n h a r d t Germ. Mythen 2 9 6 ; D e r s. Götter 288. '·) Η e y 1 Tirol 517 N r . 84. ") M a n n h a r d t Götter
124 f. ") M e i e r Schwaben i, 166; R e i s e r Allgäu 1, 64 f.; S e p p Religion 201. Vgl. ferner die badische Sage von der mit 20 Böcken be-
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Flug
spannten Geisterkutsche: Mannhardt Germ. Mythen 47 f. = B a a d e r Sagen 79. — Über die Musik der wilden Jagd vgl. R e i s e r a . a . O . 1, 48 und M a n n h a r d t Germ. Mythen 44. ") Die Sage wird erzählt von einem bösen Herrn in der Lausitz und dem Zauberer Krabat (K ü h η a u Sagen 3, 171), Herzog Adolf von Schleswig-Holstein (Müllenh ο f f Sagen 529 ff. Nr. 523), General Sparr und einem Markgrafen Hans ( K u h n und S c h w a r t z 75 Nr. 76; 34 Nr. 38, 3). 6. e) Die L u f t f a h r t e n der H e x e n und Z a u b e r e r haben das V o l k a m meisten beschäftigt, wie der reiche H e x e n g l a u b e und die große Zahl der S a g e n beweist. Ihre F a h r t e n können sowohl bei T a g wie (vorwiegend) bei N a c h t unternommen werden, sichtbarer oder unsichtbarer Weise, wie die H e x e es eben verlangt 8 0 ). Vielfach erfolgen die F a h r t e n an gewissen E r c h t a g e n (Dienstagen) ( T i r . ) 8 1 ) oder Donnerstagen (allg.) 8 2 ). Nach entsprechenden Vorbereitungen (Einreihen mit F.salbe, Sprechen einer Zauberformel, s. F . s a I b e) f a h r e n sie durch die L u f t (oder lassen Menschen durch die L u f t fliegen) auf B ö c k e n 8 ® ) , K ä l b e r n 8 4 ) , K a t zen 8S ), Füchsen 8e ), auf einer v o m T e u f e l geschenkten K r ö t e , welche die Macht dazu v e r l e i h t 8 7 ) , auch auf T e u f e l n 8 8 ) , m a n c h m a l in Wetterwolken, im Wirbelwind oder in S i e b e n M ) (Berührung mit den Mährten und dem wilden Heere). Sehr h ä u f i g wird der F . unternommen auf Gefäßen, Ofengabeln und Besenstielen ·°), H o l z p f l ö c k e n e l ) , einer Haspel ® 2 ), auf einem Z a u b e r s t u h l 9 3 ) , mit H i l f e eines Garnknäuls ® 4 ), oder er wird ermöglicht durch einen Nothaken ® 5 ) oder dadurch, daß man dem mit Teufels Hilfe fliegenden Hexenmeister auf den Fuß tritt w ) . Sie führen Menschen, die sich nach der H e i m a t sehnen, schlafend oder nachdem deren V e r s t a n d v e r w i r r t ist und sie das Bewußtsein verloren haben, durch die L u f t in die H e i m a t " ) oder an einen anderen Ort, auch unter den Galgen 9 8 ). I m m e r geschieht der F., der mit rasender Schnelligkeit v o r sich g e h t w ) , durch die K r a f t und mit Hilfe des Teufels 10 °), der ihnen diese Tiere schickt, sie selbst in Tiergestalt trägt oder ihnen sonst behilflich ist. — H e x e n und Z a u b e r e r erwerben die Fähigkeit des Fliegens durch
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den Genuß von 9 noch zuckenden Herzen ungeborener K i n d e r , die aus dem Mutterleibe geschnitten werden 1 0 1 ) oder durch Einreihen mit F . s a 1 b e (s. d.). M ) Mannhart Zauberglaube 219. ") S o l d a n - H e p p e 3 1, 534. ·») M a n n h a r t Germ. Myth. 49 = ZfdMyth. 1, 294. 33 ) Hansen Zauberwahn 350. 441; W i t z s c h e l Thüringen 1, 302 f. Nr. 314; P o l l i n g e r Landshut 124 Nr. 5 a; Ε i s e 1 Voigtland 125 f. Nr. 326; H e y l Tirol 539 Nr. I0 7> 4; 38 Nr. 48; S c h e l l Bergische Sagen 2 1 1 Nr. 170; Urquell ι (1890), 166; H ü s e r Beiträge 2, 22; R e i s e r Allgäu 1, 226. Auch die schwedischen Hexen reiten auf Böcken ( M a n n h a r t Zauberglaube 220). 81 ) H a n s e n a. a. O. 350; B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 1 1 7 f. = Zimmer sehe Chronik 2, 80 f. 35 ) Müllenhoff Sagen 215 Nr. 291. ··) S c h e l l Bergische Sagen 215 f. Nr. 292. »') S o l d a n - H e p p e 3 1, 276. ») Ebd. i, 233. 8») M e y e r Germ. Myth. 135. M) M a n n h a r d t Germ. Myth. 35; S o l d a n - H e p p e 3 1, 284; M ü l l e n h o f f Sagen 215 Nr. 291; Kuoni St. Galler Sagen 50 Nr. 102; 154 Nr. 282. ") S o l d a n - H e p p e 3 1 , 1 9 ; H a n s e n Zauberwahn 449; auch in Akkad fliegen die zauberischen Weiber auf Holzpflöcken (ebd.). ·*) S c h e l l Bergische Sagen 215 f. Nr. 292. i3 ) M ü l l e n h o f f Sagen 225 f. Nr. 308; S o l d a n - H e p p e 3 1, 225. 534. ") M ü l l e n h o f f a. a. O. 564 Nr. 572. 8ä ) Schell Bergische Sagen 299 Nr. 11. ··) H e y l Tirol 666 Nr. 143. «) H e y l Tirol 109 Nr. 75; 185 Nr. 82; R e i s e r Allgäu 1, 1 1 0 f.; K u o n i St. Galler Sagen 236 Nr. 408; Müller Siebenbürgen r43 f. w ) K u o n i a. a. O. 52 Nr. 108. ») H a n s e n a. a. O. 450. 10 °) S o l d a n - H e p p e 3 1, 30 7 f.; 1, 260; H a n s e n Zauberwahn 416. 44t. 449. 101) M e y e r Aberglaube 279 = L a m m e r t 84. 7. f ) In anderen Sagen tritt an die Stelle des wilden Heeres und anderer Gespenster der T e u f e l . E r f ü h r t einen Zauberer jedesmal bei dem v o m Zauberer erregten U n w e t t e r auf einer Schüssel, auf der er vorne sitzt, durch die L u f t (Tir.) 1 0 2 ), trägt als schwarzer Ochse einen K ü s t e r auf seinem R ü c k e n (Berg. L a n d ) 1 0 3 ), f ü h r t einen Mann a u s China in die H e i m a t unter der Bedingung, daß er sich drei J a h r e nicht wäscht usw. (Bärenhäutermotiv) 1 0 4 ) ; W a g n e r f ä h r t auf dem in Gestalt eines feurigen Hahnes erscheinenden Höllengeist Bilet, ähnlich J o h a n n e s de L u n a l o s ). — Die engen Beziehungen des Teufels zur wilden J a g d erhellen aus den Sagen v o n L u f t r i t t e n auf gespens t i g e n oder Τ e u f e 1 s r ο s s e η w t ) .
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Flug
Ein scheinbar verlaufenes oder ein aus einem See kommendes Pferd Iäßt einen Mann aufsitzen, führt ihn durch die L u f t und wirft ihn zwei oder mehr Tagereisen von seiner Heimat entfernt ab 107) u. ä. Sagen 108), oder braust mit dem Reiter im Sturmwind dahin 109). Die Schimmel des Paracelsus 1 1 0 ), Albertus Magnusln), Theophrast 1 1 2 ), sind solche Teufelspferde (Teufel in Gestalt eines weißen Rosses); auf Pferden reiten durch die L u f t infolge ihrer Teufelskünste der Zauberer Krab a t l l s ) , ein Junker von Ravenstein 1 U ) , der Lichtenhagen und ein Herr von Bredow (Brand.) l l s ) . Auch von Pappenheim wird die Sage erzählt, wobei allerdings nicht von einem Pferde, sondern nur allgemein von einem Fluge die Rede i s t l l e ) . A m bekanntesten sind die mittelalterlichen Sagen von der wunderbaren Errettung gefangener Helden und ihrer Überführung in die Heimat durch den Teufel oder ein Teufelsgespenst, sei es auf einem Zauberroß oder mit Hilfe eines Zaubermantels (s. Mantelfahrt), durch die eine zweite Heirat der Frau verhindert werden soll. Diese im Rheinland viel verbreitete S a g e 1 1 7 ) wird auch erzählt von Friedrich von Zollern l l a ), Thedel von Walmoden 1 1 9 ), Reinfried von Braunschweig 12°) u. a., in durch Hinzutritt von Märchenmotiven geänderter Fassung von Heinrich dem L ö w e n 1 2 1 ) und von Kuno von Falkenstein 122 ). Anzuschließen ist die wenn auch in der vorliegenden Form abgeänderte Sage von der Heimkehr Karls des Großen aus Ungarland 1 2 3 ). Hierher gehören ferner Varianten, in denen nicht der Teufel, sondern ein Geist (Nebelmännlein in der Sage vom Ritter von Bodmann am Bodensee) 124) oder die Mutter Gottes 125 ) die Heimkehr bewirkt. Immer ist es, wie Uhland hervorhebt, ein Gott, Dämon, Teufel, Heiliger, Schwarzkünstler, der in kürzester Zeit die wunderbare Heimführung bewirkt 1 2 e ). Diese Sagenfassung scheint nichts zu sein als eine Variante der Mantelfahrt (s. d.) verbunden mit einem Zauberpferd 1 2 7 ). Ohne Zweifel sind Erinnerungen an Wodan und die Walküren darin vorhanden 128), wozu freilich noch aus dem Orient
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stammende Märchenmotive treten. Der Ubergang der verschiedenen Einzelvorstellungen ineinander und die dadurch bedingte Vielgestaltigkeit der Sagen geht auch hervor aus dem Glauben, daß das Roß ein durch Auflegen eines Zaubersattels verwandelter Mensch sei, auf dem Hexen und Zauberer reiten (Tir.) 12e ), und daß das Zauberpferd erscheint, wenn man einen Zaum schüttelt bzw. ausgräbt und wieder verschwindet, wenn man ihn wieder vergräbt 1 2 7 ) (s. a. Teufel, Teufelspferd). 10!!) Η e y 1 Tirol 673 Nr. 148. Schell Bergische Sagen 6 Nr. 7. 104) Ε i s e 1 Voigtland 8 Nr. 14. 1 M ) K i e s e w e t t e r Faust 2, 257 = Wagnerbuch, K a p . 33; 263 f f . loe ) Vgl. Ε i s e 1 Voigtland 260 Nr. 653 (Am 25. Jan. 1830 sah man zu R o d a über dem Schlosse u m Mitternacht eine schwarze Wolke in Gestalt eines Pferdes, worauf eine Figur saß wie ein Mann) und die masurische Redensart: „ E i n Pferd fliegt durch die W o l k e n " , wenn der Wirbelwind so stark ist, daß er die Erde aufrührt ( M a n n h a r d t 2, 95). 10 ') S e p p Religion 2 0 0 f . ; R e i s e r Allgäu 1, 32 f.; M ü l l e n h o f f Sage» 234 f. Nr. 322, 2; K u h n u. S c h w a r t z 1 1 5 Nr. 128; T e m m e Pommern 187. 1M ) M ü l l e n h o f f Sagen 234 f. Nr. 322, 3; H e y l Tirol 699 f. Nr. 85. 1M ) Μ e i c h e Sagen 564 Nr. 702. l l °) Sepp Religion 200 = H e r z o g Schweizersagen 1, m 135; H e r z o g a . a . O . 1, 169. ) Sepp a. a. Ο. Γ99 Nr. 74. 112 ) L ü t ο 1 f Sagen 232 118 = W ο 1 f Deutsche Sagen 245. ) Κ ü h η a u Sagen 3, 170 f. u l ) S c h e l l Bergische Sagen 116 551 Nr. 21. ) S e p p a. a. O. 201. " · ) E b d . 117 ) Belege in Z f d M y t h . 1, 306. l l e ) U h l a n d in G e r m a n i a 4 , 93; S i m r o c k 6 i 8 4 = U h l a n d 8, 417 u. B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 5. ll9) S i m r ο c k 5 180. 1 M ) G o l t h e r My1 2 1 thologie 287. ) W e h r h a n D. Sagen d. MA. 1, 121 f f . Nr. 138 = Grimm Sagen Nr. 526; S i m r o c k 5 179. 1 8 1 ; K u h n u. 1! S c h w a r t z 145^.174. ») W a i b e l u. F l a m m 2, 144 ff. Über die Übertragung der alten Sage auf F a u s t s. K i e s e w e t t e r Faust 1, 258. 25 f. 12a ) S i m r o c k 5 181 = G r i m m Myth. 439. 444. Vgl. dazu G r i m m 124 Myth. 859. ) W a i b e l u. F l a m m 1, 135 ff. " ' ) H e y l Tirol 134 Nr. 24. Die Jungfrau M a r i a selbst trägt in Gestalt eines Schwanes einen in die Gefangenschaft der U n gläubigen geratenen Ritter über L a n d und Meer in die Heimat ( S i m r o c k 5 391). Hier scheint eine Erinnerung an die Schwanenhemden (Flughemden) der nord. Mythologie anzuklingen, die in verschiedenen deutschen Sagen noch durchscheinen. Ebenso scheinen B e ziehungen z u m Flugring der Wielandsage vorhanden zu sein. Die Stellen sind ziemlich un-
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Flug
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klar. Wir dürfen auch an Märchenmotive denken; vgl. dazu J i r i c z e k Heldensagen i , 13. 1M ) S i m r o c k 184. Über weitere Heimkehrsagen s. S i m r ο c k a. a. O. 1S7) Vgl. K i e s e w e t t e r Faust 1, 258; Beschwörung bei G r i m m Myth. 3, 426. 498. 1M) G ο 11 h e r Mythologie 287; dazu S e p p a . a . O . 199 f. 12 ») H e y l Tirol 37 Nr. 46.
St. Galler Sagen 5 f. Nr. 5; Η ü s e r Beiträge 2, 22; S c h e l l Bergische Sagen 58 Nr. 93; 299 Nr. 11; B i r l i n g e r Aus Schwaben 1, 1 1 7 f. — Zimmersche Chronik 2, 80 ff. 140) H a n s e n Zauberwahn 139; schon bei Gervasius von Tilbury. 141) H a n s e n a. a. O. 449 f. 14J) Κ ü hn a u Sagen 3, 101 f. u s ) H e y l Tirol 699 Nr. 85.
8. g) Eine eigene Stellung nehmen die Luftfahrten Fausts ein, in denen sich Altes und Neues, Bodenständiges mit fremdem Sagengut u n d verschiedenen Märchenmotiven zusammengefunden haben. Die aus geschichtlichen und Volkssagen bekannten Vehikel finden sich hier nahezu vollständig. Faust unternimmt Fahrten nach verschiedenen Orten, ohne daß gesagt ist, worauf die F a h r t vor sich g e h t l s o ) , bereist auf einem F l ü g e l p f e r d alle Länder 131 ), fliegt auf einem g e s p e n s t i s c h e n R o ß 132 ), auf einer L e i t e r l33 ), f ä h r t durch die L u f t in einem S c h i f f 134) u n d in einem D r a c h e n w a g e n und in einem ringsum geschlossenen S t u h l , den Beelzebub auf dem Rücken trägt, in die Hölle 135 ) (s. Faustus).
10. G e g e n m i t t e l , den F. zu verhindern oder ihm ein Ende zu machen bzw. sich vor den teuflischen Mächten zu retten, sind: Inbrünstiges Gebet (Sachsen) M4 ), das Denken an Gott und Aussprechen des Namens Gottes 145 ), der Ausr u f : , , 0 Jesus, Maria (und Josef)" (Tir., Allgäu) l l e ), das Kreuzschlagen (Schlesien) 147), Anrufen der J u n g f r a u (Allg.) 148 ), inständiges Bitten (Tir.) 149 ), das Spielen eines heiligen Liedes („Heiliger Geist") (Allg.) 15°). Besonders gegen die wilde J a g d wirft man sich p l a t t auf den Boden mit dem Gesicht zur Erde (Lechrain, Tir.) 1δ1 ) oder verbirgt sich unter einer ungeraden Zahl von 9 oder 11 Brettern 1 5 2 ). Trotzdem macht oft erst das Betläuten am Morgen dem R i t t oder F. ein Ende 153 ). Oft hilft nichts. Die Mitgeführten verlieren vielfach die Besinnung und kommen erst zu sich, wenn sie wieder auf festem Boden sind. Auch kommen die Leute in vielen Fällen ohne jeden Schaden davon, manchmal bricht einer ein Bein und bleibt zeitlebens k r u m m (Allg.) 153 ).
1M ) K i e s e w e t t e r Faust 1, 25. 52. 217. 257. 1S1) Ebd. 1, 208. »») Ebd. i , 208. 133) Ebd. 1, 221. 134) Ebd. 1, 216; vgl. dazu den Bericht des Erzbischofs Abogard von Lyon und des Gervasius von Tilbury ( M e y e r Aberglauben 88). 13S) Ebd. 1, 207 f. 217. 222. — Bezeichnend ist, daß Faust nach seiner Reise ins Weltall drei Tage hintereinander s c h l ä f t , daß er ferner nicht weiß, ob er wirklich in der Hölle war oder ob der Teufel ihn v e r b l e n d e t hat.
9. Diese Flüge und F a h r t e n sind an verschiedene B e d i n g u n g e n gebunden: Man muß verkehrt aufsitzen (Tirol, Schweiz) 1 3 β ), darf nicht ängstlich 13? ) sein und sich nicht umsehen (Allgäu) 1 3 8 ), das Stillschweigen nicht brechen (allg.) 13e ), auf keinen Fall den Namen Gottes aussprechen 140), j a nicht einmal an Gott denken und kein Kreuz machen 1 U ) (Schles.) 142 ). Priester müssen die Tonsur bedecken (Tir.) 1 4 3 ). S. ferner F.s a 1 b e. 1M ) H e y l Tirol 38 Nr. 48; 699 f. Nr. 85; Kuoni St. Galler Sagen 135 f. Nr. 257; R e i s e r Allgäu 1, 224. 137) L e h m a n n Aberglaube 112. 1M) R e i s e r a . a . O . I S , ) M ü l 1 e η h ο f f Sagen 213 f. Nr. 289; 215 Nr. 291; H e y l Tirol 308 Nr. 123; S e p p Religion 200 = H e r z 0 g Schweizersagen 1, 135; K u o n i
1M ) Μ e i c h e Sagen 564 Nr. 702. Manchmal hilft das Beten aber auch nicht: Heyl Tirol 65 Nr. 25. l u ) H a n s e n Zaüberwahn l 139· " ) R e i s e r Allgäu 1, 191; Heyl a. a. O. 527 Nr. 97. "') H a n s e n a. a. O. 449 f.; K ü h n a u Sagen 3, 101 f. Reiser a . a . O . 1, 48. ,4 ·) H e y l Tirol 517 Nr. 84. 1M ) R e i s e r a . a . O . 1, 64 f. "») Μ a η η h a r d t Götter 99. 110. 114; R a n k e Sagen1 109 f. = L e o p r e c h t i n g Lechrain 36; H e y l Tirol 65 Nr. 25. l s ! ) Μ a η η h a r d t a . a . O . "') R e i s e r Allgäu 1, 224.
11. F a h r t e n und E n t f ü h r u n g e n durch die Luft sind vielfach eine S t r a f e f ü r lasterhaften Lebenswandel. Der Teufel oder ein (unsichtbarer) Geist f ü h r t die Opfer durch die L u f t davon. Das Schicksal droht besonders Fluchern (Berg. Land, Schles., Landshut, Vogtl.) 154) u n d Trunkenbolden (Berg. Land) 155 ). Auch eine (wohl lasterhafte) B r a u t wurde vom Teufel e n t f ü h r t (Vogtl.) 1 Β β ). Einmal
Flugsalbe kommt der Teufel auch in einem von vier Pferden gezogenen Wagen durch die L u f t gefahren, um von Sonntagsarbeit abzuschrecken l w ) . Wiederum in den Bereich der wilden Jagd führen die Sagen vom Ritter Banadietrich (Nordböhm.), Dyterbjernat (Laus.) oder Diter Bernhard (Wenden) und dem hl. Heidut (Laus.), welche zur Strafe für ihren Lebenswandel verwünscht sind, bis zum jüngsten Tage durch die L u f t zu jagen 168 ). 1«) S c h e l l
Nr. 8;
linger
Berg. Sagen 203 Nr. 153; 544
Kfihnau
Sagen 2, 600 f.;
Pol-
Landshut 125 Nr. 5 c ; Ε i s e 1 Voigt-
land 10 Nr. 18. »") S c h e l l a. a. O. 202 Nr. 150. »·) Ε i s e 1 a. a. 0.10 Nr. 19. "') S c h e l l a. a. O. 46 Nr. 68. '») L a i s t n e r Nebeisagen 302 =
Vernaleken
= G r o h m a n n Sagen 75 ff.; a . a . O . = ZfdMyth. 3, 112.
Mythen
42 ff.
Laistner
12. Sagen und Volksglaube kennen ferner gespenstische f l i e g e n d e T i e r e aller Art. So führen gespenstische Ζ i e g e n b ö c k e den, der sie fangen will, durch die L u f t und setzen ihn fern von der Heimat, ζ. B. in Welschland, ab l s e ) ( = wilde Jagd), ein schwarzer K a t e r ( = Hexe) trägt eine Hebamme durch die L u f t zu einer Frau, die ihrer bedarf l e o ), eine K a t z e , nach der ein Mann mit dem Stock schlägt, fliegt w e g l e l ) , ein H a s e , den Faust erscheinen läßt, fliegt durch die L u f t davon 1 M ). Feurige D r a c h e n fliegen, besonders in der Johannisnacht, umher und vergiften alles 1 M ), ebenso tut dies der in derselben Nacht fliegende böse K r e b s , der auch Wasser und Pflanzen v e r g i f t e t 1 M ) (s. Teufelstiere, Tiere). 1M) ZföVk. 23 (1917), 125; K ü h n a u Sagen 3, 101 f. 1β0) K u h n u. S c h w a r t z io6 f.
Nr. 121. 1M )
1M)
Schell
Berg. Sagen 42 Nr. 58.
K i e s e w e t t e r Faust 1, 37 f. = Widmannsches Faustbuch u. Luthers Tischreden, ed. Förstemann 3, 27. 1M) E i s e i Voigtland 156 f. Nr. 428; 159 Nr. 434; 158 Nr. 431; P o l l i n g e r Landshut 135; J a h n Opfergebräuche 34. Vgl. S c h w a r t z Mythologie 56ff. m) M e y e r Germ. Myth. 95 = B a r t s c h Mecklenburg 2, 285. 289. 485 u. K u h n Mark. Sagen 246; M e y e r Germ. Myth. 97. 99.
13. Auch von f l i e g e n d e n G l ο k k e η weiß die Sage zu berichten. Bald weiß sie keinen Grund für das Wegfliegen der Glocke anzugeben l e 5 ), bald ist der
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Einzug des Protestantismus die Veranlassung d a z u 1 M ) (s. G l o c k e ) . *·5) S e p p Religion 121. "·) W a i b e l u. F l a m m 2, 164 f. s. F.s a l b e , Hexe, Mantelfahrt. Herold. Flugsalbe ( F l u g f e t t , Hexens a l b e , T e u f e l s s a l b e ) ist aus verschiedenen Ingredienzien zusammengesetzt. Sie besteht aus den Gliedern von zu Brei gekochten Kindern l ), dem Fett oder Blute ungetaufter (gebratener) Kinder, auch den Herzen solcher a), dem Fett giftiger Schlangen, Eidechsen, Kröten und Spinnen, aus einer mit einer geweihten Hostie gefütterten Kröte, den gepulverten Knochen eines Gehängten und einigen Kräutern 3), nach Voltaire aus Kuhmist und Geißenhaar, nach Michelstädter Hexenakten aus giftig Gallenkraut mit drei gelben Blättern mit blauen Blumen (blitzblau), einem ungetauften Kind und frischer B u t t e r 4 ) , dem Fett von Fledermäusen, welche in der Woche vor dem Tage des hl. Georg aus dem Winterschlafe erwacht sind 6 ). Oft wird die Salbe auf Anordnung des Teufels aus einzelnen der erwähnten Bestandteile (von den Hexen) verfertigt, oder der Teufel gibt ihnen ein Büchschen mit solcher Salbe e ). Damit bestreichen sie sich das Gesicht (Eifel) *), Hände oder Schläfen 8), den ganzen Körper oder nur einzelne Stellen ·) oder ein Gefäß, ein Instrument (Ofengabel, Besenstiel usw.) 10 ), auch nur etwas Leinwand 1 1 ), worauf sie sogleich (durch den Kamin) in die L u f t gehoben und weggeführt werden 12 ). Vielfach müssen sie, in des Teufels Namen l s ), noch eine Z a u b e r formel murmeln, z . B . „ H u i , über Stecken und Stauden" (Eifel) 1 4 ), „ A u f und davon, hier oben hinaus und nirgend a n " 1 5 ) , „Oben aus und nienen a ! " oder „Durs Chämmi uf und niene a!" (Schweiz) 1 8 ), „ F l e e g up, fleg uit! Fleg narns a n ! " (Schlesw.) " ) . „ W o l u p unn wol uet! Tom Kaplok henuet!" (Husky) 18)J „ W u t s c h , iwer Hecken und T r a i s c h l " (Luxemb.) l e ), „Fahre hin, nach dem Blocksberg steht mein Sinn!" **) usw. s. F l u g ( f l i e g e n , Hexe.
Luftfahrt),
Flunder—Flurumgang ') M m n h a r d t Zauberglaube 219; S ο 1 daa-Heppe1 i, 218 (nach der Hs. des schwäbischen Dominikaners Johannes Nider „Formicarius"). *) S o l d a n - H e p p e ® 1, 225. 242. 246. 3) Ebd. *) M a n n h a r d t Germ. Myth. 35 f. (Die Deutung Mannhardts 5) ZfVk. ist abzulehnen). 9 (1899), 248. *) K i e s e w e t t e r Faust 2, 267. 7) R a n k e Sagen * 29 f. = S c h m i t z Eifel 1, 47; M ü l l e n h o f f Sagen 215 Nr. 291; Κ ü h η a u Sagen 3, 30. ») Μ a η η h a r d t Zauberglaube 220. ») W o l f N. Sagen 284. ") R a n k e Sagen* a . a . O . Il ) W o l f a . a . O . " ) M a n n h a r d t Zauberglaube 219. 1S) S o 1dan-Heppe3 1, 225. 534. " ) R a n k e Sagen1 29 f. = Schmitz Eifel x, 47. ») S o l d a n - H e p p e * 1, 384. ") K u o n i St. Galler Sagen 154 ff. Nr. 282; 51 Nr. 106. ") Μ ü 11 e η h ο f i Sagen 215 Nr. 291. a ) Ebd. ") R a n k e Sagen ' 3 4 = G r e d t Luxemburg Nr. 220 ». M) M ü l l e n h o f f a. a. O. 215 f. Nr. 292. — In Schottland erhebt man sich auf Strohschütten, Bohnenstangen oder Binsenbüscheln in die Luft mit deD Worten: „Roß und Heuhaufen, in des Teufels Namen!" ( S o l d a n - H e p p e ' 1, 384). Über die Zubereitung der Hexensalbe vgl. auch W o l f Nied. Sagen 284. Bei den Magyaren dient das Fett eines ungetauften Kindes als Flugsalbe, mit dem sich jede Hexe jedes 7., 17., 27., 37. usw. Jahr einmal einreihen muß. In einer Sage fliegt ein Held auch mit Hilfe eines F l u g pulvers über das Meer (W1 i s 1 ο c k i Magyar. Volksglaube 153 f. 32). Herold.
Flunder s.
Scholle.
Flurumgang. 1. Der brauchmäßigen Umwandl u n g kann einerseits B i n d u n g und Inanspruchnahme zugrunde liegen, andrerseits T r e n n u n g und Sicher u n g nach außen hin ^. Das gilt auch für die Begehungen der Feldflur 2 ). Feldzauber durch Umwandlung kann von einem oder mehreren Mitgliedern der H a u s gemeinschaft ausgeübt werden, um bösen Dämonen den Zutritt zu wehren 3 ). Dabei ist mitunter N a c k t h e i t vorgeschrieben 4). In Niederösterreich unternehmen die Landleute Ostern und am Florianstage Prozessionen auf eigene Hand 6 ). In der Grafschaft Glatz umzieht an einem Sonntag zwischen Ostern und Pfingsten der Bauer mit seiner ganzen Verwandtschaft die Felder 4 ). Im 15. Jh. hielten die Wenden auf der Gabelheide in Mecklenburg noch jährlich im Mai einen festlichen Umzug um ihre Saatfelder; vorauf der Spielmann, der eine mit Hunds-
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fell bezogene Pauke führte, gleich hinter ihm der Vortänzer, dann alle übrigen. Sie liefen und tanzten mit lautem Gesänge an den Hufen hin und her und meinten dadurch die grünende Saat vor Schaden durch Regen und Gewitter zu schützen 7 ). In Preußen hält der Hirt tags oder besser noch nachts vor dem ersten Austreiben des Viehes Markungsumgang, mit verschiedenen Erdarten ausgerüstet, die er in jeden Grenzhügel legt. Dann wagt das Vieh sich nicht über die Marken hinaus 8). ') K n u c h e l Umwandlung. *) BayHfte. 8, I 5 f f . (Vgl. Acker 2 undOsterreiten). ') K n u chel Umwandlung 75 ff. ') D e r s . 76 f.; H a l t r i c h Siebenb. Sachsen 280. *) L a n d s t e i n e r Niederösterreich 64. ·) MschlesVk. 1 1 , 1 7 5 . ') M a n n h a r d t 1 , 4 0 1 . *) F r i s c h b i e r Hexenspruch 144 f.
2. Die Fruchtbarkeit der Felder zu sichern, waren schon in heidnischer Zeit Umzüge mit Götterbildern durch die Feldflur üblich. Nicht nur die Umwandlung ist von Wirkung, sondern schon das Betreten der Flur durch die segenbringenden göttlichen Wesen und Bilder. Die christliche Kirche hat diese Umzüge übernommen (s. Bittgang). Sie finden zu Fuß oder zu Pferde während der ganzen Zeit, wo das Getreide wächst und reift, statt e ), doch sind gewisse Tage besonders beliebt, namentlich der Himmelfahrtstag und seine nächste Umgebung 1 0 ), ferner: Palmsonntag 1 1 ), Ostern 1 2 ), Georgi 1 3 ), Markustag 1 4 ), Mai tag 1 5 ), Pfingsten"), Johanni 1 7 ), Mariä Himmelfahrt 1 *). Die Fronleichnamsprozession (s. Fronleichnam) hat auf dem Lande ganz den Charakter einer Flur- und Wetterprozession M ). Die Flurritte am Stephanustage sind vielfach zu einer bloßen Begehung geworden, die das Gedeihen der Rosse sichern soll 20). Außerdem finden Flurprozessionen bei anhaltender Dürre statt 21 ). Im Weiler Seehof im Oberdorfer Bezirke war im Sommer alle Samstage und an den Vorabenden der gebotenen Feiertage Umgang der Gemeinde um die Feldflur M ). Auch die Weingärtner ziehen zur Zeit der Rebenblüte mit dem Bilde des hl. Urban durch die Weinberge 23). Die heute noch zu Ostern, Pfingsten und im Mai üblichen Leonhardi-, Georgi- usw.
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Flurumgang
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hohen Fahnenstangen: „ j e länger die Fahnenstange, je kleiner das Fähnlein, desto schlimmer für die H e x e n " 33). In Franken schmückten sich noch zu Anfang des 16. Jhs. die Teilnehmer der Flurprozessionen das Haupt mit Blumengewinden und trugen Stöcke aus WeidenBenediktionen 2, 68. 74; W r e d e RheinVk.1 holz 34). Bei der Prozession von Bero266; M e y e r Baden 424. 425; R o c h h o l z münster muß der Bauer v o m Hofe HasenNaturmythen 17 f f . ; Β i r 1i η g e r Aus Schwaben 2, 180 ff.; BayHfte. 8, 26. 27. 36. hausen dem A b t e einen schönen Blumenkranz überreichen, den dieser um die ") S a r t o r i 3, 136 A. 8. ") Ebd. 3, 164; BayHfte. 8, 27. 28. 32; Η ö f 1 e r Ostergebäcke Monstranz windet 35). Beim Saatengehen 60 (Elsaß); Η ö r m a η η Volksleben 49 ff. in Jauernig ist das von einem alten Manne (mit dem Palmesel). S. Osterreiten. 13) S a r getragene Kruzifix mit einem grünen t o r i 3, 168. ") Ebd. 3, 168 f.; M e y e r Kranze geschmückt 3e ). Baden 424; U s e η e r Weihnacht 295. 298 f. ") S a r t o r i 3,181. ") Ebd. 3, 216; P f a n d) Κ i η d e r werden mitgeführt, sogar n e n s c h m i d Erntefeste 392. ") S a r t ο r i in Wickelkissen 3 7 ). Der Lehrer geht mit 3, 223 A. 10. 1S) Ebd. 242 A. 7. ") Ebd. 3, den Schülern um die Saatflur 38). Auch 219 f.; W r e d e RheinVk. 2 272. Μ) M a n n h a r d t 1,402 ff.; S a r t o r i 3, 51; WZfVk. schon nach Beendigung der Feldbestel28,1 ff.; BayHfte. 8, 39. 60 u. a. «) S a r t o r i lung ziehen die Schulkinder um die 2, 71 A. 19. ") R e i s e r Allgäu 2, 356. Acker 39). Vielleicht geschah das ursprüng") S a r t o r i 2, 108. ") BayHfte. 8, 33; vgl. lich zum Segen der Flur, wie ja auch sonst 50. ««) Ebd. 47 ff. die Kinder in Ackerbräuchen eine förder3. Manche vorchristlichen liche Rolle spielen 10 ); doch glaubt man Vorstellungen schimmern noch andrerseits auch ihnen selbst Nutzen zu aus den kirchlichen Begehungen hervor: bringen. Auch die Jungfrauen a) Die Flurumgänge fanden früher oft unternehmen für sich allein Feldprozesb e i N a c h t statt, besonders zwischen sionen 41 ) und werden beim Pflugumzuge Mitternacht und Sonnenaufgang 2 e ). Da vor den P f l u g gespannt 4 2 ) (s. Pflugbesitzen die bösen Geister die größte ziehen) . Macht und können am besten abgewehrt e) Auch das V i e h wird in der Prowerden. zession mitgeführt und soll an dem Segen b) Der k r i e g e r i s c h e und s c h r e c k teilnehmen 4 3 ). Vor allem sind es die hafte Aufzug, der mitunter zur P f e r d e , die oft den Gesamtbestand Schau getragen wird, soll wohl auf die der Haustiere vertreten **). Dämonen Eindruck machen Z ! ). Desf) Die B e w i r t u n g , die den Teilgleichen der Lärm, das Schießen Peitnehmern des Umzuges gereicht zu werden schenknallen Läuten mit Schellen und pflegt, zeigt mitunter kultische Formen 45 ). Glocken 30), auch die „Schauerkerze" 31 ). Beim Umritt von Beromünster übergibt c) Durch Mittragen von frischem der Hofbauer von Maihausen jedem beG r ü n und B l u m e n soll die Vegerittenen Wallfahrer, aber nur diesen, ein tation günstig beeinflußt werden. In SalzButterbrot. Der Reiter muß es dann burg werden im Juni die maibaumseinem Rosse ins Maul stoßen. Ein Stückartigen Prangerstangen, mit Bergblumep chen der Butterschnitte nimmt man mit geschmückt (keine Kulturpflanzen werheim, denn es bewahrt die Stiere vor den dazu verwendet), in die Felder geStößigkeit, die Rosse vor dem Koller und tragen. ,,Sie machen den Stadel voll die Hunde vor der Wut. Man salbt auch Heu", sagt der Pinzgauer; „sie bannen offene Schäden damit 4e ). Einen Knochen den R e i f " der Lungauer; hier heißen sie von dem Schafe, das beim gemeinschaftdaher Reifstangen 3 2 ). Im bayerischen lichen Essen nach dem Königsreiten in Oberlande sagt man von den bei FlurÖsterreichisch-Schlesien am Pfingstmorgängen mitgetragenen, beinah kirchturmgen verzehrt worden ist, steckt jeder Umritte sind wohl als ehemalige Frühlingsflurumritte aufzufassen, die mit der Zeit einem Patron unterstellt worden s i n d M ) . Pfingstl-, Wasservogel-, Fastnachtsritte sind Parallelen 26). ') S a r t o r i Sitte 2, 70 f.; BayHfte. 8, 44 ff. 59 f. M) S a r t o r i 3, 187; F r a n z
ι68ι
Fluß,
fließendes
Bauer am andern Morgen vor Sonnenaufgang in die Saaten, damit sie gedeihen *7). »') B a y H f t e . 8, 9. 32. 6 1 ; MschlesVk. n , 176. " ) B a y H f t e . 8, 62 i. 64. ») MschlesVk. 1 1 , 176; K ü n ß b e r g Rechtsbrauch «. Kinderspiel 19 A . 3. M ) B a y H f t e . 8, 29. ») M e i e r Schwaben 400; MschlesVk. 11, 176. n ) S e ρ ρ Religion 194. ") A n d r e e - E y s n Volkskundliches 95 f. ·») H ö f l e r Waldkult 15 A . 3. »«) P f a n 35) nenschmid Erntefeste 60. Rochholz Naturmythen 18. »«) MschlesVk. 11, 176. " ) M e y e r Baden 425; B a y H f t e . 8, 26 A . 185. " ) P f a n n e n s c h m i d 62. " ) S a r t o r i Sitte 2, 66. ») Ebd. 2, 78 A . 1. " ) E b d . з, 164 A. 73. « ) B a y H f t e . 8, 14. " ) MschlesV k . 11, 183; P f a n n e n s c h m i d 54. 56. " ) B a y H f t e . 8, i f f . 76 ff. «) E b d . 8, 73 f f . ; MschlesVk. 1 1 , 185 f. " ) R o c h h o l z Naturmythen 19. 20. " ) MschlesVk. 11, 177.
4. Eine (jedesmal erneute) Besitzergreifung durch Einkreisung, aber von rechtlicher Bedeutung, ist die von Zeit zu Zeit erfolgende A b g e h u n g d e r Gemeindegrenze (Bannritt, Grenzgang, niederd. Schnatgang) 48). Auch hierbei werden K i n d e r mitgeführt, hier aber wird immer als Zweck die Einprägung der Grenze angegeben und zwar gewöhnlich unter Anwendung von allerlei Handgreiflichkeiten, Ohrfeigen, Haarzupfen, unsanftem Niedersetzen u. dgl.49). ") S a r t o r i Sitte 2, 184 f . ; 3, 216; Κ η u c h e1 Umwandlung 108; Grimm Kleine Sehr. 2, 61 f f . ; B a y H f t e . 8 , 1 7 f. «) S a r t o r i 2, 184 f.; K ü n ß b e r g Rechtsbrauch и. Kinderspiel 9 f f . Sartori.
Fluß ( = F.), fließendes Wasser ( = f. W.) (Bach, Strom). 1. Die B e d e u t u n g , die das f. W· (s. a. Brunnen) für den Menschen hat, weist ihm in Glauben und Brauch eine große Rolle zu. Städte und Dörfer entstehen an Bächen und Flüssen. Sie spenden das nötige Wässer zur Reinigung, manchmal auch zum Trinken, und machen Wiese und Feld fruchtbar; dem Fischer liefern sie seine Beute. Die Menschheit stellt die Kraft des f.n W.s in ihren Dienst; es trägt nicht nur Schiffe und Flöße und treibt Mühlen, es führt auch alles hinweg, was hineinkommt, es stiftet Nutzen sowohl wie Schaden. Besonderen Eindruck macht seine Lebendigkeit.
Wasser
2. Die H e i l k r a f t , die man dem f.n W. zuschreibt, besteht darin, daß es den Schaden mit sich fortführt. Besonders deutlich wird dies, wenn der „Schade" h i n e i n g e w o r f e n wird: Nägel, Haare, Urin des Kranken usw. 1 ), das durch Aderlässe entzogene Blut 2 ), Pflaster und Lappen, mit denen eine Wunde verbunden gewesen 3). Der Arzt macht in ein Astchen, das der Kranke bringt, bestimmte Einschnitte, und dieser muß es, mit dem Rücken gegen den Bach, rückwärts über den Kopf werfen und, ohne sich umzuschauen, sofort nach Hause laufen 4 ); oder man geht vor Sonnenaufgang in einen Weinberg, zieht einen weißen Rebstock aus der Erde, schlägt sein Wasser in die Grube ab und wirft nachher den Stock in f. W . s ) . Bettnässer trägt man bei Mondschein um Mitternacht zu einem fn. W. und läßt sie hineinpissen 6 ); des Kindes Gelbsucht schwimmt den Bach hinab, wenn man Mist von einem Füllen in den Rauch des Schlotes hängt und nach neun Tagen in f. W. wirft 7 ). Gegen Kopfgrind nimmt man etwas von dem Grinde und wirft es in ein f. W., in dem Hunde und Katzen ersäuft worden sind 8 ): so wie das Wasser die Tiere getötet hat, soll es auch die Krankheit vernichten. Wenn man Brot und Salz einwickelt, drei Vaterunser darüber betet und rücklings in f. W. wirft, so verliert man das Fieber ·), oder der Fieberkranke ißt ein Stück Brot zur Hälfte und wirft die andere Hälfte in f. W. 10 ); ebendorthin gießt man den Inhalt des Gefäßes, worin man seine geschwollenen Füße gewaschen hat u ) , oder man geht nach Sonnenuntergang stillschweigend an ein f. W. und wirft eine Handvoll Erbsen 1 2 ) hinein (wobei man sich das Fieber auf die Erbsen übertragen denkt). Einem Gichtkranken gibt ein Arzt vier eingeschlagene und fest zugenähte Zettel, die er neun Tage am Hals tragen und dann rückwärts in f. W. werfen muß 13 ). Gegen Blutspeien spuckt man in ein Papierchen mit Kochsalz und wirft es in f. W . 1 4 ) , bei Zahnschmerzen geht man unberufen an einen Bach, nimmt Wasser in den Mund und speit es
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Fluß, fließendes Wasser
in den Bach hinab u ) , ähnlich bei Fieber 1β ). In abgeschwächter Form haben wir das Fortschwimmen, wenn man ein Tuch, das um ein Geschwür gebunden war, auf einen Stein beim Bach legt 1 7 ), oder wenn der Fieberkranke mit seinen Händen eine Bewegung stromabwärts macht 1 8 ) oder am f.n W. nur einen Spruch sagt 1 9 ). Die meisten dieser Handlungen sind mit dem Hersagen eines Zaubersegens verknüpft. Auch wenn das f. W. geschöpft und getrunken 20) oder die erkrankte Stelle des Leibes damit gewaschen 21) wird, verbindet man dies zuweilen mit dem Hineinwerfen eines Gegenstands, oder man wirft das Wasser über sich stromabwärts, so daß auch hier noch der Gedanke des Hinweggeschwemmtwerdens durchblickt 22). Eine bestimmte Zeitlang darf man nicht über das Wasser gehen, in das der Schade geworfen ist, sonst bekommt man ihn wieder zurück 2 3 ). Die Heilkraft des fn. Ws. beim W a s c h e n und Trinken wird später gelegentlich so gedeutet, daß sich in der Mitternachtsstunde, des Todes Jesu wegen, alles fließende, lebendige Wasser in Blut verwandle und daß so eigentlich das Blut des Heilands die Wunder tue 24). Besondere K r a f t hat f. W., das zu heiliger Zeit geschöpft ist (s. Η e i 1 i w a g). Aber auch sonst müssen bestimmte Formen gewahrt werden. Man muß so im F. stehen, daß das Wasser zwischen den Füßen durchläuft 2 5 ), es muß schweigend geholt und stromabwärts 2e) bzw. stromaufwärts e ) geschöpft werden, bei den Siebenbürger Sachsen ^ nackt oder (von Frauen) wenigstens mit aufgelöstem Haar (jeder Knoten würde den Zauber „binden"). Bachwasser über glatten Kieseln hat besondere Heilkraft 29 ), ebenso abprallendes Mühlradwasser, weil dann das Böse und Schädliche vom Leib abprallt a o ), in Norwegen Wasser, das gegen Norden fließt, weil dort der Sitz der Dämonen ist 31 ). Waschen in F.wasser hilft gegen Fieber 3 2 ), Augenleiden 3 3 ), Hundsbiß 3 4 ); es läßt frische Wunden heilen 35 ); Kinder, im f . n W . gebadet, nehmen zu 3®); F.wasser als erstes Kindsbad läßt das Kind nie krank werden 37 ); Gelb-
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sucht vergeht, wenn man das Leintuch, worauf der Kranke gelegen, vor Sonnenaufgang auf einer Bachbrücke stehend und das Gesicht dem f.n W. zugekehrt wäscht *·). Kann der Kranke nicht zum f.n W. gehen, so holt man ihm solches und stellt es unter die Bettlade ; besonders gut ist dies gegen Wundliegen 4 0 ). Getrunken wird F.wasser hauptsächlich gegen Fieber 41 ). Heilkräftig gegen jede Krankheit, besonders äußere Schäden, ist mit fm. W. ausgewaschene Butter 42). Die K r a f t des f.n W.s v e r b i n d e t s i c h zuweilen mit einer a n d e r e n wegn e h m e n d e n K r a f t . Beim Fastenläuten, wenn die Fasten aus sind, muß man die Sommersprossen waschen 43 ); zur selben Zeit hilft Waschen gegen Hautausschläge fürs ganze Jahr 44). Gegen Gicht geht man an drei Freitagen bei abnehmendem Monde vor Sonnenaufgang zu einer Weide, die an einem f.n W. steht, richtet sein Gesicht nach dem Laufe des Wassers und sagt einen Spruch 4S ); dem Stammeln des Kindes hilft man ab, wenn man seinen Harn dreimal nacheinander am dritten T a g Neumond unbeschrien in f. W. trägt 4 e ); bei Vollmond (also wenn der Mond im Begriff ist, wieder abzunehmen) wäscht man Bruch in f.m W. 4 7 ). Warzen wäscht man während des Grabgeläutes und sagt etwa folgenden Spruch : „ S i e läuten einem Toten ins Grab, ich wasche meine Warzen a b " 4 8 ) , oder man tut dies, während die Leiche übers Wasser 4e) oder nach dem Kirchhof gefahren wird (s. Begräbnisläuten). Da die S ü n d e vielfach als Krankheit aufgefaßt wird, reinigt Baden im F. s l ), Spucken 6 2 ) oder Ausleeren der Taschen in f. W. 6S) oder Hineinwerfen anderer Dinge M ) von Sünden. S e y f a r t h Sachsen 253. *) G r i m m Myth. 3, 473 Nr. 1022; L a m m e r t 200. 3) B a r t s c h Mecklenburg 2, 109; J o h n Erzgebirge 110; D r e c h s l e r 2, 290; ZfVk. 4 (1894), 85. 4) ZföVk. 4 (1898), 224. «) Η ο v o r k a - K r o n f e l d 2, 171. ·) WZfVk. 32 (1927), 79. ') R o c h h o l z Kinderlied 337 Nr. 924. ») W u 1 1 k e 335 § 498. ») W o l f Beiträge 1, 223. 10) W u t t k e 336 § 499. ») Urquell 3 (1892), 11. ") W u t t k e 335 § 499. ™) ZföVk. 6 (1900), 117. 14) L a m m e r t 197. 1S) W u t t k e 337 § 501. l5) S e l i g m a n n 2,236. 5 . W e i s s a g u n g . V e r s i e g e n d e s oder s t e i g e n d e s W a s s e r des F . e s b e d e u t e t T o d e s f a l l oder H u n g e r s n o t 9 6 ) . F ä r b t sich das W a s s e r in d e n B ä c h e n rot, so w e i s t dies auf S e u c h e , K r i e g oder T e u e r u n g * 7 ). D i e F u l d a s t a n d still, w e n n ein F ü r s t a u s H e s s e n s t e r b e n sollte 8 8 ). I m F . s p i e g e l s e h e n die M ä d c h e n d e n Z u k ü n f t i g e n , i m schlesischen K r e i s e L a u b a n v o n e i n e m B a u m herab am A n d r e a s a b e n d " ) , am R h e i n e bei einer M o n d f i n s t e r n i s 10 °). In O b e r b a y e r n g e h e n die M ä d c h e n in der J o h a n n i s n a c h t a n einen B a c h , b e r ü h r e n das W a s s e r m i t der F u ß s p i t z e u n d sprec h e n : „ D u W a s s e r w e l l e , ich t r i t t dich, du heiliger J o h a n n e s , ich b i t t dich, l a ß mir erscheinen den H e r z l i e b s t e n mein e n " 1 0 1 ). In O s t p r e u ß e n g r e i f e n die M ä d chen a m Silvesterabend aus einem f.n W . eine H a n d v o l l K i e s u n d z ä h l e n die S t e i n e ; ist die Z a h l gerade, so h e i r a t e n sie i m n ä c h s t e n J a h r e 1 0 2 ). Z u m Z i n n g i e ß e n in der N e u j a h r s n a c h t h o l t m a n f. W . n a c h t s z w i s c h e n 11 u n d 12 U h r 1 0 3 ) . »·) G r i m m Myth. 2, 952. " ) B i r l i n g e r Aus Schwaben r, 404; W o l f Beiträge 1, 236. " ) G r i m m Sagen 94 Nr. i n . " ) D r e c h s l e r 1, 10. '») W u t t k e 246 § 356. ZfVk. 8 (1898), 398. 10!!) S t e m p l i n g e r Aberglaube 53. 103) W o l f a. a. O. 1, 231. 6. D ä m o n e n u n d G ö t t e r . D i e g r o ß e B e d e u t u n g , die s o m i t F l ü s s e u n d B ä c h e f ü r das S c h i c k s a l des M e n s c h e n h a b e n , e r w e c k t e s c h o n in a l t e r Z e i t den Glauben an dämonische und göttliche Wesen im F.e. Die Griechen und Römer p e r s o n i f i z i e r t e n die F l ü s s e ; die n ä c h s t e
1690
E n t w i c k l u n g s s t u f e w a r die F . g ο 1 1 h e i t , die s c h o n i m A l t e r t u m eine g r o ß e R o l l e s p i e l t . N a c h H e r o d o t d u r f t e in Ä g y p t e n n i e m a n d , die N i l p r i e s t e r allein a u s g e n o m m e n , die L e i c h e eines E r t r u n k e n e n a n r ü h r e n , u n d das L e i c h e n b e g ä n g nis w u r d e g l ä n z e n d a u s g e s t a t t e t , weil der E r t r u n k e n e j e t z t die v e r k ö r p e r t e G o t t h e i t der F r u c h t b a r k e i t d a r s t e l l t e 1») Außer nordischen Belegstellen vor allem Τ a c. Germ. c. 18. M) Vgl. u. a. D i o Cassius 71, 3; P a u l . D i a c . hist. Langob. 1, 15. s l ) So u. a. die Hervor an der Spitze der Goten im Lied von der Hunnenschlacht und die das Banner tragende und dann zur Königin ausgerufene Heth, die mit zahlreichen F.en an der Bravallaschlacht teilnahm (vgl. Ο 1 r i k in A f n F . 10, 223 f.). 22) Vgl. W i 1 u t ζ k y Recht 1, 90. " ) T a c i t u s Germania c. 1 7 ; vgl. Hannus 2, 219 f. ·») Vgl. dagegen Paulus 2, Timoth. 2, 15: „Sie wird aber selig werden durch Kinderzeugen." " ) Der bei Ρ 1 ο ß B a r t e l s vermiete Abschnitt: „ D a s W. in der Sprache" (vgl. W a s s e r z i e h e r Urquell 3, 214 ff.) ist für den Norden durch K r a u s e Die F. in der Sprache der altisl. Familiengeschichten ersetzt worden. " ) Urquell 3, 214 ff.
»)
Vgl.
etwa
die
Zusammenstel-
1737
Frau, Weib
lung von japan. F.ennamen durch P. L a n g e Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen, Bln. Jg. 4 bis 5, A b t . 1, 197 if·! dazu J. G r i m m s Aulsatz F.ennamen aus Blumen.
3. N i c h t eine auf D o g m e n vereidigte Priesterkaste h a t den W i d e r s t a n d gegen den neuen Glauben geleitet, sondern neben weltlich-geistlichen Führern t a t e n dies vorzugsweise die germanischen F.en M ), den Willen der ihnen innerlich unterstellten Sippenverbände leitend. V o n hier aus erklärt es sich, daß das get a u f t e V o l k , als es das V e r t r a u e n z u m A l t e n verloren und z u m N e u e n noch nicht gewonnen hatte, dann F.en- und Priesterm a c h t mit gleichem A r g w o h n verfolgte, wie aus einem Brief des Papstes Gregor V I I . an die Dänen erhellt, in dem er verbietet, „ d a ß man Stürme, Seuchen und K r a n k h e i t e n aller A r t auf die christlichen Priester und auf die F . e n als ihre Urheber z u r ü c k f ü h r e und die letzteren in brutaler und barbarischer Weise deshalb dem T o d e ü b e r a n t w o r t e " 3 0 ) . W i e der nordische Odin des ausgehenden Heident u m s eine B r ü c k e zwischen germanischer F r ö m m i g k e i t und christlichem Teufelsglauben schlägt, so bedeutet jene v o m wilden J ä g e r g e j a g t e oder selbst in den Z w ö l f t e n j a g e n d e und die Menschen schreckende wilde F . einen Überg a n g v o m Glauben an das Heilige in der F. zum Glauben an die v o m T e u f e l besessene H e x e . A l s die germanischen G ö t t e r zu Teufeln, germanische F r ö m migkeit zu Teufelsdienst, germanische T o t e n s t ä t t e n zur Hölle wurden, k o n n t e die germanische F . nicht heilig bleiben. So mußten schon v o n hier aus die F . e n in den R u f k o m m e n , besonders hartn ä c k i g an v e r b o t e n e m H e i d e n t u m festzuhalten, besonders geeignet zur Ü b u n g allen A b e r g l a u b e n s , besonders e m p f ä n g lich für alle Ketzerlehren zu sein (vgl. die B u ß b ü c h e r ) 31 ). „ W o l l t e m a n alle Tollheiten unserer alten W e i b e r a n f ü h r e n " , schreibt A g r i p p a v o n Nettesheim 32 ), „ s o hieße das soviel, als den Sand zählen, denn es b e g n ü g t sich keine v o n ihnen m i t e i n e r A r t des A b e r g l a u b e n s , sondern sie erwählen sich bei j e d e m Z a u b e r w e r k einen anderen Teufel z u m P a t r o n " . A b e r ehe
1738
es möglich wurde, daß dann in dem berühmten H e x e n h a m m e r geistlich geschulte Christen nicht nur „ d a s ganze neue Hexentreiben grundsätzlich auf das weibliche Geschlecht z u s p i t z t e n " 33 ), sondern auch „ e i n e A n s c h w ä r z u n g und H e r a b w ü r d i g u n g des weiblichen Ges c h l e c h t e s " sich herausnahmen, „ w e l c h e in ihrer A r t wohl einzig sein d ü r f t e ' m u ß t e erst die gesamte Stellung und Gelt u n g der F . v o n Grund aus v e r ä n d e r t , m u ß t e die F. in der großen K u l t u r u m w ä l z u n g zur E v a s t o c h t e r umgestempelt worden sein. Der vielwiederholte Fehlschluß, der die frühchristliche Sittenlosigkeit merowingischer Kleriker und K ö n i g e mit einem oberflächlichen „ n o c h " als Reste heidnischer Z u s t ä n d e deutet 3δ) und folgert, daß auch auf germanischem Gebiet die F . durch das Christentum „ a u s Mißbrauch, E n t w ü r d i g u n g und Sklavens t e l l u n g " 3β) erhoben wurde, m a c h t vergessen, d a ß der christlichen Theorie der gleichmäßigen Erlösung aller Seelen die P r a x i s der noch unerlösten Irdischkeit widersprach. Diese P r a x i s aber g r ü n d e t e sich nicht auf Herrenworte, sondern auf den M y t h o s v o m Sündenfall, das heißt auf die sekundäre Erschaff u n g und p r i m ä r e V e r f ü h r u n g des W . e s 37) oder genauer auf die in den paulinischen Briefen ausgesprochene A u f fassung des Verhältnisses v o n Mann und F. M ) und auf die im Hohelied Salomonis verherrlichte S e x u a l i t ä t . W i e v i e l f a c h bei P r i m i t i v e n (Zentralafrika, Melanesien) eine F. direkt oder indirekt v e r a n t w o r t l i c h g e m a c h t wird f ü r das Hereinbrechen des Todes in die Menschheit "·), so w ä l z t e die mittelalterliche Männlichkeit ritterlich ihre Sündenschuld auf das weibliche Geschlecht 4 0 ), und b e n u t z t e den Sündenfall des W . e s als H a u p t a r g u m e n t in dem anhebenden K a m p f u m die Mannesherrschaft bis ins E h e b e t t hinein 4 1 ). Man sah in der Hingabe an den Mann den G r u n d z u g der weiblichen Natur, „ m i t h i n im W . die Quelle der Sünde verborgen l i e g e n " 42 ). U m der guten Engel willen,
1739
Frau, Weib
von denen man lebhaft bestritt, daß sie jemals in F.engestalt erschienen seien 13 ), müssen die F.en ihr H a u p t bedecken 44), „ i h r so Gefahr bringendes Antlitz verhüllen, das bis in den Himmel hinein Ärgernis gegeben h a t " (Tertullian) 45 ). Auf dieser Grundlage wurde die weibliche Persönlichkeit entmündigt zum Besitz-Objekt des Mannes, und zu der auch ihr verheißenen Seligkeit verhalf ihr nur Selbstaufgabe an den Mann 4e ) oder unmittelbar an Gott. Der Weltanschauung der W e l t - und W . v e r a c h t u n g 4 7 ) sich unterwerfend, als „ M u t t e r der S ü n d e " dogmatisch gebrandmarkt, sank die F., besonders unter dem Einfluß orientalischer Ethiker*"), herab zum Menschen zweiter Ordnung, z u m notwendigen Übel, zum b ö s e n Prinzip. Vgl. hierzu den bezeichnenden Glaubensstreit zwischen Steinunn und dem Missionar Thangbrand: Thüle 4, 226. M) J a f f e Mon. Gregor. Bibl. scr. Germ. 2, 413. M ) H a n s e n 31) F r i e d b e r g Zauberwahn 96. Bußbücher 27. 3J) A g r i p p a v. N e t t e s h e i m 4, 188 f. ") H a n s e n Zauberwahn 477. 31) M e y e r Aberglauben 313. 3S) So u. a. Friedberg Bußbücher 12; vgl. dagegen Kummer Midgards Untergang 240 ff. 3«) F e i t e n Illustr. Gesch. d. MA.s (2) 111. 3') Hierzu vgl. bes. G ο 1 1 1 i e b Die F. im frühen Christentum 18 ff. S. o. Anm. 6. 3e) B e t h Religgesch. 89; vielleicht darf man als Gegenstück den dunklen Gullveigmythos der Edda, Vsp. 21 heranziehen. 40) Vgl. ZfVk. 13, 247. 41) Vgl. W e i n h o l d F.en 1, 1 8 2 ! «) F r i e d b e r g Bußbücher 15. «) J e n nings Rosenkreuzer 75. " ( P a u l u s 1. Kor. 11; vgl. Genesis 6. " ) G ο 1 1 1 i e b Die F. im frühen Christentum 20; te ) Vgl. P a u l u s 1. Timoth. 2. Hoensbroech Papsttum 2, 160 ff.; Η a m ρ e Deutsche Kaisergeschichte 35 und 49 u. a. ω ) J e n n i n g s Rosenkreuzer 75.
4. Die galante F.enverehrung des MA.s, im Grunde eine von französischem Vorbild ausgelöste Reaktion germanischen Gewissens gegen die Entwürdigung der F., h a t versucht, „ d a s Strenge mit dem Z a r t e n " zu einem „ g u t e n K l a n g " zu vereinen (Walter v o n der Vogelweide!). Die Volksetymologie stellte F. zu froh und Freude; und wo W e l t b e j a h u n g über W e l t f l u c h t triumphierte, vergaß man die „ M u t t e r der S ü n d e " und freute sich, wenn man schönen F.en dienen konnte.
1740
Schon ältere Dichter wie Otfried machten „ d a s mönchische Schelten auf die F . " ausdrücklich nicht mit 49). „ N i sit irbolgan w i b e " mahnt er die Männer, „ z ü r n t nicht den F . e n " 5 0 ) ; später warnen Sagen von den immer nach F.enraub lüsternen Dämonen (vgl. auch die Riesen der Edda) die jähzornigen Ehemänner v o r m Verfluchen und Verwünschen ihrer F . e n 8 1 ) . Das V o l k war froh, in der vergöttlichten Mutter Maria die durch E v a vernichtete F.enehre wiederhergestellt zu sehen, wovon die Strophe aus dem Marienlied eines mittelalterlichen Klerikers Zeugnis ablegt: Es ging verloren die Welt zuvor durch eines W.es Schuld. Nun dankt sie einem W.e wieder des Höchsten Huld 52 ).
Der Glaube an das „ s a n c t u m et provid u m " ist nie ganz ausgestorben B3), und die Mahnung des Dichters: „£ret got und diu w i p " s l ) ist im Geiste jenes wohl nicht „ ü b e r t r e i b e n d e n " 66), sondern nur mißverständlichen Tacitus Wortes, das die germanische F. der Göttin zur Seite s t e l l t 6 e ) , gesprochen. A l s Hüterin des Grals stellt Wolfram die königliche EheF. dem K ö n i g zur Seite, und F.enhände tragen dieses Allerheiligste. Wie schon die nordischen Wikinger Gesetze gegen F.enmißbrauch schufen B7), so hielten später besonders die Z u n f t genossenschaften auf ehrenhaftes Verhalten gegen F.en, und noch die Roßbuben von Hüfingen in Baden bestraften den, der sich gegen die entsprechenden Gesetze verging, mit öffentlicher Entehrung M ). A m stärksten hat der Volksglaube jenes „ H e i l i g e " der F.en in seiner Beziehung zu K a m p f und Sieg festgehalten. Noch von einem späten Turnier (1568 in München) ist uns durch W o r t und Bild bezeugt, daß der Held des Tages seinen Sieg dem nach der K l e i d u n g seiner Dame gearbeiteten Helmschmuck v e r d a n k t 59). Der Brauch, „sich bei Gefahr in der Liebsten Gnad' und Huld zu befehlen", wie ei in Philanders von Sittewald Soldatenleben heißt, erinnert gewiß noch an den altgermani-
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Frau
>
sehen Glauben a n die im K a m p f schützenden F . e n (vgl. die nordischen F y l g j e n , Disen und Walküren) E i n seltsamer oldenburgischer A b e r g l a u b e sei hier erw ä h n t : Die F . e n dürfen niemals H ü t e tragen, die den P f e r d e h u f e n ähnlich sehen, weil sonst nach alter Prophezeiung bei Goldenstedt eine überaus blutige Schlacht geschlagen werden wird e l ). Wie die S a g e v o n mancher Schlacht weiß, die mutig gewagte F.enlist entschied, so weiß sie das alte Motiv v o n der Weibertreue vielfach festzuhalten e2 ), bekannt als die S a g e v o n den Weibern v o n Weinsberg, die ihre Männer im S a c k auf dem R ü c k e n als die ihnen zugebilligte teuerste H a b e aus der bezwungenen F e s t e erretten e 3 ). Die F . e n Alt-Islands, e t w a Njals F r a u Bergthora, die beim Mordbrand die B e gnadigung ablehnt 6 4 ), oder Gislis F . A u d , die auf handgreifliche A r t die Verfolger ihres Mannes v o n ihrer Treue überzeugt M ) , würden diese vielgefeierte Weibertreue nicht allzu hoch angeschlagen haben. A b e r trotz dieser R e a k t i o n , die dann wieder besonders in der klassischen Zeit (Schiller) a u f l e b t , und die auch die moderne F . e n b e w e g u n g mit bestimmt h a t (IbsenI), ist die Geltung der F . i m M A . ständig gesunken. Der Schleier der Poesie, mit dem der Minnesang die entmündigte F . umhüllt hatte, zerriß bald. „ D i e niedrig-sinnliche A n s c h a u u n g " v o n der F . , wie sie sich in der „ f a s t peinlichen S p e z i f i z i e r u n g " der 2 1 oder 30 weiblichen Schönheiten A n f a n g des 1 6 . J h s . verr ä t ®6), hat ihr poetisches Vorbild im Hohenlied. Neben der äußerlichen Schönheit bestimmt wesentlich noch die Mutters c h a f t die Wertschätzung der F . „ W i e viele K i n d e r ein W. gebärt, u m so viele S t u f e n k o m m t sie dem Himmel n ä h e r " 67 ). "(Schneider Heldendichtung, Geistlichendichtung, Ritterdichtung g i f . M) G r i m m Myth. 1, 330. ") U. a. Μ ü 11 e η h ο f £ Sagen 310. ") P. v. W i η t e r f e 1 d Dt. Dichtungen des lat. Μ As. 134. ") W e i n h o l d Frauen 3 1 , 7 7 ; S t r a c k e r j a n 2, 188. M ) Jw. 6054; vgl. G r i m m Myth. 1, 329 ft.; 3, 1 1 3 ff. ") H e l m Religgesch. 1, 286. ") Τ a c. Hist. 4, 6 1 ; s.o. Anm. 1. 57) Lily W e i s e r Germ. Jünglingsweihen und Männerbünde. M) Meyer
Weib
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Baden 125. ··) P a n z e r Beitrag 1, 338; vgl. zu den entsprechenden Bräuchen im MA. G r i m m Myth, ι, 369 f. B ) G r i m m Myth. Γ » 33 r - ") S t r a c k e r j a n 1 , 1 3 2 . " ( B o c k e l Handbuchs·, G r i m m Sagen Nr. 493; M e i e r Schwaben 2, 341; H e r z o g Schweizersagen 1, 144; Β i r l i n g e r Volksth. 1, 237; H e r t z Elsaß 111 f.; B a r t s c h Mecklenburg i, 297 ff.; S c h ö n w e r t h 2,440; K u h n u. S c h w a r t z 230; W i t z s c h e l Thüringen 1, 316; S c h a m b a c h u. M ü l l e r 1, 11 f. 1 3 ; M e i e h e Sagen 801; E c k a r t Südhannover. Sagen 1 8 1 ; R o c h h o l z Sagen 2, 355; H e ß l e r Hessen 2, 96 ff.; B e c k e r Frauenrecht 66; J e c k 1 i η Volkstümliches 390; L ü t o l f Sagen 363. ,3 ( Nach dem salischen Gesetz war den abziehenden Besiegten gestattet, so viel mitzunehmen, als sie auf dem Rücken zu schleppen vermochten; vgl. auch die Erzählungen von Lebensrettung gefangener Männer durch Anlegen von Frauenkleidern, schon bei Η e r ο d ο t 4, 4, 1 ff. ") Thüle 4, 279. e5( Ebd. 8, 1 2 1 . «") L a m m e r t 145. " ( D r e c h s l e r 1, 179. 5. Wie nach dem Rosenkreuzer Trithemius niemals ein Engel als F . erschienen ist (s. o.), so wäre überhaupt niemals, wenn der paradiesische Zustand der Unschuld angedauert hätte, ein Mensch als F . zur Welt gekommen, lehrt der Doktor Almaricus in P a r i s ( 1 2 . J h . ) ® ) . F . e n erzeugung ist ein Fehlgriff der N a t u r ® 9 ). Wenn auch der galante Geist sich bemüht hat, selbst die A b s t a m m u n g der F . aus A d a m s R i p p e noch umzudeuten als B e weis f ü r die höhere Stellung der letzteren, weil j a der Mann n u r aus E r d e (de terre et d'ordure) g e m a c h t sei 70 ), so h a t doch allgemein die Minderwertigkeit des weiblichen Geschlechts keinem Zweifel mehr unterlegen. Die F . , die einst bef u g t e Mittlerin göttlicher K r ä f t e , die Seele ihres Wirkungskreises, ihrer S i p p e war, w u r d e zu dem Ding, um dessen v e r mutete Seelenlosigkeit man disputiert; die wichtige Frage, ob F . e n vollgültige Menschen sind, ist in Wort und S c h r i f t erörtert worden 7 1 ). Noch 1 7 7 2 erschien die S c h r i f t des J o s . B a s s u s mit dem T i t e l : „All-erdenckliche w a r h a f f t e Weiber-Mängel nebst T r a c t a t : Curiose E r ö r t e r u n g der Frage, ob die Weiber Menschen s e y n d " , u n d L e s s i n g s „ J u n g e m G e l e h r t e n " ist die negative B e a n t w o r t u n g der F r a g e selbstverständlich 72 ). „ D i e soziale E r z i e h u n g wies dem W. die elendeste, a b h ä n g i g s t e
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Frau, Weib
Stellung an und erzeugte, indem sie die Entwicklung seiner geistigen Gaben unterließ, den Wahn von seiner geistigen Inferiorität, der sich mit dem vom Mönchtum entwickelten aller Erfahrung hohnsprechenden Wahn von seiner moralischen Inferiorität paarte" , 3 ). Piatons Glauben an die ebenbürtige geistige Begabung der Geschlechter und an die Möglichkeit gleichwertiger körperlicher und geistiger Erziehung wurde vor dem beschränkten deutschen Gretchenideal zur Utopie. „Der Mannist desW.es Haupt" 7 4 ): Das war das Dogma. „F.en haben lange Haare und kurzen Verstand" 7 6 ). , ^ . e r rat gerät gleich dem Buchweizen nur alle sieben J a h r " 7 β ) . „Man soll seinem W. nichts Wichtiges anvertrauen", lehrt ein Kirchenvater 77). „Der Mann ist der Kopf, das W. aber Gras", heißt es bei den Südslaven 78 ), wo „ein Mann aus Stroh noch immer so viel wert ist, als ein Weib aus Gold" 7 9 ). Der aufgeklärte und gelehrte Corvinus (Amaranthes), Verfasser des „F.enzimmerlexikons" (1715, 1739) 80 ), muß die F.en gegen dieses Vorurteil von der weiblichen Minderbegabung verteidigen. „Sind W.espersonen keine leblosen Maschinen, sondern vernünftig denkende Wesen, die der gütige Schöpfer mit der Beurteilungs-, Erfindungs- und Behaltungskraft oft reichlicher versehen als die Mannespersonen, so können und müssen sie auch eine gründliche und scharfsinnige Erkenntnis nötiger und nützlicher Wahrheiten erlangen." Daß eines das andere bedingt, übersah man im Banne jenes abergläubisch bestimmten Vorurteils und stellte ein Jahrtausend lang selbstgefällig die „Unlogik" der F.en fest. „Wenn Weiber beieinander sind, dann reden sie so verständig wie siebenjährige Kinder" 8 1 ). DieSchwatzhaftigkeit der F.n, die „Klappersucht" ihrer gefürchteten Zunge, der einzigen ihr verbliebenen, mit dem Schlangenbiß verglichenen Waffe 8 2 ), erklärt man aus dem Adamsknochen 8S ); der Lehm erklärt des Mannes bedächtigere Schweigsamkeit 84), ja, Geiler von Kaisersberg vermag sogar in der Krummheit dieser Adamsrippe die Erklärung für die Rede- und Widerspruchs-
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sucht der F. zu sehen 86), und Hans Sachs verbessert den Schöpfungsbericht dahin, daß die F.en nicht aus der Rippe, sondern aus dem Schwanz des Hundes geschaffen wurden, der im Paradies diese Rippe stahl, und daß die F.en daher allzeit „Widerreden und bellen" müssen 86 ). Im südslavischen Volksmund lebt diese Fabel noch fort 8 7 ), und in slavischen Sprichwörtern wird aus dem biblischen „ E r soll dein Herr sein ' schließlich ein Verhältnis wie zwischen Hund und Herr. „Die Hündin mag bellen, das W. aber soll das Maul halten" 88 ); von hier aus ist es zu dem Worte Mohammeds: „Das Paradies der F. ist unter den Fußsohlen ihres Gatten" 89), nicht mehr weit. Da der ritterlich umhegten oder tyrannisch unterjochten F. sich keine Gelegenheit mehr bot, vor den Augen der Welt Tapferkeit zu bezeugen, erwarb sie sich den Ruf der F e i g h e i t . „Weibisch" wurde Schimpfwort 90 ). Die Verkleidung der Männer in F.enkleidung 91 ), wie sie zumal in Neujahrsbräuchen üblich war, wurde in christlicher Predigt 92) als „die schändlichste Verkleidung" angesprochen 93 ); und für ein Ereignis „von schlimmster Vorbedeutung" hielt man es, „wenn ein Kampfer in W.erkleidung den Kampfplatz betrat" 9 4 ). Der heidnische Germane empfand, an dem Mut der F.en nicht zweifelnd, in dem Vorwurf, ein Weib zu sein, sich in ein W. verwandeln zu können und in solcher Verwandlung empfangen und Kinder geboren zu haben 95 ), eine Beschimpfung, nicht, weil er die F. für minderwertig gehalten hätte, sondern in abergläubischer Scheu vor dem Widernatürlichen und vor jeder Art von Gestaltentausch (vgl. den Werwolfglauben). ··) J e n n i n g s Rosenkreuzer 2, 75. " ) Ebd. ) Z f V k . 13, 250; vgl. P f e f f e r Beiträge zur Kenntnis des altfrz. Volkslebens meist au] Grund der Fabliaux 2, 16. 7 1 ) J e n n i n g s Rosenkreuzer 2, 181 f. verweist auf eine nach Erscheinen unterdrückte Schrift: „Disputatio Nova contra Mulieres: Qua probatur eas Homines non esse." , 2 ) L e s s i η g Der junge Gelehrte 2, 12. 7S ) H a n s e n Zauberwahn 488. ">) P a u l u s 1. Kor. I i . ™) ZfdMyth. 2, 108. " ) S t r a k k e r j a n 2, 188; vgl. dagegen T a c . Germ. c. 8, s. o. Anm. 1. " ) S t o l l e Kirchenväter
70
Frau, Weib
1745 355·
™) Κ r a u ß
'") E b d .
Sitte
und
Einleitung.
61
482 i f .
Brauch
" ) Vgl. A. S c h u l t z
Alltagsleben,
) Vgl. B r i e t z m a n n
Die
böse F. in der dt. Lit. des ΜA.s. Palaestra 42. ί2
) Κ r a u ß Sitte und Brauch
183.
ω
)
DTdM.
14 Nr. 460 „Von gewonheyt der posen weyber". ) Ρ i c h 1 e r Über das Drama des MA .s in Tirol 153. 8 S ) B r i e t z m a n n Die böse Frau
84
158 f. 8 ·) H a n s S a c h s
Sämtliche Fabeln und
Schwanke 182. ") K r a u ß Sitte und Brauch 184. m ) E b d . 304 f f . 8 S ) Ρ 1 ο ß Weib 5 2, 580. M) Vgl. M e g e n b e r g Buch der Natur 41.
«) L i e b r e c h t
Zur Volksk. 410. « ) R a -
Arelat.
Panzer
dermacher
io, 46.
Beiträge SB-, B o e s e
,3>
Beitrag
Superst.
2, 467.
) A g r i p p a v. N e t t e s h e i m 4, 191. ) So Anord. Sagabibliothek 11, 11: Kristn. s. 4, 3 f. u. Anm. S. 11 f. 6. Im Widerspruch zu der immer vorhandenen tatsächlichen Lebenskameradschaft von Mann und F. zumal beim Landvolk hat sich das Volk vielfach, mit F.enverachtung renommierend, daran gewöhnt, in diesen Objekten einer irregeleiteten Männlichkeit ein notwendiges Übel zu sehen, zumal nach kirchlicher Meinung der geschlechtliche Eheverkehr, der oft als einziger Zweck der Ehe galt, auch nur als notwendiges Übel geduldet werden mußte ®e). Das Wegsterben der F. bot oft die glücklichste Lösung, wie es noch später heißt: „ W e m die Weiber abgehen und die Pferde wohlstehen, der wird r e i c h " " ) , oder variiert in allen Mundarten: M
85
Weibersterbe isch ka Verderbe! Aber Gäulverrecke, des isch e Schrecke w )! Das Fertigwerden mit diesem Übel, das Herrwerden über das W., wurde im MA. zum pädagogischen Problem. Das Regieren über F.en erscheint selbst den Himmlischen so schwer, daß eine Heilige,von Maria vor die Wahl gestellt, die F.en im Himmel oder den Donner zu regieren, sich für den letzteren entschied " ) . DieZähmung der widerspenstigen,herrschsüchtigen und listigen F.ennaturen wird das beliebte Thema zahlreicher „Dichtungen" von beschämender Roheit, so u. a. des Strickers Novelle „ V o n einer bösen F " . und sein Lehrgedicht von bösen F.en, „ V o n übelen wiben" 10°) Wie nichts kläglicher sein kann, als die Klagen
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der Pantoffelhelden, die bald den Märtyrern gleichgestellt, bald mit Höllenstrafe für ihre Nachgiebigkeit bedroht werden 1 0 1 ), so ist nichts widerwärtiger, als die Prügelpraxis, mit der der Mann sein geistiges Führertum nach Gottes Willen dokumentiert. Während die altgermanische F. nach Ausweis der isländischen Sagas jeden Schlag als tödliche Beleidigung empfand und tödlich zu rächen suchte, und im Bereich ihres Haus-F.enamtes für unverletzlich galt, wird im MA. das Prügeln als Mittel zur F.enzähmung eine vielbelachte Alltäglichkeit, an die sich die F.en schließlich gewöhnen 1 0 2 ); und tatsächlich kommt uns „nirgends deutlicher zu Bewußtsein, daß wir uns auf absteigender Bahn vorwärts bewegen, als in den Prügelszenen" 103): Wie es heute im slavischen Sprichwort noch heißt: „ W e r sein W. nicht prügelt, das ist kein Mensch" 104), so empfahl der Franziskanermönch Murner in der Narrenbeschwörung den Ehemännern, „ d r u f f " zu schlagen „als in ein mist" 1 0 5 ); Hans Sachs ist kaum zarter 106), und noch der feingebildete Vater Lessings konnte sich ohne „eine mäßige Züchtigung der F . " die männliche Eheherrschaft nicht denken 1 0 7 ). Eine alte Schützenscheibe im Reichenhaller Museum illustriert noch das mittelalterliche Motiv von den neun Häuten der F., von denen acht heruntergeprügelt werden müssen loe ). ··) 1. Kor. 7: „Um der Hurerei willen habe jeglicher sein eigen W." " ) P a n z e r Bei-
trag 1, 267.
w
) Meyer
Baden 212;
Höhn
Tod 326. »·) S έ b i 11 ο t Folk-Lore 1, 1 0 °) H g g . b e i B r i e t z m a n n Die böse
106. Frau
1 ff.; vgl. dazu die französischen Entsprechungen bei M o n t a i g l o n - R a y n a u d Recueil
,01) g6niral et com-plet des fabliaux. Brietzm a η η Die böse Frau 122 f f . 1 0 2 ) E b d . 185. 103) E b d . w l 173. ) K r a u ß Sitte und Brauch
94
10i
) Vgl. B r a n t
Narrenschiff (Zarncke)
365 a . 1 0 i ) B r i e t z m a n n Die böse Frau 184. 1 B ) O e h l k e Lessing und seine Zeit 8.
1M
) ZföVk. 10, 155 f.; R o c h h o l z Sagen 2,
170.
7. Auf diese Prügeldiktatur des Mannes brauchte hier nicht eingegangen zu werden, wenn nicht diese „übel-wip-Geschichten" einen „tiefernsten religiösen Hintergrund" hätten loe ), weil tatsächlich
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Frau, Weib
das MA. in dieser F.enzähmung einen gottgewollten Kampf gegen das Böse in der Evastochter sah, und „die Zähmung einer bösen F. mehr oder minder einer T e u f e l s a u s t r e i b u n g gleichk a m " 110 ). Die Prügelung der Ehe-F. und die Folterung der Hexe werden durch den gleichen Aberglauben sanktioniert. „Die Verkörperung aller Laster" ist die F. in dem ungeheuer verbreiteten Roman de la Rose (1280) m ) so gut wie im Hexenhammer; ihre „Boshaftigkeit von Natur", die die des Teufels fast übertrifft 1 1 2 ), hat ihr die Prügelstrafe wie die Hexenprozesse eingebracht. Von der faulen, unsauberen, schlemmerhaften und schließlich auch buhlerischen Haus-F. der Fastnachtsspiele m ) und übel-wip-Literatur, die, nur auf List und Bosheit b e d a c h t 1 U ) , ihres Mannes ewige Seligkeit gefährdet 1 1 5 ), weil „ir hergeselle, der tiuwel so groze k r a f t " 11β ) über sie hat, ist nur ein kleiner Schritt zu der Hexe, die,,zumSchadenihrer Mitmenschen" 117 ) das Teufelsbündnis schließt; von E v a und der Schlange, deren Köpfe Gabriel, der sie im Engelszorn abhieb und auf Gottes Befehl wieder ansetzen mußte, verwechselte (franz. Satire) 118 ), führt der Weg schließlich etwa zu dem Glauben, daß der katzen- und schlangenähnliche Drachen sächsischen Volksglaubens im 19. Jh., der den Besitzer mit Satanshilfe reich macht, fast nur in F.enhänden ist 1 1 8 ). Von den offiziellen Bildungsmöglichkeiten weitgehend abgeschlossen und als böses Prinzip gleichsam dogmatisch abgestempelt, griffen die F.en in Selbsthilfe oder in jener von der „Stamm-Mutter E v a " ihren Töchtern vererbten „Neugier nach größerem Wissen als recht ist" l2 °), zur Hexenkunst, die sie selbst oft für Gottbegnadung hielten m ) , während längst die fromme Umwelt an den Satan in den F.en glaubte, und machten sich „falsche Götter in den vielen abergläubischen Handlungen, die sie pflegten" u a ) . Man kann nicht sagen, daß „der Hexenglaube" auf dem altgermanischen Glauben an die Hoheit des W.es und seine geheimnisvolle, wunderbare Ausstattung b e r u h t e " 123 ), oder daß „aus der Ver-
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bindung der Götter mit den begnadeten Dienerinnen ein Bündnis mit dem Teufel sich e n t w i c k e l t " 124) habe. Die Evastochter brachte „iren hergesellen" selbst mit. Der Teufel, als die Hauptperson im Volksglauben der Bekehrten, trat in Verbindung nicht mit den Nachkommen nordischer Seherinnen, sondern mit denen der „Mutter der Sünde". Zwischen weißer und schwarzer Magie ist auch schon im germanischen Altertum scharf zu unterscheiden. Nicht den von meist landfremden Zauberern beiderlei Geschlechts geübten Hokuspokus außerhalb des gottesdienstlichen Lebens, sondern die Weissagung und Magie in Gottverbundenheit hat schon „unser frühestes Altertum vorzugsweise den F.en zugeschrieben" m ) . Weit entfernt davon, selbst bevorzugte Trägerin böser Künste und des bösen Blickes zu sein, ist die germanische F. vielmehr geeignet, bösen Zauber zu bannen, bösen Blick abzuwenden l a e ). Demnach kann nur dort eine E n t w i c k l u n g mittelalterlichen Aberglaubens aus altgermanischer F.engeltung vorliegen, wo statt der Gewalt des Bösen über die F.en eine den Teufel bändigende Macht der F. erscheint (vgl. den von F.enhaaren gefesselten Teufel) 1 2 7 ), wo (vor allem in Sagen) die Macht des Satans gebrochen wird durch die Macht „reiner" oder überirdischer Weiblichkeit. Dagegen gründet sich der Glaube an die Teufelsmacht über die F. auf den Glauben an ihre Sündhaftigkeit und schließlich Unreinheit von Natur und hat den primitiven Anschauungen von besonderer Gefährdung der F. durch böse Dämonen zumal bei Schwangerschaft, Menstruation und Geburt (Männerkindbett!) 128 ) hier und da bei uns Eingang verschafft 1 2 e ). Hierher gehört vielleicht jener Aberglaube, der der F. verbietet, während der Menstruation mit zur Beerdigung zu gehen, weil sie „sonst die Zehrkrankheit bekomme" (Mönsheim-Leonberg) 130), oder jener französischen F.en, die während der Schwangerschaft nicht wagen, nachts das Haus zu v e r l a s s e n m ) . Daß F.en gern vor der Entbindung beichten 1 3 2 ), oder daß sich früher im Vogtland die F., die in
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die Wochen kam, vom Nachtwächter ein geistliches Lied singen ließ 133 ), könnte allenfalls mitbestimmt sein von diesem Aberglauben. Sicherlich gehört es hierher und in die Nachbarschaft des seltsamen Männerkindbettes, wenn die Wöchnerin ihren ersten Ausgang, sofern er nicht der Kirche gilt, mit dem H u t des Mannes unternimmt, „ u m sich gegen Hexen und Verneiderinnen zu schützen" 134). Beide Stufen der Entwicklung, die Vorstellung von der F. als b ö s e m P r i n z i ρ und die primitivere von der F. als u n r e i n e m Wesen, unterscheiden wir im deutschen Volksglauben. Der Glaube an die Zauberkraft von F.en, „die durch ihren Blick oder ihre Berührung oder allerhand Künste den Menschen und das Vieh k r a n k machen und töten, und durch Unwetter die Felder verwüsten konnten" 1 3 S ), war allgemein wie k a u m sonst ein Aberglaube. Einersefts sind es besonders alte häßliche W.er mit Triefaugen und zottigem Haar, die als Hexen gelten 1 3 β ). Aber ein Sprichwort sagt: „Nach neun J a h r e n wird jede Katze zur Hexe, nach zweimal neun J a h r e n jedes Mädchen" 1S7). Man war stets bereit, in jeder Evastochter und oft auch gerade in derschönsten, eine Hexe zusehen. F.en, die einen Bart 1 3 β ), oder rote Augen und zusammengewachsene Augenbrauen haben, gelten für Hexen 139), und ihre Zahl ist groß; mit sieben aus einem Dorf weiß der junge Goethe im Dichterübermut fertig zu werden 140), und man h a t Rezepte, mit denen sie sich alle zwangsweise zusammenbringen lassen M1 ). Man soll auch bei den F.en „darauf achten, welche immer zuerst gehen wollen, das sind Hexen", (Emmental) 112 ), und „wer hinter einem alten W. hergeht und in deren Fußstapfen tritt, tritt ihm auf die Zehen, wenn es eine Hexe i s t " 143 ). Auch wenn man morgens beim Ausgehen von einem W. „ b e r u f e n " wird 144) (Wetterau), oder wenn eine F. auf den Gruß „Gelobt sei Jesus Christ" nicht antwortet (Tirol) 14S), ist es eine Hexe. Dabei ist es meist die im b ö s e n B l i c k (s. 0.) sich äußernde Dämonie, die man fürchtet, wie der Somali-Neger bei der Zubereitung seines Pfeilgiftes den
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das Gift unwirksam machenden bösen Blick zuschauender F.en f ü r c h t e t 1 4 8 ) . Besonders wird der böse Blick älterer und übelberüchtigter F.en von jungen Müttern gefürchtet 1 4 7 ). Wenn ein im geheimen unzüchtiges W. eine Schwangere oder ein neugeborenes Kind oder die entblößte Mutterbrust sieht, folgt darauf Krankheit f ü r Mutter und Kind l48 ). Unter den übernatürlichen Verkörperungen solcher hexenhaften Weiblichkeit ist die in Tierfelle gekleidete, häßliche Skogsnufva, die sich dem Jäger gern als verführerisch schöne J u n g f r a u zeigt, charakteristisch 14e ). Beim Angang (s. d.) sind nicht nur alte W.er l s o ), sondern oft F.en überhaupt von unheilvoller B e d e u t u n g l s l ) , so in Wangeroog das weibliche Geschlecht überh a u p t ohne Rücksicht auf das Alter, nur mit Ausnahme der kleinen Mädchen bis zu drei J a h r e n 152 ). Solcher Angang ist unheilvoll, vor allem, wenn man Vieh zum Markte f ü h r t 1 5 3 ) , wenn man eine Reise a n t r i t t (sofern die begegnende F. nichts 154 ) oder einen Besen 155) trägt) und wenn der Bauer zur Aussaat geht; dann vor allem am Neujahrsmorgen l 5 e ). Dagegen heißt es wohl einmal, daß des Mannes Ausgang erfolgreich sein wird, wenn v o r ihm eine F. geht 1 5 7 ). Das Glück schwindet, wenn am Einzugstage den Einziehenden (drei alte) F.en entgegenkommen 1 5 8 ), oder wenn die Haus-F. selbst die Stubentür öffnen muß 1 5 9 ). Das J a h r wird schlimm, wenn am Neujahrsmorgen als erste Glückwünschende eine (alte) F. erscheint leo ), wie aus ähnlichem Aberglauben bei den Huzulen F.en und Mädchen am ersten Weihnachtstage nirgends zu Besuch gehen dürfen, weil sie Unglück bringen, wohin sie kommen l e l ) . Das Eheglück sieht man gefährdet, wenn eine (alte) F. dem Hochzeitszug über den Weg l ä u f t l e 2 ) , und wer sich von einer F.ensperson die Braut empfehlen ließ, h a t eine unglückliche Ehe zu erwarten 1 8 3 ). Seltsam erscheint es, wenn der Sage nach die Zwerge sich nicht von F.en sehen lassen wollen 184 ), oder wenn Schlangen, die Männern sich freundlich erzeigen, die F.en verabscheuen 1 8 S ), oder wenn schließlich im französischen Aberglauben
Weib
das Meer zu toben beginnt, wenn sich ihm eine F. nähert l e 6 ). 10')
Brietzmann Die böse Frau 124. Ebd. 122. i n ) H a n s e n Zauberwahn 149. 112) S i m r o c k 113 ) Vgl. Mythologie 311. Gattermann Die dt. Frau in den Fastnachtsspielen. Diss. Greifswald 1911. 114) Vgl. das Schwankmotiv von dem Wettbewerb dreier F.en darum, welche ihrem Mann den schlimmsten Streich spielen kann: L i e b r e c h t Zur Volksk. 124. l l s ) B r i e t z m a n n Die böse Frau 123 f. l l e ) Ebd. 19 und 18. " ' ) S t r a k k e r j a n 2, 188. l l e ) S e b i l l o t Folk-Lore 3, 256. "·) Μ e i c h e Sagen 311. 12°) MschlesVk. 17, 28. m ) Spätes Beispiel hierfür bei H o v o r k a - K r o n f e l d 2, 331. 122) MschlesVk. 17, 28 f. 123) W e i n h o l d Frauen 52. 124) R o c h h o l z Sagen 2, 188. 12S ) Grimm Myth. 2, 867 ff. und 3, 306 macht diesen Unterschied nicht. 12e) Vgl. den altägyptischen F.ennamen Staon-Arban = die den bösen Blick abwendet: 127 Seligmann 2, 372. ) ZfVk. 7, 189. 12e) Anschauungen, für die kein Zeugnis aus germanischer Vorzeit beigebracht werden kann. "») B ä c h t o l d Hochzeit 1, 229 f. mit Lit. "«) H ö h n Tod 345. m ) S e b i l l o t Folk13z Lore 1,160. ) M e y e r Baden 522. m ) K ö h 1M l e r Voigtland 242. ) Leoprechting 13δ) M e y e r Lechrain 236. Baden 552. "«) Ρ ο 11 i η g e r Landshut 109 ff. 137) Ebd. 13S 13e 109. ) Urquell 2, 105. ) Witzschel Thüringen 2, 266 140) G o e t h e im Ziu l geunerlied. ) Alemannia 2, 139; „nimb ein hasenleberen und gallen, brenns auff dem feldt, wass für bösse Weiber auff ein meil weg seind, kommen alle zuesammen." 142) SAVk. 15, 12. ll °)
Β i r 1 i η g e r Volksth. 1, 325. 144) W u t t 14e) ke § 213. 14t ) Ebd. Sei ig mann Blick 1, 234. " ' ) Alemannia 25, 37. 14e) K a m p Folkeminder 211, 187; Jydshe Samt. 4, 239. i") M a n n h a r d t 1, 128. l5 °) A n d r e e Braunschweig 402; SAVk. 7, 135; ZfVk. 25, 21 und 25; K o h l r u s c h Sagen 339; Hov o r k a - K r o n f e l d 1, 31 u. a. l n ) K n o o p Hinterpommern 163; Liebrecht Zur Volksk. 328; M e y e r Baden 51. 152) S t r a k k e r j a n 1 , 2 9 f. 163) Ε b e r h a r d t Landwirtschaft 19. 161) W u t t k e §288. 15S) J o h n Erzgebirge 34. 15s) Alemannia 25, 45; M e y e r Baden 515. " ' ) Urquell 4, 116. 16e) J o h n Erzgebirge 28. "") Ebd. 1M ) Β i r 1 i η g e r Volksth. i, 469; Alemannia 25, 52. 1β1) S a r t o r i Sitte und Brauch 3, 39. m ) J o h n Erzgebirge 95; H o v o r k a - K r o n f e l d 1,31. 1,s ) P f i s t e r Hessen 140. 1,4 ) W o l f Beiträge 2, 316. ™6) S 6 b i 11 ο t Folk-Lore 3, 264 und 282. leo ) D e r s . 2, 14.
8. Mehr auf die primitivere Vorstellung von der U n r e i n h e i t des W.es, die auf alles wirkt, womit sie in Berührung kommt 1 O T ), bezieht sich mannigfaltiger
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Aberglaube, der in bemerkenswertem Gegensatz vor allem zu dem noch zu behandelnden Glauben an günstigen Einfluß der F. auf die Fruchtbarkeit steht. So verbietet der Aberglaube der F., wenn sie krank gewesen ist, das Feld zu betreten, solange siesich nichtdurchKirchenbesuch gereinigt hat 1 6 8 ). Während Schwangerschaft und Menstruation ist ihr vielfach selbst das Anfassen der Früchte zum Einkochen 169), ja der Ausgang in den Garten untersagt, da die Früchte dadurch verderben, die Pflanzen absterben könnten 17°). Aber auch allgemein heißt es: F.en dürfen keine Obstbau me pflanzen 1 ' 1 ), keine Kirschen und Pflaumen abnehmen 172 ); wenn F. oder Mädchen auf einen Obstbaum klettern und Früchte pflücken, so soll der Baum auf sieben Jahre unfruchtbar werden 173 ). Das von weiblichen Wesen gepflückte Erstlingsobst „spaltet sich" leicht 1 ' 4 ). Auch Safran darf nicht von F.en gepflückt werden, sonst verdirbt er 176 ), wie bei den Südfranzosen die Melonen ungenießbar werden sollen, bei deren Aussaat eine F. zugeschaut hat 1 7 6 ). Beim Pflanzen von Erbsen und Bohnen ist den F.en Schweigepflicht auferlegt, damit die Vögel es nicht merken 177 ), und nach wendischem Volksglauben können F.en unter bestimmten Umständen sogar Kiefern zum Vertrocknen bringen 178). Nicht nur auf dem Feld, auch an anderen Arbeitsstätten fürchtet man den schädlichen Einfluß der F.en. Nach norwegischem Volksglauben läßt sich Eisen in F.engegenwart nicht zusammenschweißen 179 ). Auf der Gazellenhalbinsel (Neu-Pommern) dürfen die F.en nichts mit der Anfertigung der Fischereigeräte zu tun haben und die fertigen Reusen nicht berühren 18°). Nach kroatischem Aberglauben halten die Mühlradspeichen nicht lange, wenn (am bestimmten Tag) ein W. die'Mühle betritt 1 8 1 ), und im Somogyer Komitat (Ungarn) erlaubt man wohl einem fremden Mann, aber nicht einer fremden F., das Haus zu betreten 182 ). Schlesische Bergleute nehmen die Grubenlampe nicht aus F.enhand (in Angst vor dem Zorn böser Geister) wie auch
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im Oberharz beim Fastnachtsgottesdienst die Bergleute die Teilnahme der F.en nicht wünschen; man sagt: so viele F.en teilnehmen, so viele Bergleute werden im laufenden Jahre in ihrem Beruf sterben 184 ). Der alte Glaube an die H e i l k u n s t der F. (s. u. Abschn. 10) war nicht stark genug, den Aberglauben an h e i 1 u η g h i n d e r n d e n Einfluß der F. zu unterdrücken. So bevorzugt man in Tirol beim Verbinden von Wunden Leinen von Manneswäsche, weil Leinen von F.enwäsche die Heilung hindern soll 1 8 5 ). Und der Hengst darf angeblich deshalb nicht in F.engegenwart zum Wallach gemacht werden, weil sonst die Wunde schwer heilt w«). Während der heidnische Germane die Waffe vorzugsweise aus F.enhand (Braut, Mutter) zu empfangen pflegte, lehrt der neue Volksglaube, nachdem jedes Waffenführen der F. zur Unschicklichkeit geworden war UT ) I daß „eine vom W. dargereichte Waffe wegzuwerfen" sei m ) , weil derjenige „unglücklich kämpfen" wird, „der die Waffen von einem W. in Empfang nimmt" l w ) . Ähnlich erscheint der Glaube an den segensreichen Einfluß der F. auf das Wetter ins Gegenteil verwandelt, wenn in einigen Orten der Oberpfalz das Alarmhorn für Unwettergefahren ängstlich vor Berührung durch F.enhand geschützt wird 19°), oder wenn schließlich gerade nicht die besten, sondern die schlechtesten Haus-F.en bei der Wäsche das beste Wetter zu erwarten haben m ) . Wie die Verkleidung des Mannes in F.enkleidung, die auch zu Zauberhandlungen verwendet wird, ζ. B. sich unsichtbar zu machen 1 M ), allgemein als die „schändlichste Verkleidung" und als Anreiz für böse Geister gilt (s. o. Abschnitt 5), so heißt es auch, daß der Mann, der eine F.enhaube sich aufsetzt, vom Alpdruck geplagt werden wird m ) . A m klarsten tritt der Aberglaube an die Unreinheit der F. da hervor, wo er in die Religion übergreift. So glaubt man in Tirol, wenn ein W. einem Geistlichen das „ F ü r t u c h um den Kopf wirft, so werden ihm dadurch die Weihen genommen" 1 M ).
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Das weist zurück auf die Rolle, die die F. im Kult des Christentums spielt und auf die aus dem Glauben an die Unreinheit des W.es gefolgerte Tendenz, die F. vom Dienst am Heiligen fernzuhalten. '"J B o h n e n b e r g e r 20. '") SchwVk. 73. 1M) A n d r e e Braunschweig 403. B o h n e n b e r g e r 21. "») W u t t k e § 668. "*) D r e c h s l e r 2, 83. "') Rogasener FamBl. 4, 36. "«) P e r g e r Pflanzensagen 321. W u t t k e §667. »·) ZfdMyth. 2, 418. »") ZfrwVk. 1, 8. «») S c h u l e n b u r g 124. "') L i e b r e c h t Zur Volksk. 328. ·») S a r t ο r i Sitte 2, 162. 181) Ethnol. Mitt. a. Ungarn 4, 173. 18a) ZfVk. 4, 310. 1M) D r e c h s l e r 2,170. 1M) S a r t o r i Sitte 3, 119. us) Η e y 1 Tirol 801. »·) W u t t k e §712. lw ) Vgl. die entsprechenden Bestimmungen schon in den alten Volksrechten G r i m m RA. 1,404. 1M) ZfVk. 25, 21. 1M) A g r i p p a VOD N e t t e s h e i m 4, 191. 1M) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 121. m ) Unoth 1, 183. m ) Η e y 1 Tirol 803. lia ) G r o h m a n n 229. 3,
"») Η e y 1 Tirol 803.
9. Der Zusammenhang zwischen religiösen und sozialen Verhältnissen in jeder aufstrebenden Kultur steht außer Zweifel 1 9 5 ). Wären die Legenden vom F.enraubrecht altgermanischer Männer und von dem Verhandeln der germanischen F. als Ware mehr als eben Legenden irrender Wissenschaft, dann wäre die Rolle der F. in der germanischen Religion ein psychologisches Rätsel. Wer sich F.en als Besitzobjekte hält, betet zu Allah oder Jahwe und nicht zu einer Nerthus oder Thorgerd Hölgabrud. Wer das weibliche Geschlecht für minderwertig, böse von Natur oder unrein hält, betraut es nicht mit gottesdienstlichen Funktionen 1 β β ) und gönnt ihm nicht den Platz in der Halle bei Festgelagen 1 6 7 ) und Opferfeiern, wie es die Germanen taten. Wer die F.en für unwissend und schwatzhaft hält, verlangt nicht nach Zukunfts- und Schicksalsspruch aus F.enmund, wie die Germanen. „Männer verdienen durch ihre Taten, F.en durch ihre Weisheit Vergötterung" sagt Grimm 1 8 e ) von ihnen, und die Völwa lehrt den Gott, die Walküre den Helden das Wissen um letzte Dinge. Nicht nur auf die Teilnahme am K u l t oder die Leitung des Gottesdienstes be-
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Frau, Weib
schränkt sich der gottesdienstliche Einfluß der germanischen F.en, sondern er erstreckt sich durch ihr A m t als H ü t e rinnen der Sippenehre auf das gesamte Leben. W e n n „ v o n der germanischen F. im Jenseits nur in spärlichen A n d e u t u n gen die Rede i s t " 199 ), weil begreiflicherweise der vielbesungene W i k i n g e r t r a u m von Walhall, — dem poetisch verherrlichten Massengrab eheloser Berufskrieger — auf die Haus-F. verzichtet, oder wenn dann die Mythologie die Männer zu Odin und die F.en zur Hei weist, so sollte eingehende K e n n t n i s altgermanischer Glaubensverhältnisse v o r dem Fehlschluß bewahren, der hieraus eine allgemeine Geringschätzung der germanischen F. folgert 20°). Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß die monogamen germanischen Bauern, die den Volksglauben vertreten, nicht in ein Männerparadies mit metschenkenden W a l k ü r e n einziehen 201 ), sondern in jene heiligen Berge, in denen sich a l l e Toten der Sippe versammeln. Anders als bei den Germanen stand es bei den meisten Völkern jenes K u l t u r kreises, aus dem das Christentum zu uns kam. Bei den alten Etruskern z w a r wie bei den Illyriern nahm die F. völlig unbehindert am kultischen Gelage teil 202). Bei Griechen und Römern lag der häufige Ausschluß der F . v o m K u l t 203) bisweilen im Wesen der Götter begründet (Ares, Herakles) w t ) ) wenngleich selbst in einigen K u l t e n des Soldatengottes Mithras F.en zugelassen waren 80S) und der sonst nur den Männern geöffnete 20e) Herakleskult im ionischen Erythrai den thrakisehen F.en offen stand i07 ), mit der gleichen sagenhaften Begründung wie das Vorrecht der F.en im Lechtal, die vor den Männern z u m A b e n d m a h l gehen dürfen, weil sie im Dreißigjährigen Krieg durch List und Mut die Schweden zur U m k e h r zwangen a08). Der Hauptgrund für diesen F.enausschluß in griechischen und römischen K u l t e n ist wohl weniger jene niedrige Einschätzung des weiblichen Geschlechts und der Glaube an ihre Unreinheit 20β), wie sie etwa im J u d e n t u m 210) oder bei den Japanern, deren F.en den heiligen
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Berg nur bis zu einer bestimmten Grenze besteigen dürfen 2 U ), Ausdruck gefunden hat, sondern eher der für primitive 212 ) wie für alternde K u l t u r e n typische H a n g zur Geschlechtertrennung, wie er in der Tatsache zum Ausdruck kommt, daß dem kultischen F.enausschluß ein kultischer Männerausschluß gegenübersteht (Silv a n u s — F a u n a 213 ), Demeterkult) 214 ). Die freie und oft führende Stellung der F. im frühen Christentum 215 ), die den Sieg zumal über den — F.en zumeist ausschließenden — Mithraskult entscheiden half 2 l e ), hat sich sehr bald grundlegend geändert. W e n n bei der Germanenmission noch einmal F.en in vorderster Linie stehen (besonders bei der Bekehrung Englands), so hat hier die landesübliche F.engeltung die Politik der Kirche beeinflußt, in der längst der F. das R e c h t zur Predigt, Gemeindeführung, Spendung des Abendmahls entzogen war. Das 5. Jh. sprach von einer „ B e s u d l u n g der göttlichen Sakramente durch F . e n h ä n d e " 217 ). „ K e i ne F. durfte sich dem christlichen A l t a r nähern und keinen noch so äußeren Dienst an ihm und für ihn besorgen" 218 ), als unreines Wesen durfte sie nur mit dem Schleier die Hostie a n f a s s e n 2 l e ) ; man verbietet der F., während der Menstruation das Abendmahl zu nehmen 220), und man ermahnt die F.en besonders, in der Kirche nicht zu sprechen 221 ). Bemerkenswerterweise haben dagegen in einigen Gegenden Deutschlands heute noch die F.en beim A b e n d m a h l den Vortritt 222 ). Bezeichnend ist der v o m Kirchenvater Hieronymus vertretene 223), von Augustin b e k ä m p f t e Glauben, daß bei der allgemeinen Auferstehung der Toten alle F.en zu Männern vervollkommnet werden 224 ). Wie vielfach bei Primitiven gerade die F. mit dem Totenkult betraut wird 22S), und die altgermanische F. für das „ j e n seitige" Heil toter Verwandter durch Betreiben der Sühne oder Blutrache Sorge trug, so spielt auch bei uns bisweilen die F. in Bestattungsbräuchen eine besondere Rolle. So pflegt in der Gegend von Aalen auf dem von Ochsen gezogenen Leichenwagen eine F. zu sitzen, die ein
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brennendes Licht in einer gewöhnlichen Laterne hält 22e ). Ähnlich sitzen bei den Bulgaren oft mehrere F.en jammernd auf dem Sarg 227 ), oder veranstalten bei den Siebenbürger Rumänen gerade die weiblichen Hinterbliebenen besondere rituelle Gänge zum Grab 228 ). Dagegen dürfen sich bisweilen nur Männer am Leichenzug beteiligen, während die F.en im Trauerhause zurückbleiben müssen 229 ). Es entspricht der „kühlen, dem Erotischen wenig zugewandten Sinnesart der unbeeinflußten Germanen" 230 ), daß bei ihnen die kameradschaftliche Gemeinsamkeit die trennenden Geschlechtsunterschiede überwog und jene bei Primitiven bekannte scharfe Trennung der Geschlechter, die die Sitte der Männer- und F.enhäuser schuf und bisweilen das Bestehen einer besonderen F.ensprache ermöglichte 231 ), unbekannt war, wenn auch gewisse Sonderbestimmungen in bezug auf Wehrgeld, Strafe und Eid („mit Zopf und Brust schwören") 232 ) in den Volksrechten erscheinen, und in karolingischer Zeit jene gesonderten Arbeits- und Wohnhäuser für F.en („Genecia") eingeführt werden 233 ), die als Vorstufen der späteren nur noch der Prostitution dienenden F.enhäuser mittelalterlicher Städte gelten 234 ). Daher ist es abwegig, etwa aus gewissen mit Donar und Freyr in Beziehung gesetzten Bräuchen beim Osterfeuer 236 ), bei denen F.en ausgeschlossen 23e ) bzw. beide Geschlechter abergläubisch getrennt werden (getrennte Feuer) 237 ), den Schluß zu ziehen, daß einst „den Donar die Männer, den Freyr die F.en und Mädchen besonders verehrten" 238 ). Keine germanische Gottheit und kein germanisches Fest hat sich auf nur eines der beiden Geschlechter beschränkt 239 ), und noch bei den isländischen Schlagballspielen oder Pferdekämpfen genoß die F. die gleiche Freiheit wie einst die lakedämonischen Mädchen bei den olympischen Spielen M 0 ) ; dagegen kennt der deutsche Volksbrauch den Ausschluß der F.en bei manchem Festtreiben, so bei dem Oster-Ballspiel und Eierschieben auf dem Vogelberge in
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Ankum, wo das W., das sich dabei sehen läßt, ergriffen, im Scherz als „ P f e r d " behandelt und verkauft wird 241 ). Wir haben auf germanischem Gebiet auch kein Zeugnis für jene nur von F.en gefeierten F.en- und Fruchtbarkeitsfeste, wie sie aus der antiken Welt in Demeterkulten, spartanischen Eleusinien M2 ), appolinischem Kult der Hyakinthien, Herakult u. a. M 3 ) bekannt sind, und wie sie wohl auf dem Weg über die römischen „Matronalien" 244 ) in den deutschen Volksbrauch eingedrungen sind (vgl. das römische F.en-Neujahr am I. März) 245 ). Man hat ohne genügendes Verständnis für die psychologischen Gründlagen nordischen Volkslebens die in der bekannten ,,W e i b e r f a s t n a c h t " und ähnlichen F.enfesten gebräuchliche Geschlechtertrennung mit „einer uralten sexuellen Abstinenzzeit" zu erklären gesucht, die dann „in der Faschingszeit von orgienartiger geschlechtlicher Vermischung abgelöst wird" 24e ), oder diese F.enfeste „als teilweise entarteten Rest eines Frühlingsfestes" angesehen Μ7 ), und aus ihnen auf „eine strengere Trennung der Geschlechter im germanischen Altertum" und auf eine „ursprünglich hervorragende Stellung der F . " ^ mit Mutterrecht und Geschlechtsgenossenschaft Schlüsse gezogen 249 ), die von der germanischen Altertumskunde nicht bestätigt werden. Man hat die Weiberfastnacht zurückgeführt auf ein altes „Hausfrauenfest im Februar" 2S0 ), das dem „ganz allgemein menschlichen Bestreben, die Sippenfruchtbarkeit zu erhalten", entsprungen sei als Reinigungsfest durch Sonne und Feuer 251 ), und dem „das Christentum e contrariis ein oder mehrere Jungfrauenfeste entgegenstellte" 252 ). In Verbindung gebracht zu dem bekannten Brauch und Sagenstoff von dem scherzhaften Rollentausch zwischen Herr und Knecht, von dem Fest der Dienstboten, die einmal die Herrschaft spielen dürfen, erscheinen diese vielleicht nach fremdem Vorbild eingerichteten F.enfeste als eine Reaktion des Gewissens gegen die fortgesetzte Freiheitsbeschränkung der F., als eine gön-
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nerhafte Almosengabe der Freiheit an die unfreie F . : „ S i e soll auch einmal ihren T a g haben". So verrichteten in manchen Dörfern der Lüneburger Heide am Silvestertag die Männer alle häusliche Arbeit, und die F.en hatten Ruhe 253), oder führten das Regiment 254). Andernorts durfte am Tage Maria Empfängnis keine F. arbeiten 25δ ). Nach einer westfälischen Sitte war der sogenannte „ B r ö d e n t a g " (ein T a g um Weihnachten) der Ruhetag der F. 25e ). Vielfach soll am Tage des heiligen Simon, des Patrons der Pantoffelhelden (Simannlbrüderschaft; Volksetymologie „ S i e — Mann") die F. die Herrschaft ausüben und kein Mann seiner F. widersprechen 257). In Brüssel läuteten alle Glocken den F.enabend am 19. Januar ein; jeder Mann mußte seine F. bewirten, ihr gehorchen (und sich abends von ihr ins Bett tragen lassen!) 2B8). Von hier aus ist es nicht weit zu den heute noch in Resten erhaltenen F.enfesten und F.enabenden 2 M ) mit vielfachen, oft abergläubisch gehüteten F.envorrechten, so der „ W y b e r f y r t i g " genannte Ruhe- und Feiertag der F.en (Pauli Bekehrung) im Kanton Luzern 2e0), der „ W e i b e r k i t z " in Irmelshausen (bis 1862 gefeiert und angeblich von der Behörde gestiftet aus Dankbarkeit für tapfere Lebensrettung durch F.en) 2 W ); dann auch das „Sandtröglein" der Egerer Rats-F.enam Pfingstdienstag 282 ), das Fest der Milch-F.en in Berghausen (in der Pfalz) 2β3) und besonders die vielbezeugte F.enfastnacht (auch Jungfernfastnacht) 2 M ). Außer den bisweilen zugelassenen Vertretern der Behörde hat beim Festschmaus am F.enabend kein Mann Zutritt 2β5). Neben Trank und Schmaus („Weiberbraten") diente die Zusammenkunft (unterm Vorsitz der Pfarrers-F.) mitunter sogar zu einer Art Gerichtssitzung über F.en, „die nicht auf Reinlichkeit und Kinderzucht hielten" 2ββ). Das Bezeichnende an diesen F.enabenden scheint jedoch weniger das F.enrechtliche oder „die wirtschaftliche Ge-
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schlossenheit" der F.en zu sein 2M ), als eben der Rollentausch. Die F.en erhalten männliche Rechte und Freiheiten, zumal Tanz- und Zechfreiheit 2β8). Wie noch im 17. Jh. die F.en des Münstertals im Elsaß zu Fastnacht „maskiert mit einem aufgeputzten Bock und einem schellenbehangenen Pferde, das zwei Fässer Wein trug, durch die Straßen zogen" 2 β β ) („kein Mann durfte sich vor Abend an den Fenstern sehen lassen"), so holten sie in der Eifel um Fastnacht oder am Pfingstmontag ®°) den schönsten Baum selbst aus dem Wald (Abart des Maibaumes?) 271 ), versteigerten ihn, kauften Wein und fuhren das Fäßchen durchs Dorf 272). Andernorts verschaffen sich die F.en die Mittel zum Weinkauf dadurch, daß sie den Männern die Mützen wegnehmen und nur gegen Geld zurückgeben 273 ); oder sie lassen sich einfach von den Männern ins Wirtshaus führen W4 ). In Dornhan (Baden) durfte jede F. am Aschermittwoch auf Gemeindekosten einen Schoppen Wein trinken 275). Auch bestimmte Gebäcke werden in Süddeutschland am „Frauchenabend" (Fastnachtssonnabend) von den F.en gemeinschaftlich gegessen, bis die Männer zum Tanz kommen 27e ). Und die F., die zum erstenmal nach ihrer Verheiratung K u chen oder Brot backt, muß den im Backhaus anwesenden F.en eine Flasche Kirschschnaps zum besten geben (Braunschweig) m ) , wie in Friesland die Wöchnerin die ihr zum ersten Kirchgang gefolgte F.enschar zum Schmaus einzuladen hat m ) . Zu einer rechten Tauffeier gehört es (Kreis Prüm), daß· die F.en der Taufgesellschaft, die oft besonders geehrt werden (obenan sitzen) m ) , noch ins Wirtshaus geführt und dort bewirtet werden, bis sie vor Trunkenheit „ k r ä h e n " 280), und schließlich gehört vielleicht hierher, daß der Mann der jungen F. beim ersten Ausgang nach der Niederkunft Wein bezahlen muß (Tuttlingen u. a.) Zu den F.enfesten in Beziehung steht vielleicht auch der schlesische „Schlenkerbraten" m ) und das F.enwettrennen,
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f ü r Breslau unter dem Namen Pelzlaufen schon 1515 erwähnt 288), und bereits aus dem griechischen A l t e r t u m bekannt "*), schließlich auch das Lausitzer „ R e n n e n nach dem S e m p e r " a m Donnerstag vor Fastnacht (Umherziehen der F.en, Possen treiben, Gaben einsammeln), das 1444 v o n der Kirche als Überbleibsel alter wendischer „ B a c c h a n a l i e n " verboten wurde **), und schließlich der „ H e i s c h e g a n g " mit nachfolgendem Gelage in Rodder (Eifel) * · ) .
dom 250, dagegen Dt. Lit. Ztg. 1928 H. 43. ««·) W ä c h t e r Reinheit 127. M1 ) S a r -
"') Hierzu vgl. V i s s c h e r Naturvölker. "·) Schon G r i m m Myth. 3, 41. 1W) Vgl.
Zur Volksh. 379 f., wo unter Heranziehen eines alten persischen Parallelbrauchs auf „die Gynäkokratie der alten Welt" verwiesen wird. 2M) Vgl. u.a. R e i n s b e r g Festjahr 29. *») H o f f m a n n - K r a y e r i 2 3 . " l ) S p i e ß
E. B u d d e Die Bedeutung [der Trinksitten in der Kultur der Angelsachsen. Diss. 1906,
39; vgl. u. a. Heimskringla Yngl.-s. c. 37. "·) G r i m m Myth. 1, 329. 1M) M e y e r Religgesch. 248. *») Ebd. ·") M e y e r
t ο r i Sitte 3, 163. ***) Ν i 1 s s ο n Griech. Feste 313 ff. 327. 335. *") B e c k e r Frauenrechtliches 69. *") Vgl. W i s s ο w a Religion
185. *") U s e n e r Kl. Sehr. 4,126. "«) Η ö f -
l e r Fastengebäcke 21. " ' ) B e c k e r Frauenrechtliches 34. "») Ebd. M») S c h u r t ζ Al-
tersklassen 66. »») ZfVk. 15, 316. »») Ebd. 15, 317. *·*) Mit Hinweis auf die Festtage heiliger Jungfrauen nach dem Lichtmeßtage: ZfVk. 15, 316. *«*) S a r t o r i Sitte 3, 63. , H ) Κ ü c k Lüneburger Heide 44. *") J o h n
7. "·) K u h n prechting
Westböhmen
Westfalen 2, 102. " ' ) L e ο Lechrain 198. "*) W o l f
Niederl. Sagen 139 und 172 f.;
Liebrecht
Fränkisch-Henneberg
135 f. "*) J o h n
47 f. »··) H e ß l e r
Hessen 2, 219.
West-
Wein 54.
böhmen 78. *·») ZfVk. 24, 413. "*) S a r t o r i 3, 118 u. a. »") F e h r l e Volksfeste
Reinheit 125. a > ) D i e t e r i c h Kl. Sehr. 265 Anm. " · ) Vgl. W i s s ο w a Religion 279.
B e c k e r Frauenrechtliches 33 ff. '"J S a r t o r i Sitte 3, 118 mit Lit. , w ) J a h n Opfer-
W ä c h t e r Reinheit 127; vgl. den Ares Gynaikothoinas in Tegea: Ν i 1 s s ο η Griech. Feste 407. «») ZfdMyth. 2, 346; Ζ i η g e r 1 e Tirol 404; R e i s e r Allgäu 1, 479. "") W ä c h -
*") S a r t o r i Sitte 3, 118. »«) M a n n h a r d t Germ. Mythen 25 f. "*) ZfdMyth. 1, 89.; S a r t o r i Sitte 3, 211 f. "') H e B l e r
Myth. d. Germ. 435. m
) Grimm
Kircher
Myth. 3, 41. "") W ä c h t e r
t e r Reinheit 125 f. !10 ) Vgl. L o h r Die Stellung des Weibes zu Jahwes Religion und Kult 51.
*") W ä c h t e r Reinheit 127. "*)' R e u t e r -
ski ö 1d
Speisesahramente
46.
,u)
W is-
s o w a Religion 214a. m ) W ä c h t e r Reinheit 130 ff. »") Vgl. G o t t l i e b Die F. im frühen Christentum; v. H a r n a c k Die Mission und A usbreitung des Christentums; Kirsch Die Frauen des kirchlichen Altertums. 11 *) D i e l17 t e r i c h Kl. Sehr. 270. ) G ο 1 1 1 i e b Die Frau im frühen Christentum 31. ! u ) G ö t z i n -
g e r Reall. 288. "·) Synode von Auxerre, vgl. Η e f e 1 e Conziliengeschichte 3, 46. ,M ) S t o l l e
Kirchenväter 184. m ) Η e f e 1 e Conziliengeschichte 3, 339. «**) S a r t ο r i Westfalen 59.
"·) S t o l l e Kirchenväter 515. *») A u g u s t i η De Civ. Dei 22, c. 17. 2 ") ZfVk. 18, 356. *•·) B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 316. ·") S t r a u ß Bulgaren 450. «·) ZfVk. 17, 378. "») Ebd. 13, 389. '«·) N e c k e l Balder 138. " ' ) L i p p e r t Kulturgeschichte 1, 189; F r a ζ e r 12, 243. 341. s " ) O s e n b r ü g g e η Studien 75. *")• Cap. de villis c. 49; vgl. Maurer
Geschichte der Fronhöfe
1,
135;
H o o p s Reall. 2,84. a i ) B i r l i n g e r Aus Schwaben 2, 454 f. 456 Anm. l " ) W o l f Bei-
träge 1, 72 f. " · ) P a n z e r Beitrag 1, 213 und
2, 530, wo das Fernhalten der F.en mit Angst vor dem feldverwüstenden Mißbrauch der Asche durch Hexen erklärt wird. "') M e y e r Baden 214.
η
Kuhn
Westfalen 2, 136 f.;
vgl. auch L o s c h Balder 191. "·) Vgl. die Ausführungen über Bevorzugung der F.en im
Freyskult bei Μ. Ο 1 s e n Aettegdrd og Hellig-
gebräuche 110.
Hessen
2,
m)
356.
Schmitz
m
) Meyer
Eifel
"») Vgl. 1, 13 f.
Baden
501.
"«) H ö f l e r Fastengebäcke 26. *") ZfVk. I i , 334· π8 ) J e n s e n Nordfries. Inseln 318. m ) G a ß n e r Mettersdorf 33. Sartori Sitte 1, 39. a i ) H ö h n Geburt 267. »») ZfVk. 15. 314· "') MschlesVk. 12, 8 3 t »') N i l s s o n Griech. Feste 62. Mehrere Arten des Brauchs in Italien und Tirol s. ZfVk. 2, 56 ff. β5)
Μeiche
Sagen 963.
Eifelfestschrift (1913), 416 f.
*") W r e d e
in
10. U m „ A r z t e s h a n d " , „heilgewandte H a n d " , fleht die z u m irdischen Leben erweckte W a l k ü r e die göttlichen Mächte a n ! W ) . W i e häufig in der Person des „ p r i m i t i v e n Medizinmannes" *"*), so ist auch in der germanischen F. kultische und ärztliche Kenntnis vereinigt; sie besaß nicht nur „ f ü r W u n d e n zarte Sorgs a m k e i t " , sondern übernahm als selbständige Ärztin die Pflege der Verwundeten M ·). Und nicht nur der „angeborene H a n g der F . zur Mithilfe bei Leiden und körperlicher N o t " M0 ), sondern das religiöse „ h ö h e r e " Wissen um des Lebens innere Zusammenhänge macht sie zur Ärztin. A l s F. verkleidet sich Odin und gibt sich als Ärztin aus 2 e l ). Königin E r k a war Ärztin M2 ). V o n Königin Isolde heißt es im Tristan ***): „ I s ö t , diu . . . erkennet
I763
Frau Weib
maneger hande würze und alle kriute k r a f t und arzätliche meisterschaft", und auch die Kräuterkunde ist also wohl den altgermanischen F.en schon eigen gewesen i M ) . Aber wie schon Wate von einem „ w i 1 d e η w i b e " Arzt geworden ist ***), so sind es bald allgemein dämonische Wald- und Wasserf.en, die als heilkundig gelten 29β). Mit der geschilderten Umwertung aller weiblichen Werte wird „ a u s dem Geschäft heilkundiger Priesterinnen" „ d a s trübe Bild zaubernder H e x e n " W7 ). Alle ernsthafte Heilkunst wird Sache der „Herren der Schöpfung". Auch das besonders im 17. J h . aufblühende pharmazeutische Gewerbe wird n i c h t (oder selten?) von F.en ausgeübt M8 ) und man sagt: „ W e r seine Arznei bei Weibern kauft, bezahlt sie mit dem L e b e n " M e ) . Nur im Reich des Volksglaubens erhält sich die Meinung, daß F.en zur Heilkunst besonders geeignet sind 300 ), und begegnet der kirchlich geforderten Ansicht von der Macht des Bösen, die den „feminis malis" innewohnt und an die sich das abergläubische Volk um Hilfe gegen Pest und Tod, gegen Krankheit aller Art, gegen Kopfweh, Geschwüre, Schwangerschaftsbeschwerden usw. 3 0 1 ) wendet 3 0 a ). Die Hexe kuriert mit Zaubersprüchen wie schon Sinthgunt und Frija (und Wodan) im Merseburger Zauberspruch 303 ), und die einst „heilgewandte H a n d " taugt nur noch zum Kräutersammeln. Sehr seltsamen Kuren müssen sich die gläubigen Patienten unterziehen 304 ). Beachtlicherweise gilt bisweilen die F., die (zwei) Kinder (Knaben) geboren hat, f ü r besonders befähigt zu zauberischer Heilhilfe. Von einer solchen F . muß sich, wer eine Verrenkung hat, treten (Oberpfalz) 306 ), wer das Seitenstechen hat, besprechen lassen M e ). Vieh, das an Blähung leidet, soll man zur Heilung mit einem Weiberrock oder dem Saum eines solchen umbinden S07 ). Mit dem Rockbesatz ihres Kleides bestreicht (in Schellbronn bei Pforzheim) die F . das kranke Euter der K u h („unbeschrieen", „ i n den drei höchsten Na-
1764
men") 30S ). Das Trinken der Milch einer stillenden F . wird als Mittel gegen männliche Impotenz empfohlen 309) und nach Herodot dient der Harn einer F . zur Heilung eines B l i n d e n 3 l 0 ) . Das Begräbnis einer F . gibt dem Wissenden sogar Gelegenheit, seine Hühneraugen loszuwerden 3 1 1 ) , und schließlich ist ein bekanntes Mittel gegen den Schlucken, ganz schnell an drei alte, böse Weiber zu denken 3 1 2 ). »») N e c k e 1 Edda 1, 186; 2, 109. ·") Vgl. V i s s c h e r Naturvölker 2, 447 ff. *·) G r i m m 2, 963; vgl. Thüle 15, 381 f. s ») J ü Ill i n g Tiere 4. a n ) S a χ ο; vgl. G r i m m 3, m
333. AM
)
333·
2M
) Thidr. s. c. 352.
G R I M M ωβ
2, 1000.
M5
)
) Kondziella
) Tristan 175, 32.
G R I M M
**>) R ο c h h ο 1 ζ Sagen 2, 188. Pharmazeutik"
1 , 1 0 2 . '")
2M
)
Ebd. 104.
301
Myth.
3,
Volksepos 162 ff.
Peters
3M
) Β ο h-
nenberger 12. ) Agrippa von N e t t e s h e i m 4, 189. *··) G r o h m a n n 149.
M3
565;
) MSD. 4, 1. '