Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens: Band 7 Pflügen - Sackpfeife - Schatz [Reprint 2021 ed.] 9783112404225, 9783112404218

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Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens: Band 7 Pflügen - Sackpfeife - Schatz [Reprint 2021 ed.]
 9783112404225, 9783112404218

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HANDWÖRTERBÜCHER ZUR D E U T S C H E N VOLKSKUNDE H E R A U S G E G E B E N VOM DEUTSCHER VEREINE FÜR

VERBAND VOLKSKUNDE

ABTEILUNG I

ABERGLAUBE

BERLIN

UND

LEIPZIG

1935/1936

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. VORMALS G. J. «ÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG - J. GUTTENTAG, VERLAGSB Ü C H H A N D L U N G - GEORG R E I M E R - K A R L J. T R Ü B N E R - V E I T & COMP.

HANDWÖRTERBUCH DES DEUTSCHEN ABERGLAUBENS HERAUSGEGEBEN U N T E R B E S O N D E R E R M I T W I R K U N G VON

E. H O F F M A N N - K R A Y E R UND MITARBEIT ZAHLREICHER FACHGENOSSEN VON

HANNS B Ä C H T O L D - S T Ä U B L I

BAND VII

BERLIN

UND

LEIPZIG

1935/1936

WALTER DE G R U Y T E R & CO. VORMALS G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG - J. GUTTENTAG, VERLAGSB U C H H A N D L U N G - GEORG R E I M E R - KARL J. T R Ü B N E R - V E I T & COMP.

Copyright 1936 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp. Berlin und Leipzig.

Printed in Germany Archiv-Nr, 4 6 0 3 3 6 D r u c k von W a l t e r de G r u y t e r & C o , Berlin W 35

pflügen. An bestimmten Tagen ist das P. verboten, so am Markustag, da sonst die Ochsen und anderes Vieh fallen am Dreifaltigkeitssamstag, an Maria Heimsuchung und am Wendelinstag 2). Am Karfreitag, wie überhaupt in den Tagen, in denen Jesus im Grabe ruhte 3 ), darf man „keine Erde öffnen" 4 ); doch lebt noch die ältere Vorstellung, daß Festtagsarbeit Segen bringt, in der Vorschrift, gerade am Karfreitag oder doch in der Morgendämmerung bis zum Sonnenaufgang zu p., tun den Acker fruchtbar zu machen B). Im Dezember als dem zwölften Monat muß der Acker ruhen und darf nicht bepflügt werden 8). Das gleiche Verbot gilt, solange eine Leiche im Hause ist 7 ). Um fruchtbarkeitszauberisch seine und des Brotes magischen Kräfte auf den Acker zu übertragen, muß sich der Pflüger beim Essen auf den Pflug setzen 8 ), wie man sich andererseits nicht auf den Pflug setzen soll, um analogiezauberisch die Arbeit nicht zu erschweren 9 ). Wer Schnee einpflügt (d. h. die Beackerung zu früh beginnt), hat eine schlechte Ernte 1 0 ), was ursprünglich wohl nur Erfahrungswetterregel ohne glaubensmäßige Begründung ist. Wird der Acker im Frühling mit zwei roten Zwillingsochsen gepflügt, so kann der Hagel der Saat nicht schaden n ). Der Bauer schützt sich magisch vor dem P. durch Essen dreier kleiner in Wein getauchter Stücke Brot, damit ihm der Teufel nicht schaden kann 1 2 ). Beim P. durch Zufall aus der Erde gerissenes Eisen hilft, bei sich getragen, als Heilzauber gegen Rotlauf 13). Wenn der Acker zur Saat gepflügt wird, darf das Kind nicht von der Brust entwöhnt werden; es muß geschehen, wenn das Getreide reif ist oder im Winter Schnee liegt M ). Wird beim P. eine Furche vergessen, so wird das als VorB ä c h t o l d - S t l u b l i , Aberglaube VII

zeichen für den bevorstehenden Tod eines Hausgenossen angesehen 18). Träume vom P. bedeuten Tod 1 4 ). V g l . Pflug, Pfluggang, erster, Pflugbrot, P f l u g ziehen. B o e d e r Ehslen 85. 2 ) M e y e r Baden 418. з ) Z d V f V . 14, 145. *) P o l l i n g e r Landshut 2 1 0 ; 5) M e y e r Baden 418. S a r t o r i Sitte 3, 145. •) F o g e l Pennsylv. 195. ») H ö h n Tod Nr. 7 S. 324; H e c k s c h e r Hannov. Vhde. 1, § 57. •) N i l s s o n Jahresfeste 51. ») Z d V f V . 3, 33. 10 ) M ü l l e r Isergebirge 8; Z d V f V . 24. 194. ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 2, 131. " ) Rogasener F a m b l . 3 (1899), 31. w ) S c h ö n w e r t h Oberpfalz 3, 233. 1 4 ) L e o p r e c h t i n g Leehrain 238. " ) H ö h n Tod N r . 7 S. 3 1 3 ; H e c k s c h e r Hannov. Vkde. 1 § 35. " ) Z d V f V . 22, 163. и

Heckscher.

Pfluggang, erster. Wie in agrarreligiöser Zeit der e. P. Kulthandlung, mit Gebeten, Weihen, Opfern und anderen kultischen Übungen verbunden war (siehe Pflug § 1 ) 1 ) , so ist er auch heute noch h e i l i g e H a n d l u n g 2 ) . Wie im alten Indien der Pflug durch Berührung des Priesters geweiht werden 8 ), und wie in Rom das Darbringen des Trankopfers zum e. P. mit gewaschenen Händen geschehen mußte *), so muß der e. P. noch heute vom Hausvater selbst vorgenommen werden 6). Der e. P. ist zunächst z e i t z a u b e r i s c h gebunden. Mußte er im alten Indien an einem „günstigen Tage" stattfinden *), so geschieht es bei uns zu Lichtmeß 7 ), am Gertrudentage (17. März) 8 ), zumeist jedoch zu Mariä Verkündigung, welcher Tag deshalb „Pflugmarien" heißt 9). Weiter sind die Wochentage maßgebend: es muß an einem Dienstag, Donnerstag oder Sonnabend geschehen 10 ), wie auch die Tierkreiskonstellation : mußte es im alten Indien unter dem Indrasternbild geschehen u ), so darf bei uns der Acker nicht im Zeichen des Skorpions oder Krebses zuerst gebrochen werden, damit analogiezauberisch die Wirtschaft nicht rückwärts

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Pfluggang, erster

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gehe 12 ). Gesprochener W o r t z a u b e r gerieben. Als kultische Speise erwird angewandt, wenn das Frühlings- halten die altindischen Pflug ochsen Honig pflügen 13) wie das Umackern des Stoppel- und Schmalz, auch die römischen werden feldes 14) mit kurzen Segensprüchen be- festlich bewirtet, und die deutschen mit gonnen wird, wenn beim Einspannen zum Pflugbrot (siehe daselbst), dem alten e. P. die Hausgenossen ein gemeinsames Speiseopfer, mit geweihtem Brot und Gebet verrichten16) oder mit den Nach- Salz gefüttert 38 ), wie auch die Pferde barn vor dem Tenn knieend fünf Vater- eine Kanne Roggen mehr bekommen, unser beten 18 ), wenn man nach der Aus- damit die Frucht gut gerät 39). Regenfahrt des dritten Pfluges von Haus zu zauber liegt außer dem Trankopfer wenn vor der Haus ziehend den Rosenkranz betet 17 ), (siehe Pflug § 1) vor geschriebener Wortzauber, wenn man im ersten Ausfahrt im alten Indien der christlichen Griechenland den Namen Vorderochse einen Wasserguß bekommt41), Raphaels auf die Pflugschar schreiben wenn in Litauen die Pflüger von den muß 18). Als L ä r m z a u b e r wurden zur Weibern mit Wasser beschüttet42), wenn Zeit der Gemeinwirtschaft, wenn die heute bei der Rückkehr vom e. P. der Bauern geschlossen und in feierlichem Pflug 43 ), der Bauer 44 ), der als erster Zuge zum e. P. gingen, die Kirchen- heimkehrende Pflüger45) oder Bauer, glocken geläutet w ), als Zeichenzauber Zugvieh und Pflug gemeinsam46) als werden vor dem e. P. mit dem Peitschen- Partizipanten der ackerlichen Vegetationsstiel drei Kreuze vor dem angespannten kraft mit Wasser, zauberverstärkend mit Zugvieh gemacht20), die ersten Pflug- Weihwasser47), wie schon bei der Ausfurchen in Kreuzesform gezogen 21), auf fahrt zum e. P. 48), auch wohl mit Butterdem Pfluge wächserne Kreuze 22), aus dem wasser 48), Wein M) oder Branntwein 51) Wachs der Lichtmeßkerze hergestellt2S), begossen werden, was, zuweilen unter angebracht, als Feuerzauber werden vor einem Zauberspruch52), als F r u c h t b a r dem e. P. gesegnete Wachskerzen an- k e i t s z a u b e r immer von Mädchen und gezündet 24), wird der Pflug vor der Aus- Frauen oder der Hausfrau als Trägerin fahrt auf der Tenne bei brennender Weih- der Lebenskraft in Familie und Haus kerze besegnet2S), wird Holzkohle vom geschieht63), wie denn hinwiederum bei Osterfeuer 24), vom kirchlichen Karsams- den alten Litauern die Bäuerin von den tagsfeuer 27), vom Bakenbrennen, dem Pflügern in den Teich geworfen M ) und Dithmarsischen Frühlingsfeuer28) wie auch heute von ihnen begossen wird, wenn sie ein Stück Holz von einem vom Blitz ge- Vesper aufs Feld bringtS5). Dieser Wassertroffenen Baum (siehe Pflug § 4) 29) am zauber hat überall, was auch zumeist die Pfluge angebracht, als P f l a n z e n z a u b e r volksmäßige Interpretation ist, den versieht man den Pflug mit an Fastnacht Zweck, den Saaten Gedeihen durch zubereiteten Holzpflöcken80), mit zauber- Schutz vor Dürre zu sichern; doch wird kräftigen Würzpflanzen 81), benutzt zum er auch als Liebeszauber angewandt, Besprengen mit Weihwasser einen Palm- wenn das Begießen des Pfluges heimlich sonntagzweig ®2), als Pflanzen- in Ver- und in Eile von einem Mädchen gebindung mit Metallzauber muß der schieht, das dem pflügenden Knechte Pflug beim e. P. über einen Besenstock, gewogen ist 58 ). Andererseits wirkt der ein Messer oder Pflugeisen, die ins Tor Pflüger als Teilhaber der Wachstumskraft gelegt werden, ziehen M ). Als Tieropfer- fruchtbarkeitszauberisch auf die Mädzauber werden den Zugochsen bei den chen, wenn er beim e. P. eine Jungfrau küßt ®7), wenn er die Mädchen nach der Hörnern einige Haare abgebrannt wird die Pflugschar, um die Saat zu Rückkehr vom e. P. mit seiner Peitsche schützen, mit Fastnachtsfett3S), mit schlägt, die, ursprünglich jedenfalls eine Schmalz, in dem die Fastnachtskuchen grünende Gerte, als Lebensrute zu vergebacken sind36), mit Speck, der am stehen ist, wie ja auch der Bauer vor dem ersten Ostertage geweiht ist 37 ), ein- e. P. seine Geißel segnet 68 ); volkser-

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Pflugziehen

klärangsmäßig geschieht das, um die Flöhe auszuklopfen 89 ), die ebenso als Dämonensubstitut in der Vorstellung erscheinen, daß man sie aus der Stube vertreibt, wenn man Erde, die beim e. P. mit einem ungekeilten Pflug gebrochen ist, in die vier Stubenwinkel streut 40 ). Schadenverhindernde S c h u t z v o r s c h r i f t bestimmt, den Acker nicht mit einer neuen oder frisch geschärften Pflugschar zu brechen, sondern einen solchen Pflug erst in Rasen stechen zu lassen, damit kein Brand ins Getreide kommt H ) . V o r z e i c h e n k ü n d e n d wirkt der erste Pflug, wenn er liegend gesehen Unglück, im Zuge gesehen Glück für das kommende Jahr verheißt S2 ).

6

») SAVk. 11, 251. ") ZdVfV. 14, 138. ">) Ebda. Gesemann Regenzauber 36. n ) Ebda. 35. ») A. a. O. ZdVfV. 14, 18. ») Ebda. 142. *•) Gesemann Regenzauber 36. S7) Meyer Baden 417. M) Schmitz Eifel 1, 94 = S a r t o r i Sitte 2, 59. ") Mannhardt 1, 268. 280 = L y n 51 )

c k e r Hess. Sagen 257. 341.

Grimm

Myth.

3, 476. ") ZdVfV. 7, 149; E b e r h a r d t Landwirtschaft 1. ,a ) S t r a c k e r j a n 1, 38; Heckscher Hannov. Vkde. X § 35. Heckscher. Pflugziehen. Das im Vorfrühling stattfindende Umführen eines Pfluges um die Fluren ist ein alter als Ackerungsvorfest geübter Abwehrzauber, nach welchem die heilige Furche (siehe daselbst) als m a g i s c h e r K r e i s die Felder von den die künftige Saat bedrohenden Schadengeistern reinigen und sie an die Gemarkungsgrenzen bannen sollte. Dieses Frühlingsabwehrpflügen meinte vielleicht ZdVfV. 14, 7. i i f . 14. 171. 140ff.148 ff.; S a r t o r i Sitte 2, 60. 62. 2) S a r t o r i Sitte 2, 60; der Indiculus superstitionum in seinem J o h n Westböhmen 187; Meyer Baden 417. Verbot de sulcis circa villas 1 ), wie es noch ') ZdViV. 14, 14. 149 f. *) Ebda. 11 f. «) S a r - im 15. und 16. Jh., zur Fastnachtstori Sitte 2, 62. •) ZdVfV. 14, 7. ') Heckscher belustigung geworden, auch von Be517. «) Ebda.; Wrede Rhein. Vkde.1 201. •) Heckscher 181. 287. 517; Maack Lübeck wohnern der Städte geübt wurde. Dabei 30; Bartsch Mecklenburg 2, 256; W u t t k e 84 eingerissener Mißstände wegen wird die § 99. i«) Wrede Eifeler Vkde.1 176. ") ZdVfV. Pflugumfahrt zu Fastnacht 1530 in Ulm, J4» 7u) Frischbier Hexenspruch 133. 1578 in Neustadt an der Saale, 1580 in 13 ) Drechsler 2, 49. ") ZdVfV. 24, 194. 2 ") Ebda. 14, 138. ") SAVk. Ii, 251 = Baum- Freiburg in der Schweiz verboten ). Trotz solcher Verbote hat sie sich in b e r g e r St. Galler Land 145. 1 7 ) M e y e r Baden 119. « ) ZfdMyth. 2 (1854), 418; ZdVfV. 14, ländlichen Gemeinden bis in die Jetzt10. 149. ") Maack Lübeck 29 f. 20) John zeit erhalten, auch die einstigen, ebenso Westböhmen 186. ") Drechsler Schlesien 3, 49. n ) Schmitz Eifel 1, 94; Wrede Eifeler von den geschichtlichen Belegen überVkde* 176; S a r t o r i Sitte 2, 59. ") Wrede lieferten kultischen Reminiszenzen beRhein. Vkde.1201. M ) Z d V f V . 14, 137. " ) S A V k . wahrend. Überall sind die Pflugumzüge 11, 251 = Baumberger 145. 2e) John Erz- F r ü h l i n g s b r ä u c h e . Das bei ihnen gebirge 220; W u t t k e 71 § 81; 418 § 651; genossene Pflugbrot (siehe daselbst) wird Mannhardt 1, 504. 554; S a r t o r i Sitte 2, 60. 3 *') Ktick u. Sohnrey Feste3 187; Mann- am Fastnachlmontag gebacken ). In der h a r d t 1, 504; ZdVfV. 14, 137. !B) Maack Rhöngegend finden sie an Petri StuhlLübeck 30. M ) D r e c h s l e r Schlesien 2, 49. feier (22. Febr.) statt 4), unter Jauchzen »«) W u t t k e 84 § 98. S1 ) ZdVfV. 14, 149. und Lärmen als Lärmzauber im Ziller« ) SAVk. 11, 251. M) Haltrich Siebenb. tal am Aschermittwoch s ), im Stanzertal Sachsen 305. M ) ZdVfV. 14, 138. 36) Fogel -Pennsylvania 199. 3 8 ) E b e r h a r d t Landwirtin Tirol am Ostermontag oder -dienstag*), schaft 1. 37) Grimm Myth. 3, 416; Meyer in den bayrischen Alpen wird Ostern ein Deutsche Vkde. 219; B o h n e n b e r g e r 24. **) ZdVfV. 14, 7 f. 11 f. 14. 141. 150. 39) S t r a k - bekränzter, also mit der Frühlingsmaie kerjan 1, 54. ") Vgl. Frazer 1, 282. «) ZdVfV. versehener Pflug umgeführt, der durch 14, 7. 18. 141. « ) Ebda. S. 18. «) John Erz- die kultische Umfahrt tabu wird und gebirge 220; ZdVfV. 14, 5. 138. 149 f.; Gese- deshalb nicht zur gemeinen Arbeit vermann Regenzauber 35 f. 11 ) ZdVfV. 14, 142; Erischbier Hexenspruch 133; John West- wandt und als Schutz vor zauberzeitBöhmen 187; Kuhn Westfalen 2, 153; Reins- licher Gefährdung Ostern nicht im Acker berg Festjahr1 175; Kück u. Sohnrey Feste? gelassen werden darf 7 ). In Rhöndörfern 4t ) 122. Schönwerth Oberpfalz i, 400. ziehen im März die sogenannten Pfingst"*•) Kolbe Hessen 51; Mülhause 130; Kuhn buben mit einem kleinen Pflug auf einem Westfalen 2, 153. 428; Mannhardt 1, 332; -ZdVfV. 14, 142. «) ZdVfV. 14, 137 f. 149. Brett, also einer Ablösung des Zauberin

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Pflugziehen

mittels, gabenheischend von Haus zu Haus 8 ), in der Gegend von Hall und Innsbruck erscheint unter den Fastnachtsschemen ein Bauer mit einem von Schimmeln gezogenen Pfluge und streut als Säezauber Sägespäne aus 9 ), im Ansbachischen wird zu Pfingsten der anthropomorphe Wachstumsgeist als geschwärzter Pfmgstlümmel auf einem Wagen umgeführt, der aus zwei lärmzauberisch mit Rollen, Schellen und Klingeln behängten Pfluggestellen zusammengesetzt ist 10 ). Bei den in den österreichischen Alpen im Fasching oder am Aschermittwoch geübten Wiederherstellen des Pfluges ziehen die Burschen jubelnd und von der ganzen Dorfgemeinde begleitet als magische Umwandlung um die Ackergrenzen, wobei mit einem Pfluge, von dem alle Eisenteile weggeschlagen sind, der „Schnee eingepflügt" wird, um das Erscheinen des Frühlings magisch zu erzwingen; dem Pfluge folgt neben dem Führer und dem mit einer Flasche versehenen Wirt als kultische Person der Baumann, der Spaßmacher, der wie der Spielmann in den Pflugumzügen des MA.s die Stelle der im Heidentum die kultischen Funktionen ausübenden Person, des Priesters, vertritt 11 ), in der Hand den genetisch als Frühlingsmaie zu erklärenden Stock, der beim Pflügen zum Abstreichen der Erde vom Pflugeisen dient 12 ). Ein wesentliches kultisches Moment liegt alsdann darin, daß der Pflug zur Verstärkung des F r u c h t b a r k e i t s z a u b e r s von Mädchen gezogen wird 13). Hans Sachs und Chroniken des 15. und 16. Jh.s überliefern, daß in Südund Mitteldeutschland heiratsfähige Mädchen, die im letzten Jahre nicht geehelicht hatten, fastnachts vor den Pflug gespannt werden u ) . Nach einer Nachricht vom Jahre 1553 rissen zu Fastnacht die Burschen die Mädchen aus den Häusern, spannten sie vor den Pflug und ließen sie diesen, auf dem ein Spielmann singend und spielend saß, durch die Straßen ziehen, wobei ihn ein Bursche, die Mädchen mit der Peitsche treibend, lenkte und ihm ein Säemann Sand oder Asche, nach einem Bericht von 1592 Häckerling und Sägespäne streuend,

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folgte 15 ). Die Pflugbespannung mit Mädchen hat sich vereinzelt bis in die neueste Zeit bei Frühlingspflugfesten erhalten. Noch in den achtziger Jahren des vorigen Jh.s fand in einem unterfränkischen Dorfe alle sieben Jahre im Februar ein Pflugfest statt, bei welchem neben andern Umzügen ein Pflug von sechs ausgesucht schönen Mädchen in ländlicher Festtracht dahergezogen wurde, gefolgt von einer ebenfalls mit vier Mädchen bespannten Rübenschleife und begleitet von Geräte tragenden Bauern, Säeleuten, Schnittern, Dreschern, Heumachern, Winzern usw. 16 ). Daß auch kultische N a c k t h e i t mit solchen Pflugumzügen verbunden gewesen ist, beweist ein Brauch, der bis ins 19. Jh. in Böhmen bestand: bei der ersten Aussaat zog man mit einem Pfluge, dem ein nacktes Mädchen voraufging und dem ein ganz schwarzer Kater mit einem Schloß am Halse voraufgetragen wurde, in großem Zuge aufs Feld, um dort den Kater als Opferzauber lebendig zu begraben 17 ). Regenzauber wird bei den Pflugumzügen darin geübt, wenn der Pflug mit der auf ihm sitzenden kultischen Person,, dem Spielmann oder dem Pfingstlümmel, ins Wasser gezogen wird 18 ), was ebenfalls schon aus dem 15. und 16. Jh. überliefert wird 19 ). F e u e r z a u b e r ist endlich die ebenso aus dem ausgehendem MA. bezeugte Umfahrt mit einem feurinew pfiug, einem Pflug, auf dem ein Feuer brannte, bis er in Trümmer fiel20), wie die 1493 in England belegte zum Jahresbeginn stattfindende Umführung eines Pfluges um ein Feuer 21), mit der der Pflug feuerzauberisch gereinigt und zauberzwangsmäßig die warme Frühlingssonne dem Acker zugeführt werden sollte, wie endlich die ebenfalls aus dem ma.lichen England überlieferte Stiftung eines „Pfluglichtes" an die Kirche aus dem Ertrag der Sammlungen, die mit dem am Montag nach Epiphanias, dem Pflugmontag, stattfindenden Umzug mit dem Narrenpflug verbunden waren22). In diesem tritt der Vegetationsdämon, der hier die Funktionen der kultischen Person übernimmt, trachtmäßig als theriomorpher W a c h s -

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t u m s g e i s t auf: dreißig bis vierzig Burschen, das weiße Hemd über der Weste tragend, ziehen an langen Stricken einen mit Bändern geschmückten Pflug, begleitet von einem alten Weibe oder einem als solches verkleideten Burschen, der Old Bessy, der Verkörperung des auszutreibenden Winters, in hohem zuckerhutförmigen Hut und närrischem Aufputze, weiter von einem ganz in Felle gekleideten und mit einem Schwanz versehenen Narren und befehligt von einem Burschen, der ebenfalls einen Kalbsschwanz trägt 23 ). Ein Frühlingspflugfest, bei dem der bewegliche Pflug zu einem festen verblaßt ist, ist das oberhessische Rückersfest, das am 10. März, dem Tag der 40 Ritter stattfindet, und bei dem für 40 Tage auf dem First des Hauses ein von Holz geschnitztes Bild befestigt wird, das einen von fünf Pferden, nämlich zwei Rappen, zwei Füchsen, die geritten werden, und einem Schimmel an der Spitze, gezogenen Pflug mit einem Pflüger im weißen Kittel und einen Brotbeutel um die Schulter tragend darstellt M ). M a n n h a r d t 1, 563; vgl. die Belege bei Furche Anm. 7. *) G r i m m Myth. 1, 219; 3, 87; M a n n h a r d t 1, 5 5 4 f . ; ZdVfVk. 14, 144; SAVk. 1 1 , 253. 3 ) H ö f l e r Fastengebäcke 60. «) M a n n h a r d t 1, 556; S a r t o r i Sitte 3, 88. s ) M a n n h a r d t 1, 555. •) Z i n g e r l e Tirol 150; H ö f l e r Ostergebäcke 61. ') A l b e r s Jahr 189. 8 ) P a n z e r Beitrag 1, 240; 2, 445; M a n n h a r d t 1, 556; S a r t o r i Sitte 3, 105. ») S a r t o r i Sitte 3, 100. 10 ) P a n z e r Beitrag 2, 91, 445; M a n n h a r d t 1. 556. u ) S i m r o c k Myth? 555. i a ) ZdVfVk. 14, 18; ZföVk. 3, 12 f.; M a n n h a r d t i, 556; S a r t o r i Sitte 3, 105. 1 3 ) M e y e r Germ. Myth. 290; S a r t o r i Sitte 3, 105. 14 ) G r i m m Myth. 1. 219; 3. 87; ZdVfVk. 14, 144. « ) M a n n h a r d t 1, 554. " ) Ebda. 556. l 7 ) G r o h m a n n 143 f. = M a n n h a r d t i, 56of.; ZdVfVk. 14, 18. l8 ) M a n n h a r d t 1, 563 f.; M e y e r Germ. Myth. 290. » ) G r i m m Myth. 1, 219; 3, 87; ZdVfVk. 20 14, 144; M a n n h a r d t 1, 554. ) Grimm Myth. i, 2 1 9 ; 3, 87; Wolf Beiträge 1, 72; MeyerGerm. ATyiA. 290; ZdVfVk. 7 , 2 3 4 ; 1 4 , 1 4 4 ; J a h n Opfergebräuche 91. a l ) M a n n h a r d t 1, 22 5 5 3 f- 564. ) Ebda. 1, 558; ZdVfVk. 14, 1 3 7 ; 23 R e i n s b e r g Festjahr2 37. ) Mannhaidt 557 i-: M e y e r Germ. Myth. 290; F r a z e r 12, 4 1 5 ; L i e b r e c h t Gervasius 187; R e i n s 24 berg Fest jähr* 36 f. ) K o l b e Hessen 52. Heckscher.

pfropfen.

10

pfropfen—Pharaildis

Das P. als eine nicht recht

volkstümliche gartenbauliche Tätigkeit spielt im Volksglauben keine wesentliche Rolle. Nach der Chemnitzer Rockenphilosophie darf man Pfropfreiser nicht auf die Erde fallen lassen, da sonst auch analogiezauberisch die Früchte vorzeitig fallen *). x

) G r i m m Myth.

3, 447.

Heckscher.

Phallus s. Nachtrag. Pharaildis ist ein Beiname der nächtlichen Dämonenführerin Herodias (s. d.), der uns zum ersten Male um 1100 in dem in den Niederlanden verfaßten Gedicht „Rein(h)ardus" begegnet 1 ). Ph. hat somit viele Züge mit Diana (s. d.), Holda, Perchta (s. d.) und Abundia (s.d.) gemeinsam. Auf Ph. überträgt der Dichter des Reinardus die Sage von Herodias, der Tochter des Herodes, und Johannes dem Täufer 2 ). Ph. stürmt u. a. an der Spitze des wilden Heeres (s. d.) 3 ) oder als dämonische Hexenführerin durch die Lüfte 4 ), umgeben von Scharen zauberhafter Weiber, die auf wilden Tieren reiten 5 ). Die Hexensalbe, die die Hexen bei ihren Fahrten durch die Lüfte benutzen und „ungentum Pharelis" nennen •), kann mit Ph. in Zusammenhang gebracht werden. Den Glauben, daß der dritte Teil der Menschheit Ph. dient 7 ), bezieht Simrock auf die Seelen der Verstorbenen8). Auf Grund ihrer Funktion als Anführerin des wilden Heeres bzw. der Hexenfahrt und als Urheberin des Wirbelwindes (Windsbraut) •) führen einige Forscher ihren Namen Ph. auf Farahild 10 ) = Fahrende Hilde zurück 1 1 ), die meisten aber erklären ihn als latinisierte Form von „Frau Hilde", vrouwa Hiltia, dem mnl. Vereide, d. i. Ver Heide, niedersächs. Verheilen, Ver Wellen, entspricht 12 ). Für die zweite Erklärungsmöglichkeit spricht, daß die Milchstraße (der Seelenweg) in den Niederlanden Vroneldenstraet (oder ver Broeneldenstraete, s. u. Brünhild), d. i. Frau Hildenstraße, genannt wird 1 S ). Selbständigere Züge bekommt Ph. als Heilige in einer flandrischen Legende. Dort wird erzählt, daß eine Gans verzehrt und nachher von der hl. Ph. wieder ins Leben gerufen wird 14 ).

II

Phialomantie—Philomantie

l ) R e i n a r d u s i , 1139—64; G r i m m Myth. 1, 235 f.; G o l t h e r Myth. 496 Anm. %) Wilh. M ü l l e r Geschichte und System der altdeutschen Religion, Göttingen 1844, S. 112; G r i m m Myth. 1, 236. s ) Vgl. S i m r o c k Myth. 396 = • 367. 4) Vgl. S e p p Religion 211 ff. cap. 80. 5 ) M a n n h a r d t Götter 301. •) H a n s e n Hexenwahn 131. G r i m m Myth. 3, 427. „ Z u sölichen farn nützen auch man und weib, nemlich die v n h u l d e n , ain salb die haissen v n g e n t u m p h a r e l i s " . 7 ) Reinardus 1160; M ü l l e r aaO. 1 1 3 ; H a n s e n Zauberwahn 133. Vgl. die Praeloquia des Ratherius u. den Isengrimus, zit. bei H a n s e n Zauberwahn 133. 8 ) S i m r o c k Myth. 397; '367. •) G r i m m Myth. 1, 526; S e p p Religion 211 ff. cp. 80; M ü l l e r aaO. 112; M a n n h a r d t Götter 10 ) Unter 301. den mit Fara- zusammengesetzten germ. Namen erwähnt H e n n i n g (ZfdA. 36, 325) auch Farohildis. l l ) G o l t h e r Myth. 496 Anm.; M e y e r Germ. Myth. 273. l l ) G r i m m Myth. 1, 236; M a n n h a r d t Götter 301; M a n n h a r d t Germ. Mythen 293; S e p p Religion 211 ff. cp. 80. Verhellen u. Ver Wellen sind für S i m r o c k (Mythologie 397; "367) Entstellungen des Namens „ F r a u Hilde", die Frau in „ V e r " abschwächen. Er glaubt, daß der Dichter des Reinardus Ph. aus Vereide u. Frau l s Hilde gebildet hat. ) M a n n h a r d t Germ. Mythen 293; M a n n h a r d t Götter 301; M e y e r Germ. Mythologie 273 (vgl. § 123); M e i ß n e r in ZfdA. 56, 83. M) M a n n h a r d t Germ. Mythen 61. An anderer Stelle (Götter 301) berichtet M a n n h a r d t , daß Ph. zusammen mit ihrem Gefolge von zauberhaften Weibern auf dem Markt zu Ferrara einen Ochsen schlachtet und verzehrt, ihn dann aber mit ihrem Stabe aus den in die Haut gewickelten Knochen wieder ins Leben zurückruft. Lincke.

Phialomantie s. Philomantie. Philipp von Flandern. Der Name des sagenhaften Grafen, der im sog. Grafenamulett (s. d.) auftritt. Mit ihm ist ein Wundsegen verknüpft 1 ). A. B a u m g a r t e n Aus der Heimat 2,93. f Stübe.

Philippine s. V i e l l i e b c h e n . Philippus hl. 1. Apostel und Märtyrer aus Bethsaida 1 ). Er wird mitunter verwechselt mit dem „Evangelisten" P., einem der „Sieben" 2 ). Die beiden Apostel P. und Jakobus der Jüngere haben als Gedächtnistag den x. Mai, an dem ihnen beiden im 6. Jh. in Rom eine Kirche erbaut wurde. Sie treten aber in den volksmäßigen Vorstellungen und Bräuchen dieses Tages, der auch der h. Walpurga (s.d.) gehört, nicht besonders hervor. In Oberösterreich erzählt man: Als

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der Apostel Jakobus enthauptet worden war, wollten die Juden dasselbe auch mit P. tun und sperrten ihn in ein Haus Jerusalems. Um sich dieses zu merken, stellten sie einen kleinen Baum, nach andern einen abgehauenen Wipfel, vor die Tür. Am andern Tage aber standen vor allen Häusern Bäume oder Wipfel 8 ). In katholischen Orten der Magyaren will man wissen, daß einst Jakobus und P. mit der h. Walpurga das Land durchreisten und die Leute die h. Walpurga deshalb schmähten. Da habe sie am 1. Mai ihren Stab in die Erde gesteckt und gebetet, worauf der Stab grünes Laub getrieben habe. Zum Andenken pflanze man am 1. Mai die Maibäume vor den Häusern auf *). Am P.tage soll man nicht flicken, nicht nähen und stricken, überhaupt nicht arbeiten, weil P. das Getreide „ausflickt" *). An diesem Tage sollen die Halme schon in die Ähren gehen ®). ' ) E v . Joh. 1, 44; 12, 21. *) Apostelgesch. 6, 5; 8, 5 ff. 26 ff.; 21, 8 ff. Vgl. D o y i Heilig« u. Selige d. röm.-haihol. Kirche 2, 175. 177; S a m s o n Die Heiligen als Kirchenpairona 339ff.; K e l l n e r Heortologie 222. 8 ) B a u m g a r t e n Jahr u. seine Tage 24; vgl. W l i s l o c k i Magyaren 49. 4 ) W l i s l o c k i a. a. O. ' ) B a u m g a r t e n a. a. O. •) L a n d s t e i n e r Niederösterreich 67 Anm. 3.

2. In Zell in der Pfalz ist der h. P. begraben, der im Zellertal (Nordpfalz) das Christentum gepredigt hat. Man spendete ihm besonders silberne, auch vergoldete Knäblein als Ausdruck der Bitte um die Geburt eines Sohnes oder des Dankes dafür 7 ). ') BayHfte. 8 (1921), 145 ff.; NddZfVk. 9, 17. Sartori.

Philomantie, Liebeswahrsagung. Ein Rezept des Großen Pariser Zauberpapyrus (4. Jh. n. Chr.) trägt die Uberschrift „Liebesorakel der Aphrodite" ('Aopo8itij; «piXonavteTov). In dem für die Zauberhandlung vorgeschriebenen Gebet wird die angerufene Göttin angefleht: „Bring mir Licht und dein schönes Antlitz und mache wahr die Liebeswahrsagung" (a£ov (ioi cpto; xal vgl. ebd. 1 (1928), 20 ff.; H o p f n e r Anfang an christlich, doch ist das Material Griechisch-ägyptischer Offenbarungszauber 2 z. B. viel älter und erst christlich aus(1924), 142 § 2 9 8 ! und bei Pauly-Wissowa RE. 14, 1286. •) Camerarius a. a. O.; gedeutet. Sagen und abergläubische VorF a b r i c i u s Bibliogr. antiquaria3 (1760) 608; stellungen von Tieren (Pelikan, Einhorn, T h e o k r i t Idyll. 3, 29 (mit Scholien); oben Phönix usw.) sind von hier aus in spätere 4, 1444. ' ) L e n o r m a n t Magie und Wahrnaturgeschichtliche Schriften, in Werke sagekunst der Chaldäer (1878) 468. 8 ) oben 1, 957." F r e u d e n b e r g Wahrsagekunst 114 f. der schönen Literatur und schließlich •) K u s t a t h i o s zu Ilias i, 62; P o l i t e s in in die Volksvorstellung übergegangen. 10 Laographia 3 (1911), 349 ff. ) K l a p p e r in l) T. L a u c h e r t Geschichte des Physiologus MschlesVk. 21, 68. " ) H a l t r i c h Siebenb. Straßburg 1889. 2) E h r i s m a n n Gesch. d. Sachsen 284. «) G r i m m Myth. 3, 465; deutschen Literatur II, 1, 224—231, wo auch Schell in ZfrwVk. 3» 63. Auf diesen oder auf den folgenden Brauch bezog sich vermutlich sonstige Literatur bequem verzeichnet ist. Helm. die Verfügung des Großen Kurfürsten für die Pibaktoromantie, Unterform der HyGrafschaft Mark v. J . 1669, in der davon die Rede ist, „daß auf Matthiasabend Blätter in dromantie, wie die Lekano-, GastroWasser gelegt werden". 13 ) bezeugt für Köln und Phialomantie, benannt nach dem so bedeutet es Glück, verbrennen sie: Todu). Beispiele für andere Grundformen sind folgende: In der Matthiasnacht (24. Februar) wirft man drei Blätter aufs Wasser, mit dem Namen der Mutter, des Vaters und des Kindes bezeichnet, und späht, welches zuerst untergeht 12 ). Gleichfalls am Matthiasabend legte man Efeublätter in eine Schüssel mit Wasser, bestreute sie mit Salz und eignete jedem Familienmitglied eins zu. Wessen Blatt am nächsten Morgen schwarz oder naß geworden war, der sollte noch im selben Jahr sterben 1 3 ). In Braunschweig ließ man in der Matthiasnacht Immergrünoder Efeublätter auf Wasser aus bestimmten Brunnen schwimmen. Vereinigten sie sich, so deutete dies auf Hochzeit im laufenden Jahr 1 4 ). Auch die Beobachtungen über die abnorme Färbung von Blättern infolge Chlorophyllmangels u. dgl. 1 S ) könnte man zur Ph. rechnen. Doch ist selbstverständlich diese gelehrte Bezeichnung im 16 Jh. nicht im Hinblick auf gleichzeitigen Volksglauben aufgenommen oder neugeschaffen worden.

Pilatus

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dabei verwendeten Gefäß (spätgriech. irtßaxtoptov, mßaX-capi). Die in späten, aber vermutlich auf byzantinische Quellen zurückgehenden griechischen Handschriften unter diesem Namen beschriebene Praxis (Knabe als Medium, dem von einem Zaubermeister geheime Worte ins Ohr geflüstert werden usw.) erinnert gleichfalls aufs genaueste an hydro- und lekanomantische Rezepte 1 ). In den Divinationslisten der Humanistenzeit und späterer Autoren wird diese Bezeichnung nirgends erwähnt. *) D e l a t t e

Anecdota

Atheniensia

i

(1927),

37. 430; Beschreibung bei P f i s t e r in Philol. Wochenschrift 1929, 10. Boehm. Pilatus.

1. Der Landpfleger Pontius P. ist im Mittelalter Gegenstand vieler Sagen geworden 1 ). Er soll Sohn eines Fürsten in Mainz und in Forchheim in Oberfranken zu Hause gewesen sein 2). In Hausen bei Forchheim soll er geboren sein. Hier heißt eine Flur Pilatus (Pilotes), und in Forchheim zeigt man seine roten Hosen a ). Nach der Kreuzigung Christi wurde P. nach Gallien verbannt und endete dort durch Selbstmord4). In die Schweiz ist die P.sage nicht vor dem 13. Jahrh. aus Italien eingewandert6). Ortsnamen ähnlichen Klanges haben zu ihrer Verbreitung Anlaß gegeben *). Auf dem P.berge bei Luzern und in seiner Umgebung muß nun P. ruhelos wandern und zeigt sich in allerlei Gestalten 7 ). Alljährlich um Neujahr kommt vom Berge durchs Aargau ein nicht unfreundlich aussehender Mann an den Rhein gereist. In den Freienämtern heißt er P.; anderswo bezeichnet man ihn als den Ewigen Juden 8). Schon im 14. Jh. wird der P.see bei Luzern genannt. Wenn man in diesen Steine wirft oder den Namen des P. ruft, so entstehen Unwetter9). Der Besuch des Sees war daher zeitweilig strenge verboten 10 ). Zur Beruhigung des Tobgeistes hat man ein Pferd in das Gewässer versenkt u ) . Alle Mittage12) oder alljährlich am Karfreitage 13 ) zeigt sich der Geist in der Mitte des Sees auf einem purpurnen Sessel. Teufel setzen

26

ihn darauf, deren Klauenspuren man ringsumher an den Felsen wahrnimmt14). Auch andere Seen werden als Aufenthaltsort des P. genannt 16 ). Im Pillersee muß er besonders in der Karwoche leiden; da hört man die ganze Woche hindurch den See brüllen M ). Im Jocher See, eine Stunde von Meran, liegen P. und ein Graf Fuchs. Wenn der See murrt und wogt, so raufen die beiden mit einander 17 ). Bei Kufstein im Tale Tiersee muß P. in schrecklicher Stiergestalt wild brüllend umgehen 18). Von der Scheibenfluh im Emmental erzählt man, daß dort ein Loch sei, und wenn man mutwillig etwas darein werfe, so gebe es ungestümes Wetter. Auch soll P. dort begraben liegen 19 ). Nach anderm Bericht ist sein Leichnam in die Alpen hach dem Septimer geschafft, wo er noch spuken soll. Denn sowie man den P. nennt oder ruft, entsteht dort ein heftiger und lärmender Streit des Landpflegers mit seinem alten Feinde Herodes20). P. ist also Wetterherr wie der Berg bei Luzern Wetterprophet21). Im allgemeinen sagt die Kalenderregel vom Wetter in der Osterwoche: P. wandert nicht aus der Kirche, er richtet denn zuvor noch einen Lärmen an, das will sagen, daß kein März oder April ohne Unwetter ablaufen werde 2a). Auch an der Saar geht P. um. Er wurde in Pachten (Kr. Saarlouis) „auf Maul und Nase liegend" begraben, nachdem er durch Selbstmord geendet hatte. Nachts hört man den Ruf: „Ich bin unschuldig an dem Blute dieses Gerechten"23). — Bei den Ehsten sagen alte Leute, P. sei zur Rohrdommel geworden 24). l)

L ü t o l f Sagen 7 ff. 14 ff.; Herzog Schwei-

zersagen

1,

145 ff.; B ä ß l e r

Legenden

57 ff.;

N i d e r b e r g e r Unterwaiden 1, 152 ff.; L a i s t n e r Nebelsagen

214 ff.; M e n z e l Symbolik

2, 231

ff.;

S e p p Religion 211 f.; C r e i z e n a c h Legenden und Sagen von P. im PBB. 1, 8 9 0 . ; ZfVk. 10, I 7. 45 SJ ) S c h ö p p n e r Sagen 3,113 f. 435 (1059); Z f V k . 17, 48; L a i s t n e r Nebelsag.

214 t.

P a n z e r Beitrag 2, 23. 4) A l p e n b u r g Tirol 47. 5) ZfVk. 17, 49. •) Ebd. 7, 50. ') R o c h holz Sagen 2, 23 f. Der Berg bei Luzern heißt übrigens erst seit dem 18. Jh. P., früher hieß er Fräckmont, Fräckmünt, Frackmünt = Möns fractus. Ursprünglich hieß nur der See nach P.: L a i s t n e r Nebelsag. 215; ZfVk. 17, 52 f. 3)

28

Pilger—Pilze

27

•) R o c h h o l z Sagen 2, 306. 308 f.; N i d e r b e r g e r Unterwaiden 1, 1 6 6 f . •) L ü t o l f Sagen 2 7 4 f f . ; R o c h h o l z Sagen 2, 309; Z f V k . 17, 55 ff. 62 f.; L a i s t n e r 13. 215 f.; N i d e r b e r g e r 1, 163 ff.; S e p p Religion 211 ff.; B i r l i n g e r A. Schwaben I. 78; M e y e r Mythol. d. Germanen 206. 10) Z f V k . 17, 52 f.; B i r l i n g e r Schwaben i , 78; N i d e r b e r g e r j , 163 f.; M e y e r Mythol. d. Germ. 206. l l ) R o c h h o l z Sagen 2, 25; M e y e r Indogerman. Mythen 2, 453 f. " ) R o c h h o l z Sagen 2, 309. 13 ) Z f V k . 17, 63. " ) M e n z e l 2, 234. " ) Z f V k . 17, 51 ff. (1362 und 1367 wird der Monte di Pilato und ein dämonischer See bei Norcia genannt). Auch in Tiber und Rhone hat P. Überschwemmungen und Gewitter erregt: M e n z e l Symbolik 2, 234. » ) H e y l Tirol 64 f. " ) Z i n g e r l e Sagen 102; L a i s t n e r Nebelsagen 12 f. 18 ) A l p e n b u r g Alpensagen 24; L a i s t n e r 93. " ) R o c h h o l z Naturmythen 176; L a i s t n e r 15. Z f V k . 17, 50. " ) N i d e r b e r g e r Unterwaiden l, 170; Z f V k . 17, 62; S e p p Religion 213; L a i s t n e r 215. , a ) R o c h h o l z Naturmythen 3. « ) F o x Saarland 284. " ) D ä h n h a r d t Natursagen 2, 290.

2. In dem kleinen See neben dem größeren auf dem P.berge soll die F r a u d e s P. liegen 26 ). In Tirol wird oft die Perchte als Frau des P. ausgegeben 24 ). " ) S e p p Religion 213. " ) ZfdMyth. 3, 205; A l p e n b u r g Tirol 46 f.; Z i n g e r l e Tirol 127 f.

3. Die abessynischen Christen haben P. als H e i l i g e n in ihrem Kalender (19. Juni), weü sie seine Unschuld am Tode Jesu voraussetzen 27 ). Bei den Südslaven in der Lika gilt P. als S c h i c k s a l s b e s t i m m e r für die Menschen. Man sagt sprichwörtlich: „Wie dir Urias am Geburtstage zuerteilt und P. zufeilt, so wird es dir dein Leben lang ergehen" 28 ). Vereinzelt kommt P. im Diebssegen vor 29 ), auch mit Petrus zusammen in der B e s p r e c h u n g der Rose so ). Manche leiden es nicht, daß die Kinder „in den April geschickt" werden, weil am 1. April einst Christus zu P. geschickt worden sei 31 ). •») M e n z e l Symbolik 2, 235. ») K r a u ß Relig. Brauch 26 f. 2 ') K u h n Westfalen 2, 195 (546). 30 ) B a r t s c h Mecklenburg 2, 416 (1929). **) Rogasener Familienblatt x (1897), 8.

4. In der Nacht vor Georgi und auch Johanni machen die Schäfer Feuer aus Zweigen von neunerlei Holz, um die Schafe vor Schaden zu bewahren. Das nennen sie im Kalotaszeger Bezirk „ P i l a tusbrennen". In manchen Gegenden verbrannte die Jugend früher am Ostertage eine Strohpuppe, den P. 32 ). 8a)

W l i s l o c k i Magyaren 64.

5. Als V e r s t ü m m e l u n g eines unverständlich gewordenen Ausdrucks kommt der jedem Christen geläufige Name P. im Kinderliede vom „Herrn von Ninive" vor: „Heissassa P. ( = jubilate)" 3S). Auf Amrum hört einer die Unterirdischen über den Tod ihres Königs klagen: „Pilatje as duad". Er erzählt es im Dorfe; da rufts: „As Pilatje duad, Hatje Pilatje duad?" 34 ). 33)

Z f V k . 4, 181.

M)

M ü l l e n h o f f Sagen 292. Sartori.

Pilger s. W a l l f a h r t . Pilze (Schwämme; Fungi). 1. An das S a m m e l n der P. knüpft sich vielfacher Aberglauben. Eingehend hat darüber F. F e r k *) gehandelt. Nach dem (steirischen) Volksglauben hängt das Wachstum der P. von gewissen Vegetationsgeistern, den „Schwammzwergeln, -mandeln, -letterin" ab 2 ). Die Holzfräulein zeigen die guten Plätze, wo es zahlreiche P. gibt 3 ). Als „Schwammheilige" gelten besonders der hl. Petrus (29. Juni) und der hl. Veit (15. Juni). Daher wallfahren am Peterstag die Weiber von ferne her nach St. Peter bei Graz und bitten um Verleihung von „Schwammsamen". In Oberbayern heißt es auch „St. Veit baut die Recherl ( = Eierpilze) und Schwammerl an" 4 ). St. Veit reitet in der Nacht des 15. Juni auf einem blinden, weißen Roß und sät Schwammsamen 6). In Steiermark gilt auch noch der hl. Antonius der Einsiedler als Schwammheiliger. Wer „nicht richtig getauft ist" (d. h. bei dessen Taufe der Geistliche etwas übersehen hat), findet viele P. 6 ), ebenso wer gut (viel) lügt 7 ). F e r k erklärt dies wohl irrtümlich damit, daß „lügen" hier „lugen" ( = schauen) bedeuten soll. Eine Analogie dazu bildet der Glaube, daß man beim Setzen der Kürbisse (s. d.) und der Bohnen lügen müsse 8). In Frankreich heißt es, daß man lügen müsse, um viele Morcheln zu finden 9). Beim Suchen der P. muß man die drei ersten gefundenen in einen hohlen Baum legen und drei Vaterunser beten 10 ) oder den ersten hinter sich werfen u ). Den ersten gefundenen P. darf man nicht brechen, sondern muß ihn stehen lassen 12 ).

29

Pilze

30

In all diesen Bräuchen dürfen wir das dann schleudere ich dich auf die Erde, Rudiment eines Opfers an die Waldgeister daß du zu Staubund Asche zerfällst" 16 ). sehen, s. Beere (1, 974). Viele P. findet Auch existieren verschiedene „Schwammman auch, wenn man ungewaschen und gebete" (Zaubersprüche), die halb singend schlecht angezogen auf die Suche geht, morgens, während des Suchens usw. gewenn man sich die Schürze umgekehrt sprochen werden müssen, z. B. umbindet oder barfuß den Wald betritt. Haliga sankt Veit! G i b uns Schwamm auf freier Weit': Die „Schwammzeit" beginnt, wenn der Kloane Schwamm, große Schwamm, erste Donner vernommen wird; der beste Oll' in mein Binkerl z'samm. Tag zum Suchen ist der Donnerstag; In Nordmähren rufen die Kinder beim ebenso steht eine reiche P.ernte bevor, P.sammeln, wenn sie einen P. gefunden wenn man sich bei dem ersten Donner, den man im Jahre vernimmt, auf der haben, „Noba, komm azu" (Nachbar, Erde wälzt 13 ). Da die P. oft innerhalb komm herzu), dann finden sie noch an17 ganz kurzer Zeit in größter Zahl aus dem dere ). Ahnlich ruft man in Frankreich: „Champignon, Champignon, montre-moi Boden schießen, gelten sie als Fruchtbar18). ton compagnon" keitssymbol (s. auch Donner, Donners*) Volkstümliches aus dem Reiche der Schwämtag). Als „Angang" beim Suchen der P. me, in Mitteilungen des Naturwissensch. Verist günstig die Begegnung mit einem eines für Steiermark 47 {1910), 18—52. a) F e r k Jäger, einem Eichhörnchen, einem Manne, 33. 3) J o h n Westböhmen 200. *) M a r z e l l einem Düngerhaufen, einem Heuwagen. Bayer. Volksbotanik 120. *) F e r k a. a. O. Vor dem Eintreten in den Wald soll man •) F e r k 38. ')8 F e r k a . a . O . ; J o h n Westböhmen 228. ) S. auch M a r z e l l Fluchen, mit bloßem Fuße auf die Erde ein Truden- Zornigsein, Lachen bei der Aussaat von Kulturkreuz (Trudenfuß) machen, auch ist es pflanzen in B a y H f t e . 1, 200 f. •) R o l l a n d gut, vor dem Suchen in den Wald hinein- Flore pop. 11, 179. 10 ) G r o h m a n n 96 = u t t k e 289 § 437. « ) D r e c h s l e r Schlesien zukrähen {Verjagung der bösen Gei- W 2 , 7 5 . " ) F e r k 46. l s ) F e r k 40 f. " ) F e r k 42. ster?) 14 ). P. findet man mit Hilfe der 16) Mittelsteiermark: F e r k 43. " ) F e r k 46. „Schwammuhr": Man bricht von einem 17 ) Orig.-Mitt. von J o r d e 1919. l 8 ) R o l l a n d dünnen, runden Grashalm ein Stück ab, Flore pop. 11, 131. das etwas länger ist als der Nagel des 2. Uber die E n t s t e h u n g der P. erlinken Daumens. Nun benetzt man den zählt man sich im (früheren) österreiFingernagel gut mit Speichel und legt chisch-Schlesien die Sage, daß Petrus den Grashalm darauf; er wird sofort die einst drei Kuchen erhielt, aber nur einen Richtung einnehmen, nach der hin P. davon dem Herrn gab. Als er den zweiten stehen 18 ). Damit an einem „Schwamm- Kuchen insgeheim essen wollte, fragte platz" viele P. wachsen, muß man ihn ihn Christus dieses und jenes. Petrus mit einer Wacholder- oder Haselrute mußte antworten und warf das angebissene (Lebensrute, s. d.) schlagen. Kein P. Stück rasch weg, bis er den ganzen Kuchen wächst weiter, wenn ihn einmal ein weggeworfen hatte. Aus diesen weggemenschliches Auge erblickt hat, daher worfenen Bissen entstanden die eßbaren muß man jeden gefundenen guten P. P.19). In Deutsch-Böhmen (Leipa) entbrocken, sei er noch so klein. Mit dem standen die ungenießbaren P. aus den ersten gefundenen P. soll man sich die Kuchenbrocken, die aus schwarzem Mehl Augen auswischen, das schärft den klaren gebacken waren, die genießbaren aus den Blick, um viele P. zu finden. In der Um- aus weißem Mehl gebackenen Kuchengebung von Sauerbrunn-Rohitsch (Unter- brocken 20). Auch sonst erscheinen ab steiermark) sucht man sich zu Beginn der und zu P. in Sagen. Im Walde bei ViechSchwammzeit einen Fliegenschwamm, tach (Niederbayern) verwandeln sich gelbe hält ihn zuerst vor sich hin gegen den P. (Cantharellus cibarius) zu Dukaten, Wald gewendet, dann bewegt man ihn aber bösartige Eulen hindern die beutehin und her und spricht zu ihm: „Wenn lustigen Pflücker 21). Eine Pilzsammlerin du mir nicht die guten Schwämme zeigst. aus Pohlsdorf (Schlesien) sah im Walde

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Pilze

einen Herrenpilz (Steinpilz, Boletus edulis), der vor ihren Augen so groß wurde, daß er über sie hinwegragte. Plötzlich ist der P. verschwunden und an seiner Stelle stand ein Knabe, der sich aber nicht fassen ließ und rief: „Kennst du den Vogelhannes nicht ?" Im Jauersberger Holz erwächst aus einem P. eine Riesengestalt und vergeht schnell wieder22). Die sog. „Hexenringe" (im Volksaberglauben als die nächtlichen Tanzplätze der Hexen gedeutet) entstehen dadurch, daß das Fadengeflecht (Myzelium) gewisser P. sich zentrifugal ausbreitet und dann an der Peripherie die Fruchtkörper trägt. Infolgedessen sind dann die P. auffallend kreisförmig angeordnet. Wenn der „Hexenring" sich schließt (verwächst), stirbt der Eigentümer der Matte 2a). " ) P e t e r Österreichisch-Schlesien 2, 133; ähnlich auch in Oberösterreich: Hmtg 4, 194 und bei den Ungarn u. Ruthenen: D ä h n h a r d t Natursagen 2, 107. 109. 3 ) D ä h n h a r d t a. a. O. 2, 110. a l ) Bayld 19, 93. ») K ü h n a u Sagen i , 468 f. 588. M ) Schweizld. 6, 1091.

3. Im Wetter- und Ernteorakel treten die P. vielfach auf. Wenn es an Prokopi (4. Juli) M ) oder Peter und Paul (29. Juni) as) viel regnet, „regnet es Schwämme", d. h. es wachsen viele P. Wenn es viele P. gibt, dann wird das Jahr ungeraten und es entsteht eine Teuerung M ), es sterben im folgenden Jahr viele Leute besonders Kinder Z7 ), daher auch der Spruch „Viel Schwamma — viel Jamma" M ). Desgleichen heißt es in Italien „Anno fungato (Pilzjahr) — anno tribolato" 29 ) und in Frankreich : „An de cépère ( = Steinpilz) — an de misère"30). Es ist dies wohl so zu verstehen, daß in regenreichen Sommern, die ja der Entwicklung der P. günstig sind, die Ernte schlecht ist. Gibt es im Oktober viel Steinp., so wird die spät gesäte Winterung gut schütten S1 ). Viele P. verkünden einen schneereichen Winter S2 ). Ebenso gibt es einen strengen Winter, wenn die P. recht fest sind33). Zeigen die P. schlechte und faule Stiele, so steht ein nasser Winter bevor84). Alt und weit verbreitet ist der Glaube, daß man aus den „Teuerlingen" (im Niederdeutschen auch „Hungerpöttkens" genannt) den

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Ausfall der Ernte erkennen könne. Es sind dies Becherp. (Cyathus-Arten usw.), deren becherförmige Fruchtkörper („Peridien") im reifen Zustand mehrere kugelige Körner („Peridiolen") enthalten. Schon die Chemnitzer Rockenphilosophie sagt: „So viel die Teuerlinge Körner in sich haben, so viel Groschen wird das Korn hinfort gelten" 3S). Auch jetzt heißt es noch, daß so viel Taler der Scheffel Korn kosten werde, oder ganz allgemein, daß viele „Peridiolen" eine gute Ernte prophezeien usw.36). Wer auf dem Feld „Glückshäfeli" trifft, dem lacht an jenem Tag das Glück 37 ), oder der Finder hat Glück in der künftigen Ehe 38). — Man suche auf der Wiese einen Johanniskopf (d. i. ein „Schwamm auf den Wurzeln der Bäume"), kratze mit dem rechten Daumennagel die obere Haut weg und lege ihn in das Wasser des Jungfernbrunnens. Versteckt man ihn dann zu Hause unten im Bett, so wird mein jene Nummern sehen, die „kommen werden" 3»). M ) J o h n Westböhmen 228. *») S c h r a m e k Böhmerwald 160. M ) G r o h m a n n 96; vgl. dagegen ebd. 144: Wenn es viel P. gibt, so wird das Getreide viel schütten. " ) J o h n Westböhmen 164. M ) Ebd. 228. a») Y e r m o l o f f Volkskalender 553. 30) R o l l a n d Flore pop. I i , 161. 31 ) F r i s c h b i e r Naturkunde 332. 32) P e t e r Österreichisch-Schlesien 2, 261; D r e c h s l e r Schlesien 2, 206; D V k ö B . 11, 1 7 1 ; MnböhmExc. 11, 297. M ) P e u c k e r t Schles. Vk. 1928, 108. D r e c h s l e r 2, 206. Rokkenphilosophie 1707, 3, 175 = Sterzinger Aberglaube 168 = G r i m m Myth. 3, 442. 39 ) MschlesVk. 27, 232; S p i e ß Obererzgebirge 20; J o h n Erzgebirge 224; Geschichtsbl. f. Stadt u. Land Magdeburg 16 (1881), 242; S c h u l e n b u r g Wend. Volkstum 163; K ö h l e r Voigtland 392; Urquell N. F. 1, 269 (Melnik in Böhmen); R e g e l Thüringen 1895, 677; M a r z e l l Bayer. Volksbot. 128; Schweizld. 2, 952. 1012 f. S7 ) Aargau: Schweizld. 2, 1012. i8 ) Ebd. 952. 39 ) V e r n a l e k e n Mythen 5.

4. Volksmedizinisches. Die Hirschtrüffel (Elaphomyces granulatus) wird im Volk hie und da als Aphrodisiacum gebraucht. Sie wurde daher in getrocknetem Zustand von Burschen auf den Tanzboden gestreut (Ettenheim in Baden) 40 ), auch geben die Burschen das Pulver den Mädchen, deren Liebe sie erwerben wollen, zu trinken. Das Mädchen kann dann

Pimpinelle—Pirmin, hl.

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nicht mehr von dem Burschen lassen 41 ). Wenn eine Frau in schwerer Geburt liegt, soll sie von einem Hirschschwamm ein erbsengroßes Stück nehmen, von diesem die Hälfte kauen und mit der anderen Hälfte den herausgetriebenen Nabel einstreichen. Dann gebiert sie das Kind ohne große Arbeit (Oberösterreich) **). Den als „Schapp" bezeichneten P. darf man nicht anfassen, weil man sonst die „Schapp" (Krätze) bekommt (Dithmarschen) 43). Gegen Kröpfe legt man im abnehmenden Mond zu Kohlen gebrannten Buchenschwamm auf u ) . 40 )

Archiv d. Pharmazie 260 (1922), 151. Z r w V k . 3, 62. 42 ) Anthropophyteia 3, 39. « ) Urquell 6, 44 = Z f V k . 23, 282. " ) H ö h n Volkskeilkunde 1, 87. 41)

5. V e r s c h i e d e n e s . Ein Gewehr muß man mit Birkenschwamm ausräuchern, dann trifft man immer (aus einem Zauberbuch) 4S). Wem der Feuerschwamm (Zunder) nicht brennen will, der zeugt keine Kinder mehr 48). An manchen Orten von Oberbayern und Tirol bringen am Karsamst ag die Knaben Buchenschwämme (Polyporus-Arten) zur „Feuerweihe"; dort werden die Schwämme teilweise angebrannt, beim Herannahen von Gewittern wird damit geräuchert 47). Wer am Weihnachtsabend viel P. ißt, dem stehen das ganze Jahr die Kleider gut 48 ), vgl. auch Hirse. 45 ) J o h n Westböhmen 325. «) Treichel Westpreußen V , 52. ") Gierl Kiefersfelden 1899, 5 1 ; M a r z e l l Bayer. Volksbot. 26; B a y H f t e . 6, 1 1 7 . 48) D r e c h s l e r Schlesien 1, 34; 2, 209; M n o r d b E x c . 28, 416. Marzell.

Pimpinelle s. B i b e r n e l l e . Pimpemuss (Staphylea pinnata). 1. B o t a n i s c h e s . Zierstrauch mit unpaarig gefiederten Blättern und weißen, außen rötlich angehauchten Blüten. Besonders kennzeichnend ist die Frucht, die eine kugelige, häufig aufgeblasene Kapsel ist 1 ). *) M a r z e l l Kräuterbuch

143 f.

2. In Böhmen kann man am i . Mai in der Kirche mit einem neunmal geweihten Zweig der P. die Hexen erkennen: sie tragen einen Pferdefuß statt eines Menschenfußes 2 ). Mit dem am Palmsonntag geweihten P.zweig kann man den B i c h t o l d - S t ä u b l i , Aberglaube VII

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„Hastermann" (Wassermann) erschlagen 3). Auch in der Mieser Gegend (Westböhmen) ist die P. ein Bestandteil des Palmbuschens 4 ). Die Slovaken schlagen den Ohnmächtigen mit einer P.gerte s ). Ein Besitzer auf Bösegg (b. Willisau) hat auf seiner Pilgerreise einen Stab von einer P. geschnitten und ihn daheim in die Erde gesteckt. Er wuchs und die Früchte sind gut gegen Grimmen 8 ). Nach einer Sage aus Steyr schnitten sich einst Nonnen, in deren Kloster der Feind eindrang, die Nasenspitzen ab, um sich vor Schändung zu bewahren. Aus diesen Nasenspitzen erwuchs ein P.strauch 7 ). 2)

G r o h m a n n 101 = W u t t k e 256 § 3 7 3 . E b d . 13. 4) Z f ö V k . 15, 154. ') H o v o r k a 6) L ü t o l f u. K r o n f e l d 2, 196. Sagen 367. ') Z f ö V k . 13, 116. 3)

3. Je mehr „Glücksnüßchen" (Samen) sich in der Frucht befinden, um so mehr Glück wird man haben. Man trägt daher solch ein „Glücksnüssel" bei sich in der Tasche oder Geldbörse 8). 8) MschlesVk. 16, 7 1 ; D r e c h s l e r 2, 216; J o h n Erzgebirge 244.

Schlesien Marzell.

Pirmin, hl., Abt und Wanderbischof von unbekannter Herkunft, f um 753. Er wirkte namentlich unter den neubekehrten Alemannen und auch unter Franken und gründete das Kloster Reichenau im Bodensee x). An der Stelle, wo er hier ans Land stieg, ließ sein Stab eine Quelle hervorsprudeln 2 ). Er segnete eine im Kanton Wiltz in Luxemburg auf dem „Permesknupp" fließende Quelle, durch deren Wasser Kranke, besonders skrophulöse Kinder, geheilt wurden 8 ). Gegen Ende des 16. Jh. wurde von den Jesuiten in Innsbruck (wohin 1575 seine Reliquien übertragen worden sind) P.wasser durch Eintauchimg einer Reliquie des Heiligen geweiht 4). Bei seiner Ankunft auf Reichenau verließ alles Ungeziefer und giftige Gewürm die Insel 6 ). P. wird in Ehrenstetten (Staufen) im Haussegen angerufen 8 ). Er ist Patron gegen Schlangen. Sein Gürtel soll glückliche Entbindung schwangerer Frauen bewirkt haben. Sein Gedächtnistag ist der 3. N o v e m b e r 7 ) . x ) W e t z e r u. W e l t e 10, 18 f . ; M e n z e l Symbolik 2, 438. Über H e r k u n f t und N a m e n : A R w . 23, 160; B o u d r i o t D. altgerman. Religion 15 A . 3. Über seine S c h r i f t „ D i c t a abbatis P . " :

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Pirol—Planeten

A R w . 20, 108 f.; B o u d r i o t 15. Über ihren Wert für die Kenntnis der Glaubensverhältnisse des deutschen Volkes im 8. Jh.: F e h r l e in OberdZfVk. 1 (1927), 97 ff. s ) Elsäss. Monatsschrift 1913, 574; B i r l i n g e r Volkst. 1, 408 3) W i r t z Heilige Quellen im Moselgau Anm. (1926) 19; S e p p Religion 294; F o n t a i n e Luxemburg 110; W e i n h o l d Verehrung d. Quellen e) 43. *) F r a n z Benediktionen 1, 215. Birl i n g e r A. Schwaben 1, 4 0 f . ; M e y e r Baden 80; B e i ß e l Heiligenverehrung 2,80. 4) M e y e r Baden 359. ') D o y 6 Heilige u. Selige d. röm. kath. Kirche 2, 186. Sartori.

Pirol i) (Bruder), P i r o 2 ) , Pirolf, P i r o l t 3 ) , B i e r e u l e 4 ) u. ähnl., B i e r e s e l (Vogel), B ü l o w , V i c h a u s , F i a u s 5 ) , G u g e l f a c h a u s 6 ), G u g e l f l i c h a u f u. ä., Pfingst-, Kirsch-Vogel, Gold-Ams e l , - M e r l e , - D r o s s e l , mhd. w i t e w a l 7 ) (Oriolus oriolus s. galbula), Plinius: chlorion. Von n a t u r g e s c h i c h t l i c h e m Aberglauben erwähnt Konr. v. Megenberg (216), der P. lebe nur von Luft, Gesner sagt (Vogelb. 229): „Etliche liegend . . . daß seine jungen in 4 Teil zerteilt geboren werdind / vnd von eitern mit dem Kraut, Herba Julia genennt widerumb zusamen gefügt werdind". Beide ohne Quellenangabe. In Frankreich gilt der Glaube, daß der Blick des „loriot" die Gelbsucht anziehe 8 ). Dagegen beziehen sich die Angaben von Hovorka-Kronfeld (2, 108) und oben 3, 585 wohl eher auf die Goldammer (Emberiz citrinella) ••). Als O r a k e l t i e r verkündet er Regen 1 0 ). Darauf hin deuten auch estnische Erzählungen von dem P. u ) . Fliegt er gegen die Gebäude, so verkündet er Blitzschlag (wegen seiner gelben Farbe) 1 2 ). Er ist der späteste Sommerverkünder: erscheint er, so bleibt es warm 1 3 ). Eigentliche S a g e n über den P. sind spärlich. Bei Birlinger (Aus Schwaben I, 400) wird erzählt, daß ein Knabe von Hertfeld auf einem Baum eine „Goldamsel" gesehen habe, hinaufgestiegen sei, aber plötzlich sei ein großer schwarzer Mann statt des Nestes zu erblicken gewesen. Er stürzte vom Baum und brach den Fuß. Im Schloß von Frankenstein (Schlesien) haust eine gespenstische „Biereule" " ) .

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Die übrigen Erzählungen sind mehr spaßhafte Tiergeschichten. So die vlämische vom Sperling, der Amsel und dem Pirol 1 5 ). Zuweilen sind solche Geschichten mit der Deutung seines R u f e s oder G e s a n g e s verbunden 16 ). Verschiedene Namen: S u o l a h t i Vogelnamen 169 ff.; D W b . 7, 1867; W e i g a n d Dt. Wh* 2, 431. 2) M e g e n b e r g 216. 3) F r i s c h Wb. 1, 161 b; G e s n e r Vogelb. 268 b. 4) MBöhmExc.37, 7. 6 ) B a u m g a r t e n A. d. Heimat 1, 94. 6) Ebda. 7 ) S u o l a h t i 169; Mhd. Wb. 3,464; L e x e r 3 , 952. 8) S e b i l l o t Folk-Lore 3, 205. •) oben 1, 368. 10 ) B a u m g a r t e n A. d. Heimat 1, 94 (in A l t münster Ober-Österreich: „Schauervogel"); D r e c h s l e r Schlesien 2, 231; Rogasener Fam. Bl. 1 (1897), 40; G e s n e r Vogelbuch 229. " ) D ä h n h a r d t Natursagen 3, 315. 316. 318. 12 ) B a u m g a r t e n 13 ) Ebda.; aaO. Hopf Tierorakel 128 (nach Aldrovandus); G e s n e r 15 ) Vogelbuch 229. " ) D r e c h s l e r 2, 231. D ä h n h a r d t Natursagen 3, 369; Estnische, lettische, rumänische Sagen ebd. 315 ff. 362. 369. 382. 398. 400. u ) Ebda.; B a u m g a r t e n aaO.; W o s s i d l o Meckl. 2, 1, 1 2 4 0 . ; Ostdeutscher Naturwart 3, Heft 3 (Ober-Schlesien); Z f V k . 10, 222; Der Vogelbrehm (1927) 549; M e g e n b e r g 217; S c h u l e n b u r g Wend. Vt. 155 f.; D e r s . Wend. V.sagen 262. Hoffmann-Krayer.

Pithomantie. In der „Biga Salutis", einer Sammlung von Fastenpredigten aus dem 15. Jh., wird im 8. Sermon über das 1. Gebot unter den 13 Künsten der Hexen die „Phitomantie" an 5. Stelle g e n a n n t E s dürfte sich um eine Verschreibung für „Pithomantie" handeln, womit man vermutlich die Wahrsagung mit Hilfe eines prophetischen Dämonen (pithon, python) bezeichnen wollte, und zwar wahrscheinlich die durch Bauchreden vorgetäuschte Prophetie, da python vorzugsweise in diesem Zusammenhang gebraucht wird 2). i) Verfaßt von einem „Frater ordinis Minorem de observantia familiae Hungaricae (Frater Hungarus), G e f f c k e n Bilderkatechismus 32, 55. 2 ) oben 3, 313 unter G a s t r o m a n t i e . Boehm.

Planeten (PL = Planet, -en; planetarisch.)

pl.

=

A . Der Gegenstand des Artikels. — B. Die PI. in der Laienastrologie. — C. Die PI. in der höheren Astrologie und deren Einwirkung auf die Laienastrologie. D. Die bildlichen Darstellungen der PI. und der Pl.kinder im deutschen Sprachbereich. — E. Gereimte Überlieferung in Deutschland. — F. Anhang: Pl.gebete; PI. und Zauber.

Planeten