Familie, Stand und Vaterland: Der niedere Adel im frühneuzeitlichen Mecklenburg. Dissertationsschrift 9783412222109, 3412222100

Die Erforschung des mecklenburgischen Adels steht noch am Anfang und entspricht keineswegs seiner historischen, sozialen

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German Pages 374 [376] Year 2013

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Familie, Stand und Vaterland: Der niedere Adel im frühneuzeitlichen Mecklenburg. Dissertationsschrift
 9783412222109, 3412222100

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QUELLEN UND STUDIEN AUS DEN LANDESARCHIVEN MECKLENBURG-VORPOMMERNS herausgegeben von Kathleen Jandausch, Matthias Manke, Martin Schoebel und René Wiese Band 15

SILVIO JACOBS

FAMILIE, STAND UND VATERLAND DER NIEDERE ADEL IM FRÜHNEUZEITLICHEN MECKLENBURG

2014 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung Vorderseite: Bildepitaph für Curt von Plessen und Claus von Peckatel auf Initiative Elisabeth von ­Sperlings, verwitwete Plessen und Peckatel (um 1620), St. Petri Kirche Rostock, Quelle: Archiv Annette Wellert, Rostock. Rückseite: Mecklenburgisches Hofgericht unter Herzog Ullrich, Ausschnitt aus dem Gemälde „Jüngstes Gericht und herzogliches Gericht“, ehem. im Rathaus (jetzt Stadtmuseum) zu Güstrow (1584), Quelle: Archiv Silvio Jacobs.

© 2014 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Rainer Borsdorf Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-22210-9

Vorwort Bei dieser Monographie handelt es sich um meine Dissertationsschrift, die im Wintersemester 2009/10 von der Philosophischen Fakultät der Universität Rostock angenommen, im Mai 2010 verteidigt und für den Druck geringfügig überarbeitet wurde. Für die Ermutigung und Unterstützung auf dem langen Weg von der Themenwahl bis zur Fertigstellung bin ich so mancher Person und Institution zu Dank verpflichtet. An erster Stelle stehen die Doktorväter, Prof. Dr. Ernst Münch und Prof. em. Dr. Kersten Krüger, die diese Studie in jeder Hinsicht gefördert haben. In ihren Seminaren erwuchs die Motivation, sich mit den vielfältigen unbeantworteten Fragen zum mecklenburgischen Adel und zur Landständischen Verfassung Mecklenburgs auseinanderzusetzen. Einige dieser Fragen, so hoffe ich, konnten beantwortet werden. Den Herren Münch und Krüger ist es nicht zuletzt auch zu verdanken, dass das Promotionsprojekt von 2004 bis 2007 in die Landesgraduiertenförderung des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen wurde. Prof. Dr. Andreas Pečar, damals Assistent am Rostocker Lehrstuhl für Europäische Geistesgeschichte und Historische Methodologie, bin ich ebenfalls in besonderer Weise zu Dank verpflichtet, da er mich in unzähligen Gesprächen vor so manchem Irrweg bewahrte und auf wichtige Fragen aufmerksam gemacht hat. Dem damaligen Schweriner Archivdirektor, Dr. Andreas Röpcke, danke ich für die Aufnahme der Doktorarbeit in die Reihe „Quellen und Studien aus den Landesarchiven Mecklenburg-Vorpommerns“, Dr. René Wiese für die redaktionelle Betreuung durch das Landeshauptarchiv Schwerin und Herrn Harald S. Liehr für die fachmännische Begleitung der Publikation durch den Böhlau-Verlag. Als „Institution“ möchte ich das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern erwähnen, das nicht nur das Promotionsprojekt, sondern auch die Veröffentlichung finanziell förderte. Für die einige Jahre umfassende Motivation, die Geduld und die Nachsicht, ohne die dieses Buch nicht möglich gewesen wäre, danke ich meiner damaligen Freundin, jetzigen Frau, Marleen. Ahrensburg/Hohenzieritz im August 2013

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1 Einführung: Der mecklenburgische Adel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1 Forschungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Tendenzen der Adelsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Mecklenburgischer Adel als Forschungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Methode – Quellen – Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Adel und adlige Güter – ein statistischer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 11 14 19 24

2 Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.1 Familiale Repräsentation und Memoria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Patronatskirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Wohngebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Besonderheiten und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Familienhistorisches und -genealogisches Bewusstsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Forschen – Publizieren – Kommunizieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Quellen und Archive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Fakten – Fiktionen – Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Erbstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Rechtliche und traditionelle Erbfolgeregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Anbahnung und Austragung des Erbstreits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Erklärungsansätze und Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 40 55 61 61 72 80 97 97 103 113

3 Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3.1 Mecklenburgische Adelskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Facetten mecklenburgischer Adelskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Kulturkontakte und Kulturtransfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Kulturgrenzen und zeitgenössische Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Einkommen und Auskommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Quellen ökonomischen Kapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Krisen – Konflikte – Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Reaktionen und Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Verflechtung und Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Verwandtschaft und Freundschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Verflechtung und Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Grenzen adliger Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

121 121 138 149 169 169 179 192 204 204 234 245

4 Vaterland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 4.1 Landesväter und Vaterlandsliebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 4.1.1 Vasallen – Freunde – Favoriten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

8 Inhalt 4.1.2 Landadel versus Landesherren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Herkommen und Vaterlandsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Landtag und Landespolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Landstände und Landtag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Beteiligte und Entscheidungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Kontroversen und Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

266 276 284 284 296 305

5 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 6 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319



Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Archivalische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gedruckte Quellen und ältere Literatur bis 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur nach 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

319 321 321 323 330 361 364

1

Einführung: Der mecklenburgische Adel

1.1 Forschungsgegenstand „Es kann zur Abwechselung anderer Geschäfte nichts angenehmers seyn, als auch mit den entferntesten und ältesten seiner Vorfahren eine Art von Bekanntschaft zu machen. Entdeckt man unter selbigen große, weise und rechtschaffene Leute, die durch löbliche Thaten sich bekannt gemacht, und einigen Ruhm erworben haben, so ziehet man sich etwas davon zu, und man ist auch bey Seiten-Verwandten schon zufrieden, wann man nur bloß die Ehre hat, ihren Namen zu führen.“1

Mit diesen Worten, die der Vorrede der 1780 zu Neubrandenburg erschienen „Historischen, Genealogischen und Critischen Beschreibung des Edlen, Freyherrn-, und Gräflichen Geschlechts von Bülow“ entnommen sind, verwies der Autor, Jacob Friedrich Joachim von Bülow, auf die Vorzüge familiengeschichtlicher Forschung. Das Vergnügen, das sie ihm bereitete, resultierte aus der Kenntnis über die ruhmreichen Taten der Ahnen, die vorbildhaft auf ihn wirkten und ihn mit Stolz erfüllten.2 Auf mehr als zweihundert Seiten erläuterte er Wappen, Ursprung und Namen des Geschlechts und nannte Besitztümer, Würden und Chargen einzelner Familienmitglieder und -zweige, die in Mecklenburg, den Nachbargebieten und selbst in fremdsprachigen, weit entfernt gelegenen Regionen im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa wirkten.3 Zahlreiche Literaturangaben und Verweise auf dingliche Quellen sowie gedruckte und ungedruckte Schriftstücke sollten seine Aussagen belegen; Stammtafeln, ein umfangreicher Quellenanhang und die Auflistung von mehr als dreihundertdreißig lebenden Familienmitgliedern rundeten das Werk ab. Schließlich zeugen die Akribie seiner Forschungsarbeit, die damit verbundenen aufwendigen Quellenrecherchen und nicht zuletzt das „Avertissement“, das als Schlusswort seines Werkes fungierte, vom großen Vergnügen, das ihm die Auseinandersetzung mit der

1 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 1. 2 Die Angabe der Präposition „von“ bzw. ma. „de“ zwischen adligem Vor- und Familiennamen, die häufig auf einen ma. Familienstammsitz zurückzuführen ist, wurde im Untersuchungszeitraum von den Betroffenen selbst, insbesondere im 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, unregelmäßig verwendet. In ein und derselben Quelle und bezüglich einer Person konnte sie sowohl angeführt als auch weggelassen werden. Im Folgenden wird zwischen adligem Vor- und Nachnamen generell das „von“ eingefügt. Vgl. Lisch: Ueber alte Stammlehen; Münch: 1506 – erste Bestandsaufnahme, S. 90–91 sowie exemplarisch LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1068, Band 1, Q 53 (Galenbeck/ Friedland, 15. Mai, 8. Juni 1628, wegen Detloff (von) Rieben). 3 Vgl. Abb. 28, 29.

10 Einführung Familienhistorie bereitete. Inwieweit das Kriterium „Familie“ im Denken und Handeln des Jacob Friedrich Joachim von Bülow eine Rolle spielte, lässt sich jedoch nur erahnen. Zweifellos wird Bülow den Großteil seiner Leserschaft – allein die Subskribentenliste nennt etwa einhundertzwanzig von Vertretern des Adels und des Bürgertums vorbestellte Exemplare – vom Ruhm einzelner Familienmitglieder und somit des gesamten Geschlechts überzeugt haben. Doch handelt es sich bei seinem Werk keinesfalls nur um eine Hommage an das Bülowsche Adelsgeschlecht. Bereits aus der Vorrede ist ersichtlich, dass sowohl der „Adel“ als Stand wie auch das „Vaterland“ – womit in seinen Ausführungen stets Mecklenburg gemeint ist4 – in bedeutendem Maße auf Bülow eingewirkt haben müssen. Geraumen Platz nahmen die Erläuterungen zu Ursprung, Geschichte, Funktionen, Pflichten und Tugenden des Adels ein, was u. a. damit begründet werden kann, dass die Bülow bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung auf eine Jahrhunderte währende Familiengeschichte zurückblicken konnten, aus der die tiefe Verwurzelung im und eine Identifizierung mit dem Adelsstand resultierte.5 Darüber hinaus standen Herkommen und Werdegang der Bülow in enger Beziehung zu der nordöstlich der Elbe gelegenen Region, die seit dem hohen Mittelalter als Mecklenburg bezeichnet werden sollte.6 Hier lag nicht nur das gleichnamige Stammgut der Familie, hier fanden auch unzählige Ahnen ihren Wirkungsbereich. Nicht zuletzt war auch Jacob Friedrich Joachim von Bülow in Mecklenburg geboren.7 Erziehung und Studium durchlief er zu weiten Teilen in der Universitätsstadt Rostock, sein späteres Rittergut, Klaber, lag im damaligen ritterschaftlichen Amt Güstrow und schließlich fand er in der Position eines Geheimen Kammerrats eine Anstellung in Diensten des Mecklenburg-Strelitzer Landesherrn. Darüber hinaus war er ein Kenner der Vaterlandsgeschichte und zählte zu den gelehrtesten Persönlichkeiten in Mecklenburg in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.8 Bülow sah sich somit in vielfältiger Weise seinem Vaterland verbunden, dessen „Glückseligkeit“ seiner Meinung nach auch mit Waffengewalt herbeigeführt und aufrechterhalten werden sollte.9 4 Dazu ausführlich Kap. 4. 5 Zu einigen zeitgenössischen Theorien zum Ursprung des Geschlechts vgl. Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 19–24. 6 Vgl. als Überblick Hamann: Das staatliche Werden. 7 Geb. 1732 auf dem elterlichen Rittergut Groß Siemen, gest. 1799. Zur Biographie vgl. Koppe: Jetztlebendes, S. 47–51; zum Stammgut Bülow Lisch: Ueber alte Stammlehen. 8 Zu den von ihm in der Bülowschen Familiengeschichte genutzten landeskundlichen Werken gehören u. a. Krantz: Wandalia; Latomus: Uhrsprung und Anfang; Pritzbuer: Index concisus; Klüver: Beschreibung; Westphalen: Monumenta (1739); Schröder: Papistisches; Behr: Rerum Meclenburgicarum; Buchholz: Versuch; Ungnad: Amoenitates; Franck: Alt- und Neues; Pistorius: Das Geschlecht. Mit Bülows Gelehrsamkeit ist auch seine Berücksichtigung im „Jetztlebenden gelehrten Mecklenburg“ (Koppe: Jetztlebendes) zu erklären. 9 So äußerte er sich etwa in einer von ihm verfassten und im Jahre 1755 vor der Landesherrschaft gehaltenen Rede anlässlich des LGGEV, mit dem er das Wohl des Vaterlandes durch die Übereinkunft von Landesregierung und Ständen wiederhergestellt sah. Vgl. Bülow: Die Glückseligkeit; des Weiteren Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 2.



Der mecklenburgische Adel

11

Die Person Jacob Friedrich Joachim von Bülows und seine in der Bülowschen Familiengeschichte dargelegten Ansichten bildeten die Initialzündung zu folgender Studie, die sich mit den in Mecklenburg ansässigen niederen Adelsgeschlechtern befasst. Hypothetisch soll angenommen werden, dass die in seinem Werk vordergründig thematisierten Kriterien „Familie“, „Stand“ und „Vaterland“ diejenigen waren, die das Denken und Handeln jener gesellschaftlichen Gruppierung in herausragendem Maße beeinflussten und steuerten. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich dabei auf die frühe Neuzeit, was keinesfalls allein damit begründet werden soll, dass das Erscheinungsjahr der „Historischen, Genealogischen und Critischen Beschreibung“ (1780) zeitlich in jene Epoche fällt, die die Geschichtswissenschaft zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert angesetzt hat.10 Vielmehr finden sich in den Ausführungen Bülows zahlreiche Hinweise darauf, dass sich die Bedingungen und Konstellationen bezüglich der drei zu untersuchenden Determinanten über einen längeren Zeitraum hinweg grundlegend wandelten, was m. E. eine Beschränkung auf die Jahre um 1780 nicht sinnvoll erscheinen lässt und eine Ausweitung des Untersuchungszeitraumes zwingend notwendig macht.11 Die den Adel in seinem Bewusstsein offenbar prägenden Kriterien „Familie“, „Stand“ und „Vaterland“ sollen demnach nicht punktuell, sondern in ihrer Genese betrachtet werden. Dementsprechend gilt es, Einflussfaktoren aufzuschlüsseln und zu analysieren, die für mögliche Diskontinuitäten und Kontinuitäten als ursächlich angenommen werden können, um zu allgemeingültigen Aussagen über das Phänomen adliger Existenz, das in Mecklenburg in besonderer Weise zutage trat, zu gelangen.

1.2 Tendenzen der Adelsforschung Die Adelsgeschichte der Neuzeit zählte lange zu den weniger bevorzugten Themen der Geschichtswissenschaft, was bisweilen damit begründet wurde, dass sich Historiker tendenziell jenen Kräften widmen, die den „Fortschritt“ markieren: gerade der Adel schien die zukunftsträchtigen Kräfte der Geschichte weniger zu verkörpern. 12 Andererseits wurde gemutmaßt, dass es womöglich an motivierenden Fragestellun10 Vgl. etwa Koselleck: Vergangene Zukunft; Burkhardt: Frühe Neuzeit; Schulze: Einführung; Nolte: Einheit. 11 So heißt es bsw. bei Bülow (Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 4): „da der Adel, seit der Kirchenverbesserung, durch die Einziehung der Stifter sehr herunter gekommen, die Pracht und Schwelgerey immer mehr und mehr gestiegen, auch die einräglichsten Aemter guten Theils, oft aus besonderen Vorurtheilen, mit Unadelichen besetzt werden: so sind die Aeltern, zumal bey zahlreichen Familien, selten im Stande, ihre Kinder auf eine kostbare Art auf Schulen, Universäten und Reisen diejeniege Geschicklichkeiten erwerben zu lassen, die man von einem jungen von Adel, der sich an Höfen zugleich auch zeigen soll und muß, fordert; noch nicht genug! man verlanget wol gar, daß er eine ziemliche Zeit umsonst par honneur dienen soll.” 12 Vgl. etwa Reif: Der Adel; Wehler: Einleitung, S. 11; Endres: Adel in der frühen Neuzeit, S. IX; Asch: Ständische Stellung, S. 3.

12 Einführung gen und Untersuchungskonzepten fehlte, da ein mangelndes historisches Gewicht ausgeschlossen werden könne.13 Dabei ist die geschichtliche Bedeutung der Aristokratie keinesfalls eine Erkenntnis der jüngeren Forschung; Adelsgeschichte war im Grunde genommen immer ein Thema der Historiographie, auch wenn sie variierende Schwerpunktsetzungen vornahm, Sicht- und Zugangsweisen veränderte und nicht zuletzt in Abhängigkeit der jeweiligen Gesellschaftsform zu abweichenden Deutungsmustern gelangte. Seit nahezu zwei Jahrzehnten genießt die neuzeitliche Adelsgeschichte jedoch eine besondere Aufmerksamkeit innerhalb der historischen Forschung.14 Zahlreiche sozial- und kulturgeschichtlich akzentuierte Untersuchungen haben dazu beigetragen, seine Lebensformen, seine gesellschaftliche und politische Bedeutung sowie die Insignien seiner Kultur zu verstehen. Zu den grundlegenden Erkenntnissen zählt u. a. diejenige, dass es „den“ Adel nie gegeben hat. Allein die enormen qualitativen Unterschiede, die symptomatisch für die Aristokratie im frühneuzeitlichen Europa waren, lassen eine entsprechende Subsummierung nur mit erheblichen Einschränkungen zu.15 In gleicher Weise erscheint auch eine an Nationalitäten orientierte Typologisierung unvorteilhaft. 16 Gerade die im Alten Reich existierende und europaweit einmalige Adelsvielfalt lässt sich nur schwer in ein analytisches Schema zwingen, da hier tiefgreifende Unterschiede vorlagen, etwa zwischen Adelsrängen und Adelsregionen, Konfessionen und Existenzweisen, zwischen dem Hochadel der regierenden reichsfürstlichen Häuser einerseits und dem in sich wiederum sehr differenzierten reichsritterlichen und landsässigen Adel andererseits, von den Neunobilitierten ganz zu schweigen.17 So hat es auch „den“ deutschen Adel nie gegeben.18 Schließlich ergaben die Forschungen zum sog. landsässigen Adel,19 der im Heiligen Römischen Reich im Gegensatz zum reichsunmittelbaren (Hoch-)Adel nicht direkt dem Kaiser, sondern der Landeshoheit eines Landesherrn unterworfen war,20 dass selbst das Spektrum der sozialen und politischen Erscheinungsformen in den einzelnen deutschen Adelslandschaften und Territorien breit gefächert war. So vergleicht bsw. Gerd Heinrich die enorme soziale Spannweite der nordostdeutschen Adelsschichten – also in Brandenburg, Pommern und Mecklenburg – mit dem Ab13 So etwa Volker Press (Press: Adel, S. 13) und Heinz Reif (Reif: Der Adel, S. 35). 14 Einen Forschungsüberblick bieten Wehler: Europäischer Adel; Endres: Adel in der frühen Neuzeit; Reif: Adel im 19. und 20. Jahrhundert; Asch: Europäischer Adel im Ancien Règime; Gersmann und Kaiser: Selbstverständnis; Asch und Schlögl: Adel in der Neuzeit; Asch: Europäischer Adel in der Neuzeit; Sikora: Adel. 15 Zur Verwendung des Begriffs „Europäischer Adel“ vgl. u. a. Wehler: Europäischer Adel; Scott: The European Nobilities; Dewald: The European Nobility; Oexle und Paravicini: Nobilitas; Asch: Europäischer Adel im Ancien Règime; Lukowski: The European nobility. 16 Vgl. etwa Heal und Holmes: The gentry (England); Meyer: La noblesse française (Frankreich); Donati: L’idea (Italien). 17 Stollberg-Rilinger: Nur ein bloßes „Gedankending“, S. 11. 18 Reif: Adel im 19. und 20. Jahrhundert, S. 1. 19 Im Folgenden auch als Niederadel bzw. allgemein als Adel, Adlige bzw. Aristokratie, Aristokraten bezeichnet. Zur Begriffsbestimmung vgl. Conze: Adel, Aristokratie, S. 21. 20 Endres: Adel in der frühen Neuzeit, S. 2, 4.



Der mecklenburgische Adel

13

stand zwischen einem Lübecker Patrizier und dem Ratsbürger eines kleinen Ackerbürgerstädtchens bzw. einem Erzbischof und einem Dorfpfarrer.21 Nicht zuletzt kommt auch die jüngere mecklenburgische Landesgeschichtsschreibung zu dem Ergebnis, dass der landsässige Adel gerade hinsichtlich seiner Besitztümer und Finanzen erhebliche Unterschiede aufwies.22 Hat es „den“ mecklenburgischen Adel demnach auch nie gegeben? Trotz der mannigfaltigen Unterschiede lassen sich doch einige sehr fundamentale Gemeinsamkeiten von Adel – sozusagen „alteuropäische“ Strukturen von allgemeiner Verbreitung und großer Beharrungskraft – beschreiben:23 1. die Verfügung über Grund und Boden – ob als Eigentum oder Lehen – und die daraus folgende Herrschaft über die das Land bearbeitenden Leute, 2.  die Partizipation an der zentralen Herrschaft des Monarchen bzw. des Landesherren, 3. der privilegierte Zugang zu Ämtern und Würden im Fürstendienst, 4. der privilegierte Zugang zu kirchlichen Ämtern und Pfründen und 5. Verwandtschaftsnetze und Abstammungsbewusstsein mit dem Ziel der Konservierung von Besitztümern und Vorrechten, die stets dem ganzen „Haus und Geschlecht“ zukamen. Im Rahmen des zunehmenden Interesses für Adelsgeschichte im Allgemeinen erfuhr auch die Erforschung des landsässigen Adels eine beachtliche Konjunktur, wobei die These vom „Obenbleiben“ zu denjenigen zählt, die in besonderer Weise diskutiert wurden.24 Demnach kannte die frühneuzeitliche Adelsgesellschaft spektakuläre Aufstiege ebenso wie Abstiege, wobei zum „nach oben kommen“ und „oben bleiben“ spezifische Strategien und Medien notwendig waren, wie Ewald Frie hervorhebt.25 Frie gibt zu bedenken, dass die Interaktion von Adligen mit anderen sozialen Gruppen und damit die sozial konnotierten Wahrnehmungs- und Erfahrungsmuster in der ständischen Gesellschaft der frühen Neuzeit bislang zu kurz kamen. Neben jener übergeordneten Problematik widmeten sich insbesondere Regionalstudien Themenfeldern, die sich auf den Alltag der Aristokraten im weitesten Sinne bezogen.26 Zu diesen gehörten bsw. Geburt und Taufe, Erziehung und Bildung, Ämter und Würden, Einkommensquellen und adliges „Haus“, Geschlechterrollen und Heiratsver21 Heinrich: Nordostdeutscher Adel, S. 108. 22 Vgl. bsw. Münch: Die sogenannten Magnaten. 23 Im Folgenden Stollberg-Rilinger: Nur ein bloßes „Gedankending“, S. 12–17; zum Konzept der Adligkeit Oexle: Aspekte der Geschichte; Reif: Einleitung, S. 16; Düselder und Weckenbrock: Einführung, S. 1–2 sowie Marburg und Matzerath: Vom Stand zur Erinnerungsgruppe. 24 Vgl. etwa Braun: Konzeptionelle Bemerkungen; Stollberg-Rilinger: Nur ein bloßes „Gedankending“; Frie: Adel um 1800; des Weiteren Hohendahl und Lützele: Legitimationskrisen. 25 Frie: Adel um 1800, S. 18–19. 26 Eine Auswahl von Studien zum niederen Adel: Reif: Westfälischer Adel (Westfalen); Borggrefe u. a.: Adel im Weserraum (Weserraum); Keller und Matzerath: Geschichte (Sachsen); Mauerer: Südwestdeutscher Reichsadel (Südwestdeutschland); Lesemann und Stieglitz: Stand und Repräsentation (Hannover); Barth: Adelige Lebenswege (Oberpfalz); Kink: Adelige Lebenswelt (Bayern); Düselder u. a.: Adel und Umwelt (div.).

14 Einführung halten, Kleidung und Ernährung sowie Memorial- und Repräsentationskultur.27 Eine Differenzierung zwischen Nieder- und Hochadelsforschung zeichnet sich zunehmend ab.

1.3 Mecklenburgischer Adel als Forschungsgegenstand Wenngleich die mecklenburgischen Fürstentümer an der nördlichen Reichsperipherie und damit weit entfernt von den Kernregionen und bedeutenden deutschen Fürstenhöfen lagen, zählten sie doch im zeitgenössischen Europabild nicht zur Grenzregion des Kontinents.28 Ob ihrer politischen und geographischen Position kann der dortige Niederadel als Teil des deutschen und europäischen Adels und die folgenden Studie als Beitrag zur Adelsforschung im weitesten Sinne angesehen werden.29 Somit können und müssen auch die Ergebnisse insbesondere der jüngeren deutschen Adelsforschung in eine Analyse der mecklenburgischen Verhältnisse einbezogen werden. In umgekehrter Weise spielten die vorliegenden landesgeschichtlichen Studien zum mecklenburgischen Adel bislang nur eine untergeordnete Rolle bei vergleichenden Untersuchungen zur Aristokratie.30 Dies ist zweifelsfrei darauf zurückzuführen, dass die Aufarbeitung der mecklenburgischen Niederadelsgeschichte – im Gegensatz zu der des Hochadels31 – noch in den Kinderschuhen steckt.32 Im direkten Vergleich mit 27 Ebd.; des Weiteren Bastl: Tugend, Liebe, Ehre; Hufschmidt: Adlige Frauen; Babel und Paravicini: Grand Tour. 28 So fixierte bsw. der italienische Humanist Enea Silvio Piccolomini (1405–1464) in seiner 1458 verfassten Europa-Schrift, die wichtige Einblicke in das europäische Selbstverständnis der Renaissancezeit bietet, die östlichen Kontinentalgrenzen in das Baltikum, wonach Mecklenburg nahezu in Zentraleuropa lag. Die Betrachtungsweise orientierte sich an einem Europa als christliche Verteidigungsgemeinschaft – basierend auf den Werten der Antike. Die Städte Wismar und Rostock verlegte er fälschlicherweise nach Pommern (Frank und Metzger: Enea Silvio Piccolomini, S. 190). 29 Zur Problematik vgl. Duchhardt und Kunz: Europäische Geschichte; Maurer: Europäische Geschichte. 30 Etwa bei Peters: Gutsherrschaftsgesellschaften (durch Lubinski: Ländliches Kreditwesen, bezüglich der Gutsherrschaft) und bei Schattkowsky: Witwenschaft (durch Münch: Adlige Witwen, bezüglich der adligen Witwenschaft). Die Überblicksdarstellungen zum deutschen Adel (etwa Rössler: Deutscher Adel; Endres: Adel in der Frühneuzeit) enthalten keine Beiträge zur mecklenburgischen Adelslandschaft. 31 Vgl. etwa Stuth: Höfe und Residenzen; Wiese: Orientierung; Neumann: Die Kunst am Hofe. 32 Hervorzuheben sind zwei in jüngster Zeit (2010 und 2012) von der Stiftung Mecklenburg und der Historischen Kommission für Mecklenburg initiierte Tagungen zum Thema „Adel in Mecklenburg“, bei denen der Niederadel im Vordergrund stand, und die daraus hervorgegangenen Publikationen. Vgl. Karge: Adel in Mecklenburg (2010) und Karge: Adel in Mecklenburg (2012). Vgl. des Weiteren Münch: Zur Genesis, S. 115. Zu den wenigen Monographien, die den mecklenburgischen Adel thematisieren, zählt die Geschichte der „Hassliebe“ zwischen der Stadt Rostock und der angrenzenden Ortschaft Toitenwinkel bzw. ihrer (adligen) Bewohner, in der Ernst Münch den gegenwärtigen Forschungsstand zur mecklenburgischen Adelsgeschichte zusammenfasst. Die Beziehungen zwischen Landesherrschaft und Ständen wurden von Michael Buch thematisiert (Busch: Machtstreben). Die



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anderen Adelsregionen und -landschaften, die weit weniger nachhaltig von der Niederaristokratie geprägt wurden, ist ein erhebliches Forschungsdesiderat festzustellen, was umso erstaulicher ist, da gerade Mecklenburg bisweilen als „Adelsrepublik“ (Karl Lamprecht) bzw. die dortigen Entwicklungen – insbesondere die in den Revolutionsjahren 1848/49 – als mecklenburgischer Sonderweg (Hartmut Pogge von Strandmann) bezeichnet wurden.33 In keiner anderen deutschen Adelslandschaft konnten die Aristokraten ihre politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Position so lange aufrechterhalten wie in Mecklenburg, was sich nicht zuletzt nachhaltig auf die dortigen agrarischen Verhältnisse oder die Existenz von Kulturgütern auswirkte.34 In Mecklenburg blieb über Jahrhunderte hinweg alles „bi’n Ollen“.35 Die Basis jenes Sonderweges wurde in der frühen Neuzeit geschaffen.36 Mecklenburgs Geschichte und Gegenwart wurden somit in besonderer Weise vom Adel geprägt und können ohne Rückblick in die Frühmoderne nicht erklärt werden.37

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von Claus Heinrich Bill verfasste Publikation „Der Mecklenburgische Adel in der Frühen Neuzeit 1550–1750“ (Bill: Mecklenburgischer Adel; des Weiteren ders.: Mecklenburgische Adelskunde; ders.: Institut Deutsche Adelsforschung) hält jedoch nicht, was der Titel zunächst verspricht. Bill gibt die Biographien von etwa einhundertfünfzig Adligen auf der Grundlage von Leichenpredigten nahezu kritiklos wieder und fasst seine Erkenntnisse auf wenigen Seiten zusammen. Abgesehen von zahlreichen Druckfehlern – gerade hinsichtlich der Jahreszahlen – erfolgen die Resümees häufig zu pauschal und voreilig, ohne die inneradligen Differenzierungen ausreichend zu berücksichtigen. Ebenso in Grenzen hält sich m. E. der wissenschaftliche Ertrag der Dissertation von Renate de Veer zu den Gutsanlagen und Gutshäusern in Mecklenburg-Vorpommern, die vornehmlich durch längere Zitate aus der Literatur „besticht“. Der Wert der Untersuchung liegt in der Inventarisierung der Gutskomplexe (Veer: Steinernes Gedächtnis, 3 Bde.). Folgende Regionen (Auswahl) wurden von der Forschung bislang stärker berücksichtigt: der Weserraum (vgl. den Forschungsüberblick bei Düselder und Sommerfeld: Adel an der Peripherie), Oberschwaben (vgl. die Beiträge in Hengerer und Kuhn: Adel im Wandel) oder Brandenburg (Hahn: Struktur und Funktion). Lamprecht: Deutsche Geschichte, S. 253 (kritisch zum Begriff der „Adelsrepublik“ Kap. 4.2); Pogge von Strandmann: The German revolutions; des Weiteren Bei der Wieden: Die Verfassungsgeschichte. Aufgrund des Sonderweges widmete sich insbesondere die DDR-Historiographie der Gutsherrschaftsgeschichte des 19. Jh., also der Spätphase der Adelsgeschichte (Asch: Ständische Stellung, S. 5–9). In keiner anderen Region Deutschlands war der Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche, der um 1950 durch ehemaliges Gutsland bereitgestellt wurde, so hoch wie in Mecklenburg (vgl. Ellenberg: Bauernhaus und Landschaft, S. 187). Zu den kulturellen Hinterlassenschaften des Adels zählen mehr als eintausend Gutsanlagen und Herrenhäuser. Vgl. etwa Lisch: Meklenburg in Bildern; Zander: Schlösser und Gutshäuser; Veer: Steinernes Gedächtnis, 3 Bde.; Bock: Herrschaftliche Wohnhäuser; des Weiteren Nitschke: Inventarisierung; Bill: Mecklenburgische Adelskunde, S. 5, Anm. 10; Lasdin: Rückkehr der Familien. Nach Fritz Reuters „Allens bliwwt bi’n Ollen“ – Alles bleibt beim Alten (Reuter: De Urgeschicht, u. a. S. 57). Hamann: Das staatliche Werden, S. 46; Baudis: Revolution 1848/49; Heck: Stände und frühe ständische Aktivitäten, besonders S. 273–285; Frie: Adel um 1800, S. 19. Vgl. Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 8; Bill: Mecklenburgische Adelskunde, S. 5. In musealer Hinsicht wurde dieser Umstand allenfalls im Rahmen der Sonderausstellung zum tausendjährigen Jubiläum Mecklenburgs 1995 berücksichtigt (Erichsen: 1000 Jahre, S. 357–366).

16 Einführung Dies soll jedoch nicht heißen, dass das Thema Adelsgeschichte grundsätzlich von der historischen Forschung unberührt blieb.38 So richtete der Begründer der mecklenburgischen Landesgeschichtsschreibung, Friedrich Lisch, das Augenmerk gezielt auf den niederen Lokaladel, zu dem er Zeit seines Lebens zahllose Beiträge – allen voran die mehrbändigen Geschlechtergeschichten der Familien Hahn, Maltzan und Oertzen – verfasste.39 Unter ihm erlebte die mecklenburgische Adelshistoriographie einen Höhepunkt, wie er bis heute nicht wieder erreicht wurde, wenngleich sich die mecklenburgische Adelsgeschichte seit den 1980er Jahren zunehmend als eigenständige landesgeschichtliche Fachdisziplin zu etablieren scheint.40 Ob Lischs Motivation möglicherweise auf die seiner Mutter nachgesagte Liaison mit einem Mecklenburger Aristokraten und somit seine eigene adlige Herkunft zurückzuführen ist, sei dahingestellt. Angesichts des thematischen Facettenreichtums seiner Veröffentlichungen kann dies kaum unterstellt werden.41 Herkunft und Abstammung bildeten jedoch für viele Adelsvertreter zweifelsohne die entscheidende Triebfeder, die schon seit dem 16. Jahrhundert die Familienforschung und den Druck zahlreicher, allerdings weniger nach wissenschaftlichen Maßstäben verfassten Geschlechtergeschichten in Gang setzte.42 Je nach fachlicher Kompetenz und persönlicher Beziehung zu den Auftraggebern bzw. auftraggebenden Familien flossen quellenkritische, zeitgleich aber auch fiktional-familienheroisierende Äußerungen in die Schriften ein, wobei gerade überregional bedeutendere Standesvertreter im Fokus des öffentlichen Interesses standen.43 38 Als Bibliographie zum mecklenburgischen Adel empfiehlt sich Bill: Mecklenburgische Adelskunde. 39 Zur Familie Hahn vgl. Lisch: Geschichte und Urkunden, 4 Bde.; zu den Maltzan Lisch: Urkunden-Sammlung; zu den Oertzen Lisch: Urkundliche Geschichte; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte. 40 Vgl. etwa Münch: Ritterschaft zwischen Mittelalter; Münch: Zur Genesis; Lubinski: Ländliches Kreditwesen; Heitz: Die „nicht adelichen Eingesessenen von der Ritterschaft“; Münch: 1506 – erste Bestandsaufnahme; Jacobs: Grenzstreitigkeiten; Münch: Von uradlig bis bürgerlich; Jandausch: Von einem Namen. 41 Zu Lischs Bedeutung für die Landesgeschichte vgl. Heitz und Münch: Friedrich Lisch. 42 Im weitesten Sinne bilden die familiengeschichtlichen und genealogischen Hinweise in den in großer Anzahl überlieferten gedruckten Leichenpredigten (zur Erläuterung s. u.) des 16. und 17. Jh. den neuzeitlichen Auftakt zur Erforschung der Adelsgeschlechter. Für die Adelsgenealogie des Bernhard Latomus stellten die Familien Anfang des 17. Jh. erstmals in großem Umfang ihre Privatarchive zur Verfügung (Latomus: Uhrsprung und Anfang; ausführlich Kap. 2.2 und 2.3). Die Hochphase gedruckter Geschlechtergeschichten ist die Zeit zwischen der 2. H. des 18. Jh. und dem Anfang des 20. Jh. Vgl. exemplarisch: Anonymus: Familie Behr; Altrock: Geschichte des Geschlechts; Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte; Behr Negendank: Urkunden und Forschungen; Bernstorff: Beitrag zu seiner Geschichte; Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung; Friis: Die Bernstorffs; Gantzer: Familie von Dewitz; Hake: Geschichte; Kamptz: Geschichte; Moller: Historische Nachricht; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 1; Opitz: Die Bernstorffs; Pistorius: Das Geschlecht. 43 Zur Beziehung Adelsgeschlecht-Familiengeschichte vgl. Kap. 2.2. Zu den bekannteren Vertretern des mecklenburgischen Adels zählen bsw. Joachim von Maltzan (Lisch: Joachim Maltzan), Dietrich von Maltzan (Seyfarth: Dietrich Moltzan), Katharina von der Lühe (Crull: Frau Fineke), Andreas Gottlieb von Bernstorff (Ballschmieter: Andreas Gottlieb; Bernstorff: Andreas Gottlieb), Matthias Hans von Behr (Fromm: Behr), Henning Friedrich von Bassewitz (Bassewitz: Aus dem



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Eine objektivere Annäherung erfolgte dagegen weniger durch personelle, sondern thematische Akzentuierungen, wenngleich gerade bei älteren Veröffentlichungen immer die gesellschaftliche Stellung und Funktion des jeweiligen Verfassers berücksichtigt werden muss. So wirkten sich gerade die Konflikte zwischen Landesherrschaft und Ritterschaft im Grunde genommen positiv auf die Erforschung spezifischer Thematiken aus, da sowohl Zeitgenossen  – selbst Lisch blieb davon nicht unberührt44 – als auch spätere Forschergenerationen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Relevanz damit mehr oder weniger zwangsläufig konfrontiert werden mussten. Dies führte bsw. in politischer Hinsicht zur Veröffentlichung zahlreicher Abhandlungen zur Landständischen Verfassung, zur Korporation der Ritterschaft und ihrer Schlüsselposition in fiskalischen Angelegenheiten oder zum Landtag als eine der wesentlichen landespolitischen Diskussionsplattformen schlechthin.45 Da sich der Adel durch seine Funktion als Grund- bzw. Gutsherr in besonderer Weise mit dem mecklenburgischen Landrecht verwoben sah, wurden bereits seit dem frühen Untersuchungszeitraum zahlreiche Versuche gestartet, die juristischen Verhältnisse zu analysieren.46 Die radikalen Strukturveränderungen, die sich im Rahmen des Wandlungsprozesses von der Grund- zur Gutsherrschaft während der frühen Neuzeit im agrarisch-ökonomischen Bereich vollzogen hatten, übten gerade im 20. Jahrhundert einen besonderen Reiz auf Historiker aus – angefangen beim Mediävisten Heinz Maybaum bis hin zu Gerhard Heitz und seinen Schülern.47 Schließlich bildete die existentielle Rolle der Gutsherren im ländlichen Sozialgefüge, deren Folgen bereits von Zeitgenossen wie

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Leben; Neuschäffer: Henning Friedrich) und Karl von Kamptz (Buchholz: Karl von Kamptz). Vgl. des Weiteren Maltzan: Einige gute. Lebensdaten und sonstige biographische Angaben werden zu den hier genannten Personen nur angeführt, wenn sich längere Passagen auf sie beziehen. Eine allgemeine Überprüfung der Personendaten erfolgte in der Regel auf der Grundlage von Geschlechtergeschichten, Leichenpredigten und genealogischen Sammlungen. Dies verdeutlicht bsw. das von Lisch anonym verfasste Gutachten zur Klosterfrage Mitte des 19. Jh. (Lisch und Anonymus: Extra-Sendschreiben; zur Kritik daran Heitz und Münch: Friedrich Lisch, S. 42–43). Vgl. etwa Lisch: Ueber die Fürsten- und Landesversammlungen; Hegel: Geschichte; Metterhausen: Die direkten Landessteuern; Sachsse: Die landständische Verfassung; Steinmann: Die Geschichte; Behncke: Erbteilungsstreit der Herzöge; Krause: System; Ballschmieter: Andreas Gottlieb; Wick: Versuche; Heitz: Ständeversammlung; Heck und Heitz: Union der Stände; Heck: Union der Stände; Heck: Geschichte des Landtags; Krüger: Der Landes-Grund-Gesetzliche ErbVergleich; Münch: Landtag und Landstände; Busch: Befestigung landständischer Macht; Münch: 1506 – erste Bestandsaufnahme; Krüger: Landständische Verfassung; Manke und Münch: Verfassung und Lebenswirklichkeit sowie ausführlich Kap. 4.1, 4.2. Vgl. u. a. Kamptz: Beyträge, 2 Bde.; Böhlau: Mecklenburgisches Landrecht; Schlesinger: Staatsund Verwaltungsrecht; des Weiteren Techen: Ein ritterschaftliches Halsgericht; Bernstorff: Rechtspflege auf einem mecklenburgischen Landgut. Vgl. Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft; Steinmann: Bauer und Ritter; Heitz: Die sozialökonomische Struktur; Münch: Studien zur Agrargeschichte; Kaak: Die Gutsherrschaft; Rudert: Gutsherrschaft; Buchsteiner: Entstehung der Gutswirtschaft; Lubinski: Ländliches Kreditwesen; des Weiteren Münch u. a. 2000, S. 527–531 (Bibliographie Gerhard Heitz) sowie Münch und Seemann: Aus der Geschichte (DDR-Agrargeschichtsschreibung).

18 Einführung Karl Freiherr vom Stein kritisiert wurden,48 den thematischen Schwerpunkt sozialgeschichtlicher Studien – insbesondere des 20. Jahrhunderts.49 Ein Überblickswerk zum mecklenburgischen Adel entstand bislang nicht, wenngleich in diesem Zusammenhang erwähnt werden muss, dass in den 1920er Jahren der Versuch unternommen wurde, die „Geschichte des mecklenburgischen Adels und seiner Güter“ zusammenzutragen. Sechs Bände mit jeweils etwa 650 Seiten sollte das Mammutwerk des Aristokraten Jobstheinrich von Bülow umfassen.50 Allerdings ist nicht bekannt, was Bülow unter „mecklenburgischer Adelsgeschichte“ verstand; schon die während des Untersuchungszeitraumes entstandenen sog. genealogischen Sammlungen51 waren laut ihrer Verfasser als „mecklenburgische Adelsgeschichte(n)“ anzusehen. Im Grunde genommen handelte es sich dabei jedoch um bloße Aufzählungen mecklenburgischer Adelsgeschlechter in alphabetischer Reihenfolge und einzelner Familienmitglieder, zu denen zahlreiche Fakten zusammengetragen und Genealogien erstellt wurden. Da das Vorhaben Bülows aus unbekannten Gründen nicht zur Ausführung gelangte, lässt sich über dessen inhaltliche Struktur nur spekulieren. Zugleich scheiterte damit ebenso der Versuch, ein jüngeres Überblickswerk zum mecklenburgischen Adel zu produzieren. Dies soll auch mit der folgenden Studie nicht angestrebt werden. Es kann sich lediglich um eine erste umfangreichere Annäherung handeln, die nicht etwa einzelne Aristokraten oder Aristokratengeschlechter, sondern den mecklenburgischen Adel als Ganzes betrachtet.

48 Am 22. April 1802 schrieb er an Karoline von Berg: „Eine Einförmigkeit, eine tote Stille, ein Mangel von Leben und Tätigkeit über das Ganze verbreitet, die mich sehr niederdrückte und verstimmte. Die Wohnung des mecklenburgischen Edelmannes, der seine Bauern legt statt ihren Zustand zu verbessern, kommt mir vor wie die Höhle eines Raubtiers, das alles um sich verödet und sich mit der Stille des Grabes umgibt.“ Vgl. Hubatsch: Karl Freiherr, S. 533–534; des Weiteren Hubatsch: Der Freiherr vom Stein. 49 Das Bauernlegen, welches die willkürliche Ab- bzw. Umsetzung eines Bauern von seinem Hof oder seiner Hufe umschreibt, zählte neben der Leibeigenschaft (erbliche persönliche Unfreiheit und Abhängigkeit) zu den bevorzugten und kontrovers diskutierten Themen der Sozialgeschichtsschreibung des 20. Jh. So folgte dem im Jahre 1935 verfassten adelsfreundlichen Beitrag „Ritter und Bauer in Mecklenburg“ von Hans Jürgen von Gadow 1960 eine wirtschafts- und sozialgeschichtliche Antwort durch Paul Steinmann mit dem Titel „Bauer und Ritter in Mecklenburg“ (Gadow: Ritter und Bauer; Steinmann: Bauer und Ritter; des Weiteren Münch: Mecklenburg – ein mittelalterliches Bauernland). Die sog. Heitz-Nichtweiß-Kontroverse der 1950er Jahre thematisierte speziell das Bauernlegen im 18. Jh. (Nichtweiss: Das Bauernlegen; Nichtweiss: Einige Bemerkungen; Heitz: Zur Diskussion; Heitz: Die sozialökonomische Struktur). 50 Vgl. Bülow: Geschichte des mecklenburgischen Adels sowie Bill: Mecklenburgische Adelskunde, S. 5–6. 51 Vgl. Kap. 2.2.



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1.4 Methode – Quellen – Gliederung Zu den bevorzugten Annäherungsformen an den Adel als Stand zählt die Analyse einzelner aristokratischer Persönlichkeiten, zu denen ein vergleichsweise komplexer und ausführlicher Quellenbestand vorliegt. Otto Brunner hat dies bereits 1949 in beeindruckender Weise für Wolf Helmhard von Hohberg (1612–1688) vorgeführt, was in ähnlicher Form auch von späteren Historikergenerationen – etwa von Brage Bei der Wieden für Ludolf von Münchhausen (1570–1640), Barbara Kink für Sebastian von Pemler (1718–1772) oder Thomas Winkelbauer für Gundaker von Liechtenstein (1580–1658) – adaptiert wurde.52 Allerdings sah und sieht sich diese Methode nach wie vor der Kritik ausgesetzt, dass – gerade angesichts des oben genannten Typologisierungsdilemmas  – eine nach biographischem Muster angelegte Studie ­allenfalls exemplarisch für eine spezifische Personengruppe innerhalb des sozial breit gefächerten Adelsstandes, nicht jedoch für die Niederaristokratie als solche stehen könne. Hier spiegelt sich im Grunde genommen die Auseinandersetzung wider, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Verfechtern der Mikro- und Makrohistorie, der Kultur- und Sozialgeschichte, ausgetragen wurde. Die Mikrohistoriker, deren Impulse in Deutschland in erster Linie unter den Konzepten „Alltagsgeschichte“ und „Historische Antropologie“ wirksam wurden, forderten eine Berücksichtigung der Individualebene, wohingegen Makrohistoriker wie Hans-Ulrich Wehler für die Suche nach übergeordneten, allgemeinen Strukturen plädierten und die geschichtswissenschaftliche Repräsentativität mikrohistorischer Studien anzweifelten, da sie der Zufälligkeit des Einzelfalls unterworfen seien und sich die Betrachtung der Individualebene einer globalen Sichtweise entzöge.53 Wenn auch die Debatten längst nicht mehr so polemisch geführt werden wie in den zurückliegenden Jahrzehnten, so gestaltet sich doch die Koexistenz und Verbindung beider Konzepte, der Kulturgeschichte und der Sozialgeschichte, nach wie vor problematisch, wobei mit der sog. „Kultursoziologie“ offenbar ein theoretischer Ansatz gefunden wurde, dem der geforderte Brückenschlag zu gelingen scheint.54 Dabei handelt es sich um eine spezielle Soziologie, die das Verhältnis von Kultur und ­Gesellschaft thematisiert und sich zahlreichen Phänomenen des Alltags – etwa kul­ turellen Themen wie Literatur, Musik, Kunst, Architektur – unter soziologischen Gesichtspunkten nähert. Zu ihren bekanntesten Vertretern gehört Pierre Bourdieu. In 52 Brunner: Adeliges Landleben; Bei der Wieden: Außenwelt und Anschauungen; Kink: Adelige Lebenswelt; Winkelbauer: Gundaker von Liechtenstein. 53 Vgl. etwa Schlumbohm: Mikrogeschichte; Brüggemeier und Kocka: Geschichte von unten; Kocka: Sozialgeschichte; Borscheid: Alltagsgeschichte; Lüdtke: Alltagsgeschichte; Schulze: Sozialgeschichte. Letztlich wurde mit diesem Streit fortgeführt, was sich bereits um 1900 an der Methode Karl Lamprechts entzündet hatte: die kulturelle Erweiterung der Sozialgeschichte (Schleier: Karl Lamprecht). 54 Vgl. Schlumbohm: Mikrogeschichte, S. 28–29; Lipp: Kulturgeschichte, S. 32; Gerhards: Die Moderne.

20 Einführung Anknüpfung an den Strukturalismus als Sammelbegriff für interdisziplinäre Methoden, die Strukturen und Beziehungsgefüge untersuchen, verband er subjektive Faktoren mit objektiven Gegebenheiten, wobei er der Soziologie und Ökonomie entlehnte Leitbegriffe wie Raum, Feld oder Kapital verwendete und weiterentwickelte, die in ihrem Zusammenwirken eine neue empirisch begründete soziologische Theorie, die Theorie der Praxis, ergaben.55 Ein wesentlicher Aspekt dieser Kulturtheorie sind die verschiedentlich ausgeprägten und konvertierbaren Potentiale der Individuen, insbesondere hinsichtlich des ökonomischen, kulturellen, sozialen und symbolischen Kapitals.56 Laut Bourdieu wirkt sich das Zusammenspiel der Kapitalformen unmittelbar auf Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsschemata und somit auf den Habitus der Individuen aus. Dieser stellt als verinnerlichte Struktur ein kulturelles Regelsystem dar, das wiederum Muster und Regelmäßigkeiten und damit Struktur erzeugt.57 In diesem Zusammenhang müssen auch die Arbeiten von Peter Berger und Thomas Luckmann hervorgehoben werden.58 Sie erforschten auf dem Gebiet der Wissenssoziologie die sozialen Prozesse, die zur Schaffung, Verbreitung und Bewahrung von Wissen innerhalb von Gruppen, Gemeinschaften und Gesellschaften beitragen. Wissen oder allgemein formuliert Denken gilt ihnen als sozial bedingt. Zwar betrachtet jeder Akteur die Alltagswelt aus einem anderen Blickwinkel, die dazugehörige gesellschaftliche Gruppe lebt jedoch nach gemeinsamen Schemata. Daraus folgt, dass sich auch diese Untersuchung als kultursoziologische Studie versteht, die eine Verbindung von Kulturgeschichte und Sozialgeschichte anstrebt und dabei sowohl den Aristokraten als Individuum wie auch die soziale Gruppe des Adels berücksichtigt. Im Übrigen stieße eine Herangehensweise im Sinne von Brunner, Bei der Wieden, Kink oder Winkelbauer, deren Ausführungen sich im Grunde genommen um einen einzigen Standesvertreter drehen, allein wegen der Quellenüberlieferung an ihre Grenzen, weshalb sich hier ohnehin ein Ansatz anbietet, der sich an kollektivbiographische bzw. prosopographische Richtlinien anlehnt.59 Zu keinem mecklen55 Vgl. Bourdieu: Die feinen Unterschiede; über ihn und seine Schriften Schwingel: Pierre Bourdieu. 56 So wird etwa das symbolische Kapital, das Bourdieu im Übrigen als bedeutendste Kapitalform erachtet, über soziale Anerkennungsakte wie distinktive Sprachen und körperliche Ausdrucksformen (Kleidung, Stil, Verhalten) erlangt, was Privilegien, Positionen, Reputation oder Prestige verleiht. Die Basis bilden gemeinsame kulturelle Muster. Das ökonomische Kapital umfasst seiner Auffassung nach in erster Linie materiellen Reichtum (u. a. Grund und Boden und anderes Vermögen wie Geld oder Schmuck), der direkt und unmittelbar in Geld konvertierbar ist. Hinsichtlich des kulturellen Kapitals differenziert er in objektivierten und inkorporierten Zustand (etwa Bücher, Bibliotheken bzw. kulturelle Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissensformen). 57 Zur Genese des Habitus-Bergiffs vgl. Nickl: Ordnung der Gefühle; zum Potential des Bourdieuschen Habituskonzeptes im Rahmen der Auseinandersetzung um Mikro- und Makrohistorie Lipp: Kulturgeschichte, S. 32–33; des Weiteren Stollberg-Rilinger: Die zeremonielle Inszenierung und Malinowski: Vom König zum Führer, besonders S. 28–34. 58 Erschienen 1966 als „The Social Construction of Reality“, seit 1969 mehrfach in deutscher Übersetzung (vgl. Berger und Luckmann: Konstruktion der Wirklichkeit). 59 Barth: Adelige Lebenswege, S. 25–27; des Weiteren Düselder und Sommerfeld: Adel an der Peripherie, S. 3.



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burgischen Adligen existiert auch nur annähernd ein so komplexer, dichter und umfangreicher Quellenbestand, wie ihn Brunner für Wolf Helmhard von Hohberg oder Bei der Wieden für Ludolf von Münchhausen vorfanden.60 Dies ist in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass nur ein Bruchteil der noch bis 1945 in großer Anzahl auf mecklenburgischen Rittersitzen lagernden Familien- und Gutsarchive die Nachkriegszeit unbeschadet überdauert hat.61 Gerade die Originale der persönlichen Hinterlassenschaften des Adels gingen unwiederbringlich verloren. Gemäß des hier verfolgten Konzeptes der Kultursoziologie gilt es, diverse Quellen und Quellengattungen, die einzelne Personen, Familien, Haushalte und Personengruppen betreffen, miteinander zu verknüpfen.62 Zwar existieren noch einige wenige Familien- und Gutsarchive, die zumindest theoretisch herangezogen werden könnten, doch offenbart bereits ein flüchtiger Blick, dass die Archive des Adels hinsichtlich Quantität und Qualität variier(t)en.63 Darüber hinaus enthalten sie – zumindest laut der gelegentlich vorliegenden Bestandslisten  – abgesehen von einigen Briefen keinerlei Egodokumente wie Tagebücher, Autobiographien, Chroniken, Memoiren oder Reiseberichte, in denen Selbstwahrnehmung und Darstellung der Aristokraten in trefflicher Weise zum Ausdruck kommen würden.64 Des Weiteren ist bislang kaum eines der nur in geringer Anzahl existenten Familienarchive für die Forschung uneingeschränkt zugänglich.65 Ohnehin hätten sie aufgrund der thematischen Ausrichtung der dort befindlichen Dokumente und deren Entstehungszeit nur bedingt zum Gelingen dieser Studie beigetragen. Kann man sich angesichts der konstatierten Voraussetzungen überhaupt das Ziel setzen, eine Monographie über den mecklenburgischen Adel zu verfassen? Die in Mecklenburg ansässigen Aristokraten zählten zu den streitsüchtigsten im Reich, was sich in den Quellenbeständen entsprechend niederschlägt.66 So sind allein für das Reichskammergericht mehr als eintausend Fälle überliefert, in die mecklenburgische Adlige als Kläger oder Beklagte verstrickt waren. Die Zahl der auf landesgerichtlicher Ebene geführten Prozesse, in deren Anschluss Appellationen an 60 Es folgt ein Überblick über einige wichtige Quellengattungen und -bestände, die im Rahmen dieser Untersuchung herangezogen wurden. Weitere Hinweise erfolgen in den einzelnen Kapiteln. 61 Vgl. als Überblick Rakow u. a.: Die Bestände, S. 260–270; Andre u. a.: Bestände des Landeshauptarchivs Schwerin, S. 221–313; zur Genese der Familien- und Gutsarchive Jesse: Verzeichnung sowie ausführlich Kap. 2.2.2. 62 Schlumbohm: Mikrogeschichte, S. 24–25. 63 Etwa LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow (Hahn); LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck (Rieben); LHAS, 10.9-11/1, Familienarchiv und Nachlässe der Familie Maltza(h)n (seit 2008/09 wieder in Privatbesitz, Auskunft LHAS, Februar 2009). Zu den umfangreichsten Privatarchiven, die sich im weitesten Sinne auf ein in Mecklenburg ansässiges Adelsgeschlecht beziehen, gehört das Bernstorffsche Archiv zu Gartow (Holstein). Hier befinden sich jedoch allenfalls einige Schriftstücke zu den im nordwestlichen Mecklenburg gelegenen und von Gartow aus im 18. Jh. administrierten Gütern (Puffart: 300 Jahre, S. 292–293). Vgl. auch Krügener: Quellen. 64 Meise: Das archivierte Ich. 65 LHAS, 10.9, Nachlässe der Familien Bassewitz, Lühe, Oertzen, Preen, Pressentin. 66 Vgl. generell LHAS, 9.1-1, RKG sowie das entsprechende Findbuch Stein-Stegemann: Inventar.

22 Einführung Reichsgerichte erfolgen konnten, ist gegenwärtig noch nicht bezifferbar.67 Es ist jedoch anzunehmen, dass sie die des Reichskammergerichts noch übertreffen, da die Landesgerichte als Vorinstanz fungierten und die dort verhandelten Fälle weit weniger Kosten verursachten. Die Bedeutung jener Gerichtsprozesse besteht darin, dass Beweismittel hinzugezogen wurden, die aus dem persönlichen Besitz der streitenden adligen Parteien stammten oder anlässlich der Auseinandersetzung entstanden waren – wie Inventare, Rechnungen, Zeugenverhöre und Lageskizzen. Diese Quellen spielten nicht nur eine entscheidende Rolle im Rahmen der hier verfolgten inhaltlichen Zielsetzungen, sie können auch über den Verlust, den die landesgeschichtliche Adelsforschung hinsichtlich der Guts- und Familienarchive erfahren musste, hinwegtrösten. Darüber hinaus kann auf Quellenbestände zurückgegriffen werden, die weniger abhängig waren von der Überlieferung der individuellen Sammlungen der mecklenburgischen Adelsfamilien. Zu nennen wären bsw. das Archiv und die Bibliothek des Engeren Ausschusses bzw. der mecklenburgischen Ritter- und Landschaft, in denen sich Briefkonvolute und Genealogien befinden,68 oder die Sammlungen handschriftlicher Leichenpredigten in den Beständen der mecklenburgischen Landesbibliothek zu Schwerin und der Rostocker Universitätsbibliothek, die neben Adelsviten aufschlussreiche Informationen zur aristokratischen Erinnerungs- und Sepulkralkultur enthalten.69 Ebenso unerlässlich waren gegenständliche Quellen. Allein die Sakralund Wohnbauten sind lehrreiche Belege der mecklenburgischen Adelskultur. Zwar haben nur wenige Originalinneneinrichtungen der Herrenhäuser wie Mobiliar und Ahnengalerien die Zeiten überdauert, doch bergen diverse ehemalige Patronatskirchen nach wie vor eine Vielzahl frühneuzeitlicher Grabsteine, Epitaphe, Gestühle und Wappen.70 Nicht zuletzt bestand auch vonseiten der Landesherrschaft ein reges Interesse an den in Mecklenburg ansässigen Adelsfamilien, was eine beachtliche Ansammlung an Dokumenten in den entsprechenden Institutionen nach sich zog.71 So liefern bsw. Lehnakten, Rossdienstregister, Steuerkataster, Lehneid- und Huldigungsverzeichnisse nicht nur quantitative und qualitative Daten zu den Vasallen, sie geben auch Auskunft über die nur selten harmonisch geführte Beziehung zwischen Landesherrschaft und Landadel. 67 Vgl. generell LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia sowie die entsprechenden Findbücher (etwa für Mecklenburg-Strelitz: LHAS, 2.12-4/2, Findbuch Witte). 68 Die Bestände des Landständischen Archivs befinden sich gegenwärtig im LHAS, 1.3 (vgl. dazu Rakow u. a.: Die Bestände, S. 130–135 sowie Cordshagen: Archiv der mecklenburgischen Landstände). Die Bibliothek der Ritter- und Landschaft ist zu großen Teilen aufgegangen in der Universitätsbibliothek Rostock (UBRSS, Familienpapiere; vgl. des Weiteren Anonymus: Bibliothek der Mecklenburgischen). 69 Insbesondere die Bestände Ditmarsche Sammlung, Schmidtsche Bibliothek, Personalschriften (LBS) und Leichenprogramme, Familienpapiere (UBRSS). Zur Quellengattung der Leichen­ predigten vgl. Lenz: Leichenpredigten. 70 Vgl. die Inventare Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, 4 Bde. und Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, 5 Bde. 71 Vgl. Baumgartner: Entwicklung der obersten Landesverwaltung; Rakow: Unser fürstlich Archivum.



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Gemäß der genannten inhaltlichen und methodischen Akzentuierung und in Abhängigkeit der Quellenüberlieferung resultierte für die Untersuchung eine Gliederung, die nach den thematischen Schwerpunkten „Familie“, „Stand“ und „Vaterland“ unterscheidet. Die ersten beiden Teilbereiche bestehen aus drei, letzterer aus zwei Unterkapiteln. Im Sektor „Familie“72 werden zunächst Funktionen, Möglichkeiten und Grenzen gegenständlicher Repräsentations- und Erinnerungsmedien analysiert, woraufhin sich ein nächster Abschnitt familienhistorischen und -genealogischen Aspekten widmet. Das darauf folgende Unterkapitel befasst sich mit innerfamiliären Erbauseinandersetzungen. Das Bewusstsein, das die mecklenburgischen Adelsgeschlechter für ihre jeweilige Familie ausgebildet hatten, wird dadurch einer Prüfung unterzogen, indem „Außenwirkung“ und „Innenleben“ einander gegenübergestellt werden. Mecklenburgische Adelskultur im engeren Sinne soll Gegenstand eines weiteren Unterkapitels sein, das dem Themenschwerpunkt „Stand“ zuzuordnen ist. Anschließend wird hinterfragt, wie und inwieweit die Mecklenburger Aristokraten in der Lage waren, das dafür notwendige ökonomische Kapital bereitzustellen. Der dritte Teilabschnitt beleuchtet Formen und Grenzen adliger Vernetzung. Auch hier geht es darum, eines der laut Jacob Friedrich Joachim von Bülow maßgeblichen bewusstseinsprägenden Kriterien durch Kombination aus makro- und mikrohistorischer Analyse zu beleuchten. Dieses Ziel wird gleichfalls im dritten und letzen Kapitel verfolgt, das sich mit der Beziehung mecklenburgischer Adliger zum „Vaterland“ auseinandersetzt. Wie versuchten die Protagonisten sie nach Außen darzustellen und inwieweit wurden individuelle Denk- und Handlungsweisen dadurch tatsächlich beeinflusst? Die entsprechenden Themenfelder befassen sich dabei mit dem Verhältnis der Aristokraten zu den Landesherren und zur Landespolitik, die als dem mecklenburgischen Vaterland untergeordnete Kategorien angenommen werden sollen. Die Studie schließt mit einer zusammenfassenden Betrachtung.

72 Mit dem Begriff Familie bzw. Adelsfamilie sind im Folgenden alle Personen eingeschlossen, die Übereinstimmungen im Namen und Wappen aufweisen. Zur Familie Bülow gehören bsw. alle Personen, die den Namen Bülow und das Bülowsche Wappen tragen. Auf Besonderheiten (Kernfamilie etc.) wird gegebenenfalls hingewiesen. Zwischen den Begriffen Familie, Geschlecht und Sippe soll hier keine Unterscheidung vorgenommen werden. Im Wesentlichen orientiert sich der verwendete Familienbegriff am entsprechenden Artikel in der Oekonomischen Encyklopädie von 1777 (Anonymus: Familie): Demnach umfasst die Familie „Personen, die aus demselben Geblüte entsprossen sind; die ganze Verwandtschaft oder Blutsfreundschaft; alle diejenigen, die zu Einer Blutsfreundschaft oder Verwandtschaft gehören, als: Kinder, Brüder, Schwestern, Bruderkinder, Schwesterkinder etc. Oft auch diejenigen mitgerechnet, die durch Heirath in jemandes Verwandtschaft gekommen sind. Kurz, ein ganzes Geschlecht mit allen Schwägern und Seitenverwandten, in welchem Falle die Lateiner das Wort Gens oder Genus gebrauchen.“

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1.5 Adel und adlige Güter – ein statistischer Überblick Eine Differenzierung zwischen „mecklenburgischem Adel“ und „Adel in Mecklenburg“ soll zunächst nicht vorgenommen werden. Diese Unterscheidung geht im Wesentlichen zurück auf Konflikte zwischen alten und neuen gutsbesitzenden aristokratischen Familien, die sich im Verlauf der frühen Neuzeit zunehmend abzeichneten.73 Grundsätzlich fallen unter die Formulierungen alle adligen Personen, die ein mecklenburgisches Rittergut besaßen sowie deren Angehörige. Demnach werden nicht nur männliche Standesvertreter, die für gewöhnlich als Gutsbesitzer in Erscheinung traten, in dieser Studie erfasst. Jeder, der ein Rittergut sein Eigen nannte, sei es verliehen (Lehen) oder erkauft (Allod), hatte mit dessen Übernahme und entsprechenden Eidesableistungen gegenüber der Landesherrschaft74 nicht nur das sog. Landsassiat, eine Art (Territorial-) Staatsangehörigkeit, sondern gleichsam die politische Stimmberechtigung als Ritterschaftsmitglied – zumindest theoretisch – erworben.75 Die Ritterschaft als Korporation der mecklenburgischen Landstände verfügte gemeinsam mit den Vertretern der Landschaft – gegen Ende des 18. Jahrhunderts vierundvierzig Bürgermeister mecklenburgischer Städte – über politisches Mitspracherecht.76 Folglich bestand eine enge Verbindung zwischen der Anzahl der Lehn- und Allodialgüter und ihrer auf den Landtagen vertretenen Besitzer. Theoretisch konnte dieses Verhältnis nahezu ausgeglichen sein: Auf jedes landtagsfähige Gut kam ein stimmberechtigter Eigentümer. Die Praxis hingegen gestaltete sich weitaus komplizierter. Zum einen wäre die variierende Güteranzahl zu erwähnen, die innerhalb kurzer Zeiträume mitunter enormen, vorwiegend durch agrarökonomische und familiäre Verhältnisse bedingten Schwankungen ausgesetzt war.77 So verzeichneten die landesherrlichen Register zur Mitte des 16. Jahrhunderts etwa 350, um 1610 bereits 470 und zwei Jahrzehnte darauf schließlich 570 Lehngüter. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts stieg ihre Zahl auf beachtliche 1330, verringerte sich bis zum Jahr 1857 auf 882 und konnte bis 1908 wiederum eine Zunahme auf 1023 verzeichnen.78 Die Güteranzahl variierte stetig, sodass 73 Vgl. dazu Kap. 2.2.3, 3.2.2, 4.2.3. 74 Kap. 4.1.1. 75 Vgl. Böhlau: Zum landsassiatus plenus; Herzöge Mecklenburgs: Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich, § 359; Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 82–84; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 83; Engel und Hamann: Historischer Atlas, S. 41. Ausnahmen bildeten bsw. unter Kuratel stehende Güter oder solche, die von adligen Damen (etwa die sog. Erbjungfern) geführt wurden. Obwohl diese Güter über die Landtagsberechtigung verfügten, ruhte die Standschaft. 76 Vgl. Engel und Hamann: Historischer Atlas, S. 42; Hamann: Das staatliche Werden, S. 57–59 sowie Kap. 4.2. 77 Zur Anzahl der neuzeitlichen mecklenburgischen Lehngüter vgl. generell LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Generalia/Specialia. 78 Im Bestand LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Generalia befinden sich hunderte dieser Lehnsregister, deren Auswertung erst das tatsächliche Ausmaß der Fluktuation preisgeben kann. Teilweise wurden selbige bereits in der zeitgenössischen Literatur veröffentlicht (Pistorius: Das Geschlecht,



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selbst die Landesherrschaft kaum in der Lage war, ihre Register auf dem aktuellen Stand zu halten. Schließlich hatte sie ein politisches, juristisches und insbesondere fiskalisches Interesse daran, die permanenten Fluktuationen zu überschauen. Daher erfolgte ihrerseits im Jahre 1748 eine Regelung, wonach fortan das ritterschaftliche Landstandsrecht an denjenigen Gütern haftete, die nach diesem Stichjahr als solche anerkannt und in das ritterschaftliche Hufenkataster eingetragen waren.79 Seit 1755 war schließlich auch das Gebiet der Ritterschaft zwar ein fest begrenztes, doch innerhalb desselben wurden weiterhin Güterteilungen und -vereinigungen vorgenommen.80 Unregelmäßig gestaltete sich schließlich auch die Verteilung ritterschaftlicher Lehen und Allode, die circa ein Drittel der Gesamtfläche Mecklenburgs ausmachten. Dort, wo die mittelalterlichen Grenzbereiche verliefen und zur Verteidigung zahlreiche Schutzburgen errichtet wurden, konzentrierten sich auch in der Neuzeit größere ritterschaftliche Gebiete. Der nördliche Bereich des sog. Stargarder Distrikts, des späteren Herzogtums Mecklenburg-Strelitz (1701), gelegen im Südosten des Landes im Dreiländereck Mecklenburg-Pommern-Brandenburg, war bsw. ein solches „Dorado“ aristokratischen Großgrundbesitzes.81 Gleichfalls lassen sich anhand geologischer Gegebenheiten Rückschlüsse auf ritterschaftliche Besitzzentren ziehen. Bereits im Zuge der Ostkolonisation im Hoch- und Spätmittelalter zeichnete sich ab, dass die Besitztümer der Vasallen zumeist in Regionen mit schweren bzw. lehmhaltigen, die der Landesherren in Gebieten mit leichten bzw. sandhaltigen Böden lagen.82 Wenn auch in der Neuzeit – insbesondere seit dem 18. Jahrhundert – eine nicht unwesentliche Verlagerung zugunsten der mecklenburgischen Landesherren stattfand, blieb doch die grundlegende Aufteilung und Besitzkonzentration beibehalten. Da sich – wie erwähnt – die Zahl der beim Landtagsbeschluss zulässigen Ritterschaftler nach der offiziellen Gütermenge richtete, durften folglich nie mehr Stimmen abgegeben werden, als Güter existierten. Allerdings bleibt zu erwähnen, dass sich gerade im Zeitraum des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts häufig mehrere

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S. 25–34; Jargow: Allgemeines Verzeichnis) und gelegentlich in Artefakte integriert, wobei insbesondere die Rittersäle zu Rehna (um 1610) und Neubrandenburg (um 1765) hervorhebenswert erscheinen (vgl. LHAS, 2.12-1/26, Hofstaatssachen, Nr. 633; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, N, S. 82 sowie Kap. 2.1). Ebenso wurden sie von der älteren und jüngeren Forschung aufgegriffen (Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 83; Tessin: Wert und Größe, S. 147, 154–155; Engel und Hamann: Historischer Atlas; Hamann: Das staatliche Werden, S. 53–54; Buchsteiner: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 15; Bill: Mecklenburgische Adelskunde, S. 128). Engel und Hamann: Historischer Atlas, S. 41. Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 64. Vgl. Münch: Grenzstreitigkeiten, S. 118. Aufgrund der weitestgehenden politischen Eigenständigkeit in der frühen Neuzeit und darüber hinaus bietet sich der Stargarder Distrikt (Herzogtum Mecklenburg-Strelitz) für exemplarische Betrachtungen gelegentlich an (vgl. Abb. 1; Landeszentrale für politische Bildung: Historischer, S. 65, Karte 15). Vgl. Abb. 1; Landeszentrale für politische Bildung: Historischer, S. 65, Karte 15; Crull: Mecklenburg, Karte 3a; des Weiteren Heinrich: Staatsdienst und Rittergut, Kartentasche.

26 Einführung Besitzer ein Gut teilten. Jeder von ihnen war befugt, selbiges und seine Eigentümer auf dem Landtag mit einer Stimme zu vertreten und zu repräsentieren. Demnach konnte die Zahl der Ritterschaftler die der Güter übersteigen. So verteilten sich die etwa 470 Lehen um 1610 auf mehr als 500 Personen.83 Andererseits – das gilt für das Mittelalter wie für die Neuzeit – gab es stets einige Vasallen, die mehrere landtagsfähige Güter besaßen.84 Für alle Besitztümer verfügten sie jedoch nur über eine Stimme auf dem Landtag. Faktisch war also die Zahl der Stimmen geringer als die der potentiellen güterabhängigen Maximalzahl. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden diese quantitativen Unterschiede – die Ursachen werden an anderer Stelle erläutert – prägnanter.85 Der Anteil der Besitzer und zeitgleich Stimmberechtigten hatte sich im Verhältnis zu den Eigenwirtschaften deutlich vermindert.86 So kann davon ausgegangen werden, dass spätestens zur Mitte des 18. Jahrhunderts eine vierstellige Gütermenge erreicht wurde, die sich seit jener Zeit bis zum Ende der Landständischen Verfassung zwischen 1000 und 1400 bewegt haben dürfte. Die Zahl ihrer Eigen­tümer blieb mit circa 700 deutlich darunter und vergleichsweise stabil.87 Die Ritterschaft als dominante Komponente der mecklenburgischen Landstände war demnach in weiten Teilen der Neuzeit – insbesondere der frühen Neuzeit – eine in quantitativer Hinsicht dynamische Korporation, deren Mitgliederzahl sich im mittleren und höheren dreistelligen Bereich bewegte. Auch die soziale Zusammensetzung der Ritterschaft variierte. Ihre Vertreter stammten nicht nur aus alt- oder neuadligen, sondern ebenso aus bürgerlichen Bevölkerungsschichten. Obgleich der Anteil letzterer zu Beginn des Untersuchungszeitraumes noch relativ gering war – im 16. und 17. Jahrhundert werden gelegentlich Bürgermeister und Ratsherren als Gutsbesitzer genannt –, führte ihr zunehmendes Eindringen in den „altehrwürdigen“ Kreis der mecklenburgischen Ritterschaft etwa seit Beginn des 18. Jahrhunderts zu diversen Auseinandersetzungen zwischen beiden Gruppen.88 Die Zahl der bürgerlichen Konkurrenten stieg rapide. Im Jahre 1797 stammten die Besitzer der etwa 1330 Güter aus 175 adligen und 110 nichtadligen

83 Hier nach LHAS, 2.12-1/26, Hofstaatssachen, Nr. 633. Für das Jahr 1621 nennt Hamann (Hamann: Das staatliche Werden, S. 53–54) 493 landtagsfähige Personen. 84 Vgl. etwa Münch: Die sogenannten Magnaten. 85 Kap. 3.2.2. 86 Die Zahl der Besitzer insgesamt sank also unter die der Güter. Es dürfte sich als schwierig erweisen, den Zeitpunkt bzw. die Zeitpunkte, an dem beide Zahlen nahezu identisch waren, zu benennen. Eine dieser weitgehenden Übereinstimmungen scheint m. E. um 1630 vorgelegen zu haben. 87 Laut Hamann (Hamann: Das staatliche Werden, S. 54) waren sowohl um 1700 als auch zu Beginn des 20. Jh. etwa 700 Ritterschaftler stimmberechtigt (um 1900 ca. 1200 landtagsfähige Güter). Für Mecklenburg-Schwerin (1857) nennt Buchsteiner (Buchsteiner: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 15) 673 Rittergutsbesitzer (auf 882 Hauptgüter), Schlesinger (Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 83) erwähnt für 1908 exakt 1023 Schweriner Güter und 639 Eigentümer. 88 Etwa bei den Landtagsverhandlungen (vgl. Heitz: Die „nicht adelichen Eingesessenen von der Ritterschaft“; Kap. 4.2.3) und im Rahmen der Vergabe von Klosterämtern und Konventualinnenstellen (Heitz und Münch: Friedrich Lisch, S. 42–43; Kap. 3.2.2).



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Familien.89 Durch diese Konstellationsveränderung musste der Adel hinsichtlich der ritterschaftlichen Stimmenverteilung zwangsläufig in Bedrängnis geraten, doch fand er im 18. Jahrhundert Mittel und Wege, die bürgerliche Konkurrenz von diversen landespolitischen Aktivitäten fernzuhalten.90 Ritterschaft und Adel wurden weiterhin synonym verwandt.91 Über die reale Besitzverteilung ist diese quantitative Betrachtungsweise der Eigentümer und Eigentümerfamilien jedoch kaum aussagekräftig. Den faktischen Hauptanteil der Güter besaß der Adel. So befanden sich bsw. im Jahre 1797 von 1330 Wirtschaftsbetrieben etwa 1070 und damit 80 Prozent im Besitz der Aristokraten, obgleich sie hinsichtlich der Besitzerfamilien (175 adlige zu 110 bürgerlichen) nur mit etwa 60 Prozent dominierten.92 Die Gütermenge allein ist zwar nur bedingt aufschlussreich für die reale Flächenverteilung; es ist jedoch davon auszugehen, dass der Anteil der vom Adel bewirtschafteten Flächen prozentual noch über dem seiner Güter lag.93 Im Durchschnitt waren zeitgleich ca. einhundertfünfzig bis zweihundert Adelsgeschlechter in Mecklenburg begütert.94 Hierbei handelt es sich allerdings nur um eine Momentaufnahme. Waren bsw. zu Beginn des 16. Jahrhunderts etwa 170 und einhundert Jahre später circa 140 Aristokratenfamilien ansässig, so erhöhte sich die Zahl der im genannten Zeitraum insgesamt angesessenen Geschlechter auf mehr als 200.95 89 Nach Engel und Hamann: Historischer Atlas, S. 12–19. Zu ähnlichen Verhältnissen um 1775 vgl. Gamm: Verzeichniß. Allein im Schweriner Landesteil wuchs die Zahl der bürgerlichen Besitzer von 111 im Jahr 1793 auf 279 im Jahr 1840. Vier Jahre später gab es mehr bürgerliche als aristokratische Landeigentümer (280 Adlige und 294 Bürgerliche, vgl. Buchsteiner: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 15). In der 2. H. des 19. Jh. war ihr Verhältnis relativ ausgeglichen, es überwog mal die eine, mal die andere Fraktion. Etwa seit der Jahrhundertwende bis zum Ende der Landständischen Verfassung dominierten im quantitativen Sinne die Bürgerlichen (Gesamtmecklenburg: 334 Adlige und 339 Bürgerliche (1857), 349 zu 319 (1888), Mecklenburg-Schwerin: 272 zu 327 (1913), 298 zu 362 (1915). Vgl. Buchsteiner: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 15, 20; Bill: Mecklenburgische Adelskunde, S. 128. 90 Vgl. Kap. 4.2.3. 91 Schon beim LGGEV von 1755 leisteten nur 19 Bürgerliche ihre Unterschrift; bis 1918 blieb der Stand weitestgehend politisch unmündig. Vgl. Engel und Hamann: Historischer Atlas, S. 42; Hamann: Das staatliche Werden, S. 55. 92 Nach Engel und Hamann: Historischer Atlas, S. 12–19. 93 Als 1857 in Mecklenburg-Schwerin die Besitzeranzahl zwischen beiden Gruppen relativ ausgeglichen war, hielten die Adligen immerhin noch 494 von 882 Rittergütern, also 56 Prozent. Im selben Jahr bewirtschaftete der Adel etwa 67 Prozent des gesamten ritterschaftlichen Gutsareals, was sich bis zum Ende der Landständischen Verfassung nicht wesentlich änderte (nach Buchsteiner: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 15, 20). 94 Die Angaben basieren u. a. auf LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Generalia, Nr. 10, 13, 29, 39, 498, 506, 521, 648, 663, 781/1–781/17, 972–979; LHAS, 2.12-1/26, Hofstaatssachen, Nr. 633; Rossdienste 1506; Rossdienste 1621; Pistorius: Das Geschlecht, S. 25–34; Jargow: Allgemeines Verzeichnis; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 335–337; Engel und Hamann: Historischer Atlas. 95 Errechnet anhand der (gedruckten) Rossdienstregister Rossdienste 1506 und Rossdienste 1621. Obwohl gerade diese Register (die handschriftlichen als auch die gedruckten) hinsichtlich der Zahlenangaben häufig fehlerhaft sind und in mehreren Ausführungen vorliegen (Münch: 1506 – erste Bestandsaufnahme, S. 87–88), weichen doch die Namensnennungen der Adelsfamilien nur geringfügig voneinander ab, weshalb sie zu den Schätzungen herangezogen wurden.

28 Einführung Noch deutlicher wird die Dynamik bei der Betrachtung des Stargarder Distrikts und der dort gelegenen etwa 40 Lehn- und Allodialgüter. Die entsprechenden Register nennen für besagte Zeitspanne (1506/1621) zwar nur etwa ein Dutzend neue Besitzerfamilien, doch im Verlaufe der frühen Neuzeit waren geschätzte 140 und damit so viele Geschlechter allein in Stargard begütert, wie um 1600 zeitgleich in ganz Mecklenburg.96 Die Zahl der ansässigen Adelsgeschlechter muss daher weit höher veranschlagt werden, als es der punktuelle Einblick zunächst vermuten lässt.97 Jüngste Schätzungen gehen davon aus, dass Mecklenburg in seiner urkundlich belegten Geschichte mehr als 2700 landbesitzende Aristokratenfamilien „erlebt“ hat.98 Hinter den einzelnen Geschlechternamen wiederum standen Individuen, die das Lehnsverhältnis mit der Landesherrschaft eingegangen waren; und jedes der Geschlechter brachte in der Regel mehr als nur einen Grundherren oder Gutsbesitzer hervor. Traditionell bedeutende Familien wie die Oertzen, Hahn oder Maltzan stellten zeitgleich mehrere ­Vasallen – und das über Jahrhunderte hinweg. Die Zahl der synchron begüterten aristokratischen Lehnsnehmer übertraf demnach einerseits die der genannten einhundertfünfzig bis zweihundert Adelsgeschlechter, die ihres „engeren“ Familienkreises – dabei werden statistische Familiengrößen zugrunde gelegt99 – lag sicherlich im vierstelligen Bereich. Werden längere Zeiträume und Generationenwechsel in die Schätzungen miteinbezogen, potenziert sich deren Anzahl wiederum um ein vielfaches, sodass allein die Summe der frühneuzeitlichen adligen Gutsbesitzer und ihrer Angehörigen eine fünfstellige Zahl erreicht haben wird. Die Anzahl an Adelsfamilien, die allein für den Zeitraum zwischen 16. und 18. Jahrhundert relevant sind, ist demnach so umfangreich, dass eine Vorgehensweise, die sich auf eine Familie oder gar Person bezöge, nicht als aussagekräftig angesehen werden kann. Die mitunter beträchtlichen Fluktuationen hinsichtlich der Daten lassen gleichsam eine rein statistische Auswertung nicht zu. Nur ein methodischer Spagat vermag es, eine so heterogene Gruppe wie den mecklenburgischen Adel zu erfassen.

 96 Errechnet nach LHAS, 2.12-4/2, Findbuch Witte und Krüger: Kunst- und Geschichtsdenk­ mäler, 4 Bde.  97 Zu den Ursachen der Fluktuation vgl. Kap. 3.2.2.  98 Münzing (Münzing: Das Lexikon) nennt exakt 2744 Familiennamen, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass die Zahl durch abweichende Schreibweisen und identische Familiennamen verzerrt wird. Wegen der Variationen der Namensschreibweise wird im Folgenden eine Vereinheitlichung vorgenommen (etwa Maltzan für Maltzahn, Maltzan oder Moltzan). Gegebenenfalls erfolgen weiterführende Hinweise. 99 Vgl. etwa Mitterauer: Familiengröße.

2 Familie 2.1 Familiale Repräsentation und Memoria 2.1.1 Patronatskirchen Seit 1592 gehörte das im nordwestlichen Mecklenburg gelegene Amt Rehna zum Leibgedinge der Herzogin Sophie. Laut Friedrich Lisch, dem Nestor der mecklenburgischen Landesgeschichte, war sie eine ungewöhnlich tatkräftige Frau, die ihre Güter und die dort anfallenden Baumaßnahmen selbst verwaltete.1 Zu diesen Projekten zählte auch die Anfang des 17. Jahrhunderts in einem Gebäude des ehemaligen Rehnaer Nonnenklosters initiierte Errichtung eines Rittersaales, der seit der Fertigstellung im Jahre 1617 bis zu seiner Zerstörung in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts – die Ursachen sind nicht näher bekannt – eine besondere Anziehungskraft auf den mecklenburgischen Niederadel ausüben sollte. Allein den Aufzeichnungen des fürstlichen Archivars Johann Schulz, der im August des Jahres 1703 im Auftrag des Schweriner Herzogs Friedrich Wilhelm eine Inventarisierung durchführte, ist es zu verdanken, die Inneneinrichtung jenes Bauwerkes nachzeichnen zu können.2 Die Bildnisse, Namen und Wappen aller mecklenburgischen Fürsten sowie Ansichten der Städte und Amtshäuser schmückten die Wände. Die Leerräume zwischen den Deckenbalken zeigten die vormaligen Klöster und Komtureien – fünfzehn an der Zahl – sowie einige Phantasielandschaften. An den Unterseiten der Deckenträger schließlich befanden sich die Namen der Mitglieder der mecklenburgischen Ritterschaft, die Bezeichnungen ihrer Besitzungen und die Wesensmerkmale ihrer Wappen. Zu letzteren bemerkte Schulz: „das wapen ist auff einen Bogen Papier rund geschnitten abgemahlet, und der Nahme darunter gefüget, theils wapen sind schon herunter gefallen, theils sind damahls anzuhefften nicht eingebracht.“3 Bei den Deckenornamenten im Rittersaal zu Rehna, die mit etwa fünfhundert genannten Vasallen den Besitzstand aus der Zeit von etwa 1610 wiedergeben, handelt es sich um ein außergewöhnliches Ehrendenkmal für die Angehörigen der mecklenburgischen Adelsfamilien, die solche sie betreffenden Gesamtinventare bis dato allenfalls von den unliebsamen militärisch-fiskalischen Musterungslisten gekannt

1 Herzogin Sophie, geb. Prinzessin von Holstein (1560–1634), 1588 vermählt mit Herzog Johann VII. von Mecklenburg, verwitwet 1592 (vgl. Lisch: Autobiographie; Koch: Sophia von Schleswig-Holstein, besonders S. 218–221). 2 LHAS, 2.12-1/26, Hofstaatssachen, Nr. 633 (18. August 1703); des Weiteren Lisch: Über die Kirche, S. 301; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 112; Lützow: Ueber die Wappen, S. 31. 3 LHAS, 2.12-1/26, Hofstaatssachen, Nr. 633 (18. August 1703).

30 Familie haben dürften.4 Dass dafür Künstler oder Handwerker entlohnt und fürstlicher Privatbesitz bereitgestellt wurden, setzte jenem außergewöhnlichen Akt die Krone auf. Was Herzogin Sophie dazu veranlasste, ist bislang nicht bekannt. Für gewöhnlich bestritten die Aristokraten und ihre Familienangehörigen die Kosten für Repräsentation und Memoria aus eigener Tasche. Darüber hinaus beschränkte sich deren Inszenierung in der Regel auf ihr Privateigentum, also auf hunderte im ganzen Land verteilte Adelssitze, die im ländlichen Sozial- und Wirtschaftsgefüge eine existentielle Rolle spielten und gleichsam Zentren des geistigen und kulturellen Lebens für die Adelsfamilie, die Dorfbevölkerung und die Bewohner der näheren Umgebung darstellten.5 Nach Belieben und nahezu ohne Einschränkung konnten die dortigen Gebäude funktionalisiert und mit entsprechenden Botschaften versehen werden, um Geschlecht und Individuum zu repräsentieren. Auf das mecklenburgische Landrecht im Allgemeinen und das Patronatsrecht im Besonderen ist zurückzuführen, dass die Kirche eine bedeutende Rolle innerhalb des Rittergutes einnahm.6 Im frühneuzeitlichen Verständnis zählten dazu nicht nur der häufig kritisierte Besitzanspruch auf sämtliche zur Kirche gehörenden Mobilien und Immobilien, sondern ebenso das Privileg einer öffentlichkeitswirksamen Positionierung repräsentativer Objekte – besonders innerhalb des sakralen Raumes. 7 Hier sei zunächst darauf hingewiesen, dass die äußere Gestalt der kirchlichen Bauwerke variierte, was u. a. auf die Verwendung unterschiedlicher Baumaterialien zurückzuführen ist.8 Je nach geologischen Voraussetzungen wurden zumeist Granit- (etwa im Südosten Mecklenburgs) oder Backsteine (etwa in Küstenregionen) verwendet. Die Entstehungszeit umfasste nahezu sechs Jahrhunderte, weshalb die Kirchen gegen Ende des Untersuchungszeitraumes Stilmerkmale von Romanik, Gotik, Renaissance und Barock und neben unterschiedlichen Baustoffen abweichende Konstruktionsarten und Größen aufweisen konnten. Glaubt man jedoch den zahlreich überlieferten Visitationsprotokollen, befanden sich zahlreiche unter adligem Patronat stehende Kirchen zumeist in einem beklagenswerten baulichen Zustand.9

4 Einige erwähnte Vasallen wie Claus von Peckatel auf Klein Vielen oder Claus von Holstein auf Ankershagen waren im Jahr der Fertigstellung (1617) bereits verstorben, was darauf schließen lässt, dass eine Matrikel benutzt wurde, die aus der Zeit vor 1615 stammte. Zu den Musterungslisten und Steuerkatastern vgl. etwa Münch: 1506 – erste Bestandsaufnahme sowie 4.1.1. 5 Vgl. Buchsteiner: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 10; Düselder und Sommerfeld: Adel an der Peripherie, S. 6 sowie zur ländlichen Adelskultur Kap. 3.1. 6 Vgl. als Überblick Kamptz: Beyträge, 2 Bde.; Böhlau: Mecklenburgisches Landrecht; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht. 7 Diese Besitzansprüche, insbesondere hinsichtlich der Aneignung kirchlicher Ländereien während und nach den reformatorischen Wirren, dokumentieren diverse RKG und KVP (LHAS, 9.1-1, RKG; 2.12-3/5, KVP); vgl. auch Jacobs: Grenzstreitigkeiten, S. 69–74. 8 Vgl. als Überblick Schmaltz: Kirchengeschichte, 3 Bde.; Krüger-Haye: Kirchengeschichte; Ende: Dorfkirchen; Badstübner und Böttcher: Feldsteinkirchen des Mittelalters; Seiler: Kirchen. 9 Vgl. die KVP des 16. und 17. Jh. (LHAS, 2.12-3/5) und das Strelitzer Superintendenturbuch von 1766 (LKA).



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Dem Kircheninneren und den hier installierten Objekten wurde ganz offensichtlich eine größere Aufmerksamkeit zuteil. In besonderer Weise ist dies am sog. Epitaph nachzuvollziehen, einer Form des Grabdenkmals, das allein aufgrund seiner Kontinuität und Verbreitung als das „beliebteste“ Memorialmedium des frühneuzeitlichen mecklenburgischen Adels im sakralen Bereich angesehen werden kann.10 Errichtet in Holz, Sandstein oder Marmor, in unterschiedlicher Form, Größe und Qualität galt es als fester Bestandteil des Kircheninneren.11 Zu den Komponenten zählten Reliefdarstellungen biblischer Szenen, Psalmeninschriften, Kurzbiographien, Malereien und Plastiken zur Physiognomie der verstorbenen Personen bzw. einiger Angehöriger der Kernfamilie sowie Wappenreliefs und -malereien, die in der Regel den Schild und das Oberwappen mit Helm, Helmdecke und Helmzier darstellten und häufig zu Ahnenproben aneinandergereiht wurden.12 Zeitgeist und Stilrichtungen beeinflussten die künstlerischen Ausführungen. So wurden die Verstorbenen und deren Familienmitglieder in den Epitaphen der Renaissancezeit  – in Mecklenburg ca. Mitte des 16. Jahrhunderts einsetzend – zumeist voll- oder halbplastisch dargestellt, während im Barock – etwa seit Mitte des 17. Jahrhundert – zunehmend Ölgemälde in die Monumente integriert wurden.13 Die kunsthistorische Perspektive kann hier jedoch nicht von Belang sein. Wichtig erscheint nur: Das adlige Epitaph der frühen Neuzeit hatte viele Gesichter. Wie die Inschriften preisgeben, stammten die Auftraggeber für gewöhnlich aus dem engeren Familienkreis: Söhne stifteten für ihre Väter, Mütter für ihre früh verstorbenen Kinder, Ehemänner für ihre Frauen usw.14 Hohe Kindersterblichkeitsraten, geringe Lebenserwartungen und die Gefahr tödlicher Verletzungen während Reisen und militärischer Einsätze15 führten dazu, dass sich der Einzelne im Laufe seines Lebens mit zahlreichen Todesfällen in der näheren Verwandtschaft konfron10 Im Unterschied zum Sprachgebrauch anderer Länder hat die deutsche Kunstgeschichtsforschung den Begriff „Epitaph“ eingeschränkt. Damit wird eine besondere Art von Totengedächtnismalen bezeichnet, welche die Erinnerung an den Verstorbenen mit einem religiösen oder allegorischen Bildwerk und einem inschriftlichen Todesvermerk verbinden. Epitaphe als Erinnerungsmale waren nicht an Begräbnisstätten gebunden. Zu den Kennzeichen und der Genese des Epitaphs als Form des Grabdenkmals vgl. Schoenen: Epitaph; Tebbe: Sprechende Steine. 11 Zur Epitaphkultur in Mecklenburg vgl. generell Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, 5 Bde. und Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, 4 Bde. sowie exemplarisch Abb. 3–8. 12 Zu Heraldik und Ahnenproben vgl. als Überblick Galbreath und Jéquier: Handbuch sowie Kap. 2.2. 13 Vgl. Abb. 3, 4, 6, 19 (Renaissance) und Abb. 7, 8, 20–23 (Barock). Erwähnenswert erscheint ein Epitaph in der Kirche zu Lübz. Es zeigt den Heiland im Gespräch mit Maria, wobei die Maria das Porträt der Verstorbenen (Oelgard von Pentz, 1666) annimmt (laut Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 4, S. 527). 14 Bsp. aus der Familie Hahn zu Basedow: das für Werner von Hahn und Anna von der Lühe vom Sohn Hans von Hahn 1594 gesetzte Epitaph, das Grabdenkmal für Claus von Hahn (gest. 1651, datiert auf 1702), initiiert vom Sohn Christian Friedrich und dem Enkel Wedige Christian von Hahn, das von Catarina von Bülow 1587 in Auftrag gegebene Epitaph für ihren Gatten Paris von Hahn (gest. 1565) und ihren Sohn Paris II. (gest. 1587). Vgl. Schlie: Kunst- und GeschichtsDenkmäler, Band 5, S. 123–127. 15 Dazu Kap. 3.2.1.

32 Familie tiert sah, weshalb einige Adelsvertreter durch Schaffung mehrerer Grabdenkmäler in Erscheinung getreten sind. Elisabeth von Sperling bsw. initiierte um die Wende des 17. Jahrhunderts nachweislich vier durchaus hochwertige und kostspielige Epitaphe, die sie mit von ihr verfassten Reimtexten versehen ließ.16 Erwähnenswert erscheint in diesem Zusammenhang das ca. 1620 entstandene und in der Wismarer St.-MarienKirche installierte Sandsteinepitaph, das Elisabeth von Sperling inmitten ihrer verstorbenen Ehemänner, Cord von Plessen und Claus von Peckatel, darstellt, was den an späterer Stelle noch zu erläuternden gesellschaftlichen Stellenwert der adligen Frau in treffender Weise versinnbildlicht.17 Darüber hinaus stehen die von ihr in Auftrag gegebenen Grabdenkmäler beispielhaft dafür, dass die Anfertigung von Epitaphen keinesfalls ausschließlich in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Begräbnis, sondern noch Jahrzehnte später, in manchen Fällen sogar erst in der nächsten oder übernächsten Generation, erfolgen konnte.18 Dies führte gelegentlich dazu, dass die bei den Grabdenkmälern angewandten stilistischen Elemente nicht den künstlerischen Vorlieben zum Todeszeitpunkt, sondern einer späteren Zeit entsprachen.19 Darüber hinaus waren es häufig auch die Nachfahren der Folgegenerationen, die Renovierungen und Restaurationen an den Ahnenmonumenten im entsprechenden Zeitgeschmack durchführen ließen. Exemplarisch kann auf die Ausstattung der Kirche zu Basse verwiesen werden. Als im Verlaufe des 16. Jahrhunderts die Moltke nach und nach die Besitzrechte am alten Stammlehen der Bassewitz erwarben, die Alteigentümerfamilie jedoch zu Beginn des 18. Jahrhunderts wieder auf ihre Besitzungen zurückkehren konnte, ließ ein Mitglied der Familie die dortige Kirche umgestalten. Berücksichtigung fand dabei auch das 1592 errichtete Epitaph für den Vorfahren Viktor von Bassewitz, auf dem der Restaurator die Inschrift „REPARATVM 1711“ hinterließ.20 Auch die im Jahre 1711 angefertigte reich geschmückte Empore – ein weiteres Medium adliger Memoria und Repräsentation – erinnert an einen Bassewitz-Ahnen. Der Wappenschmuck war zur Erinnerung an den vor dem Altar unter dem Kirchenboden ruhenden Urahn Gerd von Bassewitz, der im 14. Jahrhundert lebte und als Stammvater der mecklenburgischen Bassewitz-Linien gilt, „wiederaufgefrischt“ worden.21 Schließlich kann mit dem 1747 überarbeiteten Patronats-

16 Vgl. Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 2, S. 46, 307–308, 360, 370–371. 17 Vgl. ebd., S. 46.; des Weiteren Götz: Schicksale deutscher Baudenkmale, S. 86; zur Rolle der Frau Kap. 3.3. 18 Noch 1622 ließ sie ihrem 1601 verstorbenen Gatten Cord von Plessen ein Epitaph in der Kirche zu Klütz setzen. Siehe auch die o. g. Bsp. aus der Familie Hahn. 19 Etwa das für Claus von Hahn (gest. 1651, datiert auf 1702) vom Sohn Christian Friedrich und Enkelsohn Wedige Christian von Hahn in der Basedower Kirche errichtete Epitaph. 20 Der die Kirche umgestaltende Patron war Joachim von Bassewitz (1649–1731), das restaurierte Epitaph (Abb. 4) wurde anlässlich des Todes von Viktor von Bassewitz auf Lühburg (gest. 1592) 1592 zu Basse errichtet. 21 Die Inskription lautet: „HAEC INSIGNIA ETSI OBSCURATA TAMEN RESTITUTA CERNIS IN MEMORIAM DOMINI GERHARDI A BASSEWITZ QUI IN HOC TEMPLO CORAM ALTARI SUB LAPIDE CUM IISDEM INSIGNIBUS QUIESCIT ET SEPULTUS EST ANNO



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gestühl von 1542 ein drittes Beispiel für die Restaurierung von Familienmonumenten durch einige im 18. Jahrhundert zu Basse wirkende Bassewitz-Nachfahren genannt werden. Die dortige Inschrift lautet: „DIESER STUHL IST GEBAUET VON LUTCKE VON BASSEVITZ ANNO 1542 UND REPARIRET ANNO 1747.“22 Bei den Bassewitzschen Renovierungsarbeiten an deren Ahnenmonumenten handelte es sich nicht um einen Einzelfall. Auch andere Familien handhabten dies in ähnlicher Weise.23 Erdbestattungen wie die des vor dem Altar zu Basse ruhenden Gerd von Bassewitz des Jahres 1391 zählten auch in den späteren Jahrhunderten zu den Ritualen adliger Sepulkralkultur in Mecklenburg. Die Grabplatte, auch Leichenstein genannt, die der oberirdischen Kennzeichnung und dem Schutz der Begräbnisstätte diente, ist eine nächste bedeutende Form des Grabdenkmals, die ebenfalls in großer Anzahl in mecklenburgischen Kirchen überliefert ist.24 In inhaltlich-künstlerischer Hinsicht unterscheiden sich die Arbeiten, die im Verlaufe des Untersuchungszeitraumes begegnen, insoweit, als dass die Beispiele aus der zweiten Hälfte des 16. und dem beginnenden 17. Jahrhundert, die Hochphase der Renaissance in Mecklenburg, häufig Basreliefs enthalten, die männliche und weibliche Personen in Ritterrüstungen bzw. langen Gewändern darstellen.25 In den Ausführungen des späteren 17. und des 18. Jahrhunderts, des Barock, sind ähnliche Illustrationen weniger präsent, zumal die traditionelle Erdbestattung in vielen Familien nach und nach von oberirdischen Sargaufbahrungen in Familiengrüften abgelöst wurde.26 Beide Formen, Grabplatte und Sarkophag, wiesen jedoch zumeist Wappendarstellungen, biographische Daten, Psalmenstellen und

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1391.“ Der Ahnherr Gerhard von Bassewitz wurde 1391 beerdigt (vgl. Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 492–502, Inschrift zitiert nach ebd., S. 501; vgl. auch Ende: Dorfkirchen, S. 134). Abb. 12. Weitere Bsp.: die Restaurierung der um 1300 entstandenen Plessenschen Holzskulptur in der Kirche zu Hohen-Viecheln 1687 (Michael: Die Holzskulptur); die Renovierung von Kanzel und Altar zu Luplow (gestiftet 1617) durch Mitglieder der Familie Voss 1729 (Heinke und Luttmann: Kittendorf, Luplow, Schwandt und Bredenfelde, S. 31–32) oder die Erneuerung der Waldowschen Kirche zu Dannenwalde in den 1820/30er Jahren (Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 54–56). Meist horizontal liegende, vornehmlich im Boden einer Kirche oder eines Kreuzganges eingelassene Platte, die als Monolith von in der Regel rechteckigem Zuschnitt die Begräbnisstätte verschloss. Im Rahmen von Restaurationsarbeiten des 19. Jh. wurden zahlreiche ursprünglich vor den Altären und in den Gängen platzierte Grabsteine an den Kirchenwänden aufgestellt. Vgl. als Überblick Krüger und Lau: Ich bin ein Gast; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, 5 Bde. (bsw. Band 4, S. 144, Band 5, S. 142, 143) und Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, 4 Bde. (bsw. Band 1-1, S. 84, 85, Band 1–2, S. 39, Band 1–3, S. 40, 242) sowie Abb. 9. Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 142; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1-1, S. 85, Band 1–3, S. 40. Zur Kleidung siehe auch Kap. 3.1.1. Etwa zu Ivenack (Maltzan), Basedow (Hahn) oder Ludorf (Knuth).

34 Familie Sinnsprüche auf.27 Ähnlich wie im Falle der Epitaphe waren zumeist die Hinterbliebenen für deren Herstellung und die Kostenerstattung verantwortlich.28 Standen Epitaphe, Grabplatten und schließlich die Sarkophage als dritte Form niederadliger Memoria und Repräsentation mit verstorbenen Familienmitgliedern in Verbindung, wiesen die Innenbereiche der Patronatskirchen zudem Bauwerke auf, die vorwiegend für lebende Anverwandte bestimmt waren. Während sich etwa allsonntäglich die Dorfbevölkerung zum Gottesdienst einstellte und die Plätze auf den gewöhnlichen Kirchenbänken einnahm, positionierten sich die Angehörigen der Eigentümerfamilien in gesonderten, üblicherweise mit Wappen, Ahnenreihen und Ahnenproben gekennzeichneten Patronatsgestühlen.29 Auch sie sind in großer Anzahl für den Untersuchungszeitraum belegbar und weisen Elemente verschiedener Stilrichtungen auf.30 Zwei Formen lassen sich nachweisen: zum einen ebenerdige, auf dem Kirchenboden platzierte Gestühle und zum anderen solche (mitunter be­ heizbaren) Modelle, bei denen sich der eigentliche Sitzbereich durch Säulen­konstruk­ tionen in einer höher gelegenen Position befand. Auf diese Weise „schwebten“ die Angehörigen der Patronatsfamilie sozusagen über den Köpfen der Dorfgemeinde und waren zumeist auf Augenhöhe der von der Kanzel predigenden Pastoren.31 Für welche dieser Formen man sich letztlich entschied, scheint von baulichen Gegebenheiten, individuellen Vorlieben, finanziellen Voraussetzungen und dergl. abhängig gewesen zu sein. Wenngleich ältere Inventare und gegenwärtig sichtbare Relikte der Inneneinrichtungen ehemals unter adligem Patronat stehender Kirchen in den meisten Fällen eine dieser Logen  – häufig aus dem 18. Jahrhundert stammend – aufweisen, existieren daneben auch solche, die mit mehreren Gestühlen aus unterschiedlichen Epochen ausgestattet sind. So gehörten zur Basser Kirche (Familie Bassewitz) mindestens sechs ebenerdige Gestühle – das älteste von 1542 – und zwei Patronatsemporen; in Prillwitz (Familien Peckatel-Blankenburg) wurden 27 Vgl. als Überblick Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, 5 Bde. und Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, 4 Bde. sowie Abb. 9 (Grabplatten, s.o.) und Wulff: Zu Rühm=und Löblicher; Heidemann: Leich=Sermon; Anonymus: Leich=Begängniß; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1-1, S. 155, Band 1–2, S. 60 sowie Abb. 37–39 (Sarkophage). 28 Herstellungskosten für adlige Grabdenkmäler sind bislang kaum bekannt. Das Sandsteinepitaph für den 1588 verstorbenen Jochim von Linstow, das mit der Reliefdarstellung des jüngsten Gerichts und einigen Vollplastiken Linstowscher Familienmitglieder die Handschrift der Güstrower Künstlerwerkstatt von Brandin und Midow trägt, wurde 1591 in Lütgendorf aufgestellt und kostete mindestens 100 fl. (Gehrig: Philipp Brandin, S. 84; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 431–432). Für die Grabplatte des Moritz von Kardorff bezahlten seine Söhne 1597 zwanzig Mark sundisch (Wiggers: Geschichte und Urkunden, S. 127). Zu den vergleichsweise häufig überlieferten Kosten für Sarkophage in Prozessakten vgl. Kap. 3.1. 29 Vgl. allgemein Signori: Umstrittene Stühle; Peters: Der Platz; zur näheren Erläuterung von Ahnenreihe und Ahnenprobe Kap. 2.2. 30 Vgl. generell Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, 5 Bde. und Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, 4 Bde. sowie Abb. 10–13. 31 Etwa zu Ivenack und Weisdin (18. Jh.) oder zu Lübow, Greese und Kittendorf (Schlie: Kunstund Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 501; ebd., Band 2, S. 271; Heinke und Luttmann: Kittendorf, Luplow, Schwandt und Bredenfelde, S. 10).



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zwei Logen des späten 16. und aus der Mitte des 17. Jahrhunderts baulich miteinander verbunden.32 Zum Fall der Basser Kirche ist des Weiteren überliefert, dass sich dort um 1580 mindestens zwei Gestühle befanden, die den o. g. konkurrierenden Familien Moltke und Bassewitz unterstanden.33 Gleich wie viele Gestühle sich nun zum jeweiligen Zeitpunkt in den Kirchen befanden  – Patronatsgestühle können generell zu den traditionellen Ausstattungselementen in mecklenburgischen Kirchen unter adligem Patronat gerechnet werden. Neben den auf und im Kirchenboden platzierten Grabkammern, Leichensteinen, Sarkophagen und Logen und den zumeist als Wandkonstruktion errichteten Epitaphen wurden weitere „freie“ Bereiche des Kircheninneren für repräsentative Zwecke funktionalisiert. Zu nennen wäre bsw. die Ausschmückung der Kirchenwände mit hölzernen Familienwappen oder metallenen Sargschilden, die häufig im Rahmen von Begräbnissen in Auftrag gegeben wurden.34 So heißt es etwa in den Abrechnungen der Begräbniskosten für Henneke von Plessen 1613 oder Vicke von der Lühe 1672: „Clawes dem Mahler fur die zehen waffen zu mahlen gegeben _ 3R. 8 ßl.“, „Fur Zehen Taeffel bleck darauff die wafen gemahlet, gegeben _ 20 ßl.“ bzw. „Dem Mahler [...] die Wapen zu mahlen sambt dem Blech“ und „Vor 8 ellen tafftband, womit die Wapendt aufgebunden“.35 Sind insbesondere aus der Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts zahlreiche Originale vorhanden, muss für den frühen Untersuchungszeitraum auf schriftliche Quellen und Inventarisierungen zurückgegriffen werden.36 So erwähnt das Protokoll einer im Mai des Jahres 1583 durchgeführten Inaugenscheinnahme in der Kirche zu Basse, dass seit undenklichen Jahren das Bassewitzer Wappen „zu beiden seiten oben dem hohen altar auf der wandt gestanden, vnd noch stehen.“ Ein weiteres befand sich im Chorbereich, „In holz mit schilt vnd helm geschnitten vnd vbersilbert“, war jedoch 1583 bereits heruntergefallen.37 Im Übrigen genossen einige Familien ein solches Ehrenrecht auf Platzierung des Wappens wie auch des 32 Vgl. Abb. 10–12; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 498–501; Beier: Deutsche Kunstdenkmäler, S. 355 sowie die Patronatsgestühle in der Kirche zu Prillwitz. 33 Vgl. das Protokoll der Inaugenscheinnahme (Mai 1583), in: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 392, Band 3, Bl. 662–663, 668. 34 Vgl. als Überblick Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, 5 Bde.; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, 4 Bde.; Heinke und Luttmann: Cölpin und Holzendorf; dies.: Rerik und Russow; Heinke und Luttmann: Peckatel, Prillwitz, Penzlin; dies.: Kittendorf, Luplow, Schwandt und Bredenfelde. 35 Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213 (Bericht des Christoff von Hagen, Güstrow, 27. November 1613, Anlage C); Lisch: Begräbnißkosten, S. 29–30 (Lühe); des Weiteren Stindtman: Leichpredigt (Peckatel zu Klein Vielen, 1615); LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304, Bl. 479–483 (Negendanck zu Rubow, 1651, 1670). 36 Vgl. die Wappenschnitzereien der Familien Both und Dorne in der Kirche zu Kalkhorst aus den Jahren 1577, 1703 und 1705 (Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 2, S. 385). Bsp. für polychrom behandelte Allianzwappen und Sargschilder u. a. in den Familien Lowtzow-Winterfeld zu Levitzow und Moltke-Blücher zu Gorschendorf (Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 34, 113). 37 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 392, Band 3, Bl. 669, 673; Band 2, Bl. 172–179.

36 Familie Kirchenstuhls nicht nur in ihrem Patronatsbereich, sondern ebenso in städtischen Kirchen.38 Neben diesen hölzernen und metallenen Wappenmodellen als mobile Einrichtungsgegenstände wurden Familiensymbole ebenso in unbewegliches, im Bedarfsfall nur mühsam zu transportierendes bzw. zum Kircheninventar zählendes „Mobiliar“ integriert, zu dem insbesondere Kanzeln, Orgeln, Fenstergläser, Taufsteine (Fünten) und Abendmahlsgeräte (vasa sacra) zählen. Taufsteine und Sakralgegenstände gingen dabei zumeist auf das Engagement weiblicher Familienmitglieder zurück.39 Harnische, Sturmhauben, Degen, Fahnenstaken, Trauerfahnen und Ölgemälde, die aus dem persönlichen Besitz verstorbener Familienmitglieder stammten oder zu deren Begräbnis in Auftrag gegeben wurden, vervollständigten die sakralen Inneneinrichtungen.40 Erwähnenswert erscheint in diesem Zusammenhang eine aus der Zeit um 1500 stammende Wandmalerei in der Kirche zu Brüel, die Heinrich von Plessen und seine Gattin Abel von Lützow in Lebensgröße zeigt. Abgesehen von den Steinmetzarbeiten auf einigen mittelalterlichen Grabplatten und dem Sonderfall der Plessenschen Holzskulptur von Hohen Viecheln zählt sie zu den ältesten erhaltenen Abbildungen mecklenburgischer Adliger überhaupt.41 Ebenso hervorhebenswert erscheint die Ausstattung der Hahnschen Patronatskirche zu Basedow, die regelrecht „übersät“ ist mit Familienmonumenten im weitesten Sinne. Allein das Grabdenkmal für Werner von Hahn und Anna von der Lühe vermag es, durch geschickte Platzierung, durch Umfang, Ausführung und Farbgebung den Altar als zentrales Moment des Kirchenraumes zu überragen. Darüber hinaus richtet sich der Blick selbst am Altar zuallererst auf die Hahnschen Ahnenproben mit zahlreichen rot leuchtenden Häh-

38 Bsw. die Kamptz zu Waren. Ihre Privilegien gingen zurück auf die ehemaligen Besitzrechte an der Warener Burg (Kamptz: Geschichte, S. 34). Weitere Geschlechter mit traditionellen Verbindungen zu mecklenburgischen Städten waren die Maltzan in Penzlin, die Parkentin in Dassow, die Pentz in Lübtheen, die Plessen in Brüel, die Lühe in Marlow und Sülze sowie die Flotow in Malchow (vgl. Münch: Ritterschaft zwischen Mittelalter, S. 899). Zu sonstigen städtisch-bürgerlichen Kontakten vgl. Kap. 3.1.2–3.1.3. 39 Vgl. exemplarisch Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 339, 413; Band 2, S. 310, 369; Band 4, S. 170, 325; Heinke und Luttmann: Kittendorf, Luplow, Schwandt und Bredenfelde, S. 17. Eine in der Brandinschen Werkstatt hergestellte Sandsteinfünte in der Kirche zu Woosten (bei Goldberg) wurde laut Inschrift am 8. Januar 1612 gestiftet von Elar von Grabow und S. Dorothea von Stralendorff (Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 4, S. 399). 40 Vgl. etwa die Bsp. aus den Familien Dechow, Moltke, Plessen, Sperling usw. (Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 372–373, 470; Band 2, S. 272, 317, 360, 366–367; Band 5, S. 70, 317). Ölgemälde befanden sich bsw. in den Kirchen zu Dannenwalde (Familie Waldow), Hohen-Luckow (Bassewitz) und Lüssow bzw. Karow (Vogelsang). Vgl. Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 56; Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 21, 23; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 4, S. 290). In der Kirche zu Dannenwalde hing eine Wappenfahne der Familie Waldow (Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 52– 63, mit Abbildung). Zur Tradition der Adelsfahnen und -schilder vgl. Peters: Der Platz, S. 89. 41 Vgl. Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 3, S. 393, 395; Michael: Die Holzskulptur; Hegner: Grabfigur.



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nen, dem Wappentier des Geschlechts, und nicht etwa auf das Marmorrelief der Heilsgeschichte.42 Doch wozu der kostspielige Aufwand für Grabdenkmäler, Patronatsgestühle, Altäre usw., wenn doch nur die Dorfgemeinschaft allsonntäglich zum Gottesdienst erschien? Die ländlichen Kirchen waren regelmäßiger Austragungsort bedeutender Adelszusammenkünfte. Ob Großereignisse wie Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen, ob alltägliche Besuche von Freunden, Nachbarn oder Bekannten – die Kirche gehörte immer zu den Lokalitäten, die von der aristokratischen Gesellschaft aufgesucht wurden.43 Bei ersteren war ein längerer Aufenthalt zwingend notwendig, bei letzteren gereichte es doch in der Regel zum Gottesdienst oder wenigstens zu einer kurzen Besichtigung. Obwohl kaum errechenbar, wie viele solcher Aufeinandertreffen jährlich stattfanden und von Einzelnen wahrgenommen wurden, spricht doch allein die Zahl hunderter überlieferter Leichenpredigten, die als eine Art Erinnerungsstück in Auftrag gegeben wurden, für sich.44 Zu den Anwesenden bei Sepulkralfeiern zählte zumeist der adlige Freundes- und Bekanntenkreis, gelegentlich auch Angehörige des mecklenburgischen Fürstenhauses. Die Söhne der Herzogin Sophie, Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II., besuchten im Jahre 1611 die Familie Peckatel zu Weisdin.45 Dass sie sich im Rahmen des Taufzeremoniells in der dortigen Kirche aufhielten, ist ebenso gewiss wie der darauf folgende ausschweifende Umtrunk. Ein Anwesender berichtet, Adolph Friedrich sei noch während der Heimreise vor Trunkenheit drei Mal vom Pferd gefallen.46 Auch dem 1615 zu Klein Vielen veranstalteten Begräbnis des Claus von Peckatel wohnte Herzog Adolph Friedrich I. bei  – begleitet von einigen hundert Personen, darunter etwa achtzig männliche Vertreter des Niederadels samt Gattinnen.47 Auch wenn dieses Ereignis zu den prunkvollsten Sepulkralfeiern auf dem mecklenburgischen Lande im Untersuchungszeitraum gezählt haben dürfte, so erschien doch selbst zu schlichteren Begräbniszeremonien eine Trauergemeinde in zweistelliger Anzahl, was üblicherweise schon durch den engeren Familienkreis gewährleistet wurde. Nicht zuletzt offenbaren Beerdigungs- und Hochzeitsrechnungen, dass Ereignisse dieser Art zu regelrechten innermecklenburgischen Wanderungsbewegungen führten, die üblicherweise die Patronatskirchen des Landadels anvisierten.48 Weniger ausführlich dokumentiert und überliefert sind die alltäglichen Besuche von Freunden, Bekannten und Verwandten, die auch in der Reisebeschreibung des in 42 Vgl. Abb. 6; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 120–121 sowie zur Hahnschen Geschlechtergeschichte Lisch: Geschichte und Urkunden, 4 Bde. 43 Mit zahlreichen Bsp. Kap. 3.1 und Kap. 3.3. 44 Zu den Leichenpredigten vgl. insbesondere Kap. 2.2.1. 45 Adolph Friedrich I. (1588–1658), Herzog von Mecklenburg-Schwerin; Johann Albrecht II. (1590–1636), Herzog von Mecklenburg-Güstrow. 46 Nach einer Notiz im Schreibkalender des Samuel von Behr (LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545, Tagebuch 1611; des Weiteren Rosen: Hans Behr, S. 126–127). 47 Vgl. Stindtman: Leichpredigt. 48 Dazu insbesondere Kap. 2.2.

38 Familie Irland gebürtigen Thomas Nugent mehrfach genannt werden.49 Anlass für seinen Besuch gab die Hochzeit der Strelitzer Prinzessin Sophie Charlotte mit Georg III., König von Großbritannien.50 Seine Reise führte ihn daher vorwiegend in Residenzen des mecklenburgischen Herrscherhauses sowie bedeutendere Städte des Landes und nur gelegentlich in ländliche Gefilde. Zu letzteren zählte auch sein Aufenthalt zu Dewitz, einem alten Lehen der Familie Genzkow, in dessen Verlauf auch die dortige Kirche besichtigt wurde. „Nach geendigtem Gottesdienst“, schreibt Nugent, „gingen wir wieder zum Herrn von Genzkow, wo wir zu meiner großen Freude ein warmes Zimmer vorfanden, denn in der Kirche hatte ich jämmerlich gefroren.“ Trotz der Kälte war ihm die beachtliche „commodius gallery for the baron“ – wie es in der Originalfassung heißt – aufgefallen, die der Stargarder Landrat und Vizelandmarschall Ernst Ludwig von Genzkow erst wenige Jahre zuvor, im Zuge der Umbaumaßnahmen von 1760, hatte errichten lassen.51 Einige Tage später folgte Nugent einer Einladung der Prillwitzer Eigentümerfamilie Bredow, die ihm ebenfalls die Kirche als erste Attraktion des Ortes präsentierte. Obgleich dem aufmerksamen Iren die im 16. und 17. Jahrhundert platzierten Grabsteine und Gestühle der Peckatel und Blankenburg sicher nicht entgangen sein werden, fanden sie in seiner Reisebeschreibung keine Erwähnung.52 Das besondere an diesem Fall: Weder die Bredow als Patronatsherren von Prillwitz noch deren Vorgänger, die Familie Gamm, erachteten es während ihrer „Amtszeit“ offenbar für notwendig, die älteren Gestühle der Peckatel und Blankenburg zu entfernen und ihre eigenen aufzustellen. Mangelte es ihnen an den dazu notwendigen finanziellen Mitteln, gaben sie sich damit zufrieden, standesgemäß zu logieren, oder war ihnen der sakrale Raum als Memorial- und Repräsentationsort womöglich gleichgültig? So lassen sich bei allen Indizien, die bislang auf eine Allgemeingültigkeit hinsichtlich der Funktionalität des Kirchenraumes abzielten, doch bereits einige Unterschiede erkennen, die einer genaueren Analyse unterzogen werden müssen. Gleichermaßen sind aber auch solche Beispiele überliefert, die den herausragenden Stellenwert der Kirche als familiale „Kultstätte“ unterstreichen. In der Hagenower Kirche bsw. war bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts der Fußbodenbereich in solchem Maße mit Gräbern – insbesondere der Familie Pentz (Penz) – ausgelastet, dass nachfolgend verstorbene Familienmitglieder in anderen Kirchen beigesetzt werden mussten.53 Spannungen zwischen Mitgliedern der eigenen Sippe sowie Vertretern fremder Patro49 Thomas Nugent (um 1700–1772). Der Mecklenburgaufenthalt erfolgte im Herbst und Winter 1766. Sein Reisebericht erschien in englischer und deutscher Sprache (Nugent: Travels). Wenn kein gesonderter Hinweis erfolgt, wurde im Folgenden die deutsche Übersetzung herangezogen. 50 Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz (1744–1818); Georg III. (1738–1820), König von Großbritannien, regierte 1760–1820. Zum beiderseitigen Interesse zwischen Briten und Mecklenburgern vgl. Kap. 4.1.3. 51 Nugent: Travels, S. 276 und ebd., Anm. ** sowie Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 238, 241. 52 Nugent: Travels, S. 283 sowie Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1-1, S. 84–85. 53 So wurde Hartwig von Pentz 1620 in der Camminer Kirche begraben (Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 541).



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natsfamilien waren daher vorprogrammiert. In diesem Zusammenhang muss auf einen Fall hingewiesen werden, der sich zu Basse, dem bereits erwähnten Moltke-BassewitzStammsitz, ereignete. Die Kirche war Mitte des 16. Jahrhunderts Schauplatz einer durchaus als spektakulär zu bezeichnenden Auseinandersetzung. Der Konflikt zwischen den beiden Familien hatte sich abgezeichnet, als die Moltke nach und nach die Oberhand über Lehen und Kirchenpatronat im bis dahin mal mehr, mal weniger gemeinsam genutzten Basse erlangt hatten und mündete schließlich in einem Streit um die Platzierung von Begräbnisstätten und Kirchengestühlen.54 Die Moltke beschuldigten zunächst ihre konkurrierenden Mitbesitzer, diese hätten sowohl ihr „alt vatterlichs begrebnuß“, welches erstere „vber aller menschengedenken gehabtt“, als auch den Leichenstein, „darunter Baltzar Moltken frawen vnd kinder begraben ligen“, mutwillig zerstört.55 Die Bassewitz und ihr juristischer Beistand erwiderten, sie könnten auf ihrem Grund und Boden nach Belieben bauen, sie würden zu Unrecht beschuldigt und verlangten, dass die Kläger „das wordt Vnfueg wol bleiben laßen mugen“. Es folgten weitere Anschuldigungen seitens der Moltke. Angeblich stießen die Bassewitz bei „Erdarbeiten“ innerhalb der Kirche auf einen „halb vorwesene todten Körper so noch har vndt Bardt gehabtt“, welcher kurzerhand „herauß gegraben“ wurde. Doch auch die Moltke waren in dieser Beziehung offensichtlich nicht untätig geblieben, denn die Bassewitz behaupteten, ihre Konkurrenten hätten zu Pfingsten 1580 das alte Bassewitzer Gestühl nach „hinder In der Kirche“ verrückt und ihr eigenes in den Vorderbereich und darüber hinaus „auf solche Ihre der Basseuitzen altvätterliche begrebnus“ platziert, was „vnmuglich sey, das der Moltken gestuelte auff der Basseuize begrebnus stehenn sollte, Sondern das es auf Moltken eignen begrebnus stehe [...].“56 Der Ausgang dieser sich um die Patronatsrechte drehenden Auseinandersetzung, die in ähnlicher Weise andernorts noch im 19. Jahrhundert geführt wurde, kann hier nicht näher dargestellt werden.57 Doch dürfte deutlich geworden sein, dass beim Kampf um den „rechten Platz“ in der Kirche weder Kosten noch Mühen gescheut wurden. Dem sakralen Raum als einen Ort, an dem diverse Medien der Repräsentation und Memoria zum Einsatz kamen, wurde ein immens hoher Stellenwert beigemessen. 54 Dazu Friedrich Schlie (Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 493): „Die Eifersucht zwischen beiden Theilen scheint schon im Mittelalter vorhanden gewesen zu sein und selbst durch eheliche Verbindungen niemals ganz haben beseitigt werden können.“ Der Streit mündete in einem Gerichtsprozess. Dieser endete zunächst in 1. Instanz, dem Güstrower Hofgericht, 1598 mit scharfer Verurteilung der Bassewitzschen Ansprüche und mit ausdrücklicher Anerkennung des alleinigen Patronats der Moltke über die Kirche zu Basse. Vor dem Reichskammergericht 1599–1604 waren die Moltke die Beklagten, die Bassewitz auf Dalwitz im Amt Gnoien die Kläger. Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 392; als Überblick Stein-Stegemann: Inventar, S. 246; Schlie: Kunst- und GeschichtsDenkmäler, Band 1, S. 493 sowie Abb. 10–12; des Weiteren Wiese: Teuffel. 55 Vgl. das Protokoll der Inaugenscheinnahme (Mai 1583), in: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 392, Band 2, Bl. 172–173. 56 Ebd., Band 3, Bl. 662–663, 668. 57 So berichtet Ernst Boll von einem Streit um die Dacheindeckung der Kirche zu Deven, die nach der Auseinandersetzung unter den Patronatsherren zu je einem Viertel aus gebrannten Steinziegeln, Holzziegeln, Schindeln und Stroh bestand (Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 350, Anm. 1).

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2.1.2 Wohngebäude Die adligen Behausungen bildeten den Herrschaftsmittelpunkt des Rittersitzes. Wie im Falle der Patronatskirchen wandelte sich auch ihre äußere und innere Gestalt im Laufe der Jahrhunderte; auch hier lagen zeitgleich mehrere Modelle nebeneinander vor, die sich in vielerlei Hinsicht voneinander unterschieden. Die Rekonstruktion ihrer Größe, Bauweise und ihres Entstehungszeitpunktes erweist sich jedoch komplizierter als die der Patronatskirchen. Hat sich bis in die heutige Zeit eine vergleichsweise große Anzahl Sakralbauten auf dem Gebiet der ehemaligen Ritterschaft erhalten, überdauerten nur wenige adlige Behausungen aus dem frühen und mittleren Untersuchungszeitraum die Jahrhunderte. Ein originales, ein zeitgenössisches Abbild ist in beiden Fällen – Sakralbau und Wohnhaus – ohnehin nur in Ausnahmen überliefert.58 Als Gründe können u. a. kriegerische Einwirkungen und Brandkatastrophen oder von späteren Eigentümern vorgenommene Umbauten genannt werden. Schriftliche Quellen müssen in diesem Falle Abhilfe schaffen. Obgleich eine wegweisende architekturhistorische Untersuchung bislang fehlt, gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass die zur Mitte des 16. Jahrhunderts vorliegenden Wohnbedingungen des Adels keinesfalls als homogen angenommen werden können. Da wäre zum einen die offenbar nicht unerhebliche Gruppe von mecklenburgischen Adelsfamilien, die in vergleichsweise opulenten Bauwerken  – eine differenziertere Typologisierung kann und soll hier nicht erfolgen – lebte. Schon die um 1530 vom Ribnitzer Franziskanermönch Lambrecht Slaggert verfasste Klosterchronik gibt Anhaltspunkte für eine entsprechende Unterscheidung.59 Slaggert fügte seinen Ausführungen eine Liste von etwa dreißig herausragenden „borge, slote unde hove des adels” bei, was suggeriert, dass selbigen eine zahlenmäßig offenbar weitaus größere Gruppe von „minderwertigeren“ Bauten und Rittersitzen gegenüberstand.60 Die wenigen bildlichen Darstellungen dieser Gebäude, die für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts überliefert sind, verdeutlichen, dass es sich dabei um u. a. im Typ des Kreuzhauses errichtete massive, steinerne, beheizbare Häuser gehandelt haben muss, die von Wirtschaftsgebäuden in Fachwerkbauweise umgeben und durch Palisadenzäune und Gräben geschützt wurden.61 Daneben entstand zur gleichen Zeit eine

58 Vgl. im Folgenden Adamiak: Schlösser und Gärten; Bock: Gutsanlagen und Herrenhäuser; Dollen: Wehr- und Wohnbauten; Einkopf: mecklenburgischer Adelshof; Jacobs: Herrenhöfe; Schwarz: Die niederadeligen Befestigungsanlagen; Münch: Vom befestigten Rittersitz. 59 Slaggert war seit 1522 Beichtvater der Nonnen und Lesemeister im Kloster der Klarissen – dem weiblichen Zweig des Franziskanerordens – in Ribnitz. Vgl. Techen: Die Chroniken. 60 Ebd., S. 215–216. 61 Ihr äußeres Erscheinungsbild ist insbesondere durch archäologische Forschungen rekonstruierbar (vgl. Schwarz: Die niederadeligen Befestigungsanlagen; Szczesiak: Befestigte und unbefestigte). Zu den wenigen erhaltenen bildhaften Darstellungen (Jahn zu Neese, Weltzin zu Weisin) vgl. Abb. 15; LHAS, 13.1-1/1, Bildersammlung Orte, Weisin, Nr. 1; des Weiteren Cordshagen: Bauernhöfe und Dörfer, S. 173.



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Reihe von Neubauten im Stil der Renaissance. Dazu zählen bsw. das „Schloss“62 Ulrichshusen (1562) und die Burg Penzlin, die auf Mitglieder der Familie Maltzan zurückgehen, oder das Wohnhaus des Joachim von der Lühe in der Stadt Güstrow. Letzteres, erbaut um 1580, wurde im Übrigen von Philipp Brandin projektiert, einem am Güstrower Hof wirkenden bedeutenden Kunsthandwerker, der zugleich als Schöpfer einiger in adligen Patronatskirchen errichteter Epitaphe in Erscheinung trat.63 Sonst zeugen lediglich einzelne Gebäudeteile – etwa bei den Hahn zu Basedow – von der aufwendigen und kostspieligen Bautätigkeit eines vergleichsweise kleinen adligen Personenkreises in Mecklenburg zur Mitte des 16. Jahrhunderts.64 Darüber hinaus belegen schriftliche Quellen, dass gerade die Neubauten, zu deren Kennzeichen massive Mauerwerke, hochragende Ziergiebel, Gewölbekeller und Treppentürme gehörten, weitaus zahlreicher existiert haben dürften, als es die gegenwärtig sichtbaren Relikte preisgeben.65 Von der bereits angesprochenen Gruppe „minderwertigerer“ Bauwerke haben sich keinerlei Spuren erhalten. Auch hier müssen in erster Linie schriftliche Quellen hinzugezogen werden. Wird gelegentlich in der Fachliteratur auf deren Existenz im Allgemeinen hingewiesen, gilt diese Form der Wohngebäude doch bislang als unerforscht, obgleich sie – anders als gelegentlich behauptet66 – weitreichend archivisch dokumentiert ist.67 Demnach handelte es sich um aus Lehm- und Backsteinen errichtete Fachwerkbauten, aus deren Stroh- und Ziegeldächern Schornsteine ragten.68 Die Inventarlisten enthalten in der Regel Angaben zur Gebindezahl, d. h. zu den zwischen den Holzständern bzw. den Dachsparren befindlichen Fächern, was die Rekonstruktion ihrer Größenverhältnisse möglich macht.69 Die Gebäudebreite im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert lag demnach zwischen sieben und dreizehn 62 Die Bezeichnung Schloss wird allgemein zwar für hochadlige Wohngebäude gebraucht, im Volksmund jedoch auch für niederadlige verwendet (vgl. auch die „slote“ bei Techen: Die Chroniken, S. 215–216). 63 Vgl. Badstübner-Gröger: Ulrichshusen; Gehrig: Philipp Brandin, S. 112–113; Ortwein und Scheffers: Deutsche Renaissance, D (Güstrow), Tafel 40; Brandenburgischer Provinzialverband: Die Kunstdenkmäler, S. 374. 64 Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 380–383. 65 Vgl. Crull: Frau Fineke, S. 3–4; LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 523 (Berichte 1643, 1662); Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 302 (Finecke zu Greese, Peckatel zu Klein Vielen, Pentz zu Warlitz). Allgemein wird behauptet, dass diese Bauten ein architektonisches Niveau ähnlich der in Brandenburg erreichten, doch mit der Qualität ausgeprägter Kunstlandschaften wie Niedersachsen (Weserrenaissance) nicht zu vergleichen waren (Lorenz: Zur Architekturgeschichte, S. 57). 66 Bock: Gutsanlagen und Herrenhäuser, S. 32. 67 Es liegen zahlreiche aus Rechtsstreitigkeiten hervorgegangene Inventarlisten dazu vor, insbesondere in den Beständen Lehnakten und Reichskammergerichtsakten (LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia; LHAS, 9.1-1, RKG). Vgl. Stein-Stegemann: Inventar; Wiese: Quellen sowie Einkopf: mecklenburgischer Adelshof; Jacobs: Herrenhöfe. 68 Abb. 16; Baumgarten und Heim: Landschaft und Bauernhaus, hinteres Vorsatz. 69 Neben „Gebind“, „Gebint“ auch als „Facke“ (wohl von Fach, Fächer) bezeichnet. Nach Behrens: Land=Baukunst, S. 222 handelt es sich dabei um „eine Benennung bey den Zimmerleuten, wornach sie neue Gebäude aufführen und veraccordiren. So viel Sparen auf eine Seite eines Gebäudes kom-

42 Familie Gebinde. Die Stralendorff zu Möderitz lebten bsw. in einem Wohnhaus von zehn Fächern, die Dewitz zu Miltzow hingegen in einem nur sieben Gebinde umfassenden Gebäude.70 Die Peckatelsche Behausung zu Neddemin war um 1584 neun Einheiten breit, der Neubau ihrer Verwandten im nahe gelegenen Klein Vielen um 1610 mit dreizehn Gebinden jedoch um etwa ein Drittel größer.71 Innerhalb des Adels als auch innerhalb der Adelsfamilien konnten demnach allein hinsichtlich dieses Gebäude­ typus’ erhebliche Größendifferenzen auftreten. Wenn auch mancher Aristokrat Wert darauf gelegt haben mag, dass sich seine Wohnkultur deutlich von der der übrigen Dorfbevölkerung abhob, so war doch gerade diese Form der Adelsbehausung – abgesehen von den Größenunterschieden – mitunter kaum von bäuerlichen Wohnunterkünften zu unterscheiden.72 Die Bauweise als solche war bei der einfachen dörflichen Bevölkerung Mecklenburgs, etwa Bauern und Kossaten, weit verbreitet und wird sich sicherlich nicht erst im Zuge des Ausbaus adliger Eigenwirtschaften etwa seit Ende des 15. Jahrhunderts in aristokratischen Kreisen etabliert haben.73 Der Adlige als Agrarunternehmer hat sich jedoch gerade im Verlaufe des 16. Jahrhundert zunehmend dieser Bauweise angenommen, die schließlich um 1600 weit verbreitet gewesen zu sein scheint,74 was offenbar auch dazu geführt hatte, dass die Größen der in Fachwerk errichteten Wohnbauten erheblich voneinander abweichen konnten.75 Das Parterre bildete den zentralen Wohnbereich des Hauses. Hier lagen Küche, Speisekammern, Schlafräume, die häufig explizit hervorgehobene „gewöhnliche“ oder „große“ Stube und sonstige nicht näher bezeichnete Zimmer; weitere Schlafkammern befanden sich in der ersten Etage, die – je nach individuellen Voraussetzungen – ganz

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men, so viel Gebinde beträgt das Gebäude im Ganzen. Also ein jedes paar Sparren auf einem Gebäude, bedeutet ein Gebind.“ Es bilden also jeweils zwei Holzständer oder Dachbalken ein Gebind(e). Abb. 16; Bock: Gutsanlagen und Herrenhäuser, S. 47, Anm. 26. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1077, Bl. 114–116, 123–124; ebd., Nr. 523 (Berichte 1643, 1662). Vgl. Abb. 16; Schwarz: Die niederadligen Befestigungsanlagen, S. 84. Die Kossaten und Bauern lebten für gewöhnlich in drei bis sechs Fächer breiten Behausungen, die Scheunen waren mit einer Breite von teilweise sechzehn oder siebzehn Gebinden häufig mit Abstand die größten Gebäude des Rittergutes (vgl. ebd.). Anna von Bugenhagen deutet in einer Zeugenaussage 1574 an, dass sich die Wohnqualität der Adligen in der 1. H. des 16. Jh. zumindest auf dem Kamptzschen Gut Dratow kaum von der der bäuerlichen Bevölkerung unterschied (Kamptz: Geschichte, S. 163). Baumgarten und Heim: Landschaft und Bauernhaus; zum Ausbau adliger Eigenwirtschaften Kap. 3.2. Dies lassen insbesondere die Inventare der Gerichtsakten vermuten. In besonderer Weise ist dieser Wandel anhand zweier Darstellungen des Rittersitzes der Familie Jahn zu Neese aus der Zeit um 1569 bzw. 1575 dokumentiert, einer Zeit, in der die mit der Agrarkonjunktur in Verbindung stehenden Bauvorhaben eine Hochphase erlebt hatten. Während nämlich die ältere Darstellung eine burgähnliche Anlage zeigt, ist auf der wenige Jahre später entstandenen Kartenskizze ein Ritterhof, d. h. ein Wohnhaus in Fachwerkbauweise samt Torhaus und Wirtschaftsgebäuden zu erkennen. Vgl. Abb. 15; Baumgarten und Heim: Landschaft und Bauernhaus, hinteres Vorsatz; des Weiteren Benthien: Grenzkarten Tilemann Stellas; Rudert: Wirtschafts-, siedlungs- und grenzgeschichtliche Aspekte, S. 378–380, 412; zur abweichenden Datierung der jüngeren NeeseKarte Rudert: Wirtschafts-, siedlungs- und grenzgeschichtliche Aspekte, S. 378, Anm. 23. Vgl. die o. g. Angaben zu den Gebinden; des Weiteren Abb. 16; Baumgarten und Heim: Landschaft und Bauernhaus, hinteres Vorsatz; Schwarz: Die niederadligen Befestigungsanlagen, S. 84.



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oder auch nur teilweise ausgebaut sein konnte. Türen waren häufig durch „Sprangkschlosser“ verschließbar, Fenster bestanden aus Glasscheiben in Rautenform. 76 Separate Harnisch-, Waffen- und Schlosskammern oder gemauerte Gewölbekeller wie sie die opulenteren Behausungen aufwiesen, werden in den Inventaren der Fachwerkbauten kaum genannt.77 Zur Inneneinrichtung beiderlei Bautypen gehörten hölzerne Möbel wie Tische, Sitz- und Fußbänke, Betten, Laden und Schränke, wozu auch neuwertige und künstlerisch durchaus als hochwertig zu bezeichnende sog. Schenkschiewen zählen konnten.78 Geheizt wurde in Kaminen und Kachelöfen. Auch Uhren scheinen im mecklenburgischen Raum bereits um 1600 weit verbreitet gewesen zu sein.79 Die Fußböden bestanden zumeist aus Steinzeug und Holzdielen. Große Bedeutung wurde aus Messing und Eisen bestehenden Gegenständen – etwa Handbecken, Kesselringen, Kellen, Fischkesseln, Kronleuchtern und sonstigem Hausrat wie den „Beckenn vor die Betten“ – beigemessen, da ihr Wertverlust äußerst gering war. Im Bedarfsfall wurden sie ein- bzw. umgeschmolzen.80 Auch Bettzeuge, Decken, Teppiche und Stuhlkissen galten als kostbare Utensilien der adligen Haushaltung.81 Gerade hinsichtlich der Herkunft und Machart der Stoffe, hatte sich ganz offensichtlich schon im 16. Jahrhundert ein Art „Markenbewusstsein“ herausgebildet.82 Der Dreißigjährige Krieg bildete hinsichtlich der Wohnweise und der Gebäudetypen offenbar keine Zäsur. Waren zwar in einigen Regionen zahlreiche Rittersitze gänzlich zerstört, so sind andererseits nicht wenige Beispiele dafür überliefert, dass die mit dem Krieg zusammenhängende Abwesenheit der Eigentümer – viele Familien gingen ins Exil – weitaus größere Schäden verursacht hatte. Gerade die nässe- und kälteemp76 Zu Neddemin (1584) vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1077, Bl. 114–116; zu Klein Vielen (1597) ebd., Nr. 523 (Protokoll vom 29. März 1597). 77 So erwähnt bei den Kamptz zu Plasten (1577), den Maltzan zu Penzlin (um 1590) oder den Peckatel zu Klein Vielen (um 1610). Vgl. Kamptz: Die Familie, S. 194; LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 61–62 und ebd., Nr. 523. 78 Eine bemalte „Schenkschiewe“ (offenbar Hochrenaissance) gehörte zum Ausstand der Margaretha von Peckatel bei ihrer Eheschließung mit Henning von Zernickow 1597 (Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 346–348). 79 Vgl. u. a. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 66–69, hier Bl. 69; ebd., Nr. 967, Bl. 323– 324; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 346–348. Für die Uhren als Bestandteil der Inneneinrichtung sprechen die häufig erwähnten Zeitangaben in den Leichenpredigten. So heißt es bsw. wegen Elisabeth von Peckatel, Gattin des Joachim von Bülow auf „Zybull vnd Radem“ (Reich: Christliche): „Vnd alse sie ohn gefehr den Zeiger hat schlagen hören/hat sie gefraget/wie viel es schlüge da ihr geantwortet wart/daß es vier geschlagen [...].“ Zum Mobiliar der FineckeLühe zu Wismar vgl. Crull: Frau Fineke, S. 11. 80 So geschehen bei den Maltzan zu Penzlin um 1596 (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 66–69). 81 Leibgedingsbriefe enthalten für gewöhnlich entsprechende Auflistungen. Vgl. Mülverstedt: Sammlung von Ehestiftungen. 82 So erwähnt das Inventar der Maltzan zu Penzlin ausdrücklich „Flamesche“ Decken, Türkische Teppiche, „damaschenn“ Tischtücher und Daunenbetten mit „Breßlawschenn“, „Stendelschenn“ sowie „Parchim Beurenn“, die vom alltäglichen, gewöhnlichen Hausrat unterschieden wurden. Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 66–69; des Weiteren Crull: Frau Fineke, S. 11–12.

44 Familie findlichen Fachwerkbauten bedurften einer regelmäßigen Pflege. So blieb jener Bautypus auch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts weiterhin präsent, zumal die durch den Krieg bedingte Verschlechterung ihrer Finanzverhältnisse Neubauten kaum zuließ.83 Vielmehr wurden nach der Rückkehr der Familien zumeist nur notdürftige Reparaturen durchgeführt. Exemplarisch sei hier das Wohnhaus der Familie Sperling zu Rubow genannt, zu dem die für die Jahre 1651 und 1670 überlieferten Inventare die Verbesserungsmaßnahmen detailliert aufführen.84 Es unterschied sich in seinem Inneren und Äußeren – wie auch das Dorfbild und die dortigen Größenverhältnisse insgesamt – kaum von der Vorkriegssituation.85 Zu den ersten Maßnahmen zählte die provisorische Reparatur und Befestigung der ausge­fallenen und losen Fachwerkfächer mit Latten und Stroh. Bis 1670 folgten der N ­ eubau des alten schwarzen Kachelofens in der „gewöhnlichen“ Stube sowie der Bodentreppe, was insgesamt 95 Rthlr. gekostet hatte. Offensichtlich wurde demnach weniger Wert auf Äußerlichkeiten, sondern darauf gelegt, dass man die Funktionstüchtigkeit der Gutswirtschaften schnellstmöglich wiederherstellte. Wenn auch vergleichsweise wenige Neubauten entstanden, deutet einiges darauf hin, dass gerade um 1670/80 Erweiterungsbauten – also Anbauten beiderseits der Wohnhäuser – vorgenommen wurden.86 So wuchs das Rubower Gutshaus der Sperling in seiner Breite von elf auf sechzehn, das Klokower der Familie Scheele von neun auf zwölf Gebinde, was auf eine zunehmende Entspannung der Finanzsituation hindeutet.87 Auch hinsichtlich der Inneneinrichtung konnten keine gravierenden Unterschiede zu den Vorkriegsbauten ausgemacht werden. So gehörten Lehnbänke, Tische, Schränke und Türen aus Eichen- oder Lindenholz  – bei den Zepelin zu Gnewitz bezeichnet als „zimblich ziere tischer arbeit“ – ebenso zur Ausstattung wie Glasfenster, Uhren oder Wanddekorationen.88 Herzstück des Hauses war auch hier die „große“ bzw. „gewöhnliche“ Stube, die bei den Sperling zu Rubow sogar gereichte, um Predigten abzuhalten.89 83 Vgl. exemplarisch den Rittersitz der Familie Warburg zu Quadenschönfeld. Nach einer Beschreibung von 1653, 1656 war das Wohnhaus (10 Gebinde) baufällig und musste teilweise abgestützt werden. Sein Wert wurde mit 200 Talern taxiert (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1089, Q 12). Nicht hinreichend erforscht sind bislang die Auswirkungen des Schwedisch-Polnischen Krieges, der gelegentlich als „zweites Kriegswesen“ bezeichnet wird. Bsw. fiel ihm das um 1610 entstandene Wohnhaus der Peckatel zu Klein Vielen zum Opfer (amtlicher Bericht vom 11. September 1662, in: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 523). 84 Vgl. im Folgenden LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304, Bl. 132–157. 85 Vgl. dazu auch die Angaben zum Warburgschen Rittersitz Quadenschönfeld und zum Zepelinschen zu Gnewitz (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1089, Q 12 und ebd., Nr. 795, Bl. 367–369); des Weiteren die skizzenhaften Darstellungen der Rittersitze Gamehl und Preensberg der Familie Stralendorff (Abb. 17). 86 Koch: Zur Baugeschichte, S. 89 geht aufgrund der Kriegseinflüsse in der 2. H. des 17. Jh. von einer sehr geringen Bautätigkeit aus. 87 So auch Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 285–288. 88 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304, Bl. 132–157; ebd., Nr. 795, Bl. 367–369; Krüger: Insignia Christianorum; Oertzen-Blätter 25 (1982) 24, S. 53. 89 So heißt es in der Leichenpredigt auf Heinrich von Sperling (Rieder: Christliche Leichpredigt): „Wenn auch zuweiln Er oder die Seinigen /Schwachheit oder anderer Ursachen wegen nicht



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Einen Sonderfall bildete in jeglicher Hinsicht das um 1657 für Generalmajor Joachim Heinrich von Vieregge erbaute und vom hugenottischen Architekten Charles Philippe Dieussart konzipierte Schloss Rossewitz.90 Mit dem rechteckigen Grundriss, der symmetrisch-axialen Gliederung, die eine Visualisierung adliger Herrschaft bezweckten, den aufwendigen Stuckarbeiten sowie den Wand- und Deckenmalereien im Innenbereich zählt es zu den bedeutendsten frühbarocken Bauwerken Mecklenburgs. Vieregge, der es – wie auch einige seiner Vettern – im Ausland zu Geld und Ansehen brachte, zählte zu einem relativ kleinen Personenkreis mecklenburgischer Adliger, die an verschiedenen deutschen Höfen und im Militär bedeutende Ämter bekleideten und Positionen innehatten. Kein vergleichbares Projekt ist aus jener Zeit bekannt, wenngleich zum Ende des 17. Jahrhunderts weitere opulente Neubauten entstanden waren, die durchaus der Größenordnung des Viereggschen Rossewitz entsprachen.91 Im Gegensatz zu ihren Vorgängerbauten haben die Behausungen aus der Zeit des Hoch- und Spätbarock die Jahrhunderte in beachtlicher Zahl überdauert.92 Mit der spürbaren Erholung der Finanzsituation setzte seit dem ausklingenden 17. Jahrhundert eine Phase reger Bautätigkeit ein. Vor allem nach französischem Vorbild entstanden zahlreiche massive oder in Fachwerkbauweise errichtete Herrenhäuser, die sich – soweit bisher nachvollziehbar – spätestens zur Mitte des 18. Jahrhunderts zu einem durchaus als flächendeckend zu bezeichnenden Netz über Mecklenburg ausgebreitet hatten.93 Die Konstruktionsart als solche hatte sich demnach nicht bei allen Neubauten grundlegend verändert. Im Zusammenspiel mit den Umgestaltungen ganzer Dörfer, in denen Herrenhäuser, Wirtschaftsgebäude und Gärten nun symmetrisch

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haben zur Kirchen kommen können; hat er alle Zuhörer alhie zu Rubow in seine große Stuben kommen und mich ersuchen lassen /daß ich die Predigt alda verrichten möchte.“ Zu Dieussart (um 1625–1696) und seinem Wirken in Mecklenburg sowie zu Schloss Rossewitz vgl. Neumann: Das Passow-Epitaph; Heckmann: Baumeister, S. 23–28; Koch: Charles Philippe Dieussart; Koch: Zur Baugeschichte; Nugent: Travels, S. 138; Schlie: Kunst- und GeschichtsDenkmäler, Band 1, S. 465. Etwa das 1696 vom Reichshofrat Kurt von Lützow errichtete zweigeschossige Herrenhaus zu Goldenbow oder das im Auftrag Adam Levin von Knuths (dänischer Oberkammerjunker, der als Page an den Hof des dänischen Königs geschickt wurde und mit dem späteren König Christian V. aufwuchs und befreundet war) 1698 fertig gestellte Ludorf (Feldmann: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, S. 159; Krauß: Vom Heiligen Damm, S. 111–112). Bsw. zu Bothmer, Cölpin, Faulenrost, Ivenack, Prebberede, Sponholz, Kummerow. Vgl. u. a. Altrock: Geschichte des Geschlechts, S. 12; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 258; Badstübner-Gröger: Ivenack, S. 5; Neumann: Schloß Bothmer; Wedemeier: Album, S. 47–50, 59–60, 67–69; Brandt: Altmecklenburgische Schlösser, S. 26–27; Feldmann: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, S. 415. Dies zeigen bsw. die seit 1756 erstellten Direktorialvermessungskarten (LHAS, 12.12-1, Karten; vgl. als Überblick Greve: Ruthen sowie exemplarisch Abb. 18; LHAS, 12.12-1, Karten, Kreis Stargard, Hohenzieritz, Nr. I, Ramelow, Nr. I, Kreis Wismar, Rakow, Nr. I, Westenbrügge, Nr. I, Kreis Rostock, Reddershof, Nr. I, Roggow, Nr. I, Thelkow, Nr. Ia, Wesselstorf, Nr. Ia und Bassewitz: Schloß zu Prebberede, S. 238). Eine systematische Auswertung dieses Kartenbestandes steht noch aus.

46 Familie angelegt und damit nicht mehr als ein der Ortschaft angegliederter umfangreicherer Wirtschaftshof, sondern vielmehr auch visuell als Zentren der Rittergüter zu erkennen waren, werden doch selbst die simpleren Exemplare imposanter gewirkt haben als die bauernhausähnlichen Bauwerke des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts.94 Die in der Folgezeit durch spätere Generationen erfolgten Um- und Neubauten ­verzerren jedoch das Bild der zeitgenössischen barocken Baukunst, wie sie zu jener Zeit von weiten Kreisen des Adels auf den Landgütern praktiziert wurde.95 Aus Sicht der Quellenüberlieferung ist abgesehen von den sog. Direktorialvermessungskarten, die zwar einen Überblick über die Gutsanlagen, nicht aber über die Herrenhäuser verschaffen, keine Zustandsbeschreibung für das 18. Jahrhundert vorhanden.96 Unzweifelhaft werden die damaligen Besucher auf ganz unterschiedliche Bauwerke und Wohnverhältnisse des Adels gestoßen sein. Neben den genannten massiven bzw. in Fachwerk errichteten, häufig mit einem Überputz versehenen Neubauten unterschiedlicher Größe lebten einige Aristokraten nach wie vor in burgähnlichen Gemäuern, in prachtvollen Renaissancebauten und manch einer wohl immer noch in einem Fachwerkhaus aus der Zeit um 1600, an denen bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts nur Ausbesserungen vorgenommen wurden.97 Ähnlich flexibel wird man es sicher auch mit der Inneneinrichtung gehalten haben. Abgesehen von stilistischen oder technischen Veränderungen werden sich die zur Grundausstattung gehörenden Utensilien wie Schränke, Tische, Stühle, Betten, Laden, Truhen und dergl. über Jahrhunderte hinweg nicht grundsätzlich geändert haben, wenn auch mitunter erhebliche qualitative Unterschiede vorlagen.98 Die Wohnverhältnisse so mancher Adelsfamilie entsprachen auch im 18. Jahrhundert nicht unbedingt dem, was man sich unter aristokratischer Lebensweise üblicherweise vorstellt. Bei den Dewitz zu Cölpin trat dies besonders in den Wintermonaten zutage. So schreibt Stephan Werner von Dewitz, der später in der Position des Strelitzer und Schweriner Geheimratspräsidenten das höchste Amt des Landes bekleiden sollte, bezüglich seiner Kindheit in den 1720er/30er Jahren, er habe mit seinen vier Brüdern und dem Hofmeister „ausser dem Hause logieren“ müssen. Seine Schwestern hatten „über dem Wohnzimmer der Eltern eine Stube, die nicht geheizet werden konnte, sondern bloss durch ein Loch im Boden über dem Ofen des untersten Zimmers etwas Wärme erhielte.“ Die Eltern

94 Oeynhausen: Geschichte, S. 51. 95 Zur regen Bautätigkeit des Adels vgl. Kap. 3.1. Als Bsp. für häufige Um- und Neubauten auf den Gütern kann das von Pentzsche Gut Benz genannt werden. Hier erfolgte 1591 ein Neubau unter Volrath von Pentz, der gegen Ende des 17. Jh. durch ein zweistöckiges Fachwerkhaus mit Ziegeldach (Oeynhausen: Geschichte, S. 51) ersetzt wurde, bis dieses schließlich um 1828 einem Neubau weichen musste (Pentz: Album, S. 16–17). Vgl. des Weiteren Halama: Rittergüter. 96 LHAS, 12.12-1, Karten. 97 Die Quellenlage erscheint auch für diesen Zeitraum vergleichsweise günstig, da durch die Prozessakten zahlreiche Inventare überliefert sind. 98 Zu einigen Einrichtungsgegenständen vgl. Erichsen: Landmarschall, S. 358; Bock: Herrschaftliche Wohnhäuser, Band 2, S. 1047; des Weiteren Kap. 3.1.



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„selbst waren enge, kalt und schlecht logiret.“99 Dagegen pflegten die gleichnamigen Vettern im nahe gelegenen Groß Miltzow einen eher ausschweifenden und luxuriösen Lebensstil in einem beachtenswerten Neubau. Erst 1780 konnte Dewitz einen solchen auch zu Cölpin realisieren.100 Dies soll allerdings nicht heißen, dass die Inneneinrichtung der vergleichsweise simpel erscheinenden Fachwerkbauten des 18. Jahrhunderts nicht standesgemäß war, was gerade auch aus dem Ausland stammende Mecklenburgreisende bemerkten.101 Gerade solche Besucher konnten durch die Kenntnis der adligen Wohnverhältnisse im Heimatland und in Abhängigkeit vom jeweiligen Aufenthaltsort in Mecklenburg zu divergierenden Meinungen über die Architektur- und Wohnqualität der hiesigen Aristokraten gelangen.102 Im Übrigen bleibt an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich der individuelle Bauzustand der witterungsanfälligen Behausungen in der Regel binnen weniger Jahre verschlechterte, sodass selbst bei Neubauten nach relativ kurzer Zeit erste Reparaturen an­ standen.103 Vielfalt zeichnete die Wohnverhältnisse des mecklenburgischen Adels in der Frühneuzeit aus. Gleichwohl bestanden auch Gemeinsamkeiten, und zwar dahingehend, dass die Rittersitze in unterschiedlicher Weise für repräsentative und memoriale Zwecke funktionalisiert wurden. Der Drang zur Darstellung von Alter, Verwandtschaft und Ruhm wurde hier mit ähnlich hohem Aufwand betrieben wie in den nahe gelegenen Gotteshäusern. Dies ist mitunter bereits an Gebäude- und Ortschaftsbezeichnungen erkennbar, die auf Geschlechter, Erbauer oder sonstige Familienmitglieder verwiesen.104 Als Beispiel für den frühen Untersuchungszeitraum kann das wahrscheinlich im 16. Jahrhundert nach Ulrich von Maltzan benannte Ulrichshusen und für den späteren das von Vollrath Levin von Maltzan wegen des ruinösen Zustandes  99 Nach seinen Aufzeichnungen (um 1770), gedruckt bei Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, hier S. 410. 100 Vgl. Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 258 sowie Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 411, 416–417. 101 So war die Stubenwand im Bernstorffschen Wohnhaus zu Bernstorf (Fachwerk, zwei Stockwerke, Steindach) um 1730 „mit einer wullenen gestreifeten bunten Tapeten beschlagen“. Im Parterre befanden sich eine Diele, zwei Stuben, zwei Kammern und Wirtschaftsräume (u. a. Küche, Speisekammer), in der ersten Etage ein Saal, drei Kammern und eine Dirnskammer. Die Fußböden bestanden im unteren Bereich aus Mauersteinen, in der oberen Etage aus Holzdielen (Bernstorff: Beitrag zu seiner Geschichte, S. 12). Zur Wandbekleidung vgl. auch Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, N, S. 164. 102 Vgl. Nugent: Travels, S. 269, 276, 282; Buchwaldt: Oeconomische und Statistische Reise, S. 170 sowie Kap. 3.1. 103 Vgl. den Bericht des Hofmaurers Hans Wollitz (11. März 1713) über den kläglichen Zustand des Gutshauses Bellin, einem Neubau des späten 17. Jh. [LHAS, Lehnwesen, Specialia, Bellin, Q 15 (= RKG 1125)]. 104 Die traditionell namentliche Verbindung zwischen einigen Adelsgeschlechtern und ihren Lehngütern geht teilweise zurück auf die Siedlungspolitik während der Ostkolonisation. Die einwandernden Familien benannten die neu gegründeten Ortschaften nach ihren alten, im Westen oder Süden gelegenen Rittersitzen, womit im Übrigen auch versucht wird, die Herkunft einiger mecklenburgischer Adelsgeschlechter zu rekonstruieren.

48 Familie der nahe gelegenen Stammburg Grubenhagen auf der Höhe über Kirch Grubenhagen errichtete Vollrathsruhe genannt werden.105 Beide Fälle stehen exemplarisch für eine ganze Reihe von Namensgebungen, die auf Bautätigkeiten zurückzuführen sind. Letztere waren u. a. bedingt durch kulturelle und agrarische Veränderungen, aber auch durch Katastrophen wie Kriege oder Gutsbrände.106 Bei Ankunft auf dem ­eigentlichen Ritter- oder Gutshof konnten die Besucher erneut auf Hinweise zur Orts-, Gebäude- oder Familiengeschichte stoßen. Zu nennen wären etwa die sog. Allianzwappen, die vereinigte Darstellung der Wappen zweier durch Heirat miteinander verbundener Geschlechter, die signifikant an Eingangsportalen und Außenfassaden platziert wurden.107 Die Gäste auf Schloss Ulrichshusen hatten seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zwangsläufig das dortige Torhaus zu durchqueren, das sowohl mit den Maltzan-Kardorffschen Geschlechtersymbolen als auch den Terrakottareliefs einzelner Familienmitglieder versehen war.108 Zahlreiche weitere Beispiele sind insbesondere für das 17. und 18. Jahrhundert überliefert, wobei hier noch hinzugefügt werden soll, dass auch Außenfassaden der Patronatskirchen und Stadttore, bei Familien mit Sonderprivilegien in Städten, in entsprechender Weise ausgeschmückt wurden.109 Die Maltzan zu Penzlin bsw. schlugen ihre aus Holz hergestellten Wappen noch bis weit in das 18. Jahrhundert an die dortigen Stadttore und das Rathaus.110 Neben diesen repräsentativen Familiensymbolen waren häufig Portalsinschriften an den Herrenhausfassaden angebracht.111 „Was vor vierhundert Jahr’ von Vätern aufgerichtet“, so formulierte es um 1730 Ludolph Friedrich von Bassewitz zu Lühburg, „nachher durch Kriegsgewalt zerstöret und zernichtet, Was vor einhundert Jahr’ hat öd’ und wüst gelegen, Das steht von mir erbaut durch Gottes Gnad’ und Seegen.“112 Erwähnenswert erscheint darüber hinaus die Portalsinschrift des 1698 erbauten Herrenhauses der Familie Knuth zu Ludorf. Die Kartusche über dem Balken kündet von der Erbauung des Hauses Ende des 17. Jahrhunderts: „Anno 1698 hat Herr Adam Levin v.[on] Knuth, Ritter, den uralten adligen Hof Ludorff anhero transportieren und neu bauen lassen. Gott lasse dieses Haus bestehen 105 Wedemeier: Album, S. 77–80; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 381; Badstübner-Gröger: Ulrichshusen; Schmidt: Geschichte, Band 2–3, S. 75, Tafel 1. 106 Weitere Bsp. sind Ehrenhof, bezeichnet nach Ehrenreich Sigismund von Bredow auf Prillwitz (Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1-1, S. 79, Anm. 3), Friedrichsfelde, nach Carl Friedrich von Jasmund auf Rödlin (ebd., S. 151, Anm. 5) oder Oertzendorf, nach dem gleichnamigen mecklenburgischen Adelsgeschlecht (Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 343). 107 Zur Rolle der Familienallianzen Kap. 3.3. 108 Badstübner-Gröger: Ulrichshusen, S. 8. 109 Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 156, Band 1–3, S. 286; Schlie: Kunstund Geschichts-Denkmäler, Band 3, S. 365; Badstübner-Gröger: Ulrichshusen, S. 9 sowie Wedemeier: Album, S. 77–80. 110 Schmidt: Geschichte, Band 2–3, S. 425. 111 Vgl. etwa die Inschriften am Güstrower Wohnhaus der Familie Lühe (Abb. 24) und am Maltzanschen Schloss Ulrichshusen (Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 381–382). 112 Auszug aus der bei Bassewitz: Aus dem Leben, S. 13, 52 genannten Hausinschrift. Der Erbauer war Ludolph Friedrich von Bassewitz (1693–1735).



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und nicht eher als mit der Welt vergehen.“ Weitaus interessanter ist jedoch ein zweiter, sich direkt darunter befindender Schriftzug bzw. dessen Ursprung. Die Inschrift „Moritz, Jakob, Joachim Gebroder de Knuth. Anno Domini 1576“ befand sich nämlich auf einem Holzbalken, der einst das alte Knuthsche Gutshaus in Leizen zierte.113 Als dieses abgerissen wurde, machten die neuen Besitzer, die Familie Gundlach, den Balken den Ludorfern zum Geschenk, die ihn dann repräsentativ im Wohnhaus integrierten. Im Grunde genommen handelt es sich dabei auch um eine Form der Memoria – wenn auch um eine seltene. Zumindest scheinen die Gundlach gewusst zu haben, dass die benachbarten Knuth das Relikt in würdevoller Weise behandeln würden. Auch im Innenraum der Behausungen fanden sich exponierte Flächen, die auffallend häufig für Wappenplatzierungen genutzt wurden. Im Zentrum eines jeden Wohngebäudes stand mindestens ein gesonderter Raum, in dem u. a. Speisen eingenommen, Gäste empfangen und bewirtet, Bankette abgehalten und Verträge unterzeichnet wurden. In den Inventarlisten der einfacheren Fachwerkhäuser des frühen und mittleren Untersuchungszeitraumes werden sie – wie bereits erwähnt – häufig „gewöhnliche“ oder „große“ Stube genannt, während sich im Falle der späteren Bauten Bezeichnungen wie Speise- oder Rittersaal etabliert hatten. Ihre Ausstattung in Hinsicht auf memoriale und repräsentative Medien ist leider nicht annähernd so gut überliefert wie für die Patronatskirchen. So werden bsw. bezüglich der Wandgestaltung der Wohnbauten des 16. und 17. Jahrhunderts neben allgemein schmückendem Beiwerk wie Wandteppiche und bildhafte Darstellungen, etwa zur Heilsgeschichte, Gestaltungsmittel, die den Erbauer, das Geschlecht oder den Adelsstand und dessen Tugendhaftigkeit rühmen, nur in Ausnahmefällen genannt.114 Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der Neubauten seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert. Hervorhebenswert erscheint der Rittersaal von Hohen-Luckow, dessen Ausstattung zu den wenigen zählt, die sich bis in die Gegenwart erhalten haben. Christoph von Bassewitz hatte ihn Anfang des 18. Jahrhunderts in Auftrag gegeben und legte dabei besonderen Wert auf seine thematische und künstlerische Ausführung. Mehr als sechzig bemalte und an den Wänden fixierte Holztafeln mit den Ahnenwappen des Erbauers bildeten einen rundherum laufenden Wappenfries.115 Ausgestaltungen dieser Art, die im Übrigen an den von Herzog Ulrich III. initiierten Wappenfries im Güstrower Schloss erinnern, sind bislang kaum bekannt; gewiss wird es sich nicht um einen Einzelfall gehandelt haben.116 Neben diesen aufwendigeren Ausstattungen zeigt etwa das Beispiel Burg Schlitz, dass die Wohngebäude des Adels offenbar mit

113 Abb. 25. 114 Etwa im Wohnhaus des Jochim von Oertzen zu Roggow im Jahre 1666 (Oertzen-Blätter 25 (1982) 24, S. 53). Vgl. auch LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 66–69 (Maltzan zu Penzlin um 1590); Kamptz: Die Familie, S. 194 (Kamptz zu Plasten 1577). 115 Vgl. Abb. 14 sowie Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 21; Goetze und Luttmann: Wappen; Goetze und Luttmann: Wappen im Rittersaal. 116 Ähnliche Wappentafeln auch im 1805 erbauten Neu-Wendorf bei Tessin.

50 Familie ähnlichen Wappenblechen ausstaffiert waren wie die Patronatskirchen.117 Zwar stammten sie in diesem speziellen Fall aus dem beginnenden 19. Jahrhundert. Die Existenz von blechernen und hölzernen Sonderanfertigungen insbesondere an den Innenwänden der Patronatskirchen und nicht zuletzt Rechnungen mecklenburgischer Wappengießer sind jedoch Indizien dafür, dass gleiches auch für die früheren Bauten zugetroffen hat.118 In einem als Treppenhaus dienenden Turm des Schlosses Ulrichshusen, der den Brand des Jahres 1624 offenbar schadlos überstanden hatte, waren in jedem der drei Stockwerke Allianzwappen installiert, die die Besitzerfamilien symbolisierten und scheinbar im Zuge des Neubaus 1626 angebracht worden waren. Unterhalb dieser Allianzwappen befanden sich wiederum Inschriften, die die Geschichte des Hauses in mehr oder weniger gelungener Reimform wiedergaben.119 Bereits die in den Kirchen platzierten Grabplatten und Epitaphe zeigten, dass Darstellungen der Physiognomien adliger Personen als wesentlicher Bestandteil der Erinnerungskultur angesehen werden können. Auch im Innenbereich der herrschaftlichen Wohnbauten wurde dies praktiziert – hier insbesondere in Form von Ölgemälden, bei denen neben den Personen gelegentlich auch deren Wappen in den Kunstwerken berücksichtigt wurden.120 Dies gilt auch für das 16. Jahrhundert, für das vergleichsweise wenige Exemplare bekannt sind.121 Neben Einzelanfertigungen, die bsw. anlässlich von Hochzeiten u. ä. entstanden,122 scheinen gelegentlich auch umfangreichere Aufträge an die Künstler erteilt worden zu sein. Diese Ahnengalerien konnten auf zweierlei Art entstehen – zum einen durch Ansammlungen einzelner Porträts über einen größeren Zeitraum hinweg, die gewachsene Ahnengalerie, und zum anderen künstlich, indem Gemälde von verstorbenen Familienmitgliedern als 117 Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 82–83. 118 Vgl. etwa LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304, Bl. 479–483 (Negendanck zu Rubow, 1651, 1670); Franz: Wappengießer. 119 Die Inschriften lauteten u. a. „Diesem Dietrich Moltzahn succedirt – Und selbigen Sitz häreditirt: Aus adeligem Stamm berühmet weit – Hat des von dem Berg sich drauf bereit. Die beiden denselben zur adlichen Preiss. Verbessert haben mit grossem Fleiss“; „Nach Dietrich Moltzahn sel‘gen Dot. Hat es geschickt der liebe Gott – Dass Behrend Ludolph Moltzahn durchs Loos. Als Miterb dieses Guts genoss  – Ehlich mit Anna von Staffhorst genannt. Aus altem adlichem Stamm gar wohl bekannt – Dasselb nicht lange bewohnet in Freud. Denn da sie gewesen alle beid – Im anderen Land das Haus verbrannt. Da man gezählet hat zur Hand – Tausend sechshundert zwanzig vier. Nach Christi Geburt vermeld ich dir – Von ihm wieder erbauet von neu. Im sechsundzwanzigsten dieses Gebäu – Gott dasselb fortan segne mehr Zu seines göttlichen Namens Ehr.“ Des Weiteren die Memorialzahl „Esto tVta DoMVs, CVra serVante IehoVa“, deren Zahlbuchstaben der Jahreszahl 1626 entsprechen (Wedemeier: Album, S. 77–80). 120 Vgl. Abb. 54, 60; Von Levetzowsche Familienblätter 1 (1900–1904) (Heinrich von Levetzow); Oertzen-Blätter 15 (1972) 4, S. 1 (von Koppelow, von Oertzen); Rusch: Beiträge, S. 148a (Christoph von Barner). 121 Abb. 49–55; Gantzer: Familie von Dewitz, Band 3-2, S. 1 (Jobst und Ottilie von Dewitz, geb. Arnim); Lisch: Urkunden-Sammlung (Joachim von Maltzan); Pentz: Album, S. 129 (Markward von Pentz). 122 Vgl. Abb. 49–50; Gantzer: Familie von Dewitz, Band 3-2, S. 1 (pommersche Linie) sowie Oertzen-Blätter 6 (1936) 10, S. 6 (Oertzen).



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Idealbilder posthum in Auftrag gegeben wurden.123 Die Vielzahl der Porträts, die für das späte 17. und das 18. Jahrhundert überliefert ist, lässt darauf schließen, dass gewachsene Ahnengalerien in den Wohngebäuden mecklenburgischer Adelsgeschlechter weit verbreitet waren.124 Ein entsprechender Beleg für das 16. und frühe 17. Jahrhundert erweist sich hingegen als schwierig. Hier kann mit der Familie Vieregge nur auf einen konkreten Fall verwiesen werden.125 Demnach ist anzunehmen, dass sich zu Rossewitz spätestens zur Mitte des 17. Jahrhunderts eine gewachsene Ahnengalerie befand. Einzelne Bestandteile gingen jedoch ganz offensichtlich zurück auf eine künstlich angelegte Porträtsammlung. Scheinbar ließ Matthias von Vieregge um 1600 Idealbilder von im 16. Jahrhundert lebenden Vorfahren anfertigen, wozu er – so vermutet zumindest die Kunsthistorikerin Hegner  – den in landesherrlichen Diensten stehenden Künstler Krommeney engagierte.126 Die Ahnengalerien insgesamt sprechen m. E. für eine langfristige emotionale Bindung der jeweils lebenden Familienmitglieder zu ihren Vorfahren, da eine umfangreiche Sammlung nur erreicht werden konnte, wenn über mehrere Generationen hinweg sorgsam mit den jeweiligen Einzelporträts umgegangen wurde. Nur so war es bsw. möglich, dass sich die Bildnisse von Jobst und Ottilie von Dewitz, die in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in der Werkstatt Lukas’ Cranach d. Ä. entstanden waren, noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Ahnengalerie zu Cölpin befanden.127 Auf der anderen Seite sind allerdings auch solche Fälle überliefert, bei denen Porträtsammlungen durch Erbteilungen regelrecht auseinander gerissen wurden. Ölgemälde, aber auch Kupferstiche und Emaillebilder gelangten nicht selten in andere Familienzweige oder anverwandte Geschlechter.128 Der Streit um das Nachlassinventar des 1776 verstorbenen Georg Hinrich von Lehsten verdeutlicht dies in besonderer Weise. Nicht etwa der Lehnsfolger erhielt das auf eine Kupferplatte gestochene Porträt des im 17. Jahrhundert lebenden gleichnamigen Vorfahren, sondern eine Schwester. Damit wechselte sein Aufbewahrungsort vom alten Lehstener Stammsitz Wardow in die Familie Raben nach Rederank.129 Gleichermaßen konnten 123 Zur Typologie Knöll: Ahnengalerie. 124 Bsw. in den Familien Bernstorff, Dewitz, Vieregge. 125 Vgl. Abb. 49–55; des Weiteren Hegner: Kunst, S. 33–34. 126 Abb. 49, 52. Zum Porträt Viktor von Vieregges meint Hegner: Kunst, S. 33: „In der Physiognomie an Krommeneys Idealfiguren erinnernd“. Für die Bereitstellung der Photographien danke ich Dr. Kristina Hegner vom Staatlichen Museum Schwerin. 127 Jobst von Dewitz (1491–1542) und seine Gattin Ottilie (geb. Arnim). Vgl. Gantzer: Familie von Dewitz, Band 3-2, S. 1. 128 Neben der Dewitzschen Ahnengalerie zu Cölpin existierten noch diverse Einzelstücke, die innerhalb der Familie kursierten. So besaß der Strelitzer Staatsrat Dewitz zu Beginn des 20. Jh. ein Ölgemälde des dänischen Oberstleutnants Otto Balthasar von Dewitz auf Cölpin (1648–1749) sowie ein Emaillebild des kurbrandenburgischen Landrats Jobst Ludwig von Dewitz auf Wussow (1631– 1696). Vgl. dazu die entsprechende Kommentare bei Gantzer: Familie von Dewitz, Band 3-2. 129 Dabei wird es sich um das Konterfei des 1696 verstorbenen Georg Heinrich von Lehsten auf Wardow, Wesselsdorf und Ridsenow etc. gehandelt haben. Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 699, Q 41, Beilage (= Teilungsverzeichnis, Vergleichsprotokoll vom 22. Juli 1776) sowie Abb. 59.

52 Familie Konterfeie auch schon zu Lebzeiten der abgebildeten Personen in den Familien kursieren. So wurden bei den Maltzan nachweislich im Jahre 1695 Emaillebilder von Familienmitgliedern an goldenen Ketten hängend getragen.130 Ein außergewöhnlicher Vorfall ereignete sich 1756. Am Todestag des Johann Lotharius Friedrich von Maltzan meinte seine Schwester, das Bild ihres Bruders weinen gesehen zu haben, woraus sie schlussfolgerte, ihm müsse etwas zugestoßen sein.131 Die Auftraggeber der Konterfeie werden zwar nur selten namentlich genannt, dürften aber in der Regel mit der abgebildeten Person identisch gewesen sein bzw. aus ihrem engeren Familien- oder Bekanntenkreis stammen. Beispielhaft kann die auf Matthias von Vieregge zurückgehende Sammlung aus der Zeit um 1600 oder – für den späteren Untersuchungszeitraum – der Fall des Johann Ludwig von Holstein genannt werden, der die Kupferstechung der Bildnisse seiner Eltern initiierte. Seinen Vater ließ er mit dem Holsteinschen „Stamm=Wapen und Symbolum“ und in der Tracht des Elephanten-Ordens abbilden, was m. E. verdeutlicht, dass nicht nur der Physiognomie, sondern ebenso der familiären Herkunft und der Darstellung von Stand und Würden ein besonderer Stellenwert beigemessen wurde.132 Darüber hinaus finden sich nicht selten Hinweise auf Bildungsstand und Profession der abgebildeten Personen. Gerade die Porträts von männlichen Familienmitgliedern kamen selten ohne militärische Attribute wie Kürasse, Degen, Kanonen, Marschallstäbe, Streitrösser etc. aus.133 Ölporträts gehörten zweifelsfrei zu den weit verbreiteten Formen, lebende und verstorbene Familienmitglieder in zentralen Räumen der Behausungen zu vergegenwärtigen. Darüber hinaus wurden auch Teile des Hausinventars – sofern sie sich im Entferntesten dazu eigneten – funktionalisiert. Wappendarstellungen fanden sich u. a. an Möbeln, Textilien, Tafelzier sowie an Kaminsimsen, Ofenkacheln und gusseisernen Ofenplatten, die demnach als Feuerstätte und Blickfang mit genealogischem

130 So etwa aus dem Jahr 1695 überliefert bei den Maltzan auf Rothenmoor (goldene Kette mit Bild). Vgl. Maltzan: Lebensbilder, S. 252–253. 131 Johann Lotharius Friedrich von Maltzan (geb. 1719) starb am 31. Dezember 1756 in St. Petersburg (Maltzan: Lebensbilder, S. 278). 132 Johann Ludwig von Holstein wegen seiner Eltern, Johann Georg von Holstein auf Möllenhagen und Piversdorf (1662–1730) und Ida Frederica, geb. Bülow (1677–1725). Die Geschichte der Familie Holstein war lange Zeit mit dem Stammgut Ankershagen verbunden. Seit der 2. H. des 17. Jh. machten zahlreiche Familienmitglieder Karriere in holsteinisch-dänischen Diensten (Moller: Historische Nachricht, S. 15, 32–34). Zu den Ordensmitgliedschaften vgl. Kap. 3.2. 133 Vgl. u. a. Abb. 56, 58, 59; Pentz: Album, S. 129 (Markward von Pentz); Naumann: Die Plessen (Helmuth von Plessen); Gantzer: Familie von Dewitz, Band 3-2, S. 2 (Georg von Dewitz); Rusch: Beiträge, S. 148a (Christoph von Barner); Oertzen-Blätter 18 (1975) 11, S. 18 (Georg Henning von Oertzen); Gantzer: Familie von Dewitz, Band 3-2, S. 5, 6 (Stephan von Dewitz, Ulrich Otto von Dewitz). Im Herrenhaus zu Zühr (bei Wittenburg), errichtet durch den sächsisch-polnischen Feldmarschall Friedrich von Züle zu Beginn des 18. Jh., befanden sich mehrere Ölgemälde, die Szenen der Türkenkriege wiedergaben und Züle mit seinem Marschallstab darstellten (Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 3, S. 84).



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Informationspotential „Fokus“ im doppelten Wortsinne waren.134 Auch in Stuckdecken wurden Familiensymbole eingearbeitet.135 Julius Bernhard von Rohr, dessen Familie über Jahrhunderte hinweg auch in Mecklenburg begütert war, berichtet in seiner „Ceremonial-Wissenschaft der großen Herren“ bezüglich des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts: „Um diese Zeit herum war es sonderlich Mode, daß die Standes=Personen, und die vom Adel, fast allenthalben über die Thüren der Zimmer, oder an dieselben, auch an Schräncke, Kisten und Kasten, ihre Wappen mahlen liessen.“136 Zahlreiche Quellen belegen, dass diese den niederen Adel im weitesten Sinne betreffenden Praktiken auch in mecklenburgischen Gefilden angewandt wurden. So erwähnen bereits die Leibgedingsbriefe und Eheverträge des 16. Jahrhunderts, dass Aussteuertruhen, in denen der Hausrat transportiert und aufbewahrt wurde, mit Wappenmalereien der entsprechenden durch Heirat verbundenen Familien gekennzeichnet worden waren.137 Es ist auch ein Fall bekannt, bei dem die vier dargestellten Wappen auf zwei Ehepaare zurückgingen, die als Patrone derjenigen Kirche fungierten, in der die Truhe platziert worden war.138 Im Besitz der Familie Staffeld befand sich 1639 eine wesentlich ältere, offenbar über mindestens zwei Generationen hinweg vererbte Aussteuertruhe, zu der es in einem Testament heißt: „Och habe ich einnen ladie, so gron ist mitt gelben bochstaffen, worchauf: „Luetke hahne, mergreta bullowen“ forauf gieschriben [...].“139 Offenbar bestand zu einigen Möbelstücken eine ähnliche emotionale Beziehung, wie sie bereits hinsichtlich o. g. Porträts und Ahnengalerien konstatiert werden konnte. Andererseits sind aber auch Beispiele überliefert, nach denen die Wappenzeichnungen auf Einrichtungsgegen134 Vgl. allgemein Druffner: Genealogisches Denken, S. 145. Als schwierig erweist sich der Nachweis für Öfen und Kamine des frühen Untersuchungszeitraumes, da sich nur wenige Bauwerke der Renaissance erhalten haben. Ein Beleg kann daher nur indirekt erfolgen. So ist bsw. bekannt, dass Angehörige mecklenburgischer Adelsgeschlechter außerhalb Mecklenburgs zu Beginn des 17. Jh. Ofenkacheln mit Wappenzeichnungen herstellen ließen (Johann von Behr, 1621, vgl. Hufschmidt: Einblicke, S. 145), was darauf schließen lässt, dass selbiges auch in Mecklenburg praktiziert wurde. Zu Bsp. des späten 17. und des 18. Jh. vgl. Wedemeier: Album, S. 61–62; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 3, S. 84; Lisch: Geschichte und Urkunden, Band 4, S. 217 (Maltzan und Hahn zu Rothenmoor, Züle zu Zühr, Hahn und Ahlefeld zu Diekhof ). 135 Etwa an der Decke des Gartensaales im Herrenhaus zu Luplow (2. H. 18. Jh., Familien Voss und Behr, vgl. Heinke und Luttmann: Kittendorf, Luplow, Schwandt und Bredenfelde, S. 36). 136 Rohr: Einleitung, S. 518–519. 137 Margaretha von Peckatel bsw. wurde bei der Eheschließung mit Henning von Zernickow 1597 mit zwei großen Kasten, einem Kleiderkasten, einer Schenkschiewe sowie weiteren fünf Laden ausgestattet, die allesamt als „gemalt“ bezeichnet wurden. Nach dem Inventar bei Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 346–348. Zu weiteren mecklenburgischen Bsp. vgl. OertzenBlätter 15 (1972) 4, S. 5 (Koppelow und Oertzen); Rusch: Beiträge, S. 104 (Barner, Preen und Kettenburg); Museum Schloss Güstrow (Oertzen); des Weiteren LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 626, Bl. 1259; Erichsen: Koffertruhe; Horbas: Möbel der Renaissance, S. 29; Hufschmidt: „Vom uralten Adel“, S. 27. 138 Rusch: Beiträge, S. 104 (Barner, Preen und Kettenburg). 139 Vgl. das Testament der „Engelt Lieschen“ von Staffeld, Gattin des Albrecht Hieronymus von Wangelin (Rostock, 1639), gedruckt bei Berg: Codicill der Wittwe, S. 241.

54 Familie ständen, die sich geraume Zeit in Familienbesitz befanden, bei Generationen- und Besitzerwechseln einfach übermalt worden sind.140 Zu erwähnen bleibt abschließend der Sonderfall eines zum Wohninterieur des Herrenhauses Grubenhagen gehörenden „Möbelstückes“. Um 1766 hatte sich Vollrath Levin von Maltzan vom Schweriner Hofmaler Georg David Matthieu eine lebensgroße Holzfigur anfertigen lassen, die er offenbar in seinem Wohnhaus platzierte.141 Zum mecklenburgischen Hochadel ist bekannt, dass solche Holzfiguren, die Angehörige des Hofstaates darstellten, als Ersatz für nicht anwesende Personen aufgestellt wurden.142 Ähnliches kann m. E. auch für die Maltzan zu Grubenhagen angenommen werden. Häufig wurden kleinere Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs wie silbernes und zinnernes Besteck oder Geschirr mit Wappendarstellungen versehen. So erwähnt bereits ein Inventar der Familien Lühe und Finecke von 1541 „I sulueren schale myt der Hanen wapent“ und „I sulueren schale myt der Powisch wapen“.143 Im Jahre 1695 besaßen die Maltzan auf Rothenmoor sechs silberne Becher mit dem Familienwappen, und zur Aussteuer der Catharina Sophia von Hauswedel gehörten 1697 neben einer bemalten Truhe sechzehn wappengravierte Zinnschüsseln und -teller. 144 Auch Küchengerät, das weniger der Tafelzier gedient haben dürfte, wurde mit entsprechenden Kennzeichnungen versehen. So ließen Ficke von Oertzen und Sofie von Wangelin anlässlich ihrer Hochzeit einen Mörser mit der Inschrift „DE /JUNCKER / FICKE /VAN /ORTZEN /SOFFIGE VANGELIN /LETEN /GETEN /MI /IM / IAR /1569“ in Auftrag geben.145 Neben diesen mehr oder weniger zum Interieur adliger Wohnbauten zählenden Objekte sei noch auf solche hingewiesen, die nur indirekt zur Gebäudeausstattung gerechnet werden können, jedoch in gleicher Weise mit Wappensymbolen und Inschriften gekennzeichnet worden waren. Für die Familie Oertzen etwa ist eine in entsprechender Form ausgeschmückte Brosche überliefert, die Joachim von Oertzen anlässlich seiner Ehe mit Barbara Sophie von der Lühe 1676 herstellen ließ.146 Johann Lotharius Friedrich von Maltzan, der Mitte des 18. Jahrhunderts in St. Petersburg und Moskau als dänischer Gesandter tätig war, gab für seine dortigen Ausritte und Kutschfahrten Geschirre mit dem Maltzanschen Familienwappen bei einem Sattler in Berlin in Auftrag.147 140 Lisch: Flotow’scher Koffer (Flotow). 141 Georg David Matthieu (1773–1778), Landmarschall Vollrath Levin von Maltzan (1716–1775). Vgl. Reifferscheid: Unbekannte Werke; Steinmann und Witte: Georg David Matthieu sowie Erichsen: Landmarschall, S. 358. 142 Erichsen und Kramer: 7 Bildnisse, S. 333. 143 Vgl. das Inventar (1541) der Katharina von Finecke, geb. Lühe, gedruckt bei Crull: Frau Fineke, S. 14–25, hier S. 22. 144 Vgl. Maltzan: Lebensbilder, S. 252–253 und die Aussteuerspezifikation der Hauswedel (Badow, 18. August 1697), in: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 626, Bl. 1259. 145 Ficke von Oertzen (um 1527–1578) auf Gerdshagen, Gorow, Clausdorf, Goldberg, Klein Tessin, pfandgesessen auf Tützen und Sofie von Wangelin (um 1537-um 1603). Vgl. Anonymus: Beschreibung eines Mörsers; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 91. 146 Oertzen-Blätter 7 (1937) 11, S. 9. 147 Maltzan: Lebensbilder, S. 259, 265–267 (nach Briefauszügen).



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2.1.3 Besonderheiten und Funktionen Sollen nun Besonderheiten und Funktionen von Repräsentations- und Erinnerungsmedien betrachtet werden, muss zunächst auf qualitative Unterschiede in ihren Ausführungen hingewiesen werden, wenngleich die kunsthistorische Perspektive im Rahmen dieser Untersuchung weniger berücksichtigt werden kann. Zunächst bleibt zu konstatieren, dass die ausführenden Künstler und Handwerker in der Masse der in und an Kirchen und Adelswohnhäusern vorzufindenden Objekte weitgehend unbedeutend waren bzw. unbekannt sind. Dies gilt insbesondere für Patronatsgestühle, Grabplatten und hölzerne Wappensymbole, die in der Regel – soweit noch im Original vorhanden – keine Signaturen aufweisen. Da Möbel und häuslicher Zierrat allenfalls in Privatbesitz erhalten geblieben sind, können auch hier keine Zuschreibungen erfolgen. Einige Rechnungen und Inschriften belegen jedoch, dass gerade hinsichtlich sakralen Geräts und blechernen Wappen zumeist auf einheimische oder in größeren Städten angrenzender Territorien wirkende Goldschmiede sowie Wappen- und Zinngießer zurückgegriffen wurde.148 Dies ist m. E. auch für die Gewerke der übrigen unsignierten Objekte, etwa Maler und Steinmetze, anzunehmen. Bekräftigt wird diese Vermutung dadurch, dass auch bei denjenigen Objekten, die aufgrund ihrer künstlerischen und handwerklichen Qualität aus der Masse herausstechen, regionale Werkstätten beauftragt wurden. In besonderer Weise ist dies an einigen Epitaphen der Renaissancezeit nachzuvollziehen, in deren Zusammenhang Namen wie Philipp Brandin, Conrad Floris, Claus Midow, Bernd Berninger, Adolf Brabander, Peter Bröckel oder Cornelius Krommeney fallen – Kunsthandwerker, die vornehmlich für die mecklenburgischen Landesherren zu Güstrow und Schwerin tätig und über die Landesgrenzen hinaus bekannt waren.149 Zu ihren Klienten gehörten u. a. Mitglieder der Adelsfamilien Bassewitz, Hahn, Linstow, Lühe, Negendanck, Plessen, Rieben, Schulenburg, Vieregge und Wackerbarth, die um 1600 zum engen Vertrauten- und Untergebenenkreis der Landesherrschaft gehörten. Sie traten als Räte, Hofmarschälle, Kloster-, Amthauptmänner, Landräte oder Landmarschälle in Erscheinung und stammten aus angesehenen Geschlechtern des Landes.150 Darüber hinaus zeugen einige wenige Briefe und Rechnungen vom regen Informationsaustausch zwischen Künstlern und Auftraggebern und davon, dass neben den erhaltenen Monumenten

148 Vgl. etwa LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 2, Bl. 1151–1153 (Maltzan, 2. H. 16. Jh.); Franz: Wappengießer (Familien der Dobbertiner Klosterkonventualinnen); zu weiteren Bsp. Kap. 3.1.2. 149 Vgl. Gehrig: Philipp Brandin, S. 37–91; Sarre: Beiträge, S. 57–109. 150 Bsw. Theodor von Plessen auf Zülow (gest. 1576) in der Sternberger Stadtkirche, Achim von Rieben auf Schönhausen und Galenbeck (gest. 1582) in der Anklamer St. Marienkirche, Joachim von der Lühe auf Püttelkow und Buschmühlen (gest. 1588, Freund und Gönner Brandins) im Güstrower Dom, Georg von Wackerbarth und Ursula von Vieregge in der Bützower Pfarrkirche, Jochim von Linstow (gest. 1588) in Lütgendorf, Viktor von Bassewitz (gest. 1592) zu Basse (Gehrig: Philipp Brandin, S. 37–91).

56 Familie noch weitere existiert haben dürften.151 Solche Epitaphe waren mit einer Höhe von schätzungsweise drei bis fünf Metern recht opulent und bestanden häufig aus importiertem Sandstein, Alabaster und Marmor. Es wird sich also um vergleichsweise kostspielige Auftragswerke gehandelt haben. Das zweifelsfrei bedeutendste Monument dieser Kategorie ist das für Werner von Hahn 1594 errichtete Grabdenkmal in der Kirche zu Basedow, das allein aufgrund seiner Maße alle übrigen, aus namhaften Künstlerwerkstätten stammende Objekte und erst recht diejenigen Epitaphe, die vergleichsweise klein ausfielen und nur aus einer schlichten Holzplatte und einfacheren Figurenschnitzereien bestanden, in den Schatten stellt.152 Rechnet man die zwischen 1587 und 1601 produzierten und in den Kirchen in Basedow und im nahe gelegenen, ebenfalls den Hahn gehörenden Bristow platzierten Grabplatten, Marmorreliefs, Epitaphe, Kanzeln, Altäre und sonstige Künstlerarbeiten mit ein, so entstanden innerhalb weniger Jahre zwei überaus bedeutende Orte adliger Darstellungs- und Erinnerungskultur, die auf zwei der damals bedeutendsten, in Diensten Herzog ­Ulrichs stehenden Standesvertreter, Werner von Hahn und seinen Sohn Hans von Hahn, zurückgehen.153 Es kann demnach angenommen werden, dass Quantität und Qualität der Medien, die der familialen Repräsentation und Memoria dienten, vom sozialen und finanziellen Status des Individuums abhingen. Je bedeutender die Position des Einzelnen und je größer seine gesellschaftliche Nähe zum Fürstenhaus, insbesondere zum mecklenburgischen, desto umfangreicher und qualitativ hochwertiger fielen entsprechende „Aktivitäten“ aus. Ähnliches kann auch für den späteren Untersuchungszeitraum konstatiert werden.154 151 Etwa die Empfehlungsbriefe bezüglich Jochim von Maltzans (1556) und Rechnungen für Kuno Wulffrath von Bassewitz und Hans von Negendanck (1588, 1592). Vgl. Grotefend: Francesco Borno; Sarre: Beiträge, S. 52 (Nr. X) und Gehrig: Philipp Brandin, S. 86–87, 89. 152 Vgl. Abb. 6. 153 Vgl. Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 123–127; Baier u. a.: Bau- und Kunstdenkmale, S. 125; Wantzen: Claus Midow sowie Abb. 6. Auch der Basedower Pastor (Christian Alard) berichtet im Jahre 1704 (Schubert: Anno 1704, A1, S. 150), dass es sich um einen Ort handele, „woselbst eine sehr schöne Kirche undt herliche Orgel, alß vielleicht nirgends dergleichen auf einem Dorfe zu finden.“ 154 Vgl. Abb. 8; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 283, Band 1–3, S. 37, 142, zu einfacheren Modellen ebd., Band 1–2, S. 181, Band 1–3, S. 24 sowie Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 336, Band 3, S. 476. Nachweislich standen auch die Auftraggeber der Hofmaler und -künstler Cornelius Krommeney (um 1600), Balthasar Denner, Achaz Gottlieb Rähmel, Georg Friedrich Herzog oder Georg David Matthieu (18. Jh.) in direkten Kontakt zum mecklenburgischen Fürstenhaus. Zu ihren Arbeiten für mecklenburgische Adlige vgl. Abb. 49, 52; Hegner: Kunst, S. 33–34 (Krommeney-Vieregge); Steinmann und Witte: Georg David Matthieu, S. 35, Tafel III (Matthieu-Finecke); Erichsen und Kramer: 39 Mitglieder (Denner-div.); Mansfeld: Malerei, S. 100 (Herzog-Lehsten); ebd., S. 83–86, 139–140 (Rähmel-Vieregge und Lehsten). Bei der Masse der Ölporträts des 18. Jh. scheint es sich zumeist um anonyme Werke gehandelt zu haben, was auf weniger bekannte Maler schließen lässt. Porträtmalerei war offenbar weit verbreit. Womöglich wird nur ein geringer Teil allein in finanzieller Hinsicht die Herstellung von qualitativ hochwertigeren Kunstwerken für notwendig erachtet haben, zumal auch die einfacheren Ausführungen durchaus ihren Zweck erfüllten.



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Da die zum östlichen Landesteil gehörigen Güter Bristow und Basedow wie auch einige Rittersitze o. g. Adelsfamilien einen guten Tagesritt von der Residenz Güstrow (16. und 17. Jh.) entfernt und damit alles andere als in dessen unmittelbarer Nähe lagen, kann eine Abhängigkeit von räumlichen Distanzen offenbar ausgeschlossen werden. Dies gilt erst recht für Ortschaften in abgelegenen Regionen wie das Stargardische Roga, einem Rittersitz der Familie Hahn, deren Patronatskirche um 1600 ebenfalls opulent ausgestattet war.155 Es kann vermutet werden, dass neben sozialen und finanziellen Verhältnissen auch langfristige Bindungen zwischen Adelsgeschlechtern und Rittergütern eine Rolle spielten, konnten doch gerade die Hahn, Bassewitz, Voss oder Dewitz bereits an der Wende des 17. Jahrhunderts auf eine über mehrere Generationen hinweg reichende Besitzgeschichte in Basedow, Roga, Basse, Cölpin oder Groß Gievitz, die wie in Basedow mitunter bereits im 13. Jahrhundert ihren Anfang nahm, zurückblicken.156 Aspekte wie Stammgut oder Zugehörigkeit zu altmecklenburgischen Adelsfamilien müssen demnach ebenfalls während einer Interpretation des jeweiligen Monuments berücksichtigt werden.157 Je länger eine solche Bindung bestand, desto sorgsamer war der Umgang mit den Familiendenkmälern, was sich insbesondere an den Renovierungen und Restaurationen im sakralen Bereich seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert erkennen lässt. Genauso können Beispiele dafür genannt werden, dass in Kirchen, deren Patronatsherren häufig wechselten, weniger und bisweilen gar nicht auf eine Installation repräsentativer und memorialer Medien Wert gelegt wurde, wenngleich auch individuelle Einstellungen und Sichtweisen immer eine Rolle gespielt haben werden.158 Nicht zuletzt waren gerade die großräumigen Monumente des sakralen Bereichs zumeist mit erheblichen Kosten verbunden, die bei weitem nicht jede Besitzerfamilie zu investieren bereit war oder sich überhaupt dazu in der Lage sah.159 Trotz der hier genannten qualitativen Unterschiede zeigten zahlreiche Beispiele aus eben nicht nur sozial hochrangigen ­Familien, dass der Hang zu Repräsentation und Memoria, der sich als kostbares Epitaph in der Patronatskirche wie auch als Wappenmalerei auf einer Truhe im Gutshaus zu erkennen gab, in den Reihen des mecklenburgischen Adels der Frühneuzeit weit verbreitet war.160 155 Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 33–41. 156 Zur Rolle der Stammgüter vgl. Münch: Adlige Witwen, S. 360. 157 Vgl. auch Kap. 2.2.3. 158 So zogen es bsw. die Gamm und Bredow im 18. Jh. zu Prillwitz vor, die Gestühle der Peckatel und Blankenburg aus dem 16. und 17. Jh. für die Gottesdienste zu nutzen, die zwar unzählige Wappen von Adelsfamilien aufwiesen, unter denen sich aber weder das Gammsche noch das Bredowsche befand. Es gab also keinerlei sichtbare Verbindungen zwischen ihnen und den Vorgängerbesitzern. S. o. 159 In mehrerer Hinsicht sind finanzielle Unterschiede nachweisbar. So können bsw. auf der Basis von Rossdienst- und Steuerregistern Rückschlüsse auf den Besitz gezogen werden. Demnach ist festzustellen, dass es immer einige wenige Adlige gab, die – zumindest was deren Besitz anbelangt – wohlhabender waren als andere – etwa die Bassewitz, Bernstorff, Bülow, Flotow, Hahn, Lühe, Lützow, Maltzan, Moltke, Oertzen, Peckatel, Plessen, Preen usw. Vgl. u. a. Münch: Die sogenannten Magnaten; Münch: 1506 – erste Bestandsaufnahme; Tessin: Die mecklenburgische Ritterschaft; Tessin: Wert und Größe; Göse: Adlige Führungsgruppen sowie ausführlich Kap. 3.2. 160 Zu außermecklenburgischen Bsp. vgl. Raschzok: Epitaphien; Druffner: Genealogisches Denken, S. 146.

58 Familie Die mittlerweile zahlreich vorliegenden Publikationen, die sich ausschließlich der Problematik adliger Repräsentation und Memoria widmen, bieten vielfältige Er­ klärungsansätze.161 Zu den entscheidenden Fragen, die in diesem Zusammenhang geklärt werden müssen, zählt die nach den Betrachtern adliger Darstellungs- und Erinnerungsmedien. Fünf Personengruppen sind dabei in besonderem Maße zu berücksichtigen: 1. die Besitzer- bzw. Patronatsherrenfamilie, die die Monumente in Kirche und Wohnhaus zweifelsfrei am häufigsten zu Gesicht bekommen haben wird, 2. die zum Dorf, zum Lehen, zum Patronat und dergl. gehörende einfache Bevölkerung wie Bauern und Kossaten, die an Gottesdiensten teilnahm und verschiedene gelegentliche und dauerhafte Dienste in Kirche und Wohnhaus verrichtete, 3. die Vertreter anderer niederadliger Geschlechter, die zahlreichen Veranstaltungen unterschiedlichen Anlasses im sakralen wie profanen Bereich beiwohnten und 4. die Angehörigen des zumeist mecklenburgischen Hochadels, die – so scheint es – insbesondere diejenigen Personen zu Ereignissen wie Taufen, Begräbnisse und Hochzeiten persönlich aufsuchten, die herausragende Positionen in Landesherrschaft und Ritterschaft innehatten.162 Bürgerliche Standespersonen (5.) begegnen in den Quellen ­allenfalls als Anwesende bei einigen Begräbnissen. Aufgrund vielfältiger Beziehungen zur Niederaristokratie163 ist jedoch anzunehmen, dass auch diese Gruppe weitaus häufiger auf mecklenburgischen Rittergütern weilte, als es die Schriftstücke mitunter preisgeben. Dementsprechend weitläufig können die Interpretationsansätze ausfallen. Zunächst wäre da die Problematik, dass durch Platzierung von Wappen – seien sie gemalt, geschnitzt, gegossen usw. – eine symbolische Besitzergreifung erfolgte.164 Sie verdeutlichten dem Betrachter, dass das damit assoziierte und symbolisierte Adelsgeschlecht Besitz- und Herrschaftsansprüche besaß. Da die Konkurrenz um Rittergüter spätestens sei der Agrarkonjunktur und dem damit einsetzenden Ausbau adliger Eigenwirtschaften um 1500 stetig zunahm und im letzten Drittel des 16. und den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts einen ersten Höhepunkt erreicht hatte,165 werden diese Besitzansprüche – sofern man diesem Interpretationsansatz folgen möchte – vorwiegend an niederadlige, aber auch bürgerliche Konkurrenten gerichtet gewesen sein.166 In der Tat galten gerade die Zeiten ärgster Bedrohung der Herrschafts- und Souveränitätsansprüche als Höhepunkte der Epitaphkultur, also 161 Etwa Oexle und Paravicini: Nobilitas; Minneker und Poeck: Herkunft und Zukunft; Heck: Genealogie als Monument; Czech: Legitimation und Repräsentation; Lesemann und Stieglitz: Stand und Repräsentation; Pečar: Genealogie. 162 Kap. 4.1.1, 4.2.1. 163 Kap. 3.1.3, 3.3.3. 164 Brandt: Werkzeug des Historikers, S. 122, 128. 165 U. a. nachvollziehbar an der Zunahme gerichtlicher Auseinandersetzungen (vgl. als Überblick Stein-Stegemann: Inventar). 166 In besonderer Weise schildert dies der Kampf um den „rechten Platz“ in der Basser Kirche zwischen den Bassewitz und den Moltke (s. o.). Als Reaktion auf den drohenden Funktionsverlust und die scharfen Angriffe vornehmlich durch den gelehrten Teil des Bürgertums begann der niedere Adel, sich immer stärker abzugrenzen. Traditionelle Symbole wie Wappen und Ahnentafeln gewannen daher immens an Bedeutung.



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insbesondere die Jahrzehnte um die Wende zum 17. bzw. zum 18. Jahrhundert.167 Möglicherweise ließe sich damit auch der zeitgleich verlaufende verstärkte publizis­ tische Aufwand erklären, der im Hochadel offenbar das Ziel der Absicherung ver­ folgte.168 Darüber hinaus konnten durch Wappen und exponierte Sitzplätze in der Patronatskirche Herrschaftsansprüche der Besitzerfamilien gegenüber Untertanen legitimiert werden. Repräsentation und Memoria verhalfen damit nicht nur alte, sondern auch neu gewonnene Positionen zu sichern. Ebenso ist die Frage des Prestigegewinns in eine Analyse einzubeziehen. So führt bsw. allein der Umstand, dass sich kleine Personengruppen an exponierter Stelle platzierten dazu, dass sie von Betrachtern als bedeutsam wahrgenommen wurden. In beeindruckender Weise zeigt gerade die Auseinandersetzung zwischen den Familien Bassewitz und Moltke in der Kirche zu Basse, wie existentiell allein der Prestigekampf um den rechten Platz in der Patronatskirche empfunden werden konnte.169 Als Adressaten kommen m. E. in erster Linie Gutsuntertanen und niederadlige Geschlechter in Frage. Darüber hinaus bargen die wappengeschmückten Logen erste Hinweise auf die adlige Abstammung der Patronatsfamilie. Neben dieser sozialen Separation symbolisierten Ahnenproben und Ahnentafeln – etwa an Epitaphen, Patronatslogen, Grabsteinen, Laden oder Truhen – neben der bloßen Zugehörigkeit zum Adelstand die Reinheit der adligen Abstammung.170 Auch hier kann Prestigegewinn, der durch Verwandtschaft mit anderen herausragenden Adelsgeschlechtern und damit nicht zuletzt durch die Darstellung von Alter und Würden zum Ausdruck gebracht wurde, als ein Erklärungsansatz angenommen werden. Möglicherweise sollte gerade die visualisierte Vernetzung im drohenden Konfliktfall, der auch bei eng verwandten Familien auf der Tagesordnung stand,171 an die Verbundenheit erinnern und eine Auseinandersetzung eindämmen oder gar vermeiden. Auch die öffentliche Präsentation von Titeln, Berufsangaben und Wappen war weit mehr als nur schmückendes Beiwerk, sondern Gradmesser der sozialen Einordnung, des sozialen Kapitals sowohl des Einzelnen als auch seines Geschlechts.172 Daneben kam gerade den Genealogien an den Objekten im sakralen Bereich eine besondere Bedeutung zu, da sie im Rahmen der Vergabe einträglicher Ämter wie das des Klosterhauptmanns und der dazu notwendigen Ritterordensmitgliedschaft von Prüfkommissionen begutachtet wurden, die die reine adlige Abstammung des Probanden feststellen sollten.173 Darüber hinaus bleibt zu erwähnen, dass all die Formen familiärer Repräsentation und Memoria im Adel insgesamt weit verbreitet waren. Es handelte sich um gängige Kulturpraktiken eines Standes, dessen 167 Vgl. dazu Kap. 3.2. 168 Czech: Legitimation und Repräsentation; zu den Publikationen mecklenburgischer Adliger Kap. 2.2. 169 Vgl. des Weiteren Peters: Der Platz; Signori: Umstrittene Stühle und Wex: Ordnung und Unfriede. 170 Hufschmidt: „Vom uralten Adel“, S. 25. 171 Zu diesen Auseinandersetzungen Kap. 2.3. 172 Vgl. Hengerer: Einleitung; Kohn: Zwischen standesgemäßem Repräsentationsbedürfnis. 173 Kap. 2.2.

60 Familie Vertreter auf die Wahrung bestimmter Standards bei ihrer Selbstdarstellung nicht verzichten konnten.174 Von den Kulturtechniken ging daher eine vereinheitlichende und identifizierende Wirkung aus, was u. a. Halbwachs und Assmann als „kollektives Gedächtnis“ bezeichneten.175 Der zur Schau gestellten Kultur wurde eine zentrale Bedeutung für die Beurteilung des Geschlechts beigemessen, da deren Initiatoren damit ausdrückten, dass sie nicht nur über die Kenntnisse standesspezifischer Kulturpraktiken, sondern auch über entsprechende Finanzen, d. h. ökonomisches Kapital, verfügten, womit nicht zuletzt die eigene ­Magnifizenz visualisiert wurde. Neben den dargelegten Erklärungsansätzen muss nun auch die Frage danach gestellt werden, inwieweit die Objekte des sakralen und profanen Bereichs, die zahlreiche Informationen zur Adelsfamilie enthielten, als Ausdruck von Familienbewusstsein angesehen werden können. Das Familienwappen, das zu den Hauptbestandteilen der Objekte zählte, spielte dabei eine herausragende Rolle, da mit ihm die Zugehörigkeit zum jeweiligen Geschlecht signalisiert wurde.176 Die Initiatoren positionierten sich. Es erfolgte eine Identifikation mit demjenigen Adelsgeschlecht, das durch das Wappen symbolisiert wurde. Bei denjenigen Familienmitgliedern wiederum, die nicht als Auftraggeber, sondern zumeist als Betrachter in Frage kamen, führte dies ebenfalls zu einer solchen Wahrnehmung, da sie schließlich das gleiche Wappen führten. Gerade die öffentliche Zurschaustellung von Familiensymbolen scheint sich demnach positiv auf den Familienzusammenhalt ausgewirkt zu haben. So wird sich ein Angehöriger der Familie Hahn aus der Linie Roga sicherlich nicht befremdet, sondern heimisch gefühlt haben, wenn er die zahlreichen rot leuchtenden Hähne an den Epitaphen oder die Gräber der Ahnen bei einem Besuch der Verwandten zu ­Basedow in der dortigen Kirche betrachtete. Repräsentations- und Memorialmedien förderten das dynastische Gedächtnis. Der sorgsame Umgang mit den im sakralen wie profanen Bereich befindlichen Objekten kann als Strategie zur Verstetigung des Vergänglichen, zur Vergegenwärtigung des Vergangenen angenommen werden, der die Erhaltung familiären Selbstverständnisses möglich machte und förderte.177 Die lebenden Familienmitglieder empfanden zu ihren direkten Vorfahren offenbar eine tiefe emotionale Bindung, wobei eine Störung dieser Beziehung schwerwiegende Konsequenzen zur Folge haben konnte. Die zahlreichen Objekte, die bewusst von Familienmitgliedern in Auftrag gegeben und dann in Kirchen und Wohnhäusern installiert wurden, können daher zunächst uneingeschränkt als Indiz dafür angesehen werden, dass Fragen, die im weitesten Sinne um das Thema „Familie“ kreisten, zu den festen Bestandteilen adligen Selbstverständnisses im frühneuzeitlichen Mecklenburg zählten.

174 Jacobsen: Prestigekonkurrenz, S. 203. 175 Halbwachs: Gedächtnis; Assmann: Das kulturelle Gedächtnis, S. 29–160. 176 Hufschmidt: „Vom uralten Adel“, S. 25. 177 Czech: Legitimation und Repräsentation; Hufschmidt: „Vom uralten Adel“, S. 28; Frie: Adel um 1800, S. 18.

2.2 Familienhistorisches und -genealogisches Bewusstsein 2.2.1 Forschen – Publizieren – Kommunizieren „Der ist nicht flugs ein Edelmann, Der geboren ist aus großem Stamm Oder der Geld und Reichthum hat, Und thut doch keine redliche That. Die Tugend und die Höflichkeit Adelt den Menschen allezeit.“1

Dieses Familienmotto, das den Geschlechtergeschichten der Bülow bis in das 20. Jahrhundert vorangestellt wurde, sollte erstmals durch die „Genealogische und Critische Beschreibung“ Jacob Friedrich Joachim von Bülows aus dem Jahre 1780, deren Kernaussagen in dieser Untersuchung auf dem Prüfstand stehen, einem breiten Publikum kundgetan werden. Es stammte ursprünglich aus einem Stammbuch von 1650, das Bülow im Rahmen seiner Recherchen zur Verfügung stand. Neben dieser und einer Vielzahl weiterer ungedruckter Quellen unterschiedlicher Provenienz, die sein Geschlecht im engeren Sinne betrafen, griff Bülow auf die ganze Bandbreite der bis dahin erschienenen landeskundlichen Literatur zurück, angefangen bei der „Vandalia“ des Albert Krantz (erstmals 1518), über das „Papistische Mecklenburg“ Dieterich Schröders (um 1741), die „Rerum Mecleburgicarum libri octo“ des Matthias Hans von Behr (1741), die Quellensammlungen von Ernst Joachim von Westphalen (1739) und Joachim Christoph Ungnad (um 1750) bis hin zu den Überblicksdarstellungen zur mecklenburgischen Geschichte von Hans Heinrich Klüver (1737), David Franck (um 1750) und Samuel Buchholtz (1753).2 Ebenso stand ihm eine ältere, in schwedischer Sprache von Anna von Bülow, Äbtissin zu Wadstena, verfasste Familiengenealogie zur Verfügung. Daneben fanden weitere gedruckte und ungedruckte Geschlechtergeschichten und Genealogien einzelner Adelsgeschlechter wie die auf den Landsyndikus Pistorius zurückgehende Warburger Geschlechterhistorie Erwähnung, in denen Bülow nach Informationen zu seinen Vorfahren suchte. 3 Eine nächste Kategorie stellten Auflistungen und kurze genealogische Überblickdarstellungen mecklenburgischer Adelsfamilien dar. Dazu zählten u. a. die von Bernhard Latomus anfangs des 17. Jahrhunderts erarbeiteten „ordentliche[n] StamRegiester“ oder die von mecklenburgischen Adligen wie Joachim von Pritzbuer (1722), Claus Josias von Behr (um 1730) und Johann Heinrich von Hoinckhusen (ca. 1730–1745) verfassten Indices, zu denen noch einige Erläuterungen folgen werden. 4 Dingliche 1 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, Titelseite; Abb. 28. 2 Vgl. Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 14–15 sowie Krantz: Wandalia; Schröder: Papistisches; Behr: Rerum Meclenburgicarum; Westphalen: Monumenta, 4 Bde.; Ungnad: Amoenitates; Klüver: Beschreibung; Franck: Alt- und Neues; Buchholz: Versuch. 3 Pistorius: Das Geschlecht. 4 Latomus: Uhrsprung und Anfang (einziges gedrucktes Exemplar, gelistet sind die Adelsfamilien des Stargarder Adels); LHAS, 12-4/2, Lehnwesen, Generalia, Nr. 13 (ungedruckte Latomus-Ar-

62 Familie Quellen wie Epitaphe, Grabsteine5 oder Fensterscheiben fand Bülow im Schweriner und Güstrower Dom, im Doberaner Münster oder in der Klosterkirche zu Wanzka. Im Folgenden soll geprüft werden, inwieweit der Fall der Bülowschen Familiengeschichte, d. h. der Umgang Jacob Friedrich Joachim von Bülows mit seiner individuellen Geschlechterhistorie, exemplarisch für den Adel des Untersuchungszeitraumes stand, und familiengeschichtliche und familiengenealogische Forschungen als Ausdruck eines ausgeprägten Familienbewusstseins angesehen werden können. Bereits die vorgestellten Repräsentations- und Memorialmedien an zentralen Schnittpunkten mecklenburgischer Rittergüter belegen, dass genealogisches Wissen bereits im 16. Jahrhundert in den Reihen des mecklenburgischen Adels weit verbreitet gewesen war. In besonderer Weise wird dies an den zu Ahnenproben angereihten Wappenmalereien und -schnitzereien an Epitaphen, Patronatsgestühlen und Altären deutlich. Die dort dargebrachten acht bzw. sechzehn Wappen standen symbolisch für die Vorfahren der dritten und vierten Generation. Die Initiatoren der Objekte besaßen demnach Kenntnisse über ihre Ahnen – in diesem Fall über ihre Ur- bzw. Ururgroßeltern –, die zwei Jahrhunderte umfassten und damit in das 15. und 14. Jahrhundert zurückreichten.6 Sofern sie nicht über dieses Wissen verfügten, muss im Vorfeld einer Beauftragung ein entsprechender Informationsaustausch stattgefunden haben. Allerdings sind Korrespondenzen über genealogisches Wissen gerade für den früheren Untersuchungszeitraum nur gelegentlich nachweisbar. Eine solche führte bsw. Anna von Kamptz, Äbtissin des Klosters Ivenack, mit ihrem Vetter Ewald von Kamptz, die in Briefen über die „Kundschop vnser Voreldern“ kommunizierten. Im Jahre 1562 schrieb sie: „Vnse eine oldermoder iß eine Scherff gewesen, sein tho der tidt feine lude gewesen, wie vth olden Breuen, so wy gehadt, wol tho sehende iß, daruon syn vns de Draken verwandt, Ick geloue ock de Krusen [...].“7 Zu erwähnen ist des Weiteren ein von Julius von Bülow 1635 verfasster und an seine Kinder gerichteter Aufsatz. Dort heißt es u. a.: „damit ihr wissen möget, von welchem Hause, Stamm und Linie, aldieweil unser Geschlecht der von Bülow fast groß, und sich weit ausgebreitet, unsere Vorfahren entsprossen, so thue ich euch hiemit kund und zu wissen, daß mein selger Vater Hans aus dem Lande Mecklenburg gewesen [...].“8 Neben Verwandten scheinen gerade Notare, sonstige Rechtsberater und Gelehrte, die in vielerlei Hinsicht eine innige Beziehung zur mecklenburgischen Aristokratie unterhielten, zu den wichtigsten Ansprechpartnern in genealogischen Fragen gehört zu haben. Hervorzuheben sind die familiengeschichtlichen Ausarbeitungen des Notars

5 6 7 8

beiten); Pritzbuer: Index concisus; LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, 11.3-1/2, Genealogische Sammlung Hoinckhusen. Siehe Kap. 2.1. Vgl. etwa Abb. 4, 6. Aus dem Schreiben der Anna von Kamptz an Ewald von Kamptz (Ivenack, Sonntag nach Martini 1562), gedruckt bei Kamptz: Die Familie, Urkunden, S. 75–76. Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, Urkunden, S. 42. Der Aufsatz wurde zu Celle verfasst. Nach seinen Angaben musste Julius’ Vater, Hans, Mecklenburg wegen eines „Unfalls“ mit seinem Bruder Waldemar verlassen.



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Wilhelm Ulenoge in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, zu denen u. a. eine bis in das 13. Jahrhundert zurückreichende Genealogie der Familie Moltke gehörte.9 Gerade die juristischen Beistände spielten eine Schlüsselrolle bei denjenigen Genealogien, die als Beweismittel in gerichtliche Auseinandersetzungen einflossen.10 Hervorhebenswert erscheint des Weiteren der intensive Informationsaustausch zwischen zahlreichen Adligen und dem Gelehrten Bernhard Latomus, der zu Beginn des 17. Jahrhunderts das Ziel verfolgte, die Stammlinien aller in Mecklenburg ansässigen Aristokratengeschlechter zu erarbeiten.11 Auftraggeber dieses außerordentlich aufwendigen Projekts war allerdings nicht der Adel – soweit man dies gegenwärtig beurteilen kann –, sondern die Landesherrschaft, von der ein Empfehlungsschreiben an die Ritterschaft ergangen sein soll, sie möge Latomus, der in Wismar geboren wurde und u. a. als Rektor der Neubrandenburger Lateinschule sowie als Administrator und Verwalter der Komturei Nemerow tätig war, Wappen und Stammtafeln übersenden. Weitere Hintergrundinformationen und der Zweck dieser genealogischen Ausarbeitung sind nicht in allen Details bekannt. Angeregt durch die historischen Studien des Neubrandenburger Bürgermeister Teße, fasste Latomus 1604 den Entschluss, eine urkundliche Geschichte Mecklenburgs zu schreiben. Er wandte sich deshalb an die beiden noch unmündigen Herzöge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II., sie mögen ihn mit Archivalien unterstützen, woraus 1611 das „Genealochronicon Mecklenburgicum“ resultierte.12 Offenbar kam es in diesem Zusammenhang am 31. März 1610 zur Bekanntgabe der Herzöge, dass Latomus an einem „Universalchronicon“ arbeite, worin er auch die Herkunft und die Wappen des mecklenburgischen Adels darstellen wolle.13 Der Adel wurde aufgefordert, Nachrichten dazu beizutragen. Daraus erwuchsen – in Anlehnung an die drei mecklenburgischen Kreise14 – drei Bücher über die Stammlinien des mecklenburgischen Adels, wobei nur der ­Stargarder Band zum Druck gelangte.15 Dieser umfasste die dort ansässigen Geschlechter im engeren Sinne, d. h. einzelne Linien, und war dem Nemerower Komtur Ludwig von der Gröben sowie den adligen Familien Blankenburg, Dewitz, Peckatel, Warburg, Staffeld, Lübberstorff, Gentzkow, Manteuffel, Dören und Walsleben g­ ewidmet. Jener Band enthält im Übrigen auch Hinweise auf den entsprechenden genealogischen Informationsaustausch; Latomus schreibt, die Familien hätten ihn mit „großer trew/fleiß unnd Arbeit aus ihren und andern schrifftli-Chen monumentis auch aus mündLichem bericht“ unterstützt.16  9 Diese Genealogie erwähnt u. a. Münch: Die Moltkes, S. 7. 10 S. u. sowie als Überblick Stein-Stegemann: Inventar. 11 Zu seiner Person vgl. Krause: Latomus. 12 Abdruck in den von Ernst Joachim von Westphalen 1745 herausgegebenen „Monumenta inedita [...]“ (Westphalen: Monumenta, 1745). Des Weiteren verfasste Latomus ein „Chronicon Episcorum Suerinensium“, das ebenfalls bei Westphalen gedruckt wurde. 13 Laut Krause (Krause: Latomus) nach dem Vorbild des Eilhard Lubinus auf seiner Pommernkarte. 14 Vgl. Kap. 4.2. 15 Latomus: Uhrsprung und Anfang. Vgl. des Weiteren die von Westphalen 1745 herausgegebenen „Origines Plessiacae Megapolitanae“ (in Westphalen: Monumenta, 1745). 16 Vgl. Latomus: Uhrsprung und Anfang; Krause: Latomus; des Weiteren Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 15.

64 Familie Zu diesen schriftlichen Monumenten werden sicherlich auch Leichenpredigten gehört haben, die seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in gedruckter Form vorliegen.17 Für gewöhnlich enthielten sie neben der eigentlichen Predigt ausformulierte genealogische und persönliche Angaben, die den Verstorbenen und dessen „Übereltern“ betrafen. Im Gegensatz zu den Ahnenproben – etwa an Repräsentations- und Memorialmedien –, die durch acht bzw. sechzehn Wappen die Vorfahren der Ur- bzw. Ururgroßelterngeneration auflisten und damit zugleich Informationen über die Ahnen in den dazwischen liegenden Generationen preisgeben, wird in den Ausformulierungen der Leichenpredigten jeder direkte Vorfahre bis zur vierten oder fünften Generation erwähnt, wobei man zwischen väterlicher und mütterlicher Seite unterschied. Diese Differenzierung gehörte für die Aristokraten zu den Grundregeln genealogischen Arbeitens überhaupt. Sowohl bei Ahnenproben als auch bei den gleich näher zu erläuternden Stamm- oder Ahnentafeln erscheinen die Vorfahren väterlicherseits jeweils auf der rechten Seite, vom Betrachter aus links, „auf der Schwert seiten“, die der Mutter links, vom Betrachter aus rechts, „an der Spin­ seiten“.18 Eine solche sichtbare Aufteilung ist in den frühen gedruckten Leichenpredigten jedoch weniger präsent, da sie nur gelegentlich schematische genealogische Darstellungen enthalten. Zu den wenigen Ausnahmen zählt die 1616 für Jochim von Bülow gedruckte Leichenpredigt, die – ausgehend von seinen Kindern – eine Stammbzw. Ahnentafel integrierte.19 Es werden namentlich die Eltern, Jochim von Bülow und Anna von Cramon, genannt, darüber folgen die Groß- und Urgroßeltern und schließlich die sechzehn Ururgroßeltern. Bei den dagegen häufig enthaltenen ausformulierten Aufschlüsselungen der Verwandtschaftsverhältnisse handelt es sich im Grunde genommen um textliche Versionen der Ahnentafeln. Neben diesen speziellen flossen gelegentlich auch allgemeine Hinweise zur Geschichte der jeweiligen ­Familie in die Texte der frühen gedruckten Leichenpredigten ein. In der entsprechenden Publikation für den verstorbenen Dietrich von Bevernest wird 1608 u. a. auf die Brandenburgischen Chroniken verwiesen und behauptet, das Geschlecht wäre schon im Jahre 925 berühmt gewesen.20 Leichenpredigten gehören m. E. zu den zentralen Medien, die einen genealogischen Informationsaustausch ermöglichten. Der gedruckten Leichenpredigt lag für gewöhnlich ein Manuskript zugrunde, das beim Begräbnis bzw. Begängnis – hierbei handelte es sich um ein prunkvolles Scheinbegräbnis21 – vorgetragen wurde. Mit der mündlichen Grabrede bot sich der Trauergemeinde, zu der – je nach gesellschaftlicher Position der oder des Verblichenen – mehr als einhundert Adlige gehören konnten,22 demnach eine dem Leichenpredigtendruck vorausgegangene Gelegenheit, Biographie und Abstammung der bzw. des Verstorbenen Revue passieren zu lassen. Häufig wur17 18 19 20 21 22

Etwa Werkentin: Eintfoldige (Catharina von Bülow); Reich: Christliche (Elisabeth von Peckatel). Stindtman: Leichpredigt, S. 27–28 (Claus von Peckatel). Abb. 31. Bacmeister: Christliche Leichpredigt. Babendererde: Totengedenken, Begräbnis und Begängnis sowie Kap. 3.1.1. Etwa wegen Claus von Peckatel 1615 zu Klein Vielen (vgl. Stindtman: Leichpredigt).



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den diese Manuskripte aufbewahrt, handschriftlich vervielfacht und gedruckt, was entsprechende Kosten verursachte.23 Dies galt insbesondere für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts, die als Hochphase des Leichenpredigtendruckes angesehen werden kann.24 So zahlten bsw. Negendancksche Erben 1670 „Für die Leich Predige zu drucken“ ca. 35 Rthlr., was etwa sieben Kälbern entsprach.25 Ist man hinsichtlich solcher Informationen in erster Linie auf archivarisch überlieferte Rechnungen angewiesen, sind die Leichenpredigten selbst mitunter recht aufschlussreich, was deren Zweck und Auftraggeber anbelangt. Hier finden sich nicht selten Formulierungen wie „Zu Rühm=und Löblicher Gedächtnüß“ oder „auff inständiges und vielsätiges Begehren zum Abdruck außgerfertiget“, was darauf schließen lässt, dass die Familie das Ziel verfolgte, das Andenken an den Verstorbenen zu bewahren.26 Daneben enthalten die Leichenpredigten diverse Hinweise auf Vorfahren, Abstammung und Geschlecht. „Dieser Stamm derer von Bülowen“, so heißt es 1653 in der Leichenpredigt für Hans Heinrich von Bülow und Margarethe von Oertzen, „ist nun einem jeglichem an diesem Orthe sehr wol bekand/da er bereidts vor 800. Jahren florieret hat.“27 In einer Negendanckschen Leichenpredigt wird 1692 behauptet, dass einer ihrer Ahnen bereits im Jahre 918 lebte: „Wie man denn in uhralten Scribenten die Nachricht findet / daß das Geschlecht der Negendancken schon im Jahr Christi 918. zur Zeit des Glorwürdigsten Kaysers Henrici Aucupis floriret /an dessen Kayserl. Hofe zwey dieses Nahmens als Jobst Negendanck Ritter und Camer=Herr /und Webke Negendanck Reichs=Truchs gewesen.“28 Einige scheinen offenbar vom Bekanntheitsgrad und vom Wissen über ihre Familie innerhalb des Adels in dem Maße überzeugt gewesen zu sein, dass sie es nicht für notwendig erachteten, auf umfangreiche historische Fakten oder Quellennachweise einzugehen. So heißt es etwa in der Leichenpredigt auf Elisabeth von Negendanck, die am 5. April 1655 zu Prosecken beerdigt wurde, nach der üblichen Aufzählung der Ahnen: „Diß ist daß ­vornehme Adeliche Geschlecht /darauff die Hochadeliche Fraw [...] entsprossen /welches weitleuftig genug hette können ausgefüret werden /nachdemmal wie zu vor erwehnet auch jedermänniglichen bekand / daß diese Adeliche Geschlechter über 300 Jahr im Flor gewesen /weil aber solches nicht beliebet worden /auch dazu als unnötig /hat man hie abbrechen und ruhen wollen.“29 Andere wiederum ließen Kupferstiche in die Leichenpredigten integrieren, die die adlige Herkunft und die gesellschaftliche Stellung des Verstorbenen sowie die 23 Zur Aufbewahrung und handschriftlichen Vervielfältigung vgl. Kamptz: Geschichte, S. 55, 72; LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck. Schon die mündliche, für gewöhnlich durch den Pastor gehaltene Leichenpredigt verursachte Kosten – um 1700 ca. zwei Rthlr. (Schubert: Anno 1704, A1, S. 45; D3, S. 292, 287; B1, S. 90, 83). 24 Vgl. generell Lenz: Leichenpredigten sowie die Leichenpredigten in den Beständen von LBS und UBRSS. 25 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304, Bl. 482. 26 Wulff: Zu Rühm=und Löblicher; Krüger: Insignia Christianorum; vgl. auch Bilderbeck: Eine Christliche Leichpredigt; Siggelkow: Der Gerechten. 27 Mithob: Justorum Requies. 28 Conrad: Eines Gottseligen Ritters, S. 39–40. 29 Wassermann: Christ=Adeliches Trost, S. 68–69.

66 Familie Bedeutung des Geschlechts insgesamt unterstrichen.30 Überhaupt wurden gerade die Publikationen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit weit mehr künstlerischen Elementen wie Frontispizen, Konterfeien, Sargdarstellungen, Allianzwappen, Memorialzahlen und Chronogrammen ausgestattet als die früheren Beispiele.31 Auch die Leichenpredigten des 18. Jahrhunderts weisen sie gelegentlich auf, wenngleich die Tradition, Grabreden zu veröffentlichten, in dieser Zeit abebbte. Was die Ahnentafeln anbelangt, bleibt zu ergänzen, dass gelegentlich auf das Baummotiv zurückgegriffen wurde.32 Hierbei findet sich der Name des Probanden zumeist am unteren Teil des Baumes, d. h. im Bereich des Baumstammes, und demnach an seiner stärksten Stelle, der biologisch gesehen der älteste ist. Die Ahnen der fünften oder sechsten Generation befinden sich hingegen in den jüngeren Ästen und Zweigen im oberen Bereich der Darstellung. Die Anordnung erscheint daher nicht ganz schlüssig. Es ist jedoch anzunehmen, dass sich die Initiatoren über diese Widersprüche durchaus im Klaren gewesen sind, doch erwies sich das Motiv offenbar als geeignet, um zum einen alle sechzehn oder zweiunddreißig Ahnen „unterzubringen“ und zum anderen Alter und Kontinuität auszudrücken. Wie erwähnt, kann die mündliche Form der Leichenpredigt – das gilt für den gesamten Untersuchungszeitraum – als Bestandteil des Begräbnisses angesehen werden. Sie war jedoch bei Weitem nicht das einzige Medium im Rahmen von Trauerfeiern, das genealogische Informationen enthielt. Erinnert sei nochmals an die zahlreichen Wappen, Ahnenproben und Ahnentafeln, mit denen die Anwesenden im Kircheninneren konfrontiert wurden.33 Sofern es sich um kontinuierlichen Güterbesitz im weitesten Sinne handelte,34 bezogen sich auch die älteren sakralen Objekte auf die Vorfahren des Verstorbenen. Genealogisches Wissen wurde darüber hinaus auch außerhalb der Kirche vermittelt. Als nach dem Tode Claus von Peckatels sein Leichnam zunächst im Wohnhaus zu Klein Vielen aufgebahrt wurde, ließ man an beiden Seiten sechzehn Lichter aufstellen, die die Ahnen der Urururgroßeltern symbolisierten.35 Während der Prozession wurde der Sarg, der für gewöhnlich ebenfalls 30 Vgl. Abb. 30, 33, 34; des Weiteren Heidemann: Leich=Sermon (Vieregge, geb. Pentz). 31 Abb. 30, 33, 34, 37, 38, 40–42, 57–59; des Weiteren Heidemann: Leich=Sermon (Vieregge, geb. Pentz), Wulff: Zu Rühm=und Löblicher (Pentz); Anonymus: Leich=Begängniß (Lühe); Hagen: Eine zu GOTT stille Seele (Bassewitz, geb. Stockhausen); Sehusius: Epithalamina (Preen-Hadelmann); Meiland: SoldatenPreiß (Bassewitz); zu Chronogrammen an Gutshäusern, Kirchenglocken etc. Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 2, S. 392; Band 3, S. 362; Band 4, S. 341; Band 5, S. 382. 32 Abb. 33–36; des Weiteren Anonymus: Johanniter-Ahnentafeln, S. 1 (Oertzen); Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 460–461 (Dewitz); Alsleben: Einschreibbuch (Plessen). 33 Siehe Kap. 2.1. Zu den selteneren Objekten gehört eine auf Holz gemalte Ahnenprobe, die für den Landrat Henning von Lützow 1635 hergestellt und offenbar in der Kirche zu Pritzier aufgestellt oder aufgehängt worden war. Hier war ein Engel mit ausgebreiteten Flügeln abgebildet, der in beiden Händen ein Rankenwerk hielt, das die Wappen seiner zweiunddreißig Ahnen der Urururgroßelterngeneration zeigte (Lützow: Lützowsche Ahnentafel). 34 Münch: Ritterschaft zwischen Mittelalter. 35 Stindtman: Leichpredigt.



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genealogische Informationen enthielt,36 von sechzehn Personen getragen und von weiteren zweiunddreißig begleitet, die jeweils eine Stammfahne trugen. Die übrigen Teilnehmer des Leichenzuges, die sich in unmittelbarer Nähe des Sarges aufhielten, führten Stammlichter, Stammfahnen und Stammwappen mit sich. Pferde, die mit wappenbemalten Decken und den Wappenfarben ausstaffiert waren, gehörten ebenfalls zum Tross. Diese Attribute standen symbolisch für die Vorfahren, das Geschlecht und die adlige Herkunft des Verstorbenen.37 In der Kirche angekommen blickten die Anwesenden auf blecherne und hölzerne Wappen, auf Kerzen und Tücher, die mit Wappen verziert und eigens für die Prozession hergestellt und in der Kirche installiert worden waren.38 Darüber hinaus gehörte es offenbar zu den Traditionen des Adels, dass im Falle des Aussterbens eines Geschlechts, d. h. bei Ableben des letzten männlichen Nachkommens, Wappen und Siegel mit ins Grab gelegt wurden.39 Das frühneuzeitliche Adelsbegräbnis war somit eine einzige genealogische und familiengeschichtliche Inszenierung. Wurden gerade seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Genealogien und Geschlechtergeschichten im weitesten Sinne zumeist als Beilagen der Leichenpredigt gedruckt, lassen sich für das 18. Jahrhundert einige Separatdrucke und aufwendigere handschriftliche Exemplare nachweisen. Zu diesen gehört bsw. die gedruckte Stammlinie der Familie Negendanck aus dem Jahre 1726, deren genealogische Informationen bis in das 13. Jahrhundert zurückreichten.40 Ebenfalls erwähnenswert erscheint das vergleichsweise großformatige Exemplar (97 x 64 cm) des Stammregisters des Matthias Hans von Behr, das eine Verbindung zwischen dem Probanden und dem im 13. Jahrhundert lebenden Spitzenahn Johannes von Behr, Ritter und Marschalk im Fürstentum Rügen, herzustellen sucht. Neben der Ahnenreihe findet sich hier eine bis zu den vierundsechzig Ahnen der sechsten Generation hinaufreichende Stammtafel, die die bereits erläuterte Baumstruktur aufweist.41 Darüber hinaus existiert eine ganze 36 „[...] des Obristen vier Ahnen Titul vnd Ehrenstand nebens seiner geburth vnd abschieds zeit.“ Vgl. ebd.; zu Bsp. des späteren 17. und des 18. Jh. Abb. 37–39; Heidemann: Leich=Sermon (Vieregge, geb. Pentz); Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1-1, S. 155 (Jasmund). In der Leichenpredigt für Catharina Elisabeth von Negendanck (geb. Bülow) heißt es 1724 (Anonymus: Christ=Adeliches Ehren=Gedächtniß): „Zum Haupte der Leichen waren die Buchstaben: C.E.V.B. welche den Nahmen der Wohlseeligen Frauen ausmachen /nebst dem BÜLOWEN Waapen /zu sehen [...].“ 37 „[...] wie aus dem /der Leiche affigirten waffen genuchsam zuersehende [...].“ Vgl. Stindtman: Leichpredigt; des Weiteren Arnd: Christliche Leich=Predigt [...] Deß; Arnd: Christliche LeichPredigt über den Seligen Hintritt; Anonymus: Christ=Adeliches Ehren=Gedächtniß (Vieregge, Negendanck-Bülow). 38 Etwa bei den von Plessen 1613, Peckatel 1615, Negendanck 1651, 1670, Lühe 1672. Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213, Anlage C (Bericht des Christoff von Hagen, Güstrow, 27. November 1613); Stindtman: Leichpredigt; LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304, Bl. 479–483; Lisch: Begräbnißkosten, S. 29–30. In einer Rechnung wegen des Begräbnisses des Vicke von der Lühe 1672 heißt es: „Vor 8 ellen tafftband, womit die Wapendt aufgebunden“ (Lisch: Begräbnißkosten, S. 29–30). 39 Steinbruch: Wappen (Restorff zu Tornow, um 1506). 40 Abb. 32. 41 Vgl. Abb. 35.

68 Familie Reihe farblich gestalteter Ahnentafeln zu einzelnen Probanden und Probandinnen des mecklenburgischen Adels – vornehmlich die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts und das 18. Jahrhundert betreffend –, die jedoch im Gegensatz zur Negendanckschen und Behrschen von Zeugen unterschrieben und besiegelt wurden.42 Umfangreichere Publikationen, die mehrere Genealogien oder ganze Geschichten einzelner Geschlechter zum Thema hatten, blieben die Ausnahme. Zu erwähnen sind insbesondere die der Familien Warburg und Holstein, die von Gelehrten ausgearbeitet als Auftragswerke entstanden.43 Gelegentlich traten Adlige auch selbst als familiengeschichtliche Forscher in Erscheinung. Nachweislich im späten 17. und im 18. Jahrhundert gestalteten und verfassten sie Wappenzeichnungen, Chroniken und genealogische Übersichten. Bei letzteren handelte es sich zumeist um Stammregister, in denen die einzelnen mit Nummern versehenen in der Regel männlichen Ahnen und Verwandten separat und in genealogischen Schemata aufgeführt wurden.44 Seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts entstand darüber hinaus eine Reihe von genealogischen Übersichtswerken zu den mecklenburgischen Adelsgeschlechtern insgesamt, die auf einzelne Adelsvertreter zurückgingen. Zu nennen wären zunächst die Arbeiten von Joachim von Pritzbuer und den Brüdern Matthias Hans und Claus Josias von Behr.45 Pritzbuer, als Etatsrat und Oberlanddrost in dänischen Diensten tätig, arbeitete etwa seit 1714 an einem „Index concisus familiarum nobilium ducatus Megapolitani“, der 1722 zu Kopenhagen in dänischer Sprache veröffentlicht wurde.46 Der Ritterschaftsdeputierte Matthias Hans von Behr integrierte zahlreiche Adelsgenealogien in einem Band seiner in lateinischer Sprache verfassten mecklenburgischen Geschichte.47 Weitaus bedeutsamer erscheint jedoch die umfangreiche Adelschronik seines Bruders, Claus Josias von Behr, die um das Jahr 1739 abgeschlossen wurde. Die zehn Schuber umfassenden Manuskripte, denen eine „Vorrede an den geneigten Leser“ vorangestellt worden war, wurden schließlich für 6000 Rthlr. an den Engeren Ausschuss verkauft; die von Behr angestrebte Publikation wurde nicht realisiert.48 Des Weiteren ist das genealogische Werk des Johann Heinrich von Hoinckhusen zu 42 Vgl. Anonymus: Johanniter-Ahnentafeln, S. 1 (Oertzen); Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 460–461 (Dewitz); Alsleben: Einschreibbuch (Plessen); des Weiteren Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 9; Hufschmidt: „Vom uralten Adel“, S. 30 (Bassewitz, Dewitz, Hahn, Oertzen, Plessen). 43 Pistorius: Das Geschlecht; Moller: Historische Nachricht. 44 Vgl. Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 9–10; Bernstorff: Beitrag zu seiner Geschichte, S. 8–9; Kamptz: Geschichte, S. VII, 44; Jesse: Verzeichnung, S. 369; LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 1; LHAS, 11.3-1/6, Genealogische Sammlung Ditten. 45 Vgl. generell Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten. 46 Pritzbuer: Index concisus. 47 Matthias Hans von Behr (1685–1729). Vgl. Behr: Rerum Meclenburgicarum, Sp. 1559–1691 (Kap. XIII); Behr-Negendank: Urkunden und Forschungen, S. 353–357. 48 Claus Josias von Behr (1689–1752), zuerst Gutsherr auf Hohenzieritz, später wohnhaft in Rostock. Vgl. LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr (Abschrift auch Bestandteil der UBRSS, Familienpapiere); des Weiteren Behr-Negendank: Urkunden und Forschungen, S. 353– 365.



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erwähnen, dessen Vater, der Vizepräsident des Hof- und Landgerichts zu Güstrow, Bertram Christian Hoinckhusen, 1716 geadelt wurde.49 Circa fünfzehn Jahre – etwa seit 1729 bis zu seinem Tod – verfasste er zwanzig Genealogien florierender mecklenburgischer Adelsfamilien, fünfundachtzig befanden sich in der Ausarbeitung, weitere einhundertzehn in Vorbereitung. Darüber hinaus trug er Nachrichten über dreihundertachtunddreißig ausgestorbene Familien zusammen und erarbeitete ein Wappenbuch.50 Sein Bruder erbte den Nachlass, auf welchem Wege die Sammlung in die Hände der anverwandten Adelsfamilie Pentz gelangte. Conrad Lüder von Pentz schließlich setzte das Werk von 1766 bis zu seinem Tode 1782 fort und erforschte – wohl aus Dankbarkeit und Anerkennung – auch die Hoinckhusensche Genealogie.51 1779/80 bemerkte er anlässlich eines geplanten Teildruckes der Sammlung: „Mehr als 30 Jahre hat der Wohlsel. von Hoinckhusen auf diese Arbeit Mühe und Kosten verwandt, und seit 14 Jahren ist es mein Geschäft, die hinterlassenen Aufsätze diese verdienten Mannes“ zu ergänzen und bis auf die gegenwärtige Zeit zu vervollständigen.52 Pentz’ Ziel war es, sämtliche Genealogien zum Druck zu befördern, doch werden die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen der Grund dafür gewesen sein, dass das Unternehmen scheiterte.53 Eine letzte hier zu erwähnende Sammlung ist die des Christoph Otto von Gamm, der seine Studien in den 1760er Jahren – demnach etwa zur gleichen Zeit wie Pentz – begann und schließlich ein zwei Bände umfassendes Manuskript erarbeitete.54 Umfang und Qualität der im 18. Jahrhundert entstandenen genealogischen Sammlungen variierten. Wenngleich zwischen ihnen und dem Latomusschen Werk einige Jahrzehnte der Unterbrechung lagen, was Lisch mit dem Dreißigjährigen Krieg und dessen Folgen erklärt, knüpfen sie doch an die Ideen des Latomus an, zumal die Verfasser der genealogischen Sammlungen ohnehin alle auf seine Ausarbeitungen zurückgriffen.55 49 Vgl. Anonymus: Das Leben, S. 40; Cleemann: Chronik und Urkunden, S. 435. 50 Johann Heinrich von Hoinckhusen (ca. 1700-ca. 1746). Vgl. LHAS, 11.3-1/2, Genealogische Sammlung Hoinckhusen; des Weiteren Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 28–35. 51 Conrad Lüder von Pentz (1728–1782), wohnhaft in Penzlin. Vgl. LHAS, 11.3-1/3, Genealogische Sammlung Pentz; des Weiteren Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 35–44. 52 Zitiert nach Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 43. 53 In seinem Nachlass fand Lisch eine Veranschlagung der Druckkosten. Pentz gedachte, 758 Familiengenealogien (davon ca. 680 ausgestorbene Geschlechter) publizieren zu lassen. Für jede berechnete er Kosten in Höhe von fünf Rthlr. und beabsichtigte, sie zu einem Preis von zwölf Rthlr. zu veräußern. Als Druckdauer veranschlagte er drei Jahre. 54 Christoph Otto von Gamm auf Carow (1721–1797), dänischer Kammerherr, Mecklenburg-Strelitzer Geheimer Rat. Vgl. Gamm: Verzeichniß; das Vorwort von Lisch (ebd., S. 423–426) sowie Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 44–46. Lisch verwechselte dieses Werk 1846 mit der Sammlung Hoinckhusen-Pentz und bezeichnete Pentz daher fälschlicherweise als den größten Genealogen Mecklenburgs. Das Original mit dem Titel „Kurtze Beschreibung derjenigen adelichen Geschlechter, so vom XII. bis zum XVII.ten Jahrhundert, in den Herzoglichen Mecklenburgischen Landen gelebet haben [...]“ befindet sich im LHAS (Dienstbibliothek, Sign.: 32167, 1–2, 2 Bde., Ms, o. O. 1780). Ein Nachfahre verkaufte die Manuskripte 1866 für 50 Louisdor an Großherzog Friedrich Franz II. 55 Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 26.

70 Familie Die Kommunikationsformen in Sachen Genealogie unterschieden sich im 18. Jahrhundert kaum von denen früherer Jahrhunderte. So schreibt der nunmehr hinlänglich bekannte Jacob Friedrich Joachim von Bülow: „Der Junker kommt von Jugend auf mehr unter vornehme und gesittete Leute; er sieht mehr Exempel von erhabenen und rühmlichen Handlungen; man erzählet ihm die Thaten seiner edlen Vorfahren, und macht ihm dadurch die Tugend und die daraus fließende Ehre mehr reizend und kennbar [...].“56 Ähnliches berichtet auch Joachim Christoph von Kamptz, der um 1715 die Geschichte seiner Ahnen erforschte: „Vermöge einer Tradition, so der wohlselige Herr Christian Kamptz zu Koppelow [...] noch gewusst und erzehlet, soll Levin de Champs ihrer aller Stammvater“ aus Frankreich stammen.57 Die Verfasser der genealogischen Sammlungen scheinen sich daneben auch schriftlich ausgetauscht zu haben. Pentz schreibt etwa wegen der Fortführung der Hoinckhusen-Sammlung: „Ich habe, um der Absicht meines Vorgängers gleichzukommen, zu dem Ende einen weitschweifenden und zum Theil kostbaren Briefwechsel unterhalten, was bisher aus neuentdeckten Quellen einzuschalten, habe ich ergänzet [...].“58 Zu diesen Kommunikationspartnern zählten offenbar keine geringeren als Magnus Friedrich von Barner, Erbherr auf Bülow, mecklenburgischer Landrat und königlich-dänischer Konferenzrat, der Pentz mit den Barnerschen und anderen Familiennachrichten „gewogenst an die Hand gegangen“ oder Carl Ludolph von Alvensleben, Erbherr auf Zichtau in der Altmark und Domherr des hohen Stifts zu Merseburg, der dem Genealogen die Nachrichten auswärtiger Familien beschaffte.59 Matthias Hans von Behr wurde unterstützt vom dänischen Geheimen Rat Christian Siegfried von Plessen und dem Braunschweig-Lüneburgischen Geheimrat Bernstorff, mit denen er auch in politischen Angelegenheiten einen Briefwechsel unterhielt.60 Darüber hinaus scheinen die Genealogen auch miteinander kommuniziert zu haben. So dankte Pentz seinem Kollegen Christoph Otto von Gamm, dem es gelang, „in einer sehr kurzen Zeit, meine ausgestorbene Geschlechter mit einer Anzahl von etwa 600“ auf ca. eintausend zu vermehren. In gleicher Weise fand ein Informationsaustausch in umgekehrter Richtung statt.61 Wegen der verwandtschaftlichen Verbindungen zwischen Hoinckhusen und Behr werden wohl auch ihre schriftlichen Korres-

56 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 3. 57 Zitiert nach Kamptz: Geschichte, S. 5, Anm. 3. Dazu auch Karl Albert von Kamptz (Kamptz: Geschichte, S. VI): „Die Kenntniß der Familien=Ereignisse in jenen drei Jahrhunderten [13., 14. und 15. Jh., d. Verf.] und in dem sechszehnten beruhte fast in allen Ländern und Familien größtentheils auf der Wissenschaft und Erinnerung einiger Familienglieder und andrer Personen, welche aber selten weiter, als auf einige Generationen zurückging und durch Tradition auf die folgenden übertragen ward.“ 58 Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 40. 59 Ebd. 60 Schröder: Des Herrn, S. II; Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 39; Opitz: Die Bernstorffs, S. 14; Naumann: Die Plessen, S. 128–129. 61 Vgl. Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 40–42.



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pondenzen und Gespräche nicht selten Genealogie zum Thema gehabt haben.62 Claus Josias von Behr wiederum verweist in der Vorrede seines Werkes mehrfach auf den 1722 von Joachim von Pritzbuer publizierten Index, dessen Autor er persönlich gekannt haben dürfte.63 Überhaupt scheinen gerade die umfangreicheren genealogischen Aktivitäten einzelner Adliger in der mecklenburgischen Gelehrtenwelt hinlänglich bekannt gewesen zu sein,64 wovon auch diejenigen Standesvertreter profitierten, die eher im privaten Rahmen genealogische Forschung betrieben. So ist bsw. bekannt, dass auch Jacob Friedrich Joachim von Bülow für seine „Historische, Genealogische und Critische Beschreibung“ den zu Penzlin wirkenden Conrad Lüder von Pentz kontaktierte.65 Hoinckhusen wiederum wandte sich um 1740 an die Familie Rieben auf Galenbeck, die ebenfalls im kleineren Rahmen über ihren Familiengenealogien brütete. Im Zuge einer Kircheninspektion unternahm er sogar den Versuch, die Rieben persönlich zu Galenbeck aufzusuchen.66 Demnach kann von einem inneradligen genealogischen Netzwerk gesprochen werden.67 Inwieweit sich Adlige über Genealogien und Familiengeschichten öffentlich – also in einem größeren Rahmen – austauschten, ist nur selten nachweisbar. Zweifelsfrei wird der Landtag als Kommunikationsplattform des Niederadels schlechthin68 eine Schlüsselrolle eingenommen haben, worauf die Korrespondenzen zwischen Rieben und Hoinckhusen schließen lassen.69 Daneben berichtet der Mecklenburgreisende Nugent, dass sich 1766 die Hofgesellschaft zu Neustrelitz mit genealogischen Themen – etwa der Gammschen Familiengeschichte – befasste.70 Des Weiteren ist bekannt, dass die zu Ehren der neuen Assessoren am Land- und Hofgericht zu Par62 Hoinckhusen war nicht nur mit Pentz (Gattin des Bruders), sondern ebenso mit der Adelsfamilie Behr verwandt (Gatte der Schwester). 63 LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede. 64 So wurden etwa die Arbeiten von Hoinckhusen in Güstrow und Behr in Rostock 1739 in einer Ankündigung zur Neuauflage des Klüverschen Geschichtswerkes erwähnt (Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 27, 33–34). 65 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 15, 17. 66 Vgl. LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 1 (Briefwechsel Rieben-Hoinckhusen, 1739 und 1740). 67 Lisch urteilt daher etwas voreilig, wenn er behauptet (Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 34): „Hoinckhusen arbeitete selbstständig, und wie es scheint zurückgezogen, ohne mit den beiden Behr und den beiden Schultz in Verbindung zu stehen, welche wieder unter sich auch nicht in Verbindung standen.“ Bei den „beiden Schultz“ handelte es sich im Übrigen ebenfalls um (unadlige) Verfasser genealogischer Überblickswerke. Zur Inventarisierung des Rehnaer Rittersaals durch den Archivrat Schultz vgl. Kap. 2.1.1. 68 Kap. 4.2. 69 LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 1 (Briefwechsel Rieben-Hoinckhusen, 1739 und 1740). 70 Über den Adelsgenealogen Christoph Otto von Gamm, den Nugent 1766 bei der fürstlichen Tafel zu Neustrelitz begegnete, wusste er zu berichten: „Er stammt von dem berühmten Gamm her, den Herzog Heinrich der Löwe wegen seiner unerschütterlichen Treue gegen seinen unglücklichen Herrn Pribislav aufhängen ließ.“ Ihm war ebenfalls bekannt, dass die Vorfahren des mit ihm befreundeten Stephan Werner von Dewitz im 14. Jh. den Titel „Grafen von Fürstenberg“ führten (Nugent: Travels, S. 161, 172).

72 Familie chim (bis 1708) bzw. Güstrow gehaltenen Festreden genealogische und familiengeschichtliche Fragestellungen aufgriffen. Die Ansprachen für Curd Valentin von Plessen 1709 mit dem Titel „Von dem Wapen der Plessischen Familie“, für Landrat Christian Wilhelm von Lehsten 1709 und Adam Joachim von Bülow 1711 verfasste im Übrigen der Vizepräsident des Land- und Hofgerichts, der 1716 geadelte Bertram Christian Hoinckhusen, der Vater des o. g. Genealogen.71 Abschließend lässt sich demnach konstatieren, dass genealogisches Wissen in den Reihen des frühneuzeitlichen mecklenburgischen Adels weit verbreitet war. Die Kommunikation erfolgte vornehmlich in symbolischer, mündlicher und schriftlicher Form; die Initiative, Adelsgenealogien und damit Adelsgeschichte als ganzes zu erforschen, ging in der Regel vom Adel selbst aus.

2.2.2 Quellen und Archive In Hinsicht auf eine spätere Analyse der Funktionen genealogischer und familiengeschichtlicher Wissenstradierung soll zunächst die Frage nach den Quellen beantwortet werden. Hier spielten gedruckte Werke eine herausragende Rolle. Bereits eine Leichenpredigt aus dem Jahre 1608 belegt, dass sich die Angehörigen der Familien Bevernest auf „Brandenburgische Chroniken“ – das Geschlecht kam erst um das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts nach Mecklenburg72 – beriefen, um zu behaupten, dass sie „schon wie man geschrieben nach Christi Geburt 925 und fast für 700 Jahren berühmte gewesen“.73 Auch in einer Leichenpredigt aus der Familie Negendanck von 1692 ist von „uhralten Scribenten“ die Rede.74 Im Jahre 1764 äußerte sich Heinrich August von Rieben auf Galenbeck wegen an den Engeren Ausschuss zu Rostock übermittelter genealogischer Informationen, dass sich „die Wahrheit dieser Nachricht [...] auf angezogene und in der Meklenburgsche Historie allen Glauben erhaltene Schrifftsteller [...] und [...] zum Theil gedruckten Urkunden [...]“ beziehe.75 Es handelte sich demnach um die Chroniken mittelalterlicher Gelehrter und die frühen Werke der Landesgeschichtsschreibung, etwa von Nikolaus Marschalk oder Albert Krantz.76 Auch die Verfasser der genealogischen Überblickswerke griffen auf sie zurück. Behr erwähnt, seine Ausführungen stammten u. a. von „glaubwürdigen Authoribus“; er verwies auf die Ribnitzer Klosterchronik des Lambrecht Slaggert oder die Werke des Andreas Mylius und Johann Caselius.77 Unverzichtbar für die Forscher des 18. Jahrhunderts waren die genealogischen Ausarbeitungen früherer 71 Vgl. Anonymus: Das Leben, S. 40; Cleemann: Chronik und Urkunden, S. 435. 72 Wedemeier: Album, S. 35–37. 73 Bacmeister: Christliche Leichpredigt. 74 Conrad: Eines Gottseligen Ritters, S. 39–40. 75 Heinrich August von Rieben an den Engeren Ausschuss (Galenbeck, 22. September 1764), in: UBRSS, Familienpapiere Rieben. 76 Zum Bekanntheitsgrad dieser Werke in der adligen Gelehrtenwelt siehe Kap. 3.1. 77 LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr.



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oder auswärtiger Gelehrter – insbesondere die des Bernhard Latomus. Pentz bezog sich auf die „Schlesischen Kuriositäten von Sinapio“, eine genealogische Sammlung schlesischer Adelsgeschlechter, und Bülow auf die vom mecklenburgischen Archivrat Schultz verfasste Plessensche Geschlechtergeschichte, die in den von Westphalen herausgegebenen „Monumenta inedita rerum Germanicarum et Megapolensium“ zur Mitte des 18. Jahrhunderts veröffentlicht wurde.78 Neben diesen gedruckten Werken griffen die Genealogen auf dingliche Quellen zurück. Sowohl Claus Josias von Behr als auch Jacob Friedrich Joachim von Bülow erwähnen insbesondere Epitaphe, wozu sie zwangsläufig einige inner- wie außerhalb Mecklenburgs gelegene Kirchen aufgesucht haben müssen.79 Letzterer berief sich darüber hinaus auf Grabsteine und Fensterscheiben, auf die er u. a. im Schweriner Dom, im Güstrower Dom, im Doberaner Münster, in der Klosterkirche zu Wanzka und in der Marnitzer Kirche gestoßen war. Gleichfalls wusste er von den Funden in Bülowschen Gräbern im Dom zu Schwerin, die offenbar wenige Jahre zuvor geöffnet worden waren.80 Andere wiederum scheinen ganze Ortschaften bzw. deren Bezeichnungen mit Namen und Ursprung ihrer Familie in Verbindung gebracht zu haben.81 Die Deckenbemalungen des Rehnaer Rittersaals82 eigneten sich offenbar hervorragend, um die um 1600 bestehenden Besitzverhältnisse der Familien zu rekonstruieren.83 Auf diese zurückgehend, befasste sich Joachim Christoph von Kamptz zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit der Geschichte des Kamptzschen Familienwappens. „Vermöge des Notary Lange d. d. Rhena den 28. Augusti 1715 ausgestelten Documenti“ ließ er die „auf den dortigen sogenandten Ritter=Sahl sich befindlichen Kamptzischen Wappen“ abmalen.84 Sein Interesse galt in besonderer Weise den Farben, die die drei Straußenfedern des Wappens trugen. Diese waren ursprünglich weiß; nach einem Überfall der Kamptz auf die benachbarte Familie Plasten, der sich im 16. Jahrhundert ereignete und für ein Plastensches Familienmitglied tödlich en78 Johannes Sinapius: Schlesischen Curiositäten [...], Leipzig 1720 und 1728. Vgl. LHAS, 11.3-1/3, Genealogische Sammlung Pentz, Kasten 4, Serie 7; Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 26. 79 LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr. Jacob Friedrich Joachim von Bülow meint dazu (Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 27): „Von den Denkmälern der Familie noch etwas anzuführen, so trifft man solche vornämlich in den Kirchen an.“ 80 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 27–29. 81 So wusste auch der Mecklenburgreisende Thomas Nugent (Nugent: Travels, S. 273) von Landgütern, „die von gewissen Familien den Namen führen“. Vgl. auch Kap. 1.1 (Bülow-Bülow). 82 Kap. 2.1.1. 83 Noch im Zuge einer Veröffentlichung zur Geschichte der Familie Bassewitz im Jahre 1859, also zu einer Zeit, als der Saal nicht mehr existierte, nutze der Verfasser, Adolph von Bassewitz, entsprechende Aufzeichnungen seiner Vorfahren. Um 1600 saßen demnach Familienmitglieder zu Lewitzow, Kalenberg, Maslow im Amt Mecklenburg (laut der Bemalungen am 3. Deckenbalken), zu Wichmannsdorf im Amt Bukow (5. Balken), zu Hohen-Luckow im Amt Schwaan (8. Balken) und zu Dalwitz und Lühburg im Amt Gnoien (9. Balken). Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 19. 84 Auch hier wurden die Besitzstände erwähnt: „[...] wobei die Nahmen Ewald Kamptze zu Varchow und Richard Kamptze zu großen Plasten zu lesen [...]“. Vgl. Kamptz: Geschichte, S. 11–12, Anm. 11.

74 Familie dete, sollen sie jedoch von weiß in schwarz und rot umgewandelt worden sein. Anderthalb Jahrhunderte später fand nun Joachim Christoph von Kamptz die Familienlegende bestätigt und notierte in seine Aufzeichnungen: „Es soll aber die Veränderung der weißen Farbe an den Straußfedern nach dem 1550 geschehenen großen Malheur mit Bewilligung der sämbtlichen Kamptzen zum Andenken ihres blutigen Unglücks geschehen sein.“85 Selbst Hausinschriften erbrachten so manchen Beleg für Alter, Tugenden oder sonstige rühmliche Eigenschaften der Familien. Zur Mitte des 18. Jahrhunderts notierte der Klosterhauptmann Wilhelm von Pressentin: „Da das Lutherthum in unserer Gegend, nach der päbstlichen Finsterniss, aufgegangen, sind die Pressentinen nicht die letzten gewesen, solches anzunehmen, welches muthmasslich daher zu schliessen, weil schon Ao. 1539 Lutheri Symbolum an dem alten Wohnhause [...] zu lesen, nämlich: Dat Wort des Heren blifft in ewigkeit.“86 Daneben beriefen sich die Familiengeschichtsforscher auf eine Vielzahl ungedruckter Quellen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass gerade zwischen den Genealogen des 18. Jahrhunderts ein reger Informationsaustausch stattgefunden hatte. Dieser erfolgte keineswegs nur schriftlich und mündlich, sondern auch in der Form, dass genealogische Aufzeichnungen untereinander ausgetauscht wurden. Jacob Friedrich Joachim von Bülow bsw. recherchierte in der Hoinckhusen-Pentz-Sammlung.87 Ihm war auch bekannt, dass andere Familienforscher ebenfalls auf sie zurückgriffen: „Es hat schon mancher in Ansehung seiner Ahnen in dringenden Fällen bey ihm Hülfe gesucht und willfährig gefunden [...].“88 Mehrfach berief er sich auf die Genealogien des Claus Josias von Behr, der sieben Tabellen zur Bülowschen Familie erarbeitet hatte.89 Als Bülow seine Familiengeschichte veröffentlichte, befand sich diese Sammlung bereits im Besitz des Engeren Ausschusses, was für die Forscher durchaus vorteilhaft war. Bülow schreibt: „Uebrigens ist dieses Beehrsche Werk im Manuscript in dem Landes-Archiv zu Rostock befindlich, und kann einjeder von seiner Familie die beliebige Abschrift erhalten.“90 Bereits ausgearbeitete Genealogien waren demnach die Grundlage neuerer genealogischer Forschungsarbeiten. Im Rahmen des inneradligen genealogischen Netzwerkes kam es gleichsam zum Austausch von Urkunden und anderen schriftlichen Hinterlassenschaften. Jacob Friedrich Joachim von Bülow berichtet in seiner „Genealogischen und Critischen Beschreibung“, dass die Familie Bülow Urkunden an die Genealogen Behr und Hoinckhusen weitergeleitet hatten, die sich vermutlich in Privatbesitz der Familie befanden.91 Ähnlich verhielt es sich bei den Rieben, auf deren Gut Galenbeck Hoinckhusen um 1740 einige Archivalien einsehen wollte. Als Alternative schlug er 85 Ebd. 86 Der damalige (1539) Erbherr und Kirchenpatron zu Prestin war Dinnies von Pressentin. Vgl. Pressentin: Weitere Urkunden, S. 68. 87 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 15. 88 Ebd., S. 15, 17. 89 Ebd., S. 15. 90 Ebd. 91 Ebd., Urkunden, S. 72, 75.



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ihnen vor, sie könnten ihm die Unterlagen ins brandenburgische Posthaus, „alwo die Bresische wissen abgelanget werde“, übersenden, wohin sich Hoinckhusen bei Gelegenheit eines Aufenthalts bei seinem Schwager begeben würde. 92 Die Genealogen saßen demnach keinesfalls nur in ihren Schreibstuben, sondern waren im ganzen Land unterwegs, um schriftliche und dingliche Quellen zu begutachten und Informationen auszutauschen.93 Den schriftlichen Quellen und ihren Aufbewahrungsorten soll im Folgenden etwas mehr Aufmerksamkeit zuteil werden. Eine herausragende Stellung nahmen hierbei die Adelsarchive ein, also diejenigen Quellensammlungen, die sich zuallererst direkt auf den Rittergütern befanden.94 Diese lassen sich in unterschiedlicher Ausprägung für den gesamten Untersuchungszeitraum nachweisen. Einen ersten Anhaltspunkt geben Nachlässe einzelner Adliger und Schriftstücke, die während der zahlreich geführten Gerichtsprozesse als Beweismittel vorgelegt wurden. Sie verdeutlichen, dass bereits auf den mecklenburgischen Rittergütern des 16. Jahrhunderts Dokumente aufbewahrt wurden.95 Für Jürgen von Finecke ist bsw. überliefert, dass er seine Briefschaften bis zu seinem um 1530 erfolgten Tod in „breffladen“, „schrine“, „rhoden laden“ und „witten sacke“ wohl auf den Gütern Buschmühlen oder Greese verwahrte, bis sie seine Witwe schließlich nach Wismar transportieren ließ.96 Weitaus umfangreicher war das Archiv der Hahn zu Basedow. Schon an der Schwelle zur Neuzeit wurden die Archivalien in einem separaten Gewölberaum des dortigen Wohnhauses aufbewahrt.97 Die Bülow zu Gammelin verwahrten ihre Urkunden gegen Ende des 16. Jahrhunderts in der dortigen Kirche, was möglicherweise mit der Abwesenheit eines damaligen Mitbesitzers zusammenhing. Die Briefschaften wurden in einem „kasten [...] vorwarlich nidergesetzt“.98 Auch im 17. Jahrhundert wurden wichtige Dokumente auf den Gütern archiviert. In der genealogischen Sammlung des Bernhard Latomus heißt es, die Stargarder Adelsgeschlechter hätten ihn mit „ihren [...] schrifftli-Chen monumentis“ unterstützt. Die bedeutendsten dieser Fami92 Vgl. LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 1 (Briefwechsel Rieben-Hoinckhusen, 1739 und 1740). 93 Dazu Lisch (Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 34): Hoinckhusen arbeitete „wie es scheint zurückgezogen.“ 94 Vgl. auch Kap. 1.4. 95 Einen Überblick bietet der Bestand Reichskammergerichtsakten. Exemplarisch: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 843, Bl. 96–112 (wegen Badow, betroffene Familien: Preen, Rabe, Gühlen, Mitte 16. Jh.); ebd., Nr. 835, Band 1, Bl. 50–52 (wegen Arpshagen, betroffene Familien: Plessen, Rotermundt, Mitte 17. Jh.). Im entsprechenden Findbuch werden bereits einzelne Schriftstücke und Inventarlisten angeführt (Stein-Stegemann: Inventar). 96 Crull: Frau Fineke, S. 14–19. 97 Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 130; Lisch: Geschichte und Urkunden, Band 1, S. 5. 98 Vgl. die Supplikation der Gebrüder Hartwig und Joachim von Bülow auf Plüschow und Scharfstorf an Herzog Carl wegen Erneuerung des Lehnbriefes (Scharfstorf, 19. April 1609), gedruckt bei Lisch: Urkundliche Geschichte, S. 461–464 (Nr. 418), hier S. 463. Zur Zeit der Aufbewahrung in der Kirche hatte sich „Vicke von Örtzen zu dem hern Scheneken sich ins Niderlandt begeben [...].“

76 Familie lien erwähnte er daher auch in seiner Danksagung; demnach existierte im Stargarder Landesteil um 1600 ein dichtes Netz an Adelsarchiven.99 Dies wird nicht nur für andere Regionen Mecklenburgs, in denen der Adel ähnlich präsent gewesen ist, sondern auch für den späteren Untersuchungszeitraum zugetroffen haben.100 Neben den Rittergütern gehörten Städte zu den favorisierten Aufbewahrungsorten von Schriftstücken. Beispiele dafür liegen etwa aus den Familien Warburg in Neubrandenburg, Kamptz in Rostock oder den Hahn in Röbel und in Rostock für das 17. Jahrhundert vor.101 Gleiches kann auch für das 16. Jahrhundert angenommen werden, in dem insbesondere die Siegel der Adligen in Städten deponiert wurden.102 Innerhalb der Städte befanden sich die Dokumente häufig in der Obhut von Ratsmännern, Stadtvögten, Notaren und dergl. und wurden – so ist es für Hahnsche Briefschaften zu Röbel überliefert – im Bedrohungsfall eingemauert.103 Da gelegentlich von Archivaliendiebstahl und von Feuersbrünsten auf mecklenburgischen Rittergütern die Rede ist, kann der Faktor Sicherheit als ein wesentlicher Grund für die Deponierung in Städten genannt werden.104 Allerdings blieben auch die Briefschaften des Adels von den zahlreichen Stadtbränden und kriegerischen Zerstörungen keineswegs verschont.105 Beide Archivstandorte – Rittergut und Stadt – haben vor allem  99 Latomus: Uhrsprung und Anfang. In der von Latomus übersetzten und herausgegebenen, von Hans Christoph von Jasmund 1609 gehaltenen Huldigungsrede bemerkt Latomus wegen der drei Jasmund-Brüder, dass sie „auß lieb der Studien /mir viel guts und beforderung gethan haben und noch thun [...].“ Vgl. Jasmund: Ad Illustrissimos (deutsche Übersetzung), S. 6–7; des Weiteren Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 15. 100 Zu weiteren Adelsarchiven (Bülow zu Potrems, Hahn zu Solzow, um 1630) vgl. Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, Urkunden, S. 42; Lisch: Geschichte und Urkunden, Band 2, S. 346–349; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 142–143. Zu einigen Bsp. des 18. Jh. (Oertzen zu Roggow, Kotelow, Leppin; Bassewitz zu Prebberede; Flotow zu Kogel) vgl. Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 448–451; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 276; Stein-Stegemann: Inventar, S. 342–343 (Nr. 568). Für die Flotow auf Kogel ist für das Jahr 1783 überliefert, dass einem Bediensteten die Verwaltung des Kogeler Archivs anvertraut worden war (Wilhelm Joachim Gottfried Zimmer, Kandidat der Theologie und Archivar). Vgl. Stein-Stegemann: Inventar, S. 342–343 (Nr. 568). Vgl. des Weiteren Jesse: Verzeichnung, S. 355–356 sowie die Beständeübersichten des LHAS: Rakow u. a.: Die Bestände, S. 260–270; Andre u. a.: Bestände des Landeshauptarchivs Schwerin (Familien- und Personennachlässe). Die Aufbewahrung der Dokumente erfolgte im 18. Jh. zumeist in den Wohnhäusern des Adels bzw. in dort befindlichen separaten Räumen oder Arbeitszimmern (Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 446–448). 101 Pistorius: Das Geschlecht, S. 23; Kamptz: Geschichte, S. 1; LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 14 (Protokoll, 1667). 102 Etwa in der Familien Rieben auf Galenbeck. Die Siegel des Achim von Rieben kamen nach seinem Tod in städtische Verwahrung. Sie wurden durch seine Söhne dem Rat der pommerschen Stadt Anklam zugeschickt und hier „niddergelegt“, was mit der Minderjährigkeit der Söhne in Verbindung gestanden haben dürfte. Vgl. LHAS, 9.1.2, RKG, Nr. 1058, Bl. 146–148. 103 Lisch: Geschichte und Urkunden, Band 2, S. 346–349; LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 14 (Protokoll, 1667). 104 Lisch: Urkundliche Geschichte, S. 463; Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, Urkunden, S. 42; des Weiteren Kap. 3.2.2. 105 Etwa Familien wie die Warburg oder die Kamptz in Feuersbrünsten zu Neubrandenburg und Rostock (Pistorius: Das Geschlecht, S. 23; Kamptz: Geschichte, S. 1).



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während des Dreißigjährigen Krieges arg gelitten.106 Die späteren Adelsgenealogen waren daher dankbar, auf die vor dem Krieg entstandenen Genealogien des Bernhard Latomus zurückgreifen zu können, zu dem Claus Josias von Behr bemerkte: „[...] es lebete derselbe nicht allein vor mehr als hundert Jahren zu einer solchen Zeit, da dieses Land seine herrlichen Urkunden nicht wie hernach im dreißigjährigen Kriege geschehen, verloren hatte [...].“107 Trotzdem schienen gerade die mecklenburgischen Städte auch nach dem Dreißigjährigen Krieg vom Adel als sicherere Archivalienaufbewahrungsorte erachtet worden zu sein.108 Daraus ist bereits ersichtlich, dass äußere Einflüsse Umfang und Überlieferung der Adelsarchive beeinträchtigten. Zu berücksichtigen sind ebenso Faktoren wie Form, Stand und Ausprägung der Gutswirtschaft, Professionalität der Haushaltsführung, Größe und Besitzgeschichte des Lehngutes und nicht zuletzt individuelle Kompetenzen der Eigentümer.109 Folglich werden die Familienarchive erhebliche quantitative und qualitative Unterschiede aufgewiesen haben. Inhaltlich sind jedoch in vielerlei Hinsicht Parallelen erkennbar. In erster Linie wurden Unterlagen aufbewahrt, die mit der Gutswirtschaft in Verbindung standen, etwa Lehnbriefe, Erb- und Teilungsverträge, Obligationen, Rechtsgutachten und individuelle Mitschriften zur Wirtschaftsführung. Die „alten brüderlichen Theil=Recesse, Verträge, Lehn=Brieffe, Muth=Scheine, Testamente, Kauff= und Verkauff=Contracte, auch alle übrige Originalia“, die Joachim Gottfried von Bassewitz auf Hohen-Luckow um 1768 für seine genealogischen und historischen Familiennachrichten nutzte, scheinen aus den Familienarchiven zusammengetragen worden zu sein.110 Kisten- und säckeweise stapelten sich bei den Finecke bereits im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts Obligationen und Geschäftsdokumente; in einer einzigen Lade fand man über 50 Pfand- und Schuldbriefe.111 Die ältesten Dokumente in Adelsarchiven stammten teilweise sogar aus dem 13. und 14. Jahrhundert wie bsw. bei den Bassewitz (1266) oder den Hahn

106 Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 328. Selbst wenn die Städte von schwerwiegenden Zerstörungen verschont blieben, konnten Krankheit und Tod die langfristige Archivalienüberlieferung beeinträchtigen. So hoffte Joachim von Hahn auf Solzow, die Familien- und Gutsdokumente zu retten, indem er sie dem Röbeler Stadtvogt übergab. Als Hahn im Jahre 1638 und kurz darauf auch der Kurator verstorben waren, wusste niemand, an welcher Stelle der Röbeler Stadtvogt die Papiere eingemauert hatte (Lisch: Geschichte und Urkunden, Band 2, S. 346–349). 107 LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede. Lisch begutachtete die Sammlung als „sehr allgemein, kurz und mager“. Der Wert bestünde nur in den Stammbäumen der gleichzeitigen, also um 1600, lebenden Personen (Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 26). 108 Etwa Angehörige der Basedower Hahn nach dem Rostocker Stadtbrand von 1677 bei der bekannten Juristenfamilie Redecker. Vgl. LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 14 (Protokoll über den Inhalt der von Christian Wilhelm von Hahn bei Dr. Heinrich Rudolf Redecker in Rostock ­deponierten Lade, 1667, 1689–1690). 109 Dies auch andeutungsweise bei Jesse: Verzeichnung, S. 335. 110 Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 10. 111 Crull: Frau Fineke, S. 14–19.

78 Familie (1339).112 Einzelne Chroniken und genealogische Mitschriften sind – wie bereits erwähnt – seit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts nachgewiesen. Zunehmend waren auch Hausbücher, Familienbibeln, Tage- und Stammbücher, Schreibkalender, selbst verfasste Lebensbeschreibungen der Vorfahren und handschriftliche und gedruckte Leichenpredigten in den Archiven vorzufinden.113 Gelegentlich befanden sich in den Magazinen Abschriften landespolitisch bedeutender Dokumente wie Rossdienstregister bei den Rieben zu Galenbeck oder eine Liste der Unterzeichner der Neuen Union von 1733 bei den Oertzen zu Roggow.114 Inwieweit zwischen ­Familien- und Gutsarchiv unterschieden wurde, wird wohl von individuellen Handhabungen abhängig gewesen sein. Nicht selten wurden Urkunden, laufende Wirtschaftsmitschriften und genealogische Familienpapiere in einem Raum untergebracht. Beim Nachbarn des Ernst Friedrich von Engel auf Groß Nieköhr und Drüsewitz, einem gewissen „Herrn von L.“, befanden sich diese und andere Dokumente in Schränken und Regalen im Arbeitszimmer.115 Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts bestand so manches Adelsarchiv aus ungeordneten Haufen loser Blätter.116 Auch landesherrliche und landständische Institutionen spielten bei der Erforschung der Genealogien und Familiengeschichten eine große Rolle. Zu nennen wären bsw. die Akten der Lehnkanzleien, auf die insbesondere im 18. Jahrhundert zurückgegriffen wurde. Um sie zu benutzen, mussten die Adligen oder ihre Vertreter in Städte wie Schwerin oder (Neu)-Strelitz reisen.117 Die Einsichtnahme selbst verlangte den herzoglichen Konsens.118 Die von Joachim Gottfried von Bassewitz auf 112 Das Bassewitz-Dokument wurde zu Beginn des 20. Jh. auf ihrem damaligen Gut Schimm entdeckt (Jesse: Verzeichnung, S. 352). Die Urkunde der Basedower Hahn fand im Zuge von Inventarisierungen in der 2. H. des 17. Jh. Erwähnung (LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 14). 113 Vgl. Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 406–418 (Hausbuch, Familie Dewitz, um 1770); Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte (Familienbibeln, Familie Oertzen, u. a. 18. Jh.); LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 1 (handschriftliche Leichenpredigt, Familie Rieben, 17. Jh.); Kamptz: Geschichte, S. 55, 72 (Leichenpredigt, Familie Kamptz); Forster: Das Album Amicorum (Stammbuch, Dietrich von Bevernest auf Lüsewitz, um 1600); Bassewitz: Beiträge zur ­Familiengeschichte, S. 16 (Tagebücher, in Schweinsleder gebundene Folianten, Joachim Ludolf von Bassewitz a.d.H. Lühburg: „Nachrichten zum Leben des J.L.v.B.“, 18. Jh.); Wasmansdorf: Geschichte, S. 177 (Tagebücher, Familie Zepelin, u. a. 18. Jh.); Rieder: Christliche Leichpredigt (eigenhändig verfasste Lebensbeschreibung, Heinrich von Sperling, Januar-Februar 1671); Maltzan: Lebensbilder, S. 251 (ebenso, Vollrath Levin von Maltzan, 2. H. 17. Jh.); Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 406–418 (ebenso, Stephan Werner von Dewitz, um 1770). 114 LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 2; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 449. 115 Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 446–448 (zu Ernst Friedrich von Engel und seinem veröffentlichten Briefwechsel vgl. Kap. 3.1.1). 116 Jesse: Verzeichnung, S. 355–356. 117 Zu diesen Institutionen siehe Kap. 4.3.1. 118 Einsichtnahmen in die Strelitzer Bestände etwa von den Rieben (Neverin, 1711); den Staffeldt (Ganzkow, 1715); den Hahn (Roggenhagen, 1762); den Bredow (Prillwitz, 1767); den Hahn und Geusau (Dahlen, 1786); den Brockhusen (Goehren, 1800). Vgl. LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Findbuch Strelitzer Lehnakten, Band 1, S. 387; Band 2, S. 129, 307; Band 3, S. 611; Band 4, S. 37, 145. Vgl. auch LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 1 (Familie Rieben, Galenbeck, Brief des Heinrich Wilhelm Goeden, Neustrelitz, 28. August 1742).



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Hohen-Luckow um 1768 verfassten genealogischen und historischen Familiennachrichten wurden zum Teil aus den „im Hertzogl. Mecklenburgischen Archive vorhandenen Urkunden colligiret [...].“119 Neben solchen griff man auch auf andere zu den landesherrlichen Archivbeständen im weitesten Sinne zählende Schriftstücke zurück wie etwa die Familie Negendanck im Rahmen ihrer 1726 publizierten „Geschlechts=Stamm=Taffel“ auf die ungedruckten Manuskripte des Bernhard Latomus im Archiv zu Schwerin.120 Es waren also nicht allein die Verfasser der umfangreicheren genealogischen Sammlungen wie Behr, Hoinckhusen oder Pentz, die landesherrliche Archivalien nutzten. Allerdings hatten gerade sie tiefgründige Kenntnisse über die mecklenburgische Archivlandschaft und nicht selten waren ihnen Bestände zugänglich, die nicht jedermann offen standen.121 Claus Josias von Behr gibt an, dass er seine Informationen neben „gewöhnlichen“ Quellen wie Verträge, Kontrakte, Begnadigungsbriefe und Abdankungen, die auch in Adelsarchiven zu finden waren, aus „Diplomatibus“ und Gerichtsprozessakten extrahiert hatte, wobei letztere – zumindest bei den Gerichtsverhandlungen auf landesherrlicher Ebene – ebenfalls der Landesherrschaft unterstanden.122 Bei dem von ihm verwendeten ältesten Dokument handelt es sich um die landesherrliche Bestätigung der Zollfreiheit der Stadt Rostock von 1218, die er als Anlage seinem für den Druck vorgesehenen Werk beifügte.123 Rostock hatte er in seinen späteren Lebensjahren als Wohnsitz gewählt. Hier befand sich ein weiteres bedeutendes Archiv, zu dem gerade der Adel des Landes eine enge Beziehung hatte; gemeint ist das Archiv der Ritterschaft, das der sog. Engere Ausschuss verwaltete.124 Unzweifelhaft wird gerade Behr, der durch seinen Bruder, den Ritterschaftsdeputierten Matthias Hans von Behr, über vorzügliche Kontakte zu dieser Institution verfügte, in die entsprechenden Bestände eingesehen haben. Darüber hinaus waren es auch die zahlreichen unbedeutenden Familienforscher, die beim Ritterschaftsarchiv um genealogische Auskunft baten. Heinrich August von Rieben auf Galenbeck bsw. wandte sich 1764 schriftlich an den Engeren Ausschuss zu Rostock und bemerkte, es würde „angenehm seyn, wann sich noch ex actis provincialibus, mir noch bisher unbekannte Nachrichten meiner Familie ergeben möchten, welche ich mir communiciren zu laßen ergebenst bitte [...].“125 Abschließend sei darauf hin-

119 Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 10. 120 Anonymus: Negendanckische; Abb. 32. 121 So meint Lisch bezüglich der Arbeiten des Genealogen Hoinckhusen (Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 39–40): „Was ihm selbst etwa in diesem so wichtigen Fache noch abgehen mochte, das konnte ihm von seinem Vater, dem die Zugänge zu den Landes=Archiven immer offen stunden, reichlich verschaffet werden.“ 122 Vgl. etwa Endler: Hofgericht. 123 Zugleich die (nicht im Original überlieferte) Gründungsurkunde der Stadt. Vgl. Mecklenburgisches Urkundenbuch, Nr. 244. 124 Vgl. Kap. 4.2. 125 Heinrich August von Rieben an den Engeren Ausschuss (Galenbeck, 22. September 1764), in: UBRSS, Familienpapiere Rieben.

80 Familie gewiesen, dass der Adel auch in außerhalb Mecklenburgs gelegenen Archiven nach entsprechenden Informationen suchte.126

2.2.3 Fakten – Fiktionen – Funktionen Bei einer tiefgründigeren Betrachtung des nahezu makellosen Bildes genealogischer und familiengeschichtlicher Inszenierung und Forschung, das als solches den Stellenwert der „Familie“ in den Reihen des mecklenburgischen Adels durchaus unterstreicht, begegnen hier und da einige Ungereimtheiten. Da wäre zum einen auf ­widersprüchliche Aussagen in schriftlichen genealogischen Ausarbeitungen hinzuweisen. So machte schon der Adelsgenealoge Claus Josias von Behr an mehreren Stellen seines Werkes auf Unstimmigkeiten zwischen seinen zumeist auf Quellen basierenden Ergebnissen und denen des Bernhard Latomus aufmerksam.127 Gleichermaßen stieß so mancher Genealoge im Rahmen seiner Recherchen auf von Vorfahren genutzte Archivalien und ausgearbeitete Dokumente, die fehlerhafte oder schlichtweg falsche Informationen enthielten  – etwa in den Familien Pentz und Kamptz.128 Darüber hinaus konnten auch die innerhalb der einzelnen Familien kursierenden Vorstellungen über verwandtschaftliche Verhältnisse voneinander abweichen. Dies trat insbesondere immer dann offen zutage, wenn es wie im Falle der Kamptz im 16. Jahrhundert um Fragen der Erbfolge ging, zu deren Beantwortung nicht selten eine gerichtlich durchgeführte Bestimmung der Verwandtschaftskonstellationen angeordnet wurde.129 Wegen solcher innerfamiliärer Abweichungen versuchte ein herzoglicher Archivar um 1660 die Genealogien der Stralendorff mit Hilfe des Güstrower Registratur-Buches sowie der darin befindlichen Gerichtsakten und den Schweriner Konsensbüchern zu überprüfen und zu rekonstruieren.130 Des Weiteren zeigt das Beispiel der Familie Hake zu Klein Vielen, dass fehlerhafte Genealogieberechnungen, die mitunter schwerwiegende Konsequenzen zur Folge haben konnten, auch im späteren Untersuchungszeitraum aufgedeckt wurden. So war Wilhelm Otto von Hake auf Klein Vielen bis zu einem gelegentlichen Besuch bei seinen Vettern im märkischen Heinersdorf überzeugt, die Güter würden nach seinem Tode 126 Dem Enkel des ersten Grafen Bassewitz, Henning Friedrich auf Lüdershagen (geb. 1755), war das Grafendiplom abhanden gekommen. Sein Bruder, der Geheimratspräsident Bernhard Friedrich (1756–1816), wandte sich daraufhin nach Wien, um aus den dortigen Archiven eine beglaubigte Abschrift anzufordern, die schließlich nach Mecklenburg übersandt wurde (Bassewitz: Aus dem Leben, S. 182). 127 Etwa wegen der Ausarbeitungen zur Familie Peckatel (LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr; UBRSS, Familienpapiere Peckatel). 128 Zu einer falschen Stammtafel der Pentz aus dem Jahr 1733 (erstellt vom Archivar Faull) vgl. Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 185; zur Kritik des Karl Albert von Kamptz (um 1840) an den fehlerhaften Ausarbeitungen seiner Vorfahren vgl. Kamptz: Geschichte, S. 55, 72. 129 Kamptz: Geschichte; Kamptz: Die Familie. 130 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 951, u. a. Band 2, Q 87, 99–103, 112, besonders Q 101 (Stammbaum vom 27. März 1663), Q 112 (Stammbaum vom 27. Okt. 1662).



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zuerst seiner einzigen noch lebenden Tochter auf der rechtlichen Grundlage des sog. Erbjungfernrechts und nach ihrem Dahinscheiden den im dritten Grade verwandten Vettern anheim fallen.131 Als nun „daselbst von verschiedenen Familien=Ange­ legenheiten gesprochen wurde“, so berichtete er später dem Schweriner Landesherrn, „wurde bey der Gelegenheit der zu Heinersdorff befindliche Stammbaum der Familie producieret, wie solcher daselbst von dem Vater auf den Sohn fortgeführet und aufbewahret worden und welchen ich vorhero nie gesehen hatte“. Hier erwartete ihn eine unangenehme Überraschung. Dieser Stammbaum132 unterschied sich von den ihm bisher bekannten in wesentlichen Punkten: Der Grad der Verwandtschaft zwischen den beiden Linien war entfernter als bisher angenommen. Die Heinersdorfer wären „mit meinem Vater im fünften Grade und also in der Belehnung nicht mit begriffen“, sie „würden mithin keine lehnsfähige Agnaten seyn, welche sich der Succession in die Kleinen Vielenschen Güter zu erfreuen haben könnten.“ Dieser fatale Trugschluss scheint Wilhelm Otto von Hake schwer getroffen zu haben, doch gelang es ihm mittels einiger freundlicher Briefe und entsprechender „Rekognitionen“ in bar, den Herzog als Lehnherrn milde zu stimmen und die Erbfolge im Sinne seiner Tochter zu regeln. Es ist jedoch fraglich, ob alle in Mecklenburg begüterten Vasallen so redlich mit ihren Genealogien umgingen wie die Hake auf Klein Vielen, besonders vor dem Hintergrund, dass es bei mehreren hundert in Mecklenburg begüterten Adligen133 nahezu wöchentlich zu Todesfällen und damit zu Fragen der Erbfolge bzw. Genealogie kam.134 Eine tiefgründige Genealogienprüfung auf Quellenbasis vonseiten der Landesherrschaft hätte jeweils mehrere Wochen beansprucht. In diesem Zusammenhang muss der Fall der sog. „Ulenogeschen Briefe“ angeführt werden, der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts landesweit für Aufregung sorgte.135 Angehörige der Familie Moltke hatten mit Hilfe des Notars Wilhelm Ulenoge erfundene Stammverwandtschaften in gefälschte Urkunden einfließen lassen, die in der seit 1543 vor dem Reichskammergericht schwebenden Auseinandersetzung mit Herzog Heinrich V. als Beweismittel eingesetzt wurden, um ihre Ansprüche auf einige Lehndörfer zu rechtfertigen.136 Mindestens 89 Pergamenturkunden wurden unter Federführung Ulenoges hergestellt. Da die Schriftstücke bis in das 13. Jahrhundert zurückreichten – das 131 Vgl. im Folgenden den Bericht Wilhelm Otto von Hakes an Herzog Friedrich Wilhelm (13. Januar 1779), in: LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Klein Vielen, Vol. II sowie Hake: Geschichte, S. 209–213. 132 Vgl. die genealogische Skizze der Familie Hake wegen Erbfolgeregelung (Wilhelm Otto von Hake, 1779), Quelle: LHAS, 2.12-4/2, Lehnakten, Specialia, Klein Vielen, Vol. II. 133 Kap. 1.5. 134 Bsw. verstarben in den Jahren 1615–1616: Claus von Peckatel, Jasper von Lützow, Hans Ernst von Jasmund, Claus von Holstein, Jochim von Bülow, Benediktine von Bülow, geb. Peckatel (nach Bill: Mecklenburgischer Adel) und Cristoff von Barnewitz (LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545). Vgl. auch Kap. 2.3. 135 Im Folgenden Witte: Wilhelm Ulenoge; Münch: Inhaltliche Komponenten, zitiert nach Münch: Inhaltliche Komponenten, S. 78. 136 Witte: Wilhelm Ulenoge, S. 26–28; Münch: Inhaltliche Komponenten, S. 103.

82 Familie älteste datiert auf das Jahr 1262 – mussten dementsprechend auch die Siegel der Moltke wie auch der Herzöge Albrecht III., Heinrich IV. und Magnus II. nachgegraben werden.137 Ulenoge bemerkte später dazu, dass sich in der Behausung der Moltke ein „rodt nasch oder schrein“138 befunden hätte, in dem zahlreiche von alten Urkunden entnommene Siegel verwahrt wurden; man habe sie gesammelt, um sie durch Anhängen an gefälschte Urkunden nutzbringend anzuwenden. Die Moltke wie auch zahlreiche weitere in den Fälscherskandal verwickelte Vertreter angesehener mecklenburgischer Adelsfamilien wie Behr, Halberstadt, Preen, Kardorff, Schmeker, Vieregge oder Zepelin entschädigten den Notar für seine Dienste mit Naturalien, u. a. einem Ochsen von Achim von Halberstadt, und Geldbeträgen, etwa 300 Taler von Matthias von Vieregge.139 Bei den häufig voneinander abweichenden Genealogien und in Anbetracht der mangelhaften archivarischen Überlieferung kann jedoch nur gemutmaßt werden, ob es sich bei Ulenoge um einen Einzelfall oder womöglich die Spitze des Eisberges ­gehandelt hatte. Die mitunter heftige öffentliche Kritik an der engen Beziehung, die mecklenburgische Adlige zu ihren Notaren pflegten, lässt jedoch vermuten, dass ­Genealogien- und Siegelfälschung womöglich häufiger praktiziert wurde, als es die Enthüllung der „Ulenogesche Briefe“ allein bislang preisgibt.140 Die rechts- und ­wirtschaftsberatende Funktion der Notare141 bei Vertragsunterzeichnungen, Beglaubigungen, Inventarisierungen, Erbfällen, Inaugenscheinnahmen, Gerichtsprozessen, div. Geldgeschäften usw., die jährlich zu hunderten vorgenommen wurden, und bei denen es um große Geldsummen ging, wird das Täuschungsrisiko unzweifelhaft erhöht haben.142 Der Rechtsgelehrte Simon Leupold brachte sein hervorragendes Verhältnis zum Landadel im 16. Jahrhundert sogar damit zum Ausdruck, dass er in die Fenster seines Güstrower Wohnhauses die Wappen seiner aristokratischen Geschäftspartner einarbeiten ließ.143 1766 bemerkte der Mecklenburgreisende Thomas ­Nugent zu seinem Güstrower Aufenthalt: „Auch ist hier das Hof- und Landgericht, und eine Superintendentur, und daher kommts, daß diese Stadt so volkreich ist, denn allenthalben wimmelt es voll Advokaten. Die häufigen Appellationen ans Hofgericht und nach Wetzlar schaffen diesen Herren sattsame Arbeit, ihre ewigen Lieblingsunterhaltungen in Gesellschaften 137 Münch: Inhaltliche Komponenten, S. 83. 138 Nach Witte: Wilhelm Ulenoge, S. 17. 139 Ebd., S. 15–16. 140 Dazu der Schweriner Hofprediger Thomas Stindtman im Jahre 1615 (beim Begräbnis Claus von Peckatels): „[...] wozu sich dan in diesen Landen /vnter vielen der Juristen Patronen /Ja auch woll anhetzer genuchsam finden /denen recht vn vnrecht gleichsam eins ist [...].“ Vgl. Stindtman: Leichpredigt, S. 41; des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 399; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 161; Vertot: Histoire des Chevaliers, S. 51–52 sowie Stolleis: Juristenbeschimpfung. 141 Vgl. LHAS, 2.12-2/8, Acta notariorum et acta advocatorum. 142 Zu einigen Bsp. vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213, Anlage C (Plessen, 1613); ebd., Nr. 1074, Q 22 (Lübberstorf, 1620); ebd., Nr. 1068, Band 1, Q 52, 53 (Rieben-Ihlenfeld, 1628); Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 407, 444–448 (Jasmund-Oertzen, 1760); des Weiteren Krause: System, S. 105, 107; Lubinski: Hexenverfolgung, S. 140–144. 143 Schmidt: Geschichte, Band 2-2, S. 116, 425; zu Simon Leupold Lisch: Biographie.



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sind daher auch nichts anderes als die Gravamina ihrer Klienten.“144 Des weiteren zeigen gelegentlich erhobene Fälschungsvorwürfe im Rahmen von Gerichtsprozessen oder der von Adligen initiierte Betrug bei Auszählungen zur Pastorenwahl in Dobbertin und bei der Listenführung für die Klosterkonventualinnen, dass die Aristokraten durchaus bereit waren, unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen.145 Neben Unstimmigkeiten in Fragen der Verwandtschaftskonstellationen gab es auch solche, die die Herkunft der Familien und den Ursprung einzelner Geschlechter insgesamt betrafen. Allein über die Abstammung der Familie Bülow kursierten zu Zeiten Jacob Friedrich Joachim von Bülows sieben Theorien.146 So meinte bsw. Anna von Bülow, die eine Familiengeschichte in schwedischer Sprache verfasst hatte, die vierzehn zum Bülowschen Wappen gehörenden goldfarbenen Kugeln seien „Byzante“, Münzen, woraus sie schloss, dass das Geschlecht aus Frankreich stammen müsse. Ein Familienmitglied sei dann nach Mecklenburg ausgewandert, von dem die hier lebenden Bülow abstammten. Eine weitere Theorie besagte, dass sich der Name Bülow vom französischen „Bouillon“ herleite und somit auf die gleichnamigen Grafen und Herzöge zurückzuführen sei. Darüber hinaus wurden die Kugeln im Wappen der Bülow bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts mit den silbernen Pfennigen in Verbindung gebracht, die die römischen Marcelli im Schilde führten. Wegen der besonderen Tapferkeit der Bülow wurden die silbernen Kugeln schließlich in goldene umgewandelt. Das Geschlecht müsse aber von den Marcelli abstammen. Da aber auch Ähnlichkeiten mit dem Wappen der Grafen von Bentheim erkennbar waren, meinte man, dass auch zu diesem Adelsgeschlecht verwandtschaftliche Beziehungen bestanden hatten. Ebenfalls fanden die Deutungen von Bernhard Latomus und Claus Josias von Behr in der „Genealogischen und Critischen Beschreibung“ von 1780 Erwähnung, die meinten, da das auf dem Götzenbild des heidnischen Gottes Prove abgebildete Schild ebenfalls jene ominösen Kugeln enthielt, das Geschlecht wendisch-slawischen Ursprungs wäre. Eine ähnliche Behauptung kursierte bereits zur Mitte des 17. Jahrhunderts, die sogar so weit ging, dass angenommen wurde, das Geschlecht stamme von der Gottheit selbst.147 Bülow stand diesen Mythen jedoch kritisch gegenüber. Sein Kommentar dazu: „Allein man siehet leicht, daß alles dieses auf schwachen Gründen ruhet.“ Er favorisierte eine siebente Theorie, nämlich dass der Name des Geschlechts vom Ort Bülow herrühre.148 Die Bülow waren bei Weitem kein Einzelfall. In der Familie Kamptz kursierte die Geschichte, dass das Geschlecht ursprünglich „de Champs“ geheißen habe und daher aus Frankreich stammen müsse, was schließlich auch die Lilie im Wappen bewies.149 Im Zuge einer Fürstenhochzeit, der sog. Wendisch-Marseiller Vermählung, kam 144 Nugent: Travels, S. 135. 145 Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 679 (Kardorff, 17. Jh.); Alsleben: Wahlbetrug (Priesterwahl, 18. Jh.) sowie Kap. 3.2.3 (Konventualinnenlisten, 18. Jh.). 146 Im Folgenden Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 20–21. 147 Offenbar behauptet von Wilhelm Mechov, Professor an der Ritterakademie zu Lüneburg. 148 Vgl. auch Lisch: Ueber alte Stammlehen. 149 Im Folgenden Kamptz: Geschichte, S. 3–9.

84 Familie dann ein Rat namens Levin de Champs legationsweise an den Wendischen Hof, dessen Sohn 1230 mit dem Gut Groß Dratow belehnt wurde. Diese Legende scheint bereits um 1600 in der Bevölkerung so weit verbreitet gewesen zu sein, dass sie 1639/1640 bei Johannes Micraelius in der Geschichte „Deß Alten Pommer-Landes“ Erwähnung fand.150 Noch im 18. Jahrhundert kursierte sie bei den Kamptz wie auch in der mecklenburgischen Gelehrtenwelt.151 Erst im 19. Jahrhundert, als man feststellte, dass die sog. Wendisch-Marseiller Vermählung nie stattgefunden hatte, wurde schließlich die „fabulose Tradition ihres französischen Ursprungs zerstört.“152 In gleicher Weise versuchten auch die Barfuß, Bernstorff, Ferber, Kosse, Lützow, Mandelsloh, Moltke, Plessen oder Schack ihre Namen mit bedeutenden antiken und mittelalterlichen Adelshäusern Europas, altdeutschen Stammesgebieten, der Besiedlung ehemals slawischer Gebiete sowie mit römischer oder gar biblischer Geschichte in Verbindung zu bringen, wovon so manche Wappensage in Hesekiels Werk aus dem 19. Jahrhundert berichtet.153 Was nun die Deutung dieser Legendenbildungen anbelangt, muss zunächst auf die Vorbildfunktion europäischer Adelsgeschlechter wie Askanien, Habsburg, Bouillon, Bourbon, Noailles usw. hingewiesen werden, zu denen ähnliche Familienmythen überliefert sind.154 Auch bei den mecklenburgischen Fürsten kursierte spätestens um 1500 eine entsprechende Herkunftslegende, die besagte, sie stammten von Anthyrius ab, einem Feldherrn Alexander des Großen, der angeblich mit mazedo­ nischen Kriegern im vierten vorchristlichen Jahrhundert das Obotritenreich gegründet hatte. Das Wappentier der Mecklenburger, der Büffelkopf, ginge auf das Pferd

150 Noch in der Ausgabe von 1723 (Micraelius: Johannis Micraelii, S. 338–339) heißt es: „Dann als Levin Camtze, ein Königlicher Frantzösischer Rath, Legations-Weise am Mechelburgischen Hofe sich bekannt gemacht [...].“ 151 Etwa bei Joachim Christoph von Kamptz (um 1700, vgl. Kamptz: Geschichte, S. 5, 11); Hans Heinrich Klüver (Klüver: Beschreibung, S. 608); Matthias Hans von Behr (Behr: Rerum Meclenburgicarum, Band 8, S. 1609). 152 Vgl. Kamptz: Geschichte, S. VI, VII, 11–12, Anm. 11. Über die Fürstenhochzeit berichten u. a. Marschalk Thurius in den „Annales Herulorum ac Vandalorum“ (Marschalk: Annales Herulorum) und Albert Krantz in der „Wandalia“ (Krantz: Wandalia). 153 Kosse (Cosse), Plessen (du Plessis, d. h. u. a. Kardinal Richelieu), Schack (Karl der Große), Lützow („della Scala“, „Scaligeri“, Herzöge von Verona, wegen der schwarzen Leiter im Wappen), Bernstorff (aus Bayern stammend, im 12. Jh. mit Heinrich dem Löwen in Mecklenburg eingewandert), Moltke und Mandelsloh (926, 927, im Rahmen des Zugs Heinrich des Voglers nach Stendal und Brandenburg ins Wendenland eingewandert), Barfuß (von lat. „parvus“, wohl im 19. Jh. widerlegt, Barfuß von „nupides“, lat. für „barfüßig“, drei nackte Füße im Wappen), Ferber (vom biblischen „Färber“ Salem, dem Jesus in der Stadt Nazareth begegnete). Vgl. Kamptz: Geschichte, S. 3; Kamptz: Die Familie, S. 261–262; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 332–334; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 41–42, 221; ebd., Band 2, S. 167; Münch: Die Moltkes, S. 5; Münch: Adlige Witwen, S. 371. Zu den Wappensagen der Bassewitz, Bülow, Kamptz, Oertzen etc. vgl. Hesekiel: Wappensagen. 154 Vgl. u. a. Münkler: Nationale Mythen; Hecht: Erfindung der Askanier; Lhotsky: Apis Colonna; Wrede: Zwischen Mythen; Druffner: Genealogisches Denken, S. 146–147.



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Alexanders, Bucephalos, zurück.155 Ausgehend von diesen Parallelen können entsprechende Deutungsansätze auch für die Verhältnisse im mecklenburgischen Niederadel in Betracht gezogen werden. Es ist anzunehmen, dass es sich hier um eine Form der politischen und sozialen Legitimation handelte.156 Die Gründe, die eine solche Rechtfertigung erst erforderlich machten, waren von vielen individuellen Faktoren abhängig. Abstammungslegenden erhöhten das Alter. Selbst wenn es noch so akribisch forschte, stieß jedes Geschlecht irgendwann an seine „Ursprungsgrenzen“, die auf dem Weg der Mythenbildung zum Teil erheblich ausgeweitet werden konnten. Flexibilität und fiktionale Ausformbarkeit der Linienführung gehörten daher zu den wesentlichen Elementen genealogischen Arbeitens überhaupt.157 Auch die Mecklenburger versuchten augenscheinlich mittels Legendenbildung die individuellen Familiengeschichten zu verlängern. Standesvertreter wie Joachim Christoph von Kamptz wiesen mitunter sogar selbst darauf hin, dass ihre „Forschungen“ dazu beitrugen, „das Alterthum“ der Geschlechter „zu beurtheilen [...].“158 Ein solcher mehr oder weniger glaubhafter Beweis des Altertums konnte m. E. in vielerlei Hinsicht für die mecklenburgischen Geschlechter von Nutzen sein. Zum einen wäre in diesem Zusammenhang die Auseinandersetzung mit den mecklenburgischen Landesherren zu erwähnen. Gerade das 16. Jahrhundert, der Zeitabschnitt, in dem eine Vielzahl von Mythen in Umlauf gebracht wurde, galt als bedeutende Phase der Genese der landständischen Verfassung.159 Das Alter der Geschlechter vermochte in diesen Auseinandersetzungen durchaus eine Rolle zu spielen, indem nämlich höheres Alter als gewichtiges Argument im Rahmen politischer Mitbestimmung eingesetzt werden konnte. Einige mecklenburgische Geschlechter sahen sich durchaus in der Lage, mit dem landesfürstlichen Familienmythos mitzuhalten und mit ihren eigenen Legenden eine antilandesherrliche Spitze im nahezu immerwährenden Konflikt mit den Herzögen entgegenzusetzen.160 Wohl deshalb meldeten gerade ­einige der altmecklenburgischen Adelspartei, einer besonders in landespolitischen 155 Diese Geschichte geht offenbar auf eine Verwechslung bzw. Gleichstellung von Wenden und Vandalen zurück, wofür laut Adolph Hofmeister (Hofmeister: Das Lied, S. 240) Albert Krantz verantwortlich war, der „indirekt das Samenkorn gelegt hat zu dem trügerischen Fabelgewebe, welches dann zwei Jahrhunderte lang die Geschichte Meklenburgs und des Wendenlandes durchwucherte.“ Zur Anthyriuslegende und seiner Bekanntheit im mecklenburgischen Adel vgl. u. a. Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 433; Müffelmann: Reim-Chronik, S. 13; Röpcke: Nikolaus Marschalks; Elsmann: Germanen, Antike und Amazonen; Cordshagen: Herkunft und Wappen; LHAS, 2.12-1/26, Hofstaatssachen, Nr. 633 (Bericht des Archivars Johann Schulz, 18. August 1703); Hofmeister: Das Lied, S. 253, Anm. 1; Westpahlen: Monumenta (1739), Sp. 168 ff.; Lehsten: Q. Curtius Rufus. Die intensive Auseinandersetzung mit der slawischen Geschichte seit Beginn des 18. Jh. entzauberte die Legende von der Anthyriusabstammung (Kap. 4.1.3). 156 Vgl. u. a. Wunderli: Herkunft und Ursprung. 157 Melville: Vorfahren und Vorgänger, S. 309. 158 Kamptz: Geschichte, S. 3–5. 159 Vgl. etwa Krause: System; Steinmann: Die Geschichte; Münch: Zur Genesis; zum Verhältnis von Landadel und Landesherren Kap. 4.1. 160 Münch: Die Moltkes, S. 5.

86 Familie Fragen aktiven „Bewegung“ innerhalb der Ritterschaft,161 zuzurechnende Vertreter wie Claus Josias von Behr berechtigte Zweifel an der Anthyrius-Legende an.162 Es ist daher auch für Mecklenburg anzunehmen, dass im Familienkult die Keimzelle des ständischen Geschichtsdenkens und des ständischen Landesbewusstseins lag, das im sich wandelnden frühneuzeitlichen Staatensystem ein gewichtiges Argument für die Legitimation von Herrschaft bildete.163 Neben dem Alter konnte gerade die mehr oder minder bewiesene verwandtschaftliche Vernetzung zu bedeutenden Adelsdynastien Europas das Ansehen der Sippe innerhalb der mecklenburgischen Niederaristokratie erhöhen. Allein das bloße Erwähnen einer solchen Legende oder womöglich der Nachweis in einem älteren landeskundlichen Werk wird zum Prestigegewinn der jeweiligen Adelsfamilie geführt und den eigenen Standort im sozialen Verband des Adels aufgewertet haben. Nach Bedarf konnte man Informationen aus diesem Wissensspeicher hervorholen und sie im adligen Diskurs über Verwandtschaft und sozialen Status zu nutzen versuchen.164 Die im Untersuchungszeitraum kursierenden Familienmythen sind daher in erster Linie als Ausdruck adligen Selbstverständnisses anzusehen. Die Mecklenburger sahen sich als Teil des europäischen Adels und taten es ihren Vorbildern gleich.165 Daher kann m. E. allenfalls die mündliche und schriftliche Tradierung, nicht aber die

161 Siehe dazu John: Ritterschaft sowie Kap. 4.2. 162 Behr beruft sich dabei insbesondere auf Andreas Mylius (1527–1594, u. a. mecklenburgischer Rat), Johannes Micraelius (1597–1658, u. a. Rektor zu Stettin, beide mit mecklenburgischen Adligen im 16. Jh. befreundet) und Heinrich Bangert (1610–1665, u. a. Rektor zu Lübeck, als Quelle diente die Chronica Slavorum des Helmold von Bosau, an deren Erstausgabe er beteiligt war), die schon im 16. und 17. Jh. ihre Skepsis gegenüber der Anthyrius-Legende zum Ausdruck brachten (vgl. LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vorrede; Mylius: Genealogia, S. 217). Trotzdem räumt er den Mecklenburgern eine lange Geschichte ein: „Wie nun hiedurch diesem alten fürstlichen Hause an seiner Antiquitaet und Splendore nichts abgehet, also pflichte ich auch dieser meynung gerne bey [...].“ In der Adelschronik klang schließlich auch Behrs kritische Haltung gegenüber der politischen Stellung der wendischen Könige an: „Was es eigentlich bey den alten Wenden vor Einführung der christlichen Religion für eine Beschaffenheit um die Regierung gehabt habe, kann wol aus keinem Scribenten anders als muth maslich dargethan werden, indem alte Bücher und Schriften bey ihnen unbekannt waren [...].“ Ein weiterer Zweifler war der Mecklenburgreisende Nugent, der 1766 wegen der Bützowschen Stadtgründung bemerkte: „Indessen will ich für die Richtigkeit dieser Angabe eben nicht Bürge sein [...].“ Der Übersetzer seiner Reisebeschreibung fügte wenige Jahre später in einer Fußnote hinzu: „Keine Geschichte eines deutschen Landes ist mit elenderen Fabeln länger entstellt worden, als die Geschichte Mecklenburgs.“ Vgl. Nugent: Travels, S. 107, 426, Anm. 89. 163 Vgl. auch Melville: Vorfahren und Vorgänger (spätmittelalterliches Europa); Knoz und Winkelbauer: Geschlecht und Geschichte (Österreich); Kampmann: Geschichte als Argument (frühneuzeitliches Europa); Bahlcke und Strohmeier: Konstruktion der Vergangenheit (Osteuropa). 164 Schneider: Dynastische Historiographie, S. 308. 165 Zu dieser Vorbildwirkung vgl. insbesondere Kap. 3.1.2. Zur Legendenbildung schreibt Kamptz (Kamptz: Geschichte, S. 4, Anm. 1): „[...] es gehörte auch in Mecklenburg zu den Eigenthümlichkeiten der ältren adliche Geschlechter, ihren Ursprung aus dem Auslande herzuleiten, in welchem Bestreben sie von den frühern Historikern noch übertroffen wurden.“



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Entstehung der Legenden auf das „Familienbewusstsein“ zurückgeführt werden. ­Darüber hinaus erscheint es fraglich, ob und inwieweit dieser fiktive Teil der Familiengeschichten als Argument in inneradligen bzw. innerritterschaftlichen Auseinandersetzungen angeführt wurde. Hier ging es in erster Linie um nachweisbare genealogische Daten, die  – wie noch gezeigt werden wird  – Zugang zu einträglichen Ämtern und anderen Privilegien ermöglichten. Da die Legenden als solche weniger die adlige Herkunft, sondern vielmehr das Alter und die Vernetzung mit älteren bedeutenden Adelsgeschlechtern zum Thema hatten, scheint ein Einsatz dieses Argumentes in den Konflikten zwischen Aristokratie und Bürgertum m. E. ebenso wenig wahrscheinlich – genauso wie in der Beziehung zwischen Gutsherr und Untertan, zumal dem Adel hier andere Mittel und Wege zur Verfügung standen. In ähnlicher Weise scheinen die Mecklenburger auch hinsichtlich ihrer genealogischen Interessen im engeren Sinne einem Trend gefolgt zu sein, der schon im Mittelalter in den Reihen des europäischen Adels weit verbreitet war.166 Die Präsentation von Familiengeschichte und Genealogie weist im privaten wie im öffentlichen Raum zahlreiche Parallelen zwischen Hoch- und Niederadel auf, weshalb davon auszugehen ist, dass gerade die Zurschaustellung genealogischer Informationen insgesamt als Ausdruck adligen Selbstverständnisses angesehen werden kann.167 Verinnerlicht wurden die Darstellungspraktiken keinesfalls nur durch die weitreichenden außermecklenburgischen Kulturkontakte.168 Die mecklenburgischen Adligen nahmen gerade im Rahmen ihrer Vasallenpflichten an diversen landesherrlichen Ereignissen teil, bei denen sie nicht nur als Zuschauer, sondern auch als Bestandteil hochadliger genealogischer Inszenierung fungierten.169 Da Hochzeiten und Sepulkralfeiern in Kirchen stattfanden, bekamen die Betrachter auch die dort installierten Repräsentations- und Memorialmedien zu Gesicht, die entsprechende familiengeschichtliche und genea­ logische Informationen enthielten – etwa das monumentale Grabdenkmal für Herzog Ulrich im Güstrower Dom.170 Gerade der adlige Personenkreis, der im näheren Umfeld der Landesherrschaft wirkte, wird unzweifelhaft auch über die sich im Entstehen befindenden Auftragswerke zur Geschichte und Genealogie der landesfürst-

166 Vgl. etwa Melville: Vorfahren und Vorgänger. 167 Zu diesen Parallelen vgl. etwa Klapisch-Zuber: Stammbäume, S. 6–7, 186; Gatterer: Abriß, S. 131; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 45–46; Klocke: Justus Möser, S. 8. 168 Kap. 3.1.2. 169 Zur Aufwartung als Vasallenpflicht vgl. Kap. 4.1.1; zu den Vasallen bei Begräbnissen von Mitgliedern des mecklenburgischen Fürstenhauses vgl. generell LHAS, 2.12-1/10, Begräbnisse; exemplarisch ebd., Vol. VI, Nr. 53–55 (1610, 1617, 1612); des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 320 (1504); Bacmeister: Proceß (1603); LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede (1636); Kamptz: Beyträge, Band 1, S. 229–232 (1752, 1782). Beim Begräbnis Herzog Ulrichs im Jahre 1603 trugen sechzehn Vasallen sechzehn Fackeln, die die Ururgroßeltern symbolisierten (Bacmeister: Proceß). 170 Vgl. etwa Bacmeister: Proceß; zum Grabdenkmal für Herzog Ulrich Heck: Genealogie als dynastische Sphärenbildung; Pečar: Genealogie; Pečar: Das symbolische Kapital.

88 Familie lichen Familie gewusst haben.171 Demnach sind – ähnlich wie im Falle der Familienlegenden – deutliche Parallelen zwischen hoch- und niederadligen Verhaltensweisen erkennbar, wobei wiederum angenommen werden kann, dass die Inszenierung von Genealogie in ihren unterschiedlichen Ausprägungen gerade in der konfliktreichen Beziehung zwischen Landadel und Landesvätern als Argument gegen die Landesherrschaft eingesetzt wurde. Schließlich brachte Genealogie in erster Linie Alter und adlige Abstammung und somit „Herkommen“ zum Ausdruck, das gerade bei den Landtagen als Allzweckargument angeführt wurde.172 Einen weiteren Erklärungsansatz, der m. E. in besonderer Weise als Motor genealogischer Forschungen angesehen werden kann, bieten inneradlige Auseinandersetzungen. Bereits im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts häuften sich Stimmen, dass fremde, zugewanderte Adelsfamilien von den Altmecklenburgern als Konkurrenten angesehen wurden.173 Das ausgehende 16. Jahrhundert gilt als eine Hochphase adliger Erinnerungskultur, was vornehmlich an den in Patronatskirchen installierten Epitaphen oder an gedruckten Leichenpredigten erkennbar ist.174 Gelegentlich wird angenommen, dass die Zeugnisse aristokratischer Memoria als Reaktion auf aktuelle Herausforderungen der eigenen Stellung angesehen werden können, da damit das Argument der Legitimität des Alters in die Konkurrenzsituation eingebracht werden konnte.175 Inwieweit dies auch für den mecklenburgischen Adel zutraf, ist m. E. nicht eindeutig festzustellen, da es bislang keine Kenntnisse darüber gibt, ob und wie die Altmecklenburger diese Medien gegen die Konkurrenz tatsächlich einsetzten. Bekannt ist jedoch, dass der Nachweis der adligen Abstammung der vier Großeltern bereits um 1500 von älteren etablierten Adelsfamilien genutzt wurde, um den zahlenmäßig größeren Briefadel von der Mitgliedschaft in Domstiften oder exklusiven Ritterorden auszuschließen. Auch für die Mecklenburger ist ein solcher Ahnennachweis überliefert.176 Es scheint daher kein Zufall gewesen zu sein, dass es die Adelsfamilien gerade im Verlaufe der zweiten Hälfte des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, als 171 Etwa für das 15. und 16. Jh. die Arbeiten von Nikolaus Marschalk, Georg Rixner, David Chyträus, Albert Krantz (vgl. Röpcke: Nikolaus Marschalks; Elsmann: Germanen, Antike und Amazonen; Cordshagen: Herkunft und Wappen; Krabbe: David Chyträus, S. 354–357; Neumann: Genealogie). 172 Kap. 4.1.3. 173 Zu kritischen Äußerungen und Anspielungen vgl. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 135; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 70 (Landtag 1583, Leichenpredigt für Christoph von Cramon auf Borkow um 1592). Zur Unterscheidung zwischen altem und neuem Adel bereits um 1500 vgl. Lisch und Anonymus: Extra-Sendschreiben, S. 151. 174 Abb. 3–6 sowie Kap. 2.1.1. 175 Vgl. auch Schneider: Dynastische Historiographie, S. 308. 176 Im Jahre 1612 musste bsw. Hartwig von Bülow auf Pokrent dem Domdechanten von Magdeburg seine vier Ahnen mittels Zeugen (Gebhard von Moltke, Joachim von Oldenburg, Hartwig von Lützow, Hans von Negendanck) beweisen (vgl. Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, Urkunden, S. 40–41). Die Ahnenprobe als solche ist jedoch älter. Erinnert sei bsw. an den Nachweis der Abstammung von vier ritterbürtigen Ahnen im Rahmen der Turnierfähigkeit. Darüber hinaus galt bereits im Mittelalter, als aus den Berufsständen Geburtsstände wurden, der Vier-Ahnen-Beweis als Beleg, dass alle vier Großeltern des Probanden demselben Stand angehörten.



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sich zahlreiche Familien in ihrer Existenz bedroht sahen,177 für notwendig erachteten, die Reinheit ihrer adligen Abstammung durch Ahnenproben in Leichenpredigten oder auf Epitaphen zum Ausdruck zu bringen.178 In diesen Zeitraum fällt im Übrigen auch die bereits erläuterte genealogische Sammlung des Bernhard Latomus. Allerdings kann man auch in ihrem Fall nur mutmaßen bzw. nicht abschließend klären, ob inneradlige Auseinandersetzungen die Ursache ihres Entstehens waren.179 In den Genealogien des Stargarder Adels heißt es, sie wären „gar nützlich bey Leichbegängnüssen und Erbschafften zu gebrauchen /also das groß Gezänck und Rechtfertigung dadurch können verhütet werden.“180 Da „groß Gezänck und Rechtfertigung“ mit dem Anstieg der gerichtlichen Auseinandersetzungen – insbesondere vor dem Reichskammergericht181 – übereinstimmen, spricht die Aussage durchaus dafür, dass Adelsgenealogien in inneradligen und gerade auch in innerfamiliären Konflikten eingesetzt wurden.182 Wie bereits erwähnt, scheinen die Vasallen in einem landesherrlichen Empfehlungsschreiben aufgefordert worden zu sein, Latomus mit der Übersendung von Stammtafeln und Archivalien zu unterstützen. Über die Umstände der Entstehung des Empfehlungsschreibens ist j­edoch nichts bekannt. Angesichts der zeitgenössischen politischen Entscheidungsfindung ist es durchaus denkbar, dass nicht der Landesherr, sondern womöglich einige altmecklenburgische Ritterschaftsvertreter dahinter zu vermuten sind.183 Die tatkräftige Unterstützung, die Latomus zumindest im Stargarder Kreis von den bedeutendsten dort ansässigen Adelsgeschlechtern erfuhr, stützt die These, dass seitens des Adels ein Interesse bestanden haben muss, ein genealogisches Überblickswerk zu erarbeiten, das jedem einzelnen die spezifischen Familiengeschichten in gebündelter Form zugänglich machte. Die seit dem ausklingenden 17. Jahrhundert einsetzende Konjunkturphase familiengeschichtlicher und genealogischer Manuskripte und Publikationen ist zu weiten Teilen auf inneradlige bzw. innerritterschaftliche Konflikte zurückzuführen, die vordergründig einträgliche, prestigeträchtige und einflussreiche Positionen in Landesklöstern und Ritterschaft zum Thema hatten. In diesen Auseinandersetzungen versuchten diejenigen Familien, die sich selbst als altmecklenburgisch erachteten, sich mittels Genealogie von neuadligen Konkurrenten zu separieren, um einen privilegierten Zugang zu Konventualinnen-, Klosterhauptmanns- oder Landratsstellen zu ­erhalten.184 Nachdem gegen Ende des 17. Jahrhunderts zunehmend Beschwerden an177 Zur Agrarkrise um 1600 vgl. Kap. 3.2.2. Gerade in Zeiten konkreter Bedrohung der Herrschaftsund Souveränitätsansprüche griff der Adel verstärkt auf publizistische Maßnahmen zurück (Czech: Legitimation und Repräsentation). 178 Vgl. Abb. 4, 6, 30. 179 Krause: Latomus. 180 Latomus: Uhrsprung und Anfang. 181 Vgl. als Überblick Stein-Stegemann: Inventar. 182 Vgl. auch Kap. 2.3 und 3.2. 183 Vgl. Kap. 4.2. 184 Zu den Konflikten als solche vgl. ausführlich Kap. 3.2. und Kap. 4.2. Hier interessiert zunächst nur der Einsatz der Genealogie während der Konfliktaustragung.

90 Familie gestammter Familien laut wurden und der Begriff der sog. „Alteingeborenen“ schließlich um 1700 gebräuchlich war,185 kam es auf Initiative einer altmecklenburgischen Interessenvertretung, der Persönlichkeiten wie Andreas Gottlieb von Bernstorff und Christian Siegfried von Plessen angehörten, zu Beginn des 18. Jahrhunderts – wahrscheinlich im Jahre 1706 – zur juristischen Trennung zwischen altem und neuem mecklenburgischen Adel.186 Obwohl im Verlaufe der nächsten Jahrzehnte einige Lockerungen erfolgten, wurden nun insbesondere diejenigen zum alten Adel gerechnet, die von den Unterzeichnern der Landständischen Union des Jahres 1523 abstammten.187 Diesen Alteingeborenen wurde u. a. ein privilegierter Zugang zu Konventualinnen- und Klosterhauptmannsstellen in den drei Landesklöstern Malchow, Dobbertin und Ribnitz gewährt; nur ihnen war es vorbehalten, als Landrat zu kandidieren.188 Um nun die altmecklenburgische Abstammung nachzuweisen, ­mussten entsprechende stichhaltige Genealogien vorgelegt werden, die u. a. von Klosterhauptmännern, Klosterrevisionskommitten oder dem Engeren Ausschuss – also Institutionen in der Hand des alten mecklenburgischen Adels – kontrolliert und verwaltet wurden.189 Da sich die Vasallen gerade gegenüber dem Engeren Ausschuss zunehmend zur genealogischen Rechenschaft verpflichtet sahen, lässt sich wiederum erklären, warum sie sich verstärkt seit Beginn des 18. Jahrhunderts mit Fragen der Herkunft, Abstammung und Verwandtschaft auseinandersetzten.190 In gleicher Weise werden sowohl die Korrespondenzen zwischen Engerem Ausschuss und einzelnen Vasallen wie auch das sprunghafte Anwachsen von Archiv und Bibliothek der Ritter185 Nachweislich beim Landtag 1702 (Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 95–96). 186 Vgl. als Überblick Lisch und Anonymus: Extra-Sendschreiben, besonders S. 174–183; Heitz und Münch: Friedrich Lisch, S. 42–43; des Weiteren Heitz: Die „nicht adelichen Eingesessenen von der Ritterschaft“; Opitz: Die Bernstorffs, S. 14; Naumann: Die Plessen, S. 128–129 sowie ausführlich Kap. 3.2.3. Auf diese Unterscheidung geht auch die Bezeichnung „mecklenburgischer Adel“ bzw. „Adel in Mecklenburg“ zurück. 187 Karge: Geschichte Mecklenburgs, S. 59. Legen wir in diesem Falle nicht die kleine (ca. 160 Unterzeichner), sondern die sog. Große Union von 1523 (vgl. Union der Landstände) zugrunde, gehörten dazu 23 Vertreter der Ritterschaft, die aus den Geschlechtern Pentz, Finecke, Helpt, Lühe, Schöneich, Quitzow, Levetzow, Oldenburg, Bassewitz, Lützow, Rohr, Halberstadt, Preen, Barfuß, Blücher, Vieregge, Flotow, Maltzan, Oertzen, Hahn, Bülow, Moltke und Wangelin stammten. Wohl nicht zuletzt deshalb beabsichtigte der Adelsgenealoge Claus Josias von Behr die Union von 1523 in seiner für den Druck vorgesehenen genealogischen Sammlung zu publizieren (LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr). In den folgenden Jahrzehnten wurde diese Regelung insofern gelockert, dass nun auch die Anwesenheit bei der Klosterüberweisung 1572 oder Güterbesitz im 16. oder gar 17. Jh. und die direkte Nachkommenschaft mit den damit verbundenen Personen Voraussetzung waren, um in den alten Adel aufgenommen zu werden. Vgl. u. a. Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 1, S. 196; Krause: Verzeichnis, S. 9 sowie Kap. 3.2.3. 188 Vgl. Viereck: Die Rechtsverhältnisse; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 92–93; zu den Stellen in den Landesklöstern vgl. Kap. 3.2; zur Landratswahl Kap. 4.2. 189 Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 1, S. 204. 190 Die genealogischen Arbeiten, die in den wenigen Adels- und Gutsarchiven überliefert sind, gehen häufig auf das beginnende 18. Jh. zurück. Flotowsche Familiennachrichten (Stammbäume, Ahnentafeln, Wappenzeichnungen usw.) beginnen bsw. im Jahr 1713 (Jesse: Verzeichnung, S. 369).



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schaft plausibel.191 In diesem Zusammenhang ist auch der Ankauf der Behrschen genealogischen Sammlung sowie weiterer Manuskripte und einiger bedeutender Adelsbibliotheken im Verlaufe des 18. Jahrhunderts zu sehen.192 Im Übrigen gingen gerade die seit Beginn des 18. Jahrhunderts entstandenen umfangreichen Forschungsprojekte, die sich auf die Stammbäume mecklenburgischer Adelsfamilien bezogen, abgesehen von der Hoinckhusenschen, ausschließlich auf altmecklenburgische Vertreter zurück, die darüber hinaus auf die um 1700 eingeführte juristische Unterscheidung eingehen, indem ihnen bsw. genealogische Tabellen derjenigen Familien beigefügt wurden, „so in den Herzogthümern Mecklenburg das Indigenat=Recht besitzen“.193 Matthias Hans von Behr fungierte darüber hinaus als Ritterschaftsdeputierter und sah sich dadurch gerade dem Engeren Ausschuss verpflichtet, was nicht nur die Veröffentlichung seiner „Rerum Meclenburgicarum libri octo“ – einer achtbändigen Geschichte Mecklenburgs, die sich vornehmlich dem Adel widmete –, sondern gleichsam die Entstehung der großformatigen Kombination von Stammtafel und Ahnenreihe, die adlige Abstammung und altmecklenburgische Ansässigkeit in besonderer Weise zum Ausdruck brachte, und deren spätere Aufbewahrung im ritterschaftlichen Archiv erklärt.194 Diejenigen Ahnentafeln, die sowohl für männliche als auch weibliche mecklenburgische Adlige erstellt wurden und für gewöhnlich Unterschriften und Siegel von Zeugen aufweisen, gehen teilweise auch auf die Trennung zwischen altem und neuem Adel zurück.195 Zu den internen Regelungen gehörte, dass 191 Heinrich August von Rieben spricht daher in seinen Briefen an den Engeren Ausschuss wohl nicht ohne Grund von „Wahrheit“ und „folglich ex actis publicis“ (vgl. seinen Brief, Galenbeck, 22. September 1764, in: UBRSS, Familienpapiere Rieben). Was die Rechenschaft gegenüber dem Engeren Ausschuss anbelangt, scheint es auf dem Landtag vom 22. November 1763 einen neuerlichen Beschluss gegeben zu haben (vgl. die Briefe ebd.). 192 Der Grundstock der Bibliothek des Engeren Ausschusses bzw. der Mecklenburgischen Landstände geht zurück auf die Buchbestände des Adolph von Bassewitz zu Neuhof (1740). Ergänzt wurde sie durch die Bibliothek des Landrats Negendanck auf Zierow (1749), die Behrsche Adelsgenealogie und die „Mecklenburgica“ des Staatsministers Kamptz (1806). Zu den Beständen der Landständischen Bibliothek (Johannisbibliothek) gehörten darüber hinaus zahlreiche Bücher und Manuskripte (mehr als 50) aus der Feder mecklenburgischer Adliger (Anonymus: Bibliothek der Mecklenburgischen). 193 Etwa Christoph Otto von Gamm (LHAS, Dienstbibliothek, Sign. 32167, 1–2, 2 Bde., Ms, o. O. 1780) und Matthias Hans von Behr (Behr: Rerum Meclenburgicarum, Sp. 1559–1691). Genealogische Sammlungen als solche waren jedoch nichts Mecklenburgspezifisches. Möglicherweise wurde auch hier auf außermecklenburgische Vorbilder zurückgegriffen. Claus Josias von Behr kannte bsw. die Adelsgenealogien von Johann Wilhelm von Wurmbrand (österreichischer Adel) und Johannes Jacob Schmauß (portugiesischer Adel) und wusste von den im Auftrag König Emanuels in Portugal angelegten Adelsarchiven. Sein Bruder, Matthias Hans von Behr, ebenfalls als Adelsgenealoge sowie als mecklenburgischer Ritterschaftsdeputierter in Wien tätig, kannte sowohl Wurmbrand als auch den Historiker und Staatsmann Johann Christoph von Bartenstein (verfasste ebenfalls eine österreichische Adelsgenealogie) persönlich (vgl. LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr; Schröder: Des Herrn, S. CXVI). 194 Behr: Rerum Meclenburgicarum; Abb. 35. 195 Anonymus: Johanniter-Ahnentafeln, S. 1 (Oertzen); Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 460–461 (Dewitz); Alsleben: Einschreibbuch (Plessen).

92 Familie die Klosterkonventualinnen aus altadligen Familien zu stammen hatten, woraus wiederum entsprechende Ahnentafeln resultierten.196 Die der männlichen mecklenburgischen Adligen stehen in erster Linie mit Anordnungen in Verbindung, die extern – insbesondere in Gemeinschaften wie dem Johanniterorden  – getroffen wurden. Angesichts der zunehmenden „Verunreinigung“ – offenbar eine Folge des Dreißigjährigen Krieges – wurde gerade die für die Mitgliedschaft in der „deutschen Zunge“ des Ordens notwendige Reinheit der adligen Abstammung einer intensiven Prüfung unterzogen.197 Nach positiver Evaluierung wurden die Ahnentafeln, die auf eine Probe der sechzehn Ururgroßeltern abzielten, als eine Art Attest ausgestellt, wobei gelegentlich angenommen wird, dass die Stammtafelmalereien an Patronatsgestühlen in Verbindung mit den Ordensaufnahmen entstanden sein könnten.198 Zumindest sind sie – wie auch die publizierten und auf Epitaphen abgebildeten Ahnenproben – als Ausdruck von reiner adliger Abstammung zu verstehen. Die Ordensmitgliedschaft wiederum war Voraussetzung, um bsw. das Amt eines Klosterhauptmanns bekleiden zu können. So kann an dieser Stelle bereits konstatiert werden, dass das Interesse für Familiengeschichte und -genealogie – dies gilt für den gesamten Untersuchungszeitraum – im Zusammenhang von Erwerb und Sicherung ökonomischen und sozialen Kapitals gesehen werden muss; gerade die Mitgliedschaft in exklusiven Ritterorden war immer mit Prestige verbunden. Das durch Genealogie und Geschlechterhistorie offerierte Herkommen bildete das zentrale Regulativ zwischen gesellschaftlicher Kontinuität und Veränderung.199 Gleichsam führte die juristische Abspaltung des alten, „reinen“ Adels inner- wie außerhalb Mecklenburgs zu einem mehr oder weniger engen Zusammenrücken der dazugehörigen Familien, die sich der eigenen Geschichte als Legitimationsquelle zugewandt hatten.200

196 Vgl. Alsleben: Einschreibbuch. Zur Herstellung der Ahnentafeln unmittelbar nach der Geburt der zukünftigen Klosterkonventualinnen in spe vgl. Kap. 3.2.3. 197 Wahrscheinlich wegen der Nachprüfbarkeit können die Daten der veröffentlichten Ahnentafeln weitgehend als authentisch angenommen werden. Wohl deshalb weisen einige Felder im Bereich der älteren Generationen Lücken auf. Vgl. Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 149; ebd., Band 3, S. 150, 331 (Bewertung einer Oertzenschen Ahnentafel in der Kirche zu Helpte). Zu den Lücken in Ahnentafeln vgl. Abb. 33, 34 sowie Hufschmidt: „Vom uralten Adel“, S. 30. 198 Vgl. Vertot: Histoire des Chevaliers, S. 52- 55. Zu den Zeugen (u. a. Vieregge und Bülow, Berlin, 23. Februar 1728) wegen der Aufnahme Victor Sigismund II. von Oertzen in den Johanniterorden 1728 vgl. Anonymus: Johanniter-Ahnentafeln; des Weiteren Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 460–461 (Friedrich Georg Karl von Dewitz). Zu den Malereien am Patronatsgestühl in der Kirche zu Jatzke anlässlich der Aufnahme in den Johanniterorden 1775 vgl. Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 13; des Weiteren die Ahnentafeln an den Patronatsgestühlen in den Kirchen Neddemin und Kotelow (Dechow-Jasmund, Oertzen-Treskow). 199 Heck und Jahn: Einleitung, S. 2–3. 200 Vgl. auch Hufschmidt: „Vom uralten Adel“, S. 25. Inwieweit hier die Reinheit des altmecklenburgischen Adels bei den zu verheiratenden Personen durch Vorlage von Ahnentafeln ein Rolle spielte, ist für die mecklenburgischen Verhältnisse bislang nicht bekannt. Vgl. des Weiteren die gemeinsame Vorfahrentafel von Anna Catharina von Hahn und Bernd Simon von Kerssenbrock (um 1684), in: Hufschmidt: „Vom uralten Adel“, S. 30.



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Schließlich bleibt noch auf die lehns- bzw. erbrechtliche Komponente von Genealogie hinzuweisen. Vereinfacht ausgedrückt, waren im Todesfall nur diejenigen Familienmitglieder erbberechtigt, die in entsprechender Weise im Lehnbrief berücksichtigt wurden. Im Falle der o. g. Familie Hake bsw. war der fünfte Verwandtschaftsgrad nicht ausreichend, um die Erbschaft antreten zu können.201 Sollten Ansprüche geltend gemacht werden, mussten in der Regel genealogische Nachweise erfolgen, die insbesondere in gerichtlichen Auseinandersetzungen eine Rolle spielten.202 Genealogische Forschung steht daher in engem Zusammenhang mit erblichem (Guts-)Besitz und somit wiederum mit dem Erwerb und der Sicherung ökonomischen Kapitals. Gleichfalls zeigen gerade die zahlreichen Gerichtsprozesse, dass die Konkurrenz um Besitz auch zu Streitigkeiten innerhalb der Familien führte, was an anderer Stelle noch erörtert werden soll.203 In diesen individuellen Auseinandersetzungen konnte es daher vorkommen, dass von anverwandten, sich im Streit befindenden Personen voneinander abweichende Genealogien vorgelegt wurden. Die vor dem Reichskammergericht ausgetragenen Erbfolgedispute innerhalb der Familie Kamptz im 16. sowie der Familie Stralendorff im 17. Jahrhundert verdeutlichen, dass Genealogien offenbar bewusst dazu eingesetzt wurden, um andere Familienmitglieder von der Erbfolge auszuschließen – zumindest warfen die Beteiligten sich dies gegenseitig vor.204 Auch wenn es sich dabei nicht um repräsentative Beispiele handeln muss, zeigen sie doch, dass genealogische Forschung nicht ohne weiteres als Ausdruck eines ausgeprägten Familienbewusstseins, sondern in dem einen oder anderen Fall als das genaue Gegenteil angesehen werden kann. Im Übrigen stehen m. E. gerade auch die Adelsarchive in enger Verbindung zu den juristischen Auseinandersetzungen innerhalb der Familien bzw. des Adels. Schließlich enthielten sie in erster Linie Lehn- und Pfandbriefe, Obligationen oder Schuldscheine und damit Dokumente wirtschaftlich-juristischen und eben nicht familiengeschichtlichen Hintergrunds.205 Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die bei den Inventarisierungen erstellten Auflistungen nicht auf Lebensdaten der Familienmitglieder, sondern zuallererst auf Geldbeträge eingehen.206 Anders gesagt: Der 201 Vgl. Hake: Geschichte, S. 210–211; LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Klein Vielen, Vol. II. Zur Bedeutung des Verwandtschaftsgrades vgl. Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 66, 73 sowie Kap. 2.3.1. 202 Genealogische Skizzen als Beilagen und Beweismittel der Gerichtsakten und -prozesse (nach Stein-Stegemann: Inventar): Barnewitz (Nr. 8), Bassewitz (Nr. 123), Bülow (Nr. 39, 459, 1134), Flotow (Nr. 570), Jasmund (Nr. 1345, 1346), Lowtzow (Nr. 727), Pentz (1575), Plessen (Nr. 831), Preen (Nr. 1176), Rabe (Nr. 1224), Schulenburg (Nr. 1700), Sperling (Nr. 1043), Stralendorff (Nr. 951, 1140), Voss (Nr. 669, 1011), Wangelin (Nr. 343) und Zeppelin (Nr. 795). 203 Kap. 2.3. 204 Vgl. Kamptz: Die Familie, S. 228; LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 951 sowie ausführlich Kap. 2.3.2. 205 Wohl deshalb erfolgte ein vergleichsweise sorgsamer Umgang mit diesen Dokumenten, die offenbar nicht ohne Grund an sicheren Orten aufbewahrt wurden. Zum Diebstahl bzw. zum Streitgegenstand solcher Dokumente vgl. Lisch: Urkundliche Geschichte, S. 463 (Bülow, 2. H. 16. Jh.); LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 795 (Zeppelin, 1653–1703). 206 Vgl. etwa LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 14 (Familie Hahn, 1667, 1689–1690).

94 Familie Adel archivierte seine Briefschaften nicht, um womöglich zu einem späteren Zeitpunkt eine Familiengeschichte zu verfassen oder sich gelegentlich zum Zeitvertreib in alten Lehnbriefen über die Ahnenviten zu informieren – auch wenn das bestimmt vorgekommen sein mag –, sondern um im Bedarfsfall auf einen Fundus an Beweisdokumenten zurückgreifen zu können. Im Übrigen wurde mit den Archivalien nicht immer besonders sorgsam umgegangen; im Erbfall wurden die zu übergebenen Briefschaften einbehalten oder über Generationen angesammelte Archivbestände einfach auseinander gerissen, was m. E. nicht für ein ausgeprägtes familiäres Bewusstsein mit historischer Tiefenschärfe spricht.207 Zudem gibt es auch Hinweise darauf, dass nicht allen mecklenburgischen Ad­ ligen an der Erforschung der Familiengenealogien- und -geschichten gelegen war. Der Landsyndikus Johann Gottlieb Pistorius, der sich um 1760 mit den Stammbäumen speziell des Stargarder Adels befasste, erhielt im Gegensatz zu seinen adligen Forscherkollegen offenbar nicht die nötige Unterstützung, woran das Projekt schließlich scheiterte.208 Nur die Geschichte des Geschlechts Warburg wurde zum Druck befördert; jedoch verzichtete Pistorius auf die Einsendung des zweiten Bogens, was wohl nur als persönliche Spitze gegen den damaligen Landrat und Vizelandmarschall des Stargarder Kreises, Ernst Siegmund von Warburg auf Quadenschönfeld, gewertet werden kann. Die Geschichte des Geschlechtes Warburg brach mitten im Text ab.209 In ähnlicher Weise versagten wohl auch einige von den genealogischen Arbeiten Johann Heinrich von Hoinckhusens betroffene Familien wie die Rieben auf Galenbeck um 1740 ihre Unterstützung.210 Über die Gründe kann hier jedoch nur spekuliert 207 Vgl. etwa Kamptz: Geschichte, S. 1, 3; Lisch: Urkundliche Geschichte, S. 459–461. Jesse (Jesse: Verzeichnung, S. 352) weist darauf hin, dass die Geschlossenheit der Adelsarchive durch die Gründung von Fideikommissen begünstigt wurde. So waren noch im Jahre 1913 gerade diejenigen Magazine besonders umfangreich, bei denen die Besitzer im 17. und 18. Jh. durch Fideikommisse einer späteren Güterteilung entgegenzuwirken gedachten – etwa in den Familien Bassewitz, Lützow, Flotow, Barner, Bülow, Behr, Plessen, Parkentin oder Negendanck. Hier bildeten Guts-, Familien- und Archivgeschichte nahezu eine rechtliche Einheit. Zu den unterschiedlichen Ordnungszuständen der Adelsarchive (Hahn zu Basedow, Bassewitz zu Prebberede) vgl. Jesse: Verzeichnung, S. 335, 355–356; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 11). Der Genealoge der Familie Bassewitz urteilte 1859 (Prebberede): „Den Familien=Archiven ist nicht immer große Sorgfalt gewidmet worden, es gab sogar wohl Zeiten, wo man auf die darin enthaltenen Nachrichten wenig Werth legte.“ Auch das umfangreiche Archiv der Hahn zu Basedow blieb von Separationen nicht verschont (LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 21). 208 Dies war selbst dem irischstämmigen Mecklenburgreisenden Nugent zu Ohren gekommen, der Pistorius in Neubrandenburg kennen gelernt hatte. Nugent schreibt über dieses Treffen (Nugent: Travels, S. 158): „Indessen beklagte er sich doch sehr über den mecklenburgischen Adel, daß er ihn nämlich in Mitteilung der Familiennachrichten nicht so bereitwillig gefunden, als er es wohl gewünschet hätte. Ich muß gestehen, ich erstaunte, wie ich dies hörte, und zugleich ärgerte mich das Betragen solcher Edelleute nicht wenig, die so unempfindlich die Ehre erwidern, die ihnen große und gelehrte Männer dadurch erzeigen, daß sie die merkwürdigsten Taten ihrer Vorfahren der Vergessenheit entreißen.“ 209 Pistorius: Das Geschlecht; Abb. 60. 210 Mehrere Versuche, die zu Galenbeck verwahrten Dokumente einzusehen, scheiterten. Vgl. die an Rieben gerichteten Briefe des Hoinckhusen (1739 und 1740), in: LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 1.



Familienhistorisches und -genealogisches Bewusstsein

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werden. Vielleicht hatte sich zur Mitte des 18. Jahrhunderts schon so etwas wie ein genealogisches Sättigungsgefühl in einigen Familien eingestellt. Vielleicht wollte man nicht, dass fremde Genealogen auf unschöne Episoden (wie die der Familie Kamptz und der Veränderung der Farben der zu ihrem Wappen gehörenden Straußenfedern) der Familienhistorie oder gar auf Fehler in bisher herangezogenen Genealogien ­stoßen und diese dann durch Veröffentlichung einem breiten Publikum kundtun. Zudem bleibt anzumerken, dass genealogische Forschung gerade im 18. Jahrhundert zu kommerziellen Zwecken genutzt und von einigen mit dem Ziel der Publikation, d. h. des Verkaufs, betrieben wurde, mit dem sich angesichts der enormen Nachfrage Geld zu machen schien. Wohl deshalb werden einige Genealogen recht zögerlich mit der Herausgabe ungedruckter Manuskripte umgegangen sein, da sich dies womöglich negativ auf das spätere Kaufinteresse auswirken konnte. Inwieweit jedoch die in den Adelskreisen bekannte „Willfährigkeit“ des Genealogen Pistorius mit der Veräußerung oder gar der Qualität seiner Ausarbeitungen zusammenhing, ist nicht bekannt.211 Und doch finden sich in den Quellen gelegentlich Hinweise darauf, dass neben der vordergründig zum Zwecke der Aneignung und Sicherung ökonomischen und sozialen Kapitals betriebenen Auseinandersetzung mit Familiengeschichte und -genealogie auch Fragen der Erziehung und Sozialisation, des Familienzusammenhalts und des kollektiven Familiengedächtnisses eine – wenn auch m. E. untergeordnete – Rolle spielten, die als Strategien für die Erhaltung familiären Selbstverständnisses angesehen werden können.212 Nicht zuletzt bleibt noch auf die Rolle der Stammgüter bzw. Stammlehen hinzuweisen, also solcher Besitzungen, die sich kontinuierlich über Jahrhunderte in ein und derselben Familie befanden.213 Es gibt zwar Hinweise darauf, dass ein entsprechender Verweis schon im 16. Jahrhundert gelegentlich in Protestschreiben und gerichtlichen Auseinandersetzungen als Argument angeführt wurde, wobei es vordergründig um ökonomisches Kapital ging.214 Andererseits ist bekannt, dass die Familien häufig alles daran setzten, den Verbleib der Stammgüter in den Familien aufrechtzuerhalten bzw. – im Falle des Verlusts – ihren Besitz wieder 211 Seine genealogische Sammlung ist nicht überliefert. Zur „Willfährigkeit“ schreibt Bülow (Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 15, 17): „Es sey aber, wie ihm wolle, unsere Familie würde noch lange nicht der Gegenstand seiner Arbeit geworden seyn, daher er auch recht Bidermännisch mir seine Bemerkungen mitgetheilet hat. Seine Willfährigkeit zu dienen ist bekannt, mein Dank sey es auch.“ 212 Vgl. Czech: Legitimation und Repräsentation; Halbwachs: Gedächtnis; Assmann: Das kulturelle Gedächtnis, S. 29–160; Heck und Jahn: Einleitung, S. 2. 213 Vgl. Münch: Studien zur Agrargeschichte; Münch: Ritterschaft zwischen Mittelalter. Eine wichtige Funktion der Stammgüter sieht Münch (Münch: Adlige Witwen, S. 360) im „mentalen Anker des eigenen adligen Selbstverständnisses, Traditionbewußtseins und Prestiges sowie die damit verbundene Ermöglichung einer standesgemäßen adligen Lebenskultur, eines entsprechenden Ansehens und nicht zuletzt einer entsprechenden Stellung in der mecklenburgischen Ritterschaft und in der mecklenburgischen Gesellschaft im weitesten Sinne.“ 214 Etwa die Pentz auf Redefin und die Bassewitz auf Prebberde (Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 355; Münch: Die rebellischen Bauern, S. 51).

96 Familie herzustellen.215 Die Gebrüder Bassewitz hatten um 1727 sogar beschlossen, die Stammsitze Prebberede und Dalwitz als Zentren der sich im Entstehen befindenden Bassewitz-Grafschaft anzusehen und in entsprechender Weise auszubauen.216 Nicht selten konnte so mancher Adlige die Dauer des Familienbesitzes auf den Tag genau angeben; demnach wurden in der einen oder anderen Familie auch entsprechende Jubiläumsfeiern veranstaltet, mit denen der Besitz der Stammgüter gewürdigt wurde.217 Des Weiteren sei abschließend auf einige Passagen in handschriftlichen Hinterlassenschaften hingewiesen, die verdeutlichen, dass es nicht ausschließlich Fragen des ökonomischen und sozialen Kapitals waren, die eine Auseinandersetzung mit Genealogie und Familiengeschichte erforderlich machten. So heißt es bsw. in einem von Julius von Bülow 1635 an seine Kinder gerichteten Aufsatz, er beinhalte deshalb zahlreiche Passagen, die die Geschichte dieser Bülowschen Linie betrafen, „damit ihr wissen möget, von welchem Hause, Stamm und Linie [...] unsere Vorfahren ­entsprossen [...].“218 Gegen Ende des 18. Jahrhunderts bemerkte ein Mitglied der Familie Flotow: „Schon von früher Jugend an nahm ich lebhaften Antheil an der Geschichte meiner Familie und lauschte begierig den Erzählungen meines Vaters und anderer Personen, besonders meiner, sich für diesen Gegenstand gleichfalls von jeher sehr interessierenden, ältesten Schwester und eines alten Dieners, welcher aus einem Flotowschen Gute in Mecklenburg stammend, sein ganzes Leben in der Familie zugebracht hatte.“219

215 Etwa die Dewitz zu Cölpin oder die Lübberstorff auf Genzkow (Steinmann: Bauer und Ritter, S. 154; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 119). 216 Vgl. die Briefe der Gebrüder Joachim Otto und Henning Friedrich von Bassewitz, in: Bassewitz: Aus dem Leben, u. a. S. 210–211, 220; des Weiteren Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 194 (Karte der „Bassewitz-Grafschaft“, 18. Jh.); ebd., S. 2, 196. In einem dieser Briefe schreibt Henning Friedrich (St. Petersburg 11. bzw. 22. März 1727) wegen Rückkauf von Dalwitz (Bassewitz: Aus dem Leben, S. 220): „Deinen Vorschlag nach, Dir die 40 m. Rthlr. geben, in Ansehung, daß es das Stammguth ist [...].“. 217 So wusste Stephan Werner von Dewitz 1778, dass sich Cölpin seit siebenhundert Jahren im ­Besitz der Familie befand (Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 417). Die Kamptz haben die in der 2. H. des 18. Jh. noch sichtbaren Ruinen ihres alten Rittersitzes zu Klein Dratow als Überbleibsel ihrer Familie angesehen (Kamptz: Geschichte, S. 20). Die Hahn auf Basedow feierten am 11. November 1849 das fünfhundertste Jubiläum des freien Besitzes von Basedow (Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 117). 218 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, Urkunden, S. 42. 219 Flotow: Beiträge zur Geschichte, S. V.

2.3 Erbstreitigkeiten 2.3.1 Rechtliche und traditionelle Erbfolgeregelungen Lehnsfolge- und Erbstreitigkeiten und die damit verbundene Auseinandersetzung um ökonomisches Kapital haben in so mancher mecklenburgischen Adelsfamilie dazu geführt, dass sie sich etwas ausführlicher ihrer Genealogien und Familiengeschichte annahm. Erinnert sei bsw. an die Kamptz, Moltke und Stralendorff im 16. und 17. oder die Hake im 18. Jahrhundert.1 In diesem Zusammenhang begegnete eine ungewöhnliche Formulierung in der Druckfassung der Stargarder Adelsgenealogien des Bernhard Latomus aus dem Jahre 1619, in der es heißt, selbige wären „gar nützlich bey Leichbegängnüssen und Erbschafften zu gebrauchen /also das groß Gezänck und Rechtfertigung dadurch können verhütet werden.“2 Diese Feststellungen allein können jedoch weder als Indiz dafür betrachtet werden, dass genealogische Forschung ausschließlich zu wirtschaftlichen und juristischen Zwecken betrieben wurde, noch dass Erbfolgestreitigkeiten charakteristisch waren für die mecklenburgischen Adelsfamilien der frühen Neuzeit. Ersteres wurde bereits an anderer Stelle erläutert,3 letzteres soll Gegenstand der folgenden Ausführungen sein, da gerade das Verhalten der Protagonisten im Erbschaftsfall, bei dem für gewöhnlich immer ökonomisches Kapital im weitesten Sinne zur Disposition stand, als Ausdruck für innerfamiliären Zusammenhalt angesehen werden kann. Grundsätzlich soll hier unterschieden werden zwischen persönlichem Besitz und dem, was dem Erblasser „leihweise“ übertragen worden war. Letzteres betraf in erster Linie die von der Landesherrschaft empfangenen Lehngüter, die – von Ausnahmen einmal abgesehen – in der Regel männlichen Adligen verliehen wurden.4 Der Werdegang eines solchen Lehngutes war im Todesfall des Besitzers zunächst von lehnbrieflich verklausulierten Verwandtschaftsgraden abhängig. 5 Für gewöhnlich erfolgte ein weitgehend konfliktfreier Besitzwechsel, wenn es sich beim Verblichenen um den letzten seines Geschlechts handelte.6 Das Lehen fiel zurück an die Landesherrschaft, die es nun nach Gutdünken weiter verleihen konnte. Konflikte mit Familienmitgliedern gleichen Namens und Schildes waren demnach unwahrscheinlich, da 1 Vgl. Witte: Wilhelm Ulenoge; Münch: Inhaltliche Komponenten; Kamptz: Geschichte; Kamptz: Die Familie; LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 951, u. a. Band 2, Q 87, 99–103, 112; Hake: Geschichte, S. 209–213; LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Klein Vielen, Vol. II sowie Kap. 2.2.3. 2 Verfasst um 1610, posthum gedruckt 1619. Vgl. Latomus: Uhrsprung und Anfang; des Weiteren Krause: Latomus; Kap. 2.2.1. 3 Kap. 2.2. 4 Zur Belehnung vgl. 4.1. 5 Vgl. im Folgenden Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 122–157; des Weiteren Kap. 2.2. 6 Vgl. LHAS, 11.3-1/2, Genealogische Sammlung Hoinckhusen; Lisch: Ueber die genealogischen Arbeiten, S. 40–42 sowie Kap. 3.2.2. Hoinckhusen erwähnt bis zur Mitte des 18. Jh. 338 ausgestorbene Familien, Pentz erweiterte die Liste mit Hilfe des Genealogen Christoph Otto von Gamm auf ca. 600.

98 Familie diese nicht mehr existierten. Als weitaus komplizierter entpuppten sich allerdings solche Fälle, bei denen einzelne Linien des Geschlechts erloschen. Hier richtete sich das Augenmerk zuallererst auf den im Lehnbrief fixierten Agnationsgrad.7 Ihn in Erfahrung zu bringen, konnte gerade für weitläufige Verwandte, die nicht dauerhaft auf dem zu vererbenden Besitz weilten, mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein. Dies begann bereits damit, dass der zur Lehnsfähigkeit notwendige Verwandtschaftsgrad in den Lehnbriefen nicht immer direkt in Zahlen, sondern in allgemeinen Formulierungen wie „altes Lehen“, „zu Schild und Helm“ oder „zur gesamten Hand“ angegeben werden konnte.8 Der Lehnbrief selbst befand sich für gewöhnlich im Besitz des Lehnsmannes und wurde zu seinen Lebzeiten zumeist im entsprechenden Adelsarchiv aufbewahrt. Gerade Briefschaften dieser Kategorie wurden häufig aus Sicherheitsgründen in abschließbaren Behältnissen und Räumen aufbewahrt oder vertrauernswürdigen, zumeist in Städten wirkenden Personen übergeben.9 Darüber hinaus verhielten sich die Familienmitglieder mitunter recht zögerlich, wenn es um die Übergabe von Archivalien, insbesondere Lehnbriefen, ging.10 Es konnte also ein schwieriges Unterfangen darstellen, an die Originale der Lehnbriefe und damit an Informationen über den verklausulierten Grad der Agnation zu gelangen. Da aber entsprechende Dokumente auch bei der Landesherrschaft  – vornehmlich in den fürstlichen Lehnkanzleien – gesammelt und verwahrt wurden, war auch hier – vorausgesetzt, der herzogliche Konsens wurde erteilt – eine Einsichtnahme möglich.11 Gesetzt den Fall, der Agnationsgrad und das Verwandtschaftsverhältnis blieben im Vorfeld einer Erbfolgeentscheidung nicht exakt bezifferbar, erwies sich doch die rechtzeitige Erhebung von allgemeinen Ansprüchen oder im besten Fall das Gesuch um Eventualbelehnung häufig als lohnenswert.12 Von einer solchen Expektanz profitierten 1575 einige Vertreter des Geschlechts Oertzen, da die erloschene Linie „zur gesamten Hand“ belehnt worden war; als die Stargarder Zarnekow 1648 ausstarben, meldete sich Monate später ein verschollen geglaubtes Familienmitglied, das im Jahre 1650 tatsächlich den Mutschein – die Mutung ging der Belehnung voraus – für das

 7 Vgl. etwa den Fall des Wilhelm Otto von Hake auf Klein Vielen (LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Klein Vielen, Vol. II; Hake: Geschichte, S. 209–213 sowie Kap. 2.1.3.   8 Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 66, 73.  9 Kap. 2.2. 10 Etwa Angehörige der Familie Havel, um 1600 (vgl. Lisch: Urkundliche Geschichte, S. 459–461). 11 Einsichtnahmen in die Strelitzer Bestände etwa von den Rieben (Neverin, 1711), den Staffeldt (Ganzkow, 1715), den Hahn (Roggenhagen, 1762), den Bredow (Prillwitz, 1767), den Hahn und Geusau (Dahlen, 1786), den Brockhusen (Goehren, 1800). Vgl. LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Findbuch Strelitzer Lehnakten, Band 1, S. 387; ebd., Band 2, S. 129, 307; ebd., Band 3, S. 611, ebd., Band 4, S. 37, 145. Vgl. auch LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 1 (Familie Rieben, Galenbeck, Brief des Heinrich Wilhelm Goeden, Neustrelitz, 28. August 1742). 12 Zur Eventualbelehnung Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 78–79, 158–159. Die Anmeldung von Erbansprüchen galt für Lehns- wie Allodialbesitz, d. h. im Grunde genommen alles, was der oder die Verstorbene hinterlassen hatte. Vgl. exemplarisch Crull: Frau Fineke, S. 9, 14–25 (etwa dreißig Prätendenten nach Ableben der Katharina von Finecke, Mitte 16. Jh.).

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Lehen Blumenow erhielt.13 Eine Erfolg versprechende Expektanz begann daher bereits bei der intakten innerfamiliären Kommunikation.14 Eine solche scheint auch bei den gegen Ende des 17. Jahrhunderts ausgestorbenen Barstorf auf Barstorf vorgelegen zu haben, als eine in Pommern ansässige anverwandte Linie Monate später das Erbe beanspruchte. Den Lehnsprätendenten, die den Grad der Verwandtschaft allerdings nicht nachweisen konnten, sollte den Rechtsweg zu verfolgen erst gestattet sein, wenn sie sich legitimiert hätten. Da die pommerschen Verwandten jedoch nicht einen Vorfahren über ihren Vater hinaus nachweisen konnten, gaben sie ihre Ansprüche auf.15 Ähnlich gestaltete sich der Fall der mecklenburgischen Linie Manteuffel, die mit Friedrich Anton 1771 erlosch.16 Nachdem sich niemand auf die öffentliche Vorladung zur Geltendmachung von Ansprüchen gemeldet hatte, erschien Jahre später ein Anton von Manteuffel,17 worauf ein Prozess mit dem neuen Besitzer, Victor Wilhelm von Oertzen, entbrannte. Ersterem wurde wiederholt aufgetragen, seine Ansprüche zu beweisen. Dazu sah er sich jedoch nicht im Stande und argumentierte, das Gut Rattey sei ein altes Lehen der Familie, er gleichen Namens, Schildes und Helmes mit den verstorbenen Manteuffel und deshalb zur Erbfolge berechtigt, auch wenn er dies nicht im Detail nachweisen könne.18 Oertzen hingegen meinte, das strittige Gut sei einer ganz besonderen Linie verliehen worden. Er müsse also seine Abstammung vom ersten Lehnsnehmer belegen; allein Name, Schild und Helm bewiesen dies nicht – zumal er einen Beinamen trage und auch sein Wappen neben dem Querbalken im Schilde ihm unbekannte Beizeichen habe. Oertzens genealogische und heraldische Kenntnisse, die über den Rahmen der eigenen Familie hinausreichten, zahlten sich aus. Anton von Manteuffel gab 1775 seine Ansprüche auf.19 13 Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 443–444; ebd., Band 3, S. 295; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 42–43 sowie zur Mutung Kap. 4.1.1. 14 Vgl. ausführlich Kap. 3.3.2 sowie zu den zeitlichen Fristen im Rahmen von Mutung und Belehnung Kap. 4.1.1. 15 Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 292–294; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 37. 16 Der preußische Kammerherr Friedrich Anton von Manteuffel (1714–1771). Im Folgenden Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 322–324. 17 Aus der kur- und livländischen Linie des Geschlechts mit dem Beiname Szöge, aus Steglitz im Magdeburgischen. 18 Zu den rechtlichen Hintergründen der Schildvetternsukzession bzw. zum Abstammungsnachweis vgl. u. a. Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 127–131, 140–156. 19 Hier interessant: Schon im Jahre 1690 erhielt der Oberstleutnant Jürgen Henning von Oertzen von Herzog Gustav Adolph die Expektanz auf das Lehen Rattey, d. h. im Falle des Aussterbens der Linie; dies geschah jedoch erst im Jahre 1771, und tatsächlich wurde auch Victor Wilhelm von Oertzen, der Enkel des genannten Anwärters, 1775 mit Rattey belehnt, das sich jedoch faktisch (wegen Konkurses des Manteuffel) bereits ab 1744 in seinem Besitz befand (Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 444). Ein weiteres Bsp. für die Zurückweisung von Ansprüchen: das Gesuch des Leutnants J. V. G. von Fabian aus Berlin (1764), des letzten der ganzen Familie und im 6. Grad verwandt mit Adam Friedrich von Fabian auf Hohenzieritz. Das Lehen fiel an die Strelitzer Kammer zurück, kam später in den Besitz des Herzogs Carl (LHAS, 2.12-4/2, Findbuch Witte, Band 2, S. 433).

100 Familie Die Auseinandersetzung zwischen Manteuffel und Oertzen verdeutlicht, dass nicht nur Verwandte, sondern auch solche Personen, die mit dem Erwerb eines Lehngutes liebäugelten, durchaus über Verwandtschaftskonstellationen und verklausulierte Agnationsgrade informiert waren. Manch einer unternahm daher rechtzeitig den Versuch, die Anwartschaft auf eines der in naher Zukunft heimfallenden Lehen zu erwerben. Sofern der Erblasser einen männlichen Nachkommen hinterlassen hatte, galt dieser für gewöhnlich als der neue Besitzer des Lehngutes. Im Falle mehrerer Söhne kannte das selbst für die Zeitgenossen nur schwerlich zu durchschauende mecklen­ burgische Lehnrecht, zu dem an dieser Stelle nur einige grundlegende Bemerkungen erfolgen können, keine Primogenitur. Hier waren die Nachkommen theoretisch alle dazu berechtigt, den Lehnsbesitz des Erblassers anteilig zu übernehmen. Häufig wurden diesbezügliche Regelungen daher schon im Vorfeld getroffen – insbesondere in Form von Testamenten.20 Zur Unterzeichnung dieser Dokumente fanden sich nicht selten fünfzehn oder zwanzig Personen ein, wobei anzumerken bleibt, dass es nicht nur um Güterbesitz, sondern auch um persönliche Hinterlassenschaften ging, weshalb auch weibliche Erbnehmer diesen Zusammentreffen beiwohnten. 21 Auch wenn das Lehen als solches nur männlichen Nachkommen vorbehalten war, partizipierten doch alle Kinder vom eigentlichen Nachlass. Die Testamente selbst waren jedoch kein Garant dafür, dass die geplante Aufteilung der Erbmasse auch so vollzogen wurde, wie sie der Erblasser ursprünglich geplant hatte. Wie noch zu zeigen sein wird, erfolgte eine Neuverhandlung häufig nach seinem Tod  – etwa bereits während der Testamentseröffnungen, die ebenfalls zu den gut besuchten Familien- bzw. Adelszusammenkünften zählten.22 Zu den Regulierungen, die sowohl vor als auch nach der Testamentsaufsetzung oder dem Ableben des Erblassers erfolgen konnten, gehörte u. a. der Brauch, um den Besitz des Familienoberhauptes zu kaveln.23 Dieser wurde in Lose aufgeteilt, die zumeist nach der Taxe des Gutes, also im weitesten Sinne nach dem Gutsvermögen,

20 Zu zahlreichen, in Abschriften vorliegenden Testamenten vgl. generell LHAS, 9.1-1, RKG; SteinStegemann: Inventar; LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia sowie Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 208–218. 21 Vgl. exemplarisch das Testament des Achim von Rieben (d. Ä.) auf Schönhausen (Schönhausen, 20. Februar 1571), in: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1058, Acta Priora, Bl. 90–93. Schon als er am 20. Februar 1571 in der dortigen Behausung seinen letzten Willen bekannte, hatten sich etwa zwanzig Personen eingefunden. Neben den Erbnehmern und deren Vormündern befanden sich darunter auch sieben geladene Zeugen. Ein anwesender Notar erledigte die Beglaubigung und unterschrieb für diejenigen Adligen, die sich zu selbiger wegen mangelnder Schreibfähigkeiten nicht in der Lage sahen. Zur Auszahlung der Töchter und zur Problematik des Allodialnachlasses vgl. Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 219–229. 22 Vgl. exemplarisch die Eröffnung des Testaments des Achim von Rieben auf Schönhausen (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1058, Acta Priora, Bl. 90ff.). 23 Zu den rechtlichen Hintergründen Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 132–138.

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berechnet wurden.24 Jeder potentielle männliche Erbe hatte ein Los zu ziehen, unter denen sich neben den Güter- auch Geldkaveln befinden konnten. Bei den Maltzan erfolgte dies im 18. Jahrhundert auf die Weise, dass die beschriebenen Zettel in Federposen gesteckt, dann in einen Hut gelegt wurden, woraufhin jeder der Söhne aus dem verdeckten Hut ein Los herauszog.25 Dabei kamen gerade die Geldkaveln besonders denjenigen Erbnehmern entgegen, denen der Sinn nicht nach dem mecklenburgischen Landleben stand. Diese individuellen Vorlieben führten letztlich zu Absprachen und Tauschgeschäften zwischen den einzelnen Brüdern wie etwa im Falle der Dewitz zu Cölpin im Vorfeld der Teilung am 5. Oktober 1753. Dazu sollte Stephan Werner von Dewitz später in seinen Memoiren notieren: „Mein Bruder Carl überliess mir vor der Kavelung sein Los mit dem bedinge, daß wenn mir das Guth Colpin auf sein oder mein Los fiele, ich ihm 100 Louisd’or geben sollte, welches auch von mir geschehen ist [...]. Die Beweggründe bei ihm waren 1. der hohe Einsatz des Guths, 2. sein Verlangen und Eifer, sich in militair. Diensten zu praestiren und in der Welt zu versuchen.“26 Woher dieser für den gesamten Untersuchungszeitraum nachweisbare Brauch stammte und wann er sich durchsetzte, ist nicht bekannt. Die Kavelung im Rahmen adliger Besitzaufteilung wurde spätestens im 16. Jahrhundert, wahrscheinlich aber schon früher praktiziert. In der Leichenpredigt auf den 1616 verstorbenen Claus von Holstein wird behauptet, er hätte  – bevor er sein Gut Ankershagen antrat – „den altem Brauch nach darumb gelosset“.27 Selbst in den mehr oder weniger gelungen Reimen, die auf den Inschriftentafeln im dritten Stockwerk des Ulrichshusener Schlossturmes im 17. Jahrhundert angebracht wurden, heißt es: „Nach Dietrich Moltzahn sel’gen Dot – Hat es geschickt der liebe Gott – Dass Behrend Ludolph Moltzahn durchs Loos – Als Miterb dieses Guts genoss“.28 Die Berechnung des Losumfanges bzw. der Kavelgröße hing letztlich von der Taxe bzw. dem Wert des Gutes ab. Darüber hinaus spielte der Zeitpunkt der Kavelung eine entscheidende Rolle. Gerade die veranschlagte Höhe der Mobilienund Immobilienwerte scheint offenbar immer dann besonders akribisch ausgefallen zu sein, wenn der Erblasser bereits verstorben war. Nicht selten kam es hier unmittelbar nach seinem Ableben zur Inventarisierung der Hinterlassenschaften. Die entsprechenden Inventarlisten, die zu hunderten als Beweisstücke in die vor Territorial- und Reichsgerichten geführten Prozesse einflossen, registrierten und 24 Vgl. etwa die Kavelungen in den Familien Rieben, Jasmund und Oertzen im 17. und 18. Jh. (Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 221, 285; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 413). 25 Der Losentscheid erfolgte am 16. Januar 1745 zu Güstrow, anwesend waren des Weiteren Landrat Negendanck und Assessor Bülow (Maltzan: Lebensbilder, S. 255). 26 Zitiert nach Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 406–407. Ähnlich verhielt es sich bei den Bülow auf Groß-Siemen um 1680. Während der Kavelung war das Gut zunächst einem älteren Bruder David Christoph von Bülows zugefallen, das er daraufhin für 200 Rthlr. erhandelte (Dakendorff: Der selige Zustand). 27 Duncker: Ein Christlicher Leichsermon; des Weiteren Schmidt: Geschichte, Band 2-2, S. 109– 110. 28 Hier nach Schmidt: Geschichte, Band 2-2, S. 152.

102 Familie taxierten für gewöhnlich die gesamte Erbmasse; schon die Schreiber und Notare des 16. Jahrhunderts notierten genauestens die Saat- und Kornbestände, die „fahrende Habe“, aber auch Einrichtungsgegenstände, Kleidungstücke und sonstige Hinter­ lassenschaften.29 Selbst „Stullkussen“ oder „Beckenn vor die Betten“, wie im Falle der Maltzan auf Penzlin um 1590, fanden Berücksichtigung.30 Die Inventarisierung war eine in den Reihen des mecklenburgischen Adels weit verbreitete traditionsreiche Methode im Rahmen der innerfamiliären Besitzaufteilung, was im Folgenden an einem Beispiel erläutert werden soll. Als Georg Hinrich von Lehsten am 20. Mai 1776 starb, traf zu Wardow, seinem Rittergut, bereits am folgenden Tag der Kammerjunker Vieregge in Begleitung eines Notars namens Heyde ein.31 Unter der Leitung des Rechtsbeistandes sollte der Besitz inventarisiert und versiegelt werden. Zuerst widmeten sie sich dem häuslichen Mobiliar. Bevor jedoch das in der Wohnstube (eingangs des Hauses rechter Hand) befindliche grüne Schreibpult geschlossen wurde, entnahm man selbigem dreizehn Rthlr., um die Unkosten des Notars zu begleichen. Dann wurden vier Schreibschatullen, ein Tragekasten mit Auszügen, die Tür zum Kabinett (rechter Hand eingangs vorbenannter Wohnstube), mehrere „Coffels“, die Tür zur Bibliothek, ein Kleiderschrank sowie diverse Briefschaften versiegelt. Anschließend forderten sie vom Schreiber den Wochenzettel, nahmen das Korn auf dem Kornboden in Augenschein und spezifizierten das Vieh: etwa dreißig Pferde und siebzig Ochsen, Kühe, Kälber und Stärken. Eine Woche später wurden auch die restlichen Nachlassbestände verzeichnet, jedoch erst, „nachdem die Siegel vorher besehen und unverlezt befunden“ wurden.32 Einen Monat nach dem Ableben des Georg Hinrich von Lehsten, am 22. Juli, schritt man zur Tat, d. h. zur eigentlichen Auseinandersetzung über das Erbe, welches gemäß der fünf Schwestern in fünf Anteile zu portionieren war.33 Den Lehnsfolger, Vetter Franz Bugislav, betraf dies weniger; er übernahm den Hof mit Vieh, Korn, Pachten und Schulden. Die Prätendenten ließen nun jeden zum Allodialnachlass gehörigen Gegenstand taxieren, portionierten den Besitz bis auf den einzelnen Rthlr. genau und verzeichneten alles akribisch in einem Teilungsvertrag. Die Besitztümer des Verstorbenen wurden nun auf die entsprechenden Güter geschafft: die neue Karosse samt grünem Rei29 Vgl. generell LHAS, 9.1-1, RKG; Stein-Stegemann: Inventar; LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia; des Weiteren Mantzel: Selecta Juridica Rostochiensia, Band 1, S. 50, 68 (Spruchakten wegen der Familien Behr, Genzkow, Restorff, 1580 und 1581). 30 Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 66–69 (Inventar, Penzlin, 13. Januar 1596). 31 Georg Hinrich von Lehsten auf Wardow (u. a. preußischer Major 1720–1776) und Kammerjunker Georg Hinrich von Vieregge (geb. 1742), Neffe des Verstorbenen (seine Mutter, Magdalena Sybille Ilsabe, war die Schwester des Verstorbenen, sein Vater Friedrich Ludwig von Vieregge). Vgl. im Folgenden LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 699; genealogische Quelle: LHAS, 11.3-1/3, Genealogische Sammlung Pentz. 32 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 699, Q 12, besonders S. 9 (Wardow, 28. Mai 1776, Abschrift 1777). 33 Hier und im Folgenden ebd., Q 12, S. 26–55 und Q 41, Beilage (Vergleichsprotokoll, Teilungsverzeichnis, 22. Juli 1776). Die Prätendenten: die Vieregge zu Subzin, die Bülow auf Woltow, die Raben auf Rederank, die Dewitz auf Miltzow, der Moltke auf Walkendorf (für sich und die gesamten von Rabenschen Geschwister).

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sekasten und der „Plüschen Gutscher decke“, die nusshölzerne Schreibschatulle, Koffer, Uhren, Dresdner Porzellan, Bücher, Pfeifenköpfe, die goldene Tabaksdose und Bernsteinschmuck. Betroffen war auch die militärische Ausrüstung: Regimentsdegen und preußischer Pallasch, Pistolen und die messingbeschlagene Vogelflinte, selbst der alte Dragonerhut mit der weißen Feder. Ebenso begehrt waren individuelle Erinnerungsstücke, etwa die kupferne Familientafel des 1696 verstorbenen Vorfahren Georg Hinrich von Lehsten sowie ein goldener Ring mit Initialen.34 Aber auch weniger materiell und emotional wertvolle Gegenstände verließen Wardow: Tischdecken und Bettlaken, Servietten und seidene Tücher, die schwarze Atlasweste und das „Manschestern“ Beinkleid, Hüte mit goldenen Kressen, schwarzen und weißen Federn, Stiefel und Stiefelmanschetten, silberne Sporen mit Schnallen, Schlafrock und weiße Seidenstrümpfe und selbst ein altes Paar gelbe Pantoffeln. Ein solches hatten die Allodialerben im Übrigen auch in der Bibliothek vorgefunden und zu zehn Rthlr. taxiert; großzügig überließen sie es dem Lehnsfolger. Ansonsten wurde das Gutshaus regelrecht leer geräumt.35 Auf der Grundlage der exakten Inventarisierungen wurde dann über die Distribution verhandelt und entsprechende Verträge aufgesetzt. Schließlich traten die neuen Besitzer ihr Erbe an.

2.3.2 Anbahnung und Austragung des Erbstreits Versiegelung und akribische Inventarisierung eines Nachlasses können m. E. bereits als Vorboten einer zukünftigen gerichtlichen Erbauseinandersetzung angesehen werden. Sie zeugen von dem Misstrauen, dass einige potentielle Erben ihren Mitstreitern entgegenbrachten; diese und ähnliche Maßnahmen scheinen wohl deswegen vorgenommen worden zu sein, um eventuellen „Raubzügen“ Anverwandter vorzubeugen. So wurde auch der dargelegte Fall der Familie Lehsten – trotz der akribisch vorbereiten Erbteilung – schließlich vor Gericht prozessiert.36 Inventarisierung und Disposition der Erbmasse scheinen hier jedoch weitgehend friedlich verlaufen zu sein. Sollten gerade in diesem Zusammenhang verbale Auseinandersetzungen vorgefallen sein, war es schließlich nur noch ein kleiner Schritt, bis sich die konkurrierenden Parteien vor einer Schlichtungskommission oder gar vor Gericht wieder sahen.37 Dies sollte auch den Erben des 1707 verstorben Christian Wedige von Hahn widerfahren.38 Sein Begräbnis erfolgte am 31. Januar des folgenden Jahres zu Basedow, dem alten Stammsitz des Geschlechts. Als vier Tage darauf die Erben und andere Personen während des gut besuchten „Conduc“ zu Basedow die dortigen Briefschaften inventarisiert und versiegelt hatten, brach der Streit aus. Die Seeburger Hahn als Erben der Güter behaupteten 34 Zur Bedeutung solcher Erinnerungsstücke siehe Kap. 2.1. 35 Selbiges hatte Franz Bugislav von Lehsten jedoch nur für kurze Zeit in Gebrauch. Wardow war so hoch verschuldet, dass es die Bassewitz auf Prebberede reichskammergerichtlich erstritten. 36 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 699. 37 Vgl. Krause: System, S. 106. 38 Im Folgenden LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 21.

104 Familie gegenüber den Rossewitzer Vieregge, denen die Direktion der Allodialverlassenschaft oblag, dass die Abrechnung der Kornbestände nicht zum Todestag des Lehnsbesitzers, sondern erst zu Trinitatis, dem geläufigen Abrechnungstermin des laufenden Wirtschaftsjahres, und demnach circa ein halbes Jahr später zu erfolgen hatte.39 Dies würde das Gutsinventar, das die Vieregge auf etwa 8000 Rthlr. berechnet hatten, um einen bedeutenden Betrag schmälern. Sie forderten nun die Separation und daher am Abend des 17. Februar den Schreiber von Basedow auf ihr Zimmer „und nötigten ihn, in praesentz des Notarii, so das Inventariu errichtet hatte, einen Revers von sich zu geben, daß er hin künfftig Basedow zu ihren Nutzen administriren wollte.“ Nachdem die Hahn von den Machenschaften der Vieregge in den Hahnschen Gemächern erfahren hatten, legten sie das „commando“ des Schreibers sogleich nieder und ließen die Vieregge durch den Kammerjunker Bülow wissen, dass sie, „ehe und bevor dieses attantatu nicht geredressiret wäre, von keinen gühtlichen tractaten wissen noch hören wollten.“ Neben den akribisch vorgenommenen Inventarisierungen bzw. den damit in Verbindung stehenden ersten verbalen Auseinandersetzungen können noch weitere in unmittelbarer zeitlicher Nähe des Ablebens des Erblassers anzusetzende Begeben­heiten als Vorboten eines zukünftigen, im ärgsten Fall gerichtlich ausgetragenen Erbdisputs erachtet werden. Erwähnenswert erscheinen gerade einige symbolische Handlungen, die bei Antritt des Erbes bzw. eines damit in Verbindung stehenden Rittergutes vollzogen wurden. Zu diesen zählte offenbar der Brauch, unmittelbar nach Ableben des Erblassers aus dem Boden des zukünftiges Lehngutes Soden auszustechen und Splitter aus den dortigen Schlagbäumen zu heben, die die Besitzer in spe an sich nahmen bzw. ihnen übergeben wurden, womit sie schließlich den Besitz symbolisch ergriffen hatten.40 Als bsw. Ilsabe Lucie von Oertzen, geb. Jasmund, 1760 verstorben war und sie wenige Tage später von Rödlin, dem Gut, das sie bis zu ihrem Tod als sog. Erbjungfer in Gebrauch hatte, zur Begräbnisstätte nach Kotelow überführt wurde, erschienen zu Rödlin zwei Stunden nach Beginn des Trauerzuges die Rechtsbeistände ihres Vetters Karl Friedrich von Jasmund. Zum Zeichen des ergriffenen Mitbesitzes wurden nun besagte Erdsoden ausgestochen und Splitter aus den Schlagbäumen gehoben. Schließlich teilten sie ihr Anliegen dem Witwer, Arend Heinrich von Oertzen, mündlich mit, der sich vor Trauer nicht imstande sah, dem Begräbnis seiner Gattin beizuwohnen. Während sie also zu Grabe getragen wurde, ließ die nahe Verwandtschaft ihren Besitz regelrecht beschlagnahmen, was Oertzen sicherlich als pietätlos empfunden haben wird. Der Streit um das Erbe, der sich hier in einer bloßen symbolischen Handlung abzeichnete, wurde noch Jahre später vor dem Reichskammergericht ausgetragen.41 39 Wahrscheinlich unter Führung des Carl Matthias von Vieregge (1660–1728). Dieser erhandelte im Jahre 1708 u. a. das Gut Cronscamp von Hans Valentin von Vieregge (LHAS, 11.3-1/3, Genealogische Sammlung Pentz). 40 Zu den Bsp. des 18. Jh. vgl. Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 185 (Familie Pentz, 1733); Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 407, 444–448 (Jasmund und Oertzen, 1760). 41 Die Verstorbene: Ilsabe Lucie von Jasmund (gest. 1760), als Tochter des Hauptmanns Botho Christoph von Jasmund seit dessen Tod 1729 Erbjungfer von Rödlin etc., verheiratet mit Arend

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Auch beim eigentlichen Begräbnis und den damit verbundenen Zeremonien wurden zahlreiche symbolische Handlungen vollzogen, aus denen gerade Erban­sprüche für alle Anwesenden visuell in Szene gesetzt wurden. Dabei soll zunächst auf einen Fall eingegangen werden, der weniger innerfamiliäre Erbstreitigkeiten, ­sondern vielmehr einen Konflikt zwischen den Verwandten des Verstorbenen und der Landesherrschaft zum Thema hatte. Aus der Entschiedenheit, mit der die Hinterbliebenen ihren Landesfürsten bzw. ihren Lehnsherrn, den sie schließlich als den Vater ihres Vaterlandes betrachteten,42 attackierten, ergibt sich eine ungefähre Vorstellung davon, in welcher Weise innerfamiliäre Erbauseinandersetzungen ausgetragen wurden. Henneke von Plessen, der Stadtherr von Brüel, hatte es kurz vor seinem Ableben im Jahre 1613 offenbar für nötig gehalten, nicht seine Brüder Helmold von Plessen auf Tessin und Reimar von Plessen auf Klein Pritz, sondern den Schweriner Herzog Adolph Friedrich I. als Universalerben einzusetzen. Dass sich erstere damit nicht einverstanden erklärten, offenbarte sich spätestens bei den Trauerfeierlichkeiten im ­November desselben Jahres zu Güstrow.43 Diese begannen bereits damit, dass sich die Plessen und ihre Familienangehörigen – anders als offenbar üblich – erst am Tag des Begräbnisses, am 25. November, zu Güstrow einfanden. Die Einladung der herzoglichen Vertreter, die Mahlzeiten in der Behausung des Wirtes Claus Buck einzunehmen, lehnten sie ab und schickten an ihrer Statt einen Notar nebst zwei Zeugen. Mit den Instruktionen der Plessen-Brüder übergaben sie dem Juristen auch „einen Beutel mit gelde, welchen Er inmittelst heruor gezogen, vnd damit geklingert, aber kein Gelt gezeiget, zugestellet, mitt bitte, solches anzunehmen.“ Das Anliegen der Plessen wird im Bericht des fürstlichen Bevollmächtigten, Dr. Christoff von Hagen, ersichtlich: „Zum andern, nach dem Sie zu dem ende angelanget, Ihrem Bruder die lezte ehr zubezeigen vnd der Leiche zu folgen, Alß wolten Sie verstendigt sein, was Sie vor einen Locum im nachgehen haben sollten, ob es auch derselbige sein solte, welcher Ihnen geburete.“ Die landesherrliche Seite reagierte, indem sie „mit nichten gemeinet, von E. f. g. [Euer fürstlicher Gnaden] anbefohlener Anordnung im Allergeringsten abzuweichen oder Jenich gelt von Ihnen [den Plessen] anzunehmen [...].“ Nach der Unterbreitung dieses Angebotes und der darauf folgenden Protestationsandrohung zogen sich die Herzoglichen zurück und diskutierten nochmals den Trauerturnus, mit dem Ergebnis, dass Adolph Friedrich als „instituirten Erben, wir zum ersten, wir der Leiche folgen, vnd soltte Ihnen die ander stelle, nach vnß gegönnet werden, darauff möchten Sie sich gehorsamblich einstellen“. Der Herzog als rechtmäßiger Erbe sollte sich demnach innerhalb des Trauerzuges unmittelbar hinter dem Verstorbenen befinden. Nach dem Mittagessen, welches die Plessen-Brüder wiederum abgelehnt hatten, erschienen sie pünktlich vor dem Haus, in dem sich der aufHeinrich von Oertzen (1695–1773), der nachfolgende Erbe von Rödlin: ihr Vetter Karl Friedrich von Jasmund (1742–1780). Vgl. Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 407, 444–448; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 159; LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1345. 42 Dazu Kap. 4.1.1. 43 Vgl. im Folgenden LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213, besonders den Bericht des Dr. Christoph von Hagen an Herzog Adolph Friedrich I. (Güstrow, 27. November 1613).

106 Familie gebahrte Leichnam des Bruders befand. Nun wurde die Gangfolge verlesen. Wie ihnen „zuuorn, durch den Notarium angemeldet“, sollten sie sich den fürstlichen Anweisungen beugen und nach dem Schweriner Landesherrn und seinen Vertrauten der Ordnung beitreten. Daraufhin blieben die Plessen auch dem Abendessen fern, weshalb Ulrich von Negendanck „die Oberstelle gehalten, vnd darnach Hartwig Luzowen sizen laßen“. Wenige Wochen später befasste sich die Schweriner Regierungskanzlei und ab 1615 das Reichskammergericht mit dem Fall, der schließlich durch einen Vergleich beendet wurde.44 Streitigkeiten, die sich im Rahmen niederadliger Begräbnisse ergaben, sind bislang kaum bekannt. Dass es sie gegeben hat, ist indirekt an den ausgearbeiteten Gangfolgen ersichtlich, die die einzelnen Positionen der Anwesenden im Trauerzug fixierten. Als Beispiel sei an dieser Stelle der Fall des Claus von Peckatel auf Klein Vielen genannt.45 Nach seiner Rückkehr von den europäischen Kriegsschauplätzen hatte er seit Beginn des 17. Jahrhunderts den Herzögen Carl und Adolph Friedrich I. als Rat und Amtshauptmann gedient. Spätestens diese Verbindung war es, die zum freundschaftlichen Verhältnis zwischen Peckatel und Samuel von Behr geführt hatte, der – aus einem pommersch-mecklenburgischen Adelsgeschlecht stammend – dem jungen Schweriner Landesherren Adolph Friedrich I. zuerst als Hofmeister und dann als Geheimer Rat zur Seite stand.46 Dies führte dazu, dass die Details des Begräbniszeremoniells für den 1615 verstorbenen Peckatel von Schwerin aus, von Adolph Friedrich I. und seinem Vertrauten, gelenkt wurden, obwohl es sich bei ihnen nicht um die Erben des Peckatelschen Nachlasses handelte. Nach dem Tod seines Freundes am 14. Februar 1615 blieb Behr in brieflichem Kontakt mit der Witwe, Elisabeth von Sperling, der er – so zumindest die Notiz in seinem Schreib­kalender – am 8. März „die ordeninge [ge]sandt“ hatte.47 Als sich nun am 29. März nach dem dritten Glockenleuten – mittags um 1 Uhr – die ansehnliche Trauergemeinde vor dem Haus des Verstorben zusammenfand, wurde jene „Ordnung zugehen abgelesen“.48 Zwischen dem unlängst erbauten stattlichen Gutshaus und der Klein Vielener Kirche war „ein gang von schrancken vom Thor biß an die Kirche auffgeschlagen  /Damit keiner die Procession vnd Ordnung irren können.“49 Allein vor dem Sarg schritten weit mehr als einhundert Personen, darunter auch genannter Samuel von Behr, dann folgten Freuden- und Trauerpferde und schließlich der Leichnam. Direkt dahinter gingen Herzog Adolph Friedrich I., unmittelbar daneben Henning von Peckatel, und erst nach weiteren dutzenden Adligen schließlich die Witwe. Beim Verlassen der Kirche galt die gleiche Gangfolge. Ähnliche Gangordnungen sind auch bei den Prozessionen des späteren 17. und des 18. Jahrhunderts nachweisbar. Nachdem Claus Josua von Schack am 20. September 44 45 46 47

Dabei ging es u.a. darum, wer für die Kosten der Begräbnisfeier aufkommen sollte. Vgl. im Folgenden Stindtman: Leichpredigt. Zu Samuel von Behr vgl. Rosen: Hans Behr. Eintrag im Schreibkalender Samuel von Behrs unter dem 8. März 1615 (LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545). 48 Stindtman: Leichpredigt, S. 51. 49 Ebd., S. 49.

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1670 in der Dassower Kirche zu Grabe gelassen wurde, bat der Pfarrer die Anwesenden, „anitzo aber der Verlesungen nach /abzugehen /und der Procession beyzutreten“.50 Zu Güstrow am 26. Oktober 1670 folgten dem Sarg des Joachim Heinrich von Vieregge laut Gangordnung zuerst zwei Marschälle, dann die Herzöge Gustav Adolph sowie der junge Adolph Friedrich (II.), dann wieder zwei Marschälle, Herzogin Magdalena Sibylla und Prinzessin Eleonora, nach einem weiteren Marschall die Söhne des Vieregge, bis sich auch die Witwe einzureihen hatte.51 Ein ähnlicher Tross zog am 17. Mai 1671 durch Güstrow. Weiter hinten schritten auch hier die nahen Verwandten des verstorbenen Paul Otto von Vieregge, sein Bruder und die Gattin.52 Analog verhielt es sich im Falle des Dietrich von der Lühe, der ebenfalls in Diensten der Güstrower Landesherren stand.53 Bei der Überführung der Catharina Elisabeth von Negendanck am 25. Mai 1724 nach Proseken schloss sich an den Leichenwagen, der von sechs bis auf die Erde mit schwarzen Tüchern bekleideten Pferden gezogen und von zwölf Laternenträgern begleitet wurde, die Trauerkutsche des Witwers.54 Schließlich sei noch auf den Fall des kaiserlichen Generalfeldzeugmeisters Christoph von Barner hingewiesen, der 1633 im mecklenburgischen Bülow geboren und am 1. November 1711 in der Pfarrkirche zu Kirchheim unter Teck im Württembergischen beigesetzt wurde. Die von großem Gepränge und militärischen Ehrenbezeugungen begleitete Überführung soll Prinz Eugen von Savoyen höchstpersönlich angeordnet haben. Direkt hinter dem Sarg des mecklenburgischen Adligen, der auf eine ansehnliche Karriere in kaiserlichen Diensten zurückblicken konnte, trug ein Diener eine weiße Fackel, an der an schwarzem Bande das Wappen der ­Familie seiner Gattin befestigt war.55 Die Reihenfolge des Trauerzuges entschied sich demnach keineswegs spontan, sondern wurde bereits vor der eigentlichen Zeremonie ausgearbeitet, schriftlich ­fixiert und schließlich während des Leichbegängnisses vorgetragen. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Das Hauptaugenmerk richtete sich dabei vor allem auf diejenigen Personen, die sich direkt hinter dem Sarg eingeordnet hatten. Im Falle, dass der Verstorbene im näheren Umfeld der mecklenburgischen Landesherrschaft wirkte und den Angehörigen die besonderer Ehre zuteil wurde, die Zeremonien in bedeutenden Kirchen mit fürstlichen Grablegen durchzuführen, gebührten der fürstlichen Familie die ersten Plätze direkt hinter dem Sarg. Sofern solche Verbindungen zur landesfürstlichen Familie nicht bestanden und das Begräbnis in der Patronatskirche des Verstorbenen stattfand, bei dem keine Vertreter der Landesherrschaft anwesend waren, hatten die Erben die Stelle hinter dem Leichnam einzunehmen. Demnach waren Erbkonstellationen unmittelbar aus der vorm Trauerzeremoniell festgelegten Rangfolge zu entnehmen. Dass es dabei so manches Mal zu Unstimmigkeiten oder gar zu „Drängeleien“ gekommen ist, lässt sich – abgesehen vom Plessenschen Begräb50 51 52 53 54 55

Marcus: Tägliche Bereitschaft. Arnd: Christliche Leich=Predigt [...] Deß, Beilage. Arnd: Christliche Leich-Predigt über den Seligen Hintritt. Anonymus: Leich=Begängniß; Abb. 58. Anonymus: Christ=Adeliches Ehren=Gedächtniß. Rusch: Beiträge, S. 158–159.

108 Familie nis – zwar nicht nachweisen, ist m. E. aber anzunehmen. Auch hier ist im Übrigen nicht exakt festzustellen, wann sich dieser Bestandteil des Trauerzeremoniells etabliert hat. Der Fall des damals erst dreijährigen Jürgen von Kamptz, der beim Begräbnis seines Vaters, Arnd von Kamptz, um das Jahr 1507 von seinem Großonkel, Engelke von Rostke auf Faulenrost, „uffs pferd genommen“ und auf diese Weise seinem Vater „zu Grabe nachgefolget“, lässt jedoch annehmen, dass es sich um eine Tradition handelte, die weit vor dem Untersuchungszeitraum ihren Anfang nahm.56 Im diesem Zusammenhang sei des Weiteren auf diejenigen zeremoniellen Gebaren hingewiesen, die im Rahmen von Hochzeitsfeierlichkeiten vollzogen wurden. So war benannter Jürgen von Kamptz bei der Eheschließung von Levin von Kamptz und Eva von Maltzan 1556 zu Kummerow, dem nahe der mecklenburgischen Grenze gelegenen pommerschen Städtchen, mit Ewald von Kamptz in Streit geraten.57 Dieser Disput – so wird es später in einer Zeugenbefragung lauten – drohte zu eskalieren, als „Ewaldt Kamptz Jürgen Kamptzen nicht hat gestatten wollen das derselbe das Gold neben ihme verdiene.“ Damit war offenbar das Privileg der Übergabe eines goldenen Ringes gemeint, was den nächsten Bräutigamsverwandten oder – wie es hier heißt – den „negesten Vettern zuthuende“ gebührte.58 Eine gütliche Einigung zwischen den aus Mecklenburg stammenden Kontrahenten, die sich „auf artikulirter Koste verzornet“ hatten, war jedoch nicht absehbar, weshalb „zu Vermeidungk Zannck und Unwillens“ die weitläufiger versippten Jürgen von Krüsicke und Ulrich von Stralendorff zur Verrichtung der Aufgaben bestimmt wurden. Neben diesen gab es noch weitere Bräuche bei Eheschließungen des mecklenburgischen (und pommerschen) Adels. Dazu gehörten einige exklusive Hochzeitsdienste wie das Darreichen der Morgengabe, das Überbringen von Botschaften – insbesondere „wie der Bräutigam ist angenommen worden“ – oder Ehrenbezeugungen wie die Aufwartung an der Seite des Brautpaares. Noch 1574 erinnerte sich ein Augenzeuge: Ewald von Kamptz habe auf Levins Hochzeit „ein schwartzes seiden Attels Kleidt angehabt und für den Brauttisch gestanden, ob er aber da lange vnd bis zur Mahlzeitt gestanden, wisse er nicht.“ Sein Vetter Jürgen wiederum nahm einem weiteren Anwesenden „das Stabelicht aus der Handt“ und überreichte es seinem ältesten Sohn, mit den Worten: „da gehört Dir Arndt Kamptzen zv tantzen.“ Er sollte beim traditionellen Fackeltanz 56 Laut Zeugenaussage der Barbara von Rostke, geb. Rohr, 1574 (Kamptz: Geschichte, S. 70, 165). 57 Vgl. hier und im Folgenden Kamptz: Geschichte, S. 167–169, 172, 174. Die Beteiligten: Ewald von Kamptz auf Godow und Dratow etc. (um 1515–1576), Jürgen von Kamptz auf Dratow und Carnitz etc. (um 1504–1574), Levin von Kamptz auf Groß und Klein Plasten etc. (1527–1573), dessen Gattin: Eva von Maltzan (Tochter des Jobst von Maltzan auf Kummerow und Ilsa von Hahn aus Basedow). 58 Ein goldener Ring auch erwähnt wegen einer Vermählung in den Familien Maltzan-Holstein. Kuno von Maltzan auf Penzlin (1546–1578), der Bruder der Braut, hatte 1569 die gesamten Hochzeitskosten (etwa 2000 Rthlr.) zu tragen, wozu auch Kleinodien gehörten: „ein guldenn Ringk welche seine zwei negste anwesende Freunde bekommen“ (LHAS, 9.1.-1, RKG, Nr. 774, Band 2, Bl. 1151). Zum Hochadel ist überliefert, dass sich bei Verheiratungen Braut und Bräutigam gegenseitig ihre Wappen reichten und sich anschließend die Gäste in mehreren Gängen die Wappentiere, sofern vorhanden, sprichwörtlich einverleibten (Heck und Jahn: Einleitung, S. 5).

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dem Brautpaar vorausgehen. Schließlich kam es bei der Kamptzschen Hochzeit noch zu Meinungsverschiedenheiten wegen der Brautgeleitung. Noch bei Jürgens eigener Hochzeit um 1530 verrichteten dies sein Vetter Ewald und der damals etwa fünfjährige Levin gemeinsam; bei Ewald wiederum (um 1535) oblag es allein letzterem – „so kaum eine Handt langk gewesen“. Der „Junge [...] hat mich geleiten müssen“, meinte die Braut, obwohl auch Jürgen diese Ehre gebührt hätte. Und schließlich war es auch Ewald, der der Braut, als sie nach der Kummerower Hochzeit 1556 ins mecklenburgische Klein Plasten einzog, aus dem Wagen half.59 Dass die Streitigkeiten um Ehrenbezeugungen im Rahmen des niederadligen Begräbnis- und Hochzeitszeremoniells durchaus mit Fragen des innerfamiliären Erbdisputs zusammenhingen, ergibt sich gerade aus den Beispielen zur Familie Kamptz, indem sich die hier konkurrierenden Personen Jahre später als Gegner und Beklagte in gerichtlichen Auseinandersetzungen gegenüber standen, während der versucht wurde, die Näherverwandtschaft des einen oder anderen durch die nunmehr Jahrzehnte zurückliegenden Gebaren bei Trauerfeierlichkeiten und Verehelichungen zu rekonstruieren.60 Ein potentieller zukünftiger Erbstreit konnte sich demnach nicht allein in den akribisch ausgearbeiteten Bestandsinventaren und verbalen Auseinandersetzungen während der Inventarisierungen, die in unmittelbarer zeitlicher Nähe des Todeszeitpunktes des Erblassers errichtet wurden, abzeichnen, sondern bereits Jahrzehnte vorher. Bevor es jedoch zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kam, wurde in der Regel versucht, den Disput durch Vermittlung Verwandter und Bekannter oder durch Schlichtungskommissionen, denen zumeist adlige Personen angehörten, im Einvernehmen zu regeln.61 Sollte sich nun eine der Parteien an eines der Landesgerichte wenden, galt es, den rechtmäßigen Erben zu ermitteln. Gerade die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den streitenden Personen und dem Erblasser spielten dabei eine besondere Rolle, weshalb sie von gerichtlicher Seite rekonstruiert werden mussten. Dazu soll erneut auf den Fall der Familie Kamptz verwiesen werden, deren Vertreter Ewald und Jürgen bei einer Hochzeit 1556 zu Kummerow aneinander geraten waren. Spätestens im Jahr 1573 sollten sie sich erneut gegenüberstehen, wobei es nicht um Prestige und Ehre, d. h. soziales und symbolisches Kapital, sondern um die Hinterlassenschaften, das ökonomische Kapital, eines Familienmitgliedes gehen sollte. Was war geschehen? Mit dem Tod Levin von Kamptz’ 1573 im Kastell zu Antwerpen erlosch auch die sog. Plastener Linie des Geschlechts.62 Um das Erbe des Verstorbenen brach nun ein Streit zwischen den Vettern Jürgen und Ewald aus, der schließlich in einem Prozess mündete. Dazu lud das Hofgericht die Parteien auf den 20. Oktober 1573 nach Schwerin, wobei die Kanzler Heinrich Husan und Heinrich von Below sie gütlich zu vergleichen suchten. Am darauf folgenden Tag gab die Kanzlei Bescheid: Nach einer Urkunde des Jahres 1444 und aus dem Zeugnisse der 59 60 61 62

Schmidt: Geschichte, Band 2-2, S. 40. S. u. Krause: System, S. 106. Vgl. im Folgenden Kamptz: Geschichte, S. 161–175; Kamptz: Die Familie, S. 217–229.

110 Familie Anna von Kamptz von 1562 erhelle, dass Ewald das Näherrecht habe.63 Die Vettern sollten jedoch weitere Beweise einbringen, bevor einer der beiden in die Güter eingewiesen werde. Unter der Leitung der Kommissare Otto von Hahn zu Gievitz und Henning von Kruse zu Varchow wurden von März bis Juni 1574 zu Waren und Dratow mehr als fünfzig Zeugen zum Sachverhalt befragt, weitere zum Verhör geladene waren verhindert oder entschuldigten sich.64 Andere wiederum erschienen erst nach mehrmaliger Aufforderung unter Strafandrohung.65 Nun berichteten die von Jürgen und Ewald präsentierten Zeugen über die Verwandtschaftsverhältnisse in der Familie Kamptz. Schließlich lagen zwei gänzlich verschiedene Stammreihen vor. Vorsätzliche Täuschung warf daher Ewald von Kamptz seinem Verwandten vor; dieser hätte Familienmitglieder genannt, „davon etwa Georgen geträumet, und welche er weder durch briefliche Urkunden, noch durch Zeugen nachweisen könne.“66 Während dieser Befragungen hatten sich die Zeugen auch zu Familienfeierlichkeiten wie Hochzeiten und Begräbnisse zu äußern. In diesem Zusammenhang kamen alle o. g. Handlungen wie die des „Goldverdienens“ und des Aufwartens bei der Hochzeit 1556 oder der Reihenfolge beim Begräbnis des Arnd von Kamptz um 1507 zur Sprache. Darüber hinaus wurde explizit d­ anach gefragt, welche Personen bestimmte Dienste verrichteten bzw. Positionen im Rahmen des Zeremoniells einnahmen. Dies bestätigt die Vermutung, dass sich in den Gebaren Verwandtschaftsverhältnisse widerspiegeln, die mit Erbfragen in Verbindung standen. Im Fall der Kamptz kam schließlich ein Rechtspruch zustande. Da sich die benachteiligte Partei mit seinem Ergebnis nicht zufrieden gab, appellierte sie an das Reichskammergericht. Ein Vergleich beendete den Streit – zumindest von ­offizieller Seite. Jürgen und Ewald wurden gleichberechtigte Lehnsfolger. Die Rekonstruktion adliger Verwandtschaftsverhältnisse war im Untersuchungszeitraum wesentlicher Bestandteil gerichtlicher Recherchen.67 Hier ging es insbesondere darum, die Authentizität der vorgelegten Genealogien zu prüfen und bewusst oder unbewusst vorgenommene Korrekturen aufzudecken. So beschwerten sich 1660 einige potentielle Erben der Stralendorff beim Kanzleigericht zu Güstrow, sie würden 63 Ewald von Kamptz hatte bereits 1562, also noch zu Lebzeiten Levins, den brieflichen Kontakt zu Anna von Kamptz gesucht, um genealogische Informationen zu erhalten. Vgl. das Schreiben der Domina Anna von Kamptz zu Ivenack an Ewald von Kamptz (Ivenack, Sonntag nach Martini 1562), gedruckt bei Kamptz: Die Familie, Urkunden, S. 75–76. 64 Zu den Zeugenverhören als Quelle vgl. Fuchs und Schulze: Wahrheit, Wissen, Erinnerung. 65 Nachdem sie drei Einladungen ignoriert hatten, erschienen Dorothea von Kamptz und ihre Schwester erst nach Androhung einer Strafe in Höhe von 200 Talern (Kamptz: Die Familie, S. 192). 66 Nach den Aussagen des Ewald von Kamptz (zitiert nach ebd., S. 228). 67 Genealogische Skizzen als Beilagen und Beweismittel der Gerichtsakten und -prozesse (nach Stein-Stegemann: Inventar): Barnewitz (Nr. 8), Bassewitz (Nr. 123), Bülow (Nr. 39, 459, 1134), Flotow (Nr. 570), Jasmund (Nr. 1345, 1346), Lowtzow (Nr. 727), Pentz (1575), Plessen (Nr. 831), Preen (Nr. 1176), Rabe (Nr. 1224), Schulenburg (Nr. 1700), Sperling (Nr. 1043), Stralendorff (Nr. 951, 1140), Voss (Nr. 669, 1011), Wangelin (Nr. 343), Zeppelin (Nr. 795). Als Beispiel für einen Stammbaum, der außergerichtlich herangezogen wurde: Hake auf Klein Vielen (Hake: Geschichte, S. 210–211; LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Klein Vielen, Vol. II sowie Kap. 2.2).

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„von Ihrem gegenpart“, den Gebrüdern und Vettern Stralendorff, am „Hochpreißlichen“ Kammergericht zu Speyer beschuldigt, sie hätten die ihnen „per sententiam auferlegte probationem ihrer allda übergebenen Genealogien vorsetzlicher weise ­versaumet“ und „contumaciter“ hinterlassen.68 Daher erbat Ursula von Stralendorff zur „erlöschung solcher erdichteter contumacia“ ein beglaubigtes Dokument. Nach „authen­tisirung Ihrer eingegebenen Genealogien und aidlicher abhörung der darüber vorgeschlagenen Zeugen“ stellten die Güstrower Räte das Attest über die ordnungsgemäße Probation der Genealogie aus. Der kostenintensive Reichskammergerichtsprozess war zu diesem Zeitpunkt jedoch längst in Gange.69 Überblickt man allein die Themen der frühneuzeitlichen auf Landes- wie Reichsebene ausgetragenen Gerichtsprozesse, in die der Adel verstrickt war, stellt man fest, dass Erbauseinandersetzungen den Streitgegenstand schlechthin bildeten. 70 Statistisch gesehen, betraf jeder fünfte der mehr als zweitausend für Mecklenburg überlieferten Reichskammergerichtsprozesse den Nachlass eines Adligen. Der dritte Reichskammergerichtsprozess überhaupt, der einen mecklenburgischen Streitfall zum Thema hatte, drehte sich um eine adlige Erbschaft – in diesem Fall die des Heinrich von der Lühe 1509/1510.71 Mindestens vierzig weitere entsprechende Rechtsverfahren beschäftigten allein im 16. Jahrhundert die Richter der höchsten juristischen Instanz des Reiches.72 Darunter befanden sich langwierige Rechtsfälle wie der seit 1522 andauernde Streit um das Maltzansche Lehngut Schorssow, der erst im Jahre 1611 endete, oder ein Disput in der Familie Stralendorff, der 1573 mit der üblichen Appellation begonnen hatte, aber erst im 18. Jahrhundert abgeschlossen werden konnte.73 Auch wenn es sich bei diesen beiden Fällen um Ausnahmen handelte, konnten gerade Erbschaftsstreitigkeiten lang und teuer ausfallen, da sie häufig mehrere Instanzen durchliefen und sich nicht zuletzt die Auflösung der Verwandtschaftsverhältnisse als kompliziert erwies. Im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert wurden 68 Vgl. im Folgenden LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 951. Als Erben genannt: „sehl. Mette und Ursula der Strahlendörffen gesamte Erben“. Zu den Zitaten vgl. ebd., Band 2, Q 83 (Güstrow, 15. Juni 1660). 69 Vgl. die mit Hilfe des Güstrower Registratur-Buches sowie der darin befindlichen Gerichtsakten und den Schweriner Konsensbüchern überprüften Genealogien und Stammbäume der Familie Stralendorff (ebd., Q 87, Q 99–103; Stammbaum vom 27. Okt. 1662 = Q 112; Stammbaum vom 27. März 1663 = Q 101). 70 Vgl. als Überblick die Findbücher und Bestände der Lehnakten (LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia) und Reichskammergerichtsakten (LHAS, 9.1-1, RKG; Stein-Stegemann: Inventar); zur frühneuzeitlichen Streitkultur Eriksson und Krug-Richter: Streitkulturen; Haack: Der vergällte Alltag. 71 Nach Stein-Stegemann: Inventar, Nr. 1129. 72 Nach ebd.: Barold (Nr. 402), Both (Nr. 1579), Bülow (Nr. 35, 461, 464), Finecke (Nr. 532, 539), Flotow (Nr. 555–557), Grabow (Nr. 83, 436), Holstein (Nr. 633), Kardorff (Nr. 454), Lehsten (Nr. 150), Levetzow (Nr. 709), Maltzan (Nr. 767–768), Oertzen (Nr. 794), Passow (Nr. 811), Pentz (Nr. 1191, 1537), Plessen (Nr. 826, 967), Pressentin (Nr. 860), Quitzow (Nr. 1204–1205), Sperling (Nr. 1126), Stralendorff (Nr. 302, 951), Vieregge (Nr. 994), Voss (Nr. 80), Weltzien (Nr. 809–810), Zeppelin (Nr. 369, 1046). 73 Ebd. (Maltzan, Nr. 200; Stralendorff, Nr. 951).

112 Familie im Übrigen die meisten der reichskammergerichtlich prozessierten Erbstreitigkeiten ausgetragen. Angesichts des Bedeutungsverlustes, den das Reichskammergericht in späteren Zeiten erfahren musste, darf daraus nicht auf einen Rückgang des Streitgegenstandes Erbe geschlossen werden.74 Die Zahl innerfamiliärer Erbauseinandersetzungen muss vielmehr weitaus höher beziffert werden, als es die statistisch auswertbaren Reichskammergerichtsfälle vor­geben. Bis es zu Appellationen nach Speyer und Wetzlar kam, waren zunächst ­ter­ritoriale Gerichtsinstanzen zu durchlaufen.75 Hier und teilweise auch in den voran­ge­gan­genen Schlichtungskommissionen76 gelang es häufig, die kostspieligen Reichskammergerichtsprozesse zu verhindern. Da die territorialgerichtlichen Prozesse in quantitativer Hinsicht bedeutend umfangreicher sind als die Mecklenburg betreffenden Reichskammergerichtssachen, ist anzunehmen, dass die Zahl ohne Weiteres im dreistelligen, wenn nicht sogar im vierstelligen Bereich anzusetzen ist.77 Der inner­ familiäre Erbstreit zählt somit zu den Charakteristika des frühneuzeitlichen Adels überhaupt. Darüber hinaus muss hervorgehoben werden, dass hier nur Streitfälle berücksichtigt wurden, die die Erbfolge, d. h. die Hinterlassenschaft einer Person betrafen, nicht aber sonstige Themen, die zu gerichtlichen innerfamiliären Auseinandersetzungen führten. Exemplarisch sei bsw. ein Fall angeführt, der sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts beim jährlichen Umschlag zu Güstrow ereignet hatte. Ilse von Oldenburg beschuldigte ihre Stieftochter, diese hätte ihren „laden schlussel genommen, denselben in teick gedrucket, vnnd einem schmiede einen nachschlussel darnach zumachen zugestellet [...].“78 Daraufhin habe sie die Lade der Stiefmutter „diebischer weise aufgeschlossen“ und zahlreiche goldene Stifte, Geld, Leinenzeug sowie „ezliche Perlen aus einer Perlen Kette“ entfremdet. Nachdem Ilse von Oldenburg dies bemerkt hatte, erzählte sie es in „ganz vnbedachtsamer weise“ etlichen von Adel und „Unadel“. Vor ihrer Abreise aus Güstrow machte sie sich nun daran, die Kiste der Stieftochter „auf zudietrichen vnnd dieselbe fleißig durch zusuchen“, in der Annahme, das Diebesgut dort vorzufinden. Noch in der Unterkunft gerieten die beiden aneinander. Die Auseinandersetzung hatte schließlich dazu geführt, dass der Ruf der ­Oldenburgschen Stieftochter in wenigen Tagen solchen Schaden genommen hatte, dass die beredete Ehe mit Lütke von Finecke vorerst ausgesetzt worden war; am 74 Zu einigen Bsp. des späteren Untersuchungszeitraumes (nach ebd.): Barold (Nr. 538), Bülow (Nr. 486), Jasmund (Nr. 1345), Plessen (Nr. 1160). 75 Vgl. als Überblick Stein-Stegemann: Inventar; des Weiteren Kap. 4.1.1. 76 Krause: System, S. 106. 77 Da – anders als im Falle der mecklenburgischen Reichskammergerichtsakten (Stein-Stegemann: Inventar) – allein zu dem hier bedeutenden Bestand der Lehnakten keine ähnlich handhabbaren Findbücher existieren, konnten an dieser Stelle nur Schätzungen vorgenommen werden. 78 Vgl. im Folgenden die Zeugenaussagen (1614–1625) im Streitfall Ilse von Oldenburg (Tochter des Matthias von Oldenburg auf Gremmelin) gegen ihre gleichnamige Stiefmutter (geb. Balg), deren Magd und Margarethe von Finecke (Gattin des David von Reventlow auf Gnemern und Greese), in: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 801, Bl. 73–75; als Überblick Stein-Stegemann: Inventar, S. 468–469.

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5. Februar beauftragte sie deshalb einen Notar nebst zwei Zeugen, „die eigentliche warheit zuerfahren“. Es folgte eine Schadensersatzklage von 3000 Rthlr. vor dem Hofrat bzw. der Justizkanzlei zu Schwerin, in deren Verlauf ihr von der Stiefmutter, deren Magd und Margarethe von Finecke zwei Drittel zugesprochen wurden. Gerade die innerfamiliären Streitereien, die auf mecklenburgischen Adelsgütern tagtäglich zwischen einzelnen Familienmitgliedern stattgefunden haben, sind archivarisch in keiner Weise erfasst. Akten wurden üblicherweise erst auf gerichtlicher Ebene angelegt. Zu den wenigen Ausnahmen, die einen solchen alltäglichen Familienstreit dokumentieren, zählen die im 16. Jahrhundert verfassten ­Memoiren des Notars Bartholomäus Sastrow. Dieser berichtet u.a von dem Problem seines Mandanten Heinrich von Schmeker auf Wüstenfelde (um 1550), seine Güter womöglich durch Beschlagnahmung an den Herzog zu verlieren, woraufhin dessen Sohn und die Schwiegersöhne Heinrich den Vorschlag unterbreiteten, er solle ihnen zum Schein die Wüstenfelder Güter abtreten. Heinrich jedoch, der offenbar zunächst damit einverstanden war, kam nach einiger Zeit dahinter, selbst das Opfer eines Betruges zu werden und drohte seinem Sohn Matthias, er wolle ihn vor dem Kaiserlichen Kammergericht zu einem „ehrlosen Dieb, Vorreter, Schelm vnnd Boswicht“ machen. Da sich aber der Schmekersche Notar Sastrow nicht mit dieser Klage befassen wollte, gelangte die Auseinandersetzung nicht einmal an die Landesgerichte.79 Für viele andere Familien war ein Gerichtsprozess der Standardweg, ihre untereinander bestehenden Meinungsverschiedenheiten zu klären. Gelegentlich wurde das Prozedere mehr oder weniger verkürzt, indem die Streitenden die Frage von Recht und Unrecht mit der Waffe entschieden; derjenige, der überlebte, ging als Sieger aus dem innerfamiliären Streit hervor.80

2.3.3 Erklärungsansätze und Folgen Im Folgenden sollen nun einige Erklärungsansätze für innerfamiliäre (Erb-)Streitigkeiten diskutiert werden. Der Blick richtet sich dabei zunächst auf diejenigen Dispute, die sich bei bedeutenderen Adelszusammenkünften ereignen konnten. Wie erläutert, galt bei den Begräbnissen derjenige als rechtmäßiger Erbe, der direkt hinter dem Sarg schritt. Eindeutig ist dies beim Begräbnis des Henneke von Plessen 1613 auszumachen, der in einen Streitfall zwischen seinen Brüdern und dem Schweriner Landesherrn mündete. Herzog Adolph Friedrich I. gebührte es, als „instituirten Erben [...] zum ersten [...] der Leiche [zu] folgen“; den nahen Verwandten des Verstorbenen sollte hingegen „die ander stelle, nach vnß gegönnet werden.“81 Bei Hochzeiten 79 Sastrow: Bartholomäi Sastrowen, S. 61. 80 Zum tödlichen Ausgang eines Erbschaftsstreits vgl. Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 22 (Duelltod des Bruders Hans von Bülows 1565); zu einem Grenzstreit Flotow; Beiträge zur Geschichte, S. 35 (Tod des Stiefbruders Adam Friedrich von Flotows 1747). 81 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213, Bericht des Dr. Christoph von Hagen (Güstrow, 27. November 1613).

114 Familie scheint eine solche Rangfolge weniger direkt mit Fragen der Erbschaft in Verbindung gestanden zu haben – zumindest wird dieser Umstand in der Kamptzschen Auseinandersetzung so nicht erwähnt. Vielmehr drehte sich der Streit um Ehrendienste, die dem nächsten Bräutigamsverwandten zustanden. Allerdings konnte es sich gerade während Hochzeitsfeierlichkeiten auch um diejenigen Personen handeln, die – wie im Fall des frühzeitigen und kinderlosen Ablebens des Bräutigams Levin von Kamptz – Jahrzehnte später tatsächlich als Agnaten in Frage kamen. 82 Der eigentliche Disput scheint jedoch weniger auf solche Beweggründe zurückgeführt werden zu können. Schließlich waren Braut und Bräutigam zum Zeitpunkt der Verehelichung relativ jung und die Wahrscheinlichkeit hoch, dass über kurz oder lang Nachkommen und damit Erben folgen würden. Zum Jahre später entbrannten Erbdisput kam es letztendlich, da Levin von Kamptz und seine Gattin Eva von Maltzan keine Kinder hinterlassen hatten, weshalb es weniger potentielle Erbansprüche gewesen sein werden, die den Streit der Kamptzschen Vettern 1556 zu Kummerow eskalieren ließen. Das adlige Ehrempfinden, das in jüngster Zeit verstärkt von der historischen Forschung berücksichtigt wurde,83 scheint demnach auch in den Reihen der mecklenburgischen Aristokraten ausgeprägt gewesen zu sein. Dabei wirkten sich gerade Ehrendienste, d. h. symbolische Handlungen, positiv auf das Ansehen der entsprechenden Person aus, da in der Regel eine zumeist nicht unbeträchtliche (Adels-)Gesellschaft anwesend war. Die Ausübung eines zeichenhaften Aktes führte zur Erhöhung symbolischen Kapitals, das wiederum den Anstieg des Prestiges, des Ansehens, und damit des sozialen Kapitals ermöglichte.84 Eine entsprechende Wirkung übertrug sich dabei auch auf die Familie, der der Akteur angehörte, weshalb zeremonielle Strukturen insgesamt zur Absicherung des eigenen dynastischen Status’ gedient haben werden.85 Zwar sind solche Ehrfragen für die mecklenburgischen Verhältnisse bislang nicht untersucht, jedoch verrät schon der flüchtige Blick auf die Streitgegenstände der Reichskammergerichtsfälle, dass Fragen der Ehre nicht nur im zeremoniellen Rahmen eine große Bedeutung beigemessen wurde.86 Im Übrigen spielten gerade die vom Adel selbst als solche bezeichneten „Ceremonien“87 nicht nur bei Begräbnissen und Hochzeiten eine Rolle, sondern auch bei Taufen, Belehnungen, Huldigungen, Untertanenvereidigungen, Landtagen und dergl. Darüber hinaus war ihnen die Problematik zeichenhafter 82 Obwohl Levin, Ewald und Jürgen von Kamptz nach 1535 tatsächlich die einzigen Stammhalter aller drei Linien des Geschlechts waren (Kamptz: Geschichte, S. 167), wird sich nur schwerlich klären lassen, ob die „ihrrungk des goldes halbenn“, wie sie im Jahre 1556 zu Kummerow diskutiert wurde, wirklich auf eine potentielle Erbschaft zurückzuführen war. 83 Vgl. etwa Fuchs: Um die Ehre; Bastl: Tugend, Liebe, Ehre; zum Zeremoniell Berns und Rahn: Zeremoniell als höfische Ästhetik; Pečar: Die Ökonomie, S. 141–145. 84 Vgl. generell Bourdieu: Die feinen Unterschiede. 85 Stollberg-Rilinger: Symbolische Kommunikation, S. 497–498; Czech: Legitimation und Repräsentation. 86 Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 194, 218, 801, 803 (Prozesse wegen Unzucht, außerehelicher Schwängerung und Nichteinhaltung des Eheversprechens, 15. und 16. Jh.); des Weiteren Fuchs: Um die Ehre, S. 228–266 sowie zur Beziehung Ehre-Duell Kap. 3.1.3. 87 Krüger: Insignia Christianorum.

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Handlungen auch durch ihre zahlreichen Auslandsaufenthalte geläufig, während der sie Reichstags-, Inthronisierungs- oder Ritterordenszeremonien verfolgten.88 Insbesondere bei den Sepulkralfeiern scheinen jedoch nicht nur Fragen des symbolischen und sozialen, sondern auch des ökonomischen Kapitals eine Rolle gespielt zu haben, da der dem Leichnam Nachfolgende – für alle Anwesenden sichtbar – Ansprüche auf die Hinterlassenschaft des Verstorbenen erhob, die im günstigen Fall Agrarflächen, Stallungen, Gutshäuser und Geld umfassen konnte. Je umfangreicher und bedeutender ein solches Erbe ausfiel, desto höher wird wohl auch die Bereitschaft der Hinterbliebenen gewesen sein, sich gerichtlich darüber auseinander zu setzen. Auffallend ist, dass gerade seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine deutliche Zunahme der Prozesse am Reichskammergericht zu verzeichnen ist, die im weitesten Sinne den Streitgegenstand Erbe zum Thema hatten. Dies ist ganz offensichtlich auf die vorausgegangene Agrarkonjunktur zurückzuführen, zu der – wollte der Adel an ihr partizipieren – entsprechende Ackerflächen benötigt wurden. Diese wiederum waren Teil des Erbes. Zugespitzt hatte sich die Situation des Weiteren dadurch, dass etwa seit den 1580er Jahren die Einnahmen durch Agrarprodukte zunehmend schwanden, was die Rückzahlung der Kredite, die für den Ausbau der adligen Eigenwirtschaften aufgenommen wurden, erschwerte.89 In dieser prekären Situation konnte ein Erbe den weiteren wirtschaftlichen und somit auch sozialen Werdegang einer Familie bestimmen. Andere wiederum sahen in der gerichtlichen Auseinandersetzung die einzige Chance, überhaupt an eines der begehrten Güter zu gelangen. Im Grunde genommen war es demnach die nicht nur für das 16. Jahrhundert, sondern für den gesamten Untersuchungszeitraum nachweisbare chronische Finanznot, die das Problem der Erbstreitigkeiten forcierte. Der Wert der Streitgegenstände ist dabei nicht immer auf den ersten Blick nachvollziehbar. Die Auseinandersetzungen um Kornbestände bei den Hahn zu Basedow bsw. waren darauf zurückzuführen, dass bis weit in das 18. Jahrhundert hinein – bis zur Umgestaltung von der Dreifelder- zur Koppelwirtschaft – die Einnahmen aus den Kornverkäufen einen wesentlichen Teil des jährlichen Budgets der Gutsbesitzerfamilien ausmachten. Getreidevorräte bildeten daher den Grundstock für zukünftige Einnahmen. Darüber hinaus zeugen gerade die rechtzeitigen Versiegelungen und akribischen Inventarisierungen dieser und anderer Hinterlassenschaften nicht nur von deren Wert und Bedeutsamkeit, sondern auch vom Misstrauen, dass man den Verwandten entgegenbrachte. Je kürzer dabei die Entfernung zum Erbschaftsgut, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, sich noch vor dem Eintreffen der Offiziellen eines der begehrten Stücke aus dem Nachlass des Verstorbenen sichern zu können. Wie der Fall der Familie Lehsten zu Wardow zeigte, konnte der rechtmäßige Erbe eines Lehngutes nach 88 Vgl. LHAS, 2.12-3/4, Kirchen und Schulen, Nr. 2752; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 321; Bacmeister: Proceß; Lisch: Ueber die älteste Form; Lisch: Belehnung durch Antastung; Lisch: Huldigungsplatz; Lisch: Musterung; Lisch: Ueber die Fürsten- und Landesversammlungen; Heck: Geschichte des Landtags; Kamptz: Beyträge, Band 1, S. 197–239; Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 98–99; Glöckler: Reichstags-Fahrt; Maltzan: Lebensbilder, S. 262–263. 89 Vgl. Pietsch: Umschlag zu Güstrow sowie ausführlich Kap. 3.2.

116 Familie der geregelten Disposition der Erbmasse mit leeren Händen dastehen. Es ist daher fraglich, ob man gerade als ältester männlicher Nachfahre als Gewinner oder nicht vielmehr als Verlierer dastand, da nach Antritt des Erbes die Verschuldung folgte, um den Gutsalltag im weitesten Sinne wieder herzustellen. Das Prozedere des mecklenburgischen adligen Erbrechts führte daher nicht selten zum Konkurs des einen und zur verbesserten Finanzsituation eines anderen Familienmitgliedes. Die im Vorfeld des Erbfalls vorgenommene Kavelung diente dem Zweck, die Versorgung der Nachkommen zu garantieren. Sollte der Nachlass jedoch vorwiegend aus dem Rittergut im weitesten Sinne bestehen, konnten einige Lose – um das Gut nicht zu zerstückeln – vorwiegend aus Geldbeträgen bestehen. Demnach hatte derjenige, der das Gut erhielt, seine Geschwister auszuzahlen, wofür er sich nicht selten verschulden musste.90 Da die Reformation für weite Teile des Adels den Wegfall geistlicher Pfründen und damit den Verlust einer bedeutenden Einkommensquelle nach sich zog, kam es zur Verkleinerung der Lose, was die Zunahme der Güterzersplitterungen und Geldzahlungen und letztlich ein Anwachsen der Schuldenlast mit jeder Gene­ration zur Folge hatte.91 Gerade im Fall, dass mehrere männliche Nachkommen existierten, wurden größere Güter nicht selten unter den Söhnen aufgeteilt, was gelegentlich als Mittel interpretiert wird, dem Aussterben einer Dynastie vorzubeugen.92 Inwieweit das für den mecklenburgischen Adel galt, ist m. E. fraglich, da gerade mithilfe von Geldkaveln nachweislich im 18. Jahrhundert versucht wurde, der Zersplitterung des Gutsbesitzes entgegenzuwirken. Des Weiteren existierten von landesherrlicher Seite einige Einschränkungen. Die Güter waren – zumindest in späterer Zeit – nicht beliebig teilbar. Gerade wenn es sich um die Teilung mehrerer Hauptgüter handelte, war der herzogliche Konsens notwendig.93 Ob beides jedoch für den gesamten Untersuchungszeitraum zutrifft, kann hier nicht geklärt werden, zumal der Gutsbesitz aus der Mitte des 16. nicht direkt mit dem des 18. Jahrhunderts verglichen werden kann.94 Die nicht selten von individuellen Ansichten des Erblassers abhängige Zersplitterung des Besitzes kann demnach direkt mit den gängigen Erbfolgepraktiken des 90 So heißt es bsw. in den Memoiren des Stephan Werner von Dewitz wegen der Teilung des Gutes Cölpin (5. Oktober 1753, vgl. Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 406–407): „Weil nun mein seel. Vater ausser dem Guthe nur etwa 2000 Thlr. oder 2500 Thlr. an Capital auszustehen, meine seel. Mutter aber 10000 Thlr. Dotalgelde nebst 5000 Thlr. ihr erblich verschriebene Gegenvermechtnis in dem Guthe addicirt und dahin noch einige kleine beneficia zu geniessen hatte, von uns Erben aber 4 Söhne und 5 Schwestern vorhanden waren, so sahen wir uns genöthiget, wenn die Erbportionen nicht gar zu klein und fast unansehnl. ausfallen möchten, das Gut Colpin [...] in der brüderl. Cavelung zu setzen.“ 91 Schmidt: Geschichte, Band 2-2, S. 109–110. 92 Czech: Legitimation und Repräsentation, S. 129, 176. Aus diesen Güterteilungen sind die ständigen Schwankungen der Güterzahlen und gelegentlich Ortsnamen wie Dreilützow zu erklären. Georg Tessin ermittelte für den Zeitraum von 1626 bis 1636 572 selbständige Besitzungen, davon waren allerdings 188 geteilte Güter, die aus 81 Hauptgütern entstanden waren (Tessin: Wert und Größe, S. 147, 154–155). 93 Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 134–138. 94 Vgl. generell Steinmann: Bauer und Ritter; des Weiteren Kap. 3.2.

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Adels in Verbindung gebracht werden. Da dieses Verfahren adlige Existenzen bedrohte, stand ihm so mancher Standesvertreter kritisch gegenüber. So bemerkte Hans Christoph von Jasmund in seiner 1609 vor der versammelten Stargarder Ritterschaft zu Cölpin gehaltenen Huldigungsrede: „Aber wie pflegts bey denen /so in vnserm Stand /ihre Gue ter also zerstue ckeln vnd theilen /abgehen vnd gerathen?“95 Es scheint demnach auch Familien gegeben zu haben, die sich der Zerstückelung ihres Besitzes widersetzten. Im Übrigen ist bereits für das 16. Jahrhundert die Strategie nachgewiesen, Streubesitz zu größeren zusammenhängenden Gütern zu arrondieren. Für viele wären diese Bestreben nicht sinnvoll gewesen, wenn sie gewusst hätten, dass nach ihrem Tode der Besitz ohnehin wieder auseinander gerissen worden wäre. Familieninterne Regelungen, zu denen auch die Kavelung gehörte, konnten m. E. auch zur Einheit des Gutsbesitzes beitragen. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass einzelne Ritterschaftsvertreter versuchten, den Ruin „aller alten Familien“ durch die Einführung des Erstgeburtsrechts, der Primogenitur, einzudämmen, was jedoch scheiterte, „weil man hier viel zu hartnäckig auf die alten Gebräuche hielte.“96 Dabei waren Gesetzesänderungen nicht einmal unbedingt erforderlich und es fanden sich Wege und Mittel, namhaftes Kapital zusammenzuhalten und zu vermehren.97 So versuchten etwa die Gebrüder Henning Friedrich und Joachim Otto von Bassewitz allein durch ein Mindestmaß an familiärem Zusammenhalt und wirtschaftlicher Weitsichtigkeit, eventuelle Geldstreitigkeiten innerhalb der Familie zu vermeiden. „Obligation aber will ich davor nicht haben“, schrieb Henning Friedrich 1727 an seinen Bruder, dem er wegen des verschuldeten Dalwitz 40000 Rthlr. geliehen hatte. Weiter bemerkt er: „und weiset der Process von Walkendorff eben aus, wie es ein großer Unterschied Lehn=Güther an Frembde oder den Lehns=Folger zu verhandeln, und endlich habe ich große Uhrsache mehr darüber froh zu seyn, wenn sowohl Du als ich frembde Güther und Lehne in unsere Familie handeln, denn die wir haben, sind uns ohnedem gewiß [...].“98 Joachim Otto stand darüber hinaus vor einem weiteren Problem: Er hatte zu jenem Zeitpunkt keinen männlichen Nachkommen.99 Seine Güter würden demnach an seine Tochter fallen, die bis zu ihrem 95 Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes (Übersetzung Latomus). 96 So äußerte sich der Jasmund auf Rödlin im Gespräch mit Nugent 1766 (Nugent: Travels, S. 272). 97 Vgl. etwa Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 20. 98 Vgl. den Brief Henning Friedrichs an Joachim Otto von Bassewitz (St. Petersburg 11. bzw. 22. April 1727), gedruckt in: Bassewitz: Aus dem Leben, S. 223–225, hier S. 224; des Weiteren Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 194 (Karte der „Bassewitz-Grafschaft“, 18. Jh.). 99 Deshalb erhielt genannter Joachim Otto von Bassewitz auch keines der Güter seines Schwiegervaters (Benedict von Ahlefeld), sondern nur eine finanzielle Zuwendung. An seinen Bruder, Henning Friedrich, schreibt er (Kiel, 17. März 1727): „Mein alter Schwiegervater verlanget sehr nach meiner Ueberkunft nach Mecklenburg, und will bei seinem Leben, wie ich durch seine Confidence erfahren, an Binchen noch ein Capital von 18000 Rthlr. aussprechen und vielleicht gar die Obligationes extradiren; es ist endlich nach proportion nicht zuviel, doch kann ich ihm nicht verdenken bei nombreuser Vermehrung seines Sohnes Familie, daß er auch die Lehen zu conserviren gedenket [...].“ Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 218–219, hier S. 218. Mit „Binchen“ ist die Ehefrau Joachim Ottos, Adelheid Benedicta, geb. Ahlefeld, gemeint.

118 Familie Tod das Gut als sog. „Erbjungfer“ nutznießen hätte können. Wohl deshalb wird er zu dem Entschluss gekommen sein, seine damals etwa zehn Jahre alte Tochter mit seinem Neffen, dem Sohn seines Bruders Henning Friedrich, zu vermählen, was 1733 auch geschah. Noch im selben Jahr übernahmen sie die Güter des mittlerweile verstorbenen Joachim Otto und sollten diese noch ein halbes Jahrhundert gemeinsam bewirtschaften.100 So konnten durch innerfamiliäre Verheiratungen zwar nicht das Erbjungfernrecht umgangen, aber doch zumindest die Güter – und nur das zählte – in der Familie Bassewitz gehalten werden. In gleicher Weise zeigt o. g. Bassewitz-Zitat wie auch weitere Beispiele gerade des 18. Jahrhunderts, dass es zu den Strategien der Familien gehörte, Gutsankäufe und -verkäufe intern zu regeln.101 Möglicherweise war dabei das gelegentlich erwähnte sog. agnatische Vorkaufsrecht förderlich, das im Fall eines anstehenden Gutsverkaufs der Verwandtschaft Privilegien einräumte.102 Zu den familieninternen Regelungen, die die negativen Folgen des gängigen adligen Erbrechts in Mecklenburg eindämmen sollten, gehörte zweifelsfrei auch der Fideikommiss.103 Insbesondere im 18. Jahrhundert versuchten auf diesem Wege einzelne Vertreter etwa der Familien Bernstorff, Levetzow oder Voss, die Kurzlebigkeit ihrer mühsam arrondierten und angekauften Ländereien und sonstigen Kapitals zu verlängern. (Erb-)Streitigkeiten konnten dadurch jedoch nicht ausgeschlossen werden; auch Fideikommisse waren durch Familienmitglieder anfechtbar.104 Dabei wird man ihren Gründern mangelndes Familienbewusstsein oder wirtschaftliche Kurzsichtigkeit kaum vorhalten können, was der Fideikommiss der Familie Kohlhans in besonderer Weise zeigt. Mit diesem hatte sich im 18. Jahrhundert die Schweriner Landesregierung zu befassen. 1680 hatte der hessische Geheime Rat Georg Christoph von Kohlhans das mecklenburgische Brüel von Gottlieb von Hagen erworben. Einer seiner Nachfahren, August Friedrich, mittlerweile zu Golchen gesessen, verfasste im Jahre 1726 seinen letzten Willen, welcher unter anderem die Gründung eines Fideikommisses beinhal100 Bernhard Mathias von Bassewitz (1706–1783), Sohn Henning Friedrichs, und Sabine Elisabeth Oelgard von Bassewitz, Tochter des Joachim Otto (Bassewitz: Aus dem Leben, S. 48, 225–227). 101 Dies verdeutlicht auch das Beispiel der Gebrüder Hake, die Anfang des 18. Jh. aus der Uckermark nach Mecklenburg eingewandert waren. Im Jahre 1715 erhandelte Otto Ludwig von Hake Klein Vielen und 1716 Friedrich Wilhelm das benachbarte Hohenzieritz. Letzteres ging nach dem Tod des Gutsbesitzers 1731 als Leibgedinge an seine Witwe, einer geb. Stotz, die es ihrem Bruder, Karl Erdmann von Stotz, verkaufte. Dieser wiederum veräußerte Hohenzieritz im Jahr 1732 an Johann Christoff von Fabian, den neuen Gatten seiner Schwester. Demnach stand hinter drei verschiedenen Geschlechternamen, die die entsprechenden Lehnakten aufweisen, ein Familienkreis. Vgl. Hake: Geschichte, S. 202–204. 102 Etwa wegen der Kamptz auf Groß Plasten (Kamptz: Geschichte, S. 29). Vgl. auch Assekurationsrevers 1621, § 30 (S. 35) sowie Evers: Actenmäßige Nachrichten. 103 Vgl. allgemein Eckert: Familienfideikommisse; Bayer: Sukzession und Freiheit; zu Mecklenburg Jandausch: Fiedeikommisse. Zur Bedeutung der Fideikommisse für die Geschlossenheit der Adelsarchive vgl. Jesse: Verzeichnung, S. 352; des Weiteren Kap. 3.2. 104 Vgl. als Überblick Schnelle: Die Adelskorporation. Bsp. für Fideikommisse: Bülow (nach SteinStegemann: Inventar, Nr. 486), Kohlhans (ebd., Nr. 1148), Levetzow (ebd., Nr. 1186), Schulenburg (ebd., Nr. 122, 275), Voss (ebd., Nr. 1011); vgl. auch Opitz: Die Bernstorffs, S. 25 (Bernstorffsches Familienstatut).

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tete. Von den Zinsen des angelegten Kapitals von einigen Tausend Rthlr. sollten – sofern keine Kriege oder andere Katastrophen das Land heimsuchten – neue Güter gekauft werden. Was so einfach klang, bereitete Hofrat Krüger, der sich als herzoglicher Kommissar der Sache anzunehmen hatte, erhebliches Kopfzerbrechen. Unter seiner Federführung versuchte man der „Fideikommiß-Fabrique“, die mittlerweile tatsächlich ein Rittergut eingebracht hatte, auf die Schliche zu kommen.105 Die komplizierte Berechnung der Einnahmen und möglicher weiterer Ankäufe wurde nach Jahren – begonnen 1780 – mit einer erschreckenden Erkenntnis aufgelistet: „Wenn man das von Kohlhansische Testament nur etwa 3 bis 4 mal so alt seyn lässet als jetzt, und sich also in das Jahr 2000 stellet; So sind 16 Güter da, und 16 Kohlhanse darauf. Hundert Jahre weiter hat man deren 40, und noch hundert Jahre so giebt es schon 100 [...]. „Ueber Mecklenburg kömmt man dann bald hinaus.“ Krüger setzte sein Szenario fort: „Es gehe aber endlich damit so lange gut, als es sich die Einbildungs Kraft nur immer vorstellen mag; So giebt es hier doch ein Infinitum auf der Erde.“

105 Zur Familie Kohlhans: LHAS, 11.3-1/4, Genealogische Sammlung Rodde; Lehsten: Adel Mecklenburgs, S. 134. Zu den Auseinandersetzungen mit der Landesregierung um 1800 vgl. als Überblick Stein-Stegemann: Inventar, S. 664–665; ausführlich LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Golchen, Vol. III (= RKG 1148). Darin enthalten: Testament und Fideikommiss des August Friedrich von Kohlhans, Güstrow, 26. Februar 1723 (Q 17) und das Gutachten des Schweriner Hofrats Krüger, undatiert [1795], Abschrift, 8. Oktober 1800 (Q 39), aus letzterem stammen auch die angeführten Zitate (S. 18, 20).

3 Stand 3.1 Mecklenburgische Adelskultur 3.1.1 Facetten mecklenburgischer Adelskultur „Geschwinde also, mein Freund, geschwinde ein Gut gekauft! Alles Uebrige findet sich nachher von selbst. O wie lange wird mir die Zeit noch währen, bevor ich ein solches niedliches Leben anfangen kann!“ 1

Der Autor dieser Zeilen, die dem zwischen 1786 und 1789 zu Schwerin erschienenen Briefwechsel über die mecklenburgische Landwirtschaft entnommen sind, ist nicht bekannt.2 Schon die Zeitgenossen rätselten darüber, um wen es sich bei dem Briefpartner des mecklenburgischen Adligen Ernst Friedrich von Engel auf Groß Nieköhr und Drüsewitz, der als Herausgeber und Mitverfasser des mehrbändigen Werkes fungierte, gehandelt haben könnte. Im 19. Jahrhundert vermutete Ernst Boll dahinter einen gewissen Herrn v. K., der als Finanz- und Kammerrat in Hannoverschen Diensten tätig war.3 Zumindest scheint es ein auswärtiger Aristokrat gewesen zu sein, der – wie so viele andere zur Mitte des 18. Jahrhunderts4 – das Ziel verfolgte, ein Gut in Mecklenburg zu erwerben.5 Engel, der seit 1739 die Landwirtschaft mit großem Eifer betrieb und daher die hiesigen Verhältnisse nur allzu gut kannte, informierte ihn über die Vor- und Nachteile, über Besonderheiten und Vorgehensweisen, wobei er sich häufig auf seinen Nachbarn, einen gewissen Herrn „von L.“, und dessen in seinen Augen mustergültige Gutswirtschaft bezog. Auch wenn die beteiligten Personen bis auf eine Ausnahme nicht bekannt sind und man womöglich geneigt ist, ihre Existenz gänzlich anzuzweifeln, besticht doch der Briefwechsel durch zahlreiche Details zur Gutswirtschaft und Adelskultur in Mecklenburg im 18. Jahrhundert, was ihn zu einer bedeutenden Quelle der neuzeitlichen mecklenburgischen Adelsgeschichte macht. Dies soll nun zum Anlass genommen werden, das „niedliche“ Leben des mecklenburgischen Adels auf seinen Gütern etwas genauer zu betrachten, kann doch gerade die dort praktizierte (Nieder-)Adelskultur als Gradmesser 1 Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 42. Das Grimmsche Wörterbuch umschreibt „niedlich“ u. a. mit Lust erweckend, wünschenswert und angenehm. 2 Engel: Briefwechsel, 3 Bde. 3 Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 469, Anm. 2. 4 Kap. 3.2. 5 Die Korrespondenz datiert auf das Jahr 1755, doch verzögerte sich ihre Herausgabe durch den Siebenjährigen Krieg, bis Engel schließlich zu Beginn der 1780er Jahre erneut Hand anlegte und die veränderten Verhältnisse mit einbezog. Er starb noch vor dem Druck des ersten Bandes (1786); das Werk widmete er seinem Standesgenossen Stephan Werner von Dewitz auf Cölpin.

122 Stand für einen spezifischen Lebensstil angesehen werden – wie es auch im Bülowschen Werk von 1780 an unzähligen Stellen herauszulesen ist. Zweifelsohne ist der gewählte Terminus der Adelskultur ein recht abstrakter Begriff. Nahezu jeder Aspekt, der Gegenstand dieser Untersuchung ist, kann ihr im weitesten Sinne zugerechnet werden. Hier interessieren nur diejenigen – im Übrigen von der Forschung bislang weitestgehend unbeachteten6 – Vergnügen des Alltags, denen der Landadel im kleineren Kreise wie auch in größeren Adelsgesellschaften auf seinen Rittergütern nachging.7 Aufgrund der Quellenüberlieferung lassen sich indes nur einige Facetten der Adelskultur aufzeigen. Ernst Friedrich von Engel hatte gute Überzeugungsarbeit geleistet. Sein Gegenüber konnte es kaum erwarten, ein ebenso „niedliches Leben“ zu führen, wie es den mecklenburgischen Gutsherren offenbar vergönnt war. So kommt er gleich zu Beginn des Briefwechsels auf eine besonders angenehme Freizeitbeschäftigung zu sprechen: die Pferdezucht. Er schreibt: „Ein neues Vergnügen aber finden wir im Reitstall, welchen wir mit den schönsten Pferden besetzen, und hinter denselben, in Gesellschaft unsrer jungen Frau, auch wol andrer guten Freunde, die uns besuchen kommen, mit Wollust den Kaffee trinken, da denn die Ausdünstung der Pferde ein lieblicher Geruch in unsern Nasen ist.“8 Pferd und Adel waren in Mecklenburg wie auch anderswo untrennbar miteinander verbunden. Allein die Etymologie der Bezeichnung „Ritter“ verdeutlicht die enge Beziehung zwischen Ross und Reiter.9 Dies wiederum geht  – ganz allgemein formuliert  – auf die mittelalterliche Militär­ verfassung zurück. In Mecklenburg stand der Militärdienst, der für die ritterlichen Vasallen eine Lehnspflicht darstellte, in enger Beziehung zur Gütergröße, weshalb gerade noch im 16. Jahrhundert zahlreiche Musterungen durchgeführt wurden, zu denen sich die Mannen – je nach Umfang der Besitzungen – mit gerüsteten Streitrössern einzufinden hatten.10 So erschien der Adel des Landes zur Musterung wegen der Lübischen Fehde 1506 mit nahezu eintausend (948) Streitrössern.11 Letztere unterschieden sich jedoch in Größe und Stärke beträchtlich von den Pferden des landwirtschaftlichen Gebrauchs. Nur diejenigen galten als geeignet, die – ähnlich der Friesen – besonders groß und kräftig waren. Häufig wurden sie aus der Fremde eingeführt und mit hohem finanziellem Aufwand gezüchtet. Ein frühes Bespiel ist das „stued“ der Familie Hahn zu Basedow, wobei es sich um das bislang einzige nachgewiesene  6 Vgl. etwa Hahn: Neuzeitliche Adelskultur (Brandenburg) und Düselder: Adel auf dem Lande (Niedersachsen).  7 Vgl. etwa Bock: Herrschaftliche Wohnhäuser, Band 2, S. 1047 (Innenraum des Pächterwohnhauses zu Zirzow, Karl Heinrich Friedrich von Dewitz und seine Familie (1785).  8 Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 27.  9 Fuchs und Raab: Wörterbuch Geschichte, S. 711. 10 Im Folgenden Lisch: Zur Geschichte der Pferdezucht; siehe auch Kap. 4.1.1. 11 Die davon am stärksten betroffenen Familien waren die Plessen mit 46, die Bülow mit 32, die Maltzan mit 31 und die Hahn mit 30 Rossdiensten. Hier nach Rossdienste 1506; vgl. auch Tessin: Die mecklenburgische Ritterschaft; Münch: 1506 – erste Bestandsaufnahme; Röpcke: Frieden und Unfrieden.



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Gestüt des mecklenburgischen Niederadels für das 15. und 16. Jahrhundert handelt. Ein indirekter Nachweis ist jedoch über die o. g. Lehn- und Musterungsrollen möglich. Auch die weitaus besser überlieferte Geschichte der landesherrlichen Gestüte, insbesondere unter den Renaissancefürsten Johann Albrecht I. von MecklenburgSchwerin und Ulrich III. von Mecklenburg-Güstrow, enthält Hinweise auf die Pferdezucht des Niederadels.12 So oblagen die Zuchtstationen, die im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert vorwiegend in der näheren Umgebung der Amtssitze angesiedelt waren, zumeist adligen Amtshauptmännern. Aus den entsprechenden Verzeichnissen geht hervor, dass die Zuchtexemplare dabei keineswegs nur aus der Türkei, aus Spanien, Italien oder Ungarn importiert wurden, sondern auch ein reger Austausch mit den Gestüten des hiesigen Niederadels stattgefunden haben muss: Die Hengste wurden nach ihren ehemaligen Besitzern, etwa „der Flotow“, „der Reventlow“ oder „der Peccatel“, bezeichnet.13 Demnach erwiesen sich die Pferde aus niederadligen Gestüten als qualitativ geeignet, um sie für die landesherrliche Zucht zu verwenden. Streitrösser waren Statussymbole. Dies galt insbesondere auch für die Zeit, als sich der militärische Charakter des Rossdienstes in einen fiskalischen gewandelt hatte; die Pferdezucht wurde aber weiterhin als traditioneller Teil der Adelskultur angesehen.14 Im Verlauf der frühen Neuzeit änderten sich die Ansichten darüber, welche Wesensmerkmale ein edles Pferd mitzubringen hatte. Etwa seit Beginn des 17. Jahrhunderts wurden nicht mehr die schweren Streitrösser bevorzugt, vielmehr galten nun Leichtigkeit und Wendigkeit als favorisierte Eigenschaften.15 Die Züchtung als solche ist für diesen wie auch den späteren Untersuchungszeitraum durch die Existenz größerer Stallungen und Reitanlagen auf mecklenburgischen Rittergütern nachweisbar.16 Darüber hinaus nennen die diesen Zeitraum betreffenden Quellen gelegentlich einige 12 So betrieb der Schweriner Herzog Johann Albrecht I. in den 1560er Jahren ein großes Gestüt in der Nähe von Crivitz (etwa 250 Pferde), das später auf weitere Filialen verteilt wurde. Laut Lisch schuf er damit die Grundlagen für das sog. Mecklenburger Pferd. Die Zucht seines Bruders Ulrich umfasste etwa 90 Pferde. Auch Pferdeärzte sind bereits für das 16. Jh. überliefert (vgl. Lisch: Zur Geschichte der Pferdezucht, S. 9–21). Zum späteren Bekanntheitsgrad der Mecklenburger Pferde heißt es bsw. in den „Drei Musketieren“ Alexandre Dumas (Dumas: Drei Musketiere, Band 2, S. 1843–1844): „Zu gleicher Zeit sah man Aramis von dem andern Ende der Straße her auf einem herrlichen englischen Renner; Bazin folgte ihm auf einem Rothschimmel und führte ein kräftiges Mecklenburger Roß am Zügel, das für d‘Artagnan bestimmt war.” 13 Lisch: Zur Geschichte der Pferdezucht, S. 19. 14 Zu diesen fiskalischen Veränderungen vgl. Hübner: ordentliche Kontribution; Steinmann: Die Geschichte sowie Kap. 4.1.1. 15 Das um 1620 entstandene Porträt (Pentz: Album, S. 129) des Markward von Pentz auf Warlitz, Gößlow und Quast (um 1595–1627) verdeutlicht zum einen die nach wie vor innige Verbindung zwischen Ross und Reiter, andererseits offenbart es den vollzogenen Wandel der Ansprüche, die mittlerweile an das Pferd des Niederaristokraten gestellt wurden. Auch hier spielte das Ausland eine bedeutende Rolle. Für die Zuchtstätten des Güstrower Herzogs Gustav Adolph ist bsw. überliefert, dass er 1652 zwei Rappen von Kardinal Domenico Cecchini (1598–1656) kaufte – angeblich die schönsten Pferde Roms. 16 So wird 1653 und 1656 bei den Warburg zu Quadenschönfeld ein baufälliger Reitstall (Breite: zehn Gebinde) erwähnt, der noch aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg stammen dürfte.

124 Stand herausragende Pferdeliebhaber wie bsw. Johann Lotharius Friedrich von Maltzan auf Rothenmoor, der ab 1750 als dänischer Gesandter in St. Petersburg fungierte. Von dort aus schrieb er am 9. Oktober 1751 seinem Bruder, Vollrath Levin von Maltzan auf Grubenhagen, der die Güter im Mecklenburgischen administrierte, er habe sieben kleine Füchse vom Grafen Lynar gekauft, die zwar sehr drollig aussähen, aber liefen, dass ihm die Haare zu Berge stünden.17 Er bat ihn, sieben Hengste vom Malchower Klosterhauptmann Levetzow zu erhandeln und die Verschiffung durch Untertanen von Rostock nach St. Petersburg zu organisieren. In Berlin bestellte er die entsprechenden Geschirre mit dem Maltzanschen Familienwappen. Im Sommer 1752 schließlich kamen die Mecklenburger Pferde in St. Petersburg zum Einsatz: „Sie sind gottlob in dem besten Zustande von der Welt und freuen sich alle Leute über ihre Größe, Schönheit und munteres Wesen für die Carosse. Weil ich ein großer Liebhaber von guten und hübschen Pferden bin, so haben sie viele gute Tage und wissen nicht, wenn [ich] damit ausfahre, auf welchen Fuß sie sich zu determinieren haben. In einer Aktion und leicht wie die Puppen, zumal da [ich] sie alle sechs mit Trensen unter der Stange fahren lasse, damit man ihnen die Mäuler conservirt.“ Pferde waren auch fester Bestandteil der Sepulkralkultur.18 Im Rahmen von Begräbnissen im 16. und 17. Jahrhundert wurden Rösser vor oder nach dem Sarg als sog. Freuden- und Trauerpferde, häufig aus dem Nachlass des Verstorbenen stammend, in den Tross integriert wie bsw. bei Kuno von Maltzan auf Penzlin um 1578 oder Claus von Peckatel auf Klein Vielen 1615.19 Dem Leichnam Peckatels, dem fünfzehn Adlige in Dreierreihen voraus schritten, folgten zunächst zwei Freudenpferde sowie der dritte „vnd Clag Gaul“.20 Das erste Ross war behangen mit einer blauen damastenen Turnierdecke, geschmückt mit roten und weißen „seiden frenseln“ und bemalt mit silbernen Flammen. An der Brust befanden sich Namen und Wappen des Verstorbenen und seiner Gattin, Elisabeth von Sperling. „Dan an der vier ecken die Pallas armieret /in der einen Hand ein Schwert /in der andern ein Palmzweig /zu den seiten vnd Füssen allerhand kriegswehr vnd Rüstungen [...].“ Der Reiter trug Brustharnisch, Feldzeichen, Federbusch, versilberten Degen und eine Fahne. Das vorwiegend in den Farben blau und weiß inszenierte Ensemble repräsentierte somit neben der militärischen Position des Verstorbenen die alten mecklenburgischen Geschlechter Peckatel und Sperling. Auf ähnliche Weise ausstaffiert wurde auch das zweite Ross, allerdings in den Farben rot und gelb. Der Reiter führte ein Der Reitstall war in etwa so groß wie das dortige herrschaftliche Wohnhaus (vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1089, Q 12). Zum Marstall zu Ivenack vgl. Badstübner-Gröger: Ivenack, S. 5. 17 Im Folgenden nach Briefauszügen (St. Peterburg, 2. September 1752), gedruckt bei Maltzan: Lebensbilder, S. 259, 265–267. 18 Zur Sepulkralkultur, insbesondere zur Unterscheidung zwischen Begräbnis und Begängnis (Scheinbegräbnis) vgl. Babendererde: Totengedenken, Begräbnis und Begängnis. 19 Zu Kuno von Maltzan auf Penzlin (1546–1578) heißt es: „bestes [Pferd] ist in seiner begräbnuße nachgeführet worden“ (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 62). Zu Claus von Peckatel vgl. Stindtman: Leichpredigt, S. 47–71. Vgl. auch Anonymus: Freudenpferd. 20 Im Folgenden Stindtman: Leichpredigt, S. 47–71.



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Regiment, an dessen Ober- und Unterseite sich die Initialen „J.F.G.“ und das Peckatelsche Wappen befanden, was die enge Verbindung zu Adolph Friedrich I. zum Ausdruck brachte. Selbst während der eigentlichen Grabrede in der Klein Vielener Kirche waren die beiden Freudenrösser sowie das schwarz-weiß bekleidete Trauerpferd anwesend. An diesem Prozedere hatte sich auch ein halbes Jahrhundert später offenbar nur wenig geändert. Ein Schneider schmückte und ritt im Jahre 1670 das Freudenpferd anlässlich der Trauerzeremonien für Heinrich von Sperling im alten Familienstammsitz Rubow.21 Auch bei den Sepulkralfeiern der Vieregge und Lühe, zu jener Zeit bekannt für ihre hervorragenden Kontakte zum Güstrower Fürstenhaus, waren Pferde immer zugegen.22 Gleiches galt für die mitunter recht aufwendigen Leichenüberführungen des 18. Jahrhunderts, auch wenn Freuden- und Trauerpferde als solche im Rahmen dieser Untersuchung in den Quellen nicht begegneten.23 Die Jagd gehörte ebenfalls zu den besonderen Vorlieben des mecklenburgischen Adels, was sich nicht zuletzt auch als sog. Jagdgerechtigkeit im mecklenburgischen „Landrecht“ widerspiegelte.24 Streitigkeiten zwischen Rittergutsbesitzern standen daher auf der Tagsordnung; dutzende Prozesse sind allein in den Beständen des Reichskammergerichts nachgewiesen.25 Aus diesen Gerichtsakten wie auch aus einzelnen Inventaren ist ersichtlich, dass Familien wie die Maltzan zu Penzlin oder die Peckatel zu Klein Vielen bereits um 1600 ausgiebig ihren Jagdinteressen nachgingen, etwa indem sie besondere Jagdwaffen besaßen und Schießhunde züchteten.26 Glaubt man einzelnen Aussagen in Zeugenverhören, vergrößerten sich seit Mitte des 17. Jahrhunderts die Jagdgesellschaften. Früher – so heißt es 1668 die Maltzan betreffend – wären sie nur mit drei Mann und wenigen Helfern zur Hasenjagd gekommen; jetzt erschienen sie mit zwanzig Pferden und zahlreichen Bauern.27 Der Stellenwert der Jagd lässt sich sowohl an den zahlreichen Gerichtsprozessen zwischen niederadligen Gutsnachbarn als auch daran ablesen, dass es mitunter selbst zu Auseinandersetzun21 Aus den Begräbnisrechnungen seiner Gattin, Ursula Dorothea von Negendanck (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304, Bl. 479–483). 22 Wegen Joachim Heinrich von Vieregge (1610–1670), Geheimer Rat, beigesetzt im Güstrower Dom am 26. Oktober 1670: drei Handpferde, ein Leib-Pferd und ein Trauerpferd (Arnd: Christliche Leich=Predigt [...] Deß, Beilage), wegen Paul Otto von Vieregge (1633–1671), u. a. Hofmeister, beigesetzt ebd. am 17. Mai 1671: Freudenpferd und Trauerpferd (Arnd: Christliche Leich-Predigt über den Seligen Hintritt, Beilage), ähnlich bei Oberpräsident Dietrich von der Lühe (1616–1673) 1673 (Anonymus: Leich=Begängniß; Abb. 58). 23 Zum Tross (elf Kutschen, 60 Pferde) beim Nachtbegräbnis Catharina Elisabeth von Negendancks am Abend des 25. Mai 1724 vgl. Anonymus: Christ=Adeliches Ehren=Gedächtniß. 24 Vgl. etwa Mevius: Der Herzogthümer, Sp. 725–726. 25 Stein-Stegemann: Inventar, Band 2, S. 1227. Auch Engel rät seinem Briefpartner zu rechtzeitigen Präventivmaßnahmen und verweist auf seinen Nachbarn, den Herrn „von L.“. Dieser hätte seinen Jäger instruiert, die Grenzen einzuhalten (Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 456): „Seinen sämmtlichen Nachbarn hat ers bekannt gemacht, daß er ihm diesen Befehl ertheilt, und sie gebeten, ihre Jäger gleichermaßen zu instruiren, wodurch mancher Unannehmlichkeit vorgebeugt ist.“ 26 Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 61–62 (Maltzan zu Penzlin, um 1590); LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Klein Vielen, Band 1 (Peckatel zu Klein Vielen, 1614–1615). 27 Hier nach Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 159.

126 Stand gen mit benachbarten Landesherren kam. So gerieten die Oertzen auf Blumenow 1782 an die preußischen Landesbehörden, weil sie das aus der Mark herüberwechselnde Hochwild auch während der Frühjahrsschonzeit unnachsichtig wegschossen.28 Auch Ernst Friedrich von Engel auf Groß Nieköhr und Drüsewitz war ein großer Freund der Jagd. Neben den Pferden und ihren lieblichen Gerüchen gehörten Jagdhunde, deren Gebell er als „schöne Musik“ bezeichnete, zu den herausragenden Vorzügen, mit denen er seinem Briefpartner das Leben auf den mecklenburgischen Landgütern schmackhaft machen wollte.29 Berücksichtigt man jedoch die langen Passagen, die er der Blumenzucht und Gärtnerei zukommen lässt, so scheinen diese seine wahren Liebhabereien gewesen zu sein. Er schreibt: „Einige von meinen Lieblingsblumen, wohin vorzüglich die Levkoye und nächst dem die Hyazinte und Goldenlack gehört, nehme ich zur Ergötzung den Winter über in meine Stube [...].“30 Damit diese in der an das Schlafzimmer grenzenden Kammer nicht erfrieren, stellte er einen zinnernen Teller mit Wasser neben die Pflanzen, um die Frostgefahr zu kontrollieren, um dann gegebenenfalls die Stubenwärme in die Kammer einzuleiten. Viele kleine Gartentricks hatte er perfektioniert. Zum Wässern nutze er bsw. eine Brause, „so daß das Wasser als ein feiner Regen auffällt.“ Abfällig hingegen äußert er sich zunächst über Orangerien, die gerade zur Mitte des 18. Jahrhunderts häufig auf den Landgütern vorzufinden waren,31 da diese keinen wirklichen Zweck erfüllten. Wenig später muss er jedoch eingestehen, selbst eine kleine Orangerie zu betreiben, in der jeweils zwei Pomeranzen, Zitronen, „Sinesische Aepfelbäumchens“ und „Lorbeerbäumchens“ gedeihen. Dieser Hang zu exotischen Früchten wie auch zu ausländischen Gewächsen ist zwar schon für das 17. Jahrhundert nachweisbar – etwa in dem sie bei Familienfeiern kredenzt wurden32 –, die Errichtung der zu Repräsentationszwecken erbauten Gewächshäuser scheint jedoch erst im 18. Jahrhundert mehr oder weniger flächendeckend umgesetzt worden zu sein.33 Orangerien begegneten zumeist als Anbauten der Herrenhäuser, als separate Gebäude oder als Anpflanzungen im Bereich der weitläufigen Gartenanlagen. Nach den Direktorialvermessungskarten der mecklenburgischen Rittergüter, die als Folge des Steuergesetzes von 1755, des LGGEV, zu hunderten hergestellt wurden, existierte spätestens zur Mitte des 18. Jahrhunderts ein flächendeckendes Netz solcher Gartenanla28 Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 422–423. Zu den gemeinsamen Jagdausritten von Hoch- und Niederadel (im 19. Jh.) vgl. des Weiteren Oertzen-Blätter 24 (1981) 22, S. 23 (Parforcejagd bei Kittendorf, Großherzog Friedrich Franz sowie Mitglieder der Familien Dewitz, Oertzen, Maltzan, Voss, Ölgemälde, Carl Steffke, um 1846). 29 Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 27. 30 Hier und im Folgenden ebd., Band 3, S. 41, 59, 63, 65–66. 31 Köhler: Orangerien. 32 Bei der Hochzeit von Claus von Peckatel und Elisabeth von Sperling wurden 1605 zu Ivenack eingemachte Limonen, Weinkapern und Oliven, bei Begräbnisfeiern der Negendanck zu Rubow 1651 und 1670 Zitronen und Pomeranzen kredenzt (Lisch: Begräbnißkosten, S. 28; LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304, Bl. 479–483). 33 Vgl. die Bsp. bei Köhler: Orangerien.



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gen.34 Die meisten Hauptgüter verfügten über ein entsprechendes Areal. Diese wiesen zumeist die typischen Kennzeichen des Barock auf: Hecken, Bäume, Wasserläufe und Wege – bei den Engelschen Nachbarn wuchsen sogar Spargel und Erdbeeren.35 Sie wurden so angelegt, dass eine symmetrische Struktur entstand, deren Hauptachsen – ähnlich wie die der großen barocken Stadtanlagen – auf das Wohnhaus ausgerichtet waren.36 So bediente sich die mecklenburgische Niederaristokratie der gleichen architektonischen Stilmittel zur Repräsentation und Visualisierung von Macht wie der europäische Hochadel.37 Für gewöhnlich war die Umgestaltung der Wohngebäude, Stallungen und Gärten mit einem erheblichen Finanz- und Arbeitsaufwand verbunden, da häufig die gesamte Dorfstruktur – zu der im 17. Jahrhundert noch mehrere Ritterhöfe gehören konnten – aufgehoben werden musste.38 Über frühbarocke Formen ist allerdings wenig bekannt. Zweifelsfrei wird jedoch so manche Anlage – erinnert sei nur an das Viereggesche Rossewitz – schon in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts errichtet worden sein.39 Noch weniger ist zu den Vorgängermodellen aus der Renaissancezeit überliefert; nur wenige schriftliche und bildliche Quellen geben Auskunft darüber, dass auch im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert insbesondere auf den größeren Ritterhöfen neben Wohngebäuden entsprechende Gartenanlagen existiert haben, die – ähnlich wie ihre barocken Nachfolger – im zeitgenössischen Geschmack angelegt worden waren.40 Architektonische Einflüsse bedingten auch die baulichen Veränderungen, die seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vorgenommen wurden, wobei sich der Niederadel des Landes zunehmend an englischen Vorbildern orientierte. In besonderer Weise wird dies an einigen Landschaftsgärten in den Direktorialvermessungskarten erkennbar, die zwar zahlenmäßig noch weit hinter den barocken Anlagen stehen, jedoch für die frühe Rezeption einer neuen Stilrichtung

34 Vgl. LHAS, 12.12-1, Karten sowie Abb. 18; zur Vermessung und Kartographie Greve: Ruthen. 35 Engel: Briefwechsel, Band 3, S. 41. 36 Vgl. Abb. 18; LHAS, 12.12-1, Karten, Kreis Stargard, Hohenzieritz, Nr. I, Ramelow, Nr. I, Kreis Wismar, Westenbrügge, Nr. I, Kreis Rostock, Roggow, Nr. I, Thelkow, Nr. Ia, Wesselstorf, Nr. Ia; Bassewitz: Schloß zu Prebberede, S. 238; weitere Bsp. bei Nitschke: Inventarisierung sowie als Überblick Hennebo und Hoffmann: Der architektonische Garten, S. 146–310, 313–381, besonders S. 375–381 (Kap. „Gärten in Mecklenburg“, allerdings ohne Berücksichtigung der barocken Rittergutsanlagen). 37 Vgl. etwa die Beiträge in Hahn und Lorenz: Formen der Visualisierung. 38 Vgl. generell Münch: Vom befestigten Rittersitz. Zur Umgestaltung des Preenschen Gutes Weitendorf gegen Ende des 17. Jh. gab der dortige Pastor 1704 zu Protokoll (Schubert: Anno 1704, B1, S. 56): „Das Gut hat 2 Adel-Höfe, wie den solches auch getheilet gewesen, das 2 vom Adel vorhin da gewohnet. Das eine adeliche Hauß lies Oberst Preen nieder reißen [...].“ 39 Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 465. Vgl. auch die Erläuterungen zu den frühneuzeitlichen Wohnverhältnissen des Adels (Kap. 2.1.2). 40 Bsp. für Neuanlagen: das Peckatelsche Klein Vielen (um 1610) und das Pentzsche Warlitz (um 1620). Vgl. die kommissarischen und amtlichen Berichte wegen Klein Vielen von 1643 und 1662, in: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 523 sowie Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 302. Zu einer bildlichen Darstellung (Maltzan zu Wolde, um 1570) vgl. Schwarz: Die niederadligen Befestigungsanlagen, S. 84; zu den Gartenanlagen der Renaissancezeit als Überblick Hennebo und Hoffmann: Der architektonische Garten, S. 15–84.

128 Stand sprechen.41 So erwähnt auch Ernst Friedrich von Engel in seinen Briefen zur Mitte des 18. Jahrhunderts den neuen englischen Geschmack; er möchte allerdings die Struktur seines Gartens beibehalten, denn die neue verbrauche viel zu viel unnützen Platz. Die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen spielten – zumindest deutet er dies in seinen Briefen an – keine Rolle.42 Für Engel war das Bauen in erster Hinsicht ein angenehmer Zeitvertreib, der eine willkommene Abwechslung zum „ewigen Müßiggang“ darstellte und „ein paar Stunden des Tages die Langeweile verkürzt[e]“.43 Tatsächlich gehörten solche größeren Bauvorhaben, die im Übrigen nicht allein dem Zeitvertreib, sondern der Selbstdarstellung und Repräsentation dienten, zu den nicht alltäglichen Ereignissen auf dem mecklenburgischen Lande. Zwar wird man angesichts hunderter idealtypischer Anlagen, die sich zu Zeiten des Spätbarock über ganz Mecklenburg verteilten, das Gegenteil vermuten dürfen, doch aus der Perspektive des einzelnen Gutsherrn und seiner Familie zählten die aufwendigen Umgestaltungen des Gutes, des Herrenhauses oder der Gartenanlage zu den nichtalltäglichen Höhepunkten des Lebens. Es verwundert daher nicht, dass manch ein Gutsbesitzer das Fortschreiten der Bauwerke nicht einfach nur untätig beobachtete, sondern direkt in das Geschehen eingriff. Dies begann mitunter bereits bei der äußeren Gestalt, indem die Bauherren selbst als Architekten in Erscheinung traten. So soll bereits Joachim Heinrich von Vieregge an der Konzeption des Rossewitzer Schlosses, dem bedeutendsten frühbarocken Bau in Mecklenburg, beteiligt gewesen sein.44 Um 1770 zeichnete Stephan Werner von Dewitz die Baupläne für das Herrenhaus im alten Stammsitz Cölpin.45 Ein ambitionierter Laienarchitekt war zweifelsfrei auch Joachim Otto von Bassewitz. Im Jahre 1726 konzipierte er die Gutsanlage zu Prebberede, wozu er einige grundlegende Vorgaben von seinem Bruder als Besitzer des Gutes benötigte, an den er folgenden Zeilen schrieb: „[...] so must Du entweder einen Riß, wie Du es haben willst, schicken, ingleichen ob es zwei etagen oder nur eine mit souterrains haben soll. 2do. ob es auf dem Ende der Allee oder vielmehr in der Mitten derselben dergestalt stehen soll, daß wenn etwa das alte Haus weggenommen würde, es wieder die Face grade nach dem Thor bekömmt, denn auf ersteren Fall müßte es aber so eingerichtet werden, daß man allemahl ein Paar Flügel anbauen könnte. Ich schicke Dir ein ohngefährl. brouillon von einem Hause von einer etage wie ich eins bauen würde.“ Drei Monate später war die Konzeption des Prebbereder Gutshauses abgeschlossen. Ende desselben Jahres arbei41 Vgl. LHAS, 12.12-1, Karten, Kreis Wismar, Rakow, Nr. I, Kreis Rostock, Reddershof, Nr. I sowie allgemein zum englischen Landschaftspark Hennebo und Hoffmann: Der Landschaftsgarten, besonders S. 137–141. 42 Engel: Briefwechsel, Band 3, S. 5. 43 Beiläufig erwähnt er in diesem Zusammenhang die repräsentative Komponente, indem ein Bauprojekt auch – wie er schreibt – „unsrer Eitelkeit schmeichelt“. Vgl. Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 26–27. 44 Diese Vermutung bei Heckmann: Baumeister, S. 23. 45 Maltzan: Mecklenburgische Männer, S. 50; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 258.



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tete Joachim Otto bereits an den Plänen seines eigenen Wohngebäudes zu Dalwitz: „Gott weiß vor wem ichs baue, da ich nur einen Jungen habe, zum Wenigstens werde ich mir doch ein ewiges Andenken dadurch gestiftet haben.“46 Über die aktive Mitgestaltung des Adels an seinen selbst initiierten Bauprojekten zur Zeit der Renaissance kann wiederum nur spekuliert werden. Wenn auch die ­wenigen erhaltenen Gebäude und einige Inventarlisten ein abweichendes äußeres Erscheinungsbild preisgeben, so schweigen sie doch in der Regel hinsichtlich ihrer Architekten.47 Im Rahmen dieser Untersuchung konnte mit Heinrich von Schmeker auf Wüstenfelde letztlich nur ein Fall nachgewiesen werden, bei dem sich ein mecklenburgischer Adliger des 16. Jahrhunderts mehr oder weniger aktiv an solchen Bauvorhaben beteiligte.48 Allerdings dürfte gerade bei den einfachen Fachwerkhäusern, wie sie noch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vom Landadel bewohnt wurden, eine aufwendige Konzipierung wohl weniger vonnöten gewesen sein. Ihre Konstruktion oblag einem mehr oder weniger standardisierten Schema, das die in den umliegenden Ortschaften wirkenden Handwerker verinnerlicht hatten. Gemeinsam mit den gutsherrlichen Untertanen erledigten sie die baupraktische Umsetzung. 49 Baustoffe wie Holz und Backsteine stammten zumeist aus den nahe gelegenen Wäldern sowie Kalk- und Ziegelbrennereien oder wurden von den Vorgängerbauten wieder verwendet.50 Nach diesen Einblicken in die Entstehungsgeschichte der gutsherrlichen Bauwerke und das Vergnügen, welches sie augenscheinlich so manchem Bauherren und seiner Familie bereiteten, sollen nun einige Bemerkungen zu deren Nutzung erfolgen. Mehrfach wurde bereits auf die in regelmäßigen Abständen stattfindenden kirchlichen Feiertage, insbesondere Weihnachten, Ostern oder Pfingsten, und diverse Familienereignisse wie Beerdigungen, Hochzeiten und Taufen hingewiesen. Das Pfingstfest im Jahre 1569 nahmen die Maltzan zum Anlass für eine Aufführung der „Comedia von Adam und Eva“. Auf dem Weg vom nahe gelegenen Werder nach 46 Sowohl Dalwitz als auch Prebberede (Bassewitz: Schloß zu Prebberede, S. 238) wurden jedoch im 18. und 19. Jh. mehrfach (teilweise grundlegend) umgebaut. Vgl. die Briefe (Kiel, 22. April, 8. August, 30. Dezember 1726, 17. März 1727), gedruckt bei Bassewitz: Aus dem Leben, S. 210– 213, 217–219. 47 Vgl. Kap. 3.1.2. 48 Zu selbigem bemerkt Bartholomäus Sastrow, der Greifswalder Notar der Familie, in seiner viel zitierten Lebensbeschreibung (Sastrow: Bartholomäi Sastrowen, S. 55): „Heinrich Smeker zu Wustenfelde war gar ein seltzamer Ebenteurer, vorthete mit vnbesonnener Bawet, (dan, wen ansehenliche Zimmer bis aufs Decken gerichtett vund aufgebauwett, lies er in Schnee vnnd Regen offen stön, das alles vorderben vnnd von ime selber nieder sturtzen moste) [...].“ 49 So wurden zum Umbau von Prebberede unter Carl Friedrich Graf Bassewitz in den Jahren 1772– 1778 Maurer, Zimmerleute und Bildhauer aus den benachbarten Städten hinzugezogen. Der Umbau selbst kostete mindestens 5225 Taler N 2/3 und 550 Taler Gold (Bassewitz: Schloß zu Prebberede, S. 323). 50 So schreibt auch „Herr B.“ aus Hannover an Ernst Friedrich von Engel (Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 45–46): „und wenn, wie Sie sagen, Bauholz, Kalk- und Ziegelbrennerei vorhanden sind, wird die Unbequemlichkeit von neuen Bauten dadurch gar sehr verringert“. Vgl. auch Kap. 3.2.3.

130 Stand Penzlin trafen Georg II. von Maltzan, Albrecht von Quitzow und Joachim von Hahn auf eine weitere Pfingstgesellschaft und fingen unter dem Vorwand, diese hätte ihnen einen Spielmann „entwendet“, eine Rauferei an.51 Auch bei Hochzeitsfeierlichkeiten wurde für gewöhnlich musiziert und getanzt.52 Dass es sich hierbei nicht um Ausnahmen gehandelt haben dürfte, verdeutlichen im Grunde genommen auch die entsprechenden Sanktionen in mecklenburgischen Polizeiordnungen, denen für gewöhnlich entsprechende Ausschweifungen vorausgegangen waren.53 Mitunter werden sogar einige Adelsvertreter erwähnt, die selbst als Musikanten oder Sänger in Erscheinung traten. Dietrich von Bevernest etwa soll ein Anhänger des römischen Dichters Flaccus Horatius und zugleich leidenschaftlicher Sänger seiner Verse gewesen sein, die er auf Reisen und in der Freizeit vor sich hin summte.54 Zu Fritz von Ihlenfeld, der der Friedländer Musikantengilde angehörte, heißt es in seiner Leichenpredigt, wenn er „Im Gesang seinen Mund auffthat /dass seine Stimme offt vor ­andern erschall.“55 Musik, Tanz und Theater gehörten demnach auch im 16. und 17. Jahrhundert zu den festen Bestandteilen niederadliger Festveranstaltungen und Freizeitvergnügen. Ähnlich verhielt es sich auch im 18. Jahrhundert. Gerade während der Trauerzeremonien wurde offenbar großer Wert auf eine musikalische Begleitung gelegt. Als Beispiele können etwa die Begräbnisse des Stargarder Erblandmarschalls Christian Wedige von Hahn am 31. Januar 1708 zu Basedow oder des Wardower Hans Friedrich von Lehsten am 15. Februar 1701 in Rostock St. Marien angeführt werden.56 Als letzterer zu Beginn des Jahres 1701 seinen nahen Tod vor Augen sah, verfasste er den Text seiner eigenen Begräbnismusik höchstpersönlich, der schließlich bei seiner Beerdigung „in einer Traur=Music mit Abwechselung Violinen, Fleutes, Douces und Hoboient“ gesungen und von keinem geringeren als dem Rostocker Marienorganisten Heinrich Rogge intoniert wurde.57 Darüber hinaus belegen einige wenige Bildquellen, insbesondere Schattenrisse, dass auch in den Herrenhäusern – wie etwa bei den Oertzen zu Gorow – im kleineren Rahmen (kammer-)musiziert wurde.58 Gelegentlich traten Aristokraten als Mäzene junger talentierter Musiker in Erscheinung. So soll Johann August von Altrock auf Sponholz, ein Neuadliger, den am Strelitzer Hof unter Adolph Friedrich III. tätigen Konzertmeister Johann Christian Hertel dazu bewegt haben, seinen Sohn, Johann Wilhelm, nicht die Juristerei, sondern das

51 Schmidt: Geschichte, Band 2–2, S. 434 (Pfingstmontag, 30. Mai 1569). 52 Etwa bei Jochim von Stralendorff um 1585 und Heinrich von Levetzow 1612 (Meyer: Güstrower Hofkapelle, S. 11; Lützow: Beitrag, S. 59). Zur zeitgenössischen Kritik an den Tanzveranstaltungen des Adels um 1600 s. u. (Kap. 3.1.3). 53 Vgl. etwa Herzöge Mecklenburgs: Der Durchleuchtigen. 54 Bacmeister: Christliche Leichpredigt. 55 Rehm: Einfältige; Simonis: Vorhandene Nachricht, S. 144–146. 56 LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 21; Anonymus: Todes-gedancken. 57 Text und Melodie wurden in seine Leichenpredigt eingebunden (Anonymus: Todes-gedancken). Zu Heinrich Rogge vgl. Heller: Ein Rostocker Schüler. 58 Oertzen-Blätter 3 (1931) 6, S. 10.



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Musizieren erlernen zu lassen: „Wie wärs, wenn wir ihn in der Capelle behielten?“59 Johann Wilhelm Hertel wiederum, der zu den bedeutenderen Komponisten der Frühklassik im deutschsprachigen Raum gerechnet wird, wurde in seiner Schweriner Zeit von Carl Friedrich von Bassewitz auf Prebberede und Wardow gefördert.60 Gerade auch den zahlreichen Konzertaufführungen in Residenzen wie Schwerin oder Ludwigslust wohnten Landadlige bei.61 Theateraufführungen, Maskeraden und Feuerwerke, die im 18. Jahrhundert vor allem in den herzoglichen Residenzen stattfanden, sind für die Rittergüter nur aus der Sekundärliteratur bekannt.62 Der Vollständigkeit halber sei auf die Festveranstaltungen des sog. „Theatergrafen“ Carl von Hahn zu Remplin hingewiesen, bei denen um 1800 die preußische Königin Luise zugegen war.63 Zu den alltäglichen, weniger kostspieligen Vergnügen, denen Familienmitglieder allein oder in kleinerer Gesellschaft nachgingen, ist vergleichsweise wenig überliefert. Henneke von Holstein auf Ankershagen bsw. soll im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts ein Freund des Kartenspiels, des Würfelns und des Kegelns gewesen sein.64 Anna von Bugenhagen berichtet 1574 in einem Zeugenverhör beiläufig, sie wäre mit Anna von Dewitz in der Nähe von Dratow „vf die scheide spatzieren gangen“.65 Für das 17. Jahrhunderts sind gelegentlich Kahnfahrten überliefert,66 die sich nicht zuletzt deshalb anboten, da so manches Herrenhaus direkt an einen See grenzte. Zu den Freizeitbeschäftigungen des 18. Jahrhundert gehörten neben Musizieren u. a. Karten- und Hasardspiele, Lesen, Fechten oder Pfeiferauchen;67 Unterhaltungen fanden bei Kaffee oder Tee statt.68 Im Gegensatz zu diesen nur selten dokumentierten Freizeitbeschäftigungen im kleineren Rahmen galten Begräbnisse bzw. Begängnisse – wie bereits mehrfach betont wurde – als herausragende Adelszusammenkünfte. In besonderer Weise lässt sich dies an den mitunter recht ausführlichen Beschreibungen in Leichenpredigten oder entsprechenden Rechnungen nachvollziehen.69 Beide Quellengattungen sind im All59 So die Aufforderung Altrocks (Schenk: Johann Wilhelm Hertel, S. 25; des Weiteren Altrock: Geschichte des Geschlechts, S. 8–9). 60 Ebd., S. 42. 61 Baudis u. a.: 120 Handzeichnungen, S. 96–97; Steinmann und Witte: Georg David Matthieu, S. 60–61, Tafel XXXVII. 62 Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 320. 63 Meyer: Characterzüge. 64 Lisch: Biographie, S. 140, Anm. 4. 65 Nach der Zeugenaussage, gedruckt bei Kamptz: Geschichte, S. 162. 66 Etwa bei Carl Mathias von Vieregge auf Rossewitz zu Beginn des 17. Jh. (Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 171). 67 Vgl. Bock: Herrschaftliche Wohnhäuser, Band 2, S. 1047 (Innenraum des Pächterwohnhauses zu Zirzow, Karl Heinrich Friedrich von Dewitz und seine Familie, 1785). 68 Zur großen Kaffee- und Teenachfrage vgl. Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 320, 344– 345; ebd., Band 2, S. 553, 626–628. 69 Etwa Stindtman: Leichpredigt (Claus von Peckatel); Anonymus: Christ=Adeliches Ehren=Gedächtniß (Catharina Elisabeth von Negendanck, geb. Bülow); LHAS, 9.1-1, RKG,

132 Stand gemeinen außerordentlich aufschlussreich, wenn es darum geht, den für die frühneuzeitlichen Sepulkralfeiern praktizierten Aufwand – angefangen bei der Kommunikation mit Familienangehörigen und Gästen, über die Besorgung von Speisen, Kleidung und Särgen bis hin zu den aufwendig in Szene gesetzten und mitunter mehrere Tage dauernden Leichenüberführungen – zu rekonstruieren.70 Da die niederadlige Sepulkralkultur einer eigenständigen Studie bedarf, können hier und an anderen Stellen dieser Untersuchung nur einige Facetten des Begräbniskults aufgezeigt werden. So wurde etwa im Rahmen der Trauerfeierlichkeiten für Claus von Peckatel am 29. März 1615 zu Klein Vielen bereits im Vorfeld das ganze Dorf regelrecht abgeriegelt und bewacht. Schon in der Nacht zuvor wurden Feuerwachen aufgestellt, um Tumult und Einbrüche in die Kirche zu verhindern. In der Leichenpredigt heißt es: „Es sein auch etliche Einspanniger bestelt, welche diese tage herumb geritten /vnd verhütet /das keine Bettler ins Dorff kommen müssen.“71 Die Kirche wurde mit Wappen, Tüchern und Kerzen ausgeschmückt; Rauchpulver, Rauchkerzen und Machandelbeeren sorgten für die entsprechende Atmosphäre. Zur Barockzeit wurden häufig auch Zusatzbauten installiert, etwa das im europäischen Adel weit verbreitete mit Skulpturen, Malereien und Inschriften verzierte Castrum Doloris, ein Trauergerüst, dessen Mittelpunkt aus einem gesonderten Sargaufbau, dem Katafalk, bestand, worauf der Sarkophag beim Begräbnis aufgebahrt wurde.72 Darüber hinaus verdeutlichen insbesondere Rechnungen, dass gerade die Sepulkralfeiern des Adels als Konjunkturfaktor für die ländliche Bevölkerung angesehen werden müssen, da unzählige Dienstleister wie Wappenmaler, Silberschmiede, Kuhlengräber, Sargträger,

Nr. 213 (Henneke von Plessen 1613); LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304, Bl. 479–483 (Sperling 1651, 1670); Lisch: Begräbnißkosten, S. 29–32 (Vicke von der Lühe 1672). 70 Vgl. etwa Walther: Christliche Vnterrichtung; Siggelkow: Doppelter Ehren=Krantz; Siggelkow: Der Gerechten; Anonymus: Christ=Adeliches Ehren=Gedächtniß; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 295; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 444–448. Zur Kommunikation im Vorfeld der Sepulkralfeiern vgl. Kap. 3.3.2. Die Leichenpredigt für Claus von Peckatel enthält eine der seltenen Beschreibungen eines Renaissancesarkophags (Stindtman: Leichpredigt). Des Weiteren vgl. die Rechnungen für das Begräbnis Henneke von Plessens 1613 (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213); zur Barockzeit die Beschreibungen in Mithob: Justorum Requies; Anonymus: Christ=Adeliches Ehren=Gedächtniß sowie Abb. 37–39, 41; des Weiteren Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 2, S. 359 (Bülow-Reventlow zu Damshagen, um 1730) und Koppmann: Die Särge (Patronatsfamilien zu Toitenwinkel). 71 Stindtman: Leichpredigt. 72 Vgl. als Überblick Braun: Castrum doloris; Evers: Tod, Macht und Raum, S. 93ff.; zu mecklenburgischen Bsp. Anonymus: Leich=Begängniß (Dietrich von der Lühe); LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 21 (Christian Wedige von Hahn 1708); Anonymus: Christ=Adeliches Ehren= Gedächtniß (Catharina Elisabeth von Negendanck, geb. Bülow). Zu letzterer heißt es: Das Castrum Doloris war im Chor in der Kirche zu Prosecken aufgerichtet, das durch zweihundert Wachslichter, „so den gehörigen Effect thaten“, beleuchtet wurde. „Die 4. Säulen /darauf das gantze Trauer=Gerüste eigentlich ruhete, waren auf eine Arth illuminiret, die dem gantzen Wercke kein schlecht Ansehen machte.“ Über der Leiche schwebte ein Engel mit einem Palmzweig. Zu einer der seltenen bildlichen Darstellungen eines Castrum doloris vgl. Abb. 41.



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Glockenläuter, Köche, Kellner, Bierzapfer etc. entsprechende Aufträge erhielten.73 Im weitesten Sinne den Abschluss der Sepulkralfeiern bildeten der Druck der Leichenpredigt und das Aufstellen eines Epitaphs.74 Im Übrigen bieten sich wiederum gerade Rechnungen an, um den Speiseplan bei Begräbnissen, aber auch bei Hochzeiten – einem weiteren bedeutenden Großereignis, das beachtliche Adelszusammenkünfte mit sich brachte – zu rekonstruieren.75 Dazu gehörten in erster Linie solche Nahrungsmittel und Erzeugnisse, die die heimische Gutswirtschaft hergab wie Getreide- und Milchprodukte, Ochsen, Hammel, Kälber, Lämmer, Schweine, Gänse, Hühner, Krebse, Fische, Wein und Bier. Allein für die Hochzeit von Claus von Peckatel und Elisabeth von Sperling im Jahre 1605 wurden 24 Ochsen, 200 Hammel und 220 Tonnen Bier geordert.76 Gleichfalls wurden Süßspeisen und Früchte kredenzt, die nicht oder nur in geringen Mengen auf den Adelsgütern verfügbar waren wie Artischocken, Pomeranzen, Trockenkirschen, Zitronen, Konfekt, Gewürze, Marzipan und Tabak. Insbesondere die Teilnahme am Leichenschmaus war Ehrensache und Pflicht zugleich, worauf die Einladungen, Abdankungsreden und Leichenpredigten ausdrücklich hinwiesen.77 Je nach sozialem Status des bzw. der Verstorbenen konnte der Aufwand recht erstaunliche Ausmaße annehmen. So beanspruchten allein Hartwig von Levetzow und Angehörige im Zuge des Güstrower Begräbnisses des Henneke von Plessen 1613 insgesamt 28 Mahlzeiten.78 Dies kam vor allem dadurch zustande, dass auch am An- und Abreisetag für die Verpflegung der Gäste gesorgt werden musste. Die mehr oder weniger geregelt 73 Vgl. etwa LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213 (Plessen, 1613); ebd., Nr. 304, Bl. 479–483 (Sperling, 1651, 1670); Lisch: Begräbnißkosten, S. 29–32 (Lühe, 1672). 74 Kap. 2.1.1 und 2.2.1. 75 Im Folgenden LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213 (Begräbnis Plessen, 1613); ebd., Nr. 304, Bl. 479– 483 (Begräbnis Sperling, 1651 und 1670); Lisch: Begräbnißkosten, S. 29–32 (Begräbnis Lühe, 1672); Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 325 (Hochzeit Plessen-Mecklenburg, um 1600); Lisch: Begräbnißkosten, S. 28 (Hochzeit Peckatel-Sperling, 1605). 76 Die Hochzeit fand am 1. Dezember 1605 zu Ivenack statt (Lisch: Begräbnißkosten, S. 28). Üblicherweise wurde jedoch mehrere Tage gefeiert. Eine Heirat zwischen den Familien Plessen und Mecklenburg, die etwa zur selben Zeit stattfand, dauerte angeblich sechs Tage (Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 325). 77 Vgl. etwa das Einladungsschreiben wegen Paul von Bülow auf Plüskow (Wismar, 16. Oktober 1589, gedruckt in: Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, Urkunden, S. 79–80): „auch nach geendigeten Ceremonien, vnd geschehener Leichpredigt, euch in vnsere behausung sampt anderen geladenen Freunden widerumb einstellen, vnnd mit demjennigen, was Gott an essen vnd trinken in dieser vngelegenheit vnd trawrigen Zeit bescheren wird, fue rlieb nemen [...].“ In der Abdankungsrede wegen Dietloff von Negendanck 1688, gehalten zu Beginn der Prozession auf dem Gutshof, heißt es (Qualen: Abdanckung, S. 8): „Indessen habe dienstlich bitten sollen /sie wollen belieben nach geendigter Trauer=Begleitung wieder anhero zu kehren / und sich allhie mit einer schlechten Trauer=Mahlzeit bedienen /und auffwarten lassen.“ Des Weiteren vgl. die Leichenpredigt wegen Claus Josua von Schack 1671 (Marcus: Tägliche Bereitschaft): „es wollen dieselben allerseits nach geendigter Leich-Predigt [...] in dieß dazu bestimmete Klag=und Trauer=Hauß in ungeminderter Zahl und Affection wieder einkehren /die zubereiteten Tisch und Logementer einnehmen und besetzen [...].“ 78 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213, Anlage B.

134 Stand stattgefundenen, gemeinsam eingenommenen Mahlzeiten scheinen jedoch nicht den Essgewohnheiten aller Trauergäste entsprochen zu haben. Beim Begräbnis des Claus von Peckatel am 29. März 1615 zu Klein Vielen wurde der Frühstückstermin besonders früh angesetzt, „Inmittels das vnnötige gefreß mit den suppen in den gemächern eingestellet sollte werden [...].79 Ob auch die alltäglichen Tafeln immer reich gedeckt und gut besetzt waren, ist angesichts der großen Menge an adligen Haushalten und der Quellenlage kaum zu ermitteln. Allenfalls für das 18. Jahrhundert sind einige Angaben möglich. Stephan Werner von Dewitz etwa berichtet in seinen Memoiren über die Zustände auf dem väterlichen Gut Cölpin. Um 1740 sollen dort in der Regel acht Familienmitglieder gemeinsam gespeist haben. Hinsichtlich seines Speiseplans gab er sich allgemein recht bescheiden und wollte nicht mit den verschwenderischen Haushalten in der Nachbarschaft verglichen werden. An Getränken nahm er seinen Angaben zufolge nur Kaffee, Wasser, Bier und kaum Alkohol zu sich. „Ich danke es meinen würdigen seel. Eltern, dass sie mich nicht verzärtelt, noch zum Leckermaul gemacht, sondern bei Hausmannskost, bei Kohl und Rüben, Klümpfen und Backbirnen, Biersuppen und Grütze auferzogen und dadurch zu einem gesunden handfesten Manne geformt haben [...].“ Im gleichen Atemzug erwähnt er jedoch Gesellschaften, wo Tee, Limonade, Punsch, Kuchen und Konfekt herumgegeben werden, wovon er jedoch nie probieren würde. „Für Austern und andere Leckerbissen habe ich nicht viel ausgegeben und dadurch manchen Thaler erspart.“80 Individuelle Ansprüche waren daher ein erster wesentlicher Indikator für den alltäglichen Speiseplan. Nugent berichtet 1766 von der Tafel der Genzkow zu Dewitz, die für gewöhnlich aus vierzehn Personen bestand.81 Außerdem schwärmte er von den Delikatessen bei den Grabow-Kettenburg zu Güstrow.82 Etwa zur gleichen Zeit schreibt Ernst Friedrich von Engel über seine Nachbarn, die Familie des „Herrn von L.“: „Die Tafel ist alle Tage gut besetzt [...].“ Wenn Gäste im Haus sind, würden dort fünf, sonst drei Gänge serviert. Buchhalter und Wirtschaftsverwalter säßen – wenn keine adligen Gäste anwesend wären – am Herrentisch. Als Nachspeise gäbe es nicht etwa Zuckerwerk, sondern eingemachte Früchte oder einen delikaten Käse.83 Erwähnenswert erscheint des Weiteren eine Bemerkung, die sich in einem Bassewitz-Vieregge-Briefwechsel aus der Mitte des 18. Jahrhunderts findet. Hier beklagte sich Henning Friedrich von Bassewitz beim Geheimen Rat Vieregge: „Nun gedenke einer 38 Kinder und Kindes Kinder zu haben, Was dies für eine grosse Anzahl ist, und Herr Henning Friedrich mag 79 Stindtman: Leichpredigt, S. 51. 80 Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 407, 413–414. 81 Zu den Tischsitten des mecklenburgischen Adels schreibt Thomas Nugent 1766, dass es – wie auch in anderen Teilen Deutschlands – üblich ist, nach dem Essen Konfekt und Früchte einzunehmen und Wein zu trinken, jedoch nur mäßig. Man bleibt bis nachmittags um 3 Uhr beisammen, und auch die Damen sitzen – anders als in England – noch eine Weile am Tisch. Vgl. Nugent: Travels, S. 77, 277; des Weiteren Riesbeck: Briefe, S. 189–190. 82 Nugent: Travels, S. 145. 83 Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 435–458; ebd., Band 3, S. 209–216.



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auch gerne nach seinem Stande leben, keinen Frantz Wein trinken, und gerne ein gutes Bratel essen [...].“84 Familiengröße und Finanzen hatten daher ebenfalls maßgeblichen Einfluss auf die Qualität der Mahlzeiten. Insbesondere für erlesene Weine scheinen gerade im 18. Jahrhundert horrende Summen ausgegeben worden sein. Sowohl Mecklenburger als auch Auswärtige bestätigen, dass darum eine „ziemliche Depense gemacht“ würde.85 Offenbar verfügten die meisten der ansässigen Familien über entsprechende Bestände, angefangen bei einigen Flaschen Burgunder und Tokajer bis hin zur umfangreichen Sammlung im separaten Weinkeller. Dies galt im Übrigen auch für im Ausland tätige Mecklenburger. In einem Brief an seinen Bruder beklagte sich der zeitweise in St. Petersburg wirkende Johann Lotharius von Maltzan auf Grubenhagen über große Schäden an seiner Weinsammlung, die der Frost beim Umzug von St. Petersburg nach Moskau im Februar 1753 angerichtet hatte.86 Für die Renaissancezeit lassen sich diesbezüglich nur wenige konkrete Hinweise finden. Allenfalls den Hochzeits- und Begräbnisrechnungen ist zu entnehmen, dass zumindest bei den bedeutenderen Ereignissen große Mengen an gewöhnlichem Wein und vor allem Bier bereitgestellt wurden.87 Glaubt man den Aussagen des schlesischen Ritters Hans von Schweinichen, der um 1580 eine Mecklenburgreise unternahm und dabei – gemeinsam mit dem Güstrower Herzog Ulrich – einige Adelshöfe besuchte, so scheint auch der Adel des 16. Jahrhunderts seine Gäste recht gut bewirtet zu haben, wozu auch qualitativ hochwertige Weine gezählt haben dürften. 88 Überhaupt äußerten sich auswärtige Standesvertreter – allen voran Thomas Nugent (1766) und Friedrich von Buchwaldt (um 1780) – recht positiv über die Gastfreundschaft des mecklenburgischen Adels.89 Selbst ein Bürgerlicher, der aus Mainz stammende Johann Caspar Riesbeck (1780), schrieb: „Geselliger und gastfreyer fand ich noch keinen Adel, als den von Mecklenburg, besonders in und um Güstrow.“90

84 Vgl. den Brief (Prebberede, 25. November 1740), gedruckt bei Bassewitz: Aus dem Leben, S. 239–240. 85 Vgl. Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 457 (Zitat) sowie S. 428–429, 432. Nugent lobte die vortrefflichen Weine der Jasmund zu Rödlin und der Grabow-Kettenburg zu Güstrow (Nugent: Travels, S. 45–46; 123, 144–145, 271). Bezugsquellen erlesener Weine waren u. a. die Händler in den Hansestädten. Georg Hinrich von Lehsten auf Wardow kaufte u. a. beim Weinhändler Thomas Otto in Lübeck (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 699, Q 12). Zur Hansestadt Rostock als bedeutenden Umschlagplatz für Weine vgl. Nugent: Travels, S. 123. 86 Maltzan: Lebensbilder, S. 271. 87 Vgl. etwa Lisch: Begräbnißkosten, S. 28 (Peckatel-Sperling, 1605) und LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213, Anlage A (Plessen, 1613). 88 Zu Claus von Oldenburg auf Watmannshagen notierte er in sein Tagebuch: „ein ehrlicher Mann, welcher mich [...] zu einem Sohn angenommen“. Vgl. Büsching: Leben und Abenteuer, S. 392– 393; des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 636, 639. 89 Nugent etwa lobte die Gastfreundschaft der Frau von Grabow, geb. Kettenburg, zu Güstrow und des Herrn von Bredow auf Prillwitz (Nugent: Travels, S. 124, 143, 281). Buchwaldt schreibt (Buchwaldt: Oeconomische und Statistische Reise, S. 5): „Der Adel ist sehr höflich und gesellschaftlich, und macht es sich zur Pflicht, sich so gegen Fremde zu beweisen.“ 90 Riesbeck: Briefe, S. 189–190.

136 Stand Hier bleibt jedoch darauf hinzuweisen, dass nicht allein die Adligen, sondern gerade ihre Bediensteten einen maßgeblichen Teil zu diesen Lobeshymnen beitrugen. Ihre Anzahl, die u. a. durch Pastorenberichte, Superintendenturbücher oder Kontributionslisten rekonstruierbar ist,91 lag im späteren Untersuchungszeitraum schätzungsweise zwischen fünf bis zwanzig Personen, wobei hier dieselben Kriterien ausschlaggebend gewesen sein dürften, wie sie bereits hinsichtlich des Speiseplanes konstatiert werden konnten, nämlich dass Individualität, Familiengröße, Finanzmittel und darüber hinaus das Alter der Familienoberhäupter über das „Ausmaß“ entschieden. Das Gesinde setzte sich für gewöhnlich aus Dienern und Aufwärtern, Knechten und Kutschern, Gärtnern und Köchen, Mägden und Kindermädchen, Schreibern und Verwaltern zusammen.92 Gelegentlich werden in den Quellen auch einige Sonderfunktionen genannt. So heißt es um 1700 zum Schreiber der Familie Wendhausen zu Karcheetz, dass er zugleich für die Herstellung der Perücken zuständig war.93 Engel berichtet u. a. über die für gewöhnlich aufwartenden Livréebedienten seines Nachbarn, von denen zwei für die Garderobe zuständig waren.94 Was Aussagen über die Kleidung und das äußere Erscheinungsbild der mecklenburgischen Adligen anbelangt, sind vor allem dingliche und bildliche Quellen wie die Holz- und Steinskulpturen der Epitaphe oder Porträtmalereien dienlich. 95 Auch Rechnungen und Leichenpredigten sind mitunter recht aufschlussreich; sie gelten aufgrund ihrer höheren Authentizität als notwendige Ergänzung, da vermutet werden kann, in den Figuren und Gemälden Idealbilder zu sehen.96 Selten sind dagegen Beschreibungen Dritter wie bsw. die des Greifswalder Notars Bartholomäus Sastrow 91 Hier nach Schubert: Anno 1704; LKAS, Superintendenturbuch 1766. 92 Exemplarisch: das Gesinde der Bernstorff im Jahre 1653: etwa 20 Personen [Bernstorff: Beitrag zu seiner Geschichte, S. 23–24 (nach einer Kontributionsliste)], um 1704 bei Siegfried von Voß zu Flotow: ca. 10, bei Dieterich Otto von Winterfeld zu Varchow: 6, bei Cuno Friedrich von der Lühe zu Thelkow: 17 Bedienstete (Schubert: Anno 1704, A1, S. 67, 63; ebd., D3, S. 310). Vgl. auch Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 443, 445. 93 Schubert: Anno 1704, B1, S. 96. 94 Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 454–455. 95 Vgl. etwa Abb. 3–8, 19, 20–23, 49–60; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 2, S. 46, Band 3, S. 395, Band 5, S. 142, 143; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1-1, S. 85, Band 1–2, S. 283, Band 1–3, S. 36–37, 40, 142; Badstübner-Gröger: Ulrichshusen, S. 8; Erichsen: Landmarschall, S. 358; Gantzer: Familie von Dewitz, Band 3–2, S. 1–8, 15; Lisch: Urkunden-Sammlung; Pentz: Album, S. 129; Gräf: Leopold Stralendorff, S. 269; Gräf: Peter Stralendorff, S. 273; Naumann: Die Plessen, S. 128–129; Von Levetzowsche Familienblätter 1 (1900–1904); Bernstorff: Andreas Gottlieb, S. 213; Rusch: Beiträge, S. 148a, 180a; OertzenBlätter 6 (1936) 10, S. 6; 10 (1939) 14, S. 8; 15 (1972) 4, S. 1; 18 (1975) 11, S. 18, 28; 22 (1979) 19, S. 130; 24 (1981) 22, S. 21; 29 (1986) 33, S. 43; Opitz: Die Bernstorffs, S. 14; Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 2, 196; Altrock: Geschichte des Geschlechts, S. 8–9; Erichsen und Kramer: 39 Mitglieder, S. 334; Mansfeld: Malerei, S. 100; Steinmann und Witte: Georg David Matthieu, S. 35, Tafel III; Heinrich: Staatsdienst und Rittergut, Umschlagabbildung; zur Entstehung und Funktion der Grabdenkmäler und Porträts Kap. 2.1; zur Kleidung im Allgemeinen Loschek: Mode- und Kostümlexikon und Thiel: Geschichte des Kostüms. 96 Gerade die Skulpturen der Epitaphe wurden für gewöhnlich posthum modelliert (Kap. 2.1.1).



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über Heinrich von Schmeker zu Wüstenfelde. Nach seinem Bericht war Schmeker ein „alter Man“ mit „grawe Kolb [Stirn bzw. Kopf ], vnnd stutzigen Bart, einen langen Paltrock fasst auf die Fusse von weissem Parchem, mit schwartzen Schnoren besetzt, dass mich deuchte bei den Vedern, das es en seltzamer Vogell sein moste“.97 Erwähnenswert erscheint darüber hinaus der Fall des Heinrich von Hahn, der – offenbar wegen der aus diversen Streifen zusammengesetzten Pluderhosen – in der Bevölkerung den Beinamen „der Bunte“ trug.98 In der Tat werden diese Beschreibungen und Titulierungen durch so manches Nachlassinventar von im 16. Jahrhundert lebenden Adligen bestätigt.99 In der Leichenpredigt des 1621 im Alter von 88 Jahren dahingeschiedenen Barthold von Bülow heißt es, er hätte sich „nach altem Adelichen gebrauch in schön Englisch Tuch /Sammit und Seiden gekleidet /auch seine güldene Armbende und ringe /als ein vornehmer Reicher vom Adell getragen“. Die „Welschen und Dwelschen Kolben“, die in Mecklenburg um 1600 in Mode kamen, verabscheute er und trug „die Haar seines ehrlichen grawen Heuptes als excrementa corporis kurtz [...]“.100 Daran ist bereits ersichtlich, dass bei einer Erläuterung des Erscheinungsbildes des frühneuzeitlichen mecklenburgischen Adels zahlreiche, auf äußere Einflüsse zurückgehende Wandlungen beachtet werden müssen, was angesichts des etwa 200 Jahre umfassenden Untersuchungszeitraumes an dieser Stelle kaum möglich ist. Vielmehr geht es darum, hervorzuheben, dass sich der mecklenburgische Aristokrat nach „Adelichen gebrauch“ kleidete. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass es sich gerade im Fall der Epitaphplastiken, Grabsteinreliefs und Ölgemälde nicht selten um vereinfachte Darstellungen gehandelt haben dürfte, die den Adligen nicht etwa in Pluderhosen, sondern im Harnisch und damit mit einem Statussymbol darstellten.101 Als ein solches kann m. E. auch die Halskrause angesehen werden, die etwa seit Mitte des 16. Jahrhunderts neben dem Harnisch bei Männern und langen Gewändern bei Frauen auf Grabsteinen und Epitaphskulpturen zu erkennen ist. Was die adligen Damen anbelangt, so ist deren Kleiderausstattung durch die zahlreich überlieferten Aussteuerregister bei weitem besser dokumentiert als die ihrer männlichen Standesvertreter. Demnach gehörten zum üblichen Kleidungsinventar unzählige verschiedenfarbige, zumeist aus Samt, Seide oder Damast gefertigte Röcke, Kleider, Joppen, Mäntel, mit Perlen und Goldstiften besetzte Hauben sowie Schmuck in allen nur denkbaren Variationen.102 Para 97 Sastrow: Bartholomäi Sastrowen, S. 57.  98 Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 67, Anm.  99 Vgl. etwa zu Kuno von Maltzan auf Penzlin das Nachlassinventar (Penzlin, 13. Januar 1596), in: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 61–62 („vnnd sammit wammes darbei, mit vorgulten knöpenn vnnd Braune Seide beschlagenn“); zu einem weiteren Bsp. ebd., Nr. 967, Bl. 324. 100 Hovisch: Adelicher Ehrenpreiß. 101 Vgl. etwa Abb. 19; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 3, S. 395, Band 5, S. 142, 143; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1-1, S. 85, Band 1–3, S. 40. 102 Exemplarisch soll auf die gedruckten Nachlass- und Aussteuerinventare von Katharina von der Lühe (um 1540) und Margaretha von Peckatel (um 1590) verwiesen werden (Crull: Frau Fineke; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 347). Im Besitz Katharina von der Lühes befanden sich unzählige Kleinodien wie vergoldete und versilberte Medaillons, „Breloques“, Riechbüch-

138 Stand doxerweise scheint hinsichtlich der Textilien die Renaissancezeit besser schriftlich dokumentiert zu sein als das Barock, was womöglich in der späteren Wertminderung der Stoffe und Kleider begründet liegt. Diese wurden nun nicht mehr über mehrere Generationen hinweg vererbt, wie es noch im 16. Jahrhundert häufig der Fall gewesen ist.103 Zwar finden sich in Gerichtsakten auch weiterhin gelegentlich Inventarlisten,104 doch ist man hier vornehmlich auf bildliche und dingliche Quellen angewiesen. Dabei verdeutlichen gerade die Gemälde und Epitaphe seit Mitte des 17. Jahrhunderts den ständigen Wandel der Moden und Haartrachten. Nun dominierte der französische Geschmack, bis sich im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts – beeinflusst durch die kriegerischen und revolutionären Ereignisse in Übersee – zunehmend an englischen Moden orientiert wurde.105

3.1.2 Kulturkontakte und Kulturtransfer Mit diesen ausgewählten Einblicken in das „niedliche Leben“ auf dem mecklenburgischen Lande ist die Frage nach den kulturellen Vorbildern bereits gestellt und zum Teil beantwortet worden. Gerade an den zuletzt genannten modischen Einflüssen dürfte deutlich geworden sein, dass wesentliche Impulse von (west-)europäischen Adelsgesellschaften ausgegangen sind. Grundlegend bleibt zu konstatieren, dass sich die Mecklenburger hinsichtlich ihres äußeren Erscheinungsbildes kaum bzw. gar nicht von den Standesgenossen der angrenzenden Länder und Territorien unterschieden. Sie orientierten sich an den modischen Gepflogenheiten, die an den bedeutenden europäischen Fürstenhöfen praktiziert wurden wie bsw. in Versailles unter Ludwig XIV. um 1700 oder in London als Residenz Georgs III. um 1770, dem sich die Mecklenburger wegen verwandtschaftlicher Beziehungen zum Strelitz-Mirower Herzogshaus in besonderer sen, Halsbänder, Ketten, Rosenkränze, Ringe, Hauben, Brusttücher oder Bruststücke, viele mit Diamanten, Smaragden, Perlen und anderen Kostbarkeiten besetzt, sowie etliche lose Perlen und Edelsteine (Crull: Frau Fineke, S. 10, 21–22). 103 Zum Wert, zur Haltbarkeit und Vererbung von Kleidungsstücken und Stoffen vgl. Crull: Frau Fineke, S. 12. 104 Etwa das Inventar bzw. Vergleichsprotokoll wegen Georg Hinrich von Lehsten auf Wardow (1720–1776), in: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 699, Q 12 (Wardow, 28. Mai, 22. Juli 1776). 105 Vgl. als Überblick Luckhardt und Marth: Lockenpracht und Herrschermacht sowie zu mecklenburgischen Bsp. Abb. 8, 20–23, 58–60; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 283, Band 1–3, S. 37, 142; Erichsen: Landmarschall, S. 358; Gantzer: Familie von Dewitz, Band 3-2, S. 2, 5, 6, 8, 15; Bernstorff: Andreas Gottlieb, S. 213; Rusch: Beiträge, S. 148a, 180a; Opitz: Die Bernstorffs, S. 14; Naumann: Die Plessen, S. 128–129; Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 2, 196; Altrock: Geschichte des Geschlechts, S. 8–9; Oertzen-Blätter 6 (1936) 10, S. 6; 10 (1939) 14, S. 8; 15 (1972) 4, S. 1; 18 (1975) 11, S. 18, 28; 22 (1979) 19, S. 130; 24 (1981) 22, S. 21; 29 (1986) 33, S. 43; Erichsen und Kramer: 39 Mitglieder, S. 334; Mansfeld: Malerei, S. 100; Steinmann und Witte: Georg David Matthieu, S. 35, Tafel III; Heinrich: Staatsdienst und Rittergut, Umschlagabbildung; Nugent: Travels, S. 163, 314, 339; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 625–626.



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Weise verbunden fühlten.106 Kulturkontakte zu anderen deutschen Adelsregionen und europäischen Fürstenhäusern wurden auf unterschiedlichen Wegen hergestellt. So gehörte es zu den frühneuzeitlichen Standesritualen, dass nach Möglichkeit jeder Adlige mindestens einmal im Leben einige der großen europäischen Fürstenhöfe und Residenzstädte besucht hatte. Üblicherweise erfolgte dies bereits in Jugendzeiten, was im Allgemeinen als Bildungsreise oder Kavalierstour bezeichnet wird. Jene Thematik hat in den zurückliegenden Jahrzehnten durch Historiker wie Antoni Maczak und Michael Maurer107 einen erheblichen Bedeutungszuwachs erfahren. Hier sind jedoch nur grundlegende Bemerkungen möglich, zumal die Reisekultur der mecklenburgischen Adligen durch die Arbeiten von Bill in ihren Wesenszügen nachvollzogen werden kann.108 Leichenpredigten gelten als bedeutende Quellengattung hinsichtlich der Kulturkontakte mecklenburgischer Adliger, da die dortigen Adelsviten häufig über die Reiseaktivitäten informieren.109 Demnach lagen in erster Linie westeuropäische Höfe, Residenzen und Städte in den Niederlanden, Italien, Frankreich und England auf ihren Reiserouten, wodurch sich bei den Mecklenburgern eine Art frühneuzeit­liches Europabewusstsein einstellte.110 Den Angaben der Leichenpredigten zufolge ­gehörte zu den Auslandsaufenthalten häufig auch ein mehrwöchiger Universitäts­besuch, zumal die Reisenden so an den Vorzügen, die mit einer Einschreibung ­verbunden waren, teilhaben konnten. In der Tat belegen zahlreiche Universitätsmatrikel, dass den biographischen Daten der Leichenpredigten Authentizität nicht abzusprechen ist.111 Über die Stationen der Kavalierstouren ist man somit recht zufriedenstellend informiert; Hinweise über einzelne Erlebnisse und Aktivitäten der zumeist mehrjährigen Reisen finden sich hier jedoch kaum. Reisetagebücher – so weit bisher bekannt – fehlen gänzlich. Stammbücher, in die sich die Reisebekanntschaften wie in ein Poesiealbum eintrugen, geben Aufschluss über die persönlichen Kontakte, die während der Auslandsaufenthalte geknüpft wurden.112 Dabei verewigten sich die Eintragenden unter 106 Zu den englisch-mecklenburgischen Beziehungen in der 2. H. des 18. Jh. vgl. Kap. 4.1.3. 107 Maczak: Travel; Maurer: Neue Impulse; des Weiteren Stannek: Telemachs Brüder; Leibetseder: Kavalierstour; Babel und Paravicini: Grand Tour. 108 Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 18–30. 109 Vgl. ebd., S. 44–185 (147 Biographien nach Viten in Leichenpredigten). 110 Dazu Maurer (Maurer: Europäische Geschichte, S. 139): „Ein Bewußtsein von Europa wurde wesentlich gefördert durch Reisen der Adligen von Hof zu Hof.“ Des Weiteren vgl. ebd., S. 100119 sowie die Beiträge in Schmale u. a.: Studien. 111 Vgl. die Zusammenstellungen von Balck: Meklenburger auf auswärtigen Universitäten; Kohfeldt: Mecklenburger; Wehrmann: Meklenburger. Demnach hatten allein bis zur Mitte des 17. Jh. mehr als 400 mecklenburgische Landadlige an Universitäten wie Erfurt, Wittenberg, Marburg, Jena, Leyden, Greifswald, Wittenberg, Königsberg, Prag, Basel, Frankfurt (O.), Tübingen, Helmstedt, Marburg, Straßburg studiert bzw. waren dort eingeschrieben. 112 Der Brauch, Stammbücher zu führen, lässt sich bis zur Mitte des 16. Jh. zurückverfolgen und wurde noch im 19. Jh. praktiziert. Vgl. allgemein Berchem: Stammbuchblätter; Forster: Das Album Amicorum; Hildebrandt: Stammbuchblätter; Meise: Das archivierte Ich, S. 35–82; Fechner: Stammbücher.

140 Stand anderem mit ihrem Wappen, mit Sinnsprüchen sowie ernsten oder heiteren Devisen. Das bekannteste mecklenburgische Beispiel ist das Stammbuch des Dietrich von Bevernest auf Lüsewitz, das unüblicherweise nicht in jungen Jahren, sondern erst, als er ein gestandener Mann war, angelegt wurde. Da Bevernest jedoch im Laufe seines Lebens zu einer respektablen Lokalgröße und einem bedeutenden Staatsmann aufstieg, finden sich unter den Inskribenten auch zahlreiche Persönlichkeiten des Hochadels, allen voran der schottische König Jakob VI. (1590).113 Sein „album amicorum“ spiegelt daher weniger eine akademische, als vielmehr eine höfisch-diplomatische Welt wider. Darüber hinaus belegen die dortigen 175 Einträge, dass das Führen solcher Stammbücher auch im mecklenburgischen Adel  – etwa in den Familien Cramon, Maltzan, Raven, Sperling und Stralendorff – weit verbreitet gewesen sein muss. Als ein weiteres Exemplar kann das Stammbuch des David von Mandelsloh genannt werden, in das sich zwischen 1605 und 1623 diverse Vertreter der Geschlechter Bülow, Flotow, Hahn, Linstow, Lühe, Lützow und Maltzan und darüber hinaus auch Angehörige des Hochadels wie K ­ önigin Christina von Schweden, zu Gripsholm im Jahre 1613, eintrugen. Volradt von Preen schrieb im Oktober 1605: „Zu guter gedechniss habe Ich deisses meinem Gudten freunde Daffit von Mandelschlo geschrieben [...].“114 Weitere für den Untersuchungszeitraum nachgewiesene Stammbuchbesitzer und -einträger waren Henneke von Pentz 1582, Joachim von Oldenburg um 1580, Georg von Hobe 1598– 1609, Kuno Wulffrath von Bassewitz 1602, Paschen von Negendanck 1610, Cuno von Hahn 1624, Christian Wilhelm von Hahn 1640, Georg Julius von Maltzan 1695, Johann Ludewig von Lützow um 1750 und Adolf von Gundlach 1762.115 Der Vollständigkeit halber sei auf den ausführlichen Reisebericht des Johann Albrecht von Mandelsloh hingewiesen, der jedoch einen Ausnahmefall darstellt. Seine Reisen führten ihn im 17. Jahrhundert u. a. nach Indien, deren Eindrücke er in seinem durch Zeichnungen ergänzten Bericht festhielt.116 Erwähnte Stammbücher geben neben dem Personenkreis, in dem sich sein Besitzer bewegte, Auskunft darüber, wohin die Reisen der Adligen führten. Herausragende Ereignisse wie die Anwesenheit bei Huldigungen europäischer Fürsten, Schiffbrüche, Stadt- und Gebäudebrände, wobei letztere für manch

113 Zum Album Amicorum des Dietrich von Bevernest vgl. Forster: Das Album Amicorum, S. 5–9, 49; zu seiner Person Bacmeister: Christliche Leichpredigt; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 54. Der Eintrag des schottischen Königs hatte wohl zur Folge, dass das Stammbuch nach Washington in die Folger Shakespeare Library gelangte. 114 Vgl. Lütgendorf: Das Stammbuch, S. XI, 54, 79, 127 und Abb. 43; Lütgendorf: Das Stammbuch, S. 127. 115 Vgl. Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 353; Zander: Eine Christliche; Berchem: Stammbuchblätter, S. 10; Pyl: Einzeichnungen, S. 97; Schmidt: Geschichte, Band 2–3, S. 459; Schnabel: Repertorium; zu weiteren Bsp. (Bülow, Hahn, Levetzow, Lützow) Pyl: Einzeichnungen, S. 97; Lützow: Stammbuch=Eintragungen; Wenzel: Hiobs Urtheil; Becker: Studentische Stammbücher. Das zwischen 1598–1609 von Georg von Hobe geführte Stammbuch zählt neben dem des Dietrich von Bevernest zu den seltenen erhaltenen Originalen (Standort: Gotha, Forschungsbibliothek, Signatur: Chart. B 1030, vgl. Schnabel: Repertorium). 116 Olearius: Des HochEdelgebornen; Abb. 44.



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einen tödlich enden konnten, sucht man hier, anders als gelegentlich in Leichenpredigten, vergeblich.117 Da angesichts der zahlreichen im Lande ansässigen Adelsgeschlechter zeitgleich wohl immer dutzende männliche Nachkommen im Ausland unterwegs gewesen sein werden, war es offenbar nicht ungewöhnlich, dass sie zum einen gemeinsam durch Europa reisten und zum anderen, dass sich mecklenburgische Adlige an den üblichen „Anlaufstellen“ begegneten.118 Der Stellenwert der Europareisen für die mecklenburgische Adelskultur muss m. E. als außerordentlich bedeutsam eingestuft werden. Man könnte zunächst vermuten, dass die Rezeption westeuropäischer Adelsgepflogenheiten mit dem üblichen Zeitverzug – wie er den allgemeinen Verhältnissen in den mecklenburgischen Territorien an der Peripherie des Reiches so häufig nachgesagt wurde – erfolgte. In der Praxis verliefen jene Integrationsprozesse jedoch weitaus rascher. Einen ersten Beweis dafür liefert die Cölpiner Huldigungsrede des Hans Christoph von Jasmund vor der versammelten Stargarder Ritterschaft und den Herzögen im Jahre 1609, in der er die „Monatliche[n] Verenderungen der kleider“ anprangerte.119 „Solche sachen lassen wir mit grossen hauffen vnd geldspildung /auch bey vnbekandten Voe lckern vns zu kauffen vnd mitzubringen bestellen [...].“120 Ein ähnlicher Hinweis findet sich in einem Brief des Joachim Otto von Bassewitz auf Dalwitz an seine Schwägerin von 1726, der u. a. die Ausstattung seines Neffen zum Thema hat: „Diejenigen so itzo aus England und Frankreich kommen, tragen noch weit schmalere Manschetten [...].“121 Johann Lotharius von Maltzan beschreibt – ebenfalls in einem Brief – die Kleidungsgepflogenheiten der St. Petersburger zur Mitte des 18. Jahrhunderts: „Die hiesigen Frauen schminken sich alle bis auf das geringste Dienstmädchen, wodurch viele artige und hübsche Gesichter verdorben werden.“ Zu den dortigen witterungsbedingten Wintermoden meint er: „Mir selbst habe ich noch keinen Pelz gekauft, aus Furcht mich zu verwöhnen, merke aber wohl, daß man einen Pelz haben muß.“122 Demnach er117 Vgl. Stindtman: Leichpredigt (Claus von Peckatel, um 1580); Appelius: Leichpredigt (Otto von Preen, um 1600); Müller: Paulinus Ordo (Adam von Halberstadt, um 1640); Arnd: Christliche Leich=Predigt [...] Deß (Joachim Heinrich von Vieregge, um 1630); des Weiteren Bassewitz: Aus dem Leben, S. 43; Naumann: Die Plessen, S. 126; Maltzan: Lebensbilder, S. 278; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 420–421. 118 Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 180–181 (Clement von Wangelin und Levin Ludwig von Hahn, um 1619); Bassewitz: Ewiger Ruhm (Friedrich von Barnewitz und Hans Friedrich von Lehsten, um 1645). 119 Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes (Übersetzung Latomus). 120 Ebd. 121 Vgl. den Brief (Hamburg, 3. Dezember 1726), gedruckt in: Bassewitz: Aus dem Leben, S. 215– 216; zu den monatlichen Kleidungsveränderungen siehe auch Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 345; ebd., Band 2, S. 552. 122 Vgl. den Brief (St. Petersburg, 14. Dezember 1751), in Auszügen gedruckt bei Maltzan: Lebensbilder, S. 263–264, 278. Diese „Bescheidenheit“ wurde ihm möglicherweise zum Verhängnis. Er starb am 31. Dezember 1756 an den Folgen eines hitzigen Fiebers. Im Bericht der dänischen Gesandtschaft an den Minister Bernstorff heißt es, Maltzan sei gestorben, da er selbst bei größter Kälte weder Pelz noch Mantel getragen habe.

142 Stand folgte die Rezeption und Integration insbesondere fremdländischer Moden außerordentlich schnell und wurde in erster Linie durch Auslandsaufenthalte unterschied­ lichen Anlasses, eine intakte innerfamiliäre wie inneradlige Kommunikation und durch kaufmännische Aktivitäten gewährleistet.123 Die Grundlagen einer europäischen Standeskultur wurden jedoch in Mecklenburg vermittelt. Die zahlreichen Einzelbiographien – insbesondere die der Leichenpredigten – verdeutlichen, dass Bildung im weitesten Sinne bereits seit dem Kindesalter auf den Rittergütern unter Anleitung der Eltern, Verwandter oder Hauslehrer praktiziert wurde, wobei dem Medium Buch eine herausragende Rolle beigemessen werden muss.124 Der Nachweis von Adelsbibliotheken erweist sich allerdings als schwierig. In gehobenen Adelskreisen dürfen sie jedoch bereits zur Renaissancezeit als Bestandteil zumindest der größeren Wohngebäude angesehen werden.125 Ihre Verbreitung in der Barockzeit ist etwas detaillierter überliefert, die Thematik an sich wird angesichts der problematischen Quellenlage jedoch nie ausführlich rekonstruiert werden können.126 Durch die häusliche Erziehung wurde bereits in der Kindheit der Kontakt zur außermecklenburgischen Adelswelt hergestellt. Auch wenn Bücherlisten bis dato nicht ausfindig gemacht werden konnten, lassen sich doch einzelne Titel und somit auch deren Lektüre indirekt nachweisen.127 Die Bedeutung auswärtiger Adelsfamilien, die nach 123 Bill (Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 28) urteilt hier richtig, wenn er meint: „Denn durch die Peregrinationen bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts waren die Führungseliten Mecklenburgs weit umfassender länder- und grenzübergreifender gebildet als man dies vermuten sollte.“ Zur innerfamiliären Kommunikation vgl. auch Kap. 3.3.2. 124 Vgl. Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 10–16; des Weiteren Opitz: Gute Künste. 125 Direkt und indirekt nachweisbar für Dietrich von Bevernest (Bacmeister: Christliche Leichpredigt), Hans Christoph von Jasmund (Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes), Barthold von Bülow d. Ä. (Hovisch: Adelicher Ehrenpreiß) sowie diversen über die Landesgrenzen hinweg bekannten Gelehrten aus den Reihen des mecklenburgischen Adels (siehe Kap. 3.1.3). 126 Bibliotheken des 18. Jh. sind u. a. nachgewiesen für die Familien Oertzen (Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 305), Lehsten (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 699, Q 12), Grabow-Kettenburg (Nugent: Travels, S. 144), Jasmund (ebd., S. 268, 272), Bassewitz (Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 16, 24–25), Lützow (Anonymus: Verzeichniß der zum Nachlasse, S. 38–136), Bernstorff (Klingsporn: Bücher-Verzeichnis). Der Grundstock der berühmten Bibliothek des Engeren Ausschusses bzw. der Mecklenburgischen Landstände geht zurück auf die Buchbestände des Adolph von Bassewitz zu Neuhof (1740). Ergänzt wurde sie durch die Bibliothek des Landrats Negendanck auf Zierow (1749), die Behrsche Adelsgenealogie und die „Mecklenburgica“ des Staatsministers Kamptz (1806). Zu den Beständen der Landständischen Bibliothek (Johannisbibliothek) gehörten darüber hinaus zahlreiche Bücher und Manuskripte (mehr als 50) aus der Feder mecklenburgischer Adliger (Anonymus: Bibliothek der Mecklenburgischen). Neben den Bibliotheken scheint es auch Münz-, Medaillen- und Naturaliensammlungen gegeben zu haben. Zum Medaillenkabinett, zu den Sammlungen griechischer und römischer Münzen und dänischer und schwedischer Medaillen sowie zum Naturalienkabinett der Familie Barnewitz vgl. ­Nugent: Travels, S. 191, 285. 127 Vgl. vor allem die Hinweise zu den Lektürekenntnissen der gelehrten Adelsvertreter in Kap. 3.1.3. Aus kunsthistorischer Perspektive wurde bsw. nachgewiesen, dass für die Innengestaltung des um 1709 erbauten Herrenhauses der Bassewitz zu Hohen Luckow die 1693 anonym (Daniel de LaFeuille) in Augsburg erschienene „Emblematische Gemüths-Vergnügung“ genutzt



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Mecklenburg übersiedelten und somit auch Adelskultur importierten, muss als sehr hoch eingeschätzt werden.128 In ihrem „Gepäck“ befanden sich nicht nur umfangreiche Bibliotheken – etwa die des Gotthard Christoph von Tode –, sondern auch die in den europäischen Kulturzentren gesichteten Architekturvorlagen, die sie in Mecklenburg verwirklichen konnten.129 Schließlich geht das bedeutendste noch erhaltene Barockensemble, Schloss Bothmer, erbaut 1726–1732, auf ein englisches Vorbild – den von John Vambrugh um 1715 konstruierten Blenheim Palace in Oxfordshire – zurück. Der Initiator des mecklenburgischen Nachbaus war der aus einem niedersächsischen Adelsgeschlecht stammende Hans Caspar von Bothmer, der als englischer Minister unter Georg I. auch in der Londoner Downing Street Nr. 10 residierte.130 Einen ähnlich hohen Stellenwert kann den kaufmännischen Aktivitäten beigemessen werden. Schon Hans Christoph von Jasmund hatte in seiner Cölpiner Huldigungsrede 1609 auf dieses „Problem“ hingewiesen.131 Eine entsprechende Bestätigung für die Bedeutung von Handelsbeziehungen im Allgemeinen findet sich des Weiteren in den Schreibkalendern des Samuel von Behr. Dieser hatte offenbar am 20. Februar 1615 bei einem aus Amsterdam stammenden Kaufmann einen „Jndianischen Tisch“ für 120 Rthlr. erworben.132 Da solche Egodokumente nur selten überliefert sind, zählen auch hier in erster Linie Rechnungen zu den ergiebigsten Quellen.133 Nach bisherigen Erkenntnissen verweisen sie zumeist auf unbekannte Händler aus den Land- und Seestädten Mecklenburgs sowie angrenzenden Nachbarterritorien. Für die Familien Pentz und Maltzan waren dies um 1600 bsw. in Lübeck und Lüneburg ansässige Krämer.134 So schreibt Jacob Ernst von Pentz am 29. Dezember wurde. Der ausführende Künstler war ein offenbar aus Italien stammender Stuckateur namens Giovannni Battista Clerici (Rinn: Stuckdekoration, S. 52–53; Peil: Die Embleme; Abb. 14; zu weiteren Stuckarbeiten vgl. Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 3, S. 366). Zweifellos werden auch Standardwerke wie die „Ceremonial-Wissenschaft der großen Herren“ (Rohr: Einleitung) von Julius Bernhard von Rohr oder der anonym verfasste „geöfnete Ritterplaz“ (Hamburg 1700–1705) zu den Bücherbeständen des Landadels gehört haben. Darüber hinaus existierten architekturtheoretische Werke, die sich weitestgehend auf Mecklenburg bezogen und in denen mitunter sogar die Bauten des hiesigen Adels angeführt wurden: etwa das „Theatrum Architecturae Civilis“ (Güstrow 1679) von Charles Philippe Dieussart, die „Anweisung zu der Civil Bau=Kunst“ (Wolfenbüttel 1696) des Leonhard Christoph Sturm oder „Die Mecklenburgische Land=Baukunst“ (Schwerin-Wismar 1796) von Ernst Christian August Behrens. Vgl. auch Lorenz: Zur Architekturgeschichte, S. 64–65. 128 Dazu ausführlich Kap. 3.2. 129 Gotthard Christoph von Tode auf Tarnewitz und Oberhof im Amt Grevesmühlen (Oberhof 1702 erstanden von der Familie Bülow). Zum Inventar seiner umfangreichen Bibliothek vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 447, Vol. 3. 130 Hans Caspar von Bothmer (1656–1732). Vgl. Brandt: Altmecklenburgische Schlösser, S. 26; Heckmann: Baumeister, S. 50–54; Neumann: Schloß Bothmer. 131 Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes. 132 LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545. 133 U. a. überliefert in den Beständen LHAS, 9.1-1, RKG; LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia. 134 Die Penzliner Maltzan kauften um 1580 die für eine Hochzeit benötigten Schmuckstücke beim „Krahmer Vonn Lubeck“ (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 2, Bl. 1151–1153), die Pentz 1579 Seidengewänder und andere Waren beim Seidenkramer Gerd Rentorf zu Lüneburg sowie

144 Stand 1616 an seinen Lübecker Händler: „pitt freundlich, wollet meiner Tochter Eva Pentzen ein pahr schwarzer strumpf, gelich wie diser, doch ein wenig enger, mit herüberschicken beneben ein pahr weißer leddern henschen, die nicht lang sien, doch ein weinig weit.“135 Neben diesen auswärtigen Krämern, von denen der Adel standesgemäße Waren bezog, traten auch einheimische Geschäftsleute in Erscheinung. So war etwa Simon Leupold, ein enger Vertrauter Herzog Heinrichs, eine der bedeutendsten mecklenburgischen Händlergrößen der Renaissancezeit. Neben seiner Tätigkeit als Lehnssekretär und Notar versorgte er als Kaufmann zahlreiche Adelsfamilien, zu denen er teilweise freundschaftliche Beziehungen pflegte, mit Produkten aller Art.136 Nachweislich zwischen 1574 und 1594 war der Güstrower Mathias Unger ein kunstfertiger und viel beschäftigter Goldschmied. Geschlechter wie die Bülow, Finecke, Flotow, Hahn, Lühe, Oldenburg und Maltzan belieferte er neben diversen Kleinodien auch mit Schwertern und Dolchen.137 Nach dem gleichen Muster erfolgte der Erwerb fremdländischer Waren im 17. und 18. Jahrhundert.138 Besonders Hamburg war ein bedeutendes Handelszentrum für Kunst- und Kulturgüter, von wo aus Familien wie die Penzliner Maltzan 1772 ihre herrschaftlichen Möbel bezogen. Im „Gegenzug“ liebäugelte so mancher Hamburger Kaufmann mit einem mecklenburgischen Rittergut.139 Im Übrigen reichten die Handelsbeziehungen der Mecklenburger auch in Richtung Osten über die Grenzen des Vaterlandes hinaus. So zeigt etwa das Beispiel des in St. Petersburg und Moskau tätigen Johann Lotharius von Maltzan auf Rothenmoor, dass Mecklenburg auch als ­Zwischenstation fungierte. Für seine mecklenburgischen Verwandten besorgte er Melonenkerne und grünen Karavanentee, in umgekehrte Richtung bezog er über sie Lebensmittel wie Schafskäse und seine gesamte Kleidung. So erwähnt er in einem Brief sieben Livree, zahlreiche Beinkleider, Strümpfe, Hüte und zwei dutzend Hemden mit Manschetten. Als Händler wird dabei ein Güstrower Kaufmann namens Spalding genannt.140 Wie die o. g. Beispiele zeigen, beruhte der gesamte Handel auf einer intakten Kommunikation; die Waren wurden – zumindest bei längeren Entfernungen – zumeist durch Boten und Posten überbracht. Es gab genügend Anlässe wie Umschlag,

anlässlich einer Trauerfeier 1616 und 1617 beim Lübecker Händler Steinmann (Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 117–118, 254). 135 Nach Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 117–118. 136 Etwa die Pentz auf Bandekow 1566 „ein gulden ring mit ein edelgestein zum trawring“. Vgl. ebd., S. 197. 137 Glöckler: Reichstags-Fahrt, S. 204, Anm. 1. 138 Vgl. etwa LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 835, Band 3, Bl. 204 (Plessen-Rottermundt, 1654); ebd., Nr. 699, Q 12 (Lehsten, um 1770). 139 North: Der Hamburger Kunstmarkt; Schmidt: Geschichte, Band 2–3, S. 427; Fischer: Der Zug auf das Land. 140 Möglicherweise verwandt oder identisch mit dem Herausgeber der Landtagsprotokolle, Joachim Heinrich Spalding (Kap. 4.2.1). Vgl. die Briefauszüge bei Maltzan: Lebensbilder, S. 256, 264, 272–274.



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Jahrmarkt oder Landtag, um die Kaufleute vor Ort aufzusuchen.141 Nugent und Engel berichten, dass die Händler ebenso bereit waren, ihre Kunden an den jeweiligen Aufenthaltsorten zu betreuen. So soll Mitte des 18. Jahrhunderts ein Güstrower Kaufmann zwei bis drei Mal pro Jahr die Schweriner Residenz beliefert haben, um die dortigen Damen mit Seidenzeug, Stoffen, Taschenuhren usw. auszustatten.142 Krämer zogen von Rittergut zu Rittergut und brachten somit ihre Waren direkt vor Ort an den Mann.143 Es bestand demnach eine von Nachfrage und Angebot beeinflusste Wechselwirkung zwischen den Adligen auf der einen und Händlern, aber auch Handwerkern und Künstlern, die schließlich die Verarbeitung und Veredelung der Rohstoffe vorzunehmen hatten, auf der anderen Seite.144 Mecklenburg war damit Teil eines posthansischen Kaufmannsnetzwerkes, das die Utensilien für das „niedliche“ Landleben der Niederaristokratie bereitstellte.145 Angesichts hunderter Familien, die zeitgleich versorgt werden wollten, sollte ihr Wirtschaftsfaktor für die Bevölkerung der Region und der umliegenden Territorien nicht unterschätzt werden. Neben diesen mehr oder weniger der Eigeninitiative des Adels zuzuschreibenden Kulturkontakten sollte auch die Rolle des mecklenburgischen Fürstengeschlechts nicht zu gering bemessen werden. Schließlich sahen sie sich hinsichtlich der Integration in die Riege der großen europäischen Adelsgeschlechter mit ähnlichen Problemen konfrontiert wie ihre Vasallen. Die landesherrlichen Residenzen wie Güstrow und Schwerin, Neustrelitz und Ludwigslust übten daher im gesamten Untersuchungszeitraum eine enorme Anziehungskraft auf den Niederadel aus.146 Anlässe für solche Aufenthalte gab es zu Genüge. Ereignisse wie Landtage, Huldigungen oder Umschlag bewirkten, dass selbst eingefleischte Gegner der Hoffahrt oder diejenigen, deren Güter mehrere Tagesreisen davon entfernt lagen, sich in regelmäßigen Abständen in den Residenzen oder doch zumindest in deren Nähe aufzuhalten hatten. Darüber hinaus bestand für einen nicht unerheblichen Teil des Adels, insbesondere für Höflinge und Regierungsbedienstete, eine Art Anwesenheitspflicht.147 Ebenso waren Stadtwohnungen wegen der kulturellen Vorzüge keine Seltenheit.148 Aus diesem Grunde empfiehlt auch Engel seinem Briefpartner, die Hälfte des Jahres oder doch „den traurigen Winter über“ in der Stadt zu verbringen.149 Überhaupt scheint nicht 141 Vgl. u. a. Pietsch: Umschlag zu Güstrow; Heck: Geschichte des Landtags sowie ausführlich Kap. 3.3.1 und 4.2.1. 142 Nugent: Travels, S. 367. 143 Engel: Briefwechsel, Band 3, S. 207–241. 144 Vgl. etwa LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 2, Bl. 1151–1153 (Maltzan auf Penzlin, 16. Jh.). 145 Vgl. auch die Beiträge bei North und Krieger: Land und Meer. 146 Überhaupt haben die mittleren und großen Höfe im Verlaufe der frühen Neuzeit an Anziehungskraft gewonnen, da dort soziales Prestige, kultureller Glanz, Pensionen, Titel, vorteilhafte Heiraten, einflussreiche und gut ausgestattete Ämter zu bekommen waren (Stollberg-Rilinger: Nur ein bloßes „Gedankending“, S. 14). 147 Vgl. dazu Kap. 3.1. 148 Vgl. etwa Münch: Wismarer Grundbuch (Wismar). 149 Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 27. Der Baron Erlenkamp lebte um 1700 sowohl auf seinem Gut Ulrichshusen als auch in der Stadt Plau (Schubert: Anno 1704, A1, S. 135).

146 Stand zuletzt das Interesse an kulturellen Neuheiten die Reisebereitschaft beflügelt zu haben. Dutzende Adlige waren zeitgleich im Lande unterwegs. Schon Samuel von Behr, der als herzoglicher Rat zu den aktivsten Reisenden um 1600 gehört haben dürfte, erwähnt in seinen Tagebuchaufzeichnungen diese alltäglichen Begegnungen mit mecklenburgischen Vasallen.150 Die Reisen als solche fanden per Pferd bzw. Kutsche statt, wobei für das 18. Jahrhundert gesonderte Stadtwagen und Mietkarossen genannt werden.151 Diese Mobilität konnte mitunter ungeahnte Ausmaße annehmen. So ist bsw. für den zu Basedow ansässigen Christian Wedige von Hahn überliefert, dass er über keinen festen Wohnsitz verfügte, sondern laufend mit seinem Tross durch die Lande zog.152 Mobilität gehörte demnach auch für die Mecklenburger Aristokratie zu den Grundvoraussetzungen, um den Bedarf an Kulturkontakten im weitesten Sinne sättigen zu können.153 Darüber hinaus wurde insbesondere der privilegierte, zur Hofgesellschaft gehörende Kreis in den mecklenburgischen Residenzen mit fremdländischen Moden konfrontiert, an die er im Übrigen durch Kleiderordnungen gebunden war. Selbst diejenigen Vasallen, die nicht regelmäßig an den Höfen weilten, hatten sich bei Anlässen wie Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen und dergl. den Vorgaben zu fügen.154 Bisweilen kursierten sogar Legenden, dass die Kleidung so mancher niederadligen Dame mit den Moden der Landesherrinnen konkurrierte und diese sogar übertraf.155 Es scheint demnach hinsichtlich der Kleidungsgepflogenheiten einen ähnlichen Austausch gegeben zu haben, wie er bereits im Rahmen der Erörterung der Zeremonial150 LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545. 151 Vgl. Nugent: Travels, S. 89, 365; Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 449; Schmidt: Geschichte, Band 2-2, S. 425. 152 Dazu der Basedower Pastor (1704): „Der Hof, so Päbstlich, ist nur dan undt wan alhie [...].“ Des Weiteren der Hinrichshagener Pastor: „nun aber bald an den Ort, bald aber zu Basedow mit den meisten seiner Leute sich aufhält.“ Vgl. Schubert: Anno 1704, A1, S. 127, 149. 153 Dazu Maurer (Maurer: Europäische Geschichte, S. 139): „Mobiliora – nobiliora. Je beweglicher – desto adliger, das war die Devise der Zeit.“ 154 Die dortige Aufwartung gehörte zu den Vasallenpflichten. In einem Einladungsschreiben wegen der Eheschließung zwischen Herzog Magnus von Mecklenburg und Elisabeth von Dänemark 1543 heißt es (gedruckt bei Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 1, S. 364–375): „Wir wollen dir auch mitler zeit das mustermenlein, darnach die kleidung sol geschickt vnd geziert sein, ein gut zeit zuuor zuschicken [...].“ Vgl. des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 320 (Begräbnis Herzog Magnus II., 1504); Kamptz: Beyträge, Band 1, S. 231 (Trauerfeiern im Strelitzer Herzoghaus, Mitte 18. Jh.); Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 99 sowie Kap. 4.1.1. 155 So berichtet der in Wismar gebürtige Lübecker Chronist Reimar Kock, dass zur Vermählung Herzog Heinrichs mit Helena von der Pfalz zu Wismar am 6. September 1513 die Weisung an Katharina von Finecke, geb. Lühe, ergangen war, selbige solle nur ihr nächstbestes Kleid anziehen, damit sie die Herzogin nicht übertrumpfe. Weiter schreibt er (Crull: Frau Fineke, S. 6): „Es war das ein ausbündig hoffährtiges Weib, welches große Summen für ihren Putz ausgab, und ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen, daß sie bei der Trauung eines unbedeutenden Edelmanns in S. Jürgens Kirche (zu Wismar) einen Rock anhatte, der von Perlenstickerei so steif war, daß sie, als in der Stillmesse alle Frauen niederknieeten, in ihrem Rocke wie in einer Tonne stehen bleiben mußte.“



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und Memorialkultur konstatiert werden konnte, bei denen gerade die im näheren sozialen Umfeld der Landesherrschaft wirkenden Vasallen von den künstlerischen Größen, deren Werkstätten sich in den Residenzen befanden, profitierten.156 Ob auch fürstliche Schneider für den Landadel tätig waren, ist nicht bekannt. Nachweisbar ist jedoch, dass in herzoglichen Diensten stehende Hofmusiker und Schauspieler einen großen Einfluss auf die Kultur des Niederadels ausgeübt haben – nicht zuletzt deshalb, da sie auch auf den mecklenburgischen Rittergütern tätig waren.157 In gleicher Weise waren fürstliche Architekten und Handwerker am Bau einiger Herrenhäuser beteiligt, was jedoch weniger für die einfachen Fachwerkbauten angenommen werden kann, die gerade im frühen und mittleren Untersuchungszeitraum weit verbreitet gewesen sind.158 Vielmehr waren es stattliche Gebäude wie das Wohnhaus des Joachim von der Lühe, das um 1580 durch Philipp Brandin, aus dessen Werkstatt auch einige der bedeutendsten Epitaphe in ehemals niederadligen Patronatskirchen stammen, am Güstrower Domplatz errichtet wurde. Die Terrakottaarbeiten am Torhaus der Maltzan zu Ulrichshusen (um 1550) werden dem bedeutenden Ziegelbrenner Statius (von) Düren zugeordnet, der auch am Bau des Wismarer Fürstenhofes Johann Albrechts I. mitwirkte. Jene Residenz soll darüber hinaus Vorbild für die gesamte Ulrichshusener Schlossanlage (1553) gewesen sein.159 Überhaupt bildeten die mecklenburgischen Höfe einen Dreh- und Angelpunkt bei der Verbreitung humanistischer Ideen in ganz Norddeutschland.160 Ein solcher Austausch von Architekten und Handwerkern beflügelte auch das bauliche Schaffen im Zeitalter des Barock. Erinnert sei an den Architekten des Viereggschen Rossewitz (um 1657), Charles Philippe Dieussart, der als Hugenotte in Mecklenburg das bis heute bedeutendste Gebäude der zweiten Hälfte des 17. Jahr156 Kap. 2.1. 157 Etwa die Güstrower Hofmusiker bei der Hochzeitsfeier (um 1585) des Jochim von Stralendorff in Güstrow (Meyer: Güstrower Hofkapelle, S. 11). Zur Musik- und Theaterkultur in den mecklenburgischen Residenzen Güstrow und Schwerin im 16. und 17. Jh. vgl. Meyer: Güstrower Hofkapelle; Meyer: Mecklenburg-Schweriner Hofkapelle; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 413–414; zu den Tanzveranstaltungen in Ludwigslust, Schwerin, Neustrelitz, Mirow sowie im pommerschen Greifswald (Exil des Strelitzer Herzogs Adolph Friedrich IV.) zur Mitte des 18. Jh. und die dortige Anwesenheit des Strelitzer Adels Nugent: Travels, S. 193, 293, 365; Alvermann: Im Hause, S. 134. 158 Kap. 2.1. 159 Vgl. Sarre: Beiträge, S. 45–46; Gehrig: Philipp Brandin, S. 112–113 sowie Abb. 24; BadstübnerGröger: Ulrichshusen, S. 4, 8; Ortwein und Scheffers: Deutsche Renaissance, D (Güstrow), Tafel 40; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 465; zu den Künstlern und Werkmeistern in Mecklenburg von 1550–1700 Sarre: Beiträge, S. 57–109. 160 Zur Renaissancezeit meint Gehrig (Gehrig: Kunst in Mecklenburg, S. 115): „Die verwandtschaftlichen Verbindungen der mecklenburgischen Reformationsfürsten nach Dänemark, Schweden, Sachsen, Schlesien und weiter ins Reich geben den tragenden Grund ab für das Sammelbecken all der Kunstströmungen im Mecklenburg jener Zeit.“ Führend dabei waren vor allem italienische (welsche) und niederländische Einflüsse. So heißt es auch zu einem nicht näher bekannten Haus der Familie Lühe (1557), dieses besäße „ein[en] welsche[n] Giebell“ (nach Sarre: Beiträge, S. 57, Anm. 1). Vgl. auch ebd., S. 57–60; Gehrig: Philipp Brandin, S. 3–6, 33.

148 Stand hunderts erschuf.161 Der Baumeister des o. g. Schlosses Bothmer war Johann Friedrich Künnecke. Dieser errichtete ab 1731 die Jagdresidenz Klenow für Herzog Christian Ludwig, an dessen Stelle später die Stadt Ludwigslust gegründet werden sollte.162 Das Herrenhaus Sponholz, erbaut zwischen 1742 und 1745 für den Strelitzer Hofrat Johann August von Altrock, konzipierte Julius Löwe, der Stadtarchitekt des 1733 gegründeten Neustrelitz.163 Dabei können die einzelnen Tätigkeitsbereiche von Baumeistern und Bauherren kaum eindeutig abgegrenzt werden; schließlich kontrollierten letztere – wie erwähnt – zu gern ihre eigenen Bauvorhaben. Idee und Entscheidung ­hinsichtlich der äußeren Gestalt lagen dabei im Ermessen der Adelsfamilien selbst. Die zumeist unbedeutenden Architekten und Ingenieure, von denen nur wenige ­namentlich bekannt sind, waren in erster Hinsicht Ansprechpartner in bautechnischen Fragen.164 Die Vorbilder jener Bauprojekte fanden sich weniger in Mecklenburg, sondern vielmehr im westlichen Ausland. Ähnlich wie die Moden wurden auch der zeitgenössische Architekturgeschmack, insbesondere bezüglich der Herrenhäuser und der Gartenanlagen, importiert und die Ideen auf den Heimatgütern nachempfunden und kopiert. Auf diese Weise entstanden mitunter recht imposante Bauwerke, die einen Vergleich keinesfalls scheuen brauchten.165 Neben Einzelbeispielen verdeutlichen die von landesherrlicher Seite initiierten Direktorialvermessungskarten sowie Kartenrisse aus dem Privatbesitz des Adels aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, dass ein flächendeckendes Netz von Barockanlagen über ganz Mecklenburg verteilt war, wonach keineswegs nur einflussreiche Familien bzw. einzelne Vertreter des Adels in der Lage waren, die jeweiligen in den europäischen Metropolen und Residenzen favorisierten architektonischen Stilrichtungen auf den mecklenburgischen Landgütern zu instal-

161 Zu Charles Philippe Dieussart (um 1625–1696) und seinen Werken in Mecklenburg vgl. Koch: Charles Philippe Dieussart, S. 237–240; Koch: Zur Baugeschichte; Heckmann: Baumeister, S. 23–28; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 465 sowie Kap. 2.1. 162 Vgl. Brandt: Altmecklenburgische Schlösser, S. 26; Heckmann: Baumeister, S. 50–54; Neumann: Schloß Bothmer; Zimmermann: Die spätbarocke Residenz, S. 73–74. 163 Altrock: Geschichte des Geschlechts, S. 9–13; Heckmann: Baumeister, S. 55–58; des Weiteren Jacobs: Die Gründung. 164 So konzipierte Stephan Werner von Dewitz den Plan für das neue Cölpiner Herrenhaus höchstpersönlich, als Baumeister wird jedoch ein aus dem Rheinländischen stammender „Cammer= Commissär Wier“ genannt (Maltzan: Mecklenburgische Männer, S. 50). Ähnliches galt für die o. g. Bassewitz-Bauten zu Prebberede und Dalwitz um 1726. Die Zeichnungen stammten von Joachim Otto von Bassewitz, die Umsetzung erfolgte durch einen nicht näher bekannten Ingenieur (Bassewitz: Aus dem Leben, S. 217). Am späteren Um- und Neubau von Prebberede (1772–1778) war ein gewisser Baumeister Sidon aus Güstrow beteiligt (Bassewitz: Schloß zu Prebberede). 165 Bsw. zu Bothmer, Cölpin, Faulenrost, Ivenack, Prebberede, Sponholz, Kummerow. Vgl. u. a. Altrock: Geschichte des Geschlechts, S. 12; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 258; Badstübner-Gröger: Ivenack, S. 5; Neumann: Schloß Bothmer; Wedemeier: Album S. 47–50, 59–60, 67–69; Brandt: Altmecklenburgische Schlösser, S. 26–27; Feldmann: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, S. 415.



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lieren.166 Wie der europäische Hochadel der frühen Neuzeit stampften auch die Mecklenburger Niederaristokraten mit einem für ihre Verhältnisse hohen Aufwand ähnliche unzählige Anlagen aus dem Boden.167 Dabei trafen die Bauherrenfamilien während der Umgestaltung der Ortsanlagen auf günstige Bedingungen, da die gutsherrlichen Untertanen durch das sog. Bauernlegen, das durch die Reversalen von 1621 eine rechtliche Grundlage erhielt, nach Belieben versetzt werden konnten. Nicht zuletzt erinnern Ortsbezeichnungen wie Vollrathsruhe (Familie Maltzan) oder Carlslust (Familie Schwerin) unweigerlich an Formen der Namensgebung, die auch der Hochadel bei seinen Neugründungen verwandte.168 In gewisser Weise können daher die niederadligen Residenzen als Imitationen hochadliger Wohnsitze angesehen werden.

3.1.3 Kulturgrenzen und zeitgenössische Kritik Im Folgenden soll nun zuerst die Verbreitung und damit die Allgemeingültigkeit mecklenburgischer Niederadelskultur hinterfragt werden. Dabei muss zunächst auf ein Charakteristikum aufmerksam gemacht werden, das bereits in den vorangegangen Kapiteln angesprochen wurde: die Homogenität des mecklenburgischen Adels. Inwieweit kann demnach behauptet werden, dass die facettenreiche Adelskultur auf allen mecklenburgischen Landgütern in gleicher Weise ausgeprägt war? Eine erste Einschränkung ergibt sich bereits in Hinsicht auf die Kulturkontakte, zu denen konstatiert wurde, dass sie u. a. durch Europareisen, Bildung, Kaufleute und den Hochadel inner- wie außerhalb Mecklenburgs hergestellt wurden. Schon der Zugang zu den mecklenburgischen Fürstenhöfen war nicht allen gleichermaßen vergönnt. Zwar gab es offenbar ein gewisses Distinktionsrecht, das allen Vasallen den Zutritt zur herzoglichen Tafel ermöglichte, doch bleibt hier zu bedenken, dass – je nach Lage – allein die Anreise zu den Residenzen mitunter mehrere Tage in Anspruch nahm.169 Dieser Umstand führte schlichtweg dazu, dass die in entfernten Regionen ansässigen Vasallen die Angehörigen der Fürstenfamilie seltener zu Gesicht bekamen als diejenigen, deren Güter sich in unmittelbarer Residenznähe befanden. In gleicher Weise scheinen sich andersherum auch die Landesherren nur gelegentlich in diesen Gegenden aufgehalten zu haben. Deutlich zur Sprache kam dies bsw. in der Huldigungsrede des Hans Christoph von Jasmund auf Cammin, der im Jahre 1609 zu Cölpin, dem Huldigungsort der Stargarder Ritterschaft, mit den Worten „Wir seyn etwas weiter von Hoffe“ zum einen die weite Entfernung des Stargarder Adels zu den Residenzen 166 Vgl. allgemein LHAS, 12.12-1, Karten, Direktorialvermessungskarten sowie Abb. 18. 167 Vgl. allgemein Krüger: Albrecht Dürer; zu mecklenburgischen Stadtneugründungen Jacobs: Die idealstädtischen Grundlagen; Zimmermann: Die spätbarocke Residenz. 168 Vgl. Neuschäffer: Mecklenburgs Schlösser, S. 244–245; Ratzke: Vorwerke, S. 44. 169 Zum Distinktionsrecht Nugent: Travels, S. 181, 192. Als Residenzen mit besonderer Anziehungskraft galten bsw. im 16. und 17. Jh. Schwerin und Güstrow bzw. im 18. Jh. Schwerin sowie Ludwigslust und (Neu-)Strelitz.

150 Stand Schwerin und Güstrow zum Ausdruck brachte und sich zum anderen über die „Vernachlässigung“ des Stargarder Adels seitens der Landesherrschaft beklagte, was nicht zuletzt zu Spannungen mit den Ritterschaften des mecklenburgischen und wendischen Kreises führte.170 Möglicherweise ist diese Residenzferne auch dafür verantwortlich zu machen, dass es einige „kultiviertere“ Adelsregionen innerhalb Mecklenburgs gegeben hat. Zumindest behauptete dies Friedrich Buchwaldt um 1780 für den im Güstrower Umland ansässigen Adel.171 In diesem Zusammenhang sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Berichte der Mecklenburgreisenden – insbesondere aus dem 18. Jahrhundert – bei weitem nicht alle mecklenburgische Regionen betrafen, sodass sich mitunter Abweichungen in der Darstellung und Einschätzung ergaben. Etwa zur gleichen Zeit wie Friedrich von Buchwaldt lobte Thomas Nugent die Kultur des Stargarder bzw. Strelitzer Adels, der im Übrigen zu diesem Zeitpunkt mit Neustrelitz auf eine „eigene“ nahe gelegene Residenz verweisen konnte.172 Allerdings bleibt anzumerken, dass eine räumliche Nähe zu den Residenzen bei weitem keine persönlichen Kontakte zur herzoglichen Familie bedeutete. Dies war nur einem relativ kleinen Personenkreis vorbehalten.173 Selbst den bedeutenden Adelsfamilien und ihren Vertretern waren offenbar durch die Ansässigkeit in Mecklenburg gewisse Grenzen in Hinsicht auf eine Adelskultur, die europäischen Maßstäben entsprach, gesetzt. So äußerte sich Henning Friedrich von Bassewitz in einem Brief an Graf Gotter im Jahre 1740, dass es in Mecklenburg im Allgemeinen zwar möglich sei, die grundlegenden Adelstugenden zu erlernen, doch, „Zu allen andern galanten studiis und Exercitiis“ könne man „allhier auf dem Lande die Maitres hierzu nicht gar wohl habhafft werden.“174 Für Bassewitz und seine Familie erwies sich diese Abseitigkeit jedoch nicht als nachteilig; durch angesehene Ämter und Würden im In- und Ausland und den damit verbundenen weitreichenden Verbindungen waren sie – wie so viele andere auch – in der Lage, die Kulturpraktiken der europäischen Standesgenossen kennen zu lernen. Doch wenn bereits die lokale Adelselite, zu denen die Bassewitz ohne Zweifel zu rechnen waren, darüber klagte, auf welche Schwierigkeiten stießen erst die finanzschwächeren Familien, die ähnliche Ambitionen hegten? Ein Mittel, um jene Differenzen zu kompensieren, bestand in der Bildung, deren Grundlagen – wie bereits erwähnt – auf den Rittergütern geschaffen und an Schulen, Universitäten und Ritterakademien fortgeführt wurden. Tatsächlich wurde nicht wenigen mecklenburgischen Adligen wegen ihres herausragenden Bildungsstandes An170 Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes (Übersetzung Latomus); zu den Spannungen vgl. Kap. 4.2.3. 171 Buchwaldt: Oeconomische und Statistische Reise. 172 Nugent: Travels. 173 Dazu ausführlich Kap. 3.1. 174 Henning Friedrich von Bassewitz an Graf Gotter (Prebberede, 25. November 1740), gedruckt in: Bassewitz: Aus dem Leben, S. 237–238. Ergänzend hierzu: In der Kirche von Kalkhorst haben 1710 sechs adlige Güter einen Chor gekauft, um ihre „Studiosi und Hofmeister, wie auch die Sprach- und Exercitien-Meister“ darauf unterzubringen. Vgl. LHAS, 2.25, Superintendentur SN 389, p 329f. (freundlicher Hinweis von Dr. René Wiese, LHAS).



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erkennung in der inner- wie außermecklenburgischen Gelehrtenwelt zuteil. Für das 16. Jahrhundert sei auf einige Vertreter der Familien Bassewitz, Bülow, Hahn, Holstein, Lühe oder Maltzan verwiesen, die mit Gelehrten wie Ulrich von Hutten, Philipp Melanchthon, Petrus Victorius, Johann Caselius oder Andreas Mylius in Kontakt standen, mit ihnen befreundet waren und nicht selten als Bildungsmäzene in Erscheinung traten.175 Zur Wende des 17. Jahrhunderts gehörten Werner von Hahn und sein Stiefsohn Dietrich von Bevernest zum engeren Bekanntenkreis des David Chyträus, was unter anderem darin zum Ausdruck kam, dass Chyträus Bevernest das neunte Buch der „Chronici Saxoniae“ widmete – eine Ehre, die zumeist nur hochadligen Vertretern vergönnt war.176 Wenn auch die Quellen des 16. und 17. Jahrhunderts nur wenig über die Bildungsqualität auf den Landgütern preisgeben, muss sie doch zumindest in einigen Familien als recht hoch eingestuft werden. Offenbar scheinen auch die o. g. landadligen Büchersammlungen der Renaissancezeit tatsächlich mehr gewesen zu sein als nur Prestigebibliotheken. Glaubt man den Ausführungen in der Leichenpredigt des Barthold von Bülow, so hat zumindest er seine Bücher „nicht für den schein und langeweile da stehen gehabt /daß sie der Staub überzogen / und die Würmen durchlöchert  /sondern entweder selbst gelesen  /oder sich seine schreibere und privat Preaceptores Morgen und abend fleissig fürlesen lassen.“177 Schließlich verdeutlicht das Beispiel des Hans Christoph von Jasmund auf Cammin, dass auch einige Vertreter des „hinterwäldlerischen“ Stargarder Adels durchaus über einen hohen Bildungsgrad verfügten, sinnierte er doch in seiner vor der zahlreich erschienenen Kreisritterschaft in lateinischer Sprache gehaltenen Huldigungsrede des Jahres 1609 ausgiebig über Aristoteles, Horaz, Plutarch, Seneca, Cicero, Machiavelli, Caselius u. a.178 Demgegenüber stehen allerdings diejenigen Beispiele, die zeigen, dass eben nicht alle Vertreter des Niederadels die Vorzüge einer umfangreichen Bildung genießen konnten. So mancher Adlige des 16. Jahrhunderts verfügte nicht einmal über entsprechende Schreibfähigkeiten. Während Joachim von Maltzan und Henneke von Holstein mit Hutten und Melanchthon schriftlich kommunizierten, waren Achim von Ihlenfeld und Hans von Peckatel 1542 nicht in der Lage, ihre Unterschriften unter einen Kontrakt zu setzen, was schließlich ein Notar für sie erledigte. 179 Allerdings muss hier darauf hingewiesen werden, dass auch beim mecklenburgischen Adel 175 Vgl. Lisch: Joachim Maltzan, S. 4–5, 14, 323; Seyfarth: Dietrich Moltzan; Melanchthon: Schreiben; Lisch: Biographie, S. 139–142; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 34; Henrici: Andreas Mylius, S. 19; Krabbe: David Chyträus, S. 175–176; Lisch: Ueber die Caselier; Kristeller: Der Gelehrte. 176 Chytraeus: chronici Saxoniae, S. 104; siehe auch Forster: Das Album Amicorum, S. 6, 8; Neumann: David Chytraeus. 177 Hovisch: Adelicher Ehrenpreiß. Barthold von Bülow d. Ä. auf Holtz- und Hundorff (1533– 1620). Sein Exlibris lautete „G.A.D.E.” (Gott allein die Ehre). Zur Landkarten- und Reiseberichtesammlung der Lützow-Zülow (um 1620) vgl. Krüger: Insignia Christianorum. 178 Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes. 179 Nach Vogell: Sammlung, S. 137–138. Zu weiteren Beispielen adliger Analphabeten vgl. Kamptz: Die Familie, S. 209; LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1058, Bl. 90–93; Stein-Stegemann: Inventar, S. 469; des Weiteren Bohlen und Rosen: Geschichte des adlichen, S. 55.

152 Stand im Verlauf des 16. Jahrhunderts ein beachtlicher Bildungsschub vonstatten gegangen zu sein scheint, der auf gesellschaftliche Veränderungen wie der Reformation, der Bedeutungszunahme des agrarischen Sektors oder der Konkurrenz mit Bürgerlichen, die dem Adel die Ämter im anwachsenden Regierungsstab der frühmodernen Staaten streitig machten, zurückzuführen ist.180 Dieser durch Bildung erzeugte Zugang zur Adelskultur Europas, der zwangsläufig Lese- und Schreibkompetenzen voraussetzte, fand Ergänzung in der regen Reisetätigkeit des Adels. Doch auch dieses Privileg blieb nicht allen mecklenburgischen Adligen vergönnt. Für viele kam eine mehrjährige Abwesenheit allein wegen gutsherrlicher Verpflichtungen nicht in Frage. Andere wiederum sahen sich finanziell nicht in der Lage, das Reisegeld aufzubringen.181 Manch einer wird Mecklenburg nie verlassen haben. Gleichfalls muss die Frage danach gestellt werden, inwieweit die Aufenthalte in den westeuropäischen Metropolen tatsächlich dazu gedient haben, den geistigen Horizont zu erweitern oder nicht vielmehr als Vergnügungstouren angesehen wurden. Kritiken an den angeblichen Studienreisen gab es bereits in der Renaissancezeit zu Genüge. Kein geringerer als der Theologe Lucas Bacmeister wies in einer Leichenpredigt im Jahre 1614 auf diverse Missstände im Niederadel hin, insbesondere auf diejenigen in den Reihen der jungen Edelleute, „die ihre zeit vnd Gelde auff Universiteten fast vergeblich dahin bringen /meinen wenn sie nur ihre drey Jahr in einer Universitet complieret, so sein sie zu einem Canonicat gar düchtig /da sie doch mehrmals die Bier vnd Weingläser fleissiger /denn die Bücher in acht genommen.“182 Die Erwähnung von Universitätsaufenthalten, die mit einer Einschreibung verbunden waren, kann also nicht als Beleg für die Teilnahme an Vorlesungen angesehen werden. Darüber hinaus ist auch der Blick in die Matrikellisten herausragender europäischer Universitäten eher ernüchternd. Zu Perugia etwa waren zwischen 1579– 1608 nur zwei mecklenburgische Adlige, Heinrich von Schmeker und Joachim von Hahn, eingeschrieben.183 Allerdings muss auch hier wieder hinterfragt werden, ob für die Aneignung adliger Kulturpraktiken tatsächlich der Universitäts- oder nicht vielmehr der Wirtshausaufenthalt von Bedeutung war, bei dem sich Land und Leute wohl angenehmer kennen lernen ließen, als in akademischen Seminaren. Auch wenn der Wirtshausbesuch offenbar von nicht wenigen mecklenburgischen Adligen favorisiert wurde – allein die Reise ins Ausland wird erheblich dazu beigetragen haben, sich die Standesgepflogenheiten anzueignen. Ähnliche Aussagen zu Bildungsdifferenzen im Allgemeinen dürfen auch für den späteren Untersuchungszeitraum angenommen werden. So bestätigen allein die zahlreich erwähnten Bibliotheken in Herrenhäusern die Existenz entsprechender adelskultureller Informationsquellen, allerdings wurden Bücher nicht selten zu Prestige180 Kap. 3.2.3. 181 Etwa Joachim von Cossebade 1621 (Witting: De Justorum Sorte), Jobst Heinrich von Behr um 1660 (Siggelkow: Die bey ihrem Fall), Viktor von Bülow (Schramm: Victor Moriendo Triumphans), Hartwig von Bülow um 1695 (Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 64–65). 182 Bacmeister: Leichpredigt Bey der. 183 Weigle: Matrikel, S. 37, 41.



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zwecken, zur Mehrung des kulturellen Kapitals angeschafft, wodurch unterstellt werden könnte, dass sie weniger dem Wissenserwerb, als vielmehr dem Ansehen der Besitzer gedient haben. Doch begegnen uns gerade im späten 17. und im 18. Jahrhundert männliche wie weibliche Adelsvertreter, die durch ihren herausragenden Bildungsstand über die Grenzen Mecklenburgs hinweg bekannt waren.184 Fehlende Schreib- und Lesekompetenzen wie sie für das 16. Jahrhundert gelegentlich den Kontrakten zu entnehmen sind, konnten für diesen Zeitraum bisher nicht nachgewiesen werden. Allenfalls einige Andeutungen in den spärlich überlieferten Selbstzeugnissen deuten darauf hin, dass im 18. Jahrhundert geschlechtsspezifische Bildungsunterschiede bestanden haben. 185 Daher sollte mit verallgemeinernden Aussagen zum niederadligen Bildungsstand, wie sie mitunter in der Literatur begegnen, vorsichtig umgegangen werden.186 Bildung war nicht zuletzt immer auch eine Frage des individuellen geistigen Potentials des Heranwachsenden wie auch der elterlichen Vorstellungen und deren Finanzsituation, wobei gerade letztere Route, Programm und Dauer eines Auslandsaufenthalts bestimmen konnten.187 Die Reisenden selbst scheinen bisweilen über ihre Verhältnisse gelebt zu haben, sodass sie zusätzliches finanzielles Kapital bereit stellen mussten, was u. a. bei Henning Friedrich von Bassewitz und Johann Christian von Sala über Heirat bzw. vorgezo184 Für das 17. Jh. sind bsw. zu nennen: Carl Mathias von Vieregge auf Rossewitz (Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 170–172), Samuel von Voss und A. F. von Preen (Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 459), Johann Georg von Holstein auf Möllenhagen (Moller: Historische Nachricht, u. a. S. 21–24) sowie Hans Friedrich von Lehsten. Letzterer übersetzte bis 1652 die „Die Thaten Alexanders des Großen“ des Curtius Rufus vom Lateinischen ins Deutsche, die zwischen 1653 bis 1705 in sechs Auflagen erschienen (Lehsten: Q. Curtius Rufus; Bassewitz: Ewiger Ruhm, S. 55). Für das 18. Jh.: Albert Joachim von Krackewitz (u. a. Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 78), Friederika Elisabeth von Grabow, geb. Kettenburg (Nugent: Travels, S. 143–144). 185 Allenfalls die Bemerkung des Stephan Werner von Dewitz, dass seine Schwestern um 1740 die Tage vornehmlich mit Spinnen, Nähen, Stricken und Sticken verbrachten, lässt vermuten, dass die Bildung männlicher Familienmitglieder stärker vorangetrieben wurde als die der weiblichen (Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 410). 186 So meint Bill (Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 28) m. E. etwas voreilig: Der mecklenburgische Adel (um 1700) wäre „weit europäischer geprägt als provinziell zurückgeblieben“. Des Weiteren: „Provinzielle Verstocktheit oder eine beschränkte Weltsicht hatten beim mecklenburgischen Adel daher keinen Platz, vielmehr war weltmännisches tolerantes Denken geschult worden, man hatte Alternativen zu herkömmlichen Modellen in allen Lebensbereichen kennengelernt und sich sein Urteil bilden können.“ Dem widerspricht auch Vierhaus: Vom aufgeklärten Absolutismus, S. 241: Der allgemeine Bildungsstand des Landadels im östlichen Deutschland war, gemessen an den Anforderungen an wissenschaftliche, berufliche und literarisch-philosophische Bildung, nicht besonders hoch. 187 Die Kosten für Bildungsaufenthalte sind nur gelegentlich überliefert. Für das 18. Jh. berichtet Stephan Werner von Dewitz (sechs Jahre Ritterkollegium Altbrandenburg und Universität Jena): „Mein Aufenthalt zu Altbrandenburg hat meines seel. Vater jährl. ohne Kleidung und Wäsche wol an 230 Thlr. a. G. [alt Gold] gekostet und zu Jena habe ich jährl. kaum mit 400 Thlr. alt Gold reichen können, Kleidung nicht eingerechnet.“ Das Studium hätte etwa 2200 Taler gekostet, das väterliche Gut Cölpin hingegen nur etwa 1500 Taler alt Gold eingebracht. Vgl. Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 407–408.

154 Stand gene Erbauszahlung realisiert werden musste.188 Der Sohn des Oberst Schack zu Maslow hatte sich zur Mitte des 18. Jahrhunderts in Russland so arg verschuldet, dass er im Gefängnis einsaß. Der in St. Petersburg tätige Johann Lotharius von Maltzan nahm daher Kontakt zu dessen Vater in Mecklenburg auf: Er solle doch die ausstehenden 700 Rubel übernehmen, sonst ginge der Junge ganz zugrunde. Für die „Streiche“ könne er seinen Sohn ja zuhause nach Belieben bestrafen.189 Selbst die nach Wien gesandten Ritterschaftsdeputierten beklagten die hohen Lebenshaltungskosten, weshalb auch Matthias Hans von Behr um weitere Zuschüsse bat.190 Diese Lebenshaltungskosten, die mit denen in mecklenburgischen Residenzen und Städten nicht zu vergleichen waren, und der Zwang zur standesspezifischen Lebensweise forcierten die Verschuldung. Exemplarisch sei auf einen Brief verwiesen, den Henning Friedrich von Bassewitz 1701 in Leyden verfasst und an seine Mutter gesandt hatte: „Uebrigens so hätte wünschen mögen, daß Herzens Papa Mir die 100 Rthlr. voll übermacht hätte, weilen ich ohnmöglich diesen Sommer ohne ein neues Kleid zurecht kommen kann [...]. Gott weis wie Ich es machen soll, den Ich Mir fast schäme zu Jemand zu gehen, und doch unter 100 Rthlr. kan kein Kleid machen laßen glaube nicht eins das ich es davor bekomme.“ Weiter heißt es: „[...] die wehrteste Mama weiß es selbst, was ich vor Kleider habe, den schwartzen Rock habe allezeit getragen und ist selbiger fast nichts mehr nutz, den alten habe gar nicht mehr anziehen können, der graue Rock ist auch sehr verdorben und außer Mode, das Silber ist verschoßen und abgeschabt, denn es ist schon über 2 Jahr das Ich ihn habe, mein dicker Rock ist schändlich versehen, daß man auf beyden Seiten nicht Knoplöcher gemacht, den man von dem Umkehren die Löcher an der andern Seite gantz und gar sehen kann, Cammisöler habe nun gar nicht, den das blaue ist wie Mama weiß gantz entzwey vor die Ermel und gantz beschmiert und die andern auch nichts taugen.“191 Gerade im Ausland galt es, nicht als Provinzjunker, sondern als europäischer Adliger aufzutreten, was sich nicht zuletzt entscheidend auf das „Obenbleiben“ auswirken konnte.192 Richtet sich der Blick nun wieder auf Mecklenburg, auf hunderte Adelsgüter, die sich dicht an dicht über weite Teile des Territoriums erstreckten, muss hinsichtlich der Installation einer europäischen Adelskultur angemerkt werden, dass für entsprechende Maßnahmen  – etwa Wohnhaus- und Kirchenausstattungen oder diverse 188 Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 189–191 (Brief des Henning Friedrich von Bassewitz, Leyden, 31. März 1701); LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Bellin, Vol. III, 1713 (= RKG 1125), Q 64 (Briefe des Johann Christian von Sala, Paris, 20. bzw. 30. Dezember 1699). 189 Nach Briefauszügen (Dezember 1752, Februar 1753), gedruckt bei Maltzan: Lebensbilder, S. 269, 271. 190 Vgl. die Briefe und Rechnungen des ritterschaftlichen Deputierten Matthias Hans von Behr aus den 1720er Jahren, in: UBRSS, Familienpapiere Matthias Hans von Behr (Mappe 2, Nr. 1e-k); des Weiteren Ballschmieter: Andreas Gottlieb, S. 67. 191 Gedruckt bei Bassewitz: Aus dem Leben, S. 189–191. 192 Zu den Tätigkeiten der Mecklenburger im Ausland vgl. Kap. 3.2; zum „Obenbleiben“ Frie: Adel um 1800.



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Bauunternehmungen an Gebäuden und den Gütern insgesamt – ein die Reisekosten um ein Vielfaches überschreitender Finanzaufwand vonnöten war, den zu beziffern nicht einmal ansatzweise möglich wäre. Dass eben nicht alle adligen gutsbesitzenden Familien dazu in der Lage waren, zeigen nicht zuletzt die enormen qualitativen Unterschiede in den Wohnverhältnissen, auf die an anderer Stelle bereits hingewiesen wurde: In unmittelbarer Nachbarschaft eines opulent ausgestatteten schlossähnlichen Neubaus konnte sich ein altes, in Fachwerk errichtetes baufälliges Wohnhaus befinden.193 Die Bereitschaft der Bauherrenfamilien, entsprechende Erdmengen zu bewegen, Rodungen vorzunehmen, Flüsse und Seen umzuleiten oder Teiche anzulegen, scheint daher von finanziellen Voraussetzungen, aber auch von individuellen Einstellungen bedingt worden zu sein. Engel bsw. behauptete zur Mitte des 18. Jahrhunderts, dass er seinen nach französischem Vorbild errichteten Garten nicht in einen englischen Landschaftspark umgestalten wollte, „um kein Land zu verspillern“.194 Überblickt man die etwa zu dieser Zeit entstandenen Direktorialvermessungskarten, erweckt es den Eindruck, dass zum einen solche Umstrukturierungen andernorts bereits durchgeführt worden waren195 und zum anderen, dass die Gutsherren in baulicher Konkurrenz zueinander gestanden haben, was nicht nur nach französischen und englischen Vorbildern geschaffene Gartenanlagen, sondern auch Wohngebäude betraf. Der Drang zu diesen prestigeträchtigen Bauprojekten dürfte jedoch bei den meisten Familien vorgelegen haben. Selbst in Krisenzeiten wurde der Wahrung standeskultureller Verhaltensweisen höchste Priorität beigemessen. Das Begräbnis des Levin von Pentz (um 1680) bsw. ließ man kurzerhand um ein Jahr verschieben, da sich sein Sohn, Ulrich Ernst von Pentz, zum Todeszeitpunkt finanziell nicht dazu imstande sah. Um die Zeremonien standesgemäß realisieren zu können, veräußerte er schließlich sogar seine Pferde.196 Gerade Sepulkralfeiern scheinen dahingehend von besonderer Bedeutung gewesen zu sein, da man offenbar nur in dringlichsten Notsituationen zuließ, gänzlich auf sie verzichten. So berichtet bsw. der Vipperower Pastor wegen des Katastrophenjahres 1638, dass während der Beerdigung mehrerer, einer Seuche zum Opfer gefallener Mitglieder der Familie Hahn weder Leichenpredigten

193 Kap. 2.1. Im Übrigen scheinen solche qualitativen Unterschiede auch hinsichtlich der Gartenanlagen des 18. Jh. vorgelegen zu haben, die zwar nach übereinstimmenden (barocken) Prinzipien errichtet wurden, im Detail jedoch beachtliche Größenunterschiede aufwiesen. Vgl. etwa die Parkanlagen von Hohenzieritz und Prillwitz (LHAS, 12.12-1, Karten, Kreis Stargard, Hohenzieritz, Nr. I; Abb. 18). Sie eignen sich in besonderem Maße für einen Vergleich, da es sich um Nachbargüter handelt, ihre Vermessung nahezu zeitgleich stattfand (1760 und 1759) und die Kartographie vom selben Vermesser bzw. Kartographen und im identischen Maßstab vorgenommen wurde. Entsprechende (kunst-)historische Untersuchungen – insbesondere auf der Basis der Direktorialvermessungskarten – stehen noch aus. 194 Engel: Briefwechsel, Band 3, S. 5–6. 195 Möglicherweise zu Rakow und Reddershof (LHAS, 12.12-1, Karten, Kreis Wismar, Rakow, Nr. I, Kreis Rostock, Reddershof, Nr. I). 196 Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 144.

156 Stand noch Zeremonien gehalten wurden, „weil es dazumal sehr giftig gewesen.“197 Im selben Jahr ging im nahe gelegenen Röbel der verarmte Henneke von Marin auf Ludorf an der Roten Ruhr zugrunde, der – wie es in einem Visitationsprotokoll heißt – „mit Verkaufung der glocken weinigs glücks oder segens gehabt [...] und nicht so viel nachgelassen, dass er ehrlich zur Erden bestattet worden, sondern es hat ihn das pferdt auff einer Schlöpe im Sarcke zum grabe trecken müssen, vnd ist also ohne Ceremonien begraben worden, Inmassen auch erwehntes pferd nicht lange darnach in einen brunnen gefallen und gestorben.“198 Wird dabei die Konkursgefahr, die als fester Bestandteil des gutswirtschaftlichen Alltags angesehen werden kann, berücksichtigt, ist es umso erstaunlicher, dass die Installation materieller Kulturgüter in diesem Maße überhaupt zustande kommen konnte. Paradoxerweise scheinen gerade die Zeiten höchster finanzieller Not häufig auch die gewesen zu sein, in denen die Ausgaben für standeskulturelle Investitionen ein Maximum erreichten, zumindest aber ließ man auch in jenen Krisenzeiten nicht im Geringsten davon ab.199 Zahlreich waren daher auch die Kritiken, die das Unverständnis über die Verschwendungssucht des mecklenburgischen Adels zum Ausdruck brachten. So schreibt auch Ernst Friedrich von Engel bezüglich der Folgen des Siebenjährigen Krieges an seinen Hannoveraner Briefpartner: „Und dennoch – o mein Freund! muß man nicht darüber staunen? und dennoch nimmt man auch mitten unter diesen drückenden Plagen nicht die geringste Aenderung in der gewohnten Lebensart wahr. – Reiche Kleider für den Junker und seine eitle Dame – kostbare Equipage – weitläufige Gesellschaften – der Tisch verschwenderisch mit vielen Schüsseln, zum Theil Leckereyen, und zugleich schweren und feinen Weinen bedeckt.“200 Jacob Friedrich von Bülow klagt in seiner Familiengeschichte aus dem Jahre 1780 insbesondere die Frauen an. Durch Eitelkeiten, Gold und Juwelen hätte „so manche Frau den Ruin ihres zu gefälligen Mannes befördert [...].“201 Stephan Werner von Dewitz auf Cölpin schimpfte über Bauten und Hofhaltung seiner Verwandtschaft im nahe gelegenen Groß Miltzow, weil „geräumliche und gut eingerichtete Häuser vielfältig Anlaß und Gelegenheit zu Schmausereien und Gastierungen, Bällen und vielfältigen Besuchen haben, Vorfälle, die schon manchen Wirt in viele Schulden versetzet, endlich arm gemacht und um sein Gut gebracht haben.“ Daher beschloss er, nur ein kleines von ihm selbst konzi197 Nach Lisch: Geschichte und Urkunden, Band 2, S. 348–349. 198 Nach Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 513, Anm. 4. 199 Vgl. u. a. Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 118; Pietsch: Umschlag zu Güstrow; Kap. 3.2.2. Als Bsp. gelten etwa die Sepulkralfeiern für Henneke von Plessen 1613 zu Güstrow (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213), Claus von Peckatel 1615 zu Klein Vielen (Stindtman: Leichpredigt), Otto von Preen 1634 und 1635 zu Güstrow (Appelius: Leichpredigt), Hartwig von Passow 1645 zu Schwerin (Walther: Christliche Vnterrichtung) oder Vicke von der Lühe 1672 zu Thelkow (Lisch: Begräbnißkosten). Zu Jacob Christoff von der Lühe heißt es wegen seines Begräbnisses am 26. März 1678 zu Költzow (Rodbert: Spiritus S. Monimentum): „Bey zwar  /wegen höchst=betrübten Kriegs=Zeiten  /enger  /jedoch Hoch=Adelicher Versammlung  /in Sr. Kirchen=Schlaff=Kämmerlein [...].“ 200 Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 4–5; des Weiteren ebd., S. 6, 8. 201 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 3.



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piertes Herrenhaus zu errichten. Mit dem Ergebnis war Dewitz allerdings nicht zufrieden: „Durch ein Versehen des Baumeisters, des Herrn Cammer=Commissär Wier, ist mir das Haus größer gerathen, als meine Absicht gewesen, indem sein Maaßstab, an Rheinländischem Maaße, größer als das Meinige ausgefallen.“ Das Cölpiner Herrenhaus war nun das größte im gesamten Stargarder Kreis.202 Insgesamt erwiesen sich die luxuriösen Neigungen des mecklenburgischen Adels als außerordentlich krisenresistent – und das nicht nur während der frühen Neuzeit.203 Das o. g. Beispiel des Stephan Werner von Dewitz verdeutlicht gleichermaßen, dass der Hang zu Kulturgütern im weitesten Sinne immer auch eine Frage persönlicher, individueller Einstellungen und Bedürfnisse war, was allgemeingültige Aussagen erschwert. Darüber hinaus bleibt fraglich, ob die Kritiker aus den eigenen Reihen nicht womöglich selbst einen ausschweifenden Lebenswandel führten. Schließlich bekleidete Stephan Werner von Dewitz als Strelitzer und Schweriner Geheimratspräsident die höchsten Ämter Mecklenburgs; wenn einer die Gepflogenheiten des europäischen Hochadels kannte, dann er. Es müssen daher gerade solche, nicht selten für die Veröffentlichung vorgesehenen Selbstzeugnisse wie auch Leichenpredigten, die immer gern für Botschaften unterschiedlicher Art instrumentalisiert wurden, einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. 204 Und doch wird es immer auch Gegner einer übermäßig ausgelebten Adelskultur gegeben haben. So schreibt etwa der Mecklenburgreisende Thomas Nugent wegen des Jasmund zu Rödlin – im Übrigen einer der damals gelehrtesten und reichsten Männer des Landes –, dass er das Hofleben – hier besonders das zu Neustrelitz – regelrecht verachtete und er es vorzog, völlig zurückgezogen auf seinen Gütern zu leben. Allerdings bleibt zu bemerken, dass sich auch zu Rödlin ein beachtliches Gutshaus befand. Weiter heißt es: „allein sein ganzer Aufzug frappierte mich nicht wenig“; seine äußere Erscheinung war offenbar so simpel, „daß ich ihn anfangs für einen abgedankten Jäger hielt. Er hatte einen kahlen, grünen Rock an, einen zerfetzten Hut auf, die Perücke war in mancher Zeit nicht gepudert und die Stiefeln hatten schon längst ausgedient.“205 Der Alltag auf den Gütern gestaltete sich offenbar weit weniger glanzvoll, als es die großen Festlichkeiten, zu denen mitunter hunderte Gäste erschienen, verheißen wollten. 206 Die 202 Nach Maltzan: Mecklenburgische Männer, S. 50. 203 Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 548, Anm. 1. 204 Zur Dewitzschen Bescheidenheit vgl. Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 413–414. Auch Engel berichtet über die Genügsamkeit seiner adligen Gutsnachbarn. Seiner Beschreibung nach wählte die dortige Dame „eine dem Wohlstand angemeßne Mittelstraße.“ Nie sei sie die erste, die eine Mode mitmacht; an Schmuck habe sie nur einen Ring und ein paar „Ohregehänge“, welches Brautgeschenke waren (Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 457). In der Leichenpredigt für Fritz von Ihlenfeld 1655 (Rehm: Einfältige) heißt es: „Dem Epicurischen Weltleben /als Hoffart übermässigem Sauffen und dergleichen Lastern /war der sehl. HerrRittmeister spinnen feind. Denn er die Hoffart weder in Worten noch Geberden oder Kleidung von sich spüren ließ.“ 205 Nugent: Travels, S. 188, 269–270. Auch zu Adam Ernst Friedrich von Flotow heißt es, er wäre selten modisch gekleidet (Flotow: Beiträge zur Geschichte, S. 34). 206 Eine Inventarliste der Maltzan zu Penzlin aus dem 16. Jh. verdeutlicht, dass besonders wertvolle Stücke des Haushaltes offenbar nur zu besonderen Angelegenheiten genutzt wurden. So ist die

158 Stand Söhne des Jasmund kamen im Übrigen gerade von einer Reise aus Straßburg zurück, zu deren ersten Handlungen nach ihrer Rückkehr der Besuch des herzoglichen Hofes zu Neustrelitz gehörte. Die kritische Haltung einiger Adliger gegenüber der offenbar übermäßig betriebenen Standeskultur kann nicht zuletzt darauf zurückgeführt werden, dass mit der „Einfuhr“ fremdländischer Adelsgepflogenheiten – etwa in Hinsicht auf Mode oder Architektur – auch so manche ungewollte Standespraktik nach Mecklenburg gebracht wurde. In besonderer Weise lässt sich dies an diversen im Untersuchungszeitraum begegnenden Kritiken an Glücks- und Hasardspielen verdeutlichen, die sich vornehmlich bei den männlichen Vertretern einer außerordentlichen Beliebtheit erfreuten. Dies waren – je nach Zeitpunkt – vor allem Kegeln, Würfeln und Kartenspiele – bsw. um 1600 „piquet“, im 18. Jahrhundert Whist –, die sowohl im privaten Bereich auf den Gütern, aber auch bei Großveranstaltungen wie Landtagen und Huldigungen sowie in Städten und herzoglichen Residenzen als beliebte Freizeitbeschäftigungen galten und manchen Adligen in finanzielle Bedrängnis gebracht haben.207 Dies nahm bisweilen ein solches Ausmaß an, dass herzogliche Edikte dagegen angehen sollten – obgleich gerade die Herzöge nicht selten die ersten waren, die bei den Hasardspielen „mitmischten“. Hier konnte man schließlich in besonderer Weise die adligen „Tugenden“ unter Beweis stellen.208 Es verwundert daher nicht, dass die herzoglichen Edikte allesamt ihre Wirkung verfehlten. Auf die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ausgerufenen Verbote des Spielens in öffentlichen Gebäuden – insbesondere in den Wirtshäusern – reagierten die Aristokraten, indem sie dort kurzerhand separate Räume anmieteten. „Nun heißt die Stube die seinige, hier wird Tag und Nacht gespielet, und die Polizei muß schweigen.“209 Rede von „damaschenn“ und „Teglich geringe[n]“ Tischtüchern, von neuen englischen Mänteln und alten abgetragenen Hosen (des Kuno von Maltzan). Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 66–69 (13. Januar 1596); zu ähnlichen Verhältnissen bei den Lehsten auf Wardow im 18. Jh. ebd., Nr. 699, Q 12. 207 Über das Spielproblem des Henneke von Holstein berichtet der Kontrakt (Ankershagen, Dienstag in der Marterwoche 1539, nach Lisch: Biographie, S. 140, Anm. 4) mit seinem damaligen Schreiber und Hauslehrer, Simon Leupold, in dem es u. a. heißt: „Ick Hennicke Holste bekenne [...] mein Spilen auf heut dato hab verkauft auf karten, werfeln vnd beskulen II Jar lanck vnd habe ime bei meinen eren vnnd waren Worten vf schelmschelten vnd bein eddelmans geloben zugesagt, nit zu spilen, so lange die zwei jar varen, wir sein woe wir wollen; aber des abendts bei vnsem wirt, dar wir zu tisch gehen, so wir zur colation gehen, da will mirs der magister zu rechter zeit verleuben, so oft ich aber werden umb gelt spilen, will ich im VI penninge geben [...] zur peen.“ Bei den „beskulen” handelte es sich wohl um Kegelkugeln (Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 345–346). 208 Vgl. Lisch: Biographie, S. 140, Anm. 4; Büsching: Leben und Abenteuer, S. 392–393; Herzöge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II.: Hoff undt Felt=Ordnung; Lützow: Beitrag, S. 83; Alvermann: Im Hause, S. 134; Nugent: Travels, S. 145, 193, 168, 173–174, 182, 305, 366, 368, 434, Anm. 145; Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 7; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 551, 636, 639. Zu landesherrlichen Edikten des 17. und 18. Jh. vgl. u. a. Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 453; Buchwaldt: Oeconomische und Statistische Reise, S. 5–6. 209 Buchwaldt: Oeconomische und Statistische Reise, S. 5–6.



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Ein ebenso kontinuierliches Laster bildete der Alkohol, zu dessen Konsum allerdings keine Auslandsaufenthalte notwendig waren.210 Auch hier traten zwischen öffentlich-landesherrlicher Kritik und der individuellen Lebensweise der Herzöge die gleichen Widersprüche zutage, wie sie bereits hinsichtlich des Glücksspiels konstatiert werden konnten. So war Hans Schweinichen, ein Mecklenburgreisender des 16. Jahrhunderts, kaum in der Lage, die zahlreichen, mit seinem Gastgeber Herzog Ulrich erlebten „Räusche“ zu zählen; Johann Albrecht II. und Adolph Friedrich I. waren bekannt für ihre ausschweifenden Zechtouren, zu denen diverse Taufen, Hochzeiten und Begräbnisse in den Vasallenfamilien genügend Anlass boten.211 Umso erstaunlicher, dass gerade Letzterer durch seine Anwesenheit bei Leichenzeremonien zur „anleitung vnd promotion“, also zur Vorbildfunktion aufgerufen wurde – wie es in der Leichenpredigt auf Claus von Peckatel 1615 heißt.212 Dabei wird gerade in der zunächst mündlich und später schriftlich geäußerten Kritik die allgegenwärtige Widersprüchlichkeit in besonderem Maße deutlich, folgte doch mit dem sich anschließenden Leichenschmaus schon die nächste Veranstaltung, bei der Wein und Bier im großen Stile kredenzt wurden. Gleichermaßen wird gerade in Leichenpredigten der adlige Sittenverfall angeprangert. Das Medium wurde allerdings auch dazu genutzt, sich von den Lastern freizusprechen, indem behauptet wurde, nie an Ausschweifungen teilgenommen zu haben. So heißt es etwa bei Jochim von Bülow, er hätte Hochzeiten und andere gesellige Zusammenkünfte, „wan er ja etwan von der Gesellschaft zum Trunck gereizet würde“, gemieden.213 Was das Verhältnis der Bülow zum Alkohol betrifft, muss jedoch nahezu zwangsläufig auf einen Wandtafelspruch in der Bülowschen Grabkapelle im Doberaner Münster hingewiesen werden, der da lautet(e): „Wieck Düfel wieck, wieck wiet van my, Ick scheer mie nig een Hahr um die. Ick bün ein Meckelbörgsch Edelmann, Wat geit die Düfel mien Supen an. Ick sup mit mienen Herrn Jesu Christ, Wenn du Düfel ewig dösten müst, Un drinck mit öm söet Kolleschahl, Wenn du sitzt in der Hellenquahl: Drum rahd’ ick: wieck, loop, rönn un gah Esst by dem Düfel ick to schlah.“214 Nicht zu vergessen sind die mit den Alkoholexzessen verbundenen gesundheitlichen Folgen. So berichtet etwa Engelcke von Rostke zu Schlön, Jürgen von Kamptz wäre um 1530 nach Malchin gezogen, „vndt hätte dort täglichs allzu zu Wein und Bier gesessen, wovon er sehr roht umb seinen Kopf geworden, alss ob er ausssätzigk gewesen, so dass man glaubt’, er werde bals sterben“.215 Die kostenintensiven Kuraufenthalte insbesondere während des 18. Jahrhunderts, die Krankheiten wie Gicht (Podagra) oder Wasser210 Vgl. als Überblick Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 328–232. 211 Vgl. Büsching: Leben und Abenteuer, u. a. S. 392–393; Lützow: Beitrag; des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 636, 639. 212 Stindtman: Leichpredigt. 213 Nach Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 65. 214 Allerdings scheint der Spruch ursprünglich nicht die Bülow betroffen zu haben. Vgl. u. a. Lisch: Die Bülowen-Kapelle, S. 381; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 330; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 45, Anm. 2. 215 Kamptz: Die Familie, S. 239 (nach einer Zeugenaussage 1574).

160 Stand sucht lindern sollten, werden daher nicht selten mit adligen „Gewohnheiten“ in Verbindung gestanden haben.216 Darüber hinaus kam es im Rahmen von Alkoholexzessen immer wieder zu Gewalttätigkeiten, die häufig mit dem Tod eines der Beteiligten endeten. Dabei zählten neben den „alltäglichen“ Trinkgelagen gerade auch die herausragenden Adelszusammenkünfte bei Taufen, Hochzeiten oder Landtagen zu den Schauplätzen blutiger Auseinandersetzungen.217 Was die Gewaltdelikte anbelangt, muss im Übrigen auf die zahlreichen fehdeartigen Überfälle, die noch gegen Ende des 16. Jahrhunderts keine Seltenheit waren, hingewiesen werden, deren Ursachen Boll etwas voreilig in den desolaten Bildungs- und Erziehungszuständen des Adels sah.218 Von Verallgemeinerungen sollte m. E. auch in diesem Falle abgesehen werden. Wenn nach den Gründen gefragt wird, sollte zuallererst auf finanzielle Nöte und den Adel betreffende gesellschaftliche Krisenerscheinungen eingegangen werden, die u. a. auf radikale Wandlungen im militärischen und agrarischen Bereich zurückgingen.219 Die berüchtigsten Raubitter jener Zeit wie „de böse Bernd“, Bernd von Maltzan auf Wolde, oder „Henning Bradenkirl“, Henning von Holstein auf Ankershagen, waren nicht selten erfolgreiche Landwirte und innovative Köpfe der mecklenburgischen Gutswirtschaft insgesamt.220 Spätestens Anfang des 17. Jahrhunderts gelangte mit den Duellen, die Fragen der Ehre, also soziales Kapital, zum Thema hatten, eine weitere Plage nach Mecklenburg, die unmittelbar auf die rege Reisetätigkeit der Niederaristokraten zurückzuführen ist. Die Duellkultur als solche hatte sich im 16. Jahrhundert von Spanien, Italien und Frankreich über ganz Europa verbreitet.221 Dem Duell ging für gewöhnlich eine empfundene Beleidigung und damit eine Ehrverletzung voraus, was nur im Zweikampf bereinigt werden konnte. Etliche Todesopfer sind für das 17. und 18. Jahrhundert nachgewiesen, wobei es sich bei Barthold von Bülow d. J. um das bekannteste handeln dürfte.222 Ungewöhnlicherweise wird auf diese Auseinandersetzung in einigen Passagen der Leichenpredigt für seinen wenige Monate später verstorbenen 216 Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 500, 550–551. 217 Zu den zahlreichen Bsp. vgl. etwa LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 169, 385; Lützow: Beitrag, S. 59, 65; Mantzel: Selecta Juridica Rostochiensia, Band 2, S. 97; Glöckler: Compositionen-System, besonders S. 105–110; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 337–342; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 75; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 276–277; Münch: Vollrat von der Lühe 1549. 218 Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 281; des Weiteren Jacobs: Grenzstreitigkeiten, S. 46–52. 219 Vgl. ausführlich Kap. 3.2. 220 Vgl. Steinmann: Finanz-, Verwaltungs-, Wirtschafts-, und Regierungspolitik, S. 119, Anm. 94. 221 Zur Duell- und Ehrkultur des Adels vgl. etwa Burkhart: Ehre; Burkhart: Geschichte der Ehre; Fuchs: Um die Ehre. 222 Im Duell starben bsw. Cuno von Hahn auf Basedow (1646 zu Halle, vgl. Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 85), Joachim Friedrich von Bevernest auf Lüsewitz (1665 nahe Malchin, vgl. Gamm: Verzeichniß, S. 432), Christian Heinrich von Kamptz und Detlov von Levetzow (1720, im Duell miteinander, vgl. Kamptz: Geschichte, S. 141), Johann Friedrich von Gamm, Pfandherr auf Kuppentin (1729 zu Güstrow, vgl. Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 53). Zu den Duellen am Schweriner Hof um 1700 vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 192; zu den Auseinandersetzungen während der Landtage Kap. 4.2.3.



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Vater eingegangen.223 Demnach waren Barthold von Bülow und Baltzer von Zülow am 29. Dezember 1620 zu Boizenburg zunächst verbal und dann mit Waffen aneinander geraten. Der erste Hieb von Bülow in Richtung Zülow ging „breitlings vnd ohn schaden /vber den Kopff“. Bülow riss daraufhin seinen Gegner um und hätte ihn „leichtlich wan er ohn erbar handelen wollen /durch vnd durch stechen können”. In dieser Situation griff der Bruder des am Boden liegenden Baltzar von Zülow, Bartold von Zülow, in das Geschehen ein, indem er Bülow seinen Degen „aller Ehrenvergessener weise durch den Leib“ stach. Auch das beherzte Eingreifen des ebenfalls anwesenden Ernst von Linstow sowie die Äußerung des Duellgegners Bülow, der „mit worten bezeiget /daß er gnug hette“, konnten das tödliche Ende dieser Auseinandersetzung nicht verhindern. Gerade die jüngere Generation scheint in besondere Weise offen für westeuropäische Kulturpraktiken gewesen zu sein, wenngleich dies immer auch von individuellen Möglichkeiten und Einstellungen abhängig gewesen ist. Charakterliche Eigenheiten lassen sich in der ohnehin heterogenen Gruppe des mecklenburgischen Adels allerdings nur gelegentlich nachweisen. So finden sich bsw. 1616 bzw. 1617 in den gedruckten Leichenpredigten für Claus von Holstein und Claus von Peckatel Formulierungen wie „Zwar Engelrein vnd vollkommen ist er nicht gewesen“ oder „Magni viri magni naevi“ – Große Männer, große Makel.224 Hervorzuheben bleibt des Weiteren ein eher ungewöhnlicher Hinweis auf die Charakterschwächen des für seine Gewaltbereitschaft bekannten Ulrich Ernst von Pentz auf Benz (gest. 1694). Auf seinem Grabstein soll gestanden haben: „Hier liggt von den Pentzen Junkern een, / mit siene krummen, schewen Been. /Oh Herr mak em de Schinken liek /und nümm em in Dien Himmelriek. /Du nümmst Di ja de Lämmer an, /lat diessen Buck man ok mit gahn.“225 Boten jene mittel- und unmittelbar auf die Adelskultur zurückzuführenden Ausschweifungen noch nicht genügend Angriffsfläche, brachten die religiösen „Fehltritte“ der Aristokraten auch die letzten Kritiker auf den Plan. Kaum war die Reformation beim Landtag 1549226 durch die Stände eingeführt, sollte sie nur wenige Jahrzehnte später durch Vertreter des Adels wieder in Frage gestellt werden. Die Vorboten der sog. Zweiten Reformation lassen sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Mecklenburg nachweisen.227 Davon zeugt u. a. das in Stein gemeißelte Testament des Werner von Hahn von 1598, das im Altarbereich der Hahnschen Patronatskirche zu Bristow angebracht wurde. Darauf erging die Bitte an Gott, dieser möge seinen Sohn „wider den Teufel, Türcken, Bapst, Muscowiter, Spanier, Calvinisten, Widertaufer, 223 Im Folgenden Hovisch: Exequiae Bulovianae. 224 Duncker: Ein Christlicher Leichsermon; Stindtman: Leichpredigt. 225 Nach Pentz; Album, S. 16. 226 Zur Reformation in Mecklenburg Wolgast: Die Reformation. 227 Zur Zweiten Reformation als Überblick Schilling: Die reformierte Konfessionalisierung; zu den mecklenburgischen Verhältnissen Schröter: Die katholische Religionsübung, S. 11; Besser: Beiträge zur Geschichte, S. 381–385; zum gegenwärtigen Stand der Konversionsforschung Siebenhüner: Glaubenswechsel.

162 Stand allen Secten, Rotten, Wulffuchsen und falschen Bruedern gnedigk schützen [...].“228 Für die Jahre 1605 und 1606 sind schließlich entsprechende Bekehrungsversuche innerhalb Mecklenburgs belegt.229 Konversionen mecklenburgischer Adliger sind allerdings nicht bekannt, wenngleich der Übertritt des Güstrower Herzogs Johann Albrecht II. dies vermuten lässt.230 Schließlich war mit dem in Pommern gebürtigen Tessen von Parsow ein Vertreter des Niederadels maßgeblich an dessen Konversion beteiligt, wofür er schließlich mit dem Leben bezahlen musste.231 Spätestens mit dem Tod des Herzogs im Jahre 1636 endete der reformierte Gottesdienst zu Güstrow. Die Gefahr für den lutherischen Glauben war damit jedoch nicht gebannt. Etwa um 1630 wurden von Albrecht Wallenstein erste nennenswerte Maßnahmen mit dem Ziel der Rekatholisierung des mecklenburgischen Adels ergriffen. Zwar huldigten ihm die Stände erst, nachdem Wallenstein deren lutherisches Bekenntnis zugesichert hatte, doch blieb es sein Ansinnen, durch Aufnahme mecklenburgischer Edelknaben an der jesuitischen Ritterakademie Gitschin wie auch an der neu gegründeten Ritterakademie zu Güstrow (1629–1631) den katholischen Glauben in Mecklenburg zu reanimieren.232 Freilich endete auch dieser Versuch mit dem Tod des Herzogs, doch sollten spätestens die Konversionen einiger Vertreter des mecklenburgischen Fürstenhauses seit Mitte des 17. Jahrhunderts – allen voran Herzog Christian Ludwig I. – auch Niederadlige dazu verleiten.233 Dabei sind die religiösen Sonderwege als solche 228 Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 73–74, hier S. 74. 229 Etwa anhand der ritterschaftlichen Beschwerden wegen Rotten und Sekten beim Sternberger Landtag im Juni 1606 bzw. des Versprechens während der Huldigung Herzog Carls von 1605, bei der „wahren“ Religion zu bleiben (Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 287). 230 Listen calvinistischer Konvertiten sind m. E. nicht ohne weiteres einsehbar. Dass es sich beim Güstrower Herzog und Tessen von Parsow nicht um Einzelfälle handelte, dafür sprechen einige Bemerkungen in den Leichenpredigten, wie etwa zu Hans Ernst von Jasmund 1616 (Bacmeister: Christliche Klag vnd Trostpredigt): „Insonderheit ist er in glaubens vnd religions sachen richtig / auffrichtig vnd bestendig gewesen /hat darin nicht geschieffelt oder hinder dem Berge gehalten [...].“ 231 Bei einem Bankett zu Rostock am 9. Juni 1613 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und Jürgen Christoff von Rosen. Der Tagebucheintrag des (lutherischen) Schweriner Herzogs Adolph Friedrich I. lautet (Lützow: Beitrag, S. 61): „[...] daß sie sich mit einander gerauft vor Tessin bei der Vogelstange und Rosen den Parsow durch und durch gestochen, also daß Passow die Klinge im Leibe abgebrochen und hat nach dem Stich noch eine Stunde gelebt.“ Vgl. auch Rosen: Hans Behr, S. 135–139. 232 Vgl. Schröter: Die katholische Religionsübung, S. 13; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 457; Grotefend: Meklenburg unter Wallenstein, S. 259–260. Angeblich soll der Landmarschall Claus von Hahn während der Wallensteinschen Huldigung gesagt haben (nach Schröter: Die katholische Religionsübung, S. 13): „Ich habe zwar meine Güter, aber die sind mir nicht so lieb, als meine Religion und meiner Seelen Seligkeit.“ 233 Zu den Konvertiten (2. H. 17. Jh.–19. Jh.) gehörten u. a. Mitglieder der Familien Behr, Bibow, Erlenkamp, Hahn, Kettenburg, Lützow, Sala. Vgl. dazu Schröter: Die katholische Religionsübung, S. 19–22, 32–35; Schubert: Anno 1704, A1, S. 135; ebd., B1, S. 86; Lisch: Geschichte und Urkunden, Band 3, S. 349–357, 384; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 301–302; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 414–415; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 41, 165–166,



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nicht selten auf die Reisen der Aristokraten zurückzuführen, während der die Mecklenburger auf unterschiedliche Weise mit mehr oder weniger fremden Konfessionen in Berührung kamen. Ein Kamptz soll sich am 24. August 1572 während der „Bluthochzeit“ in Paris aufgehalten haben und dem Tode nur durch Verstecken in einem Schornstein entronnen sein.234 Etwa zur gleichen Zeit befanden sich Claus von Holstein und Claus von Peckatel in Diensten der Badener Markgrafen. In ihren Leichenpredigten wird in entsprechender Weise darauf eingegangen, wobei hervorgehoben werden muss, dass solche Passagen nicht selten auf protestantische Pastoren zurückgingen, die mit der mündlichen wie schriftlichen, d. h. gedruckten, Leichenpredigt ein willkommenes Sprachrohr gefunden hatten. Demnach war Claus von Holstein die Rückreise umso leichter gefallen, da der Markgraf „kurtz hernach von der Religion abgefallen /und den Calvinismum angenommen /Da hette er sich leichtlich / wen er lenger bei ihm zu hofe geblieben /können verführen lassen /das er zum Mammelucken geworden were.“ Im Übrigen wirkte Claus von Peckatel in den 1580er Jahren bei keinem geringeren als Jacob von Baden, der 1590 zum Katholizismus konvertierte und angeblich aus diesem Grund mit Arsen vergiftet worden war.235 Maßgeblich beteiligt am calvinistischen Übertritt des Güstrower Herzogs Johann Albrecht II. war der pommersche Adlige Tessen von Parsow, der sich einige Zeit in Genf aufgehalten hatte.236 Nahmen neben Johann Albrecht auch Landesherren wie Christian Ludwig I. oder Friedrich Wilhelm eine Vorreiterrolle bei Konversionen ein, sollte gerade die Rekatholisierung mecklenburgischer Adliger durch ihre nach Westen ausgerichteten Europareisen vorangetrieben werden.237 So heißt es in der Leichenpredigt des Hans Jochim von Holstein, der sich ab 1645 einige Zeit in Frankreich aufgehalten hatte und 1654 zu Mirow begraben wurde: „Er ist bey der reinen Evangelischen vnd in Gottes Wort gegründeten Lehr beständig biß an sein letztes Ende verharret /wiewol er mir einsmahl erzehlet /wie hefftig ihm die Jesuiten vnd Münche in Franckreich zugesetzt /vnd gesagt /wir hätten keine rechte Bibel /welch nichtiges vorgeben /weil er’s viel besser gewust /er verachtet /vnd vor seine Ohren lassen vorbeygehen [...].“238 Etwa zur gleichen Zeit hätten Heinrich von Sperling „die Falschgläubigen [...] in der Frembde offt hart zugesetzet“, und Hartwig von Bülow schien dem Katholizismus regelrecht ins Auge blicken zu wollen, indem er längere 185, 321; ebd., Band 2, S. 139–140, 149; ebd., Band 3, S. 178–205; Rosenthal: Konvertitenbilder, S. 587–593 sowie LHAS, 2.12-3/4, Kirchen und Schulen, Nr. 1336 (Bericht des Jürgen Sievert von Dechow über die Religionsausübung des Landmarschalls Hahn, 1694). 234 Kamptz: Geschichte, S. 132–133. 235 Stindtman: Leichpredigt; Duncker: Ein Christlicher Leichsermon; Günther: Sektion des badischen Markgrafen. 236 In seiner Leichenpredigt (Bacmeister: Leichpredigt Bey der) heißt es dazu: „Weil er aber in seinen jungen Jahren /sich zu Genff ein zeitlang auffenthalten /da die Calvinische Religion /wie mans nennet /im schwang gehet /ist er auch dazu ohn zweiffel in seiner Jugendt verleitet worden [...].“ 237 Vgl. des Weiteren Schröter: Die katholische Religionsübung, S. 18–26 (von Hamburg und Lübeck aus agierende Jesuitenmissionare). 238 Müller: Fides.

164 Stand Zeit in Rom weilte, um die „Function des Pabstes und der Marter-Wochen“ zu studieren.239 Die adligen Konvertiten sahen sich der öffentlichen Kritik ausgesetzt, wobei sich insbesondere Geistliche – nicht zuletzt durch das öffentlichkeitswirksame Medium Leichenpredigt – in dieser Hinsicht in besonderer Weise hervortaten.240 Wahrscheinlich handelte es sich dabei jedoch weniger um die unter adligem Patronat stehenden Landpastoren, sondern vielmehr um bedeutende Kleriker in angesehenen Positionen, etwa den Güstrower Superintendenten Lukas Bacmeister d. J., den Schweriner Hofprediger Thomas Stindtman oder den Sternberger Pastor Johannes Werkentin, die zur Zeit der Spätrenaissance zwischen 1590 und 1620, einer Hochphase des adligen Sittenverfalls, an die „Adeliken dögeden“ appellierten.241 Ideale wie Zucht, Gottseeligkeit, Schamhaftigkeit zierten „Eddele Junckfrowen vele herliker vnde schmucker [...] den etwa köstlike Perlen vunde Klenodia.“242 Die Verstorbenen selbst standen dabei wohl weniger im Fokus der Kritik, vielmehr machte man sich die starke Frequentierung solcher Veranstaltungen zunutze, um möglichst viele Adelsvertreter erreichen zu können; der anschließende Druck und die Verbreitung der Schriften taten ihr übriges. Die Worte während der Grabesreden waren mitunter sogar recht scharf formuliert. Der Schweriner Hofprediger Thomas Stindtman,243 der am 29. März 1615 zu Klein Vielen die Leichenpredigt für Claus von Peckatel hielt, sprach von „zu viell eingerissener vbermeßiger pracht“, vom unnützen „verschwenden vnd andere vnordnung“, von Raufen, Balgen, Mord, Schand und Laster, von „viell betruck der armen Vnterthanen“ und „verderb vnd vntergang Adelicher geschlechter“ und bezeichnete die Aristokraten als „vnfreundtlich“, „zänckisch“ und „geldtfreßig“. Darüber hinaus kritisierte er den immensen Aufwand beim Peckatelschen Begräbnis, das „mit gar zuuiel Ceremonien vnd schweren vnkosten“ verrichtet worden sei.244 Pikanterweise wurde diese Veranstaltung von seinem Landesherrn, dem Schweriner ­Herzog Adolph Friedrich I., und dessen Vertrauten Samuel von Behr, die beide mit Peckatel befreundet waren, höchstpersönlich organisiert.245 Ging die Kritik damit auch in Richtung Hochadel? Die Frage kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Entscheidend ist nur, dass einige höhere Geistliche offenbar jede Gelegenheit nutzten, um ihren Unmut offen kund zu tun. Die ländlichen Pfarrer bevorzugten wohl eher 239 Rieder: Christliche Leichpredigt; Wenzel: Hiobs Urtheil; des Weiteren Arnd: Christliche Leich=Predigt [...] Deß. 240 Vgl. dazu Kaufmann: Konflikte. 241 Vgl. etwa Werkentin: Eintfoldige (Catharina von Bassewitz, geb. Bülow); Bacmeister: Leichpredigt Bey der (Tessen von Parsow); Stindtman: Leichpredigt (Claus von Peckatel). 242 Werkentin: Eintfoldige. Zur Kritik am Wandel der Moden und der diesbezüglichen finanziellen Aufwendungen vgl. auch die von Matthias Hovisch bei der Sepultur Barthold von Bülows gehaltene Grabrede (Hovisch: Adelicher Ehrenpreiß): gegen „allen newen Maniern und ungehewren monstrositeten oder prachten“. 243 Ein aus Röbel stammender Geistlicher, davor in Röckwitz (1591) und danach in Malchin (1617) als Pastor tätig, gest. 1631 (vgl. Willgeroth: Die Mecklenburg-Schwerinschen Pfarren). 244 Stindtman: Leichpredigt. 245 LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545 (Februar und März 1615).



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die in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen vorgenommenen landesherrlichen Visitationen, um ihrem Ärger mit den Patronatsherren und dem Adelsstand, der empört auf die ihm entgegengebrachte Respektlosigkeit reagierte, Luft zu machen.246 Wenn auch der direkte Angriff auf die landesfürstliche Familie nicht nachgewiesen werden kann, so waren doch die Kritiken insbesondere an diejenigen Adligen gerichtet, die sich fortwährend an den Höfen aufhielten: die „Hoffeleute“, die ihre Zeit zumeist „mit Sauffen vnd Spielen“ verbrachten.247 Auch diese Anschuldigungen könnten womöglich als versteckte Kritik an die Landesfürsten, die im Grunde genommen als Personifizierung der mecklenburgischen Höfe anzusehen sind, verstanden werden. Gerade von ihnen sollte eine positive Vorbildwirkung für den Landadel ausstrahlen. So klingt es eher wie eine Ermahnung, wenn Stindtman seinen Landesherrn an die Aufgabe der „anleitung vnd promotion“ erinnert, um den „bey etlichen /ihres verhoffens nach /noch nicht gar erloschenen samen des Adelichen herkommens wider zuerwecken  /vnnd sie zuermahnen  /dero geehrten  /Löblichen rittermeßigen vorfahren Fustapffen nachzugehen /den vralten Adelichen Standt in voriger würd vnd wesen wider zusetzen vnd sich vnd ihre nachkommen Zu ihrem immerwehrenden Ruhm von dem für augen schwebenden entlichen vntergange zu erretten.“248 Paradox erscheint deshalb so manches herzogliche Edikt, etwa die Polizei- und Klosterordnungen, die Land- und Hausfrieden, die Hof- und Feldordnungen oder die Glücksspielverbote.249 Diese bezogen sich häufig auf größere Adelszusammenkünfte wie Taufen und Hochzeiten, bei denen gerade die Anwesenheit eines fürstlichen Familienmitgliedes erwünscht war. Allerdings muss auch hier gefragt werden, ob hinter den landesherrlichen Maßregelungen tatsächlich die Landesherren oder nicht vielmehr die Spitzen des Niederadels standen. Da während der Landtagsverhandlungen nur ein kleiner Kreis erfahrener und kompetenter Niederaristokraten die politischen Entscheidungen traf, kann angenommen werden, dass die Edikte gegen die Missstände im Adelsstand zu großen Teilen auf ihre führenden, zumeist der 246 Diese Kritiken sind für den gesamten Untersuchungszeitraum nachweisbar. Vgl. etwa LHAS, 2.12-3/5, Kirchenvisitationsprotokolle, Nr. 12 (1541 und 1542), Nr. 307 (1660er Jahre); für das 18. Jh. bsw. Schubert: Anno 1704, exemplarisch: die Aussagen des Basedower Pastors gegen die Hahnschen „Apostata“ und deren „Päbstliche Religion“ (ebd., A1, S. 149, 151; des Weiteren Schröter: Die katholische Religionsübung, S. 20–22). Es existieren Hinweise darauf, dass einige Pastoren wegen der katholischen Konversionen der Patronatsherren Parentationen verweigerten, die schließlich von anderen gehalten werden mussten (etwa einem Mitglied der Familie Hobe beim Begräbnis des Landmarschalls Hahn, vgl. Schubert: Anno 1704, A1, S. 149; ebd., B1, S. 86). Beschwerden seitens der Ritterschaft kamen insbesondere bei den Landtagen zur Sprache, etwa im Juni 1606, da der Adelsstand in Mecklenburg schon seit einiger Zeit nicht gebührlich respektiert wird (Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 291). 247 Bacmeister: Leichpredigt Bey der. 248 Stindtman: Leichpredigt. 249 Groth: Polizeiordnung; Krüger: Policey-Ordnungen; Herzöge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II.: Hoff undt Felt=Ordnung; Herzöge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II.: Fürstliche Mecklenburgische; des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 280; ebd., Band 2, S. 453; zur Sozialdisziplinierung Oestreich: Strukturprobleme; Elias: Prozeß der Zivilisation.

166 Stand älteren Generation angehörenden Vertreter zurückgingen, die eine Art moralische Instanz bildeten und – wenn man so möchte – durch Selbstanzeige insbesondere die jüngeren Standeskollegen zu maßregeln suchten.250 Zählte der Adel demnach selbst zu seinen schärfsten Kritikern?251 Sind womöglich einige kritische Passagen in den Leichenpredigten auf Adlige zurückzuführen, die schließlich auch für die Druckkosten aufkamen? Fest steht, dass sich Angehörige des Adels mündlich wie schriftlich zu Wort meldeten, um die „Schänder des Adels“, die schwarzen Schafe in den eigenen Reihen, an den Pranger zu stellen.252 Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang wiederum die bereits angesprochene von Hans Christoph von ­Jasmund vor der zahlreich erschienenen Stargarder Ritterschaft gehaltene Cölpiner Huldigungsrede aus dem Jahre 1609. Jasmund nutzte die Gelegenheit zur Ermahnung gerade der jüngeren Adligen und verwies auf ruhmreiche und vorbildliche Standesvertreter aus der „Generation Herzog Ulrich“.253 Zu den Hauptkritikpunkten gehörten die „bey vns eingerissene vbermae ssige vnnd vberflue ssige Vppigkeiten“ hinsichtlich der Kleidung, deren monatliche Veränderungen die Jugend reizten, wobei er in den Damen die Wurzel dieses Übels sah: „Ich sehe auch (verstehet in taeglichem leben) solchen Pracht /das numehr nit eintzele Perlen /nemlich in jedes Ohr eine / sondern (dieweil jetzt die Ohren durch die vbung schwerere Last zu tragen mechtig worden sind) dieselben gedoppelt /vnd ein Pahr vber das ander eingehenget werde.“ Entsetzt war er vor allem von ihren Kleidern, „(So mans Kleider nennen mag) daran nichts ist /damit weder ihre Leiber moe gen beschue tzet /noch ihre Scham bedecket werden [...].“ Summa summarum erweckt es den Eindruck, dass der mecklenburgische Nieder­ adel der frühen Neuzeit einer permanenten externen wie internen Kritik ausgesetzt war, wobei einige Spitzen – etwa um 1600 bzw. zur Mitte des 18. Jahrhunderts – auszumachen sind. Parallelen zu seinen europäischen Standeskollegen sind daher un250 Vgl. Kap. 4.2. 251 Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass in der 2. H. des 18. Jh. auch bürgerliche Kräfte zunehmend kritische Beiträge veröffentlichten, insbesondere in Zeitschriften wie den „Strelitzer Nützlichen Beiträgen“ oder den „Bützowschen Ruhestunden“ (vgl. Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 551–552). Diese Kritik setzte sich auch im 19. Jh. fort. So meint bsw. Eduard Vehse (Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 287): „Man hat sehr richtig bemerkt, daß die mecklenburgischen Ritter [...], die Pferdecultur mit weit mehr Interesse betreiben, als die Menschencultur.“ 252 So Jacob Friedrich Joachim von Bülow in der 1780 erschienenen Familiengeschichte (Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 2). Zu weiteren mündlichen und schriftlichen geäußerten Kritiken mecklenburgischer Adliger vgl. Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 418 (Stephan Werner von Dewitz, um 1770); Nugent: Travels, S. 272 (Jasmund auf Rödlin, 1768); Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 7 (Ernst Friedrich von Engel, 1786); zur Kritik des irischen Adligen Thomas Nugent vgl. Nugent: Travels, S. 145. 253 D. h. die Zeitgenossen und Weggefährten des Renaissancefürsten Ulrich III. Als Vorbilder nennt Jasmund u. a. Werner von Hahn, Jochim von Kruse, Johann von Cramon, Dietrich von Bevernest, Dietrich von Maltzan, Jochim von Wangelin, Hans von Hahn und Kuno Wulffrath von Bassewitz. Im Folgenden vgl. Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes (Übersetzung Latomus).



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übersehbar.254 Die entsprechenden Kontakte wurden im Untersuchungszeitraum insbesondere durch Europareisen, Bildung, Kaufleute und Aufenthalte in Residenzen inner- wie außerhalb Mecklenburgs realisiert, wodurch die mitunter recht schnelllebigen Adelsgebräuche ohne nennenswerte Zeitverzögerung nach Mecklenburg importiert wurden, sich hier verbreiteten und je nach Kosten- und Arbeitsaufwand – so sollte m. E. unterschieden werden zwischen Kleidungs- und Architekturmoden – ­realisiert worden sind. Dabei erwies sich die Adelskultur als äußerst facettenreich, angefangen bei der Züchtung von Pferden, Hunden und Pflanzen, über Freizeitbeschäftigungen wie Jagd, Kartenspiele, Spaziergänge, Musizieren, Bautätigkeiten – insbesondere im Bereich der Wohnbauten und Gartenanlagen – bis hin zu Aspekten wie Garderobe, Speisen, Getränke, Gastfreundschaft und Bedienstete. Alle Ausprägungen wiesen Merkmale auf, die für den Adel der frühen Neuzeit typisch waren. Dabei war das Wissen über die europäischen Adelsgepflogenheiten die eine, entsprechende Finanzen und ein zur Umsetzung notwendiges Zeitreservoir, das ebenfalls als typisches Charakteristikum des Adelsstandes angesehen werden kann, die andere Seite.255 Die qualitative Umsetzung der Kulturpraktiken gelang dabei in recht unterschiedlicher Weise. Nur die wenigsten Familien waren finanziell über längere Zeiträume hinweg in der Lage, mit den dynamisch wechselnden Ansprüchen mitzuhalten; nicht wenige werden durch den standesgemäßen Aufwand finanziell überfordert gewesen sein, der nicht zuletzt mitverantwortlich gemacht werden muss, dass laufend Gutsbesitzerfamilien Konkurs gingen.256 Doch selbst in den schwersten Krisenzeiten scheint man großen Wert darauf gelegt zu haben, ein Mindestmaß an standesgemäßer Kultur auszuleben. Gerade die Präsentation nach Außen war eine Frage des Prestiges, des Ansehens unter den Standeskollegen und damit des sozialen Kapitals, das hier mittels kulturellen Kapitals erhöht wurde. Das kulturelle Kapital begegnete dabei in zweierlei Form: zum einen in objektiviertem Zustand – Adelsgüter, Wohnbauten, Bücher etc. – und zum anderen in inkorporiertem, körpergebundenen Zustand – etwa als kulturelle Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissensformen. Je höher der Grad der Adelskultur in seinen vielfältigen Erscheinungsformen auf den Gütern war, desto höher waren das kulturelle und damit das soziale Kapital. Die Statusdemonstrationen etwa durch aufwändige Hofhaltung und Luxuskonsum scheint allein auf die Standesgenossen ausgerichtet gewesen zu sein.257 Dass nicht alle Besitzerfami254 Vgl. auch die Beiträge in Hohendahl und Lützele: Legitimationskrisen. 255 Weidner: Landadel, S. 345. 256 Vierhaus: Vom aufgeklärten Absolutismus, S. 241. Dazu meinte der Jasmund auf Rödlin 1766: „Da auch ohnehin der Luxus immer mehr überhand nehme, so sehr auch hier und da Familien verarmten, so wären sie gezwungen, entweder Hofbedienungen anzunehmen, und auf die Art sich den Herzögen unterwürfig zu machen, oder auch außerhalb Landes Bedienungen zu suchen.“ Durch Sparsamkeit, gute Ökonomie und Ankauf neuer Ländereien werden die Herzöge immer mächtiger, „so daß der Adel in Gefahr wäre, ganz verschlungen oder am Bettelstab gebracht zu werden.“ Vgl. Nugent: Travels, S. 272. 257 Czech: Legitimation und Repräsentation.

168 Stand lien in gleicher Weise in der Lage waren, einen hohen Grad an Adelskultur zu erreichen, war u. a. auf individuelle Ansichten, finanzielle Voraussetzungen, Entfernungen zu Kulturzentren, Bildungs- und Altersunterschiede zurückzuführen. Darüber hinaus lassen die dauerhaften von Geistlichen, Bürgerlichen und selbst von Standesvertretern geäußerten Kritiken darauf schließen, dass in Mecklenburg – vereinfacht ausgedrückt – ein „beachtlicher“ Grad an Adelskultur erreicht worden ist, was umso erstaunlicher ist, da dazu enorme finanzielle Aufwendungen notwendig waren. Die ständig über dem mecklenburgischen Adel schwebende Konkursgefahr interessierte dabei offenbar wenig. Die Güterkonkurse scheinen vielmehr eine Art Selbstregulation herbeigeführt zu haben, wobei unmittelbar nach Ausscheiden der einen eine andere mecklenburgische oder auswärtige Familie in das Vakuum drängte. Zahlreiche Gutsbesitzer und deren Familien im engeren Sinne blieben dabei auf der Strecke, andere wiederum brachten es zu Ansehen und Anerkennung, was offenbar dazu führte, dass die Mecklenburger bisweilen einen recht guten Ruf unter den europäischen Standeskollegen genossen. Mecklenburgreisende wie Friedrich von Buchwaldt (1784), Thomas Nugent (1768) oder der aus Mainz stammende Bürgerliche Johann Caspar Riesbeck (1780) lobten das standeskulturelle Niveau des hiesigen Adels in höchsten Tönen. Buchwaldt meint bsw.: „Man lebt auf Ivenack vollkommen so, wie an den Höfen der kleinen deutschen Fürsten, nur mit dem Unterschiede, daß man dort davon befreiet ist, fade Complimente zu machen, und hirnlosen Schnickschnack anzuhören.“258 Die Mecklenburger selbst erachteten die Qualität ihrer Adelskultur als außerordentlich hochwertig, weshalb sie sich entsprechend selbstbewusst in den europäischen Adelskreisen bewegten. Claus Josias von Behr konnte es daher in keiner Weise nachvollziehen, dass „von den Genealogien eines so zahlreichen und berühmten Adels als der Meklenburgische ist, bis daher nicht gründliches zum Vorschein gekommen“ war.259 Jacob Friedrich Joachim von Bülow meinte, seine Ahnen und noch lebende Familienmitglieder hätten „durch ihre gutes Betragen den Namen Bülow in ganz Europa rühmlichst bekannt gemacht“, was wiederum von Ernst Friedrich von Engel auf Groß Nieköhr und Drüsewitz in seiner Beschreibung des „niedlichen“ Landlebens auf den gesamten mecklenburgischen Adel erweitert wird: „[...] so sind wir gleichwohl vornehme Herren, und bey Jedermann im Ansehn.“260

258 Buchwaldt: Oeconomische und Statistische Reise, S. 170 (Zitat); Nugent: Travels, S. 77; Riesbeck: Briefe, S. 189–190. 259 LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, „Vorrede an den geneigten Leser“. 260 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 3; Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 28.

3.2 Einkommen und Auskommen 3.2.1 Quellen ökonomischen Kapitals „Wir kaufen ein Gut; haben wir keine Frau so schaffen wir uns ein solches Meuble an; überlassen Holländerey, Schäferey, Mühle, Schmiede – gewissen Leuten in Pacht [...]; zur Betreibung des Ackerwerks wird ein sogenannter Schreiber bestellt [...] – Was haben wir weiter zu thun, als daß wir die Wochen- und Monatszettel, des letztern zur bequemen Zeit [...] einmal anschauen – und so bringen wir unsre Tage in Ruhe und Zufriedenheit zu; unsre Wirthschaft geht, ohne daß wir uns die geringste Mühe zu machen nöthig haben, ihren ordentlichen Gang fort. Dieses ist eine nagelneue Art zu wirthschaften, und ich glaube nicht, daß sie bequemer erdacht werden könne.“1

Der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verfasste und veröffentlichte Briefwechsel des Ernst Friedrich von Engel auf Groß Nieköhr und Drüsewitz enthält neben zahlreichen Schilderungen zur mecklenburgischen Adelskultur auch Hinweise darauf, wie das „niedliche“ Landleben auf relativ unproblematische Weise finanziert werden konnte.2 Zugleich spricht Engel damit ein für den Adel nicht unerhebliches Thema an, das mit dem Begriff des ökonomischen Kapitals umschrieben werden kann. Bourdieu verstand darunter den Besitz jeder Art von Ware, etwa Unternehmen, Produktionsmittel, Grund und Boden sowie anderes Vermögen, etwa Aktien, Schmuck, Kunstwerke, die unmittelbar und direkt in Geld konvertierbar sind. Dieses ökonomische Kapital, das im Folgenden näher beleuchtet werden soll, gehörte zu den Grundvoraussetzungen, um adliges Leben und Überleben realisieren zu können.3 Eine lückenlose Darstellung der wirtschaftlichen Ressourcen des mecklenburgischen Adels kann allerdings nicht Ziel dieses Kapitels sein, da es sich um einen außerordentlich umfangreichen und in weiten Teilen bislang unerforschten Gegenstand handelt, der einer eigenständigen Untersuchung bedarf. Vielmehr geht es darum, wesentliche Charakteristika und Entwicklungslinien, die sich auf die Finanzsituation des Adels im weitesten Sinne beziehen, aufzuzeigen und gegebenenfalls auf Unstimmigkeiten, auf Konkurrenzen und Konflikte, aufmerksam zu machen, geben sie doch Auskunft darüber, inwieweit die mecklenburgische Aristokratie als Einheit verstanden werden kann, deren Zusammenhalt über den Interessen des Einzelnen lag. Die bedeutendsten im Folgenden darzustellenden Einkommensquellen des mecklenburgischen Adels werden vier Kernbereichen  – Militärwesen, Gutswirt1 Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 26. 2 Siehe Kap. 3.1.1. 3 Bourdieu: Ökonomisches Kapital, S. 185.

170 Stand schaft, Hofstaat und Landesklöster – zugeordnet, wobei männliche und weibliche Standesvertreter berücksichtigt werden sollen.4 Bereits die Etablierung des Begriffs „Ritter“ als Bezeichnung für den wehrhaften, gerüsteten adligen berittenen Krieger des europäischen Mittelalters verweist auf die enge Verbindung von Adel und Militär.5 Der mittelalterliche Kriegsdienst ist hier jedoch zuallererst als Lehnspflicht zu sehen, bei der die Vasallen im Bedarfsfall und in Abhängigkeit ihrer Besitzungen mit gerüsteten Kriegspferden 6 und Knechten auf gesondert ausgewiesenen Musterungsplätzen zu erscheinen hatten. Ritter stellten somit die militärische Hauptstütze der Landesherrschaft im Rahmen der Landesverteidigung dar. Dabei dürfte die Lübecker Fehde und die in diesem Zusammenhang erfolgte Musterung von 1506 das wohl bekannteste mecklenburgische Beispiel für einen solchen militärischen Bedarfsfall darstellen, dessen (potentielles) Aufgebot ca. eintausend adlige Rossdienste umfasste.7 Als Quelle ökonomischen Kapitals gewann dieser Bereich im Rahmen der Etablierung von Söldnerheeren immens an Bedeutung, was vornehmlich auf technische und wirtschaftliche Veränderungen zurückgeht. Die vergleichsweise unbeweglichen Panzerreiter hatten ihre Rolle als wichtigste Stütze der feudalen Heeresaufgebote zugunsten von Infanterie und leichter Reiterei eingebüßt.8 Dem Söldnertum wurde dadurch ein starker Auftrieb verschafft, als sich zahlreiche Fürsten und Könige seit dem Spätmittelalter durch die massive Anwerbung von Söldnern aus der militärischen Abhängigkeit von ihren Lehnsmännern zu lösen versuchten. Da die Adligen über entsprechende Ausrüstung und Erfahrung verfügten, wurden zumeist aus ihren Reihen Söldner-, d. h. Landsknechtsführer, angeworben.9 Die militärischen Fähigkeiten stellten die Mecklenburger nun jedoch vor allem fremden Landesherren zur Verfügung. Dass diese Form des Broterwerbs besonders in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts favorisiert wurde, verdeutlicht die um 1600 erstellte Adelsgenealogie des Bernhard Latomus.10 Demnach scheint es nur wenige Adelsgeschlechter gegeben zu haben, aus denen gar keine männlichen Familienmitglieder an kriegerischen Unternehmungen u. a. in Un 4 Zu einem fünften Bereich (Ritterschaft) vgl. Kap. 4.2. Zu einigen dieser vermeintlichen Einkommensquellen als Kostenquellen s. u.  5 Vgl. Fuchs und Raab: Wörterbuch Geschichte, S. 711 sowie im Folgenden als Überblick Fleckenstein: Rittertum; Hechberger: Adel, Ministerialität und Rittertum.  6 Zur Bedeutung der Pferde siehe Kap. 3.1.  7 Vgl. Röpcke: Frieden und Unfrieden; Münch: 1506 – erste Bestandsaufnahme; des Weiteren Lisch: Musterung sowie zur Musterung Kap. 4.1.1. Zu weiteren Rossdienstregistern vgl. LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Generalia, Nr. 781/1–781/17 (ca. 1436–1599).  8 Dies ist u. a. auch daran ersichtlich, dass höfische Turniere immer seltener durchgeführt wurden. Das – so weit bekannt – letzte dieser Art fand im Jahre 1555 zu Wismar anlässlich der Vermählung Johann Albrechts I. mit Anna Sofia von Preußen statt. Vgl. Fleckenstein: Das ritterliche Turnier; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 293. Boll (Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 320) behauptet, 1537 habe das letzte Turnier in Mecklenburg stattgefunden.  9 Vgl. als Überblick Baumann: Landsknechte; Rogg: Landsknechte. 10 LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Generalia, Nr. 13; Latomus: Uhrsprung und Anfang sowie Kap. 2.2.



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garn, Frankreich oder den Niederlanden teilgenommen hatten. Bestätigt werden die bei Latomus angeführten Daten durch die in dieser Hinsicht zuverlässigen Adelsviten in gedruckten Leichenpredigten, die darüber hinaus so manches Detail preisgeben.11 Exemplarisch sei wiederum auf den Fall des Claus von Peckatel verwiesen.12 Nachdem er bei der nahe verwandten Adelsfamilie Blankenburg die Grundlagen der Kriegskunst erlernt hatte, diente er den Herzögen von Sachsen und Braunschweig bei ihren Kriegszügen in den Niederlanden 1572 und 1573. Anschließend wirkte er als Mundschenk bei Herzog Carl in Schweden, bis es ihn unter dem Pfalzgrafen Casimir schließlich erneut in die Niederlande führte. Dort – so heißt es in seiner Leichenpredigt – hatte er einen Adligen aus dem „Oberlande“ gefangen genommen, „welcher sich auch krieges gebrauch nach ihm gebürlich ranzunieren müssen [...].“ Der Standeskollege musste sich demnach mittels Ranzion, der Zahlung eines Lösegeldes, aus der Peckatelschen Gefangenschaft freikaufen. 1580 diente er als Rittmeister erneut unter dem schwedischen Herzog Carl, von dem er nach Livland entsandt worden war. Nach siegreichen Schlachten wollte Peckatel schließlich die Rückreise nach Schweden antreten, doch hatten er und seine Gefährten „durch grossen sturm vnd vngewitter schiffbruch erlitten“. Claus von Peckatel hatte das große Glück, zu den vierzehn Überlebenden zu gehören. Seine Karriere ging weiter steil bergauf, als er anschließend in Diensten der Badener Markgrafen, als Hof- und Rittmeister bzw. als Oberstleutnant, sowie der Anhaltinschen, Lüneburger und Braunschweiger Fürsten, u. a. als Feldmarschall, stand. Erst 1605 kehrte er nach Mecklenburg zurück, wo er das väterliche Gut Klein Vielen antrat und unter Herzog Carl als Rat und Hauptmann zu Ivenack wirkte. Flexibilität zeichnete demnach seine militärische Laufbahn aus, wobei das Latomussche Werk verdeutlicht, dass es sich bei Claus von Peckatel keinesfalls um einen Einzelfall handelte. Die Grundlagen dieser militärischen Laufbahnen – dies zeigen u. a. Leichenpredigten und Zeugenaussagen – wurden dabei in der Regel im Kindes- und Jugendalter gelegt, indem die Heranwachsenden das entsprechende Rüstzeug bei ihren Familien nahe stehenden erfahrenen Militärs erlernten, was mit dem „wehrhaft machen“ endete.13 Auch Personendarstellungen auf Grabplatten und Epitaphen können als Spiegel der Verbindung von Adel und Kriegswesen angesehen werden, indem die Nachfahren die Verstorbenen mit entsprechenden (alltagsungebräuchlichen) Statussymbolen darstellen ließen, auch wenn sie nicht auf eine so erfolgreiche militärische Karriere, wie sie bsw. Claus von Peckatel erlebt hatte, zurückblicken konnten.14 11 Vgl. einige der hier verwandten Leichenpredigten sowie Bill: Mecklenburgischer Adel. 12 Im Folgenden Stindtman: Leichpredigt. 13 Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 1, Bl. 62; ebd., Band 2, Bl. 1153 (Maltzan); Kamptz: Die Familie, S. 194 (Kamptz); Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 117–118 („Schwerthändler“ Mathias Unger zu Güstrow); Stindtman: Leichpredigt (Peckatel); Hovisch: Adelicher Ehrenpreiß (Bülow); Kamptz: Geschichte, S. 71, 168 (Kamptz); des Weiteren Bohlen und Rosen: Geschichte des adlichen, S. 54–55. 14 Abb. 3–6, 19; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 2, S. 46, Band 3, S. 395, Band 5, S. 142, 143; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 40.

172 Stand Ihren militärischen Status präsentierten die Mecklenburger auch nach Außen – etwa durch Kleidung, persönliche Besitztümer oder Einrichtungsgegenstände im Bereich der Wohnbauten. In den Landsknechts- und Söldnerheeren, die in dieser Form etwa bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges weiter bestehen sollten, nahmen zahlreiche Mecklen­ burger Adlige Führungspositionen ein.15 Dass diese militärischen Dienste als be­ deutende Einnahmequelle angesehen werden können, die sich maßgeblich auf die Qualität von Adelskultur in Mecklenburg auswirkte,16 zeigen u. a. einige im 17. Jahrhundert errichtete opulente Herrenhäuser. Bsw. ist für Claus von Peckatel überliefert, dass er nach seiner Rückkehr und dem Antritt des väterlichen Erbes auf Klein Vielen das dort befindliche ältere Wohnhaus einreißen und ein neues erbauen ließ, das über einen Gewölbekeller und einen dahinter gelegenen Lustgarten verfügte. Es wird sich demnach um einen recht beeindruckenden Bau der mecklenburgischen Spätrenaissance gehandelt haben.17 Dagegen entstand „Schloss“ Rossewitz, das auf die Initiative des weit gereisten Militärs Joachim Heinrich von Vieregge zurückgeht, nach frühbarockem Geschmack.18 Der Dreißigjährige Krieg, der Vieregge zu Ruhm und Reichtum verholfen hatte, läutete jedoch das Ende dieser Form des Söldnerwesens ein, das bis zum Ende des 17. Jahrhunderts durch stehende Heere, d. h. nicht im Bedarfsfall, sondern dauernd unter Waffen stehende und jederzeit einsatzbereite Armeen, abgelöst wurde.19 Außerhalb Mecklenburgs bekleideten diverse Adlige zum Teil nicht unbedeutende militärische Ränge wie Obrist, Generalmajor, General usw.20 In den frühneuzeitlichen Agrarunternehmungen des Adels ist eine weitere entscheidende Ressource zur Bereitstellung ökonomischen Kapitals zu sehen.21 Die Gutswirtschaft, worunter die einheitlich landwirtschaftliche Nutzung von Großgrundbesitz zu verstehen ist, spielte dabei eine herausragende Rolle.22 Ausgangspunkt jenes Großgrundbesitzes waren einige wenige durch Belehnung23 zugewiesene Ritterhufen, die sich inmitten der bäuerlichen Gemengelage befanden und die im 15 Vgl. als Überblick LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Generalia, Nr. 13; Latomus: Uhrsprung und Anfang; LHAS, 11.3-1, Genealogische Sammlungen (Behr, Hoinckhusen, Pentz); des Weiteren Pentz: Album, S. 129. 16 Kap. 3.1. 17 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 523 (Berichte 1643 und 1662); des Weiteren Kap. 2.1.2. 18 Vgl. Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 465; Neumann: Das Passow-Epitaph; Heckmann: Baumeister, S. 23–28; Koch: Charles Philippe Dieussart; Koch: Zur Baugeschichte sowie Kap. 2.1.2. 19 Nach wie vor grundlegend: Fiedler: Die stehenden Heere; Papke: Von der Miliz. 20 Als Quellengrundlage dienten vor allem Leichenpredigten und genealogische Sammlungen sowie einige militärgeschichtliche Publikationen (Orlop: Geschichte, S. 115–134; Ravenstein: Geschichte, S. 369–384; Tessin: Die Regimenter). Vgl. auch Gantzer: Familie von Dewitz, Band 3-2, S. 2, 5, 6; Rusch: Beiträge, S. 148a; Oertzen-Blätter 18 (1975) 11, S. 18. 21 Grundlegend für die folgenden Ausführungen sind: Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft; Mager: Geschichte des Bauerntums; Steinmann: Bauer und Ritter; Kaak: Die Gutsherrschaft, S. 37–40, 122–150, 157–261; Münch: Bauer und Herrschaft. 22 Vgl. dazu Münch: Gutswirtschaft. 23 Kap. 4.1.1.



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spätmittelalterlichen Mecklenburg von den Adelsfamilien zumeist in Eigenregie bewirtschaftet worden waren.24 Weitere auf die Grundherrschaft zurückzuführende Einkünfte resultierten aus bäuerlichen Pachten und Hebungen. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts wurde der Agrarsektor für den Adel als Einnahmequelle interessant, da ein allgemeiner Bevölkerungszuwachs die Nahrungsmittel- und demnach Getreidenachfrage ansteigen ließ, was wiederum einen Preisanstieg zur Folge hatte, der in einer Agrarkonjunktur mündete.25 Darauf reagierten einige mecklenburgische ­Adlige bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in der Form, dass sie ihre wenigen Ritterhufen durch Aneignung von Brachland sowie Bauern- und Kirchenacker erweiterten.26 Im Zusammenspiel mit der Erhöhung der bäuerlichen Dienste führte dies gegen Ende des 15. Jahrhunderts zur Steigerung der Getreideerlöse, was u. a. durch die Geldbewegungen beim jährlich stattfindenden Umschlag belegt werden kann.27 Im zweiten und dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts begegnen mit Bernd von Maltzan auf Wolde und Henning von Holstein auf Ankershagen erstmals einzelne Adelsvertreter, die Getreidehandel im großen Stil betrieben.28 Der Versuchsphase folgte im Verlaufe des 16. Jahrhunderts die weitreichende Umgestaltung der adligen Besitztümer, in deren Zuge unzählige Wirtschaftshöfe mit Scheunen, Ställen und Wohnhäusern entstanden.29 Quantität und Qualität der vor dem Reichskammergericht geführten Prozesse oder die zu Güstrow umgeschlagenen Geldmengen belegen, dass zwischen 1550 und 1580 ein erster Höhepunkt dieser Umgestaltungsphase von der Grund- zur Gutswirtschaft erreicht worden war.30 Neben Getreide steuerten Flachs, Hanf oder Tabak einen bedeutenden Anteil zum Jahresumsatz bei.31 Ergänzt wurde die Verkaufspalette durch Schaf-, Rinder- und Schweinezucht, da mit relativ geringem Aufwand – die Mästung fand auf Weiden und in Holzungen statt – bedeutende Erträge erzielt werden konnten.32 Als störend erwies sich jedoch die Zerstückelung der Rittergüter. An den Pachten und Hebungen einzelner innerhalb einer Ortschaft gelegenen Untertanenhöfe und -hufen konnten verschiedene 24 25 26 27 28 29 30 31 32

Ihde: Amt Schwerin, S. 11, 14. Vgl. als Überblick Abel: Agrarkrisen und Agrarkonjunktur. Exemplarisch: LHAS, 2.12-3/5, KVP, Nr. 12 (1541 und 1542). Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 144; Pietsch: Umschlag zu Güstrow. Steinmann: Finanz-, Verwaltungs-, Wirtschafts-, und Regierungspolitik, S. 119, Anm. 94; des Weiteren Schwarz: Die niederadligen Befestigungsanlagen, S. 84 (Ausschnitt aus einer TilemannStella-Karte). Vgl. generell Münch: Vom befestigten Rittersitz; des Weiteren Abb. 16; Baumgarten und Heim: Landschaft und Bauernhaus, hinteres Vorsatz; Schwarz: Die niederadligen Befestigungsanlagen, S. 84 (Tilemann-Stella-Karten) sowie Kap. 2.1.2. Stein-Stegemann: Inventar; Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 153; Pietsch: Umschlag zu Güstrow; Hansen: Der „Umschlag“. Rudert: Wirtschafts-, siedlungs- und grenzgeschichtliche Aspekte, S. 415–416. Vgl. Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 36, Anm. 133, S. 172–174. In der Holzung des Peckatelschen Gutes Klein Vielen konnten um 1640 800 Schweine, in den Jahrzehnten davor, als noch alte Baumbestände vorhanden waren, sogar 1000 Schweine gehalten werden (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 523).

174 Stand Vasallen partizipieren; mitunter kamen auf einen einzigen Bauernhof fünf oder sechs Teilhaber.33 Diese als lästig empfundenen Kommunionen und die Entfernungen zwischen den jeweiligen Besitzungen führten bereits im 16. Jahrhundert zu Arrondierungen durch Kauf, Verkauf, Tausch und dergl., wodurch erste größere zusammenhängende Gutswirtschaften entstanden. Auch die Entwicklungen im 17. und 18. Jahrhundert waren geprägt von zahlreichen individuell und flächendeckend durchgeführten Maßnahmen, die eine Optimierung der agrarökonomischen Ressourcen zum Ziel hatten. Im Zusammenspiel mit dem sog. Bauernlegen, einer landesherrlich sanktionierten Enteignung des bäuerlichen Ackerlandes, die der Vergrößerung herrschaftlicher Eigenwirtschaften entgegen kam,34 führte dies dazu, dass spätestens zur Mitte des 18. Jahrhunderts mehrere hundert in sich geschlossene Rittergüter über ganz Mecklenburg verteilt waren.35 Der Streubesitz war weitgehend aufgehoben.36 Seitdem der Ausbau der Gutswirt­ schaft(en) im großen Stil vorangetrieben wurde, sollte der agrarische Sektor noch einige Veränderungen erfahren, die sich positiv wie negativ auf die Finanzsituation des Adels auswirkten und bsw. bedingt waren durch die Agrarkrise um 1600, den Dreißigjährigen Krieg, die neuerliche Konjunktur gegen Ende des 17. Jahrhunderts oder die Umstellung der Dreifelder- auf die Schlagwirtschaft im 18. Jahrhundert.37 Erwähnenswert erscheint darüber hinaus, dass in die adligen Agrarunternehmungen für gewöhnlich nicht nur männliche, sondern auch weibliche Familienangehörige eingebunden waren. Als „Hausmütter“ bzw. „Hausväter“ nahmen gerade die Familienoberhäupter eine zentrale Rolle in der frühneuzeitlichen Ökonomik ein, die nicht wie gegenwärtig vom Markt, sondern vom „Haus“ definiert wurde, wenngleich dieser auf Brunner zurückgehende Ansatz nicht unumstritten ist. Der Mann galt dabei als der Kopf, Pfleger und Wirt des „ganzen Hauses“, d. h. des Gesamtkomplexes der haus- und landwirtschaftlichen Tätigkeit.38

33 Vgl. Endler: Entwicklung des Bauern, S. 50. 34 Steinmann: Bauer und Ritter, S. 158; Münch: Bauernlegen. 35 In besonderer Weise verdeutlicht dies der Bestand Direktorialvermessungskarten (LHAS, 12.121, Karten). 36 Vgl. als Überblick Kaak: Die Gutsherrschaft (zu Mecklenburg S. 37–40, 122–150, 157–261) sowie Peters: Gutsherrschaftsgesellschaften (Gutswirtschaften in Europa). Auf individuelle und regionale Unterschiede wies Steinmann (Steinmann: Bauer und Ritter, S. 158) exemplarisch zum Stargarder Distrikt hin: „Teils in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts, teils im Verlaufe des Dreißigjährigen Krieges, teils in den ersten Jahrzehnten nach seinem Ende, vollzog sich, soweit das nicht bereits früher geschehen war, im ritterschaftlichen Teil des Amtes Stargard bei der Hauptmasse der Güter, flächenmäßig gesehen, der Übergang von der Grundherrschaft zur Gutswirtschaft und Gutsherrschaft.“ 37 Vgl. etwa Pietsch: Umschlag zu Güstrow; Münch: Die Folgen; Mager: Geschichte des Bauerntums, S. 266–270; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 490–493, 503; Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 172. 38 Brunner: Das „Ganze Haus“, S. 105–107; zur geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung auf mecklenburgischen Rittergütern vgl. Kap. 3.3.



Einkommen und Auskommen

175

Eine dritte bedeutete Einkommensquelle bildeten Hofchargen, d. h. Ämter und Positionen im Bereich des Hofstaates bzw. der höfischen Gesellschaft als der Gesamtheit der Personen, die einen regierenden Landesherrn und dessen Familie umgaben.39 Seit dem Spätmittelalter hatten europäische Fürsten und Monarchen vermehrt Landadlige an ihren Höfen zusammengezogen, was der Soziologe Norbert Elias als „Verhöflichung des Adels“ bezeichnete.40 An diesen inner- wie außerhalb Mecklenburgs vergebenen Chargen partizipierten die mecklenburgischen Adligen in unterschiedlichem Maße, wobei sich die Verhältnisse an den „vaterländischen“ Höfen und Residenzen u. a. anhand von Hofordnungen zumindest in Ansätzen rekonstruieren lassen. Hier ist grundsätzlich festzustellen, dass die Zahl der zum Hofstaat zählenden Personen seit dem 16. Jahrhundert beträchtlich zugenommen hatte – von einigen dutzend im 16. bis nahezu sechshundert im 18. Jahrhundert.41 Der Adel selbst war von den Hofchargen insgesamt in einem vergleichsweise geringen Maße betroffen. Während bsw. unter dem Schweriner Herzog Adolph Friedrich I. um 1650 nur neunzehn der rund einhundertsechzig Hofbediensteten aus dem Landadel stammten, waren es gegen Ende des 18. Jahrhunderts einundsechzig von ins­ gesamt dreihundertneunundachtzig, wobei angemerkt werden muss, dass sich die Fläche Mecklenburg-Schwerins nach der Landesteilung von 1701 beträchtlich vergrößert hatte.42 Von den einhundertachtundachtzig Strelitzer Hofbediensteten waren sogar nur zehn dem Landadel zuzurechen. Angesichts der Gesamtzahl der zum mecklenburgischen Adel gehörenden Personen fand demnach nur ein sehr geringer Teil an mecklenburgischen Höfen eine Anstellung, wobei die sich etwa seit Mitte des 17. Jahrhunderts zuspitzende Auseinandersetzung zwischen Landadel und Landesvätern im sog. Ständekampf eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hatte.43 Als schwierig erweist sich die Rekonstruktion der Verhältnisse an deutschen und europäischen Fürstenhöfen. Bislang geben nur biographische Daten in Leichenpredigten, genealogischen Sammlungen und Geschlechtergeschichten Auskunft darüber, dass es zumindest einigen Mecklenburgern vergönnt war, an dortigen Höfen zu wirken. Erinnert sei an Joachim von Maltzan in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, dem Lisch eine weltgeschichtliche Bedeutung beimaß, an die Reichshofräte Stralendorff und Lützow im 17. Jahrhundert oder an die Bernstorff und Plessen in Celle, London und Kopenhagen, die den mecklenburgischen Ständekampf zu Beginn des 18. Jahrhunderts vom Ausland her nachhaltig beeinflussten.44 Solche Karrieren wirkten sich – wie bereits bei der Erläuterung der Adelskultur gezeigt werden konnte – positiv auf das Selbstbewusstsein der Mecklenburger aus. So heißt es in 39 Vgl. Gersmann: Hofadel; Pečar: Hofamt; Schmale: Höfische Gesellschaft. 40 Elias: Prozeß der Zivilisation. 41 Vgl. Kern: Mecklenburgische Hofordnungen; des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 448–452; Sander-Berke: Der Hof, S. 70, 87. 42 Abb. 2; Landeszentrale für politische Bildung: Historischer, S. 65 (Karte 15). 43 Vgl. Ballschmieter: Andreas Gottlieb; des Weiteren Kap. 4.1. 44 Vgl. u. a. Lisch: Joachim von Maltzan; Gräf: Leopold von Stralendorff; Gräf: Peter von Stralendorff; Ballschmieter: Andreas Gottlieb; Naumann: Die Plessen, S. 128–129.

176 Stand einer Leichenpredigt der Bülow Mitte des 17. Jahrhunderts: „Da dieselben wegen ihrer Pietet, hohen Verstande vnd Geschickligkeit /auch andere löblichen Rittermässigen Thaten /nicht alleine allhie im Lande Mecklenburg /besondern auch in benachbarten Königreichen /Chur= vnd Fürstenthümern /sind zu fürnehmen Digniteten vnd Würden erhaben /vnnd ansehnliche hohe Ämpter bedienet haben.“ 45 Claus Josias von Behr, einer der bedeutendsten Adelsgenealogen des 18. Jahrhunderts, schreibt: „[...] und sind gewiß wenige Höfe in Europa, in deren Civil oder Militar diensten nicht einige Meklenburgische Edelleute stehen.“46 Diesen Aussagen zufolge sollen an den meisten europäischen Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts Mecklenburger in Diensten gestanden haben. Indirekt wird diese nur aufwendig zu überprüfende Behauptung gewissermaßen durch die nicht unbeträchtliche Zahl an Mitgliedschaften in exklusiven Adelsgesellschaften und Ritterorden, denen für gewöhnlich der Fürstendienst vorausgegangen war, bestätigt. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gehörten mehr als zwanzig Mecklenburger der Fruchtbringenden Gesellschaft an.47 Im 18. Jahrhundert waren Dutzende im Johanniterorden, Dannebrogorden, Elephantenorden, Roten Adlerorden, Alexander-Newsky-Orden, St. Andreas Orden oder dem Goldenen-Löwen-Orden vertreten.48 Das mitunter außerordentlich gute Verhältnis zwischen mecklenburgischen Adligen und auswärtigen Fürsten wird darüber hinaus durch einige gelegentlich überlieferte Episoden bestätigt. So soll sich bsw. um das Jahr 1720 der holsteinische Herzog Carl Friedrich bei Joachim Otto von Bassewitz auf Dalwitz aufgehalten haben.49 Adolf Friedrich von Bassewitz, der 1719 in britische diplomatische Dienste übergetreten war, soll bereits 1720 eine Wappenvermehrung vom englischen König erhalten haben: Die Leoparden des eng-

45 Mithob: Justorum Requies. 46 LHAS, 11.3-1/1, Adelschronik von Behr, Vol. 1, Vorrede. 47 Die Fruchtbringende Gesellschaft (auch Palmenorden, Indianischer Palmbaum, societas fructifera) war eine deutsche Sprachgesellschaft, deren Mitgliederzahl im Verlauf des 17. Jh. auf ca. 890 anwuchs. Darunter befanden sich auch Mecklenburger, wobei allein 1636 sieben altmecklenburgische Adlige beitraten. Zu den Mitgliedern zählten u. a. Werner von Hahn – der Forttreibende (1621), Levin Ludwig von Hahn – der Zusammenziehende (1626), Hartwig von Passow – der Krause (1628), Otto von Preen – der Verborgene (1628), Andreas von Ihlenfeld – der Braunlichte (1633), Jürgen von Biswang – der Häusliche (1636), Adam von Lowtzow – der Schwarzbraune (1636), Daniel von Plessen – der Reine (1636), Christoph von Zülow – der Faslichte (1636), David von Raben – der Wohlgefällige (1636), Fritz von Ihlenfeld – der Verkriechende (1636), Georg von Peckatel – der Behaltende (1636), Augustin von Bülow – der Niederdrückende (1639), Hermann von Kardorf – der Schönweiße (1642). Vgl. Conermann: Fruchtbringende Gesellschaft; Hofmeister: Die meklenburgischen Mitglieder; Anonymus: Fruchtbringende Gesellschaft. 48 Zu diversen Bsp. vgl. Wohlfromm: Sammlung; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 44, 47–48, 53–54, 57; Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 13; Anonymus: Johanniter-Ahnentafeln; Oertzen: Johanniter Wappentafeln; Moller: Historische Nachricht, S. 16–19; Kamptz: Geschichte, S. 12, 91; Nugent: Travels, S. 314, 394–400; Dithmar: Geschichte, S. 11, 15, 22–36; Ohm-Hieronymussen: Die Verleihung, S. 13; Vries: Baugeschichte, S. 17. 49 Bassewitz: Aus dem Leben, S. 47; Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 196.



Einkommen und Auskommen

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lischen Königswappens durften als Schildhalter das Bassewitzsche Eberwappenschild flankieren.50 Hinsichtlich der Ordensmitgliedschaften bleibt an dieser Stelle hinzuzufügen, dass sich daraus auch zusätzliche finanzielle Einnahmen ergeben konnten. Konkrete Zahlen zu nennen, anhand derer die einzelnen Sektoren miteinander verglichen werden können, war im Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich. Nur eine entsprechende Gegenüberstellung kann klären, welche adlige Einkommensquelle die einträglichste war.51 Da sich im Zuge der Ostkolonisation im Hoch- und Spätmittelalter östlich der Elbe verschiedene Ordensgemeinschaften wie Johanniter, Benediktiner, Zisterzienser, Kartäuser u. a. niederließen, spielten sie für den Adel auch innerhalb der mecklenburgischen Grenzen eine bedeutende Rolle.52 Ein nicht unerheblicher Einschnitt erfolgte im Zuge der Reformation und der damit verbundenen Säkularisation des kirchlichen Besitzes.53 Da die Einbehaltung den Wegfall einer wesent­ lichen Versorgungsstätte für die unverheirateten adligen Töchter bedeutete, ließen Beschwerden nicht lange auf sich warten.54 Man einigte sich zunächst darauf, dass die Klöster Ivenack, Dobbertin und Neukloster den Jungfrauen beider Stände, d. h. der Ritter- und der Landschaft, zur Verfügung stehen sollten, was sich jedoch wegen der politischen Auseinandersetzungen zwischen Landesherrschaft und Ständen verzögerte. Schließlich wurde mit den Sternberger Reversalen des Jahres 1572 eine Neuregelung der Verhältnisse herbeigeführt, wobei anstelle von Ivenack und Neukloster nun Malchow und Ribnitz in ständischen Besitz übergehen sollten. Im Jahr darauf erfolgte die offizielle Übergabe, doch vollzog sie sich faktisch erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Vornehmlich diese drei Klöster, Dobbertin, Malchow und Ribnitz, standen fortan den Landständen, insbesondere der Ritterschaft zur Verfügung. 55 Demnach fanden auch weiterhin unverheiratete Töchter des Adels als sog. Konventualinnen in den Klostermauern ein Auskommen. Gemeinsam bildeten sie einen Konvent, an deren Spitze jeweils eine Äbtissin, auch als Domina bezeichnet, stand. Die Zahl der Klosterdamen ist – wie die Sozial- und Kulturgeschichte der mecklenburgischen Klöster überhaupt – nach wie vor nicht hinreichend erforscht.56 Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sie in erster Linie vom jeweiligen Budget, den zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und der Nachfrage abhingen. Folglich schwankte die Zahl der Konventualinnen. Während Ribnitz in vorreformatorischer Zeit fünfunddreißig Schwestern beherbergte, verringerte sich ihre Zahl im Verlaufe 50 Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 24. 51 So waren bsw. die im LHAS aufbewahrten Bestände zu den Landesklöstern nicht zugänglich. 52 Vgl. grundlegend Wiggers und Wiggers: Geschichte; Viereck: Die Rechtsverhältnisse; Schmaltz: Kirchengeschichte, Band 1. 53 Vgl. etwa Wolgast: Die Reformation. 54 U. a. 1555. Vgl. u. a. Schmaltz: Kirchengeschichte, Band 2, S. 88–92. 55 Allerdings oblagen im weitesten Sinne auch das Kloster Rühn und das Kloster zum Heiligen Kreuz den Ständen (Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 1, S. 84–90). 56 Die Einsichtnahme in die entsprechenden Archivbestände (LHAS) war wegen des Ordnungszustandes im Jahr 2009 nicht möglich. Vgl. nun Bock: Kloster Dobbertin.

178 Stand des 16. und 17. Jahrhunderts, bis sie sich schließlich bei zwölf einpendelte. In Dobbertin, dem größten der drei Landesklöster, wird hingegen das Gros der unverheirateten Töchter untergekommen sein. Gelegentlich findet sich zwar der Hinweis, dass in den Klöstern jeweils zweiunddreißig und somit insgesamt sechsundneunzig Damen untergebracht waren. Dies kann jedoch allenfalls zu bestimmten Zeiten zugetroffen haben. Schließlich waren im Jahre 1795 in Malchow, Ribnitz und Dobbertin einhunderteinundachtzig und damit etwa doppelt so viele Töchter eingeschrieben, was u. a. damit begründet werden kann, dass man spätestens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Teilung der Hebungen eingeführt hatte. Demnach entsprachen die Hebungen und ihr dazu veranschlagtes Budget nicht der Anzahl der Konventualinnen; volle Klosterstellen wurden nun geteilt oder gar geviertelt. Von den einhunderteinundachtzig eingeschriebenen Klosterdamen des Jahres 1795 lebten achtundfünfzig zur vollen, siebenundsechzig zur halben und sechsundfünfzig zur Viertelhebung. Das Budget richtete sich nach den etwa einhundertfünf Stellen, die mit jeweils 120 Rthlr. angesetzt wurden, und umfasste pro Jahr ca. 12600 Rthlr. Trotz der Teilung waren die Stellen offensichtlich weiterhin sehr begehrt, was u. a. daran deutlich wird, dass durch Tod oder Heirat bedingte Vakanzen unverzüglich wiederbesetzt wurden. Die Zahl der zeitgleich vorhandenen Konventualinnenplätze lag zwischen fünfzig in der zweiten Hälfte des 16. und zweihundert gegen Ende des 18. Jahrhunderts.57 Der erste Schritt, der im Rahmen einer Einweisung erfolgen musste, war das Einschreiben in eine entsprechende Liste, welche nachweislich im 18. Jahrhundert auch bei Landtagen verlesen wurde. Dazu war ein Nachweis der adligen Abstammung mittels Ahnentafel zu erbringen und das Einschreibegeld, auch Pröven- oder Einkaufsgeld genannt, zu überweisen, woraufhin ein entsprechender Expektanzschein ausgeteilt wurde, was wiederum in Rechnungsbüchern verzeichnet wurde. 58 Die Einschreibegebühren gingen jedoch nicht vollständig in den Klosteretat ein, da den dortigen Provisoren und Küchenmeistern Anteile zustanden.59 Kam es schließlich zum Antritt einer solchen Stelle, wurde dies offenbar gebührend gefeiert, zumindest versuchte man mittels Klosterordnung von 1610 die ausschweifenden Aufnahmerituale in Form der sog. Klosterhochzeiten einzudämmen.60 Des Weiteren war es spätestens im 18. Jahrhundert Usus, in Blech getriebene Wappen der Konventualinnen und die ihrer Eltern 57 Metterhausen: Ein Rechnungsbuch; Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 1, S. 10, 19, 211, 215; ebd., Band 2, S. 111; Wiggers und Wiggers: Geschichte, S. 47; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 14. 58 Das Einschreibegeld betrug bsw. im Jahre 1617 im Kloster Dobbertin einhundert Gulden, 1694 sechzig Rthlr., im 18. Jh. zwischen fünfzig und achtzig, teilweise sogar einige hundert Rthlr., zur Mitte des 19. Jh. achtzig Rthlr. Vgl. Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 268; Kamptz: Geschichte, S. 13; Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 108–109; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 220–221; Alsleben: Einschreibbuch; zum Abstammungsnachweis Kap. 2.2. 59 Von den sechzig Rthlr. Einschreibegeld im Kloster Dobbertin 1694 erhielt der Provisor vier, der Küchenmeister zwei Rthlr. 60 Herzöge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II.: Fürstliche Mecklenburgische; des Weiteren Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 1, S. 18.



Einkommen und Auskommen

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an den Wänden der Klosterkirchen zu platzieren.61 Dort hingen im Übrigen – zumindest ist es für den Chorsaal zu Dobbertin überliefert – auch die Bildnisse der Äbtissinnen und der Klosterhauptmänner, wobei letztere z­ usammen mit den Provisoren die Klosterverwaltung beaufsichtigten und inne­hatten.62 Jedem der drei Klöster standen in der Regel ein Klosterhauptmann und zwei Provisoren vor, wobei erstere bei den Landtagen auf sechs, letztere auf vier Jahre gewählt wurden.63 Auch diese insgesamt neun von männlichen Adelsvertretern besetzten Stellen pflegten – wie Bülow 1780 hinsichtlich des Malteserordens konstatiert – „sehr einträgliche Gefälle abzuwerfen.“64 Darüber hinaus lebten die Klosterhauptmänner in gutshausähnlichen Gebäuden und scheinen auch innerhalb der Klostermauern auf keinen Komfort verzichtet zu haben.65

3.2.2 Krisen – Konflikte – Konkurrenz Die überblickende Darstellung der vier bedeutendsten Tätigkeitsfelder des mecklenburgischen Niederadels lässt die Vermutung zu, dass insbesondere die Bereiche Militär und Agrarwirtschaft eine standesgemäße Lebensführung für viele Angehörige gewährleisten konnten. Im Folgenden sollen daher die einzelnen Sektoren auf mögliche inneradlige Auseinandersetzungen hin untersucht werden, zeigte doch die vergleichsweise geringe Anzahl an Hofchargen und Klosterämtern, dass eben nicht jeder Angehörige des mecklenburgischen Adels, der zeitgleich einige tausend Personen umfasste, daran partizipieren konnte. Der Nachweis inneradliger Konkurrenz in Landsknechtsheeren und stehenden Heeren erweist sich als schwierig. Allenfalls am sog. Raubrittertum zu Beginn der Neuzeit wird in gewisser Weise deutlich, dass dem vorwiegend auf technische und ökonomische Veränderungen zurückgehenden Niedergang des Adels durch Straßenraub, Fehden und Plünderungszüge entgegengewirkt werden sollte. Überfälle auf Handelszüge waren jedoch schon zur Blütezeit des Rittertums im Hochmittelalter nicht unüblich. Auch das Provozieren von Fehden kam nicht erst mit dem Raubrittertum auf, doch wurden wirtschaftliche Erwägungen dabei immer wichtiger. 66 Mecklenburger Adlige waren ebenfalls in kleinere und größere Delikte dieser Art verstrickt, bei denen gelegentlich auch Tote zu beklagen ­waren.67 Die Beteiligten stammten dabei nicht selten aus Geschlechtern, die im Allgemeinen zu den Spitzen 61 Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 4, S. 363. 62 Ebd., S. 370–371; Alsleben: Gemälde. 63 Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 66–68, 110; Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 1, S. 221–129; des Weiteren vgl. etwa die Liste der Dobbertiner Klosterhauptmänner bei Raven: Die Kirche, S. 43–44. 64 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 6. 65 Zum Dobbertiner Klosterhauptmannshaus, erbaut 1751–1756 durch Jobst Hinrich von Bülow, vgl. Alsleben: Donner und Sturm. 66 Vgl. generell Andermann: Raubritter. 67 Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 337–342; Münch: Vollrat von der Lühe 1549.

180 Stand des Adels gerechnet werden, wie die Hahn, Maltzan, Lühe oder Rieben. Beinamen wie „de böse Bernd“ für Bernd von Maltzan auf Wolde oder „Henning Bradenkirl“ für Henning von Holstein auf Ankershagen geben Auskunft über deren Gewaltbereitschaft, für die sie offenbar in der Bevölkerung berüchtigt waren.68 Ähnliche Vorkommnisse begegnen noch gegen Ende des 16. Jahrhunderts.69 Allerdings ist hier nicht gewiss, ob sie als Ausdruck einer militärischen oder nicht vielmehr agrarischen und sozialen Krise angesehen werden dürfen. Eine wirkliche Konkurrenz ist allenfalls für die Zeit der stehenden Heere in Ansätzen nachweisbar, da es einigen Mecklenburgern offenbar nur durch Beziehungen und Geldzahlungen möglich war, entsprechende Chargen zu erhalten.70 Ausführlicher sind hingegen Unstimmigkeiten im agrarischen Sektor dokumentiert. Für den Beginn des 16. Jahrhunderts sind einige Adelsvertreter namentlich bekannt, die Kornanbau und -verkauf im professionellen Stil betrieben wie Hennicke von Holstein auf Ankershagen, Bernd von Maltzan auf Wolde oder Heinrich von Schmeker auf Wüstenfelde. Die erfolgreichsten Agrarunternehmer waren hier zugleich berüchtigte Raubritter, die auf den Landstraßen nicht nur ihre Waren transportierten, sondern diese ebenso für kleinere und größere Raubzüge und Überfälle nutzten.71 Gerade während des Transformationsprozesses vom Ritter zum Junker72 kam es zu zahlreichen handfesten Konflikten insbesondere unter benachbarten Grund- bzw. Gutsbesitzern, da man im Zuge der Hofhufenerweiterung schnell auf die jeweiligen Lehnsgrenzen stieß. Zwar ist bekannt, dass die Gutsnachbarn häufig in Eintracht mit- und nebeneinander lebten,73 doch zeigen hunderte vor Landes- und Reichsgerichten ausgetragene Grenzdispute, dass dies keinesfalls für alle mecklenburgischen Adligen zugetroffen haben kann.74 Dabei erinnern die Auseinandersetzungen des späten 16. Jahrhunderts nicht selten an die Fehden der Raubritterzeit. In den Zeugenaussagen ist mitunter von mehr als einhundert Mann die Rede, die von den jeweiligen Parteien mobilisiert und bewaffnet wurden, um – nicht selten in Abwesenheit der Nachbarn – Baumaterialien, Viehzeug und dergl. gewaltsam in ihren Besitz zu bringen, wobei hier und da auch Todesopfer zu beklagen waren wie bsw. während der Konflikte zwischen den Oertzen und Blankenburg an der Helpter oder den Lützow und Pentz an der Jesower Grenze (um 1580/90).75 Nicht zufällig fallen diese 68 Steinmann: Finanz-, Verwaltungs-, Wirtschafts-, und Regierungspolitik, S. 119, Anm. 94. 69 Jacobs: Grenzstreitigkeiten, S. 46–52. 70 So sollte Stephan Werner von Dewitz, der spätere mecklenburgische Geheimratspräsident, einem preußischen General für eine Stelle im Militär „eine goldene Dose oder ein Paradepferd von 100 Ducaten verehren [...].“ Vgl. Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 415. 71 Vgl. u. a. Steinmann: Finanz-, Verwaltungs-, Wirtschafts-, und Regierungspolitik, S. 119, Anm. 94; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 493, Anm. 2; Münch: Die Moltkes, S. 6. 72 Münch: Junker. 73 Zu diesen nachbarschaftlichen Beziehungen vgl. Kap. 3.3 sowie exemplarisch LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1068, Band 1, Q 53 (Detloff von Rieben und sein „nachbahr“ Fritz von Ihlenfeld, beide auf Galenbeck, 1628). 74 Vgl. als Überblick Stein-Stegemann: Inventar; Jacobs: Grenzstreitigkeiten. 75 Jacobs: Grenzstreitigkeiten, S. 48–52; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 237.



Einkommen und Auskommen

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Grenzstreitigkeiten in das letzte Drittel des 16. Jahrhunderts, einer Zeit, in der der Ausbau der adligen Eigenwirtschaften massiv vorangetrieben worden war und zugleich erste agrarische Krisenerscheinungen auftraten. Bis ins 18. Jahrhundert hinein gab es diverse Grenzstreitigkeiten, die auch weiterhin tödlich enden konnten. 76 In enger Verbindung zu diesen auf den Gütern stattgefundenen inneradligen Auseinandersetzungen standen im Übrigen auch die Konflikte um Jagdgerechtigkeiten, die im weitesten Sinne der mecklenburgischen Adelskultur zuzuschreiben sind.77 Doch nicht nur die Gutsgrenze gehörte zu den herausragenden Reizthemen, die die benachbarten und nicht selten verwandten Familien nahezu regelmäßig aufeinander treffen ließen. Weitaus „ertragreicher“ konnten gerichtliche Auseinandersetzungen um Gutsbesitz ausfallen, wodurch man auf einen Schlag in den Genuss eines im günstigen Falle lukrativen Wirtschaftsbetriebes gelangen konnte. Auch diese Dispute begegnen mehr oder weniger kontinuierlich im gesamten Untersuchungszeitraum, wobei – je nach agrarischer Krisen- und Konjunkturlage – einige Maxima auszumachen sind. So gelten bsw. die ersten beiden Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts, in denen eine erste große Konkurswelle über die noch recht junge Branche hinwegrollte, als eine Zeit, in der gerichtliche Auseinandersetzungen auf der Tagesordnung standen.78 In diesen verzweifelten Kampf um agrarische Besitztümer war ein nicht unwesentlicher Teil des landsässigen Adels verwickelt, wofür die Reichskammergerichtsprozesse und einige öffentlich geäußerte Kritiken sprechen. So nutzte der Schweriner Hofprediger Stindtman während eines gut besuchten niederadligen Begräbnisses im Jahre 1615 die Gelegenheit, die schwarzen Schafe unter den Landadligen anzuklagen, die „nur dahin trachten /wie sie bey der Herdt stett /darauff sie zur Weldt geboren /vnd doch allein selten ererben vnd besitzen können /verbleiben“. Zu den Ursachen meinte er: „die Adeliche vornehme geschlächter vnd Häuser so sich an anzahl Leute teglich mehren /an gütern vnd vnterhaltung auch abzunehmen [...].“79 Eine wachsende Zahl an Adelsgeschlechtern sah sich mit einer zu geringen Zahl an Gutswirtschaften konfrontiert. Hierbei scheint es sich um ein Schlüsselproblem im Verhältnis von mecklenburgischem Adel und mecklenburgischen Rittergütern gehandelt zu haben. Einerseits bestand – ungeachtet der durch Krisen und Konjunkturen begründeten Schwankungen  – eine dauerhafte Nachfrage nach (Guts-)Wirtschaftsbetrieben, andererseits ein begrenztes Angebot an agrarischen Nutzflächen. Es deutet einiges darauf hin, dass durch die erhöhte Getreidenachfrage und das Potential, das sich nordöstlich der Elbe bot, spätestens in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auswärtige Adelsfamilien auf Mecklenburg aufmerksam wurden. Zwar unterschied man bereits gegen Ende des 15. Jahrhunderts zwischen alten und neuen Adelsgeschlechtern,80 doch 76 77 78 79 80

Jacobs: Grenzstreitigkeiten, S. 65. Vgl. als Überblick Stein-Stegemann: Inventar sowie Kap. 3.1.1. Stein-Stegemann: Inventar; des Weiteren Pietsch: Umschlag zu Güstrow. Stindtman: Leichpredigt; zur Rolle der Geistlichen als Adelskritiker vgl. Kap. 3.1.3. Lisch und Anonymus: Extra-Sendschreiben, S. 151.

182 Stand scheinen jene alten Geschlechter nun von einer ersten großen Einwanderungswelle nahezu überrollt worden zu sein, die – zusammen mit dem Aussterben der alten Familien – dazu führte, dass sich deren Zahl im Verlauf der frühen Neuzeit drastisch verringerte.81 Allein im 16. Jahrhundert verschwanden etwa sechzig der rund einhundertsiebzig angestammten Familien; zugleich begegnen etwa fünfunddreißig neue Geschlechternamen. Bis zur Wende des 18. Jahrhunderts sank die Zahl auf ca. sechzig, d. h. nur noch ein Drittel der einstmals „alten Geschlechter“ war noch vorhanden. Da gegen Ende des Untersuchungszeitraumes insgesamt ca. dreihundert Familien begütert waren, sahen sie sich etwa zweihundertvierzig Fremden, Neugeadelten und Unadligen gegenüber, was einem Verhältnis von eins zu vier entsprach.82 In einigen mecklenburgischen Distrikten konnte dies noch drastischer ausfallen. So waren von den 1506 im Stargarder Distrikt ansässigen 38 Geschlechtern 1797 nur noch sechs Familien begütert, nämlich die Dewitz, Genzkow, Hahn, Oertzen, Rieben und Warburg. Seit dem 16. Jahrhundert entbrannte demnach ein Konkurrenzkampf um Grund- und Gutsbesitz, der u. a. zwischen alt- und neumecklenburgischen Geschlechtern, aber auch – wie an anderer Stelle nachgewiesen – innerhalb der Familien stattgefunden hatte.83 Gerade die inneradligen Konflikte wurden von Agrarkrisen und Agrarkonjunkturen maßgeblich beeinflusst, da sich diese unmittelbar im Preis der Güter niederschlugen.84 Die auf eine erneute Agrarkonjunktur zurückzuführende Wertsteigerung an der Wende des 17. Jahrhunderts wurde darüber hinaus von der Umstellung auf die Schlagwirtschaft vorangetrieben, da sie bedeutende Gewinne versprach. Viele Altwie Neumecklenburger spezialisierten sich nun auf den Ankauf von Gütern, die mit der traditionellen Dreifelderwirtschaft betrieben wurden, um sie nach der Umstellung auf die holsteinische Koppelwirtschaft profitabel zu veräußern. Für Geschäftsleute wie die Gebrüder Bassewitz auf Dalwitz und Prebberede ging es demnach weniger um langfristige Investitionen, sondern um kurzfristige Gewinnmaximierungen.85 81 Zu den im Folgenden genannten Zahlen vgl. Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 88–92 (Musterungsliste 1506); LHAS, 2.12-1/26, Hofstaatssachen, Nr. 633 (Namen und Wappen der Vasallen zu Beginn des 17. Jh. im Rittersaal zu Rehna); Pistorius: Das Geschlecht, S. 25–34 (herzogl. Teilungsvertrag 1621); des Weiteren Engel und Hamann: Historischer Atlas; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 335–337, 454–456; Gamm: Verzeichniß, S. 427–458. 82 Zu den in diesem Zeitraum nach Mecklenburg eingewanderten Familien zählen etwa die Bardeleben, Fabian, Hake, Holtzendorff, Kleist, Königsmark, Zieten (aus Brandenburg); Ahlefeld, Pogwisch, Rantzau (Holstein); Grelle, Normann, Schwerin (Pommern); Kalden, Platen (Rügen); Hardenberg, Knesebeck (Braunschweig); Hopfgarten (Schwarzburg); zu den Neugeadelten: die Engel (1662), Wendhausen (1683), Clausenheim, Langermann (Ende 17. Jh.), Ferber (1704), Altrock (1744), Gerskau (1735), Gundlach (1746), Ihlenfeld, Storch (18. Jh.). Vgl. Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 456–457. 83 Kap. 2.3. 84 Vgl. etwa Tessin: Wert und Größe. 85 Gemeint sind Joachim Otto und Henning Friedrich von Bassewitz. Aus ihren Briefen ist einerseits ihre Professionalität beim Güterschacher ersichtlich. Zum anderen offenbaren sie, dass mit der holsteinischen Umstellung eine Wertsteigerung von einhundert Prozent erreicht werden konnte.



Einkommen und Auskommen

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Wie Heuschrecken fielen sie und andere „Investoren“ über erfolgversprechende Rittergüter her. Innerhalb weniger Jahre konnten die Ländereien mehrfach den Besitzer wechseln.86 Die Preise und das Ausmaß des Güterschachers stiegen ins Unermessliche und erst der Siebenjährige Krieg und die damit ausgelöste Finanzkrise brachten die Blase zum Platzen.87 Ernst Friedrich von Engel schrieb dazu: „Wir haben eine Zeit in Mecklenburg gehabt, da die Gütersucht gleich einer epidemischen Krankheit um sich griff. Ein jeder wollte Landwirth werden, er mochte nun Einsicht und Vermögen darzu haben oder nicht.“ Weiter heißt es: „[...] da hier im Lande mit Gütern ein Handel getrieben wird, wie man ihn sonst mit Pferden auf einem öffentlichen Markte treibt. [...]. In ganz Europa wird man kein Land finden, in welchem so viel Thorheiten dieser Art betrieben werden als in Mecklenburg.“88 Auch wenn der inneradlige Güterhandel gerade des 18. Jahrhunderts unerforscht ist, ist zu erkennen, dass der Erwerbszweig Gutswirtschaft im Untersuchungszeitraum ein hart umkämpfter Sektor war. Dies verwundert umso mehr, da es sich zugleich um einen außerordentlich krisengebeutelten Wirtschaftszweig handelte. Zu erwähnen wäre bsw. der ökonomische Niedergang an der Wende des 16. Jahrhunderts. Da die Finanzierung der agrarischen Umstrukturierungen zumeist durch Kredite erfolgte, die etwa bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts insbesondere beim jährlich in Güstrow stattfindenden Umschlag verhandelt wurden, gerieten die Familien – sofern sie keine Rücklagen hatten oder andere Geldgeber fanden – in Zahlungsschwierigkeiten, da die laufenden Einnahmen aus Getreideverkäufen zurückgingen. Es folgten zahlreiche Güterkonkurse, die ca. 1620 einen ersten Höhepunkt erreicht hatten.89 Im 16. und noch zu Beginn des 17. Jahrhunderts war in einem solchen Fall das Einlagerrecht, das obstagium, gebräuchlich, d. h. die Verpflichtung, an einem vereinbarten Ort Quartier zu nehmen, bis eine Schuld bezahlt war.90 Die säumigen Zahler wurden in eine Art lose Haft gebracht. Schuldner und Bürgen – letztere samt Knechten und eingeladenen Gästen – hielten nun so lange in einer Stadt bzw. in städtischen Wirtshäusern Einlager, bis die Rechnung beglichen war, was – da erstere die Kosten zu tragen hatten – zu einer erheblichen Weiterverschuldung führte. In diesem Zusammenhang konnte es auch zu „Carricaturen und Pasquille[n]“, zu Schandgemälden und Schmähschriften, sowie der Beantragung bei der Landesherr-

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Die Güter Walkendorf, Strietfeld und Gottesgabe gäben 1726 nach „Holsteinscher Einrichtung“ 100000 Rthlr., sonst aber nur 50000 Rthlr. Vgl. die Briefe (Wohrenstorff, 17. April 1726, St. Petersburg, 11. bzw. 22. März 1727), in: Bassewitz: Aus dem Leben, S. 209–210, 220. Zum übergeordneten Ziel der Bassewitz-Grafschaft siehe Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 194 (Karte der „Bassewitz-Grafschaft“, 18. Jh.). Vgl. generell LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia bzw. als Überblick die entsprechenden Findbücher. Zu innerfamiliären Güterverkäufen in der Familie Hake vgl. Hake: Geschichte, S. 203– 205 sowie Kap. 2.3.3. Vgl. Körber: Kreditwesen, S. 158; zur Preisentwicklung generell LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia. Engel: Briefwechsel, Band 1, S. XIII–XIV, 20–21. Pietsch: Umschlag zu Güstrow. Schuler: Einlager.

184 Stand schaft kommen, dass der Schuldner der Ehre des Schildes und Helmes verlustig werde. 1607 verlangte die Ritterschaft auf dem Landtag, dass mutwillige Schuldner, auch wenn sie von Adel wären, „als Schelme, mögten in den Schuld=Thurm geworfen“ werden.91 Im schlimmsten Fall erwartete sie der Konkurs und damit der Verlust des Lehens, was zur Auflösung des Lehnsverhältnisses führte.92 Der Dreißigjährige Krieg, der die Schuldentilgung für viele gutsbesitzende Familien unmöglich gemacht hatte, ließ die Kreditblase ein erstes Mal platzen. Wenn auch der Krieg bzw. das Jahr 1648 keine Stunde null bedeuteten, so scheint doch die darauf folgende Konkurswelle eine nahezu radikale Neuordnung der adligen Gutsbesitzverhältnisse bewirkt zu haben, von der auch viele angesehene Geschlechter betroffen waren.93 Ähnliche Entwicklungen waren im Rahmen des Nordischen und – wie erwähnt – des Siebenjährigen Krieges zu verzeichnen, „denn in Kriegs Zeiten gehen die Revenüen weg“.94 Die Erlöse wurden schließlich auch durch von Besatzungstruppen eingeschleppte Viehseuchen gemindert, was bsw. während des Nordischen Krieges im Stargarder Distrikt zu einer drastischen Verringerung der Rinderbestände geführt hatte.95 Viehseuchen waren allerdings ein Charakteristikum der frühneuzeitlichen Gutswirtschaft insgesamt.96 Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang gerade die verheerenden Rinder- und Pferdeseuchen zur Mitte des 18. Jahrhunderts, deren Ausmaß noch dadurch vergrößert wurde, dass zu jener Zeit die Umstellung von der Dreifelder- auf die Koppelwirtschaft vorangetrieben wurde, d. h. eine Aus91 Zum Einlagerrecht in Mecklenburg vgl. u. a. Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 270–272; Mantzel: Selecta Juridica Rostochiensia, Band 2, S. 184; ebd., Band 3, S. 84. 92 Dies konnte bsw. zur Besitzeinweisung (Adjudikation bzw. Immission) oder zum Zwangsverkauf führen. Vgl. Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 166, 188–198, 247–283, 287–288 sowie exemplarisch LHAS, 2.12-4/2, Findbuch Witte, Band 2, S. 407–409 (die Schwerin auf Hohenzieritz, Insolvenz 1665, Immission 1672). 93 Vgl. generell LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Specialia und Generalia; exemplarisch zum Stargarder Distrikt ebd., Generalia, Nr. 10 (1609), Nr. 29 (1651), Nr. 39 (1668). Als Beispiel kann der Fall der Familie Blankenburg herangezogen werden. Hans von Blankenburg lieh sich 1621 von Curt von Bülow zu Potrems, seinem Oheim, 9500 Gulden und von Christoph von Neukirchen 40000 Gulden. Im Jahr 1645 beliefen sich die Schulden auf insgesamt 60990 Gulden; das Gut ging daraufhin an Neukirchens Erben (LHAS, 2.12-4/2, Findbuch Witte, Band 2, S. 401–407). Hier bleibt allerdings drauf hinzuweisen, dass sich die Konkurse unterschiedlich auf die Familien auswirken konnten. So zeigt das Bsp. der Lühe auf Busch-Mühlen und Thelkow, dass sich einem Konkurs eine recht schnelle Erholungsphase anschließen konnte (vgl. Lisch: Begräbnißkosten, S. 27). So mancher Gutsbesitzer (etwa Sievert von Oertzen auf Helpt) hatte den Dreißigjährigen Krieg sogar wohlhabend überstanden (vgl. Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 328). Vgl. des Weiteren Münch: Die Folgen. 94 Henning Friedrich von Bassewitz an seinen Bruder Joachim Otto (St. Petersburg, 11. bzw. 22. April 1727), gedruckt in Bassewitz: Aus dem Leben, S. 224. Die Kreditgeschäfte des Adels erreichten zur Mitte des 18. Jh. einen neuerlichen Höhepunkt. Der Einbruch erfolgte während des Siebenjährigen Krieges, ca. ab 1776 setzte eine Erholungsphase ein. Vgl. Lubinski: Ländliches Kreditwesen; Körber: Kreditwesen, S. 165–208; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 554–561. 95 Mediger: Mecklenburg; Schultz: Meklenburg. 96 Zur Viehseuche bei Henning von Feldberg um 1600 vgl. Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 257.



Einkommen und Auskommen

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weitung der Rindviehhaltung erfolgte, welche wiederum durch Missernten in den Jahren 1697/98 ausgelöst worden zu sein scheint.97 Vorreiter dieser Reform war im Übrigen der mecklenburgische Adlige Joachim Friedrich von der Lühe, der entsprechende Experimente um 1700 auf seinem Gut Panzow durchgeführt hatte.98 Wann eine weitreichende Umstellung erfolgte, ist bislang nicht bekannt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kann jedoch von einer weitgehend flächendeckend betriebenen Schlagwirtschaft gesprochen werden. Gelegentlich ist die Rede von regionalen Unterschieden, etwa dass sie zur Mitte des 18. Jahrhunderts im Schweriner Landesteil im großen Stil praktiziert wurde, während man in Strelitz nach wie vor die Dreifelderwirtschaft favorisierte. Andere wiederum behaupten, dass eine Beschleunigung erst mit dem LGGEV und der sich anschließenden Bonitierung der Rittergüter in den Jahren 1756 bis 1778 erfolgt ist.99 Als nun zur Mitte des 18. Jahrhunderts die Rinderseuche ausbrach, sahen sich einige zumeist der älteren Generation angehörende Gutsbesitzer, die die Umstellung noch nicht vollzogen hatten und mit Argwohn betrachteten, in ihren Zweifeln gegenüber der neuen Wirtschaftsweise bestätigt. Engel berichtet von einem Treffen in Rostock bei der ein „gewisser alter Herr, der mit seiner Wirtschaft nahe an das vorige Seculum gränzte“, meinte: „daß 3 Schläge für Mecklenburg die vorträglichste Art der Wirthschaft sey. Gott selbst, sagte er, zeige 97 Vgl. etwa Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 532, 546; Hake: Geschichte, S. 211–212. 98 Vgl. dazu Mager: Geschichte des Bauerntums, S. 266–270; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 490–493, 503; Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 172; zur Kritik an den mit der Reform verbundenen Maßnahmen (Bauernlegen) vgl. u. a. die Verteidigungsschrift von der Lühes (Lühe und Strube: Gemüßigte). Neben der Rinderhaltung wurde vor allem auch die Schafzucht im Verlaufe des 18. Jh. weiter optimiert, wobei sich gerade Adlige wie der Oberjägermeister Moltke zu Schorssow hervortaten (Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 546–547). 99 Die Geschichte der Umstellung von der Dreifelderwirtschaft auf die Koppelwirtschaft ist – wenn auch einige Beiträge darüber verfasst wurden – weitestgehend unerforscht, sodass sich für alle Thesen mehr oder weniger hinreichende Argumente vorbringen lassen. Gegen die These der Beschleunigung durch den LGGEV spricht bsw., dass während der schweren Kreditkrise 1765 bis 1776 kaum die Investitionen und Unkosten, die für eine Umstellung nötig gewesen wären, aufzutreiben waren. Allerdings ist nicht bekannt, wie kostenintensiv und zeitaufwendig eine solche überhaupt gewesen ist. Andererseits wird die hohe Verschuldung beim Ausbruch der Kreditkrise gerade mit den Investitionen im Rahmen dieser Agrarreform begründet, dass also beim Gros der Güter eine Umstellung auf die Schlagwirtschaft schon vor dem Siebenjährigen Krieg stattgefunden habe. Dann wird wieder behauptet, dass in Mecklenburg-Strelitz die Schlagwirtschaft nur ganz vereinzelt eingeführt worden war, da hier die Rinderpest nicht so arg wütete; angeblich hatte sie 1765 hier immer noch nicht Fuß gefasst. Nugent erwähnt zum Jahr 1766, dass auch in Strelitz etliche Höfe von der Viehseuche betroffen waren. Er nennt konkret: Jasmund zu Rödlin, Genzkow zu Dewitz und Bredow zu Prillwitz. Dies waren allerdings auch die einzigen Höfe, die er in Strelitz besucht hatte (Nugent: Travels, S. 270, 276, 281). Bei den Bredow auf Prillwitz wie bei den Dewitz zu Miltzow wurden beide bzw. mehrere Wirtschaftsweisen kombiniert (Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 418). Auch könnte Preußen als Getreideabsatzmarkt für die Strelitzer eine Rolle gespielt haben. Vgl. Dade: Entstehung, S. 65ff.; Mielck: Die mecklenburgische Bonitierung, S. 11ff.; Körber: Kreditwesen, S. 162–163; Jans: Domäneneinkünfte, S. 70–71; Mager: Geschichte des Bauerntums, S. 268; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 506–507; des Weiteren Bassewitz: Aus dem Leben, S. 209–210, 220.

186 Stand deutlich an, daß er an der Holsteinschen Wirtschaft keinen Gefallen trage, und um solche in Mecklenburg auszurotten, habe er die Pest unters Hornvieh geschickt, die ohne Aufhören fort wüte, und ohne zweifel so lang’ wüten würde, bis die Holländereyen abgeschafft worden.“100 Der Mecklenburgreisende Nugent ging noch einen Schritt weiter, indem er behauptete, die Adligen trügen die Hauptschuld an der Ausbreitung der Seuche, da sie diese nicht hinreichend bekämpften.101 Ungewiss ist bislang, wie sich der LGGEV auf die Finanzverhältnisse des Adels ausgewirkt hat. Auf die genauen Inhalte dieses bedeutenden Landes- und Steuer­ gesetzes kann hier nicht eingegangen werden.102 Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang aber, dass auf seiner Grundlage Ackerboden höher besteuert wurde als Weideland, was sich offenbar auch auf die wirtschaftlichen Aktivitäten des Adels auswirkte.103 So fällt der Zeitpunkt der Umstellung von Dreifelder- auf Koppelwirtschaft, die schließlich eine Erweiterung der Weideflächen vorsah, hier und da in den Zeitraum des LGGEV.104 Es muss jedoch noch geprüft werden, ob das Steuergesetz die Agrarreform beschleunigte. Diejenigen, die die Umstellung noch nicht vollzogen hatten, d. h. noch weitgehend Ackerbau betrieben, scheinen jedoch finanziell höher belastet worden zu sein.105 Des Weiteren gibt es Hinweise darauf, dass der LGGEV gerade die „schwachen Glieder“ der Ritterschaft sehr drückte, weil er, wie es Ernst Friedrich von Engel auf Groß Nieköhr und Drüsewitz meinte, die Unbequemlichkeit mit sich führte, dass eine seit vielen Jahren rückständig gebliebene Kontribution in einem kurzen Zeitraum bezahlt werden musste.106 Die Frage, ob die Ritterschaftler 100 Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 29, 33. 101 Etwa auf dem Jasmundschen Gut Rödlin, wo die Kadaver der toten Tiere den Hunden vorgeworfen und ihre Felle an Gerber verkauft wurden (Nugent: Travels, S. 271, 292–293). Erst um 1780 wurde die sog. Hornviehseuche weitgehend ausgerottet (s. u.). 102 Vgl. Herzöge Mecklenburgs: Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich; Manke und Münch: Verfassung und Lebenswirklichkeit. 103 Aus diesem Grunde standen wohl die meisten der Gutsbesitzer den Vermessern argwöhnisch gegenüber. Als Johann Lotharius Friedrich von Maltzan am 25. November 1755 die Vermessung von Ulrichshusen genehmigte, bat er neben seinem Bruder auch die Herren von Drieberg und von Levetzow um Anwesenheit bei der Vermessung, da – wie er schreibt – sechs Augen mehr sähen als zwei (nach Maltzan: Lebensbilder, S. 274, 276). Es gab sogar Fälle von Denunziationen und Beleidigungen seitens der Gutsbesitzer gegenüber den Taxatoren (LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Generalia, Nr. 972–979). Vgl. als Überblick Mielck: Die mecklenburgische Bonitierung; Hübner: ordentliche Kontribution; Greve: Ruthen sowie zur Steuerproblematik Kap. 4.1. 104 So erwähnt Johann Lotharius Friedrich von Maltzan im September 1754 die neue Einrichtung von Rothenmoor und Dahmen (am 25. November 1755 genehmigte er die Vermessung von Ulrichshusen). Vgl. Maltzan: Lebensbilder, S. 274, 276. 105 Die Dewitz auf Miltzow und Holtzendorf ließen ihre Ländereien zwischen 1744–1750 „kultivieren“. Später schrieb der Cölpiner Vetter Stephan Werner von Dewitz: „Daher kam es ex post, dass diese Güther bei der Bonitirung [...] immer noch über 10 ½ Hufe behielten.“ Vgl. Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 407, 418. Möglicherweise stehen die unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen mit der Abneigung einiger Ritterschaftler, insbesondere der Stargarder, gegenüber dem LGGEV in Verbindung. Vgl. Münch: Von uradlig bis bürgerlich. Zur eingeschränkten Steuerpflicht des Adels vgl. Kap. 4.1. 106 Engel: Briefwechsel, Band 1, S. XV.



Einkommen und Auskommen

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durch den LGGEV auch in wirtschaftlicher Hinsicht einen Sieg einfuhren, kann hier also nicht beantwortet werden.107 Hinzu kam noch eine ganze Reihe kleinerer und größerer alltäglicher Katastrophen, von denen die Gutsherrschaften häufig recht individuell betroffen waren. Hervorzuheben wären bsw. durch Brände hervorgerufene Schäden, die zumeist nur in Einzelfällen nachweisbar sind, deren Ausmaß aber daran ersichtlich wird, dass in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in beiden Herzogtümern Brandkassen eingerichtet wurden.108 Darüber hinaus scheint auch der individuelle Umgang mit den eigenen Untertanen und die Wirtschaftsführung einen wesentlichen Einfluss darauf gehabt zu haben, wie hoch die Einnahmen aus der Gutswirtschaft waren. Gerade im 18. Jahrhundert war es nicht unüblich, ganze Güter zu verpachten, da sich durch die zumeist jährlich ausgezahlten Pensionen das Geschäftsrisiko verringerte.109 Den wirtschaftlichen Druck leiteten die häufig aus dem Adel stammenden Pächter an die Gutsuntertanen weiter, die sich durch gemindertes Arbeitspensum, Diebstähle und Sabotageakte zu helfen wussten.110 Hinweise auf solche Störungen des Verhältnisses zwischen Pächtern bzw. Gutsbesitzern und Untertanen sind für den gutswirtschaftlichen Alltag gelegentlich überliefert. Bsw. beschwerte sich im Jahre 1614 Claus von Peckatel auf Klein Vielen bei der Landesherrschaft, sein entlaufener Knecht hätte einen Schießhund, eine lange Büchse, Vieh, einen Wagenschlitten und andere hölzerne Geräte entwendet. Darüber hinaus soll er eine Komplizin gehabt haben, die ihm Butter und „byer“ in Kannen und Körben nach Penzlin in sein „losament“ geschafft hatte. Peckatel wies in seinem Brief mehrfach darauf hin, dass solche Taten laut Polizeiordnung hoch bestraft werden. Des Weiteren beschuldigte er seinen Knecht, er hätte – als er noch bei Peckatel arbeitete – den Hafer mit einem falschen Strick ausgemessen, täglich Gasterei gehalten und „panketirtt“.111 Dass gerade die Behandlung der Untertanen von individuellen An- und Einsichten bestimmt wurde, wird in dem von Ernst Friedrich von Engel herausgegebenen Briefwechsel angedeutet. Der Briefpartner aus Hannover hatte von einem „in Mecklenburg sehr gemeinen Fehler der Landwirthe“ gehört, „der [...] darin bestehn soll, 107 Obwohl der LGGEV in weiten Teilen als Steuergesetz angesehen werden muss, lassen selbst jüngere Forschungen (Manke und Münch: Verfassung und Lebenswirklichkeit) dieses Thema weitgehend außer Acht. 108 Vgl. Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 620–621; zu Brandkatastrophen auf einzelnen Rittergütern Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 66 (bei den Bülow zu Zabel, 1683); LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1125, Q 15 (bei den Sala zu Bellin, 1695); Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 442 (bei den Oertzen zu Kotelow, um 1730). 109 Siehe auch das eingangs angeführte Zitat. 110 So heißt es bsw. 1692 in einer Bernstorffschen Familienchronik (nach Bernstorff: Beitrag zu seiner Geschichte, S. 18), „daß Verwalter meist Verwüster seien, daher man das Seinige selbst zu administrieren wohl Ursache habe [...].“ Zur Verpachtung der Güter vgl. exemplarisch LHAS, 2.12-4/2, Findbuch Witte, Band 2, S. 411 (das Behrsche Gut Hohenzieritz, um 1680) und Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 418 (das Dewitzsche Cölpin, jährliche Pachtgelder seit 1750: 2250 Rthlr., bis 1789 angestiegen auf 5800 Rthlr.). 111 LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Specialia, Klein Vielen (1615).

188 Stand daß sie ihren Bauren und Unterthanen gar zu viele Vortheile einräumen, wodurch sie sich selber benachtheiligen.“ Engel antwortete: „Zwar kanns wohl seyn, daß ein und andrer darinn verfällt und sich dadurch wirklich benachtheiligt; daß er aber allgemein seyn sollte ist so weit entfernt, daß man vielmehr das Gegentheil behaupten kann.“ Man verfahre vielmehr an den meisten Orten zu hart gegen die Untertanen. Es wäre schwierig den optimalen Mittelweg zu finden. Wenn der Untertan schlecht behandelt wird, kann er sich wehren, indem er der Arbeit gleichgültig gegenübersteht; sollte er sogar überbeansprucht werden, wäre er nur eine halbe Arbeitskraft.112 Zu weiteren Kriterien, die maßgeblich die Einnahmen aus dem agrarischen Sektor beeinflussten, zählten u. a. die Professionalität der Buchführung, wirtschaftliche Weitsicht und Flexibilität – gerade in Krisenzeiten – oder der Grad der auf den Rittergütern ausgelebten Adelskultur.113 Darüber hinaus waren nicht nur den Besitzern, sondern auch den Gütern Eigentümlichkeiten zuzuschreiben, etwa bezüglich ihrer Größe, Ausstattung, Bodengüte und Lage, die sich auf den Erlös auswirkten.114 Summa summarum lassen die hier genannten Unstimmigkeiten die Vermutung zu, dass der agrarische Sektor alles andere als krisenresistent war. Die Finanzierung des „niedlichen“ Landlebens auf der Basis gutswirtschaftlicher Unternehmungen war demnach weit schwieriger, als es mitunter von Zeitgenossen propagiert worden war.115 Mit ähnlichen Problemen sahen sich auch die mecklenburgischen Adligen im Bereich der Hofchargen konfrontiert. Wie bereits dargestellt, partizipierte von den innerhalb der Grenzen zur Verfügung stehenden Positionen nur ein verschwindend geringer Teil der hier ansässigen Aristokratie. Für das Ende des 18. Jahrhunderts kann die Zahl der von Mecklenburgern faktisch besetzten Hofchargen auf einundsiebzig beziffert werden. Angenommen, dass jeder der circa 700 adligen Gutsbesitzer eine vierköpfige Familie unterhielt, hätten gerade mal 2,5 Prozent von geschätzten 2800 Angehörigen des Adelsstandes versorgt werden können. Für die wenigen zur Verfügung stehenden Chargen waren schlichtweg zu viele Familien im Land.116 Allerdings muss in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass die Besetzung jener Positionen im Ermessen der Landesherrschaft lag. Gerade in den konfliktreicheren Zeiten zwischen mecklenburgischen Fürsten und Ritterschaft scheinen weniger bis gar keine Landeskinder, sondern wohlgesonnene, auswärtige Adlige wie 112 Vgl. Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 104, 109–110; des Weiteren das Urteil des Freiherrn vom Stein (Hubatsch: Karl Freiherr, S. 533–534). 113 Vgl. etwa Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 327–328 (Oertzen auf Helpt, Mitte 17. Jh.); Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 423 (Oertzen auf Barsdorf, 1793); Bassewitz: Aus dem Leben, S. 221, 224 (Bassewitz auf Prebberede und Dalwitz, 1727); des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 559, 562. 114 Zu diesen und weiteren Unterschieden vgl. etwa Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 346– 348; Meerheimb: Fünf Schwestern, S. 5; Münch: Die Folgen, S. 276, 278; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 209–211; Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 9, 22. 115 Vgl. das eingangs angeführte Zitat. 116 Dies bemerkte auch der Mecklenburgreisende Thomas Nugent (Nugent: Travels, S. 252).



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auch Bürgerliche berücksichtigt worden zu sein. Mit jenem Problem sah sich der einheimische Adel offenbar spätestens seit der Wende des 16. Jahrhunderts konfrontiert, was schließlich während des sog. Ständekampfes seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in besonderer Weise zutage treten und sich erst mit dem LGGEV von 1755 entspannen sollte.117 Darüber hinaus handhabten die Herzöge der einzelnen Landesteile dies bisweilen recht individuell. Während sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts der Güstrower Hofadel vornehmlich aus mecklenburgischen Aristokraten rekrutierte, sank ihre Zahl im benachbarten Mecklenburg-Schwerin seit Regierungsantritt des Herzogs Christian Ludwig, weshalb einige ehemals Schweriner Hofbedienstete nach Güstrow übersiedelten.118 Sollte tatsächlich eine Vakanz im Bereich der Hofchargen vorliegen, sprach sich dies in den Reihen des mecklenburgischen Adels relativ schnell herum, wobei über die Neubesetzung nicht zuletzt persönliche Beziehungen und die Bereitschaft zu Rekognitionszahlungen entschieden. 119 Geldzahlungen waren offenbar nicht nur Voraussetzung, um in eine der begehrten, aber nicht selten schlecht oder gar nicht vergüteten Chargen eingewiesen zu werden, sondern auch, um sie längerfristig bekleiden zu dürfen.120 Es gibt sogar Hinweise darauf, dass sich mecklenburgische wie auswärtige Landesherren gerade mit solchen Bediensteten umgaben, die über ein beachtliches ökonomisches Kapital verfügten. So schreibt Henning Friedrich von Bassewitz am 25. November 1740 an den Geheimen Rat Vieregge: „Aber mein Hertzen Brüderchen die grossen Herrn haben fast durchgehends ein gar zu eigenes Concept von Uns armen Particulieren, Sie wollen Diener haben, die anstatt zu profitiren das Ihrige zusetzen sollen.“ Am selben Tag beschwert er sich bei Graf Gotter: „Aber es ist leyder bey denen meisten grossen Höfen so beschaffen, daß mehr auf Reichthum als Merites gesehen wird [...].“121 Trugen demnach die Hofchargen in erster Linie dazu bei, das ökonomische Kapital der Mecklenburger zu mindern, anstatt es zu mehren? 117 Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 70; Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 294; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 69; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 83–84; des Weiteren Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 79–82; Rosen: Hans Behr sowie zu den Auseinandersetzungen zwischen Landesherren und Landadel Kap. 4.1. 118 Joost: Zwischen Hoffnung, S. 183–184. 119 So erklärte sich der 1688 in Paris weilende Herzog Christian Louis bereit, Levin Hans von Pentz den Titel für das Wittenburger Amt zu vergeben, „jedoch muß er Vns dafür was geben vnd eine Recognition abstatten.“ In einem Brief schrieb Henning Friedrich von Bassewitz (Prebberede, 25. November 1740) an den Grafen Gotter bezüglich seines Sohnes, „daß er in der Schwerinschen Justitz Cantzley die neulich vacant gewordene Justitz Rath Stelle haben soll, welche doch jährlich 600 Rthlr. einträget [...].“ Vgl. Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 173; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 238. 120 Vgl. allgemein Stollberg-Rilinger: Nur ein bloßes „Gedankending“, S. 14; zur Anstellung des Stephan Werner von Dewitz bei Herzog Carl in Mirow „auf Zehrung“, d. h. ohne Besoldung Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 415 („[...] wie man zu sagen pfleget, par honneur diente, nichts wie bouche au cour und freies Quartier hatte. Unter solchen Umständen musste ich recht kümmerlich und sparsam haushalten [...].“). 121 Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 237–240 (Briefe, Prebberede, 25. November 1740).

190 Stand Hinzu kommt, dass sie im Ausland selbst als Auswärtige angesehen wurden, was wiederum die Konkurrenz mit dem dort ansässigen einheimischen wie mit anderen fremden Adelsvertretern nach sich zog. Dass die mecklenburgischen Adligen an den europäischen Fürstenhöfen keinesfalls bevorzugt behandelt wurden, verdeutlicht ein Brief Henning Friedrich von Bassewitz’ an den Hofmarschall Plessen im Jahre 1739: „[...] Ihro K. H. Höchstseel. Andenkens [hat] fast gar keine junge Mecklenburger bey Vacantzen im Regiment employiret, sondern beständig von Ihren dasigen Leuten, so nicht einmal von Adel gewesen, die Plätze besetzet haben.“ 122 Gleichfalls bleibt zu erwähnen, dass neben den Finanzen auch Gunst und Missgunst eine nicht unwesentliche Rolle spielten, die über Erhalt und dauerhaften Besitz einer Anstellung entschieden.123 Exemplarisch sei auf den Fall des Christian von Pentz verwiesen. Nachdem sein Vater, Markward von Pentz, Anfang des 17. Jahrhunderts unter dem Dänenkönig Christian IV. einen fulminanten Aufstieg erfahren hatte,124 genoss auch sein Sohn unter König Christian hohes Ansehen, was sich u. a. in der Mitgliedschaft im Elephantenorden ausdrückte. 1648 stand der Thronwechsel an. Unter Friedrich III. verlor er die königliche Gunst und wurde von seinem Posten als Befehlshaber der Festung Glückstadt und als Amtmann zu Steinburg ab- und nach Flensburg versetzt und damit – wie der Geheime Rat Ditlev von Ahlefeldt berichtet – „also von Pferde auffen Esel gesetzet“. Daraufhin – so Ahlefeldt – „wurdt er völlig närrisch undt seyneß Verstandeß derogestaldt beraubet, daß ich ihn auch selber gesehen habe, daß er eine junge todte Katze am Halse hangen hatte, sich einbildendt, daß es der Elephanten=Orden wehre, undt wir Mühe hatten, ihm selbige vom Halse zu bringen [...].“125 Ähnlich erging es Andreas Gottlieb Bernstorff, der zunächst die Gunst des mecklenburgischen Herzogs Christian Louis – angeblich wegen einer Affäre mit der Herzogin – verlor und später in London in Misskredit geriet.126 Darüber hinaus scheinen gerade ritterliche Ordensgemeinschaften wie der Elephanten-, der Dannebrog- oder der Johanniterorden, in denen zahlreiche Mecklenburger besonders im 18. Jahrhundert vertreten waren, weniger dem ökonomischen als vielmehr dem sozialen Kapital dienlich gewesen zu sein. Die meisten – so schreibt Bülow – „tragen zwar nicht viel ein, sind aber von ungemeiner Würde, indem solche Orden die größten Monarchen und Fürsten tragen.“127 Es wurde schon darauf hingewiesen, dass solche Mitgliedschaften Voraussetzung für einige wenige einträgliche 122 Henning Friedrich von Bassewitz an Hofmarschall Plessen (o. O., 28. Juni 1739, gedruckt in: Bassewitz: Aus dem Leben, S. 235–237, hier S. 236). Bassewitz bezieht sich auf seinen ehemaligen Dienstherrn, Karl Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorf, der am 18. Juni 1739 verstorben war. 123 Vgl. als Überblick Kaiser und Pečar: Der zweite Mann; Hirschbiegel und Paravicini: Der Fall des Günstlings; zu Favoriten an mecklenburgischen Fürstenhöfen Kap. 4.1.1. 124 U. a. wegen seiner erfolgreichen Teilnahme am Kalmarischen Kriege zwischen Dänemark und Schweden (1611). 125 Zitiert nach Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 308. 126 Ballschmieter: Andreas Gottlieb, S. 7. 127 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 6–7.



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Positionen in den Landesklöstern waren. Zeitgleich kamen – zumindest im späteren Untersuchungszeitraum – neun mecklenburgische männliche Adlige in den Genuss, das Amt des Klosterhauptmanns bzw. Provisors zu bekleiden. Weitaus höher fällt dagegen der Anteil der Stiftsdamen aus, die durch o. g. Jahresgelder ihren Lebensunterhalt zu bestreiten suchten. Die Auseinandersetzung um die – je nach Betrachtungszeitpunkt – ca. fünfzig bis zweihundert Konventualinnenplätze scheint spätestens mit der Klosterüberweisung im 16. Jahrhundert eingesetzt zu haben. Drehte sie sich seither und bis weit in das 19. Jahrhundert vornehmlich um den Ausschluss bürgerlicher Anwärterinnen,128 sollte etwa seit Mitte des 17. Jahrhunderts mit den auswärtigen Adelsfamilien eine weitere konkurrierende Partei hinzukommen, die den angestammten Geschlechtern die Konventualinnenplätze streitig machte.129 Glaubt man den Aussagen des Landrats Bassewitz beim Landtag von 1694, waren die Einschreibelisten spätestens 1689 restlos ausgefüllt, was seiner Meinung nach darauf zurückzuführen war, dass „mehr als vor diesem im Lande auf die Klosterstellen gedrungen“ werde.130 Der alte Adel reagierte in entsprechender Weise.131 Hervorzuheben bleibt an dieser Stelle, dass die inneradlige Konkurrenz um Konventualinnenplätze offenbar nicht allein den fremden, sondern auch den einheimischen, angestammten Adel betraf. So echauffierte sich beim Landtag des Jahres 1669 ein Angehöriger der im Güstrower Landesteil ansässigen Adelsfamilie Glöden, dass die Ritterschaft des Schweriner Herzogtums bei der zurückliegenden Verteilung der Konventualinnenstellen bevorzugt behandelt worden wäre. Die Schweriner hätten dreiundzwanzig, die Güstrower aber nur sieben Plätze bekommen.132 Nach der Landesteilung von 1701 sahen sich schließlich die Strelitzer bzw. Stargarder (ehemals zum Güstrower Landesteil zugehörigen) Altadligen benachteiligt, die bereits einhundert Jahre zuvor ihrem Unmut darüber Luft gemacht hatten, dass sich die Landesherren nur gelegentlich in die Stargarder „Wildnis“ verirrten.133 Da hier ohnehin keine (Gesamt-)Landtage stattfanden,134 sollte sie mit der neuerlichen Landesteilung eine zusätzliche Repressalie erwarten, da keines der drei Landesklöster in ihrem Herzogtum gelegen war. In entsprechender Weise wurden Stargarder bzw. Strelitzer Jungfrauen bei der Verteilung der Konventualinnenstellen nicht berücksichtigt. Die Auseinandersetzung führte schließlich dazu, dass 1711 seitens der Stargarder eine Appellationslibelle an den Reichshofrat mit dem Ziel der Auflösung der Union und damit der Abtrennung

128 Vgl. etwa Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 100, 112–131; Lisch und Anonymus: Extra-Sendschreiben; Heitz: Die „nicht adelichen Eingesessenen von der Ritterschaft“. 129 Im Folgenden Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 95–105 (Beilage 18) und S. 131–162 (Beilage 21). 130 Zitiert nach ebd., S. 106; zu den frühen Auseinandersetzungen (1664) wegen der Ansprüche Fremder an mecklenburgischen Klosterstellen ebd., S. 95. 131 Kap. 2.1.3. 132 Vgl. Viereck: Die Rechtsverhältnisse, S. 106 sowie Abb. 2. 133 Kap. 3.1.3 sowie Landeszentrale für politische Bildung: Historischer, S. 65 (Karte 15); Abb. 2. 134 Kap. 4.2.

192 Stand ihres Gebietes von den beiden anderen Kreisen erging.135 Ungeachtet dieser zwischen den Kreisritterschaften geführten Konflikte scheint man nachweislich im Jahre 1715 in Erwägung gezogen zu haben, nichtbegüterte altadlige Familien bzw. einzelne Linien von der Einweisung in die Landesklöster auszuschließen.136 Längst hatte die Auseinandersetzung um die wenigen landesklösterlichen Konventualinnenstellen den Kern der Ritterschaft erreicht.

3.2.3 Reaktionen und Folgen Für die angestammten Familien bestand Handlungsbedarf. Zu den bedeutendsten Maßnahmen, die dem Erhalt und der Sicherung ökonomischen Kapitals dienen sollten, zählte die politisch-juristische Abspaltung jener altmecklenburgischen Adelsgeschlechter von neuadligen und bürgerlichen Ritterschaftlern, was in gewisser Weise zu einem Zusammenrücken der alten Geschlechter führte.137 Nachdem der Begriff der sog. „Alteingeborenen“ bereits um 1700 gebräuchlich war,138 wurde während der zwischen dem Schweriner Herzog Friedrich Wilhelm und den Ständen zu Rehna und Wedendorf 1706 abgehaltenen Konferenzen die Forderung laut, niemanden zu Landtagen zuzulassen, der nicht zum eingebornen Adel gehöre oder nicht in dieses Corps rezipiert sei, woran offenbar Andreas Gottlieb von Bernstorff und Christian Siegfried von Plessen, laut Johann Erhard Kappius die Zierden des mecklenburgischen Adels, maßgeblich beteiligt waren.139 Beim Rostocker Konvent am 26. November 1706 war schließlich die Rede von einem ritterschaftlichen „Attestum, was 1) in Mecklenburg der Ritterliche Stand sei; 2) ob die Knuthsche Familie sich mit darunter befinde, und 3) ob auch Fremde in das Ritterschaftliche Corpus aufgenommen werden und Güter acqirieren können.“140 Der Auslöser scheint ein konkreter Fall, nämlich der der Familie Knuth gewesen zu sein.141 Etwa seit dem Jahr 1706 kann daher von der politisch-rechtlichen Institutionalisierung der „Alteingeborenen“ gesprochen werden, weshalb auch die genealogischen Sammlungen, die zumeist auf altmecklenburgische Adlige zurückgehen, entsprechende Differenzierungen aufwei-

135 Viereck: Die Rechtsverhältnisse, S. 106–107. 136 So der Ribnitzer Provisor von der Lühe wegen der Tochter eines in dänischen Diensten stehenden Obristen Lützow (ebd., S. 97–98). 137 Lisch begründete dieses „Zusammenrücken“ in einem Gutachten Mitte des 19. Jh. mit den Auseinandersetzungen zwischen den Schweriner Herzögen Friedrich Wilhelm und Carl Leopold. Heitz und Münch widersprechen dieser These – m. E. zu Recht (Lisch und Anonymus: ExtraSendschreiben, S. 219–220; Heitz und Münch: Friedrich Lisch, S. 44). 138 Nachweislich beim Landtag 1702 (Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 95–96). 139 Vgl. Lisch und Anonymus: Extra-Sendschreiben, besonders S. 174–183; Kappius: Abhandlung, S. II sowie Opitz: Die Bernstorffs, S. 14; Naumann: Die Plessen, S. 128–129. 140 Gedruckt bei Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 131–132. 141 U. a. gesessen zu Ludorf (Abb. 25).



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sen.142 Zum alten Adel gehörten nunmehr diejenigen Adligen, deren Vorfahren die Landständische Union 1523 unterschrieben hatten.143 Legt man allein die sog. Große Union von 1523 zugrunde, gehörten dazu die direkten Nachkommen von dreiundzwanzig Unterzeichnern aus den Adelsfamilien Pentz, Finecke, Helpt, Lühe, Schöneich, Quitzow, Levetzow, Oldenburg, Bassewitz, Lützow, Rohr, Halberstadt, Preen, Barfuß, Blücher, Viereck, Flotow, Maltzan, Oertzen, Hahn, Bülow, Moltke und Wangelin.144 Als nun zu Beginn des 18. Jahrhunderts die o. g. Regelung in Kraft trat, mussten die Anwärter nicht nur denselben Familiennamen führen, sondern darüber hinaus ihre direkte Nachkommenschaft beweisen. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Richtlinie insofern gelockert, dass nun auch die Verbindung zu Anwesenden bei der Klosterüberweisung 1572 und Güterbesitzenden im 16. und schließlich 17. Jahrhundert zu den Voraussetzungen gehörten, um in den alten Adel aufgenommen zu werden.145 Entsprechende Agnitionen und Rezeptionen wurden etwa seit 1720 insbesondere im Rahmen der Landtage praktiziert.146 Schließlich bestand auch die Möglichkeit, das Indigenat durch Kauf zu erwerben, wofür im 18. Jahrhundert Gebühren zwischen 2000 bis 8000 Rthlr. anfielen. Wie das Beispiel der Berg aus dem Hause Neukirchen zeigt, waren dazu allerdings nicht alle Familien bereit. Im Übrigen scheint man etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmend flexibler mit den ebenfalls notwendigen Adelsbeweisen umgegangen zu sein. So mussten offenbar ab 1771 diejenigen, die keine sechzehn Ahnen vorweisen konnten, 8000 Rthlr. und damit doppelt so viel bezahlen, wie „wahre“ Aristokraten.147 Ca. ab 1798 reichte die 100jährige Ansässigkeit.148 Gelegentlich wurde man auch wegen patriotischer Gesinnung oder bestehender verwandtschaftlicher Beziehungen zu bedeutenden angestammten Aristokratengeschlechtern in die exklusive Kaste der Altadligen aufgenommen.149 Trotzdem scheint man sich hier und da schwer getan zu haben, gleich ganze Geschlechter in den alten Adel aufsteigen zulassen. Der Nachweis der direkten Nachkommenschaft wurde nach wie vor von den einzelnen Linien verlangt. 150 Glaubt man der Pentz-Hoinckhusenschen genealogischen Sammlung, gab es um 1775 drei142 Etwa Christoph Otto von Gamm (LHAS, Dienstbibliothek, Sign. 32167, 1–2, 2 Bde., Ms, o. O. 1780) und Matthias Hans von Behr (Behr: Rerum Meclenburgicarum, Sp. 1559–1691). Siehe auch Kap. 2.2. 143 Karge: Geschichte Mecklenburgs, S. 59. Wohl nicht zuletzt deshalb beabsichtigte der Adelsgenealoge Claus Josias von Behr die Union von 1523 in seiner für den Druck vorgesehenen genealogischen Sammlung zu publizieren (LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr). 144 Union der Landstände. 145 Die Bredow konnten offenbar allein ihre Ansässigkeit im 15. Jh. nachweisen, weshalb ihr die „gerechtigkeitsliebende“ Ritterschaft durch Aufnahme in den Kreis der Altmecklenburger ein immerwährendes Denkmal setzte. Vgl. Gamm: Verzeichniß, S. 462–463; UBRSS, Familien­ papiere von Bredow, Blatt 3, Extract aus dem Landtagsprotokoll, Malchin 1764. 146 Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 1, S. 196; Krause: Verzeichnis, S. 9. 147 Krause: Verzeichnis, u. a. S. 6; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 80, 264. 148 Krause: Verzeichnis, S. 12. 149 Vgl. Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 220–221 (1742, Familie Mecklenburg). 150 Zu einigen Bsp. vgl. Krause: Verzeichnis, S. 8, 13, 16.

194 Stand undneunzig florierende altmecklenburgische Geschlechter, von denen einundachtzig im Land begütert waren.151 Die Zugehörigkeit zur altmecklenburgischen Adelsgesellschaft sollte fortan darüber bestimmen, welche Familien von der Einweisung in die begehrten Konventualinnenstellen partizipierten. Dazu sei zunächst angemerkt, dass die Klosterdamen in spe in entsprechende Anwärterinnenregister eingetragen werden mussten, die wegen der hohen Nachfrage jedoch eher als Wartelisten angesehen werden können.152 Offenbar ebenfalls im Zuge der Rehnaer Verhandlungen bzw. einer Revision der Klosterverhältnisse 1706 wurde beschlossen, dass die Eltern einen Eintrag unmittelbar nach der Geburt des Kindes vorzunehmen hatten, zu dem Stammtafeln vorgelegt werden mussten, die die Reinheit des Adels und schließlich auch die altmecklenburgische Abstammung beweisen sollten. Die Einschreibung war auch in dem Fall ratsam, wenn die Stelle später womöglich nicht angetreten werden sollte; es wird sich daher bei vielen um eine Proforma-Maßnahme gehandelt haben, auf die, wenn nötig, zurückgegriffen werden konnte.153 Etwa zu dieser Zeit scheint die Einschränkung erfolgt zu sein, dass zwei Töchter einer Familie nicht zugleich in einem Kloster eingeschrieben sein durften.154 Das Verfahren, wonach die älteste Tochter in Dobbertin, die zweite in Malchow, die dritte in Ribnitz und die vierte wiederum in Dobbertin usw. eingezeichnet wurden, geht daher möglicherweise ebenfalls auf das beginnende 18. Jahrhundert zurück.155 Weitere Regulierungen erfolgten  – so weit bisher bekannt  – insbesondere bei den Landtagen 1714 bzw. 1723, bei denen festgelegt wurde, dass die Klosterstellen ausschließlich auf Familienmitglieder des einheimischen Adels zu übertragen seien. In diesem Zusammenhang wurde augenscheinlich von Alteingeborenen behauptet, dass die Klöster vom einheimischen alten Adel aquiriert, gestiftet und benefiziert wurden, was im Übrigen noch während der Auseinandersetzungen um Konventualinnenstellen im 19. Jahrhundert gerne als Argument angeführt wurde. Die bereits eingeschriebenen nicht zum Altadel gehörenden Familienmitglieder sollten aus den Listen gestrichen und ihnen das Einschreibegeld mit Zinsen zurückgezahlt werden.156 Insgesamt zielten diese Bestimmungen demnach 151 Dagegen waren 86 begüterte Adelsgeschlechter nicht im Besitz des Indigenats (Gamm: Verzeichniß, S. 459–464). 152 Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 106. 153 Exemplarisch: Auguste Gottliebe von Oertzen (1706), Wilhelmine von Ketelhodt (1736), Luise Anna Sophie von Oertzen (1747). Vgl. Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 401, 425; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 97–98; Oertzen: Das Einschreibebuch; zur Klosterrevision 1706 Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 402 sowie zu den vorzulegenden Ahnentafeln Alsleben: Einschreibbuch; Kap. 2.2. 154 Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 107. 155 Lützow: Dobbertin, S. 74. 156 Vgl. Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 97; Martens: Das Verhältnis, S. 15; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 199, 201–203; Lisch und Anonymus: Extra-Sendschreiben, besonders S. 174– 183. In den Ribnitzer Klosterlisten begegnet für das Jahr 1723 folgende Notiz (nach Lützow: Dobbertin, S. 74): „Zur Nachricht wird hiermit angezeigt, daß auf dem letzten Landtage zu Sternberg a. c. (1723) eine Landesconclusion gemacht worden: daß wer ein Fräulein in den



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nicht allein darauf ab, den alten vom neuen Adel und von Bürgerlichen zu trennen, sie sollten ebenso die unter Altmecklenburgern bestehende Konkurrenz regulieren. Die o. g. Halbierungen bzw. Viertelungen der Hebungen, die ebenfalls als steuernde Maßnahmen angesehen werden können, sind m. E. ein Zeichen dafür, dass auch weiterhin der Andrang in den (ständisch-ritterschaftlichen) mecklenburgischen Landesklöstern außerordentlich groß gewesen ist. Noch im 19. Jahrhundert wurde nach diesem Prozedere verfahren.157 Neben dieser mehr oder weniger legitimen juristisch-politischen Abschottung bedienten sich die Alteingeborenen einiger eher als unkonventionell zu bezeichnenden Vorgehensweisen, um sich der neuadligen und bürgerlichen Konkurrenz zu entledigen. So lag es bsw. im Ermessen eines kleinen Personenkreises, wer tatsächlich – unabhängig von der „Alteingeborenen“-Regelung und den Einschreibelisten – das Privileg einer Klostereinweisung genießen durfte. Angehörige fremder Familien, die eine entsprechende Registrierung zunächst erreicht hatten, wurden schon im Vorfeld der Maßnahmen von 1706 einfach übergangen bzw. die Töchter von Altadligen im Nachhinein auf die vorderen Listenplätze gelegt, was auf die Initiative der Klosterhauptmänner, der sog. Klosterrevisionskommitten sowie des Engeren Ausschusses und demnach auf die angestammten Adelsfamilien zurückzuführen war.158 Der Engere Ausschuss spielte im Übrigen eine Sonderrolle im Rahmen der Trennung von „echten“ und „unechten“ mecklenburgischen Aristokraten, da er u. a. für die Prüfung und Überwachung der Vasallengenealogien zuständig war.159 Da gerade die von den Lehnsbesitzern an den Engeren Ausschuss übersandten Berichte über Verwandtschaftskonstellationen gelegentlich Unstimmigkeiten aufwiesen,160 sollte die Fehlerquote offenbar durch zusätzliches historisch-genealogisches Datenmaterial – etwa in Form von angekauften Adelsbibliotheken und der Behrschen genealogischen Sammlung – minimiert werden.161 Darüber hinaus versuchten einige Altadlige mit StreitKlöstern Dobbertin, Ribnitz und Malchow einschreiben lassen wolle, beweislich beizubringen habe, daß des Fräulein Vater ein alter Mecklenb. von Adel und ihrer Mutter Eltern von Adel seyend oder von ihrer Kaiserlichen Majestät geadelt sein müsse.“ 157 Kamptz: Geschichte, S. 13. 158 Zu einer entsprechenden Beschwerde aus dem Jahre 1705 vgl. Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 107; zu den altadligen Gremien Kap. 4.2. 159 Vgl. Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 1, S. 204. Über die Abstammung wurden seitens des Ausschusses Atteste ausgestellt, was im Übrigen auch von den Ritterschaften anderer Territorien durchgeführt wurde. Vgl. LHAS, Landständisches Archiv, Nr. 3.11.111 1–4 (Acta die bei dem Engeren Ausschuss von der mecklenburgischen Ritterschaft nachgesuchten Atteste über Abstammung p.p. mecklenburgische adelicher Familien betreffend). Zu einem solchen Attest (Herkunft der Familie Kamptz) vgl. Kamptz: Die Familie, Urkunden, S. 79–80; des Weiteren Klocke: ­Justus Möser, S. 8. 160 Kap. 2.2. 161 Der Grundstock der berühmten Bibliothek des Engeren Ausschusses bzw. der Mecklenburgischen Landstände geht zurück auf die Buchbestände des Adolph von Bassewitz zu Neuhof (1740). Ergänzt wurde sie durch die Bibliothek des Landrats Negendanck auf Zierow (1749), die Behrsche Adelsgenealogie und die „Mecklenburgica“ des Staatsminister Kamptz (1806). Zu den Beständen der Landständischen Bibliothek (Johannisbibliothek) gehörten darüber hinaus zahl-

196 Stand schriften und (pseudo-)wissenschaftlichen Werken wie etwa dem aus der Feder des Claus Josias von Behr stammenden Manuskript „Gedanken oder sentiment von den Klöstern in Mecklenburg und gegen die Reception der Ausländer darinnen“ oder der Abhandlung Albrecht Adolf Wilhelm von Flotows „Ueber die Rechte des eingeborenen und recipierten Adels in Mecklenburg“, die aus einem beim Landtag gehaltenen Vortrag hervorgegangen war, die Privilegien der „wahren“ Mecklenburger zu sichern.162 Gerade solche Schriften wurden mit Vorliebe vom Engeren Ausschuss angekauft, was sich schließlich auch im Umfang seiner Bibliothek und seines Archivs widerspiegelte.163 Auf diese Weise konnten die dem Ausschuss angehörenden altmecklenburgischen Adligen, die auch während der Landtage eine Schlüsselposition einnahmen, im Bedarfsfall auf weitgehend zuverlässige Vasallengenealogien zurückgreifen. Alles in allem scheinen sich die Maßnahmen des altmecklenburgischen Netzwerkes als praktikabel erwiesen zu haben. Schließlich sollten gerade die Klostereinschreibelisten bis zum Ende der Landständischen Verfassung (1918) nahezu vollständig die Namen von Angehörigen alter Geschlechter aufweisen.164 Angesichts tausender zu versorgender Töchter ist es allerdings fraglich, ob dadurch auch das Überleben der alten Familien gesichert wurde. Viele scheinen daher die Alternative Gutswirtschaft favorisiert zu haben. Die potentiellen, nach Möglichkeit dem alten Adel angehörenden Gatten hatten jedoch mitunter arge Probleme, selbst in den Genuss eines mecklenburgischen Landgutes zu kommen. Fremdadel und Bürgertum konnten nicht vom Gutsbesitz ausgeschlossen werden. Auch die Krisen im agrarischen Bereich versuchte man auf unterschiedliche Weise einzudämmen. Für die Viehseuchen wurden im 16. und 17. Jahrhundert gelegentlich Untertanen verantwortlich gemacht, die die Gutsherren kurzerhand der Hexerei bezichtigten. So ließ Henning von Feldberg auf Helpt um 1600 etliche „Zöbersche“ verbrennen, weil sie angeblich sechs Mal sein Vieh getötet hatten. Seiner Aussage zureiche Bücher und Manuskripte (mehr als 50) aus der Feder mecklenburgischer Adliger (Anonymus: Mecklenburgsche; Anonymus: Bibliothek der Mecklenburgischen; LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr). Des Weiteren wurde offenbar bei den Landtagen 1763 und 1764 die Anlage eines alphabetischen Verzeichnisses beschlossen. Dieses sollte folgende Angaben enthalten: „a. von allen unstreitigen von Adel b. von denenjenigen, so in diesen Seculo recipiret und c. von denenjenigen, so durch sattsame documenta beweisen zu können glaubten, daß sie in ihren Vor=Eltern das Indigenat gehabt.“ Dazu wurden sämtliche Vasallen angeschrieben und zur Antwort aufgefordert. „Wer also durch sattsahme Documenta bewiese, daß seine Familie der Zeit im Lande Güther besessen, und er einen Nahmen, Helm und Schild mit derselben führe, den müsse man billig, als einen alten recipirten Mecklenburgischen von Adel ansehen.“ Vgl. etwa den Briefwechsel zwischen dem Engeren Ausschuss und den Rieben auf Galenbeck vom September 1764 (UBRSS, Familienpapiere Rieben, Galenbeck, 22. September 1764 sowie ebd., Blatt 3). 162 Die nicht überlieferte Behrsche Schrift erwähnt bei Anonymus: Familie von Behr, S. 23–24; zur Flotowschen Schrift vgl. Flotow: Ueber die Rechte. 163 Anonymus: Bibliothek der Mecklenburgischen. 164 Dem Einschreibebuch des Klosters Dobbertin ist zu entnehmen, dass von den zwischen 1696 bis 1918 Eingeschriebenen die meisten aus altadligen Familien stammten (188 Bülow, 107 Oertzen, 68 Blücher, 64 Bassewitz, 59 Lühe, 56 Plessen, 55 Maltzan, 48 Lützow, 40 Flotow usw.). Vgl. Oertzen: Das Einschreibebuch; Alsleben: Einschreibbuch.



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folge wären jedoch noch etliche am Leben, die ihm ausdrücklich hätten sagen lassen, er solle nicht eines Hauptes Vieh Herr werden.165 Obgleich zum Teil völlig unberechenbare Aspekte zu einer Anschuldigung führen konnten, ist für zahlreiche Fälle nachgewiesen, dass der Hexenprozess in erster Linie als Instrument der adligen Gerichtsinhaber in der Auseinandersetzung mit den Untertanen angesehen werden kann, derer man sich im Rahmen der agarischen Expansionen entledigen konnte.166 Ca. ein Drittel aller bislang für Mecklenburg nachgewiesenen Hexenprozesse wurde vor Adelsgerichten verhandelt. Der erste aktenkundige Beleg stammt aus dem Jahre 1545 und betraf die Familie Maltzan. Da die Hexenprozesse des 16. Jahrhunderts insbesondere von Mitgliedern bedeutender Adelsgeschlechter wie Bülow, Lühe, F ­ lotow, Moltke oder Plessen initiiert wurden, scheinen sie mit der frühzeitigen Konzentration von Besitzund Herrschaftsrechten zusammenzuhängen. Die erste große Verfolgungswelle erfolgte ab 1570 und erreichte in den ersten drei Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts einen Höhepunkt. Die zweite (landesherrlich legitimierte) Hauptverfolgungsphase konzentrierte sich auf den Zeitraum zwischen 1660 und 1680.167 Insgesamt weisen die Adelsgerichte prozentual die höchste Todesurteilsrate und geringste Freispruchquote auf: Von 985 bekannten Urteilen der adligen Gerichte waren 344 (28,3%) Entlassungen und 593 (60,2 %) Todesurteile.168 In Neubrandenburg und Umgebung ging 1616/17 das Gerücht um, dass Barbara von Vieregge, die Witwe des Bernd von Ihlenfeld, zwei Hexen angestiftet habe, aus Kinderleichen Giftpulver zu kochen, mit dem sie Bernd von Ihlenfeld umgebracht hätte. Sie entgegnete, der Vetter ihres Gatten, Christoff von Ihlenfeld, wolle sie mit solchen Anschuldigungen aus den Gütern drängen.169 Der Fall der Barbara von Vieregge gehört jedoch zu den wenigen Ausnahmen, in denen mecklenburgische Adlige von Standesvertretern indirekt der Hexerei bezichtigt wurden. Inneradlige Auseinandersetzungen ergaben sich allenfalls aus Zuständigkeitsfragen, die sich auf Untertanen und damit deren Besitzungen bezogen.170 Gegen die verheerenden Tierkrankheiten im 18. Jahrhundert ging man anderweitig vor. Maßgeblichen Anteil an der Ausrottung der Hornviehseuche hatten zwei mecklenburgische Adlige: Claus Dethloff von Oertzen auf Wolken bei Bützow und der Kammerjunker Bülow auf Prützen, deren Forschungsergebnisse über die Inokulation in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wurden.171 Die Agrarreform des 18. Jahrhunderts, d. h. die Umstellung von der Dreifelder- auf die Koppel165 Nach Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 257. Vgl. im Folgenden Moeller: Das Willkür über Recht ginge, besonders S. 437–471. 166 Moeller: Das Willkür über Recht ginge, S. 250–251, 260. 167 Vgl. auch Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 297–298; Bernstorff: Rechtspflege auf einem mecklenburgischen Landgut, S. 54–57, 61, 67; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 53–54; Maltzan: Lebensbilder, S. 247–248. 168 Moeller: Das Willkür über Recht ginge, S. 441–443, 463. 169 Ebd., S. 447. In einem spektakulären Prozess wurde schließlich auch eine Angehörige des Adels direkt der Hexerei verdächtigt. Anna von Bülow sollte einen zauberischen Giftmordanschlag auf den dänischen Prinzen Ulrich, dem Administrator des Stifts Schwerin, verübt haben. Vgl. Stein: Prozesse. 170 Moeller: Das Willkür über Recht ginge, S. 445–446, 448. 171 Oertzen: Oeffentliche Bekanntmachung; Anonymus: Genaue Beschreibung.

198 Stand wirtschaft, kann ebenso als Maßnahme zur Ertragssteigerung angesehen werden.172 Um die Weideflächen zu vermehren, wurden Äcker stillgelegt und Wälder gerodet. Die verheerenden Schäden durch Brandkatastrophen sollten schließlich durch die Einrichtung von Brandkassen eingegrenzt werden.173 Gerade wegen der dauerhaftpotentiellen Krisengefahr im agrarischen Sektor waren die Familien umso mehr auf die Unterbringung des Nachwuchses im Militär, bei Hofe oder in Klöstern angewiesen. Da jedoch – wie oben gezeigt – besonders in letzteren ein erbitterter Konkurrenzkampf bestand, der eben nicht alle in den Genuss einer Stelle kommen ließ, scheinen nicht Wenige auf Alternativen zurückgegriffen zu haben, die allerdings nicht immer den Standesprinzipien entsprachen. Der Handel war dem Adel nur insofern erlaubt, solange er der Autarkie des „Hauses“ diente. Sobald er jedoch aus Selbstzweck betrieben wurde, d. h. auf den reinen Gelderwerb abzielte, war er verwerflich.174 Getreideanbau und Viehhaltung bzw. die daraus resultierenden Erlöse und Gewinne waren allerdings gestattet. Was den Handel im Allgemeinen anbelangt, fällt in den Quellen gelegentlich der Begriff der „hantierunge“, zu denen sich die Adligen in die Städte begaben.175 Dass es sich dabei um nichtstandesgemäße Aktivitäten handelte, wird u. a. in der Leichenpredigt für Claus von Peckatel aus dem Jahre 1615/16 deutlich, in der die Rede ist von „vhralten deutschen vom Adel verbottenen handtierungen [...].“176 Auch Bürgerliche klagten schließlich über den Eingriff der Aristokraten ins städtische Wirtschaftsleben, wobei die vermehrte Zuwendung zu solchen „hantierunge“ wie auch die Beschwerden wohl nicht zufällig in die Zeit der agrarischen Krise um 1600 gefallen sein dürften.177 Auch im 18. Jahrhundert griff so mancher mecklenburgische Adlige auf unaristokratische Erwerbszweige zurück. Den Dewitz bsw. gehörten Anteile an der Neubrandenburger Ratsapotheke.178 Die Gebrüder Bassewitz fielen nicht nur durch ihren recht professionell betriebenen Güterschacher auf, sie versuchten sich auch im Handel mit schwedischen Aktien, was allerdings nicht den gewünschten Erfolg brachte.179 172 Dewitz begründete die schwierige finanzielle Situation seines Vaters in der Zeit um 1740 damit, dass die Dreifelderwirtschaft nicht viel eintrug. Um 1770 hatte Stephan Werner von Dewitz entsprechende Veränderungen vorgenommen. In seinen Memoiren heißt es: „so ward es meinem würdigen, seel. Vater in den letzten Jahren sehr schwer, ohne Schulden seine Wirtschaft fortzusetzen, zumal da die Güther damals nicht so viel eintrugen noch so ausgearbeitet und eingerichtet waren als jetzt [...].“ Vgl. nach Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 407, 418. 173 Vgl. Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 620–621. 174 Brunner: Das „Ganze Haus“, S. 105; Stollberg-Rilinger: Handelsgeist; Stollberg-Rilinger: Gut vor Ehre. 175 So erwähnt im Bericht des Johann von Restorff an Herzog Ulrich (Fürstenberg, 12. November 1602) wegen der Familie Havel, gedruckt bei Lisch: Urkundliche Geschichte, S. 459–461 (Nr. 417). 176 Stindtman: Leichpredigt. 177 Vgl. Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 218. 178 Ahlers: Skizzen aus der Vorzeit, S. 92. 179 „Das verfluchte Englische Geld“, schreibt Joachim Otto von Bassewitz wegen der Aktiengeschäfte an seinen Bruder Henning Friedrich (Kiel, 8. August 1726, gedruckt in: Bassewitz: Aus dem Leben, S. 212–213, hier S. 212).



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An der Finanzierung dieser und anderer Geschäfte waren im gesamten Unter­ suchungszeitraum vorwiegend Bürgerliche beteiligt, was als solches schon als Überschreiten der Standesgrenze erachtet werden kann.180 Dies erstaunt umso mehr, da der Adel kaum eine Gelegenheit ausließ, um seinen Unmut über die unadligen Konkurrenten kundzutun. Bei den Geldgeschäften des Adels waren Ausnahmen offenbar zulässig. Dies bemerkte auch der Mecklenburgreisende Nugent: „[...] kaum würdigen sie einen anderen ehrlichen Mann vom gewöhnlichen Schlage ihres Umgangs, es sei denn, daß sie es in Geschäften tun müssten [...].“181 Nach außen jedoch vermittelten sie das Bild eines Edelmannes, der lieber verhungern würde, als die Würde seines Standes zu schänden.182 Was den Handel im agrarischen Bereich anbelangt, sei noch auf die Bedeutung des Rohstoffes Holz hingewiesen. Auch der Holzverkauf sollte die Erlöse steigern. Allerdings war der Holzeinschlag von landesherrlicher Seite reglementiert, da die Baum- und Waldbestände im Falle des Lehnsbesitzes zum Eigentum der Landesherrschaft gehörten. Nur in eingeschränktem Maße und mit herzoglichem Konsens durften entsprechende Ausholzungen vorgenommen werden – zumindest offiziell.183 Die Lehnakten geben jedoch Auskunft darüber, dass sich nicht alle an diese Regeln hielten, was – sofern man den Vergehen auf die Schliche gekommen war – entsprechend geahndet wurde.184 Im großen Stil scheint der Holzhandel spätestens im 17. Jahrhundert eingesetzt zu haben; großflächig fanden Abholzungen und Wiederaufforstungen statt.185 Neben der Verwendung als Handelsware wie auch als Baustoff war Holz nicht zuletzt Energieträger, was den Gutsbesitzern im Rahmen der Glaserzeu-

180 Vgl. u. a. Pietsch: Umschlag zu Güstrow sowie Kap. 3.3. Zu den Geschäftsbeziehungen mecklenburgischer Adliger vgl. exemplarisch LHAS, 2.12-4/2, Findbuch Witte, Band 2, S. 417 (Behr auf Hohenzieritz, um 1700); des Weiteren Francke und Krieger: Schutzjuden. 181 Nugent: Travels, S. 245, 365; des Weiteren ebd., S. 92. 182 Ebd., S. 245, 365. An anderer Stelle schreibt Nugent: „Aber in den Augen des Adels ist der Handel eine verächtliche Beschäftigung und die mehrsten von ihnen hängen aufs Eifrigste ihren alten Gewohnheiten an.“ 183 Im Mittelalter war der Konsens wohl noch nicht erforderlich (Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 36, Anm. 133). Vgl. auch Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 114–118; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 64. 184 Zum unerlaubten Baumfällen vgl. als Überblick LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, exemplarisch Findbuch Strelitzer Lehnakten, Band 4, S. 145 (gesetzwidrige Buchenfällung des Landrats Bredow 1777). Im LGGEV heißt es, dass von jedem Hauptgut jährlich nur 12 Eichen und 50 Buchen zum Verkauf geschlagen werden durften (LGGEV § 307–308; Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 117–118). 185 Etwa bei den Peckatel auf Klein Vielen (1. H. 17. Jh.; vgl. LHAS, 9.1-1. RKG, Nr. 523) oder den Oertzen auf Barsdorf (1793; vgl. Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 423). Hinsichtlich der Wiederaufforstung und Baumkultur auf den mecklenburgischen Gütern sei an dieser Stelle auf die Aufzeichnungen des Stephan Werner von Dewitz hingewiesen. Er schreibt, er hätte von Jugend an viel Lust am Baumpflanzen gehabt; als späterer Gutsbesitzer von Cölpin habe er dann Weiden, Heiden, Hagebuchen, Eichen usw. gepflanzt und eigens Samen aus England importiert (Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 415).

200 Stand gung entgegen kam.186 Der Adel hatte einen erheblichen Anteil daran, dass Mecklenburg im 18. Jahrhundert zu den bedeutendsten deutschen Glashüttenlandschaften gehörte, was sich jedoch dramatisch auf die Waldbestände auswirkte. Bereits um 1750 waren an die Stelle ausgedehnter Wälder landwirtschaftliche Nutzflächen getreten. In diese Produktkategorie kann wohl auch der Versuch von Angehörigen der Familie Bülow eingeordnet werden, eine Fayencemanufaktur anzusiedeln, was allerdings nach kurzer Zeit im Sande verlief.187 Zweifelsfrei diente der Handel mit Holz und Glaserzeugnissen der Optimierung der gutwirtschaftlichen Einnahmen; eine einzig und allein auf den Korn- oder Rinderverkauf abzielende Strategie scheint für viele Besitzerfamilien nicht ausgereicht zu haben, was angesichts dieses krisengeplagten Sektors verständlich ist. Dies wird darüber hinaus auch daran deutlich, dass so mancher Gutsherr sein Einkommen durch militärische oder höfische Dienste, sofern letztere bezahlt wurden, zu verbessern suchte, ja dass einige regelrecht zur Annahme einer solchen Stelle gezwungen waren, um ein Mindestmaß an standesgemäßer Lebensführung für sich und ihre Familien gewährleisten zu können. Erst die Kombination von Einkünften aus Gutswirtschaft und Ämtern schuf eine stabile, standesgemäße Vermögensgrundlage aller Familienangehörigen.188 Darüber hinaus scheint für viele jüngere Aristokraten der Militärdienst als eine Art Übergangslösung angesehen worden zu sein, bis sich der Traum vom eigenen Rittergut erfüllte. Ihnen blieb angesichts der enormen Konkurrenz auf dem innermecklenburgischen Gütermarkt gar keine andere Wahl, als sich zunächst im Ausland zu verdingen, um dort auf die richtige Gelegenheit zu warten, bis schließlich das „niedliche“ Landleben seinen Anfang nehmen konnte.189 Der mecklenburgische Ad186 Im 17. und 18. Jh. entstanden in Mecklenburg etwa 200 Glashütten, davon in MecklenburgSchwerin 159, wovon wiederum etwa 130 auf den Gutsbereich entfielen (Wendt: Glashüttenbetrieb; Wendt: Waldglas). 187 Möller: Fayencemanufakturen, S. 78–87. 188 Vgl. Düselder und Sommerfeld: Adel an der Peripherie, S. 12; exemplarisch zu Mecklenburg: Claus von Peckatel (Stindtman: Leichpredigt), Joachim von Oldenburg (Zander: Eine Christliche), Hartwig von Passow (Walther: Christliche Vnterrichtung), Christoph Adam von Halberstadt (Müller: Paulinus Ordo), Jobst Heinrich von Behr (Siggelkow: Die bey ihrem Fall), David Christoph von Bülow (Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 62), Carl Ludwig und Adolph Conrad von Kamptz (Kamptz: Geschichte, S. 107, 109), Stephan Werner von Dewitz (Maltzan: Mecklenburgische Männer, S. 40–61). Zur Mitte des 18. Jh. berichtet der Jasmund auf Rödlin ­(Nugent: Travels, S. 272), dass die Adelsfamilien aufgrund der Verarmung gezwungen wären, „entweder Hofbedienungen anzunehmen, und auf die Art sich den Herzögen unterwürfig zu machen, oder auch außerhalb Landes Bedienungen zu suchen.“ Durch Sparsamkeit, gute Ökonomie und Ankauf neuer Ländereien würden die Herzöge immer mächtiger, „so daß der Adel in Gefahr wäre, ganz verschlungen oder am Bettelstab gebracht zu werden.“ Auch Nugent schreibt (Nugent: Travels, S. 252), „daß so viele Edelleute fremde Dienste suchen, weil sie unmöglich zu Hause alle ihr Unterkommen finden können.“ Vgl. des Weiteren Nugent: Travels, S. 190; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 454, Anm. 1; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 91; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 421. 189 In den Leichenpredigten wird dies gelegentlich mit der Formulierung „ehe er zu Hoff gekommen“ umschrieben (wegen Hans Ernst von Jasmund, vgl. Bacmeister: Christliche Klag vnd



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lige konnte demnach – und das gilt für den gesamten Untersuchungszeitraum – mehrere Tätigkeiten sowohl gleichzeitig als auch nacheinander ausüben. Diese Flexibilität galt im Übrigen auch für weibliche Standesvertreter. So war es offenbar keine Ausnahme, dass Klosterkonventualinnen aus Dobbertin, Ribnitz oder Malchow regelrecht herausheirateten, um an der Seite ihres Ehemannes in der Gutswirtschaft mitzuwirken.190 Wenn also eine Liste der favorisierten Tätigkeitsbereiche erstellt werden müsste, so würde m. E. die Gutswirtschaft an erster Stelle stehen, was angesichts der zahllosen Krisen umso erstaunlicher ist. Im günstigen Fall konnten damit jedoch beträchtliche Einnahmen erzielt werden.191 Die Frage des Erwerbszweiges war neben Beziehungen und Geldzahlungen nicht zuletzt auch abhängig von individuellen Faktoren wie Vorlieben, Inklinationen, Antipathien, Ehrfragen, Abenteuerlust, Traditionen etc.192 Allerdings wird auch die Flexibilität nicht immer ausgereicht haben, um das standesgemäße Leben und Überleben abzusichern. Emigrationen, von denen es im Untersuchungszeitraum nicht wenige gegeben zu haben scheint, waren bereits im 16. Jahrhundert auf die drohende Verarmung zurückzuführen. Beim Landtag des Jahres 1583 trug die Ritterschaft die Bitte vor, die Landesherrschaft solle den jungen unbelehnten Adligen „nicht wehren, daß sie uralter adeliger Freiheit nach dem Krieg an unverbotnen Orten ihrer Nothdurft und Gelegenheit nachfolgen und mit Haut und Leib ihren Unterhalt suchen und sich des bettelstabs erwehren

Trostpredigt). Exemplarisch kann der Fall des Christoph von Oldenfleth herangezogen werden. Dieser berichtet in einer Zeugenaussage zu Beginn des 17. Jh., er wäre „erstlich Jungensweise aus furnehmer vom adell dienst, im Lande Braunschweigk“ gewesen. Nach seiner Rückkehr reiste er einige Male nach Güstrow, „In hoffnunge ein furnehme gelegenheitt fur sich anzutreffen vndt zuebedienenn“; später begegnet er als Erbherr auf Klein Daberkow und Pfandherr auf Kreckow (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 803, Q 41). Vgl. des Weiteren Stindtman: Leichpredigt (Peckatel); Kamptz: Geschichte, S. 139 (Kamptz); Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 469–470 (Oertzen); zum „niedlichen“ Leben Kap. 3.1. 190 Vgl. allgemein Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 1, S. 209–210 sowie exemplarisch Kamptz: Geschichte, S. 93, 140–141; Lützow: Dobbertin; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 184; des Weiteren Kap. 3.3. 191 Zum Vergleich: Ein Justizrat in der Mecklenburg-Schweriner Justizkanzlei erhielt um 1740 etwa 600 Rthlr. pro Jahr, die Jahrespension bei Verpachtung eines Gutes konnte bsw. bei 2000 Rthlr. liegen. Der Bau eines Gutshauses wurde bsw. mit 3000–4000 Rthlr. veranschlagt, der Wert eines Gutes lag bsw. bei 20000 Rthlr. und mehr (vgl. die Briefe der Bassewitz-Brüder, Bassewitz: Aus dem Leben, S. 189–240). Die Frage der Einnahmen aus der Gutswirtschaft war nicht zuletzt auch abhängig von der Gutsgröße bzw. des Besitzumfanges insgesamt, wobei enorme Unterschiede zu verzeichnen waren. Vgl. als Überblick Rossdienste 1506; Rossdienste 1621; Jargow: Allgemeines Verzeichnis, S. 163–175; Tessin: Die mecklenburgische Ritterschaft, S. 2–3; Tessin: Wert und Größe, S. 147, 154–155; Techen: Die Chroniken, S. 215–216; Engel und Hamann: Historischer Atlas, S. 12–19. 192 Vgl. etwa Stindtman: Leichpredigt; Henning: Der Streiter; Rieder: Christliche Leichpredigt; Bernstorff: Beitrag zu seiner Geschichte, S. 17; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 307, 330–331; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 371, 400, 418, 438; Kamptz: Geschichte, S. 42; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 235–237.

202 Stand möchten.“193 Freilich sind darunter bei Weitem noch keine endgültigen Auswanderungen, sondern vielmehr die o. g. Dienste in Landsknechtsheeren zu verstehen. Emigrationen wird es jedoch spätestens seit Ende des 17. Jahrhunderts gegeben haben, wobei es die Mecklenburger u. a. nach Dänemark, Württemberg oder gar auf den amerikanischen und australischen Kontinent verschlug.194 Besonders schwierig war die Situation für die jüngere Adelsgeneration, die  – wie oben dargestellt – für gewöhnlich einige Zeit oder gar länger im Ausland verbringen musste, ehe sie „zu Hoff gekommen“.195 Man könnte daher geneigt sein, zu vermuten, dass das Durchschnittsalter der mecklenburgischen Gutsbesitzer vergleichsweise hoch anzusetzen ist, was statistisch allerdings nur mit großem Aufwand nachgewiesen werden kann.196 Während die Väter und Großväter sich als Gutbesitzer verdingten, mussten die männlichen Nachkommen zum Zwangsaufenthalt ins Ausland.197 Wenn sie nach ihrer Rückkehr weder Anstellung noch Lehngut fanden, stellten sie eine Belastung für die übrigen Familienmitglieder dar.198 Die nachgelassenen Söhne – so Nugent – wären „nicht imstande, sich von den [Guts-]Einkünften zu nähren und verdienen können sie ihr Brot nicht, weil sie nichts gelernt haben. Einige wenige von ihnen gehen wohl in Militärdienste, allein was fangen die übrigen an? Sie sind ihrer Familie zur Last, und dem Staat gleichfalls eine unnütze Bürde oder sie bringen ihr Leben, das ihnen selbst zur Plage ist, im Müßiggang zu.“199 Innerfamiliäre Regeln, nach denen der berufliche Werdegang des einzelnen Familienmitgliedes genau definiert wurde, waren im Rahmen dieser Untersuchung nicht auszumachen.200 193 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 135. 194 Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 454, Anm. 1; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 91; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 421; Wasmansdorf: Geschichte; Anonymus: Geschlecht von Pressentin, S. 11; Wedemeier: Album, Heft 3–4, S. 23. 195 Wegen Hans Ernst von Jasmund (Bacmeister: Christliche Klag vnd Trostpredigt). 196 Zwar konnte neben einem vergleichsweise jungen Adligen von dreißig Jahren, der mit seiner Gattin im Begriff war, eine Familie zu gründen und eine Existenz aufzubauen, ein siebzigjähriger Gutsbesitzer wohnen, dessen Familie je nach persönlichen Voraussetzungen samt Kindern und Enkeln zwanzig oder dreißig Personen umfassen konnte. Wenn die Jungen aber theoretisch mit ihrem fünfundzwanzigsten Lebensjahr zum Antritt eines Lehns bereit waren, konnte der Vater gerade mal Mitte vierzig sein, und wenn es ungünstig lief noch zwanzig oder dreißig Jahre als Gutsherr fungieren. Auf dem Nachbargut hingegen musste der achtzehnjährige Filius seine Kavalierstour abbrechen, um unter Vormundschaft die Gutswirtschaft zu führen. 197 Kap. 3.1.3. 198 Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 419–420; Kap. 3.3. 199 Nugent: Travels, S. 245. 200 Diese Familienordnung, so Düselder und Sommerfeld: Adel an der Peripherie, S. 12, gründete auf einem familien- und standesinternen Erb-, Heirats- und Berufswahlverzicht, welches System jedem einzelnen – von der Geburt bis zum Tod – seine Rolle im Familienzusammenhang zuwies. Solche sind für die Mecklenburger allenfalls in einigen Familien hinsichtlich der Gütererbfolge erkennbar. Karl Albert von Kamptz behauptete, dass die Kamptzschen Söhne seit dem 17. Jh. anfingen, in einheimische oder fremde Kriegsdienste zu treten und den Besitz der Güter einem unter ihnen zu überlassen, um somit die Zerstückelung der Güter zu verhindern (Kamptz: ­Geschichte, S. 39, 41). Vgl. auch Kap. 2.3.



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Im Übrigen scheint auch das Durchschnittsalter der Klosterdamen verhältnismäßig hoch gewesen zu sein. Als Nugent 1766 das Kloster Dobbertin besuchte, sah er das bestätigt, was der Mirower Prinz Karl ihm auf die Frage nach den dortigen besonderen Altertümern zur Antwort gegeben hatte: Die einzigen Antiquitäten in Dobbertin wären die alten Klosterfräulein.201 Die Frage der Überalterung der frühneuzeitlichen mecklenburgischen Adelsgesellschaft wie auch die nach den inneradligen Generationenkonflikten kann hier jedoch nicht abschließend beantwortet werden.202 Unbestritten dürfte jedoch sein, dass das Problem des ökonomischen Kapitals als solches mitunter schwerwiegende soziale Konsequenzen hatte. Da viele Adlige offenbar über gar kein Einkommen verfügten, trugen sie zur Verschuldung der übrigen Familienmitglieder und wohl nicht selten auch zu deren Konkurs bei. Angehörige angesehener Geschlechter wurden als „notorisch insolvendo“ bezeichnet, lebten in armseligen Fischerkaten und hatten mitunter „nichts mehr als das Leben und, Gott sei Dank, einen guten ehrlichen Namen ererbt [...].“203 Armeneinrichtungen wie das auf Initiative Achim von Riebens errichtete Hospital zu Neubrandenburg sind daher schon für das 16. Jahrhundert überliefert.204 Der letzte Ausweg aus der Armut war schließlich der Suizid.205 Das Leben auf dem Lande scheint demnach zumindest für einen Teil des mecklenburgischen Adels alles andere als „niedlich“ gewesen zu sein. Womöglich ist gerade der ständige Wechsel der gutsbesitzenden Familien auf Fragen des ökonomischen Kapitals zurückzuführen. Der Abstieg der einen führte zum Aufstieg einer anderen Familie. Verlierern folgten Gewinner, aber nur so lange bis auch sie irgendwann der gesellschaftliche Niedergang ereilte. Obgleich Adlige ständig kamen und gingen, der Adel an sich blieb.206

201 Vgl. Nugent: Travels, S. 300. 202 Vgl. auch Jacobs: Generationenkonflikte. 203 Hier wegen Matthias, Volrad II. und Kurd III. von Pentz (1. H. 17. Jh., vgl. Metterhausen: ­Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 240, 390, 451, 524). 204 Ahlers: Skizzen aus der Vorzeit, S. 72–73. Zur Einweisung der Witwe Zabel von Oertzens in das Stargarder Armenhaus vgl. Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 264–265. 205 Etwa in den Familien Kardorff (um 1540) und Feldberg (um 1600). Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 139; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 256. 206 Frie: Adel um 1800, S. 18.

3.3 Verflechtung und Interaktion 3.3.1 Verwandtschaft und Freundschaft „Bleib bey deines Gleichen, so schicht dir eben Recht, Nimstu aber eine höhere, so mustu sein ihr Knecht [...].“ 1

Den Memoiren des dänischen Politikers Ditlev von Ahlefeldt (1617–1686) zufolge, gehen diese Worte zurück auf Christian von Pentz, der aus einem alten mecklenburgischen Adelsgeschlecht stammte und zeitweise das dort gelegene Gut Warlitz besaß. Wie sein Anfang des 17. Jahrhunderts ausgewanderter Vater Markward von Pentz2 durchlief auch Christian eine recht beeindruckende politische Karriere, die mit dem Reichsgrafendiplom von Kaiser Ferdinand II. 1636 einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte. Der gesellschaftliche Aufstieg war ihm jedoch spätestens im Jahre 1634 gelungen, als er mit Sofie Elisabeth Munk (1619–1657), der Tochter Christians IV. von Dänemark und seiner zweiten Frau Kirsten Munk, eine „höhere“ geheiratet hatte. Warum Christian von Pentz diese Ehe als Knechtschaft empfand, wird an einer Episode deutlich, die ebenfalls auf den spöttischen Bericht Ditlev von Ahlefeldts zurückgeht. Dieser schreibt: „[...] so hatte er [Pentz] dennoch einen pucklichten Teuffel und ein bitterbös Weib im Bette, die ihm gar ignominieusement undt schimpfflich tractirte, so gar daß wie sie ihm einst heißen, die Cammer räuhmen, weilen sie alleine sein wolte, undt er so baldt nicht gehen muchte, alß sie es begehrte, griff sie zur Pistolen, die an der Wand hinge, undt indeme er zur Thüre hinauß gingt, schosse sie hinter ihm her, daß eß rasselte, also daß, wenn er so geschwinde nicht hinauß gekommen wehre, sie ihme leichtlich erschossen hette, undt die Kugell noch eine geraume Zeit hernach in dem Ständer von der Thüren zu sehen wahr [...].“3 Der Zugang zu sozialem Kapital erfolgte keinesfalls allein über mehr oder weniger „angeborene“ soziale Faktoren, sondern auf dem Weg der Einbindung der Bewerber in bereits bestehende gesellschaftliche Netzwerke, was im Fall des Christian von Pentz durch die Ehe mit der „höheren“ Sofie Elisabeth Munk realisiert wurde.4 Gerade die Verwandtschaft gehörte laut Wolfgang Reinhard neben Freundschaft, Patronage und Landsmannschaft zu den bedeutendsten Gattungen persönlicher Beziehungen.5 Die zwischenmenschlichen Verbindungen der mecklenburgischen Adligen sind Gegen1 Aus den Memoiren des Ditlev von Ahlefeldt, zitiert nach Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 310–311. 2 Pentz: Album, S. 129. 3 Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 310–311. 4 Vgl. Simmel: Soziologie, S. 16; Reinhard: Freunde und Kreaturen; des Weiteren die Beiträge in Asch und Birke: Princes, Patronage; Maczak: Klientelsysteme; Nolte: Patronage sowie Droste: Patronage. 5 Vgl. Reinhard: Freunde und Kreaturen, S. 302–310.



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stand der folgenden Ausführungen, wobei der Schwerpunkt auf Verwandtschaft und Freundschaft und ihren Grenzen liegen soll, da sie Rückschlüsse auf den Zusammenhalt des Adelsstandes zulassen, womit die Ausprägung eines aristokratischen Standesbewusstseins erneut auf den Prüfstand gestellt wird.6 Die Rekonstruktion der verwandtschaftlichen Vernetzung kann generell auf der Grundlage von archivarisch überlieferten oder publizierten Genealogien vorgenommen werden, die sowohl während des Untersuchungszeitraumes als auch in den darauf folgenden Jahrhunderten erarbeitet wurden.7 Darüber hinaus sind gerade diejenigen Quellen aufschlussreich, in denen die Protagonisten selbst ihre familialen Verflechtungen zum Ausdruck brachten, etwa durch Wappendarstellungen und Genealogien auf Grabplatten, Patronatsgestühlen, Epitaphen oder Ahnengalerien in Kirchen und herrschaftlichen Wohnhäusern.8 Zu den dort publik gemachten, auf Heirat und Geburt basierenden „natürlichen“ Familienbeziehungen gesellten sich „künstlich-rituelle“, zu denen u. a. verschiedene Formen der Patenschaft zählten. Die bedeutendste unter ihnen war die Taufpatenschaft, d. h. diejenige personelle Bindung, die in Zusammenhang mit der Taufe als der sichtbaren Aufnahme eines Neugeborenen in das Christentum steht.9 In diesem Rahmen wurde der junge Adlige nicht nur erstmalig von einem größeren aristokratischen Personenkreis wahrgenommen, häufig wurden hier auch die Grundpfeiler seines gesellschaftlichen Werdeganges gelegt. Die Taufpaten stammten für gewöhnlich aus dem engeren adligen Verwandtenbzw. Freundes- und Bekanntenkreis der Eltern. Sie waren nicht nur direkt in die Taufzeremonien eingebunden und Zeugen der Sakramentsspendung, zugleich wurden mit ihnen dem Täufling – gemäß der christlichen Tradition – Paten, d. h. Gevattern oder „Mit-Väter“ (von lat. patrinus), die sowohl männlich als auch weiblich sein konnten, an die Seite gestellt, was sich u. a. in der Namensgebung ausdrückte.10 In den Kirchenbüchern wurde die Verbindung von Pate und Täufling festgehalten.11 Diesen christlichen Zeremonien, zu denen das Kind prachtvoll ausgestattet wurde,12 folgte die eigentliche Tauffeier, bei der Reden gehalten, Speisen und Getränke gereicht und bisweilen auch getanzt wurde.13 Dass diese Ereignisse zu den ausschwei 6 Die Landsmannschaft wird in Kap. 4, allerdings weniger unter der Prämisse Vernetzung, thematisiert. Zur Rolle der Patronage, die aufgrund der Quellenüberlieferung hier nur angerissen werden kann, siehe auch Kap. 3.2 (persönliche Beziehungen im Rahmen der Anhäufung ökonomischen Kapitals).  7 Vgl. Kap. 2.2.  8 Kap. 2.1.  9 Gerlitz u. a.: Taufe. 10 Die Namen der Paten spiegeln sich häufig in denen der Täuflinge wider. Vgl. etwa Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 371; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 67. 11 Vgl. generell LKAS, Kirchenbücher. Kirchenbücher galten nicht nur als bedeutende genealogische Quelle. Sie wurden auch als Beweismittel in Gerichtsprozessen hinzugezogen, etwa wegen Johann Christian von Sala 1682. Vgl. LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Bellin (= RKG, Nr. 1125, Q 14). 12 Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 326 (perlenbestickte Schlafhaube). 13 Zur Rede des Berend von Ihlenfeld bei einer Taufe der Oertzen zu Helpt (16. Jh.) vgl. Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 357.

206 Stand fendsten Festveranstaltungen des mecklenburgischen Adels überhaupt gehörten, verdeutlichen einige Passagen in den landesherrlichen Polizeiordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts, die u. a. die Zahl der Taufpaten und der geladenen Gäste beschränkten, um nicht zuletzt auch Gewaltdelikte mit tödlichem Ausgang zu verhindern.14 Die Taufe sollte einen Tag nach der Geburt stattfinden, was in der Praxis jedoch kaum zu realisieren war, da allein Benachrichtigungen und Anreisen mehrere Tage in Anspruch nahmen.15 Die Taufpatenschaften sollten fortan in vielerlei Hinsicht auf die Heranwachsenden einwirken. Bis zum Erreichen der Volljährigkeit stand der junge Adlige „vnter Voigtthumb seiner Vormunde“, wobei die Vormundschaft einem kleinen Personenkreis oblag, der aus Verwandten und Bekannten bestand, unter denen sich auch die Taufpaten befinden konnten.16 Unbekannt ist nach wie vor, ob es sich bei den Vormündern um lehnsfähige und damit – abgesehen von der Mutter des Schützlings – ausschließlich um männliche Vertreter handeln musste. Aus ihren vielseitigen Aufgaben ist allerdings abzuleiten, dass zur erfolgreichen Bewältigung gewisse Erfahrungen im Bereich der Gutswirtschaft durchaus von Vorteil waren. Für gewöhnlich regelten sie sämtliche offizielle Angelegenheiten ihrer Mündel. Gesetzt den Fall, dass der für die Gutsnachfolge vorgesehene Jungadlige frühzeitig seinen Vater verloren hatte, gehörten dazu u. a. die Güteradministration, Rechnungslegungen, die Abwicklung von Geldgeschäften und Erbauseinandersetzungen oder die Korrespondenz mit den zuständigen Institutionen wie Lehnkanzleien, Gerichte etc.17 So erklärt sich auch, dass Vormundschaftsstellen für gewöhnlich den landesherrlichen Konsens bedingten.18 Gerade der Ausgang einer gerichtlichen Auseinandersetzung hing entscheidend von den Fähigkeiten und dem Engagement der Vormünder ab. Sollte bsw. die Mutter des Mündels nach dem frühzeitigen Ableben des Vaters erneut geheiratet haben – was keine Seltenheit war –, galt es, die Minderjährigen gegen die Ansprüche des Stief­ vaters und damit indirekt gegen die eigene Mutter zu verteidigen.19 Da man zugleich 14 Zu den Polizeiordnungen vgl. Krüger: Policey-Ordnungen; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 227–228, 412. 15 Vgl. etwa Mithob: Justorum Requies; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 394, 437; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 107, 125 (Bülow, Oertzen, Lehsten, Maltzan, 16. und 17. Jh.). Allenfalls bei schwachen Kindern entschied man sich zur „Nottaufe“ am Tag der Geburt oder unmittelbar danach (Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 390). 16 Vgl. Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 121 sowie exemplarisch Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 247 (Familie Oertzen, 1613). Das Zitat stammt vom mecklenburgischen Adligen Christoph von Oldenfleth und geht zurück auf eine zwischen 1607 und 1621 prozessierte Auseinandersetzung (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 803, Q 41). 17 Zu den Aufgaben der Vormünder vgl. generell LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia; exemplarisch ebd., Findbuch Witte, Band 2, S. 417, 425–427 (Behr, um 1700). 18 Vgl. etwa Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 247 (Oertzen, 1614). 19 Etwa im Falle der Kinder des 1575 verstorbenen Caspar II. von Oertzen auf Grammertin. Nachdem die Witwe, Gertrud von Tepling, Andreas von Oldenfleth auf Daberkow geheiratet hatte, forderte letzterer nach „landessittlichem Gebrauche“ die Nutzung des Gutes sowie die Hälfte der fahrenden Habe und des Hausgeräts. Daraufhin kam es zum Streit mit seinen Stiefkindern, genauer gesagt mit den Vormündern, Heinrich von Oertzen, Christoph und Otto von Ihlenfeld auf



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mehrere Vormundschaften übernehmen konnte, war die Funktion häufig mit einem hohen Zeitaufwand und strapaziösen Reisen verbunden, was die Betroffenen gelegentlich beklagten.20 Darüber hinaus gehörte nicht nur der juristisch-wirtschaftliche Beistand zu den Aufgaben der Vormünder. Wenn beide Elternteile verstorben waren, standen sie ihren Schützlingen in Bildungs- und Erziehungsfragen zur Seite. 21 Gleichermaßen kümmerten sie sich um Belange, die die zukünftigen Ehepartner betrafen, etwa deren Auswahl, die Ausarbeitung der Eheverträge oder die Verhandlung der Aussteuer, womit sie wesentlichen Einfluss auf die familiäre Verflechtung ihrer Mündel ausübten.22 Den Vormündern muss daher auch ein hoher Stellenwert hinsichtlich des Erhalts des „reinen“ Adels beigemessen werden, da sie im Rahmen der Ehepartnerwahl nicht nur den sozialen Status der Familie im Allgemeinen, sondern auch die Ahnenproben der potentiellen Bräute und Bräutigame analysiert und berücksichtigt haben werden. Nicht selten wurden die Ehen daher schon im Kindesalter beschlossen.23 Die erfolgreiche „Abwicklung“ einer inneradligen Verheiratung spiegelte sich auch in den Allianzwappen wider, mit denen die Familien ihre Verbundenheit zum Ausdruck brachten.24 Überblickt man die genealogischen Informationen in schriftlichen und auf dinglichen Quellen, erweckt es den Eindruck, dass das Konnubium für zahlreiche ansässige Adelsfamilien eine übergeordnete Rolle gespielt zu haben scheint, was

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Ihlenfeld und Hans von Zernikow auf Blumenow (Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 228–231). So heißt es etwa in der Leichenpredigt auf Dietloff von Negendanck (Lüring: Leich=Begängniß), er wäre noch wenige Tage vor seinem Tod im Jahre 1688 „in affairen der Vormundschafft /mit seinem Herrn Bruder in Wißmar gewesen“. Hans Friedrich von Lehsten führte bis zu seinem Ableben 1678 zeitgleich mehrere Vormundschaften, u. a. für Mitglieder der Familien Pentz, Passow, Vieregge und Oertzen (Bassewitz: Ewiger Ruhm). Vgl. Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 44 (Anna von Bülow bei den Lützow und Parkentin, ab 1572); Henning: Der Streiter (Ulrich Hans von Blücher bei den Plessen, 1630); Schramm: Victor Moriendo Triumphans (Viktor von Bülow bei den Plessen, um 1635); Arnd: Christliche LeichPredigt über den Seligen Hintritt (Paul Otto von Vieregge bei den Lühe, 1645); Dakendorff: Der selige Zustand (David Christoph von Bülow bei den Lühe, um 1670); Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 53 (Dorothea von Bülow bei den Schack, um 1670). Vgl. exemplarisch Mithob: Justorum Requies; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 53, 71; zu den Eheverträgen Mülverstedt: Sammlung von Ehestiftungen. Bsw. schreibt Joachim Otto von Bassewitz in einem an seinen Bruder gerichteten Brief (Wohrenstorff, 8. Juni 1727) bezüglich seiner Tochter: „Ob ich nun zwar bis dato alles mit der Jugend ablehne, so marquiret doch ihr Wachsthum und täglich Gottlob mehr zunehmende gesunde couleur, daß dieses Pferdchen bald aufgebunden werden müße, um so mehr als nicht allein ihr lieber Großvater noch vor seinem Tode ihren Besitzer kennen, als auch ich sie noch bei meinem Leben versorget sehen mögte.“ Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 226. Vgl. Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–2, S. 156, Band 1–3, S. 286; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 3, S. 365; Badstübner-Gröger: Ulrichshusen, S. 9; Hagen: Eine zu GOTT stille Seele sowie Kap. 2.1. Die Verbundenheit zweier adliger Familien konnte auch durch Namens- und Wappenzusätze zum Ausdruck gebracht werden. Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 182; Badstübner-Gröger: Ivenack, S. 3; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 86–87, Anm. 1 (Bassewitz-Clausenheim, Behr-Negendanck, Plessen-Maltzan, 18. Jh.).

208 Stand allerdings einer aufwendigen Prüfung bedarf. Es kann daher auch nur gemutmaßt werden, dass mit der Institutionalisierung der sog. Alteingeborenen zu Beginn des 18. Jahrhunderts die angestammten Familien die Strategie verfolgten, Ehen mit Altmecklenburgern einzugehen.25 So weit es sich bisher feststellen lässt, bezogen sich die Heiratskreise vornehmlich auf Mecklenburg und die angrenzenden Fürsten­tümer.26 Gleichermaßen erfolgten auch in den Reihen der mecklenburgischen Niederaristokratie innerfamiliäre Verheiratungen, was an anderer Stelle nochmals aufgegriffen wird.27 Ebenso lässt sich anhand der Genealogien erkennen, dass es traditionelle Eheverbindungen gegeben haben könnte, d. h. dass über längere Zeiträume hinweg mehrfach Verheiratungen zwischen zwei Familien stattgefunden haben.28 Zu den Verehelichungen bleibt anzumerken, dass die Anteilnahme gelegentlich durch gedruckte Hochzeits- und Glückwunschgedichte sowie Brautlieder und Hochzeitsprogramme zum Ausdruck gebracht wurde, die gerade im 18. Jahrhundert mit Kupferstichen und Memorialzahlen ausgeschmückt wurden.29 In der Regel gehen sie zurück auf Freunde und Verwandte des Brautpaares,30 wobei die Grenzen zwischen Freundschaft und Verwandtschaft fließend verlaufen konnten, was u. a. an Formulierungen wie „gute Freunde“, „Blutsfreunde“ oder „nahe Blutsfreunde“ erkennbar ist.31 Henning Friedrich von Bassewitz rügte in diesem Zusammenhang seinen alten Freund, den Geheimen Rat Vieregge, der sich seit langem nicht gemeldet hatte. In einem Brief aus dem Jahr 1740 heißt es: „Schäme Dich und bessere Dich. [...] Denn wenn der Bruder sich recht bedenkt, So wird ihm doch wie mir seyn, daß einen nichts mehr aufmuntern kann, als wann man seine alte aufrichtige Freunde und ­Cameraden wieder zu sehen bekommt [...].“32 Freundschaften scheinen gerade für Henning Friedrich von Bassewitz von Bedeutung gewesen zu sein, wenn es um die Wiederbesetzung vakanter Hofchargen ging, von denen er selbst eine bekleidete – zumindest lässt die Formulierung seines Bruders: „Du nicht minder schon die Char25 Vgl. dazu Kap. 3.2.3. 26 Vgl. Münch: Landtag und Landstände, S. 6; zu einigen Ausnahmen Kamptz: Geschichte, S. 44; Schröter: Die katholische Religionsübung, S. 20; Nugent: Travels, S. 92, 191, 285, 424, Anm. 78 (deutschsprachiger Raum, Frankreich, England, 18. Jh.). 27 Diese bedurften – zumindest im 18. Jh. – einer landesherrlichen Dispensation (Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 386). Vgl. exemplarisch Hake: Geschichte, S. 209; Abb. 26, 27; Oertzen-Blätter 6 (1936) 10, S. 6 (Hake, Dewitz, Zülow, Oertzen, 18. Jh.). 28 So erkannten die Genealogen der Familie Oertzen (Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 389) eine „große, vielverwickelte Verwandtschafts=Gruppe“ zwischen den Oertzen (jüngstes Hause Helpt), den Dechow und den Levetzow (Teschow). Ein Bsp. des 17. Jh.: Plessen-Lepel (Engelbrecht: Die Schmertzliche). 29 Vgl. Abb. 26, 27; UBRSS, Familienpapiere Lehsten (Madrigal zur Vermählung von Jens Christoph von Lehsten und Oehlgard von Lepel, Rostock, 1709); Sehusius: Epithalamina; des Weiteren Kamptz: Geschichte, S. 89, Anm. 74. 30 Vgl. etwa Sehusius: Epithalamina („Transmissa ab Amicis & Fautoribus“). 31 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1058, Bl. 513–515 (Rieben); Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 249 (Oertzen-Warburg); Bassewitz: Aus dem Leben, S. 130 (Bassewitz). 32 Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 239 (Prebberede, 25. November 1740).

Tafelteil 209

Abb. 1: Besitzverhältnisse und Amtseinteilung in Mecklenburg (um 1550)

210 Tafelteil

Abb. 2: Ständestaat, Verwaltungs- und Kreiseinteilung (Mecklenburg, Wenden, Stargard, 17.–19. Jh.)

Tafelteil 211

Abb. 3: Epitaph für Achim von Rieben, St. Marien Anklam (Werkstatt des Philipp Brandin, 1585)

Abb. 4: Epitaph für Viktor von Bassewitz, Kirche zu Basse (Werkstatt des Claus Midow, 1592)

212 Tafelteil

Abb. 5: Epitaph für David von Bassewitz und Elisabeth von Schwerin, Kirche zu Polchow (um 1624)

Abb. 6: Epitaph für Werner von Hahn und Anna von der Lühe (links) und Altar, Kirche zu Basedow (Werkstatt des Philipp Brandin, 1592 und 1594)

Tafelteil 213

Abb. 7: Bildepitaph für Anna Catharina und Magdalena Margarethe von Moltke (Kinder, Bildmitte) von ihren Eltern, Joachim Friedrich und Maria von Moltke (ebenfalls abgebildet), Kirche zu Toitenwinkel (Öl auf Holz, um 1655)

Abb. 8: Epitaph für Ernst Christoph von Koppelow, Kirche zu Ivenack (um 1720)

Abb. 9: Grabplatte für Hinrik von Hahn, Kirche zu Roga (um 1563)

214 Tafelteil

Abb. 10: Patronatsgestühl der Familien Bassewitz-Moltke-Behr, Kirche zu Basse (1542)

Abb. 11: Bassewitz-Wappenschnitzerei am Patronatsgestühl der Familien Bassewitz-MoltkeBehr, Kirche zu Basse (1542)

Abb. 12: Bassewitzsches Patronatsgestühl, Kirche zu Basse (1542 und 1747)

Tafelteil 215

Abb. 13: Patronatsgestühl der Familie Behr u.a., Kirche zu Basse (1567)

Abb. 14: Ausschnitt aus dem Wappensaal der Familie Bassewitz, Herrenhaus zu Hohen Luckow (um 1707)

216 Tafelteil

Abb. 15: Rittersitz der Jahn zu Neese (um 1569)

Abb. 16: Möderitz mit Rittersitz und Wohnhaus der Stralendorff (1589)

Abb. 17: Rittersitze der Stralendorff auf Gamehl (Bildrand rechts) und Preensberg (Bildrand unten), Darstellung in einer Grenzstreitkarte (1682) Abb. 19: Viktor von Bassewitz, Plastik des Bassewitzschen Epitaphs, Kirche zu Basse (Werkstatt des Claus Midow, 1592)

Abb. 18: Rittergut Prillwitz mit Gutsanlage (1759, Familie Bredow)

Tafelteil 217

Abb. 20–23: Jochim Christoffer und Clara Sophia von Hahn, geb. Levetzow, sowie deren Kinder, Plastiken des Hahnschen Epitaphs, Kirche zu Roga (1659)

218 Tafelteil

Abb. 24: Inschrift am Güstrower Stadthaus des Joachim von der Lühe (um 1580)

Abb. 25: Inschriften am Herrenhaus der Familie Knuth zu Ludorf (1698)

Tafelteil 219

Abb. 26: Titelseite des „Hochzeitscarmens“ von Otto Dieterich von Oertzen für die Eheleute Henning Cordt Friedrich von Dewitz und Ida Clarelia von Dewitz (Rostock, 1732)

Abb. 27: Hochzeitsgedicht der Gebrüder Zülow zur Vermählung von Maria Elisabeth von Zülow und Carl Magnus von Zülow (Rostock, 1786)

Abb. 28: Titelseite der Bülowschen Familiengeschichte (1780)

220 Tafelteil

Abb. 29: Wappendarstellungen in der Bülowschen Familiengeschichte (1780)

Abb. 30: Ahnenprobe des Hartwig von Passow, Stich in der Leichenpredigt dess. (1645)

Tafelteil 221

Abb. 31: Ahnentafeln Jochim von Bülows und Anna von Cramons sowie ihrer Nachkommen, Stich in der Leichenpredigt des Jochim von Bülow (1616)

Abb. 32: Geschlechtsregister der Familie Negendanck, Separatdruck (1726)

222 Tafelteil

Abb. 33: Ahnentafel der Abel Margaretha von Lehsten, Stich in der Leichenpredigt ders. (1727)

Abb. 34: Ahnentafel des Rudolph Friedrich von Drieberg, Stich in der Leichenpredigt dess. (1707)

Tafelteil 223

Abb. 35: Geschlechtsregister und Ahnentafel des Matthias Hans von Behr (gezeichnet von Salomon Kleiner, Kurmainzer Hofingenieur, Wien 1753, Maße: 97 x 64 cm)

Abb. 36: Ahnentafel der Anna Sophia von Below (18. Jh., Maße: 61 x 42 cm)

224 Tafelteil

Abb. 37: Sarkophag des Helmuth von Plessen, Stich in der Leichenpredigt dess. (1694)

Abb. 38: Sarkophag des Rudolph Friedrich von Drieberg, Stich in der Leichenpredigt dess. (1707)

Abb. 39: Sarkophagteil eines Maltzanschen Familienmitgliedes, Kirche zu Ivenack (2. H. 18. Jh.)

Tafelteil 225

Abb. 41: Castrum Doloris beim Begräbnis des Dietrich von der Lühe, Stich in der Leichenpredigt dess. (1673) Abb. 40: Memorialzahl in der Leichenpredigt des Baltzer von Zülow (MDLLLVVVV = 1670)

Abb. 42: Frontispiz der Leichenpredigt des Hartwig von Passow (1645)

226 Tafelteil

Abb. 43: Maltzahnscher Eintrag in das Stammbuch des David von Mandelsloh: „Virescit Vulnere Virtus“ (Anfang 17. Jh.)

Abb. 44: Frontispiz der „Morgenländischen Reisebeschreibung“ des Johann Albrecht von Mandesloh (Stich, 1658)

Tafelteil 227

Abb. 45: Landtagsausschreiben Herzog Albrechts (Schwerin, 19. Mai 1540)

Abb. 46: Idol des slawischen Gottes Radegast, angeblich entdeckt auf dem Gamm-Bredowschen Gut Prillwitz (Stich, 1771)

228 Tafelteil

Abb. 47: „Sclaviae Borealis Tabula Geographica“, Slawen und ihre Siedlungen im Reich (Früh- und Hochmittelalter), insbesondere im späteren Mecklenburg, nach Meinung des Matthias Hans von Behr (um 1729)

Abb. 48: Denkmal für Günther von Passow im Güstrower Dom, errichtet auf Initiative des Güstrower Herzogs Gustav Adolph (um 1657)

Tafelteil 229

Abb. 49: Matthias von Vieregge auf Rossewitz (um 1515–1599)

Abb. 50: Adelheid von Vieregge, geb. Levetzow, Gattin des Matthias von Vieregge auf Rossewitz

Abb. 51: Anna von Schwerin (Mitte 16. Jh.)

Abb. 52: Viktor (Vicco) von Vieregge auf Rossewitz (1480–ca. 1546 oder 1456–ca.1538)

230 Tafelteil

Abb. 53: Adelheid von Hahn (17. Jh.)

Abb. 54: Clara Ilsche von Vieregge, geb. Raben (gest. 1674)

Abb. 55: Joachim von Vieregge auf Rossewitz (1590–1651)

Tafelteil 231

Abb. 56: Johann Albrecht von Mandesloh (1612–1644), Indienreisender

Abb. 57: Hartwig von Passow auf Zehna (1599– 1644), mecklenburgischer Geheimer Rat

Abb. 58: Dietrich von der Lühe (1616–1673), mecklenburgischer Oberpräsident

232 Tafelteil

Abb. 59: Porträt und Ahnenprobe des Georg Heinrich von Lehsten, Stich in der Leichenpredigt dess. (1696)

Abb. 60: Ernst Siegmund von Warburg auf Quadenschönfeld (geb. 1718), mecklenburgischer Landrat, Vizelandmarschall des Stargarder Kreises



Verflechtung und Interaktion

233

gen Deinen Blutsfreunden austheiltest“ darauf schließen.33 Nur wenige Jahre später begegnet in der veröffentlichten Briefkorrespondenz des Ernst Friedrich von Engel folgende Formulierung: „da ich die Ehre habe mit einigen von der Mecklenburgischen Ritterschaft in Blutsfreundschaft und mit andern in Gemüthsfreundschaft zu stehn [...].“34 In einem ähnlichen Zusammenhang stand in den 1780er Jahren das Treffen zwischen dem Schweriner Geheimen Rat und Oberhofmarschall Lützow und seinem alten Studienkollegen Stephan Werner von Dewitz in Neustrelitz. Ersterer begann das Gespräch: „Dewitz, kennst du mich nicht mehr? – wir waren academici zu Jena vor 34–35 Jahren“ – „wir sind von jeher und nun schon so lange Freunde gewesen“.35 Lützow hatte dabei die Aufgabe, Dewitz nach Schwerin abzuwerben, was ihm letztlich auch gelang. Es kann demnach konstatiert werden, dass (Bluts-)Freundschaften eine herausragende Rolle spielten, was nicht nur auf das 18. Jahrhundert, sondern auf den gesamten Untersuchungszeitraum bezogen werden kann.36 Freundschaft äußerte sich aber auch in der Form, dass sich die Verbrüderten während inneradliger Fehden zur Seite standen oder sich „Vnterschleif vnd Fürschub“ boten wie bsw. im Fall des strafrechtlich verfolgten Raubritters Achim von Pentz im Jahre 1545 und dessen Freunden aus den Familien Blankenburg, Halberstadt, ­Rieben und Restorff.37 Nach der Verhaftung der in den Ulenogischen Fälscherskandal verwickelten Elisabeth von Halberstadt (Moltke) im Jahre 1570 traten unverzüglich zahlreiche Freunde und Verwandte für sie ein und bürgten mit 20000 Talern.38 Wahre Freundschaft trat insbesondere auch dann offen zutage, wenn ein Mitglied jener eingeschworenen Kreise verstarb und ihm am Grab die – wie es wegen Claus Josua von Schack 1671 heißt – „gantze angehörende HochAdeliche Freundschafft“ die letzte Ehre erwies.39 Häufig waren sie sogar direkt in die Zeremonien eingebunden, indem sie sich an der Begräbnisorganisation beteiligten, Abdankungsreden hielten, den Leichenpredigtendruck initiierten oder Trauergedichte verfassten, die ebenfalls für die Veröffentlichung vorgesehen waren.40 33 Vgl. den Brief des Joachim Otto an Henning Friedrich von Bassewitz (Kiel, 26. Dezember 1726), gedruckt in: Bassewitz: Aus dem Leben, 216–217, hier S. 216. 34 Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 9; siehe auch Kap. 3.2. 35 Nach Dewitz’ Erinnerungen (Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 411–412). 36 Vgl. des Weiteren LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1058, Bl. 513–515 (Rieben, 16. Jh.); Wudrian: Das Güldene (Hahn-Maltzan, um 1600); Bassewitz: Aus dem Leben, S. 237–238 (Bassewitz-Gotter, 1740); Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 408–412 (Dewitz-Dewitz, Mitte 18. Jh.). Zum ökonomischen Kapital siehe Kap. 3.2. 37 Zitiert aus der Beschwerde des Kurfürsten von Brandenburg an Herzog Heinrich (nach Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 79–80). 38 Witte: Wilhelm Ulenoge, S. 18. 39 Marcus: Tägliche Bereitschaft; des Weiteren Qualen: Abdanckung, S. 7 (Freunde des Dietloff von Negendanck). 40 LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545, Februar und März 1615 (Peckatel, 1615); Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 74 (Drieberg, um 1686); Arnd: Christliche Leich-Predigt über den Seligen Hintritt (Vieregge, um 1671); Qualen: Abdanckung, S. 8 (Negendanck, 1688); Palm: Als Der Wohlgebohrne (Drieberg, 1707).

234 Stand Was die Patronage, einen dritten von Reinhard genannten potentiellen Träger von Interaktion, anbelangt, können an dieser Stelle keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden. Um die gezielte Förderung von adligen Klienten durch adlige Patrone und Gönner, die mit entsprechenden wirtschaftlichen oder politischen Möglichkeiten die Karrieren durch Vergabe von angesehenen Positionen oder Besitztümern zu fördern in der Lage waren, nachzuweisen, bedarf es m. E. in erster Linie privater Zeugnisse, insbesondere Briefe, deren Überlieferung sich allerdings problematisch darstellt. Dass es Patronage in den Reihen des mecklenburgischen Adels g­ egeben hat, dafür sprechen Beispiele wie das des o. g. Henning Friedrich von Bassewitz, der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Position des Geheimratspräsidenten unter Herzog Karl Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorf Chargen an Blutsfreunde verteilte. 41 Aufschlussreich sind darüber hinaus Gelegenheitsschriften, die auf die Existenz von Klientelverhältnissen hinweisen. So ist bsw. in einer Hochzeitsschrift für Detloff von Preen zur Mitte des 17. Jahrhunderts von „Fautoribus“ die Rede, was als Gönner übersetzt werden kann und womit u. a. Jacob Christoph von der Lühe, Matthis von Behr, Adam Otto von Vieregge, Pagel Otto von Vieregge und Cuno Paris von Hahn gemeint ­waren.42 Ebenso erwähnen die in Leichenpredigten enthaltenen Adelsviten so manche gönnerhafte Geste, die die Verstorbenen im Laufe ihres Lebens erfahren durften.43

3.3.2 Verflechtung und Kommunikation Wie Reinhard sagt, waren Verwandtschaft und Freundschaft zwei wesentliche potentielle Träger von Interaktion. Hier soll hinterfragt werden, wie diese Interaktion, d. h. das wechselseitige Aufeinandereinwirken der Akteure, realisiert wurde, wobei dem übergeordneten und synonym verwandten Begriff der Kommunikation eine besondere Bedeutung zukommen wird. In der Systemtheorie von Niklas Luhmann wird unter Interaktion Kommunikation unter Anwesenden verstanden. Er unterscheidet das Interaktionssystem von gesellschaftlichen Funktionssystemen, die immer eigene symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien verwenden und sich durch funktionale Differenzierung voneinander abgrenzen.44 Im Folgenden soll eine weniger theoretisch orientierte Differenzierung vorgenommen und der Schwerpunkt auf den wechselseitigen mündlichen und schriftlichen Informationsaustausch gelegt werden, also bei der sprachlichen, nicht der symbolischen Kommunikation.45 41 Vgl. den Brief des Joachim Otto an Henning Friedrich von Bassewitz (Kiel, 26. Dezember 1726), gedruckt in: Bassewitz: Aus dem Leben, S. 216–217, hier S. 216. Zu diesen Blutsfreunden gehörten u. a. sein Bruder, Joachim Otto, und der Onkel seiner Frau, Johannes von Clausenheim (Geheime Räte, vgl. Fromm: Bassewitz; Fromm: Behr). 42 Sehusius: Epithalamina. 43 Vgl. etwa Stindtman: Leichpredigt. 44 Luhmann: Einführung. 45 Vgl. Stollberg-Rilinger: Symbolische Kommunikation, S. 492–496; des Weiteren Hoffmann: „Öffent­lichkeit“ und „Kommunikation“.



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In etwas kleinerem Kreise wird der Informationsaustausch bei den unzähligen Gelegenheitsbesuchen stattgefunden haben, für die es nicht immer schwerwiegende Gründe geben musste, sondern die durchaus als Teil der Adelskultur angesehen werden können.46 Schon Anna von Kamptz berichtet von einem Aufenthalt bei der verwandten Familie Below zu Lebbin um 1540 und erwähnt in diesem Zusammenhang, dass der dortige Nachwuchs gerade Laufen lernte.47 Samuel von Behr hielt in seinen Schreibkalendern aus der Zeit des beginnenden 17. Jahrhunderts sowohl seine eigenen getätigten unzähligen Besuche bei mecklenburgischen Adligen wie auch die ihm abgestatteten fest und verwies beiläufig auf zahlreiche weitere Aristokraten, die ständig seinen Weg kreuzten, als sie zu Verwandten, Freunden und Bekannten unterwegs waren.48 Solche Gelegenheitsbesuche sind auch für den späteren Untersuchungszeitraum überliefert.49 Daneben nennen die Quellen auch konkrete Gründe, die einen Besuch nach sich zogen wie bsw. eine bevorstehende Niederkunft, Krankheit oder der sich abzeichnende Tod einer vertrauten Person.50 Zu einem Informationsaustausch kam es zweifelsfrei auch bei Begräbnissen. Dass an dieser Kommunikation in der Regel größere Adelsgesellschaften beteiligt waren, davon zeugen Trauergästelisten, Rechnungen, Zeugenaussagen, Formulierungen in Leichenpredigten („Hoch=Ansehnlich“) und nicht zuletzt Polizeiordnungen.51 Bei Taufen und Hochzeiten handelte es sich ebenfalls um Kommunikationsgroßereignisse.52 Regelrechte Adelswanderungen erfolgten im Rahmen christlicher Feiertage wie Weihnachten und Pfingsten, die Gelegenheit gaben, Verwandten, Bekannten und Nachbarn einen Besuch abzustatten. So heißt es bsw. wegen Kuno Wulffrath von Bassewitz, dass er am Weihnachtsfeiertag des Jahres 1610 mit seinem Nachbarn die Mittagsmahlzeit einnahm und dabei nach alter Gewohnheit seine Scherze machte.53 Für die Familien Oertzen und Maltzan ist für das ausgehende 17. Jahrhundert überliefert, dass sich gerade zum Weihnachtsfest die mitunter weit verstreuten Verwandten auf einem Rittergut zusammenfanden.54 Ernst Friedrich von Engel erwähnt sogar die Geschenke, die zu diesen Feiertagen in mecklenburgischen Adelsfamilien zur Mitte des 18. Jahrhunderts dargereicht wurden.55 Des Weiteren traf man sich offenbar 46 47 48 49

Kap. 3.1. Nach ihrer Zeugenaussage 1574, gedruckt bei Kamptz: Geschichte, S. 161–170. LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545. Vgl. etwa Kamptz: Geschichte, S. 85–86; Nugent: Travels, S. 146–147; Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung. 50 Duncker: Ein Christlicher Leichsermon (Holstein); Schramm: Victor Moriendo Triumphans (Bülow). 51 Vgl. etwa LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213 (Plessen, 1613); Stindtman: Leichpredigt; Siggelkow: Doppelter Ehren=Krantz; Bacmeister: Leichpredigt Bey der; Zander: Eine Christliche; Praetorius: Christliche; Appelius: Leichpredigt; Krüger: Insignia Christianorum; Lisch: Begräbnißkosten; zu den Polizeiordnungen Glöckler: Polizeiordnung; Groth: Polizeiordnung; Krüger: Policey-Ordnungen. 52 Lisch: Begräbnißkosten (Rechnung für die Hochzeit des Claus von Peckatel, 1605). 53 Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 46. 54 Meerheimb: Fünf Schwestern, S. 8; Maltzan: Lebensbilder, S. 249. 55 Engel: Briefwechsel, Band 3, S. 227, 229.

236 Stand auch am wenige Tage später stattfindenden Jahreswechsel, zu dem sich die Maltzan um 1620 „ein fröliches glückseliges Newes Jahr auß brüderlichem hertzen [...]“ gewünscht hatten.56 Zum Pfingstfest Ende Mai 1569 waren Albrecht von Quitzow und Joachim von Hahn einer Einladung Georgs II. von Maltzan nach Werder gefolgt. Von dort aus reisten sie ins nahe gelegene Penzlin, zur Aufführung der „Comedia von Adam und Eva“.57 Gerade Pfingsten bzw. die Tage davor und danach spielten eine herausragende Rolle im Jahreskalender, da besonders im 18. Jahrhundert zu dieser Zeit die jährlichen mit der Gutswirtschaft zusammenhängenden Vertragsverhandlungen stattfanden, zu denen sich viele Gutsherren und deren Familien nach Rostock bzw. zum dortigen Pfingstmarkt begaben.58 Verträge wurden daher häufig zu Trinitatis, dem Dreifaltigkeitstag am Sonntag nach Pfingsten, abgeschlossen. Daneben rechneten auch Pfandoder Pachtverträge sowie die gutswirtschaftliche Buchführung häufig von Trinitatis zu Trinitatis.59 Diese Aktivitäten zur Pfingstzeit fielen auch dem Mecklenburgreisenden Friedrich von Buchwaldt auf: „In der nemlichen Woche ist auch die Zeit des Umschlags in diesem Lande. Die meisten Edelleute und Gutsbesitzer des Landes finden sich nemlich hier [in Rostock] ein, um ihre Geldumsätze zu machen, ihre Frauen zu vergnügen, ihre Töchter zu zeigen, und sich ihre Bedürfnisse und Schwiegersöhne einzukaufen.“60 Die Ritterschaft umfasste zu jener Zeit etwa 700 Gutsbesitzer, wobei etwa die Hälfte aus dem Adel stammte.61 Man erhält also eine vage Vorstellung von dem, was sich jährlich zu besagter Woche in Rostock abspielte. Denn keineswegs nur für die Besitzer, auch für ihre Familien war das Pfingstfest ein kultureller Höhepunkt, der insbesondere wegen der Eheanbahnungen auch ein soziales Ereignis darstellte. Adlige Ehen zogen für gewöhnlich schriftliche und mündliche Korrespondenzen nach sich, in denen Eltern, Vormünder, Rechtsbeistände und andere Personen finanzielle Angelegenheiten wie Aussteuer oder Morgengabe verhandelten und die Zahlungsmodalitäten in den Ehepakten rechtskräftig ­fixierten.62 Im Vorfeld hatten die Schwiegersöhne den Brauteltern aufgewartet, und auch Braut und Bräutigam waren sich für gewöhnlich durch Briefe und Treffen bekannt. Darüber hinaus galten auch die mehrfach im Jahr stattfindenden kleineren und größeren Zusammenkünfte bei Feiertagen und Familienfesten, beim Umschlag, den Landtagen oder bei Hofe als Heiratsbörsen des Adels.63 Was die Vertragsabschlüsse und Geldgeschäfte des Adels anbelangt, bil56 Wudrian: Das Güldene. 57 Nach Schmidt: Geschichte, Band 2-2, S. 434. 58 „[...] morgen da ich zum Pfingsmarkt gehe [...]“, lautet eine Formulierung in einem Brief Joachim Otto von Bassewitz’ (Wohrenstorff, 8. Juni 1727). Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 225–226. 59 Vgl. generell LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia. 60 Buchwaldt: Oeconomische und Statistische Reise, S. 2–3. 61 Kap. 1.5. 62 Vgl. als Überblick Mülverstedt: Sammlung von Ehestiftungen. Diverse Eheverträge sind in den Prozessakten der Territorial- und Reichsgerichte überliefert, vgl. LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304 (Familien Pentz, Preen und Sperling, 17. Jh.). 63 Etwa an den Höfen in Mecklenburg, Dänemark, Hessen, Brandenburg wegen Dorothea von Hahn, Dorothea von Maltzan, Oelgard von Pentz, Christoph von Bassewitz, Barthold Hartwig



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dete im 16. und 17. Jahrhundert nicht nur das Pfingstfest im Mai oder Juni, sondern der Antoniustag, der 17. Januar, bzw. die Woche, in die dieses Datum fiel, den bevorzugten Zeitraum, wobei vornehmlich die Stadt Güstrow von der mecklenburgischen Adelsgesellschaft angesteuert wurde. Wie dieser zeitliche Wechsel zustande kam, ist bislang nicht eindeutig geklärt.64 Die jährlichen Umschläge in Güstrow, Rostock und andernorts waren zwar be­ deutende Zusammenkünfte des Landadels, doch letztlich wurden Verträge – welcher Art auch immer – zu jeder Zeit und überall abgeschlossen. Schließlich war es häufig notwendig, Kontakte kurzfristig zustande zu bringen. Für Erbteilungen bsw. boten sich weder festgelegte Orte noch geregelte Termine an. Hier galt es, auf dem jewei­ligen Rittergut eine schnelle Einigung über die Aufteilung der Hinterlassenschaften zu erzielen.65 Ein solche „christliche zusammende Kunft und Handlung“, wie sie mitunter von den Zeitgenossen bezeichnet wurde, dauerte im Idealfall wenige Stunden.66 Je nach Umfang der Erbmasse, den vertraglichen Voraussetzungen, Familiengröße und Alter der Erben nahmen daran nicht selten fünfzehn, zwanzig oder mehr Personen teil, die sich bereits Jahre zuvor, bei der Testamentsaufsetzung, als Erbnehmer, Vormünder, Zeugen oder Rechtsbeistände gegenübergestanden haben konnten.67 Ebenso erforderte die Gutswirtschaft als solche das ganze Jahr hindurch Vertragsverhandlungen und Korrespondenzen.68 Besonders hoch schien der Kommunikationsbedarf gerade dann, wenn man beabsichtigte, ein mecklenburgisches Rittergut zu erwerben. Nicht selten hielt die Nachricht einer anstehenden Veräußerung durch Mundpropaganda Einzug in den engeren Familienkreis, in dem anschließend Vor- und Nachteile diskutiert und mögliche Kaufstrategien verabredet wurden. So verhielt es sich auch zur Mitte des 17. Jahrhunderts in der Familie Oertzen. Während ihr Schwiegersohn, Hans Wilhelm von Meerheimb, als kaiserlicher Obrist in Breslau weilte, erledigte Anna von Oertzen nicht nur die alltäglichen Geschäfte, sondern erkundigte sich darüber hinaus eifrig nach einem zukünftigen Rittergut für ihre Tochter und deren Gatten. An letzteren schrieb sie im März 1661: „ich habe, allerliebster Herr sohn, mit höchstem Fleiß schon umbgefragt nach einer gutten gelegenheit vor meinen H[err]n sohn. Der Obrist Plessen saget von einem schönen gutt, wedendorf, sei Stattlich undt schön gebaut von guten Zimmern. [...] Es liget 4 ½ meil von Lübeck, 4 von Wismar, 3 oder 4 von schwerin, das wer wol waß for ihm und lenörgen [Kosename der Gattin]. [...] Der Ob.[rist] Pl.[essen] will sichs alles fleißig erkunden und mir dann ito schreiben.“ Als weiteres potentielles

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von Bülow im 17. Jh. (Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 35, 46, 60, 86; vgl. auch Düselder und Sommerfeld: Adel an der Peripherie, S. 17). Pietsch: Umschlag zu Güstrow. Kap. 2.3. So erwähnt in einem Kamptzschen Erbvertrag vom 3. Mai 1596 (nach Kamptz: Geschichte, S. 77). Vgl. generell LHAS, 9.1-1, RKG; ebd., 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia (Vertragsabschriften). Zu den Reisen des Vollrath Levin von Maltzan zwischen 1660 und 1696 vgl. Maltzan: Lebensbilder, S. 244–246.

238 Stand Gut bot sich das nahe der Ostseeküste gelegene Blengow an. „Der Sählige Mann – ein Herr v. Bülow – wird heute beigesetzt. Nächste Woche kommen die Freunde hin undt wollen sehen op es zu halten ist.“69 Daran ist bereits ersichtlich, dass, neben der mündlichen Kommunikation, dem schriftlichen Informationsaustausch per Brief eine große Bedeutung gerade hinsichtlich der Eheanbahnungen und vielseitigen Geschäftsaktivitäten der Verwandten, Freunde und Bekannten beigemessen werden muss.70 Zu den wenigen umfangreicheren überlieferten Briefkonvoluten zählt das des Matthias Hans von Behr, der im Alter von nur siebenundzwanzig Jahren von der Korporation der Mecklenburgischen Ritterschaft als Deputierter an den kaiserlichen Hof nach Wien entsandt worden war.71 Diese herausragende Position, die regelmäßige Reisen zwischen Wien und Rostock erforderlich machte, wirkte für viele insbesondere altmecklenburgische Adlige deshalb besonders anziehend, da sie durch entsprechende Korrespondenzen nicht nur hinsichtlich der aktuellen Entwicklungen in den Auseinandersetzungen zwischen mecklenburgischer Ritterschaft und Landesherrschaft, sondern auch über „Zei­ tungen“72 in Europa auf dem Laufenden gehalten wurden. In seiner Akte, die der Engere Ausschuss im sog. Landständischen Archiv anlegte, befinden sich mehr als 120 an ihn gerichtete Briefe, etwa von Mitgliedern der Familien Barner, Bothmer, Flotow, Gadow, Holtzendorf, Lühe, Moltke und Schulenburg und selbst vom Strelitzer Herzog Adolph Friedrich III., als dessen Wiener Gesandter er ebenfalls fungierte. Besonders interessant erscheint der Briefwechsel mit Wilhelm Altwig von Ihlenfeld, der im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges in den 1720er Jahren als kaiserlicher Hauptmann nach Neapel gelangte.73 Ein Informationsaustausch erfolgte inhaltlich bsw. dahingehend, dass Letzterer über Jahre hinweg Behr und damit gleichsam Verwandte und Freunde über Neuigkeiten aus Süditalien informierte. Er schrieb über den Krieg in Dalmatien (1718), den Kongress von Cambray (1724), das große Erdbeben in Palermo (1726), die Ankunft des neuen Vizekönigs, des Grafen von Harrach (1728), oder einfach nur über kleine Episoden aus der neapolitanischen

69 Aus dem Brief Eva von Oertzens (geb. Pentz) an Hans Wilhelm von Meerheimb (März 1661), in Auszügen gedruckt bei Meerheimb: Fünf Schwestern, S. 5–6. 70 Zu Geschichte und Bedeutung frühneuzeitlicher Briefkommunikation vgl. Steinhausen: Geschichte; Büngel: Der Brief; Worstbrock: Der Brief; Oellers: Der Brief; Kessler: Brief und Briefwechsel; Rogge: Wettinische Familienkorrespondenz, S. 205, Anm. 5 sowie Textkritik Heidelberg: Bibliographie. 71 Matthias Hans von Behr (1685–1729). Vgl. UBRSS, Familienpapiere Matthias Hans von Behr (2 Mappen); zu seiner Person Behr Negendank: Urkunden, S. 353–357. 72 So bezeichnet von Joachim Otto von Bassewitz (1727). Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 225. 73 Ihlenfeld stammte aus der Rehberger Linie des im südöstlichen Mecklenburg ansässigen Adelsgeschlechts. Vgl. den Briefwechsel in: UBRSS, Familienpapiere Matthias Hans von Behr; ebd., Familienpapiere Ihlenfeld. Im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges okkupierten die österreichischen Habsburger unter Joseph I. das Königreich Neapel, bis sein Nachfolger, Kaiser Karl VI., auf der Grundlage der Friedensverhandlungen von Utrecht und Rastatt 1713 und 1714 in den rechtmäßigen Besitz gelangte.



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Bevölkerung.74 Ähnlich verhielt es sich im Briefwechsel, den die Gebrüder Joachim Otto und Henning Friedrich von Bassewitz um 1720 zwischen Kiel, Hamburg, St. Petersburg und ihren Gütern Dalwitz und Prebberede unterhielten. 75 Im Übrigen scheinen gerade im 18. Jahrhundert Zeitungen im engeren Sinne wie „Amsterdamer Zeitung“ und „Französischer Merkur“ in den mecklenburgischen Residenzen kursiert zu haben, woran gerade der Hofadel partizipierte.76 Für das 16. und 17. Jahrhundert ist kein einziges vergleichbares Briefkonvolut überliefert, das das mecklenburgische, deutsche oder europäische Zeitgeschehen zum Thema hat. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die gebildeten Kreise des mecklenburgischen Adels schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts weitreichende Korrespondenzen mit Humanisten wie Philipp Melanchthon, Ulrich von Hutten und anderen unterhielten.77 Dass die briefliche Kommunikation eine herausragende Stellung einnahm, zeigen – wenngleich die Konvolute nicht überliefert sind – einzelne Briefe und Listen von Adressaten, an die die Schriftstücke versendet werden sollten. Das Thema dieser Briefe, das gilt für den gesamten Untersuchungszeitraum, waren nicht selten familiäre Ereignisse wie Taufen, Erziehung, Reisen, Eheschließungen und dergl.78 Allerdings waren die darin zu vernehmenden Informationen nicht immer erfreulich, da nicht selten der Tod einer vertrauten Person bekannt gegeben werden musste.79 In diesem Fall wurden auch gesonderte Begräbnisbriefe – Einladungen zur Trauerfeier – versandt, zu denen gelegentlich auch Adressatenlisten überliefert sind. In einem solchen Einladungsschreiben der Gebrüder Cordt, Hartwig und Joachim von Bülow wegen des am 14. Oktober 1589 verstorbenen Paul von Bülow auf Plüskow, das am 16. Oktober aufgesetzt wurde, heißt es: „[...] wir können euch, auß hochbekümmerten gemüthe und trawrigen herzen, freundtlicher wolmeinung nicht fürenthalten, welcher gestalt, vnser herzallerliebester seliger Vater, Paul von ­Bülowen, dessen Seelen Gott gnedig sey, am vergangenen Dienstage, auff den abendt vmb sechs vhr, welches war, der xiiii. tag Octobris [...] sanfft vnnd seliglich einge-

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Ebd. (Neapel, 15. April 1721, 2. August 1724, 27. September 1726, 26. November 1728). Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, besonders S. 225–227 (1727). Nugent: Travels, S. 339, 366. Vgl. etwa Melanchthon: Schreiben; Lisch: Joachim Maltzan, S. 4–5, 14, 323 sowie Kap. 3.1.3; des Weiteren Trunz: Der deutsche Späthumanismus; Worstbrock: Der Brief; Faulstich: Medien, S. 43–46. 78 Vgl. etwa Lisch: Urkundliche Geschichte, S. 414–415 (Oertzen, 1537); Melanchthon: Schreiben; Lisch: Biographie, S. 139–142 (Holstein, um 1539); Lützow: Wie man im Jahre 1610 (Lützow, 1610); LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 6 (Hahn-Lützow, 1675); LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Bellin, Vol. III, 1713 (= RKG 1125), Q 64 (Sala, 1699); Bassewitz: Aus dem Leben, S. 191 (Bassewitz, 1702); des Weiteren Walther: Christliche Vnterrichtung (Passow); Beverin: Christliche Leich-Predigt (Bülow); Bassewitz: Ewiger Ruhm (Lehsten). 79 Vgl. exemplarisch: UBRSS, Familienpapiere Ihlenfeld (Ihlenfeld, 15. April 1721); ebd., Matthias Hans von Behr (Behr, 27. Januar 1723); Beverin: Christliche Leich-Predigt (Bülow, Mitte 17. Jh.); Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 408 (Dewitz, Mitte 18. Jh.); des Weiteren Lisch: Begräbnißkosten, S. 26.

240 Stand schlaffen [...].“80 Das Begräbnis wurde auf den 28. Oktober zu St. Marien in Wismar angesetzt. Wie aus der Liste der Anwesenden und Eingeladenen ersichtlich ist, müssen allein wegen des Bülowschen Begräbnisses mindestens vierzig solcher Schreiben im Oktober des Jahres 1589 kursiert haben.81 Bedenkt man, dass dies nur einen ­einzigen verstorbenen Adligen des Jahres 1589 betraf, muss daraus zwangsläufig die Vermutung ergehen, dass die Briefkommunikation bereits im frühen Untersuchungszeitraum nicht nur weit verbreitet war, sondern auch außerordentlich gut funktioniert haben muss.82 Dies bestätigen auch einige Details, die hinsichtlich des Todes Claus von Peckatels am 14. Februar 1615 im Schreibkalender seines Freundes ­Samuel von Behr überliefert sind.83 So lautet bereits der Eintrag zum 20. Februar: „peccatelsche mihr geschrieben vndt Claus peccatels todt notificiret.“ Da die Entfernung zwischen Klein Vielen und Schwerin für mecklenburgische Verhältnisse nicht unbeträchtlich war, wird die Witwe, Elisabeth von Sperling, kurze Zeit nach dem Ableben ihres Gatten mit dem Schreiben und Versenden der Briefe begonnen haben.84 Die Nachricht von seinem Tod hatte Samuel von Behr jedoch schon früher, nämlich am 18. Februar, durch Vollrat von der Lühe erreicht. Im Übrigen traf am 20. Februar, also dem Tag, an dem er die Mitteilung Elisabeth von Sperlings erhalten hatte, Georg von Peckatel bei ihm ein, „vndt mihr begrebnies brieffe bracht zu ­Cristoff Barnevitzen begrebnies.“ Zwei Tage später schrieb er den Witwen zurück. Am 1. März reiste er schließlich nach Klein Vielen, um „des obersten leiche [zu] besehen“ und „accordo“ zu machen zwischen der Witwe und Georg von Peckatel. Am 8. März erhielten er und der Herzog ein offizielles Begräbnisschreiben aus Klein ­Vielen, das noch am selben Tag beantwortet wurde. Am 29. März fand das Begräbnis statt.85 Im späteren Untersuchungszeitraum sollten die Korrespondenzen der Hinterbliebenen in ähnlicher Weise, aber noch standardisierter und routinierter vonstatten gehen. So heißt es bsw. bezüglich der Beerdigung des Vicke von der Lühe auf Buschmühlen und Thelkow 1672: „Vor etzliche und 40 begräbnuß=Brieffe, die 80 Gedruckt in Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, Urkunden, S. 79–82. 81 Ebd., Anlage 6. 82 Bsw. verstarben in den Jahren 1615–1616: Claus von Peckatel, Jasper von Lützow, Hans Ernst von Jasmund, Claus von Holstein, Jochim von Bülow, Benedikte von Bülow, geb. Peckatel (nach Bill: Mecklenburgischer Adel) und Cristoff von Barnewitz (LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545). Vgl. des Weiteren die Rechnung zum Begräbnis des Henneke von Plessen (Stadtherr von Brüel) aus dem Jahre 1613 (LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213, Anlage C). Die für das Plessensche Begräbnis notwendigen Kurierdienste erfolgten u. a. von Güstrow nach Schwerin, Plau, Zurow, Brüel und Tessin. Vgl. des Weiteren LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 849 (Joachim von Halberstadt, Hans von Linstow, Georg von Wackerbart, Matthias von Schmeker, Matthias von Vieregge, August von der Lühe, Melchior von Zeppelin, Arndt und Christoph von Levetzow). 83 Im Folgenden LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545 (= Tagebuch 1615). 84 LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Klein Vielen (Rechnung des Parchimer Apothekers für Claus von Peckatel, 1615); des Weiteren Umschlagabbildung Vorderseite. 85 Stindtman: Leichpredigt.



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­Personalia und waß sonsten zu schreiben gewest [...].“ Die Hinterbliebenen schrieben demnach nicht selbst, sie ließen schreiben.86 Ähnlich wird man auch beim Ableben Claus von Peckatels vorgegangen sein, worauf seine hohe gesellschaftliche Position und die beachtliche Zahl der Trauergäste schließen lassen. 87 Zur Mitte des 17. Jahrhunderts, anlässlich eines Begräbnisses der Familie Sperling zu Rubow, schlugen a­ llein die sechs Bücher Papier, die noch beschrieben werden mussten, mit zwanzig Rthlr. zu Buche.88 Offenbar sah sich die Familie 1672 imstande, ihre Begräbnisbriefe zu drucken,89 was im 18. Jahrhundert nichts Außergewöhnliches darstellen sollte. Bei den Jasmund zu Rödlin wurden 1778 regelrechte Blanko-Mitteilungen erstellt, die nur noch des Empfängereintrags und einer Unterschrift bedurften; bereits zwei Tage nach Ableben Carl Friedrich von Jasmunds gingen zahlreiche dieser im Schnellverfahren gedruckten Todesanzeigen vom Strelitzschen Rödlin aus auf die Reise. Die Antwort wurde „gehorsamst verbethen.“90 Auch im Vorfeld von Zusammenkünften, die auf christliche Feiertage zurückgingen, werden entsprechende schriftliche Korrespondenzen stattgefunden haben.91 Wie der Brief Anna von Oertzens an ihren Schwiegersohn Hans Wilhelm von Meerheimb von 1661 andeutete, gehörten neben Familienangelegenheiten Fragen rund um das mecklenburgische Rittergut zu den Korrespondenzthemen der Freunde und Verwandten. Die jüngere Kommunikationsforschung hat dazu festgestellt, dass Fragen der Ökonomie häufig die Initialzündung für den frühneuzeitlichen schriftlichen ­Informationsaustausch darstellten. Gelegentlich wird sogar behauptet, dass die enge Verbindung von brieflicher Kommunikation und frühkapitalistischer Wirtschaft das herausragende Charakteristikum dieser Medienkulturphase überhaupt ist.92 Dies lässt sich angesichts der Quellenüberlieferung für den Mecklenburger Adel nur schwerlich belegen. Ein indirekter Nachweis könnte bsw. über die Akten der Gerichtsprozesse erfolgen, die – wie an anderer Stelle erörtert – von den Aristokraten mit großem Eifer vor Landes- und Reichsgerichten forciert wurden. 93 Zweifelsfrei war dazu ein Briefwechsel notwendig, wobei sich das Gros der allein zum Reichskammergericht überlieferten ca. eintausend Streitfälle, in die der Adel verwickelt war, 86 Die Kosten für das Briefeschreiben beliefen sich auf 2 Gulden (eine Tonne Schwaansches Bier kostete 3,5 Gulden). Vgl. Lisch: Begräbnißkosten, S. 29–30. 87 Stindtman: Leichpredigt. 88 Ihr Wert entsprach vier Tonnen Bier, von denen insgesamt zweiundzwanzig geordert wurden. Vgl. die Kostenaufstellungen der Ursula Dorothea von Negendanck (Rubow, 1670), in: LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 304, Bl. 479–483. 89 Ebd. 90 Vgl. UBRSS, Familienpapiere Jasmund (Todesanzeige des Carl Friedrich von Jasmund auf Rödlin, Nachricht der Witwe, Sophia Charlotte, geb. Plessen, an den Engeren Ausschuss, Rödlin, 1778); des Weiteren Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 37 (Bassewitz, 1783). 91 Vgl. etwa den Brief Wilhelm Altwig von Ihlenfelds an Matthias Hans von Behr (Neapel, 7. Dezember 1725), in: UBRSS, Familienpapiere Ihlenfeld. 92 Faulstich: Medien, S. 48–57. 93 Vgl. LHAS, 9.1-1, RKG; Stein-Stegemann: Inventar; LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia sowie Kap. 2.3.

242 Stand um Fragen des ökonomischen Kapitals drehte.94 Ganz zu schweigen von denjenigen nur selten überlieferten Korrespondenzen, die in nichtgerichtlich ausgetragenen Streitigkeiten oder bereits im Vorfeld der Gerichtsprozesse stattgefunden haben. So heißt es bsw. 1574 in einem Brief des Arnd von Kamptz an seinen in Malchin lebenden Bruder Hans von Kamptz: „Ich kann Dir nicht bergen, dass Henning Kerberg bei mir gewesen ist, und laut unserm semptlichen an ihn gethanenen Schreiben nach Malchin ziehen wollen [...]. Henning Kerberg hat mich darauf gebeten, Dir baldig zu schreiben [...].“95 Neben den Streitigkeiten um ökonomisches Kapital wurden Briefe gerade innerhalb der Familien auch dazu verwendet, den Gutsalltag zu organisieren und zu kontrollieren, was besonders dann wichtig war, wenn sich die Familienoberhäupter auf Reisen befanden. Landrat Philipp Cuno von Bassewitz auf Prebberede, der im November 1702 am Landtag im nahe gelegenen Malchin teilnahm, schrieb an seine Gattin: „Sonsten will ich hoffen es werde der Schlächter die Hammel abgeholet haben, wo nicht muß man ihm bey der Obrigkeit in Rostock verklagen und dazu anhalten laßen, den ich das Geld nicht entbehren kann.“96 Johann Lotharius Friedrich von Maltzan war dagegen nicht nur wenige Wochen, sondern das ganze Jahr über abwesend. In den 1750er Jahren wirkte er als dänischer Gesandter in St. Petersburg und Moskau und dirigierte die heimische Gutswirtschaft Rothenmoor allein über Briefe – etwa fünfzig sind nachweisbar – an seinen Bruder und Bedienstete.97 Die von erwähnter Anna von Oertzen überlieferten Briefe sind neben dem Gutserwerb im Allgemeinen auch hinsichtlich der Kaufstrategien recht aufschlussreich.98 Ähnlich verhält es sich mit der schriftlichen Korrespondenz der Gebrüder Henning Friedrich und Joachim Otto von Bassewitz, deren Ziel es um 1720 war, billige Konkursmasse aufzukaufen, selbige nach Umgestaltung in die lukrativere Koppelwirtschaft gewinnbringend zu verkaufen bzw. die strategisch günstig gelegenen Güter in der näheren Umgebung der Stammsitze Dalwitz und Prebberede für die BassewitzGrafschaft einzubehalten.99 So schrieb Joachim Otto von Bassewitz im April 1726 an seine Bruder: „Ich habe aber 2 Güter im Vorschlag, da ich in Gottes Nahmen vor Dir auf losgehen werde. Das 1ste ist Wardau mit Jamen, Wosheiten und Spotendorff, nebst der Vipernus, als welche Lehsten vor einigen Jahren gekauffet hat. Kann ich solche mit der Besatzung von Vieh vor 50 m. Rthlr. bekommen, werde ich in Gottes Nahmen zuschlagen [...].“ Nur fünf Tage später schrieb er erneut an seinen Bruder in St. Petersburg: „Mein Gott wie froh bin ich, daß Lautzau wegen Bützin nicht zugeschlagen hat, da ich sehe, wie sehr Du davon degoutirt bist [...].“ Weiter heißt es: „[...] ich warte auch mit Schmerzen, ob Du das von mir gekaufte Guth Walkendorf 94 95 96 97 98 99

Vgl. als Überblick Stein-Stegemann: Inventar. Nach Kamptz: Die Familie, S. 247. Vgl. den Brief (Malchin, 27. November 1702), gedruckt in: Bassewitz: Aus dem Leben, S. 191. Maltzan: Lebensbilder, S. 255–278. Meerheimb: Fünf Schwestern, S. 5–6. Vgl. im Folgenden Bassewitz: Aus dem Leben, S. 209–211 (Wohrenstorff, Kiel, 17. und 22. April 1726); Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 194 (Karte der „Bassewitz-Grafschaft“, 18. Jh.).



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haben, oder zu Ankauffung Wardau Ordre geben wirst; im Fall Du letzteres, wie ich leicht glaube und denken kann, nehmen würdest, so hättest Du Deine kleine gewünschte Graffschaft, und solchen Fall nichts weiter nöthig.“100 Der inneradlige schriftliche Informationsaustausch scheint bereits im frühen ­Untersuchungszeitraum ohne nennenswerte Zeitverzögerungen realisiert worden zu sein. Was den Brieftransport anbelangt, ist u. a. bekannt, dass der Korrespondenz­ verkehr der Hansestädte im 16. und 17. Jahrhundert durch Botenanstalten vorgenommen wurde.101 So waren etwa die Kaufmannschaften der Seestädte Rostock und Wismar Glieder des sog. Danziger Boten, der von Brügge über Gent, Antwerpen, Herzogenbusch, Nimwegen, Arnheim usw. bis nach Stettin, Kolberg, Danzig, Königsberg und Riga verkehrte.102 Die Landesherrschaft betrieb ebenfalls eine eigene private Botenanstalt: Gegen Ende des 16. Jahrhunderts unterhielt MecklenburgSchwerin zwei, Mecklenburg-Güstrow drei Kuriere.103 Sicherlich wird auch so mancher mecklenburgische ­Adlige seine Korrespondenzen über diese Institutionen abgewickelt haben, vor allem die aus dem näheren sozialen Umfeld o. g. Fürstenhäuser und Hansestädte. Schon Moeller konstatierte, dass die Kaufmannsboten zusätzlich den Brieftransport der übrigen Bevölkerung übernahmen. 104 Die Landesherrschaft klagte im 16. Jahrhundert über Missbräuche ihrer Botenanstalten, in dem die Zu­ steller unterwegs Briefe gegen Entgelt annahmen und somit ihren Dienstherren ­„untreu“ wurden.105 Nicht zuletzt standen die Ritterschaftsvertreter in direktem Kontakt zur Landesherrschaft. Als Lehnsnehmer – etwa hinsichtlich Huldigungen, Eidesableistungen, Landtagen, Gerichtsprozessen – bekamen sie regelmäßig Besuch von fürstlichen Briefboten.106 Während die direkte und häufig illegale Beteiligung des Adels am System der landesherrlichen und kaufmännischen Kurierinstitutionen des 16. und 17. Jahrhundert nur vermutet werden kann, lässt sich hingegen nachweisen, dass gerade die Korrespondenzen im Familien- und Freundeskreis durch eine Art separates Botensystem gewährleistet wurden. Im Gegensatz zu den fürstlichen und hansischen Kuriereinrichtungen wird es zwar nicht in derartig organisierter und geregelter Form stattgefunden haben, jedoch durch Improvisation im Stande gewesen sein, den immensen Briefverkehr des Adels zu bewältigen. Im 16. Jahrhundert dürfte wohl auch den Knappen, die Schriftstücke für gewöhnlich in einer am Hals oder am Gürtel hängen100 Im Übrigen wurden Verkaufsangebote für Rittergüter etwa seit Mitte des 18. Jh. in Zeitungen wie den „Mecklenburgischen Nachrichten“ publik gemacht. Vgl. etwa Mecklenburgische Nachrichten (2. Mai 1750, 13. Januar 1753, 16. Mai 1798). 101 Zur mecklenburgischen Postgeschichte vgl. Moeller: Geschichte des Landes-Postwesens; zum frühneuzeitlichen Reichspostwesen Behringer: Im Zeichen des Merkur. 102 Dube: Landespost, S. 156. 103 Moeller: Geschichte des Landes-Postwesens, S. 7; zur Kommunikation im Hochadel vgl. Keller: Kommunikationsraum; des Weiteren Rogge: Wettinische Familienkorrespondenz. 104 Moeller: Geschichte des Landes-Postwesens, S. 13–14. 105 Ebd., S. 10. 106 Siehe dazu Kap. 4.1.1.

244 Stand den Büchse transportierten, die Übersendung anvertraut worden sein.107 Mit dem Ausbau der adligen Eigenwirtschaften und der damit in Verbindung stehenden Ausweitung der Untertanendienste sollte zunehmend die dörfliche Bevölkerung in den Kurierbetrieb ihrer Gutsherren eingebunden werden. Bei den Quitzow zu Voigts­ hagen oblag diese Aufgabe den Kätnern, deren „märkische reisen“ zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Verbindung zwischen ihnen und den in der Mark ansässigen Vettern aufrechterhielten.108 Christoff von Peckatel ließ wegen der Korngeschäfte z­ u Weisdin 1617/18 seine Boten laufen.109 In einem Trauerfall der Familie Lühe 1672 bezahlten die Erben „Vor Bottenlohn die außwertigen Brieffe zu bestellen“ zwei Gulden und zehn Schilling, was etwa dem Wert eines Hammels entsprach.110 Hier ist jedoch nicht eindeutig festzustellen, ob der Brieftransport durch eigene Boten oder die landesherrliche Post realisiert wurde, die bekanntlich in den 1660er und 1670er Jahren einen bedeutenden Aufschwung erfahren hatte. Die mecklenburgische landesherrliche Post stand in enger Verbindung zum Reichspostwesen der Turn und Taxis.111 Parallel zu den Boteninstitutionen führte seit 1534 die Magdeburg und Lübeck verbindende Reitpost durch die mecklenburgischen Städte Grabow und Schwerin.112 Dreißig Jahre später erwirkte eine Anordnung des Güstrower Herzogs Ulrich die Anlage einer allgemein zugänglichen Reitpost, „den gemeinen Unterthanen mit zum Höchsten gelegen“, welche zwischen Neubrandenburg, Neukloster, Malchin und der Residenz Güstrow pendelte.113 Dieses Kommunikationsnetz wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts erweitert, indem die mecklenburgische Landesherrschaft Vereinbarungen mit benachbarten Postämtern traf, insbesondere mit dem Lübecker.114 Dem kurzen Aufschwung unter Wallenstein folgte ein Niedergang des mecklenburgischen Postsystems, das sich erst in den 1660er Jahren von den Auswirkungen des 30jährigen Krieges erholt hatte. Nun traf jeden zweiten Tag der zwischen Schwerin und Güstrow reitende herzogliche Diener, der Einspännige, in Lübeck ein. 1663 kursierte eine Fahrpost von Güstrow nach Neubrandenburg, die an den Kurs nach Stettin anschloss. In den 1670er Jahren etablierte sich schließlich eine regelmäßige Post zwischen Schwerin und Hamburg.115 Der nun vorangetriebene Ausbau der Landesposten war um 1680 gefestigt und gegen Ende des Jahrhunderts so weit vorangeschritten, dass man sich der Mühewaltung, die mit der Oberaufsicht und Kontrolle des Postbetriebes verbunden war, entledigte. Die 107 Vgl. Steinhausen: Geschichte, S. 34; zu den Knappen Kap. 3.2. 108 Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 181. 109 Vgl. LHAS, 2.12-4/2, Lehnakten, Specialia, Weisdin (wegen Christoffer von Peckatel, 8. Februar 1618). Zu den Privatboten vgl. auch Steinhausen: Geschichte, S. 133. 110 Wegen Vicke von der Lühe auf Buschmühlen und Thelkow (vgl. Lisch: Begräbnißkosten, S. 29–32). 111 Vgl. als Überblick Behringer: Im Zeichen des Merkur. 112 Moeller: Geschichte des Landes-Postwesens, S. 17; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 420–421. 113 Laut Verordnung vom 14. September 1564 (Moeller: Geschichte des Landes-Postwesens, S. 17). 114 Ebd., S. 11–12. 115 Ebd., S. 18, 34–35.



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Landesposten wurden Privatpersonen in Pacht überlassen. Unter dem Schweriner Herzog Friedrich Wilhelm oblag diese Aufgabe seit 1697 dem Geheimen Rat und Hofgerichtspräsidenten Koppelow; in Mecklenburg-Strelitz unter Adolph Friedrich II. erledigte ab 1707 Adam Friedrich von Jasmund die Direktion der Posten „zu seinem pericul und Nutzen“.116 Darüber hinaus vermittelten seit 1701 zwei große Postkurse von Rostock über Bützow, Sternberg, Schwerin, Gadebusch, Ratzeburg und von Neubrandenburg über Güstrow, Sternberg, Schwerin, Boizenburg in ununterbrochenem Lauf den Verkehr mit Hamburg. Seitenkurse schlossen auch die abgelegenen Teile des Landes an diese Hauptwege an.117 Im Verlauf des 18. Jahrhunderts erfolgte der weitere Ausbau des Postnetzes.118 Dass nun die mecklenburgischen Adligen an diesen landesherrlichen und überterritorialen Postanstalten partizipierten, zeigt das Beispiel der Plessen auf Cambs, die 1678 durch den Postmeister zu Wismar Weizenmehl transportieren ließen.119 1727 heißt es dann in einem Brief von Joachim Otto von Bassewitz an seinen in St. Petersburg weilenden Bruder: „ich eben in 3 Posten keine Briefe von Dir erhalten, die nun alle 3 unter dem 13ten, 17ten und 20ten hiesigen Styls allhier zu Wohrenstorff zu meiner höchstnöthigen Aufrichtung mir in die Hände fallen [...].“120 Gerade die im Ausland tätigen Mecklenburger und nicht zuletzt auch diejenigen, die sich für die Auswanderung entschieden hatten, konnten auf dem Weg der öffentlichen Postanstalten mit ihren Verwandten im „Vaterland“ kommunizieren.121 Auf diese Weise gelangte der Brief eines im Zuge des Siebenjährigen Krieges emigrierten Pressentin über Philadelphia, London, Calais, Brüssel, Haag, Amsterdam und Hamburg schließlich nach Sternberg bzw. zu Gustav Friedrich von Pressentin.122 Im Übrigen wurde auch der postalische Personentransport inner- wie außerhalb Mecklenburgs von Adligen wie Johann Lotharius Friedrich von Maltzan oder Stephan Werner von Dewitz hinreichend genutzt.123

3.3.3 Grenzen adliger Vernetzung Das Informationssystem der verwandten und befreundeten Mecklenburger Adelskreise basierte auf mündlicher und schriftlicher Kommunikation, wobei letztere durch Briefe und deren von offiziellen und improvisierten Botenanstalten vorgenom116 Ebd., S. 31, 310. 117 Ebd., S. 52. 118 Büngel: Der Brief, S. 68; Dube: Landespost; Nugent: Travels. 119 Meerheimb: Fünf Schwestern, S. 8. 120 Joachim Otto von Bassewitz an seinen Bruder Henning Friedrich (Wohrenstorff, 8. Juni 1727), in: Bassewitz: Aus dem Leben, S. 225–227, hier S. 225. 121 Zum Problem der Emigration vgl. Kap. 3.2. 122 Gustav Friedrich von Pressentin auf Jesendorf, seit 1760 pensioniert zu Sternberg (Anonymus: Geschlecht von Pressentin, S. 11). 123 Maltzan: Lebensbilder, S. 258; Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 408.

246 Stand mene Übersendung realisiert wurde. Die Geschwindigkeit, mit der Informationen ausgetauscht wurden, war beachtlich. Schwerwiegende Kommunikationsstörungen scheint es nur in Ausnahmen – etwa im Kriegsfall – gegeben zu haben.124 Störungsanfällig waren vielmehr Verwandtschaft und Freundschaft, denen die Kommunikation dienlich sein sollte. Dass gerade die zwischen den adligen Personen bestehenden Freundschaften nicht immer besonders tiefgründig waren, lässt sich an zwei Beispielen veranschaulichen. Das erste bezieht sich auf die Witwe Zabel II. von Oertzen auf Lüttenhagen. Als sie 1663 bei Herzog Gustav Adolph um Einnehmung in das ­Armenhaus zu Stargard bat, gab sie zu Protokoll, dass dies notwendig sei, da „ihre Freunde sich ihrer nicht angenommen [...].“125 Deutlicher hingegen wird das Problem in einer Aussage Hans Christoph von Jasmunds zum Ausdruck gebracht, der in seiner 1609 vor der zahlreich erschienenen Stargarder Ritterschaft gehaltenen Huldigungsrede auf Schein und Sein adliger Freundschaft zu sprechen kam. „Anfae nglich finden sich frische Dutzbrue der /Bieroheime vnd Tafelfreunde /die ihnen in allen billichen vnd vnbillichen Sachen nach dem Munde sprechen vnd Ehr anthun /Bald aber hernach [...] pflegt grosser Mangel /Armut vnd Verachtung bey allen /so zuvorhin ihr Bradtspieß oder Bratenwender gern haben wenden sehen oder knue rren hoe ren / nicht anders /als wie die Fliegen /nach vnd mit dem lieblichen Geruch /sich hae uffig sammeln /vnd darnach wider abziehen. Welcher Fehl zwar von der Ritterschaft erkandt vnd bekandt /aber nicht geendert vnd gebessert wird.“126 Demnach bestünde Freundschaft nur so lange, wie sie der eigenen Situation dienlich sei; sofern einer jedoch Hilfe benötige – was zu Beginn des 17. Jahrhunderts angesichts der vorausgegangenen agrarischen Krise keine Seltenheit war –, könne man sich nicht auf seine sog. Freunde verlassen. Die öffentlich geäußerte Kritik und der Umstand, dass die führenden politischen Köpfe der Ritterschaft darum wussten, lassen darauf schließen, dass rein instrumentelle Freundschaften unter mecklenburgischen Adligen um 1600 weit verbreitet waren. Da finanzielle Krisensituationen ein wiederkehrendes Charakteristikum der frühneuzeitlichen mecklenburgischen Aristokratie insgesamt waren, sind ähnliche Verhältnisse für den gesamten Untersuchungszeitraum anzunehmen. Störungen im Bereich der Verwandtschaft, insbesondere der Ehe als dem zentralen Gebilde des frühneuzeitlichen Adelsnetzwerkes, sind in umfangreicherem Maße überliefert. Zwar sprechen allein die in großer Anzahl vorliegenden Eheverträge dafür, dass das Prinzip durchaus erfolgreich in die Praxis umgesetzt worden ist, es liegen aber auch Beispiele dafür vor, die das Gegenteil beweisen. Der aus dem Stargarder Landesteil stammende Christoph von Oldenfleth ist einer dieser Fälle, die 124 Zu den durch Kriege hervorgerufenen Kommunikationsstörungen in den Familien Ketelhodt (1648), Maltzan (1649), Oertzen (1689), Ihlenfeld (um 1723) vgl. Ketelhodt: Urkunden, S. 20; Maltzan: Lebensbilder, S. 240; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 352; UBRSS, Familienpapiere Ihlenfeld (Neapel, 24. Dezember 1723, 26. November 1728); zu den Unsicherheiten im Brieftransport Moeller: Geschichte des Landes-Postwesens, S. 14; Steinhausen: Geschichte, S. 50–51; Maltzan: Lebensbilder, S. 237. 125 Zitiert nach Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 265. 126 Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes.



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zeigen, dass eine durch Dritte in die Wege geleitete eheliche Verbindung zweier adliger Personen bzw. Aristokratenfamilien scheitern konnte. Aus „furnehmer vom adell dienst“ war der junge Christoph von Oldenfleth um 1605 aus dem Lande Braunschweig nach Mecklenburg zurückgekehrt.127 Nachdem der Versuch, im Güstrower Herzogtum eine Hofcharge128 zu bekleiden, scheiterte, besuchte er – wie er später selbst zu Protokoll brachte – „nach adelichen Landesgebrauch zur guter freundtschaft“ einige ihm vertraute Adelsgeschlechter, zu denen auch die Familie Stahl auf Neu Panstorf gehörte. Hier lernte er Ingeborg von Stahl, die Tochter Zabel von Stahls, kennen, die – seiner Aussage zufolge – auf ihn „ein sonderbahr gemuth geworffen“, sich an ihm „mit dem Narren verfressenn“ und ihn „mit liebhabern affecten vndt zuneigungen genöetigt“ hätte. Dazu meinte er später, er hätte sich allein wegen o. g. Landesgebrauchs bei den Stahl aufgehalten und habe „aus fleischlicher blödigkheitt solche zugethane affecten, nichtt anders als zu gueter Correspondentz verstehen khönnen [...].“ Bei einem dieser Zusammentreffen gab er Ingeborg das Eheversprechen, woran Ingeborgs Schwager, Jacob von Oertzen und Friedrich von Tepling, nicht ganz unbeteiligt waren. Nachdem sie ihn in Teterow „mit gebranten Wein empfangen“ hatten, ritten sie gemeinsam nach Panstorf, wo er schließlich einwilligte. Nachdem Oldenfleth wieder Herr seiner Sinne war, brach er das Eheversprechen. Ingeborg und ihre rechtlichen Vertreter wandten sich daraufhin an das Kirchengericht zu Rostock, das sich ab 1607 mit einer Schmerzensgeldforderung von 5000 Gulden befasste. Oldenfleth versuchte zwar, seine Umstimmung durch die zeitweilige Unzurechnungsfähigkeit und damit, dass er noch unter „Voigtthumb ­seiner Vormunde“ stünde, zu begründen, doch scheint der Schiedsspruch nicht zu seinen Gunsten verlaufen zu sein, da er anschließend an das Reichskammergericht appellierte. Schmerzensgeldforderungen wie diese waren gerade im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert in der mecklenburgischen wie in der deutschen Adelsgesellschaft nichts Besonderes; laufend hatten sich Landes- und Reichsgerichte mit Fragen der Ehre, um die es hier zweifelsfrei ging, zu befassen.129 Weitere Fälle, die die Aufkündigung des Verlöbnisses zum Gegenstand hatten, waren die gerichtlichen Aus­ einandersetzungen zwischen Mechthild von Levetzow und Joachim von Bützow (1575–1588) bzw. Ilse von Maltzan und Gebhardt von der Lühe (1617–1620), wobei jeweils letztere die Eheversprechen brachen.130 Dem unverheirateten Claus von Peckatel wurde um 1570 vorgeworfen, er hätte Elisabeth von Blücher, die Witwe Henneke von Holsteins auf Zahren, außerehelich geschwängert und darüber hinaus das Eheversprechen gebrochen. Sein Vater vertrat den damals Minderjährigen zu127 Christoph von Oldenfleth, später Besitzer von Klein Daberkow und Pfandherr auf Kreckow. Vgl. im Folgenden LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 803, besonders Q 41. 128 Zu den Hofchargen vgl. Kap. 3.2. 129 Vgl. als Überblick Fuchs: Um die Ehre sowie zu Fragen der Ehre in mecklenburgischen Reichskammergerichtsakten LHAS, 9.1-1, RKG bzw. Stein-Stegemann: Inventar; exemplarisch LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 801, Bl. 73–75 bzw. Kap. 2.3 (Ilse von Oldenburg). 130 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 151, 739.

248 Stand nächst vor dem Konsistorium zu Rostock und anschließend vor dem Hofgericht zu Güstrow. Peckatel sollte seiner Güter verlustig und des Landes verwiesen werden, woraufhin er an das Reichskammergericht appellierte. Im Übrigen klagte hier nicht Elisabeth von Blücher (bzw. ihre Vormünder), sondern – es handelte sich um eine Straftat – der mecklenburgische Fiskal, weshalb sie zeitweise inhaftiert worden war.131 Die mehr oder weniger selbst vorgenommene Wahl der Ehepartner scheint auch im 18. Jahrhundert unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen zu haben. Zufrieden zeigte sich Joachim Otto von Bassewitz, als er seine zukünftige Ehefrau, Adelheid Benedicta von Ahlefeld, zum ersten Mal sah. An seinen Bruder schrieb er 1719: „Die vorgeschlagene persohn ist sehr gut, und wo mir recht ist bin ich zu Pretz in ihr verliebt gewesen, weil sie damahlen wie eine Puppe aussah [...].“132 Stephan Werner von Dewitz hingegen scheint nicht sonderlich glücklich über die für ihn vorgesehene Braut gewesen zu sein. Als er um 1770 seine Erinnerungen niederschrieb ­bemerkte er: „Gott sei Lob und Danck dafür, dass ein gewisser Heirathsplan, wobei [...] die Geliebte die einzige Tochter eines reichen Mannes, des H. von Dewitz zu Daberkow, war, durch göttl. Schickung und durch meine Reise nach England vereitelt ward.“133 War eine solche (Zwangs-)Ehe schließlich vollzogen, stand für gewöhnlich für einen der Ehepartner ein Wohnsitzwechsel an. Da im Laufe eines Lebens durchaus mehrere eheliche Verbindungen eingegangen werden konnten – drei oder vier waren keine Seltenheit134 –, führte dies gelegentlich zu kleineren und größeren Konflikten mit bereits bestehenden Verwandtschaftskreisen des neuen Lebenspartners, wobei – wie oben dargestellt – die minderjährigen Lehnserben – aus dieser Perspektive die Stiefkinder – von ihren Vormündern unterstützt wurden. Wenn der Ehemann ein Rittergut besaß, hatte sich dessen zugezogene Frau nicht nur mit der neuen Umgebung, sondern vor allem mit den dort lebenden Angehörigen zu arrangieren. Engel schildert zur Mitte des 18. Jahrhunderts ein weit verbreitetes Problem, dass nämlich die gutsbesitzenden Eheleute die mehr oder weniger mittellosen Anverwandten von den Rittergütern zu verdrängen suchten.135 Dies scheint in besonderer Weise für die Schwiegermutter der Braut zugetroffen zu haben, da sie „dem Sohn Vorurtheile gegen die junge Frau im Kopf setzt, wodurch der Ehefriede untergraben, und nicht selten gänzlich zerstört wird.“ Daher gäbe es – so Engel weiter – auch das alte Sprichwort „Manns Mutter, Teufels Unterfutter“.136 Wie der Ehealltag des mecklenburgischen Adels tatsächlich ausgesehen hat, wird in den Quellen leider nur selten geschildert. Ernst Friedrich von Engel berichtet in seiner recht glaubwürdigen Zustandsbeschreibung zur Mitte des 18. Jahrhunderts, es gäbe glückliche und un131 Ebd., Nr. 194. 132 Nach Bassewitz: Aus dem Leben, S. 208. 133 Nach Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 415. 134 Vgl. Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 375; zu den fünf Ehefrauen des Friedrich Wilhelm von Grävenitz ebd., S. 379–380. 135 Siehe auch Kap. 3.2. 136 Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 419–420, Zitat S. 419.



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glückliche Ehen und spricht von „kleinen Verdrießlichkeiten in der Ehe“, von denen er meint, sie hätten in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Seine adligen Nachbarn, auf die er mehrfach exemplarisch verweist, führten zwar eine Musterehe, er hätte aber auch viele missratene Ehen gesehen.137 Hier und da scheint es auch zu inner­ ehelichen Gewalttätigkeiten gekommen zu sein, wie bereits die eingangs erwähnte Auseinandersetzung zwischen Christian von Pentz und der „höheren“ Sofie Elisabeth Munk zeigte. Etwa zur gleichen Zeit, um 1670, hatte sein im Mecklenburgischen ansässiger Verwandter Viktor von Pentz seiner Gattin Oelgard „mit geschlossener Faust eine erschreckliche Ohrfeige verabreicht, davon ihr die linke Backe über 3 Wochen braun und blau gewesen [...].“ Bei der Schweriner Justizkanzlei beantragte sie deshalb die gerichtliche Scheidung von „Tisch und Bett“, worin 1677 schließlich eingewilligt wurde.138 Ebenfalls in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatte sich Ulrich Ernst von Pentz mit der ca. vierzig Jahre älteren, gut situierten Gräfin Walpurg Sibylla von Eberstein aus Sachsen vermählt. Spätestens als Pentz versuchte, an Teile ihres Vermögens zu gelangen, um das Rittergut Raguth zu reluieren, verschlechterte sich ihr Verhältnis. Um seinen Gewalttätigkeiten zu entgehen, verreiste die Gräfin für zwei Jahre, was Pentz dazu nutzte, Teile ihres Privatbesitzes für ca. 20000 Rthlr. in Hamburg und Dömitz zu verkaufen, was schließlich auch dem zu Paris weilenden Herzog Christian Ludwig zu Ohren kam. Auf die sich anschließende Klage der Gräfin soll Pentz erwidert haben, sie sei eine alte Törin und nicht bei Verstande. Das Stammlehen Raguth konnte dadurch aber nicht gerettet werden.139 Überhaupt scheinen Gewalttätigkeiten im engeren familiären Umkreis keine ­Seltenheit gewesen zu sein, was bereits die mitunter tödlich verlaufenden Erb- und Grenzstreitigkeiten zeigten.140 Über Ulrich Christoph von Hoinckhusen wird berichtet, er hätte in Penzlin zur Mitte des 18. Jahrhunderts seine eigene Mutter z­ unächst mit Schimpfworten traktiert, sie später misshandelt und mit Messer und Pistole bedroht, woraufhin sie ihn mit der Bitte, den Sohn in das Hamburger Zuchthaus zu stecken, inhaftieren ließ.141 Friedrich von Pentz soll um 1600 seine Mutter mit einem „dicken Stocke“ geschlagen und dann angekündigt haben, ihr Haus und das fürstliche Schloss zu Bützow in Brand zu stecken, woraufhin auch er inhaftiert wurde. Schließlich wurde 1601 eine Untersuchung wegen „betriebener unadliger Unziemlichkeiten“ eingeleitet.142 Zu den nicht selten von adligen Damen initiierten Schadensersatzklagen gehörten auch diejenigen, denen Ehrverletzungen durch außereheliche Beziehungen vorausgegangen waren. Ursula von Bülow bsw. wurde um 1560 von Elisabeth von Malt137 Ebd., S. 421; ebd., Band 3, S. 58, 205. 138 Zitiert nach Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 277. 139 Vgl. Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 146–151; zu einem Bsp. des 18. Jh. Stein-Stegemann: Inventar, S. 83 (Hahn-Ahlefeld, um 1764). 140 Kap. 2.3, 3.2. 141 Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 579. 142 Zitiert nach ebd., S. 328.

250 Stand zan der Unzucht mit ihrem Gatten, Lütke von Maltzan, bezichtigt, woraufhin Ursula von Bülow wegen Beleidigung 10000 fl. gerichtlich einforderte.143 Die Verbreitung von Begriffen wie „bastartt“ oder „bastartvetter“ spricht dafür, dass außereheliche Schwangerschaften keine Ausnahme waren.144 Darüber hinaus lassen sowohl die Polizeiordnung von 1572 als auch der Assecurationsrevers von 1621 darauf schließen, dass es gerade im 16. und 17. Jahrhundert zu sexuellen Beziehungen zwischen Adligen und Unadligen gekommen sein muss, was nicht nur zu Konflikten innerhalb der Familien, sondern auch der Ritterschaft geführt hatte, die um den Ruf des Adelstandes fürchtete.145 Während des Wismarer Landtags 1609 bat sie daher um eine Verordnung, nach der adlige Jungfrauen und Frauen, die sich mit geringen Personen abgeben, ihres Erbteils verlustig und des Landes verwiesen werden. „Die Ritterschaft, welche auf Tugend, Ehre und Redlichkeit gegründet, demnach andern und geringern Leuten ein gut Exempel zur Nachfolge geben solle, komme in nicht geringe Verkleinerung und Verachtung.”146 Das wahrscheinlich erste Todesurteil wegen Unzucht mit einer „geringern“ Person wurde im Jahre 1618 unter Herzog Adolph Friedrich I. gegen Samuel von Plessen vollstreckt.147 Nicht wenige dieser Beziehungen können auf bestehende Dienstverhältnisse zwischen Adligen und Bediensten zurückgeführt werden. Das Mätressen- und Favoritenwesen, das vornehmlich für hochadlige Kreise erforscht ist, kann für den niederadligen Wirkungskreis allerdings nur in Ansätzen nachgewiesen werden.148 Es deutet jedoch einiges darauf hin, dass mecklenburgische Aristokratinnen und Aristokraten, die an den europäischen Fürstenhöfen selbst als Mätressen und Favoriten in Erscheinung traten,149 auch auf den Landgütern mit dieser Problematik konfrontiert wurden.150 Ehen zwischen Adligen und Bürgerlichen hat es im Übrigen auch gegeben, worauf bsw. das Bernstorffsche Familienstatut wie auch die „Critische Beschreibung“ des Jacob Friedrich Joachim von Bülow hindeu-

143 LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 218 (Zeitraum des Prozesses: 1563–1564). 144 Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 1, S. 384–386, Nr. 375 (Pentz zu Toddin, 31. März 1559). 145 Vgl. Kamptz: Die Familie, S. 219 (Margareta von Plasten, um 1562); Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 343 (Samuel von Plessen, Anfang 17. Jh.); Schmidt: Geschichte, Band 2–3, S. 352, 451, 459 (Georg Julius von Maltzan, Ende 17. Jh.); des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 343. 146 Vgl. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 367; des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 343; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 99–100. 147 Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 343. 148 Vgl. als Überblick Jörn: Integration; Kaiser und Pečar: Der zweite Mann; Hirschbiegel und Paravicini: Der Fall des Günstlings; Beetz: Frühmoderne Höflichkeit. 149 Dazu Eduard Vehse im 19. Jh.: „die mecklenburgischen Stuten [...], wodurch sich das Blut der heitern Allemannen mit schwererem obotritischem Adelsblute kreuzte.“ Vgl. Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 97–98; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 454, Anm. 1 (u. a. Wilhelmine von Grävenitz, am Stuttgarter Hof ); des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 461. 150 In einem Brief Johann Lotharius Friedrich von Maltzans (St. Peterburg, 2. September 1752) heißt es: „Da keine Maitresse habe, so passire öfters im Stall [...].“ Vgl. Maltzan: Lebensbilder, S. 268; des Weiteren ebd., S. 262; Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 437–438, 452.



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ten.151 Fremden gegenüber hat man jedoch erfolgreich versucht, das Problem der Missheiraten zu verheimlichen.152 Angesichts dieser kleineren und größeren „Verdrießlichkeiten“ im adligen Ehealltag müssen nunmehr einige grundlegende Bemerkungen zu Geschlechterrollen und zur Funktion der Ehe erfolgen.153 Die gesellschaftliche Position der adligen Frau lag unter der des Mannes. Deutlich wird dies u. a. daran, dass sie nur eingeschränkt über Gutsbesitz verfügen durfte oder dass sie weder bei Huldigungen noch bei Landtagen eidespflichtig oder stimmberechtigt war.154 Die Frau stand für gewöhnlich unter „ehelicher Vormundschaft“, was in den Quellen gelegentlich mit der „frauliche[n] Blödigkeit“ (im Sinne von Schwachheit) begründet wird.155 Der tiefgründigere Blick offenbart jedoch, dass der Frau Funktionen und Aufgaben zukamen, die weit über den Rahmen der Kindeserziehung, des Erhalts von Stamm und Namen oder des Prestigegewinns hinausgingen.156 Ein erstes Indiz sind bereits die angesprochenen Vormundschaften für ihre Kinder, mit denen häufig die Güteradministration verbunden war.157 Eine solche Vormundschaft konnten adlige Frauen auch für ihre Männer übernehmen, und zwar insbesondere in den Fällen, in denen die Obrigkeit letztere als „wanwitzig“ oder „blöde“ erachtet hatte.158 Während der Ehe oblag ihnen eine Reihe von Aufgaben im Bereich der Gutswirtschaft. In den Quellen des 16. und 151 „Nur durch eine Mißheirath mit einer ehrlosen oder alzuniedrigen oder mit einer Person, die eine Makel sich zugezogen, sollte billig der Verlust des Adels für den Mann, der seinen Stand so niederträchtig entehrt hat, allemal erfolgen.“ Vgl. Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 7; des Weiteren Opitz: Die Bernstorffs, S. 25; Friis: Die Bernstorffs, S. 14–20 sowie Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 47; Kamptz: Geschichte, S. 133 (eheliche Verbindung der Krakewitz mit der Neubrandenburger Ratsfamilie Krauthoff ). 152 So schreibt Nugent (Nugent: Travels, S. 245–246): „Mancher [...] könnte vielleicht durch eine vorteilhafte Heirat [...] seine Schulden bezahlen, aus allem seinen Wirrwarr kommen, allein das läppische Vorurteil der Geburt wird ihn nie eine Verbindung eingehen lassen, die ihn selbst glücklich machen und zugleich seinem Vaterlande nützlich sein könnte, wenn diese Person nicht ebenfalls aus altem Adel stammt und ihre sechs Ahnen auf ihren Fingern herzählen kann.“ Vgl. des Weiteren ebd., S. 365 und Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 44 („sie [die kleinen Junker] kennen keine Mißheirathen [...].“). 153 Vgl. als Überblick Bastl: Tugend, Liebe, Ehre; Hufschmidt: Adlige Frauen; Keller: Hofdamen; Stollberg-Rilinger: Geschlechterverhältnisse. 154 Siehe Kap. 4.2. 155 Nach Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 342; Münch: Adlige Witwen, S. 375. Wohl deswegen werden sie in Verträgen (gerade im 16. Jh.) nicht immer namentlich erwähnt, sondern im Zusammenhang mit ihren Ehemännern bsw. als „Tönnies Lübberstorffische, Jurgen Dewitzsche, Vieke Genzkowsche“ bezeichnet. Vgl. etwa LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 2, Bl. 1151–1153 (Maltzan, um 1590); ebd., Nr. 1058, Bl. 92 (Rieben, 1571, 1577). 156 Czech: Legitimation und Repräsentation; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 344–345. 157 Vgl. etwa Krüger: Insignia Christianorum; Dakendorff: Der selige Zustand; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 64–65, 70, 107, 185; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 392, 394, 440 (Bülow, Cossebade, Oertzen, Lehsten, Treskow, Zülow). 158 Vgl. Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 121; Kamptz: Die Familie, S. 261 (Kamptz-Barfuß, 1637); des Weiteren LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Helpt, Vol. III; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 261 (Holstein, 1608).

252 Stand beginnenden 17. Jahrhunderts begegnet mitunter der Begriff der „Hußmoder“ (Hausmutter) als Pendant zum Hausvater.159 Die damit gemeinte Funktion als Vorsteherin des „ganzen Hauses“ und deren Bedeutung wird gelegentlich in Leichenpredigten hervorgehoben. So hätte sich Claus von Peckatel zu Beginn des 17. Jahrhunderts  – als er das väterliche Gut Klein Vielen übernahm  – nach einem Eheweib umgeschaut, nachdem er befunden, dass „solche grosse vmbstendliche haushaltung ihm alleine allzu schwer wollt fallen [...].“160 Zu Hans Heinrich von Bülow heißt es 1653: „Dieweil er aber erkennet hat /daß es wahr sey /was der weise Man Sprach sagt: Wer ein Haußfrawe hat /der bringet sein Guth im Raht /vnd hat einen trewen Gehülffen vnd eine Seule derer er sich trösten kann [...]“161 In der Leichenpredigt für Fritz von I­hlenfeld wird behauptet, er hätte mit Clara Sophia von Levetzow, der Tochter des Landrats Heinrich von Levetzow auf Mistorff und Markow, eine passende „Gehülffin“ gefunden.162 Ernst Friedrich von Engel schlüsselt in seinem zur Mitte des 18. Jahrhunderts verfassten Briefwechsel detailreich auf, was zum weiblichem „Department“ gehört. Demnach war die adlige Frau vorwiegend verant­ wortlich für das gesamte Wirtschaftsinventar und die Überwachung der Nahrungsmittel­ein- und -ausgänge, womit er die zu einem früheren Zeitpunkt getroffene abwertende Äußerung „haben wir keine Frau so schaffen wir uns ein solches Meuble an“ selbst revidiert.163 Zugleich betont er mit der Formulierung „wie sehr selten sind sie“, dass verlässliche Hausmütter nur schwer zu bekommen seien. In der Tat gibt es genügend Beispiele dafür, dass gerade die adlige Frau durch halbherzige Haushaltsführung und verschwenderische Lebensweise die Verschuldung der Familien vorantrieb.164 Bei Abwesenheit oder womöglich im Todesfall des Ehemannes erweiterte sich ihr Aufgabenfeld vom weiblichen auf das männliche „Department“, wobei so manche Gutsherrin die Wirtschaft erfolgreicher bewerkstelligte als ihr ehelicher Vormund.165 Was das ökonomische Kapital im weitesten Sinne anbelangt, muss auf die Bedeutung der Aussteuer eingegangen werden, die für gewöhnlich aus im Vorfeld verhandelten Brautschatzgeldern und diversen Haushaltsgegenständen bestand, die nach Eheschließung überwiesen wurden. Da je nach sozialem und ökonomischem Status der zukünftigen Braut die Aussteuer beachtliche Vermögenswerte beinhalten konnte, 159 Vgl. generell Brunner: Das „Ganze Haus“, S. 106, 112; zu mecklenburgischen Bsp. Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 45; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 370, 375 (Catharina von Bassewitz, geb. Bülow, gest. 1593, Abel von Bernstorff, geb. Plessen, 1662–1700, Anna von Below, geb. Weltzien, 1578–1617). 160 Stindtman: Leichpredigt. 161 Mithob: Justorum Requies. 162 Rehm: Einfältige; des Weiteren Von Levetzowsche Familienblätter 1 (1900–1904). 163 Vgl. Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 26; ebd., Band 2, S. 424–429, 435–436 sowie Kap. 3.1; des Weiteren Riesbeck: Briefe, S. 190. 164 Engel: Briefwechsel, Band 2, S. 421; des Weiteren Vehse: Die Höfe, Band 2, u. a. S. 125, 134, 137 (Hahn, 19. Jh.). 165 Bassewitz: Aus dem Leben, S. 191 (Bassewitz-Lehsten); Münch: Adlige Witwen, S. 375 (Moltke); des Weiteren Schattkowsky: Witwenschaft; Hufschmidt: Adlige Frauen.



Verflechtung und Interaktion

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führte dies nicht selten zur Verschuldung ihres näheren Verwandtenkreises, weshalb der Bräutigam durch Gegenvermächtnis und Leibzucht zu einer Absicherung verpflichtet wurde, die im Fall seines Ablebens oder der Scheidung nicht selten gerichtlich erstritten werden musste.166 Gerade die Brautschatzgelder wurden vom Bräutigam bzw. seiner Familie mit Vorliebe für den Ausbau der Güter oder die Schuldentilgung eingesetzt.167 Sollte der Ehemann ohne männliche Nachkommen sterben, bestand für die Frau die Möglichkeit, das hinterlassene Rittergut als sog. Erbjungfer bis zu ihrem eigenen Tod zu nutzen. Durch Heirat einer dieser Witwen konnte man demnach ohne nennenswerte Investitionen in den Genuss einer Guts­ wirtschaft gelangen, womit der Grundstein für so manche Karriere gelegt wurde. Allerdings mündete dies gelegentlich in mitunter langwierige gerichtliche Ausein­an­ der­setzungen zwischen der Erbjungfer bzw. ihrem Ehemann und den Blutsverwandten des Verstorbenen.168 In Ausnahmefällen konnte eine Heirat indirekt sogar zu be­ deutenden Würden führen; im 15. Jahrhundert bsw. gelangten die Hahn durch die Ehe mit den Bertekow in den Besitz von Pleetz, an dem die Stargarder Landmar­ schall­würde haftete.169 Eine Heirat konnte demnach dem ökonomischen und sozialen Kapital dienlich sein, weshalb Ehen nicht selten im Kindesalter beschlossen wurden oder sich später auf den näheren Verwandtenkreis beschränken konnten. Ebenso erklären sich daraus Wiederverheiratungen, Altersunterschiede, das Engagement der Vormünder wie auch die Absicherung der minderjährigen Adligen insgesamt. Die Basis dieser persönlichen Beziehungen war der Informationsaustausch durch ein intaktes Kommunikationsnetz. Da Ehen genauso wie Freundschaften häufig aufgrund von 166 Zur Aussteuer vgl. exemplarisch LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 774, Band 2, Bl. 1151–1153; ebd., Nr. 967, Bl. 323–324; ebd., Nr. 1068, Band 1, Q 52; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 346–348; Lisch: Flotow’scher Koffer, S. 149; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 284– 285; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 387; Crull: Frau Fineke, S. 10; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 275–276 (Peckatel-Zernickow, Lühe-Finecke, Pentz, ­Flotow, Maltzan, Ihlenfeld, Jasmund-Rieben, Oertzen-Kamptz). Zu Streitigkeiten im Rahmen der Aussteuerzahlung vgl. etwa LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Specialia, Weisdin; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 276–277; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 253– 254, 273–276, 290; Gantzer: Familie von Dewitz, Band 2, S. 406–407; Hake: Geschichte, S. 203–204 (Oertzen-Kruse, Genzkow-Warburg, Hacke-Stotz, Dewitz, Peckatel, Pentz, 17. und 18. Jh.). 167 Vgl. etwa LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Specialia, Weisdin (Peckatel, Mitte 17. Jh.); des Weiteren Nugent: Travels, S. 245–246. 168 Im Übrigen gab es auch sog. „Weiberlehnen“. Vgl. dazu sowie zu den Erbjungfern und den damit verbundenen Streitigkeiten Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 40–41, 219–247; Münch: Landtag und Landstände, S. 4–5; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 1, S. 459–461; ebd., Band 2, S. 164–168; ebd., Band 3, S. 217, 282, 289–290, 301; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 407–408; Steinmann: Bauer und Ritter, S. 155; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 225–227, 230–231 (Oertzen-Scheele-Treskow, Bassewitz, Dewitz, Jasmund-Oertzen, 17. und 18. Jh.). 169 Zum Erwerb der Stargarder Landmarschallwürde der Hahn von den Bertekow durch Heirat vgl. Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 29.

254 Stand finanziellen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten zustande kamen, blieben „Verdrießlichkeiten“ nicht aus. Diese Störungen des aristokratischen Netzwerkes nahm man offenbar billigend in Kauf. Nach außen beteuerte man mit Parolen wie „einer vor alle vnd alle vor einen“ den uneingeschränkten Zusammenhalt, während man im Mikrokosmos der adligen Ehe unter der Knechtschaft der selbst oder von Dritten aufgezwungenen „höheren“ Lebenspartner zu leiden hatte.170

170 Zum Zitat vgl. UBRSS, Familienpapiere Peckatel (Schuldbrief zwischen Christoffer von Peckatel auf Weisdin und Dahlen und dem Rostocker Ratsverwandten Joachim Koch, Rostock, 17. Januar 1626). Die Bürgen, auf die sich „alle“ bezieht, waren Adam von Jasmund auf Cammin, Möllenbeck und Rödlin, Fritz von Ihlenfeld auf Galenbeck (pfandgesessen), Andreas von Pritzbuer auf Diekhof, Curt von Bülow auf Potrems. Die verliehene Geldsumme betrug 1000 Gulden.

4 Vaterland 4.1 Landesväter und Vaterlandsliebe 4.1.1 Vasallen – Freunde – Favoriten „Der Büffels Kopf bedeutet, daß ich ein Mecklenburger.“1

Der Brief, den Henning Friedrich von Bassewitz 1726 an seinen Stiefbruder Hans Friedrich von der Kettenburg verfasst hatte, thematisierte die bevorstehende Reichsgrafendiplomierung am 6. Juni 1726. Bassewitz sollte Vorschläge zu Inhalt und Aufbau des mit seiner Standeserhebung verbundenen Grafenwappens einreichen. 2 Neben dem Wappen seiner Frau, Anna Maria von Clausenheim, sollte es den römischen und russischen Adler, wegen der livländischen und estländischen Güter einen Löwen und einen Greifen und – an dritter Stelle – den „Büffels Kopf“ enthalten, was er mit der Aussage, er wäre „ein Mecklenburger“, begründete. Ein vaterländisches Bewusstsein, dies zeigen jüngere Forschungen, kam nicht erst mit der europäischen Nationalstaatenbewegung im 18. und 19. Jahrhundert auf; es ist bereits für die Zeitenwende vom Mittelalter zur Neuzeit nachweisbar.3 Dieser ­„Patriotismus vor dem Patriotismus“4 kannte neben der „natio“ vor allem die „regio“ als Bezugsebene.5 In den schriftlichen Hinterlassenschaften den mecklenburgischen Adel betreffend kommt neben „Teutschland“ und „Mecklenburg“ aber auch die Zugehörigkeit zum „Niedersachsischen Kreiß“ und zu den „Landskreyssen“, womit die innerterritoriale Dreiteilung in mecklenburgischen, wendischen und stargardischen Distrikt gemeint ist, zum Ausdruck.6 Wenn jedoch vom Vaterland im engeren Sinne 1 Auszug aus einem Brief Henning Friedrich von Bassewitz’ an Hans Friedrich von der Kettenburg 1726 (nach Bassewitz: Aus dem Leben, S. 182). 2 Henning Friedrichs Mutter, Catharina Oelgard von Lehsten, war in erster Ehe mit August Julius von der Kettenburg (1644–1677) verheiratet, woraus Hans Friedrich von der Kettenburg (vor 1678–1743) entspross. Nach dem Ableben August Julius’ heiratete sie Philipp Cuno von Bassewitz auf Dalwitz und Prebberede (1653–1714), u. a. Landrat, Provisor des Klosters Dobbertin. Vgl. ebd., S. 42, 68, 182. 3 Vgl. Friedeburg: Patria und Patrioten (Sammelband); Vierhaus: Patriotismus; Koselleck: Patriotismus; des Weiteren Hirschi: Wettkampf der Nationen. 4 In Anlehnung an Friedeburg: Patria und Patrioten (Sammelband). 5 Dazu Vierhaus: Patriotismus, S. 96. „Patriotismus konnte sich auf die Heimatstadt, auf den Staat, in dem der „Patriot“ lebte, auf das Reich und auf die Menschheit richten, allerdings auch auf die „deutsche Nation“, die es zwar nicht in staatlicher Einheit, aber doch als Substrat des Reiches und als sprachlich-kulturelle Einheit gab.“ Vgl. auch Friedeburg: Patria und Patrioten, S. 7. 6 Vgl. Rieder: Christliche Leichpredigt (Sperling); Rehm: Einfältige (Ihlenfeld); Siggelkow: Doppelter Ehren=Krantz (Plessen); Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes.

256 Vaterland die Rede war, meinten die Aristokraten stets Mecklenburg. Schlagworte wie Patria und Vaterland wurden bereits um 1600 rege gebraucht, wovon bsw. die zu Cölpin gehaltene Huldigungsrede des Hans Christoph von Jasmund am 25. Juni 1609 zeugt, was umso erstaunlicher ist, da er einem Geschlecht angehörte, das erst in zweiter Generation in Mecklenburg ansässig war.7 Weniger das Herkunfts- bzw. Stammland8 der jeweiligen Adelsfamilie, vielmehr der Ort der Geburt scheint demnach in erster Linie ausschlaggebend gewesen zu sein, wenn es um die Definition des Vaterlands ging. In der Leichenpredigt für Fritz von Ihlenfeld heißt es 1655 „Patria dulce solum, Pacem te petimus omnes. Das Vaterland ist lieb und werth /Ein jeder siehts mit Fried verehrt.“9 In einer Plessenschen Trauerschrift ist 1676 die Rede von „unserm lieben Vater=Land“ und „unser liebes Mecklenburg“.10 Angehörige der Geschlechter Bassewitz, Behr und Ihlenfeld bezeichneten sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts gegenseitig als „compatriots“; ihre Briefe und andere schriftliche Hinterlassenschaften schäumen regelrecht über vor patriotischen Floskeln wie „meinem Vaterland Mecklenburg”, „meinem geliebten Vaterlande“, „aldorten in unsern vaterlande“ und „begierde dem Vaterlande zu dienen“.11 Henning Friedrich von Bassewitz behauptete 1727, er könne sich nicht vorstellen, „nirgends als in Mecklenburg“ sein Leben zu beschließen.12 Auch Jacob Friedrich Joachim von Bülow, dessen 1780 getätigte Aussagen über das Wesen der mecklenburgischen Aristokraten in dieser Untersuchung auf dem Prüfstand stehen, verwies auf die Pflichten des Adels, im „Nothfall für das Vaterland die Waffen [zu] ergreifen“; schließlich bekannte er: „Ich habe auch mein altes rauhes Vaterland lieb.“13 Mecklenburg war demnach nicht allein die Region bzw. das Territorium, das die dortigen Adligen vordergründig als ihr Vaterland erachteten, vielmehr scheinen vaterländische Belange auch ihr Denken und Handeln nachhaltig beeinflusst zu haben. Die Beziehung zwischen Landadel und Vaterland soll Schwerpunkt der folgenden Ausführungen sein, wobei zunächst das Verhältnis der Aristokraten zu ihren Landesherren, den mecklenburgischen Herzögen als Repräsentanten des Vaterlands, interessiert. Die Herzöge wurden in der Bevölkerung als „Väter“ der mecklenburgischen

 7 Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes.  8 Zur Verwendung des Begriffs „Stammland“ vgl. Flotow: Beiträge zur Geschichte, S. V (Flotow, 1. H. 19. Jh.).   9 Rehm: Einfältige. 10 Siggelkow: Doppelter Ehren=Krantz. 11 Wilhelm Altwig von Ihlenfeld, Matthias Hans von Behr, Claus Josias von Behr, Henning Friedrich von Bassewitz, Joachim Otto von Bassewitz. Vgl. UBRSS, Familienpapiere Ihlenfeld, Mappe 1 (Wilhelm Altwig von Ihlenfeld an Matthias Hans von Behr, Neapel, 24. Dezember 1723, 22. Juni 1725, 27. September 1726); Bassewitz: Aus dem Leben, S. 130–131, 224, 227, 230 (Briefwechsel Henning Friedrich und Joachim Otto von Bassewitz, 1727); LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede. 12 Henning Friedrich an seinen Bruder Joachim Otto von Bassewitz (St. Petersburg, 11. bzw. 22. April 1727), gedruckt in Bassewitz: Aus dem Leben, S. 223–225, hier S. 224. 13 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 2, 22.



Landesväter und Vaterlandsliebe

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Fürstentümer angesehen14 und schließlich auch vom Adel als solche bezeichnet – etwa als „Pater patriae“ 1609 von Hans Christoph von Jasmund oder „Vater des Vaterlandes“ 1780 von Jacob Friedrich Joachim von Bülow.15 Neben übergeordneten rechtlichen und sozialen Bindungen zwischen Landadel und Landesherr sollen darüber hinaus Verhalten und Argumentation im Konfliktfall analysiert werden, da daran Grenzen der bewusstseinsprägenden Determinante „Vaterland“ aufgezeigt werden können. Inwieweit und warum war man möglicherweise gewillt, sich im Sinne der „patria“ gegen die Väter des Vaterlandes zu entscheiden? Neben Fragen der Geburt spielte Grund- bzw. Gutsbesitz eine entscheidende Rolle, wenn es um die Ausprägung der Beziehung zum Vaterland ging. Dadurch erlangte man das Landsassiat (d. h. Landsässigkeit), das u. a. politisches Stimm- und damit Mitspracherecht, insbesondere bei den Landtagen, gewährte.16 Die (Territorial-)Staatsangehörigkeit brachten die Adligen in der Öffentlichkeit u. a. damit zum Ausdruck, indem sie sich selbst als „Megapolitanus nobilis”, „Equit. Megapolitani“, „nobilis et Principis Megapolitani Consiliarij“ oder „Nob. M.“ bezeichneten.17 Dem Grund- und Gutsbesitz war die Einweisung der Vasallen in ihre Lehen vorausgegangen, wobei der Akt der Belehnung strengen Regeln unterworfen war.18 Im Falle des Besitzwechsels hatte zunächst eine Lehnsmutung, ein Gesuch auf Erneuerung des Lehens, auch als Lehnsrenovation bezeichnet, zu erfolgen, indem die Kandidaten, deren Vormünder oder Rechtsbeistände um einen Mutzettel baten. Dabei waren Fristen einzuhalten. Die Mutung hatte für gewöhnlich innerhalb „Jahr und Tag“, d. h. innerhalb eines Jahres, sechs Wochen und drei Tagen, nach Ausscheiden des vormaligen Gutsbesitzers zu erfolgen.19 Dazu erschienen die Anwärter oder ihre Vertreter bei den entsprechenden Kanzleien oder sprachen bei Landtagen und anderen Zusammenkünften vor.20 Von landesherrlicher Seite wurden die Belehnungsgesuche schriftlich vermerkt; falls die zuständigen Personen nicht zugegen waren, ließen sich 14 So bezeichnete Herzog Magnus während der Huldigung 1548 seinen erkrankten Vater, Herzog Heinrich, als „vatter seines lieben vatterlandes“. Vgl. die Huldigungsrede, gedruckt bei Hegel: Geschichte, S. 198–200. 15 Vgl. Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes; Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 3. 16 Vgl. Böhlau: Zum landsassiatus plenus; Herzöge Mecklenburgs: Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich, § 359; Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 82–84; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 83; Engel und Hamann: Historischer Atlas, S. 41 sowie Kap. 4.2. 17 Hofmeister: Die Matrikel, S. 174, 176, 216 (Lühe, Kruse, Bischwang, Bülow, 1572, 1585); Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes (Hans Christoph von Jasmund, 1609); Forster: Das Album Amicorum, S. 8, Anm. 3a (div., 1596); Sehusius: Epithalamina (Cuno Paris von Hahn, 1650). 18 Im Folgenden Lisch: Ueber die älteste Form; Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 45–88. 19 Vgl. Lisch: Ueber die älteste Form, S. 222; exemplarisch LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 2 (Mutschein von Herzog Adolph Friedrich IV. für Cord Wedige Christoph von Rieben auf Galenbeck, 1. Oktober 1766: „in der zu Recht gebührenden Zeit zu suchen“). 20 Vgl. generell LHAS, 2.45-4/2, Generalia, Mutungsverzeichnisse (Abschnitt 13); exemplarisch ebd., Nr. 648 (Landtage Güstrow und Sternberg, 1572, etwa wegen Achim von Havel auf Klocksin: „deß ist im ein mudtzeddel zum Sternbergk auf Landtagk den 4 Juli Anno 72 mittgeteilett“).

258 Vaterland die Bittsteller Atteste aushändigen.21 Gab es keine Einwände, so bekam der Anwärter  – nach Erlegung einer entsprechenden Gebühr  – mit dem Mutschein einen Nachweis über sein Anliegen, den er entsprechend aufzubewahren hatte.22 Seitens der Landesherrschaft wiederum erfolgte ein ordnungsgemäßer Eintrag über die erteilten Mutscheine.23 Erschienen die Ansprüche schon im Vorfeld unberechtigt, etwa wenn es am zur Lehnsfolge notwendigen Verwandtschaftsgrad mangelte, wurden die Mutungsgesuche abgewiesen und demnach kein Mutschein erteilt.24 Der Mutschein musste beim eigentlichen Belehnungsakt vorgelegt werden, wobei der Zeitraum zwischen Mutung und Belehnung offenbar keine Fristen kannte. Es lag schließlich im Interesse des Anwärters, so schnell wie möglich in das Lehen eingewiesen zu werden. Für den eigentlichen Belehnungsakt erfolgte eine schriftliche landesherrliche Zitation, die ebenfalls vorgelegt werden musste.25 Im Falle der Volljährigkeit erschienen die Anwärter in der Regel persönlich, sie konnten sich jedoch bei Krankheit oder Auslandsaufenthalt vertreten lassen.26 Im Übrigen scheint man, ähnlich wie im Falle der Mutungen, auch bei den Belehnungen recht pragmatisch vorgegangen zu sein, indem man versuchte, möglichst viele Kandidaten auf einmal zu zitieren und den Lehneid abschwören zu lassen.27 Solche „Massenabfertigungen“ waren offenbar gerade dann sinnvoll, wenn die Regentschaft wechselte und somit eine Erneuerung der Investitur anstand. Wohl nur in Ausnahmefällen konnte die Belehnung auch auf den Rittergütern stattfinden wie etwa 1702 bei den Plüskow auf Kobrow in Anwesenheit eines herzoglichen Kommissars.28 Kernstück jeder Belehnung war der Treueeid, auch als Lehneid, Vasallagium oder Juramentum fidelitatis bezeichnet, mit dem der Lehnsmann seinem Lehnsherrn schwor, ihm „Trew /Hold und Gewärtig“ zu sein, nur zu seinem Besten zu dienen, Schaden von ihm abzuwenden, ihm im Kriege Beistand zu leisten, ihm besondere Ehrfurcht zu erweisen, Geheimnisse für sich zu behalten, sich um das Lehen zu sorgen und ein mecklenburgisches Lehen von keiner anderen Herrschaft zu empfan21 Wegen der Rieben auf Galenbeck: LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 2 (Attest vom 17. April 1703). 22 Vgl. etwa ebd., Mutschein des Strelitzer Herzogs Adolph Friedrich IV. für den Vasallen Heinrich August von Rieben auf Galenbeck (1756), Rechnung der Strelitzer Lehnkanzlei wegen Mutung des Vasallen Cord Wedige von Rieben auf Cosabrohm und Galenbeck (1766) sowie Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 114. 23 LHAS, 2.45-4/2, Generalia, Mutungsverzeichnisse (Abschnitt 13); des Weiteren Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 109–110. 24 Vgl. etwa LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Findbuch Witte, Band 4, S. 133–137, 145, 497 (Gamm auf Prillwitz, Maltzan auf Penzlin, 18. Jh.); des Weiteren Kap. 2.2. 25 Vgl. LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Specialia, Weisdin (Güstrow, 20. November 1595, wegen Peckatel auf Weisdin); LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 2 (Strelitz, 7. Juli 1734, wegen Rieben auf Galenbeck). 26 Vgl. generell LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Generalia; exemplarisch ebd., Nr. 500, 506 (Entschuldigungsschreiben, 1577, 1681). 27 Vgl. etwa Pečar: Bruderzwist, S. 81 (Eidesabnahme im Fürstenhof zu Wismar, 1572). 28 Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 49, Anm. 4.



Landesväter und Vaterlandsliebe

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gen.29 Sollte es zu Verstößen, zur sog. Felonie, kommen, konnte das Rittergut konfisziert werden. Der Lehneid wurde von einem herzoglichen Vertreter verlesen und vom Kandidaten, der Hand und Finger erhoben hatte, nachgesprochen. Sofern der Landesherr zugegen war – so ist es für das 16. und 17. Jahrhundert überliefert – zeigte er sein Einverständnis, indem er dem Vasallen seinen Hut reichte, den Letzterer zu berühren hatte, was in den Quellen als „darreichung vnnd handtastungk der Mutzen“ oder „mit aufflegung der finger auff Ihrer Durchl. Hut“ bezeichnet wird.30 Im Übrigen wurden die Symbolik wie auch die Form der Belehnung insgesamt im Verlauf der Jahrhunderte mehrfach modifiziert; nach Lisch übergaben die Lehnsherren im 13. und 14. Jahrhundert die Lehen mündlich und steckten den Vasallen zum Zeichen der Investitur einen goldenen Ring an den Finger, was angesichts der zahlreichen Lehnsnehmer und den ständigen Besitzwechseln aber kaum vorstellbar erscheint. Nachdem der Lehnsmann den Treueeid geleistet hatte, beschloss der Lehnsherr den Akt durch den Friedenkuss, was im Allgemeinen als „manu et ore“ oder „Hand und Mund“ bzw. „Ring und Kuß“ bezeichnet wird. Spätestens seit dem 14. Jahrhundert erfolgte die schriftliche Versicherung durch Übergabe einer Urkunde, des Lehnbriefs, sozusagen als rechtsförmlicher Ersatz der Lehnsbestätigung. Dieser in einer festgelegten Form ausgearbeitete Lehnbrief wurde im Anschluss an den Belehnungsakt angefertigt, was einige Tage in Anspruch nehmen konnte, und anschließend dem Vasallen gegen Gebühr ausgehändigt.31 Seitens der Landesherrschaft erfolgten entsprechende Vermerke in Belehnungsverzeichnissen und den jeweiligen Gutsakten.32 Neben der Belehnung spielte die Huldigung, die Vereidigung der Stände im Falle eines Regierungswechsels, eine herausragende Rolle im Rechtsverhältnis von Landadel und Landesherrschaft.33 Bis zur Regentschaft Wallensteins fanden die auch als Homagium bezeichneten Huldigungen die Ritterschaft betreffend zu Beidendorf im mecklenburgischen, zu Krakow im wendischen und zu Cölpin im stargardischen Kreis statt, wo im 15. Jahrhundert die Landtage der einzelnen mecklenburgischen Distrikte abgehalten wurden.34 So weit bisher bekannt, erfolgte eine Huldigung an den hergekommenen Lokalitäten letztmalig 1609 im Rahmen des Regierungs­ antritts der Herzöge Johann Albrecht II. und Adolph Friedrich I. Seit der Regent29 Vgl. generell LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Generalia (Abschnitt 9); exemplarisch ebd., Nr. 500 (1577–1582), Nr. 506 (1676–1712), Zitat, ebd., S. 11; des Weiteren vgl. Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 82–84. 30 Hier nach Lisch: Belehnung durch Antastung, S. 157–158 (1532, 1567, 1674). 31 Lisch: Ueber die älteste Form; Mecklenburgisches Urkundenbuch 3, S. 164, 231ff. (Lehnbriefe 1306, 1317); LHAS, 3.2-5/22, GA Galenbeck, Nr. 4, 5 (Lehnbriefe Galenbeck 1703, 1755); Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 114; Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 42–43. 32 Vgl. generell LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Generalia und Specialia. 33 Vgl. als Überblick Holenstein: Huldigung; zu Mecklenburg LHAS, 2.12-2/1, Erbhuldigung; des Weiteren Wehnert: Etwas von den geleisteten Huldigungen; Stuth: Höfe und Residenzen, S. 382–386. 34 Abb. 2; Heck: Geschichte, S. 16 (mecklenburgische Herrschaften im Spätmittelalter).

260 Vaterland schaft Wallensteins wurde die Ritterschaft zumeist in landesherrlichen Residenzen vereidigt.35 Im Vorfeld ergingen entsprechende Huldigungsausschreiben an die Ritterschaftsvertreter der drei Kreise.36 Da aber auch ca. 40 der Korporation der Landschaft angehörende Städte den Treueeid abzuleisten hatten, nahmen die Huldigungen bis 1609 für gewöhnlich mehrere Wochen in Anspruch, während der sich die Herzöge auf Rundreise durch die mecklenburgischen Fürstentümer befanden.37 Um deren Tross wie auch die Vasallen unterzubringen, wurden bis 1609 in unmittelbarer Nähe der Huldigungsorte Beidendorf, Krakow und Cölpin Zeltlager errichtet. Dort hatten sich die Ritterschaftsvertreter des jeweiligen Kreises am Tag zuvor bzw. in den frühen Morgenstunden einzufinden, woraufhin eine Bestandsaufnahme der erschienenen Untertanen stattfand.38 Vasallen, die wegen „schwächlicher Leibeskonstitution“ oder anderweitiger Verpflichtungen nicht teilnehmen konnten, hatten Entschuldigungen einzureichen; sie konnten sich aber durch Bevollmächtigte vertreten lassen bzw. den Huldigungseid an anderer Stelle – etwa im Rahmen der Vereidigungen der Landschaft oder in den Kanzleien – nachholen.39 Zur Huldigung im engeren Sinne gehörten neben der Präsentation der Propositionen und Gravamina sowie entsprechende Diskussionen darüber, die den meisten Beteiligten von den Landtagen her vertraut waren, die landesherrliche Bestätigung der ritterschaftlichen Privilegien sowie die Eidesableistung der Vasallen, was durch einen zu Treue und Gehorsam verpflichtenden Handschlag firmiert wurde. Dieses Prozedere hatte bis zum Ende der landständischen Verfassung Bestand.40 Privilegienbestätigung und Eidesableistung als Herzstücke der Huldigung fanden zumeist unter freiem Himmel statt – bsw. zu Cölpin auf einem viereckigen Platz zwischen Kirchhofspforte und Straße unter einer Linde.41 Die Huldigungen Wallensteins 1630 und der Herzöge Johann Albrecht II. und

35 Vgl. u. a. LHAS, 2.12-2/1, Erbhuldigung, Nr. 36/1; LHAS 4.11-1, Landesverwaltung Mecklenburg-Strelitz, D (Landtag und Landständische Verfassung), II, Nr. 79–81; Anonymus: Relation und gründlicher Bericht; Anonymus: Wahrhafftige Relation; Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 199–214; Wendt: Geschichte, S. 240–241. 36 Vgl. Herzöge Mecklenburg-Schwerin: Gemein ausschreiben (bsw. Huldigungsausschreiben für die Vasallen des Stargarder Kreises nach Cölpin, Schwerin, 22. Mai 1588). 37 Vgl. auch Schirrmacher: Johann Albrecht I., S. 23–26 (Huldigung, März und April 1531). 38 Vgl. etwa Herzöge Mecklenburg-Schwerin: Gemein ausschreiben (Huldigungsausschreiben für die Vasallen des Stargarder Kreises nach Cölpin, Schwerin, 22. Mai 1588); LHAS, 4.11-1, Landesverwaltung Mecklenburg-Strelitz, D (Landtag und Landständische Verfassung), II, Nr. 79 (Huldigungen Cölpin, 1588, Strelitz, 1701). 39 Vgl. LHAS, 4.11-1, Landesverwaltung Mecklenburg-Strelitz, D (Landtag und Landständische Verfassung), II, Nr. 79 (Entschuldigungsschreiben wegen Huldigung Adolph Friedrichs II. zu Strelitz, 1701); des Weiteren LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 1107, Bl. 74–75 (Oertzen auf Helpt bei der Huldigung Herzog Johann Albrechts I. zu Neubrandenburg, 1588). 40 Vgl. exemplarisch Herzog Adolph Friedrich I., Formular des Huldigungseides; Wendt: Geschichte, S. 240–241 (Huldigung Großherzog Adolf Friedrich V., Neubrandenburg, 21. Juli 1904). 41 Lisch: Huldigungsplatz; des Weiteren LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede.



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Adolph Friedrich I. 1631 erfolgten zu Güstrow.42 Im Rahmen des Treueeids für den nicht anwesenden Generalissimus wurde auf dem Schlossplatz am 19. Januar (!) ein Tisch mit blauer samtener Tischdecke aufgestellt und Stühle darum platziert.43 Der Sekretär verlas den Huldigungseid. Nun hatten die Vasallen „die Finger aufzuhalten“ und die Worte zu sagen: „Was uns und einem jeden unter uns ist vorgelesen worden, und wir genugsam und wohl verstanden haben, dem wollen wir also nachkommen, als uns Gott helfe und sein heiliges Evangelium.“ Anschließend gab ein jeder dem fürstlichen Kanzler die Hand. Dieses Prozedere mit erhobenen Fingern und Handschlag praktizierten im Übrigen auch die Landadligen auf ihren Rittergütern – hier allerdings aus der Perspektive der Lehnsherren, denen die männlichen Gutsuntertanen nach Besitzergreifung den Treueeid, der zahlreiche inhaltliche Überschneidungen zum Lehneid aufwies, zu schwören hatten, „So wahr mir Gott helffe durch Jesum Christum.“44 Um einen entsprechenden Nachweis der Huldigung Wallensteins zu erhalten, sollte jeder seinen Namen beim Sekretär angeben und die Gebühr von einem Rthlr. und vier Schilling entrichten. Im Rahmen des Homagiums Gustav Adolphs 1654 versammelte sich die Ritterschaft im Anschluss an ihre im Rathaus abgehaltene Beratung zunächst auf dem Platz „vnten an der großen stiegen“, wo die etwa zweihundert Adligen auf den Herzog warteten, der „sich daselbst zupferde sezte, vndt also von der ganzen Ritterschaft mit entblößeten Hauptern, J[wer]f[ürstlicher] g[naden]. aber bedecket“, „vom schlosse hinunter biß auff den großen Vorplaz“ begleitet wurde.45 Hier angelangt, bildeten die Vasallen einen Kreis um Gustav Adolph. Nun trat der Kanzler hervor und erinnerte die Ritterschaft an das zuvor Verhandelte; der Lehnssekretär begann mit dem Verlesen des Homagialeides, den sich die Untertanen „mit fleißiger aufmerckungk anhören, vndt die darauff folgende venigk wordte alle mit aufgereckten fingern nachsprechen, vndt solche mit Ihrem Handschlagk ­bekrefftigenn vndt sich darauf zulezt einen schein [...] geben lassen“ sollten. Danach setzte sich der Herzog wieder aufs Pferd und wurde in ­gleicher Ordnung zum Schloss begleitet, wo sich die Menge auflöste. Da die Huldigungen im ungleich kleineren Herzogtum Mecklenburg-Strelitz in geschlossenen Räumen vorgenommen wurden – etwa 1701 im Schloss zu Strelitz bzw. 1753 zu Neustrelitz mit ca. 30 anwesenden ­ erden, dass das Prozedere unter freiem Ritterschaftsvertretern46 –, kann vermutet w Himmel auf die beträchtliche Zahl der Abschwörenden zurückzuführen ist, die nur 42 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 211–214; Anonymus: Relation und gründlicher Bericht; Anonymus: Wahrhafftige Relation. 43 Im Folgenden Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 211–214, besonders S. 213. 44 Vgl. etwa LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 1356; LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 327; Kamptz: Geschichte, S. 85 (Hahn zu Basedow; Treuenfels zu Benz; Kamptz zu Dratow und Plasten, 18. Jh.); zum Wortlaut des Gutsuntertaneneides vgl. Münch: Toitenwinkel und Rostock, S. 205–206, Zitat S. 206 (Mandelsloh zu Toitenwinkel, 17. Jh.). 45 Hier und im Folgenden LHAS, 2.12-2/1, Erbhuldigung, Nr. 36/1. 46 LHAS 4.11-1, Landesverwaltung Mecklenburg-Strelitz, D (Landtag und Landständische Verfassung), II, Nr. 79, 80.

262 Vaterland schwerlich in einem Saal untergebracht werden konnten. Im Übrigen waren Huldigungen nichtalltägliche Ereignisse, weshalb ihnen zahlreiche Schaulustige beiwohnten.47 Weitere Bestandteile des Homagiums im ­weitesten Sinne waren Reden einzelner Ritterschaftsvertreter, ein Gottesdienst und natürlich ein Festmahl, das bis 1609 nach einer festgelegten Ordnung im größten der zu Beidendorf, Krakow und Cölpin aufgestellten Zelte stattfand.48 Durch Lehn- und Huldigungseid waren die Vasallen verpflichtet, den Landesherren „treu, hold, gehorsam, und gewärtig [zu] sein.“49 Dazu zählte im 16. Jahrhundert die in persona abgestattete militärische Hilfe im Kriegsfall, wobei die Lübische Fehde von 1506 das in der Landesgeschichtsschreibung bekannteste Beispiel einer solchen Auseinandersetzung darstellt.50 Die Ritter hatten sich in Abhängigkeit ihrer Besitzungen mit Streitrössern und Knappen an ausgeschrieben Musterungsplätzen einzufinden.51 So weit bekannt, stellten sie sich hier in einem Kreis auf; zu den Aufgaben des jeweiligen Landmarschalls als ursprünglich militärisches Oberhaupt der einzelnen mecklenburgischen Distrikte Mecklenburg, Wenden und Stargard gehörte es, dem Landesherrn vom Pferd zu helfen – das ersterer im Übrigen samt Geschirr behalten durfte – und im weiteren Verlauf der Zusammenkunft wie auch im späteren militärischen Einsatz das Hauptpanier zu tragen, das während der Musterung innerhalb der Kreisformation aufgestellt war.52 Die für gewöhnlich einige hundert Personen umfassenden Vasallen ritten bzw. fuhren nun nacheinander am Landmarschall vorbei, hierbei erfolgte die Zählung. Zum Jahre 1599 ist überliefert, dass es unter den sonstigen anwesenden Personen offenbar außerordentlich beliebt war, an der Seite der Mannen am Landmarschall vorbeizureiten bzw. -zufahren, was den Stellenwert dieses gegen Ende des 16. Jahrhunderts seltener vorkommenden Ereignisses nur hervorhebt.53 Im Übrigen waren die Landmarschallwürden der drei Kreise an dort gelegene spezifische Besitzungen gebunden, nämlich Eickhof, Grubenhagen und Pleetz; im Untersuchungszeitraum wurden sie von Mitgliedern der Familien Linstow und Lützow für den mecklenburgischen, Maltzan für den wendischen und Hahn für den stargardischen Distrikt bekleidet.54 Die Kosten für die

47 Dies ist den Reglements der Hof- und Feldordnung von 1609 zu entnehmen (Herzöge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II.: Hoff undt Felt=Ordnung). 48 Rachel: Zwo Hüldigungspredigten; Siegfried: Homagiale; Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes; Herzöge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II.: Hoff undt Felt=Ordnung; LHAS, 2.122/1, Erbhuldigungsakten, Nr. 10/1; LHAS 4.11-1, Landesverwaltung Mecklenburg-Strelitz, D (Landtag und Landständische Verfassung), II, Nr. 80, 81. 49 Herzog Adolph Friedrich I.: Formular des Huldigungseides. 50 Röpcke: Frieden und Unfrieden; siehe auch Kap. 3.2.1. 51 Zur Musterung von 1506 vgl. Münch: 1506 – erste Bestandsaufnahme; Tessin: Die mecklenburgische Ritterschaft. 52 Im Folgenden Lisch: Musterung; Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 45–88; LHAS, 11.31/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede. 53 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 257. 54 Zur Bürde dieses Amtes und individuellen Ansichten über die Ausübung siehe Kap. 4.2.



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Musterung übernahm zu großen Teilen die Landesherrschaft.55 Offenbar eine der letzten Musterungen, die nach traditioneller Weise vorgenommen wurde, hatte 1625 „zu Parchimb für dem Wokenthore auff der heide“ stattgefunden, zu der Herzog Adolph Friedrich I. in sein Tagebuch notierte: „Den 24. Oct. mit meinem Bruder zur Musterung nach Parchim, wohl 160 Pferde stark.“56 Zu diesem Zeitpunkt hatte sich jedoch längst die Transformation vom Ritter zum Junker, d. h. vom Grund- zum Gutsherrn, vollzogen.57 Die persönliche Dienstpflicht war immer mehr in den Hintergrund getreten; an die Stelle des militärischen Dienstes trat nach und nach ein Ablösungsgeld für nicht geleisteten Lehns- bzw. Waffendienst, dessen Höhe nach vorausgegangenen Verhandlungen festgelegt worden war.58 Dabei handelte es sich um eine außerordentliche Steuer, die im Bedarfsfall erhoben wurde. Von der ordentlichen Bede als direkte Steuer, für die die zum Gut gehörigen Untertanen aufkamen, war der Adel eximiert.59 Seit dem ausgehenden Mittelalter hatte sich der Finanzbedarf der mecklenburgischen Herzöge aufgrund wachsender Ausgaben für Militär, Hof und Verwaltung drastisch erhöht. Die damit verbundene steigende Finanznot führte dazu, dass die Landesherrschaft das Steuerbewilligungsrecht wie im Übrigen auch die Nieder- oder Patrimonialgerichtsbarkeit den Ständen zuerkannte, was insbesondere in den Reversalen von 1555, 1572 und 1621 manifestiert wurde.60 Hier folgte man zumeist dem Repartitionsprinzip, wobei sich Fürsten und Stände – vornehmlich bei Landtagen – auf die Höhe des gewünschten Ertrags einigten, der anschließend auf die Verwaltungseinheiten umgelegt wurde. Betreut und verwaltet wurde dieser sog. Landkasten von Einnehmern und seit Beginn des 17. Jahrhunderts vom Engeren Ausschuss.61 Im Verlauf der frühen Neuzeit erfolgte jedoch im Rahmen der Ausweitung der adligen Eigenwirtschaften eine Verschiebung zuungunsten des bäuerlichen Anteils, was vereinfacht ausgedrückt bedeutete, dass sich der Besitz der Gutsuntertanen verringerte, während der der adligen Gutsherrschaft zunahm. Es wurden daher mehrere Versuche unternommen, die veränderten ländlichen Besitzverhältnisse zu dokumentieren. Eine Einigung erfolgte schließlich mit dem LGGEV 1755. Da der Flächenraum des steuerpflichtigen Teils, von dem die ordentliche Landeskontribution entrichtet werden sollte, nicht genau ermittelt werden konnte, wurde er auf die Hälfte des damaligen gesamten ritterschaftlichen Gutsbesitzes fixiert, dessen Umfang in den Jahren 1756 bis 1778 – Verzögerungen ergaben sich u. a. durch den Siebenjährigen Krieg – durch Vermessung und Bonitierung der ritterschaftlichen Güter und der damit verbunde55 Vgl. etwa die Auszüge der Musterungsrechnung 1550 und 1551 bei Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 1, S. 380–382 (Nr. 371). 56 Lützow: Beitrag, S. 83. 57 Münch: Junker; siehe auch Kap. 3.2. 58 Hier und im Folgenden Hübner: ordentliche Kontribution; Steinmann: Die Geschichte. 59 Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 95, Anm. 18. 60 Hübner: ordentliche Kontribution, S. 4–7, 9; Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 40– 86. 61 Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 94–99.

264 Vaterland nen Ausarbeitung eines entsprechenden Hufenkatasters festgestellt werden sollte.62 Die Ritterschaft willigte damit ein, dass die Hälfte der Güter gegen Ritter- und Manndienste für immun erklärt und die andere Hälfte der Landeskontribution unterworfen werden sollte. Neben den Verbindlichkeiten in Kriegs- und Steuerfragen sah sich der Adel zu weiteren Diensten in allgemeinen Landesangelegenheiten und im höfischen Bereich verpflichtet. Dazu gehörten u. a. die Begleitung, Aufwartung und Entsendung im Rahmen von Reichs-, Kreis- und Landtagen, die Teilnahme an Landtagen, der gerichtliche Beistand oder die Übernahme von Aufgaben bezüglich des höfischen Zeremoniells  – insbesondere bei Empfängen, Vermählungen, Taufen oder Begräbnissen.63 Bei fürstlichen Trauerfeiern bsw. hatten die von der Landesherrschaft dazu bestimmten Vasallen am Leichnam aufzuwarten; während des Sepulkralzeremoniells trugen sie den Sarg, hielten die Zipfel des Leichentuchs und begleiteten den Verstorbenen als Wappen- und Fackelträger sowie als Führer der Trauerpferde zur Begräbnisstätte, wo sie den Leichnam schließlich beisetzten.64 Die nicht selten in dreistelliger Zahl dazu herangezogenen Vasallen hatten gerade bei Taufen, Hochzeiten und Sepulkralfeiern nach einer festgelegten Kleiderordnung zu erscheinen.65 Die Übernahme einer solchen Funktion durfte nicht zurückgewiesen werden, jedoch waren Entschuldigungen, etwa im Krankheitsfall oder bei Auslandsaufenthalten, gestattet. Neben diesen aus dem Lehnsverhältnis resultierenden Pflichten der Vasallen gegenüber den Landesherren gab es auch freundschaftliche Beziehungen zwischen beiden Parteien, die in den Quellen jedoch nur gelegentlich nachgewiesen werden können.66 Ein dinglicher Beleg eines solchen innigen Vertrauensverhältnisses, dessen Grundlagen nicht selten in frühester Kindheit durch gemeinsame Reisen und Erzie62 Die Direktorialvermessung wurde geleitet von einer Direktorialkommission mit Sitz in Güstrow, zu der auch ritterschaftliche Deputierte (1776 Christoph Ernst von Schack und Claus Joachim von Preen) gehörten. Aktiv an der Vermessung beteiligt waren zeitgleich ca. 40 Personen (Vertreter der Ritterschaft, Ingenieure, Taxatoren, Notare etc.). Das Brouillon und die Kladden wurden dem Gutsbesitzer übergeben, die errechneten Werte in Feldregister eingetragen. Das erste vermessene Rittergut war 1756 Varchentin. Vgl. Herzöge Mecklenburgs: Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich; Metterhausen: Die direkten Landessteuern; Greve: Ruthen. 63 Vgl. generell Kamptz: Beyträge, Band 1, S. 197–239; Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 45–88, 97–99; zu einzelnen Bsp. LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede; Bacmeister: Christliche Leichpredigt; Walther: Christliche Vnterrichtung; Lützow: Beitrag, S. 69; Lisch: Des pommerschen Geheimenraths, S. 149–151 (Beilagen); Glöckler: Reichstags-Fahrt; Rosen: Hans Behr, S. 138; Crull: Taufe von Herzog Ulrichs Tochter, S. 188–190; Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 25–26; Bill: Mecklenburgischer Adel, S. 45 sowie Umschlagabbildung Rückseite. 64 Vgl. generell LHAS, 2.12-1/10, Begräbnisse; exemplarisch ebd., Vol. VI, Nr. 53–55 (1610, 1617, 1612); des Weiteren Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 320 (1504); Bacmeister: Proceß (1603); LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede (1636); Kamptz: Beyträge, Band 1, S. 229–232 (1752, 1782). 65 Vgl. etwa Kamptz: Beyträge, Band 1, S. 229; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 1, S. 364–375; Schmidt: Geschichte, Band 2-2, S. 425 (1513, 1543, 1555, 1789). 66 Kap. 3.2.



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hung geschaffen wurden, erfolgt durch Denkmäler, die mecklenburgische Fürsten für ihre Untergebenen errichten ließen. Erinnert sei bsw. an die Monumente für den gebürtigen Pommern Samuel von Behr und für Günther von Passow, die die Herzöge Adolph Friedrich I. und Gustav Adolph im Doberaner Münster und im Güstrower Dom initiierten.67 Im Übrigen begegnen gelegentlich auch Vasallen, die in besonderer Gunst der Landesherren standen. Zu diesen sog. Favoriten zählten – zumindest zeitweise – Georg von Maltzan unter Johann Albrecht I., Detlof von Pentz unter den Herzögen Ulrich und Carl, Andreas Gottlieb von Bernstorff unter Christian Ludwig I., Henning Friedrich von Bassewitz unter dem Regenten Friedrich Wilhelm sowie Viktor Sigismund von Oertzen und Johann August von Altrock unter den Strelitzer Herzögen Adolph Friedrich II. und Adolph Friedrich III.68 Eine solche Gunst konnte sich insbesondere dann bemerkbar machen, wenn es um Fragen von Ämtervergaben, Belehnungen oder Güterallodifikationen ging.69 Ein weiteres Indiz für das gute Verhältnis zwischen Landesherren und Vasallen ergibt sich aus den nahezu regelmäßigen Aufenthalten von Mitgliedern der landesfürstlichen Familie auf adligen Rittergütern insbesondere bei Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen, in deren Rahmen erstere organisatorische Aufgaben und Patenschaften übernahmen, Vasallen zu Ehrendiensten verpflichteten, Geldbeträge beisteuerten und nicht zuletzt auch landesherrliche Gebäude zur Verfügung stellten.70 Offenbar kam es auch zu Gelegenheitsbesuchen, für die nicht immer ein besonderes familiäres Ereignis aus-

67 Vgl. Dolberg: St. Marien-Kirche, S. 70–76; Neumann: Das Passow-Epitaph; des Weiteren Heckmann: Baumeister, S. 23–28; Koch: Charles Philippe Dieussart; Rosen: Hans Behr, S. 156–159 sowie Abb. 48. 68 Vgl. generell Kaiser und Pečar: Der zweite Mann; zu den genannten mecklenburgischen Bsp. Schmidt: Geschichte, Band 2-2, S. 425; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 58, 62, 261; Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 298; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 367; Ballschmieter: Andreas Gottlieb, S. 7; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 69–70; Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 16; Altrock: Geschichte des Geschlechts, S. 9–13. 69 Vgl. Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 287; des Weiteren Engel: Briefwechsel, Band 1, S. 16. Allerdings bleibt anzumerken, dass die Zahl der Allode im Untersuchungszeitraum und darüber hinaus beträchtlich zunahm (um 1900 ca. 600) und dafür nicht allein Gunst, sondern zunehmend Rekognitionen, d. h. Geldzahlungen, ausschlaggebend waren. Vgl. Engel und Hamann: Historischer Atlas, S. 68–69; Hamann: Das staatliche Werden, S. 54–55; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 63; zur Rolle der Rekognitionen im Rahmen von Belehnungen Lisch: Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 348. 70 Vgl. etwa LHAS, 9.1-1, RKG, Nr. 213; ebd., Nr. 1058, Bl. 70; Stindtman: Leichpredigt; Walther: Christliche Vnterrichtung; Müller: Paulinus Ordo; Arnd: Christliche Leich=Predigt [...] Deß, Beilage; Arnd: Christliche Leich-Predigt über den Seligen Hintritt; Herzog Gustav Adolph: Einladung; Lisch: Urkundliche Geschichte, S. 337–338, 414–415 (Nr. 396); Lisch: Begräbniß­ kosten, S. 28; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 57–58, 263; Rosen: Hans Behr, S. 126–130; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 449–452 (Levetzow, Lühe, Halberstadt, Oertzen, Quitzow, Passow, Pentz, Peckatel, Plessen, Vieregge); zu ähnlichen Beziehungen ­zwischen englischem Hoch- und Niederadel Asch: Begräbniskultur zwischen Hauptstadt und Provinz.

266 Vaterland schlaggebend war.71 Darüber hinaus traf man sich zu gemeinsamen Jagden – die Landesherrschaft genoss das Vorjagdrecht in den Ländereien der Vasallen – und zu Trinkgelagen, zu deren bekanntesten die „Zechtour“ Herzog Ulrichs und seines Gastes Hans von Schweinichen zählt, in deren Verlauf sie u. a. bei den Oldenburg und Maltzan so manchen „Rausch“ erlebt hatten.72

4.1.2 Landadel versus Landesherren Die gelegentlich begegnende Behauptung, dass der Favorit und sein Sturz untrennbar miteinander verbunden waren, ist nicht ganz unumstritten. Dennoch zeigen auch mecklenburgische Beispiele, dass der „Fall des Günstlings“73 keineswegs als Ausnahmeerscheinung angesehen werden darf. Die Missgunst, die bsw. der Schweriner Favorit Andreas Gottlieb von Bernstorff im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts erfahren musste, soll angeblich mit der Liaison zwischen ihm und Isabelle Angélique de Montmorency, der Gattin seines Gönners, Herzog Christian Louis I. von Mecklenburg-Schwerin, in Verbindung gestanden haben, was schließlich den Wechsel Bernstorffs in die Dienste des niedersächsischen Kreisobersten in Celle zur Folge hatte.74 Henning Friedrich von Bassewitz, der zunächst zu den Günstlingen Herzog Friedrich Wilhelms zählte, soll durch ein von ihm um 1711 verfasstes spöttisches Quodlibet, welches die Neigungen des Herzogs auf den fürstlichen Jagdveranstaltungen – die Hast „nach dem schönen zahmen Wildpretts in den Dörfern“ – thematisierte, zu Fall gebracht worden sein.75 Im Übrigen galt die vormalige Gunst, die einzelne Vasallen genossen, bei weitem nicht für alle Angehörigen der fürstlichen Familienmitglieder. Bassewitz hatte sich schon im Vorfeld seiner Entgleisungen den Unmut der Herzogin zugezogen. Samuel von Behr, der Vertraute Adolph Friedrichs I., notierte 1610 in seinem Schreibkalender, Herzogin Sophie, die Mutter der jungen mecklenburgischen Landesherren, hätte bei einem Empfang „I[wer] f[ürstlicher]g[naden] leuten keinen [..] die handt geben.“76 Weitaus schwerwiegendere Diskrepanzen zwischen Landesherren und Landadel resultierten vor allem aus Störungen des zwischen beiden Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses. Bereits im Vorfeld der Belehnung und der damit verbundenen Eidesabnahme konnte es zu ersten Unstimmigkeiten kommen, wenn nämlich ent71 Vgl. etwa Lützow: Beitrag, S. 65; Metterhausen: Urkundliche Geschichte, Band 2, S. 302–303; Nugent: Travels, S. 132, 164 (Landesherren bei den Lützow, Pentz, Dewitz, 17. und 18. Jh.). 72 Vgl. Kramer und Fried: Jagdherren, S. 8–11; Oertzen-Blätter 24 (1981) 22, S. 23; Büsching: Leben und Abenteuer, S. 392–393. 73 Nach Hirschbiegel und Paravicini: Der Fall des Günstlings. 74 Ballschmieter: Andreas Gottlieb, S. 7. 75 Fromm: Bassewitz; Fromm: Behr; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 69–70; Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte, S. 16. 76 Fromm: Bassewitz; Fromm: Behr; LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545 (20. Februar 1610).



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sprechende Mutungsfristen nicht eingehalten wurden. Es ist zwar bekannt, dass die Landesherrschaft solche Verstöße mit Geldstrafen ahndete, im schlimmsten Falle konnten Mutungsfehler jedoch zum Verlust des Lehens führen wie etwa bei den Moltke auf Toitenwinkel oder den Behr auf Hohenzieritz.77 Im Rahmen des sog. Güstrowschen Erbfolgestreits gegen Ende des 17. Jahrhunderts fürchtete sogar die gesamte Ritterschaft, einen Mutungsfehler begangen zu haben. Es gab zu dieser Zeit schlichtweg keinen offiziellen Landesherren, an den entsprechende Mutungen hätten ergehen können, weshalb man zur Sicherheit eine kaiserliche Deklaration erbeten hatte.78 Bereits zwei Jahre zuvor, 1694, wurde von der Landesherrschaft der Versuch unternommen, sowohl die Mutzettelgebühr als auch den Lehneid zu verändern, was die Ritter- und Landschaft mit entsprechenden Beschwerden erwiderte.79 Die empfindliche Reaktion auf Modifikationen der Lehneidformulierung ist damit zu erklären, dass hier wesentliche Vasallenpflichten benannt wurden; eine von der Landesherrschaft vorgesehene Änderung hätte sich wohl kaum zum Vorteil der Ritterschaft ausgewirkt. Da auch bei Huldigungen Propositionen, d. h. landesherrliche Forderungen, und für die Legitimation des Adelsstandes insgesamt bedeutsame Privilegien80 ausgehandelt wurden, kam es auch hier regelmäßig zu kleineren und größeren Unstimmigkeiten. Dies betraf bereits die ordnungsgemäße Einladung der Vasallen oder einzelne Details des Huldigungsablaufes, dessen Herkommen – nicht selten lagen Jahrzehnte zwischen den einzelnen Huldigungen – im Vorfeld archivisch rekonstruiert werden musste.81 Nachdem die Landesherrschaft die Proposition vorgelegt hatte, zog sich die Ritterschaft für gewöhnlich für einige Stunden oder womöglich einen Tag zurück, um die fürstlichen Forderungen wie auch die Privilegien zu prüfen.82 Interessanterweise konnten auch diejenigen adligen Vasallen, die von ihren städtischen Untertanen einen Erbhuldigungseid erwarteten wie etwa die Maltzan von den Penzliner Bürgern im 17. und 18. Jahrhundert, auf ähnlichen Widerstand bei der Privilegienbestätigung stoßen, wie sie ihn selbst den Landesherren ent-

77 Vgl. LHAS, 2.12-4/2, Findbuch Witte, Band 4, S. 129 (Gamm auf Prillwitz, 1686, 200 Gulden Strafe); Münch: Toitenwinkel und Rostock, S. 191 (Moltke); UBRSS, Familienpapiere Matthias Hans von Behr, Mappe 2, Nr. 2a (Wien, 16. November 1710); LHAS, 2.12-4/2, Findbuch Witte, Band 2, S. 417–425 (Behr). 78 LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Generalia, Nr. 663 (kaiserliches Dekret, 27. März 1696). 79 Ebd., Nr. 512 (Beschwerde von Ritter- und Landschaft, 1694). 80 Bleeck und Garber: Nobilitas. 81 Vgl. etwa Schirrmacher: Johann Albrecht I., S. 24 (Beschwerde des Kurt von der Lühe wegen Huldigung Johann Albrechts I., 1547). Zwischen den Huldigungen des zweiten und dritten Strelitzer Herzogs, Adolph Friedrich III. und Adolph Friedrich IV., 1709 und 1753 lagen 44 Jahre. Noch in den Akten zur Strelitzer Huldigung in Neubrandenburg 1904 finden sich Vermerke zur Geschichte der Huldigungen bzw. deren hergekommene Abläufe. Vgl. LHAS, 4.11-1, Landesverwaltung Mecklenburg-Strelitz, D (Landtag und Landständische Verfassung), II, Nr. 81. 82 Vgl. etwa LHAS, 2.12-2/1, Erbhuldigung, Nr. 36/1 (Huldigung Gustav Adolphs zu Güstrow am 5. und 6. Juli 1654).

268 Vaterland gegenbrachten.83 Da Huldigungen – ähnlich wie Landtage – in ritterschaftlichen Machtzentren erfolgten, kam es den mecklenburgischen Fürsten sicherlich nicht ungelegen, dass mit Wallenstein die Tradition ins Leben gerufen wurde, Huldigungen und damit die Vasallenpflichten enthaltenen Eidesableistungen in landesherrlichen Residenzen vornehmen zu lassen.84 Im Übrigen erweckt es den Eindruck, dass mit der Huldigungsansprache, die durch ein Mitglied der Ritterschaft vorgenommen wurde, die neue Landesherrschaft in gewisser Weise auf die Regierungszeit eingestimmt wurde. Hat die in Latein gehaltene und durch den Adelsgenealogen Bernhard Latomus ins Deutsche übersetzte und veröffentlichte Rede des Stargarder Vasallen Hans Christoph von Jasmund 1609 zu Cölpin tatsächlich so stattgefunden, handelte es sich bei diesen Ansprachen um eine Kombination aus Schmeichelei und Ermahnung.85 Hier hieß es u. a.: Die Perser und Griechen rühmen sich der „Darii, Cyri, Xerxis, Miltiadis vnd Periclis“, die Römer der „Fabriciorum, Camilli, Marcelli, Scipionum, Marii, Caesaris, Catonis [...]. Wir Meckelnburger aber wollen vnsere Henricos, Magnos, Albertos, Iohannes, Georgium, Ulricos, Christophorum, Carolum, vnnd viel andere mehr [...] zu vnsern Ehren hochrue emlich anziehen [...].“ Zugleich ergingen mahnende Worte in Richtung der neuen Landesherren, Johann Albrecht II. und Adolph Friedrich I.: „O welche boe se /Gottlose vnd schae ndliche zum gemeinen schimpff vnd verderben des Vaterlandes geborne Fue rsten sind die /so [...] auff nichts anders /denn auff lauter gewalt gedencken!“ Was die Huldigung von 1609 anbelangt, sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass diese keineswegs alltäglichen Zusammenkünfte zumindest bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts zu den herausragenden, die Ritterschaft betreffenden Ereignissen überhaupt zählten, denen – ähnlich wie im Falle der Musterungen – zahlreiche Angehörige und Bekannte der Vasallen beiwohnen wollten. Dies ergibt sich in besonderer Weise aus der zum Jahre 1609 ausgearbeiteten Hof- und Feldordnung, wobei die hier enthaltenen Reglements die augenscheinlich während der vier Jahre zuvor stattgefundenen Huldigung Herzog Carls vorgefallenen Missstände ausschalten sollten.86 Demnach hatten 1605 offenbar nicht wenige Vasallen die Huldigung eher als geselliges Beisammensein auf Kosten der Landesherrschaft angesehen, indem sie – bis tief in die Nacht hinein  – ausgiebig tranken, lärmten, spielten, fluchten und zankten, was zwangsläufig zu „einiche Aufruhr“ geführt hatte. Während der Tafel, von der auch ungeladene Gäste kostenlos partizipierten, wurde ebenfalls getrunken und gelärmt und es kam zur „Zersprech=Werffung der Trinck=Geschirr.“ Eine Folge dieser Ausschwei83 Die Penzliner Bürger erwiderten, der Eid beeinträchtige ihre Privilegien und überhaupt könne allein die Landesherrschaft ihnen den Erbhuldigungseid abnehmen (Schmidt: Geschichte, Band 2–3, S. 363–364, 424–425). 84 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 199–214; des Weiteren Anonymus: Relation und gründlicher Bericht; Anonymus: Wahrhafftige Relation. 85 Im Folgenden Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes; zu einer weiteren Huldigungsrede (1904 zu Neubrandenburg gehalten durch Landrat Engel) Wendt: Geschichte, S. 241. 86 Im Folgenden Herzöge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II.: Hoff undt Felt=Ordnung; LHAS, 2.12-2/1, Erbhuldigungsakten, Nr. 10/1.



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fungen war, dass offenbar nicht wenige Vasallen den für den folgenden Tag anberaumten Gottesdienst, einen der zentralen Bestandteile der Huldigung, verpasst hatten. Die in den Lehn- und Huldigungseiden umrissenen Vasallenpflichten waren schließlich Gegenstand von schwerwiegenderen Auseinandersetzungen zwischen Landadel und Landesvätern. Die Ehrendienste scheinen dabei weniger eine Rolle gespielt zu haben, wenngleich auch im Rahmen des fürstlichen Zeremoniells so manche Pflichtverletzung seitens der Vasallen vorgekommen war. So hatte bsw. die Stargarder Ritterschaft 1752 einen landesherrlichen Verweis erhalten, da sie sich beim Begräbnis des aus einer Nebenlinie des Strelitzer Fürstenhauses stammenden Herzogs Carl geweigert hatte, die „Handführung der Pferde vorn Leichen=Wagen und auch die Aufhebung, Tragung und Einbringung der Leiche“ zu übernehmen.87 Landtage und die damit verbundene Verpflichtung zur Teilnahme bedürfen letztlich eines eigenständigen Kapitels, weshalb an anderer Stelle eine entsprechende ­Erörterung – wenngleich weniger unter der Prämisse der Auseinandersetzungen zwischen Landadel und Landesvätern – erfolgen muss.88 Der mangelnden Landtags­ beteiligung versuchte die Landesherrschaft bisweilen mit Geldstrafen – unter Herzog Adolph Friedrich I. 1627 100 Rthlr. – oder gar mit Androhung des Lehnsverlusts – so geschehen 1628 unter Wallenstein – habhaft zu werden.89 Als Herzog Carl ähnliche Sanktionen für den Wismarer Landtag 1609 vorgesehen hatte, reagierte die Ritterschaft auf das Einladungsschreiben unverzüglich mit entsprechenden Beschwerden, „sintemalen dasselbe [...] fast scharf und nachtheilig stilisiret sey“.90 Der offenbar inflationär gebrauchten Methode, den nicht selten in geringer Anzahl erschienen Landtagsteilnehmern Vollmachten zu übergeben, mit denen die Anwesenden im Namen der Entschuldigten abstimmen konnten, wurde durch den LGGEV 1755 ein Riegel vorgeschoben.91 Zäher noch als bei den Huldigungen wurden die Debatten um Propositionen und Privilegien bei den Landtagen geführt, weshalb man gelegentlich „bey der hoheren Obrigkeit umb errettung“ suchte.92 Neben Steuerfragen wurde im 16. und 17. Jahrhundert auch über Belange der Musterungen – etwa die Unterhaltskosten – und Rossdienste, insbesondere deren Höhe und Verwendung, diskutiert. 93 Beim 87 88 89 90 91

Nach Kamptz: Beyträge, Band 1, S. 229–231. Kap. 4.2. Lützow: Beitrag, S. 85, 87; Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 153. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 356. Vgl. Herzöge Mecklenburgs: Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich, § 151–153; des Weiteren Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 97–98; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 103, 109. 92 Vgl. als Überblick Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, 4 Bde.; des Weiteren Krause: System, S. 76 (Zitat); Münch: Landtag und Landstände, S. 6; Münch: Die Folgen, S. 275. Zur Kritik an der Spaldingschen Edition wie auch zur Quellenüberlieferung der Landtagsakten siehe Kap. 4.2. 93 Vgl. etwa Lützow: Beitrag, S. 83; Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 19, 36; Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 88, 94, Anm. 14; Münch: Handel und Wandel, S. 46.

270 Vaterland Landtag traute offenbar keine Partei der anderen. Alles verlief in zwei separaten Sphären. Die fürstlichen und ständischen Vertreter zogen sich zu ihren Beratungen an getrennte Tische zurück, und die Kommunikation vollzog sich bisweilen ausschließlich schriftlich. Bedienstete wurden während der Beratungen ausgeschlossen. Nach Abwendung vom hergekommenen Platz an der Sagsdorfer Brücke war man, da auf dem „Hause“ zu viele Diener zuhörten, für die Unterredungen „nach den Berg“ gezogen, womit der nahe gelegene Judenberg gemeint war.94 Gerade den Ritterschaftsvertretern, die zugleich eine Landesbedienung innehatten, scheinen insbesondere die Landräte wenig Vertrauen entgegengebracht zu haben; diese sog. Aulici wurden auf ihre Initiative hin schließlich von den Verhandlungen ausgeschlossen. 95 Im Übrigen standen während der Debatten gelegentlich selbst die altehrwürdigen Landräte, die Spitzen der Ritterschaft, im Fokus der Kritik. Gebhard von Moltke bsw. hatte man Bestechlichkeit vorgeworfen. Schließlich brachte er beim Landtag im September 1623 auf dem Judenberg seinen Unmut darüber zum Ausdruck, „daß etliche Leute ihn malitiose hinterrücks angegeben, als wenn er von Ser[enissi]mis Giften und Gaben genommen, und die große Contribution befördert hätte, da nun jemand unter dem Haufen befindlich wäre, der solches geständig sey, der sollte vortreten, da er sich denn als ein ehrlicher Mann verantworten wollte [...].“ Da aber niemand vortrat, blieb ihm nur, den unbekannten Kritiker öffentlich als Schelm, d. h. als unehrlichen, ehrlosen Menschen, zu bezeichnen.96 Ungeachtet dieser Vorwürfe gegen Moltke scheinen die Landräte allgemeinhin nicht uneingeschränkt die Interessen der Ritterschaft vertreten zu haben; Individualitäten und Eigeninteressen – so urteilt Neuschäffer – waren gerade bei ihnen ausschlaggebend für das Verhalten in den mit der Landesherrschaft geführten Debatten.97 Ähnlich wie im Falle der Huldigungen versuchte man auch die symbolträchtigen, inmitten der Macht- und Besitzzentren der Landstände und vis à vis der Erblandmarschallsitze Eickhof und Grubenhagen gelegenen Austragungsorte der Landtage, Sternberg und Malchin, in landesherrliche Residenzen zu verlagern, was die Entscheidungs- und Meinungsfreiheit der Ritterschaft enorm eingeschränkt hätte. ­Dieser Versuch scheiterte.98 Ein weiteres Konfliktfeld bildete die Steuerproblematik. Die Höhe der zu entrichtenden Steuern war abhängig von den ländlichen Besitzstrukturen; entsprechen-

94 So erwähnt im Rahmen des Sternberger Landtags im August 1557 (Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 25–26). 95 Vgl. Werner: Ständische Machterhaltungspolitik; des Weiteren Krause: System, S. 58; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 110; LHAS, 2.26-1, Großherzogliches Kabinett I, 10315/4. 96 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 630. 97 Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 61, 165. 98 Vgl. Münch: Landtag und Landstände, S. 1–2; Münch: Die Folgen, S. 273–274; LHAS, 2.454/2, Lehnwesen, Generalia, Nr. 521 (Befehl Herzog Albrechts zu Friedland wegen Erneuerung der Lehen, 1630); Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 75, 199–214, 456; ebd., Band 3, S. 75, 294.



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den Überprüfungen stand die Ritterschaft daher argwöhnisch gegenüber. 99 Da die adligen Eigenwirtschaften sich im Verlauf der frühen Neuzeit beträchtlich vergrößert hatten, versuchte sie, für fiskalische Berechungen an älteren Katastern festzuhalten und entsprechende Inspektionen jeglicher Art zu vermeiden. Darüber hinaus wurden bereits im 16. Jahrhundert die adligen Vasallen nach der Größe ihrer tatsächlichen Wirtschaftsflächen befragt, woraufhin sie sich Unehrlichkeits- und Betrugsvorwürfen seitens der Landesherrschaft ausgesetzt sahen.100 Als zu Beginn des 18. Jahrhunderts in einigen Teilen Mecklenburgs ritterschaftliche Güter vermessen wurden, versuchte offenbar der eine oder andere Gutsbesitzer, entlegenere Flächen zu verheimlichen; es kam sogar zu Denunziationen und Beleidigungen gegenüber den landesherrlichen Taxatoren.101 Da die Auswirkungen des LGGEV und der anschließenden Vermessung und Bonitierung noch nicht hinreichend untersucht sind, lässt sich an dieser Stelle auch keine verallgemeinernde Aussage darüber treffen, inwieweit die daraus ergangene Kontribution zugunsten bzw. zuungunsten der einen oder anderen Seite ausfiel. Zwar meinten Zeitgenossen wie Ernst Friedrich von Engel, dass sie gerade die (finanz-)schwachen Glieder der Ritterschaft sehr drückte, da auf sie in einem kurzen Zeitraum hohe geldliche Forderungen zukamen.102 Andererseits begegnet gelegentlich die Behauptung, dass im Vorfeld der Vermessung und Bonitierung keine der Parteien den Ausgang exakt voraussagen konnte, und dass die Landesherrschaft, als sie nach den ersten Visitationen befürchtete, die Maßnahme könne zu ihren Ungunsten verlaufen, die Vermessung zu verzögern suchte.103 Als schließlich in den 1790er Jahren das Ergebnis vorlag, focht die Ritterschaft die zu bezahlende Gesamtsumme durch Berufung des Engeren Ausschusses an das Reichskammergericht mit dem Ziel einer Rektifizierung an, da ihrer Meinung nach keinesfalls eine höhere Leistung als im Jahre 1659 verlangt werden konnte.104 Die Auseinandersetzung um ritterschaftliche Rechte und Privilegien verließ schließlich die Ebene der Huldigungen und Landtage, als seit Mitte des 17. Jahrhunderts vornehmlich die Herzöge des Schweriner Landesteils, nämlich Christian Ludwig I., Friedrich Wilhelm und Carl Leopold, danach trachteten, die Macht der Stände durch Installation einer Herrschaft nach absolutistischen Grundsätzen – ohne hier näher auf die Begriffskritik der vergangenen Jahrzehnte einzugehen – zu verringern.105 Auslöser war die Auslegung des Paragraphen 180 des sog. Jüngsten Reichsabschieds von 1654, der die Untertanen zur Finanzierung von Festungen und Garnisonen, d. h.  99 Münch: Handel und Wandel, S. 46. 100 Zu solchen Betrugsvorwürfen (1572, um 1630) vgl. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 52; Tessin: Wert und Größe, S. 146; des Weiteren Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 95; Greve: Ruthen, S. 10–17. 101 LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Generalia, Nr. 972–979. 102 Engel: Briefwechsel, Band 1, S. XV. 103 Greve: Ruthen, S. 21. 104 Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 96–97. Weitere grundlegende Veränderungen folgten zu Beginn des 19. Jh. 105 Vgl. generell Ballschmieter: Andreas Gottlieb; Wick: Versuche.

272 Vaterland eines stehenden Heeres, verpflichtete, was für gewöhnlich eine Umgestaltung und Erneuerung des bestehenden Steuersystems erforderte.106 Wie in anderen Territorien sollte damit auch in Mecklenburg der ständische Machtanspruch gebrochen werden. Nachdem der seit 1658 in Mecklenburg-Schwerin regierende Christian Ludwig I. entsprechende Forderungen gestellt hatte, bat die Ritterschaft um eine kaiserliche Bestätigung ihrer Privilegien; für die notwendige Gesandtschaft wurden kurzerhand 3000 Rthlr. bereitgestellt.107 Nun setzte das ein, was in die Landesgeschichte als sog. „Mecklenburgischer Ständekampf“ eingehen sollte. Wie in allgemeinen Landesangelegenheiten nahmen auch hier die Landräte eine unliebsame Mittlerrolle ein, weshalb sie mehrfach in den Fokus der Kritik gerieten. Da die Verhandlungen aus Sicht Christian Ludwigs I. nicht das gewünschte Ergebnis gebracht hatten, mussten sie sich unter Verweis auf den abgeleisteten Landratseid den Vorwurf der Parteinahme gefallen lassen. Die Landräte erwiderten, sie hätten geschworen, „des Landes Schaden und Nachtheil“ abzuwenden und zu verhüten.108 In ähnlicher Weise scheiterte auch der Nachfolger Christian Ludwigs I., Herzog Friedrich Wilhelm, dessen Politik zu Beginn des 18. Jahrhunderts mehr und mehr absolutistische Neigungen erkennen ließ. 109 Doch waren es hier nicht allein die Landräte, die sich der Kritik ihres Landesherrn ausgesetzt sahen. Der in seiner Regierungszeit mehrfach unternommene Versuch, Steuerforderungen zu erhöhen, stieß insbesondere bei achtundachtzig namentlich bekannten Vertretern der Ritterschaft auf Widerspruch, weshalb ihnen der Herzog die Anrede „Lieber Getreuer“ verweigerte und schließlich eine Reichshofratsklage wegen Felonie gegen sie einleitete.110 Auf den ritterschaftlichen Widerstand insgesamt hatte er mit gewaltsamer Eintreibung von Kontributionen und der eigenmächtigen Entnahme beträchtlicher Summen aus dem Landkasten ­reagiert.111 Um die Zahl der Widerständler zu verringern und eine politische Spaltung der Ritterschaft herbeizuführen, berücksichtigte er vornehmlich fremden Adel bei Landesbedienungen und Belehnungen; 1704 veränderte er die Rangordnung am Schweriner Hof, die die Landräte hinter die Hofräte stellte, was den Protest des mecklenburgischen Altadels nach sich zog.112 Zu den politisch engagierten sog. Renitenten, die sich an den Reichshofrat gewandt hatten, womit im Allgemeinen die Selbständigkeit der Ritterschaft gegenüber dem Landesherrn betont wurde,113 gehörte auch der mecklenburgische Adlige Joachim 106 Kunisch: Absolutismus, S. 86; des Weiteren Pečar: Am Rande. 107 Ballschmieter: Andreas Gottlieb, S. 4. 108 Franck: Alt- und Neues, Band 15, S. 105. 109 Vgl. generell Wick: Versuche, hier S. 29–36. 110 Vitense: Geschichte, S. 247; Ballschmieter: Andreas Gottlieb, S. 89–90; Medinger: Mecklenburg, S. 12; Münch: Toitenwinkel und Rostock, S. 212–213. 111 Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 206, 495–501. 112 Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 69; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 83–84; Joost: Zwischen Hoffnung, S. 183–184; LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede; Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 12. 113 Vgl. Jörn: Integration, S. 388; Stein: Prozesse, S. 85. Inwieweit das Engagement der Ritterschaft bzw. seiner führenden Köpfe bei den Landesteilungen der Schwächung der Landesherrschaft gedient hatte, ist noch nicht ausreichend untersucht. In die Verhandlungen um Landesteilungen waren je-



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Friedrich von der Lühe, dessen Name bereits im Zusammenhang mit der Einführung der Koppelwirtschaft gefallen ist.114 Seine Aktivitäten im Rahmen des Nordischen Krieges, die dem neuen Schweriner Herzog ein Dorn im Auge waren, führten dazu, dass er unter Carl Leopold, der bekanntlich als derjenige mecklenburgische Landesherr gilt, unter dem der Konflikt mit der Ritterschaft seinen Höhepunkt erreichte, besonders drastische Maßregelungen erfahren musste, die sowohl Lühes Finanzen als auch seinen Gesundheitszustand nachhaltig beeinträchtigten. Des Weiteren hatte es der Herzog, dessen Ziel es war, zusätzliche Steuern für den Aufbau eines stehenden Heeres einzufordern, auf Landräte, Landmarschälle und ritterschaftliche Deputierte abgesehen, die 1716 mit Hilfe verbündeter russischer Truppenkommandos, die sich während des Krieges in Mecklenburg aufhielten, gefangen genommen werden sollten.115 Der raschen Informationsübertragung hatten es die vermeintlichen Delinquenten schließlich zu verdanken, dass nur vier von ihnen in die Hände des unliebsamen mecklenburgischen Landesherrn fielen. Landrat Lehsten zu Dölitz bsw. wurde von einem Bauern gewarnt. Dieser hatte nämlich gehört, wie einer der russischen Militärs meinte, er wolle „nach Dölitz, groß Landrath klein machen“.116 Wegen der Rechtsbrüche und autokratischen Bestrebungen Carl Leopolds117 wandte sich die Ritterschaft schließlich an Kaiser Karl VI. Im Jahre 1717 wurde die Reichsexekution gegen ihn verhängt, die vom Direktor des niedersächsischen Reichskreises, Kurfürst Georg Ludwig von Hannover, wahrgenommen werden sollte. In seinem Auftrag führte ab 1719 ein Vertreter eines mecklenburgischen Adelsgeschlechts, Cuno Josua von Bülow, die Reichsexekution an. Damit war die Auseinandersetzung zugunsten der Ritterschaft ausgegangen. 1728 wurde Carl Leopold förmlich durch den Kaiser von seiner Herzogswürde suspendiert und sein Bruder, Christian Ludwig, als kaiserlicher Administrator und Kommissar eingesetzt, dem schließlich 1747, nach dem Tod Carl Leopolds, die Landesherrschaft in Mecklenburg-Schwerin übertragen wurde. Unter Herzog Christian Ludwig II. kam es 1755 in Form des LGGEV mehr oder weniger zu einem Ausgleich, durch den die sich u. a. 1555, 1572 und 1621 abzeichnende Dominanz der Ritterschaft eine erneute gesetzliche Sanktionierung fand.118 Wenn auch den Konflikten zwischen Landadel und Landesvätern damit kein Abbruch getan wurde, so steht doch der LGGEV in doch immer angesehene mecklenburgische Adlige eingebunden. Vgl. Lützow: Beitrag, S. 61; Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 61; des Weiteren Joost: Zwischen Hoffnung, S. 152–202, besonders S. 155. Zum Grundsatz des als Vermittler im Rahmen des sog. Hamburger Erbvergleichs fungierenden Philipp Cuno von Bassewitz, „ein Edelmann müsse treu und eifrig dem Fürsten dienen, jedoch sein Vaterland und sich nie unterdrücken lassen [...]“, vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 68. 114 Kap. 3.2. 115 Zu diesen gehörten Mitglieder der Familien Moltke, Bassewitz, Lehsten, Osten, Hahn, Lühe, Peterstorf, Plessen, Oertzen. Vgl. Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 225, 494–501; zu diesen ritterschaftlichen Ämtern Kap. 4.2. 116 Zitiert nach Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 225. 117 Nach Neuschäffer (Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 32–33) scheint sich Carl Leopold, der mecklenburgische Landesherr, Karl XII. von Schweden als Vorbild für die Vorgehensweise gegen den Adel genommen zu haben. 118 Münch: Landtag und Landstände, S. 4.

274 Vaterland gewisser Weise am Ende langwieriger politischer Auseinandersetzungen und Machtkämpfe zwischen den mecklenburgischen Herzögen und der mecklenburgischen Ritterschaft. Ältere Behauptungen, die ihr Verhältnis prinzipiell als ausgewogen erachteten, sind allein wegen der Konflikte im Rahmen des sog. Ständekampfes haltlos.119 Vielmehr – dies zeigt u. a. der Briefwechsel der Gebrüder Bassewitz aus dem Jahre 1727 – erweckt es den Eindruck, als kannte die um 1720 lebende Generation mecklenburgischer Gutsbesitzer die Beziehung zwischen Landadel und „Landesvätern“ ­allenfalls aus Büchern als konfliktfrei und ausgewogen.120 Als wahre Väter des Vaterlandes erachteten Patrioten wie Jacob Friedrich Joachim von Bülow 1780 nicht etwa die eigenen Lehnsherren, sondern solche, die Mecklenburg vor nahezu zweihundert Jahren regiert hatten – insbesondere Herzog Ulrich III., den pater patriae schlechthin, wenngleich dessen Regentschaft von späteren Generationen verklärter angesehen wurde, als sie in Wirklichkeit war.121 Dass die Auseinandersetzung zugunsten der Ritterschaft verlief, ist nicht zuletzt auf die „Leistung“ einzelner Ritterschaftsvertreter zurückzuführen, die sich seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts immer häufiger als Patrioten bezeichneten und den Begriff schließlich regelrecht inflationär gebrauchen sollten, was im Übrigen nichts Mecklenburgspezifisches war.122 Einer der ersten Patrioten, die politischen Entscheidungen zuungunsten Mecklenburger Fürsten herbeigeführt hatten, war – zumindest wird dies gelegentlich behauptet  – Peter Heinrich von Stralendorff. Der Geheime Rat, Reichsvizekanzler und Reichshofratsvizepräsident unter Kaiser Ferdinand II., dessen Großvater aus Mecklenburg verbannt worden war, soll aus Groll gegen das mecklenburgische Herzogshaus die Belehnung Wallensteins mit Mecklenburg gefördert haben. Stichhaltige Beweise liegen bislang jedoch nicht vor. 123 Unter Leopold I. war es der aus Mecklenburg stammende Reichshofrat Kurt von Lützow, der den Kaiser ca. 1666 gegen Herzog Christian Ludwig I. regelrecht aufgewiegelt haben soll.124 Besonders zahlreich war die Zahl der politisch aktiven Patrioten, die zumeist aus altmecklenburgischen Familien stammten, in der Auseinandersetzung mit den Landesherren Friedrich Wilhelm und Carl Leopold. Zu den bedeutendsten zählten Andreas Gottlieb von Bernstorff, Henning Friedrich von 119 Zu diesbezüglichen Äußerungen Lischs sowie zur Kritik daran vgl. Münch 2003, S. 43–44. 120 So heißt es bsw. in einem Brief Joachim Otto von Bassewitz’ (Lübeck, 20. Juni 1727): „Du kennst ja den Mecklenb. Junker, der vor seiner Freiheit und Nobilité bettelt, und sich lieber ruiniren läßet (zumahlen itzo) als dagegen zu handeln.“ Nach Bassewitz: Aus dem Leben, S. 227–228. 121 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 3; zu den langwierigen Auseinandersetzungen bei Landtagen in der 2. H. des 16. Jh. vgl. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1. 122 Vgl. Vierhaus: Patriotismus. 123 Sein Vater, Leopold von Stralendorff, gelangte im Rahmen der Ausweisung des Großvaters, Ulrich von Stralendorff, der gemeinsam mit Levin Kamptz des Landfriedensbruchs beschuldigt worden war, an den Kaiserhof. Vgl. Kamptz: Geschichte, S. 147–149; Stuhr: Stammtafeln, Tafel 15; Gräf: Leopold Stralendorff, S. 269; Gräf: Peter Stralendorff, S. 273. 124 Kurt von Lützow auf Goldenbow (gest. 1670). Vgl. Joost: Zwischen Hoffnung, S. 196–198; Hofer: Beziehungen Mecklenburgs.



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Bassewitz, Joachim Otto von Bassewitz, Paschen von Negendanck, Christian Siegfried von Plessen, Matthias Hans von Behr und Christian August von Parkentin.125 Alle bekleideten bedeutende politische Ämter im In- und Ausland. Zwischen den einzelnen Personen fand ein intensiver Informationsaustausch statt, sodass von einem patriotischen Netzwerk gesprochen werden kann. Landrat Adolph Friedrich von Maltzan bsw. unterhielt zwischen 1665–1696 einen umfangreichen Briefwechsel mit den Landräten Jasmund, Plüskow, Petersdorf, Negendanck und Bassewitz, mit den ritterschaftlichen Agenten zu Wien, mit Andreas Gottlieb von Bernstorff sowie dem in Wien tätigen Reichshofrat Kurt von Lützow auf Goldenbow.126 Besonders her­ vorzuheben ist das Engagement Andreas Gottlieb von Bernstorffs und Christian Siegfried von Plessens – laut Johann Erhard Kappius die „Zierden“ des mecklenburgischen Adels –, die bei nahezu jedem politischen Treffen der Kontrahenten federführend waren.127 Inwieweit der oben genannte Fall des ehemaligen Schweriner Günstlings Bernstorff sein Auftreten gegen die Mecklenburger Herzöge forciert hatte, ist nicht bekannt. Auch die in unmittelbarer Nähe des Kaisers agierenden ritterschaftlichen Deputierten, die – ähnlich wie Landräte, Klosterhauptmänner usw. – aus angesehenen Familien wie Bassewitz, Behr, Bernstorff, Kettenburg oder Maltzan stammten, trugen ihren Teil dazu bei, die Position der Ritterschaft zu stärken. 128 Dabei zeigt gerade das Bsp. des Matthias Hans von Behr, dass nicht selten die weitreichenden Kontakte der Mecklenburger zu einflussreichen Persönlichkeiten im kaiserlichen Umfeld mitbestimmend beim Werdegang der Auseinandersetzung im Vaterland waren. Behr, der in Wien wegen seiner Gelehrtheit in Ansehen stand, war u. a. gut bekannt mit ­Johann Christoph Freiherr von Bartenstein und Johann Wilhelm Graf von Wurmbrand, die beide durch Rechtsgutachten – etwa der sog. Pragmatischen Sanktion 1713 – am aus Sicht der Ritterschaft erfolgreichen Ausgang des Konflikts mit Carl Leopold beteiligt waren.129 Es verwundert daher nicht, dass Matthias Hans von Behr, 125 Andreas Gottlieb von Bernstorff auf Wedendorf, Dreilützow usw. (1649–1726), BraunschweigLüneburger Premierminister; Joachim Otto von Bassewitz auf Dalwitz und Prebberede (1686– 1733), Holsteinisch-Gottorper Geheimratspräsident; Christian Siegfried von Plessen auf Hoikendorf (1646–1723), dänischer Geheimer Rat; Matthias Hans von Behr (1685–1729), Deputierter der Ritterschaft zu Wien; Christian August von Parkentin auf Lütkenhoff und Dassow (1694–1758), dänischer Gesandter am kaiserlichen Hofe. Vgl. Fromm: Bassewitz; Fromm: Behr; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 42, 68, 182; Ballschmieter: Andreas Gottlieb; Bernstorff: Andreas Gottlieb; Opitz: Die Bernstorffs, S. 13–25; Naumann: Die Plessen, S. 126; Bassewitz: Aus dem Leben; Neuschäffer: Henning Friedrich; Kappius: Abhandlung, S. II. 126 Vgl. LHAS, 10.9-11/1, Familienarchive und Nachlässe, Maltzan, Bestandsübersicht; Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 59–61. 127 Etwa bei den Konferenzen zwischen Herzog Friedrich Wilhelm und den Ständen zu Rehna und Wedendorf 1706. Vgl. Kappius: Abhandlung, S. II sowie Kap. 3.2.3. 128 Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 59–61; Ballschmieter: Andreas Gottlieb, S. 48–49, 73, 77; zu diesen Ämtern siehe auch Kap. 3.2 und 4.2. 129 Matthias Hans von Behr (1685–1729). Johann Wilhelm Graf von Wurmbrand war eine der Schlüsselfiguren am Reichshofrat in der 1. H. des 18. Jh., ab 1722 Vizepräsident und Mitglied des Geheimratskollegiums, seit 1728 Präsident des Reichshofrates. Vgl. Schröder: Des Herrn,

276 Vaterland der die Scharnierposition zwischen Kaiser, Ritterschaft und Vaterland innehatte, von zahlreichen Mecklenburgern im In- und Ausland als Kommunikationspartner favorisiert wurde. Zu diesen gehörte u. a. der zu Neapel weilende kaiserliche Hauptmann Wilhelm Altwig von Ihlenfeld. Wie so oft bat er den Ritterschaftsdeputierten auch in einem Brief des Jahres 1723, „ein weinig nachricht [zu] geben, wie der process, aldorten in unsern vaterlande, mit dem hertzog, und der Ritterschafft, jtzo läufft. Ich bin so courieux gewesen, und habe mich Durch des hl. General Seckendorffs Agenten, aus Leiptzig, den jantzen mecklenburgschen process, so ein sehr grosses buch ist, kommen lassen, wormit, ein solches durchzulesen, diesen winter, Die zeit passiren werde [...].“130 Es waren demnach keinesfalls nur Mecklenburger mit bedeutendem politischem Einfluss, die sich um die „Vaterlandssachen“, die eigentlich die Privilegien und damit den Status des (alten) Landadels betrafen, sorgten.131

4.1.3 Herkommen und Vaterlandsgeschichte Der mecklenburgische Ständekampf führt die Bedeutung äußerer Kräfte vor Augen, die für den aus Sicht der Ritterschaft positiven Ausgang der Konflikte mit der Landesherrschaft entscheidend waren. Anhand des „Alten Gebrauchs und Herkommens“ sowie des Rückbezugs auf Aspekte der Vaterlandsgeschichte insgesamt soll nun geprüft werden, inwieweit der Adel im weitesten Sinne historische Fakten zur fried­ lichen internen Beilegung der Dispute einsetzte. Beim „Alten Gebrauch und Herkommen“ handelte es sich um ein Gewohnheitsrecht, ein ungeschriebenes Recht, das aufgrund langer tatsächlicher Übung und durch allgemeine Anerkennung seine Verbindlichkeit im Sinne einer Überzeugung von der rechtlichen Notwendigkeit der Übung entstanden war.132 Im zeitgenössischen Sinne verstand man darunter, „wenn von undencklichen Jahren her eine Sache erlaubt und geübet worden, ob gleich dieserhalb kein vorgeschriebenes Gesetz ausgewiesen werden kann.“133 Da genau dieser Umstand in Mecklenburg vorlag, nämlich kein kodifiziertes Landrecht existierte, boten das Herkommen und sein argumentativer Einsatz regelmäßig Konfliktstoff zwischen Landadel und „Landesvätern“. Zwar wurden seitens der Landsherrschaft mehrere Versuche unternommen, das Landrecht, insbesondere das Lehnrecht, zu verschriftlichen – etwa durch die Juristen Heinrich Husan um 1580, Ernst Cothmann S. CXVI; Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 14; ZwiedineckSüdenhorst: Wurmbrand; Arneth: Bartenstein. 130 Vgl. UBRSS, Familienpapiere Ihlenfeld (Neapel, 24. Dezember 1723). 131 So heißt es auch in einem Brief Joachim Otto von Bassewitz’ an seinen Bruder Henning Friedrich (Hamburg, 16. Dezember 1729): „Mit dehnen Vaterlandssachen stehet es noch immer in Mecklenburg auf dem alten Fuß“; „Mein Gott wie geht es doch im Vaterlande zu!“ Zitiert nach Bassewitz: Aus dem Leben, S. 230. 132 Vgl. Böhlau: Mecklenburgisches Landrecht, S. 323–344; Kellner: Dass wie bei uraltem herkommen; Strohmeyer: Die Disziplinierung. 133 Vgl. Zedler: Grosses vollständiges Universallexicon, Band 1, Sp. 1565.



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um 1602 oder Ernst Mantzel 1757.134 Sämtliche Entwürfe, die man der Ritterschaft bzw. ritterschaftlichen Ausschüssen vorgelegt hatte, wurden jedoch ausnahmslos abgelehnt. Der Adel sperrte sich dagegen, die Landesgewohnheiten für sich bindend fixieren zu lassen. Die Ritterschaftsvertreter selbst beriefen sich vorzugsweise auf das Herkommen, da in ihm eine unüberschaubare Masse an Sonderfällen schlummerte, deren Nichtberücksichtigung bei einer Kodifizierung sicherlich zu ihren Ungunsten ausgefallen wäre. Dementsprechend argumentierte der Adel vernehmlich mit dem Gewohnheitsrecht. 1609, als Herzog Carl die Teilnahme an Landtagen durch im Einladungsschreiben angekündigte Sanktionen zu erhöhen gedachte, folgten unverzüglich Beschwerden seitens der Ritterschaft, „sintemalen dasselbe [das Einladungsschreiben] nicht der alten Gewohnheit nach [...] stilisiret sey“.135 Als Mitte des 17. Jahrhunderts die Eröffnung des Landtags auf dem Güstrower Schlossareal vorgenommen werden sollte – wie oben erwähnt wahrscheinlich eine Folge der Wallensteinschen Regentschaft –, wurde der unverzüglich folgende Protest damit begründet, das Prozedere wäre „wider alten Gebrauch und Herkommen“.136 1696 unternahm die Landesherrschaft den Versuch, die Mutzettelgebühr und den Wortlaut des Lehneides zu modifizieren, woraufhin die Ritterschaft auf die Landesreversalen, die wenigen Dokumente, in denen wesentliche Eckpfeiler des Herkommens schriftlich niedergelegt worden waren, verwies.137 Im Streit um die oben erwähnte Rangfolgeordnung am Schweriner Hof, in der Herzog Friedrich Wilhelm zu Beginn des 18. Jahrhunderts den Hofräten den Vortritt vor den Landräten im Zeremoniell einräumte, belegte Claus Josias von Behr die Missachtung des Herkommens, indem er die Leichen­ predigt Herzog Ulrichs III. aus dem Jahre 1603 und die dort enthaltene Gangfolge anführte.138 „Alten Gebrauch und Herkommen“ wandte die Ritterschaft demnach vorzugsweise immer dann an, wenn sie im weitesten Sinne ihren Status gefährdet sah. Dementsprechend erfolgte ihr argumentativer Einsatz vornehmlich bei Landtagen und Huldigungen, da hier ihre Rechte und Privilegien – besonders Themen wie Rossdienste, Steuern, Leibeigenschaft und dergl. betreffend – diskutiert wurden.139 Da die Huldigungen im Gegensatz zu den Landtagen nicht jährlich stattfanden, sondern von Regierungswechseln abhängig waren, zwischen denen Jahrzehnte liegen 134 Gerdes: Nützliche Sammlung, S. 32–33; Kämmerer: Beyträge, S. 67–88; Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 1–11; Lisch: Geschichte des meklenburgischen Lehnrechts, S. 192–195; Lisch: Eigenthümlichkeit; Glöckler: Heinrich Husan, S. 140–142; Krause: System, S. 184. 135 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 356. 136 Vgl. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 75; zum Landtag Kap. 4.2. 137 LHAS, 2.45-4/2, Lehnwesen, Generalia, Nr. 512 (Beschwerde von Ritter- und Landschaft, 1694). 138 LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede; des Weiteren Bacmeister: Proceß. 139 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 19, 36; des Weiteren Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 94, Anm. 14; Münch: Mecklenburg und das Problem, S. 17; Herzöge Mecklenburgs: Sammlung, S. 107–108.

278 Vaterland konnten,140 mussten die herkömmlichen Abläufe, die schließlich als Ausdruck des unkodifizierten Verhältnisses zwischen Landadel und Landesvätern angesehen wurden, im Vorfeld rekonstruiert werden, weshalb man Huldigungsakten aufbewahrte und in die Planung bevorstehender Huldigungen einbezog.141 Die Ritterschaft ­unterhielt mit ihrem Archiv und ihrer Bibliothek zu Rostock im Übrigen eine eigene Abteilung, die sich im Grunde genommen ausschließlich dem „Alten Gebrauch und Herkommen“ widmete.142 Eine Auswahl von dort verwahrten Werken aus der Feder mecklenburgischer Adliger, die 1767 in den Bützowschen Ruhestunden veröffentlicht wurde, verdeutlicht, dass die mecklenburgische Aristokratie im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche Vertreter hervorgebracht hatte, die sich der juristischen Landessachen nach durchaus als wissenschaftlich zu bezeichnenden Standards angenommen hatten.143 In gleicher Weise begegnen im Untersuchungszeitraum diverse Mitglieder der Ritterschaft, die sich ausgiebig der Vaterlandsgeschichte, die schließlich zahlreiche Hinweise auf den alten Gebrauch enthielt, gewidmet hatten. Selbst diejenigen Adligen, deren Hauptaugenmerk auf der Erforschung ihrer eigene Fami­ liengeschichte lag, kamen nicht um die Literatur zeitgenössischer Standardwerke zur Landeshistorie herum.144 Daneben traten nicht wenige Mecklenburger als Forscher, Autoren oder Mäzene in Sachen Vaterlandsgeschichte hervor.145 Nicht selten fanden sich in den Adelsbibliotheken landesgeschichtliche Werke wie bsw. die von Heinrich Bangert 1659 zu Lübeck herausgegebene „Chronica Slavorum“ des Helmold von Bosau, die „libri octo“ des Adligen Matthias Hans von Behr, das „Alt- und Neue Mecklenburg“ David Francks oder die „gottesdienstlichen Alterthümer der Obotriten“ von Daniel Woge.146 Das Behrsche Werk entstand im Übrigen mit Unterstützung der oben erwähnten Christian August von Parkentin, Andreas Gottlieb von 140 Etwa die Huldigungen der Strelitzer Herzöge Adolph Friedrich III. und Adolph Friedrich IV. 1709 und 1753. 141 Vgl. etwa LHAS, 4.11-1, Landesverwaltung Mecklenburg-Strelitz, D (Landtag und Landständische Verfassung), II, Nr. 81. 142 Anonymus: Bibliothek der Mecklenburgischen. 143 Anonymus: Mecklenburgsche. 144 Vgl. generell Kap. 2.2; exemplarisch Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 14; UBRSS, Familienpapiere Rieben (Heinrich August von Rieben an den Engeren Ausschuss, Galenbeck, 22. September 1764). 145 Exemplarisch seien hier genannt: die Gebrüder Jasmund (um 1600), Günther von Passow, Levin Heinrich von Linstow (17. Jh.), Joachim von Pritzbuer, Christoph Otto von Gamm, Conrad Lüder von Pentz, Claus Josias von Behr, Barthold von Negendanck, Stephan Werner von Dewitz (18. Jh.); des Weiteren (19. Jh.) Carl von Lützow, Ludwig von Lützow, Friedrich Albrecht von Oertzen. Vgl. LHAS, 11.3-1, Genealogische Sammlung Behr; LHAS, Dienstbibliothek, Sign.: 32167, 1–2; Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes, S. 6–7; Pritzbuer: Index concisus; Buchholz: Versuch, Vorrede; Lützow: Versuch; Schildt: Matrikel; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 33–34; Hofmeister: Das Lied, S. 253, Anm. 1. 146 Vgl. Klingsporn: Bücher-Verzeichnis, Nr. 1808, 2071–2073, 2076 (Bernstorffsche Bibliothek zu Wedendorf ); des Weiteren Behr: Rerum Meclenburgicarum; Franck: Alt- und Neues sowie (als indirekter Nachweis) die Subskribentenlisten in Woge: Die gottesdienstlichen Alterthümer; Hacke: Vorderstadt Neubrandenburg.



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Bernstorff, Christian Siegfried von Plessen, Paschen von Negendanck und Claus Josias von Behr.147 Das patriotische Netzwerk betraf daher nicht nur rein politische, sondern auch geschichtliche Landesangelegenheiten, die gerade hinsichtlich des „Alten Gebrauchs und Herkommens“ aufschlussreich waren. So lässt sich für den Untersuchungszeitraum ohne weiteres ein adliger Personenkreis im dreistelligen Bereich ausfindig machen, der sich der „mecklenburgischen Sache“ in besondere Weise angenommen hatte. Hinsichtlich der landeshistorischen Interessen mecklenburgischer Adliger sind verschiedene Schwerpunkte auszumachen, zu deren bedeutendsten die slawisch-wendische Vorgeschichte gehört. Wie das Beispiel des Hans Christoph von Jasmund, der sich in seiner Huldigungsrede 1609 mehrfach auf „Crantzius“, den „Scribent von Wendischen Sachen“, bezog,148 verdeutlicht, wurde sie bereits um 1600 in der Öffentlichkeit thematisiert. An anderer Stelle wurde allerdings hervorgehoben, dass sich die damaligen Adelsgeschlechter in besonderer Weise ihren Familienlegenden widmeten und eine quellenkritische Analyse weniger im Vordergrund stand.149 Im 18. Jahrhundert hingegen näherte man sich der Adels- und Geschlechtergeschichte mit durchaus als wissenschaftlich zu bezeichnenden Methoden. Claus Josias von Behr bsw. zeigte anhand der Gründungsurkunde der Stadt Rostock von 1218, „daß man der Zeit einen Unterscheid unter dem Sclavischen oder wendischen und deutschen Adel gemachet habe, welcher hernach durch die Länge der Zeit vergessen worden.“150 Nun wandte man sich wieder bewusst jener Unterscheidung zu und stellte sich seiner slawischen Vergangenheit.151 Zur Mitte des 18. Jahrhunderts war eine entsprechende Differenzierung der mecklenburgischen Adelsgeschlechter im Inwie im Ausland hinreichend bekannt; Nugent bsw. verweist in seiner Reisebeschreibung auf vierunddreißig Familien slawischer und ca. neunzig deutscher Herkunft.152 147 Vgl. Behr: Rerum Meclenburgicarum; Behr Negendanck: Urkunden, S. 353–357; Fromm: Bassewitz; Fromm: Behr; Taddel: Zur nähern Bekanntschaft; Schröder: Des Herrn. 148 Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes; des Weiteren Krantz: Wandalia (zu Albert Krantz Andermann: Albert Krantz). 149 Kap. 2.2.3. 150 LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vorrede; des Weiteren Mecklenburgisches Urkundenbuch I, Nr. 244. 151 So meint Jacob Friedrich Joachim von Bülow (Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 22): „Ich habe auch mein altes rauhes Vaterland lieb, und waren gleich die Sitten der Wenden der Zeit nicht so verfeinert, wie in Rom und Frankreich, so hielten sie doch vorzüglich auf Treu und Glauben, und wünschten nichts mehr, als nach alter Weise bey dem Ihrigen geruhig zu wohnen, ohne auswärtigen Fürsten und Pfaffen, die sich ihnen mit Gewalt aufdrungen, mit unaufbringlichen Auflagen zinsbar zu werden. Warum sollte man denn nicht eben so lieb von diese guten Leuten, als von andern seinen Ursprung zählen wollen?“ In einem Brief Heinrich August von Riebens auf Galenbeck an den Engeren Ausschuss (Galenbeck, 22. September 1764, in: UBRSS, Familienpapiere Rieben) heißt es: „Man rechnet daher billig den Ursprung dieses Geschlechts und den Nahmen deßelben von den Slaven her, da in dieser Sprache Riba ein Fisch heißet und das uralten Wapen dieses Geschlechtes in einen Fisch besteht.“ Vgl. auch LHAS, 11.3-1/3, Genealogische Sammlung Pentz. 152 Nugent: Travels, S. 251–252.

280 Vaterland Dabei ist der Ursprung der Geschlechter nur ein Aspekt der Auseinandersetzung mit der slawischen Vergangenheit. Der folgende Exkurs, der sich allein auf einige wenige Aristokraten im Strelitzischen Raum bezieht, soll zeigen, dass sich gerade der Adel im 18. Jahrhundert in besonderer Weise von der slawischen Geschichte angezogen fühlte. Auf die Heirat zwischen Georg III., König von Großbritannien und Irland, und der mecklenburgischen Prinzessin Charlotte ist zurückzuführen, dass sich im Jahre 1766 der irischstämmige Thomas Nugent in Mecklenburg aufhielt. In diesem ­Zusammenhang weilte er einige Tage bei der zu Prillwitz ansässigen Familie Bredow. Da einige Gelehrte bereits im 16. Jahrhundert der Meinung waren, dass in unmittelbarer Nähe der Ortschaft Prillwitz das bei Thietmar von Merseburg und anderen mittelalterlichen Chronisten erwähnte slawische Zentralheiligtum Rethra gelegen habe, war auch der damalige Gutsbesitzer von dieser These überzeugt.153 Als dieser nun seinem Gast die Ruinen des vermeintlichen Rethra zeigte, erkannte Nugent darin lediglich die Überbleibsel eines Schlosses, „welches dem Herrn von Bredow gar nicht zu behagen schien“.154 Im Übrigen wollte man Nugent bereits zu Beginn seiner Reise, während er auf der Insel Poel weilte, weismachen, dass die Engländer und Mecklenburger einen gemeinsamen Ursprung hätten, da schließlich die Angeln, von denen die Engländer abstammten, in unmittelbarer Nähe des slawischen Stammes der Variner gesiedelt hätten.155 Dass Nugent diesen und anderen Äußerungen kritisch gegenüberstand, ist zum einen darauf zurückzuführen, dass er selbst Historiker war, und zum anderen, dass er sich im Vorfeld seiner Reise ausgiebig mit slawischer Geschichte auseinandergesetzt hatte, was er mit der 1766 zu London erschienenen „History of Vandalia“ unterstrich. Dass gerade die mecklenburgischen Adligen ­Thomas Nugent umschwärmten, lag einerseits an der 1761 vollzogenen englischmecklenburgischen Heirat,156 andererseits an eben dieser Veröffentlichung zur slawischen Geschichte, die zu verstehen, so mancher Aristokrat sogar bereit war, die englische Sprache zu erlernen.157 Zwei Jahre später, 1768, behaupteten zwei bis dahin gänzlich unbekannte Goldschmiede aus der nahe gelegenen Stadt Neubrandenburg, sie besäßen zahlreiche, als heidnische Götteridole identifizierte Gefäße und Grapen, die ihr Großvater, der ehemalige Prillwitzer Pfarrer unter der Patronatsfamilie Gamm, beim Pflanzen eines Bir153 Vgl. generell Szczesiak: Auf der Suche; des Weiteren Boll: Prilwitzer Idole, S. 279 sowie Abb. 18 (die „Rhetrer berge“ in der Prillwitzer Direktorialvermessungskarte). Auch Matthias Hans von Behr (ehemals auf Hohenzieritz, einem Nachbargut von Prillwitz) erwähnte in einer seinen „libri octo“ beigefügten Karte zu den Slawen und ihren Siedlungen im Mittelalter das Slawenheiligtum Rethra, allerdings nicht in unmittelbarer Nähe von Prillwitz. Vgl. Abb. 47. 154 Vgl. Nugent: Travels, S. 282–284, Zitat S. 282. 155 Nugent: Travels, S. 95. 156 Vgl. auch Riesbeck: Briefe, S. 190. 157 Vgl. Nugent: Travels, besonders S. 116, 144, 163; Nugent: The history; zu einer weiteren in England veröffentlichten „Mecklenburgischen Geschichte“ („The History of Mecklenburgh”, London, 1762) Scott: The History; dazu auch Gräf: Sarah Scott.



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nenbaumes auf dem dortigen Pfarrhof etwa zwischen 1687 und 1697 entdeckt haben wollte.158 Diese sog. „Prillwitzer Idole“ wurden daraufhin als archäologische Sensation gefeiert, die in der inner- wie außermecklenburgischen Gelehrtenwelt für reichlich Aufregung sorgten. Bevor sie im 19. Jahrhundert als Fälschungen enttarnt wurden, hatte das Strelitzer Herzoghaus Teile der Sammlung angekauft und die Exponate in der Sommerresidenz Hohenzieritz untergebracht; der Hofmaler Daniel Woge wurde mit der Kupferstechung der Idole beauftragt. In der entsprechenden Subskribentenliste finden sich zahlreiche Interessenten aus mecklenburgischen Adelsgeschlechtern wie Barnewitz, Bredow, Dewitz, Gamm, Gentzkow, Hahn, Plessen, Schwerin oder Schulenburg.159 Der Nachbar der Prillwitzer Gutsbesitzerfamilie Bredow, Joseph von Maltzan, war offenbar so von der slawischen Vergangenheit, die sich in seiner unmittelbaren Nähe vor Jahrhunderten abgespielt hatte, angetan, dass er auf einem bei Penzlin gelegenen Burgberg, am Werderschen See, eine überdimensionale Tonfigur des Slawengottes Radegast errichten ließ. Im Sockel integrierte er einen Ofen, sodass der Figur durch Mund und Nase Rauch entströmte. Des Weiteren ließ er einen slawischen Tempel nachbauen, in dem er seine Gäste bewirtete.160 Doch was faszinierte nun gerade die (alt-)mecklenburgischen Adligen an ihrer slawischen Vorgeschichte? Eine nicht unerhebliche Rolle spielte zum einen die Auseinandersetzung mit neu- bzw. fremdadligen und bürgerlichen Gutsbesitzerfamilien, die gerade mit Beginn des 18. Jahrhunderts zunehmend historische Sachverhalte mit einbezog.161 In den Konflikten mit den Landesvätern war sie ebenfalls dienlich, da sie die etwa seit 1500 kursierende Legende von der Anthyrius-Abstammung des mecklenburgischen Herzoghauses zunehmend ins Wanken brachte. Zwar hatten zahlreiche Gelehrte den Mythos seit seiner Verbreitung weitgehend kritikfrei übernommen.162 Doch schon im 16. und 17. Jahrhundert meldeten sich einige Zweifler wie Andreas Mylius, Johannes Micraelius oder Heinrich Bangert.163 Im 18. Jahrhundert wurde die Legende schließlich endgültig entzaubert.164 So meinte auch der mecklenburgische Adlige Claus Josias von Behr in der Einleitung seiner zum Druck vorgesehenen genealogischen Sammlung mit Verweis auf Micraelius und Bangert, dass erst seit Kaiser Otto II. durchgängig wendische Könige im späteren Mecklenburg regierten. Doch täte dieser Umstand dem herausragenden Alter der Dynastie keinen Abbruch: „Wie nun hiedurch diesem alten fürstlichen Hause an seiner Antiquitaet und 158 Abb. 46. 159 Woge: Die gottesdienstlichen Alterthümer. Zu den Käufern zählten auch einige bekannte britische Historiker, Antiquare und Numismatiker wie Sir Joseph Ayloffe (1708–1781), Richard Blyke (gest. 1775), Owen Salusbury-Brereton (1715–1798), Matthew Duane (1707–1785) und der ehemalige Mecklenburgreisende Thomas Nugent. 160 Schmidt: Geschichte, Band 2–3, S. 434. 161 Kap. 3.2. 162 Vgl. Buchholtz: Versuch. 163 Bsw. schreibt Mylius (Mylius: Genealogia, S. 217): „So will ich doch nicht allein einem jeden hierinnen seine Meynung gerne gönnen [...].“ Vgl. auch Kap. 2.2. 164 Hofmeister: Das Lied, S. 240.

282 Vaterland Splendore nichts abgehet, also pflichte ich auch dieser meynung gerne bey [...].“165 Im gleichen Atemzug äußerte er darüber hinaus einige Zweifel an der überkommenen Regierungsform, in dem er sagt: „Was es eigentlich bey den alten Wenden vor Einführung der christlichen Religion für eine Beschaffenheit um die Regierung gehabt habe, kann wol aus keinem Scribenten anders als muth maslich dargethan werden, indem alte Bücher und Schriften bey ihnen unbekannt waren [...].“166 Da man sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts durchaus bewusst war, dass sowohl mecklenburgischer Hoch- als auch Teile des Niederadels slawischen Ursprungs waren, kann darin m. E. durchaus eine antilandesherrliche Spitze gesehen werden, indem man das Fürstenhaus eines nicht unbeträchtlichen Teils seines Herkommens „beraubte“. Der gemeinsame slawische Ursprung wie auch die Schlussfolgerung, dass selbst die im weitesten Sinne deutschstämmigen Familien nahezu gleich alt, zumindest aber nicht wesentlich jünger waren als die mecklenburgische Fürstenfamilie, wird sich wohl kaum nachteilig auf zeitgenössischen Auseinandersetzungen zwischen Landadel und Landesvätern ausgewirkt haben. Es wird kein Zufall gewesen sein, dass die Aussagen des Patrioten Claus Josias von Behr in einer Zeit zu Papier gebracht wurden, in der die Konflikte mit den Schweriner Landesherren ihren Höhepunkt erreicht hatten. Wie andernorts stand die wichtigste Frage nach den Interessen im Umgang mit dem Vaterland ganz im Zeichen der Auseinandersetzung von ­Ständen und Fürsten.167 Der nach Außen propagierte Kampf um die Rechte und das Wohl des Vaterlandes und seiner Untertanen war im Grunde genommen ein Kampf um die eigenen Privilegien, aus dem der mecklenburgische Adel, der „Vierundzwanzigender der deutschen Aristokratie“, wie Vehse ihn bezeichnete, als Sieger hervorging.168 Nicht zuletzt bestätigten sich mit solchen Behauptungen Adel und Landesherr gegenseitig ihr soziales Kapital. Am Strelitzer Hof, der bekanntlich weitaus weniger im sog. Ständekampf mitgemischt hatte, sprach man 1766 ganz offen über das Thema der gemeinsamen slawischen Abstammung. Nugent berichtet, dass der Adlige Christoph Otto von Gamm während der herzoglichen Tafel behauptete, einer seiner Vorfahren hätte Seite an Seite mit dem slawischen Fürsten Pribislaw gefochten.169 Das hergekommene Mit-, nicht das Gegeneinander wurde auf diese Weise betont. Insofern ging vom Rückgriff auf einen gemeinsamen Ursprung und eine ge-

165 LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vorrede. 166 Ebd. 167 Friedeburg: Patria und Patrioten, S. 20–34. 168 Vgl. Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 1–2; Bassewitz: Aus dem Leben, S. 34, 68; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 321 Anm. 1. Dazu Friedeburg (Friedeburg: Patria und Patrioten, S. 39): „Die Verteidigung der – vermeintlichen – Rechte des Vaterlandes stand im Verlauf der gesamten frühen Neuzeit im Mittelpunkt der Ansprüche derer, die ihre Teilhabe am Gemeinwesen durch ihr Eintreten für das Vaterland zu rechtfertigen suchten [...].“ 169 Nugent: Travels, S. 172.



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meinsame Geschichte immer auch eine integrations- und identitätsfördernde Wirkung im Sinne des kollektiven Gedächtnisses aus.170 Der Umstand, dass das Interesse für mecklenburgische Geschichte zunächst der Privilegiensicherung der Ritterschaft diente, wirft jedoch einen dunklen Schatten auf die öffentlich bekundete Vaterlandsliebe der mecklenburgischen Aristokraten. Ein Patriot war jemand, der seine „Neigungen, Leidenschaften, alle Wünsche seines Herzens, dem größern Wohl aufopfert“, jemand, „der sein Vatterland liebt, das Land worinnen er geboren und erzogen“.171 Auch die mecklenburgischen Adligen, allen voran Jacob Friedrich Joachim von Bülow, waren bereit, im „Nothfall für das Vaterland die Waffen [zu] ergreifen“.“172 In Notzeiten wie dem Dreißigjährigen Krieg gehörten sie allerdings zu denjenigen, die als erste das Vaterland verließen.

170 Vgl. die Beiträge in Bahlcke und Strohmeier: Konstruktion der Vergangenheit. 171 Sturz: Erinnerungen, S. 80f. sowie Vierhaus: Patriotismus, S. 98–99 (Zitat aus: Der alte Deutsche. Ein politisches und literarisches Wochenblatt aus Schwaben, 1775). 172 Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung, S. 2, 22.

4.2 Landtag und Landespolitik 4.2.1 Landstände und Landtag „[...] vnd hatt also aber diser landtag ein ende, der mihr s[ehr] weinig fallen, Gott helfe hinffero meinem frommen princen vndt behüte Ihme vor vilen landtegen, mich auch.“1

Als Samuel von Behr, der aus einem pommersch-mecklenburgischen Adelsgeschlecht stammende enge Vertraute Herzog Adolph Friedrichs I., jenen Satz im Jahre 1610 in seinen Schreibkalender notierte, hatten die an der mecklenburgischen Regierung partizipierenden Gruppen wahrlich zwei weniger erwähnenswerte Landtage bestritten.2 Die für das Verhältnis von Landadel und Landesvätern charakteristischen zähen Verhandlungen in fiskalischen Angelegenheiten3 stellten jedoch nicht das Hauptproblem dar. Behr berichtet von üppigen Mahlzeiten, ausschweifenden Alkoholexzessen und Vandalismus, an denen zahlreiche mecklenburgische Adlige beteiligt waren, und schließlich von Totschlag.4 Dabei war doch der Landtag, bei dem diverse das Vaterland betreffende politische Entscheidungen gefällt wurden, der ganze Stolz der mecklenburgischen Ritterschaft, die selbigen noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Liedern lobpreiste.5 Der Landtag, der Dreh- und Angelpunkt mecklenburgischer Landespolitik, soll nun einer Analyse unterzogen werden, da Interesse, Partizipation, Auftreten und Zusammenhalt der Ritterschaft als Gradmesser seines vaterländischen Bewusstseins und des Verhältnisses von Landadel und „patria“ angesehen werden können. 1 Notiz des Samuel von Behr wegen des Sternberger Landtages im September 1610 in seinen Schreibkalender (LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545, Eintrag zum 28. September 1610; vgl. auch Rosen: Hans Behr, S. 123–124). 2 Vgl. als Überblick Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 427ff. (zur Kritik an der Spaldingschen Veröffentlichung der Landtagsprotokolle s. u.). 3 Siehe Kap. 4.1. 4 LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545. 5 So soll beim Landtag zu Malchin 1910 nach der Melodie „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ folgender Text gesungen worden sein: „Gegrüßt sei wieder auf ’s beste – Mit deinem prächtigen Dom, Malchin, du uralte Veste – Am doppelten Peene=Strom! Es naht das Jahr seinem Ende, – Drum kommen wir wieder nach hier, Der Mecklenburger, der Wende – Und auch der Stargardier. Gewohnte, heimische Tagung – Des Landtags, du dauerst fort – In ewig gleicher Entsagung – Vom überflüssigen Wort! Bald hat er angefangen – Zu tagen, wie er es hält – Seit Zeiten, die urvergangen, – Bevor erschaffen die Welt. So bleibt es in ständiger Dauer – Selbst wenn die Welt nicht mehr steht; Wenn die malchinesische Mauer – In Schutt und Trümmer vergeht; Bei der Sonne letzten Verblassung. – Wenn der Mond verliert seinen Schein – Wird doch von unserer Verfassung – Kein i=Punkt geändert sein.“ So August Friedrich Bard (Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 176–177), Pastor zu Sternberg, in Anlehnung an Kähler, Bürgermeister der Stadt Laage und langjähriges Mitglied des Landtages.



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Landständische Verfassung im weiteren und Landtag im engeren Sinne gehören zu den wenigen mit dem Landadel in enger Verbindung stehenden Forschungsfeldern, die vergleichsweise häufig und ausführlich in geschichtswissenschaftlichen Studien seit dem 19. Jahrhundert berücksichtigt wurden.6 Die Untersuchungen kommen u. a. zu dem Ergebnis, dass gerade die Entwicklungen im Verlauf des 16. Jahrhunderts richtungsweisend für die mecklenburgischen Verhältnisse bis ins 20. Jahrhundert waren. Zu nennen wäre insbesondere die sog. Landständische Union des Jahres 1523, die im Rahmen eines Landtages verhandelt, am 1. August 1523 zu Rostock von dreiundzwanzig einflussreichen Ritterschaftsvertretern unterschrieben und schließlich von etwa 280 weiteren politischen Entscheidungsträgern in der sog. Kleinen Union bestätigt wurde.7 Dieser Vertrag manifestierte die Vereinigung der Stände der einzelnen zu Mecklenburg gehörenden Territorien zu einer Gesamtkorporation, die den Herzögen fortan als eigener Rechtsträger gegenübertrat.8 Ihre Position wurde in den Reversalen von 1555, 1572 und 1621 konkretisiert und erneuert. Vereinfacht ausgedrückt wurde den Ständen, bestehend aus der Ritterschaft, der Landschaft, zu der etwa vierzig mecklenburgische Städte gehörten, und – bis zur Reformation – der Geistlichkeit, das freie Steuerbewilligungsrecht und schließlich der Ritterschaft die nahezu uneingeschränkte Verfügung über ihre Lehngüter und die Klöster Ribnitz, Dobbertin und Malchow sowie deren Grundbesitz zugesprochen.9 Die Stände beteiligten sich an Gesetzgebung und Rechtsprechung. Darüber hinaus fixierte der Vertrag von 1621 die Einheit der Stände hinsichtlich der Landtage, regelte fiskalische und konfessionelle Angelegenheiten und stand ihnen eine separate, der Verwaltung der herzoglichen Schulden dienenden Kasse, den sog. Landkasten, zu. Union und Reversalen stellten demnach entscheidende Schritte zur weitgehenden Unabhängigkeit der Stände von der Landesherrschaft dar und hinderten nicht zuletzt

6 Vgl. als Überblick Krause: System; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 28–115; Heck: Stände und frühe ständische Aktivitäten; des Weiteren Krüger: Landständische Verfassung; Stollberg-Rilinger: Vormünder. 7 Vgl. Union der Landstände; Behncke: Erbteilungsstreit der Herzöge; Heck: Union der Stände; Heck und Heitz: Union der Stände. Die Union war letztlich eine Reaktion auf die Streitigkeiten der regierenden Landesherren, die im sog. Neubrandenburger Hausvertrag von 1520 offen zutage getreten waren. Das Bündnis von 1523 mit seinen Klauseln zur Aufrechterhaltung der Privilegien und zur Bewahrung der Eintracht untereinander und dem daraus hervorgegangenen Organ des 23er Ausschusses sollte in späterer Zeit mehrfach erneuert werden, ja sogar vorbildhaft für Nachbarterritorien wirken. In den Auseinandersetzungen zwischen altem und neuem Adel im 18. Jh. spielte dieses Dokument eine Schlüsselrolle (Kap. 3.2). Zur Erneuerung der Landständischen Union kam es bsw. 1659, 1701 (HEV), 1733 („Neue Union“ anlässlich des 210jährigen Bestehens der Union von 1523) und 1755 (LGGEV). Vgl. Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 36–38, 87; Münch: Landtag und Landstände, S. 5; Die neue sogenannte Union. 8 Auch die Einteilung der Ritterschaft in die „Kreise“ Mecklenburg, Wenden und Stargard geht zurück auf die Verhältnisse im 15. bzw. 16. Jh. (siehe Abb. 2; Heck: Geschichte, S. 16 (Mecklenburgische Herrschaften im Spätmittelalter)). Die Bezeichnung „Kreis“ – so zumindest Krause – tauchte erstmals zur Mitte des 16. Jh. auf (Krause: System, S. 43). 9 Sternberger Reversalen; Busch: Befestigung landständischer Macht.

286 Vaterland spätere regierende Herzöge an der Durchsetzung einer Herrschaftspraxis, die an absolutistische Maßstäbe angelehnt war.10 Die stärkste politische Kraft innerhalb der Stände war die Ritterschaft. Schließlich war sie nicht nur die zahlenmäßig am stärksten vertretene Gruppe der an der Regierung Partizipierenden, sondern auch diejenige, die durch ihre Untertanen einen gewichtigen Teil zur Finanzierung des Landeshaushalts beitrug. Wie bereits an anderer Stelle dargelegt, gehörten die Verhandlungen über die Höhe der Steuern zum Kerngegenstand der Auseinandersetzungen zwischen den Landesherren, denen die Steuererhebung nur eingeschränkt zustand, und dem Landadel, worüber vornehmlich während der Landtage debattiert wurde.11 Wenn Gelder für Kriege, Fehden, Lebensstandard oder Schuldentilgung benötigt wurden, waren die Herzöge auf die Beihilfe der Stände angewiesen. Da sich ihre finanziellen Nöte im Verlauf des 16. Jahrhunderts vergrößert hatten, waren die Fürsten zur Veräußerung weiterer fiskalischer und politischer Vorrechte und Privilegien an die Ritterschaft gezwungen.12 Die Ambitionen, sich aus der Abhängigkeit der Stände – insbesondere der Ritterschaft – zu lösen, wurden durch den LGGEV von 1755, einem weiteren bedeutenden Vertragswerk, das mit fünfundzwanzig Artikeln und 530 Paragraphen außerordentlich umfangreich und umfassend ausfiel und bis 1918 den Rahmen für alle gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen in Mecklenburg manifestierte, zunichte gemacht. Auf dem Landtag spielten sich sowohl Makro- als auch Mikrogeschichte der mecklenburgischen Politik ab. Die Landtagsakten bilden dabei die zentrale, allerdings in vielerlei Hinsicht problematische Quellengattung. Ist die Überlieferung zum Spätmittelalter noch vergleichsweise dürftig und erst seit den Konventen im 16. Jahrhundert mehr oder weniger lückenlos erhalten,13 droht der Forscher in der Masse der neuzeitlichen Protokolle regelrecht zu ersticken. Da Landesherrschaft und Stände, d. h. Landschaft und Ritterschaft, an der Landespolitik partizipierten, liegen dementsprechend mehrere, in den Details nicht selten voneinander abweichende Landtagsprotokollbestände vor. Da bislang keine Edition vorliegt,14 muss auf eine ältere ­Publikation zurückgegriffen werden. In einer Mischung aus Quellenedition und selbst formulierter Zusammenfassung gab Joachim Heinrich Spalding gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine vier Bände umfassende Veröffentlichung der Landtags­ protokolle heraus, die jedoch die Landtage des 18. Jahrhunderts nicht mehr berücksichtigte.15 Da Spalding darauf verzichtete, jeden inhaltlichen Diskussionspunkt der Landtage zu erwähnen und diese mehr oder weniger nach seinen eigenen Vorlieben 10 11 12 13 14

Kap. 4.1. Ebd. Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 36. Glöckler: Polizeiordnung, S. 344; Münch: Mecklenburg und das Problem, S. 9, Anm. 22. Vgl. dagegen Bei der Wieden: Landtags- und Ständegeschichte bzw. Buchholz: Pommersche Landtagsakten als Veröffentlichungen zu den niedersächsischen und pommerschen Landtagen bzw. Landtagsakten. 15 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, 4 Bde.



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ein- bzw. ausschloss, wurde das Werk in der Folgezeit häufig kritisiert.16 Dennoch erweist sich die Veröffentlichung bei der Rekonstruktion der Mikrogeschichte des mecklenburgischen Landtags als außerordentlich hilfreich, da häufig auf Randereignisse eingegangen wird. Darüber hinaus lässt sich so manche bei Spalding erwähnte Episode durchaus anhand weiterer zeitgenössischer Quellen belegen.17 Spalding war im Übrigen als ständischer Syndikus tätig und nahm in dieser Funktion selbst an Landtagen im 18. Jahrhundert teil. Er war ein Kenner der Materie.18 Im ständischen Einigungsprozess, der sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts abzeichnete und mit der Union von 1523 manifestiert wurde, lag der Ursprung des gemeinsamen mecklenburgischen Landtags. Bis dahin tagten die Stände weitgehend separat in ihren Kreisen, Mecklenburg, Wenden und Stargard, deren Herausbildung mit der spätmittelalterlichen Landeseinteilung in Verbindung stand. Die Ortschaften Beidendorf, Krakow und Cölpin nahmen dabei eine Schlüsselposition ein, die womöglich auf deren religiöse Bedeutung wie auch den Status der hier ursprünglich ansässigen Adelgeschlechter zurückzuführen ist.19 Wenngleich die Stände in Form von Sonderlandtagen und Landeskonventen auch weiterhin separat in ihren Distrikten debattierten, so fanden sie sich etwa seit 1480 immer häufiger zu Gesamtlandständetagungen zusammen, deren erste wahrscheinlich 1484 zu Wismar stattgefunden hat.20 Neben Wismar gehörten auch Güstrow, Rostock oder Neubrandenburg zu den frühen Austragungsorten, bis sich schließlich mit Sternberg und Malchin zwei Städte herauskristallisierten, die bis zum Ende der Landständischen Verfassung als „die“ Landtagsorte schlechthin gelten sollten. Dass Sternberg in die Reihe der ehrwürdigen Lokalitäten aufgenommen wurde, ist höchstwahrscheinlich auf seine Lage im Grenzbereich zwischen dem Mecklenburger und dem Wendischen Kreis zurückzuführen, der vom Verlauf der Warnow bestimmt wurde.21 Bevor jedoch in 16 Vgl. Münch: Handel und Wandel, S. 67. 17 Etwa LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545 (Schreibkalender Samuel von Behr). 18 Ebenfalls hilfreich sind das „Alt und Neue Mecklenburg“ David Francks (Franck: Alt- und Neues), Präpositus in der Landtagsstadt Sternberg, und (zum 19. Jh.) die „Geschichte der Stadt Sternberg“ von August Friedrich Bard (Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 165–175), Bürgermeister der Stadt Laage. 19 Vgl. Lisch: Huldigungsplatz (Cölpin) und Beyer: Der Schwerin bei Krakow (Krakow) sowie Heck: Geschichte, S. 16 (Mecklenburgische Herrschaften im Spätmittelalter). Zu Beidendorf, Krakow und Cölpin als Huldigungsorte (bis 1609) Kap. 4.1. 20 Zur Landtagsgeschichte vgl. im Folgenden Ballerstaedt: Verhältnis von Landtag und Regierung; Heck: Geschichte des Landtags; Hegel: Geschichte; Heitz: Ständeversammlung; Krause: System; Lisch: Ueber die Fürsten- und Landesversammlungen; Münch: Landtag und Landstände; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 99–115; zum Landtag von 1484 Maybaum: Entstehung der Gutswirtschaft, S. 147; Steinmann: Die Geschichte, S. 6–7; Heck: Geschichte des Landtags, S. 15. Zum Tagungsort der Stargarder Ahlers: Skizzen aus der Vorzeit, S. 77–79. 21 Dazu Lisch: Hauptbegebenheiten, S. 191: „In der Gegend gelegen, in welcher die Grenzen der verschiedenen Länder nahe zusammenrückten, ward die Stadt Sternberg und deren nahe Umgegend oft zu Fürstencongressen und andern Zusammenkünften gewählt, und hieraus entwickelte sich bis auf den heutigen Tag die Sitte, Landtage auch zu Sternberg zu halten [...].“

288 Vaterland den Landtagsakten etwa seit Mitte des 16. Jahrhunderts der Name Sternberg häufiger erscheint, fanden die Treffen an der sog. Sagsdorfer Brücke, einer Flussquerung in unmittelbarer Nähe der Stadt, statt. Wie die dortigen Landtage im Einzelnen abliefen, ist bislang nicht bekannt. Offenbar berieten die Teilnehmer zunächst an den ­jeweiligen Flussufern, d. h. getrennt, um sich dann ihre Ergebnisse auf der Brücke gegenseitig zu präsentieren.22 Die Auffassungen darüber, wer auf den einzelnen Uferseiten tagte, gehen auseinander. Während Bernhard Latomus um 1600 – also etwa fünfzig Jahre nachdem an der Sagsdorfer Brücke letztmalig ein Landtag stattgefunden hatte – behauptete, selbige fanden getrennt nach Landesteilen statt, indem sich der jeweilige Landesherr samt seiner Ritterschaft auf die entsprechende Seite zurückzog, vertrat man insbesondere im 19. Jahrhundert die Meinung, dass nach landesherrlicher und ständischer Seite separiert wurde.23 Nachdem mit der Einführung der Reformation am 20. Juli 1549 letztmalig eine bedeutende landespolitische Entscheidung an der Sagsdorfer Brücke getroffen wurde, sollte mit dem sog. Judenberg, benannt nach dem dort 1492 vollstreckten Judenprogrom, eine weitere Lokalität in unmittelbarer Nähe Sternbergs favorisiert werden, die schon wenige Jahre später als alter Landtagsort bezeichnet wurde und schließlich 1572 im Assekurationsrevers als regelmäßiger Versammlungsort der Land- und Musterungstage festlegt worden war.24 Als man sich zur Mitte des 16. Jahrhunderts von der Sagsdorfer Brücke abgewandt hatte – offenbar, da die Schäden, die die Teilnehmer mitunter mehrmals pro Jahr auf umliegenden Äckern anrichteten, zunehmend zu Klagen geführt hatten –, wurde zunächst die Stadt Sternberg im engeren Sinne als Verhandlungsort vorgesehen. Da hier aber zu viele „Fremde“ mithörten, zog man zu den eigentlichen Beratschlagungen „nach den Berg“.25

22 Vgl. Hegel: Geschichte, Nr. 35, 46; Hamann: Das staatliche Werden, S. 60. 23 Latomus berichtet des Weiteren, dass auf den beidseitig der Warnow gelegenen Bergen Häuser standen. Vgl. LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede sowie Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 168. Das 1895 von Fritz Greve erarbeitete Frescogemälde (ca. 5,5 x 9 m) in der Kirche zu Sternberg, das die Einführung der Reformation am 20. Juli 1549 zum Thema hat, stellt sämtliche Parteien auf einer Flussseite dar und lässt die Warnow im Bildhintergrund verlaufen. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass mit dem dargestellten Ereignis, der gemeinschaftlichen Einführung, eine gewisse Einheitsvorstellung verbunden war. Es zeigt u. a. die Herzöge Heinrich und Johann Albrecht I. (vor dem Fürstenzelt sitzend) sowie einige bedeutende Vertreter der Ritterschaft wie Werner von Hahn und Dietrich von Maltzan. Vgl. dazu Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 146, 199; Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 4, zwischen S. 142 und 143; Piersig: Entstehung und Beschreibung, besonders S. 18–21, 35–41. Die Beantwortung dieser Frage muss nicht zuletzt die territorialen Entwicklungen im spätmittelalterlichen Mecklenburg mit einbeziehen (Karge: Geschichte Mecklenburgs, S. 42–47). 24 Zur Reformation Wolgast: Die Reformation; zum Judenberg als altem Landtagsort LHAS, 11.31/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede; Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 42, 356; Krause: System, S. 26. 25 LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede; Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 25–26 (Zitat aus dem Landtagsprotokoll vom 19. August 1557); zum gegenseitigen Misstrauen der Landtagsteilnehmer Kap. 4.1.



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Die Verhandlungen im Rahmen der Landesteilung von 1621 brachten mit Malchin schließlich eine mecklenburgische Stadt auf den Plan, die fortan und bis zum Ende der Landständischen Verfassung neben Sternberg als die Landtagsstadt schlechthin gelten sollte. Um eine gewisse Ausgeglichenheit bei politischen Verhandlungen walten zu lassen, gedachten die Landesherren von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow, Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II., die Landtage ein mal pro Jahr und im jährlichen Wechsel mal in dem einen, mal dem anderen Herzogtum stattfinden zu lassen. Sternberg lag in Mecklenburg-Schwerin, Malchin in Mecklenburg-Güstrow.26 Da gerade die Ritterschaft darauf bestand, auf neutralem Boden zu debattieren, schieden fürstliche Residenzen aus, wenngleich im 17. Jahrhundert mehrfach der Versuch unternommen wurde, die Landtage gänzlich in fürstliche Besitzzentren zu verlagern. Den Austragungsorten haftete demnach eine Symbolkraft an.27 Die Behauptung, die Landtage fanden seit dem 17. Jahrhundert ein Mal pro Jahr und abwechselnd in Sternberg und Malchin statt, kann allenfalls für die Zeit nach dem LGGEV von 1755 angenommen werden, der eine erneute Kodifizierung beinhaltete.28 Dass man in den vorangegangenen Jahrzehnten häufig die älteren Bestimmungen missachtet hatte, war u. a. einem gewissen Erstarken der Landesherrschaft in der Auseinandersetzung mit der Ritterschaft zur Mitte des 17. Jahrhunderts zuzuschreiben, bei der Albrecht von Wallenstein eine Vorreiterrolle eingenommen hatte. Aber auch Streitigkeiten innerhalb der fürstlichen Familie und unter den Ritterschaften der drei mecklenburgischen Kreise, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts fast zur Auflösung der Union geführt hatten, wie auch Kriege, Stadtbrände und Epidemien können als ursächlich dafür genannt werden, dass zwischen 1621 und 1755 weder von jährlich stattfindenden Landtagen, noch vom regelmäßigen Wechsel zwischen Sternberg und Malchin, ja nicht einmal von Gesamtlandtagen gesprochen werden kann.29 Die ersten gemeinsamen Landtage fanden mehrmals pro Jahr statt und dauerten teilweise nur einen halben Tag. Etwa seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts debattierten die Stände in der Regel mehrere Tage, bis sie schließlich im 18. Jahrhun26 27 28 29

Assekurationsrevers 1621, Art. 14. Vgl. Münch: Landtag und Landstände, S. 1–2 sowie Kap. 4.1. LGGEV, § 148. Vgl. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 3 und 4 (wechselnde Landtagsorte im 17. Jh.); ebd., Band 2, S. 4 (Epidemie 1625); Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 209, 237–238; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 47, 56–57 (Sternberger Stadtbrände 1659 und 1741, nach 22jähriger Pause 1748 wieder ein Landtag zu Sternberg, nach chaotischem Landtag 1748 7jährige Pause); Heck: Geschichte des Landtags, S. 25 sowie Kap. 3.2 (Konflikt zwischen Schweriner und Strelitzer Landesteil). Die Diskussion um die beiden Landtagsorte wurde auch im 19. Jh. fortgeführt. Herzog Friedrich Franz I. ließ 1815 vom Archivar Evers ein Gutachten erstellen, das die Frage beantworten sollte: „Ist der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin an die zu Landtags-Versammlungen bestimmten Örter Sternberg und Malchin gebunden?“ Das Ergebnis lautete: nein. Vgl. LHAS, 2.26-1, Großherzogliches Kabinett I, Nr. 10315/10 (Schwerin, 29. Januar 1815, 24. August 1816).

290 Vaterland dert ca. einen Monat, für gewöhnlich im Spätherbst bzw. Frühwinter, im November und Dezember, zusammen beratschlagten. 30 Der Landtag im engeren Sinne begann zumeist am Vormittag, häufig zwischen acht und neun Uhr, weshalb die Teilnehmer nach Möglichkeit einen Tag vorher eintreffen sollten. Kurzfristige Änderungen er­ gaben sich u. a. durch Unwetter oder Verspätungen der Landesherren.31 Letztere ­logierten für gewöhnlich in den Landtagsstädten und erschienen häufig mit ihren Gattinnen, mit Hofmarschällen, Hofräten, Kanzlern, Landrentmeistern, Dienern, etlichen Pferden und Kutschen, „mit Heer=Pauken und Trompeten=Schall“.32 Hier muss allerdings angemerkt werden, dass die Herzöge allenfalls im 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts regelmäßig in persona an den Landtagsverhandlungen teilgenommen hatten, was in den diesbezüglichen Auseinandersetzungen mit der Ritterschaft in späterer Zeit gelegentlich damit begründet wurde, dass die frühen Landtage auch Musterungstage waren. Während sie hier nur im Krankheitsfall oder witterungsbedingt ausblieben, ließen sie sich etwa seit Beginn des 17. Jahrhunderts zunehmend von Kommissaren vertreten und erschienen schließlich im 18. Jahrhundert nur noch in Ausnahmefällen. Nicht zuletzt, da ihre Anwesenheit zur Verkürzung der Landtage beitrug, behagte dies der Ritterschaft überhaupt nicht.33 Die Teilnahme an den Landtagen gehörte zu den Ehrendiensten der Ritterschaft.34 Die Details des jeweils bevorstehenden Landtags wurden den Vasallen etwa einen Monat vor Beginn in Einladungsschreiben mitgeteilt. Die seit dem 16. Jahrhundert in gedruckter Form vorliegenden Zitationen, in die nur die individuellen Daten des jeweiligen Mitglieds der Ritterschaft eingetragen werden mussten, wurden durch Einspännige und schließlich durch Posten auf die Güter verteilt.35 Die zeitgleich zu hunderten an die Vasallen ergangenen Schreiben verursachten beträchtliche Kosten für die landesherrliche Seite; als Großherzog Friedrich Franz I. 1816 im offiziellen Wochenblatt – sozusagen per Anzeige – zum Landtag geladen und damit vermieden hatte, dass „mehrere 100 Menschen ganz zwecklos in Arbeit“ gesetzt werden, 30 Nach Ansicht Krauses traf man sich zu den frühen Gesamtlandtagen vorzugsweise im Juni, da die Felder bestellt waren, die Ernte noch nicht begonnen und man Muße hatte, für einige Tage zu verreisen. Vgl. Krause: System, S. 24, des Weiteren Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 169; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 261; Krause: System, S. 38; Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 42. 31 Vgl. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 22, 75, 97; Franck: Alt- und Neues, Band 19, S. 47. 32 Zitiert nach Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 3, S. 237 (beim Einzug Gustav Adolphs am 28. August 1655 in Sternberg); vgl. des Weiteren Assekurationsrevers 1621, Art. 23; Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 39, 120, 270; ebd., Band 2, S. 22, 88, 97; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 168; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 102; Krause: System, S. 30, 34. 33 Vgl. LHAS, 2.26-1, Großherzogliches Kabinett I, 10315/9 (Gutachten des Archivars Evers, Schwerin, 29. Januar 1815). 34 Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 97–98; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 103, 109. 35 Vgl. Abb. 45; Herzöge Mecklenburgs: Landtagsausschreiben, 2 Bde. sowie Landtag 1547, 1561, 1634, 1609–1797; Heck: Geschichte des Landtags, S. 19, 28.



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ließen Proteste der Ritterschaft nicht lange auf sich warten.36 Die Einladungen selbst enthielten für gewöhnlich Angaben zum Beginn, zur Lokalität, zu Programm- und Diskussionspunkten und zur Verzeichnung der Landtagsteilnehmer nach deren Ankunft.37 Letzteres war deshalb bedeutsam, da zu den wesentlichen Bestandteilen eines Landtages eine oder mehrere Abstimmungen der Stimmberechtigten gehörten. Stimmberechtigt war im Grunde genommen jeder, der ein Lehn- oder Allodialgut besaß. Dieses Recht konnte jeweils nur von einer Person ausgeübt werden. Das galt sowohl für Vasallen, die mehrere landtagsfähige Güter besaßen, als auch für solche, die gemeinsam mit anderen als Mitbesitzer eines einzelnen Gutes fungierten; hier legitimierte eine Entsagungsakte den jeweiligen Repräsentanten.38 Im Fall einer Vormundschaft, eines Konkurses oder des Erbjungfernrechts ruhte für gewöhnlich die Landstandschaft.39 Einigen Ritterschaftlern kam während der Landtage eine Sonderrolle zu. Die Aufsicht über die für die Abstimmung so bedeutsamen Teilnehmerlisten oblag bsw. den Landmarschällen, deren Ursprung auf die Funktion als Marschall bei Hofe und als Führer des Lehnsaufgebots zurückgeht. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts kam es zu einer Doppelung des Trägers dieser Aufgaben, wobei der höfische Bereich fortan den Hofmarschällen – eine rein fürstliche Hofcharge – und die Führung der Vasallen den Landmarschällen oblag. Letztere entwickelten sich entsprechend der militärischen, fiskalischen und verfassungsmäßigen Veränderungen zu einem rein ständischen Organ und hatten neben der Funktion als ritterschaftliche Wortführer auch zeremonielle Aufgaben, etwa bei Musterungen oder Begräbnissen, zu übernehmen, was schließlich auch in den Reversalen und Landesgesetzen von 1572, 1621 und 1755 schriftlich niedergelegt worden war.40 Jeder mecklenburgische Kreis stellte einen Landmarschall. Das Amt war in der Neuzeit abhängig vom Besitz exponierter Rittergüter: Eickhof im Mecklenburgischen, Grubenhagen im Wendischen und Pleetz im Stargardischen. Die Würdenträger, die durch Vizelandmarschälle vertreten werden konnten, stammten demnach aus den Familien Linstow bzw. Lützow, Maltzan und Hahn.41 36 Bei Gesamthandsbelehnungen wurden zwei Landtagsausschreiben verschickt, das eine im Singular, das andere im Plural. Vgl. LHAS, 2.26-1, Großherzogliches Kabinett I, Nr. 10315/12; des Weiteren Wiggers: Landtagsbrauch, S. 41. 37 So heißt es zum Sternberger Landtag zum 2. Juli 1572 (Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 107): „Weil das Ausschreiben vermögte, daß ein jeder, so erschienen, seinen Namen verzeichnen lassen sollte, so hätten Sermi 2en Ihrer Secretarien [...] dazu das mittel Gezelt verordnet, daß sie aufgezeichnet werden, und daselbst rathschlagen, und bis zum endlichen Beschluß beysammen bleiben mögten.“ 38 Krause: System, S. 7–11. 39 Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 83–84. 40 Vgl. u. a. Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 94; Krause: System, S. 47–48; LGGEV §174; zu den zeremoniellen Aufgaben im Rahmen fürstlicher Begräbnisse LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede. 41 Vgl. Krüger: Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Band 1–3, S. 29; Schlie: Kunst- und GeschichtsDenkmäler, Band 4, S. 148–153; ebd., Band 5, S. 53–56; Lisch: Eikhof; Heck: Geschichte, S. 16 (mecklenburgische Herrschaften im Spätmittelalter). Die Hahn auf Pleetz wurden bsw. im 18. Jh.

292 Vaterland Auf Landtagen und anderen politischen Zusammentreffen traten sie in erster Linie als Wortführer der Ritterschaft(en) auf. Die Vasallen hatten sich nach Eintreffen beim jeweils zuständigen (Kreis-)Landmarschall zu melden und ihm Vollmachten, Entschuldigungen und dergl. zu übergeben. Ebenso oblag den Landmarschällen das Überbringen der Anwesenheitslisten an die fürstlichen Abgesandten.42 Derjenige Würdenträger, in dessen Kreis der Landtag stattfand – also zumeist im mecklenburgischen zu Sternberg oder im wendischen zu Malchin –, eröffnete selbigen von ständischer Seite, während die herzoglichen Kommissare, denen sie Ehrenbezeugungen entgegenzubringen hatten, den offiziellen Startschuss zum Landtag gaben. Die Landmarschälle verlasen die Propositionen, die herzoglichen Forderungsschreiben, bestimmten zu verhandelnde Gegenstände, saßen gesonderten Ausschüssen vor, fassten Beratungsergebnisse zusammen, überbrachten sie der herzoglichen Seite und verhandelten mit ihr. Wenn es bei den Diskussionen der Vasallen zu laut wurde, kam es schon mal vor, dass sie mit ihren Marschallstäben auf den Boden stießen, um Ruhe zu schaffen.43 Sie leiteten die ritterschaftsinternen Abstimmungen und beendeten schließlich den Landtag. Kurzum: Die Landmarschälle spielten eine Schlüsselrolle bei der Kommunikation, der Vermittlung und des Abschlusses politischer Entscheidungen im Rahmen der Landtage.44 Das Amt des Landrats, deren Inhaber mehr noch als die Landmarschälle politische Funktionen innehatten, stammt ebenfalls aus dem Mittelalter, als sie zur Führung der Regierungsgeschäfte herangezogen wurden.45 Einige weilten beständig am fürstlichen Hof, andere kehrten nach Erledigung der Aufgaben auf ihre Rittersitze zurück. Nachdem gegen Ende des 15. Jahrhunderts Teile ihres Funktionsbereiches von Juristen, den späteren Hof- und Geheimräten, ausgeführt wurden, traten die Landräte zwar weitgehend aus dem Umfeld der Residenzen zurück, waren aber weiterhin als Berater in Regierungsangelegenheiten tätig. Das Amt war im Gegensatz zum Landmarschall nicht von Besitzungen oder gar Familien abhängig, auch wenn man gelegentlich den Eindruck hat, dass es sich um erbliche Würden handelte.46 Die Ritterschaft stellte mehrere, zumeist aus angesehenen Adelsfamilien stammende Kandidaten auf, aus deren Kreis der Landesherr je nach Bedarf einen oder mehrere auswählte und nach deren Eidesableistung auf Lebenszeit zu Landräten ernannte.47

42 43 44 45 46 47

vertreten durch Vizelandmarschälle aus den Familien Genzkow, Oertzen und Warburg (Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 457; Abb. 60). Zu ähnlichen Verhältnissen um 1900 vgl. Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 169. Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 109. Ebd., S. 102. Im Folgenden Krause: System, S. 41–42, 59–61; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 93–94; Hegel: Geschichte, S. 137–138; Herzöge Mecklenburgs: Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich, § 171. Zu acht nacheinander gewählten Landräten, die die Familie Bassewitz stellte, vgl. Bassewitz: Beiträge zur Familiengeschichte; Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 169. Krause: System, S. 59, 62–63; LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede; Herzöge Mecklenburgs: Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich, § 167; Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 462; Herzog Christian Ludwig II.: Formular des Landratseides.



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Nach Meinung des Aristokraten Claus Josias von Behr wurde die Vorauswahl von den Landräten selbst vorgenommen, da man „im Lande die Muthmaßung gehabt, die LandRähte würden am besten wissen, welche die tauglichsten Subjecta zu diesen ansehnliche funktion seyen [...].“48 Etwa seit der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert hatte sich ihre Zahl auf acht eingepegelt. Sowohl Mecklenburg-Schwerin als auch Mecklenburg-Güstrow bekamen jeweils vier Landratsstellen zugesprochen. Die Kreiseinteilung spielte demnach weniger eine Rolle, wenn auch festgelegt worden war, dass eine Güstrower Stelle den Stargardern zugesprochen wurde. Mit der Dritten Hauptlandesteilung bzw. dem Hamburger Erbvergleich 1701 wurden dem Schweriner Herzogtum sieben und dem ungleich kleineren Strelitzer eine der acht Landratsstellen zugewiesen.49 Die Landräte, im 17. Jahrhundert gelegentlich als „Conseiller Provincial de Mequelbourg“ bezeichnet, waren in erster Linie politische Berater.50 Sie verfassten Berichte und Gutachten, waren Gesandte ihrer Landesherren und bei diversen fürst­ lichen Veranstaltungen anwesend; im Fall der Abwesenheit der Herzöge bildeten sie die Regierungsvertretung, hatten aber auch sonst Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen, was – so wurde es bereits bei einem Landtag 1572 betont – ihrer Meinung nach dafür gesorgt hatte, dass das Land immer „in sonderlicher Wohlfahrt und glue cklichem Zustande gewesen“ war.51 Zu den Landtagen hatten sie daher nach Möglichkeit vollzählig zu erscheinen. Hier gaben sie mehr noch als die Landmarschälle den Ton an.52 Sie waren das bindende Element zwischen Landesherrschaft und Landständen, deren eigentliche Aufgabe in der Vermittlung bestand. Ihre Janusköpfigkeit, ihre Zwitterstellung in der Landständischen Verfassung – Vertreter ständisch-ritterschaftlicher Rechte auf der einen und landeshoheitlicher Ansprüche auf der anderen Seite –, machte sie von beiden Seite anfällig für Kritik, weshalb diesem Amt eine gewisse Undankbarkeit anhaftete.53 Sämtliche Landräte waren darüber hinaus im die Landtagsgeschäfte führenden ständischen Leitungsgremium, dem Direktorium, vertreten. Die vier übrigen der zwölf Direktoriumsplätze wurden für gewöhnlich von den drei Landmarschällen und einem Vertreter der Landschaft, zumeist einem Rostocker Bürgermeister, besetzt.54 Die ständische Seite des Landtags lag demnach fest in der Hand der Ritterschaft. Zwei der acht Landräte – einer für Mecklenburg-Schwerin, der andere für Mecklen48 49 50 51

LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede. Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 93. So erwähnt bei Wendessen: Schutz-Schrift. Vgl. Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 93–94; des Weiteren Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 39 (Zitat, zum Landtag am 22. Januar 1572); Kamptz: Beyträge, Band 1, S. 221. 52 Die Ämter des (Vize-)Landmarschalls und des Landrats wurden mitunter von ein und derselben Person besetzt. Vgl. etwa Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 369, 375–376; Abb. 60 (Viktor Sigismund von Oertzen, Ernst Siegmund von Warburg). 53 Kap. 4.1. 54 Vgl. Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 92–93; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 168–169, 197.

294 Vaterland burg-Güstrow – waren des Weiteren seit 1622 im sog. Engeren Ausschuss vertreten, der letztlich aus mehreren Vorgängermodellen ritterschaftlicher Ausschüsse ent­ standen war.55 Von Rostock aus leitete dieses Gremium die ständischen Geschäfte außerhalb des Landtags, zu denen bsw. Prozessführung, Berufung und Leitung von ­Landeskonventen, Antragsentgegennahme und -ausschluss oder die Landkastenverwaltung gehörte. Neben den Landräten waren drei ritterschaftliche (Kreis-)Deputierte, die alle drei Jahre gewählt wurden, sowie vier städtische Abgeordnete vertreten. Fünf von neun Mitgliedern waren Adlige. Da die gemeinsamen Beschlüsse zumeist nach Köpfen entschieden wurden, dominierte auch hier, d. h. in politischen Angelegenheiten zwischen den Landtagen, die Ritterschaft über die Landschaft.56 Den Vorsitz übernahm darüber hinaus ebenfalls ein Aristokrat, nämlich derjenige Landrat, der dem Engeren Ausschuss am längsten angehörte. Die fünf Ritterschaftsrepräsentanten bildeten wiederum einen gesonderten Ausschuss, dessen Aufgaben rein ritterschaftliche Angelegenheiten wie die Verwaltung ihrer Kassen oder die Berufung ihrer Konvente betrafen. Am Beginn eines jeden Landtags standen Eröffnungszeremonien.57 Dazu suchte man – je nach Veranstaltungsort – geeignete Räumlichkeiten auf, etwa den großen Saal des Güstrower Schlosses, den Flur des Malchiner Rathauses oder die Rostocker Kämmerei. Zu Sternberg erfolgte dies seit Mitte des 16. Jahrhunderts auf dem nahe gelegenen Judenberg; bei ungünstigen Witterungsverhältnissen – u. a. wegen Frost, Gewitter oder Dauerregen – traf man sich auf dem Klosterhof oder im Rathaus, bis schließlich seit dem 18. Jahrhundert der Landtag immer häufiger in der Sternberger Stadtkirche eingeläutet wurde, in der auch der Eröffnungsgottesdienst erfolgte. Der Judenberg wurde nicht selten nur noch kurzzeitig – aus traditionellen Gründen – aufgesucht.58 Darüber hinaus fanden in der Kirche vorwiegend die landesherrlichen Eröffnungszeremonien statt, während die Landstände u. a. das Rathaus favorisierten. Anschließend zog man zu den Verhandlungen zum Judenberg. Für das Jahr 1748 ist überliefert, dass sich die Landtagsteilnehmer und zahlreiche Schaulustige in einem

55 Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 36, 40–41, 94–98; Hegel: Geschichte, S. 136, 206; Körber: Kreditwesen, S. 158–159. 56 Zu den städtischen Deputierten gehörten Vertreter Rostocks und der sog. Vorderstädte der mecklenburgischen Kreise, Parchim, Güstrow und Neubrandenburg. Zur Rolle der ritterschaftlichen Deputierten Kap. 4.1. 57 Vgl. im Folgenden Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, 4 Bde.; Krause: System, S. 30–35; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 210–214; Bölckow: Landtag zu Sternberg, S. 7–8; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 170–172; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 104. 58 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 110–111, 226; ebd., Band 2, S. 22, 273, 301, 456; ebd., Band 3, S. 75, 294; Gotthardt: Sagen, S. 19; Lisch: Hauptbegebenheiten, S. 226–235. Bei den Gottesdiensten während des Landtags 1748 enthielt das Evangelium die Worte: „Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist“. Um 1900 wurde beim Eröffnungsgottesdienst u. a. „Herr, höre, Herr, erhöre!“ gesungen (Nr. 396 des Mecklenburgischen Kirchengesangsbuches).



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Tross von fünfundsiebzig zwei-, vier- und sechsspännigen Kutschen sowie zu Fuß dorthin begaben. Überhaupt waren die Sternberger Landtage bis zum Ende der Landständischen Verfassung von einem ständigen Hin- und Herreisen zwischen der Stadt im engeren Sinne – hier befanden sich auch die Unterkünfte – und dem außerhalb gelegenen Judenberg gekennzeichnet. Den herzoglichen Kommissaren ritten der Wachtmeister und zwölf Reiter – ihre Degen in der Hand haltend – voraus, die sich nach Ankunft auf dem Judenberg vor einem der hier errichteten Zelte in zwei Reihen aufstellten. Hier fanden lange Zeit die eigentlichen politischen Verhandlungen statt. Die landesherrlichen Propositionen, zumeist Wünsche zur Erhebung von Steuern und finanziellen Beihilfen enthaltend, wurden von Sekretären, Kanzlern und Kommissaren verlesen. Wenn die Herzöge wie etwa im 16. Jahrhundert in persona anwesend waren, hielten sie sich nach „altem Gebrauch“ eine Weile im Zelt auf, ließen dann die Landstände zusammenrufen und stellten sich zur Propositionsverlesung unter Bäume oder vor ein Zelt. Um den Landesherren herum bildeten die Stände schließlich einen großen Halbkreis. Die Verkündung der Propositionen erfolgte nach festgelegten Zeremonien. In Sternberger Gebäuden oder im Güstrower Rathaus und Schloss verlas man sie im Rahmen der Landtagseröffnung in einer feierlichen Propositionsstunde; im Grunde genommen waren die fürstlichen Wünsche den meisten Anwesenden bereits durch die Einladungsschreiben bekannt. Zur im engeren Sinne ständischen Eröffnung im 18. Jahrhundert gehörte es, die herzoglichen Kommissare nach dem Zeitpunkt der Propositionsstunde zu befragen, was den Landmarschällen oblag. Es war der erste Beschluss von Land- und Ritterschaft des jeweiligen Landtags. Dazu suchten die Landmarschälle die herzoglichen Kommissare auf, brachten ihnen entsprechende Komplimente und Ehrerweisungen dar und informierten die Stände anschließend über den Termin. Zu letzterem holten die Landmarschälle die fürstlichen Vertreter mit ihren Kutschen ab, die sich dann gemeinsam zur feierlichen Propositionsstunde – beim Landtag von 1748 am 14. November um elf Uhr – begaben. Die Stände, allen voran die Ritterschaft, begegneten den Propositionen mit Gravamina, ständischen Beschwerden, Klagen und Forderungen, bei denen die Landesherrschaft Abhilfe schaffen sollte. Für die Erfüllung der Propositionen erwarteten sie eine herzogliche Gegenleistung. Nachdem nun die Diskussionspunkte bekannt waren, begannen die eigentlichen Beratungen der Stände, die – nachdem sich die Landtage auf mehrere Tage ausgeweitet hatten – nahezu täglich stattfanden. Die Herzöge bzw. ihre Vertreter waren von den Beratungen ausgeschlossen.59 Die Konferenzen auf dem Judenberg fanden bis ins 17. Jahrhundert in einem der herzoglichen Zelte statt. Die Lokalität als solche wird wohl einem großen Zeltlager geglichen haben; allein drei bis vier größere fürstliche Zelte werden gelegentlich genannt.60 Zu den abendlichen Beratungen zog man sich mitunter in die zu diesem Anlass be59 Auch die Herzöge verließen den Tagungsort. Vgl. Werner: Ständische Machterhaltungspolitik; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 168; des Weiteren Kap. 4.1. 60 Zu den „Gezelten“ (16. und 17. Jh.) vgl. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 18–21, 107, 627–628; ebd., Band 2, S. 88, 359; ebd., Band 3, S. 237.

296 Vaterland stuhlte Sternberger Kirche zurück, die bereits im 17. Jahrhundert immer häufiger dafür genutzt wurde und schließlich neben dem dortigen Rathaus zum Dauerversammlungsort auserkoren worden war. Den Judenberg scheint man nur noch – wie erwähnt – im Rahmen der Eröffnung, insbesondere zur Propositionsverkündung, aufgesucht zu haben – sofern das Wetter mitspielte. Offenbar im 19. Jahrhundert etablierten sich mit dem Direktorial- und dem Deliberationszimmer im Sternberger Rathaus gesonderte ständische Beratungsräume, in denen die Plenarsitzungen stattfanden.61 In den übrigen Landtagsstädten zog man sich in öffentliche Gebäude, in die großen Audienzen der Rathäuser von Malchin, Güstrow, Rostock oder Neubrandenburg, zurück. Die Beratungen selbst begannen mit dem nochmaligen Verlesen der Propositionen bzw. des Diskussionspunktes, der gerade zur Debatte stand. Nun sollten sich nacheinander die Landräte, die Gesandten der Seestädte, die Ritterschaft und schließlich die Vertreter der Landstädte nach dem Prinzip der Umfrage zu den Sachverhalten äußern. Der zuständige Landmarschall leitete die Verhandlung und fasste gelegentlich die Ergebnisse der Beratung, die für gewöhnlich ohne formellen Beschluss endeten, zusammen. Dann wurde der Schriftsatz aufgesetzt, etwa von einem ständischen Syndikus, und den Herzoglichen durch den Landmarschall überbracht.62 Dies geschah spätestens seit dem 18. Jahrhundert nach Möglichkeit am dritten Tag, doch waren auch Verlängerungen möglich.63 Die fürstlichen Vertreter wiederum antworteten den ständischen Vorschlägen in Form der sog. Responses, woraufhin das Prozedere von vorne begann. Da die landständischen Forderungen bzw. Bestätigungen ihrer Privilegien von den Herzoglichen häufig auf der Rückseite der Schriftstücke fixiert wurden, werden selbige gelegentlich als Assecurationsreverse bezeichnet.64 Je nach Betrachtungszeitraum kam es im günstigen Fall zur Ausarbeitung von Vorlagen, zu Abstimmungen oder gar zu Landtagsbeschlüssen, die gerade in der Spätzeit der Landständischen Verfassung in der letzten Sitzung verlesen wurden. Schließlich wurde der Landtag entlassen.65

4.2.2 Beteiligte und Entscheidungsträger Obgleich sich die Überlieferung der Anwesenheitslisten problematisch darstellt, ist zu konstatieren, dass der Pflicht zur Teilnahme an den Landtagen bei weitem nicht 61 Vgl. ebd., Band 1, S. 27, 131, 226, 614, 635; ebd., Band 2, S. 22–23, 28, 31, 61, 75, 89, 90–95, 105, 186–187; ebd., Band 3, S. 238; ebd., Band 4, S. 418; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 107–108; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 172. 62 Vgl. die o. g. allgemeinen Hinweise sowie LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede und Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 168. 63 Vgl. etwa Herzöge Mecklenburgs: Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich, § 357; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 105. 64 Heck: Geschichte des Landtags, S. 18. 65 Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 174.



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alle Vasallen in gleicher Weise nachgingen.66 Das allgemeine Interesse fiel bisweilen recht heterogen aus. So ist bsw. für die Landtage von 1557, der 1620er und 1630er Jahre sowie zur Mitte des 17. Jahrhunderts von einer – wie es gelegentlich heißt – „volkreichen“ Beteiligung die Rede, während um 1550 und 1600 eine vergleichsweise geringe Frequentierung zu verzeichnen ist.67 Auch der herzogliche Rat Samuel von Behr notierte wegen eines Sternberger Landtages von 1610 in seinen Schreibkalender: „weinig vom adel sein do west“.68 Gerade bei den mitunter mehrmals pro Jahr stattfindenden Zusammenkünften konnten erhebliche Schwankungen auftreten.69 Zur Spätzeit der Landständischen Verfassung berichtet ein Zeitzeuge, dass von den ca. fünfhundert Stimmberechtigten nur etwa vierzig oder fünfzig, d. h. etwa zehn Prozent, erschienen.70 Der Pflichtverletzungen versuchte die Landesherrschaft ge­ legentlich mit Sanktionen Herr zu werden – bsw. Geldstrafen unter Herzog Adolph Friedrich I. oder Lehnsverlust unter Wallenstein  –, was zwar mitunter fruchtete, ­andererseits aber auch den sofortigen Protest der Ritterschaft nach sich ziehen konnte, wie etwa im Fall Herzog Carls 1609, da dieses Vorgehen nicht dem Herkommen entsprach. Daher wird die Reaktion der Stände nicht zuletzt immer auch eine Frage der Durchsetzungsfähigkeit des jeweiligen Landesherrn gewesen sein. Schließlich sah der LGGEV von 1755 auch in dieser Hinsicht einige Lockerungen für die Ritterschaft vor.71 Die Gründe für das Fernbleiben waren vielschichtig. Sollte bsw. das Verhältnis zwischen Landadel und Landesvätern außerordentlich beeinträchtigt sein – insbesondere unter Herzog Carl Leopold – wird man wenig Muße gehabt haben, zum Landtag zu reisen. Die Absenz war ein Ausdruck des Protests.72 Die Gutswirtschaft, ein bekanntlich nicht gerade krisensicherer Erwerbszweig, wird ebenfalls so manchen Ritterschaftler von der Teilnahme an der Zusammenkunft abgehalten werden.73 Schließlich fielen gerade die fünf oder sechs jährlichen Landtagstermine in der Frühzeit der mecklenburgischen landständischen Verfassung nicht selten in die für den 66 Zum Problem der Überlieferung und dem Führen von Listen der Anwesenden wie auch der Empfänger der Landtagsausschreiben vgl. Krause: System, S. 8; zu einigen Teilnehmerverzeichnissen ebd. (1575) sowie Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 368 (1721). 67 Vgl. Lützow: Beitrag, S. 87 (Zitat); Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 25, 627–628; ebd., Band 2, S. 22, 75, 88, 97, 153; Krause: System, S. 24. 68 LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545 (Tagebuch Samuel von Behr, 1610). 69 Vgl. auch Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 123 (1627); Ritter- und Landschaft: Designation (Konvokationstag des Schweriner Herzogtums, 1748). 70 Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 167; des Weiteren Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 103. 71 Vgl. Lützow: Beitrag, S. 85, 87; Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 356; ebd., Band 2, S. 153; Herzöge Mecklenburgs: Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich, § 151; des Weiteren Roth: Mecklenburgisches Lehenrecht, S. 97–98; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 103, 109. 72 Vgl. Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 96; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 282 (1714 und 1718); des Weiteren Kap. 4.1. 73 Kap. 3.2.

298 Vaterland Ertrag so bedeutsamen Saat- und Erntezeiten. Dass dieser Umstand zu den Hauptgründen des Fernbleibens zählte, wurde schließlich noch von Landtagsteilnehmern bestätigt, als die jährlichen Versammlungen bereits in den Herbst und Frühwinter verlegt worden waren.74 Vom Landtag aus musste nicht nur die heimische Gutswirtschaft dirigiert werden. Um erst einmal dorthin zu gelangen, hatte man bisweilen lange und beschwerliche Reisen bei ungünstigen Witterungsbedingungen auf sich zu nehmen, die zusammen mit der Verpflegung und den Einquartierungen in den Landtagsstädten beträchtliche Kosten verursachten. 75 Was die Beköstigung der Vasallen vor Ort anbelangt, war die Landesherrschaft zunächst für die Aufwendungen für „Futter und Mahl“ zuständig, was jedoch angesichts der Kosten, die – je nach Beteiligung – für die fürstliche Seite anfielen, besonders in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu heftigen Debatten zwischen den Ständen und den Herzoglichen geführt hatte. Die Landmarschälle und Landräte bekamen Futtergeld für ihre Pferde; in Mecklenburg-Schwerin wurde 1701 festgelegt, dass ein jeder täglich vier Rthlr. bekommen sollte, was noch bis 1918 Bestand hatte. Gerade sie, die exponierten ritterschaftlichen Würdenträger, wurden darüber hinaus zu besonderen Gastmahlen geladen, wie bsw. im April 1627, als sie zusammen mit dem Rostocker Gesandten in den auf dem Judenberg errichteten Zelten und direkt in Sternberg von Herzog Adolph Friedrich I. „tractiret und entgae stet“ worden waren.76 Für das 19. Jahrhundert ist überliefert, dass sich alle Teilnehmer am Abend vor Beginn der Verhandlungen bei den Kommissaren zur ersten „Assemblée“ einfanden, wo die Gesellschaft Karten spielte, Kaffee und Tee trank und gegen halb zehn das Abendbrot – für gewöhnlich Wassersuppe, Hecht, Hasenbraten, Sprotten, Bier und Rotwein  – zu sich nahm. Viertel nach elf wurde die Veranstaltung aufgelöst. An den laufenden Verhandlungstagen kamen im Durchschnitt fünfzehn bis dreißig Vertreter der Stände täglich um vier Uhr zur Tafel, wofür umschichtig die Schweriner und Strelitzer Kommissare zuständig waren. Viele beklagten sich jedoch darüber, dass diese Treffen nur eine gute Stunde dauerten. An den Abenden fand dann beim Kommissar, der das Essen ausrichtete, abermals eine Assemblée statt, an der jeder teilnehmen durfte. Hier wurden L’Hombre und Skat gespielt. Nach dem Verlesen des Landtagsschlusses – sofern es denn einen gab – stand wiederum eine Abendveranstaltung an, bei der schließlich der letzte Assembléepunsch des laufenden Landtags zu sich genommen wurde. Gelegentlich wird berichtet, dass durchaus erlesene Getränke und Speisen – Champagner, Rheinwein, Tokajer, „Caperwein“, Gänseleberpastete und Austern – gereicht wurden. Schließlich kursierte noch im 19. Jahrhundert die Geschichte, bei den vielen in der Nähe von Sternberg gefundenen Versteinerungen mit Muscheleinschlüssen han74 So meinte Landrat Bassewitz auf Lühburg in seiner Eröffnungsrede zum Landtag 1768 (Bassewitz: Rede, S. 3): „Die jetzige jahres=Zeit ist freylich dem emsigen Wirth nicht die bequemste, um sie zu Consultationen anzuwenden, und möchte vielleicht manchen reitzen, Unsere Versammlung vor der Zeit zu verlassen.“ 75 Bassewitz: Aus dem Leben, S. 191 (Briefwechsel zwischen Landrat Philipp Cuno von Bassewitz und seiner Gattin, Catharina Oelgard von Lehsten während des Malchiner Landtags 1702). 76 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 2, S. 89–93, 95.



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dele es sich ursprünglich um Austernschalen von vorsintflutlichen Landtagsessen. 77 Obgleich der Wahrheitsgehalt dieser Überlieferung gering ist, scheint doch die Pflicht bzw. Tradition von „Futter und Mahl“ bis zum Ende der Landständischen Verfassung in gewisser Weise bewahrt worden zu sein. Für das Gros der Verpflegung und vor allem der Unterkunft, zu der man im 17. Jahrhundert bsw. Wohngemächer und Ställe des ehemaligen Klosterhofes zu Sternberg nutzte, mussten die Ritterschaftsvertreter jedoch selbst aufkommen.78 In diesen Kosten, die manch einer durch Glücksspiele noch potenzierte, sieht Krause einen der Hauptgründe für die geringe Frequentierung.79 Für die Bewohner der Landtagsstädte hingegen bedeuteten die Landtage eine gewichtige Einkommensquelle, die umso höher ausfiel, je mehr Teilnehmer anwesend waren.80 Des Weiteren scheint auch die zunehmende Vernachlässigung der von den Vasallen separat eingereichten Beschwerden, den sog. gravamina privata, eine gewisse Resignation hervorgebracht zu haben. Darüber hinaus gab es in den Augen der Ritterschaftsvertreter immer auch wichtigere und nichtigere Landtage, wobei der eine oder andere bereits nach der Lektüre des Einladungsschreibens, in dem wesentliche Diskussionspunkte angeführt waren, für sich entschieden haben wird, nicht am Landtag teilzunehmen.81 Dazu gesellte sich noch eine Reihe individueller, von den Charakteren des Einzelnen abhängiger Faktoren, auf die das Desinteresse oder eine poli­ tische „Unlust“, wie Lisch meint, im weitesten Sinne zurückzuführen ist.82 Nicht selten standen Krankheiten und Auslandsaufenthalte der Landtagsteilnahme im Weg. Diejenigen, die der Zusammenkunft fernblieben, übersandten der Landesherrschaft Entschuldigungen und Vollmachten. Bsw. wurden zu den Landtagen 1575 und 1589 ca. einhundertsiebzig mündliche und schriftliche Berechtigungen einge77 Vgl. Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 280–281; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 170, 173 (Anm.), 174. Nach Eduard Vehse (Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 281) sollen die mecklenburgischen Landtagsschmausereien so berüchtigt gewesen sein, dass sie selbst einem Hoffmann von Fallersleben nicht entgingen, der den Ritterschaftsvertretern folgende Worte in den Mund gelegt haben soll: „Jetzt gehen wir nach Haus, Der Landtag ist nun aus, Wir waren einig allezeit – Und thaten unsre Schuldigkeit – Sogar bei jedem Schmause, ja Schmause.“ 78 Zur Unterbringung im Klosterhof (1637) vgl. Lisch: Hauptbegebenheiten, S. 243; des Weiteren Krause: System, S. 25; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 209. 79 Vgl. etwa Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 1, S. 261; Krause: System, S. 44, 46; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 173. Dazu der Übersetzer von Nugents Reisebericht 1781 (Nugent: Travels, S. 434, Anm. 145): „[...] und doch verspielen und gewinnen respektive die Herren auf den Landtägen Summen, die weit in die Hunderte, wohl in die Tausende gehen.“ Zum Problem des Glücksspiels Kap. 3.1. 80 Zum Sternberger Landtag meint Lisch (Lisch: Hauptbegebenheiten, S. 191): „[...] eine Gewohnheit, welche die Hauptstütze der Stadt geworden ist.“ 81 Bsw. wurden im Januar 1572 neunzehn gravamina privata vorgelegt (Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 44–50). Zu den bedeutenderen zählten bsw. die Landtage 1572 (Klosterüberweisung und Revision der Polizeiordnung), 1721 („Wiedervereinigung“ der Ritterschaften) und 1733 (Erneuerung der Union von 1523 im 210. Jahr ihres Bestehens). 82 Zur „Unlust an den öffentlichen Angelegenheiten“ einiger Oertzen im 18. Jh. vgl. Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 376–377.

300 Vaterland reicht.83 Im Rahmen eines von Herzog Carl Leopold 1718 anberaumten Landtages erschienen nur dreißig Ritterschaftler; einhundert Entschuldigungsschreiben gingen bei ihm ein.84 Nicht zuletzt waren die Themen und das Prozedere des Landtags mit seinem ständigen Hin und Her von ständischen Vorschlägen und landesherrlichen Responses mitunter so ermüdend und nahezu endlos, dass zahlreiche Teilnehmer nicht nur nach wenigen Tagen abreisten, sondern der Sinn des Landtages insgesamt in Frage gestellt worden war.85 Die Beschlussfindung war schließlich davon abhängig, welche Partei zuerst einlenkte, was bekanntlich gelegentlich durch Einschaltung von Kaiser und Reichskammergericht zu beschleunigen versucht wurde.86 Nicht selten nahm die Teilnehmerzahl im Verlauf des Landtags rapide ab, sodass gegen Ende hin nur noch zehn oder zwanzig von eigentlich mehreren hundert Stimmberechtigten anwesend waren, zu denen vorwiegend Landräte, Landmarschälle und städtische Deputierte gehörten.87 Man kam und ging, wie es einem passte.88 Die gravamina privata  – sofern man sie denn berücksichtigte  –, aber auch lehnsrechtliche und (guts-)geschäftliche Belange, die sowohl mit der herzoglichen Seite als auch unter einzelnen Vertretern des Adels quasi nebenbei abgearbeitet wurden, hatte man schon in den ersten Tagen erledigt. Nicht zu unterschätzen bleibt des Weiteren die soziale und kulturelle Komponente des Landtags. Schließlich gehörte der Landtagsball, der im 18. Jahrhundert offenbar alle zwei Jahre zu Malchin am sog. Wahltag zu Beginn des Landtages stattfand, zu den inoffiziellen Highlights der Zusammenkunft, zu denen nicht nur Mitglieder der Ritterschaft, die sonst kaum anwesend waren, sondern auch zahlreiche adlige Familienangehörige anreisten, um den heiratsfähigen Nachwuchs zu präsentieren.89 Der Reiz des Landtages lag bei so manchem Aristokraten daher weniger bei seiner politischen, sondern vielmehr seiner kulturellen und sozialen Bedeutung.90 Diese Befunde stehen im Kontrast zu dem vom Adel in der Öffentlichkeit so häufig propagierten politischen Gewicht des Landtages. Die charakteristische Absenz beträchtlicher Teile der Ritterschaft zog darüber hinaus nicht unerhebliche Folgen hinsichtlich der Landtagsabschiede nach sich. Waren keine oder nur wenige Stimmberechtigte anwesend, konnte nicht abgestimmt werden (wenngleich bislang 83 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 190; Krause: System, S. 27–28, 37. 84 Vgl. Landtag: Protokoll; Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 282. 85 Dazu Münch: Landtag und Landstände, S. 6: „In einem Wechselspiel von herzoglichen Repliken, Entgegnungen, und ständischen Resolutionen rangen sich dann die Landtage gegebenenfalls zu Entscheidungen durch bzw. vertagten ungeklärt bleibende Probleme.“ 86 Vgl. Krause: System, S. 76; Kap. 4.1. 87 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 17, 20, 24–26, 38, 248, 270; Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 2, S. 96; Krause: System, S. 37, 39. 88 Vgl. auch Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 169. 89 Vgl. Franck: Alt- und Neues, Band 18, S. 117; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 281; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 174. 90 Dazu auch Kap. 3.1 und Kap. 3.3.



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nicht bekannt ist, inwieweit eine konkrete Mindestanzahl überhaupt jemals fixiert worden ist); somit lagen weder Willensbekundungen und erst recht keine Beschlüsse vor, was insbesondere die landesherrliche Seite missbilligte. In der fürstlichen Proposition von 1557 heißt es bsw.: „Sie [die Landesherren] begehrten ue brigens, daß, da durch das Ausbleiben vieler, und fast der vornehmsten von Adel, etliche Landtage der Landschaft zum großen Schaden unfruchtbarlich abgegangen wae ren, niemand, ehe die Sache eine Endschaft erreichet, von hinnen verreisen, sondern zum Ende verharren, und dieselbe entrichten helfen wollte.“91 Was allerdings die Landtagsbeschlüsse als solche anbelangt, ist bislang nicht eindeutig geklärt, inwieweit es sie überhaupt ge­geben hat. Abschiede, die ein Ergebnis eindeutig feststellten, lagen zwar gelegentlich vor – insbesondere seit dem LGGEV – und wurden in der Spätzeit der Landständischen Verfassung vor dem zu Sternberg und Malchin aufgestellten Landratstisch verlesen. Inwieweit diese dann aber bindend waren oder womöglich irgendwelche Veränderungen herbeiführten, steht auf einem anderen Blatt.92 Oft ist aus den Landtagsakten überhaupt nicht ersichtlich, ob und worauf man sich eigentlich geeinigt hatte; es kam vielmehr darauf an, was und vor allem wer sich in der Praxis durchsetzte. Man vermied es regelrecht, das eine oder andere klar zum Ausdruck zu bringen.93 Viele Landtage endeten damit, dass die Stände bzw. das, was davon noch übrig war, einfach von dannen ritten. Darüber hinaus stellten nicht zuletzt das Prozedere der Entscheidungsfindung und das Auftreten einiger exponierter Ritterschaftler erhebliche Schwachpunkte des mecklenburgischen Landtages dar, worin so mancher adlige Vasall ebenfalls einen Grund gesehen haben dürfte, jener „ehrwürdigen“ Zusammenkunft fernzubleiben. Hatten sich Stände und Landesherrschaft auf einen Kompromiss geeinigt, wurden zunächst Vorlagen ausgearbeitet. Nun folgte eine landstände- bzw. ritterschaftsinterne Diskussion und im besten Falle eine Entscheidung. Was letztere anbelangt, ist zum einen bekannt, dass ein Wägen der Stimmen vorgenommen, und zum anderen ein Meinungsbild durch Auszählung der Stimmen bzw. Stimmzettel eingeholt wurde, worauf schließlich auch die erwähnten Teilnehmerlisten und Vollmachten hindeuten. Die einfache Stimmenmehrheit des Plenums war in diesem Fall ausschlaggebend.94 Womöglich wurden beide Verfahren gelegentlich kombinierend angewendet, bsw. wenn das Stimmenwägen nicht zu einem eindeutigen Ergebnis geführt hatte. Zumindest scheinen die Ritterschaft bzw. die Landstände in irgendeiner Weise

91 Nach dem Protokoll bei Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 25–26. 92 Vgl. Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 110–112; des Weiteren Reuter: De Urgeschicht, u. a. S. 57 („Allens bliwwt bi’n Ollen“). 93 Krause: System, S. 33; Münch: Landtag und Landstände, S. 6. 94 Vgl. Krause: System, S. 36–42, 50; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 108–110. Zu Beginn des 20. Jh. fanden die Abstimmungen u. a. im sog. Deliberations- oder im Direktorialzimmer des Sternberger Rathauses statt. Es musste jedoch vorher darüber abgestimmt werden, dort abzustimmen (Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 108).

302 Vaterland nach ihrem Votum befragt worden zu sein.95 Darüber hinaus gab es mit der sog. „itio in partes“ die Möglichkeit der getrennten Entscheidungsfindung von Landschaft und der selbst im Fall einer unbefriedigenden Beteiligung zahlenmäßig höher vertretenen Ritterschaft.96 Das Prozedere der Meinungsfindung wie auch die Beschlussfreudigkeit der Vasallen wurden beeinflusst von Auftreten, Engagement, Durchsetzungsvermögen, Bildung, Rhetorik und Charakter einzelner politischer Wortführer der Ritterschaft, allen voran die Landräte und Landmarschälle. Ob sie mit ihrer Meinung überzeugten, war nicht zuletzt abhängig vom Zutrauen, das ihnen in unterschiedlicher Weise von den Ritterschaftsvertretern entgegengebracht wurde.97 Eröffneten sie die Verhandlung mit einem festen Vorschlag, war die Gefahr eines Widerspruchs gering. Was letzteren wie auch die mündlichen Beiträge der Ritterschaft insgesamt anbelangt, meint Krause, dass sich von ihr meist nur wenige meldeten – für gewöhnlich nicht viel mehr als zwölf –, obgleich solchen Aussagen angesichts des Forschungsstandes m. E. kaum Allgemeingültigkeit zugesprochen werden kann. Wenn es Wortmeldungen gab, dann nur, um ein Einverständnis zu bekunden. Die Masse der ­Ritterschaft schwieg.98 Gelegentlich wurde sogar behauptet, dass die wenigen mündlichen Beiträge eher aus Gebrüll als aus Sprechen bestanden und die Überzeugungsleistung insgesamt weniger in der Wortwahl als vielmehr der Muskelkraft einzelner „Ritter“ begründet lag.99 Geregelte Diskussionen scheint es nicht gegeben zu haben. Jeder durfte reden, ohne sich vorher zu Wort zu melden. Wurde es schließlich zu laut, stießen die Kreisobersten mit ihren Marschallstäben auf den Boden.100 Die Schlüsselfiguren waren die Landräte. Als Mitglieder des Direktoriums waren sie ohnehin bestens über die Verhandlungsgegenstände informiert. Unmittelbar vor und nach den Landtagen trafen sie sich zu gesonderten Beratungen, an denen auch Landmarschälle und andere führende Mitglieder der Ritterschaft teilnahmen. Durch ihre Sitze im Engeren Ausschuss oblagen ihnen darüber hinaus die politischen ­Belange der Landstände bzw. der Ritterschaft zwischen den einzelnen Landtagen. Das ganze Jahr hindurch standen sie untereinander in brieflichem und persönlichem Kontakt und kommunizierten mit sonstigen Spitzen des Adels wie auch mit der  95 Im 16. Jh. bsw. in den herzoglichen Zelten auf dem Judenberg bei Sternberg (Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 160).  96 Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 89–90, 110.  97 Vgl. Anonymus: Memoiren, S. 178 (wegen der Ritterschaftsvertreter Langermann, Flotow, Ferber, um 1800).  98 Vgl. Krause: System, S. 36–42, 50; exemplarisch Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 226 (1594).  99 Johann Eustach Graf Schlitz-Görtz urteilt hinsichtlich der Landtage um 1800 (Anonymus: Memoiren, S. 177–178): „An der Spitze befanden sich Männer, welchen zwar nicht die Gabe der Rede, aber wohl die des Schreiens zu Gebote stand. Bildung jeder Art ging ihnen größtentheils ab, aber entwickelt war die Muskelkraft, und dieses unter Umständen allerdings ein Vorzug. Sie hatten den Umfang derselben hin und wieder beweisen müssen in einem Lande, wo der Streit so leicht in Angriffe der Ungeschliffenheit überging.“ 100 Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 109.



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­Landesherrschaft.101 Ihre exponierte Stellung innerhalb der Ritterschaft war dem­ entsprechend verantwortungsvoll, zeitintensiv und  – besonders wegen der dafür ­notwendigen Reisen – nicht selten beschwerlich.102 Daher wurden dazu nur „ver­ trauenswürdige“ und einflussreiche Persönlichkeiten auserwählt, die über einen ­gewissen Grad an Verstand und Erfahrung verfügten, die exzellente Kenner des „Herkommens“ waren, auf hervorragende Kontakte zu politischen Bedeutungsträgern außerhalb Mecklenburgs zurückgreifen konnten und Rittergüter besaßen. Sie, die sich in vielerlei Hinsicht von der Masse der Landtagsteilnehmer abhoben, entschieden darüber, welche Gegenstände überhaupt zur Verhandlung gelangten. Dass sie zu einem exklusiven Kreis gehörten, war schon bei der Verkündung der Propositionen für die Anwesenden unübersehbar. Dazu traten bei den Sternberger Land­ tagen auf dem Judenberg im 16. Jahrhundert Landräte, Landesherren, Kanzler, Hofund Kanzleiräte zu einem „Kringe zusammen“ zusammen; die übrige Ritterschaft formierte sich außerhalb dieses geschlossenen Kreises.103 Zu den Beratungen zogen sie sich – abgesondert von den anderen – in Zelte, Kirchen, Rathäuser und sonstige Räumlichkeiten zurück, wo sie an einem Tisch sitzend die Diskussionspunkte besprachen, während sich die „gewöhnlichen“ Vasallen mit ihren individuellen Belangen befassten; an den wirklichen Verhandlungen nahmen Letztere allenfalls passiv teil.104 Ein auserlesener Kreis von Ritterschaftlern war es auch, der sich während der Landtage in Sonderausschüssen, später als Kommitten bezeichnet, besonders brisanten Themen widmete.105 Die vorgefertigten, von den Landmarschällen reduzierten Meinungen wurden dann den Landständen bzw. der Ritterschaft präsentiert und 101 So heißt es etwa im Tagebuch Adolph Friedrichs I. 1614 wegen der Teilungsabsichten der mecklenburgischen Herzöge (Lützow: Beitrag, S. 61): „Den 14. Oct. haben die Landräthe und Markward Pentz bei mir zu Nacht gegessen, die Landräthe mich angesprochen, wollen meinen Bruder und mich vergleichen. Markward Pentz ist mit den Landräthen in disput gerathen, hat die urteil so im Hofgericht erkannt, an meiner Tafel zerrissen, hat einen gewaltigen Esel agiret.“ Vgl. des Weiteren Krause: System, S. 53 (private Treffen der Landräte im Vorfeld der Landtage, Mitte 16. Jh.); LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, exemplarisch Nr. 849 (Kommunikation der Herzöge mit ausgewählten Ritterschaftlern); ebd., Nr. 1545 (Hinweise zum Briefwechsel Samuel von Behrs, 1. H. 17. Jh.); LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 169 (Formularbuch der Hahn auf Basedow für Briefe an fürstliche und adlige Personen); des Weiteren Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 201–202; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 174. 102 Gerade die ererbten Landmarschallwürden wurden daher nicht von jedem in der Weise wahrgenommen, wie man es eigentlich von ihnen erwartete. Vgl. etwa Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 457 („Ersatz“ des Erblandmarschalls Friedrich Graf Hahn auf Pleetz und Remplin). 103 Zu einem solchen engeren Kreis formierten sich am 16. Juni 1602 um 9 Uhr auf dem Judenberg die Landräte Bevernest, Schöneich, Wangelin, Bassewitz, Hahn sowie die Hof- und Kanzleiräte Bassewitz, Staffeld und Bülow (Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 270; des Weiteren ebd., S. 159–165). 104 Vgl. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 159–165, 212, 218, 270– 271, 212; ebd., Band 2, S. 23, 31; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 197. 105 Vgl. etwa Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 37, 101, 159–165, 270–271; des Weiteren Krause: System, S. 57–58, Anm. 240; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 172; Heitz: Zwei Staaten, S. 84; Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 108–109.

304 Vaterland diskutiert, die Ergebnisse den Herzoglichen überbracht und im besten Fall anschließend nach dem Mehrheitsprinzip beschlossen. 106 Mitunter erfuhren die ­Ritterschaftler erst im Augenblick der eigentlichen Abstimmung von dem, worüber die primi inter pares verhandelt hatten.107 Die Spitzen des Adels diktierten schließlich auch den Landtagsabschied. Die politischen Entscheidungen der Landstände lagen demnach in der Hand eines exklusiven – abgesehen von einigen wenigen Vertretern der Landschaft – ausnahmslos adligen Personenkreises, der etwa zehn bis dreißig in mehreren Ausschüssen gleichzeitig vertretene Aristokraten umfasste, die aufgrund ihrer Abstammung in erster Linie als altadlige Interessenvertretung angesehen werden müssen, deren Aufgabe es war, altadlige Rechte und Privilegien gegen jegliche Art von Konkurrenten zu verteidigen oder womöglich auszubauen.108 Zwischen Einzelpersonen geführte Gespräche waren daher charakteristisch für die Verhandlungen mit der landesherrlichen Seite, was sich für letztere nicht unbedingt als nachteilig erweisen sollte.109 Schließlich musste sie sich nicht Diskussionen mit der Masse der Ritterschaft hingeben. Ganz im Gegenteil: Auf einen auserlesenen ritterschaftlichen Personenkreis konnte viel leichter Einfluss ausgeübt werden. Darüber hinaus waren den fürstlichen Vertretern die innerhalb der Ritterschaft bestehenden Animositäten durchaus bekannt, die durch die Alleingänge der Landräte und anderer adliger Wortführer noch verschärft werden konnten.110 In ihrer faktischen, für den neuzeitlichen mecklenburgischen Landtag charakteristischen politischen Unmündigkeit ist m. E. die Hauptursache dafür zu sehen, dass die Masse der Ritterschaft dem eigentlichen Landtag in so geringem Maße beiwohnte.111 Der gelegentlich verwandte Terminus der Adelsrepublik ist daher irreführend.112 Darüber hinaus erweist es sich als schwierig, zumindest die 106 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 159–165 (1589); Krause: ­System, S. 36. 107 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 176 (1589); Schlesinger: Staatsund Verwaltungsrecht, S. 109. 108 In fünf von acht Ausschüssen der Jahre 1572 und 1573 saßen Achim von Rieben, Werner von Hahn, Lütke von Bassewitz, Georg von Below, Dietrich von Plessen, Johann von Cramon, in sechs Hans von Linstow. Vgl. Krause: System, S. 57–58, Anm. 240. 109 Zu einer dominanten Persönlichkeit der landesherrlichen Seite (Heinrich von Husan, 2. H. 16. Jh.) vgl. Merkel: Heinrich Husanus; Glöckler: Heinrich Husan, besonders S. 83–132. 110 Zum Misstrauen der Ritterschaft gegenüber den Landräten siehe auch Kap. 4.1. 111 So meint auch Krause (Krause: System, S. 40): „Hier liegt auch ein Grund, weshalb in den zahlreichen Vollmachten, die zu jedem Landtag erteilt wurden, nie Instruktionen enthalten sind. Es hatte keinen Zweck; man war gar nicht in der Lage, mit seiner Meinung irgend etwas ändern zu können, es sei denn, daß man zum engen Kreis der Häupte gehörte.“ Johann Eustach Graf Schlitz-Görtz urteilt zu Beginn des 19. Jh. (Anonymus: Memoiren, S. 180): „Der Geist eines Mecklenburgischen Landtags ist übrigens bei der Mehrheit keineswegs ein löblicher. Das Interesse der Einzelnen rührt eigentlich bei jenen nur die, welche im gleichen Falle sich schon befinden, oder besorgen, sich einst befinden zu können. Viele sind für Alles gleichgültig und werden ohne eigne Selbstständigkeit von denen, welche leiten, geschoben. Andre erscheinen nie und überlassen den Kampf den Uebrigen.“ 112 Lamprecht: Deutsche Geschichte, S. 253.



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mecklenburgische Landständische Verfassung als ein Vorläufermodell des Parlamentarismus anzusehen.113 Erachtet man wiederum das aus diesem Prozedere resultierende allgemeine Interesse und die faktische Partizipation der Ritterschaft an landespolitischen Angelegenheiten als Indikator ihres Verhältnisses zum Vaterland, bleibt festzustellen, dass ihm gegenüber – anders als so häufig propagiert – eine nicht zu übersehende Gleichgültigkeit an den Tag gelegt wurde.

4.2.3 Kontroversen und Konflikte Die vermeintliche Würde und Erhabenheit des mecklenburgischen Landtags wird zudem weiter entzaubert, wenn man mit der Betrachtung des landständischen Beratungs- und Beschlussfassungsalltags noch tiefer in mikrohistorische Sphären vordringt. Die Vertreter der Landschaft, die schließlich mit der Ritterschaft eine Union bildeten, scheinen von den Aristokraten nie wirklich Ernst genommen worden zu sein. Die itio in partes, die ständeseparate Abstimmung, kann im Grunde genommen bereits als Indiz für das faktisch bestehende Missverhältnis angesehen werden, das je nach Betrachtungszeitraum mal stärker, mal schwächer ausgeprägt war.114 Neben Nichtbeachtung, die die Ritterschaftsvertreter den städtischen Deputierten entgegenbrachten, und verbalem Schlagabtausch, den sich die Vertreter beider Gruppen lieferten, kam es mitunter sogar zu Handgreiflichkeiten. Wie so oft saßen auch beim Sternberger Landtag 1748 Landmarschälle, Landräte und der Bürgermeister der Stadt Rostock im Rahmen ihrer Beratungen gemeinsam am Direktoriumstisch. Die Stimmung unter ihnen kippte, als der Rostocker Vertreter, Bürgermeister Beselin, während einer direktoriumsinternen Entscheidung bei seinem Konsultativvotum übergangen wurde. Als er protestieren wollte, erhoben sich die Ritterschaftsvertreter und verließen daraufhin den Verhandlungsort, da mittlerweile das Ende der Beratungszeit – elf Uhr – gekommen war. Deshalb wurde sein Votum auch nicht ins Protokoll aufgenommen. Zu den Verhandlungen am nächsten Tag erschien er nicht. Als schließlich die Stände in der Sternberger Kirche zu wirklichen Verhandlungen schreiten wollten, legte Christian Schröder, ein Deputierter der Stadt Boizenburg, der Ritterschaft Vorschläge wegen der Kontribution vor, woraufhin sie sogleich die Rücknahme der Schrift vom Vorlesenden verlangten. Da letzterer dazu nicht bereit war, ergriff von der Lühe auf Mulsow die Initiative, indem er ihm das Papier unter die Kleidung stopfte. Weil man schon im Vorfeld der Verhandlungen gehört hatte, diejenigen, die sich dem „gemeinsamen“ Schluss widersetzten, würden aus dem Fenster geworfen, zogen es der Boizenburger und auch der Ribnitzer Deputierte vor, die Veranstaltung vorzeitig zu verlassen.115 Von Handgreiflichkeiten und Muskel113 Vgl. Krause: System, S. 36; Münch: Landtag und Landstände, S. 2; Krüger: Landständische Verfassung, S. 1; des Weiteren Stollberg-Rilinger: Vormünder. 114 Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 89–90, 110. 115 Franck: Alt- und Neues, Band 19, S. 56; des Weiteren Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 211–215.

306 Vaterland spielen einzelner Adliger berichtet im Übrigen auch Johann Eustach Graf SchlitzGörtz. Demnach hatte gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein Oldenburg auf Glave „einen gut genährten Doktor beider Rechte beim Hosenbande ergriffen und so aus der Gesellschaft entfernt [...].“ Joachim Christian von Müller auf Detershagen „hatte einen beladenen Frachtwagen mit dem Rücken aufgehoben; v. Walsleben warf mit Steinen des Witzes um sich.“116 Wie bereits an anderer Stelle erörtert, war auch von einem einheitlichen Auftreten innerhalb der Ritterschaft keine Spur.117 Obwohl oder gerade weil sie zahlenmäßig im Verlauf der frühen Neuzeit immer schwächer in der Korporation vertreten waren, versuchten die Aristokraten die bürgerlichen Gutsbesitzer weitgehend politisch unmündig zu machen und ihnen ritterschaftliche Privilegien – insbesondere das Recht auf die Einweisung in Klosterstellen – zu verweigern, was ihnen im Untersuchungszeitraum und darüber hinaus durchaus gelang. Entsprechende Auseinandersetzungen bei den Landtagen blieben nicht aus.118 Da auch den hier federführenden altadligen Vasallen zugewanderte und jüngst nobilitierte – also nicht aus alten Geschlechtern stammende – Aristokraten ein Dorn im Auge waren, fochten sie – auch Fürsten und Bürgerliche gefährdeten ihre Privilegien – insbesondere im 18. Jahrhundert einen politischen Dreifrontenkrieg. Zwar misslang der von den „Patrioten“ Bernstorff und Plessen um 1700 initiierte Versuch, niemanden zu Landtagen zuzulassen, der nicht zum eingeborenen Adel gehöre oder nicht in selbiges Korps rezipiert sei.119 Betrachtet man aber die Besetzung der ritterschaftlichen Ämter und Institutionen wie Landrat, Landmarschall, Deputierter, Direktorium und Engerer Ausschuss, in deren Händen die gesamte ständische Politik und die ritterschaftlichen Vorrechte faktisch lagen, war es ohnehin nicht entscheidend, ob den Bürgerlichen eine Stimme beim Landtag zugesprochen wurde. Anerkennungen, d. h. Agnitionen von Adelsgeschlechtern wie auch die Wahlen der Landräte bzw. Landratskandidaten, der Klosterhauptmänner und der Mitglieder des Engeren Ausschusses wurden ohnehin bei den Landtagen – abgeschirmt von anderen – von altadligen Ritterschaftsvertretern vor­ genommen.120 Die landespolitischen Entscheidungsträger können demnach – wie bereits erwähnt – als eine Interessenvertretung derjenigen Familien erachtet werden, die sich auf der Basis des „Herkommens“ dem Vaterland in besonderer Weise „verbunden“ sahen. Die Lobbyisten stammten zu weiten Teilen aus altmecklenburgischen Geschlechtern, deren Vertreter schon im Mittelalter wichtige Ämter bekleidet hatten, die über umfangreiche und „geschichtsträchtige“ Besitzungen verfügten und 116 Anonymus: Memoiren, S. 177–178. 117 Kap. 3.2. 118 Vgl. Martens: Das Verhältnis; Heitz: Die „nicht adelichen Eingesessenen von der Ritterschaft“; Lisch und Anonymus: Extra-Sendschreiben; Heitz und Münch: Friedrich Lisch, S. 42–43 sowie Kap. 1.5 und 3.2. 119 Im Rahmen der Konferenzen zwischen Herzog Friedrich Wilhelm und den Ständen zu Rehna und Wedendorf 1706 (Lisch und Anonymus: Extra-Sendschreiben, S. 174–183). 120 Krause: Verzeichnis, S. 6; Krause: System, S. 105–108; Bard: Geschichte der Stadt Sternberg, S. 174.



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besonderes Ansehen und Vertrauen des alten Adels genossen.121 Die daher bisweilen von neuen und fremden Aristokraten gegen den Engeren Ausschuss und die Ritterschaft angestrebten Prozesse blieben nicht selten in den Formalien hängen.122 In diesen auserlesenen Kreis der politischen Entscheidungsträger, der zeitgleich kaum mehr als dreißig Personen umfasste, aufgenommen zu werden, gelang nicht jedem, insbesondere nicht denjenigen, deren Familien eine vergleichsweise kurze mecklenburgische Landstandschaft vorzuweisen hatten. Es gab aber auch Ausnahmen.123 Darüber hinaus war es gerade für die jüngere Generation schwierig, in die Wagenburg der älteren Altadligen vorzudringen.124 Gescheiterte Versuche werden daher ebenfalls zur politischen Resignation wie zur Landtagsabstinenz beigetragen haben. Überspitzt formuliert: Wer einmal die Abschottung der wenigen politischen aristokratischen Entscheidungsträger beim Landtag erlebt hatte – dies gilt für die jüngeren Altmecklenburger ebenso wie für die übrige Ritterschaft –, der kam nie wieder. Die Exklusivität führte schließlich auch zu Animositäten und Konkurrenz innerhalb der Gruppe der Altadligen.125 Obwohl selbst die Würde des Landmarschalls an Güter gebunden und daher im Grunde genommen erblich war, wurde sie den ausübenden Familien gelegentlich streitig gemacht, etwa die Maltzansche im Wendischen von den Levetzow um 1570 oder die Hahnsche im Stargarder Distrikt von den Manteuffel um 1600.126 Da die Landratsstellen ungleichmäßig unter den 121 Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 92, 95; des Weiteren Neuschäffer: Henning Friedrich, S. 169; Boll: Geschichte Meklenburgs, Band 2, S. 461. 122 Zu einem solchen Prozess (Johann Christian Carl von Altrock auf Samow, 1796–1799) vgl. UBRSS, Familienpapiere Altrock, Mappe 2; zur Landtagsrede des Albrecht Adolf Wilhelm von Flotow vgl. Flotow: Ueber die Rechte. 123 In Stargard im 18. Jh. bsw. einige Mitglieder der Familien Bredow, Hake, Keyserlingk, Wendessen (Landräte und Ritterschaftsdeputierte). Vgl. die Genealogien in: LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr; ebd., 11.3-1/3, Genealogische Sammlung Pentz; Altrock: Geschichte des Geschlechts, Anlage 10, Ahnentafel 1. 124 Vgl. Rusch: Beiträge, S. 180; Rosenthal: Konvertitenbilder, S. 588 (Magnus Friedrich von Barner, 18. Jh., August Kuno von der Kettenburg, 19. Jh.). 125 Zu oligarchisch verfestigten Ausschüssen außerhalb Mecklenburgs vgl. Stollberg-Rilinger: Nur ein bloßes „Gedankending“, S. 13. Wegen der Auseinandersetzungen im Rahmen des sog. Ständekampfes heißt es im Briefwechsel (Hamburg, 16. Dezember 1729) der Gebrüder Bassewitz: „Mit dehnen Vaterlandssachen stehet es noch immer in Mecklenburg auf dem alten Fuß; das Curiöseste ist, daß [...] unsere Landsleute bis dahero ihr meistes durch den Dänischen Envoyé von Berkentin betreiben laßen [...].“; „Mein Gott wie geht es doch im Vaterlande zu!“ Vgl. Bassewitz: Aus dem Leben, S. 230–231. Beim „Dänischen Envoyé von Berkentin“ handelt es sich offenbar um den mecklenburgischen Adligen und dänischen Gesandten am kaiserlichen Hof Christian August von Parkentin auf Lütgenhof und Dassow (1694–1758). Siehe auch Kap. 4.1. 126 Wegen des Maltzan-Levetzow-Streits wurde beim Landtag im Oktober 1571 beschlossen, dass ersatzweise Werner von Hahn einspringen sollte. Die Ansprüche der Stargarder Familie Manteuffel hatte beim Sternberger Landtag im Juni 1602 ein Genzkow angezeigt und vorgetragen, woraufhin ein Hahn das Wort ergriff. Die Hahn legten schließlich eine Urkunde aus dem Jahr 1469 vor. Vgl. Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 34, 273; des Weiteren LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede; LHAS, 3.2-5/7, GA Basedow, Nr. 42–45.

308 Vaterland drei ritterschaftlichen Kreisen aufgeteilt waren, führte dies zu Konflikten mit den Stargardern, die sich ohnehin in vielerlei Hinsicht gegenüber den mecklenburgischen und wendischen Ritterschaften benachteiligt fühlten.127 So trug bsw. Hans Christoph von Jasmund während der zu Cölpin im Stargardischen 1609 vollzogenen Huldigung im Namen der dortigen Ritterschaft die Beschwerde vor, ihr Distrikt wäre „zwar den andern Landskreyssen an Wue rd vnd Macht fast gleich /aber auch an vielen Commoditae ten vnd wolstae ndlichen Gelegenheiten [...] minder“, weshalb die Landesherrschaft diese Region nur selten aufsuchte.128 Auch während der Verhandlungen zum Güstrower Erbfolgestreit gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde das Problem der Stargarder „Einöde“ offen angesprochen. Während sich Adolph Friedrich, der spätere Strelitzer Herzog Adolph Friedrich II., mit den Ämtern Ratzeburg, Mirow und Stargard – einem Teil des ritterschaftlichen Kreises Stargard, wo er zu Strelitz residierte – einverstanden zeigte, meinte seine Gattin, sie würde lieber auf Stargard verzichten und viel mehr Ländereien um Ratzeburg zugesprochen bekommen; so hätte man seine Lande beieinander und käme endlich aus der Strelitzer „Wildnis“ heraus.129 Selbst beim temporären Hofdienst, insbesondere zu fürstlichen Zeremonien, griff man kaum auf Stargarder Vasallen zurück. Bei der Kindstaufe des Prinzen Carl Heinrich, dem jüngsten Sohn Herzog Johann Albrechts II. von MecklenburgGüstrow, am 28. Juli 1616 Güstrow stammten nur zwei der anwesenden achtundvierzig Ritterschaftsvertreter aus Stargard.130 In politischen Angelegenheiten waren sie häufig die Letzten, die genannt wurden, was nicht zuletzt auf die vergleichsweise späte Angliederung Stargards an Mecklenburg im weitesten Sinne Anfang des 14. Jahrhunderts zurückzuführen sein könnte.131 Gelegentlich hatte man ihnen exponierte ritterschaftliche Ämter vorenthalten. Als der Stargarder Landrat Oertzen 1717 zum Provisor des Klosters Malchow gewählt wurde, kam es durch Herzog Carl Leopold vorerst zu keiner landesherrlichen Bestätigung, wenngleich seine Abneigungen nicht allein der Stargarder Ritterschaft als Vasallen seiner unliebsamen Strelitzer Verwandtschaft, sondern dem mecklenburgischen Adel insgesamt galten.132 Auch bei den Landtagen wurde aus der Konkurrenz der Distrikte kein Hehl gemacht. Anders als von einigen Vertretern des Adels gelegentlich behauptet, traten die

127 Siehe auch Kap. 3.2. 128 Vgl. Jasmundt: Ad Illustrissimos Principes. Kurt von der Lühe beschwerte sich bei der Huldigung Johann Albrechts I. 1547, dass andere Landesteile wie etwa die Herrschaft Rostock nicht zu dieser Huldigung unter der Führung des mecklenburgischen Landesteils eingeladen wurden (Schirrmacher: Johann Albrecht I., S. 24). 129 Vgl. Müller: Strelitzer Politik, S. 89. 130 Vgl. Lisch: Des pommerschen Geheimenraths. 131 Selbst im um 1610 entstandenen Rittersaal zu Rehna waren die Stargarder Vasallen auf den letzten Balken erwähnt. Vgl. LHAS, 2.12-1/26, Hofstaatssachen, Nr. 633 (18. August 1703). Zur Stargarder Geschichte vgl. generell Boll: Geschichte des Landes Stargard. Die Grafschaft Schwerin, die zeitlich gesehen nach Stargard in mecklenburgischen Besitz überging, wurde Teil des Schweriner Kreises. 132 Lisch und Saß: Urkundliche Geschichte, S. 375–376; Kap. 4.1.



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de jure gleichberechtigten Ritterschaften hier häufig getrennt auf.133 Allein wegen der Teilung von 1621 und der damit verbundenen Überlagerung der historisch gewachsenen Kreiseinteilung durch landesherrlichen Zusammenschluss der Gebiete des Wendischen und Stargardischen Kreises zum Herzogtum Mecklenburg-Güstrow hatte gerade die Landmarschallwürde der Hahn an Bedeutung verloren, da in Stargard keine Landtage mehr stattfanden. Darüber hinaus besetzten sie – wie erwähnt – nur eine der acht Landratsstellen. Um gleich oder zumindest besser vertreten zu sein, hätten sie mindestens zwei innehaben müssen, was die Stargarder spätestens 1606 zum ersten Mal gefordert hatten. Eine wirkliche Gleichberechtigung hätte es im Grunde genommen sogar nur gegeben, wenn die Zahl der Landratsstellen von acht auf neun erhöht worden wäre, von denen jedem Distrikt drei zugestanden hätten.134 Bei Ausschüssen, die sich wichtigen politischen Angelegenheiten wie bsw. im 16. Jahrhundert der Revision der Polizeiordnung und der Kodifizierung des Lehnrechts widmeten, waren sie im Durchschnitt mit weniger als zehn anstatt dreiunddreißig Prozent der Beratschlagenden vertreten.135 Nach der Dritten Hauptlandesteilung im Jahre 1701 wurden die Landtagspropositionen doppelt, von den Schwerinern und den (Stargard-)Strelitzern, verlesen. Dazu wurde zunächst der Schweriner Kommissar von den mecklenburgischen und wendischen Landmarschällen aufgefordert; anschließend wies der Stargarder den Strelitzer Fürstenvertreter dazu an. Die Propositionen sind dann nochmals von den Landmarschällen vor den Ritterschaften verlesen worden. Bis zum Ende der Landständischen Verfassung fanden neben Landtagen auch kreisinterne Sitzungen statt, die seit dem 18. Jahrhundert von Mecklenburg und Wenden auch gemeinsam verliefen.136 Die Landesteilung von 1701 führte schließlich zu solchen Spannungen, dass nicht nur Landkasten und Landtage separat verwaltet bzw. abgehalten wurden, sondern sich die Stargarder 1711 mit dem Ziel der Auflösung der Union an den Reichshofrat gewandt hatten.137 Die Vereinigung 1721 glättete die Wogen nur für kurze Zeit. Zu Beginn des Sternberger Landtages im November 1748 wurde eine Protestation der Ritter- und Landschaft des Stargarder Kreises verlesen und protokolliert, da sie nicht dem Herkommen gemäß zum Landtag berufen worden war. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen gerieten sie mehrfach und in dem Maße mit den Mecklenburgern und Wenden aneinander, dass man sich schließlich fragte, ob es sich überhaupt um einen Landtag gehandelt hatte.138 Vielleicht waren die gefühlten Repressalien auch der Grund dafür, dass die Stargarder 133 Etwa in § 8 des Hamburger Erbvergleichs 1701 und § 140 des Landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs. Vgl. Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 87. Auch Claus Josias von Behr meint: „Man bedienet sich jedoch dieser Eintheilung auf den öffentlichen Landes-Versammlungen nicht [...].“ Vgl. LHAS, 11.3-1/1, Genealogische Sammlung Behr, Vol. 1, Vorrede. 134 Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen, Band 1, S. 299; des Weiteren ebd. S. 273. 135 Ebd., Band 1, S. 101; Lisch: Geschichte des meklenburgischen Lehnrechts, S. 192–195, besonders S. 194. 136 Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 88, 113. 137 Viereck: Die Rechtsverhältnisse, Band 1, S. 106. 138 Franck: Alt- und Neues, Band 19, S. 47ff.; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 210–212, 215.

310 Vaterland zu so manchem Landtag nur wenige Delegierte entsandten.139 Auch beim LGGEV von 1755 gingen sie zunächst weitgehend getrennte Wege, wenngleich die Ursachen für die Verweigerung ihrer Unterschriften noch nicht hinlänglich bekannt sind.140 Bei bedeutenden politischen Entscheidungen gab es darüber hinaus auch Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelnen Vasallen, unabhängig davon, welchem ritterschaftlichen Kreis sie eigentlich angehörten.141 Gelegentlich wird sogar von Gewaltexzessen der adligen Landtagsteilnehmer berichtet, bei denen politische Differenzen allerdings nicht ausschlaggebend sein mussten. Als beim Sternberger Landtag auf dem Judenberg im Juni 1610 zunächst die feierliche Eröffnung und die Propositionsverkündung stattgefunden hatten, tafelten die Herzoglichen anschließend mit den Ständen, wobei reichlich gezecht, getanzt und schließlich auch gestritten wurde. Nachdem sich der mittlerweile nicht mehr regierende Herzog Carl, Samuel von Behr und andere in ihrer „gutzke“ vom Judenberg entfernt hatten, trat die Gesellschaft in einem Sternberger „losament“ (einer Wohnung) erneut zusammen, wo auch reichlich Alkohol geflossen zu sein scheint. Dabei gerieten Claus von Peckatel d. J. aus der Weisdiner Line des Geschlechts und Sievert von Oertzen aneinander. Oertzens Dolch traf schließlich Peckatel in den „kop“, wobei die abgebrochene Spitze „in der Hirnenschalen plieben“. Nach dem ärztlichen Bericht konnte diese erst nach drei Tagen mit großer Mühe entfernt werden, am fünften Tag traten Zuckungen und Gehirnlähmungen bei Peckatel ein, am siebenten der Tod. Die Landesherrschaft ließ den Täter und Verwandte des Getöteten am 3. September nach Güstrow fordern, um die Sache gütlich zu regeln. Noch 1618 wurde ein Urteil der Juristenfakultät Tübingen eingeholt, nach dem Sievert von Oertzen eine Geldstrafe zu zahlen hatte.142 Die übrigen Landtagsteilnehmer zeigten sich offenbar wenig beeindruckt von dem Zwischenfall. Bei den Ausschweifungen am darauf folgenden Tag gingen zahlreiche Fenster der Sternberger Kirche zu Bruch. Beim Landtag im September 1610 hatten sich schließlich die mecklenburgischen Adligen Warburg und Grabow „hart smieret“.143 Der tödliche Ausgang der Auseinandersetzung zwischen Peckatel und Oertzen war kein Einzelfall. Im Jahr 1565 erstach Henning von Holstein einen seiner Peckatelschen Vettern. Henning von Holstein selbst wurde vier Jahre später bei einem 139 So stammten beim Malchiner Landtag im September 1673 nur zwei der etwa vierzig Ritterschaftsvertreter, Dewitz auf Cölpin und Glöden auf Roggenhagen, aus dem Stargarder Kreis. Vgl. Landtag: Protokoll. 140 Münch: Von uradlig bis bürgerlich; zu möglichen Ursachen Kap. 3.2. 141 Vgl. den Tagebucheintrag Herzog Adolph Friedrichs I. zum 14. Oktober 1614 (Lützow: Beitrag, S. 61); zum LGGEV Busch: Altadlige Opposition; Münch: Von uradlig bis bürgerlich. 142 Der Tod trat am 2. Juli 1610 ein. Der Kalendereintrag von Samuel von Behr lautet: „disen nachmittag glock vm 4 vhr jst claus peccatel der junger zu sterneberg von seinem empfangenen jhm haupte stich [...] selig entschlaffen [...].“ Vgl. LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545, u. a. Einträge zum 26. Juni, 2. Juli, 12. August 1610; des Weiteren Lisch: ­Urkundliche Geschichte, Band 3, S. 177–188. 143 LHAS, 2.12-1/23, Herzogliche Korrespondenzen, Nr. 1545.



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Güstrower Landtag von seinem Halbbruder, Philipp, erschlagen.144 Doch nicht nur in den so häufig kritisierten Zeiten des adligen Sittenverfalls um 1600 wurden Dolche, Degen und Pistolen bei mecklenburgischen Landtagen gezückt.145 1735 prügelten sich ein Plessen und ein Vieregge mit Stöcken und Karbatschen, woraufhin sie sich bei Lübeck duellierten und schließlich zum Landtag 1736 mit Pistolen unter den Röcken erschienen. Lühe auf Porstorf und Hahn auf Diekhof zeigten daraufhin namens Ritter- und Landschaft an, dass durch die erneute „Arretierung“ in Form eines Duells die Landtagsfreiheit gebrochen sei, weshalb sich die Korporation auf Verhandlungen nicht mehr einlassen könne.146 Beim Landtag 1747 gingen ein Obristleutnant Zülow und ein angeblich geisteskranker Sala mit Degen und Stöcken aufeinander los, wobei – so meinten es zumindest einige Anwesende – Ritterschaft und Landschaft in Lebensgefahr geraten waren.147 Alkohol, der nicht selten schon zur Mittagszeit kredenzt wurde, spielte offenbar bei jedem Landtag und jeder bedeutenden politischen Entscheidung eine Rolle.148 Als nach zweiundzwanzigjähriger Pause 1748 wieder ein Landtag in Sternberg abgehalten wurde, erschien zur Nachmittagssitzung am 15. November der angesehene, aber sichtlich angetrunkene Henning Friedrich von Bassewitz in der Kirche, schlug auf den Landratstisch und beschwerte sich über den Landrat Oertzen auf Roggow, „als habe dieser auf jüngstem Convent zu Rostock unbescheidentlich von ihm gesprochen, er sey kein wahrer Patriot. Hierüber entstand ein grosser Lerm, also daß man es weiter, als über dem gantzen Kirchhofe hören konte, bis endlich des Grafen Freunde ihn zwischen sich nahmen, und aus der Kirche begleiteten, worauf die andern Versamlete gleichfals auseinander gingen.“149 Das eingangs erwähnte Zitat, nach dem Samuel von Behr weder sich noch seinem Landesherrn eine Wiederholung der Begebenheiten von 1610 wünschte, scheint daher charakteristisch für zahlreiche Landtage im frühneuzeitlichen Mecklenburg gewesen zu sein. Allerdings kann ihm, dem Landtag, – trotz zahlreicher aufgedeckter Widersprüche – eine gewisse makrohistorische Funktionalität nicht abgesprochen werden. Die politische Dominanz der (alt-)adligen Ritterschaft spricht für sich. Darüber hinaus darf man nicht unterschätzen, wie bedeutsam die Landstandschaft für den landsässigen Adel in Mecklenburg und vielen anderen Territorien war. Auch wenn die effektiven politischen Mitsprachemöglichkeiten gering waren; für das ad144 Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 5, S. 307; Franck: Alt- und Neues, Band 18, S. 183, 382. 145 Vgl. Kap. 3.1.3. 146 Franck: Alt- und Neues, Band 18, S. 183–184; des Weiteren Lisch: Geschichte und Urkunden, Band 4, S. 218; Vehse: Die Höfe, Band 2, S. 208. 147 Franck: Alt- und Neues, Band 18, S. 382; des Weiteren Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 56, 86. 148 So schreibt Samuel von Behr im März 1613 an Tessen von Parsow (Behr: Brief ): „Ich erinnere mich etlichermassen, was nechst zum Sternberg, wiewol bei guetem Trunckh, das Total-DivisionWerck belangend, verlauffen [...].“ 149 Zitiert nach Franck: Alt- und Neues, Band 19, S. 50; vgl. auch Vehse: Die Höfe, Band 1, S. 232; ebd., Band 2, S. 212–213.

312 Vaterland lige Selbstverständnis, die öffentliche Inszenierung seines Status, die Abgrenzung gegenüber landfremden Höflingen und die Bewahrung der Privilegien spielte die korporative Organisation als Landstand eine zentrale Rolle.150 Dazu bedurfte es in Mecklenburg allerdings weder der Einigkeit der führenden adligen Politiker, noch der Ritterschaft und erst recht nicht der Landstände. Deren Union bestand bis zu einem bestimmten Grade ohnehin allenfalls auf dem Papier!

150 Vgl. Stollberg-Rilinger: Herstellung und Darstellung; Stollberg-Rilinger: Nur ein bloßes „Gedankending“, S. 13.

5 Resümee Ausgangspunkt der Untersuchung „Familie, Stand und Vaterland. Der niedere Adel im frühneuzeitlichen Mecklenburg“ waren inhaltliche Aspekte der 1780 zu Neubrandenburg veröffentlichten „Historischen, Genealogischen und Critischen Beschreibung des Edlen, Freyherrn-, und Gräflichen Geschlechts von Bülow“. 1 Neben Erläuterungen, die sich auf die Familiengeschichte des Autors, des mecklenburgischen Aristokraten Jacob Friedrich Joachim von Bülow, bezogen, kristallisierten sich mit Familie, Stand und Vaterland drei Schwerpunkte heraus, die nicht nur Denken und Handeln der Bülow, sondern des frühneuzeitlichen mecklenburgischen Adels in seiner Gesamtheit in außerordentlichem Maße beeinflussten. Der Fokus der Studie richtete sich daher auf diese drei Bestimmungsgrößen. Da die Publikation auf einen einzigen mecklenburgischen Adligen zurückgeht, die mecklenburgische Aristokratie jedoch einen Personenkreis in vier- oder – berücksichtigt man den gesamten Untersuchungszeitraum – fünfstelliger Höhe umfasste, konnte den im Bülowschen Werk vertretenen Meinungen zunächst keinesfalls Allgemeingültigkeit zugesprochen werden. Dass Familie, Stand und Vaterland diejenigen Faktoren waren, die das Bewusstsein dieser Bevölkerungsgruppe nachhaltig prägten, konnte demnach allenfalls als Arbeitshypothese fungieren. Im Verlauf der Untersuchung gab es viele Indizien, die die Aussagen Bülows zunächst bestätigen. Was die Familie anbelangt, deuten insbesondere die im sakralen und profanen Bereich installierten Repräsentations- und Erinnerungsmedien darauf hin, dass die Adligen eine tiefe emotionale Bindung zu ihren Ahnen wie auch zu lebenden Familienmitgliedern empfanden.2 Eine Inszenierung von Individuum und Geschlecht, zu der bsw. Epitaphe, Patronatsgestühle, Gemälde und Haushaltsgegenstände funktionalisiert wurden, fand zu hunderten in Patronatskirchen und Wohnbauten der mecklenburgischen Aristokraten während der Frühen Neuzeit statt. Gerade das Familienwappen, das auf nahezu jedem dieser Informationsträger abgebildet war, galt als Ausdruck der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, was auch für den Zusammenhalt untereinander förderlich sein konnte. Auf Störungen der Monumente reagierte man sehr empfindlich. Zudem waren die Auftraggeber der Kunstwerke in der Regel Mitglieder des engeren Familienkreises, die vergleichsweise hohe Kosten für die Herstellung dieser Monumente aufgewandt hatten. Das Interesse für Familiengeschichte und Genealogie hebt ebenfalls die Bedeutung der Familie hervor. Schon die Repräsentations- und Erinnerungsmedien  – insbesondere Patronats­ gestühle und Epitaphe  – wiesen zahlreiche Ahnenproben und Stammtafeln auf, ­weshalb deren Initiatoren über profunde genealogische Kenntnisse verfügt haben müssen. Auch das adlige Begräbnis war eine einzige genealogische Inszenierung.3 Die 1 Kap. 1. 2 Kap. 2.1. und als allgemeine Ergänzung zu dieser Zusammenfassung Jacobs: Familie. 3 Kap. 2.3.

314 Resümee spezifischen familiengeschichtlichen Daten basierten auf mündlicher Überlieferung und auf Forschung, die die Adligen in landesherrlichen und privaten Archiven und Bibliotheken betrieben. Darüber hinaus wurde die Nachfrage durch professionelle Genealogen befriedigt.4 Die etwa seit 1500 kursierenden Abstammungslegenden sind als Teil der Familiengeschichte anzusehen, die den Kult um das eigene Geschlecht noch verstärkten. Nach Möglichkeit wurden die Daten der Öffentlichkeit durch Publikationen – etwa als Bestandteil von Leichenpredigten, die ohnehin zahlreiche genealogische Informationen aufwiesen, oder als separate, mehrere Seiten umfassende Familiengeschichten – kundgetan. Das Wissen um die Ahnen galt nicht ­allein dem Zweck ihrer Verehrung, sondern erfüllte gleichermaßen Erziehungs- und Sozialisationsfunktionen für nachfolgende Generationen. Durch die Auseinandersetzung mit Genealogie und Geschlechtergeschichte wurde das kollektive Familien­ gedächtnis bewahrt und das familiäre Selbstverständnis erhalten. Nicht zuletzt bestätigen die intakte Kommunikation wie auch das unter den Familienmitgliedern bestehende herzliche Verhältnis, dass der Familie eine hohe Bedeutung beigemessen wurde.5 Eine tiefgründigere Analyse der Untersuchungsschwerpunkte „Repräsentation und Memoria“ sowie „Familiengeschichte und Genealogie“ führt zu dem Ergebnis, dass die Tragweite der bewusstseinsprägenden Komponente Familie in nicht unerheblichem Maße abgewertet wird. So brachten Ahnenproben und Stammreihen nicht allein die Zugehörigkeit zu einer Familie, sondern auch zum Adelsstand zum Ausdruck. Sie dienten darüber hinaus der Selektierung von „reinem“ und „unreinem“ Adel mit dem Ziel des Privilegienerhalts.6 Die Abstammungslegenden waren bedeutsam in den Konflikten des Adels mit der Landesherrschaft. 7 Darüber hinaus wurden Repräsentations- und Erinnerungsmedien wie auch das geistige Familienerbe in Form von Archivalien nicht einheitlich aufbewahrt, sondern nahezu regelmäßig unter den Familienmitgliedern aufgeteilt und damit auseinander gerissen.8 Genealogische Daten und allgemeine Kenntnisse zur Familiengeschichte wurden zudem in innerfamiliären Konflikten um Erbfolgen eingesetzt. Nur wer den geforderten Verwandtschaftsgrad zum Erblasser nachweisen konnte, galt als potentieller Kandidat, die Hinterlassenschaft anzutreten.9 Genealogie wurde hier als Mittel zum Zweck eingesetzt, der nicht dem Familienzusammenhalt, sondern dem ökonomischen Kapital zumeist eines einzelnen Familienmitglieds dienlich war. Daher boten auch Archivalien, die die genealogischen Argumente in Erbangelegenheiten enthielten, reichlich Zündstoff für innerfamiliäre Streitigkeiten. Das Interesse für Familiengeschichte und -genealogie stand daher in einem engen Zusammenhang zum Erwerb und zur Sicherung ökonomischen Kapitals. Um ein Erbe, insbesondere ein Rittergut antreten zu 4 5 6 7 8 9

Kap. 2.2. Kap. 3.3. Kap. 3.2 und Kap. 4.2. Kap. 4.1. Kap. 2.1 und Kap. 2.2. Kap. 2.3 und 3.2.

Resümee

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können, war man sogar bereit, die Grenzen des Legalen durch Ausschmückung verwandtschaftlicher Verhältnisse zu überschreiten. Laufend prozessierten Familienmitglieder vor Landes- und Reichsgerichten gegeneinander.10 Daher überrascht es nicht, dass sich mündliche und schriftliche Kommunikation vornehmlich dem Thema ­Finanzen im weitesten Sinne widmete.11 Gelegentlich kam es bei Streitigkeiten um adlige Hinterlassenschaften bzw. das ökonomische Kapital zu handfesten Auseinandersetzungen innerhalb der Familien, die gelegentlich tödlich endeten. Wenn es ums Geld ging, war sich jedes Familienmitglied selbst das nächste. Da auch die adlige Ehe auf Fragen des ökonomischen und sozialen Kapitals abzielte und daher als künstlich herbeigeführte Verbindung zweier Familien angesehen werden muss, blieben Konflikte nicht aus.12 Schließlich führten die unterschiedlichen Auffassungen über kulturelle Strömungen und deren Praktizierung in Mecklenburg zu innerfamiliären Auseinandersetzungen, die vornehmlich zwischen jüngerer und älterer Generation ausgetragen wurden.13 Hinsichtlich des adligen Bewusstseins für den eigenen Stand lassen sich zunächst ebenfalls zahlreiche Hinweise darauf finden, die die Behauptung Bülows unterstützten. Ausgangspunkt sind erneut die Patronatskirchen und Wohngebäude der mecklenburgischen Aristokraten. Gerade die hier für jedermann erkennbaren Ahnenproben und Stammreihen betonten nicht allein die Zugehörigkeit zu einer Familie, sondern zum Adelsstand.14 Die Zurschaustellung entsprechender Informationen kann als Ausdruck adligen Selbstverständnisses angesehen werden. Dies gilt auch für die Zeremonien, die der Adel im Rahmen seiner Familienfeste und anderer bedeutender Ereignisse praktizierte. Ein Begräbnis bsw. war eine einzige genealogische Inszenierung.15 Der anwesenden adligen Gesellschaft, die sich zu solchen und anderen Anlässen in stattlicher Zahl zusammenfand, wurden die aristokratische Abstammung und zugleich die Zugehörigkeit der betroffenen Person und ihrer Familie suggeriert. Genauso wie den genealogischen und familiengeschichtlichen Forschungen kann den Abstammungslegenden, die gerade in der Frühen Neuzeit als Teil der Adelskultur angesehen werden müssen, eine integrative Wirkung zugesprochen werden. Die gemeinsame Identität förderte das kollektive Gedächtnis. Um Informationen über die adlige Herkunft zu verbreiten, wurden entsprechende Publikationen zur Familiengeschichte und Genealogie realisiert.16 Die im 18. Jahrhundert erarbeiteten genealogischen Sammlungen, Übersichtswerke zu mecklenburgischen Adels­ familien, verdeutlichen das große Interesse am eigenen Stand. Der Zusammenhalt der Aristokratie wird u. a. durch eine intakte Kommunikation, durch Freundschafts-

10 11 12 13 14 15 16

Kap. 2.3. Kap. 3.3. Kap. 3.3. Kap. 3.1. Kap. 2.1. Kap. 2.3. Kap. 2.2.

316 Resümee und Verwandtschaftsnetzwerke sowie durch das Konnubium bestätigt.17 Darüber hinaus hatte sich der mecklenburgische Adel mit der Landständischen Union von 1523, dem Landesgrundgesetzlichen Erbvergleich von 1755 und anderen Dokumenten seine Verbundenheit gewissermaßen selbst auferlegt.18 Nicht zuletzt ging von der in Mecklenburg praktizierten Adelskultur eine identifizierende Wirkung auf die Aristokraten aus.19 Wenngleich die Qualität dieser facettenreichen Standeskultur wegen des erheblichen finanziellen Aufwandes nicht von jedem in gleicher Weise ausgelebt werden konnte, was insbesondere an den Wohnverhältnissen erkennbar ist,20 so kann sie doch als Ausdruck von Standesbewusstsein angesehen werden, das weit über die Grenzen Mecklenburgs hinausreichte. Selbst in Zeiten größter gesellschaftlicher und finanzieller Not wurde der Wahrung standeskultureller Verhaltensweisen höchste Priorität beigemessen. Der nach Außen suggerierten Einigkeit des mecklenburgischen Adels standen doch diverse Animositäten gegenüber. Wie in den einzelnen Familien bestanden auch unter den Aristokraten Differenzen über kulturelle Standespraktiken, die in regelmäßigen Abständen von Westeuropa insbesondere durch die jüngere Generation nach Mecklenburg importiert wurden.21 Darüber hinaus gelang die soziale Abschottung insbesondere durch das Konnubium nicht in dem Maße, wie man es gerne nach Außen darstellte.22 In vielerlei Hinsicht übertraten mecklenburgische Adlige die Standesgrenzen, was gerade von den Spitzen des Adels immer wieder kritisiert wurde. Eine wesentliche Ursache für die Zerstrittenheit bestand jedoch vielmehr in der Konkurrenz um ökonomisches Kapital.23 Die Zahl der adligen Geschlechter und ihrer Angehörigen übertraf die der in Mecklenburg zur Verfügung stehenden Einkommensquellen um ein vielfaches. Dies führte nicht nur zu unzähligen gerichtlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Familien, sondern auch einzelner Adelsgeschlechter gegeneinander.24 Neben den juristisch ausgefochtenen Konflikten wurde der Konkurrenzkampf um ökonomisches Kapital, das schließlich Grundvoraussetzung war, um adliges Leben und Überleben überhaupt realisieren zu können, auch mit Waffengewalt ausgetragen, was gelegentlich tödlich endete. Da nicht alle im Kampf um einträgliche Positionen obsiegen konnten, blieb ein offenbar nicht unbeträchtlicher Teil des mecklenburgischen Adels ohne Einkommen, was den so häufig kritisierten Sittenverfall des Adels begünstigte.25 Um 1700 beschlossen daher Angehörige der alten mecklenburgischen Familien eine juristische und faktische Trennung von zugewanderten Aristokraten, von Neuadligen und von bürgerlichen Gutsbesitzern. Ziel dieser Maßnahme war die Sicherung innerhalb Mecklenburgs zur 17 18 19 20 21 22 23 24 25

Kap. 3.3. Kap. 4.1 und Kap. 4.2. Kap. 3.1. Kap. 2.1. Kap. 3.1. Kap. 3.3. Kap. 3.2. Kap. 2.3 und Kap. 3.2. Kap. 3.1 und Kap. 3.2.

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Verfügung stehenden Kapitals wie auch anderer Privilegien und Rechte. Genealogische Kenntnisse im Allgemeinen und der Nachweis der Daten im Besonderen waren u. a. notwendig, um in den privilegierten Kreis aufgenommen zu werden.26 Die Zugehörigkeit konnte demnach auch mit Ahnenproben und Stammreihen in den Patronatskirchen wie auch mit familiengeschichtlichen Publikationen öffentlich zur Schau gestellt werden.27 Mit der inneren Differenzierung des Adels bzw. der Ritterschaft stehen auch die umfangreichen genealogischen Forschungen einzelner Alt­ adliger in Verbindung; ihre Sammlungen ermöglichten einen schnellen Überblick darüber, wer zum privilegierten Kreis gehörte, und wer nicht.28 Nicht zuletzt um diese Vorrechte langfristig sichern zu können, war es notwendig, auch die landespolitischen Befugnisse auf den alten Adel zu beschränken, was mit wenigen, von Alt­ adligen besetzten Ämtern und Institutionen auch realisiert werden konnte.29 Ohnehin schotteten sie sich in der Öffentlichkeit, insbesondere während des Landtags, von den übrigen Gutsbesitzern ab. Faktisch bestand demnach weder eine Union der Stände, noch der Ritterschaft und auch nicht der dort vertretenen Aristokraten. ­Darüber hinaus kam es nur oberflächlich zu einem Zusammenrücken der alten Geschlechter, da einzelne Vertreter um ökonomisches und soziales Kapital konkurrierten. Auch in politischen Angelegenheiten bestand unter ihnen keine Einigkeit. Die auf Verwandtschaft und Freundschaft beruhenden Adelsnetzwerke konnten hier – sie waren häufig zu Zwecken des sozialen und ökonomischen Kapitals angelegt – keine Abhilfe schaffen. Die Rolle des Vaterlandes ist im Bülowschen Werk in besonderer Weise durch die Verwendung der Begriffe Patriot und Vaterland erkennbar. Der Gebrauch dieser und anderer Schlagworte mit ähnlicher Bedeutung traf auch für zahlreiche weitere mecklenburgische Adlige der frühen Neuzeit zu. Dies spricht durchaus für eine tiefe emotionale Bindung zwischen den Aristokraten und ihrem Vaterland Mecklenburg, wobei die Vaterlandsliebe im Allgemeinen nicht von der Zugehörigkeit zum alten mecklenburgischen Adel, sondern vom Ort der Geburt anhängig war. Daneben existierte auch eine Reihe juristisch fixierter Rechte und Pflichten gegenüber dem Vaterland. Aus dem Güterbesitz resultierte das Landsassiat und somit das Recht auf politische Mitsprache. Aus den Eidesableistungen gegenüber den Landesherren im Rahmen von Belehnung und Huldigung resultierte u. a. die verpflichtende Teilnahme an den mecklenburgischen Landtagen. Der Landesherr kann hier als Vater des Vaterlandes, als personifiziertes Vaterland, angesehen werden. Auf der Grundlage des zwischen beiden Gruppen bestehenden Rechtsverhältnisses waren die Adligen des Weiteren zu zeremoniellen Diensten und zur Unterstützung im Notfall angehalten, womit in erster Linie militärische und finanzielle Hilfe gemeint waren. Da sich ein Teil des Adels regelmäßig an den fürstlichen Residenzen aufhielt, kam es auch zu freundschaftlichen Beziehungen. Aber auch zu denjenigen Adligen, die nicht perma26 27 28 29

Kap. 2.2. Kap. 2.1. Kap. 2.2. Kap. 4.2.

318 Resümee nent bei Hofe weilten, bestand ein gutes Verhältnis, was u. a. daran ersichtlich ist, dass sich die Herzöge auf Gütern der Vasallen aufhielten, dass sie Taufpatenschaften übernahmen, miteinander feierten oder dass ein kultureller Austausch zwischen mecklenburgischem Hoch- und Niederadel stattfand, indem bsw. in landesherrlichen Diensten stehende Künstler und Handwerker auf den Gütern der Vasallen zum Einsatz kamen.30 Der Adel hatte aber auch eine andere Seite, die er dem Vaterland bzw. den Vätern des Vaterlandes gegenüber zeigte. Ihren Pflichten, insbesondere die Teilnahme an den Landtagen, kamen bei Weitem nicht alle Aristokraten nach. Die Masse des stimmberechtigten mecklenburgischen Adels blieb den eigentlichen politischen Verhandlungen im Rahmen des mecklenburgischen Landtags fern. Die Ursachen dafür sind vielschichtig. Darüber hinaus widmete sich die verhältnismäßig kleine Gruppe der politischen Entscheidungsträger in erster Linie ihren Privilegien und nicht dem so oft propagierten Wohl des Vaterlandes, das faktisch ihr eigenes war.31 Die Altadligen, die sich selbst häufig als Patrioten und schließlich im juristischen Sinne als eingeborene, d. h. in besonderer Weise mit Mecklenburg verbunden, bezeichneten, waren sich selten einig darüber, wenn bedeutende politische Belange des Vaterlandes zur Debatte standen. Das Vaterland spielte beim für die vaterländische Politik so bedeutsamen Landtag weniger eine Rolle; hier standen individuelle Angelegenheiten hinsichtlich ökonomischen, kulturellen und sozialen Kapitals im Vordergrund. Da zu den Konkurrenten um ritterschaftliche bzw. altadlige Rechte und Privilegien vor allem die Landesherren gehörten, kam es regelmäßig zu kleineren und größeren Konflikten, wobei dem Herkommen eine bedeutende Rolle bei der Argumentation beigemessen werden muss.32 Die Auseinandersetzung mit der Vaterlandgeschichte diente der Durchsetzung adliger Forderungen. Die Abstammungslegenden, in denen Alter und Würde der Geschlechter zum Ausdruck gebracht wurden, können ebenfalls als antilandesherrliche Spitze im Rahmen der Diskussionen um politische Mitbestimmung angesehen werden. Die Auseinandersetzung mit den mecklenburgischen Fürsten war bisweilen so brisant, dass die führenden Ritterschaftler selbst den adligen Gutsbesitzern, die an den Landtagen teilnahmen, misstrauten. Besonders schwierig sollte das Verhältnis werden, als die Landesherren seit Mitte des 17. Jahrhunderts das Ziel verfolgten, die Macht der Stände zu beinträchtigen. In diesem Konflikt verhärteten sich die Fronten in der Form, dass die beiden Parteien gerichtlich gegeneinander prozessierten und äußere Mächte mit einbezogen, wobei gerade die selbst ernannten Patrioten aus den altmecklenburgischen Geschlechtern gegen die Väter des Vaterlandes mobil machten. Der Adel ging als Gewinner aus diesem Konflikt heraus. Neben diesen politischen Auseinandersetzungen, die ökonomisches Kapital zum Thema hatten, gab es auch individuelle Unstimmigkeiten zwischen Landadligen und Landesherren; aus Freunden wurden Feinde, aus Gunst Missgunst. 30 Kap. 3.1 und Kap. 2.1. 31 Kap. 4.2. 32 Kap. 4.1.

6 Anhang Abkürzungsverzeichnis Abb. ADB a.d.H. agr. Diss. Anf. Art. Bearb. brgl. bsw. bzw. d. Ä. d. h. dergl. ders. dess. div. d. J. d. Verf. DVK ehem. etym. FAZ fl. GA geb. gest. GWU H. HEV HGBll Ing. Diss JbV Jg.  JGMODtl Jh. KVP LHAS LBS LKAS ma. m. E.

– Abbildung(en) – Allgemeine Deutsche Biographie – aus dem Hause (der Linie des Geschlechts) – agrarwissenschaftliche Dissertation – Anfang – Artikel – Bearbeiter – bürgerlich – beispielsweise – beziehungsweise – der Ältere – das heißt – dergleichen – derselbe/derselben – desselben – diverse – der Jüngere – der Verfasser/des Verfassers – Direktorialvermessungskarte – ehemals – etymologisch – Frankfurter Allgemeine Zeitung – Gulden – Gutsarchiv – geboren/geborene/geborener – gestorben – Geschichte in Wissenschaft und Unterricht – Hälfte – Hamburger Erbvergleich – Hansische Geschichtsblätter – ingenieurwissenschaftliche Dissertation – Jahrbuch für Volkskunde und Kulturgeschichte – Jahrgang – Jahrbuch für Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands – Jahrhundert – Kirchenvisitationsprotokoll(e) – Landeshauptarchiv Schwerin – Landesbibliothek Schwerin – Landeskirchliches Archiv Schwerin – mittelalterlich – meines Erachtens

320 Anhang MGBl MJB  MM MStGBl Ms MUB N.F. N.N. NNN n.p. o. g. o.J. o. O. phil. Diss. phil. Habil. RdK RKG Rthlr. RWhM Sign. s. o. sog. s. u. TRE u. a. u. ä. UBR UBRSS urspr. verh. verw. WZUR

– Mecklenburgische Gemeinnützige Blätter – Mecklenburgische Jahrbücher – Mecklenburg-Magazin – Mecklenburg-Strelitzer Geschichtsblätter – Manuskript – Mecklenburgisches Urkundenbuch – Neue Folge – Nomen nescio – Norddeutsche Neuste Nachrichten – nicht paginiert – oben genannte – ohne Jahr – ohne Ort – philosophische Dissertation – philosophische Habilitationsschrift – Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte – Reichskammergericht – Reichstaler – Rostocker Wissenschaftshistorische Manuskripte – Signatur – siehe oben (bezieht sich auf das jeweilige Kapitel) – sogenannte/er/en – siehe unten (bezieht sich auf das jeweilige Kapitel) – Theologische Realenzyklopädie – unter anderem – und ähnlichem – Universitätsbibliothek Rostock – Universitätsbibliothek Rostock, Abteilung Sondersammlungen – ursprünglich – verheiratet – verwitwet – Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe ZAA – Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie ZfG – Zeitschrift für Geschichtswissenschaft ZHF – Zeitschrift für Historische Forschung ZfAGuAS – Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie

Quellen- und Literaturverzeichnis Archivalische Quellen Landeshauptarchiv Schwerin (LHAS) 1.3 Landständisches Archiv 3.11.111 1–4 2.12-1/10 Begräbnisse 53, 54, 55 2.12-1/23 Herzogliche Korrespondenzen 849, 1545 2.12-1/26 Hofstaatssachen 633 2.12-2/1 Erbhuldigung 4, 10/1, 36/1 2.12-2/8 Acta notariorum et acta advocatorum div. 2.12-3/4 Kirchen und Schulen 1336, 2752 2.12-3/5 Kirchenvisitationsprotokolle (KVP) 12, 307 2.12-4/2 Lehnwesen Generalia: 10, 13, 29, 39, 498, 506, 521, 648, 663, 781/1–781/17, 972–979 Specialia: Bellin, Golchen, Gamehl, Helpte, Klein Vielen, Weisdin [Findbuch (Ms.): Witte, Hans: Strelitzer Lehnakten, 4 Bde., Neustrelitz 1929–1932] 2.25 Superintendentur SN 389 2.26-1 Großherzogliches Kabinett I 10315/4, 10315/9, 10315/10, 10315/12 3.2-5/7 Gutsarchiv (GA )Basedow 6, 14, 21, 42, 43, 44, 45, 169, 1356 3.2-5/22 Gutsarchiv (GA) Galenbeck 1, 2, 4, 5, 142

322 Anhang 4.11-1 Landesverwaltung Mecklenburg-Strelitz, D (Landtag und Landständische Verfassung), II 79, 80, 81 9.1-1 Reichskammergerichtsakten (RKG) 139, 151, 169, 194, 213, 218, 304, 327, 385, 392, 447, 523, 626, 679, 699, 739, 774, 795, 801, 803, 835, 843, 951, 967, 1058, 1068, 1074, 1076, 1077, 1089, 1107, 1125, 1140, 1148, 1345 10.9 Familienarchive und Nachlässe Maltzan (10.9-11/1) 11.3-1 Genealogische Sammlungen Behr (11.3-1/1), Hoinckhusen (11.3-1/2), Pentz (11.3-1/3), Rodde (11.3-1/4), Ditten (11.3-1/6) 12.12-1 Karten Kreis Stargard: Hohenzieritz (I), Prillwitz (I) Kreis Rostock: Groß Lüsewitz, Nr. Ia/Reddershof, Nr. I/Roggow, Nr. I/Thelkow, Nr. Ia/Wesselstorf, Nr. Ia Kreis Wismar: Rakow, Nr. I/Westenbrügge, Nr. I Kreis Ludwigslust: Elde Fluss, Nr. 18/Neese, Nr. Ic 13.1-1/1 Bildersammlung Orte Weisin, Nr. 1 Dienstbibliothek Sign.: 32167, 1–2 Gamm, Christoph Otto von: Kurtze Beschreibung derjenigen adelichen Geschlechter, so vom XII. bis zum XVII.ten Jahrhundert, in den Herzoglichen Mecklenburgischen Landen gelebet haben [...], 2 Bände, Ms, o. O. 1780

Landeskirchliches Archiv (LKAS) Superintendenturbuch 1766

Universitätsbibliothek Rostock, Sondersammlungen (UBRSS) Familienpapiere Altrock, Behr, Bredow, Dewitz, Ihlenfeld, Jasmund, Lehsten, Peckatel, Rieben, Zülow Stammbäume und Ahnentafeln Anna Sophia von Below, Matthias Hans von Behr



Quellen- und Literaturverzeichnis

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Gedruckte Quellen und ältere Literatur bis 1806 Alvermann, Dirk (Hg.): Im Hause des Herrn Immerdar. Die Lebensgeschichte des Augustin von Balthasar (1701–1786) von ihm selbst erzählt, Greifswald 2003 (Publikationen des Lehrstuhls für Nordische Geschichte 2). Anonymus: Christ=Adeliches Ehren=Gedächtniß Der [...] Catharina Elisabeth von Negendanck gebohrnen von Bülow, Wismar 1724. Anonymus: Das Leben v. Bertram Christ. von Hoinckhusen, in: Annales Literarii Mecklenburgenses 2 (1722), S. 30–46. Anonymus: Art. Familie, in: Johann Georg Krünitz (Hg.): Oeconomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirthschaft in alphabetischer Ordnung, Band 12: von Fa bis Fet, Berlin 1777, S. 170–173. Anonymus: Genaue Beschreibung der von dem Herrn Kammerjunker v. Bülow auf Prüzen zuerst versuchten und nachher in den Aemtern Bützow und Rühn mit dem besten Erfolge angewandten Inoculation der Hornviehseuche, Bützow und Wismar 1779. Anonymus: Leich=Begängniß Als Des [...] Dieterichs von der Lühe [...], Güstrow 1673. Anonymus: Mecklenburgsche Adeliche Bibliothek, in: Bützowsche Ruhestunden 26 (1767), S. 47–54. Anonymus (Hg.): Memoiren eines deutschen Staatsmannes aus den Jahren 1788–1816, Leipzig 1833 [Johann Eustach von Schlitz (Görtz)]. Anonymus: Negendanckische Geschlechts=Stamm=Taffel [...], Ratzeburg 1726 [Exemplar UBRSS, Leichenprogramme, LB 38]. Anonymus: Relation und gründlicher Bericht: Der Herren Johann Albrecht und Johann Adolff, Hertzogen zu Mechelburg, Einzug zu Güstraw, Leipzig 1631, in: Rostocker Zeitung Jg. 1897, Nr. 237 (23. Mai 1897), Beilage 1 (siehe auch UBR, Sign. W. 219). Anonymus: Todes-gedancken/Welche [...] Hans Friedrich von Lehsten [...] Sechs Wochen vor seinen seligen Ableben in Betrachtung der Sterbligkeit auffgesetzet [...], Rostock [1701]. Anonymus: Wahrhafftige Relation [...] wie die beyden Hertzogen von Mechlenburg [...] in ihre Lande wiederumb eingeführet, o. O. 1631 [Exemplar UBR, Sign. W. 224]. Appelius, Johann: Leichpredigt [...] Des [...] Otto Preen [...], Güstrow 1635. Arnd, Josua: Christliche Leich=Predigt [...] Deß [...] Jochim Hinrich Vieregg [...], Güstrow 1670 [Beilage (angebunden): Leich=Procession Des [...] Joachim Heinrich Viereggen [...], Güstrow 1670]. Ders.: Christliche Leich-Predigt über den Seligen Hintritt/Des [...] Paul Otto Vireggen [...], Güstrow 1671 [Beilage (angebunden): Leichbegängnis Des [...] Paul Otto von Viereck [...], Güstrow 1671]. Assekurationsrevers 1621, in: Assecuration Und Andere Reverse, de Annis 1572. und 1621 [...], Rostock 1626, S. 15–43. Bacmeister, Lucas: Christliche Klag vnd Trostpredigt [...] Bey der Leichbestetigung /Des [...] Hans Ernst von Jaßmund [...], Rostock 1616. Ders.: Christliche Leichpredigt [...] Bey der Leichbestetigung des [...] Diderich Bevernest [...], Rostock 1608. Ders.: Der Christliche Ritter [...] Jochim von Bulovv [...], Rostock 1616. Ders.: Leichpredigt/Bey der [...] Begrebnuß des [...] Tessen von Parsow, Rostock 1614. Bassewitz: Rede des Herrn Landraths von Bassewitz (auf Lühburg) Nomine Directorii, bey Eröfnung des allgemeinen Landes=Convents 1768, in: Vollständige Sammlung aller das Credit=Wesen in Mecklenburg betreffenden [...] Landes=Protokollen, o. O. 1770, Nr. 13.

324 Anhang Bassewitz, Philipp Kuno von: Ewiger Ruhm/in einer Abdanckungs=Rede Bey den Begängnüß Des [...] Hans Friedrich von Lehsten [...], Rostock 1678. Behr, Samuel von: Brief an Tessen von Parsow, Schwerin, 10. März 1613, in: Zuverläßige Ausführung des Rechts der Auseinandersetzungs-Covention [...], o. O. 1749, S. 32–33. Behr, Matthias Hans von: Rerum Meclenburgicarum libri octo [...], Leipzig 1741 [Band 1 in deutscher Übersetzung, Ratzeburg 1759]. Behrens, Ernst Christian August: Die Mecklenburgische Land=Baukunst oder Sammlung von Original=Zeichnungen, wonach gebauet worden ist [...], Schwerin und Wismar 1796. Beverin, Johann: Christliche Leich-Predigt [...] Bey [...] LeichBegängniß Des [...] Bernhard Joachim v. Bülowen [...], Ratzeburg 1679. Bilderbeck, Heinrich: Eine Christliche Leichpredigt Bey Adelichem Leichbegängniß Der [...] Fr: Dorothea /gebornen von Moltzahn [...], Rostock 1649. Blanck, Michael: Die Glücksseligkeit der Gerechten/Bey [...] Begräbnüß Solennitäten Des [...] Georg Heinrich von Lehsten [...], Rostock 1696. Buchholtz, Samuel: Versuch in der Geschichte des Herzogthums Mecklenburg, Rostock 1753. Buchwaldt, Friedrich von: Oeconomische und Statistische Reise durch Mecklenburg, Pommern, Brandenburg und Holstein, übersetzt von Valentin August Heinze, Kopenhagen 1786. Bülow, Jacob Friedrich Joachim von: Die Glückseligkeit eines Landes [...], Jena 1755. Ders.: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung des Edlen, Freyherrn-, und Gräflichen Geschlechts von Bülow, Neubrandenburg 1780. Büsching, Johann Gustav (Hg.): Leben und Abenteuer des schlesischen Ritters Hans von Schweinichen, Band 1, Leipzig 1823. Chytraeus, David: Davidis Chytraei sylva chronici Saxoniae et vicini orbis Arctoi [...], Band 2: 1524–1549, Rostock 1590. Conerman, Klaus (Hg.): Fruchtbringende Gesellschaft. Der Fruchtbringenden Gesellschaft geöffneter Erzschrein, Band 1 (Faksimile), Leipzig 1985. Conrad, Johann: Eines Gottseligen Ritters [...] Henning Negendanck/Auff Zieraw/Zwiessel/ und Hohenwischendorff [...], Wismar 1693. Dakendorff, Jacob: Der selige Zustand der Gerechten [...] Bey der hochansehnlichen Leich­ begängnis des [...] David Christoph Bülow, Rostock [um 1693]. Die neue sogenannte Union, der Mecklenburgischen Land-Stände vom 20. Novembr. 1733, [Rostock, 1733] [Exemplar UBR, Sign. Mk-58.4]. Dithmar, Justus Christoph: Geschichte des Ritterlichen Johanniter-Ordens [...], Frankfurt (O) 1728. Dumas, Alexandre: Die drei Musketiere, [Original 1843–1844] Bonn um 1895. Duncker, Joachim: Ein Christlicher Leichsermon [...] Bey der Adelichen Sepultur/deß [...] Claus von Holstein [...], Rostock 1617. Engel, Ernst [Carl?] Friedrich von: Briefwechsel die Landwirthschaft insbesondere die Mecklenburgische betreffend, 3 Bde., Schwerin 1786/87/89. Engelbrecht, Georg Christoph: Die Schmertzliche Der Hinterlassenen Hoch-Adlichen Familie [...], Rostock 1704 [Trostpredigt für Burchart Hartwig Lepel]. Evers, Karl Friedrich: Actenmäßige Nachrichten, nicht bloße Meinungen, von dem wahren Sinn des 24. und besonders 30ten Artikels der Mecklenburgischen Landes=Reversalen, vom Jahr 1621, in Betreff der alten und der aus einem Geschlecht ins andere verkauften neuen Lehne, Schwerin 1789. Flotow, Albrecht Adolf Wilhelm von: Ueber die Rechte des eingeborenen und recipierten Adels in Mecklenburg, Vortrag auf dem Landtage mit Anmerkungen, Schwerin 1790.



Quellen- und Literaturverzeichnis

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Franck, David: Alt- und Neues Mecklenburg [...], 19 Bde. + Register, Güstrow und Leipzig 1753–58 (1753: Bde. 1–4/1754: Bde. 5–8/1755: Bde. 9–12/1756: Bde. 13–16/1757: Bde. 17–19/1758: Register). Frank, Günter und Metzger, Paul (Hg.): Enea Silvio Piccolomini [1458]: Europa, Heidelberg u. a. 2005. Gamm, Christoph Otto von: Verzeichniß des mecklenburgischen Adels, von dem meklenburg-strelitzischen Minister Christoph Otto von Gamm redigirt um das J. 1775, in: MJB 11 (1846), S. 423–475 [Einleitung von Lisch, S. 423–426, eigtl. HoinckhusenPenzsche Sammlung]. Gatterer, Johann Christoph: Abriß der Genealogie, Göttingen 1788. Gerdes, Georg Gustav: Nützliche Sammlung verschiedener guten theils ungedruckter Schrifften und Uhrkunden [...], Band 1, Wismar 1736. Hacke, Gottlob von: Geschichte der Vorderstadt Neubrandenburg, Band 1: 1248 bis 1711, Neubrandenburg 1783. Hagen, Friederich Caspar: Eine zu GOTT stille Seele [...] Magdalena Sophias von Bassewitz, gebohrner von Stockhaussen [...], Brandenburg 1724. Heidemann, Nicolaus: Leich=Sermon/Der Wolgebornen Frawen/Frawen Sophia Amalia/gebohrenen von Pentzen [...], Güstrow 1673. Henning, Johann: Der Streiter Jesu Christi [Trostpredigt auf Ulrich Hans Blücher], Wismar 1670. Herzog Adolph Friedrich I.: Formular des Huldigungseides (Bezow [Bützow?], 13. Februar 1656), in: Actenmäßige Nachricht von dem, was zwischen Ihro Herzogl. Durchl. [...] und Dero Land-Ständen [...] vorgekommen, Beilagen, o. O. 1749, S. 185. Herzog Albrecht VII: Landtagsausschreiben Herzog Albrechts, Schwerin, 19. Mai 1540 [Exemplar UBRSS, Sign. MK-4060(1)-18]. Herzog Christian Ludwig II.: Formular des Landratseides (o. O., um 1748), in: Actenmäßige Nachricht von dem, was zwischen Ihro Herzogl. Durchl. [...] und Dero Land-Ständen [...] vorgekommen, Beilagen, o. O. 1749, S. 72. Herzog Gustav Adolph: Einladung des Herzogs Gustav Adolph von Mecklenburg-Güstrow an die Ritter- und Landschaft des Herzogtums Güstrow und die Stadt Rostock (Güstrow, 24. September 1673), in: Krause, Ludwig: Fürstliche Einladung zum Begräbnis des herzoglich Mecklenburgischen Ministers Dietrich von der Lühe 1673, in: Niedersachsen 26 (1920/21) 14, S. 318. Herzöge Adolph Friederich I. und Johann Albrecht II.: Der Durchleuchtigen, Hochgebohrnen Fürsten und Herren, Herrn Adolph Friederichen undt Johann Albrechten [...] Hoff undt Felt=Ordnung, wie es auff der Reise undt in den Lagern in Zeit wehrender Huldigung gehalten werden soll, Schwerin 1609, in: Ungnad, Joachim Christoph (Hg.): Amoenitates Diplomatico-Historico-Huridicae [...], Band 16, o. O. 1754, S. 1243–1251/ Kern, Arthur (Hg.): Deutsche Hofordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts, Band 1: Brandenburg, Preußen, Pommern, Mecklenburg, Berlin 1905, S. 256–270. Herzöge Adolph Friederich I. und Johann Albrecht II.: Fürstliche Mecklenburgische Revidirte Ordnung der Klöster Dobbertien/Malchow/und Ribbenitz, Güstrow [10. Dezember] 1610. Herzöge Mecklenburg-Schwerin: Gemein ausschreiben an die vom Adel des Stargardischen Kreises, erbhuldung zu leisten, Schwerin 22. Mai 1588, [Exemplar LHAS, 2.12-2/1, Erbhuldigung, Nr. 4]. Herzöge Mecklenburgs: Der Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten vnd Herren [...] Policey vnd Landtordenunge [...], Rostock 1562. Herzöge Mecklenburgs: [Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich] Text, Unterschriften und Beilagen des Landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs vom 18. April 1755, in: Manke, Mat-

326 Anhang thias und Münch, Ernst (Hg.): Verfassung und Lebenswirklichkeit. Der Landesgrundgesetzliche Erbvergleich von 1755 in seiner Zeit, Lübeck 2006, S. 413–536 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Mecklenburg B/N.F./1). Herzöge Mecklenburgs: Landtagsausschreiben, 1609–1797 [Exemplar (gebunden, 2 Bde.) UBRSS, Sign. Kl 11 (1)/(2)]. Herzöge Mecklenburgs: Sammlung alter und neuer Herzoglich-mecklenburgischer LandesGesetze, Ordnungen und Constitutionen, Band 3: Von Cammer-, Forst-, Jagd-, Militair-, Münz-, Post- und Fuhrsachen, Schwerin 1778–1779. Hofmeister, Adolph: Die Matrikel der Universität Rostock, Band 2, Rostock 1891. Hovisch: Matthias: Adelicher Ehrenpreiß [...] Gehalten bey dem Begrebnuß/Des [...] Barthold von Bülow/des Eltern [...], Rostock 1621. Ders.: Exequiae Bulovianae Daß ist [...] TrostPredigt Bey der gantz Trawrigen LeichBegengnuß /Des [...] Barthold von Bülow [...], Rostock 1621. Hubatsch, Walther (Hg.): Karl Freiherr vom Stein. Briefe und amtliche Schriften, Band 1, Stuttgart 1957. Husan, Heinrich: [Entwurf des mecklenburgischen Lehnrechts, nebst Antworten der Ritterschaftsvertreter, o. O., um 1580], in: Gerdes, Georg Gustav (Hg.): Nützliche Sammlung verschiedener guten theils ungedruckter Schrifften und Uhrkunden [...], Teil 1/2, Wismar 1736, S. 33–71/75–87. Jargow, Christian Friedrich: Allgemeines Verzeichnis der Mecklenburg-Schwerin und Strelitzischen Städte und Land-Güther in ihren Grund- und Steuerpflichtigen Verhältnissen [...], Neubrandenburg 1797. Jasmund, Hans Christoff: Ad Illustrissimos Pricipes [...], Greifswald 1609 [in deutscher Übersetzung: Latomus, Bernhard: Oratio Gratulatoria, Oder Eine Ruhm und Glückwunschs Rede [...], Rostock 1609]. Kamptz, Karl Albert von: Beyträge zum Mecklenburgischen Staats- und Privatrecht, Band 1, Schwerin/Wismar 1795/Band 3, Neustrelitz 1797. Kappius, Johann Erhard: Abhandlung von den Hülfsmitteln, wodurch Teutschland seinen Ruhm in der Geschichtskunde noch mehr erhöhen kann, in: Behr, Matthias Hans von: Rerum Meclenburgicarum libri octo [...], Band 1, Ratzeburg 1759, S. I-CXXVIII. Kern, Arthur (Hg.): Mecklenburgische Hofordnungen (16.–18. Jh.), in: Ders. (Hg.): Deutsche Hofordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts, Band 1: Brandenburg, Preußen, Pommern, Mecklenburg, Berlin 1905, S. 238–293. Klüver, Hans Heinrich: Beschreibung des Hertzogthums Mecklenburg und dazu gehöriger Länder und Oerter, Band 1, Hamburg 1937. Koppe, Johann Christian (Hg.): Jetztlebendes gelehrtes Mecklenburg, Band 2, Rostock und Leipzig 1783. Krantz, Albert: Wandalia in qua de Wandalorum populis [...], Köln 1519. Krüger, Albert: Insignia Christianorum [...] Bey [...] Leichbegängniß Des [...] Baltzer Zülowen [...], Wismar 1670. Landtag: Protokoll über die Landtagsteilnehmer, Malchin 11. September 1673, in: Vertheidigte Gerechtigkeit der Herzoglich-Mecklenburgischen Maaß-Reguln [...], o. O. 1750, S. 140–142. Latomus, Bernhard: Uhrsprung und Anfang des in Vorzeiten hochgeehrten Ritterstandes [...] Item kurtze Beschreibung und ordentliche StamRegiester aller und Jeden außgestorbenen und noch lebenden alten und Newen Adelichen und Rittermessigen im Lande zu Stargardt eingesessenen Geschlechtern [...], Stettin 1619.



Quellen- und Literaturverzeichnis

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Lehsten, Johann Friedrich von: Eine nicht mit Thränen zu beweinende Trauer [...] Als Abel Margaretha von Lehsten [...] gestorben [...], Rostock [um 1727]. Lehsten, Hans Friedrich von: Q. Curtius Rufus/von den Thaten Alexanders des Grossen/Königes der Macedonier/Aus dem Latein übersetzet [...], Frankfurt/Leipzig 1684 [erstmals 1653]. Lisch, Georg Christian Friedrich (Hg.): Urkunden-Sammlung zur Geschichte des Geschlechts von Maltzan, Band 5, Schwerin 1853. Ders. (Hg.): Urkundliche Geschichte des Geschlechts von Oertzen, Band 2-1: Urkunden, Schwerin 1860. Lühe, Joachim Siegmund Dietrich von der und Strube, David Georg: Gemüßigte [...] und mit nöthigen Documentis bewährte Information [...], o. O. 1730. Lüring, Johann Georg: [...] Leich=Begängniß/Des [...] Dietloff von Negendanck [...], Wismar [um 1688]. Lützow, Karl von (Hg.): Beitrag zur Charakteristik des Herzogs Adolf Friedrich von Meklenburg-Schwerin, wie auch zur Schilderung der Sitten des siebenzehnten Jahrhunderts (entlehnt aus dessen Tagebüchern 1611–1629), in: MJB 12 (1847), S. 59–122. Mantzel, Ernst Johann Friedrich (Hg.): Selecta Juridica Rostochiensia sive Judicia Collegii Juris- Consultorum Academiae Mecklenburgicae [...], Fascicul 1–3, Rostock 1741/1744/1746. Marcus, Johann: Tägliche Bereitschaft zu einem Seeligen Abscheid [...] Bey der Leichbestätigung Des [...] Hn. Claus Josua von Schacken [...], Güstrow 1671. Marschalk [Thurius], Nikolaus: Annales Herulorum ac Vandalorum [...], Rostock 1521. Mecklenburgische Nachrichten, 2. Mai 1750/13. Januar 1753/16. Mai 1798. Mecklenburgisches Urkundenbuch, Band 1: 786–1250, Schwerin 1863. Meiland, Georg: SoldatenPreiß [...] Henning von Bassewitzen /Erbsessen auff hohen Lockow in Mechlenburg [...], Kopenhagen 1646. Melanchthon, Philipp: Schreiben an Hennicke von Holstein auf Ankershagen, Wittenberg 7. Juli 1539, in: MJB 5 (1840), S. 237. Mevius, David: Der Herzogthümer Mecklenburg entworffenes Land-Recht, in: Westphalen, Ernst Joachim von (Hg.): Monumenta inedita rerum Germanicarum et Megapolensium, Band 1, Leipzig 1739, Sp. 651–860. Meyenn, Friedrich von: Urkundliche Geschichte der Familie von Pentz (Urkunden und Regesten), Schwerin 1891. Micraelius, Johannes: Johannis Micraelii Antiquitates Pomeraniae oder 6 Bücher vom alten Pommerlande, Stettin und Leipzig 1723 [Ausgabe Stettin 1639]. Mithob, Hector: Justorum Requies [...] Bey der [...] Leichbegängnüß Des [...] Hans Heinrich von Bülowen [...] und [...] Margarethen gebohren von Örtzen [...], Rostock 1653. Moller, Olaus Henrich: Historische Nachricht von dem uralten adelichen und nunmehro zum Theil Hochgräflichen Geschlecht der von Holstein [...], Flensburg 1763. Müller, Johann: Fides & patientia Christianorum victoria [...] Hans Jochim von Holsten [...], Rostock 1654. Müller, Hermann: Paulinus Ordo Equestris [...] Bey Christ-Adlicher Leichbestattung Des [...] Christoff=Adam von Halberstad [...], Rostock [um 1662]. Mylius, Andreas: Genealogia, oder Ankunfft der Fürsten zu Mechlenburg, o. O. o.J., in: Gerdes, Georg Gustav (Hg.): Nützliche Sammlung verschiedener guten theils ungedruckter Schrifften und Uhrkunden [...], Band 3, Wismar 1737, S. 212–253. Nugent, Thomas: The history of Vandalia: containing the ancient and present state of the Country of Mecklenburg [...], Band 1, London 1766.

328 Anhang Ders.: Travels through Germany. Containing Observations on Customs, Manners, Religion, Government, Commerce, Arts and Antiquities. With a particular Account of the Courts of Mecklenburg, London 1768 [in deutscher Übersetzung: Thomas Nugents Reisen durch Deutschland, und vorzüglich durch Meklenburg, Band 1, Berlin und Stettin 1781/82 (Reprint Schwerin 2000)]. Oertzen, Claus Dethloff von: Oeffentliche Bekanntmachung der [...] Inoculation der Rindviehseuche [...], Hamburg 1779 [in französischer Übersetzung: Avis au Public concernant l’inoculation de la maladie épidémique des bêtes à cornes [...], Hamburg 1779]. Olearius, Adam (Hg.): Des HochEdelgebornen Johan Albrechts von Mandelslo Morgenländische Reyse-Beschreibung [...], Schleswig 1658. Palm, Johann u. a.: Als Der Wohlgebohrne Herr, Herr Rudolph Friederich von Driberg [...], Güstrow 1707 [Trauerreden und Trauergedichte auf Rudolph Friedrich Drieberg]. Pistorius, Johann Gottlieb: Das Geschlecht von Warburg, o. O. 1767. Praetorius, Herrmann: Christliche Leich- und TrostPredigt Bey der Adelichen [...] Leichen­ begengnusse des [...] Adam Behr [...], Rostock 1630. Pressentin, Carl Dietrich: Weitere Urkunden und Nachrichten zur Geschichte des Geschlechts von Pressentin, o. O. [um 1893]. Pritzbuer, Joachim von: Index concisus familiarum nobilium ducatus Megapolitani [...], ­Kopenhagen 1722. Qualen, Hinrich von: Abdanckung/Gehalten Bey [...] Versamblung [...] Als [...] Dietloff von Negendanck [...] beygesetztet ward [...], Wismar [1688]. Rachel, Moritz: Zwo Hüldigungspredigten [...] 1605 den 16 Septembris [...] und [...] 1609 den Julij. Zu Güstrow in der Pfarrkirche gehalten [...], Rostock 1610. Rehm, Johann: Einfältige und Christliche Leich=Lehr=und Trost=Predigt [...] Bey Christlicher Adelicher Leichbegräbnuß Des [...] Fritz von Ilenfelden, Güstrow 1655. Reich, Joachim: Christliche [...] Leichpredigt Bey der Trawrigen Leich/vnd Begrebnüsse der [...] Elisabett Peckatels [...], Rostock 1594. Riesbeck, Johann Caspar: Briefe eines reisenden Franzosen über Deutschland an seinen Bruder zu Paris, Zürich 1805. Rieder, Johannes: Christliche Leichpredigt [...] Heinrich Sperlings [...], Wismar [um 1671]. Ritter- und Landschaft: Designation Derer von Ritter und Landschaft, welche den 30sten Octobr. 1748. als am Convocations-Tage in Schwerin zugegen gewesen, in: Actenmäßige Nachricht von dem, was zwischen Ihro Herzogl. Durchl. [...] und Dero Land-Ständen [...] vorgekommen, Beilagen, o. O. 1749, S. 36–37. Rodbert, Heinrich: Spiritus S. Monimentum [...] Jacob Christoff von der Lühe [...], Güstrow 1678. Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremonial-Wissenschaft der großen Herren [...], Berlin 1730. Rossdienste 1506, in: Klüver, Hans Heinrich: Beschreibung des Herzogtums Mecklenburg und dazu gehöriger Länder und Oerter, Band 1, Hamburg 1737, S. 162–181. Rossdienste 1621, in: Pistorius, Johann Gottlieb: Das Geschlecht von Warburg, o. O. 1767, Beilagen, S. 25–34. Sastrow, Bartholomäus: Bartholomäi Sastrowen Herkommen, Geburt vnd Lauff seines gantzen Lebens [...], Band 3, Greifswald 1824. Schramm, Daniel: Victor Moriendo Triumphans [...], Rostock 1695 [Trostpredigt auf Victor Bülow]. Schröder, Dieterich: Papistisches Mecklenburg, Band 2, Wismar 1741.



Quellen- und Literaturverzeichnis

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358 Anhang Tessin, Georg: Die mecklenburgische Ritterschaft im Reformationszeitalter nach den Rossdienstregistern von 1506 und 1599, o. O. o.J. [Ms, Exemplar LHAS, 10.9-T/1, Nachlass Tessin, Nr. 28]. Ders.: Wert und Größe mecklenburgischer Rittergüter zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges, in: ZAA 3 (1955), S. 145–157. Ders.: Die Regimenter der europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts, 3 Bde., Osnabrück 1986–1995. Textkritik Heidelberg, Institut für (Hg.): Bibliographie zur Briefforschung, URL: http://textkritik.de/briefkasten/forschungsbibl_a_f.htm (29.09.2006). Thiel, Erika: Geschichte des Kostüms. Die europäische Mode von den Anfängen bis zur Gegenwart, Berlin 1997. Trunz, Erich: Der deutsche Späthumanismus um 1600 als Standeskultur, in: Alewyn, Richard (Hg.): Deutsche Barockforschung: Dokumentation einer Epoche, Köln 1965, S. 147–181 (Neue wissenschaftliche Bibliothek 7). Tscharnke, Hans: Der Ständestaat und die Verwaltungsorganisation in Mecklenburg, in: Crull, Richard (Hg.): Mecklenburg. Werden und Sein eines Gaues, Bielefeld und Leipzig 1938, S. 94–110. Veer, Renate de: Steinernes Gedächtnis: Gutsanlagen und Gutshäuser in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Handbuch, 3 Bde., Schwerin 2005/06. Vehse, Eduard: Die Höfe und der Adel Mecklenburgs, 3 Bde., Hamburg 1856 (Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation 35/36/37, Abteilung 6: Geschichte der kleinen deutschen Höfe 1/2/3). Viereck, Eduard: Die Rechtsverhältnisse der vier Mecklenburgischen Jungfrauenklöster nach ihrer geschichtlichen Entwicklung, 2 Bde., Berlin 1875. Vierhaus, Rudolf: „Patriotismus“ – Begriff und Realität einer moralisch-politischen Haltung, in: Ders.: Deutschland im 18. Jahrhundert: politische Verfassung, soziales Gefüge, geistige Bewegungen. Ausgewählte Aufsätze, Göttingen 1987, S. 96–109. Ders.: Vom aufgeklärten Absolutismus zum monarchischen Konstitutionalismus. Der deutsche Adel im Spannungsfeld von Revolution, Reform und Restauration (1789–1848), in: Ders.: Deutschland im 18. Jahrhundert: politische Verfassung, soziales Gefüge, geistige Bewegungen. Ausgewählte Aufsätze, Göttingen 1987, S. 235–248. Vitense, Otto: Geschichte von Mecklenburg, Gotha 1920 (Allgemeine Staatengeschichte, Abt. 3: Deutsche Landesgeschichten 11). Vries, Jutta de: Baugeschichte, in: Holland, Karin (Hg.): Gut Hohen Luckow, Hohen Luckow 2003, S. 14–19 (Schriften über das Gut Hohen Luckow 1). Wantzen, Cornel: Claus Midow. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des Ostseegebietes um 1600, phil. Diss., Leipzig 1928. Wasmansdorf, Erich: Geschichte des Geschlechts von Zepelin (Zeppelin), Görlitz 1938. Wedemeier, Friedrich (Hg.): Album Mecklenburgischer Schlösser und Landgüter [...], Leipzig u. a. 1860. Wehler, Hans-Ulrich (Hg.): Europäischer Adel 1750–1950, Göttingen 1990 (Geschichte und Gesellschaft SH/13). Ders.: Einleitung, in: Ders. (Hg.): Europäischer Adel 1750–1950, Göttingen 1990, S. 9–18 (Geschichte und Gesellschaft SH/13). Wehrmann, Martin: Meklenburger auf dem Pädagogium in Stettin, in: MJB 58 (1893), S. 59–72. Weidner, Marcus: Landadel in Münster 1600–1760. Stadtverfassung, Standesbehauptung und Fürstenhof, Band 1, Münster 2000 (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Münster N.F./18/B/Monographien/6).



Quellen- und Literaturverzeichnis

359

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360 Anhang Wrede, Martin: Zwischen Mythen, Genealogen und der Krone. Rivalisierende Familiengedächtnisse im französischen Hochadel des 17. Jahrhunderts: die Häuser Bouillon, Noailles und Bourbon, in: ZHF 32 (2005), S. 17–43. Wunderli, Peter: Herkunft und Ursprung, in: Ders. (Hg.): Herkunft und Ursprung. Historische und mythische Formen der Legitimation, Sigmaringen 1994, S. 9–26. Zander, Dieter: Schlösser und Gutshäuser in Mecklenburg-Vorpommern – Eine Bilanz der Jahre 1945 bis 1992, in: Sobotka, Bruno J. (Hg.): Burgen, Schlösser, Gutshäuser in Mecklenburg-Vorpommern, Stuttgart 1993, S. 41–45 (Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung C). Zimmermann, Urte: Die spätbarocke Residenz Ludwigslust, in: Festungskurier. Schriftenreihe des Museums Festung Dömitz 4 (2004), S. 73–95. Zwiedineck-Südenhorst, Hans von: Art. Wurmbrand, Johann Wilhelm Graf von, in: ADB 44 (1898), S. 335–338.

Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Besitzverhältnisse und Amtseinteilung in Mecklenburg (um 1550), Quelle: Crull: Mecklenburg, Blatt 10. Abb. 2: Ständestaat, Verwaltungs- und Kreiseinteilung (Mecklenburg, Wenden, Stargard, 17.–19. Jh.), Quelle: Tscharnke: Der Ständestaat, S. 97. Abb. 3: Epitaph für Achim von Rieben, St. Marien Anklam (Werkstatt des Philipp Brandin, 1585), Quelle: Lemcke: Baudenkmäler, S. 118–119. Abb. 4: Epitaph für Viktor von Bassewitz, Kirche zu Basse (Werkstatt des Claus Midow, 1592), Quelle: Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 496. Abb. 5: Epitaph für David von Bassewitz und Elisabeth von Schwerin, Kirche zu Polchow (um 1624), Quelle: Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 486–487. Abb. 6: Epitaph für Werner von Hahn und Anna von der Lühe (links) und Altar, Kirche zu Basedow (Werkstatt des Philipp Brandin, 1592 und 1594), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 7: Bildepitaph für Anna Catharina und Magdalena Margarethe von Moltke (Kinder, Bildmitte) von ihren Eltern, Joachim Friedrich und Maria von Moltke (ebenfalls abgebildet), Kirche zu Toitenwinkel (Öl auf Holz, um 1655), Quelle: Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler, Band 1, S. 334–335. Abb. 8: Epitaph für Ernst Christoph von Koppelow, Kirche zu Ivenack (um 1720), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 9: Grabplatte für Hinrik von Hahn, Kirche zu Roga (um 1563), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 10: Patronatsgestühl der Familien Bassewitz-Moltke-Behr, Kirche zu Basse (1542), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 11: Bassewitz-Wappenschnitzerei am Patronatsgestühl der Familien Bassewitz-MoltkeBehr, Kirche zu Basse (1542), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 12: Bassewitzsches Patronatsgestühl, Kirche zu Basse (1542 und 1747), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 13: Patronatsgestühl der Familie Behr u. a., Kirche zu Basse (1567), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 14: Ausschnitt aus dem Wappensaal der Familie Bassewitz, Herrenhaus zu Hohen Luckow (um 1707), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 15: Rittersitz der Jahn zu Neese (um 1569), Quelle: LHAS, Karten, 12.12-1, Karten, Kreis Ludwigslust, Neese, Nr. Ic. Abb. 16: Möderitz mit Rittersitz und Wohnhaus der Stralendorff (1589), Quelle: LHAS, Karten, 12.12-1, Karten, Kreis Ludwigslust, Elde Fluss, Nr. 18. Abb. 17: Rittersitze der Stralendorff auf Gamehl (Bildrand rechts) und Preensberg (Bildrand unten), Darstellung in einer Grenzstreitkarte (1682), Quelle: LHAS, 2.12-4/2, Lehnwesen, Specialia, Gamehl, Vol. II, Q 18. Abb. 18: Rittergut Prillwitz mit Gutsanlage (1759, Familie Bredow), Quelle: LHAS, 12.12-1, Karten, Kreis Stargard, Prillwitz, Nr. I (DVK). Abb. 19: Viktor von Bassewitz, Plastik des Bassewitzschen Epitaphs, Kirche zu Basse (Werkstatt des Claus Midow, 1592), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 20–23: Jochim Christoffer und Clara Sophia von Hahn, geb. Levetzow, sowie deren Kinder, Plastiken des Hahnschen Epitaphs, Kirche zu Roga (1659), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 24: Inschrift am Güstrower Stadthaus des Joachim von der Lühe (um 1580), Quelle: Archiv S. Jacobs.

362 Anhang Abb. 25: Inschriften am Herrenhaus der Familie Knuth zu Ludorf (1698), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 26: Titelseite des „Hochzeitscarmens“ von Otto Dieterich von Oertzen für die Eheleute Henning Cordt Friedrich von Dewitz und Ida Clarelia von Dewitz (Rostock, 1732), Quelle: UBRSS, Familienpapiere Dewitz. Abb. 27: Hochzeitsgedicht der Gebrüder Zülow zur Vermählung von Maria Elisabeth von Zülow und Carl Magnus von Zülow (Rostock, 1786), Quelle: Zülow: Opfer der Liebe. Abb. 28: Titelseite der Bülowschen Familiengeschichte (1780), Quelle: Bülow: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung. Abb. 29: Wappendarstellungen in der Bülowschen Familiengeschichte (1780), Quelle: Historische, Genealogische und Critische Beschreibung. Abb. 30: Ahnenprobe des Hartwig von Passow, Stich in der Leichenpredigt dess. (1645), Quelle: Walther: Christliche Vnterrichtung. Abb. 31: Ahnentafeln Jochim von Bülows und Anna von Cramons sowie ihrer Nachkommen, Stich in der Leichenpredigt des Jochim von Bülow (1616), Quelle: Bacmeister, Der Christliche Ritter. Abb. 32: Geschlechtsregister der Familie Negendanck, Separatdruck (1726), Quelle: Anonymus: Negendanckische. Abb. 33: Ahnentafel der Abel Margaretha von Lehsten, Stich in der Leichenpredigt ders. (1727), Quelle: Lehsten: Eine nicht mit Thränen. Abb. 34: Ahnentafel des Rudolph Friedrich von Drieberg, Stich in der Leichenpredigt dess. (1707), Quelle: Palm: Als Der Wohlgebohrne. Abb. 35: Geschlechtsregister und Ahnentafel des Matthias Hans von Behr (gezeichnet von Salomon Kleiner, Kurmainzer Hofingenieur, Wien 1753, Maße: 97 x 64 cm), Quelle: UBRSS, Genealogien. Abb. 36: Ahnentafel der Anna Sophia von Below (18. Jh., Maße: 61 x 42 cm), Quelle: UBRSS, Genealogien. Abb. 37: Sarkophag des Helmuth von Plessen, Stich in der Leichenpredigt dess. (1694), Quelle: Siggelkow: Salvus conducturs. Abb. 38: Sarkophag des Rudolph Friedrich von Drieberg, Stich in der Leichenpredigt dess. (1707), Quelle: Palm: Als Der Wohlgebohrne. Abb. 39: Sarkophagteil eines Maltzanschen Familienmitgliedes, Kirche zu Ivenack (2. H. 18. Jh.), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 40: Memorialzahl in der Leichenpredigt des Baltzer von Zülow (MDLLLVVVV = 1670), Quelle: Krüger: Insignia Christianorum. Abb. 41: Castrum Doloris beim Begräbnis des Dietrich von der Lühe, Stich in der Leichenpredigt dess. (1673), Quelle: Anonymus: Leich=Begängniß. Abb. 42: Frontispiz der Leichenpredigt des Hartwig von Passow (1645), Quelle: Walther: Christliche Vnterrichtung. Abb. 43: Maltzahnscher Eintrag in das Stammbuch des David von Mandelsloh: „Virescit Vulnere Virtus“ (Anfang 17. Jh.), Quelle: Lütgendorf: Das Stammbuch, S. 79. Abb. 44: Frontispiz der „Morgenländischen Reisebeschreibung“ des Johann Albrecht von Mandesloh (Stich, 1658), Quelle: Olearius: Des HochEdelgebornen. Abb. 45: Landtagsausschreiben Herzog Albrechts (Schwerin, 19. Mai 1540), Quelle: Herzog Albrecht: Landtagsausschreiben. Abb. 46: Idol des slawischen Gottes Radegast, angeblich entdeckt auf dem Gamm-Bredowschen Gut Prillwitz (Stich, 1771), Quelle: Woge: Die gottesdienstlichen Alterthümer, S. 58–59.

Abbildungsverzeichnis

363

Abb. 47: „Sclaviae Borealis Tabula Geographica“, Slawen und ihre Siedlungen im Reich (Frühund Hochmittelalter), insbesondere im späteren Mecklenburg, nach Meinung des Matthias Hans von Behr (um 1729), Quelle: Behr: Rerum Meclenburgicarum. Abb. 48: Denkmal für Günther von Passow im Güstrower Dom, errichtet auf Initiative des Güstrower Herzogs Gustav Adolph (um 1657), Quelle: Archiv S. Jacobs. Abb. 49: Matthias von Vieregge auf Rossewitz (um 1515–1599), Quelle: SMS, G 1252. Abb. 50: Adelheid von Vieregge, geb. Levetzow, Gattin des Matthias von Vieregge auf Rossewitz, Quelle: SMS, G 1250. Abb. 51: Anna von Schwerin (Mitte 16. Jh.), Quelle: SMS, G 1253. Abb. 52: Viktor (Vicco) von Vieregge auf Rossewitz (1480-ca. 1546 oder 1456-ca.1538), Quelle: SMS, G 1259. Abb. 53: Adelheid von Hahn (17. Jh.), Quelle: SMS, G 1256. Abb. 54: Clara Ilsche von Vieregge, geb. Raben (gest. 1674), Quelle: SMS, G 1264. Abb. 55: Joachim von Vieregge auf Rossewitz (1590–1651), Quelle: SMS G 1254. Abb. 56: Johann Albrecht von Mandesloh (1612–1644), Indienreisender, Quelle: Olearius: Des HochEdelgebornen. Abb. 57: Hartwig von Passow auf Zehna (1599–1644), mecklenburgischer Geheimer Rat, Quelle: Walther: Christliche Vnterrichtung. Abb. 58: Dietrich von der Lühe (1616–1673), mecklenburgischer Oberpräsident, Quelle: Anonymus: Leich=Begängniß. Abb. 59: Porträt und Ahnenprobe des Georg Heinrich von Lehsten, Stich in der Leichenpredigt dess. (1696), Quelle: Blanck: Die Glücksseligkeit. Abb. 60: Ernst Siegmund von Warburg auf Quadenschönfeld (geb. 1718), mecklenburgischer Landrat, Vizelandmarschall des Stargarder Kreises, Quelle: Pistorius: Das Geschlecht.

Personenregister Aufgenommen wurden Personen von überregionaler Bedeutung oder aber von regionaler Relevanz für die vorliegende Untersuchung. Aufgrund von Variationen in der Namensschreibweise wurde eine Vereinheitlichung vorgenommen (etwa Maltzan für Maltzahn, Maltzan oder Moltzan). Chargen, Titel, Funktionen und Verwandtschaftsbeziehungen der genannten Personen fanden nur dann und insoweit Berücksichtigung, wie sie im Rahmen dieser Studie von Bedeutung waren. A Adolf Friedrich V., Herzog von Mecklenburg-Strelitz 260 Adolph Friedrich I., Herzog von Mecklenburg-Schwerin 106, 113, 125, 158, 159, 162, 164, 165, 175, 178, 250, 259, 260, 261, 262, 263, 265, 266, 268, 269, 284, 289, 297, 298, 303, 310 Adolph Friedrich II., Herzog von Mecklenburg-Strelitz 107, 245, 260, 265, 308 Adolph Friedrich III., Herzog von Mecklenburg-Strelitz 130, 238, 265, 267, 278 Adolph Friedrich IV., Herzog von Mecklenburg-Strelitz 147, 257, 258, 267, 278 Ahlefeld, Adelheid Benedicta von, Frau von Joachim Otto von Bassewitz 117, 248 Ahlefeldt, Ditlev von 190, 204 Alard, Christian, Pastor zu Basedow 56 Albrecht III., Herzog von Mecklenburg, König von Schweden 82 Alexander (der Große), König von Makedonien 84 Altrock, Johann August von, Gutsbesitzer, Geheimer Rat 130, 148, 265 Alvensleben, Carl Ludolph von, Gutsbesitzer, Domherr zu Merseburg 70 Anthyrius, Feldherr Alexander des Großen 84, 85, 86, 281, 342 Arnim, Ottilie von, Frau von Jobst von Dewitz 50, 51 B Bacmeister, Lucas, Theologe 64, 72, 87, 115, 130, 140, 142, 152, 162, 163, 164, 165, 200, 202, 235, 264, 277, 323, 362

Bangert, Heinrich, Gelehrter, Historiker 86, 278, 281 Barner, Christoph von, kaiserlicher Generalfeldzeugmeister 50, 52, 107 Magnus Friedrich von, Gutsbesitzer, dänischer Konferenzrat, mecklenburgischer Landrat 70, 307 Barnewitz, Cristoff von 81, 240 Bartenstein, Johann Christoph von, Staatsmann, Historiker 91, 275, 276, 331 Bassewitz, Adolph (Friedrich) von, Gutsbesitzer 91, 142, 176, 195 Bernhard Friedrich von, Gutsbesitzer, mecklenburgischer Geheimratspräsident, Bruder von Henning Friedrich 80 Carl Friedrich von, Gutsbesitzer, Geheimratspräsident 129, 131 Christoph von, Gutsbesitzer, brandenburg-bayreuthischer Geheimer Rat, Generalmajor 49, 236 David von, Mann von Elisabeth von Schwerin 361 Gerd (Gerhard) von, Stammvater der mecklenburgischen Bassewitz-Linien 32, 33 Henning Friedrich von, Gutsbesitzer, Enkel von Henning Friedrich 80 Henning Friedrich von, holsteinischgottorper Geheimratspräsident 16, 96, 134, 150, 153, 154, 182, 184, 189, 190, 208, 233, 234, 239, 255, 256, 265, 266, 275, 311, 332, 338

Personenregister

Joachim Gottfried von, Gutsbesitzer 77, 78 Joachim Ludolf von, Gutsbesitzer, Landrat 78 Joachim Otto, Gutsbesitzer, holsteinisch-gottorper Geheimer Rat, Bruder von Henning Friedrich 96, 117, 118, 128, 129, 141, 148, 176, 182, 184, 198, 207, 233, 234, 236, 238, 239, 242, 245, 248, 256, 274, 275, 276 Joachim von, Gutsbesitzer 32 Kuno Wulffrath von, Gutsbesitzer 56, 140, 166, 235 Ludolph Friedrich von, Gutsbesitzer 48 Lutcke von, Gutsbesitzer 33 Philipp Cuno von, Gutsbesitzer, Landrat, Provisor des Klosters Dobbertin 242, 255, 273, 298 Viktor von, Gutsbesitzer 32, 55, 361 Behr, Claus Josias von, Adelshistoriograph, Bruder von Matthias Hans 61, 68, 71, 73, 74, 77, 79, 80, 83, 86, 90, 91, 168, 176, 193, 196, 256, 277, 278, 279, 281, 282, 293, 309 Jobst Heinrich von 152, 200 Johannes von, Ritter und Marschalk im Fürstentum Rügen, Stammvater derer von Behr 67 Johann von 53 Matthias Hans von, Ritterschaftsdeputierter, Genealoge, Bruder von Claus Josias 16, 61, 67, 68, 70, 79, 84, 91, 154, 193, 223, 228, 238, 239, 241, 256, 267, 275, 278, 280, 338, 362, 363 Samuel von, mecklenburgischer Hofmeister, Geheimer Rat 37, 106, 146, 164, 235, 240, 265, 266, 284, 287, 297, 303, 310, 311 Below, Anna Sophia von 362 Berninger, Bernd, Bildhauer 55 Bernstorff, Andreas Gottlieb von, braunschweigischer Kanzler 16, 70, 90, 192, 265, 266, 274, 275, 279, 332, 333 Beselin, Rostocker Bürgermeister 305

365

Bevernest, Dietrich von, Gutsbesitzer, Landrat 64, 78, 130, 140, 142, 151, 166 Blankenburg, Hans von 184 Blücher, Elisabeth von, Witwe Henneke von Holsteins 247, 248 Ulrich Hans von 207 Bosau, Helmold von, Chronist, Geistlicher 86, 278 Bothmer, Hans Caspar von, Gutsbesitzer, Diplomat, Minister 143, 148 Brabander, Adolf, Bildhauer 55 Brandin, Philipp, Architekt, Baumeister und Bildhauer der Renaissance 34, 36, 41, 55, 56, 147, 211, 212, 338, 361 Bredow, Ehrenreich Sigismund von, Gutsbesitzer 48 Bröckel, Peter, Maler 55 Buchholtz, Samuel, Historiograph 61, 281, 324 Buchwaldt, Friedrich von 47, 135, 150, 158, 168, 236, 324 Buck, Claus, Wirt zu Güstrow 105 Bugenhagen, Anna von 42, 131 Bülow, Adam Joachim von 72 Anna von, Äbtissin zu Wadstena 61, 83 Barthold von, d. Ä. 137, 151, 160 Catharina Elisabeth von, Frau von Barthold Dietrich von Negendanck 67, 107, 131, 132, 323 Catharina von 64 Cordt von, Gutsbesitzer, Bruder von Joachim und Hartwig, Sohn von Paul 239 Cuno Josua von, kurbraunschweiglüneburgischer Generalfeldmarschall 273 David Christoph von, Gutsbesitzer 200, 207 Hans Heinrich von, Gutsbesitzer, Mann von Margarethe von Oertzen 65, 252 Hartwig von 152, 163 Hartwig von, Gutsbesitzer, Bruder von Cordt und Joachim, Sohn von Paul 75, 239

366 Anhang Hartwig von, Gutsbesitzer (um 1600) 88, 237 Jacob Friedrich Joachim von, Gutsbesitzer, mecklenburgischer Geheimer Kammerrat 9, 10, 11, 23, 61, 62, 70, 71, 73, 74, 83, 166, 168, 250, 256, 257, 274, 279, 283, 313 Joachim von, Gutsbesitzer, Bruder von Cordt und Hartwig, Sohn von Paul 75, 239 Joachim von, Mann von Elisabeth von Peckatel 43 Jobstheinrich von, Adelshistoriograph 18 Jochim von, Gutsbesitzer, Mann von Anna von Cramon 64, 81, 159, 221, 240, 362 Julius von 62, 96 Margaretha von, Frau von Lütke von Hahn 53 Paul von, Gutsbesitzer, Vater von Cordt, Hartwig und Joachim 133, 239 Ursula von 249, 250 Viktor von 152, 207 Bützow, Joachim von 247 C Carl Friedrich, Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf 176 Carl, Herzog, König (Carl IX.) von Schweden 171 Carl I., Herzog von Mecklenburg 75, 106, 162, 171, 265, 268, 269, 277, 297, 310 Carl (II.), Herzog von Mecklenburg-Strelitz 100 Carl Leopold, Herzog von MecklenburgSchwerin 192, 271, 273, 274, 275, 297, 300, 308 Carl Ludwig Friedrich, Herzog von Mecklenburg-Strelitz, Prinz von Mirow 269 Caselius, Johann, Jurist 72, 151 Champs, Levin de, Stammvater derer von Kamptz (?) 70, 84 Christian IV., König von Dänemark und Norwegen 190, 204 Christian Ludwig I., Herzog von Mecklenburg-Schwerin 162, 163, 265, 271, 272, 274

Christian Ludwig II., Herzog von Mecklenburg-Schwerin 273, 292, 325 Christina, Königin von Schweden 140 Chyträus, David, Theologe, Historiker 88, 151, 345 Clausenheim, Anna Maria von, Frau von Henning Friedrich von Bassewitz 255 Clerici, Giovannni Battista, Stuckateur 143 Cossebade, Joachim von 152 Cothmann, Ernst, Jurist 276 Cramon, Anna von, Frau von Jochim von Bülow 64, 221, 362 Christoph von, Gutsbesitzer 88 Johann von 166, 304 Cranach, Lukas d. Ä., Maler und Grafiker der Renaissance 51 D Denner, Balthasar, Hofmaler 56 Dewitz, Anna von 131 Georg von, Gutsbesitzer, schwedischer Oberst 52 Henning Cordt Friedrich von, Mann von Ida Clarelia von Dewitz 362 Ida Clarelia von, Frau von Henning Cordt Friedrich von Dewitz 362 Jobst Ludwig von, kurbrandenburgischer Landrat 51 Jobst von, Mann von Ottilie von Arnim 50, 51 Otto Balthasar von, Gutsbesitzer, dänischer Oberstleutnant 51 Stephan von, Gutsbesitzer, preußischer Generalleutnant 52 Stephan Werner von, Gutsbesitzer, mecklenburgischer Geheimratspräsident 46, 71, 78, 96, 101, 116, 121, 128, 134, 148, 153, 156, 157, 166, 180, 186, 189, 198, 199, 200, 233, 245, 248, 278 Ulrich Otto von, Gutsbesitzer, dänischer Generalleutnant 52 Dieussart, Charles Philippe, Architekt 45, 143, 147, 148, 172, 265, 344 Drieberg, Rudolph Friedrich von, Gutsbesitzer 362

Personenregister

E Eberstein, Gräfin Walpurg Sibylla von 249 Eleonora, Tochter von Gustav Adolph, Herzog von Mecklenburg 107 Elisabeth, Prinzessin von Dänemark, Herzogin von Mecklenburg, Frau von Magnus III. 146 Engel, Ernst Friedrich von, Gutsbesitzer, Publizist 78, 121, 122, 126, 128, 129, 134, 156, 166, 168, 169, 183, 186, 187, 233, 235, 248, 252, 271 Eugen Franz, Prinz von Savoyen-Carignan 107 F Fabian, Adam Friedrich von, Gutsbesitzer 99 Johann Christoff von, Gutsbesitzer 118 J. V. G. von, Leutnant 99 Feldberg, Henning von 184, 196 Ferdinand II., römisch-deutscher Kaiser 204, 274 Finecke, Jürgen von, Gutsbesitzer, Mann von Katharina von der Lühe 75 Margarethe von 112, 113 Floris, Conrad, Bildhauer 55 Flotow, Albrecht Adolf Wilhelm von 196 Franck, David, Theologe 61, 278 Friedrich Franz I., Herzog von Mecklenburg-Schwerin 289, 290 Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg-Schwerin 69 Friedrich Wilhelm, Herzog von Mecklenburg-Schwerin 29, 81, 163, 192, 245, 265, 266, 271, 272, 274, 275, 277, 306 G Gamm, Christoph Otto von, dänischer Diplomat, mecklenburgischer Geheimratspräsident, Genealoge 69, 70, 71, 91, 97, 193, 278, 282, 325 Genzkow, Ernst Ludwig von, Gutsbesitzer, Landrat, Vizelandmarschall 38, 134, 185, 253, 292 Georg III., König von Großbritannien und Irland, Mann von Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz 38, 138, 280

367

Georg Ludwig, Kurfürst von Braunschweig und Lüneburg, König von Großbritannien und Irland (Georg I.) 143, 273 Gotter, Gustav Adolf Reichsgraf von 150, 189 Grabow, Elar von, Gutsbesitzer, Mann von Dorothea von Stralendorff 36 Gröben, Ludwig von der, Komtur zu Nemerow 63 Gundlach, Adolf von 140 Gustav Adolph, Herzog von MecklenburgGüstrow 99, 107, 123, 246, 261, 265, 267, 290, 325, 363 H Hagen, Christoff von, Dr., fürstlicher Bevollmächtigter 35, 67, 105 Gottlieb von, Gutsbesitzer 118 Hahn, Adelheid von 363 Anna Catharina von, Frau von Bernd Simon von Kerssenbrock 92 Carl von 131 Christian Friedrich von, Gutsbesitzer, Sohn von Claus von Hahn 31, 32 Christian Wedige von, Gutsbesitzer, Erblandmarschall, Sohn von Kuno Paris 103, 130, 132, 146 Christian Wilhelm von 77, 140 Claus von, Gutsbesitzer, Landmarschall 31, 32, 162 Cuno von 140, 160 Friedrich Graf, Gutsbesitzer, Erblandmarschall 303 Hans von, Gutsbesitzer, Landmarschall, Sohn von Werner von Hahn und Anna von der Lühe 31, 56, 166 Heinrich von 137 Hinrik von 361 Joachim von 77, 130, 152, 236 Jochim Christoffer, Gutsbesitzer, Mann von Clara Sophia von Levetzow 361 Lütke von, Mann von Margaretha von Bülow 53 Otto von, Gutsbesitzer 110

368 Anhang Wedige Christian von, Gutsbesitzer, Sohn von Christian Friedrich von Hahn 31, 32 Werner von, Gutsbesitzer, Landrat, Hofmarschall 31, 36, 56, 151, 161, 166, 176, 212, 288, 304, 307, 361 Hake, Friedrich Wilhelm von, Gutsbesitzer 118 Otto Ludwig von, Gutsbesitzer 118 Wilhelm Otto von, Gutsbesitzer 80, 81, 98 Halberstadt, Achim von, Gutsbesitzer 82 Hauswedel, Catharina Sophia von 54 Havel, Achim von, Gutsbesitzer 257 Heinrich (der Löwe), Herzog von Sachsen 71, 84 Heinrich I. (der Vogler), sächsischer Herzog, König des Ostfrankenreichs 84 Heinrich IV., Herzog von Mecklenburg 82 Heinrich V., Herzog von MecklenburgSchwerin 257 Hertel, Johann Christian, Konzertmeister, Vater von Johann Wilhelm 130 Johann Wilhelm, Hofkomponist, Konzertmeister 131, 355 Herzog, Georg Friedrich, Hofmaler 56 Heyde, Notar 102 Hobe, Georg von 140 Hoinckhusen, Bertram Christian, Vizepräsident des Hof- und Landgerichts zu Güstrow, Vater von Johann Heinrich 69, 72 Johann Heinrich von, Genealoge, Sohn von Bertram Christian 61, 68, 69, 70, 71, 74, 75, 79, 91, 94 Ulrich Christoph von, Bruder von Johann Heinrich 249 Holstein, Claus von, Gutsbesitzer, Militär 30, 81, 101, 161, 163, 240, 324 Hans Jochim von 163 Henneke von, Gutsbesitzer 131, 151, 158 Henning von, Gutsbesitzer 160, 173, 180, 310

Johann Ludwig von, dänischer Geheimer Rat 52 Philipp von 311 Husan, Heinrich, Jurist, Kanzler 109, 276, 277, 304, 339 Hutten, Ulrich von, Humanist 151, 239 I Ihlenfeld, Achim von 151 Berend von 205 Bernd von 197 Christoff von 197 Fritz von, Mann von Clara Sophia von Levetzow 130, 157, 176, 180, 252, 254, 256 Wilhelm Altwig von, kaiserlicher Hauptmann 238, 256, 276 J Jakob VI., König von Schottland 140 Jasmund, Adam Friedrich von 245 Botho Christoph von, Vater von Ilsabe Lucie 104 Carl Friedrich von, Gutsbesitzer 48, 241 Hans Christoph von, Gutsbesitzer 76, 117, 141, 142, 143, 149, 151, 166, 246, 256, 257, 268, 279, 308 Hans Ernst von, Gutsbesitzer, mecklenburgischer Geheimer Rat 81, 162, 200, 202, 240 Ilsabe Lucie von, Frau von Arend Heinrich von Oertzen 104 Karl Friedrich von, Vetter von Ilsabe Lucie 104, 105 Johann Albrecht I., Herzog von Mecklenburg 123, 147, 170, 260, 265, 267, 288, 308 Johann Albrecht II., Herzog von Mecklenburg-Güstrow 37, 63, 158, 159, 162, 163, 165, 178, 259, 260, 262, 268, 289, 308, 325 Johann VII., Herzog von MecklenburgSchwerin 29, 347

Personenregister

K Kamptz, Anna von, Äbtissin des Klosters Ivenack 62, 110, 235 Arnd von, Vater von Jürgen 108, 110, 242 Christian von, Gutsbesitzer 70 Dorothea von 110 Ewald von, Gutsbesitzer 62, 108, 110 Hans von 242 Joachim Christoph von, Gutsbesitzer, Genealoge 70, 73, 74, 84, 85 Jürgen von, Sohn von Arnd 108, 114, 159 Karl Albert von, Jurist 70, 80, 202 Karl von, preußischer Justizminister 17, 91, 142, 335 Levin von, Mann von Eva von Maltzan 108, 114 Kardorff, Moritz von, Gutsbesitzer 34 Karl (der Große), Römischer Kaiser 84 Karl XII., König von Schweden 273 Kerssenbrock, Bernd Simon von, Mann von Anna Catharina von Hahn 92 Kettenburg, August Julius von der, 1. Mann von Catharina Oelgard von Lehsten, Vater von Hans Friedrich 255 Hans Friedrich von der, Gutsbesitzer, Jurist, Diplomat, Güstrower Hofgerichtspräsident 255 Klüver, Hans Heinrich, Jurist 10, 61, 84, 326, 328 Knuth, Adam Levin von, Gutsbesitzer, dänischer Oberkammerjunker 45, 48 Jakob von, Gutsbesitzer 49 Joachim von, Gutsbesitzer 49 Kohlhans, Georg Christoph von, Gutsbesitzer, Geheimer Rat 118 Koppelow, Ernst Christoph von, Gutsbesitzer 361 Krantz, Albert, Theologe, Gelehrter 61, 72, 84, 85, 88, 279, 331 Krommeney, Cornelius, Maler 51, 55, 56 Kruse, Henning von, Gutsbesitzer 110 Jochim von 166

369

Krüsicke, Jürgen von 108 Künnecke, Johann Friedrich, Architekt 148 L Latomus, Bernhard, mecklenburgischer Gelehrter 10, 16, 61, 63, 69, 73, 75, 76, 77, 79, 80, 83, 89, 97, 117, 141, 150, 166, 170, 171, 172, 268, 288, 326, 345 Lehsten, Abel Margaretha von 327, 362 Catharina Oelgard von, Frau von August Julius von der Kettenburg und Philipp Cuno von Bassewitz, Mutter von Henning Friedrich und Joachim Otto von Bassewitz 255, 298 Christian Wilhelm von, Gutsbesitzer, Landrat 72 Franz Bugislav von, Gutsbesitzer 102 Georg Heinrich von, Gutsbesitzer, Geheimer Rat 51, 232, 324, 363 Georg Hinrich von, Gutsbesitzer 51, 102, 103, 135, 138 Hans Friedrich von, Gutsbesitzer 130, 141, 153, 207, 323, 324 Leopold I., römisch-deutscher Kaiser 274 Leupold, Simon, Gelehrter, Politiker 82, 144, 158, 346 Levetzow, Adelheid von, Frau von Matthias von Vieregge 363 Clara Sophia von, Frau von Joachim Christoffer von Hahn 361 Clara Sophia von, Tochter von Heinrich, Frau von Fritz von Ihlenfeld 252 Heinrich von, Gutsbesitzer, Landrat, Provisor des Klosters Dobbertin 50, 130, 252 Mechthild von 247 Linstow, Jochim von, Gutsbesitzer 34, 55 Levin Heinrich von, Gutsbesitzer 278 Löwe, Julius, Architekt 148 Ludwig XIV., König von Frankreich und Navarra 138 Lühe,

370 Anhang Anna von der, Frau von Werner von Hahn 31, 36, 212, 361 Barbara Sophie von der, Frau von Joachim von Oertzen 54 Dietrich von der, Gutsbesitzer, Geheimratspräsident 107, 125, 132, 325, 362, 363 Gebhardt von der 247 Heinrich von der 111 Joachim Friedrich von der, Gutsbesitzer 185, 273 Joachim von der, mecklenburgischer Oberst, Hofmarschall, Geheimrat 41, 55, 147, 218, 361 Katharina von der, Ehefrau von Jürgen von Finecke 16, 54, 98, 137, 146 Kurt von der, Gutsbesitzer 267, 308 Vicke von der, Gutsbesitzer 35, 67, 132, 156, 240, 244 Vollrat von der 160, 179, 240, 350 Lützow, Abel von, Frau von Heinrich von Plessen 36 Carl von 278 Hartwig von, Gutsbesitzer 88, 106 Henning von, Gutsbesitzer, Landrat 66 Jasper von, Gutsbesitzer 81, 240 Johann Ludewig von 140 Kurt von, Gutsbesitzer, Reichshofrat 45, 274, 275 Ludwig von 278 M Magdalena Sibylla, Herzogin von Mecklenburg, Frau von Gustav Adolph 107 Magnus II., Herzog von Mecklenburg 82, 146 Magnus III., Herzog von Mecklenburg, Mann von Elisabeth von Dänemark 146, 257 Maltzan, Adolph Friedrich von, Gutsbesitzer, Landrat 275 Behrend Ludolph von, Gutsbesitzer, Sohn von Dietrich 50, 101 Bernd von 160, 173, 180

Dietrich von, Gutsbesitzer, Landrat, Landmarschall 16, 50, 101, 166, 288 Elisabeth von 250 Eva von, Frau von Levin von Maltzan 108, 114 Georg II. von 130, 236 Georg Julius von 140, 250 Georg von 265 Ilse von 247 Joachim von, kaiserlicher Feldmarschall 16, 50, 56, 151, 175 Johann Lotharius Friedrich von, Gutsbesitzer, dänischer Gesandter 52, 54, 124, 135, 141, 144, 154, 186, 242, 245 Joseph von, Gutsbesitzer 281 Kuno von, Gutsbesitzer 108, 124, 137, 158 Lütke von 250 Ulrich von, Gutsbesitzer 47 Vollrath Levin II. von, Gutsbesitzer, Erblandmarschall 47, 54, 78, 124, 237, 337 Mandelsloh, David von 140, 362 Johann Albrecht von 140, 362, 363 Manteuffel, Anton von 99 Friedrich Anton von, Gutsbesitzer 99 Mantzel, Ernst, Jurist 102, 160, 184, 277, 327 Marin, Henneke von, Gutsbesitzer 156 Marschalk, Nikolaus, Jurist, Historiograph 72, 84, 88, 337 Matthieu, Georg David, Hofmaler 54, 56, 131, 136, 138, 354, 356 Meerheimb, Hans Wilhelm von 237, 238, 241 Melanchthon, Philipp, Humanist, Theologe 151, 239, 327 Merseburg, Thietmar von, Geistlicher, Geschichtsschreiber 70, 280 Micraelius, Johannes, Dichter, Philosoph, Historiker 84, 86, 281, 327 Midow, Claus, Kunsthandwerker der Renaissance 55, 56, 211, 216, 358, 361 Moltke,

Personenregister

Baltzar von, Gutsbesitzer 39 Gebhard von, Gutsbesitzer 88, 270 Joachim Friedrich von 361 Montmorency, Isabelle Angélique de, Herzogin von Mecklenburg 266 Müller, Joachim Christian von, Gutsbesitzer 306 Munk, Sofie Elisabeth, Frau von Christian von Pentz 204, 249 Mylius, Andreas, Diplomat, Historiograph 72, 86, 151, 281, 327, 341 N Negendanck, Barthold Dietrich, Gutsbesitzer, Landrat, Mann von Catharina Elisabeth von Bülow 91, 101, 142, 195 Catharina Elisabeth von 125 Dietloff von 133, 207, 233, 327, 328 Elisabeth von 65 Hans von, Gutsbesitzer 56, 88 Paschen von, Gutsbesitzer 140, 275, 279 Ulrich von, Gutsbesitzer 106 Neukirchen, Christoph von 184 Nugent, Thomas, irischer Adliger, Gelehrter, Mecklenburgreisender 38, 45, 47, 71, 73, 82, 83, 86, 94, 117, 134, 135, 138, 142, 145, 146, 147, 149, 150, 153, 157, 158, 166, 167, 168, 176, 185, 186, 188, 199, 200, 202, 203, 208, 235, 239, 245, 251, 253, 266, 279, 280, 281, 282, 299, 327 O Oertzen, Anna von 237, 242 Arend Heinrich von, Mann von Ilsabe Lucie von Jasmund 104, 105 Caspar II. von 206 Claus Dethloff von 197 Ficke von, Mann von Sofie von Wangelin 54 Friedrich Albrecht von 278 Georg Henning von, Gutsbesitzer, kursächsischer Generalmajor 52 Jacob von 247

371

Joachim von, Gutsbesitzer, Mann von Barbara Sophie von der Lühe 54 Jochim von, Gutsbesitzer 49 Jürgen Henning von, Gutsbesitzer 99 Margarethe von, Frau von Hans Heinrich von Bülow 65 Otto Dieterich von 362 Sievert von, Gutsbesitzer 184, 310 Victor Sigismund II. von, Gutsbesitzer 92 Victor Wilhelm von, Gutsbesitzer, Enkel von Jürgen Henning 99 Viktor Sigismund von, Gutsbesitzer 265, 293 Oldenburg, Ilse von 112, 247 Joachim von, Gutsbesitzer 88, 140, 200, 330 Oldenfleth, Andreas von 206 Christoph von 201, 206, 247 Otto II., römisch-deutscher Kaiser 281 P Parkentin, Christian August von, Gutsbesitzer, dänischer Gesandter 275, 278, 307 Parsow, Tessen von, pommerscher Adliger 162, 163, 164, 311, 323 Passow, Günther von, Gutsbesitzer, Jurist, Geheimer Rat 265, 278, 363 Hartwig von, Gutsbesitzer, Geheimer Rat 156, 176, 200, 362, 363 Peckatel, Benediktine von, Frau von Heinrich von Bülow 81 Christoff von 244 Claus von, d. J., Gutsbesitzer 310 Claus von, Gutsbesitzer, mecklenburgischer und pfalzgräflich-badischer Rat und Oberst 32, 64, 66, 82, 106, 124, 132, 133, 134, 163, 164, 171, 187, 200, 240, 241 Elisabeth von, Frau von Joachim von Bülow 43, 64 Georg von 176, 240 Hans von 151

372 Anhang Henning von, Gutsbesitzer 106 Margaretha von, Frau von Henning von Zernickow 43, 53, 137 Pentz, Christian von, Mann von Sofie Elisabeth Munk 190, 204, 249 Conrad Lüder von, Genealoge 69, 70, 71, 73, 278 Detlof von, Gutsbesitzer 265 Friedrich von 249 Hartwig von 38 Henneke von 140 Jacob Ernst von 143 Markward von, Gutsbesitzer, dänischer Befehlshaber der Festung Glückstadt 50, 52, 123, 190, 204, 303 Oelgard von, verwitwete von Barnewitz, Frau von Hartwig von Passow, dänische Kammerzofe 31, 236 Ulrich Ernst von, Gutsbesitzer 155, 161, 249 Viktor von 249 Volrath von, Gutsbesitzer 46 Piccolomini, Enea Silvio, Papst Pius II. 14 Pistorius, Johann Gottlieb, Jurist 10, 16, 24, 27, 61, 68, 76, 94, 95, 182, 328, 363 Plessen, Christian Siegfried von, Gutsbesitzer, dänischer Geheimer Rat 70, 90, 192, 275, 279 Cord von, Gutsbesitzer 32 Curd Valentin von, Gutsbesitzer 72 Heinrich von, Ritter, Stadtherr von Brüel, Mann von Abel von Lützow 36 Helmold von, Gutsbesitzer, Bruder von Henneke 105 Helmuth von, Gutsbesitzer, kaiserlicher Oberst 52, 329, 362 Henneke von, Stadtherr von Brüel 35, 105, 113, 132, 133, 156, 240 Reimar von, Gutsbesitzer, Bruder von Henneke 105 Samuel von 250 Theodor von, Gutsbesitzer, Provisor des Klosters Dobbertin 55 Plessis, Armand-Jean du, duc de Richelieu, Kardinal 84

Preen, Claus Joachim von, Gutsbesitzer 264 Volradt von 140 Pressentin, Dinnies von, Gutsbesitzer 74 Gustav Friedrich von 245 Wilhelm von, Gutsbesitzer, Klosterhauptmann 74 Pritzbuer, Joachim von, dänischer Etatsrat und Oberlanddrost, Adelshistoriograph 61, 68, 71, 278 Q Quitzow, Albrecht von 130, 236 R Raben, Clara Ilsche von, verh. von Vieregge 363 Rähmel, Achaz Gottlieb, Hofmaler 56 Redecker, Heinrich Rudolf, Jurist 77 Rieben, Achim von, d. J., d. Ä., Gutsbesitzer 55, 76, 100, 203, 211, 304, 361 Cord Wedige Christoph von, Gutsbesitzer 257 Detloff von 9, 180 Heinrich August von, Gutsbesitzer 72, 79, 91, 258, 278 Riesbeck, Johann Caspar, Jurist, Schriftsteller 134, 135, 168, 252, 280, 328 Rixner, Georg, Genealoge 88 Rogge, Heinrich, Marienorganist zu Rostock 130, 341 Rohr, Barbara von, verh. von Rostke 108 Julius Bernhard von, Schriftsteller 53, 143 Rostke, Engelcke von, Gutsbesitzer 159 Engelke von, Gutsbesitzer, Großonkel von Jürgen von Kamptz 108 S Sala, Johann Christian von 154, 205 Sastrow, Bartholomäus, Notar 113, 129, 136, 137, 328

Personenregister

Schack, Christoph Ernst von, Gutsbesitzer 264 Claus Josua von, Gutsbesitzer 106, 133, 233 Schlitz-Görtz, Johann Eustach Graf, Gutsbesitzer, Diplomat 302, 304, 306 Schmauß, Johann Jacob, Jurist, Genealoge 91 Schmeker, Heinrich von, Gutsbesitzer 113, 129, 137, 152, 180 Schröder, Christian, Deputierter der Stadt Boizenburg 305 Dieterich, Theologe 61 Schulz, Johann, herzoglicher Archivar 29, 71, 73, 85 Schweinichen, Hans von, schlesischer Adliger, Schriftsteller 135, 266, 324 Schwerin, Anna von, Frau von Viktor von Vieregge 363 Elisabeth von, Frau von David von Bassewitz 361 Slaggert, Lambrecht, Franziskanermönch, Chronist 40, 72 Sophie Charlotte, Herzogin von Mecklenburg-Strelitz, Königin von Großbritannien und Irland, Frau von Georg III. 38, 280 Sophie, Sophia, Herzogin von Mecklenburg, Frau von Johann VII. 29, 30, 37, 266, 347 Spalding, Joachim Heinrich, Jurist 88, 144, 162, 165, 189, 202, 250, 259, 260, 261, 262, 268, 269, 270, 271, 274, 277, 284, 286, 287, 288, 289, 290, 291, 293, 294, 295, 297, 298, 299, 300, 301, 302, 303, 304, 307, 309, 329 Sperling, Elisabeth von, Frau von Claus von Peckatel und Cord von Plessen 32, 106, 124, 126, 133, 240 Heinrich von, Gutsbesitzer 44, 78, 125, 163 Staffeld, Engelt Lieschen von, Frau von Albrecht Hieronymus von Wangelin 53 Staffhorst, Anna von, Frau von Behrend Ludolph von Maltzan 50

373

Stahl, Ingeborg von 247 Zabel von 247 Stein, Karl Freiherr vom, preußischer Staatsminister 18, 326 Stindtman, Thomas, Hofprediger 35, 37, 64, 66, 67, 82, 106, 124, 131, 132, 134, 141, 156, 159, 161, 163, 164, 165, 171, 181, 198, 200, 201, 234, 235, 240, 241, 252, 265, 329 Stotz, Karl Erdmann von, Gutsbesitzer 118 Stralendorff, Dorothea von, Frau von Elar von Grabow 36 Jochim von 130, 147 Peter Heinrich von, Geheimer Rat, Reichsvizekanzler, Reichshofratspräsident 274 Ulrich von 108 Ursula von 111 T Tepling, Friedrich von 247 Gertrud von 206 Tode, Gotthard Christoph von 143 U Ulenoge, Wilhelm, Notar, Urkundenfälscher 63, 81, 82, 97, 233, 350, 359 Ulrich III., Herzog von Mecklenburg-Güstrow 49, 56, 87, 123, 135, 159, 166, 198, 264, 265, 266, 274, 277, 336, 340, 351, 352, 353 Unger, Mathias, Goldschmied zu Güstrow 144, 171 Ungnad, Joachim Christoph, Jurist 10, 61, 325, 329 V Victorius, Petrus, italienischer Humanist, Philosoph 151 Vieregge, Barbara von, Frau von Bernd von Ihlenfeld 197 Carl Matthias von, Gutsbesitzer 104 Georg Hinrich von, Kammerjunker 102

374 Anhang Hans Valentin von, Gutsbesitzer 104 Joachim Heinrich von, Gutsbesitzer, dänischer Generalmajor 45, 107, 125, 128, 141, 172 Joachim von, Gutsbesitzer 363 Matthias von, Gutsbesitzer, Sohn von Viktor 51, 52, 82, 229, 240, 363 Paul Otto von, Gutsbesitzer, Hofmarschall 107, 125, 207 Ursula von, Frau von Georg von Wackerbarth 55 Viktor von, Gutsbesitzer, Vater von Matthias 51, 229, 363 W Wackerbarth, Georg von, Mann von Ursula von Vieregge 55 Wallenstein, Herzog von Mecklenburg 162, 244, 259, 260, 261, 268, 269, 270, 274, 289, 297, 339 Wangelin, Albrecht Hieronymus von, Mann von Engelt Lieschen von Staffeld 53 Jochim von 166 Sofie von, Frau von Ficke von Oertzen 54

Warburg, Ernst Siegmund von, Gutsbesitzer, Landrat, Vizelandmarschall 94, 293, 363 Werkentin, Johannes, Pastor zu Sternberg 64, 164, 330 Westphalen, Ernst Joachim von, Jurist 10, 61, 63, 73, 327, 330 Woge, Daniel, Maler 278, 281 Wollitz, Hans, Hofmaurer 47 Wurmbrand, Johann Wilhelm von, Politiker, Historiker, Genealoge 91, 275, 276, 360 Z Zernickow, Henning von, Gutsbesitzer, Mann von Margaretha von Peckatel 43, 53 Zimmer, Wilhelm Joachim Gottfried, Theologe, Archivar der Familie von Flotow 76 Züle, Friedrich von, Gutsbesitzer, sächsischpolnischer Feldmarschall 52 Zülow, Baltzer von, Gutsbesitzer 161, 362 Carl Magnus von, Mann von Maria Elisabeth von Zülow 362 Maria Elisabeth von, Frau von Carl Magnus von Zülow 362

QUELLEN UND STUDIEN AUS DEN LANDESARCHIVEN MECKLENBURG -VORPOMMERNS HERAUSGEGEBEN VON K ATHLEEN JANDAUSCH, MAT THIAS MANKE, MARTIN SCHOEBEL UND RENÉ WIESE EINE AUSWAHL

BD. 13 | MICHAEL BUSCH MACHTSTREBEN – BD. 15 | SILVIO JACOBS

STANDESBEWUSSTSEIN – STREITLUST

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SI512

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