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German Pages 727 [729] Year 2021
Spätmittelalter, Humanismus, Reformation Studies in the Late Middle Ages, Humanism, and the Reformation herausgegeben von Volker Leppin (Tübingen) in Verbindung mit Amy Nelson Burnett (Lincoln, NE), Johannes Helmrath (Berlin), Matthias Pohlig (Berlin), Eva Schlotheuber (Düsseldorf), Klaus Unterburger (Regensburg)
123
Kolja Lichy
Stand und Aufstand Adel und polnisch-litauisches Gemeinwesen im Rokosz von 1606–1609
Mohr Siebeck
Kolja Lichy, geboren 1978; Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Polonistik und Bohemistik an der Humboldt-Universität zu Berlin, der Jagiellonen-Universität Krakau und der Masaryk-Universität Brünn; seit 2008 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
ISBN 978-3-16-160033-3 / eISBN 978-3-16-160773-8 DOI 10.1628/978-3-16-160773-8 ISSN 1865-2840 / eISSN 2569-4391 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.
Vorwort Das vorliegende Buch ist die gekürzte und überarbeitete Fassung eines Textes, der im Sommersemester 2015 am Fachbereich 04 der Justus-LiebigUniversität Gießen als Dissertationsschrift angenommen worden ist. Es ist das Ergebnis einer langen Beschäftigung, die ihren Verfasser über viele biographische Etappen begleitet hat. Deren Anfänge reichen bis in das Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin zurück. In einer Quellenübung zur Geschichte von Ständeversammlungen im Jahr 2002 begann das Interesse für den Sejm und die politische Rhetorik der Frühen Neuzeit zu wachsen, wofür ich Johannes Helmrath bis heute dankbar bin. So wie mein damaliger akademischer Lehrer Heinz Schilling mein Tun stets mit freundlichem Interesse begleitet hat und wesentlich meine Beschäftigung mit der Frühen Neuzeit geprägt hat, war Johannes Helmrath mir auch über die Berliner Zeiten hinaus immer wieder Ratgeber und Unterstützer. Meinen universitären Umzug nach Gießen habe ich Hans-Jürgen Bömelburg zu verdanken, der mit einem neuen wissenschaftlichen Mitarbeiter vor mittlerweile mehr als einem Jahrzehnt auch dessen Dissertationsthema adoptierte. Mit den Freiräumen und der Unterstützung, die er mir im universitären Alltag gewährt hat, nicht zuletzt aber mit seinen freundlichen Ermahnungen hat er maßgeblich zum Abschluss des Manuskriptes beigetragen. Er hat in großer Liberalität immer wieder inhaltliche Diskussionen ausgetragen und am Ende auch dem Manuskript durch seine großzügige Unterstützung zum Druck verholfen. Schließlich hat Horst Carl den Promotionsprozess altruistisch gerettet, indem er allen Widrigkeiten zum Trotz spontan das Zweitgutachten für die Dissertationsschrift übernommen hat. Den Herausgebern der Reihe muss ich insbesondere für ihre langjährige Geduld danken und im Allgemeinen für die Bereitschaft, die Arbeit überhaupt aufgenommen zu haben. Ein großer Dank gebührt auch Katharina Gutekunst und Jana Trispel vom Verlag Mohr Siebeck für ihre wertvolle Unterstützung. Nicht nur die lange Entstehungszeit des Manuskriptes, auch der lange Weg vom Manuskript zum Buch hinterlassen ihre Spuren in einem Text. Entsprechend gilt, was der Jurist Helmut Quaritsch im Vorwort zur gedruckten Version seiner Habilitation geschrieben hat: „Manuskripte sind keine Weine; sie reifen nicht durch langes Liegen.“ Über die Jahre des Rechercheund Schreibprozesses sind dem Projekt verschiedene institutionelle Unter-
VI
Vorwort
stützer zur Seite gesprungen, beginnend mit dem anfänglichen Promotionsstipendium des Cusanuswerks, über den Berliner SFB 640 „Repräsentationen sozialer Ordnungen im Wandel“, dem ich assoziiert sein durfte, bis hin zum Deutschen Historischen Institut Warschau, das mir Herberge bot. Verschieden Kolloquien und Oberseminare haben geduldig dazu beigetragen, dass die Dissertation ihre letztliche Form annahm. Mit großer Herzlichkeit haben mich Lucyna und Jan Lencznarowicz in Krakau sowie Joanna Borkowska und Jason Goldsmith in Warschau während wiederholter Archivaufenthalte bei sich aufgenommen. Viele Hilfskräfte haben bei frenetischen Scan- und Kopieraufträgen ihre Nerven verloren, ihnen allen eine tiefe Entschuldigung und ein ebenso tiefer Dank. Als das Dissertationsmanuskript in seine letzte Bearbeitungsphase eintrat, haben ihm dann Oliver Hegedüs und Sebastian Müller unter Einsatz zu vieler Wochen ihres Lebens Form zu verleihen geholfen. Sie sind mir spätestens über diese Arbeit zu Freunden geworden. Lidia Gläsmann hat mir durch ihr selbstloses Engagement den Universitätsalltag freundschaftlich erleichtert. Meine über all die Jahre stets Hoffnung gebende Wegbegleiter waren Ramon Voges und Christian Jaser, nicht nur meine Gießener Existenz haben die Freundschaften zu Birte Kohtz, Markus Krzoska und Konstantin Rometsch erhellt. Dass mein Weg in die Geschichtswissenschaften mir zumindest anfänglich eine unausgesprochene Evidenz schien, habe ich nicht zuletzt meinem Geschichtslehrer Helmut Pieper zu verdanken. Meine Eltern haben mich von Beginn an immer mit Offenheit, Selbstlosigkeit und nicht zuletzt durch Korrekturlesen unterstützt; ihre Versuche, meine fachlichen Interessen zu diversifizieren, sind allerdings schon recht früh an meiner Ratlosigkeit gegenüber Technikbaukästen gescheitert. Es bleibt die Hoffnung, dass die Dissertationszeit bei Anatole, der noch zu klein war, um sich gegen die Dissertationswege und -abwege seines Vaters wehren zu können, keine allzu schwerwiegende Traumatisierung hinterlassen hat. Le´opold hat mit seiner Geburt das Abgabedatum des Manuskripts bestimmt. Er- und getragen hat mich in all dieser Zeit Marie-Laure, ihr ist dieses Buch gewidmet. Was man am Ende damit anfangen kann, steht auf einem anderen Blatt. Zumindest ein Gutachter hat einen Sinn in diesem Text gefunden. Denn der Umfang hat das ursprüngliche Manuskript zu einer wirksamen Katzensperre vor dessen Arbeitszimmertür werden lassen.
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.
Ein historiographisches Monstrum: Polen-Litauen und die „Adelsrepublik“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.
Konzeptionelle Konsequenzen: Stand, Widerstand, Aufstand . . . . .
27
3.
Methodische Reflexion: Der Rokosz als Ereignis . . . . . . . . . . . . . .
37
4.
Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
1. Mit dem Adel Staat machen: Stand und Gemeinwesen in normativen Diskursen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
1.1 Gemeinschaft im Agon: Adel zwischen Wort und Schwert . . . . . . .
62
1.2 Memorialgemeinschaft: Adel und Haus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
1.3 Tugendgemeinschaft: Adel als genealogisch-heraldischer Entwurf
105
1.4 Rechtsgemeinschaft: Freiheit, Gleichheit, Adligkeit . . . . . . . . . . . .
129
1.5 Herrschaftsgemeinschaft: Eigenherrschaft, Gehorsam und Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
154
Zusammenfassung: Stand und Herrschaft um 1600 . . . . . . . . . . . .
188
2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
193
2.1 Sejm, Hof und Magistrate: Debatten der Interregna . . . . . . . . . . .
200
2.2 Der Hof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Würden und Ämter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Patronage und Brokerage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
214 221 233
2.3 Die Ständeversammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Sejmiki: Die Organisation regionaler Adelsgemeinschaft . . . . . .
245 248
VIII
Inhaltsverzeichnis
2.3.2 Sejm: Theatrum Reipublicae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
256
2.4 Respublica conflicta: Institutionalisierungen kollektiven Konfliktaustrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
268
Zusammenfassung: Institutionen, Herrschaft und die Mischverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
289
3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel . . . . . . . .
295
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
301
3.2 Familien und Faktionen: Loyalitätskrisen und Elitenwechsel . . . . .
330
3.3 Divergierende Interessen: Zwischen dynastischer Politik und adligen Ansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
365
Zusammenfassung: Der Modus vivendi einer Mischverfassung . . .
389
4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
393
4.1 Präludium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Absehbare Konfrontation und Zuspitzung: Vor dem Sejm von 1606 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Die Auseinandersetzung entflammt: Warschauer Sejm und Versammlung von Ste˛z˙yca . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
399
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm . . . . . . . . 4.2.1 Die Etablierung der oppositionellen Versammlungen: Lublin und Sandomierz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Der König konföderiert sich: Wis´lica und Janowiec . . . . . . . . . . 4.2.3 Ad extrema: Je˛drzejo´w, Warschau und Jeziorna . . . . . . . . . . . . .
450
4.3 Papierkrieg: Argumentative Radikalisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Tyrannis, absolute Herrschaft und Schwarze Legenden . . . . . . . 4.3.2 Jesuiten und Häretiker: Asymmetrische Streitkatalysatoren . . . 4.3.3 Aufstand, Einigkeit und Bürgerkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4 Eine Frage der Ehre: Adelskorrespondenzen als Duellforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
527 534 543 554 561
4.4 Finale: Gewalt als Lösung, Gewalteinhegung als Herausforderung
573
Zusammenfassung: Betwixt and between – Adel zwischen Widerstand und Loyalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
400 415
453 484 498
591
Inhaltsverzeichnis
IX
Epilog: Ein Ereignis zwischen rebellischer Normalität und Normsetzung durch Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
599
Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
617
1.
Adel als Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
618
2.
Stand und respublica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
620
3.
Der Rokosz als Ereignis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
624
Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
629
1. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
629 629 631
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
645
Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
705
Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
713
Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
716
2.
Einleitung Mikołaj Zebrzydowski wollte nicht vom Pferd steigen. Am 4. Oktober 1606 war der Krakauer Wojewode zusammen mit dem litauischen Mundschenk Janusz Radziwiłł auf dem Weg zu König Sigismund III. Wasa. Ihm sei schon seit langem bekannt, wie man Könige zu begrüßen habe, ließ Zebrzydowski seine Begleiter trotz aller Einwände wissen: „Und ich kann Ihre Majestät den König auf dem Pferd sitzend begrüßen und dies ist keine Neuerung für mich.“1 Erst das drohende Blutvergießen „wegen einer solch kleinen Zeremonie“ führte am Ende zum Einlenken des Wojewoden, wie ein Berichterstatter notierte.2 Der Monarch seinerseits garantierte, die beiden Hochadligen wie Senatoren zu empfangen. Schließlich näherten sich Radziwiłł und Zebrzydowski dem König durch ein Spalier von Soldaten, zu Fuß und mit gezogenen Hüten.3 Allgemein wenig ehrenhaft war es in Polen-Litauen für einen Adligen, zu Fuß zu gehen.4 Dies scheint nicht weiter erstaunlich, konstatiert die Forschung doch allgemein: „The European nobility thus consisted originally of men on the horse back.“5 So wurde auch das edle und freie polnisch-litauische Pferd in hippologischen Traktaten des frühen 17. Jahrhunderts zur Analogie seines adligen Herrn. Der Besitz und die Beherrschung eines Pferdes wiederum waren Abbild männlicher adliger Autorität und Eigenherrschaft – über das Pferd, die Bauern und die Ehefrau angemessen zu gebieten, dies spiegelte adlige Tugend und Fähigkeit.6 Die zeremonielle Verweigerung Ze1 Opisanie prawdziwe i porza˛dne traktato´w pod Janowcem, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608, Tom 3: Proza, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 145–154, 149. 2 Ebenda. 3 Wipisanie drogi JKM zobozu od Wislicze 1606, Biblioteka Czartoryskich, rkps 338, 287r.–289v., 287r. 4 S, S, Polonia nunc denuo recognita et aucta, Dantisci 1652, 232 (erste Auflage Köln 1632). 5 S, H M. / S, C, The Consolidation of Noble Power in Europe (c. 1600–1800), in: dies. (Hg.), The European Nobilities in the Seventeenth and Eighteenth Century. Vol. 1: Western Europe, London / New York 1995, 1–52, 9. 6 Gospodarstwo Jezdzeckie Strzelcze y Mysliwcze z Doswiadczenia NN. Szlachcica Polskiego napisane Roku Pan´skiego 1606. A teraz swiezo z dozwoleniem starszych do druku podane w Poznaniu 1690, in: O mys´listwie, koniach i psach łowczych ksia˛z˙ek pie˛-
2
Einleitung
brzydowskis, vor dem König vom Pferd zu steigen, verweist mithin auf eine Demonstration von Adligkeit, in der sich mehrere gegenseitig bedingende und interagierende Ebenen miteinander verbanden: Der persönliche Anspruch der Eigenherrschaft verflocht sich mit dem Herrschaftsanspruch im Gemeinwesen. Dabei wurde die Frage nach der legitimen – auch institutionellen – Vertretung der Adelsnation folgerichtig ebenso mit Ehrfragen wie mit ethisch-politiktheoretischen Diskursen gekoppelt. Schließlich ging potentielle Gewalttätigkeit einen Nexus mit Sprachhandeln ein. All dies muss jedoch zugleich in den Kontext der Überlieferung gesetzt werden. So berichtet besonders ein Autor, der den Reihen des widerständigen Adels zuzurechnen ist, von Zebrzydowskis Duellforderung.7 Letztere speiste er mithin als Bestandteil seiner eigenen Auffassung von Adligkeit und Gemeinwesen in die zeitgenössische Produktion polemischer Texte ein. Zugleich wurde sie mit der Überlieferung in den adligen Familienbüchern zum Traditionsbestandteil.8 Im Herbst 1606 dauerten in Polen-Litauen die offenen Auseinandersetzungen zwischen König Sigismund III. Wasa (1566–1632) und widerständigen Teilen des Adels schon ein halbes Jahr an. Das auf den ersten Blick ungleiche hochadlige Gespann aus dem kleinpolnischen Katholiken Mikołaj Zebrzydowski (1553–1620) und dem litauischen Reformierten Janusz Radziwiłł (1579–1620) stand an der Spitze dieser Bewegung. In den ersten Monaten manifestierte sich der Konflikt vor allem in Versammlungen des widerständigen Adels außerhalb der Foren der zentralen Ständeversammlung (sejm) und der regionalen beziehungsweise lokalen Ständeversammlungen (sejmiki). Im August des Jahres 1606 hatten sich die unzufriedenen Adligen bei der Stadt Sandomierz zu einem formalen Bund (rokosz), zusammengeschlossen und formulierten ihre Forderungen an den Monarchen in Artikeln. Parallel zur Versammlung von Sandomierz formierte der König eine Gegenkonföderation, während die Teilnehmer des Rokosz ihrerseits ein Allgemeines Aufgebot ausriefen. Der Konflikt hatte sich merklich zu verschärfen und zu militarisieren begonnen. Im Oktober, als Zebrzydowski und Radziwiłł vor dem Monarchen Abbitte leisten sollten, wurde allerdings nur ein trügerischer Kompromiss erreicht. Erst im Folgejahr sollten die Auseinandersetzungen in
cioro z lat 1584–1690, ed. v. Jo´zef Rostafin´ski, Krako´w 1914, 99–198, bes. 134; D, K, Hippika. To jest Ksie˛ga o koniach, potrzebna i krotochwilna młodos´ci zabawa, ed. v. Kazimierz Jo´zef Turowski, Krako´w 1861, bes. 6. Allgemein: S, Z, Kon´ w z˙yciu szlachty XVI–XVIII w., Torun´ 2002. 7 Zu den unterschiedlichen Überlieferungen der Verhandlungen in Janowiec zwischen dem widerständigen Adel und dem Monarchen: C, A, Ugoda w Janowcu z paz´dziernika 1606 r. w s´wietle dwo´ch pism politycznych, in: Acta Universitatis Lodziensis. Folia Historica 95 (2015), 51–62, bes. 61 f. 8 Vgl. hierzu die editorischen Bemerkungen Jan Czubeks zu: Opisanie prawdziwe i porza˛dne traktato´w pod Janowcem, 145.
Einleitung
3
eine offene Feldschlacht münden. Ihr allerdings folgte noch nicht die Aufgabe der antimonarchischen Opposition. Erst 1608 verebbte die Bewegung allmählich, um schließlich mit der offiziellen Entschuldigung und Amnestierung der betroffenen Adligen zu Beginn des Jahres 1609 ein Ende zu nehmen. Die Auseinandersetzungen zwischen dem widerständigen Adel und König Sigismund III. Wasa in den Jahren 1606 bis 1609 haben in der polnischen Historiografie als „Rokosz des Zebrzydowski“ beziehungsweise „Rokosz von Sandomierz“ ihren kanonisierten Platz gefunden. Oft genug dient dieser Rokosz dabei wahlweise als periodisierender Einschnitt der Verfassungs-, Adels- oder auch der Reformationsgeschichte. Im Folgenden sollen die Auseinandersetzungen von 1606 bis 1609 im Kontext der Frage nach dem Verhältnis von Adel und Gemeinwesen in Polen-Litauen untersucht werden. Dabei richtet sich der Fokus auf die Art und Weise, in der sich das Selbstverständnis von Adel mit der Frage nach der herrschaftlichen Organisation des Gemeinwesens verband. Dieser Untersuchungsstrang verbindet sich wiederum mit der Frage nach einem zeitgenössisch wahrgenommenen, schließlich auch nach einem posteriori postulierten Sinnzusammenhang des Aufstandsgeschehens, die den Rokosz zum historischen Ereignis gerinnen ließ. Zunächst soll der Rokosz in diesem Kontext als Repräsentationskonflikt im Sinne Roger Chartiers begriffen werden. Dabei geht es nicht um einen universell metastasierten Begriff von „repre´sentation“,9 der letztlich konturlos unter einer „he´morragie du sens“ leidet.10 Vielmehr soll Chartiers Konzeption einen pragmatisch operationalisierbaren Zugriff bieten.11 Dies gilt zum einen in Bezug auf die bereits exemplarisch angesprochene Verflechtung verschiedener Ebenen, die sich in den Auseinandersetzungen des Rokosz abzeichnet. Zum anderen ist der Repräsentationsbegriff in Hinsicht auf die allgemeine Beobachtung hilfreich, beim „Adlig Sein“ handele es sich nicht
9 K, H, Repräsentationen, repre´sentations. Le mot dans la recherche historique allemande (Working Papers des Sonderforschungsbereichs 640 Nr. 1 / 2011), Berlin 2011. 10 R, P, La me´moire, l’histoire, l’oubli, Paris 2000, 294; vgl. auch in kritischer Auseinandersetzung mit Chartier einen Beitrag Carlo Ginzburgs, der nicht nur vor der unreflektierten Verwendung des Begriffs „repre´sentation“ warnt und in diesem Zusammenhang mittelbar auch dessen vermeintlich holistischen Anspruch zerstören und an konkrete Problemlagen der Vormoderne rückbinden will, ohne dass er jedoch damit eine neue synthetische Konzeptionalisierung verbindet: G, C, Repre´sentation. Le mot, l’ide´e, la chose, in: Annales ESC 46.6 (1991), 1219–1234, bes. 1219. 11 Kritisch hierzu: G, R, Was macht die Theorie in der Geschichte? ,Praxeologie‘ als Anwendung des ,gesunden Menschenverstandes‘, in: Jens Hacke / Matthias Pohlig (Hg.) Theorie in der Geschichtswissenschaft, Frankfurt a.M. / New York 2008, 109–129.
4
Einleitung
um einen Zustand, „sondern das Resultat permanenter Anstrengung.“12 Dies wiederum korrespondiert mit der These von der immanenten Konflikthaftigkeit des Adels als sozialer Gruppe.13 Die „repre´sentation“ im Sinne Chartiers zielt dabei in dreifacher Weise auf die Beziehung sozialer Gruppen zur Welt: (1) als mehrschichtige intellektuelle Konfigurationen, mit deren Hilfe verschiedene Gruppen ihre jeweilige gesellschaftliche Wirklichkeit divergent konstruieren, (2) als Praktiken, die dieser je spezifischen Beziehung zur Welt Anerkennung verschaffen und symbolisch ihren Status zur Schau stellen wollen, und schließlich (3) als institutionalisierte Formen, durch die kollektive oder individuelle Akteure auf eine sichtbare und dauerhafte Weise die Existenz einer Gruppe zu markieren versuchen.14 Die vorliegende Untersuchung zielt vor diesem Hintergrund grundsätzlich auf einen differenzierten Umgang mit dem Konzept der polnischen beziehungsweise polnisch-litauischen „Adelsrepublik“ ab, das in der polnischen Historiografie als Kristallisationspunkt der Debatten über die Politikbeziehungsweise Verfassungsgeschichte der Frühen Neuzeit dient und als solcher gleichermaßen von der internationalen Forschung rezipiert wird.15 In diesem Zusammenhang ordnen sich die nachfolgenden Überlegungen in den größeren Rahmen der gemeineuropäischen Diskussion zum Komplex frühneuzeitlicher „Staatsbildung“ ein. Die Konfliktlage zu Beginn des 17. Jahrhunderts soll dazu dienen, die analytischen Stränge der Adels-, Verfassungsund Institutionengeschichte zusammenzuführen. Deren Verknüpfung wurde oft genug durch das traditionelle Schema „Adelsrepublik“ gewährleistet. Unter der Prämisse einer Verschiedenartigkeit des polnischen Adels wie der
12 R, C, Wappengenossen und Landleute. Der bayerische Niederadel zwischen Aufstieg und Ausgrenzung, in: Kurt Andermann (Hg.), Zwischen Nicht-Adel und Adel, Stuttgart 2001, 105–156, 140. 13 Etwa R, M P. / L, C, The Spaces of Nobility, in: dies. (Hg.), Contested Spaces of the Nobility, Aldershot 2010, 2–10, 4; J, A, Le devoir de re´volte. La noblesse franc¸aise et la gestation de l’E´tat moderne (1559–1661), Paris 1989, 91–116. 14 C, R, Le monde comme repre´sentation, in: Annales ESC 44.6 (1989), 1505–1520, 1514. 15 Beispielsweise für die deutsche Forschung: D, R, Die Entstehung des frühneuzeitlichen Europa (1550–1648), Frankfurt a.M. 1982 (Fischer Weltgeschichte 24), 135; F, R, Europa in der Frühen Neuzeit, Frankfurt a.M. 2012 (Neue Fischer Weltgeschichte 5), 124, 292; S-S, L, Geschichte Europas in der Frühen Neuzeit. Studienhandbuch (1500–1789), Paderborn 2009, 219; A, R G., Europäischer Adel in der Frühen Neuzeit. Eine Einführung, Köln / Weimar / Wien 2008, 16; dagegen mit einer originellen, wenn auch nicht in allen Punkten nachvollziehbaren Interpretation der polnischen Verfassungsgeschichte: R, W, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 32002, 77–79.
1. Ein historiographisches Monstrum
5
Verfassungsverhältnisse bildete und bildet dieses Schema zugleich mehr oder weniger implizit die Basis, um einen polnischen, wahlweise einen ostmitteleuropäischen Sonderweg zu konstatieren. Entsprechend wird das Konstrukt der „Adelsrepublik“ im nachfolgenden ersten Abschnitt der Einleitung diskutiert. Vor diesem Hintergrund sollen in einem zweiten Schritt die Überlegungen zum Rokosz in den Kontext der europäischen Forschungen zum frühneuzeitlichen Widerstandsrecht und adligen Aufstandsbewegungen eingeordnet werden. Hieran anschließend werden dann Überlegungen zur historiografischen Tradition des Rokosz als Ereignis angestellt, bevor die Einleitung in einige Bemerkungen zur Anlage des nachfolgenden Textes mündet.
1. Ein historiographisches Monstrum: Polen-Litauen und die „Adelsrepublik“ Bei uns, in der widerwärtigen, beschissenen Adelsdemokratie16
Die beiden wichtigsten Synthesen der letzten Jahre zur Geschichte PolenLitauens vom 16. bis 18. Jahrhundert bilanzieren jeweils die rund zweihundert Jahre andauernden Auseinandersetzungen über den Charakter des frühneuzeitlichen Gemeinwesens.17 Dabei kommen die Autoren Mariusz Markiewicz und Urszula Augustyniak zunächst zu recht ähnlichen Einschätzungen. Zuallererst bemühen sich beide, Polen-Litauen deutlich in einen europäischen Kontext einzuordnen und in der Auseinandersetzung mit den historischen Kontroversen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Kategorien Adelsdemokratie und Magnatenoligarchie hinter sich zu lassen. Vielmehr unterstreichen Markiewicz wie Augustyniak als verfassungsgeschichtliches Charakteristikum die monarchia mixta18 beziehungsweise das Mischverfassungssystem (pan´stwo mieszane)19. Zugleich können oder wollen sich diese Gesamtdarstellungen nicht völlig von der Bezeichnung der „Republik“ lösen, die spätestens seit den 1960er Jahren ihren festen Platz im Begriffsinstrumentarium der neueren polnischen Geschichtswissenschaft ge-
16
W, S I, Der verfluchte Sarmate, in: Marek Klecel (Hg.), Polen zwischen Ost und West. Polnische Essays des 20. Jahrhunderts, Frankfurt a.M. 1996, 21–37, 24. 17 M, M, Historia Polski 1492–1795, Krako´w 22002; A, U, Historia Polski 1572–1795, Warszawa 2008. 18 M, Historia Polski, 30–33. 19 A, Historia Polski, 67 f.
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Einleitung
funden hat.20 Bei der Adelsdemokratie, Magnatenoligarchie und auch der Adelsrepublik handelt es sich schlussendlich um sprachliche Kondensationen eines proklamierten historischen Sonderweges, die nicht von den historiographischen Traditionen des 19. Jahrhunderts zu trennen sind. Über mehr als zwei Jahrhunderte bildete die Frage nach dem Ende des polnischlitauischen Doppelreiches in den Teilungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts den Erkenntnishorizont der polnischen Geschichtswissenschaft.21 Oft genug hat man dabei zwei Lager konstruiert, die – wenn nicht reduziert auf die Schlagworte der Krakauer und Warschauer Schule – zumindest mit den etwas breiteren Bezeichnungen von Pessimisten und Optimisten belegt wurden.22 Abgesehen von der Frage, ob solch eine Einteilung mehr oder weniger explizit bis in die gegenwärtige Historiographie Bestand hat, ist durchaus der gemeinsame Nenner der verschiedenen Ansätze zu unterstreichen: „At the same time, optimists and pessimists seem to agree that the early modern system of government by estates in East Central Europe – the model of ,noble republics‘ – was unique in the history of the continent.“23 Dass jede europäische National- und Regionalgeschichte ihren eigenen Sonderweg konstruiert hat, darf mittlerweile als Binsenweisheit gelten.24 Auch wenn Markiewicz und Augustyniak dagegen die Normalisierung Polen-Litauens in der europäischen Geschichte betreiben, scheinen sie ihrer eigenen Courage doch nicht ganz trauen zu wollen. Während Augustyniak eine spezielle Entwicklung des Doppelreiches als einer der europäischen „respublicae liberae“ aus dessen geopolitischer Lage sowie zunehmender Rückständigkeit des
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In diesem Zusammenhang ist vor allem die prägende Monographie Andrzej Wyczan´skis zu nennen, die 1965 erstmals erschienen, 1991 neu aufgelegt wurde: W, A, Polska Rzecza˛ Pospolita˛ szlachecka˛, Warszawa 1965 (dt. Ausg.: Polen als Adelsrepublik, Osnabrück 2001 (Klio in Polen 5)). Vgl. zur positiven zeitgenössischen Aufnahme des Buches auch das Nachwort Hans-Jürgen Bömelburgs zur deutschen Ausgabe (S. 433–440, 439). 21 G, A F., Zarys historii historiografii polskiej, Poznan´ 2003, 115 f. Den immer noch besten deutschsprachigen Überblick über die ältere historiografische Diskussion zu den Teilungen und deren Gründen bietet M, M G., Die Teilungen Polens 1772 – 1793 – 1795, München 1984, 65–87. 22 Schon Anfang des 20. Jahrhunderts bezeichnenderweise mit der titelgebenden Wortwahl „Historiosophie“. Hierzu ausführlich: S, W, Optymizm i pessymizm w historyozofji polskiej, in: Ders., Kro´l a car. Studya historyczne, Lwo´w/Warszawa 1912, 23–57. 23 M, M G., Republicanism versus Monarchy? Government by Estates in Poland-Lithuania and the Holy Roman Empire, Sixteenth to Eighteenth Centuries, in: Manfred Hildermeier (Hg.), Historical Concepts between Eastern and Western Europe, New York 2007, 35–46, 36. 24 Etwa K, J, Asymmetrical Historical Comparison. The Case of the German Sonderweg, in: History and Theory 38.1 (1999), 40–50, 48.
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wirtschaftlichen und politischen Systems ableitet,25 umgeht Markiewicz weitgehend explizite Thesen. Letztlich scheint er an dieser Stelle stillschweigend mit den Ausführungen des Verfassungshistorikers Oswald Balzers aus dem Jahr 1915 übereinzustimmen, der die Verfasstheit Polen-Litauens als diejenige eines „durchschnittlichen westeuropäischen Staates“ charakterisiert hatte.26 Markiewicz verzichtet hierbei nicht darauf, zumindest implizite sprachliche Rückständigkeitsassoziationen abzurufen, indem er unvermindert die Übernahme „westlicher“ Verfassungselemente und eine europäische Randlage konstatiert.27 Angesichts der neueren Debatten zur europäischen Geschichte gilt cum grano salis für die Konstruktion der Geschichtsregion Ostmitteleuropa Ähnliches wie für die Konstruktion von nationalen Sonderwegen. Insbesondere die deutsche Geschichtswissenschaft pflegt eine solche regionalhistorische Perspektive unter verschiedenen Vorzeichen seit einem guten Jahrhundert kontinuierlich.28 Demgegenüber hatte sich in Polen mindestens bis in die 2010er Jahre nach längerer Unterbrechung eine neue Konjunktur für den ostmitteleuropäischen Sonderweg entwickelt, der die Konzentration auf rein 25
A, Historia Polski, 68. B, O, Z zagadnien´ ustrojowych Polski, Lwo´w 21917 (Studya nad historya˛ prawa polskiego VI / 2), 70. Auf den politischen Wandel Balzers von einer „pessimistischen“ zu einer „optimistischen“ Interpretation der polnischen Geschichte, der sich gerade in dieser Schrift bemerkbar macht, hat Markus Krzoska hingewiesen, vgl. K, M, Für ein Polen an Oder und Ostsee. Zygmunt Wojciechowski (1900–1955) als Historiker und Publizist, Osnabrück 2003, 50; aber auch zeitgenössisch ist der Perspektivwechsel Balzers deutlich bemerkt worden, vgl. Z, S, Ideologia ustrojowa. Krytyka sa˛do´w Balzera, Kutrzeby, Chołoniewskiego, Lwo´w 1918, 17 f. 27 M, Historia Polski, 30. 28 Exemplarisch zur strukturellen Begründung eines historischen Raumes Ostmitteleuropa: P, J, Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert, München 2010, 1–28. Ansonsten sei an dieser Stelle nur auf die neueren Forschungsüberblicke und methodischen Reflexionen verwiesen: ., Ostmitteleuropa (http://ieg-ego.eu/de/threa ds/crossroads/grenzregionen/joachim-vom-puttkamer-ostmitteleuropa, zuletzt abgerufen am 25.9.2019); T, S, Region und Epoche statt Raum und Zeit – ,Ostmitteleuropa‘ als prototypische geschichtsregionale Konzeption (http://www.europa.clio-onlin e.de/site/lang de/ItemID 161/mid 11428/ 40208214/default.aspx, zuletzt abgerufen am 25.9.2019); S, F B, Mental Maps. Die Konstruktion von geografischen Räumen in Europa seit der Aufklärung, in: Geschichte und Gesellschaft 28.3 (2002), 493–514, 508–513; ein neuerer Diskussionsversuch bei K, M / L, K / R, K, Jenseits von Ostmitteleuropa? Zur Aporie einer deutschen Nischenforschung, in: Journal of Modern European History 16.1 (2018), 40–63; die Antworten hierauf von John Connelly, Peter Haslinger, Friederike Kind-Kova´cs / Valeska Bopp-Filimonov und Joachim von Puttkamer in dem Sammelbeitrag: Ostmitteleuropaforschung II. Reaktionen auf die Kritik an der „deutschen Nischenforschung“, in: Journal of Modern European History 16.3 (2018), 295–320. 26
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nationalgeschichtliche Interpretationen stark relativiert hat.29 Dies entspricht einer allgemeinen Tendenz der – europäischen – Historiographien. So lässt sich einerseits eine Dezentrierung normativer Europavorstellung und andererseits eine Europäisierung, in den letzten Jahren noch viel mehr eine Globalisierung der jeweiligen Nationalgeschichte beobachten.30 Michael G. Müller hat konstatiert, „Osteuropa“, beziehungsweise „Ostmitteleuropa“, hätten als historische Einheit so wenig oder im gleichen Maße existiert wie „Europa“ überhaupt. „And, more importantly, the distinction between East and West in Europe helps very little to explain the discrepancies and contradictions between the different paths of development that individual European societies experienced over the last millennium.“31 Es gehört mittlerweile zum common sense der Geschichtswissenschaften, dass die Aufteilung Europas in Ost und West als keine feste Größe anzusehen ist. Vielmehr muss diese Bipolarität als Erscheinung des ausgehenden 18., wahlweise des 19. Jahrhunderts, als Teil von sich diachron verändernden Vorstellungen von Europa verstanden werden.32 Entsprechend ist die Gültigkeit einer europäischen Ost-West-Trennung auch für die Frühe Neuzeit seit Langem in Frage gestellt worden.33 Die analytischen Konsequenzen für eine frühneu29 Hierauf wird weiter unten noch genauer einzugehen sein. Vgl. überblicksmäßig D, B, Die polnische Historiographie und der polnisch-litauische Staatsverband – multinationales Erbe und polnische Geschichtsschreibung, in: ZfO 53.3 (2004), 351–361; R, R, Das Erbe der Republik beider Nationen – Geschichte eines Gründungsmythos in Ostmitteleuropa, in: Ders. / Zdzisław Krasnode˛bski / Stefan Garsztecki (Hg.), Last der Geschichte? Kollektive Identität und Geschichte in Ostmitteleuropa (Belarus, Polen, Litauen, Ukraine), Hamburg 2008, 21–77, bes. 42–46. 30 C, L / T, P, Introduction. Current Challenges of Writing European History, in: European History Quarterly 40.4 (2010), 581–592, 585; Etwa Wolfgang Reinhard hat in seinem 2016 neu aufgelegten Grundlagenwerk auch für die Frühe Neuzeit betont, auch die Formierung europäischer Staatskonstruktionen ließe sich nicht außerhalb der Globalgeschichte denken: R, W, Die Unterwerfung der Welt. Globalgeschichte der europäischen Expansion 1415–2015, München 2016, 20–22; allgemein zusammenfassend zum Einfluss der Globalgeschichte: C, S, Globalgeschichte. Eine Einführung, München 2013, 7–17. 31 M, M G., European History: a fac¸on de parler?, in: European Review of History 10.2 (2003), 409–414, 412; in der Tendenz ähnliche Überlegungen mit Bezug auf die klassischen historischen Regionen auch bei D, J, Early Modern Europe. Beyond the Strictures of Modernization and National Historiography, in: European History Quarterly 40.4 (2010), 606–623, 614. 32 Beispielsweise B, P, Did Europe Exist Before 1700?, in: History of European Ideas 1 (1980), 21–29; E, R J., What is European History? Reflections of a Cosmopolitan Islander, in: European History Quarterly 40.4 (2010), 593–605. 33 L, H, Zur Entstehung des Osteuropabegriffs im 19. Jahrhundert. Vom „Norden“ zum „Osten“, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas N.F. 33.1 (1985), 48–91; W, L, Inventing Eastern Europe. The Map of Civilization on the Mind of the Enlightenment, Stanford 1994; zusammenfassend: ., Die Erfindung Osteuropas.
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zeitliche Geschichtsregion Ostmitteleuropa, die ohne den Ost-West-Dualismus konzeptionell als diachrone Einheit obsolet wird, scheinen dagegen kaum geklärt. In der polnischen Geschichtswissenschaft der letzten zwei Jahrzehnte hat sich vor allem Jerzy Kłoczowski als Protagonist eines Ostmitteleuropa- beziehungsweise eines Mittelosteuropakonzepts profiliert.34 Mit der deutschen Ostmitteleuropaforschung ist diesem Ansatz der Rekurs auf strukturgeschichtliche Argumente gemein. Die „Andersartigkeit“ eines wie auch immer definierten östlichen Europa wird dabei auch gegenwärtig, teils in voller Luzidität, aus den kanonisierten Argumentationen des beginnenden 20. Jahrhunderts wie dem Entwurf Oskar Haleckis abgeleitet und ist in den 1980er Jahren auch unter Rezeption des ungarischen Historikers Jeno˝ Szu˝cs weiterentwickelt worden.35 Bezieht man dies auf die Frühe Neuzeit im Allgemeinen und speziell auf das vorliegende Thema, heißt dies vor allem Folgendes: Schwache Zentralstaatsbildungen, starke Stände, zahlenmäßig großer Adelsstand, geringer Urbanisierungsgrad, schwacher Einfluss bürgerlicher Eliten – das sind Stichworte aus dem Baukasten der strukturellen Andersartigkeit eines ständestaatlichen Ostmitteleuropa.36 Von Voltaire zu Voldemort, in: Wieser Enzyklopädie des europäischen Ostens, Bd. 11: Europa und die Grenzen im Kopf, Klagenfurt 2003, 21–34; M, N, Does Europe Have a Centre? Reflections on the History of Western and Central Europe, in: Gerald Stourzh (Hg.), Annäherungen an eine europäische Geschichtsschreibung, Wien 2002 (Archiv für österreichische Geschichte 137), 1–14. 34 K, J, L’Europe du Centre-Est dans l’espace europe´en entre l’Ouest et l’Est, in: ders. (Hg.), East-Central Europe’s Position in Europe Within Europe. Between East and West, Lublin 2004, 13–35; ., Wprowadzenie, in: ders. (Hg.), Historia Europy s´rodkowo-wschodniej. Tom 1, Lublin 2000, 7–19; ., Młodsza Europa. Europa S´rodkowo-Wschodnia w kre( gu cywilizacji chrzes´cijan´skiej s´redniowiecza, Warszawa 2003; . (Hg.), Tradycje ro´z˙norodnos´ci kulturowej i religijnej w Europie S´rodkowo-Wschodniej, Lublin 2003 (Materiały Instytutu Europy S´rodkowo-Wschodniej 22). 35 T, S, Region und Epoche statt Raum und Zeit. Eine kompakte Diskussion der durchaus existierenden Kritik am Ostmitteleuropa-Konzept bietet: ., ,Intermarium‘ und ,Vermählung mit dem Meer‘. Kognitive Karten und Geschichtspolitik in Ostmitteleuropa, in: Geschichte und Gesellschaft 28.3 (2002), 435–469, 436–440; kritische Bemerkungen zum – geschichtspolitischen – Konstruktionscharakter Ostmitteleuropas schon bei: Z, K, Osteuropa. Eine Einführung in seine Geschichte, München 1977, 33 f. 36 Exemplarisch zusammenfassend: S, G, Polen – Böhmen – Ungarn. Übernationale Gemeinsamkeiten in der politischen Kultur des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, in: Joachim Bahlcke / Hans-Jürgen Bömelburg / Norbert Kersken (Hg.), Ständefreiheit und Staatsgestaltung in Ostmitteleuropa. Übernationale Gemeinsamkeiten in der politischen Kultur vom 16.–18. Jahrhundert, Leipzig 1996, 13–38; Z, K, Staatsmacht und Ständefreiheit. Politik und Gesellschaft in der Geschichte des östlichen Mitteleuropa, in: Hugo Weczerka (Hg.), Stände und Landesherrschaft in Ostmitteleuropa in der frühen Neuzeit Marburg 1995 (Historische und landeskundliche Ostmitteleuropa-
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Einen pragmatischen Ausweg aus solchen apriorischen strukturellen Vorannahmen könnte in diesem Zusammenhang der Vorschlag Arnd Bauerkämpers bieten, Europa, diachron differenziert, zunächst als einen Raum sozialen und kulturellen Austauschs zu begreifen, „instead of reiterating notions of ,progress‘ and ,backwardness‘, respectively, and thus ossifying differences.“37 Zugegebenermaßen würde es den Rahmen der vorliegenden Überlegungen sprengen, solch ein Konzept zum systematischen Teil der Analysen zu machen. Vielmehr sollen die im nachfolgenden Text immer wieder auftretenden Verweise auf „Europäisches“ im gerade beschriebenen Sinne verstanden werden. Dies soll allerdings nicht als eine allgemeine Aussage über „Europa“ oder eine „europäische Geschichte“ verstanden werden, sondern bezieht sich auf kleine Teilbereiche. Die Verwendung des Epithetons „europäisch“ erfolgt also im Sinne der Einsicht, dass es im besten Fall nur auf einzelne europäische Geschichten mit „eigenen räumlich-zeitlichen Rahmen“ und im „konkreten Sachzusammenhang“ anwendbar scheint.38 Als integraler Bestandteil der Analysen sind solche europäischen Räume sozialen und kulturellen Austauschs letztlich wohl vor allem in den Fußnoten wiederzufinden. Am deutlichsten fassbar mögen so verstandene europäische Aspekte im ersten Teil der Analysen werden, wo beständig auf die polnische und litauische Partizipation an Diskursen und Praktiken hinzuweisen sein wird, die zeitgleich etwa auch das Heilige Römische Reich, Frankreich, Italien oder Spanien erfassten. Auf einen expliziten, womöglich systematisch angelegten Vergleich mit anderen zeitgenössischen Gesellschaften als komplementären Ansatz39 muss – abgesehen von sporadischen Hinweisen – im vorliegenden Rahmen verzichtet werden. Nichtsdestoweniger ist bereits dem hier verwendeten Begriffsapparat nolens volens eine – gewissermaßen asymmetrische – komparatistische Dimension inhärent. In skizzenhaften Überlegungen zur vergleichenden Geschichte hat etwa Ja´nos M. Bak die Sinnfrage hinsichtlich einer Übertragung von Fragen und Methoden „westlicher“ Forschung auf historische ostmitteleuropäische Gesellschaften gestellt. Zu Europa gehörten die Adelsgesellschaften dieser Region sehr wohl, doch seien sie deshalb noch lange „nicht vergleichbar“ mit denjenigen Frankreichs oder Kastiliens. Dies zeige sich unter anderem an der Unmöglichkeit, Begriffe adäquat zu über-
Studien 16), 1–10, 2–5; B, J, Ostmitteleuropa, in: Harald Roth (Hg.), Studienhandbuch Östliches Europa. Bd. 1: Geschichte Ostmittel- und Südosteuropas, Köln / Weimar / Wien 1999, 59–72, 62 f. 37 B, A, Europe as Social Practice. Towards an Interactive Approach to Modern European History, in: East Central Europe 36 (2009), 20–36, 31. 38 M, M G., Wo und wann war Europa? Überlegungen zu einem Konzept von europäischer Geschichte, in: Comparativ 14.3 (2004), 72–82, 75. 39 B, Europe as Social Practice, 32.
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tragen, und solle zur Ausarbeitung eigenständiger Modelle und Begriffsapparate für Ostmitteleuropa führen.40 Die Frage, wie angemessene analytische Begrifflichkeiten zu bilden beziehungsweise wie sie entsprechend differenziert auf die Situation des Untersuchungsgegenstands anzuwenden sind, ist auch in Hinblick auf diachrone Untersuchungen im Allgemeinen reflektiert worden.41 Schlussendlich hat man es hier mit einer sehr grundsätzlichen hermeneutischen Herausforderung zu tun, wenn man annimmt, „daß die Probleme des sprachlichen Ausdrucks in Wahrheit schon Probleme des Verstehens selber sind.“42 Angesichts der langen Theorie- und Methodendiskussionen der Geschichtswissenschaft scheint dies eine geradezu überflüssige Feststellung. In Bezug auf die Auseinandersetzung mit polnischer Geschichte und Geschichtswissenschaft scheint es dennoch angebracht, hierauf zurückzukommen. Das Beispiel der „Adelsrepublik (rzeczpospolita szlachecka)“ macht dabei noch einmal deutlich, wie problematisch eine reine Übersetzung von polnischen Forschungsbegriffen im Rahmen einer deutschsprachigen Untersuchung ist. Deren germanisierte Verwendung transportiert in diesem Zusammenhang nicht nur die polnischen Forschungskonzepte. Sie fördert auch, wohl streckenweise gewollt, einen Fremdheitseffekt, der letztlich wieder auf die subtile Fortschreibung eines polnischen oder ostmitteleuropäischen Sonderwegs hinausläuft – man denke in diesem Zusammenhang an den weitverbreiteten Ausdruck „Szlachta“ insbesondere für einen polnischen „Klein-“ beziehungsweise „Mitteladel“, die nahezu ausschließliche Benennung des polnischen Hochadels als „Magnaten“. Hierzu gesellt sich das Konzept „Sarmatismus“ als umfassendes und sehr unterschiedlich definiertes Metakonzept für eine tendenziell andersartige polnische Adelskultur in der Frühen Neuzeit.43 In den
40 B, J M., Probleme einer vergleichenden Betrachtung mittelalterlicher Eliten in Ostmitteleuropa, in: Michael Borgolte (Hg.), Das europäische Mittelalter im Spannungsbogen des Vergleichs. Zwanzig internationale Beiträge zu Praxis, Problemen und Perspektive historischer Komparatistik, Berlin 2001, 49–64, 63 f. 41 L, G, Verwandtsein. Lesarten einer poltisch-sozialen Bindung im Frühmittelalter (6.–11. Jahrhundert), Köln / Weimar / Wien 2008, 238–253. 42 G, H-G, Hermeneutik I. Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 2010 (Gesammelte Werke 1), 392. 43 Kritisch zum Sarmatismus als geschichtspolitisch normativ überprägtem Konzept des 19. und 20. Jahrhunderts etwa: N, J, Sarmatyzm, czyli tradycja wynaleziona, in: Teksty Drugie 1 (2015), 46–62; zur Auseinandersetzung in der deutschen Geschichtswissenschaft: F, M, Das Streben des polnischen Adels nach dem Erhalt seiner Privilegien Zur ursprünglichen Bedeutung des Wortes „Sarmatismus“, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 57.3 (2009), 374–401, ., Sarmatismus. Die politische Ideologie des polnischen Adels im 16. und 17. Jahrhundert, Wiesbaden 2018. Faber betont, dass seine Konzeption von Sarmatismus eben einer europäischen Vergleichbarkeit nicht entgegenstünde. Die Begriffsbildung „Sarmatismus“ wird in den vorliegen-
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folgenden Analysen werden hingegen solche Begriffsverwendungen bewusst vermieden. In der Konsequenz, so die Hoffnung, wird eine komparatistische Perspektive eröffnet, indem historische Phänomene mit Termini belegt werden, die in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft fraglos auch für andere europäische Länder verwendet werden. Inhaltliche Differenzen zwischen geschichtlichen Phänomenen und Strukturen lassen sich auf diese Weise eventuell mit einem reduzierten Apriori konzeptueller Last von Sonderwegen und Geschichtsregionen diskutieren. In diesem Sinne wird im Nachfolgenden für die Anhänger des Rokosz etwa bewusst auf die französischsprachige Terminologie der malcontents zurückgegriffen, die sich auf die konzeptionellen Überlegungen von Arlette Jouanna beziehen.44 Dass auch nichtpolnischsprachige Termini keine neutralen Schablonen bilden, ist selbstverständlich, sollte aber gerade in Hinsicht auf die polnische Geschichte noch betont werden. Zweifelsohne ist der Begriffsapparat, etwa der deutschen Frühneuzeitforschung der letzten Jahrzehnte, nahezu ausschließlich auf der Grundlage empirischer Beschäftigung in regionaler Beschränkung auf den europäischen „Westen“ erarbeitet worden.45 Schon mit Bezug auf die ältere vergleichende und typologisierende Forschung ist dabei etwa zurecht die Konzentration Otto Hintzes auf Brandenburg-Preußen und Frankreich kritisiert worden.46 Gerade in Hintzes Fall lässt sich wiederum exemplarisch zeigen, in welcher Weise aus einer solchen Perspektive heraus der polnische Fall als eine Defizitgeschichte geschrieben werden musste.47 den Überlegungen neben anderen konzeptionellen Bedenken jedoch auch deshalb vermieden, da er so vorbelastet ist, dass eine komparatistische Umdeutung dem Verfasser problematisch erscheint. Allgemein kritisch zum Sarmatismusbegriff: B, HJ, Sarmatismus – Zur Begriffsgeschichte und den Chancen und Grenzen als forschungsleitender Begriff, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 57.3 (2009), 402–408. 44 Vgl. hierzu weiter unten in der Einleitung, S. 35. 45 P, C, Towards a comparison of the Holy Roman Empire and PolandLithuania in the early modem period potentials and pitfalls, in: Tomasz Gromelski et al. (Hg.), Frühneuzeitliche Reiche in Europa. Das Heilige Römische Reich und Polen-Litauen im Vergleich, Wiesbaden 2016, 7–24, 9, 23. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch die komparatistische Reflexion über den Epochenbegriff „Frühe Neuzeit“, wobei in einem globalen Vergleich einfach vorausgesetzt wird, dass solch eine Begrifflichkeit und die damit einhergehenden Konzepte für ganz Europa gelten, allerdings nur in Bezug auf „Westeuropa“ problematisiert werden, etwa: D, R / E, G / S, J, Einleitung, in: dies. (Hg.), Eigene und fremde Frühe Neuzeiten. Genese und Geltung eines Epochenbegriffs, München 2003 (Historische Zeitschrift. Beihefte 35), 1–21. 46 B, R, Strukturprobleme des frühmodernen Staates, in: Frederick S. Carney / Heinz Schilling / Dieter Wyduckel (Hg.), Jurisprudenz, politische Theorie und politische Theologie. Beiträge des Herborner Symposions zum 400 Jahrestag der Politica des Johannes Althusius 1603–2003, Berlin 2004, 399–435, 433–435. 47 H, O, Verfassungsgeschichte Polens vom 16. bis 18. Jahrhundert, in: ders.,
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Zweifelsohne haben sich die vergleichenden Studien etwa zum Heiligen Römischen Reich und Polen-Litauen seit Hintze erheblich verändert. Besonders in den letzten zwei Jahrzehnten haben zahlreiche komparatistische und beziehungsgeschichtliche Arbeiten begriffliche und damit auch konzeptionelle Brücken etwa zwischen der deutschen und der polnischen Frühneuzeitforschung gebaut.48 In Bezug auf die Frage nach politischer Vergemeinschaftung teilen dabei die deutsche, polnische und internationale Frühneuzeitforschung mit Staat / pan´stwo, Stand / stan, weiter gefasst Gesellschaft / społeczen´stwo und Kultur / kultura, vordergründig die Ausrichtung an denselben Metabegriffen als Paradigmen.49 Bei näherer Betrachtung von deren partialen BedeutungsStaat und Verfassung. Gesammelte Abhandlungen zur Allgemeinen Verfassungsgeschichte, hrsg. v. Gerhard Oestreich, Göttingen 31970, 511–562. Demgegenüber differenzierter, wenn auch nahezu uneingeschränkt den Wertungen der älteren polnischen Forschung folgend: R, H, Ständewesen und parlamentarische Verfassung in Polen (1505–1772), in: Dietrich Gerhard (Hg.), Ständische Vertretungen in Europa im 17. und 18. Jahrhundert, Göttingen 1974, 310–367. 48 B, H-J, Ständische Reformen in mitteleuropäischen Staatsverbänden im Vergleich. Die Reichsreformbewegung und die Exekutionsbewegung in Polen (1410–1580), in: Marian Dygo / Sławomir Gawlas / Hieronym Grala (Hg.), Modernizacja struktur władzy w warunkach opo´z´nienia. Europa S´rodkowa i Wschodnia na przelomie s´redniowiecza i czaso´w nowoz˙ytnych, Warszawa 1999, 35–57; ., Die Tradition einer multinationalen Reichsgeschichte in Mitteleuropa – Historiographische Konzepte gegenüber Altem Reich und Polen-Litauen sowie komparatistische Perspektiven, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 53.3 (2004), 318–350; ., Die Wahrnehmung des Reichstags in Polen-Litauen. Mitteleuropäische Kommunikationsstrukturen und die polnischen Gesandtschaften zum Reichstag 1486–1613, in: Maximilian Lanzinner / Arno Strohmeyer (Hg.), Der Reichstag 1486–1613. Kommunikation – Wahrnehmung – Öffentlichkeiten, Göttingen 2006, 405–437; ., Altes Reich und Rzeczpospolita (Polnischlitauische Adelsrepublik). Hymne auf Vielfalt und Geschichte eines Niedergangs, in: HansHenning Hahn / Traba, Robert (Hg.), Deutsch-Polnische Erinnerungsorte. Bd. 3: Parallelen, Paderborn 2012, 21–36; D. / K, E, Altes Reich und Alte Republik. Deutsch-Polnische Beziehungen und Verflechtungen 1500–1806, Darmstadt 2014; S, G, Altes Reich und Adelsrepublik – multinationale Großreiche und freie Republiken?, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 53.3 (2010), 391–408; D, J, Reichsversammlungen im Spätmittelalter. Politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland, Ostfildern 2011; T, D, Mit Gott rechnen. Katholische Reform und politisches Kalkül in Frankreich, Bayern und Polen-Litauen, Göttingen 2011; J, H P., Johannes a Lasco in Ostfriesland. Der Werdegang eines europäischen Reformators, Tübingen 2002 (Spätmittelalter und Reformation 18); G, T et al. (Hg.), Frühneuzeitliche Reiche in Europa. Das Heilige Römische Reich und Polen-Litauen im Vergleich, Wiesbaden 2016. 49 Zur Frage der Anwendungsmöglichkeiten des Paradigmenkonzepts auf die Geschichtswissenschaften im Sinne von „Metabegriffen“ vgl. M, T, Kulturgeschichte: die neue ,große Erzählung‘? Wissenssoziologische Bemerkungen zur Konzeptionalisierung sozialer Wirklichkeit in der Geschichtswissenschaft, in: Wolfgang Hardtwig /
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ebenen zeigt sich jedoch eine teils stark divergierende Konzeptionalisierung.50 Dies wird besonders deutlich, wenn man einen genaueren Blick auf die darauf aufbauenden Konzepte von Staatlichkeit wirft, die für den polnischen Fall eben mit den Schlagwörtern „Adelsdemokratie“ (demokracja szlachecka), „Magnatenoligarchie“ (oligarchia magnacka), „Adelsrepublik“ (Rzeczpospolita szlachecka) oder „Republik Beider Nationen“ (Rzeczpospolita Obojga Narodo´w) umrissen werden können. Mit der ihm eigenen Vulgarität fasste der zu Beginn dieses Abschnitts zitierte polnische Avantgardist Stanisław Ignacy Witkiewicz seinen bewusst außerwissenschaftlichen Standpunkt zum polnisch-litauischen Unionsreich der Frühen Neuzeit zusammen. Dabei unterscheidet sich seine Positionsbestimmung nicht grundsätzlich von den Argumentationsmustern der geschichtswissenschaftlich ausgetragenen Kontroversen.51 Letztere werden für das 19. und beginnende 20. Jahrhundert, wie bereits erwähnt, vorrangig mit der Lagerbildung von Pessimisten und Optimisten beziehungsweise der Krakauer und Warschauer Schule oder Aufklärung, Romantik und Positivismus beschrieben.52 Allen konzeptionellen Unterschieden zum Trotz bildet dabei die Orientierung an der Nation das verbindende Glied des historischen Denkens. Dies ist im Rahmen der in ganz Europa verbreiteten historistischen Bezugsrahmen wohl keine Besonderheit, obwohl auch diese fast ausschließliche Fixierung auf die Nation, die etwa Dynastien als periodisierendes Element zunehmend außen vor lässt, als ein ostmitteleuropäisches Spezifikum interpretiert worden ist.53 Vor diesem Hintergrund mag es im ersten Moment überraschen, dass eine historiographische Frontbildung zwischen „Monarchismus“ und „Republikanismus“ konstatiert wird, die wahlweise mit optiHans-Ulrich Wehler (Hg.), Kulturgeschichte heute, Göttingen 1996 (Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft 16), 41–77, 46 f. 50 Einer der seltenen begriffsgeschichtlichen Reflexionen über den zentralen Begriff „pan´stwo“ und eine kritische Diskussion seiner Verwendung im Sinne einer analytischen Auffassung von „Staat“: M, B, Pan´stwo albo stan czyli o podstawie nowoz˙ytnej formy polityki, in: Arkady Rzegocki (Hg.), Pan´stwo jako wyzwanie, Krako´w 2000, 21–33; für ein deutsches Publikum: O, E, Der Staat im politischen Denken des polnischen Adels im 16. / 17. Jahrhundert, in: Berichte und Beiträge des Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (1997), 57–78. 51 Zur historisch-politischen Positionierung von Witkiewicz vgl. J, B, Historiozofia Stanisława Ignacego Witkiewicza, in: Pamie˛tnik Literacki 93.4 (2002), 7–32; H, D, Witkacy-Stan´czyk. Witkiewiczowska krytyka demokracji (wybrane zagadnienia), in: Marta Skwara (Hg.), Witkacy w Polsce i na s´wiecie, Szczecin 2001, 109–120. 52 Klassisch: C, I, Optymizm i pesymizm polski, Warszawa 1971 (Wybo´r studio´w i rozpraw 2). 53 H, F. Drachen und Drachentöter. Das Problem der nationalgeschichtlichen Fixierung in den Historiographien Ostmitteleuropas nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Christoph Conrad / Sebastian Conrad (Hg.), Die Nation schreiben. Geschichtswissenschaft im internationalen Vergleich, Göttingen 2002, 137–164, 147.
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mistischen oder pessimistischen Ansätzen einhergehen konnte.54 Hieraus ergaben sich die Grundsatzfragen, inwieweit die Regierungsform mit dem Wesen der Nation übereinstimmte beziehungsweise in welcher Weise die Regierungsform Polen-Litauens sich in eine vergleichende europäische Geschichte einordnen ließ. Den entscheidenden Bezugspunkt für historiographiegeschichtliche Reflexionen bildet dabei Joachim Lelewel. Er gilt als Begründer der romantischen Geschichtsschreibung und Schöpfer der Theorie der slavischen „Gemeindeherrschaft (gminowładztwo)“.55 Für Lelewel war diese Form egalitärer ethnischer Vergesellschaftung erst mit der Übernahme fremder – deutscher – Muster im Laufe des Mittelalters in eine Feudalgesellschaft umgewandelt worden. Mit dem 16. Jahrhundert sei allerdings das ursprüngliche slavischegalitäre Wesen der polnischen Nation in Form eines „Adelsdemokratismus“ wieder aufgenommen worden.56 Wie Maciej Janowski angemerkt hat, besaß diese Theorie nicht nur eine politische Dimension, die sich in einen gemeineuropäischen Kontext des Liberalismus im frühen 19. Jahrhundert einordnet. Vielmehr hätte diese Annahme einer intrinsischen Freiheitsliebe als ethnisches Spezifikum in der Folgezeit zu einer entscheidenden methodischen Verengung der historiographischen Perspektive geführt. „The price, however, was that any meaningful incorporation of national history into the universal one became almost impossible.“57 Auch wenn eine solche These in ihrer Radikalität einzuschränken ist,verweist sie doch auf den prägenden traditionsbildenden Nexus zwischen Nationsbegriff und Staatsformentheorie und damit auf die Grundlagen einer Sonderwegstheorie.58 54
Stellvertretend, jedoch in diskutabler Zuspitzung die recht hermetischen Überlegungen von A, J, Monarchizm i republikanizm w syntezie dziejo´w Polski, Ło´dz´ 1961. 55 In Bezug auf die als „romantisch“ klassifizierte sakralisierte Nationsidee ist jedoch die traditionelle Epochenbildung mit Lelewel als Urvater deutlich in Frage gestellt worden, was zu einem weitaus komplexeren Transitionsmodell führt als der klassische Bruch zwischen Aufklärung und Romantik suggeriert, vgl. B, H-J, Imaginationskonzepte und Nationskonstrukte zwischen Sarmatismus und Romantik: Jan Paweł Woronicz und Julian Ursyn Niemcewicz, in: Alfred Gall et al.(Hg.), Romantik und Geschichte. Polnisches Paradigma, europäischer Kontext, deutsch-polnische Perspektive, Wiesbaden 2007, 66–89. 56 Etwa L, J, Polska. Dzieje i rzeczy jej. Tom 1, Poznan´ 1858, 83–85, 139 f. 57 J, M, Three Historians, in: CEU History Yearbook (2001–02), 199–232, 201. 58 Ohne durch allzu grobe Vereinfachung der polnischen Geschichtswissenschaft, scheint die Koinzidenz mindestens bemerkenswert, dass die historischen Konjunkturen der Adelsdemokratie unter anderem mit den von Maria Janion konstatierten Wellen romantisierender Nationaldiskurse zusammenfallen – vom Beginn des 19. Jahrhunderts über den Ersten und Zweiten Weltkrieg bis in die 1980er Jahre, vgl. J, M, Zmierzch paradygmatu, in: dies., Czy be˛dziesz wiedział, co przez˙yłes´, Warszawa 1996, 5–23; vgl.
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Für eine romantisch affizierte Nationalgeschichte – ebenso wie für eine Geschichtswissenschaft, die sich vom romantischen Paradigma abzugrenzen suchte – blieb das frühneuzeitliche Gemeinwesen „Rzeczpospolita“ der „politisch-territoriale Maßstab“.59 Dass spätestens ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hier eine „Adelsdemokratie“ existierte, darf dabei als dominantes Interpretament der Geschichtsschreibung seit dem beginnenden 20. Jahrhundert gelten.60 Die kontroverse Unterscheidung zwischen „Republikanismus“ und „Monarchismus“ bezog sich in diesem Zusammenhang nicht auf die grundlegende Annahme der Existenz einer „Adelsdemokratie“ an sich, sondern auf deren Bewertung.61 Michał Bobrzyn´ski hatte mit seiner Kurzsynthese zur Geschichte Polens die erste große Periodisierungskontroverse ausgelöst, die sich in den folgenden Jahrzehnten fortsetzte und die schließlich mit den entgegengesetzten Entwürfen der Verfassungshistoriker Stanisław Kutrzeba und Oskar Balzer in den 1910er Jahren einen Höhepunkt fand. Zwischen beiden Synthesen gab es erhebliche Divergenzen. Dennoch gingen beide Interpretationen von einem chronologisch jeweils verschobenen Anfangspunkt einer „Adelsrepublik“62 ab 1572 (Kutrzeba) oder 1505 (Balzer) bis zum Ende des 18. Jahrhunderts aus. Hierbei sahen Kutrzeba wie Balzer – mit unterschiedlich starker Akzentuierung – diese „Adelsrepublik“ geprägt von einer „Übermacht des
auch J, M, Mirrors for the Nation. Imagining the National Past among the Poles and Czechs in the Nineteenth and Twentieth Centuries, in: Stefan Berger / Chris Lorenz (Hg.), The Contested Nation. Ethnicity, Class, Religion and Gender in National Histories, Basingstoke 2008 (Writing the Nation 3), 442–462. 59 L, A, Zur romantischen Konzeption des Politischen: Polen und Deutsche unter fremder Herrschaft, in: Alfred Gall et al. (Hg.), Romantik und Geschichte. Polnisches Paradigma, europäischer Kontext, deutsch-polnische Perspektive, Wiesbaden 2007, 21–59, 30. 60 M, M, Demokracja szlachecka, oligarchia magnacka – z dziejo´w pewnych poje˛c´, in: Krystyna Stasiewicz / Stanisław Achremczyk (Hg.), Mie˛dzy barokiem i os´wieceniem. Apogeum sarmatyzmu. Kultura polska drugiej połowy XVII wieku, Olsztyn 1997, 36–41. Besonders kritisch zu den Konzepten „Adelsdemokratie“ und „Magnatenoligarchie“ als geschichtspolitischen Konstruktionen des 19. und 20. Jahrhunderts hat sich, wenn auch mit diskutablen interpretativen Konsequenzen, vor einiger Zeit ein publizistisch-historischer Essay positioniert: W, J, Sarmacki republikanizm. Mie˛dzy prawem a bezprawiem, Warszawa 2015, bes. 15–17. 61 An dieser Stelle sei nur darauf verwiesen, dass auch ansonsten sehr konträre Ansichten der polnischen Geschichte an diesem Punkt konvergierten: K, W, O ksia˛z˙ce prof. M. Bobrzyn´skiego ,Dzieje Polski w zarysie‘ kilka sło´w, in: ders., Pisma pomniejsze, w Krakowie 1900 (Dzieła ks. Waleryana Kalinki 11 / 3), 345–390, hier 360 f. 62 K, S, Historya ustroju Polski w zarysie. Tom 1: Korona, Lwo´w 1917, 167; B, O, Historya ustroju Polski (na podstawie stenogramu za zezwoleniem autora), Lwo´w 1911, 502.
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Adels (przewaga szlachty)“63 beziehungsweise sahen sie den Adel „als einzige Macht im Staat (jedyna pote˛ga w pan´stwie)“.64 Hieran anknüpfend wurde die „Adelsdemokratie“ als Periodisierungselement 1925 von Jo´zef Siemien´ski systematisiert.65 Auch er setzte sie bezeichnenderweise in den untrennbaren Zusammenhang mit der Bezeichnung „Adelsrepublik“.66 An diese breite historiographische Tradition knüpfte in der Nachkriegszeit die marxistische Aneignung des Konzepts der „Adelsdemokratie“ unmittelbar an. Insbesondere der Verfassungshistoriker Zdzisław Kaczmarczyk hatte sich im Rahmen der ersten großen Renaissance-Konferenz der neu geschaffenen Akademie der Wissenschaften 1953 für die systematische Einführung dieses Terminus stark gemacht:67 „In Polen beginnt ab der Mitte des 15. Jahrhunderts, in der Blütezeit des Feudalismus, die klassische Form des feudalen Staates, welche die Ständemonarchie ist, zusammenzubrechen, und an deren Stelle erscheint keine absolute Monarchie als letzte Entwicklungsform des Feudalstaates, sondern die sogenannte Adelsdemokratie, die zweifelsohne ein spezifisch polnisches Phänomen ist.“
Zur Sonderentwicklung der „Adelsdemokratie“ trat in den historiographischen Ansätzen ab den 1950er Jahren nun allerdings ein neues Element hinzu. In dem zweibändigen Standardwerk zur Rechts- und Verfassungsgeschichte, das neben Kaczmarczyk auch von Juliusz Bardach verantwortet wurde, kam es zur Kanonisierung eines Schemas, das die Epoche der „Adelsrepublik“ in die chronologisch-systematischen Abschnitte „Adelsdemokratie“ und „Magnatenoligarchie“ unterteilte.68 Die Grundzüge des Konzepts der „Magnatenoligarchie“ seinerseits war nicht nur bereits unter den Schlag-
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K, Historya ustroju, 167. B, Historya ustroju, 503. 65 M, Demokracja szlachecka, 36. 66 S, J, Podział historyi Polski na okresy, in: Ksie˛ga pamia˛tkowa ku czci Oswalda Balzera. Tom 2, Lwo´w 1925, 441–463, 459. 67 K, Z, Typ i forma pan´stwa polskiego w okresie demokracji szlacheckiej, in: Stanisław Arnold (Hg.), Odrodzenie w Polsce. Historia. Materiały sesji naukowej PAN 25–30 paz´dziernika 1953 roku, Warszawa 1955, 479–526, 481. Kaczmarczyk begründet seine Begriffswahl zwar politisch opportun explizit mit Zitaten von Friedrich Engels, bezieht sich jedoch in seinen gesamten Vorüberlegungen auf Balzer, Kutrzeba und nicht zuletzt auf Sienien´ski (S. 486 f.). Darüber hinaus konnte sich die intensive Ausbeutung des Engelschen Geschichtsentwurfes über Engels Lelewel-Rezeption an eine „fortschrittliche“ Tradition der polnischen Nationalhistoriographie rückbinden lassen, auch wenn Lelewel in den unterschiedlichen marxistischen Auslegungen nicht unumstritten blieb. Zur zwiespältigen Lelewel-Rezeption in der marxistischen polnischen Nachkriegshistoriographie: G, M, ,Die Wahrheit ist auf unserer Seite‘. Nation, Marxismus und Geschichte im Ostblock, Köln / Weimar / Wien 2011, 184–195. 68 Vgl. B, J, Historia pan´stwa i prawa Polski do roku 1795, Cze˛s´c´ 1: Do połowy XV wieku, Warszawa 1957, 27. 64
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worten „Magnatenanarchie“ und „Magnatenherrschaft“ auf der großen marxistischen Methodenkonferenz in Otwock 1951 eingeführt und auf der Renaissance-Konferenz 1953 weiter ausgebaut worden.69 Vielmehr suchte man ebenfalls, wie im Fall der „Adelsdemokratie“, sich auf gedankliche Vorgänger in der Historiographie der Vorkriegszeit und des 19. Jahrhunderts zu berufen.70 Die „Magnatenoligarchie“ der volksrepublikanischen Geschichtswissenschaften erwies sich dabei als ein – auch und gerade jenseits einer ideologisierten marxistischen Historiographie – ebenso prägender wie diffuser Forschungsbegriff. Nur sehr vereinzelt traf er auf explizite Kritik.71 Das Einsetzen der „Magnatenoligarchie“ wurde wahlweise zwischen dem späten 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts diagnostiziert.72 Der gemeinsame imaginative Kern einer „Magnatenoligarchie“ ist durch eine mehr oder weniger normative Absetzung von der „Adelsdemokratie“ gekennzeichnet. Letztere galt als eine vom „Mitteladel“ dominierte Periode beziehungsweise Ausformung der „Adelsrepublik“, während die „Magnaten“ in der „Oligarchie“ als adlige Landgroßbesitzer die Gesellschaft sozial, wirtschaftlich und politisch monopolisierten. In welcher Weise die Oligarchiethese mit einer übergeordneten – pessimistischen – Niedergangserzählung konform gehen kann, zeigt etwa die Einschätzung eines ihrer prominentesten Vertreter. Henryk Olszewski stellte über den „Mitteladel“ fest, er sei „wohlhabend genug […](gewesen), um von dem Großadel unabhängig zu sein, aber nicht so reich, um den Hass der Nichtbesitzer auf sich zu ziehen. Dieser Adel fühlte sich dem Staat solidarisch verbunden und für sein Wohl verantwortlich.“73 Im Gegenzug hätten die magnatischen „Oligarchen“ kein Interesse an der Existenz einer starken Monarchie beziehungsweise einer
69 K, Z, Uwagi historyka prawa do projektu periodyzacji dziejo´w Polski, in: Jo´zef Sieradzki (Hg.), Pierwsza Konferencja Metodologiczna Historyko´w Polskich. Przemo´wienia, referaty, dyskusja. Tom 1, Warszawa 21953, 227–330, 330; S´, S, Formy pan´stwa polskiego w okresie po´z´nego feudalizmu i ich znaczenie, in: ebenda, 497–501, bes. 500; A, S, Niekto´re problemy periodyzacji dziejo´w Polski, in: ebenda, 155–185, 177. 70 Vgl. F, M, Czy w Rzeczypospolitej szlacheckiej istniała oligarchia magnacka?, in: Czasopismo prawno-historyczne 63.1 (2011), 349–376; M, Demokracja szlachecka, 36. 71 K, A, Problem władzy w Rzeczypospolitej czasu Wazo´w, in: O naprawe˛ Rzeczypospolitej XVII–XVIII wieku, Warszawa 1965, 23–36. 72 Ebenda. Martin Faber hat in seinem Aufsatz überzeugend und detailliert die teils recht divergenten Konzepte und die einzelnen Periodisierungsabweichungen dargestellt, die sich mit der „Magnatenoligarchie“ verbinden, behält aber die damit verbundenen Begrifflichkeiten der „Adelsrepublik“ und „Adelsdemokratie“ bei. 73 O, H, Die Landtage in Polen als Träger der Souveränität im Zeitalter der Oligarchie, in: Czasopismo prawno-historyczne 61.2 (2009), 129–139, 132.
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starken Zentrale gehabt, da dies ihre Machtinteressen und Herrschaftsausübung in Frage gestellt hätte.74 Hatten sich die Modelle eines polnischen Sonderweges vorrangig an Überlegungen orientiert, die ihrerseits explizit historisch vergleichender Natur waren, wie etwa im Falle Lelewels oder Bobrzyn´skis, basierte ein differenzierender Umgang mit dieser Perspektive ebenso auf komparatistischen Zugängen. Spätestens ab den frühen 1990er Jahren erschienen etliche Aufsätze, die darauf abzielten, die frühneuzeitliche polnische Geschichte auf neue Weise in den Rahmen europäischer Geschichte einzuordnen.75 Abgesehen vom veränderten gesellschaftlichen Kontext der polnischen Geschichtswissenschaft war die partielle Neubewertung der Adelsgesellschaft und der Verfassungsverhältnisse des polnisch-litauischen Doppelreiches innerfachlich nicht zuletzt der internationalen Kontroverse über das Absolutismus-Paradigma geschuldet.76 Unabhängig von einer positiven oder negativen normativen Einschätzung des frühneuzeitlichen Gemeinwesens hatte die absolute Monarchie „Westeuropas“ kontinuierlich als Blaupause der nationalgeschichtlichen polnischen Modellbildungen einer „Adelsrepublik“ gedient:77
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Vgl. ebenda, 139. Bereits früh kam allerdings auch eine differenzierte Kritik weniger am Konzept der Magnatenoligarchie an sich, sondern an deren chronologischer Einordnung und der allzu starken Nivellierung des Monarchen auf, vgl. C, W / O, K, Synteza ,Dziejo´w polskiego pan´stwa i prawa. Demokracja szlachecka i oligarchia magnacka‘, in: Kwartalnik Historyczny 74.1 (1967), 137–145. 75 An solchen Ansätzen hatte es auch zuvor nicht gefehlt: etwa W, A, Polska w Europie XVI stulecia, Warszawa 1973; S-G, A, Społecznos´c´ szlachecka i pan´stwo, in: Andrzej Wyczan´ski (Hg.), Polska w epoce odrodzenia, Warszawa 1986, 13–107, 13–16, 85–107; auch die eher unverbunden nebeneinander stehenden Beiträge über die polnischen und französischen Adelsgesellschaften im Sonderband „E´tudes sur la noblesse“: Acta Poloniae Historica 36 (1977)); ab den 1990er Jahren ging es nun beim Vergleich jedoch deutlich stärker als zuvor darum, die eingefahrenen polnischen Paradigmen zu hinterfragen: M, A, Czy siedemnastowieczna Rzeczpospolita była anomalia˛ ws´ro´d innych pan´stw europejskich?, in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 37 (1993), 79–87; M, A, Jedyna i nieporo´wnywalna? Kwestia odre˛bnos´ci w Europie XVI–XVII wieku, in: Kwartalnik Historyczny 100.4 (1993), 121–136; M, M, ,Jedyna i nieporo´wnywalna’? – normalne pan´stwo europejskie, czy moz˙e pan´stwo pogranicza?, in: Jacek Staszewski, Krzysztof Mikulski u. Jarosław Dumanowski (Hg.), Mie˛dzy Zachodem a Wschodem. Studia z dziejo´w Rzeczypospolitej w epoce nowoz˙ytnej, Torun´ 2002, 17–22. 76 M, Demokracja szlachecka, 40. 77 Exemplarisch: G, J A, Rzeczpospolita szlachecka wobec absolutystycznej Europy, in: Antoni Ma˛czak (Hg.), Pamie˛tnik X Powszechnego Zjazdu Historyko´w Polskich w Lublinie (9–13 wrzes´nia 1969 r.). Referaty i dyskusja. Tom 3: Referaty plenarne. Sekcje I–IV, Warszawa 1971, 99–126.
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„Sich nicht in die Komplexität beider Phänomene zu vertiefen, schuf im Grunde eine recht bequeme Situation, in der die polnischen Historiker die Veränderungen in ihrem Land mit einer recht monolithischen Sicht auf den Absolutismus konfrontierten. Im Fall ausländischer Historiker ist der polnische Casus wiederum eine im Anschluss an Rousseau und Montesquieu ständig wiederholte Anomalie.“78
Es kann kaum überraschen, dass die Schlüsse divergieren, die in der polnischen Frühneuzeitforschung aus dieser Feststellung gezogen wurden und werden. Die interpretatorische Skala reicht hier von einem Festhalten an einem modifizierten Sonderwegsmodell Polen-Litauens weder als „Republik“ noch als „richtige Monarchie“79, über die Betonung der monarchia mixta80 hin zu einer Anknüpfung an die „Adelsdemokratie“ in Form einer „parlamentarischen Monarchie“81 oder gar dem „land of parliamentarism“82. Daneben war in den letzten Jahren eine zunehmende Abwendung von der klassischen Adels- und Verfassungsgeschichte hin zu der Betonung eines multiethnischen und multireligiösen commonwealth zu beobachten. Andrzej Sulima Kamin´ski hat in diesem Zusammenhang eine originelle – teils durchaus explizit geschichtspolitisch ambitionierte83 – Interpretation vorgelegt, die die Betonung eines multiethnischen Polen-Litauen mit dem Mischverfassungssystem verband. Letzteres sah er nicht durch eine Adelsdemokratie oder Magnatenoligarchie geprägt, sondern durch die Rivalität von König, „Konstitutionalisten“ und „Republikanern“.84 Stellenweise, wie auch bei Piotr
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M, Czy siedemnastowieczna Rzeczpospolita była anomalia˛, 79 f.; zu einer ähnlichen Einschätzung kommt M, Jedyna i nieporo´wnywalna?, 122 f. 79 M K / W T, Absolutyzm w nowoz˙ytnej Europie – idea czy rzeczywistos´c´, in: dies. (Hg.), Rzeczpospolita – Europa (XVI–XVIII wiek). Pro´ba konfrontacji, Warszawa 1999, 9–14, 12. 80 M, Demokracja szlachecka, 40; ., Historia Polski, 30–33; vgl. auch mit Einschränkungen: C-M, J, Obywatele u władzy. Narodziny, rozkwit i zmierzch szlacheckiej republiki, in: Klio 26.3 (2013), 23–54. 81 S-G, A, Sejm w latach 1540–1587, in: Jerzy Michalski (Hg.), Historia Sejmu Polskiego. Tom 1: Do schyłku szlacheckiej, Warszawa 1984, 114–216, 185, 194, 199. 82 S K, A, Republic vs. Autocracy. Poland-Lithuania and Russia 1686–1697, Cambridge (Mass.) 1993, 274. Ohne Choin´ska-Mika mit Kamin´ski gleichsetzen zu wollen, zeigen doch ihre Vergleichsbemühungen mit England exemplarisch, dass die polnische Forschung der letzten zwanzig Jahre gerne den Vergleich mit dem englischen „Parlamentarismus“ einem Defizitvergleich mit einem französischen Absolutismus vorzog, vgl. C-M, J / D, D, Representation and Accountability. A Comparison of Early Modern England and Poland, in: Parliaments, Estates and Representation 21 (2001), 91–101. 83 S K, A, Historia Rzeczypospolitej Wielu Narodo´w (1505– 1795). Obywatele, ich pan´stwa, społeczen´stwo, kultura, Lublin 2000, 21. 84 D., History of the Polish-Lithuanian Commonwealth, in: Jerzy Kłoczowski (Hg.), Belarus, Lithuania, Poland, Ukraine. The Foundations of Historical and Cultural Tradi-
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Wandycz, stand die Betonung des Multiethnischen und Multireligiösen wiederum in engem Zusammenhang mit der Renaissance des OstmitteleuropaKonzeptes in der polnischen Geschichtswissenschaft. Hier wird die Einheit eines ostmitteleuropäischen Raumes nicht zuletzt über die starke Rolle des Adels, die fehlende Urbanisierung und die gleichzeitig prädominante Koexistenz von ethnischen und religiösen Gruppen definiert.85 So ist der darmit verbundene Terminus der „Respublica Beider Nationen (Rzeczpospolita Obojga Narodo´w)“, will heißen Polen und Litauen, verstärkt auch in verfassungsgeschichtliche Darstellungen diffundiert; dabei knüpft letzterer Begriff konzeptuell doch wieder an die „Adelsrepublik“ beziehungsweise die „Adelsdemokratie“ an.86 Immer wieder ist das Fehlen einer systematischen Begriffsgeschichte für Polen bzw. Polen-Litauen beklagt worden.87 In einigen neuen Veröffentlichungen finden sich allerdings Ansätze einer begriffsgeschichtlichen Analyse, die sich auch auf die Termini „Rzeczpospolita“ beziehungsweise „Respublica“ erstrecken.88 Mittlerweile liegt auch eine umfangreichere Arbeit zur tions in East Central Europe (International Conference, Rome 28 April – 6 May 1990), Lublin 1994, 387–391, 388 f. 85 W, P S., The Price of Freedom. A History of East Central Europe from the Middle Ages to the Present, London / New York 22001 (Erstausgabe 1992), bes. 72. 86 Deutlich wird dies beispielsweise in den definitorischen Anstrengungen von Henryk Samsonowicz: „Effectivement, la ,Re´publique des Deux Nations‘ comme on l’appelle, apparaıˆt de nos jours encore comme un e´norme paradoxe de syste`me dans l’histoire de l’Europe: une Re´publique, mais avec a` sa teˆte un roi e´lu au scrutin universel, a` une e´poque ou`, en Europe, dominait l’absolutisme.“ (Henryk S, H, La Re´publique nobiliaire ou Re´publique des Deux Nations, in: Jerzy Kłoczowski / Iwona Goral (Hg.), L’he´ritage de la Res Publica des Deux Nations, Lublin / Paris 2009, 17–24, 18.). Verwunderlich erscheint dies nicht weiter, hatte Jo´zef Andrzej Gierowski, ab den 1990er Jahren einer der einflussreichen Interpreten des multiethnischen und multireligiösen commonwealth, doch die Grundlagen zu diesem Konzept schon in seinem oben zitierten Beitrag zur Adelsdemokratie auf dem polnischen Historikertag von 1969 gelegt (vgl. G, Rzeczpospolita szlachecka); weiterhin zu diesem Zusammenhang G, J A, Podsumowanie konferencji ,Rzeczpospolita wielu wyznan´‘, in: Adam Kaz´mierczyk (Hg.), Rzeczpospolita wielu wyznan´. Materiały z mie˛dzynarodowej konferencji, Krako´w 18–20 listopada 2002, Krako´w 2004, 571–581, 572 f. 87 Vgl. etwa B, H-J, ,Polnische Freiheit‘ – Zur Konstruktion und Reichweite eines frühneuzeitlichen Mobilisierungsbegriffs, in: Georg Schmidt (Hg.), Kollektive Freiheitsvorstellungen im frühneuzeitlichen Europa (1400–1850) Frankfurt a.M. et al. 2006 (Jenaer Beiträge zur Geschichte 8), 191–222, 191 f. 88 Detailliert aus einem kunsthistorischen Kontext heraus zu allegorischen Darstellungen des polnisch-litauischen Gemeinwesens: G, M, Polonia – Respublica – Patria. Personifikacja Polski w sztuce XVI–XVIII wieku, Wrocław 2005, bes. 114–171; linguistische Analysen bei: B-W, E, Funkcjonowanie nazwy ,Polska‘ w je˛zyku czaso´w nowoz˙ytnych (1530–1795), Warszawa 1998. Parallel hat sich auch bei Historikern der Blick interdisziplinär und begriffsgeschichtlich zu weiten begonnen, vgl. den
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politischen Sprache der Frühen Neuzeit vor, die sich methodisch selbst zwischen Diskurs- und Begriffsgeschichte verortet.89 In der Frühneuzeitforschung der Volksrepublik war mit Nachdruck darauf hingewiesen worden, dass die zentrale Trias „Adelsrepublik“, „Adelsdemokratie“ und „Magnatenoligarchie“ nicht nur mit rein verfassungshistorischen Argumenten zu begründen, sondern insbesondere auf sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Aspekte zu beziehen sei. Hieran knüpfen in gewissem Sinne auch die neueren begriffsgeschichtlichen Überlegungen an, die den Republikbegriff stark in seinen adligen Trägerschichten verankern und dessen zeitgenössische Wahrnehmungsvarianten insbesondere von der vom Adel dominierten Publizistik und Oratorik untersuchen.90 Als Ergebnis dieser Forschungen darf vorrangig die Polysemie des Respublica-Begriffs gelten, der allerdings eine ab dem 17. Jahrhundert stetig wachsende Tendenz zu einer „republikanischen“ Auslegung aufweist.91 Worin jedoch das „Republikanische“ besteht, bleibt oftmals unscharf, wobei sich diese definitorische Grauzone wiederum über Umwege mit dem Ballast der historiographischen Konnotationen der „Adelsrepublik“ zu füllen scheint. Allerdings zeichnet sich hierbei ein neuer Forschungskonsens ab, der sich aus verschiedenen Quellen speist, jedoch insgesamt eine hohe Affinität zum anglo-amerikanischen Republikanismusdiskurs aufweist. Anna Grzes´-
Sammelband des Latinisten A, J (Hg.), Łacina jako je˛zyk elit, Warszawa 2004, hier v.a. die Beiträge von A, U, Polska i łacin´ska terminologia ustrojowa w publicystyce politycznej epoki Wazo´w, 33–71 und von J, M A., Wolnos´c´ i ro´wnos´c´ w je˛zyku prawno-historycznym oraz ideologii szlachty polskiej (od XIV do pocza˛tku XVII wieku), 73–107. Im Anschluss an diese Arbeiten: B, S, Szlachectwo. Studium z dziejo´w idei w pis´miennictwie polskim (druga połowa XVI wieku, XVII wiek), Lublin 2009. Daneben finden sich einige Reflexionen zur Verfassungsterminologie v.a. in den Arbeiten Edward Opalin´skis, vgl. beispielsweise zusammenfassend den bereits zitierten Aufsatz „Der Staat im Denken des polnischen Adels“. Eine hervorragende begriffsgeschichtliche Studie liegt zum Begriff Tyrann und Tyrannis vor: B, S, Tyran i tyrania w staropolskim je˛zyku politycznym (XVI–XVII w.), in: Andrzej Karpin´ski (Hg.), Społeczen´stwo a polityka (=Społeczen´stwo staropolskie Seria Nowa; 1), Warszawa 2008, 287–391. 89 G-K, A, Dyskurs polityczny Rzeczypospolitej Obojga Narodo´w. Poje˛cia i idee, Torun´ 2018. 90 P, K, Obraz kultury retorycznej społeczen´stwa szlacheckiego na podstawie mo´w sejmowych z lat 1556–1564, Ło´dz´ 2004, 3. 91 Etwa A, Historia Polski, 67 f.; zur Polysemie des respublica-Begriffs vgl. B-W, Funkcjonowanie nazwy ,Polska‘, 168–171; G-K, Dyskurs polityczny, 31–75; dagegen mit der Schlussfolgerung einer stark adelsrepublikanischen bzw. adelsdemokratischen Prägung von „respublica“ bereits im 16. Jahrhundert: G, Polonia – Respublica – Patria, 184–208, 400 f.; vgl. gegen Augustyniak die Feststellung eines Niedergangs republikanischen Inhalts und dem Verbleiben einer „republikanischen Form“: C-M, Obywatele u władzy, 52.
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kowiak-Krwawicz etwa verweist jedoch nicht nur auf die syn- wie diachrone Differenzierungen des Republikbegriffs. Vielmehr unterstreicht sie auch dessen enge Verbindung zum regimen mixtum bis in das 18. Jahrhundert hinein.92 Mariusz Markiewicz hat dabei bereits 1997 die Konzepte Adelsdemokratie und Magnatenoligarchie einer grundlegenden Kritik unterzogen. Er kommt zu dem Schluss, dass die Analyse der frühneuzeitlichen Verfassungsverhältnisse in Polen-Litauen eben keinerlei Sonderweg im europäischen Maßstab darstellen. Um eine analytische Überwindung solch eines Ansatzes zu erreichen, betont Markiewicz den keineswegs außergewöhnlichen Charakter dieser respublica als Mischverfassungssystem.93 Noch 1997 konnte er in diesem Zusammenhang konstatieren, dass die eingefahrenen Begrifflichkeiten vor allem in größeren historiographischen Synthesen überlebt haben, aber in der Forschung zu konkreten Einzelthemen immer stärker in den Hintergrund träten.94 Diese Situation hat sich allerdings nochmals verändert, seitdem die polnische Forschungsdiskussion in jüngster Zeit partiell Anschluss an die internationale Republikanismusdebatte sucht. In einem ersten Versuch der späten 1980er Jahre, den Republikanismusbegriff unter dem Patronat Helmut G. Koenigsbergers europäisch vergleichend zu präzisieren, war das Fehlen eines polnischen Beitrags noch als Defizit bemerkt worden.95 Mit der Aufnahme der anglo-amerikanischen Debatten hat sich die internationale Präsenz der neueren polnischen Republikanismus-Diskussion allerdings schlagartig erhöht. Für die Zeit um 1600 hat Edward Opalin´ski in diesem Kontext eine Trias des Republik-Begriffs konstatiert, der sich auf das Gemeinwesen als Ganzes, das Repräsentationssystem der Ständeversammlung oder auf den Adel als politische Nation bezöge.96 Opalin´ski legt einen Schwerpunkt seiner Analyse auf das ständische Repräsentationssystem und verbindet dabei seine Analyse des Republikbegriffs auf das Engste mit dem Konzept der Adelsdemokratie; die zeitgenössischen Theoretiker hätten „distinct republican conceptions of the Commonwealth, of democracy and of citizenship“ entwickelt.97 Diese Feststellung entspricht den Untersuchungsergebnissen von Opalin´skis ausführlicher Mo92
G-K, Dyskurs polityczny, 56. M, Demokracja szlachecka, 40. 94 Ebenda, 38 f. 95 K, H G., Schlußbetrachtung. Republiken und Republikanismus im Europa der frühen Neuzeit aus historischer Sicht, in: ders. (Hg.), Republiken und Republikanismus im Europa der Frühen Neuzeit, München 1988 (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 11), 285–302, 291. 96 O, E, Civic Humanism and Republican Citizenship in the Polish Renaissance, in: Quentin Skinner / Martin van Gelderen (Hg.), Republicanism – a Shared European Heritage. Vol. 1: Republicanism and Constitutionalism in Early Modern Europe, Cambridge u.a. 2002, 147–166, 156. 97 Ebenda, 166. 93
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nographie über Die politische Kultur des Adels; hier hatte er in Berufung auf die methodisch-theoretische Grundlage der „political culture“ Gabriel Almonds das adlig geprägte Gemeinwesen als eine „partizipative Bürgergesellschaft“ charakterisiert.98 Vor diesem Hintergrund scheint es nicht weiter verwunderlich, den oben zitierten Aufsatz Opalin´skis in dem großen geschichtspolitischen Sammelband-Projekt Republicanism. A Shared European Heritage aus dem Jahr 2002 zu finden, das von Quentin Skinner und Martin van Gelderen verantwortet wurde. Im selben Band steuerte auch Anna Grzes´kowiak-Krwawicz einen Beitrag zu Republikanismus und Antimonarchismus bei. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Abgrenzung zum Monarchen zwar eine gewichtige Rolle in republikanischen Diskursen gespielt hätte, eine Ablehnung der Monarchie selbst aber erst am Ende des 18. Jahrhunderts aktuell geworden sei.99 In den Studien von Opalin´ski, Grzes´kowiak-Krwawicz und auch von Hans-Jürgen Bömelburg wird unterstrichen,100 dass der Republik-Begriff des frühneuzeitlichen Polen-Litauen eine starke Verankerung im Repräsentativsystem der Ständeversammlung erfuhr, sowie durch den für den Adel zentralen Freiheitsbegriff begründet und katalysiert wurde. Zugleich ordnen alle drei ihre Reflexionen zur Republik mehr oder minder explizit in den angelsächsischen Republikanismusdiskurs ein. Konzeptionell geht diese Zuordnung mit einem starken Forschungsinteresse einher, das den Freiheitsbegriff als zentrale Kategorie des – adligen – politischen Denkens der Frühen Neuzeit identifiziert hat.101 Solch ein Freiheitsbegriff implizierte demnach die Vor98 D., Kultura polityczna szlachty w latach 1587–1652. System parlamentarne i społeczen´stwo obywatelskie, Warszawa 1995, 294. Opalin´ski stützt sich dabei, wenn auch nach kritischer Reflexion und mit Modifikationen, auf den Ansatz der „political culture“, der von Gabriel Almond maßgeblich in den 1960er Jahren entwickelt wurde. Er ist dabei nicht der erste polnische Historiker, der dieses theoretische Angebot aus den Politikwissenschaften aufgreift (vgl. hierzu die ausführlichen Bemerkungen ebenda, 5–25); das theoretische Elaborat Almonds wird in den Politikwissenschaften mittlerweile als methodisch problematisch, vor allem aber als normativ auf die USA als idealen Typus abzielendes Konstrukt kritisiert: G, G, Political Culture. Genealogy of a concept, in: Journal of Interdisciplinary History 28.2 (1997), 225–250, bes. 227–229. 99 G-K, A, Anti-Monarchism in Polish Republicanism in the Seventheenth and Eighteenth Centuries, in: Quentin Skinner / Martin van Gelderen (Hg.), Republicanism – a Shared European Heritage. Vol. 1: Republicanism and Constitutionalism in Early Modern Europe, Cambridge u.a. 2002, 43–59. 100 Vgl. B, H-J, Frühneuzeitliche Nationen im östlichen Europa. Das polnische Geschichtsdenken und die Reichweite einer humanistischen Nationalgeschichte (1500 – 1700), Wiesbaden 2006, 158–175. 101 Beispielsweise: G-K, A, Regina libertas. Wolnos´c´ w polskiej mys´li politycznej XVIII wieku, Gdan´sk 2006; E, J, Złota wolnos´c´, Krako´w 2 2010; vgl. auch B, ,Polnische Freiheit‘; O, E, Die politische Rolle der Adelsfreiheit in Polen-Litauen im 16. und 17. Jahrhundert, in: Kollektive Frei-
1. Ein historiographisches Monstrum
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stellung einer „partizipativen Freiheit“.102 Zweifelsohne spielte der Diskurs über die „polnische Freiheit“ zeitgenössisch eine zentrale Rolle. Analytisch ist es jedoch nun kein weiter Schritt zu der von John G. A. Pocock postulierten „positiven Freiheit“ eines „civic humanism“, zumal sich an dieser Stelle die Pocock’sche Betonung einer aristotelischen Linie der politischen Theorie mit der Betonung eines Aristotelismus im polnisch-litauischen civis-Begriff trifft.103 Pocock bezieht sich auf Isaiah Berlins Unterscheidung zwischen „positiver“ und „negativer“ Freiheit, wobei erstere im Willen des Individuums bestünde, Herr seines Lebens, seiner Entscheidungen zu sein, ohne dabei von irgendeiner externen Macht abhängig zu sein.104 In diesem Sinne definiert Pocock seine „republikanische Freiheit“ als diejenige einer vita activa: „Applying an Aristotelian teleology to Roman ideas of virtus, it could be held that in acting upon his world through war and statecraft, the practitioner of civic virtue was acting on himself; he was performing his proper business as a citizen and was making himself through action what Aristotle had said man was and should be by nature: a political animal.“105
Dorota Pietrzyk-Reeves hat den bislang ausführlichsten polnischen Beitrag zur Republikanismusdebatte vorgelegt. Sie betont dabei generell die herausragende Bedeutung der Freiheit. Im Gegensatz zur „westlichen“ Berufung auf römische Traditionen habe die republikanische Theoriebildung in PolenLitauen dabei zuvörderst an Aristoteles angeknüpft. Hiermit sei eine Moralisierung politischer Vorstellungen einhergegangen, der als origineller Beitrag polnischen politischen Denkens vor dem Hintergrund eines auf institutionelle Fragen konzentrierten (west-)europäischen Diskurses erscheint.106
heitsvorstellungen im frühneuzeitlichen Europa (1400–1850) Frankfurt a.M. u.a. 2006 (Jenaer Beiträge zur Geschichte 8), 223–238. 102 So zumindest insbesondere für das 17. Jahrhundert: B, ,Polnische Freiheit‘, bes. 202, 209. 103 O, Z, Filozofia polityczna w Polsce XVII wieku i tradycje demokracji europejskiej, Warszawa 1999, 78–81. Die polnische Forschungsdiskussion über die Rolle kanonischer Autoren als legitimierende Instanzen politischen Denkens lässt bislang erhebliche Desiderata offen. Differenzierter im Zugang etwa Ł, E, O poje˛ciu wielkiego umysłu i cnocie wielkomys´lnos´ci. Stoicyzm i jego zwia˛zki z etyka˛ Arystotelesa w literaturze polskiej XVII wieku, in: Barok 9 (2002), 97–115. 104 B, I, Two Concepts of Liberty. An Inaugural Lecture Delivered Before the University of Oxford On 31 Oct. 1958, in: ders., Four Essays on Liberty, Oxford u.a. 1969, 118–172. 105 P, J G.A., The Machiavellian Moment. Florentine Political Thought and the Atlantic Republican Tradition, Princeton / Chichester 22003, 40; zur Position Pococks in der amerikanischen Republikanismus-Debatte vgl. R, D T., Republicanism. The Career of a Concept, in: Journal of American History 79.1 (1992), 11–38. 106 P-R, D, Ład rzeczypospolitej. Polska mys´l polityczna XVI wieku a klasyczna tradycja republikan´ska, Krako´w 2012, 24, 415 f.
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Eine Berufung auf Pocock findet sich hier insbesondere bei der Betonung der griechischen Traditionen eines Republikanismus im Allgemeinen.107 In Anschluss an Anna Grzes´kowiak-Krwawicz, vor allem jedoch in Orientierung an Philip Pettit und besonders Quentin Skinner, stellt sie die Verbindung von Freiheit und Tugend für das zeitgenössische Denken heraus.108 Auf der Basis von Aristoteles, Cicero und Thomas von Aquin werde die Freiheit also in Verbindung mit Tugend, Verstand und Recht zur „formenden Institution, doch in einem weiteren Sinne mit der Möglichkeit der Selbstbestimmung, die es erlaubt, keinem fremdem Willen zu unterliegen.“109 Solch eine Interpretation stellt letztlich die Synthese der Überlegungen Skinners zur negativen Freiheit, den Modifikationen Pettits hierzu und dem positiven Freiheitskonzept des civic humanism bei Pocock dar.110 Dies entspricht auch der vermittelnden Haltung von Anna Grzes´kowiak-Krwawicz. Letztere verweist zwar auf Skinner und Pettit, unterstreicht jedoch, dass die Kategorien negativer und positiver Freiheit Hand in Hand gingen. Allerdings hält sie letztere bestimmend für die Wahrnehmung des Adels, dass es sich – auch unter den Bedingungen der Mischverfassung – bei der polnisch-litauischen Staatlichkeit um eine libera respublica handelte.111 107
Ebenda, 29 Anm. 1. Ebenda, 264–267. 109 P-R, Ład rzeczypospolitej, 269, zur Diskussion der Konzepte von Skinner und Pettit vgl. auch 264–267. Pietrzyk-Reeves bezieht sich dabei in erster Linie auf: P, P, Republicanism. A Theory of Freedom and Government, Oxford u.a. 1999; S, Q, Liberty before Liberalism?, Cambridge u.a. 2010. 110 Vgl. auch ., Tradycja republikan´ska, respublica, republikanizm, in: Horyzonty polityczne 4.7 (2013), 47–66, 53. Philip Pettit teilt letztendlich Skinners Ansatz der negativen Freiheit, unterscheidet sich aber von ihm in der Frage von deren genauer Definition als „non-interference“ oder als „non-domination and non-interference“: PETTIT, PHILIP, Keeping Republican Freedom Simple. On a Difference with Quentin Skinner, in: Political Theory 30.3 (2002), 339–356. Zu den verschiedenen Konzeptualisierungen von „republicanism“ und in diesem Zusammenhang zu der Kontroverse zwischen Pocock und Skinner: H, J, Introduction, in: ders. (Hg.), Renaissance civic humanism. Reappraisals and reflections, Cambridge u.a. 2000 (Ideas in Context 57), 1–13. Zur Kompatibilität der Ansätze: B, Dialog republikanizmu z liberalizmem, 64; Carl K. Y. Shaw hat darauf hingewiesen, dass Skinners eigene Argumentationen nicht unbedingt die behauptete Kohärenz aufweisen und sehr wohl eine Verbindung beider Konzepte zulassen, vgl. S, C K. Y., Quentin Skinner on the Proper Meaning of Republican Liberty, in: Politics 23.1 (2003), 46–56. Benedict Rundell seinerseits hat für das 18. Jahrhundert den „classical republicanism“ Quentin Skinners an der juristischen Fakultät der Universität Krakau etabliert gefunden: R, B, Republicanism in the University of Krako´w in the Eighteenth Century, in: History of political thought 26.4 (2005), 646–663, 648 f., 651. 111 G-K, A, Queen liberty. The Concept of Freedom in the Polish-Lithuanian Commonwealth, Leiden u.a. 2012, 31–33. Die polnische Ausgabe erschien bereits 2006: Regina libertas. Wolnos´c´ w polskiej mys´li politycznej XVIII wieku, 108
2. Konzeptionelle Konsequenzen
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Im Kern treffen sich alle diese Ansätze mit der positiv gewendeten Vorstellung einer „Adelsrepublik“ der polnischen Historiographie, wo schon vor Jahrzehnten durch Henryk Wisner eine Identität „von Staat und (Adels-, K.L.) Gesellschaft, deren gegenseitige Durchdringung“ hervorgehoben worden ist.112 Hierauf basiert die Annahme, dass die Selbstbestimmung des einzelnen Adligen mit dessen Engagement für die Adelsrepublik zusammenfiel.113 In diese Interpretationstendenz fügen sich schlussendlich auch die Reflexionen Bömelburgs zu Republik beziehungsweise Republikanismus ein. Von einer differenzierten Herleitung aus Freiheits- und Nationskonzepten herkommend, betont auch er, in Bezug auf die Polysemie des RespublicaBegriffs, den genossenschaftlich-adligen Interpretationsstrang, der „den inhärenten Staatsbegriff überschichte(t).“114
2. Konzeptionelle Konsequenzen: Stand, Widerstand, Aufstand Respublica nostra […] ex nobilitate consociata est.115
Die Behauptung des späteren Kronkanzlers Jan Zamoyski (1542–1605), „nostra Respublica“ sei nichts anderes als eine Vergesellschaftung des Adels, war sicherlich kaum eine unschuldige theoretische Reflexion. Kolportiert von dem ihm nahestehenden Reinhold Heidenstein (ca. 1553–1620)116 war diese Gdan´sk 2006. Im Folgenden wird zur besseren Nachvollziehbarkeit für alle Leser aus der englischsprachigen Ausgabe zitiert. Vgl. darüber hinaus: G-K, A, Citizenship, Fatherland and Patriotism in the Political Discourse of the PolishLithuanian Commonwealth, in: Bala´zs Trencse´nyi / Ma´rton Za´szkaliczky (Hg.), Whose Love of Which Country? Composite States, National Histories and Patriotic Discourses in Early Modern Central Europe, Leiden / Boston 2010, 255–281; ., Noble Republicanism in the Polish-Lithuanian Commonwealth (An Attempt at Description), in: Acta Poloniae Historica 103 (2011), 31–65. 112 W, H, Najjas´niejsza Rzeczpospolita. Szkice z dziejo´w Polski szlacheckiej XVI–XVIII wieku, Warszawa 1978, 225. Solch eine Tendenz vermerkt auch B, R, Dialog republikanizmu z liberalizmem. W zwia˛zku z ksia˛z˙ka˛ Anny Grzes´kowiak-Krwawicz o idei wolnos´ci, in: Kwartalnik Historyczny 117.1 (2010), 63–76, 65. 113 K, P, Suwerennos´c´ w mys´li szlachty polskiej, in: Kazimierz Łopatecki / Wojciech Walczak (Hg.), Nad społeczen´stwem staropolskim. Tom 1: Kultura – instytucje – gospodarka w stuleciu XVI–XVIII, Białystok 2007, 11–21, 12. 114 B, Frühneuzeitliche Nationen, 174. 115 H, R, Rerum polonicarum ab excessu Sigismundi Augusti libri XII, Francofurti ad Moenum 1672, 88. 116 B, Frühneuzeitliche Nationen, 154 f.; vgl. auch K, B, Art. Reinhold Heidenstein, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 9, Wrocław u.a.
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Äußerung Teil einer Rede, die Zamoyski im ersten Interregnum der Jahre 1572 bis 1573 nach dem Tod Sigismunds II. August hielt. Sie situierte sich im Kontext der Auseinandersetzungen um den Wahlmodus. Zu diesem Zeitpunkt noch recht bescheiden bestallter Starost von Bełz machte sich Zamoyski zum Fürsprecher der lokalen Adelsgemeinschaften. Er wurde zum lautstarken Interpreten einer Wahl viritim, in der der gesamte Adel persönlich teilzunehmen und abzustimmen berechtigt sein sollte.117 Der partizipative, womöglich proto-demokratische, Anspruch einer Adelsrepublik scheint sich hier auf den ersten Blick zu bestätigen. Nur kurze Zeit später war Jan Zamoyski Mitglied der Delegation, die Heinrich Valois (1551–1589) in Paris seine Wahl zum polnischen König verkünden und die Wahlkapitulation durch ihn unterzeichnen lassen sollte. Bei dieser Gelegenheit profilierte sich Zamoyski mit einer im Druck publizierten Schrift an den neuen Monarchen – ein auf die polnischen Verhältnisse und Erwartungen angepasster Fürstenspiegel im Gewand einer Rede. Auch hier verteidigte der Starost von Bełz zwar seine Theorie der konsensuellen Königswahl durch den Adel.118 Ansonsten war von einem partizipativen Anspruch des Adels nur sehr beschränkt die Rede. Letzterer ist in der ZamoyskiÆschen Interpretation auf die Möglichkeit beschränkt, dass die von den regionalen Adelsversammlungen, den Sejmiki, gewählten Abgeordneten auf der zentralen Ständeversammlung, dem Sejm, die Gesetze annehmen oder ablehnen könnten, „quae a Regibus ferantur.“119 Zamoyski besteht durchaus weiterhin darauf, dass die adligen Freiheiten im Sinne von Rechten, die dem Monarchen nun „übergeben und anvertraut“ würden, von jenem geschützt werden müssten.120 Ein Mitspracherecht scheint jedoch darüber hinaus vor allem noch in der Beratungsfunktion der hohen Amts- und Würdenträger des Senats auf.121 In diesem Zusammenhang verpasst es Zamoyski im Übrigen nicht, Heinrich Valois auf die große Bedeutung von Ämtern und Würden hinzuweisen und ihm die Erwartung zu kommunizieren, als neuer König möge er sich der entsprechenden Großzügigkeit und Gerechtigkeit bei der Ämtervergabe befleißigen.122 Zwei Gelegenheitsschriften beziehungsweise -reden, wie die eben zitierten, stellen noch keinen validen Beitrag zur zeitgenössischen Theoriediskussion
1960–1961, 342–344; F, K, Art. Reinhold Heidenstein, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 8, Berlin 1969, 251–252. 117 L, S, Jan Zamoyski. Hetman i polityk, Warszawa 2008, 23–31. 118 Vgl. Z, J, Oratio qva Henric[um] Valesivm regem renunciat, Lutetiae Parisiorum 1573, 2r.–2v. 119 Ebenda, 16r. 120 Ebenda, bes. 17v.–18r. 121 Ebenda, 12v., 16r.–16v. 122 Ebenda, 14v.–15v.
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um das Wesen der respublica dar. Sie verweisen jedoch durchaus auf die grundsätzliche Konsequenz, die in den vorliegenden Überlegungen aus der Debatte um die „Adelsrepublik“ oder einen daran anknüpfenden „Republikanismus“ für Polen-Litauen gezogen werden sollen. Dieser Forschungsbegriff jedenfalls scheint angesichts seines lang zurückreichenden konzeptuellen Ballasts kaum geeignet, einen Ansatzpunkt zu finden, um eine Analyse jenseits eingefahrener Vorannahmen zu ermöglichen. Entsprechend muss es zunächst darum gehen, Jan Zamoyski beim Wort zu nehmen. Auf die Amalgamierung von Adel und Vorstellungen von Staatlichkeit hat die Forschung bereits zur Genüge hingewiesen. Die Schlussfolgerungen, die das Konzept „Adelsrepublik“ beziehungsweise „Republikanismus“ daraus in verschiedener Weise gezogen haben, scheint aber stets unter den Vorzeichen einer abstrahierten verfassungs- oder ideengeschichtlichen Präponderanz gestanden zu haben: Adel wurde auf diese Weise mehr oder weniger über verfassungsgeschichtliche oder politiktheoretische Befunde definiert.123 Wenn die respublica aber tatsächlich als das Gemeinwesen des Adels verstanden werden soll, drängt sich umgekehrt die Frage auf, in welcher Weise originär adelsständische Denkrahmen Theorie und Praxis des politischen Systems respublica bestimmten.124 Schon in der Rede Zamoyskis an Heinrich Valois werden einige Eigenheiten solch eines adligen Verständnisses von Gemeinwesen angesprochen. Hierzu gehört die Betonung der adligen Freiheiten. Sie sind in diesem Zusammenhang wohl nicht in erster Linie als emphatischer Mobilisierungsbegriff zu verstehen. Sie stellen eher einen Sammelausdruck dar, unter dem ein Komplex ständischer Rechte und Privilegien subsumiert wird.125 Ob es sich 123
Dies gilt beispielsweise auch für die verdienstvollen Analysen Edward Opalin´skis zur „politischen Kultur“ des Adels. Bezeichnend sind in diesem Zusammenhang seine Bemerkungen zu den Analysekriterien des Systems von Werten, „die die politische Kultur des Adels formten und zugleich von ihr zeugten, also Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Vaterlandsliebe, Einigkeit, Legalismus und schließlich Wertschätzung der Tradition.“ (O, Kultura polityczna szlachty polskiej, 15 f.). Auch die in vielerlei Hinsicht innovative Studie von Sławomir Baczewski zur Ideengeschichte von Adligkeit teilt den gleichen Ausgangspunkt. Das erste Kapitel seiner Monographie ist entsprechend mit der Überschrift versehen: „Adligkeit als Theorie von Bürgerschaftlichkeit (Szlachectwo jako teoria obywatelstwa)“, vgl. B, Szlachectwo, 13–52. 124 Die polnisch-litauische Verfassungsgeschichte aus einer inneradligen Standeslogik zu erklären, obgleich mit einer divergierenden Stoßrichtung und anderen Ergebnissen unternimmt auch: F, Sarmatismus, hier bes. zusammenfassend 456. 125 Die Verbindung des Freiheitsbegriffs mit Rechten und Privilegien ist kein polnisches Phänomen. Für die Reichsgeschichte vgl. dazu etwa W, C, Edelmannsfreiheit aus fürstlicher Gnade – Alter und neuer bayerischer Adel im 16. und 17. Jahrhundert, in: Kurt Andermann / Sönke Lorenz (Hg.), Zwischen Stagnation und Innovation. Landsässiger Adel und Reichsritterschaft im 17. und 18. Jahrhundert, Ostfildern 2005, 41–56; Alexander Jendorff, Der Tod des Tyrannen. Geschichte und Rezeption der Causa Barthold von Wintzingerode, München 2012.
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damit an dieser Stelle um „absolutierte“ Freiheit im „Sinne völliger Selbstbestimmung“ oder eine in Ordnungs- und Normsystemen „eingehegte“ Freiheit handelte,126 scheint so einfach nicht zu entscheiden.127 Die Emphase der verabsolutierten Freiheit schwingt sicherlich in der Begriffsverwendung Zamoyskis mit; als Teil eines zu schützenden Rechtssystems wird sie aber zugleich dem Monarchen in die Hände gelegt. Die Rolle des Königs sieht Jan Zamoyski daneben vor allem in der Kriegsführung und der Ämtervergabe. In aller Ausführlichkeit setzt er die Rolle der verschiedenen Amtswürden auseinander, deren Darstellung ihm geradewegs zu einer Beschreibung des Gesamtsystems der respublica dient. Diese Ämter und Würden wiederum weisen einerseits eine klare Hierarchisierung auf, wobei sich an der Spitze das Gremium des Senats auszeichnet. Aus den Mitgliedern des Adelsstandes, die sehr traditionell durch das Tragen von Waffen und das Kriegshandwerk definiert werden,128 heben sich die Inhaber der hohen senatorischen Amtswürden durch ihre „ingenii ac virtutis vi(m), et merita“ heraus.129 Hier wird eine klare hierarchische Stratifikation des Adelsstandes entworfen, dessen einfache Mitglieder zwar vom König gemachte Gesetze annehmen oder ablehnen können. Die Großen in der Nähe des Monarchen hingegen haben mit ihrem Rat und ihren Entscheidungen einen privilegierten Anteil an der Herrschaftsausübung. Die gegenwärtige Frühneuzeit-Forschung ist recht zurückhaltend, „Adel“ allgemein definitorisch zu beschreiben. Exemplarisch mag hier zunächst die Position Ronald G. Aschs zitiert werden, der konstatiert: „Letztlich konnte in der Frühen Neuzeit derjenige als adlig gelten, dem es mit Erfolg gelang, bestimmte Privilegien, die als spezifische Vorrechte des Adels galten, für sich in Anspruch zu nehmen.“130 Adel, so darf man weiterhin generell feststellen, unterschied sich von anderen gesellschaftlichen Formationen durch die Annahme, über besonders hervorragende Eigenschaften zu verfügen, biologisch vererbt oder erworben.131 Die Traditionsbildung über genealogische Verbände spielte in diesem Zusammenhang eine hervorragende Rolle. Mit dem Postulat hervorragender und spezifischer Eigenschaften war dabei einerseits
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J, Der Tod des Tyrannen, 171. So auch die Feststellung bei G-K, Queen liberty, 33. 128 Z, Oratio qva Henric[um] Valesivm regem renunciat, 12v. 129 Ebenda, 15r. 130 A, Europäischer Adel, 18; vgl. ähnlich: E, R, Adel in der Frühen Neuzeit, München 1993 (Enzyklopädie deutscher Geschichte 18), 1; G, G, Art. Adel, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 1, Stuttgart / Weimar 2005, 39–54, 39. 131 O, O G, Aspekte der Geschichte des Adels im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Hans-Ulrich Wehler (Hg.), Europäischer Adel (1750–1950), Göttingen 1990 (Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft 13), 19–56, 21; D, J, The European Nobility (1400–1800), Cambridge u.a. 1996, 1. 127
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die Vorstellung einer spezifischen Standesehre verbunden.132 Andererseits ließ sich aus solcher Distinktion gegenüber den anderen Ständen der Anspruch auf Herrschaftsrechte ableiten.133 Wehrmächtigkeit und Befehlsgewalt über Andere wiederum rechtfertige eine besondere Privilegierung eines Adelsstandes: „Privilege […] was both a precondition of effective rule and a suitable reward of its troubles.“134 Adel wird als explizit gemeineuropäisches Phänomen beschrieben.135 Die konkrete Ausgestaltung und Interpretation der einzelnen Kriterien von Adel und Adligkeit konnten dabei innerhalb des vorgestellten definitorischen Rasters in den Einzelfällen europäischer Adelsgesellschaften stark divergieren.136 Aber solch ein Raster zunächst einmal auf den Adel Polen-Litauens anzuwenden, ohne die üblichen adelsrepublikanischen Vorannahmen anzulegen, ist Anliegen der nachfolgenden Überlegungen. Konkret bedeutet dies, etwa die Frage nach der Ehre und genealogischen Denkmustern zentral in die Analyse einfließen zu lassen. In diesem Zusammenhang ist auch die Kategorie der Tugend zu problematisieren, die doch nicht zuletzt in der aktuellen polnischen Forschungsdiskussion über Republikanismus vorrangig als Frage einer politikphilosophischen Ethikdebatte erscheint.137 Darüber hinaus jedoch impliziert die Berufung auf das allgemeine Analyseraster jedoch vor allem, dass der polnische und litauische Adel hier nach den allgemeinen Definitionskriterien als Stand begriffen werden soll. Dessen innere Stratifizierung orientierte sich entsprechend an intrinsischen Kriterien der Standeszugehörigkeit. Hierarchisch überlegen war mithin derjenige Adlige, der in erster Linie ein höheres Maß an Ehre und familiärer Dignität behaupten konnte. Die polnische Forschungsdiskussion hat schon in den 1980er Jahren auf die Aporie reagiert, in welche die vor allem auf wirtschaftsgeschichtlichen Kategorien basierende Unterteilung des Adels in „Magnaten“ und „Mitteladel“ geführt hatte.138 Henryk Litwin hat in diesem Zusammenhang das Mo132 G, K, Art. Adelsehre, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 1, Stuttgart / Weimar 2005, 54–56; C, H / W, M, Einleitung. Adel zwischen Schande und Ehre, Tradition und Traditionsbruch, Erinnerung und Vergessen, in: dies. (Hg.), Zwischen Schande und Ehre. Erinnerungsbrüche und die Kontinuität des Hauses. Legitimationsmuster und Traditionsverständnis des frühneuzeitlichen Adels in Umbruch und Krise, Mainz 2007, 1–24, 1 f. 133 S, M, Der Adel in der Frühen Neuzeit, Darmstadt 2009, 12. 134 D, The European Nobility, 1. 135 Etwa G, Adel, 39. 136 Ausführlich A, Europäischer Adel, 22–32. 137 Hiergegen wendet sich explizit W R, B, Common Wealth and Common Good. The politics of virtue in early modern Poland-Lithuania, Oxford 2015, 10 f. 138 Aus dieser Reflexionswelle entstanden: B, H-J, Die Magnaten.
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dell der Magnatenschaft als einem eigenen Stand entwickelt. In Anschluss an Max Weber definiert er dabei einen Stand als nicht allein von wirtschaftlichen Bedingungen gekennzeichnet, sondern auch von Ehre, gefolgt von genealogischen Vorstellungen und familiären Strategien, die die Distinktion einer Magnatenschaft ermöglichen sollten.139 Die Untersuchung Litwins konzentriert sich im Anschluss allerdings ausschließlich auf Heiratsverhalten und Ämterernennungen. Die Frage nach dem anfangs postulierten „ständischen“ Charakter einer Magnatenschaft wird dabei nicht recht überzeugend gelöst; dies auch vor dem Hintergrund, dass Litwin sich letztlich nicht vom marxistisch-wirtschaftsgeschichtlichen Klassenbegriff trennen mag.140 Dabei ist fraglich, welchen Erkenntnisgewinn die Verwendung des Standesbegriffs für eine magnatische „Klasse“ innerhalb des Adels effektiv erbringt. Schlussendlich mögen die Überlegungen Litwins eine leichte Schwerpunktverschiebung gegenüber den Kategorienbildungen zu schaffen, die etwa Adam Kersten vorgelegt hatte.141 Auch Kersten bezog die Faktoren Amtswürden und Familie in seine Ausführungen ein, nicht ohne allerdings wirtschaftliche Erwägungen zur Basis seiner Kategorisierung zu machen.142 Demgegenüber soll hier bewusst der Terminus „Magnat“ vermieden werden. Dass auch Vermögensunterschiede Teil der Stratifizierung des Adelsstandes waren, ist keine polnische oder litauische Ausnahmeerscheinung. Es lässt sich hingegen diskutieren, ob man hierin ein vorrangiges soziales Differenzierungskriterium sehen muss.143 Im Sinne einer Konzeptualisierung, die den polnisch-litauischen Beispielfall im Rahmen eines europäischen sozialAvantgarde der Ständeverfassung oder oligarchische Clique?, in: ders. / Joachim Bahlcke / Norbert Kersken (Hg.), Ständefreiheit und Staatsgestaltung in Ostmitteleuropa. Übernationale Gemeinsamkeiten in der politischen Kultur vom 16.–18. Jahrhundert, Leipzig 1996, 119–133; K, N, Zum politischen Profil des mittleren Adels im 16. Jahrhundert in Polen, Böhmen und Ungarn, in: ebenda, 135–148, bes. 135–138. 139 L, H, Magnateria polska 1454–1648. Kształtowanie sie˛ stanu, in: Przegla˛d Historyczny 74.3 (1983), 451–470; eine englische Version erschien zwei Jahr später: ., The Polish Magnates (1454–1648). The Shaping of an Estate, in: Acta Poloniae Historica 53 (1986), 63–92. 140 Ebenda, 83, 91. 141 K, A, Warstwa magnacka – kryterium przynalez˙nos´ci, in: ders. / Władysław Czaplin´ski (Hg.), Magnateria polska jako warstwa społeczna. Referaty z sympozjo´w XI Powszechnego Zjazdu Historyko´w Polskich w Torunia, Torun´ 1974, 8–12; ., Les magnats – e´lite de la socie´te´ nobiliaire, in: Acta Poloniae Historica 36 (1977), 119–133. 142 K, Les magnats, 129 f. 143 Zweifelsohne spielt auch das Vermögen im Sinne einer dem Rang angemessenen Handlungsfähigkeit eines Hauses eine entscheidende Rolle. Allerdings zeigen Beispiele adliger Verschuldung bzw. etwaiger finanzieller monarchischer Unterstützung für hochadlige Familien, die deren Rangerhalt ermöglichte, wie sie für Frankreich nachgewiesen wurden, dass es sich hierbei eher um eine funktionelle Komponente unter anderen zu handeln schien, vgl. etwa J, Le devoir de re´volte, 112.
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kulturellen Austauschraums situieren möchte, wird im Folgenden entsprechend von Hochadel beziehungsweise senatorischen oder zentralen Eliten anstatt von Magnatenschaft die Rede sein. Diesen konzeptionellen Weg hatte bereits Andrzej Sulima Kamin´ski eingeschlagen, der sich für die Kategorie der „aristocracy“ stark machte, die sich nicht allein an ökonomischen Kriterien orientiert.144 Auch im Fall des oft und gern als Träger der Adelsrepublik charakterisierten „Mitteladels“ gilt es, vorsichtig mit den Konnotationen des Forschungsbegriffs umzugehen. Schließlich funktioniert dieser Terminus in erster Linie komplementär zur „Magnatenschaft“ und ist damit den gleichen definitorischen Schwierigkeiten ausgesetzt.145 Die Unsicherheiten, die durch die wirtschaftlich- und verfassungsgeschichtliche Kategorisierung „Mitteladel“ hervorgerufen werden,146 hat etwa schon Norbert Kersken deutlich gemacht. Seine terminologische Übertragung des polnischen Forschungsverständnisses von „Mitteladel“ als politisch aktiver Schicht des Adels unterhalb der Magnatenschaft muss mithin in der Formulierung „mittlerer oder niederer Adel“ enden.147 Ein Grundproblem bei der Konzeptionalisierung der polnischen Adelsgeschichte besteht darin, dass der ominöse „Mitteladel (szlachta s´rednia)“ schon über die Begriffsbildung „Adelsdemokratie (demokracja szlachecka)“ dem Begriff für den Adel (szlachta) an sich gleichgesetzt wird. Die „Magnatenschaft“ muss auf diese Weise als Fremdkörper innerhalb des Adels erscheinen, was dazu beiträgt, vermeintlich strukturelle Konfliktlinien zwischen dem „Mitteladel“ und seiner „Demokratie“ und den „Magnaten“ und ihrer „Oligarchie“ anzunehmen. Diese Perspektive hat sich in jüngeren 144
S K, A, The ,Szlachta‘ of the Polish-Lithuanian Commonwealth and Their Government, in: Ivo Banac / Paul Bushkovitch (Hg.), The Nobility in Russia and Eastern Europe, New Haven (Conn.) / Columbus (Oh.) 1983, 17–45, 25–27. Auf die mögliche Hinwendung zu solcher Begrifflichkeit weist auch hin: B, Die Magnaten, 119 f. Dass mit der Umbenennung der Magnaten in Hochadel nicht automatisch konzeptionelle Klarheit hergestellt ist, scheint ebenso wichtig zu betonen. Wie differenziert wiederum „Hochadel“ sich darstellen kann und welche Forschungsdesiderate mit diesem Begriff wiederum in der deutschen Forschung allein für die Territorien des Heiligen Römischen Reiches verbunden sind, darauf verweist: M, J, Hochadel in der Frühen Neuzeit. Rechtliche Parameter und soziale Wahrnehmung in Schwaben, Franken und Bayern im Vergleich, in: Walter Demel / Ferdinand Kramer (Hg.), Adel und Adelskultur in Bayern, München 2008, 13–41, 13–17. 145 Zusammenfassend K, Zum politischen Profils des mittleren Adels, 135–138. 146 Hierzu exemplarisch die Überblicksdarstellung von Robert Frost, die zu den besten Zusammenfassungen zum polnischen Adel gehört, an dieser Stelle aber eng der traditionellen Forschungsperspektive folgt: F, R I., The Nobility of Poland-Lithuania (1569–1795), in: Hamish M. Scott (Hg.), The European Nobilities in the Seventeenth and Eighteenth Century. Vol. 2: Northern, Central and Eastern Europe, London / New York 1995, 183–222, 191–203. 147 K, Zum politischen Profil des mittleren Adels, 138.
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Arbeiten durchaus verändert. Allerdings reproduziert die eingefahrene Begriffsverwendung beständig die älteren historiographischen Konzepte nolens volens zumindest mittelbar. Einen Ausweg hat schon Edward Opalin´ski in den 1980er Jahren mit seiner Systematisierung der „Machteliten“ vorgeschlagen. Diese Begriffsbildung umfasst senatorische Amtsträger sowie Minister und königliche Favoriten am Hof bis hin zu Adeligen, die auf lokaler oder regionaler Ebene als besonders einflussreich galten.148 Zwar lässt Opalin´ski seinen Entwurf auf der apriorischen Adelsdemokratie basieren. Doch sein Verdienst liegt in einer integrierten Betrachtung adliger Akteure, ohne sich nur an der Unterteilung in Magnaten und Mitteladel zu orientieren. Da die soziale Kategorie „Mitteladel“ für Polen-Litauen sich kaum auf einen präzisen Nenner mit reichsweiter Gültigkeit bringen lässt,149 wird im Nachfolgenden vor allem von lokalen beziehungsweise regionalen Eliten die Rede sein. Entsprechend geht es darum, keine als Mitteladel wirtschaftlich genau abzugrenzende Schicht vorauszusetzen. Vielmehr ist anzunehmen, dass eine Gruppe von Adligen existiert, die sich zumindest im beschränkten Bereich der lokalen oder regionalen Adelsgemeinschaft hervorhebt. In diesem Sinne unterscheidet sie sich in ihren Distinktionsmechanismen keineswegs grundsätzlich vom Hochadel, dem sie hierarchisch nichtsdestoweniger nachsteht. Im Vergleich zum hochadligen Aktionsradius bleibt ihre geographische und institutionelle Reichweite limitiert. Entsprechend sind solche lokalen und regionalen Adelseliten auf die Vermittlungsposition des Hochadels angewiesen. Die polnische Frühneuzeitforschung hat in zahlreichen Studien das Problem von Klientelbeziehungen insbesondere innerhalb des Adels, aber auch zwischen dem Monarchen und dem Adel herausgearbeitet.150 Solche formal nicht immer klar fassbaren Abhängigkeitsverhältnisse dominierten dabei auch andere zeitgenössische Gesellschaften. In diesem Zusammenhang ist etwa für den französischen Fall betont worden, wie stark Klientelbeziehun148 O, E, Elita władzy w wojewo´dztwach poznan´ski i kaliskim za Zygmunta III, Poznan´ 1981, 5–16. 149 Vgl. etwa die Diskussion der demographischen Forschungen zum Adel im Allgemeinen und dessen Stratifizierung nach wirtschafts- und sozialhistorischen Kriterien: C-M, J, Mie( dzy społeczen´stwem szlacheckim a władza( . Problemy komunikacji społecznos´ci lokalne – władza w epoce Jana Kazimierza, Warszawa 2002, 19–25. 150 Dieses Problem ist als magnatisches Klientelwesen in extenso aufgearbeitet worden, vgl. M, A, Klientela. Nieformalne systemy władzy w Polsce i Europie XVI–XVIII w., Warszawa 1994; ., From Aristocratic Household to Princely Court. Restructuring Patronage in the Sixteenth and Seventeenth Century, in: Ronald G. Asch / Adolf M. Birke (Hg.), Princes, Patronage, and the Nobility. The Court at the Beginning of the Modern Age (c. 1450–1650), Oxford u.a. 1991, 315–327; ., RzaÀ dzaÀ cy i rzaÀ dzeni. Władza i społeczen´stwo w Europie wczesnonowoz˙ytnej, Warszawa 1986.
2. Konzeptionelle Konsequenzen
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gen potentielle Spannungen hervorbrachten. Arlette Jouanna hat dies mit der Formulierung von einem „,malcontentement‘ structurel“ zusammengefasst.151 Akteure in einer stark hierarchisch strukturierten ständischen Gesellschaft waren beständig darauf angewiesen, unter den Bedingungen einer durch Treuevorstellungen charakterisierten Beziehung zwischen Herren und Untergebenen gegenseitig Dienste voneinander zu erwarten. Enttäuschungen waren dabei struktureller Teil dieser Beziehungen: „Rechercher la ,bonne graˆce‘ de quelqu’un comportait le risque d’encourir sa ,maˆle grace‘.“152 Dies betraf ebenso das Verhältnis zum Monarchen, „seulement, dans ce cas, ´ tat.“153 les me´contentements pouvaient prendre les allures d’une affaire d’E Folgt man Mariusz Markiewicz und anderen fand das ständische System Polen-Litauens den Rahmen seiner Herrschaftsorganisation in einem unter monarchischen Auspizien stehenden regimen mixtum. Die Vorstellungen Jan Zamoyskis haben dabei deutlich gemacht, wie hierarchisch solch ein System ausgelegt werden konnte. Einerseits war die Mischverfassung in gewisser Weise der verkörperte Anspruch des Adelsstandes auf Mitherrschaft. Andererseits schienen die Anteile an der Herrschaft – jedenfalls nach Zamoyskis Interpretation – auch innerhalb des Standes recht ungleichgewichtig verteilt. Angesichts eines strukturellen „malcontentement“ konnte es innerhalb eines regimen mixtum dabei recht schnell zu Konfrontationen kommen. Der Übergang von der Präsentation von Beschwerden zu einem widerständigen, letztlich einem aufständischen Verhalten war oft genug fließend.154 Mithin wird Widerstand von der Forschung zunehmend nicht mehr als aus Verfassungsgefüge und Herrschaftsordnung herausfallende Handlungsoption, sondern als integraler Bestandteil vormoderner politisch-gesellschaftlicher Systeme begriffen.155 Nicht zuletzt ist in diesem Zusammenhang
151
J, Le devoir de re´volte, 102. Ebenda. 153 Ebenda, 106. 154 B, Y-M, Re´voltes et re´volutions dans l’Europe moderne (XVIe–XVIIIe sie`cles), Paris 1980, bes. 12 f. 155 F, R, Widerstandsrecht im Europa der Neuzeit. Forschungsgegenstand und Forschungsperspektiven, in: ders. (Hg.), Widerstandsrecht in der Frühen Neuzeit. Erträge und Perspektiven der Forschung im deutsch-britischen Vergleich, Berlin 2001 (Zeitschrift für Historische Forschung. Beiheft 26), 11–59, hier 28–31; vgl. bereits zuvor mit den gleichen Schlüssen am französischen Beispiel: J, Le devoir de re´volte, bes. 392 f. Die Forschung ist damit über die umstrittene Synthese von Perez Zagorin hinweggegangen, der versucht hatte, sämtliche frühneuzeitlichen Auf- und Widerstandsbewegungen unter einem extrem weiten Revolutionsbegriff zu fassen, Z, P, Rebels and rulers (1500–1660). Vols. 1–2, Cambridge u.a. 1982. Eine instruktive Kritik an Zagorins Theoriebildung bietet beispielsweise: S, W, Rezension: Revolten und Revolution in der Frühen Neuzeit, in: Geschichte und Gesellschaft 13.1 (1987), 128–135. 152
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Einleitung
darauf verwiesen worden, dass es sich bei dem Gesamtkomplex „Widerstandsrecht“ letztlich um eine synthetische Neuschöpfung handelt, die vor allem dem Forschungshintergrund des 19. und 20. Jahrhunderts geschuldet ist.156 Mit dieser Feststellung scheint jedoch das Problem nicht beseitigt, wie mit den Kategorien (rechtmäßiger) Widerstand und (unbotmäßiger) Aufstand umzugehen ist. Es ist darauf hingewiesen worden, dass insbesondere die deutsche Forschung die Frage nach Widerstand mit seinen rechtlichen und konzeptionellen Implikationen in den Mittelpunkt gerückt hat – gegenüber einer internationalen Forschung, die sich eher mit dem Problem „Rebellion“, „Revolte“ oder auch „Aufstand“ auseinandersetzt.157 In diesem Kontext hat Angela DeBenedictis bemerkt, dass ein Dissens von Untertanen mit der – monarchischen – Obrigkeit, der außerhalb des traditionellen institutionalisierten Wegs artikuliert wurde, zwar als rechtlich legitimierter Widerstand verstanden werden konnte. Zu einem unbotmäßigen aufständischen Verhalten wurde letzter aber dann, wenn die Kommunikation mit dem Monarchen keinen Dissens zuließ und dieser als crimen laesae maiestatis verstanden wurde.158 Mit Blick auf Jan Zamoykis Rede an Heinrich Valois eröffnen sich innerhalb des polnisch-litauischen Mischverfassungssystems vorrangig zwei institutionalisierte Kommunikationswege zwischen Adel und Monarch beziehungsweise innerhalb des Adelsstandes: das hochadlig-senatorische Ratsgremium des Königs und der Sejm unter Einschluss der Vertreter der Adelsgemeinschaften in den Provinzen, die sich um die Landtage auskristallisierten. Wenn sich im Polen-Litauen des beginnenden 17. Jahrhunderts mit dem Rokosz eine adlige Aufstandsbewegung formierte, darf demnach von einem Scheitern einer Dissens-Kommunikation über diese beiden Kanäle ausgegangen werden. Als Repräsentationskrise im Chartier’schen Sinne kann solch eine Eskalation bezeichnet werden, da es Teile des Adelsstandes augenscheinlich nicht mehr vermochten, ihren Vorstellungen von adligen Ansprüchen innerhalb des regimen mixtum auf gewöhnlichem institutionellen Weg Gehör zu verschaffen. Dabei ist es gerade der krisenhafte Moment eines
156
F, Widerstandsrecht im Europa der Neuzeit, 16–25. M, M / P, R, Die Faszination des Staates und die historische Praxis. Zur Beschreibung von Herrschaftsbeziehungen jenseits teleologischer und dualistischer Begriffsbildungen, in: dies. (Hg.), Herrschaft in der Frühen Neuzeit. Umrisse eines dynamisch- kommunikativen Prozesses, Münster 2004, 11–49, 39 f.; zu den definitorischen Unschärfen bzw. der Weite des Rebellionsbegriffs: S, W, Art. Revolte, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 11, Stuttgart / Weimar 2010, 145–152. 158 DB, A, Rebellion – Widerstand. Politische Kommunikation als Normenkonflikt in der Frühen Neuzeit, in: dies. et al. (Hg.), Die Sprache des Politischen in actu. Zum Verhältnis von politischem Handeln und politischer Sprache von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, Göttingen 2009, 113–138, 134–137. 157
3. Methodische Reflexion
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Aufstands, der seinerseits erlaubt, die Repräsentation von Adligkeit im Zusammenhang mit dem Gemeinwesen der respublica gewissermaßen in höchster Verdichtung exemplarisch zu untersuchen:159 „Dans ces instant d’irruption de l’imaginaire politique, tout se passe comme si les ide´es formule´es depuis des lustres et demeure´es dans l’empyre´e d’une logomachie gratuite acque´raient brusquement une urgence nouvelle, et se mettaient a` converger et prolife´rer.“
3. Methodische Reflexion: Der Rokosz als Ereignis Wohl dem, der sagen kann „als“, „ehe“ und „nachdem“!160
Der Rokosz des beginnenden 17. Jahrhunderts hat eine lange Geschichte als Ereignis hinter sich. Selbst wenn man an dieser Stelle von den unmittelbaren Verarbeitungen des 17. Jahrhunderts absieht, brachten bereits die Geschichtsschreibung des späteren 18. Jahrhunderts und die sich allmählich wissenschaftlich konstituierende Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts eine Vielzahl an Bewertungen hervor. Unumstritten schien dabei vor allem die Einordnung des Rokosz als Ereignis an sich. Welche Schlussfolgerungen hieraus zu ziehen waren, stand ganz im Kontext der größeren Interpretationslinien der polnischen Historiographie, die bereits in Bezug auf die „Adelsrepublik“ angesprochen wurden.161 Dies ist kaum verwunderlich, wenn man in Rechnung stellt, dass „der Rokosz und die Gestalt Zebrzydowskis eines der Argumente darstellte, die die Ursachen erklären sollten, die hinter der Schwächung und dem Verfall der polnischen Staatlichkeit standen.“162 Die Geschichtsschreibung der katholischen Aufklärung knüpfte in ihrer Bewertung des Rokosz an das Mitte des 17. Jahrhunderts posthum publizierte Werk des Płocker Bischofs Stanisław Łubien´ski (1573–1640) an.163 Die 159
B, Re´voltes et re´volutions, 18. M, R, Der Mann ohne Eigenschaften, hrsg. v. Adolf Frise´, Reinbek b. Hamburg, 2002, 650. 161 Den bislang besten synthetisierenden Überblick zum Rokosz in der polnischen Historiographie vom 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert bietet die unveröffentlichte Magisterarbeit: S, R, Rokosz Zebrzydowskiego w historiografii polskiej XVIII, XIX i pocza˛tku XX wieku, unveröff. Magisterarbeit, Uniwersytet Ło´dzki 1993 (Der Verfasser dankt Rafał Stobiecki sehr herzlich, ihm das Manuskript zugänglich gemacht zu haben.). 162 Ebenda, 1. 163 B, J / K, W, Posłowie, in: Stanisław Łubien´ski, Droga do Szwecji Zygmunta III, kro´la polskiego i szwedzkiego, w 1593 roku / Rozruchy domowe w Polsce w latach 1606 – 1608183–231, hrsg. v. dens., Opole 2009, 183–231, 226 f. Zu Łubien´skis Geschichtswerk vgl. den Epilog, S. 602–605. 160
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historiographische Schule von Adam Naruszewicz (1733–1796) und seinen Nachfolgern tendierte in diesem Sinne zu einer negativen Sicht auf den Rokosz als eine Auflehnung gegen den Monarchen beziehungsweise als eine egoistische Konzentration des widerständigen Adels auf Einzelbeschwerden, die sogenannten privata.164 Am Ende des 18. Jahrhunderts geriet solche Beurteilung in den Strudel nach der Ursachensuche für die Teilungen PolenLitauens. Exemplarisch mag hierfür die Einschätzung von Julian Ursyn Niemcewicz (1757 o. 1758–1841) stehen, der feststellte, dass sich im Rokosz die ungestrafte Adelsanarchie gezeigt habe, „die sich sehr viel später im Jahr 1793 wiederholt hat und unser Polen zum letztlichen Untergang geführt hat.“165 Auch in nachfolgenden Synthesen zur polnischen Geschichte wurde der Rokosz zum Signum eines Niedergangs, der schon mit der Herrschaft Sigismunds III. an sich verknüpft war: „Der Tod des tapferen Stephan Ba´thory (des Vorgängers von Sigismund, K.L.) öffnete den Weg zu nicht endenden Unruhen in Polen, mit ihm verschwand das Glück des Vaterlands und die Vormacht der Nation im Norden.“166 Joachim Lelewel setzte sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts kritisch mit den bisherigen Konzeptionen der polnischen Geschichte auseinander, schrieb die Bewertung des Rokosz jedoch unter veränderten Vorzeichen weiter. Zwar orientierte er sich in seiner Periodisierung explizit nicht mehr an einzelnen Monarchen oder Dynastien. Doch auch ihm galt der Rokosz als Beginn eines Niedergangs. Den Aufstand des beginnenden 17. Jahrhunderts interpretierte er dabei als positive Verkörperung einer demokratischen Gemeindeherrschaft und zugleich deren Unterdrückung durch das monarchische Element und „die mächtigen Herren“ innerhalb der Nationalgeschichte.167 Die Konzeption Lelewels und seiner Nachfolger blieb wiederum nicht unwidersprochen.168 Dies änderte aber kaum etwas an der Tatsache, dass sich der Rokosz insgesamt als Emblem einer longue dure´e des Niedergangs Polen(-Litauens) etabliert hatte. Aus den Reihen der Historiker, die an Lelewel anknüpften, stammte folgerichtig die erste Monographie, die dem Rokosz seit dem Geschichtswerk Stanisław Łubien´skis gewidmet war. Hen-
164
Vgl. S, Rokosz Zebrzydowskiego w historiografii polskiej, 4–34. N, J U, Dzieje panowania Zygmunta III Kro´la Polskiego, Wielkiego Ksie˛cia Litewskiego itd. Tom 2, hrsg. v. Kazimierz Jo´zef Turowski, Krako´w 1860, 107. 166 B, J S, Dzieje narodu polskiego. Tom 2, Wrocław 1835, 151; vgl. ähnlich W, T, Historya ksia˛z˙a˛t i kro´lo´w polskich kro´tko zebrana, Wilno / Warszawa 21824, hier ab 233 mit der von der Herrschaft Sigismunds III. an wechselnden Kapitelüberschriften – vom vorhergehenden „Blühenden Polen“ zum „Niedergehenden Polen“. 167 L, J, Polska. Dzieje i rzeczy jej, Bd. 3, Poznan´ 1855, bes. 270–273. 168 S, Rokosz Zebrzydowskiego w historiografii polskiej, 47–64. 165
3. Methodische Reflexion
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ryk Schmitt (1817–1883) folgte entsprechend der Beurteilung des Rokosz als adelsdemokratisch-republikanischem Phänomen, dessen Niederschlagung in der Folge eine steigende Willkür der mächtigen adligen Herren und eine religiöse Intoleranz unter jesuitischen Auspizien nach sich zog.169 Die Suche nach einer Erklärung für die Teilungen führte im 19. Jahrhundert zu einer allgemeinen Tendenz, übergreifende Modellbildungen zu schaffen. Sie konnten in erster Linie verfassungsvergleichender Natur sein oder stärker Elemente einzubeziehen beginnen, die aus heutiger Perspektive der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte zuzuordnen wären.170 Der Rokosz wurde in diesem Sinne durchaus nicht als umwälzendes Ereignis als solches interpretiert. Eher zeigte sich bei „Optimisten“ wie „Pessimisten“ die Neigung, ihn als emblematische Manifestation grundlegender strukturell verankerter Entwicklungen zu begreifen. Dies galt zwar weniger für einen Jo´zef Szujski (1835–1883), der im Rokosz vor allem ein ebenso begrüßenswertes Ende der Lelewelschen „Gemeindeherrschaft“ wie einen verurteilenswürdigen Ausbruch des Ehrgeizes einiger großer adliger Herren erblickte. Für ihn blieb der Rokosz ein trotz allem in schizophrener Weise folgenloses Ereignis, denn „die Nation lernte nichts und vergaß nichts.“171 Für Michał Bobrzyn´ski dagegen war der Aufstand zunächst keine Erscheinung, die die polnischen Verhältnisse vom restlichen Europa unterschied. Als langfristig problematisch wirkte sich für ihn viel eher aus, dass es in Folge des Rokosz zu keinem erfolgreichen Ausbau der monarchischen Macht kam. Der „fatale“ Kompromiss der Amnestie und der monarchischen Zugeständnisse an den widerständischen Adel hätten „die Wertschätzung für die Herrschaft gebrochen, und im selben Zuge jeglichen Gedanken innerer Reform […], er war Zeichen des völligen inneren Verfalls.“172 Bobrzyn´skis Synthese fand eine durchaus kritische Aufnahme.173 In Bezug auf den Rokosz unterschied er sich dabei in seiner grundsätzlich normativen negativen Wertung allerdings keineswegs von den Synthesen etwa eines Władysław Smolen´ski (1851–1926), Tadeusz Korzon´ (1839–1918) oder Adolf Pawin´ski (1840–1896). Die Differenzen lagen eher in der Frage, ob der Rokosz überhaupt das Potential einer inneren Reform hatte aufweisen können, wie Bobrzyn´ski meinte, oder in erster Linie eine destruktiv-anarchistische Tendenz innerhalb des Adels deutlich machte.174 Vor diesem Hintergrund 169
S, H, Rokosz Zebrzydowskiego, Lwo´w 1858, etwa VIIIf., 593 f. G, Zarys historii historografii, 138–140. 171 S, J, Dzieje Polski podług ostatnich badan´. Tom 3: Kro´lowie wolno obrani. Cze˛s´c˙ 1: r. 1572–1668, Lwo´w 1864, 172. 172 B, M, Dzieje Polski w zarysie, Warszawa 1879, 352. 173 Zusammenfassend: K-S, B, Polemika woko´ł ,Dziejo´w Polski w zarysie‘ M. Bobrzyn´skiego w latach 1879–1889, in: Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Ło´dzkiego. Nauki humanistyczno-społeczne 4 (1956), 107–128. 174 K, T, Historyja nowoz˙ytna. Tom I: do 1648 roku, Krako´w 1889, 482 f.; 170
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legte Aleksander Rembowski (1847–1906) eine umfassende Studie zu Konföderation und Rokosz vor. Systematischer als je zuvor ordnete er die polnischen Verfassungsverhältnisse in einen gesamteuropäischen Rahmen ein. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass die polnische Mischverfassung und die „typische ständische Selbstverwaltung“ eine „Ähnlichkeit und Gemeinsamkeit der rechtsstaatlichen Grundsätze mit dem Westen Europas“ aufgewiesen habe.175 Korporatistische und genossenschaftlich-bündische Formen im Allgemeinen waren demnach keine polnische Eigenheit. Mithin galt Gleiches auch im Besonderen für den Fall des Rokosz von 1606. Die Bezeichnung Rokosz wendet er dabei universell als Bezeichnung auf verschiedene Typen adliger Bundes- beziehungsweise Konföderationsschlüsse in Polen an. Die adlige Konföderation des beginnenden 17. Jahrhunderts hielt allerdings auch Rembowski für gefährlich. Dies unterschied diesen Rokosz, in Abgrenzung von den Konföderationen der Interregna, aber nicht von allen anderen Bündnisschlüssen, die zu Lebzeiten eines Monarchen gegen ihn gerichtet waren. In diesem Fall nämlich „nahm ein rokosz einen ausgesprochen ständischen Charakter an, bis zum Rand angefüllt mit privata, die als Gemeinwohl ausgegeben wurden, und überzog das ganze Land mit der verbrecherischen Flamme des Bürgerkriegs.“176 Rembowskis Darstellung stellte zu seiner Zeit nicht den einzigen genaueren Annäherungsversuch an den Rokosz dar. Im Jahr 1882, rund zehn Jahre vor Rembowski, hatte August Sokołowski (1846–1921) bereits seine Darstellung Vor dem Rokosz (Przed Rokoszem) vorgelegt. Anders als sein komparatistisch orientierter Nachfolger sah Sokołowski in der Konföderation vor allem ein fremdes Element. Sie stand für ihn am Ende eines „Goldenen Zeitalters“, in dem der Sejm ein dem polnischen Wesen entsprechendes, gutes Funktionieren des politischen Systems garantiert hatte. Der fremde, weil dem Ungarischen entlehnte, Rokosz verlieh dann gemeinsam mit dem fremden – schwedischen – Monarchen und seinen fremden – jesuitischen – Unterstützern dem schon schwächelnden Adelsparlamentarismus den Todesstoß.177
P, A, Rza˛dy sejmikowe w Polsce, 1572–1795 na tle stosunko´w wojewo´dztw kujawskich, Warszawa 1888, 352. Smolen´ski verurteilt demgegenüber den Adel für seine anarchischen Akte ebenso wie Sigismund III. für seine katholisch-absolutistischen Absichten: S, W, Dzieje narodu polskiego, Warszawa u.a. 51919, 178–180. 175 R, A, Konfederacja i rokosz, ed. v. Jolanta Choin´ska-Mika, Krako´w 2010 (Biblioteka klasyki polskiej mys´li politycznej 28), 474. 176 Ebenda, 464. 177 S, A, Przed rokoszem. Studyjum historyczne za czaso´w Zygmunta III, in: Rozprawy i sprawozdania z posiedzen´ wydziału historyczno-filozoficznego Akademii umieje˛tnos´ci 15 (1882), 1–227, bes. 1–10.
3. Methodische Reflexion
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Im beginnenden 20. Jahrhundert schließlich wurde wohl Wacław Sobieski (1872–1935) zu einem der wichtigsten historiographischen Interpreten des Aufstands.178 Seine Sicht auf den Rokosz konnte stellenweise an die Grundlinien Lelewels anknüpfen; nur dass Sobieskis Erzählung angesichts einer potentiell erreichbaren nationalstaatlichen Unabhängigkeit Polens nun zur Verteidigung der parlamentarischen Demokratie gegen die absolutistischen Machenschaften König Sigismunds III. Wasa geriet. Obgleich die Anhänger des Rokosz durch ihre Angriffe auf den Sejm dem polnischen Parlamentarismus geschadet hätten, „taten sie dies nicht böswillig, im Gegenteil, sie meinten, dass das Wesen eines guten Parlamentarismus darin besteht, die Rechte der Minderheit zu schützen und darum führten sie ihre Polemik mit der höfischen Partei.“179 Der hier präsentierte idiosynkratische Blick auf die ältere Forschungsgeschichte des Rokosz kann keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Noch schwerer wird es hingegen, eine angemessene Vorstellung geschichtswissenschaftlicher Wertungen des Rokosz für die polnische Nachkriegshistoriographie zu bieten. Die Zahl an Aufsätzen zu Einzelaspekten des Rokosz ist immens, während es an Monographien, die den Aufstand in eine synthetische Darstellung fassen, mangelt. Den zentralen Bezugspunkt für jegliche Beschäftigung mit dem Rokosz, auch für die vorliegende Arbeit, bildet die monographische Studie aus der Feder Jarema Maciszewskis von 1960. In diesem ersten Teil seiner ursprünglich auf zwei Bände angelegten Habilitationsschrift behandelt Maciszewski den Bürgerkrieg in Polen von der ersten Adelsversammlung vom April 1606 in Ste˛z˙yca bis zum trügerischen Kompromiss von Janowiec im Oktober desselben Jahres.180 Dabei unternimmt Maciszewski beeindruckende, aus der gegenwärtigen Perspektive eher amüsante, Klimmzüge, um seine Arbeit im Erwartungshorizont einer historischmaterialistischen Theoriebildung von Klassenkampf und Fortschrittsgeschichte zu rechtfertigen.181 Ernsthafte konzeptionelle Auswirkungen zeitigt solche eine ideologisch-methodische Akrobatik in dem Moment, wo Maciszewski den Rokosz in das Schema Adelsdemokratie und Magnatenoligarchie einordnet. Solcher Klassenkampf zwischen adelsrepublikanischen Bestrebungen des niederen und mittleren Adels gegen die Magnaten unter Hinzufügung monarchischer Machtbestrebungen war für Maciszewski hingegen
178 Zu Person und Werk Sobieskis P, Z, Wacław Sobieski (1872–1935), in: Peter Brock / John D. Stanley / Piotr Wro´bel (Hg.), Nation and History. Polish Historians from the Enlightenment to the Second World War, Toronto / Buffalo / London 2006, 246–259. 179 S, Pamie˛tny Sejm, 241. 180 M, J, Wojna domowa w Polsce (1606–1609), Cze˛s´c´ 1: Od Ste˛z˙ycy do Janowca, Wrocław 1960. 181 Ebenda, bes. 39–49.
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schon in den vorhergehenden Verhältnissen vor allem seit dem Herrschaftsantritt Sigismunds III. verankert.182 Polen unterschied sich in dieser Hinsicht strukturell von den Entwicklungen im Westen, wie der Ausformung des Absolutismus in Frankreich oder einer parlamentarischen Monarchie in England. Den Rokosz sieht Maciszewski in der Folge wohl als kein auslösendes Moment, jedoch als eine entscheidende Etappe im Kampf um die „in der Respublica bestehende(n) Verhältnisse und das Nachdenken um eine Reform, um die Ausbesserung des Feudalstaates.“183 Dass das adelsdemokratisch-republikanische Lager dieses Ringen verlor, darf mithin als das Eigenrecht des historischen Ereignisses „Rokosz“ angesichts der ihm zugrundeliegenden Strukturen verstanden werden. Abgesehen von einer beständigen expliziten Berufung Maciszewskis auf die Historiographie der Vorkriegszeit in den Fußnoten, zeigt sich damit auch nur eine beschränkte konzeptionelle Neubewertung des Rokosz. Die „Adelsdemokratie“ kannte man dem Prinzip nach seit Lelewel und die Frage nach „Reformen“ hatte im Übrigen auch die konservative Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts angetrieben.184 Sie gehörte dort bereits zu einem Frageinteresse, das sein Endziel in der Erklärung der Teilungen fand.185 Gleiches gilt für den Vergleich mit den „westlichen“ Entwicklungen unter gleichzeitiger Annahme einer polnischen Sonderentwicklung. In die Frage nach dem Erfolg oder Misserfolg von „Reformen“ ordnet sich explizit auch die Analyse von Agnieszka Pawłowska-Kubik ein. In Ihrer Arbeit setzt sie chronologisch die Monographie von Maciszewski fort, indem sie sich auf die zweite Hälfte des Rokosz nach Janowiec bis zum Sejm von 1609 und die Nachwirkungen auf die Beteiligten konzentriert. Sie kommt zu dem Ergebnis, dem Rokosz an sich käme schon dadurch eine Qualität als historische Zäsur zu, dass es sich um die größte und wichtigste Adelsbewegung des 17. Jahrhunderts in Polen-Litauen handelte.186 Seine Bedeutung bestünde jedoch vor allem darin, dass er zu einer gegenseitigen Blockade der 182
Ebenda, 59–64. Ebenda, 91. 184 H, K B, Historia reform politycznych w Dawnej Polsce, hrsg. v. Andrzej Wierzbicki, Warszawa 1988. 185 W, A, Karol Boromeusz Hoffman. Przyczynek do genezy szko´ł historycznych w Polsce drugiej połowy XIX wieku, in: Karol Boromeusz Hoffman, Historia reform politycznych w Dawnej Polsce, ed. v. Andrzej Wierzbicki, Warszawa 1988, 5–26. 186 P-K, A, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa Zygmuntowi III (24 VI 1607) do sejmu pacyfikacyjnego (1609). Rzeczpospolita na politycznym rozdroz˙u, unveröff. Dissertationsschrift, Uniwersytet Mikołaja Kopernika w Toruniu 2016, 395. (Der Verfasser dankt der Autorin herzlich für die Zugänglichmachung des Manuskripts.). 183
3. Methodische Reflexion
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Reformbemühungen seitens des Adels und des Monarchen geführt habe. In diesem Sinne „trug er zur Erhaltung des status quo in der Verfassung des polnisch-litauischen Staates bei, für den die Bedingung einer weiteren sinnvollen Entwicklung war, Reformen einzuführen, die den Herrschaftsapparat und die Mechanismen von Herrschaftsausübung verbesserten.“187
Die Wirkung der historiographischen Konzepte, in deren Rahmen auch dem Rokosz seine jeweilige Rolle in der Nationalgeschichte zugeschrieben wurde, scheint also nachhaltig zu sein. Als einer der wenigen polnischen Historiker hat etwa Henryk Wisner dem Rokosz so gut wie jede Bedeutung für eine mittel- bis längerfristige Entwicklung der frühneuzeitlichen Geschichte Polen-Litauens sehr ausdrücklich abgesprochen.188 Ein Blick auf die Synthesen zur polnischen Geschichte der Frühen Neuzeit von Urszula Augustyniak und Mariusz Markiewicz zeigt hingegen zwar eine Relativierung, aber keinen vollständigen Rückzug aus den traditionellen und zuletzt bei Maciszewski in extenso entworfenen Interpretationsmustern. Beide Autoren werten den Rokosz einerseits als Teil der Auseinandersetzung um die Verfassungsverhältnisse in Polen-Litauen und den Ausgang des Konflikts erst einmal positiv als Erhalt des Mischverfassungssystems.189 Augustyniak hingegen mag im Anschluss nicht darauf verzichten, den Rokosz als Pyrrhus-Sieg zu charakterisieren, der nicht imstande war, die schon heraufziehende Magnatenoligarchie zu verhindern.190 Angesichts dessen verwundert es nicht, dass auch die Republikanismus-Theoretikerin Pietrzyk-Reeves im Rokosz ein „letztes Aufflackern“ adelsdemokratisch-republikanischer Bestrebungen erkennt.191 Damit wird ihr der Rokosz zur Zäsur des Übergangs von einem „klassischen Republikanismus“ mit aristotelischer Prägung, nach der das regimen mixtum nur noch eine Verfassungsform blieb, die aber ihre inhaltliche Verankerung verloren hatte.192 Ohne diese weitgehenden Schlussfolgerungen zu formulieren, findet sich auch bei Edward Opalin´ski die Interpretation des Rokosz als Ausdruck eines letztlich gescheiterten Strebens nach direkter Demokratie.193 In diesem Sinne ging für ihn der Rokosz über die zuvor etablierten widerständigen Adelsver187
Ebenda, 398. W, H, Rokosz Zebrzydowskiego albo sandomierski. Cezura czy epizod z dziejo´w walk politycznych pocza˛tku XVII wieku, in: Kwartalnik Historyczny 90.3 (1983), 527–539. 189 M, Historia Polski, 449; A, Historia Polski, 613 f. 190 A, Historia Polski, 614. 191 P-R, Ład Rzeczypospolitej, 409. 192 Ebenda, 410. 193 O, E, Rokosz Zebrzydowskiego – element antysystemu ustrojowego czy nieudana rewolucja?, in: Przegla˛d Sejmowy 4. 141 (2017), 53–69, 67. 188
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sammlungen hinaus. Vielmehr habe es sich hier schon vor dem formalen Bundesschluss „zweifelsohne um einen revolutionären Akt“ gehandelt,194 da sich der dann formalisierte Bundesschluss des Rokosz über die Institutionen des Monarchen, des Sejms und der Gerichte gestellt habe.195 Allerdings führten die mangelnde theoretische Konsequenz wie die erforderliche Rückbindung an einen Adel, der dem Rokosz letztlich doch nicht geschlossen folgen wollte, für Opalin´ski zu einer lediglich „begonnenen Revolution“.196 In der deutschen Forschung haben sich am intensivsten Gottfried Schramm und Martin Faber mit dem Rokosz beschäftigt. In seiner Habilitationsschrift Der polnische Adel und die Reformation folgt Schramm in wesentlichen Zügen der Auslegung Maciszewskis.197 Der Rokosz, der ihn in erster Linie im Zusammenhang mit der Reformationsgeschichte interessiert, wird dabei zum Endpunkt der Darstellung. Parallel zur Übernahme der interpretatorischen Linie Maciszewskis in Bezug auf Adelsdemokratie und Magnatenoligarchie ist der Rokosz bei Schramm entsprechend nicht Auslöser für den Niedergang der Reformation in Polen. Letzterer ist schon in der beginnenden Herrschaft Sigismunds III. angelegt. Ein Anfang vom Ende der Evangelischen ist der Rokosz mit „verhängnisvollen“ Folgen für die polnische Geschichte allemal: „Wie wenig eine bloße Minderheit auszurichten vermochte, zeigte 1606–1607 der Rokosz des Zebrzydowski.“198 Für Martin Faber dagegen ist der Rokosz ein Katalysator für die strukturelle Verfestigung des Sarmatismus als „Ideologie des polnischen Adels“, die sich bereits zuvor zu etablieren begonnen hatte. Diese Ideologie wiederum war Teil einer umfassenden „Mentalität“.199 Die Ideologie zielte dabei auf die Erhaltung des politischen und gesellschaftlichen Systems der „polnisch-litauischen Adelsrepublik“ und war „inspiriert […] vom Streben des Adels nach dem Erhalt seiner privilegierten Stellung“.200 In diesem Sinne wird der Rokosz hier als „sarmatischer Aufstand“ zu einem entscheidenden Einschnitt für die Entwicklung und Etablierung der „sarmatischen Ideologie“.201 194
Ebenda, 60. Ebenda, 68. Vgl. auch O, E, Confederations and Rokosz, in: Tomasz Gromelski et al. (Hg.), Frühneuzeitliche Reiche in Europa. Das Heilige Römische Reich und Polen-Litauen im Vergleich, Wiesbaden 2016, 105–108, 111. 196 O, Rokosz Zebrzydowskiego, 68. 197 S, G, Der polnische Adel und die Reformation (1548–1607), Wiesbaden 1960, 281–314; auch ., Armed Conflict in East-Central Europe. Protestant Noble Opposition and Catholic Royalist Factions (1604–1620), in: Robert J. W. Evans (Hg.), Crown, Church and Estates. Central European Politics in the Sixteenth and Seventeenth Centuries, New York 1991, 176–195. 198 S, Der polnische Adel und die Reformation, 328. 199 F, Sarmatismus, 19 f. 200 Ebenda, 15. 201 Ebenda, 154. Faber beruft sich hier mit einigen Modifikationen und Differenzierun195
3. Methodische Reflexion
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Deren weitere Vertiefung und keine zwingenden real- oder verfassungspolitischen Gegebenheiten, trug, so Fabers These, letztlich zum Ende polnischlitauischer Eigenstaatlichkeit im ausgehenden 18. Jahrhundert bei.202 Die hier angestellten Überlegungen zum Rokosz als Widerstand oder Aufstand entziehen sich hingegen zunächst bewusst weit angelegten entwicklungsgeschichtlichen Überlegungen. Sie basieren jedoch sehr wohl auf synchronen strukturellen Annahmen über das Funktionieren politisch-sozialer Systeme im Europa der Frühen Neuzeit. Dabei bleibt die grundlegende Einsicht, dass der Geschichte als Komplexitätsreduktion eines vergangenen Geschehens immer eine diachrone Dimension inhärent ist – und dies, obgleich „auch Historiker die Gewissheit verloren haben, sichere Modelle des Wandels, zur Erklärung des Neuen zu besitzen.“203 Lutz Raphael hat darauf hingewiesen, dass angesichts der theoretischen Diskussionen der letzten Jahre eine zuvor umstrittene Kontrastierung von Struktur und Ereignis an Relevanz verloren habe: „Stattdessen hat sich international so etwas wie ein Minimalkonsens eingestellt.“204 Dieser Konsens, so Raphael mit Verweis auf Reinhart Koselleck, bestehe in der doppelten Verankerung der Erklärung von Wandel: in den Erfahrungen der geschichtlichen Akteure und in den „methodisch erschlossenen, den Erfahrungen der Akteure aber vorgelagerten Zeitschichten.“205 Koselleck hatte darauf verwiesen, dass es sich bei „Strukturen“ und „Ereignissen“ im Grunde nur um zwei Frageebenen handelt, die beide gegenseitig auf sich angewiesen bleiben.206 Es gen explizit auf die Thesen der ungedruckten Dissertation Stanisław Cynarskis aus den 1960er Jahren (ebenda, 130 f.): C, S, Kształtowanie sie˛ ideologii sarmatyzmu w dobie rokoszu Zebrzydowskiego, Maschinenschriftl. Dissertation, Krako´w 1960 (Biblioteka Jagiellon´ska Mss. Dokt. 67/60) (die Angaben folgen F, Sarmatismus, 109 Anm. 178.) Die Thesen Cynarskis synthetisch zusammengefasst in: C, S, Kilka uwag w sprawie sarmatyzmu w Polsce w pocza˛tkach XVII wieku, in: Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Jagiellon´skiego. Prace historyczne 17 (1966), 117–132; vgl. mit der identischen Periodisierung und Argumentation etwa: M, J, Sarmatyzm jako formacja kulturowa (geneza i gło´wne cechy wyodre˛bniaja˛ce), in: Teksty 4.16 (1974), 13–42, 19. 202 F, Sarmatismus, bes. 454–457. 203 R, L, Jenseits von Strukturwandel oder Ereignis? Neuere Sichtweisen und Schwierigkeiten der Historiker im Umgang mit Wandel und Innovation, in: Historische Anthropologie 17.1 (2009), 110–120, 110; zur Geschichte als inhärent diachroner Reduktion von vergangenem Geschehen vgl. beispielsweise: S, K, Geschehen, Geschichte, Text der Geschichte, in: Reinhart Koselleck / Wolf-Dieter Stempel (Hg.), Geschichte – Ereignis und Erzählung, München 1973 (Poetik und Hermeneutik 5), 530–534, hier 532. 204 R, Jenseits von Strukturwandel oder Ereignis?, 212. 205 Ebenda. 206 K, R, Darstellung, Ereignis und Struktur, in: ders., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt a.M. 42000, 144–157, 149.
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handele sich also um „verschiedene zeitliche Erstreckungen“, die analysiert würden. Mit Blick auf die historischen Akteure unterschieden sie sich dadurch, dass langfristige Strukturen deren konkreten zeitlichen Erfahrungshorizont überstiegen. Zugleich aber bildeten Strukturen, durch die Akteure bewusst oder unbewusst internalisiert, die Bedingungen für den Verlauf von Ereignissen. Letztere wiederum sieht Koselleck durch eine chronologische Abfolge bestimmt, die erst „eine Summe von Begebenheiten zu einem Ereignis zusammenfügt“207. Tatsächlich zeigt bereits die zeitgenössische beziehungsweise die unmittelbare anschließende Überlieferung zum Rokosz, dass dessen Akteure und die ihnen folgende Generation das Aufstandsgeschehen im Sinne ihres Zeithorizonts als eine zusammenhängende Einheit begriffen. Dies betrifft die ersten zeithistorischen Verarbeitungen des Rokosz, in denen er als abgrenzbares Ereignis erzählt wird, ebenso wie die zahlreichen Überlieferungen in den handschriftlichen Hausbüchern des Adels.208 Letztere wurden zur Grundlage der Darstellungen des Rokosz seit der Arbeit Henryk Schmitts, vor allem jedoch bei Rembowski und schließlich bei Maciszewski. Die Verarbeitungen des Rokosz als Ereignis insbesondere in der Traditionslinie von Naruszewicz unterschieden sich hiervon nur insofern als sie die erste synthetisierende Zeitgeschichtsschreibung zur Grundlage ihrer Interpretation machten. In beiden Fällen allerdings, wie auch in der vorliegenden Arbeit, bildet damit die zeitgenössische Wahrnehmung der Einheit von Geschehnissen, die zur Singularform „Rokosz“ verdichtet wurden, über die Quellenüberlieferung den basalen narrativen Rahmen. So konsensuell diese Ausgangslage ist, so umstritten wiederum musste die strukturelle Einordnung des Ereignisses ausfallen. Bemerkenswert ist dabei, dass der Rokosz zwar von den Zeitgenossen als Ereignis verstanden wurde, andererseits jedoch von ihnen mit keiner expliziten Vorstellung von Veränderung oder Wandel belegt wurde. Das „Vorher“ und „Nachher“ konstituieren dabei für Koselleck den Sinnhorizont der Erzählung eines Ereignisses, „weil geschichtliche Erfahrung dessen, was ein Ereignis ausmacht, immer schon in den Zwang der Zeitfolge eingelassen ist.“209 Folgt man etwa dem wirkungsmächtigen Narrativ Stanisław Łubien´skis, bestand das Außergewöhnliche des Rokosz, das seine zeitliche Abgrenzung in ein „Vorher“ und ein „Nachher“ überhaupt rechtfertigte, in der ungekannten Zuspitzung eines Konflikts zwischen Monarch und Adel. In seiner zeitgenössischen Einschätzung jedoch schien die Rückkehr zum vorherigen Zustand als Ideal, was auch an der Bewertung des Rokosz nicht spurlos vorbei ging: Nach dem Rokosz
207
Ebenda, 145. Vgl. hierzu den 607–612. 209 K, Darstellung, Ereignis und Struktur, 145. 208
3. Methodische Reflexion
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war für den Płocker Bischof vor dem Rokosz. Allein, die respublica schien in ihren herkömmlichen Strukturen noch gefestigter als zuvor.210 In diesem Kontext spiegeln sämtliche historiographische Einordnungen durch das lange 19. Jahrhundert hinweg bis in die Gegenwart hinein die Schwierigkeit, mit dem Rokosz als Ereignis im Sinne des Sinn- und Erwartungshorizonts der Zeitgenossen umzugehen. Anders gesagt: Zweifelsohne hatte man es im Sinne der traditionellen Überlieferung mit einem Ereignis zu tun. Doch wurde diesem in der geschichtswissenschaftlichen Verarbeitung des 19. und 20. Jahrhunderts nur sehr bedingt ein umwälzender Charakter zugesprochen. Eher geriet der Rokosz zur emblematischen Manifestation bereits existenter Verhältnisse, bestenfalls war er ein Beitrag zur Zuspitzung bestehender Strukturen. Der Rokosz als Ereignis mit eingeschränktem Ereignischarakter entspricht durchaus der oben ausgeführten Feststellung der Normalität von Widerstand und Aufstand unter den Bedingungen der ständischen politischen Systeme der Frühen Neuzeit. Nichtsdestoweniger scheint solch eine Herangehensweise erst die Hälfte des analytischen Weges zu sein. Sie erklärt nur bedingt die zeitgenössische Wahrnehmung des Rokosz als eines augenscheinlich einschneidenden Ereignisses. Anders wären schließlich die überbordende Quellenüberlieferung und die zeithistorischen Verarbeitungen des Aufstands kaum zu erklären. Eine Darstellung zum Rokosz ist deshalb mit der Frage konfrontiert, wie mit den strukturellen Annahmen umzugehen ist, die einer Erzählung dieses Aufstands zwangsläufig inhärent sind. Der anfangs eingeführte Repräsentationsbegriff Roger Chartiers zielt auf intellektuelle Konfigurationen, Praktiken und institutionelle Formen als analytische Kategorie, die es erlauben sollen, die Konstitution von historischen Gruppen zu untersuchen. In Bezug auf verschiedene Formen von Praxistheorien ist darauf hingewiesen worden, dass sie tendenziell dazu neigen, die herkömmliche Theoriediskussion über Struktur und „agency“ oder auch Struktur und Ereignis in neuem Gewand zu reproduzieren.211 Hier soll zunächst festgehalten werden, dass der Mehrwert der praxeologischen Perspektive darin besteht, die Vorstellung von Strukturen aufgeweicht zu haben.
210
Ł, Rozruchy domowe w Polsce w latach 1606–1608, 181. R, A, Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken. Eine sozialtheoretische Perspektive, in: Zeitschrift für Soziologie 32.4 (2003), 282–301, 297; vgl. hierzu etwa insbesondere auch die Diskussionen der Konzepte Pierre Bourdieus oder Anthony Giddens: W, T, Die Dualität von Struktur und Handeln. Anthony Giddens’ Strukturierungstheorie als ,praxeologischer‘ Ansatz in der Geschichtswissenschaft, in: Andreas Suter / Manfred Hettling (Hg.), Struktur und Ereignis, Göttingen 2001 (Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft 19), 99–119; G-H, I, ,Kritische Ereignisse‘ und ,kritischer Moment‘. Pierre Bourdieus Modell der Vermittlung von Ereignis und Struktur, in: ebenda, 120–137. 211
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Sie erscheinen nun als dynamischer Komplex von Erfahrungen, Wissen, Vorstellungen und Regeln, die beständig neu reproduziert werden.212 In dieser Hinsicht treffen sich praxeologische Vorannahmen mit der Chartier’schen Konzeption der Repräsentation. Chartier begreift seine Repräsentation und die ihr inhärenten Teilaspekte selbst als dynamische Konfiguration, die ihrerseits zugleich eine stete Wandlung von Institutionen, Wissensorganisationen und Regeln bedeutet.213 Wenn sich Chartier in seinen Überlegungen auch auf Michel Foucault und dessen „se´rialite´ des e´ve´nements“ bezieht,214 entspricht dies gewissermaßen der Einsicht von Anthony Giddens über die Dualität von Strukturen als Strom einzelner Handlungen. Letzterer produziere „kontinuierlich Folgen, die die Akteure nicht beabsichtigt haben, und diese unbeabsichtigten Folgen können sich auch, vermittelt über Rückkoppelungsprozesse, wiederum als nichteingestandene Bedingungen weiteren Handelns darstellen.“215 Solcher Art verstandene Strukturen bestimmen demnach als basale Bedingungen auch diese Handlungskonstellationen, die als „ausgrenzbarer Sinnzusammenhang“,216 als in diesem Sinne historisches Ereignis, verstanden werden. Irreversibilität, Kontingenz und Rahmung durch Vorbedingungen, an die sie anknüpfen, können demnach nicht allein die Ausgrenzung solcher Handlungszusammenhänge als außergewöhnlich charakterisieren. Um über einen explikativen Umweg doch wieder zu Koselleck zurückzukehren: Das Ereignis erscheint also in erster Linie charakterisiert durch das Unerwartete, das von den handelnden Akteuren selbst innerhalb der Handlungsdynamik reflektiert oder das ex post bemerkt wird. Im Sinne der hier eingangs postulierten Krise der Repräsentation in Bezug auf Adel und Gemeinwesen und das daraus resultierende Problem von Widerstand und Aufstand bedeutet dies: Nicht die Repräsentationskrise beziehungsweise der Aufstand an sich mögen schon als Ereignis qualifiziert werden. Sie gehören gewissermaßen zu den zeitgenössisch erwartbaren Handlungszusammenhängen. Vielmehr soll im Folgenden die Frage nach Handlungsoptionen gestellt werden, die innerhalb der Dynamik des Geschehens gewählt wurden. Offenbar stellten gerade sie eine genügende Abweichung dar, um den Akteuren oder der zeitgenössischen Wahrnehmung ex post den Rokosz als ein Ereignis erscheinen zu lassen, das ein Vorher und ein Nachher im diachronen Zusammenhang aufscheinen ließ. 212
Zusammenfassend R, Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken, etwa 291–293. 213 C, Le monde comme repre´sentation, 1517. 214 Ebenda, 1517. 215 G, A, Die Konstitution der Gesellschaft. Grundzüge einer Theorie der Strukturierung, Frankfurt a.M. / New York 31997, 79. 216 K, Darstellung, Ereignis und Struktur, 144.
4. Text
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4. Text Einmal als selbstverständlich unterstellt, daß fast jeder Text eine Belästigung darstellt […]: so ist eine besondere Belästigung ein langer Text.217
Vor dem Hintergrund der bisherigen Überlegungen nimmt die Analyse einen langen Anlauf, bevor sie auf den Geschehenszusammenhang des Rokosz selbst zu sprechen kommt. Der erste Hauptteil (Respublica: Stand und Gemeinwesen in normativen Diskursen) ist dem Versuch gewidmet, die intellektuellen Konfigurationen nachzuvollziehen, die eine mit normativem Anspruch versehene Definition des Adels als Stand ausformten. Die hier untersuchten Texte sind dabei nicht rein im Sinne einer Diskursgeschichte zu begreifen. Vielmehr sollen sie als Teil von strukturierenden Praktiken verstanden werden, die den Adel an sich konstituierten und in diesem Zuge auch dessen Verhältnis zur respublica zu bestimmen suchten. Gleicher Grundgedanke gilt für den sich hieran anschließenden zweiten Teil (Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen). Er widmet sich den institutionellen Konfigurationen der Mischverfassung der respublica, die wiederum in enger Wechselwirkung mit den normativen Konstituierungen von Adel aus dem ersten Teil stehen. Der dritte Abschnitt (Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel) engt den zeitlichen Horizont der Untersuchung merklich auf die Herrschaftszeit Sigismunds III. Wasa und die Zeit kurz vor dem Aufbruch des Aufstands ein. Hier sollen vor allem die Konstellation der unmittelbaren Handlungsoptionen aufgezeigt werden, mit denen die Akteure zum Zeitpunkt des Aufstandsausbruchs konfrontiert waren. Im vierten Teil dann (Rokosz: Anatomie eines Konflikts) wird das Aufstandsgeschehen selbst zum Gegenstand der Untersuchung. Dieser Abschnitt wird durch eine Verschränkung diachroner und systematischer Darstellung strukturiert. In großem Rahmen der Chronologie folgend behandelt er im ersten Unterkapitel die Adelsversammlungen als institutionelle Form, im zweiten Unterkapitel die polemischen Schriften als kommunikativen Teil des Aufstands und schließlich Gewaltanwendung und die Reintegration der Aufständischen in das herkömmliche institutionelle Ensemble der respublica. Abschließend (Epilog: Ein Ereignis zwischen rebellischer Normalität und Normsetzung durch Rebellion) wird die Etablierung des Rokosz als Ereignis
217
M, O, Beitrag zur Philosophie der Geschichte des Abschieds von der Philosophie der Geschichte, in: Reinhart Koselleck / Wolf-Dieter Stempel (Hg.), Geschichte – Ereignis und Erzählung, München 1973 (Poetik und Hermeneutik 5), 214–250, hier 241.
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im 17. Jahrhundert knapp skizziert. Diese Überlegungen sollen zugleich eine Reflexion über die Quellenbasis dieser Arbeit bilden. In formaler Hinsicht befleißigt sich der folgenden Text eines größtmöglichen Pragmatismus. Polnische und litauische Ortsnamen werden, wenn sie gegenwärtig noch in einer deutschen Variante geläufig sind, auch in der deutschen Form verwendet, in wenigen Fällen in Doppelschreibung genannt. Dies mag zu gewissen Inkohärenzen führen, etwa wird bei Städten die deutsche Form Kalisch, jedoch die polnische Form Sandomierz gewählt. Alle polnischen Vornamen werden in der polnischen Form beibehalten. Dies gilt nicht für die Namen von Herrschenden, mit der Ausnahme des polnischen Herrschernamens Władysław, der beibehalten wird. Dies mag eine Inkonsequenz darstellen, ist aber einer mittlerweile verbreiteten Konvention geschuldet. Litauische, aber auch deutsche Namen werden in der den zeitgenössischen Quellen entsprechenden polnischen Variante verwendet (z.B. Radziwiłł, nicht lit. Radvila bzw. Radvilos; Denhof, nicht dt. Dönhoff). Alle Übersetzungen stammen, soweit nicht anders gekennzeichnet, vom Verfasser.
1. Mit dem Adel Staat machen: Stand und Gemeinwesen in normativen Diskursen Der harte Kern der Rokoszführung hatte 1609 den Weg des Widerstandes verlassen. Mikołaj Zebrzydowski lebte zurückgezogen auf seinen Gütern und widmete sich verstärkt seiner katholischen Devotion.1 Janusz Radziwiłł machte sich auf eine ausgedehnte Tour durch Europa auf, um sich nach einem längeren Aufenthalt am französischen Hof Heinrich IV. als Heerführer anzudienen.2 Stanisław Stadnicki war dringend damit beschäftigt, wichtige Fehden weiterzuführen, denen er auch bald zum Opfer fiel,3 und schließlich schien allein noch Jan Szcze˛sny Herburt dem königlichen Sieg ungebrochen die Stirn bieten zu wollen. Nicht nur, dass er im Zuge des Rokosz wegen Hochverrats bereits eine zweijährige Gefängnisstrafe verbüßt hatte.4 Auch nach der Rückkehr auf seine Güter schmiedete er neue Widerstandspläne und ließ darüber hinaus die Erinnerung an den vergangenen Rokosz nicht verblassen.5 Sein Schloss bei der Ortschaft Dobromil, unweit von Przemys´l gelegen, beherbergte einen spektakulär ausgemalten Saal. Obwohl das Schlossgebäude selbst schon bald nach dem Tod seines Besitzers im Jahr 1616 dem Verfall Preis gegeben wurde, überdauerten zumindest viele Abschriften einer Inventarbeschreibung, die die Fresken der Wandausmalung des zentralen Saales beschreiben.6 Die zahlenmäßig recht umfangreiche Überlieferung ist 1 W, H E., Kalwaria Zebrzydowska. Historia klasztoru Bernardyno´w i kalwaryjskich dro´z˙ek, Kalwaria Zebrzydwoska 1987, 50 f. 2 W, T, Art. Janusz Radziwiłł, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 30, Wrocław u.a. 1987, 602–608, 605 f. 3 B, J, Stanisław Stadnicki h. Szreniawa (przed lub w 1551–1610), in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 41, Warszawa / Krako´w 2002, 425–432, 429; vgl. auch ausführlich Ł, W, Prawem i Lewem. Obyczaje na Czerwonej Rusi w pierwszej połowie XVII. Wieku. Tom 2: Wojny prywatne, Lwo´w 1904, 419–438. 4 S, L, Jan Szcze˛sny Herburt – zarys monografii, in: Kazimierz Budzyk (Hg.), Ze studio´w nad literatura˛ staropolska˛, Wrocław 1957 (Studia Staropolskie 5), 205–291, 247–251; C, S, Art. Jan Szcze˛sny Herburt, in: Polski Słownik biograficzny, Tom 9, Wrocław u.a. 1960–1961, 443–445. 5 S, Jan Szcze˛sny Herburt, 256–258. 6 Die Beschreibung der Fresken beschreibt vermutlich den Zustand des Saales zwischen 1611 und 1616, vgl. C, J A., La simbologia del potere nella decorazione di Dobromil, in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 39 (1995), 123–132, 128.
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1. Mit dem Adel Staat machen
mithin Zeugnis einer fortwährenden Memoria des Rokosz. Der Text selbst hingegen gibt zunächst beredt Aufschluss über Jan Szcze˛sny Herburts zeitgenössische Sicht auf sich selbst als Adligen und das Gemeinwesen. Die allegorischen Darstellungen der Saalausmalung kreisten um die Themen Familie, Monarchie und den Rokosz als bewaffnete Aktion, wobei sich dies alles in ein abstraktes Ordnungssystem einordnete. Den Raum beherrschte die Abbildung vierer Kirchtürme, versehen mit den Aufschriften „Arbeit (praca)“, „Tugend (cnota)“, „Ruhm (sława)“ und „Missgunst (zazdros´c´)“.7 Der Turm der Arbeit war zweigeteilt. Beherbergte die eine Seite Kampf- und Kriegsszenen, waren auf den anderen Buchrücken dargestellt. Hier fanden sich die Namen von Autoren historischer Werke, angefangen von den mittelalterlichen Chroniken des Gallus Anonimus und von Wincenty Kadłubek, über Jan Długosz, dessen Chronik Herburt selbst in einer neuen, jedoch verbotenen Ausgabe vorbereitet hatte,8 bis hin zu Maciej von Miecho´w.9 Daneben beherrschten vor allem Rechtswerke die imaginäre Bibliothek, fanden sich doch Buchrücken mit den Aufschriften, „Privilegien“, „Metrik“ und „Pakta“, letzteres in Anspielung auf die Wahlkapitulationen der Monarchen. Weitere Namen, die auftauchten, waren derjenige Jan Łaskis, des Herausgebers der ersten offiziell approbierten Kodifikation kronpolnischen Rechts im 16. Jahrhundert sowie von dessen Nachfolgern Jakub Przyłuski und Jan Herburt, dem Vater des Auftraggebers. Die Fenster der „Tugend-Kirche“ waren beschrieben mit den Schlagworten „Sejm“, „Sejmiki“, „Versammlungen“, „Rokosz“, „Legationen“, „Kriege“, „Allgemeines Aufgebot“, „Freundschaftsdienste“, „Gerichtstage“, „Einigung“, „Konvokationen“, „Tribunale“.10 Der blaufarbige Turm des „Ruhms“ trug die Aufschrift: „Der 7 Zeitgenössische Beschreibungen des Freskensaals sind abgedruckt bei: B, F, O malowaniach zdobia˛cych niegdys´ s´ciany zamku Dobromilskiego, in: Sprawozdania Komisyi do Badania Historyi Sztuki w Polsce 4 (1891), XCVI–XCVIII; Wspominienie o Dobromilu Herburto´w, in: Pamie˛tnik Sandomierski 5–8 (1830), 207–213. Die folgenden Ausführungen stützen sich auf die Version Bostels, der die Herkunft Quellengrundlage nachvollziehbar macht. 8 B, O malowaniach zamku Dobromilskiego, XCVII. Zur Długosz-Ausgabe Herburts vgl. B, Frühneuzeitliche Nationen, 37. 9 Die Chronica Polonorum aus der Feder von Maciej von Miecho´w entstand im 15. Jahrhundert und schloss sich eng an die Darstellung von Jan Długosz an. Sie war wie die Arbeit seines Vorgängers stark durch eine kritische Perspektive der Jagiellonen-Dynastie gegenüber gekennzeichnet. Die Rezeption dieses Geschichtsentwurfes blieb jedoch recht beschränkt. Wenn Herburt ihn in seinen Fresken zitieren ließ, mag dies vielleicht in erster Linie im Zusammenhang damit stehen, dass es sich bei Maciej von Miecho´w eben um den Fortschreiber von Długosz‘ Annalenwerk handelte, vgl. B, Frühneuzeitliche Nationen, 75–78, 86 f.; vgl. auch allgemein zur Chronica Polonorum: B, H, ˙ ycie i two´rczos´c´ Macieja z Miechowa, in: ders. (Hg.), Maciej z Miechowa (1457–1523). Z Historyk, geograf, lekarz, organizator nauki, Wrocław / Warszawa 1960, 15–, 74, 44–59. 10 B, O malowaniach zamku Dobromilskiego, XCVII.
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tugendhafte Adlige, klug, fromm, gerecht, Gott segne ihn, der tapfere, gewandte, herausragende Liebende des Vaterlandes.“11 In Schwarz war hingegen der vierte Turm der „Missgunst“ gehalten, in dem Privatinteressen (privata) und entsprechend „der Unruhige“, „der Aufständische“ und der „Factiosus“ versammelt waren.12 Mit erhobenem Schwert und unter Darstellung ihrer Wappen ritten prominente Vertreter des Rokosz in die drei ersten Türme hinein, dieselben Figuren, die sich dann auch auf einer immensen Schlachtdarstellung wiederfanden. Zu guter Letzt präsentierte die vierte Wand des Saales die Wappen Jan Szcze˛sny Herburts und seiner Frau, von weiteren Vertretern der Familie sowie eine Auswahl an polnischen wie ausländischen Monarchen und die Republik Venedig.13 In der Summe präsentiert sich das Bildprogramm Herburts also als eine Verquickung von Adelsideal, Definition des Gemeinwesens und Apologie des Rokosz. Der Adlige wird hierbei über Tugend, Frömmigkeit und Tapferkeit definiert, die sich besonders in seiner Kampfbereitschaft und -fähigkeit sowie seinem Engagement für das Gemeinwesen – in Form der ständischen Herrschaftsbeteiligung und Justiz – manifestieren. Zugleich erscheint Adel undenkbar ohne die Einbindung in die Familie unter Einschluss der Ahnen und die Zitation der zugehörigen Wappen. Elemente eines Ritterideals amalgamieren hier mit dem Anspruch humanistischer Bildung, tradierte familiäre und heraldische Strukturen verbinden sich mit abstrakten Vorstellungen von Herrschaftsordnung. Die Interpretation des Gemeinwesens erweist sich in diesem Zusammenhang recht ambivalent: kann die Berufung auf Monarchen einerseits nicht fehlen, zögerte Herburt andererseits nicht, die aristokratische Republik Venedig als Bezugspunkt zu zitieren: „Ich das altehrwürdige Polen / für Tugend stets berühmt / auf Venedigs reizende Herrschaften / Schaue ich und seine vielen Burgen.“14 Der Freskensaal von Dobromil ist eine Einzelerscheinung sowohl in der ostentativen künstlerisch-baulichen Umsetzung eines ständisch-politischen Statements als auch durch die radikale Figur seines Auftraggebers. Als rein idiosynkratische Sicht auf Adel und Gemeinwesen ist er jedoch nicht abzutun. Schließlich sind die einzelnen Bausteine des ikonographischen Programms wohl wesentlich weniger außergewöhnlich als deren umfassende Repräsentation an sich. Hier verschmolzen in der Verteidigung des Rokosz
11
Ebenda. Ebenda. 13 Ebenda, XCVIII. 14 Ebenda. Zur Orientierung an und Kontakten mit Venedig durch Vertreter des Rokosz: K, J, Commonwealth of All Faiths. Republican Myth and the Italian Diaspora in Sixteenth-Century Poland-Lithuania, in: Karin Friedrich / Barbara M. Pendzich (Hg.), Citizenship and Identity in a Multinational Commonwealth. Poland-Lithuania in Context (1550–772), Leiden / Boston 2009, 171–205. 12
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verschiedene Diskursstränge, die im Laufe des 16. Jahrhunderts im Königreich Polen und im Großfürstentum Litauen immer prominenter geworden waren. Was Adel ausmachte, in welcher Beziehung Adel zum Gemeinwesen als Ganzem stand und welche Form letzteres anzunehmen hatte – die breite verschriftete Diskussion dieser Fragen hatte angesichts einer intensivierten zentralen Institutionalisierung, der polnisch-litauischen Realunion und dem Aussterben der Jagiellonen-Dynastie eine bis dahin ungekannte Virulenz erlangt. Als besonders wirksame Katalysatoren erwiesen sich in diesem Zusammenhang die seit dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts intensiv einsetzenden Diskussionen im Zusammenwirken von Ständen und Königtum, die mit dem leicht irreleitenden Begriff der „Exekutionsbewegung“ bezeichnet werden,15 sowie die Debatten der rasch aufeinanderfolgenden Interregna und Königswahlen des ausgehenden Jahrhunderts.16 Reflexionen über die Schwierigkeit, Adel systematisch zu definieren, sind mittlerweile Legion.17 Besonderen Wert wird hierbei stets auf regionale und 15 B, H-J, Ständische Reformbewegungen in mitteleuropäischen Staatsverbänden im Vergleich. Die Reichsreformbewegung und die Exekutionsbewegung in Polen (1410–1580), in: Marian Dygo / Sławomir Gawlas / Hieronim Grala (Hg.), Modernizacja struktur władzy w warunkach opo´z´nienia. Europa S´rodkowa i Wschodnia na przełomie s´redniowiecza i czaso´w nowoz˙ytnych, Warszawa 1999, 35–57, bes. 37 f. Noch immer gibt es keine umfassende monographische Arbeit zur Exekutionsbewegung. Die Studie Anna Sucheni-Grabowskas, die sich allein mit dem Problem der Krondomäne beschäftigt, ist nie über den ersten Band hinausgekommen: S-G, A, Monarchia dwu ostatnich Jagiellono´w a ruch egzekucyjny. Tom 1: Geneza egzekucji do´br, Wrocław u.a. 1974. Einen zusammenfassenden Überblick bietet: M, J, The Polish Nobility and the Renaissance Monarchy: The „Execution of the Laws“ Movement: Part One, in: Parliaments, Estates & Representation 3 (1983), 65–87; ., The Polish Nobility and the Renaissance Monarchy: The „Execution of the Laws“ Movement: Part Two, in: Parliaments, Estates & Representation 4 (1984), 1–24. 16 Davon zeugt die umfangreiche Textproduktion der ersten beiden Interregna: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906. Eine systematische Analyse der Argumentation in den Interregna bleibt ein Desiderat. Am Beispiel Kleinpolens hat Maria Rhode sie streckenweise herausgearbeitet: R, M, Ein Königreich ohne König. Der kleinpolnische Adel in sieben Interregna, Wiesbaden 1997, bes. 21–157. Zu den Debatten im Rahmen des dritten Interregnums vor der Wahl Sigismund Wasas vgl. O, E, Elekcje wazowskie w Polsce. Stosunek szlachty do instytucji okresu bezkro´lewia, in: Kwartalnik Historyczny 92.3 (1985), 533–547, 534–539. 17 Ein recht instruktiver deskriptiver Überblick bei A, R G., Europäischer Adel in der Frühen Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2008, 14–22; vgl. auch G, Adel; Die polnische Frühneuzeitforschung ist dabei von komplexeren Debatten weitgehend unberührt geblieben und konzentriert ihre Beschäftigung in diesem Zusammenhang trotz aller Differenzierungsansätze immer noch stark auf klassische sozial- und politikgeschichtliche Fragestellungen. Eine deutliche Ausnahme bildet die literaturhistorische Arbeit B, S, Studium z dziejo´w idei w pis´miennictwie polskim (druga połowa XVI wieku, XVII wiek), Lublin 2009.
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diachrone Unterscheidungen gelegt. Daneben scheinen die analytische Trennung des Standesbegriffs in eine „gesellschaftliche Positionszuweisung“18 und „eine „politische“ Dimension, die „in erster Linie auf ein abgestuftes Recht von gesellschaftlichen Großgruppen zur Teilhabe an Herrschaft“19 abzielt, in der deutschen Forschung weitgehend etabliert. Demgegenüber findet sich in der polnischen Geschichtswissenschaft angesichts des dominierenden Paradigmas der Adelsrepublik, das von einer Identität von (Adels-)Stand und Herrschaftsorganisation ausgeht, solch eine Unterscheidung kaum. Infolgedessen werden in der Regel zeitgenössische Diskurse über Adel von einer verfassungsgeschichtlichen Warte her interpretiert, ohne ihnen zunächst ein Eigenrecht einzuräumen.20 Im Folgenden soll diese Perspektive umgekehrt werden. Dabei geht es keinesfalls darum, eine Verflechtung vom Nachdenken über den Stand und das Gemeinwesen als solches zu negieren. Vielmehr sind, ausgehend von einer Untersuchung des Adelsverständnisses, dessen Auswirkungen auf Gemeinwesenvorstellungen einzubeziehen. In diesem Sinne nimmt der vorliegende Versuch, das Phänomen Adel und seine Verknüpfung mit Gemeinwesenvorstellungen zu erschließen, seinen konkreten Ausgangspunkt an der Situation, die im Freskensaal Jan Szcze˛sny Herburts im kronpolnischen Dobromil zu Beginn des 17. Jahrhunderts vorzufinden war. Das ikonographische Programm kann dabei als Aktualisierung verschiedener Ebenen eines Adelsdiskurses verstanden werden, als eine spezielle Praktik von Adligkeit. In diesem Sinne sollen Diskurse selbst als Praktiken verstanden werden, „indem sie die Gegenstände schaffen, von denen sie sprechen“ und die zugleich Ressourcen bilden, die in subjektiven Akten angeeignet und in diesem Zuge auch reproduziert werden.21 „Adel“ kann auf diese Weise analytisch zunächst als ein soziales Feld begriffen werden, das als ein „Konglomerat“ verschiedene Praktiken miteinander verknüpft, die zugleich jedoch zueinander in Konkurrenz stehen können.22 Selbstverständlich spielt hierbei das traditionelle Verständnis von Adel als „Stand“ eine prägende Rolle. Das stän18 S, W, Die ständische Gesellschaft des 16. / 17. Jahrhunderts als Problem von Statik und Dynamik, in: ders. (Hg.), Ständische Gesellschaft und soziale Mobilität, München 1988 (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 12), 1–17, 6. 19 B, H-J / H-M, G, Art. Stand / Stände, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 12, Stuttgart 2010, 824–849, 824. 20 Beredtes Beispiel dafür ist selbst die Monographie Baczewskis. Auch wenn der Autor eine sehr viel differenziertere Haltung einnimmt, kommt auch er nicht daran vorbei, Adel zunächst und in erster Linie über die Kategorie „Bürgerschaft (obywatelstwo)“ zu definieren, B, Szlachectwo, 13–53. 21 Füssel, Marian / Neu, Tim, Doing Discourse. Diskursiver Wandel aus praxeologischer Perspektive, in: Achim Landwehr (Hg.), Diskursiver Wandel, Wiesbaden 2010, 213–235, 230, 227. 22 R, Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken, 295.
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dische Verständnis von Adel basierte auf einem religiös fundierten, über gesellschaftliche Funktionsteilung erklärten und an Ehrkonzepten orientiertem Hierarchiemuster. Adel war mithin eine über Privilegien abgesicherte und erblich weitergegebene soziale Position, die weiterhin auf einer juridischpolitischen Basis abgegrenzt wurde.23 Tatsächlich handelte es sich beim Adel als einer gesellschaftlichen Elite um eine äußerst heterogene Großgruppe, deren Zugehörigkeitskriterien und Kompetenzabgrenzungen immer wieder erst durch soziale Praktiken aufs Neue hergestellt werden musste. In diesem Sinne soll Adel hier über die Standesdefinition hinaus mit David W. Sabeans viel zitierter Wendung allgemeiner gefasst zunächst als Gemeinschaft verstanden werden: What is common to a community is not shared values or common understanding so much as the fact that members of a community are engaged in the same argument, the same raisonnement, the same Rede, the same discourse, in which alternative strategies, misunderstandings, conflict goals and values are threshed out.24
Adel im Sinne von aktiv an der respublica beteiligten Akteuren als Gemeinschaft zu fassen, ist eine etablierte These.25 Sabeans Definition soll darüber hinaus jedoch als Ausgangspunkt genommen werden, um allzu rasch homogenisierende Grundaussagen zu vermeiden. In diesem Zusammenhang soll die verbreitete Annahme hinterfragt werden, die Selbstdefinition des polnischen Adels ließe sich insbesondere auf die Schlagworte „Gleichheit“ und „Freiheit“ reduzieren. Sicherlich haben diese Konzepte eine wichtige Rolle gespielt, wie immer wieder unterstrichen worden ist.26 Darüber hinaus ist auch die Rolle von Tugenddiskursen in den Fokus gerückt.27 23
Zusammenfassend O, O G, Die Entstehung politischer Stände im Spätmittelalter – Wirklichkeit und Wissen, in: Reinhard Blänkner / Bernhard Jussen (Hg.), Institutionen und Ereignis. Über historische Praktiken und Vorstellungen gesellschaftlichen Ordnens, Göttingen 1998, 137–162; ., Stand, Klasse, in: Otto Brunner / Werner Conze / Reinhart Koselleck (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Bd. 6, Stuttgart 1990, 157–201; zur Dreiständeordnung in Polen-Litauen vgl. A, D, That Noble Quest. From True Nobility to Enlightened Society in the Polish-Lithuanian Commonwealth (1550–1830), unveröff. Dissertationsschrift, University of Michigan, 2001, 249–256. (Ich danke sehr herzlich Hans-Jürgen Bömelburg, mir das Manuskript zugänglich gemacht zu haben.). 24 S, D, Power in the Blood. Popular Culture and Village Discourse in Early Modern Germany, Cambridge 1984, 29. 25 G-K, Dyskurs polityczny, 48 f. 26 Die Bedeutung dieser Kategorien für die polnische Forschungstradition hat etwa Edward Opalin´ski klar analysiert und sie wiederum selbst als entscheidendes Ergebnis seiner Überlegungen aufgenommen, vgl. O, Kultura polityczna szlachty polskiej, 10–16, 80, 295 f.; vgl. auch: J, Wolnos´c´ i ro´wnos´c´ w je˛zyku prawno-politycznym; bezeichnend in dieser Hinsicht ebenso die Wiederauflage der Darstellung von Janusz Ekes aus dem Jahr 1987 im Jahr 2010: E, Złota demokracja; mit Blick auf die Bedeutung der Freiheit in der deutschen Forschung: F, Sarmatismus, etwa 53, 98–130.
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Im Folgenden geht es darum, dieses Bild um weitere Facetten anzureichern beziehungsweise zu differenzieren. Zu vermeiden ist jedenfalls ein simplifizierendes Apriori der Dominanz von „Freiheit“ und „Gleichheit“, das in der Forschung teilweise zu argumentativen Kurzschlüssen geführt hat. So glaubte man etwa, eine Diskrepanz zwischen der Realität sozialer Stratifikationen innerhalb des Adels und dem diskursiven Gleichheitspostulat auszumachen.28 Nun geht es im Folgenden nicht darum, teils enorme soziale Unterschiede innerhalb der Mitglieder jener gesellschaftlichen Großgruppe zu negieren, die sich gegenseitig als Adlige anerkannten beziehungsweise diese Anerkennung zu bewahren oder zu erlangen suchten. Vielmehr gilt es, einen differenzierten Blick auf diejenigen diskursiven Formationen zu werfen, die – im Konnex mit anderen sozialen Praktiken – im Sinne Sabeans erst den Adel als Gemeinschaft konstituieren. Dabei muss zugleich die Frage im Mittelpunkt stehen, in welcher Weise solch eine Adelsgemeinschaft an den größeren gesellschaftlichen Zusammenhang des Gemeinwesens mit seinen hierarchischen Strukturen rückgebunden wurde. Geht man davon aus, dass soziale Akteure in ihren jeweiligen Rollen beziehungsweise als Adressaten von Diskursen persönliche Ziele anstreben, ist dennoch alles, „was als Interesse, Motiv, Bedürfnis oder Zweck verfolgt wird, […] im selben Maße Ergebnis von kollektiven Wissensvorräten und diskursiven Konfigurationen, wie die Wahrnehmung und Einschätzung der Wege und Mittel, die dabei zum Einsatz kommen.“29 Wenn Diskurse wiederum in enger Wechselwirkung zu „kollektiven Wissensvorräten“ stehen, kommt man nicht umhin, deren Medialität in Rechnung zu stellen. Nicht umsonst ist hervorgehoben worden, dass die „Modalitäten unseres Denkens, Wahrnehmens, Erinnerns und Kommunizierens“ durch mediale Formen geprägt werden, die genauso möglichkeitseröffenend wie beschränkend wirken können.30 Wenn im Folgenden also der Versuch unternommen wird, einen gemeinschaftskonstituierenden Diskurs über Adel im Polen-Litauen des ausgehenden 16. Jahrhunderts zu rekonstruieren, müssen unterschiedliche inhaltliche Themenkreise genauso differenziert werden wie die mediale Gestalt des Diskurses, nicht ohne die Verfasser der Texte als Akteure eines diskursiven Handelns einzubeziehen. Dabei sollen die hier untersuchten Texte neben
27 Beispielsweise G-K, Dyskurs polityczny, 247–293; W R, Common wealth, common good. 28 Etwa W, Polen als Adelsrepublik, bes. 274; E, Złota demokracja, 110. Ein Echo dessen findet sich auch bei A, Historia Polski, 256 f. 29 K, R, Wissenssoziologische Diskursanalyse. Grundlegung eines Forschungsprogramms, Wiesbaden 32011, 221. 30 K, S, Was haben Medien, der Computer und die Realität miteinander zu tun?, in: dies. (Hg.), Medien – Computer – Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und neue Medien, Frankfurt a.M. 2003, 9–26, 14 f.
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ihrer unmittelbaren kommunikativen Funktion in erster Linie als Wissensund Erinnerungsspeicher verstanden werden, die inhaltlich und argumentativ, begrifflich und rhetorisch einen normativen Rahmen des Sag- und Machbaren ausbildeten. Die so produzierten Ordnungen von Wissen sind angesichts ihrer unterschiedlichen Gebrauchszusammenhänge, ihrer medialen Transformationen und inhaltlich-argumentativen Differenzen als potentiell instabil einzuschätzen.31 Somit ist der hieraus resultierende diskursive Rahmen genauso wenig starr wie homogen oder unbedingt kohärent zu begreifen. Entsprechend ist es Ziel dieses Kapitels, Übereinstimmungen und Überschneidungen, aber auch Brüche und Widersprüche in den Diskursen aufzuzeigen, über die Adel sich konstituierte. Unter Berücksichtigung dieser grundsätzlichen Überlegungen konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf normative Texte, die vornehmlich in der zweiten Hälfte und den Anfangsjahren des 17. Jahrhunderts im Druck veröffentlicht wurden. In diesem Zusammenhang soll keineswegs die handschriftliche Textproduktion negiert werden, die einen nicht zu vernachlässigenden Anteil am zeitgenössischen Schriftgut darstellte. Sie kursierte nicht nur parallel zu den Drucken, sondern trat in ausführliche Wechselwirkung mit gedruckten Werken.32 Dennoch scheint die Konzentration auf Drucktexte – zumindest an dieser Stelle – aus mehreren Gründen gerechtfertigt: Zum einen war gerade das 16. Jahrhundert in Polen-Litauen im Vergleich zum nachfolgenden Säkulum eher durch eine stärkere Dominanz des Drucks geprägt. In diesem Zusammenhang stand der Versuch der meisten Autoren, ihre zentralen Schriften im Druckumlauf zu publizieren.33 Möchte man einen skizzenhaften Überblick zum normativen Adelsdiskurs in Polen-Litauen liefern, liegt es zum anderen
31 S, M, Einleitung, in: ders. (Hg.), Enzyklopädistik (1550–1650). Typen und Transformationen von Wissensspeichern und Medialisierungen des Wissens, Berlin / Münster 2009, VII–XX, bes. IX. 32 Etwa W, J, Von geschriebenen Drucken und gedruckten Handschriften. Irritierende Beobachtungen zur zeitgenössischen Wahrnehmung des Buchdrucks in der 2. Hälfte des 15. und des beginnenden 16. Jahrhunderts, in: ders. / Andreas Gardt / Mireille Schnyder (Hg.), Buchkultur und Wissensvermittlung in Mittelalter und Früher Neuzeit, Berlin / Boston 2011, 3–21; mit vergleichbaren Schlüssen speziell für die polnische Situation: M, J, Specyfika re˛kopis´miennego obiegu literatury w XVI–XVIII wieku, in: Napis 8 (2002), 3–14, bes. 6–8. 33 D, H, Słowo wste˛pne, in: dies. (Hg.), Staropolska kultura re˛kopisu, Warszawa 1990, 5–6, 5; P, J, Re˛kopisy dworu szlacheckiego doby starolpolskiej, Warszawa 1995, 8 f.; B, M, Swada i milczenie. Zbiory oratorskie XVII–XVIII wieku – prolegomena filologiczne, Katowice 2010, bes. 6 f. Maciejewski stellt – auch aus einem komparatistischen Blick heraus – diese traditionelle These allerdings grundlegend in Frage, vgl. M, Specyfika re˛kopis´miennego obiegu, 6 f.
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nahe, in einem ersten Schritt Texte zu konsultieren, die durch ihre mediale Form leichter eine überregionale Reichweite erlangten sowie darüber hinaus in größerer Zahl in einer mehr oder weniger einheitlichen Redaktion verbreitet werden konnten.34 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Druckschriften einerseits zwar leichter Zensurmaßnahmen zu unterwerfen waren, andererseits jedoch auch eine theoretisch recht uneingeschränkte Leserschaft erreichen konnten – in einem anderen Maße als Handschriften, deren Zirkulation angesichts potentiell exklusiver Übermittlungstechniken viel eher auf spezifische soziale Gruppen oder räumliche Reichweiten einzugrenzen waren.35 So ist ein Diskurs, der Adel konstituiert, nicht ohne weiteres auf diejenigen als Rezipienten beschränkt, die sich dieser gesellschaftlichen Gruppe zugehörig fühlten beziehungsweise als deren Mitglieder anerkannt waren. Gleiches gilt für die Akteure des Diskurses, unter denen sich insbesondere auch Gelehrte, Geistliche und Drucker bürgerlicher Herkunft befanden.36 Die hier berück34 G, M, Von den skryptographischen zu den typographischen Informationsverarbeitungssystemen. Neue Formen der Informationsgewinnung und -darstellung im 15. und 16. Jahrhundert, in: Horst Brunner / Norbert Richard Wolf (Hg.), Wissensliteratur im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Bedingungen, Typen, Publikum, Sprache, Wiesbaden 1993, 328–346. 35 L, H, The Culture and Commerce of Texts. Scribal Publication in Seventeenth-Century England, Amherst 1998 (Neuauflage der ursprünglich unter dem Titel Scribal Publication in Seventeenth-Century England, Oxford 1993 publizierten Monographie), bes. 177–195. 36 Hier sei nur auf die nachfolgend auftauchenden Namen wie Paweł Szczerbic, Sebastian Petrycy oder Jan Januszowski hingewiesen. Szczerbic war bürgerlicher Herkunft und Stadtsyndikus von Lemberg, neben seiner hier interessierenden polnischen Adaptation von Justus Lipsius‘ Politicorum sive Civilis doctrinae libri sex (Politica Pan´skie to iest nauka, iako Pan y kaz˙dy przełoz˙ony rza˛dnie z˙yc´ y sprawowac´ sie˛ ma, w Krakowie 1595.) war er Verfasser zahlreicher Werke besonders zum städtischen Recht. Erst unter König Stephan Ba´thory wurde er nobilitiert, vgl. D-K, J, Justus Lipsjusz i dawne przekłady jego dzieł na je˛zyk polski, Lublin 2010; J, A, Ksia˛z˙ka polska we Lwowie w XVI w., Lwo´w / Warszawa 1928, 11–22. Sebastian Petrycy war ebenso bürgerlicher Herkunft. Der humanistische Gelehrte und Mediziner war mit der Krakauer Universität verbunden, vgl. B, H, Kilka ryso´w i spostrzez˙en´ z z˙ycia i charakteru Sebstiana Petrycego, in: ders. (Hg.), Sebastian Petrycy. Uczony doby odrodzenia, Wrocław / Warszawa 1957, 7–28; H, E, Sebastian Petrycy. A Polish Renaissance Scholar, in: The Polish Review 42.1 (1997), 77–94. Im vorliegenden Kontext wird auf seine Übersetzungen und Kommentare von Aristoteles Ökonomik und Politiklehre einzugehen sein (Polityki Arystotelesowey to iest rza˛du rzeczypospolitey ksia˛g os´mioro, w Krakowie 1605; Oekonomika Aristotelesowa albo raczej nauka domowego gospodarstwa, Krako´w 1602.). Auch bei Jan Januszowski handelte es sich um einen Gelehrten und Drucker aus dem bürgerlich-städtischen Kontext, vgl. K-Z, J, Czcionka˛ i pio´rem. Jan Januszowski w roli pisarza i tłumacza, Krako´w 2007, bes. 17–30. Nachfolgend wird sein Versuch einer Rechtssystematisierung zu berücksichtigen sein: Statuta, Prawa y Constitucie Koronne Łacinskie Y Polskie z Statutow Łaskiego y Herborta y Z Constituciy Koronnych Zebrane, Krako´w 1600.
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sichtigten Schriften zeichnet allerdings in erster Linie aus, dass sie sich in der Regel explizit an adlige Adressaten richten und darüber hinaus zu weiten Teilen deren elitärer Charakter in Rechnung gestellt werden muss. Aufgrund der disparaten, wenn auch traditionsreichen, polnischen Bildungs- und Leseforschung zur Frühen Neuzeit lassen sich allerdings kaum vollkommen handfeste Aussagen zur Rezeptionsweite treffen. Das Kriterium der „Popularität“ einer Schrift etwa, das auch im Nachfolgenden immer wieder aufgegriffen wird, begründet die Forschung in der Regel mit Wiederauflagen, Zitation in anderen Schriften beziehungsweise kommunikativen Kontexten, dem Vorhandensein in Bibliotheken und Büchersammlungen oder der bis zur Gegenwart überlieferten Zahl an Exemplaren.37 Dass in einigen Landesteilen des territorial immensen und von Bevölkerungs-, Sprachen-, Sozial- und Wirtschaftsstruktur sehr differenzierten polnisch-litauischen Doppelreiches38 beispielsweise Teile des Adels illiterat waren, ist jedoch genauso herausgestellt worden wie die regionalen und sozialen Unterschiede innerhalb des Adels mit ihrer jeweiligen Wirkung auf adlige Praktiken.39 Wenn mit den Druckschriften einerseits ein bis zu gewissen Graden homogenisierender normativer Diskurs im Mittelpunkt steht, muss also stets die Beschränktheit solcher Untersuchung mitgedacht werden. Augenfällig wird dies insbesondere an dem limitierten Netzwerk von – humanistisch gebildeten adligen wie nichtadligen – Autoren, deren Namen in verschiedenen thematischen Kontexten immer wieder auftreten beziehungsweise die sich in ihren Texten aufeinander beziehen.40 37 Mit einem Überblick zu den Kategorien der polnischen Lese- bzw. Rezeptionsforschung: B-R, K, Nowe metody w badaniach nad dawna˛ ksia˛z˙ka˛ w Polsce, in: Historyka 16 (1996), 63–69. Vgl. auch die klassischen Studien zu Kronpolen und Litauen: S, H, Ksia( z˙ka drukowana XV–XVIII w. Zarys historyczny, Wrocław u.a. 1961, bes. 75–108; T, B M, Czytelnik i ksia˛z˙ka w Wielkim Ksie˛stwie Litewskim w dobie Renesansu i Baroku, Wrocław u.a. 1984; ., Biblioteki w Wielkim Ksie˛stwie Litewskim w XVI i pierwszej połowie XVII wieku, in: Pamie˛tnik Biblioteki Ko´rnickiej 20 (1983), 143–183; ., Ksia˛z˙ka na Litwie i Białorusi w latach 1553–1660 (analiza statystyczna), in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 21 (1976), 145–164.; zusammenfassende Bemerkungen bei W, A, Szlachta polska XVI wieku, Warszawa 2001, 148–152. 38 Ein Überblick bei: K, I, Sozialverfassung und adlige Privilegiensicherung, in: Hans-Jürgen Bömelburg (Hg.), Polen in der europäischen Geschichte. Bd. 2: Frühe Neuzeit, Stuttgart 2017, 60–90. 39 W, A, Os´wiata a pozycja społeczna w Polsce XVI stulecia. Pro´ba oceny umieje˛tnos´ci pisania szlachty wojewo´dztwa krakowskiego w drugiej połowie XVI wieku, in: ders. (Hg.), Społeczen´stwo staropolskie. Tom 1, Warszawa 1976, 27–55, bes. 35–43. Die von Ronald Asch in diesem Zusammenhang hervorgehobene Information, dass der Prozentsatz des illiteraten Adels in Polen im europäischen Vergleich besonders hoch war, stützt sich allerdings auf deutlich veraltete Forschungsmeinungen. 40 Für die Geschichtsschreibung ist dies bereits anhand von vielen Beispielen detailliert
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Soll vor diesem Hintergrund die normative Konstitution von Adel im Diskurs in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zum Rokosz ausgelotet werden, geschieht dies mit der Konzentration auf fünf Ebenen. Dabei werden Bausteine aus Jan Szcze˛sny Herburts ikonographischem Programm aufgenommen, um sie in einem weiteren Rahmen zu untersuchen und schwerpunktmäßig mit verschiedenen Textgruppen zu verbinden. Zu Beginn steht die Vorstellung des agonalen Prinzips für den Adel im Zusammenhang mit der vita activa und ihren beiden Säulen, der kriegerischen und der friedlich-verbalen. In diesem Zusammenhang rücken zunächst allgemeine Adelsspiegel, akademische Erziehungsprogramme und unterhaltende beziehungsweise belehrende Literatur in den Mittelpunkt. Dies leitet schließlich über zur Problematik der Einbindung des einzelnen Adligen in eine familiär-dynastische Situation anhand von Leichenpredigten, die neben ihrer zentralen Rolle für die Memoria ihrerseits als spezifische Form von Adelsspiegeln zu bewerten sind. Die Bedeutung von Memoria, Herkunft und Familie bleibt auch im dritten Unterkapitel ein leitendes Kriterium. Hier werden die genealogischheraldischen Werke des ausgehenden 16. Jahrhunderts thematisiert, wobei zugleich ein zusätzlicher Fokus auf das Problem der Tugendhaftigkeit gerichtet wird. Das vierte Unterkapitel wendet sich dann dem juridischen Diskurs auf der Basis verschiedener Kodifikationsentwürfe polnischen wie litauischen Rechts und den hiermit verbundenen Kategorien der Freiheit und Gleichheit zu, bevor der Blick auf die Politicae gelenkt wird. In Verbindung mit diesen politiktheoretischen Entwürfen ist schließlich die Frage nach Theoretisierung von Herrschaft zu stellen. Diese Schwerpunktsetzungen können und wollen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. So ist der zeitgenössischen Geschichtsschreibung ebenso wenig wie der frühneuzeitlichen Vorstellung von Nation und adliger Abstammungsgemeinschaft ein eigener Abschnitt gewidmet.41 Hingegen durchziehen diese Themenkomplexe ebenso wie Reflexionen über die Adelsehre kontinuierlich die nachfolgenden Überlegungen.
nachgewiesen worden (vgl. B, Frühneuzeitliche Nationen.). Ähnliches gilt auch für die juristischen Kompilationen, wie unten nachzuweisen sein wird. 41 Zu diesen Komplexen sei an dieser Stelle auf die ausführlichen Analysen Hans-Jürgen Bömelburgs verwiesen, vgl. B, Frühneuzeitliche Nationen; vgl. auch ., Das polnische Geschichtsdenken und der Piasten- und Jagiellonenkult in der Frühen Neuzeit, in: Joachim Bahlcke / Arno Strohmeyer (Hg.), Die Konstruktion der Vergangenheit. Geschichtsdenken, Traditionsbildung und Selbstdarstellung im frühneuzeitlichen Ostmitteleuropa, Berlin 2002 (Zeitschrift für Historische Forschung Beiheft 29), 193–220.
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1.1 Gemeinschaft im Agon: Adel zwischen Wort und Schwert Jan Zamoyski hatte sich nicht lumpen lassen. Zur Hochzeit mit seiner zweiten Frau Krystyna im Januar 1578 fand nicht nur ein großes Turnier bei Warschau statt, sondern in Anwesenheit des Königspaares wie des gesamten Hofes wurde ein eigens zu diesem Anlass verfasstes Drama des prominenten Poeten Jan Kochanowski aufgeführt.42 Tatsächlich musste Zamoyski auch alles Interesse daran haben, die Feierlichkeiten als Repräsentation seiner neu gewonnenen Stellung zu inszenieren. Mit der Heirat von Krystyna Radziwiłło´wna war dem Aufsteiger dabei ein erheblicher Coup gelungen. Stand er zwar schon in Verwandtschaftsverhältnissen zu einigen wichtigen Adelshäusern, bedeutete die Anbindung an das überaus einflussreiche und wohlhabende Haus aus dem litauischen Hochadel eine weitere Festigung seiner Netzwerke und familiären Dignität.43 Drei Jahre hatten die Verhandlungen mit den Radziwiłł gedauert, bis Zamoyski die Eheschließung mit der Tocher des in der Zwischenzeit verstorbenen litauischen Großmarschalls Mikołaj 42 Zum Ablauf der Feierlichkeiten K, J, Sławne Theatrum na weselu podkanclerzego, in: Pamie˛tnik Teatralny 13.3 (1964), 241–251; wieder abgedruckt als: ., Premiera ,Odprawy posło´w greckich‘ (1578), in: Mirosław Korolko (Hg.), Kochanowski. Z dziejo´w badan´ i recepcji two´rczos´ci, Warszawa 1980, 450–455, 452. Zu Jan Kochanowski und dem Stück Odprawa posło´w greckich (Die Abfertigung der griechischen Gesandten): U, T, Geneza i chronologia ,Odprawy posło´w greckich‘, in: Mirosław Korolko (Hg.), Kochanowski. Z dziejo´w badan´ i recepcji two´rczos´ci, Warszawa 1980, 442–445; K, J, Jan Kochanowski i Jan Zamoyski, in: Teresa Michałowska (Hg.), Jan Kochanowski i epoka renesansu. W 450 rocznice˛ urodzin poety, Warszawa 1984, 263–279; zur langen Forschungsgeschichte zum Stück und mit auführlicher Besprechung zumindest der älteren Literatur: W, M, Inspiracje antyczne w ,Odprawie posło´w greckich‘ Jana Kochanowskiego. Rekonesans badawczy, in: Collectanea philologica 8 (2004), 231–242. 43 Zum Verhältnis Zamoyskis zu den Radziwiłł M, H, Jan Zamoyski a Radziwiłłowie. Od suplikanta do mentora, in: Miscellanea historico-archivistica 3 (1989), 17–34. In erster Ehe war Jan Zamoyski mit der Tochter Hieronim Ossolin´skis, des Kastellans von Sandomierz, verheiratet, eines der Wortführer des reformierten Adels in Kleinpolen (zu Ossolin´ski: K, I, Art. Hieronim Ossolin´ski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 24, Wrocław u.a. 1979, 396–399.) Da mit Krystyna Radziwiłło´wna auch seine zweite Frau aus einer reformierten Familie stammte, liegt die Annahme nah, Zamoyski habe bewusst einen strategischen Schulterschluss mit dem protestantischen Adel gesucht, selbst wenn Krystyna nach einiger Zeit zum Katholizismus konvertieren sollte, vgl. hierzu auch die expliziten Hoffnungen des Nuntius Vincenzo Laureo in einem Bericht nach Rom vom 22. Dezember 1577, der auf eine Konversion des gesamten reformierten Zweigs der Radziwiłł dank der Hochzeit setzte: Vincent Laureo, e´veˆque de Mondovi, nonce apostolique en Pologne 1574 – 1578 et ses de´peˆches ine´dites an cardinal de Coˆme, ´ tat du pape Gre´goire XIII., e´claircissant la politique du Saint-Sie`ge Ministre Secre´taire d’E dans les anne´es susdites relativement a` la Pologne, la France, l’Autriche et la Russie, ed. v. Teodor Wierzbowski, Varsovie 1887, S. 265 (Nr. 174).
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Radziwiłł des Schwarzen erfolgreich bewerkstelligen konnte.44 Als man sich geeinigt hatte, stellte nur noch der Ort der Hochzeit ein Problem dar. Die Radziwiłł bestanden mit großer Hartnäckigkeit auf einem Akt, der sich auf ihren Gütern in Biała abspielen sollte,45 während Zamoyski seine Feierlichkeiten in der königlichen Residenz Ujazdo´w bei Warschau plante. Allianzen und Verwandtschaft gingen hier mit der Aushandlung konkurrierender Hierarchieansprüche einher. Schlussendlich kam man diplomatisch überein, die Hochzeit an beiden Orten stattfinden zu lassen.46 Auf diese Weise konnten die Radziwiłł ebenso ihre Präponderanz gegenüber Zamoyski wahren wie es letzterem möglich wurde, seine hierarchische Stellung im Rahmen von Königsnähe zu demonstrieren. Jan Kochanowskis Hochzeitsstück Die Abfertigung der griechischen Gesandten war zwar das erste polnischsprachige Theaterstück überhaupt, ansonsten jedoch bewegte es sich ganz in den tradierten Konventionen der zeitgenössischen Dramentheorie.47 Programmatisch lag es dabei auf der Linie der von Zamoyski organisierten Feierlichkeiten. Hier verbanden sich mit der Veranstaltung eines Turniers und der theatralen Aufführung ritterlich-höfische Traditionen mit humanistisch-antiken Bezügen, die Bedeutung von Kriegstüchtigkeit mit einer Reflexion über Engagement für die respublica und deren Funktionsmechanismen zu einer Repräsentation von Adel. Kochanowski hatte für sein Stück die homerische Ilias als Grundlage gewählt.48 Er situierte die Handlung am Beginn der Auseinandersetzung zwischen Achaiern und Trojanern, indem er die Verhandlungen zwischen beiden Par44
L, Jan Zamoyski, 50. Dabei handelt es sich um das heutige westlich von Brest gelegene Biała Podlaska, das zeitgenössisch nach seinen Eigentümern Biała Radziwiłłowska hieß. 46 Die Annahme von Ulewicz, dass die Feierlichkeiten in Ujazdo´w in der dortigen Residenz der Radziwiłł stattgefunden haben (U, T, Wste˛p, in: Jan Kochanowski, Odprawa posło´w greckich, ed. v. dems., Wrocław / Warszawa / Krako´w 1952 (Biblioteka Narodowa. Seria I, 3), III-C, LVIII), darf als widerlegt gelten, hierzu K, Sławne Theatrum, 243 f. Zur königlichen Residenz Ujazdo´w als zeitgenössischem Mittelpunkt höfischen Lebens bzw. als Teil des Bestandes an königlichen Palästen in Warschau: L, A, Residenzfunktion – Residenzwechsel. Krakau und Ujazdo´w / Warschau zur Zeit von Bona Sforza und Anna Jagiellonka, in: Marina Dmitrieva / Karen Lambrecht (Hg.), Krakau, Prag und Wien. Funktionen von Metropolen im frühmodernen Staat, Stuttgart 2000, 59–75, 61–65; T, W, Warszawa jako os´rodek z˙ycia artystycznego i intelektualnego, in: Maria Bogucka et al. (Hg.), Warszawa w latach 1526–1795, Warszawa 1984, 133–177, 152–157. 47 A, J, Ład i fortuna. O tragedii renesansowej w Polsce, Wrocław u.a. 1974, 38–60. 48 Zur zeitgenössischen Rezeption der Ilias und des trojanischen Krieges in Polen: M, J, Historia trojan´ska w literaturze i kulturze polskiej wieku XVI, in: Meander 17. 3 / 7–8 (1962), 137–147 / 360–368; O, J, Postac´ Parysa w dramatach polskiego renesansu, in: Ruch Literacki 41.1 (2000), 15–34. 45
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teien über die Herausgabe Helenas zum Thema machte. Die Konzentration des Dramas lag dabei auf den Beratungen im königlichen Rat Trojas, der deutliche Assoziationen mit dem zeitgenössischen Senat des polnisch-litauischen Sejms provozieren mochte. Im Kreis der trojanischen Großen debattierte man über die möglichen Folgen, würde man sich einer Übergabe Helenas an die wartenden griechischen Gesandten verweigern. Hier wurde eine verbale argumentative Auseinandersetzung mit rhetorischen Mitteln vorgestellt, die in einer Abstimmung mündete.49 Der Held Antenor fungiert dabei als die Stimme der ratio, der – orientiert allein an der publica res – das Verhalten von Paris als selbstsüchtig und zerstörerisch für das Gemeinwesen denunziert.50 Als während der Beratungen schließlich Nachrichten über das Herannahen eines griechischen Heeres eintreffen, reiht sich aber auch Antenor angesichts der imminenten Gefahr in das Votum für die militärische Verteidigung Trojas ein.51 In der Forschung ist hervorgehoben worden, dass der Aufruf zur Geschlossenheit unter den Bedingungen eines unausweichlichen bewaffneten Konfliktes mit den Verhandlungen über einen Krieg gegen das Moskauer Reich in Verbindung zu bringen sei. Letztere sollten auf dem unmittelbar anschließenden Sejm stattfinden.52 Mithin basiert Kochanowskis Drama auf einer dreifachen Botschaft: dem Appell an Einigkeit und Orientierung am Gemeinwohl, der argumentativen Auseinandersetzung in kollektivem Rahmen und der Bereitschaft zu bewaffnetem Handeln. Einer der wohl prominesten Adelsspiegel des frühneuzeitlichen PolenLitauen stammte aus der Feder von Łukasz Go´rnicki. Der Polnische Hofmann stellte eine Adaptation von Baldassar Castigliones Il Cortegiano dar, die zwar die Kernargumentationen des Originals beibehielt, in ihrer expliziten Anpassung an den polnischen Kontext jedoch weit über eine wortgetreue Übersetzung hinausging.53 Ganz im Sinne Castigliones hingegen erweist sich Go´rnickis Hofmann, wenn er die grundlegende Agonalität einer adligen Hofgesellschaft unterstreicht. So lässt Go´rnicki seinen Gesprächsteilnehmer Kryski in der agonalen Konstruktion, die auch der Dialogizität des Textes
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K, Odprawa, bes. 47–51. Zum rhetorisierten Charakter des Dramas: W, D J., Rhetorical Principles in Kochanowski’s ,Dismissal of Grecian Envoys‘, in: E´tudes Slaves et Est-Europe´ennes / Slavic and East-European Studies 8.3 / 4 (1963), 179–185. 50 K, Odprawa, 9, 21, 25 51 Ebenda, 61. 52 Hierzu, allerdings mit heftiger Kritik an solch einer Rückbindung von Literatur an ihren Kontext: Abramowska, Ład i fortuna, 46 f. 53 Zur Adaptation Go´rnickis im europäischen Vergleich: B, P, Die Geschichte des ,Hofmann‘. Zur Wirkung eines Renaissance-Breviers über angemessenes Verhalten, Berlin 1996, 108–111; zur Bedeutung des Polnischen Hofmanns als Adelsspiegel: L, J Z., Łukasz Go´rnicki. Sarmacki Castiglione, Warszawa 1998, 102–125.
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selbst inhärent ist,54 postulieren: „Ich will auch, dass mein Hofmann in dem gewinnt, was er vor allen anderen versucht, und jeden Einzelnen in dem besiegt, worin er sich selbst Überlegenheit zuschreibt.“55 Die Bedeutung von Konkurrenz um Hierarchien in einer frühneuzeitlichen ständisch organisierten Gesellschaft, die zentral über die Kategorie der Ehre definiert wurde, ist in den letzten Jahren vielfach thematisiert worden.56 In diesem Sinne darf davon ausgegangen werden, dass „Ehrkonzepte […] in agonalen Beziehungen als regulierende Kraft (wirken). Je nachdem, wie sich eine Ehrgemeinschaft intern hierarchisiert und nach außen abschließt, erfährt das agonale Prinzip stärkere oder schwächere Ausprägung.“57 Go´rnicki präsentiert dabei in Anschluss an Castiglione den letztlich auf den Fürsten bezogenen Wettstreit eines Adels, der aus der Verleihung von Amtswürden und dem Zugang zum Monarchen sowie dessen Gehör innerhalb der Hofgesellschaft seine Distinktion und Aufgabe gewinnt.58 Schließlich ist die Vorbildlichkeit in seinen Fertigkeiten für den Hofmann Voraussetzung dafür, dem Fürsten frei heraus die Wahrheit sagen zu können und durch das eigene Vorbild positiv auf dessen Regierungshandeln einzuwir54
P, A, L’interazione scortese nella Seconda redazione del Cortegiano di Baldassare Castiglione, in: Italian Studies 57 (2002), 37–60, bes. 55. 55 G, Ł, Dworzanin polski, ed. v. Roman Pollak, Warszawa 1954 (Biblioteka Narodowa. Seria I 109), 88. 56 An dieser Stelle sei nur stellvertretend für die zahlreichen Arbeiten aus dem münsterschen Umkreis, die sich wiederholt mit der Bedeutung von Auseinandersetzungen um Rang und Ehre in Zeremonialstreitigkeiten auseinandersetzen, auf den klassischen Aufsatz von Barbara Stollberg-Rilinger hingewiesen: S-R, B, Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Begriffe – Thesen – Forschungsperspektiven, in: Zeitschrift für Historische Forschung 31 (2004), 489–527, 505–511; vgl. auch S, C, Kulturelle Konkurrenzen. Studien zu Semiotik und Ästhetik adeligen Wetteifers um 1600, Berlin / New York 2010; ., Adelige aemulatio. Die soziale Grammatik der frühneuzeitlichen Adelskultur und ihre Formierung in Georg Rüxners Turnierbuch (1530) und seiner lateinischen Übersetzung durch Franciscus Modius (1586), in: JanDirk Müller et al. (Hg.), Aemulatio. Kulturen des Wettstreits in Text und Bild (1450–1620), Berlin / Boston 2011, 863–890 (vgl. hier auch die Einleitung von M, J-D / P, U, Der allgegenwärtige Wettstreit in den Künsten der Frühen Neuzeit, 1–32, bes. 1 f.) 57 H, C, Wettkampf der Nationen. Konstruktionen einer deutschen Ehrgemeinschaft an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, Göttingen 2005, 264. Mit dieser Definition erweitert Hirschi die von Simmel konstatierte Doppelfunktion der Ehre, den Zusammenschluss nach innen unter gleichzeitiger Abschließung nach außen, die die Vorstellung einer inneren Homogenität betont, vgl. S, G, Philosophie der Mode, in: ders., Philosophie der Mode. Die Religion. Kant und Goethe. Schopenhauer und Nietzsche. Gesamtausgabe. Bd. 10, Frankfurt a.M. 1995, 7–37, 12. 58 Zum Problem des Verdienstes im Verhältnis von Adel und Fürst bei Castiglione L, U, Merit in Courtly Literature. Castiglione, Rabelais, Marguerite de Navarre, and Le Caron, in: Renaissance Quarterly 41.2 (1988), 218–241, 218–233.
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ken.59 Der polnische Hofmann erscheint mithin in erster Linie als Senator, der nach innen auf den Sejmen die Freiheit und nach außen die königliche majestas verteidigt.60 Solch ein vorbildlicher Adliger zeichnet sich im Wettstreit mit Anderen besonders durch zwei Kernkompetenzen aus. Zunächst ist dies die ritterliche Kriegskunst, denn „je geübter dieser mein Hofmann im Ritterhandwerk ist, desto mehr wird er Ehre und Ruhm würdig sein“ und dem Fürsten seine Tapferkeit, Kraft und Treue beweisen können.61 Gleich daneben steht die humanistische Gelehrsamkeit, insbesondere die Beredsamkeit: „Ich weiß nicht, was für den Hofmann von größerer Bedeutung [...] ist als die Rede, sowohl die angeborene als die erworbene. Die angeborene muss man von Gott einfordern: aber die erworbene muss man aus Büchern lernen und aus dem Herkommen. Und so verweise ich meinen Hofmann an die Rhetorik.“62 Diese Betonung der zwei Säulen, der „ritterlichen“, will heißen militärischen, und humanistischer Fertigkeiten, insbesondere rhetorischer Kompetenzen, findet sich auch in etlichen zeitgenössischen Erziehungstraktaten.63 Zwar kann Mikołaj Rej in seinem Adelsspiegel, dem Lebenslauf eines ehr˙ ywot człowieka poczciwego), der Rhetorik wie sämtlichen baren Menschen (Z artes liberales nicht viel abgewinnen.64 Jedoch findet sich auch bei ihm eine ganz ähnliche argumentative Grundkonstellation wie bei Go´rnicki. Alexander der Große, der sich mit Schwert und Buch bettete, erscheint hier als körperlich wie geistig gut gerüstetes Vorbild.65 Entsprechend hat sich der Adlige bei fortgeschrittenem Alter nach dem vorherigen ritterlichen Einsatz im Krieg für die respublica zu engagieren. Auch wenn er bei Rej den Fürsten ausschließlich durch Tugend und nicht durch Beredsamkeit zu beraten hat, gilt auch hier, dass das ehrliche Wort des guten Beraters den Monarchen von Selbstsüchtigkeit und schlechter Regierung abhält.66 Schließlich rahmt Rej 59
G, Dworzanin polski, 464, 467 f. Ebenda, 394 f. 61 Ebenda, 49. 62 Ebenda, 88. 63 G, E, Ksyaszki o wychowanyu dzyeci barzo dobre / poz˙ytecz˙ne / y potrzebne / s ktorych rodzich ku wychowanyu dzyeci swych / nauke˛ dołoz˙na˛ wyczerpna˛c´ moga˛, Krako´w 1558, Iiii v.; K, M, Ksia˛z˙eczki rozkoszne a wielmi uz˙yteczne o poc´ciwym wychowaniu i rozmaitych wyzwolonych naukach c´wiczeniu kro´lewskich, ksia˛z˙e˛cych, s´lacheckich i inszych stano´w dziatek, do Ubertyna na ten czas Ksia˛z˙e˛cia Padewskiego łacin´skim je˛zykiem napisane a teraz wielka˛ pilnos´cia˛ a praca˛ z łacin´skiego na polski [...] wydrukowane, in: ders., Ksia˛z˙eczki rozkoszne o poczciwem wychowaniu dziatek (1564) i wszystkiej liflanckiej ziemi opisanie (1567), ed. v. Zygmunt Celichowski, Krako´w 1889, 1–74, hier 34. 64 ˙ ywot człowieka poczciwego, ed. v. Julian Krzyz˙akowski, Wrocław R, M, Z 1956 (Biblioteka Narodowa Seria I / 152), 55. 65 Ebenda, 52 f. 66 Ebenda, 145–182. 60
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ebenfalls das adlige Leben generell mit dem Grundsatz, sich kompetitiv vor allen anderen auszeichnen zu müssen: „Pass‘ gut auf und bedenke, was das ist – Ruhm, Tugend und Ehrlichkeit [d.i. Ehrbarkeit, K.L.], und halte Dich gut daran fest, wie ein Betrunkener an einem Zaun.“67 Es gebe keine höhere Würde in der respublica als diejenige eines Redners, bemerkte Stanisław Orzechowski, der publizistisch äußerst aktive und streitbare adlige Kanoniker, Mitte der 1560er Jahre. Denn nur ein guter Redner könne sich bei einem klugen Monarchen durch seine Beredsamkeit für Amtswürden qualifizieren – und sich gegen seine Konkurrenten durchsetzen.68 Grundsätzlich sei das Gemeinwesen durch zwei mögliche Zustände geprägt, den Krieg und den Frieden. So wie von den Adligen als Gliedern dieses Gemeinwesens im Krieg militärische Tapferkeit verlangt werde, müssten sie sich im Frieden durch Eloquenz auszeichnen. Während Konflikte mit äußeren Feinden demnach den Einsatz von Waffen verlangten, seien innere Auseinandersetzungen verbal auszutragen: „Frustra enim sunt foris arma, nisi sit consilium domi, welches heimische consilium ganz mit der Sprache ausgetragen wird.“69 Zwar ist Orzechowskis Stellungnahme in erster Linie als argumentativer Baustein seiner Stellungnahme zur sogenannten Exekutionsbewegung zu deuten.70 Dennoch kehrte die normative Deutung, bei der respublica handele es sich um eine Friedensgemeinschaft und die Beredsamkeit sei deren wichtigste Aushandlungstechnik, mindestens bis weit in das 17. Jahrhundert hinein stets wieder.71 Entsprechend konnte die Rhetorik als 67
Ebenda, 139. O, S, Rozmowa albo Dyjalog około egzekucyjej polskiej korony (1563), in: ders., Polskie dialogi polityczne (Rozmowa około egzekucyjej i Quincunx) 1563–1564, ed. v. Stanisław Kot, Krako´w 1919 (Bibljoteka pisarzo´w polskich 74), 1–139, 111. 69 Ebenda, 110. 70 K, P, Stanisław Orzechowski. Ideolog demokracji szlacheckiej, Poznan´ 2010, 77–80. 71 Allgemein zur Betonung der Rhetorik als Mittel der friedlichen Auseinandersetzung: M, C R., The ,Polis‘ as Rhetorical Community, in: Rhetorica, 11.3 (1993), 211–240; zu Polen: B, T, Szkolne wykształcenie retoryczne wobec wymogo´w praktyki (Uwagi o funkcji retoryki w Polsce w XVI i XVII w.), in: Retoryka a literatura, Wrocław u.a. 1984 (Studia staropolskie 50), 211–216, bes. 214; N, M, Edukacyjne walory publicznych wyste˛po´w poznan´skiej młodziez˙y szkolnej w XVI–XVIII, wieku, in: Studia edukacyjne 15 (2011), 183–195; vgl. ebenso die verbreitete handschriftliche Rhetorik- und Politiklehre der zweiten Hälfte des 17. und des beginnenden 18. Jahrhunderts, die auf der Basis von Vorlesungsmitschriften des Lubliner Jesuitenkollegs kompiliert zu sein scheint: Palatium reginae libertatis rempublicam oratoriam complectens, quod ex genio et praescripto eloquentiae ad utilitatem percommode, ad splendorem magnifice sumptu proprii laboris erexit, [...] et futuro Polonae iuventutis usui aperuit annus [...] Annus 1671 in Collegio Lublinensi Soc. Iesu: „Et sane turpe est hominem liberum pro Libertate, pro iuris legumque integritate non ferro tantum et copiis; Sed 68
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„ars actionis“ verstanden werden, deren Nutzen sich „ad Reipub[licam] administrationem“ richtete.72 Dass die essentielle Bedeutung der Rede in der Gemeinwohl orientierten Betätigung einer adligen vita activa lag, darauf verweisen neben theoretischen Überlegungen auch die Schulprogramme der akademischen Gymnasien und die Prinzipien der Adelserziehung.73 Dazu konnten, abgesehen von praktischen oratorischen Übungen in Disputationen nach akademischem Muster oder dem Schultheater,74 auch Planspiele oratione quoque dimicare nescire, aut ita agere in publico ut ambigi possit cum Plauto?“ (hier zitiert nach dem Manuskript aus der Biblioteka im. Ossolin´skich sygn. 397/II, 7 r.) (zu diesem Text vgl. B, A, Znakomitsi pisarze XVII wieku. Cze˛s´c´ 2: Domina palatii i facecye Polskie, in: Pamie˛tnik Literacki 2.1 (1902), 28–42, 30–37.) Insgesamt gesehen zeigen sich damit im polnischen Diskurs europaweit verbreitete Tendenzen, vgl. etwa R, J, Rhetoric and Courtliness in Early Modern Literature, Cambridge u.a. 2003, 83 f. 72 Rhetoricae assertiones discutiendae eiusdem mensis die 14., in: Assertiones theologicae, de usu sacrosancti eucharistiae sacramenti […] Propositae in collegio Posnaniensi Societatis Iesu in Autumnali studiorum renovatione Anno Domini 1577, Posnaniae 1577, Bii v.–Civ v., hier Biii v. Die Edition einer modernen polnischen Übersetzung mit Kommentar bei L, J Z., Retoryka od renesansu do wspo´łczesnos´ci – tradycja i innowacja, Warszawa 2000, 44–61. In der Betonung der Rhetorik als „ars actionis“ reihen sich die Assertiones in eine allgemeine zeitgenössische Tendenz ein, vgl. C, T, Some Renaissance Polish Commentaries on Aristotle’s Rhetoric and Hermogenes’ On Ideas, in: Rhetorica 12.3 (1994), 265–292, 269, 283, 290. 73 Zu der von Jan Zamoyski gegründeten Adelsakademie: W, J A. (Hg.), Wiadomos´c´ o profesorach Akademii Zamojskiej. Re˛kopis z w. XVII, Warszawa 1899–1900, 77; Ki, Ksia˛z˙eczki rozkoszne, 45 f.; Compendium Oratoriae, 2 (Archiwum Pan´stwowe w Poznaniu, Zespo´ł A: Akta Braci Czeskich (1507) 1557–1817 (1961), sygn. 1737). 74 Ausführliche Forschungen liegen insbesondere zur zentralen Rolle des jesuitischen Schultheaters vor, hier zur Bedeutung des Schultheaters als oratorischer Übung: O, K, Scena gimnazjum torun´skiego – retoryka – aprenetyka (Jakimi sposobami moz˙na dojs´c´ do wielkiego powodzenia), in: Janusz Skuczyn´ski (Hg.), 80 lat teatru w Toruniu (1920 – 2000), Torun´ 2000, 103–121; zur Rolle des Schultheaters in der Vermittlung politischer und konfessioneller Standpunkte: A, J, Polski teatr jezuicki jako teatr polityczny, in: Ludwik Grzebien´ (Hg.), Jezuici a kultura polska. Materiały sympozjum z okazji jubileuszu 500-lecia urodzin Ignacego Loyoli (1491–1991) i 450-lecia powstania Towarzystwa Jezusowego (1540–1990), Krako´w, 15–17 lutego 1991 r., Krako´w 1993, 11–22; einen allgemeinen Überblick bietet: O, J, Dramat i teatr szkolny. Sceny jezuickie XVII wieku, Wrocław u.a. 1970. Neben den Jesuitenkollegien betonen aber auch die anderen Schulen die Bedeutung von Disputation und Theater für die Einübung der Beredsamkeit, vgl. etwa für die Academia Lubransciana in Posen das bis ins 17. Jahrhundert verpflichtende Lehrprogram Christoph Hegendorfers: Studiorum ratio auctore Christophero Hegendorffino, in: Stichologia seu ratio scribendorum versuum, studiosis in Neacademia Posnaviensi(sic!) dictata, Vitebergae 1534, Dv r.–Fiv r., hier Eiv v.–Evi v. (zum langfristigen Einfluss des Hegendorfferschen Schulprogramms trotz dessen Ausscheidens aus der Akademie wegen konfessioneller Differenzen: N, M, Vir orator czy
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gehören. Sie übten am Muster des römischen Senates und der Ämterhierarchie der Römischen Republik den Umgang mit rhetorisch geschulter Redeperformanz und Argumentation ein, um die Schüler von frühester Jugend an auf die Praxis von Gerichten und Ständeversammlungen vorzubereiten.75 Rhetorik bildete als theoretisches Regelsystem eine für das Europa der Frühen Neuzeit dominante Kulturtechnik, deren Beherrschung auch einen sozialen Indikator darstellte.76 In dieser Funktion spielt für Renate Lachmann Rhetorik die Rolle einer sekundären Grammatik bzw. eines Metatextes, der „als Beschreibungs- oder genauer als Selbstbeschreibungssystem einer Kultur [...] in der Beschreibung auch eine normierende und damit organisierende Funktion (übernimmt), die sowohl deren Konsolidierung vorantreibt als auch ihr Selbstverständnis formuliert.“77 Dass die Bedeutung der Beredsamkeit in der Ausbildung betont wurde, ist dabei genauso wenig auf den Adel zu reduzieren, wie die Akademischen Gymnasien, die Jesuitenkollegien oder Universitäten auf die Ausbildung der adligen Jugend beschränkt waren.78 Allerdings adaptierte der Adel nicht nur die Grundsätze einer huvir probus, czyli problem recepcji antycznych wartos´ci wychowawczych w programie wychowawczym Akademii Lubran´skiego, in: Piotr Orlik (Hg.), Ku z´ro´dłom wartos´ci, Poznan´ 2008, 313–326; ., Profil wychowawczy Akademii Lubran´skiego na tle sporu Krzysztofa Hegendorfera z Grzegorzem Szamotulczykiem, in: Piotr Orlik (Hg.), Ku z´ro´dłom wartos´ci, Poznan´ 2008, 327–334); H, B, Cracoviensis scholae, apud S. Mariae templum, Institutio. Ex qua omnes scholarum rectores, omnes etiam paedagogi, rectam in formandis pueris methodum petere possunt, Cracoviae 1559, Aiv r.–Aiv v. 75 Vgl. etwa die Anweisungen im Schulprogramm der explizit zur Adelsausbildung gegründeten Akademie Jan Zamoyskis: W, Wiadomos´c´ o profesorach, 77–81, 79; genauso die ausführlichen Erläuterungen hierzu in einem Schulprogramm des Thorner Akademischen Gymnasiums: Programma. Rector & Visitatores Gymnasii Thoruniensis Lectoribus Benevolis, in: De vera nobilitate Orationes duae, a duobus iuvenibus, nobilem puellam ambientibus, apud Senatum Romanum habitae […] Nunc vero Actione Civili nova, interpellationibus Consulum Senatorumque diversis sententiis & Orationibus, exercendae Iuventutis ergo vestitae a Matthia Nizolio Thoruniensi Borusso, Gymnasii patrii ProRectore, Thorunii Borussorum 1604, [ ]v.–A1r. 76 B, G / T, D, Art. Rhetorik, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, Bd. 3, Berlin / New York 2003, 290–295, 291. Zur Rhetorik als kulturellem Regelsystem und dessen Auswirkungen: M, P, Elizabethan Rhetoric. Theory and Practice, Cambridge u.a. 2002. Zur Untersuchung von Sprachverwendung als sozialgeschichtlichem Ansatz schon: P, J G. A., The Concept of Language and the ,me´tier d’historien‘. Some considerations on Practice, in: Anthony Pagden (Hg.), The Languages of Political Theory in Early Modern Europe, Cambridge u.a. 1987, 19–38; B, P / P, R (Hg.), Language, Self, and Society. A Social History of Language, Cambridge 1991. 77 L, R, Einleitung: Die Rhetorik und ihre Konzeptualisierung, in: dies., Die Zerstörung der schönen Rede. Rhetorische Tradition und Konzepte des Poetischen, München 1994, 1–20, 2 f. 78 Ermangels einer übergreifenden Analyse hierzu muss auf sporadische Bemerkungen
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manistischen Erziehung, sondern brachte sie in funktionelle Verbindung mit seiner besonderen Stellung und Verantwortung innerhalb des Gemeinwesens. Auch wenn man von einer exponentiellen Zunahme an schulischer und akademischer Bildung ab der Mitte des 16. Jahrhunderts ausgehen darf, erfassten solche humanistischen Bildungsansprüche nicht all diejenigen, die sich als Adlige begreifen durften.79 Innerhalb der senatorischen Eliten ist es allerdings keine Ausnahmeerscheinung, wenn etwa der Lubliner Starost Piotr Myszkowski 1602 in den Erziehungsinstruktionen für seinen Sohn hervorhebt, „nostra familia“ definiere sich in erster Linie durch den Dienst an der respublica und zugleich der Rhetorik unter den artes liberales für die Ausbildung den weitaus wichtigsten Platz einräumt.80 In den praktischen Manualen des 16. Jahrhunderts stand dann hingegen weniger die Beratungsrede im Mittelpunkt der Erörterungen, die doch als Kern von Mitsprache im Gemeinwesen erscheint. Vielmehr konzentrierten sich beispielsweise Jan Herbest oder Adam Romer in ihren Lehrbüchern deutlich auf die Gerichtsrede.81 Dies korrespondiert nicht zuletzt mit einer allgemeinen Tendenz, die in einzelnen Studien verwiesen werden: N, B, Szkolnictwo jezuickie w Polsce w dobie kontrreformacji, in: Jerzy Paszenda (Hg.), Z dziejo´w szkolnictwa jezuickiego w Polsce. Wybo´r artykuło´w, Krako´w 1994, 34–62, 46–52; S, M, Formy aktywnos´ci kolegium jezuickiego w Poznaniu w XVI–XVIII wieku, in: Mazowieckie studia humanistyczne 8.2 (2002), 31–39, 33 f.; sogar in den protestantischen Städten des Königlichen Preußen lässt sich ein gewisser Anteil an bürgerlichen Schülern in den ansonsten ungeliebten Jesuitengymnasien nachweisen: K, S, Jezuici w trzech wielkich miastach pruskich w XVI–XVIII w., in: Hereditas Monasteriorum 3 (2013), 155–187, 167. 79 In diesem Zusammenhang wird vor allem auf eine starke regionale Differenzierung aufmerksam gemacht. So etablierte sich ein humanistisch geprägtes Schulwesen und dessen Frequentation durch den Adel nicht zuletzt im Großfürstentum Litauen und in Ruthenien wesentlich später als in Kronpolen: K, A, Od szkoły do senatu. Wykształcenie senatoro´w w Koronie w latach 1501–1586, Warszawa 2006, 7 f.; vgl. auch die allgemeinen Bemerkungen bei Asch mit Bezug auf das Reich (hier auch mit Hinweisen auf die grundlegende Literatur zum Thema): A, Europäischer Adel, 135 f. 80 B, Z, Dwa pedagogiczne traktaty polskie XVI–XVII wieku. Z cesarskiej Biblioteki Publicznej w Petersburgu, in: Archiwum do dziejo´w literatury i os´wiaty w Polsce 14 (1914), 323–347, 342–347. 81 R, A, De informando oratore libri tres, Cracoviae 1593, B7r.–D7 v.; H, J, Rhetorica, ex omnibus M. Tulii Ciceronis rhetoricis, verbis eiusdem collecta, Cracoviae 1566, Gv r.–Ji v. Die Bemerkungen zu den genera dicendi in dem polnischen dritten Rhetorikmanual der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind hingegen zu knapp, um eine ähnliche Aussage treffen zu können, da sich der Verfasser ausführlich vor allem mit der Dialektik als Voraussetzung der Beredsamkeit beschäftigt: M, S, Dialecticae et rhetoricae praecepta. A Stephano Micano, in usum discipulorum suorum nuper collecta. Nunc vero post operam venerabilis Domini Magistri Ioannis Casparis Leopoliensis, paulo fusius & Latinius, in lucem edita, o.O. [Krakau] 1566, F6 r.–F6 v. (weitere Ausgaben in den Jahren 1561, 1564, 1570 u. 1585, vgl. Stefan Micanus, in: Karol Estrei-
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sich an der Schwerpunktsetzung der pseudociceronischen „Rhetorica ad Herennium“ orientierte – neben Ciceros „De oratore“ und Quintilians „Institutio oratoria“. Letztere war wohl die zeitgenössisch einflussreichste antike Lehrschrift, welche die epideiktische wie die deliberative Rede lediglich als Derivate des genus iudicale behandelte.82 Für das ausgehende 16. und beginnende 17. Jahrhundert wird zwar die Bedeutung des Redens für das Gemeinwesen betont. Anders aber als in den rhetorischen Politiklehren ab der Mitte des 17. Jahrhunderts beschränken sich die hiermit verbundenen normativen Aussagen in erster Linie noch auf die klassische moralische Dimension der ars bene dicendi. Der Gedanke, dass das „gute Reden“ zugleich eine technische Meisterschaft wie eine moralische Klassifizierung impliziert, war bekanntlich bereits in der Antike ebenso etabliert wie umstritten.83 Die Rhetorikhandreichungen im frühneuzeitlichen Polen-Litauen entsprachen dabei einem humanistischen Mainstream, wenn sie ihre Vorstellungen der „guten“ Beredsamkeit an den Kanon der Kardinaltugenden zurückbanden. Auch hier gilt, dass „sapientia“ wahlweise „prudentia“, „iustitia“, „fortitudo“ und „temperantia“ schwerlich allein adlige Tugenden an sich darstellen84 – und es auch dadurch nicht wurden, dass man sie explizit an Kategorien wie „honor“, „amicitia“ und „familia“ koppelte.85 Dabei entspricht die Forderung, der Redner habe sich am moralischen Guten zu orientieren, der Vorstellung vom theatrum mundi, in dem jeder seinen Part ethisch exemplarisch zu spielen habe.86 Vor diesem Hintergrund lässt sich auf cher, Bibliografia polska. Teil III. Bd. XI (Ogo´lnego zbioru tom XXII), Krako´w 1908, 330–331.) 82 M, P, A History of Renaissance Rhetoric 1380–1620, Oxford u.a. 2011, 15; zur weitaus überwiegenden Popularität der „römischen“ Theoretiker gegenüber der Aristotelischen Lehre schon in den gedruckten Rhetorikmanualen des 15. Jahrhunderts vgl. M, J J., Ciceronian Influences in Latin Rhetorical Compendia of the 15th Century, in: Stella P. Revard / Fidel Rädle / Mario A. Di Cesare (Hg.), Acta Conventus NeoLatini Gualpherbytani. Proceedings of the Sixth International Congress of Neo-Latin Studies, Wolfenbüttel 12 August to 16 August 1985, Binghamton 1988, 521–530, bes. 522. Die zurückhaltendere Verwendung von Aristoteles auch in Polen-Litauen spiegelt sich beispielsweise in den apologetischen Bemerkungen Marcin Ujazdowskis in Bezug auf die Dominanz Ciceros im Vorwort zur polnischen Ausgabe der lateinischen Version der Aristotelischen Rhetorik: S, C Aristotelis de arte rhetorica libri tres. Carolo Sigonio interprete, Cracoviae 1577, Bi r., auch Bii v.–Ciii r. 83 Vgl. etwa U, G / S, B, Grundriss der Rhetorik. Geschichte, Technik, Methode, Stuttgart / Weimar 1994, 1. 84 So ausdrücklich R, De informando oratore, C3 r. 85 H, Rhetorica, GVIII r. 86 W, W N., Knowledge and performance in the early modern theatrum mundi, in: Flemming Schock / Oswald Bauer / Ariane Koller (Hg.), Dimensionen der Theatrum-Metapher in der Frühen Neuzeit. Ordnung und Repräsentation von Wissen, Hannover 2008, 1–20, 5.
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die Rhetorik in Bezug auf die Theatermetapher der Gedanke übertragen, es handele sich um „neither a mere reflection […] nor a complete fabrication, but a performance or enactment that produces reality.“87 Die Rückbindung von so verstandenem Redehandeln an die virtutes musste allerdings genauso den Diskurs über Adel beeinflussen wie die Vorstellung der Agonalität, die dem rhetorischen Ziel des persuadere zugrunde liegt. Bezeichnend scheint in diesem Zusammenhang die Wortwahl, mit der erfolgreiches Reden belegt wird. Mit dem nicht zuletzt auch militärisch-aggressiv konnotierten „impellere“ wird etwa der Vorgang bezeichnet,88 durch den der Zuhörer in diesem Fall wohl eher überredet als überzeugt werden solle.89 Am Ende steht entsprechend der „Sieg“ des Redners.90 Orzechowski hatte grundsätzlich das Reden als Mittel des politisch-sozialen Aufstiegs in der respublica charakterisiert. Mit der Formulierung vom „Sieg“ hingegen rückte die so emphatisch als Technik der Friedensgemeinschaft der respublica evozierte Beredsamkeit unvermittelt in die Nähe kriegerischer Auseinandersetzungen. Wenn man in alten Zeiten einen christlichen Ritter hätte malen wollen, spottete 1562 derselbe Mikołaj Rej, der sechs Jahre später in seinem Lebenslauf eines ehrbaren Menschen Rittertum als eine Säule des Adels konstruierte, dann hätte man ihn sich folgendermaßen vorgestellt:91 „Gemalt haben sie ihn in Rüstung, und er von seinem Pferd / Schlug den grimmigen Drachen um die Königin des Ruhmes wert.“ Solch ein karikiertes traditionelles Ritterideal schien dem viel gelesenen Dichter so zwar nicht mehr zeitgemäß.92 Dies änderte hingegen weder etwas an der Popularität von Ritterromanen, die eben dieses traditionelle Bild von Rittertum präsentierten, noch an der regelmäßigen Veranstaltung von Turnieren.93 Wie erst jüngst noch einmal hervorge87 Ebenda, 5 f. West entwickelt diesen Gedanken ursprünglich in Bezug auf Wissen und Wissenschaft in der Frühen Neuzeit. 88 M, J, Lexicon latinopolonicum ex optimis latinae linguae scriptoribus concinnatum, Regiomonti Borussiae 1564, 287. 89 Assertiones rhetoricae ac philosophicae, quae in collegio Posnaniensi Societatis Iesu, Anno MDLXXXII, In solenni Studiorum Innovatione, disputandae proponentur, Posnaniae 1582, Ai v. 90 H, Rhetorica, DVIII v.; Assertiones rhetoricae (1577), Ci v. 91 R, M, Zwierzyniec 1562, ed. v. Wilhelm Bruchnalski, Krako´w 1895, 214. 92 Zur zeitgenössischen Popularität Rejs: N, S, Recepcja Reja w literaturze staropolskiej, in: Tadeusz Bien´kowski / Janusz Pelc / Krystyna Pisarkowa (Hg.), Mikołaj Rej w czeterchsetlecie s´mierci, Wrocław u.a. 1971, 221–243, bes. 230–232. 93 Für Polen ist erst in jüngerer Zeit eine systematische Forschung zum Komplex Rittertum, Turnier und auch Duell für die Frühe Neuzeit im Entstehen begriffen, vgl. zu den Turnieren des späten 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts: B, B W, Turniej rycerski w Kro´lestwie polskim w po´z´nym s´redniowieczu i renesansie na tle europejskim, Warszawa 2003, 270–332; S, J, Pojedynki i harce, turnieje i gonitwy. Walki o z˙ycie, czes´c´, sławe˛ i pienia˛dze w Polsce Piasto´w i Jagiellono´w, Warszawa 2008, 121–150.
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hoben wurde, handelt es sich bei Ritterideal und Turnierwesen in der Frühen Neuzeit nicht unbedingt um anachronistische Dekadenzerscheinungen. Vielmehr war „noch immer […] das Rittertum als Leitidee aktualisierbar.“94 Nimmt man diese Feststellung ernst, ergibt sich, um nicht ungewollt in neue analytische Anachronismen abzugleiten, dennoch die Frage, wie zeitgenössisch der Leitbegriff des „Rittertum“ überhaupt semantisch gefüllt wurde. Dabei darf man davon ausgehen, dass auch im Königreich Polen beziehungsweise in Polen-Litauen Turniere einer ostentativen Repräsentation kriegerisch-adliger Gemeinschaft ebenso dienten wie dem Erwerb von Distinktionen und praktischer militärischer Übung.95 Letztlich empfahl auch der spöttische Rej in seinem Leben eines ehrlichen Menschen nicht weniger ritterliche Turnierübung96 als Bartłomiej Paprocki in seiner Abhandlung über den Hetman, Marcin Bielski in seinen Ritterlichen Angelegenheiten oder Stanisław Sarnicki in den Hetmansbüchern.97 Paprocki unterstrich dabei deutlich die 94
W, M, Ohne Furcht und Tadel – Für König und Vaterland. Frühneuzeitlicher Hochadel zwischen Familienehre, Ritterideal und Fürstendienst, Ostfildern 2012 (Beihefte der Francia 75), 412; ., Code, Konzept und Konjunkturen des Rittertums in der französischen Hofkultur des 17. Jahrhunderts, in: Geschichte und Gesellschaft 33.3 (2007), 350–374; zur Rolle von Rittertum, Waffenfertigkeit, Ehre und Adel im 16. und 17. Jahrhundert die Bemerkungen bei K, M, Chivalry, New Haven u.a. 1987, 249–251; zur Kontinuität von Turnieren bis in das 17. Jahrhundert, wenn auch in einer sich wandelnden Form: B, R / B, J, Tournaments. Jousts, chivalry and pageants in the Middle Ages, Woodbridge 1989, 136 f., 209–211. 95 W, Ohne Furcht und Tadel, 412. Bezeichnend ist die Ignoranz des polnischen bzw. des polnisch-litauischen Turnierwesens nicht nur lange Zeit in der polnischen, sondern auch der internationalen Forschung. So finden sich etwa in dem mittlerweile klassischen, europaweit komparatistisch angelegten Sammelband Josef Fleckensteins zum mittelalterlichen Turnier zwar Beiträge zu Böhmen und Ungarn, einen Aufsatz zu Polen hingegen sucht man vergeblich: F, J (Hg.), Das mittelalterliche Turnier. Beiträge zu einer vergleichenden Formen- und Verhaltensgeschichte des Rittertums, Göttingen 1985. 96 R, M, Z˙ywot człowieka poczciwego, ed. v. Julian Krzyz˙anowski, Wrocław u.a. 1956, 60. 97 P, B, Hetman, ed. v. Kazimierz Jo´zef Turowski, Sanok 1856, 18; B, M, Sprawa Rycerska według poste˛pku y zachowania obyczaiu Rzymskiego / Greckiego / Macedon´skiego / y innych Narodow pierwszego y ninieyszego wieku / z rozmathych Ksia˛g wypisana / ku czytaniu y Nauce Ludziom Rycerskim poz˙ytecz˙na, w Krakowie 1569, Bii r.–Bii v.; Stanisław Sarnickis Traktat ist allein als Handschrift überliefert, hier wird zitiert aus einer handschriftlichen Kopie des 19. Jahrhunderts: Xie˛gi hetman´skie s Dzieio´w Riczierskich wszitkich wieko´w zebrane y Praktika abo experientia hetmano´w Naias´nieyszego Zigmunta Starego krolya polskiego thakz˙e czessarza Karola V y Solimana tureckiego, dwu pano´w walecznych na naszego wieku obias´nione ku c´wiczeniu młodych liudzi nacyei naszey polskiey pt. Imiona hetmano´w, kto´rych tu autorit. leguiemy (Biblioteka Ko´rnicka PAN, mf. 773). Auch Jan Tarnowski warnt in seinem Consilium rationis bellicae vor einer Verweichlichung des Adels angesichts seiner Verpflichtungen im
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praktische militärische Bedeutung ritterlicher Übungsspiele im Turnier: „Wir ziehen nicht in den Krieg, um erst dort zu lernen, wie man auf einem Pferd sitzt oder wie man mit einer Lanze sticht.“98 Die konkrete Bedeutung militärischer Tüchtigkeit für einen Adligen erschließt sich in diesem Zusammenhang aus dem Allgemeinen Aufgebot (pospolite ruszenie), das einen grundlegenden Bestandteil des polnisch-litauischen Heeres darstellte.99 Dessen Bedeutung verringerte sich jedoch im Laufe der zweiten Hälfte des 16. Jahrunderts zugunsten professionalisierter Militäreinheiten.100 In den militärtheoretischen Traktaten, die sich zu nicht unerheblichen Teilen als Lehrwerke für die adlige Jugend verstanden, findet diese Entwicklung nur einen teilweisen Niederschlag. Rückt einerseits die zunehmende Bedeutung des stipendium militum für die Finanzierung von Truppen in den Fokus,101 sind alle Traktate durch eine ambivalente Kategorisierung des Rittersbegriffs geprägt. Einerseits findet sich hier die Forderung nach einer an einem überlieferten ritterlichen Ideal orientierten kriegerisch-sportlichen Übung in Friedenszeiten, die sich ganz an den Adel zu richten scheint. Andererseits wird das Heer als Ganzes in einer Form behandelt, die keine Differenzierung zwischen Allgemeinem Aufgebot, dem stehenden „Quartheer“102 und geworbenen Truppen vornimmt. Mithin gerät in diesem Kontext die Rede vom „Ritterhandwerk“, von den „Rittern“ und den „ritterlichen Angelegenheiten“ zur globalen Bezeichnung von militärischen Fertigkeiten, Heer und Kriegstechniken. Dass ein Adliger eine Waffe führte und Waffengewalt ausübte, war also diskursiv etabliert und Teil eines Habitus, Allgemeinen Aufgebot: T, J, Consilium rationis bellicae (1558), Ko´rnik 1879 (fotomech. Reproduktion des Originals), Hiii v. Zusammenfassend zu militärtheoretischen Traktaten im frühneuzeitlichen Polen-Litauen: O, K, Rozwo´j polskiej mys´li wojskowej do kon´ca XVII wieku, Poznan´ 1976. 98 P, Hetman, 18. 99 K, D, The Polish-Lithuanian Military in the Reign of King Stefan Bathory (1576–1586), in: Brian L. Davies (Hg.), Warfare in Eastern Europe, 1500–1800, Leiden u.a. 2012, 63–92, 64–66; T, A, Znaczenie pospolitego ruszenia w obronie Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego w XVI–XVIII w., in: Artur Kijas / Krzysztof Pietkiewicz (Hg.), Profesor Henryk Łowmian´ski – z˙ycie i dzieło. Materiały z sesji naukowej pos´wie˛conej dziesia˛tej rocznicy s´mierci Uczonego (Poznan´ 7–8 X 1994 r.), Poznan´ 1995, 124–135; K, M, Zarys historji wojskowos´ci w Polsce, Krako´w 1929, 39–41, 56 f., 66 f. 100 K, K, Kadra oficerska w wojsku koronnym w latach 1576–1648. Studia nad zawodem wojskowym, Torun´ 2011, 28–43; B, A, Piechota zacie˛z˙na w Polsce w pierwszej połowie XVI wieku, Warszawa 2011, bes. 16–18. 101 S, Xie˛gi hetman´skie, 44. 102 Der Name leitet sich aus der Steuerfinanzierung dieses zahlenmäßig recht gering ausfallenden Heeresteiles ab, die auf der Abgabe von einem Viertel, später einem Fünftel der Einnahmen aus zur Krondomäne gehörenden Gütern basierte: S-G, Monarchia dwu ostatnich Jagiellono´w, 166–184; F-K, A, Skarbowos´c´ Rzeczypospolitej 1587–1648. Projekty – ustawy – realizacja, Warszawa 2006, 14–22.
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der den bewaffneten adligen Abgeordneten auf dem Sejm ebenso einschloss wie den weit verbreiteten gewalttätigen Austrag von Konflikten.103 Die programmatischen Forderungen des römisch-katholischen Bischofs von Kiew, Jo´zef Wereszczyn´ski, aus dem Jahre 1594 wurden hingegen nicht umgesetzt. Wereszczyn´ski hatte die Gründung einer ganz auf militärische Ausbildung konzentrierten „Ritterakademie (szkoła rycerska)“ für die adlige Jugend vorgesehen.104 Im Rahmen seiner rhetorischen Strategie beklagte der Bischof, der adlige Nachwuchs treibe sich doch nur zu Hause oder an irgendwelchen Akademien und Universitäten herum, um zu lernen „scamnum zu deklinieren / oder auf dialektische Fragen zu antworten.“105 Die Pläne des Kiewer Bischofs für eine Ritterakademie reihten sich in eine ganze Flut von Schriften ein, mit denen Wereszczyn´ski seit seiner Ernennung 1592 zum Kampf gegen Tataren und Osmanen aufrief.106 Somit richtete sich
103 K, M Przemoc mie˛dzy szlachta˛ sieradzka˛ w XVII wieku, Warszawa 2011; G, D, Zajazdy na Kujawach w XVII i XVIII wieku, in: Przegla˛d Historyczny 73.3 / 4 (1982), 283–294; P, I H., Porza˛dek sa˛siedzki przemoca˛ regulowany. O organizacji i funkcjach zajazdu w drugiej poł. XVII i w XVIII wieku, in: Białostockie Teki Historyczne 4 (2006), 103–128; Ł, Prawem i Lewem. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Konzentration der insgesamt sehr wenigen Forschungsbeiträge zum Thema auf das 17. und vor allem das 18. Jahrhundert. Neben der Quellensituation scheint auch hier die Vorstellung eines „Goldenen Zeitalters“ rationaler, gewaltloser Adelsdemokratie für das 16. Jahrhundert eine zumindest implizite forschungsleitende Rolle zu spielen. Eine Ausnahme bildet: P, J, Dzieje jednego zajazdu. Wojna o dobra tarnowskie mie˛dzy ks. Ostrogskim a Stanisławem Tarnowskim w 1570 r., in: Odrodzenie i Reformacja w Polsce 7 (1962), 99–130. 104 Publika Xie˛dza Jozepha Wereszczyn´skiego z Wereszczyna / z łaski Boz˙ey Biskupa Kiiowskiego / a Opata Sieciechowskiego: Ich M. Rzeczypop. Na Seymiki przez list obias´niona / tak z strony fundowania Szkoły Rycerskiey synom Koronnym na Ukrainie / iako tez˙ Krzyz˙akow według Reguły Maltenskiey / w sasiedztwie z Pogany y z Moskwa˛ na wszystkim Zadnieprzu / dla snadnieysziego ochronienia Koronnego / od niebespeczien´stwa wszelakiego, Krako´w 1594. 105 Ebenda, 7. 106 Hierzu gehören Titel wie Excitarz Xie˛dza Iozepha Wereszczynskiego [...] Do podniesienia Woyny S. przeciwko Turkom Y Tatarom iako głownym nieprzyiacielom wszystkiego Chrzes´cijan´stwa, w Krakowie 1592; Pobudka Na Jego Cesarska˛ Miłos´c´ wszytkiego Chrzes´c´ijan´stwa: Jako tez˙ na Jasnie Os´wieconego Kniaz´ia Wielkiego Moskiewskiego: do podnies´ienia Woyny s´wie˛tey spolna˛ re˛ka˛ / Przeciw Turkom y Tatarom, w Krakowie 1594; Sposob Osady / y ochrony niegdy Stolice Ks´ie˛stwa Kijowskiego od niebespieczen´stwa wszelkiego / bez nakładu J.K.M. y kosztu Koronnego: Ich M. Panom Posłom / na Seymie Krakowskim przyszłym podany, Krako´w 1595; Votum X. Jozefa Wereszczyn´skiego […] z strony podniesienia Woyny potez˙ney przeciwko Cesarzowi Tureckiemu bez ruszenia pospolitego: a iz˙by kaz˙dy Gospodarz zostawszy w domu swoim / mogł bespiecznie zaz˙ywac´ gospodarstwa swego. Ich M. Panom Posłom na Seymie Warszawskim / w roku 1597 na pismie podane, w Nowym Wereszczynie 1597. Eine Sammelausgabe dieser Texte in: Pisma polityczne ks. Jo´zefa Wereszczyn´skiego, biskupa kijowskiego, opata benedyktyn´skiego w
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sein Ansinnen weniger auf die militärische Ausbildung des Adels im Allgemeinen als darauf, geschulte Kämpfer gegen die Ungläubigen zu erhalten. Folgerichtig appellierten zumindest Wereszczyn´skis erste Traktate emphatisch an die „christliche Ritterschaft“107, den „Heiligen Krieg“108 gegen die Osmanen und deren tatarische Helfershelfer zu betreiben.109 Indem ihr Autor rhetorisch die begriffliche Gleichsetzung von Adel und Rittertum ausnutzte, untermauerte er argumentativ mit Berufung auf die Makkabäer sein Ziel,110 den chronischen regionalen Konflikt mit den Tataren im Rahmen eines großen Kreuzzugs der Christenheit gegen die Osmanen zu lösen.111 Solche Appelle bewegten sich zwar im Rahmen zeitgenössisch verbreiteter rhetorischer Muster,112 ihnen durften allerdings nur sehr bedingte Erwartungen auf Erfolg zugrunde liegen.113 Dies ergab sich aus der europäischen MächtekonstellaSieciechowie, z wiadomos´cia˛ o jego z˙yciu i pismach, ed. v. Kazimierz Jo´zef Turowski, Krako´w 1858, hier zu seiner Biographie III–XVI (Dass es sich hierbei nicht um eine kritische Edition mit wissenschaftlichem Mehrwert handelt, wird im Nachfolgenden nach den Originalausgaben zitiert.). 107 W, Excitarz, 27; ., Pobudka, etwa Biv r. 108 D., Excitarz, 21. 109 Angesichts der von Polen-Litauen betriebenen Politik von Diplomatie und Verhandlungslösungen und in diesem Zusammenhang der Unmöglichkeit, die Zustimmung zu einem Allgemeinen Aufgebot für einen Krieg gegen die Tataren zu mobilisieren, scheint Wereszczyn´ski seine Strategie in den beiden letzten Tatarentraktaten geändert zu haben. Er setzt nun auf eine lokale Lösung mit einer weiteren Fortifikation Kiews und der teilweisen Finanzierung von dessen Verteidigung durch die Bürger selbst (vgl. Sposob Osady / y ochrony niegdy Stolice Ks´ie˛stwa Kijowskiego, bes. 22–26, 29 f.) beziehungsweise auf die Zusammenstellung von Truppen, die aus Untertanen des Adels und Stadtbewohnern ausgehoben werden sollen (Votum X. Jozefa Wereszczyn´skiego […] z strony podniesienia Woyny). 110 W, Excitarz, 14, 86. 111 Ebenda, 171, 181–188; ., Pobudka, bes. Biv v.–Eii v. 112 H, J, The German ,Reichstage‘ and the crusade, in: Norman Housley (Hg.), Crusading in the Fifteenth Century. Message and Impact, Houndmills u.a. 2004, 53–69; ., Pius II. und die Türken, in: Bodo Guthmüller / Wilhelm Kühlmann (Hg.), Europa und die Türken in der Renaissance, Tübingen 2000, 79–137; H, A, Den Feind beschreiben. ,Türkengefahr‘ und europäisches Wissen über das Osmanische Reich (1450–1600), Frankfurt a.M. / New York 2003, 51–71; S, W, Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert. Studien zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer äußeren Bedrohung, 21–66. 113 Sämtliche Flugschriften erschienen im Umfeld von Sejmsitzungen und richteten sich mithin mehr oder weniger explizit – in polnischer Sprache – an deren Teilnehmer, auch wenn sie an alle Herrscher der Christenheit, den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches oder auch den Moskauer Zaren adressiert waren. Allerdings reihen sich Wereszczyn´skis Kreuzzugsappelle wie auch die weiteren polnischen Türkenreden des ausgehenden 16. Jahrhunderts damit zugleich aktiv in die letztlich auch in Polen-Litauen erfolglosen Bemühungen Clemens VIII. ein, eine europaweite Türkenliga zu organisieren, vgl. hierzu auch Kapitel 1.1, S. 78.
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tion mit erheblich divergierenden Interessen im Allgemeinen,114 der insgesamt eher vorsichtigen polnisch-litauischen Diplomatie gegenüber den Osmanen und dem Krimkhanat im Speziellen115 sowie einer Abneigung in Teilen des Adels gegen ein enges Bündnis mit den Habsburgern.116 Auch wenn sich in diesem Sinne kritische Stimmen erhoben, die davor warnten, den prekären Frieden mit dem Osmanischen Reich zu brechen,117 stand Wereszczyn´ski mit seiner Mahnung an den Adel als christlicher Ritterschaft keineswegs allein. Im polnischen Kontext waren seit den Turcicae Stanisław Orzechowski aus den 1540er Jahren die Türkenreden in Wort und Druck als Genre etabliert.118 114 P, G, Pour en finir avec la Croisade. Mythes et re´alite´s de la lutte contre les Turcs aux XVIe et XVIIe sie`cles, Paris 2009, 200–254; H, Den Feind beschreiben, 89–118; H, N, The later Crusades. From Lyons to Alcazar (1274–1580), Oxford u.a. 1992, 421–455; F A, K O, Die Türkenkriege als Traditionselement des katholischen Europa, in: Wilfried Barner (Hg.), Tradition, Norm, Innovation. Soziales und literarisches Traditionsverhalten in der Frühzeit der deutschen Aufklärung, München 1989 (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 15), 19–29. 115 Tatsächlich war das Gebiet von Wereszczyn´skis Kiewer Diözese wie der gesamte an das Krimkhanat angrenzende Südosten des Königreichs Polen durch ständige – gegenseitige – Einfälle beider Seiten, und aktuell insbesondere durch den nicht vereinbarten Durchmarsch eines tatarischen Heeres im Jahr 1594 geprägt. In der komplizierten Dreiecksbeziehung zwischen Polen-Litauen, Osmanischem Reich und Krimkhanat (auch die Kosaken und das Moskauer Reich dürfen in dieser Konstallation eigentlich nicht außen vor gelassen werden) führte dies aber zumindest bis zum ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts zu keinen größeren Feldzügen. Eher wurden weitgehend Verhandlungslösungen in diplomatischem Rahmen gesucht, hierzu: K, D, The Crimean Khanate and Poland-Lithuania. International Diplomacy on the European Periphery (15th–18th Century) – A Study od Peace Treaties Followed by Annotated Documents, Leiden u.a. 2011, 108–122; S, D, Stosunki polsko-tatarskie (1595 – 1623), Warszawa 2004, bes. 63–136; P, L, Chanat Krymski i jego stosunki z Polska˛ w XV–XVIII w., Warszawa 1987, 121–130. 116 Tazbir, Janusz, Od antemurale do przemurza, dzieje terminu, in: Odrodzenie i Reformacja w Polsce 29 (1984), 167–184, 178; ., Polskie przedmurze chrzes´cijan´skiej Europy. Mity a rzeczywistos´c´ historyczna, Warszawa 1987, 47 f.; B, C, La difficile coexistence pacifique entre Pologne et Turcs au XVIe sie`cle, in: Pierre Salmon (Hg.), Melanges d’islamologie, de´die´s a` la me´moire d’Armand Abel. Tome 2, Leiden 1976, 13–51, 38. 117 T, Od antemurale do przedmurza, 177 f.; B, La difficile coexistence, 37–39. 118 O, S, De bello adversus Turcas suscipiendo, […] ad Equites Polonos oracio, Cracoviae 1543 (Neuauflage 1544: De bello adversus Turcas suscipiendo, […] ad Equites Polonos oracio aucta & recognita); ., Ad Sigismundum Poloniae Regem Turcica Secunda, Cracoviae 1544 (zugleich in einer im selben Jahr erschienen deutschsprachigen Fasssung: Oratio An den durchleutigsten Herrn / Herrn Sigismundum König von Poln etc. Die kriegs rüstung / wider den Ertzfeind Christlichen bluts / den Türcken / fürzunemen belangend […] yetz zur anreitzung und exempel Teutscher Nation verteutscht,
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Die 1590er Jahre brachten mit den Plänen von Papst Clemens VIII., eine gesamteuropäische „Türkenliga“ zu organisieren,119 und den aktuellen Konflikten mit den Tataren im Südosten des Königreichs Polen eine ganze Welle solcher Traktate hervor. Die Türkenreden oszillieren in ihrer Ansprache des christlichen Ritters zwischen kollektivem Wettstreit zwischen den Nationen, individueller Distinktion des einzelnen Adligen, dem Ruhm seines Hauses, dem Fürstendienst und den Abstrakta patria und respublica. Ähnliche Motive lassen sich in der zeitgenössischen Ritterprosa und -epik identifizieren,120 die sich im späten 16. und im Verlauf des 17. Jahrhunderts einer nennenswerten Popularität erfreuten.121 Es waren wohl diese Geschichten aufrechter Helden, deren Reisen in o.O. 1544.). Zu Orzechowski: K, B, Popularnos´c´ Stanisława Orzechowskiego w Rzeczypospolitej szlacheckiej, in: Odrodzenie i Reformacja w Polsce 22 (1977), 75–91, 82–85. 119 S, H, Konfessionalisierung und Staatsinteressen. Internationale Beziehungen 1559–1660, Paderborn u.a. 2007 (Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen 2), 248 f.; B, P, Der Türkenkrieg. Ein Zentrales Thema der Hauptinstruktionen und der Politik Clemens’ VIII., in: Georg Lutz (Hg.), Das Papsttum, die Christenheit und die Staaten Europas 1592–1605. Forschungen zu den Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., Tübingen 1994, 67–76, spez. zu Polen 74. 120 Wie diese Texte begrifflich und definitorisch zu fassen sind, ist in der Forschung umstritten. Die deutsche Tradition verwendet in der Regel die – wenn auch kritisch reflektierte – Bezeichnung „Roman“, was aus der romanischsprachigen zeitgenössischen Benennung abgeleitet wird, während der Romanbegriff im deutschen Sprachraum für die Textgruppe „höfischer“ oder auch „Ritterromane“ in Bezug auf ersteren als generische ex postBezeichnung eingeordnet werden muss und letzterer sich auf eine neue Gattung vom Ende des 18. Jahrhunderts bezieht (S, H, Art. Roman, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, Bd. 3, Berlin / New York 2003, 317–322, 317 f.; S, J, Geschichtsschreibung oder Roman? Zur Konstitutionslogik von Geschichtserzählungen zwischen Schiller und Ranke (1780–1824), Stuttgart 2000, bes. 147–154). Auch die polnische Bezeichnung „romans“ orientiert sich an der angelsächsischen und romanischsprachigen Tradition (so etwa die Kategorisierung in den kanonischen Überblickswerken der Literaturgeschichte: Z, J, Renesans, Warszawa 1999 (Wielka historia literatury polskiej 2), 129–137), da die zeitgenössische Benennung solcher unterhaltenden Texte eher mit „historyja“ zu fassen ist (M, T, Mie˛dzy poezja˛ a wymowa˛. Konwencje i tradycje staropolskiej prozy nowelistycznej, Wrocław u.a. 1970, 66–93). Auf die Schwierigkeiten einer Genredefinition ist dabei vielfach hingewiesen worden (vgl. mit einem differenzierten Definitionsversuch: F, C, Traditionality and Genre in Middle English Romance, Cambridge 1987, 1–49). Für einen auch gattungsmäßigen Einordnungsversuch des „roman chevaleresque“ für das 16. Jahrhundert: H, J, ,Tant de singularitez‘. L’e´trange dans les ,Amadis de Gaulle‘ et dans l’’Histoire Ethiopique’ de Jacques Amyot et la the´orisation du romanesque au seizie`me sie`cle, in: Max Vernet (Hg.), Etrange topos e´tranger. Actes du XVI e colloque de la SATOR, Laval 2006, 117–132. 121 Für Frankreich: B, M, Les romans de chevalerie. Romans a` lire – romans a` vivre, in: Michel Cle´ment / Pascale Mounier (Hg.), Le roman franc¸ais au XVIe
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exotische Gefilde und mit meist phantastischen Prüfungen, die Mikołaj Rej mit seinem Seitenhieb auf den Drachen besiegenden Ritter karikiert hatte. Nichtsdestoweniger gingen Drucker anscheinend von deren Markttauglichkeit aus. Anders ließe sich kaum erklären, dass etwa Mikołaj Scharffenberger in Krakau innerhalb von wenigen Jahren gleich eine ganze Serie solcher Romane lancierte.122 Diese Populärtexte formulierten dabei durchaus den Anspruch, einen über die reine „Kurzweil“ hinausgehenden „Spiegel“ zu liefern.123 Die Überindividualität der Narrationen darf mithin als ein typisches Merkmal des Genres gelten, so dass angesichts der zeitgenössischen Identifikation von Adels- und Ritterbegriff auch Erzählungen von holden Rittern und schrecklichen Drachen in gewissen Maßen als normative Texte gelesen werden können.124 Allerdings wäre es zu kurz geschlossen, den populären Roman mit Rittermotiven allein auf einen adlig-ständischen Fokus zu reduzieren. Denn das Personenarsenal der Erzählungen ist doch zugleich sie`cle ou Le renouveau d’un genre dans le contexte europe´en, Strasbourg 2005, 173–187; für Italien: B, M, Il libro di cavalleria. Produzione i fruizione, in: Klaus W. Hempfer (Hg.), Ritterepik der Renaissance. Akten des deutsch-italienischen Kolloquiums, Berlin 30.3. – 2.4.1987, Stuttgart 1989, 15–33, bes. 31–33. In der polnischen Forschung wird davon ausgegangen, dass die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts einen Höhepunkt dieses Genres brachte, worauf neben populären Novellensammlungen auch die Übersetzungen des Godfred-Romans und von Torquato Tasso verweisen: Z, Renesans, 154–156. 122 K, J, Wste˛p, in: Fortunat (około r. 1570), ed. v. dems., Warszawa u.a. 1926 (Bibljoteka Pisarzo´w Polskich 78), 1–7, 2; K-G, A, Art. Mikołaj Szarffenberger, in: dies. (Hg.), Drukarze Dawnej Polski od XV do XVIII wieku. Tom 1: Małopolska, Cze˛s´c´ 1: Wiek XV–XVI, Wrocław u.a. 1983, 264–283, 272. Für PolenLitauen ist die Druckproduktion dieser Texte bis auf einige allgemeine Bemerkungen zum Thema weitgehend nicht beforscht. Für das England des 16. Jahrhunderts etwa liegen dagegen Studien vor, die die Verbindung von Druck solcher Ritterromane, Politik und Zielpublikum systematisch fokussieren: W-L, E, Romance and Resistance. Narratives of Chivalry in Mid-Tudor England, in: Renaissance Studies 24.4 (2010), 482–495; für Italien: Q, A, La tipografia e il sistema dei generi. Il caso del romanzo cavalleresco, in: Klaus W. Hempfer (Hg.), Ritterepik der Renaissance. Akten des deutsch-italienischen Kolloquiums Berlin 30.3.–2–4.1987, Stuttgart 1989, 1–13. 123 Historia o z˙ywocie i znamienitych sprawach Aleksandra Wielkiego (1550), ed. v. Julian Krzyz˙anowski, Warszawa u.a. 1939 (Biblioteka pisarzo´w polskich 86), 2. Vgl. zu dieser Ambivalenz an Hand französischer Beispiele C, N, Les romans de chevalerie en France. Entre ,exemple‘ et ,re´cre´ation‘, in: Marie-The´re`se Jones-Davies (Hg.), Le roman de chevalerie aux temps de la Renaissance, Paris 1987, 29–45, 34–39. 124 Besonders zum Problem des Kampfes – auch mit Drachen – als weitergehendem Modell ritterlicher Tugend und zu der Frage nach Herrschaftsorganisation: D, C, ,Violentia‘ und ,potestas‘. Ein füchsischer Blick auf ritterliche Tugend und gerechte Herrschaft im ,Reinhart Fuchs‘, in: Henrike Lähnemann / Sandra Linden (Hg.), Dichtung und Didaxe. Lehrhaftes Sprechen in der deutschen Literatur des Mittelalters, Berlin / New York 2009, 41–54.
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stets auch Verkörperung moralischer Standpunkte und Werte.125 Dies schließt jedoch keinesfalls aus, die Position in der gesellschaftlichen Hierarchie etwa mit entsprechenden moralischen Charakteristiken zu verbinden.126 Bei den polnischsprachigen Romanen des 16. Jahrhunderts handelt es sich dabei durchweg um Übertragungen aus dem Deutschen, Tschechischen oder Französischen.127 Sie transportieren Motive, die stark mit dem Bild des miles christianus der Türkenreden konvergieren. Nicht nur kommt etwa Krzysztof Warszewicki in seinen Turcicae mit Alexander dem Großen und Gottfried, dem Befreier Jerusalems, immer wieder auf zwei zentrale Figuren prominenter Heldenepen zurück.128 Auch in den polnischen Alexander- und Ottoromanen oder auch im Epos vom Ritter Fortunat wird der Kampf gegen die Heiden als zentrales Element eingeflochten.129 Sie sind Teil eines Bündels von Prüfungen, die der ritterliche Held im Mittelpunkt der Narration bestehen muss, wobei er sich durch Tugendhaftgkeit, Barmherzigkeit und Tapferkeit im Zweikampf als besonderes Beispiel auszeichnet.130 Über die andauernde Tradierung ritterlicher Heldenepen beziehungsweise deren Einpassung in die zeitgenössischen Verhältnisse des 16. oder auch des 17. Jahrhunderts setzte sich auch deren didaktischer Anspruch fort.131 Ent125 Dass sich diese Literatur natürlich auch an Rezipienten aus anderen Ständen richtete, machte etwa einer der zeitgenössischen Trojaromane schon in seinem Titel klar, in dem er präzisierte, der Text richte sich zwar an den Ritterstand, aber auch an die Gemeinen: Historya barzo pie˛kna, ucieszna, y kaz˙demu stanowi tak Rycerskiemu iako tez˙ y inszemu pospolitemu, iscie poz˙ytecz˙na, gdyz˙ w sobie osobliwych przykłado´w ma barzo wiele. O zburzeniu a zniszczeniu onego sławnego a znamienitego miasta y pan´stwa Troian´skiego, o.O. [Krakau] 1597. 126 M, Mie˛dzy poezja˛ a wymowa˛, 147. 127 Z, Renesans, 151–156. 128 W, K, Turcice˛ Quatuordecim. Hic accesserunt opuscula duo. L. Frideri Ceriole, de Concilio & Consiliariis Principis […] & de Legato Legationeque eiusdem Varsevicii alterum, Cracoviae 1595; ., Turciae tres, Pragae 1599, 54, 136; ., Tres Turcicae, Pragae 1599, Liv r. 129 Die polnische Übertragung des Alexanderromans verwandelt beispielsweise die Völker Gog und Magog explizit in Muslime, vgl. Historia o z˙ywocie Aleksandra Wielkiego, 132–134. Diese semantische Besetzung der mythischen ausgestoßenen Völker war zwar nicht zwingend, aber durchaus neben anderen Varianten zeitgenössisch sehr gängig: B-T, H J. F., Die Heerscharen des Antichrist. Gog und Magog in der deutschen Literatur des Mittelalters, in: Barbara Haupt (Hg.), Endzeitvorstellungen, Düsseldorf 2001, 197–228; S, V I., Assimilating Giants. The Appropriation of Gog and Magog in Medieval and Early Modern England, in: Journal of Medieval and Early Modern Studies 32.1 (2002), 59–84. 130 W, J, Romans rycerski w kulturze społeczen´stwa po´z´no-s´redniowiecznej Polski, in: Teresa Michałowska (Hg.), Literatura i kultura po´z´nego s´redniowiecza w Polsce, Warszawa 1993, 141–152. 131 M, Mie˛dzy poezja˛ a wymowa˛, 142 f.; B, Les romans de chevalerie.
1.1 Gemeinschaft im Agon: Adel zwischen Wort und Schwert
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sprechend oszillierten auch einige polnische Heldenepen des ausgehenden 16. Jahrhunderts zwischen Zeitgeschichtsschreibung, Memoria und Didaxe. Dies galt etwa für eine Dichtung wie die Marcin Kromer zugeschriebene Erzählung über das Schicksal des schwedischen Herzogs Johann, des Vaters des späteren polnischen König Sigismund III. Wasa und seiner jagiellonischen Ehefrau Katharina, der Schwester König Sigismunds II. August.132 Die Nähe dieser tragischen Geschichtsdichtung über eine Fürstengestalt zu den unterhaltenden Ritterepen mag vielleicht schon der Umstand demonstrieren, dass der Krakauer Drucker Scharffenberg die Geschichte des schwedischen Prinzen und der Jagiellonin mit den gleichen Holzschnitten illustrierte, die seine Offizin für einen kurz zuvor verlegten Ottoroman verwendet hatte.133 Die Produktion von Heldenepen beschränkte sich aber keineswegs auf die Übersetzung der gängigen Rittermotive oder auf Königs- und Fürstengeschichten, die im Übrigen als omnipräsente Erzählmotive auch die restliche Historiographie durchzogen.134 Die Verschmelzung von adligen Leitbildern und Memoria fiel ebenso in einigen anderen Versromanen besonders auffällig aus. So ließ sich der Litauische Feldhetman Krzysztof Radziwiłł seine militärischen Erfolge im Feldzug König Stephan Ba´thorys gegen Moskau gleich mehrfach besingen.135 Hier hielt kein Hindernis die ritterliche Tugend
132 K, M, Historyja prawdziwa o przygodzie z˙ałosnej ksia˛z˙e˛cia finlandzkiego Jana i kro´lewny polskiej Katarzyny, ed. v. Janusz Małłek, Olsztyn 1974. 133 K, J, Romans pseudohistoryczny w Polsce wieku XVI, Krako´w 1926, 155. 134 D, H, Z zagadnien´ gatunku biograficznego w pis´miennictwie staropolskim, in: dies., Proza staropolska. Problemy gatunko´w i literackos´ci, Wrocław u.a. 1967, 84–101, 87. 135 G, F, Hodoeporicon Moschicum Illustrissimi Principis ac Domini: Domini Christophori Radivvilionis Ducis in Birza et Dubinga, Vilnae 1582 (Edition: Hodoeporicon Moschicum / Wyprawa moskiewska, ed. v. Bartłomiej Czarski, Warszawa 2011(Biblioteka pisarzy staropolskich 39).); R, A, Deketeros akroama, to jest Dzisie˛cioroczna powies´c´ wojennych spraw os´wieconego ksia˛z˙e˛cia i pana, pana Krzysztofa Radziwiłła, w Wilnie 1585 (Dieser Text war allerdings wohl schon zeitgenössisch kaum verbreitet. Eine Edition des Textes bietet: R, W R / S, A, Andrzeja Rymszy ,Dzisie˛c´roczna powies´c´ wojennych spraw...‘ (1585), in: Roman Pollak (Hg.), Miscellanea staropolskie. Tom 4, Wrocław 1972 (Archiwum literackie 16), 133–222; K, J, Jezda do Moskwy, y Posługi z młodych lat, az˙ y przez wszystek czas przeszłey woyny z Moskiewskim, oyczyz˙nie swey y Panom swym czynione Jego Ks´ia˛z˙e˛cey M. y Pana, P. Krisztopha Radziwiłła Ks´iaz˙e˛c´ia na Bierz˙ach, y Dubingach [...] etc. prawdz´iwie opisana, w Krakowie 1583 (Edition: K, J, Jezda do Moskwy, in: ders., Dzieła polskie. Tom 3, Warszawa 1953, hrsg. v. Julian Krzyz˙anowski, 155–170). Zitiert wird nachfolgend nach den Editionen. Neben der Verewigung der Taten König Stephan Ba´thorys auf diesem Feldzug gegen Moskau (H, D Stephaneis Moschovitica Sive De occasione, causis, initiis, et progressibus, Belli […] libri duo priores, Gedani 1582.) konnte Krzysztof Radziwiłł vor allem auf ein älteres Beispiel aus
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1. Mit dem Adel Staat machen
auf – „Invia virtuti nulla est via!“136 Die besondere Tapferkeit des Helden Radziwiłł137 war dabei in die glorreiche Tradition seines Hauses gebettet und im gleichen Atemzug dem Dienst am Gemeinwesen gewidmet:138 „O edler Radziwiłł, von frühester Jugend, Sannest Du stets den Ruhm des Hauses zu mehren, Und das liebe Vaterland zu schirmen.“
Die herausragende adlige Qualität der Radziwiłł basierte in diesen Dichtungen zwar einerseits auf militärischer Fähigkeit, die hier als traditionelle ritterliche Fertigkeiten daherkamen. Um allerdings zu unterstreichen, dass das Haus in der Konkurrenz mit seinen peers auf diesem Feld hervorstach, bedurfte es andererseits jedoch genauso der panegyrischen Exzellenz. Letztere suchte Krzysztof Radziwiłł allem Anschein nach nicht nur durch die Verpflichtung des prominenten Jan Kochanowski zu sichern. Vielmehr setzte der Feldhetman wohl auch auf die schiere Zahl an Elogen, die seine militärischen Erfolge als Rittertaten in quasi-homerischem Rahmen verewigten.139 Inwieweit solch ein Feuerwerk an Lobesepen noch der Vorstellung von Angemessenheit entsprach, muss offenbleiben. Bezeichnenderweise hatte schon Go´rnickis Hofmann das Problem tatsächlicher kriegerischer Tapferkeit und deren Sichtbarkeit thematisiert. Dass man über die eigenen Taten sprechen solle beziehungsweise dass die Erwähnung der eigenen Tapferkeit gegenüber anderen Adligen zum guten Ton gehöre, darüber waren sich Go´rnickis Dialogpartner durchaus einig.140 Allein, so das Re´sume´ der Erörterung, legitim sei dies nur, wenn es den Regeln der kompetitiven Kunst des Hofmanns genüge: Wer sich lobe, habe dies so anzustellen,
dem konkurrierenden Haus der Chodkiewicz zurückgreifen: M L, J, Divina gratia imperante Sigismundo Avgusto, Polonorum rege potentissimo, Magno Lithuaniae duce, Victoria de Moschis reportata a Magnifico Domino Gregorio Chodcievitio, Castellano Vilnensi, Capitaneo Grodnensi, stipendiarii militis supremo gubernatore, Viennae 1565 (nach Auskunft der Bibliographie Estreichers existierte wohl auch eine Auflage aus dem Jahr 1564, vgl. Art. Jan Mylius, in: K. Estreicher, Bibliografia polska. Cze˛s´c´ 3, Tom 11, 655–657, 656 f.). 136 G, Hodoeporicon Moschicum / Wyprawa moskiewska, 38. 137 Ebenda, 70. 138 K, Jezda do Moskwy, 157. Die familiär tradierte Exzellenz in ritterlicher Tapferkeit und Hingabe für das Gemeinwesen hebt auch Gradowski ausführlich hervor: G, Hodoeporicon Moschicum / Wyprawa moskiewska, 36–43. 139 J S, ,Jezda do Moskwy‘. Panegiryczne, epicko-heroiczne i parenetyczne przekształcenia ,rymowanej kroniki‘, in: Ruch literacki 21.2 (1980), 107–120, 112 f. 140 G, Dworzanin polski, 52–54.
1.2 Memorialgemeinschaft: Adel und Haus
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„dass ihm daraus weder Hass noch Widerwillen erwachsen können, solch einem erlaube ich, sich zu rühmen, denn er ist nicht nur Ruhmes und Ehren wert für solche tugendhaften Taten, derer er sich rühmt, sondern dass er dies bescheiden über sich selbst zu verkünden mag, denn dies ist ein sehr schwierig Ding.“141
1.2 Memorialgemeinschaft: Adel und Haus „Und im Rokosz stand er beim Vaterland wie beim König, dem von Gott gesalbten / mannhaft / und zu sterben bei ihm bereit / in Harnisch und mit bereiter Waffe stand der Alte / aber wem blieb dies verborgen? O unseres Adlers schöne Feder.“
Solch ornithologisches Lob galt keinem geringeren als dem gerade verstorbenen Fürsten des Heiligen Römischen Reiches, Grafen von Szydłowiec und Mir, dem Wojewoden von Wilna, Mikołaj Krzysztof Radziwiłł-Nies´wiez˙.142 Auch die militärischen Erfolge des Cousins von Feldhauptmann Krzysztof Radziwiłł ließ der Grabprediger nicht zu kurz kommen. Er stellte sie dabei direkt neben die Loyalität, die der Wilnaer Wojewode dem Monarchen während des Rokosz erwiesen habe. Dabei sei, so argumentiert der Jesuit Marcin Widziewicz in Berufung auf Cicero, nicht nur der Einsatz des Vermögens für das Vaterland von Bedeutung. Vielmehr zähle der persönliche Einsatz, seinen Körper dem Feind entgegenzustellen.143 Unter anderem hieraus erwächst der Federschmuck des fürstlichen Adlers im Wappen der Radziwill, an dem sich die emblematische Argumentation von Widziewicz fleißig konventionell abarbeitet.144 Ähnliche Verarbeitungen des Konflikts finden sich auch in Leichenpredigten auf weitere Akteure aus der Zeit des Rokosz. Letzterer wird dabei stets als Auseinandersetzung zwischen dem Monarchen und einem Teil des Adels akzentuiert, womit die Spannungen innerhalb verschiedener Adelsparteiungen zwar indirekt zum Ausdruck kommen, aber niemals explizit thematisiert werden. Die Spannweite ist hierbei sehr weit – beginnend mit dem Lob des militärischen Eingreifens wie bei Mikołaj Krzysztof Rad-
141
Ebenda, 53 f. W, M, Kazanie na pogrzebie Jas´nie Os´wieconego Pana / Jego Mos´c´i Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, Krako´w (o. J.) [1616], 27. 143 Ebenda, 26. 144 Zur sehr häufigen emblematischen Verwendung der Wappen in den Leichenpredigten: P, D, Kazania pogrzebowe z przełomu XVI i XVII wieku. Z dziejo´w prozy staropolskiej, Wrocław 1992, 125–147; B, S, Propagandowa rola szlacheckiego pogrzebu z XVII wieku w s´wietle kazan´ pogrzebowych, in: Henryk Suchojad (Hg.), Wesela, chrzciny i pogrzeby w XVI–XVIII wieku. Kultura z˙ycia i s´mierci, Warszawa 2001, 203–216, 207–210; allgemein zum Verhältnis von Heraldik und Emblematik: P, J, Słowo i obraz. Na pograniczu literatury i sztuk plastycznych, Krako´w 2002, bes. 314–316. 142
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1. Mit dem Adel Staat machen
ziwiłł. In gleicher Weise argumentiert die Predigt für Jan Karol Chodkiewicz, litauischen Großhetman und Konkurrenten der Familie Radziwiłł. Hier kann sogar stolz berichtet werden, Chodkiewicz habe sich bei dieser Gelegenheit „mit dem Blut der Gegner bespritzt.“145 Alternativ mag auch einfach nur die Treue zum Monarchen gegenüber den „turbatores und malcontentes“ hervorgehoben werden.146 Andere Funeralpanegyriken ziehen es vor, ein etwaiges militärisches Engagement der Verstorbenen auf Seiten des Königs zu übergehen und dafür 145 C, B, Kazanie na pogrzebie Iasnie wielmoznego Pana P. Iana Karola Chodkiewicza Hrabie ze Szkłowa y Myszy, na Bychowie, Woiewody Wielen´skiego, Korony Polskiey przeciw Osman Sułtanowi, a W.X.L. Hetmana Naywyz˙ßego, Gubernatora Ziemie Inflantskiey, Derpskiego, Luboszan´skiego, Wielon´skiego etc. etc. Starosty, o.O. o.J. [1622], E1v. 146 B, M, Wizerunk Szlachcica prawdziwego w kazaniu Na pogrzebie Wielmoz˙nego Pana Jego Mos´c´i Pana Andrzeia Bobole z wielkich, y małych Piasko´w, Podkomorz˙ego Koronnego, Piłznien´skiego, Dybowskiego, Gniewkowskiego etc. etc. Starosty, w Wilnie 1629, B4v. Gegenwärtig ist in polnischen und europäischen Bibliotheksbeständen einzig die zweite Auflage von 1629 aufzufinden. Gegenüber der Einschätzung Estreichers, dass eine erste Krakauer Ausgabe von 1617 gar nicht existiert habe (Karol Estreicher, Bibliografia polska. Cze˛s´c´ 3, Tom 1 (Ogo´lnego zbioru tom 12), Krakow 1891, 460.), spricht dagegen nicht nur die Bemerkung auf dem Titel der Wilnaer Edition von 1629, es handele sich um die zweite Ausgabe. Darüber hinaus vermerken mehrere Nachschlagewerke des 19. Jahrhunderts eine erste Auflage (vgl. etwa N, M (Hg.), Encyklopedja kos´cielna, Tom 2, Warszawa 1873, 121; B, J, Biblioteka pisarzo´w assystencyi polskiej Towarzystwa Jezusowego, Poznan´ 1862, 115. Letzterer gibt auch die Titel beider Ausgaben an, derjenige der ersten Ausgabe lautet demnach: Wizerunek Szlachcica prawdziwego w Kazaniu na pogrzebie WPJMCP. Andrzeja Boboli z wielkich y malych Piaskow, Podkomorzego Koronnego, pilznenskiego etc. Starosty, zmarlego 1617, wystawiony przez WX. Mattheusza Bemebusa, D. Th. S.J., Krako´w 1617.). Auch Monographien der Zwischenkriegszeit nennen die Auflage von 1617 (L, C, Mecenat Zygmunta III i z˙ycie umysłowe na jego dworze, Warszawa 1932, 109.) und zitieren sogar präzise mit Seitenangaben aus ihr (vgl. G, T, Piotr Skarga na tle katolickiej literatury religijnej w Polsce XVI wieku (1532–1612), Krako´w 1913, 622.). Bembus war für einige Jahre Nachfolger von Piotr Skarga als Hofprediger, bevor er sich als Rektor des Posener Jesuitenkollegs zurückzog. Die Veröffentlichung der zweiten Auflage seiner Leichenpredigt fällt dabei in eine Periode, in der er sich einer Ordnung seiner Schriften und der Vorbereitung von deren – nie entstandener – Gesamtausgabe widmete: B, S, Art. Mateusz Bembus, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 1, Wrocław u.a. 1935, 419–420. Diese Auflage wurde dem Titelblatt zu Folge auf Empfehlung des Wilnaer Bischofs Eustachy Wołłowicz durch letzteren auch in Druck gegeben. An dieser Stelle muss offenbleiben, welche Motivation von Seiten des Bischofs hinter der erneuten Drucklegung stand. Ist Wołłowicz einerseits durch eine große Nähe zu Sigismund III. bekannt, betätigte er sich andererseits breit als Mäzen für wichtige zeitgenössische Dichter, vgl. W, H, Biskup wilen´ski Eustachy Wołłowicz, in: Lithuania 2 / 3 (7 / 8) (1992), 92–94; Marek Janicki, Willa Eustachego Wołłowicza w Werkach pod Wilnem i jej epigraficzny program ideowy, in: Barok 4.2 (1997), 123–149.
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deren ausgleichende Diplomatie zwischen den Parteien in den Vordergrund zu stellen.147 Wesentlich schwieriger hingegen schien es, eine Beteiligung am Rokosz in die biographische Erzählung einer Leichenpredigt zu integrieren. So kam dem reformierten Trauerprediger bei der Beisetzung von Janusz Radziwiłł-Birsen in dieser Hinsicht eine undankbare Aufgabe zu. Mikołaj Krzysztofs evangelischer Cousin zweiten Grades fand sich schließlich während des Rokosz keineswegs an der Seite des Königs, sondern an der Spitze von dessen Gegnern. Auch Adam Rassius lässt jedoch keinen Zweifel am militärischen Mut und der körperlichen Kampfeskraft von Janusz Radziwiłł. Seine kaum kaschierte Anspielung auf den Rokosz hingegen stellt er in einen anderen Argumentationszusammenhang. Der Fürst Janusz sei den Untertanen ein milder, guter und sanfter Herr gewesen, dem seine Inkarnation der Tugenden für jedermann ersichtlich ins Gesicht geschrieben stand.148 Eben dies habe ihn, der frei sprach und handelte, zum tapferen Streiter „pro libertate patriae, pro immunitatibus & praerogativis nobilitatis, ceu pro aris & focis“ gemacht.149 Dass Rassius das Verhalten Radziwiłłs im Rokosz mit Verweis auf einen abstrakten Freiheitsbegriff ebenso wie auf konkrete adlige Standesrechte legitimiert, kann nicht überraschen. Bemerkenswerterweise treibt er seine Apologie jedoch klimaktisch bis zu der Wendung „pro aris & focis“. Dabei handelt es sich nicht allein um eine aus der klassischen lateinischen Lektüre, insbesondere Cicero und Sallust, bekannten Ausdruck, der in Bezug auf Kampfzuspitzungen und nicht zuletzt Bürgerkriegssituationen verwendet wird. „Arae et foci“ als familiäre Kultstätten stehen in der römischen Tradition dabei zugleich in ihrer Gesamtheit für die religiös grundierten höchsten Werte des Gemeinwesens.150 In diesem Zusammenhang scheint 147 C, J, Wiecznos´c´ sławy y nies´miertelny Pamia˛tki Ias´nie Wielmoz˙nego Iego Mos´c´i Pana P. Adam Se˛dziwoia Czarnkowskiego. Woiewody Łe˛nczyckiego, Generała Wielgopolskiego, Miedzyrzeckiego, Pysdrskiego etc. Starosty. Albo Kazanie miane przy wyprowadzeniu Ciała iego zacnego w Kos´c´iele Farskim Poznanskim, Poznan´ 1628, C4v. Zur Rolle Czarnkowskis im Rokosz knapp zusammenfassend: D, W, Art. Adam Se˛dziwo´j Czarnkowski z Czarnkowa, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 4, Krako´w u.a. 1938, 214–215, 214; Ł, S, Dwa lwi kleynot Sapiez˙yn´ski, albo kro´tkie kazanie na pogrzebie nies´miertelney pamie˛ci godnego jas´nie wielmoz˙nego [...] Leona Sapiehy, woiewody wilen´skiego [...] miane w dzien´ pogrzebu [...], Lublin 1637, D1v. Zu Sapieha im Rokosz: L, H, Art. Lew Sapieha, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 35, Warszawa / Krako´w 1994, 84–104, 90 f. 148 R, A, Iusta funebria Illustrissimo Celsissimoque Principi ac Domino D. Ianussi Radivilo, Lubecae ad Chronum (o. J.) [1621], BIIv.–BIIIr. 149 Ebenda, BIIIr. 150 H, C, Die Macht der memoria. Die ,Noctes Atticae’ des Aulus Gellius im Licht der Erinnerungskultur des 2. Jh. n. Chr., Berlin / New York 2011, 227, bes. Anm. 121; „familiär“ meint in diesem Zusammenhang aber keineswegs „privat“, vgl. R, R, Domus und res publica. Die politisch-soziale Bedeutung des aristokratischen „Hauses“ in der späten römischen Republik, in: Aloys Winterling (Hg.), Zwischen
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es kein Zufall, dass in Rassius’ Predigt die Thematisierung des Rokosz in den unmittelbaren Kontext des Lobes von Janusz Radziwill als idealem Herren über Haus und Untertanen gerückt wird: „Arae et foci“ – dynastisches Familienverständnis und Gemeinwesen, individuelles Tugendverhalten und politisches Wirken, ehrorientiertes Adelsideal und Politiktheorie gehören untrennbar zusammen. Bonawentura Czarlin´ski orientierte sich ganz an den gängigen Formen, wenn er den Tod von Jan Karol Chodkiewicz und die damit verbundenen „bitteren Tränen […] des gesamten durchlauchtigen Hauses Chodkiewicz“ sowie den Verlust für die führende Familie des Doppelreiches beklagte.151 Entsprechend taten es ihm etwa die Panegyriker von Andrzej Bobola, Adam Se˛dziwo´j Czarnkowski oder auch Lew Sapieha in der Betonung des Hauses gleich.152 Dass sich die Leichenpredigten zugleich an den Wappen der Verstorbenen abarbeiteten, war mithin kaum eine Aussage über die Bedeutung des Wappenverbandes als Wahrnehmungskategorie von Adel. Die Existenz von Wappenverbänden darf zwar durchaus als eine polnische Besonderheit im europäischen Vergleich gelten.153 Das Wissen darüber, dass sich mehrere Häuser ein Wappen teilten, wurde dabei auch in den genealogischen Werken des 16. und 17. Jahrhunderts perpetuiert. Bereits im 14. Jahrhundert aber durfte der Wappenverband allenfalls noch als recht abstrakte Bezugsgröße gelten.154 Für die Leichenprediger des ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts dienten die Wappen dann in erster Linie als willkommene „Haus“ und „Staat“. Antike Höfe im Vergleich, München 1997 (Historische Zeitschrift. Beihefte 23), 73–90, 87; speziell zu Ciceros Gebrauch von „pro aris et focis“: L, G, Kommentar zu Ciceros Rede ,Pro Sex. Roscio Amerino‘, Stuttgart 1914, 61 f.; allgemein zu „familia“ und „domus“, zur engen Verbindung von „familia“ und „respublica“ bei Cicero sowie das enge, wenn auch zu differenzierende, Verhältnis des antiken Gebrauchs zur frühneuzeitlichen Auffassung: S, R P., ,Famila, Domus‘, and the Roman Conception of the Family, in: Phoenix 38.4 (1984), 336–355. 151 C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, B I v. 152 B, Wizerunk Szlachcica Andrzeia Bobole, B I r.; C, Wiecznos´c´ sławy Se˛dziwoia Czarnkowskiego, B I v.; Ł, Dwa lwi kleynot Sapiez˙yn´ski, B2 r., D2 v. 153 B, H-J, Erinnerungsbrüche im polnisch-litauischen Hochadel. Neukonstruktionen familiärer Erinnerung unter den Bedingungen egalitärer Adelsrhetorik und eines fehlenden Speichergedächtnisses, in: Horst Carl / Martin Wrede (Hg.), Zwischen Schande und Ehre. Erinnerungsbrüche und die Kontinuität des Hauses. Legitimationsmuster und Traditionsverständnis des frühneuzeitlichen Adels in Umbruch und Krise, Mainz 2007, 247–267, 251 f. 154 R, Z, Prawo bliz˙szos´ci krewnych w polskim prawie ziemskim do kon´ca XV wieku, Wrocław u.a. 1970, 30. Bömelburg betont dagegen die funktionelle Rolle der Wappenverbände noch für das 17. Jahrhundert (B, Erinnerungsbrüche, 251.). Zur insbesondere von der polnischen Mediävistik geführten Debatte zum Wappenverband vgl. Kap. 1.3, S. 107–110.
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emblematische Inspiration ihrer rhetorischen Entwürfe.155 Die dominante Bezugsgröße für die Leichenpredigten waren demnach domus beziehungsweise familia, womit sich der polnische Diskurs im europäischen Vergleich als wenig originell darstellte.156 Das Haus und die Familie erwiesen sich in der zeitgenössischen Begriffsverwendung dabei nicht unbedingt als trennscharfe Kategorien.157 Virulent wurde eine Unterscheidung zwischen verschiedenen verwandtschaftlichen Entitäten spätestens, wenn sich ein Haus in distinkte Linien ausdifferenzierte, wie es beispielsweise bei den Radziwiłł der Fall war.158 Hier blieb, bei allen auch konfessionellen Abgrenzungen, das Bewusstsein der Zugehörigkeit zu einem Hausverband virulent, ob es sich nun um die Radziwiłł der Birsen- oder der Nies´wiez˙-Linie handelte.159 Zwar durften die Radziwiłł – und nicht zuletzt ihr Spross aus der sich nun ausbildenden Nies´wiez˙-Linie, Mikołaj Krzysztof – mit einer äußerst aktiven Memorialstrategie und genealogischen Traditionsbildung als Vorreiter einer adligen Familienpolitik in Polen-Litauen gelten.160 Dennoch stellten die eben 155 B, S, Ideologiczne funkcje herbu. Przykład kazan´ pogrzebowych, in: ders. / Dariusz Chemperek (Hg.), Literatura i pamie˛c´ kultury (FS Stanisław Nieznanowski), Lublin 2004, 161–189; B-P, P, Na pograniczu emblemato´w i stemmato´w, in: Agnieszka Morawin´ska (Hg.), Słowo i obraz. Materiały sympozjum Komitetu Nauk o Sztuce Polskiej Akademii Nauk, Nieboro´w, 29 wrzes´nia-1 paz´dziernika 1977, Warszawa 1982, 73–95, bes. 90. 156 O, Aspekte der Geschichte des Adels, 27–35. 157 C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, E1v.–E2 r.; Ci, Wiecznos´c´ sławy Se˛dziwoia Czarnkowskiego, b1 v., b4 v. 158 Vgl. den Überblick über die Geschichte des Hauses von Z, T, Radziwiłłowie herbu Tra˛by – dzieje rodu, in: Sławomir Go´rzyn´ski et al. (Hg.), Radziwiłłowie herbu Tra˛by, Warszawa 1996, 3–43. 159 Dies sollte sich nicht zuletzt im Kontext des Rokosz erweisen, vgl. Kap. 4.4, S. 584 f. 160 Mikołaj Krzysztof Radziwiłł konsolidierte seinen Familienzweig durch die Einrichtung von drei Ordinationes (Fideikommissregelungen) und die Pflege der dynastischen Traditionsbildung (A, M, Protoplas´ci ksia˛z˙a˛t Radziwiłło´w. Dzieje mitu i meandry historiografii, Warszawa 2011, bes. 228–240.). Von besonderer Bedeutung war in diesem Zusammenhang der Sammeldruck dreier Leichenpredigten auf seine recht kurz hintereinander verstorbenen Brüder Jerzy (1556–1600, Bischof von Krakau), Albrycht (1558–1592, Litauischer Großmarschall) und Stanisław (1559–1599, Kastellan von Zˇemaiten), dem eine genealogische Abhandlung zu den Radziwiłłs beigefügt war (S, M, Genealogia atque Famila ducum Radivilorum, Brunsbergae 1603, in: Orationes tres in obitum Trium Illustriss. Ducum Radivilorum, Quorum nomina dignitates sequens pagella indicabit, Genealogia eiusdem Ducalis familiae, & domus Szidloveciae in fine libelli addita, Brunsbergae 1603, o.S.[L2]–O4r.). Zuvor schon hatte etwa das Heldenepos auf Mikołaj Radziwłł Rudy („den Roten“), Onkel Mikołaj Krzysztofs und Großvaters von Janusz die genealogische Rückbindung der Familie Radziwiłł bis zu den römischen und trojanischen Helden propagiert, eingebettet in den gängigen Abstammungsmythos der litauischen Eliten: R, J, Radivilias. Sive de vita, et rebus praeclarissime gestis, immortalis memoriae, illustrissimi principis Nicolai Radivili Georgii filii… libri
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zitierten Leichenpredigten für den Adel im Allgemeinen und den Hochadel im Besonderen keineswegs eine Ausnahme, sondern die Regel dar.161 Leichenpredigten waren dabei Teil des breiteren Phänomens von Funeraldrucken, die ebenso Begräbniseinladungen, Danksagungen, Kondolenzschreiben, Trauergedichte und weltliche Trauerreden umfasste.162 Für Polen-Litauen werden die gedruckten polnischsprachigen Leichenpredigten für das 17. Jahrhundert insgesamt auf etwa siebenhundert Schriften geschätzt.163 Um 1600 durften dabei die Leichenpredigt und funerale Kasualdrucke allgemein als etabliert gelten. Dies lässt sich nicht nur an deren steigender Zahl seit der Mitte des 16. Jahrhunderts, sondern etwa auch an der Veröffentlichung von exemplarischen Leichenpredigten innerhalb der Homiliensammlungen des jesuitischen Hofpredigers Piotr Skarga und seines dominikanischen Nachfolgers Fabian Birkowski ablesen.164 Das Phänomen der Funeralpanegyrik beschränkte sich keineswegs auf den Adel, sondern war ebenso im Bürgertum der großen Städte verbreitet;165 dass eine soziale Distinktion mit dieser quatuor, Vilnae 1582, Air.–AIIIr., zur antiken Abstammung Mikołajs direkt bes. iIII. Die genealogisch-dynastische Memorialpolitik der Radziwiłł setzte sich auch im späteren 17. Jahrhundert aktiv fort: K, W, Fasti Radiviliani Gesta Ilustrissimae Domus Ducum Radziwił compendio continentes, Vilnae 1653. 161 Zumeist wurden diese Predigten jedoch handschriftlich überliefert: B, M, Ossolin´ski, Moskorzowski, Sarbiewski. Mowy pogrzebowe – Teksty w dialogu, Katowice 2008, bes. 11. 162 Für Polen-Litauen mit detaillierter Systematik: C, M, Tuliusz domowy. S´wieckie oratorstwo szlacheckie kre˛gu rodzinnego (XVII–XVIII wiek), Warszawa 2016, 209–269; allgemein: E, F, Art. Leichenpredigt, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 5, 124–145, 124 f. 163 B, Szlachectwo, 212. Baczewski betont dabei in Berufung auf die von Katarzyna Mroczek geschätzten Zahlen, dass wesentlich mehr gedruckte Leichenpredigten als Hochzeitsreden erschienen, vgl. M, K, Epitalamium staropolskie. Mie( dzy tradycja( literacka( a obrze( dem weselnym, Wrocław u.a. 1989, 61, 140–161. 164 S, P, Kazania O siedmi Sakramentach Kos´cioła S. Katholickiego Przygodne, o rozmaitych nabozenstwach wedle czasu, ktorych iest wypisany na przodku Regestr, Krako´w 1600, 382–431; B, F, Orationes ecclesiasticae, In quibus Eiusdem Ordinis, tum & alii viri sancti memorantur, Cracoviae 1622, 401–445. Dies entspricht in gewissen Maßen auch der Entwicklung in Frankreich, wo von einer Konjunktur der Leichenpredigt seit den Religionskriegen ausgegangen wird, die mit den Funeralelogen auf Heinrich IV. dann einen institutionalisierten Exempelstatus erreicht, vgl. S, V L., L’oraison fune`bre au XVIe sie`cle, in: Bibliothe`que d’Humanisme et Renaissance 10 (1948), 124–157, 130–132. 165 Mit Hinweisen auf die Krakauer Situation: R, B, Druki z˙ałobne w dawnej Polsce XVI–XVIII wiek, in: Henryk Suchojad (Hg.), Wesela, chrzciny i pogrzeby w XVI–XVIII wieku, Warszawa 2001, 187–201, 191 f. Daneben haben sich die Forschungen in erster Linie auf die drei großen preußischen Städte konzentriert. Edmund Kizik etwa ordnet diese zugleich in den Kontext städtischer Praktiken auch im Reich ein: K, E, S´mierc´ w mies´cie hanzeatyckim w XVI–XVIII wieku. Studium z nowoz˙ytnej
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Gattung einherging, machten sich mithin alle zeitgenössischen Eliten zunutze. Piotr Skarga unterscheidet in seiner Beispielsammlung in ständischer Hinsicht neutral gehaltene Vorlagen von Leichenpredigten, die explizit für Adels- und Königsbegräbnisse zugeschnitten sind.166 Neben den von ihm tatsächlich gehaltenen und im Druck veröffentlichten Predigten für Anna Jagiellonka und Anna von Habsburg, der Tante beziehungsweise der ersten Frau von König Sigismund III., fällt vor allem die Predigtvorlage für ein Adelsbegräbnis ins Auge. Sie nimmt die Form eines Leerformulars an, das je nach familiärer Hierarchie, nach Rang und Amtswürde des Betrauerten angepasst werden kann.167 Wie zu erwarten, liegt bei Skarga ein starker Akzent auf dem konfessionellen Aspekt, so dass die Predigt streckenweise in eine polemische Auseinandersetzung mit evangelischem Trauerritus und evangelischer Theologie mündet.168 In Bezug auf die adlig-ständische Argumentation lässt sich der Text jedoch nicht allein auf eine konfessionelle Komponente verengen. Der Hofprediger stellt zunächst fest, dass adligen Herren sowohl mit Trauerschriften als auch mit einer Trauerliturgie zu gedenken sei, denn jegliches Königreich hänge von eben diesen Herren ab.169 Neben der andernorts behandelten Frömmigkeit zeichneten sie sich in erster Linie durch Klugheit, Tapferkeit und Tugendhaftigkeit aus. Skarga zögert nicht, in die-
kultury funeralnej, Gdan´sk 1998, 171–179; ., Wesele, kilka chrzto´w i pogrzebo´w. Uroczystos´ci rodzinne w mies´cie hanzeatyckim od XVI do XVIII wieku, Gdan´sk 2001, 226–247. 166 Im Gegensatz hierzu konzentriert sich Birkowski auf Leichenpredigten für Kleriker (Ordensgeistliche, Weltgeistliche, Universitätslehrer). 167 Besonders augenfällig wird dies an Stellen des Textes, an denen Skarga verschiedene Wahlmöglichkeiten für das entsprechende Einsetzen von Ämtern und Würden und hiermit einhergehenden Charakteristiken anbietet, etwa: „Der Herrgott nimmt Jerusalem einen mannhaften und starken (und fähigen) und alten (der einen mit den Jahren erfahrenen Verstand hat) und Rittmeister (im Krieg geübt) und dem Gesicht nach ehrenwerten (das heißt einen den die Menschen fürchten / und jenen lieben) und Ratgeber (der in allen Schwierigkeiten guten Rat geben kann / als Senator)“, S, P, Przy pogrzebie Pana wielkiego Kazanie pogrzebne trzecie, in: ders., Kazania O siedmi Sakramentach, 394–399, 397. Zu den dort abgedruckten Leichenpredigten Skargas als exemplarischen Leerformularen vgl. auch P, Kazania pogrzebowe, 55 f.; zur weiten Verbreitung der Predigtsammlungen Skargas in der Geistlichkeit vgl. K, M, Prolegomena do edycji dzieł Piotra Skargi, Krako´w 2012, 178. 168 S, Przy pogrzebie Pana wielkiego, bes. 395 f. Darüber hinaus fungiert die Beispielpredigt auch als normative Vorschrift, die etwa die zeitgenössisch aktuelle Debatte über die Begrenzung der pompa funebris aufnimmt (ebenda, 395); zu den von kirchlicher Seite lancierten – angesichts der von der Geistlichkeit mitgetragenen Praxis recht ambivalenten – Anstrengungen, den Prunk von Begräbniszeremonien einzuschränken vgl. C, J A., Pompa funebris. Z dziejo´w kultury staropolskiej, Warszawa 1974, 54–67. 169 S, Przy pogrzebie Pana wielkiego, 394.
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sem Zusammenhang die Makkabäer zu zitieren, der seit den Kreuzzügen etablierten biblischen Rechtfertigung des Rittertums.170 Der Adel rechtfertigt für Skarga seine Existenz nicht zuletzt durch die beständig wiederholte Trias von Klugheit, Tapferkeit und Tugendhaftigkeit. Weltliches Ziel des Adels ist der Dienst am Allgemeinwohl und somit die Aufrechterhaltung der respublica.171 Der Tugendbegriff spielt hierbei eine Schlüsselrolle, vermag er doch die Abstraktionen des Gemeinwohlbegriffes und der Vorstellung von respublica an ein Ideal individuellen Verhaltens rückzubinden. Letzteres ist zugleich an Normen von Adligkeit gekoppelt, die mit Rückgriff auf ritterliche Traditionsbildung legitimiert werden.172 In dieser Hinsicht entspricht der Normierungsversuch der Leichenpredigt und des in ihm vermittelten Adelsbildes durch den Jesuiten Skarga durchaus den konkreten Umsetzungen seiner geistlichen Pendants auch anderer Konfessionen. Die adlige Leichenpredigt erweist sich in diesem Sinne weniger als Austragungsplatz für konfessionelle Polemiken, sondern scheint sich zumeist in erster Linie durch eine große Nähe zum Fürstenspiegel beziehungsweise zur Ständelehre auszuzeichnen.173 Explizit wird dies etwa im Vorwort einer Leichenpredigt des Dominikaners Andrzej Radawiecki von 1625. Die Predigt habe er verfasst, damit sie „anderen, und besonders den Jüngeren der Familie […], als Spiegel“ diene.174 Dies bedeutet keineswegs, dass Religion und Konfession keine Rolle spielen. Im Falle des Katholiken Mikołaj Krzysztof Radzwiłł und seines Reformierten Cousins Janusz wird in den 170 Ebenda, 396; zum „Makkabäertum“ als Bezugspunkt für Kreuzzüge und die Ritterorden vgl. D, A, Die Ritter des Herrn. Geschichte der Geistlichen Ritterorden, München 2003, 205. 171 S, Przy pogrzebie Pana wielkiego, 396. 172 Die Bestimmung des Verhältnisses von Tugend, bonum commune und res publica lässt bei Skarga – angesichts von dessen an anderer Stelle immer wieder explizit ausgeführter Theorie der Monarchie und deren theologische Untermauerung – eher auf eine direkt aristotelische Lesart als auf eine im Jesuitenorden zeitgenössisch gängige intensive Rezeption von Thomas von Aquin schließen. Zu den Einflüssen des Aquinaten bei Skarga: K, M, O prozie Kazan´ sejmowych Piotra Skargi, Warszawa 1971, 74; zur Rezeption von Thomas von Aquin im Jesuitenorden allgemein: M, R A., Saint Cicero and the Jesuits. The Influence of the Liberal Arts on the Adoption of Moral Probabalism, Aldershot u.a. 2008, 65–72; D, J P., Jesuit Writings of the Early Modern Period, Indianapolis 2006, 38, 41 f. Hierzu kritisch: B, D, Thomismus. Große Leitmotive der thomistischen Synthese und ihre Aktualität für die Gegenwart, Köln 2001, 136. 173 S, B, Die Fürstenspiegel in Deutschland im Zeitalter des Humanismus und der Reformation. Bibliographische Grundlagen und ausgewählte Interpretationen: Jakob Wimpfeling, Wolfgang Seidel, Johann Sturm, Urban Rieger, München 1981, 17. 174 R, A, Prawy Szlachcic, w Kazaniu Na pogrzebie S. pamieci Jego Ms´c´i Pana Andrzeia ze Zmigroda Stadnickiego: w osobie iego ukazany, we Zmigrodzie dnia 23. Wrzes´nia. Roku Pan´skiego, 1614, Krako´w 1625, 5.
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Leichenpredigten jedoch die Funktionsäquivalenz des konfessionellen Arguments deutlich.175 Beide Prediger leiten gleichermaßen die Tugenden der Fürsten aus dem christlichen Glauben ab und Mikołaj Krzysztof wie Janusz werden als Hüter und Förderer ihrer jeweiligen Konfession thematisiert.176 Widziewicz und Rassius entwerfen dabei in sehr ähnlicher Weise die Rolle ihrer Helden in Kirche, Gemeinwesen und Familie. Diese drei Bereiche erweisen sich mithin als ineinander verwobene Determinanten eines adligen Lebens, Abstammung und persönliche Tugend bestimmen dabei die gesellschaftliche Stellung.177 Allerdings hindert dies nicht die Existenz einer kategorialen Abgrenzung, die zwischen privata und Angelegenheiten trennt, die zur respublica gezählt werden.178 Zugleich impliziert dies keine eindeutigen Grenzen. In seiner Predigt für Janusz Radziwiłł bewahrt Adam Rassius eine grundlegende Ambivalenz, indem er zwar die Kategorien privata und respublica benennt, ohne hier aber Themen jeweils explizit einzugruppieren. Demgegenüber wählt etwa die Leichenpredigt für Januszs Schwager Lew Sapieha, Litauischen Großhetman und Großkanzler, eine andere Herangehensweise. Auch hier werden „private (prywatne)“ und „öffentliche (publiczne)“ Angelegenheiten unterschieden, diese jedoch jeweils zu Argumentationsabschnitten gemacht.179 Die unmittelbaren Verwandtschaftsverhältnisse, persönliche Frömmigkeit und Tugenden werden demnach zu den
175 Die Feststellung erheblicher konfessioneller Differenzen, etwa zwischen lutherischer und katholischer Leichenpredigt, wie sie Johann Anselm Steiger trifft, hinkt methodisch grundlegend unter anderem an der Auswahl von zwei Leichenpredigten auf Vertreter unterschiedlicher sozialer Gruppen: S, J A, Oratio panegyrica versus homilia consolatria. Ein exemplarischer Vergleich zwischen einer römisch-katholischen Trauerrede (Wolfgang Fuchs) und einer lutherischen Leichenpredigt (Johann Gerhard), in: Birgit Boge / Ralf Georg Bogner (Hg.), Oratio Funebris. Die katholische Leichenpredigt der frühen Neuzeit. Zwölf Studien, Amsterdam 1999, 103–130. 176 R, Iusta funebria Domino D. Ianussi Radivilo, B 2 r.–B 2 v.; W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 20 f. 177 R, Iusta funebria Domino D. Ianussi Radivilo, A3 r..; W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 5 f.; R, Prawy Szlachcic, w Kazaniu Na pogrzebie Andrzeia ze Zmigroda Stadnickiego, 4 f.; C, J, Wiecznos´c´ sławy Se˛dziwoia Czarnkowskiego, b1 v.; C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, B1 v.; B, Wizerunk Szlachcica Andrzeia Bobole, B1 r. 178 R, Iusta funebria Domino D. Ianussi Radivilo, A2v.; vgl. auch die gleiche Trennung etwa in der Leichenpredigt auf den litauischen Großkanzler Lew Sapieha, hier in der Formulierung von „privaten und öffentlichen Bedürfnissen (prywatne y publiczne potrzeby)“: Ł, Dwa lwi kleynot Sapiez˙yn´ski, B4 r. 179 Ł, Dwa lwi kleynot Sapiez˙yn´ski, [B4 r.–B4 v. Auf S. B4 v. heißt es, um einen neuen Abschnitt einzuleiten: „Ich komme zu den öffentlichen Angelegenheiten (Przystempuie do spraw publicznych)…“.
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privata gezählt,180 während eben dieselbe Frömmigkeit und dieselben Tugenden ebenso noch einmal das Fundament für die „öffentlichen“ Angelegenheiten bilden. „Öffentlich“ sind demnach Würden, militärischer Einsatz, Beratung im Senat, aber wiederum auch die Stellung der Familie und die in den Stiftungen manifestierte Frömmigkeit.181 Einen wesentlichen Unterschied gibt es hier vor allem zwischen dem „privaten“ Vorgang der Konversion Sapiehas zum Katholizismus und seiner „öffentlichen“ Unterstützung und Schutzherrschaft für die Kirche182 – eine Argumentation, die sich ähnlich, wenn auch weniger explizit, bei Mikołaj Krzysztof Radziwiłł findet.183 Das als „öffentlich“ charakterisierte Gemeinwesen seinerseits wird beinahe ausnahmslos mit den Begriffen „Vaterland (ojczyzna)“ und „Respublica (Rzeczpospolita)“ belegt,184 wobei ersterem eine klare Dominanz zukommt. In der Forschung ist für das späte 16. Jahrhundert eine Ambivalenz des Terminus „ojczyzna“ konstatiert worden,185 die sich auch in den Leichenpredigten der Rokosz-Akteure zeigt. Die Spannweite reicht hier vom väterlichen Erbe, insbesondere territorialer Art,186 über eine religiöse Bedeutungsebene – das Reich des Himmlischen Vaters187 – bis hin zu einer zwischen politischem Abstraktum und Territorialbezeichnung changierenden Konnotation. Diese nähert sich wohl am ehesten der Vorstellung von „patria“ an, die etwa für das Heilige Römische Reich konstatiert worden ist.188 Dabei gibt es keine zwangsläufige Exklusivität im Begriffsgebrauch, so dass innerhalb eines Textes gleichzeitig unterschiedliche Konnotationen auftreten können. Insgesamt 180
Ebenda, B1 r.–B4 v. Ebenda, C4 v.–D3 v. 182 D4 r. Die Konversionsgeschichte Sapiehas wird entsprechend narrativ als eigener Komplex abgetrennt, vgl. ebenda B1 r.–B2 v. 183 W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, hier etwa die Abtrennung der Konversionsgeschichte 22 f. 184 Der Begriff „pan´stwo“, der in der polnischen Geschichtswissenschaft angesichts einer augenscheinlichen Begriffskontinuität oft genug anachronistisch als „Staat“ verstanden wird, kann zeitgenössisch im Sinne einer wörtlichen Übersetzung durchaus als „Herrschaft“ verstanden werden. Entsprechend taucht er in den hier herangezogenen Quellen einzig mit Bezug auf das Heilige Römische Reich auf: „pan´stwo Rzymskie“ – „Die Römische Herrschaft“, vgl. W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 10, 17. Zur begriffsgeschichtlichen Differenzierung von „pan´stwo“ vgl. Słownik polszczyzny XVI wieku, Tom 23, Warszawa 1995, 213–226. 185 B-W, Funkcjonowanie nazwy ,Polska‘, 156–168. 186 Ł, Dwa lwi kleynot Sapiez˙yn´ski, A2 v. 187 C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, B2 r. 188 W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 6, 12, 26; C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, C4 v.–D1 r., F4 r.; Ł, Dwa lwi kleynot Sapiez˙yn´ski, A1 r., C2 r., C2 v., D1 v., E3 r., E4 r.; A. R, Prawy Szlachcic, w Kazaniu Na Pana Andrzeia ze Zmigroda Stadnickiego, 40. 181
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wird eine zumeist affektive Besetzung des „Vaterlands“-Begriffs deutlich. Entsprechend findet er häufig in Kontexten Verwendung, die die Opferbereitschaft, Hingabe und Tapferkeit des Verstorbenen in den Mittelpunkt stellen. Innerhalb dieses Bedeutungsspektrums kann darüber hinaus auch die kollektive Vorstellung vom gesamten Adel einbegriffen zu sein, was unter anderem die analytische Trennung von „König und Vaterland (Kro´l y Oyczyzna)“ ermöglicht.189 Der Terminus respublica weist demgegenüber einen selteneren Gebrauch auf. Dies gilt in erster Linie für die zahlenmäßig überwiegenden vernakularsprachlichen Predigten, während die lateinischen Texte den Begriff respublica gegenüber patria privilegieren. In diesem Zusammenhang zeigt der Gebrauch von respublica in den lateinischen Predigten stellenweise eine Verschiebung in das Bedeutungsspektrum, das in den polnischen Homilien von ojczyzna abgedeckt wird. So wird respublica hier auch eher als im Falle der vernakularen Texte als ein affektiver Marker eingesetzt und kann in diesem Fall patria weitgehend ersetzen.190 Zugleich bedeutet dies nicht, dass es keine inhaltliche Differenzierung beider Termini gäbe. Zwischen patria und respublica der lateinischen Predigten dominiert letztlich eine Unterscheidung, die sich gleichfalls – jedoch noch schärfer – zwischen ojczyzna und Rzeczpospolita/respublica im Polnischen beobachten lässt. Besonders deutlich ist dies im Fall von begrifflichen Doppelungen zu erkennen. So heißt es in der Predigt für Adam Se˛dziwo´j Czarnkowski, dem Wojewoden von Łe˛czyca und Generalstarosten von Großpolen, er habe „mit seinen Verdiensten der Respublica / mit dem Einsatz von Gesundheit / Vermögen / Kräften / seinem Vaterland“ gedient.191 Wie an zahlreichen anderen Stellen aller untersuchten Texte192 erscheint die respublica hier als ein theoretisch-grundiertes Gemeinwesenkonstrukt, während die ojczyzna die emotionale Färbung einer Schicksalsgemeinschaft annimmt. In diesem Sinne werden die Verstorbenen als cives Reipublicae gewürdigt und ihre Amtswürden erwerben sie im Rahmen der respublica,193 die in den Predigten wiederum durch die Funktionsweisen dieser Amtswürden näher charakterisiert wird. Die Senatorenwürde dient der Beratung, der friedlichen verbalen Auseinandersetzung. Deren enge Anbindung an den Monarchen zeigt sich nicht nur an der beratenden Funktion dem König gegenüber, sondern auch dessen Rolle als Verteiler aller Würden. Man
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W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 27. In Rassius’ Predigt auf Janusz Radziwiłł finden sich nur zwei Stellen, an denen auf die Verwendung von „patria“ zurückgegriffen wird, gegenüber einer Vielzahl von Erwähnungen der „respublica“, R, Iusta funebria Domino D. Ianussi Radivilo, B3 r., B3 v. 191 C, Wiecznos´c´ sławy Se˛dziwoia Czarnkowskiego, B4 r. 192 C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, C3 v. 193 Ebenda, C4 v.; Ł, Dwa lwi kleynot Sapiez˙yn´ski, C1 r.–C2 v.; W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 11. 190
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mag durch Herkunft und Tugend eine – in der panegyrischen Logik berechtigte – Anwartschaft auf ein Amt erwerben, ohne die Anerkennung durch den Herrscher bleibt man der Würden ledig. Dies zeitigt gravierende Folgen, gilt doch die Gleichung, dass honores in der respublica zugleich die dignitas der eigenen Familie erhalten und bestenfalls steigern.194 Wird der respublica-Begriff fast ausnahmslos in einen friedlichen Kontext gesetzt, verbindet sich der Terminus ojczyzna im Wesentlichen mit dem Aspekt militärischer Verteidigung und Aufopferung.195 In seiner Leichenpredigt für Chodkiewicz entwickelt der Franziskaner Bonawentura Czarlin´ski hingegen eine bemerkenswerte Embleminterpretation, die die Begriffe respublica und ojczyzna zueinander in Beziehung setzt. In der Dominanz der respublica ist diese Argumentation zwar kaum repräsentativ, jedoch recht aufschlussreich. Czarlin´ski beruft sich auf das Bild einer römischen Münze mit der Kaiserin Faustina auf dem Avers und der Göttin Kybele auf dem Revers. Die Darstellung der Kybele auf dem Münzrevers präsentiert er als eine allegorische Repräsentation der respublica, die mit einem Szepter in der Hand zwischen zwei Türmen auf zwei Löwen sitzend ruht.196 Diese Interpretation lässt weniger auf numismatische Kenntnisse des Franziskaners als auf seine Rezeption der europaweit verbreiteten Emblemlehre Vincenzo Cartaris schließen.197 Czarlin´ski übernimmt dessen Beschreibung der Münze, legt aber die
194 W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 14 f.; C, Kazanie na pogrzebieIana Karola Chodkiewicza, C2 r. 195 Besonders auffällig erweist sich dies selbstverständlich im Falle des ehemaligen militärischen Oberbefehlshabers Jan Karol Chodkiewicz, aber auch bei Mikołaj Krzysztof Radziwiłł, vgl. C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, D3 v.; W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 26 f. Zwar nicht unmittelbar mit dem Vaterlandsgebgriff verbunden, aber in gleichem Geiste das entsprechende militärische Tapferkeitslob für den Hetman Lew Sapieha, vgl. Ł, Dwa lwi kleynot Sapiez˙yn´ski, C2 r. 196 C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, C4v. 197 In der modernen Forschung wird der Revers dieser Münze Marc Aurels, die auf dem Avers seine Ehefrau, die Kaiserin Faustina Minor (ca. 130–176), darstellt, weitgehend anders interpretiert. So handelt es sich nicht um zwei Türme an den Seiten Kybeles, sondern um einen Thron, in der Hand hält sie eine Trommel, kein Szepter, vgl. M, H et al. (Hg.), The Roman Imperial Coinage (RIC), Bd. 3: Antoninus Pius to Commodus, London 1962, 346; ., Coins of the Roman empire in the British Museum (BMC). Bd 4: Antoninus Pius to Commodus, London 1968, 534, 932. Unklar muss dagegen bleiben, auf welche Ausgabe von Cartaris Werk sich Czarlin´ski bezieht. Die Schilderung der Faustina-Münze in der ersten unbebilderten Ausgabe: C, V, Le immagini con la spositione dei Dei degli antichi, in Venetia 1561, XXXXIIr.; die erste illustrierte Ausgabe unter verändertem Titel: Le imagini de i dei de gli Antichi: nelle quali si contengono gl’idoli, riti, ceremonie, & altre cose appartenenti alla religione de gli Antichi, in Venetia 1571, 213 f. Diese Ausgabe liefert zusätzlich eine bildliche Emblemdarstellung der Gran Madre, die stark an die Münzschilderung Cartaris erinnert, sich jedoch auf eine
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von Cartari als Darstellung der „Gran Madre“ kategorisierte Kybelefigur als Allegorie der respublica aus. Die Betrachtungen des Italieners zur „Gran Madre“ als universeller Lebensspenderin entsprachen einer zeitgenössischen Tendenz, nach der die Muttergöttin in neoplatonischer Tradition eine Verbindung von Fruchtbarkeit und Tugend verkörperte.198 Aus diesem Kontext heraus modellierte Czarlin´ski seine Darstellung der respublica, der als universelles Ordnungsprinzip die ojczyzna untergeordnet wird und die auch über Amtswürden und politische Beratung herrscht.199 Zu ihrer Verteidigung seien nicht nur der Verstand, sondern auch die eigene Gesundheit einzusetzen.200 Eine Ausnahme stellt diese rhetorische Volte insoweit dar, als die Hierarchisierung von respublica und ojczyzna untypisch im Vergleich zu deren komplementärer Verwendung in anderen Predigten erscheint. Indem Czarlin´ski seinen Vaterlandsbegriff in den Rahmen der respublica einordnet, erweitert er letztere darüber hinaus um eine militärisch-kriegerische Bedeutungsebene. Allgemein bestätigt sich das argumentative Grundgerüst, das sowohl der Musterentwurf Skargas als auch die Predigten für beide Radzwiłł aufweisen. Allein mit einem kursorischen Blick auf die Leichenpredigten, die für einige Akteure aus der Zeit des Rokosz überliefert sind, lässt sich dabei grundsätzlich feststellen, dass jeweils unterschiedliche Elemente aus dem Arsenal der Adelsdefinition situativ aktualisiert werden. Dies reicht von einer stärkeren Betonung der Frömmigkeit,201 über militärische Stärke202 bis hin zum Herausstellen diplomatischer oder rhetorischer Fähigkeiten, die als essentiell betrachtet werden, um Einfluss auf das politische Geschehen auszuüben.203 Wendet man sich wieder den Leichenpredigten für Mikołaj Krzysztof und andere emblematische Vorstellung der Gran Madre bezieht. Letztere ist hier nicht mit zwei Türmen dargestellt, sondern zwei Bäumen an ihrer Seite, wobei sie darüber hinaus eine Zinnenkrone als Symbol der Citta` trägt, vgl. den Stich 207, die zugehörige Erklärung 205 f. Zur zeitgenössischen Bedeutung Cartaris in Europa: M, J, Translations and Adaptions of Vicenzo Cartari’s ,Imagini‘ and Natale Conti’s ,Mythologiae‘. The Mythographic Tradition in the Renaissance, in: Canadian Review of Comparative Literature 8.2 (1981), 256–271; S, A, Die Götterbilder des Vincenzo Cartari in der Darstellung von Joachim von Sandrart, in: Hartmut Böhme / Christoph Rapp / Wolfgang Rösler (Hg.), Übersetzung und Transformation. Akten der Jahrestagung des SFB 644 Transformation der Antike an der HU Berlin, Dezember 2005, Berlin 2007, 475–523. 198 C, Le imagini de i dei de gli Antichi, 204. Zur „Gran madre“ allgemein und bei Cartari insbesondere : B, E, The Mother Goddess in Italian Renaissance Art, Pittsburgh 2002, 193 f. 199 C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, C4v.–D2v. 200 Ebenda, D1v. 201 Besonders B, Wizerunk Szlachcica Andrzeia Bobole, B2 r.–B3 v.; auch Ł, Dwa lwi kleynot Sapiez˙yn´ski, B4 r.–v. 202 C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, D3 r.–D4 v. 203 C, Wiecznos´c´ sławy Se˛dziwoia Czarnkowskiego, B3 v.–B4 r.; W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 14 f.
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Janusz Radziwiłł zu, zählen hier im Bereich der Familie und der Eigenherrschaft die Erhaltung und Mehrung von Familienrang und -ehre sowie die Akzeptanz und Zuneigung der eigenen Untertanen. Im Gemeinwesen manifestiert sich die familiäre Herkunft durch ein besonderes Maß an Verantwortung, die beide Radziwiłł jeweils dank einer besonderen Tugendhaftigkeit und Tapferkeit adäquat wahrnehmen. Sichtbar wird dies durch ihren militärischen Ruhm und die von ihnen erworbenen Amtswürden,204 die ihrerseits die Stellung der Familie festigen. In beiden Fällen stellt der Monarch den wichtigsten Bezugspunkt dar, ziehen die Radzwiłł doch gemeinsam mit ihm in den Krieg und bekommen von ihm ihre Würden verliehen. Dies gilt selbst im Fall von Janusz Radzwiłł. Obgleich Rassius die Distanz zu König Sigismund III. deutlich werden lässt, so muss sich auch sein Fürst zum Monarchen verhalten. Die biographische Erzählung dissimuliert die Brüche im Verhältnis nicht vollkommen, sondern nutzt sie im Gegenteil, um die Bedeutung des Fürsten Radzwiłł herauszustreichen.205 Letztlich kommt aber auch er nicht um ein Happy End mit der endlichen Anerkennung von Januszs Tugenden und Leistungen durch den König und somit der Verleihung der Kastellanswürde von Wilna vorbei.206 Gemein ist allen Predigten in diesem Zusammenhang der recht geringe Abstraktionsgrad ihrer Vorstellung vom Gemeinwesen. Es wird als ojczyzna beziehungsweise respublica jeweils als ein Konstrukt charakterisiert, dessen Bestand und Funktionieren von individuellen Trägern abhängig ist. Dies gilt einerseits für die Vorstellung persönlicher Tugend; hieraus – ebenso wie aus der familiären Herkunft – werden sowohl Autorität und das Recht auf Amtswürden wie auch der damit verbundene Anspruch auf Partizipation abgeleitet. Andererseits greift ein Argumentationsmuster, im Fall von Herrscherwechseln wohl bekannt, das durch den Tod einer Person den Gesamtbestand des politisch-sozialen Systems in Gefahr sieht.207 In diesem Sinne ist die Funeralpanegyrik für den Adel analog zur Herrschermemoria zu verstehen, bei der es darum ging, „ die finale Grenze des Herrschertods verschwinden zu lassen.“208 Nicht so sehr in Hinblick auf eine anthropologisch zu erklärende 204
W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 12–21; R, Iusta funebria Domino D. Ianussi Radivilo, A2 v.–B1 r. 205 R, Iusta funebria Domino D. Ianussi Radivilo, B3 r.–B3v. 206 Ebenda, C1 r. 207 Ähnlich auch in anderen Funeralpanegyriken: C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, Biv.; Ł, Dwa lwi kleynot Sapiez˙yn´ski, A2v.; auf den Polnischen Kronmarschall Zygmunt Myszkowski: Ł, S, Oratio funebris Manibus Piis Illustrissimi Domini D. Sigismundi Myszkowski Gonzagae, Marchionis de Mirow. Supremi Regni poloniae Marschalci. Corcinen. Grodecen. Solecen. Etc. Capitanei, Domini & Patroni clementissimi, Cracoviae 1615, Air.–v. 208 K, C, Der Tod des Herrschers als Grenze und Übergang. Die normative Funktion der Herrschermemoria in der Frühen Neuzeit, in: Christine Roll /
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Auseinandersetzung mit dem Tod als auf die Erhaltung der Kontinuität von Familie und Gemeinwesen darf deshalb konstatiert werden, dass die Leichenpredigten „in gewissem Sinn die Welt erneut ordneten.“209 Die Leichenpredigt zieht eine Personalisierung der Argumentation nach sich, die in der Eigenlogik dieses panegyrischen Genres begründet liegt.210 Es handelt sich jedoch keineswegs um besondere Fälle eines ausschließlich hochadligen Diskurses. Gleichlautende Argumente finden sich in Leichenpredigten für weitaus weniger bedeutende Adlige.211 Die besondere Bedeutung etwa von Mikołaj Krzysztof und Janusz Radzwiłł für das Gemeinwesen herauszustreichen, fiel ihren beiden Predigern angesichts der hochadligen Stellung der Familie Radzwiłł darüber hinaus nicht nur besonders leicht. Vielmehr war dies essentieller Bestandteil einer genealogischen Memorialpolitik, die immer darauf bedacht war, die Stellung und den Einfluss der Familie zu erhalten. Die Wichtigkeit des persönlichen Ranges zeigt sich in den Funeraldrucken nicht zuletzt an den Titulierungen des Verstorbenen und den rangmäßig gestuften Traueradressen an die Hinterbliebenen. Dabei bilden die Funeraldrucke, gemeinsam mit Widmungen humanistischer Werke an adlige Patrone, eine zentrale Vermittlungsinstanz, die zeitgenössisch Wissen über Titulaturen vermittelt.212 Während systematische Handreichungen hierzu für Polen-Litauen erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nachweisbar sind,213 lässt sich bis zum ersten Jahrhundertdrittel lediglich aus Frank Pohle / Matthias Myrczek (Hg.), Grenzen und Grenzüberschreitungen. Bilanz und Perspektiven der Frühneuzeitforschung, Köln / Weimar / Wien 2010, 263–270, 267; zur Memorialrolle von Herrscherbegräbnissen: B, G, Der Tod des Körpers des Herrschers. Begräbnisrituale als Zeichenprozesse, in: Erika Fischer-Lichte (Hg.), Theatralität und die Krisen der Repräsentation, Stuttgart / Weimar 2001, 28–41, 38 f. Zur Gefährdung personal organisierter Herrschaftssysteme durch den Tod des Monarchen: K, J, Fürst – Gesellschaft – Krieg. Studien zur bellizistischen Disposition des absoluten Fürstenstaates, Köln / Weimar / Wien 1992, 23–27. 209 B, Propagandowa rola, 207. 210 M, M, Art. Panegyrik, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 6, Tübingen 2003, 495–502, 495 f. 211 B, J A, Szlachcic polski starozytny, Na Pogrzebie sławney pamieci Jego Mci Pana Woyciecha Wybranowskiego z Wybranowa, Lublin 1632, 11. Zur Familie Wybranowski allgemein, auch mit knappen Bemerkungen zu Wojciech Wybranowski: B, J N, Herbarz polski Kaspra Niesieckiego, Tom 9, Lipsk 1842, 449–451. 212 Zu den Titulaturen in Widmungsschreiben und Vorworten: T, K, Dedykacja w s´wietle genologii lingwistycznej, in: LingVaria 5.1 (2010), 125–135, 130–32. 213 Die ersten systematischen Abhandlungen zu Titulaturen stammen aus den 1660er Jahren: D-G, M, Kancelaria Polityczna, Ktora Nie tylko Listow roznych Politycznych Mezkiey jako y Białogłowskiey płci słuzacych pisania ale y zapiso´w po polsku i po niemiecku jako stanowi szlacheckiemu daley y kupieckiemu sluzacych bez turbowania gruntowny podaje sposob, Gdan´sk 1665; ., Wydworny Polityk, Ktorego
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zeitgenössischen Wörterbüchern oder Konversationslehren – nicht zuletzt bürgerlicher – Provenienz eine Ordnung adliger Titulaturen und Anreden erschließen.214 Nach Vornamen und Familiennamen, gegebenenfalls der Präzisierung der familiären Linie, erfolgte die hierarchische Aufzählung der Amtswürden. Die gesellschaftliche Einordnung geschah demnach zunächst über das Faktum der Adligkeit an sich, anschließend über die familiäre Einordnung, zuletzt über die Präzisierung des Ranges in der respublica. Besonders augenfällig wurde dies bei Familien, die über Grafen- (hrabia/comes) beziehungsweise Fürstentitel (ksia˛z˙e˛/princeps) verfügen. Beide Radzwiłł etwa trugen sowohl einen Fürsten- wie einen Grafentitel, was sich durch deren Primat in der Titulatur niederschlug.215 Das gleiche Phänomen lässt sich in dieser Generation beispielsweise beim Litauischen Großhetman Jan Karol Chodkiewicz oder dem Polnischen Kronmarschall Zygmunt Myszkowski beobachten.216 Tatsächlich handelte es sich – bis auf Zygmunt Myszkowski – Przymioty we trzech rozdzielnych wyrazone Cze( s´ciach: w Pierwszey Cze( s´ci mile pozdrawia / y dziekuje / w Dom zaprasza / przy oddawaniu Wizyty sluz˙by swe / y pokłon ... Krolowi Je[g]o Mos´ci Polskiemu ... y Cnemu Fraucymerowi oddaje. w Wtorey Roz˙ne Gratulacye y Kondolencye odprawuje. w Trzeciey / Stanow Wszykich Koronnych od Naywyzszego do naynizszego / nalez˙a( ce Tytuły podaje, Oleßnica, 1664. Das Fehlen von Titulaturkatalogen bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts betrifft dabei nicht zuletzt die epistolographische Literatur: M, K, Tytulatura w korespondencji staropolskiej jako problem stosunku mie˛dzy nadawca˛ a odbiorca˛, in: Pamie˛tnik Literacki 69.2 (1978), 127–148, 129. 214 R, J, Schlüssel zur Polnischen und Teutschen Sprache / Das ist: Rechte gründliche Anleitung / wie nicht alleine ein Teutscher die Polnische / Sondern auch / wie ein Pole die Teutsche Sprache / leichter und eher lesen / reden und schreiben koenne, Breßlaw 1638, hierin: Vierder Theil ist Phraseologia. Unterrichtet / nicht allein von mancherley Polnischen unnd Deutschen / zum Handel nothwendigen Reden: Sondern auch / wie man einer jeden Standes Person / iren gebuerlichen Titul im Reden und Schreiben geben solle, Pir.-o.S.; M, F, Institutio poloniace linguae, in In qua Etymologia, Syntaxis, & relique partes omnes exacte tractantur, In Usum exterorum edita, Dantisci 1649, 117 f. 215 Deutlich sichtbar an der vollen Titulierung der Verstorbenen in den Titeln der Leichenpredigten: W, Kazanie na pogrzebie Jas´nie Os´wieconego Pana / Jego Mos´c´i Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, Ksia˛z˙e˛cia Pan´stwa Rzymskiego Na Ołyce y Nies´wiez˙u / Hrabi na Szydłowcu y Mir. Woiewody Wilen´skiego, Szawelskiego etc. Etc. Starosty (Predigt auf dem Begräbnis des Hochdurchlauchtigen Herren / Seiner Liebden des Herrn Mikołaj Krzysztof Radziwiłł, Fürsten des Heiligen Römischen Reiches auf Ołyka und Nies´wiez˙ / Grafen auf Szydłowiec und Mir. Des Wojewoden von Wilna und Starosten von Sˇiauliai etc. etc.); R, Iusta funebria Illustrissimo Celsissimoque Principi ac Domino D. Ianussi Radivilo, Birzarum ac Dubincorum Duci, Sacri Rom. Imp. Principi, Item Słuck et Kopyl Duci, Castellano Vilnensi, Capitaneo Borisoviensi etc. etc. 216 C, Kazanie na pogrzebie Iasnie wielmoznego Pana P. Iana Karola Chodkiewicza Hrabie ze Szkłowa y Myszy, na Bychowie, Woiewody Wilen´skiego, Korony Polskiey przeciw Osman Sułtanowi, a W.X.L. Hetmana Naywyz˙szego, Gubernatora Ziemie
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bei den Erwähnten um litauischen Hochadel, der im Gegensatz zur komplizierteren Situation in Kronpolen seine Grafentitel aus der Tradition des Großherzogtums beziehungsweise der Rus ableitet konnte.217 Verfügte man nicht über diese Distinktionsmöglichkeit, erlaubte zumindest eine Senatorenwürde die Betitelung „großmächtiger (wielmoz˙ny)“ beziehungsweise „erlaucht großmächtiger (jas´nie wielmoz˙ny)“, die ihrerseits der Namensnennung des Verstorbenen vorangestellt wurden.218 Gerade hieran wird die enge Verschränkung von respublica-Verständnis und Adel deutlich, bezog der Träger die Distinktion seiner Anrede aus der – besonders prominenten – Partizipation am Gemeinwesen. Die Leichenpredigten legen also nahe, dass das Gemeinwesen einen Verband aus Personen beziehungsweise Familien bildet, die ihrerseits durch einen Kanon an Abstammung und Tugenden als adlig definiert werden. Die Würden innerhalb dieses Zusammenschlusses sind Ausdruck besonderen Verdienstes und zugleich abhängig vom Monarchen. Dieser Logik folgend gehörten die Ämter definitorisch zum Kanon von Adligkeit, wurden sie doch über die Begriffe „Ehre (honor)“ und „Würde (godnos´c´)“ bestimmt und nicht in erster Linie über eine Funktionsträgerschaft.219 Diese Ehre mag man durch Tugendhaftigkeit erwerben, allein der König kann sie distribuieren. Die respublica als politisch-soziale Vergemeinschaftung mit monarchischer Spitze erscheint in diesem Sinne als eine Ehrgemeinschaft; die aktive Beteiligung an Inflantskiey, Derpskiego, Luboszan´skiego, Wielon´skiego etc. etc. Starosty (Predigt auf dem Begräbnis des Erlauchten großmächtigen Herrn, des Herrn Jan Karol Chodkiewicz, des Grafen von Szkło´w und Mysz, auf Bycho´w, des Wojewoden von Wilna, der Krone Polen gegen Sultan Osman und des Großfürstentums Litauen Höchster Hetman, Gouverneur des Landes Livland, Starost von Dorpat, Lubosz, Wielun´ etc. etc.); Ł, Oratio funebris manibus piis Illusrissimi Domini D. Sigismundi Myszkowski Gonzagae, Marchionis de Mirow, Supremi Regni Poloniae Marschalci, Corcinensi, Grodicensi Solecensi etc. Capitanei. 217 Zum allerdings auch in Kronpolen durchaus anzutreffenden Grafenwesen, entgegen der Annahme eines weitgehenden Fehlens von Titeln im polnischen Adel, vgl. Kap. 3.2, S. 354–359. Dass die Übernahme von Titel aus dem litauischen Kontext aber durchaus nicht gleichzusetzen war mit einem Hinüberretten der damit ursprünglich verbundenen hierarchischen Position zeigt das Schicksal der Fürsten Olelkowicz von Słuck: K, T, Zabiegi kniaziow Olelkowiczow słuckich o uzyskanie miejsca w senacie po 1569 roku, in: Odrodzenie i reformacja 47 (2003), 65–88. 218 S, G, Honorific Pronominal Address in Polish before 1600, in: Oxford Slavonic Papers 17 (1984), 45–56, 54; ., Polish Pronominal Address in the Seventeenth Century, in: Oxford Slavonic Papers 18 (1985), 55–66, 60 f. 219 Ł, Oratio funebris Sigismundi Myszkowski Gonzagae, A1 v. – A2 r.; C, Wiecznos´c´ sławy Se˛dziwoia Czarnkowskiego, B4 r.; W, Kazanie na pogrzebie Pana Mikołaia Chrzysztofa Radziwiła, 14. Mit einer ähnlichen Feststellung zum Thema Amtswürde und Ehre in Bezug auf das Reich: P, A, Die Ökonomie der Ehre. Der höfische Adel am Kaiserhof Karls VI. (1711–1740), Darmstadt 2003, bes. 24.
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dieser Vergemeinschaftungsform ist die Voraussetzung für Adligkeit und stellt ebenso deren Ergebnis dar. In den vorliegenden Leichenpredigten taucht der Ehrbegriff selbst dagegen nur im Zusammenhang mit den erwähnten Ämtern auf. Solch eine Zuspitzung ist für den zeitgenössischen europäischen Adel nicht außergewöhnlich, macht doch das Amt die Ehre in einem besonderen Maße nach außen sichtbar.220 Der ansonsten weitgehend implizite Bezug auf das Konzept Ehre kann durch die theoretische Annahme gestützt werden, bei der Ehre handele es sich um einen – sakral unterlegten – Code, der über seine Selbstbezeichnung hinausgeht und andere Forderungen und Erwartungen in einer spezifischen Form thematisiert.221 In diesem Sinne entspricht der in den Leichenpredigten vorgestellte Komplex von Adligkeit einem Ehrkonzept, wie es für die Vormoderne analytisch erarbeitet worden ist – vom ständischen Distinktionscharakter über familiäre Abstammung, Tugend und äußere Ehrenzeichen wie Titel bis zu den Kategorien Reputation oder Würde.222 Der Ehre ist dabei bescheinigt worden, dass sie ein besonderes 220
C / W, Einleitung: Adel zwischen Schande und Ehre, 11; zu England und Frankreich: A, R G., ,Honour in All Parts of Europe Will be Ever Like Itself’. Ehre, adlige Standeskultur und Staatsbildung in England und Frankreich im späten 16. und 17. Jahrhundert. Disziplinierung oder Aushandeln von Statusansprüchen, in: ders. / Dagmar Freist (Hg.), Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der Frühen Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2005, 353–379; zu England: C, C, Argument and Authority in Early Modern England. The Presupposition of Oaths, and Offices, Cmbridge u.a. 2006, bes. 71, 75. 221 D, M, Ehrenhändel als ,Kommunikative Gattungen‘. Kultureller Wandel und Volkskulturbegriff, in: Archiv für Kulturgeschichte 75 (1993), 359–393, 363; . Die Ehre als Thema der Stadtgeschichte – Eine Semantik im Übergang vom Ancien Re´gime zur Moderne, in: ZHF 16 (1989), 409–440, 436 f. 222 D., Die Ehre als Thema der historischen Anthropologie. Bemerkungen zur Wissenschaftsgeschichte und zur Konzeptualisierung, in: Klaus Schreiner / Gerd Schwerhoff (Hg.), Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 1995, 29–62, bes. 32 f.; G, Adelsehre. Dinges will dabei allerdings eine abnehmende Bedeutung der familiären Abstammung zugunsten einer Tugendargumentation bemerken. Diese Argumentation scheint in solcher Generalisierung fragwürdig. Für Polen-Litauen ist angesichts einer kaum vorhandenen zentralen Normierungsinstanz für Adligkeit die besondere Bedeutung der genealogischen Memoria für die Konstruktion adliger Ehrvorstellungen betont worden (vgl. B, Erinnerungsbrüche im polnisch-litauischen Hochadel, bes. 266) Auch diese Sonderfall-Argumentation scheint jedoch im europäischen Vergleich nicht vollkommen tragfähig, müsste doch in Rechnung gestellt werden, dass etwa in Frankreich mit dem zunehmenden zentralisierenden Normierungsdruck, der schließlich in den recherches de noblesse und den weitergehenden restriktiven Regelungen der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mündet, wiederum die genealogische Memoria eine besondere Virulenz erhält: M, C, Construction ge´ne´alogique et de´veloppement de l’e´tat moderne. La ge´ne´alogie des Bailleul, in: Annales ESC 46.4 (1991), 807–825, 819 f.; P, V, Bonne renomme´e ou actes authentiques. La noblesse doit faire ses preuves (Provence, XVIIe–XVIIIe sie`cles), in: Gene`ses 74 (2009), 5–24.
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Potential besäße, kollektive „Wertsetzungen und Verhaltenserwartungen“ mit dem Individuum zu verkoppeln.223 Wie Martin Dinges betont hat, funktioniert eine solche Verkoppelung allerdings mehrstufig. Ehre bindet als Code schließlich die Gruppen, in die das Individuum eingebunden ist und mit denen sich die für ihn jeweils geltenden Normen verbinden, vom Haus angefangen, aber auch weit darüber hinausgehend.224 Im konkreten Fall des polnisch-litauischen Adels ließe sich hier unter anderem an die Wappenverbände, die lokalen beziehungsweise regionalen Adelsgesellschaften, Abstufungen innerhalb der Adelshierarchie und schließlich an die respublica denken. So wie der Adelsehre als „paradoxem Code“225 die Koexistenz von sich zunächst widersprechenden Konzepten wie Tugend und Abstammung inhärent ist, vereinte auch die in den Leichenpredigten entworfene respublicaVorstellung die Ebene der Ehrgemeinschaft mit politiktheoretischen Definitionsansätzen, die mehr oder weniger explizit auf dem Kanon antiker Autoren wie Cicero und Aristoteles basierten.226 Dieses ambivalente Konzept von respublica leistet mithin die Verschmelzung von Ehrkonzepten mit zeitgenössisch gängigen Theoretisierungsversuchen von Gemeinwesen – oder anders ausgedrückt: die Theoretisierungsversuche von politischer Verfasstheit werden in den Code der Ehre eingepasst. Hiermit wiederum steht der Terminus ojczyzna in enger Wechselwirkung. Er ist semantisch weitaus offener und verliert trotz der im Wesentlichen abstrakten Verwendung nicht seine ursprünglich dominanten Bedeutungsebenen von väterlichem Erbe und religiöser Himmelreichvorstellung. Gerade diese Konnotationen scheinen eben jene affektive Aufladung zu erlauben, die dem Begriff ojczyzna seine rhetorische Wirkkraft verliehen. Auch die Berufung auf das Vaterland kam dabei nicht ohne humanistisch geprägte Allusionen insbesondere auf Cicero aus und liess sich mithin in eine Verwendung des patria-Begriffs einordnen, den man in Bezug auf das Reich als „klassischen Patriotismus“ bezeichnet hat.227 So mag man auch den Terminus ojczyzna im Sinne einer emotionalen Bindung verstehen, die „zum Teil mit stark naturrechtlichen Konnotationen als asymmetrisches, natürliches Schuld- und Verwandtschaftsverhältnis be-
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W, W, Honor, fama, gloria. Wahrnehmungen und Funktionszuschreibungen der Ehre in der Herrschaftslehre des 17. Jahrhunderts, in: Sybille Backmann et al. (Hg.), Ehrkozepte in der Frühen Neuzeit. Identitäten und Abgrenzungen, Berlin 1998, 70–98, 71 f. 224 D, Ehre als Thema, bes. 47–49. 225 Ebenda, 37. 226 Sehr ausdrücklich: C, Kazanie na Iana Karola Chodkiewicza, D1 v., D2 v., E1 v. 227 S, A, Vaterlandsliebe und Religionskonflikt. Politische Diskurse im Alten Reich (1555–1648), Leiden u.a. 2007.
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griffen werden“ kann.228 Nur selten wurden hingegen in den Leichenpredigten die Begriffe respublica und ojczyzna zu einer Deckungsgleichheit gebracht. Das sie im Wesentlichen verbindende Scharnier stellte wiederum die Adelsehre dar, gehört doch die Verteidigungs- und Opferbereitschaft für die Gemeinschaft zum Kanon der ehrkonstituierenden Tugenden. Es drängt sich die Frage auf, in welchem Maße die bislang behandelten Texte eine Repräsentativität für Entwürfe von Adligkeit in Polen-Litauen beanspruchen dürfen. Schließlich handelt es sich bei den skizzenhaft vorgestellten Leichenpredigtdrucken unbestritten um ein Elitenphänomen auch innerhalb der Gruppe, die sich selbst als Adel beschreiben konnte. Die weitaus überwiegende Zahl an gedruckten Funeralpanegyriken stammt aus dem engen Kreis derjenigen Familien, die hier bislang als zum Hochadel gehörig bezeichnet worden sind und die traditionell in der polnischen Historiographie als Magnatenschaft kategorisiert werden. Diese exklusive Schicht polnischer und litauischer Familien versuchte, sich ihrer Stellung teils durch – wenn auch umstrittene – ausländische Titel, durch ein mithilfe von Heiraten stabilisiertes und sehr beschränktes Netzwerk verwandtschaftlicher Bande sowie durch die kontinuierliche Besetzung der hohen Regional- und Zentralämter des Senates zu versichern.229 Teil dieser Abgrenzungsstrategie waren auch die Drucke von Leichenpredigten. Bereits die Funeralpanegyrik weist dabei deutlich darauf hin, dass man auch im polnisch-litauischen Kontext durchaus von Hochadel sprechen kann. Schließlich war es die Konzentration auf das Haus und die memoriale Perpetuierung der familiären Stellung über längere Zeiträume, die einen wichtigen Baustein in einer Abgrenzung vom restlichen Adel darstellte. Die Mittel der großen Familien machten dies in einem sehr viel kontinuierlicheren und größeren Maßstab möglich als dies für Adlige aus in jeder Hinsicht bescheideneren Verhältnissen der Fall war. Damit verbunden wurde letztlich ein exklusives Selbstbewusstsein geschaffen, das die jeweiligen Häuser – in den vorgebrachten Argumenten zwar nur graduell – dafür in der hierarchischen Autorepräsentation umso grundsätzlicher vom restlichen Adel unterschieden. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass das Phänomen von Leichenpredigten oder auch weltlichen Trauerreden an sich auch in anderen adligen Gruppen eine weite Verbreitung fand. Dies wird neben den Skarga’schen Musterpredigten auch durch den Befund gestützt, dass neben der Leichenpredigt die weltliche Trauerrede des beginnenden 17. Jahrhunderts bereits zum elementaren Bestandteil der ausgeprägten oratorischen Kultur des Adels geworden war.230 So nahmen in einer der populärsten Handreichungen 228
Ebenda, 8. Hierzu ausführlich Kap. 3.2. 230 Für das spätere 17. Jahrhundert liegen zahlreiche handschriftliche wie gedruckte Rhetoriklehren vor, in denen Trauerreden einen wesentlichen Bestandteil darstellen (B229
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Mustervorlagen weltlicher Funeralpanegyrik einen erheblichen Umfang ein.231 Auch hier findet sich in Kurzfassung das grundlegende Schema von adliger Ehre, das auch das Fundament der Leichenpredigten des Hochadels bildet. So heißt es etwa in der Redevorlage für einen verstorbenen jungen Mann: „Auch wir haben diesen würdigen […] Verstorbenen in Gottesfurcht / in echter Frömmigkeit / in jeglichen / und bis in die Ferne gerühmten Tugenden […] gesehen. Wir haben in seinen erwachsenen Jahren seinen Verstand bei der Unterstützung der Respublica gesehen / und haben seine würdigen Anstrengungen geschaut / die sein würdiges Haus / und seine Familie schmückten.“232 Der Distinktionsgrad innerhalb der adligen Ehrgemeinschaft konnte in den Leichenpredigten des Hochadels hervorgehoben werden, der Code galt hingegen für alle Mitglieder gleichermaßen. Leichenpredigten und Trauerreden wurden im Rahmen der Begräbniszeremonien gehalten, die ihrerseits wichtige performative Momente der familiären Selbstdarstellung innerhalb der lokalen Adelsgesellschaften waren.233 Welche Bedeutung die Trauerfeierlichkeiten für die Memoria des Verstorbenen und seiner Familie einnahmen, lässt sich auch an dem Umstand ablesen, dass deren programmatische Grundlinien unter Umständen testamentarisch festgeschrieben wurden.234 Das Beispiel Mikołaj Krzysztof Radziwiłłs kann einen Anhaltspunkt dafür geben, in welchem Ausmaß die jeweilige Feier – auch mit ihrem inhaltlichen Programm – im lokalen Adel wahrgenommen wurde und weitergetragen wurde.235 Es wird dabei angenommen, dass an den Trauerfeierlichkeiten je, Swada i milczenie, bes. 56 f.) Auf die Prominenz von Trauerreden verweist auch Szymon Starowolski in seiner – eher einer Außendarstellung dienenden – Schrift über die Bedeutung der Rhetorik in Polen-Litauen aus dem Jahr 1628: S, S, De claris oratoribus Sarmatiae, ed. v. Ewa Jolanta Głe˛bicka (Biblioteka pisarzy staropolskich XXV), Warszawa 2002, 26 f. 231 Spizarnia Aktow Rozmaitych, Ktore sie przy Zalotach, Weselach, Bankietach, Pogrzebach, y tym podobnych inszych Zabawach Swieckich odprawowac´ zwykły: Wszytkim zobopolnie Stanom Swieczkim tak Szlacheckim iako y Mieyskim, a zwłaszcza Młodzi słuz˙a˛ca, y niemniey poz˙ytecna, Krako´w 1638, E3v.–G4v. Die Popularität dieser rhetorischen Handreichung lässt sich an deren zahlreichen Ausgaben ablesen. Karol Estreicher verzeichnet seit der Erstauflage im Jahr 1632, bis 1638 noch drei weitere Neuauflagen (1633, 1635, 1636) und anschließend noch zehn Neuausgaben bis 1680: E, K, Bibliografia polska. Ogo´lny Zbio´r. Tom 29, hrsg. v. Stanisław Estreicher, Krako´w 1933, 124 f. 232 Mowa przy Pogrzebie Młodzienca, in: Spizarnia Aktow Rozmaitych, G3v.–G4v., hier G4r. Ähnliche Formulierungen finden sich auch in allen anderen Trauerredemustern auf verstorbene Männer. 233 C, Pompa funebris, 67–80. 234 Ebenda, bes. 258 f. 235 Bezeichnend ist die recht exakte Zusammenfassung des Funeralprogramms in den Erinnerungen von Samuel Maskiewicz, der Augenzeuge der Trauerfeier war: M,
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weils mehrere Hundert bis mehrere Tausend Personen teilnahmen.236 Gezielt wurden dagegen eng mit der Familie des Verstorbenen verbundene Mitglieder der Eliten eingeladen, wobei es durchaus nicht ungewöhnlich war, dass Einladung und Teilnahme unabhängig von konfessionellen Bindungen erfolgten.237 Die hier behandelten Drucke von Leichenpredigten gingen jedoch über den lokalen beziehungsweise regionalen Rahmen weit hinaus, was stellenweise sogar explizit als Ambition formuliert wurde.238 Dies setzte nicht nur die nötigen finanziellen Mittel, sondern auch das Interesse der Familien voraus, sich in einem überregionalen Kommunikationsrahmen zu bewegen. Funeraldrucke sind dabei nicht einfach als Darstellung der Trauerfeierlichkeiten, als „Repräsentation der Repräsentation“, zu verstehen.239 Vielmehr besitzt dieses Kasualschrifttum eine ganz eigene Qualität und ist eine Repräsentation von Adligkeit, die nach der Formulierung von Fridrun Freise einen „virtuellen öffentlichen Ort“ schafft. In diesem Sinne versichern sich die Auftraggeber oder Autoren und die Adressaten „über die ständige topische Wiederholung grundlegender Wertvorstellungen und Normen sowie ihres Selbstverständnisses als sozialer Gruppe.“240 Im Fall der gedruckten Leichenpredigten und Trauerreden lassen sich unterschiedliche Adressatenkreise identifizieren. Zunächst werden in den Vorreden die engsten lebenden Verwandten angesprochen, darüber hinaus jedoch lassen sich etwa durch die Wahl der Sprache Rückschlüsse auch auf die Adressierung eines weiteren Verwandtschaftskreises ziehen. Adel braucht die Memoria. Zwar ist sie nicht auf ihn beschränkt, doch konstituiert die Einordnung des Individuums in eine Familie und damit die Erinnerung an eine Reihe realer oder auch imaginärer Ahnen essentiell dessen Adelsqualität.241 Neben der Verortung in einem Familienverband und dessen Fortschreibung durch eine beständige Erneuerung der Memoria wird in den Leichenpredigten zugleich auch die Fama gepflegt. Im Gegensatz zur S, Pamie˛tniki. Pocza˛tek swo´j biora˛ od roku 1594 w lata sobie ida˛ce, ed. v. Jan Zakrzewski, Wilno 1838, 98. 236 B, Propagandowa rola, 204–206. 237 J, M, Heretycki biskup – Eustachy Wołłowicz w kre˛gu Radziwiłło´w birz˙an´skich, in: Wschodni Rocznik Humanistyczny 4 (2007), 53–65, 55. 238 C, Kazanie na pogrzebie Iana Karola Chodkiewicza, B1v. 239 V, M, Zeremonialwissenschaft im Fürstenstaat. Studien zur juristischen und politischen Theorie absolutistischer Herrschaftsrepräsentation, Frankfurt a.M. 1998, 230. 240 F, F, Das Kasualgedicht als öffentlicher Raum. Strategien der Repräsentation und Selbstvergewisserung in Thorner Gelegenheitsschriften des frühen 18. Jahrhunderts, in: Caroline Emmelius et al. (Hg.), Offen und Verborgen. Vorstellungen und Praktiken des Öffentlichen und Privaten in Mittelalter und Früher Neuzeit, Göttingen 2004, 249–268, 252. 241 O, Aspekte der Geschichte des Adels, 25, bes. zur Totenmemoria 29.
1.3 Tugendgemeinschaft: Adel als genealogisch-heraldischer Entwurf
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Memoria, die sich auf die Vergangenheit richtet, ist jene grundlegend zukunftsorientiert; verbindet sie sich doch mit jenem Teil des Ehrcodes, der als Reputation den Grad an Ansehen und Distinktion beschreibt, den der Verstorbene und mit ihm der gesamte Familienverband akkumuliert.242 Beiden Aspekten ist jedoch grundsätzlich der agonale Charakter des Ehrkonzeptes inhärent, der eine einmal erreichte Position keineswegs als gegeben impliziert, sondern stets deren Anerkennung durch die anderen Mitglieder einer Ehrgemeinschaft verlangt. Memoria, Fama und Agonalität verweisen somit auf die enge Verschränkung des Individuums mit verschiedenen Gruppenzugehörigkeiten. In diesem Sinne ist weitergehend zu fragen, inwieweit die in den panegyrischen Leichenpredigten unter der Prämisse des Ehrcodes jeweils situativ konstruierte Einordnung des Einzelnen und der Familie in eine übergreifende Gemeinwesenvorstellung eine Entsprechung in abstrakteren Ansätzen zeitgenössischer normativer Theoriebildung finden.
1.3 Tugendgemeinschaft: Adel als genealogischheraldischer Entwurf Im Jahr 1578 veröffentlichte Bartłomiej Paprocki das erste ausführliche heraldisch-genealogische Kompendium des polnischen Adels. Das Tugendnest (Gniazdo cnoty) erweiterte die fast ausschließlich in Handschriften kursierende heraldische Zusammenstellung, die auf den Krakauer Kanoniker und Historiker Jan Długosz aus dem 15. Jahrhundert zurückgingen, um etliche Wappen.243 Vor allem aber kombinierte Paprocki die Auflistung von Wappen mit genealogischen Informationen und bettete dieses Ensemble in eine historisch angelegte Narration ein.244 Paprocki ging in diesem Sinne weit über 242 D., Adel, Memoria und kulturelles Gedächtnis. Bemerkungen zur MemorialKapelle der Fugger in Augsburg, in: Chantal Grell / Werner Paravicini / Jürgen Voss (Hg.), Les princes et l’histoire du XIVe au XVIIIe sie`cle, Bonn1998, 339–357, 339 f. 243 Zur Heraldikhandschrift von Długosz, die sich auf die kommentarlose Auflistung bzw. bildliche Darstellung der Wappen beschränkte: F, M, Klejnoty Długoszowe, Krako´w 1931(Rocznik Towarzystwa heraldycznego 10 (1930)), 1–47. Die Auflistung von Długosz wurde in den 1560er Jahren schließlich auch als Druck herausgegeben: Ambrosius Marius de Nissa, Arma Regni Poloniae, o.O. o.D. [ca. 1562, wahrscheinlich auch ein Nachdruck aus dem Jahr 1572]. 244 Obwohl es sich bei Bartłomiej Paprocki um einen der bedeutendsten polnischen Genealogen handelt, fehlen bislang grundlegende Arbeiten, die sich mit seinem Werk auseinandersetzen. Hierauf hat bereits Hans-Jürgen Bömelburg hingewiesen, der erstmals eine analytische Beschäftigung mit den heraldisch-genealogischen Entwürfen Paprockis bietet: B, Frühneuzeitliche Nationen, bes. 241–247. Als Gegner Sigismund III. war Paprocki nach Mähren ausgewichen, wo er seine Beschäftigung mit genealogischheraldischen Arbeiten fortsetzte, so dass er zugleich als Begründer einer systematisierten
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eine reine Aneinanderreihung von Wappen und Familien hinaus, vielmehr wurde ihm die heraldisch-genealogische Perspektive zu einem epistemologischen Rahmen, innerhalb dessen er eine Vorstellung vom Gemeinwesen entwarf. In diesem Sinne waren die genealogischen Arbeiten Paprockis ein Teil der adligen Geschichtsvorstellung, einer „Vergangenheit, die nur durch das Prisma der Geschichte des eigenen Geschlechts wahrgenommen wurde.“245 Bereits das Titelkupfer seines Tugendnestes darf nicht nur als integraler Bestandteil des Kompendiums, sondern als eine allegorische Zusammenfassung von Paprockis Gesamtentwurf gelesen werden. Eine enge Wechselwirkung zwischen Text- und Bildkomponente zeigt sich schon in Bezug auf den Titel. Das Tugendnest, so heißt es, solle die Ursprünge der Wappen der „Ritterschaft des ruhmreichen Polnischen Königreiches / des Litauischen Großfürstentums / des Ruthenischen /Preußischen / Masowischen / Samogitischen Herzogtums und anderer zu diesem Königreich gehörender Herrschaften von Fürsten / und Herren“ zeigen. Von Bedeutung erscheinen hier vor allem zwei Punkte: Zum einen verweist Paprocki unmissverständlich auf den heterogenen Charakter des Gemeinwesens im Sinne eines frühneuzeitlichen „composite state“. Dabei wird jedoch die Dominanz Kronpolens deutlich hervorgehoben, sei es durch dessen Erstnennung oder durch das Attribut „ruhmreich“, sei es durch die dominante Position des polnischen Wappens in der Bildanordnung. Taucht demgegenüber das Wappen des Großfürstentums Litauen, hierarchisch zwar leicht untergeordnet, in der bildlichen Darstellung dennoch auf, verschwinden dort demgegenüber die restlichen im Titel genannten Herrschaften vollkommen zugunsten einer dualistisch polnisch-litauischen Homogenität. Zum anderen expliziert das Titelkupfer bereits maßgeblich die Vorstellung vom Charakter heraldischer Ursprünge. Denn Titel wie bildliche Darstellung signalisieren parallel die Tugend als Voraussetzung für Erwerb und Führen eines Wappens, eine Tugend, die durch Kriegshandwerk beziehungsweise durch friedliche Beratung erworben wird. Darüber hinaus aber impliziert die Bildkomposition eine nicht unwesentliche Rolle der Monarchen für die Ursprünge der Wappen.
mährischen und böhmischen Genealogie gilt. In diesem Zusammenhang stammen die Forschungsarbeiten zu Paprocki im Wesentlichen aus der tschechischen Literaturgeschichte und Historiographie, beschäftigen sich hierbei allerdings weniger mit Paprockis polnischsprachigen Arbeiten, vgl. etwa immer noch grundlegend: K, K, Bartoˇ ivot, dı´lo, forma a jazyk, Praha 1946. Bis in die lomeˇj Paprocki z Hlohol a Paprocke´ Vu˚le. Z Gegenwart ist lediglich eine polnische literaturgeschichtliche Dissertation zu Paprocki erschienen, die allerdings viele Aspekte außen vor lässt: T, A, Słowo i obraz w heraldyce. Herbarze i Quasi-Herbarze – Woko´ł konstrukcji genealogicznych Bartosza Paprockiego, Krako´w 2011. 245 O, Historia, tradycja, mit, 102.
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Insgesamt gesehen ist es bemerkenswert, in welcher Weise sich ein heraldisch-geneaologisches Kompendium auf dem Titelkupfer als überwölbende Theorie des Gemeinwesens präsentiert. So wird ein abstraktes Verständnis deutlich, das aber zugleich auf die Ebene eines vom Ritterideal dominierten personalisierten Ideals heruntergebrochen wird. Nicht zuletzt zeigt sich dies an der Art und Weise, in der die Monarchie bildlich eingebunden wird. Denn hier ist auf den ersten Blick kein Versuch einer abstrahierten oder allegorischen Repräsentation zu verzeichnen, sondern der Rückgriff auf die Familienwappen derjenigen Dynastien, die zeitgenössisch mit dem herrschenden Monarchen Stephan Ba´thory in einem mehr oder weniger engen Verwandtschaftsverhältnis standen – ein Vorgehen, das der Behauptung dynastischer Kontinuität vom Siebenbürgischen Großfürsten bis hin zum Protoplasten der Jagiellonen dient. Wird jedoch auch das Königtum der Wappenlogik unterworfen, bezieht Paprocki den Monarchen genauso wie den Adel in den interpretativen Rahmen des Tugendnestes ein. Die dynastische Kontinuität und die Anordnung der vier Wappen als Eckpunkte der Gemeinwesenvorstellung sind es wiederum, die erst als Ensemble der Monarchie als solcher einen Abstraktionsgrad verleihen. In diesem Sinne stellen einzelne monarchische Herrschaftsbezeichnungen die Bezugseinheiten im Titel dar, weder eine respublica noch eine oyczyzna. Das Spezifikum der zeitgenössischen polnischen Konstruktion heraldisch-genealogischer Prägung, wie sie Paprocki in seinem Überblickswerk systematisiert, wird auf dem Titelkupfer angedeutet. Lassen sich die mit dem aktuellen Monarchen Ba´thory verbundenen Wappen eindeutig einzelnen herrschenden Dynastien zuordnen, scheint es kein Zufall, dass die miniaturisierten Adelswappen des Blattes im Kontext einer Massendarstellung auftauchen. Hierbei werden nicht allen berittenen Figuren Wappen zugeordnet, sondern einzelne heraldische Zeichen tauchen in der Mitte größerer Gruppenanordnungen auf. Mithin findet sich bereits ein Verweis auf das Konstruktionsprinzip des Gesamtwerkes, das einzelne Familienverbände innerhalb von übergreifenden Wappenverbänden verortet. Insbesondere die mediävistische Forschung hat sich ausführlich und kontrovers mit dem Phänomen dieser polnischen Wappenverbände beschäftigt, die auch als Clanstrukturen charakterisiert werden.246 Erst in jüngerer Zeit sind jedoch die
246 Dies wird besonders bei Texten deutlich, die in Fremdsprachen erschienen sind und die Übersetzung des polnischen Begriffs „zwia˛zek herbowy“ notwendig machten: B, J, Clans de chevalerie en Pologne du XIII au XV sie`cle, in: George Duby / Jacques LeGoff (Hg.), Famille et parente´ dans l’Occident me´die´val, Rome 1977, 321–333; ., Knight Clans in Medieval Poland, in: Andrzej Ga˛siorowski (Hg.), The Polish Nobility in the Middle Ages. Anthologies, Wrocław 1984, 123–176; ausführlich und grundlegend kritisch zur Theorie der Wappenverbände und der Theorie (früh-)mittelalterlicher Geschlechterverbände aus rechtshistorischer Sicht: A, J, Polska teoria rodowa, Ło´dz´ / Wro-
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genealogischen Entstehungstheorien und prosopographischen Zuordnungsversuche grundlegend in Frage gestellt worden. Piotr Go´recki hat in diesem Zusammenhang auf die Heterogenität und die zu relativierende Bedeutung der Wappenverbände verwiesen, die weit bis in das 14. Jahrhundert hinein keineswegs als exklusives und wichtigstes Kriterium für die Zuordnung zu einer – wie auch immer definierten – Ritterschaft waren.247 Eine erste heraldische Systematisierung der Clans fand nachvollziehbar vor allem mit der Zusammenstellung durch den Krakauer Kanoniker und Historiker Jan Długosz in seiner Omnium domorum, sive clenodiorum Polonice gentis descripcio statt.248 Die bis in das 16. Jahrhundert hinein populäre Wappensammlung kursierte – bis auf einen bekannten Druck der 1560er Jahre249 – handschriftlich und drang weit in die Alltagskultur der polnischen Eliten ein.250 Mit einer veränderten Popularisierung der Heraldik ging eine begriffliche Wandlung einher, in deren Zuge der Ausdruck „klejnot/Kostbarkeit“, ursprünglich abgeleitet vom Deutschen „Kleinod“, gegenüber den Termini „herb“ oder „stemma“ für „Wappen“ zu dominieren begann.251 Daran anknüpfend lässt sich von einer zunehmenden Distinktionskraft der Heraldik ausgehen, die die soziale Abgrenzung einer ritterlich-adligen Gruppe unterstrich. Erscheint es also im späten 16. Jahrhundert einerseits essentiell, ein Wappen zu tragen beziehungsweise einem Wappenverband anzugehören, um zu
cław 1958; in Anschluss hieran: R, Prawo bliz˙szos´ci krewnych. Kurze Anmerkungen zum Clanbegriff in komparatistischer Perspektive auf Schottland für die Frühe Neuzeit: B, P P, Scotsmen and the Polish Nobility from the Sixteenth to Eighteenth Century, in: Richard Unger / Jakub Basista (Hg.), Britain and Poland-Lithuania. Contact and Comparison from the Middle Ages to 1795, Leiden u.a. 2008, 327–354, 331 f.; zur Inkompatibilität schottischer genealogisch-heraldischer Vorstellungen mit polnischen: ., Scots in the Polish-Lithuanian Commonwealth (16th-18th Centuries). The Formation and Disappearance of an Ethnic Group, Leiden u.a. 2012, 320 f. 247 G, P, Words, Concepts, and Phenomena. Knighthood, Lordship, and the Early Polish Nobility, c. 110–c. 1350, in: Anne Duggan (Hg.), Nobles and Nobility in Medieval Europe. Concepts, Origins, Transformations, Woodbridge u.a. 2000, 115–155. 248 F, Klejnoty Długoszowe, bes. 37–40. 249 N, A M, Arma Regni Poloniae, o.O. [Antwerpen] o.J. [1562]; hierzu: S, J, Nieznane z´ro´dło heraldyki polskiej XVI wieku, in: Studia z´ro´dłoznawcze 32–33 (1990), 129–142. 250 Ein beredtes Beispiel hierfür sind die heraldischen Darstellungen auf Kachelöfen, die in ihrer Systematik nicht zuletzt auf Długosz zurückzuführen sind: K, L, Herby na kaflach z zamku w Ujez´dzie czyli o zagadnieniu ,herbarzy ceramicznych‘, in: Kwartalnik historii kultury materialnej 55.1 (2007), 21–31. Zur allgemein mindestens ab dem frühen 16. Jahrhundert weit verbreiteten Popularität von Wappen, insbesondere in Wappendichtungen: P, F, Stemmata w drukach polskich XVI wieku, Zielona Go´ra 1982. 251 Hiermit ging auch eine Veränderung der Wappenformen einher: P, Stemmata, 9 f.
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der von Paprocki so bezeichneten „Ritterschaft“ gezählt werden zu können, handelt es sich dabei weder um das alleinige noch primäre Einordnungskriterium für eine Gruppenzugehörigkeit. Bei den unter einem Wappen subsumierten Untergruppen handelt es sich in Paprockis Systematisierung um einzelne domus, die als agnatische Familienverbände zu verstehen sind. Deren einzeln aufgeführte Vertreter werden also in erster Linie als Angehörige ihres Hauses behandelt und verleihen ihm durch ihre persönlichen, nach Möglichkeit stets aufgeführten Amtswürden, „Ruhm“ – sprich Reputation.252 Je größer die zahlenmäßige Akkumulation von Familienvertretern mit Amtswürden, desto weiter rückt die Familie hierarchisch an die Spitze, während eine besonders lange – wenn auch möglicherweise fiktive – Ahnenreihe erst eine quantitativ herausragende Anzahl an Würdenträgern ermöglicht.253 So suggeriert die Anordnung der einzelnen Häuser im jeweiligen Wappenverband eine eindeutige Koinzidenz von Anciennität der Familie und Würdenerwerb. Dies manifestiert sich in der Reihenfolge von deren Nennung ebenso wie durch graphische Gestaltung und die Schaffung erklärender Zwischenüberschriften und -kommentare. Werden die Vertreter hierarchisch bedeutenderer Häuser mit typisierten Holzschnitten illustriert, fällt dieses Gestaltungsmerkmal bei anderen Familien weg, ja wird mit absteigender Bedeutung auch die Nennung von einzelnen Familienmitgliedern obsolet. Parallel dazu werden die nur noch global mit ihrem Familiennamen oder etwa einem einzelnen Vertreter genannten niederrangigen Häuser jeweils in eine standardisierte Sammelkategorie eingeordnet. Dort ist in der Überschrift dann die Rede von „etlichen […] Häusern in verschiedenen Wojewodschaften“, die ebenfalls das jeweilige Wappen tragen.254 Die Begründung eines Wappenverbandes schildert Paprocki dabei stets zu Beginn in einer kurzen Erläuterung als die Verleihung des Wappens durch den je herrschenden Monarchen an einen konkreten Empfänger. Die führenden Familien des Wappenverbandes werden im Anschluss hieran als dessen Nachkommen inszeniert.255 Das somit geschaffene – fast ausschließlich fiktive256 – Verwandtschaftsverhältnis zu einem 252
T, Słowo i obraz w heraldyce, 82. Zu der Aufführung einer möglichst lang zurückliegenden Ahnenreihe mit der Aufzählung einzelner Personen als Neuerung ebenda, 78 f. 254 P, Gniazdo Cnoty, 20, 25, 34, 43, 54, 56 etc. 255 Dies manifestiert sich in einer stereotypen Formel, hier am Beispiel des Wappens Topo´r: „Schaut die große Vornehmheit und Verzweigung dieser Topo´r / von denen unsere Chroniken zeigen, dass sie die ersten Senatoren dieses Reiches sind […] / von denen du mit eigenen Nachkommen diese Häuser hast [...]“, ebenda, 15. 256 Zu fiktiven genealogischen Konstruktionen im polnisch-litauischen Kontext: Z, Y, Formation of the Knightly Korcˇak Clan and the Politics of Kinship of the Przemys´l Magnates of Ruthenian Origin in the Fifteenth Century, in: David Frick / Stefan Rohdewald / Stefan Wiederkehr (Hg.), Litauen und Ruthenien. Studien zu einer transkulturellen Kommunikationsregion (15.–18. Jahrhundert), Wiesbaden 2007, 34–49, 253
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mythischen Protoplasten verstärkt seinerseits die Reputation und Anciennität der betroffenen Häuser. Demgegenüber bleibt die Beziehung der hierarchisch nachrangigen Familien zum Wappenverband vage und muss ohne die explizite Fiktion eines Abstammungsverhältnisses auskommen. Überwölbt wird die hierarchische Abstufung der Familienverbände wiederum durch ein Anciennitätsprinzip der Wappenverleihung. Die Reihenfolge, in der die Wappenverbände aufgeführt werden, folgt dabei einem chronologischen Muster, das mit der polnischen Herrscherfolge verschmolzen wird.257 Einen deutlichen Bruch stellt das Kompendium hingegen mit dem Ende der Jagiellonen-Dynastie her. Vor der Wiederaufnahme der Herrscherreihe stellt Paprocki eine Auflistung der Wappen aller Wojewodschaften und die in der polnisch-litauischen Unionsakte von Lublin festgelegte Reihenfolge der Würdenträger des Doppelreiches.258 Dies nimmt eine besondere Bedeutung im Kontext der unmittelbaren Fortsetzung der Herrscherfolge an. Denn eine solche Anordnung suggeriert, dass die grundlegenden Strukturen des Gemeinwesens vor dem Tod Sigismund Augusts und dem Aussterben der Jagiellonen in männlicher Linie etabliert waren. Dies bezieht sich einerseits auf die Wappen- und Familienverbände, da keine Wappenverleihung mehr nach Sigismund August verzeichnet wird, und andererseits auf die übergreifenden Strukturen einer institutionalisierten Ämter- und Regionenhierarchie. Letzteren verleiht Paprocki gewissermaßen ihre lettres de noblesse. Sie dürfen schließlich als Summe und Ergebnis des Zusammenspiels einer langen Reihe von tugendhaften Herrschern und von Wappenverleihungen für tugendhaftes Handeln der Ritterschaft gelesen werden. Durch die Kodifizierung der Ämter- und Regionalhierarchien vor dem dynastischen Bruch partizipieren sie damit auch an der Aura von Anciennität des herrschenden Hauses sowie der Wappen- und Familienverbände. Folgerichtig kann die folgende kurze Regierungszeit Heinrich Valois‘ als ein auch dynastisch nicht legitimiertes Zwischenspiel gewertet werden. Entsprechend müssen bei der Darstellung dieses Königs sämtliche Erwähnungen von Frau und Kindern fehlen, was nur noch weiter zur Darstellung Heinrichs als Negativfolie eines tugendlosen bes. 47 f.; zur deutschen Forschung über genealogische Fiktionen: H, E, Von Vorgängern, Einzelgängern und Gliedern des Körpers. Frühneuzeitliche Ritterschaften als Orte genealogischer Präsenz, in: Hartwin Brandt / Maximilian Schuh / Ulrike Siewert (Hg.), Familie – Generation – Institution. Generationenkonzepte in der Vormoderne, Bamberg 2008, 95–120, 96–98. Zur Rückverlängerung von Abstammungslinien in eine mythische Frühzeit: A, G, Genealogische und andere Fiktionen in mittelalterlicher Historiographie, in: Detlev Jasper (Hg.), Fälschungen im Mittelalter. Bd. 1, Hannover 1988 (Schriften der Monumenta Germaniae Historica 33 / 1), 417–441. 257 Um hier exemplarisch nur die polnischen Piastenherrscher anzuführen: P, Gniazdo Cnoty, 35 f., 87–89, 205–207, 406 f., 602 f., 1011, 1018 f., 1038, 1040, 1043, 1076–1079, 1081 f., 1112 f., 1124 f. 258 Ebenda, 1219–1231.
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Herrschers beitrug.259 In dieser Hinsicht bietet Stephan Ba´thory als letzter der erwähnten Monarchen dank seiner dynastischen Verbindungen eine Anknüpfung an die Reihe der Piasten- und Jagiellonenkönige und somit implizit an das Erbe des über Jahrhunderte gewachsenen Tugendnestes.260 Peter Burke hat darauf hingewiesen, bei frühneuzeitlichen Enzyklopädien beziehungsweise Wissenskompendien handele es sich um „Widerspiegelungen oder Materialisierungen einer bestimmten Auffassung von Wissen, wenn nicht gar einer bestimmten Weltsicht.“261 Zum einen darf dies in Hinsicht auf die innere Organisationsstruktur der Bücher, zum anderen für deren äußere Form gelten. Dass überhaupt ab dem späten 16. Jahrhundert gedruckte Wappenbücher in Polen-Litauen erscheinen und seit Paprocki in umfassendere Systematiken eingebunden werden, deutet auf das Bedürfnis einer breit zugänglichen Kanonisierung heraldisch-genealogischen Wissens hin. In seiner Vorrede an den Leser verwirft Paprocki die Vorstellung, Adel könne auf der Anerkennung in einem kleinen Zirkel von Bekannten basieren. Demgegenüber biete sein Kompendium die Möglichkeit, die eigene Familie einzuordnen und in Hinsicht auf die Tugend an den bedeutenden Häusern zu messen.262 Mithin zielt das Tugendnest darauf, den Adel in einem bislang ungekannten Ausmaß überregional zu normieren und reichsweit die Zugehörigkeit von Familien zum Adel verbindlich aufzulisten. Dadurch richtet sich dieses Vorhaben – zumindest in der Absichtserklärung – deutlich nicht nur an eine schmale senatorische Elite, sondern auch das Gros des polnischen Adels. „Die Adligkeit jedes Einzelnen“, mahnt Paprocki in seiner Vorrede eindringlich mit den Worten von Johannes Stobaios, sei „in bonitate mororum“ begründet.263 Nur wenn der einzelne Mensch die Tugendhaftigkeit internalisiert, kann er nach außen hin Ruhm erwerben.264 Deshalb sind weder Abstammung noch Wohlstand Garantie einer „wahren Adligkeit“, so dass die Tugend als Essenz der Adligkeit zugleich zur Basis der Gleichheit aller Adligen wird:265 „Selbst wenn du aus dem gröbsten aller Geschlechter stammst / Die Tugend macht dich jedem gleich /
259
Ebenda, 1239. Ebenda, 1242 f. 261 B, P, Papier und Marktgeschrei. Die Geburt der Wissensgesellschaft, Berlin 2001, 115. 262 P, Gniazdo Cnoty, Bi r., Bii r. 263 Ebenda, Bi v. 264 Ebenda, Biii r. 265 Ebenda, B ii r. 260
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1. Mit dem Adel Staat machen Du findest deine Ahnen hier / wann sie geboren / Doch stets der Tugend wegen den hohen Ständen gleich sie waren.“
Solch internalisierte ethische „Adligkeit (szlacheckos´c´)“ des Einzelnen setzt Paprocki von einem rechts- und privilegienbasierten „Adel (szlachectwo)“ ab. Letzterer kann nur Anspruch auf Wahrheit erheben, wenn er mit ersterer zusammenfalle.266 Die klare Hierarchisierung der einzelnen Familien in der Wappenverbandsstruktur des Kompendiums scheint Paprocki hiermit zu durchbrechen, wenn nicht auf den Kopf zu stellen. Man mag an dieser Stelle wieder das Paradoxale eines Ehrcodes zitieren, der die Koexistenz einander sich gegenseitig ausschließender Normen umfasst. Doch zugleich wird Paprocki in gewissem Sinne seinen konkurrierenden Konzeptionen gerecht, indem er schließlich auch die Anciennität von Wappen und Familien sowie die Amtswürden letzterer allein aus einer besonderen Tugendhaftigkeit ableitet. Die Absolutheit des Tugendanspruchs macht dabei vor den Monarchen nicht halt, wie die Widmung an Stephan Ba´thory expliziert. Nur dessen Tapferkeit und moralische Integrität qualifiziert den König, über eine Ritterschaft zu herrschen, die ihrerseits eine Tugendgemeinschaft bildet. Die Tugend von deren Mitgliedern kann sich hingegen in Form recht unterschiedlicher Qualitäten besonders manifestieren. Das beginnt von der Tapferkeit im Krieg und der Befähigung als Heerführer und reicht über rhetorische Fähigkeiten bei der Beratung, juristische Kompetenz in der Gesetzgebung und besondere Hingabe für das Gemeinwesen hin zu exemplarischen Gutsbesitzern und Jägern.267 Bemerkenswerterweise werden dem Monarchen dabei keine Familien oder Wappenverbände gegenübergestellt, sondern der einzelne Adlige wird angesprochen. Dessen Vorfahren, dies gilt im Übrigen für den König gleichermaßen wie für die Adligen, bilden dabei kein Tugendkapital, sondern ein Korrektiv und Leitbild für den Einzelnen.268 Die Motivation zu tugendhaftem Handeln begründet Paprocki keineswegs über einen Eigenwert der Ethik, sondern das Versprechen auf Ruhm und der damit einhergehenden Memoria.269 Hiermit verbindet sich implizit die Aussicht darauf, selbst in das von Paprocki systematisch erfasste und konstruierte Memorialensemble von Familien und Wappenverbänden einzugehen. Die Vorreden an den Leser und den Monarchen durchzieht eine ganze Kavalkade von Zitaten hellenistisch-römischer Autoren, auf die sich Paprocki als Autoritäten für seine Tugendkonstruktion beruft. Ganz im Sinne dieses auf stoischem Gedankengut basierenden Entwurfes, handelt es sich dabei um moralphilosophische Sentenzen. Bezüge zu Aristoteles fehlen be266
Ebenda, Biii r. Ebenda, Aii v.–Aiii r. 268 Ebenda, etwa Bi v. 269 Ebenda, Biii r. 267
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merkenswerterweise hingegen vollkommen. Zwar gehören die von Paprocki zitierten und paraphrasierten Autoritäten allesamt zum Kanon stoischer Philosophie, dennoch ist Paprockis Entwurf kaum in einem dogmatischen Sinne einer stoischen Selbstgenügsamkeit zu verstehen. Schließlich verbindet er die Tugend mit der Aussicht auf Ruhm und Memoria und schafft somit eine kollektive Rückbindung seines moralischen Schemas.270 Welche Florilegiensammlungen Paprocki als Lektüre und Wissensgrundlage dienten, lässt sich kaum exakt nachweisen. Dass sich Paprocki dieser gelehrten Kompilationen bediente, davon darf jedoch ausgegangen werden.271 Dies erlaubt nicht allein den Einblick in humanistisch geprägte Arbeitstechniken und die Einbindung Paprockis in die gängigen Diskurse. Darüber hinaus kann hierin auch ein Hinweis auf den Charakter des Paprocki’schen Kompendiums selbst gesehen werden. In Bezug auf die Vorreden war bereits von der Ambivalenz des Tugendnestes die Rede, das zwischen einem individuellen stoizistischen Tugendanspruch und einem auf Anciennität und Reputation basierendem Wappen- und Familienverbandsverständ-
270 Dies scheint umso bemerkenswerter als die humanistischen Debatten des 15. und 16. Jahrhunderts aus aristotelischer Perspektive Kritik an einem selbstgenügsamen auf den Einzelnen konzentrierten Stoizismus hervorbrachten: K, J, Moral Philosophy, in: Charles B. Schmitt et al. (Hg.), The Cambridge History of Renaissance Philosophy, Cambridge u.a. 1988, 303–386, 362 f. Dies sind bei weitem nicht die einzigen Konfliktlinien, die in der Forschung aufgezeigt werden, vgl. etwa polemisch anregend in Bezug auf Erasmus als Stoiker: B, W J., The Two Faces of Humanism. Stoicism and Augustianism in Renaissance Thought, in: Heiko A. Oberman / Thomas A. Brady (Hg.), Itinerarium Italicum. The Profile of the Italian Renaissance in the Mirror of Its European Transformations (FS Oskar Kristeller), Leiden 1975, 3–60. 271 Neben einer Ausgabe der Apophtegmata von Konrad Lykosthenes verfügte Paprocki auch über eine weitere Florilegiensammlung in seinem Privatbesitz: A, B, Flores Celebriorum Sententiarum Graecarum Ac Latinarum, Definitionum, Item Virtutum Et Vitiorum, Omnium Exemplorum, proverbiorum, apophthegmatum, apologorum, similium & dissimilium, simulque graviter dictorum ac factorum, Dillingae 1556, vgl. W, M, Inwentarz biblioteki Bartosza Paprockiego z 1585 roku. Przyczynek do biografii oraz poznania warsztatu naukowego pisarza, in: Waldemar Bukowski / Tomasz Jurek (Hg.), Narodziny Rzeczypospolitej. Studia z dziejo´w s´redniowiecza i czaso´w wczesnonowoz˙ytnich. Tom 2, Krako´w 2012, 1225–1235, 1231. Zu Amantius und seinem Florilegium: L, G, Bartholomäus Amantius (1505–1555), ein gelehrter Jurist des 16. Jahrhunderts, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen an der Donau 103 (2002), 127–136, 132. Zur grundlegenden Bedeutung von Florilegiensammlungen für jegliche humanistische Schulbildung und Arbeitstechnik ab dem 16. Jahrhundert: M, A, Locating Knowledge, in: Karl A. E. Enenkel / Wolfgang Neuber (Hg.), Cognition and the Book. Typologies of Formal Organisation of Knowledge in the Printed Book of the Early Modern Period, Leiden u.a. 2005 (Intersections 4 [2004]), 35–48; ., Printed Common-Place Books and the Structuring of Renaissance Thought, Oxford u.a. 1999, 134–214.
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nis changiert.272 In letzter Konsequenz bestimmt diese Uneindeutigkeit auch die Gesamtstruktur des Kompendiums. Wird die Auflistung von Wappen und Häusern durch eine stark hierarchisierte Struktur bestimmt, bietet Paprocki am Ende des Tugendnestes eine ganz andere Ordnungsform an. Mit Hilfe eines Registers kann der Leser „für das schnellere Auffinden“273 gezielt die polnischen Herrscher und einzelne Wappen, die hier alphabetisch aufgezählt werden, mit Seitenangaben nachschlagen. Neben dem praktischen Aspekt des Registers, das auch als Verkaufsargument gesehen werden konnte,274 durchkreuzt es zugleich die sorgfältig austarierte Rangordnung des Gesamtentwurfes. Damit ordnet sich Paprockis Vorgehensweise in die zeitgenössische Logik enzyklopädischer Wissensentwürfe ein,275 die ein Nebeneinander topischer und alphabetischer Ordnungssysteme kennzeichnete. So wurde der Leser vor die Wahl gestellt, sich dem angebotenen normativen System zu unterwerfen oder sich von eigenen Interessen und seiner curiositas leiten zu 272
In Anschluss an Christoph Strohm soll hier zwischen einem „Neostoizismus“ als kohärentem Entwurf ab Justus Lipsius und einer schon zuvor intensiven, jedoch nicht in dieser Weise systematisierten Rezeption des Stoizismus unterschieden werden: Strohm, Christoph, Ethik im frühen Calvinismus. Humanistische Einflüsse, philosophische, juristische und theologische Argumentationen sowie mentalitätsgeschichtliche Aspekte am Beispiel des Calvin-Schülers Lambertus Danaeus, Berlin / New York 1996, 122 f.; ähnlich, mit der Unterscheidung zwischen „erneuertem Stoizismus“ und „Neostoizismus“ ab Lipsius, A, G, Stoizismus und frühe Neuzeit. Zur Entstehungsgeschichte modernen Denkens im Felde von Ethik und Politik, Berlin / New York 1978; vgl. auch K, Moral Philosophy, 370 ff. Hierbei sind allerdings die kritischen Bemerkungen von Jan Papy zu berücksichtigen, der nicht nur die Bewertungen von Lipsius‘ Werk selbst differenziert wissen will, sondern auch auf eine Überschätzung eines ab Lipsius allgegenwärtigen systematischen Neostoizismus hingewiesen hat, vgl. P, J, Neostoizismus und Humanismus. Lipsius‘ neue Lektüre von Seneca in der ,Manuductio ad Stoicam philosophiam‘ (1604), in: Ga´bor Boros (Hg.), Der Einfluß des Hellenismus auf die Philosophie der Frühen Neuzeit, Wiesbaden 2005, 53–80. 273 P, Gniazdo Cnoty, JJi r. 274 Z, H, ,Facilitas inveniendi‘. Zur Pragmatik alphabetischer Buchregister, in: Theo Stammen / Wolfgang E. J. Weber (Hg.), Wissenssicherung, Wissensordnung und Wissensverarbeitung. Das europäische Modell der Enzyklopädien, Berlin 2004, 191–203, 200; S, U, Das Buch als Wissensvermittler in der Frühen Neuzeit, in: Johannes Burkhardt / Christine Werstetter (Hg.), Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit, München 2005 (HZ Beiheft 41), 63–78, 72. 275 S, M (Hg.), Enzyklopädistik 1550–1650. Typen und Transformationen von Wissensspeichern, Münster 2009; Enzyklopädismus nicht reduziert auf ein enges Feld von Polyhistoren wie definiert bei G, A, The World of Polyhistors. Humanism and Encyclopedism, in: Central European History 18.1 (1985), 31–47, 37 f. Zu enzyklopädischen Ansätzen in theologischen und neuplatonischen Denkrahmen zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit: S-B, W, Enzyklopädie und philosophia perennis, in: Franz M. Eybl et al. (Hg.), Enzyklopädien der Frühen Neuzeit. Beiträge zu ihrer Erforschung, Tübingen 1995, 1–18.
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lassen.276 Diese Technik war zwar schon im Mittelalter verbreitet, erfuhr gerade aber durch die – höchstwahrscheinlich auch von Paprocki konsultierten – Arbeiten Conrad Gesners eine deutliche Verfeinerung und Weiterentwicklung.277 Doch das Tugendnest lässt sich noch darüber hinaus im Rahmen enzyklopädisch geprägter Kompilationen verorten. So legt die Systematisierung der Wappen in einem Wissenssystem die Grundlage für deren rhetorische Verwendung als loci communes, was von den Nachfolgern Paprockis sehr viel deutlicher herausgearbeitet wurde.278 Weitergehend funktionierte die Enzyklopädie in der Frühen Neuzeit als Gedächtnisstütze für ein umfängliches Wissen, das die einzelne menschliche Gedächtnisleistung überstieg.279 In diesem Sinne mahnt Paprocki zunächst, das in Büchern niedergelegte Wissen müsse man sich aneignen, um „ehrbar (zacny)“ zu werden und damit dem Vaterland (oyczyzna) zu dienen.280 Allerdings konstatiert er einen allgemeinen Mangel an Lektüre und spielt darauf mit der – mnemotechnisch verbreiteten281 – Versform seiner Vorreden an: „Ohne Dich mit meinem Vers aufzuhalten / Damit Du mit gutem Willen und Fleiß liest.“282 Die Versdichtung findet sich dabei nicht allein in den Vorreden, sondern vor allem auch in den jeweils nach der Darstellung einer Familie eingeschobenen und graphisch herausgehobenen Kurzzusammenfassungen, die Tugend, Ehre und Anciennität des Hauses thematisieren. Daneben dürften die zahlreichen Abbildungen, abgesehen vom ästhetischen Mehrwert, eine mnemotechnische Funktion angenommen haben.283 Auch auf diese Weise zielt Paprocki darauf, sein 276 B, A, Reading Strategies for Coping With Information Overload ca. 1550–1700, in: Journal of the History of Ideas 64.1 (2003), 11–28. 277 Z, ,Facilitas inveniendi‘, 194 f. 278 Zu topoi und loci communes als wissensstrukturierende Prinzipien und deren gegenseitiges Verhältnis: S-B, W, Topica universalis. Eine Modellgeschichte humanistischer und barocker Wissenschaft, Hamburg 1983, 16–23. 279 E, U, ,Memoria‘ und ,Ars memorativa‘ in der Tradition der Enzyklopädie. Von Plinius zur ,Encyclope´die franc¸aise, in: Jörg Jochen Berns / Wolfgang Neuber (Hg.), Seelenmaschinen. Gattungstraditionen, Funktionen und Leistungsgrenzen der Mnemotechnik vom späten Mittelalter bis zum Beginn der Moderne, Wien / Köln / Weimar 2000, 109–1268, 133 f. Zum Memorialaspekt frühneuzeitlicher enzyklopädischer Sammlungen im Verhältnis zum Druckmedium: M, J-D, Universalbibliothek und Gedächtnis. Aporien frühneuzeitlicher Wissenskodifikation bei Conrad Gesner (Mit einem Ausblick auf Antonio Possevino, Theodor Zwinger und Johann Fischart), in: Wolfgang Frühwald et al. (Hg.), Erkennen und Erinnern in Kunst und Literatur. Kolloquium Reisensburg 4.–7. Januar 1996, Tübingen 1998, 285–309. 280 P, Gniazdo Cnoty, Aiv r. 281 E, ,Memoria‘ und ,Ars memorativa‘, 133 f. 282 P, Gniazdo Cnoty, Aiv r. 283 S, G F., Emblematik und Mnemonik der frühen Neuzeit im Zusammenspiel. Johannes Buno und Johann Justus Winckelmann, Wiesbaden 2000, bes. 51–59;
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Kompendium in den Komplex aktiv betriebener adliger Memoria einzubinden – als deren inhaltlicher Bestandteil und normierende Systematik. Die Tugend ist Paprocki Begründung und zugleich Stabilitätsgarantie von Vergemeinschaftung und kristallisiert im Bild des Tugendnestes aus. Es setzt sich mehrschichtig aus dem tugendhaften – will heißen – adligen Einzelnen über die Familie und den Wappenverband bis hin zu einer diese alle verbindenden konkreten Gemeinschaft aus familien- und wappenübergreifenden Amtswürden und Regionen sowie zugleich einer abstrakten moralischen Tugendgemeinschaft zusammen, in der die einzelnen Bestandteile wie die Äste eines Nests miteinander verflochten sind. Der König wird als integraler Bestandteil dieses in sich hierarchisierten Konstrukts verstanden. Seine Herrschaftsposition bezieht er dabei aus zwei voneinander unabhängigen Quellen. Zunächst kreiert die mythische Gründerfigur Lech „Polen“ auf leerem Gebiet, indem er menschliche Ansiedlungen schafft und sie in einem gewaltigen Gründungsakt zu einer Gemeinschaft verbindet. Damit knüpfte Paprockis Geschichtskonstruktion unmittelbar an die Kanonisierung der Gründungerzählung an, die in den 1520er Jahren im humanistischen Umfeld des Krakauer Domkapitels, der Universität und des Jagiellonenhofes entwickelt worden war.284 In Hinsicht auf seinen historisch-genealogischen Gesamtentwurf ergab sich für Paprocki aus der Führungsrolle von Lech eine patriarchalisch-monarchische Struktur des Gemeinwesens, die sich auch unter den Nachfahren des mythischen Protoplasten der Königsdynastie hielt. Ist die Natur der Monarchie unter Lech und seinen Nachkommen dabei bereits durch ihre Tugendhaftigkeit charakterisiert, bleibt ihre sonstige legitimatorische Basis konturlos. Eine explizite Delegation von Herrschaft durch die Ritterschaft findet nämlich erst sehr viel später statt. Auch sie siedelt Paprocki in einer weit entfernten mythisch vorchristlichen Zeit an und charakterisiert sie als einen oktroyierten Zwang. Solcher Fremdeinfluss wiederum wird erst durch das Fehlen eines Patriarchen-Monarchen und der interimären Herrschaft von sagenumwobenden zwölf Wojewoden ermöglicht.285 Er führt dazu, dass ein Sejm zusammengerufen und eine neue Form
zusammenfassend zu den didaktischen und mnemotechnischen Funktionen in der TextBild-Relation: H, G, Text und Bild in der Frühen Neuzeit. Die Emblematik, in: Torsten Hoffmann / Gabriele Rippl (Hg.), Bilder. Eine neues (Leit-)Medium, Göttingen 2006, 170–192, 173–175. 284 B, Das polnische Geschichtsdenken und der Piasten- und Jagiellonenkult, 200. 285 Die Darstellung der zwölf Wojewoden konnte in den zeitgenössischen Geschichtskonstruktionen unterschiedlich ausfallen und von der Charakterisierung innerer Anarchie bis hin zur Glorifizierung als Urvätern adliger Privilegien und Freiheiten reichen: O, Historia, tradycja, mit, 304 f.
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von Monarchie errichtet wird, indem „sie [die Fremden] ihnen [den Rittern] die imperia nahmen und an einen übergaben.“286 In seiner Darstellung paraphrasiert Paprocki dabei fast wörtlich Schilderung und Interpretation aus der zeitgenössisch äußerst populären Chronik Marcin Bielskis.287 Ähnlich wie bei Bielski wird dieses Ereignis bei Paprocki zu einer einschneidenden Wende, die die Einführung eines Wahlkönigtums mit sich bringt. Die Grundlegung der Monarchie ist also der Schaffung einer Tugendgemeinschaft vorgängig, die erst mit der Christianisierung in Wappenund Familienverbänden systematisiert wird. In einer langfristigen Perspektive bedeutet dies, dass eine abstrakte vorchristliche Ritterschaft zunächst ihre Herrschaftsrechte abtreten muss, um schließlich in einer christlich grundierten Tugendgemeinschaft von einem Monarchen für ihre Verdienste Wappen, Amtswürden und durch die damit einhergehende hierarchische Anerkennung rekompensiert zu werden. Schließlich versteht Paprocki die Monarchie als eine göttlich legitimierte und gewollte Ordnung, deren Ablösung durch eine Vielherrschaft ihm gleichbedeutend mit Niedergang und Chaos, ergo der Schwächung oder Auflösung der Tugendgemeinschaft gilt.288 Der Logik der Wappenverbände als Tugendgemeinschaften folgend, ordnet Paprocki auch das Abstraktum des „Polnischen Königreichs“ als Tugendnest in sein heraldisches System ein. Der prominente Platz, der dem Königreich zukommt, verdeutlicht bereits die Reversseite des Titelblattes. Hier wird der gekrönte polnische Adler mit dem Wappen Ba´thorys als Brustschild und der eingeflochtenen Initiale des Herrschernamens abgebildet und von einer knappen Versdichtung begleitet. Angesichts der aktuellen Bedrohungen in den Auseinandersetzungen Polen-Litauens mit dem Moskauer Reich erfährt das Wappenlob eine Dramatisierung, die den „Ruhm“ des polnischen Adlers und seiner „eingeborenen Tugend“ in Gefahr sieht.289 Paprocki wendet also die stoizistische Idee der natürlich inhärenten Tugend genauso wie die vom Ehrcode bestimmte Ruhmesvorstellung auf das gesamte Gemeinwesen an. Die Angehörigen des Adels werden hierbei in einer Übertragung familiärer Strukturen zu Kindern des Adlers und damit zu Erben von dessen
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P, Gniazdo Cnoty, 3. Beispielsweise die Ausgabe aus dem Jahr 1564: B, M, Kronika, tho iesth Historya S´wiata na szes´c´ wieko´w / a cztery monarchie rozdzielone, o.O. [Krako´w] 1564, 340r.; entsprechend auch in der überarbeiteten Neuausgabe als polnischer Chronik durch Bielskis Sohn Joachim: B, M, Kronika polska […] nowo przez Iochima Bielskiego syna iego wydana, w Krakowie 1597, 27 f. Beide Ausgaben der Chronik verwenden im Übrigen auch an dieser Stelle die gleichen Stiche als Illustrationen wie das Tugendnest Paprockis. 288 P, Gniazdo Cnoty, 3. 289 Moskau hatte 1577 Livland und 1563 bereits das polnisch beherrschte Połock angegriffen und in seinen Besitz gebracht. 287
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Tugend als auch zu Hütern von dessen Ruhm erklärt. Neben Wappen- und Familienverbänden stellt Paprocki den einzelnen Adligen somit in den Kontext eines übergreifenden Abstraktums, dessen Entstehung und Ordnung er im historischen Herrscherkatalog erläutert. Entgegen der Aussagen des Titelblattes scheint das Tugendnest den Unionscharakter des polnisch-litauischen Doppelreiches geradewegs zu ignorieren. Zwar nimmt Paprocki sehr wohl den litauischen Adel in sein Kompendium auf, dies jedoch geschieht in einer deutlich zurückgesetzten Form.290 Den Teil des Werkes, der sich mit dem Großfürstentum beschäftigt, versieht er mit einem eigenen Titelblatt – Kompositionselemente des Gesamttitels aufgreifend – und ordnet ihn als Einschub chronologisch vor den Herrschaftsbeginn der Jagiellonen-Dynastie im Königreich Polen ein.291 Einerseits kann im Sinne der historischen Narration diese Verortung des litauischen Adels als Signal einer nun verstärkten Union gelesen werden, besitzt jedoch andererseits eine eigene chronologische Rechtfertigung. Schließlich fiel in die Herrschaftszeit des dynastischen Protoplasten Władysław Jagiełło die Union von Horodło (1413), mit der eine Adoption litauischer Adliger in polnische Wappenverbände und damit die Adaption dieses heraldischen Systems in Litauen einherging.292 Paprocki wendet also seine bereits bei den polnischen Wappenverbänden erprobte Kategorisierung auch auf Litauen an, wobei die Erwähnungen hier ungleich summarischer ausfallen und mit wesentlich weniger Illustrationen versehen sind. Auch die Hierarchisierung des litauischen Adels richtet sich nach dem Prinzip der Anciennität, wobei die von der großfürstlichen Familie abgeleiteten Häuser hierarchisch dominieren.293 Nachfolgend orientiert sich die Klassifizierung des Tugendnestes weitgehend nach der Reihenfolge von Wappenverbänden und den jeweils adoptierten Familien, wie sie die Unionsakte von Horodło vorgibt.294 Paprockis Kategorisierungen
290 Der „polnischen Ritterschaft“ widmet Paprocki insgesamt 320 Seiten (14–1134, 1206–1216), der „litauischen“ unter Einschluss der fürstlichen Familien dagegen 60 Seiten (1139–1199). 291 P, Gniazdo Cnoty, 1135. 292 Zur Union von Horodło mit einer differenzierten Neubewertung: F, R, The Oxford History of Poland-Lithuania, Vol. 1: The Making of the Polish-Lithuanian Union, 1385–1569, Oxford 2015, 109–121; vgl. auch G, R, Polityka dynastyczna Władysława II Jagiełły a unia horodelska 1413 r., in: Marek Wagner et al. (Hg.), Rzeczpospolita Obojga Narodo´w i jej tradycje, Siedlce 2004, 43–48; klassische ältere Interpretationen: S, W, Braterstwo szlachty polskiej z bojarstwem litewskiem w unii horodelskiej 1413 roku, in: Polska i Litwa w dziejowym stosunku, Warszawa u.a. 1914, 393–446; B, O, Unia horodelska. Odczyt wygłoszony na publicznem posiedzeniu Akademii Umieje˛tnos´ci dnia 3 maja 1913 r., Krako´w 1913. 293 N, M, Das Großfürstentum Litauen. Studien zur Nationsbildung in der Frühen Neuzeit (1569–1795), Wiesbaden 2006, bes. 24–27. 294 Rody szlachty polskiej przyjmuja˛ bojaro´w litewskich do wspo´lnos´i swych herbo´w,
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in eine „polnische“ und in eine „litauische Ritterschaft“ bleiben hingegen erläuterungsbedürftig. So atmet seine Darstellung den Geist polnischer Vorherrschaft, die sich bereits in der Ausformung eines „composite state“ im Verlauf des 16. Jahrhunderts gezeigt hatten.295 Sucht man nach dem Begriff respublica/rzeczpospolita im Tugendnest zumeist vergebens, wird man zugleich neben „Polen“ und „Litauen“ beziehungsweise dem „polnischen Königreich“ und dem „litauischen Großherzogtum“ auf die oyczyzna als Gemeinschaftsabstraktum verwiesen. Dass dieser Terminus mit seiner Konnotation von emotionalem Engagement und Aufopferung das Argumentationsgerüst eines auf Tugend und Tapferkeit beruhenden Verdienstadels stützt, liegt auf der Hand. Allein, die sich dahinter verbergende Bezugsgröße bleibt ambivalent. Die potentielle Mehrfachkonnotation von oyczyzna korrespondiert dabei auf das engste mit der von Paprocki entworfenen Unionsstruktur des polnisch-litauischen Doppelreiches. Mag sich der Vaterlands-Begriff in der Vorrede an den Leser deshalb in dem abstrakten Kontext, in dem er verwendet wird, auf das Gesamtreich beziehen, kann er gleichzeitig nur das zu Werkbeginn als dominant positionierte Königreich Polen meinen.296 Auch der Kompendiumsabschnitt, der sich mit dem litauischen Adel beschäftigt, kommt nicht ohne die oyczyzna
in: Stanisław Kutrzeba / Władysław Semkowicz (Hg.), Akta unji Polski z Litwa˛ 1385–1791, Krako´w 1932, nr. 49 S. 50–54. Herausstechende Abweichungen sind die Voranstellung der Familien Radziwiłł und Chodkiewicz, die jeweils mit individuellen Familienwappen präsentiert und als Fürsten klassifiziert werden (vgl. auch die Registereinträge, wo die Radziwiłł und Chodkiewicz in der Abteilung der Herrscher und Fürsten geführt werden, P, Gniazdo Cnoty, JJi r.–JJi v.), eine Praxis, die sich zumindest in Bezug auf die Radziwiłł durch die Privilegienbestätigungen der Lubliner Union gedeckt werden (die die Fürstung durch den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches einschließen), vgl. A, Protoplas´ci, 66; O ksie˛stwie litewskim. Przywilej około uniej Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego z Korona˛, na Walnym Sejmie lubelskim, od Pano´w Rad Duchownych i S´wieckich i Posło´w ziemskich roku pan´skiego 1569 uchwalony, in: Volumina Constitutionum, Tom 1: 1493–1549. Volumen 1: 1493–1526, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 1996, 232–238, hier Art. 18 237 f. Bezüglich der Radziwiłł ergibt sich bei Paprocki darüber hinaus noch eine Unregelmäßigkeit, tauchen sie doch noch ein zweites Mal in der Wappenlistung auf und zwar mit dem ihnen in der Union von Horodło verliehenen Wappen „Tra˛ba“. Doch gegenüber der Unionsakte wird dieses in der Rangfolge einen Platz vor das Wappen „Jastrze˛biec“ geschoben, vgl. P, Gniazdo Cnoty, 1169 f.; Rody szlachty polskiej, 54. 295 Mit ausführlichen Literaturhinweisen L, K, Vom dynastischen Unionsreich zur „parlamentarischen Union“ von 1569, in: Hans-Jürgen Bömelburg (Hg.), Polen in der europäischen Geschichte. Ein Handbuch, Bd. 2: Frühe Neuzeit, Stuttgart 2017, 169–203, bes. 189–199; vgl. auch die im Vergleich zu dem dort verwendeten Modell des „composite state“ deutlich avanciertere Reflexion bei F, The Oxford History of Poland-Lithuania, 36–46. 296 P, Gniazdo Cnoty, 20.
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aus, diesmal eindeutig auf das Großfürstentum Litauen bezogen.297 So ist der Begriffsverwendung ein regionaler Bezug inhärent, der sich schließlich in heraldisch-genealogischen Werken aus der Mitte des 17. Jahrhunderts verfestigte. Die prominentesten Beispiele sind zweifelsohne die Genealogien des preußischen Adels, die der Kulmer Stadtschreiber Jan Karol Dachnowski in den 1640er und 1650er Jahren verfasste,298 sowie die Kompendien zum litauischen Adel aus der Feder von Wojciech Wijuk Kojałowicz, die zwischen 1650 und 1656 entstanden, jedoch nicht vor dem 19. Jahrundert im Druck herausgegeben wurden.299 Neben heraldischen Handreichungen mit regionalem Bezug waren die genealogisch-heraldischen Entwürfe einzelner Adelsfamilien in verschiedenen medialen Formen genauso omnipräsent300 wie etwa stadtadlige oder kirchliche Wappen- oder Abstammungskonstrukte.301 Gegenüber diesen spezialisierten Schriften dürfen Paprockis Bemühungen um eine heraldisch-genealogische Systematisierung jedoch schon wegen deren weiter Verbreitung als vergleichslos einflussreich gelten302 – eine Bedeutung, die späterhin ähnlich nur Kojałowicz für Litauen und das Werk des auf Paprocki aufbauenden Szymon Okolski aus den 1640er Jahren erreichen sollten.303 Entsprechend lebhaft waren die Reaktionen auf das Tugendnest und die sechs Jahre später unter dem eher prosaischen Titel Wappen der
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Ebenda, etwa 1152. Dachnowski gliederte sein heraldisch-genealogisches Nachschlagewerk hierarchisch nach Kriterien der „Ehrbarkeit (zacnos´c´)“ und aktuellen Bedeutung der Familien im königlichen Preußen. Die Ordnung nach Wappenverbänden tritt dabei vor einer klaren Dominanz der Familien in den Hintergrund. Dachnowskis Zusammenstellung orientiert sich in ihrer inhaltlichen Struktur, mit der Einbeziehung von Dokumenten, Privilegien, Epitaphien, an der Vorgehensweise Paprockis in seinen „Herby Rycerztwa polskiego“ (s.u.). Die Herby szlacheckie w ziemiach pruskich Woiewodztw Chełmin´skiego, Małborskiego, Pomorskiego (Adelswappen in den preußischen Ländern der Wojewodschaften Kulm, Marienburg und Pommern) zirkulierten hingegen ausschließlich in Manuskriptform: D, J K, Herbarz szlachty Prus Kro´lewskich z XVII wieku, ed. v. Zdzisław Pentek, Ko´rnik 1995, zur Überlieferungsgeschichte und Werkgliederung insbesondere XXX–XLI. 299 B, Frühneuzeitliche Nationen, 253. K, W W, Herbarz rycerstwa W. X. Litewskiego tak zwnay Compendium czyli o klejnotach albo herbach, ed. v. Franciszek Piekosin´ski, Krako´w 1897; ., Herbarz szlachty Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego zwany Nomenclator, Krako´w 1905. 300 R, J, Tres´ci propagandowe herbu złoz˙onego ksie˛cia Szymona Samuela Sanguszki z 1626 roku, in: Wojciech Drelicharz (Hg.), Insignia et splendor. Heraldyka w słuz˙bie rodo´w szlacheckich i instytucji Kos´cioła, Krako´w 2011, 9–84, bes. 11 f. 301 G, M, Herby patrycjatu Gdan´skiego / Wappenschilder des Danziger Patriziats, Gdan´sk 2000, 7–21; S, K / W, A (Hg.), Polska heraldyka kos´cielna. Stan i perspektywy badan´, Warszawa 2004, hier die Beiträge von Jan Pakulski, Henryk Seroka, Piotr Dymmel und Aleksandra Jaworska. 302 B, Frühneuzeitliche Nationen, 255. 303 Ebenda, 249 f., 253. 298
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polnischen Ritterschaft erscheinenden Neuausgabe.304 Neben Korrekturen im Detail, die wohl nicht zuletzt auf die Kritik einzelner Häuser reagierte und einem stärkeren Bezug auf die aktuelle Dominanz von bestimmten Familien aufwies,305 wartete Paprocki mit einem deutlich veränderten Erscheinungsbild und einer modifizierten Gesamtorganisation seines Kompendiums auf. Signalartig wird dies bereits mit einem vollkommen veränderten Titelblatt deutlich. Die allegorische Konstruktion verschwindet und an deren Stelle tritt eine auf die Randbordüren beschränkte Wappendarstellung und ein mittig angeordneten Titel, der von einem vorgeblichen Aristoteles-Zitat ergänzt wird: „Nemo glorietur, quod magnae Urbis civis sit: sed quod dignus magna & illustri patria.“306 Abgesehen von der Tatsache, dass Paprocki im Gegensatz zum Tugendnest hier demonstrativ an die Rezeption des Stagiriten anknüpft, scheint er zunächst das Tugendprogramm seines ersten Kompendiums unerschütterlich aufzunehmen. Sowohl der sachlich reduzierte Titel als auch die Wappenbordüre lassen hingegen auf eine Differenzierung seines ursprünglichen Konzeptes schließen. Auch hier finden sich zwar das Wappen des regierenden Hauses zentral an der oberen Seite und die Wappen des Königreichs Polen und des Großfürstentums Litauen als jeweils oberstes Wappen der links und rechts angeordneten Bordüren. Darüber hinaus beschränkt sich die bildliche Darstellung aber auf die Wappen verschiedener Regionen beziehungsweise Wojewodschaften. Bei genauerer Betrachtung erweist sich der Kanon der repräsentierten heraldischen Zeichen dabei als Zitat eines anderen zeitgenössisch prominenten Holzschnittes. Die Reihen- und Rangfolge der Wappen und deren Darstellung entspricht bis in Detailabweichungen hinein der Allegorie des Sejms, die in der ersten gedruckten und grundlegenden Rechtssammlung des Kronkanzlers Jan Łaski aus dem Jahr 1506 abgebildet ist.307
304 P, B, Herby Rycerztwa Polskiego na pie˛cioro Xia˛g rozdzielone, w Krakowie 1584. Da es sich bei der Ausgabe dieses Werkes aus dem 19. Jahrhundert lediglich um einen unkritisch herausgegebenen Nachdruck handelt, wird im Folgenden aus dem Original zitiert. (Herby rycerstwa polskiego przez Bartosza Paprockiego zebrane i wydane r. p. 1584, ed. v. Kazimierz Jo´zef Turowski, Krako´w 1858). 305 B, Frühneuzeitliche Nationen, 245 f. 306 Dabei handelt es sich um die Paraphrase einer Stelle aus dem Aristoteleskapitel der Philosophenviten von Diogenes Laertios: „Glorianti cuidam quod magnae esset urbis civis, noli, inquit, hoc attendere sed an dignus sis magna & illustri patria.“, vgl. etwa die zeitgenössische Ausgabe: Ex Diogenis Laertii, De vitis philosophorum libris sententae & apophtegmata, ut diligenter ito & fideliter excerpta, per Henricum Vruchterum Olphenium, qui & scholiis suis permulta scitissime illustravit, Colonaie 1530 (ohne Paginierung). 307 Ł, J, Commune incliti Polonie Regni privilegium constitutionum et indultuum publicitus decretorum approbatorumque, o.O. o.J. [Krakau 1506]. Angesichts der darstellerischen Unterschiede (vgl. etwa den Schattenwurf des Doppelkreuzes im Familienwappen der Jagiellonen (Łaski-Statuten: linke Hemisphere, zweites Wappen gegen den
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Hierdurch entsteht ein heraldischer Anachronismus, den man als einen gewollten Rückbezug interpretieren muss. Schließlich korrespondieren die auf dem Paprocki’schen Titelblatt abgebildeten Wappenschilder weder mit der Anzahl der im Wappenbuch selbst erwähnten Landesteile noch bilden sie die aktuellen Verhältnisse ab.308 Das implizite Zitat der Łaski-Statuten muss folglich in dreifacher Hinsicht als programmatisch gelesen werden. Zuvorderst standen der Sejm von Radom und die aus ihm resultierende Veröffentlichung der Statuten ganz im Zeichen von umfassenden Kodifizierungs- und Unifizierungsbemühungen des geltenden Rechts. In diesem Rahmen wurde zwei-
Uhrzeigersinn; Paprocki: drittes Wappen von oben linkerhand) oder die Stierdarstellung im Wappen des Fürstentums Moldau (Łaski-Statuten: linke Hemisphere, drittes Wappen gegen den Uhrzeigersinn; Paprocki: viertes Wappen von oben linkerhand). Letzteres stellte – durch das Fehlen des sonst beigefügten Halbmondes – eine spezifische Modifikation dar, die so nur im Holzschnitt der Łaski-Statuten auftrat (M, B, Przedstawienie pan´stwa polskiego w statucie Łaskiego z r. 1506, in: Folia Historiae Artium 5 (1968), 19–69, 34). Eben diese Version findet sich genauso bei Paprocki. Die polnischen Ansprüche auf Lehnshoheit über Moldau beginnen Ende des 15. Jahrhunderts und etablieren sich schließlich zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Form eines polnisch-osmanischen Kondominiums, vgl. C, I, Mołdawia i Wołoszczyzna wobec Polski, We˛gier i Turcji w XIV i XV wieku, Poznan´ 1996; S, B, Polska i Mołdawia w latach 1551–1572, in: Białostockie Teki Historyczne 7 (2009), 11–24; M, D, Mołdawia mie˛dzy Polska˛ a Turcja˛. Hospodar Miron Barnowski i jego polityka (1626–1629), Os´wie˛cim 2014, 21–29. 308 Paprocki zählt in den Herby 34 Wappen von Landesteilen auf (P, Herby, 696–720), während auf dem Titelblatt nur 21 aufgeführt werden. Es fehlen auf dem Titelblatt im Vergleich zu Paprockis Ausführungen vor allem litauische und ruthenische Landesteile, die teils erst nach der Veröffentlichung der Statuten als Wojewodschaften organisiert worden waren oder im Zuge der Realunion an die Krone Polen angeschlossen wurden: Zˇemaiten, Bracław (1569 zur Krone), Witebsk (1503 eingerichtet), Nowogro´dek (1507 eingerichtet), Smolen´sk (1508 eingerichtet), Kiew (1569 zur Krone), Wolhynien (1566 eingerichtet, zur Krone 1569)). Darüber hinaus fehlen die kronpolnischen Wojewodschaften Pomorze, Płock und Rawa sowie die territorialen Untereinheiten Ziemia Liwska und Ziemia Dobrzyn´ska als auch die erst 1564 inkorporierten Herzogtümer Auschwitz und Zator. Besonders augenfällig wird der Anachronismus am Fehlen des Herzogtums Preußen, das einen schwarzen Adler mit der Initiale „S“ um den Hals führte – ein Wappen, das dem ersten Herzog Albrecht 1525 anlässlich der Lehnshuldigung vom polnischen König verliehen worden war. Als Jan Łaski seine Rechtssammlung veröffentlichte, galt hingegen noch das Wappen des Deutschen Ordens, das sich – obgleich 1584 schon lange obsolet – unverändert bei Paprocki wiederfindet. Der Deutsche Orden war zwar nicht vom Königreich Polen abhängig, die Aufnahme seines Wappens in den Reigen der polnischen Länder verdeutlicht jedoch den Anspruch polnischer Oberhoheit. Zum gespannten Verhältnis zwischen der Krone Polen und dem Deutschen Orden zu Beginn des 16. Jahrhunderts vgl. beispielsweise B, H, Der Deutsche Orden. Zwölf Kapitel aus seiner Geschichte, München 1989, bes. 214–216; B, M, Wojny Polski z Zakonem Krzyz˙ackim (1308 – 1521), Gdan´sk 1993, bes. 260–263.
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tens auch das Privileg Nihil novi festgeschrieben,309 das in der Folgezeit als Basis ständischer Mitsprache verstanden wurden.310 Schließlich waren die Statuten auch ein Ergebnis der eher erfolglosen Bemühungen, die König Alexander Jagiellon´czyk gemeinsam mit seinem Kanzler auf dem Radomer Sejm unternahmen, um eine verstärkte Union des Königreichs mit dem Großfürstentum unter Einbeziehung einer weiteren Integration Preußens zu erreichen,311 wovon der angesprochene Holzschnitt in seinem Wappenprogramm beredtes Zeugnis ablegt. Alle diese Aspekte dürfen auch als Leitlinien verstanden werden, die die Modifikationen der Neuauflage von Paprockis heraldisch-genealogischem Kompendium prägen. Hans-Jürgen Bömelburg hat bemerkt, dass „in den Wappenbüchern […] ein genealogisch-historischer Konservatismus (dominierte), der von dem politischen Integrationsprozess unberührt blieb.“312 In diesem Sinne implizieren auch die Wappen der polnischen Ritterschaft – nicht nur in der Titelgebung – eine letztlich hierarchisch sekundäre Position des litauischen (und ruthenischen) Adels gegenüber dem polnischen und die Auflistung der litauischen Wappen und Familien erfährt keine grundsätzliche quantitative Erweiterung.313 Allerdings werden nun kronpolnische und litauische Geschichte in der Paprocki’schen Narration enger miteinander verflochten, was erst die neue Gesamtstruktur des Textes ermöglicht. Die Verbindung von Herrscherfolge und Wappenauflistung wird zugunsten einer Kapitelstruktur aufgebrochen, die eine gewisse Parallelität in der Konstruktion polnischer und litauischer Wappen herstellt. Der dem polnischen Adel gewidmete Teil des Kompendiums beginnt mit einer Erläuterung des kronpolnischen Wappens, wonach eine chronologische Erzählung der polnischen Herrscher zwischen dem Urvater Lech und dem letzten Piasten einsetzt. Dies wird gefolgt von einem zweiten Kapitel, das unabhängig von der Herrscherfolge mit einer kurzen historischen Erläuterung von Adel allgemein beginnt und anschließend die nach Anciennität geordneten polnischen Wappen- und Familienverbände aufführt. Das in Paprockis Zählung vierte Buch Über die Wappen 309 Alexandri Regis decreta et in comitiis Radomiensibus anno 1505, in: Volumina Constitutionum. Tom 1: 1493–1549, Volumen 1: 1493–1526, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 1996, 138–143, 138. 310 G, K, Teoria reprezentacji w Polsce epoki Odrodzenia, Warszawa 1959, 20–47; R, S, De l’accord commun au vote unanime. Les activite´s de la Die`te nobiliaire de Pologne, XVIe`me-XVIIIe sie`cles, in: Parliaments, Estates and Representation 3 (1983), 7–21; K, K, Z badan´ nad filozoficznoprawnymi aspektami liberum veto, in: Miscellanea historico-iuridica 2 (2004), 53–65. 311 U, W, „Sejm walny wszystkich pan´stw naszych“. Sejm w Radomiu z 1505 roku i konstytucja „Nihil novi“, in: Czasopismo Prawno-Historyczne 57.1 (2005), 11–25. 312 B, Frühneuzeitliche Nationen, 246. 313 Ebenda.
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der Fürsten und der Ritterschaft des Litauischen Großfürstentums wird, wie bereits im Tugendnest, durch ein eigenes graphisch reduziertes Titelblatt abgetrennt.314 Nach einer dem polnischen Teil äquivalenten Erklärung des litauischen Wappens, beginnt auch hier eine historische Erzählung der litauischen Herrscher, die sich allerdings explizit auf polnische Chroniken stützt und mithin den Anfang der Gedyminen-Dynastie spät einsetzen lässt. Paprocki ignoriert an dieser Stelle den zeitgenössisch bei den Eliten des Großfürstentums schon verbreiteten Abstammungsmythos von den Römern.315 Dies wiederum erlaubt ihm, die Anciennität des polnischen Königreiches mit seinem Urvater Lech gegenüber den Litauern zu unterstreichen, die hier erst im 13. Jahrhundert in das Licht der Geschichte treten.316 Die litauische (Herrscher-)Geschichte setzt sich dann jedoch, über Władysław Jagiełło und den Beginn der Jagiellonen-Dynastie hinweg, bis zum aktuellen Monarchen Stephan Ba´thory fort, so dass alle – auch polnischen – Monarchen seit der Personalunion im Abschnitt über Litauen abgehandelt werden. Diese formale historisch-narrative Integration beider Reichsteile zeitigt allerdings recht zweischneidige Folgen. Zunächst scheint sie eine stärkere Gleichgewichtung, ja eine Aufwertung des Großfürstentums nach sich zu ziehen. Bei genauerer Betrachtung impliziert die Neueinteilung Paprockis aber auch eine Anciennität des gesamten polnischen Adels gegenüber dem litauischen, die in solcher Form im Tugendnest noch nicht gegeben war. Schließlich suggeriert die historische Erzählung über das Polen bis zu den Piasten und die unmittelbar darauf folgende Auflistung der polnischen Wappen, dass die – heraldische – Formierung des polnischen Adels vor der Herrschaft der Jagiellonen abgeschlossen war, noch ehe die Großfürsten und ihr Adel historische Relevanz erlangt hatten. Anders als im Tugendnest ist die Vorrede an den Leser in den Wappen der polnischen Ritterschaft denkbar knapp gehalten und beschränkt sich auf eine Kapitelübersicht in Stichworten, die jeweils mit kurzen kommentierenden Inhaltsangaben versehen ist.317 Allgemeine Bemerkungen zu Adel und Adligkeit verschiebt Paprocki nun in seine universalhistorische Skizze vor der Auflistung der polnischen Wappen.318 Beginnend mit Eusebius stellt er verschiedene historisch-genetische Erklärungsmuster von Adel nebeneinander,319 314
P, Herby, 589. N, Das Großfürstentum Litauen, 57–62. 316 P, Herby, 590. 317 Ebenda, (ohne Paginierung) [IV v.]. 318 Ebenda, 1–7. 319 Zur Popularität und breiten Eusebius-Rezeption im 16. Jahrhundert: B, I, Calvin’s Judgment of Eusebius of Caesarea. An Analysis, in: Sixteenth Century Journal 22.3 (1991), 419–437, 419–422; S, B, Die Ordnung der Geschichte. Historische Tabellenwerke in der Frühen Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2008, bes. 84–86, 132–141. 315
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ohne selbst eindeutige Stellung zum chronologischen Beginn zu beziehen. Wichtig scheint ihm allein festzuhalten, dass „viele von den alten Historikern über diesen Stand schreiben / dass er seit langer Zeit in der Welt ist / und fast seit der Erschaffung der Welt.“320 Ebenso konstatiert Paprocki nun aus seinen geschichtlichen Belegen heraus verschiedene Begründungen, die zum Erwerb von Adel führen können, wobei der normative Anspruch des Tugendnestes nicht wirklich verloren geht. Es sind in erster Linie Tapferkeit und Tugend, die einen legitimen Adel ausmachen – einen Adel, der von allem Anbeginn an auf das engste mit seinem jeweiligen Wappen verbunden war. Ohne Wappen kein Adel – solche Schlussfolgerung drängt sich zumindest aus Paprockis Argumentation unweigerlich auf. Darum ist es umso erstaunlicher, dass der Autor des Tugendnestes, der eindringlich auf die Verleihung von Wappen durch den Herrscher insistierte, nun explizit bemerkt, der antike Adel, dessen heraldische Abzeichen er als Urformen der gegenwärtigen Wappen abbildet, habe sich seine Zeichen selbst gegeben „und diese Erinnerung an sich […] (seiner) Nachkommenschaft als größte Schätze hinterlassen.“321 Deutet sich schon die Reorganisation der Kompendienstruktur durch eine gewisse Abkoppelung der Wappen von den Herrschern an, findet sie hier eine weitere Bestätigung. Dies bedeutet keineswegs, dass hieraus eine völlige Unabhängigkeit des Adels von monarchischer Anerkennung folgte. Sie blieb in anderer, weitaus abstrakterer Weise erhalten. In der Forschung ist betont worden, dass die Wappen der polnischen Ritterschaft einen „wissenschaftlicheren“ Charakter trügen als alle bis dahin entstandenen heraldischen Werke für Polen und Litauen.322 Festgemacht wird dies nicht allein daran, dass Paprocki offensiv seine eigenen Recherchen thematisiert und an etlichen Stellen deren Grenzen expliziert. Darüber hinaus sind es vielmehr die von ihm vorgenommene „Historisierung“ mit einer intensiven Ausbeutung der gängigen Chroniken und Geschichtsdarstellungen sowie die ausführlichen Zitate und Abdrucke ganzer Privilegien und Urkunden, die zu diesem historiographischen Urteil beigetragen haben. So wurde die Hierarchie von Wappenverbänden und der einzelnen Adelshäuser auf eine neue Grundlage gestellt. Anstelle der zahlreichen typologisierten Personendarstellungen des Tugendnestes dominierten nun gewaltige Textblöcke die Darstellungen zu den einzelnen Familien, wogegen die Wappenexplikationen übrigens schon rein quantitativ in den Hintergrund rückten. Herrscher traten in diesem Kontext nur noch als – wenn auch notwendige – Aussteller von Privilegien auf. Mithin durchlief die heraldisch-genealogische Handreichung eine erstmalige und vor allem eine zen-
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P, Herby, 3. Ebenda, 7. 322 B, Frühneuzeitliche Nationen, 245. 321
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trale Kodifizierung durch die konzentrierte Sammlung und Fixierung einzelner historischer Belege und Rechtsakte. Der Memorialapparat des Tugendnestes aus Bildern und Versen verschwand dagegen weitgehend und die Wappen der polnischen Ritterschaft wurden zu einer neuen Form von enzyklopädischem Nachschlagewerk mit historiographisch-juridischem Charakter. Bemerkenswerterweise begleitete eine terminologische Verschiebung diese Wandlung. War das Tugendnest in weiten Teilen ohne die respublica ausgekommen, schien sie wiederum in den Wappen der polnischen Ritterschaft in stärkerer Gleichberechtigung neben das Vaterland, die oyczyzna, zu treten. Die nobilitierenden Verdienste des Einzelnen und seines Hauses wurden nun nämlich tendenziell auch der respublica geleistet,323 einer respublica, die als Gemeinwesen durch rechtliche Kodifizierung und politische Beratung charakterisiert wurde.324 In einem zeitlichen Abstand von nur sechs Jahren veröffentlicht, bieten die zwei heraldisch-genealogischen Kompendien von Bartłomiej Paprocki bei etlichen grundsätzlichen Übereinstimmungen zwei recht divergierende Systematisierungsansätze des polnischen und litauischen Adels. Die Veränderungen innerhalb eines sehr überschaubaren Zeitraumes fallen noch einschneidender aus, berücksichtigt man auch das auf Jan Długosz zurückgehende Wappenbuch – sei es zumindest in der Druckausgabe des Ambrosius von Nissa aus dem Jahr 1562. Die Spanne reicht dabei von einer unkommentierten Sammlung möglichst aller bekannter, in erster Linie polnischer, Wappen, über die Einbindung von Wappen- und Familienverbänden in eine stoizistisch geprägte Tugendkonstruktion bis hin zu einem von Nachweisen gesättigten historisch-juridischen Nachschlagewerk. Gemein ist allen diesen Ansätzen ein hierarchisches Ordnungsprinzip, das sich nach der Anciennität richtet und auf eine graduelle Abstufung von Reputation abzielt. Paprocki erweitert die heraldische Auflistung durch genealogische Ausführungen und schafft damit ein für die Folgezeit prägendes Muster, das seine Attraktivität sicherlich nicht zuletzt der in den Wappen der polnischen Ritterschaft gefundenen Form verdankt. Hier scheint er dem Bedürfnis einer kodifizierten Absicherung der Genealogie gerecht zu werden, die mit einer zunehmenden Bedeutung schriftlich fixierter Rechtlichkeit einherging.325 Mit dem Anspruch Paprockis, nach Möglichkeit alle Wappen und adligen Häuser des gesamten Doppelreiches zu erfassen, dürfen beide seiner Werke eine bis dato unbekannte vereinheitlichende Wirkung beanspruchen. Dass solche Zentralisierung und Unifizierung des heraldisch-genealogischen Wissens zu323 So etwa Paprockis Ausführungen zum Haus Te˛czyn´ski, wo die Verdienste des Hauses im einleitenden Absatz der respublica, im abschließenden Lobgedicht der oyczyzna gelten, P, Herby, 32, 38. 324 Ebenda, 60, 61. 325 Vgl. hierzu ausführlich Kap. 1.4, S. 133 f.
1.3 Tugendgemeinschaft: Adel als genealogisch-heraldischer Entwurf
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gleich mit einer gewissen Verfestigung separater Landesteile einhergingen, stellt dabei keinen Widerspruch dar. Vielmehr verdeutlicht der Versuch einer einheitlichen Darstellung vor allem die Differenziertheit, die frühneuzeitliche Konstruktionsansätze von Gemeinwesen aufweisen. Familie, Wappenverband, Landesteil und Gesamtreich schälen sich als distinkte, jedoch untereinander verschränkte Bezugseinheiten heraus. Wie jene jeweils auf einer abstrakten Ebene definiert werden, bleibt offen, ohne lediglich vage zu sein. Nebeneinander stehen die Abstammungsgemeinschaft, der gemeinsame Bezug auf ein Wappen, der Landesteil oder das gesamte Gemeinwesen als Tugendprinzipien unterworfene Gemeinschaft, als emotional besetzte oyczyzna beziehungsweise als rechtlich regulierte und durch politische Beratung geprägte respublica. Schwerlich kann man diesbezüglich von einer klaren Entwicklungsgeschichte ausgehen. Paprocki selbst verweist in seinen Wappen der polnischen Ritterschaft vielfach auf seine Ausführungen im Tugendnest. Der kurze Veröffentlichungsabstand dürfte eher für eine zumindest zeitweilige Koexistenz beider Kompendien als für die unmittelbare Ablösung des einen durch das andere Werk sprechen. Der normative Anspruch, den man Paprocki mit seinen Arbeiten unterstellen darf, wurde dabei vom angesprochenen Adel durchaus verstanden und ernst genommen. Darauf weisen nicht nur Paprockis eigene Modifikationen in den Wappen der polnischen Ritterschaft in Reaktion auf Proteste hin, sondern auch die Aneignung seines systematischen Angebotes durch die Leser. In zahlreichen Exemplaren wurden nicht genehme Seiten entfernt, Seiten hinzugefügt.326 Vielfache Marginalien weisen auf eine intensive Rezeption hin; handschriftlich wurden nicht nur Hinweise auf besonders interessierende Stellen und kurze inhaltliche Paraphrasen gesetzt, sondern von späteren Lesern auch Paprockis Zeithorizont übersteigende Informationen ergänzt.327 Diese zeitgenössisch gängige Form der Aneignung von Büchern und deren Modifikation bezeugt einen aktiven heraldisch-genealogischen Diskurs im Adel,328 der weit über Paprockis Kompendien hinausging, für den letztere jedoch einen entscheidenden Kristallisationspunkt bildeten. Allge-
326 Dies wurde bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts bemerkt und kommentiert: W, M, Historya literatury polskiej. Tom 7, Krako´w 1845, 509 f. 327 Vgl. etwa die Exemplare des Tugendnests und der Wappen der polnischen Ritterschaft in der Ossolin´ski-Bibliothek: P, Gniazdo cnoty, Sign. XVI 4333; P, Herby, Sign. XVI 4127. 328 Die Anfertigung von Marginalien gehörte zu einem bereits in der Schule erlernten Umgang mit Texten, der auf deren Memorierung und deren Verständnis zielte: S, W H., Used Books. Marking Readers in Renaissance England, Philadelphia 2008, 3–5. Zu Namenseinträgen und anderen handschriftlichen Eintragungen als Form der Inbesitznahme des Buches, aber auch Selbststilisierung: S-W, J, Reading Graffiti in the Early Modern Book, in: Huntington Library Quarterly 73.3 (2010), 363–381.
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1. Mit dem Adel Staat machen
mein herrscht ein Konsens in der Forschung darüber, dass es in Polen-Litauen nur relativ schwach ausgeprägte zentrale Kontrollinstanzen gegeben habe, die über die Zugehörigkeit zum Adelsstand autoritativ entscheiden konnten.329 Nichtsdestoweniger sind die ständischen Selbstkontrollmechanismen keineswegs zu unterschätzen. Gerade der Erfolg der genealogischen Systematisierungen Paprockis und seiner Nachfolger und die ihnen zugeschriebene Autorität zeigen, dass sich der polnische und litauische Adel durchaus in die europaweiten Versuche des ausgehenden 16. und des 17. Jahrhunderts einschrieb, Adel neu zu definieren beziehungsweise abzugrenzen.330 Damit gingen Bemühungen einher, Nobilitierungen über den Sejm zu regulieren und aus der alleinigen Kompetenz des Monarchen herauszulösen.331 Darüber hinaus wurden im ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhundert verschiedene Gesetze verabschiedet, die Abstammungskriterien für Adelszugehörigkeit definierten sowie Sanktionen für Usurpationen von Adel festlegten.332 Vor dem Krontribunal kam es im Zuge dessen mehrfach zu Prozessen gegen vermeintlich falsche Adlige.333 Vielsagend scheint schließlich ebenso die wohl in den 1620er Jahren handschriftlich entstandene Denunziation unrechtmäßiger Adliger. Bei diesem Liber generationis plebeanorum handelte es sich um eine umfangreiche Auflistung all derjenigen, die sich nach der Meinung des Autors ihre Adelsqualität lediglich anmaßten.334 Für Polen-
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B, Erinnerungsbrüche im polnisch-litauischen Hochadel, 250 f. Mit sehr kursorischen und der klassischen Forschungsmeinung folgenden Anmerkungen zu Polen-Litauen: A, Europäischer Adel, 32–42, zu Polen-Litauen hier 41. 331 M, J, Nobilitacja i indygenat w szlacheckiej Rzeczypospolitej, in: Annales Universitatis Mariae Curie-Skłodowska. Sectio F 45 (1990), 355–363. 332 So im Dritten Litauischen Statut von 1588 (hier zitiert nach der polnischsprachigen Ausgabe des 18. Jahrhunderts: Statut Wielkiego Xie˛stwa Litewskiego […], w Wilnie 1744, 80–82 (Rozdz. III, Art. 19–22)) und in der Gesetzgebung des Krönungssejms von 1633: Konstytucye seymu walnego koronacyi Kro´la Jego Mos´ci roku Boz˙ego 1633, in: Volumina Constitutionum, Tom 2: 1611–1640. Volumen 2: 1627–1640, ed. v. Stanisław Grodziski, Marcin Kwiecien´ u. Anna Karabowicz, Warszawa 2013, 195–228. Seit dem 15. Jahrhundert ebneten sich die regionalen Unterschiede zumindest zwischen Klein- und Großpolen ein. Der gerne beschrittene gerichtliche Weg einer fiktiv provozierten Adelsrüge (nagana) bildete dabei die Möglichkeit, die eigene Adelsqualität gerichtsfest vorzuführen und bestätigen zu lassen. Hier waren dann zwei Zeugen väterlicherseits, zwei Zeugen mütterlicherseits und zwei Zeugen von Seiten der Großmutter väterlicherseits aufzubieten, M, Nobilitacja i indygenat, 361. 333 Z, W, Trybunał Koronny dawnej Rzeczypospolitej, Piotrko´w Trybunalski 1993, 73 f. 334 N T, W, Liber generationis plebeanorum („Liber chamorum“), Tomy 1–2, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Julian Bartys´ u. Zbigniew Kuchowicz, Wrocław u.a. 1963. 330
1.4 Rechtsgemeinschaft: Freiheit, Gleichheit, Adligkeit
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Litauen galt mithin das, was allgemein in Bezug auf Definition und Zugehörigkeit zum Adel konstatiert worden ist:335 „Adlig also war, wer von den anderen für adlig gehalten wurde. […] Fehlte diese Anerkennung, nützte auch der schönste Adelsbrief wenig. Solche Anerkennung aber richtete sich vor allem nach dem persönlichen Verhalten eines Mitglieds: ob es sich so benahm wie es adliger ,Ehre‘ entsprach, also gemäß den Werten lebte und handelte, nach denen sich das adlige Kollektiv definierte.“
1.4 Rechtsgemeinschaft: Freiheit, Gleichheit, Adligkeit Der Drucker und gelehrte Humanist Jan Januszowski war ruiniert. Sein großer Systematisierungsvorschlag des polnischen Rechts hatte nicht die Approbation des Sejms gefunden. Januszowski blieb auf den Kosten seiner jahrelangen Vorbereitungen sowie der Herstellung etlicher Exemplare sitzen.336 Zwei Jahre nach dem Druck seiner Statuta im Jahr 1600 versuchte er, in einer Flugschrift doch noch für deren offizielle Anerkennung zu werben. Januszowski insistiert hier nicht nur auf einer gewissen göttlichen Eingebung, die ihn geleitet habe, schließlich sei Gott auch die höchste Quelle des Rechts.337 Darüber hinaus verteidigt er vor seinen adligen Adressaten im Sejm den Wagemut, eine neue umfassende Rechtssammlung herauszugeben mit einer ethischen Verantwortung dem Vaterland, dem König und der respublica gegenüber. Alle rechtlichen Systematisierungsversuche seien umstritten und er selbst fehlbar, dies solle jedoch kein Hinderungsgrund sein, ein solches Unternehmen anzugehen, „denn virtus in actione consistit.“338 Es mag schwerlich als Zufall anzusehen sein, dass es sich hierbei um die Paraphrase eines zeitgenössisch einschlägigen Zitats aus Ciceros De officiis handelt.339 Der unmit335 W, G, Freiheit, Freundschaft, Fürstengunst. Kriterien der Zugehörigkeit zum Adel in der Frühen Neuzeit, in: Hans Beck / Peter Scholz / Uwe Walter (Hg.), Die Macht der Wenigen. Aristokratische Herrschaftspraxis, Kommunikation und ,edler‘ Lebensstil in Antike und Früher Neuzeit, München 2009 (Historische Zeitschrift. Beiheft 47), 301–322, 312. 336 J, J, Statuta, Prawa Y Constitucie Koronne Łacinskie Y Polskie z Statutow Łaskiego Y Herborta Y Z Constituciy Koronnych Zebrane Y na ksia˛g dzies´ie˛c´ioro, na cze˛s´ci, tytuły, prawa y paragraphy [...] spisane, sporza˛dzone y wydane, Krako´w 1600. Zu den Statuten und deren Entstehungsgeschichte: K-Z, Czcionka˛ i pio´rem, 220–251; K-G, A, Art. Jan Januszowski, in: dies. (Hg.), Drukarze Dawnej Polski. Tom 1: Małopolska, Cze˛s´c´ 1: wiek XV–XVI, 69–99, 93. 337 Wywod I. Ianuszowskiego y obmowa: Z strony Statutow Koronnych od s´iebie dla Correctury praw sporza˛dzonych, spisanych y wydanych, w Krakwoie 1602, in: Bolesław Ulanowski (Hg.), Dwie borszury prawne z r. 1602 i 1608, Krako´w 1920, 1–20, 4. 338 Ebenda, 5. 339 Zur Popularität von De officiis in Polen: B, Frühneuzeitliche Nationen,
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telbare Kontext des paraphrasierten Satzes ist dabei zum einen der Feststellung des Arpinaten gewidmet, die Erkenntnis der Wahrheit gehöre zum Bereich des honestum, zum anderen besteht er auf der praktischen Rückbindung des Wissens, das kein theoretischer Selbstzweck sein dürfe.340 Die Bedeutung des adligen Justizwesens wird in der polnischen Forschung teilweise hervorgehoben,341 obgleich hierzu ebenso umfangreichere neuere Studien fehlen wie zum normativen juridischen Diskurs insgesamt.342 Die erste durch Sejm und König approbierte umfangreiche Rechtssammlung wurde dabei 1506 von Kronkanzler Jan Łaski vorgelegt. Diese Veröffentlichung bildete allerdings nur den Auftakt einer ganzen Welle von Kodifizierungsvorschlägen, die im Verlauf der folgenden rund einhundert Jahre erschienen. Wenn an dieser Stelle von „Kodifikationen“ und in diesem Zusammenhang von „Systematisierungen“ die Rede ist, sollte dies allerdings nicht zu der Vorstellung führen, es habe sich zeitgenössisch um die Schaffung vollkommen kohärenter und allumfassender Rechtsdarstellungen gehandelt. Das Gewohnheitsrecht und andere Rechtsquellen wurden in diesem Sinne durch die Kodifikation nicht unbedingt ausgeschlossen.343 Wurden verschiedene Systematisierungsversuche des Rechts im Polen der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch die Exekutionsbewegung katalysiert,344 gaben die polnisch-litauische Realunion und die Etablierung des Wahlkönigtums in der zweiten Jahrhunderthälfte Anlass, weitere Rechtssammlungen zu erstellen. Eine entscheidende Rolle spielte hierbei die Diskrepanz zwischen der Ent43; hier auch der Hinweis auf B, T, Antyk w literaturze i kulturze staropolskiej (1450–1750). Gło´wne problemy i kierunki recepcji, Wrocław u.a. 1976, 39, 100–102. Allgemein zur breiten frühneuzeitlichen Rezeption von Cicero in Polen-Litauen: O, B, Cyceronianizm w Polsce, in: Janusz Pelc (Hg.), Literatura staropolska i jej zwia˛zki europejskie, Wrocław u.a. 1973, 99–129. 340 Cic. De off., I, 19. 341 A, Historia Polski, 130–138; mit deutlicherer Zurückhaltung dagegen: M, Historia Polski, 82–84. 342 Die Forschungssituation zum adligen Justizwesen beschreibt konzise mit einem umfassenden Überblick über die – angesichts der breiten Desiderata – recht wenigen Arbeiten zum Thema des adligen Justizwesens auch jenseits der Zentralgerichte M, A, Mazowieckie sa˛dy ziemskie (1588–1648). Organizacja – funkcjonowanie –poste˛powanie, Warszawa 2013, 9–11. 343 S, M P., Gesetz und Herrschaft. Die Entstehung des Gesetzgebungsstaates am Beispiel Tirols, Köln / Weimar / Wien 2010, 482. Dabei ging es u.U. eher um die Normierung als besonders regelungsbedürftiger Fragen bzw. die Festlegung eines ius certum. Zum Problem des ius certum als Ziel frühneuzeitlicher juristischer Anstrengungen: M, H, ,Lex certa‘ and ,ius certum‘. The Search for Legal Certainty and Security, in: Lorraine Daston / Michael Stolleis (Hg.), Natural Law and Laws of Nature in Early Modern Europe. Jurisprudence, Theology, Moral and Natural Philosophy, Farnham u.a. 2008, 73–88. 344 B, Ständische Reformbewegungen, 53–56.
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wicklung der Rechtskodifizierung im Großfürstentum Litauen und der Krone Polen. Mit den Litauischen Statuten, die erstmals 1529 publiziert bis zu den Dritten Statuten von 1588 eine stetige Anpassung erfuhren, verfügte das Großfürstentum über eine eng am Römischen Recht orientierte verbindliche Rechtskodifizierung.345 Demgegenüber sollten für die Krone Polen die Statuten Łaskis die einzige offiziell legitimierte Gesetzeskompilation bleiben, während den in regelmäßigen Abständen in Auftrag gegebenen Modifikationen dieses Werkes letztlich die Anerkennung durch die Ständeversammlung versagt blieb. Der eingangs zitierte Jan Januszowski blieb mit seinem Systematisierungsversuch aus dem Jahr 1600 mithin nicht alleine, sondern konnte mit der Überarbeitung der Łaski-Statuten durch die Sejmkommission unter der Leitung Mikołaj Taszyckis (1532)346 sowie den Entwürfen von Jakub Przyłuski (1553), Jan Herburt (1570) oder Stanisław Sarnicki (1594) auf eine stattliche Reihe von Vorgängern blicken.347 Folgerichtig wurde auch sein Entwurf nur rund ein Jahrzehnt später durch Teodor Zawadzkis in Frage gestellt.348 Als Reaktion auf den Versuch, das Recht in der Krone Polen in solchen Gesamtent-
345 Die sich formierende polnische Rechtsgeschichte hatte schon im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert intensiv über den Einfluss des Römischen Rechts in Polen bzw. Polen-Litauen gestritten. Für die litauische Kodifzierung des Dritten Statuts von 1588 liegen hierzu neuere Analysen vor: B, J, Statuty litewskie a prawo rzymskie, in: ders. / Marek Kuryłowicz (Hg.), Pomniki prawa doby Renesansu w Europie S´rodkowo-Wschodniej, Warszawa 1999, 9–165; G, S, Elementy romanistyczne w III Statucie Litewskim (1588), in: Adam Lityn´ski / Piotr Fiedorczyk (Hg.), Wielokulturowos´c´ polskiego pogranicza. Ludzie, idee, prawo, Białystok 2003, 133–143; . Elementy prawa rzymskiego w III Statucie litewskim (1588), Warszawa 2004. 346 Statuta inclyti Regni Poloni[a]e recens recognita emendata, Cracoviae 1532 (Edition: Correctura statutorum et consuetudinum regni Poloniae anno MDXXXII decreto publico per Nicolaum Taszycki, Bernardum Macieiowski, Georgium Myszkowski, Benedictum Izdbien´ski, Albertum Policki et Nicolaum Koczanowski confecta et conventoni generali Regni anno MDXXXIV proposita, ed. v. Michał Bobrzyn´ski u. Wincenty Andrzej Kornecki, Cracovia 1874 (Starodawne prawa polskiego pomniki 3).). Zur Kommission und deren Arbeit: U, W, Pro´ba kodyfikacji prawa polskiego w pierwszej połowie XVI wieku. Korektura praw z 1532 r., Warszawa 1979, 115–152. 347 P, J, Leges seu Statuta ac Privilegia Regni Poloniae omnia hactenus magna ex parte vaga, confusa et sibi pugnantia iam autem [...] collecta, digesta, et conciliata, o.O. o.J. [Szczucin/Krako´w 1553]; H, J, Statuta Y Przywileie Koronne z Łacin´skiego ie˛zyka na Polskie przełoz˙one nowym porza˛dkiem zebrane y spisane, o.O. o.J. [Krako´w 1570]; S, S, Statuta Y Metrika Przywileiow Koronnych Ie˛zykiem Polskim Spisane, Y porza˛dkiem prawie przyrodzonym a barzo snadnym nowo zebrane, Krako´w 1594. 348 Z, T, Compendium To iest Krotkie Zebranie wszytkich a wszystkich Praw, Statutow, y Constituciy Koronnych, az˙ do Roku 1613 inclusive Na szesc rozdziałow Rozporza˛dzone y wydane, Krako´w 1614.
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würfen zu homogenisieren, entstanden wiederum in Masowien und besonders in Preußen – vom Monarchen bestätigte – regionale Kodifizierungen. Die Masowische Landesordnung von 1540 und die Preußische Korrektur (Korektura Pruska) aus dem Jahr 1598 grenzten aus unterschiedlichen Kontexten heraus die spezifischen Gewohnheitsrechte und Privilegien ab und schützten sie vor einem übergreifenden kronpolnischen Regelungszusammenhang.349 Von Interesse ist im vorliegenden Kontext, welche Spannweite ein gelehrter rechtlicher Diskurs aufwies, in dessen Rahmen Adligkeit zu normieren versucht und der Adel im Gemeinwesen zu verorten angestrebt wurde. Die in den Statuten des 16. Jahrhunderts gesammelten Rechtssätze bezogen sich dabei neben den Grundlinien der Ämterorganisation, der Standesabgrenzung, der Policeyordnung und des Prozessrechtes materiell auf das, was etwa in der Rechtskorrektur Taszyckis, die auf dem Sejm von 1534 vorgelegt wurde, mit dem Begriff des „Landrechtes“ bezeichnet worden war.350 In diesem Sinne fanden die Stadtrechte keine Aufnahme. Allein die grundsätzlichen Privilegien, mit denen den Städten von monarchischer Seite eigenes Recht zugebilligt worden war, sowie alle Grundsätze, die Berührungspunkte zwischen Adel und Stadtbürgern regelten, wurden in den Statuten berücksichtigt.351 Der normative juridische Diskurs, der anhand der Statuten nachgezeichnet werden kann, richtete sich mithin zum einen stets direkt an die adligen Justizvertreter- und nutzer beziehungsweise die adligen Ständever-
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Ducatus Mazoviae quaecunque vel more antiquo, vel ducum sanctionibus prolata, publico consensu approbata servantur, bona fide collecta et in unum volumen comportata opera atque diligentia Magnifici Dni Petri Gorinski [...]authoritate Serenissimi Principis et Dni Dni Sigismundi, Dei gratia regis Poloniae etc. confirmata et publicata, in: Jan Wincenty Bandtkie (Hg.), Jus Polonicum Codicibus veteribus manuscriptis et editionibusquibusque collatis, Varsaviae 1831, 365–472; hierzu auch: R, S, Z dziejo´w prac przygotowawczych do ostatecznej redakcji zwodu prawa mazowieckiego z 1540 r., in: Czasopismo Prawno-Historyczne 9.1 (1957), 9–43. Jus Terrestre Nobilitatis Prussiae Correctvm Anno Domini M. D. XCVIII, Thorunii 1622; hierzu: Z, Z, Korektura pruska – jej powstanie, dzieje oraz jej rola w historii polskiej jurysdykcji i mys´li prawniczej (1598–1830), in: Czasopismo Prawno-Historyczne 13.2 (1961), 109–157. 350 Im Entwurf der Sejmkommission unter Leitung Taszyckis wird das Stadtrecht etwa negativ als nicht zugehörig zum ius terrestre abgegrenzt (Correctura statutorum et consuetudinum regni Poloniae, 133). Solche Formulierung findet sich etwa bei Jan Łaski in der Statutensammlung, trotz ähnlicher Systematisierung so noch nicht. 351 P, Leges seu Statuta, 291–304, 305, 560; H, Statuta Y Przywileie, 294–306; J, Statuta, Prawa Y Constitucie, 1016–1074. Aus der Systematik der Statuten Sarnickis verschwindet das Stadtrecht dagegen vollständig. Bürger kommen hier ausschließlich in den zitierten Gesetzestexten im Kontext einer etwaigen Konfrontation mit dem Adel vor, vgl. S, Statuta Y Metrika, 500, 503.
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treter und wurde zum anderen wesentlich von Autoren adliger Herkunft dominiert.352 Grundsätzlich lag allen Systematisierungsansätzen der Wille zu einer Rechtsvereinheitlichung und letztlich zu einer gewissen Rechtsmonopolisierung zugrunde – eine Entwicklung, die sich in die europaweite Tendenz einer Juridifizierung einordnen lässt.353 Auch wenn man die modernisierungstheoretischen Implikationen dieser strukturgeschichtlichen Einordnung nicht unkritisch übernehmen mag, bleibt doch die Feststellung, dass mindestens ab dem 16. Jahrhundert europaweit eine zunehmende Verschriftlichung und veränderten Systematisierung von Recht mit der immer intensiveren Nutzung gerichtlicher Instanzen einherging.354 Dabei ist in der Forschungsdiskussion nicht zuletzt auf den bedeutenden Komplex außergerichtlichen Konfliktaustrags ebenso hingewiesen worden wie auf das Weiterbestehen nicht verschrifteter Normen.355 Auch in dieser Hinsicht griffe es also zu kurz, Ju352
K, H, Art. Jakub Przyłuski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 29, Wrocław u.a. 1986, 206–209; . / S, J, Art. Stanisław Sarnicki, in: Polski ˙ , R, Art. Jan Słownik Biograficzny, Tom 35, Wrocław u.a. 1994, 217–223; Z Herburt, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 9, Wrocław u.a.1960–1961, 440–442. Zum – bürgerlichen – Drucker Januszowski: K-Z, Czcionka˛ i pio´rem. Die direkte Adressierung an den Adel machen in allen Kompendien bereits die Vorreden an den Leser deutlich, vgl. P, Leges seu Statuta, c1 v.; J, Statuta, Prawa Y Constitucie, o.S. [IX**r.–XI**r.]. Jan Herburt richtet ausschließlich eine Widmung an den Monarchen: H, Statuta Y Przywileie, Aii r.–Aiv v., ähnlich Sarnicki mit einer Vorrede an den Monarchen und einem Memorial an den Senat: S, Statuta Y Metrika, 3*r.–4*v., o.S. [7*r.–8*r.]. Alle diese Rechtssammlungen fanden aber natürlich auch bürgerlich-städtische Rezipienten: R, E, Ksie˛gozbio´r Rady Miasta Lwowa w okresie staropolskim, in: Annales Universitatis Paedagogicae Cracoviensis. Studia ad Bibliothecarum Scientiam Pertinentia 11 (2013), 26–43, 31 f. 353 Unter Juridifizierung soll hier die zunehmende Dominanz von rechtswissenschaftlich ausgebildeten Juristen, einer in diesem Kontext betriebenen Verschriftlichung von Recht und der sich ausweitende Anspruch von solcher Art genormten Texten und von Institutionen verstanden werden, die sich hierauf stützten. Der Begriff Verrechtlichung scheint in diesem Sinne diskussionswürdig, suggeriert er doch nolens volens, dass zuvor kein Recht bestanden habe. Der sich ab dem 15. Jahrhundert verdichtende Prozess veränderte hingegen nur den Umgang mit Recht im Sinne einer Veränderung der Rechtskultur. Zum Begriff der „Verrechtlichung“: S, W, Einführung in die Neuere Geschichte, Stuttgart 31996, 81–84; zu den Implikationen von „Rechtskultur“: R, H, Rechtskultur in der Frühen Neuzeit. Perspektiven und Erkenntnispotentiale eines modischen Begriffs, in: Historische Zeitschrift 278 (2004), 347–374. 354 F, R-P, Der lange Kampf der Catharina von Dahlhausen um ihre Ehre. Eine Fallstudie zur Justiznutzung von Frauen im 16. Jahrhundert, in: Siegrid Westphal (Hg.), In eigener Sache. Frauen vor den höchsten Gerichten des Alten Reiches, Köln / Weimar / Wien 2005, 43–60, 45 f. 355 G, B (Hg.), L’infrajudiciaire du moyen aˆge a` l’e´poque contemporaine, Dijon 1996; L, F, L’infrajudiciaire. Facetten und Bedeutung eines Kon-
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ridifizierung als alleinig bestimmenden Prozess zu verstehen oder die Rationalität des Rechts zu überschätzen. Entsprechend erweist sich der Diskussionsprozess um neue Rechtskodifikationen für die Krone Polen im 16. Jahrhundert als aufschlussreich. Auf dem Sejm von 1563/64 etwa wurde Jan Herburt mit der Überarbeitung der Łaski-Statuten beauftragt.356 Schon auf dem vorhergehenden Sejm waren senatorische Wortmeldungen zu Beginn der Ständeversammlung laut geworden, die die Bedeutung einer neuen offiziell approbierten Rechtssammlung betonten. Die Redner verwiesen in diesem Zusammenhang auch auf Widersprüche, die sich im Laufe der Zeit in der Gesetzgebung des Sejms akkumuliert hätten.357 Letztlich ging es bei allen Argumentationen darum, die „Konstitutionen“, sprich die Einzelgesetze, mit dem „Recht“ an sich in Einklang zu bringen. So beklagte exemplarisch Janusz Kos´cielecki, der Wojewode von Sieradz, in den Konstitutionen werde vieles „gegen das Recht“ statuiert.358 So sehr man auch eine kohärente Gesetzgebung, insbesondere mit Blick auf die Gerichtspraxis, einforderte – eine mit solcher Systematisierung einhergehende vereinheitlichte Vorstellung von Recht fand jedoch keine allgemeine Zustimmung oder lag womöglich noch nicht einmal im Interesse der Beteiligten. Somit ging auch die Approbation von Herburts Statutensammlung letztlich stillschweigend unter, obgleich sie in der Rechtspraxis weit verbreitet war. Damit teilte sie das Schicksal aller anderen Statutenveröffentlichungen, die zu weiten Teilen im Gerichtsalltag koexistierten und Anwendung fanden.359 Dennoch sollte neben Herburts polnischsprachiger Systematisierung der Statuten, nicht zuletzt seine schon zuvor erschienene alphabetische Gliederung des Rechts, bis weit in das 18. Jahrhundert hinein die im Adel wohl am weitesten verbreitete und populärste Rechtssammlung bleiben.360 zepts, in: Andreas Blauert / Gert Schwerhoff (Hg.), Kriminalitätsgeschichte. Beiträge zur Sozial- und Kulturgeschichte der Vormoderne, 545–562. 356 Konstytucye sejmu koronnego warszawskiego 1563 i roku 1564, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 122–127, 123 f. 357 Piotrkowski Sziem Anno Domini 1562, in: Z´ro´dłopisma do dziejo´w Unii Korony Polskiej i Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego. Cze˛s´c´ 2, Oddział 1, ed. v. Tytus D, Poznan´ 1856, 1–186, 9–18; entsprechende Wortmeldungen auf dem Sejm von 1563/64: Warszawski Sziem Anno 1563, in: ebenda, 187–425, 208, 210. 358 Warszawski Sziem Anno 1563, 203 f. 359 Zur Ablehnung der Correctura iurium der Taszycki-Kommission durch den Sejm: U, Pro´ba kodyfikacji prawa polskiego, 187–246; zu den weiteren Kodifikationsversuchen: ., Historia pan´stwa i prawa polskiego. Tom 1: 966–1795, Warszawa 2010, 170 f. 360 H, J, Statuta Regni Poloniae in Ordinem alphabeti digesta, Cracoviae 1563. Allein bis in das erste Drittel des 16. Jahrhunderts folgten mit den Ausgaben aus den Jahren 1567, 1597, 1613 und 1620 vier Neuauflagen, vgl. E, K, Bibliografia polska. Cze˛s´c´. 3. Tom 7 (Ogo´lnego zbioru tom 18), Krako´w 1901, 131 f.
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Die Vielfalt nebeneinanderstehender Systematisierungsansätze führt direkt zum Kern der Frage, in welcher Weise Recht und Gesetz zeitgenössisch verstanden wurden. Die von Janusz Kos´cielecki auf dem Sejm von 1563 monierte Diskrepanz von Gesetzen (Konstitutionen) und „Recht“ verweist dabei auf ein in der neueren Rechtsgeschichte intensiv diskutiertes Problem. Positives Recht, so konstatiert etwa Jan Schröder, war im 16. und 17. Jahrhundert schlechterdings nicht von einer aus göttlicher Legitimation abgeleiteten, übergreifenden und weit bis unscharf definierten Naturrechtsvorstellung zu trennen.361 Gesetzen war in diesem Sinne ein ethischer Charakter inhärent, sie wurden als tugendhaft, „vernünftig, gerecht und gut oder jedenfalls zweckmäßig“ aufgefasst.362 Kos´cieleckis Rechtsbegriff scheint in diesem Zusammenhang jedoch keineswegs eindeutig. Kann unter seiner Kritik eine mangelnde Ausrichtung der Sejmkonstitutionen an Naturrecht und moralischen Maßstäben einerseits subsumiert werden, mag sie sich andererseits auch auf den Umstand sich gegenseitig widersprechender oder überholter Gesetze beziehen. In diesem Spannungsfeld bewegten sich auch sämtliche juridische Systematisierungsvorhaben, die im 16. und frühen 17. Jahrhundert in der Krone Polen entstanden. Zielten sie zunächst auf die Bereinigung und materielle Berichtigung der Gesetze, stellten sie hiermit immer auch einen Eingriff in die ethisch-moralischen Normen der Gesellschaft dar. Dies umso mehr, da die einzelnen Autoren sich mühten, durch unterschiedliche Systematisierungsansätze das positive Recht jeweils in einen größeren interpretativen Rahmen einzufügen. Mit der Feststellung, dass die „diversitas constitutionum diversas inter homines controversias“ hervorbringe,363 konnte deshalb zugleich die Grundannahme einhergehen, auf dem Recht basiere jegliche Vergesellschaftung des Menschen.364 Mithin reichten die Vorschläge weit über eine reine Auflistung von einzelnen Rechtsvorschriften hinaus und entsprachen in ihrer juristischen Intention vielmehr dem zeitgenössisch sich immer stärker verbreitenden Typus enzyklopädischer Systematisierung als von der Obrigkeit oder vielmehr dem Herrscher promulgierten Gesetzessammlungen.365 Erkennbar wird dies bereits an der äußeren Form, in der die Statuta sukzessive
361
S, J, Pluralisierung als Deutungskonzept für die Rechtstheorie in der Frühen Neuzeit?, in: Jan-Dirk Müller / Wulf Oesterreicher / Friedrich Vollhardt (Hg.), Pluralisierungen. Konzepte zur Erfassung der Frühen Neuzeit, Berlin / New York 2010, 95–116, 98 f. 362 Ebenda, 96. 363 S, Statuta Y Metrika, 7* r. 364 P, Leges seu Statuta, d2 r. 365 Grundsätzlich ist hier anzumerken, dass die Adressaten und teils die Verfasser der Statutenkompilationen selbst zu nicht unerheblichem Teil als Amtsträger zur Obrigkeit gehörten, wenn auch ihr Anteil an der Herrschaftsausübung nur recht beschränkt blieb.
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erschienen. Für das Commune incliti Poloniae Regni Privilegium Constitutionum Jan Łaskis etwa liegen neben einfach gehaltenen Gebrauchsdrucken auch auf Pergament gedruckte Prachtausgaben vor, die im Sinne der symbolischen Kraft herrscherlicher Gesetzgebung als typisch gelten dürfen.366 Wird diese Form noch einmal in den Statuten Jan Herburts ansatzweise aufgenommen,367 verliert sie sich für die späteren Entwürfe vollkommen. Hier dominieren stattdessen graphisch auf die Anlage von Systemen ausgerichtete Indices und Überblickstafeln. Dies geht mit der Beifügung von Untertiteln einher, die ebenfalls auf einen ganzheitlich interpretativen Systemanspruch verweisen.368 Solche Anlage der Rechtswerke dürfte nicht zuletzt deren mangelnde Akzeptanz durch den Sejm beeinflusst haben. Schließlich hätte sich die Ständeversammlung mit der Entscheidung für einen Vorschlag auf eine unter vielen möglichen Interpretationen von positivem Recht und eben auch Naturrecht festgelegt. Damit standen die polnischen Juristen mit ihren Misserfolgen nicht allein, gestalteten sich eben aus diesen Gründen doch zeitgenössisch europaweit umfassende Kodifikationsbemühungen als schwierig.369 In Przyłuskis rechtstheoretischen Vorbetrachtungen wird die Existenz sowohl von ius als auch von leges aus der iustitia begründet.370 Letztere erfährt sowohl eine moralphilosophische wie auch eine juristische Definition, die aber trotz gegenteiliger Kategorisierungsversuche von Przyłuski letztlich nicht klar voneinander abgrenzbar erscheinen. Zum einen umfasst die iustitia 366 K-G, A, Art. Jan Haller, in: dies. (Hg.), Drukarze Dawnej Polski. Tom 1: Małopolska, Cze˛s´c´ 1: wiek XV–XVI, Wrocław u.a. 1983, 44–62, 48. 367 Nach der Vorrede an den König findet sich hier etwa zwischen den Folioseiten Aiv* v. und Bi* r. eine aufklappbare Großdarstellung des Sejms, was an die Zufügung des Holzschnitts in den Łaski-Statuten anknüpft. Gleiches gilt etwa für die bildliche Übergabe der Statuten durch Herburt an den Monarchen, für das es in den Łaski-Statuten ebenfalls ein ikonographisches Vorbild gibt (H, Statuta Y Przywileie, Aii* r.). 368 Diese Tendenz gibt es aber auch bei Herburt. Hier heißt es, die Statuten und Privilegien seien „nowym porza˛dkiem zebrane y spisane“ (mit neuer Ordnung gesammelt und aufgeschrieben“). Entsprechend auch bei allen anderen Kodifizierungsentwürfen: Przyłuski: „collecta, digesta, et conciliata“; Sarnicki: „porza˛dkiem prawie przyrodzonym a barzo snadnym nowo zebrane“ („mit fast natürlicher und sehr geschicklicher Ordnung neu gesammelt“); Januszowski: „Zebrane Y na ksia˛g dzies´ie˛c´ioro, na cze˛s´ci, tytuły, prawa y paragraphy [...] spisane, sporza˛dzone y wydane“ („gesammelt und nach zehn Büchern, in Teile, Titel, Rechte und Paragraphen aufgeschrieben, geordnet und herausgegeben“). 369 C, P, Art. Kodifikation, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 2, Berlin 1978, 907–922, 910–913; R, A, Un reˆve royal franc¸ais. L’unification du droit, in: Comptes rendus des se´ances de l’Acade´mie des Inscriptions et Belles-Lettres 148.4 (2004), 1553–1567; B, C, Systembildung in Europas Kodifikationen, in: Matthias Armgardt / Tilman Repgen (Hg.), Naturrecht in Antike und Früher Neuzeit, Tübingen 2014, 17–59, bes. 34–36. 370 P, Leges seu Statuta, d2 v.
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dabei von einem „philosophischen“ Standpunkt her alle Eigenschaften, die sich zugleich problemlos mit dem adligen Tugendkanon decken: Frömmigkeit, Tapferkeit, Mäßigung, Freigiebigkeit und Klugheit.371 Im Rahmen der juridischen Begriffsbestimmung von Gerechtigkeit hingegen unterscheidet Przyłuski im Sinne von Gerichtswesen zunächst eine Iusticia Distributiva seu Geometrica, die die Verteilung von Amtswürden und Ehren nach Verdienst betrifft und mithin die praktische Anwendung des ius publicum bildet.372 Daneben steht die auf das Privatrecht zielende Iusticia Commutativa seu Arithmetica, die sich auf die gerichtliche Klärung von Verträgen und Ehrkonflikten bezieht und deren Strafbemessung nach der „virtus in personis“ vorgenommen wird.373 Die Tugendprämisse durchzieht also gleichermaßen sämtliche Definitionsversuche. Sie fügt sich dabei ihrerseits in die Prinzipien eines alles überwölbenden Naturrechts göttlicher Provenienz ein, aus dem sich schließlich auch die Legitimität der Gesetze als konkreter Regeln zur Unterscheidung von Recht und Unrecht ableitet.374 Diese Argumentation fügt sich nahtlos in die allgemeine zeitgenössische europäische Tendenz ein: „In the same way as human law, the law of nature is primarly a law of morality or of law.“375 In ihrer Ausführlichkeit stellen die rechtstheoretischen Überlegungen in Jakub Przyłuskis Leges seu statuta von 1553 eine Ausnahme dar, die wohl nicht zuletzt dem Entstehungskontext geschuldet sind. Die Auseinandersetzungen innerhalb des Adels und zwischen Teilen des Adels und dem Monarchen hatte sich im Zuge der Exekutionsbewegung“ in den 1550er Jahren merklich zugespitzt und die Statuten dürften in diesem Sinne auch als Stellungnahme innerhalb dieser Auseinandersetzungen gelesen werden.376 Doch auch die 1563, nur zehn Jahre nach Przyłuski, von Jan Herburt veröffentlichten Statuta kommen weder ohne einen expliziten Hinweis auf die Exekutionsbewegung noch den Mobilisierungsbegriff der libertas aus. In den einleitenden Überlegungen Herburts werden folgerichtig die Begriffe „Recht“ und „Gesetz“ streckenweise gleich vollständig durch „Freiheit“ ersetzt, ohne dass 371
Ebenda. Ebenda. 373 Ebenda. 374 Ebenda, d3 r. 375 S, J, The Concept of (Natural) Law in the Doctrine of Law and Natural Law of the Early Modern Era, in: Lorraine Daston / Michael Stolleis (Hg.), Natural Law and Laws of Nature in Early Modern Europe. Jurisprudence, Theology, Moral and Natural Philosophy, Farnham u.a. 2008, 58–71, 63. 376 Zu den Debatten auf den Sejmen der beginnenden 1560er Jahre: C, K, Realizacja reform egzekucji do´br (1563–1665). Sprawa zastawo´w kro´lewszczyn małopolskich, Warszawa 1984, 11–54; G, Ł, Spory szlachty o dziesie˛ciny i jurysdykcje˛ duchownych na sejmach egzekucyjnych 1562–1565, in: Białostockie teki historyczne 11 (2013), 51–70. 372
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diese Vorgehensweise – anders als noch bei Przyłuski – dem Autor überhaupt erklärungsbedürftig erscheint.377 Solch eine generelle prominente Verquickung von leges und libertas sucht man in den nachfolgenden Statutenentwürfen von Stanisław Sarnicki und Jan Januszowski vom Ende des Jahrhunderts vergebens. Bei Sarnicki wird sehr wohl der Begriff der libertates verwendet, hier jedoch in einem sehr viel präziseren Kontext. Mit „Freiheiten“ werden allein all diejenigen Privilegien und Konstitutionen bezeichnet, die sich unmittelbar auf adlige Vorrechte und Immunitäten beziehen.378 Im Falle von Januszowskis Statuten fehlen solche emphatischen Verbindungen von Recht und Freiheit weitgehend. Doch auch hier wird jeweils dem Recht neben der Verteidigungsfähigkeit eine fundamentale Rolle für die Existenz des Gemeinwesens zugesprochen – und dies mit einer deutlich sakralen Überhöhung. Nach dem Vorbild der römischen Zwölftafelgesetze fordert er gar, „dass [das Recht, K.L.] ein Sacrosanctum sei.“379 Bemerkenswerterweise hatte bereits zuvor Stanisław Sarnicki in seinen Statuta y Metryka przywileiow koronnych von 1594 einen augenfälligen Rückbezug auf die Zwölftafelgesetze gewählt, indem er die gesamte Gliederung seines Statutenentwurfs an deren Struktur ausgerichtet hatte.380 Wenn auch die libertas in den beiden Statuten des ausgehenden Jahrhunderts keine argumentative Schlüsselfunktion zugewiesen bekam, so bewegen sie sich doch sonst ganz auf der von Przyłuski und Herburt vorgezeichneten Linie eines juridischen Gesamtinterpretationsanspruches des Gemeinwesens. Dabei implizierte allein schon der Regelungsumfang der Gesetze, die Aufnahme in alle Entwürfe des 16. Jahrhunderts fanden, stets einen definitorischen Eingriff in die Struktur des Gemeinwesens. Beredt erscheint in diesem Zusammenhang die Bemerkung Sarnickis, die Systematik des Römischen Rechts müsse in deren polnischer Adaptation merklich erweitert werden: „Denn dort [im Römischen Recht, K.L.] wird de universo statu imperii: über den Marschall, über die Kanzlei, über die Sejme nichts verhandelt, und es beschreibt auch nicht statum und regimen totius imperii, was unsere Polnischen Rechte beinhalten.“381
377
H, Statuta Y Przywileie, Aiv* r., Aiv* v. S, Statuta Y Metrika, 63–69. 379 Ebenda, IX** r. Zum Zwölftafelgesetz im antiken Kontext als Problem einer rechtsgeschichtlichen Betrachtung: B, V, Das Zwölftafelgesetz zwischen Geschichte und Erinnerung, in: Ulrike Egelhaaf-Gaiser / Dennis Pausch / Meike Rühl (Hg.), Kultur der Antike. Transdisziplinäres Arbeiten in den Altertumswissenschaften, Berlin 2011, 336–363. Ich danke Vera Binder herzlich, mir ihr Manuskript zur Verfügung gestellt zu haben. 380 S, Statuta Y Metrika, 4* r. 381 Ebenda, 6* v. 378
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Besonders deutlich wird der normative Anspruch eines Rechtsentwurfes, der zugleich das Gemeinwesen definiert, in Przyłuskis Statuten. Neben den vom Autor an König, Senat und Landboten gerichteten Vorworten findet sich ein einleitender Text von Stanisław Orzechowski, zumindest streckenweise zeitgenössisch eines der prominentesten und populärsten Vertreter ausgeprägter Mitbestimmungsrechte des Adels.382 Die Freiheiten des polnischen Adels, die Orzechowski hier – wie auch an anderer Stelle – zum Kernargument seiner Ausführungen macht, setzt er mit den leges gleich.383 Mithin gerät der emphatisch aufgeladene Mobilisierungsbegriff der libertas zu einem Schlüssel für das Rechtsverständnis. Die leges also werden Orzechowski zur Inkarnation der Freiheiten und zugleich mit ihnen zum „summum bonum“ eines Gemeinwesens,384 das seinerseits auf einem durch Tradition legitimierten ius gegründet ist, das „ad salutem huius Reip.[ublicae] a maioribus erat constitutum“.385 Während die Gesetze von Orzechowski also durch ihre Gleichsetzung mit dem Abstraktum der libertas mit einem emphatischen Symbolwert aufgeladen werden, verlieh die juridische Argumentation Przyłuskis in seinen Eingangsüberlegungen wiederum der libertas angesichts seiner Gesetzesdefinition einen besonders unantastbaren Zug. So lautet die Gleichung doch schlussendlich, dass die Freiheit identisch mit den Gesetzen ist und die Gesetze als höchste Instanz deckungsgleich mit dem Naturrecht, also der göttlichen Ordnung, sind. Der Monarch ist in diesem Sinne für Orzechowski wie für Przyłuski gleichermaßen als Wahrer der Gesetze zugleich auch Verwalter der adligen Freiheiten, der Senat als Kontrolleur des Monarchen deren Schützer.386 Aus dem Respekt der Freiheit, ergo der Gesetze und des Abstraktums Recht, lässt sich gleichzeitig die implizite Regel der Gleichheit ableiten, schließlich gilt die Grundregel: „LEX […] communis Regis ac ipsorum Civium REX.“387 Vor der Autorität des Gesetzes verschwinden die Rangunterschiede innerhalb der Adligen als cives und wird gar die Vorrangstellung des Monarchen nivelliert. Diese Ableitung der Gleichheit vor dem Gesetz beherrscht auch alle anderen Statutensammlungen, die die Rechtsbindung aller an der respublica Beteiligten herausstellen. Hierbei lassen sich jedoch gewisse Unterschiede konstatieren. So lässt es sich Stanisław Sarnicki nicht nehmen, in Berufung auf einen abgelegenen Rechtssatz
382 Orzechowski ganz generell als einen Vorkämpfer adliger Freiheiten zu vereinnahmen, täte seiner sich im Laufe der Zeit verändernden und obendrein späterhin recht komplexen theokratischen Theoriebildung allerdings Gewalt an, vgl. Kap. 1.5, S. 154–157, 184 f. 383 P, Leges seu Statuta, e1 v., e2 r. 384 Ebenda, e1 v. 385 Ebenda, c3 r. 386 Ebenda, e2 v. 387 Ebenda, e1v.
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aus dem Kronkanzleiregister explizit auf die Rechtsbindung des Monarchen hinzuweisen.388 In den einführenden Bemerkungen zu seinen Statuten verwendet er in diesem Sinne eine klare begriffliche Trennung von König und respublica – letztere als Sejm beziehungsweise Gesamtheit des Adels.389 Sind demgegenüber alle dem Recht unterworfen, so wird letzteres faktisch zum einzigen und entscheidenden Bindeglied zwischen dem Monarchen und einem – adligen – Gemeinwesen. Während Januszowski hingegen die respublica als – im Sinne des Sejms – aus Monarch, Senat und Ritterschaft bestehendes Gemeinwesen definiert,390 führt er zugleich in seinen Statuten allein den Grundsatz des für alle Untertanen gleichermaßen geltenden Rechtes auf.391 Dies ändert nichts an der Tatsache, dass bei ihm gleichermaßen wie bei Sarnicki die für alle verbindlichen Rechtssetzungen aus einem göttlichen Ursprung abgeleitet werden.392 Vor diesem Hintergrund verorten beide Verfasser den Grundsatz „De non praestanda oboedientia“, der 1576 anlässlich der Königswahl Stephan Ba´thorys in die Wahlkapitulationen aufgenommen worden war,393 im jeweils ersten Buch ihrer Statuten. Sarnicki lässt dabei durch seine Textanordnung die Aufkündigung des Gehorsams gegenüber dem Monarchen zu einer Schlüsselpassage des gesamten ersten Buches zu König und ius publicum werden. Der Text stellt den Abschluss des gesamten Buches dar und wirkt auf diese Weise wie eine Verstärkung sämtlicher zuvor aufgezählter Verpflichtungen des Königs.394 Auf diese Weise bildet er einen Vorbehalt, aus göttlichem Recht beziehungsweise Naturrecht gezogen, um den juridischen Status des Bandes zwischen Monarchen und respublica zu unterstreichen. Der erläuternde Kommentar Sarnickis allerdings hebt durchaus die besondere Bedeutung des Treueverhältnisses zum Monarchen hervor. Es sei als noch weitaus stärker zu bewerten als gegenüber sonstigen Amts- und Würdenträgern und dürfe nur im äußersten Falle wegen kriminellen Verhaltens oder Verrats aufgelöst werden.395 Anders geht dagegen Januszowski vor. Als eine der Verpflichtungen des Monarchen unter anderen beschreibt er den Schutz der Freiheiten.396 Dieser Unterabschnitt führt aber nur die formale Schutzver-
388
S, Statuta Y Metrika, 49. Ebenda, 3* r. 390 J, Statuta, Prawa Y Constitucie, IX** v. 391 Ebenda, 138. 392 Ebenda, 134. 393 Konstytucye sejmu walnego koronacyi kro´lewskiej [30 maja 1576 r.], in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 366–375, hier 370. 394 S, Statuta Y Metrika, 165. 395 Ebenda. 396 J, Statuta, Prawa Y Constitucie, 109–111. 389
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pflichtung ohne inhaltliche Festlegung in den Texten verschiedener Herrscher zwischen Alexander Jagiellon´czyk und Sigismund III. vor. Den Abschluss dieses Reigens bildet dann der Artikel De oboedientia, der somit lediglich als ein – wenn auch starkes – Glied in der Kette traditioneller monarchischer Selbstverpflichtungen erscheint.397 Die Bedeutung der Interpretation Sarnickis erreicht der Articulus de oboedientia in der Systematik Januszowski damit keineswegs. Vergleicht man die Statuten Jan Łaskis mit den späteren Neukonzeptionen sticht zunächst heraus, dass die Rolle des Königs als Gesetzgeber an Bedeutung verliert. Diese Entwicklung ist jedoch weder bruchlos noch führt sie zu einer Ignoranz der monarchischen Organisation des Gemeinwesens. Łaski richtete seine einleitenden Worte noch an die Senatoren, denen er die aus monarchischer Kompetenz angeordnete Veröffentlichung der Statuten erläutert. Dass im Titel seiner Gesetzessammlung die Formulierung des Privilegium constitutionum auftaucht, ist programmatisch zu lesen. So konstruieren Łaskis historisch gehaltene Erläuterungen zu Beginn des Werkes die Entstehung des polnischen Rechtes als Privilegienvergabe der Herrscher beginnend mit der mythischen Figur Lechs.398 In diesem Sinne gliedert er die nachfolgenden Gesetze chronologisch nach der Herrscherfolge. Unterstützt wird diese Interpretation durch die Illustrationen, die neben dem sakralen Charakter des Rechtes zugleich auch dessen monarchischen Ursprung unterstreichen. Die Statuten Jakub Przyłuskis stellen in dieser Hinsicht eine erste Abkehr vom rund fünfzig Jahre zuvor gegebenen Muster dar. Hier, wie auch später bei Herburt, Sarnicki und Januszowski, richten sich mehrere Vorworte sowohl an den Monarchen wie auch an Senat und Landboten. Mithin wird die Verschiebung innerhalb des Legislationsprozesses deutlich, die mit dem Sejm von 1505 ihren expliziten Auftakt genommen hatte. Nicht mehr der Monarch allein schafft also Gesetze, die Legislationstätigkeit sowie die Verantwortung und die Aufsicht über das Recht liegen nun in der Verantwortung des gesamten Sejms und seiner Stände.399 Folgerichtig geht hiermit auch eine Verschiebung der Titelformulierungen einher. Das gesetzte Recht erscheint nicht mehr – wie noch bei Łaski – als ein herrscherliches privilegium an sich, sondern es wird die Herkunft der Legislation differenziert. So wird eine Unterscheidung zwischen Privilegien und vom Sejm verabschiedeten Konstitutionen beziehungsweise Statuten getroffen: bei Przyłuski sind es die Leges seu Statuta ac Privilegia, bei Herburt Statuta y Przywileje und bei Sarnicki Sta397
Ebenda, 110 f. Ł, Commune incliti Polonie Regni privilegium, II v. 399 Das Legislationsverfahren selbst hingegen war in der Praxis einem streng hierarchischen Prozedere unterworfen, das dem Monarchen und dem Senat eine Prävalenz einräumte, vgl. Kap. 2.3, S. S. 259–264, 266 f. 398
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tuta y Metrika przywileiow. Letzterer legt auch ausdrücklich auf eine klare Differenzierung zwischen von den Sejmständen gemeinsam gesetztem Recht in den „Konstitutionen“ und den vom Herrscher erlassenen „Statuten“ beziehungsweise „Privilegien“ wert.400 Bei Januszowski schließlich verschwindet das Privileg im Titel vollständig und er überschreibt seinen Entwurf: Kronpolnische Statuten, Rechte und Konstitutionen (Statuta, prawa y constitucie koronne). Dies ändert aber nicht die Tatsache, dass der König hierarchisch in der Textanordnung und -gestaltung herausragt.401 Zugleich appellieren – über die Jahrzehnte unverändert – alle Statuten an den Monarchen als obersten Gesetzgeber in der Tradition von Drakon, Salomo, Justinian oder wahlweise des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches.402 Die konstante Verwendung dieses Topos entsprach jedoch durchaus nicht immer der Rolle, die dem König in der jeweiligen Rechtssystematisierung zugewiesen wurde. Stanisław Sarnicki etwa ordnet die Gesetze zwölf Abschnitten zu, die jeweils mit einer Amtswürde betitelt werden. So reicht die Liste vom König über den Erzbischof und Wojewoden bis zum Starosten und Tribunalsrichter.403 Zwar nehmen der König und alle unmittelbar den Monarchen und die Krone betreffenden Regelungen das erste Kapitel ein und stehen damit hierarchisch an der Spitze. Gleichzeitig jedoch impliziert diese Auflistung nach Amtswürden, dass der König als ein Amtsträger unter anderen in die Reihe all derjenigen tritt, deren Befugnisse dem Recht gleichermaßen unterworfen sind. Auch aus einer anderen Perspektive scheint diese Aufteilung bemerkenswert. Alle den jeweiligen Abschnitten zugeordneten Amtswürden werden zusätzlich durch mehr oder weniger typisierte Personendarstellungen und Widmungsverse an konkrete Amtsträger ergänzt. In einer neueren Analyse
400
S, Statuta Y Metrika, 48. Wie auch bei Sarnicki bilden die „Königlichen Bücher“ den ersten Teil der Systematisierung: J, Statuta, Prawa Y Constitucie, 1–187. 402 P, Leges seu Statuta, a3 v.; S, Statuta Y Metrika, 3* v.; J, Statuta, Prawa Y Constitucie, iii** v. Herburt nennt als Vorbild hingegen vor allem König Theopompos von Sparta (H, Statuta Y Przywileie, Aii* r., Aiii* r.). Nicht zuletzt Cicero hat dabei diesen spartanischen König als denjenigen beschrieben, der begann, seine Herrschaft mit einem Ratgebergremium abzustimmen (T, L, Volkstribunat und Ephorat. Überlegungen zum ,Aufseheramt‘ in Rom und Sparta, in: Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 6 (2003), 19–38, 22.). In diesem Sinne wurde er auch in der frühneuzeitlichen Politiktheorie rezipiert: F, K, Machiavellis Abneigung gegen Augustus und den Principat als Parallelordnung. Ein Beitrag zur methodischen Spekulation in der Politischen Theorie, in: Harald Bluhm / Karsten Fischer / Marcus Llanque (Hg.), Ideenpolitik. Geschichtliche Konstellationen und gegenwärtige Konflikte, Berlin 2011, 39–51, 50. 403 König, Erzbischof, Wojewode, Marschall, Kanzler, Schatzmeister, Hetamn, Kämmerer, Starost, Landrichter, Kommissar, Tribunalsrichter. 401
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ist dabei detailliert herausgearbeitet worden, in welcher Weise das ikonographische Programm der Statuten Sarnickis in deren aktuellen Entstehungskontext einzuordnen ist.404 Sowohl der Autor Sarnicki als auch sein Drucker Januszowski standen in Verbindung mit Kronkanzler Jan Zamoyski, dessen permanenter Konflikt mit König Sigismund III. die politische Situation im Polen-Litauen des ausgehenden 16. Jahrhunderts bis hin zum Rokosz maßgeblich beeinflusste.405 In diesem Zusammenhang erweisen sich sowohl die Auswahl der adligen Würdenträger, an die die jeweiligen Widmungsschreiben zu Beginn jeden Abschnitts gerichtet waren, wie die Porträtdarstellungen von Amtsinhabern als Teil eines politischen Programms. Mit Zamoyski verbündete Adlige dominieren, so dass der Kronkanzler und die ihm gewogenen Teile des Hochadels als Wächter von Recht und Gesetz erscheinen.406 Insgesamt lassen sich die bildlichen Darstellungen in den Statuten Sarnickis also zum einen als Illustrationen lesen, die die ästhetische Attraktivität des in hoher Auflage erschienen Buches erheblich steigerten. Zum anderen wird durch die Porträts eine spezielle Konzeption des Gemeinwesens deutlich, die auf die Stärke des Kanzlers Zamoyski sowie zugleich auf die rechtliche Bindung und mithin die Relativierung der monarchischen Position abzielt. Darüber hinaus jedoch suggeriert die Ansprache und bildliche Repräsentation einzelner Adliger – in Kombination mit der an einzelnen Ämtern orientierten Gesamtsystematik – letztlich eine Repersonalisierung der abstrakten juridischen Konstruktion des Gemeinwesens. In allen polnischen Statutensammlungen nahmen die Regelungen der Königswahlen, der königlichen Prärogativen und deren Einschränkungen und der Komplex der Krondomäne den ersten Platz ein.407 Daneben widmeten sich die Systematisierungen der Definition von Amtsvollmachten, die sich genauso auf die wichtigsten Senatorenwürden wie auf die niedrigsten Lokalämter erstreckten. Gleiches galt für die Geistlichkeit, deren Kompetenzen insbesondere in Hinsicht auf die senatorischen Qualitäten des Episkopats und die geistliche Jurisdiktion thematisiert wurden.408 Alle Statuten schienen in ihren Gliederungen dabei einem hierarchisierenden Schema zu folgen, das zum einen der traditionellen Abstufung im Sejm wie auch der traditionellen
404
K-F, L, Rola przedstawien´ portretowych w ,Statutach‘ Stanisława Sarnickiego (1594), in: Roczniki Biblioteczne 50 (2006), 93–123. 405 Ebenda, 116–120; T, W, Listy, ludzie, władza. Patronat Jana Zamojskiego w s´wietle korespondencji, Warszawa 2008, 25, 470 Fn. 111, 328. 406 K-F, Rola przedstawien´ portretowych, 122. 407 P, Leges seu Statuta, 1–23; H, Statuta Y Przywileie, 1–119; S, Statuta Y Metrika, 1–187; J, Statuta, Prawa Y Constitucie, 1–144. 408 P, Leges seu Statuta, 81–172; H, Statuta Y Przywileie, 126–164; J, Statuta, Prawa Y Constitucie, 189–268. Dies gilt ohne Einschränkungen auch für den Reformierten Sarnicki: S, Statuta Y Metrika, 167–227.
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europaweiten Grundvorstellung der Ständeordnung folgte.409 Deren Fixierung im rechtlichen Rahmen bedeutet dabei keineswegs einen alleinigen Interpretationsanspruch verschrifteten Rechtes für die Hierarchie und die Funktionsweise des Gemeinwesens.410 Genauso wenig lässt sich jedoch ignorieren, dass solch ein tentativer Verrechtlichungsprozess vor einer Definition von Adligkeit keinen Halt machte.411 Das Ensemble an Privilegien und Gewohnheitsrechten, die auch in vorhergehenden Jahrhunderten – geschrieben beziehungsweise ungeschrieben – das Funktionieren des Gemeinwesens und die ständischen Unterscheidungen regulierten, wurden ab dem 16. Jahrhundert in den verschiedenen Statutensammlungen zusammen mit den laufend entstehenden Gesetzen zusammenzufassen und neu zu systematisieren versucht. Darüber hinaus lässt sich im Laufe des Jahrhunderts eine wachsende Dichte von rechtlichen Regelungen beobachten, die die Abgrenzung des Adels als Stand nach außen und dessen innere Stratifikation betrafen. Die grundlegenden Privilegien, die eine Definition der Zugehörigkeit zum Adel regeln sollten, stammen bereits aus dem ausgehenden 14. Jahrhundert und beginnenden 15. Jahrhundert. Neben solchen theoretischen Festlegungen412 reichten die Regelungen von der Exklusivität der Landes- und Zentralämtern für den Adel über den Schutz von Adligen vor willkürlichen Verhaftungen und Gütereinziehungen und die Verpflichtung zum Militärdienst bis hin zu Handelsprivilegien und Steuerexemtionen.413 Auffällig ist dabei ein in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts anwachsendes Interesse, die Kriterien der Standeszugehörigkeit schärfer zu fassen und Nobilitierungen einer genaueren Kontrolle zu unterwerfen. Damit handelte es sich um eine Tendenz, die eine deutliche Parallele zu den zeitgleich aufkommenden genealogischen Systematisierungen Paprockis und der verstärkten Popularität familiärer Memoria der Leichenpredigten darstellt. Beschränkte sich eine Sejmkonstitution von 1550 noch auf die Bekräftigung der Androhung, durch handwerkliche Tätigkeit beziehungsweise unehrenhafte Beschäftigungen gehe ein Adliger seiner Standeszugehörigkeit verlustig,414 beschäftigen sich insbesondere die Legislationen von 1578 und 1601, die sich explizit auch auf
409 B / H-M, Art. Stand / Stände; O, Die Entstehung politischer Stände. 410 P, Leges seu Statuta, e2 v.; J, Statuta, Prawa Y Constitucie, iiii** v. 411 A, Europäischer Adel, 35–41. 412 Vgl. Kap. 1.3, S. 107 f., 118. 413 Zusammenfassend M, Historia Polski, 136–138. 414 Przywilej Kro´la Zygmunta Augusta, kto´rym wszytkie przywileje, prawa i swobody koronne potwirdza i exekucyja˛ z sweni pewnemi konstytucyami wstawia, in: Volumina Constitutionum.Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 22–28, 26.
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das Großfürstentum Litauen erstreckten, mit dem Problem der Nobilitierung. Die Prinzipien, die hier jeweils einer Erhebung in den Adelsstand zugrunde liegen, erweisen sich als beredte Aussagen über ein Grundverständnis von Adligkeit. Grundsätzlich wird eine neue Basis für den Eintritt in den Adelsstand gelegt, genügt hierfür doch nicht mehr eine Entscheidung des Monarchen. Vielmehr wird die Nobilitierung auf eine kollektive Entscheidung des Senates (1578),415 1601 dann des gesamten Sejms zurückgeführt.416 Letztere Konstitution präzisiert, dass die Adelserhebung nur „wegen herausragender Verdienste […] in der Respublica“ gestattet werden könne; folgerichtig kommt in diesem Verständnis der gesamten respublica in Form des Sejms die Entscheidung zu. Zu den herausragenden Verdiensten gehört hierbei sowohl 1578 als auch 1601 die Tapferkeit im Krieg, die durch eine unmittelbare Nobilitierung durch den Oberbefehlshaber noch im Feld belohnt werden kann. So finden sich die Tapferkeit und Einsatz für das Gemeinwesen als die in allen Adelsdefinitionen bestimmenden Kriterien auch in der Gesetzgebung wieder. Gleiches im Übrigen gilt für die Bedeutung der Familie. Wird die adlige Standeszugehörigkeit einer Person bezweifelt, so legt die Konstitution von 1601 fest, muss sie vor dem lokalen Adelsgericht durch Zeugen beschworen werden. Die Zeugenschaft ist hierbei unter Androhung des Verlustes der eigenen Adligkeit allein auf die Verwandten beschränkt. Auf diese Weise sichert der Verwandtschaftsverband mit seiner Anerkennung des Beklagten dessen rechtliche Stellung ab.417 Die Privilegien und Konstitutionen, die den Adel als Stand juridisch definierten und abgrenzten, waren integraler Bestandteil des in den Statutensammlungen aufgenommenen Rechtes. Erhebliche Unterschiede lassen sich hingegen in der Anordnung dieser Regelungen innerhalb der verschiedenen Systematiken konstatieren. Insbesondere die Statuten Przyłuskis und Herburts aus der Jahrhundertmitte weisen dabei gegenüber den späteren Entwürfen Sarnickis und Januszowskis Differenzen auf. Im ersten von insgesamt sechs Büchern seiner Leges seu statuta, in dem Przyłuski das ius publicum, die Verfasstheit des Gemeinwesens, Ämtern und Stände zusammenfasst, widmet er einen ausführlichen Abschnitt den Nobilibus seu Equitibus Regni.418 Bemerkenswert erscheinen hier vor allem die ergänzenden definitorischen An-
415 Konstytucja sejmu walnego warszawskiego roku pan´skiego 1578, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 406–419, 413. 416 Konstytucye sejmu walnego koronnego warszawskiego roku pan´skiego 1601, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 2: 1587–1609, ed. v. Stanisław Grodziski u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2008, 269–296, 275. 417 Ebenda. 418 P, Leges seu Statuta, 264–291.
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strengungen des Autors, die weit über die Aufzählung von Gesetzestexten hinausgehen. Adel, so Przyłuski in einem durch und durch konventionellen Ansatz, sei durch Tugend und die von den Vorfahren akkumulierte „Dignitas seu Celebritas“ des Hauses bestimmt.419 Die Gesellschaft sei dabei in zwei Gruppen zu unterscheiden – in die Herrschenden und die Beherrschten. Im Anschluss daran differenziert er mit Berufung auf die römische Dichotomie von Plebs und Optimaten für die polnischen Verhältnisse zwischen Adel und Nichtadel, ohne eine Hierarchisierung innerhalb des Adelsstandes vorzunehmen. Den Adligen sind mithin Künste und Wissenschaften, Ämter, die Rechtssetzung und das Kriegswesen reserviert. Vom regnum des Abschnittstitels und seinem König ist in diesem Zusammenhang nicht mehr allzu viel die Rede; die respublica schiebt sich als Bezugspunkt in den Vordergrund und dem princeps bleibt allein die – zwar aufwendig und respektvoll beschriebene, jedoch letztlich zweifelhaft ehrenvolle – Rolle des Schiedsrichters über die Rechte.420 Dem Kapitel über den Adel ordnet Przyłuski schließlich die Privilegien und Konstitutionen über die Abstammungs- und Besitzregelungen und die gerichtlichen Immunitäten und Zuständigkeiten zu.421 Die restlichen Abschnitte des Kapitels beziehen sich in ungleich größerer Ausführlichkeit auf die strafrechtlichen Vorschriften bei Verletzung, Beleidigung und Tötung eines Adligen.422 Eine fast identische Anlage seines Abschnittes über den Adel bietet Jan Herburt,423 der die betreffenden Privilegien und Konstitutionen ebenfalls im ersten – im Vergleich zu Przyłuski sehr ähnlich angelegten – Buch verortet. Allerdings verzichtet er auf über die reinen Gesetzestexte hinausgehenden Definitionen, fügt in seiner Ordnung dem Adelskapitel jedoch noch Vorschriften über die Sejmiki,424 Steuer- und Abgabebefreiungen425 sowie privatund strafrechtliche Regeln zur Stellung adliger Frauen426 und Kinder427 hinzu. Somit findet sich in Herburts Statuten der umfassendste Versuch, abgesehen von der Prozessordnung, innerhalb eines systematischen Ordnungskomplexes den Adelsstatus zu beschreiben. Im Gegensatz hierzu löst sich diese Tendenz bei Stanisław Sarnicki deutlich auf. Die Abstammungsvoraussetzungen des Adels und Regelungen über das Vorgehen in Zweifelsfällen und bei No-
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Ebenda, 264 f. Ebenda. Dem Publikationszeitpunkt geschuldet erscheint der Monarch darüber hinaus noch als derjenige, in dessen alleiniger Kompetenz die Nobilitierung liegt. 421 Ebenda, 267–268 422 Ebenda, 268–291. 423 H, Statuta Y Przywileie, 237–256. 424 Ebenda, 256–260. 425 Ebenda, 260–274. 426 Ebenda, 274–285. 427 Ebenda, 285–294. 420
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bilitierungen, verbindet Sarnicki mit Definitionen des Ämterkanons, vom Wojewoden bis zum Lokalkämmerer. Solch eine Anordnung evoziert nicht nur den Grundsatz, dass alle Amtswürden allein von Adligen zu besetzen sind, sondern suggeriert zugleich auch die enge Verbindung zwischen dem Adelsstatus und der Amtswürde. Letztere schien doch ein beinahe unabdingliches Adelsmerkmal zu sein. Dies gilt angesichts der grundlegenden Übereinkunft, die Amtswürde sei Anerkennung für Verdienste und wiederum Voraussetzung für einen seinerseits neue Verdienste und Würden generierenden und unter der Tugendmaßgabe notwendigen Einsatz im Gemeinwesen. Hiervon getrennt stehen an prominenter Stelle die oben bereits erwähnten adligen Freiheiten. Sie gehören zum ersten Buch des Sarnickischen Werkes Über den König und werden hier als Verpflichtung des Monarchen behandelt: „Libertates, Freiheiten, die ihm zu treuen Händen anvertraut, hat er einzuhalten und unter seinem patrocinium zu bewahren.“428 Obgleich die Bestimmungen zu Königswahl, Sejm und Legislationsprozess bereits im selben Großkapitel an anderer Stelle abgehandelt werden, schiebt Sarnicki in seinem Kapitel über die adligen „Freiheiten“ eigens noch einmal deren Erwähnung ein. Zusammenfassend zählt er die freie Königswahl, die gemeinsame Gesetzgebung der Sejmstände, das selbständige adlige Gerichtswesen und die kontrollierte Gerichtsgewalt des Herrschers als wichtigste Grundsätze auf.429 Die nachfolgend versammelten „Freiheiten“ werden zwar von diesen prinzipiellen Erwägungen symbolisch aufgeladen, berühren materiell jedoch lediglich Abgabenbefreiungen und -immunitäten verschiedenster Art. Alle die Vergabe von Amtswürden betreffenden Rechtssätze folgen zwar gleich hierauf, werden von Sarnicki jedoch in ein eigenes Kapitel verwiesen.430 Auch in Januszowskis Systematisierung schließlich findet sich eine recht ähnliche Ordnung. Ohne in diesem Zusammenhang die Begrifflichkeit der „Freiheit“ zu erwähnen, fügt auch er die Steuer- und Gerichtsimmunitäten in seinen Abschnitt über die Königlichen Verpflichtungen ein. Dieses Kapitel erinnert auch in anderer Hinsicht stark an die Strukturierung in Sarnickis Statuten. Denn Januszowski parallelisiert den Sejm, die Sejmiki und die institutionellen Grundzüge des Gerichtswesens sowie die Vergabe von Amtswürden mit den Adelsvorrechten als Basis des Gemeinwesens.431 Die rechtliche Bestimmung von Adligkeit verortet er hingegen im fünften Buch seiner Statuten zum Gerichtswesen, wo die Definition nach Abstammung und alle damit einhergehenden Festlegungen nur noch als einer unter anderen möglichen Streitgegenständen aufgeführt werden.432 428
S, Statuta Y Metrika, 63. Ebenda, 65. 430 Ebenda, 70–81. 431 J, Statuta, Prawa Y Constitucie, 122–134. 432 Ebenda, 554. 429
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Als eine Hauptsorge der Statuten erscheint neben der Sicherung der grundlegenden adligen Vorrechte die strafrechtliche Auseinandersetzung mit Beleidigung, Verletzung und Totschlag zwischen Adeligen und unter Beteiligung von Standesvertretern. Unter Maßgabe der neueren Diskussion über die Interpretation frühneuzeitlicher Gesetzgebung ist in diesem Zusammenhang nicht allein von einer symbolischen Dimension regelmäßig neu erlassener Vorschriften auszugehen.433 Tatsächlich darf man trotz weitgehend fehlender Vorarbeiten annehmen, dass die infrajudiziären Konfliktlösungsstrategien großer Teile des Adels noch weit bis in das 18. Jahrhundert hinein eminent von physischer Gewaltanwendung geprägt waren. Eine zentrale Rolle nahm in diesem Zusammenhang die Praxis des „Einreitens (zajazd)“ ein, das durch ein massiertes bewaffnetes Eindringen auf die Güter des Gegners und im Gefolge dessen eine Gewaltanwendung ohne Ansehen der Person gekennzeichnet war.434 Teils fand sich diese Form des Konfliktaustrages in Konkurrenz zu gerichtlichen Entscheidungsinstanzen, indem das Einreiten die faktische Zurückweisung von Urteilen beziehungsweise das Umgehen des gerichtlichen Weges darstellte.435 Das Einreiten war zum Teil jedoch ein durch die institutionalisierte Justiz vorgesehenes Sanktionsmittel in Zivilsachen.436 So konnte der Starost als königlicher Gerichtsvertreter bei Besitzstreitigkeiten einen Kläger und den lokalen Adel um sich sammeln, um die Übernahme der Güter eines Verurteilten als ultima ratio in einer kollektiven bewaffneten Strafaktion durchzusetzen.437 Unter den verschiedenen Statutensammlungen waren es im Übrigen allein Sarnickis Statuta y Metryka, die beide Formen – das Einreiten als Form unrechtmäßiger Gewaltanwendung und die verfahrenskonforme „Expulsio et restitutio in bona“ – in unmittelbare systematische Verbindung brachten.438
433 S, L, Normsetzung in der Krise. Zum Gesetzgebungsverständnis im Frankreich der Religionskriege, Frankfurt a.M. 2005, 427. 434 Auch das Gesinde, aber auch Frauen und Kinder wurden im Zuge dessen verletzt oder getötet: K, Przemoc mie˛dzy szlachta˛, 129–152. Zur Praktik des Einreitens ausführlich: S, D, Von einrittslustigem Adel und fehdeanalogen Praktiken. Zwischenadlige Gewalt in den frühneuzeitlichen ruthenisch-ukrainischen Woiwodschaften Polen-Litauens im 16. und im 17. Jahrhundert, in: Mathis Prange / Christine Reinle (Hg.), Fehdehandeln und Fehdegruppen im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa, Göttingen 2014, 109–142. 435 P, Porza˛dek sa˛siedzki, bes. 126 f. 436 K, Przemoc mie˛dzy szlachta˛ sieradzka˛ w XVII wieku, 129 f.; P, Porza˛dek sa˛siedzki, 104. 437 Nach den sehr stichpunktartigen Studien zum Thema zu urteilen, nahm diese Form des offiziellen Einreitens im Laufe des 17. Jahrhunderts jedoch stark ab: P, Porza˛dek sa˛siedzki, 116. 438 S, Statuta Y Metrika, 505–509.
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Die Einbindung des Adels in die Gerichtsbarkeit fand hingegen nicht nur in solcher Form traditioneller Urteilsexekutionen statt. Insgesamt wurde im Verlauf des 16. Jahrhunderts ein Justizsystem etabliert, das sowohl auf lokaler, vor allem aber auf zentraler Reichsebene deutlich als ein Ensemble von Institutionen unter adliger Verantwortung erschien.439 Der Monarch als oberster Richter spielte hierin in erster Linie bei der Appellationsgerichtsbarkeit und der Aburteilung von Kapitalvergehen wie etwa dem crimen laesae maiestatis oder Hochverrat eine Rolle.440 Die 1578 für Klein- und Großpolen eingerichteten Krontribunale, zusammengesetzt aus regional gewählten adligen Deputierten, fanden 1581 mit der Schaffung des Litauischen Tribunals ein Pendant im Großfürstentum. Anders als in der Krone Polen konnten die Richter des Litauischen Tribunals hingegen mit den Litauischen Statuten auf eine offiziell approbierte Kodifikation zurückgreifen, die sich im Laufe des 17. Jahrhunderts auch als komplementäre Rechtsquelle für die kronpolnische Jurisdiktion etablierte.441 Erst rund dreißig Jahre nach dem Inkrafttreten des Dritten Litauischen Statutes erschien im Jahr 1614 eine erste polnischsprachige Übersetzung im Druck.442 Überhaupt blieb das Dritte Statut des Großfürstentums im Gegensatz zum Ersten (1529) und Zweiten Statut (1566) die einzige Version, die nicht allein handschriftliche Verbreitung fand.443 Schon hieran lassen sich zwei Charakteristika der litauischen Rechtskodifikationen andeuten: Zum einen wurde das Recht zu einem Kristallisationspunkt litauischer Ansprüche auf Eigenständigkeit gegenüber Kronpolen im Reichsverband.444 Zum an439 Zusammenfassend U, Historia pan´stwa i prawa polskiego, 257–263; B, H-J, Die polnisch-litauische Tribunalsverfassung und das Reichskammergericht. Strukturelle Parallelen, Elemente eines Transfers, funktionaler Vergleich und Erinnerungsgeschichte, in: Anette Baumann / Alexander Jendorff (Hg.), Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa, München 2014, 161–183. 440 U, Historia pan´stwa i prawa polskiego, 258 f. 441 B, J, ,Wielkiem pomnikiem prawodwstwa jest Statut litewski’ (w 400-lecie III statutu), in: Pan´stwo i prawo 43.7 (1988), 3–14, 11 f.; R, J, Z wpływo´w prawa litewskiego na prawo karne polskie, in: Feliks Pohorecki (Hg.), Pamie˛tnik VI Powszechnego Zjazdu Historyko´w Polskich w Wilnie. 17 – 20 wrzes´nia 1935, Lwo´w 1935, 204–208. 442 Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts sollten dann allerdings noch acht weitere polnische Druckausgaben folgen, vgl. B, J, Statuty litewskie w Koronie Kro´lestwa Polskiego, in: Studia z Dziejo´w Pan´stwa i Prawa Polskiego 4 (1999), 17–28, 18; L, M T, Je˛zyk Kodeksu Olszewskiego (1550). Z recepcji staropolskiego je˛zyka prawno-sa˛dowego w Wielkim Ksie˛stwie Litewskim w szesnastym wieku, Krako´w 2000, 19–24. 443 Słowo wste˛pne, in: Statut litewski drugiej redakcyi (1566), Krako´w 1900 (Archiwum Komisyi prawniczej 7), I–XII, I. 444 W, H, Trzeci Statut i praktyka z˙ycia politycznego Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego w czasach Zygmunta III i Władysława IV, in: Czasopismo Prawno-historyczne 44.1–2 (1992), 55–63.
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deren bedeutete dies keinesfalls, dass diese juridische Autonomie ohne Wechselwirkung mit dem kronpolnischen Partner blieb. So wie die Litauischen Statuten die Diskussionen in der Krone um eine Rechtskodifizierung anregten,445 wirkten andererseits die polnischen Verhältnisse in mannigfaltiger Weise auf Litauen zurück. Allein die Tatsache, dass das Dritte Statut nun auch sofort nach der Approbation durch den Großfürsten und die litauischen Vertreter im gemeinsamen litauisch-polnischen Sejm in Druck gegeben wurde, lässt auf die Notwendigkeit schließen, unter insgesamt veränderten Kommunikationsverhältnissen nun vor allem auch den polnischen Rechtsdrucken einen Gegenpart zu bieten.446 In der Folge sollte mithin das Dritte Statut in altweißrussischen wie den späteren polnischen Ausgaben zu einem der meist verbreiteten Bücher des Großfürstentums überhaupt avancieren.447 Von einer intensiveren Rezeption in Kronpolen ist hingegen besonders ab der polnischen Druckausgabe von 1614 auszugehen, obgleich schon zuvor nicht approbierte polnische und lateinische Versionen des Ersten und Zweiten Statuts existierten.448 445
B, Statuty litewskie w Koronie Kro´lestwa Polskiego, 21–25. Z, A B., Recepcja ustroju i prawa w Wielkim Ksie˛stwie Litewskim (XVI–XVIII wiek), in: Studia Iuridica 40 (2002), 247–261, 257–259. 447 T, M B., Czytelnictwo ksia˛z˙ek wydanych na Litwie i Białorusi w XVI i pierwszej połowie XVII wieku (Cze˛s´c´ 2: Czytelnictwo ksia˛z˙ki s´wieckiej), in: Pamie˛tnik Biblioteki Ko´rnickiej 16 (1980), 245–274, 246–248; N, Das Großfürstentum Litauen, 84 f. Schwerpunktmäßig zu den linguistischen bis inhaltlichen Abweichungen zwischen verschiedenen altweißrussischen Fassungen: P, S, Pierwsze wydanie trzeciego Statutu Litewskiego i jego przero´bki, in: Stefan Ehrenkreutz (Hg.), Ksie˛ga pamia˛tkowa ku uczczeniu czterechsetnej rocznicy wydania Pierwszego Statutu Litewskiego, Wilno 1935, 159–184. 448 Auszunehmen sind hierbei die 1569 im Rahmen der Unionsverhandlungen in die Krone Polen inkorporierten ehemals litauischen Gebiete Wolhynien, Kiew und Teile Podoliens, in denen weiterhin das Zweite Litauische Statut galt. Die Geltung dieser Kodifikation wurde auch nach Annahme des Dritten Statuts theoretisch nicht verändert, in der Praxis fand jedoch auch hier das Dritte Statut gegenüber dem allein handschriftlich vorliegenden Zweiten Litauischen Statut – überwiegend in polnischen, aber auch lateinischen Fassungen (in diesem Kontext unter der Bezeichnung Wolhynisches Statut) – zunehmend Anwendung, vgl. Słowo wste˛pne, in: Statut litewski drugiej redakcyi, XII; B, J, Statuty litewskie a prawo rzymskie, in: Pomniki prawa doby Renesansu w Europie S´rodkowo-Wschodniej, Warszawa 1999, 9–165, 70 f. Die Diskussionen um die sprachliche Ausformung der Statuten entzündeten sich vor allem im Zusammenhang mit der Redaktion des Zweiten Statuts. In der Forschung wird in diesem Zusammenhang auf die konfessionelle Dimension des Streites verwiesen. So lehnten insbesondere die litauischen Protestanten eine lateinische Ausgabe der Kodifikation vehement ab, vgl. B, Statuty litewskie a prawo rzymskie, 52–56 u. Anm. 26 (S. 75); vgl. auch die Quellenauszüge der Berichte des Jesuiten Balthasar Hostovinus nach Rom bei K, S, Un gesuita boemo patrocinatore delle lingue nazionali slave e la sua attivita` in Polonia e Lituania (1563–1472), in: Ricerche Slavistiche 3 (1954), 139–161, 148. 446
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Schon ab dem Ersten Statut von 1529 sind grundlegende polnische Einflüsse auf die litauische Rechtskodifizierung zu konstatieren, die sich unter anderem in einer veränderten juridischen Lexik des Altweißrussischen widerspiegeln. In erster Linie gehört dazu der Begriff des Rechts, der durch die Übernahme des polnischen Terminus an die europaweiten Naturrechtsvorstellungen und deren moralische Implikationen angebunden wird.449 Daneben erfuhr das in den Litauischen Statuten gefasste Recht von der ersten zur dritten Fassung sowohl in materieller Hinsicht wie in Bezug auf die Systematisierung erhebliche Veränderungen. Dies betraf materiell etwa den sukzessiv erfolgenden Verzicht auf die Leibeigenschaft und formal ab dem Zweiten Statut die klare Orientierung an römisch-rechtlichen Grundsätzen, die sich augenfällig nicht zuletzt an der Trennung von ius publicum und ius civile zeigten.450 Im vorliegenden Kontext von besonderer Bedeutung erwiesen sich hingegen Modifikationen, die sich definitorisch auf Adel und Gemeinwesen bezogen und kronpolnische Grundsätze zunehmend adaptierten. Deutlich wird diese Rechtsangleichung etwa an den Ergänzungen des Zweiten und Dritten Statuts gegenüber dem Ersten, die eine gesetzliche Festschreibung der Sejmiki und Sejme beziehungsweise späterhin auch der litauischen Konvokation vor dem gemeinsamen Sejm des Doppelreiches umfassten, sowie der Aufnahme der in der Unionsakte von 1569 festgelegten Hierarchien von Ämtern und Regionen, der Warschauer Konföderation oder den Regelungen zu gerichtlichen Immunitäten des Adels, Verlust der Adligkeit und nicht zuletzt dem Grundsatz, dass ein Adliger ohne Urteil nicht verhaftet werden durfte.451 War die Nähe der kronpolnischen Statutenentwürfe und der Litauischen Statuten bis zum Ende der 1580er Jahre zwar in Hinsicht auf das materielle Recht erheblich gewachsen, blieb eine eklatante Diskrepanz in der systematischen Gesamtanlage der Kodifikationen. Während die polnischen Entwürfe über sich ständig verändernde und symbolisch willentlich hoch aufgeladene Systematiken verfügten, blieben zumindest das Zweite und Dritte Litauische Statut in ihrer recht einfachen Grundstruktur unverändert. Der erste Teil – in der lateinischen Version – unter dem Titel De Majestate, auctoritate et iurisdictione principis stellte im Gegensatz zu den kronpolnischen Entwür-
449 L, M T, Je˛zyk Statuto´w Litewskich w aspekcie kulturowym, in: Acta Baltico-Slavica 24 (1999), 229–238, 233 f. 450 Vgl. detailliert zur Verarbeitung römischen Rechts im Zusammenhang mit dem ius civileG, Elementy romanistyczne. 451 Vgl. die Zusammenstellung Teodor Czackis, der die jeweiligen Erweiterungen innerhalb des Textes des Ersten Statuts kennzeichnet: Statut Litewski Zygmunta I., in: Teodor Czacki, O litewskich i polskich prawach, o ich duchu, z´ro´dłach, zwia˛zku i o rzeczach zawartych w pierwszym Statucie dla Litwy 1529 wydanym. Tom. 1, Warszawa 1800, 179–328, 277–328.
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fen keinen Versuch dar, eine explizite normative Interpretation des Gemeinwesens in Bezug auf das Königtum und dessen Beziehung zum Adel zu liefern. Selbstverständlich musste auch die Systematik der litauischen Statuten eine interpretative sein, beschränkte sich jedoch auf die Auflistung der Regeln des positiven Rechtes. Beredtes Beispiel hierfür mag etwa die Behandlung des crimen laesae maiestatis sein. In den Litauischen Statuten nehmen die Majestätsverbrechen den ersten Rang im Kapitel De Majestate ein, das alle mit der Person und unmittelbaren Regierungstätigkeit des Großfürsten verbundenen Rechtsvorschriften vereint. Die Rolle des Herrschers erscheint hier jedoch vor allem ex negativo definiert, anhand des seine Person berührenden Strafrechtes.452 Einzig der erste Artikel berührt die Kompetenzen des Großfürsten als Gesetzgeber und obersten Richter. Ganz anders bei Przyłuski und Herburt, die eine normative Rollenerwartung an den Monarchen in die Auflistung gesetzlicher Regelungen gießen. Die Rechtssätze per se stehen aber gar nicht im Mittelpunkt, wichtiger erscheinen die suggestiven Überschriften und die Einordnung der Vorstellungen von einem legitimen König als „prudens“, „pius“, „iustus“, „amans Rempublicam & fortis“ und „liberalis“.453 Gleichlautende Paragraphenüberschriften, wie sie bei Przyłuski zu finden sind, fehlen folgerichtig in den Litauischen Statuten – ganz zu schweigen von Ordnungsmechanismen, wie sie etwa Stanisław Sarnicki in einem juristischen Verständnis hart am Rande der Redlichkeit einsetzt. Der von ihm mit Majestas überschriebene Abschnitt etwa verschweigt die aktuelle ausführliche Gesetzgebung zum crimen laesae maiestatis und lässt die Majestas des polnischen Königs vor allen Dingen als eine nur unter strengen Bedingungen von den Untertanen zu akzeptierenden Umstand erscheinen.454 In diesem Sinne konstruieren die Litauischen Statuten implizit eine weitaus unbeschränktere Position des Großfürsten, räumen sie doch gerade definitorisch im Sinne des Römischen Rechts recht weit gefassten Majestätsverbrechen den größten Raum im Abschnitt über den Monarchen ein.455 Auch die Litauischen Statuten basieren auf den Entwürfen adlig besetzter Kommissionen,456 auch sie sind mit einleitenden Worten versehen, die sie in eine größere normative Vorstellung von Gemeinwesen einbinden. Dies gilt
452
Statut Wielkiego Xie˛stwa Litewskiego, bes. 2–6, 9–13. P, Leges seu statuta, fol. 3. 454 Zum normativen und prozeduralen Problem des crimen laesae maiestatis in der Krone Polen: L, K, ,Lex est rex‘ und ,supremus iudex‘. Das crimen laesae maiestatis zwischen Monarch und Adel im Königreich Polen des 16. Jahrhunderts, in: Anette Baumann / Alexander Jendorff (Hg.), Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa, München 2014, 185–211. 455 Statut Wielkiego Xie˛stwa Litewskiego, 2–6. 456 U, Historia pan´stwa i prawa polskiego, 235 f. 453
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insbesondere für das Dritte Litauische Statut, in dessen Vorrede sich Lew Sapieha als federführender Redakteur der Kodifikation Argumentationen bedient, die genauso aus den polnischen Rechtssammlungen bekannt sind. Mit Verweis auf das Recht als Garant des inneren Friedens werden für ihn „die Rechte“ zu „Freiheiten“. Letztere schützen die Integrität von Ehre, Leben sowie Vermögen des Adligen und beschränken im Umkehrschluss die Zugriffsrechte des Großfürsten und unterwerfen ihn der Herrschaft des Rechts.457 Nichtsdestoweniger haben die Litauischen Statuten eine Struktur, die beispielsweise von den zeitgenössischen Landesordnungen im Heiligen Römischen Reich458 oder den bruchstückhaften bis gescheiterten Kodifikationsversuchen des 16. und 17. Jahrhunderts in Frankreich459 nicht grundsätzlich abweicht. In diesen Kanon lassen sich genauso die Preußische Korrektur oder die Masowische Landesordnung einreihen. Anders sind die kronpolnischen Statutenentwürfe zu verorten. Die beständig vorgebrachten Forderungen nach einer Klarheit und Sicherheit des Rechts inspirierten hier eine Interpretationstätigkeit, die in ihrer Orientierung am Ideal eines bonum commune durchaus für zeitgenössische juristische Überlegungen nicht unüblich war.460 Dabei entwickeln Przyłuski, Herburt, Sarnicki oder Januszowski einen umfassenden Auslegungsanspruch der überlieferten Rechtstexte. Sie werden so mit einem allgemeinen Problem juristischer Interpreten konfrontiert, denn „the legal interpretor takes the place of the authorities to which he should be subservient; in fulfilling his function, he becomes the voice of the legislator in declaring his intention, and the embodiment of right reason in declaring equity.“461 Mithin war es nicht zuletzt das Ausmaß, in dem die Statutenentwürfe eine normierende Sicht auf das Gemeinwesen fixierten, das dazu führte, die Approbation aller Statuten durch Sejm und Herrscher fehlschlagen zu lassen, und weniger etwaige juristischen Idiosynkrasien. Zugleich dürfen die Statuten jedoch genau in ihrer Interpretationsfreudigkeit eine kaum 457 Wszem w obec stanom Wielkiego Xie˛stwa Litewskiego, Lew Sapieha Podkanclerzy W.X.L. Starosta Słonimski, Markowski, y Miadzielski, powolne y z˙yczliwe słuz˙by swoie ofiaruie˛, in: Statut Wielkiego Xie˛stwa Litewskiego, C2v.–Dr. 458 B, W, Frühneuzeitliche Gesetzgebung. Einzelaktionen oder Wahrung einer Gesamtrechtsordnung?, in: Barbara Dölemeyer / Diethelm Klippel (Hg.), Gesetz und Gesetzgebung im Europa der Frühen Neuzeit, Berlin 1998 (ZHF Beiheft 22), 109–129, bes. 122–126. 459 C, A, Die Gesetzgebung im Frankreich des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Barbara Dölemeyer / Diethelm Klippel (Hg.), Gesetz und Gesetzgebung im Europa der Frühen Neuzeit, Berlin 1998 (ZHF Beiheft 22), 33–53, hier 53; R, Un reˆve royal franc¸ais, 1564 f. 460 ML, D, Interpretation and Meaning in the Renaissance. The Case of Law, Cambridge u.a. 1992, 93 f. 461 Ebenda, 204.
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zu überschätzende Bedeutung als normative Wissensspeicher beanspruchen. Rechtliche Betätigung, so war aus Jan Januszowskis eingangs zitierter Werbeschrift hervorgegangen, wurde als wesentlich für die Konstituierung eines auf Frieden angewiesenen und auf Tugendprinzipien basierenden Gemeinwesens angesehen. In diesem Sinne war auch sie als Teil der vita activa eine ehrenvolle Beschäftigung. Dass diesbezüglich der Umgang mit Recht zeitgenössisch nicht auf den Adel beschränkt und die basalen Prinzipien dieses Umgangs mit Recht keine spezifisch adlige waren, sollte unbestritten sein. Die Statuten, an adlige Entscheider gerichtet und mehrheitlich von Adligen verfasst, gerieren jedoch bewusst die exklusive Vision des Rechts als einer adligen Angelegenheit. Das in ihnen aufgeführte materielle Recht definiert zu weiten Teilen die Grundlagen adliger Standesabgrenzung, Herrschaftsrechte und Privilegien und regelt den Umgang von Adligen untereinander. Zugleich muss dies in einer intrinsischen Verbindung zur Interpretation der monarchischen Rolle stehen, zumeist als negative Abgrenzung, die den Bereich adliger Rechte erst herstellt. Die Statuten sind in diesem Sinne gebrauchsorientierte Wissensspeicher. Sie stellen sowohl durch ihre Benutzung als auch durch ihre normative Auslegung von Recht diskursiv Adel als Rechtsgemeinschaft her.
1.5 Herrschaftsgemeinschaft: Eigenherrschaft, Gehorsam und Widerstand Im ersten Jahr des Konfliktes zwischen König Sigismund III. Wasa und der im Rokosz zusammengeschlossenen Adelsopposition entstand die polnische Übersetzung einer lateinischen Schrift mit dem Titel Fidelis subditus. Verfasst wurde sie im Jahr 1543 von Stanisław Orzechowski. Dieses Traktat im Gewande eines Fürstenspiegels kursierte zuerst in mehreren handschriftlichen Versionen und ab 1584 auch in gedruckten Ausgaben und darf zu den populären herrschaftstheoretischen Texten der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gezählt werden.462 Jegliche „administratio“ der respublica, heißt es in 462
Zu den Druckausgaben ab 1584 die Auflistung bei E, K, Bibliografia polska. Zbio´r ogo´lny. Tom 23, hrsg. v. Stanisław Estreicher, Krako´w 1939, 456 f. Die handschriftlichen Versionen liegen in folgenden Editionen vor: O, S, Fidelis subditus w redakcyi I-ej, ed. v. Teodor Wierzbowski, Warszawa 1900; O, S, Fidelis subditus w redakcyi 2-ej z r. 1548, ed. v. Teodor Wierzbowski, Warszawa 1908. Die lateinische Version wird zitiert nach der Druckausgabe von 1584: Stanislai Orichovii Roxolani Fidelis subditus sive De institutione Regia ad Sigismundem Augustum Libri duo, Cracoviae 1584 (nachfolgend als S. Orzechowski, Fidelis subditus); die Edition der polnischen Übersetzung liegt vor als Stanisława Orzechowskiego Fidelis subditus albo O sta˛nie Kro´lewskim przekładania X. Iana Ianuszowskiego Archi-
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der lateinischen Fassung, sei der Aufteilung in König und Senatoren als Ratgebern unterworfen.463 Dem Monarchen komme dabei zwar eine besondere „dignitas“ zu, die Krone allein mache ihn aber nicht zum König.464 In diesem Sinne stellt Orzechowski gleich zu Beginn seine Unterwerfung unter den König unter recht explizite Vorbedingungen: „Regis igitur tu, regor ego; sapientior ergo tu, quam ego.“465 Zugleich verbindet sich dies mit einer rhetorischen Volte, mit der der Verfasser die – ursprüngliche – Anonymität seiner Schrift mit der Angst vor dem Monarchen begründet. Trotz dieser zweifelhaften Anerkennung königlicher Macht gesteht die Schrift dem Monarchen Herrschaft nur in sehr beschränktem Maße zu. Nicht nur, dass der König allein als „Zunge, Auge und Ohre des Rechts“ seine Funktion habe und entsprechend das Recht das Herz der Krone sei und das Königtum beziehungsweise das Königreich wichtiger als der durch die Rechte eng gebundene König.466 Der Fidelis subditus geht noch wesentlich weiter und setzt auf dieser Basis zu einem argumentativen Höhenflug an, der mit einer entscheidenden Begriffsdifferenzierung arbeitet: Der Monarch dürfe über keine Krongüter verfügen, schließlich „custos nihil habet in his rebus suis, quas custodit, alioquin eius ipsius rei non custos erit, sed dominus.“467 Zu verstehen ist diese Äußerung im Kontext der bereits des Öfteren erwähnten Exekutionsbewegung, deren Theoretisierung der Rolle des Monarchen eng an eine Debatte um die Alienation der Krondomäne geknüpft war. Dabei war Orzechowski bei weitem nicht der Einzige, der ähnliche weitgehende Verfassungsüberlegungen von diesem ursprünglichen Streitpunkt ableitete.468 In diakona Sa˛deckiego, W Krakowie 1606, in: Bolesław Ulanowski (Hg.), Szes´c´ broszur politycznych z XVI i pocza˛tku XVII stulecia, Krako´w 1921, 1–38 (nachfolgend als O, O sta˛nie kro´lewskim). Zu der Verbreitung von Orzechowskis Texten im 16.– 18. Jahrhundert: K, Popularnos´c´ Stanisława Orzechowskiego, zum „Fidelis subditus“ bes. 78, 83. Ausführlich zu den Schriften Orzechowski auf der Basis einer klassischen Argumentation von „Adelsdemokratie“: K, Stanisław Orzechowski. 463 O, Fidelis subditus, 19. Die polnische Übersetzung befleißigt sich dabei des Begriffes „rza˛dzenie“ (vgl. O sta˛nie kro´lewskim, 5.), die zumindest dem kurze Zeit später erschienen Wörterbuch des Jesuiten Grzegorz Knapski und seiner normativen Auslegung nach eine recht ambivalente Bedeutung besitzt, die zeitgenössisch einerseits die Verwaltung einer Einheit bezeichnen konnte, andererseits aber auch im Sinne von „Herrschaft“ auslegbar war, K, G, Thesaurus polonolationograecus seu Promptuarium linguae latinae et graecae, Polonorum usui accomodatum, Cracaoviae 1621, 1011. 464 O, Fidelis subditus, 13. 465 Ebenda, 18. 466 Ebenda, 12 f., 21 f. 467 Ebenda, 28. 468 Z, S, Tractatuts quadrifidus de natura iurium et bonorum regis et de reformatione regni ac eius reipublicae regimine incipit feliciter, ed. v. Henryk Litwin u. Jerzy Staniszewski, Krako´w 2005. Hier etwa die fast identische Formulierung in Beru-
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seinem Fidelis subditus fährt er in diesem Sinne fort: Ein „dominus“, mit direkten Herrschaftsrechten ausgestattet, dürfe ein Monarch keinesfalls sein, da er nur im Kreis seiner Ratgeber Entscheidungen zu treffen habe. Allein die Beachtung der – in ihren Meinungen unabhängigen, tugendhaften – Ratgeber unterscheide einen König vom Tyrannen.469 Entsprechend droht jegliche Missachtung des Adels eine Absetzung nach sich zu ziehen.470 Die recht komplexe Positionsnahme Stanisław Orzechowskis in seinen verschiedenen Schriften, auf die noch zurückzukommen sein wird, lässt sich zwar kaum auf die eben dargestellte Argumentation reduzieren. Allerdings findet sich hier ein Tenor, der in seiner deutlichen Beschränkung des Monarchen nicht nur an die Statuten Jakub Przyłuskis oder Stanisław Sarnickis erinnert. Vielmehr markiert Orzechowski zumindest ein Extrem des verfassungstheoretischen Diskurses im ausgehenden 16. Jahrhundert. Er stand mit dieser Position keineswegs allein. Im selben Jahr wie Orzechowskis Schrift erschien eine polnische Übersetzung der lateinischen Abhandlung De libertate politica des litauischen reformierten Theologen Andreas Volanus.471 Zielte letzterer auf eine Argumentation, die sich von derjenigen des katholischen Kanonikers Orzechowski deutlich unterschied, erfreuten sich dennoch beide Traktate gleichermaßen hoher Popularität.472 Zudem waren sie sich in ihrer Beschränkung der monarchischen Herrschaft durchaus einig. Das theoretische Nachdenken über das Gemeinwesen im Polen-Litauen des späten 16. Jahrhunderts auf diese Positionen zu reduzieren, hieße allerdings, eine unzulässige Verkürzung vorzunehmen. Die Schriften von Orzechowski und Volanus gelten zwar als zeitgenössisch verbreitet, solch eine Feststellung ließe fung auf das Römische Recht: „rex non est dominus bonorum et iurium regni, sed praepositus et administrator.“ (S. 18). Dieses 1507 gedruckte Traktat hatte zwar anscheinend keine besondere Breitenwirkung, darf aber als typisch für die später hervorgebrachten Argumentationen gelten. Davon abgesehen ist es durchaus nicht ausgeschlossen, dass der Kanoniker Orzechowski Kenntnis dieser Schrift des Priesters Zaborowski hatte, der unter anderem durch kirchenrechtliche und liturgische Veröffentlichungen Prominenz erlangte (vgl. ebenda V–XIX). 469 O, Fidelis subditus, 24 f., 26. 470 Ebenda, 22. 471 V, A, De libertate politica sive civili libellus lectu non indignus, Cracoviae o.J. [1572]. Die Übersetzung von Stanisław Dubingowicz erschien unter dem Titel: O wolnos´ci Rzeczypospolitej albo szlacheckiej, ksia˛z˙ka godna ku czytaniu Przedtem od niemałego czasu od Pana Andrzeia Wolana sekretarza K.J.M. pisana. A dopiero nowo z Łacinskiego Je˛zyka na Polski przełoz˙ono, Wilno 1606. 472 Nur sieben Jahre später erschien eine zweite Übersetzung: P, K, Politica. O Wolnos´c´i Polskiey Pospolitey, w Poznaniu 1613. Zu dieser Ausgabe auch im Vergleich zu der Übersetzung von Dubingowicz aus dem Jahr 1606: M, R, Wste˛p, in: Andrzej Wolan, De libertate politica sive civili / O wolnos´ci Rzeczypospolitej albo s´lacheckiej (tłumaczenie Stanisława Dubingowicza), hrsg. von dems. u. Maciej Eder, Warszawa 2010, 9–51, 48–51.
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sich jedoch ebenso für die Theorien des Jesuiten Piotr Skarga oder auch von Justus Lipsius‘ Politica und deren polnischer Adaptation von Paweł Szczerbic treffen,473 die die Position des Monarchen deutlich anders definieren. Mit einem kurzen Blick auf die in Polen-Litauen dominierenden Verwendungen des Politikbegriffs im ausgehenden 16. Jahrhundert lässt sich konstatieren, dass hier entweder eine polemische oder eine Aristoteles folgende Semantik von „Politik“ oder „politisch“ vorherrscht. Von einem gänzlichen kohärenten Verständnis der Begrifflichkeit kann dabei aber nicht die Rede sein. Als Übereinstimmung deutet sich zumindest die Konnotation mit „weltlich“ an, was teilweise direkt zur polemischen Wortverwendung weiterleitet. So verzeichnet der Jesuit Grzegorz Knapski, ganz in Übereinstimmung mit seinem Ordensbruder Piotr Skarga, in seinem polnisch-lateinischen Wörterbuch das Lemma „Schlechte Politik, oder einfach Politik (zła Polityka, abo po prostu Polityka)“. Hierunter versteht er eine „gottlose“ und folgerichtig tugendlose „Reipub[licae] administratio“ mit Machiavelli als emblematischem Vertreter.474 Davon setzt sich eine christlich fundierte „gute Politik“ ab, die in diesem Fall auch als „Politica scientia“ bezeichnet werden darf.475 An dieser Stelle scheint die gesamteuropäische Entwicklung einer Verzweigung des Politikbegriffs auf; steht eine Linie in der aristotelischen Tradition, die Politik untrennbar mit Ethik verbindet, löst sich hiervon ein anderer Strang, der einer pragmatischen Staatsraison verpflichtet ist.476 Dar473 T, J, Piotr Skarga. Szermierz kontrreformacji, Warszawa 1978; zu den Sejmpredigten (Kazania sejmowe) als herrschaftstheoretischem Hauptwerk Skargas vgl. ., Wste˛p, in: ders. (Hg.), Kazania sejmowe, Wrocław 2003, S. V–CIII, bes. S. LIII–LXXXIV; zu Skargas Rolle als Hofprediger auch: O, S, Jezuici na dworach Batorego i Wazo´w 1580–1668, Krako´w 1995, 31–35. Zur Verbreitung von Lipsius’ Schriften und den Kontakten zwischen Lipsius und polnischen Adligen und Gelehrten liegt eine vergleichsweise intensive Forschung vor: D-K, Justus Lipsjusz; L, E, Filozofia moralna w Politykach pan´skich Justusa Lipsjusza, in: Barok 15.2 (2008), 15–28; B, A, Justus Lipsius and the Classical Tradition in Poland, in: Gilbert Tournoy / Jeanine De Landtsheer / Jan Papy (Hg.), Iustus Lipsius Europae lumen et columen. Proceedings of the International Colloquium Leuven 17–19 September 1997, Leuven 1999, 1–16; B, C, Orientacja stoicka a recepcja Lipsjusza w Dawnej Polsce, in: ders., Renesans i barok w Polsce. Studia o kulturze, hrsg. v. Hanna Dziechcin´ska u. Ewa J. Głe˛bicka, Warszawa 1993, 246–281; O, J, Tablica z napisem rymu słowian´skiego Justusowi Lipsjuszowi przez Wespazjana Kochowskiego zgotowana (Pro´ba interpretacji), in: Dariusz Chemperek (Hg.), Wespazjan Kochowski w kre˛gu kultury literackiej, Lublin 2003, 55–72; R, W, Justusa Lipsjusza Epistola erudita, in: Terminus 12.2 (2010), 79–93. 474 In Übereinstimmung hiermit auch die knappen Befunde im Wörterbuch des 16. Jahrhunderts in Bezug auf die Einträge „politycki“, „polityk“, „polityka“, vgl. Słownik polszczyzny XVI wieku, Tom 26, Warszawa 1998, 458 f. 475 K, Thesaurus polonolatinograecus, 793. 476 S, V, Politik, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Bd. 4, Stuttgart. 1978, 789–874, 808 f.
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über hinaus drängt sich etwa im Fall des Skarga’schen Politikbegriffs geradezu die zeitgenössisch aktuelle Konnotation mit den französischen „politiques“ auf. Ein Ausdruck, der zumindest in seiner frühen Entstehungsphase als Kampfbegriff der katholischen Ligue Verwendung fand.477 Ohne Rekurs auf eine polemische Konnotation hatte dagegen zuvor Jan Ma˛czyn´ski die „Politeia“ – ein Lemma „Polityka / Politica“ verzeichnet er gar nicht – als Organisation des Gemeinwesens definiert und mit den aristotelischen Kategorien guter und schlechter Herrschaftsformen erläutert.478 Dabei hatte sich etwa im gelehrten Universitätsbetrieb eine „Politica scientia“ bei weitem nicht als eigenständiger Wissensbereich emanzipiert.479 Dafür florierten theoretische Schriften, die sich mit der Organisation des Gemeinwesens und insbesondere in aristotelischer Tradition mit Formen von Herrschaft auseinandersetzten. Solche Politicae waren potentiell umfassende „Legitimierungsund praktische Optimierungslehren für alle Bedürfnisse der Staatsbildung 477
Ähnlich ja auch Knapski, vgl. S, Kazania sejmowe, 6 f. Vgl. zur Ligue und ihrer Begriffsprägung der „politiques“ B, E M., The Politiques and the Historians, in: Journal of the History of Ideas 54.3 (1993), 355–379, 358–362. 478 M, Lexicon latinopolonicum, 308. 479 Mit einem Blick auf die Curricula und Veranstaltungen der polnischen Universitäten und Akademischen Gymnasien zeigt sich stets das Ziel, die Studenten für eine vita activa in der Respublica auszubilden, die Auseinandersetzung mit der Literatur aus dem Bereich der „Politicae“ erfolgt dabei im Rahmen der juristischen beziehungsweise der philosophischen Ausbildung, vgl. etwa zur Krakauer Universität: U, W, Akademia krakowska w dobie reformacji i wczesnej kontrreformacji (1549–1632), in: Kazimierz Lepszy (Hg.), Dzieje Uniwersytetu Jagiellon´skiego w latach 1364–1764. Tom 1, Krako´w 1964, 253–307, hier 270, 292–298; vgl. das akademische Programm der Zamoyski-Akademie aus dem Jahr 1600: Jan A. Wadowski (Hg.), Wiadomos´c´ o profesorach Akademii Zamojskiej. Re˛kopis z w. XVII, Warszawa 1899–1900, 77–81; K, J K, Dzieje Akademii Zamojskiej (1594–1784), Krako´w 1899–1900 (Fontes et commentationes historiam scholarum superiorum in Polonia illustrantes 7), 33–40; zum Akademischen Gymnasium in Thorn: Novae Scholae Torunensis ratio doctrinae et disciplinae (z r. 1568), in: Stanisław Tync (Hg.), Najdawniejsze ustawy gimnazjum torun´skiego, Torun´ 1925, 1–19 und Leges ac Instituta Scholae Thoruniensis (z r. 1600), in: ebenda, 20–124, bes. 104–110; zum Akademischen Gymnasium in Danzig: S, E D., Andreas Aurifaber und seine Schola Dantiscana. Ein Beitrag zur Geschichte der Schulen in Danzig, in: Altpreussische Monatsschrift 11 (1874), 456–474. Welche Bedeutung die Lehre der Politica hingegen einnahm, zeigen die Vorlesungen und Disputationen des Danziger Konrektors Bartholomäus Keckermann, die die Grundlage seiner einflussreichen Veröffentlichungen bildeten: G, F, Die ,Politik‘ des Lambertus Danaeus, Johannes Althusius und Bartholomäus Keckermann. Eine Untersuchung der politisch-wissenschaftlichen Literatur des Protestantismus zur Zeit des Frühabsolutismus, unveröff. Dissertationsschrift, Universität Heidelberg 1977, 288 f. Insgesamt gesehen dürfte sich Polen-Litauen damit kaum von der Entwicklung im Reich unterscheiden: P, M, Die frühneuzeitliche Politikwissenschaft im 16. und 17. Jahrhundert, in: Wilhelm Bleek / Hans J. Lietzmann (Hg.), Schulen in der deutschen Politikwissenschaft, Opladen 1999, 61–78, 61 f.
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[…] Allerdings überwog in diesen Bemühungen der Komplex der soziopsychischen Konditionierung […] denjenigen der Institutionenbildung.“480 In diesem Sinne waren sie nicht als rein theoretische Ausarbeitungen zu verstehen, sondern sind aus ihrer Nähe zur actio, zur Praxis gekennzeichnet. Dabei waren die Traktate aus dem Bereich der „Politica“ sowohl durch ihren Charakter als „Wissenschaft über das rechte Handeln der Regierenden“ wie auch der Regierten zu verstehen.481 Dies verbindet die Politiklehren auf das engste mit den Oeconomicae. Dabei waren Politica und Oeconomica im Kanon der zeitgenössischen praktischen Philosophie nicht nur eng benachbarte Teildisziplinen. Entsprechend zeichnete sich auch die Gattung der Ökonomiken durch eine enge Verschränkung praktischer und auf das Haus bezogener Fragen mit dem großen Ganzen des Gemeinwesens aus.482 Beide Formen waren an Empirie beziehungsweise Praxis orientierte Theoretisierungen der Organisation von Zusammenleben, was nicht zuletzt mit der Frage nach der Ordnung des Gemeinwesens das Problem von Hierarchiebildung aufwerfen musste. Sind die inhaltlichen Beziehungen zwischen Ökonomiken und Politiklehren mithin kaum zu übersehen,483 müssen deren Entstehungskontexte differenziert werden. Gemein ist beiden Gattungen, dass sich ab der Mitte des 16. Jahrhunderts die – im Druck veröffentlichte – Auseinandersetzung intensiviert. Parallel zu den juridischen Statutenentwürfen katalysieren im Fall der Politikschriften sowohl die Exekutionsbewegung als auch die Interregna und die Wahlmonarchie des ausgehenden Jahrhunderts eine verstärkte Publikationstätigkeit. Darüber hinaus scheinen sich auch die ab dem Jahrhundertende verstärkt publizierten Ökonomiken in einen breiteren Kontext einordnen zu lassen. Auffällig ist zumindest nicht nur die Gleichzeitigkeit von politiktheoretischen und ökonomischen Traktaten, sondern darüber hinaus von Ökonomiken und der Publikation genealogisch-heraldischer Werke sowie des Auftretens gedruckter Leichenpredigten als massiertem Phänomen. Sie ordnen sich somit in einen ganzen diskursiven Komplex ein, der um die Defini480 W, W E. J., Die Erfindung des Politikers. Bemerkungen zu einem gescheiterten Professionalisierungskonzept der deutschen Politikwissenschaft des ausgehenden 16. und 17. Jahrhunderts, in: Luise Schorn-Schütte (Hg.), Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Politische Theologie – Res Publica-Verständnis – konsensgestützte Herrschaft, München 2004 (Historische Zeitschrift. Beihefte N.F. 39), 347–370, 354. 481 S, Politik, 815. 482 S-V, I, Oı´ko-nomı´a. Wahrnehmung und Beherrschung der Umwelt im Spiegel adeliger Haushaltungslehren im 17. und 18. Jahrhundert, in: Heike Düselder / Olga Weckenbrock / Siegrid Westphal (Hg.), Adel und Umwelt. Horizonte adeliger Existenz in der Frühen Neuzeit, Köln 2008, 403–429, 409 f., 413. 483 Allerdings hat die Forschung bislang die polnischen Ökonomiken in ihren Überlegungen zur politischen Theoriebildung bislang vollkommen außen vor gelassen.
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tion von Adel kreist und das Verhältnis von Adel und Gemeinwesen normativ zu bestimmen sucht. „Gehorsam hat zu sein / der dem Herrn von jedem stets zu erweisen ist: und weder ein Diener noch ein Bauer hat gegen dessen Willen zu handeln: und was der Herr befiehlt / duldet keinen zweiten Befehl / sondern ist sofort auszuführen.“484 So zumindest stellte sich Anzelm Gostomski (1508–1588) in seiner 1588 erstmals erschienenen und in der Folgezeit mehrfach neu aufgelegten Ökonomik das Verhältnis des adligen Herrn zu seinen Untergebenen vor.485 Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts beginnen im Königreich Polen erste Ökonomiken zu erscheinen, ein Phänomen, das sich in den europäischen Mainstream einordnet.486 Die deutsche Forschungsdiskussion vor allem der 1990er Jahre über diese in älteren Ansätzen auch als „Hausväterliteratur“ betitelten Werke entzündete sich an dem Interpretament des „Ganzen Hauses“ von Otto Brunner.487 Unter Verzicht auf eine langwierige Diskussion des 484
G, A, Gospodarstwo, w Krakowie 1588, 148. Die Schrift erfuhr Neuauflagen in den Jahren 1606, 1619 und 1644 (E, K, Bibliografia polska. Cze˛s´c´ 3, Tom 6 (Ogo´lnego zbioru tom 17), Krako´w 1899, 283–285, 284 f.). 486 Neben Gostomskis Gospodarstwo waren dies: S, O, O sprawie Sypaniu a / Wymierzaniu / y Rybieniu stawo´w: takz˙e o Przekopach / o Wazeniu y prowadzeniu Wody. Ksia˛z˙ki wszystkim gospodarzom potrzebne, Krako´w 1573; P, S, Oekonomika Aristotelesowa albo raczej nauka domowego gospodarstwa, Krako´w 1602; S, J, Oeconomia albo Gospodarstwo To iest / nauka / iako sie wselki krescianski czlowiek w gospodarstwie sprawowac ma, In Monte Regio 1546. Seklucjans in Königsberg am herzoglich preußischen Hof veröffentlichte Oeconomia stellt in ihrer explizit lutherischen Ausrichtung, die stark an die von Luther selbst mit einem Vorwort versehene Oeconomia christiana (1529) von Johannes Menius erinnert, eine gewisse Ausnahme in der polnischen Ökonomikliteratur dar. Neben den Veröffentlichungen des späten 16. Jahrhunderts entstanden vor allem in der ersten Hälfte des Jahrhunderts weitere Ökonomiken. Außerhalb der Neuauflagen von Gostomskis Gospodarstwo sind etwa zu nennen: S, S, Zabawy orackie, Gospodarza Dobrego, uczciwe / ucieszne / y pozyteczne, w Krakowie 1618; Z, T, Pamie˛c´ robo´t i Dozoru gospodarskiego w kaz˙dym miesia˛cu, w Krakowie 1620; J, S, Oekonomia Abo porza˛dek zabaw ziemian´skich, Według czeterech cze˛s´c´i Roku, w Krakowie 1638. Allgemein zur europäischen Ökonomikliteratur: R, I, Oikos, Haus und Haushalt. Ursprung und Geschichte der Haushaltsökonomik, Göttingen 1991. Dieser europäische Überblick kommt allerdings ohne die Erwähnung Polens aus und beschäftigt sich in einem Blick östlich der Grenzen des Heiligen Römischen Reiches allein mit dem Moskauer Reich. 487 An dieser Stelle sei nur kursorisch auf die fundamentale Kritik verwiesen, der der Brunnersche Ansatz – nicht zuletzt als politisch belastetes Konzept – erfahren hat: O, C, Neue Wege der Sozialgeschichte? Ein kritischer Blick auf Otto Brunners Konzept des ,ganzen Hauses‘, in: Geschichte und Gesellschaft 20 (1994), 88–98; G, V, Außer Haus. Otto Brunner und die ,alteuropäische Ökonomik‘, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 46.2 (1995), 69–80. Diese grundlegenden Zurückweisun485
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Brunnerschen Hausbegriffes soll hingegen hier von der schon bei den antiken Referenzautoren der frühneuzeitlichen Ökonomiken unterstrichenen Verquickung von Oikos und Gemeinwesen ausgegangen werden. Dabei ist in Abwendung von Brunner der normative Charakter der zeitgenössischen Ökonomie-Lehren betont worden, die in diesem Sinne auch Teil „politischer Theorie“ waren.488 Schon die antike Ökonomieliteratur, auf deren Tradition sich die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Traktate stützten, war dabei durch den Gedanken hierarchischer Ordnung geprägt. Diese Ordnung wies im Haus jedem seinen Platz zu, der vom Hausherrn bestimmt und verwaltet wurde. Solch stratifizierendes Denken kreuzte sich schließlich von Vokabular und Konzept mit den mittelalterlichen Theorien von ordo, was noch einmal die Rolle der Ökonomiken an der Schnittstelle des Nachdenkens zwischen individueller Ethik und abstrakten Vorstellungen von Vergesellschaftung unterstrich.489 Bei aller Heterogenität der frühneuzeitlichen Ökonomielehren griffen sie mithin auf einen kanonischen Grundbestand an Mustern zurück, die stets ein abstraktes theoretisches wie auch ein lebenspraktisch normierendes Potential bargen, die jeweils mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung aktualisiert werden konnten. In der einen oder der anderen Form wurden sie jedenfalls integraler Bestandteil normativen sozialen Wissens.490
gen des Brunnerschen „Ganzen Hauses“ sind wiederum ihrerseits als zu undifferenziert kritisiert worden: D, H, Über die Faszination des ,Ganzen Hauses‘, in: Geschichte und Gesellschaft 22 (1996), 221–242; W, S, Otto Brunner und das Ganze Haus oder Die zwei Arten der Wirtschaftsgeschichte, in: Historische Zeitschrift 273.2 (2001), 335–369. Die Forschungsdiskussion um Brunners Haus hat schließlich mit Peter Blickles Rehabilitierung eine weitere epigonale Drehung genommen: B, P, Das Alte Europa. Vom Hochmittelalter bis zur Moderne, München 2008, bes. 20–38; mit scharfer Kritik an Blickle: S-R, B, Rez. zu Blickle, Peter: Das Alte Europa. Vom Hochmittelalter bis zur Moderne. München 2008, in: H-Soz-u-Kult, 16.09.2008, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-3-165; mit einem ähnlichen Tenor die Rezension von Michael Borgolte in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13.8.2008, 38. 488 D, R, Herrschaft und Ordnung. Zum Stellenwert normativer Literatur für sozialhistorische Forschungen, in: Heide Wunder / Gisela Engel (Hg.), Geschlechterperspektiven. Forschungen zur Frühen Neuzeit, Königstein / Taunus 1998, 337–347, 342; M, R A., ,Die Oeconomia ist ein Monarchia‘. Der (deutsche) Fürstenhof der Frühmoderne als Objekt der Hausväter- und Regimentsliteratur, in: Reinhardt Butz / Jan Hirschbiegel / Dietmar Willoweit (Hg.), Hof und Theorie. Annäherungen an ein historisches Phänomen, Köln / Weimar / Wien 2004, 145–163. 489 M, U, Soziales Handeln im Zeichen des ,Hauses‘. Zur Ökonomik in der Spätantike und im frühen Mittelalter, Göttingen 1998, 35–37; D, T, Der blinde Fleck der ,Oeconomia‘. Wirtschaft und Soziales in der Frühen Neuzeit, in: Jean Franc¸ois Kerve´gan / Heinz Mohnhaupt (Hg.), Wirtschaft und Wirtschaftstheorien in Rechtsgeschichte und Philosophie, Frankfurt a.M. 2004, 29–61, 30–32. 490 M, Soziales Handeln, 37–42; D, Der blinde Fleck, 32.
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Das gut geordnete Haus also wird bei Gostomski wie im Rest Europas zum Teil einer gut geordneten „patria“.491 Ausdrücklich interessiert sich dabei der Wojewode Gostomski nur für das adlige Haus und dessen Bestellung. Erscheint der Monarch bei Stanisław Orzechowski und anderen Vertretern der Exekutionsbewegung theoretisch als jeden „dominiums“ ledig, ist der Adlige Gostomski als Haupt seines Hauses die Verkörperung des „dominus (pan)“. Seine Befehlsgewalt ist unbeschränkt, er ist Richter für seine Untertanen und Garant der Gerechtigkeit,492 und nur bei einigen praktischen Fragen wird ihm die Beratung mit seiner Frau oder seinen Amtleuten nahegelegt.493 Dass auch solche Herrengewalt nicht ohne die Akzeptanz durch die Befehlsempfänger auskommen konnte, darauf nimmt Gostomski mittelbar Bezug, indem er die ethische Verpflichtung des Herrn und seine Unterwerfung unter göttliches Gebot betont.494 Die normativen Texte zur Ökonomik bieten bei allen Differenzen ein in grundlegenden Punkten recht einheitliches Bild dar, das sicherlich nicht zuletzt den traditionellen Argumentationskategorien des Genres und den in diesem Kontext kanonisch zitierten Autoritäten, allen voran Aristoteles beziehungsweise Pseudo-Aristoteles, geschuldet ist. Prägend sind hier nicht zuletzt Vorstellungen von Befehl und Gehorsam.495 Dass einem adligen Herrn solch eine Befehlsgewalt zustünde, ist dabei unbestritten, die Frage nach deren Quelle ist jedoch schwieriger zu beantworten. Erscheint sie etwa bei Sebastian Aristoteles / Petrycy als eine Mischung aus natürlich gegebener Überlegenheit einiger Menschen in der Verbindung mit dem Eigentum,496 wird sie bei Orzechowski mit der göttlich durch Wappen besiegelten Tugend des Adels als überlegene Gruppe beantwortet,497 während die eher praktisch ausgerichteten Schriften Anzelm Gostomskis und Olbracht Strumien´skis dieses Problem erst gar nicht aufwerfen. Unter der Maßgabe des Hauses und des Gemeinwesens als wohl geordnete soziale Einheiten hingegen bildet auch in diesem Zusammenhang in allen Schriften ein ethisch-tugendhaftes Verhalten die Basis für einen Verhaltenskodex des adligen Herrn. In der Konsequenz wird dessen tugendhaftes Verhalten zur Voraussetzung dafür, dass die freien Befehlsempfänger die Befehlsgewalt akzeptieren und die Unfreien
491
G, Gospodarstwo, 169. Ebenda, 162. 493 Ebenda, 148, 155. 494 Ebenda, 1–5. 495 P, Oekonomika Aristotelesowa, 91; G, Gospodarstwo, 162; O, S, Policya Krolestwa polskiego na kształt arytotelesowych polityk wypisana i na s´wiat dla dobra pospolitego trzema ksie˛gami wydana, ed. v. Tytus Działyn´ski, Poznan´ 1859, 46 f., 71. 496 P, Oekonomika Aristotelesowa, 87f, 94–97. 497 O, Policya Krolestwa, 29. 492
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durch die Befehlsgewalt des Herrn nicht ruiniert werden, was einen Schaden für den Herrn selbst darstellen würde.498 An dieser Stelle drängt sich geradezu der Rückgriff auf die klassische Weber’sche Definition auf, die die Anerkennung der Befehlsgewalt als Problem der Legitimität von Herrschaft in den Mittelpunkt rückt.499 Die Tendenz, Max Webers Herrschaftslehre einzig auf die Frage der Legitimität zu reduzieren, ist zwar fundamentaler Kritik unterzogen worden, wobei nicht zuletzt auch auf die Einseitigkeit der Legitimationsvorstellungen von Oben nach Unten hingewiesen worden ist.500 Dennoch bleibt die Legitimitätsfrage auch im Kontext eines Verständnisses von Herrschaft als Kommunikationsprozess nicht zuletzt mit Hinblick auf die Frage von Legitimität als „Geltungsüberzeugung“ bei den Beteiligten anregend.501 Für die im polnischen Kontext entstandenen Ökonomielehren stellen sich dabei die gleichen grundsätzlichen Fragen nach Adressaten und Rezeption auf, die im allgemeinen europäischen Kontext bereits gestellt worden sind. Der Hinweis etwa, dass sich die „Hausväterliteratur“ in mindestens ebenso starkem Maße an die männlichen Hausherren wie an ihre Frauen richtete,502 lässt sich beispielsweise mit 498
G, Gospodarstwo, 1–5; S, O sprawie Sypaniu, o.S. [68]. W, M, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, hrsg. v. Johannes Winckelmann, Tübingen 51980, 122. 500 B, S, Das Legitimitätskonzept Max Webers, in: Dietmar Willoweit (Hg.), Die Begründung des Rechts als historisches Problem, München 2000 (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 45), 1–17, bes. 8–11. Breuer betont in diesem Zusammenhang, „dass der normative Glaube an die Legitimität nur als ein ,Superadditum‘“ (S. 10) bei Weber zum Komplex der Herrschaftsausübung hinzutritt. Mithin würden normative Geltungsgründe der Herrschaft von den Herrschenden selbst als stabilisierende Faktoren eingeführt und erlaubten keine Rückschlüsse auf die Überzeugungen der Beherrschten. (hierzu auch M / P, Die Faszination des Staates, 44.) In Hinsicht auf die frühneuzeitlichen Ökonomiken lässt sich diese Auslegung mit der Kritik parallelisieren, die an Brunners Konzept des Ganzen Hauses geübt worden ist und den rein normativen Charakter einer Traktatliteratur betont hat, aus der kaum Rückschlüsse auf empirische soziale Verhältnisse gezogen werden könnten: G, V, Außer Haus, 79. 501 G K, P, Legitimität als analytische Kategorie, in: Politische Vierteljahresschrift 12.3 (1971), 367–401. Es ist auf die Nähe der Schlussfolgerungen von Kielmansegg zu Luhmanns Konsequenzen einer Legitimität durch Teilnahme am Verfahren hingewiesen worden (trotz der Kritik von Kielmansegg an Luhmann). Angesichts der weiter unten folgenden Überlegungen zu Verfahrensformen von Widerständigkeit und zur Komplexität der Verflechtung institutioneller Formen und der Beteiligung von Akteuren an von ihnen als illegitim denunzierter Verfahrensformen scheinen aber die zeitgebundenen Abstraktionen Luhmanns zur Moderne zwar anregend, aber nur bedingt sinnvoll anwendbar, vgl. zum Legitimitätsbegriff bei Luhmann: H, J / I, A / T, L, Legitimation durch Verfahren. Zum Entstehungskontext und zur Aktualität eines Nicht-Klassikers, in: Soziale Systeme 22.1 / 2 (2017), 1–20, bes. 5 f. 502 O, Neue Wege der Sozialgeschichte?. 499
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1. Mit dem Adel Staat machen
Verweis auf Jan Seklucjans Übersetzung der lutherischen Oeconomia des Justus Menius auch für den polnischen Fall nachvollziehen.503 In diesem Zusammenhang erscheinen die Ökonomiken dann nicht allein als Festlegungen der hausherrlichen Allgewalt, sondern auch als normative Hinweise auf die potentiellen – wenn auch beschränkten – Mitspracherechte von Ehefrau und Dienern. Erscheint die Herrengewalt in den polnischen Ökonomiken des späten 16. Jahrhunderts also als a priori der Gesellschaftsordnung, bleiben deren Quellen merkwürdig unbestimmt. Anders als in gleichartigen Entwürfen aus dem Reich oder etwa Frankreich spielt in diesem Kontext auch die Ableitung von Herrengewalt aus einem Lehensverhältnis in den Argumentationen keine Rolle.504 Lehensbeziehungen beziehungsweise lehensähnliche Verhältnisse gab es zwar in einem beschränkten Umfang auch im Königreich Polen. Insbesondere in Hinblick auf die Verleihung von Krongütern an einzelne adlige Nutznießer, bei den Ländereien in Händen des Adels handelte es sich jedoch ansonsten in einem sehr weitgehenden Ausmaß um Allodialgüter.505 Mithin treten in der Theorie mindestens implizit die seigneuralen Gewalten einzelner Adliger einerseits in Konfrontation mit einer monarchischen Befehlsgewalt und andererseits mit den Entscheidungskompetenzen, über die die Träger von Ämtern und Würden des Königreichs beziehungsweise des Doppelreiches verfügten. In diesem Kontext lassen sich auch die adelskritischen Bemerkungen Aristoteles / Petrycys verorten, der eben den mangelnden Gehorsam des Adels gegenüber den Amtsträgern beklagt.506 Hiermit verbinden sich zwei grundlegende Fragen: Zum einen ist zu klären, in welcher Weise die monarchische Herrschaft unter diesen Bedingungen theoretisch konzeptionalisiert und in Beziehung zur seigneuralen Eigengewalt gestellt werden konnte. Zum anderen entspringt hieraus das Problem der Entscheidungsbefugnisse von Amtsträgern und deren eventueller Ableitung aus der 503
Während Menius’ Oeconomia an die Herzogin Sybilla von Sachsen gerichtet war, widmet Seklucjan seine Übersetzung parallel hierzu Herzogin Dorothea von Preußen, der ersten Frau Albrechts von Hohenzollern. 504 S, S, Le pouvoir absolu du noble polonais dans son manoir, in: Jarosław Dumanowski / Michel Figeac (Hg.), La noblesse franc¸aise et noblesse polonaise. Me´moire, identite´, culture (XVIe–XXe sie`cle), Pessac 2006, 153–160 (poln. Version: Nieograniczona władza szlachcica polskiego w jego posiadłos´ciach, in: Stanisław Salmonowicz, Kilka minionych wieko´w. Szkice i studia z historii ustroju Polski, Krako´w 2009, 9–22.). 505 G, S, Dlaczego w Polsce nie było feudalizmu lennego?, in: Roczniki dziejo´w społecznych i gospodarczych 58 (1998), 101–123, 122 f.; zum Problem der Güterverleihungen durch den Monarchen, das insbesondere im Rahmen der Exekutionsbewegung lebhaft thematisiert wurde: S-G, A, Odbudowa domeny kro´lewskiej w Polsce (1504–1548), Wrocław 1967. 506 P, Oekonomika Aristotelesowa, 87 f.
1.5 Herrschaftsgemeinschaft: Eigenherrschaft, Gehorsam und Widerstand
165
monarchischen Befehlsgewalt. Dabei stellt sich die weitergehende Frage, ob sowohl die monarchische Entscheidungsgewalt als auch die Kompetenzen der Amtsträger für den Kontext der politischen Theorie im frühneuzeitlichen Polen-Litauen überhaupt mit den für die Ökonomien so prominenten WeberÆschen Kategorien von Befehl und Gehorsam angemessen zu beschreiben sind. Dass die Denkkategorie der Souveränität Bodin’scher Prägung im frühneuzeitlichen Polen-Litauen keine explizite Ausprägung fand, ist in der polnischen Forschung beklagt und argumentativ an die Sonderwegsthese der „Adelsrepublik“ rückgekoppelt worden.507 In diesem Zusammenhang wäre zu hinterfragen, welchen analytischen Mehrwert die in der Forschung ohne Unterlass verwendete Formulierung „inter maiestatem ac libertatem“ haben kann, die ein „beständiges Ringen“ zwischen Königtum und Adel impliziert.508 Mit Blick auf die Politica-Schriften des 16. Jahrhunderts wirft dieses Schlagwort angesichts seiner oft ahistorischen Verwendung Zweifel auf, wenn man hierin keine Konstante zur Erklärung polnisch-litauischer Ge507 M, Historia Polski, 647; S, M, Jean Bodin et la Pologne, in: Czasopismo prawno-historyczne 29.2 (1977), 39–53. Szczaniecki konstatiert dabei zugleich eine weite Verbreitung von Bodins Schriften im frühneuzeitlichen Polen-Litauen (S. 40 f.). Zur Bodin-Rezeption ab der Mitte des 17. Jahrhunderts: J, E, Le Bodinisme en Pologne au XVIIe sie`cle, in: Archives de philosophie du droit et de sociologie juridique 3.1 / 2 (1933), 120–132. 508 Im Gegensatz zum 16. und frühen 17. Jahrhundert lässt sich die Wendung für das ausgehende 17. und das 18. Jahrhundert in den Quellen nachweisen: Lauda sejmiko´w ziemi Dobrzyn´skiej, Krako´w 1887 (Acta historica res gestas Poloniae illustrantia 10), 242; Akta grodzkie i ziemskie z Archiwum Pan´stwowego we Lwowie w dalszym cia˛gu Wydawnictwa Fundacji Al. Hr. Stadnickiego ogłaszane przez Towarzystwo Naukowe we Lwowie. Tom 25: Lauda Sejmikowe Halickie 1696–1772, ed. v. Wojciech Henosz, Lwo´w 1935, 256; Dyaryusz Seymu Ordynaryinego Pod Zwia˛zkiem Konfederacyi Generalney Oboyga Narodo´w W Warszawie Rozpocze˛tego Roku Pan´skiego 1788. Tom 1, Cze˛s´c´ 1, Warszawa 1790, 240. Die Beispiele zur Ausdehnung der Bezeichnung auf die gesamte Frühe Neuzeit sind Legion: L, J, The szlachta and the Monarchy. Reflections on the Struggle inter maiestatem ac libertatem, in: Richard Butterwick (Hg.), The Polish-Lithuanian Monarchy in European Context, c. 1500–1795, Basingstoke / New York 2001, 132–149; S, J / F, M / J D (Hg.), Inter maiestatem ac libertatem (FS Kazimierz Przybos´), Krako´w 2010; N, M, Druga wojna domowa w Polsce. Z dziejo´w polityczno-wojskowych Rzeczypospolitej u schyłku rza˛do´w Jana Kazimierza Wazy, Warszawa 2011, hier das Kapitel unter der Überschrift: Inter maiestatem ac libertatem. Rzeczpospolita w dobie rokoszy czaso´w Wazo´w (1606–1666) 13–37; B, Dialog republikanizmu z liberalizmem, 70; F, K, Konfessionalisierung und politische Ideen in Polen-Litauen (1570–1650), in: Joachim Bahlcke / Arno Strohmeyer (Hg.), Konfessionalisierung in Ostmitteleuropa. Wirkungen des religiösen Wandels im 16. und 17. Jahrhundert in Staat, Gesellschaft und Kultur, Stuttgart 1999, 250–265, 252; mit einer Ausweitung auf ganz Ostmitteleuropa: M, M G. Diskussionsbilanz, in: ebenda, 413–418, 415.
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1. Mit dem Adel Staat machen
schichte der Frühen Neuzeit sehen möchte. Der Terminus „maiestas“ Bodin’scher Prägung jedenfalls spielt auch ab einer möglichen Rezeption seit den 1580er Jahren keine Rolle. Zwar bedeutet dies nicht, dass die Six livres de la Re´publique zumindest in ihrer lateinischen Übersetzung unbekannt gewesen wären beziehungsweise die Theoretiker des zu Ende gehenden 16. Jahrhunderts keine zumindest mittelbaren Überlegungen zum Problem der Souveränität anstellen. Die „maiestas“ als Quellenbegriff bleibt jedoch im Wortgebrauch der traditionellen Konnotation als besondere monarchische Ehre und Würde verhaftet.509 Letztere wiederum werden dem König nie streitig gemacht, selbst in den avanciertesten Versuchen, dessen Kompetenzen zu beschränken beziehungsweise Vorbedingungen zu unterwerfen. Auch in dieser Hinsicht will sich also ein Konflikt „inter maiestatem ac libertatem“ nicht recht einstellen. Die Denkfigur einer ungeteilten Herrschaftsgewalt findet sich jedenfalls allein in Bezug auf die Rolle des – adligen – Hausherrn und seine Verfügungsgewalt über die Angehörigen des Hauses. Man sucht allerdings die automatische Erweiterung einer höchsten unbeschränkten beziehungsweise ungeteilten Herrschergewalt des Königs als Hausvater auf das Gemeinwesen vergeblich, wie sie etwa in den theoretischen Zugängen von Jean Bodin oder Justus Lipsius betrieben wurde.510 Aristoteles selbst hatte schon in seiner Politik die Identifizierung der Hausherrschaft mit der Herrschaft im Gemeinwesen zurückgewiesen.511 Andere Herrschaftsbeziehungen sind für ihn gerade nicht als Apriori auf politische Herrschaft übertragbar; dies gilt umso mehr, da für Aristoteles die Herrschaft in der polis als eine Herrschaft über Freie und Gleichgestellte charakterisiert ist.512 Dennoch ist weder aus der Theoriebil-
509
Dies gilt auch für Piotr Skarga, dem etwa Michael G. Müller bescheinigt hat, er argumentiere „by conceptualising the king as above the law (legibus solutus), along the same lines as Bodin.“ (M, M G., Republicanism versus Monarchy? Government by Estates in Poland-Lithuania and the Holy Roman Empire, Sixteenth to Eighteenth Centuries, in: Manfred Hildermeier (Hg.), Historical Concepts between Eastern and Western Europe, New York u.a. 2007, 35–47, 40. Zur Differenz der tradierten Begriffsbedeutung im Gegsatz zur Umprägung durch Bodin: Q, H, Souveränität. Entstehung und Entwicklung des Begriffs in Frankreich und Deutschland vom 13. Jh. bis 1806, Berlin 1986, 71. 510 Zur Bodin’schen Konzeption von Souveränität im Verhältnis zur maiestas von Lipsius: W, J, Introduction, in: L, J, Politica. Six Books of Politics Or Political Instruction, hrsg. v. dems., Assen 2004, 3–213, 92 f. 511 Aristot. Pol. I, 7. Vgl. auch L, W, Aristoteles (384–322 v. Chr.), in: Wilhelm Bleek / Hans J. Lietzmann (Hg.), Klassiker der Politikwissenschaft. Von Aristoteles bis David Easton, München 2005, 19–32, 22. 512 H, C, Einleitung. Aristoteles und der politische Aristotelismus, in: ders. / Ada Neschke-Hentschke (Hg.), Politischer Aristotelismus. Die Rezeption der aristotelischen ,Politik‘ von der Antike bis zum 19. Jahrhundert, Stuttgart 2008, 1–19, 7.
1.5 Herrschaftsgemeinschaft: Eigenherrschaft, Gehorsam und Widerstand
167
dung des Stagiriten selbst noch aus der Tatsache allein, dass sich die frühneuzeitlichen Theoretiker auf ihn beriefen, zwingend eine klare Präferenz für bestimmte Herrschaftsformen abzuleiten.513 Aristotelische Argumentationsansätze ließen sich in diesem Sinne zur Basis divergierender normativer Gemeinwesenkonzepte machen – korrespondierend mit der allgemeinen Feststellung Jan Waszinks: „The Renaissance reception and re-use of other (e.g. ancient) texts allows for the possibility that citations receive a completely new meaning or significance without however losing the authority of the original source.“514 513 Der einflussreichen Arbeit von Wilfried Nippel zur Theorie der Mischverfassung ist etwa immer wieder vorgeworfen worden, in der Analyse der aristotelischen und platonischen Mischverfassungstheorien entgegen der eigenen Vorsätze eine normative Eindeutigkeit konstruiert zu haben, die in beiden Fällen nicht auszumachen ist: N, W, Mischverfassungstheorie und Verfassungsrealität in Antike und Früher Neuzeit, Stuttgart 1980, hier 52–62, 131; zur Kritik: A, G J. D., Rez. zu W. Nippel, und Verfassungsrealität in Antike und Früher Neuzeit, in: Mnemosyne 36.3–4 (1983), 446–450, 449; S, E, Politische Reformmodelle im vierten Jahrhundert. Grundsätzliche Annahmen politischer Theorie und Versuche konkreter Lösungen, in: Walter Eder (Hg.), Die athenische Demokratie im 4. Jahrhundert v. Chr. Vollendung oder Verfall einer Verfassungsreform?, Stuttgart 1995, 271–301, 272 Anm. 3; P, K, Politische Ordnungskonzeptionen in der attischen Demokratie des vierten Jahrhunderts v. Chr. Eine vergleichende Untersuchung zum philosophischen und rhetorischen Diskurs, Stuttgart 2001, 19 Anm. 13. 514 W, Introduction, 69. Mithin scheint es auch in dieser Hinsicht fraglich, ob die in der deutschen Forschung gepflegte kanonische Unterscheidung von Aristotelismus, Politica christiana und Tacitismus inhaltlich besonders weiterführend ist: D, H, Monarchiebegriffe in der Fürstengesellschaft. Semantik und Theorie der Einherrschaft in Deutschland von der Reformation bis zum Vormärz. Bd. 2: Theorie der Monarchie, Köln / Weimar / Wien 1991, 484 f.; S-S, L, Obrigkeitskritik und Widerstandsrecht. Die politica christiana als Legitimitätsgrundlage, in: dies. (Hg.), Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Politische Theologie – Res Publica-Verständnis – konsensgestützte Herrschaft, München 2004 (Historische Zeitschrift. Beihefte N.F. 39), 195–232; W, M, „...weltliche hendel werden geistlich.“ Zur politica christiana des 16. Jahrhunderts. Ideen als gesellschaftliche Gestaltungskraft im Europa der Neuzeit, in: Lutz Raphael (Hg.), Ideen als gesellschaftliche Gestaltungskraft im Europa der Neuzeit. Beiträge für eine erneuerte Geistesgeschichte, München 2006, 109–124. Bezeichnend ist die zusammenfassende Feststellung Horst Dreitzels: „Nicht nur die Konzeption der Monarchomachen, auch die ciceronianische, die der thomistischen Neuscholastik und die lutherische Politica christiana sowie die der Regimentslehren werden als Varianten des politischen Aristotelismus verstanden.“ (D, H, Politische Philosophie, in: Wilhelm Schmidt-Biggemann / Helmut Holzhey (Hg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Bd. 4 / 1: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, Nord- und Ostmitteleuropa, Basel 2001, 607–748, 649.) Mit expliziter Kritik der kategorialen Trennung von politica christiana und Aristotelismus N, P, Zwischen Innovation und Tradition. Der politische Aristotelismus in der deutschen politischen Philosophie der Prämoderne, in: Zeitschrift für Politik 42.1 (1995), 27–40, bes. 31.
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1. Mit dem Adel Staat machen
Für den polnischen Kontext kann man zunächst festhalten, dass sämtliche herrschaftstheoretischen Ansätze nicht nur auf der – aristotelischen – Annahme fußten, der Mensch sei ein zoon politikon und die Vergemeinschaftung baue sich von Familie und Haus, über Dorf und Stadt bis zur respublica auf. Vielmehr nahmen die polnischen Theoretiker vor allen Dingen übereinstimmend an, das Gemeinwesen sei durch seine Tugendhaftigkeit und eine eudaimonistische Grundausrichtung bestimmt. Dieser basale Konsens schien so verbindlich, dass selbst die polnische Adaptation von Justus Lipsius‘ Politicorum sive Civilis doctrina durch Paweł Szczerbic eine subtile Neuinterpretation des Originals vornahm. Der Lemberger Stadtsyndikus und königliche Sekretär Szczerbic sorgte in seiner polnischen Übersetzung nicht nur für eine stärkere religiös christliche Lautung als sie in der lateinischen Vorlage zu finden war,515 sondern beseitigte teils auch deren moralische Ambivalenzen. Während Lipsius nämlich in den ersten drei Büchern seiner Politica ein recht konventionelles Bild der Bedeutung von Tugend und Ethik entwirft, erweitert er anschließend mit seinem an Machiavelli geschulten Begriff der „prudentia“ das Handlungsfeld des Fürsten in der Herrschaftspraxis erheblich.516 Szczerbic seinerseits ersetzte nun die lateinische „prudentia“ durch die polnische „ma˛dros´c´“, deren lateinisches Äquivalent eigentlich die „sapientia“ darstellte.517 Auch wenn der Übersetzer die mit dem Konzept der „prudentia“ einhergehenden Aussagen zu erlaubter Täuschung beim Regierungshandeln getreulich wiedergab, erreichte er zumindest konnotativ einen symbolischen Anschluss an die kanonischen Kardinaltugenden. Temperantia, fortitudo, 515 D-K, Justus Lipsjusz, 283; L, Filozofia moralna, 18 f. Insgesamt geht die polnische Adaptation auch insofern relativ frei mit der lateinischen Vorlage um als Szczerbic die filigrane ambivalente Struktur von Lipsius Text, der als Sammlung von loci communes beziehungsweise cento daherkommt, in einen vereindeutigten, durchgängig narrativen Prosatext umwandelt (D-K, Justus Lipsjusz, 273–275.) Damit war Szczerbic im europäischen Vergleich nicht allein (ebenda, 250; M, A, The Politica of Justus Lipsius and the Commonplace-Book, in: Journal of the History of Ideas 59.3 (1998), 421–436, 433–435.). Zur Charakterisierung von Lipsius’ Politica als interpretationsoffenes Cento oder argumentativ eindeutig geführte Textstruktur hat sich eine Forschungskontroverse zwischen Ann Moss und Jan Waszink entwickelt: vgl. W, Introduction, 73–75. Mit einer vermittelnden Position D-K, Justus Lipsjusz, 233–242. 516 O, G, Antiker Geist und moderner Staat bei Justus Lipsius (1547–1606), Göttingen 1989, bes. 166–169; in Anschluss an Oestreich: S, C, Machtstaat und Machtstaatsgedanke in den politischen Lehren des Johannes Althusius und des Justus Lipsius, in: Karl-Wilhelm Dahm (Hg.), Politische Theorie des Johannes Althusius, Berlin 1988 (Rechtstheorie. Beiheft 7), 313–332, 318–320. Zusammenfassend zur Kritik an Ostreichs Lipsius-Interpretation mit bibliographischen Hinweisen zu den wichtigsten Diskussionsbeiträgen W, Introduction, 10–14. 517 Ähnliche moralisierende Tendenzen zeigen sich auch an anderen Stellen der Übertragung, D-K, Justus Lipsjusz, 275–278.
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sapientia und iustitia galten schließlich in allen anderen politiktheoretischen Entwürfen als verbindliche Leitlinien für alle am Gemeinwesen Beteiligten.518 Weniger deutlich distanzierte sich hingegen Jakub Go´rski in seiner polnischen Übertragung des Concejo i consejeros des Spaniers Fadrique Furio´ Ceriol vom Konzept der „prudentia“.519 Furio´ Ceriol lehnt seine Ausführungen eng an Machiavelli an520 und betont in diesem Sinne unter anderem, dass alle Tugenden ohne Einsatz von „ingenio“ nutzlos seien.521 Eine sehr ähnliche Wendung fand sich im Übrigen bei Go´rskis akademischem Schüler Wawrzyniec Gos´licki, der das „ingenium“ für den engsten Begleiter der „prudentia“
518
K, U, Art. Kardinaltugenden, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 4, Basel 1976, 695 f. 519 G, J, Rada Pan´ska (1597), ed. v. Wiktor Czermak, Krako´w 1892. Das Original erschien in erster Auflage 1559 in Antwerpen: C, F F, El Concejo i Consejeros del Principe, Anvers 1559; nachfolgend wird nach der Edition zitiert: C, F F, El Concejo y consejeros del prı´ncipe, ed. v. Henry Machoulan, Madrid 1978. Zur Rezeption Ceriols in Polen: B U, T, Z dziejo´w zwierciadła władcy, in: Aleksander Ste˛pkowski (Hg.), O senatorze doskonałym studia. Prace upamie˛tniaja˛ce postac´ i two´rczos´c´ Wawrzyn´ca Gos´lickiego, Warszawa 2009, 35–80, 55–58. Neben Go´rskis polnischer Übertragung liegt eine zweite Übersetzung eines Teils der Schrift durch Bartłomiej Paprocki vor (Senator, Krako´w 1579. Diese Schrift war für den Verfasser nicht einsehbar.) und eine lateinische Übersetzung Krzysztof Warszewickis: De concilio et consiliariis Principis Liber ex F. Furio Ceriole Hispanico in Latinum versus inque lucem editus, Cracoviae 1595 (im Folgenden wird zitiert aus der zweiten Ausgabe Rostock 1597, die unter gleichem Titel erschien, aber um Warszewickis Traktat De legatis & legationibus erweitert war.) Zum Verhältnis Machiavellis und Warszewickis mit extrem wertenden und gegenwärtig wenig anschlussfähigen Urteilen, darüber hinaus ohne den Bezug zu Furio´ Ceriol zu thematisieren: Les´nodorski, Bogusław, Polski Makiawel, in: Henryk Barycz / Jan Hulewicz (Hg.), Studia z dziejo´w kultury polskiej, Warszawa 1947, 257–279. Zur Biographie Warszewickis immer noch: W, T, Krzysztof Warszewicki (1543–1603) i jego dzieła. Monografia historyczno-literacka, Warszawa 1887, bes. 41–131. 520 Zur Machiavelli-Rezeption bei Furio´ Ceriol mit einer ausführlichen Diskussion der bisherigen Forschung: T, R W., Spanish Treatises on Government, Society, and Religion in the Time of Philip II. The ,De regimine Principum‘ and Associated Traditions, Leiden u.a. 1999, 89–114; H, K D, Fadrique Furio´ Ceriol’s Machiavellian vocabulary of contingency, in: Renaissance Studies 26.5 (2011), 641–657. 521 F C, El concejo, 133 f.: „Todas quantas virtudes se hallan i hallar se pueden en un hombre (si el mismo no es de grande ingenio) son baxas, pierden su fuerc¸a, i casi son nada. Por la esperienca vemos, que todas las artes, todos los maestros, todos los libros, todos los aios, todos los avisos i consejos son de mui poca virtud i eficacia en aquellos, que tienen ruin ingenio.“ G, Rada Pan´ska, 35: „Wszystkie cnoty, kto´re nales´c´ sie˛ moga˛ w kto´rymkolwiek człowiecze, słabieja˛ i moc swoje˛ utracaja˛, gdy nie be˛da˛ usadzone dowcipem albo rozrywka˛ i przyrodzonem tym rozumem.“
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hielt:522 „Sine hac [prudentia, K.L.] nulla virtus se ipsam defendere potest.“523 Allerdings mühte sich Gos´licki, die praktische „prudentia“, die er definitorisch klar von der theoretischen „sapientia“ trennt,524 moralphilosophisch wieder einzuholen. So erklärte er, erstere habe ihre Wurzeln in „utilitas“ und „honestas“, dürfe aber niemals vom Wahren und Rechten getrennt werden525 – „Senator & prudens & vir bonus idem sit.“526 Auch Go´rskis Ceriol-Übertragung wurde deutlich dadurch entschärft, dass er das ursprüngliche an Philipp II. gerichtete ausführliche Vorwort in seiner Übersetzung ausließ. Schließlich hatte der Spanier hier den Gedanken entwickelt, der König als Mensch müsse flexibel mit traditionellen Moralvorstellungen umgehen, damit der König als Institution dem Gemeinen Wohl dienen könne.527 Insgesamt ergab sich also eine Einordnung der instrumentellen politischen Klugheit in einen weiteren Rahmen, in dem die Tugend alles Handeln des Einzelnen und die Grundregeln des Gemeinwesens bestimmte. Diese ambivalente Konstruktion entsprach dabei einem zeitgenössisch verbreiteten Versuch der politischen Theorie, die Herausforderung Machiavellis einzuholen, ohne ihm widerspruchslos zu folgen.528
522 G, W, De optimo senatore libri duo, In quibius magistratuum official, civium vita beata, rerumpublicarum foelicitas explicantur, ed. v. Tadeusz Bien´kowski u. Mirosław Korolko, Krako´w 2000, 155 f. (Zitiert wird im Folgenden nach dieser Edition.). Die erste Ausgabe erschien in den 1560er Jahren in Venedig: G, W, De optimo senatore libri duo in quibus magistratuum officia, civium vita beata, rerumpublicarum foelicitas explicantur, Venetis 1568. Zeitgleich entstand eine erste polnische Übersetzung. 1593 erschien eine weitere Auflage in Basel, 1598 und 1607 zwei englische Übersetzungen, ausführlich auch zu späteren Ausgaben: S, A, Obecnos´c´ ,De optimo senatore‘ za granica˛, in: ders. (Hg.), O ,Senatorze doskonałym‘ studia. Prace upamie˛tniaja˛ce postac´ i two´rczos´c´ Wawrzyn´ca Gos´lickiego, Warszawa 2009, 157–144; K, M, Wprowadzenie, in: De optimo senatore libri duo, V–XIV, hier XIIIf. 523 G, De optimo senatore libri duo, 155. 524 Ebenda, 148 f. 525 Ebenda, 150 f. Aleksander Ste˛pkowski verzichtet dagegen in seiner Analyse der Parallelen von Machiavelli und Gos´licki sowohl darauf, auf den gemeinsamen mittelbaren Berührungspunkt Furio´ Ceriol aufmerksam zu machen, als auch auf eine Diskussion der prudentia bei Gos´licki: S, A, Traktat Wawrzyn´ca Gos´lickiego De optimo senatore na tle prac Machiavellego, Bodina i Frycza Modrzewskiego, in: Czasopismo Prawno-historyczne 51.1 / 2 (1999), 411–429, 412–418; vgl. auch J, E, Wawrzyniec Gos´licki jako filozof prawa, in: Themis Polska 6 (1931), 92–160. 526 G, De optimo senatore, 179. 527 H, Fadrique Furio´ Ceriol’s Machiavellian vocabulary, 648. 528 S, D, Prudence in Lipsius’s ,Monita et exempla politica‘. Stoic Virtue, Aristotelian Virtue or not a Virtue at All?, in: Erik De Bom et al. (Hg.), (Un)masking the Realities of Power. Justus Lipsius and the Dynamics of Political Writing in Early Modern Europe, Leiden u.a. 2011, 233–262, 251–258.
1.5 Herrschaftsgemeinschaft: Eigenherrschaft, Gehorsam und Widerstand
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Die eudaimonistische Orientierung der Politiktheorie aristotelischer Prägung reicht über alle Konfessionsgrenzen und Herrschaftspräferenzen hinweg von dem litauischen Reformierten und Venedig-Enthusiasten Andreas Volanus sowie dem moralisierenden Andrzej Frycz Modrzewski über Wawrzyniec Gos´licki als Interpreten einer ausgeprägten Mischverfassung bis hin zu erklärten Anhängern einer starken erblichen Monarchie wie Krzysztof Warszewicki oder dem Jesuiten Piotr Skarga.529 Alle diese Autoren, empirisch konfrontiert mit einer starken rechtlichen Stellung des Adels innerhalb des Gemeinwesens, speisten ihre Wahrnehmung der zeitgenössischen Verhältnisse von Herrschaftsbeteiligung wiederum in ihre normativen Überlegungen ein. Dass allein der Adel die Mitglieder eines Gemeinwesens stellte, die eher mit Berufung auf Aristoteles denn Cicero als „cives“ definiert wurden, stand damit außer Frage.530 Solch limitierte Partizipation am Gemeinwesen und seinen Herrschaftsstrukturen gründete auf der anthropologischen Annahme von natürlicher Überlegenheit und Unterlegenheit Einzelner, wie sie auch in Petrycys Aristotelischer Ökonomik zur Sprache kam.531 Erhebliche Ambivalenzen taten sich freilich bei der weitergehenden Frage nach Geburts- und Tugendadel auf. Während etwa Frycz Modrzewski in der Forschung gerne unterstellt wird, sich für einen reinen Tugendadel auszusprechen,532 lehnt er in seinem Commentarium de republica emendanda (1551) trotz aller Einschränkungen den Geburtsadel durchaus nicht vollkommen ab. Allerdings unterwirft er den adlig Geborenen den gleichen Prüfkriterien der Tugend wie den Nichtadligen. Versagt ersterer kann dies zum Verlust seiner Adligkeit führen, während der Nichtadlige bei besonderer Auszeichnung in den Stand aufsteigen kann.533 Bei Frycz Modrzewski ist es dabei
529
V, De libertate politica, Ciiv.–Ciiir., zu Venedig Ei v.; vgl. auch M, Wste˛p, 21 f.; F M, A, Commentariorum De republica emendanda libri quinque, ed. v. Kazimierz Kumaniecki, Varsaviae 1953 (Andreae Fricii Modrevii Opera omnia 1), 30; G, De optimo senatore, 13. Die gleichlautende allgemeine Definition auch bei O, Policya, 49, allerdings mit der Einschränkung, dass das eigentliche Ziel des Königreichs Polen die Einlösung des Gottesreichs auf Erden sei, ebenda 67; ähnlich auch S, Kazania sejmowe, 103 f., hier zugleich mit der Betonung der religiösen Mission der menschlichen Vergemeinschaftung. Deutlich abweichend von allen anderen Entwürfen erweist sich hingegen die Definition Warszewickis, der prosaisch erklärt: „Quae non dicam solida, sed sola est ratio Reipublicae: gubernandae.“ (W, K, De optimo statu libertatis libri duo, Cracoviae 1598, 233.). 530 G, De optimo senatore, 35 f.; P, S, Polityki Aristotelesowey To Iest Rza˛du Rzeczypospolitey Z dokładem Ksia˛g Osmioro, Krako´w 1605, 268. 531 P, Oekonomika Aristotelesowa, 88; G, De optimo senatore, 24 f.; W, De concilio et consiliariis Principis Liber, B1r.–B1v.; F M, De republica emendanda, 31f, 41 f. 532 Beispielsweise O, Civic humanism, 161 f. 533 F M, De republica emendanda, 105–108.
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1. Mit dem Adel Staat machen
dieser auf moralische Meriten gründende Adel, der die Magistrate der tugendbegründeten respublica stellt. Davon trennt er im Übrigen die Ritterschaft, die allein dem Kriegshandwerk verpflichtet ist.534 Auch der Frycz Modrzewski diametral entgegengesetzte Krzysztof Warszewicki bewegt sich in De optimimo statu libertatis (1598) in Richtung eines Tugendadels, ebenfalls ohne allerdings den Geburtsadel kategorisch auszuschließen.535 Entsprechend nimmt auch Andreas Volanus in De libertate politica (1572) eine recht unscharfe Zwischenposition ein. Zwar konstatiert er, Geburtsadel sei keine Garantie für Tugendhaftigkeit, aber letztere müsse von jedem stets aufs Neue erworben werden.536 Trotzdem sucht man bei ihm eine kategorische Ablehnung des Geburtsadels vergeblich. Vielmehr münden seine Überlegungen in eine pragmatische phänomenologische Verarbeitung der gegebenen ständischen Ordnung.537 Eine ähnlich pragmatische Lösung findet auch Sebastian Petrycy in seiner Auslegung der Aristotelischen Politica von 1605. Drei Arten von Adel gebe es, konstatiert seine Zustandsbeschreibung. Sie umfassen die alten mit Privilegien ausgestatteten Familien, reiche Bürger, die über Generationen hinweg bis in diesen Privilegienadel aufzusteigen vermögen und den echten Tugendadel, der sich im Einsatz für die respublica zeige. Der Privilegienadel garantiere dabei keine Tugendhaftigkeit, mache sie aber wahrscheinlich, da über Generationen von den Eltern zumindest die Neigung zur Tugend ererbt werde. Ob dies jeweils bei den Kindern zu echtem Adel führt, ist demnach – ähnlich wie bei Volanus – von der Erziehung abhängig.538 Demgegenüber stellt Wawrzyniec Gos´licki in seiner Abhandlung De optimo senatore (1568) zunächst fest, dass allein den Angehörigen des Adels, als anthropologisch Überlegenen, die von der Natur gegebene Möglichkeit zur Verfügung stehe, durch Tugend Glück zu erlangen. Folgerichtig könnten nur Adlige „cives“ in Aristoteles‘ Sinne sein.539 Hat Gos´licki einmal seine Kategorien „civitas“ und „nobilitas“ so eng verquickt, muss er schlussendlich nur noch konstatieren, dass „civis“ allein derjenige sein könne, dessen beide Eltern bereits über das Bürgerrecht verfügten.540 Einerseits handelt es sich dabei zwar um eine Ver-
534
Ebenda, 244–251. W, De optimo statu libertatis, 29 f. Eine radikalere Position nimmt Warszewicki allerdings an anderer Stelle ein: „Vera, vera nobilitas est ea, quae ingenio & virtute nos nobilitat nostra, non fama aliena.“ (Christophori Varsevicii C.C. Paradoxa. Quibus de origine generis, & nominis Poloni adiunctus est Dialogus, Romae 1601, 196.). 536 V, De libertate politica, Eiii r., Fi r. 537 So stellt er fest, dass Adel durch Geburt gegeben oder vom Fürsten verliehen werde, ebenda, Fii v. 538 P, Polityka Aristotelesowa, 61. 539 G, De optimo senatore, 35 f. 540 Ebenda, 60. 535
1.5 Herrschaftsgemeinschaft: Eigenherrschaft, Gehorsam und Widerstand
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teidigung des Geburtsadels. Andererseits führt Gos´licki damit hinterrücks eine Lockerung gegenüber den lange Zeit geltenden Abstammungsstandards ein.541 Dies relativiert sich jedoch deutlich an der Stelle, wo das Wappen als wichtiges „simulacrum & monumentum, antiquae virtutis & dignitatis“ des Adligen und seiner Vorfahren erscheint.542 Demgegenüber kamen die theokratisch orientierten Theorien des Jesuiten Piotr Skarga unter anderem in seinen Sejmpredigten (Kazania sejmowe) (1597) und des Kanonikers Stanisław Orzechowskis jeweils mit der Einpassung der Drei-Stände-Lehre in einen aristotelischen Rahmen aus, was sie einer tiefergehenden Reflexion über die Natur und Begründung des Adels enthob.543 Bei den Gliedern des durchweg als respublica benannten Gemeinwesens handelte es sich für die zeitgenössische Theorie also unabhängig von den Begründungszusammenhängen in jedem Fall um eine privilegierte Elite.544 Die Ansätze Modrzewskis, Volanus‘, Gos´lickis und zu Teilen Orzechowskis liefern dabei wohl nicht zufällig die ausführlichsten auf Aristoteles und zugleich Cicero gestützten Definitionsversuche.545 Entsprechend der ciceronischen Bestimmung der dem Recht verpflichteten „res publica“ als „res populi“ handelt es sich bei diesen drei Theorien um die deutlichsten Stellungnahmen für einen Vertragscharakter monarchischer Herrschaft.546 Jedoch musste eine Berufung auf die ciceronische Sichtweise eines „consensus“, der der Gemeinschaftsbildung zugrunde liegt, nicht unbedingt in einer republi541
Vgl. Kapitel 1.3., S. 127 f. G, De optimo senatore, 66. 543 Bemerkenswerterweise sind es im polnischen Kontext gerade katholische Theoriebildungen, die sich der Drei-Stände-Lehre befleißigen, ein Phänomen, dessen konfessionelle Bindung an eine evangelische Politica christiana für das Reich betont worden ist: S-S, L, Evangelische Geistlichkeit in der Frühneuzeit. Deren Anteil an der Entfaltung frühmoderner Staatlichkeit und Gesellschaft dargestellt am Beispiel des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel, der Landgrafschaft Hessen-Kassel und der Stadt Braunschweig, Gütersloh 1996 (Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 62), 407–428. 544 Dabei hält sich etwa Gos´licki sehr eng an die aristotelische Kategorisierung und stellt fest, dass unabhängig von der Form, welche die Ordnung des Gemeinwesens annimmt, die für jeden Fall jeweils beste Ordnung als „politia“ zu bezeichnen ist, vgl. G, De optimo senatore, 17. In der gleichen Intention erfolgt die Titelgebung „Policya“ bei Orzechowski, hier auch wahlweise als „politia“ vgl. O, Policya, 7; vgl. auch S, Kazania sejmowe, 93. 545 O, Civic Humanism, 157 f. 546 Zur Definition der res publica bei Cicero: S, M, Cicero’s Definition of Res Publica, in: Jonathan G. F. Powell (Hg.), Cicero the Philosopher. Twelve Papers, Oxford u.a. 1999, 63–83; W, N, Cicero’s Social and Political Thought. An Introduction, Berkeley u.a. 1991, 126 f. Zur Bedeutung des Rechts für Ciceros Definition: B, J, Lex publica. Gesetz und Recht in der römischen Republik, Berlin / New York 1975, 428 f. 542
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kanischen Vision des Gemeinwesens gipfeln.547 Wollte man jedenfalls auf solch ein Gemeinwesen die aristotelischen Kategorien distinkter Herrschaftsordnungen von der Monarchie über die Oligarchie bis hin zur Demokratie in allen ihren Mischungsverhältnissen und Degenerationsstadien anwenden, blieb eine Hierarchisierung innerhalb der privilegierten Teilnehmer nicht aus. Den „populus“ stellt mithin in allen unterschiedlichen Ansätzen der – wie auch immer definierte – Adel im Allgemeinen.548 Dass das Oberhaupt des Gemeinwesens hingegen kein Kollektiv, sondern ein Monarch sein sollte, auch darin stimmen alle Theoretiker überein. Entscheidende Differenzen zeigen sich hingegen bei der Definition des Verhältnisses von Monarch und Volk. Wenig systematisch, aber dafür sehr ausführlich, setzt sich etwa Krzysztof Warszewcki mit dem Problem auseinander, auf welche Weise ein Monarch eingesetzt werden müsse.549 Deutlich wird aus der dialogischen Struktur seines Traktats immerhin eine recht klare Ablehnung der freien Königswahl, die angesichts daraus resultierender Uneinigkeit eine Gefahr für das Gemeinwesen darstelle: „Temeritas enim & discordia civilis, exitium est libertatis.“550 Orzechowski und Skarga gehen beide von einer Parallelität der göttlichen Ordnung und des Gemeinwesens aus, die eine Monarchie als das natürlich gegebene Herrschaftsmodell erscheinen lässt.551 Abgesehen von dieser Gemeinsamkeit trennen sich ihre interpretatorischen Wege. Skarga setzt eine dem Monarchen von Gott verliehene absolute Herrschaftskompetenz voraus, von der er aus freien Stücken ein Teil den ihm anvertrauten Untertanen als Privilegien und Freiheiten abtritt.552 Uneingeschränkt kann eine menschliche Herrschaft für den Hofprediger Skarga aber niemals sein, da nur Gott in seiner Vollkommenheit ein fehlerloses absolutum dominium ausüben kann. Deshalb muss ein menschlicher Herrscher stets durch Eid gebunden von Gesetzen und Regeln kontrolliert werden, um sein Handeln nicht in eine Tyrannis ausarten zu lassen.553 Anders als Orzechowski treibt der Jesuit Skarga, zumindest in dieser Schrift, den Primat von Klerus und Theologie nicht auf die Spitze, so dass nur von einem abstrakten Gehorsam des Königs gegenüber Gott und nicht von einem direkten Gehorsamsverhältnis des Königs gegenüber dem Papst die Rede ist.554 Auch treten
547
S, V, Founders and Kings versus Orators. Medieval and Early Modern Views and the Origins of Social Life, in: Viator 42.1 (2011), 383–407, 384. 548 G, De optimo senatore, 35 f.; V, De libertate politica, Diii v., Gi v.; S, Kazania sejmowe, 134. 549 W, De optimo statu libertatis, 46–73. 550 Ebenda, 47. 551 O, Policya, 16; S, Kazania sejmowe, 114–117. 552 S, Kazania sejmowe, bes. 133–135. 553 Ebenda, 122 f. 554 Ebenda, 63 f.
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dem Monarchen bei Skarga keine Adligen gegenüber, die über eigene originäre Herrschaftsrechte durch ein unbeschränktes Dominium über ihre Güter verfügen. Das Gemeinwesen erscheint in beiden Fällen als ein zwar durchaus weltlich eudaimonistisches Konzept, kann als Abbild der göttlichen Ordnung jedoch seine metaphysische Dimension nicht negieren. Nicht nur Glück und Tugend irdischer Provenienz sind demnach das Ziel sozialen Zusammenschlusses, sondern auch das Seelenheil. Der reformierte Theologe Andreas Volanus war nicht nur in etlichen theologischen Disputationen und Polemiken einer der zeitgenössischen Hauptkontrahenten Skargas,555 auch mit seinen herrschaftstheoretischen Überlegungen grenzte er sich von dem prominenten Jesuiten ab. Nicht die „disciplina“ und der Gehorsam, die Skarga gegenüber dem Monarchen einfordert, stehen bei Volanus im Vordergrund, die „libertas“ ist der entscheidende Richtwert des Gemeinwesens.556 Volanus kann diese These auf der Annahme aufbauen, der Adel in Polen und Litauen verfüge, anders als im restlichen Europa, über freie und vollkommene Herrenrechte, eine unverletzliche „potestas domini“.557 Da es wiederum der Adel ist, der das aristotelisch-ciceronische Volk im Gemeinwesen bildet, sieht sich der Monarch deshalb verpflichtet, Steuern, Gesetze und Kriege erst nach der Konsultation mit dem ganzen Volk der freien „domini“ zu beschließen: „Sine nobilitatis consensu / nullam decernendi aliquid Princeps habeat potestatem.“558 Schließlich konstituiert sich die Gemeinschaft des adligen „populus“ zuerst ohne König, um ihn dann erst freiwillig zu wählen.559 Der König seinerseits ist dabei nicht anderes als „Mund und Stimme“ der Gesetze, die in Worte gegossene „ratio“ und Naturrecht darstellen.560 Ihn bindet folglich ein Eid an die Einhaltung dieser Gesetze, zu deren Inkarnation er bestimmt worden ist.561 Solcher Annahme, dass ein Vertrag zwischen Volk und Monarch dessen Herrschaft begründet, folgt auch Wawrzyniec Gos´licki. Die Tugendgemeinschaft der „cives“ kürt durch Wahl den König – „unus omnium optimus, qui etiam a regendo, vel recte agendo Rex appellatur.“562 Mithin fungiert der Monarch als oberster Amtsträger,563 der sich innerhalb der respublica durch Tugend
555 Zu den theologischen Auseinandersetzungen zwischen Volanus und Skarga: D, K( , Andreas Volanus und die Reformation im Großfürstentum Litauen, Mainz 2008, 102–115. 556 Volanus, De libertate politica, Biii v. 557 Ebenda, Giii r. 558 Ebenda, Gii r.–Gii v. 559 Ebenda, Gi v. 560 Ebenda, Di r., Dii r. 561 Ebenda, Di v. 562 G, De optimo senatore, 61. 563 Ebenda, 52.
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und Gerechtigkeit für eine Herrschaft qualifiziert, die niemals dem Verhältnis von Herrn zu Sklaven, sondern stets demjenigen vom Vater zu seinen Söhnen gleichen sollte.564 Das Recht bleibt auch in diesem Fall die höchste Ratio des Gemeinwesens, die das Handeln des Monarchen definiert und beschränkt.565 Gos´licki leitet aus diesen Grundlegungen hingegen nicht wie Volanus die übermächtige Bedeutung der Freiheit ab, sondern die Notwendigkeit einer auch bei Skarga – aus ganz anderen Voraussetzungen – entwickelten „disciplina“.566 Der Gehorsam, der über die „disciplina“ vom Adel eingefordert wird, bezieht sich zuvörderst auf die Gesetze als moralische Grundlage des Gemeinwesens. Die Argumentationen Warszewickis, Skargas und Gos´lickis bleiben aber nicht bei diesen abstrakten Überlegungen stehen, sondern konkretisieren sich – wie schon in Aristoteles / Petrycys Ökonomielehre – in Bezug auf die Magistrate. Warszewicki etwa legt großen Wert auf die „oboedientia“ der Untertanen im Allgemeinen, die gleichermaßen die Amtsträger zu treffen scheint.567 Legt Skarga den Akzent dabei insbesondere auf einen Gehorsam, der dem König gegenüber zu leisten sei,568 konzentriert sich Gos´licki auf die Befehlsgewalt der Amtsträger unterhalb des Monarchen. Diese Differenz kommt nicht von ungefähr. Die Sejmpredigten Skargas lassen den Amtsträgern nur eine sehr beschränkte Position zukommen, die sie auf die Rolle eines verlängerten Arms der königlichen Herrschaftsgewalt festlegt. Demgegenüber interessiert sich Wawrzyniec Gos´licki zentral für die Senatoren als Amtsinhaber. Der Monarch setzt auch bei ihm die Würdenträger aus eigener Wahl und Entscheidung ein, die Frage seines Verhältnisses zu den Senatoren sowie das Problem von deren Legitimität und Kompetenzen erweist sich aber als komplexer. Die Auswahl der Senatoren richtet sich nach Gesetzen, Alter, Klugheit, Adel und Würde569 und wird mithin zum Qualitätsmaßstab monarchischer Herrschaft. Denn allein indem der König seine Würdenträger nicht nach den eigenen Privatinteressen, sondern nach den unbestechlichen Regeln von Tugend und Gemeinwohl auswählt, unterscheidet er sich vom Tyrannen.570 In diesem Sinne sind wiederum die Senatoren gehalten, den Monarchen zu beraten, zu kontrollieren und die respublica zu regieren.571
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Ebenda, 26. Ebenda, 18, 33. 566 Ebenda, 95, 98. 567 W, De optimo statu libertatis, 157 f. 568 S, Kazania sejmowe, 10 f., 122. 569 G, De optimo senatore, 125. 570 Ebenda, 134, 61. 571 Ebenda, 55. 565
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Das Verhältnis von Monarch und Senat zueinander definiert sich also wie folgt: „Rex ad leges omnia praescriptas administrat, neque voluntate sa, sed Senatus consilio, leges sancit, bella suscipit, componit, terminat, nec extra cancellos legum & Senatus consilium egreditur.“572 Da es sich letztendlich bei König wie Senat um vom Volk verliehene Magistrate handelt, sind sie darüber hinaus folgerichtig gleichen Grundsätzen unterworfen – von der besonderen Tugendhaftigkeit, über Gerechtigkeit bis hin zur Gesetzestreue. Für die Senatoren scheint Gos´licki allerdings noch besonders hohe Maßstäbe anzusetzen. Obgleich der Monarch in letzter Abstraktion bei ihm als Amtsträger erscheint, sorgt sich der Bischof weniger um dessen grundlegende Legitimation, die nicht zuletzt durch die Wahl gesichert scheint. Die Senatorenschaft dagegen muss in besonderer Weise rechtfertigen, weshalb sie aus dem Kreis des adligen „populus“ herausgehoben wird; die Erklärung solcher Amtsverleihung ist somit nur in besonderer Tugend, besonderer Klugheit und Tapferkeit, besonderer Würde, besonderer Loyalität zur Familie und außergewöhnlicher Hingabe für die „patria“ zu finden.573Nolens volens wird Gos´licki hier auf die basalen Ambivalenzen zurückgeworfen, die sich bei der allgemein gängigen Definition der adligen Glieder des Gemeinwesens zwischen Abstammung und Tugend einstellen mussten. Zwar fallen bei ihm die Begründungszusammenhänge insgesamt ausführlicher aus als in anderen theoretischen Ansätzen. Er steht aber nicht allein, wenn er die Bedeutung der Magistrate für die Kontrolle des Monarchen und das Funktionieren der republica betont. Auch der polnische Primas Stanisław Karnkowski hatte in seiner knappen Abhandlung De primatu senatorio von 1593 konstatiert, der König solle frei gewählt werden und sich dann Senatoren als „socii“ an seine Seite holen. Letztere sollten den Monarchen beraten und die „administratio“ des Königreiches in wichtigen Angelegenheiten unterstützen.574 Desgleichen betont Andreas Volanus die Bedeutung der senatorischen Amtsträger, die als „custodes legum“ die Einhaltung von Recht und damit die Erhaltung der Freiheit garantieren.575 Es unterscheiden sich allein die Konsequenzen, die aus der Position solcher Magistrate gezogen werden können. Bei Skarga profitieren sie von der Übertragung königlicher Herrschaftskompetenzen, die ihnen eine beschränkte Befehlsgewalt verleihen. Demgegenüber handeln die Senatoren als Magistrate bei Volanus und Gos´licki in ihrer Verantwortung für die respublica, aus der heraus sie eine dem Monarchen gegenüber unabhängige Position einnehmen. Anders als Volanus besteht aber Gos´licki auf einem klaren Gehorsam des „populus“ gegenüber den Senatoren. Dies ist 572
Ebenda, 47 f. Ebenda, 55 f., 58. 574 K, S, De primatu senatorio Regni Poloniae [...] Tractatio, Posnaniae 1593, 12 f. 575 V, De libertate politica, Niv r. 573
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eine Forderung, die nicht zuletzt aus der Interpretation der respublica als starker Mischverfassung entspringt, in der das Volk ebenso wie der König von den Magistraten zu Mäßigung und Ausgleich gezwungen werden muss. Eine Position, die die wesentliche Regierungstätigkeit bei den Senatoren sieht, nimmt übrigens auch der Jurist und Adelspräzeptor Stanisław Krzysztanowicz ein. Im Jahr 1606 veröffentlichte er seine Descriptio statuum regni Poloniae, die sich nicht als Reflexion über ideale Verfassungsverhältnisse verstand, sondern als eine ganz auf Verfassungsfragen konzentrierte Landesbeschreibung. Hier erscheint der König in erster Linie als das Bindeglied der verschiedenen Regionen und Länder. Einzig die Senatoren und Lokalämter werden demgegenüber ausführlicher Schilderungen gewürdigt, wobei etwa für die Wojewoden weitgesteckte Kompetenzen skizziert werden:576 „Pacis tempore, habet ius in suo Palatinatu, conventus Nobilitatis instituere: iique & iudiciis praesidere: precia rebus venalibus, praeter tempus comitiorum, & belli, imponere: ponderum & mensurarum curam gerere.“
Nominell gehöre Polen zu den großen europäischen Monarchien, konstatierte Bartholomäus Keckermann in seinem 1608 veröffentlicheten Systema disciplinae politicae.577 Der Danziger Keckermann richtete in seiner Theoriebildung besonderes Interesse neben dem Reich auf Polen-Litauen, in dessen unmittelbarem Kontext er sich bewegte.578 Schließlich war Keckermann als 576 K, S, Polonia seu Brevis descriptio statuum regni Poloniae cum partitione Provinciarum, et Ordinum. Ex variis Auctoribus collecta, Moguntiae 1606, 5. 577 K, B, Systema disciplinae politicae, publicis praeelectionibus Anno MDCVI propositum in Gymnasio Dantiscano, Hanoviae 1608, 597. 578 Die deutsche Forschung hat mit unnachahmlichem Scheuklappenblick Keckermann allein in den reichischen Kontext eingeordnet und ignoriert regelmäßig die intensive – und gleichberechtigte – Auseinandersetzung des Danzigers mit Polen. So dient das Königreich nicht nur, wie viele andere empirische Fälle, als Beispiel im „Systema politica“. Vielmehr beschäftigt sich die posthum gedruckte „Politica specialis“ an erster Stelle mit Polen und an zweiter Stelle ebenso mit dem Reich (K, B, Politica specialis Gemina prior polonica […] posterior germanica, Hanoviae 1611, hier zu Polen 7–30.) Goedeking konstatiert verwundert, dass Keckermann nicht die bürgerlichen Freiheiten herausstellt und als Stadtbürger für die Monarchie votiere. Dies führt er dabei alleinig auf die Orientierung Keckermanns an „westeuropäischen Denkern“ zurück: G, ,Politik‘, 292. Subtiler ignoriert Michael Stolleis den polnischen Kontext, wenn er Keckermanns Theoriebildung allein aus dem Rahmen des Danziger Stadtregiments erklärt: S, M, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 1: 1600–1608, München 1988, 109 f. Daran anschließend der alleinige Reichsbezug etwa auch bei D, Monarchiebegriffe in der Fürstengesellschaft, Bd. 2, 556; G, M, Aristotelians, Monarchomachs and Republicans. Sovereignty and republica mixta in Dutch and German Political Thought, 1580–1650, in: ders. / Quentin Skinner (Hg.), Republicanism. A Shared European Heritage, Vol. 1: Republicanism and Constitutionalism in Early Modern Europe, Cambridge u.a. 2002, 195–217, 210 f. Bezeichnend scheint in
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Professor am Akademischen Gymnasium in Danzig Präzeptor nicht weniger protestantischer polnischer Adelssöhne.579 Eigentlich sei das Königreich Polen angesichts der Präeminenz des Ritterstandes innerhalb der gemischten Ordnung aus drei Ständen eine Demokratie, stellte Keckermann fest.580 Eine Aristokratie hingegen, wie Bodin aus Unkenntnis glaube, sei es keineswegs. Keckermann schiebt in Berufung auf Giovanni Botero nach, schließlich könne der Monarch den Adel richten und „quod rex habeat partes absoluti dominii, non paucas, nec parvas.“581 Obwohl Keckermann wohl zu den ersten Rezipienten der Bodin’schen Souveränitätstheorie im Königreich Polen gehörte,582 hat er deren fundamentale „rupture e´piste´mologique“583 ersichtlich nicht nachvollzogen.584 Die BodinÆsche Unterscheidung zwischen „e´tat“ und diesem Zusammenhang, dass im groß angelegten Grundriss der Geschichte der Philosophie Keckermann unter der Rubrik „reformierte Territorien“ und seinem Studienort „Heidelberg“ verortet wird:. S-B, W, Die Schulphilosophie in den reformierten Territorien, in: ders. / Helmut Holzhey (Hg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts, Basel 2001 (Grundriss der Geschichte der Philosophie 4 / 1), 392–474, 410–414. Komplementär zur deutschen Forschung hat die polnische Forschung sich nur marginal mit Keckermann beschäftigt: N, B, Z˙ycie i działalnos´c´ naukowa ucznego gdan´skiego Bartłomieja Keckermanna. Studium z dziejo´w Odrodzenia na Pomorzu, Torun´ 1961, zur Foschungslage hier 5. Die neueren Analysen von Danilo Facca interessieren sich hingegen nicht für den polnischen Kontext: F, D, Bartłomiej Keckermann (1572–1609). Teologia reformacji i logika, in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 45 (2001), 99–115. Eine reflexhafte Betonung der polnischen Bezüge Keckermanns wiederum findet sich bei C, L, Bartłomiej Keckermann. Obron´ca ustroju politycznego Polski, in: Wiadomos´ci Literackie 16.31/32 (1939), 21. Darüber hinaus: S, S, Die protestantischen akademischen Gymnasien in Thorn, Elbing und Danzig und ihre Bedeutung für die regionale Identität im Königlichen Preußen (16.– 18. Jahrhundert),in: Nordost-Archiv 6.2 (1997), 514–539, 526 f. 579 N, Z˙ycie i działalnos´c´ Bartłomieja Keckermanna, 21. Skeptischer bezüglich der Anzahl von Schülern, die von außerhalb Preußens stammten: S, Die protestantischen akademischen Gymnasien, 520 f. Salmonowicz wiederum betont den erheblichen zeitgenössischen Einfluss, den die Schriften aus dem Umkreis des Akademischen Gymnasiums nichtsdestoweniger ausübten. 580 K, Systema disciplinae politicae, 593. 581 Ebenda, 591 f. 582 Ausführlicher wurde Keckermanns Auseinandersetzung mit Bodin insbesondere hinsichtlich des Methodenstreits über Historiographie und Geschichte behandelt: MG, E, Die Geschichtsschreibung der Reformation und Gegenreformation. Bodin und die Begründung der Geschichtsmethodologie durch Bartholomäus Keckermann, Leipzig 1912. 583 C, F / D, R, L’absolutisme en France. Histoire et historiographie, Paris 2002, 41 (zitiert nach: M, J-F Das Andere der Monarchie. La Rochelle und die Idee der ,monarchie absolue‘ in Frankreich (1568–1630), München 2012, 67.). 584 Vgl. hierzu auch F, J H., Sovereignty and the Mixed Constitution. Bodin and his Critics, in: James H. Burns (Hg.), The Cambridge History of Political Thought (1450–1700), Cambridge u.a. 1994, 298–346, 314–316.
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„gouvernement“, die dessen Vorstellung von ungeteilter Souveränität und der damit korrespondierenden Ablehnung der Mischverfassungstheorie zugrunde liegt,585 widerspricht grundlegend der klassisch an Aristoteles geschulten Auffassung der Lehre vom Gemeinwesen als Kategorisierung von Herrschaftsformen im Systema disciplinae politicae.586 Folgerichtig bleiben bei Keckermann „ordo et regimen civitatum“ untrennbar als Definition der „politia“ miteinander verbunden.587 Ist für ihn auch die absolute Monarchie in Reinform der erstrebenswerteste Zustand der respublica,588 gesteht er dennoch im Sinne eines beschränkten Verfassungsrelativismus Mischformen, je nach deren Nähe zur idealen Norm, Qualitäten zu.589 Mit Verweis auf Bodin definiert Keckermann die Kompetenzen des idealen absoluten Monarchen, der über Krieg und Frieden, Recht und Gesetz entscheidet, die letzte Appellationsinstanz ist und Amnestien ausspricht, die Magistrate ernennt, Münzen prägt sowie Treue und Gefolgschaft von allen Untertanen einfordert.590 Aus der „maiestas“ entspringen dabei „ius“ und „potestas“ des Fürsten, eine „maiestas“, die als göttliche Kraft sowie „admiratio“, „veneratio“ und „metus“ der Untertanen generiert. Hieran allerdings haben zwar in erster Linie, jedoch nicht nur, Monarchen Anteil; auch Magistrate sind dieser Kraft, wenn auch in geringerem Maße teilhaftig591 – womit die grundlegende Diskrepanz zur BodinÆschen Auffassung nochmals zu Tage tritt. Die Magistrate sind in der absoluten Monarchie in erster Linie durch ihre Treue und Ergebenheit zum Monarchen wie durch den Einsatz für die „patria“ im Allgemeinen gekennzeichnet. Dabei stellt sich ein Widerstand von ihrer Seite gegen einen tyrannischen Herrscher als problematisch dar. Einfacher hingegen sei eine Widerstandshandlung für Magistrate in Mischverfassungsformen zu rechtfertigen.592 Schließlich stünden sie in ihrer Ge-
585 B, J, Les six Livres de la Re´publique avec l’Apologie de R. Herpin, Aalen 1961, 251–254. Zum basalen Postulat der Trennung von „e´tat“ und „gouvernment“ beispielsweise D, H, Bodins Staatsformenlehre, in: ders. (Hg.), Jean Bodin. Verhandlungen der internationalen Bodin-Tagung in München, München 1973, 233–244, bes. 236 f.; M, Das Andere der Monarchie, 69–71. 586 Bezeichnend in diesem Zusammenhang seine Feststellung: „Bodinus peculiarem quandam habet sententiam de formis Reipubl[icae]. Quamvis sibi ipsi mea sententia non videatur constare.“ (B. Keckermann, Systema disciplinae politicae, 560.). 587 Ebenda, 5 f. 588 Ebenda, bes. 114. 589 Ebenda, 535: „Polyarchia est laudabilis, quatenus habet in se similitudinem & repraesentationem monarchia, atque adea quatenus illi plures, qui imperant, reducuntur ad unitatem, & sunt inter se unanimes, atque concordes.“ 590 Ebenda, 131. 591 Ebenda, 130. 592 Eine ausführliche Diskussion verschiedener Standpunkte zum legitimen Widerstand ebenda, 413–435, bes. 435.
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samtheit über dem Fürsten, ginge dieser doch einen Vertrag mit ihnen ein, der sie zugleich zu den „inspectores & observatores regni“ werden lasse.593 Dass Keckermann in diesem Zusammenhang Franc¸ois Hotmans Franco-Gallia ebenso zitiert wie die Vindiciae contra Tyrannos, erscheint angesichts seiner eigenwillig partiellen Übernahmen der BodinÆschen Theorie nicht besonders erstaunlich.594 Obgleich Keckermann ebenso die Schrift William Barclays kennt, auf die die polemische Kategorie der „monarchomaques“ zurückgeht,595 hütet er sich, Hotman und die Vindiciae unter diesem Begriff zu subsumieren.596 Angesichts von deren Verarbeitung im Systema disciplinae politicae scheint es auch in diesem Fall angebracht, die Kritik Mario Turchettis zu berücksichtigen, der „tyrannomaques“ als analytisch treffenderen und normativ nicht belasteten Ersatzbegriff vorschlägt.597 Damit folgt Keckermann den Vorstellungen der französischen Tyrannomachen von einem Pakt zwischen Monarchen und „populus“, die sich zumindest implizit auf seine Souveränitätstheorie der Mischverfassung auswirken müssen.598 Für ein regimen mixtum gelten dabei die gleichen Vorbedingungen für einen legitimen Widerstand wie für die reine Form der Monarchie: Grundsätzlich bringt ein Akt des Widerstandes die gesamte respublica in Gefahr, weshalb er nur erfolgen darf, wenn der Fürst als Tyrann sein Amt illegitim und durch Gewalt erworben hat, seine Eidesleistung gegenüber den Untertanen nicht respektiert, seine „Consiliarios prudentes & fideles“ nicht hört, die Recht und Rechtsprechung nicht aufrecht erhält, seinen Untertanen nicht den gebührenden militärischen Schutz vor äußeren Feinden garantiert oder sie durch 593
Ebenda, 566. Zur europaweiten zeitgenössischen Rezeption der „Vindiciae contra Tyrannos“: J, A, Introduction, in: E´tienne Junus Brutus, Vindiciae contra Tyrannos, hrsg. v. ders., Gene`ve 1979, XXXVIII–L. 595 K, Systema disciplinae politicae, 427. B, W, De regno et regali potestate adversus Buchanum, Brutum, Boucherium et reliquos monarchomachos, Parisiis 1600. 596 Vielmehr begreift Keckermann bezeichnenderweise Bodin, Tolosanus (Pierre Gre´goire), Lipsius und Hotman allesamt unter dem Sammelbegriff der „politici“, K, Systema disciplinae politicae, 113 f. 597 T, M, Tyrannie et tyrannicide de l’Antiquite´ a` nos jours, Paris 2001, 418. Zur Übernahme dieser Kritik in der Forschung : K, R M., The´odore de Be`ze e´tait-il vraiment ,monarchomaque‘?, in: Paul-Alexis Mellet (Hg.), Et de sa bouche sortait un glaive. Les monarchomaques au XVIe sie`cle, Gene`ve 2006 (Cahiers d’humanisme et renaissance 75), 121–128, bes. 121; M, Das Andere der Monarchie, 87; kritisch einschränkend: M, P-A, Les traite´s monarchomaques (1560–1600). Confusion des temps, re´sistance arme´e et monarchie parfaite, Gene`ve 2007, 221. 598 J, A, Capituler avec son prince. La question de la contractualisation de la loi au XVIe sie`cle, in: Paul-Alexis Mellet (Hg.), Et de sa bouche sortait un glaive. Les monarchomaques au XVIe sie`cle, Gene`ve 2006 (Cahiers d’humanisme et renaissance 75), 131–144, 133 f. 594
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1. Mit dem Adel Staat machen
übermäßige Abgabenleistungen ausbeutet.599 Mit Althusius nimmt Keckermann dabei an, dass allein Magistrate als „Ephores“ beziehungsweise „Optimates“ Widerstand leisten dürften.600 Zusätzlich unterwirft er den Widerstandsakt einer strengen formalen Prozedur, die vorsieht, dass die Tyrannis zunächst durch das öffentliche Vorlegen von Dokumenten bewiesen werden und der Tyrann überzeugt werden müsse, von seinem bisherigen Verhalten Abstand zu nehmen. Erst wenn dies scheitere, dürfe man den Fürsten absetzen, wobei einem bewaffneten Vorgehen immer ein verbaler Widerstand vorzuziehen sei.601 Eine gewalttätige Auflehnung aus illegitimen Gründen sei hingegen als „rebellio & seditio“ zu verurteilen. Konkret auf die polnischen Verhältnisse gewendet, schätzt Keckermann dabei auf der Basis der Statuten Januszowskis den „Rokosz“ im Gegensatz zur „seditio“ als eine Widerstandshandlung aus legitimen Gründen ein602 – ein in seinem Fall wohl stark durch konfessionelle Motivationen bestimmte Wertung.603 Überlegungen zu einer „monarchie tempere´e“ und deren institutionellen Kontrollinstanzen, eine monarchia mixta im Sinne Keckermanns, bildeten einen essentiellen Bestandteil tyranno- beziehungsweise monarchomachischer Theoriebildung.604 Dies verbindet sie durchaus mit einem Teil der Po599
K, Systema disciplinae politicae, 413 f. Interessanterweise stützt Keckermann diese Ausführungen an keine gängige Politikschrift an, sondern an die populäre loci communes-Sammlung: R, G, Axiomata Historica eaque Politica: Hoc est Regulae de eventibus negociorum politicorum. In quibus Regulae fere omnes, paucis exceptis, suis illustrantur historiis exemplis, Gorlicii 1599. 600 Keckermann, Systema disciplinae politicae, 432. Zur Rolle der Magistrate bei Althusius: F, R, Vom ständischen Widerstandsrecht zum modernen Naturrecht. Die ,Politica‘ des Johannes Althusius in ihrem deutschen Kontext und ihre schottische Rezeption, in: Luise Schorn-Schütte (Hg.), Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Politische Theologie – Res PublicaVerständis – konsensgestützte Herrschaft, München 2004 (Historische Zeitschrift. Beihefte N.F. 39), 149–194, 163–167. 601 K, Systema disciplinae politicae, 433–435. 602 K, Politica specialis, 25. 603 Keckermann, der sich selbst 1606 in Zürich aufhielt, hatte in einem Brief im August des Jahres bemerkt, dass die Forderungen des Rokosz erheblich den Monarchen und nicht zuletzt den katholischen Episkopat und Klerus schwächen würden: S, T, Briefliche Quellen zur politischen Geistesgeschichte Westpreußens vom 16. bis 18. Jahrhundert: I. 9 Briefe Bartholomaeus Keckermanns, in: Altpreußische Forschungen 18 (1941), 262–275, 270. 604 M, Les traite´s monarchomaques, 43; hier auch mit knappem Verweis auf eine Forschungskontroverse zum Thema. Mellet folgt allerdings C, D, Les guerriers de Dieu. La violence au temps des troubles de religion. Tome 2, Paris 1990, 45: „Ce qui sera caracte´ristique de la re´flexion d’apre`s la Saint-Barthe´lemy, ce sera que, dans son objectif qui est de reconstruire l’e´quilibre de la socie´te´ civile sur les fondements d’une monarchie tempe´re´e et rationalise´e par le controˆle ou l’intervention le´gitime d’institutions repre´sentatives, elle semblera elle-meˆme mode´re´e…“. Zusammenfassend D, Politische Philosophie, 618.
1.5 Herrschaftsgemeinschaft: Eigenherrschaft, Gehorsam und Widerstand
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litikschriften im Polen-Litauen des 16. Jahrhunderts, die ebenfalls solch einem Grundgedanken mit unterschiedlichen Akzentsetzungen folgen. Während sich französische Autoren wie Philippe Duplessis-Mornay im Zuge der polnischen Thronbesteigung Heinricn Valois’ aber für die polnische Wahlkapitulation interessierten und letzterer in Bezug auf die religiöse Toleranzverpflichtung eine ursprünglich kaum so intendierte widerstandsrechtliche Interpretation verliehen,605 wird das Recht auf Widerstand bei den polnischen Theoretikern bis auf eine beredte Ausnahme nicht explizit thematisiert.606 Am deutlichsten wird die Ablehnung von Widerstand sicherlich in der durch Szczerbic in den polnischen Diskurs überführten Ansicht von Lipsius, auch einen Tyrannen erdulden zu müssen, da es sich bei ihm trotz allem um eine Obrigkeit handele.607 Allerdings schließt sich auch Wawrzyniec Gos´licki dieser Grundlinie an, wenn er etwa einen Umsturz mit dem Argument ablehnt, es sei besser, die Tyrannei eines Einzelnen zu ertragen als diejenige von Vielen.608 Weiter stellt er fest, der König habe in den Senatoren „Custodes e civibus electos“. Dies stellt er zwar gegen eine gängige Tyrannendefinition, wenn er konstatiert, ein König werde zum Tyrannen, wenn er im Interesse des Eigennutzes handele, die Gesetze missachte, Gewalt gegen die eigenen Untertanen anwende und sich mangelnder Frömmigkeit schuldig mache.609 Überlegungen, wann und auf welche Weise dies zu einem Widerstandsakt der Senatoren führen könne, bleiben jedoch außen vor. Weit wichtiger erscheint für Gos´licki das Problem, wie mit „seditiones“ seitens der Untertanen umzugehen sei und welche Rolle die Senatoren spielen, um diese im Vorfeld zu verhindern.610 An diesem Punkt trifft er sich durchaus mit Skarga, betonen doch beide auf ihre Weise die Bedeutung des Gehorsams der „cives“ beziehungsweise Untertanen. Piotr Skarga und Krzysztof Warszewicki explizieren die gängige theoretische Verpflichtung des Monarchen auf das Recht und betonen vor allem, er sei durch göttliches Recht gebunden. Ihre weiteren Ausführungen gehen jedoch weder auf ein Widerstandsrecht ein, noch implizieren sie kon605
M, Les traite´s monarchomaques, 166. Das Fehlen einer Rezeption der tyranno- beziehungsweise monarchomachischen Schriften konstatiert auch F, Konfessionalisierung und politische Ideen, 255; hier wird u.a. auch Czesław Chowaniec zitiert, der sich mit dem Rokosz auseinandersetzt und seinerseits allerdings aus dem zeitlichen Schreibhorizont heraus, die Unterschiede zwischen Monarchomachen und polnischen Rokosz-Anhängern sowie die fehlende Rezeption der französischen Theorien in Polen auf Völkercharaktere zurückführt: C, C, Pogla˛dy polityczne Rokoszan 1606–1607 wobec doktryn monarchomacho´w francuskich, in: Reformacja w Polsce 11 (1924), 256–266. 607 S, Politica Panskie, 222. 608 G, De optimo senatore, 131. 609 Ebenda, 17, 132. 610 Ebenda, 139 f., 144–146, 168. 606
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kret dessen praktische Existenz überhaupt. Auf ähnliche Schweigsamkeit stößt man in Orzechowskis Schriften, die ausführlich die Eidesbindungen und Verpflichtungen des Monarchen thematisieren, aber keine hierauf aufbauende Widerstandstheorie entwickeln. Vielmehr warnt er aus seiner Vision einer katholischen theokratisch geprägten Monarchie heraus ausdrücklich vor den französischen Lehren, die sich gegen den König richten,611 und betont die Notwendigkeit, auf Eid gegründete Verbindungen gegen jeden einzugehen, „der sich Altar, Priester und König in Polen entgegenstellt.“612 Wenn er folgerichtig auf den strengen Gehorsam dem Monarchen und allen Magistraten gegenüber besteht, schließlich sei dies zugleich auch ein Gehorsam gegenüber dem Papst, erscheint seine Vorstellung von Herrschaftsordnung in weit weniger monarchiefernem Licht, als dies manche Feststellungen über den „radikalen Republikaner“ Orzechowski suggerieren.613 Dabei erweisen sich seine Ausführungen insoweit ambivalent, dass sie eine Kontrollfunktion in der theokratischen Logik des Gesamtentwurfes insbesondere dem Klerus zukommen lassen; an anderer Stelle bezieht sich dieses Kontrollrecht weit weniger herausgehoben – und in religiöser Hinsicht – auch auf den „populus“.614 Allein Andreas Volanus begründet, wenn auch kursorisch, ein ausformuliertes Recht auf Widerstand. Es richtet sich hingegen nicht gegen die Person der Monarchen, sondern die abstrakte Konstruktion von der „ratio“ widersprechenden Gesetzen. Bevor ein Widerstand gegen solche Gesetze aber geleistet werden darf, müssen sie durch längere Kontroversen bereits in Zweifel gezogen worden sein und schließlich „magistratus autoritate […] aut seditione populi“ beseitigt werden könnten.615 Dass die Position von Volanus gleichermaßen durch die konfessionellen Auseinandersetzungen geprägt ist
611 O, S, Quincunx, Tho iest Wzor Korony Polskiey na Cynku wystaiony [...] y za Kole˛de˛ Posłom Koronnym do Warszawy na Nowe Lato Roku Pan´skiego 1546 posłany (1564), in: Stanisława Orzechowskiego Polskie dialogi polityczne (Rozmowa około egzekucyjej i Quincunx) 1563–1564, hrsg. v. Jan Łos´ u. Stanisław Kot, Krako´w 1919 (Biblioteka pisarzy polskich 74), 141–288, 200. 612 O, S, Dyalog albo Rozmowa około egzekucyjej polskiej korony, in: Stanisława Orzechowskiego Polskie dialogi polityczne (Rozmowa około egzekucyjej i Quincunx) 1563–1564, hrsg. v. Jan Łos´ u. Stanisław Kot, Krako´w 1919 (Biblioteka pisarzy polskich 74), 1–139, 31. Ursprünglich in zwei Auflagen erschienen: Rozmowa albo Dyalog około Exequucyey Korony, o.O. [Krakau] 1563; Rozmowa albo Dyalog około Exequucyey Korony. Rozmo´wce. Papista z Ewanyelikiem, o.O. [Krakau] 1564. 613 F, Konfessionalisierung und politische Ideen, 260. 614 O, Quincunx, 266 f., 270. Die Aufgabe der geistlichen Jurisdiktion über weltliche Personen wird folgerichtig mit dem Verlust der römischen Oberhoheit als vermittelter göttlicher Kontrollinstanz und damit mit dem Untergang des Königreiches Polen gleichgesetzt, vgl. 276. 615 V, De libertate politica, 102.
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wie diejenige Orzechowskis, liegt auf der Hand. Der Reformierte hält sich allerdings an eine Argumentationslinie, die auf theologische Begründungsmuster verzichtet.616 In seiner De libertate politica vermeidet er Äußerungen wie an anderer Stelle, wo er sich durchaus für eine einheitliche Konfession für das polnisch-litauische Doppelreich nach Vorbild der anglikanischen Kirche ausspricht.617 Seine vorsichtigen Einlassungen zum Widerstandsrecht sind also ähnlich zu beurteilen wie seine Hervorhebung der „libertas“. Sie ordnen sich in eine breit geübte Strategie der Protestanten des Doppelreiches ein, die im Sinne der strikt juridischen Toleranzregelungen der Warschauer Konföderation von 1573 theologische Polemiken recht weitgehend vermieden und auf eine weitgehende Politisierung des Konfessionskonfliktes setzten.618 Auch die Konstruktion eines Widerstandsrechtes gegen Gesetze scheint sich vor allem in diesen Kontext einzufügen, obwohl Volanus‘ allgemein gehaltene Formulierungen eine breitere Geltung beanspruchen. An der Konfessionsfrage scheiden sich in der Politikliteratur somit auch sonst grundlegend übereinstimmende Interpretationsansätze des Gemeinwesens. Denn im Gegensatz zum Reformierten Volanus treten alle Schriften katholischer Provenienz, von Gos´licki bis Skarga, für eine einheitliche Konfession als Grundlage für Konsens im Gemeinwesen ein. Dabei braucht es noch nicht einmal eine weitergehende emphatische Aufladung, die die konfessionelle Argumentation im Falle Orzechowskis und Skargas mit Zielrichtung auf ein theokratisches beziehungsweise in erster Linie aus theologischen Überlegungen gerechtfertigtes Gemeinwesen aufweist. Auch Gos´licki, der ansonsten auf konfessionell geprägte Begründungsmuster weitestgehend verzichtet, kommt an dieser Stelle nicht umhin, mit Nachdruck auf die gefährlichen Konsequenzen für die Einheit des Gemeinwesens hinzuweisen, die aus der Abspaltung der protestantischen „Häretiker“ entstünde: „perturbatio vitae […], & omnis confusio: unde seditiones, discordiae, inimicitiae, odia, bella, ad extremum interitus Reip[ublicae].“619 So tritt die „concordia“ als korrespondierende Denkfigur neben die Opposition von „disciplina“ und „seditio“ beziehungsweise Widerstand. Dabei 616
M, Wste˛p, 32 f. M, M G., ,Nicht für die Religion selbst ist die Conföderation inter dissidentes eingerichtet...‘. Bekenntnispolitik und Respublica-Verständnis in Polen-Litauen, in: Luise Schorn-Schütte (Hg.), Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Politische Theologie – Res Publica-Verständnis – konsensgestützte Herrschaft, München 2004 (Historische Zeitschrift. Beihefte N.F. 39), 311–328, 318. 618 K, M, Klejnot swobodnego sumienia. Polemika woko´ł konfederacji warszawskiej w latach 1573–1658, Warszawa 1974, 59–62; M, Bekenntnispolitik und Respublica-Verständnis, 322; F, Konfessionalisierung und politische Ideen, 249, 259. 619 G, De optimo senatore, 188. 617
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bleiben die Argumentationen keineswegs auf eine konfessionelle Dimension beschränkt, vielmehr sind sie jeweils mit parallelen herrschaftstheoretischen Überlegungen verwoben. Lipsius / Szczerbic identifizieren Faktionen als „discordia“ und eminente Bedrohung für den inneren Frieden, womit Uneinigkeit in unmittelbarer Nähe von „seditio“ zu verorten ist.620 In der Bildung von Faktionen eine der Ursachen für Bürgerkriege zu suchen, stellt eine Überlegung dar, der sich Piotr Skarga in modifizierter Form anschließen kann. Er verbindet mit einer „demokratischen“ Herrschaft der Vielen unweigerlich die Bildung von Faktionen, die sich automatisch zum Schaden des „bonum commune“ und des inneren Friedens auswachsen müssen.621 Der mangelnde Verstand der Masse muss mithin die Einheit bedrohen und führt unweigerlich zu Aufständen und Unruhen.622 Solch eine Einsicht kann Skarga wiederum problemlos mit einem Andrzej Frycz Modrzewski teilen,623 mit dem ihn schwerlich konfessionelle Affinität verbindet. Positiv gewendet hingegen bildet die „amicitia civilis“ unter den Senatoren bei Gos´licki eine weitere Grundlage der unabdingbaren Einigkeit.624 Bartholomäus Keckermann kommt zu einer recht ähnlichen Einschätzung, wenn er die Einigkeit als Grundprinzip der kollektiver Gremien auf die abstrakte Ebene seiner Herrschaftsformenlehre hebt:625 „Debet ergo magistratus Polyarchicus repraesentare unum in imperando, & iuribus maiestatis / administrandis, in quibus unam voluntatem & potestatem habere debent singuli & universi, qui sunt in isto magistrate.“
Folgt man dieser merklichen Modifizierung des Bodin’schen Modells, lässt sich demnach in einem einigen Corps von Magistraten, die „maiestas“ eines Monarchen wiederfinden – eine Interpretation die explizit so ansonsten in keiner polnischen Theoriebildung zu finden ist. Im Anschluss an die generalisierende Feststellung, dass im Europa des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts die Verurteilung von Rebellionen zu einem Charakteristikum politischen Denkens geworden war,626 ist für die
620 S, Politica Panskie, 212. Bemerkenswerterweise verwendet Szczerbic für seine Übertragung sowohl die polonisierte Version des lateinischen „factio“ aus dem Original (vgl. L, Politica, 674 (Lib. III, cap. VI)) als auch das polnische Wort „bunt“, das eine deutliche Konnotation von „seditio“ trägt, die bei Lipsius in einem weiteren Kapitel abgehandelt wird. Vgl. das Lemma „bunt“, in: Słownik Polszczyny XVI wieku, Tom 2, Wrocław / Warszawa / Krako´w 1967, 506 f. 621 S, Kazania sejmowe, 133 f. 622 Ebenda, 135. 623 F M, De republica emendanda, 73. 624 G, De optimo senatore, 223, 277. 625 K, Systema disciplinae politicae, 536 f. 626 V, R, The Rebel, in: ders. (Hg.), Baroque personae, Chicago 1995, 100–125, 101 f.
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französischen Verhältnisse unterstrichen worden, dass Rebellion den zentralen Gegenbegriff zur Souveränität gebildet habe: „Dies hatte die Delegitimierung der Handlungsmotivation der adligen Zwischengewalten zur Folge. Was diesen als paradoxe Figur des gehorsamen Widerstands erschienen war, wurde nun als reine Willkür aus partikularen Interessen heraus begriffen.“627 Hiervon unabhängig hat Martin van Gelderen in Bezug auf die Mischverfassungstheorie von Henning Arnisaeus im Reich in eine ähnliche Richtung gehend argumentiert. Er kommt zu dem Schluss, die Betonung des Gehorsams lasse hier den partizipativen Begriff des „civis“ in den Hintergrund treten, um über die Betonung von Rechten und Pflichten die „civitas“ zum „subject of the sovereign government“ werden zu lassen.628 Hinsichtlich der Theoriebildung in Polen-Litauen lässt sich eine damit übereinstimmende Tendenz erkennen. Zumindest der weit überwiegende Teil der hier behandelten Schriften, die allesamt den Anspruch teilen, einen umfassenden normativen Entwurf des Gemeinwesens zu bieten, stellen – bei allen inhaltlichen Differenzen – übereinstimmend die Bedeutung von „disciplina“ beziehungsweise „oboedientia“ für die jeweilig präferierte Herrschaftsordnung in den Vordergrund. Dies flankiert die Forderung nach Einigkeit, welche nicht als „consensus omnium“ im Sinne des Grundprinzips vormoderner Kollektiventscheidungen,629 sondern als überwölbende Garantie gegen Aufruhr und damit gegen Ungehorsam und Auflehnung verstanden wird. Entsprechend fehlt weitgehend eine ausgearbeitete Theorie des Widerstands, deren rudimentäre Ansätze sich, mit Ausnahme des leicht distanzierten Blicks von Keckermann, auf die konfessionellen Argumentationen bei Orzechowski und
627
M, Das Andere der Monarchie, 116. G, M, Aristotelians, Monarchomachs and Republicans, 210. 629 Zu dem aus dem kanonischen Recht stammenden Grundsatz „Quod omnes tangit, ab omnibus approbari debet“, aus dem zu gewichtigen Teilen das mittelalterliche und frühneuzeitliche Konsensprinzip abgeleitet wurde zusammenfassend etwa die grundlegenden Studien: M, A, Das Prinzip der Demokratie und der Zustimmung (Quod omnes tangit, ab omnibus approbari debet) im 14. Jahrhundert, in: Heinz Rausch (Hg.), Die geschichtlichen Grundlagen der modernen Volksvertretung. Bd. 1, Darmstadt 1980, 196–201; C, Y M.-J., Quod omnes tangit, ab omnibus approbari debet, in: Revue historique de droit franc¸ais et e´tranger 26 (1958), 210–259. Wie für den Rest Europas darf auch für Polen eine intensive Rezeption des kanonischen Rechts angenommen werden, über den dieser römisch-rechtliche Grundsatz Aufnahme fand: G, Teoria reprezentacji, 20 ff. In Bezug auf Polen-Litauen zum Konsensprinzip der Ständeversammlungen: K, Z badan´ nad filozoficznoprawnymi aspektami liberum veto, 57 f.; W, A, Le phe´nome`ne de l’unanimite´. Quelques re´flexions sur le Liberum Veto en Pologne, in: Daniel Tollet (Hg.), L’Europe des die`tes au XVII sie`cle. Me´langes offerts a` M. le prof. Jean Be´renger, Paris 1996, 223–228; R, De l’accord commun au vote unanime; K, W, Liberum veto. Studyum poro´wnawczohistoryczne, Krako´w 1918, bes. 149–241. 628
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Volanus reduzieren lassen. Auch wenn dabei keine Vorstellungen von ungeteilter Souveränität neuen Zuschnitts entwickelt werden, zeigt sich deutlich die Tendenz, Herrschaftsgewalt beim Monarchen beziehungsweise beim Monarchen und den obersten Magistraten zu konzentrieren. Im Gegensatz hierzu stehen die Ökonomielehren, die ihrerseits auf der originären Herrengewalt des Adels bestehen. Sie verweisen mithin auf ein Spannungsverhältnis, das unter anderem entstehen muss, wenn wie bei Aristoteles / Petrycy, Gos´licki oder Lipsius / Szczerbic das Modell des Hauses auf das Gemeinwesen als Ganzes übertragen wird. Hiermit geht schließlich ein Rollenwechsel des adligen Herrn vom pater familias zum Kind, ja bestenfalls zur Ehefrau einher. Wenn Skarga oder Gos´licki im Namen von Recht und Moralität dann folgerichtig die Eigenherrschaftskompetenzen des Adels in Frage stellen, bedeuten diese Zugriffsrechte im Umkehrschluss eine Unterordnung der adligen Herren unter das Prinzip des Gehorsams. Wenn dabei im Sinne der aristotelischen Orientierung aller Schriften allein der Adel zum qualifizierten „populus“ erklärt wird, muss zugleich die Hierarchisierung innerhalb des Adels zwischen mit Herrschaftsrechten ausgestatten Magistraten und dem einfachen Adelsvolk legitimiert werden. Diese Scheidung in Herrschende und Beherrschte erweist sich als theoretisch recht prekär. Eine immer wiederkehrende Begründung hebt die besondere „virtus“ der Magistrate hervor, teilweise begleitet von deren höherer „dignitas“ durch familiäre Abstammung. Müssen sich der Monarch beziehungsweise die ihn beratenden Magistrate einerseits durch besondere Tugendhaftigkeit im Sinne des gängigen Kanons auszeichnen, empfehlen ihnen die Schriften von Go´rski, Lipsius / Szczerbic und Gos´licki andererseits den Einsatz von „prudentia“ als Herrschaftstechnik. Auch in dieser Hinsicht differenzieren sich Herrschende von Beherrschten, wird doch von letzteren – schon um deren Zugehörigkeit als Adlige zur respublica willen – allein die bedingungslose Hingabe an die „virtus“ verlangt. Strategisch täuschen und lügen aus tugendhafter Motivation dürfen sie nicht, dies bleibt den Herrschenden ihnen gegenüber vorbehalten.
Zusammenfassung: Stand und Herrschaft um 1600 War der Ausgangspunkt der vorhergehenden Überlegungen, Adel als eine durch diskursive Praxis konstituierte Gemeinschaft zu untersuchen, hat sich ein erwartbar heterogenes Gesamtbild ergeben, aus dem sich trotz aller Ambivalenzen einige Überlappungen und argumentative Hauptlinien präparieren lassen. Der Charakter der einbezogenen Texte reichte dabei von Erziehungsprogrammen und höfischen Romanen, Rhetoriklehren und Leichenpredigten über genealogisch-heraldische Kompendien und Rechtskodifizierungen bis zu Ökonomie- und Politiklehren. Besitzt dabei ein Teil die-
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ser Schriften in erster Linie einen praktischen Handreichungscharakter, sind andere Druckveröffentlichungen durch eine primär theoretisch-reflexive Ausrichtung geprägt. Insbesondere die heraldisch-genealogischen Kompendien Paprockis wie die verschiedenen Statutenentwürfe zur Rechtskodifizierung zeigen dabei, dass sich diese beiden Dimensionen keineswegs ausschließen mussten. Allen Texten ist darüber hinaus ihr durchgehend normativer Anspruch gemein. Sie versuchen, auf verschiedene Weisen zu bestimmen, was Adel sei und wie ein Adliger zu handeln habe. Solch diskursives Handeln erscheint selbst als Teil einer adligen vita activa, die sich maßgeblich über kommunikatives Engagement in das Gemeinwesen einbringt. Die prägenden Argumentationslinien verschmelzen dabei durchweg humanistisch-akademische Elemente mit Leitkategorien zwischen Ehre, Würde und Ruhm, Ritterlichkeit als Kampftüchtigkeit und verbaler Überzeugungsfertigkeit, Abstammung und Tugend. In Bezug auf letztere wird diese Amalgamierung gelehrten Denkens mit traditionalen sozialen Kategorien besonders augenfällig. Das Schlagwort der „virtus“ nimmt, wie in der Forschung der letzten Jahre betont, im Adelsverständnis im Zusammenhang mit der Ehre eine Schlüsselposition ein. Grundlegend ist es hier ein aus der antiken „virtus“Vorstellung schöpfender, theologisch-scholastisch sowie humanistisch gewendeter Wissensbestand um die Kardinaltugenden, der auf den Adel appliziert wird. Andererseits beeinflussen zeitgenössische allgemeine Reflexionen der Politiktheorie über „virtus“, „sapientia“ und „prudentia“ die Vorstellungen einer mithin recht ambivalenten „Tugendhaftigkeit“. Erst dadurch, dass sie in einen Adelsdiskurs integriert werden, gewinnen sie – zumindest innerhalb dieses speziellen Kontexts – einen ständisch-exklusiven Charakter. Ähnlich stellt sich die Situation beispielsweise in Bezug auf die Rhetorik und das Recht dar. Man mag mit der angelsächsischen Forschung grundsätzlich annehmen, „classical humanism“ sei mehr ein „mode of discourse“ und ein daraus resultierendes politisches Vokabular als ein politisches Programm.630 Diese Feststellung trifft sicherlich auch auf die Reflexionen zum Adel im Polen-Litauen des 16. Jahrhunderts zu. Dabei konvergieren das Konzept von adliger Tugend und politiktheoretischer Betonung von „virtus“ als Basis eines wohl geordneten Gemeinwesens.631 Auch wenn es sich im Rahmen der gegenwärtigen internationalen Adelsforschung wie eine Binsenweisheit ausnimmt, sollte für den polnischen Forschungskontext noch einmal unterstrichen werden, dass der Ehre die Funktion des entscheidenden Leitkriteriums bei der zeitgenössischen Definition
630 P, M, Classical Humanism and Republicanism in English Political Thought (1570–1640), Cambridge u.a. 2004, 7. 631 P-R, Ład rzeczypospolitej, 50–60.
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von Adel zukommt. Die damit einhergehenden Kriterien von „gloria“ und „dignitas“ setzen in diesem Sinne nicht nur den Rahmen, um das Verhalten des Einzelnen zu bewerten. Vielmehr ist der einzelne Adlige undenkbar ohne seine Einbindung in das Haus als Familien- und Ahnenverband, noch weiter akzentuiert durch die spezifisch polnische Konstruktion der Wappenverbände. Auch historisches Denken wird mithin in Form der Memoria in die Konstruktion eines durch Verwandtschaftsbande und heraldische Zusammenschlüsse als konstitutives Element integriert. Solche Bewertungskategorien sind unlöslich ebenso mit einer starken Hierarchisierung wie einem agonalen Verhältnis einzelner Adliger und ihrer Familienverbände untereinander verschränkt. Gleichheit kann in diesem Kontext folglich weder Ziel noch Zweck adligen Handelns sein. Entsprechend ergibt sich ein Verhältnis zum Gemeinwesen, das durch die Konkurrenz um Amtswürden und Herrschernähe geprägt ist. Die Bezugsgrößen respublica und patria bieten so in erster Linie ein notwendiges Arsenal an Legitimations- und Distinktionsmöglichkeiten: Der friedliche Einsatz nach Innen wie das kriegerische Engagement nach Außen für ein solchermaßen gefasstes Gemeinwesen ist Quelle von Verdiensten, die sich im besten Falle in der Verleihung von Amtswürden niederschlagen, in jedem Fall aber als Beweis für die hierarchische Wertigkeit des Einzelnen und seiner Familie gelten. Es ist dagegen vor allem die rechtliche Diskursebene, die die Kategorien „Gleichheit“ und „Freiheit“ in Anschlag bringt. Deren zentrale Stellung beruhte schließlich auf einer moralisierten Rechtsauffassung, die keine scharfe Trennung zwischen göttlichem Naturrecht und positivem Recht vorsah. Dies implizierte nicht nur, dass für die Mitglieder eines juridisch mehr oder minder klar definierten Standes zunächst einmal grundsätzlich gleiches Recht galt, sondern auch, dass dieses Recht als libertas einen sakrosankten Charakter verliehen bekam. Allerdings scheint es neben dieser spezifischen rechtlichen Ebene angebracht, die Rolle der Freiheit als Kategorie von Adligkeit differenziert zu betrachten. Dabei wäre zu fragen, inwieweit die Vorstellung von Freiheit jenseits weiter gehender Annahmen über deren partizipativen oder vor Unterdrückung schützenden Charakter, wie bereits angedeutet, zunächst einmal spezifische Diskursformen bestimmt. Jean-Marie Constant hat in einer umfangreichen Analyse herausgearbeitet, dass die auch im französischen Fall omnipräsente Denkfigur der Freiheit sich nicht allein auf den Kampf gegen eine möglicherweise oppressive Herrschaft bezog: „La notion de liberte´ […] est aussi la force de la discussion libre, de la confrontation des point de vue, encadre´e par les re`gles de la biense´ance, de l’e´le´gance et de l’esprit.“632 Das Polen-Litauen des ausgehenden 16. Jahrhunderts war zwar anderen Ausgangsvoraussetzungen ausgesetzt. Dennoch scheint es im Anschluss an
632
C, J-M, La folle liberte´ des baroques (1600–1661), Paris 2007, 286.
Zusammenfassung: Stand und Herrschaft um 1600
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Constant legitim, die starke Betonung des rhetorischen und rhetorisierten Austausches und den adligen Wettbewerb – auch um eine Definition des Gemeinwesens – grundsätzlich als eine im Sinne von Adelsvorstellungen stark Konkurrenz gesteuerte und damit im Vergleich wenig außergewöhnliche Freiheitsvorstellung zu begreifen. Nimmt man aber zweitens das Corpus der Politikschriften des späteren 16. Jahrhunderts in dessen Gänze in den Blick, kann die Kategorie der Freiheit nicht losgelöst davon betrachtet werden, wie die Frage nach Herrschaft und deren Organisation institutionell schwerpunktmäßig konzeptualisiert wurde. Dabei dominierte im politiktheoretischen Diskurssegment ein stark hierarchisiertes Grundprinzip. Was Herrschaft in diesem Kontext meinte, war wiederum recht divergierenden Interpretationen unterworfen. Weit überwiegende Einigkeit war wohl in Bezug auf die Eigenherrschaftsrechte des Adels herzustellen möglich – mit unterschiedlichen Implikationen für eine weitere Gemeinwesenkonstruktion. Bis auf die stark aus konfessionellen Motiven zu erklärenden Partizipationsvorstellungen von Andreas Volanus dominierten die auf „disciplina“ und „oboedientia“ des adligen „Bürgers“ abzielenden Ansätze. Korrespondierend mit einem über Amtswürden als „dignitates“ stark stratifizierten Adel waren es hier vor allem die Magistrate, denen Herrschaftskompetenzen – ob aus herrscherlicher Delegation oder Übertragung durch den adligen „populus“ – zukommen. Entscheidend bleibt hier in jedem Fall der Bezug auf den Monarchen. Die Vorstellung der monarchia mixta als einer „konsultativen Monarchie“,633 die einem hierarchisch exponierten Teil des Adels in Form der Magistrate eine Mitsprache sicherte, erwies sich mithin als dominantes Interpretament neben absolutistischen und radikaleren partizipativen Modellen. Die Nähe zum König, die nicht zuletzt auch in den heraldisch-genealogischen Entwürfen und den Leichenpredigten als hierarchisch auszeichnendes Moment zelebriert wird, erfährt in den Politicae als privilegierter Zugang zum Monarchen und dessen Entscheidungsfindung ihre Entsprechung. Zumindest für das ausgehende 16. Jahrhundert mag man zwar von einer Theoriebildung ausgehen, die man mit gutem Willen und einer sehr allgemein gehaltenen Definition möglicherweise als „klassisch republikanisch“ bezeichnen kann – eine Sichtweise, die so formuliert jedoch nur über eine begrenzte Erklärungskraft verfügt.634 Angesichts der in den Quellen nachzuvollziehenden Theoretisierung von Herrrschaft und Gehorsam, auf die nicht 633
M, Das Andere der Monarchie, 116, 160. In diesem Zusammenhang ließe sich schlussendlich die Frage stellen, von welchem Interesse die Theorie eines frühneuzeitlichen „Republikanismus“ überhaupt ist, entkleidet man sie der ideologischen Grundausrichtung der angeslsächsichen Debatte und reduziert sie auf ein Grundvokabular von Tugend, Ordnung und Freiheit, mit dem man im Grunde jegliche frühneuzeitliche Politiktheorie erschließen kann. 634
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1. Mit dem Adel Staat machen
zuletzt die ständische Logik hierarchischer Strukturierung des Adels zurückwirkt, wäre danach zu fragen, welcher Platz in der Konzeptualisierung von Adel und Gemeinwesen abstrakten Interpretamenten wie der positiven und der negativen Freiheit des adligen „civis“ einzuräumen ist. In Anknüpfung an Anna Grzes´kowiak-Krwawicz hat Dorota Pietrzyk-Reeves formuliert, dass es bei der Freiheit der libera respublica „in der Praxis (darum ging), dass Leben, Ehre und Vermögen des Bürgers keinem arbiträren Willen irgendeines Alleinherrschers unterlagen.“635 In diesem Sinne scheint vor allem in den Statutensammlungen, speziell bei Przyłuski und Sarnicki, durchaus eine starke Bedingtheit für den Gehorsam gegenüber dem Monarchen auf. Dagegen verkümmert in den Politicae Widerstand lediglich zu einem dem Theoriedesign immanenten Potential, das jedoch in keiner expliziten Widerstandstheorie ausformuliert wird. Sie scheint doch gänzlich überflüssig, setzt man den funktionierenden Zugang zum Monarchen, dessen Gehör und den Austausch mit ihm voraus. Hier drängt sich wiederum ein Rückbezug zu den Grundsätzen eines friedlich-verbalen Wettstreits im Gemeinwesen auf, die in Bezug auf die Rolle der Rhetorik entwickelt wurde. In diesem Sinne galt auch für Polen-Litauen theoretisch das normative Prinzip einer „culture of persuasion“, wie sie Mark Greengrass für die Rhetorisierung der französischen Politik des ehemaligen polnischen Königs Heinrich Valois konstatiert hat.636 Selbst wenn diese Sicht von Adel und Gemeinwesen verbreitet gewesen sein mag, die einzige war es nicht. So gilt für den Adel und seinen Bezug auf das Gemeinwesen, dass trotz eines basalen Konsenses über einige Prinzipien recht unterschiedliche Adelsgemeinschaften diskursiv realisiert wurden, die sich je nach Schwerpunktsetzung auch völlig konträr gegenüberstehen konnten.
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P-R, Ład Rzeczypospolitej, 265. G, M, Governing Passions. Peace and Reform in the French Kingdom, 1576–1585, Oxford u.a. 2007, 368. (Auf diese Textstelle weist bereits M, Das Andere der Monarchie, 116 hin.) 636
2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen Dass es sich beim polnisch-litauischen Gemeinwesen der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts um ein regimen mixtum handelte, daran zweifelten in der Regel weder inländische noch ausländische Zeitgenossen. Vielfach ist darauf hingewiesen worden, dass diplomatische Relationen und Reiseberichte nicht zuletzt mehr über das Eigene der Beobachter aussagen als über das beobachtete Fremde.1 Nichtsdestoweniger bedienten sich die ausländischen Berichterstatter in unterschiedlichen argumentativen Zusammenhängen stets derselben Grundeinschätzungen, die gewissermaßen zum kanonisierten europäischen Diskurs über Polen-Litauen gehörten. In seiner Relation über das Königreich konstatierte etwa der Nuntius Germanico Malaspina 1598, die respublica sei weder eine Monarchie, noch eine Aristokratie noch eine Republik, denn nicht nur die Macht des Königs sei erheblich, sondern auch diejenige des Senats und des Adels. Schließlich könne ohne ihr gemeinsames Einvernehmen kein Gesetz in Kraft treten.2 Im selben Jahr kam eine englische Relation of the State of Polonia auf Basis der gleichen Feststellung hingegen zu dem Schluss, es handele sich um eine „Aristokratie“: „That it is no monarchy, it is too manifest, seeing that no parte of the soveraintie is in the prince alone.“3 Der englische Berichterstatter musste hingegen konzedieren, 1 Hier sei nur stellvertretend mit einer instruktiven Zusammenfassung des Forschungsstandes verwiesen auf: B, A / M, J, Alterität. Geschichte und Perspektiven eines Konzepts, in: dies. (Hg.), Alterität als Leitkonzept für historisches Interpretieren, Berlin 2012, 1–58, bes. 32–38; R, M J / N, G O. (Hg.), CrossCultural History and the Domestication of Otherness, New York 2011. 2 Des päpstlichen Nuntius Germanico Malaspina Relation über Polen aus dem Jahr 1598, gleichzeitig als Instruktion für seinen Nachfolger bestimmt, in: Elida Maria Szarota (Hg.), Die gelehrte Welt des 17. Jahrhunderts über Polen, Wien / München / Zürich 1972, 41–43, 41; die polnische Übersetzung der Relation, auf der Szarotas deutschsprachiger Auszug beruht, erschien als: Relacya o Polsce przez Nuncyusza Malaspina roku 1598 maja˛ca zarazem słuz˙yc´ za instrukcya˛ dla jego naste˛pcy. Ex cod. mscr. Bibl. Vallicellanae N. XXXIII, p. 120, in: Relacye Nuncyuszo´w Apostolskich i innych oso´b o Polsce od Roku 1548 do 1690, Tom 2, ed. v. Erazm Rykaczewski, Berlin / Poznan 1864, 75–97, 5 f. 3 Relation of the State of Polonia and the united provinces of that Crown anno 1598, ed. v. Charles H. Talbot, Romae 1965 (Elementa ad fontium editions XIII / Res polonicae ex Archivio Musei Britanici 1), 39. Die Zuschreibung der Autorschaft dieser Relation ist hoch
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
dass die Polen selbst ihr Gemeinwesen für eine „gemäßigte“ Monarchie hielten – allein schon deshalb „for that the kinge is eminent above all other states, without whome […] they can ordayne nothing, he having allso absolute disposition of the offices and magistracies.“4 Nur wenig später unterstrich Kardinal Erminio Valenti recht ähnlich die Bedeutung des Monarchen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Distribution von Ämtern und Würden. Er wiederum kritisierte, dass die Rolle des Königs von anderen Beobachtern nicht genügend wahrgenommen würde: „DellÆ autorita` del Re, laquale non e` cosı` limitata, com’ altri poco intendenti la pingono, molte cose si potrebbero dire.“5 Die Äußerungen der ausländischen Beobachter verweisen nicht nur darauf, dass ein Grundkonsens herrschte, nach dem es sich beim politischen System Polen-Litauens um eine Mischverfassung handelte. Sie zeigen auch, dass eben die Beurteilung jenes regimen mixtum stets von der Einschätzung der Machtverteilung zwischen den verschiedenen Akteursgruppen abhing. Hier werden in der Regel der Monarch, der Senat und die Landbotenkammer beziehungsweise unspezifischer der Adel an sich benannt, die mit dem klassischen aristotelischen Muster von Monarchie, Aristokratie und Demokratie parallelisiert wurden. Dass in Polen-Litauen selbst dabei die Monarchie als grundlegende Form des Gemeinwesens keineswegs in Frage stand, ist auch von der Forschung zumindest für das 16. Jahrhundert betont worden.6 Alumstritten. Sowohl die Annahme, der Autor sei der elisabethanische Diplomat George Carew, der auch Talbot folgt, als auch Edward Mierzwas Hypothese in Anschluss an Stanisław Kot, beim Verfasser handele es sich um den in Frankreich sozialisierten Schotten William Bruce, unter anderem Inhaber eines juristischen Lehrstuhls an der Academia Zamoysciana, sind grundlegend in Zweifel gezogen worden: K, S, William Bruce, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 3, Krako´w 1937, 3–4; M, E, Angielska relacja o Polsce z 1598 roku, in: Annales Universitatis Mariae Curie-Skłodowska. Sectio F 17.6 (1962), 87–118; ., William Bruce, profesor Akademii Zamojskiej i agent handlowy ,The Eastland Company’, in: Henryk Gmiterek (Hg.), W kre˛gu akademickiego Zamos´cia, Lublin 1996, 207–224. Sebastian Sobecki ist demgegenüber zunächst zu der Feststellung gekommen, dass eine sinnvolle Identifizierung des Verfassers schlicht nicht möglich ist, vgl. S, S, The Authorship of A Relation of the State of Polonia, 1598, in: The Seventeenth Century 18.2 (2003), 172–179, hier 176. Schließlich allerdings hat Sobecki eine vollkommen abweichende Hypothese vorgelegt, die John Peyton als Autor identifiziert: S, S, John Peyton’s A Relation of the State of Polonia and the Accession of King James I (1598–1603), in: The English Historical Review 129.540 (2014), 1079–1097. 4 T, Relation of the State of Polonia, 39 f. 5 Relatione del Regno di Polonia Cominciata l’anno passato et per varie legittime occupationi non finite se non questo 20 di Iuglio del 1604 in Cracovia fatta dall‘ Eminentissime Signore Cardinal Valenti, Biblioteka Ko´rnicka rkps 311, 98v. 6 G-K, Anti-Monarchism in Polish Republicanism, bes. 56; O, E, Postawa szlachty polskiej wobec osoby kro´lewskiej jako instytucji
2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
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lerdings beschreibt die dominante Interpretationslinie für die Herrschaftszeit Sigismunds III. Wasa das Verhältnis zwischen Monarch und Adel zumeist als rein konfliktuell. Es scheint jedoch verzerrend, den interpretativen Zugriff in erster Linie auf einen „wachsenden Konflikt Sigismund III. Wasa mit den Ständen“ zu verkürzen.7 Der Adel definierte sich zu nicht unerheblichen Teilen über den Bezug zum Monarchen. Der Zugang zum König war mindestens für eine hochadlige Elite, vermittelt auch für die lokalen Adelseliten, essentiell, um ihre Mitherrschaftsansprüche zu realisieren. Dies galt an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert, wie gezeigt, für Polen-Litauen ebenso wie für den Rest Europas. In diesem Zusammenhang wäre zu hinterfragen, inwieweit sich die von Jarema Maciszewski eingeführte und in der polnischen Forschung aufgenommene Unterscheidung zwischen „Regalismus (regalizm)“ und „Monarchismus (monarchizm)“ in dieser Form als sinnvolle Perspektive erweist.8 Schlussendlich impliziert sie doch die Annahme, in Abgrenzung von „Regalismus“ und „Monarchismus“ habe ein verbreiteter „Adelsrepublikanismus“ in antimonarchischem Sinne existiert. „Regalisten“ akzeptierten demnach die monarchische Grundorientierung des Gemeinwesens und positionierten sich der königlichen Politik wohlwollend gegenüber; „Monarchisten“ dagegen setzten sich für eine Stärkung des Königtums bis hin zum Absolutismus ein.9 Robert Frost hat bereits deutlich die Probleme eines solchen Konzepts aufgezeigt, das sich mit der generell verbreiteten Annahme verbindet, das Königtum sei schon ab dem ausgehenden 16. Jahrhundert von einer systemischen Schwäche gekennzeichnet gewesen.10 Die Frage nach der Akzeptanz von Herrschaft beschränkte sich darüber hinaus eben nicht auf den Monarchen allein. Sie stellte sich in verschiedenen
1587–1648. Pro´ba postawinia problematyki, in: Kwartalnik Historyczny 90.4 (1983), 792–808. 7 So bezeichnend etwa der Untertitel einer der einschlägigen Monographien zur Herrschaft Sigismunds zwischen 1600 und 1603: J-M, B, Rzeczpospolita Polska w latach 1600–1603. Narastanie konfliktu mie˛dzy Zygmuntem III Waza˛ a stanami, Bydgoszcz 1984. (Die Polnische Respublica in den Jahren 1600–1603. Der wachsende Konflikt zwischen Sigismund III. Wasa und den Ständen). 8 M, J, Sejm 1607 r. a załamanie sie˛ plano´w reformy pan´stwa, in: Jo´zef A. Gierowski (Hg.), O naprawe˛ Rzeczypospolitej. Prace ofiarowane Władyławowi Czaplin´skiemu w 60. Rocznice˛ urodzin, Warszawa 1965, 37–47; C-M, J, Sejmy mazowieckie w dobie Wazo´w, Warszawa 1998, 120 f. 9 M, Sejm 1607 r., 37 f. 10 F, R I., Obsequious Disrespect. The Problem of Royal Power in the Polish-Lithuanian Commonwealth under the Vasas, 1587–1668, in: Richard Butterwick (Hg.), The Polish-Lithuanian Monarchy in European Context, c. 1500–1795, Basingstoke / New York 2001, 150–171; leicht verändert in einer polnischen Version: ders., Regalis´ci bez regalizmu? Dwo´r kro´lewski a szlachta w czasach Wazo´w, in: Ryszard Skowron (Hg.), Dwo´r a kraj. Mie˛dzy centrum a peryferiami władzy, Krako´w 2003, 295–306.
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Kontexten für den gesamten Komplex von Amts- und Würdenträgern, die zumindest in der Vorstellung einiger zeitgenössischer polnischer Politicae zweifelsohne als Obrigkeit mit Befehlsgewalt agierten. Sowohl der Monarch als auch die anderen Repräsentanten der Obrigkeit, die in abgestuftem Maße über Herrschafts- beziehungsweise Entscheidungskompetenzen verfügten, agierten als Akteure innerhalb eines institutionellen Kontextes. Legt man die neueren definitorischen Bemühungen der Sozialwissenschaften zum Themenkomplex Institution zugrunde, handelt es sich hierbei idealtypisch um Sozialregulationen, die relativ auf Dauer angelegt sind11 und „Prinzipien und Geltungsansprüche einer Ordnung symbolisch zum Ausdruck“ bringen.12 Die verschiedenen Versuche, das Phänomen Institution näher zu bestimmen, gehen weiterhin davon aus, dass dessen orientierende und regulierende Funktion auf der Internalisierung von „Verhaltensmustern und Sinngebilde(n)“ beruht.13 „Internalisierung besagt in diesem Zusammenhang, daß die mit einer Institution verknüpfte normative Verhaltensweise so weit verinnerlicht ist, daß die in ihr tätigen oder ihr unterworfenen Akteure ihre Erwartungen, bewußt oder unbewußt, auf die ihr innewohnende und als überpersönlich geltende Zielorientierung ausrichten.“14
Institutionen können eine organisatorische Dimension aufweisen, die ihrerseits mit einer gewissen Formalisierung, Hierarchisierung, Dauer und einer Materialisierung verbunden ist.15 Materialisierung und symbolische Dimension von Institutionen bedingen wiederum neben einer physischen Verkörperung auch Öffentlichkeit, vor der sich erst die „Sichtbarmachung“ der Institution vollziehen kann.16 Darüber hinaus sind Institutionen als dyna11
R, K-S, Die stabilisierende ,Fiktionalität‘ von Präsenz und Dauer. Institutionelle Analyse und historische Forschung, in: Reinhard Blänkner / Bernhard Jussen (Hg.), Institutionen und Ereignis. Über historische Praktiken und Vorstellungen gesellschaftlichen Ordnens, Göttingen 1998, 381–407, bes. 386 f. 12 D., Institutionen als symbolische Ordnungen. Leitfragen und Grundkategorien zur Theorie und Analyse institutioneller Mechanismen, in: Gerhard Göhler (Hg.), Die Eigenart der Institutionen. Zum Profil politischer Institutionentheorie, Baden-Baden 1994, 47–84, 56. 13 G, G, Politische Institutionen und ihr Kontext. Begriffliche und konzeptionelle Überlegungen zur Theorie politischer Institutionen, in: ders. (Hg.), Die Eigenart der Institutionen, 19–46, hier 22. Vgl. hierzu und den Ansätzen Rehbergs mit der Forderung historischer Einbindung auch: B, R / J, B, Institutionen und Ereignis. Anfragen an zwei alt gewordene geschichtswissenschaftliche Kategorien, in: dies. (Hg.), Institutionen und Ereignis. Über historische Praktiken und Vorstellungen gesellschaftlichen Ordnens, Göttingen 1998, 9–16, hier 12. 14 A, K, Struktur, Funktion und Genese von Institutionen aus sozialwissenschaftlicher Sicht, in: Gert Melville (Hg.), Institutionen und Geschichte. Theoretische Aspekte und mittelalterliche Befunde, Köln / Weimar / Wien 1992, 25–71, 33. 15 Ebenda, 36 f. 16 R, Die stabilisierende ,Fiktionalität‘, 393.
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mische soziale Einheiten zu verstehen, wobei man eine mit dem Institutionenwandel gekoppelte Institutionalisierung als einen präzisierenden und letztlich normierenden Prozess „vom Unbestimmten zum Bestimmten“ definieren mag.17 Schließlich werden Institutionen mit dem Problem der Macht in Verbindung gebracht, indem sie Handlungsoptionen kanalisieren und einschränken.18 „Denn Macht ausüben bedeutet nichts anderes, als in einem sozialen Beziehungsgeflecht für die Adressaten einen Handlungsraum zu definieren.“19 Gerhard Göhler und Rudolf Speth gehen dabei davon aus, dass moderne Institutionen in abstraktem Sinne eine transitive Macht ausüben, die auf den geteilten Wertvorstellungen ihrer Adressaten und nicht etwa auf göttlichem oder „Herrscherwillen“ beruhe.20 Solch eine Theoriebildung ist sichtlich nicht uneingeschränkt auf frühneuzeitliche Problemlagen übertragbar – und dies in mehrfacher Hinsicht: im Sinne der institutionstheoretischen Kategorien durchliefen respublica, Adel oder auch die Monarchie, der Sejm sowie Ämter und Würden, wie in den Überlegungen zu den normativen Diskursen gezeigt, im 16. Jahrhundert durchaus einen Prozess, den man als Institutionalisierung bezeichnen kann. Dies bedeutete jedoch zugleich keineswegs eine vollkommene Abstrahierung der institutionellen Strukturen. Abstrakte Institutionsvorstellungen waren hier mit höchst personalisierten Dimensionen verschmolzen. Dies wird insbesondere an den Leitkategorien von Ehre, Würde und Tugend deutlich, die zwar einerseits als formalisierende und Handlungen kanalisierende Normsetzungen und Orientierungsgrößen vermittelnd und konstituierend zwischen Individuum, Familienverband und Gemeinwesen wirkten. Andererseits jedoch handelte es sich gerade dabei um grundlegend akteursgebundene Größen, deren Dauerhaftigkeit direkt vom Handeln Einzelner und dessen situativer Beurteilung durch verschiedene Öffentlichkeiten abhängig blieb. Mithin erscheint das institutionelle Ensemble der respublica im Polen-Litauen des 16. Jahrhunderts als ein stets potentiell fragiles institutionelles Konglomerat; und dies unberührt von der Feststellung, dass generell jegliche divergierenden Auslegungen und Widerstände integraler Bestandteil von Institutionalisierung sind als Reaktion auf deren Sichtbarmachung von Normen und Handlungsbeschränkungen.21 17
A, Struktur, Funktion und Genese von Institutionen, 35. G, G / S, R, Symbolische Macht. Zur institutionentheoretischen Bedeutung von Pierre Bourdieu, in: Reinhard Blänkner / Bernhard Jussen (Hg.), Institutionen und Ereignis. Über historische Praktiken und Vorstellungen gesellschaftlichen Ordnens, Göttingen 1998, 17–48, 18. 19 Ebenda. 20 Ebenda, 20. 21 A, Struktur, Funktion und Genese, 56–58.; Gerd Schwerhoff spricht in diesem Zusammenhang ähnlich, aber mit einer leicht anderen Stoßrichtung von „Selbstverständigung über institutionelle Ordnung im Spiegel der Abweichung“: S, G, Institutionelle Ordnungen und die Konstruktion von Devianz. Konzeptuelle Überlegun18
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Göhler und Speth setzen transitive Macht im Sinne der „Unterordnung des Willens unter den Willen eines anderen“ von der abstrakten intransitiven Macht als „Selbstbezüglichkeit im Sinne von ,Mächtigkeit‘ oder ,Selbstmächtigkeit‘ einer sozialen Einheit“ ab.22 Wenn man für die frühneuzeitlichen Verhältnisse wiederum eine eingeschränkte Selbstmächtigkeit der Institution annimmt, stellt sich die Frage nach dem Anteil und Charakter der transitiven Macht im institutionellen Gefüge und in diesem Zusammenhang letztlich nach der Kategorie „Herrschaft“. Die transitive Macht Göhlers und Speths orientiert sich dabei an Max Webers einflussreicher Definition von Macht,23 während Webers Herrschaftsbegriff hier keinerlei weitere Rolle spielt. Neuere Versuche, „Herrschaft“ als analytische Kategorie abzugrenzen, knüpfen dabei zumeist in der einen oder anderen Form an Weber an. Im vorliegenden Kontext ist vor allem die Beobachtung relevant, dass sich Herrschaft nicht allein auf Machtausübung beschränkt, sondern einen ganzen Komplex aus Autorität, Zwang, Gewalt und Kontrolle umfasst und sich aber zugleich auch auf Konventionen stützt.24 Ganz in WeberÆschem Geiste bilden Autorität und die damit verbundene Legitimität dabei zentrale definitorische Bestandteile von Herrschaft. In letzterem Sinne ist sie auch als „institutionalisierte Form der Lenkung eines sozialen Verbandes“ bezeichnet worden.25 Bindet man dies wiederum an die Überlegungen zur Institutionentheorie zurück, erscheint Herrschaft als eine durch Normen und eingeschränkte Handlungsoptionen kanalisierte und legitimierte transitive Machtausübung, die die Dimensionen Autorität, Zwang, Kontrolle und Gewalt umfasst. Gleichzeitig jedoch wirkt Herrschaft als transitive Macht von Einzelakteuren oder Akteursgruppen unter Bedingungen einer beschränkten intransitiven Macht von Institutionen strukturierend auf letztere zurück. Dies bedeutet schließlich, dass die Legitimität der Akteure – auf Basis ihrer persönlichen etwa durch Tugend, Ehre und Tradition beruhenden Autorität – konstituierend auch über die Legitimität von Institutionen entscheidet. Solch ein dynamisierter Entwurf von Institutionen und Herrschaft korrespondiert schließlich teilweise mit dem von Alf Lüdtke postulierten Ansatz, der Herrgen und frühneuzeitliche Beispiele, in: Juliette Guilbaud / Nicolas Lemoigne / Thomas Lüttenberg (Hg.), Kulturelle Normen und die Konstruktion von Devianz. Antijüdische und antisemitische Beschuldigungen in der Frühen Neuzeit und in der Moderne, Paris 2004, 7–26, 10. 22 G / S, Symbolische Macht, 20. 23 W, Wirtschaft und Gesellschaft, 28. 24 Zusammenfassend: I, P, Macht und Herrschaft in der wissenschaftlichen Kontroverse, in: ders. (Hg.), Macht und Herrschaft. Sozialwissenschaftliche Theorien und Konzeptionen, Wiesbaden 2012, 9–35, 21–26. 25 P, M, Gottes Gnade und Bürgers Recht – Macht und Herrschaft in der politischen Philosophie der Neuzeit, in: Peter Imbusch (Hg.), Macht und Herrschaft. Sozialwissenschaftliche Theorien und Konzeptionen, Wiesbaden 2012, 37–54, 40.
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schaft als „Kräftefeld“ verstanden wissen will, als „zweipolige Konfiguration“, in der „mehrdeutige Gleichzeitigkeiten dominieren: Folgsamkeit und Widergesetzlichkeit, Zustimmen oder Hinnehmen und Distanzieren (Hervorhebungen im Original, K.L.).“26 Die zwei entscheidenden Orte, an denen sich die respublica organisationell manifestierte, fänden sich „am Hof des Herrn und auf dem Sejm, wo der sacrosanctus consilii locus ist.“27 Bei dieser Einschätzung aus der Publizistik des ersten Interregnums von 1573 handelte es sich durchaus um keine exzentrische Position. Der Autor der Polemik forderte dabei vom zukünftigen Monarchen, seine Pflichten zu erfüllen und an beiden emblematischen Orten für Ordnung und Tugend zu sorgen. Solche Aufforderung durfte sich nicht allein in die Logik klassischer Hofkritik einreihen. Vielmehr richtete sich die Kritik bezeichnenderweise gegen alle Amts- und Würdenträger, die Landboten des Sejms eingeschlossen. Soll im Folgenden der Blick auf die institutionelle Dimension der Mischverfassung gerichtet werden, ist dies als Richtschnur zu berücksichtigen. Mithin ist es nicht Ziel, die drei traditionellerweise nach aristotelischem Schema identifizierten Akteure beziehungsweise Akteursgruppen König, Senat und Sejm als Leitlinie der Analyse zugrunde zu legen. Sie müssen zwar als entscheidende Kategorien zeitgenössischer Gemeinwesenvorstellungen eine beständige Rolle spielen. Allerdings fokussiert die Darstellung mit dem Hof und den lokalen oder regionalen und zentralen Ständeversammlungen bewusst diejenigen Orte, an denen sich adlige Erwartungen, Ansprüche und Konkurrenzen im Rahmen der Monarchie institutionell organisierten und die dem Adel zugleich eine Partizipation an der Herrschaftsausübung garantierten. Anknüpfend an die Überlegungen zur Institutionentheorie soll darüber hinaus widerständiges Handeln durchaus als integraler Bestandteil der frühneuzeitlichen Verfasstheit des Gemeinwesens behandelt werden. Hierbei muss es um die Frage gehen, in welcher Form widerständiges Handeln im Zuge der Institutionalisierung des regimen mixtum selbst einen Institutionalisierungsprozess durchläuft. Inwieweit die Existenz von Institutionen nicht zuletzt von deren Akzeptanz oder Aneignung durch die Beteiligten abhängig ist und wie deren Strukturen auch diskursiver Aushandlung und Interpretation unterliegen, soll dabei zunächst ein kursorischer Blick auf die Debatten der ersten beiden Interregna exemplarisch aufzeigen.
26 L, A, Einleitung: Herrschaft als soziale Praxis, in: ders. (Hg.), Herrschaft als soziale Praxis. Historische und sozialanthropologische Studien, Göttingen 1991, 9–63, 18. 27 Pokazanie błe˛do´w i naprawy ich w naszej Rzplitej polskiej in hoc interregno, gdy potem juz˙ czasu nie be˛dzie, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 160–171, 166.
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2.1 Sejm, Hof und Magistrate: Debatten der Interregna In zwei Ausgaben von 1586 und 1595 veröffentlichte Joachim Bielski posthum eine Satire seines prominenten Vaters Marcin. Beim Weibersejm (Syem niewies´ci) handelte es sich um eine der frühen Veröffentlichungen von Sejmsatiren, eines Genres, das vor allem erst mit der zweiten Dekade des 17. Jahrhunderts zu einschlägiger Popularität gelangte.28 In seiner Geschichtsschreibung darf Marcin Bielski als Interpret starker adliger Vorrechte gelten,29 eine Position, deren Echo sich auch in seinem Weibersejm findet. Nachdem sich eine Gruppe von Frauen versammelt und übereinstimmend die Sitten ihrer Ehemänner beklagt hat, kommt man rasch zu einem Entschluss: alleiniges Diskutieren und Lamentieren in loser Runde genüge nicht:30 Schaut, ob wir nicht eine bessÆre Ordnung finden, Wenn wir einen Sejm zu diesen Fragen gründen. Wie wir dazu kommen, dieses wir erzählen, Wenn wir vor Ort gekommen, Boten uns wählen. Und wir schicken zu unsrer lieben Mutter, Polen, Mit allÆ Hab und Gut ihrer Macht anbefohlen, Dass einen Sejm sie beriefe, den rechten Platz wähle, Dem Gemeinen Wohl zum Nutzen und Zur Erlösung der Seele.
Die hier präsentierten Grundprinzipien ständischer Repräsentation reflektierten die selbstbewusste Definition eines Gemeinwesens, das auf dem freien Zusammenschluss der adligen „communitas“ basierte. Letztere begibt sich freiwillig unter eine monarchische Herrschaft (hier allegorisch die Königin Polen), deren Autorität und herrscherlichen Oberhoheit sie im Anschluss folgt, ohne jedoch damit ihren Anspruch auf kollektive Selbstbestimmung aufzugeben. Deutlich nahm Bielski damit ein Vertragsdenken auf, das in der
28 B, M, Syem niewies´ci, in: ders., Satyry. I. Sen makowy, II. Rozmowa barano´w, III. Sejm niewies´ci, ed. v. Władysław Wysłocki, w Krakowie 1889 (Biblijoteka pisarzo´w polskich 4), 55–95; vgl. für die Sejmsatiren beispielsweise: Sejm piekielny. Satyra obyczajowa (1622 r.), ed. v. Aleksander Brückner, Krako´w 1903 (Biblioteka pisarzo´w polskich 45); D, J, Seym Albo Constitutie domowe. Gdzie te zarty prawde˛ pokazuia˛ Ktorych iest Artykułow szes´c´, in: Pisma Jan Dzwonowskiego (1608–1625) hrsg. v. Karol Badecki, Krako´w 1910 (Biblioteka pisarzo´w polskich 58), 29–43; Seym białogłowski Ktory w sobie zamyka wszelakie swobody pokoie z Mezami / waruia˛c to wszytko sobie do lat pewnych / poko swego nie przewioda˛ / według oporu, o.O. o.J. [ca. 17. Jh.]; Seym panienski albo Rozmowa o Biesiadach y Krotofilach Mie˛sopustnych, o.O. o.J. [ca. 17. Jh.]. 29 B, Frühneuzeitliche Nationen, 125. 30 B, Syem niewies´ci, 60.
2.1 Sejm, Hof und Magistrate: Debatten der Interregna
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einen oder anderen Weise auch den Politicae im zeitgenössischen Polen-Litauen zugrunde lag.31 Hatten die gesetzlichen Regelungen der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert die Grundlage für eine stärkere organisationelle Ausformung ständischer Mitbestimmung geliefert, begleiteten diesen Prozess intensive Auseinandersetzungen um deren institutionelle Definition. Dabei orientierten sich die Politicae des ausgehenden Saeculums ganz am verbreiteten Schema der „magistratischen“ Kontrolle des Herrschers im Sinne der – zumeist höheren, senatorischen – Amtsträger; die Beteiligung etwa der gewählten Landboten des Unterhauses oder die Rolle der lokalen beziehungsweise regionalen Sejmiki blieb dagegen tendenziell außen vor.32 Solcher Diskursrahmen prägte nichtsdestoweniger ebenso die publizistischen Gelegenheitsschriften über Sejm und respublica. Hieran änderte auch das Ende der Jagiellonen-Dynastie nichts, obgleich die Periode der kurz aufeinanderfolgenden Interregna sowohl von den Zeitgenossen als auch der Forschung als entscheidender Einschnitt interpretiert wurde.33 Die königslosen Zeiten brachten Auseinandersetzungen hervor, in denen die inneradlige Hierarchie und deren unmittelbare Verbindung mit den Herrschaftskompetenzen im Gemeinwesen im Mittelpunkt standen. In diesem Zusammenhang ist auf die Ambivalenz des Interregnums hingewiesen worden.34 Das integrative Potential des Monarchen fehlte, womit insbesondere den adligen Akteuren zwar ein erweiterter Handlungsrahmen eröffnet wurde, sich aber zugleich Konflikte zuspitzten.35 Mit31
Vgl. Kap. 1.5, S. S. 173 f., 175 f., 181. Vgl. Kap. 1.5, S. 176–178. 33 Etwa die Zeitgeschichtsschreibung S´wie˛tosław Orzelskis, deren Thema und chronologische Grenzen durch die ersten beiden Interregna bestimmt werden: O, S´, Interregni Poloniae libri 1572–1576, ed. v. Edward Kuntze, w Krakowie 1917 (Scriptores rerum polonicarum 22). Orzelski begründet seine Schreibmotivation unter anderem explizit aus dem Eindruck eines tiefgreifenden Umbruchs: „Vix scio, an unquam temporis curriculo magis varium rerum successum ulla regio senserit.“ (ebenda, 2.); zu Orzelski: B, H, S´wie˛tosław Orzelski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 24, Wrocław u.a. 1979, 305–309. Allein ein Blick auf die neuesten Synthesen zur polnischen Geschichte der Frühen Neuzeit verdeutlicht das Gewicht, das dem Ende der JagiellonenDynastie und dem Beginn des Wahlkönigtums als Zäsur beigemessen wird, vgl. A, Historia Polski (hier allerdings auch der Versuch, die offensichtlich durch Verlagsvorgaben bedingte Zäsur 1572 strukturell zu relativieren und eher die polnisch-litauische Union als Einschnitt hervorzuheben, bes. 519–521.); deutlich anders gelagert die Bewertung bei M, Historia Polski, der den Einschnitt stark macht, vgl. bes. 383; vgl. ähnlich B, M, Historia Polski do 1864 roku, Wrocław 2009, bes. 150 f. 34 Dies betont A, Historia Polski, 521; demgegenüber etwa R, Interregna, 3, die das Interregnum als Gestaltungsspielraum vor allem als Gestaltungsspielraum interpretiert. 35 R, Interregna, 1; ebenso O, E, Elekcje wazowskie w Polsce. Stosunek szlachty do instytucji okresu bezkro´lewia, in: Kwartalnik Historyczny 92.3 (1985), 533–547, bes. 533–535. 32
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
hin war die Spannweite der Reaktionen groß. Einerseits provozierte das monarchische Vakuum tiefgehende Besorgnis: „Die Bürger unserer Länder, sowohl die Großen als auch die Kleinen (…) erwarteten mit Gottesfurcht dieses Interregnum, wie gewöhnliche Menschen den Jüngsten Tag.“36 Auf der anderen Seite konnte man ebenso Aufforderungen finden, das Interregnum gut zu nutzen, denn nun habe man Zeit, über sich selbst zu beraten, „solange wir die Herrschaft über uns niemandem gegeben haben.“37 In diesen Alternativen, mit denen das Interregnum als exzeptionelle Zwischenzeit beschrieben wurde, zeigen sich Übereinstimmungen wie konzeptionelle Abweichungen: sie konvergieren zunächst in der Feststellung eines Zeitenendes. Im Gegensatz zur apokalyptischen Herbeizitierung des Jüngsten Gerichts verschiebt die zweite Äußerung jedoch die Perspektive. Das Interregnum erschien hier als Möglichkeit, Weichen zu stellen und die Verhältnisse innerhalb des Gemeinwesens frei auszuhandeln. In gewisser Weise wurde mithin die Zukunft verfügbar gemacht.38 Das bereits zuvor theoretisch formulierte Vertragsdenken zwischen Monarch und respublica bildete nunmehr die Basis der diskutierten Handlungsoptionen. In diesem Rahmen ging es zunächst um die unmittelbaren Herausforderungen, sowohl einen Modus für die Königswahl zu finden als auch das Gemeinwesen in der königslosen Zeit zu verwalten. Darüber hinaus stellte sich die Frage, welche Erwartungen man an einen neuen Monarchen in Form von Wahlkapitulationen formulieren konnte. Von diesen konkreten Aufgaben induziert, brachte das Interregnum vor allem aber eine Grundsatzdebatte um die Gestalt der respublica, die Frage nach Herrschaftsrechten und die inneradligen Hierarchien hervor. Die Publizistik der Interregna war demnach Teil eines Aushandlungsprozesses von Herrschaftsbeteiligung, der als integraler Bestandteil des Institutionalisierungsprozesses eines regimen mixtum sowie eng hiermit veflochten als Definitionsund Abgrenzungsbemühung innerhalb der adligen Eliten verstanden werden kann. Hierbei wurde in erster Linie eine Konfrontation zwischen hohen Wür36 L, A, Poloneutychia, ed. v. Alina Linda et al., Warszawa / Ło´dz´ 1982 (Biblioteka pisarzy reformacyjnych 15), 58. 37 Wara, maszli rozum! Przestroga. Jakiego a kogo kro´lem obrac´, potrzeba Polakom wiedziec´, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 32–33, 32. 38 B, P, The History of the Future 1350–2000, in: Andrea Brady / Emily Butterworth (Hg.), The Uses of the Future in Early Modern Europe, New York u.a. 2010, IX–XX, bes. XIII–XVI; hier mit der Forderung, die klassische These Reinhart Kosellecks von der Verfügbarmachung der Zukunft erst ab dem späten 18. Jahrhundert zumindest zu differenzieren, vgl. K, R, Vergangene Zukunft der Frühen Neuzeit, in: ders., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt a.M. 1989, 17–37. Auf die Koexistenz verschiedener Zeitmodelle verweist für das 17. Jahrhundert L, A, Geburt der Gegenwart. Eine Geschichte der Zeit im 17. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 2014, 17.
2.1 Sejm, Hof und Magistrate: Debatten der Interregna
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denträgern beziehungsweise den Senatoren und dem „Adel“ im Allgemeinen, wahlweise „den Landboten“ im Besonderen, argumentativ ausgetragen. Kaum sollte solch eine Frontlinie allzu einfach als Zustandsbeschreibung des Gemeinwesens verstanden werden; eher ist es angebracht, die publizistische Lagerbildung als Konsequenz divergierender politiktheoretischer Prämissen zu lesen. Die polemischen Flugschriften der ersten Interregna erschienen nahezu alle anonym. In dem Corpus, das Jan Czubek mit seiner Edition dieser Texte zusammengetragen hat, lässt sich lediglich ein Bruchteil der über neunzig Flugschriften und -blätter durch namentliche Unterzeichnung beziehungsweise Nennung der Initialen und spezifische autobiographische Angaben in den Texten eindeutig einzelnen Verfassern zuordnen. Darüber hinaus fanden die Polemiken Eingang in zeitgenössische archivalische Sammlungen, in denen wiederum einzelnen anonymen Texten Autorennamen zugeschrieben wurden.39 Czubek folgert aus letzterem Umstand, dass es sich bei den Sammlern der Flugschriften wie bei den Verfassern um eine relativ schmale Elite gehandelt haben müsse, innerhalb derer zumindest Ahnungen davon existierten, wer an der Textproduktion beteiligt gewesen sein konnte.40 Obwohl die Suche nach Verfassernamen für anonyme Handschriften nicht überbewertet werden sollte, stützt die Identifizierung einiger Verfasser solch eine Vermutung; so zeigt sich, dass es sich hierbei durchwegs um humanistisch gebildete Adlige handelte, die zu klerikalen und administrativen Funktionseliten zu zählen waren, ohne hier unbedingt einen allerersten Rang einzunehmen,41 oder insbesondere zur Führungsgruppe ihrer regionalen Adelsgemeinschaften gehörten.42 Insbesondere die Interpretation der Befugnisse des Senats und des sich als Interrex etablierenden Primas, das Vorgehen um die Königswahl beziehungsweise die Organisation der königsfreien Periode zu bestimmen, führten zu erheblichen Kontroversen.43 So sehr sich ein Großteil der Texte zu der großen Chance des Interregnums beglückwünschte und es zu einer günstige Situation für die Neudefinition des Verhältnisses von Monarch und Adel erklärte, so sehr katalysierte vor allem die Kritik an den zentralen Würdenträgern die Veränderungsvorschläge der Gelegenheitsschriften.
39 C, J, Wste˛p, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. dems., Krako´w 1906, III–XXXVII, hier V–XIII. 40 Ebenda, XV. 41 Ebenda, XVI, XIX, XXIV–XXXV: Jan Gluchowski, Jan Dymitr Solikowski, Andreas Volanus. 42 Ebenda, XVII–XII: Andrzej Ciesielski, Piotr Mycielski, Andrzej Dudycz. 43 G, S, Walka o władze˛ w Rzeczypospolitej polskiej po wygas´nie˛ciu dynastii Jagiellono´w (1572–1573), Warszawa 1969, 17–61.
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
Die Vorwürfe reichen von Diebstahl, über Korruption, bis zum allgemeinen Voranstellen eigener Interessen gegenüber dem Gemeinwohl und Inkompetenz. Bemerkenswerterweise differenzieren die meisten Flugschriften dabei ausdrücklich nicht zwischen Hof- und Senatorenwürden. Entsprechend werden „die Kron- und Hofämter“ nicht nur in einem Atemzug genannt,44 vielmehr erscheint der Hof neben dem Sejm als zweite unabdingbare Institution des Gemeinwesens. Kammerherrn, Jagdmeister und Vorschneider, so argumentiert in diesem Zusammenhang Andrzej Ciesielski, geübter Publizist und Kritiker der zentralen Eliten, seien „gubernatores“ des königlichen Lebens.45 Ein Würdenträger wie der Hofmarschall müsse in diesem Sinne die „sauberen Königsgemächer vor den Augen der respublica herrichten.“46 In Anschluss an die traditionellen Topoi der Hofkritik47 konstatierte man hingegen die Korruption am Hofe, die Eigennützigkeit und -süchtigkeit der Hofwürdenträger48 und die daraus resultierende „confusio“49 und Gefahren für das Gemeinwesen.50 Anders als in Teilen der klassischen mittelalterlichen und humanistischen Hofkritik, setzten die Polemiker der Interregna dem Hof jedoch keine anderen Idealorte der Tugend entgegen.51 Vielmehr verorteten sie den institutionalisierten Hort der Tugend in der Vergangenheit des Hofes selbst, der nun allerdings im Niedergang begriffen sei und seinen Charakter als „schola virtutum“52 oder „omnium virtutum officina“53 verloren habe. Folgerichtig 44 Etwa in folgenden Schriften aus : Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906: Pokazanie błe˛do´w i naprawy ich, 165; Summa tych rzeczy, kto´re maja˛ byc´ opatrzone, postanowione przed obraniem nowego kro´la, 171–177, 175; Naprawa praw i swobo´d i wolnos´ci naszych, 186–189, 187; Iz˙ na spo´łecznem zjaz´dzie pano´w rad koronnych w Kaskach, 237–251, 242; Dyalog ksie˛dza biskupa, pana wojewody, posła, dworzanina, ziemianina o tym, kogoby na kro´lestwo obrac´, 408–429, 427; Rozsa˛dek o warszawskich sprawach na elekcyej do koronacyej nalez˙a˛cy, 578–587, 585. 45 Gdyz˙echmy przyszli na ten nieszcze˛sny wiek, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 147–160, 157. 46 Ebenda. 47 K, H, ,Bei Hof, bei Höll‘. Untersuchungen zur literarischen Hofkritik von Sebastian Brant bis Friedrich Schiller, Tübingen 1979, 263–270; S, P M., The Anti-courtier Trend in Sixteenth Century French Literature, Gene`ve 1966, bes. 11–54; S, K / W, E, Einleitende Frage- und Problemstellungen, in: dies. (Hg.), Hofkritik im Licht humanistischer Lebens- und Bildungsideale, Leiden 2012, 1–12. 48 Modus corrigendae Reipublicae, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 141–147, 146; Wotum w interregnum po Henrykowym z Polski odjez´dzie, in: ebenda, 630–643, 633. 49 Modus corrigendae Reipublicae, 141. 50 Rozmowa senatora koronnego z s´lachcicem, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 533–547, 537. 51 S / W, Frage- und Problemstellungen, 5. 52 Naprawa Rzeczypospolitej Koronnej do elekcyej nowego kro´la, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 189–208, 204. 53 Modus corrigendae Reipublicae, 146.
2.1 Sejm, Hof und Magistrate: Debatten der Interregna
205
ging es den so argumentierenden Flugschriften um eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes von Tugendhaftigkeit. Dies wiederum setzte Kontrolle voraus. Wenn dem Hof also eine zentrale Rolle innerhalb des Gemeinwesens zugeschrieben wurde – nicht zuletzt, um eine monarchische „absoluta potestas“ zu verhindern54 – wurde er in den Texten zu einer Einrichtung der Krone, ergo des Gemeinwesens, und nicht des Monarchen. In dieser Logik mussten auch die Hofwürdenträger zu „Amtsträgern der Krone“55 werden und deren Berufung unter die Kontrolle der gesamten respublica fallen. So massierten sich die Forderungen nach einer Entlassung sämtlicher Höflinge im Interregnum und der kompletten personellen Erneuerung unter Aufsicht der adligen „communitas“.56 Entsprechend wollte man dafür sorgen, dass der neu zu wählende Monarch eine „R.P. bene instructam ordinibus suis“ anträfe.57 Das Ziel, erhöhte Kontrollmechanismen zu schaffen, beschränkte sich dabei nicht nur auf den Hof. Parallel zu den Ausführungen über die Würdenträger des Hofes konstatierte man oft genug einen Autoritätsverlust des Senates, der sich aus den moralischen Verfehlungen und dem hieraus resultierenden Legitimitätsverlust ergeben hätte.58 Jeglicher Herrschaftsanspruch der höchsten Würdenträger konnte folglich in letzter Konsequenz als versuchte Tyrannis denunziert werden.59 Im konkreten Kontext des Interregnums ermöglichte solch eine Delegitimierungsstrategie wiederum, die Mitherrschaftsansprüche auf unterer Ebene zu begründen. Alle hiermit verbundenen Argumentationen basierten auf der zentralen Frage, auf welcher Grundlage die Senatoren als Magistrate ihre Herrschaftsrechte reklamierten. Wie im Fall der Hofwürdenträger wurde in diesem Zusammenhang nicht zuletzt betont, es handele sich bei ihnen um „Senatoren der Krone“, nicht die „Senatoren des Königs“.60 Mithin konnten die Sejmiki und die nichtsenatorischen Repräsentanten der lokalen Eliten ihrerseits als Magistrate der Magistrate eine Kontrollfunktion über den Senat beanspruchen: „Das Amt des Abgeordneten ist: die 54 Naprawa praw i swobo´d i wolnos´ci naszych, 187; Elekcya kro´la krzes´cijan´ska, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 289–332, 312. 55 Gdyz˙echmy przyszli na ten nieszcze˛sny wiek, 156. 56 Pokazanie błe˛do´w i naprawy ich, 169; Rozsa˛dek o warszawskich sprawach, 585; De interregno et modo eligendi regis, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 225–233, 232 f.; Rozmowa o odjez´dzie z Polski regis christianissimi Galliarum et Poloniae etc. Ga˛ska z s´w. Bartłomiejem, in: ebenda, 613–627, 620. 57 Summa tych rzeczy, kto´re maja˛ byc´ opatrzon, 175. 58 Naprawa praw i swobo´d i wolnos´ci naszych, 187, 18; Pokazanie błe˛do´w i naprawy ich, 165; Rozmowa senatora koronnego z s´lachcicem, 533–547. 59 Modus corrigendae Reipublicae, 142. 60 Gdyz˙echmy przyszli na ten nieszcze˛sny wiek, 156.
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Räte zu ermahnen, verschlafene, unachtsame Menschen zu überwachen, damit nichts gegen das Recht und die Freiheiten geschehe.“61 Zumeist jedoch definierte man das normative Bild auch der Landboten im Sejmgefüge ex negativo. Hier herrschten Vorwürfe eben solcher Korruption und moralischer Verwerflichkeit vor wie sie auch gegenüber den Senatoren geäußert wurden.62 Dies und eine vermeintliche Ineffizienz des Sejms63 bot die argumentative Voraussetzung für die Forderung, die Königswahlen viritim durchzuführen und nicht durch gewählte Vertreter. Hierdurch sprach man vermittelt letztlich dem gesamten Adel eine Kontrollfunktion über die Landboten und die Senatoren zu – wie auch über den Monarchen, dessen Wahl folglich allen Adligen zustünde. Doch auch an dieser Stelle ist zu differenzieren. So fanden sich ganz andere Stimmen in der Auseinandersetzung, die ihrerseits auf der Autorität senatorischer Entscheidungsgewalt beharrten und einen größeren Einfluss der Landboten und mithin der Sejmiki und regionalen Adelsgemeinschaften ablehnten.64 Noch als man sich nach längerer Zeit auf die Einberufung eines königslosen „Konvokationssejms“ unter Teilnahme von Landboten und Senatoren einigte, verstummte die Kritik an letzteren nicht. Der anonyme Verfasser einer Rede über den künftigen Konvokationssejm formulierte dabei deutlich die Befürchtungen, die wohl auch hinter allen anderen Angriffen auf die Senatoren standen: „Und es kann keinerlei Gewohnheit sein, dass Ihre Liebden die Herren Räte, auf dieser Konvokation unsere libertates mindern, und ihre Macht und potentiam befestigen, da hier nichts beschlossen werden kann, außer de consensu omnium.“65 Dabei muss unterstrichen werden, dass die regelmäßig aufgerufene Vorstellung des „consensus“, insbesondere als „consensus omnium“, eher abstrakt normativ im Sinne von „concordia“ verwendet wurde und kein verfahrenstechnisches Vorgehen bezeichnete.66 Be-
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Naprawa Rzeczypospolitej Koronnej do elekcyej nowego kro´la, 206. Rozmowa senatora koronnego z s´lachcicem, 542; Rozmowa o odjez´dzie z Polski regis christianissimi, 620; Gdyby panowie Polacy cesarza albo Niemca obrali, toby na nie przys´c´ musiało, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 358–362, 361. 63 Summa tych rzeczy, kto´re maja˛ byc´ opatrzone, 172; Napominanie braciej stanu rycerskiego, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 209–214, 210. 64 De confoederatione Varsoviensi in causa religionis christianae et patriae salutis cupida sententia, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 550–559, 555. 65 Rzecz o maja˛cej nasta˛pic´ konwokacyej, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 216–224, 217. 66 Summa tych rzeczy, kto´re maja˛ byc´ opatrzone, 177; Dyalog ksie˛dza biskupa, pana wojewody, posła, dworzanina, ziemianina, 415; Komornik a burmistrz, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 643–654, 653. 62
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sonders in den ersten beiden königslosen Zeiten nach dem Ende der Jagiellonen-Dynastie wurde deutlich, dass die Aushandlung der inneradligen Herrschaftsausgestaltung und Hierarchien sich in erster Linie an der Vorstellung von der „concordia“ beziehungsweise der im gleichen Wortsinn verwendeten polnischen „zgoda“ orientierte und den „consensus“ als politischen Leitbegriff marginal erscheinen ließ.67 Bezeichnenderweise konnte die Klage über das Fehlen von „concordia“, oder in Konsequenz deren Einforderung, sowohl mit dem Verlangen verbunden werden, die Königswahl auf Amts- und Würdenträger zu beschränken, als auch den gesamten Adel einzubeziehen.68 Eine gemeinsame Position ließ sich wohl allein in der Hinsicht erzielen, dass die Einigkeit eine Voraussetzung für die Fortexistenz des Gemeinwesens bildete und zugleich deren ideale Abbildung im politischen Entscheidungsprozess die göttliche „inspiratio“ sei. In diesem Sinne bildeten Wahl oder Kompromisslösungen stets die normativ schlechteren, praktisch jedoch notwendigen Alternativen.69 Dies entsprach der zeitgenössisch universalen Vorstellung, dass der „concordia“ tendenziell der Vorstellung von kompromisshaften Lösungsfindungen entgegenstand, wie insbesondere im religiösen, aber damit verflochten auch im politischen Kontext deutlich wurde.70 Der „consensus omnium“ oder die
67 Der Terminus consensus wird lediglich viermal gebraucht: Modus corrigendae Reipublicae, 141; Iz˙ na spo´łecznem zjaz´dzie, 240; De rege novo ex sua gente deligendo oratio [ad senatum], in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 332–339, 334; Dialogus I de regis Poloniae electione, in: ebenda, 666–679, 667. 68 Etwa für die Beschränkung auf Amts- und Würdenträger: Zebranie ro´z˙nych sentencyj na propozycya˛ uniwersału kaskiego, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 233–237, 235; für die Einbeziehung des Gesamtadels: De electione novi regis, in: ebenda, 397–403, 399; De interregno et modo eligendi regis, 230. 69 De interregno et modo eligendi regis, 229 f. 70 T, M, Religious Concord and Political Tolerance in Sixteenth- and Seventeenth-Century France, in: Sixteenth Century Journal 22.1 (1991), 15–25, 17 f. Turchetti differenziert hier zwischen dem 16. Jahrhundert und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts sowie dem späten 17. Jahrhundert, in dem seiner Ansicht nach concordia und Toleranz erst kommensurabel wurden. Diese Sichtweise ist allerdings speziell mit Verweis auf Bodin kritisiert worden, der bereits eine concordia discors theoretisiert hatte: L K, M, The Concept of Toleration in the Colloquium Heptaplomeres of Jean Bodin, in: John Christian Laursen / Cary J. Nederman (Hg.), Beyond the Persecuting Society. Religious Toleration Before the Enlightenment, Philadelphia 1998, 125–144, 125. Detailliert zur Bodin’schen concordia discors als Konzept von Harmonie: F, N, La concordia nel ,Colloquium Heptaplomeres‘ di Jean Bodin, in: Rinascimento 44 (2004), 297–324; H, E, Fürstenlehre und politisches Handeln im Frankreich Heinrichs IV. Untersuchungen über die politischen Denk- und Handlungsformen im Späthumanismus, Göttingen 1969, 114 f. Für den polnischen Kontext lässt sich die Tendenz,
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hiermit verbundene und oft bemühte „unanimitas“ politischer Entscheidungen sind mithin zunächst als ein normativer Erwartungshorizont zu verstehen. Sie bilden in diesem Sinne einen kanonischen Pfeiler zur Erhaltung der Gesellschaft und sind weniger technische Aussage zu Abstimmungsmodi oder gar zur gleichberechtigten Beteiligung von Personen oder Personengruppen an Herrschaft beziehungsweise Entscheidungsprozessen. Dabei soll unbestritten sein, dass sich die Institutionalisierung des Sejms um eine aktivere Einbeziehung der Landboten auf der Basis des „quod omnes tangit“ auskristallisierte.71 Allerdings darf eben auch die damit verbundene Denkfigur des „consensus omnium“ nicht vorschnell eindimensional ausgelegt werden. In diesem Zusammenhang ist an anderer Stelle darauf hingewiesen worden, dass bereits die politiktheoretischen Debatten des 15. Jahrhunderts in Europa sehr divergente Schlüsse aus der „concordia“ ziehen konnten: dies implizierte ebenso eine am konsensualen Vertragsdenken orientierte Doktrin – für die etwa die eingangs zitierte Satire Bielkis stehen mag – wie Vorstellungen, die sich in erster Linie an der „oboedientia“ als einheits- und friedenserhaltendem Prinzip ausrichteten.72 In letzterem Sinne argumentierte auch ein Dialog zwischen „Kämmerer und Bürgermeister“ nach der Flucht Heinrich Valois‘ im zweiten Interregnum. Ohne „concordia“ könne es kein Gehorsam geben und demnach verwandle sich das Gemeinwesen in ein „latrocinium, non regnum neque res publica“.73 concordia für das 16. Jahrhundert als Richtgröße in den Mittelpunk zu rücken etwa sehr plastisch am innerprotestantischen Consensus Sendomirensis ablesen, der die concordia als synodales Ziel dogmatischer Vergleichung formuliert, den consensus jedoch als technische Minimallösung hinnehmen muss, vgl. Consensus in fide et religione christiana inter Ecclesias Evangelicas Maioris & Minoris Poloniae, Magnique Ducathus Lithuaniae & caeterum eius regni provinciarum, primo Sendomiriae Anno M.D.LXX. in Synodo generali sancitus […], nunc autem ex decreto Synodico in publicum editus. o.O. o.J. [Torun´, 1587], 10. Zum Konsens von Sandomierz: M, M G., Der Consensus Sendomirensis – Geschichte eines Scheiterns? Zur Diskussion über Protestantismus und protestantische Konfessionalisierung in Polen-Litauen im 16. Jahrhundert, in: Joachim Bahlcke et al. (Hg.), Konfessionelle Pluralität als Herausforderung. Koexistenz und Konflikt in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Leipzig 2006, 397–408. 71 Dies basierte nicht zuletzt auf den theoretischen Grundsätzen der kollektiven Konsultation, wie sie zuvor schon im konziliaren Denken entwickelt worden waren und im zeitgenössischen Europa Verbreitung gefunden hatten, vgl. die ausführlichen Verweise auf die Literatur Kap. 1.5, S. 187. 72 O, O G, Pax und Pactum. Rufinus von Sorrent und sein Traktat über den Frieden, in: Hagen Keller / Werner Paravicini / Wolfgang Schieder (Hg.), Italia et Germania (FS Arnold Esch), Tübingen 2001, 539–556, bes. 553 f. 73 Komornik a burmistrz, 653; ausführlicher hierzu L, K, Entre la concorde et la discipline. L’unanimite´ et la pense´e politique en Pologne-Lituanie a` la fin du XVIe sie`cle, in : Jean-Philippe Genet / Dominique Le Page / Olivier Matte´oni (Hg.), Consensus et repre´sentation, Paris / Rome 2017, 395–418.
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Wenn die „concordia“ Ausdruck des gesellschaftlichen Idealzustandes war, beruhte sie, um der Publizistik der Interregna zu folgen, grundlegend auf Vertrauen. Umgekehrt fußte die Kritik an Würdenträgern oder an den Verhältnissen innerhalb des Adels und mithin des Gemeinwesens auf der Feststellung eines Vertrauensverlustes. Zum einen wurde beklagt, man könne den Würdenträgern nicht mehr vertrauen.74 Zum anderen kritisierte man aus magistratischer Sichtweise wiederum das Misstrauen des Adels in die Person der Amts- und Würdenträger.75 Dabei waren sich alle Seiten einig, dass Misstrauen sich verheerend auf die Gesellschaft auswirke,76 es führe „zum Auseinanderreißen, zu Aufständen und zum Aufkommen von Verschwörungen.“77 Entsprechend fanden sich Aufforderungen, sich gegenseitig und damit auf die „Einheit“ des Gemeinwesens zu vertrauen.78 Im Zusammenhang mit frühneuzeitlichen Konzepten von Vertrauen ist darauf verwiesen worden, dass sie in erheblichem Maße von der Tugendlehre bestimmt wurden. Die Bipolarität von Tugend und Laster wurde demnach zum Maßstab von Vertrauen oder Misstrauen, womit „die Orientierung des Vertrauens am Maßstab individueller Qualitäten“ entscheidende Bedeutung erlangte.79 Eben dieser Umstand konnte jeden Anspruch auf Herrschaftsausübung prekär machen oder wie es eine Polemik des ersten Interregnums als Vorwurf gegen den lokalen Adel formulierte: Wenn man schon keine göttlich inspirierte „concordia“ zur Königswahl habe, dann sollten die Adligen doch wenigstens Vertreter zur Wahl bestimmen, „qui ipsi non ambigerent magistratus oder Herren aus der Nachbarschaft, denen sie vertrauen.“80 In letzter Konsequenz wird Vertrauen hier auf persönliche Bekanntschaft heruntergebrochen, sie basiert auf der indi-
74 Rzecz o maja˛cej nasta˛pic´ konwokacyej, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 216–224, 219. 75 Rzecz o maja˛cej nasta˛pic´ konwokacyej, 221 f.; Rozmowa senatora koronnego z s´lachcicem, 543. 76 Rozmowa Lecha z Piastem, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 37–48, 42; Rozmowa o odjez´dzie z Polski regis christianissimi, 614. 77 Pokazanie błe˛do´w i naprawy ich, 160. 78 Dyalog ksie˛dza biskupa, pana wojewody, posła, dworzanina, ziemianina, 408, 414 f. 79 M, F, Netzwerke des Vertrauens. Gelehrtenkorrespondenzen und wissenschaftlicher Austausch in der Frühen Neuzeit, in: Ute Frevert (Hg.), Vertrauen. Historische Annäherungen, Göttingen 2003, 119–151, 123. Dabei ist die von Ute Frevert betriebene historische Systematisierung von Vertrauen, die in ihrer grundlegenden Argumentationsrichtung hohe Deckungsgleichheit mit Niklas Luhmanns modernisierungstheoretischer Ausrichtung aufweist, von der Fachwissenschaft einer deutlichen Kritik unterzogen worden: G, C, Wie vertraut man seinem Feind? Vertrauensbildung und Konsensfindung der rheinischen Kurfürsten um 1400, in: Frühmittelalterliche Studien 39 (2005), 271–291, 271–273. 80 De interregno et modo eligendi regis, 230.
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viduellen Einschätzung der persönlichen Tugend des Gegenübers. Ein gesellschaftlich-politisches System allerdings, welches die stets neu zu beweisende Tugend des Einzelnen zur Voraussetzung machte, um dessen Entscheidungen Legitimität zu verleihen, produzierte eine relativ hohe Fragilität abstrakterer Organisationsstrukturen. Vertrauen oder Misstrauen galten schließlich weniger einer Institution als solcher, sondern in erster Linie deren Akteuren. Zwar stellte einerseits niemand in Frage, dass es einen Monarchen, dass es Amts- und Würdenträger, Landboten, einen Hof oder einen Sejm geben müsse. In diesem Sinne darf man von einem institutionellen Grundvertrauen ausgehen, das seinerseits jedoch nicht thematisiert wurde. Die Institutionen wurden vielmehr als Ensemble individueller Akteure beurteilt, was wiederum bei zunehmender Abstraktion und Entfernung dieser Akteure die Bewertung von deren Tugendhaftigkeit, das heißt Vertrauenswürdigkeit, prekär erscheinen ließ. Dass über eine Beteiligung auch der lokalen Eliten am zentralen Herrschaftsgeschehen gestritten wurde, bildet einen der zentralen Konflikte über die Organisation des Gemeinwesens im 16. Jahrhundert. In welchem Diskursrahmen dies jedoch geschah, scheint hingegen komplizierter als weithin angenommen. Wie in den bereits besprochenen systematischen politiktheoretischen Großentwürfen, bleibt die fast völlige Absenz theoretischer Äußerungen zum repräsentativen System des Sejms auch in der Publizistik der 1570er Jahre bemerkenswert. Sicher, der Sejm ist als zentrales Element der Organisation von Gemeinwesen in den Texten omnipräsent; er wird als Kristallisationspunkt adliger Freiheiten und Rechte identifiziert oder auch an einigen Stellen für seine Ineffizienz kritisiert und seine Reform angemahnt. Zumindest in dem von Jan Czubek edierten Textcorpus widmet sich aber lediglich eine einzige Flugschrift, wenn auch knapp, systematisch der Rolle der zentralen Ständeversammlung. Doch auch hier richtet sich in erster Linie das Augenmerk auf die Senatoren. Denn die Position der Landboten definiert die Verbesserung der Respublica der Krone zur Wahl eines neuen Königs darin, dass sie die Kontrolltätigkeit des Senats gegenüber dem König ihrerseits zu überwachen und gegebenenfalls zu korrigieren hätten.81 Dem Senat kommt in diesem Sinne eine Schlüsselrolle zu, sind es doch dessen Mitglieder, die als gute Ratgeber und Wahrer der respublica den König vor der Tyrannis bewahrten. Die gegenwärtige Konstellation im Sejm sei allerdings in dieser Hinsicht bedenklich, vermerkt der Autor mit Verweis auf die zeremonielle Raumkonstellation der Ständeversammlung: „Überlege, was siehst Du auf den Sejmen? Der König sitzt in der Mitte, und von beiden Flanken an seiner Seite der Senatorenkreis: cinctus est corona senatorum, wie mit einem Zaun.“82
81 82
Naprawa Rzeczypospolitej Koronnej do elekcyej nowego kro´la, 204–206. Ebenda, 202.
2.1 Sejm, Hof und Magistrate: Debatten der Interregna
211
Selbstverständlich schloss sich unmittelbar an dieses Bild eine heftige Kritik an den Senatoren an, die zum einen vom Monarchen als königlicher Räte verstanden würden und nicht als Hüter des Gemeinwesens. Zum anderen drängt sich aus dem Bild des abgeschirmten Königs geradezu die Befürchtung des Autors auf, die Landboten und mit ihnen die lokalen Eliten hätten keinerlei Möglichkeit, einen direkten Zugang zum Monarchen zu erlangen. Bei aller Betonung der adligen Gemeinschaft als Trägerin des Gemeinwesens und Kontrolleurin des Königs verrät dies eine sehr ambivalente Sichtweise auf den Sejm. Die Frage nach dem Herrschaftsanteil des Monarchen, der episkopalen oder zumeist hochadligen Senatoren und der Landboten verschränkt sich zugleich mit der Auseinandersetzung zwischen zentralen und lokalen Eliten um die Nähe zum König. Dabei wäre die beredte Bemerkung einer anderen Flugschrift, beim Sejm wie beim Königshof handele es sich in gleicher Weise jeweils um einen „sacrosanctus consilii locus“,83 dem Autor der Verbesserung der Republica wohl so kaum aus der Feder geflossen. Dass es sich hingegen beim Sejm um einen besonderen Ort handelt, daraus leitet auch er erst die Schärfe seiner Kritik am zeremoniellen Bild von König und Senat ab, denn „auf ihm zeigt sich die maiestas und die Macht der ganzen Respublica, der Sejm repräsentiert die ganze Respublica.“84 Als Teil des Bedeutungszuwachses der Ständeversammlung kristallisierte sich im Laufe des 16. Jahrhunderts auch das Genre der fiktiven Sejmsitzungen aus.85 Insgesamt ergibt sich aus den publizistischen Auseinandersetzun83
Pokazanie błe˛do´w i naprawy ich, 166. Naprawa Rzeczypospolitej Koronnej do elekcyej nowego kro´la, 206. 85 Etwa: Wiersze polityczne i przepowiednie, satyry i paskwile z XVI wieku, ed. v. Teodor Wierzbowski, Warszawa 1907, hier: Pasquillus Warschoviensis 1564, Nr. 14 26–31; Examen pasquilli polonici, desumpti ex 2-do libro Aenidos, Nr. 40 69–74; Illustris domini Marphorii Dialogismus de rebus Varsaviae gestis anno 1590 die 18 decembris, Nr. 41 74–76; Passio Marphoriana 1590, Nr. 42 76–78; Czubek, Interregnum: Pasquillus de electione regis Poloniae, Nr. XLVII 514–517; Pasquillus de electione regis Polonorum, Nr. XLVIII 517–523; Contra Pasquillum de electione regis Polonorum, Nr. XLIX 523–526; Andreae Ciesielski, equitis Poloni, Oratio, Nr. I 97–140; Oratio ad senatum regni Poloniae Magnique ducatus Lituaniae, qua bonis principis in Republica constituendi modus ostenditur, Nr. VI 178–186; Rzecz o maja˛cej przysta˛pic´ konwokacyej 1572 r., Nr. IX 216–224; S´lachcica polskiego do rycerskiego koła, braciej swej miłej, o obieraniu kro´la kro´tka przemowa, Nr. XIX 278–288; De rege novo ex sua gente deligendo oratio (ad senatum), Nr. XXI 332–339; De rege novo ex sua gente deligendo oratio (ad equites), Nr. XXII 339–348; De electione novi regis, Nr. XXVIII 397–403; Wotum w interregnum po Henrykowym z Polski odjez´dzie, Nr. LXIII 630–643. Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906: Andreae Ciesielski, equitis Poloni, Oratio, Nr. I 97–140; Oratio ad senatum regni Poloniae Magnique ducatus Lituaniae, qua bonis principis in Republica constituendi modus ostenditur, Nr. VI 178–186; Rzecz o maja˛cej przysta˛pic´ konwokacyej 1572 r., Nr. IX 216–224; S´lachcica polskiego do rycerskiego koła, braciej swej miłej, o obieraniu kro´la kro´tka przemowa, Nr. XIX 278–288; De rege novo ex sua 84
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
gen um die politische Organisation des Gemeinwesens ein recht ambivalentes Bild. So darf in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Vorstellung als gesetzt gelten, beim Sejm handele es sich um das zentrale Forum für PolenLitauen – ein Umstand, der mit der legislativen Definition der Ständeversammlung als einziger Zentralinstitution des Unionsreiches korrespondierte. Teil des Institutionalisierungsprozesses war dabei die polemische Auseinandersetzung und dies in zweierlei Hinsicht: Zum einen verweist die Verwendung der Sejmrede beziehungsweise der fiktiven senatorischen Voten als Text organisierende Form auf die prägende Bedeutung und Autorität der Ständeversammlung und der eng mit ihr verbundenen Kommunikationsformen. Zum anderen drehten sich die inhaltlichen Kontroversen der 1570er Jahre um Fragen der Herrschaftsbeteiligung lokaler Eliten, der Landboten, an den zentralen Entscheidungsprozessen auf dem Sejm. Dieses Problem tauchte jedoch eher vermittelt in den aktuellen Debatten um die Partizipation an der Königswahl auf. Hier wurde sehr wohl ein Anspruch auf Mitentscheidungsrechte formuliert, die das Entscheidungsmonopol eines engen Zirkels senatorischer Eliten unterlief. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Situation der Interregna ein neues Selbstbewusstsein in breiteren Teilen des Adels katalysierte, rahmten dennoch Begrifflichkeiten und Argumentationsfiguren den Konflikt, die sich im Horizont einer äußerst hierarchisierten Gemeinwesenvorstellung bewegten. Um die Forderung nach einer Beteiligung des Adels per se an der Königswahl zu begründen, wurde dabei unter anderem auf Rechtstitel zurückgegriffen. In erheblichem Maße beruhte die Argumentation jedoch darauf, die magistratische Autorität der Senatorenschaft zu delegitimieren. Dabei erwiesen sich solche Angriffe als mittelbare Folge eines nicht in letzter Konsequenz durchgehaltenen Vertragsdenkens. Die Interregna von 1573 und 1574 stellten das polnisch-litauische Gemeinwesen mit einem Schlag vor die konkrete Frage einer Übertragung monarchischer Herrschaftsgewalt an einen Kandidaten beziehungsweise zugleich vor das Problem, in welchem Maße die monarchische Herrschaft mit der Thronvakanz an alle Träger des Gemeinwesens zurückgefallen war. Damit sollten zuvor rein theoretisch erprobte Überlegungen zum Vertrag zwischen Monarch und adliger Gemeinschaft praktische Relevanz erlangen und entsprechend verfahrensmäßig umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang wurden die bisherigen Erfahrungen des allein im Sejmverfahren abgebildeten Zusammenwirkens aller Akteure der respublica abgerufen. Neben der für das Gemeinwesen grundlegenden „concordia“, die sich für die Beteiligten dabei
gente deligendo oratio (ad senatum), Nr. XXI 332–339; De rege novo ex sua gente deligendo oratio (ad equites), Nr. XXII 339–348; De electione novi regis, Nr. XXVIII 397–403; Wotum w interregnum po Henrykowym z Polski odjez´dzie, Nr. LXIII 630–643.
2.1 Sejm, Hof und Magistrate: Debatten der Interregna
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in der Ständeversammlung paradigmatisch konstituieren sollte, musste somit vor allem die Kernfrage nach der Herrschaftsbeteiligung der beiden Sejmstände von Senatoren und Landboten neben der Leerstelle des Monarchen im Mittelpunkt stehen. An dieser Stelle zeigte sich jedoch, dass sowohl die Positionen von Senatoren und Landboten wie auch diejenigen der Höflinge kaum aus einer autonomen institutionellen Logik heraus gedacht wurden. Dies war in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Erstens verbanden sich „concordia“, Vertrauen und Tugend zu einem diskursiven Komplex, der zweitens eine Verbindung zwischen Adels- und Gemeinwesenvorstellungen produzierte. So wie die Tugendvorstellung elementar gleichermaßen in die Definition von Adligkeit wie in die Theorie der Magistrate86 einbezogen worden war, dominierte sie zugleich über die Kategorie des Vertrauens die Maßgabe der „concordia“ im Gemeinwesen. Amts- und Würdenträger, vom Hofjägermeister über den Wojewoden und Kastellan bis hin zum Landboten, waren mithin an einer mit Ehrvorstellungen grundierten adligen Tugendhaftigkeit zu messen. Nur sie erlaubt das nötige Vertrauen, um die stets ersehnte Einheit im Gemeinwesen herzustellen und damit dessen Existenz zu garantieren. Diese Bezugnahme, mehr auf Einzelakteure und deren individuelles Verhalten als auf abstrakte Organisationsstrukturen, führte bei sozialer – wie auch ganz praktisch geographischer – Ferne zu einem chronischen Vertrauensdefizit, das etwa im Fall der lokalen gegenüber den zentralen Eliten zugleich durch stetig erhöhte Kontrollmechanismen auszugleichen gesucht wurde. Zweitens setzte die Interpretation der Rolle von Höflingen, Senatoren und Landboten stets an der Beziehung zum Monarchen als Angelpunkt an. Die Perspektive auf den Hof wie die Senatorenschaft fokussierte dabei deren Rolle als königlichen Rat, also auf die Kontrollfunktion der Hofwürdenträger und Senatoren als Magistrate. Hierzu parallel wurde die Funktion der Landboten beziehungsweise wahlweise des Gesamtadels entwickelt. Die dominante Auffassung vom regimen mixtum als Organisationsform von Herrschaft im polnisch-litauischen Gemeinwesen stellte die Akteure mithin vor die Herausforderung, die Herrschaftsgewalt der Senatoren in der königslosen Zeit zu definieren. Auch wenn ihre Amtszeit unbeschränkt war, so blieben sie doch von einem Monarchen, der aktuell nicht mehr vorhanden war, eingesetzt und zu dessen Kontrolle bestimmt. Ob man nun die höchsten Würdenträger in erster Linie als Amtsträger des abstrakten Konstrukts der Krone sah oder in diesem Zusammenhang ihren Charakter als Amtsträger des Königs beklagte, änderte wenig an der Frage nach der Legitimität ihres Herrschaftsanspruches, den sie mehrheitlich im Interregnum geltend machten.87 Denn jeglicher Anspruch auf Herrschaftskompetenzen dieser Gruppe 86 87
Vgl. bes. Kap. 1.3, S. 110–113 u. Kap. 1.5, S. 168–173. Etwa: Naprawa Rzeczypospolitej Koronnej do elekcyej nowego kro´la, 203. Der Be-
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
musste den Grundgedanken der Vertragstheorie schwächen, dass die Herrschaftsrechte im Interregnum in Gänze an die Gemeinschaft zurückfielen. In diesem Kontext nahm ein Angriff auf die Tugendhaftigkeit der Senatorenschaft eine gewisse Doppeldeutigkeit an. Auf einer politiktheoretischen Ebene konnte die Delegitimierung als Attacke auf die Senatoren als Magistrate gelesen werden. Auf einer standesimmanenten Ebene hingegen erwies sie sich indirekt als ehrabschneidende Polemik mit den hochadligen Eliten, die die zentralen Reichsgeschäfte dominierten und dabei für die Autoren der Polemiken nicht zuletzt ein Zugangshindernis der lokalen Eliten zum Monarchen bildeten. Letztendlich jedoch zeigte sich hier in erster Linie das Problem, Ansprüche an das Vertragsdenken einer monarchia mixta konsequent anzuwenden, da eine komplette Delegitimierung der Senatorenschaft notwendig war, um zumindest die Fiktion einer Souveränität der gesamten adligen Gemeinschaft zu begründen. Doch auch an diesem Punkt schieden sich die Geister – zwischen denjenigen, die die Repräsentationsfiktion der Landboten als „repraesentantes omnium personarum“ akzeptierten und mithin eine Wahl durch Vertreter akzeptieren wollten, und den Anhängern der Wahl durch die gesamte Adelsgemeinschaft viritim. Einer der letzteren war es dann auch, der zur kompletten Desavouierung des Sejms mit seinen Senatoren und Landboten griff, um seine Position zu untermauern: nur ein fiktives „Geschichtenerzählen“ sei dieser Sejm, „eine Komödie“.88
2.2 Der Hof In den Berichten von Familienmitgliedern oder Agenten erscheint der Hof als eine eigene Entität mit spezifischen Regeln. Es handelte sich um einen Raum, der besondere Erfordernisse an die zeremonielle Repräsentation stellte,89 ein zentrales Informationszentrum über Vakanzen, aber auch nicht zuletzt alle deutung des Begriffs der Krone als abstrakter Bezeichnung von Staatlichkeit, die für Böhmen, Polen und Ungarn konstatiert wird, nimmt die Forschung gerne als Indiz für die Existenz eines ostmitteleuropäischen Geschichtsraums. Zum Begriff der Krona / corona / korona im polnischen Kontext: G, K, ,Corona regni‘ a ,Corona regni Poloniae‘, in: Czasopismo prawno-historyczne 9.2 (1957), 299–331; B-W, Funkcjonowanie nazwy ,Polska‘, 145–147. Zur ostmitteleuropäischen Dimension klassisch die Beiträge in H, M (Hg.), Corona regni. Studien über die Krone als Symbol des Staates im späteren Mittelalter (Wege der Forschung 3), Darmstadt 1961. Neuerdings zusammenfassend: W, M, Die ,drei Kronen‘ Ostmitteleuropas, in: dies. / Wolfgang Mueller / Michael Portmann (Hg.), Nation, Nationalitäten und Nationalismus im östlichen Europa (FS Arnold Suppan), Wien / Berlin 2010, 69–90. 88 Pokazanie błe˛do´w i naprawy ich, 165. 89 B, U, ,Theatrum ceremoniale’ at the Polish Court as a System of
2.2 Der Hof
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außenpolitischen Entwicklungen.90 Der Monarch bildete das – für die Beteiligten nicht selten direkt unerreichbare – Zentrum, um das herum sich nicht nur dessen unmittelbarer Haushalt, sondern auch tonangebende Würdenträger gruppierten. Auch wenn der Hof dabei als abgegrenzte Größe wahrgenommen wurde, scheint eine dichotomische Konzeptionalisierung von „court and country“, wie sie in neueren Ansätzen auch für Polen-Litauen vorgeschlagen wird, wenig weiterführend.91 Generell galt der Königshof für die europäische Frühe Neuzeit dabei als kommunikativer Knotenpunkt, der seinerseits ein eigenes kommunikatives Interaktionssystem darstellte.92 Die Social and Political Communication, in: Anna Adamska / Marco Mostert (Hg.), The development of literate mentalities in East Central Europe, Turnhout 1999, 431–450; K, W / S, J, Specyfika polskich ceremoniało´w dworskich i kos´cielnych w s´wietle relacji Giovanniego Mucante z lat 1596–1597, in: Kwartalnik Historyczny 109.3 (2002), 87–96; M, M / S, R (Hg.), Theatrum ceremoniale na dworze ksia˛z˙a˛t i kro´lo´w polskich, Krako´w 1999. Die genannten Aufsätze wie die Beiträge des letztgenannten Sammelbandes konzentrieren sich dabei nahezu ausschließlich auf Festlichkeiten und andere besondere Anlässe und kaum auf den Hof als zeremoniellen Raum an sich. 90 Detailstudien zu den Mechanismen etwa der Außenpolitik am Hof fehlen. An dieser Stelle sei etwa auf einen Beitrag von Ryszard Skowron verwiesen, der die Missionen von spanischen Diplomaten am polnischen Hof thematisiert. Obwohl hier deren Wahrnehmung in den Mittelpunkt gestellt wird, in Polen-Litauen seien Monarch und Hof nicht als Entscheidungszentrum auszumachen, zeigt er doch auf der anderen Seite deutlich, dass und wie alle diplomatischen Initiativen auch über den Hof liefen: S, R, Dwo´r i kraj epoki Wazo´w w praktyce i opiniach dyplomacji hiszpan´skiej w okresie wojnytrzydziestoletniej, in: ders. (Hg.), Dwo´r a kraj. Mie˛dzy centrum a peryferiami władzy, Krako´w 2003, 275–293. 91 Der Sammelband Dwo´r a kraj (Hof und Land) etwa bezieht sich explizit konzeptionell auf die in der angelsächsischen Forschung mittlerweile umstrittene These der bipolaren Trennung von „court and country“ (vgl. M, A, Wprowadzenie do obrad, in: Ryszard Skowron (Hg.), Dwo´r a kraj. Mie˛dzy centrum a peryferiami władzy, Krako´w 2003, 17–22; ähnlich bereits . From Aristocratic Household to Princely Court. Restructuring Patronage in the Sixteenth and Seventeenth Century, in: Ronald G. Asch / Adolf M. Birke (Hg.), Princes, Patronage, and the Nobility. The Court at the Beginning of the Modern Age (c. 1450–1650), Oxford u.a. 1991, 315–327, 319 f.), die besonders von Hugh Trevor-Roper und Perez Zagorin in der 1950er und 1960er Jahren als Erklärungsmuster der Englischen Revolution und im größeren paradigmatischen Rahmen der Forschungsdiskussion um die „Seventeenth Century Crisis“ lanciert worden war; hierzu: C, N, Court versus Country, in: Ronald H. Fritze / William B. Robinson (Hg.), Historical Dictionary of Stuart England, 1603–1689, Westport (Conn.) 1996, 132–136; S, R. M, Court Culture and the Origins of A Royalist Tradition in Early Stuart England, Philadelphia (Penn.) 1999, 2–5. 92 An Hand des Kaiserhofes: P, A, Die Ökonomie der Ehre. Der höfische Adel am Kaiserhof Karls VI. (1711–1740), Darmstadt 2003, 15–19; für Polen fehlen solche genaueren Analysen, ansatzweise: B, ,Theatrum ceremoniale’at the Polish Court.
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These vom frühneuzeitlichen Hof als Paradebeispiel der „Anwesenheitsgesellschaft“ ist hingegen für die polnischen Verhältnisse auf den ersten Blick mit Skepsis zu betrachten. Der Schwäche des Hofes als reichsweitem Anziehungspunkt in Kombination mit einer mangelnden Attraktivität der neuen Residenzstadt Warschau, so die verbreitete Ansicht, war auch eine weitgehende Abwesenheit der führenden adligen Eliten geschuldet.93 Angesichts der noch in der Zeit Sigismunds III. rasch wechselnden Personalkonstellationen mag der Wasa-Hof des ausgehenden 16. Jahrhunderts jedoch mindestens als ein „point of contact“94 zu charakterisieren sein. Andererseits zeichnet sich eine ähnliche Tendenz ab, die für den Kaiserhof konstatiert worden ist. In diesem Fall entwickelte sich ein „virtueller Hof“, der durch die Mitgliedschaft über klar definierte Ämter, aber eine hohe Abwesenheitsrate der Würdenträger gekennzeichnet war.95 In beiden Sichtweisen war er jedenfalls in einen Austausch mit den in einzelnen Regionen beheimateten senatorischen beziehungsweise hochadligen Eliten eingebunden. So ist es bezeichnend, wenn Jan Kuczborski vom Hof berichtet, in den letzten Wochen seien kaum Senatoren anwesend gewesen, „jetzt wiederum, da sich die Vakanzen öffnen, sind Senatoren in dichter Zahl beim Herrn, aber auch diese wohl nicht lang, da die Vakanzen schon vergeben wurden.“96
93 A, U, Wazowie i kro´lowie rodacy. Studium władzy kro´lewskiej w Rzeczypospolitej XVII wieku, Warszawa 1999, 169 f., 193 f.; M, Wprowadzenie do obrad, 19 f. In der jüngeren Forschungsdiskussion um den polnischen Hof hat der umfassende Beitrag von Walter Leitsch neue Akzente gesetzt. Seine vierbändige Arbeit zum Hof Sigismunds III. ist analytisch über weite Strecken zwar äußerst problematisch, erschließt allerdings ein in diesem Maße bislang unbekanntes Detailwissen: L, W, Das Leben am Hof König Sigismunds III. von Polen. Bde. 1–4, Wien / Krako´w 2009. Mit eingehender Kritik: O, E, Dyskusja woko´ł ksia˛z˙ki Waltera Leitscha ,Das Leben am Hof König Sigismunds III. von Polen‘, in: Kwartalnik Historyczny 118.4 (2011), 707–742. Ein Instruktiver Überblick über grundlegende Mechanismen des Königshofes bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts bei: F, M, Uwagi o funkcjonowaniu dworu kro´lo´w polskich w XVI wieku, in: Barok 12.2 (2005), 13–40. 94 E, G R., Tudor Government. The Points of Contact – III. The Court, in: Transactions of the Royal Historical Society 26 (1976), 211–228. Elton stellt diese Sichtweise explizit gegen die „court and country“-Dichotomie Zagorins. Dies Konzept übernimmt beispielsweise auch für den Kaiserhof des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts H, M, Kaiserhof und Adel in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Eine Kommunikationsgeschichte der Macht in der Vormoderne, Konstanz 2004, 37–42. 95 H, Kaiserhof und Adel, 23 Fn. 76, 33. Hengerer definiert den „virtuellen Hof“ dabei als gegenläufige Entwicklung zur Funktionsweise des Hofes als „point of contact“. Beide Konzepte scheinen sich allerdings im vorliegenden polnischen Fall nicht ausschließen zu müssen. 96 X. Jan Kuc´borski do X. Szymona Rudnickiego Biskupa Warmin´skiego, dies 5. Julii 1605, Biblioteka Czartoryskich 100 (Teka Naruszewicza t. 100 (1605)), (nr. 50) 255–261, 256.
2.2 Der Hof
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Unter der Herrschaft der ersten beiden Wasa-Könige lässt sich unter den wichtigsten Adelsfamilien einzelner Regionen zugleich die Tendenz erkennen, Residenzen in der neuen königlichen Hauptstadt Warschau einzurichten. Zwischen dem ausgehenden 16. und den beginnenden vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts erwarben etliche Familien Parzellen, bauten Paläste oder richteten zumindest bescheidenere Sitze ein.97 So sind es insbesondere die adligen Eliten mit intensiven reichsübergreifenden Verwandtschafts- und Kommunikationsnetzen sowie Teile des Episkopats, die durch ihre – wenn auch situativ begrenzte – Anwesenheit in das Interaktionssystem des Hofes eintraten. Zum weit überwiegenden Teil jedoch waren es Korrespondenzen mit Hofagenten oder einzelnen Familienmitgliedern am Königshof, die einen möglichst ständigen Kontakt und Austausch garantieren sollten. So weitete sich mit diesen Briefwechseln zu einem gewissen Maße der Raum des Hofes reichsweit in die Regionen aus. In dieser Hinsicht erwies sich insbesondere der Wettbewerb um Ämter, Chargen und Vergünstigungen als ein integrierender Faktor für bestimmte Personengruppen oder Familien und ein Katalysator für die Ausweitung höfischer Kommunikations- und Entscheidungszusammenhänge. Łukasz Go´rnicki, nicht zuletzt der Autor des Polnischen Hofmannes und bekannt für seine Affinität für eine starke Monarchie,98 widmete 1593 seine polnische Übersetzung von Senecas De beneficiis König Sigismund III.99 Die Überlegungen Senecas zu Freigiebigkeit und Patronagebeziehungen knüpfen dabei an Ciceros Begriff der „amicitia“ an und interpretieren die Vergabe von „beneficia“ auf einer philosophischen Argumentationsgrundlage.100 In seiner vernakularsprachigen Übertragung dieses normativen Idealbildes befleißigte sich Go´rnicki dabei einer polonisierten Definition von Senecas „beneficium“:101
97 P, J, Architektura Warszawy XVII wieku, Warszawa 1991, 106–183. Die Stadtbeschreibung Warschaus durch Adam Jarze˛bski, Hofmusiker der Wasa, aus dem Jahr 1643 kannte bereits 47 Adelsresidenzen, ohne die Inhaber masowischer Landesämter, Bischöfe und Äbte oder die Stadt Danzig mit ihren Niederlassungen mitzuzählen, während mit den Familien Lubomirski und Pac zwei prominente Adelshäuser zumindest bereits Bauplätze erworben hatten: J, A, Gos´ciniec abo kro´tkie opisanie Warszawy, ed. v. Władysław Tomkiewicz, Warszawa 1974. 98 B, Frühneuzeitliche Nationen, 212; zu einer diametral entgegengesetzten Einschätzung kommt hingegen L, Sarmacki Castiglione, 85 f. 99 G, Ł, Rzecz O dobrodzieystwach / z Seneki wzie˛ta, Krako´w 1593. 100 G, M, De Beneficiis and Roman Society, in: The Journal of Roman Studies 93 (2003), 92–113. 101 G, Rzecz O dobrodzieystwach, 44 f.
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Was also die einfachen Leute eine Wohltat (dobrodzieystwo) nennen / wenn sie sich auf das beziehen, was gegeben wird / dann ist dies keine Wohltat / sondern ein Dienst / durch den sich ein gütiges Herz erweist / und diese Wohltat ausführt […] Ebenfalls auch / wenn der König eine Gnade erweist / oder ein Siegel verleiht / sind auch dies keine teuren Dinge. Aber was teuer ist: die Ehre / die Würde / die diese Dinge bedeuten. Ebenfalls ist auch dies keine Wohltat / auf die unsere Augen schauen / sondern der Ausdruck einer Wohltat.
Inwiefern die Zuteilung von Gnaden und Ämtern im Kern allein als Gunstbeweis zu interpretieren sei, macht Go´rnicki im Gefolge Senecas auch an anderer Stelle deutlich. Während sich sein lateinisches Vorbild hier allerdings der recht zweideutig bleibenden Metapher von der Wohltat als Prostituierter bedient, die keinen ihrer Verehrer übervorteilen sollte,102 nimmt der polnische Übersetzer diesem Bild seine Schärfe und reduziert es moralisch korrekt auf eine junge Dame und ihre Diener.103 Dabei verweist doch die Rede von der Prostituierten allzu deutlich auf die Fallstricke einer philosophischen Idealisierung der „beneficia“ angesichts der sozialen, politischen und ökonomischen Dimensionen von Patronage- und Klientelbeziehungen. Dass Go´rnicki seine Seneca-Übertragung wiederum allein auf die Ämterund Gnadenvergabe durch den König zuspitzt und hochadlige Patronage gerade nicht thematisiert, ist nicht ausschließlich als Minderheitenmeinung eines strengen Monarchisten zu erklären. Der König als freigiebiger Wohltäter ist ein sich stets wiederholendes Motiv, die zumindest von den senatorischen beziehungsweise hochadligen Eliten formuliert wurden. So findet es sich etwa in den jeweiligen Begrüßungsreden, die für die Wahlkönige Heinrich Valois, Stephan Ba´thory und nicht zuletzt Sigismund Wasa aus Anlass von Wahl beziehungsweise Krönung im Namen der Stände gehalten wurden.104 Hier wird der König idealiter mit den zeitgenössisch typischen Herrschertugenden wie Tapferkeit, Weisheit, Frömmigkeit und Gerechtigkeit charakterisiert und als seine Aufgabe formuliert, Ruhm und Ehre seiner Per102 F, T, Of Aristocrats and Courtesans. Seneca, De beneficiis‘ 1.14, in: Hermes 135.4 (2007), 460–468. 103 G, Rzecz O dobrodzieystwach, 58 f. 104 K, S, Harengue publique de Bien-venue au Roy Henry de Valois, Roy eleu des Polonnes, pronocees par Stanislaus Carncovien Evesque de Vladislavie, Paris 1574; M, P, Oratio, qua Regem Henricum Cracoviam ingredientem omnium ordinum Regni Poloniae ac Magni Ducatus Lituaniae nomine excepit, Cracoviae o.J. [1574]; G, W, Witanie Rad y Stano´w Koronnych Polskich, do Krola Ie[go] Msci Zigmunta Trzeciego, w polu, przed miastem Kazimierzem, przez Ie[go] Mlsc Ksiedza Wawrzynca Goslickiego, Biskupa Kamienieckiego czynione, Krako´w 1587. Zu Stephan Ba´thory ist lediglich eine kurze Rede des polnischen Gesandten Jan Ostroro´g bei der Verkündung des Wahlergebnisses in Siebenbürgen überliefert, der Wortlaut der Begrüßungsrede Stanisław Karnkowskis in Krakau hingegen ist nicht bekannt. Die Rede Ostroro´gs ist abgedruckt in: Niekto´re okolicznos´ci bezkro´lewia po odiez´dzie Henryka (z re˛kopismu Orzelskiego), in: Zbio´r pamie˛tniko´w a dawney Polszcze, Tom 2, ed. v. Julian Ursyn Niemcewicz, Warszawa 1822, 61–132, 105–106.
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son wie der respublica zu mehren. Zwar gewählt, doch nichtsdestoweniger Monarch aus göttlicher Gnade,105 zeichnet den König dabei „animi magnitudo“106 beziehungsweise „Großmütigkeit (wielkos´c´ umysłu)“ aus.107 Die zeitgenössische Rezeption der „magnanimitas“ konnte sich dabei aus verschiedenen antiken Quellen speisen, so stand im polnischen Fall etwa bei Petrycy und vermittelt auch in Go´rnickis Hofmann Aristoteles Pate, während andere Konzeptionen sich auf Seneca stützten. Łukasz Go´rnicki stellt dabei nach Castiglione eine enge Verbindung zwischen „Großzügigkeit (szczodrobliwos´c´/liberalita`)“, „Großherzigkeit (wielkie serce/magnanimita`)“ und „Güte (dobroc´/mansuetudine)“ her.108 In diesem Zusammenhang kommt der Gerechtigkeit in den Begrüßungsreden stets eine besondere Aufmerksamkeit zu. Mit ihr wird der Anspruch verbunden, der neue Monarch habe alle überkommenen Privilegien und Rechte seines neuen Reiches zu bestätigen. In der Begrüßungsrede Wawrzyniec Gos´lickis für Sigismund Wasa befleißigt sich der Bischof von Kamieniec dabei eines Gerechtigkeitsbegriffs, den er bereits zwei Jahrzehnte zuvor in seiner politiktheoretischen Schrift De optimo senatore ausgeführt hatte.109 Zugleich findet sich Ähnliches auch in den Statutenentwürfen der Jahrhundertmitte.110 Der Monarch war demnach nicht nur als oberster Richter verantwortlich für die Einhaltung der Gesetze und in moralisch-rechtlicher Hinsicht für die Bestrafung aller Gesetzesbrecher. Anknüpfend an die römisch-rechtliche Denkfigur der „iustitia distributiva“ bildet die Gratifikation von Meriten hier den Gegenpart. Mithin seien „praemio & paena“ die wichtigsten Prärogativen des Königs, „mit der rechten Hand den Guten und Verdienten ihren Lohn zu geben: und die Schlechten mit der linken Hand zu strafen.“111 Als „pater patriae“ habe der König also wie Hein105 K, Harengue publique, 3v., 4r., 5v., 7r., 8r., 10r., 12r.; G, Witanie Rad y Stano´w Koronnych Polskich 3, 4, 5, 7, 10, 11, 12, 13. 106 M, Oratio, Aiv r. 107 Niekto´re okolicznos´ci bezkro´lewia po odiez´dzie Henryka, 105. Dem Herrscher magnanimitas zuzuschreiben war mithin nicht allein auf eine vermeintlich minoritäre bürgerliche Theoriebildung beschränkt. So argumentiert Augustyniak, dass magnanimitas allein in Sebastian Petrycys Aristoteles-Adaptation von Bedeutung und damit in Polen-Litauen eine außergewöhnliche, von einem bürgerlichen Anhänger einer eher absoluten Monarchie, Position gewesen sein soll: A, Wazowie, 55 f. 108 G, Dworzanin polski, 399; C, B, Il libro del cortegiano. Con una scelta delle Opere minori, ed. v. Bruno Baier, Torino 1964, (IV.v, 311). Petrycy übersetzt das griechische „megalopsyche / magnanimitas“ mit „godnos´c´“ oder „szlachectwo“, ansonsten lassen sich aber auch für das weitere 17. Jahrundert Übersetzungen mit „wielkomys´lnos´c´“ oder „wspaniałos´c´“ nachweisen: L, E, ,Cnota sama z ma˛dros´cia˛ jest naszym z˙ywotem‘. Stoickie poje˛cie cnoty w poezji polskiej XVII wieku, Warszawa 2003, 48 f. 109 Vgl. Kap. 1.5, bes. S. 175 f. 110 Vgl. Kap. 1.4, S. 141–144. 111 G, Witanie Rad y Stano´w Koronnych Polskich, 8; mit fast identischen For-
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rich Valois „tresgenereux“112 zu sein beziehungsweise müsse wie Sigismund Wasa dank seiner „Gnade (łaska)“ „Wohltaten (dobrodziejstwa)“113 über sein Reich ausschütten. Explizit wurde hingegen die präzise Verpflichtung, alle Ämter und Würden zu erhalten und nur „tapferen, würdigen und verdienten“ Personen zu verleihen, nur in die Bestätigung des Krönungseides von Stephan Ba´thory aufgenommen.114 Dagegen beschränkte sich dieselbe Konfirmation nach der Wahl Sigismunds III. auf die Versicherung, keine Schweden oder andere Ausländer zu polnischen beziehungsweise litauischen Ämtern zuzulassen.115 Selbst historiographische Erklärungsmuster im Geiste eines Antoni Ma˛czak kommen nicht umhin, den polnischen König und litauischen Großfürsten mindestens als den wichtigsten „magnatischen Patron auf seiner höheren, gleichsam über dem Sejm stehenden Stufe“ zu bezeichnen.116 Angesichts allgemeiner Definitionsversuche außerhalb der polnischen Geschichtswissenschaft ließe sich dabei die Frage stellen, inwiefern hieraus bereits eine besondere Entwicklung Polen-Litauens abgeleitet werden kann. Ma˛czaks Einschätzung der polnischen Verhältnisse erweist sich schließlich sehr anschlussfähig, wenn man ihr die Annahme entgegenstellt, der Hof sei „als das erweiterte ,Haus‘ eines Monarchen“ zu begreifen. In diesem Sinne erscheint der Monarch als „dasjenige Mitglied einer Adelsgesellschaft verstanden zu werden, das über das eigene ,Haus‘ hinausgehende ,politische‘ Herrschaft über andere, konkurrierende Adlige erfolgreich beanspruchen und dadurch monopolartig über gesellschaftlich knappe Güter wie Macht, Ehre und Reichtum verfügen kann.“117
Allerdings spricht Ma˛czak den polnischen und litauischen Herrschern die Fähigkeit ab, strategisch Patronage zu monopolisieren wie dies etwa in Frankreich über die Person Mazarins gelungen sei. Abgesehen von der Frage, wie weiterführend beziehungsweise haltbar diese Position im Sinne mulierungen: M, Oratio, Bii r.–Bii v. Auf die zentrale Bedeutung der Ämtervergabekompetenz des Monarchen weist deutlich hin: A, Wazowie, 48 f. 112 K, Harengue publique, 27 f. 113 G, Witanie Rad y Stano´w Koronnych Polskich, 5. 114 Litterae confirmationis Articulorum Henrico Regi antea oblatorum, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 356–359, 357. 115 Confirmatio pactorum conventorum, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 2: 1587–1609, ed. v. Stanisław Grodziski u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2008, 55–58, 57. 116 M, A, Klientela. Nieformalne systemy władzy w Polsce i Europie XVI–XVIII w., Warszawa 1994, 144. 117 W, A, ,Hof‘. Versuch einer idealtypischen Bestimmung anhand der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte, in: Reinhardt Butz / Jan Hirschbiegel / Dietmar Willoweit (Hg.), Hof und Theorie. Annäherungen an ein historisches Phänomen Köln / Weimar / Wien 2004, 77–90, 78 f.
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eines strukturellen Argumentes für Frankreich ist,118 scheint solch eine Interpretation nicht nur die Rolle des Königs an sich, sondern auch die herausragende Position von dessen Hof zu verkennen. In diesem Sinne muss es im Folgenden darum gehen, das Verhältnis des Adels zu seinem Monarchen näher zu beleuchten. Dabei werden jene Ämter und Würden im Mittelpunkt stehen, die in den Adelsdiskursen einerseits als Garanten dafür galten, die Distinktion des Hauses aufrecht zu erhalten und den persönlichen wie familiären Erwerb von Ruhm und Ehre zu kennzeichnen. Andererseits handelte es sich dabei auch um diejenigen Ämter, die die Adligen zu „Magistraten“ des Gemeinwesens werden ließen und ihnen mithin, aus dem Blickwinkel der Politiktheorie, sowohl die Kontrolle des Monarchen als auch Mitherrschaftsrechte auszuüben erlaubten. So ist der Blick zugleich auf den Mechanismus der Würdendistribution zu richten wie auch auf deren Implikationen für die Ausgestaltung des Gemeinwesens.
2.2.1 Würden und Ämter Welche konstitutive Bedeutung für den Adel und seine Gemeinwesenvorstellung die Ämter besaßen, spiegelt sich in den karnevalesken Praktiken der Respublica von Babin oder Altweiberrepublik (Rzeczpospolita Babin´ska).119 Dieser Adelszirkel, der von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis in die 1670er Jahre hinein existierte, war eine parodistische Version des polnisch118 Zum Zerfall des Patronagemonopols nach dem Tod Mazarins und die Erstarkung mehrer konkurrierender Faktionen am französischen Hof: H, L, Die Belagerung des Thrones. Machtstrukturen und Karrieremechanismen am Hof von Frankreich 1661–1789, Ostfildern 2012, 269–277. Horowski weist darüber hinaus explizit auf die stark ausgeprägte Multipolarität verschiedener Patronagenetzwerke am Hof vor Mazarin hin (ebenda, 272). 119 W, S, Akta Rzeczypospolitej Babin´skiej, in: Archiwum do dziejo´w literatury i os´wiaty w Polsce 7 (1859), 30–159. Zur Respublica von Babin: K, A, Rzeczpospolita Babin´ska – parodia i utopia, in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 47 (2003), 129–141; T, J, Rzeczpospolita Babin´ska w legendzie literackiej, in: Przegla˛d Humanistyczny 16.3 (1972), 1–19. Dabei mangelt es nicht zuletzt an einer komparatistischen europäischen Einordnung. An dieser Stelle sei nur auf einige Arbeiten zu Narrengesellschaften oder satirischen Humanistenzirkeln verwiesen, an die offensiv anzuknüpfen sich in diesem Zusammenhang als fruchtbar erweisen könnte: B, H-J et al., Performativität und Lachkultur in Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Erika Fischer-Lichte / Christoph Wulf (Hg.), Theorien des Performativen, Berlin 2004 (Paragrana 10 / 1), 157–190; V, H-R, Text und Lachgemeinschaft. Zur Funktion des Gruppenlachens bei Hofe in der Schwankliteratur, in: ders. / Werner Röcke (Hg.), Lachgemeinschaften. Kulturelle Inszenierung und soziale Wirkungen von Gelächter im Mittelalter und der Frühen Neuzeit, Berlin/New York 2005, 125–143; E-L, P, Excentricite´ et humanisme. Parodie, de´rision et de´tournement des codes a` la Renaissance, Gene`ve 2002 (Cahiers d’humanisme et renaissance 63), 11–48.
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litauischen Gemeinwesens. Essentiell hierfür war die Vergabe fiktiver Amtswürden, die die reell existierenden imitierten und zugleich ad absurdum führen sollten. Nur durch die offizielle Verleihung eines Amtes war es überhaupt möglich, Mitglied des Zirkels zu werden und an dessen Sitzungen teilzunehmen. Das parodistische Potential erwuchs in diesem Sinne unter anderem aus der absichtlich überzogenen Ausweitung des Amtsverständnisses auf alle möglichen Lebensbereiche. Hierbei fanden sich neben allerhand Hofchargen, neben Kanzlern, Bischöfen, Mundschenken, Burggrafen oder Jägermeistern ebenso Amtsinhaber mit der Würde eines Schankwirts, Apothekers oder gar Sklaven.120 Dem neu gekürten Mitglied der Gesellschaft wurde nach ritualisiertem Betrinken schließlich eine schriftliche Urkunde über die Amtsverleihung ausgehändigt – „actum et datum Babini […] pro cancellario huius almae Reipublicae Babinensis in frequentia multorum et officialium Babinensium.“121 Stanisław Sarnicki, wie viele andere prominente Adlige und Würdenträger seiner Zeit Mitglied der Respublica von Babin, beschrieb detailliert die Anforderungen für ein Amt. Nur den Kandidaten „in sermone de sublimibus rebus et eius conditioni minime convenientibus“ werde eine Würde verliehen,122 sie müssten also die geringstmögliche Eignung aufweisen, um berufen zu werden. Es handelte sich folglich um eine direkte Umkehrung des üblich geltenden Diskurses. Jede in den Metriken verzeichnete Amtserhebung orientierte sich nämlich an einem Urkundenschema, dessen Narratio in erster Linie die Verdienste und Kompetenzen des Bedachten thematisierte. Insbesondere die Verleihung senatorischer Würden war dabei mit einer ausführlicheren Begründung versehen. In der Regel nahm die Argumentation ihren Anfang, indem die Anciennität und die Verdienste der jeweiligen Familie in den Mittelpunkt gerückt wurden,123 um dann auf die Eignung des neuen Amtsinhabers einzugehen. Trat letzterer damit die „Erbschaft des [familiären] Ruhmes“ an,124 musste er sich dennoch auch selbst Meriten um „nos et Rempublicam“ erworben haben:125 durch Tugend, Tapferkeit im Krieg und kluge Beratung im Frieden. Der Kandidat hatte „fides et observantia“ dem Monarchen und „singulare studium“ der respublica gegenüber bewiesen, wie in einer zeitgenössischen Sammlung von Musterformularen für Dokumente
120
W, Akta Rzeczypospolitej Babin´skiej, 37–67. Ebenda, 58 122 Ebenda, 31. 123 Etwa das Formular einer zeitgenössischen Sammlung verschiedener Muster für rechtliche bzw. königliche Akte: BK rkps 344 (Ksie˛ga wypiso´w z akt Kancelarii koronnej i prowincjonalnych: memorabilia wzorce (1600–1643)), 175 r.–175 v. 124 AGAD Metryka Koronna 150 nr. 127, 30 v. (Pallatinatus Podlachiae Magn. Zbigneo Ossolin´ski confertur). 125 Ebenda, 31 r. 121
2.2 Der Hof
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aus der Kronkanzlei die Standardformel lautet.126 Letztere unterstrich hiermit nicht zuletzt die entscheidende Rolle des Königs für die Amtsverleihung. Entsprechend gestalteten sich Danksagungen für die Verleihung eines Amtes oder auch einer anderen Würde, Charge oder Pension. Exemplarischen Einblick kann hier ein weiteres Musterbuch mit Kanzleivorlagen aus dem frühen 17. Jahrhunderts bieten. Der Betroffene bedankte sich nicht nur für die Anerkennung der eigenen Dienste am Herrscher, sondern interpretierte seine Erhebung zugleich als Rekompensation für die Meriten seiner Vorfahren. Dabei gerät die Danksagung in erster Linie zu einer Hommage an die ebenfalls in den Begrüßungsreden beschworenen Herrschertugenden – der königliche Erweis „großer Gnade (wielka łaska)“ resultiert mithin als „Wohltat (dobrodziejstwo)“ aus „angeborener Güte (wrodzona dobrotliwos´c´)“ des Monarchen.127 Zumindest in den vorliegenden Musterformularen spielten hingegen Verdienste um die respublica keinerlei Rolle mehr. Was im frühneuzeitlichen Polen-Litauen unter einem Amt (urza˛d) zu verstehen ist, stellt für historiographische Definitionsversuche eine Herausforderung dar. Zbigniew Go´ralski, Verfasser der umfassendsten neueren Darstellung zum Thema beschränkt sich auf die Feststellung, dass „unter den zeitgenössischen Verfassungsbedingungen jeder ein Amtsträger (urze˛dnik) war, der irgendeine Würde (godnos´c´) innehatte.“128 Diese weite Begriffsbestimmung korrespondiert in gewissem Maße mit dem Verständnis Marcin Kromers in seiner ursprünglich für ein ausländisches Publikum bestimmten Polonia aus den 1570er Jahren. Hier wird eine Erläuterung der Gesamtheit aller „magistratus“ im Wesentlichen zu einer Erklärung der respublica an sich.129 Für den Bischof Kromer implizierte dies einen universalen Zugang, der genauso alle innerkirchlichen wie städtischen Positionen begriff. Stanisław Krzysztanowicz hingegen beschränkte drei Jahrzehnte später seine Descriptio statuum Regni Poloniae mit den Wojewoden, Kastellanen und Bischöfen auf den Senat und grenzt hiervon alle übrigen „officia“ ab, eingeschlossen die „ministerialen“ Ränge (officiales regni). Darüber hinaus reichten die „officia“ hier von den nichtsenatorischen, aber reichsweiten Würden wie diejenige des Hetmans oder auch der königlichen Sekretäre (officiales ordinis), über sämtliche Hofpositionen (officiales aulae regis) – zwischen Marschällen, einfachen Höflingen und Handwerkern – bis hin zu den „Land-
126 Formulare rerum variarum quae aliquid prosunt et valent ad expedicione Cancellariae Sac. Regiae Mtis res, Biblioteka im. Ossolin´skich 669/I, 107 r.–107 v., hier 107 r. 127 Gratiarum actio pro collata aliqua dignitate aut honore, BK rkps 344, 142v.–143v.; vgl. ähnlich auch Alia similis gratias actio, ebenda, 143v.–144r. 128 G, Z, Urze˛dy i godnos´ci w dawnej Polsce, Warszawa 1983, 9. 129 K, M, Polonia sive de situ, populis, moribus, magistratibus et Republica regni Polonisi libri duo (1578), ed. v. Wiktor Czermak, Krako´w 1901 (Biblioteka pisarzo´w polskich 40), bes. 71–105.
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ämtern“ (officiales terrestri) und lokalen „Burgämtern“ (officiales castrenses).130 Dabei entsprach solch eine Systematisierung kaum einem Ansatz, wie ihn etwa Stanisław Sarnicki in seinem Statutenentwurf suggerierte. Sarnicki, getreu seinem respublica-Verständnis, das die Position des Monarchen relativieren wollte, vermied die Aufnahme jeglicher Hofwürden in seinen Kanon und fügte stattdessen Kommissare für die Regelung verschiedener Angelegenheiten und die Träger der adligen Gerichtsbarkeit hinzu, die bei Krzysztanowicz nur an sehr untergeordneter Stelle erwähnt werden.131 Mit einem Blick auf die Hofordnung beziehungsweise die Rechnungsbücher des Königshofes fand sich wiederum eine andere Verwendung des Amtsbegriffes. Im Gegensatz zu der inflationären Verwendung der Kategorie „officium“ bei Krzysztanowicz wird hier lediglich ein kleiner, klar abgegrenzter Kreis innerhalb des Hofes als „officiales“ beziehungsweise „urze˛dnicy“ bezeichnet. Zu diesem hierarchisch übergeordneten Zirkel gehören jedoch andererseits Positionen wie diejenigen des Großschatzmeisters und des Hofschatzmeisters, die bei Krzysztanowicz keineswegs zu den „officiales aulae regis“ gezählt werden,132 während die königlichen Sekretäre anders als in der Descriptio statuum in den Hofordnungen selbst nicht als „officiales“ figurieren.133 Schaut man auf zeitgenössische Wörterbücher scheint sich die Situation noch zu verkomplizieren. Einen „Amtsträger (urze˛dnik)“ definiert etwa Grzegorz Knapski im Sinne der zeitgenössischen Politiktheorie als „curator Reipublicae“.134 Legt man die normative Vorstellung vom adligen Haus und der damit verbundenen Eigenherrschaft zugrunde, kann es jedoch nicht erstaunen, dass er zugleich den Verwalter eines adligen Gutes als „Amtsträger im Dorf (urze˛dnik we wsi)“ bezeichnet.135 Möchte man sich demgegenüber eines analytischen Amtsbegriffes bedienen, mag man sich in mehrfacher Hinsicht an die klassische Definition Ro130
K, Polonia seu Brevis descriptio statuum regni Poloniae, 10–26. S, Statuta Y Metrika, 835–876. 132 Ordynacja dworu Zygmunta III z 1589 roku, ed. v. Krzysztof Chłapowski, Warszawa 2004, 46, 52 f.; D, W, Do dziejo´w dworu kro´lewskiego w Polsce, in: Kwartalnik Historyczny 48.2 (1934), 319–336, 321, 326; 329 f.; F, F, Ustro´j dworu kro´lewskiego za Stefana Batorego, in: Studya historyczne (FS Wincenty Zakrzewski), Krako´w, 31–172, 53 f.; L, Das Leben am Hof, Bd. 1, 429. In einer Rechnungsordnung des Hofes unter Henri Valois fehlt hingegen eine eigene Differenzierung der Kategorie „officium“: K, S, Wykaz urze˛do´w i słuz˙by dworu kro´lewskiego w Polsce z czaso´w Henryka Walezego, in: Archiwum Komisyi Historycznej 9 (1902), 389–406. 133 Ordynacja dworu Zygmunta III, 64; D, Do dziejo´w dworu kro´lewskiego, 323, 327; F, Ustro´j dworu kro´lewskiego, 54. 134 K, Thesaurus polonolationograecus, 1251. 135 Ebenda. 131
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land Mousniers in Bezug auf Frankreich anlehnen. Ein „office“ besitzt nach diesem Eingrenzungsversuch, „un eˆtre et une existence propres […] qui […] lui sont confe´re´s soit par l‘e´dit de sa cre´ation, soit lorsque celui-ci manque, par les ,lettres de provision’, e´tablies en chancellerie, scelle´es en audience du sceau, par le chancelier, et donne´es au be´ne´ficier, l’officier.“136
Dabei ist solch ein „office“ weitergehend durch die „fonction publique“ seiner Würde charakterisiert. Der Amtswürde ist folglich ein Abstraktionsgrad inhärent, der sich durch die theoretische Dauerhaftigkeit und Unabhängigkeit seines Kompetenzbereichs vom aktuellen Inhaber auszeichnet. Im Fall Polen-Litauens lässt sich dabei ebenso eine Gruppe von Würden identifizieren, die vom Monarchen vergeben und durch die Registrierung in der Kanzlei, die Eintragung in die sogenannten Metriken, ihren Charakter als öffentlich beglaubigtes und auf die respublica bezogenes „Amt“ annahmen. Dies betraf neben den senatorischen beziehungsweise ministeriellen Würden sämtliche von Krzysztanowicz so qualifizierten „officia“ auf Landes- und Burgebene. Auf der Ebene des Hofes waren die traditionellen zentralen Zeremonialfunktionen von einer Bestätigung durch die Kanzlei betroffen. Das betraf den Vorschneider und den Mundschenk ebenso wie den Obertruchsess oder die „Referendare“ mit juristischer Funktion und die „Großsekretäre“.137 Anders stellte sich die Situation hingegen bei den weiteren Hofchargen dar, ob es sich um die königlichen Sekretäre oder auch die Kammerherren handelte, ganz zu schweigen von den zahlreichen „Höflingen“, Pagen und dem übrigen Dienstpersonal, die im engeren Sinne für das Funktionieren des Haushaltes zuständig waren.138 Die Metriken, die in der kronpolnischen wie in der großfürstlich-litauischen Kanzlei für die einzelnen Landesteile geführt wurden,139 verzeichneten 136
M, R, La ve´nalite´ des offices sous Henri IV et Louis XIII, Paris 1971,
8. 137
Die Ernennung erhielt allerdings mit der Verkündung durch den Monarchen Gültigkeit, die kostenpflichtige Registrierung in die Metrik wurde aber bei weitem nicht von allen Ernannten betrieben: C, K, Elita senatorsko-dygnitarska Korony za czaso´w Zygmunta III i Władysława IV, Warszawa 1996, 22–24. 138 Zur Vereidigung der Kanzleischreiber: K, W, Metrykanci koronni. Rozwo´j registratury centralnej od XVI do XVIII wieku, Krako´w 2002, 90–92. 139 Regesten der polnischen Kronmetrik sind für das Spätmittelalter relativ vollständig ediert. Für die zweite Hälfte des 16. und das beginnende 17. Jahrhundert sind die Editionen lückenhaft. Die litauische Metrik wird seit 1987 in fortlaufenden Teilen von polnischer – und anfangs auch von litauischer – Seite unter wechselnden Herausgeberschaften ediert. Neben den Steuerbüchern der litauischen Kanzlei ist von den hier interessierenden „Eintragsbüchern (Ksie˛gi wpiso´w)“ jedoch lediglich ein Band publiziert: Metryka litewska. Tom 5: Ksie˛ga wpiso´w Nr 131, ed. v. Andrzej Rachuba, Warszawa 2001; daneben sind weitere Teile der Eintragsbücher in einem separaten belarussischen Editionsprojekt erschienen: Metryka Vjalikaha Knjastva Litou˘skaha. Kniha 46 (1546 – 1565): Kniha zapi-
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in Kopie einen Großteil der dort ausgefertigten Dokumente.140 Dies reichte von Sejmausschreibungen über die königlichen Heiratsverträge bis hin zu allen Angelegenheiten des Adels, die in monarchische Regelungskompetenzen fielen.141 Dazu gehörten neben spezifischen notariellen Absprachen insbesondere Nobilitierungen sowie Amts- und Güterverleihungen, die einen erheblichen Teil der Metriken ausmachten. Es ist betont worden, dass die Zuteilungen von Gütern aus der Krondomäne, der Verpachtung des Salzregals und der Steuereintreibung, der Vergabe von Starosteien sowie der lokalen, regionalen und zentralen Ämter des Königreichs Polen und des Großfürstentums zu den wesentlichen Vorrechten des Monarchen gehörten. Hieraus ergab sich nicht zuletzt ein erheblicher Teil seines politischen Handlungsspielraumes, der zwar immer wieder von den adligen Repräsentanten in der Ständeversammlung in Frage gestellt wurde, letztlich jedoch nur zu einem geringen Grad rechtlich formalisierten Regeln unterworfen wurde.142 Die Sejmkonstitutionen von 1576 und 1588 sahen eine Vergabe der aktuell unbesetzten Ämter (Vakanzen) einzig zu Beginn der Sejmsitzungen vor.143 sau˘, No. 46 (kopija kanca XVI st.), ed. v. Valer’iu˘ Mjanzˇ’inski Minsk 2006; Metryka Vjalikaha Knjastva Litou˘skaha. Kniha 30 (1480 – 1546): Kniha zapisau˘, No. 30 (kopija kanca XVI st.), ed. v. Andre˙j Mjacel’ski, Minsk 2008; Metryka Vjalikaha Knjastva Litou˘skaha. Kniha 70 (1582 – 1585): Kniha zapisau˘, No. 70 (kopija kanca XVI st.), ed. v. Andre˙j Mjacel’ski, Minsk 2008. Auch die separate wolhynische Metryk für die seit der Realunion von 1569 in die Krone Polen inkorporierten Landesteile des Großfürstentums Litauen liegt seit einiger Zeit teilweise in Regesten ediert vor: Rus’ka (Volyns’ka) metryka. Regesty dokumentiv Koronnoı¨ kancelariı¨ dlja ukraı¨ns’kych zemel‘ (Volyns’ke, Kyı¨vs’ke, Vraˇ ernigivs’ke vojevodstva) 1569–1673, ed. v. Hennadij Borjak et al., Kyı¨v 2002. clavs’ke, C 140 Für das 15. und beginnende 16. Jahrhundert schätzt man zumindest für das Königreich Polen, dass etwa nur die Hälfte aller ausgehenden Dokumente tatsächlich in der Kronmetrik verzeichnet wurden, für das ausgehende 16. Jahrhundert wird hingegen von einer deutlichen Steigerung ausgegangen: C, W, Polska kancelaria kro´lewska w XVI w. jako problem badawczy, in: Archeion 101 (2000), 36–60, hier 55; S, I, Ksie˛gi polskiej kancelarii koronnej w drugiej połowie XV wieku, in: Studia z´ro´dłoznawcze 6 (1961), 81–101, 92. 141 K, W, Metryka koronna za Zygmunta III Wazy. Pocza˛tki Archium koronnego warszawskiego w s´wietle spiso´w z 1620 i 1627 roku, Krako´w 1995, 16–22. 142 M, Historia Polski, 39 f., 47–49; A, Historia Polski, 73–76. 143 Dabei handelt es sich um das Gesetz Über die Güter iuris caduci und die Vakanzen (O dobrach iuris caduci i wakancyjach) (1576), das die Besetzung der vor dem Sejm freigewordenen Ämter gleich zu Beginn der Beratungen vorsah (Konstytucye sejmu walnego koronacyi kro´lewskiej [30 maja 1576 r.], in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 366–375, 371) und das Gesetz „Über die Vakanzen (O wakancjach)“, verabschiedet auf dem Krönungssejm von 1588, das die Vergabe aller seit dem letzten Sejm angefallenen Vakanzen bis zum Ende der ersten Sitzungswoche des Sejms vorsah: Konstytucye sejmu walnego koronacyi kro´lewskiej roku Boz˙ego 1588, in: Volumina Consti-
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Solch eine Regelung sollte offensichtlich verhindern, dass der Monarch die Ämterbesetzung als Druckmittel während der Sejmberatungen einsetzte.144 Tatsächlich hielten sich die Könige regelmäßig nicht an diese Vorschrift, für die Herrschaft Sigismund III. ist gar errechnet worden, dass insgesamt 65 % aller freien senatorischen Ämter und hohen zentralen Würden außerhalb von Sejmsitzungen vergeben wurden.145 Aus der Ämtervergabe auf dem Sejm konnte sich eine weitere zwiespältige Wirkung ergeben. Zwar sollte diese Praxis eine Kontrolle der Ämtervergabe garantieren, konnte den Monarchen aber letztlich nicht daran hindern, ihm genehme Kandidaten auch in diesem Rahmen offiziell einzusetzen. Es ließe sich vielmehr diskutieren, ob das Forum der Sejmversammlung der Entscheidung des Herrschers nicht gerade eine besondere Dignität zukommen ließ. Schließlich wurde durch dessen persönliche Anwesenheit das Gewicht der maiestas in besonderer Weise in die Waagschale geworfen. Der Rahmen der auf dem Sejm offen äußerbaren Kritik war schließlich beschränkt und stand trotz aller Betonung der Redefreiheit in der Gefahr, den Beigeschmack eines crimen laesae maiestatis anzunehmen.146 Die zweite formalrechtliche Vorschrift zur Ämtervergabe sah hingegen eine Sechsmonatsfrist vor, innerhalb derer ein vakantes Amt zu vergeben war.147 Angesichts einer in der polnisch-litauischen Unionsakte regulär vorgesehenen zweijährigen Sitzungsfrequenz des Sejms entstand eine potentielle Diskrepanz dieser zwei Rechtsnormen, die folglich von den Monarchen kreativ genutzt werden konnte.148 tutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 2: 1587–1609, ed. v. Stanisław Grodziski u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2008, 62–87, 71; hierzu auch C, Elita senatorsko-dygnitarska, 18 f. 144 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 19; O, Elita władzy, 69 f. 145 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 22. Für die Mitte des 16. Jahrhundert wird dabei mit einem Durchschnitt von 57 % gerechnet: S-G, A, Obsadzanie urze˛do´w senatorskich i ministerialnych przez Zygmunta Augusta, in: Jerzy Topolski / Cezary Kuklo (Hg.), Studia nad gospodarka˛, społeczen´stwem i rodzina˛ w Europie po´z´nofeudalnej, Lublin 1987, 179–194, 188. 146 Die verbale Beleidigung des Monarchen war zwar nicht explizit in den Regelungen zum crimen laesae maiestatis aufgeführt, in der Praxis – auch des Sejms – konnte verbale Opposition gegen den Monarchen jedoch unter Umständen durchaus im Sinne eines Majestätsverbrechens bewertet werden: L, A, Przeste˛pstwa polityczne w polskim prawie karnym XVI–XVIII wieku, Katowice 1976, 27–29. 147 Konstytucye sejmu walnego roku 1588, 71. 148 Hierbei ist allerdings die historiographische Auseinandersetzung um die Bedeutung der Zweijahresregelung zu beachten. Dabei ist vorgebracht worden, dass kaum von einer zweijährigen Periodizität auszugehen war, da der Sejm in der Praxis wesentlich öfter tagte, aber die Sejmsitzungen außerhalb des Zweijahresmodus damit – jedenfalls noch in der hier behandelten Periode – keineswegs zu „außerordentlichen Sejmen“ wurden. Akzeptiert man diese Argumentation, hieße dies wiederum, dass die Rechtsnorm der zweijährigen Periodizität viel eher als eine maximale Dehnungsfrist zwischen zwei Sejmsitzungen aus-
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Die polnisch-litauische Unionsakte hatte zwar eine – wenn auch stets umstrittene – Hierarchie der regionalen und zentralen Amtsträger senatorischen Ranges geregelt.149 Dies betraf also lediglich die hierarchische Abstufung unter den weltlichen wie den geistlichen Senatoren, wobei es sich um die senatorischen Hofämter und die katholischen Bischöfe sowie um die Wojewoden an der Spitze der größeren regionalen Einheiten und den Kastellanen mit einem in der Regel lokalen Verantwortungsbereich handelte. Daneben stellte die Charge des Starosten einen weiteren wichtigen Bestandteil der königlichen Vergabekompetenzen dar. Die Starosten als monarchische Repräsentanten in der Krondomäne und den königlichen Städten vereinten Gerichtskompetenzen und das Recht, einen anteiligen Nutznieß aus den zu ihrem Verwaltungsbereich gehörenden Gütern und Siedlungen zu ziehen.150 Neben diesen zentralen, vom Monarchen in alleiniger Verantwortung vergebenen Würden stand die lokale Ämterhierarchie innerhalb einzelner Wojewodschaften beziehungsweise Kastellaneien und Burggerichtsbezirke. Deren Hierarchien gestalteten sich je nach Territorium durchaus uneinheitlich, folgten aber grundsätzlich dem Schema der zentralen Hof- und Kanzleiämter. Im Laufe des 16. Jahrhunderts erlangten die Sejmiki diesbezüglich das Recht, jeweils vier Kandidaten vorzuschlagen, aus denen der Monarch auszuwählen hatte.151 Im Gegensatz zu einigen zentralen Würden darf man dazulegen wäre: O, E, Sejm czaso´w Zygmunta III. Na marginesie pracy Izabeli Lewandowskiej-Malec, Sejm walny koronny Rzeczypospolitej Obojga Narodo´w i jego dorobek ustawodawczy (1587–1632), in: Kwartalnik Historyczny 118.1 (2011), 109–124, 111–114. 149 Porza˛dek rady koronnej, polskiej i litewskiej, jako juz˙ jednej Rzeczypospolitej, postanowiony przez Kro´la Jego Miłos´c´ i Rade˛ Koronna˛ w Lublinie na Sejmie walnym spo´lnym, roku Pan´skiego 1569, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 239–241. 150 F-G, A, Kro´lewszczyzny i starostowie w Dawnej Rzeczypospolitej, Wrocław u.a. 1984, bes. 9–16. Zur Bedeutung der Einkünfte aus den Starosteien, um deren Inhabern eine angemessene Gerichtstätigkeit zu garantieren: M, A, Postulaty zmian w szlachekim wymiarze sprawiedliwos´ci w mazowieckich laudach sejmikowych, w latach 1587–1648, in: Karol Łopatecki / Wojciech Walczak (Hg.), Nad społeczen´stwem staropolskim. Kultura, instytucje, gospodarka w XVI–XVIII stuleciu, Białystok 2007, 51–70, 58 f. Neben den sogenannten Burg-Starosteien, die über eine Gerichtsfunktion verfügten, konnte der Monarch aus den Gütern der Krondomäne auch einfache Starosteien vergeben, die sich auf die Güterverwaltung konzentrierten. Beide Arten von Starosteien konnten jedoch erhebliche Einkunftsquellen für den jeweiligen Starosten darstellen. Hieraus ergab sich auch eines der Konfliktpotentiale im Rahmen der Exekutionsbewegung der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, die die Einkünfte aus der Krondomäne viel eher den Aufgaben des Gemeinwesens zukommen lassen wollte: S-G, Odbudowa domeny kro´leskiej, 153–196; ., Monarchia dwu ostatnich Jagiellono´w, 74–114. 151 Dies betraf mit dem Kämmerer (podkomorzy), dem Richter (se˛dzi) und Unterrich-
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von ausgehen, dass die Sechsmonatsfrist zur Neubesetzung dieser Lokalämter zumindest unter Sigismund III. penibel eingehalten wurde.152 So waren in der ersten Herrschaftszeit des Wasa-Königs nicht nur die Position des Großhetmans und des Kronmarschalls längere Zeit vakant,153 sondern auch etliche andere höhere Hofchargen blieben über mehrere Jahre unbesetzt.154 Dabei boten der königlich polnische wie der davon differenzierte litauisch großfürstliche Hof ein breites Potential an Ämtern, die eine zentrale Scharnierfunktion im allgemeinen cursus honorum bildeten.155 Aus den Rechnungsbüchern des Hofes wie den Marschallsbüchern wurde rekonstruiert, dass der polnische Hof des Monarchen allein etwa 480 Personen umfasste,156 andere Schätzungen gehen von rund eintausend Personen aus.157 Solch eine Annäherung berücksichtigt jedoch weder die zahlenmäßig wohl recht begrenzten Höfe der anderen Mitglieder der Königsfamilie noch die Mitglieder des schwedischen Exilhofes von Sigismund Wasa.158 Anhand ter (podse˛dek) sowie dem Landschreiber (pisarz ziemski) im Wesentlichen vier verschiedene Typen von Regionalämtern, vgl. G, Urze˛dy i godnos´ci, 44. 152 Darauf zumindest verweisen alle Beiträge der prosopographischen Serie Urze˛dnicy Dawnej Rzeczypospolitej XII–XVIII wieku in Hinsicht auf alle möglichen verschiedenen Wojewodschaften und Regionen. Aufgrund des Umfangs der Serie muss an dieser Stelle dieser allgemeine Verweis genügen. 153 Nach dem Tod Jan Zamoyskis im Juni 1605 wurde der Feldhetman Stanisław Z˙o´łkiewski erst im Februar 1618 für das Amt des Großhetmans nominiert: G, A et al. (Hg.), Urze˛dnicy centralni i nadworni Polski XVI–XVIII wieku. Spisy, Ko´rnik 1992 (Urze˛dnicy Dawnej Rzeczypospolitej XII–XVIII wieku. Spisy 10), 42. Nach dem Ausscheiden Mikołaj Zebrzydowskis aus dem Großmarschallsamt, erhielt Zygmunt Myszkowski erst im Januar 1603 seine Nominierung, ebenda, 80. In beiden Fällen ist bemerkenswert, dass die längeren Vakanzen eintraten, nachdem ein für den Monarchen äußerst schwieriger Amtsinhaber ausgeschieden war. 154 Hofmarschall (marszałek nadworny): 1596–1600, Mundschenk (czes´nik): 1596– 1602, Stallmeister (koniuszy): 1607–1610, Jägermeister (łowczy): 1593–1609, Schwertträger (miecznik): 1599–1603, Lagermeister (oboz˙ny): 1600–1606, Kämmerer (podkomorzy): 1593–1607, Hofschatzmeister (podskarbi nadworny): 1604–1606, Truchsess (podstoli): 1598–1601, vgl. G, Urze˛dnicy centralni. 155 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 37, 45. 156 D., Wste˛p, in: ders. (Hg.), Ordynacja dworu Zygmunta III, 7–44, hier 21. 157 L, Das Leben am Hof, Bd. 1, 208. 158 Zum Hofstaat der Königin wird betont, er sei zahlenmäßig erheblich geringer gewesen als derjenige des Königs, Schätzungen gehen hier von ca. 30 Personen aus, für den Hof des Prinzen Władysław schwanken die Schätzungen zwischen 50 und 100 Personen: O-S, S, Dynastia Wazo´w w Polsce, Warszawa 2007, 261 f.; L, Das Leben am Hof, Bd. 1, 487–504. Der schwedische Hof Sigismunds umfasste wohl, auch nach dem Verlust der schwedischen Krone, bis zum beginnenden 17. Jahrhundert recht konstant zwischen 50 bis 70 Personen: M, J, Dwo´r szwedzki Zygmunta III w latach 1587–1600, in: Odrodzenie i Reformacja w Polsce 11 (1966), 161–180, 165 f.
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von Auszahlungslisten den Umfang der Höfe exakt zu bestimmen, erweist sich wiederum als problematisch, da die Zahl der tatsächlich am Hof Anwesenden erheblich variierte. Auch wenn die Auszahlung einer Pension an die Präsenz der Hofmitglieder gebunden war, weilten teilweise nur sehr wenige Inhaber zumindest der höheren senatorischen wie nichtsenatorischen Hofämter beim Monarchen.159 Unter Sigismund III. führte die Abwesenheit vom Hof jedoch recht konsequent zum Entzug beziehungsweise der Reduktion der gewährten Pension.160 Dabei war die Zahl der Hofwürdenträger insgesamt nicht gering, stellt man auch deren Duplizierung durch die litauische Hofhierarchie in Rechnung. Obwohl nämlich der großfürstliche Hof nach der Lubliner Union de facto im königlich polnischen Hof aufging, so erhielten sich nominell weiterhin die litauischen Hofämter. Letztere waren Inhabern mit litauischem Indigenat vorbehalten und der polnischen Ämterhierarchie angepasst.161 Die Existenz eines „inneren Hofes“ um die Haushaltung des Monarchen herum, der zahlenmäßig wesentlich kleiner ausfallen musste als ein erweiterter Hof, der alle Würdenträger und etwaige Gäste einschloss, ist ein allgemeines Strukturmerkmal von Höfen.162 Entsprechend hielten sich auch an anderen Höfen viele der höherrangigen Inhaber von Hofämtern in der Regel nicht beim Monarchen auf. Die dauerhafte Präsenz war zumeist den untergeordneten Chargen vorbehalten, die das alltägliche Funktionieren des Herrscherhaushaltes garantierten. Dass Sigismund III. Wasa nach seinem Herrschaftsantritt in Polen-Litauen versuchte, sogleich die Anzahl an Höflingen und Würdenträgern zurückzuschneiden,163 unterschied ihn eher kaum von 159
A, Wazowie, 172. C, Wste˛p, 37. 161 Zum litauischen Hof auch vor der Union liegen nur wenige Arbeiten vor, eine monographische Bearbeitung fehlt gänzlich. Einen gewissen Überblick bieten: D, A, Dwo´r, in: Vytautas Alisˇauskas et al. (Hg.), Kultura Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego. Analizy i obrazy, Krako´w 2011, 183–200, 196–200; ausführlicher zur Entwicklung des litauischen Hofes bis zum Ende des 15. Jahrhunderts: P, R, Kształtowanie sie˛ instytucji dworu wielkoksia˛z˙e˛cego w Wielkim Ksie˛stwie Litewskim (koniec XIV – połowa XV wieku), in: Politeia 16 (2011), 155–185; zu den einzelnen litauischen Hofämtern und deren Inhabern vgl. die Zusammenstellung bei L, H et al. (Hg.), Urze˛dnicy centralni i dygnitarze Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego XIV–XVIII wieku . Spisy, Ko´rnik 1994 (Urze˛dnicy Dawnej Rzeczypospolitej XII–XVIII wieku. Spisy 11). 162 A, O / S, K-H, Hof und Herrscher, in: Werner Paravicini / Jan Hirschbiegel / Jörg Wettlaufer, Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Bilder und Begriffe, Ostfildern 2005 (Residenzenforschung 15.II / 1), 3–15, 6; D, J, Royal Courts in Dynastic States and Empires, in: ders. / Tülay Artan / Metin Kunt (Hg.), Royal Courts in Dynastic States and Empires, Leiden / Boston 2011, 1–23; A, R G., Der Hof Karls I. von England. Politik, Provinz und Patronage, Köln / Weimar / Wien 1993, 119–123. 163 C, Wste˛p, 33. 160
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ähnlichen Maßnahmen anderer Monarchen.164 Die schiere – schwer zu evaluierende reelle – Größe eines Hofes jedenfalls kann kaum per se als Nachweis von Stärke oder Schwäche einer Monarchie herhalten. Jeroen Duindam stellt in diesem Zusammenhang viel eher die These zur Disposition: „Crisis led to expansion, with rulers as well as major courtiers attracting friends and followers to the court, rewarding them mostly with honorary offices and titles.“165 Neben den jeweils zentralen großfürstlichen und königlichen Hofämtern boten die Positionen eines königlichen Sekretärs, eines „Höflings“ an sich oder auch eines Pagen Eintrittsmöglichkeiten in den Kosmos der Hofchargen. Als Karriereauftakt für lokale wie reichsweite Eliten im frühneuzeitlichen Polen-Litauen waren die Ausübung eines Abgeordnetenmandats oder einer Richterfunktion von großer Bedeutung.166 Neben diesen Wahlmandaten waren es auf zentraler Reichsebene besonders Positionen in der königlichen Kanzlei oder Hofchargen, die mitunter auch kleineren Adligen und Geistlichen, Aufstiegschancen eröffneten.167 In diesem Sinne spielten der Aufenthalt bei Hof und möglicherweise der Erhalt einer Hofstelle aber auch für den Hochadel eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Vor allem wurde dies als kurz- oder mittelfristige Station einer weiteren Karriere genutzt.168 Sowohl der Wilnaer Wojewode und litauische Hetman Krzysztof Radziwiłł als auch der polnische Kronkanzler Jan Zamoyski empfahlen entsprechend ihren Söhnen testamentarisch, nach Studium und Besuch verschiedener europäischer Höfe während der üblichen Grand Tour anschließend mit zwanzig Jahren am Hof des heimatlichen Monarchen in den Dienst zu treten.169 164
D, J, Vienna and Versailles. The Courts of Europe’s Dynastic Rivals (1550–1780), Cambridge u.a. 2006, 70 f., 302 f. 165 D., Versailles, Vienna and Beyond. Changing Views of Households and Government in Early Modern Europe, in: ders. / Tülay Artan / Metin Kunt (Hg.), Royal Courts in Dynastic States and Empires, Leiden / Boston 2011, 401–43, 412. 166 O, Elita władzy, 21 f., 23 f.; C, Elita senatorsko-dygnitarska, 44. 167 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 44 f. Die Tätigkeit in der königlichen Kanzlei eröffnete allerdings im ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhundert selten einen viel versprechenden Karriereweg, ebenda, 47. Anders stellte sich die Situation noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts dar: W, A, Mie˛dzy kultura˛ a polityka˛. Sekretarze kro´lewscy Zygmunta Starego 1506–1548, Warszawa 1990. 168 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 46. 169 Testament Xcia Krzysztofa Radziwiła Woiewody Vilen´skiego Hetmana W[ielkieg]o X[ie˛stw]a Litt[ewskieg]o, Biblioteka Ko´rnicka 1092 (Dokumenty 1452–1794), 89–99, 93 f.; Testament Jana Sariusza Zamoyskiego, in: Testamenty Jana, Tomasza i Jana ,Sobiepana‘ Zamoyskich, ed. v. Włodzimierz Kaczorowski, Opole 2007, 27–46, 36; ebenfalls im Testament seines Sohnes Tomasz aus den 1630er Jahren: Testament Tomasza Zamoskiego (1633, 1637), in: ebenda: 55–89, 76. Zur Grand Tour im Ausbildungsverlauf: B, H-J, Adlige Mobilität und Grand Tour im polnischen und litauischen Adel (1500–1700), in: Rainer Babel / Werner Paravicini (Hg.), Grand Tour. Adeliges Reisen und
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Daher scheint es nicht außergewöhnlich gewesen zu sein, wenn ebenfalls der zwanzigjährige Aleksander Sapieha seinen Onkel Lew im April 1605 eindringlich bat, ihm zur Stellung eines Kammerherrn zu verhelfen.170 Mit einem Blick auf die Karrierewege der Inhaber von Hofwürden zwischen den späten 1580er und den 1610er Jahren lässt sich dabei konstatieren, dass ein reger Wechsel zwischen reinen Hofchargen und Ministerial- oder Senatorenämtern stattfand.171 Eine Differenzierung zwischen in der Forschung so bezeichneten Ministerialämtern und Hofämtern ist dabei kaum möglich. Die wichtigsten und durch ihre Zugehörigkeit zum Senat herausgehobenen Amtswürden des Königreichs Polen und des Großfürstentums weisen dabei zwar eine Struktur auf, die auf den ersten Blick eine Separierung von „Hofämtern“ und „Zentralämtern“ suggeriert. Die Funktionsweisen und Kompetenzabgrenzungen der Praxis entsprachen solch einer Aufteilung jedoch nicht. Das wichtigste Merkmal in diesem Zusammenhang war die nominelle Würdenduplizierung, so standen neben dem Krongroßmarschall (Wielki marszałek koronny) beziehungsweise dem Litauischen Großmarschall (Wielki marszałek litewski) jeweils der Kronhofmarschall (Marszałek nadworny koronny) und der Litauische Hofmarschall (Marszałek nadworny litewski). Allerdings stellte das Hofmarschallsamt nicht nur eine in der Hierarchiespitze relativ untergeordnete Stellung dar, sondern wurde als Vertretungsfunktion faktisch auch nur bei Abwesenheit des Großmarschalls relevant.172 Anders gelagert war die Kompetenzaufteilung bei Kanzler und Unterkanzler, die beide ständige eigene Aufgabenbereiche besaßen und voneinander differenzierten Kanzleien vorstanden.173 Eine Doppelung als theoretisch angelegte systematische Trennung von Hof und Krone spiegelte sich hingegen im Amt des Kron- und des Hofschatzmeisters wieder, da der Hofschatz in der alleinigen Dispositionsgewalt des Monarchen Ende des 16. Jahrhunderts aus dem Kronschatz beziehungsweise aus dem litauischen Schatz herausgelöst worden war.174 europäische Kultur vom 14. bis zum 18. Jahrhundert, Stuttgart u.a. 2005 (Beihefte der Francia 60), 311–328. 170 Aleksander Sapieha do Lwa Sapiehy, w Krakowie 17 kwietnia 1605, in: Archiwum Domu Sapieho´w. Tom 1: Listy z lat 1575–1606, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1892, (nr. 556) 453–454. Aleksander Bohdan Sapieha (1585–1633) war der älteste Sohn von Lew Sapiehas Bruder Hrehory, vgl. D, W, Genealogia. Tablice, War˙ ojdz´, Karol, szawa 1959, nr. 169 (Sapiehowie h. Lis) zur Rolle Lew Sapiehas vgl. auch: Z Wszyscy ludzie kro´la. Zygmunt III Waza i jego stronnicy w Wielkim Ksie˛stwie Litewskim w pierwszych dekadach XVII wieku, Warszawa 2019, 250–262. 171 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 52–58. 172 G, Urze˛dy i godnos´ci, 74–81. 173 Ebenda, 81–93. 174 F-K, Skarbowos´c´ Rzeczypospolitej, 23–34; dies., Z dziejo´w skarbu nadwornego za Zygmunta III Wazy, in: Czasopismo prawno-historyczne 38.1 (1986), 49–69.
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War die Rangfolge der mit senatorischer Dignität versehenen Positionen genau wie diejenige von Episkopat, Wojewoden und Kastellanen in der Unionsakte von 1569 fixiert worden, spiegelte sich die Hierarchie der Hofwürden- und chargen diskreter vor allem in den Rechungsbüchern des Hofes wider.175 Diese Stellen, die in der zeitgenössischen Terminologie von den als „Ämtern (urze˛dy)“ bezeichneten senatorischen, das heißt ministerialen, Hofpositionen allerdings nicht immer konsequent abgegrenzt wurden,176 reichten – abgesehen von den königlichen Sekretären und den Schreibern der Kanzleien – von den Pagen (pachole˛ta) über Höflinge (dworzanie) mit abgegrenzten Rängen177 sowie den Kammerherren (łoz˙nicy) hin zu den ausdifferenzierten Stellungen eines Kämmerers (podkomorzy), eines Schwert- und Fahnenträgers (miecznik beziehungsweise chora˛z˙y), eines Feldschreibers (pisarz polny) und Lagermeisters (oboz´ny), eines Küchen- und Stallmeisters (kuchmistrz beziehungsweise stajnik), Jägers (łowczy) und Truchsessen (czes´nik), Mundschenks (podczaszy) und Fürschneiders (krajczy). Hierbei wird deutlich, dass sich die letztgenannten Positionen aus der Masse der Pagen, Höflinge und Kammerherren schon durch ihre geringere Zahl an Amtsinhabern und ihre zeremonielle Bedeutung heraushoben.178
2.2.2 Patronage und Brokerage „Aula mores, quae praesentia non praestat, et futura promittit, de quibus der Philosoph sagt non datur determinata veritas, und der Dichter spricht: Firmiter ad dubium scit nemo ligare caballum.“179 So zumindest raisonnierte Jan Kuczborski, Regens der Kronkanzlei und einer der Hofagenten des ermländischen Fürstbischofs Szymon Rudnicki in einem Bericht vom Juli des Jahres 1605 über die Unwägbarkeiten des Hoflebens. Seine Anspielung auf die Theorie der Kontingenz verrät dabei eine Schulung an den Debatten der scholastischen Theologie.180 Kuczborski, promoviert in Theologie und 175 So die instruktiven, wenn auch vorläufigen, Bemerkungen bei C, Wste˛p, 37 f. Dies stellt den gerne betonten Mangel an höfischen Hierarchien in Frage, eine Forschungsmeinung, die sicherlich auch dazu beigetragen hat, dass flankierend hierzu so gut wie keine Forschung zum Hofzeremoniell vorliegt, etwa A, Wazowie, 176. 176 Vgl. die Abdrucke der Rechnungsbücher bei C, Wste˛p, 18–21, 23–25. 177 Ebenda, 35 f. 178 G, Urze˛dy i godnos´ci, 130–138. 179 X. Jan Kuc´borski do X. Szymona Rudnickiego Biskupa Warmin´skiego, dies 5. Julii 1605, Biblioteka Czartoryskich 100 (Teka Naruszewicza t. 100 (1605)), (nr. 50) 255–261, 258. 180 Die Debatten über Kontingenz und eine „determinata veritas“ zogen sich unter anderem von Thomas von Aquin und Duns Scotus bis ins die Spätscholastik des 17. Jahrhunderts, vgl. etwa R, T, Gott, Freiheit, Weltenwahl. Der Ursprung des Begriffs der besten aller möglichen Welten in der Metaphysik der Willensfreiheit zwischen
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Rechtswissenschaften, hatte seine Ausbildung im Jesuitenkolleg Braniewo / Braunsberg und der Jesuitenuniversität in Wilna, in Padua und Rom erhalten.181 Somit dürfte ihm die „contingentia“ als wesentlicher Faktor der Lehre Thomas von Aquins über die „prudentia“ nicht gänzlich fremd gewesen sein.182 Die jesuitische Theologie hatte hingegen einige Probleme damit, die Vorstellungen des Aquinaten auf eine sichere moralische Basis zu stellen.183 Nach Thomas waren nämlich wesentliche Bestandteile der „prudentia“ dadurch gekennzeichnet, dass es sich nicht um ein aus basalen theologischen Prinzipien ableitbares Wissen, sondern um situatives Erfahrungswissen handelte. Akte der Klugheit beruhten mithin auf „memoria“, „intellectus“ oder „intelligentia“, Lernfähigkeit, Scharfsinnigkeit, Befähigung zur „ratio“, vorausschauendem Handeln, Um- und Vorsicht.184 Von solcher Klugheitskonzeption war es nicht weit zu den Vorstellungen in zeitgenössischen Manualen des Hofmannes oder den Politicae. Tatsächlich erwies sich Kuczborski in diesem Sinne als Meister des Umgangs mit dem Unvorhersehbaren und Flüchtigen des Hofes. Nachdem er es vermocht hatte, sich in der näheren Umgebung des Königs zu installieren, erwählte ihn der Monarch 1614 als seinen Kandidaten für den Kulmer Bischofsstuhl.185 Jan Kuczborskis Reflexionen über die Kontingenz hatten sich dabei zwar auf das Hofleben im Allgemeinen, jedoch auf die Ämtervergabe im Besonderen bezogen. Hatte er es selbst also entgegen aller Unvorhersehbarkeiten vermocht, sein Pferd fest anzupflocken, war dies bei weitem nicht allen vergönnt.
Antonio Perez S.J. (1599–1649) und G. W. Leibniz (1646–1716), Leiden / New York / Köln 1997, bes. 67–75; bei „Firmiter ad dubium scit nemo ligare caballum“ handelt es sich um eine zeitgenössisch populäre und in etlichen Texten verwendete Sentenz: W, H, Carmina medii aevi posterioris latina. Bd. II/2: Proverbia sensentiaeque latinitatis medii aevi / Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters in alphabetischer Anordnung, Teil 2, Göttingen 1964, 131. 181 K, H-J, Kuczborski, Jan (um 1572–1624), in: Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches (1448 bis 1648). Ein biographisches Lexikon, Berlin 1996, 386–387. 182 Neben der allgemeinen Rezeption der Schriften des Aquinaten im Jesuitenorden (vgl. Kapitel 1.2, S. 90 Fn. 172.) wird dies auch durch die zeitgenössisch recht große Zahl an Exemplaren von Thomas‘ Werken allgemein in Klöstern, Schulen und Bibliotheken im Raum Ermland und Pommerellen gestützt, in dem Kuczborski seine erste Ausbildung erhalten hat: B, M, Die Werke des Hl. Thomas von Aquin in den Bibliotheken in Pommerellen und Ermland, in: Albert Zimmermann (Hg.), Thomas von Aquin. Werk und Wirkung im Licht neuerer Forschungen, Berlin / New York 1988, 365–376. 183 H, H, Jesuit Political Thought. The Society of Jesus and the State, c. 1540–1630, Cambridge u.a. 2004, 168–172. 184 Ebenda, 170. 185 K, Kuczborski.
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Guilelmus Kochowski, neben Jan Kuczborski ein weiterer Vertreter der Interessen Szymon Rudnickis am Königshof, musste seinen Auftraggeber im September 1605 enttäuschen. In der Angelegenheit einer Kanonikerstelle, die der Bischof für einen seiner Neffen beim Monarchen erwirken wollte, sei immer noch nichts entschieden. Er habe bislang erfolglos versucht, berichtet Kochowski, über den neuen Unterkanzler Maciej Pstrokon´ski eine Zusage zu erzielen. Allerdings sei ihm zugetragen worden, dass das Anliegen Rudnickis bis zum König vorgedrungen sei: „Dies nur höre ich, dass Seine Königliche Hoheit lächelnd eingeworfen habe, dass Ihrognaden andere Wege finden könne, um die Ihrigen zu versorgen.“186 Das königliche Lächeln erscheint hier trotz allen Misserfolgs als Zeichen monarchischer Gewogenheit und es ist keineswegs Zufall, auf welche Weise Kochowski davon berichtet. Im weit überwiegenden Teil der Hofberichte erscheint der König von Beginn seiner Herrschaft an als eine schwer erreichbare Sehnsuchtsfigur. Seine Reaktionen und seine Entscheidungen wurden kolportiert, ihn persönlich zu Gesicht zu bekommen und zu sprechen, galt als maßgebend, um die eigenen Anliegen voran zu bringen. Doch zumeist war der Monarch abgeschirmt durch seine Kammer und diejenigen Würdenträger, die bei ihm aktuell besonderes Vertrauen genossen.187 So blieb das Gros all derer, die am Hof verweilen, darauf verwiesen, eine ganz eigene Hermeneutik der monarchischen Stimmungen durch diesen Kordon hindurch zu betreiben. Sie mussten dazu stets die Reisebewegungen des Königs mitvollziehen, um zumindest ein Minimum an räumlicher Nähe zu seiner Person zu garantieren.188 Epistolographische Manuale wurden spätestens mit den prägenden Schriften eines Erasmus oder eines Juan Luis Vives seit Beginn des 16. Jahrhunderts zur Massenware innerhalb des humanistischen Bildungsgutes.189
186 Guillelmus Kochowski an Szymon Rudnicki, Krakau 19. September 1605, Archiwum Diecezji Warmin´skiej w Olsztynie, D. nr. 61 (Guillelmi Kochowski ad Simonem Rudnicki litterae 1605–1619), 14r.–15v., hier 14r. 187 Beispielsweise: Lew Sapieha do Krzysztofa Radziwiłła. W Mie˛dzyrzeczu w sierpniu 1588, in: Archiwum Domu Sapieho´w. Tom. 1: Listy z lat 1575–1606, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1892, (nr. 51) 35–36, 36; Lew Sapieha do Krzysztofa Radziwiłła. Z Krakowa 7 czerwca 1588, in: Archiwum domu Radziwiłło´w (listy ks. M. K. Radziwiłła Sierotki, Jana Zamoyskiego, Lwa Sapiehy), ed. v. August Sokołowski, Krako´w 1885 (Scriptores rerum polonicarum 8), (nr. XV) 192– 194, hier 193 f. 188 Auch ausländische Diplomaten beschrieben Sigismund zumindest als äußerst reserviert und wenig fassbar: S, Dwo´r i kraj epoki Wazo´w, 280, 284. 189 D, M, Manuels e´pistolaires et identite´ sociale (XVIe–XVIIe sie`cles), in: Revue d’histoire moderne et contemporaine40 (1993), 529–556; B, G, From Ars dictaminis to Ars conscribendis epistolis. Renaissance Letter-Writing Manuals in the Context of Humanism, in: Carol Poster / Linda C. Mitchell (Hg.), Letter-Writing Manuals and Instruction from Antiquity to the Present. Historical and Bibliographic Studies, Columbia 2007, 88–101.
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Eine beständige prominente Rubrik in den verschiedenen Kategorisierungen von Briefen waren dabei Bitt- und Empfehlungsschreiben.190 Wenn der Briefsteller Geld, Würde, Ehre oder eine andere Unterstützung von seinem Adressaten begehre, so handele es sich um „litterae petitoriae“, wie beispielsweise Vives erklärt. Versuche der Briefschreiber, Gleiches für einen Freund zu erreichen, tue er dies in einer „littera commendatitia“.191 Die 1590 wohl am Jesuitenkolleg von Braniewo / Braunsberg nachgedruckte Brieflehre von Simon Verepaeus erläutert in diesem Sinne genauer, wie mit dem Adressaten solcher Anliegen rhetorisch umzugehen sei. Man könne ihn gewogen stimmen, indem man seine „liberalitas“ und „humanitas“ lobe, im Gegenzug müsse man „in illum observantiam, ac fidem“ versprechen.192 Da erstaunt es 190 Vgl. etwa die im 16. Jahrhundert in Polen gedruckten Epistolographien: U, I, Modus epistolandi […] cum epistolis exemplaribus, Cracoviae 1522, Bii v.–Biii r., Cii v.–Ciii r.; S (A), J, Modus epistolandi […]. Viginti genera epistolarum complectens castigatissime impressus, mendis quibusdam emaculatus, distinctionibus, subdistintionibusque, Cracoviae 1522 (weitere Krakauer Auflagen 1513 u. 1519), A3r.–A4r. oder auch die auf Basis des Handbuches von Erasmus erarbeitete Schulschrift: H, C, Compendiaria conscribendarum ratio in gratiam ad olescentum studiosorum, Cracoviae 1537, hier Aii v., Ciii v.–Civ v., Fvii r.–Fviii r., Fvii r.–Gi r. 191 V, J L, De conscribendis epistolis, libellus vere aureus. Eiusdem argumenti D. Erasmi Roterodami compendium, ab ipso autore denuo recognitum, Basileae 1536, 8v. Bezeichnenderweise wurde Erasmus‘ Brieflehre – abgesehen von mehreren bereits zuvor veröffentlichten Plagiaten – erstmals in der gemeinsamen Ausgabe mit Vives von 1536 im Druck publiziert: F, C, Erasmus versus Vives On the Art of Letter Writing, in: Toon van Houdt et al. (Hg.), The Rhetoric an Pragmatics of Letter Writing in Early Modern Times, Leuven 2002, 39–56, 40; zur Bedeutung von Vives in der zeitgenössischen Rezeption bis in das zweite Drittel des 16. Jahrhunderts: G, E G, Fame and Oblivion, in: Charles Fantazzi (Hg.), A Companion to Juan Luis Vives, Leiden u.a. 2008, 359–413, 359–394; zur Vives-Rezeption in Polen: T, J, Jan Ludwik Vives i Andrzej Frycz Modrzewski, Krako´w 1921; B, E C., Spain and Poland in the Age oft he Renaissance and the Baroque, in: Polish Review 16.1 (1971), 53–107, 59–63. 192 V, S, De epistolis latine conscribendis libri V. Nunc recens meliori methodo, schematismis & scholiis illustrati Et accessione aliqua postremum aucti, Braunsbergae 1590, 95. Der niederländische Humanist Simon Verepaeus gilt als einer der wichtigen katholischen Grammatiker und Rhetoriker, der in erster Linie Manuale für den Schulgebrauch veröffentlichte; zu Verepaeus und seinem konfessionellen Engagement und Gebrauch: N, M A, Simon Verepaeus (1522–1598). Pædagoog der contrareformatie, Tilburg 1950. Verepaeus gab nicht nur ein Epistolarium von Vives heraus, sondern orientierte sich eng an den epistolographischen Vorgaben des Erasmus: E, J, Der jesuitische Heroidenbrief. Zur Christianisierung und Kontextualisierung einer antiken Gattung in der Frühen Neuzeit, Berlin / Boston 2012, 119–123; zur zeitgenössischen europäischen Rezeption von Verepaeus‘ Schriften: N, M A, Bijdrage tot de bibliographie van Simon Verepaeus, in: De Gulden Passer 25 (1947), 52–90.
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kaum, dass auch die bereits erwähnten Vorlagen für Dankschreiben an den Monarchen diesem Schema folgten. Korrespondenzen und mit ihnen Dank-, Bitt- wie Gratulationsschreiben erlangten im Verlauf des 16. Jahrhunderts mithin nicht nur allgemein für eine humanistische respublica litteraria überragende Bedeutung, sondern auch für die politische Kommunikation und damit für die Konstruktion und Aufrechterhaltung von Patronage- beziehungsweise Klientelnetzwerken.193 Letztere sind für Polen-Litauen bereits ausführlich beschrieben und analysiert worden, wobei stets ein Schwerpunkt auf der Bedeutung „magnatischer“ Patronagefunktionen lag.194 In diesem Sinne hat Wojciech Tygielski an Hand der Korrespondenzen Jan Zamoyskis darauf hingewiesen, dass die rhetorischen Strategien und das Vokabular der Briefe in Hinsicht auf Bitten um Protektion, Würdenbeschaffung und politische Kooperation recht undifferenziert ausfielen.195 Im Anschluss an Sharon Kettering konstatiert er in erster Linie die Dominanz eines schwer einschätzbaren Freundschaftsvokabulars.196 Nicht zuletzt dürfte hierbei auch eben eine Normierung der Briefrhetorik durch humanistische Manuale eine Rolle gespielt haben, so dass im Falle adliger Korrespondenzpartner der humanistische Freundschaftsdiskurs ein Amalgam mit standesspezifischen Vorstellungen von „amicitia“ eingehen konnte.197 Die Korrespondenzen mit hohen Amtsträgern bei Hof, Hofmitgliedern aus der eigenen Familie beziehungsweise Agenten stellen angesichts dessen nur einen sehr kleinen Ausschnitt aus Patronage- und Klientelnetzwerken dar. Impliziert die Unterscheidung zwischen Patron und Klient eine sozial 193 Für Polen-Litauen einschlägig: T, W, Epistolografia staropolska jako z´ro´dło do badania mechanizmo´w politycznych, in: Odrodzenie i Reformacja w Polsce 33 (1988), 63–79; ., Patronage, 13–31. 194 Noch immer zentral mit einer europäischen Vergleichsperspektive, obgleich in den interpretatorischen Schlüssen diskutabel: M, Klientela; vgl. auch T, Listy, ludzie, władza bzw. deren überarbeitete englische Version: T, W, Politics of Patronage in Renaissance Poland. Chancellor Zamoyski, his Supporters and the Political Map of Poland, 1572–1605, Warszawa 1990; U, V, Zamoyszczycy bez Zamoyskiego. Studium dekompozycji ugrupowania politycznego, Warszawa 2002; A, U, Dwo´r i klientela Krzysztofa Radziwiłła (1585–1640). Mechanizmy patronatu, Warszawa 2001; ., W słuz˙bie hetmana i Rzeczypsopolitej. Klientela wojskowa Krzysztofa Radziwiłła (1585–1640), Warszawa 2006. 195 T, Politics of Patronage, 25. 196 Ebenda, 31; K, S, Patronage in Early Modern France, in: French Historical Studies 17.4 (1992), 839–862, 854–859. 197 K, C, Politische Freundschaft bei Hofe. Repräsentation und Praxis einer sozialen Beziehung im französischen Adel des 17. Jahrhunderts, Göttingen 2013, 97–133; zum Verhältnis gelehrter humanistischer und höfischer Freundschaftspraktiken: A, G, Humanisten bei Hof. Öffentliche Selbstdarstellung und Karrieremuster, in: Thomas Maissen / Gerrit Walther (Hg.), Funktionen des Humanismus. Studien zum Nutzen des Neuen in der humanistischen Kultur, Göttingen 2006, 155–165, 156 f.
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
asymmetrische Beziehung, spielt solche Art von Hierarchisierung in den Hofkorrespondenzen eine eher untergeordnete Rolle. Zumeist begegnen sich hier die Mitglieder des Hochadels oder des Episkopats als Kommunikationspartner. Zwar ist dabei in der Regel einer der beiden auf die Fürsprache des Anderen angewiesen, dies geschieht jedoch tatsächlich eher auf der Ebene einer mehr oder weniger formalisierten „amicitia“ oder verwandtschaftlicher Solidarität.198 Vermittelt wirken hier die sozial ungleichgewichtigeren Patronatsfunktionen des Hochadels hinein. Da auch Land- oder Burgämter nur vom Monarchen vergeben wurden, waren die Vertreter der großen Häuser auch in solchen Fällen auf Brokerage bei Hof angewiesen, wollten sie entsprechende Würden oder Starosteien und Pachten von Königsgütern für ihre lokalen Klienten sichern.199 Neben der Vergabe der Zentralämter mit senatorischer Qualität, den senatorischen Kastellans- und Wojewodenpositionen und von allen anderen Ämtern der regionalen beziehungsweise lokalen Hierarchien sowie der Starosteien und anderer Krongüter verzeichneten die Metriken ebenso die Bestätigung notarieller Absprachen. Notariatsregelungen betrafen dabei Güteroder Chargenabtretungen unter Adligen. Solche „cessiones“ bedurften jedoch einer Genehmigung durch den Monarchen, wenn sie sich auf Königsgüter oder jegliche durch den Herrscher verliehene Amtswürden bezogen. Trotz der Notwendigkeit einer herrscherlichen Bestätigung jeglicher Transaktion dieser Art wird in der Forschung neben einem öffentlich-rechtlichen von einem ausgeprägten privatrechtlichen Charakter des Umgangs mit Gütern und Ämtern ausgegangen.200 Zwar erscheinen die „cessiones“ etwa in der Kronmetrik selbst als unentgeltliche Güter- oder Ämteraufgabe zugunsten eines Dritten, was zumindest bei Übergaben an die eigenen Nachkommen auch der Fall war.201 Ansonsten jedoch ist wohl in der Regel von einem Verkauf auszugehen, der jedoch in den überlieferten Quellen – zumindest für das späte 16. und beginnende 17. Jahrhundert – weitgehend verschwiegen wird.202 198
Mit Bezug auf den Kaiserhof: P, Ökonomie der Ehre, 98. Zu den Anfragen des lokalen Adels an einflussreiche Zentraleliten am Beispiel Zamoyskis: T, Politics of Patronage, 24 f. 200 M, J, Sprzedawalnos´c´ urze˛do´w w Polsce, in: Czasopismo prawnohistoryczne 16.2 (1964), 101–174, 141–149. 201 Forschungen zu den cessiones liegen der Kenntnis des Verfassers nach nicht vor. Eine Stichprobe für die Eintragungen der Kronmetrik aus dem Jahr 1591 zeigt dabei, dass von 79 dieser Abtretungs- bzw. Übertragungsakte 36 die direkte Familie (Kinder, Geschwister, Nichten und Neffen) betrafen. Von den vier betroffenen königlichen Starosteien mit Gerichtskompetenz wurden zwei an die Kinder abgetreten, von den acht königlichen Starosteien ohne Gerichtskompetenz waren dies sogar sechs: Ksie˛ga wpiso´w podkanclerzego Jana Tarnowskiego MK 136 z Archiwum Gło´wnego Akt Dawnych w Warszawie 1591, ed. v. Krzysztof Chłapowski, Warszawa 2009 (Sumariusz Metryki Koronnej. Seria Nowa 5). 202 Selbst die Einkünfte, die in der Regel mit allen möglichen Ämtern und Würden 199
2.2 Der Hof
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Einen außergewöhnlichen Einblick in den zeitgenössischen Umgang mit vom Monarchen verliehenen Würden und Gütern bietet hingegen ein Brief des Połocker Wojewoden Andrzej Sapieha an seinen Cousin Lew aus der einflussreicheren älteren Linie des Hauses aus dem Jahre 1604.203 Obgleich sich der Połocker Wojewode dabei einer ansonsten ungekannten Offenheit befleißigt, kommt auch er nicht umhin, den Verkauf seines Senatorenamtes zu rechtfertigen:204 „Ich bekenne mich dazu, mein ehrw. Herr, dass ich mich als kranker Mann im fortgeschrittenen Alter darum bemüht habe, so ehrlich wie ich konnte, mich dieser Połocker Wojewodschaft zu entledigen, weil ich sie gegen eine Pacht eintauschen und meinen Senatorenstuhl abtreten und für Geld verkaufen wollte. Aber niemals habe ich daran gedacht, ihn umsonst aufzugeben, und auch mein Schwiegersohn, der Posener Wojewode [Hieronim Gostomski, K.L.] hat mir selbst davon abgeraten, dass ich jedoch auf die Vermittlung der Herren, die Ihr ehrw. Herr genannt habt, zurückgreife, scheint mir ungünstig.“
Andrzej Sapiehas Ausführungen erweisen sich in mehrerlei Hinsicht als bemerkenswert. Einen Handel mit Chargen zu betreiben, schien ebenso gängig wie einer gewissen Diskretion unterworfen. Schließlich führt der Wojewode weiterhin aus, sich in seiner Angelegenheit an den Kardinal Jerzy Radziwiłł zu wenden, verspräche sicherlich einige Erfolgsaussichten, „jedoch halte ich nichts davon, Fremde heranzuziehen und mich mit solcher ambitio zu zeigen.“205 Stattdessen wende er sich lieber an den litauischen Kanzler Lew als einen Vertreter „meines Blutes und meines Hauses“. Denn auch die anderen von Lew vorgeschlagenen Vermittler Mikołaj Zebrzydowski und Stanisław Min´ski schieden aus, hätten sie doch „nicht mehr solche confidentia mit dem König wie zuvor.“206 Ein Vertreter des eigenen Hauses erschien ihm so als sicherste Bank, wenn er über genügend Einfluss beim Monarchen verfügte. Schließlich zeigte sich zugleich, dass es nicht genügte, allgemein auf den Ein-
verbunden waren, wurden zu einem Tabuthema, in diesem Zusammenhang ist von einer allgemeinen „fiktionalen Entgeldlosigkeit“ gesprochen worden: Z, T, Kwestia bezpłatnos´ci urze˛do´w publicznych w Rzeczypospolitej XVI–XVIII w., in: Marcin Kamler (Hg.), Władza i społeczen´stwo w XVI i XVII w. (FS Antoni Ma˛czak), Warszawa 1989, 202–221. 203 L, H, Art. Lew Sapieha, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 35, Warszawa / Krako´w 1994, 84–104; zu Andrzej Sapieha: L R, D, Histoire des Sapieha (1440 – 1970). Essai de ge´ne´alogie, d’he´raldique et d’iconographie, Paris 1970, 31 f. 204 Andrzej Sapieha wojewoda połocki do Lwa Sapiehy, w Krakowie 24 grudnia 1604, in: Archiwum Domu Sapieho´w. Tom. 1: Listy z lat 1575–1606, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1892, (nr 546) 446–448, hier 447. 205 Ebenda. 206 Ebenda.
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
satz hochgestellter Amtsträger bei Hofe zu setzen – es mussten auch die aktuell richtigen sein. Aber auch denjenigen, die man als einflussreiche Broker erachtete, waren keineswegs immer die vom Auftraggeber gewünschten Resultate beschieden. „Wenn man richtig in die Pilze geht, darf man auch die kleinen nicht verschmähen.“207 So kommentierte Zbigniew Ossolin´ski seinen Erfolg, mehrere königliche Dörfer in Pacht verliehen bekommen zu haben. Spross einer etablierten kleinpolnischen Adelsfamilie,208 wurde Ossolin´ski von seinem Vertrauten Jan aus dem alteingesessenen Haus Te˛czyn´ski zum Testamentsverwalter eingesetzt.209 Nachdem Jan Te˛czyn´skis Bruder Andrzej, der als Krakauer Wojewode in seiner Generation die wichtigste Position innerhalb der Familie erreicht hatte, bereits fünf Jahre zuvor verstorben war,210 übernahm Ossolin´ski nun die Aufgabe, an Jan Te˛czyn´skis Stelle die Sprösslinge der nächsten Generation des Hauses zu versorgen. Konkret ging es darum, die Starosteien Jan Te˛czyn´skis in der Familie zu halten und eine Verleihung der nach dem Tod freigewordenen Starostenstellen samt deren Gütern an Gabriel – den ältesten Sohn Andrzejs und Neffen des kinderlosen Jan Te˛czyn´ski – durch den König zu erreichen.211 Bei dieser Aufgabe scheiterte Ossolin´ski zwar,212 strich aber in Form einiger königlicher Dörfer, deren Pacht nach dem Tod seines Vertrauten freigeworden war, die Kommission für seine Bemühungen beim Monarchen ein.213 Gehörte die Familie Te˛czyn´ski zwar zu den altehrwürdigen kleinpolnischen Adelsgeschlechtern, zwang sie die aktuelle Situation, auf familienfremde Brokerage bei Hof zurückzugreifen, da die Spitzenvertreter des Hauses zu früh verstorben und die Nachkommen mithin
207 O, Z, Pamie˛tnik, ed. v. Jo´zef Długosz, Warszawa 1983, 6. Die erste Edition der Erinnerungen aus dem 19. Jahrhundert ist gerade für das betreffende Jahr 1593 lückenhaft: O, Z, Pamie˛tnik, ed. v. Wojciech Ke˛trzyn´ski, Lwo´w 1879 (Biblioteka Ossolin´skich. Zbio´r materyało´w do historyi polskiej 5), 9–11. Zitiert wird nach der neuen Ausgabe von Długosz. 208 Zum Aufstieg des Hauses Ossolin´ski, der sich im 16. Jahrhundert deutlich beschleunigte und mit Zbigniew Ossolin´ski konsolidieren konnte: K, W, Jerzy Ossolin´ski. Wielki kanclerz Rzeczypospolitej, Lublin 2011, 11–27; zu Zbigniew Ossolin´ski: C, W, Art. Jan Zbigniew Ossolin´ski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 24, Wrocław u.a. 1979, 428–431. 209 O, Pamie˛tnik, 5. 210 D, Genealogia. Tablice, 94. 211 O, Pamie˛tnik, 6. 212 Ebenda. Die sich seit 1530 in den Händen der Familie Te˛czyn´ski befindliche Lubliner Starostei ging stattdessen an den Krongroßschatzmeister Jan Firlej, auf den bis 1636 wiederum sein Neffen und im Anschluss daran dessen Sohn folgte: K, W, Urze˛dnicy wojewo´dztwa Lubelskiego XVI–XVIII wieku, Wrocław 1991 (Urze˛dnicy Dawnej Rzeczypospolitej XII–XVIII wieku. Małopolska 4), 51 f. 213 O, Pamie˛tnik, 6.
2.2 Der Hof
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auf andere Unterstützung verwiesen waren. Die selten freizügigen Äußerungen Zbigniew Ossolin´skis sind dabei nicht nur ein Zeugnis für bezahlte Vermittlungsdienste bei der Ämterbeschaffung in der Herrschaftszeit Sigismund III. Sie verweisen darüber hinaus auf die gleiche Problematik, die sich bereits beim Fall Andrzej Sapiehas angedeutet hatte. Es erwies sich als entscheidend, entweder persönlichen Zugang zum König zu haben oder aber die richtigen Würdenträger bei Hofe zu kennen, die den Erwerb eines Amtes zu ermöglichen wussten. Er habe, so gibt Ossolin´ski schließlich freimütig zu, die Lubliner Starostei für Gabriel Te˛czyn´ski nicht aushandeln können, da „der König zu dieser Zeit seinen eigenen Bedürfnissen und Leuten entsprechen musste.“214 Die kleinen Pilze am Wegesrand vermochte Ossolin´ski mithin bei dieser Gelegenheit für sich selbst einzusammeln, im Treiben am Hof das Pferd für seinen Schutzbefohlenen Gabriel im Sinne Kuczborkis fest anzubinden, wollte oder konnte er jedoch nicht. Die Bemühungen Ossolin´skis fielen in die Amtszeit des Kronkanzlers Zamoyski, zu dem er zumindest 1593 eine noch recht reservierte Beziehung pflegte.215 Zamoyskis beeindruckende Monopolstellung am Hof, die er unter König Stephan Ba´thory aufgebaut hatte, sollte unter dessen Nachfolger Sigismund Wasa rasch relativiert werden. In dieser Hinsicht erscheint die Abhandlung Reinhold Heidensteins über die königliche Kanzlei von 1610 wie der Versuch, die vorübergehende Vormachtstellung seines verstorbenen Gönners Jan Zamoyski innerhalb des Vermittlungsgefüges am Hof ex post normativ und überzeitlich zu überhöhen.216 Die Kompetenzen des Kronkanzlers, so unterstreicht Heidenstein zu Beginn und am Ende seiner Überlegungen, erstreckten sich auf die Vertretung der königlichen Politik im Sejm, die diplomatische Abwicklung der Außenpolitik, die Mitgestaltung der Rechtsprechung und schließlich die Kontrollposition über alle Bittgesuche an König und Senatoren.217 Mithin sei einzig und allein der Kanzler derjenige, der sämtliche „desideria“ an den Monarchen filtere und dem Herrscher nur diejenigen vorlege, die rechts- und altersmäßig zulässig und in Hinblick auf die Verdienste der Bittsteller würdig seien.218 Die Kanzlei als Ganzes arbeite dabei nach den Grundsätzen von Treue zu Monarch und respublica, Integrität und Fleiß „sine studio venalitatis“.219 Die Wirklichkeit am Hof des ausgehenden 16. Jahrhunderts erwies sich hingegen als weitaus komplizier-
214
Ebenda. T, Patronage, 72 f. 216 H, R, Cancellarius sive De dignitate et officii Cancellarii Regni Poloniae, Brunsbergae 1610. Hierzu auch: T, A, Kilka uwag o kancelarii krolewskiej w drugiej połowie XVI wieku, in: Archeion 37 (1962), 235–252. 217 Heidenstein, Cancellarius, A4. 218 Ebenda, 23. 219 Ebenda. 215
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ter. Zamoyski hatte seine Schlüsselstellung und das damit einhergehende Patronagesystem in der Regierungszeit Stephan Ba´thorys aufbauen und auch unter dem Wasakönig mindestens teilweise erhalten können, da er gezielt Vertraute und Agenten in über- wie untergeordneten Hofpositionen plazierte. Dies ermöglichte ihm nicht nur, potentiell Druck auf den Monarchen aufzubauen, sondern auch stets über erstklassige Informationen zu verfügen.220 Solchen Wissensvorsprung zu erreichen, galt allgemein als überaus wichtiger Wettbewerbsvorteil für all diejenigen, die sich am großen Konkurrenzkampf um jegliche Vakanzen beteiligten. Dabei wurde die außergewöhnliche Monopolstellung, die der Kronkanzler in den 1580er Jahren erreicht hatte, mit dem neuen Monarchen empfindlich relativiert. Dies hatte nicht zuletzt unmittelbare Auswirkungen auf die Ungewissheiten, mit denen ein Bittsteller bei Hof konfrontiert war. Schließlich waren es nun zusehends unterschiedliche Vermittler in wechselnden Konstellationen, auf die er zurückzugreifen hatte. Auch in dieser Hinsicht war es also unabdingbar, stets gut über die aktuellen personellen Konfigurationen am Hof informiert zu sein. So erweisen sich etwa die bereits zitierten Reflexionen eines Andrzej Sapieha als typisch, der die Einflusschancen einzelner Würdenträger beim Monarchen gegeneinander abwägt. Die gleichen Sorgen trieben mithin auch die verschiedenen Vertrauten der Radziwiłł wie ebenfalls die Interessensvertreter des ermländischen Bischofs um. Über Hofagenten zu verfügen beziehungsweise über Verwandte und Vertraute einen möglichst direkten Zugang zum inneren Kreis der Macht um den Monarchen herum zu erhalten, blieb ständige Herausforderung für den Hochadel. Dabei ging es nicht nur darum, die Dignität und den Wohlstand des eigenen Hauses dadurch zu garantieren, dass man für sich selbst freiwerdende Königsgüter oder Chargen erwarb. Auch um die Position der Familie in den regionalen beziehungsweise lokalen Adelsgesellschaften zu festigen, bedurfte es guter Verbindungen in den Hof hinein. Zu schnell konnte es passieren, dass Klienten aus dem eigenen Einflussbereich etwa bei der Vergabe auch von rangniedrigen Regionalämtern ansonsten übervorteilt wurden. So scheiterten etwa die evangelischen Radziwiłł der Birsen-Linie des Öfteren an der innerlitauischen Konkurrenz mit den Sapieha, wenn es darum ging, die jeweils eigenen Kandidaten für ein Landrichter- und ein Landschreiberamt oder auch eine Güterverpachtung durchzubringen.221 Die betont tugendhafte und rechtsgemäße Kontrollposition, die Heidenstein dem Kronkanzler Zamoyski in seiner Abhandlung zuschrieb, lässt sich 220
T, Patronage, 66–68. Lew Sapieha do Mikolaja Krzysztofa Radziwilla, w Wilnie 13 sierpnia 1601, in: Archiwum Domu Sapieho´w. Tom 1: Listy z lat 1575–1606, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1892, (nr. 343) 286–287, 286. In der Forschung ist der Einfluss der „Magnaten“ auch auf die Besetzung der Landämter hervorgehoben worden: M, RzaÀ dzaÀ cy i rzaÀ dzeni, 235. 221
2.2 Der Hof
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wohl auch als Antwort auf ein Pamphlet lesen, das zwischen dem Interregnum von 1587 und dem beginnenden Rokosz regelmäßig in verschiedenen Versionen auftauchte. Diese Exorbitantien, die durch die Person des Kanzlers vorfielen sind ein Generalangriff auf Zamoyski, dessen Tugendhaftigkeit und Hingabe für das Gemeinwohl prinzipiell in Frage gestellt werden.222 Alle verschiedenen Redaktionen des Textes durchziehen gleichermaßen Vorwürfe, der Kanzler habe den Monarchen manipuliert beziehungsweise sein Amt nur genutzt, um seinen persönlichen Vorteil und den seiner Gefolgsleute und Vertrauten zu mehren. Die Hauptanschuldigung gegen Zamoyski lautet dabei, er habe sich systematisch der Korruption schuldig gemacht. Auch wenn der Begriff selbst nicht fällt, suggerieren doch alle beigebrachten Beispiele eben dieses Vergehen: er habe Gelder aus dem Kronschatz veruntreut und sich seine außen- wie innenpolitischen Missetaten von interessierter Seite vergüten lassen, seinen eigenen Neffen Güter verschafft ebenso wie seinem Getreuen Zebrzydowski, er habe Ämter widerrechtlich kumuliert und diese Machtposition genutzt, um nach seinem alleinigen Gutdünken Privilegien und Würden an ihm genehme Kandidaten zu vergeben: „Eben der wollte sämtliche Ämter der Krone in seiner Hand haben und vollkommen nach seinen Dünken damit umgehen.“223 Die hier geäußerten Vorwürfe entsprechen einem zeitgenössisch verbreiteten weiten Korruptionsbegriff. Jener konnte nur das Handeln gegen das Interesse des Gemeinwohls, sondern auch das Verderben des Gemeinwesens an sich implizieren, wovor ebenfalls die Exorbitantien als Ergebnis von Zamoyskis Handeln warnen.224 Im fließenden Übergang zwischen beiden Bedeutungsebenen zeichnet sich geradezu exemplarisch die Schwierigkeit ab, zwischen „privat“ und „öffentlich“ zu unterscheiden. Dabei ist gerade in der jüngeren Forschungsdiskussion versucht worden, einen analytischen Korruptionsbegriff für die Frühe Neuzeit zu rehabilitieren.225 Auch für die polnisch-litauischen Verhältnisse 222
Zur Überlieferungsgeschichte: S, Z, ,Egzorbitancje‘ Jana Zamoyskiego. Z dziejo´w pamfletu politycznego w Polsce, in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 5 (1960), 145–172. 223 Eksorbitancje, kto´re sie˛ działy przez osobe˛ kanclerza, in: Archiwum Jana Zamoyskiego kanclerza i hetmana wielkiego koronnego. Tom 4: 1585–1588, ed. v. Kazimierz Lepszy, Krako´w 1948, 310–312, 311. 224 Ebenda. Zum zeitgenössischen Korruptionsbegriff in Polen-Litauen: KA˛KOLEWSKI, IGOR, Antoni Ma˛czak – inspiracje, Kulka uwag na temat badan´ korupcji w polskolitewskiej Rzeczypospolitej w epoce wczesnonowoz˙ytnej, in: Barok 12.2(24) (2005), 133–140, 137 f. 225 G, N, ,Und sie wissen nicht, was es ist‘. Ansätze und Blickpunkte historischer Korruptionsforschung, in: ders. / Simona Slanicˇka (Hg.), Korruption. Historische Annäherungen an eine Grundfigur politischer Kommunikation, Göttingen 2010, 11–34; ., Anfechtung und Legitimation. Beobachtungen zum Vergleich politischer Korruptionsdebatten in der Frühen Neuzeit, in: ebenda, 409–426, 409–412; L P, L,
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scheint in diesem Kontext die Feststellung zu gelten, dass die Korruption als politisches Argument immer diejenige der anderen ist. Brokerage als zentrales Element, um die Vergabe von Ämtern zu organisieren, stellte – wie beschrieben – auch für die Zeitgenossen eine Selbstverständlichkeit dar. Dass also Zamoyski seinem Neffen oder seinem Vertrauten Zebrzydowski behilflich war, Ämter und Güter verliehen zu bekommen, konnte schwerlich als eine widerrechtliche Ausnahme an sich erscheinen. Gleichzeitig darf vorausgesetzt werden, dass eben diese Mechanismen dem normativen Diskurs von Magistraten und Gemeinwesen widersprachen, wie sie die politische Theorie, aber auch die offiziellen Begründungen der Vergabepraxis etabliert hatten. Nichtsdestoweniger entsprang gerade aus der Diskrepanz zwischen ökonomischen und machtpolitischen Interessen, familiären Verpflichtungen wie freundschaftlichen Allianzen einerseits und der omnipräsenten Norm von Tugendhaftigkeit und Gemeinwohlorientierung andererseits das fruchtbare polemische Potential des Korruptionsvorwurfes. Schließlich waren es die gleichen Akteure, die sich um jeden Preis mit Amtswürden, Chargen und Gütern die Präeminenz des eigenen Hauses sichern mussten, deren dignitas sich jedoch nicht zuletzt aus ihrer Rolle als vorbildlich tugendhafter Adliger und Würdenträger speiste. Wenn man den Entstehungskontext der gegen Zamoyski gerichteten Schrift näher betrachtet, entpuppen sich die Exorbitantien als eine vielseitig einsetzbare Waffe. Das erneute Auftauchen des Pamphlets im beginnenden Rokosz darf dabei eindeutig als eine Stellungnahme gegen die Aufständischen gewertet werden, die sich in mehrfacher Hinsicht wesentlich auf den 1605 verstorbenen Kronkanzler bezogen. Die ursprüngliche Intention hingegen war wohl in dem scharfen Konflikt zwischen der Familie Zborowski, den mutmaßlichen Auftraggebern der Exorbitantien, und Zamoyski wie König Stephan Ba´thory zu suchen.226 Somit wurde der Angriff auf den Kronkanzler zu einer abgeleiteten Attacke auf den Monarchen selbst. Die Vorwürfe wendeten sich also ebenso gegen einen König, der seinen Kanzler nicht nur gewähren ließ, sondern auf diese Weise selbst in den Verdacht geraten musste, der Korruption Vorschub zu leisten. Hierin spiegelte sich eine Logik, die einerseits die Verantwortung für die iustitia distributiva als einer der wichtigsten monarchischen Prärogativen unterstrich und die Rolle der Amtsträger für deren angemessene Umsetzung normativ überhöhte, andererseits Corruption at the Court of James I. The Undermining of Legitimacy, in: Barbara C. Malament (Hg.), After the Reformation (FS J. H. Hexter), Manchester 1980, 75–93; ., Court patronage and corruption in early Stuart England, London 1991, bes. 30–46. 226 S, ,Egzorbitancje‘ Jana Zamoyskiego, 170–172. Ausführlich zum Verhältnis zwischen den Zborowskis, Zamoyski und Ba´thory: D-U, E, Me˛z˙owie stanu, awanturnicy czy zdrajdcy? Dzieje rodu Zborowskich w XVI wieku, Warszawa 2018, 362–542.
2.3 Die Ständeversammlungen
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aber genauso wenig auf den königlichen Hof mit all seinen Ungewissheiten und personellen Konstellationen wie dem hiermit verbundenen Mechanismus von Brokerage verzichten konnte.
2.3 Die Ständeversammlungen Mittelalterliche und frühneuzeitliche Parlamente, so hat Antonio Marongiu in seiner bis heute wichtigen Studie konstatiert, waren Foren, auf denen sich Repräsentation und Entscheidungsfindung „within the limits imposed by the authority of sovereign and government“ abgespielt hätten.227 Zwar erscheint im allgemeinen europäischen wie im speziellen polnisch-litauischen Kontext die ahistorisch undifferenzierte Rede von der „Souveränität“ problematisch. Dennoch bleibt zu konstatieren, dass es sich auch beim Sejm um keine originär von unten gegen den Monarchen durchgesetzte oder agierende Größe handelte. Der Sejm entwickelte sich dabei nicht nur seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert aus dem engeren königlichen Rat heraus, sondern blieb vor allem Zeit seiner Existenz auf die Einberufung durch den Monarchen angewiesen. Dies galt demnach auch für die Zeit nach der polnisch-litauischen Unionsakte von 1569, durch die dem Sejm als einzige gemeinsame Institution des Königreichs Polen und des Großfürstentums Litauen eine hervorgehobene Stellung zukam.228 In den anlässlich der Wahl Heinrich Valois‘ im Jahr 1573 formulierten Articuli Henriciani wurde schließlich die zweijährliche Periodizität des Parlaments festgelegt.229 Dies verpflichtete den König und Großfürsten zwar zur Einberufung, zugleich jedoch stand es ihm frei, auch über den biannuellen Rhythmus hinaus Sejmsitzungen anzuberaumen, die sich spätestens als „außerordentlicher Sejm“ ab den 1620er Jahren zu einem wirksamen Instrument monarchischer Politik und Interessendurchsetzung entwickeln sollten.230 Dass ein Sejm ohne die Anwesenheit des Monarchen 227
M, A, Medieval Parliaments. A comparative study, London 1968,
53. 228
Zusammenfassend L, Vom dynastischen Unionsreich zur parlamentarischen Union. 229 Artykuły Henrykowskie [17 maja 1573 r.], in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 326–329, hier 328; zu Debatten und Praktiken der Tagungsfrequenz: S-G, Sejm w latach 1540–1587, 124–128. 230 O, E, Sejm srebrnego wieku (1587–1652), Warszawa 2001, 15 f., 44; zur Forschungsauseinandersetzung über die Institution des außerordentlichen Sejms: L-M, I, Sejmy nadzwyczajne w dziejach polskiego parlamentaryzmu, in: Studia z dziejo´w pan´stwa i prawa polskiego 10 (2007), 51–62. Zur verstärkten Nutzung dieser Beratungsform ab den 1620er Jahren: ebenda 55. In diesem Sinne liegt auch eine umfassende Studie für die Herrschaftszeit Władysław IV. vor: P,
246
2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
ablief, war in diesem Sinne eine seltene Ausnahme. Für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts hat man hierbei sieben solcher Fälle gezählt, im 17. Jahrhundert schien generell ein Sejm ohne König bereits so undenkbar, dass letzterer auch in siechem Zustand auf dem Krankenlager beiwohnte.231 In diesem Zusammenhang machte sich einerseits ab dem ausgehenden 16. Jahrhundert zusehends die Vorstellung bemerkbar, der Monarch gehöre integral zu den drei Ständen des Sejms232 – eine zeitgenössische Sichtweise, die in erster Linie als Beschränkung monarchischer Herrschaftskompetenzen interpretiert worden ist.233 Andererseits signalisierte dies jedoch den originär monarchischen Charakter des Sejms.234 Entsprechend scheint es problematisch, eine allzu klare Entwicklungsgeschichte des Sejms zu konstruieren, die von einem über dem Gremium stehenden – und damit nicht unabkömmlichen – Monarchen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts hin zu einem allein im Rahmen des Sejms legitimierten Monarchen mit stark beschnittenen Herrschaftsrechten des 17. Jahrhunderts führt.235 Als wegweisender Einschnitt für die weitere institutionelle Ausformung des Sejms gilt die 1505 verabschiedete Konstitution Nihil novi.236 Dabei ist die rechtlich fixierte Auslegung der Entscheidungskompetenzen von Monarch, Senat und Landbotenkammer keineswegs isoliert zu betrachten, sondern gehörte zu einer ganzen Serie von nun verschrifteten und – durch die Gesetzesform – verrechtlichten Definitionen der Gemeinwesenstrukturen seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, die alsbald auch Eingang in die Rechtssammlung des Kronkanzlers Jan Łaski finden sollten.237 Dies betraf neben dem Definitionsversuch politischer Repräsentation durch den Sejm beispielsweise ebenso die juridische Kompetenzabgrenzung der höchsten Zen-
P, W obliczu ,nagłych potrzeb‘ Rzeczypospolitej. Sejmy ekstraordynaryjne za panowania Władysława IV Wazy, Torun´ 2005, bes. 24–26. 231 K, W, Sejm Rzeczypospolitej Szlacheckiej (do 1763 roku). Geneza i kryzys władzy ustawodawczej, Warszawa 1995, 103 f., 162; C, W, Sejm w latach 1587–1696, in: Jerzy Michalski (Hg.), Historia Sejmu Polskiego. Tom 1, 217–299, 284. 232 C, Sejm w latach 1587–1696, 285. 233 Ebenda, 284; K, Sejm Rzeczypospolitej szlacheckiej, 23 f. 234 B, J, Sejm Dawnej Rzeczypospolitej, in: ders. (Hg.), Dzieje Sejmu polskiego, Warszawa 1997, 7–97, 51. 235 K, Sejm Rzeczypospolitej szlacheckiej, 34–42. 236 Das narrative Einsetzen mit dem Jahr 1505 suggeriert dabei sicherlich zu stark eine Diskontinuität und ein Abscheiden der Entwicklungen des 14. und 15. Jahrhunderts als „mittelalterlich“ von einer „frühneuzeitlichen“ Sejmgeschichte ab dem 16. Jahrhundert. Selbstverständlich setzt die politische Repräsentationsgeschichte in Polen jedoch nicht erst mit dem beginnenden 16. Jahrhundert ein, auf die vorhergehende Entwicklung kann hier jedoch aus pragmatischen Gründen nicht näher eingegangen werden. 237 Vgl. Kap. 1.4, S. 130–134.
2.3 Die Ständeversammlungen
247
tral- und Hofämter mit den sogenannten Alexander-Statuten von 1504 oder auch die Festlegungen zur Funktionsweise des Verteidigungswesens durch die Gesetze der Jahre 1503 und 1506.238 Die Konstitution Nihil novi basierte auf der Grundannahme, dass allgemeine Rechte und Gesetze nicht allein Einzelne beträfen, sondern „communem populum“.239 Entsprechend konzedierte der Monarch, zukünftig solle „nihil novi constitui […] per Nos et successores Nostros sine communi Consiliarorum et Nuntiorum Terrestrium consensu.“240 Unschwer erkennbar basierte solch eine Annahme auf dem im Römischen beziehungsweise dann im Kanonischen Recht verbreiteten Grundsatz des „quod omnis tangit“.241 Mithin lag von nun an alle Gesetzgebung, die das Königreich Polen betraf, in den Händen von König und Sejm. Letzterer beanspruchte seither auch eine Kontrolle über die königlichen Finanzen und das Allgemeine Aufgebot.242 Dass die Beteiligung der Landbotenkammer an der Gesetzgebung ihrer tatsächlichen Durchsetzung gegenüber König und Senat allerdings noch länger harrte, sollten die Auseinandersetzungen der ersten wie der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts deutlich machen. Die explizite Festlegung einer gleichberechtigten Mitbestimmung von König, Senat und Landboten in der Gesetzgebung verband sich gleichzeitig mit der schon zuvor geübten Regel der unanimitas. Das Konsensprinzip stellte in der praktischen Entwicklung aller Ständeversammlungen einen wesentlichen Faktor dar.243 Er bezog sich dabei weniger darauf, eine Minderheit durch einen Mehrheitsbeschluss im modernen Sinne zu verpflichten als auf die „Bindung des Einzelnen an den Konsens der Gemeinschaft.“244
238
Statuta Alexandri Regis Petricoviae Sancita Anno 1504, in: Volumina Constitutionum. Tom 1: 1493–1549, Volumen 1: 1493–1526, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 1996, 128–130; Articuli pro defensione Reipublicae, in: ebenda, 118–122; Constitutiones sive decreta in conventione generali Lublinensi per Regiam maiestatem et Consiliarios Regni facta, in: ebenda, 176–181. 239 Alexandri Regis decreta in Comitiis Radomiensibus anno 1505, in: Volumina Constitutionum. Tom 1: 1493–1549, Volumen 1: 1493–1526, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 1996, 138–143, 138. 240 Ebenda. 241 G, Teoria reprezentacji, 227–231. 242 U, Sejm walny koronny, 127–147. 243 C, Y M.-J., Quod omnes tangit, 221–224, 23–243. Michael Graves identifiziert hingegen das Prinzip der unanimitas in seiner europäischen Gesamtdarstellung tendenziell als spezifisch polnisches Phänomen: G, M A. R., The Parliaments of Early Modern Europe (1400–1700), Oxon / New York 2001, 102 f., 150. 244 E, W, Herrscher und Stände, in: Iring Fetscher / Herfried Münkler (Hg.), Pipers Handbuch der politischen Ideen. Bd. 2 Mittelalter: Von den Anfängen des Islams bis zur Reformation, München 1993, 467–551, 486.
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
2.3.1 Sejmiki: Die Organisation regionaler Adelsgemeinschaft Die Landbotenkammer setzte sich aus den Vertretern der einzelnen regionalen Gremien des Adels zusammen. Als nuntii terrestri waren deren Vertreter auf dem zentralen Reichsgremium des Sejms mithin zunächst Repräsentanten der dezentralen Sejmiki. Die langanhaltende historiographische Diskussion über die gesellschaftliche Reichweite dieser Sejmiki und die soziale Zusammensetzung von deren Vertretern auf dem Sejm hat angesichts zahlreicher Einzelstudien zu differenzierten Forschungsergebnissen geführt. In der Gesamtschau ergibt sich jedoch ein recht diffuses Bild.245 Grundsätzlich verfügte jede der Wojewodschaften – als historisch gewachsene administrative Einheit – über einen eigenen Sejmik. Dabei schlossen sich im Laufe der Zeit einige Wojewodschaften zu gemeinsamen Sejmiki zusammen, wie etwa Kalisch und Posen zum Sejmik von S´roda, Inowrocław und Brzes´c´ Kujawski bildeten eine gemeinsame Versammlung in Radziejo´w, die beiden Wojewodschaften der 1563 in die Krone Polen inkorporierten Herzogtümer Auschwitz und Zator verfügten über einen Sejmik in Zator. Die fünf ruthenischen Wojewodschaften schließlich versammelten sich in den Sejmiki von Halicz, Sa˛dowa Wisznia und Chełm.246 Im Gegensatz zu diesen lokalen Zusammenschlüssen verfügten alle Wojewodschaften im Goßfürstentum Litauen über einen eigenen Sejmik, was sich aus der erst im 16. Jahrhundert
245 Zu den kronpolnischen Sejmiki: K, W, Sejmiki Rzeczypospolitej szlacheckiej w XVII–XVIII wieku, Warszawa 1991; ein älterer Forschungsüberblick bei L, A, Sejmiki w dawnej Rzeczypospolitej. Problemy badawcze, in: Czasopismo prawno-historyczne 48.1 / 2 (1996), 47–54. Daneben zahlreiche Einzelstudien (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): P, S, Sejmiki i zjazdy szlacheckie wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Ustro´j i funcjonowanie (1572–1632), Krako´w 1984; F-K, A, Sejmik sieradzki za Wazo´w (1587–1668), Opole 1989; C-M, J, Sejmiki mazowieckie w dobie Wazo´w, Warszawa 1998; U, M, Sejmik lubelski (1572–1696), Warszawa 2003; T, J, Sejmik chełmski za Wazo´w (1587–1668), Lublin 2004; M, K, W strone( integracji z Korona( . Sejmiki Wołynia i Ukrainy w latach 1569 – 1648, Warszawa 2006; K, A, Sejmik ziem lwowskiej, przemyskiej i sanockiej w Sa˛dowej Wiszni za panowania Wazo´w (1587–1668), Przemys´l 2018. Zu Litauen: Z, A B., Sejmiki Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego XVI–XVIII w., Warszawa 2000. Zum masowischen und zum preußischen Generalsejmik: G, J A, Sejmik generalny ksie˛stwa mazowieckiego na tle ustroju sejmikowego Mazowsza, Wrocław 1948; N, Z, Sejmik generalny Prus Kro´lewskich (1569–1772). Organizacja i funkcjonowanie na tle systemu zgromadzen´ stanowch prowincji, Torun´ 1992; A, S, Sejmik generalny Prus Kro´lewskich w latach 1526–1772, Olsztyn 2016. 246 Überblickende Zusammenfassungen der geographischen Aufteilung der polnischen und litauischen Sejmiki bei: K, Sejmiki Rzeczypospolitej szlacheckiej, 29–34; C, Sejm w latach 1587–1696, 218 f.
2.3 Die Ständeversammlungen
249
zentral eingeführten Wojewodschaftsstruktur erklärte, die im Zuge der Bemühungen um eine Realunion nach polnischem Muster etabliert wurde.247 Neben den Sejmiki einzelner beziehungsweise weniger vereinter Wojewodschaften existierte in der Krone Polen auch die Form von Generalsejmiki. Wie die Sejmiki wurden auch die sogenannten Generalsejmiki vom Monarchen einberufen. Sie fanden als beratende Zusammenkünfte zeitlich vor den Zusammenkünften des Sejms statt und erlaubten die inhaltliche Abstimmung von historischen Großregionen vor den Verhandlungen des zentralen Reichstages. Diese Versammlungen, die sich an den territorialen Einheiten Kleinpolen, Großpolen, Masowien, Preußen, dann auch Ruthenien und schließlich Litauen orientierten, wiesen jeweils eine recht unterschiedliche Relevanz auf.248 Die Rolle einer innerlitauischen Verständigungsinstanz für Landesangelegenheiten übernahm vielmehr nach und nach die sogenannte „Konvokation“, die in der Wahrnehmung der Zeitgenossen durchaus eine potentielle Konkurrenz für den zentralen Unions-Sejm darstellte.249 Letztlich 247
Z, Sejmiki Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego, bes. 20 f. Für Preußen etwa hat man auf die durchgehende Relevanz des Generalsejmiks / Generallandtags bis ins 18. Jahrhundert hingewiesen: F, K, Politisches Landesbewußtsein und seine Trägerschichten im Königlichen Preußen, in: Nordost-Archiv 6.2 (1997), 541–564, 548. Die allgemeine Diskussion über die kurze Phase effektiver Bedeutung der Generalsejmiki gestaltete sich dabei als Schlagabtausch zwischen Edward Opalin´ski und Urszula Augustyniak. Während letztere darauf verwies, dass der Monarch selbst wenig Interesse an einer Aufrechterhaltung dieser Versammlungsform besaß, die die Formierung ihm gegenüber oppositioneller Meinungen erleichterte, besteht Opalin´ski vor allem darauf, die Generallsejmiki seien insbesondere den „Magnaten“ ein Dorn im Auge gewesen, da sie deren Einfluss auf den Sejmiki geschwächt hätten. In ihrer Historia Polski konzediert Augustyniak schließlich, dass ein ordnungsgemäßes Funktionieren der Generalsejmiki die „Manöver von Faktionen“ erschwert habe (108). An dieser Stelle sei nur darauf hingewiesen, dass in beiden Argumentationen nicht nur implizit auf ein überholtes Bild von magnatischer Patronage und Einflussnahme als Einbahnstraße von Oben nach Unten rekurriert wird. Entsprechend wird das Bild der Sejmiki als Forum eines ferngesteuerten mindermächtigen Adels gezeichnet, das nach den Überlegungen von Jolanta Choin´ska-Mika zu den Sejmiki wohl differenzierter zu betrachten wäre (C-M, Sejmiki mazowieckie). Zu der referierten Diskussion: A, U, Informacja i propaganda w Polsce za Zygmunta III, Warszawa 1981, 62; O, E, Rez. U. Augustyniak: Informacja i propaganda, in: Acta Poloniae Historica 51 (1985), 204–208; ., Kultura polityczna, 248–250; A, Historia Polski, 107 f. An anderer Stelle wurde der Bedeutungsverlust der Generalsejmiki durch eine wachsende Opposition dem Monarchen gegenüber erklärt: H, S, Praktyka parlamentarna za panowania Władysława IV Wazy, Wrocław 1991, 15. Angesichts der Auseinandersetzung über die Einflüsse von Monarch oder „Magnaten“ scheint hingegen bislang die Überlegung zu fehlen, inwieweit das langsame Verblassen dieser Institution nach einer kurzen Blüte im 16. Jahrhundert nicht insbesondere mit zunehmenden Zentralisierungsund Vereinheitlichungstendenzen im Doppelreich zu erklären wäre. 249 R, A, Wielkie Ksie˛stwo Litewskie w systemie parlamentarnym Rzeczypospolitej w latach 1569–1763, Warszawa 2002, 243–287. 248
250
2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
galt jedoch, dass die zentrale Ständeversammlung des Doppelreiches das entscheidende Forum politischer Repräsentation bildete.250 Während die intermediäre Ebene politischer Repräsentation institutionell prekär blieb, konzentrierte sich die soziopolitische Organisation des Gemeinwesens unterhalb des Sejms in erster Linie in den Sejmiki. Letztere sind von der Forschung in verschiedene analytische Typen unterteilt worden, deren Kategorisierung sich an der jeweiligen Funktion der Versammlung orientiert. Die zeitlich stets vor den Sejmen stattfindenden und vom Monarchen einberufenen Sejmiki werden dabei als Sejmiki im Vorfeld des Sejms (sejmiki przedsejmowe) bezeichnet, auf denen man die Abgeordneten für die Landbotenkammer wählte und im Anschluss an die Diskussion der königlichen Proposition eigene Forderungen und Anliegen formulierte. Mit diesen Wahlsejmiki korrespondierten wiederum die ab den 1590er Jahren etablierten Relationssejmiki (sejmiki relacyjne), auf denen die Sejmabgeordneten Rechenschaft über den vergangenen Reichstag abzulegen hatten.251 Allen Sejmikversammlungen war hingegen deren eminente Funktion als lokaler beziehungsweise regionaler Kommunikationsknotenpunkt gemein. Die Sejmikverhandlungen selbst boten Anlass für die lokalen beziehungsweise regionalen Eliten, Informationen auszutauschen. Neuigkeiten wurden dabei im Anschluss hieran auch mündlich und über Korrespondenzen sowohl regional als auch teils reichsübergreifend weitergetragen.252 Darüber hinaus veröffentlichte man die Sejmikbeschlüsse selbst in den sogenannten 250 P, U, Stanowisko szlachty Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego wobec instytucji sejmu walnego w XVI wieku, in: Andrzej Stroynowski (Hg.), Kultura parlamentarna epoki staropolskiej, Warszawa 2013, 143–156. Für das Königliche Preußen war dies jedoch in der zeitgenössischen Wahrnehmung nur mit Einschränkungen der Fall: F, K, Citizenship in the Periphery. Royal Prussia and the Union of Lublin 1569, in: dies. / Barbara Pendzich (Hg.), Citizenship and identity in a multinational commonwealth. Poland-Lithuania in context (1550 – 1772), Leiden u.a. 2009, 49–69. 251 Daneben existierten Wahlsejmiki (sejmiki elekcyjne), die vom jeweiligen Wojewoden als Würdenträger der Krone festgesetzt wurden und Personalvorschläge für die Nachbesetzung vakanter Lokalämter machten, sowie die sogenannten Deputationssejmiki (sejmiki deputackie). Diese Versammlungsform wiederum diente der Wahl von Abgeordneten zu den jeweiligen Ländertribunalen der Krone und des Großfürstentums, eine Neuerung, die seit der Schaffung einer ständisch-adligen Hochgerichtsbarkeit im Jahre 1578 notwendig geworden war. Eine darüber hinaus gehende Sonderform stellten gewissermaßen die Konföderationssejmiki dar, die in Zeiten eines Interregnums parallel zur jeweils reichsweiten geschlossenen Konföderation als Landfriedensregelung die lokale Friedenswahrung und das basale Funktionieren des Gemeinwesens zu verantworten hatten. Einen Überblick über die verschiedenen Formen von Sejmiki bieten: K, Sejmiki Rzeczypospolitej szlacheckiej, 36–41; C, Sejm w latach 1587–1696, 236–238; C-M, Sejmiki mazowieckie, 15–23; speziell zu den litauischen Sejmiki: Z, Sejmiki Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego, 131–189. 252 C-M, Mie( dzy społeczen´stwem szlacheckim a władza( , bes. 57–67.
2.3 Die Ständeversammlungen
251
Burgbüchern (ksie˛gi grodzkie) der lokalen Verwaltungszentren, welche auch für all diejenigen Adligen einsehbar waren, die nicht am Sejmik teilgenommen hatten.253 Ein zentrales Problem hingegen stellt die Frage nach der Partizipation an den Sejmiki dar. Grundsätzlich hatte jeder Adlige das Recht, an den Versammlungen teilzunehmen, obgleich das Stimmrecht teils an Grundbesitz gebunden wurde.254 Zusätzlich fanden sich unter Umständen auch Vertreter etwa der Domkapitel oder Städte des betroffenen Gebietes als Beobachter ein, um über die Beschlüsse auf dem Laufenden zu bleiben oder ihre Anliegen einzubringen.255 Welcher Prozentsatz des Adels hingegen tatsächlich von der theoretisch offen stehenden Teilhabe an der politischen Repräsentation Gebrauch machte, bleibt umstritten. Die Schätzungen differieren dabei erheblich. So schwanken Berechnungen, wie viele der Adligen an den Sejmiki im Reichsdurchschnitt teilnahmen, zwischen einem Viertel bis lediglich vier bis sechs oder gar nur drei Prozent, wobei auch die Zahlen in Bezug auf einzelne Sejmiki hoch umstritten sind.256 Im Schnitt lässt sich wohl ein Kern von wenigen Dutzend Personen identifizieren, die dauerhaft zu den Sejmikeliten gehörten. So lässt sich für die Sejmiki lediglich die Annahme festhalten, dass sich neben den Würdenträgern zu den Verhandlungen hauptsächlich der Adel aus der Umgebung des Sitzungsortes einfand. Ergänzt wurde diese Gruppe durch Adlige aus entfernteren Teilen der Wojewodschaften, denen eine Reise zum Sejmik wirtschaftlich möglich war oder die spezifische Anliegen vorzubringen hatten.257 Solch eine nüchterne Sichtweise 253
Ebenda, 54. Ebenda, 23–25. 255 Ebenda, 36 f.; ., Sejmiki mazowieckie 56–68. Die Situation im Königlichen Preußen stellte sich anders dar. Neben den kleineren Städten, die auch hier mit Beobachtern vertreten waren, besaßen die großen Städte, Danzig, Elbing und Thorn einen festen Platz innerhalb des Sejmiks: N, Sejmik generalny Prus Kro´lewskich, 105–114, 143 f. 256 C-M, Mie( dzy społeczen´stwem szlacheckim a władza( , 31. Die divergierenden Ansichten resultieren dabei zum einen aus der schwierigen Quellenlage, zum anderen aus Forschungsannahmen, die sich bei näherem Hinsehen als problematisch erweisen. Zunächst wurden keine Teilnehmerlisten der Sejmiki geführt und unter den jeweiligen Beschlüssen finden sich in der Regel lediglich die Unterschriften der hochrangigen Vertreter. Waren die Senatoren und die Inhaber der Lokal- beziehungsweise Landesämter als königliche Würdenträger und Repräsentanten der Krone in den Regionen theoretisch zur Teilnahme verpflichtet, ist gerade bei letzterer Gruppe davon auszugehen, dass nur ein Teil dieser niederen Amtsinhaber solcher Obligation nachkam. 257 Ebenda, 35 f.; zu einem ähnlichen Ergebnis auf Basis der Analyse von zeitgenössischen Egodokumenten kommt G-D, R, Postrzeganie przez szlachte˛ w epoce staropolskiej w s´wietle memuaro´w i utworo´w literackich, in: Andrzej Stroynowski (Hg.), Kultura parlamentarna epoki staropolskiej, Warszawa 2013, 61–74, 62 f. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass in bestimmten Situationen eine massenhafte Beteiligung an den Sejmiki festzustellen war, was etwa Opalin´ski besonders hervorhebt: O, Sejm srebrnego wieku, 31 f. 254
252
2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
auf die Sejmiki relativiert zum anderen die immer wieder vorgebrachte emphatische Behauptung, bei den Sejmiki habe es sich um das breite Forum eines schwer fassbaren „Mitteladels“ gehandelt.258 Die Sejmiki waren nicht allein Kommunikationsknotenpunkte auf lokaler Ebene. Wie beispielsweise der königliche Emissär Andrzej Opalin´ski dem Monarchen vom großpolnischen Sejmik der Wojewodschaften Posen und Kalisch im Januar 1600 berichtete, dienten sie zugleich dem Austausch zwischen den verschiedenen Wojewodschaften und Regionen. Dabei vermerkte der Probst von Płock, dass sich Abgesandte der Stadt Danzig eingefunden hatten, die in ihren Auseinandersetzungen mit dem König Unterstützung erbaten. Ebenso waren Vertreter der litauischen Familie Radziwiłł-Birsen anwesend, die auf der Suche nach Verbündeten in ihrem aktuellen Konflikt mit den Chodkiewicz um die Eheschließung Janusz Radziwiłłs mit Zofia von Słuck waren.259 Mit deutlichem Missfallen notierte Opalin´ski weiterhin, auch Repräsentanten aus Kleinpolen seien auf dem großpolnischen Sejmik anwesend.260 Entsprechend würden durch einige Teilnehmer politische und konfessionelle Konfliktlinien „aus anderen Wojewodschaften mit Hilfe stiller Praktiken (sc. Verschwörungen, K.L.)“ in den Sejmik hineingetragen.261 Diese Feststellung bleibt in Hinsicht auf die politischen Kommunikationsprozesse für das Doppelreich bemerkenswert, selbst wenn hierin in erster Linie wohl eine apologetische Volte Opalin´skis zu sehen ist. Schließlich war er als Überbringer der königlichen Proposition für den Sejm auch verantwortlich für deren Akzeptanz durch den Sejmik. Denn die Beratung über die Proposition stellte neben der Abgeordnetenwahl dessen vornehmste Aufgabe im Vorfeld der zentralen Ständeversammlung dar. Die Schwierigkeiten, auf die Andrzej Opalin´ski zu Beginn des Jahres 1600 in diesem Zusammenhang auf dem Sejmik von S´roda stieß, waren für ihn wohl am einfachsten störenden Elementen von außerhalb anzulasten. Nichtsdestoweniger zeigt die Korrespondenz des Emissärs mit dem Unterkanzler Piotr Tylicki einerseits, wie intensiv die zentralen Amtsträger und der Monarch über die Vor258
Vgl. die Einleitung, S. 33 f. List ks. Andrzeja Opalin´skiego, proboszcza płockiego, do ks. Piotra Tylickiego, biskupa warmin´skiego i podkanclerza koronnego, z wiadomos´ciami o przebiegu sejmiku przedsejmowego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego, z S´rody 14 stycznia 1600r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 217–219, 218. Zum Konflikt zwischen den Radziwiłł-Birsen und den Chodkiewicz vgl. ausführlich Kap. 3.2, S. 336–339; zum Aufstieg der Familie Chodkiewicz: Z˙ojdz´, Wszyscy ludzie kro´la, 283–327. 260 Ebenda. 261 List ks. Andrzeja Opalin´skiego, proboszcza płockiego, do kro´la z wiadomos´ciami o przebiegu sejmiku przedsejmowego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie, pisany ok. 17 stycznia 1600 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 227. 259
2.3 Die Ständeversammlungen
253
gänge auf den Sejmiki unterrichtet waren, und andererseits die königlichen Interventionsversuche auf die Sejmikibeschlüsse im Vorfeld des Sejms. Der Vertreter des Königs bemühte sich an einigen Stellen vergebens um Einflussnahme. Es gehörte aber zu seinen sichtlichen Erfolgen, zumindest einen Großteil der anwesenden Senatoren auf die monarchische Linie verpflichtet zu haben.262 Auch wenn der großpolnische Sejmik angesichts der sehr unterschiedlichen regionalen Konstellationen im Doppelreich kaum als exemplarisch gelten kann, so wird dennoch in den durchaus auch für die anderen Sejmiki beispielhaften Anstrengungen des Königs die enge Verflechtung von zentraler Herrschaft und lokalem Mitherrschaftsanspruch des Adels deutlich.263 Hierzu gehörte auch die Dialogizität zwischen der königlichen Proposition, die durch die Emissäre auf den Sejmiki vorgestellt wurde, und den Instruktionen für die Sejmabgeordenten, die der Sejmik seinerseits verabschiedete. Im Fall des großpolnischen Sejmiks von S´roda wies letztere im Jahr 1600 eine recht typische Umkehrung und Erweiterung der Themenhierarchie gegenüber der Proposition auf.264 So ging die Sejminstruktion eher am Rande auf die großen Fragen von Friedens- und Bündnispolitik mit Moskau, dem Osmanischen Reich oder den Krimtataren ein, die die ersten Punkte der monarchischen Ausführungen bestimmten.265 Die von Sigismund III. ebenso ausführlich begründete Notwendigkeit, eine Expedition anzutreten, um seinen schwedischen Erbthron zurückzugewinnen, stieß hingegen auch beim großpolnischen Sejmik auf ein deutliches Echo. Anders als vom Monarchen vorgegeben, zeigten sich die Sejmikbeschlüsse einer steuerfinanzierten Umsetzung dieses Vorhabens gegenüber äußerst zurückhaltend. Breiteren Raum nahm im Gegensatz zu den königlichen Vorstellungen auch eine Reform des Sitzungsprozederes des Sejms ein. Unter anderem wollte man sich in S´roda dessen versichern, dass die Verschriftung der Sejmbeschlüsse nicht allein wie bisher der königlichen Kanzlei und einigen wenigen Sejmteilnehmern nach dem offiziellen Ende der Beratungen überlassen würde. Auch der in ver262
List ks. Andrzeja Opalin´skiego do ks. Piotra Tylickiego, 219. Zur Rolle der königlichen Legation: L-M, I, Rola legacji i propozycji kro´lewskiej w procedurze ustawodawczej na sejmach walnych koronnych za panowania Zygmunta III Wazy, in: Krakowskie studia z historii pan´stwa i prawa 2 (2008), 91–119, 92–94. 264 Instrukcja dana posłom sejmowym z sejmiku przedsejmowego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie 17 stycznia 1600 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 219–224. 265 Legacja dana ks. Andrzejowi Opalin´skiemu, proboszczowi płockiemu, posłowi kro´lewskiemu na sejmik przedsejmowy w S´rodzie 12 stycznia 1600 r., z Niepołomic 20 listopada 1599 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 212–217. 263
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
schiedenen Kontexten stetig wiederholte Anspruch, der Sejm solle die vom Monarchen vorgenommenen Nobilitierungen überprüfen und approbieren können, gehörte zum Forderungsrepertoir der Adelsversammlung von Posen und Kalisch. Von Interesse sind im vorliegenden Zusammenhang jedoch vor allem die rhetorischen Strategien, die die jeweiligen politischen Vorstellungen von Sejmik und König begründeten. Diese Strategien beriefen sich dabei auf sehr divergierende Gemeinwesendefinitionen. In den Instruktionen des großpolnischen Sejmiks wird zwar die Untertanenschaft des Adels unter die königliche Herrschaft, seine Treue und Gefolgschaft betont. Dies verband man allerdings mit der klaren Erinnerung an das Vertragsverhältnis, auf dem solche Herrschaft beruhe. Sollte der Monarch seine Verpflichtungen aus der Wahlkapitulation nicht erfüllen, müsse dies zu weiteren, nicht näher definierten, Konsequenzen führen.266 Diese konfrontative Haltung des Sejmiks hinderte ihn jedoch keineswegs, den König in seiner zentralen herrscherlichen Rolle als obersten Richter und Monopolisten der iustitia distributiva anzurufen. Dies geschah – hier wie auch in allen anderen Sejmikinstruktionen – in den typischerweise am Ende angehängten „Petita“ an den Monarchen.267 Sigismund Wasa seinerseits erinnerte den Sejmik daran, dass „solche Versammlungen und Zusammenkünfte Euer Liebden auf den Sejmen der Grund und das Fundament sind, jeglicher Stützpfeiler der Anliegen Euer Liebden sind, auf dem alles, was nicht nur zum Schmuck, den Prärogativen und zu einem glücklichen Dasein, sondern zur Ganzheit Euer Liebden gehört, beraten und abgewägt wird.“268 Solche eine Anerkennung des Sejms mit den Abgeordneten als integralem Bestandteil erwies sich in der königlichen Argumentation jedoch in zweifacher Weise als ambivalent. Zum einen stand dahinter, mit Verweis auf die Verantwortung für die „Ganzheit“ des Gemeinwesens, die kaum kaschierte Mahnung an den Sejmik und dessen Sejmabgeordneten, von eigenen politischen Forderungen abzusehen. Dass demgegenüber zum anderen allein die königlichen Vorstellungen das Interesse dieser Gesamtheit vertraten, machte der Monarch bereits in seinen einleitenden Worten klar. Indem hier die klassische Vorstellung vom Gemeinwesen als Körper aufgenommen wird, erscheint „Seine Königliche Majestät als Kopf, als derjenige, auf den sich alles stützt.“269 Die Vorstellungen ihres jeweiligen Sejmiks auf dem zentralen Sejm zu vertreten, war Aufgabe der Landboten. Wie zumindest Sigismund III. den Instrukcja dana posłom sejmowym w S´rodzie 1600 r., 220. Ebenda, 224; allgemein: C-M, Mie( dzy społeczen´stwem szlacheckim a władza( , 119; O, Sejm srebrnego wieku, 39. 268 Legacja dana ks. Andrzejowi Opalin´skiemu posłowi kro´lewskiemu na sejmik przedsejmowy w S´rodzie 1600 r., 216. 269 Ebenda, 212. 266
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2.3 Die Ständeversammlungen
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idealen Abgeordneten verstanden haben wollte, mahnte er noch einmal im letzten Absatz seiner Instruktion für den Sejmik von S´roda an. Die Landboten von Posen und Kalisch sollten nicht nur kundige, verständige und gewissenhafte Repräsentanten auf dem Sejm sein, sondern – im Sinne der bereits erläuterten königlichen Argumentation – vor allem das Interesse des gesamten Gemeinwesens im Auge haben. Dafür müssten die großpolnischen Vertreter aber über Vollmachten verfügen, die es ihnen erlaubten, „sich mit den Abgeordneten aus den anderen Ländern zu vergleichen, und ebenfalls mit Seiner Königlichen Majestät und dem Kronrat der Respublica dies in Angriff zu nehmen, was der Respublica zum Besten gereiche und zu deren Sicherheit, dem Erhalt der Regierung und der Gerechtigkeit in ihr (der Respublica, K.L.) und der Freiheiten Euer Liebden diene.“270 Hinter dieser Forderung des Königs stand deutlich erkennbar die Erwartung, die Landboten sollten mit einer unbeschränkten Vollmacht für die Sejmberatungen versehen werden. Welchen Charakter die Vollmachten der Sejmiki für ihre SejmRepräsentanten besaßen, lässt sich nur eingeschränkt auf einen allgemeinen Nenner bringen. Man darf davon ausgehen, dass sowohl unter den letzten Jagiellonen wie unter den ersten Wasakönigen das Gros der Sejmiki seine Vertreter tendenziell wenigstens theoretisch mit erheblichen Einschränkungen der Entscheidungsbefugnis für die zentrale Ständeversammlung versah. Tatsächlich hing die Handlungsfreiheit der Landboten jedoch wohl zu erheblichen Teilen von den aktuellen Konstellationen auf dem Sejm selbst ab.271 Darüber hinaus gehörte eine Abstrafung der Abgeordneten auf dem Relationssejmik, der dem Sejm folgte, wohl zu den seltenen Ausnahmen.272 Selbst wenn die auf dem Sejmik Versammelten eine unbedingte Bindung ihrer Vertreter an die Instruktionen forderten, waren sie sich also bewusst, dass eine kompromisslose Durchsetzung der eigenen Forderungen kaum realisierbar war.273 Auch die Monarchen beschränkten in der Regel nicht erst seit dem 270
Ebenda, 216. O, Sejm srebrnego wieku, 41–43; S-G, A, Rola mandatu poselskiego w dawnej Polsce na tle poro´wnawczym, in: dies., Wolnos´c´ i prawo w staropolskiej koncepcji pan´stwa, Warszawa 2009, 33–60, 59. (ursprünglich erschienen in: Cezary Kuklo (Hg.), Mie˛dzy polityka˛ a kultura˛ (FS Andrzej Wyczan´ski), Warszawa 1999, 119–137.). 272 Diese Feststellung für die 1640er Jahre dürfte sich zumindest auch auf das ausgehende 16. Jahrhundert übertragen lassen: C-M, Mie( dzy społeczen´stwem szlacheckim a władza( , 122–127. 273 Stanisław Płaza etwa hat betont, dass reine Relationssejmiki weder unter der Regierung Stephan Ba´thorys noch Sigismunds III. stattfanden. Wenn es zu Sejmiksitzungen nach dem Sejm kam, so ging es dabei stets um Uneinigkeiten um die Steuererhebung, die insbesondere die Monarchen versuchten, nachträglich von den Sejmiki genehmigt zu bekommen: P, Sejmiki i zjazdy szlacheckie wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego, bes. 128–130. Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt beispielsweise auch die Untersu271
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
beginnenden 16. Jahrhundert ihre regelmäßig erhobenen Forderungen nach dem freien Mandat der Landboten auf aktuelle Situationen und Problemlagen, ohne eine generelle Freigabe von deren Entscheidungen zu verlangen.274 Die Wahl der Landboten durch die Sejmikteilnehmer bestand im Wesentlichen in einer „Selektion unter ihnen vorgestellten Kandidaten, die mit verschiedenen einflussreichen Personen oder Zirkeln verbunden waren.“275 Dabei versuchten sowohl der Monarch als auch die lokal einflussreichen hochadligen Familien, möglichst ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen. Dies bedeutete jedoch keineswegs, dass die auf solche Weise gekürten Abgeordneten die Interessen des jeweiligen Sejmiks nicht vertreten hätten.276 Ähnlich wie im Falle der auf den Sejmiki aktiven Eliten galt dabei für die von ihnen gewählten Repräsentanten, dass auch deren Kreis recht beschränkt war und sich mithin im Laufe des 16. Jahrhunderts in den verschiedenen Sejmiki Personengruppen von stetig wiedergewählten Landboten herausschälten.277 Die Ausübung eines Landbotenmandates konnte dabei zum Auftakt einer Karriere werden. Allerdings beschränkten sich die Würden, die sich möglicherweise an die Abgeordnetentätigkeit anschlossen, zumeist auf lokale Ämter. Senatorische Qualität erlangten in der Regel allein die Sprösslinge hochadliger Familien, die sich ihre Sporen als Landboten verdienten, um dann eine dem Rang ihres Hauses angemessene Würde zu bekleiden.278
2.3.2 Sejm: Theatrum Reipublicae Wie sehr sich die Vorstellung vom Sejm als Emanation des Gemeinwesens im Sinne eines theatrum Reipublicae im Laufe des 16. Jahrhunderts etablierte,
chung zu den Sejmiki von Sieradz. Erst ab dem Herrschaftsantritt Władysławs IV. werden Relationssejmiki hier zur Regel: F-K, Sejmik sieradzki za Wazo´w, 30. Magdalena Ujma knüpft zwar für den Lubliner Sejmik an die Ergebnisse für Sieradz an, betont jedoch ihrerseits die schon vor den 1630er Jahren kontinuierlich geübte Tätigkeit von Relationssejmiki: U, Sejmik lubelski, 52–56. 274 C-M, Mie( dzy społeczen´stwem szlacheckim a władza( , 121. Choin´skaMika folgt dabei S-G, Sejm w latach 1540–1586, 145; Sucheni-Grabowska schätzt die Forderung nach der Mandatsfreigabe als einen Teil typisierter monarchischer Anliegen an die Sejmiki ein: ., Rola mandatu poselskiego, 40, 54. 275 C-M, Mie( dzy społeczen´stwem szlacheckim a władza( , 91. 276 Ebenda, 93. 277 S, W, Politycy schyłku złotego wieku. Małopolscy przywo´dcy szlachty i parlamentarzys´ci w latach 1574–1605, Warszawa 1997, 12–17; Einen allgemeinen Überblick ermöglicht der bislang erschienene erste Band des prosopographischen Projektes, das sämtliche Landboten erfassen soll: K, I (Hg.), Posłowie ziemscy koronni (1493–1600), Warszawa 2013. 278 S, Politycy schyłku złotego wieku, 17.
2.3 Die Ständeversammlungen
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lässt sich exemplarisch an den bildlichen Darstellungen der Versammlung ablesen. Abgesehen von einer Verbildlichung des Königs und seines Rates aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, begann die Visualisierung der Ständeversammlung als Teil von deren Institutionalisierungsprozess verstärkt erst rund einhundertfünfzig Jahre später. Dabei ist bei den ersten Holzschnitten des 16. Jahrhunderts bemerkenswert, dass es sich um Illustrationen der Statutensammlung Łaskis oder Jan Herburts handelte. Als interpretierende Stellungnahme zur Struktur von Herrschaft und Gemeinwesen setzten die beiden Bilder jedoch recht unterschiedliche Akzente. Der Monarch und sein Rat beziehungsweise Senat werden nun sowohl bei Łaski als auch bei Herburt mit den Vertretern der Landbotenkammer gegenüber der aus dem 14. Jahrhundert bekannten Darstellung um eine neue Akteursgruppe ergänzt. Während sich jedoch zu Beginn des Jahrhunderts alle Akteure in einem kosmologischen Rund um den Thron des Monarchen im Mittelpunkt anordnen, hat wenige Jahrzehnte später in den Statuten Herburts die Zentralperspektive Eingang in die Darstellung gefunden.279 Dies ist mit dem deutlichen Bemühen verbunden, die – nichtsdestoweniger vorrangig symbolisch zu verstehende – Abbildung des Sejms an die Sitzungssituation rückzubinden. Gezeigt werden in einem mehr oder weniger fiktiven Saal der König auf dem Thron, umgeben von den in einem Rechteck vor dem Thron sitzenden Senatoren und den stehenden Landboten, die diese zentrale Gruppe umgeben.280 Dieses ikonographische Muster sollte fortan die wenigen weiteren Darstellungen des Sejms bis in das 18. Jahrhundert hinein bestimmen.281 Die 279 L, J, Sejm polski. Tradycja – ikonografia – sztuka, Warszawa 2003, 19–22.; vgl. zu den Darstellungen in den Statuten Łaskis, Herburts, aber auch Sarnickis: M, B, Władca i pan´stwo w krakowskim drzeworycie ksia˛z˙kowym XVI w., in: Renesans. Sztuka i ideologia. Materiały Sympozjum Naukowego Komitetu Nauk o Sztuce PAN (Krako´w, czerwiec 1972), Warszawa 1976, 45–96, 79–96. 280 Dabei wird die Szene nachvollziehbar auf dem Wawelschloss angesiedelt, die Türme der Stadt Krakau sind durch die Fenster erkennbar. Des Weiteren wird die Sitzordnung von König und Senat im Sitzungssaal dargestellt, was in der Kreisdarstellung des orbis Reipublicae in den Łaski-Statuten noch nicht der Fall war. 281 Für das späte 16. Jahrhundert sind hierbei insbesondere die Illustrationen Tomasz Treters zu einer panegyrischen Lebensbeschreibung von Kardinal Stanisław Hozjusz erwähnenswert, der nicht nur ermländischer Fürstbischof, sondern auch einer der prominenten Stimmen auf dem Tridentinum und einer der theologischen Vorreiter der katholischen Reform in Polen beziehungsweise Polen-Litauen war: J, B / K, H-J (Hg.), Stanislaus Hosius. Sein Wirken als Humanist, Theologe und Mann der Kirche in Europa, Münster 2007 (Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands. Beiheft 18). Die Verbreitung der Hozjusz-Biographie und mit ihr der dortigen Sejmdarstellung darf allerdings angesichts der geringen Anzahl von nur zwei bekannten illustrierten Exemplaren nicht überschätzt werden: T, T, Theatrum virtutum Divi Stanislai Hosii, ed. v. Teresa Bałuk-Ulewiczowa, Krako´w 1998, hier in der knappen Einleitung o.S.; C, T, Działalnos´c´ artystyczna Tomasza Tretera, War-
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
Darstellungen des Sejms entsprachen keiner realen Sitzungssituation. Zugleich bleibt festzustellen, dass die im ikonographischen Muster vereinten drei Sejmstände, Monarch, Senat und Landbotenkammer, im Zuge der Sejmverhandlungen regulär vor allem in der Eröffnungssequenz der Ständeversammlung zusammentraten. Mithin präsentierte und repräsentierte dieser Moment im Sinne der politiktheoretischen Überlegungen der Zeit, und also auch der dazu gehörenden Ikonographie, die respublica in ihrer Gänze.282 Diese Repräsentation der respublica wiederum trug, wie schon die Polemiken aus der Zeit des Interregnums klar bemerkten, deutlich hierarchisierte Züge. Während die kronpolnischen Sejmsitzungen zumeist in Krakau oder auch in Petrikau stattfanden, verfügte der zweite Artikel der polnisch-litauischen Unionsakte von 1569, Warschau zukünftig als festen Sitzungsort zu installieren.283 Gründe für die Verlegung waren einerseits die größere geographische Zentralität Warschaus im neuen Doppelreich. Andererseits suggerierte die masowische Stadt im Vergleich zu der traditionellen kronpolnischen Königs- und Krönungsstadt Krakau eine relative symbolische Neutralität. Schließlich konnte auf diese Weise den Litauern gegenüber der Eindruck einer strikten Inkorporation des Großfürstentums in die angestammten Strukturen der Krone Polen vermieden werden. Schließlich handelte es sich bei Masowien selbst doch um ein Territorium, was erst kurz zuvor formal Teil der Krone geworden war.284 Die Wahl eines festen Sitzungsortes, im Gegensatz zu den zuvor wechselnden Versammlungsstätten, ging mit der Stärkung der institutionellen Position des Sejms als einzigem gemeinsamem Organ Polen-Litauens einher. Dass der Sejm mit der Union von 1569 zur einzigen gemeinsamen Institution des polnischen und des litauischen Reichsteiles geworden war, tat allerdings seinem von der Monarchie geprägten Charakter insgesamt keinen Abbruch. Dies zeigte sich nicht nur anhand der Tatsache,
szawa 1984, 91.). Auf die Sejmdarstellungen Tomasz Makowskis von 1611 beziehungsweise Giacomo Lauros aus dem Jahr 1622 wird noch im Ausblick dieser Arbeit einzugehen sein. Zu den weiteren Darstellungen des 17. und 18. Jahrhunderts: W, M, Sejm i dawna Rzeczpospolita. Momenty dziejowe, Warszawa 2005, 106 f., 112 f., 136 f., 166 f., 168 f., 172 f., 200 f., 208–211. 282 L, K, Reden als Aushandeln. Rhetorik und Zeremoniell auf dem polnischlitauischen Sejm zu Beginn der Wasa-Zeit, in: Jörg Feuchter / Johannes Helmrath (Hg.), Politische Redekultur in der Vormoderne. Die Oratorik europäischer Parlamente in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Frankfurt a.M. 2008, 149–172, 160–163. 283 Potwierdzenie unii mie˛dzy narody polskiemi i litewskiemi na sejmie walnym lubelskim roku 1569 skon´czonej [11 sierpnia], in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 243–244, 243. 284 L, Sejm polski, 53. Zur Frage der Inkorporation Masowiens im Zuge der territorialen Neuordnungen der Krone Polen im 16. Jahrhundert: G, Sejmik generalny ksie˛stwa mazowieckiego, 161–164.
2.3 Die Ständeversammlungen
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dass nicht anders als schon zuvor an den anderen Sitzungsorten nun auch in Warschau das Königsschloss Schauplatz der Sejmsitzungen war. Die schon 1570 unter Sigismund August vorgenommene Veränderung des Gebäudes, das auch auf die Bedürfnisse der Sejmsitzungen angepasst werden musste,285 folgte unter Sigismund III. zwischen 1598 und 1619 eine umfangreiche Erweiterungstätigkeit.286 Die für die Sejmsitzungen vorgesehenen Räumlichkeiten wurden dabei ausgebaut, blieben aber dem Schema der jagiellonischen Zeiten treu. Der Ausbau betraf dabei im Wesentlichen Verwaltungsräume zu Kanzleizwecken,287 was nicht zuletzt die Beibehaltung der Versammlungsstruktur bei gleichzeitiger Erhöhung der Professionalisierung des Sejms widerspiegelte. Im Warschauer Königsschloss war dem Sejm ein eigener Flügel vorbehalten, den sowohl Senatoren als auch Landboten durch ein eigens vorgesehenes Seitenportal betraten.288 Trotz der deutlichen örtlichen Anbindung der Ständeversammlung an den Monarchen hatte sich demnach ein eigener, wenn auch nicht autonomer, Raum des Sejms ausgebildet.289 Im Zuge der Umbauarbeiten am Schloss wurde indessen an der Außengestaltung deutlich, welche symbolischen Akzente König Sigismund III. zu setzen gedachte. War der Sejmflügel ein innerhalb des Gebäudes klar abgeschlossener und funktionell zugewiesener Bereich, blieb er auf der Ebene der Fassade ein unsichtbarer, integraler Teil des Baukorpus. Dominiert wurde das Schloss stattdessen an der zur Stadt hin gewandten Westfassade von der seit dem Mittelalter existierenden, doch nun erheblich vergrößerten Turris Regia, die auch das Hauptportal umfasste. Hierin manifestierte sich „die übergeordnete Rolle des Monarchen über alle anderen, auch den Sejm betreffenden Funktionen des Schlosses.“290 Die innere bauliche Struktur des Sejmflügels wiederum leitete sich nicht zuletzt aus der Funktion des zeremoniellen Raums ab, was auch dem Umstand entsprach, dass die dort geschaffenen Säle entsprechend fast ausschließlich zur Abhaltung der Ständeversammlung ge285 L, Sejm polski, 31 f. Vgl. ausführlich zu den Aus- und Umbauten zwischen 1569 und 1572 ., Zamek warszawski. Rezydencja kro´lewska i siedziba władz Rzeczypospolitej (1569–1763), Wrocław u.a. 1984, 27–40. 286 D., Zamek warszawski, 40–97. 287 Ebenda, 78–80. 288 Ebenda, 54; ., Sejm polski, 59. 289 Wenn davon auszugehen ist, dass Wände und Mauern allgemein funktionale Trennungen bedeuten, geht mit dem Durchschreiten eines Tores wiederum ein gewisser Charakter eines Übergangsrituals einher: S, U, Stadttor und Hausschwelle. Zur rituellen Bedeutung architektonischer Grenzen in der frühen Neuzeit, in: Werner Paravicini (Hg.), Zeremoniell und Raum. 4. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Sigmaringen 1997 (Residenzenforschung 6), 305–323, 306. 290 L, Sejm polski, 62.
260
2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
nutzt wurden.291 Die Räumlichkeiten gliederten sich dabei in zwei Etagen auf, wobei der Saal im Erdgeschoss der Landbotenkammer vorbehalten war. Der Saal des ersten Stockwerks diente den Sitzungen des Senats und den gemeinsamen Versammlungen beider Kammern.292 Während sich die Landboten in einem ebenerdig gelegenen Gewölbe mit rudimentärer Bemöbelung zusammenfanden,293 war der Senatssaal im ersten Stock des Gebäudes mit direkter Verbindung zu den königlichen Gemächern angesiedelt. Gemeinsame Sitzungen der drei Stände fanden in eben diesem Saal statt, der sich nicht nur durch seine Lage, sondern seine gesamte Ausstattung wesentlich von der einfach gehaltenen Landbotenkammer unterschied. Die Stirnwand des Saales beherrschten königlicher Thron und Baldachin, die gleichzeitig die Kopfseite der Beratungsbänke des Senats bildeten. Letztere waren in einem Rechteck in der Raummitte aufgestellt und durch eine Tuchballustrade abgegrenzt. Die hierarchisch differenzierte Sitzordnung des Senats orientierte sich dabei an der Rangfolge der Senatoren, die in der polnisch-litauischen Unionsakte festgelegt worden war.294 Waren die Landboten anwesend, standen sie gemeinsam mit dem Publikum um dieses Zentrum herum. Die räumliche Konfiguration des Senatssaales verdeutlicht zum einen die herausgehobene Position des Königs als Sejmstand, der jedoch zugleich Vorsitzender des Senates als zweitem Sejmstand war. Die Visualisierung solch einer engen
291
Ebenda, hier auch mit einer architektonischen Zeichnung der Raumstrukturen. Der prozedurale Verlauf der Sejmsitzungen ist oft beschrieben, allerdings kaum in seiner zeremoniellen Dimension erfasst, geschweige denn in diesem Sinne detaillierter mit den architektonischen Gegebenheiten in Beziehung gesetzt worden. Die Bemerkungen zum Sejmzeremoniell bleiben summarisch und beziehen sich in der Regel nur auf die Eröffnungssequenz der Sitzungen bzw. den Handkuss der Abgeordneten vor dem Monarchen am Ende: B, ,Theatrum ceremoniale’, 446 f. Sehr knappe Bemerkungen zum Zusammenhang von architektonischer Disposition und Sejmzeremoniell: C, J A., Ceremonial Space, in: Allan Ellenius (Hg.), Iconography, propaganda, and legitimation, Oxford u.a. 1998, 193–216, 205 f. Neben Kriegseisen, der sich explizit für keinerlei zeremonielle Aspekte des Sejmverfahrens interessiert (K, Sejm Rzeczypospolitej szlacheckiej, 20 f.) gliedern die übrigen neueren Gesamtdarstellungen zum Sejm die „uroczystos´ci (Feierlichkeiten)“ als zeremoniellen Anteil aus dem restlichen Sitzungsgeschehen aus. Für Opalin´ski gehören zum zeremoniellen Anteil die Eröffnungsmesse und die Begrüßung des Königs, samt Handkuss und Rede des Landbotenmarschalls: O, Sejm srebrnego wieku, 138–140. Ähnlich verhält es sich bei OS, S / S, Z, Sejm Rzeczypospolitej za panowania Jan Kazimierza Wazy. Prawo – doktryna – praktyka. Tom 2, Wrocław 2000, 90 f.; L-M, I, Sejm walny koronny Rzeczypospolitej Obojga Narodo´w i jego dorobek ustawodawczy (1587–1632), Krako´w 2009, 170–173. Forschungen, die die Ständeversammlung aus einer zeremoniellen Perspektive beleuchten, existieren in dieser Form nicht. 293 L, Zamek warszawski, 76. 294 K, Sejm Rzeczypospolitej szlacheckiej, 20. 292
2.3 Die Ständeversammlungen
261
Anbindung des sitzenden Senats an den Monarchen stand im Kontrast zur Platzierung der stehenden Landboten. Zwei Treppen bildeten die Verbindung hin zum Saal der ersten Etage. Eine schmale Wendeltreppe führte aus dem Vorzimmer der Landbotenkammer direkt in das zweite Vorzimmer des Senatssaals. Demgegenüber gelangte man über die sogenannte „Große Treppe“ vom Vorzimmer der Landbotenkammer in das erste Vorzimmer des Senatssaals. Über die Wendeltreppe kommunizierten Landboten, Senatoren und König während der Verhandlungen, wenn etwa Boten hin und her gesandt wurden oder sich gemeinsame Kommissionen von Landboten und Senatoren bildeten. Die Große Treppe hingegen wurde nur im Falle gemeinsamer Zusammenkünfte der vollständigen Kammern genutzt.295 In diesem Zusammenhang ist sicherlich auf die Feststellung zu verweisen, dass die Treppe in der Architektur der Frühen Neuzeit in neuer Weise eine symbolische Aufladung erfuhr. „Jetzt wird [...] die Spannung zwischen ,unten’ und ,oben’ begriffen. Die Treppe erweist sich als eine Vervielfältigung der Schwelle, als großräumliche Artikulation eines architektonischen Übergangs.“296 Die hierarchische Implikation der Positionierung der Landbotenkammer ,unten’ im Erdgeschoß erfuhr eine Unterstützung durch die Notwendigkeit des Aufstiegs, wollte man mit Senatoren und König kommunizieren. Mithin vollzog sich im Aufstieg der Eintritt in eine andere zeremonielle Sphäre. Im Anschluss an die Große Treppe waren dem senatorischen Saal zwei Vorzimmer vorgelagert, die durchschritten werden mussten. Die Anhäufung von Vorzimmern diente dabei in der Regel zur Herstellung einer größeren Distanz dem Eintretenden gegenüber.297 Der Senatorensaal schließlich öffnete sich durch von Zeitgenossen explizit als sehr groß beschriebene Türen, wobei sich der erste Blick auf den Königsthron an der der Tür gegenüberliegenden Stirnwand richtete.298 Neben dem Thron führte ein kleiner Durchgang direkt in die königlichen Privatgemächer. Die Wände des Saales waren mit Gobelins geschmückt, deren Ikonographie allerdings heute unbekannt ist. Eine der Erweiterungen der Sejmräumlichkeiten durch Sigismund bestand außerdem in der Kapelle, die vom zweiten Vorzimmer des Senatssaales abging.299 Die gesamte architektonische Anlage der Senatsetage konstruiert nicht nur durch erhöhte Lage, Zimmeranordnung und Saalausschmückung eine hierarchi-
295
L, Zamek warszawski, 78 f. S, Stadttor und Hausschwelle, 311. 297 K, G, Die Perspektive des Potentaten. Differenzierung von ,Privattrakt’ bzw. Appartement und Zeremonialräumen im spätmittelalterlichen Palastbau, in: Werner Paravicini (Hg.), Zeremoniell und Raum. 4. Symposium der ResidenzenKommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Sigmaringen 1997 (Residenzenforschung 6), 155–186, hier 169. 298 L, Zamek warszawski, 82. 299 Vgl. hierzu auch Kap. 3.1, S. 327. 296
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
sche Überlegenheit gegenüber dem Erdgeschoß. Sie bildet darüber hinaus eine äußerst enge Beziehung zwischen Senat und König aus. Der einzige Zugang über Türen vom königlichen Trakt in die Sejmsäle war über den Senatssaal möglich. Hier stand der Thron und der Monarch selbst begab sich niemals in das Untergeschoß.300 Im Kontext der Forschungsdiskussion um die Bedeutung des Zeremoniells frühneuzeitlicher Ständeversammlungen hat Michael Sikora bemerkt, eine analytische Trennung zwischen symbolischer Dimension und Verfahrensorganisation der Entscheidungsfindung sei sinnvoll, wenn man sie als zwei differierende Aspekte betrachtet, die „noch keine strukturelle Differenzierung begründen.“301 Mit Blick auf die intrinsische Verbindung beider Komponenten, die sich in den Praktiken von Ständeversammlungen zeigt, sind entsprechend im Folgenden die Leitlinien des Sejmprozederes skizzenhaft zu entwickeln. Die zeremonielle Hierarchisierung des Sejms, die sich bereits in der räumlichen Konstitution und der ikonographischen Traditionsbildung abzeichnete, verfestigte eine deutliche Präponderanz des monarchisch-senatorischen Elements. Solche eine Grundkonstellation konnte wiederum nicht ohne Einfluss auf die technische Seite des Sitzungsverfahrens bleiben, nicht ohne dass in diesem Zusammenhang gewisse Differenzierungen zu konstatieren waren. Dabei entsprach der Ablauf der Sejmberatungen dem in Europa verbreiteten Grundschema.302 Vom königlichen Schloss begaben sich der König und Großfürst sowie sein Senat zum Auftakt des Sejms zur nahe gelegenenen Kollegiatskirche des Heiligen Johannes, um an der Heilig-Geist-Messe teilzunehmen, die die Versammlung eröffnete. Sie wurde in der Regel vom Ortsbischof zelebriert, die Predigt dagegen übernahm regelmäßig ein eng mit dem Hof verbundener Geistlicher wie etwa der königliche Hofprediger oder unter Umständen ein Beichtvater der königlichen Familie.303 Ihre Tätigkeit beschränkten die Sejmprediger jedoch nicht allein auf die Auftaktmesse, sondern setzten sie in jeder Sonntagsmesse, die in eine Sitzungsperiode fiel, fort. Die Predigten selbst wie die Reaktionen hierauf
300
Ebenda, 83. S, M, Formen des Politischen. Der frühmoderne deutsche Reichstag in systemtheoretischer Perspektive, in: Frank Becker (Hg.), Geschichte und Systemtheorie. Exemplarische Fallstudien, Frankfurt a.M. / New York 2004, 157–184, 171 f.; N, T / S, M / W, T, Einleitung, in: dies. (Hg.), Zelebrieren und Verhandeln. Zur Praxis ständischer Institutionen im frühneuzeitlichen Europa, Münster 2009, 9–19, 9–14. 302 H, J, Art. Parlamentsrede. Mittelalter, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 6, Tübingen 2003, 589–597. 303 O, Sejm srebrnego wieku, 123 f.; A, U, Kazania ksie˛dza Walentego na sejmie nadzwyczajnym 1624 roku w notatkach anonimowego słuchacza, in: Barok 16.1 (2009), 239–257, 240. 301
2.3 Die Ständeversammlungen
263
sind nur äußerst selten überliefert.304 Die Nähe zum Königshaus und der Umstand, dass sie vom Monarchen selbst für ihre Aufgabe benannt wurden, implizierte zweifelsohne eine programmatische Nähe der geistlichen Redner zu den politischen Vorstellungen und Zielen des Monarchen für die aktuelle Versammlung.305 Aus den spärlichen Kenntnissen der Homilien zu folgern, waren sie jedoch nicht auf einfache Indoktrinationsversuche im Sinne königlicher Zielsetzungen zu reduzieren, sondern konnten einen durchaus eigenen Standpunkt entwickeln, der die Interessen der Kirche beziehungsweise ihres jeweiligen Ordens in den Mittelpunkt rückte.306 Dies hinderte ebenso wie die römisch-katholische Messe jedoch die evangelischen Sejmteilnehmer nicht zwangsläufig daran, den Auftaktgottesdienst als integralen Bestandteil der Sejmsitzung zu besuchen.307 Nach der Messe erst trennten sich die Teilnehmer, wobei sich zunächst die Landbotenkammer in ihrem eigenen Saal konstituierte.308 Hierbei wählte man den Vorsitzenden, den Landbotenmarschall, und überprüfte die Rechtmäßigkeit der Mandate aller Abgeordneten.309 Im Anschluss fanden sich die drei Sejmstände im Senatssaal zusammen, wo der Landbotenmarschall eine Begrüßungsrede für den König hielt, die von einem Handkuss durch jeden einzelnen Landboten vor dem König gefolgt wurde. Anschließend wurde zumeist durch den Kanzler oder Unterkanzler die königliche Proposition verlesen, woraufhin die Senatoren in Anwesenheit der Landboten ihre Stellungnahmen, die Voten, zur Proposition abgaben. Hernach trennten sich die beiden Kammern und die Landboten begannen ihre
304
A, Kazania, 241. P, K, Siedemnastowieczne kazania sejmowe, in: Studia Historyczne 31.1 (1988), 23–41, 23 f. 306 A, Kazania, 245. 307 Die Teilnahme der Evangelischen an der Messe wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Während für das 16. Jahrhundert tendenziell angenommen wird, dass zumindest die evangelischen Landboten dem Gottesdienst eher fernblieben, ist die Beurteilung schon für das beginnende 17. Jahrhundert hoch umstritten. Dies wirft allerdings die Frage auf, inwieweit die Pauschalbeurteilung auch für das 16. Jahrhundert in dieser Form haltbar ist: P, Siedemnastowieczne kazania sejmowe, 25 f.; O, H, Sejm Rzeczypospolitej epoki oligarchii (1652–1763). Prawo, praktyka, teoria, programy, Poznan´ 1966, 175; A, Kazania, 241; K, Sejm Rzeczypospolitej szlacheckiej, 20. 308 Der folgende Überblick zum Sejmprozedere folgt in Teilen den bereits vom Verfasser an anderer Stelle formulierten Überlegungen: L, K, Wider die Sejm-Komödie. Repräsentation und ständischer Widerstand im Rokosz von 1606 / 09, in: N, T / S, M / W, T, (Hg.), Zelebrieren und Verhandeln. Zur Praxis ständischer Institutionen im frühneuzeitlichen Europa, Münster 2009, 213–232. 309 Zum Ablauf des Sejms im späten 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts: C, Sejm w latach 1587–1696, 217–299; O, Sejm srebrnego wieku, 123–188. 305
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eigenen Beratungen zur Proposition.310 Im Verlauf des Beratungsprozesses kam es zu gemeinsamen – nichtöffentlichen – Ausschusssitzungen von Senat und Landbotenkammer oder auch in einigen Fällen zu sogenannten colloquia, gemeinsamen Sitzungen beider Kammern mit oder ohne Beteiligung des Monarchen.311 Am Ende des Sejms sollte dann die gemeinsame Verabschiedung des Sejmabschieds stehen, den alle drei Stände einstimmig beschließen mussten. Abgeschlossen wurde der Sejm mit einer Abschiedsrede des Landbotenmarschalls und einem erneuten Handkuss der Landboten vor dem Monarchen. Die Schriftfassung der im Sejmabschied erarbeiteten Gesetze als offizielle Sejmkonstitutionen wurde nach Sitzungsende von einer Kommission aus Vertretern der Sejmstände mit der königlichen Kanzlei für die Veröffentlichung vorbereitet.312 „,Parlamentum‘ kommt nicht zufällig von ,parlare‘.“313 Auch wenn der Begriff parlamentum selbst im polnisch-litauischen Kontext zeitgenössisch nur äußerst selten gebraucht wurde,314 notierten und kommentierten offiziöse Protokolle der Sejmsitzungen doch achtsam die oratorische Performanz der Redner auf der Versammlung. Insbesondere eine misslungene actio, wie leises oder undeutliches Sprechen, oder Besonderheiten, wie das Ablesen eines Textes gegenüber dem gewöhnlichen freien Vortrag, forderten Bemerkungen der jeweiligen Verfasser heraus.315 Entsprechend konnte ein Senatorenvotum 310 K, Sejm Rzeczypospolitej szlacheckiej, 20, 27; O, Sejm srebrnego wieku, 147; C, Sejm w latach 1587–1696, 264. 311 O, Sejm srebrnego wieku, 155–157; K, Sejm Rzeczypospolitej szlacheckiej, 52; C, Sejm w latach 1587–1696, 270 f. Colloquia konnten nur mit Zustimmung des Monarchen stattfinden und fanden insbesondere in Krisenfällen Anwendung. Es ist darauf hingewiesen worden, dass diese Beratungsform bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts durch eine hierarchische Überlegenheit des Senats geprägt gewesen sei, eine Situation die sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts umgekehrt habe: O-S / S, Sejm Rzeczypospolitej za panowania Jan Kazimierza Wazy. Tom 2, 182–184. 312 L-M, Sejm walny koronny, 212–215. Die Konstitutionen und Steuerbeschlüsse wurden gedruckt und dann in die Regionen verschickt. Zum Druck der Sejmbeschlüsse durch die großen Krakauer Offizine: auch M, J, PrintingHouses and Printing in the Service of the Polish Parliament in the Sixteenth Century, in: Parliaments, Estates and Representation 24 (2004), 119–129, 126–129. 313 H, J, Reden auf Reichsversammlungen im 15. und 16. Jahrhundert, in: Lotte Ke´ry (Hg.), Licet preter solitum (FS Ludwig Falkenstein), Aachen 1998, 265–286, 266. 314 Unter den Schriften der Interregna beispielsweise finden sich lediglich zwei, in denen der Terminus parlamentum oder parlament in Bezug auf den Sejm Verwendung findet, in der Edition der Schriften des Rokosz (Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego. Tomy 1–3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916–1918.) gibt es keine einzige Bezugnahme, vgl. Naprawa Rzeczypospolitej Koronnej do elekcyej nowego kro´la, 202, 207; Rozmowa o odjez´dzie z Polski regis christianissimi, 623. 315 So finden sich etwa Kommentare, man habe die Rede nur punctate notieren können
2.3 Die Ständeversammlungen
265
schon einmal unberücksichtigt bleiben, wenn der Protokollant sich beschwerte, der Redner „redet durch die nassen, drumb kondt man ihn nicht verstehen.“316 Die normative und emphatische Aufladung von Rhetorik als Teil adligen Selbstverständnisses317 basierte nicht zuletzt auf der strukturellen Bedeutung der Rede für den Sejm. Dass Reden in frühneuzeitlichen Zusammenhängen generell als „Basisakte“318 und entsprechend „zentrale(r) kontinuitäts- und sukzessionsbildende(r) Faktor im zeremoniellen Geschehen“ zu verstehen sind,319 ist seit längerer Zeit etabliert und mithin auch für vormoderne Ständeversammlungen gezeigt worden.320 Unabhängig von diesen Überlegungen hat Krystyna Płachcin´ska den Ausdruck von einer „Redekette“ geprägt, die den Sitzungsverlauf des Sejms gegliedert hätte.321 Wenn „soweit man dem schnell Redenden folgen konnte.“ (Proces Sejmu Warszawskiego A.D. 1606, BCz rkps 1623 (Akta za Stefana Batorego i Zygmunta III), 1390–1399, 1393) oder es wird explizit vermerkt, ein Redner habe „vom Blatt abgelesen“ (Diarium des Sejms von 1606 [im Original ohne Titel, ] BK rkps 325 (Kopie dokumento´w z czaso´w panowania Zygmunta III i Władysława IV kro´lo´w polskich 1604–1634), 585–664, 610.). 316 Diarium des Sejms von 1606 [im Original ohne Titel], APG 300/29–69, 184r.–234v., 201r. 317 Vgl. Kap. 1.1, S. 66–72. 318 B, G, Hofberedsamkeit. Studien zur Praxis höfisch-politischer Rede im deutschen Territorialabsolutismus, Tübingen 1988, 155. 319 D., Die höfische Rede im zeremoniellen Ablauf. Fremdkörper oder Kern?, in: Jörg Jochen Berns / Thomas Rahn (Hg.), Zeremoniell als höfische Ästhetik in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Tübingen 1995, 198–298, 206. 320 Braungarts auf das höfische Zeremoniell des Absolutismus zugeschnittene Modell der Basisakte wurde in Bezug auf den Kontext der Ständeversammlungen modifiziert von H, Art. Parlamentsrede. Mittelalter, 589; vgl. auch F, J / H, J (Hg.), Parlamentarische Kulturen vom Mittelalter bis in die Moderne. Reden – Räume – Bilder, Düsseldorf 2013; . (Hg.), Politische Redekultur in der Vormoderne; ., Parliamentary Oratory – A New Approach to the Study of Pre-Modern Representative Assemblies, in: Parliaments, Estates and Representation 29 (2009), 53–66; M, Elizabethan Rhetoric. Die Literaturgeschichte hatte sich schon länger einer sozial kontextualisierten Rhetorikforschung zugewandt, dies aber – bis auf Hans-Ulrich Gumbrecht – in erster Linie im Zusammenhang mit der Hof- und Humanismusforschung: B, W, Barockrhetorik. Untersuchungen zu ihren geschichtlichen Grundlagen, Tübingen 22002; B, Hofberedsamkeit; G, H-U, Funktionen parlamentarischer Rhetorik in der Französischen Revolution. Vorstudien zur Entwicklung einer historischen Textpragmatik, München 1978; K, V, Rhetorik und Hofkultur. Eine neue Deutung des ,sie`cle classique’, in: Germanisch-Romanische Monatsschrift NF 33 (1983), 335–343; F, M, L’Age de l’e´loquence. Rhe´torique et ,res litteraria‘ de la Renaissance au seuil de l‘e´poque classique, Gene`ve 1980. 321 P, Obraz kultury retorycznej, 195 f. Die recht intensive Rhetorikforschung in Polen hat viele Arbeiten zur Frühen Neuzeit hervorgebracht, in Bezug auf Rhetorik und Ständeversammlung neben dieser Monographie aber bislang nur eine Studie zum späten 18. Jahrhundert: K, B, Oratorstwo polityczne na forum Sejmu Czteroletniego. Rekonesans, Danzig 1968.
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
man der Rede einen ambivalenten Charakter zwischen zeremonieller und diskursiver Intention zuschreibt, erscheint sie neben dem nonverbalen Zeremonialhandeln in besonderem Maße als Kristallisationspunkt von symbolischer Dimension des Prozederes und der Verfahrensorganisation. Wurde die hierarchische Prägung des Sejms bereits aus der räumlichen Konstellation und zu Teilen aus dem Sitzungsablauf deutlich, machte sie sich darüber hinaus in besonderem Maße in der Redeordnung bemerkbar, die unmittelbar mit der zeremoniellen Dimension der Sejmsitzung wie der Verfahrensordnung verschränkt war. Hier gab es für die Landboten erhebliche Einschränkungen. Grundsätzlich konnten sie sich in der Regel lediglich mit einer Kuriatsstimme zu Wort melden, dies galt angefangen von der Begrüßungszeremonie über die Beratungen in den Kolloquia bis zur Verabschiedung des Monarchen. Hierin unterschieden sie sich deutlich von den Senatoren, denen stets eine Virilstimme zustand. In seiner Begrüßungsrede brachte der Landbotenmarschall gewöhnlicherweise die Anliegen und Beschwerden vor, die in den folgenden Beratungen berücksichtigt werden sollten.322 Auf diese Weise wurde die Begrüßungsrede oft genug zu einem Kommentar des folgenden Handkusses, einer Geste von Ehrerbietung und Unterwerfung und die Folgsamkeit des Adels gegenüber dem Monarchen an Bedingungen geknüpft. Im Gegensatz zu den Landboten wurde allen Senatoren die Möglichkeit zu einer persönlichen Stellungnahme zur Proposition eingeräumt. Allein schon durch diese Konstellation war es ihnen auf weitaus ausführlichere und gewichtigere Weise möglich, innerhalb der hierarchischen Raumordnung mit ihren Reden inhaltliche Schwerpunkte zu setzen und somit thematisch leitend auf die nachfolgende Debatte der Landbotenkammer einzuwirken. Darüber hinaus aber setzten die Senatoren ihr Votum auch dazu ein, ihre Position innerhalb des regimen mixtum zu definieren und wirkten somit auf das hierarchische Bild der respublica ein, das im Zuge der zeremoniellen Situation ihrer Reden geschaffen wurde.323 Die Flexibilität des Zeremoniells wird folglich besonders in Bezug auf die Reden deutlich. Sie erlaubten eine Interpretation der Hierarchie und waren so Teil des Aushandlungsprozesses um die Herrschaft zwischen den Sejmständen. Dass der König wiederum sich fast niemals persönlich zu Wort meldete, verdeutlichte dessen abgehobene Position gegenüber Senat und Landboten. Immerhin war es der Monarch, der den Sejm ausschrieb, der die Proposition festlegte, in dessen Namen die Sejmkonstitutionen promulgiert wurden und der durch seinen Kronmar-
322
B, M, Jerzy Ossolin´ski. Orator polskiego baroku, Katowice 2000,
95 f. 323
Auf diesen Komplex kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Mit dem Versuch einer Beispielanalyse: L, Reden als Aushandeln, 165–170.
2.3 Die Ständeversammlungen
267
schall die Ordnungsgewalt über das Verfahren und dessen Beteiligte ausübte.324 Der König besaß die Prärogative, Gesetze mit seiner Proposition einzubringen, während der Senat zumindest über gewisse Möglichkeiten verfügte, eigene Projekte einfließen zu lassen. Dies geschah zum einen durch den Gedankenaustausch einiger Senatoren mit dem Monarchen vor dem Sejm,325 vor allem jedoch im Rahmen der senatorischen Voten. Im Gegensatz hierzu sah das Herkommen keine aktive Rolle der Landbotenkammer vor.326 Allerdings konnten sowohl die Sejmiki in ihren Instruktionen für die Landboten als auch die Landboten selbst auf dem Sejm die ihnen vorgelegten Vorschläge kommentieren, ihnen Alternativprojekte entgegensetzen und Beschwerden äußern.327 Als wichtiges Instrument erwies sich in diesem Zusammenhang die Erstellung von Petita, Gravamina beziehungsweise „Exorbitantien“ oder „Protestationen“. Im Grunde stellten alle diese formalen Instrumente im Rahmen des Sejmprozederes kompensatorische Verfahren dar, mit deren Hilfe die Landboten ihre Anliegen vorzubringen versuchten.328 Indem nun in den Exorbitantien die Beachtung von Rechten und Freiheiten gefordert wurde, entwarfen sie zugleich Alternativen zur Erfüllung der Regierungsaufgaben, wie sie durch den Herrscher geleistet wurden. Die hieraus resultierenden Forderungen der Landboten konnten in den gemeinsamen Kommissionssitzungen mit den Senatoren behandelt werden.329 Setzte sich in der Landbotenkammer jedoch die Meinung durch, es lägen schwerwiegende Verletzungen der königlichen Verpflichtungen vor, wurde die Verhandlung der königlichen Proposition zunächst von der Behandlung dieser Exorbitantien abhängig gemacht.330
324
O, Sejm srebrnego wieku, 147. Ebenda, 33. 326 S-G, Sejm w latach 1540–1587, 185. 327 O, Sejm srebrnego wieku, 147. 328 Zur beschränkten „Gesetzgebungsinitiative“ der Landboten: LM, Rola legacji i propozycji kro´lewskiej, 118. Der Einsatz von Gravamina erscheint in diesem Zusammenhang als ein generell feststellbares Vorgehen in der Vormoderne: W, A / N,C, Politische Kommunikation und die Kultur des Bittens, in: dies. (Hg.), Formen der politischen Kommunikation in Europa vom 15. bis 18. Jahrhundert, Bologna / Berlin 2004, 7–12, 9f; zur europäischen Dimension auch die Bemerkungen bei O, Sejm srebrnego wieku, 39. 329 O, Sejm srebrnego wieku, 170 f. 330 Ebenda, 151. 325
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2.4 Respublica conflicta: Institutionalisierungen kollektiven Konfliktaustrags In Bezug auf frühneuzeitliche adlig-ständische Widerstandspraxis hat Arno Strohmeyer betont, es gebe nur relativ wenige zeitgenössische Texte, die sich „explizit und mit intellektueller Tiefenschärfe“ mit dem Widerstandsrecht auseinandersetzten.331 Dies hänge vor allem mit dem Umstand zusammen, dass das politische Denken sich auf einer Ebene zwischen Gelehrsamkeit und „Allerweltswissen“ bewegte.332 Hierbei ließe sich auch an Überlegungen anknüpfen, nach denen tradierte und allmählich überformte historische Erinnerungen Grundlagen für widerstandsrechtliche Begründungsmuster bildeten.333 Die möglichen rechtlichen Quellen des Widerstandsdenkens wiederum wiesen eine hohe Diversität auf und waren keineswegs auf positivrechtlich fixierte Normen beschränkt, sondern konnten auch Naturrecht und göttliches Recht umfassen. Widerstandsrecht konnte ebenfalls als eine „gewohnheitsrechtlich akzeptierte Praxis“ interpretiert werden.334 Spezifisch konfessionell gebundene Wurzeln von Widerstandsdenken sind in der Forschung kritisch diskutiert worden, auch wenn sich die Ausbildung konfessioneller Fronten mit ihrer Verteidigung der jeweiligen religiösen Wahrheit und dem Recht auf Religionsausübung sehr wohl als Katalysator widerstandsrechtlichen Handelns auswirkte.335 Anknüpfend an die Feststellung, dass Widerstand Teil üblicher politischer Handlungsoptionen der Frühen Neuzeit war,336 ist nachfolgend der Frage nachzugehen, wann und inwiefern Formen von Konfliktaustrag innerhalb des regimen mixtum als Widerstand begriffen wurden. Hierbei ist zu berücksichtigen, welche diskursiven und organisationellen Strategien die Akteure dabei verfolgten. 331
S, A, Konfessionskonflikt und Herrschaftsordnung. Widerstandsrecht bei den österreichischen Ständen (1550 – 1650), Mainz 2006, 48. 332 Ebenda. 333 S, A, Regionale politische Kulturen von Protest und Widerstand im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit. Die schweizerische Eidgenossenschaft als Beispiel, in: Geschichte und Gesellschaft 21 (1995), 161–194, 178 f. 334 S, Konfessionskonflikt und Herrschaftsordnung, 49; F, Widerstandsrecht im Europa der Neuzeit, 28–31; zuvor mit den gleichen Schlüssen am französischen Beispiel: J, Le devoir de re´volte, 392 f. 335 F, Widerstandsrecht im Europa der Neuzeit, 38–41; S, Q, The Foundations of Modern Political Thought. Vol. 2: The Age of Reformation, Cambridge u.a. 2005, 321. Eine exemplarische Auseinandersetzung bietet dabei folgender Schlagabtausch: W, D, From Speyer to Magdeburg. The Development and Maturation of a Hybrid Theory of Resistance to Tyranny, in: Archiv für Reformationsgeschichte 96 (2005), 57–80; F, R, ,Confusion‘ around the Magdeburg Confession and the Making of ,Revolutionary Early Modern Resistance Theory‘, in: Archiv für Reformationsgeschichte 97 (2006), 307–318. 336 F, Widerstandsrecht im Europa der Neuzeit, 16–25.
2.4 Respublica conflicta: Institutionalisierungen kollektiven Konfliktaustrags
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Im Jahr 1538 erhielten sechs Adlige eine Vorladung vor das Sejmgericht.337 Von Seiten Sigismunds I. wurde ihnen durch den königlichen Ankläger zu Last gelegt, in Lemberg eine Versammlung „sine ulla admissione et voluntate nostra sed autoritate et temeritate propria“ einberufen zu haben.338 Eine eigenmächtige Zusammenrottung dieser Art, „quod […] Rokosz apellastis“,339 sei nicht nur widerrechtlich, sondern führe zum Ende jeglicher Ordnung und legitimen Herrschaft; solch eine „seditio“ stürze die gesamte respublica in „confusio(nem) ac ruina(m).“340 In der Konsequenz wurden alle Angeklagten des crimen laesae maiestatis beschuldigt. Darüber hinaus lautete die Anklage auf Aufwiegelung, Verschwörung und Unterstützung des Feindes. Für diese Hochverratsdelikte kannte das polnische Recht hingegen bislang kaum fixierte Rechtsnormen, der königliche Ankläger berief sich also stillschweigend auf das römische crimen perduellionis, ohne dies explizit beim Namen zu nennen.341 Die Anführer der Adelsversammlung von Lemberg ereilte trotz der bedrohlichen Anklage allerdings ein sehr mildes Urteil.342 Ein Jahr zuvor hatte sich die Einberufung des Allgemeinen Aufgebots durch König Sigismund I. bei Lemberg in eine Manifestation adliger Unzufriedenheit verwandelt. Dieser sogenannte „Hahnenkrieg (wojna kokosza)“ stand nicht nur im breiteren Kontext der Exekutionsbewegung.343 UnmittelDie Anklage traf in erster Linie Mikołaj Taszycki, Z˙egota Morski, Jan Kos´cien´, Stanisław Płaza und Walenty Dembin´ski als Organisatoren der Versammlung, darüber hinaus wurde aber auch Marcin Zborowski mitangeklagt, letzterer jedoch wegen Beleidung des Königspaares auf der Versammlung: B, J, Protoko´ł procesu sa˛dowego przeciwko Mikołajowi Taszyckiemu i jego wspo´lnikom z roku 1538 w zbiorach Archiwum XX Czartoryskich, 3347, nr 120, k. 194, in: Białostockie Teki Historyczne 9 (2011), 227–236, 228 f. Die weitere Schilderung des „Hahnenkrieges“ folgt: L, K, Lex est rex und rex supremus iudex. Das crimen laesae maiestatis zwischen Monarch und Adel im Königreich Polen des 16. Jahrhunderts, in: Anette Baumann / Alexander Jendorff (Hg.), Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa, München 2014, 185–212. 338 B, Protoko´ł, 229 f. 339 Ebenda. 340 Ebenda, 231. 341 G, S, Acta conventus generalis Piotrcovia ad diem Epiphaniarum Anno Domini 1537 habiti [1538], in: Acta Tomiciana. Kodeks Opalin´skiego. T. 18: 1538–1539 (Teki Go´rskiego), Biblioteka Ko´rnicka rkps 218, 14r.–23v., hier 20r.–20v. Von dieser Quelle liegt ebenfalls eine edierte polnische Übersetzung vor: Czwarty wypis z re˛kopisma X. Stan. Go´rskiego. Seym w Piotrkowie w roku 1538 na s´wie˛to SS. Trzech Kro´li, in: Pamie˛tnik Warszawski 12 (paz´dziernik) (1818), 129–156. 342 G, Acta conventus generalis Piotrcovia, f. 20v.; hierzu auch: D-U, E, Stronnicy kro´lewscy i opozycjonis´ci wobec monarchy w dobie zjazdu lwowskiego i rokoszu sandomierskiego. Pro´ba poro´wnania, in: Mariusz Markiewicz / Edward Opalin´ski / Ryszard Skowron (Hg.), Kro´l a prawo stano´w do oporu, Krako´w 2010, 105–125, 113. 343 D-U, Stronnicy kro´lewscy, 112 f. 337
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barer Auslöser dafür, dass die malcontents von Lemberg ein umfangreiches Forderungspaket an den Monarchen formulierten, war ein königliches Agieren, das zwischen einer umstrittenen Steuerpolitik, der Neuordnung der zentralen Kanzleiregister und der Wahl seines Sohnes Sigismund August vivente rege zum Nachfolger auf dem Thron Befürchtungen um die adligen Mitherrschaftsrechte auslöste. Tief saß jedoch vor allem der Konflikt um die Legislationskompetenzen des Unterhauses. Mit dem Gesetz Nihil novi von 1505 war der Landbotenkammer als Sejmstand das Mitwirkungsrecht an der Gesetzgebung zugestanden worden.344 1532 scheiterte im Sejm dann mit der Correctura iurium ein Überarbeitungsversuch von Jan Łaskis erster Rechtskodifikation aus dem Jahre 1506. Grund war vor allem der Widerstand der Landboten des Unterhauses, die in einer modifizierten Formulierung des dort aufgeführten Textes von Nihil novi einen Anschlag auf ihre Mitherrschaftsrechte vermuteten.345 Entsprechend attackierte man in Lemberg rhetorisch die schlechten Berater des Königs und machte in diesem Zusammenhang die basale Gefährdung adliger Rechte und Privilegien aus. Marcin Zborowski etwa sah das ganze Fundament des Gemeinwesens in Gefahr, denn „nulla nostra in Rep. vox unquam fuit, quae non ex ipsis legum nostrarum fontibus educta esse videatur. Ut Reip. leges quae violatae sunt, restituantur, […] a Rege summis precibus contendimus.“346 Die direkte Bitte an den Monarchen war dabei ein sich wiederholendes Motiv in den Versammlungsreden. Denn weder am Hof noch auf dem Sejm als den eigentlichen Orten, an denen die Privilegien und Freiheiten des Adels garantiert und verteidigt werden müssten, respektiere man das Recht.347 Die Beratungen von Senatoren und Landboten böten durch das Verhalten beider Gruppen keine Gewähr mehr, die Forderungen des Adels zu berücksichtigen. Deshalb müsse man nun selbst, ohne Vermittlung durch die Landboten als Repräsentanten, mit dem Senat und dem Monarchen in solch einem großen „conventus omnium ordinum“ verhandeln.348 Dabei erscheint die Zusammenkunft außerhalb des Sejms in den Reden der Lemberger Wortführer als ein ebenso alternativloses wie außergewöhnliches Mittel,349 das die Existenz des Sejms hingegen nicht grundsätzlich in Frage stellt. So zumindest suggeriert es die Darstellung der Lemberger Zusammenkunft in der Chronik Stanisław Orzechowskis.350
344
Vgl. Kap. 3, S. 246 f. D-U, Stronnicy kro´lewscy, 113 f. 346 O, S, Annales. Adjunximus Vitam Petri Kmitae, Dantisci 1643, 150. 347 Die zumindest von Orzechowski so dargestellten Reden: ebenda, 133–173. 348 Ebenda, 134. 349 Ebenda, 134, 141, 146, 147, 148, 151. 350 Die lapidaren Äußerungen der Forschungsliteratur erschöpfen sich in der Feststel345
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Obwohl angenommen wird, Orzechowski sei Augenzeuge der Geschehnisse von 1537 gewesen,351 müssen doch die in der Chronik ausgebreiteten Reden im Kontext der humanistischen Geschichtsschreibung betrachtet werden. Orzechowski gehörte dabei zu den polnischen Humanisten, die an führender Stelle eine Dialogizität in ihren Texten einführten, die den antiken Vorbildern entsprach.352 Die von Orzechowski präsentierte Schilderung der Lemberger Versammlung kann allerdings in mehrerlei Hinsicht als Ansatzpunkt für die Analyse eines eigenständigen adligen Versammlungswesens dienen, das sich mehr oder weniger mit einem Widerstandsgedanken verband. Zunächst scheint der Umstand bemerkenswert, dass Orzechowskis Chronik zu Beginn der 1610er Jahre mit einer sehr eigenen Textstruktur veröffentlicht wurde, die der Lemberger Versammlung eine herausgehobene Stellung innerhalb der Narration verlieh.353 Der Begriff „rokosz“ taucht in diesem Zusammenhang allerdings nicht auf, der Text beschränkt sich auf die neutrale Formulierung von „concilia & conciones“.354 Erst das Protokoll des Prozesses gegen die Organisatoren der Lemberger Versammlung wies in der Anklageschrift die zweimalige Bezeichnung der Zusammenkunft als „rokosz“ auf. Der Begriff nahm dabei eine deutlich pejorative Konnotation an. Der königliche Ankläger führte ihn als Eigenbezeichnung der Lemberger Versammlung ins Feld, die er seinerseits mit den delegitimierenden Wörtern „conventiculum“ und „concionobulum“ belegte.355 Der „rokosz“ wurde hier also deutlich als eigenmächtige Zusammenkunft des Adels ohne monarchische Genehmigung charakterisiert. Entsprechend fand sich in der Verteidilung, hierbei handele es sich kaum um ein Diarium „im engeren Sinne des Wortes“: U, Sejm walny koronny, 9; diese Einschätzung übernimmt B, Protoko´ł procesu sa˛dowego, 227. 351 K, Stanisław Orzechowski, 17. 352 B, Frühneuzeitliche Nationen, 271. Mithin lässt sich eine etwaige Authentizität zumindest der Redetexte schwerlich verteidigen. Zumindest lässt sich konstatieren, dass die von Orzechowski präsentierten Argumentationen in den Reden potentiell einem diskursiven Rahmen der Mitte des 16. Jahrhunderts entsprachen. Allerdings ist die Chronik zu Orzechowskis Lebzeiten nie erschienen und wiederum nur aus einer späteren Druckausgabe von 1611 bekannt. Das Manuskript wurde zwar im Auftrag Sigismund Augusts verfasst, Orzechowski verzichtete jedoch angesichts seiner interpretativen Tendenzen auf den Druck, ebenda, 101. Eine zweite Auflage erschien 1643 in Danzig. 353 Die hier vorliegende Ausgabe von 1643 reproduziert diese Textstruktur der Ausgabe von 1611 unverändert. Bemerkenswert ist die Stellung der Lemberger Versammlung dadurch, dass sie als Ergänzung herausgehoben am Ende der Chronik steht. Aus der chronologischen Form der Darstellung herausgenommen, erscheint sie in dieser Form geradezu als Re´sume´ der polnischen Geschichte. Es lässt sich wohl nicht nachvollziehen, ob diese Erzählstruktur der handschriftlichen Version Orzechowskis von 1554 entspricht. 354 O, Annales, 133. 355 B, Protoko´ł procesu sa˛dowego, 230.
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gungsrede Mikołaj Taszyckis vor dem Sejmgericht keinerlei Bezugnahme auf einen etwaigen „rokosz“. Die apologetische Strategie zielte vielmehr darauf ab, den Versammlungsanlass im Allgemeinen Aufgebot des Monarchen zu suchen. Dessen Einberufungsbrief habe am Beginn der Lemberger Zusammenkunft gestanden, es könne also keine Rede davon sein, der Adel sei eigenmächtig zusammengetreten. An dieser Stelle erst tritt in der spärlichen Überlieferung eine historische Legitimierung hinzu, die zumindest in den von Orzechowski formulierten Reden vollkommen fehlt. Taszycki bestand demnach darauf, dass der Adel es schon lang zuvor betrieben habe, beim Anlass von Allgemeinen Aufgeboten über sich und das Gemeinwesen zu beraten, wie etliche Privilegienvergaben polnischer Könige als Resultate solcher Versammlungen beweisen würden.356 In der sprachlichen Form noch deutlich anknüpfend an die Herkunft des Wortes „rokosz“ von der Bezeichnung des Ortes, an dem sich der ungarische Adel viritim einfand,357 benannte hingegen Orzechowskis Zeitgenosse Marcin Bielski in seiner Weltchronik die Lemberger Versammlung. In den Ausgaben von 1551, 1554 und 1564 ist hierbei noch die Rede von den „Rakosze“ als adligen Zusammenkünften im offenen Feld. Im Gegensatz zu Orzechowski identifiziert Bielski diesen Begriff mit einer bestimmten Form adligen Versammlungswesens. In seiner Erzählung heißt es recht lakonisch, nachdem das Allgemeine Aufgebot in Lemberg zusammengekommen sei, habe sich der Adel an einem eigenen Ort im offenen Feld versammelt, „was wir Rakosze nennen, dort redeten sie frei / jeder einzelne, der seine Sichtweise kundgeben wollte.“358 Selbst wenn diese Formulierung bereits implizierte, dass die Redefreiheit aller Adligen allein innerhalb solcher Versammlungsstrukturen gegeben war, verzichtet Bielski darauf, die „Rakosze“ explizit mit einer Widerstandshandlung zu verbinden. Diesen Schritt wiederum ging sein Sohn Joachim vier Jahrzehnte später. In der Polnischen Chronik fasste er die Abschnitte zur Geschichte Polens aus der Weltchronik seines Vaters zusammen und überarbeitete sie grundlegend.359 Dies ging auch an der Schilderung der Lemberger Zusammenkunft von 1537 nicht spurlos vorüber. Nicht nur, dass sich die „Rakosze“ ungarischer Herkunft nun bereits begrifflich zum polo-
356
Ebenda, 232–234. B, A, Słownik etymologiczny je˛zyka polskiego, Warszawa 1998, 461 (Nachdruck der Originalausgabe Warschau 1927); B, J, Historia pan´stwa i prawa polskiego. Cze˛s´c´ 2: Od połowy XV. do r. 1795, Warszawa 1957, 123; ., Sejm Dawnej Rzeczypospolitej, 19; O, Confederations and Rokosz, 111. 358 B, M, Kronika Wszytkyego swyata na ssesc wyekow / Monarchie cztery rozdzielona, w Krakowye 1551, 291v.; ., Kronika Wssythyego swyata na ssesc wiekow a na czwory ksie˛gi takiez˙ Monarchie rozdzielona, w Krakowie 1554, 303r.; B, Kronika, tho iesth Historya S´wiata (1564), 423v. 359 B, Frühneuzeitliche Nationen, 108 f. 357
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nisierten „rokosz“ verfestigt hatten. Joachim Bielski verlieh letzterem in seiner Narration auch eine explizit widerständige Dimension. Deutlich wird dies in einer kausalen Ableitung der Versammlung, die man noch im Text Marcin Bielskis vergeblich sucht. In der Polnischen Chronik hieß es nunmehr, die Adligen hätten große Beschwerden gegen den König und seinen Rat, also den Senat, vorzubringen gehabt:360 „Ursache hierfür gab der König, indem er viele Dinge tat / zur Verletzung ihrer Rechte und Freiheiten / und die Räte sprachen hierüber nicht / oder halfen dem König darin. Und deshalb begann der Adel, sich an eigenen Orten auf dem Feld zu sammeln.“
Zuvor schon ließ sich eine entsprechende Verwendung etwa bei Bartłomiej Paprocki finden. In einer Flugschrift, anlässlich des Interregnums nach dem Tod Stephan Ba´thorys, schien ihm hingegen der Begriff des „Rokosz“ nicht mehr erklärungsbedürftig und stand für die selbstlose Verteidigung des Gemeinwohls.361 Bemerkenswert ist hierbei, dass Paprocki mit Verweis auf den Sejm von 1459 die Lemberger Versammlung als „rokosz“ jetzt in einen erweiterten historischen Zusammenhang stellte. Damals habe Jan Rytwian´ski, der Starost von Sandomierz, König Kasimir IV. mit offener scharfer Kritik in einer Rede dazu gebracht, die eigenen Fehler einzugestehen und den Forderungen des Adels gegenüber einzulenken.362 Paprocki stellt die Verbindung zwischen der Rede Rytwian´skis und der Zusammenkunft rund achtzig Jahre später über die familiäre Verbindung der Akteure her. Die Zborowski – in seiner Interpretation an der Spitze der Lemberger Versammlung – waren schließlich Neffen Jan Rytwian´skis. Das Interesse Paprockis lag sicherlich in erster Linie darin, als Partei- und Kostgänger der Zborowski den selbstlosen Einsatz des Hauses mit einer würdigen Traditionslinie zu versehen.363 Ganz nebenbei produzierte er allerdings eine wirkmächtige historische Einbettung des „rokosz“. Darüber hinaus belegt Paprocki seinen Verweis auf die Rede Rytwian´skis ausdrücklich mit der Schilderung in der Chronik Marcin Kromers, was weitergehende Anknüpfungspunkte als rein familiärer Natur implizierte. Kromer seinerseits stellte nämlich die Rede Jan Rytwian´skis in den Kontext eines Sejms, den er als außergewöhnlich qualifizierte. Der Monarch war mit seiner höfischen Entourage und dem Rat bewaffnet zum Sejm erschienen, da er eine adlige Opposition gegen sich befürchtete. Die Ständeversammlung fand also in gespannter Stimmung statt, in der Darstellung
360
B, J, Kronika polska Marcina Bielskiego, w Krakowie 1597, 577. P, B, Upominek albo przestroga zacnemu Narodowi Polskiemu y wszitkiem Stanom Wielkiego Xie˛stwa Litewskiego, namnieiszi Sługa i brat na to interregnum oddaie, o.O. o.J. [1587], fIIr. 362 Ebenda, eIVv.–fIIr. 363 K, Bartolomeˇj Paprocki z Hlohol, bes. 45–47; T, Słowo i obraz w heraldyce, 34–36, 40; D-U, Me˛z˙owie stanu, 16, 25 f. 361
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Kromers befürchtete König Kasimir „maior(em) turba(m) & seditio(nem).“364 Angesichts der bedrohlichen Situation zeigte sich jedoch schon bei Kromer die Kraft des offenen und schonungslosen, wenngleich wohlmeinenden, Wortes. Auch in seiner Erzählung lässt sich Kasimir schließlich davon als guter Monarch beeindrucken.365 Hier findet sich eine Anknüpfung an das auch von Joachim Bielski unterstrichene Motiv der freien Rede – nur dass der „rokosz“ in diesem Sinne als ultima ratio erscheint, wenn man meinte, dass die offene Meinungsäußerung im üblichen institutionellen Rahmen eben nicht gewährleistet wurde. Die Karriere der Lemberger Adelsversammlung von 1537 im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts ließ sie schlussendlich als „rokosz“ zum Inbegriff einer Institution werden, die ihrerseits selbst erst allmählich eine diskursive Verfestigung erfuhr.366 In den Auseinandersetzungen des ersten Interregnums um die Rolle von Abgeordneten sowie Amts- und Würdenträgern als Magistraten rekurrierte man jedoch nicht explizit auf einen etwaigen „rokosz“. Gleiches galt für die scharfen Auseinandersetzungen zwischen Teilen des Adels und Kronkanzler Zamoyski auf der einen sowie Sigismund III. Wasa und anderen Adelsvertretern auf der anderen Seite zwischen 1591 und 1592. Eine komplexe Gemengelage aus konfessionellen Interessen, Parteinahmen für den 1587 unterlegenen Habsburger Thronbewerber, die Konkurrenz zwischen Kronkanzler und König sowie die Geheimverhandlungen Sigismund Wasas mit dem Haus Habsburg führten dabei zu einer offenen Krise. An deren Ende stand der sogenannte Inquisitionssejm, auf dem der Monarch sich vor dem Adel rechtfertigen sollte, ohne dass dies greifbare Ergebnisse nach sich zog.367 In der Publizistik der Interregna fanden sich hingegen vereinzelte Anspielungen auf Jan Rytwian´ski und die ihm von Kasimir IV. zugestandene Redefreiheit, verbunden mit der ausdrücklichen Aufforderung: „Schaue jeder, der will, in die polnischen Chronisten!“368. Wahlweise konnte der Redner des 364
K, M, De origine et gestis Polonorum libri, Basileae 1568, 358. Ebenda, 359. 366 Diese Wandlung der Begrifflichkeiten bzw. die Herausbildung des „rokosz“ als deutlich besetztem Begriff, der ex post auf verschiedene Ereignisse angewendet wurde ist dabei von Interesse. In diesem Sinne verfängt eine Kritik wie diejenige von Karol Łopatecki nicht, der über die mangelnde juridische Präzision und die Unangemessenheit der Begriffsverwendung „rokosz“ schon bei den Zeitgenossen klagt: Ł, K, Organizacja, prawo i dyscyplina w polskim i litewskim pospolitym ruszeniu (do połowy XVII wieku), Białystok 2013, 145. 367 Immer noch unersetzt: L, K, Rzeczpospolita polska w dobie Sejmu inkwizycyjnego (1589–1592), Krako´w u.a. 1939. 368 Sentencya cuiusdam de electione regis Polonorum cum commonstratione commodi et incommodi inde emergentis, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 362–381, hier 379; Wizerunk okolicznych kro´lo´w i pano´w, przed elekcya˛ kro´lewska˛ uczyniony, in: ebenda, 404–408, 407. 365
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15. Jahrhunderts allerdings auch als Unruhestifter denunziert werden, was die Warnung nach sich zog, auf keinen Fall gegenwärtig „in Respublica nostra illis similes“ zuzulassen.369 Ebenso im Kontext des Inquisitionssejms und der in seinem Umfeld abgehaltenen Adelsversammlungen bezogen sich Redner sporadisch auf Rytwian´ski.370 Nur sehr summarisch fielen demgegenüber Versuche einer historischen Ableitung selbständiger Adelsversammlungen aus und erst, als sich die Auseinandersetzungen mit dem Monarchen in der letzten einer Reihe von Adelsversammlungen extrem zugespitzt hatte, fiel einmal das Wort vom „Lemberger Rokosz (rokosz lwowski)“. Ansonsten dienten 1591 ausdrücklich Chroniken als Grundlage, von denen allgemein abgeleitet wurde, „dass es vor allem keine Neuerung ist, private Zusammenkünfte in notwendigen und gewaltigen Angelegenheiten zusammenzurufen.“371 Erst in den Jahren zwischen 1606 und 1608 wurde der „Lemberger Rokosz“ schließlich zum entscheidenden historischen Bezugspunkt des aktuellen Geschehens. Er diente zahlreichen Schriften der lebhaften polemischen Publizistik dieser Jahre als Vor- oder auch als Schreckbild. Dass es sich hierbei gleichfalls um ein durch die Geschichtsschreibung konstituiertes Wissen handelte, wird an mehreren Stellen deutlich. So beruft man sich nicht nur darauf, über den Lemberger Rokosz „gelesen“ zu haben.372 Die argumentativ eingesetzten Detailinformationen über die Versammlung mussten außerdem aus einer mehr oder weniger direkten Rezeption der Chroniken Orzechowskis beziehungsweise Joachim Bielskis stammen. Der vollständig fiktive „Rokosz von Gliniany (rokosz glinian´ski)“ des 14. Jahrhunderts, der im 17. und 18. Jahrhundert eine prominente Rolle in der historischen Legitimierung von Adelsversammlungen und Widerstandsdenken spielen sollte, nimmt hingegen noch in den Schriften des „Rokosz“ am Beginn des 17. Jahrhunderts eine kaum relevante, ja eine äußerst marginale Position ein.373
369
De electione novi regis, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 662–664, 662, 664. 370 Napomnienie i pros´ba do JKMci i do PP. Rad i Rycerstwa wszystkiego od PP. Rad i Rycerstwa w Je˛drzejowie zgromadzonych, in: Dyaryusze i akta sejmowe r. 1591–1592, ed. v. Eugeniusz Barwin´ski, Krako´w 1911 (Scriptores rerum polonicarum 21), 72–83, 77; Sejm walny inquisitionis anno 1592, in: ebenda, 206–341, 241; Dyaryusz sejmu anno Domini 1592, in: ebenda, 342–381, 368. 371 Z, W, Dyaryusz zjazdu protestanto´w w Radomiu 1591 r., in: Archiwum Komisyi Historycznej 9 (1902), 486–522, 504, 509. 372 Zdanie szlachcica polskiego o rokoszu, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 414–420, 414. 373 B, Frühneuzeitliche Nationen, 172 f.; W, M, Rokosz glinian´ski i ,Rady Kallimacha‘ a doktryna złotej wolnos´ci, in: Karol Łopatecki / Wojciech Walczak (Hg.), Nad społeczen´stwem staropolskim. Kultura, instytucje, gospodarka w XVI–XVIII stuleciu, Białystok 2007, 73–82.
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Die Behandlung der Lemberger Versammlung in der Geschichtsschreibung ab Mitte des 16. Jahrhunderts zeigt, in welcher Weise die Geschehnisse des Jahres 1537 allmählich ex post zum Ereignis „Lemberger Rokosz“ mutierten. Ähnliches gilt für die Rede Jan Rytwian´skis, die wesentlich aus ihrem noch bei Jan Długosz und Marcin Kromer überlieferten Kontext gelöst wurde. An beiden Exempeln kristallisierte sich mithin das zeitgenössisch – auch unter dem Einfluss der Rhetoriklehren – viel diskutierte Ideal der freien Rede aus.374 Die somit zumindest diskursiv geschaffene Institution des „rokosz“ und die unbefangene Stellungnahme des Adels als Kontrollinstanz gegenüber Monarch und Magistraten fungierten in diesem Sinne als potentielle Gegenstücke zu einem stark hierarchisch gegliederten und von Magistraten und Monarchen dominierten Sejmprozedere. Speziell galt dies für die Behandlung der Lemberger Versammlung in der Geschichtsschreibung. In den konkreten publizistischen Auseinandersetzungen beziehungsweise Redebeiträgen nahmen aber weder der Begriff „rokosz“ noch die Erwähnung des Lemberger Ereignisses im Verlauf der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einen zentralen Platz ein. Dies lässt sich vielleicht aus dem Umstand erklären, dass eine Versammlung, deren Wortführer in der Folge des crimen perduellionis und des crimen laesae maiestatis angeklagt wurden, eine zunächst nur sehr beschränkte Legitimationsfunktion erfüllen konnte. Die Berufung auf Rytwian´ski und eher allgemeine Verweise auf die Geschichtsschreibung erlaubten dagegen, solcherlei Problem zu umgehen. Das historische Vorbild Rytwian´ski, der mit der sich intensiv entwickelnden humanistischen Geschichtsschreibung und der Publizistik zu einem allgemein verbreiteten Topos geriet, blieb in Hinsicht auf einen Widerstandsbegriff ambivalent. Es bewegte sich zunächst ganz im Rahmen des omnipräsenten Kontrolldiskurses, der sich um die Leitkategorien „concordia“ und Vertrauen herum gruppierte. Die theoretische Vorstellung allein, Kontrolle über die Magistrate und möglicherweise den Monarchen selbst ausüben zu müssen, reicht demnach kaum aus, um schon als Widerstandsdenken deklariert zu werden. Etwas anders stellte sich die Situation im Falle des „Lemberger Rokosz“ dar. Die auch in der Historiographie tradierte Reaktion König Sigismunds I. klassifizierte ihn klar als einen gegen die Obrigkeit gerichteten Akt. Bezeichnenderweise schien jedoch gerade dieser Umstand seine argumentative Verwendung zu blockieren, wollte man das eigene Handeln als legitim kennzeichnen. Dies änderte sich auch in den 1590er Jahren nicht, nachdem bereits ein Widerstandsrecht in den Wahlkapitulationen etabliert worden war. Der erste Versuch, die mögliche Aufkündigung des Gehorsams gegenüber einem König schriftlich zu fixieren, fand sich in den sogenannten Artikeln von Mielnik
374
Vgl. Kap. 1.1, S. 66–72
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aus dem Jahr 1501.375 Sie waren dem neuen Monarchen Alexander Jagiellon´czyk auf dem Wahlsejm in Form von Petita des Senats überreicht worden, erlangten aber mangels einer königlichen Bestätigung niemals offizielle Rechtskraft. Entsprechend fanden sie auch keine Aufnahme in die Statutensammlungen des 16. Jahrhunderts. Sie waren allerdings durchaus bekannt, wie etwa die handschriftlich ergänzten Notizen zu einem Exemplar der Statuten Przyłuskis belegen, und wurden Teil eines gewohnheitsrechtlichen Denkbestandes.376 Die Festlegungen in den Artikeln von Mielnik unterschieden sich dabei recht deutlich von der Formel, die rund siebzig Jahre später in den Articuli Henriciani, der Wahlkapitulation Heinrich Valois‘, zur Anwendung kam. 1501 fungierte der dritte Artikel in erster Linie als Schutzartikel für die ständischen Akteure in personam.377 Er nannte erst nachgeordnet schwerwiegende Vergehen des Monarchen „contra statum“ und ein darausfolgendes „offensum Reipublicae“ als Gründe, weshalb „universum regnum sit liberum a iuramento et fide praestita.“378 1573 ging es demgegenüber „mit den Freiheiten, Rechten und Privilegien“ ausschließlich um ein schützenswertes Ensemble abstrakt-rechtlicher Natur, dessen Nichtbeachtung eine Auflösung des Treueids nach sich ziehen sollte.379 Die gleiche Formulierung wiederholte sich in der Wahlkapitulation Stephan Ba´thorys 1576.380 Ganz ähnlich hieß es im Krönungseid Sigismunds III. Wasa, mit dem er alle bisherigen Rechte und Privilegien bestätigte:381 375
II. [Artykuły Mielnickie], in: Volumina Constitutionum. Tom I: 1493–1549, Volumen 1: 1493–1526, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 1996, 109–113. 376 Sejm elekcyjny piotrkowski 1501 r. Wste˛p, in: Volumina Constitutionum. Tom I: 1493–1549, Volumen 1: 1493–1526, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 1996, 100–101, 101; zur Forschungsdiskussion um die Artikel von Mielnik: S, L / U, W, Artykuły mielnickie z roku 1501, in: Czasopismo prawno-historyczne 42.1–2 (1990), 31–61; S, L, Wpływ artykuło´w mielnickich z 1501 r. na rozwo´j prawa polskiego w XVI w., in: Czasopismo prawno-historyczne 46 (1994), 31–57. 377 Hier ist die Rede von monarchischen Vergehen „contra aliquem ex consilio aut aliquos primoris status, summaeque et integrae opnionis viros, tam spirituales quam saeculares“ (Artykuły Mielnickie, 110). 378 Ebenda. 379 Artykuły henrykowskie [17 maja 1573r.], in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 326–329, 329. 380 Konstytucje sejmu walnego koronacyi kro´lewskiej [30 maja 1576r.], in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 366–375, hier 367. 381 Litterae iuramenti praestiti Sigismundi III, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 2: 1587–1609, ed. v. Stanisław Grodziski u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2008, 55.
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„Etsi, quod absit, in aliquibus iuramentum meum violavero, nullam mihi incolae Regni omniumque dominiorum uniuscuiusque gentis oboedientiam praestare debebunt, […] ab omni fide, oboedientia Regi debta, liberos facio absolutionemque nullam ab hoc meo iuramento.“
Den Gehorsam gegenüber dem Monarchen solcher Art mit Bedingungen zu versehen, war kein außergewöhnliches Phänomen. Die meisten zeitgenössischen Wahlkapitulationen wurden um verschiedene Formeln erweitert, die die Eidesleistung des Erwählten verstärken sollten.382 In diesem Sinne sollten auch die polnischen Articuli de non praestanda oboedientia in ihrer Aussagekraft nicht überbewertet werden. Dies macht im Übrigen auch der gegenseitige Charakter der Eidesbindung deutlich. Entsprechend verpflichtete etwa die Wahlkapitulation Stephan Ba´thorys die Senatorenschaft ebenso, darüber zu wachen, „dass in allen Angelegenheiten nichts contra dignitatem Nostram […] unternommen werde.“383 Dass die sehr theoretische, aber schriftlich fixierte und beeidete Möglichkeit, dem Monarchen die Treue aufzukündigen, nichtsdestoweniger ein erhebliches explosives Potential barg, machen etwa die Definitionsbemühungen von 1576 deutlich. So enthält die Wahlkapitulation Stephan Ba´thorys einen Anhang, der sich explizit müht, möglicherweise divergierende Interpretationen des entsprechenden Paragraphen zu verhindern und die „Regia dignitas“ durch ihn unberührt zu lassen.384 Um eine zu große Antastbarkeit des Monarchen zu vermeiden, traf man die Unterscheidung zwischen „error“ und „voluntas“ des Königs. Dabei konnte nur der monarchische „Wille“ als gegen Rechte und Freiheiten gerichtetes Handeln die theoretische Grundlage für eine Aufkündigung des Gehorsams bilden.385 Im weiteren Kontext der Frage nach einem etwaigen positivrechtlich legitimierten Widerstandsrecht müssen mithin auch juridische Regelungen einbezogen werden, die Widerstandsversuche einhegen oder verbieten sollten. In erster Linie kamen hier natürlich die Delikte des crimen laesae maiestatis und des crimen perduellionis in Frage. Die erste ausführlichere Festschrei382 B, H-J, Pacta conventa (Wahlkapitulationen) in den weltlichen und geistlichen Staaten Europas, in: Paolo Prodi (Hg.), Glaube und Eid. Treueformeln, Glaubensbekenntnisse und Sozialdisziplinierung zwischen Mittelalter und Neuzeit München 1993, 1–10; K, G, Die kaiserlichen Wahlkapitulationen. Geschichte, Wesen und Funktion, Karlsruhe 1968, 101–117; H, F, Die Wahlkapitulationen der deutschen Kaiser und Könige, in: Historische Zeitschrift 107.2 (1911), 306–345, bes. 323 f. In diesem Sinne auch M, Historia Polski, 392. 383 Konstytucje sejmu walnego koronacyi kro´lewskiej [30 maja 1576r.], in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 366–375, 368. 384 Ebenda, 370. 385 Ebenda; L, A, Konfederacja i rokosz w polskim prawie karnym XVI–XVIII wieku, in: Studia Iuridica Silesiana 2 (1977), 143–159, 151.
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bung des crimen laesae maiestatis im kronpolnischen Recht stammte aus dem Jahr 1510.386 Mit dem Gesetz wurde das Majestätsverbrechen explizit von der Person des Monarchen – als Majestätsbeleidigung – auf die Senatoren, die Landboten sowie Richter und all diejenigen ausgeweitet, die eine wie auch immer geartete Amtswürde bekleideten oder im Auftrag des Monarchen handelten.387 Die Quellen zur Regelungen aus dem Römischen und dem Kanonischen Recht waren vielfältig, doch unverkennbar orientierte sich solche Formulierung an der berühmten Lex Quisquis des Römischen Rechts, das nicht zuletzt über die Regelungen der Litauischen Statuten auf die kronpolnischen Vorstellungen einwirkte.388 Im Gefolge des Prozesses gegen die Wortführer der Lemberger Adelsversammlung und eines anderen in die gleiche Zeit fallenden Prozesses wegen Majestätsbeleidigung389 wurde im Jahr 1539 das Gesetz von 1510 modifiziert. Heraus kam dabei eine recht unscharfe Hybridformel: Die Majestätsbeleidigung selbst sollte sich nunmehr allein auf die Person des Königs beziehen, mit derselben Strafbemessung wie für dieses crimen laesae maiestatis sollten hingegen auch jegliche Vergehen gegen Sejmmitglieder und Amtsträger bestraft werden. Doch wurde weder die Strafbemessung präzisiert, noch trug nun die Beleidigung aller anderen im Gesetz eingeschlossener Personen einen Namen.390
386 An dieser Stelle wird auf eine Behandlung des crimen laesae maiestatis in den litauischen Statuten verzichtet. Im Gegensatz zum kronpolnischen Recht wies die verbindliche litauische Kodifizierung (in ihren drei Fassungen) eine recht präzise Definition des Majestätsverbrechens auf. Für das kronpolnische Rechtssystem wird das litauische Recht hingegen in erster Linie ab dem Ende des 16. Jahrhunderts, also am Ende bzw. nach dem hier gewählten Untersuchungszeitraum, als subsidiäres Recht zusehends stärker etabliert; vgl. etwa ausführlich: B, J, Statuty litewskie a prawo rzymskie, in: Pomniki prawa doby Renesansu w Europie S´rodkowo-Wschodniej, Warszawa 1999, 9–165. 387 Sejm walny piotrkowski 1510 r., in: Volumina Constitutionum. Tom 1: 1493–1549, Volumen 1: 1493–1526, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 1996, 220–237, 230 f. 388 D, M, Subsydiarne stosowanie prawa rzymskiego w Polsce przedrozbiorowej na przykładzie zbrodni obrany majestatu, in: Teka Komisji prawniczej 5 (2012), 60–87, 61–64.; ., Crimen laesae maiestatis. Studium nad wpływami prawa rzymskiego w dawnej Polsce, Lublin 2010, 114 f. 389 Dabei handelte es sich um den Totschlag des Senators Tomasz Lubran´ski durch den königlichen Emissär Mikołaj Rusocki, die sich beide auf dem Weg zu einer Sejmiksitzung befanden. Da es sich also um zwei Würdenträger handelte, fand bei diesem Tötungsdelikt die weite Formulierung des crimen laesae maiestatis Anwendung. Sie sah eine Applikation des Gesetzes auch bei einem Vergehen gegen Amtsträger in ihrer Rolle als Repräsentanten des Königs vor. Durch die angespannte Lage auf dem Sejm angesichts des Prozesses gegen die Wortführer von Lemberg und die Mobilisierung der Landboten durch den Angeklagten Rusocki dürfen beide als Beitrag zu einer anschließenden Verengung der Definition des Majestätsverbrechens betrachtet werden: L, Lex est rex, 192 f. 390 Statuta seu constitutiones in comitiis cracoviensibus laudatae MDXXXIX, in: Vo-
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In der Entwicklung zwischen 1510 und 1539 zeigte sich eine zunehmende Emanzipation der Magistrate aus einer unmittelbaren Anbindung an den Monarchen hin zu einer Identifizierung mit einem Abstraktum respublica, ohne dass dies allerdings eine klare Trennung beider Sphären nach sich zog. Zugleich machte sich hierin der Einfluss des Kontrollgedankens bemerkbar. Schließlich wurde ein Vorgehen gegen Landboten, Amts- und Würdenträger nicht mehr uneingeschränkt als höchste Form illegitimen Handelns interpretiert. Die Tendenz, das Majestätsverbrechen eng zu definieren und allein als Angriff auf die Person des Monarchen auszulegen, setzte sich fort. So verabschiedete man 1588 eine Neuregelung zum crimen laesae maiestatis. Sie stand unter sichtbarem Eindruck der zugespitzten Auseinandersetzungen, die die Doppelwahl des Wasas Sigismund und des Habsburgers Maximilian 1587 mit sich gebracht hatten.391 Das Gesetz statuierte dabei eine klare Abgrenzung zwischen dem crimen laesae maiestatis und einem erstmals definierten und schriftlich fixierten crimen perduellionis Reipublicae. Dabei erfuhr das Majestätsverbrechen eine bislang ungekannte Präzisierung: Es bezog sich auf jegliches Delikt, das „machinatione, conspiratione, violento conatu et quod longe absit, facto ipso in vitam commititur.“392 Demgegenüber wurde der Hochverrat als ein „Aufstand (bunt)“ oder „rebellio“ charakterisiert, der sich gegen die respublica richtete und Geheimnisverrat oder Zusammenarbeit mit ausländischen Feinden implizierte.393 Dass die Trennlinie zwischen Majestätsbeleidigung und Hochverrat allerdings eher hypothetisch blieb, erwiesen noch die großen Hochverratsprozesse des 17. Jahrhunderts, wie etwa gegen Hieronim Radziejowski 1652 oder Jerzy Lubomirski 1664.394 Was Widerstand im Sinne von Ungehorsam und damit einen Angriff auf die Obrigkeit darstellte, musste bis zu einem gewissen Punkt zwangsläufig eine Frage der Perspektive sein. Dies verdeutlichte schon die Neuformulierung des crimen laesae maiestatis aus dem Jahr 1588. Abgesehen von direkter physischer Gewalt am Monarchen boten Kategorien wie Machinationen und Verschwörungen beiderseits eine notwendig strittige Interpretationsmarge, was zu gewissen Teilen auch für Begriffe wie Aufstand oder Rebellion in
lumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 196–200, 199. 391 Vgl. Kap. 3, S. 296 f. u. Kap. 3.1, S. 302–306. 392 Konstytucye sejmu walnego koronacyi kro´lewskiej roku Boz˙ego 1588, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 2: 1587–1609, ed. v. Stanisław Grodziski u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2008, 62–87, 62. 393 Ebenda, 63. 394 D, Subsydiarne stosowanie prawa rzymskiego, 109. Zu diesen Fällen Ausführlich: K, A, Hieronim Radziejowski. Studium władzy i opozycji,Warszawa 1988; K, W, Jerzy Sebastian Lubomirski, Wrocław u.a. 2002; C, W, Sprawa Lubomirskiego w roku 1664, Warszawa 1886.
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Bezug auf den Hochverrat zutraf. Zwangsläufig hatten bereits 1537 die Organisatoren der Lemberger Adelsversammlung jegliche gegen König und Obrigkeit gerichtete Intention ihrer Zusammenkunft negiert. Dieses argumentative Muster sollte sich auch zu Beginn der 1590er Jahre wiederholen. Die Adelsversammlungen im Vorfeld des Inquisitionssejms thematisierten nicht allein die aktuellen Angriffe auf die evangelischen Gemeinden in Krakau und Wilna, sondern gleichermaßen die Heiratspläne Sigismunds III. und dessen vermeintliche Abdankungspläne zugunsten der Habsburger.395 Wenn auch konfessionelle Motivationen der Auslöser der ersten Versammlungen in Chmielnik und Radom gewesen waren, rückte die Verteidigung der Andersgläubigen inhaltlich zusehends in den Hintergrund.396 Dabei hatten zwar die Einhaltung der Warschauer Konföderation und der Protest gegen Übergriffe auf evangelische Gemeinden besonders zu Beginn auf inhaltlicher Ebene eine wesentliche Rolle gespielt, jedoch keine spezifisch konfessionelle Dimension der Argumentation nach sich gezogen. Die Teilnehmer der ersten Zusammenkunft vom Juli 1591 in Chmielnik waren sich bewusst, auf welch dünnem Eis sich ihre Eigeninitiative zu einer Versammlung rechtlich bewegte. Wie der Danziger Agent seinem Stadtrat berichtete, beeilte sich eine Abordnung an den Monarchen, letzterem zu versichern, „das wir von unserm ainmals gelaisten trawen und glauben, derer auch unterthänigkeit, damit wir E. Khünig. Mt. Aydlich vorpflichtet sein, nicht abstehen.“397 Das hinderte sie jedoch keinesfalls, im gleichen Atemzug die Gegenseitigkeit der eidlichen Verpflichtung zu betonen und damit die Bedingtheit ihres eigenen Gehorsams herauszustellen. Widerstand als bewusstes Vorgehen gegen die Obrigkeit verblieb in dieser Argumentation eine Drohkulisse, was das bisherige Handeln folglich als normales Vorgehen im Rahmen des politischen Systems definierte. Entsprechend rechtfertigten sich die Teilnehmer damit, durch die aktuelle Situation „die zusammenkunft […] zu halten genötigt“ gewesen zu sein.398 Wie zu erwarten, teilte der junge König diese Sichtweise nicht. In seiner Antwort an die Versammlungsvertreter ließ er nicht nur klar werden, dass er keinen inhaltlichen Anlass für solch ein Zusammentreffen des Adels sähe, sondern dass eine solche „privata conventio“ „neu und nie gewönlich, auch algemeinen rechten und I. Kün. Mt. Hoheit wiederwärtig“ sei.399 Der Schlagabtausch 395
L, Rzeczpospolita polska, 159–181, 292–330. Ebenda, 331–353. 397 Przemowa posło´w z zjazdu Chmielnickiego wysłanych do kro´la, in: Dyaryusze i akta sejmowe r. 1591–1592, ed. v. Eugeniusz Barwin´ski, Krako´w 1911 (Scriptores rerum polonicarum 21), 6–8, hier 6. 398 Ebenda. 399 Odpowiedz´ kro´lewska, dana posłom z Chmielnika, in: Dyaryusze i akta sejmowe r. 1591–1592, ed. v. Eugeniusz Barwin´ski, Krako´w 1911 (Scriptores rerum polonicarum 21), 8–11. 396
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über die Legitimität von Versammlungen, die nicht vom Monarchen einberufen wurden und sich mithin außerhalb des Repräsentationssystems von Sejm und Sejmiki bewegten, hielt dabei über die noch folgenden drei Adelsversammlungen in Radom, Lublin und Je˛drzejo´w an. Die monarchische Seite wiederholte ihre Vorbehalte, nicht ohne den Ton sukzessiv zu verschärfen. So zögerte Primas Stanisław Karnkowski nicht, den Adligen in Radom unverblümt vorzuwerfen, „dass einige unserer Brüder unter Missachtung der Obrigkeit Seiner Königlichen Majestät, bei weitem die Würde Seiner Königlichen Majestät nicht achtend, gegen das Gemeine Recht mit einer neuen Gewohnheit“ Versammlungen einberiefen.400 Stanisław Gostomski, Wojewode von Rawa und einer der wenigen in Radom anwesenden Senatoren, setzte dem historische Belege aus den Chroniken entgegen, dass sich in Zeiten höchster Not der Adel stets aus Eigeninitiative zusammengefunden habe. Darüber hinaus seien die neuen Bestimmungen zum crimen laesae maiestatis und zum crimen perduellionis nicht auf die aktuellen Versammlungen anwendbar, da man nichts beschlösse, sondern sich lediglich untereinander austausche und beriete.401 Überhaupt betonten die Redner der Radomer Versammlung durchgehend, ihre Motivation sei in erster Linie, den Monarchen zur raschen Einberufung eines neuen Sejms zu bewegen, der alle dringenden Anliegen zu beraten habe.402 Dieses Ziel wurde auch auf allen folgenden Zusammenkünften betont und die widerspenstigen Adligen sollten es tatsächlich noch im Laufe desselben Jahres erreichen.403 Bis zum Schluss aber rückte der Monarch nicht von seiner Position ab, bei den Adelsversammlungen handele sich um widerrechtliche Handlungen. Im Gegenzug gaben die Versammlungsteilnehmer ihre Argumentation nicht auf, sie müssten sich solcher „extraordinaria remedia“ bedienen, um ihre Rechte und Freiheiten zu schützen.404 Dabei brachten die Teilnehmer der Versammlung von Je˛drzeio´w sogar die Möglichkeit einer Bewaffnung ins Spiel,405 sollte der Monarch Truppen gegen sie einsetzen wollen. 400
Z, Dyaryusz zjazdu protestanto´w, 496. Ebenda, 503 f. 402 Ebenda, bes. 501–508. 403 L, Rzeczpospolita polska, 341. 404 Poselstwo do Kro´la JMci z zjazdu Je˛drzejowskiego, in: Dyaryusze i akta sejmowe r. 1591–1592, ed. v. Eugeniusz Barwin´ski, Krako´w 1911 (Scriptores rerum polonicarum 21), 83–85; Respons Kro´la Jmci w Krakowie 16 Junii na podanie Je˛drzejowskie dany, in: ebenda, 85–86. 405 Die Schilderung der Danziger Agenten fällt in diesem Zusammenhang allerdings wesentlich radikaler aus als zumindest der Wortlaut der Lubliner Versammlungsbeschlüsse. Im Danziger Bericht heißt es, die Adligen „hetten […] sich dahin geeiniget, das sie auf den 1 junii zu Jendrzeiow mit gewaffneter handt zusamenkomen wolten“ (Wyimki z depesz wysłan´co´w Gdan´skich o zjez´dzie Lubelskim, in: Dyaryusze i akta sejmowe r. 1591–1592, ed. v. Eugeniusz Barwin´ski, Krako´w 1911 (Scriptores rerum polonicarum 21), 25–27, 26.), während der polnische Text allein die Potentialität solch eines Vorgehens 401
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Abgesehen von dieser letzten verbalen Zuspitzung der Auseinandersetzungen blieben jedoch die trotzdem intensiv fortgesetzten Verhandlungen zwischen den einzelnen Akteursgruppen bemerkenswert. Beginnend mit der ersten Versammlung in Chmielnik schickten die Teilnehmer der Zusammenkünfte Delegationen zum Monarchen, der seinerseits diese Abordnungen empfing und darüber hinaus den Senat zu Beratungen zusammenrief. Obwohl der König konstant den illegalen Charakter der Adelsversammlungen unterstrich, fanden sich dabei in Lublin auch etliche Vertreter der monarchischen Seite, so dass es dort schließlich zu einer Spaltung der Versammlung und zwei unterschiedlichen Beschlussfassungen und Delegationen zum Monarchen kam.406 In diesem Sinne wurde das Handeln der Versammlungsteilnehmer, das sich selbst in einem gewissen Rahmen als widerständig definierte, ohne den letzten Schritt zu gehen, der die Person des Monarchen und den Treueid zu ihm vollkommen in Frage stellte, verfahrenstechnisch eingehegt. Dies basierte auf dem Vorgehen beider Seiten. Weder Sigismund noch die Adelsversammlungen hatten sichtbar ein Interesse daran, den Konflikt in letzter Konsequenz eskalieren zu lassen. In der Folge musste allein der Umstand, dass sich der König auf Unterredungen außerhalb der Sejmstruktur einließ, den Versammlungen trotz der gegenläufigen monarchischen Argumentation nolens volens eine gewisse Legitimität verleihen. Adelsversammlungen auf lokaler und regionaler Ebene abzuhalten, ohne sich dabei auf eine obrigkeitliche Anordnung berufen zu können, war eine Praxis, die sich vor allem im ersten Interregnum etabliert hatte. Schon hier aber kamen erhebliche Zweifel an der Legitimität solcher Zusammenkünfte auf. In der königslosen Zeit entzündeten sich die Auseinandersetzungen um diese Art von Zusammenkünften allerdings daran, dass die Kompetenz, Versammlungen bei einer Thronvakanz einzuberufen, vom Primas als Interrex beziehungsweise von der Senatorenschaft beansprucht wurde.407 Auch die nicht vom Primas oder den Senatoren autorisierten Zusammenkünfte mussten sich folglich einer historischen Legitimierung ihres Vorgehens bedie-
betont: „Aber wenn sie [die Deputierten der Versammlung beim König, K.L.] in dieser Zeit über die Sammlung von Kriegsvolk oder Truppenbewegungen hörten, haben sie uns darüber zu verständigen und so schnell wie möglich einen Versammlungstermin an diesen Ort festzulegen, damit die Respublica so in jeder Gefahr gewarnt und abgesichert sein könnte.“ (Postanowienie zjazdu Lubelskiego, przez szlachte˛ prowincyu Małopolskiej sobie złoz˙onego tamz˙e z Radomia, w Lublinie pro die 9 aprilis 1592, in: Dyaryusze i akta sejmowe r. 1591–1592, ed. v. Eugeniusz Barwin´ski, Krako´w 1911 (Scriptores rerum polonicarum 21), 31–34, hier 34.) 406 L, Rzeczpospolita polska, 338–341 407 G, Walka o władze˛ w Rzeczypospolitej, 51–65, 75–83; P, S, Pro´by reform ustrojowych w czasie pierwszego bezkro´lewia (1572–1574), Krako´w 1969, 36–40.
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nen.408 Die Besonderheit der Partikularversammlungen in den Interregna beruhte hingegen auf deren Charakter als Konföderationen. Solche beschworenen Bündnisse ging man auch als Generalkonföderationen auf zentraler Ebene ein.409 Sie sollten die Aufrechterhaltung des Landfriedens und des basalen weiteren Funktionierens etwa der Justiz sowie der Verteidigung dienen und bildeten damit eine Bestandsgarantie des Gemeinwesens.410 Mithin übernahmen die Generalkonföderationen wie deren regionale oder lokale Varianten etliche monarchische Prärogativen.411 Einer Partikularversammlung ohne obrigkeitliche Legitimation die Form einer Konföderation zu verleihen, war folglich ein in mehrfacher Hinsicht umstrittener Akt. Die Bundesform der Konföderation beanspruchte, den gesamten Adel zu binden. Im Fall der Generalkonföderation betraf dies das ganze polnisch-litauische Doppelreich, bei den partikularen Konföderationen zumindest den Adel einer gesamten Wojewodschaft oder Region. Besonders in der Anfangsphase des ersten Interregnums erwiesen sich die organisatorischen Formen der partikularen Konföderationen als sehr heterogen. Sie waren entweder Versammlungen, die sich auf der Basis der Sejmikorganisation zusammenfanden, vom jeweiligen Wojewoden einberufen wurden oder eben auf Eigeninitiative des Adels zusammentraten.412 Vor diesem Hintergrund lässt sich eine gewisse institutionelle Schnittmenge der Adelskonföderationen der Interregna und der widerständigen Adelsversammlungen gegen einen Monarchen annehmen, ohne dass deren Deckungsgleichheit behauptet werden soll.413 Dies betrifft zum einen den 408 D-U, E, Koronne zjazdy szlacheckie w dwo´ch pierwszych bezkro´lewiach po s´mierci Zygmunta Augusta, Białystok 1998, 27. 409 Für den Eidesschwur der Konföderationen selbst hat sich die polnische Forschung bislang nicht interessiert, er lässt sich aber beispielsweise an der Abschlusssformel der Generalkonföderation nachvollziehen: „Alle diese Dinge versprechen wir uns und unseren Nachkommen stetig zu wahren und einzuhalten sub fide, honore et conscientiis nostris.“ (Confoederatio generalis Varsaviensis [28 stycznia 1573 r.], in Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 306–307, 307.). Zusätzlich wurde die Konföderation im Übrigen nur von den vornehmsten Vertretern besiegelt, vgl. komparativ die Überlegungen zur wichtigen Bedeutung des Schwurs gegenüber dem Siegel am Beispiel des Schwäbischen Bundes: C, H, Der Schwäbische Bund (1488–1534). Landfrieden und Genossenschaft im Übergang vom Spätmittelalter zur Reformation, LeinenfeldEchterdingen 2000, 186–189. 410 P, Pro´by reform ustrojowych, 42 f.; U, Historia pan´stwa i prawa polskiego. Cze˛s´c´. 1, 210, 216. 411 D-U, Koronne zjazdy szlacheckie, 26. 412 Ebenda, 16–22. 413 In seiner Darstellung zu Konföderation und Rokosz hatte Aleksander Rembowski am Ausgang des 19. Jahrhunderts zwar festgestellt, dass etwa die Lemberger Versammlung von 1537 und die Konföderationen der Interregna den Unterschied aufweisen, dass nur
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Repräsentationsanspruch, der über den unmittelbaren Kreis der Teilnehmenden hinausging. Er beruhte auf der Idee einer Identitätsrepräsentation,414 die gerade im Lemberger Fall als faktisch kaum haltbarer Gegensatz zur Stellvertretungsrepräsentation des Sejms konstruiert wurde. So lässt Orzechowski einen der Redner in Lemberg mit den bezeichnenden Worten anheben, man formuliere nun „non jam per legatos, sed ipsi uno ore universi“ die Petita an den Monarchen.415 Zum anderen implizierte die Form der Konföderation zumindest durch den gegenseitigen Schwurakt eine basale Rechtsgleichheit aller Bundesgenossen.416 Dabei lassen sich weder bei der Lemberger letzterer beschworen worden sei, sie aber ansonsten anstandslos in eine Kategorie eingeordnet vgl. R, A, Konfederacja i rokosz, hrsg. v. Jolanta Choin´skaMika, Krako´w 2010, 420. Horst Carl hat darauf hingewiesen, dass im Heiligen Römischen Reich das Institut der Adelseinung keine in erster Linie widerständige Dimension besitzen musste. Diese grundsätzlichen Anmerkungen zu den bis zum 16. Jahrhundert temporären Adelseinungen im Reich gelten dabei cum grano salis auch für die polnisch-litauischen Konföderationen der Interregna: C, H, Genossenschaft und Herrschaftsverdichtung – zur politischen Kultur von Adelseinungen im Alten Reich, in: Ronald G. Asch / Dagmar Freist (Hg.), Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der Frühen Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2005, 405–427, 410–412. Das Abrücken vom Interpretament der Adelskonföderation als widerständigem Element lässt sich dabei auch in der polnischen Forschung nachvollziehen. Noch Stanisław Płaza und Stefan Gruszecki etwa sehen in ihren Studien hier ein vor allem gegen die „Magnaten“ gerichtetes Element (P, Pro´by reform ustrojowych, 24–32; G, Walka o władze˛ w Rzeczypospolitej, 17–31), was in der jüngeren Darstellung von DubasUrwanowicz keine Rolle mehr spielt und die Konföderation vor allem als Stabilisierungsfaktor gesehen wird: D-U, Koronne zjazdy szlacheckie, 341. 414 Vgl. etwa die Forderungen des lokalen Adels in Hinsicht auf die Königswahlen, P, Pro´by reform ustrojowych, 52 f., 55 f. 415 O, Annales, 146. 416 Dabei kam es in den polnischen Interregna äußerst selten zu standesübergreifenden Konföderationen unter Einbeziehung der Städte, obwohl dieses Institut aus dem Spätmittelalter wohl bekannt war: D-U, Koronne zjazdy szlacheckie, 12 f., 14. Der rechtliche Gleichheitsgrundsatz, der systematisch wohl den Konföderationen wie allen Schwurgemeinschaften inhärent war, bezog sich mithin in allerster Linie auf die adligen Bundesgenossen. Eine befriedigende begriffs- bzw. rechtsgeschichtliche Analyse des Terminus „konfederacja“ und dessen Verhältnis zu „Bund“, „Genossenschaft“ oder „Einung“ ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht zu leisten. Wegen fehlender polnischer Forschungen, deren Desiderat schon in den 1970er Jahren beklagt worden war (G, J A, Konfederacje a postawa polityczna szlachty, in: ders. (Hg.), Dzieje kultury politycznej w Polsce, Warszawa 1977, 87–101, 88 f.), muss an dieser Stelle deshalb sehr allgemein auf den deutschen Forschungsstand verwiesen werden, hierzu differenzierend mit einer instruktiven Zusammenfassung: C, Der Schwäbische Bund, 181–185; K, R, Art. Bund, Bündnis, Föderalismus, Bundesstaat, in: ders. / Otto Brunner / Werner Conze (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Bd. 1, Stuttgart 1972, 582–671, 583–600. Carl kommt dabei zu dem Ergebnis, dass auch unter den Bedingungen der Schwureinung durchaus ständisch-rechtliche Differenzierungen erhalten bleiben konnten.
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Versammlung von 1537 noch bei den Adelszusammenkünften der Jahre 1591 und 1592 Hinweise auf solch einen beschworenen Bundesschluss finden. Die Zusammenkunft des Adels viritim, die auf der Vorstellung der Identitätsrepräsentation basierte, implizierte ihrerseits jedoch schon an sich ein theoretisches Gleichheitspostulat. Dies betraf zumindest die Lemberger Versammlung und ihren Kontext des Allgemeinen Aufgebots.417 Anders verhielt es sich dagegen zu Beginn der 1590er Jahre, als die Versammlungen von Chmielnik, Radom, Je˛drzejo´w und Lublin in erster Linie von Abgesandten verschiedener Wojewodschaften beschickt wurden. Ihren Repräsentations- und Kontrollanspruch gegenüber dem Monarchen und den um ihn versammelten Amts- und Würdenträgern leitete etwa die Lubliner Versammlung sehr differenziert aus der Tatsache ab, dass sich dort „eine nicht kleine Ansammlung Ihrer Liebden Herren Senatoren und der Ritterschaft aus verschiedenen Kronwojewodschaften und Abgeordnete aus einigen Ländern [eingefunden hätte] und andere Ihre Herren Liebden Senatoren und Amtsträger der Krone aus der Nähe dazugerufen haben, ebenso wie Deputierte aus den Reihen Ihrer Liebden der Herren Tribunalsrichter beiderlei Standes, des geistlichen wie des weltlichen.“418
Zwar legitimierte in dieser Formulierung auch die vorgebliche Menge an Teilnehmern die Zusammenkunft, letztere wurde jedoch nicht in erster Linie und ausschließlich aus einer persönlichen Anwesenheit des Adels gerechtfertigt. Vielmehr schien besonders die Anwesenheit von Senatoren, „Amtsträgern“ und Tribunalsrichtern argumentativ essentiell; schließlich implizierte dies, dass gerade solche – im Gegensatz zu den schlechten Beratern des Königs419 – guten und tugendhaften Magistrate mit der Versammlung ihre legitime Kontrollfunktion ausübten. Die Rolle von Amts- und Würdenträgern prägte die Prozeduren der widerständigen Versammlungsformen im Laufe des 16. Jahrhunderts. Inneradlige Hierarchien und ihre intrinsische Verflechtung mit dem Würdensystem der respublica wirkten dabei strukturierend auf die Redeordnungen. Stanisław Orzechowskis Schilderung mit aller gebotenen Vorsicht folgend, kann man davon ausgehen, dass auf der Lemberger Versammlung von 1537 die Wortmeldungen auf eine sehr schmale Gruppe von Wortführern aus dem Hochadel und den eingesessenen lokalen Eliten beschränkt blieb. Sie eröffneten die Zusammenkunft und traten auch in dialogische Rededuelle mit den Vertretern Sigismunds I. ein. Nur ein Teil der Versammlung spielte sich nach Orzechowski dabei auf dem offenen Feld ab, auf dem sich die Abteilungen des Allgemeinen Aufgebots eingefunden hatten. Nach einem Gewittersturm
417
Schließlich basierte die Idee des Allgemeinen Aufgebots aus dessen theoretisch ausnahmsloser Gültigkeit für sämtliche Adligen: K, The Polish-Lithuanian Military, 64. 418 Postanowienie zjazdu Lubelskiego, 32. 419 Z, Dyaryusz zjazdu protestanto´w, 504.
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verlegte man die Beratungen in ein Kloster innerhalb der Stadtmauern, was automatisch eine Beschränkung der Öffentlichkeit darstellte und erst hier fanden dann die Reden und Gegenreden mit den monarchischen Vertretern in aller Ausführlichkeit statt.420 Etwas anders stellte sich die Situation in den Jahren 1591 und 1592 dar. Nicht nur die numerische Ausgangslage war hier eine andere. Wortführer waren auch in diesem Fall Senatoren und lokale Amtsträger, nun allerdings ergänzt um die anwesenden Vertreter der Wojewodschaften und Einzelvoten. Soweit nachvollziehbar, orientierten sich die Versammlungsstrukturen am Muster des Sejms beziehungsweise der Sejmiki. Die nichtsenatorischen Teilnehmer wählten zunächst einen Versammlungsleiter, den Marschall, bevor die anwesenden Senatoren ihre Voten abgaben und im Anschluss Briefe nicht anwesender Senatoren an die Versammlung verlesen wurden. Diese Schreiben wurden mithin in den Ablauf wie Voten in Absenz integriert. Nach den senatorischen Stellungnahmen erst ergriff der Versammlungsmarschall kurz das Wort, wonach die Repräsentanten der Wojewodschaften ihre Redebeträge in der hierarchischen Reihenfolge der Wojewodschaften leisteten, wie sie in der polnisch-litauischen Unionsakte von 1569 fixiert worden war. Letzteres entsprach ganz den Gepflogenheiten der Landbotenkammer und dem Prozedere, das sich für die königslosen Versammlungen im Rahmen der Generalkonföderationen herausgebildet hatte.421 Zu guter Letzt stand es allen Anwesenden frei, sich mit einer Wortmeldung an die Versammlung zu wenden, was wiederum mit dem üblichen Vorgehen der Sejmiki korrespondierte.422 Insgesamt erwiesen sich die Versammlungsstrukturen der beginnenden 1590er Jahre als bricolage verschiedener gängiger Verfahrenselemente. Als wichtigster Unterschied zum Sejm erscheint hierbei zusammenfassend zum einen die auch auf den Sejmiki gepflegte gemeinsame Beratung von Senatorenschaft und restlichem Adel, ohne dass allerdings die grundlegenden hierarchischen Prämissen aufgegeben worden wären. Zum anderen wurde die auf dem Sejm strenge Beschränkung der Redemöglichkeiten um die Option einer spontanen Wortmeldung Einzelner ergänzt. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts bildeten sich vor allem sowohl im adligen historiographischen Diskurs als auch in der Legislation explizite Überlegungen zum Widerstand heraus. Dabei ist in beiden Bereichen von einer stärkeren Präzisierung von Widerstandsvorstellungen auszugehen. Strafrechtlich wie in der Geschichtsschreibung wurde Widerstand dabei nicht ausdrücklich begrifflich als solcher benannt, zugleich bezogen sich Widerstandsakte in beiden Fällen zuvörderst auf die Person des Monarchen. Das 420
O, Annales, 153. D-U, Koronne zjazdy szlacheckie, 184 f., 201 f.; C-M, Sejmiki mazowieckie, 25–58. 422 C-M, Sejmiki mazowieckie, 39 f. 421
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Motiv der schlechten Berater als Auslöser für das monarchische Fehlverhalten ist dabei jedoch durchaus präsent und im Falle der Versammlungen, die das herkömmliche Repräsentationssystem umgehen, sogar konstitutiv. Schließlich basierte die Einberufung des Adels hierbei mindestens mittelbar auf der Kritik an Senatoren, anderen Würdenträgern oder auch Landboten, die als Magistrate den Monarchen falsch berieten oder sich einfach nur zu dessen Kontrolle unfähig erwiesen. An dieser Stelle zeichnet sich überdies die Verankerung widerständigen Denkens im Kontrolldiskurs als einem der zentralen Pfeiler der Mischverfassungsinterpretation ab. Der Moment des Zusammentretens von Adelsversammlungen jenseits obrigkeitlicher Einberufung markiert dabei das Hinübergleiten von einem königlicherseits akzeptierten beziehungsweise tolerierten Kontrolldiskurs hin zu widerständigem Handeln. In diesem Zusammenhang wurde zumindest in der Geschichtsschreibung etwa der „Lemberger Rokosz“ als Kristallisation adliger Redefreiheit konstruiert. Auch im Rahmen des Sejms konnte es dabei durchaus zu Szenen kommen, in denen die von einigen Abgeordneten reklamierte Redefreiheit mit den relativ engen Barrieren monarchisch beherrschter Hierarchie kollidierten. Dafür bemühte man immer wieder Rytwian´ski als Archetyp, obgleich sich zeitgenössisch noch genügend Beispiele fanden. So war König Stephan Ba´thory etwa 1585 durchaus gewillt, die von ihm so empfundene verbale Insubordination einiger Landboten als crimen laesae maiestatis zu belangen.423 Die eigenständige Einberufung einer Adelsversammlung hingegen konnte als widerständiger Akt per se gelten; angesichts der Tatsache, dass im Polen-Litauen des 16. Jahrhunderts weder nennenswerter bewaffneter adligen Aufruhr noch direkte physische Angriffe gegen den Monarchen zu verzeichnen waren,424 nahm das Versammlungswesen gewissermaßen den Rang des äußersten erprobten Mittels von Widerstand an. Tyrannomachische Theoriebildung oder auch nur publizistische Auseinandersetzungen über Königsmord lagen in diesem Sinne nicht allein außerhalb des Sagbaren, sondern stellten auch keinerlei Notwendigkeit dar. Bis zum Rokosz von 1606 war es dabei stets gelungen, als Widerstand markierte Akte durch kreative Verfahrenslösungen innerhalb des bestehenden Handlungsrepertoires zu lö-
423
Akta sejmu walnego koronnego warszawskiego in anno 1585 pro die XV Januarii złoz˙onego, in: Dyaryusze sejmowe r. 1585, ed. v. Aleksander Czuczyn´ski, Krako´w 1901 (Scriptores rerum polonicarum 18), 1–293, 233 f. 424 Das einzige Zeugnis eines tätigen Angriffs auf den Monarchen blieb ein anekdotisch gebliebener Schuss auf König Sigismund I. im Jahr 1523. Joachim Bielski berichtet hierüber knapp in seiner Überarbeitung der Chronik seines Vaters Marcin, B, Kronika polska Marcina Bielskiego, 550. Hieraus entwickelte sich im 17. Jahrhundert die Vorstellung von der besonderen Hochschätzung des Adels für seinen König und dessen vergleichslose Sicherheit, T, J, W Polsce kro´l moz˙e spac´ bezpiecznie, in: Przegla˛d historyczny 81.3 (1990), 447–459.
Zusammenfassung: Institutionen, Herrschaft und die Mischverfassung
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sen. Dies konnte von eher symbolischen juridischen Sanktionen wie 1537 bis zu Verhandlungsmodi jenseits des Sejms wie zu Beginn der 1590er Jahre reichen.
Zusammenfassung: Institutionen, Herrschaft und die Mischverfassung In seiner Studie zur Mischverfassungstheorie hat Wilfried Nippel betont, das regimen mixtum sei dadurch gekennzeichnet, dass die Souveränität im aristotelischen Sinne nicht bei einem Akteur beziehungsweise einer Akteursgruppe konzentriert sei. In Bezug auf das englische Beispiel von König, Lords und Commons stellt Nippel fest, Voraussetzung für eine Mischverfassung sei die gemeinsame Ausübung der Gesetzgebung. Letzterer müssten dabei „alle anderen staatlichen Funktionen rechtlich nachgeordnet werden. Wie das Verhältnis zwischen den drei Komponenten des korporativ zusammengesetzten Souveräns gedacht wird, ist damit nicht gesagt; entscheidend ist nur, daß alle als originäre Machtinhaber gelten müssen (und nicht als Inhaber abgeleiteter Kompetenzen).“425
Diese klassische Modellbildung korrespondiert dabei weitgehend mit der Sicht weiter Teile der polnischen Forschung auf die vom Sejm verkörperte Mischverfassung Polen-Litauens.426 Wenn man sich an diesem Muster abarbeiten möchte, sind mindestens in Bezug auf den polnisch-litauischen Fall einige Differenzierungen einzuführen. Insbesondere spielte der Gedanke einer gemeinsamen Gesetzgebung durch die drei Sejmstände, Monarch, Senat und Landbotenkammer, eine zentrale Rolle. Allerdings stellte bereits das Problem von abgeleiteten oder originären Herrschaftskompetenzen eine Frage dar, die sich nicht einfach beantworten ließ. Dies betraf in erster Linie die Senatorenschaft. Ob sie als Amtsträger der Krone oder als Amtsträger des Königs oder Großfürsten begriffen wurden – ihre Herrschaftskompetenzen blieben wie diejenigen aller anderen Amts- und Würdenträger stets von anderer Quelle abgeleitet. In den Debatten der Interregna interessierte dabei vor allem das Verhältnis zwischen Amts- und Würdenträgern allgemein und den restlichen Vertretern des Adelsstandes. In diese Auseinandersetzungen wurden nicht nur die Hofwürden, sondern auch die Position der Landboten einbezogen, die eindeutig ihre Mitherrschaftsansprüche im Sejm aus dem Mandat der lokalen beziehungsweise regionalen Adelsgemeinschaften bezogen. Somit erschien die polnisch-litauische respublica in erster Linie als ein institutionelles Konglomerat aus Magistraten sehr verschiedenen Charak425 426
N, Mischverfassugnstheorie und Verfassungsrealität, 293. Exemplarisch O, Der Staat im politischen Denken, 61.
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
ters. Bemerkenswerterweise lässt sich dabei auch für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts offenbar keine strikte Trennung zwischen monarchischem Hof und respublica konstatieren. Die Mitglieder des Hofes konnten dabei durchaus als Magistrate eines Gemeinwesens wahrgenommen werden, das nichtsdestoweniger um den Monarchen als Zentrum kreiste. Alle Amts- und Würdenträger wiederum wurden in diesem Sinne auf der Basis eines Amalgams aus adelsdefinitorischen Elementen wie Ehre und Tugend sowie einer politiktheoretisch informierten Vorstellung guter Magistrate beurteilt. Diese Kategorien fanden sich jedoch nicht allein in den theoretischen Entwürfen von Gelegenheitsschriften wieder, sondern bildeten ebenso die Begründungsgrundlage für die Legitimierung von Amts- und Würdenverleihungen. Eine zentrale Drehscheibe von Amts- und Würdenverleihungen bildete der Hof. Denn schon seine Vergabekompetenzen verliehen dem Monarchen eine herausragende Position innerhalb des Gemeinwesens. Wenn sich Adel und respublica in hohem Maße über Ämter und Würden definierten, wurde der Hof mithin zu einem entscheidenden institutionellen Element innerhalb des Mischverfassungsystems. Der polnische Hof des ausgehenden 16. Jahrhunderts mag vielleicht nicht der glanzvollste in Europa gewesen sein. Doch seine strukturelle Anlage als eher virtueller Hof und in gewissem Maße als „point of contact“ unterschied ihn nicht wesentlich von anderen Höfen. Dauerhafte Anwesenheit von Adel und Würdenträgern war in diesem Sinne kein herausragendes Charakteristikum des polnischen Hofes. Zugleich investierten die Eliten von Adel und Senat jedoch offensichtlich relativ viel Energie darin, über die Verhältnisse am Hof beständig auf dem Laufenden zu sein. Ihre Anstrengungen richteten sich also durchaus darauf, innerhalb des Hofes an die richtigen Informationen sowie die richtigen Mittelsmänner zu kommen und damit eine monarchische Entscheidung zu den eigenen Gunsten zu erhalten. Hiermit gingen Mechanismen von Ämterhandel und Brokerage einher, die zwar gängige, aber stark konfidentielle Praktiken blieben. Dies kann nicht erstaunen, stellt man die Einordnung von Ämtern und Würden in den Wertekanon von Adel und respublica in Rechnung. Erwiesen sich die Ämter und Würden als ein vom Monarchen dominiertes Entscheidungsfeld, war die Gesetzgebung ihrerseits – zumindest jenseits des Gewohnheitsrechts – der gemeinsamen Entscheidung von König, senatorischen Amtsträgern und gewählten Adelsvertretern der Sejmiki unterworfen.427 Dabei waren der Sejm und sein Verfahren wiederum durch eine starke Hierarchisierung geprägt. Monarch und Senatoren kam in Verfahren und Zeremoniell in dieser Hinsicht ein klares Übergewicht zu, was die Landbo-
427 Auf die Einschränkung der positiven Gesetzgebung weisen hin: A, R G. / L, J, Art. Staat, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 12, Stuttgart 2010, 494–518, 498.
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tenkammer zweifelsohne aber nicht an ihren Versuchen hinderte, eigene Positionen und Initiativen zu entwickeln. Die Leitkategorie der „concordia“ zwang mithin alle Sejmstände in einem Mindestmaß, verschiedene inhaltliche Forderungen und Vorstellungen in einem erfolgreichen Gesetzgebungsprozess zu berücksichtigen. Der Sejm war die Emanation der respublica, sein Scheitern musste somit auch jedes Mal deren Funktionieren und Zusammenhalt in gewissem Maße in Frage stellen. Die Konsequenz aus der Feststellung, die eigenen Forderungen innerhalb des Sejms nicht zur Geltung bringen zu können, konnte im Extremfall die Einberufung eigenständiger Adelsversammlungen sein. Ein theoretisch ausformuliertes Widerstandsrecht existierte in dieser Form im zeitgenössischen Polen-Litauen dabei nicht. Die formale Bedingtheit des Gehorsams dem Monarchen gegenüber, die die Wahlakte mit ihrem Vorbehalt „de non praestanda oboedientia“ generierten, waren hierfür kein Ersatz. Dieser wurde in erster Linie durch die Berufung auf historische Präzedenzfälle geleistet, die innerhalb der adlig dominierten Geschichtsschreibung des 16. Jahrhundert zusehends stärker elaboriert wurden. Die zweite Jahrhunderthälfte brachte insbesondere die Zusammenkünfte der beginnenden 1590er Jahre hervor, die in ihren Verfahren besonders auf die Erfahrungen der Interregna und der gängigen Sejmikmechanismen zurückgreifen konnten. Von den Versammlungen der Interregna unterschieden sich diese Zusammenkünfte allerdings grundlegend durch das Fehlen einer beschworenen Konföderationsbildung. Zu einer Eskalation zwischen Monarch und widerständigem Adel kam es dabei nicht mit letzter Konsequenz. Sowohl die Versammlungen von 1591 und 1592 als auch ihr Vorgänger der 1530er Jahre konnten auf dem Verhandlungsweg eingehegt werden. Auch wenn sie sich außerhalb der vorgesehenen Herrschafts- und Beratungsstrukturen der respublica bewegten, erweiterten die eigenmächtigen Adelsversammlungen auf diese Weise gewissermaßen deren institutionelles Konglomerat. Solch ein begrenzter Widerstand blieb zwar Ausnahmeerscheinung, begann jedoch mithin systemisch in die Mischverfassung einzugehen. Auseinandersetzungen über den Zustand des Gemeinwesens wurden nicht zuletzt über eine Kritik an Amtsträgern ausgetragen. Ihnen kein genügendes Vertrauen mehr entgegenbringen zu können, war in diesem Zusammenhang ein immer wieder vorgebrachtes Argument. Hieraus leitete sich schließlich auch die Vorstellung ab, nur durch persönliche Anwesenheit – viritim – über die Angelegenheiten der respublica mit dem Monarchen verhandeln zu können. Diese Begründung der eigenmächtigen Adelsversammlungen basierte auf dem Anspruch, dass sich unter Umständen der Adelsstand in seiner Gesamtheit berechtigt fühlen konnte, seinen Anteil der Herrschaftsrechte auszuüben. Mangelndes Vertrauen den Amtsträgern gegenüber, die auch die Basis für eine Kritik an der vermeintlichen Dysfunktionalität des Sejms bilden konnte, bedeutete schließlich eine Auflösung der „concordia“. Auf dieser
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2. Regimen mixtum: Adlige Hierarchien und monarchisches Gemeinwesen
Einigkeit hingegen beruht in der zeitgenössischen Vorstellung das Fortbestehen des gesamten Gemeinwesens. An dieser Stelle zeigten sich systemimmanente Bruchlinien: Erstens liefen die Diskurse über Ehre, Tugend und Vertrauen letztlich immer auf persönliche Qualitäten Einzelner zu. Zweitens wurden diese Grundannahmen auf die respublica-Vorstellung übertragen und dabei zu Abstrakta potenziert. Drittens konnten Ehre und Tugend allerdings im Grunde nur von einer anwesenden Adelsgemeinschaft kontrolliert werden. Die weit darüber hinaus gewachsenen institutionellen Strukturen Polen-Litauens hingegen waren zwangsläufig durch permanente Abwesenheiten geprägt. Diese Konstellation musste eine ständig potentiell prekäre Legitimation der Akteure und ihrer Herrschaftsentscheidungen nach sich ziehen – und dies galt für alle Amts- und Würdenträger, vom Landboten letztlich bis zum Monarchen. Mit dieser Feststellung soll keineswegs einem Personenverbandsstaat redivivus für die Frühe Neuzeit das Wort geredet, noch in diesem Zuge die theoretische und institutionelle Abstraktion von Gemeinwesenvorstellungen negiert werden.428 Die Eigenheit von frühneuzeitlichen beziehungsweise vormodernen Gemeinwesen, möchte man sie angesichts der kontroversen Debatten der letzten zwei Jahrzehnte nun Staaten nennen oder nicht, habe alle neueren Modellbildungen, genetischer oder kontingenter Orientierung, betont.429 Hier soll in diesem Sinne lediglich festgehalten werden, dass die Staatlichkeit des frühneuzeitlichen Polen-Litauen kein klares Abstraktum des Amtsgedankens und damit nur eine eingeschränkte Abstraktion institutioneller Strukturen kannte. Letztlich war jeder Würdenträger des Gemeinwesens in diesem Sinne nicht allein mit „two bodies“ gesegnet,430 sondern der Definition des abstrakten Amtsgedankens an sich war bereits dessen Personalisierung inhärent. So gesehen handelte es sich beim frühneuzeitlichen Polen-Litauen mit seinem Mischverfassungssystem tatsächlich um eine respublica des Adels – jedoch nicht im Sinne einer nach den Maßstäben von Frei428 Hierzu zusammenfassend die einschlägige, auf die Mediävistik bezogenen Kritik bei M, P, Das Öffentliche und das Private im Mittelalter. Für einen kontrollierten Anachronismus, in: ders. / Gert Melville (Hg.), Das Öffentliche und das Private in der Vormoderne, Köln / Weimar / Wien 1998, 3–83, 75–83. 429 Etwa B, Strukturprobleme; M / P, Die Faszination des Staates; F, D, Einleitung. Staatsbildung, lokale Herrschaftsprozesse und Wandel in der Frühen Neuzeit, in: dies. / Ronald G. Asch (Hg.), Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der Frühen Neuzeit, Köln 2005, 1–47, 4–15; R, Geschichte der Staatsgewalt; A / L, Staat, 494–497. 430 Zum Amt als abstrakte institutionelle Größe auf dem Weg zum modernen Staat: R, W, Was ist europäische politische Kultur? Versuch zur Begründung einer politischen Historischen Anthropologie, in: Geschichte und Gesellschaft, 27.4 (2001), 593–616, 603.
Zusammenfassung: Institutionen, Herrschaft und die Mischverfassung
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heit und Gleichheit ausgerichteten Republik und europäischem Ausnahmestatus. Gleichfalls scheint es irreführend, die polnisch-litauische Staatlichkeit wie die frühneuzeitliche im Allgemeinen auf ökonomische Begriffe herunterzubrechen. Die griffigen Formeln vom Adel als „Besitzer“ seiner respublica431 oder als Anteilseigner am Unternehmen respublica432 führen in die Irre. Schließlich ignorieren sie mehr oder weniger das zentrale Problem abgeleiteter Herrschaftskompetenzen der Amtsträger, das sich praktisch und theoretisch aus den Vergabekompetenzen des Monarchen ergab. Diese enge Bindung an den Monarchen ergab im Verein mit dessen herausragender Stellung nolens volens eine Situation, in der der Adel keineswegs als Besitzer oder gar Souverän des Gemeinwesens agierte. Dabei ist ansonsten sicherlich der Einschätzung Antoni Ma˛czaks in seiner – trotz aller möglichen Kritik – wichtigen Studie über Regierende und Regierte zuzustimmen. Ma˛czak hat nämlich deutlich, wie wenige Stimmen in der polnischen Historiographie, schon recht früh darauf hingewiesen, dass sich die staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen Polen-Litauens nur graduell von anderen europäischen Beispielen unterschieden. Die hier skizzierte Momentaufnahme des ausgehenden 16. Jahrhunderts beansprucht dabei noch keine Aussagekraft über die weitere Entwicklung des polnisch-litauischen Gemeinwesens – oder wie JeanPhilippe Genet so treffend formuliert hat: „The state […] may rise. Equally states die: and history’s graveyard is full of their corpses.“433
431
O, Der Staat im politischen Denken des polnischen Adels, 59. M, A, Rza( dza( cy i rza( dzeni. Władza i społeczen´stwo w Europie wczesnonowoz˙ytnej, Warszawa 22002. 433 G, J-P, Which State Rises?, in: Historical Research 65.157 (1992), 119–133, 119. 432
3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel Er sei polnischer König, fuhr Sigismund III. seinen Kronkanzler Zamoyski vor dem versammelten Sejm an, und wolle und könne deshalb seine monarchischen Kompetenzen mit niemandem teilen. Darum vergebe er Ämter nach seinem Willen. In den späten Abendstunden dieses 15. Dezember 1590 hatte Sigismund angekündigt, das Siegel des Unterkanzlers, anders als von Jan Zamoyski gewünscht, nicht an Piotr Tylicki, sondern an seinen eigenen Favoriten Jan Tarnowski zu verleihen.1 Die schon zuvor äußerst gespannte Lage entlud sich deshalb in einem offenen Schlagabtausch zwischen Monarch und Minister. So hielt Zamoyski sich auch keineswegs mit einer prompten Erwiderung zurück, die kaum mehr von einer offenen Majestätsbeleidigung zu unterscheiden war. Wie Nuntius Annibale di Capua nach Rom berichtete, erinnerte der Kronkanzler seinen König, „che sua Maesta` era Re di Polonia et non tiranno, che potesse fare ogni cosa a` suo modo, et che lui era gentilhuomo et non mancipio di Sua Maesta`.“2 Der erzürnte Sigismund erklärte daraufhin, die „ambitio“ Zamoyskis gegenüber dem König nicht mehr ertragen zu wollen und verließ trotz der Bitten der übrigen Senatoren den Sitzungssaal. Obwohl Zamoyski einige Tage später zu einer öffentlichen Abbitte genötigt wurde,3 bedeutete dies keineswegs das Ende der Spannungen. Der Nun1 Jan Tarnowski (1550–1605) war bereits unter Stephan Ba´thory königlicher Sekretär und Kronreferendar, nach einer Amtszeit von 1591 bis 1598 als Unterkanzler wurde er anschließend Bischof von Posen, ab 1600 von Kujawien und schließlich ab 1603 Erzbischof von Gnesen und polnischer Primas: K, M, Mie˛dzy tronem a ołtarzem, Poznan´ 2000. Piotr Tylicki (1543–1616) war ebenfalls königlicher Sekretär schon unter Stephan Ba´thory, wurde dann 1591 an Stelle Tarnowskis als Kronreferendar berufen, wurde und schließlich zwischen 1598 und 1604 dessen Nachfolger als Unterkanzler. Zudem war Tylicki ab 1595 Bischof von Kulm, ab 1600 von Ermland, 1603 von Kujawien, bis er schließlich seine Karriere als Bischof von Krakau beendete: K, H-J, Art. Tylicki, Piotr (1543–1616), in: Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1996, 717. 2 Vetera monumenta Poloniae et Lithuaniae Gentiumque finitimarum historiam illustrantia. Tomus 3, ed. v. Augustin Theiner, Romae 1863, 185–189, 188. Eine ausführliche Schilderung dieser Szene mit wörtlichen Auszügen aus weiteren Quellenüberlieferungen bei L, Rzeczpospolita polska, 246 f. 3 L, Rzeczpospolita polska, 247–250.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
tius analysierte die Situation recht treffend, wenn er den Eklat um die Vergabe des Unterkanzleramtes in kausalen Zusammenhang mit den sich schon zuvor zuspitzenden Auseinandersetzungen zwischen Kronkanzler und Monarch brachte. Für ihn stand der Konflikt in enger Verbindung mit den zugleich diskutierten Gerüchten über Absprachen Sigismunds mit dem Haus Habsburg.4 Tatsächlich sollte dann im Jahr 1591 – nicht zuletzt auf Betreiben Jan Zamoyskis – ein Geheimabkommen zwischen dem Wasa und Kaiser Rudolf II. öffentlich gemacht werden, das eine Abdankung des polnischen Königs zugunsten von Erzherzog Ernst vorsah. Diese Enthüllungen waren unmittelbarer Auslöser der eigenmächtigen Adelsversammlungen im selben Jahr und mündeten im „Inquisitionssejm“ von 1592. Von Seiten des Monarchen waren die Geheimverhandlungen mit den österreichischen Habsburgern vor dem Hintergrund seiner problematischen Beziehungen zu der mächtigen Nachbardynastie und seinen eigenen schwedischen Bindungen zu verstehen.5 Nach der Doppelwahl des Jahres 1587 hatte sich insbesondere die vorläufige Gefangennahme Maximilians im Zuge der Thronstreitigkeiten als Belastung erwiesen.6 Der Erzherzog weigerte sich beharrlich, den unter Vermittlung des päpstlichen Vermittlers ausgehandelten Vertrages von BeuthenBe˛dzin zu ratifizieren, der ihm den Verzicht auf seine polnischen Thronansprüche abzwang. Sowohl die schwedische als auch die polnische Seite versuchten im Anschluss an die Wahlauseinandersetzungen, das Verhältnis zu den österreichischen Habsburgern zu entspannen. Hierzu gehörten auch die Geheimverhandlungen des Jahres 1589, die wohl zurecht als eine Finte der schwedischen Diplomatie interpretiert worden sind. Sie zielten darauf ab, Maximilians Bruder Ernst für den Fall einer Abdankung Sigismunds die polnische Krone anzutragen. Mit dem vagen Abdankungsversprechen erreichte man zumindest die Anerkennung des Vertrages von Beuthen-Be˛dzin durch Kaiser Rudolf II.7 Letztlich unterschrieb der Wasa seinerseits das avisierte Abkommen mit Erzherzog Ernst wohl niemals. Er wies es formal aber auch nicht zurück. Über das Projekt waren nur einige wenige Senatoren wie Jan Zamoyski oder Mikołaj Zebrzydowski informiert, als es von dem übervorteilten Thronprätendenten Erzherzog Maximilian publik gemacht wurde.8 Der Sejm vom Oktober 1592 stand folglich ganz im Zeichen der 4
T, Vetera monumenta, 188. S, P, Mocarstwowe da˛z˙enia Zygmunta III w latach 1587–1618, Krako´w 2013, 126 f. 6 Dies betraf nicht allein die österreichischen Habsburger. Gerade Philipp II., der sich ebenfalls finanziell und diplomatisch am Habsburger Wahlkampf in Polen beteiligt hatte, verweigerte Sigismund lange Zeit die Anerkennung, die er ihm offiziell erst kurz vor seinem Tod 1598 gewährte: S, R, Olivares, Wazowie i Bałtyk. Polska w polityce zagranicznej Hiszpanii w latach 1621–1632, Krako´w 2002, 39 f. 7 S, Mocarstwowe da˛z˙enia, bes. 114–117. 8 Ebenda, 134, 143–145. 5
3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
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Enthüllungen des Abdankungsvertrages. Die Kritik, die sich im Verlauf der Sitzung entlud, konnte sich konventionell nicht gegen die Person des Königs selbst richten. Die Desavouierung des Herrschers selbst, obwohl von einigen wenigen eingefordert, hätte die Frage aufgeworfen, wie mit einem des Hochverrats angeklagten König zu verfahren sei. So drohte in letzter Konsequenz der Präzedenzfall einer Absetzung des Königs und ein erneutes Interregnum.9 Obwohl sich Zamoyski auf dem Sejm nun offen gegen Sigismund stellte, war seinen Versuchen kein Erfolg beschieden, eine penible Untersuchung der Vorkommnisse einzuleiten. Abgesehen von der Tatsache, dass auch Ernst nie dazu kommen sollte, den Vertrag seinerseits zu unterzeichnen, war der polnische König, nachdem sich Teile des Adels in Versammlungen zusammengeschlossen hatten, Vorwürfen ausgesetzt, eine Verschwörung mit den Habsburgern eingegangen zu sein und Landesverrat begangen zu haben.10 Nichtsdestoweniger endete der Sejm ohne konkrete Beschlüsse.11 Letztlich aber erwies sich die ungeklärte Situation in den Folgejahren als Hypothek für den Monarchen und stellte auch ein Verdachtsmoment in Bezug auf seine künftigen Heiratsverbindungen mit dem Haus Habsburg dar. Schließlich situierten sich auch die von einer Mehrheit des polnisch-litauischen Senates getragenen Verhandlungen um die Heirat des polnischen Königs mit einer Erzherzogin im Kontext der Geheimgespräche mit Ernst.12 Die letztendlich 1592 realisierte Eheverbindung Sigismunds mit der Erzherzogin Anna brachte der Wasa-Dynastie dabei nicht nur einen klaren Prestigegewinn. Vielmehr stellte sie von Seiten Polen-Litauens zugleich den Versuch dar, strategische Bündnisse der Habsburger mit Moskau zumindest zu erschweren.13 Zu Beginn der Herrschaftszeit Sigismund III. trafen mithin viele divergierende Interessenlagen aufeinander. Zum einen war der junge König mit einem Adel konfrontiert, der im Laufe der rasch aufeinanderfolgenden Interregna und der relativ kurzen Regierungszeiten seiner Vorgänger Heinrich Valois und Stephan Ba´thory ein erhebliches Bewusstsein als Verwalter der 9 L, Rzeczpospolita polska, 361 f.; S, Mocarstwowe da˛z˙enia Zygmunta III, 149. 10 Ausführliche Edition der überlieferten Versammlungs- und Sejmprotokolle: Dyaryusze i akta sejmowe r. 1591–1592, ed. v. Eugeniusz Barwin´ski, Krako´w 1911 (Scriptores rerum polonicarum 21); vgl. auch insbesondere zu den Adelsversammlungen im Vorfeld des Inquisitionssejms Kap. 2.4, S. 280–284. 11 W, H, Zygmunt III Waza, Wrocław 1991, 67 f.; S, Mocarstwowe da˛z˙enia, 149. 12 Im Zuge der ersten Unterredungen über eine mögliche Eheschliessung wurde nicht nur die mögliche Rolle des Erzherzogs Ernst thematisiert. Im Zuge der Verhandlungen weigerte sich Sigismund Wasa anfänglich, eine Habsburgerin zu ehelichen, bevor nicht auch der ihm unterlegene Erzherzog Maximilian den Vertrag von Beuthen-Be˛dzin unterzeichnete: L, Das Leben am Hof Sigismunds III. Bd. 2, bes. 1160–1168. 13 S, Mocarstwowe da˛z˙enia, 113.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
respublica entwickelt hatte. Zudem war auch in Form von häufigen Adelsversammlungen ein sich zusehends institutionalisierendes Instrument politischer Entscheidungsfindung außerhalb von Sejm und Sejmiki etabliert worden. Nichtsdestoweniger blieb der Monarch entscheidende Instanz der Herrschaftsorganisation und Bezugspunkt adliger Erwartungshaltungen.14 Allerdings war die Legitimität Sigismunds als neuem König dabei bereits durch die Doppelwahl von 1587 auf eine Probe gestellt worden.15 Darüber hinaus betrieb er – zugleich Erbe des schwedischen Königsthrones – zwangsläufig eine Politik, die seine unmittelbaren dynastischen Interessen in den Mittelpunkt rückte und in diesem Sinne nicht unbedingt deckungsgleich mit den Interessen seiner adligen polnischen wie litauischen Untertanen war.16 Die Herrschaft Sigismunds III. Wasa hat lange Zeit eine negative historiographische Wertung erfahren. Diese Bild wurde wesentlich von den Vorwürfen bestimmt, Sigismund habe mit einer strikten Rekatholisierungspolitik die religiöse Toleranz Polen-Litauens beendet sowie mit einer ungeschickten Innenpolitik und mangelnden Reformen das Land für die weitere Entwicklung destabilisiert. Weiterhin habe er mit seiner dynastisch dominierten Außenpolitik Polen-Litauen in Konflikte mit Schweden und Moskau hineingezogen, denen der Doppelstaat nicht gewachsen war.17 In jüngerer Zeit haben sich dagegen insbesondere Henryk Wisner, Walter Leitsch und Przemysław Szpaczyn´ski bemüht, diese Urteile eingehender zu überprüfen.18 Wis14
Vgl. Kap. 2 Zusammenfassung, S. 298 f. O-S, Dynastia Wazo´w, 23 f. Zu den Aktivitäten der Unterstützer des Habsburger Kandidaten Maximilian bis zu Beginn der 1590er Jahre: BM, A, Od wrogos´ci do przyjaz´ni. Habsburgowie austriaccy wobec Polski w latach 1587–1592, Katowice 2019, 86–89, 306 f., 311 f. 16 S, Mocarstwowe da˛z˙enia, 348–354. 17 W, H, Rzeczpospolita Wazo´w. Czasy Zygmunta III i Władysława IV, Warszawa 2002, 189; eine ausführliche kritische Würdigung der historiographischen Bewertung Sigismunds III. seit dem 18. Jahrhundert bietet: S, Mocarstwowe da˛z˙enia Zygmunta III, 7–30. Insbesondere die Forschungen des 19. Jahrhunderts bildeten schon entscheidende interpretative Weichenstellungen, die sich bis ins späte 20. Jahrhundert zogen. Zum Forschungsstand des 19. Jahrhunderts: D, W, Czasy Zygmunta III. (bibljografja, stan badan´, postulaty), Cieszyn 1932. Als problematisch erweist sich im konkreten Zusammenhang der vorliegenden Arbeit nicht zuletzt der Umstand, dass sich die Autoren der beiden bislang unersetzten – und angesichts der Archivverluste des Zweiten Weltkiregs letztlich teilweise auch unersetzbaren – Studien zu den Sejmen von 1605 und 1606 in diese negative Interpretationslinie einreihen: S, A, Sejm z r. 1605, Krako´w 1921; S, W, Pamie˛tny sejm, Krako´w 1913. Zur geschichtspolitischen Positionierung Sobieskis: P, Wacław Sobieski (1872–1935). 18 W, H, Zygmunt III Waza, Wrocław 1991; B-M, A, Od wrogos´ci do przyjaz´ni; L, Das Leben am Hof Sigismunds III.; ., Sigismund III. von Polen und Jan Zamoyski. Die Rolle Estlands in der Rivalität zwischen 15
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ner betont dabei, dass allein schon angesichts der langen Regierungszeit Sigismunds eine differenziertere Betrachtungsebene zu wählen sei. „Im Verlauf der mehr als ein halbes Jahrhundert andauernden Herrschaft veränderte sich das Verhältnis der Untertanen zu ihm mehrfach – von aufmerksamer Beobachtung über Unwillen, sogar Feindschaft hin zu Akzeptanz und Verehrung.“19 So wie die Sichtweise auf Sigismund Wasa lange Zeit durch eine vorherrschend kritische Sichtweise geprägt war, so positiv erschien im Gegenzug das Bild des Kronkanzlers Jan Zamoyski. Als Gegenspieler des Monarchen gezeichnet, geriet Zamoyski dabei oft genug zum Idealbild eines Adligen, der sich für die respublica und die adligen Rechte und Freiheiten einsetzte, eines geschickten Machtpolitikers mit intellektueller Brillanz.20 Dabei erwies sich Zamoyski in erster Linie als ein Paradebeispiel für eine adlige Karriere in Ämtern und Würden, die gelungene Beherrschung der Regeln des Hofes und die Absicherung der Position des eigenen Hauses. Der Beginn seines Aufstiegs fiel dabei in die Regierungszeit König Stephan Ba´thorys. Dass ihn seine in dieser Zeit gefestigte Stellung als erster Minister und weitgehender Monopolist der Ämter- und Pfründevergaben in Konflikt mit dem neuen Monarchen brachte, sollte nicht verwundern.21 Dabei schienen die prekären Umstände von Sigismunds Herrschaftsbeginn es Zamoyski zunächst durchaus zu erlauben, seine unter Ba´thory errungene Stellung zu perpetuieren, wenn nicht noch zu stärken. Schließlich hatte er sich während der Doppelwahl des Habsburger Erzherzogs Maximilian und des Wasas von 1587 auf die Seite von letzterem geschlagen und ihm mit seinen Truppenkontingenten in der Schlacht von Byczyna zum Sieg verholfen.22 Der junge Wasa-Prinz hatte die handfeste Unterstützung des Kronhetmans und Kanzlers dabei dringend nötig; anders als sein Konkurrent um den polnischen Thron, der neben ei-
König und Hetman, Wien 2006; S, Mocarstwowe da˛z˙enia Zygmunta III. (Zur Diskussion des Ansatzes von Leitsch in der polnischen Historiographie vgl. Kap. 2.2, S. 216 Fn. 93.) Walter Leitsch hat sich mit seinen ausführlichen Studien um die Forschung zu Sigismund III. verdient gemacht. Sein offen zur Schau gestelltes emotionales Engagement für den Wasa-König erschwert jedoch eine wissenschaftliche Einschätzung seiner Schriften erheblich. 19 W, H, Rzeczpospolita Wazo´w, 189. Zu einem ähnlichen Urteil kommen W, Adelsrepublik, 219 und S, J, Rzeczpospolita w ostatnich latach panowania Zygmunta III (1629–1632). Zarys wewne˛trznych dziejo´w politycznych, Opole 1978, bes. 211 f. 20 T, J, Legenda Jana Zamoyskiego, in: Jerzy Kowalczyk (Hg.), Czterysta lat Zamos´cia, Wrocław u.a. 1983, 27–45. 21 L, Jan Zamoyski, 17–91. 22 K, W, Bitwa pod Byczyna˛, Opole 1988; P, M, Bitwa pod Byczyna˛ 24 I 1588, in: Studia i materiały do historii wojskowos´ci 17.1 (1971), 125–170.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
nigen polnischen Einheiten vor allem Truppen aus den habsburgischen Ländern Mähren, Schlesien und auch aus Ungarn aufzuweisen hatte, verfügte Sigismund über keine eigenen schwedischen Kontingente.23 Überhaupt konnte der Wasa zwar über seine Mutter Katharina, der Schwester Sigismunds II. August, eine direkte Verwandtschaft mit den Jagiellonen in Anschlag bringen. Ansonsten jedoch entstammte er nicht nur der recht glanzlosen Wasa-Dynastie. Auch seine Rolle als schwedischer Kronprinz war ihm erst 1569 im Alter von drei Jahren zugefallen, nachdem sein Vater Johann, Herzog von Finnland, sich gegen seinen psychisch labilen Bruder Erik durchsetzen und den schwedischen Thron besteigen konnte. Zuvor waren er und seine Frau Katharina von Erik XIV. jahrelang in Gefangenschaft gehalten worden, in der auch Sigismund geboren wurde.24 Im Folgenden soll zunächst die erste Hälfte der Herrschaft Sigismunds III. skizziert werden, um wesentliche argumentative und personelle Konstellationen sowie Streitpunkte aufzuzeigen, die auch die Sejmverhandlungen von 1606 und die Auseinandersetzungen in der Zeit des Rokosz beherrschen sollten. In diesem Zusammenhang steht hingegen nicht nur ein vermeintlich konfrontatives Verhältnis zwischen Monarch und Adel im Mittelpunkt. Auch wenn die Forschungen der letzten zwei Jahrzehnte zu wesentlichen Differenzierungen beigetragen haben, bleiben entscheidende Desiderata, die im vorliegenden Rahmen nicht beseitigt werden können. Dies betrifft nicht zuletzt die Gruppe derjenigen Adelsvertreter, die sich nicht in Opposition zum Wasakönig befanden, sondern ihre jeweiligen Karrieren dem neuen Monarchen zu verdanken hatten.25 Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden versucht, sich auf zwei Ebenen dem Problem der Regierung des Wasakönigs in der Zeit zwischen seinem Herrschaftsantritt 1588 und dem Rokosz im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts zu nähern. Wurde das negative Bild Sigismunds in der neueren Historiographie zu revidieren begonnen, bleibt dennoch die Frage offen, ob beziehungsweise welche inhaltlich-programmatischen Konturen man der ersten Herrschaftszeit des Wasas in PolenLitauen überhaupt zuschreiben kann. Der erste Abschnitt des Kapitels versucht mithin, die Konturen etwaiger Herrschafts- und Handlungsbegrün-
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P, Bitwa pod Byczyna˛, 148 f., 153 f. W, Zygmunt III Waza, 5–8. 25 Die „Opposition“ gegen Sigismund, Zamoyski an der Spitze, ist erschöpfenden Forschungen unterzogen worden, als „Monarchisten“ gekennzeichnete Figuren wie Zygmunt Gonzaga Myszkowski, Andrzej Bobola oder auch Hieronim Gostomski, um nur einige zu nennen, sind im besten Fall am Rande des Interesses geblieben. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang von ihrer Ausrichtung her die ansonsten verdienstvolle Arbeit von Violetta Urbaniak, die die Netzwerke der ehemaligen Klienten, Allianzpartner und Parteigänger Zamoyskis nach dessen Tod nachzeichnet: U, Zamoyszczycy bez Zamoyskiego. 24
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen
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dungen Sigismunds zu skizzieren. In einem zweiten Schritt wird die Konstitution insbesondere hochadliger Faktionen und Netzwerke zwischen Gewinnern und Verlierern unter dem neuen König Sigismund III. thematisiert. Diese Überlegungen zum Monarchen und hochadligen Auf- und Abstiegsszenarien liegen schließlich der knappen Schilderung konkreter Themen und Streitpunkte zugrunde, die das Polen-Litauen des beginnenden 17. Jahrhunderts beschäftigten.
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen Nach langer Wartezeit im Danziger Hafen durfte der seekranke schwedische Kronprinz und je nach Ansicht gewählte polnische König Sigismund Wasa Anfang Oktober 1587 endlich festen Boden betreten und im Zisterzienserkloster von Oliva seinen Eid auf die Wahlkapitulation ablegen. Tagelang hatte der Königskandidat darauf warten müssen auszuschiffen. Denn die territorialen Auseinandersetzungen zwischen Schweden und Polen-Litauen erwiesen sich als erheblicher Hinderungsgrund, den Text der Wahlkapitulation zu formulieren. Ganz vorbei war die Schaukelpartie für den Wasaprinzen jedoch nicht. So sollte auch das rasch improvisierte Eideszeremoniell nicht ganz glatt von statten gehen. Denn Hieronim Rozdraz˙ewski protestierte pflichtgemäß im Namen des römisch-katholischen Episkopats gegen die Beeidung der Warschauer Konföderation und die protestantischen Teilnehmer antworteten erwartungsgemäß mit einer Reprotestation gegen die katholischen Einwände. Auch der frisch gekürte Monarch selbst beeidete die Pacta conventa nur „mit Vorbehalt unserer Protestationen.“26 Er wiederum brachte keineswegs konfessionelle Bedenken ins Spiel, was schon angesichts der lutherischen Interessen seines Hauses in Schweden schwer vorstellbar gewesen wäre.27 Sigismund Wasa bewegten vielmehr sehr weltlich-dynastische Gründe für seinen Vorbehalt. Denn angesichts der äußerst gespannten Lage innerhalb des Wasahauses schien die von den polnischen Ständen geforderte Abtretung des nördlichen Estland an Polen-Litauen in Schweden
26 L, G, Geschichte der Preußischen Lande königlich-polnischen Antheils, Die sich seit dem Ableben Königes Stephani, Unter der Regierung Sigismundi III. Bis ins Jahr 1605 zugetragen, Bd. 4, Dantzig 1726, 26; hier auch die ausführliche Schilderung der Verhandlungen und des Zeremoniells des Eidesschwurs, 23–27; W, Zygmunt III Waza, 27 f.; S, Mocarstwowe da˛z˙enia, 82 f. 27 Zur wiederholt bestätigten Verbindlichkeit der lutherischen Konfession für das schwedische Reich: K, D, Northern Europe in the Early Modern Period. The Baltic World 1492–1772, Oxon / New York 1998, 91–128.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
schwer vermittelbar.28 Obendrein war Sigismund nicht der einzige zukünftige König Polens, der eine Wahlkapitulation beschworen hatte. Zur gleichen Zeit legte Erzherzog Maximilian, Sohn Kaiser Maximilians II. und schärfster Konkurrent des Wasas um den polnischen Thron, vor einer anderen Delegation eilig ebenso einen Eid ab.29 Die Versuche beider Dynastien, die Krone zu erlangen, gehorchten dabei schon gewisser Tradition. Schon die Väter beider aktueller Opponenten hatten sich mehr oder weniger erfolglos um die polnische Thronfolge bemüht.30 Neben der relativ abseitigen, aber nichtsdestoweniger wiederholten Kandidatur der Herzöge d’Este von Ferrara und anderen Außenseitern wie Alessandro Farnese oder Francesco de’Medici,31 kam dabei insbesondere den Bemühungen aus Moskau um die polnische Krone Bedeutung zu. Sie konnten – wie schon in den vorigen Interregna – wenigstens in Teilen des litauischen und ruthenischen Adels durchaus auf Unterstützung zählen.32 Allerdings scheint fraglich, wie ernsthaft der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Vorschlag einer Realunion Polen-Litauens mit dem östlichen Nachbarn und Konkurrenten auch 1587 zu behandeln war. Schließlich zielten solcherart Pläne strategisch nicht zuletzt angesichts eines für Moskau bedrohlichen Zusammengehens von Schweden und Polen-Litauen darauf, zumindest längerfristige Friedensverträge auszuhandeln.33
28 O, S P., War and Peace in the Baltic (1560 – 1790), London / New York 1992, 27–41. 29 S, Mocarstwowe da˛z˙enia, 79. 30 Zur minoritären Wahl Maximilians II. 1576: A, C, Die Kandidaten und Interessen des Hauses Habsburg in Polen-Litauen während des zweiten Interregnums 1574–1576, Wien 2001, hier auch zur Kandidatur Johanns III. von Schweden bes. 86 f.; mit Fokus auf die Implikationen für die Reichspolitik ., Kaiser Maximilian II. als ,electus Rex Poloniae‘ und der Reichstag von Regensburg 1576. Implikationen des Nationenbegriffs im 16. Jahrhundert, in: Marija Wakounig / Wolfgang Mueller / Michael Portmann (Hg.), Nation, Nationalitäten und Nationalismus im östlichen Europa (FS Arnold Suppan), Wien 2010, 47–68. Zu den polnischen Interessen Johanns III. im Rahmen seiner Expansionspolitik und dem daraus folgenden Konflikt mit Moskau: L, LO, Arvet efter Gustav Vasa. En berättelse om fyra kungar och ett rike, Stockholm 2005, 216–218, 253. 31 Q-P, D, Dwo´r medycejski i Habsburgowie a trzecia elekcja w Polsce, in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 42 (1998), 121–132. 32 R, Interregna, 141. 33 In diesem Sinne zumindest die Interpretation von S, Mocarstwowe da˛z˙enia, bes. 71 f.; Boris Florja hat demgegenüber den von früheren Unionsplänen abweichenden, weitgehenderen Charakter der Projekte von 1587 betont: F, B N., ,Promoskovskij‘ lager’ na elekcii 1587 g. i jego politicˇeskaja programma, in: ders., Russkopol’skie otnosˇenija i politicˇeskoe razvitie Vostocˇnoj Evropy vo vtoroj polovine XVI – nacˇale XVII v., Moskva 1978, 161–180, 178 f. Zu den Kandidaturen von Seiten des Zaren in den beiden ersten Interregna: ., Pol’skaja sˇljachta i russkaja kandidatura v period
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen
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Die Konkurrenz ausländischer Dynastien überschnitt sich im Interregnum nach dem Tod Stephan Ba´thorys wie schon zuvor mit erprobten Allianzen innerhalb des Hochadels sowie der regionalen und lokalen Adelseliten.34 Es zeichneten sich also auch hier keine wesentlichen Neuerungen ab, wenn etwa die Radziwiłł in Litauen und Teile Großpolens mit den Go´rka und Zborowski an der Spitze für den habsburgischen Kandidaten Maximilian eintraten.35 Im Hochadel konnte das Interregnum höchstens noch zum zugespitzten Austrag von länger gepflegten Feindschaften wie zwischen dem Haus Zborowski und Jan Zamoyski beitragen.36 Die Gründe, sich dem einen oder dem anderen Lager anzuschließen, waren dabei sehr verschieden und konnten letztendlich von verwandtschaftlichen Verbindungen ebenso motiviert sein wie von persönlichen Animositäten und Konkurrenzen gegenüber den Anhängern des jeweils anderen Kandidaten. Dies führte insgesamt zur Ausbildung konfessionell und hierarchisch äußerst heterogener Allianzen.37 Hatten sich die Zborowski 1587 erneut als bewährte Verfechter einer Habsburger Kandidatur erwiesen, fand sich ihr Opponent Zamoyski konsequenterweise unter den Wählern des jungen Wasa wieder – zusammen mit wesentlichen Stützpfeilern seines etablierten Netzwerkes wie dem kurzzeitigen Kronmarschall und späteren Kastellan von Krakau, Mikołaj Zebrzydowski, ˙ o´łkiewski.38 oder dem Feldhetman Stanisław Z Argumentativ wurde die Konkurrenz zwischen dem Wasaprinzen Sigismund und Erzherzog Maximilian insbesondere auf der Ebene dynastischer pervogo ,beskorolev’ja‘ (1572–1573 gg.), in: ebenda, 71–92 (polnische Version: Wschodnia polityka maganto´w litewskich w czasie pierwszego bezkro´lewia, in: Odrodzenie i reformacja 20 (1975), 45–67.) und Vtoroe ,beskorolev’ja‘ v Recˇi Pospolitoj i kandidatura Ivana IV na polskij tron (1574–1576 gg.), in: ebenda, 93–119 (polnische Version: Magnateria litewska a Rosja w czasie drugiego bezkro´lewia, in: Odrodzenie i Reformacja (1977), 143–158.). 34 R, Interregna, 141. 35 Die gleiche politisch-familiär-regionale Konstellation auf der Habsburger Seite hatte sich schon bei den Interregna von 1572 und 1574 ergeben: B, A, Die Beziehungen der Habsburger zu Polen in den Jahren 1572 bis 1574, in: Acta Poloniae Historica 77 (1998), 27–42; D-U, Me˛z˙owie stanu, 548. 36 Immer noch unersetzt, wenn auch mit problematischen Wertungen: C, J, Das Interregnum Polens im Jahre 1587 und die Parteikämpfe der Häuser Zborowski und Zamoyski, Gotha 1861. 37 R, Interregna, 143. Hier sei darauf hingewiesen, dass sich auf diese Weise beispielsweise mit Stanisław Stadnicki und Hieronim Jazłowiecki die Vertreter zweier Adelsfamilien im maximilianeischen Lager wiederfanden, die sich später ausdrücklich bekämpfen sollten, vgl. ausführlich Kap. 4.3.4, S. 564–569 38 Die engere Verbindung mit bestimmten hochadligen Häusern bzw. mit einzelnen von deren Mitgliedern folgte auch dem konsequenten Machtausbau Zamoyskis in einzelnen Regionen, so neben Litauen in seiner eigenen Heimat Ruthenien und durch u.a. Zebrzydowski in Kleinpolen: U, Zamoyszczycy bez Zamoyskiego, 22 f.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
Begründungen ausgetragen. Die Befürworter einer schwedischen Lösung brachten mit Verve die unmittelbare familiäre Kontinuität mit den Jagiellonen in Anschlag. Schließlich handelte es sich bei Sigismund um den Neffen des letzten Jagiellonen Sigismund II. August. In diesem Sinne spielte auch dessen betagte Schwester Anna Jagiellonka eine entscheidende und aktive Rolle.39 Die Vertreter einer jagiellonischen Kontinuität bedienten sich dabei des breiteren Schlagworts von der Wahl eines Piasten. Dies knüpfte an die erste polnische Königsdynastie und deren legendären Protoplasten an. In diesem Sinne subsumierte man hierunter jegliche Kandidatur eines polnischen Prätendenten gegenüber ausländischen Bewerbern.40 Bartłomiej Paprocki hingegen, Genealoge in Diensten des Hauses Zborowski, mochte in seinen lautstarken Pamphleten der Jahre 1587 und 1588 solch einer Argumentation naturgemäß keine positive Seite abgewinnen. Entsprechend warnte er wenig zweideutig vor der Wahl eines „armen Herrn aus einer elenden Familie“.41 Denjenigen, die über einen Piasten „schwadronierten“, empfahl er folgerichtig, gleich in Kruszwica, dem legendären Stammsitz der Piasten nach einem geeigneten Kandidaten zu suchen: „Wenn ihr auf diesen trefft, der sich beim Kämmen im Spiegel betrachtet, sich selbst streichelt und sagt: o facies regno digna, heißt das, es ist ein reiner Bauer, der sich selbst gefällt.“42 Deutlicher konnte man die wenig etablierte Wasa-Dynastie als hierarchisch indiskutable Alternative zum Haus Habsburg kaum desavouieren.43 Was für die Politik einzelner Adelshäuser von Bedeutung war, galt für die Dynastie eines Monarchen nur umso mehr: Prestige und Legitimität des herrschenden Hauses mussten fortlaufend gesichert werden.44 Die Königs39 S, P, Anna I Jagiellonka kontra Jan Zamoyski. Kilka uwag w sprawie da˛z˙en´ kro´lowej do zapewnienia cia˛głos´ci dynastii Jagiellono´w, in: Klio 28.1 (2014), 3–29, 13 f. 40 W, Zygmunt III Waza, 16. 41 P, B, Upominek albo przestroga / Zacnemu Narodowi Polskiemu y wszitkiem Stanom wielkiego Xiestwa Litewskiego / namnieiszi Sluga i brat na to interregnum oddaie. Napisani y widani roku 1587, in: Bartosza Paprockiego dwie broszury polityczne z lat 1587 i 1588, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1900 (Biblioteka pisarzo´w polskich 37), 1–64, 61. 42 Ebenda, 62. 43 In der Forschung ist dem ersten polnischen Wasa Sigismund bescheinigt worden, mit einer relativ prekären dynastischen Ausgangslage belastet gewesen zu sein, z.B. OS, Dynastia Wazo´w, 15. 44 Allgemein zu Konkurrenz und Wechselbeziehungen zwischen herrschenden Dynastien mit einem Schwerpunkt für die Zeit um 1700 die verschiedenen Beiträge in: K, C et al. (Hg.), Bourbon – Habsburg – Oranien. Konkurrierende Modelle im dynastischen Europa um 1700, Köln / Weimar / Wien 2008; zur dynastischen Aufwertung durch Heiratspolitik: K, A-S, Dynastie und Prestige. Die Heiratspolitik der Wettiner, Köln / Weimar / Wien 2009, 237–247; H, P-M /
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wahl hatte mit ihrer Doppelentscheidung für den Habsburger Maximilian und den Wasa Sigismund in kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen beiden Wählergruppen geendet, die sich um ihre jeweiligen Kandidaten geschart hatten. Zwar ging Sigismund mit Hilfe Jan Zamoyskis siegreich aus diesem Konflikt hervor, konnte den Erzherzog sogar gefangen nehmen und ihn mit dem Vertrag von Beuthen-Be˛dzin zu einem Verzicht auf jegliche Thronansprüche zwingen.45 Gegenüber dem Habsburger vermochte der Wasa-Sprössling hingegen kein besonderes Gewicht des eigenen Hauses in die Waagschale zu werfen, auf das er sich für die in- wie ausländischen Anerkennung seiner monarchischen Legitimität hätte berufen können.46 Konsequenterweise knüpften die Legitimierungsstrategien für den neuen Monarchen unmittelbar an die schon bei der Thronbewerbung erprobten Strategien an und stellten seine direkte Verwandtschaft über die mütterliche Linie mit der Dynastie der Jagiellonen in den Mittelpunkt. Dies versprach zumindest einen gewissen internationalen Prestigezuwachs und im polnisch-litauischen Kontext eine vorteilhafte Traditionsanknüpfung.47 Daneben waren es eben die Eheschließungen mit den beiden Habsburger Schwestern Anna und Konstanze, die nicht allein zur Überwindung des Thronstreites beitrugen. Vielmehr versprach die wiederholte Heiratsverbindung mit einer der führenden,
S, U, Thesen zur Rekonstruktion höfischer Zeichensysteme in der Frühen Neuzeit, in: Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 13.2 (2003), 19–47, 23 f. 45 B-M, Od wrogos´ci do przyjaz´ni, 153–303; S, Mocarstwowe da˛z˙enia, 52–102. 46 Erst sein Großvater Gustav Wasa war aus innerschwedischen Auseinandersetzungen von Teilen des Adels mit Christian II. von Dänemark, Norwegen und Schweden siegreich hervorgegangen und hatte sich des schwedischen Thrones bemächtigt. Weder konnten die Wasa also auf eine lange monarchische Tradition zurückblicken, noch war schon ihre innerschwedische Legitimität unproblematisch gewesen. Deutlich wurde dies etwa an den erheblichen Anstrengungen, eine erbliche Monarchie in Schweden zu begründen, die Gustav Wasa und die Familie im Rahmen von dessen Testament und Beisetzungsfeierlichkeiten vornahmen: G, M, Ceremoniernas makt. Maktöverföring och genus i vasatidens kungliga ceremonier, Lund 2005, 41–61; G, J, Rewriting History. Humanist Oration at the Funeral of Gustav Vasa, 1560, in: Scandinavian Studies 78.1 (2006), 21–42; zur Thronübernahme Gustav Wasas: A, G, Hur Gustav Vasa gjordes til Sveriges konung, in: Scandia 52.2 (1986), 239–261. Wie empfindlich der Wasa Sigismund darauf reagierte, an die glanzlose Vergangenheit seines Hauses erinnert zu werden, zeigt die Vernichtung einer Schrift von Szymon Starowolski, der eben hierauf hinwies: C, J A., Sztuka i polityka. Funkcje propagandowe sztuki w epoce Wazo´w 1587–1668, Warszawa 1983, 36. 47 B, Frühneuzeitliche Nationen, 177–180; D, M, Ephemere Architektur in Krakau und Prag. Zur Inszenierung von Herrschereinzügen in ostmitteleuropäischen Metropolen, in: dies. / Karen Lambrecht (Hg.), Krakau, Prag und Wien. Funktionen von Metropolen im frühmodernen Staat, Stuttgart 2000, 255–281, 267 f.
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wenn durch die kaiserliche Würde nicht der hierarchisch attraktivsten, Dynastie Europas auch das Ansehen der Emporkömmlinge aus dem Hause Wasa aufzubessern.48 Die Hochzeitsfeierlichkeiten Sigismunds mit Anna von Habsburg 1592 und mit Konstanze im Jahr 1605 bestanden aus umfangreichen Ensembles von zeremoniellen und ludischen Sequenzen. Die Eliten des Hoch- und Hofadels waren hierbei an vielen Stellen beteiligt, ob als Akteure oder unabdingbares Publikum – vom solennen Einzug in die Heirats- und Krönungsstadt Krakau, über Tanz- und Theatereinlagen, Maskenspiele, Turniere und Bankette bis hin zum Gottesdienst. Die Feierlichkeiten bildeten dabei einen Komplex, dessen unterschiedliche Teile verschiedene Beteiligte und Öffentlichkeiten einbanden. Die größte Reichweite durfte dabei wohl dem Einzug des Herrschers und seiner Braut in die Stadt zugekommen sein. Davon zeugten nicht allein die Masse an Mitwirkenden und deren vergleichsweise schrankenlose Plazierung im städtischen Raum.49 Typischerweise beschränkte sich auch die Mehrheit der offiziösen Darstellungen darauf, Einzug, Hochzeits- und Krönungsmesse für die jeweilige neue Königin zu schildern.50 Einen Kernbestandteil von Herrschereinzügen bildete die ephemere Architektur von Ehrenpforten.51 In Polen-Litauen hatte diese Form von programmatischer Gestaltung erst mit der Krönung Heinrich Valois‘ 1574 Einzug gehalten, hatte sich dann aber sofort als unabdingbares Element von Herrschereinzügen in Städten etabliert.52 In der umfangreichen deutschen Forschung, die in den vergangenen Jahren zu diesem Thema entstanden ist, 48
S, R, Entradas, bodas y coronaciones de las princesas de la casa de Austria en Cracovia (1592 y 1605), in: Libros de la corte 6 (2013), 58–75, 60. Ausführlich zu den Verhandlungen, die Sigismund in Absprache mit seinem Vater König Johann III. von Schweden hartnäckig auch gegen innere Widerstände in Polen-Litauen schließlich erfolgreich bis zur ersten Heirat mit der Habsburgerin Anna vorantrieb: L, Das Leben am Hof Sigismunds III. Bd. 2, 1155–1191. 49 Zur ständeübergreifenden Wirkung von Herrschereinzügen: R, H, Entre´e [festliche, triumphale], in: Werner Paravicini (Hg.), Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Bilder und Begriffe, Ostfildern 2005 (Residenzenforschung 15.II / 2), 318–323, 318. 50 C, J A., Barokowa architektura okazjonalna, in: Janusz Pelc (Hg.), Wiek XVII. Kontrreformacja- Barok. Prace z historii kultury, Wrocław u.a. 1970, 229–254, 231. 51 Einen handhabbaren kunsthistorisch-architektonischen Definitionsversuch dieser vergänglichen Bauten bietet: P, M, Ehrenpforten für Kaiser Karl V. Festdekorationen als Medien politischer Kommunikation, Münster 2011, 17. 52 T, K, Oprawa artystyczno-ideowa wjazdo´w weselnych trzech sio´str Habsburz˙anek (Krako´w 1592 i 1605, Florencja 1608), in: Mariusz Markiewicz / Ryszard Skowron (Hg.), Theatrum ceremoniale na dworze ksia˛z˙a˛t i kro´lo´w polskich, Krako´w 1999, 207–244, 211.
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wurde unter anderem die Frage diskutiert, inwieweit die auf den ephemeren Triumphbögen realisierten Bild- und Schriftprogramme dabei unhinterfragt als Herrschaftsprogramm des Einziehenden gelesen werden könnten oder nicht vielmehr im Sinne eines idealtypischen Fürstenspiegels eine Erwartungsbeziehungsweise Forderungshaltung gegenüber dem Herrscher formulierten.53 Anders als im Falle von Herrschereinzügen in Reichsstädten beschränkte sich zumindest bei den Einzügen Sigismunds mit seinen beiden Bräuten Anna und Konstanze die Beteiligung der Stadt Krakau jeweils allein auf die erste Ehrenpforte, durch die der gesamte Zug in die Stadt eintrat.54 Einen Bogen verantwortete beispielsweise 1605 der Klerus, die übrigen zwei Ehrenpforten wurden in königlicher Verantwortung und mit persönlichem Engagement und Eingreifen des Monarchen gestaltet.55 Begreift man dabei die frühneuzeitlichen Ehrenpforten als Kommunikationsmedien,56 darf man mithin davon ausgehen, dass Sigismund III. die Gelegenheitsarchitektur zur Darstellung einer durch ihn vertretenen Herrschaftsvorstellung nutzte. 53 W, M, Visualisierung der Macht im 16. Jahrhundert, in: Jörg-Dieter Gauger / Justin Stagl (Hg.), Staatsrepräsentationen, Berlin 1992, 63–74, 68; P, M, Politische Kommunikation in Herrschereinzügen. Tugendprogramme an Ehrenpforten der Renaissance, in: Tobias Frese / Annette Hoffmann (Hg.), Habitus. Norm und Transgression in Bild und Text (FS Lieselotte E. Saurma-Jeltsch), Berlin 2011, 197–213, 199. 54 Für die Hochzeit mit Anna von Habsburg 1592 der entsprechende Auszug aus dem städtischen Rechnungsbuch: G, A, Skarbniczka naszej archeologji obejmuja˛ca s´redniowiekowe pomniki wojennego budownictwa Polako´w, wiadomos´ci do dziejo´w sztuk pie˛knych w Polsce oraz wspomnienia z naszej przeszłos´ci i.t.p., Lipsk 1854, 122–124; L, Das Leben am Hof Sigismunds III. Bd. 2, 1221. Für die Hochzeit mit Konstanze: Ingressus serenissimae Constanciae Archiducissae Austriae Reginae Poloniae in Anno Domini 1605, in: Studia do dziejo´w dawnego uzbrojenia i ubioru wojskowego 9–10 (1988), 110–114, 111; L, Leben am Hof. Bd. 3, 1420 (bes. Anm. 392.). Ähnliches ist etwa für die Hochzeit der Nichte König Stephan Ba´thorys mit Kronkanzler Jan Zamoyski im Jahr 1583 in Krakau bekannt. Die Ausgestaltung und Planungshoheit der Ehrenpforten lag hier ganz in den Händen Zamoyskis (T, Oprawa artystycznoideowa wjazdo´w, 212 f.) Es war ebenfalls der Kanzler, der 1587 die Regie für die triumphale entre´e des jungen Sigismund in Krakau übernommen hatte, um Krönung und Sieg über den Mitbewerber Maximilian von Habsburg zu feiern. Den Angaben Juliusz Chros´cickis folgend darf dabei davon ausgegangen werden, dass die Stadt Krakau zwar die Kosten, jedoch keine Verantwortung für das Programm des Herrschereinzugs übernahm: C, Sztuka i polityka, 41 f. Anders stellte sich die Lage im Falle anderer Herrschereinzüge außerhalb etwa unmittelbarer Hochzeitsfeierlichkeiten dar. So ist beispielweise die Stadt Danzig als Verantwortliche für Ehrenpforten bei Herrschereinzügen be˙ , J, Archikannt: C, Barokowa architektura okazjonalna, 245; Z tektura okazjonalna na uroczystos´ci zas´lubin i koronacje˛ Marii Ludwiki Gonzagi w roku 1646, in: Biuletyn historii sztuki 73.1 / 2 (2011), 45–91, 52 f. 55 T, Oprawa artystyczno-ideowa wjazdo´w, 241. 56 P, Ehrenpforten, 254–273.
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Noch 1592 zielten die ephemeren Bauwerke in erster Linie auf die dynastische Anknüpfung an die Jagiellonen wie die versöhnende Vereinigung mit dem Haus Habsburg nach den Thronauseinandersetzungen der Vorjahre.57 Dreizehn Jahre später hingegen zeichneten sich ein weitaus stärkeres Selbstbewusstsein und deutlich formulierte Ambitionen im Gesamtkonzept der Hochzeitsfeierlichkeiten ab. In diesem Zusammenhang gaben die Ehrenpforten bereits die Richtung vor. Zwar war Sigismund Wasa mittlerweile sein schwedischer Thron verlustig gegangen, die Auseinandersetzungen mit dem nördlichen Nachbarkönigreich hatte dies allerdings keineswegs beruhigt. Der Streit, den Schweden und Polen-Litauen um Livland und Estland führten, überlagerte sich hierbei mit dem dynastischen Konflikt zwischen Sigismund und seinem Onkel Karl von Södermannland. Letzterer hatte schließlich 1604 als Karl IX. seinem Neffen den schwedischen Thron endgültig abgenommen.58 Der Krieg mit Karl und der polnische Sieg in der Schlacht bei Kirchholm, nur knapp drei Monate vor der Hochzeit errungen, waren entsprechend Thema der von der Stadt verantworteten Ehrenpforte. Wurde der Herrscher hier sehr konkret als militärischer Sieger gepriesen, bedienten sich die folgenden – königlichen – Bögen einer abstrakteren allegorischen Sprache. Ein Leitmotiv bildete hierbei das Wortspiel mit dem Namen der Braut: „constantia“ wurde als herausragende Herrschertugend in den Mittelpunkt der zweiten und der vierten Ehrenpforte gestellt. Sie formulierte dabei zunächst einen Einklang mit „fortitudo“, „prudentia“ und „regimen“, um dann über „felicitas“, „pax“ und „concordia“ zu thronen.59 Die Reihenfolge solcher Anordnung lässt sich kaum als zufällig einschätzen. Vielmehr musste die erste Trias als Voraussetzung durchlaufen werden, um schließlich zu Glück, Frieden und Einigkeit zu gelangen. Die Dominanz der „constantia“ als Leittugend drängt in diesem Zusammenhang geradezu
57 Vgl. die zeitgenössischen Beschreibungen von Texten und Gestaltungen der Ehrenpforten: H, M, Aegyptiaca Servitus: Das ist warhafte Beschreibung / einer Dreyjährigen Dienstbarkeit / So zu Alexandrien in Egypten ihren Anfang / und zu Constantinopel ihre Endschafft genommen […] Mit zwo angehenckten Reysen / die er nach seiner Dienstbarkeit / in Vier Königreich / Böhem / Polen / Schweden / Dennemarckt / Auch nechstligende Fürstenthumb und Seestädt vollbracht, Heydelberg 1610, 546–548; M, R, Il successo delle nozze di Sigismondo III. Re` di Polonia con la Prencipessa Anna figliuola del Serenissimo Arciduca Carlo di Austria. Et altre cose notabili di quel Regno, in Udine 1612, 6v.–7r.; hierzu auch die Analysen bei S, Entradas, 63–66, 68.; T, Oprawa artystyczno-ideowa wjazdo´w, 214–218. 58 Die polnisch-litauischen-schwedischen Auseinandersetzungen standen dabei außerdem noch unter dem Eindruck der Politik Moskaus, das sich auch mit diplomatischen Initiativen bei Sigismunds Konkurrenten in Schweden manifestierte: N, D, Sigismund Vasa och hans regering i Polen (1587–1632), Stockholm 1978, 150–164. 59 Ingressus serenissimae Constanciae Archiducissae Austriae, 112 f.; Oprawa artystyczno-ideowa wjazdo´w weselnych, 219 f.
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eine Assoziation mit dem erst kurz zuvor in polnischer Übersetzung erschienen Werk von Justus Lipsius auf. Zwar muss nicht unbedingt auf den Modephilosophen des ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts verwiesen werden, um die typischen, in allen europäischen Herrscherrepräsentationen vertretenen Tugenden zu erklären.60 Trotzdem schien eine gewisse Konkordanz zwischen dem Programm der Ehrenpforten und der in Lipsius‘ Überlegungen zur „constantia“ entwickelten Vorstellung von „necessitas“ zu bestehen. Die Größe des Fürsten erwuchs hier aus der schicksalshaft notwendigen Konfrontation mit Widrigkeiten, aus der er mit Größe hervorgehe, sollte er sie heroisch überwinden.61 Der Herrscher schützte die Ordnung des Gemeinwesens und war zugleich dessen Vorbild. Doch für ihn galt dabei die Devise: „It is more important when that order is threatened to act than to understand, or to display righteousness.“62 Bemerkenswerterweise wurden entsprechend aus der – auch in der zeitgenössischen polnischen Politiktheorie – etablierten Vierheit von Kardinaltugenden „iustitia“ und „temperantia“ im Programm der Ehrenpforten gerade nicht in den Mittelpunkt gestellt.63 Glück, Frieden und Einigkeit erschienen mithin wie die Früchte einer Anstrengung, die erst durch „fortitudo“, „prudentia“ und „regimen“ erworben werden mussten und Idealvorstellung wie zugleich Instrumente für die Durchsetzung fürstlicher Politik waren. Auch die dritte Ehrenpforte, nahm die Hauptlinie des königlichen Programms auf. Vermittelt über die Emblematik des Schiffes tauchte hier ebenso die „constantia“ auf, unterstrichen durch die tierische Unterstützung des Eisvogels und die göttliche Hilfe Neptuns.64 Stand der Eisvogel in der zeitgenössischen Emblematik für „tranquillitas“ und vorausschauendes Handeln,65 gehörte Neptun zum Standardrepertoire frühneuzeitlicher Herrscherallegorik. Hierin ließ sich nicht allein eine Anspielung auf die baltischen Interessen Sigismunds lesen, der Gott des Meeres verkörperte schließlich wie kaum ein zweiter die Macht und Fähigkeit, Stürme zu beruhigen.66 Neptun tauchte folgerichtig auch in der übrigen 60 Der Tugendkatalog, der Herrschern zugeschrieben wurde, behielt den traditionellen Kanon auch im 17. Jahrhundert bei, dessen Konnotationen veränderten sich jedoch nicht unwesentlich, nicht zuletzt auch unter dem Einfluss neostoischer Theoriebildungen: S, T, ,Gute Policey‘. Ordnungsleitbilder und Zielvorstellungen politischen Handelns in der Frühen Neuzeit, Frankfurt a.M. 2004, 243–246. 61 D-K, Justus Lipsjusz, 160. 62 Mit Bezug auf De constantia: W, Introduction, 111. 63 Vgl. Kap. 1.1, S. 71, S. Kap. 1.5, 168 f. 64 Ingressus serenissimae Constanciae Archiducissae Austriae, 113. 65 H, A / S, A, Emblemata. Handbuch zur Sinbildkunst des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Stuttgart / Weimar 1996, 840 f. 66 K, H, Mythos als Verkleidung. Aspekte der Mythenrezeption in der Kunst der Spätrenaissance, in: Mythos 1 (2004), 10–24, 20. Als Beherrscher wie als Bändiger der Meere taucht Neptun auch wiederholt in der Habsburger Herrscherallegorik auf: B,
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Festgestaltung prominent auf. So war es der Meeresherrscher, der im Zuge der abendlichen Tanzaufführung die neue Königin Konstanze auffordern sollte. Das Paar Neptun und Tethys fand im Übrigen schon vorher zur allegorischen Darstellung Sigismund Wasas und seiner ersten Frau Anna von Habsburg Verwendung.67 Darüber hinaus hatte sich das Paar Neptun und Ceres als Personifizierungen Schwedens und Polen-Litauens bereits seit den frühen 1590er Jahren in den Medaillenprägungen des Monarchen etabliert und diffundierte schließlich in andere graphische Darstellungen des Königs, deren fester Bestandteil es wurde.68 Münzen und Medaillen wurden von Beginn an wesentliche Medien der Herrscherdarstellung Sigismunds III. Bereits in der unsicheren Situation seiner Wahl und Krönung 1587, fand sich die erste Prägung mit der Devise „Pro iure et populo“, gruppiert um das richtende Schwert der „iustitia maiestatis“.69 Schien im Zuge der inneren Konflikte um die Doppelwahl das monarchische Versprechen von Gerechtigkeit für alle beteiligten Seiten attraktiv, konnte der König nur ein Jahr später wiederum seinen Sieg in Metall verewigen. Der Medaillenrevers zeigte drei Lorbeerkränze mit der Devise „Coelitus sublimia dantur“.70 Dass dies ein bevorzugter Wahlspruch des Wasas wurde, bezeugt nicht zuletzt der Umstand, dass eine Münze mit gleicher Prägung ebenfalls 1594 aus Anlass seiner schwedischen Krönung in Uppsala verteilt wurde.71 Schließlich fand die Aussage, dass das „Erhabene vom Himmel gegeben wird“ auch Aufnahme in die europaweite Sammlung von Herrscherdevisen aus der Feder von Johannes Typotius beziehungsweise Aegidius Sadeler, die 1601 erstmals erschien.72 Begleitet wurde Sigismunds Devise durch die Darstellung dreier Lorbeerkränze, die formal an Muster anknüp-
V, Ferdinand von Tirol zwischen Prag und Innsbruck. Der Adel aus den böhmischen Ländern auf dem Weg zu den Höfen der ersten Habsburger, Wien / Köln / Weimar 2009, 227; P, F, Romanitas in der habsburgischen Repräsentation von Karl V. bis Maximilian II., in: Richard Bösel / Grete Klingenstein / Alexander Koller (Hg.), Kaiserhof – Papsthof (16. – 18. Jahrhundert), Wien 2006, 207–223, 210. 67 S, Entradas, bodas y coronaciones, 73. 68 S, M, Medale Wazo´w w Polsce (1587–1668), Wrocław u.a. 1990, 53–57. 69 Ebenda, 45 f.; N, S, Selectorum symbolorum heroicorum centuria gemina enotata atque enodata, Francofurti 1619, 231 f. 70 S, Medale Wazo´w, 48; N, Selectorum symbolorum heroicorum centuria gemina, 238 f. 71 M, J, Scondia illustrata, Seu Chronologia de rebus Scondiae Tam Ecclesiasticis quam Politicis, Ab Anno Christi MDXCII ad MDCXII. Inter potentissimos Sueciae Reges, Sigismundum & Carolum, gestis. Tomus 8, Stockholmiae 1702, 20; H, E, Sveriges och svenska konungahusets minnespenningar, praktmynt och belönigsmedaljer. Del 1, Stockholm 1874, 52 f. 72 T, J / S, Ä, Symbola Divina et Humana Pontificum. Imperatorum. Regum, Pragae 1600 [erschienen 1601], 56.
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fen konnte, die bereits unter Heinrich Valois Anwendung gefunden hatten. Die moderne Forschung ist sich mit Typotius einig, dass es sich hierbei um die Allegorese der polnischen und schwedische Krone sowie des Himmelreiches handelte.73 Dabei knüpften die Lorbeerkränze zugleich an römisch-kaiserliche Ikonographie an und wiesen zugleich auf den ritterlichen Sieger hin – in vulgäretymologischer Anknüpfung an den Namensträger Sigismund.74 All dies stellte zwar keinerlei außergewöhnlichen inhaltlichen Anspruch für einen Monarchen des ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts dar. Nichtsdestoweniger bleibt festzuhalten, dass sowohl die Doppelbeziehungsweise die Tripelherrschaft über Schweden, Polen und Litauen sowie ein deutlich sakraler Zug in der Herrschaftslegitimierung herausgestrichen wurden. Grundsätzlich war eine religiöse Überhöhung an sich keine Neuerung. Auch im Fall Stephan Ba´thorys, gewissermaßen einem typischen Vertreter des Ritters auf dem Königsthron,75 gingen etwa kriegerische Aktivität und deren religiös-konfessionelle Interpretation durchaus Hand in Hand.76 Allein, ermangels eines ausgeprägten Rittertums des ersten WasaKönigs tendierte Sigismunds Herrschaftsrepräsentation in die Richtung eines nicht-heroischen Monarchenbilds. Letzteres lief eben auf die Betonung der monarchischen Frömmigkeit hinaus und katalysierte in diesem Zusammenhang den sakralen Charakter der Königsherrschaft.77 Derselbe Aegidius Sadeler, der Sigismunds Devise in sein Kompendium aufnahm, fertigte 1604 ebenfalls ein Blatt mit dem wohl wichtigsten und herausstechenden Portrait des polnischen Königs an. Die Verbindung zu den Habsburgern wurde auch in diesem Zusammenhang sehr deutlich. Sadeler, Kupferstecher am Hof Rudolfs II.,78 orientierte seine Darstellung des Wasas 73 S, Medale, 48 f.; P, J, Wazowskie enigmata. Wien´ce Zygmunta i obeliski Władysława oraz kło´dka Jana Kazimierza, in: Biuletyn historii sztuki 65.1 (2003), 7–40, 13 f.; T / S, Symbola, XXXVII. 74 P, Wien´ce, 13 f. 75 Hierzu die allgemeinen Überlegungen: W, M, Einleitung. Die Inszenierung der mehr oder weniger heroischen Monarchie. Zu Rittern und Feldherren, Kriegsherren und Schauspielern, in: ders. (Hg.), Die Inszenierung der heroischen Monarchie. Frühneuzeitliches Königtum zwischen ritterlichem Erbe und militärischer Herausforderung, München 2014 (Historische Zeitschrift. Beiheft N.F. 62), 8–39, 13–17. 76 Dies zeigt sich etwa am Fall des Konflikts mit Moskau um Livland: O, M, Von Tyrannen und Barbaren. Mentale Sichtweisen und Begründungen des Livländischen Kriegs in Polen-Litauen, in: Horst Brunner (Hg.), Der Krieg im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Gründe, Begründungen, Bilder, Bräuche, Recht, Wiesbaden 1999, 395–426, 401–406. 77 Damit war er in Europa nicht alleine: W, Einleitung. Die Inszenierung der mehr oder weniger heroischen Monarchie, 17–23. 78 Zu Aegidius Sadeler, Spross einer Kupferstecher- und Kunsthändlerfamilie mit weitgespannten europäischen Kontakten, die aus Antwerpen stammend sich zunächst am Münchener Hof und dann am Kaiserhof etabliert hatte: L, D, Aegidius
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augenfällig an der im Jahr zuvor entstandenen Darstellung des Kaisers.79 Der Entstehungszeitpunkt und die enge Verknüpfung mit dem Kaiserhof dürften wohl im Kontext der andauernden und schwierigen Heiratsverhandlungen mit den Habsburgern gestanden haben.80 Eine frappierende Parallelität der Herrscherdarstellungen lässt sich nicht nur anhand der Gesamtkomposition architektonisch-allegorischer Elemente, sondern auch bei der Darstellung Sigismunds konstatieren: nach kaiserlichem Vorbild, in Rüstung und spanischem Kragen, mit der Ordenskette des Goldenen Vließes auf der Brust. Hierin konnte man wohl, neben einer signalartigen Anpassung an das kaiserliche Vorbild, nicht zuletzt den Anspruch auf eine gewisse Ebenbürtigkeit lesen. Auch Sadelers Portrait wurde dabei von den bereits bekannten Figuren Neptun und Ceres flankiert. Zeitgleich war der katholische Wasa in Schweden abgesetzt worden und der Kampf Polen-Litauens mit dem nördlichen Nachbarn um Estland und Livland voll entbrannt. Diese Situation legt wiederum ebenso eine Anspielung auf Sigismunds polnische Herrschaft wie auf seinen ungebrochenen Anspruch auf den schwedischen Thron nahe. Auch die Devise „Crescit geminatis gloria curis“ mochte einerseits als Anspielung auf eine Doppelherrschaft gelesen werden, schien jedoch im Zusammenhang mit den Eheverhandlungen zugleich auf die Bündelung der Kräfte der Häuser Habsburg und Wasa anzuspielen. Die gesamte Komposition war mit Sprüchen aus den Bukoliken Vergils garniert, insbesondere deren vierter Ekloge: Legt man hierbei die verbreitete mittelalterliche wie frühneuzeitliche messianische Lesart dieses Textes zugrunde,81 ließ sich neben dem eminent Sadeler, Imperial Printmaker, in: Philadelphia Museum of Art Bulletin 85 (362) (1989), 3–24; B, B / K, L, Aegidius Sadeler. Dva panovnı´ci a jejich impresy, in: Alena Volra´bova´ (Hg.), Ars linearis. Grafika a kresba cˇesky´ch zemı´ v evropsky´ch souvislostech, Praha 2010, 38–41, 101–103; R, I, Les Sadeler, graveurs et e´diteurs, Bruxelles 1992, bes. 9 f.; S, P, Justus Sadeler. Print Publisher and Art Dealer in Early Seicento Venice, in: Print Quarterly 7.1 (1990), 22–35, 23. 79 S, R, Artystyczno-dyplomatyczne kontakty Zygmunta III Wazy z Niderlandami Połudnowymi, Lublin 2008, 42 f., Abb. 8 u. 9.; G, A, Allegorischer Porträtstich Sigismunds III. Wasa von Aegidius Sadeler, in: Biuletyn Muzeum Narodowego w Warszawie / Bulletin du Muse´e National de Varsovie 28 (1988), 61–77, 74–76. 80 L, Das Leben am Hof Sigismunds III. Bd. 3, 1386–1393; zur Bedeutung des Herrscherportraits in der frühneuzeitlichen Diplomatie, nicht zuletzt im Zuge von Heiratsverhandlungen K, M, The Embassy of Art. Diplomats as Cultural Brokers, in: dies. / Badeloch Vera Noldus (Hg.), Double Agents. Cultural and Political Brokerage in Early Modern Europe, Leiden 2011, 11–25, 18 f. 81 K, C, From Virgil to Vida. The Poeta Theologus in Italian Renaissance Commentary, in: Journal of the History of Ideas 56 (1995), 41–62; B, G, Goldene Zeiten: Immer wieder wird ein Messias geboren. Beispiele neuzeitlicher Aneignung der 4. Ekloge Vergils‘, in: Thorsten Burkard / Markus Schauer / Claudia Wiener (Hg.), Vestigia Vergiliana. Vergil-Rezeption in der Neuzeit, Berlin / New York 2010 (Göt-
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen
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christlichen Bezug auch die Ankündigung eines glücklichen neuen Zeitalters sehen. Damit korrespondieren die Füllhörner und die personifizierte Gloria des Blattes. Die Wendung gen Himmel, verkörpert durch Urania und flankiert durch ein Zitat aus den Metamorphosen Ovids, der den Menschen durch den Blick des Göttlichen erhaben werden ließ, unterstrichen weiterhin die Frömmigkeit des Fürsten.82 Da es Sigismund zu diesem Zeitpunkt noch an substantiellen militärischen Erfolgen mangelte, fehlt, anders als im Portrait Rudolfs II., die Komponente des Königs als ruhmreichen Siegers.83 Andererseits trug der Clio zugeordnete Putto auf der gegenüberliegenden Seite der Urania zugleich die Aufforderung, Sigismund III. gewissermaßen einen Kredit auf zu erwartenden zukünftigen Ruhm einzuräumen: „Nova gloria complet terrasque trastusque maris.“ Die Gesamtkomposition wurde schließlich mit der Versicherung überschrieben, der Wasa folge der Tugend wie ein Schatten. Dass letztere Devise ein Zitat aus den Tusculanischen Gesprächen Ciceros und mithin aus einem der zentralen Texte stammte, der stoisches Gedankengut transportierte,84 entsprach ganz den auch bei Rudolfs Portraits aufgerufenen stoischen Versatzstücken.85 Wie jedoch an den Ehrenpforten anlässlich der Hochzeit Sigismunds mit Konstanze im Folgejahr deutlich wurde, fanden die Grundsätze des Stoizismus auch in die programmatische Herrschaftsauffassung des polnischen Monarchen Eingang. In diesem Kontext konnte die Polysemie des „Crescit geminatis gloria curis“ auch an stoische Grundsätze anknüpfen. So wie 1605 „fortitudo“, „prudentia“ und „regimen“ als verstärkte Anstrengungen zu verstehen waren, um das Gemeinwesen zu Glück und Frieden zu führen, wurde hier bereits 1604 das besondere Mühen des Herrschers als vorbildlich eingeordnet. Das allegorische Portrait Sigismunds III. aus dem Jahr 1604 richtete sich wohl in erster Linie an das Haus Habsburg und den kaiserlichen Hof. Trotz-
tinger Forum für Altertumswissenschaft. Beihefte N.F. 3), 51–71, 52–63. Zur antiken Einordnung der vierten Ekloge als Bezug auf Octavian: Luther, Andreas, Historische Studien zu den Bucolica Vergils, Wien 2002 (Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse 698), 11–33. 82 G, Allegorischer Porträtstich Sigismunds III. Wasa, 69. 83 R, C, ,Augustissimo et Gloriosissimo Rom: Imperatori‘ – Bemerkungen zu einem Porträt Rudolfs II. von Aegidius Sadeler, in: Christine E. Stauffer (Hg.), Festschrift für Eberhard W. Kornfeld zum 80. Geburtstag, Bern 2003, 57–68, 61. 84 F, M, Theoria und stoische Tugend. Zenons Erbe in Cicero (Tusculanae disputationes V), in: Zeitschrift für philosophische Forschung 53.2 (1999), 163–187. 85 G, Allegorischer Porträtstich Sigismunds III. Wasa, 76. Die ganz unbesehen von den dominanten neoplatonischen Strömungen am rudolfinischen Hof: M, N, The Court of Rudolf II and Humanist Culture, in: Elisˇka Fucˇ´ıkova´ et al. (Hg.), Rudolf II and Prague. The imperial court and residential city as the cultural and spiritual heart of Central Europe, Prague / London / Milan 1997, 220–222.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
dem fanden sich hier neben den dynastischen Bemühungen mit der Betonung von Frömmigkeit, stoischem Tugendprogramm und damit verbundenem Herrschaftsanspruch Grundlinien, die auch an anderen Stellen auftauchten. Hochzeitsfeierlichkeiten und Medaillen etwa richteten sich an sehr verschiedene Zielgruppen zur gleichen Zeit beziehungsweise in Abstufungsgraden innerhalb der Festlichkeiten an differenzierte Öffentlichkeiten: von den Einwohnern und Bürgern der Stadt, dem anwesenden Klerus und Adel, über die geladenen Gäste aus Hochadel, Episkopat sowie Amts- und Würdenträgern bis hin zu ausländischen Gästen, Diplomaten und dem Haus Habsburg. Allerdings sind ephemere Architektur, Münz- und Medaillenprägungen, Portraitdarstellungen ebenso wie Flugschriften und -blätter oder Hofgeschichtsschreibung nicht nur in der polnischen Forschung gerne generalisierend als Formen von „Propaganda“ bezeichnet worden.86 Schon angesichts der problematischen pejorativen Konnotation und dem kaum zu vermeidenden unterschwelligen Anachronismus massenmedialer Wirksamkeit scheint hingegen die Kategorie „Propaganda“ wenig geeignet, einen präziseren Zugang zu den beschriebenen Phänomenen zu finden. Hinzu treten insbesondere die mehr oder weniger deutlich ausgeprägte Unterstellung gezielter Meinungsmanipulation und der Umstand, dass das Konzept zumeist weniger die Dialogizität von Kommunikation berücksichtigt.87 In diesem Zusammenhang bleibt nicht zuletzt das Verhältnis zwischen dem zeitgenössisch tief verankerten Grundsatz der rhetorischen persuasio und dem modernen analytischen Konzept Propaganda recht unklar. Eine persuasive Absicht ist den verbalen wie nonverbalen Darstellungen königlicher Herrschaft dabei selbstverständlich inhärent. Allerdings wäre es eine unzulässige Verkürzung, dies auf vor allem einseitige manipulative Absichten zu reduzieren. Sinnvoller scheint es hingegen, sie in ein ganzes Ensemble von Faktoren einzuordnen, die das monarchische Herrschaftsverständnis transportierten. Entsprechend soll hier auch die monarchische Position unter dem konzeptuellen Blickwinkel von Repräsentation im Chartierschen Sinne als intellektuelle Konfigurationen, Praktiken und institutionalisierte Formen betrachtet werden.88
86
A, Informacja i propaganda; C, Sztuka i polityka. Einschlägige Überlegungen zur Differenzierung von „propaganda“ und „persuasion“ bei: J, G S. / O’D, V, Propaganda and Persuasion, Los Angeles u.a. 62015, 1–55. R, B, Rez. zu Karl Vocelka, Die Politische Propaganda Kaiser Rudolfs II. (1576–1612), Wien 1981, in: Blätter für Deutsche Landesgeschichte 119 (1983), 489–493. Vgl. dagegen die prononcierte Verteidigung eines für die Frühe Neuzeit differenzierten Propagandabegriffs: T, A, Art. Propaganda, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 10, Stuttgart / Weimar 2009, 452–456. Eine äußerst instruktive internationale forschungsgeschichtliche Reflexion bei: L, E, Propaganda and the Jesuit Baroque, Berkeley u.a. 2004, 56–71. 88 Vgl. hierzu die Überlegungen in der Einleitung, S. 4, 39, 50. 87
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen
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Hinsichtlich der medialen Produktion ist dabei nur begrenzt von persönlicher Steuerung des Königs auszugehen. Was sich noch im Falle der Hochzeitsfeierlichkeiten, Devisen, Portraitmalerei und weniger Flugblätter89 nachweisen lässt beziehungsweise mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden darf, entzieht sich etwa schon im Bereich der höfischen Zeitgeschichtsschreibung solch einer direkten personalisierten Zuschreibung. Anders als sein Vorgänger Stephan Ba´thory oder auch sein Sohn und Nachfolger Władysław war Sigismund III. keinesfalls als Anreger und Förderer von Geschichtswerken bekannt, die seinen Ruhm und denjenigen der Monarchie verewigt hätten.90 Viel eher wirkte der erste Wasakönig mit allerhand Zensurmaßnahmen indirekt auf zeitgeschichtliche Veröffentlichungen ein.91 Allgemein lässt sich in diesem Zusammenhang konstatieren, dass systematisch zu nennende Bemühungen um monarchische Repräsentation von königlicher Seite erst mit dem Beginn der 1620er Jahre einsetzten.92 In den ersten zwei Jahrzehnten seiner Herrschaft gruppierten sich entsprechende Aktivitäten am deutlichsten sichtbar eher punktuell um die Sicherung dynastischer Ansprüche, mit denen eine Aufwertung der Wasa sowohl nach innen als auch nach außen verbunden war. Dies geschah im Rahmen einer Anknüpfung an die Jagiellonen, der Sicherung des Throns für die Nachkommen und der Verbindung mit den Habsburgern. Daneben waren es seit dem glänzenden Sieg über die schwedischen Truppen bei Kirchholm 1605 insbesondere militärische Ereignisse, die Anlass für programmatische Aussagen gaben.93 Dass sich innerhalb dieser Kontexte durchaus weiter gehende Deklarationen zum Herrschaftsverständnis und mithin zur Rolle des Monarchen im Gemeinwesen herauskristallisierten, zeigen die Ehrenpforten ebenso wie das allegorische Herrscherportrait Sigismunds. Zwischen dem Herrschaftsantritt des Wasas Ende der 1580er Jahre bis in die ersten Jahre des 17. Jahrhunderts bezog sich eine der wohl prominentesten programmatischen Anstrengungen Sigismunds III. auf die Kanonisie89 So etwa die Darstellung des polnischen Reichsadlers mit den Medaillons aller polnischen Könige, die wohl auf königlichen Auftrag hin von Tomasz Treter in Rom angefertigt worden und in ganz Europa als legitimierendes Schaubild des frisch gekrönten Wasa verbreitet worden ist: C, T, Działalnos´c´ artystyczna Tomasza Tretera, Warszawa 1984, 161–163. 90 B, Frühneuzeitliche Nationen, 203, 225. 91 Ebenda, 157 f., 211 f. 92 Beredt scheint in diesem Zusammenhang bereits der Umstand, dass die Position des Hofbibliothekars erst zwanzig Jahre nach Herrschaftsantritt Sigismunds besetzt wurde: L, C, Mecenat Zygmunta III i z˙ycie umysłowe na jego dworze, Warszawa 1932, 228. 93 S, M, Bitwa kirchholmska w s´wietle polsko- i niemieckoje˛zycznych gazet ulotnych, in: Bogusław Dybas´ (Hg.), Wojny po´łnocne w XVI–XVIII wieku. W czterechsetlecie bitwy pod Kirchholmem, Torun´ 2007, 43–51.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
rung des Jagiellonenprinzen Kasimir.94 Der zweitälteste Sohn von König Kasimir IV., Bruder des böhmischen und ungarischen Königs Władysław und des späteren polnischen Monarchen Johann Albrecht, wurde im ausgehenden 15. Jahrhundert als Spross einer zu diesem Zeitpunkt noch viele Länder umspannenden Dynastie geboren.95 In jugendlichem Alter verstorben, wurde der Prinz bald Objekt erster Kanonisierungsbestrebungen. Nach dem unglücklichen Scheitern eines ersten Anlaufs, der von seinem jüngeren Bruder, König Sigismund I., zu Beginn des 16. Jahrhunderts unternommen worden war, nahm Sigismund III. das Projekt wieder auf.96 Kasimir schien aus vielen Gründen für den Wasa aus dem Jagiellonenhaus attraktiv. Zunächst erlaubte die Heiligsprechung eines Jagiellonen nicht nur dem Haus, sondern vermittels dessen vor allem auch der Person Sigismunds selbst als Großneffen des Heiligen eine besondere sakrale Autorität zu verleihen. Bezeichnenderweise qualifizierten Kasimir dabei gerade die mangels eines Martyriums typischen heroischen Tugenden zum Heiligen:97 Auch das 1604 anlässlich der Kanonisierungsfeierlichkeiten in Wilna entstandene Sammelwerk, nahm in seinem Wiederabdruck der schon um 1521 entstandenen Vita besonders diesen Aspekt als führende Argumentation auf. Richtungsweisend hieß es bereits in den ersten Sätzen, es sei das göttlicher Weisheit entsprungene Gleichgewicht aus „fortitudo“ und „prudentia“, „per quam Reges regnant, Principes imperant.“98 Wohl kaum zufällig entsprach dies eben zwei der Kardinaltugenden, die ebenfalls die Ehrenpforten von Sigismunds Hochzeit im Folgejahr dominieren sollten. Darüber hinaus jedoch fungierte der Jagiellone Kasimir, Statthalter seines Vaters im Großfürstentum, idealerweise als Bindeglied zwischen beiden Reichsteilen, was sich auch im ersten offiziellen Patronat eines Heiligen für Polen und Litauen ausdrückte.99 Schlussendlich 94
B, Frühneuzeitliche Nationen, 184–189; T, D, Mit Gott rechnen. Katholische Reform und politisches Kalkül in Frankreich, Bayern und Polen-Litauen, Göttingen 2013, 163 f. 95 Zur ausgreifenden Bedeutung der Jagiellonen-Dynastie in dieser Zeit: B, A, Die Jagiellonen. Herrscher zwischen Ostsee und Adria, Stuttgart 2010, 29–102, zu Kazimierz 105–108. 96 W, H D, Pocza˛tki kultu i procesy kanonizacyjne s´w. Kazimierza. Stan badan´, in: Analecta Cracoviensia 16 (1984), 187–231, 193–197, 207–220; U, T, S´w. Kazimierz w polskiej kulturze umysłowo-literackiej, in: ebenda, 153–185, 157–163. 97 S, R, Die heroische Tugend als Grundlage der individualistischen Ethik im 14. Jahrhundert, in: Jan A. Aertsen / Andreas Speer (Hg.), Individuum und Individualität im Mittelalter, Berlin / New York 1996, 450–463. 98 Hier zitiert nach der Ausgabe von 1521: F, Z, Vita Beati Casimiri confessoris ex serenissimis Poloni[a]e regibus et magnis Lithuani[a]e ducibus clarissimi, o.O. o.J. [Krako´w 1521], AII r. Zur Aufnahme dieser Legende in die 1604 entstandene Sammelschrift: B, Frühneuzeitliche Nationen, 66. 99 N, Das Großfürstentum Litauen, 170–178.
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen
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ließ sich mit Blick auf die jagiellonische composite monarchy des 15. Jahrhunderts mit dem frisch Kanonisierten ebenso ein Rückbezug zur polnischlitauisch-schwedischen Gegenwart assoziieren. Über eine umfangreiche epideiktische Literatur, spezielle Gebete und Gottesdienste etablierte sich dabei der Kasimir-Kult bis zu einem gewissen Grad im polnisch-litauischen Doppelreich.100 In welcher Weise Sigismund III. seine dynastischen Ambitionen mit der Figur seines Großonkels verband, zeigte sich hingegen auch in der Namensgebung für seine Söhne, eine Praxis, die zeitgleich etwa die prekär legitimierten Bourbonen ebenso betrieben.101 So erhielt der nach der Kanonisierung des neuen Hausheiligen geborene, aber gleich nach der Geburt verstorbene erste Sohn Sigismund Wasas mit Konstanze von Habsburg den Namen Johann Kasimir, ebenso wie der zweite Sohn aus dieser Verbindung, der rund vier Jahrzehnte später polnischer König werden sollte. Władysław, der erstgeborene männliche Erbe Sigismunds aus der Ehe mit Anna, der seinem Vater zunächst auf dem Thron folgte, taufte seinen erstgeborenen Sohn wiederum auf den Namen Sigismund Kasimir.102 Die in der polnischen Historiographie lang gepflegte schwarze Legende, die Sigismund Wasa als willfähriges Werkzeug jesuitischer Machinationen charakterisierte, ist seit längerem aufgegeben.103 Nichtsdestoweniger wird der Hofprediger Piotr Skarga gerne auch weiterhin im Sinne der PropagandaKonzeption als Sprachrohr des Königs betrachtet. Entsprechend erscheint er als Vorkämpfer klar umrissener absolutistischer Absichten des Monarchen.104 Unumstritten spielte der Hofprediger etwa bei der Etablierung des Kasimir-Kults eine entscheidende Rolle, indem er 1610 in die siebte Auflage seiner zeitgenössisch äußerst populären Heiligenviten sogleich auch den frisch gekürten Jagiellonen-Heiligen aufnahm.105 Hatte Skarga von Beginn 100
Ebenda; B, Frühneuzeitliche Nationen, 187 f. Angesichts des seit Heinrich IV. gepflegten dynastischen Kultes um den Heiligen Ludwig ist die Taufe seines Sohnes, des späteren Ludwig XIII., auf diesen Namen umso bezeichnender: C, O, ,Filii Sancti Ludovici‘. Transmission et monopole de la gloire chez les Bourbons au XVIIe sie`cle, in: Annali di storia moderna e contemporanea 1 (1995), 400–410, bes. 402. Zum Vergleich des Kasimirkultes der polnischen Wasa-Dynastie und dem Kult der Bourbonen um den Heiligen Ludwig: T, Mit Gott rechnen, 164–170. 102 Ein tabellarischer Überblick über die Nachkommen der polnischen Wasa-Dynastie bei O-S, Dynastia Wazo´w, 210 f. 103 S, A, Spory o Jezuito´w w polskiej historiografii 1795–1918, in: Studia historyczne 34.4 (1991), 551–568, 561–565; vgl. auch die einleitenden Bemerkungen zu Kap. 3, S. 298 f. 104 Mit einem instruktiven Überblick über wichtige Forschungstitel, die diese Position einnehmen: B, A, Czy ksia˛dz Piotr Skarga wdawał sie˛ w polityke˛? Woko´ł sporu o polityczne zaangaz˙owanie ks. Piotra Skargi SI, in: Acta Universitatis Lodziensis. Folia Litteraria Polonica 3(21) (2013), 43–66, 43 f. 105 U, S´w. Kazimierz w polskiej kulturze umysłowo-literackiej, 164. 101
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
an besonders seine Heiligenviten den Frauen der Königsfamilie gewidmet,106 war die Ausgabe von 1610 wie schon deren Vorgänger von 1603 dem jungen Prinzen Władysław zugeeignet. Die Viten zierten nun auf dem Verso des Titelblattes Adler und der Litauische Reiter der Jagiellonen und des Doppelreiches mit Beifügung des Wasa-Wappens und die Widmung an Sigismunds Sohn nahm ganz explizit den Charakter eines Fürstenspiegels an. Bemerkenswerterweise wies Skarga in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass seine eigenen Ausführungen, die vor allem um „pietas“, „magnanimitas“ und „iustitia“ kreisten, insbesondere durch die Lehren aus dem Testament des Heiligen Ludwig zu ergänzen seien107 – eben jenes Saint Louis, dem zeitgleich die Bourbonen eine eigene Autorität und Legitimität abzugewinnen suchten. Wie im Falle des Heiligen Ludwig in Frankreich waren es auch in PolenLitauen generell vor allem die Jesuiten, die von Beginn an den Kult um den Heiligen Kasimir intensiv pflegten. Dazu gehörte mithin nicht nur die intensive Implikation des Ordens in die Kanonisierungsfeierlichkeiten in Wilna von 1604108 und die gleich daran anschließende Errichtung der reichsweit ersten Kasimir geweihten Kirche, die zum dortigen Jesuitenkolleg gehörte.109 Auch der umfassende Gelegenheitsdruck zur Kanonisierung wurde von den Jesuiten herausgegeben und mit weiteren zeitgleichen Texten, etwa aus den Kollegien von Braunsberg oder Wilna, ergänzt.110 Ebenso entstanden Stücke über Kasimir im Rahmen des jesuitischen Schultheaters. Insbesondere den Jesuiten nahestehende Autoren verfassten in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts panegyrische Dichtungen auf den Patron Polen-Litauens.111 106 Ab der ersten Auflage 1579 Widmung an Anna Jagiello, ab der dritten Auflage 1592 / 93 Widmung an Anna von Habsburg: S, P, Z˙ywotow S´wie˛tych starego y nowego zakonu z pisma s´wie˛tego y z powaz˙nych pisarzow y Doktorow kos´c´ielnych wybranych Cze˛s´c´ Pierwsza, o.O. [Wilna] 1579, AII r.–AII. v.; ., Z˙ywotow S´wie˛tych Starego y nowego zakonu na kaz˙dy dzien´ przez cały rok: wybrane z powaz˙nych pisarzow y Doktorow kos´c´ielnych ktorych imiona wyzszey połoz˙one sa˛ [...], w Krakowie 1592, AII r.–AIII r., 6. Auflage 1603 Widmung an Władysław mit Wappen der Jagiellonen und Wasa, 7. Auflage 1610 auch an Władysław mit Wappen der Wasa, 1615 in neunter Auflage unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1610. 107 S, Z˙ywotow S´wie˛tych starego y nowego zakonu (1603), )( iv r. 108 N, Das Großfürstentum Litauen, 171. 109 Z, S, Jezuici w Polsce, Krako´w 1908, 187. 110 Zu diesen begleitenden Schriften gehörten etwa: K, J, Epos de S. Casimiro Jagiellonide Poloniae ac Lituaniae Principe et Patrono Quo tempore sacrum eius labarum a Clemente Octavo Pontifice Maximo allatum. Vilna triumphali pompa excepit, o.O. [Wilna] 1604; S, M, Triumphalia seu enarratio Triumphi S. Casimiro, eius Apotheosis a Clemente VIII. Pontifice Maximo approbata, Vilnae a Catholicis Lituaniae Ordinibus pie perque honorifice agitati 10. Maii Anno MeDIatorIs ChrIstI, Brunsbergae 1604. 111 U, S´w. Kazimierz w polskiej kulturze umysłowo-literackiej, 170 f.; N, Das Großfürstentum Litauen, 175.
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen
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Wenn sich die Förderung des Kasimir-Kultes dabei keineswegs ausschließlich auf den Jesuitenorden beschränkte,112 war doch eine Tendenz bemerkbar, die man als Allianz zwischen König und Orden bezeichnen kann. Schon am Hof Stephan Ba´thorys hatten sich Jesuiten etabliert,113 die Kollegien waren in vollem Wachstum114 und ungeachtet der Konkurrenz zu anderen Orden konnten sich die neuen Vorkämpfer des Katholizismus über mangelnde Unterstützung in den adligen Eliten nicht beklagen.115 Kritik an den Jesuiten gab es jedoch ebenfalls genug. So musste dem Orden seinerseits eine Allianz mit dem Monarchen, der ihm eine besondere Förderung zukommen ließ, hoch attraktiv erscheinen.116 Trotz der im Gegensatz zum zeitgenössischen Frankreich recht gefestigten Stellung der Jesuiten lässt sich also mit Bezug auf den Heiligen Kasimir wohl cum grano salis eine Einschätzung auf Polen-Litauen übertragen, die in dem sehr ähnlich gelagerten Fall der Bourbonen mit ihrem Kult um den Heiligen Ludwig gemacht worden ist. Beide Seiten vermochten gegenseitig voneinander zu profitieren: „Si le culte de saint Louis a donc une fonction le´gitimatrice pour les Je´suites, il est aussi une forme de glorification qui dresse le portrait d’un roi chre´tien ide´al.“117 Wurde einem Monarchen die Widmung eines Werkes zuteil, darf man in der Regel davon ausgehen, dass solche Zueignung wenigstens im Inland mindestens mit dessen impliziter Zustimmung erschien.118 Widmungen kam im frühneuzeitlichen Druckmedium eine durchaus ambivalente Funktion zu. Sie stellten einerseits den Versuch dar, das Wohlwollen des Adressaten zu 112 Auch ein prominenter Dominikaner wie Fabian Birkowski eignete sich den Heiligen Kasimir als Thema offensiv an: U, S´w. Kazimierz w polskiej kulturze umysowoliterackiej, 169. 113 O, Jezuici na dworach Batorego i Wazo´w, 9–18. 114 N, Szkolnictwo jezuickie w Polsce, 41–45. 115 Dabei darf die Konkurrenz zwischen den Jesuiten und den traditionell etablierten Orden wie den Dominikanern oder den Franziskanern um die Gunst des Adels allerdings nicht unterschätzt werden: S, P, Friars on the Frontier. Catholic Renewal and the Dominican Order in Southeastern Poland (1594 – 1648), Farnham / Burlington 2010, bes. 41 f., 90–93. 116 T, J, Literatura antyjezuicka w Polsce (1578–1625). Antologia, Warszawa 1963. 117 L, G, Les Je´suites et la de´votion a` Saint Louis au XVIIe sie`cle. La ce´le´bration du Roi tre`s chre´tien, in: Les cahiers de Framespa 11 (2012), http://framespa.rev ues.org/2025#text, zuletzt abgerufen am 25.9.2019. 118 Mit Angabe zum Kaiserhof G, I, Zum Briefwechsel des schlesischen Gelehrtenpaars Cunitia / de Leonibus um 1650 mit den Astronomen Hevelius, Danzig und Bullialdus, Paris, in: Klaus-Dieter Herbst / Stefan Kratochwil (Hg.), Kommunikation in der Frühen Neuzeit, Frankfurt a.M. 2009, 171–188, 176. Für Polen-Litauen ist in dieser Hinsicht der Fall Joachim Bielskis beispielhaft, dessen Sigismund III. gewidmetes Geschichtswerk eine längere Prüfung durch die Zensur durchlief und das letztendliche Verbot nicht verhindert hat: B, Frühneuzeitliche Nationen, 108.
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gewinnen beziehungsweise einer Leseöffentlichkeit zu zeigen, dass der Autor bereits dessen Gunst genoss.119 Andererseits konnten beispielweise Widmungsbriefe an Herrscher auch durchaus als Forderungskatalog an den Bedachten verstanden werden. Solch eine Ambivalenz wurde auch im Falle von Piotr Skargas Adressen an Sigismund III. deutlich. Der Jesuit verehrte dem König insbesondere zwei Predigtsammlungen, von denen eine ab der zweiten Auflage die Sejmpredigten enthalten sollte.120 In seiner Vorrede war es für Skarga jedoch keineswegs ausgemacht, dass Sigismund Wasa dem dort gezeichneten Idealbild eines frommen, tugendhaften und starken, in seinen Entscheidungen allein Gott verantwortlichen Monarchen schon zur Genüge entspräche oder sich unzweifelhaft in die gewünschte Richtung entwickelte: „Wach auf, Eure Königliche Majestät, zu Dankbarkeit und größerem Gottesdienst / zum gemeinen Wohl Deiner Untertanen.“121 Nur drei Jahre später manifestierte sich eine sehr ähnliche Ambivalenz in der Widmung zu einer zweiten Homiliensammlung. In den Predigten über die sieben Sakramente aus dem Jahr 1600 schlug Skarga einen noch weit dramatischeren Ton an. Der Monarch sei zwar fromm, Gott und der Kirche ergeben, tugendhafter Garant für Frieden und Wohlfahrt des Gemeinwesens, dennoch schickten sich die Häretiker – und vornehmlich die Adligen unter ihnen – an, „diese blühende Krone in große Gefahr zu bringen.“122 Im Abgleich mit dem von Skarga formulierten monarchischem Ideal ließ Sigismund also durchaus noch zu wünschen übrig. In diesem Sinne wäre es zweifelhaft, den Jesuiten unhinterfragt auf eine Rolle als Stimme seines königlichen Herrn zu reduzieren. Nichtsdestoweniger zeigte gerade eine zweite Widmungsschrift derselben Predigtsammlung, dass Skargas Vorstellungen eines absoluten, sakralisierten Königtums durchaus über eine Verankerung im engeren Umkreis Sigismunds verfügten. Sie galt dessen Vertrauten Andrzej Bobola, der in Ordenskreisen an anderer Stelle zum „intimus Regis et Societatis integerrimus amicus“123 erklärt wurde und neben dem Monarchen als häufigster Adressat 119 Zum gegenseitigen Verhältnis von Widmungsschreiber und Widmungsadressaten: V, S, Kulturtransfer in der frühen Neuzeit. Die Vorworte der Lyoner Drucke des 16. Jahrhunderts, Tübingen 1999, bes. 50. 120 Korolko / Tazbir, Wste˛p, XCVf. 121 S, P, Kazania na Niedziele y Swie˛ta całego Roku [...] Znowu od niego przeyrzane z przydanim kilku Kazan´ Seymowych y Kazania na pogrzebie Kro´lowey J. M. starey, w Krakowie 1597, )( iv r. 122 D., Kazania o Siedmi Sakramentach Kos´c´ioła S. Katholickiego. Do ktorych sa˛ przydane Kazania Przygodne, o rozmaitych naboz˙en´stwach wedle czasu, ktorych iest wypisany na przodku Regestr, w Krakowie 1610, iii r. 123 W, J, Dziennik spraw domu zakonnego OO. Jezuito´w u s´. Barbary w Krakowie. Tom 1: Od r. 1579 do r. 1599 (wła˛cznie), Krako´w 1881 (Scriptores rerum polonicarum 7), 208.
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen
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SkargaÆscher Zueignungen diente.124 Neben den Schriften des polnischen Hofpredigers wurde dem Monarchen auch das Werk eines prominenten spanischen Jesuiten verehrt. Die konfessionell gewendete Antwort Pedro de Ribadeneiras auf Machiavelli erschien in ihrer lateinischen Übersetzung von 1603 mit einer Widmung an Sigismund III.125 In Abgrenzung zu Häretikern und „politici“ postulierte der Spanier, dass die Religion das Fundament des Gemeinwesens bildet und mithin die Voraussetzung für Gehorsam der Untertanen und den Frieden sei. Konsequent stellte er fest, der christliche Fürst, „quidquid potestatis habet“, beziehe seine Herrschaftsgewalt „a supremo Numine“.126 Die entscheidende Volte in Ribadeneiras Theoriebildung bildete hingegen die Betonung der „prudentia“. Sie geriet ihm zur ersten Herrschertugend, wobei er unter größten definitorischen Anstrengungen Dissimulation, Täuschung und andere Mittel der hierunter subsumierten Machterhaltung als christlich motiviert gegen die Staatsraison Machiavellis abzugrenzen suchte.127 Solche Art von Theoriebildung mag nicht dazu beigetragen haben, die eh schon fragile Ressource Vertrauen in Hinblick auf den Monarchen zu stärken. Auch in diesem Fall scheint es allerdings methodisch problematisch, die Position Ribedaneiras unmittelbar für eine Einschätzung einer etwaigen Herrschaftsprogrammatik Sigismunds zu vereinnahmen.128 Schließlich stammte die Widmung des Princeps christianus aus der Feder Francisco de Mendozas, der sich als spanischer Diplomat am polnischen Hof zuvor vehement für eine engere wirtschaftlich-politische Zusammenarbeit mit der Ostseemacht Polen-Litauen im Rahmen weitgespannterer internationaler Pläne Philipps II. eingesetzt hatte.129 Als Sigismund den Princeps Christianus 1603 gewidmet bekam, waren jedoch die intensiven Kontakte zwischen den
124
S, A, Wydawnicze losy ‘Kazania na pogrzebie Piotra Skargi’ Fabiana Birkowskiego w XVII i XVIII wieku, in: Renarda Ocieczek / Marek Piechota (Hg.), Barokowe przypomnienia i inne szkice historycznoliterackie, Katowice 1994, 7–20, 10. 125 R, P, Princeps Christianus adversus Nicolaum Machiavellum ceterosque huius temporis Politicos […] nunc Latine a P. Ioanne Orano utroque Societatis Iesu Theologo editus, Poloniae ac Svveciae Regi dedicatus, Antverpiae 1603, †2r.–†3v. 126 Ebenda, 3. 127 Höpfl, Jesuit Political Thought, 165–167; B, N, Pedro de Ribadeneira: ,Princeps christianus adversus Nicolam Machiavellum‘. Grundmuster der Argumentation gegen Machiavelli, in: ders. / Markus Riedenauer (Hg.), Suche nach Frieden. Politische Ethik in der Frühen Neuzeit. Bd. 2, Stuttgart u.a. 2002, 373–408. 128 So bei T, Mit Gott rechnen, 129. 129 S, Olivares, Wazowie i Bałtyk, 48 f., 83 f.; zu Mendoza und seinen engen Kontakten zum Jesuitenorden: R V, A, D. Francisco de Mendoza, Almirante de Arago´n, in: Juan Valera (Hg.), Homenaje a´ Mene´ndez y Pelayo en el an˜o vige´simo de su profesorado. Estudios de erudicio´n espan˜ola, Madrid 1899, 487–610, 502–505, vgl. hier auch die Edition von Mendozas Gesandtschaftsbericht aus Polen 589–593.
322
3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
Höfen in Warschau und Madrid unter dem neuen König Philipp III. zum Erliegen gekommen und Mendoza selbst in Ungnade gefallen.130 Selbst wenn Mendoza also auf eine grundsätzliche Sympathie Sigismund Wasas für die Schrift setzen mochte, scheint die Widmung doch wesentlich mehr über seinen Versuch auszusagen, alte persönliche Allianzen des Widmungsverfassers zu mobilisieren und zu demonstrieren als über eine Herrschaftsprogrammatik des polnischen Monarchen. Die Bedeutung, die insbesondere den Sigismund III. von Skarga gewidmeten Werken zugemessen wird, lässt sich teils aus dem Umstand erklären, dass es zumindest in den ersten zwei Dekaden vor allem der Jesuit war, der dem Wasa auch Schriften politiktheoretischen Gehaltes zudachte. Neben diesen theoretischen Entwürfen fanden sich unter den oben besprochenen Politicae des ausgehenden 16. Jahrhunderts beispielsweise allein noch die polnischen Adaptationen der Politkschriften von Lipsius und Aristoteles, die Widmungen an den König aufwiesen, wobei es sich bei ersterer lediglich um eine sekundäre Zueignung an den Monarchen handelte.131 Es waren die Schriften von Lipsius / Szczerbic und Aristoteles / Petrycy mit ihren jeweiligen Gemeinwesenentwürfen, die der monarchischen Herrschaft besonderes Gewicht einräumten.132 In der Summe sollte dies aber nicht dazu führen, die Bedeutung dieser Widmungen zu überschätzen. Gleiches gilt dabei generell für die Kategorie von Humanisten, die der Monarch besolden ließ: in deren heterogener personeller Zusammensetzung und Textproduktion ließe sich wohl nur zwanghaft ein absolutes konfessionelles Muster, geschweige denn politische Eindeutigkeit erkennen.133 Unter allen Herrschertugenden, von denen Sebastian Petrycy König Sigismund topisch gesegnet sah, stellte er in seinem Widmungsbrief zur Aristotelischen Politik eine heraus: „die heilige Frömmigkeit eines guten Lebens, und der dringliche Gottesdienst heißer Gebete dem höchsten Gut, dem Herrgott.“134 In dieser Hinsicht trafen sich diese und weitere Epideiktik mit dem vom Adressaten kommunizierten Herrscherbild. Sigismund III. rückte die Frömmigkeit als Herrschertugend in das Licht der wenigen nachvollziehbaren programmatischen Äußerungen und befleißigte sich zugleich einer recht ostentativ performativen Frömmigkeit. Dies wurde bereits zu Beginn seine Herrschaft deutlich, als der junge König 1588 an einem Gebetsmarathon von vierzig Stunden in der Krakauer Jesuitenkirche teilnahm. Um die 130
S, Olivares, Wazpwie i Bałtyk, 51–54; R V, Mendoza, 534–537. 131 P, Polityki Aristotelesowey Ksia˛g Osmioro, (?)1–(?)5; S, Politica Pan´skie, 2*r.–2*v. 132 Vgl. Kap. 1.5, S. 188. 133 L, Mecenat, bes. 300 f. 134 P, Polityki Aristotelesowey Ksia˛g Osmioro, 3v.
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen
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grassierende Pest in einem Schlag mit einem weiteren Bürgerkrieg zwischen seinen Anhängern und dem Habsburger Lager vom Reich abzuwenden, „stand er eine ganze Stunde, reiche Tränen vergießend, und er wäre den ganzen Tag dort verblieben, hätte nicht Pater Bernhard, der königliche Beichtvater, ihn fast dazu genötigt, sich zu entfernen, dermaßen war er im Gebet vertieft und im Geist verzückt.“135 Zweifelsohne sind dabei die Berichte apostolischer Nuntien und Legaten mit ihrer ständigen Betonung der „pieta` singulare“136 des Königs mit der gehörigen kritischen Distanz zu lesen.137 Dennoch blieb gerade die religiöse Devotion des Königs ein immer wiederkehrendes Merkmal der Berichterstattung. Sie war entsprechend auch der Leitfaden des Testaments, das der Wasa 1598 vor seiner letzten militärischen Expedition zur Rückgewinnung der schwedischen Krone aufsetzte. Er hinterließ hier nicht nur seinem Sohn Władysław die Empfehlung, als Herrscher die Armen und Schwachen zu schützen sowie sich jeglichen Widerständen und Gefahren gegenüber standhaft zu zeigen. Vielmehr forderte er von ihm in erster Linie eine „in religione catholica Romana constantia fervens“.138 Solch einen Ton hatte Sigismund dabei schon ganz zu Beginn des Testaments 135
Dyaryusz legacyi do Polski Kardynała Hipolita Aldobrandiego, kto´ry był potem papiez˙em pod nazwiskiem Klemensa VIII. Roku 1588–1589, in: Relacye nuncyuszo´w apostolskich i innych oso´b o Polsce od roku 1548 do 1690. Tom 2, Berlin / Poznan´ 1864, 4–20, 12. 136 Relatione del Regno di Polonia cominciata l’anno passato et per varie legittime occupationi non finita si non questo 20 di Juglio del 1604 in Cracovia fatta dall‘ Emminent. Sign. Cardinal Valenti, Biblioteka Ko´rnicka rkps. 311, 90v. 137 Discorso del card. Enrico Caetani al papa Clemente VIII e al Sacro Collegio sulla legazione in Polonia, in: Itinerario in Polonia del 1596 di Giovanni Paolo Mucante cerimoniere pontificio. Parte prima: Cracovia, ed. v. Jan Władysław Wos´, Roma 1981, 69–77, 73: „Non voglio hora parlare della integrita` et candidezza di animo di questo Re, della pieta` et religione, del’osservanza et riverenza la Santa Sede Apostolica, et spetialmente verso la persona della Santita` Vostra, della quale egli piu` degli altri Principi Chirstiani, con modo singular, fin dal principio del suo regnare si chiama figliuolo, raccomandato alla cura et protettion sua, perche´ non mi basterebbe e pena tutto questo giorno a parlare.“ Ähnliche Äußerungen päpstlicher Nuntien und Legaten finden sich auch an anderer Stelle: Germanicus Malaspina Clementi VIII, pontifici maximo, Varsaviae 5 X 1592, in: Acta Nuntiaturae Polonae. Tomus XV: Germanicus Malaspina (1591–1598), Volumen 1 (1 XII–31 XII 1592) in quo publicatur etiam documenta legationem a latere cardinalis Georgii Radziwill necnon munera ab Attilio Amelteo et Maximiliano de Pernsˇtejn expleta illustrantia, ed. v. Leszek Jarmin´ski, Cracoviae 2000, 235 f. (N. 143). Allgemein zum quellenkritischen Umgang mit Nuntiaturberichten schon L, H, Die Bedeutung der Nuntiaturberichte für die europäische Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 53 (1973), 152–167, 165. 138 Testament Zygmunta III Wazy z 1598 roku, in: Testamenty Zygmunta III Wazy, ed. v. Włodzimierz Kaczorowski, Bogna Kaczorowska u. Maria Kaczorowska, Opole 2013, 43–52, 45.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
vorgegeben, wobei sein letzter Wille in erheblichem Maße zur eindrücklichen Demonstration eines tridentinischen Katholizismus geriet:139 „Primum omnium confitemur et credimus ex toto corde nostro […] quidquid sacri canones et generalia concilia praecipue proximum Tridentinum credere praecepit, conclusit et declaravit.“
Wenn sich solches Bekenntnis einerseits in der Praxis auch nicht immer in eine konsequent konfessionalisierte Handlungsweise übersetzte,trug es andererseits zu einer verstärkt sakralisierten Definition von Herrschaft bei. Dies wurde besonders augenfällig, wenn die fürstliche Frömmigkeit demonstrativ vom Körper des Königs auf die Ständeversammlung ausgriff. Beredtes Exempel einer solchen Entwicklung waren die Buß- und Ablassfeierlichkeiten des Jahres 1603. Auf Bitten Sigismunds hatte Papst Clemens VIII. nach dem Heiligen Jahr in Rom 1602 für das Folgejahr ein ebensolches Ablassangebot für Krakau gewährt.140 Der Beginn der dreimonatigen religiösen Feierlichkeiten fiel dabei auf das Ende des Krakauer Sejms im selben Jahr. Sigismund Wasa nahm an der Eröffnungsmesse teil und befleißigte sich auch in den folgenden zwei Wochen erwartungsgemäß seiner bekannten Devotion. Der offiziöse Bericht Jan Januszowskis notierte pflichtgemäß, der König sei „aus seiner großen Frömmigkeit heraus / in der er brennt / fast von seiner Majestät herabgestiegen / und hat sich vor der Majestät des allmächtigen Herrgotts erniedrigt / und hat in eigener Person den Besuch der […] Kapellen und Altäre begonnen.“141
Beinahe noch wichtiger schien jedoch in diesem Zusammenhang, dass auch ein Gros der Senatoren und katholischen Landboten des Unterhauses an den Ablassbitten teilnahm.142 Der gerade zu Ende gehende Sejm war von erheb139
Ebenda, 44. J, J, Iubileusz wielki, od Oyca s. papiez˙a Clemensa VIII. Na z˙a˛danie Kro´la J.M. Polskiego y Szwedzkiego Zygmunta III. Krolestwu wszytkiemu do Kos´c´ioła Kathedralnego Krakowskiego Pozwolony, Krako´w 1603, hier die beiden entsprechenden päpstlichen Breven 7–10. Aus diesem Anlass erschien auch eigens ein Gebetsheft, das ebenso eine Erklärung des „Heiligen Jahres“ umfasste: Miłos´c´iwe lato, Iakie było w Rzymie Roku M.DC. przeszłego, od Oyca S. Clemensa VIII. Papiez˙a, na z˙a˛danie Krola I.M. do Kos´c´ioła Cathedralnego Krakowskiego posłane. Be˛dzie trwało od wtorego dnia Marca do wtorego dnia Czerwca w roku ninieyszym. 1602, Krako´w 1603. Zum „Heiligen Jahr“: S, B, Art. Heiliges Jahr, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 4, München 1989, 2024–2025 (hier mit der irrigen Annahme, das Heilige Jahr hätte nach der Reformation nur noch in Rom und Santiago stattgefunden); zur Entwicklung des Heiligen Jahres unter den konfessionellen Bedingungen des 16. Jahrhundert: M, W, Konfession als unsichtbare Ordnungsmacht. Konfessionskulturelle Ausprägungen und Differenzen historischer Erinnerungskonstellationen, in: Gert Melville (Hg.), Das Sichtbare und das Unsichtbare der Macht. Institutionelle Prozesse in Antike, Mittelalter und Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2005, 45–66, 49–52. 141 J, Iubileusz wielki, 24. 142 Ebenda, 23–25. 140
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen
325
lichen Auseinandersetzungen über den Krieg gegen Schweden, Steuerfragen, das preußische Lehen und nicht zuletzt die Heiratspläne des Wasas mit der Habsburgerin Konstanze geprägt gewesen.143 Angesichts dessen hatten insbesondere die Bischöfe und dem Monarchen nahe stehende Senatoren wie Hieronim Gostomski zur Einigkeit gemahnt.144 Dagegen konnte nun immerhin eine „concordia“ über die religiöse Gemeinschaft imaginiert werden, auch wenn dies die Protestanten und Orthodoxen ausschloss. Von besonderem Interesse war dabei für die offiziöse Relation die Teilnahme Jan Zamoyskis und Mikołaj Zebrzydowskis,145 die nur kurz zuvor während des Sejms mit harschen Attacken gegen den König aufgetreten waren.146 Hierbei hatte ersterer auch die evangelischen Stimmen unterstützt, die eine Bedrohung der Religionsfreiheit im Sinne der Warschauer Konföderation beklagten.147 Jetzt allerdings konnte es sich auch der Kronkanzler nicht nehmen lassen, an der vom Monarchen dominierten religiösen Gemeinschaft zu partizipieren – einer Gemeinschaft, über die Sigismund angesichts seiner exemplarischen, ja der größtmöglichen Frömmigkeitsdemonstration, seine Autorität affirmieren konnte. Zwar war die Frömmigkeit eine sehr allgemeine Herrschertugend, die Sigismund im Sinne seiner Repräsentation der Monarchie mobilisieren konnte. Deren römisch-katholische Ausformung schien hingegen nicht nur die Evangelischen, sondern auch die Orthodoxen aus dem Herrschaftsentwurf auszuschließen. Tatsächlich war die Situation der Orthodoxen in Polen und Litauen schon seit dem 14. Jahrhundert recht prekär. Über lange Zeit verfügten orthodoxe Adlige nicht über die gleichen Zugangsrechte zu Ämtern und Würden. Diese Situation hatte sich zwar im 16. Jahrhundert wesentlich entschärft.148 Reminiszenzen dieser Zweitrangigkeit spiegelten sich aber unter anderem in der Zusammensetzung des polnisch-litauischen Senats nach der Lubliner Union. Hier saßen allein die römisch-katholischen Bischöfe. Nicht zuletzt unter dem Eindruck der Reformation, aber auch einer allgemein beklagten theologischen und kulturellen Inferiorität entwickelten sich ab der Mitte des 16. Jahrhunderts innerhalb der Orthodoxie Polen-Litauens verschiedene Reforminitiativen. Die Initiativen um eine Erneuerung der Orthodoxie gingen dabei nicht allein von Hochadelsvertretern wie den Ostrogski, sondern etwa auch vom orthodoxen Bürgertum von Städten wie Lem-
143
J-M, Rzeczpospolita Polska w latach 1600–1603, 98–120. Ebenda, 104–106. 145 J, Iubileusz wielki, 25. 146 J-M, Rzeczpospolita Polska w latach 1600–1603, 106, 107, 111. 147 Ebenda, 113. 148 B, A, Unio non est unitas. Polen-Litauens Weg im konfessionellen Zeitalter (1569–1648), Wiesbaden 2008, 249–253. 144
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
berg aus.149 Konstanty Ostrogski spielte in diesem Zusammenhang jedoch sicherlich gemeinsam mit Teilen des orthodoxen Episkopats eine führende Rolle, wenn es um die Neudefinition der Stellung der Orthodoxie auch im Verhältnis zu Reformation und Katholizismus ging.150 Ab 1590 traten mehrere Synoden zusammen, die sich den Debatten um eine Erneuerung der Orthodoxie widmeten. Dies fiel zugleich mit wieder verstärkten Bemühungen des Vatikans um die Orthodoxen zusammen, die nicht zuletzt im Kontext einer geplanten großen anti-osmanischen Liga zu verorten waren.151 Vor dem Hintergrund der Brester Union von 1596, in der einige orthodoxe Bischöfe die päpstliche Oberhoheit anerkannten, bildete sich mit den Sejmen von 1596, 1597 und 1598 eine Allianz von Orthodoxen und Evangelischen. Sie forderten gemeinsam neben der Einhaltung der Warschauer Konföderation eine klare Absicherung der Rechte und des Besitzstands der orthodoxen Kirche gegenüber den neuen Unierten.152 Diese Anliegen wurde von Sigismund III. auf allen Sitzungen der Ständeversammlung dilatorisch behandelt.153 Zweifelsohne stand der Monarch der Kirchenunion unter katholischen Auspizien wohlwollend gegenüber und zeichnete sich keineswegs durch eine Unterstützung der Orthodoxie aus.154 Man darf dabei davon ausgehen, dass Sigismund keine Schlüsselrolle im Zustandekommen der Brester Kirchenunion gespielt hatte,155 im Anschluss aber sehr wohl deren Existenz im Sinne seiner Vorstellungen förderte. 149
Ebenda, 263–267. K, T, Konstanty Wasyl Ostrogski wobec katolicyzmu i wyznan´ protestanckich, in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 40 (1996), 17–36; M, M, Zagadnienia soteriologiczne, widziane w s´wietle projektu unii katolicko-prawosławnej autorstwa ksie˛cia Konstantyna Wasyla Ostrogskiego, z 1593 r., in: Andrzej J. Zakrzewski / Janusz Fałowski (Hg.), 400-lecie Unii Brzeskiej. Tło polityczne, skutki społeczne i kulturalne. Materiały z konferencji naukowej (Cze( stochowa 25 IX – 27 IX 1995), Cze˛stochowa 1996, 17–33. 151 B, A, Die andere Seite der Union von Brest – Ablehnung der Union und orthodoxe Ukrainer, in: ders. / Hans-Joachim Torke / Frank Sysyn (Hg.), 400 Jahre Kirchenunion von Brest (1596–1996), Berlin 1998, 18–29; D., Unio non est unitas, 270 f. 152 K, Wobec kontrreformacji. Protestanci i prawosławni w obronie swobo´d wyznaniowych w Rzeczypospolitej w kon´cu XVI i w pierwszej połowie XVII wieku, Torun´ 2007, 57–172. 153 Ebenda, 104 f., 128; R, J, Sejmy z lat 1597–1598. Cze˛s´c´ 2: Ostatni Sejm Rzeczypospolitej w XVI wieku, Opole 1993, 55–57. 154 Ein beredtes Beispiel hierfür liefert das königliche Verbot für „griechische“, d.h. orthodoxe, Geistliche, in das Territorium Polen-Litauens einzureisen: K, Wobec kontrreformacji, 124. 155 B, Unio non est unitas, 273, bes. Anm. 79. Skarga dagegen mischte sich persönlich sehr aktiv ein, vgl. B, L, Topography of Salvation. ,The New Jerusalem‘ in Ruthenian Polemical Literature (End of the Sixteenth – Beginning of the Seventeenth Centuries), in: Stefan Rohdewald / Stefan Wiederkehr / David Frick (Hg.), 150
3.1 Der Monarch: Programmatische Konturen
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Sigismunds Definitionsversuch der politischen als religiös-konfessionellen Gemeinschaft blieb durchaus nicht bei einzelnen Aktionen wie den Ablassgottesdiensten des Jahres 1603 stehen. Vielmehr gehörte hierzu auch zwischen 1598 und 1619 eine umfangreiche Erweiterungs- und Umbautätigkeit im Warschauer Königsschloss, die auch den Raum des Sejms modifizierte.156 Bemerkenswert scheint in diesem Kontext, dass der Monarch trotz aller Konstanz der räumlichen Dispositionen eine beredte Veränderung vornehmen ließ. Hierbei handelte es sich um den Einbau der Kapelle, die vom zweiten Vorzimmer des Senatssaales abging. Sie wurde, den Quellen nach zu urteilen, niemals während der Sejmsitzungen genutzt. Dieser Gottesdienstraum war dabei Teil der architektonischen Anlage der Senatsetage und lag in der Sichtachse des Königsthrones im Senatssaal.157 Dabei manifestierte die Kapelle nicht nur eine konfessionelle Bindung des Herrschers, sondern vermochte durch ihren privaten, rein auf den König bezogenen Charakter den Anspruch der königlichen Titulatur Deo gratia in den zeremoniellen Raum zu integrieren. Der polnische Monarch war zwar spätestens seit 1573 unbestritten ein gewählter, jedoch stand dies nicht im Gegensatz zu seiner offiziellen Titulatur, in der er weiterhin als „Deo gratia polnischer König“ firmierte und die Sejmkonstitutionen verkündete.158 Darüber hinaus war die Gültigkeit seiner Herrschaft erst durch das weiterhin bestehende sacrum im Krönungsritual garantiert, das der Inthronisierung vorausging.159 Es war nicht zuletzt die religiöse Dimension der Titulatur und des sacrum, in der das unvergleichliche Prestige des Königtums seine Begründung wie auch seinen Ausdruck finden konnte.160 Über Zeremoniell und Diskurs die Sakralität der Monarchie zu Litauen und Ruthenien. Studien zu einer transkulturellen Kommunikationsregion (15. – 18. Jahrhundert), Wiesbaden 2007, 253–278, 259–262. 156 L, Zamek Warszawski, 41 ff. Zur baulichen Gestaltung der Sejmräumlichkeiten vgl. Kap. 3.1.2, S. 259–262. 157 Ebenda, 81. 158 Confirmatio Iurium Henrici Regis, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 135–137, 135; Literae Iuramenti praestiti Sigismundus III, in: ebenda, 246–247, 246; auch zusammenfassend zur Titulatur W, Rzeczpospolita Wazo´w, 98 f. 159 R, M, Polskie koronacje i korony, Krako´w 1987, 54–58; G, A, Gesture in the Coronation Ceremonies of Medieval Poland, in: Ja´nos M. Bak (Hg.), Coronations. Medieval and Early Modern Monarchic Ritual, Berkeley / Los Angeles / Oxford 1990, 152–164; ausführlich zum königlichen sacrum mit einer Edition aller Textversionen des polnischen Krönungsrituals bis in das 18. Jahrhundert: K, S, Ordo coronandi regis Poloniae, in: Archiwum Komisyi historycznej 11 (1903 / 04), 133–216. 160 S-G, Obowia˛zki i prawa, 55; G-K, Antimonarchism, 47.
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behaupten,161 war dabei ebenso gemeineuropäisches Phänomen wie der Umstand, dass diese Sakralität zugleich nicht unter allen Umständen in der gleichen Weise aktualisiert wurde. Hinsichtlich des unvergleichlich stark ausgeprägten Sakralitätsanspruchs des französischen rex christianissimus ist etwa darauf hingewiesen worden, dass gerade die konfessionelle Aufladung der monarchischen Sakralität noch im 16. Jahrhundert gefährliche Bruchlinien einzog.162 In Polen-Litauen scheint gerade die konfessionelle Dimension des tridentinischen Katholizismus im Verein mit der Frömmigkeit als althergebrachter Herrschertugend erst zu einer neuen Qualität von Sakralitätsbehauptung der Monarchie beigetragen, zugleich aber damit potentielle neue Friktionen eingezogen zu haben. Die verstärkte Sakralität des Monarchen suggerieren zumindest die wenigen hier besprochenen programmatischen Einzelaussagen, die auf den König beziehungsweise sein engeres Umfeld zurückzuführen sind. Dabei erschien der Versuch, über die Frömmigkeitsdemonstrationen des Herrschers zugleich dessen persönliche Autorität zu befestigen als ein probates Mittel, die prekäre Legitimität des Wasas zu festigen; dies galt sowohl in Hinblick auf seine dynastische Herkunft und die umstrittene Doppelwahl von 1587 als auch die anhaltenden Auseinandersetzungen um den schwedischen Erbthron. Die ostentative Frömmigkeit Sigismund Wasas ging dabei mit einer auf Ehrenbögen und Münzen hervorgehobenen Frömmigkeit sowie der Etablierung des Kasimir-Kults einher, der den König sogar sakralisierend in die Nähe des Numinosen rückte. Als konsequente Fortsetzung dieser Tendenz ließe sich letztlich die bildliche Darstellung Sigismunds III. in vollem – priesterlichen – Krönungsornat in den 1620er Jahren lesen.163 An solche Vorlagen konnten auch Theoriebildungen anschließen, die sich schwerlich auf einen direkten königlichen Auftrag zurückführen lassen, jedoch in gewisser Kongruenz zur sonstigen Herrscherpräsentation insbesondere die religiöse Dimension der Monarchie in den Mittelpunkt rücken. Allerdings darf eine königliche Frömmigkeit nicht allein als Versuch 161 In diesem Zusammenhang kann es nicht darum gehen, uneingeschränkt von einer sakralen Dimension des Königtums beziehungsweise gleich von einem „Sakralkönigtum“ zu sprechen, da man bei näherem Hinsehen zwangsläufig mit der Frage nach einem kaum zu gelingenden Nachweis einer etwaigen auch in der Rezeption der Zeitgenossen so verstandenen monarchischen Sakralität konfrontiert wäre: E, J I, Das „Wesen“ der Monarchie? Kritische Anmerkungen zum ,Sakralkönigtum‘ in der Geschichtswissen´ le´ments pour un schaft, in: Majestas 7 (1999), 3–39; R, J, La royaute´ sacre´e. E de´bat, in: Alain Boureau / Claudio Sergio Ingerflom (Hg.), La royaute´ sacre´e dans le monde chre´tien, Paris 1992, 7–17. 162 M, Das Andere der Monarchie, 62 f. 163 L, J, Portrety tzw. koronacyjne Zygmunta III i Konstancji jako wyraz polityki dynastycznej Wazo´w, in: Anna Mraczak-Krupa (Hg.), Portret. funkcja – forma – symbol. Materiały Sesij, Stowarzyszenia Historyko´w Sztuki (Torun´, grudzien´ 1986), Warszawa 1990, 377–391.
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gewertet werden, die monarchische Herrschaft gegenüber etwaigen adligen Ansprüchen sakralisierend zu überhöhen; so waren neben dem Heiligen Jahr ebenso die gemeinsamen religiösen Stiftungen von Monarch und Hochadel ein wiederum verbindendes Element.164 Darüber hinaus lassen sich die programmatischen Aussagen königlicherseits kaum auf eine religiöse Stoßrichtung reduzieren. Letztere verschränkt sich vielmehr mit Versatzstücken einer neostoischen Politiktheorie, der kaum ein exklusiv religiöser und schon gar kein konfessionell eindeutiger Denkrahmen unterstellt werden kann.165 „Regimen“, „fortitudo“ und „prudentia“ waren gängige Schlüsselbegriffe der politischen Theorie und Teil des klassischen Tugendkanons. Es zeigte sich zwar eine programmatische Schwerpunktsetzung in dem Umstand, dass sie etwa während der Hochzeitsfeierlichkeiten von 1605 herausgegriffen wurden. Andererseits konnten sie sich jedoch angesichts der breiten und allgemeinen Verwendung einer gewissen Polysemie nicht entziehen. Ein geschlossenes System monarchischer Herrschaftsdefinition und -repräsentation sollte man zumindest für die ersten zwei Jahrzehnte von Sigismunds polnisch-litauischer Regierung in diesem Sinne nicht konstruieren. Gleichzeitig etablierten etwa die relative Unerreichbarkeit des Königs innerhalb des Hofes und seine Neigung, sich unter Umgehung der üblichen Würdendistribution mit engen Beratern wie Andrzej Bobola zu umgeben, einen weiteren Baustein des Herrscherbildes. Inwieweit sich Sigismund in diesem Punkt von seinen Vorgängern unterschied, ist angesichts der derzeitigen Forschungslage schwer zu beurteilen.166 Dabei war solch ein Verhalten nicht nur für die konkrete Umsetzung monarchischer wie adliger Interessen von entscheidender Bedeutung. Es signalisierte gleichermaßen einen ausgeprägten Willen zur Affirmation monarchischer Autorität und eine damit einhergehende Tendenz zur Eigenherrschaft. War letzteres zunächst für die höfischen und hoch-
164 An dieser Stelle sei nur exemplarisch auf die testamentarischen Anweisungen Sigismunds verwiesen, die auch Summen etwa für die Krakauer „Bruderschaft der Barmherzigkeit (Bractwo Miłosierdzia)“ vorsah, zu deren Wohltätern auch etliche Adlige gehörten, darunter Mikołaj Zebrzydowski: Testament Zygmunta III Wazy z 1623 roku, in: Testamenty Zygmunta III Wazy, ed. v. Włodzimierz Kaczorowski, Bogna Kaczorowska u. Maria Kaczorowska, Opole 2013, 115–128, 121. Zur Bruderschaft: R, W, Piotr Skarga. Philanthropist of the Counter-Reformation, in: The Polish Review 52.1 (2007), 37–100, 75–96. 165 P, J, Introduction, in: Justus Lipsius, Six Books of Politics or Political Instruction, ed. v. dems., Assen 2004, 1–203, 30; vgl. auch Andreas Holzems Diskussion der Forschungsposition Gerhard Oestreichs: H, A, Religion und Lebensformen. Katholische Konfessionalisierung im Sendgericht des Fürstbistums Münster 1570–1800, Paderborn 2000, 286. 166 Auch die jüngste Arbeit zum polnischen Hof als System lässt darüber keine Rückschlüsse zu: K, J, Der polnische Hof im Blick der Zeremonialwissenschaft. Eine systemtheoretische Studie, Hannover 2014.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
adligen Eliten von unmittelbarem Interesse, musste etwa die dynastische Schwerpunktsetzung Sigismund Wasas unmittelbar breitere Öffentlichkeiten direkt betreffen: hierzu zählte nicht nur der vorgebliche oder vermutliche Versuch, seinen Sohn Władysław vivente rege zum Thronfolger erklären zu lassen, sondern auch die mit der dynastischen Politik einhergehenden internationalen Faktoren wie die Bindung an die Habsburger, das Ringen um die schwedische Erbkrone und schließlich das Engagement in Moskau ab dem ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts. Alle diese Punkte sorgten potentiell für Misstrauen gegenüber dem Monarchen. Dabei berührten sie zugleich konkret die Kompetenzen der Ständeversammlung und erwiesen sich somit auch im Vorfeld des Rokosz als Streitgeneratoren.
3.2 Familien und Faktionen: Loyalitätskrisen und Elitenwechsel Beide Eheschließungen Sigismunds III. Wasa waren umstritten. Die Kritik an der Hochzeit mit Anna von Habsburg, einer Großnichte Kaiser Rudolfs II., im Jahr 1592 bezog sich vor allem noch auf den Umstand selbst, dass die Braut dem Haus Habsburg entstammte. Eine wesentlich heftigere Auseinandersetzung dagegen entflammte darum, dass Sigismund nach dem frühen Tod Annas deren Schwester Konstanze ehelichte.167 Zumindest den Festlichkeiten seiner beiden Hochzeiten nach zu urteilen, konnte Sigismund III. Wasa dennoch wenigstens einen Teilerfolg seiner Politik verbuchen. Fester Bestandteil der Feierlichkeiten war am Tag nach der eigentlichen Eheschließung das Zeremoniell, in dessen Rahmen der Braut Geschenke überbracht wurden. Linda Levy Peck hat im Anschluss an Marcel Mauss unterstrichen, dass dem Geschenk als Teil frühneuzeitlicher Patronagebeziehungen die Motivation inhärent war, „to establish conditions of trust, solidarity, and the obligation to uphold one’s commitments; indeed, to establish and defend one’s honor. [...] it was to appear to be generous and disinterested but was, in fact, performed with formal pretense and social deception.“168
Fasst man den polnisch-litauischen Monarchen als gewichtigen Spieler in zeitgenössischen Patronagenetzwerken auf, so scheint das De´file´ adliger Geschenkgeber in mehrerlei Hinsicht von Interesse. Zunächst lässt sich konstatieren, dass sich zwischen der Hochzeit mit Anna 1592 und der Hochzeit mit ihrer Schwester Konstanze die Zahl der polnischen und litauischen Gratulanten von dreizehn auf vierundzwanzig nahezu verdoppelte169 – und dies 167
L, Das Leben am Hof Sigismunds III. Bd. 3, 1360–1419. L P, Court Patronage and Corruption, 18. 169 Wiazd kro´lowey polskiey z˙ony i-szej Zygmunta III do Krakowa porza˛dnie spisany z
168
3.2 Familien und Faktionen: Loyalitätskrisen und Elitenwechsel
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trotz aller heftigen Kritik an der vermeintlich unmoralischen Eheschließung von 1605 seitens des Adels wie des Klerus. Nimmt man dabei an, dem Geschenk sei eine entscheidende Rolle als Ausdruck oder Konstituierung sozialer Obligationen zugekommen, ist es bemerkenswert, dass es sich bei einem nicht geringen Teil der Gratulanten 1592 wie 1605 um relativ frisch ernannte Würdenträger handelte.170 Implizierte dies eine symbolische Dankesgabe für erwiesene Gnaden, finden sich speziell 1592 mehrere Protagonisten, die zu offenen Verfechtern einer Habsburgerkandidatur für den polnischen Thron gezählt hatten beziehungsweise denen auch zu Beginn der 1590er Jahre noch podarunki, kto´re dawano na weselu Kro´la Jmci 1595 roku [Anno 1592], BK rkps 309, 4r.–6v.; Spis podarko´w kro´lowej Jej Mci. Grudzien´ 1605, BCz rkps 100 (Teka Naruszewicza T. 100 (1605)), 404r.–404v. Im nachfolgenden werden allein die polnischen und litauischen Schenker berücksichtigt, während die ausländischen Gratulanten außen vor gelassen werden: 1592 gehörten hierzu Stanisław Karnkowski (Erzbischof von Gnesen), Hieronim Rozdraz˙ewski (Bischof von Kujawien), Bernard Maciejowski (Bischof von Łuck), Stanisław Gomolin´ski (Bischof von Chełm), Stanisław Min´ski (Wojewode von Łe˛czyca), Jan Kiszka (Wojewode von Brest), Konstanty Wasyl Ostrogski (Wojewode von Kiew), Mikołaj Dorohostajski (Wojewode von Połock), Teodor Skumin Tyszkiewicz (Wojewode von Nowogro´dek), Jan Te˛czyn´ski (Kastellan von Wojnicz), Jan Tarnowski (Kronunterkanzler), Gabriel Woyna (Litauischer Unterkanzler), Dymitr Jo´zefowicz Chalecki (Litauischer Großschatzmeister). 1605: Jan Zamoyski (Erzbischof von Lemberg), Piotr Tylicki (Bischof von Kujawien), Wojciech Baranowski (Bischof von Płock), Szymon Rudnicki (Bischof von Ermland), Maciej Pstrokon´ski (Bischof von Przemys´l), Wawrzyniec Gembicki (Bischof von Kulm), Marcin Szyszkowski (Bischof von Łuck), Jerzy Zamoyski (Bischof von Chełm), Paweł Wołi (Bischof von Kamieniec), Janusz Ostrogski (Kastellan von Krakau), Hieronim Gostomski (Wojewode von Posen), Lew Sapieha (als Wojewode von Wilna und getrennt davon auch als Litauischer Großkanzler), Jan Zbigniew Ossolin´ski (Wojewode von Sandomierz), Aleksander Chodkiewicz (Wojewode von Traken), Adam Se˛dziwo´j Czarnkowski (Wojewode von Łe˛czyca), Jan Ostroro´g (Kastellan von Posen), Hieronim Chodkiewicz (Kastellan von Wilna), Jerzy Kostka (Kastellan von Kulm), Mikołaj Oles´nicki (Kastellan von Małogoszcz), Adam Stadnicki (Kastellan von Przemys´l), Mikołaj Spytek Lige˛za (Kastellan von Czecho´w), Jan Firlej (Krongroßschatzmeister), Hieronim Wołłowicz (Litauischer Großschatzmeister). Bei dem in letzter Position genannten Gratulanten ist eine eindeutige Identifizierung nicht möglich, ist hier doch lediglich „koniuszy (Pferdemeister)“ angegeben, ohne Spezifizierung, ob es sich hierbei um den polnischen (Kasper Maciejowski) oder den litauischen (Paweł Sapieha) Hofpferdemeister handelt. 170 1592 betraf dies mindestens: Stanisław Gomolin´ski (Bischof von Chelm seit 1591), Stanisław Min´ski (Wojewode von Łe˛czyca seit 1590), Teodor Skumin Tyszkiewicz (Wojewode von Nowogro´dek seit 1590), Jan Tarnowski (Kronunterkanzler seit 1590); 1605: Jan Zamoyski (Erzbischof von Lemberg seit 1604), Piotr Tylicki (Bischof von Kujawien seit 1604), Marcin Szyzskowski (Bischof von Łuck seit 1604), Jan Zbigniew Ossolin´ski (Wojewode von Sandomierz seit 1605), Aleksander Chodkiewicz (Wojewode von Trakien seit 1605), Adam Se˛dziwo´j Czarnkowski (Wojewode von Łe˛czyca seit 1605), Mikołaj Oles´nicki (Kastellan von Małogoszcz seit 1603), Hieronim Wołłowicz (Litauischer Großschatzmeister seit 1605).
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
prohabsburgische Sympathien nachgesagt wurden.171 Andere waren aktiv in die zeitgleich laufenden Diskussionen um katholisch-orthodoxe Unionsverhandlungen involviert.172 Die Anwesenheit des Kastellans von Wojnicz kann ebenfalls kaum erstaunen. Es handelte es sich um eben jenen Jan Te˛czyn´ski, der nur kurze Zeit später auf dem Sterbebett seine Bemühungen um die Versorgung seiner Neffen an den Pilzesammler Zbigniew Ossolin´ski delegieren sollte173 – womit davon ausgegangen werden darf, dass seine Hochzeitsgabe vom Dezember 1592 im selben Kontext zu lesen ist. Für die Hochzeit von 1605 hingegen erscheint besonders die Anwesenheit von Adam Stadnicki und Mikołaj Spytek Lige˛za unter den Schenkenden auffällig. Mühte sich Stadnicki aktuell in scharfer Konkurrenz mit Jan Szcze˛sny Herburt um die erst kürzlich verwaiste Starostei von Przemys´l verwickelt,174 hatte Sigismund III. erst 1603 zugunsten Lige˛zas in einer innerfamiliären Fehde interveniert.175 Schutz und Unterstützung des Monarchen zu suchen oder Loyalität zu bekunden, schienen mithin neben dem Dank für eine erfolgte Würdenverleihung Motive einer Gabe. Allerdings entsprach die personelle Konstellation der Schenkenden keiner einheitlichen politischen oder konfessionellen Lagerbildung. Eine „Faktion“ oder „Partheyung“, so hat es Ivo Cerman zumindest am Beispiel des Kaiserhofes herausgearbeitet, waren in erster Linie immer die anderen.176 In dieser Hinsicht lassen sich grundlegende Parallelen dieser zeitgenössischen Begriffsverwendung zum Vorwurf der Korruption erkennen. Bezeichnete man ein personelles Netzwerk als „Faktion“, unterstellte dies nicht nur die Zerstörung einer ideal gedachten Einheit. Vielmehr war dem 171
Stanisław Karnkowski, Jan Kiszka, Stanisław Min´ski, Konstanty Wasyl Ostrogski: B-M, Od wrogos´ci do przyjaz´ni, 322. 172 Dies betraf insbesondere Konstanty Wasyl Ostrogski: K, Konstanty Wasyl Ostrogski wobec katolicyzmu, 17–36, 28–30, ., Wobec kontrreformacji, 66–68. 173 Vgl. Kap. 2.2.2, S. 240 f. 174 Ł, Prawem i Lewem, 174; P, K (Hg.), Urze˛dnicy wojewo´dztwa ruskiego XIV–XVIII wieku (ziemie halicka, lwowska, przemyska, sanocka). Spisy (Urze˛dnicy Dawnej Rzeczypospolitej XII–XVIII wieku; 3.1), Wrocław u.a. 1987, 238; C, K, Art. Adam Stadnicki, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 41, Warszawa / Krako´w 2002, 360–363, 361. 175 Ł, Prawem i Lewem, bes. 207 f.; zur Person Lige˛zas: P, A, Art. Mikołaj Spytek Lige˛za, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 17, Wrocław u.a. 1972, 319–321. 176 Dies schloss nicht aus, dass in Cermans Untersuchungszeitraum in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die „Faktion“ als grundlegende Beschreibung der Verhältnisse am Hof Leopolds I. verwendet wurde und auch die Akteure selbst sich „Faktionen“ zuordneten. Nichtsdestoweniger verlor auch dann die untersuchten Begriffe ihre moralisch negative Konnotation, vgl. C, I, Pojmy ,frakce‘, ,strana‘ a ,kabala‘ v koumikaˇ esky´ cˇasopis historicky´ 100.1 (2002), 33–54, bes. 48 f., tivnı´ praxi dvorˇanu˚ Leopolda I., in: C 52.
3.2 Familien und Faktionen: Loyalitätskrisen und Elitenwechsel
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mithin stets auch der Verdacht inhärent, es handele sich um eine Abspaltung, die zum eigenen Vorteil und folglich zum Verderben des Ganzen arbeite. Wenigstens in den hier analysierten Hofkorrespondenzen lässt sich dagegen eine Verwendung von „Faktion“ oder „Partei“ für den zeitgenössischen polnisch-litauischen Kontext nicht nachweisen. Das Wort „fakcyja“ an sich existierte jedoch sehr wohl. In seiner Verwendung wurde es allerdings hauptsächlich auf das Engste mit den Begriffen „seditio“ oder „bunt (Aufstand/Rebellion)“ verbunden oder als konfessioneller Kampfbegriff gegen die Evangelischen eingesetzt.177 Die von Cerman herausgearbeiteten Konnotationen lassen sich hingegen auch in Bezug auf den Vorwurf höfischer Gruppenbildung in Polen-Litauen finden. So wurden die Machinationen in den „Exorbitantien“ gegen den Kronkanzler Zamoyski mit eben solchen Vorwürfen belegt. Zamoyskis Monopolstellung am Hof Stephan Ba´thorys hätte demnach dazu geführt, dass er und seine „coniurati“ sämtliche Ämter und Würden unter sich aufgeteilt hätten178 und letztlich eine Spaltung des Adels herbeigeführt, indem er „die einen alumnos, die anderen male contentos nannte.“179 Die Gruppe, die sich um Zamoyski geschart hatte, charakterisierte dagegen Lew Sapieha, der dem Kronkanzler nicht besonders gewogen war, in einer Einschätzung der aktuellen Situation am Hof als Kreis von dessen „Freunden“.180 Insbesondere die Arbeiten zum Netzwerk Zamoyskis haben dabei gezeigt, dass solche „Freundschaften“ tatsächlich keine unbedingt langfristig stabilen Parteibildungen darstellten.181 Waren die Akteure am Hof beständig darauf bedacht und angewiesen, diejenigen Personen zu identifizieren, die aktuell in Gnade beim Monarchen standen beziehungsweise Einfluss auf Ämterund Gütervergaben nehmen konnten, so schien es in diesem Zusammenhang genauso wichtig, deren Allianzen zu kennen. Die Existenz solcher auf „Freundschaften“ basierenden Einflussgruppen wurde dabei entsprechend vorausgesetzt und deren Funktionieren als Stabilitätskriterium bewertet. So ˙ eron´ski mit merklicher Irritation schnell verzeichnete der Hofagent Piotr Z wechselnde Konstellationen als Krisenzeichen. An seinen Auftraggeber Rudnicki berichtete er im Januar 1606, alle seien sich einig „dass sich solche Aktionen, wie es sie bei Hofe zuhauf gibt, bei Lebzeiten nicht dermaßen verdichtet haben. […] Diejenigen, die die capita des Hofes sind, mutantur in horas, der Marschallstab [Krongroßmarschall Zygmunt Myszkowski, K.L.] und das Siegel [Kronun-
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Fakcyja, in: Słownik polszczyzny XVI wieku, Tom 7, Wrocław u.a. 1973, 4. S, Egzorbitancje, 152, 155, 165. 179 Ebenda, 164. 180 Lew Sapieha do ks. Krzysztofa Radziwiłła młodszego, z Krakowa 22 stycznia 1606, in: Archiwum domu Radziwiłło´w (listy ks. M. K. Radziwiłła Sierotki, Jana Zamoyskiego, Lwa Sapiehy), ed. v. August Sokołowski, Krako´w 1885 (Scriptores rerum polonicarum 8), 235–236, 235. 181 U, Zamoyszczycy; T, Patronage, 117. 178
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terkanzler Maciej Pstrokon´ski, K.L.] sind manchmal wie zwei Brüder, manchmal wie zwei Schusterahlen in einem Sack, manchmal bleibt dieser ihr geschlossener Vertrag in Erinnerung, manchmal denken sie trotzdem etwas anderes.“182
Jenseits der begrifflichen Diskussion um Parteiung oder Fraktion, stellte die Bildung von – durchaus temporären – Allianzen und Gruppenbildungen innerhalb des Adels „entlang familiärer, ideologischer oder opportunistischer Kriterien“ ein strukturelles Faktum dar.183 In der polnischen Forschungsdiskussion um den Einfluss Jan Zamoyskis und seines Patronagenetzwerkes hat Violetta Urbaniak gegenüber Wojciech Tygielski betont, dass allen Personen, die Zamoyskis Netzwerk umfasste, nur schwerlich gemeinsame inhaltliche Interessen unterstellt werden konnten.184 Dem stellt Urbaniak eine engere Konzeption der „Interessengruppe“ entgegen. Diese zahlenmäßig sehr beschränkte Anzahl von Personen habe die politischen Zielsetzungen des Kronkanzlers weitgehend geteilt und ihm durch freundschaftliche wie verwandtschaftliche Bande nahe gestanden.185 Umfasst Tygielskis weite Konzeption, die sich vor allem auf das ausgedehnte Korrespondentennetz des Kanzlers beruft, auch die regionale und lokale Ebene, sieht Urbaniak die „Zamoyskianer“ in erster Linie als Verbündete, die sich aus den adligen und episkopalen Eliten auf Reichsebene zusammensetzten.186 In dieser Hinsicht erweist sich ihre Interessengruppe um Zamoyski herum zu weiten Teilen deckungsgleich mit den Konstellationen, die hier als höfische Einflussgruppen beschrieben worden sind. Allerdings erweitert die Sichtweise Urbaniaks – wie bis zu einem gewissen Grad auch Tygielskis – die Perspektive auf die außerhöfischen Sphären. Konkret bezogen sich die Aktivitäten solch einer Interessengruppe nämlich nicht allein auf den Erwerb von Würden und Gütern, sondern etwa auch auf die Beeinflussung der Tribunale, des Sejms oder der Sejmiki im Sinne weitergehender politischer Interessen der Beteiligten. Tatsächlich waren beide Ebenen schwerlich voneinander zu trennen. Entsprechend betätigten sich mit Mikołaj Zebrzydowski, Marek Sobieski, Mikołaj und Piotr Firlej, Stanisław Z˙o´łkiewski oder Aleksander Koniecpolski Senatoren und höfische Würdenträger zugleich als Sachwalter ZamoyskiÆscher Interessen in Kleinpolen und Ruthenien, während Unterkanzler Piotr Tylicki
Piotr Z˙eron´ski do X. Szymona Rudnickiego Biskupa Warmin´skiego, Warszawa 1 Januarii 1606, Biblioteka. Czartoryskich 101 (Teka Naruszewicza T. 101 (1606)), 1r.–2v., hier 2r. 183 H, Die Belagerung des Thrones, 260. 184 T, Patronage, 116 f. 185 U, Zamoyszczycy, 3–8. Allgemein kritisch mit Forderungen nach Differenzierungen und vorsichtigem Umgang etwa mit dem Begriff „stronnictwo (Parteiung)“: D-U, Me˛z˙owie stanu, 547 f. Sie knüpft hierbei u.a. auch an Urbaniaks Überlegungen an. 186 Ebenda, 6 f. 182
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Informationen aus allen Reichsteilen zusammenführte.187 Dass auch in diesem Sinne der Wettkampf um Chargen und Einfluss keineswegs als selbstgenügsames Spiel eines monadischen Hofkosmos betrieben wurde, darauf verweist ebenso die aktive Ernennungspolitik König Sigismunds. In den 1590er Jahren scheiterten die Bemühungen Krzysztof Radziwiłłs reihenweise, seinem Sohn Janusz ein der Würde der Familie angemessenes Amt zu verschaffen. Der litauische Großhetman und Wojewode von Wilna, Oberhaupt der reformierten Birsen-Linie der Radziwiłłs, stand bereits seit dem Herrschaftsantritt Sigismunds III. in einem gespannten Verhältnis zum neuen Monarchen.188 Anders konnten sich die Vertreter der katholischen Nies´wiez˙-Linie positionieren, mit den Brüdern Albrycht und Kardinal Jerzy Radziwiłł sowie Mikołaj Krzysztof Radziwiłł an der Spitze, die sehr bald zu einem engen Verhältnis mit dem Wasakönig fanden.189 Demgegenüber sollte sich das Schicksal von Krzysztof Radziwiłłs beiden Söhnen als verhältnismäßig problematisch erweisen.190 Exemplarisch für die Schwierigkeiten der reformierten Linie der Familie Radziwiłł, ihre Stellung unter Sigismund zu verteidigen, kann sicherlich das lange Mühen Krzysztofs um eine Amtswürde oder zumindest eine Hofcharge für seinen älteren Sohn Janusz stehen.191 Nach seiner Grand Tour durch Europa kehrte letzterer, ganz dem Muster hochadliger Erziehungsvorstellungen entsprechend, 1599 im Alter von zwanzig Jahren nach Polen-Litauen zurück.192 Bereits seit 1598 hatte sein Vater Krzysztof sich erfolglos darum bemüht, ihm die Kastellanei von Traken oder das litauische Hofmarschallsamt zu sichern.193 Wie der intensive Briefwechsel mit dem litauischen Großkanzler Lew Sapieha bezeugte, blieb der Wilnaer Wojewode dabei weitgehend auf dessen Vermittlung bei Hofe angewiesen, obwohl er im Frühjahr 1599 mit einem Besuch am Hof auch selbst den persönlichen Kontakt zum Monarchen suchte.194 Tatsächlich bekam Janusz Radziwiłł noch im Laufe desselben Jahres wenigstens die Würde des Litauischen Mundschenks verliehen.195 Weitergehende Bemühungen, die Stellung 187
T, Patronage, 56 f. Ł, P, Konflikt Krzysztofa Radziwiłła ‘Pioruna’ z Zygmuntem III Waza˛ a działania wojenne w Inflantach a latach 1600–1602, in: Klio 20.1 (2012), 111–140, 113–116. 189 K, T, Mikołaj Krzysztof Radziwiłł Sierotka (1549–1616). Wojewoda wilen´ski, Warszawa 2000, 261–297. 190 A, Dwo´r i klientela, 16–26. 191 S, W, Radziwiłłowie wobec rokoszu sandomierskiego (1606–1608), in: Miscellanea historica-archivistica 3 (1989), 67–83, 69 f. 192 D., Studia i peregrynacje, 18. 193 D., Radziwiłłowie wobec rokoszu, 70. 194 Lew Sapieha an Krzysztof Radziwiłł, Kies´ 14. Mai 1599, in: Archiwum Domu Sapieho´w. Tom 1: Listy z lat 1575–1606, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1892, Nr. 258 215–217, 216. 195 S, Radziwiłłowie wobec rokoszu, 70. 188
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seins Sohnes aufzuwerten, waren hingegen erfolglos. Der König und Großfürst lehnte die Bitten Krzysztofs um das Amt des litauischen Feldhetmans für Janusz offiziell wegen dessen Jugendlichkeit ab.196 Die Gründe, weshalb die monarchische Gnade sich nicht auf den Spross der Birsen-Linie ergoss, waren allerdings wohl komplexerer Natur. Parallel zu den Anstrengungen des Würdenerwerbs waren Krzysztof Radziwiłł und sein älterer Sohn in eine Auseinandersetzung mit der konkurrierenden Familie Chodkiewicz verwickelt, die nach der Meinung von Zeitgenossen das Großfürstentum an den Rand eines bellum civile brachte und auch auf Kronpolen auszugreifen drohte.197 Der Konflikt zwischen den beiden führenden Adelshäusern des Großfürstentums hatte sich an der Frage der Verheiratung Janusz Radziwiłłs mit der jungen Erbin der umfangreichen Territorien des Fürstentums Słuck entzündet, deren Vormünder zunächst ihr Schwager Jerzy Chodkiewicz und nach dessen Tod sein Bruder Hieronim waren.198 Nach einem bereits 1594 geschlossenen Vertrag zwischen Krzysztof Radziwiłł und Jerzy Chodkiewicz sollte die Ehe zwischen der Erbfürstin von Słuck und Janusz Radziwiłł in dem Moment geschlossen werden, in dem beide das heiratsfähige Alter beziehungsweise die Volljährigkeit erreicht hatten.199 Diese Eheschließung schien einen doppelten Vorteil zu erbringen: Zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Allianz zwischen Orthodoxen und Evangelischen zu verdichten begann, mochte die Heirat des Reformierten Radziwiłł mit der orthodoxen Fürstin Zofia solch ein Bündnis zusätzlich zu fes196 Lew Sapieha an Krzysztof Radziwiłł, Warschau 19. April 1600, in: Archiwum domu Radziwiłło´w (listy ks. M. K. Radziwiłła Sierotki, Jana Zamoyskiego, Lwa Sapiehy), ed. v. August Sokołowski, Krako´w 1885 (Scriptores rerum polonicarum 8), Nr. 37 225–226, 226. 197 Unzweifelhaft nahm der Konflikt in seiner bewaffneten Dimension recht bedrohliche Ausmaße an, jedoch sollte berücksichtigt werden, dass etwa dessen Wertung als „Untergang des Großfürstentums“ durch Jerzy Zenowicz von einem engen Verbündeten des Hauses Radziwiłł stammte (K, J I, Tragedia albo pocza˛tek upadku znacznego w X. Lithewskim z re˛kopisu Krzysztofa Zenowicza, wojewody brzeskiego, in: Atheneum wilen´skie 3 (1845), 5–22.) bzw. dass die Dramatik in der vermittelnden Stellungnahme des reformierten Geistlichen Andreas Volanus mit einem nachdrücklichen Aufruf zur Einheit womöglich auch vor dem Hintergrund einer potentiellen Desavouierung der Radziwiłł-Birsen als maßgeblichen Schutzpatrone der Reformierten in Litauen zu lesen ist: V, A, Oratio ad Illustres Radivillos et Chotkiewicios, Vilnae 1600 (Der Verfasser ist Ke˛stutis Daugirdas zu herzlichem Dank verpflichtet, der ihm die Schrift zur Verfügung gestellt hat.). 198 L, H, Walka Radziwiłło´w z Chodkiewiczami o dziedzictwo słuckie, in: Miscellanea historica-archivistica 3 (1989), 201–216. 199 Die Handschrift dieses ersten Ehevertrages von 1594 ist gegenwärtig nicht mehr überliefert (Vgl. L, Walka Radziwiłło´w z Chodkiewiczami, 204), Auszüge mit dem entsprechenden Wortlaut des Vertrages finden sich hingegen noch zitiert bei N, A, Historya Jana Karola Chodkiewicza woiewody wilen´skiego hetmana wielkiego, W.X.L. Tom 1, Warszawa 1781, 24 f.
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tigen. Zum anderen fiel die riesige Vermögensmasse des Fürstentums Słuck nach dem Heiratsvertrag in ihrer Integralität an das frisch vermählte Paar und somit an das Haus Radziwiłł-Birsen. Diese Regelung wurde dabei unter Androhung einer ruinösen Vertragsstrafe für die Familie Chodkiewicz festgelegt, sollte letztere die Abmachung nicht einhalten.200 Als Hieronim Chodkiewicz die Vormundschaft über Zofia von Słuck übernahm, versuchte er, sich im Verein mit seinen Neffen Jan Karol und Aleksander dieses Knebelvertrages zu entledigen.201 Denn die Übergabe von Zofias Gütern, auf die die Chodkiewicz nun teilweise selbst rechtlichen Anspruch erhoben, musste einen enormen wirtschaftlichen Verlust für sein eigenes Haus bedeuten. Ein Prozess vor dem Litauischen Tribunal, das sich ganz unter dem Einfluss Krzysztof Radziwiłłs befand, bestätigte grundsätzlich die Vertragsverpflichtungen und drohte Hieronim Chodkiewicz mit dem Bann, sollte er sich weigern, die Strafzahlungen bei deren Nichteinhaltung zu entrichten. Schlussendlich intervenierten beide Konfliktparteien beim Monarchen. Angesichts des rechtskräftigen Urteils durch das Tribunal bestätigte Sigismund letztlich nach längerer Verzögerung die Androhung des Bannspruches.202 Da jedoch sowohl die Radziwiłł als auch die Chodkiewicz auf ihren Positionen beharrten, standen sie sich am geplanten Hochzeitstermin am Jahresanfang 1600 mit bewaffneten Truppenaufgeboten gegenüber. Während Hieronim Chodkiewicz dabei weitestgehend auf die militärischen Reserven der Familie angewiesen war, brachte Krzysztof Radziwiłł eine vielsagende Koalition aus Verwandten und Freunden zusammen. So fanden sich nicht nur sein Schwiegersohn und verdienter Broker am Königshof, Lew Sapieha, und der Großvater von Janusz, Konstanty Wasyl Ostrogski, samt seiner Söhne, ein.203 Der einstige Schwiegersohn und gelegentliche Allianzpartner, Jan Zamoyski, schickte ein De´tachement ebenso wie die Herzöge Kettler von Kurland oder der den Radziwiłł-Birsen seit langem verbundene Jan Abramowicz. Letzterer war ein intensiver Unterstützer des reformierten Bekenntnisses in Litauen und Wojewode von Smolen´sk.204 Dieser temporäre Zusammenschluss wurde sogar von Andreas Volanus, dem theologischen Vorkämpfer der Reformier200
L, Walka Radziwiłło´w z Chodkiewiczami, 204 f. Die Beziehungen zwischen beiden Familien hatte sich zusätzlich durch aktuelle Besitzstreitigkeiten beider Familien um die Güter Kopys´ nad Orza˛ verkompliziert: P, L, Jan Karol Chodkiewicz (1560–1621), Warszawa 1982, 47 f. 202 L, Walka Radziwiłło´w z Chodkiewiczami, 206, 214. 203 Janusz Radziwiłł war der Sohn Krzysztofs aus zweiter Ehe mit Katarzyna Ostrogska, Tochter des Fürsten Konstanty Wasyl Ostrogski, des Wojewoden von Kiew: W, Janusz Radziwiłł. 204 L, Walka Radziwiłło´w z Chodkiewiczami, 211. Auch Jan Zamyoski war indes weitläufig mit den Radziwiłł-Birsen verwandt, hatte er doch mit Krystyna Radziwiłło´wna in zweiter Ehe eine Cousine ersten Grades Krzysztof Radziwiłłs aus der Nies´wiez˙-Linie geheiratet. 201
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ten, als „factio“ denunziert.205 Dabei war erst kurz zuvor ein Teil der aktuellen Allianz im Rahmen einer anderen Interessengruppe aufgetreten. Krzysztof Radziwiłł, Jan Abramowicz und Konstanty Ostrogski waren in den Beratungen der Thorner Generalsynode der evangelischen Bekenntnisse involviert gewesen, wo insbesondere Abramowicz und Ostrogski auch eine protestantisch-orthodoxe Kooperation voranzubringen versucht hatten.206 Nachdem der Monarch eine vierköpfige Mediatorenkommission nach Wilna entsandt hatte, um wenigstens einen Waffengang zu vermeiden, gingen die Radziwiłł als Etappensieger aus den Auseinandersetzungen mit dem Haus Chodkiewicz hervor. Die letztlich vollzogene Hochzeit zwischen Zofia und Janusz Radziwiłł garantierte der Familie zwar einen erheblichen Vermögenszuwachs und machte sie zum unbestritten größten Grundbesitzer im Großfürstentum.207 Die Konkurrenz mit den Chodkiewicz entschied dies jedoch noch lange nicht. Es darf wohl davon ausgegangen werden, dass Sigismund III. dabei den aktuellen Konflikt nutzte, um sowohl eine Politik des Gleichgewichts zwischen beiden Adelshäusern zu betreiben, als auch seine konfessionellen Interessen zu bedienen.208 Das schwierige Ringen um eine Würde für Janusz Radziwill verortete sich also in einer komplexen Gemengelage: Offensichtlich suchte der Monarch zu verhindern, dass in einem der Länder seines Reiches eine Adelsfamilie eine erdrückende Monopolstellung erlangte. Zudem handelte es sich um eine Familie, die durch ihre reformierte Konfession den wesentlichen Stützpfeiler der Evangelischen im Großfürstentum darstellte und deren Spitzenvertreter Krzysztof Radziwiłł sich als erster weltlicher Senator Litauens überdies mehrmals dem König offen entgegengestellt hatte. Insbesondere betraf dies die prominente Auseinandersetzung über die Ernennung des Polen Bernard Maciejowski zum Bischof von Wilna trotz dessen fehlenden litauischen Indigenats.209 Folgerichtig verlieh Sigismund Wasa noch Ende 1599 die Gene205
V, Oratio, A3v., A4r. K, Wobec kontrreformacji, bes. 79–81, 89–91.; ., Prawosławni a synod protestancki w Toruniu w 1595 roku. U pocza˛tko´w wspo´łpracy dyzunito´w z dysydentami, in: Zapiski Historyczne 62.1 (1997), 39–52; zur Thorner Generalsynode: S, W, Torun´ski synod generalny 1595 roku. Z dziejo´w polskiego protestantyzmu w drugiej połowie XVI wieku, Warszawa 2002; ., Die Thorner Generalsynode von 1595, in: Archiv für Reformationsgeschichte 96 (2005), 246–271. 207 L, Walka Radziwiłło´w z Chodkiewiczami, 208. 208 Ebenda, 209 f. 209 Diese Missachtung des litauischen Indigenats hatte 1591 zu einer vereinigten Front der litauischen Eliten aller Konfessionen geführt und bildetne wegen der nachfolgend anhaltenden Sedisvakanz auch Ende der 1590er Jahre ein chronisches Konfliktpotential: L, K, Walka o biskupstwo wilen´skie z kon´cem XVI w. Echa separatyzmu litewskiego, in: Prace historyczne w 30-lecie działalnos´ci profesorskiej Stanislawa Zakrzewskiego, Lwo´w 1934, 295–320; Ł, P, Konflikt Krzysztofa Radziwiłła „Pio206
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ralstarostei von Zˇemaiten, einer der hierarchisch hochgestellten litauischen Senatorenwürden, Jan Karol Chodkiewicz – trotz der vereinten Bemühungen der Radziwiłł von Birsen und Nies´wiez˙, das Amt für das Gesamthaus zu erhalten.210 Derselbe Jan Karol Chodkiewicz konnte 1601 dann ebenfalls das Amt des litauischen Feldhetmans erfolgreich für sich beanspruchen,211 eben jene Position, die Krzysztof Radziwiłł auch für seinen Sohn reklamiert hatte. Dass Vertreter der Familien Chodkiewicz und Radziwiłł alternierend auf die wichtigsten litauischen Ämter berufen wurden, war allerdings kein neues Phänomen, sondern lässt sich für das gesamte 16. Jahrhundert verfolgen.212 Der religiöse Gegensatz zwischen den Radziwiłł-Birsen und den Chodkiewicz mag in diesem Zusammenhang die Konkurrenz katalysiert haben. Zum einen betrifft dies die Allianzbildung der Radziwiłł, wobei zu berücksichtigen bleibt, dass etwa die im Konflikt von 1600 involvierten Koalitionspartner weit überwiegend durch enge familiäre Beziehungen verbunden waren, die auch den Konvertiten Zamoyski und die gleichfalls zum Katholizismus konvertierten Sapieha umfassten. Zum anderen waren sich zumindest die nichtkatholischen Akteure einig, dass die konfessionelle Stoßrichtung des Monarchen erhebliche Auswirkungen für die beteiligten Familien zeitigte. Auch der einflussreiche Konstanty Ostrogski etwa hatte sich als wichtigster weltlicher Exponent der Orthodoxie nicht nur offen gegen die vom Monarchen unterstützten Pläne einer orthodox-katholischen Union gestellt, sondern mit seinem Engagement für ein strategisches evangelisch-orthodoxes Bündnis gegen einen zusehends erstarkenden Katholizismus den Unwillen Sigismund Wasas provoziert. Besonders erzürnt zeigte sich der Monarch über die Instruktion Ostrogskis für seinen Gesandten bei der Synode, in der er unter anderem in Bezug auf die Warschauer Konföderation an die Einhaltung seines Krönungseides erinnert wurde.213 So wurde Konstanty Ostrogski auch sehr bald die indignierte Reaktion des Herrschers brieflich zugetragen. Der Kiewer Wojewode habe „immer die große Gnade und Güte Seiner Königlichen Majestät ihm selbst und seiner ganzen Familie gegenüber erfahren.“ Worum auch immer er sich für Verwandte oder Klienten beim Monarchen
runa“ z Zygmuntem III Waza˛ a działania wojenne w Inflantach w latach 1600–1602, in: Klio 20.1 (2012), 111–140, 114 f. 210 S, Radziwiłłowie wobec rokoszu, 70. 211 D-U, E / U, J, Jan Karol Chodkiewicz, Warszawa 1998, 31; zur Diskussion um das Ernennungsdatum von Chodkiewicz: P, L, Jan Karol Chodkiewicz (1560–1621), Warszawa 1982, 53. 212 S, Radziwiłłowie wobec rokoszu, 69. 213 List Konstantego Ostrogskiego do synodu torun´skiego 1595 r., in: Akta synodo´w ro´z˙nowierczych w Polsce. Tom 3: Małopolska 1571–1632, ed. v. Maria Sipayłło, Warszawa 1983, 596–599, 596 f.; ausführlich zu dieser Instruktion im Kontext der weiteren Aktivitäten Ostrogskis auch S, Synod generalny, 207–213.
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bemüht habe, es sei ihm gewährt worden, „was er [Sigismund, K.L.] nun bedauere, da er Eurer Hoheit große Undankbarkeit und Unwillen seiner Person gegenüber zuschreibt.“214 Am Beispiel der Ostrogski wird indessen deutlich, dass die komplexen Konstellationen innerhalb der hochadligen Eliten auch bei einem ernsten Konflikt mit dem König eben nicht unbedingt zu einer Gefährdung der gesamten familiären Position führten. Fürst Janusz Ostrogski, der älteste Sohn Konstantys, blieb die königliche Gunst erhalten. Er übte sich nicht nur als Vermittler zwischen seinem Vater und dem Monarchen, sondern bekam in der unmittelbaren Folgezeit auch etliche Starosteien und mit der Krakauer Kastellanei außerdem das hierarchisch bedeutendste kronpolnische Senatorenamt verliehen215. Dass in diesem Zusammenhang die Konversion von Janusz Ostrogski, dem Sohn des aktiven Patrons der Orthodoxen, zum Katholizismus eine Rolle gespielt haben mochte, darf allerdings angenommen werden. Janusz Ostrogski und sein relativ früh verstorbener Bruder Aleksander waren beide zum Katholizismus konvertiert. Konfessionelle Bruchlinien und Hybriditäten innerhalb von Familienverbänden waren allerdings noch in den 1580er Jahren teilweise für einen Hochadel zu beobachten, dessen Heiratskreise sich auf relativ wenige Häuser beschränkten. Dies galt trotz der schon ab der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zunehmenden Eheschließungen zwischen den hochadligen litauischen und polnischen Eliten.216 Bei zwei Ehepartnern mit unterschiedlichen Konfessionen wurden dabei aus einer sichtbar agnatischen Logik heraus zumeist die Töchter im Bekenntnis der Mutter, die Söhne in dem des Vaters erzogen.217 Allerdings war teils bei Konvertiten deren weiter andauerndes Engagement für ihre Ursprungskonfession zu beobachten gewesen.218 Eine Konversionswelle zum Katholizismus hatte dabei schon unter Sigismunds Vorgänger Stephan Ba´thory eingesetzt.219 Genauso 214 Lew Sapieha do ks. Konstantego Ostrogskiego, w Krakowie 10. Wrzes´nia 1595 r., in: Archiwum Domu Sapieho´w. Tom 1: Listy z lat 1575–1606, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1892, 113– 115, 114. 215 K, T, Dzieje rodu Ostrogskich, Torun´ 2003, 143. 216 B, G, Litwa na przełomie s´redniowiecza i nowoz˙ytnos´ci (1492–1569), Poznan´ 2002, bes. 104 f. 217 D-U, E, Magnackie małz˙en´stwa mieszane w Wielkim Ksie˛stwie Litewskim w XVI–XVII w., in: dies. / Piotr Guzowski / Jerzy Urwanowicz (Hg.), Władza i prestiz˙. Magnateria Rzeczypospolitej w XVI–XVII wieku, Białystok 2003, 561–586; L, M, Wpływ konwersji na przemiany kulturalne i je˛zykowe szlachty ruskiej Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego w II połowie XVI wieku, in: Białoruskie Zeszyty Historyczne 1.3 (1995), 5–11. 218 G, B, Fundacje sakralne Kazimierza Leona Sapiehy. Kontynuacja budowy prestiz˙u Lwa Sapiehy?, in: Karol Łopatecki / Włodzimierz Walczak (Hg.), Nad społeczen´stwem staropolskim. Tom 1: Kultura – instytucje – godpodarka w XVI–XVIII stuleciu, Białystok 2007, 403–414, 404. 219 J, L, Bez uz˙ycia siły. Działalnos´c´ polityczna protestanto´w w Rze-
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wenig, wie sich noch zumindest für die Zeit um 1600 in der Regel völlig eindeutige konfessionelle Grenzlinien zwischen den Familien eines überregional etablierten Hochadels wie primär regional verankerten adligen Eliten ziehen lassen, war die Ernennungs- und Vergabepolitik Sigismunds III. auf eine rein konfessionelle Motivation zu reduzieren. In der neueren Forschung herrscht weitgehend Konsens darüber, dass der König sich in diesem Bereich vor allem an strategischen Prioritäten orientierte. Dies schloss jedoch keineswegs aus, dass der Monarch angesichts der zunehmenden Konversionen zum Katholizismus bei seiner Ämterbesetzungsstrategie das Angenehme mit dem Nützlichen verband.220 Dies galt ebenso für die Landes- und Burgämter wie für die senatorische Ebene.221 Mithin schienen sich hier konfessionelle Präferenzen des Monarchen mit einer Konversionswilligkeit des Adels zu überschneiden. Welche Motivbündel einzelne Adlige zur Konversion brachten, kann hier nicht diskutiert werden. Letztere allein auf Zwang zu reduzieren, wäre vielleicht zu kurz gegriffen.222 Sicherlich war seit der Mitte der 1590er Jahre ein Wandel in der Vergabestrategie des Monarchen zu konstatieren, der den relativ ausgeglichenen Konfessionsschlüssel der ersten Regierungsjahre leicht zugunsten einer stärkeren Bevorzugung katholischer Kandidaten verschob.223 Dies hinderte aber etwa nicht den Karrierebeginn des
czypospolitej u schyłku XVI wieku, Warszawa 1992, 11; B, A K, Konwersje protestanto´w na katolicyzm w Koronie w latach 1560–1600, in: Zeszyty naukowe Uniwersytetu Jagiellon´skiego. Prace Historyczne 77 (1985), 21–36; L, Wpływ konwersji na przemiany kulturalne i je˛zykowe, 20–22. Banach sieht hierbei, einer klasssichen historiographischen Linie folgend, den Rokosz als Einschnitt und Wendepunkt von der „freiwilligen“ Konversion zur erzwungenen (bes. 22). 220 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 40 f. Zbigniew Anusik weist darauf hin, dass die überwiegende Zahl der engeren Parteigänger Sigismunds katholische „Zeloten“ gewesen seien. Dabei konstatiert er einen nennenswerten, aber keinen zahlenmäßig überwiegenden Anteil an Konvertiten: A, Z, Kariery faworyto´w kro´lewskich a kariery opozycjonisto´w w dobie panowania Zygmunta III (1587–1632), in: Przegla˛d Nauk Historycznych 3.2(6) (2004), 5–62, 34 f. 221 Dies hebt insbesondere Edward Opalin´ski anhand prosopographischer Studien zu Großpolen hervor: O, Elita władzy, 64–66. 222 Die komplexen Kategorien von „Authentizität“, „Politk“, „Indifferenz“ oder „Opportunismus“ müssten für Einzelfälle erschöpfend analysiert werden: L-H, U / M, J-F / P, M, Konversion und Konfession in der Frühen Neuzeit. Systematische Fragestellungen, in: dies. (Hg.), Konversion und Konfession in der Frühen Neuzeit, Gütersloh 2007, 11–32. Auf verschiedene Auslöser für Konversionen weist bereits Andrzej Banach hin, allerdings mit einer interpretativen Wendung, die hier mit ihrer Betonung von „Adelsdemokratie“ und dem „Bündnis der katholischen Kirche mit der herrschenden Klassse“ nicht nachvollzogen werden soll: B, Konwersje protestanto´w na katolicyzm, 22. 223 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 41.
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evangelischen Krzysztof Dorohostajski224 oder des späteren Konvertiten Hieronim Gostomski.225 Auch konnten die zunächst evangelischen Brüder Gostomskis, Tomasz und der bereits 1598 verstorbene Stanisław, zu Wojewoden ernannt werden, obgleich letzterer seinem evangelischen Bekenntnis treu blieb.226 Allerdings wurde wohl der weitere Aufstieg Hieronim und Tomasz Gostomskis durchaus durch ihre Konversion gefördert. Wie auch schon im Fall Ostrogski zu beobachten war, erhöhte also die Konversion zum Katholizismus die Chancen, den Rang eines Hauses zu sichern, deutlicher noch, den Aufstieg eines Hauses zu ermöglichen. Auch konfessionelle Hybriditäten traten in diesem Kontext zunehmend in den Hintergrund.227 Anhand der Familie Gostomski lässt sich exemplarisch nachvollziehen, wie sich Strategien zur Erhaltung beziehungsweise Begründung der Würde eines Hauses gestalteten. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts vermochte die Familie Gostomski, die über eine Verankerung im Königlichen Preußen wie in Großpolen verfügte, erst in der zweiten Generation senatorische Qualitäten auf ihrem Dignitätskonto zu verbuchen. Anzelm Gostomski, der es als erster Vertreter seiner Familie bis zum Wojewoden aufgestiegen war, konnte durch seine erste Ehe mit Zofia Tarło´wna eine Heiratsallianz mit einer der prestigeträchtigsten Häuser Großpolens schließen. Aus dieser Verbindung gingen acht Söhne hervor, von denen wiederum nicht weniger als drei, Hieronim, Stanisław und Tomasz, ebenfalls die Wojewodenwürde erreichten und zwei weitere zumindest niedrigere Kastellansämter bekleideten.228 Wenn dies potentiell das Überleben der Familie sicherte, deren Name eben nur in männlicher agnatischer Erbfolge überdauern konnte, war eine solche Anzahl an Söhnen wiederum mit den Gefahren einer Verarmung verbunden.229 Die Be224 L, K, Art. Krzysztof Dorohostajski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 5, Krako´w 1939–1946, 331–333, 332. 225 D., Art. Hieronim Gostomski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 8, Wrocław / Krako´w / Warszawa 1959–1960, 364–366, 364. 226 Zur Ernennung Stanisław Gostomskis zum Wojewoden von Rawa: Ksie˛ga wpiso´w podkanclerzego Wojciecha Baranowskiego z okresu marzec 1588-grudzien´ 1590 MK 135 z Archiwum Gło´wnego Akt Dawnych w Warszawie, ed. v. Wojciech Krawczuk u. Michał Kulecki, Warszawa 2010 (Sumariusz Metryki koronnej. Seria nowa; 4), (Nr. 8) 18; allgemein zu seiner politischen Biographie: L, K, Art. Stanisław Gostomski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 8, Wrocław u.a. 1959–1960, 367–369; zu Tomasz Gostomski: H, S, Art. Tomasz Gostomski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 8, Wrocław u.a. 1959–1960, 369. 227 D-U, Magnackie małz˙en´stwa mieszane. 228 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 141 f. 229 Nach dem zeitgenössisch geltenden Recht unterlagen alle Immobilien, wozu neben dem Besitz von Land und Siedlungen auch monetäres Kapital gerechnet wurde, der „nichttestamentarischen“ Vererbung nach dem Landrecht und waren dem Prinzip der Erbteilung unterworfen. Die Aufteilung des immobilen Erbes in gleiche Teile konnte durch eine flexiblere Aufteilung in ungleiche Teile verhindert werden. Solch eine Teilung musste aller-
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drohung der Integrität der Familiengüter durch Erbteilung konnte hingegen abgefangen werden, wenn die Söhne es vermochten, ihrerseits beispielsweise jeweils genügende Verleihungen durch den Monarchen zu kumulieren. Während sechs seiner Brüder ohne Nachkommen blieben beziehungsweise lediglich Töchter zeugten, stach Hieronim Gostomski – der zweitälteste Sohn Anzelms – sowohl von der Qualität seiner Heiraten als auch durch die Geburt zweier Söhne aus seiner Generation der männlichen GostomskiNachkommen heraus. Seine erste Ehe mit der aus ruthenischem Adel stammenden Urszula Sieniawska verließ den regionalen großpolnischen Heiratskreis. Überdies stand sie im Zeichen einer Doppelallianz der Gostomski mit der Familie Sieniawski. Letztere waren gerade erst dabei, die hierarchischen Würdenstufen zu erklimmen, da mit Urszulas Bruder Prokop Sieniawski der zweite Vertreter des Hauses zu bedeutenden Ämtern gelangte.230 Noch sein gleichnamiger Vater war als Truchsess von Lemberg zu den lokalen Eliten zu zählen. Sein Sohn dann – zugleich Schwager von Hieronim Gostomski – erreichte das nominell bedeutendste Hofamt des Krongroßmarschalls. Elz˙bieta, die Schwester der Gostomski-Brüder, wurde mit eben jenem Prokop Sieniawski verheiratet, so dass ein starkes Bündnis zwischen beiden Aufsteigerfamilien entstand. Die hierarchische Position der Gostomski schien schließlich in der darauffolgenden Generation deutlich gefestigt. Somit konnte Jan Gostomski, Sohn von Hieronim und Urszula, zunächst Zofia aus dem bedeutenden kleinpolnischen Haus der Te˛czyn´ski und anschließend Zofia Firlejo´wna ehelichen, deren Stammhaus der Firlej den Te˛czyn´ski im Rang keineswegs nachstand. Sein Vater Hieronim suchte in zweiter Ehe die Allianz mit den mächtigen und altehrwürdigen litauischen Sapieha.231 Die Tochter Zofia Gostomska, die aus dieser Verbindung hervorging, wurde mit Adam
dings schon zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen werden, vgl. den knappen Überblick bei P, J, Divisio bonorum. U podstaw maja˛tkowego funkcjonowania rodziny szlacheckiej w XVII wieku, in: Cezary Kuklo (Hg.), Rodzina i gospodarstwo domowe na ziemiach polskich w XV–XX wieku. Struktury demograficzne, społeczne i gospodarcze, Warszawa 2008, 91–106, bes. 95–97. 230 Zuvor hatte bereits sein Onkel Mikołaj Sieniawski es bis zum Krongroßhetman und Wojewoden von Ruthenien gebracht: D, Genealogia. Tablice, 129; P, M, Art. Mikołaj Sieniawski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 37, Warszawa / Krako´w 1996–1997, 127–129; vgl. auch A, Kariery faworyto´w kro´lewskich, 13 f. Wie aussagekräftig es allerdings ist, die Familie für die Mitte des 16. Jahrhunderts mit dem uneingeschränkten Attribut „magnatisch“ zu versehen, mag dahin gestellt bleiben, vgl. etwa so S, Adel und Reformation, 63. 231 Auch wenn es sich mit Andrzej Sapieha, dem Vater von Gostomskis zweiter Frau Aleksandra, eben um jenen bereits erwähnten Vertreter eines im Vergleich zur Familie Lew Sapiehas unbedeutenderen Familienzweig des Hauses Sapieha handelte, vgl. Kap. 2.2.1, S. 239.
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Stadnicki verheiratet. Auch er durfte als Hofwürdenträger und schließlich Wojewode der ersten Generation zu den Aufsteigern zählen.232 Die Heiratsstrategien des Hauses Gostomski und insbesondere des Familienzweiges um Hieronim zeigen dabei zwei dominante Muster. Zunächst ging man möglichst prestigeträchtige aktive Heiratsallianzen ein, wie sich am Beispiel von Hieronims Vater Anzelm sowie an Hieronim selbst und dessen Sohn Jan deutlich abzeichnet. Alle drei Familienvertreter heirateten in Häuser ein, die hierarchisch gesehen überlegen waren – von den Tarło über die Sapieha bis hin zu den Te˛czyn´ski und Firlej. Zum anderen suchte man über die Ausheiratung der Töchter passive Heiratsallianzen mit den Aufsteigerhäusern Sieniawski und Stadnicki. Die Konfessionszugehörigkeit schien dabei wohl durchaus eine Rolle zu spielen, ohne jedoch eine alles entscheidende Dominanz zu erlangen. Zwar waren auch die Sieniawski wie die Gostomski zunächst evangelischen Glaubens, doch waren erstere reformiert und letztere wohl lutherisch. Obgleich es sich dabei also um zwei unterschiedliche Bekenntnisse handelte, durfte man in Polen-Litauen nicht allein von einer grundlegenden Solidarität und Interessenkonvergenz der Evangelischen, sondern lange Zeit in Teilen auch von einer gewissen dogmatischen Unschärfe bei der Konfessionsbildung ausgehen.233 Andererseits bildeten die familiären Allianzen der Gostomski ein Musterbeispiel konfessionell hybriden Heiratsverhaltens bis zum Einsetzen der innerfamiliären Konversionswelle. Schon Hieronims Vater Anzelm Gostomski ging eine zweite Ehe mit der katholischen Zofia Szczawin´ska ein, deren Familie zu den lokalen masowischen beziehungsweise großpolnischen Eliten zählte.234 Entsprechend ließ letztere ihrer Tochter Elz˙bieta eine katholische Erziehung angedeihen, die jedoch keineswegs an der ehelichen Verbindung mit dem Reformierten Prokop Sieniawski hinderte. Aus der Sicht der Jesuiten hingegen konnte diese Ehe als exemplarischer Triumph eines festen und widerstandsfähigen Katholizismus Elz˙bietas ostentativ gefeiert sowie ex post als Konversionslegende des Kronmarschalls Sieniawski ausgebaut werden.235 Hieronim Gos232 Zwar hatten auch sein Vater, sein Onkel und sein Bruder Kastellanswürden inne, Adam Stadnicki war allerdings der erste Vertreter der Familie, der es zu höheren senatorischen Ämtern brachte: C, Adam Stadnicki. 233 Bezeichnenderweise ist etwa beim älteren Bruder Hieronims, Stanisław, noch nicht einmal völlig klar, ob er lutherischen oder reformierten Bekenntnisses war: H, S, Art. Stanisław Gostomski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 8, Wrocław / Krako´w / Warszawa 1959–1960, 367–369, 367. 234 Sczawin´ski (sic!) herbu Prawdzic, in: Kasper Niesiecki, Herbarz, Tom 8, w Lipsku 1841, 305–312, zu Zofia 305. 235 S, W, Z˙ywot Jas´nie Wielmoz˙ney, a wielce poboz˙ney Paniey, Iey Mc´i Paniey Helzbiety z Lez˙enice Sieniawskiey, Marszałkowey koronney, Staros´c´iny Ratyn´skiey, &c., Krako´w 1629. Leszek Jarmin´ski suggeriert dabei, dass die Konversion Sieniawskis 1594 in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Ernennung zum Hofmarschall
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tomski selbst war 1589 unter Anleitung Piotr Skargas zum Katholizismus übergetreten,236 sein Sohn Jan schon zuvor während seiner Schulzeit am Posener Jesuitenkolleg.237 Zumindest nach dem Tod Stanisławs, des einzig bis zuletzt evangelisch gebliebenen ältesten Bruders von Hieronim, geriet der Katholizismus mithin ostentativ zur Familiensache. Hieronim Gostomski wurden prominente theologische Polemiken gewidmet.238 Die frischen Konvertiten, Vater und Sohn Gostomski, finanzierten vor allem gemeinsam die Gründung eines Jesuitenkollegs in Sandomierz,239 im selben Ort stiftete dann Elz˙bieta ein Benediktinerinnenkloster.240 Gemeinsam mit Tomasz Gostomski finanzierten Hieronim und Jan darüber hinaus zu erheblichen Teilen die Warschauer Jesuitenkirche.241 Der Kreis der Warschauer Stifter ging jedoch über gestanden habe (J, Bez uz˙ycia siły, 22), während Irena Kaniewska – darin Susliga folgend – vom entscheidenden Einfluss Elz˙bieta Gostomskas und des Jesuiten Kasper Nahaj auf den Konfessionswechsel Sieniawskis ausgeht. Die Tatsache, dass Sieniawski seine Konversion bis einige Monate vor seinem Tod geheim hielt, spricht in diesem Zusammenhang wohl gegen eine rein karrieretechnische Entscheidung des Hofmarschalls, der – ganz im Gegenteil – weiterhin auch anderen Protestanten gegenüber seinen Katholizismus verbarg: K, I, Prokop Sieniawski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 37, Warszawa / Krako´w 1996–1997, 145–146, 146. 236 W, Dziennik spraw domu zakonnego OO. Jezuito´w, 126. 237 D, W, Jan Gostomski h. Nałe˛cz, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 8, Wrocław u.a. 1959–1960, 366–367. 238 S, P, Zawstydzenie Ariano´w, wzywanie ich do pokuty y wiary Chrzes´c´ian´skiey. Przy nim Kazanie o przenachwalebnieyszey Troycy, Krako´w 1604, Aii r.–Aiv v.; M, M, Elementa Ad S. Confessiones: Non tantum sacerdotibus in foro Pœnitentiæ tyronibus apprime necessaria, verum etiam omnibus pœnitentibus exacte confiteri volentibus summe vtilia : Duodecim partibvs comprehensa, Krako´w 1603, A2 r.–A6 r. Neben Piotr Skarga, dem sicherlich bekanntesten Vertreter des Jesuitenordens, handelte es sich bei Mikołaj z Mos´cisk (Nicolaus Moscicensis) um einen dominikanischen Theologen und Mystiker, der zu einem der prominentesten und populärsten Geistlichen wurde: D, A, Mikołaj z Mos´cisk, in: W drodze 10.11 (1982), 71–81. 239 Z, S, Jezuici w Polsce. Tom 4, Cze˛s´c´ 2: Kolegia i domy załoz˙one w pierwszej dobie rza˛do´w Zygmunta III. 1588–1608, Krako´w 1904, 880–882; B, W, Collegium Gostomianum. Dzieje szkoły jezuickiej w latach 1602–1773. Tom 1, Sandomierz 2002, 15–27. 240 Z, Jezuici w Polsce, 4 / 2, 887. 241 A, J, De rebus Societatis Iesu in regno Poloniae ad Serenissimum Sigismundum Tertium, Poloniae & Sueciae Regem Potentissimum, Magni Ducatus Lituaniae Dudem &c. &c. [...] Editio tertia, aucta recenti eiusdem Societatis ex regno Boemiae, Moraviae, Silesiae, & Ungariae proscriptione, Cracoviae 1620, 392. (Die hier zitierte Ausgabe empfiehlt die Bibliographie Historique de la Compagnie de Je´sus als die vollständigste (C, A (Hg.), Bibliographie Historique de la Compagnie de Je´sus ou Catalogue des ouvrages relatifs a` l’histoire des Je´suites depuis lour origine jusqu’a` nos jours, Paris / London / Leipzig 1864, Nr. 256–258 28.) gegenüber den zuvor unter anderem Titel publizierten Ausgaben von 1613 (Krakau) und 1616 (Ingolstadt): Ad Sigismundum Tertium Poloniae et Sueciae Regem potentissimum, Magnum Lithuaniae Ducem, &c.,
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die Gostomski hinaus und umfasste so exklusive Namen wie den Hofkämmerer und engen Vertrauten Sigismund Wasas, Andrzej Bobola, den Kronkanzler Feliks Kryski oder auch den Kastellan von Warschau Stanisław Warszycki.242 Auch angesichts der erbitterten Konkurrenz um finanzielle und politische Förderung, die Jesuiten und Dominikaner zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Polen-Litauen austrugen, müssen die zeitgenössischen jesuitischen Erfolgsberichte über adlige Wohltäter zwar mit einer ausgesprochen kritischen Distanz zur Kenntnis genommen werden.243 Nichtsdestoweniger ist es bemerkenswert, dass die Menge der adligen Stifter, die etwa in der an Sigismund Wasa gerichteten Schrift des Visitators Joannes Argentus genannt wird, geradezu ein Who is Who der polnischen und litauischen Adelseliten darstellte244 – hier standen Aufsteigerfamilien einträchtig neben alteingesessenem Hochadel.245 Gerade die Gostomski mit Hieronim an der Spitze spielten dabei eine herausgehobene Rolle in der jesuitischen Darstellung besonders erfolgreicher Spendeneinwerbungen.246 So schien fromme Stiftungsaktivität
&c., &c. Ioannis Argenti e Societate Iesu Visitatoris Provinciarum Poloniae et Lithuaniae liber De Statu eiusdem Societatis in iisdem Provinciis); Z, Jezuici w Polsce, 4 / 2, 837 f. (hier mit detaillierten Angaben zur Höhe des finanziellen Engagements der Stifter, jedoch ohne Quellennachweis.). 242 A, De rebus Societatis Iesu, 392. Zu Andrzej Bobola: D, W, Art. Andrzej Bobola, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 2, Krako´w 1936, 153–155; zu Feliks Kryski: M, J, Art. Feliks vel Szcze˛sny Kryski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 15, Wrocław / Warszawa / Krako´w 1970, 482–485; zu Stanisław Warszycki: Warszycki herbu Abdank, in: Kasper Niesiecki, Herbarz polski, Tom 9, w Lipsku 1842, 238–242, 239. 243 S, Friars On the Frontier, bes. 71–73; allgemeiner zum Konflikt zwischen beiden Orden ., Dominican-Jesuit Rivalry and the Politics of Catholic Renewal in Poland 1564–1648, in: Journal of Ecclesiastical History 62.2 (2011), 255–272. 244 So waren neben den Gostomskis in Argentus’ Liste etwa die folgenden Häuser vertreten: Bobola, Chodkiewicz, Czartoryski, Daniłowicz, Firlej, Jazłowiecki, Krasicki, Kryski, Lanckoron´ski, Lubomirski, Mniszek, Opalin´ski, Ostrogski, Ostroro´g, Pac, Płaza, Radziwiłł, Sapieha, Siecin´ski, Stadnicki, Te˛czyn´ski, Tyszkiewicz, Uchan´ski, Wejher, Wis´niowiecki, Wołłowicz, Woyna, Zamoyski, Zbaraski, Zebrzydowski, Z˙o´łkiewski. 245 Es ist darauf hingewiesen worden, dass allgemein in Europa sich besonders Aufsteigerfamilien bei Stiftungen für Jesuiten hervortaten, die mit militärischen Erfolgen oder Ämtererwerb plötzliche bedeutende Vermögenszuwächse zu verzeichnen hatten: H, O, Faith, Hope and Money. The Jesuits and the Genesis of Fundraising for Education, 1550–1650, in: Historical Research 81.214 (2008), 585–609, 595. 246 A, De rebus Societatis Iesu, 93, 100, 109, 390, 392. Zur finanziellen Situation der jesuitischen Institutionen und die Bedeutung von Stiftungen im 16. und 17. Jahrhundert zusammenfassend: MC, T M., The Finances of the English Province of the Society of Jesus in the Seventeenth Century. Introduction, in: Recusant History 18.1 (1986), 14–33, 15–23.
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nicht nur attraktiv für Seelenheil und familiäre Memoria zu sein,247 sondern konzentrierte sich gleichfalls auf einen potentiell offenen, faktisch aber elitären Kreis, dem zuzugehören den hierarchischen Aufstieg einer Familie flankierend anzeigte. Deutlich sichtbar hingegen materialisierte sich der Prestigezugewinn des Hauses Gostomski im Bau einer Kapelle als Grablege in der Kollegiatskirche des großpolnischen S´roda,248 wobei sie mit traditionsreichen Senatoren- und Hoffamilien wie den großpolnischen Opalin´ski in Radlin oder den kleinpolnischen Häusern Myszkowski, Zebrzydowski, Firlej oder auch Lubomirski in Krakau gleichzogen.249 247 Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang ein Brief des prominenten Jesuitenpaters, Bibelübersetzers und Rektors der Wilnaer Universität Jakub Wujek an den Ordensgeneral Acquaviva, in dem er jenen darum bittet, Mikołaj Zebrzydowski in Form eines beurkundeten Anteils am Heilsschatz des Ordens die verlangte spirituell-memoriale Anerkennung für sein finanzielles Engagement zu gewähren: „Postremo petit per me a Rda Pte Vra, ut fiat particeps meritorum Societatis nostrae. Nam, quia Franciscani Observantes literas ei similes nuper obtulerunt, et intellexit a Rda Pte tales aliis dari, vehementer optat, ut id consequatur.“ (Jacobus Wujek Claudio Aquavivae, Praep. Generali S.J., Cracovia 25 Martii 1594, in: S, J, Korespondencja ksie˛dza Jako´ba Wujka z Wa˛growca z lat 1569–1596 (dokon´czenie), in: Roczniki Towarzystwa Przyjacio´ł Nauk Poznan´skiego 46 (1919), 1–110, Nr. 76 88–89, hier 88.). In ähnlichem Geist die Zusagen des Generalvikars des Ordens Je´ronimo Nadal an Piotr Skarga betreffend die Spenderin Zofia Tarnowska, die die Gründung eines Kollegs im ruthenischen Jarosław finanziert hatte: „Alla Signora Sophia offerisco molte messe et orationi accio` che nostro Signore adimpisca li suoi sancti desiderii, oltre a quelle che se li farando sara ricevuta per fondatrice.“ (Hieronymus Natalis, Vicarius Generalis S.J., P. Skarga, Roma 23 Februarii 1572, in: Listy ks. Piotra Skargi T.J. z lat 1566–1610, ed. v. Jan Sygan´ski, Krako´w 1912, Nr. 21 29–30, hier 30.). An beiden Beispielen zeigt sich die auch im späten 16. Jahrhundert im katholischen Rahmen noch unfraglich hergestellte Verbindung zwischen Stiftung, Seelenheil und Memoria, die in der auf das Spätmittelalter konzentrierten deutschen Stiftungsforschung mit einem sehr einseitigen Blick auf die Reformation als Einschnitt in Frage gestellt wird. Vgl. hierzu etwa den Thesen der Borgolte-Schule folgend und diese zusammenfassend: L, R, Stiftung und Seelenheil in den monotheistischen Religionen des mittelalterlichen Europa. Eine komparative Problemskizze, in: Stiftungen in Christentum, Judentum und Islam vor der Moderne. Auf der Suche nach ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden in religiösen Grundlagen, praktischen Zwecken und historischen Transformationen, Berlin 2005, 47–69; für das Spätmittelalter sehr differenziert, aber mit dem gleichen Argumentationsgang für das 16. Jahrhundert: H, B, Religiosität im späten Mittelalter. Spannungspole, Neuaufbrüche, Normierungen, Tübingen 2011, 335–352; zur Bedeutung des Seelenheils für tridentinische katholische Stiftungen dagegen B, K, Armenhäuser. Die Stiftungen des münsterländischen Adels (16.–20. Jahrhundert), Münster 2012, 53–56. 248 K, J, Kolegiata pod wezwaniem Wniebowzie˛cia Najs´wie˛tszej Marii Panny w S´rodzie, S´roda 1930, 2 f. 249 F, A, Kaplica Myszkowskich w Krakowie, in: Rocznik Krakowski 33.3 (1956), 82–112; T, S, Kaplice kos´cioła OO. Dominikano´w, in: Rocznik Krakowski 20 (1926), 77–96. Die Bedeutung der sepulkralen Memorialkultur,
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
Das Familienvermögen wuchs insbesondere mit der prominenten Rolle Hieronim Gostomskis an der Seite des Monarchen erheblich. Hatte schon Anzelm seinen Söhnen ein beachtliches Erbe hinterlassen, konnte allein Hieronim die Verleihung von acht Starosteien auf sich vereinen, von denen er fünf rasch an seinen Sohn Jan abtrat. So wurde letzterer schon mit etwa zwölf Jahren Pächter zweier königlicher Städte250 und im Alter von vierzehn Jahren Inhaber der Starostei Wałcz / Deutsch Krone am nördlichen Rand der großpolnischen Wojewodschaft Posen.251 Da es sich bei Jan Gostomski um den einzigen Sohn des späteren Posener Wojewoden handelte, erwies sich solche frühzeitige Sicherung königlicher Güterverleihungen für die nächste Generation als kluge Strategie, um den Wohlstand der Familie nach Möglichkeit zu festigen. Mit den senatorischen Ämtern, die die männlichen Nachkommen Anzelm Gostomskis für die Familie akkumulieren konnten, ging wohl auch ein gestiegenes hierarchisches Selbstbewusstsein einher. Konsultiert man mit dem Tugendnest und den Polnischen Wappen die beiden heraldischgenealogischen Manuale Bartłomiej Paprockis, bietet sich allerdings ein zwiespältiges Bild. Innerhalb des Wappenverbandes Nałe˛cz, zu dem die Gostomski gehörten, erfuhren sie im Gegensatz etwa zum Haus Ostroro´g in den Wappen der polnischen Ritterschaft gegenüber dem sechs Jahre zuvor veröffentlichten Tugendnest keine ganz eindeutige Aufwertung. In beiden Publikationen nahmen die Gostomski den letzten Platz in der Reihe der hierarchisch hervorgehobenen Häuser des Wappens Nałe˛cz ein, obgleich Paprocki ihnen in seinem zweiten genealogischen Werk eine deutlich erweiterte Darstellung einräumte. Konnte sich der Genealoge noch im Tugendnest von 1578 den Vers nicht verkneifen, dass das Haus Gostomski „doch augenscheinlich breiter als zuvor in dieser Zeit erblüht“,252 betonte er 1584 in erster Linie dessen alte Herkunft.253 Allerdings konnten in Paprockis Systematik auch die
deren höchsten materiellen Kristallisationsgrad die Familienkapellen darstellten, wird bereits aus der zeitgenössischen Sammlung von adligen Grabinschriften deutlich, die Szymon Starowolski in der Mitte des 17. Jahrhunderts im Druck herausgab: S, S, Monumenta Sarmatarum, Viam universae carnis Ingressorum, Cracoviae 1655 (hier aufgenommen etwa auch die Grabinschriften von Hieronim und Jan Gostomski 657 u. 258.). Generell zur Bedeutung der sakralen Sepulkralkultur im frühneuzeitlichen Europa die umfassenden Diskussionen in den beiden Sammelbänden: H, M (Hg.), Macht und Memoria. Begräbniskultur europäischer Oberschichten in der Frühen Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2005 (hier v.a. die Beiträge zum Adel von Asch (253–270) und Bertrand (271–290)) sowie B, C / K, A / Z, P (Hg.), Grab – Kult – Memoria. Studien zur gesellschaftlichen Funktion von Erinnerung, Köln / Weimar / Wien 2007 (hier bes. Reinhardt, 1–5; Rader, 7–21). 250 Vgl. Ksie˛ga wpiso´w podkanclerzego Wojciecha Baranowskiego, (Nr. 40) 30. 251 Ebenda, (Nr. 891) 328. 252 P, Gniazdo cnoty, 25. 253 P, Herby, 154.
3.2 Familien und Faktionen: Loyalitätskrisen und Elitenwechsel
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vielen GostomskiÆschen Senatorenämter nicht die Anciennität selbst von mittlerweile abgestiegenen Familien wie den Szamotulski oder Zba˛ski schlagen. Aktuell verfügten diese zwar über keinerlei senatorische Würdenträger mehr, ihre formelle hierarchische Überlegenheit im genealogischen Entwurf ließ sich jedoch darauf zurückführen, dass sie auf eine Tradition von hohen Würden in der Familie zurückblicken konnten, die mindestens zum Beginn des 15. beziehungsweise des 13. Jahrhunderts zurückreichte.254 Die drei Brüder Hieronim, Stanisław und Tomasz Gostomski zeichneten sich durch Nähe und aktive Unterstützung der monarchischen Politik aus. Dies konnte sich wie etwa nach dem sogenannten Inquisitionssejm, der Sigismund III. nicht nur wegen seiner Heirat mit der Habsburgerin Anna, sondern auch wegen seiner geheimen diplomatischen Kontakte mit den Habsburgern in Bedrängnis gebracht hatte, recht unmittelbar auszahlen. Die Unterstützung des Königs durch Hieronim brachte letzterem nicht nur Ende 1592 das Amt des Posener Wojewoden ein.255 Am selben Tag, an dem Sigismund Wasa dessen Ernennung unterzeichnete, verlieh er zugleich dem Ehepaar Prokop Sieniawski und Elz˙bieta Sieniawska aus dem Hause Gostomski gemeinsam eine Starostei – und dies im Namen der Verdienste der Familie Gostomski um die königliche Heirat und auf dem vergangenen Sejm.256 Dass auch Prokop Sieniawski Gratifikationen vom Monarchen für loyale Hofdienste erhalten hatte, überrascht dabei kaum.257 Bemerkenswert erscheint hingegen, dass er nun offiziell die bedeutende Starostei Ratno258, die Sigismund III. ihm ein halbes Jahr zuvor überlassen hatte,259 mit seiner Frau teilen musste. Zahlte sich offensives Auftreten auf Seiten des Königs also unmittelbar aus, wurde Hieronim Gostomski entsprechend einige Jahre später für sein Engagement während des Rokosz vom Monarchen mit einer weiteren Starostei belohnt.260 Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass die Familie Gostomski unbedingt eine einheitliche politische Linie verfocht. Gerade Hieronims älterer Bruder Stanisław zeichnete sich viel eher durch eine mehr oder 254 P, Gniazdo cnoty, 22 f., 24; ders., Herby, 153; zum Haus Szamotulski: D, Genealogia, 104; zum Haus Zba˛ski: Kasper N, Herbarz, Tom 10, w Lipsku 1845, 121–123. Dabei erreichte mit Jan Stanisław Zba˛ski in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts noch einmal ein Vertreter des Hauses eine bedeutende Position als Bischof von Przemys´l und von Ermland sowie als Vertrauter des Königs Johann Sobieski. 255 Ksie˛ga wpiso´w podkanclerzego Jana Tarnowskiego MK 137 z Archiwum Gło´wnego Akt Dawnych w Warszawie 1592, ed. v. Krzysztof Chłapowski, Warszawa 2012 (Sumariusz Metryki koronnej. Seria Nowa 6), (Nr. 553) 223; L, Hieronim Gostomski, 365. 256 Ksie˛ga wpiso´w podkanclerzego Jana Tarnowskiego MK 137, (Nr. 552) 223. 257 K, I, Art. Prokop Sieniawski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 37, Warszawa / Krako´w 1996–1997, 145–146, 145. 258 ´ C, Z, Z dziejo´w wsi koronnej XVII wieku, Warzszawa 1966, 137 f. 259 Ksie˛ga wpiso´w podkanclerzego Jana Tarnowskiego MK 137, (Nr. 240) 109. 260 L, Hieronim Gostomski, 366.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
weniger deutliche Distanz zum Wasaherrscher sowie eine zeitweise Kooperation mit Jan Zamoyski und vor allem dessen Allianzpartner, dem Krakauer Wojewoden Mikołaj Firlej, aus. Auch in dieser Zusammenarbeit störte die konfessionelle Differenz zwischen dem Konvertiten Firlej und dem Protestanten Gostomski augenscheinlich kaum.261 Weitaus interessanter scheint in diesem Kontext, dass selbst die offensichtlichen politischen Divergenzen zwischen Hieronim und Mikołaj Firlej einer familiären Bindung nicht im Wege standen. Mithin war doch die enge Anbindung an den eingesessenen kleinpolnischen Hochadel der Firlej für den großpolnischen Aufsteiger Hieronim beziehungsweise dessen Sohn Jan wichtiger, der schließlich Mikołaj Firlejs Tochter Zofia in zweiter Ehe heiratete.262 Die Heiratsverbindungen von Jan Gostomski in den kleinpolnischen Adel fielen dabei genau in die Zeit, in der sein Vater Hieronim 1597 die kleinpolnische Starostei Sandomierz vom Monarchen verliehen bekam.263 Anders stellte sich unter politischen Gesichtspunkten zweifelsohne die Eheallianz mit Adam Stadnicki dar, der bereits seit den frühen 1590er Jahren zu den aktiven Fürsprechern königlicher Politik in Ruthenien gehörte.264 Wie schon am Beispiel der Sapieha im Kontext des Königshofes oder auch anhand des Netzwerkes der Radziwiłł-Birsen im Konflikt mit den Chodkiewicz deutlich wurde, spielten verwandtschaftliche Verbindungen eine erhebliche Rolle bei der Durchsetzung familiärer Interessen. Oft genug standen sie dabei quer zu sehr unterschiedlichen politischen Orientierungen, konnten jedoch im Konfliktfall als starkes Mobilisierungsmoment aktiviert werden. Ihre entscheidende Funktion besaßen die familiären Kolligationen jedoch insbesondere innerhalb des großen Spiels um Aufstieg oder Erhaltung der Würde eines Hauses. Angesichts eines seit den späten 1570er Jahren anhaltenden breiten Konversionsprozesses des evangelischen Adels schien konfessionellen Kriterien dabei eine teils eher untergeordnete Bedeutung zuzukommen. Allerdings sind auch in diesem Zusammenhang Differenzierungen angebracht. Im Gegensatz zu den in vollem Aufstieg befindlichen Gostomski zeigten etwa die Radziwiłł-Birsen als alteingesessener Hochadel reformierten Glaubens konfessionell deutlich resistentere Züge, die sich auch in ihrer Heiratspolitik niederschlugen. Für den reformierten Hochadel in Frankreich,
261 D., Stanisław Gostomski, 367 f.; ., Rzeczpospolita polska, 139, 321; U, Zamoyszczycy, 13 f., 27. 262 Allerdings verfügten die Firlejs auch über Besitzungen in Großpolen und Masowien, was die Verbindung beider Häuser möglicherweise noch attraktiver machte. Insgesamt entstand ein enges familiäres Geflecht, denn Jan Gostomski war in erster Ehe mit Zofia Te˛czyn´ska, der Schwester der zweiten Frau seines Schwiegervaters Mikołaj Firlej verheiratet. 263 L, Hieronim Gostomski, 366. 264 C, Adam Stadnicki, 360.
3.2 Familien und Faktionen: Loyalitätskrisen und Elitenwechsel
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aber etwa auch für die preußischen Dohna, ist zumindest bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts gezeigt worden, inwieweit die strategische Internationalisierung von Eheschließungen Allianzbildungen mit evangelischen Familien im Ausland hervorbrachte, die insbesondere auf regierende Häuser abzielte. Hiermit schienen sich gewissermaßen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu lassen. Solch ein Vorgehen erlaubte nicht nur, die eigene konfessionelle Position, sondern zugleich auch den aristokratischen Macht- und Ranganspruch in potentiell konfliktuellen Beziehungen zum Monarchen zu unterstreichen.265 Im Fall der Radziwiłł-Birsen lässt sich ein recht ähnliches Verhalten beobachten. Bezeichnenderweise begann hier allerdings die offensive Strategie, in regierende nichtkatholische Häuser einzuheiraten erst nach der Konfliktzuspitzung im Rokosz. Nach dem frühen Tod seiner hart erkämpften ersten Frau, der Fürstin Zofia von Słuck, heiratete Janusz Radziwiłł, der nur unter Schwierigkeiten zu litauischen Mundschenkwürden aufgestiegene Mitanführer des Rokosz, 1613 Elisabeth Sophie, Tochter des Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg. Während dann sein ebenfalls Janusz geheißener Neffe in zweiter Ehe die Tochter des Fürsten von Moldau zur Frau nahm,266 wurde seine Enkelin Ludwika Karolina 1688 mit dem Markgrafen Ludwig von Brandenburg verheiratet.267 Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass bei den litauischen Radziwiłł wie etwa bei den französischen La Tre´moille diese Vorgehensweise mittelfristig in unterschiedlicher Weise scheiterte268 und auch die Rahmenbedingungen nicht gleichgesetzt werden können, bleibt doch ein gemeinsames Grundmuster zu konstatieren. Ergänzt wurde dies im Fall der Radziwiłł-Birsen durch nun einsetzende endogame Heiraten innerhalb des Hauses, die man in diesem Familienzweig zuvor vergeblich suchte.269 Begann für die reformierten Rad-
265 H, L, Konversion und dynastische Strategie. Turenne und das Ende des französischen Hochadelscalvinismus, in: Ute Lotz-Heumann / Jan-Friedrich Mißfelder / Matthias Pohlig (Hg.), Konversion und Konfession in der Frühen Neuzeit, Gütersloh 2007, 171–211, 174–178; zum internationalen Heiratsverhalten der reformierten Dohna vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden lutherischen Konfessionalisierung im Herzogtum Preußen und dem Abhandenkommen von reformierten Allianzpartnern in Polen-Litauen: B, H-J, Reformierte Eliten im Preußenland. Religion, Politik und Loyalitäten in der Familie Dohna (1560–1660), in: Archiv für Reformationsgeschichte 95 (2004), 210–239, 227 f.; Bömelburgs Ausführungen auch in Anschluss an: P, V, Das Haus Dohna in der europäischen Adelsgesellschaft des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Reformatio et reformationes (FS Lothar Graf zu Dohna), Darmstadt 1989, 371–402, 391–393. 266 W, Janusz Radziwiłł, 206; W, H, Janusz Radziwiłł (1612–1655). Wojewoda wilen´ski, hetman wielki litewski, Warszawa 2000, 71–76. 267 D, Genealogia. Tablice, 164. 268 H, Konversion und dynastische Strategie, 177 f., 182–186. 269 D, Genealogia. Tablice, 163.
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ziwiłł also um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert ein, wenn auch sehr langsamer, Abstieg, war im Gegenzug der langfristige Erfolg des Hauses Gostomski genausowenig gesichert. Der frühe Tod der männlichen Nachkommen von Hieronims Sohn Jan und das weitgehende Fehlen von Söhnen bei den Brüdern Hieronims führten letztlich dazu, dass der Traum vom Aufstieg in den Hochadel trotz aller Anstrengungen von drei Generationen letztlich Episode blieb. Als etwas stetiger erwiesen sich dagegen die Aufstiegsszenarien für das Haus Daniłowicz, dessen Etablierung in den höheren Adelsrängen mit den Hof- und Senatskarrieren der Brüder Jan und Mikołaj unter Sigismund III. begann. Nachhaltig erfolgreich zeigten sich zur gleichen Zeit aber vor allem die aus höfischen oder militärischen Karrieren von Familien wie den Lubomirski, Koniecpolski, Sobieski oder Potocki.270 Bis zu einem gewissen Grad vermochten auch manche Häuser wie die Gembicki zumindest einen beständigen, obgleich bescheidenen senatorischen Rang über die folgenden vier Generationen zu verteidigen, wenn sie mit dem sozialen Kapital umzugehen wussten, das ihnen etwa ein Vertreter mit hochrangiger geistlicher Karriere eingebracht hatte.271 Krzysztof Chłapowski hat in einer umfassenden statistisch-prosopographischen Untersuchung der Amtsernennungen unter Sigismund III. und seinem Sohn Władysław IV. nachgewiesen, dass in dieser 61 Jahre umfassenden Untersuchungsperiode insgesamt 203 Familien Amtsträger überlokaler Qualität hervorgebracht hatten – eine Gesamtzahl, die sich von der Situation unter anderen Herrschern vom beginnenden 16. bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert kaum unterschied. Dabei gehörte nur rund ein Drittel aller Amts- und Würdenträger zur ersten Generation von Aufsteigern, von denen die meisten ihre Karrieren auf der Ebene von Lokalämtern begannen.272 Nur etwa 15 % der Abkömmlinge nicht etablierter Familien starteten mit der Verleihung einer Hofwürde und nur eine verschwindend geringe Zahl von ihnen schaffte es unter Sigismund III. bis zu Ministerämtern.273 Allerdings konnten sich mithin noch wesentlich mehr Aufsteiger auf hohen Rängen etablieren als es etwa unter Władysław IV. der Fall war.274 Ob dies hingegen damit zu erklären ist, dass etwa die Hofwürden unter Sigismund Wasa eine geringere hierarchische Bedeutung hatten als später unter seinem Sohn, scheint diskussionswürdig.275 Eher ließe sich fragen, inwieweit nicht die Beseitigung des unter Stephan Ba´thory ausgebauten Ver270
C, Elita senatorsko-dygnitarska, 131. Ebenda; D, Genealogia. Tablice, 150. 272 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 28 f. 273 Ebenda, 46–48. 274 Ebenda, 51. Chłapowski sieht dies allerdings nicht als strukturelle Erscheinung, sondern betont die Kontingenz des Phänomens. 275 So zumindest ebenda, 48. 271
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teilungsmonopols des Großkanzlers Zamoyski ab den 1590er Jahren zu einer erneuten Offenheit der Situation führte. Sie nutzte der Monarch, um neue, ihm verpflichtete Adelseliten heranzuziehen. Zu einem radikalen Elitenwechsel führte dies aber nicht. Neben dem unabdingbaren Ämter- und Gütererwerb oder der Knüpfung von Verwandtschaftsbündnissen bedienten sich einige Adelshäuser im späten 16. Jahrhundert zusätzlich zweier Instrumente, um ihren Rang dauerhaft zu verteidigen: die sogenannten Ordinate (ordynacje) sowie ausländische Adelstitel. Das Institut des Ordinats folgte bei allen Unterschieden im Detail der gleichen Logik, wie sie zeitgleich dem Fideikommiss im Heiligen Römischen Reich oder etwa dem mayorazgo in Kastilien inhärent war.276 Die ordynacja hatte zum Ziel, die Zersplitterung familiären Vermögens durch die männlich-agnatische Erbteilung zu verhindern und setzte die normalen Erbregelungen außer Kraft. In Polen-Litauen musste verpflichtend Landbesitz in diese geschützte Vermögensmasse eingehen,277 deren Integrität wiederum dadurch garantiert werden sollte, dass jegliche Beleihung, der Verkauf, die Schenkung oder partielle Vererbung von Vermögensteilen untersagt war.278 Nach den Grundregeln der Primogenitur war stets der älteste und direkteste männliche Nachkomme als possessor Verwalter und Nutznießer des Ordinats, ohne eben aber uneingeschränkt als dominus hierüber walten zu können.279 Wie in Kastilien blieb auch in Polen-Litauen diese Regelung nicht unumstritten, schuf sie doch einen exklusiven juridischen Raum, der die anderen Erben von ihren Anteilen ausschloss, beziehungsweise einige Familien vom allgemein herrschenden Recht ausnahm.280 Anders als im Heiligen Römischen Reich und in Kastilien war es im PolenLitauen des ausgehenden 16. Jahrhunderts nicht ein monarchisches Privileg, das die Einrichtung eines Ordinats bestätigte, sondern ein vom Sejm verabschiedetes Gesetz.281 Inwieweit in diesem Zusammenhang jedoch die königliche Autorität eine entscheidende Rolle spielte oder die Ordinate Gegenstand von inneradligen Debatten wurden, lässt sich hier auch angesichts der schwierigen Quellenüberlieferung nicht weiter verfolgen. Zumindest lassen 276
Zur ordynacja:Z, T, Ordynacje w dawnej Polse, in: Przegla˛d Historyczny 68.1 (1977), 17–30; M, A, Ordynacje w dawnej Polsce, Lwo´w 1929 (Pamie˛tnik historyczno-prawny 7.2). Zum Fideikommiss: E, J, Art. Fideikommiss, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 3, Stuttgart 2006, 987–990; E, I, Familienfideikommiss, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Bd. 1, Berlin 2007, 1503–1504; zum mayorazgo: C, B, Mayorazgo. Propiedad feudal en Castilla (1369–1836), Madrid 1974. 277 M, Ordynacje, 33. 278 Ebenda, 37–39. 279 Ebenda, 36, 40–47. 280 Ebenda, 17–19; C, Mayorazgo, 125–130. 281 M, Ordynacje, 26–29.
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sich auch keine Fälle nachweisen, in denen der Wunsch, ein Ordinat einzurichten, im Sejm gescheitert wäre.282 Den Hausvertrag von der zentralen Ständeversammlung absegnen zu lassen, erschien wohl in erster Linie als attraktive Möglichkeit, dessen Gültigkeit zu festigen und gleichzeitig auf dem reichsweiten Forum zu präsentieren. Dass hiermit nämlich ein Prestigegewinn verbunden war, zeigte schon die Tendenz der Zamoyski als Aufsteigerfamilie, die Bezeichnung „Ordinat“ (ordinata) intensiv im Sinne eines Titels zu verwenden.283 Jan Zamoyski hatte seine ordynacja im Jahr 1589 eingerichtet. Er folgte damit dem Haus Radziwiłł, das es anders als der Emporkömmling Zamoyski kaum nötig hatte, erst auf diese Weise die erworbene Stellung der Familie langfristig auf hohem Niveau zu sichern. Die Gründung des Ordinats der Radziwiłł mit einem Hausvertrag von 1579, der 1586 und 1589 vom Sejm bestätigt wurde, darf als die erste dauerhafte Einrichtung dieser Art gelten. Auch in diesem Fall liegt jedoch der Schluss nah, dass das Ordinat über eine rein praktisch wirtschaftlich-rechtliche Dimension hinausging. So ordnete sich das RadziwiłłÆsche Ordinat bemerkenswerterweise in einen zeitlichen Kontext ein, in dem sich zugleich die genealogischen und memorialen Aktivitäten des Hauses dynamisierten.284 In diesem Sinne flankierte das Ordinat auch eine Konsolidierung der Familienstrukturen, indem zumindest der Familienzweig Mikołajs des Schwarzen formal nun in drei Hauptlinien unterteilt wurde.285 Den Radziwiłł folgten schließlich 1601 die Myszkowski und 1609 Fürst Janusz Ostrogski. Es ist zurecht darauf hingewiesen worden, dass es – zumindest im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert – wenige Ordinatsgründungen gab und die existierenden Ordinate zugleich aus einem sehr engen Kreis adliger Eliten stammten.286 Der Errichtung des Ordinats durch Piotr und Zygmunt Myszkowski gingen kurz zuvor bereits zwei andere Ereignisse voraus, die für die Würde des Hauses einen entscheidenden Einschnitt darstellen sollten. Während eines Italienaufenthaltes wurden die Brüder nicht nur von den Herzögen Gonzaga von Mantua in ihr Wappen adoptiert und durften fortan den Doppelnamen und das Doppelwappen Myszkowski Gonzaga tragen. Darüber hinaus bekam die Familie von Papst Clemens VIII. einen erblichen Grafentitel verliehen, den sie fortan ins Polnische transponiert als Rang eines margrabia (Markgrafen) beanspruchte.287 Diese extravagante Rangerhöhung stieß
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Z, Ordynacje, 25–27. Ebenda, 21. 284 Vgl. Kap. 1.1, S. 81 f. u. Kap. 1.2, S. 82–84, 90 f. 285 Z, Ordynacje, 19 f. 286 Ebenda, 27 f. 287 Die genaueren Umstände beider Rangerhöhungen sind bislang in der Forschung nicht aufgearbeitet worden, als Überblick: A, U, Art. Zygmunt Myszkowski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 22, Wrocław u.a. 1977, 404–407. Zur Grün283
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durchaus nicht nur auf Gegenliebe. In einem 1634 im Druck publizierten Traktat verbreitete beispielsweise Adam Grodziecki seine Warnung vor ausländischen Titeln und Würden im Königreich Polen und den dazu gehörenden Ländern.288 Hier widmete er den kleinpolnischen marchesi Gonzaga eine relativ breite Anekdote, die die grundlegende Widerrechtlichkeit ausländischer Adelstitel illustrieren sollte. Ein Abgeordneter der Landbotenkammer habe behauptet, keine Feder zu habe. Daraufhin habe er seine Finger in das Tintenfass des Kammermarschalls gesteckt, um im Gesetzentwurf zur Einrichtung des MyszkowskiÆschen Ordinats den dort angeblich erwähnten Markgrafentitel mit breiten Tintenfingern auszustreichen – „womit er Aequalitatem bewahrte; quae est mater libertatis und die fremden Überheblichkeiten niemandem in legibus Patriae zugestehen wollte.“289 Die päpstlichen Markgrafen waren hingegen bei weitem nicht die einzigen Ziele von Grodzieckis Kritik. Zum einen sollte dabei dessen Traktat nicht überbewertet werden, erschien es doch bezeichnenderweise nur einige Jahre nach dem umfangreichen handschriftlichen Pranger des Liber generationis plebeanorum, an den Waleryan Nekanda Trepka auf vielen hunderten Seiten angeblich falsche Adlige gestellt hatte.290 Gewissermaßen als negatives Gegenstück zu Paprockis genealogischen Manualen denunzierte man hier Usurpatoren adliger Herkunft ebenso wie Grodziecki es mit unrechtmäßigen Usurpatoren ausländischer Titel tat. Beide Schriften gehörten damit zu dem beständigen und dynamischen Aushandlungsprozess, in dessen Zuge Adel immer neu definiert werden musste. Zum anderen zeigte Grodziecki in seiner Schrift wohl eher unfreiwillig, wie verbreitet die Annahme ausländischer Titel unter den adligen Eliten war. Neben den von ihm benannten päpstlichen Markgrafen Myszkowski, den Grafen Komorowski ungarischer Würden und den Fürsten Radziwiłł des Heiligen Römischen Reiches verfügten im ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhundert etwa auch die Häuser Chodkiewicz, Go´rka, Denhof / Dönhoff, Dunin-Borkowski, Koniecpolski, Krasicki, Lanckoron´ski, Latalski, Leszczyn´ski, Lipski, Lubomirski, Ossolin´ski, Ostroro´g, Przerembski, Roz-
dung des Ordinats: S´, K, Zapis. Biblioteka Ordinacyi Myszkowskiej, w Krakowie 1859, 54. 288 G, A, Przestroga o tytułach y dignitarstwach cudzoziemskich w polskym Krolestwie y w Pan´stwach do niego naleza˛cych, o.O. 1634. 289 Ebenda, C3 v. Welche zweifelhafte Glaubwürdigkeit dieser allzu gut erfundenen Szene auch immer zukommen mag, die Sejmkonstitution, die 1601 die Einrichtung des Ordinats des Hauses Myszkowski regelte, erwähnt auf jeden Fall keinen Markgrafentitel: Ordynacja jas´nie wielmoz˙nych Myszkowskich, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 2: 1587–1609, ed. v. Stanisław Grodziski u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2008, 284. 290 Vgl. Kap. 1.3., S. 128 f.
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draz˙ewski, Russocki, Sieniawski, Tarnowski, Te˛czyn´ski und Tyszkiewicz über königliche oder kaiserliche Grafen- und Fürstenpatente. Dabei wurden neun dieser Häuser erst zwischen dem Beginn der 1570er und der Mitte der 1630er Jahre gegraft oder gefürstet.291 Nicht wenige der Grafen- sowie der Fürstentitel der Radziwiłł stammten allerdings schon aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.292 Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass Fürstungen und Grafungen nach den 1630er Jahren völlig abgebrochen wären, wie bereits auch nur ein flüchtiger Blick auf die Liste der Neugekürten aus dem 17. und 18. Jahrhundert zeigt.293 In den allermeisten Fällen lassen sich dabei kaum die Erhebungsakte auffinden beziehungsweise spielten die Rechtsdokumente selbst eine anscheinend eingeschränkte Rolle. Solch eine Situation war hingegen keine spezifisch polnische oder litauische.294 Entscheidend ist in diesem Zusammenhang wohl eher, dass die eigene soziale Gruppe das Tragen der Titel durch einige ihrer Mitglieder akzeptierte.295 Abgesehen von der bei291
Vgl. die Zusammenstellung bei H. D-B, J S, Genealogie z˙yja˛cych utytułowanych rodo´w polskich, Lwo´w 1895, hier allerdings mit der Einschränkung, dass die mittlerweile ausgestorbenen Häuser nicht berücksichtigt sind; K, S, Armorial de la noblesse polonaise titre´e, Paris 1957, 36 f. 292 Hrabia, in: Zygmunt Gloger, Encyklopedia staropolska, Tom 2, Warszawa 1901, 257–259, 258. 293 Vgl. etwa nach den Angaben von Dunin-Borkowski folgende Titelverleihungen für das 17. Jahrhundert: Mia˛czyn´ski (Grafen, 1683, HRR), Mier (Grafen, 1680, Schweden), Stadnicki (1655, kein verleihender Monarch identifizierbar), Wielopolski (Grafen, 1656, HRR). 294 Das Problem schriftlicher Nachweise ist vor allem am Beispiel der „recherches de noblesse“ für Frankreich und der „Adelsproben“ für Deutschland diskutiert worden. Obwohl es in diesen Fällen in erster Linie um das fundamentale Problem der Zugehörigkeit zum Adel überhaupt geht, lassen sich die in diesem Kontext diskutierten Strukturen cum grano salis auch auf die polnisch-litauischen Titulaturen übertragen: P, V, Bonne renomme´e ou actes authentiques. La noblesse doit faire ses preuves (Provence, XVIIe-XVIIIe sie`cles), in: Gene`ses 74.1 (2009), 5–24; H, E / H, M (Hg.), Die Ahnenprobe in der Vormoderne. Selektion – Initiation – Repräsentation, Münster 2011. 295 Deutlich wird dies durch den selbstverständlichen Gebrauch der Titel. Stichprobenartig lässt sich dies etwa anhand von Druckveröffentlichungen nachweisen, in denen die Grafentitel wie selbstverständlich vor Amts- und Würdenbezeichnungen genannt werden (alle folgenden Hervorhebungen vom Autor). Dies lässt sich zeigen anhand von Leichenpredigten: T, J, Homilia sacra in funere Illustriss[ime] et Magnificentiss[ime] Andreae Comitis de Lessno: Brestae Cujaviorum Palatini etc. etc. Ecclesiae Ortodoxae In Sarmatia nutritrii praestantiss[ime] Patriae Patris Habita Baranoviae, o.O. 1607; R M, P, Carmen Fvnebre, In Obitv Illvstrissimi Ioannis Comitis Tarnovii: Ad Illvstrissimvm Ioannem Christophorvm, Filivm, Comitem Tarnovivm, o.O. 1561; A, P, Kazania pogrzebne nad zacnemi c´iały / Jego Ms´c´i Pana Jana Grabie z Ostroroga [...] y [...] Helszki z Olchowca Swiercz˙owney [...] ktorzy roku 1582 dnia 27 IV w Panu zasne˛ły, 1582; Gelegenheitspanegyrik: B, T, Oratio In Anniversario Ill[ustrissi]mi &
3.2 Familien und Faktionen: Loyalitätskrisen und Elitenwechsel
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ßenden Kritik Grodzieckis vom Beginn der 1630er Jahre wurde 1638 erstmals ein Gesetz verabschiedet, das sämtliche ausländischen Titel verbot.296 Auch die mehrfache Erneuerung dieser Vorschrift, die schließlich mit der Androhung von Infamie untermauert wurde,297 führte sichtlich jedoch keineswegs dazu, dass diese Praxis aufgegeben wurde. Noch im ausgehenden 16. Jahrhundert jedenfalls notierte auch der Genealoge Paprocki in der Regel pflichtgemäß die von einzelnen Familien beanspruchten Titel, selbst wenn es allein die Te˛czyn´ski waren, bei denen er die Grafungsurkunde Kaiser Karls V. in komplettem Wortlaut wiedergab.298 Im Fall anderer Häuser wie den Tarnowski oder Go´rka tauchte hingegen der Grafentitel in der genealogischen Auflistung einfach in der Titulatur von dessen erstem Träger in der Familie auf und wurde dann für alle anderen Mitglieder weitergeführt.299 Anderenfalls beschränkten sich die Wappen der polnischen Ritterschaft, etwa für die Häuser Chodkiewicz und Latalski, auf die Feststellung: „Sie schreiben sich Grafen.“300 In Vergessenheit gerät dabei in der Forschung oft, dass – wenn auch in sehr wenigen Ausnahmefällen – auch die polnischen Könige Grafungen vornahmen, so geschehen für die Tarnowski301 oder die Rozdraz˙ewski. Letztere konnten ihren Titel ebenfalls Reueren[dissimi] Domini D. Hieronymi Comitis a Rozrazow, olim Episcopi Vladislavien[sis] & Pomeraniæ, &c. […], Cracoviae 1601; Eigenveröffentlichungen: Mys´listwo z ogary Jan Hrabie z Ostroga, Woiewody Poznan´skiego, Krako´w 1618. Der Titel konnte aber genauso in offiziellen Rechtsakten verwendet werden, vgl. beispielsweise Stanisław, hrabia z Go´rki, wojewoda pioznan´ski, starosta buski, kolski, us´cijan´ski itd. przychylaja˛c sie˛ pros´bom szewco´w w mies´cie dziedzicznym Ko´rniku, zatwierdza im przywilej statutowy wzorowany na przywileju statutowym szewco´w w S´rodzie (1581), Archiwum Pan´stwowe w Poznaniu rkps. 53/1331/0/–/48. 296 Konstytucye seymu walnego koronnego warszawskiego szes´c´niedzielnego roku Pan´skiego MDCXXXVIII, in: Volumina Constitutionum. Tom 3: 1611–1640, Volumen 2: 1627–1640, ed. v. Stanisław Grodziski, Marcin Kwiecien´ u. Anna Karabowicz, Warszawa 2013, 310–345, 315. 297 A, Historia Polski, 259. 298 P, Herby, 19–22. 299 Ebenda, 379, 440. 300 Ebenda, 661, 493. 301 In der genealogischen Literatur wird die Grafung der Tarnowskis durch Sigismund III. Wasa auf den 12. Februar 1588 datiert (D-B, Genealogie, 594). Die Kronmetrik gibt hierüber beredterweise keinerlei Auskunft. Es lässt sich allein konstatieren, dass Stanisław Tarnowski hier noch Anfang Juni 1588 in anderen Zusammenhängen noch ohne Titel genannt wird, während er bei seiner nächsten Erwähnung vom März 1589 bereits als „Graf Stanisław zu Tarno´w (hrabia Stanisław na Tarnowie)“ geführt wird, vgl. Sumariusz Metryki Koronnej MK 135, Nr. 27 129 u. Nr. 472 190. Daneben vergaben die polnischen Könige eine ganze Reihe von Adelstiteln an ausländische Adlige, denen sie ein polnisches Indigenat verliehen, vgl. hierzu die Aufstellung X.I., Baronowie, hrabowie i margrabowie mianowani przez kro´lo´w polskich, in: Biblioteka Warszawska 3 (1851), 412–424.
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bei Paprocki legitimiert sehen, wurde doch das Bestätigungspatent Stephan Ba´thorys für die „comites a Rozrazovv“ in die Genealogie eingefügt.302 Den im Ausland, im Regelfall vom Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, verliehenen Titel ließen allerdings nur wenige Familien in Polen beziehungsweise in Polen-Litauen auch offiziell bestätigen, so die Te˛czyn´ski oder mittelbar die Radziwiłł. Mit seinem Fürstentitel hob sich das litauische Haus deutlich von den üblichen comites ab, obwohl Bartłomiej Paprocki um eine leicht einschränkende Bemerkung nicht herumkam. So präzisierte er, es gebe „auch andere Fürsten / die eigentlich nicht aus Fürstengeschlecht stammen / aber für ihre herausragenden Verdienste um diese Titel geadelt worden sind / so vom Polnischen König Sigismund August /wie vom Christlichen Kaiser Karl (Karl V., K.L.).“303
Damit spielte Paprocki auf einen Rangunterschied an, den die Radziwiłł trotz aller Anstrengungen gegenüber selbst mindermächtigen litauischen Häusern nicht einzuholen vermochten, die sich von Nebenlinien des litauischen Großfürstengeschlechts ableiteten. Diese Abkömmlinge des Herrscherhauses führten zur Zeit des Großherzogtums den Titel knjas beziehungsweise in der polnischen Version kniaz´, der in der polnisch-litauischen Unionsakte von 1569 als für das Doppelreich gültiger Titel anerkannt worden war.304 Hierzu gehörten die bereits erwähnten Fürsten von Słuck oder die zu einer hierarchisch etwas niedriger klassifizierten Gruppe gehörenden Czartoryski, Ostrogski, Sanguszko, Wis´niowiecki, Zasławski oder auch die Zbaraski.305 Die Gruppe der knjasi war eine ebenso sozial exklusive wie intern sozial stratifizierte Gruppe.306 Nicht zuletzt zu Grodzieckis großem Ärger transformierten zumindest die ihr zugehörigen einflussreicheren und vermögenderen Häuser schließlich ihren litauischen Titel in das polnische ksia˛z˙e, also je nach Auslegung princeps oder dux beziehungsweise Fürst.307 Welchen Ursprung die verschiedenen Titel im polnischen-litauischen Doppel-
302
P, Herby, 179. Ebenda, 653. 304 O Ksie˛stwie Litewskim. Przywilej około Uniej Weilkiego Ksie˛stwa Litewskiego z Korona˛, na Walnym Sejmie lubelskim, od Pano´w Rad Duchownych i S´wieckich i Posło´w ziemskich roku Pan´skiego 1569 uchwalony [1 lipca], in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 232–238, 236. Zu den knjasiL, M, Od prawosławia do katolicyzmu. Ruscy moz˙ni i szlachta Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego wobec wyznan´ reformacyjnych, Białystok 2004, 74–95; immer noch die ausführlichste Darstellung W, J, Kniaziowie litewsko-ruscy od kon´ca czternastego wieku, Warszawa 1895. 305 L, Od prawosławia do katolicyzmu, 75. 306 Ebenda, 75–77. 307 G, Przestroga o tytułach y dignitarstwach, B1r.–B1v. 303
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reich auch immer haben mochten, von Bedeutung scheint vor allem, dass sie tatsächlich geführt wurden und dass ihre Träger sich mithin eine aus dem Titel ergebende Rangabgrenzung versprachen. Titel konnten aber keineswegs den Rang eines Hauses garantieren – so durften beispielsweise die Komorowski im besten Fall zu den lokalen kleinpolnischen Eliten zählen.308 Andererseits mühten sich gerade aufstrebende Familien, wie die Lubomirski oder die Denhof, um einen Grafentitel.309 Den Myszkowski wiederum darf man getrost unterstellen, sie hätten durch ihren Markgrafentitel in der beständigen Konkurrenz mit anderen hochadligen Häusern punkten wollen. Adam Grodziecki störte sich nicht nur daran, dass die Grafen und Fürsten eine nominelle Gleichheit des Adels in Frage stellten. Seine Argumentation wies noch eine zweite Hauptstoßrichtung auf; die Annahme ausländischer Titel stelle letztlich die Herrschaft des polnischen Monarchen und die Mitherrschaft der polnischen und litauischen Stände in Frage:310 „Non dubitatur, dass Seine Hoheit der Kaiser / das Ius conferendi für verschiedenste Titel hat […] Aber der polnische Adlige non habens Caesarem / nisi Regem, hat nicht das ius accipiendi, Extraneas Diginitates, von fremden Monarchen: da es auch dem eigenen Herrn nicht frei steht / iuxta leges, multiplicare diginitates, sine consensu Reipublicae.“
Im weiteren Verlauf stellte Grodziecki folgerichtig das Problem der Loyalität zur respublica in den Mittelpunkt. Diese sah er in Gefahr. Schließlich würde ein ausländisches Patent Verpflichtungen demjenigen gegenüber schaffen, der den Titel verliehen habe.311 Wurde hier einerseits ein Mitbestimmungsrecht des Adels darüber eingefordert, in welcher Weise er sich als Stand selbst definiert, leuchtete andererseits das Problem auf, dass Titel eine potentielle Konkurrenz erzeugten. In Hinblick auf die Grafungen polnischer und litauischer Adelshäuser scheint dies von nebensächlicher Natur, war mit dem Titel des comes im Doppelreich sichtlich keinerlei Souveränitätsanspruch verbunden. Während diese Abgrenzung wohl vor allem der Befestigung einer inneradligen Hierarchie diente, stellt sich die Situation in Hinblick auf einen Fürsten anders dar. Verdeutlichen mag dies eine Gedenkmedaille, die Janusz Radziwiłł 1617 anlässlich seiner Hochzeit mit Elisabeth Sophie von Brandenburg schlagen ließ. Sein Profilbild in spanischer Hoftracht auf der Vorderseite zierte die In308
N, K, Herbarz polski, Tom 5, w Lipsku 1840, 170–175. B, H-J, Mie˛dzy Inflantami, Prusami i Rzeczpospolita˛. Kariera rodu Denhofo´w (1580–1650), in: Bogusław Dybas´ / Dariusz Makiłła (Hg.), Prusy i Inflanty mie˛dzy s´redniowieczem a nowoz˙ytnos´cia˛. Pan´stwo – społeczen´stwo – kultura, Torun´ 2003, 125–138; ., Die Dönhoffs. Der Aufstieg der Familie in Ostmitteleuropa vom Mittelalter bis zum frühen 18. Jahrhundert. In: Kilian Heck / Christian Thielemann (Hg.), Friedrichstein. Das Schloß der Grafen von Dönhoff in Ostpreußen, Berlin 2006, 12–29. 310 G, Przestroga o tytułach y dignitarstwach, D3 v. 311 Ebenda, D4 r. 309
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schrift: „Januschius Radzivil D[ei] G[ratia] Dux Bir[zenis] Dub[icensis] Sluc[ensis] E[t] Kop[ilensis] Sac[ri] R[omani] Imp[erii] Princ[eps]“.312 Sicherlich handelte es sich hierbei in erster Linie um den Versuch eines litauischen Hochadligen, bei der Hochzeit mit einer Prinzessin aus regierendem Hause im Kontext des Heiligen Römischen Reiches größtmögliche Ranggleichheit zu demonstrieren. Darüber hinaus jedoch zeigte sich bei dem „Fürsten von Gottes Gnaden“, der zwei Jahrzehnte zuvor von Sigismund III. bei der Vergabe von Würden und Ämtern übervorteilt worden war und sich auf einen bewaffneten Konflikt mit dem Monarchen eingelassen hatte, ein bemerkenswertes Selbstbewusstsein. Die Titulatur stellte eine Herausforderung dar, die einen eigenen Souveränitätsanspruch gegen die Unterordnung unter monarchische Herrschaft setzte. Solch ein Vorgehen blieb die Ausnahme, auch unter den litauischen Fürsten, die ihre Herkunft aus der großfürstlichen Herrscherdynastie ableiteten.313 Nichtsdestoweniger zeigte sich an dieser Stelle die Möglichkeit, zumindest situativ den Titel in einen systemgefährdenden Ranganspruch umzuwandeln. Dies mag in Teilen durchaus an zeitgenössische Konfliktverläufe zwischen dem französischen König und den princes e´trangers erinnern.314 Im Übrigen verfügte Mikołaj Zebrzydowski, Janusz Radziwiłłs Allianzpartner aus den Jahren des Rokosz, ebenfalls über eine eigene Medaille. In
312 H. R, E, Gabinet medalo´w polskich oraz tych kto´re sie˛ dziejo´w Polski tycza˛ pocza˛wszy od najdawniejszych az˙ do kon´ca panowania Jana III. (1513–1696). Tom 1, Wrocław 1838, (Nr. 98) 342. 313 Fürst Janusz Wis´niowiecki, in: H. R, E, Gabinet medalo´w polskich oraz tych kto´re sie˛ dziejo´w Polski tycza˛ pocza˛wszy od najdawniejszych az˙ do kon´ca panowania Jana III. (1513–1696). Tom 2, w Berlinie 1845, Nr. 128 82. Etliche Mitglieder der hochadligen Eliten ließen sich aus verschiedenen Anlässen Medaillen schlagen (beispielsweise Firlej, Go´rka, Hlebowicz, Kostka, Leszczyn´ski, Lige˛za, Lubomirski, Mniszek, Morsztyn, Tarło, Wołłowicz), besonders relevant waren dabei wohl Gedenkmedaillen im Todesfall, die die anderen Memorialanstrengungen zwischen der Totenfeier, den Leichenpredigten, Grabmälern und -kapellen ergänzten. Zur rasant steigenden Bedeutung der Medaille als Gedächtnismedium im Europa des 17. Jahrhunderts, hier mit Blick auf das Heilige Römische Reich, Frankreich und die Niederlande: W, T, Medaillen und Gedächtniskunst. Aspekte militärischer Erinnerungskultur um 1700, in: Horst Carl / Ute Planert (Hg.), Militärische Erinnerungskulturen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert. Träger – Medien – Deutungskonkurrenzen, Göttingen 2012, 155–184, 158–160; für das 16. Jahrhundert: G, K, Fürstliche Erinnerungskultur. Eine Skizze zum neuen Modell des Gedenkens in Deutschland im 15. und 16. Jahrhundert, in: Chantal Grell / Werner Paravicini / Jürgen Voss (Hg.), Les princes et l’histoire du XIVe au XVIIIe sie`cle. Actes du colloque organise´ par l’Universite´ de Versailles – Saint Quentin et l’Institut Historique Allemand, Paris / Versailles, 13–16 mars 1996, Bonn 1998, 1–11, 4. 314 Zusammenfassend zur Kategorie und Bedeutung der princes e´trangers: A, ´ tat et socie´te´ en France aux G, Les princes e´trangers, in: Jean-Pierre Bardet et al. (Hg.), E XVII et XVIII sie`cle (FS Yves Durand), Paris 2000, 33–62.
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diesem Fall konnte man zwar nicht auf fürstlich souveräne Ansprüche wie bei den Radziwiłł zurückgreifen. Nichtsdestoweniger zeigte sich in anderer Weise ein adliges Selbstbewusstsein, dessen provokante Haltung dem Monarchen gegenüber kaum zu übersehen war. Der Revers rekurrierte auf einen dominanten politiktheoretischen Diskurs mit seinen allegorischen Verweisen auf Tugend, Gerechtigkeit, Gott und „patria“. Auf dem Avers erschien der Krakauer Wojewode ostentativ kampfbereit in Rüstung. Der Teufel aber lag auch hier im Detail der Titulierung; Mikołaj Zebrzydowskis Profil umgab eine Kumulation von ausgewählten Würdenbezeichnungen, er erschien als „Palat[inus] et Gene[ralis] Cra[coviensis] Cap[itaneus] R[egni] P[oloniae] S[upremus] M[aresalcus]“.315 Zwar ließe sich diese Zusammenstellung allein dadurch rechtfertigen, dass es sich um die höchsten von Zebrzydowski jemals bekleideten Ämter handelte und mithin beispielsweise seine Position als Wojewode von Lublin als zweitrangig eingestuft wurde. Auffällig bleibt dennoch, dass die Medaille auf dem Amt des Krongroßmarschalls bestand. Doch war es gerade dieses Amt, von dem sich Mikołaj Zebrzydowski 1601 getrennt hatte, um dafür anschließend mit der Position des Wojewoden von Krakau entschädigt zu werden.316 Ämter und Würden wurden im polnisch-litauischen Doppelreich lebenslang vergeben.317 Die Absicherung bestehender Verhältnisse sollten dabei auch die Krönungseide der Monarchen leisten, die regelmäßig die vom Vorgänger übernommenen Personalverhältnisse global bestätigten.318 Dies bedeutete aber lange noch nicht, dass ein neuer Herrscher bereit war, sämtliche Amts- und Würdenträger an ihren Plätzen zu belassen. Bereits im ersten Jahr nach seiner Krönung versuchte Sigismund Wasa entsprechend, sich nicht nur Stephan Ba´thorys Kronkanzlers Jan Zamoyski, sondern auch des mit jenem verbündeten Kronkammerherrn Jan Te˛czyn´ski zu entledigen. In beiden Fällen sollte er zwar scheitern.319 Erfolgreich entledigte sich der neue König dagegen des Kronhofmarschalls Andrzej Zborowski, der in den Auseinandersetzungen um die Königswahl auf Seiten der Habsburger gestanden hatte. 315
H. R, Gabinet medalo´w. Bd. 1, (Nr. 97) 338. A, Z, Nieznany list Mikołaja Zebrzydowskiego z czaso´w rokoszu sandomierskiego, in: Rocznik Ło´dzki 43 (1996), 247–258, 251. 317 G, Z, Encyklopedia urze˛do´w i godnos´ci w Dawnej Polsce, Warszawa 2000, 164–165. 318 Artykuły Henrykowskie [17 maja 1573 r.], 328; ebenso 1576 in den Verpflichtungen Stephan Ba´thorys: Litterae confirmationis Articulorum Henrico Regi antea oblatorum, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 356–359, hier 357; schließlich 1587 bei Sigismund Wasa: Confirmatio pactum conventorum, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 2: 1587–1609, ed. v. Stanisław Grodziski u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2008, 55–58, 57. 319 C, Elita władzy, 33–35. 316
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Angesichts des chronischen Konfliktes zwischen Zamoyski und der Familie Zborowski erfuhr die Entlassung Andrzej Zborowski wiederum die Unterstützung des Kronkanzlers.320 Für die Zborowski bedeutete diese letzte Degradierung das weitgehende Ende der familiären Machtstellung,321 während etwa die Te˛czyn´ski ihre Position zumindest noch über eine Generation bis zum Ende des Gesamthauses in männlicher Linie zu halten vermochten.322 Insgesamt gesehen verhalfen von den 37 Ernennungen für Hofämter- und würden, die Sigismund III. zwischen seinem Herrschaftsantritt und dem Jahr 1606 vornahm, sechs Ernennungen Familien zu einer dauerhaften Etablierung in den höfischen und senatorischen Sphären.323 Da prosopographischstatistische Studien größeren Umfanges für die Zeit vor der Wasa-Dynastie fehlen, sind weitreichende Aussagen Kontinuitäten oder Brüche in adligen Aufstiegsszenarien kaum möglich.324 Nichtsdestoweniger kann man festhalten, dass „Sigismund III. ungern das von ihm bereits angetroffene Personal avancieren ließ und sich dabei ausschließlich auf Personen beschränkte, deren Loyalität er sicher war oder die er durch Beförderung aus seiner Umgebung entfernen wollte. Er bevorzugte Personen, die ihren Aufstieg in die politische Elite ausschließlich oder vorrangig seinen Entscheidungen verdankten.“325 Selbst wenn man dies sicherlich für keine außergewöhnliche Vorgehensweise halten kann, trug diese Strategie durchaus Früchte, wie der Rokosz schließlich zeigen sollte. Hier setzte sich eine große Reihe von Amts- und Würdenträgern, die Sigismund an seinen Hof geholt hatte, sehr aktiv auf monarchischer Seite ein.326 Ebenfalls wenig erstaunen kann der Befund, dass 320
Ebenda. Ermangels einer analytischen Aufarbeitung die Übersicht über die Ämter- und Würdenentwicklung des Hauses: D, Genealogia. Tablice, 133; N, K, Herbarz polski, Tom 10, Lipsk 1845, 126–137. 322 D, Genalogia. Tablice, 94; vgl. auch Kap. 2.1.2, S. 240 f. 323 Jan Zamoyski: straz˙nik polny wielki (Cousin dritten Grades des Kronkanzlers, erster höherer Würdenträger in seinem Familienzweig, aus dem nach Aussterben der Familie des Krongroßkanzlers schließlich ab der vierten Generation die Ordinate von Zamos´c´ hervorgehen sollten), Wawrzyniec Gembicki (sekretarz wielki duchowny), Jan Potocki (pisarz polny), Stanisław Branicki (miecznik koronny), Prokop Sieniawski (marszalek nadworny), Sebastian Sobieski (chora˛z˙y wielki), vgl. zu allen Familien die Stambäume bei D, Genealogia. Tablice. 324 C, Elita władzy, 56. 325 Ebenda, 36. 326 Beispielsweise Andrzej Bobola, Jan Daniłowicz, Henryk Firlej, Jan Firlej, Szcze˛sny Kryski, Maciej Pstrokon´ski, Adam Hieronim Sieniawski, Sebastian Sobieski, Adam Stadnicki, Baltazar Stanisławski, Gabriel Te˛czyn´ski: D, Andrzej Bobola; L, K, Art. Jan Daniłowicz, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 4, Krako´w 1937, 414–415; C, W, Art. Henryk Firlej, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 6, Krako´w 1948, 477–478; M, Feliks vel Szcze˛sny Kryski; K, H, Art. Maciej Pstrokon´ski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 29, Wrocław u.a. 321
3.2 Familien und Faktionen: Loyalitätskrisen und Elitenwechsel
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sich insbesondere Aufsteiger einer starken Loyalität zum Herrscher befleißigten, während Vertreter alteingesessener Hochadelshäuser wie der Fürsten Ostrogski, der Reichsfürsten Radziwiłł-Nies´wiez˙, der Grafen Te˛czyn´ski oder der Firlej zumindest in der älteren Generation zunächst eine deutliche Distanz zum jungen Sigismund Wasa aufzubauen wagten.327 Im Falle der Reichsfürsten Radziwiłł-Birsen und Zebrzydowskis kulminierte diese Distanz in der Folge in offener Opposition. Während erstere Gruppe sich jedoch im Laufe der Zeit mit dem neuen Monarchen zu arrangieren wusste, wurden letztere ein deutliches Exempel für die Gefahren, die der eigenen und der familiären Würde durch königliche Ungnade drohte. Eine allzu klare Trennung zwischen loyalen Aufsteigern und potentiell eigensinnigen alteingesessenen Häusern zu ziehen, wäre hingegen irreführend. So hat das Beispiel der Gostomski gezeigt, in welcher Weise das Interesse der neuen Familien, ihre Position durch Heiratsallianzen mit dem etablierten Hochadel abzusichern, durchaus quer zu tagespolitischen Konfliktlinien stehen konnte. Entsprechend vermochte man – wie etwa die Radziwiłł-Birsen – im Konfliktfall familiäre Bündnisse zu mobilisieren, die keineswegs politische Lagerbildungen widerspiegelten. Der Monarch war entscheidender Akteur und Bezugspunkt der Auf- und Abstiegsprozesse; und obgleich er seine postestas distributiva in eindeutiger Weise einzusetzen wusste, stand einer starken strategischen Vergabepolitik Sigismunds, die in der neueren Forschung unterstrichen worden ist,328 die Kontingenz des Hofes und der darüber hinausgehenden personellen Konstellationen und Allianzen gegenüber. Zeremonielle Situationen wie etwa die Geschenkübergaben an die beiden Königinnen Anna und Konstanze von Habsburg vermochten dabei einerseits zu verdeutlichen, inwieweit die Macht des Königs, Güter und Würden zu vergeben, die Konsequenz einer – mindestens hier auch symbolisch manifesten – persönlichen Verpflichtung des Bedachten dem Herrscher gegenüber zeitigten. Andererseits gingen die Schenkungen über solch eine unmittelbare Dimension hinaus und ordneten die königliche Distributionshoheit in einen breiteren Rahmen monarchischer
1986, 265–270; N, M, Art. Adam Hieronim Sieniawski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 37, Warszawa / Krako´w 1996–1997, 100–102; G, H, Art. Sebastian Sobieski, Polski Słownik Biograficzny, Tom 39, Warszawa / Krako´w 1999–2000, 509–510; C, Adam Stadnicki. 327 Allerdings suchten die Vertreter der meisten Häuser dann doch nach einiger Zeit die Nähe des Monarchen. Beredtes Beispiel ist hierfür Gabriel Te˛czyn´ski, dessen politische Wege mit Janusz Radziwiłł sich in diesem Sinne trennen: U, Zamoyszczycy bez Zamoyskiego, 119. 328 C, Elita władzy, 32. Dies betraf auch und gerade die Ämternachbesetzungen. Chłapowski geht davon aus, dass Sigismund einige hohe Ämter und Würden gezielt längere Zeit unbesetzt hielt, ebenda, 22.
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Rechte und Pflichten ein. Nicht umsonst schienen sich die Gaben in einigen Fällen konkret ebenfalls auf die Rolle des Monarchen als rechtlicher Instanz zu beziehen. Dass sich dabei die Mitglieder unterschiedlicher familiärer und politischer Allianzen gleichermaßen zum Schenken bei der neuen Königin einfanden, verweist auf ein Phänomen, das Ivo Cerman in seinen Überlegungen zu „Faktionen“ und „Parteiungen“ am Hof treffend beschrieben hat: Der Monarch bildete über seine neue Gattin gleichermaßen den Bezugspunkt für alle verschiedenen Gruppierungen. Deren Selbst- und Fremdbeschreibung hing mithin nicht von der Frage ab, ob man sich in einer hierarchisch untergeordneten Beziehung zum Monarchen befand, sondern wie diese Beziehung bewertet wurde.329 Solch eine Position des Herrschers spiegelt sich auch theoretisch in der immer wieder eingeforderten Einhaltung der iustitia distributiva.330 In diesem Sinne hatte sich der Monarch an der Leistung der Begünstigten, ihrer virtus und letztlich auch der dignitas ihres Hauses zu orientieren. Gerade letzteres führte allerdings zu potentiellen Konflikten. Eingesessene Adelseliten wie die Radziwiłł-Birsen oder auch die Zebrzydowski konnten sich leicht übervorteilt führen, stellt man in Rechnung, dass die hierarchische Position eines Hauses sich im Wesentlichen aus dessen Anciennität in unabdingbarer Kombination mit der Ausübung von Ämtern und Würden ableitete. Deren Fehlen beziehungsweise Verlust musste unmittelbar die persönliche Stellung des einzelnen Adligen in Frage stellen sowie mittelfristig diejenige der Familie oder auch des Hauses als Ganzes gefährden. Diese unter allen Königen existierende chronische Gefahrenlage für die führenden Häuser konnte unter der Herrschaft Sigismunds III. Wasa besondere Virulenz erlangen. Schließlich handelte es sich bei ihm um denjenigen König und Großfürsten, der seit dem Ende der Jagiellonen-Dynastie in männlicher Erbfolge am längsten den Thron innehatte. Nach dem verunglückten Zwischenspiel Heinrich Valois‘ 1574 war Stephan Ba´thory ein zehnjähriges Königtum vergönnt gewesen – eine Zeit, die Sigismund Wasa bei weitem übertraf. Allein bis zum Beginn des Rokosz 1606 blickte er bereits auf eine achtzehnjährige Herrschaft zurück, mithin eine Periode, die es ihm mehr als seinen Vorgängern erlaubte, seine Vorstellungen von monarchischer Herrschaft längerfristig zu etablieren.
329
C, Pojmy, 48. Zum ius distributivum als wesentlichem Bestandteil einer auf den Monarchen bezogenen Gerechtigkeitsvorstellung, vgl. Kap. 1.4, S. 136 f., 152. 330
3.3 Divergierende Interessen: Dynastische Politik und adlige Ansprüche
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3.3 Divergierende Interessen: Zwischen dynastischer Politik und adligen Ansprüchen Das Jahr 1605 schien Sigismund III. Wasa eine ganze Reihe substantieller Erfolge zu bescheren. Bei der Eröffnung des Sejms am Jahresbeginn kam deshalb auch der Marschall der Landbotenkammer, der Litauer Stanisław Białłozor,331 nicht umhin, die Leistungen Sigismunds in seiner Begrüßungsrede für den Monarchen ausführlich zu würdigen. Er habe nicht nur den Frieden mit dem Osmanischen Reich, sondern auch mit den Moskauer Großfürsten erhalten. An der Grenze mit den Tataren herrsche weitgehende Ruhe und der Moldauer Fürst sei militärisch geschlagen worden. Damit nahm Białłozor die wesentlichen außenpolitischen Anliegen der Sejmdelegation des Königs auf, zu deren Agenda die Verlängerung des Friedens mit Osmanen und Tataren gehörte.332 Gegen den schwedischen Feind, fuhr der Landbotenmarschall fort, sei Livland verteidigt worden, überdies habe man den Schweden erhebliche Teile Estlands entwinden können.333 Zwar hatte man zumindest bei der Verteidigung des bei Polen-Litauen verbliebenen estländischen Territoriums 1604 einen konkreten, wenn auch keinen durchschlagenden militärischen Erfolg zu verzeichnen.334 Ansonsten erwiesen sich die Glückwünsche Stanisław Białłozors an den König als durchaus ambivalent bis doppelbödig. Bei aller Freude über den anhaltenden Frieden mit Moskau unterstrich er zugleich, dass die bisherige Ruhe an der Grenze mit
331 Białłozor war schon vor dem Jahr 1605 ein recht erfolgreicher, wenn auch nicht allzu prominenter, Vertreter aus den Reihen der litauischen lokalen Adelseliten. Nach seiner Wahl zum Sejmmarschall erlangte er im selben Jahr noch das Amt eines Referendars im Litauischen Tribunal: S, A, Art. Stanisław Białłozor, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 2, Krako´w u.a. 1936, 12. 332 S, Sejm z r. 1605, 44 f. 333 Zum Sejm von 1605 liegen vergleichsweise umfangreiche Parallelüberlieferungen vor, davon beschränken sich die Diarien aus der Czartoryski-Bibliothek (rkps. 100, 341, 342) auf die Eröffnungssequenz (Begrüßungsrede des Landbotenmarschalls, Proposition vom Thron, Senatorenvoten), während das Protokoll aus der Raczyn´ski-Bibliothek einen Großteil der Sejmverhandlungen abdeckt: Seym Warszawski roku 1605, BCz rkps 342 (Zbio´r listo´w, dokumento´w, diariuszo´w itp. do dziejo´w Polski 1600–1610), 113–145, hier 113 f.; Seym Warszawski roku 1605, BCz rkps 341 (Akta za Zygmunta III 1592–1608. Rokosz Zebrzydowskiego), 18–57, hier 18 f.; Seym Warszawski dnia 20 stycznia 1605 zacze˛ty pod Marszałkiem Białozorem, BCz rkps 100 (Teka Naruszewicza T. 100 (1605), 23–62; Diarius Sejmu Walnego Coronnego Warszawskiego złoz˙onego in Anno 1605. 20. Januarii, BRacz rkps 139 (Materiały historyczne w odpisach dotycza˛ce wypadko´w w Polsce w latach 1605–1628), 1r.–33v. 334 O, War and Peace in the Baltic, 43 f.; L, M, Der Hundertjährige Krieg (1558–1660 / 61) in Estland, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 1 (2006), 68–81, 74.
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dem östlichen Nachbarn durch das Handeln beider Seiten ermöglicht worden war. Zudem erklärte der Landbotenmarschall eindrücklich, dass der Frieden von Seiten Moskaus in keinerlei Weise verletzt worden wäre.335 Hierbei nahm er einerseits das Anliegen der königlichen Tagesordnung auf, die Affäre um den Prätendenten auf den Zarenthron Dmitrij zu verhandeln. Andererseits handelte es sich um einen kaum kaschierten Angriff auf die Haltung des Monarchen in dieser spätestens seit 1604 öffentlich virulent gewordene Affäre. In deren Zuge geriet die seit zwei Dekaden stabilisierte Beziehung zwischen Moskau und Polen-Litauen in Gefahr. Eine Gruppe polnischer und litauischer Hochadliger mit den Mniszech, Sapieha und Wis´niowiecki an der Spitze unterstützten mit einer militärischen Intervention den vorgeblichen Sohn Ivans IV. Groznyj.336 Jener Dmitrij blieb hingegen nicht der einzige falsche Thronprätendent gleichen Namens, der dem aktuellen Zaren Boris Godunov beziehungsweise späterhin Vassilij Sˇujskij die Herrschaft streitig zu machen suchte.337 Auch der polnische König Sigismund III. hatte sich schließlich mit Unterstützung des Apostolischen Nuntius die Dmitrijade gegen Godunov zu Eigen gemacht. So überschritt mit Sigismunds stillschweigendem Einverständnis 1604 eine adlige Militärexpedition mit Dmitrij im Gepäck die Grenze in Richtung Moskau.338 Allerdings war all dies geschehen, ohne dass der Sejm seine Approbation hierzu gegeben hätte und stieß auf den aktiven Widerstand der Kronamtsträger in der ruthenischen Grenzregion mit Fürst Janusz Ostrogski an der Spitze.339 Zwar hatte es keinerlei offizielle Kriegserklärung Polen-Litauens an das Moskauer Reich gegeben, die nur auf Beschluss der drei Sejmstände hätte erfolgen können. Auch hatte der Monarch erst mit seiner Delegation zu den Sejmiki im Vorfeld des Sejms von 1605 offiziell die Frage nach einem militärischen Eingreifen zugunsten Dmitrijs gestellt. Die Senatoren und Landboten wurden jedoch angesichts der
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Seym Warszawski roku 1605, BCz, rkps 342 114. M, J, Polska a Moskwa (1603–1618). Opinie i stanowiska szlachty polskiej, Warszawa 1968, 49–52. 337 P, M, Pretenders and Popular Monarchism in Early Modern Russia. The False Tsars of the Time of Troubles, Cambridge u.a. 1995, 157–228; D, C S. L., Russia’s First Civil War. The Time of Troubles and the Founding of the Romanov Dynasty, University Park (PA) 2001, 395; U, B A., Tsar and Pretender. Samozvanchestvo or Royal Imposture in Russia as a Cultural-Historical Phenomenon, in: ders., ‘Tsar and God’ and other essays in Russian cultural semiotics, Boston 2012, 113–152; mit einer ausführlichen Kritik an Uspenskijs Modellbildung, die falsche Thronprätendenten zu einem typisch russischen Phänomen als Resultat und Teil monarchischer Herrschaftskonzeptionalisierung vom 16. bis zum 19. Jahrhundert erklärt: P, M, Uspenskii and Zhivov on Tsar, God, and Pretenders. Semiotics and the Sacralization of the Monarch, in: Kritika 15.1 (2014), 133–149. 338 D, Russia’s First Civil War, 135 f. 339 M, Polska a Moskwa, 53. 336
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bereits fortgeschrittenen Expedition der Mniszech, Sapieha und Wis´niowiecki vor einen fait accompli gestellt. Mithin erschien die außenpolitische Initiative einiger Adliger auch als eigenmächtiges Handeln des Königs im Verein mit wenigen Häusern an den Kompetenzen der Ständeversammlung vorbei und nahm eine ausgesprochen innenpolitische Dimension an.340 So ist es nicht verwunderlich, wenn der Landbotenmarschall Białłozor darauf bestand, die Landboten hätten sich in Warschau zusammengefunden, „um die dieser Krone dräuenden Gefahren mit gesundem Rat abzuwenden [und] die Bedürfnisse der res publica mit der Verteidigung der Freiheiten des Ritterstandes zu bedenken.“341 Die Verteidigung der ständischen Freiheiten bezog sich dabei nicht allein auf die aus der Außenpolitik resultierenden Fragen. Man geht davon aus, dass im Vorfeld des Sejms Gerüchte über Pläne des Königs umgegangen waren, seinen Sohn Władysław vivente rege zu seinem Nachfolger erheben zu lassen. Obgleich hiervon weder in den Sendbriefen an die Sejmiki noch in der königlichen Proposition auf dem Sejm selbst die Rede war, sollen sich angeblich bereits einige Sejmiki kritisch zu solch einem potentiellen Projekt geäußert haben.342 Tatsächlich schien der Widerstand gegen angebliche Pläne, den Kronprinzen vorzeitig als Nachfolger auf dem Thron zu installieren, allein vom Sejmik von Bełz auszugehen und gezielt unter dem Einfluss Jan Zamoyskis lanciert worden zu sein.343 Hierfür
340 In den Sejminstruktionen der Sejmiki wird das Vorgehen der Häuser Mniszech, Wis´niowiecki und Sapieha durchgängig als eigenmächtig und „privat“ charakterisiert und als Rechtsverstoß gebrandmarkt, so etwa die ziemlich deutlichen Bemerkungen in den Instruktionen des Sejmiks von Posen und Kalisch, die in der Expedition eine „Usurpation“ der Befehlsgewalt des Kronhetmans und eine Missachtung von König und Gemeinwesen sahen, vgl. Instrukcja dana posłom sejmowym z sejmiku przedsejmowego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie 16 grudnia 1604 roku, in: Akta Sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego, 260–268, 263. 341 Ebenda. 342 O-S, Dynastia Wazo´w, 95. Von vor allem in Großpolen in diesem Sinne umgehenden Gerüchten schreibt ohne Quellennachweis schon S, Sejm z r. 1605, 41. 343 B, J, Rokoszowe koncepcje pan´stwa, in: Studia historyczno-prawne (2008), 59–106, 85; vgl. insbesondere: Instrukcya Wojewo´dztwa Bełskiego, Posłom na Seym Warszawski w roku 1605 przez Mci Pana Zamojskiego Kanclerza i Hetmana Koronnego pisana (Edition als Anhang von folgendem Aufsatz:) S, Przed rokoszem, 201–212, 208. Bei einer stichprobenartigen Überprüfung erweist sich, dass zumindest drei wichtige Sejmiki (Posen / Kalisch für Großpolen, Krakau für Kleinpolen und – wenn auch mit strukturell anders gelagerten Interessen – auch der preußische Landtag), sich keineswegs auch nur ansatzweise quellenmäßig nachvollziehbar zu solchen vorgeblichen Plänen äußerten: Instrukcja z sejmiku przedsejmowego w S´rodzie 16 grudnia 1604 roku, in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 260–268. Maximal könnte hier die sehr allgemeine Erinnerung an die Einhaltung der Pacta conventa und die Articuli Henriciani heran-
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spricht auch, dass die Instruktion für die Sejmabgeordneten dieses Sejmiks anscheinend systematisch im gesamten Doppelreich verbreitet wurde.344 Der Vorwurf an sich war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr neu. Bereits im Vorfeld des Sejms von 1603 hatte der Krakauer Sejmik die gleichen Verdächtigungen dem Monarchen gegenüber geäußert.345 Dass der Landbotenmarschall Białłozor dem König jedenfalls eine lange und glückliche Herrschaft wünschte, gehörte zwar zu den obligatorischen Übungen. Sein Wunsch hingegen, der Kronprinz Władysław möge seinem Vater „per liberam Electionem“ folgen, durfte mithin als Wink mit dem Zaunpfahl verstanden werden, jegliche Pläne in Richtung einer zu flagranten Erbmonarchie fallen zu lassen. Auf dem Sejm selbst stellten unter den Senatoren allein Jan Zamoyski und ˙ o´łkiewski sowie Janusz Ostder mit ihm verbundene Feldhetman Stanisław Z rogski das angeblich zentral vom Monarchen betriebene Projekt der vorzeitigen Wahl seines Sohnes explizit in den Mittelpunkt ihrer Voten.346 Auch hierin wurde deutlich, dass dieser Vorwurf zu einer weiteren Runde von Gerüchten zu zählen war, mit denen sich Sigismund und Zamoyski gegenseitig gezogen werden (S. 263), obgleich besonders letztere wohl eher im Sinne einer Erinnerung an die Warschauer Konföderation zu verstehen ist. Die Erinnerung an beide vertraglichen Verpflichtungen eröffnen allerdings innerhalb der Instruktion eher ein eigenes Kapitel mit Forderungen, die vor allem die Ämtervergabe betreffen; für die Wojewodschaft Krakau gilt gleichermaßen das Fehlen jeglicher Erwähnung königlicher Pläne einer Wahl Władysławs: Instrukcya dana posłom na sejm z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 16 grudnia 1604 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 252–259; für Preußen ebenso keine Thematisierung einer Wahl vivente rege: Instructio Consiliariorum terrarum Prussiae data Nuntiis ad Regem missis, BCz rkps. 100 (Teka Naruszewicza, T. 100 (1605)), 7–12; für Litauen gilt wohl die gleiche Absenz des vivente rege-Themas, zumindest etwa für den Sejmik von Słonim, Instrukcya dana posłom ze zjazdu gło´wnego w Dziewia˛tkowicach na sejm walny Warszawski, in: Archiwum Domu Sapieho´w. Tom 1: Listy z lat 1575–1606, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1892, Nr. 537 435–438; die Beschlüsse des litauischen Hauptsejmiks im Vorfeld des Sejms sind nicht überliefert, vgl. Sejmik gło´wny, kto´ry odbył sie˛ jako przedsejmowy w Ms´cibohowie (6 I 1605), in: Akta zjazdo´w stano´w Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego, Tom 2: Okresy panowan´ kro´lo´w elekcyjnych XVI–XVII wiek, ed. v. Henryk Lulewicz, Warszawa 2009, 145–146. 344 P, A, Program wzmocnienia władzy w kre˛gach stronnictwa prokro´lewskiego w czasie rokoszu sandomierskiego 1605–1609, in: Klio 22.3 (2012), 39–58, 43 f.; S, Sejm z r. 1605, 66. 345 J-M, Rzeczpospolita polska, 102. 346 ˙ o´łkiewskis in: Seym Warszawski roku 1605, Biblioteka Vgl. das Votum Stanisław Z Czartoryskich, rkps 342, 49–51, hier50; Seym Warszawski dnia 20 stycznia 1605, BCz rkps 100, 56 f.; in derselben Handschrift das Votum Zamoyskis 51–62, hier 59; das Votum Zamoyskis kursierte schließlich während des Rokosz in vielerlei Abschriften, aus denen Czubek mehrere Redaktionen isoliert hat, vgl. Mowa Zamojskiego na sejmie 1605, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Bd. 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 83–96, 471–480.
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zurückzudrängen versuchten.347 Bemerkenswert scheint jedoch allein der Umstand, dass solch ein „rumor“ über den Monarchen überhaupt bis zu einem gewissen Grad verfangen konnte. Wenn man davon ausgeht, die Funktionsweise und Wirkung von Gerüchten basiere gerade darauf, dass ihr „Wahrheitswert zwar wahrscheinlich, aber ungesichert“ ist,348 implizierte dies für den Sejm von 1605 zweierlei: Zum einen musste das Gerücht von erbmonarchischen Plänen Sigismund Wasas eine Auseinandersetzung auf dem Sejm provozieren. Schließlich durfte man davon ausgehen, dass gerade solch ein sensibler Punkt im Rahmen der Versammlung angesprochen und zu verifizieren beziehungsweise zurückzuweisen versucht wurde. Somit konnte der Monarch durch seinen Kanzler auf diese Weise effektiv in die Defensive gedrängt werden. Schließlich sah sich der König gar genötigt, die durch den Unterkanzler Tylicki verlesene Proposition gegenüber den Legationen an die Sejmiki angesichts der umgehenden „rumory“ spontan um die Versicherung ergänzen zu lassen, „dass niemand an der Ehrlichkeit Seiner Königlichen Majestät in der Verteidigung seiner Maiestatis und an dem Bedenken des Wohls der Respublica zweifeln möge.“349 Zum anderen konnte Zamoyski nur auf den Erfolg seines Vorgehens rechnen, wenn das von ihm gestreute Gerücht dem Adel glaubwürdig oder zumindest wahrscheinlich anmutete. Dabei drohte diese Vorgehensweise, Sigismund III. Wasa nach den Auseinandersetzungen über seine vorgebliche Abdankung zugunsten der Habsburger gute zehn Jahre zuvor einen weiteren Vertrauensverlust zuzufügen. In diesem Sinne wird im Folgenden skizzenhaft auszuloten sein, wie sich das Verhältnis des Monarchen und seines Adels in den größeren innen- wie außenpolitischen Zusammenhängen im Vorfeld des Rokosz gestaltete. Der Verlauf des Sejms von 1605 erwies sich als turbulent. Schon im Zuge der Sejmvorbereitungen hatten sich einige Sejmiki entzweit und es war zu Doppelwahlen von Abgeordneten gekommen, deren Mandatsbestätigung auf der zentralen Ständeversammlung selbst zu erneuten scharfen Auseinandersetzungen um die Legitimität der jeweiligen Landboten führen sollte.350 347
Auch der Monarch bediente sich dieses Mittels gegen Zamoyski: S, Sejm z r. 1605, 48 f. Edward Opalin´ski hat als erster den Versuch unternommen, die angeblichen vivente rege-Pläne Sigismunds als Erfindung Zamoyskis zu widerlegen: O, E, Plany elekcji vivente rege w latach 1604–1606 czy prowokacja polityczna opozycji?, in: Stanisław Blina (Hg.), Kultura staropolska – Kultura europejska (FS Janusz Tazbir), Warszawa 1997, 281–286, 284 f.; im Anschluss daran auch L, Das Leben am Hof Sigismunds III. Bd. 3, 1653 f. 348 W, A, Fama und Rumor. Gerücht, Aufruhr und Presse im Ancien Re´gime, in: WerkstattGeschichte 15 (1996), 20–32, 29. 349 Seym Warszawski dnia 20 stycznia 1605, BCz rkps 100, 26; gleichlautend in: Diarius Sejmu Walnego Coronnego Warszawskiego, BRacz rkps 139, 5v. 350 Diarius Sejmu Walnego Coronnego Warszawskiego, BRacz rkps 139, 1v.–2r.
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Obgleich man also eine relativ gespannte Ausgangslage voraussetzen muss, wäre es eine allzu grobe Vereinfachung, von einem Kampf zwischen „Opposition“ und „Hof“ auszugehen.351 Vielmehr lassen sich schon anhand der Argumentationen und Entscheidungssituationen in den einzelnen Sejmiki im Vorfeld des Sejms äußerst divergente Interessenslagen identifizieren. Zweifelsohne spielten die jeweiligen Einflüsse hochadliger Häuser beziehungsweise einzelner zentraler Amtsträger auf den Sejmiki dabei eine wichtige Rolle. Eine geschlossene Front übereinstimmender Interessen eines antioder eines proköniglichen Lagers zeichnete sich zumindest auf der Ebene der Instruktionen der Sejmiki für den Sejm dennoch nicht ab. Einzelne Themen wurden je nach lokaler oder regionaler Schwerpunktsetzung in mehreren Sejmiki auf die Tagesordnung gebracht, dies war insbesondere für die Fragen nach der Brester Kirchenunion und dem damit verbundenen Problem religiöser Toleranz sowie für die Politik gegenüber Moskau, Brandenburg und Schweden gegeben. Wichtig zu betonen ist dabei, dass weder in allen diesen Fragen eine einheitliche Position aller Sejmiki oder teils innerhalb einzelner Sejmiki bestand noch alle Sejmiki eine zu den Interessen Sigismunds konträre Position einnahmen.352 In diesem Zusammenhang darf etwa auch die breite Skepsis, auf die die geplante schwedische Militärexpedition des Königs zur Wiedererlangung seiner Erbkrone stieß, nicht nur unter der Maßgabe der Steuerfinanzierung des Unternehmens betrachtet werden. Vielmehr stellte sich hier das konkrete Problem der Abwesenheit des Monarchen. Übereinstimmend heißt es in mehreren Instruktionen für die Sejmabgeordneten, selbst wenn man die Fahrt Sigismunds nach Schweden erlaube, müssten dessen „securitas“ und „dignitas“ garantiert werden. Über die dräuende Gefahr für den physischen Körper des Königs hinaus beschäftigte die Sejmiki die Vorstellung, dass die Abwesenheit des Monarchen zwangsläufig eine Situation der Unsicherheit im Reich provozierte.353 Dass es sich hierbei nicht 351
Diese Kategorisierung nimmt Strzelecki in seiner Monographie zum Sejm vor und baut seine ganze Argumentation um diese Dichotomie herum. 352 Ein differenzierter Überblick beispielsweise zur Position der einzelnen Sejmiki in Konfessionsfragen bei K, Wobec kontrreformacji, 202–205. Der preußische Landtag etwa interessieret sich erwartungsgemäß verstärkt für die Verhandlungen mit den Brandenburgern, sprach sich für eine verstärkte militärische Disziplin aus und hatte grundsätzlich nichts Schwerwiegendes gegen eine Expedition Sigismunds nach Schweden einzuwenden: Instructio Consiliariorum terrarum Prussiae data Nuntiis ad Regem missis, BCz rkps. 100, 7–9; zum in der Summe der königlichen Legation gewogenen ruthenischen Adel sowie der masowischen Sejmiki und des Sejmiks von Słonim: S, Sejm z r. 1605, 58 f., 65 f. 353 Instrukcja z sejmiku przedsejmowego w S´rodzie, 254; Instrukcja dana posłom sejmowym z sejmiku przedsejmowego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego, 261; Instrukcya dana posłom ze zjazdu gło´wnego w Dziewia˛tkowicach, 437; F-K, Sejmik sieradzki, 78.
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allein um topische Wendungen handelte, macht indessen ein Zwischenfall im Zug der Vorbereitungen zum Sejm von 1605 deutlich. Bis zu welchem Punkt nämlich sogar die vermittelte königliche Anwesenheit für die Sejmiki eine conditio sine qua non ihres politisch-gesellschaftlichen Bezugssystems darstellte, darauf verweist der Konflikt, der auf dem Sejmik von Kiew im Dezember 1604 ausbrach. Der von Sigismund mit der Sejmlegation nach Kiew entsandte Emissär hatte sich aus Angst vor der grassierenden Pest geweigert, persönlich vorstellig zu werden und seinerseits lediglich einen Boten geschickt. Die Absenz des Vertreters des Königs wurde von den anwesenden Adligen als ehrabschneidende Missachtung gewertet. Die Aufregung hierüber kulminierte in der Drohung, die Wahl von Landboten zu unterlassen und den gesamten Sejm zu boykottieren.354 In seiner Legation an die Sejmiki setzte Sigismund Wasa zwei deutliche Schwerpunkte.355 Er hatte seine thematischen Vorstellungen zur Sejmberatung unter die programmatische Maßgabe gestellt, „guten Rat und gute Ordnung (dobry rza˛d)“ im Inneren wieder herzustellen und hierauf eine genügende Macht gegen die äußeren Feinde zu gründen.356 Dass Ordnung die Grundbedingung eines funktionierenden Gemeinwesens sei, darin waren sich auch Sejmiki und Senatoren durchaus einig.357 Nur die Interpretation dessen, was solch eine Ordnung implizierte, fiel erwartungsgemäß divergent aus. Grundsätzlich beklagte die königliche Legation an die Sejmiki eine deutliche Zunahme an Landfriedensverstößen, besonders Übergriffe auf die Gerichte, anhaltende bewaffnete Überfälle zwischen Nachbarn und kritisierte an verschiedenen Punkten, „privata“ seitens des Adels nähmen überhand und schadeten dem Gemeinwesen. Trotz der zeitgenössisch unbestreitbar existierenden Neigung, Konflikte gewaltsam zu lösen,358 scheint die Dringlichkeit zweifelhaft, dieses verbreitete Phänomen an prominenter Stelle der königlichen Legation zu behandeln. Es drängt sich mithin die Frage auf, inwieweit die Betonung mangelnden Respekts vor dem Recht und gewalttätiger Subordination nicht zuletzt eine argumentative Basis für die weiteren Ziele des Monarchen schaffen sollte. Gerade die zuvor betonte Verbindung zwischen „guter innerer Ordnung“ und Geschlossenheit nach außen schien solcherlei Klagen einen deutlich strategischen Beigeschmack zu verleihen. Geschickt konnte die Legation in diesem Sinne an das Leitthema der „pri-
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S, Sejm z r. 1605, 56. Ebenda, 48–51, 43 f. 356 Zitat nach ebenda, 43. 357 Instrukcya z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 1604 r., 253; Instrukcja z sejmiku przedsejmowego w S´rodzie 1604 roku, 263. 358 Marcin Kamler geht in seiner Lokalstudie zur Wojewodschaft Sieradz etwa von einem deutlichen Sinken gewaltsamer Konflikte zwischen einzelnen Adelsfamilien erst im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts aus: K, Przemoc, 131 f. 355
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vata“ und der mangelnden Gemeinwesenorientierung anknüpfen und benutzte dies als Basis, um zugleich eine Befreiung der Landboten von jeglichem imperativen Mandat zu fordern. So brachte der Monarch in Anschlag, die im imperativen Mandat verankerte Verteidigung von Einzelinteressen der Provinzen oder einzelner Adliger stünde dem Gemeinwohl als Ganzem entgegen.359 Zwar sollte eine solche Forderung keineswegs überbewertet werden. Sie bewegte sich durchaus im Rahmen des seit langem Üblichen und war in erster Linie vor dem Hintergrund des im Vorjahr ohne Beschlüsse auseinandergegangenen Sejms zu verstehen.360 Trotzdem warf der auf diese Weise vorgegebene Grundton der Legation ein beredtes Licht auf die königlichen Vorstellungen. Die „gute Ordnung“ Sigismunds implizierte eine Konzentration aller Beteiligten auf das Gemeinwohl, im Sinn einer Geschlossenheit im Inneren im Allgemeinen, wie auch auf seine außenpolitischen Bestrebungen als Ausfluss dieses Gemeinwohls im Besonderen. Demgegenüber erneuerten einige Sejmiki ihre seit rund einer Dekade immer wieder vorgebrachte Forderung, die Konstitutionen als legislatives Ergebnis einer Sejmsitzung unter Kontrolle der Ständeversammlung abzufassen und keinesfalls einer kleinen Kommission von Abgeordneten und der Kronkanzlei zu überlassen.361 Letztlich beruhten sowohl die monarchische Ermahnung wie auch das Postulat der Sejmiki wieder darauf, dass man sich gegenseitiges Vertrauen absprach. Schließlich misstrauten die Sejmiki der vom Hof kontrollierten Kanzlei, die Sejmbeschlüsse korrekt zu verschriftlichen und unterstellten ihr mithin, dem Interesse der in der Ständeversammlung manifestierten respublica zuwiderzuhandeln. Die Vertrauensfrage gegenüber dem König zeigte sich auch in den ständigen Verweisen auf die Wahlkapitulation. Dagegen stellten etwa die groß- und kleinpolnischen Sejmikbeschlüsse zur Delegation die Frage nach der Funktion des Krontribunals in den Mittelpunkt.362 Der Sejmik der Wojewodschaft Bełz, in dem Kronkanzler Zamoyski seine 359
S, Sejm z r. 1605, 43. Vgl. Kap. 2.3.1, S. 255 f. Die Interpretation Strzeleckis, dass es sich hierbei um einen Reformversuch des Sejms handelt, ist in diesem Sinne als Fehleinschätzung zu bewerten: S, Sejm z 1605 r., 43 f. 361 Instrukcja dana posłom sejmowym z sejmiku przedsejmowego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie 12 stycznia 1597 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 199–202, 201; Instrukcja dana posłom sejmowym z sejmiku przedsejmowego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie 12 stycznia 1597 r., in: ebenda, 219–224, hier 221; R, J, Stanowisko sejmiko´w wobec propozycji kro´lewskiej przed Sejmem 1597 r, in: Opolskie Towarzystwo Nauk / Wydział A: Historia 21 (1988), 53–60 58 (erweiterte Fassung des gleichnamigen Aufsatzes in: Opolskie Towarzystwo Nauk / Wydział A: Historia 20 (1983), 37–42.). 362 Instrukcya z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 1604 r., 253 f.; Instrukcja z sejmiku przedsejmowego w S´rodzie 1604 roku, 261 f. 360
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stärkste regionale Hausmacht fand, erklärte hingegen die Frage der Ämtervakanzen zum dringendsten Problem.363 Bemerkenswert scheint angesichts dieser Betonung der Ämtervakanzen zunächst der Umstand, dass man zum Zeitpunkt des Sejms am Jahresbeginn 1605 tatsächlich kaum von einem außergewöhnlichen Mangel an Ämterbesetzungen ausgehen kann. Im Gegenteil, noch im Laufe des Jahres 1604 war es zu einer Vielzahl von Ämternominierungen beziehungsweise -besetzungen auf lokaler und regionaler Ebene gekommen.364 Die Klage über die mangelnde Besetzung von Ämtern durch den Monarchen muss in diesem Sinne im Kontext eines massiven Generalangriffs auf Sigismund III. gelesen werden. Schon die Instruktion von Bełz lehnte nicht nur mehr oder weniger sämtliche Anliegen des Monarchen ab, sie attackierte vor allem in einer sehr generellen Abrechnung die schlechten Berater des Königs, warnten vor einer Gefährdung der freien Königswahl durch vorgebliche erbmonarchische Pläne des Wasas.365 Neben der Häufung an schlechten Beratern und einer drohenden Erbmonarchie schienen die Ämtervakanzen also vor allem ein Teilargument dafür, dass der Monarch eine Politik betrieb, die die respublica in ihrer gewohnten Form zerstörte. In prägnanter Systematisierung wurden diese Vorwürfe zentral in die sogenannten Artikel von Bełz aufgenommen, die während des Sejms als Gravamina eingereicht wurden.366 Die Ämtervakanzen waren dann auch das Thema, das zu
363 Instrukcyja Wojewo´dztwa Bełskiego, Posłom na Sejm Warszawski w roku 1605 przez Jego Moi Pana Zamojskiego Kanclerza i Hetmana Koronnego pisana, in: S, Przed rokoszem, 201–212. 364 Dies machen zum einen die wenigen vorliegenden Arbeiten zum Thema deutlich. Weder für die ministerialen noch für die senatorischen Positionen lässt sich für den Zeitraum 1604/1605 längere Vakanzen konstatieren: C, Elita senatorsko-dygnitarska, 21. Auch am Hof blieb die Zahl der unbesetzten Würden zu diesem Zeitpunkt sehr beschränkt. Es handelte sich hierbei um den Hofjägermeister (1593–1609), den Hoflagermeister (1600–1606) und den Hofschatzmeister (1604–1606): G., Urze˛dnicy centralni i nadworni Polski, 73, 93, 129. Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt auch O, Elita władzy, 67 f. Opalin´ski weist allerdings darauf hin, dass etwa in Großpolen die letzte großen Vergabewelle mit dem Ende des Inquisitionssejms zusammenfiel, nach dem der Monarch sich der Loyalität ihm getreuer Adelseliten versicherte: O, E, Polityka rozdawnicza Zygmunta III Wazy na terenie wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego, in: Kwartalnik Historyczny 85.1 (1978), 25–26, 30. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei einem vergleichenden Blick in die übrigen Wojewodschaften der Krone ab. Dies an dieser Stelle im Detail auszuführen, würde den Rahmen der vorliegenden Ausführungen sprengen, vgl. die umfassende vielteilige Serie „Urze˛dnicy dawnej Rzeczypospolitej XII–XVIII wieku“ unter der Gesamtherausgeberschaft von Antoni Ga˛siorowski mit Informationen über die Amts- und Würdenträger aller Wojewodschaften. 365 Instrukcyja Wojewo´dztwa Bełskiego, Posłom na Sejm Warszawski w roku 1605, bes. 206–208. 366 Artykuły Bełskie podane na Sejmie Warszawskim 1605, in: S, Przed rokoszem, 213–227.
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einer zentralen prozeduralen Frage des Sejms von 1605 geriet. Schon nach der Wahl des Landbotenmarschalls und noch bevor sich die Abgeordneten des Unterhauses zur Eröffnung des Sejms in den Senatssaal begaben, entbrannte hierüber eine heftige Diskussion. Schließlich einigte man sich darauf, die Senatorenvoten anzuhören. Danach sollten jedoch unmittelbar Vertreter der Kammer zum Monarchen entsandt werden, die auf einer sofortigen Vergabe der Vakanzen zu bestehen hatten. Ansonsten sollten alle weiteren Beratungen verweigert werden.367 Vor dem Hintergrund der Artikel von Bełz müssen die verschärften Forderungen der in der Landbotenkammer vertretenen lokalen Eliten wohl eher als eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der königlichen Politik gelesen werden. Dabei sollte Folgsamkeit gegenüber den monarchischen Forderungen nicht mehr zur Vorbedingung einer Ämterverleihung geraten. Diese Stoßrichtung entsprach dem zweiten Diskussionspunkt der Landboten zu Beginn des Sejms von 1605. Man wollte sich offiziell gegen die weithin geübte monarchische Praxis stellen, die Sejmdelegation an die Sejmiki von der erst auf dem Sejm verlesenen Proposition inhaltlich abweichen zu lassen.368 Denn dieses als „indignitas“ und „maximum inconveniens“ denunzierte Vorgehen369 erlaubte den Königen und Großfürsten, auf mehr oder weniger subtile Weise das Problem der Sejminstruktionen der Abgeordneten zu umgehen – konnten sich letztere doch im Falle von erst auf dem Sejm neu eingebrachten Punkten auf keinerlei Anweisungen ihres Sejmiks zurückziehen. Insgesamt darf die kritische Haltung der Sejmiki gegenüber der königlichen Delegation zum Sejm nicht überbewertet werden. Mit den Sejmiki von Bełz, Kiew, Krakau, Posen und Kalisch sowie Łe˛czyca und Kujawien handelte es sich etwa in Kronpolen besonders um diejenigen Ständeversammlungen, die unter dem Einfluss von Jan Zamoyski, Konstanty Ostrogski, Mikołaj Zebrzydowski oder Andrzej Leszczyn´ski standen.370 Kaum erstaunlich fand sich – mit Ausnahme Leszczyn´skis – auf dieser Ebene mithin dieselbe Gruppe aus dem Hochadel zusammen, die auf der Basis verwandtschaftlich aktivierter Bindungen ebenso den Konflikt um die Hochzeit Janusz Radziwiłłs mit Fürstin Zofia von Słuck gegen die Konkurrenten Chodkiewicz bestritten hatte.371 Im Falle der anderen Sejmiki fiel die Positionierung gegenüber der monarchischen Sejmausschreibung weitaus weniger
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Diarius Sejmu Walnego Coronnego Warszawskiego, BRacz rkps 139, 2r. L-M, I, Rola legacji i propozycji kro´lewskiej w procedurze ustawodawczej na sejmach walnych koronnych za panowania Zygmunta III, in: Krakowskie studia z historii panstwa i prawa 2 (2008), 91–120, 94 f. 369 Diarius Sejmu Walnego Coronnego Warszawskiego, BRacz rkps 139, 2r. 370 Zur zentralen strategischen Frage der Beeinflussung der Sejmiki im Rahmen von hochadligen Netzwerken im Jahr 1605: Urbaniak, Zamoyszczycy bez Zamoyskiego, 22 f. 371 Vgl. Kap. 3.2, S. 337. 368
3.3 Divergierende Interessen: Dynastische Politik und adlige Ansprüche
375
eindeutig oder eher wohlwollend aus.372 Bemerkenswert scheinen dabei angesichts von königlicher Delegation, Proposition und den Sejmikinstruktionen vor allem zwei Punkte: Zum einen wich die vom Thron verlesene Proposition tatsächlich von der Delegation an die Sejmiki inhaltlich ab. Dies erwies sich weniger in Bezug auf die außenpolitischen Fragen als auf die unter dem Schlagwort von „gute(m) Rat und gute(r) Ordnung“ primär subsumierte Innenpolitik. Hatte die Delegation sich noch in den ersten vier Punkten mit der Frage der imperativen Mandate, dem Luxus als Keim sozialen Verderbens, dem Problem plündernder und marodierender Truppen und der Missachtung von Gesetzen und Gerichtswesen durch den Adel beschäftigt,373 fiel all dies mit der Proposition weitgehend weg. So konzentrierte sich letztere beinahe ausschließlich auf die Außenpolitik und beklagte lediglich abschließend in einer sehr allgemein gehaltenen Formulierung die Zunahme von gewalttätig ausgetragenen Konflikten im Adel.374 Dieser radikale Programmwechsel mag teilweise mit der Sorge Sigismunds zu erklären gewesen sein, die Sejmverhandlungen hätten nach der Reaktion einiger Sejmiki auf die innenpolitischen Punkte der Delegation aus dem Ruder laufen können.375 Darüber hinaus aber drängt sich die Frage auf, inwieweit es sich zumindest beim imperativen Mandat, dem Luxus und adliger Justizmissachtung um brennende praktische Anliegen des Königs handelte. Alle diese drei Themen waren nicht zuletzt dazu angetan, die monarchische Position innerhalb des regimen mixtum symbolisch wirksam zu stärken. Schließlich schien mangelnde concordia und mangelnder Gehorsam die Ursache von Spannungen im Gemeinwesen zu sein. Besonders deutlich wird dies am Vorwurf des übertriebenen Luxus (zbytek) als zweiten Punkt der königlichen Delegation. Aus dem für das Gemeinwesen schädlichen Luxus entstünden Münzfälschungen und Landfriedensbrüche in großem Ausmaß. Die unter anderem gegen Luxus gerichteten Sittenverordnungen frühneuzeitlicher Obrigkeiten allgemein waren dabei in einen zeitgenössischen politischen Diskurs eingebettet, der, nicht zuletzt unter neostoischem Einfluss, die moralische Integrität des Gemeinwesens zur Voraussetzung des inneren Friedens machte und – ganz wie Sigismunds Delegationstext – in einer sittenverderblichen Abweichung den Keim zu Aufruhr und Bürgerkrieg angelegt sah.376 Es ging hierbei also um die gleiche Grundargumentation wie im 372 Dies wird sogar aus dem tendenziösen Überblick bei Strzelecki klar: S, Sejm z r. 1605, 58–66. Strzelecki hingegen zieht aus seiner Darstellung den Schluss, in der Mehrheit hätten sich die Sejmiki der königlichen Delegation gegenüber sehr ablehnend verhalten, ebenda, 66. 373 S, Sejm z 1605 r., 43–46. 374 Diarius Sejmu Walnego Coronnego Warszawskiego, BRacz rkps 139, 4v.–5v. 375 S, Sejm z roku 1605, 83 f. 376 S, ,Gute Policey‘, 258 f.; mit Fokus auf dem Reich und Frankreich: I, A, Gute Policey. Öffentliche Ordnung in der Frühen Neuzeit, Stuttgart 2009, 37–43.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
Zusammenhang mit dem imperativen Mandat: verderblicher Eigennutz im Adel schadete dem Gemeinen Nutzen.377 Diejenigen Sejmiki wiederum, die die Diskussion mit dem Luxus-Artikel der königlichen Delegation aufnahmen, drehten ihn bezeichnenderweise in eine vollkommen andere Richtung. So beschwerte sich insbesondere die Instruktion des Sejmiks von Posen und Kalisch, der Luxus habe sich unter Nichtadligen dermaßen verbreitet, dass kaum noch „zwischen dem Ritterstand und den Menschen bürgerlicher, handwerklicher und einfacher conditio“ unterschieden werden könne. Folgerichtig forderte man, Bürgern und anderen niederen Ständen Luxus beschränkende Gesetze aufzuerlegen.378 Zwar basierte auch solche Forderung auf der Vorstellung einer Destabilisierung des Gemeinwesens durch moralische Verderblichkeit des Luxus. Nur wurde in diesem Fall die Gefährdung von Ehre und Autorität des Adels betont – eine Gefährdung im Übrigen, der der Monarch nicht genügend Einhalt zu gebieten schien. In dieser Hinsicht erwies sich die Luxus-Debatte als ein Stellvertreterkrieg, der letzthin nichts anderes thematisierte als die gegenseitige Positionierung von Monarch und Adel im Gemeinwesen. Am Ende der Sejmsitzung von 1605 legten die Abgeordneten der Landbotenkammer dem Monarchen einen Katalog von Artikeln vor, deren Bestätigung sie als Sejmabschluss von Sigismund verlangten. Im Mittelpunkt stand auch hierbei die Ausgabe der Vakanzen. Darüber hinaus wandte man sich gegen die vermeintliche Wahl des Königssohns vivente rege und verlangte eine stärkere Kontrolle von Monarch und Hof durch die Senatoren und flankierende rechtliche Präzisierungen hierzu.379 Dabei war es ebenfalls keine Neuerung, die dauerhafte senatorische Kontrolle des Königs ebenso wie die Ausgabe von etwaigen Vakanzen als Forderung an den Monarchen zu formulieren. Ganz allgemein bildeten beide Postulate ein spätestens seit 1573 stets wiederkehrendes Thema der Sejmikinstruktionen.380 Zumeist je377
S, W, Vom Gemeinnutz zum Eigennutz. Über den Normenwandel in der ständischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit, in: Historisch Zeitschrift 243.3 (1986), 591–626. 378 Instrukcja z sejmiku przedsejmowego w S´rodzie 16 grudnia 1604 roku, in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 264 f.; ähnlich auch der Krakauer Sejmik: Instrukcya z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego, in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 253. 379 Artykuły na Seymie 1605 Kro´lowi Imci. podane na kto´re pozwolic´ niechciał wczym Seymu zadnego skutku nie wzia˛ł a te Artykuły do Akt Grodzkich Warszawskich podane, Biblioteka Czartoryskich rkps. 100 (Teka Naruszewicza t. 100 (1605)), 107–114, 107, 108 f. 380 Instrukcya, dana posłom na sejm z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 10 listopada, 1584 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 99–105, 102; Instrukcya, dana posłom na sejm z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 12 sierpnia 1592 r., in:
3.3 Divergierende Interessen: Dynastische Politik und adlige Ansprüche
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doch hatte man zuvor Stellung zur konkreten Situation einzelner Ämter oder Amtsträger genommen beziehungsweise allgemein die Aufrechterhaltung und Pflege von Ämtern und Würden durch den Monarchen eingefordert.381 Demgegenüber war es insbesondere der Sejmik der Wojewodschaft Krakau, der schon unter der Herrschaft Stephan Ba´thorys und dann wiederholt unter Sigismund III. die Vergabe der Vakanzen zu Beginn der Sejmsitzung verlangt hatte. Dies geschah bemerkenswerterweise mit den Jahren 1584 und 1603 in zugespitzten Konfliktsituationen, in denen der kleinpolnische Sejmik in Bezug auf andere Probleme Differenzen mit dem Monarchen austrug.382 Mithin ebenda, 183–192, 194; Instrukcya, dana posłom na sejm z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 27 stycznia 1597 r., in: ebenda, 209–218, 215; Instrukcya dana posłom na sejm z sejmiku, wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 2 stycznia 1603 r., in: ebenda, 243–249, 246. Zum Problem der sogenannten Senatoren-Residenten als beständiger Forderung seit 1573: N, A, Senatorowie rezydenci w latach 1573–1775, in: Studia Historyczne 34.1 (1991), 21–38, 24–26. 381 Zjazd cze˛s´ci szlachty wojewo´dztw wielkopolskich w Kole 10 sierpnia 1590 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 97–103, 99, 101; Sejmik przedsejmowy wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie 4 sierpnia 1592 r., in: ebenda, 157–162, 158; Instrukcja dana posłom sejmowym z sejmiku przedsejmowego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie 17 stycznia 1600 r., in: ebenda, 219–224, 222; Artykuły p. posłom wojewo´dztwa krakowskiego na sejm walny warszawski na sejmiku w Proszowicach roku 1590 die 15 februarii podane (A), in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 140–144, 143; Artykuły p. posłom wojewo´dztwa krakowskiego na sejm walny warszawski na sejmiku w Proszowicach roku 1590 die 15 februarii podane (B), in: ebenda, 144–148, 146; Instrukcya, dana posłom na sejm z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 12 sierpnia 1592 r., in: ebenda, 183–191, 184; Instrukcya, dana posłom na sejm. z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach [w pocza˛tkach kwietnia, 1593 r.], in: ebenda, 191–194, 192 f.; für Litauen gilt Ähnliches: Sejmik gło´wny (przedsejmowy) w Słonimiu (24 II 1589), in: Akta zjazdo´w stano´w Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego. Tom 2: Okresy panowan´ kro´lo´w elekcyjnych XVI–XVII wiek, ed. v. Henryk Lulewicz, Warszawa 2009, 86–89, 87; Uchwala zjazdu stano´w (konwokacji wilen´skiej) WKsL, Wilno, 7 VIII 1593 r., in: ebenda, 104–114, 109–111; Sejmik gło´wny (przedsejmowy) w Slonimiu (12–17 III 1596), in: ebenda, 118–123, 120. 382 Eine andere Stoßrichtung der gleichen Forderung ist für das Jahr 1597 anzunehmen. Hier hatte Sigismund III. in seiner Sejmdelegation explizit eine Modifikation des Sejmverfahrens zur Diskussion gestellt. In diesem Rahmen tauchte auch die bereits 1584 formulierte Forderung wieder auf: R, Sejmy; Instrukcya, dana posłom na sejm z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 10 listopada, 1584 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 99–105, 104; Instrukcya, dana posłom na sejm z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 27 stycznia 1597 r., in: ebenda, 209–218, 215; Instrukcya dana posłom na sejm z sejmiku, wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 2 stycznia 1603 r., in: ebenda: 243–249, 246. Zur Haltung des Krakauer Sejmiks gegenüber der monarchischen Politik in den Jahren 1584 und 1603: R, Interregna, 129; J-M, Rzeczpospolita polska, 101 f.
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
lässt sich der Verweis auf die Vakanzen – ähnlich wie die regelmäßige Ermahnung an den Monarchen, die Wahlkapitulation einzuhalten – einerseits als ein sich topisch verfestigendes Streitvehikel lesen.383 Anderseits bewegte man sich mit dieser Forderung in der üblichen und beständigen Aushandlungslogik, welche die gesamte Dynamik des frühneuzeitlichen Mischverfassungssystems in Polen-Litauen ausmachte. In letzteren Zusammenhang gehörten auch weitere Themenkomplexe, die von den Sejmiki beziehungsweise in den monarchischen Delegationen und der Proposition problematisiert wurden. Zum einen betraf dies prozedurale Fragen des Sejms. Mehrere Sejmiki bestanden darauf, die Konstitutionen am Ende der Sitzung nicht mehr nur von einer kleinen Kommission von Abgeordneten unter der leitenden Instanz der königlichen Kanzlei zur Publikation vorbereiten zu lassen. Solch ein Vorgehen, argumentierte man, entzöge die Gesetzgebung im Namen der drei Sejmstände letztlich deren Kontrolle und ließe Modifikationen unter monarchischem Einfluss zu.384 Der Kontrollgedanke erwies sich ebenso in Bezug auf das Postulat als leitende Motivation, eine ständige senatorische Kommission an der Seite des Königs zu installieren. Bereits 1573 hatte man den zukünftigen König und Großfürsten in den, späterhin auch von Ba´thory und Sigismund beschworenen, Articuli Henriciani darauf verpflichten wollen, einen ständigen Rat aus sechzehn polnischen und litauischen Senatoren einzurichten. Ohne deren Einverständnis, so hatte der Monarch zu geloben, „haben wir in allgemeinen Angelegenheiten nichts unternommen und werden wir [nichts] unternehmen (die Beratungsgegenstände des Sejms nicht verletzend).“385 Weder hatte Stephan Ba´thory diesen Punkt seiner Eidesleistung realisiert noch tat dies Sigismund Wasa.386 Entsprechend tauchte auch diese chronische Forderung im Katalog der Landbotenkammer auf dem Sejm von 1605 auf.387 Senatorische Kontrolle des Monarchen bildete darüber hinaus den Kern eines weiteren Gegenstands, den Sigismund anscheinend wohlweislich aus seinen Themenvorstellungen für den Sejm ausgeklammert hatte. Die anste383 Beide Komplexe wurden unter Umständen auch zu einem Forderungskatalog verbunden, vgl. Zjazd cze˛s´ci szlachty wojewo´dztw wielkopolskich w Kole 10 sierpnia 1590 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 101. 384 Instrukcja z sejmiku przedsejmowego w S´rodzie 1604 roku, 262. 385 Artykuły Henrykowskie [17 maja 1573 r.], in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 1: 1550–1585, ed. v. Stanisław Grodziski, Irena Dwornicka u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2005, 326–329, 327. 386 Stephan Ba´thory hatte demgegenüber einen bei den lokalen Adelseliten hoch umstrittenen Versammlungstypus der „Senatskonvokation“ eingeführt, mit dem er streckenweise Entscheidungsfindungen über den Sejm zu vermeiden trachtete: K, L, Senat za Stefana Batorego, Warszawa 2000, 140–152. 387 Artykuły na Seymie 1605 Kro´lowi Imci. podane, BCz rkps. 100, 109.
3.3 Divergierende Interessen: Dynastische Politik und adlige Ansprüche
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hende zweite Eheschließung des Monarchen hatte bereits in den Jahren zuvor zu heftigen Diskussionen über alle konfessionellen Lager und verwandtschaftlich-politischen Allianzen hinweg geführt. Verschärfte Auseinandersetzungen und Widerstände riefen dabei die sich im Laufe des Jahres 1604 konkretisierenden Pläne des Monarchen hervor, die Schwester der verstorbenen Königin Anna zu ehelichen. Der König hatte zwar mit etlichen Mühen sogar einen offiziellen Dispens des Papstes für diese Ehe erwirken können,388 solch eine – wie deren Gegner argumentierten – inzestuöse Wiederverheiratung Sigismunds stieß aber auch und gerade unter den Katholiken des Doppelreiches auf erhebliche Kritik.389 Aber weder die im Laufe dieses Konfliktes vorgebrachten moralischen und theologischen Einwände noch die Skepsis eines erneuten familiären Bündnisses mit den Habsburgern kamen in den Instruktionen der Sejmiki, den Senatorenvoten oder den Artikeln der Landbotenkammer zur Sprache. Stellvertretend für alle im Rahmen des Sejms von 1605 vorgebrachten Argumentationsmuster kann hingegen der Vorwurf der Landbotenkammer stehen, mit der Wahl seiner neuen Gattin habe sich der König über die „auctoritas Senatus“ hinweggesetzt. Schließlich sei schon in den Articuli Henriciani dessen Mitwirkung an der monarchischen Eheschließung festgeschrieben worden. Die Landbotenkammer ging hier allerdings noch einen Schritt weiter und verlangte die Beteiligung aller Sejmstände an der Entscheidung über die Wahl der neuen Königin.390 Mit der gleichen Stoßrichtung befleißigte sich im Übrigen der Krakauer Kastellan Janusz Ostrogski in seinem Senatorenvotum deutlicher Kritik. Er argumentierte, der Hochzeit Sigismunds müsse vom Sejm zugestimmt werden, da der König zuvörderst der „Ehegatte der Respublica“ sei.391 Die Konfliktelemente, die sich 1605 um die Auslegungen der monarchia mixta zwischen dem Monarchen und Vertretern der Sejmiki eine Rolle spielten, fanden sich auch in den Senatorenvoten des Sejms wieder. Inwieweit die Auslegungen der monarchia mixta nämlich divergieren konnten, zeigt schon der senatorische Umgang mit den gängigen Topoi der Politiklehren beziehungsweise der politischen Rhetorik. Für Wojciech Baranowski beispielsweise, den Bischof von Płock und langjährigen Allianzpartner Jan Zamoyskis, war der Gehorsam neben den Magistraten und den Gesetzen als eines der drei Fundamente der respublica. Dennoch handelte es sich um eine herausgehobene Basis, denn „wer Gott fürchtet, muss auch das Recht fürchten, folgsam dem Haupt und der Obrigkeit.“392 Allerdings kommt in seiner Logik dem Senat als Inkarnation der Obrigkeit die entscheidende Funktion inner388
Dispensatio Summi Pontificis in isto Matrimonio regali, BCz rkps. 100, 521–522. L, Das Leben am Hof. Bd. 3, bes. 1417–1419. 390 Artykuły na Seymie 1605 Kro´lowi Imci. podane, BCz rkps 100, 109. 391 Seym Warszawski dnia 20 stycznia 1605, BCz rkps 100, 32. 392 Ebenda, 30.
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halb des Gemeinwesens zu, nämlich „seditionem inter Principem et populum sedare, leges custodire.“393 Dagegen mochte der Krakauer Starost Janusz Ostrogski den Sejm allgemein als „fundamentum“ des gemeinsamen Hauses respublica beschreiben394 oder Hieronim Gostomski, Wojewode von Posen, in seiner Körpermetapher auf die alles entscheidende Bedeutung des Monarchen als Haupt des Gemeinwesens verweisen.395 Für die weitgehend hochadligen beziehungsweisen episkopalen Eliten des Senats wurde hingegen der Kampf um die Ausgabe von Vakanzen kein zentrales Argument. Dies galt auch für diejenigen, die, wie der Wojewode von Brzes´c´ Kujawski, Andrzej Leszczyn´ski, offene Kritik am Monarchen äusserten. Dieser prominente Vertreter der großpolnischen evangelischen Interessen erinnerte Sigismund III. zuvörderst an die Einhaltung der Wahlkapitulation und damit der Warschauer Konföderation.396 Ausführungsbestimmungen zur Warschauer Konföderation zu verlangen, war beileibe nichts Neues, sondern gehörte seit deren erstmaliger Unterzeichung im Jahr 1573 zum ebenso beständigen wie vergeblichen Forderungsrepertoire der Nichtkatholiken. Die konfessionellen Auseinandersetzungen hatten dabei mit den städtischen Ausschreitungen in Krakau, Wilna, Posen und Danzig letztmals Ende der 1590er Jahre vor dem Hintergrund etlicher städtischer Ausschreitungen eine Zuspitzung erfahren.397 Der polemische Streit um die Umsetzung der Toleranzregelung hielt jedoch bis in die ersten Jahre des 17. Jahrhunderts unvermindert an.398 Auch die Instruktionen etlicher Sejmiki mahnten an, die religiöse Toleranzregelung einzuhalten und 393
Ebenda, 29. Ebenda, 31. 395 Ebenda, 34. 396 Ebenda, 37 f. 397 Zu Krakau ist insbesonder ein deutliches Anwachsen der konfessionellen Spannungen ab 1578 konstatiert worden: Materiały do dziejo´w reformacji w Krakowie. Zaburzenia ˙ elewski, Wrocław u.a.1962. Der erste wyznaniowe w latach 1551–1598, ed. v. Roman Z größere Tumult war in Wilna 1581 zu verzeichnen, der nächste 1588, während des Interregnums, die nächsten Ausschreitungen 1591 und zuletzt 1598: W, T, Tolerancja religijna w Wielkim Ksie˛stwie Litewskim w XVI–XVII w., in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 19 (1974), 117–128, 120 f.; zu Posen, wo ebenso die ersten Unruhen in den 1570er Jahren ausbrachen und dann Mitte der 1590er Jahre nochmals aufflammten: T, M Sinners on trial. Jews and sacrilege after the reformation, Cambridge u.a. 2011, 93 f.; ähnlich in Danzig: K, Jezuici w trzech wielkich miastach pruskich, 180 f.; mit Einschränkungen angesichts des normativen Einschlags: S, W, Nienawis´c´ wyznaniowa tłumo´w za rza˛do´w Zygmunta III-go, Warszawa 1902. Zur Verantwortung Piotr Skargas bei der Entstehung religiös motivierter Gewalt in Polen-Litauen: H, I, Wołanie na tumult. Prolegomena do badan´ nad przemoca˛ w stosunkach mie˛dzywyznaniowych w Rzeczypospolitej w XVI i XVII wieku, in: Acta Universitatis Lodziensis. Folia litteraria polonica 21.3 (2013), 67–95, 85–95. 398 K, Klejnot swobodnego sumienia, 94–102. 394
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deren Umsetzung in einem „Konföderationsprozess (proces konfederacji)“ zu konkretisieren. Dies war ebenfalls bereits in den Jahren zuvor geschehen399 und beruhte nicht zuletzt seit den späten 1590er Jahren immer deutlicher auf dem Einfluss einer evangelisch-orthodoxen Hochadelsallianz auf verschiedenen Sejmiki in Großpolen, Litauen und Ruthenien. Hierzu zählten nicht nur Andrzej Leszczyn´ski und Krzysztof Radziwiłł an der Spitze der Radziwiłł-Birsen, sondern besonders auch der Orthodoxe Konstanty Ostrogski – letzterer als führender Kopf eines orthodoxen Widerstands gegen die Brester Union von 1596.400 Dass sich in diesem Zusammenhang wiederum recht wechselhafte Bündnisse bilden konnten, zeigt unter anderem der Umstand, dass der Katholik Jan Zamoyski als einer der Propagatoren der Brester Union an der Seite des Königs nun ein Einverständnis mit Ostrogski gefunden hatte.401 So fand sich auf dieser Ebene wieder einmal dieselbe Koalition zusammen, die auf der Basis verwandtschaftlich aktivierter Bindungen ebenso den Konflikt um die Hochzeit Janusz Radziwiłłs mit Fürstin Zofia von Słuck gegen die Konkurrenten Chodkiewicz bestritten hatte.402 Zu dieser Entwicklung passte auch die von Marcin Broniewski, einem Böhmischen Bruder, der den Radziwiłł-Birsen ebenso wie den Ostrogski verbunden war, ein Jahr nach der Brester Union publizierte Polemik unter dem Titel Ekthesis. Hier entwickelt er unter anderem eine grundlegende Kritik am Primat des Papstes und verteidigte aus einer evangelischen Position heraus die Orthodoxie.403 Im Rahmen des Sejms hatte die evangelisch-orthodoxe Allianz nach den Anfängen der späten 1590er Jahre vor allem 1601 einen ersten Höhepunkt
399 W, H, Walka o realizacje˛ konfederacji warszawskiej za panowania Zygmunta III Wazy, in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 19 (1974), 129–149, 134–138; B, J, Udział Jednoty Brackiej w walce o proces i egzekucje˛ konfederacji warszawskiej, in: Odrodzenie i reformacja w Polsce 22 (1977), 159–175, 166 f., 173; K, Wobec kontrreformacji, 139–144, 176–179, 185 f., 193 f. 400 K, T, Konstanty Wasyl Ostrogski (ok. 1524 / 1525–1608). Wojewoda kijowski i marszałek Ziemi Wołyn´skiej, Torun´ 1997, 119–170. 401 K, Wobec kontrreformacji, 202. 402 Vgl. in diesem Kap. S. 374 u. Kap. 3.2, S. 337. 403 B, M, Ekthesis abo kro´tkie zebranie spraw, kto´re sie( działy na partykularnym, to jest pomiastnym Synodzie w Brzes´ciu Litewskim, ed. v. Janusz Bylin´ski u. Jo´zef Długosz, Wrocław 1995; hierzu D, J, Waz˙niejsze druki polemiczne dotycza˛ce Unii Brzeskiej (1588–1648), in: Andrzej J. Zakrzewski / Janusz Fałowski (Hg.), 400-lecie Unii Brzeskiej. Tło polityczne, skutki społeczne i kulturalne, Cze˛stochowa 1996, 147–159, 150 f.; zu Marcin Broniewski, der sich aus der Wojewodschaft kommend schließlich in Großpolen ansiedelte und dort seine schon in Kiew unter dem Schutz Ostrogskis entwickelte Aktivität auf dem Sejmik fortsetzte: B, J, Marcin Broniewski – trybun szlachty wielkopolskiej w czasach Zygmunta III, Wrocław 1994, 73–95; zu Broniewskis Engagment in Kiew: K, Wobec kontrreformacji, 140–142.
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gefunden, als gemeinsame Gravamina formuliert wurden. Beide Partner brachten hier ihre Beschwerden vor, die sich für die Evangelischen nicht zuletzt auf konfessionellen Ausschreitungen in Krakau, Posen, Danzig und auf die Auseinandersetzungen der Jahre 1598 und 1599 in Wilna bezogen, bei denen Jesuitenschüler sowohl die orthodoxe als auch die reformierte Gemeinde angegriffen hatten.404 Bestanden die Orthodoxen weiterhin auf der Wahrung ihrer „althergebrachten Freiheiten“, beklagten insbesondere die Evangelischen den mangelnden Zugang zu Ämtern und Würden und formulierten ihre Befürchtungen angesichts eines als zunehmende Bedrohung formulierten Einflusses des Jesuitenordens.405 Das Bündnis von Orthodoxen und Evangelischen erwies sich jedoch in den unmittelbaren Folgejahren nicht nur als streckenweise fragil, sondern wurde auch durch personelle Diskontinuitäten auf die Probe gestellt. Fürst Konstanty Ostrogski als prominentester Verteidiger der Orthodoxie war altersbedingt nicht mehr in der Lage, Sejmsitzungen zu besuchen. Sein jüngster Sohn Aleksander jedoch, als letzter Orthodoxer seiner Familiengeneration Erbe des weltlichen Patronats über die polnischen und litauischen Orthodoxen, starb unerwartet im Jahr 1603.406 Auch die Reformierten hatten mit dem Tod Krzysztof Radziwiłłs an der Spitze der Radziwiłł-Birsen einen deutlichen Verlust zu erleiden, so dass nun nur noch dessen – ämterlosem – Sohn Janusz und dem Wojewoden von Brzes´c´ Kujawski, Andrzej Leszczyn´ski, innerhalb des evangelischen Hochadels faktische Führungspositionen zukamen. Auf dem Sejm von 1605 rückte die Konfessionsfrage allerdings nicht nur in den Senatorenvoten, sondern auch in den Stellungnahmen der Landbotenkammer deutlich in den Hintergrund. Dies galt ebenso für die Artikel, die die Landboten am Ende der Sitzung dem Monarchen vorlegten, den sie als ihr Projekt zum Sejmabschied von Sigismund bestätigt sehen wollten. Hier behandelte man die Verteidigung der Warschauer Konföderation lediglich in einem wenig prominent herausgehobenen Paragraphen im hinteren Abschnitt des Forderungskatalogs. Angesichts der Tatsache, dass es aktuell keinerlei unmittelbar auslösenden Anlass für eine konfessionelle Zuspitzung gab,407 muss letztlich offenbleiben, ob es sich hierbei um eine rein strategische
Zˇ, P N.,Sejmovaja bor’ba pravoslavnago zapadnorusskago dvorjanstva s cerkovnej uniej (do 1609 g.), St. Petersburg 1901, 401; K, Wobec kontrreformacji, 182 f.; S, Nienawis´c´ wyznaniowa tłumo´w, 105–107. 405 K, Wobec kontrreformacji, 187. 406 K, H, Art. Aleksander Ostrogski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 24, Wrocław u.a. 1979, 480; K, Dzieje rodu Ostrogskich, 126–132. 407 Die stark debattierten Übergriffe auf die evangelischen Gemeinden in Krakau, Wilna, Posen und Danzig etwa lagen bereits mehr als ein Jahrzehnt zurück und auch die Brester Union stellte 1605 trotz aller anhaltenden Auseinandersetzungen keinen frischen Streitgegenstand mehr dar. 404
3.3 Divergierende Interessen: Dynastische Politik und adlige Ansprüche
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Hintanstellung religiöser Streitfragen ging. Zumindest lässt sich festhalten, dass die konfessionelle Auseinandersetzung zwar durchaus von Bedeutung war, argumentativ jedoch keine Schlüsselrolle einnahm. In Bezug auf die außenpolitischen Fragen, die den Sejm von 1605 umtrieben, erwies sich das letzte Senatorenvotum des Kronkanzlers Zamoyski zu Lebzeiten auf den ersten Blick als unspektakulär. Frieden mit den Osmanen, Tribute an die Tataren sogar aus Steuergeldern oder die Verhandlungen mit dem Haus Brandenburg – in all diesen Fragen zeigte Jan Zamoyski keine grundsätzlichen Differenzen mit Sigismund III. Wasa.408 Lediglich eine Intervention zugunsten des vorgeblichen Zaren Dmitrij fand beim Kanzler und Großhetman keine Zustimmung.409 Die Sprengkraft der Rede, die sie auch als oft kopierten Text im Rokosz attraktiv machen sollte, verbarg sich hingegen in ihrem zweiten Teil. Hier nahm Zamoyski offensiv die Artikel von Bełz auf. Der Minister, der die Stellung des eigenen Hauses über die Gründung eines Ordinats abgesichert hatte, wetterte gegen ausländische Titel als Verstoß gegen die adlige „aequalitas“.410 Zamoyski blieb jedoch nicht bei solcher Denunziation seiner Konkurrenten stehen. Die Kritik an fremden Titeln richtete sich dabei recht unzweideutig gegen Zygmunt Myszkowski und andere, die den Platz in der engen Umgebung des Monarchen eingenommen hatten, der einst dem Kanzler selbst zugekommen war. Daran ließ auch der nahezu nostalgische Verweis Zamoyskis auf die Regierung Stephan Ba´thorys keinen Zweifel.411 Um sein Gewicht gegen die neuen Favoriten und den König ins Spiel zu bringen, verwies der Ordinat von Zamos´c´ umso eindringlicher auf die Bedeutung der Artikel seines Sejmiks.412 Neben der exponierten Warnung vor einer Erbmonarchie definierte Zamoyski in diesem Kontext vor allen Dingen die Rolle des Sejms in einer eigenwilligen Weise. Nicht, um Steuern zu verabschieden, käme die Ständeversammlung alle zwei Jahre zusammen, „sondern damit die Exorbitantien, sie sich in der respublica gezeigt haben, eingebracht und rechte remedia gegen sie besprochen werden.“413 In diesem Sinne seien jegliche Gravamina keine Majestätsbeleidigung. Vielmehr gehörten sie zum freien Rederecht des Adels. Zamoyskis Anstrengungen schienen zu verfangen und seine Argumente auf fruchtbaren Boden zu fallen. Zumindest entsprachen die Gravamina, die die Landbotenkammer dem Monarchen vorlegte, weitgehend den Artikeln von Bełz. Das formale Scheitern des Sejms machte sich entsprechend an der 408
Mowa Zamojskiego na sejmie 1605, 85 f., 89. ebenda, 86–88. 410 Ebenda, 91 f. 411 Ebenda, 86 f. 412 Dass es sich tatsächlich um einen ihm eng verbundenen Sejmik handelte, unterstrich Zamoyski selbst, ebenda, 94. 413 Ebenda, 94. 409
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
Weigerung Sigismunds III. fest, wie vom Unterhaus gefordert, seine Unterschrift unter die ihm präsentierten Beschwerdeartikel zu setzen. Zwischen der Ablehnung der expansiven Moskaupolitik, der schwedischen Expedition und der Heirat mit Konstanze von Habsburg, zwischen den konfessionellen Beschwerden von Protestanten und Orthodoxen oder der Unzufriedenheit der mit Zamoyski verbundenen Adelsgruppen hatten sich genügend Motive akkumuliert, die einen Eklat zwischen Teilen des Adels und dem Monarchen provozierten.414 Die Dmitrijade war entsprechend Teil eines umfangreichen Themenkomplexes an der Schnittstelle dynastisch-außenpolitischer Interessen des Monarchen einerseits und innenpolitischer Rahmensetzungen andererseits, der die Auseinandersetzungen des Jahres 1605 und darüber hinaus prominent beherrschte. Von Beginn seiner Regierungszeit in Polen-Litauen an war Sigismund Wasas Handeln nicht zuletzt von den Zwängen einer dynastischen Politik geprägt gewesen, die den Rahmen des polnisch-litauischen Doppelreiches überschritt. Die Mächtekonstellation des baltischen Raumes führte dabei nicht nur zu Inkongruenzen schwedischer und polnisch-litauischer Interessen, wie am Fall der territorialen Zugehörigkeit Estlands deutlich wurde. Auch das Verhältnis zu Moskau berührte vitale und dabei divergierende Interessen Schwedens wie Polen-Litauens. Es gehörte jedoch ebenso in den weiteren Kontext der Beziehungen zu den Habsburgern und dem Osmanischen Reich. Zu guter Letzt bildete das Problem der Sukzession im Herzogtum Preußen und die hiermit verbundene Frage des Verhältnisses zum Haus Brandenburg in den größeren Rahmen einen weiteren Problemkreis, der stets in Hinsicht auch auf die dynastische Verbindung mit Schweden zu lesen war. Zeigte sich auch Johann III. Wasa von Schweden gegenüber einer polnischen Thronkandidatur seines Sohnes Sigismund zunächst zurückhaltend, überwogen schließlich neben Prestigeerwägungen wohl strategische Überlegungen in den schon länger schwelenden Auseinandersetzungen mit Moskau.415 Der schwedische König hatte eine Expansionspolitik zu betreiben begonnen, die ihn in einen andauernden kriegerischen Konflikt mit dem östlichen Nachbarn um Lappland verwickelte,416 wobei sich auch das schwedisch-polnische Konkurrenzverhältnis in Bezug auf separat geführte Kriegshandlungen gegen Moskau als problematisch erwies.417 Hinter dem 414
Trotz problematischer Wertungen: S, Sejm z r. 1605, 172–175. Zur Mächtekonstellation im baltischen Raum an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert allgemein: K, Northern Europe in the Early Modern Period, 75–163; O, War and Peace in the Baltic, 27–53; S, H, Konfessionalisierung und Staatsinteressen. Internationale Beziehungen 1559–1660, Paderborn u.a. 2007 (Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen 2), 308–345. 416 R, M, The Early Vasas. A History of Sweden (1523–1611), Cambridge 1968, 263–269. 417 Ebenda, 263 f. 415
3.3 Divergierende Interessen: Dynastische Politik und adlige Ansprüche
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Projekt einer Personalunion des Doppelreiches mit Schweden standen entsprechend divergierende Ambitionen: „From the beginning each side set out to exploit the other; and it was scarcely surprising that in the end both were disappointed.“418 Mit dem faktischen Verlust seines schwedischen Erbthrones im Jahr 1599 änderten sich notwendigerweise auch die Prämissen von Sigismunds Politik. Seinen wiederholten Versuchen, die Unterstützung des Sejms zu erhalten, um den dynastischen Konflikt mit seinem Onkel und Thronusurpator Karl von Södermannland auszutragen, war nur relativ bescheidener Erfolg vergönnt.419 Stattdessen übertrug sich der Konfliktaustrag umso stärker auf das von beiden – nun wieder offen als Konkurrenten auftretenden – Monarchien beanspruchte Livland und Estland. Damit war insbesondere Litauen recht unmittelbar von der militärischen Bedrohung aus Schweden betroffen.420 Gerade 1604 hatte Sigismund dann mit dem Sieg von Kirchholm zumindest einen präsentablen Teilerfolg zu verzeichnen.421 Obwohl sich der Sejm durchaus nicht konsequent für eine Kriegsfinanzierung entscheiden wollte, war im Falle des Krieges um Livland und Estland dabei seit 1599 eine zuvor kaum erreichbare Kongruenz der Interessen von Ständen und Monarch in Polen-Litauen zu verzeichnen.422 Anders verhielt es sich dagegen, wie bereits erwähnt, in Bezug auf einen Krieg mit Moskau. Hier schieden sich die Geister sowohl in den hochadligen wie auch in den lokalen Eliten noch deutlicher, wobei die Positionen teils von regionalen Motivationslagen, teils von innenpolitischen Positionierungen abhängig waren.423 Bereits Jarema Maciszewski hat in seinen Arbeiten dezidiert auf die sehr differenzierten Gründe 418
Ebenda, 270. S, Mocarstwowe da˛z˙enia, 155–183; O-S, Dynastia Wazo´w, 84 f. 420 S, H, Wojna daleka a bliska. Problem wpływu wojen pierwszej połowy XVII wieku na społeczen´stwo, in: Bogusław Dybas´ (Hg.), Wojny po´łnocne w XVI–XVIII wieku. W czterechsetlecie bitwy pod Kirchholmem, Torun´ 2007, 225–232, 225 f. 421 Obwohl es sich bei der Schlacht von Kirchholm um eine eindeutige Niederlage der schwedischen Truppen handelte, wurde sie dabei von beiden Seiten in Flugschriften zu vereinnahmen versucht: S, Bitwa kirchholmska w s´wietle polsko- i niemieckoje˛zycznych gazet ulotnych. Zur Schlacht von Kirchholm und deren Verlauf im Allgemeinen: W, H, Bitwa kirchholmska – pytania i wa˛tpliwos´ci, in: Bogusław Dybas´ (Hg.), Wojny po´łnocne w XVI–XVIII wieku. W czterechsetlecie bitwy pod Kirchholmem, Torun´ 2007, 15–22; F, R I., The Northern Wars. War, State and Society in Northeastern Europe (1558–1721), Harlow u.a. 2000, 53–62. 422 S, Mocarstwowe da˛z˙enia, 183–208. 423 Dagegen argumentierte Jarema Maciszewski, die Stellungnahmen für und gegen eine Intervention auf Seiten des falschen Dmitrij seien rein von der Frontbildung zwischen „hofnahen“ und „oppositionellen“ Sejmiki gerägt gewesen: M, J, Szlachecka opinia publiczna w Polsce wobec interwencji w Moskwie, in: Kwartalnik Historyczny 70.2 (1963), 363–386, 367 f.; ., Polska a Moskwa, 61–65. 419
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
aller Akteure für oder gegen die Intervention in Moskau hingewiesen. Vom Monarchen dürfte das Auftauchen des falschen Dmitrij in mehrerlei Hinsicht als günstige Option begriffen worden sein. Mit Dmitrij hätte Sigismund III. nicht allein über einen engen – und abhängigen – Verbündeten verfügt, der die bisherigen Friedensverträge mit Polen-Litauen garantierte.424 Vielmehr schien ein solcher Zar kein Kandidat für bedrohliche Bündnisschlüsse mit Schweden oder auch nicht genehme Verbindungen mit den Habsburgern, wie sie erst kurz zuvor unter Boris Godunov noch aktuell waren.425 Im Jahr 1603 kursierten in der internationalen Diplomatie Gerüchte über eine mögliche Eheschließung Erzherzog Maximilians von Habsburg, des unterlegenen Thronprätendenten bei der polnisch-litauischen Doppelwahl von 1587, mit der Tochter Boris Godunovs. Obwohl dies anscheinend keine größere Besorgnis am Hof auslöste, macht dies dennoch deutlich, dass das Verhältnis Sigismund Wasas zum Haus Habsburg sich nicht undifferenziert als enge Allianz beschreiben lässt. Dass etwa Maximilian keineswegs auf seine polnischen Thronansprüche verzichten wollte, war europaweit ein offenes Geheimnis. Beredt scheint in diesem Zusammenhang die Bemerkung der englischen Königin Elisabeth I. an den polnischen Gesandten Paweł Działyn´ski. Letzterem antwortete sie noch im Jahr 1597 bissig, der Diplomat habe wohl das enge Bündnis mit dem Haus Habsburg und dessen Größe und Bedeutung betont. Er solle dabei allerdings nicht vergessen, dass dasselbe Haus immer noch versuche, das polnische Szepter an sich zu reißen.426 Seit dem Tod der Königin Anna zu Beginn des Jahres 1598 stand nun die Frage einer erneuten Heirat des Monarchen im Raum. Das Vorhaben Sigismunds, mit Konstanze eine Schwester der verstorbenen Königin zu ehelichen, führte dabei wie bereits erwähnt zu teils heftigem Widerstand. Angesichts dessen versuchte der Monarch offensichtlich, 1605 einer weiteren Diskussion über seine Heiratspläne auszuweichen. Jedenfalls thematisierten weder die Sejmikdelegationen noch die Proposition auf dem Sejm selbst seine unmittelbar bevorstehende zweite Eheschließung. Dass diese Frage sich zumindest zu diesem Zeitpunkt anscheinend zu keinen größeren polemischen Einlassungen mehr eignete, zeigten jedoch sowohl die Sejmikinstruktionen als auch die Senatorenvoten. In diesem Zusammenhang war es dann auch lediglich Jan Zamoyski, der sein Votum dazu benutzte, die bevorstehende Eheschließung
424 Erst 1601 war von einer polnisch-litauischen Gesandtschaft unter der Führung des Litauischen Kanzlers Lew Sapieha ein „Ewiger Frieden“, recht virtuelle Unionspläne mit Moskau inklusive, ausgehandelt worden: K, R, Wste˛p, in: Eliasz Pielgrzymowski, Poselstwo i kro´tkie spisanie rozprawy z Moskwa˛, Warszawa 2010, 7–26, 8 f. 425 M, Polska a Moskwa, 45 f. 426 S, Mocarstwowe da˛z˙enia, 252.
3.3 Divergierende Interessen: Dynastische Politik und adlige Ansprüche
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des Monarchen noch einmal in einem Zug mit den angeblichen Plänen einer Thronfolge vivente rege abzuwatschen.427 Trotz aller Annäherungsversuche bestimmten die latenten Spannungen mit den Habsburgern auch die Politik gegenüber dem Osmanischen Reich. So scheiterten nicht zuletzt vor dem dynastischen Hintergrund die päpstlichen Vermittlungsversuche zwischen Polen-Litauen und Rudolf II. zum Aufbau einer antiosmanischen Liga.428 Die osmanischen Interessen wiederum richteten sich in erster Linie auf friedliche Beziehungen, da sich die Expansion des Reiches vor allem auf Ungarn und den Balkan konzentrierte.429 In diesem Sinne war man sogar um Polen-Litauen als Bündnispartner bemüht. Nicht allein, dass die Sultane sich aktiv in die polnischen Königswahlen einzuschalten versuchten, um ihnen genehme Kandidaten zu fördern. Im Friedensvertrag von 1598 bot Mehmed III. Polen sogar ein Bündnis gegen die Habsburger an.430 Mithin kam es in dieser Periode fast ausschließlich in Bezug auf das Fürstentum Moldau zu einer Konfrontation polnisch-osmanischer Interessen.431 Diese Gemengelage fand ihren Ausdruck in zahlreichen sukzessiv erneuerten Friedensverträgen, die zumindest in der ersten Hälfte der Regierungszeit Sigismunds III. fortgesetzt wurden.432 Entsprechend findet sich in der polnischen Wahrnehmung ein sehr ambivalentes Bild der „Türken“, das zwischen kultureller Faszination und Bedrohung durch den Erbfeind der Christenheit oszillierte.433 Als problematisch erwiesen sich allerdings die Übergriffe der unter osmanischer Oberhoheit stehenden Krimtartaren auf die südöstlichen Gebiete Polens, welche die polnisch-osmanischen Beziehungen zu belasten drohten.434 Die Attacken der tatarischen Rei427
S, Sejm z roku 1605, 140 f. N, J P, Die Verhandlungen über den Beitritt Polens zu einer antiosmanischen Liga in den Jahren 1595 bis 1597, in: Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Jagiellon´skiego. Prace Historyczne 121 (1996), 81–95, 83. Zur komplexen Bündnissituation: P,J, Habsburska´ monarchie a sta´ty vy´chodnı´ Evropy v obraneˇ proti Turku˚m ˇ asopis Matice Moravske´108 (1989), 257–273. na konci 16. stoletı´, in: C 429 K, D, Polen und die Osmanen im 17. Jahrhundert, in: Walter Leitsch / Stanisław Trawkowski (Hg.), Polen und Österreich im 17. Jahrhundert, Wien / Köln / Weimar 1999, 261–276, 264. 430 D., Ottoman-Polish Diplomatic Relations (15th-18th Century). An Annotated Edition of ’Ahdnames and Other Documents, Leiden / Boston / Köln 2000, 127. 431 N, Die Verhandlungen über den Beitritt, 88 f. 432 Erst im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts kam es zu einer offenen Konfrontation mit dem Osmanischen Reich: K, Ottoman-Polish Diplomatic Relations, 127. 433 B,M, Szlachta polska wobec Wschodu turecko-tatarskiego. Mie˛dzy fascynacja˛ a przeraz˙eniem (XVI–XVIII w.), in: S´la˛ski Kwartalnik Historyczny Sobo´tka 37.3 / 4 (1982), 184–193. 434 B,B, Polska a Tatarszczyzna w latach 1624–1629, Ło´dz´ 1948, 14 ff. Dabei ist die Motivation der Raubzüge einerseits mit kosakischen Angriffen auf die 428
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
ter zogen, neben den Plünderungen, erhebliche Bevölkerungsverluste in den betroffenen Regionen nach sich.435 Der Taktik der blitzartigen Überfälle, bei denen sich die Reiter nach dem Plündern sofort wieder zurückzogen, vermochten die polnischen Truppen nicht zuletzt angesichts des schon aufgrund seiner schieren Größe schwer kontrollierbaren Grenzgebiets kaum wirksame Abhilfe entgegenzusetzen.436 Entsprechend waren es auch 1605 im Grunde unumstrittene Vorhaben der königlichen Außenpolitik, den Frieden mit dem Osmanischen Reich zu erhalten und die südöstliche Grenzregion vor Einfällen der Tataren zu schützen. Dennoch geriet insbesondere die Frage nach einer Finanzierung des Schutzes gegen die Tataren in den Fokus innenpolitischer Auseinandersetzungen. So lehnte etwa der von Jan Zamoyski weitgehend beeinflusste Sejmik von Bełz in seiner Instruktion ab, die finanziellen Forderungen der Tataren aus Steuererhebungen zu befriedigen.437 Schließlich stand seit 1603 die ungelöste Frage nach Übernahme der Vormundschaft über den geistig umnachteten Albrecht Friedrich im Herzogtum Preußen an. Nach dem Tod des vorherigen Administrators Georg Friedrich (1578–1603) von Hohenzollern-Ansbach, begannen langwierige Verhandlungen mit dem Brandenburgischen Kurfürsten Joachim Friedrich (1546– 1608) über die Übernahme der Kuratel. Der Brandenburger strebte darüber hinaus für den Todesfall des kinderlosen Albrecht Friedrich die Belehnung mit dem Herzogtum Preußen an.438 In Polen rief diese Entwicklung eine lebhafte Diskussion hervor, in deren Zuge nicht erst 1604 und 1605 Stimmen laut wurden, man solle das preußische Lehen lieber an Polen heimfallen lassen als dem Kurfürsten eine Etablierung in Preußen zu erlauben.439 Sigismund war allerdings einer Administration durch die Brandenburger nicht abgeneigt, schon allein um einem Konflikt mit dem Kurhaus Branden-
Tataren von polnischem Territorium aus erklärt worden, die Polen-Litauen nicht zu kontrollieren vermochte. In diesem Sinne beschwerte sich auch eine Gesandtschaft des Sultans auf dem Sejm von 1605 (S, Sejm z r. 1605 182 f.; B, Szlacht polska wobec Wschodu, 190. Andererseits hat man auch die materielle Notwendigkeit von Raubzügen für die Tataren betont: M,R, Z problematyki walk z Tatarami w pierwszej połowie XVII, in: S´la˛ski Kwartalnik Historyczny Sobo´tka 30.2 (1975), 231–241, 236. 435 H, M, Skutki najazdo´w tatarskich z lat 1605–1633 na Rus´ Czerwona˛, Wrocław 1964, 92 f. 436 S, Stosunki polsko-tatarskie, 255–261. 437 Instrukcyja Wojewo´dztwa bełskiego, Posłom na Seym Warszawski 1605, 205 f. 438 J-M, B / M, F, Rzeczpospolita Polska a Prusy Ksia˛z˙e˛ce w latach 1598–1621. Sprawa sukcesji brandenburskiej, Warschau 1988; zur Frage der Vormundschaft: H, S, Die preußische Gesandtschaft nach Warschau im Frühjahr 1589, in: Zeitschrift für Ostforschung 41 (1992), 68–94, 72 f. 439 H, Gesandtschaft, 69, 80, 86 f.
Zusammenfassung: Der Modus vivendi einer Mischverfassung
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burg zu entgehen, dessen Unterstützung er gleichzeitig in den Auseinandersetzungen um seinen schwedischen Erbthron suchte.440
Zusammenfassung: Der Modus vivendi einer Mischverfassung Die generelle Feststellung, dass Aushandlung unter den Bedingungen frühneuzeitlicher Kategorien von Herrschaft und Untertanen als „asymmetrische Interaktion“ zu begreifen ist,441 gilt auch für die polnisch-litauische Konstruktion eines regimen mixtum. Als herausragender Bezugspunkt stand der Monarch dabei an der Spitze des institutionellen Konglomerats respublica. In exponentieller Weise darf für ihn gelten, was in Abstufung für alle Amtsund Würdenträger als diejenigen Akteure festzustellen ist, die die institutionellen Strukturen des Gemeinwesens zum großen Teil konstituierten: Die Wahl seiner Handlungsoptionen, die Verwendung seiner Herrschaftsanteile und der Aufbau seiner Machtstellung und Autorität bestimmten in hohem Maße die Interaktion innerhalb des regimen mixtum. Hochadlige wie lokale Eliten mussten sich innerhalb des Systems in erster Linie zuvörderst in Bezug zu dieser monarchischen Orientierungsgröße positionieren. Hiermit soll zwar nicht negiert werden, dass ein Handlungsspielraum „von unten“ bestand.442 Allerdings ist dieser nur im Rahmen der hierarchischen Ordnung zu verstehen, die das Handeln der Akteure auf verschiedenen Ebenen strukturierte. Hochadlige Gruppenbildungen waren in all der Diversität der sie verbindenden Interessen auch immer auf die Sicherung von Ämtern, Würden und Benefizien ausgerichtet. Nur dies sicherte schließlich ihre Stellung innerhalb von Adel und Gemeinwesen. Konnten sie ihre Interessen nicht innerhalb des Systems erfolgreich verfolgen, wie etwa die Radziwiłł-Birsen oder spätestes nach Zamoyskis Tod dessen engste Allianzpartner, provozierte dies eine gefährliche Unzufriedenheit. Die hochadligen Eliten beziehungsweise die Neuaufsteiger in diesen Kreis konnten dabei – trotz aller möglicher Schwierigkeiten – grundsätzlich auf einen vergleichsweise direkten Zugang zum Monarchen oder zu dessen engerer Umgebung zurückgreifen. Dieser Weg, sich Gehör zu verschaffen, stand den lokalen Sejmikeliten in dieser Form nicht zur Verfügung. Sie waren in erster Linie auf den Sejm verwiesen oder brauchten ihrerseits die Vermittlung des ihnen wiederum zu440
W, Zygmunt III Waza, 77. R, W, Zusammenfassung: Staatsbildung durch ,Aushandeln‘? in: Ronald G. Asch / Dagmar Freist (Hg), Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der Frühen Neuzeit, Köln 2005, 429–438, 434. 442 Für die polnische Forschung hat sich dies vor allem in der Forschungsdiskussion über „Adelsdemokratie“ und „Magnatenoligarchie“ niedergeschlagen, vgl. hierzu die Überlegungen in der Einleitung, S. 38–45. 441
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3. Monarchia Vasorum: Sigismund III. und sein Adel
gänglichen Hochadels. Wenn Unzufriedenheit der lokalen Eliten und von Vertretern des Hochadels zur Deckungsgleichheit kamen, bot der Sejm ein Instrument, über das Aushandlungsprozesse mit dem Monarchen zugunsten der hierarchisch unterlegenen Stände möglich schienen. Konsequenz hieraus mochte dann auch ein Scheitern der Sejmsitzung wie im Jahr 1605 sein. Die wenigen programmatischen Aussagen, die Sigismund III. Wasa nachvollziehbar zugeschrieben werden können, wie etwa die ephemere Architektur oder die religiöse Devotion, rückten dynastische Tradition und Frömmigkeit in den Mittelpunkt. Selbst wenn man konstatiert, dass sich Dynastie und Frömmigkeit als Leitlinien durch die Herrschaftsrepräsentation des Wasas zogen, sollte dies nicht dazu führen, dem Monarchen ein allzu geschlossenes Herrschaftsprogramm zu unterstellen. Zweifelsohne ging Sigismund in diesem Zusammenhang etwa eine Allianz mit dem Jesuitenorden ein, ohne dass dies jedoch eine komplette Interessensgleichheit dieser Bündnispartner implizierte. Überhaupt kann man nur relativ vorsichtige Aussagen bezüglich vermeintlich programmatischer Vorstellungen Sigismund Wasas über seine Königsherrschaft oder die Monarchie im Allgemeinen treffen. So lassen die dem Monarchen oder seiner engsten Umgebung gewidmeten politiktheoretischen oder theologischen Schriften nur bedingt quellenkritisch nachvollziehbare Rückschlüsse auf die Ansichten der Adressaten zu. Die Doppelwahl des Jahres 1588 und die anschließenden Unklarheiten und Gerüchte über eine eventuelle Thronabtretung zugunsten des Hauses Habsburg, die nicht zuletzt im Kontext der schwedischen Interessen und familiären Verbindungen des Wasas standen, erschwerten die ersten Regierungsjahre des neuen Königs. Vor allem Kronkanzler Zamoyski, den Sigismund als ersten Minister aus Stephan Ba´thorys Zeiten geerbt hatte, nutzte die hieraus entstehenden Verunsicherungen des Adels wohl gezielt aus. Weitere Unzufriedenheit ergab sich aus einer konfessionellen Haltung des Monarchen, die über die programmatischen Ansätze der königlichen Herrschaftsrepräsentation besonders in den Mittelpunkt rückte. Dabei konnten sich nicht nur die Evangelischen, sondern auch die Orthodoxen bedroht fühlen, was eine bis zu diesem Zeitpunkt nicht gekannte intensive Allianz der Vertreter von nichtkatholischen Bekenntnissen zur Folge hatte. Die Verhältnisse am Hof und in der engeren Umgebung des Monarchen, die einen Wechsel der unter Ba´thory etablierten personellen Strukturen nach sich zog, führten dabei zu Anpassungen mit neuen Gewinnern und Verlieren im Hochadel und entsprechend den mit ihm verbundenen lokalen Adelseliten. Auf der Seite derjenigen, die ihre konfessionelle oder familiäre Stellung bedroht sahen, konnte diese Gesamtsituation schließlich mit mangelndem Vertrauen dem Monarchen und seinen Favoriten gegenüber beschrieben werden. Solch ein Argument war dabei keine Neuentdeckung der Herrschaftszeit des ersten Wasas. Abgesehen von den ersten Interregna, die schon deutlich die zentrale Position des Vertrauens als Basis der concordia gezeigt hatten, war Miss-
Zusammenfassung: Der Modus vivendi einer Mischverfassung
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trauen auch zuvor in der Kritik an Stephan Ba´thory eines der zentralen Schlagworte.443 Angesichts der sehr verschiedenen Konfliktfelder, die sich in der ersten Hälfte der Herrschaft Sigismunds III. öffneten, schien in diesem Sinne vor allem die Kumulation etlicher Anlässe zu Misstrauen bemerkenswert. Die außenpolitische Lage Polen-Litauens zeichnete sich schließlich durch die Position des Doppelreiches zwischen verschiedenen Konfliktherden aus. Diese reichten von den andauernden Auseinandersetzungen mit Schweden im baltischen Raum über das fragile Verhältnis zu Moskau und den chronischen Grenzkonflikten mit Tataren bis zum Auskommen mit dem Osmanischen Reich, mit dem man sich sowohl hinsichtlich der Tataren als auch auf die anhaltenden polnischen Interessen in Moldau zu einigen hatte. Alle diese Fragen wurden im System des regimen mixtum im Sejm virulent. Nicht nur die Frage von Krieg und Frieden, sondern auch die Steuerfinanzierung von Kriegszügen oder Tributen zur Friedenserhaltung mussten von den drei Sejmständen gemeinsam getroffen werden. Die Behauptung, dass es bei den Sitzungen der Ständeversammlung nicht um Steuerermächtigungen ginge, sondern um die Diskussion von Gravamina, darf in diesem Zusammenhang wohl als eine geschickte rhetorische Finte von Jan Zamoyskis letztem Sejmvotum gewertet werden. Die Bedeutung der Beschwerden des Adels soll damit keineswegs relativiert werden. Sie erwies sich nichtsdestoweniger als zentral und dies nicht nur in Hinsicht darauf, dass Steuern vor dem Hintergrund von nicht erledigten Gravamina verweigert werden konnten. Sie verwoben sich auch mit denjenigen Belangen, die unter den dynastischen Bedingungen internationaler Beziehungen kaum als schiere Außenpolitk zu bezeichnen waren. Auch darauf wies Zamoyski, sicherlich nicht ohne strategische Hintergedanken, deutlich hin: „Die Frage nach der Rückgewinnung Schwedens ordne ich nicht unter die außenpolitischen Angelegenheiten, sondern unter unsere eigenen, inneren.“444 In diesem Zuge gehörten dann auch die Lehnsfrage im Herzogtum Preußen oder Unterstützung der ersten Dmitrijade durch einige Vertreter des Hochadels in ein ganzes Amalgam aus dynastischer Handlungslogik des Monarchen, Beschwerden des Adels und diplomatischen Zugzwängen.
443
B, S, ,My mu nie chcemy byc´ Siedmiogrodziany‘. Stefan Batory w publicystyce antykro´lewskiej, in: Adrienne Körmendy (Hg.), Stefan Batory – kro´l Rzeczypospolitej i ksia˛z˙e˛ Siedmiogrodu, Pułtusk 2008, 161–178, 165. 444 Mowa Zamojskiego na sejmie 1605, 90.
4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts Im Frühjahr 1606 warnte ein Berichterstatter den Krakauer Kastellan, Fürst Janusz Ostrogski, vor den anwachsenden Spannungen, die durch die Adelsversammlung von Ste˛z˙yca greifbar geworden seien. Diese Versammlung bildete den Auftakt zu einer ganzen Kette von Zusammenkünften, die in der Konföderationsbildung des widerständigen Adels und schließlich in der Schlacht von Guzo´w mit dem königlichen Lager gipfelten. Doch schon mit der ersten Adelsversammlung im April 1606 sah der Korrespondenzpartner des Fürsten das Gemeinwesen grundsätzlich aus den Fugen geraten:1 „Was man schon lang gesehen hatte, dazu kommt es nun, dass die Menschen sich ad extrema wenden, selbst wenn so wenig Dinge wie möglich von diesem Ort entweichen, wird es schwer revocare gradum, hoc opus hic labor.“
Welche außerordentliche Dimension dem beginnenden Rokosz zeitgenössisch zugeschrieben werden konnte, machte insbesondere die letzte Wendung deutlich. Denn mit ihr scheute der Mahner sich nicht, sogar auf die Sybillinische Weissagung aus der Aeneis Vergils zurückzugreifen, mit der die Seherin den Helden vor dem denkbar gewagtesten Unternehmen warnte – dem Abstieg in die Unterwelt.2 Um die Gründe des Rokosz zwischen 1606 und 1609 zu erklären, sind in der Historiographie der letzten einhundertfünfzig Jahre etliche Modelle entwickelt worden.3 Erwartungsgemäß hat die Gesamtheit dieser Ansätze deutlich gemacht, dass jegliche monokausalen Explikationsversuche zu kurz greifen müssen. In diesem Sinne gehen folgende Überlegungen davon aus, dass die Entwicklung der Auseinandersetzungen in dieser Form weder notwendig noch folgerichtig, sondern in erster Linie kontingent war. Es traf ein ganzes Bündel von Faktoren aufeinander, das zunächst keineswegs über die bekannten Konfliktlinien und Konfliktbewältigungsmechanismen hinauszugehen schien. Zugleich jedoch eröffnete die spezifische Konstellation in den zwei
1 Unbek. Verf. an Fürst Janusz Ostrogski, aus Mos´ciki am 9. April 1606, AGAD Archiwum Publiczne Potockich 9 t. I, 173. 2 Dabei handelt es sich um ein Teilzitat beziehungsweise eine Konjunktion von Verg. Aen. 6, 127–129: Tros Anchisiade, facilis descensus Averno: / noctes atque dies patet atri ianua Ditis; / sed revocare gradum superasque evadere ad auras, / hoc opus, hic labor est. 3 Vgl. Einleitung, S. 38–45.
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Jahren nach 1606 den Akteuren einen Möglichkeitsraum, innerhalb dessen – zumindest in solch einer Zuspitzung – ein streckenweise neues Handlungsmuster für den Konfliktaustrag im regimen mixtum entstand. Nicht ein einziges Mal nannte Stanisław Grochowski in seiner Trauereloge für den im Juni 1605 verstorbenen Jan Zamoyski König Sigismund III. beim Namen.4 Nicht bedeutend anders fiel das Ergebnis in der Leichenpredigt des aufstrebenden dominikanischen Predigerstars Fabian Birkowski oder auch in der Gedächtnisrede zum einjährigen Todestag Zamoyskis durch Adam Burski, den Rektor der Academia Zamoysciana, aus.5 Dass auch ein mit geradezu überbordender gloria und dignitas gesegneter Adliger wie Zamoyski neben der eigenen Exzellenz dabei immer noch monarchische Gnade brauchte, um zu dem zu werden, was er zum Zeitpunkt seines Todes darstellte, daran ließen seine Lobredner zwar keinen Zweifel. Im Falle des Kronkanzlers beschränkten sie sich hingegen nolens volens auf die Anerkennung, die Zamoyski von Stephan Ba´thory, in seinen Anfängen auch von Heinrich Valois erfahren hätte.6 Über das Verhältnis zum aktuellen Monarchen fiel zumindest kein explizites Wort. Wenig chiffriert erschienen dagegen die Bemerkungen über die Rolle des Verstorbenen, die er als Kanzler und Senator vorbildlich ausgefüllt habe, indem er in voller Loyalität gegenüber der monarchischen „maiestas“ stets die nötige Kontrolle ausgeübt habe. Darüber hinaus gehend warnte nicht erst die Gedächtnisrede Burskis aus dem Sommer 1606 vor Verwerfungen im Gemeinwesen. Schon Birkowski zitierte in seiner Leichenpredigt die Coligny und Conde´ in Frankreich, die Zamoyski aus eigener Anschauung warnend als Beispiel einer evangelischen Hochadelsfronde vor Augen gestanden hätten.7 Ein Jahr später bemerkte auch 4 G, S, Łzy smutne X. Stanisława Grochowskiego. Po zeszc´iu wieczney pamieci godnego, Kanclerza y Hetmana Koronnego, Iana Zamoyskiego, w Krakowie 1605. Der Dichter und Kleriker Grochowski war ein Klient des Krakauer Bischofs Bernard Maciejowski, der seinerseits eng mit Jan Zamoyski verbunden war, jedoch sich im Laufe der Zeit mehr und mehr dem Monarchen zuwandte: T, Listy, ludzie, władza, 88, 295 f., 373; G, P, Postawa prymasa Bernarda Maciejowskiego w dobie Rokoszu sandomierskiego, in: Studia podlaskie 11 (2004), 35–50, 35–37. 5 Birkowski und Burski erwähnen Sigismund beide genau einmal und dies im Zusammenhang mit dem Erfolg Zamoyskis, ihm militärisch und durch seine sonstige Unterstützung zum Thron verholfen zu haben: B, F, Jan Zamojski albo na mszy zadusznej za Jego Mos´ci Pana Hetmana i Kanclerza Koronnego, na zamku krakowskim, w kos´ciele S. Stanisława kazanie. Roku pan´skiego 1605. Junii 22, in: ders., Szes´c´ kazan´ ksie˛dza Fabiana Birkowskiego zakonu kaznodziejskiego, ed. v. Jo´zef Turowski, Sanok 1856, 15–34, 26; B, A, Oratio funebris in anniversario depositionis Illustrissimi Ioannis Zamoscii Regni Poloniae supremi Cancellarii, & exercituum Ducis generalis. &c., Samoscii 1606, C III v.–C IV r. 6 G, Łzy smutne, 4 f.; B, Jan Zamojski, 28; B, Oratio funebris in anniversario depositionis, CIII r. 7 B, Jan Zamojski, 18.
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Burski, in einem allerdings konfessionell neutral gehaltenen Lamento, der ehemalige Kanzler habe „seditiones ac discordias“ stets verabscheut.8 Sowohl Birkowski als auch Burski bestanden dabei zugleich auf der Nennung derjenigen Vertreter des senatorischen Adels, die mit Jan Zamoyski eng verbunden waren. Mit Mikołaj Zebrzydowski, Marek Sobieski, Stanisław Z˙o´łkiewski und Bernard Maciejowski fielen in diesem Zusammenhang zwar bei weitem nicht alle relevanten Namen.9 Als interessant erweisen sie sich jedoch in zweierlei Hinsicht: Handelte es sich zum einen um die Testamentsverwalter Zamoyskis und die Vormünder seines noch minderjährigen Sohnes Tomasz, zeigte sich zum anderen innerhalb dieser Gruppe nach dem Tod des Kronkanzlers sehr rasch eine bezeichnende Aufspaltung.10 Ein zumindest mittelbar auslösendes Moment für den Beginn der Auseinandersetzungen im Jahr 1606 stellte wohl der Tod des Kronkanzlers Jan Zamoyski dar.11 Als gewichtiger Akteur und in vielen Fällen Gegenspieler Sigismunds III. hatte er unter dem neuen König nicht seine erdrückende und oft genug kritisierte Monopolstellung am Hof aus den Zeiten Stephan Ba´thorys halten können. Seine Ämter als polnischer Kanzler und Hetman sowie seine hiermit verbundene Position innerhalb hochadliger Netzwerke und sein Einfluss auf die lokalen Adelseliten im südöstlichen Kleinpolen hatten ihm jedoch weiterhin eine entscheidende Position im Gemeinwesen gesichert. Somit fungierte er als Ansprech– und Allianzpartner sowie Kristallisationsfigur für jegliche Arten von malcontents. Diese reichte von sich als übervorteilt erachtenden Vertretern etablierter Häuser des Hochadels wie den Radziwiłł–Birsen oder Zebrzydowski über sich konfessionell bedrängt fühlende Orthodoxe und Evangelische bis hin zu denjenigen Adligen, die ihre Aufstiegsoptionen eng an die Protektion des Kanzlers gebunden hatten.12 Die Rolle Zamoyskis sollte andererseits nicht überbewertet werden. Wenn sein Tod im Sommer 1605 als wichtig für einen Wechsel der personellen Konstellationen im Hochadel war, so kam ihm eine einschneidende Bedeutung doch vor allem im Gesamtkontext eines Generationswechsels zu, in dessen Rahmen – wie oben bereits thematisiert – etwa auch der Tod Krzysztof 8
B, Oratio funebris in anniversario depositionis, D III r. T, Listy, ludzie, władza, 85–87; U, Zamoyszczycy, bes. 22 f. 10 U, Zamoyszczycy, 55–72. 11 Diese These ist in der Forschung umstritten, scheint jedoch im Gesamtzusammenhang des hier nachfolgend angedeuteten größeren Generationswechsels durchaus haltbar zu sein. Dabei ist Wojciech Tygielski zuzustimmen, der die Annahme kritisiert, nur die Autorität Zamoyskis habe den früheren Ausbruch einer Widerstandsbewegung verhindert. Im Gegenzug ist vielmehr Violetta Urbaniak zuzustimmen, die betont hat, der Tod Zamoyskis habe die politischen Konstellationen insofern entscheidend verändert, als er Sigismund III. mit einem Mal einen sehr viel größeren Handlungsraum ermöglichte: T, Listy, ludzie, władza, 409 f.; U, Zamoyszczycy, 42. 12 U, Zamoyszczycy, 57. 9
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Radziwiłłs oder die zunehmende Altersschwäche eines Konstanty Ostrogski berücksichtigt werden müssen. An letztere beide Protagonisten anknüpfend, spielte sicherlich die konfessionelle Lage für eine generelle Unzufriedenheit des nichtkatholischen Adels eine Rolle, ohne dass für die Jahre 1605 und 1606 eine besonders zugespitzte Krisensituation zu konstatieren gewesen wäre.13 Grundsätzlich hatte Sigismund Wasa wiederum seine Position innerhalb der monarchia mixta seit den späten 1590er Jahren festigen können. Dabei musste er zwar mit dem faktischen Verlust seiner schwedischen Erbkrone eine erhebliche Niederlage hinnehmen, die ihm angesichts der nachfolgenden langwierigen Kriege auch nur einen recht beschränkten Bewegungsspielraum für seine polnisch-litauische Politik einräumte.14 Hiervon abgesehen hatte Sigismund jedoch nicht zuletzt dank seiner langen Regierungszeit einen ihm verpflichteten Adel heranziehen können und war mithin nicht mehr allein auf die Eliten der Ba´thoryherrschaft angewiesen.15 Die unmittelbaren Konsequenzen hieraus zeigten sich in nuce nach dem Tod Zamoyskis, als der König dessen unbequemen Allianzpartner Mikołaj Zebrzydowski in einem starken symbolischen Akt aus den Räumlichkeiten des Krakauer Königsschlosses auf dem Wawel entfernen ließ. Als Wojewode von Krakau beanspruchte Zebrzydowski ein Gebäude im Unterschloss für seine Rechtsprechungstätigkeit, das nun mit dem Argument für königliche Zwecke eingezogen wurde, es würde für die anstehenden Hochzeitsfeierlichkeiten mit Konstanze von Habsburg benötigt.16 Schon einige Jahre zuvor hatte Zebrzydowski das zentrale Amt des Kronmarschalls unter Protest niedergelegt und war vom König mit der Würde des Krakauer Wojewoden abgefunden worden.17 Die Verdrängung aus dem Wawel schien nun ein weiterer Akt, der die hierarchische Position Zebrzydowskis schwächen sollte, zudem eines Adligen, der zuvor symbolisch in die enge Anbindung seines Hauses zum königlichen Wawel investiert hatte.18 13
Zur Rolle Ostrogskis in den konfessionellen Auseinandersetzungen: K, T, Konstanty Wasyl Ostrogski wobec katolicyzmu i wyznan´ protestanckich, in: Odrodzenie i Reformacja 40 (1996), 17–36; zum Gesundheitszustand des Fürsten und dessen Einfluss auf seine Aktivitäten im Gemeinwesen: ., Dzieje rodu Ostrogskich, 121; zur Rolle Krzysztof Radziwiłłs: Z, Radziwiłłowie herbu Tra˛by, 7. 14 O-S, Dynastia Wazo´w, 84. 15 C, Elita senatorsko-dygnitarska, 47 f. 16 W, Dziennik spraw domu zakonnego OO., 100; W, S, Dzieje Wawelu, Krako´w 1925, 122. 17 J-M, Rzeczpospolita, 85, 107. 18 Es befand sich nicht nur das Grab seines Großonkels Andrzej Zebrzydowski, des ehemaligen Krakauer Bischofs, auf dem Wawel. Mikołaj Zebrzydowski hatte die Wawelkathedrale vor allem mit einem Marienbildnis ausgestattet, das er zuvor in seiner Zeit als Wojewode von Lublin in der dortigen Jesuitenkirche hatte aufstellen lassen: C, K, Der Krakauer Dom um 1600 im Lichte zeitgenössischer Quellen, in: Martin
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Zebrzydowski war damit auch in räumlicher Hinsicht deutlich aus jeglicher Hofnähe entfernt worden und aus dem zentralen Spiel um Einfluss und Würden auf höchster Ebene verbannt. Denn der Tod Zamoyskis hatte auch am Hof die Möglichkeit und Notwendigkeit ergeben, die Karten neu zu verteilen. Einen Nachfolger für diesen so lang und übermächtig etablierten ersten Minister und seine Netzwerke war aber so schnell nicht in Sicht. In diesem Zusammenhang spielte sich seit Ende 1605 gar ein unentschiedener Kleinkrieg zwischen Unterkanzler Maciej Pstrokon´ski und Kronmarschall Myszkowski ab.19 So mussten gut informierte Beobachter des Geschehens konstatieren, dass der Hof geradezu in die Verwirrung eines „Babylonischen Turmes“ geriet und es unter diesen Bedingungen extrem schwierig wurde, Pfründen oder Würden zu erheischen.20 Verschoben sich die personellen Konstellationen innerhalb des Hochadels, betraf dies mittelbar die lokalen Adelseliten, da sich auch die Klientelnetzwerke zwangsläufig den neuen Verhältnissen anpassen mussten. Zwar sollte die konfessionelle Ausrichtung des königlichen Handelns unter Sigismund III. nicht verabsolutiert werden, doch lösten zu Beginn des 17. Jahrhunderts die religiösen Fragen auch jenseits der zentralen Eliten eine allgemeine Beunruhigung im nichtkatholischen Adel aus. Davon zeugen nicht allein die evangelischen und orthodoxen Interventionen auf den Sejmiki.21 Ein beredtes, wenn auch in dieser expliziten Form vereinzeltes Beispiel hierfür bieten die autobiographischen Aufzeichnungen Teodor Jewłaszewskis. Der Landrichter des litauischen Mniszechs und zweimalige Landbote auf dem Sejm war stets eng mit den katholischen Hochadelsfamilien der Radziwiłł-Troki und der Chodkiewicz verbunden gewesen. Gegen Ende seines Lebens im Jahr 1604 notierte dieser evangelische Adlige mit einer orthodoxen Ehefrau resigniert, noch in den 1560er Jahren habe die konfessionelle Zugehörigkeit adliger Freundschaft keinen Abbruch getan. „Jetzt darf man zwischen im Glauben Verschiedenen weder nach Freundschaft noch nach Liebe fragen, nach Ehrlichkeit und wirklich gutem Verhalten, besonders zwischen den weltlichen Ständen.“22
Gruneweg (1562-nach 1615). Ein europäischer Lebensweg, ed. v. Almut Bues, Wiesbaden 2009, 361–372, 370 f. 19 Vgl. Kap. 3.2, S. 333 f. 20 Piotr Z˙eron´ski an Szymon Rudnicki, 26. Januar 1606, Biblioteka Czartoryskich 101 (Teka Naruszewicza t. 101 (1606)), 21–24, hier 21. 21 K, Wobec kontrreformacji, bes. 176–180, 201–205. 22 J, T, Pamie˛tnik (1546–1604), ed. v. Jan Tadeusz Lubomirski, Warszawa 1860, 12. Zu Jewłaszewski und seinem Ego-Dokument: T, J, Teodor (Fedor) Jewłaszewski i jego ,Pamietnik‘, in: Michał Staniszewski (Hg.), Aere perennius (FS Gerard Labuda), Poznan´ 2001, 83–100.
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Die Existenz konfessioneller Spannungen sollte dabei allerdings keineswegs dazu führen, deren unmittelbare Auswirkungen auf widerständiges Handeln zu postulieren. Zwar waren etwa in den kleinpolnischen Wojewodschaften Sandomierz, Lublin und Krakau sowie im großpolnischen Posen und Kalisch, die allesamt eine Schlüsselrolle im Rokosz spielen sollten, die verschiedenen evangelischen Bekenntnisse um 1600 innerhalb des Adels weit verbreitet.23 Dies führte keineswegs zu einer glatten Übereinstimmung konfessioneller Einstellungen und tagespolitischer Orientierungen, die sich ihrerseits als mehr oder weniger starke Bindung an jeweilige königliche Positionen artikulierten. Entscheidend waren innerhalb der einzelnen Wojewodschaften die aktuellen Formationen von Interessengruppen, die sich um verwandtschaftliche Kolligationen herum gruppierten. Gerade für die großpolnischen Wojewodschaften Posen und Kalisch ist dabei gezeigt worden, dass sich am Rande der hochadligen Elitenformationen auch verwandtschaftliche Netzwerke der lokalen Adelseliten ausprägten, die im Zuge des Rokosz ihre Bedeutung zeigten.24 Im Fall von Posen und Kalisch wurde überdies auf eine ausgeprägte Einbindung des großpolnischen Hochadels und der regionalen Adelseliten in die Ämter- und Würdestrukturen Kronpolens verwiesen. Dies konnte gerade in gesamtreichischen Konfliktfällen zu einer überdurchschnittlichen Mobilisierung auch der Sejmikeliten führen.25 Ähnliches ließe sich unter Umständen auch für die erwähnten kleinpolnischen Wojewodschaften zeigen.26 Mithin erschienen die ranghöchsten und ältesten kronpolnischen Wojewodschaften gewissermaßen als reichsnahe Regionen, in denen auch die lokalen Eliten über ein langfristig eingeübtes Selbstverständnis und -bewusstsein als tragende Glieder des Gemeinwesens verfügten.27 Demgegenüber waren die seit dem Jahrhundertbeginn intensivierten Bemühungen des Monarchen, seinen Einfluss innerhalb des Sejms zu festigen, nicht dazu angetan, zumindest einen Teil der lokalen Adelseliten ihres Zugangs zum Monarchen zu versichern. So sollten sich die Auseinandersetzungen, die mit dem Konflikt über die Ämtervergabe auf dem Sejm von 1605 begonnen hatten, mit den neuen königlichen Vorschlägen dabei ein Jahr später noch verschärfen. 23 S, Der polnische Adel, 27–59, 89–99. Hierbei ist das schon von Schramm bemerkte Phänomen zu unterstreichen, dass der protestantische Adel in Teilen Großpolens wie Posen und Kalisch keineswegs mehrheitlich im ganzen Adelsstand verbreitet war, aber ein relativ hoher Prozentsatz, die knappe Hälfte, der regionalen Eliten protestantisch waren: O, Elita władzy, 52 f. 24 O, Elita władzy, 92 f. 25 Ebenda, bes. 137–153. 26 Ohne dass die einschlägigen Studien zu den kleinpolnischen Wojewodschaften diese spezielle Frage analytisch vertieft hätte, lassen zumindest einige ihrere Teilergebnisse darauf schließen: R, Interregna, 17–19; S, Małopolscy przywo´dcy, 9–20. 27 O, Elita władzy, 137; R, Interregna, 11–13.
4.1 Präludium
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Im Folgenden soll es darum gehen, die Mechanismen des Konfliktaustrags zwischen dem widerständigen Teil des Adels und dem Rest der Akteure im polnisch-litauischen Gemeinwesen zu beschreiben. Dabei werden Handlungs- und Argumentationsmuster herausgearbeitet, die einen genaueren Einblick in Strategien von Aushandlung und den Umgang mit zugespitzter, zuletzt auch gewalttätiger Konfrontation erlauben. Dies geschieht vor dem Hintergrund der bislang angestellten Überlegungen zu Adel und Gemeinwesen. Mithin wird in diesem Sinne ein Blick auf den Rokosz als Repräsentationskrise geworfen – als einer Situation, in der die herkömmlichen Flexibilitätsgrenzen des regimen mixtum überschritten wurden. Die Vorstellungen von Adel und Gemeinwesen wurden in solch einer kontingenten Lage einer Belastungsprobe ausgesetzt. In deren Rahmen musste einerseits mit dem Instrumentarium des bislang Sag- und Machbaren umgegangen werden, es bot jedoch ebenso den Raum, dieses überkommene Instrumentarium potentiell zu erweitern.
4.1 Präludium Nach dem Scheitern des Sejmabschlusses im Jahr 1605 verhandelte Sigismund III. nach dem Auseinandergehen der Abgeordneten weiter mit dem Senat, um überhaupt einen Teil der von ihm erwünschten Entscheidungen erledigen zu können.28 Doch auch bei den – durchaus üblichen verlängerten – Beratungen mit den Senatoren stießen die Heiratspläne des Königs weiterhin auf heftige Ablehnung. Allerdings genehmigten die Würdenträger die Quartsteuer, die eigentlich zur Tatarenbekämpfung vorgesehen war, vorläufig zur Bezahlung der Truppen in Livland zu verwenden. Als Sigismund auch keine Zustimmung zur Belehnung des brandenburgischen Kurfürsten mit Preußen erhielt, beschloss er auf eigene Faust, Joachim Friedrich gegen finanzielle Leistungen zumindest die Kuratel über Albrecht Friedrich zu verleihen.29 Der in Warschau anwesende Gesandte des Sultans hingegen wurde noch hingehalten.30 Aktuell schien das Verhältnis mit dem Osmanischen Reich
28
S, Sejm z r. 1605, 177–186. Zu den diplomatischen Bemühungen Brandenburgs und den Zugeständnissen Sigismunds, die allerdings eben nicht bis zu einer Belehnung gingen und 1609 von einer kronpolnischen Kommission offizialisiert wurden: I, H, Das Herzogtum Preussen von 1603 bis 1618, Köln u.a. 1975, 30–42, 66. 30 Er hatte Pläne einer Übereinkunft zwischen Polen und Osmanen präsentiert. Sie sahen vor, daß der Sultan Einfluss auf die Zurückhaltung der tatarischen Überfälle ausüben würde, wenn die Polen im Gegenzug die kosakischen Streifzüge auf tatarisches und osmanisches Gebiet unterbänden. Anfang April fertigte Sigismund III. eine Gesandtschaft zur Hohen Pforte ab, die erreichte, dass der Vertrag von 1598 über die Regelung der 29
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überdies durch den 1604 in Ungarn ausgebrochenen Aufstand unter Führung Istva´n Bocskais fragilisert. Bocskai hatte sich in Allianz mit den Osmanen gegen die Habsburgische Vorherrschaft erhoben, was in Polen-Litauen wiederum Beunruhigung wegen der umittelbaren Nachbarschaft mit den Kämpfen hervorrief. Zu allem Überfluss richtete sich ein Teil der Pamphletistik des Bocskai-Aufstands über die Kritik am vermeintlichen Habsburger Absolutismus auch gegen Sigismund Wasa.31 Vor dem Hintergrund einer außenpolitischen Situation, die in diplomatischer wie militärischer, will heißen steuerlicher, Hinsicht recht rasche Entscheidungen erforderte, war die rasche Ausschreibung eines neuen Sejms für das Frühjahr 1606 unabdingbar. Zugleich jedoch barg eine rasch erneut einberufene Sejmsitzung ein Risiko. Die 1605 noch wesentlich von Jan Zamoyski, aber auch seinen Allianzpartnern beeinflussten Unmutsbekundungen einiger Sejmiki sollten innerhalb einer so kurzen Frist kaum abflauen.
4.1.1 Absehbare Konfrontation und Zuspitzung: Vor dem Sejm von 1606 „Denn das ist unzweifelhaft, dass unsere Nachbarn und Feinde dies bewegt hat, und die, die für ihre schlechten Absichten nun die rechte Stunde gekommen sahen, aufgeweckt, dies auch selbst fast wie sie es sagen, gegen uns aufs Pferd gesetzt hat.“32 Mit dieser dramatischen Beschreibung der Lage eröffnete Sigismund nach dem gescheiterten Sejm von 1605 die Delegation an die Sejmiki für die Vorbereitung einer erneuten Einberufung der Ständeversammlung für den März 1606. Durch das ergebnislose Auseinandergehen des letzten Sejms sei er gezwungen, eine erneute Versammlung einzuberufen, damit die notwendigen Steuern zur Landesverteidigung verabschiedet werden
polnisch-osmanischen Beziehungen in Hinsicht auf das Fürstentum Moldau und Ungarn, schließlich im Juli 1607 bestätigt wurden, K, Ottoman-Polish Diplomatic Relations, 127 f. 31 S, G, Armed Conflict in East Central Europe. Protestant Noble Opposition and Catholic Royal Faction (1604–1620), in: Robert J. Evans (Hg.), Crown, Church and Estates. Central European Politics in the Sixteenth and Seventeenth Centuries, Basingstoke u.a. 1991, 176–195, 187. Mit einem differenzierten Zugang, der die klassische Interpretation des Bocskai-Aufstands als Kampf für Adelsrechte und Konfession dagegen in Frage stellt: P, G, Bündnispartner und Konkurrenten der Krone: die ungarischen Stände, Stefan Bocskai und Erzherzog Matthias 1604–1608, in: Va´clav Bu˚zˇek ˇ eske´ Budeˇjovice 2010, (Hg.), Ein Bruderzwist im Hause Habsburg (1608 – 1611), C 363–399; R, M, Bocskai, Rebellion and Resistance in Early Modern Hungary, in: ders. / La´szlo´ Pe´ter (Hg.), Resistance, Rebellion and Revolution in Hungary and Central Europe. Commemorating 1956, London 2008, 57–66. 32 Instructio K.J.M. na Seimiki Powiatowe Seim Walny poprzedzaia˛ce, BCz rkps 1623 (Akta za Stefana Batorego i Zygmunta III), 391–400, hier 391.
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könnten.33 Im Sinne dieser Argumentation nahmen – wie schon für den Sejm des Vorjahres – die Überfälle der Tataren den vordersten Platz in der Proposition ein. Sigismund stellte den Sejmiki nicht nur die bisherigen Schäden vor Augen, sondern enthüllte, die Tataren verfügten über einen großangelegten Vernichtungsplan.34 Kriegerischer Einsatz, insistierte die Proposition, sei auch in Livland vonnöten, um die errungenen Siege nicht verpuffen zu lassen und den meineidigen und aufrührerischen Karl schließlich aus Schweden zu verjagen.35 Der Lohn für eine Unterstützung des Krieges gegen Schweden sei, „diese gemeinsame Verbindung von Ruhm und Vorteilen, die uns mit unserem Herren als Glieder eines Körpers mit dem Kopf gemeinsam von dort ausgehen.“36 Die Personalunion würde bei einem Sieg also nicht nur Sigismund, sondern dem Gemeinwesen an sich zu Macht und Ehre gereichen. Mit der unmittelbaren Bedrohung durch den Feind rechtfertigt die Proposition auch die Umwidmung der Quart für den Krieg in Livland mit Wissen der Senatoren. Darüber hinaus empfahl der König, ein Bündnis mit Moskau gegen die gemeinsamen Feinde zu beschließen und der – faktisch allerdings schon vom Monarchen eigenmächtig in die Wege geleiteten – Lehensvergabe Preußens an die Brandenburger Hohenzollern zuzustimmen.37 Die Sprengkraft dieser Delegation ergab sich jedoch vor allem aus dem politischen Szenario, das der Monarch aus den militärischen Rahmenbedingungen ableitete. Er plädierte auf den ersten Blick für zwei einschneidende Modifikationen der Sejmpraxis. So sollten die Themen des kommenden Sejms auf diejenigen Punkte beschränkt werden, die in der Proposition vorgegeben worden waren. Mithin hätte faktisch verhindert werden können, dass die Landboten Gravamina als eigene Beratungspunkte in den Sejm einbrachten.38 Hierin knüpfte die Delegation zwar einerseits an die schon zuvor in längerer Tradition verfolgten Linie der Könige an, die Sejmberatungen möglichst als eigene Sphäre unter monarchischer Dominanz von den Forderungen der Sejmiki zu emanzipieren. Bislang hatte sich diese Tendenz allerdings auf die Frage des imperativen Mandats beschränkt.39 Die 1606 von Sigismund Wasa formulierte Erwartung ging also andererseits in ihrer Qualität deutlich über die üblichen Formulierungen hinaus. Zumindest dieser Punkt der Delegation folgte aber letztlich doch nur den erprobten Strategien, die monarchische Position im Vorfeld potentieller schwieriger Sejmverhandlungen zumindest symbolisch zu festigen. Die Beschränkung der Tagesord33
Ebenda. Ebenda, 393. 35 Ebenda. 36 Ebenda, 395. 37 Ebenda, 397 f. 38 Ebenda., 397. 39 Vgl. Kap. 2.3.1, S. 255 f. u. Kap. 3.3, S. 372, 375 f. 34
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nung auf die königliche Proposition erwies sich in diesem Sinne zuvörderst als flankierende Maßnahme für das Hauptanliegen Sigismunds: Mit der Heeresfinanzierung sollte nämlich nach dem Willen des Monarchen nur ein einziger Beratungspunkt im Zentrum des kommenden Sejms stehen. Nach den in der Delegation formulierten Vorstellungen hatte die Finanzierung des Militärs nun nicht mehr jedes Mal erneut von der Entscheidung eines Sejms abhängig zu sein, sondern es sollten feste Steuern für die Einführung eines stehenden Heeres verabschiedet werden.40 Daran knüpfte schließlich die königliche Forderung an die Sejmiki an, ihre Abgeordneten darauf zu verpflichten, „dass sie den Sejm ohne sichere Verteidigung, wenn sie des Friedens und der Erhaltung der Ganzheit der Respublica gewiss sein wollten, nicht verlassen.“41 Wie schon im Vorjahr waren diese programmatischen Vorstöße des Königs in einen breiteren Begründungszusammenhang eingebettet. Auch die Delegation des Jahres 1606 appellierte emphatisch an die gemeinsame Verantwortung von Landboten und König für das Gemeinwesen, das als abstrakte Entität den Einzelinteressen übergeordnet dargestellt wird.42 Es wird wahlweise als Vaterland oder Mutter adressiert. Vor allem aber bedient sich der Text der Körper-Metapher, um seine Argumentation zu stützen. Die Notwendigkeit von Eingriffen in die bisherigen Funktionsweisen des Gemeinwesens entspricht der Schwere der Krankheit des Gemeinwesenkörpers. Um diesen aber zu heilen, dürfe man nicht an allen Stellen zugleich ansetzen, da ihn solches Vorgehen zu sehr schwächen würde.43 Auf diese Weise wird die Beschränkung des Sejms auf die Steuerreform zu dem wichtigsten rettenden Eingriff, der nicht von anderen Aktionen beeinträchtigt werden darf. Erst die angestrebten Veränderungen, so nimmt die Proposition zwei Schlüsselwörter der Adelsgemeinschaft auf, würden die Erhaltung von Ehre und Freiheit garantieren.44 Auch auf dem Sejmik der Wojewodschaft Krakau berieten die Teilnehmer im Februar 1606 die königliche Delegation. Den Höhepunkt der Sejmiksitzung bildete hier der oratorische Auftritt Mikołaj Zebrzydowskis.45 Zur kö40
Instructio K.J.M. na Seimiki Powiatowe, 396. Die offensive Dimension militärischen Handelns, die ja bereits mit den Angriffsplänen auf Tataren und Schweden offen gelegt wurde, verschwindet bemerkenswerterweise in der Forderung nach einem stehenden Heer unmerklich. Es gehe nur darum, über eine „gründliche und zu jeder Zeit bereite Verteidigung des Vaterlandes“ zu verfügen. 41 Ebenda. 42 Ebenda, 400. 43 Ebenda, 397. 44 Ebenda. 45 Es sind zwei Versionen dieser Rede als zeitgenössische Mitschriften bekannt, die an einigen Stellen Abweichungen aufweisen. Bei den in der Edition der Krakauer Sejmikakten von Kutrzeba abgedruckten Redaktionen zeichnet sich die zweite (Redaktion B) durch
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niglichen Delegation wollte sich der Krakauer Wojewode in seiner Rede explizit jedoch nicht ausführlich positionieren.46 Abgesehen von seiner erwartbaren Ablehnung, feste Heeressteuern einzuführen,47 ging es ihm um wesentlich grundsätzlichere Fragen. Zunächst reflektierte er in diesem Zusammenhang den Verlauf des vergangenen Sejms und dessen ergebnisloses Auseinandergehen. Eigentlich sei der Monarch dabei dem Adel gegenüber grundsätzlich „nicht alienus gewesen, aber dann erfolgte schlechter Rat, als sie [die schlechten Berater, K.L.] Seine Königliche Majestät davon abbrachten“, sich mit dessen Beschwerden ernsthaft auseinanderzusetzen. Damit nicht genug, hätten die schlechten Berater den König überzeugt, dass die Adligen ihm keinerlei Zugeständnisse abtrotzen könnten. Dies wiederum habe zum Scheitern der Sejmsitzung geführt.48 Zeitgenössisch wenig originell hebt Zebrzydowski in diesem Sinne den „schlechten Rat“ als die Hauptursache aller Beschwerden und Exorbitantien des Adels hervor, die in der Exposition seiner Rede folgerichtig zu „Beschwerden und Exorbitantien der Respublica“ überhaupt erklärt wurden.49 Seine Problembeschreibung beschränkte der Wojewode aber keineswegs auf diese sehr allgemeinen Feststellungen. Konsequenterweise führte er sie auch auf seine Person direkt zurück. Er verwies nicht nur darauf, dass er dem König erfolglos von dessen umstrittener Heirat mit Konstanze von Habsburg abgeraten habe. Dass er das Ohr des Monarchen und den Zugang zu ihm verloren habe,50 beklagte Zebrzydowski umso heftiger, da Sigismund nun in Ermangelung ehrlicher Magistrate in seiner Umgebung als ein unkontrollierbarer Faktor innerhalb des regimen mixtum erschien. Als Ergebnis treffe der König Entscheidungen „ex privata autoritate“, die – wie schon aus dieser Wortwahl deutlich – dem Wohl des Gemeinwesens widersprechen müssten.51 Wie sehr seine eigene Tugend- und Ehrhaf-
stellenweise wesentliche stärkere Detailausführungen aus. Im Folgenden wird versucht, beide Redaktionen zu berücksichtigen. In den folgenden Fußnoten wird entsprechend jeweils auf Redaktion A oder B verwiesen, vgl. Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego wojewody i starosty krakowskiego na sejmiku proszowskim (16 lutego 1606 r.), in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 266–269 (Red. A), 269–272 (Red. B). 46 Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. A), 266; Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. B), 269. 47 Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. A), 268; Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. B), 271. 48 Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. A), 267; Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. B), 270. 49 So zumindest in Redaktion B, Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. B), 268. 50 Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. A), 267; Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. B), 269 f. 51 Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. B), 270.
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tigkeit davon unberührt blieb, zeigte Zebrzydowski dagegen am Ende seiner Ausführungen. Zuvor hatte er bereits geschildert, wie sehr der Monarch unter dem Einfluss seiner gefährlichen Kamarilla von Beratern die Verteidigung im Südosten des Reiches gegen die Tataren mit fatalen Folgen vernachlässigt habe. Aus seiner Verpflichtung heraus, die er gegenüber dem Vaterland habe, würde er als Krakauer Wojewode sich jedoch, wie auch vom König verlangt, mit seinen eigenen Truppen gegen den Feind stellen und die Grenzverteidigung organisieren.52 Diente letzteres Argument im Rahmen der Rede insbesondere dazu, die Tapferkeit und Hingabe Zebrzydowskis für das Gemeinwesen deutlich zu machen und mithin die Legitimität und Glaubwürdigkeit seines Handelns zu unterstreichen, zog er aus dem gefährlichen Einfluss der schlechten königlichen Berater eine weitergehende Konsequenz. Wenn nämlich unter den aktuellen Bedingungen der Sejm von diesen Akteuren um den Monarchen „usurpiert“ würde,53 müssten alternative Beratungsformen gesucht werden. „Mit solchen Versammlungen haben schon zuvor unsere Vorfahren alle ihre Beschwerden geheilt und die Menschen zur Einheit geführt.“54 Auf welche Arten von Zusammenkünften er anspielte, daran ließ Zebrzydowski im gleichen Atemzug keinerlei Zweifel: „Wir haben noch die vergangenen Versammlungen in frischer Erinnerung, wie auch auf der Versammlung von Je˛drzejo´w und der Wahl König Stephans, seligen Angedenkens, die Unterstützung zum Erfolg kam.“55 Indem er das Muster der Adelsversammlung aus dem vorvergangenen Interregnum evozierte, vermochte der Krakauer Wojewode verschiedene Argumentationsstränge geschickt zusammenzubinden. Zunächst vermied er offensichtlich jegliche historische Anspielung etwa auf die Lemberger Versammlung vom Beginn des 16. Jahrhunderts, die doch in der zeitgenössischen Geschichtsschreibung zum Muster adligen Widerstandes geronnen war. Im Gegensatz dazu appellierte er an ein Erfahrungswissen, das zumindest die Älteren unter den Anwesenden mit ihm teilen mochten. Dabei konzentrierte er sich anscheinend gezielt auf die Mechanismen eines Interregnums, das zwar nicht ohne Konflikte, jedoch unter Vermeidung größerer bewaffneter Auseinandersetzungen verlaufen war – im Gegensatz zur Wahl von Sigismund III.56 Dass die Erinnerung an Stephan Ba´thory zugleich als eine Anspielung auf einen insbesondere militärisch erfolgreichen König sowie seinen Kanzler Jan Zamoyski verstanden werden konnte, mag darüber hinaus eine willkommene Dreingabe gewesen sein. 52 Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. A), 268 f.; Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. B), 271 f. 53 Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. B), 271. 54 Ebenda. 55 Ebenda. 56 R, Interregna, 89–111.
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Harmlos war dieser Versuch einer Legitimierung und Traditionsbildung keinesfalls. Schon der Litauische Großkanzler Lew Sapieha kommentierte den Aufruf Zebrzydowskis sarkastisch mit den Worten, einige mit dem Krakauer Wojewoden an der Spitze „haben sich selbst eine Versammlung [...] einberufen und so haben wir, obwohl wir einen König haben, ein Interregnum.“57 Obwohl Zebrzydowski darauf bestand, dass solch eine Versammlung dazu dienen sollte, dem Monarchen die Beschwerden des Adels ungehindert darzulegen und zu behandeln, traf Sapieha mit seiner Bemerkung einen entscheidenden Punkt. Die eigenmächtige Einberufung einer Adelszusammenkunft, die dazu noch mit dem Muster des Interregnums begründet wurde, bedeutete eine faktische Aneignung monarchischer Prärogativen. In letzter Konsequenz konnte man dies tatsächlich als eine Negation der königlichen maiestas und damit als virtuelle Absetzung Sigismund Wasas lesen. Man muss Zebrzydowskis Rede mit ihrer offenen Stoßrichtung gegen Teile des Hochadels beziehungsweise des Senats und dem Vorschlag einer eigenmächtigen Adelsversammlung wohl als einen konfliktverschärfenden Katalysator einschätzen. Demgegenüber nahm sich die Instruktion, die der Sejmik der Wojewodschaft Krakau für seine Abgeordneten formulierte, inhaltlich wenig spektakulär aus. Anders gesagt: Thematisch erfuhren die schon zuvor vorgebrachten Anliegen gegenüber dem Jahr 1605 keine substantielle Erweiterung. Die ständige Kontrolle des Monarchen durch eine senatorische Kommission, die Ausgabe der Vakanzen, die Ablehnung einer Expedition Sigismunds in der derzeitigen Lage nach Schweden, der Frieden mit dem Osmanischen Reich und Moskau, schließlich die Einhaltung der Warschauer Konföderation und die Regelung des Verhältnisses zwischen weltlichen und geistlichen Ständen sowie eine Verbesserung des Gerichtswesens und Luxusverordnungen Nichtadlige betreffend – all dies hatte man bereits zuvor, zum guten Teil in den Vorjahren, teils sogar schon unter Stephan Ba´thory, gefordert.58 Dass man etwa in der Frage des preußischen Lehens keine Alleingänge des Königs hinnähme, war in dieser Schärfe hingegen den Vorgängen der jüngsten Gegenwart geschuldet. Dies betraf auch den Umgang mit den Tataren und den Einsatz der Quartgelder für das Heer beziehungsweise das Allgemeine Aufgebot.59 Sehr ähnlich fiel im Übrigen das Ergebnis des Sejmiks von Posen und Kalisch aus. Anders als in der Krakauer Instruktion war in diesem Rahmen 57
Lew Sapieha do Mikołaja Krzysztofa Radziwiłła, w Warszawie 4. Marca [1606], in: Archiwum Domu Sapieho´w. Tom 1: Listy z lat 1575–1606, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1892, (Nr. 594) 483–484, 483. 58 Instrukcya dana posłom na sejm s sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach 16 lutego 1606 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w ‘1932, 274–282. 59 Instrukcya s sejmiku w Proszowicach 16 lutego 1606, 276.
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zwar explizit keinerlei Rede von einer eigenmächtigen Adelsversammlung. Wie zuvor bereits erprobt, stellte man allerdings die Beteiligung der eigenen Landboten an den Sejmberatungen unter die Bedingung, dass sich der König zu Beginn des Sejms aller Exorbitantien annehmen möge. Abgesehen hiervon liest sich auch der großpolnische Forderungskatalog wie eine Wiederholung des Vorjahres. Die ersten Forderungen beziehen sich entsprechend – kaum originell – auf die Notwendigkeit, alle Vakanzen zu besetzen, die ständige Senatskommission beim Monarchen einzurichten und die Warschauer Konföderation einzuhalten.60 Zur Heeresfinanzierung schlug der Sejmik von Posen und Kalisch hingegen die Einrichtung eines eigenen Kriegsschatzes ein, der unter anderem aus den Abgaben des herzoglich-preußischen Lehens und Steuern der Geistlichkeit gespeist werden sollte.61 Letzterer Vorschlag wurde ebenso vom Kiewer Sejmik formuliert.62 Die Instruktionen der meisten restlichen Sejmiki sind nicht überliefert,63 so dass nur sehr vereinzelte Forderungen bekannt sind wie etwa diejenige des Sejmiks von Sandomierz, der sich für die Rückgabe der zuvor von Zebrzydowski genutzten Räumlichkeiten auf dem Wawel einsetzte.64 Anders stellte sich die Beschlusslage etwa für den Sejmik der masowischen Wojewodschaft Płock dar, der das Scheitern insbesondere des letzten Sejms ausdrücklich dem Verhalten einiger Landboten zuschrieb. Deren „privata“ verhinderten jegliche Diskussion der Proposition und führten dazu, dass die eigentlichen Beratungsthemen unerledigt blieben.65 Der Płocker Sejmik sprach sich dann auch konsequenterweise für die Verabschiedung der vom Monarchen vorgeschlagenen Heeressteuern aus und äußerte sich nur vorsichtig zurückhaltend gegenüber den Plänen Sigismund Wasas, eine Kampagne in Schweden zur Wiedergewinnung seiner Erbkrone zu führen.66 Ähnliches gilt für den ebenfalls zu Masowien gehörigen Sejmik von Ciechano´w. Die Teilnehmer dieses Sejmiks warnten in ihren Beschlüssen jedoch vor einer Fahrt des Königs nach Schweden, da dies in der 60
Instrukcja dana posłom sejmowym z sejmiku przedsejmowego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie 9 lutego 1606 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 275–281, 276. 61 Ebenda, 279. 62 S, Pamie˛tny Sejm, 57 Fn. 2. 63 Diese Feststellung musste schon Wacław Sobieski in seiner Monographie zum Sejm von 1606 treffen, obgleich ihm vor den Aktenzerstörungen des Zweiten Weltkriegs noch eine breitere Quellenbasis zur Verfügung stand als heutzutage, ebenda, 56 f. 64 Ebenda. 65 Mi Radi Dignitarzi y Riczersstwa Woyewocztwa Płockiego Zyachewszi sie˛ do Raciza˛cza miesce prawem Seymikow naszemu opissane y na czassi Jego K[ro´lewskiej ] M[os´ci] ad nonam Febr[uarii], Geheimes Staatsarchiv PK, XX. HA EM 111 h Nr. 55, 4r.–5v., 4r. 66 Ebenda, 4v.–5r.
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derzeitigen Lage ein Freibrief für dessen Gegner „ad factiones & tumultus“ darstelle.67 So „könnten erst die Maximilianisten erwachen“ und „die male contenti“ Oberwassser gewinnen.68 Auch wenn die masowische Loyalität gegenüber dem Monarchen vielleicht keine Überraschung darstellte,69 bleibt dennoch festzuhalten, dass keineswegs alle Regionen oder Wojewodschaften den Argumenten der malcontents folgten. Darüber hinaus war die Zuspitzung der Spannungen im Vorfeld des Sejms von 1606 – soweit ersichtlich – eben keiner Verschärfung oder Erweiterung thematischer Forderungen geschuldet. Vielmehr beruhte sie argumentativ in erster Linie auf der Feststellung, dass der Zugang zum Monarchen für die Adligen unmöglich und dessen Kontrolle durch die Magistrate nicht mehr gewährleistet werden könne. Die daraus abgeleitete Konsequenz einer eigenmächtigen Adelsversammlung hatte dabei durch reichsweite Absprachen verschiedener Akteure im Vorfeld ihr organisatorisches Rückgrat erhalten. Dass Mikołaj Zebrzydowski hierbei die federführende Rolle spielte, daran zweifelte keiner der zeitgenössischen Beobachter.70 Auch die Beteiligung der Brüder Janusz und Krzysztof im Verein mit ihrem Cousin Jerzy aus dem Haus Radziwiłł-Birsen schien ein offenes Geheimnis.71 Es muss allerdings ungeklärt bleiben, unter welchen Umständen gerade Janusz Radziwiłł sich den malcontents anschloss. Noch im Februar des Jahres Jahr 1604 hatte er eine persönliche Audienz beim Monarchen erhalten, die er im Anschluss durchaus wohlwollend kommentierte.72 Schon im Folgejahr jedoch hatten die Brüder Janusz und Krzysztof sich Jan Zamoyski angenähert und nicht zuletzt eine aktive Kampagne für die Artikel von Bełz im Großfürstentum betrieben.73 Die Beratungen des Sejmiks von Posen und Kalisch wiederum beschickte Fürst Konstanty Ostrogski mit seinen Emissären. Sie erreichten,
67 Jan Zawadzki, Richter des Ciechanower Landes, an den Starosten von Nidburg, 12. Februar 1606, Geheimes Staatsarchiv PK, XX. HA EM 111 h Nr. 55, 7r.–8v., 7r. 68 Ebenda. Bei der Erwähnung der „Maximilianisten“ handelt es sich dabei um eine Anspielung auf die Gegner der Wahl Sigismund Wasas in den Jahren 1587 und 1588, vgl. Kap. 3.1, S. 303 f. 69 In der polnischen Forschung wurde der masowische Adel lange Zeit tendenziell abwertend als konservativ-katholischer, verarmter Kleinadel charakterisiert, der eine sichere Bank für jegliche königliche Politik darstellte, vgl. in diesem Sinne für den Sejm von 1606 auch S, Pamie˛tny sejm, 104. 70 Lew Sapieha do Mikołaja Krzysztofa Radziwiłła, w Warszawie 4. Marca [1606], 483 f. 71 Ebenda. 72 W, H, Litwa wobec rokoszu, in: Kwartalnik Historyczny 79.2 (1972), 278–299, 280. 73 Hierzu die Rede Krzysztof Radziwiłłs d. Jüngeren auf der Konvokation von Wilna im Jahr 1605: Biblioteka Ossolin´skich rkps. 1850/I (Pisma Krzysztofa Radziwiłła hetmana polnego litewskiego od r. 1605–1628), 1r.–2v.
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dass auch in der großpolnischen Instruktion dezidiert eine Verteidigung der Orthodoxen gefordert wurde. Einer der aktivsten evangelischen Adligen auf dem Sejmik von Posen und Kalisch war schließlich Marcin Broniewski. Mitglied der Böhmischen Brüderunität und schon vor seiner Übersiedlung nach Großpolen eng mit den Ostrogski und den Radziwiłł-Birsen verbunden,74 stand Broniewski darüber hinaus durch seine Heirat mit der Schwester von Zebrzydowskis katholischem Schwiegersohn Marcin Smogulecki familiär dem Krakauer Wojewoden nah. Dies galt umso mehr, da sich eben jener Smogulecki wiederum durch die Vergabepolitik des Monarchen bei der Vergabe einer Referendarswürde beim Krontribunal übervorteilt fühlte.75 Das engere Netzwerk der führenden Akteure der malcontents im Jahre 1606 stellte mithin nur eine leicht modifizierte beziehungsweise erweiterte Form der reichsübergreifenden Allianzen und verwandtschaftlichen Kolligationen dar, die schon bei dem Konflikt der Radziwiłł-Birsen mit den Chodkiewicz um die Fürstin von Słuck und in den Auseinandersetzungen um die Brester Union aktiviert worden waren.76 Als wichtigste Veränderung in dieser Konstellation war allein Zebrzydowski zu verzeichnen, der als Neuling gewissermaßen die Position Zamoyskis in Kleinpolen geerbt hatte. Entsprechend sollte sich dieses Akteursnetzwerk auch in den regionalen Schwerpunkten des Rokosz widerspiegeln, der seine intensivste Unterstützung in Groß- und Kleinpolen, streckenweise Ruthenien um Kiew herum und in den litauischen Einflusszonen der Radziwiłł-Birsen erfuhr.77 Vor allem mit Groß- und Kleinpolen waren dabei die zwei Regionen aktiv involviert, denen in Hinblick auf die hierarchische Ordnung von Ländern und Provinzen auf kronpolnischer Ebene die größte Bedeutung zukam. Wenn Mikołaj Zebrzydowski auch beklagte, dass er beim Monarchen kein offenes Ohr fand, so war ihm andererseits das Gehör des Krakauer Sejmiks sicher. Dies zumindest suggerierte die enthusiastische offizielle Danksagung, die die Sejmikakten als Reaktion auf seine Rede verzeichneten. Der versammelte Adel bestätigte seinem Wojewoden, „dass Du dem Amt, zu dem Du berufenen bist, immer von Deinem Platz aus Genüge getan und Dich darum gemüht hast, was einem ehrenhaften Senator und guten Wächter der Respublica geziemte.“78 Hatten im Jahr 1605 die Artikel des Sejmiks von Bełz, die unter maßgeblichem Einfluss Jan Zamoyskis entstanden waren, dem unzu-
74 B, J, Marcin Broniewski – trybun szlachty wielkopolskiej w czasach Zygmunta III, Wrocław 1994, 78–95; C, K, Art. Broniewski Marcin, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 2, Krako´w 1936, 462–464, 463 f. 75 B, Marcin Broniewski, 97. 76 Vgl. Kap. 3.2, S. 337 u. Kap. 3.3, S. 374, 381. 77 U, Zamoyszczycy bez Zamoyskiego, bes. 87–89; W, Litwa wobec rokoszu, 285 f., 290. 78 Mowa Mikołaja Zebrzydowskiego na sejmiku proszowskim (Red. A), 269.
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friedenen Teil des Adels die Richtung vorgegeben, übernahm diese Funktion nun eine Flugschrift, die als Schreiben aus dem Krakauer Land im Umfeld der Sejmiksitzung der Wojewodschaft Krakau entstand. Wie schon in der Rede Zebrzydowskis machte auch in diesem Schreiben, das an andere Sejmiki als Aufruf für die geplante eigenmächtige Adelsversammlung verschickt wurde, die Klage über das Scheitern der letzten Sejmsitzung den Auftakt.79 Den Grund hierfür fand man im Verhalten des Königs, der Rechte und Freiheiten des Adels nicht respektiere. Offensichtliches Beispiel sei dabei das Problem der Ämtervergabe, da Sigismund trotz aller Bitten die ausstehenden Vakanzen nicht behandelt habe.80 Selbstverständlich richtet sich der erste Klagepunkt der Schrift weiterhin gegen die Pläne, ständige Steuern zur Verteidigung zu erheben und dies als verpflichtende Aufgabe an die Abgeordneten zu formulieren. Dies wird als Angriff auf das Konsensprinzip interpretiert. Dieser als Sendschreiben formulierte Beschwerdekatalog identifiziert demnach die Gründe für ein solches Vorgehen Sigismunds im Verhalten der schlechten Berater des Königs. Hierbei orientieren sich die Formulierungen eindeutig an den von Zebrzydowski vorgegebenen Begrifflichkeiten. In ihrer Klarheit der Anklage gehen sie aber noch über die Rede des Wojewoden hinaus. Schließlich heißt es, dass „einige Personen die Macht über den Willen von uns anderen usurpieren, indem sie Seine Majestät den König von seiner Schuldigkeit und Pflicht frei machen.“81 Das Hauptproblem der derzeitigen Situation, so die Argumentation der Artikel, bestehe darin, dass der Zugang des Adels zu seinem Monarchen blockiert sei. Damit wird die Schilderung Zebrzydowskis systematisch erweitert. Hatte ersterer deutlich gemacht, als Senator – mit normalerweise privilegiertem Zugang – keinerlei effektiven Kontakt zum König mehr herstellen zu können, trifft die gleiche Feststellung ebenso auf die lokalen Eliten und deren Vertreter auf dem Sejm zu. Die gleiche Kamarilla verhindere demnach nicht allein eine Kontrolle und Beratung königlicher Herrschaft zwischen den Sejmen, sondern auch das Funktionieren der Ständeversammlung als kollektivem Kontroll- und Herrschaftsgremium an sich. Somit gerate das gesamte Gleichgewicht des Mischverfassungssystems aus dem Lot. Die einzuberufene Versammlung erscheint in diesem Kontext als das einzige Mittel, die Ordnung wiederherzustellen. Deshalb wolle man
79 Pismo podane na niekto´re sejmiki przedsejmowe z sejmiku wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach (16 lutego 1606 r.), in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 272–274, 272. In der Edition Kutrzebas wird dem Text ein anderer Titel verliehen als er mit den Artikeln aus dem Krakauer Land in einigen handschriftlichen Versionen zu finden ist, was die Edition jedoch erwähnt. Maciszewski dagegen beklagt, dass der entsprechende Text nicht ediert worden sei: M, Wojna domowa, 107. 80 Pismo podane z sejmiku krakowskiego, 272. 81 Ebenda, 273.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
auch den König durch die Abgeordneten auf dem Sejm bitten, „dass er allein von seiner Herrscherperson die Ordnung beginne und so den Dingen, die wir bei seiner Königlichen Majestät anmahnen, Genüge tue.“82 Als präventive Maßnahme solle dennoch die Adelsversammlung außerhalb des Sejms in der vorletzten Sitzungswoche der Ständeversammlung in der Nähe von deren Sitzungsort Warschau zusammentreten. Dort hätten dann die Vertreter vom Sejm und ihren Fortschritten Bericht zu erstatten.83 Die Klage über Ämtervakanzen und die Vergabepolitik des Königs hatte sich als Hauptklagepunkt der malcontents etabliert. Dies zeigte sich auch in einer zur gleichen Zeit wie die Artikel aus dem Krakauer Land erschienenen zweiten Schrift.84 Der Revers des Briefes eines Adligen, der sich offiziell an den Sejmik der kleinpolnischen Wojewodschaft Sandomierz richtete,85 widmete sich der Armut (biedactwo) des Adels als anscheinendem Hauptthema. Die Schrift stellte dabei ihr eigenes Modell sozialer Stratifikation des Gemeinwesens auf, das aus dem „Herrenstand“ – ergo einem vom allgemeinen Adelsstand differenzierten senatorischen Hochadel, dem „Adel“, dem Klerus und dem Gemeinen Mann bestünde.86 Die Armut treffe, so der Revers alle Stände außer dem Klerus, vor allem aber den Adel.87 Der Text illustrierte diese Armut reichhaltig mit Beispielen von Überschuldung, Problemen von Luxus und Steuerzahlung.88 Joseph Morsel hat darauf hingewiesen, dass die Rede von Armut in adligen Diskursen des 16. Jahrhunderts durchaus nicht 82
Ebenda. Ebenda, 273 f. Hieraus allerdings abzuleiten, dass in den Artikeln ein „berittener Sejm“ als Versammlungsform mit direkter Anknüpfung an das Allgemeine Aufgebot und in etwaiger Traditionslinie zur Versammlung von Lemberg von 1537 gezogen werden könnte, wie dies Jarema Maciszewski in seiner Monographie zum Rokosz tut, entbehrt in dieser Form jeglicher Basis aus der Quelle heraus und stellt allenfalls eine grobe Vereinfachung dar, die in erster Linie als Aussage über die historischen Konstruktionslinien des MaciszewskiÆschen Œuvres taugt: M, Wojna domowa, 107 Fn. 69. 84 Rewersał listu szlachcica jednego do drugiego pisany, w kto´rym sie˛ obmawia, z˙e nie przybył na sejmik, w Opatowie pro 16 Martii 1606 złoz˙ony, o kto´rym zdanie swe i dyskursy ro´z˙ne przydawa, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2: Proza, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 240–257. 85 Dies erschließt sich aus dem Titel der Schrift, in dem sich der anonyme Autor vorgeblich für seine Abwesenheit beim Sejmik in Opato´w rechtfertigt, dem Sitzungsort des Sejmiks der Wojewodschaft Sandomierz. 86 Rewersał listu szlachcica jednego, 243. 87 Ebenda, 241, 245 f. 88 Diese Form von Armutsklage wortwörtlich zu lesen und daraus eine gar arianisch und damit „protokommunistische“ Zielrichtung des Verfassers abzuleiten wie bei Maciszewski ist grundsätzlich irreführend. Abgesehen von der Tatsache, dass es keinerlei Äußerungen in der Quelle gibt, die sich konfessionell zuordnen ließen, handelt es sich um eine komplette Fehlinterpretation des zeitgenössischen Armutsdiskurses im Adel, wie nachfolgend gezeigt werden kann: M, Wojna domowa 109 f. 83
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wörtlich zu nehmen war, kanonisierten Mustern folgte und spezifische argumentative Funktionen erfüllte.89 Im vorliegenden Zusammenhang sind dabei vor allem zwei Beobachtungen Morsels von Bedeutung. Erstens stellt er nicht nur fest, dass die Bezeichnungen „arm“ und „reich“ als stratifizierende Zuschreibungen im Sinne von „pauper“ und „potens“ funktionierten, sondern die Behauptung von Armut zugleich eine integrierende Funktion besaß. Denn wer arm ist, erscheint vielleicht als mindermächtig, aber dennoch Mitglied der größeren elitären Gruppe des Adels.90 Dies ist im Revers in zweierlei Hinsicht von Relevanz. Zum einen handelt es sich um ein Plädoyer, das offensichtlich aus der Perspektive jener Adligen geschrieben erscheinen sollte, die am Ende der langen Verteilungs- und Entscheidungskette des monarchischen Gemeinwesens standen. Die Abgrenzung von einem „Herrenstand“ suggeriert zumindest, dass es sich beim Schreiber um einen derjenigen Adligen handele, die keinen direkten Zugang zum Monarchen in der Konkurrenz um Ämter, Würden und Starosteien besaßen.91 Nichtsdestoweniger implizieren die immer wieder eingestreuten Augenzeugeninformationen vom Sejm und vom Hof sowie die Entschuldigung, nur dieses Mal den Sejmik nicht besuchen zu können, der Verfasser sei durchaus Teil der lokalen Sejmikeliten.92 Die Armut dieses Teils des Adels ist es mithin, auf die die Argumentation zielt. Jedoch wird auch deutlich, dass diese lokalen Adelseliten ihre Armut und damit ihre Gruppenzugehörigkeit durchaus mit einem Teil der zentralen Eliten des Hochadels teilen.93 Die zweite Beobachtung Morsels leitet schließlich zur zentralen Stoßrichtung des Revers über. Er stellt fest, dass die Behauptung von Armut eine starke politische Brisanz innerhalb von Adelsdiskursen besaß. Armut funktionierte als ein Appellbegriff, der die Schutzpflicht des Fürsten gegenüber seinem Adel evozierte, doch darüber hinaus „implizit von ihm eine nichtbedrängende bzw. zu Hilfe kommende Haltung als christliche, das heißt, höchst politische Pflicht“ einfordern konnte.94 Genau dies sieht der Revers im Falle Sigismunds III. eben nicht gewährleistet, sei er doch ein König, der „unsere Nation [= Adelsnation, K.L.] nicht liebt.“95 Anstatt dessen bedrohe er die adligen Freiheiten und strebe nach einem „absolutum dominium“.96
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M, J, Adel in Armut – Armut im Adel? Beobachtungen zur Situation des Adels im Spätmittelalter, in: Otto Gerhard Oexle (Hg.), Armut im Mittelalter, Ostfildern 2004, 127–164. 90 Ebenda, 147–149. 91 Rewersał listu szlachcica jednego, 245. 92 Ebenda, 241. 93 Ebenda, 244 f. 94 M, Adel in Armut, 150 f. 95 Rewersał listu szlachcica jednego, 241. 96 Ebenda, 242.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Die Zeichen solch eines absolutistischen, den Adel unterdrückenden Handelns, macht der Verfasser an zwei paradigmatischen Szenen fest, die denselben Kern besitzen: „Vor kurzem habe ich in Krakau dies beobachtet, dass fünf Senatoren mehr als eine Zeitstunde auf ihn eingeredet haben; einer hörte auf, der andere begann, und keinem hat er geantwortet; und ich habe noch nicht einmal gesehen, dass er die Lippen bewegt hätte und so ließ er sie stehen.“97 Dem gerade verstorbenen Wojewoden von Sieradz, Ołbracht Łaski,98 sei es ebenso so ergangen, als er um eine Gratifikation seiner Verdienste vergebens nacheinander in beide Ohren des Monarchen geflüstert habe.99 Schien der Zugang zum Monarchen also schon am Hof, an dem diese Szenen angesiedelt waren, unmöglich, musste dies für den Autor des Revers auch unmittelbare Auswirkungen auf den Sejm haben. Genauso wenig wie Sigismund die Senatoren höre, genauso wenig tue er dies mit den Bitten, Forderungen und Beschlüssen des Sejms. Vielmehr picke er sich am Ende nur diejenigen Konstitutionen heraus, die ihm genehm seien.100 Darum verkämen die Sejmsitzungen zu italienischen Komödien, „in denen es ernste Personen gibt und weise, Könige, et id genus; es gibt auch Zanni, Pantaloni, Huren, Kinder, Narren, Teufel und die geben irgendwelche Ostentationen und Reden vor, und repräsentieren das, was irgendeinmal war.“101 Angesichts solcher Dysfunktionalität des Sejms könne nur eine eigenständige Adelsversammlung die Ordnung wieder herstellen. Einige tugendhafte, ehrbare und fromme Senatoren hätten in diesen ruinösen Zeiten eine Versammlung nach Ste˛z˙yca einberufen: „Das sind keine Aufstände, pacate wollen sie diese Angelegenheiten klären, der Herrgott segne sie!“102 Wie schon die Instruktionen der masowischen Sejmiki zeigten, zeichnete sich allerdings schon vor dem Sejm von 1606 ab, dass die Argumentationen
97
Ebenda. Z˙, R, Art. Olbracht Łaski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 18, Wrocław u.a. 1973, 246–250. 99 Rewersał listu szlachcica jednego, 242. Hierbei handelt es sich um ein traditionelles alteuropäisches Motiv. Das Ohr des Fürsten, sein Gehör und damit seine Huld zu besitzen, war schon im Mittelalter ein gängiges Kriterium: A, G, Huld. Überlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung, in: Frühmittelalterliche Studien 25 (1991), 259–282, 277; ., Verwandtschaft, Freundschaft, Klientel. Der schwierige Weg zum Ohr des Herrschers, in: ders., Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997, 185–198; S, V, Das offene Ohr des Herrschers. Vorstellungen über den Zugang zum König in der Karolingerzeit, in: ders. / Steffen Patzold / Anja Rathmann-Lutz (Hg.), Geschichtsvorstellungen. Bilder, Texte und Begriffe aus dem Mittelalter (FS Hans-Werner Goetz), Köln / Weimar / Wien 2012, 299–325. 100 Rewersał listu szlachcica jednego, 245. 101 Ebenda, 240. 102 Ebenda, 256. 98
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der malcontents und die Einberufung einer parallelen Adelsversammlung keinesfalls unumstritten blieben. So kam als polemische Antwort auf deren Aktivitäten eine Gegenschrift in Umlauf. Das ebenso wie die Artikel anonym verfasste Votum eines Adligen behauptet, in erster Linie eine Schrift sein zu wollen, die sich mit dem Problem der Landesverteidigung und der Frage eines stehenden Heeres beschäftigte.103 In diesem Zusammenhang beklagt auch dieser Text ostentativ das Scheitern des Sejms von 1605. Den deshalb ausgebliebenen Beschlüssen zur Landesverteidigung sei das jüngste Vorrücken der Tataren zuzuschreiben. Folglich plädiert der Autor seinerseits – in modifiziertem Anschluss an die Vorstellungen der königlichen Instruktion – dafür, ständige Abgaben von allen Ständen einzurichten, um einen konstant gespeisten Kriegsschatz für die Truppenfinanzierung zu schaffen.104 Den wesentlichen Teil seiner Ausführungen konzentriert das Votum jedoch auf die Frage nach einer funktionellen Krise des Sejms, auf die er die erfolglose Sitzung des Vorjahres zurückführt. Die Bilanz fällt hierbei fatal aus: „Auf vielen Sejmsitzungen conclusio nulla, nur der Respublica gravis et periculosissima perturbatio et confusio.“105 Im Vergleich zu den kleinpolnischen Kritikern des Monarchen beziehungsweise einer kleinen Kamarilla, die die Entscheidungsprozesse der monarchia mixta usurpiert und monopolisiert hätten, sieht das Votum eines Adligen die Ursachen der gegenwärtigen Lage anderswo. Zwar sind auch hier Faktionen, Verschwörungen und „privata“, also Einzelinteressen, die Wurzel allen Übels. Sie beherrschten die Beratungen der Ständeversammlungen. Doch zielt die Kritik – neben nicht weiter spezifizierten adligen Akteuren – vor allem auf die Landboten und Sejmiki: zu Entscheidungen über das große Ganze im Sinne des Gemeinwesens seien letztere nicht mehr in der Lage. Die Landboten auf dem Sejm lamentierten hin und her und die Sejmiki nähmen sich im Anschluss heraus, die mühsam errungenen Sejmbeschlüsse nicht anzuerkennen.106 Nicht nur diese Schilderung gleicht in frappierender Weise dem Revers, das Votum bedient sich auch des gleichen polemischen Bildes: Der Sejm würde zu einem Ort kaum zu überbietender Geschwätzigkeit, nicht aber von Entscheidungen, ja er sei zu einer Komödie verkommen.107 Die Konsequenzen, die das Votum hieraus zieht, entsprechen dann aber ganz den jüngsten Vorstößen Sigismunds III. Geschickt greift der Text dabei das Schlagwort von der „absoluta potestas“ auf, immerhin zeitgenössisches Signum einer aus dem Lot geratenen monarchia 103
Votum szlachcica polskiego pisane na sejmiki i sejm roku pan´skiego 1606, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2: Proza, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 221–231. 104 Ebenda, 227 f. 105 Ebenda, 223. 106 Ebenda. 107 Ebenda, 224.
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mixta, um für die Abschaffung einer imperativen Mandatsbindung der Sejmabgeordneten zu plädieren. Alle Landboten sollten nämlich „cum absoluta potestate“ ausgestattet werden, zumindest in den Beratungen über die Landesdefension.108 Nur hierdurch könne verhindert werden, dass erneut Einzelinteressen die Überhand gewinnen würden. Schlussendlich lief die Argumentation des Votums eines Adligen, das immerhin im rhetorischen Gewand einer auf Sejm und vor allem Sejmiki üblichen oratorischen Wortmeldung daherkam, darauf hinaus, die gesamte Kritik der malcontents gegen sie zu kehren. Nicht die Monopolisierung des Sejms durch eine kleine elitäre Gruppe oder den Monarchen sei das Problem, sondern die mangelnde Gemeinwesenorientierung vor allem von einigen Landboten und Sejmiki; folglich konnte die Lösung nicht in einer Konkurrenzversammlung zum Sejm bestehen. Vielmehr konnte dessen Funktionieren und mithin die Existenz des Gemeinwesens nur über ein „spiritum sapientiae et concordiae“109 wiederhergestellt werden. Implizit musste dies zugleich eine deutliche Unterordnung der Sejmiki unter den Sejm und damit einhergehend eine Subordination der Landboten in die von Monarch und Senat beherrschten Hierarchie innerhalb des Sejms bedeuten. Angesichts der anstehenden Eskalation der Auseinandersetzungen mit den malcontents begleiteten die Sejmvorbereitungen präventive Rüstungsmaßnahmen. So veranlasste wohl Kronmarschall Myszkowski, Truppen zu bewerben und Teile des in Livland kämpfenden Heeres Richtung Warschau zu führen.110 Dass auch von Seiten der Gegner die Versammlung außerhalb des Sejms keineswegs ohne militärischen Schutz ablaufen sollte, wird spätestens aus verschiedenen Agentenberichten über die Versammlung von Ste˛z˙yca klar. Allerdings sind die angegebenen Zahlen weder überprüfbar noch ansatzweise übereinstimmend oder glaubwürdig.111 Zumindest lässt sich festhalten, dass die beteiligten hochadlig-senatorischen Eliten eine dermaßen große Zahl an Bewaffneten aufboten, dass die zeitgenössischen Beobachter geneigt waren, deren militärisches Potential ernst zu nehmen. Gleichzeitig ließ der Monarch aber auch hinter den Kulissen versuchen, wenigstens mit Mikołaj Zebrzydowski Verhandlungen aufzunehmen. Diese Mission, die dem Hofprediger Skarga anvertraut worden war, sollte jedoch scheitern. Seine Unterredung mit Zebrzydowski war sehr rasch beendet – „bonis verbis
108
Ebenda, 225. Es scheint eben kein Zufall, dass sich der Text genau an dieser Stelle solch einer durchaus ambivalenten lateinischen Formulierung bedient, stünden ihm doch auch weniger verfängliche polnische Ausdrücke zur Verfügung. 109 Ebenda. 110 Zumindest stellt dies Sobieski in seiner Monografie zum Sejm von 1606 in dieser Weise dar: S, Pamie˛tny Sejm, 29 f. 111 M, Wojna domowa, 112.
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datis, Petrum Scargam dimissit“, vermerkte die Chronik des Krakauer Jesuitenkonvents lakonisch.112 Ob in erster Linie Zebrzydowski Urheber der widerständigen Tendenzen und vor allem deren Organisator war, ist im vorliegenden Zusammenhang kaum von Bedeutung. Es ist allein zu konstatieren, dass er zum Kopf einer Bewegung wurde, die ohne die Unzufriedenheit innerhalb der lokalen Adelseliten, wie man sie vor allem in Groß- als auch in Kleinpolen explizit artikulierte, in dieser Form wohl nicht hätte entstehen können. Folgt man den Beschwerden und Argumenten in den Sejmikinstruktionen sowie in den polemischen Flugschriften vor dem Sejm von 1606, basierte diese Unzufriedenheit im Kern auf der Furcht, in der einen oder anderen Form den Zugang zum Monarchen zu verlieren. Zum Schibboleth der malcontents wurde in diesem Sinne das Problem der Ämtervergaben. Die Vakanzen gerieten zum Zeichen eines Fürsten, der die Bitten seines Adels nicht erhörte und darüber hinaus mit einem engen Kreis von Beratern regierte, ohne andere – berechtigte, da verdiente und tugendhafte – Glieder des Gemeinwesens als Magistrate zu beteiligen. Flankiert wurde dieser Hauptvorwurf durch die damit einhergehende Vernachlässigung des Gerichtswesens, die Gefährdung der konfessionellen Freiheiten und eine mangelnde Organisation der Landesdefension.
4.1.2 Die Auseinandersetzung entflammt: Warschauer Sejm und Versammlung von Ste˛z˙yca Der Sejm, der am 7. März 1606 eröffnet werden sollte, stand unter den denkbar schlechtesten Auspizien. Folglich meldete sich auch Zygmunt Myszkowski vorsorglich von Vincenzo I. Gonzaga, dem Herzog von Mantua und seinem beständigen Korrespondenzpartner, für die folgenden Wochen schon im Februar mit der Begründung ab, er begebe sich nun „a quella Dieta nella quale si tratteranno importantissime cose, che a suo tempo se ne dara notitia.“113 Dabei war die Einberufung der Ständeversammlung noch einen Monat zuvor bei den höchsten Würdenträgern stark umstritten. Die Hauptprotagonisten dieser Auseinandersetzung waren wiederum Kronmarschall Myszkowski und Unterkanzler Pstrokon´ski. Während ersterer eine rasche Sejmsitzung verhindern wollte, setzte sich letzterer schließlich durch. Wenn 112
W, J, Dziennik spraw domu zakonnego OO. Jezuito´w u s´. Barbary w Krakowie. Tom 2: Od r. 1600 do r. 1608 (wła( cznie), Krako´w 1886 (Scriptores rerum polonicarum 32), 117. 113 Zygmunt Myszkowski an Vincenzo Gonzaga, Krakau am 18. Februar 1606, Archivio di Stato di Mantova, AG busta 559, Bl. 340. (An dieser Stelle gebührt Christian Jaser tiefer Dank, für seine selbstlose Bereitschaft, bei einem Archivaufenthalt in Mantua Bestände für mich gesichtet und zugänglich gemacht zu haben.)
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man den detaillierten Schilderungen durch den Hofagenten Piotr Z˙eron´ski an seinen bischöflichen Auftraggeber im Ermland folgt, zielte der Unterkanzler dabei vor allem darauf ab, das nach dem Tod Zamoyskis vakante Kronkanzleramt so bald wie möglich selbst verliehen zu bekommen und Myszkowski zugleich aus dessen Marschallswürde zu drängen.114 Angesichts dieser Lage, vor allem aber durch die außen- wie innenpolitischen Schwierig˙ eron´ski in Anschluss an die meisten Stimmen am Hof bereits keiten war sich Z im Januar 1606 sicher, „dass auf diesem Sejm nichts wird beschlossen werden können.“115 Wenn insbesondere der Eröffnungsteil der polnisch-litauischen Ständeversammlung mit der gemeinsamen Sitzung der drei Sejmstände nicht zuletzt dazu diente, die respublica stets erneut als solche manifest werden zu lassen,116 geschah dies 1606 unter besonderen Bedingungen. Schließlich hatten die Einberufung einer parallelen Adelsversammlung und die polemischen Debatten im Vorfeld die Institution des Sejms deutlich destabilisiert. Der Vorwurf, die Ständeversammlung sei dysfunktional und zu einer Komödie verkommen, stützte sich dabei auf eine Fundamentalkritik an den beteiligten Akteuren. Die Rede von deren moralischem Versagen, das unabhängig von der Zielrichtung der Angriffe jeweils an einer alleinigen Konzentration auf Eigeninteressen festgemacht wurde, stellte zunächst die aktuelle Konfiguration des Gemeinwesens beziehungsweise des regimen mixtum in Frage. Auf dieser argumentativen Grundlage konnten zumindest die malcontents schließlich auch den Sejm als Emanation einer aus dem Ruder gelaufenen Herrschaftsordnung denunzieren. Die parallele Adelsversammlung von Ste˛z˙yca war mit dem 3. April dabei erst auf einen Zeitpunkt gegen Ende des Sejms terminiert, so dass insbesondere die Landboten aus Klein- aber auch aus Großpolen zunächst den Sejm besuchen sollten, bevor sie die Sitzung in Richtung Ste˛z˙yca verließen beziehungsweise den Sejm gar nicht erst besuchten. Vor dem Hintergrund dieser Druckkulisse verlief auch die Eröffnungssequenz des Sejms. Da deren zeremonielle Struktur grundlegend von ausführlichen Redebeiträgen geprägt war, brachte die Sitzung von 1606 folglich in besonderem Maße eine explizite oratorische Positionierung der Beteiligten hervor. Die in jeglicher Hinsicht angespannte Situation im Vorfeld der Sejmsitzung machte sich bereits bei der Wahl des Marschalls der Landbotenkammer bemerkbar. Im Jahr 1606 fiel der alternierende Vorsitz der Region Kleinpolen zu, was angesichts der Grundstimmung der kleinpolnischen Sejmiki die Wahl eines Abgeordneten aus den Reihen der malcontents erwarten ließ. Dabei erwies sich schon die Benennung eines mehrheitsfähigen Kandidaten
114
Ebenda, 22; S, Pamie˛tny Sejm, 25–27. Piotr Z˙eron´ski an Szymon Rudnicki, am 26. Januar, 22. 116 Vgl. Kap. 2.3.2, S. 262–267.
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als äußerst konfliktträchtig. Übereinstimmend berichten die Protokolle von konfessionell grundierten Auseinandersetzungen, wobei von der Mehrheit der Abgeordneten der zunächst präsentierte Prokop Pe˛kosławski abgelehnt wurde. Ob der kurz zuvor zum Katholizismus konvertierte Pe˛kosławski allerdings nur von den Protestanten missbilligt wurde, geht aus den Quellen nicht hervor.117 Vielmehr findet sich die allgemein gehaltene Bemerkung, die überwiegende Zahl der Landboten sei sich darin einig gewesen, dass „relapso non esse fidendum.“118 Der kleinpolnische Vorschlag, Pe˛kosławski zum Landbotenmarschall zu wählen, machte unterdessen noch einmal deutlich, wie wenig sich die Bewegung der malcontents von 1606 auf eine etwaige „Zamoyski-Partei“ reduzieren oder zurückführen ließ. Handelte es sich doch gerade bei Pe˛kosławski, der im späteren Verlauf des Rokosz durchaus eine wichtige Rolle spielen sollte, um einen jener Vertreter der lokalen Adelseliten von Sandomierz, der sich zuvor mit seiner lautstarken Gegnerschaft zu Zamoyski einen Namen gemacht hatte.119 Der daraufhin vorgeschlagene Katholik Stanisław Stadnicki von Lesko fand wiederum bei den protestantischen Landboten keine Unterstützung120 und fiel obendrein angesichts seiner Absenz während des Wahlvorganges aus dem Verfahren.121 Auch am folgenden Tag vermochte man sich zu keiner einstimmigen Wahl durchzuringen, doch wurde schließlich Stanisław Ryszkowski als Kompromisskandidat von der weit überwiegenden Mehrheit „paucis personis [...] exceptis“122 zum Vorsit117 So die Behauptung bei S, Pamie˛tny Sejm, 69, der sich dabei aber lediglich auf die ebenfalls hier verwendeten Quellen stützt. 118 Diarium des Sejms von 1606 [im Original ohne Titel] BK rkps 325 (Kopie dokumento´w z czaso´w panowania Zygmunta III i Władysława IV kro´lo´w polskich 1604–1634), 585–664, hier 591; ähnlich: Seim Warszawski Anno Domini 1606, BCz rkps 1623, 419–625, hier 419. 119 R, Interregna, 134, 137, 143; an anderer Stelle wurde dieser Konflikt nicht berücksichtigt beziehungsweise auf die Zugehörigkeit Pe˛kosławskis zum Lager der Anhänger Maximilians bei der Doppelwahl reduziert: B, W / L, M, Art. Prokop Pe˛kosławski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 25, Wrocław u.a. 1980, 470–472, 471. 120 Vgl. Diarium, BK rkps 325, 591; Proces Sejmu Warszawskiego A.D. 1606, BCz rkps 1623, 1390–1399, 1391. 121 Bei Stadnicki von Lesko (?–1610) hätte es sich sicherlich um denjenigen Kandidaten gehandelt, der den Interessen Sigismunds III. auf dem Sejm am ehesten entsprach. Anders als sein namensgleicher Vetter aus der zweiten Linie des Hauses Stadnicki (Stanisław „Diabeł“ Stadnicki), hatte er sich nicht nur bereits im Vorjahr als Abgeordneter im Sinne der königlichen Politk positioniert. Darüber hinaus war er der Bruder des frisch zum Kastellan von Przemys´l ernannten Adam Stadnicki, eines Schwiegersohns des Posener Wojewoden und prominenten Unterstützers der königlichen Politik Hieronim Gostomski: S, M, Art. Stanisław Stadnicki z Oz˙omli na Lesku, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 41, Warszawa / Krako´w 2002, 432–436. 122 Proces Seimu, BCz rkps 1623, 1391; Seim Warszawski, BCz rkps 1623, 420; Diarium, BK rkps 325, 592.
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zenden der Kammer erhoben. Für die Konfessionsangehörigkeit dieses etablierten Vertreters der lokalen Lubliner Adelseliten interessierten sich die Diarienschreiber jedenfalls nicht mehr.123 Erst am Morgen des 9. März begaben sich die Landboten mit ihrem Marschall schließlich nach oben in den Senatssaal zur gemeinsamen Zusammenkunft der drei Sejmstände. Wie üblich eröffnete die Begrüßungsrede des Landbotenmarschalls an den Monarchen nun den rhetorischen Reigen, der sich mit der Proposition vom Thron und vor allem mit den Senatorenvoten fortsetzte. Stanisław Ryszkowski hatte hierbei eine delikate Aufgabe zu lösen, leitete die Begrüßungsrede des Landbotenmarschalls doch den Unterwerfungsakt ein, den alle Abgeordneten mit dem Handkuss für den König zu vollziehen hatten. Innerhalb seiner Begrüßungsrede, ganz deren rhetorischem Charakter aus dem genus demonstrativum heraus entsprechend, hatte er einen Balanceakt zwischen formalen Erfordernissen und den inhaltlichen Ansprüchen auch der malcontents der Landbotenkammer zu vollziehen. Schon im Exordium seiner Rede definierte Ryszkowski seine Position als Sprecher der „Herren Landboten aller Länder selbst von sich aus, und im Namen ihrer Brüder, von denen sie hierhin abgefertigt sind.“124 Dieser Verweis auf die adlige Herkunft des Sprechers verband sich in der Tradition der Begrüßungsreden oft genug mit einer Relativierung der senatorischen Stellung.125 Dem Monarchen trat demnach auch hier ein einziger Vertreter des Gesamtadels gegenüber, dessen Abgeordnete sich darüber hinaus nicht nur über die regionalen Korporationen, sondern auch über ihre Existenz als Adlige an sich definierten. Die Argumentation wird dabei durch den Parallelismus („Landboten“ / „ihre Brüder“) gestützt, der auf die Gleichwertigkeit von mandatierter Stellvertretung und repräsentativer Funktion der Landboten als Sejmstand an sich verweist. Das folgende Lob der bisherigen Herrschaft Sigismunds III. dient Ryszkowski im Anschluss in erster Linie dazu, daraus die zukünftigen Verpflichtungen des Monarchen abzuleiten. Er entwickelt dabei den Gedanken, die gottgesegnete Herrschaft Sigismunds müsse eine Mehrung der „Rechte und Freiheiten“ und eine möglichst friedliche Erweiterung des Territoriums
123 Ebensowenig finden sich hierüber Angaben in dem kurzen Artikel im Polnischen Biographischen Wörterbuch, der sich zu großen Teilen auf die Ausführungen bei S, Pamie˛tny Sejm stützt: K, W, Art. Stanisław Ryszkowski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 32, Wrocław u.a. 1989 / 91, 567. Sobieski hielt Ryszkowski dabei für einen farblosen, der Kammer von Sigismund aufgedrängten „Regalisten“: S, Pamie˛tny Sejm, 70 f. Inwieweit diese Einschätzung zutrifft, muss offenbleiben. Zumindest sollte bedacht werden, dass Ryszkowski bis 1605 bereits viermal ein Abgeordnetenmandat innegehabt hatte und zu den prominenteren Persönlichkeiten innerhalb der Adelseliten der Lubliner Wojewodschaft zu zählen war: S, Politycy, 14, 21. 124 Seim Warszawski 1606, BCz rkps 1623, 421. 125 P, Obraz kultury retorycznej, 272.
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der respublica erbringen.126 Ordnet Ryszkowski nachfolgend Sigismund Wasa in die Tradition des Jagiellonenhauses ein,127 scheint dies auf den ersten Blick ganz den dynastischen Ansätzen des Monarchen zu folgen. In der anschließenden Argumentation kehrt Ryszkowski jedoch das jagiellonische Erbe gegen Sigismund III. So stellt der Landbotenmarschall in Bezug auf die jüngsten Tatareneinfälle im Südosten heraus, der litauische Großfürst Witold Jagiełło128 habe am Anfang des 15. Jahrhunderts ununterbrochen persönlich mit den Tataren gekämpft.129 Überhaupt hätten die Jagiellonen-Könige sich durch persönlichen Einsatz auch mit dem kleinen Heer, das ihnen zur Verfügung stand, ausgezeichnet gegen den Feind zu wehren gewusst. Gleichzei-
126 Seim Warszawski 1606, BCz rkps 1623, 421. Diese Erwartung gegenüber dem Monarchen wird in Form eines Trikolons herausgehoben: er möge „prawa, wolnos´ci y swobody / Rechte und Freiheiten“. Im Deutschen ist ein semantischer Unterschied zwischen ,swobody’ und ,wolnos´ci’ auszudrücken nicht möglich. Man darf davon ausgehen, dass beide Begriffe auch im zeitgenössischen Polnisch eine fast vollständige semantische Deckung aufwiesen. Der Begriff ,wolnos´c´’ ist dabei für die Bezeichnung der Freiheitsrechte in ihrer politischen Dimension gängiger. Eine vertiefende systematische Betrachtung dieses semantischen Problems bleibt allerdings ein Forschungsdesiderat. Die Vorarbeiten zum veröffentlichten „Wörterbuch des Polnischen des 17. Jahrhunderts“, dessen Kartothek digital zugänglich gemacht worden ist, suggeriert dabei in den 221 Beispielfällen, die zum Lemma „swoboda“ zusammengetragen wurden, eine weitgehende semantische Konkordanz mit dem Ausdruck „wolnos´c´“, vgl. Kartoteka Słownika je˛zyka polskiego XVII i 1. połowy XVIII wieku; Sumienie2 – Swojszczyzna, http://rcin.org.pl/dlibra/docmetadata?id=8218 &from=publication (zuletzt eingesehen am 3. Oktober 2019). 127 Seim Warszawski 1606, BCz rkps 1623, 422. 128 Der positiv gefärbte Verweis auf Witold in einem kronpolnischen Kontext scheint erstaunlich. Witold Jagiełło war ein Cousin Władysławs (1386–1434), des Begründers der polnisch-litauischen Doppeldynastie. Bis zu seinem Tod war Witold litauischer Großfürst, während erst danach durch die Übernahme des Großfürstentitels durch Władysław die Personalunion mit Polen entstand. Das Verhältnis zwischen den beiden Jagiellonen erwies sich dabei als äußerst konfliktuell, nicht zuletzt in Hinsicht auf eine etwaige Königserhebung Witolds in Litauen: N, J, Spory o koronacje˛ wielkiego ksie˛cia Witolda w latach 1429–1430. Cze˛s´c´ I. ,Burza koronacyjna‘ w relacji Jana Długosza, in: Lituano-slavica Posnaniensia 6 (1994), 55–75; ., Spory o koronacje˛ wielkiego ksie˛cia Witolda w latach 1429–1340. Cze˛s´c´ II: Pro´ba rekonstrukcji wydarzen´, in: Lituano-slavica Posnaniensia 7 (1995), 155–171; D, J, Sigismund und der Konflikt um die Königskrönung Witolds von Litauen (1429/30), in: Ekaterini Mitsiou et al. (Hg.), Emperor Sigismund and the Orthodox World, Wien 2010, 17–25. 129 Seim Warszawski 1606, BCz rkps 1623, 422. Höchstwahrscheinlich bezieht sich diese Wertung der Tatarenkämpfe Witolds auf die Schilderungen der populären historischen Schrift Marcin Kromers, der De origine et rebus gestis Polonorum (In polonisierter Fassung als Kronika Polska). Erstmals 1558 erschienen, durfte Kromers Darstellung „normative Geltung bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts beanspruchen.“ (B, Geschichtsdenken, 207.) Kromer betont den glänzenden Sieg Witolds gegen die Tataren: K, De origine et gestis Polonorum, 251 f.
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tig betont Ryszkowski, dass die gegenwärtigen Zeiten sich glücklich schätzen könnten, da es weitaus weniger Überfälle der Tataren gäbe als jemals zuvor. Stellt man dies in den Zusammenhang der vorhergehenden Äußerung, der jüngste Sieg über die Schweden bei Kirchholm sei von einem „ehrwürdigen großen Menschen, de(m) Hetman() Eurer K.H.“ errungen worden,130 fällt das gleichzeitige militärische Herrscherlob des Landbotenmarschalls ambivalent aus. In diesem Sinne erscheinen auch der Dank für die vollbrachten Siege und die Überlegungen des Königs zur zukünftigen Verteidigung in direktem Zusammenhang mit der Ablehnung der königlichen Delegation für die Sejmiki. Wurde hier gefordert, der Sejm solle ohne Gegenvorschläge die ständige Besteuerung für ein Heer bewilligen, verkündet Ryszkowski, man danke für die erwiesenen Wohltaten und wolle sich nun „selbst dazu anschicken, dass wir eine sichere Verteidigung errichten, nach Vorschlag und Überlegungen Eurer K.H.“131 Mit diesem Anspruch einer aktiven Beteiligung an der Neuordnung des Militärwesens wird zugleich der Boden für eine breitere Definition des Verhältnisses zwischen Monarchen, Senatoren und Landboten bereitet. Angesichts der wenigen Abgeordneten, die zu den Verhandlungen erschienen waren, entschuldigt sich Ryszkowski gegenüber dem Monarchen. Er möge die Abwesenheit der übrigen verzeihen, wenn sie wegen schlechter Wege oder Krankheit zu erklären sei, wären aber Landboten aus bösem Willen nicht erschienen, so müsste dies der Gerichtsbarkeit von König und Senat überantwortet werden.132 Dass mit denjenigen Abgeordneten, die sich aus „Bösartigkeit“ beziehungsweise „Widerspenstigkeit“ nicht zum Sejm eingefunden hätten, die Teilnehmer der Versammlung von Ste˛z˙yca gemeint sind, bleibt unausgesprochen. Zugleich jedoch geht diese indirekte Verurteilung mit der Behauptung der eigenen Legitimität einher. Der Sejm sei der Ort, an dem die Abgeordneten ihre Pflicht zu tun hätten, „so wie es üblicherweise ist, und wie von den Brüdern aus den Kreisen gewünscht.“133 Da die Anwesenheit der Landboten auf dem Sejm dem Willen des Adels entspräche, könne die Versammlung von Ste˛z˙yca folglich nicht für sich beanspruchen, im Namen der Brüder zu sprechen. Durch diese deutliche Verurteilung der oppositionellen Versammlung tut Ryszkowski seiner Kritik an Sigismund keinen Abbruch, vielmehr unterstreicht er die Legitimität der eigenen Position innerhalb des Sejms und somit auch seiner Argumentation als Ausdruck adligen Willens. Bereits im Rahmen der Erörterung der militärischen Siege Sigismunds hatte Ryszkowski die Schuld für den letzten Tatarenangriff dem Scheitern des letzten Sejms zugeschrieben, das Senatoren und Landboten verursacht 130
Seim Warszawski 1606, BCz rkps 1623, 421 f. Ebenda, 423. 132 Ebenda, 423 f. 133 Ebenda, 423. 131
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hätten.134 Dieses klare Schuldeingeständnis wird wiederum durch einen Verweis auf die Tradition des Sejms bis zum Dynastiebegründer Władysław Jagiełło relativiert. Der Landbotenmarschall entwirft hier das Bild eines stets agonal geprägten Sejms, für den das ergebnislose Scheitern keine Neuigkeit, sondern eine historische Konstante darstelle.135 Unter Jagiełło wären die Sejme immer abgeschlossen worden, da sie noch nicht über die Steuern beraten hätten. Doch schon Kasimir IV. hätte Zugeständnisse machen müssen, um seine Forderungen durchzusetzen. „Es kamen auch solche Dinge vor, die dem Herren nicht gefielen, die eine Beeinträchtigung von Recht und Freiheit schienen, aber sie (sc. die Adligen) zeigten gleich publice was nicht gefiel, berieten sich darüber mit ihren Herren.“136 In diesem Zusammenhang erinnert Ryszkowski den Wasa, dass der Ausgang des Sejms ganz von der richtigen Rollenerfüllung des Königs abhinge. Der Monarch habe „zu wiegen, zu mäßigen, zu beraten“ und damit eine Schiedsrichterfunktion für die Beratungen in Senat und Landbotenkammer auszuüben.137 Wie in der Tradition des Sejms verankert, sei es dagegen auch jetzt die Aufgabe der Landbotenkammer, die Rechte und Freiheiten des „Untertanen“ zu schützen.138 Die Erwähnung der Adligen als „Untertanen“ und der Landboten als deren Protektoren verortet die Abgeordneten einerseits innerhalb der existenten Argumentationsfigur, die nicht allein die vom König bestimmten Amts- und Würdenträgern, sondern auch die Abgeordneten als Magistrate mit einer besonderen Verantwortung für das Gemeinwesen interpretierte.139 In letzter Konsequenz musste in solcher Lesart den Landboten als Magistraten eine privilegierte Stellung und Autorität gegenüber ihren Wählern zukommen. Andererseits nimmt Ryszkowski mit seiner Formulierung ebenso den folgenden Handkuss als Unterwerfungsgeste auf. Letztere wiederum relativiert er jedoch, wenn er deren Bedingtheit unterstreicht. So fährt er fort, man könne nur mit der Meinung von König und Senat übereinstimmen, falls sie den Rechten nicht entgegenstünde, wobei die Landesdefension ebenfalls ein selbstverständliches Anliegen der Landbotenkammer sei.140 Mit dieser Feststellung geht Ryszkowski zur knappen Präsentation einiger Gravamina und Stellungnahmen zur Proposition über. Auch hierbei nimmt die Rede eine Rollenbestimmung von König, Landbotenkammer und Senat vor. So entspricht die Bitte um die Erledigung der Strafsachen gegen Adlige durch Kö-
134
Ebenda, 422 f. Ebenda, 424. 136 Ebenda. 137 Ebenda. 138 Ebenda. 139 Vgl. Kap. 2.1, S. 205 f.; Kap. 2.4, S. 274, 288. 140 Ebenda, 425. 135
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nig und Senat der Richterfunktion der letzteren,141 während zugleich betont wird, dass die Zivilprozesse in der Kompetenz des Adels allein lägen. Hiernach bezieht sich Ryszkowski in seiner Stellungnahme ausschließlich auf den Gesamtadel, als dessen Beauftragte die Landboten handelten. Er stellt sich damit den Vorwürfen entgegen, die Landboten agierten im Interesse ihrer eigenen privata: „Von uns aus bringen wir nichts ein, und werden nichts einbringen, aber dies, was die Herren Brüder als notwendig erachteten und was diese da empfohlen haben, die werden wir vortragen, diese Bitten werden, dass Du Dich ihrer anzunehmen geruhst, wie unsere eigenen.“142 Diese Formulierung unterstreicht dabei nicht nur die Legitimierung des eigenen Handelns durch deren Identität mit dem Willen des Gesamtadels: Damit der König sich mit den Bitten des Adels beschäftigt, müssen sie mit den Bitten der Landboten identisch sein; somit erlangen sie überhaupt nur durch die Präsentation der Abgeordneten auf dem Sejm Relevanz. Gleichzeitig kann der König die Stellungnahmen der Landboten nicht ignorieren, da sie mit denen des Gesamtadels übereinstimmen. Insofern reiht sich die Forderung Ryszkowskis in die Verteidigung der eigenen Rolle ein, man solle den Abgeordneten auch in diesem Jahr ihnen würdige Quartiere in Warschau zuweisen. Die bisherigen Unterkünfte seien schließlich „contra dignitatem unserer Personen, der Landboten.“143 Dieser Vorwurf der Missachtung muss sich dabei an den König, vor allem aber an den Kronmarschall Myszkowski richten, der für die Organisation des Sejms verantwortlich war.144 Die Peroratio schließlich fasste noch einmal knapp die zentrale Interpretation des darauffolgenden Handkusses zusammen. Bedingung für den Gehorsam und die Loyalität des Adels gegenüber dem König ist dessen „freigiebige Liebe an uns und unsere Bitten und Belange.“145 Stanisław Ryszkowski vermied in seiner Rede jegliche allzu direkte Konfrontation mit dem Monarchen, genauso wie er es umging, allzu offen die Argumente der malcontents zu übernehmen. Während er etwa konfessionelle Spannungen mit keinem Wort erwähnte, ließ die an mehreren Stellen eingeforderte Liebe des Monarchen für seinen Adel genügend Interpretationsspielraum; besonders, wenn sie mit der Charakterisierung von Vaterliebe und Freigiebigkeit einherging – zwei Formeln, die kaum verdeckt eine stärkere Hinwendung und Öffnung des Königs in seiner Fürsorgeverantwortung betonten. Diese Denkfigur hatte auch schon den Klagen über die Ämtervakanzen und dem mangelnden Zugang zu Sigismund zugrunde gelegen. Deutlich
141
Ebenda. Ebenda, 426. 143 Ebenda. 144 Vgl. Kap. 2.3.2, S. 295. 145 Seim Warszawski 1606, BCz rkps 1623, 426. 142
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grenzte sich Ryszkowski hingegen von jeglichen Versuchen ab, die Verhältnisse im regimen mixtum außerhalb des Sejms auszuhandeln. Die königliche Proposition, die der polnische Unterkanzler Pstrokon´ski im Anschluss verlas, stimmte im Wesentlichen mit der an die Sejmiki versandten Delegation überein.146 Wie zu erwarten, verzichtete die Proposition vom Thron jedoch darauf, nochmals das Problem des imperativen Mandats zu behandeln. Dafür mahnte Pstrokon´ski umso mehr die Dringlichkeit an, eine solide Lösung zur Finanzierung der Landesverteidigung zu finden und warnte sehr allgemein vor zunehmender Gesetzlosigkeit, die in einem Bürgerkrieg enden könne.147 Die anschließenden Senatorenvoten wurden nur von einem kleinen Kreis von Oberhausvertretern bestritten.148 An der personellen Konstellation der anwesenden Senatoren scheint dabei am auffälligsten, dass es sich mit Tomasz Gostomski, Adam Se˛dziwo´j Czarnkowski, Zbigniew Ossolin´ski und Maciej Konopacki bei vier der votierenden sechs Wojewoden um im vorangegangen Jahr frisch ernannte Amtsträger handelte.149 Dies betraf ebenso den Kastellan von Wolhynien, Fürst Aleksander 146 Diarium des Sejms von 1606 [im Original ohne Titel], APG 300/29–69, 184r.–234v., 184r.; Diarium, BK rkps 325, 592–593; auch andere Protokollanten fanden die Proposition keiner ausführlichen Erwähnung mehr wert, vgl. Seim Warszawski, BCz 1623, 427. 147 S, Pamie˛tny Sejm, 76. Sobieski stützt sich hierbei auf mittlerweile nicht mehr erhaltenes Quellenmaterial. 148 Dass die Zahl der votierenden Senatoren auffällig gering ausfiel, bemerkte auch der Verfasser des Diariums BCzart 1623 II, hier 1392. Zur generell an der Zahl der Amtsträger gemessenen geringen Frequenz der Teilnahme an Sejmsitzungen überhaupt vgl. etwa zusammenfassend: M, K, Senat I Rzeczypospolitej – geneza, skład i kompetencje, in: Magdalena Naroz˙na / Robert Stawicki (Hg.), Senat w tradycji i praktyce ustrojowej Rzeczypospolitej, Warszawa 2013, 16–24, 22. Die genaue Identifizierung der anwesenden Senatoren ist schwierig, da die Angaben der detailliertesten beiden Diarien (BCz 1623 I und APG) voneinander abweichen und auch in sich nicht ganz kohärent sind. Der Verfasser des Diariums BCz 1623 nennt 20 Votierende (einschließlich der Inhaber der Zentral- oder Ministerialämter), während der Danziger Sejmbericht zunächst 22 Senatoren aufführt, dann aber nur die Beiträge von 21 Senatoren erwähnt (hier fehlt eine Erwähnung der Stellungnahme des zuvor gelisteten Kastellans von Warschau, Stanisław Warszycki). Dabei weicht die Erstnennung der Senatoren von den Redeprotokollen im Danziger Diarium wiederum ab. So werden der Bischof von Przemys´l und der Wojewode von Masowien zunächst nicht erwähnt, dafür taucht der Wojewode von Wolhynien auf, der seinerseits aber mit keinem Votum verzeichnet wird. Die folgende Zahl von 22 Votierenden orientiert sich an den Redeparaphrasen des Danziger Protokolls, die unter den vorliegenden Umständen als der zuverlässigste Gradmesser von Anwesenheit angesehen werden müssen. Woher Sobieski in seiner Darstellung die Zahl von 19 Senatoren nimmt, ist unklar, vgl. S, Pamie˛tny Sejm, 76. 149 Tomasz Gostomski (Wojewode von Masowien): H, Tomasz Gostomski, 369; Adam Se˛dziwo´j Czarnkowski (Wojewode von Łe˛czyca): D, Adam Se˛dziwo´j Czarnkowski z Czarnkowa, 214; Zbigniew Ossolin´ski (Wojewode von Podlachien): C, Jan Zbigniew Ossolin´ski, 429; Maciej Konopacki (Wojewode von Kulm): M-
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Zasławski, und den Litauischen Großschatzmeister Hieronim (Jarosz) Wołłowicz.150 Wenn man hierzu noch die erst 1604 berufenen Bischöfe von Kujawien, Ermland und Łuck rechnet,151 dürfte es sich bei knapp der Hälfte der votierenden Oberhausmitglieder um Akteure gehandelt haben, deren Anwesenheit auf dem Sejm – unabhängig von ihrer Positionierung im aktuellen Konflikt oder weiteren Faktoren – in einer Logik von Gabe und Gegengabe schon ihrer schieren Verpflichtung dem Monarchen gegenüber geschuldet war.152 Ein Teil der Diarienschreiber des Sejms von 1606 konnte sich dabei nicht des Eindrucks erwehren, die votierenden Senatoren hätten sich in der Summe nicht nur mehr oder weniger übereinstimmend geäußert, sondern letztlich die Vorschläge der königlichen Proposition weitgehend akzeptiert.153 Es ließen sich jedoch deutlich die regionalen Interessen der einzelnen Senatoren identifizieren. Überhaupt schienen neben Großpolen und Masowiern154 insbesondere senatorische Vertreter aus dem kleinpolnischen und
, J M., Art. Maciej Konopacki, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 13, Wrocław u.a. 1967–1968, 549–550. 150 Zu Wołłowicz: vgl. L, Urze˛dnicy centralni i dygnitarzy Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego, 157. Zu Zasławski: Zasławscy, in: N, K, Herbarz polski, Tom 10, Lipsk 1845, 91–98, 96 f. 151 Piotr Tylicki (Kujawen), Szymon Rudnicki (Ermland), Marcin Szyszkowski (Łuck), vgl. den Überblick über alle Bischofsernennungen in polnischen Diözesen in: J, W / S, M, Organizacja Kos´cioła rzymskokatolickiego na ziemiach polskich od X do XXI wieku, Warszawa / Olsztyn 2011, 124, 198, 209. 152 Bei den restlichen Senatoren und Würdenträgern waren im Übrigen lediglich Lew Sapieha (Litauischer Großkanzler seit 1589), Krzysztof Kos´cielecki (Kastellan von Inowrocław seit 1584) und Wojciech Baranowski (Bischof von Płock seit 1591) länger in ihren aktuellen Ämtern. Sicherlich ist solch eine Rechnung gerade in Bezug auf den Episkopat streckenweise irreführend, da zumindest der Bischof von Kujawien, Piotr Tylicki, zuvor bereits als Vorgänger Rudnickis das Amt eines Fürstbischofs von Ermland inne und das Unterkanzleramt bekleidet hatte (vgl. Kap. 3, S. 295). Der aktuelle Unterkanzler Maciej Pstrokon´ski war bereits seit 1601 Bischof von Przemys´l, Zygmunt Grudzin´ski Wojewode von Rawa seit 1601 und Stanisław Krasin´ski seit 1600 Wojewode von Płock. Zygmunt Myszkowski war 1603 zum Kronmarschall ernannt worden. Unter den votierenden Kastellanen waren Michał Konarski (Danzig) seit 1602/03, Andrzej Te˛czyn´ski seit 1603 und ˙ arno´w Jan Ostroro´g seit 1600 Inhaber ihrer Ämter. Für Szcze˛sny Słupecki, Kastellan von Z war es die erste Sejmteilnahme als Senator, Stanisław Warszycki hatte zuvor nur einmal am Sejm von 1600 teilgenommen, vgl. zur Teilnahme der Senatoren an der Sejmsitzungen die statistisch-prosopographische Studie: K, W, Senatorowie na sejmach z lat 1587/88–1609, in: Zeszyty naukowe WSPPS. Historia 27 (1990), 17–58. 153 Diarium, BK 325, 593. 154 Wojewode von Łe˛czyca (Adam Se˛dziwo´j Czarnkowski), Wojewode von Rawa (Zyg˙ arno´w munt Grudzin´ski), Kastellan von Wis´lica (Andrzej Te˛czyn´ski), Kastellan von Z (Szcze˛sny Słupecki), Kastellan von Posen (Jan Ostroro´g), Kastellan von Warschau (Stanisław Warszcki).
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ruthenischen Südosten des Doppelreiches155 wie aus dem Königlichen Preußen beziehungsweise den anderen direkt an das Herzogtum Preußen angrenzenden Regionen repräsentiert.156 Für erstere stellte eine Regelung des Verhältnisses zu den Tataren beziehungsweise in Hinsicht auf die osmanischungarischen Verhältnisse ein erhebliches Interesse dar, was sich auch in der Schwerpunktsetzung der Voten widerspiegelte.157 Letzteren hingegen ging es in besonderem Maße um die Frage des preußischen Lehens und teilweise um die militärische Lage in Livland.158 Ansonsten war man sich sehr weitgehend einig, dass eine Heeressteuer angenommen werden sollte.159 Wie genau solche Abgaben zur Landesdefension organisiert werden und ob sie den Charakter einer ständigen Steuer tragen sollten, dazu gab es jedoch unterschiedliche Meinungen und detaillierte Vorschläge.160 Mehr oder weniger explizites Leitthema in den meisten Voten war jedoch die drohende Adelsversammlung von Ste˛z˙yca. Der ermländische Bischof Szymon Rudnicki stand hier mit seinem eher schwachbrüstigen Optimismus weitgehend alleine, „dass die gemütter der unterthanen, sich ehr zu I. M. finden werden, wenn dieselbe wirt zurgegen sein.“161
155 Bischof von Łuck (Marcin Szyszkowski), Bischof von Przemys´l (Maciej Pstrokon´ski, der allerdings als Unterkanzler eh anwesend sein musste, dann aber auch als Diözesanbischof das Wort ergriff), Kastellan von Wolhynien (Fürst Aleksander Zasławski). Auffällig ist hierbei das Fehlen derjenigen Regionalvertreter, die am intesivsten und direktesten mit den Tatareneinfällen und den osmanisch-ungarischen Verwicklungen konfrontiert waren. Dies betraf insbesondere die Wojewodschaften Kiew, Bracław, Podolien, Ruthenien. 156 Bischof von Kujawien (Piotr Tylicki), Bischof von Płock (Wojciech Baranowski), Bischof von Ermland (Szymon Rudnicki), Bischof von Livland (Otto Schenking), Wojewode von Płock (Stanisław Krasin´ski), Wojewode von Masowien (Tomasz Gostomski), Wojewode von Kulm (Maciej Konopacki), Wojewode von Podlachien (Zbigniew Ossolin´ski), Kastellan von Danzig (Michał Konarski), Kastellan von Inowrocław (Krzysztof Kos´cielecki). 157 Vgl. das ausführliche Votum von Szyszkowski mit umfassenden Passagen zu den Tataren: Votum Jego M. Xa Szyszkowskiego Biskupa Luczkiego, BCz rkps 341 (Akta za Zygmunta III (1592–1608), 83–106, 86–94, 96. Zu den Voten Pstrokon´skis und Zasławskis vgl. in Hinsicht auf die Tatarenfrage: Diarium, APG 300/29–69, 193v., 200v. 158 Vgl. die Redezusammenfassungen in Hinblick auf die Lehensfrage und das Verhältnis zu Brandenburg im Diarium, APG 300/29–69: Tylicki, 186r.; Baranowski, 188v.; Rudnicki, 189v.; Schenking, 194r.–195r.; Konopacki, 200r.; Konarski, 201r.; Kos´cielecki, 201v. 159 Nur für vier Senatoren überliefert etwa das umfassende Danziger Protokoll in seinen Redeparaphrasen keine Stellungnahme zur Steuerfrage, dies betrifft den Wendischen Bischof Otto Schenking, den Masowischen Wojewoden Tomasz Gostomski, den Danziger Kastellan Michał Konarski und den Kastellan von Inowrocław, Krzysztof Kos´cielecki. 160 S, Pamie˛tny sejm, 75–96. 161 Diarium, APG 300/29–69, 190r.
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Schon bei den zeitgenössischen Beobachtern fanden demgegenüber vor allem die vier Voten Marcin Szyszkowskis, Zbigniew Ossolin´skis, Jan Ostroro´gs und Zygmunt Myszkowskis besondere Aufmerksamkeit. Sie sind nicht nur als musterhafte oratorische Höhepunkte der Sejmsitzung in voller Länge überliefert,162 sondern boten jedes auf seine Weise rhetorisch kunstvoll gebaute Definitionen der senatorischen Position wie des Sejms und gründeten darauf die jeweilige Zurückweisung der Versammlung von Ste˛z˙yca. Marcin Szyszkowski, der Bischof von Łuck, stellte seine Rede ganz unter das Zeichen einer ständigen Defensionssteuer, die er argumentativ eng und ausführlich mit dem Schutz vor den tatarischen Überfällen verband. Die gesamte Stellungnahme ist hierbei durch einen apokalyptischen Ton geprägt, der – war der Antichrist in Form von Tataren und Osmanen erst einmal heraufbeschworen – auch das Ende des gesamten Gemeinwesens ankündigte.163 Wer in diesem Sinne die ständige Steuer verweigerte, wollte weder die christliche Religion noch die Freiheiten der polnisch-litauischen respublica verteidigen.164 Die Steuerverweigerer sind bei Szyszkowski dabei dieselben, die durch ihre Adelsversammlung Uneinigkeit in das Gemeinwesen bringen. Die Konsequenz hieraus sei nicht allein, dass die Uneinigkeit zu einem Verlust der adligen Rechte und Freiheiten durch einen Angriff von außen führen könne. Man riskiere vielmehr die Zerstörung des ganzen Gemeinwesens und seiner Hierarchien im Inneren, so dass am Ende „unsere Untertanen und Diener über uns herrschen werden, und uns aus diesem Rat zum Pflug, aus unseren Ämtern zur Egge jagen werden.“165 Schon zu Beginn seines Votums hatte Szyszkowski konfessionelle wie politische Uneinigkeit auf dieselbe Ursache zurückgeführt, sie entstehe „vel ex odio [...] vel ex avaritia et cupiditate habendi honores, vel ex studio tuendarum partium suarum saepe inani et ostentatorio, einzig damit sie sich über andere erheben können.“166 Unübersehbar spielte der Łucker Bischof hier auf den Schlüsselvorwurf der Vakanzen an, betonte aber im gleichen Atemzug, bei den malcontents handele es sich um eine Minderheit unter Senatoren und Landboten, die mit ihrem Handeln allerdings die wohlgesonnene Mehrheit und damit die Freiheit unterdrücke: „libertas, immo vero summa a paucis oppresso.“167 Szyszkowski kehrt damit
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In diesem Zusammenhang ist es bezeichnend, dass diese Reden gesondert und in voller Länge sowie in mehreren Redaktionen überliefert wurden, was deutlich für die besondere Aufmerksamkeit spricht, die ihnen zeitgenössisch zukam, vgl. etwa Seim Warszawski 1606, BCz rkps 1623, 447–456; die gesonderten Redeprotokolle in: BCz rkps 341, 65–106. 163 Votum Szyszkowskiego BCz rkps 341, 105 f. 164 Ebenda, 99 f. 165 Ebenda, 105. 166 Ebenda, 85. 167 Ebenda.
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das Argument der Adelsopposition um und marginalisiert sie als eigensüchtige Minorität, die gegen die Rechte der Allgemeinheit verstieße. Durch Selbstsucht und Hass getrieben habe eben die verantwortungslose Minderheit auch den letzten Sejm scheitern lassen und damit „die Verteidigung, die innere Ordnung, und sogar alle der Respublica notwendigen Angelegenheiten und auch den Sejm selbst zersetzt.“168 Während Szyszkowski auch an anderer Stelle den Sejm gezielt mit dem Gemeinwesen gleichsetzt,169 betont er zugleich das verantwortliche Handeln des Monarchen im Sejm wie für das gesamte Doppelreich. Als „vigilantissimus princeps“ habe er alle Gefahren vorausgesehen,170 die nun wegen der Uneinigkeit des letzten Jahres zu einer existentiellen Bedrohung geworden seien. Ebenso hätten die Senatoren an seiner Seite gestanden, mit denen gemeinsam er nach dem Scheitern des Sejms wenigstens die drängendsten Entscheidungen für den Krieg in Livland und die Tribute an die Tataren getroffen habe.171 Hieran anknüpfend variiert Szyszkowski die ubiquitär verwendete ciceronische Maxime, dass ein Gemeinwesen von Verteidigung und Gerechtigkeit abhänge. „Die ewige Verteidigung unserer Respublica, wie jedes anderen Königreichs, hängt von zwei Dingen ab, in armis et consilio.“172 Dass es keine genügende militärische Rüstung gäbe, läge dabei am mangelhaften „consilium“. Beschreibt sich der Senator Szyszkowski diesbezüglich durch die Rede von den adligen ,Brüdern’ einerseits als Teil der Adelsgemeinschaft, so lässt er andererseits eine sprachliche Differenz zwischen „Senatus“ und „Nobilitas“ entstehen.173 Diese Differenzierung wirkt sich weiterhin auf seine Schlussfolgerung aus, in einem gut geordneten Staatswesen entscheide nur der „maior et sanior pars“.174 Im Sejm machten dagegen immer „zwei oder drei“ alle Entscheidungen zunichte. Dass es sich bei dieser Minderheit wiederum um Landboten handele, daran lässt Szyszkowski keinen Zweifel.175 Verteidigt er einerseits den Sejm und damit den Ort des eigenen Sprechens nach außen hin gegen die Opposition in Ste˛z˙yca,176 spricht er andererseits nach innen hin der Landbotenkammer ihre Herrschaftsbeteiligung im Wesentlichen ab und behauptet eine klare hierarchische Überlegenheit von König und Senat.
168
Ebenda. Ebenda, 96. 170 Ebenda, 85. 171 Ebenda. 172 Ebenda, 96. 173 Ebenda. 174 Ebenda. 175 Ebenda. 176 Die alleinige Legitimität des Sejms bekräftigt Szyszkowski in einer eindeutigen Wendung gegen die Versammlung von Ste˛z˙yca, denn „Consultationes Reipublicae salutares“ dürften, „modo et loco debito, non extra locum Comitiorum“ abgehalten werden, ebenda. 169
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Mit seinem „großen und wohlwollenden Freund“177 Marcin Szyszkowski, verband Zbigniew Ossolin´ski, den erst kurz zuvor ernannten Wojewoden von Podlachien, über eine Adelsfreundschaft hinaus der Grundtenor seines Senatorenvotums. Zwar setzte sich Ossolin´ski lediglich für eine zweijährige Genehmigung von Heeressteuern ein,178 entwarf aber ansonsten ein recht ähnliches Bild der senatorischen Position. In diesem Zusammenhang sucht er mit Verweis auf die rechtskompilatorischen Statuten Jan Herburts zu beweisen, dass die Erhebung von Steuern zur Landesdefension keine Neuerung darstelle.179 Zunächst kommt aber auch Ossolin´ski nicht darum herum, die derzeitige Uneinigkeit zu geißeln. Sie sei Folge dessen, dass Teile des Adels ihre privata in den Vordergrund stellten,180 wobei ein zeitgenössisch gern strapaziertes Sallust-Zitat mit polnischer Paraphrasierung als beweisfähiges Argument dient: „Concordia parvae res crescunt, discordia maximae dilabuntur, die größte Macht wird, wenn sie aber in Uneinigkeit ist, schwach sein.“181 Die Uneinigkeit wirke sich nun fatal auf die Verteidigungsfähigkeit des Gemeinwesens aus.182 Eine zusätzliche Besteuerung sei deswegen notwendig, weil der Monarch seine beiden Kernaufgaben, die Justiz und die Verteidigung, nicht allein aus seinen Mitteln schultern könne. Dies dient dem Podlachischen Wojewoden wiederum zum Ansatzpunkt, sein theoretisches Bild des Gemeinwesens zu entwerfen. Da der König nämlich seine Herrschaftspflichten gar nicht allein erfüllen könne, habe er vom geschichtlichen Beginn des Gemeinwesens an Senatoren berufen.183 Die Qualifikation des Senators wiederum sei dessen guter Rat und der Einsatz für das bonum publicum, weswegen ihn der Monarch mit Gütern und Würden ausstatte.184 Ein in der Vergangenheit so konstituierter Senat habe sich ständig beim König aufgehalten und sei „der Schmuck seines Hofes, Verteidigung und allen Feinden ein Schrecken“ gewesen.185 Die Senatoren definiert Ossolin´ski im Übrigen als Hüter des Rechts, eine Rolle, in der sie stets auch eine Kontrollfunktion über den König inne gehabt hätten.186 So hätten in der Zusammenarbeit von Monarch und Senatoren als dessen „adminicula“ zunächst alle Regierungsaufgaben gelöst werden können, und nur beim Angriff eines Feindes, „da erst
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O, Pamie˛tnik, 44. Votum Jego M. Pana Zbigniewa Ossolin´skiego Woiewody Podlaskiego na tymz˙e Sejmie w Warszawie, BCz rkps 341, 70–75, 74. 179 Ebenda, 70, 71. 180 Ebenda, 72. 181 Ebenda, 71; vgl. Sall., De bello Iugurthino, 10.6. 182 Votum Ossolin´skiego, BCz rkps 341, 72. 183 Ebenda, 71. 184 Ebenda. 185 Ebenda. 186 Ebenda. 178
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wandten sich unsere Herren Könige um Rettung und Verteidigung an uns.“187 Mit dieser Wendung in die erste Person Plural wird deutlich, wie ambivalent die Sicht auf historische Kontinuitäten und in der Folge auf die Einordnung der eigenen Senatorenposition ist, die Ossolin´ski in seiner Argumentationsstrategie entwirft. Mit dem auch an anderen Stellen des Votums eingesetzten „wir“ konstruiert Ossolin´ski eine Ansprache an einen Gesamtadel als Stand und hebt damit gezielt die Differenzierung in senatorische Adelseliten und restlichen Adel auf, der jedoch in der Vergangenheit nur in Ausnahmesituationen zu Beratungen hinzugezogen worden sei. In Konsequenz aus diesem gedanklichen Schachzug kann der Senator Ossolin´ski als Teil des Gesamtadels behaupten, dass, wie bei den Vorfahren so auch gegenwärtig, „communicatis consiliis in uno eodemque loco [...] ohne unsere Glieder zu zertrennen [...] auch wir über uns zu raten (haben).“188 Die „consilia“ werden demnach als „communicata“ von allen geteilt, eine Formulierung, die vor dem Hintergrund des zuvor Ausgeführten nichts Konkretes über den Sejm als Ort der Entscheidung aussagt. Letzterer mag also durchaus bei König und Senat liegen. In diesem Sinne wendet Ossolin´ski die Körpermetapher auf die politische Gemeinschaft des Adels an,189 ohne den Zusammenhalt der Glieder des corpus durch die alleinige Entscheidung von König und Senat gefährdet zu sehen. Nichtsdestoweniger betont auch Zbigniew Ossolin´ski am Ende die Alternativlosigkeit des Sejms als Ort der Beratung: „Denn alias hast Du kein anderes remedium, Dich zu flüchten.“190 Im Gegensatz zu Szyszkowski, Ossolin´ski und den anderen Senatoren, vermerkte zumindest ein Diarienschreiber, habe „Herr Castellan Ostroro´g von seinem Platz aus eine Sententiam differentem gehabt.“191 Tatsächlich kon-
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Ebenda. Ebenda, 189. 189 Zur Bedeutung der Körpermetapher in der politischen Theorie: D- R, G, Organ, Organismus, Organisation, Politischer Körper I.-VI., in: Otto Brunner / Werner Conze / Reinhart Koselleck (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 4, Stuttgart 1978, 519–560; A, P, The Analogy of ,Body’ in Renaissance Political Literature, in: Bibliothe`que d’Humanisme et Renaissance 29 (1967), 21–53. Zur frühneuzeitlichen Parallelisierung von menschlichem und politischem Körper: K, S, Politische Medizin der Frühen Neuzeit. Die Figur des Arztes in Italien und England im frühen 17. Jahrhundert, Berlin / Boston 2014, 29–46. 190 Votum Ossolin´skiego, BCz rkps 341, 72. Die Frage nach dem rhetorischen Stilmittel, die sich hierbei aufwirft, berührt wesentlich die Frage nach dem Adressaten dieser Rede. Setzt man voraus, dass durch die gesamte Argumentation gesehen faktisch die ganze Zeit vor allem die Landboten Ansprechpartner für Ossolin´ski waren, handelt es sich bei der Wendung ins Publikum um eine licentia. Folgt man dagegen den formalen Kriterien, nach denen der König durch die Anrede zu Beginn Adressat des Votums ist, könnte sogar von einer apostrophe als brüsker Hinwendung zu einem zweiten Publikum gesprochen werden. 191 Diarium, BK rkps 325, 595. 188
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statierte der Posener Kastellan übereinstimmend mit allen anderen Voten die Gefahr für das Gemeinwesen, die aber weniger von außen als von innen stamme.192 Ausgehend von der Aristotelischen Staatsformenlehre193 charakterisiert er Polen-Litauen zunächst als „mere democraticus“.194 Dies entspräche dem idealen Gemeinwesen des Aristoteles, in dem eine bestimmte Gruppe von Bürgern zusammen mit dem Monarchen richte und regiere.195 Entsprechend wendet sich Ostroro´g mit zwei rhetorischen Fragen direkt an sein Publikum „Findet sich nicht alles, was Aristoteles spricht? Und richten wir nicht gemeinsam mit dem Herrn?“196 Diese Wendung scheint jedoch über die anwesenden Landboten hinaus an die kommende Versammlung von Ste˛z˙yca addressiert, wie aus einer genaueren Betrachtung der Aristoteles-Interpretation Ostroro´gs deutlich wird. „Democratiae“, lässt er den Stagiriten vorgeblich persönlich sprechen, „finis est libertas, quae vires vult et imperare et regere, vel inquam parere, omnia habere, secundum numerum, non secundum dignitatem vivere, ut quisque velit.“197 Inhaltlich paraphrasiert er dabei durchaus die Aristotelischen Vorstellungen von politischer Ordnung,198 die 192 Votum Jego Mczi Pana Jana Ostroroga Castellana Poznan´skiego na tymz˙e Seymie, BCz rkps 341, 75–83; Votum Jego M. P. Poznan´skiego na Seimie Warszawskim 1606, BCz rkps 1623, 447–456; Diarium, BK rkps 325, 595–600. Die beiden Redaktionen des Redetextes aus der Krakauer Czartoryski-Bibliothek (BCz rkps 341, rkps 1623) sind identisch, im Protokoll der Ko´rnicki-Bibliothek (BK rkps 325) ist die Rede zu allergrößten Teilen, jedoch nicht vollständig, wiedergegeben. Sie weist eine im Vergleich zur Krakauer Redaktion leicht veränderte Gestalt auf syntaktischer Ebene auf und ist durch eine intensivere Verwendung lateinischer Sprachelemente geprägt. Die starke Latinisierung verweist dabei wohl auf den Verfasser des Protokolls, der sie auch in der Schilderung des Tagungsablaufes verwendet. Grundlage der folgenden Analyse ist aus diesen Gründen die Krakauer Redaktion, wobei hier wegen der besseren materiellen Qualität des Manuskripts die Version der Redensammlung (BCz rkps 341) verwendet wird. 193 Votum Jana Ostroroga, BCz rkps 341, 75. 194 Ebenda. 195 Ebenda, 76. 196 Ebenda. 197 Ebenda, 75 f. 198 Hierbei handelt es sich ganz offenbar um die rhetorische Figur einer sermocinatio und kein Originalzitat einer lateinischen Übersetzung von Aristoteles, wie es Ostroro´g in der Einleitung dieses Satzes und durch das eingeschobene „inquam“ suggeriert: C, J, Aristotle’s Best Regime. A Reading of Aristotle’s ,Politics VII.1–10’, Lanham / New York / Oxford 2000, 174–176; T, J, Die theoretische Begründung der Demokratie in der klassischen Zeit Griechenlands. Die demokratische Argumentation in der ,Politik’ des Aristoteles, Athen 1985, 37–60, 85–87. Zur intensiven Rezeption der „Politik“ im zeitgenössischen Polen: S´, P, Recepcja Arystotelizmu w polskiej mys´li politycznej XVI wieku, in: Jerzy Kukulski (Hg.), Dziedzictwo Andrzeja Frycza Modrzewskiego w mys´li humanistycznej i politycznej. Tom 1, Torun´ 2004, 83–100; L, E, O poje˛ciu wielkiego umysłu i cnocie wielkomys´lnos´ci. Stoicyzm i jego zwia˛zki z etyka˛ Arystotelesa w literaturze polskiej XVII wieku, in: Barok 9.1 / 2 (2002), 97–115.
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Formulierung „Democratiae finis libertas“ allerdings verweist auf eine andere Quelle. Im Rahmen eines vergleichbaren Gedankengangs hatte nämlich bereits Wawrzyniec Gos´licki in seiner Schrift De optimo Senatore199 in Berufung auf Aristoteles die ganz ähnliche Wendung gefunden: „In statu populari, aliter se omnia habere consueverunt. Cum enim finis sit libertas, omniaque voluntate plebis, et impetu regantur, saepius apud eos virtutis, rationisque locus negligitur.“200 Gos´licki warnt in diesem Zusammenhang vor einem Sturz der tugendhaften „boni vires“ mit ihrer Beratungs- und Erziehungsfunktion durch den „populus“. Dieser Pöbel vertriebe durch ein falsches Freiheitsverständnis irregeführt seine tugendhaften Berater als „communis libertatis hostes“.201 In eben diesem Sinn definiert auch Ostroro´g ein falsches Freiheitsverständnis, welches das Ende des polnischen „Status mere democraticus“ bedeutete. Dabei präzisiert er, dass er unter dem „populus“ die Adligen verstehe, die „alle gleichermaßen [...] diese unsere Freiheit (genießen).“202 Somit ist es der Gesamtadel, dem Ostroro´g seine Warnung vor der totalen Demokratie vor Augen hält und es ist die Adelsopposition von Ste˛z˙yca, der ein falsches Freiheitsverständnis unterstellt wird. Anders als Gos´licki verteidigt der Senator hier allerdings in erster Linie den Monarchen als unabdingbaren Bestandteil einer guten „Democratia“ gegen die Angriffe der malcontents.203 Indem er sich im Anschluss direkt an den König wendet, definiert Ostroro´g dann seinen positiven Freiheitsbegriff. Wie die vorhergehende Passage als Warnung an den Adel, so kann dieser Abschnitt als Belehrung an den Herrscher verstanden werden. „Doch auch von denen, gnädigster König, die jetzt wegen ihres Kleides vor den Türen stehen, später werden sie es sein, oder auch ihre Nachkommen, die im Rat sitzen werden, und wir, die wir jetzt die Plätze einnehmen, unsere Nachkommen werden wiederum vor den Türen stehen können, libertas nämlich dient in uns allen Adligen gleichermaßen.“204 Freiheit wird somit im Sinne einer Standeszuschreibung als potentielle hierarchische Aufstiegsbefähigung aller Mitglieder des Adels zur Herrschaftsbeteiligung charakterisiert. Gleichzeitig verbirgt sich hierin aber auch eine Warnung an den Monarchen und die übrigen Senatoren. Da der Abstieg der gegenwärtigen Elite für die Zukunft denkbar ist, können die derzeit weniger Privilegierten in ihren Ansichten nicht einfach außer Acht gelassen werden. Vor diesem Hintergrund kommt Jan Ostroro´g aber zu dem Schluss, dass das Fehlverhalten von Monarch oder adligem „populus“ glei-
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Vgl. Kap. 1.5, S. 175–178. G, De optimo senatore libri duo, 62. 201 Ebenda. 202 Votum Jana Ostroroga, BCz rkps 341, 76. 203 Ebenda. 204 Ebenda.
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chermaßenzu „seditiones“ führen würde.205 Diese zu verhindern und das Gleichgewicht des regimen mixtum zu wahren, darin besteht, so zeigt die gesamte fein austarierte rhetorische Anlage der Rede206 sowie die finale Argumentation über die Aufgabe der Senatoren. Die „maiestas principis“ und die „libertas populi“ bildeten demnach zwei Waagschalen. Damit „die eine die andere nicht überwiegt, muss die Verbindungsstange die Waagschalen halten, und diese Stange oder die Liebe, was ist das in unserem Polen: die Senatoren.“207 Hatten andere Senatoren wiederum in ihren Voten mittelbar die Kritik am Sejm als geschwätzige Komödie aufgenommen und ihre Beiträge demonstrativ beschränkt,208 verteidigte Jan Ostroro´g dagegen die Rede und das Sprechen an sich als Akt der Kommunikation mit dem Monarchen. So missachteten die malcontents den Sejm,209 indem sie unterstellten, dass sie hier „das nicht aussprechen könnten, was wir unserem König und Herrn entgegensetzen.“210 Demgegenüber beteuert der Posener Kastellan emphatisch, er selbst würde sich niemals scheuen, an diesem bewussten Ort vor dem Monarchen auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen – ganz im Gegensatz zu Mikołaj Zebrzydowski. Ermunterte Ostroro´g nämlich einerseits den gesamten Adel zum freien Sprechen vor dem Monarchen211 und fordert letzteren zugleich eindringlich auf, sich vor dem Adel zu erklären,212 richtet er sich andererseits persönlich an den abwesenden Krakauer Wojewoden: „Und hattest Du etwas zu sagen, hier (war) der Platz, hier konntest Du sprechen, zu dem Zeitpunkt, zu dem es nötig, und wenn es etwas gibt worüber, ich selbst würde helfen.“213 Zebrzydowski aber habe ihm selbst schon im Vorfeld des Sejms durch einen Diener ankündigen lassen, diese und weitere Beratungen scheitern zu lassen.214 Damit trat der Posener Kastellan den Beweis der offensichtlich destruktiven Absichten des Wojewoden an und stellte dessen Rollenerfüllung als Senator in Frage. Schließlich wich er nicht nur seiner Pflicht als königlicher Ratgeber aus, sondern stand offenkundig noch nicht einmal selbst für seine Machinationen ein. Mikołaj Zebrzydowski auf solche Weise die Ehrhaftigkeit seines Handelns abzusprechen und im Gegenzug seine eigene hierarchische Position mit Ver-
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Ebenda, 76 f., 78. L, Rhetorik und Zeremoniell, 167–170. 207 Votum Jana Ostroroga, BCz rkps 341, 77. 208 Vgl. dem Danziger Protokoll folgend (Diarium, APG 300/29–69) die Voten Zygmunt Grudzin´skis (200r.), Tomasz Gostomskis (196v.) oder Krzysztof Kos´cieleckis (201v.). 209 Votum Jana Ostroroga, BCz rkps 341, 79. 210 Ebenda. 211 Ebenda, 80. 212 Ebenda, 78, 79. 213 Ebenda, 80. 214 Ebenda. 206
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weis auf den Einsatz für das Gemeinwesen zu behaupten, blieb kein Privileg Ostroro´gs. Kronmarschall Zygmunt Myszkowski spitzte in seinem Votum den Konflikt zwischen den malcontents und dem Monarchen, vor allem aber den ihm loyalen Eliten am deutlichsten als adligen Ehrkonflikt persönlicher Dimension zu. Grundsätzlich verband alle hier vorgestellten Voten das Bemühen, die eigene senatorische Stellung des jeweiligen Redners zu begründen. Dies geschah in mehrerlei Hinsicht: Zum einen argumentativ, wurden doch durchweg in den Reden Gemeinwesenentwürfe entwickelt, die auf unterschiedliche Weise die Bedeutung der Senatorenschaft innerhalb eines theoretischen Rahmens zu beweisen suchten. Damit ging die Behauptung einer aktiven Beteiligung des Senats an den Entscheidungsprozessen des Monarchen, also ein erhöhtes Maß an Herrschaftsbeteiligung einher. Daraus leiteten wiederum alle Senatoren eine besondere Autorität gegenüber den Landboten beziehungsweise dem Gesamtadel, in Ostroro´gs Fall auch gegenüber dem Monarchen, ab. Zum anderen bewiesen die Redner ihre persönliche Autorität weiter gehend durch die rhetorische Form ihres Auftretens. Hierzu gehörten neben der Beherrschung aller Konventionen und dem sichtbar raffinierten Bau der Reden beständige Bezüge auf das gängige humanistische Bildungsgut und die politische Theorie. Bei Jan Ostroro´g geriet dabei schon das Reden auf dem Sejm an sich zu einem Akt, der den Zugang zum Monarchen sicherte und zugleich Beweis seines eigenen adlig-tugendhaften und ehrvollen Einsatzes für das Gemeinwesen war. Zygmunt Myszkowski hingegen blieb nicht bei solch einer hintergründigen Argumentation stehen. Ohne zu zögern, machte er ganz am Ende seiner Rede sehr explizit, was den Kern seine Intervention ausmachte: So schleuderte der Kronmarschall seinen Gegnern aus den Reihen der malcontents entgegen: „Nimm das Glück, nimm das Vermögen, nimm schließlich auch die Gesundheit, aber Ehre und Tugend nimm mir nicht, weil sie mit mir bis ins Grab gehen.“215 Zunächst jedoch warnte natürlich auch Myszkowski neben den Gefahren von außen vor der Uneinigkeit im Inneren, sollte man sich doch Frankreich, die Niederlande und auch Ungarn als warnende Beispiele für den möglichen Niedergang von Gemeinwesen vor Augen halten,216 Tumulte, Mordtaten und Blutvergießen würden zum Auftakt von Verderben und Sklaverei.217 Zwar stünde die polnisch-litauische respublica noch am Scheideweg, doch hätten gewisse Kräfte sich aufgemacht, um verschwörerisch ihre verborgenen Ziele zu erreichen.218 Sie bedienten sich hierfür der Lüge und Denuntiation, um
215 Zdanie Pana Marszałka Koronnego na Sejmie Walnym Koronnym 1606. 7. Mai, BCz rkps 341, 65–70, 69. 216 Ebenda, 65 f. 217 Ebenda, 65. 218 Ebenda, 66.
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„ruhige Menschen zu Aufruhr und Tumulten anzustacheln“219 und zu eigenmächtigen Versammlungen zu bewegen. Dass dabei Unzufriedenheit über die Vergabe von Würden und Gratifikationen existieren möge, erkennt Myszkowski an.220 Allein, sie dürfe nicht benutzt werden, um den Adel zum Aufruhr anzustiften.221 Verführer aber stiften solchen Aufruhr gegen die Amtsträger an, dass die falschen Anschuldigungen sich nicht mehr ohne weiteres berichtigen ließen.222 Mehr als hypothetische beziehungsweise metaphorische denn als konkrete Lösung bietet Myszkowski daraufhin den Eidesschwur an, unter dem sich „wie Gold im Feuer“ auch die Tugend der jetzigen Amtsträger gegenüber ihren Anklägern zeigte.223 Aus der Sicherheit über die Unschuld der Angeklagten heraus fordert er schließlich, den Ankläger beim Erweis der Unschuld nach den gängigen Regeln selbst mit dem Strafmaß zu bestrafen, das für den Angeklagten vorgesehen war.224 Solche forensische Anklänge gingen mit dem Verschwörungsmotiv als Leitfaden der Rede und historischen Verweisen auf die späte römische Republik einher – ein Ensemble von Elementen, das in seiner Gesamtheit wohl kaum zufällig die zeitgenössisch aus der kanonischen Lektüre von Cicero und Sallust bekannte Verschwörung des Catilina evozierte.225 Schlussendlich ergab sich hieraus ein mögliches Assoziationsangebot in Hinsicht auf den Akteur Zebrzydowski und letztlich Myszkowski selbst. Der römische Verschwörer, selbst aus römischem Hochadel stammend, verführte nach Lesart Sallusts als Senator die plebejischen Massen, um mit Gewalt seinen politischen Ehrgeiz durchzusetzen.226 In diesem Sinne ergäbe sich ein Zusammenhang mit dem hochadligen Senator Mikołaj Zebrzydowski, der die Unzufriedenheit der zu Ehrgeizigen und Gierigen ausnutzt, und sich auf Adlige außerhalb des Sejms
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Ebenda. Ebenda, 67. 221 Ebenda, 69 f. 222 Ebenda, 68. 223 Ebenda, 68. Bei dem hier von Myszkowski verwendeten spezifischen polnischen Begriff für Eid („czug“ bzw. „cug“) handelte es sich um das iuramentum purgatorium, in dem der Angeklagte seine Unschuld durch Eidesleitung bewies. Dies verstärkt somit nochmals die Unschuldsbehauptung, da, wie er suggeriert, die jetzigen Amtsträger auch in der bedränglichen Situation als Angeklagte ihre vollkommene Unschuld erwiesen. Zum Verfahren des „cug“ bzw. iuramentum purgatorium: B,J, Historia pan´stwa i prawa Polski. Cze˛s´c´ 1: Do połowy XV wieku, Warszawa 1957, 352. 224 Zdanie Pana Marszałka Koronnego, BCz rkps 341, 68. 225 Zur zeitgenössischen Rezeption der Catilinarischen Verschwörung: A, J, Mowy Cycerona ,In Catilinam‘ jako składnik polskiej pamie˛ci historycznej. Rekonesans, in: Aleksander Bursche / Renata Ciołek (Hg.), Antyk i barbarzyn´cy (FS Jerzy Kolendo), Warszawa 2003, 47–52, 49; ., Spisek Katyliny w polskiej pamie˛ci historycznej, in: Zamachy stanu w dawnych społecznos´ciach, Warszawa 2004, 93–100. 226 Sall. Cat. 5,1 ff., 37,1 f. 220
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stützt, um sich zu profilieren. Der von den malcontents angegriffene Kronmarschall Myszkowski hingegen entspräche dem Konsul Cicero, der – zunächst unbeliebt – im Kampf gegen Catilina als Retter der Republik anerkannt wird.227 Die Senatorenvoten des Jahres 1606 waren in besonderem Maße durch Versuche gekennzeichnet, die Legitimität der jeweiligen senatorischen Position und damit verbunden den Sejm als einzig legitimem Beratungsort der respublica zu verteidigen. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass beide Elemente – die persönliche senatorische Autorität des jeweiligen Sprechers und der Sejm als Manifestation der Gemeinwesenstrukturen – in einen sich gegenseitig bedingenden institutionellen Zusammenhang gebracht wurden. Tugend- und Ehrhaftigkeit des Senators entschieden dabei über seine gesonderte hierarchische Stellung gegenüber den Landboten und bedingte eine besondere Nähe zum Monarchen. Prompt stand die Landbotenkammer den Senatoren nicht in dem Bemühen nach, ihre Stellung innerhalb des regimen mixtum auf dem Sejm zu beweisen. Zumindest galt dies für die anwesenden malcontents der Wojewodschaften Krakau, Sandomierz und Großpolens:228 Dabei unterschied sich der Aushandlungsmechanismus – kaum erstaunlich – nicht von dem erprobten Vorgehen des Vorjahres. Dabei entzündete sich eine heftige Diskussion innerhalb des Unterhauses, ob die Beratung der Landesdefension sowie der anderen Punkte der königlichen Proposition erneut von der Behandlung einer Beschwerdeliste abhängig gemacht werden sollte.229 Die großpolnischen Abgeordneten brachten dabei einen Katalog ein, den die übrigen Landboten nicht ohne Modifikation und vorherige Abstimmung vor den Monarchen bringen wollten. In dieser Situation schickte Sigismund III. den Posener Kastellan Ostroro´g in die Landbotenkammer, um noch einmal darauf zu dringen, angesichts der aktuellen Gefahren durch die Tataren in jedem Fall über die Verteidigung zu beraten.230 Schienen die Beratungen der Abgeordneten unter der Ägide des Landbotenmarschalls Ryszkowski im Anschluss einen relativ ruhigen Verlauf zu nehmen,231 erfuhren sie mit dem Eintreffen Janusz Radziwiłłs nochmals einen Wende.232 Während der älteste Spross des Hauses Radziwiłł-Birsen es nicht vermocht hatte, eine Senatorenwürde verliehen zu bekommen,233 reiste er nun als litauischer Landbote auf
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Sall. Cat. 23,5 f. Die Diarien identifizieren übereinstimmend die beiden kleinpolnischen Wojewodschaften und die Großpolen als Urheber: Proces Seimu, BCz rkps 1623, 1391 f.; Diarium, BK rkps 325, 600. 229 Diarium, BK rkps 325, 600. 230 Proces Seimu, BCz rkps 1623, 1393 f.; Diarium, APG 300/29–69, 205v. 231 Diarium, BK rkps 325, 607. 232 Ebenda, 608. 233 Vgl. Kap. 3.2, S. 335. 228
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den Sejm. Dass es sich bei ihm hingegen nicht um einen einfachen Vertreter lokaler Eliten handelte, machte er schon bei seiner Ankunft in Warschau deutlich, als er in Begleitung von mehreren Hunderten Bewaffneten in die Stadt einzog.234 Indem er überdies sofort einen öffentlichen reformierten Gottesdienst zelebrieren ließ,235 schlug er zugleich Pflöcke für seinen folgenden Auftritt auf dem Sejm ein. Die Debatten der Landbotenkammer hatten sich zuvor um die hinlänglich bekannten Beschwerdepunkte gedreht, die argumentativ auf der Befolgung der Wahlkapitulation durch den Monarchen beruhten. Hierzu gehörte zwar auch die Warschauer Konföderation, ohne dass sich hieran jedoch eine breitere Diskussion entzündete.236 Janusz Radziwiłł seinerseits machte aber nun die Einhaltung der Warschauer Konföderation zum Mittelpunkt seiner oratorischen Intervention im Unterhaus. Auf die Bemerkung Stanisław Stadnickis von Lesko hin, dass die Erwähnung der Warschauer Konföderation in den Beschwerdepunkten an den Monarchen überflüssig sei, setzte Radziwiłł – assistiert von Marcin Broniewski – zu einer längeren Diatribe an. Darin ereiferte er sich zunächst darüber, persönlich in seinen adligen Freiheiten beschnitten worden zu sein. So hätte man zu verhindern gesucht, dass er bettlägerig in Krakau einen protestantischen Geistlichen habe sehen können.237 In einem weiteren Schritt beschuldigte er den König selbst, bei den Krakauer Konfessionsunruhen vom Beginn der 1590er Jahre untätig geblieben zu sein. Auch wenn Janusz Radziwiłł damit eine konfessionelle Verschärfung des schwebenden Konfliktes zwischen den unzufriedenen klein- und großpolnischen Abgeordneten und dem Monarchen betrieb, verfing seine Intervention für die Argumentation des Beschwerdekatalogs an Sigismund Wasa nur in sehr beschränktem Maße. Wie schon in allen Listen von Gravamina aus dem Vorjahr und dem Vorfeld des Sejms, so fand auch in diesem neuen Katalog die Warschauer Konföderation durchaus Erwähnung – allerdings wie zumeist als nachgestelltes Postulat. Hierin wurden die Forderungen nach freier Gottesdienstausübung und einer Lösung der „compositio inter statibus“ einbegriffen. Bei letzterer handelte es sich im Übrigen um einen seit dem beginnenden 16. Jahrhundert schon in der Exekutionsbewegung beständig thematisierten Themenkomplex, der die Regelung des Verhältnisses zwischen weltlichem und geistlichem Stand in Steuererhebung und Rechtsprechung beinhaltete.238 Die ersten Bitten bezogen
234
Diarium, APG 300/29–69, 205v. S, Pamie˛tny Sejm, 106. 236 Diarium, BK rkps 325, 607; Proces Seimu, BCz rkps 1623, 1398. 237 Diarium, BK rkps 325, 608; Proces Seimu, BCz rkps 1623, 1398 f. 238 G, Spory szlachty o dziesie˛ciny i jurysdykcje˛ duchownych; zur Fortsetzung dieser Streitigkeiten im 17. Jahrhundert: A, U, Wzajemne pretensje szlachty i duchowien´stwa katolickiego w zwia˛zku z ,compositio inter status’ w latach trzydziestych XVII w., in: Kwartalnik Historyczny 114.4 (2007), 43–59. 235
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sich jedoch darauf, eine ständige Senatskommission beim Monarchen einzurichten, außenpolitische Entscheidungen nicht allein am Hof zu treffen oder die Rechtsprechung und die Landesverteidigung ohne Erhebung neuer Steuern effektiver zu gestalten.239 Das Hauptaugenmerk lag hingegen auch diesmal auf der Frage der Ämtervakanzen, der die Beschwerdeliste den ausführlichsten Paragraphen widmete.240 Die Antwort des Königs „an die lieben Glieder des Sejms“ fiel ausführlich aus.241 Hatte man Sigismund III. in den Gravamina vorgeworfen, die von ihm beschworene Wahlkapitulation nicht einzuhalten, befleißigte sich die Antwort des Monarchen einer detaillierten Abarbeitung aller in den Pacta conventa enthaltenen Verpflichtungen. Nicht nur in dieser langwierigen Beweisführung, sondern auch in der direkten Beantwortung der übrigen Beschwerdepunkte kehrte die königliche Antwort alle gegen den Monarchen gerichteten Vorwürfe um. Folglich wurde systematisch das eigene Bemühen des Wasas um das Gemeinwesen unterstrichen, das durch fehlende Einigkeit der übrigen Stände beziehungsweise mangelnde Beschlussfähigkeit des Sejms konterkariert worden wäre.242 Der Beschwerdekatalog und die königliche Antwort brachten ansonsten keine substantiellen Neuerungen oder argumentative Zuspitzungen, die nonverbalen Verfahrenskonflikten überlassen blieben. Schon zu Beginn der Sejmberatungen waren die Landboten übereingekommen, „dass sie keinem, der nicht Bote war, nicht mit sich in die Kammer ließen.“243 Solch ein expliziter Ausschluss einer weiteren Öffentlichkeit mag wohl im Kontext des Sejms von 1606 nicht zuletzt als eine klare Abgrenzung der institutionell legitimierten Adelsrepräsentanten gegenüber der als Versammlung viritim gedachten Zusammenkunft von Ste˛z˙yca verstanden werden. Bis zu einem gewissen Punkt mochte sie dabei auch eine zumindest symbolische Dissimilation der Uneinigkeit in der Landbotenkammer selbst geleistet haben.244 Man darf jedenfalls davon ausgehen, dass beide dieser 239
Seim Warszawski, BCz rkps 1632, 458 f. Neben einem ausführlichen allgemeinen Beschwerdeartikel (Seim Warszawski, BCz rkps 1632, 459–60), kehrte diese Thematik in mehreren weiteren Paragraphen wieder, so etwa in der Frage der Ämtervergabe an Fremde oder des Preußischen Indigenats (vgl. zu beiden Punkten ebenda, 461.). 241 Respons na urazy od Jego K. M. podany 28. die Martii Ichmosciom PP. Posłom, BCz rkps 1632, 473–491, 473. 242 Ebenda, 485 f. 243 Proces Seimu, BCz rkps 1623, 1392; vgl. auch Summarischer Bericht, wass von den Herrn Landbotten diesen Reichstag zu Warssau nach dem sie Ihre Kön. Matt. Salutiret, und gesessen, teglich tractiret worden. Anno 1606, GStA I. HA Rep. 6, Nr. 18, Fasz. 4 (Beilagen der Relationen von 1606 Febr.–Apr.), 52r.–56v., 52v. 244 Zur geheimen Beratung als Möglichkeit offener Aussprache beziehungsweise damit auch Dissimilation von Uneinigkeit: A, G, Colloquium familiare – Colloquium secretum – Colloquium publicum. Beratung im politischen Leben des früheren Mittelal240
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Faktoren wiederum bei der Verlesung der Gravamina der Landbotenkammer eine entscheidende Rolle spielten. Die Beschwerden wurden „quasi per modum supplicationis an Ihre Königliche Majestät“245 von der Landbotenkammer formuliert und dem Monarchen im Rahmen eines „Colloquium“, der gemeinsamen Sitzung aller drei Sejmstände im Senatssaal, mündlich vorgetragen und in Schriftform überreicht. War jegliche Öffentlichkeit theoretisch schon von den Sitzungen der Landbotenkammer ausgeschlossen, galt dies nun umso mehr für die Übergabe der Gravamina als deutlichstem Zeichen der Uneinigkeit zwischen den Sejmständen.246 Um den Zugang zu kontrollieren, hatten sich entsprechend der Landbotenmarschall und der Kronmarschall, dem die Ordnungshoheit über den Sejm oblag, an der Tür zum Senatsaal postiert. Als der Landbote Janusz Radziwiłł in Begleitung seines Vertrauten Jerzy Zenowicz erschien,247 um den Saal zu betreten, verweigerte Kronmarschall Myszkowski letzterem den Einlass. Zenowicz hielt Myszkowski entgegen, „er sei zwar kein landbote sondern einer von Adell, und so gutt als ein landbote“.248 Der Kronmarschall aber hinderte den Widerspenstigen am Weitergehen, „worauf Zenowicz in praesentia Regis in conspectu Senatus zum Säbel griff, aber die Wache S.K.M., welche über die gewöhnliche Ordnung wachte, ergriff ihn sofort im Saal.“249 Die Verhaftung von Zenowicz erfolgte auf Grundlage der Regel, dass das Ziehen einer Waffe oder gegenseitige Beschimpfungen in Anwesenheit des Königs ein crimen laesae maiestatis darstellten.250 Obgleich sich Radziwiłł für das Verhalten von Zenowicz entschuldigte, brach zugleich ein Tumult im Sitzungssaal los. Die Gefangennahme des Adligen, so wurde von einigen Landboten erregt beklagt, sei Zeichen der Unterdrückung des Adels durch König und Senat. Diese Vorwürfe eskalierten schließlich in den Rufen „Gewalt geschieht uns, Gewalt geschieht uns.“251 Sigismund III. wohnte dieser Szene „immutato
ters, in: Frühmittelalterliche Studien 24 (1990), 145–167, 153 f., 165; B, R, ... his stupris incumbere non pertimescit publice. Heimlichkeit zum Schutz sozialer Konformität im Mittelalter, in: Aleida Assmann et al. (Hg.), Schleier und Schwelle. Bd. 1: Geheimnis und Öffentlichkeit, München 1997, 71–88, hier 72 f., 75–77. 245 Diarium, BK rkps 325, 601. 246 DB, A, Bitten, Vereinbaren, Widerstand leisten. Politik als Kommunikation im Frankreich des 16. Jahrhunderts, in: Cecilia Nubola / Andreas Würgler (Hg.), Bittschriften und Gravamina. Politik, Verwaltung und Justiz in Europa (14.– 18. Jahrhundert), Berlin 2005, 363–378, 363 f. 247 S, Pamie˛tny Sejm, 112. 248 Diarium, APG 300/29–69, 206r. 249 Diarium, BK rkps 325, 609. 250 L, Przeste˛pstwa polityczne w polskim prawie karnym, 27–29; vgl. auch Kap. 2.4, S. 278–280. 251 Diarium, BK rkps 325, 610.
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vultu, der Senat ex re nova consternatus“ bei.252 Angesichts erregter Debatten in der Landbotenkammer und konfrontiert mit dem Umstand, dass nun Truppen Zebrzydowskis, die in der Nähe Warschaus standen, benachrichtigt wurden, um Zenowicz zu befreien, einigte man sich schließlich darauf, den Gefangenen stillschweigend aus der Haft zu entlassen. Damit auch die königliche Seite ihr Gesicht zu wahren vermochte, sollte dies „quasi per negligentiam custodis“ geschehen.253 Hatte man durch die geschickte Freilassung von Zenowicz somit kurzfristig eine weitere Eskalation vermieden, blieben jedoch die grundlegenden Probleme, die der Zwischenfall noch einmal verdeutlicht hatte. Zum einen hatte Sigismund sich in den Augen vieler Landboten nicht gescheut, im Sejm den Grundsatz zu übergehen, dass kein Adliger ohne einen Schuldspruch durch ein Tribunal festgenommen werden dürfe.254 Dies geschah mit der Begründung des crimen laesae majestatis, was unterstrich, dass sich das Sejmverfahren in einer klar hierarchisierten Sphäre königlicher Oberhoheit abspielte. Demgegenüber stand die adlige Vorstellung einer uneingeschränkten Geltung adliger Freiheiten, gerade auch auf dem Sejm als Repräsentation eines adligen Gemeinwesens. Mit dem Fall Zenowicz hatten es die malcontents zudem vermocht, ihren institutionellen Angriff auf den Sejm direkt in die Verhandlungen der Ständeversammlung hineinzutragen. Denn das Argument, allein über eine Adelsqualität die Berechtigung zu politischer Mitentscheidung zu besitzen, lag eben der unmittelbar bevorstehenden Versammlung von Ste˛z˙yca zugrunde. Unter dem Eindruck des zeremoniellen Zwischenfalls war es keine Überraschung, dass etliche Abgeordnete unter der Ägide der malcontents aus den Oberen Wojewodschaften Klein- und Großpolens die königliche Antwort auf die Gravamina der Landbotenkammer ablehnten. Ein nächster Verfahrenskonflikt entstand in diesem Kontext um die Frage, wo die Antwort des Monarchen verlesen werden sollte. Zwar geschah dies normalerweise ebenso im Senatssaal, doch verweigerte sich ein Teil der Landboten nun diesem Vorgehen, „weil viel liber von Ihr. Matt. in Ihrer Landbottenstube ein antwort haben anhören wollen.“255 Hierhinter verbarg sich wohl die – im Übrigen vergebliche – Ablehnung, die Reaktion des Monarchen im Rahmen eines Colloquiums im Senatssaal entgegenzunehmen. Schließlich wurde in solchem Rahmen die hierarchische Unterordnung der Landbotenkammer sinn252
Ebenda. Ebenda. 254 Hierbei handelte es sich um die sogenannte Regel neminem captivabimus, die als eine der leges fundamentales betrachtet wurde: S, S, La noblesse poloniase contre l’arbitraire du pouvoir royal. Les privile`ges judiciaires de la noblesse, in: Revue Historique de Droit Franc¸ais et E´tranger 72.1 (1994), 21–29. 255 Summarischer Bericht. Anno 1606, GStA I. HA Rep. 6, Nr. 18, Fasz. 4, 54r. 253
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bildlich, die sich bereits im Zwischenfall um Jerzy Zenowicz gezeigt hatte. Jedoch verschärften sich durch diese Verfahrensdiskussion auch die Konfliktlinien innerhalb des Unterhauses. Die Replik auf die königlichen Einlassungen zu den Beschwerden wollten jedenfalls nicht mehr alle Landboten mittragen, obgleich das Pingpongspiel zwischen den malcontents in der Landbotenkammer und dem Monarchen auch in diesem Fall keine umwälzenden inhaltlichen Gesichtspunkte mehr kannte. Allerdings traten einige neue Artikel als Variationen eines bekannten Themas in den Vordergrund. Wurden die Paragraphen über Ämter und Ämtervakanzen jetzt etwas nach hinten und die kurz gehaltene Forderung nach Einhaltung der Warschauer Konföderation etwas weiter nach vorne verschoben, erlangten vor allem zwei Punkte neue Prominenz. Die königlichen Heiducken hatten den Adligen Zenowicz überwältigt und eingekerkert, so dass sich die malcontents nun ausführlich gegen die Besetzung der Garde mit Ausländern wehrten. Zwar wurde dies sehr allgemein mit Bezug auf die Wahlkapitulation formuliert. Der konkrete Vorwurf schwang aber allzu deutlich mit, dass der Monarch adlige Freiheiten mit Hilfe fremder Soldaten unterdrücke.256 Eine grundsätzliche Erweiterung erfuhr diese Kritik durch den folgenden Beschwerdepunkt: Ausländer, besonders jene, die in der Garde dienten, dürften kein Indigenat und keine Besitzungen in Polen-Litauen erhalten. Mithin fand hier der allgemeinere Vorwurf seinen speziellen Ausdruck, Sigismund III. schaffe sich eine neue adlige Elite unter Umgehung der eigentlichen berechtigten Glieder des Gemeinwesens.257 Der letzte Austausch zwischen Monarchen und malcontents über den traditionellen Mechanismus der Gravamina und gegenseitigen Repliken sollte jedoch rasch scheitern. Der König benutzte hierbei ein verfahrenstechnisch gedecktes Element. Ein Teil der Landboten verweigerte sich der erneuten Beschwerderunde, die wiederum federführend von der Wojewodschaft Krakau getragen wurde, und verblieb in der Kammer. Daraufhin ließ Sigismund Wasa verkünden, er wolle den Beschwerden der Landboten zwar gerne Genüge tun, jedoch sei dies unmöglich, solange „sie unter einander nicht eins wehren, und der Landbotten zusammenkunfte erfordert einigkeit, derowegen geraten, dass sie sich vertragen sollten.“258 Solche Einigkeit, Voraussetzung für den Auftritt aller Landboten als ein Sejmstand, war jedoch nicht mehr herzustellen. Das Scheitern des Sejmverfahrens war an diesem Punkt bereits zum Aufbruchssignal für die malcontents nach Ste˛z˙yca geraten.259 Am 12. April 1606 trafen die unzufriedenen Landboten am Versammlungsort knapp einhundert Kilometer südöstlich von Warschau ein. Sie wa256
Na respons Kro´la J.M. script od PP. Posło´w podany, BCz 1623, 493–525, hier 495. Ebenda. 258 Summarischer Bericht, GStA I. HA Rep. 6, Nr. 18, Fasz. 4, 56r. 259 Ebenda. 257
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ren hingegen nicht die einzigen Teilnehmer des Sejms, die sich nach Ste˛z˙yca begeben hatten. Nach Beratungen von Senat und König war zuvor schon eine Kommission mit Vertretern aus allen drei Gruppen des Senats, einem Bischof, einem Wojewoden und einem Kastellan, auf die Zusammenkunft der malcontents entsandt worden.260 Als die Landboten vom Sejm eintrafen, die zum Großteil aus Vertretern der Wojewodschaft Krakau bestanden,261 hatte sich die Versammlung bereits seit drei Tagen konstituiert. Nach dem Muster der bekannten Versammlungen der Interregna oder aus der Zeit des Inquisitionssejms hatte man zunächst einen Marschall als Versammlungsleiter gewählt.262 Die erste Beratung unter der Ägide des Marschalls Jan Szcze˛sny Herburt beinhaltete am 10. April die Anhörung der senatorischen Abordnung vom Sejm.263 Der Płocker Bischof Wojciech Baranowski verwies in seiner Rede auf die in der Vergangenheit gescheiterten Versammlungen, die ein unglückliches Ende genommen und von ihren Urhebern hinterher bedauert worden seien. Wohl nicht ohne Allusionen auf die Rede Zebrzydowskis vor dem Krakauer Sejmik im Februar desselben Jahres zählte er hierzu die Versammlung von Je˛drzejo´w aus dem Kontext des Inquisitionssejms,
260 Dabei handelte es sich mit dem Płocker Bischof Wojciech Baranowski, dem Wojewoden von Płock, Stanisław Krasin´ski, und dem Gnesener Kastellan Andrzej Przyjemski um durchweg erfahrende Würdenträger mit einer längeren Karriere als Sejmabgeordente bzw. in verschiedenen Ämtern: S, A, Art. Wojciech Baranowski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 1, Krako´w 1935, 285–289; D, W / K, H, Art. Andrzej Przyjemski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 29, Wrocław u.a. 1986, 168–170. 261 Akta zjazdu Ste˛z˙yckiego w roku 1606, in: Aleksander Rembowski (Hg.), Rokosz Zebrzydowskiego. Materiały historyczne poprzedzone przedmowa˛ i rozprawa˛ pod tytułem Konfederacya i rokosz w dawnem prawie pan´stwowem polskiem, Warszawa 1893, 4 (Die Textstruktur dieser Veröffentlichung und deren Seitenzählung bedürfen einer Erläuterung. Die rechtshistorische Abhandlung Rembowskis über den Typus Konföderation bildet einen eigenständigen Band mit eigenständiger Seitenzählung, der jedoch mit der nachfolgenden Quellenedition zusammengebunden ist (der ein eigener Titel vorangestellt ist („Liber generationis Rokosz“), die jedoch einer eigenen Seitenzählung folgt. Die hier angegebenen Seitenzahlen beziehen sich somit auf die eigene Seitenzählung des Quellenteils); Diarius Zjazdu Ste˛z˙yckiego, Biblioteka Raczyn´skich w Poznaniu Rkp. 18 (Materiały historyczno-literackie w odpisach dotycza˛ce Rokoszu Zebrzydowskiego), 7r. Der von Rembowski unkritisch ohne Nachweis einer handschriftlichen Quellengrundlage edierte Text des Versammlungsdiariums und die Manuskriptabschrift aus der Raczyn´ski-Bibliothek stimmen zu weiten Teilen überein und lassen auf eine gemeinsame Vorlage schließen. Das im Manuskript vorliegende Diarium gibt allerdings die korrekten Daten der Versammlung an und ist streckenweise detaillierter, so dass im Falle von nur dort vorhandenen Informationen im Folgenden auf die Handschrift und nicht auf die Edition verwiesen wird. 262 Vgl. Kap. 2.4, S. 280–283. 263 Diarius Zjazdu Ste˛z˙yckiego, BRacz rkps 18, 6v.
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ging aber auch bis zur wohlbekannten Lemberger Adelsversammlung von 1537 zurück.264 Abgesehen von den Interventionen der Senatskommission kamen die Beratungen in Ste˛z˙yca allerdings nur sehr schleppend in Gang. Auch der Bericht vom Verlauf des Sejms und die Vorstellung der dort formulierten Gravamina, die die Landboten schließlich zwei Tage später lieferten, änderte daran nichts. Da „sie keine Proposition, außer den Beschwerden hatten, rieten ihnen einige auf die Herren Senatoren zu warten, die etwas Neues in den Kreis einbringen sollten.“265 In diesem Sinne blieb die Versammlung von Ste˛z˙yca auch darüber in ihrer ganzen Beratungsstruktur und Redeordnung am Muster des Sejms orientiert.266 Mithin sollten erst die Voten der anwesenden Senatoren die Verhandlungen in Gang bringen. Letztere waren jedoch nicht besonders zahlreich erschienen. Neben Zebrzydowski selbst hatten sich weitere sieben Senatoren, zumeist Kastellane der unteren Ränge eingefunden.267 Ausnahmen bildeten hier lediglich Fürst Janusz Ostrogski, Kastellan von Krakau und damit ranghöchster weltlicher Senator sowie Aleksander Koniecpolski, gerade erst ernannter Wojewode des großpolnischen Sieradz. Insbesondere Koniecpolski, aber auch Stanisław Bykowski, dem Kastellan von Łe˛czyca, darf dabei durchaus unterstellt werden, dass ihre Anwesenheit nur dazu diente, einen ausgleichenden Einfluss auf die malcontents auszuüben.268 Gewissermaßen als Antwort auf die Senatsabordnung ließ Mikołaj Zebrzydowski ein Schreiben verlesen, das zugleich als Anklage und Apologie zu verstehen war und späterhin in zahlreichen Abschriften kursierte.269 Auf den ersten Blick besaß dieser Text eine kuriose Struktur, bestand er doch aus einer Sammlung von Briefen, die der Krakauer Wojewode in den vergangenen zwei Jahren in dieser Form an Sigismund III. geschickt haben wollte. Letztlich diente dies wohl zweierlei Zielen. Zum einen konnte Zebrzydowski auf diese Weise dem um ihn versammelten Adel beweisen, sich als tugendhafter Senator und guter Berater schon seit längerer Zeit intensiv, aber erfolglos um 264
Akta zjazdu Ste˛z˙yckiego, 3 f. Ebenda, 4. 266 Vgl. Kap. 2.3.2, S. 263–267. 267 M, Wojna domowa, 113. 268 Ebenda, 116. Zum loyalen Engagement Koniecpolskis und Bykowskis an der Seite Sigismunds III. im weiteren Verlauf des Rokosz unten in diesem Teil. Bykowski etwa begann seine Ämterkarriere noch in der Endzeit der Herrschaft Stephan Ba´thorys und gehörte dann von Beginn an zu den loyalsten Fürsprechern Sigismunds III. Zweifelsohne als Dank für seine Verdienste um den Monarchen während des Rokosz erhielt er 1609 die Würde des Wojewoden von Sieradz: R., Art. Stanisław Bykowski Jaksa z Kossowa, in: Polski Słownik Biograficzny. Tom 3, Krako´w u.a. 1937, 165–166. 269 Skrypt p. Wojewody krakowskiego, na zjez´dzie ste˛z˙yckim niekto´rym pp. senatorom dany, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu, Tom 2: Proza, Krako´w 1918, 264–291. Zur Verbreitung der Schrift vgl. die Quellennachweise in der Edition Czubeks, 264. 265
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das Gehör des Monarchen bemüht zu haben. Zum anderen sollte die Verlesung dieser Schrift gleich zu Beginn den Beratungen von Ste˛z˙yca möglicherweise den Ton vorgeben. Wenn es nämlich auf normalem Wege nicht gelang, zum König vorzudringen, musste dies nun über den Umweg der Adelsversammlung geschehen. Funktionell konnte man den Text im Beratungsablauf dabei durchaus als eine Art Proposition betrachten, an die sich erst die Voten der anwesenden Senatoren anschlossen. Bemerkenswert ist an Zebrzydowskis Schreiben inhaltlich in erster Linie, einen weiteren Vorwurf gegen Sigismund in den Mittelpunkt gestellt zu haben. In der Einleitung und den präsentierten Briefen bildet die Heirat des Königs mit Konstanze, der Schwester seiner verstorbenen ersten Frau Anna von Habsburg, das Leitthema. Diese Hochzeit verhindert haben zu wollen, schreibt sich Zebrzydowski auf die Fahnen, nicht ohne damit eine neue polemische Front zu eröffnen. Die Hochzeitsverhandlungen Sigismunds seien mit Geheimabsprachen mit dem Haus Habsburg einhergegangen. Deutlich könne man erkennen, dass der Monarch im Anschluss daran „viele von denen, denen er vorher traute, verließ, und andere, von denen er zuvor niemals gut persuasus war, in sein Vetrauen zog.“270 All dies habe man auch am Verlauf der letzten beiden Sejmsitzungen erkennen können. Schließlich habe der König als Folge der Machinationen immer mehr Fremde zu Ämtern und Würden erhoben, die um ihn herum eine Faktion gebildet und die Sejmberatungen zum Scheitern gebracht hätten.271 Solch eine Anklage ging über die üblichen Beschuldigungen einer kleinen Clique um den Monarchen, die die Herrschaft an sich gerissen hätte, qualitativ hinaus. Sie bot mit ihren verschwörungstheoretisch grundierten Anspielungen auf das Haus Habsburg und von diesem gesteuerte „Fremde“ eine Steilvorlage für einen in der Folgezeit immer weiter in den Vordergrund rückenden Vorwurf: den Griff Sigismund Wasas nach der absoluten Herrschaft. Von den Anwesenden wurde bekräftigt, die königliche Antwort auf die Gravamina für ungenügend zu befinden. Mit Ausnahme Mikołaj Zebrzydowskis plädierten demgegenüber die folgenden senatorischen Voten allesamt, auf den Sejm zurückzukehren. Auch wenn die Zusammenkunft des Adels außerhalb der Ständeversammlung als ein wichtiger Weckruf an den König konzediert wurde, mühten sich doch alle Würdenträger, den Sejm als den einzig gültigen Beratungsort zu verteidigen. In seinem viel beachteten, expressiven oratorischen Auftritt unterstrich Fürst Ostrogski entsprechend die monarchisch-hierarchische Grundstruktur des Gemeinwesens. Wenn der Adel die Liebe des Monarchen wolle, müsse er ihn auch lieben – und zwar „wie Söhne den Vater, inferior cum superiore, und diese gegenseitige Liebe ist
270 271
Ebenda, 265. Ebenda.
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das fundamentum Regni.“272 Wie auf dem Sejm waren die Senatorenvoten auf der Versammlung von Ste˛z˙yca im Übrigen nicht minder von der jeweiligen Anstrengung geprägt, die Position der Redner über deren persönliche Autorität zu definieren, die sich aus dem besonderen Einsatz für das Gemeinwesen, Tugend, Tapferkeit und nicht zuletzt der Anciennität des jeweiligen Hauses ableiteten.273 Abgesehen von den Auftritten der Senatoren fanden die wenigen Wortmeldungen anderer Adliger kaum größere Beachtung274 und Landboten wie Senatoren kehrten auf den Sejm zurück, sogar ohne die viel reklamierten Gravamina durch einen formellen Versammlungsbeschluss bekräftigt zu haben. Das Skandalon der Versammlung von Ste˛z˙yca war bis zu diesem Punkt in erster Linie deren schiere Existenz. Darüber hinaus gehende Impulse gingen von ihr jedenfalls keine aus. Dennoch stellte sie für die malcontents nun die Sicherheit dar, über ein mögliches Instrumentarium des Widerstands zu verfügen, obwohl dessen Funktionieren sich noch in kaum zahlenmäßig oder argumentativ beeindruckende Ergebnisse umwandeln ließ. Die Konfliktdynamik, die letztlich zum Scheitern der Sejmberatungen führen sollte, wurde zweifelsohne durch das Bestehen der eigenmächtigen Adelsversammlung beeinflusst. Die polemische Zuspitzung der Auseinandersetzungen und eine erhebliche Verschärfung des Tones fanden hingegen auf dem Sejm selbst statt. Nachdem die Speerspitze der malcontents den Sejm aus der Landbotenkammer nach Ste˛z˙yca hin verlassen hatte, machte Sigismund III. offensichtlich den Versuch, die Verhandlungen der Ständeversammlung in der veränderten personellen Konstellation zu einem günstigen Ende zu führen. Im Rahmen eines erneuten Colloquiums stellte er in Aussicht, diejenigen Beschwerden, die auf dem gegenwärtigen Sejm nicht zu lösen wären, späterhin ausführlich zu verhandeln. Das Hauptinteresse des Monarchen bestünde darin, so ließ er erklären, nun die dringende Finanzierung der Landesdefension zu verabschieden.275 Während diese Erklärung bei den Abgeordneten keinerlei Aufregung erzeugte, entstand eine umso größere Erregung, als der episkopale Teil des Senats im Anschluss ein eigenes Papier verlas. Die Bischöfe hatten sich schon in den Tagen zuvor zurückgezogen, um die konstanten Forderungen nach der „compositio inter statibus“ und das Drängen auf Einhaltung der Warschauer Konföderation ihrerseits zu beantworten.276 Hierin griffen sie die Regelung 272
Akta zjazdu Ste˛z˙yckiego, 5. Ebenda, etwa die Reden Ostrogskis (6 f.), Zebrzydowskis (8), Koniecpolskis (8), Bykowskis (9). 274 Ebenda, 9; Diarius Zjazdu Ste˛z˙yckiego, BRacz rkps 18, 4v. 275 S, Pamie˛tny Sejm, 178. 276 Script PP Duchownych czytany publice na Sejmie Warszawskym 1606, BCz rkps 337 (Kopiariusz akt, mo´w, listo´w i innych pism publicznych dotycza˛cych rokoszu Zebrzydowskiego 1607 r.), 35–42, zur Warschauer Konföderation bes. 35–37. 273
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von 1573, die vom katholischen Episkopat niemals ratifiziert worden war,277 nochmals frontal an. Sie sperrten sich im Wesentlichen gegen eine Neuregelung des Verhältnisses von geistlichem und weltlichem Gerichtswesen sowie der Bestimmungen zur Zahlung des Zehnten.278 In Reaktion darauf meldeten sich sofort die Reformierten Stanisław „Diabeł (Teufel)“ Stadnicki und Piotr Gorajski mit heftigen Redebeiträgen zu Wort. Stadnicki beklagte die Gefahr französischer Verhältnisse und drohte im selben Atemzug unverhohlen mit dem ungarischen Beispiel, wo sich die unterdrückten Evangelischen mit Waffen erhoben hätten.279 Gorajski seinerseits identifizierte die Bischöfe als eben jene fremden Berater, die Monarch und Gemeinwesen unter ihre Kontrolle bringen wollten.280 Beide achteten jedoch peinlich darauf, den König selbst von den Machenschaften des Episkopats auszunehmen und richteten ihre Bitten um Schutz an ihn.281 Zwar erhielten sie vom Monarchen keine direkte Antwort. Dafür aber wurde Hieronim Gostomski zum wortmächtigen Verteidiger der Bischöfe und des katholischen Glaubens, wobei er eine Diskussion zur „compositio inter statibus“ durchaus nicht ausschloss.282 Die Interventionen Stadnickis und Gorajskis blieben auch in der Landbotenkammer nicht ohne Folgen, wo sich heftige Auseinandersetzungen entwickelten.283 Dennoch drehten sich weder die Diskussionen im Unterhaus noch der anschließende Austausch zwischen Kammer und Senat ausschließlich um die Konfessionsfrage.284 Als ein Teil der Landboten sich mit einem erneuten Beschwerdekatalog zum nächsten Colloquium einfand, hatte die Frage nach der Ausgestaltung der Warschauer Konföderation zwar an hierarchischer Wichtigkeit gewonnen, reihte sich aber wieder neben die üblichen Ämtervakanzen und andere Gravamina ein.285 Überhaupt schien sehr bald sogar ein Kompromiss erreicht. König und weltliche Senatoren kamen dabei den Protesten der evangelischen Landboten entgegen, indem sie den Vorschlag zu einer Konstitution ausarbeiteten, nach der jegliche konfessionellen Ausschreitungen und Übergriffe strafrechtlich eng gefasst und verfolgt wer-
277 Die Situation im polnischen Episkopat war zumindest in den ersten Jahren aber durchaus nicht eindeutig. Nicht zuletzt auf römischen Druck hin verurteilte aber spätestestens die Petrikauer Synode von 1577 die Warschauer Konföderation deutlich: K, Klejnot swobodnego sumnienia, 79–82. 278 Script PP Duchownych na Sejmie 1606, BCz rkps 337, 37–41. 279 Diarium, APG 300/29–69, 220v.–221r.; vgl. auch Summarischer Bericht, GStA I. HA Rep. 6, Nr. 18, Fasz. 4, 56r.–56v. 280 Diarium, APG 300/29–69, 222r. 281 Ebenda, 221v., 223r. 282 Ebenda, 224r. 283 Ebenda, 225r. 284 Ebenda, 228r.–228v. 285 Ebenda, 228v.–231r.
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den sollten.286 Während die evangelischen Wortführer noch einige Erweiterungen und Berichtigungen im Detail verlangten, trug die Reaktion des Episkopats durchaus zum Eklat bei. Die katholischen Bischöfe, selbst untereinander uneins, verweigerten jegliche Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf.287 In der Schlusssitzung aller drei Sejmstände provozierte jedoch der aus Ste˛z˙yca zurückgekehrte Janusz Radziwiłł das endgültige Scheitern der Sejmberatungen. In den mühsamen Schlussverhandlungen hatte sich die monarchische Seite mit Kompromissregelungen gemüht, die Verabschiedung einer vorübergehenden Heeressteuer zu erreichen. Angesichts der bereits äußerst gespannten Situation erhob sich Radziwiłł nun, um den förmlichen Protest der Wojewodschaft Wilna kundzutun. In der Konfessionsfrage gäbe es noch viele ungeklärte Fragen, vor allem aber sei den Gravamina an sich nicht genüge getan worden. Sein Sejmik habe ihm die Verabschiedung von Steuern nur unter der Bedingung erlaubt, dass diese Beschwerden auf dem Sejm erledigt worden wären. Diese Spitze richtete sich zunächst gegen den Litauischen Großkanzler Lew Sapieha, der noch kurz zuvor im Namen aller anwesenden Litauer erklärt hatte, eine Heeressteuer auf jeden Fall verabschieden zu wollen.288 Doch dann kulminierte Janusz Radziwiłłs Stellungnahme in einem Ausfall gegen den Litauischen Hetman und glänzenden Sieger von Kirchholm, Jan Karol Chodkiewicz. In den Gesetzesentwürfen zu den Steuerbeschlüssen hatte man Chodkiewicz zugestanden, seine Auslagen im gerade laufenden Livland-Feldzug aus der Schanksteuer zurückerstattet zu bekommen.289 Radziwiłł dagegen bestand darauf, dass solch eine Zahlung wohl rechtens sei, aber dann nicht aus Steuermitteln, sondern aus den Einnahmen des Monarchen allein beglichen werden müsse. Chodkiewicz seinerseits fühlte sich zu recht persönlich angegriffen und verteidigte seinen selbstlosen Einsatz für das Gemeinwesen. Unbeeindruckt hielt ihm Radziwiłł entgegen, er selbst habe sich unermüdlich für das Gemeinwesen eingesetzt, daher solle der Hetman seine unangemessenen Ansprüche doch „denselben erzehlen, die nichts dergleichen ihn ihrem geschlecht hetten, sowie vorfahren hetten sich eben müßig wol verdienet und an dapfferkeit nichts abgehen lassen.“290
286
Ebenda, 231r. S, Pamie˛tny Sejm, 216 f. 288 Diarium, APG 300/29–69, 233v. 289 Chodkiewicz hatte erst am 11. April die erbeuteten schwedischen Feldzeichen aus der Schlacht von Kirchholm vor dem Sejm präsentiert: Diarium, BK 325, 628 f. Zur Finanzierung der Kampagne von 1605 aus Eigenmitteln durch Chodkiewicz, der im Jahr zuvor mit etlichen Auflehnungen in seinem Heer wegen ausstehender Soldzahlungen zu kämpfen hatte: D-U / U, Jan Karol Chodkiewicz, 33–35. 290 Diarium, APG 300/29–69, 234r. 287
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Trotz einiger letzter Versuche von Kanzler und Landbotenmarschall waren die Sejmberatungen damit beendet, ohne jegliche Konstitutionen verabschiedet zu haben. Zumindest hatte schließlich ein Teil der Wojewodschaften eine Steuerhebung zur Landesdefension akzeptiert oder zumindest zugesagt, die endgültige Entscheidung hierüber von ihren jeweiligen Sejmiki treffen zu lassen. Dem Landbotenmarschall Ryszkowski blieb in seiner Verabschiedungsrede nach dem obligatorischen – und nichtsdestoweniger einmütigen – Handkuss der Landboten vor dem Monarchen nur noch zu konstatieren, dass die „quatuor pacis hostes ambitio, avaritia, ira et odium“ die Verhandlungen zerstört hätten.291 In den ersten Monaten des Jahrs 1606 kristallisierten sich um den Sejm herum die Aktivitäten der malcontents. Die Einberufung der Sejmiki und die Sejmberatungen selbst boten dabei eine Plattform, um die Unzufriedenheit von Teilen des Adels auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlicher Form zu artikulieren. Dabei wurde ein regionaler Schwerpunkt in Teilen Kleinpolens, insbesondere der Wojewodschaft Krakau, und Großpolen mit Posen und Kalisch an der Spitze deutlich. Der Sejm als Forum des gesamten Doppelreiches bot nicht nur die Möglichkeit, die Beschwerden dieses Adels zentral zu kommunizieren, sondern ihnen auch über die Landbotenkammer eine überregionale Bedeutung und Stoßrichtung zu verleihen. Obwohl die Angaben darüber, welche Wojewodschaften sich dem klein- und großpolnischen Protest anschlossen, wage bleiben, schien dieser Effekt zumindest teilweise zu greifen. Die Spaltung der Regionalvertreter des Unterhauses war allerdings ein ebenso greifbares Ergebnis, so dass zu diesem Zeitpunkt kaum von einer uneingeschränkten Etablierung der malcontents auf Niveau des Doppelreiches die Rede sein konnte. In diesem Sinne blieb auch die Versammlung von Ste˛z˙yca ein, bei aller Einschränkung jeglichen zeitgenössischen Zahlenangaben gegenüber, allein mengenmäßig kaum beeindruckendes Druckmittel. Wirkung entfaltete diese Versammlung viel eher durch ihr schieres Zusammentreten, das die monarchische Prärogative sichtbar in Frage stellte. Nimmt man die zeitgenössischen Argumentationen ernst, die sich in Publizistik, Gravamina und Reden auf den verschiedenen Foren ständischer Repräsentation manifestierten, bestand der Kern aller Beschwerden im mangelnden Zugang zum Monarchen. Offensichtlichen Ausdruck fand dies in der bis zur Erschöpfung wiederholten Klage über die Ämtervakanzen und die Monopolisierung des Königs durch verschieden definierte Cliquen. Doch auch die Beschwerden über konfessionelle Benachteiligungen, insbesondere durch die Evangelischen, waren durch diese Wahrnehmung geprägt. Sigismund III. Wasa warf man zumindest in dieser Phase nicht vor, ein fanatischer
291
Ebenda, 235r.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Katholik zu sein. Selbst evangelische Wortführer wie Stanisław Stadnicki oder Piotr Gorajski, denen keine besondere verbale Zurückhaltung selbst im Sejm unterstellt werden kann, griffen allein den Episkopat offen an und baten den Monarchen um Schutz. Es muss unterstrichen werden, dass es sich hierbei nicht nur um eine zeitgenössisch typische Sublimierung einer direkten Attacke auf den König handelte. Als Sigismund noch in den schärfsten Auseinandersetzungen in der Endphase des Sejms schwieg und alle Verhandlungen ausschließlich zwischen Senat und Landboten verliefen, appellierte etwa Gorajski, es wäre „auch hoch notig, das I. M. fidem interponirte.“292 Aus dieser Perspektive besaßen konfessionelle Forderungen evangelischer Adliger und die Position eines katholischen Hochadligen wie Mikołaj Zebrzydowski eine gemeinsame inhaltliche wie argumentative Basis. Im Falle von Zebrzydowski wie Janusz Radziwiłł wird in diesem Zusammenhang exemplarisch deutlich, welch konstitutiven Einfluss die Vorstellung von Adel auf die malcontents besaß. Dies zeigte Radziwiłł mit seiner Protestation, die den Sejm zum offiziellen Scheitern brachte. In völlig kohärenter Weise verband er hier Fragen von Konfession, andere Gravamina und den Frontalangriff auf Jan Karol Chodkiewicz. Wenn der Monarch in Religionssachen seinen Adel nicht hörte, tat er dies auch nicht in Hinsicht auf die existentiell wichtige Verteilung von Ämtern, Würden und Benefizien. Die Radziwiłł-Birsen waren den Chodkiewicz nicht nur allgemein durch eine beständige innerlitauische Konkurrenz und offen eskalierende Konflikte seit langem in herzlicher Feindschaft verbunden. Janusz Radziwiłł fühlte sich auch im Besonderen gegenüber Jan Karol Chodkiewicz durch Sigismund III. bei der Vergabe des litauischen Hetmanamtes übervorteilt.293 Dies zu einem entscheidenden Konfliktpunkt auf dem zentralen Forum des Sejms zu machen, war kein kapriziöser Ausfall. Vielmehr zeigte sich hierin die intrinsische Verbindung von adligen Standeskategorien, die über Tugendhaftigkeit und Ehre gesteuert, Ämter und Würden zu einem essentiellen Maßstab inneradliger Hierarchien machten, und der institutionellen Vorstellung eines monarchisch geprägten adligen Gemeinwesens als solchem. In gleicher Weise prägte diese Grundkonstellation alle anderen Auftritte insbesondere der Senatoren, aber auch der Landboten, auf dem Sejm und der Versammlung von Ste˛z˙yca. Die persönliche Tugend- und Ehrhaftigkeit des Einzelnen geriet hier stets zur Legitimation des eigenen Sprechens und garantierte dessen Autorität. Darüber hinaus im Sinne größerer oratorischer Auftritte sprechen zu dürfen, war wiederum Ausweis der Beteiligung am Gemeinwesen. Dessen Rangordnung bestimmte die Redeordnung, die zugleich inneradlige Hierarchien widerspiegelte sowie aufs Neue bestätigen musste. Überdies zeichneten sich einige Vo-
292 293
Diarium, APG 300/29–69, 232v. Vgl. Kap. 3.2, S. 338 f.
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ten und die Begrüßungsrede des Landbotenmarschalls auf dem Sejm angesichts der institutionellen Bedrohung durch die Versammlung von Ste˛z˙yca, besonders durch ihre Versuche aus, das Gemeinwesen auch explizit politiktheoretisch zu definieren. Der Sejm von 1606 hatte zumindest in beschränktem Maße Heeressteuern durch einige Wojewodschaften bewilligt. Alle anderen Gesetzesvorhaben und außenpolitischen Verhandlungen, ob mit den Brandenburgern, Vertretern des Moskauer Großfürsten, den Tataren oder Osmanen, waren auf der Strecke geblieben. Das Grundproblem schien jedoch, dass kein rechter Ausweg im Konflikt zwischen malcontents und Monarch sowie restlichem Adel in Aussicht war. Das persönliche Schweigen Sigismunds III. jedenfalls stellten einige der Sejmdiarien heraus. Die Ständeversammlung war zwar von Jan Ostroro´g in seinem Senatorenvotum noch einmal ausdrücklich als Ort charakterisiert worden, der dem Adel Zugang zu seinem Monarchen und dessen Gehör bot. Mit einer außergewöhnlichen Geste persönlicher Zuwendung und Ansprache hatte letzterer den Sejm jedoch nicht ausgezeichnet; wichtigere Amtswürden und Benefizien wurden darüber hinaus auf dem Sejm ausschließlich an Adlige vergeben, deren ausgesprochene Bindung an den Monarchen schon zuvor bekannt war.294 Die unzufriedenen Abgeordneten des Sejms jedenfalls kehrten nach Ste˛z˙yca zurück, wo man zumindest die Einberufung einer neuen Versammlung für den Juni in Lublin vereinbarte.295 Unmittelbar nach dem Ende des Sejms und der Einberufung einer neuen Adelsversammlung nach Lublin schilderte ein italienischer Beobachter die Lage in dramatischen Worten. Für ihn war die Spannung eines anstehenden „bello civile“ mit Händen zu greifen.296 „Et certo, s’io posso uscir de qua` et con honor mio tornare in Italia, non consigliaro mai un mio nemico a` venir ci.“297
294 So wurde Maciej Pstrokon´ski zum Kronkanzler, Stanisław Min´ski zum Kronunterkanzler und Feliks Kryski erhielt das Amt eines Königlichen Referendars: Diarium, BK rkps 325, 629–632. Zur einschlägigen Positionierung dieser Kandidaten: U, Zamoyszczycy bez Zamoyskiego, 43, 67. 295 Akta zjazdu Ste˛z˙yckiego, 10. 296 Anon., Di Varsovia 28 d’Aprile 1606 (Ex Cod. Mscr. Bibl. Vattic. XXXV.N. pag. 315), Biblioteka Czartoryskich 101, 169r.–169v., 169r. 297 Ebenda, 169v.
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4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm Als die malcontents sich nach dem Ende des Sejms erneut in Ste˛z˙yca versammelten, verschärfte sich ihr Ton merklich. Deutlich wurde dies schon in einer viel beachteten und verbreiteten Rede Jan Kazanowskis, des Landrichters von Łuko´w in der kleinpolnischen Wojewodschaft Lublin.298 Er sammelte systematische Argumente für die Notwendigkeit, sich auch weiterhin in eigenmächtigen Adelsversammlungen zusammenzufinden. Während Kazanowski den Monarchen selbst kaum zum Ziel seiner Angriffe machte,299 konzentrierte er sich auf die Senatorenschaft. Abgesehen von den aufrechten und tugendhaften Mitgliedern des Senats, die die Versammlung von Ste˛z˙yca einberufen hätten,300 fiel das Urteil über dessen übrige Vertreter fatal aus. Allesamt erschienen sie nun als korrupte, eigensüchtige Clique, nutzten sie ihre Position als Magistrate allein, um den eigenen Vorteil zu mehren.301 Der Adel als Ganzes ginge demnach leer aus, seine Meriten würden nicht mehr belohnt. Als Ergebnis habe sich um den Monarchen herum ein Zirkel gebildet, der nach ausländischem Vorbild ein „dominium mere absolutum“ installieren wolle; dies alles werde verstärkt durch eine Hofkamarilla, die sich außerhalb des traditionellen Ämterkanons das Monopol über die Vergabe von Vakanzen wie die übrigen politischen Entscheidungen angeeignet habe.302 Nicht zuletzt in Anspielung auf die Lemberger Versammlung von 1537 verwies Kazanowski darauf, dass es bei solch einer ausweglosen Situation Präzedenzfälle gegeben habe, in denen sich der Adel als Allgemeines Aufgebot versammelte.303 Hierbei handelte es sich um eine historische Ableitung, die durchaus mit der Drohung eines bewaffneten Widerstandes operierte. Sie verband sich andererseits offensichtlich mit der Befürchtung der lokalen Adelseliten, von der aktuellen Elitenbildung abgehängt zu werden. Seinen Frontalangriff reicherte Kazanowski um die einschlägige Kritik am Sejm als Ort ergebnisloser Schönrednerei und Schwatzhaftigkeit an. So identifizierte er die Mitglieder der neuen, gefährlichen Clique um den Monarchen herum als „oratores novi, stulti adolescentuli“.304 Dem wiederum setzte er ostentativ seine eigene pro-
298
Wotum s´lachcica polskiego Jana Kazanowskiego, kto´ry był se˛dza˛i łukowskim potym, w kole rycerskim na zjez´dzie pod Ste˛z˙yca˛ dnia XXII kwietnia 1606 roku, in: Pisma Polityczne z czaso´w rokoszu. Tom 2, Krako´w 1918, 301–312, vgl. hier insbesondere die zahlreichen Handschriftenversionen, die Czubek zu Beginn des Textes auflistet. 299 Ebenda, 308–310. 300 Ebenda, 302 f. 301 Ebenda, 303 f. 302 Ebenda, 302. 303 Ebenda, 306 f. 304 Ebenda, 306.
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm
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funde humanistische Bildung entgegen. Mit nicht enden wollenden lateinischen Einschüben und Verweisen auf die römische Geschichte vermochte er die eigene Autorität als Redner und verantwortungsvolles Glied des Gemeinwesens zu beweisen und zugleich ein theoretisches Fundament für die Adelsversammlungen zu legen. Mit Berufung auf Livius parallelisiert er in diesem Sinne die Adelsversammlungen mit der Funktion der Volkstribune: „Wenn jemandem Gewalt und Unterdrückung a senatu geschah, oppressi publice ad populum provocabant.“305 Dass dieses Recht des „populus“ in Polen-Litauen dem Adel zukam, begründete Kazanowski wiederum – ohne diese Wort explizit zu verwenden – mit der Souveränität, die dem Adel durch die Königswahl zustand.306 Mithin seien die eigenmächtigen Adelsversammlungen zwar vielleicht ein „motus“, aber keine „seditio“. An dieser Stelle seiner Argumentation griff Kazanowski schließlich auf den Artikel De non praestanda oboedientia der königlichen Wahlkapitulationen zurück. Würde den Gravamina des Adels nicht genüge getan, fiele die Souveränität an denselben zurück – „in casu violentae convulsionis legum populi lege fieri permittitur.“307 Der Ton für das kommende Vorgehen der malcontents war damit vorgegeben und die Rede Jan Kazanowskis hatte in diesem Zusammenhang wichtige Begründungsstrategien zusammengefasst. Als letzten Akt der Versammlung von Ste˛z˙yca beschloss man nicht nur ein nächstes Zusammentreffen. Vielmehr eignete man sich darüber hinaus die Kompetenz an, eigene Abgaben zu erheben, um weiteren Zusammenkünften eine militärische Deckung zu geben.308 Die folgenden zwei Jahre waren durch eine mehr oder weniger dichte Abfolge von Adelsversammlungen gekennzeichnet, deren wichtigste Etappen im Jahr 1606 Lublin, Sandomierz und Janowiec sowie 1607 Je˛drzejo´w hießen. Die zunehmende organisatorische Etablierung des widerständigen Adels lässt sich bereits an dem Umstand ablesen, dass auf der Versammlung von Sandomierz im August 1606 ein formaler Bündnisschluss, der eigentliche „rokosz“ erfolgte. Doch auch die königliche Seite blieb nicht untätig. Parallel zur Versammlung von Sandomierz setzte sie den malcontents eine eigene Versammlung außerhalb des Sejms entgegen, zu der der Adel nach Wis´lica ebenfalls viritim einberufen wurde. Es fehlte jedoch auch nicht an weiteren Verständigungsversuchen zwischen beiden Lagern wie Anfang Oktober 1606 in Janowiec. Im Vorfeld eines erneuten Sejms, der für den Mai 1607 angesetzt wurde, fanden sich die widerständigen Adligen allerdings erneut in Je˛drzejo´w zusammen und kündigten dann nach dem Sejm Ende Juni 1607 dem König formal den Gehorsam auf. War es auch zuvor schon zu kleineren Scharmüt305
Ebenda. Ebenda. 307 Ebenda, 307. 308 S, Pamie˛tny Sejm, 234 f. 306
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
zeln gekommen, provozierte dieser letzte Schritt schließlich die Schlacht bei Guzo´w Anfang Juli 1607, aus dem die königliche Seite siegreich hervorgehen sollte. Die endgültige Beilegung des offenen Konfliktes dauerte jedoch über die offizielle Vergebung für die Aufständischen im Sommer 1608 hinaus. Einen endgültigen formalen Abschluss fand sie erst mit einer Amnestie, die auf dem Sejm im Januar 1609 beschlossen wurde. Das theatrum belli civilis war ein geographisch sehr eingeschränkter Raum. Zwar erfassten die Postulate der malcontents im Verlaufe des Konfliktes zunehmend etwa auch das Großfürstentum Litauen oder in beschränkterem Maße das Königliche Preußen.309 Das Terrain, auf dem die Auseinandersetzungen in Form von Versammlungen oder auch militärisch ausgetragen wurden, umfasste jedoch noch nicht einmal Großpolen. Vielmehr konzentrierte sich das Geschehen auf ein Gebiet, das zwischen Warschau im Norden, Krakau im Süden und Lublin im Osten situiert war. Damit bewegte man sich in einer Zone, die zum einen zum größten Teil in der Region Kleinpolen und damit in einem der Zentren der malcontents gelegen war. Zum anderen war dieser Raum als ein Kernland Kronpolens durch Orte gekennzeichnet, die traditionelle Versammlungsstätten des Adels darstellten.310 Lublin hatte in der Vergangenheit etliche Sejme beherbergt und war Sitz des Krontribunals.311 In Ste˛z˙yca, Wis´lica und Je˛drzejo´w hatten bereits in den Interregna Zusammenkünfte stattgefunden, im Fall von letzterem auch 309
Zu den Auswirkungen des Rokosz im Königlichen Preußen liegen keinerlei Studien vor. Die kursorischen Aussagen der Forschung sind dabei bis zu einem gewissen Grad unklar. Während Jarema Maciszewski das hohe Unzufriedenheitspotential im Königlichen Preußen und die dortige breite Zustimmung zum Rokosz im Adel, ja sogar die Organisation von dortigen Adelsversammlungen betont, unterstreicht etwa Zbigniew Naworski, es sei im Königlichen Preußen nie zu einem Rokosz gekommen. Letzteres ist formal sicherlich richtig, wenn dies eine Konföderationsbildung des Adels auf preußischem Territorium meint, steht aber im Widerspruch zu Maciszewskis Grundaussage: M, Wojna domowa, bes. 221, 235–237; N, Z, Sejmik generalny Prus Kro´lewskich 1569–1772. Organizacja i funkcjonowanie na tle systemu zgromadzen´ stanowych prowincji, Torun´ 1992, 88. 310 Hier drängt sich ein Vergleich zu der in der Reichsgeschichte entwickelten Konzeption von reichsnahen und reichsfernen Gebieten auf, der an dieser Stelle nicht verfolgt werden kann. Die geschilderte Region wäre in diesem Sinne als traditionell reichsnah zu betrachten, während sich der geographische Schwerpunkt mit der polnisch-litauischen Union und der Etablierung Warschaus als königlicher Residenzstadt deutlich nach Norden zu verlagern begann. Zu den Konzepten der Reichsgeschichte: M, P, Zur staatlich-organisatorischen Integration des Reiches im Mittelalter, in: Wilhelm Brauneder (Hg.), Staatliche Vereinigung. Fördernde und hemmende Elemente in der deutschen Geschichte, Berlin 1998 (Der Staat. Beiheft 12), 7–28. 311 Zur Bedeutung Lublins in Kronpolen: T, S, Rozkwit miasta. Renesans, in: Jan Dobrzan´ski et al. (Hg.), Dzieje Lublina. Pro´ba syntezy. Tom 1, Lublin 1965, 80–112.
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm
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im Kontext des Inquisitionssejms.312 Während sich die Adelsversammlungen damit wenigstens auf einem etablierten geographischen Terrain bewegten, verhielt es sich im Fall ihrer Organisationsstrukturen und ihrer Funktionsweise durchaus anders. Im Folgenden geht es mithin einerseits darum zu verfolgen, wie sich der Widerstand in seinen Versammlungen organisationell verfestigte und in welchem Wechselverhältnis diese Organisationsformen zu den thematischen Forderungen des unzufriedenen Adels standen. Andererseits sind dabei in einem zweiten Schritt die Kommunikation mit dem königlichen Lager und wiederum dessen reaktive Konstituierung als Konföderation zu berücksichtigen. Abschließend soll vor diesem Hintergrund ein Blick auf den Sejm von 1607 geworfen und das Agieren der Sejmstände vor der Herausforderung des Rokosz skizziert werden.
4.2.1 Die Etablierung der oppositionellen Versammlungen: Lublin und Sandomierz Als die dritte Adelsversammlung im August 1606 in Sandomierz kurz bevorstand, musste auch Zygmunt Myszkowski Gonzaga die Hoffnung aufgeben, es handele sich bei den malcontents um ein kurzlebiges Phänomen. In gewohnt treuem Bericht an Vincenzo I. von Mantua beklagte der Kronmarschall im Juli des Jahres, die „Erhebung“ werde wohl kein so rasches Ende nehmen angesichts des „apparecchio molto numeroso della terza congegratione de sollivati“313. Schon die an die Versammlung von Ste˛z˙yca anknüpfende Zusammenkunft von Lublin im Juni 1606 hatten Zeitgenossen als zahlenmäßig recht eindrucksvoll eingeschätzt.314 Eine reichsweite Mobilisierung des Adels über den harten Kern der klein- und großpolnischen malcontents hinaus war dabei nur über den Weg der regulären Institutionen denkbar gewesen. 312
Zur traditionellen Bedeutung dieser Orte für Adelsversammlungen: D-U, E, Koronne zjazdy szlacheckie w dwo´ch pierwszych bezkro´lewiach po s´mierci Zygmunta Augusta, Białystok 1998, 183–209; O, E, Zjazd w Je˛drzejowie w 1576 roku, in: Kwartalnik Historyczny 109.2 (2002), 15–40; K, P, Wis´lica w s´redniowieczu i w okresie wczesnonowoz˙ytnym. Studia z dziejo´w miasta, Kielce 2006, 84–97. 313 Zygmunt Myszkowski an Vincenzo Gonzaga, 22. Juli 1606 aus Krakau, ASM AG busta 559, Bl. 354r.–354v., 354r. 314 Wie schon in Bezug auf die Versammlung von Ste˛z˙yca müssen auch in diesem Fall genauere Zahlenangaben spekulativ bleiben. Festzuhalten bleibt allerdings, dass sich die Zahl der anwesenden Adligen wohl in einem niedrigen vierstelligen Bereich bewegte. Die Schätzungen reichen hier zwischen 1000 bis 3000 Personen, wobei weder die Begleittrosse einzelner Adliger noch die wohl relativ umfangreichen Militärkontingente des beteiligten Hochadels mitgerechnet sind. Hierzu in differenziertem Quellenvergleich: M, Wojna domowa, 167 f.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Man nutzte die Relationssejmiki nach dem Sejm als Foren. Schon das Sendschreiben der Versammlung von Ste˛z˙yca machte dabei den Anspruch und gezielten Willen deutlich, die widerständige Bewegung auf das gesamte Doppelreich auszuweiten. In dem Text hieß es, die Zusammenkunft in Ste˛z˙yca sei auf Initiative der Wojewodschaft Krakau und schließlich des Generalsejmiks von Kleinpolen einberufen worden. Gleichzeitig traten aber die dort Versammelten nun in ihrem Sendschreiben an alle polnischen und litauischen Sejmiki mit einem weiter gehenden Repräsentationsanspruch an, schließlich trat man hier als „Rat und Ritterschaft der Krone und des Großfürstentums Litauen“ auf.315 Die Berechtigung, Zusammenkünfte aus eigener Autorität einzuberufen, wurde dabei aus dem Präzedenzfall der Versammlungen im Vorfeld des Inquisitionssejms von 1592 abgeleitet.316 Tatsächlich entsandten die lokalen Adelsgemeinschaften in großer Zahl Vertreter auf die Lubliner Versammlung. Abgesehen von den bereits einschlägigen klein- und großpolnischen Wojewodschaften versahen die meisten Sejmiki ihre Abgesandten jedoch nicht mit eindeutigen Mandaten, die die Forderungen der malcontents bedingungslos unterstützten. Vielmehr verliehen sie ihren Repräsentanten eher einen Beobachterstatus.317 Selbst in den Sejmiki von Posen und Kalisch sowie von Krakau kam es allerdings zu Spaltungen, die keineswegs auf eine einhellige Positionierung des lokalen Adels gegenüber der neuen Versammlung von Lublin und den Ergebnissen des vergangenen Sejm schließen ließen.318 Den größten Erfolg konnten die malcontents auf den einzelnen Sejmiki wohl mit dem Argument verzeichnen, der gerade zu Ende gegangene Sejm sei nicht ordnungsgemäß abgeschlossen worden. Unter diesen Bedingungen trotzdem Steuerbeschlüsse zu reklamieren, käme einer Vergewaltigung der Ordnung des Gemeinwesens gleich.319 Genau an diesem Punkt setzt auch ein Schreiben Sigismunds III. an seine königlichen Amtsträger in den Wojewodschaften an. In der Instruktion an die Senatoren unterstrich der Monarch, dass auf dem Sejm trotz allem der Großteil der Wojewodschaften Steuern zur Landesdefension zugestimmt hätten. Jetzt ginge es also einerseits darum, den jeweiligen lokalen Adel zu einer festen Steuerzusage zu bewegen.320 Anderer-
315
Actum in Curia Regali Stezicensi Sabato post Dominicum iubilata proxima Anna Domini 1606, BJ rkps. 102 (Miscellanea do panowania Zygmunta III), 31–34, 31. 316 Ebenda, 32. 317 M, Wojna domowa, 149–163. Maciszewski unterstreicht dagegen die verbreitete widerständige Einstellung der Sejmiki, eine Schlussfolgerung, die sich selbst aus seiner eigenen Darstellung der einzelnen Sejmiki nicht ableiten lässt. 318 Ebenda, 152 f., 161 f. 319 Actum in Curia Regali Stezicensi, BJ rkps. 102, 32. 320 List do Panow Senatorow w teyze Materiei, AGAD Zbio´r Branickich z Suchej 148/172, 178–179, 178.
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seits bestünde die Aufgabe der Senatoren darin, eine Beteiligung des Adels an den irregulären Versammlungen unbedingt zu verhindern, die monarchische Prärogativen usurpiert hätten und die Autorität des Sejms zerstörten: „Wir fordern dringend, dass Eure Liebden die Jüngeren Brüder dazu bringen, dem Vaterland und sich selbst in diesen schweren Zeiten nicht untreu zu werden.“321 Nichtsdestoweniger wurde die Versammlung von Lublin, wenn auch angesichts der erst nach und nach eintreffenden Teilnehmer, etwas schleppend am 5. Juni 1606 eröffnet.322 Während die Versammlung von Ste˛z˙yca noch von rudimentären Verfahrenselementen getragen war, verlangten die neuen Bedingungen in Lublin auch eine veränderte organisatorische Strukturierung. Auf der Parallelversammlung zum Sejm im April hatte man es nicht nur mit wesentlich weniger Teilnehmern zu tun. Letztlich im Sinne einer virtuellen Erweiterung der Ständeversammlung hatte die Zusammenkunft vor allem den Charakter eines ausgelagerten Forums für weitere Senatorenvoten angenommen. Die Versammlung von Lublin hingegen agierte in ihrer Grundmotivation nun noch deutlicher als Alternative an Stelle des gescheiterten Sejms. Allerdings lässt sich auch im Fall von Lublin der Versuch erkennen, die eigenmächtige Adelsversammlung durch eine Rückbindung an die existierenden Institutionen zu legitimieren. So schien es beileibe kein Zufall, dass die Zusammenkunft auf die Sitzungsperiode des in Lublin angesiedelten Krontribunals fiel. Entsprechend unternahm Mikołaj Zebrzydowski den expliziten Versuch, die Gerichtssitzung mit der Versammlung zu verbinden. Er forderte gleich zu Beginn die Deputierten des Tribunals zur Teilnahme auf,323 was die anwesenden Senatoren auf der Lubliner Versammlung sich zu eigen machten, indem sie eine Abordnung zum Tribunal entsenden ließen.324
321
Ebenda, 179. Proces Zjazdu Lubelskiego, na kto´rym uchwalono Rokosz, in: A. Rembowski (Hg.), Liber generationis Rokosz, 10–37, hier 10. In der unkritischen Edition Rembowskis fehlt auch hier jeglicher Verweis auf die handschriftliche Quellenbasis des abgedruckten Textes. Ein im Wortlaut übereinstimmender Text findet sich als Handschrift in der Posener Raczyn´ski-Bibliothek: Proces Ziazdu pod Lublinem Koła Ricerskiego na ktorym Rokosz uchwalono y pod Sendmierzem go złoz˙ono Roku 1606, BRacz rkps. 18 (Materiały historyczno-literackie w odpisach dotycza˛ce Rokoszu Zebrzydowskiego), 6r.–18v. Einen Gesamtüberblick über die Vielzahl überlieferter Diarien zu erlangen, ist problematisch. Entsprechend werden nachfolgend ohne Anspruch auf Vollständigkeit allein diejenigen Versammlungsberichte bzw. -protokolle genannt, die vom edierten Text Rembowskis abweichen und im Folgenden zitiert werden: Ziazd pod Lublinem Anno 1606, AGAD Zbio´r Branickich z Suchej 148/172, 134–165 (hiermit identisch: Ziazd pod Lublinem Anno Domini 1606, BCz rkps 337, 134–165); Ziazdu Lubelskiego pro die 4 Junii zgromadzonego Terminatia, BJ rkps 102, 60–74. 323 Ziazd pod Lublinem Anno 1606, AGAD Zbio´r Branickich z Suchej 148/172, 136. 324 Proces Zjazdu Lubelskiego, 12. 322
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Die parallele Zusammenkunft zur Gerichtssitzung besaß dabei eine ebenso praktische wie symbolische Dimension. Zunächst ließ die Tagung des Tribunals erwarten, dass eine größere Zahl von Adligen aus der Krone sich in Rechtsstreitigkeiten unabhängig von den Bemühungen der malcontents in Lublin einfand.325 Darüber hinaus jedoch hätte die Anwesenheit der Tribunalsrichter der Lubliner Versammlung eine willkommene magistratische Autorität verliehen. Schließlich handelte es sich beim Krontribunal um die letzte Instanz adliger Eigengerichtsbarkeit, die eben nicht der monarchischen Jurisdiktionskompetenz unterlag.326 Schon die Legitimierungsversuche der eigenmächtigen Adelsversammlungen hatten dabei auch Bezug auf den Inquisitionssejm genommen, der dem damals jungen Sigismund Wasa 1592 mit quasi gerichtlichen Kompetenzen gegenübergetreten war.327 Eine Orientierung am Krontribunal im Jahr 1606 bot die Möglichkeit, diese Reminiszenzen aufzunehmen und zugleich die höchste adlige Instanz außerhalb der monarchischen Kompetenz überhaupt zu vereinnahmen. Die Avancen der Adelsversammlung stießen hingegen bei den Tribunalsrichtern auf wenig Gegenliebe, die sich in einer Abordnung vor allem besorgt um die „autoritas“ und Sicherheit des Gerichts zeigten.328 Vor diesem Hintergrund wurden die Beratungen in den ersten Tagen von Diskussionen über das Verfahren dominiert, als dessen Herr sich Zebrzydowski sofort zu etablieren suchte. Hoch auf dem Pferd sitzend ritt er am ersten Tag in die stehende Menge.329 Nach einer Verbeugung vor seinen Standesgenossen statuierte er umgehend zwei für das nachfolgende Vorgehen konstitutive Elemente. Zebrzydowski forderte die Anwesenden auf, einen „Kreis“ zu bilden, das heißt eine Formation, die aus dem Allgemeinen Aufgebot ebenso wie aus den Zeiten der Interregna bekannt war.330 Hauptaufgabe die-
325 Darauf weist sehr deutlich eine Wortmeldung zu Beginn der Versammlung hin, in der um die Suspendierung der Gerichtsverhandlungen gebeten wurde, da man nicht an beiden Orten gleichzeitig anwesend sein könne: R, Liber generationis Rokosz, 11. Die Initiative, eine Kommission der Versammlung zum Tribunal zu senden, ging aber recht eindeutig nicht auf diese Wortmeldung zurück, wie Maciszewski behauptet, sondern auf die Initiative Zebrzydowskis am Tag zuvor: M, Wojna domowa 172. 326 Das System der Krontribunale und des Litauischen Tribunals hatte sich ab 1578 beziehungsweise 1581 formal etabliert, nicht zuletzt um die überforderte monarchische Zentralgerichtsbarkeit zu entlasten: B, W, Trybunał Koronny. Szlachecki sa( d najwyz˙szy w latach 1578–1794, Lublin 2008; immer noch grundlegend: B, O, Geneza trybunału koronnego. Studyum z dziejo´w sa˛downictwa polskiego XVI wieku, Warszawa 1886. 327 Vgl. Kap. 2.4, S. 274. 328 Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 140 f.; Proces Zjazdu Lubelskiego, 13 f. 329 M, Wojna domowa, 169; Ziazd pod Lublinem Anno 1606, AGAD Zbio´r Branickich z Suchej 148/172, 134. 330 Mit zahlreichen Beispielen zur Formierung und prozeduralen Bedeutung von Krei-
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ses Kreises war es, einen zentralen Platz für Reden zu schaffen; ein Platz im Übrigen, der ähnlich im Sejm durch die räumliche Konstellation des Senatssaals durch die Tuchballustrade um den Kreis der Senatssitze geschaffen war. Man einigte sich entsprechend darauf, dass „keiner über die Linie in den Kreis trete, aber jeder nach dem Zeichen des Kreises an seinem Platz stehe.“331 Welche Plätze den Einzelnen zugewiesen waren, daran ließ dann Janusz Radziwiłł keinen Zweifel. Er war zuvor von Zebrzydowski als dessen zweite Maßnahme zum Marschall der Versammlung, also deren Leiter, nominiert worden, was per Akklamation gut geheißen wurde.332 In einer ersten Amtshandlung legte Radziwiłł sogleich fest, der versammelte Adel solle sich nach Wojewodschaften ordnen, die ihrerseits „ihre Plätze so einnehmen sollen, wie sie in der Landbotenkammer zu sitzen pflegen.“333 Neben dieser Übernahme der üblichen regionalen Hierarchie aus der Sitzordnung des Sejms stellte die Raumaufteilung in eine senatorische und eine nichtsenatorische Zone die zweite basale Hierarchisierung dar.334 In der Folge bildeten sich faktisch zwei Kreise aus. Der innere – aufgeteilt nach Senatoren und nichtsenatorischem Adel in der Ordnung der Wojewodschaften – umfasste einen kleineren Teil der Anwesenden, während die restlichen Teilnehmer sich nach der regionalen Ordnung in einem äußeren Kreis darum gruppierten.335 Der Versammlungsleiter Radziwiłł legte darüber hinaus noch weitere Grundregeln fest. So forderte er die Versammlungsteilnehmer auf, ihre Wortmeldungen so kurz wie möglich zu halten. Bemerkenswerter war dagegen seine Losung, dass der Kreis nicht aufgehoben werden dürfe, ohne Beschlüsse gefasst zu haben.336 Dies schien eine vitale Grundbedingung, um die widerständige Bewegung mittelfristig zu stabilisieren. Als Marschall teilte Radziwiłł aber nicht zuletzt die dringende Aufforderung Zebrzydowskis, jegliche handgreiflichen Auseinandersetzungen und die Anwendung von Waffengewalt allgemein zu vermeiden. Die Sicherheit der Versammlung zu gewährleisten, war schon aus sehr praktischen Gründen fundamental. Die militärischen Einheiten in Lublin überstiegen wohl zahlenmäßig weit die anwesenden Beratungsteilnehmer. Letztere waren ebenfalls bewaffnet und die sen: D-U, Koronne zjazdy szlacheckie, 103, 124, 129, 132, 144, 184, 185, 186, 191, 193, 194, 195, 196, 201, 208, 299, 301, 306, 310, 331, 331 Proces Zjazdu Lubelskiego, 11. 332 Ebenda, 10. 333 Ebenda, 11. 334 Bemerkenswerterweise stellte diese Aufteilung wohl eine solche Selbstverständlichkeit dar, dass sie anscheinend gar nicht verbalisiert werden musste. Sie lässt sich allein aus lapidaren Bemerkungen über den Sitzungsverlauf erschließen: Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 138; Ziazdu Lubelskiego Terminatia, BJ rkps 102, 67. 335 Ziazdu Lubelskiego Terminatia, BJ rkps 102, 67. Das Diarium spricht von etwa 400 Mitgliedern des inneren Kreises gegen etwa 600 im äußeren. 336 Proces Zjazdu Lubelskiego, 11.
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Truppenkontingente unterstanden ebenso nur ihren verschiedenen adligen Befehlshabern. Darüber hinaus jedoch berührte die Frage nach der Sicherheit einen weiteren entscheidenden Punkt, der eine weitgreifende symbolische Dimension besaß. Auf dem Sejm war es in der Verantwortung des Monarchen, vermittelt über den Kronmarschall, Sicherheit und Ordnung zu garantieren. Auf den Adelsversammlungen der Interregna hingegen galt die Schwurgemeinschaft der Konföderation, überdies konnten die Amtsträger hier unter der Interimsautorität des Primas als Interrex agieren.337 Alle diese institutionalisierten Elemente der Sicherheitswahrung standen der Versammlung von Lublin nicht zur Verfügung. Der Lubliner Landschreiber brachte im Laufe der bewegten Diskussion das Dilemma auf den Punkt, indem er feststellte, „dass diese Versammlung nicht vom Recht beschrieben ist, wir sollten hier keiner Bestrafung unterliegen, es wurden keine Universale (königliche Ausschreibungen, K.L.) ausgeschrieben und verschickt, darum kann hier auch keiner executor einer Strafe sein.“338 Die noch von Jan Kazanowski in Ste˛z˙yca so emphatisch betonte Souveränität des Adels schien also zunächst an ihre aporetischen Grenzen zu stoßen. Abgesehen von Vorschlägen, die ein gegenseitiges adliges Ehrenwort oder die Übernahme der Sicherheitsregelungen des Krontribunals beinhalteten339, rückte schließlich die vom Versammlungsmarschall Radziwiłł eingebrachte Lösung in den Vordergrund. Sie sah vor, dass alle Teilnehmer die Grundregeln der Sicherheitswahrung durch ihre Unterschrift bestätigen sollten.340 Dagegen wehrte sich jedoch an erster Stelle Janusz Ostrogski als höchster weltlicher Würdenträger der Krone. Er lieferte einen mit Tränen durchtränkten oratorischen Auftritt, in dem er seinen unermüdlichen Eintritt für das „Vaterland“ beteuerte. Seine Unterschrift zu verlangen, sei deshalb Zeichen mangelnden Vertrauens – überhaupt sei sie überflüssig, schließlich habe er die Grundregeln des Gemeinwesens schon als Senator „auf das Sacrament beschworen“.341 Tatsächlich wäre eine Unterschrift zwar keinem beeideten Bündnisschluss gleichgekommen. Allerdings stellte sie ein verbindliches Bekenntnis zur Versammlungsteilnahme dar, was Janusz Radzwiłł explizit betonte.342 Darüber hinaus bedeutete eine durch Signatur bekräftigte Sicherheitsregelung einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einer manifesten Autonomisierung der eigenmächtigen Adelsversammlungen. Auch dies wurde durch die Weigerung Ostrogskis deutlich, basierte sie doch auf dem Argu337
Vgl. Kap. 2.4, S. 283 f. Proces Zjazdu Lubelskiego, 12. 339 Ebenda. 340 Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 138; Ziazdu Lubelskiego Terminatia, BJ rkps 102, 66. 341 Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 138. 342 M, Wojna domowa, 172. 338
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ment, sein vor dem Monarchen im Sejm beschworener Senatoreneid sei ausreichende Garantie für sein Verhalten im Rahmen der Beratungen von Lublin. Die hochgestellte Ablehnung einer namentlich bestätigten Sicherheitsregelung genügte dann auch, um die bereits laufenden Unterschriftenleistungen in den Wojewodschaftskreisen abzubrechen.343 Stattdessen versprach man schlussendlich „mit tugendhaften adligen Worten gemeinsam“ sich gegenseitig und den Bürgern und Bauern der Umgebung Friedenswahrung sowie dem Versammlungsmarschall Gehorsam.344 Inneradlige Hierarchien bestimmten grundlegend das Verfahren der Adelsversammlung von Lublin. Deutlich sichtbar wurde dies an der räumlichen Aufteilung oder dem Gewicht eines Janusz Ostrogskis im Beratungsverlauf. Schon Janusz Radziwiłł oder auch Mikołaj Zebrzydowski vermochten sich gegenüber dem Krakauer Kastellan Ostrogski nur beschränkt zu behaupten. Umso mehr galt dies für die anderen Anwesenden, die weder dem Hochadel entstammten noch eine Senatorenwürde innehatten. Dies bekam etwa Stanisław Morski zu spüren, der zu den gut etablierten Eliten der Krakauer Wojewodschaft mit Verbindungen zum Hof gehörte.345 Während Ostrogski begründete, weshalb er keine Unterschrift unter den Sicherheitsakt der Versammlung leisten wolle, erhob Morski sich, der „gleich bei den Senatoren auf der anderen Seite“ saß, ging zu ihm, nahm das Papier und setzte als erster seine eigene Unterschrift darunter.346 Solch einen Affront konnte der beleidigte Kastellan von Krakau nicht auf sich beruhen lassen. Dass Morski es gewagt hatte, seinen Platz in der Ordnung zu verlassen, übergriffig in die senatorischen Ränge einzudringen und überdies als erster zu unterschreiben, musste für Ostrogski grobe Geringschätzung sein.347 Nur die untertänige Entschuldigung Morskis in verbeugter Stellung konnte daraufhin im letzten Moment eine bewaffnete Reaktion des Fürsten verhindern.348 Bis zu welchem Punkt sich adlige Hierarchien zugleich als Hierarchien des Gemeinwesens auch auf die restlichen Beratungen auswirken konnten, zeigte überdies die Weigerung der Abgesandten des Krontribunals, ohne die Anwesenheit des Kastellans von Krakau ihre Stellungnahme vor der Versammlung zu verlesen.349 Die Redeordnung der Lubliner Versammlung war auf den ersten Blick durch die Sitzordnungsregelungen grundlegend geklärt. Zu erheblichen Teilen reproduzierte letztere die durch die polnisch-litauische Unionsakte von 343
Ebenda. Proces Zjazdu Lubelskiego, 12 f. 345 S, Politicy schyłku złotego wieku, 12, 21. 346 Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 138. 347 Ebenda. 348 Ebenda; Ziazdu Lubelskiego Terminatia, BJ rkps 102, 66. 349 Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 139. 344
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1569 schriftlich kodifizierte Rangordnung von Senatoren und Wojewodschaften. Darüber hinaus jedoch reproduzierte sie wohl schon in den Interregna erprobte Hierarchien. Sammelte sich einerseits, anders als im Sejm, der gesamte Adel ohne einen monarchischen Mittelpunkt um einen Kreis herum, wurde andererseits zwischen sitzenden und stehenden Versammlungsteilnehmern differenziert. Sitzplätze kamen neben den Senatoren offensichtlich auch den Wortführern der Wojewodschaften zu, die sich ebenso innerhalb des inneren Kreises gruppierten. Das Gros der adligen Teilnehmer hatte hingegen im äußeren Kreis zu stehen.350 Diese im weitesten Sinne am Sejmverfahren orientierte Grundkonstellation spiegelte sich auch in der Textform der Sitzungsprotokolle wider. Sie geben dem Verlauf der Versammlung mit der Benennung einer Proposition, der Protokollierung der senatorischen Voten und den anschließenden Stellungnahmen der Wojewodschaften eine ähnliche Struktur wie sie auch in den Sejmdiarien zu finden ist. Dabei waren jedoch zwei Abschnitte der Beratungen zu unterscheiden. Die ersten drei Tage der insgesamt zehntägigen Zusammenkunft waren von Debatten über das Verfahren an sich bestimmt, wogegen die Verlesung der Versammlungsausschreibung und der Proposition hernach einen Einschnitt bildete, der den Hauptteil der Verhandlungen einleitete. Diese Zweiteilung fand auch ein gewisses Echo in der Redeordnung. In der Verfahrensdiskussion kamen die Wojewodschaften als Korpora nicht zu Wort, sie blieb von senatorischen Stellungnahmen und Einzelwortmeldungen von lokalen Amtsträgern bestimmt. Zwar kam hier den Stimmen der wenigen anwesenden Senatoren besonderes Gewicht zu, was jedoch kaum mit einer unmittelbaren Rangordnung in der Redeabfolge verbunden war.351 Im Hauptteil der Beratungen wiederum kehrte man grundsätzlich zu dem aus dem Sejm bekannten hierarchisierten Kanon zurück. Allerdings geschah dies nicht mit völliger Konsequenz. Wie die Diarien vermerken, beanspruchten immer wieder Adlige „ex privata autoritate“ außerhalb der Reihe das Wort.352
350 Dies lässt sich zumindest aus der Episode zwischen Ostrogski und Morski ableiten sowie aus weiteren Bemerkungen über den äußeren Kreis ableiten, wo sich die Versammelten „weder mit Tischen noch sitzend“ aufhielten (Ziazdu Lubelskiego Terminatia, BJ rkps 102, 67). 351 Zwar begannen die Voten mit den Stellungnahmen des ranghöchsten Senators, also mit Janusz Ostrogski als Kastellan von Krakau und setzten sich mit den Wojewoden von Krakau, Sandomierz und Lemberg fort. Bevor jedoch Piotr Stabrowski als Kastellan zu Wort kam, drängten sich etliche Voten einzelner Adliger dazwischen: Proces Zjazdu Lubelskiego, 17–31. 352 Proces Zjazdu Lubelskiego, 23; ähnlich auch die explizite Bemerkung, Stanisław Stadnicki hätte sich inmitten der Reihenfolge der Wojewodschaftsvoten „ein Tischchen in den Halbkreis stellen lassen“ und zu reden begonnen, Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 151.
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Insbesondere waren dies diejenigen Wortführer der malcontents, die sich bereits auf dem Sejm oder den Sejmiki profiliert hatten wie Piotr Gorajski, Prokop Pe˛kosławski oder Stanisław „Diabeł“ Stadnicki. Letzterer unterstrich mit Verve, dass der Sinn der Lubliner Versammlung im freien Wort bestünde, das ihm als freiem Adligen zukäme.353 Diese Sichtweise, aus der heraus Stadnicki sich das Recht nahm, wie ein Senator mit einer Einzelmeinung außerhalb der Korporation seiner Wojewodschaft aufzutreten, blieb hingegen nicht unumstritten. So machten im Anschluss die Vertreter der Wojewodschaft Przemys´l, zu der Stadnicki gehörte, klar, dass dessen Rede nur eine Einzelmeinung wiedergebe und er „unter Verspottung der Stände“ gesprochen habe.354 Stadnicki dagegen leitete seine Redeberechtigung aus seinem persönlichen Einsatz für das Gemeinwesen und der Ehre seines Hauses ab355 – eine Position, die an dieser Stelle deutlich mit den institutionellen Regeln der Gemeinwesenorganisation und der damit verbundenen Rangordnung konfligierte. Die Kritik der Wojewodschaftsvertreter von Przemys´l wiederum wurde in einem spontanen Einzelvotum vom Krakauer Jakub Sienien´ski zurückgewiesen, der seinerseits betonte, dass „wir nur de modo discrepamus“. Da Stadnicki jedoch inhaltlich Recht habe, sei dessen Wortmeldung legitim gewesen.356 Vor allem aber, so argumentierte Sienien´ski, habe er jegliche Redeberechtigung gehabt, da „er weder publice noch privatim kennt.“357 Diese Begründung berührte den wesentlichen Punkt, auf dem die Selbstermächtigung der malcontents zu Adelsversammlungen beruhte und von Kazanowski in Ste˛z˙yca in anderer Form als Souveränität des Adels formuliert worden war. Der Adlige war als Adliger Träger des Gemeinwesens und auf dieser Grundlage besaß er das Recht, über sich und die respublica zu beraten. Zugleich wurde hierin die Ambivalenz der intrinsischen Verbindung von Gemeinwesen und Adel deutlich. Ohne die institutionellen Formen und Hierarchien des Gemeinwesens, ohne die auf das engste geführte Verquickung von normativen Adelsvorstellungen mit dem Gemeinwesen, ließ sich Adel als konstitutiv hierarchische Gruppe kaum organisieren. Die schließlich von einem monarchischen Rahmen gewährleistete Festschreibung von dignitas über Ämter und Würden konnte auch Stadnicki zumindest nicht unhinterfragt nur durch die Behauptung der eigenen Tugend und Ehre ersetzen und sich die Redeberechtigung eines Senators anmaßen. Dies hatte auch Piotr Gorajski verstanden, der sich gleich im Anschluss an Sienien´ski zu einem weiteren Einzelvotum meldete. Er stellte seinem Beitrag eine Entschuldigung voran. Ungern würde er mit seiner Intervention vorpreschen, „wenn ich sehe, 353
Proces Zjazdu Lubelskiego, 26. Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 155. 355 Proces Zjazdu Lubelskiego, 26 f. 356 Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 156. 357 Ebenda, 158. 354
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dass der Herrgott andere vor mir mit größerer Achtung versehen hat.“358 Gorajski rechtfertigte sich allerdings weiterhin mit dem Argument, es sei wichtig zu reden, wenn man sich beraten wolle. Denn allein die Rede sei das Herzstück aller Verhandlungen, „eine Beratung ohne Rede, eine Rede ohne Beratung“ seien schließlich sinnlos.359 Dem als Proposition bezeichneten Text ging eine einleitende Rede Mikołaj Zebrzydowskis voraus. In den Grundzügen nahm er hier seine bereits in Ste˛z˙yca formulierten Vorwürfe und Argumente auf. Neben seiner Klage über die widerrechtliche Steuererhebung und Einberufung der Relationssejmiki nach dem gescheiterten Sejm entwarf Zebrzydowski vor allem immer präziser das Schreckensszenario einer absoluten Monarchie; mehr noch, der Krakauer Wojewode beschrieb das Handeln des Königs recht unverhohlen als Tyrannis, ohne dieses Wort selbst fallen zu lassen. Der Hof sei von Fremden beherrscht, ihm selbst, Zebrzydowski, sei widerrechtlich die Oberaufsicht über den Krakauer Wawel genommen worden und Sigismund zöge zu allem Überfluss Truppen gegen seinen eigenen Adel zusammen.360 Als eine der Ursachen identifizierte er dabei die Königin und bediente ein mehr oder weniger subtiles Spiel mit dem Schreckensszenario eines Absolutismus nach dem Muster der Habsburger Monarchie. Diese in den Grundlinien seit April unveränderten, im Ton jedoch zusehends schärfer und immer persönlicher formulierten Vorwürfe an den Monarchen fanden sich in Variationen auch in der Proposition, deren Verfasser unbekannt sind.361 Sie zeichnet ein düsteres Bild der gegenwärtigen Lage eines in allen seinen Ständen korrupten Gemeinwesens, dessen Adel „per contemptum, temeritatem et per potentiam“ in seinen Rechten und Freiheiten unterdrückt werde.362 Sehr unspezifisch greift die Proposition in diesem Zusammenhang eine Elite von zentralen Amts- und Würdenträgern an, ohne dies auf die Senatorenschaft zu beschränken oder die Senatoren dabei als solche zu benennen. Diese Würdenträger seien zu Feinden der respublica geworden, indem sie sich ausschließlich um den eigenen Ämtererwerb und Vorteil kümmerten, sich hierarchisch abgrenzten und die Kontrolle des Monarchen, die Justiz und Landesverteidigung verkommen ließen. Deshalb sei eine kollektive Beratung von Nöten, um das Gemeinwesen zu retten. An dieser Stelle manifestierte sich nicht nur die
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Proces Zjazdu Lubelskiego, 30. Ebenda. 360 Proces Zjazdu Lubelskiego, 19 f. 361 Die Diarien schweigen sich hierzu aus und die Spekulationen Maciszewskis zu diesem Thema kann man, muss man allerdings keineswegs ernst nehmen. Er geht mit mehr oder weniger guten Argumenten von der Hypothese aus, es habe sich um radikalere evangelische Wortführer der Versammlung gehandelt, was aus dem überlieferten Text selbst nicht erschließbar ist: M, Wojna domowa, 180. 362 Proces Zjazdu Lubelskiego, 20. 359
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Idee adliger Souveränität KazanowskiÆscher Prägung,363 sondern auch der selbstbewusste Anspruch einer Identitätsrepräsentation des Gesamtadels durch die Versammlung. Auch wenn viele Adlige nicht präsent seien, dürften alle Anwesenden von sich behaupten: „faciem respublicae representamus.“364 Solche Prätention zu untermauern, dazu diente wohl auch das detaillierte Verfahren der Stellvertretungsrepräsentation. Man unterteilte nicht nur die Anwesenden erkennbar nach lokaler Zugehörigkeit. Die Abordnungen aus den einzelnen Wojewodschaften wiesen sich jeweils auch durch kurze Stellungnahmen aus, die wohl der Verlesung von Kredensschreiben ähnelten.365 Dass es sich bei dieser Proposition nicht um eine traditionelle Liste von abzuarbeitenden Beratungspunkten handelte, lag auf der Hand. Schon die Verfahrensdiskussionen der ersten drei Tage hatten nolens volens zum Ziel und Thema gehabt, den Charakter der Versammlung, deren Legititmität und damit auch die Positionierung der malcontents insgesamt genauer zu bestimmen als dies bislang geschehen war. Dies setzte sich mit der Debatte über die Proposition nahtlos fort, bot letztere doch keinerlei thematische Neuerungen, sondern erschien selbst in erster Linie als ein Definitionsversuch des eigenen Tuns. Entsprechend nahm weniger die Frage, was man dem Monarchen und einer mehr oder weniger klar umrissenen Kamarilla von schlechten Beratern vorwarf, eine zentrale Rolle ein. Vielmehr ging es darum, sich darüber zu einigen, wie man weiter vorgehen sollte. In dieser Debatte blieb Stanisław Stadnicki mit seinem Aufruf, Sigismund III. als moralisch verwerflichen, Karten und jeu de paume spielenden, verweichlichten Sodomiten abzusetzen, ein krasser Außenseiter.366 Nicht nur die Vertreter einiger Wojewodschaften, auch andere Einzelredner verwahrten sich ausdrücklich gegen solch eine unverhohlene Majestätsbeleidigung.367 In diesem Sinne hatte weniger die Proposition als das Votum des neben Zebrzydowski und Ostrogski einzig anderen anwesenden Senators der Debatte die Richtung vorgegeben. 363
Diese tauchte auch in mehreren Reden wieder auf, etwa bei Piotr Gorajski in der eindeutigen Formulierung: „Größer ist populi potestas als Regis, denn Reges propter populum non contra populum.“ (Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 157.). 364 Ebenda, 21. 365 Proces Zjazdu Lubelskiego, 14, 17. 366 Proces Zjazdu Lubelskiego, 26. Diese Rede Stadnicki wurde weithin wahrgenommen, so bemerkte etwa auch der französische Agent Jean de la Blanque, der sich in der Umgebung des Hofes aufhielt, in seinem diplomatischen Bericht an den französischen Botschafter in Venedig, Stadnicki „parla mal du Roy“, Jean de la Blanque an M. Philippe Canaye Sieur de Fresne, Krakau, den 11. August 1606, Bibliothe`que nationale de France (BnF), Man. Fr. 15967 (Pie`ces concernant la Pologne, la Russie, la Sue`de et le Danemark, et principalement les relations de ces pays avec la France (1567–1660)), 264r.–265v., 265r. 367 So sah sich Jakub Sienien´ski gezwungen, Stadnicki im Anschluss zu verteidigen (ebenda, 30), auch Stadnicki selbst schien zu einer Apologie seiner selbst in einer weiteren Wortmeldung verpflichtet, ebenda, 35.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Piotr Stabrowski, Kastellan des livländischen Pernau, dürfte als enger Vertrauter der Radziwiłł-Birsen seine Rolle als malcontent sowohl aus einer konfessionellen Motivation gezogen haben als aus der Klage, bei der Ämterverteilung im Großfürstentum vom Monarchen übervorteilt geworden zu sein.368 Stabrowski bestand darauf, dem König erneut alle Beschwerden vorzutragen und auf deren Zufriedenstellung zu drängen. Der normale Weg hierzu solle eigentlich ein Sejm sein, dessen Einberufung jedoch in der derzeitigen Situation ein allzu langwieriger Prozess sei, da man sich hier an Prozeduren „legis conscripti“ halten müsse.369 Aus der Geschichte kenne man jedoch das Instrument des Rokosz, der es dem Adel erlaube, sich mit König und Senat zusammenzufinden und jenseits der einengenden Sejmregeln zu verhandeln. Im Rahmen des Rokosz sollten nicht nur dem Monarchen erneut alle Beschwerden vorgelegt werden, sondern auch diejenigen Senatoren abgeurteilt werden, die ihren Ämtern nicht Genüge getan hätten.370 Der Pernauer Kastellan entwickelte hierbei in einem zweiten Schritt sehr konkrete Vorstellungen. Der Rokosz solle vier bis fünf Wochen dauern, in der Stadt Krakau stattfinden, die gegen alle gewalttätigen Exzesse oder militärisches Eingreifen abgeriegelt werden müsse und unter Beteiligung des Monarchen und des ganzen Senats abgehalten werden.371 Mit der kurzen Rede Stabrowskis fiel im aktuellen Kontext also zum ersten Mal das Wort vom „Rokosz“.372 Das Konzept Stabrowskis stieß bei etlichen Rednern auf Zustimmung und der Begriff des Rokosz wurde beständig aufgenommen, teils sogar in der Form eines „Sejm-Rokosz (Rokosz sejmowy)“.373 Die expliziten Vorbehalte Zebrzydowskis, der die Versammlung darauf festzulegen suchte, eher einen regulären Sejm zu fordern, verhallten dagegen ungehört.374 Welche rechtliche Form der Rokosz hingegen darstellen sollte, blieb hingegen zwangsläufig noch recht vage. Schließlich wurde er gerade als Alternative zu dem von positivem Recht definierten Sejm aufgebracht und die Berufung auf eine – 368
B, J, Piotr Stabrowski (zm. 1619), kasztelan parnawski, z˙ołnierz i rokoszanin w słuz˙bie Radziwiłło´w (zarys biograficzny), in: Kazimierz Robakowski (Hg.), Przeszłos´c´ odległa i bliska (FS Marceli Kosman), Poznan´ 2000, 67–74; . / W, T, Art. Piotr Stabrowski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 41, Warszawa / Krako´w 2002, 282–285. Stabrowski hatte sich schon im Rahmen der Auseinandersetzungen um die Brester Union mit scharfer Kritik hervorgetan, vgl. etwa Diariusz obrad sejmiku przedsejmowego w Słonimiu, 27–30 I 1597 r., in: Akta Zjazdo´w Stano´w Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego .Tom 2: Okresy panowan´ kro´lo´w elekcyjnych, ed. v. Henryk Lulewicz, Warszawa 2009, 129–132, 131. 369 Proces Zjazdu Lubelskiego, 32. 370 Ebenda, 22 f. 371 Ebenda, 32. 372 M, Wojna domowa, 186. 373 Proces Zjazdu Lubelskiego, 31. 374 Proces Zjazdu Lubelskiego, 36.
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm
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lediglich in der Geschichtsschreibung überlieferte – Tradition gab darauf keine zwangsläufige Antwort. Am Ende schien es allen Beteiligten mehr oder weniger klar, dass es sich hierbei um eine „Konföderation“, will heißen, einen beschworenen Bündnisschluss, handeln musste. Zumindest erhob sich keinerlei Widerspruch, als Stabrowski in einer erneuten Wortmeldung die Konföderation als Synonym des Rokosz verwendete und forderte, solch eine Form des Zusammenschlusses zu wählen.375 Die Dynamik der Versammlung war Mikołaj Zebrzydowski wohl weitgehend entglitten. Zwar ließ ihm auch sein Versammlungsleiter Janusz Radziwiłł noch einmal am Ende der Beratungen ausdrücklich als demjenigen Senator danken, der sich in hervorragender Rolle um das Gemeinwesen und die Versammlung selbst verdient gemacht hatte. Dem wollten aber schon nicht mehr alle Anwesenden mit uneingeschränkten Dankesbekundungen folgen, denn „er war ihnen suspectus.“376 So wurde der Rhythmus der Beratungen insbesondere von den – wenn auch nicht unumstrittenen – Einzelvoten führender malcontents aus den lokalen Adelseliten bestimmt. Entsprechend hatten sich Piotr Gorajski377 oder Jakub Sienien´ski378 in ihren Redebeiträgen nachdrücklich für die Idee eines Rokosz ausgesprochen. Dem schlossen sich nach und nach sogar Wojewodschaften an, die sich zunächst allein einen Beobachterstatus reklamiert hatten.379 Insgesamt war der Versammlung von Lublin damit ein erheblicher Erfolg vergönnt. Die Bewegung der malcontents hatte ihren Anfang in Kleinpolen, zuvörderst in Krakau und Sandomierz, beziehungsweise den großpolnischen Wojewodschaften Posen und Kalisch genommen. Noch die Versammlung von Ste˛z˙yca und der Protest auf dem Sejm von 1606 waren insbesondere von diesen Territorien getragen worden. In Lublin traten mindestens sechzehn der zweiundzwanzig kronpolnischen Wojewodschaften mit Wortmeldungen auf, von denen wohl die meisten die Beschlüsse der Versammlung billigten.380 375
Ziazd pod Lublinem, AGAD ZBS 148/172, 158. Ebenda, 159. 377 Ebenda, 156. 378 Ebenda, 158. 379 Dies betraf die Wojewodschaften Brzes´c´, Inowrocław, Bełz und Rawa: Proces Zjazdu Lubelskiego, 28, 33. 380 Dies lässt sich aus den Quellen im Einzelnen nicht immer nachvollziehen. So bleibt beispielsweise die Haltung der Wojewodschaft Podlachien unklar. Gar nicht erwähnt wird die Anwesenheit von Vertretern der kronpolnischen Wojewodschaften Masowien, Pomorze, Marienburg, Sieradz, Kiew, Bracław und Podolien. Es ist schwer einzuschätzen, inwieweit das Fehlen von Erwähnungen dieser Wojewodschaften in den Diarien Aussagen über die tatsächliche Präsenz von deren Vertretern erlauben. So hatte beispielsweise der Sejmik von Chełm in der Wojewodschaft Ruthenien eindeutig die Entsendung einer Delegation auf die Lubliner Versammlung beschlossen, von denen in den Protokollen aber jegliche Spur fehlt. Gleiches gilt für ein in den Sejmikakten überliefertes Votum der Sej376
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Mit Blick auf Litauen stellte sich die Situation hingegen anders dar. Bis auf die Repräsentanten von Wilna und Połock trat keine andere Wojewodschaft des Großfürstentums mit eigenen Stellungnahmen auf.381 Kurz vor Ende der Beratungen kam es sogar zu einem Eklat, als eine litauische Abordnung verkündete, die Lubliner Versammlung sei nichtig, da das Großfürstentum nicht ordnungsgemäß einbezogen worden sei. Die Verlesung des Textes musste allerdings wegen heftiger Proteste abgebrochen werden und „dem Boten wurde mit Schande befohlen, aus dem Kreis zu treten.“382 Das inkriminierte Schreiben wurde von einer Zusammenkunft von Adel und Senat während der Sitzung des litauischen Tribunals in Wilna formuliert. Es trug eine recht beeindruckende Anzahl von Unterschriften litauischer Senatoren und anderer Adliger, wobei hier einträchtig ein Chodkiewicz neben seinem Konkurrenten aus der Familie der Radziwiłł-Nies´wiez˙ zeichnete.383 Die mangelnde Legitimität der Lubliner Beschlüsse begründete die litauische Stellungnahme damit, dass allein die Einberufung eines Sejms die Einbeziehung „aller Stände“ und damit auch des ganzen Großfürstentums garantieren könne. Deshalb solle man den Monarchen um eine neue Sitzung der Ständeversammlung bitten, „auf der mit Einigkeit aller Stände das wiederhergestellt werden kann, was Wiederherstellung braucht.“384 Ähnlich hatte schon zuvor eine Abordnung der Litauischen Tribunalsrichter – wie ihre kronpol-
mikvertreter auf der Versammlung: Zjazd szlachty chełmskiej podczas roko´w ziemskich w Krasnymstawie 22 maja 1606 r. (1. Laudum podczas roko´w ziemskich w Krasnymstawie 22 maja 1606 r.), in: sejmikowe ziemi chełmskiej 1587–1632, ed. v. Wiesław Bondyra, Henryk Gmiterek u. Jerzy Ternes, Lublin Akta 2013, 96–98; Zjazd szlachty chełmskiej podczas zjazdu rokoszowego pod Lublinem 10 czerwca 1606 r. (1. Laudum szlachty chełmskiej zgromadzonej na zjez´dzie pod Lublinem 10 czerwca 1606 r.), in: ebenda, 99. 381 Dass auch andere Wojewodschaften vertreten waren, scheint angesichts der Reaktionen auf den gescheiterten Sejm während der litauischen Relationssejmiki wahrscheinlich, muss aber angesichts der derzeit vorliegenden Quellenüberlieferung zumindest spekulativ bleiben. Hierzu gibt auch Wisner in der einzigen Studie zu Litauen und dem Rokosz keine weiteren Auskünfte: W, Litwa wobec rokoszu, 287 f. 382 Proces Zjazdu Lubelskiego, 33. 383 Zjazd senatorsko-szlachecki legitymisto´w litewskich (samorzutna konwokacja przeciwniko´w rokoszu) na bazie Trybunału WKsL w Wilnie (20 V 1606), in: Akta Zjazdo´w Stano´w Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego. Tom 2: Okresy panowan´ kro´lo´w elekcyjnych, ed. v. Henryk Lulewicz, Warszawa 2009, 153–155, hier 154; W, Litwa wobec rokoszu, 287. Bei aller Konkurrenz, von der auch das Verhältnis der Radziwill aus der Linie Nies´wiez˙ und der Chodkiewicz nicht frei war, gestaltete es sich doch wesentlich unproblematischer als die Beziehungen der Chodkiewicz zu den Radziwiłł-Birsen, was unter anderem auch aus einer konfessionellen Nähe bedingt gewesen sein mag: K, T, Mikołaj Krzysztof Radziwill Sierotka (1549–1616). Wojewoda wilen´ski, Waszawa 2000, 108, 166. 384 Zjazd senatorsko-szlachecki legitymisto´w litewskich, in: Akta Zjazdo´w Stano´w Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego. Tom 2: Okresy panowan´ kro´lo´w elekcyjnych, ed. v. Henryk Lulewicz, Warszawa 2009, 153 f.
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm
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nischen Pendants – jegliche Beteiligung an den Lubliner Beratungen abgelehnt.385 Auch wenn sich zumindest ein gewichtiger Teil der höchsten litauischen Adelseliten sichtbar zurückhaltend gegenüber der Lubliner Versammlung positionierte und auch die Beteiligung der litauischen Wojewodschaften recht marginal blieb, bedeutete dies dennoch einen gewichtigen Schritt gegenüber der Versammlung von Ste˛z˙yca. Schließlich hatten dort außer Janusz Radziwiłł gar keine Litauer teilgenommen. Darüber hinaus sahen sich nun selbst diejenigen litauischen Senatoren und anderen Adligen, die der eigenmächtigen Versammlung ablehnend gegenüberstanden, zu einer Reaktion und zur Kommunikation mit den malcontents genötigt. Alles in allem blieb die Zusammenkunft von Lublin jedoch ein in erster Linie kronpolnisches Phänomen. Wenn man demgegenüber den Gesamtvertretungsanspruch der Versammlung in Rechnung stellt, so war seine Gültigkeit für den litauischen Teil des Unionsreiches zu diesem Zeitpunkt fraglich. Der explizit formulierte Repräsentationsgedanke, für den gesamten Adel und – in der Logik des Souveränitätsanspruchs – damit auch für die gesamte respublica zu sprechen, machte sich in den organisatorischen Vorbereitungen der folgenden Versammlung bemerkbar. In Lublin waren die Vertreter der einzelnen Wojewodschaften in einer Arbeitskommission übereingekommen, die nächste Zusammenkunft am 6. August bei Sandomierz stattfinden zu lassen.386 Dort sollte der zuvor diskutierte Rokosz ins Leben gerufen werden. Kraft der Autorität, die die in Lublin versammelten Adelsvertreter beanspruchten, beriefen sie ihrerseits die Sejmiki ein, um über die kommende Versammlung zu befinden und entsandten zugleich eine Abordnung an den Monarchen.387 Den Diskussionen und Beschlüssen von Lublin entsprechend handelte es sich bei dem Schreiben an den Monarchen um eine Einladung zum Rokosz bei Sandomierz. Sigismund sollte sich hier wegen der gegen ihn gerichteten Vorwürfe verantworten und auf die schon während des Sejms eingereichten Gravamina befriedigend eingehen. Die Anwesenheit des Königs war dabei offen von dem Anspruch motiviert, endlich Gehör und Zugang zu finden. Man sei darauf angewiesen, „dass Eure Königliche Hoheit nicht silentio gebe, sondern sich in der ganzen Angelegenheit genügend rechtfertige.“388 Hauptbeschwerden an Sigismund III. waren in diesem Zusam-
385
Proces Zjazdu Lubelskiego, 13. Ebenda, 37. 387 M, Wojna domowa, 202 f., 205 f. 388 Instrukcya pp. Posłom dana z zjazdu lubelskiego do J.K.M.; R, Liber generationis Rokosz, 243–255, 251. Bei Rembowski wie üblich keine Quellenangabe, eine Manuskriptversion des Textes liegt etwa vor als: Poselstwo z ziazdu lubelskiego do Kro. J.M., Biblioteka Czartoryskich 337, 185–192; hierzu identischer Text, allerdings im Gegensatz zu vorgenannter Handschrift ohne Aufzählung der Unterzeichner: Poselstwo z ziazdu Lubelskiego do Kro. J.M., AGAD ZBS 148/172, 185–192. 386
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
menhang die dynastischen Ambitionen des Wasas in seinem Erbkönigreich Schweden und die Omnipräsenz von Fremden am Hof. Letzterer schon zuvor immer wieder auftretender Vorwurf war wohl eher als polemisches Argument zu verstehen, mit dem noch einmal indirekt ein Monarch konturiert werden konnte, der seinen eigenen Adel nicht hörte, sich abschirmte und absolutistische Machenschaften verfolgte.389 Am ehesten mochte diese Kritik noch auf den Hofstaat der Königin zutreffen und hier vor allem auf Ursula Meyer, die im Gefolge von Königin Anna an den Hof kam und auch nach deren Tod dort verbleiben sollte. Tatsächlich spielte sie teils in der Erziehung der Prinzen, nicht zuletzt aber auch im Kontakt mit den Habsburgern eine wichtige Rolle.390 Die Bemühungen um den schwedischen Thron, betonte das Schreiben, habe der Adel unter Einsatz seines Lebens und hohem Blutzoll unterstützt, obwohl es sich, so lässt der Text deutlich werden, doch letztendlich um eine sehr private Angelegenheit des Königs gehandelt habe.391 Im Gegenzug habe man jedoch nicht nur Livland faktisch an den Feind verloren, das Sigismund seinerseits in der Wahlkapitulation Polen-Litauen zu inkorporieren sich verpflichtet habe.392 Dies wird als symptomatisch dafür angesehen, dass seit dem Beginn seiner Regierung die Pacta conventa nicht eingehalten und die Rechte und Freiheiten des Adels unterdrückt worden seien.393 Gerade die Missachtung der adligen Rechte wiederum ließe sich daran ablesen, dass die gesamte 389
Nach dem derzeitigen Forschungsstand lässt sich keine zahlenmäßig überwältigende Anwesenheit von Ausländern am Hof des Königs feststellen, zumal nicht auf Schlüsselstellen. Fremdsprachige Sekretäre hatte es in den Kanzleien auch zuvor, zumal ungarischsprachige unter Stephan Ba´thory, gegeben. Ansonsten reduzierte sich die Anwesenheit von Fremden im Wesentlichen auf Musiker, Köche, Ärzte etc. Eine Ausnahme mögen in diesem Zusammenhang sowohl die zwei schwedischen Diener im Alltagsdienst für den König darstellen als auch die Leibgarde, die zum Teil aus Deutschen, Schweden und Ungarn bestand, vgl. insgesamt zur Zusammensetzung des Hofstaats des Königs erschöpfend: L, Das Leben am Hof Sigismunds III. Bd. 1, 205–486. Inwieweit sich damit insgesamt eine weitaus höhere Zahl an Fremden am Hof ergab als etwa unter Stephan Ba´thory ist nicht zu ermessen, da Studien zum Hof Ba´thorys nicht vorliegen. Einiges weist hingegen darauf hin, dass unter Sigismund etwa der Kreis von hochrangigen Ratgebern allerdings wesentlich weniger von „Fremden“ dominiert war als etwa in der sehr kurzen Herrschaft von Henri Valois, vgl. die kursorischen Bemerkungen bei: G, S, Henryk Walezy, Wrocław 1980, 121. 390 Über die Rolle von Ursula Meyerin am Hof und als Ziel der Kritik des widerständigen Adels: C, W / L, W, Art. Urszula Meierin, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 20, Wrocław u.a. 1975, 385–386; L, Das Leben am Hof Sigismunds III. Bd. 3, 1848–1922. 391 Instrukcya z zjazdu lubelskiego do J.K.M., in: R, Liber generationis Rokosz, 244 f. 392 Ebenda, 245. 393 Ebenda, 244.
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm
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Umgebung des Monarchen von Fremden beherrscht werde, ja „durch deren (Hand) geht alles, sie sind Richter unserer Tugend, Würde und Verdienste, durch sie (erfolgen) alle Amtserhebungen, von ihnen hängen die consilia ab, die legationes publicae.“394 Das bereits etablierte Argument von den fremden Einflüssen erwies sich dabei als weitaus schlagkräftiger als die zu Beginn von den malcontents geübte Konzentration auf die Ämtervakanzen. Es bezog einerseits letztere mit ein, vermochte aber andererseits die Klagen über schlechte Berater, eine Hofkamarilla, das mangelnde Gehör des Königs und die Missachtung des Sejms zu einem schlagkräftigen Konglomerat zu bündeln. Darüber bot die Vorstellung, die respublica werde illegitim durch etwaige – nicht zuletzt habsburgisch geprägte – Ausländer beherrscht, eine willkommene argumentative Abkürzung zum Vorwurf der Tyrannis, wahlweise des dominium absolutum.395 Folgt man dem Schreiben der Lubliner Versammlung an Sigismund Wasa, waren dann alle anderen Missstände lediglich aus dieser dramatischen Usurpation des Gemeinwesens resultierende Folgen: von der umstrittenen Dmitrijade über die Tatareneinfälle und das Problem der herzoglich-preußischen Lehnsregelung bis hin zum Konfessionskonflikt.396 Wenn der König seine Pflichten nicht erfüllte, wiederholte die Lubliner Versammlung nun direkt an Sigismund gewandt, fielen die Herrschaftsrechte an den Adel zurück, die er mit der Wahl an den Monarchen abgegeben habe.397 Selbst wenn dies im Brief an den Wasa nur als Drohung formuliert worden war, zeigten doch die parallel an alle Wojewodschaften zugestellten Sendschreiben der Versammlung, dass man sich immer unverhohlener die monarchischen Prärogativen bereits aneignete. Die Versammlung von Ste˛z˙yca hatte noch ihre Schreiben an die einzelnen Relationssejmiki verschickt, die Versammlung von Lublin berief dagegen faktisch selbst den Sejmiki ähnelnde Zusammenkünfte ein. Diese lokalen Versammlungen benannte zwar das Einberufungsschreiben nicht direkt als Sejmiki, ließ aber an der strukturellen Analogie zu ihnen keinen Zweifel, forderte man doch, die lokalen Adelsgemeinschaften sollten sich, „an ihren den Sejmiki üblichen Orten zusammenzukommen geruhen.“398 Tatsächlich fielen diese Adelsversammlungen sehr unterschiedlich aus und konnten von sehr kleinen lokalen Treffen über Zusammenkünfte ganzer Wojewodschaften bis zu großregionalen Versammlungen reichen. Deren jeweilige Beratungsformen orientierten sich hingegen durchgehend an den Verfah394
Ebenda, 246. Ebenda. 396 Ebenda, 248–250. 397 Ebenda, bes. 245 f. 398 Złoz˙enie Rokoszu. Actum in castro Lublinensi Sabbato post festum SSrum Vitti et Modesti Martirum pro Anno 1606, AGAD ZBS 148/172, 202–207, 205. 395
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
ren der Sejmiki.399 Der Anspruch der Lubliner Versammlung, als Repräsentation des souveränen Adels aufzutreten, setzte sich dabei auch in weiteren Forderungen und Maßnahmen fort, die in dem Einberufungsschreiben formuliert wurden. So verlangte man, das Schreiben selbst in die Burgakten der jeweiligen Verwaltungsbezirke aufzunehmen. Dies kam der Anerkennung von dessen Legitimität und offizieller Rechtskraft gleich und stieß bei weitem nicht bei allen lokalen Adelsgemeinschaften auf Akzeptanz.400 In diesem Zusammenhang drohte die Lubliner Versammlung auch allen, die sich ihren Beschlüssen entgegenstellten, sich nicht zu dem kommenden Treffen von Sandomierz einfinden oder auch nur die Ausschreibung nicht in den Burgakten registrieren wollten, mit Sanktionen.401 Mit solcher expliziten Aneignung judikativer und exekutiver Herrschaftsrechte war gegenüber dem bisher im Mittelpunkt stehenden legislativen Anspruch ein weiterer Schritt getan. Auf extensive inhaltliche Begründungen der anstehenden Versammlung verzichtete das Schreiben weitgehend. Es wurde lediglich noch einmal knapp auf die Beherrschung des Gemeinwesens durch die „Fremden“ und die damit einhergehende Missachtung von adligen Rechten und Freiheiten eingegangen wurde.402 Im Gegensatz dazu fiel die Rechtfertigung der erneuten Zusammenkunft – diesmal sogar mit dem Vorsatz eines Bundesschlusses – umso offensiver aus. Der Sejm sei unter den derzeitigen Bedingungen dysfunktional geworden. Anstatt der Beratung über das Gemeinwesen zu dienen, habe er sich in ein Gift für dasselbe gewandelt und mache die Adelsversammlungen unabdingbar.403 Während Piotr Stabrowski in Lublin seinen Vorschlag eines Rokosz noch damit begründet hatte, dieser sei vom Recht nicht beschrieben, beschrieb man ihn nun als Teil eines bestehenden juridischen Instrumentariums. In diesem Sinne berief sich das Schreiben der Lubliner Versammlung neben einer nicht weiter spezifizierten gewohnheitsrechtlichen Tradition auf die Konföderationsschlüsse der Interregna.404 Weitaus bemerkenswerter erschien jedoch, dass man nicht allein die Anciennität von traditionellen Adelszusammenkünften zur Begründung heranzog. Vielmehr war auch die Rede von „frischen Gewohnheiten“, die als Präzedenzfälle eine erneute Versammlung legitimieren sollten.405 Diese offene Formulierung mochte dabei ebenso eine Berufung auf die Versammlungen aus dem Kontext des Inquisitionssejms wie insbesondere auf die Versammlungen von Ste˛z˙yca und Lublin selbst implizieren. Besonders letzteres wurde in der stetig wie399
M, Wojna domowa, 221. Ebenda. 401 Złoz˙enie Rokoszu. Actum in castro Lublinensi, AGAD ZBS 148/172, 203, 205. 402 Ebenda, 203 f. 403 Ebenda, 203. 404 Ebenda. 405 Ebenda. 400
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derholten Berufung auf die Autorität der zwei vorhergehenden Zusammenkünfte deutlich. Die Versammlung von Sandomierz schien im ersten Moment folglich auf eine bereits verfestigte organisationelle Struktur und ein etabliertes Verfahren zurückgreifen zu können. Augenscheinlich wurde dies zunächst durch die Festlegung des Beratungsfeldes. Hatte man noch in Ste˛z˙yca keinen gesteigerten Wert auf die räumliche Organisation legen müssen und in Lublin einen Kreis ausgewiesen, wurde auf dem Feld in der Nähe von Sandomierz nun unter Aufsicht Zebrzydowskis ein ganzer Erdwall zur Begrenzung des Beratungskreises aufgeschichtet.406 Allerdings sollte sich zeigen, dass diese basale Verfahrensfestlegung ebenso wie die grundsätzliche Gliederung des Kreises nach Wojewodschaften keineswegs eine unbestrittene Fortsetzung des Lubliner Beratungsmodus bedeutete. Hierfür erwiesen sich die ersten Tage der Versammlung von Sandomierz als entscheidend. Zwar war Mikołaj Zebrzydowski von Beginn an vor Ort präsent. Ebenso wie Janusz Radziwiłł, Janusz Ostrogski oder die anderen anwesenden Senatoren zögerte er jedoch, die Beratungen zu eröffnen.407 Auch die Vertreter der einzelnen Wojewodschaften trafen wie gewöhnlich erst nach und nach bei Sandomierz ein.408 Schon in Lublin hatte sich dabei abgezeichnet, dass einige prominente Vertreter lokaler Eliten begannen, den Ton vorzugeben. Diese Tendenz setzte sich nun fort. Das Zögern der Senatorenschaft zu Beginn der Versammlung bot dabei insbesondere dem schon anwesenden Adel der Wojewodschaft 406 Akta rokoszowe, kto´ry był złoz˙ony z zjazdu Lubelskiego roku pan´skiego 1606 na dzien´ 6 sierpnia pod Se˛ndomirzem. Koło było pod Koprzywnica˛, in: R, Liber generationis Rokosz, 38–100, 38. Es liegen zahlreiche Diarien dieser Versammlung vor (M, Wojna domowa, 260 Fn. 32.). Nachfolgend werden nur diejenigen Diarien aufgezählt, die neben dem bei Rembowski abgedruckten Text ohne Quellennachweis im vorliegenden Zusammenhang Verwendung finden: Rokosz Sendomirski na ziezdzie Lubelskim Roku Panskiego uchwalony 1606, BK rkps 317 (Materiały do panowania kro´la Zygmunta III z czaso´w 1605–1626, gło´wnie rokoszu Zebrzydowskiego 1605–1608), 142r.–204v.; Rokosz […] zjazd ludzi stanu szlacheckiego […] zgromadzony […] pod Se˛ndomirzem na 6 sierpnia 1606, BK rkps 115; Rokosz, AGAD Archiwum Radziwiłło´w dział II 69/4, 1–154(?); Rokosz pod Se˛ndomierzem, Biblioteka Czartoryskich rkps. 342 (Zbio´r listo´w, dokumento´w, diariuszo´w itp. do dziejo´w Polski 1600–1610), 213–330; Diariusz Rokoszu, ktory sie˛ odprawował w polu mie˛dzy miastem Koprzywnica˛ a wsia˛ Sosniczany dwie mili od Sandomierza, Biblioteka Raczyn´ska rkps. 18 (Materiały historyczno-literackie w odpisach dotycza˛ce rokoszu Zebrzydowskiego), 18v.–75r.; Diarium der Versammlung von Sandomierz (im Original ohne Titel), GStA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 83r.–92r. (umfasst nur die ersten zwei Wochen der Beratungen bis zum 20. August einschließlich); Ziazdu Lubelskiego pro die 4. Junii Zgromadzonego Terminatia, BJ rkps 102, 68–73. 407 Rokosz Sendomirski, BK rkps 317, 145r. 408 Beispielsweise die Abordnungen von Kiew und Wolhynien trafen am 13. August ein, die Krakauer Wojewodschaft erst am 14. August: Diarium von Sandomierz, GStA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 83v.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Sandomierz die Möglichkeit, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen. Während Zebrzydowski darauf beharrte, das Eintreffen der großpolnischen Abordnungen abzuwarten, die sich verspäten sollten, insistierten die Wortführer des lokalen Adels von Sandomierz auf einem möglichst schnellen Beginn der Beratungen.409 Wohl auf Initiative Jakub Sienien´skis und Prokop Pe˛kosławskis hin begannen die anwesenden Wojewodschaftsvertreter am 10. August, dem fünften Tag nach der offiziellen Einberufung der Versammlung, die Konsultationen zu eröffnen. Dazu hatte sich „allein die Ritterschaft, der das senatorische Zögern verdächtig war, in magna frequentia“ im Beratungskreis eingefunden.410 Pe˛kosławski, der noch bei der Wahl zum Landbotenmarschall auf dem Sejm desselben Jahres durchgefallen war, positionierte sich nun mit einer großen programmatischen Stellungnahme. Er ließ es hier nicht an einer Deutlichkeit fehlen, die in ihrer Schärfe die Eröffnungsstellungnahmen der vorherigen Versammlungen übertraf. Hauptargument der Rede waren jetzt weder die Ämtervakanzen noch die Fremden am Hof: Ungeschminktes Ziel der Attacke war allein der Monarch.411 Sigismund III. sei es, der selbst beständig ein crimen laesae maiestatis verübe.412 In seinem Streben nach einer Tyrannis verging sich der Wasa für Pe˛kosławski gewissermaßen am abstrakten Körper des Königs. Schutz für seinen Adel, Gehör für seine Untertanen auf Sejm und Sejmiki, dies leiste ein wahrer Monarch. Sigismund dagegen fördere Faktionen, Selbstsucht und Gewalt unter dem Adel, züchte eine hochadlige Oligarchie heran, die mit guten Magistraten nichts gemein hätte.413 Kurzum, für den Redner zerstörte er gezielt das Vertrauen im Gemeinwesen, um besser über alle nach Gutdünken, losgelöst von jeglichem Recht, mit Unterstützung einer kleinen Hofkamarilla herrschen zu können. Obendrein wusste Pe˛kosławski einen der Drahtzieher dieser Bande des Bösen zu identifizieren – den Kronmarschall Zygmunt Myszkowski.414 Die eindeutige Positionierung Prokop Pe˛kosławskis gegen König Sigismund III. wurde bei weitem nicht von allen in Sandomierz Anwesenden geteilt. In dieser Hinsicht war die Versammlung zum Opfer ihres eigenen Erfolges geworden. Die reichsweit verbreiteten Einberufungsschreiben hat-
409 Rokosz Sendomirski, BK rkps 317, 144r.–144v.; zur Verlaufsgeschichte zumindest der Anfangsphase der Beratungen ausführlich: M, Wojna domowa, 258–294. 410 Rokosz Sendomirski, BK rkps 317, 145r. 411 Diese Rede Pe˛kosławskis fand später als Teil einer umfangreicheren Textkonstruktion Eingang in die zeitgenössisch kursierende Publizistik und liegt damit in zahlreichen Abschriften vor. Hier zitiert nach der von Czubek edierten Fassung: Absolutum dominium quid sit?, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2: Proza, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 409–413. 412 Absolutum dominium quid sit?, 411. 413 Ebenda, 410. 414 Ebenda, 411.
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm
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ten in den einzelnen lokalen Adelsgemeinschaften zwar durchweg ein lebhaftes Echo gefunden. Positiv war dieses jedoch nicht immer. Mithin rief der Plan eines beschworenen Bundesschlusses Friktionen hervor, die dazu führten, dass weder alle Wojewodschaften beziehungsweise deren administrative Untereinheiten, die Kreise, vertreten waren noch sich die in Sandomierz präsenten lokalen Adelsvertreter immer auf eine klare Meinungsbildung innerhalb ihrer Gruppen verständigen konnten. So lagen beispielsweise nicht nur die Kredensschreiben für die großpolnischen Adelsvertreter von Posen, Sieradz und Łe˛czyca vor, sondern zugleich jeweils die Protestationen derjenigen, die mit den dem Rokosz zustimmenden Beschlüssen nicht einverstanden waren.415 Im Zuge der Beratungen kam es auch darüber hinaus immer wieder zu Wortmeldungen, die den Rokosz ablehnten.416 Ähnliches galt für die anwesende Senatorenschaft. Anders noch als in Lublin oder Ste˛z˙yca hatten sich nun insgesamt dreizehn Senatoren eingefunden, denen jedoch nicht unterstellt werden konnte, sich uneingeschränkt für den irreversiblen Schritt einer Schwurgemeinschaft einzusetzen.417 Schon in dieser Hinsicht produzierte der Diskussionsverlauf eine kaum vermeid- wie übersehbare Kakophonie. Katalysiert wurde dies darüber hinaus dadurch, dass sich die traditionellen Hierarchien in der Redeordnung streckenweise auflösten, wozu bereits die Absenz der Senatoren in der Anfangsphase der Zusammenkunft beigetragen haben mochte. Zahlreiche Teilnehmer kommentierten immer wieder einzelne Punkte der laufenden Beratungen „von ihren privaten Plätzen aus, jeder pro suo genio“.418 Entsprechend sah sich der auch in Sandomierz zum Versammlungsleiter bestimmte Janusz Radziwiłł gezwungen, eine Konzentration auf die eigentlichen Diskussionsgegenstände anzumahnen.419 Um angesichts der versammelten Menge und deren heterogener Zusammensetzung überhaupt zustimmungsfähige Vorlagen erarbeiten zu können, bestimmte man von Anfang an Deputierte, die in Kommissionen zu einzelnen Themen zusammentraten.420 Am extensiven Charakter der Debatten im Beratungskreis änderte dies hingegen nichts. Mithin drängt sich der Eindruck auf, dass Redeordnung und Verfahren nicht zuletzt vom Bundesschluss selbst beeinflusst waren. Waren alle durch eine Eidesleistung als Bundesgenossen gleich, so mussten sie zumindest theore-
415
Rokosz Sendomirski, BK rkps 317, 152v.–154r., 154r.–157r, 165r.–166r. Dies betraf etwa die Wojewodschaften Płock (Akta rokoszowe, 39 f.), Ruthenien (ebenda, 45) oder Podlachien (ebenda, 52). 417 Akta rokoszowe, hier etwa die zurückhaltenden Voten Aleksander Koniecpolskis (50), Szcze˛sny Słupeckis (50), Mikołaj Dohorostajskis (51); Sebastian Lubomirskis (55) oder sogar Mikołaj Spytek Lige˛zas (55). 418 Rokosz Sendomirski, BK rkps 317, 173r. 419 Akta rokoszowe, 64. 420 Ebenda, 38. 416
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
tisch auch gleiches Rederecht besitzen. Allgemein führte die durch die Konföderation theoretisch hergestellte Gleichheit der Bundesgenossen deutlicher als zuvor zu einer Verfahrensunsicherheit. Entsprechend legte Janusz Radziwiłł der Versammlung zahlreiche Verfahrensschritte zur Abstimmung vor,421 was unter anderem auch deutliche Auswirkungen auf die inneradlige Rangordnung zeitigte. Dabei erwies sich der Umgang mit adligen Hierarchien und der traditionellen Rangordnung des Gemeinwesens als äußerst ambivalent. Von einer generellen Ablehnung oder Nivellierung adliger Rangfolgen konnte allerdings nicht die Rede sein.422 Trotz aller ostentativen Abstimmungsfreiheit über das Verfahren versuchte der Versammlungsmarschall in diesem Sinne jegliche Angriffe auf das hierarchische Redevorrecht der Senatorenschaft zu verhindern.423 Entsprechend fand die Forderung, die Beratungen ohne die Senatoren vorzunehmen, kein Gehör.424 Auch im weiteren Verlauf der Versammlung wurde immer wieder deren aktive Beteiligung und Einbindung angemahnt. Es sei notwendig, erinnerte etwa Piotr Łaszcz, der sich als einer der führenden Vertreter der großpolnischen malcontents etabliert hatte, „dass wir die Großen nicht von uns stoßen.“425 Łaszcz spielte auf ein Vorkommnis an, das sich am 16. August ereignet hatte und ein bezeichnendes Licht auf das Problem des Bundesschlusses an sich warf sowie erhebliche Auswirkungen auf den Versammlungshergang haben sollte. Bei diesem Zwischenfall handelte es sich um eine gewalttätige Auseinandersetzung, die sich wohl zwischen einem Heiducken von Fürst Janusz Ostroro´g und einem nicht eindeutig identifizierbaren Streitpartner entwickelt hatte. Gehen manche Diarien von dem Diener eines Adligen aus,426 sprechen andere von einem nicht genannten Adligen selbst.427 Entscheidender war in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Heiduck Ostrogskis nach einer Rangelei wohl zu seiner Schusswaffe griff. Die Tätlichkeiten spielten sich dabei unmittelbar im Beratungskreis ab, kurz bevor die Senatoren zu ihren ersten Voten in Sandomierz ansetzen wollten. Als daraufhin Rufe aus der Menge erschollen, die Senatoren wollten mit Gewalt gegen die Versammlung vorgehen,428 erhob sich ein allgemeines Handgemenge, aus
421
Ebenda, 39, 41, 45, 45 f., 52 f., 58, 69, 73, 75, 77, 95. So jedoch die sehr einseitige und geschichtspolitisch engagierte Interpretation bei Maciszewski, der die Partizipation der Senatoren lediglich für einen strategischen Fehler innerhalb einer „adelsdemokratischen“ Grundausrichtung des Rokosz hielt: M, Wojna domowa, 261. 423 Akta rokoszowe, 41. 424 Ebenda. 425 Ebenda, 57. 426 Akta rokoszowe, 45. 427 Diarium von Sandomierz, GStA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 84v. 428 Rokosz Sendomirski, BK rkps 317, 170v. 422
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm
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dem die anwesenden Senatoren nur knapp Hals über Kopf flüchten konnten.429 In der Folge weigerten sie sich zunächst beharrlich, noch einmal persönlich im Kreis zu erscheinen und ließen ihre Stellungnahmen teilweise durch Boten verlesen.430 Schon ein zeitgenössischer Beobachter äußerte dabei erhebliche Zweifel, dass es sich bei der gewaltsam erzwungenen Flucht der Senatoren um eine primär gegen sie gerichtete Aktion gehandelt habe. Vielmehr sei die allgemeine Verwirrung gezielt angestiftet worden, um die Stellungnahme der ruthenischen Wojewodschaften zu unterbrechen, während deren Verlesung der Aufruhr begonnen hatte. Die ruthenischen Repräsentanten hatten sich nämlich gegen den Rokosz ausgesprochen, was mit Hilfe der allgemeinen Verwirrung dissimuliert werden konnte.431 Nichtsdestoweniger deutete der Zwischenfall auf ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber den hochadligen Senatseliten hin. Hatte der Krakauer Kastellan auf die Anwesenheit seiner Truppen nicht verzichten wollen, schien dies vor allem als ein beredetes Zeichen dafür, dass er sich den Regeln der Versammlung zu unterwerfen nicht bereit war. Anders noch als in Lublin hatte die Sicherheit der Versammlung in Sandomierz keine längeren Verfahrensdiskussionen ausgelöst. Vielmehr waren die Sicherheitsregelungen gleich zu Beginn von einer Deputiertenabordnung ausgearbeitet und verlesen worden noch bevor man zur Verabschiedung des Bundesschlusses schritt.432 Sie sahen die Einrichtung eines eigenen Gerichts unter Vorsitz des Marschalls mit Urteils- und Strafgewalt vor, das jegliche Verstöße gegen den Versammlungsfrieden, darunter auch die Anwesenheit von Truppen, ahnden sollte.433 Im Gegensatz zur Lubliner Zusammenkunft verzichtete man in Sandomierz darauf, diese Ordnung durch Unterschriften bestätigen zu lassen. Ihre offensichtliche Missachtung durch Ostrogski hingegen ließ das Misstrauen vieler der Versammelten gegenüber der massierten Militärmacht einiger der anwesenden Senatoren wachsen und schien bereits eine Signalwirkung für deren mangelnde Bereitschaft zu besitzen, dem Bundesschluss beizutreten. Tatsächlich sollten sich schlussendlich die meisten senatorischen Würdenträger in Sandomierz gegen eine Unterzeichnung der Bundesakte aussprechen. In ihrer Begründung äußerten diese Senatoren an erster Stelle ihr Bedauern über den Verdacht, dass die Anwesenheit ihrer Truppen der Unterdrückung oder Sprengung der Versammlung von Sandomierz dienen würde.434 Dass sie den Bun429
Ebenda, 170v.–171r.; Akta rokoszowe, 45. Akta rokoszowe, 49. 431 Rokosz Sendomirski, BK rkps 317, 170v. 432 Diarium von Sandomierz, GStA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 83v.; Akta rokoszowe, 430
39. 433
Articuły na Rokoszu pod Sendomierzem dobrowolnie przes wszytkie uchwalone, AGAD ZBS 148/172, 216–217. 434 Nikto´rzy PP. Senatorowie ukazuia˛ z˙e na Confederatia˛ Rokoszowa˛ podpisac´ sie nie moga˛, AGAD ZBS 148/172, 230–231.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
desschluss nicht unterschreiben könnten, liege jedoch nicht hierin, sondern in der Tatsache begründet, bereits ihren Amtseid „nicht nur Seiner Königlichen Majestät selbst, sondern der ganzen Respublica“ geleistet zu haben, weshalb ein erneuter Schwur nicht notwendig sei.435 Damit folgt die Erklärung dem schon von Janusz Ostrogski in Lublin erprobten Argumentationsmuster, mit dem er sich geweigert hatte, die Sicherheitsregelungen der Versammlung zu signieren. Die Unterzeichnung der Konföderations- oder Bundesakte des Rokosz als Zeichen der Eidesleistung erwies sich als kompliziert und zog sich parallel zu den gesamten Verhandlungen in Sandomierz hin. Folgt man der einzig erhaltenen Kopie des Aktes aus dem Besitz Janusz Radziwiłłs, die Unterschriften aufführt, soll es sich am Ende um ungefähr 10.000 Unterzeichner gehandelt haben, was jedoch keine Aussage über die Zahl der Versammlungsteilnehmer oder der Unterzeichner auf der Versammlung selbst erlaubt.436 Unter den Bundesgenossen fanden sich jedenfalls mit Mikołaj Zebrzydowski, Zygmunt Grudzin´ski, dem Wojewoden von Rawa, Szcze˛sny Słupecki, dem Kastellan von Z˙arno´w, Piotr Stabrowski und dem Kastellan von Krzywin´, Stanisław Gostyn´ski, nur fünf Senatoren. Bezeichnenderweise handelte es sich dabei mit den Kastellanen um rangniedrige Mitglieder des Senats, von denen Szcze˛sny Słupecki und Stanisław Gostyn´ski zu den neuralgischen Wojewodschaften von Sandomierz beziehungsweise Posen gehörten.437 Die Beteiligung der hierarchisch weniger bedeutenden Mitglieder des Senats am Rokosz ließ dabei eine weitere Konfliktlinie innerhalb der senatorischen Eliten aufscheinen. In diesem Sinne rechtfertige auch Mikołaj Spytek Lige˛za, Spross eines der etablierten kleinpolnischen Adelshäuser und Kastellan von Czecho´w, seine Beteiligung. Die hochrangigen Senatoren, die die eigentlichen zentralen Reichseliten darstellten, übergingen die mindermächtigen Senatsmitglieder, da „sie uns geringere Senatoren ad Consilia nicht berücksichtigen.“438 Daneben fanden sich an der Seite des einfachen Adels die Unterschriften der bekannten Wortführer der klein- und großpolnischen Lokaleliten. In diesem Zusammenhang erscheint jedoch besonders die Unordnung der Unterschriften bemerkenswert, die im Gegensatz zum sonstigen Verhandlungsgeschehen anscheinend gezielt nicht nach Wojewodschaften
435
Ebenda, 230. Jarema Maciszewski hat auf der Grundlage der Analyse von knappen 10 Prozent der Unterschriften feststellen können, das zu großen Teilen für weitere Familienmitglieder oder andere Abwesende unterzeichnet wurde: M, Wojna domowa, 264. 437 P, J Z., Dzieje podziało´w administracyjnych a granice s´wie˛tokrzyskiego, in: Jacek Wijaczka (Hg.), Region s´wie˛tokrzyski. Mit czy rzeczywistos´c´, Kielce 2001, 49–72, 54 f.; B, M, Staroz˙ytna Polska pod wzgle˛dem historycznym, geograficznym i statystycznym, Warszawa 1885, 89. 438 Rokosz, AGAD AR dz. II 69/4, 42. 436
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm
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geordnet waren. Solches Vorgehen konnte zum einen mit dem Anspruch eines Gesamtvertretungsanspruches für den Adel korrespondieren, zum anderen vermochte man auf diese Weise auch die Spannungen innerhalb der einzelnen lokalen und regionalen Adelsgemeinschaften zu dissimulieren.439 Die Bundesakte des Rokosz selbst zeichnete sich in hohem Maße durch einen Mangel jeglicher Spezifizierung aus. Die Unterzeichner verpflichteten sich gegenseitig „mit adligen Worten unter Ehre, Glaube und Eidesleitung vor dem Herrgott“ die adligen Freiheiten und Rechte zu schützen.440 Seine Legitimität begründete dieser Rokosz dabei explizit mit der Berufung auf die Konföderationen des Interregnums von 1574 nach der Flucht von Heinrich Valois und der Konföderation von Radomsko im Interregnum nach dem Tod Ludwigs von Anjou im Jahr 1382, die auch schon 1573 nach dem Ende der Jagiellonen-Dynastie als Bezugspunkt zur Konföderationsbildung gedient hatte.441 In erster Linie wurde die Konföderation von 1606 dabei als Verteidigungs- und Offensivbund definiert. Sie richtete sich folglich gegen jeden, der gegen die adligen Rechte und Freiheiten „vorgeht und sie uns vergewaltigt und gegen denjenigen, der dem Vorschub leistet oder uns diese Unternehmung, dieses Vorhaben zerschlagen wollte“.442 Die Offenheit dieser Formulierung ließ ein gerüttelt Maß an Interpretationsfreiheit. So konnte man, wenn man wollte, unter den Feinden der adligen Rechte und Freiheiten problemlos alle schlechten Berater, Hofcliquen und etwaige Fremde subsumieren. Ein größeres Problem hingegen stellte die Person des Königs dar. Auch er konnte der Bundesakte zufolge zweifelsohne zu den Reihen der Gegner gezählt werden, insbesondere wenn man die Bezugnahmen auf die Interregna als Legitimation der Konföderation berücksichtigte. Schließlich implizierte die Anknüpfung an die Schwurgemeinschaften königsloser Zeiten doch eine Übernahme aller Souveränität durch den Adel und stellte demnach jegliche Herrschaftsakte des Monarchen in Frage. Gerade an diesem Punkt aber schieden sich die Geister. Es waren nicht allein die in Sandomierz anwesenden Senatoren, die im Rokosz keine faktische Aufkündigung des Gehorsams und die Absetzung Sigismunds sehen wollten. Mehrfach wurden Forderungen auch aus den einzelnen Wojewodschaften laut, die dignitas des Monarchen dürfe nicht verletzt werden.443 Selbst Janusz Radziwiłł befleißigte sich in diesem Kontext einer vorsichtigen Gangart, wenn er betonte, der König habe
439
M, Wojna domowa, 264 f. Confederacia pod Sendomierzem, AGAD ZBS 148/172, 215–216, 215. 441 U, W, Historia pan´stwa i prawa polskiego. Tom 1: 966–1795, Warszawa 2010, 229. 442 Confederacia pod Sendomierzem, AGAD ZBS 148/172, 215. 443 Vgl. beispielsweise die Wortmeldungen aus den Wojewodschaften Inowrocław und Łe˛czyca: Akta rokoszowe, 65. 440
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
selbstverständlich das Recht, weiterhin herrscherliche Sendbriefe zu verschicken, so lange sie sich nicht gegen den Rokosz selbst richteten.444 Die Auseinandersetzungen um den Umgang mit dem Monarchen entspannen sich allerdings nicht an der Bundesakte selbst. Vielmehr wurden sie im Zuge von Verfahrenskonflikten ausgetragen, die ihrerseits den Großteil des Versammlungsgeschehens bestimmten und die Definition des Rokosz berührten. Auf der Tagesordnung der Versammlung stand neben der Unterzeichnung der Konföderation das Bemühen, die Unterstützung des Quartheeres zu gewinnen und eine Antwort Sigismunds auf die bereits in Lublin formulierten Beschwerden zu erhalten. Während die malcontents ihre Ausschreibung zur Versammlung von Sandomierz verschickt hatten, war auch der König keineswegs untätig geblieben und hatte seinerseits eine parallele Zusammenkunft des gesamten Adels und Senats im nahe gelegenen Wis´lica einberufen. Zu weiten Teilen wurden die Beratungen in Sandomierz mithin durch die Frage der Kommunikation mit dieser monarchischen Gegenversammlung bestimmt. Zunächst hatte man sich mit der Antwort der Kommission, die von der Lubliner Versammlung zum König entsandt worden war, unzufrieden gezeigt. Insbesondere mussten die in Sandomierz versammelten malcontents konstatieren, dass Sigismund III. nicht im Sinn hatte, ihrer Forderung nachzukommen, sich persönlich zum Rokosz zu begeben und vor diesem Forum zu rechtfertigen.445 Stattdessen entsandte der Monarch eine Abordnung unter der Leitung des Unterkanzlers Piotr Tylicki, die seine Position und diejenige der Senatoren an seiner Seite explizieren sollte.446 Kaum erstaunlich wies der Gesandtschaftstext jegliche Unterdrückung adliger Rechte und einen etwaigen schlechten Willen des Königs gegenüber seinen Untertanen entschieden zurück. Vielmehr betonte er dessen väterliche Fürsorge für seinen Adel und rief dazu auf, gegenseitiges Einvernehmen zwischen ihm und den Untertanen „in voller Einigkeit, Liebe und Vertrauen“ herzustellen, ohne die ein Gemeinwesen nicht existieren könne.447 Seine Legitimität wollte sich Sigismund durch den Rokosz jedenfalls nicht nehmen lassen. Ausführlich begründete das Schreiben an die Versammlung von Sandomierz die Herrschaftsberechtigung des Wasas nicht nur aus seiner Wahl, sondern präsentierte ihn vor allem als direkten Spross des von Gott geheiligten Jagiellonenhauses.448 Auch wenn darüber hinaus die Adelsversammlungen nicht explizit verurteilt wurden, bestand der Monarch doch auf dem Sejm
444
Ebenda, 57. Akta rokoszowe, 38–41. 446 Poselstwo K.J.M. na Rokosz, AGAD ZBS 148/172, 219–224. 447 Ebenda, 222, 224. 448 Ebenda, 220 f. 445
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als dem eigentlichen und einzigen Ort politischer Beratung. Dennoch bot er der Zusammenkunft von Sandomierz Verhandlungen mit der von ihm entsandten Kommission an.449 Auf dieses Angebot schienen die meisten der Versammlungsteilnehmer eingehen zu wollen, zumindest setzte sich ein Großteil der Redner in der Aussprache über die königliche Legation für Kommissionsverhandlungen ein. Die Debatte über die Einberufung einer bilateralen Kommission geriet dabei den – lediglich schriftlich eingereichten – Senatorenvoten zum Anlass, zur Grundausrichtung des Rokosz knapp Stellung zu nehmen. Mehrheitlich plädierte man dafür, eine Verbesserung der Rechte zu unterstützen und dazu Kommissionsverhandlungen anzustrengen. Ansonsten fielen die Stellungnahmen aller Senatoren bis auf Zebrzydowski selbst äußerst zurückhaltend aus. Einige unter ihnen wie der Wojewode von Rawa, Zygmunt Grudzin´ski, der späterhin zu den führenden Köpfen des Rokosz zählen sollte, schlossen dabei ausdrücklich eine Absetzung des Monarchen aus.450 Mit diesen in der Summe dezenten Wortmeldungen kontrastierte der schon zuvor von Marcin Broniewski und Piotr Łaszcz im Namen des Posener Adels gemachte Vorschlag, dem sich auch die Wojewodschaft Krakau anschloss. Posener und Krakauer plädierten dafür, dem König ein Ultimatum zu setzen. Angesichts dessen, dass man noch immer kein Gehör bei ihm gefunden habe, müsse sich der Monarch innerhalb weniger Tage beim Rokosz einfinden und auf die ihm gemachten Vorwürfe reagieren. Ansonsten müsse man ihm den Gehorsam aufkündigen.451 Wie zu erwarten, stellte sich aber auch diesmal Sigismund III. nicht persönlich ein. Er entsandte dagegen kurz hintereinander zwei Abordnungen, über die er der Versammlung von Sandomierz das Angebot machte, sich doch viel eher der Zusammenkunft in Wis´lica anzuschließen und dort gemeinsam zu beraten.452 Mit diesem Schachzug setzte er den Rokosz unter Zugzwang. Den Gehorsam wollte jedoch sichtlich kaum einer der Beteiligten dem Monarchen tatsächlich aufkündigen. Auch ein Jakub Sienien´ski, der sich durch keine größere Zurückhaltung ausgezeichnet hatte, schien diesem Schritt ausweichen zu wollen. So fühlte auch er sich in der Debatte wiederholt bemüßigt zu betonen, dass man die „dignitas Seiner Königlichen Hoheit“ schützen wolle.453 Am Ende stellten sich zunehmend Irritationen ein. Es wurden immer wieder Stimmen laut, die sich über die mangelnden greifbaren Ergebnisse des Rokosz beschwerten. Auch hier würde man nur Worte wechseln, aber nichts 449
Ebenda, 223. Vgl. die Mitschriften der Senatorenvoten in: Rokosz, AGAD AR dz. II 69/4, 32–44, das Votum Grudzin´skis hier 36. 451 Akta rokoszowe, 46 f. 452 Ebenda, 69. 453 Ebenda, 75, 76. 450
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Konkretes geschehe.454 Schließlich einigte man sich auf die erneute Formulierung von Beschwerdeartikeln, die wiederum durch eine Abordnung dem König vorgetragen werden sollten. Erneut unterstrich man die befriedigende Behandlung dieser Gravamina mit der Drohung, ansonsten den Gehorsam aufzukündigen – „und wenn er ihnen Genüge zu tun geruhe, wird der Herr unser Herr bleiben.“455 Ergebnislos war die Versammlung von Sandomierz nur deswegen beileibe nicht. Zunächst hatte die relativ lose Versammlungstätigkeit durch den Bundesschluss einen verbindlicheren Rahmen erhalten. Weiterhin hatte man sich nicht nur bei der Versammlungsausschreibung bereits immer mehr Prärogativrechte des Monarchen faktisch angeeignet, sondern setzte dies auch im Verlauf der Beratungen fort. So installierte man nun – anders noch als in Lublin – unhinterfragt Gerichts- und Strafgewalt im Versammlungsrahmen. Darüber hinaus aber fielen vor allem Beschlüsse, die den Anspruch der Versammlung als eigentlicher Vertretung des Gemeinwesens durch den Ausbau von Parallelstrukturen untermauerten. Dazu gehörte erneut die Erhebung von Steuern zur Finanzierung der militärischen Abdeckung des Rokosz456 und die Wahl eines Oberbefehlshabers. Als solcher Hetman wurde in Sandomierz Mikołaj Zebrzydowski eingesetzt.457 Diese zunehmende Etablierung eines militärischen Apparats zeugte zum einen von der ostentativen Autonomisierung des Bundes von der monarchischen Exekutivgewalt. Zum anderen war man sich der sehr praktischen Gefahr eines königlichen Militärschlages bewusst.458 Das letztlich vergebliche Werben des Rokosz um die Unterstützung der Kronarmee hatte die Notwendigkeit eigener Rüstungen noch einmal deutlich gemacht.459 Bei aller Verteidigungsbereitschaft offenbarten die Rüstungsanstrengungen jedoch auch eine gewisse Aporie. Die „ultima remedia“ eines bewaffneten Austrags wollten die allermeisten RokoszAnhänger in expliziten Stellungnahmen umgehen.460 Solche Ablehnung stand im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Zögern, dem Monarchen den 454
Ebenda, 74 f., 86. Ebenda, 77. 456 Ziazdu Lubelskiego Terminatia, BJ rkps 102, 73. 457 M, Wojna domowa, 286. 458 Die Rüstungen auf beiden Seiten schienen von der gegenseitigen Furcht bestimmt, der Konflikt könnte in bewaffnete Auseinandersetzungen umschlagen. So berichtete ein Agent Vincenzo I. Gonzaga im August aus dem königlichen Lager: „Il Re […] ha` voluto partire in maniera armato e con tanto apparecchio di guerra, che quando quella Nobilta` sollevata li volesse par qualche dispiacere, non possa.“ (Relation an Vicenzo I. Gonzaga, Krakau, 12. August 1606, ASM AG busta 559, 356r.–357r., 356r. 459 Zusammenfassend G, R F., Guzo´w 5 VII 1607, Zabrze 2005, 16 f. 460 Selbst die intensiven Klagen über physische Gewalt gegen die Anhänger des Rokosz provozierten in diesem Sinne lediglich die Forderung nach effektiveren Beratungen über die Gravamina und deren Behandlung durch den Monarchen: Akta rokoszowe, 73 f. 455
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm
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Gehorsam aufzukündigen. Denn letzteres hätte unweigerlich den kriegerischen Konflikt nach sich gezogen. Mikołaj Zebrzydowski hatte mit seiner letzten Wortmeldung in Sandomierz verdeutlicht, in welche Richtung er den Rokosz zu lenken gedachte, mahnte er doch an, „dass die Autorität dieses Rokosz auch unter einem Sejm erhalten bleibe.“461 Auch wenn die hiermit angedeutete Perspektive einer Rückkehr oder zumindest einer zukünftigen Rückbindung an die etablierten Institutionen des Gemeinwesens keinen Enthusiasmus hervorrief – ohne die Approbation der führenden hochadligen Senatoren auf der Versammlung schien niemand darüber hinausgehende Schritte durchsetzen zu wollen. Die Zurückhaltung der hochadligen Teilnehmer bei gleichzeitiger reichsweiter Ausweitung des Rokosz hatte allerdings die Wortführer einzelner Wojewodschaften folgerichtig zu entscheidenden Katalysatoren werden lassen. Dies änderte hingegen nichts an der Tatsache, dass diese Gruppe zwar den jeweiligen lokalen Adel mobilisieren konnte. Allerdings verfügte sie weder über die genügenden Mittel noch offensichtlich über ausreichende Autorität, um den Rokosz als ganzen allein tragen zu können beziehungsweise zu wollen. Bei allen Konflikten in Sandomierz, blieb der Rokosz damit eine zutiefst hierarchisch geprägte Veranstaltung. Dabei wurden keineswegs die inneradligen Rangordnungen selbst grundlegend in Frage gestellt wie Jarema Maciszewski dies in seinen Analysen des Rokosz in den Mittelpunkt gerückt hatte. Auseinandersetzungen um die anwesenden Senatoren bezweifelten nämlich selbst unter den Bedingungen eines Bundesschlusses unter Gleichen nicht deren hervorragende Stellung. Vielmehr wurde in vereinzelten Vorstößen die senatorische Beteiligung am Rokosz überhaupt kritisiert – was viel eher eine Bestätigung der eklatanten Rangunterscheide bedeutete als deren Nivellierung. Neben den Senatoren bestimmten Persönlichkeiten wie Stanisław Stadnicki, Piotr Gorajski, Piotr Łaszcz, Marcin Broniewski, Jakub Sienien´ski oder Prokop Pe˛kosławski den Beratungsverlauf, die zur Spitzengruppe der Sejmikeliten zählten. Sie und ihre Häuser waren jeweils in der gleichen hierarchischen Gruppe wie die niederrangigen Kastellane zu verorten.462 Neben den beiden Katholiken Piotr Łaszcz und Prokop Pe˛kosławski handelte es sich mit dem Böhmischen Bruder Marcin Broniewski, über den Reformierten Stanisław Stadnicki bis hin zum prominenten Arianer Jakub Sienien´ski, dem Gründer der Akademie von Rako´w, um drei Vertreter evangelischer Bekenntnisse. Im Fall der evangelischen Adligen mag deren Beteiligung am Rokosz in erheblichem Maß durch konfessionelle Motivationen bestimmt worden sein. Eine deutliche Manifestation fand die Konfessions461
Ebenda, 80. Zusammenfassend zu den Niederen Kastellanen: K, S, Kasztelanowie z˙arnowscy w XVII wieku. Analiza poro´wnawcza kasztelano´w z˙arnowskich na tle wybranych kasztelanii mniejszych, in: Rocznik S´wie˛tokrzyski. Seria A 27 (2002), 5–22, 13–16. 462
482
4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
frage dennoch auch in Sandomierz nicht. Auch hier wurde selbstverständlich die Einhaltung der Warschauer Konföderation in die Beschwerdeartikel aufgenommen.463 Ansonsten jedoch wurde selbst für den lautstarken Stadnicki die Konfessionsfrage zu keinem expliziten Klagepunkt. Konfession war mithin ein Beweggrund des Protestes, aber kein entscheidendes Argument. Hierbei spielte sicherlich das grundlegende Phänomen eine Rolle, dass adliger Widerstand zeitgenössisch nur beschränkt durch ausdrücklich konfessionelle Begründungsmuster getragen war.464 Wie delikat darüber hinaus eine konfessionelle Aufladung des Rokosz aber gewesen wäre, darauf lassen übrigens gelegentliche religiöse Spannungen während der Beratungen in Sandomierz schließen. Sie beschränkten sich nicht auf das Verhältnis von Katholiken und Evangelischen allein, sondern ließen auch Konfliktlinien etwa zwischen Reformierten und Arianern aufscheinen.465 Der Weg von Ste˛z˙yca über Lublin nach Sandomierz war von einer stetig wachsenden Verfestigung der organisatorischen Strukturen und einem gleichzeitigen mengenmäßigen Wachstum der Versammlungen gekennzeichnet. Der Institutionalisierungsprozess des widerständigen Handelns lässt sich dabei mit Händen greifen.466 Hierzu gehörten einerseits die immer deutlichere Aneignung von Herrschaftskompetenzen des Monarchen und des Sejms, die von der Einberufung lokaler Adelsversammlungen und der Steuererhebung über die Einrichtung militärischer Ämter und Befehlsstrukturen bis hin zur Gerichtsgewalt reichte. Letztere gehörte zu einem weiteren Komplex von Maßnahmen, mit denen der Handlungsraum der Versammlungen immer stärker definiert wurde, was sich nicht nur in einer zunehmenden Etablierung von Verfahrensregeln zeigte. Grundlage hierfür war zunächst die Annahme, im Namen des gesamten Adels und damit des Gemeinwesens an sich zu sprechen. Daraus abgeleitet suchte man zumindest theoretisch, alle Glieder des Gemeinwesens – den Monarchen wie den Adel – auf die eigenen Vorstellungen und Handlungsrichtlinien festzulegen. Dies manifestierte sich in der Bundesakte, die sich in erster Linie gegen alle Feinde des Zusammenschlusses richtete. Deutlich wurde solche Verfestigung von Strukturen aber auch in Vorstößen auf der Versammlung von Sandomierz, die eine kollektive Bestrafung all derjenigen Adligen forderten, die sich dem Rokosz nicht anschließen wollten.467 Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang, dass man sich nicht allein auf historische und juridische Vorbilder für eigenmäch463
Articuły na Rokosu pod Sendomierzem uchwalony w Wis´licy czytane 13 Septembris, AGAD ZBS 148/172, 281–299, 293 f. 464 Vgl. Kap. 2.4, S. 268. 465 Akta rokoszowe, 89. 466 Vgl. die Überlegungen zur Institutionentheorie in der Einleitung zu Kap. 2, S. 196–199. 467 Akta rokoszowe, 40, 53.
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tige Adelszusammenkünfte und Bundesschlüsse bezog. Den Versammlungen der ersten Jahreshälfte von 1606 wurde vielmehr eine ihnen selbst inhärente Autorität zugemessen, die bereits einen Gutteil ihrer Legitimierung ausmachte. In diesem Sinne hatte seit Lublin die immer wieder bemühte Ableitung einer neuen Versammlung aus den vorhergehenden institutionelle Strukturen geschaffen. Über deren Neuheit waren sich die Beteiligen im Klaren, was deren normativen Geltungsanspruch jedoch keinerlei Abbruch tat. Während sich in Ste˛z˙yca noch eine kleine Gruppe von malcontents aus wenigen Regionen zusammengefunden hatte, vermochte die Lubliner Versammlung mit dem Versuch, reichsweit möglichst alle Wojewodschaften einzubeziehen, die Weichen bis zur Versammlung von Sandomierz zu stellen. Wie schon in Lublin waren jedoch auch hier die Litauer kaum präsent, und die neben der Senatorenschaft tonangebenden Adelsvertreter stammten wie zu Beginn aus den Wojewodschaften Posen und Kalisch sowie Krakau und Sandomierz. Der Erfolg, in Sandomierz zu einem erheblichen Umfang den Adel der Krone versammelt zu haben, hatte wiederum seinen Preis. Noch die ersten beiden Adelsversammlungen vereinten im Wesentlichen diejenigen, die den Postulaten der malcontents zustimmten oder ihnen freundlich gesinnt waren. In Sandomierz hatte man es dagegen auch mit Teilnehmern zu tun, die zwar ihre Position gegenüber dem Rokosz darlegen wollten, sich ihm aber nicht fraglos anschlossen. Als den Versammlungsteilnehmern in Sandomierz der Schwur abverlangt wurde, hoffte man, damit auch die Spreu vom Weizen trennen zu können.468 Zu diesem Zeitpunkt musste allerdings noch relativ unklar bleiben, welche Implikationen der Bundesschluss tatsächlich besaß. Die Rüstungen und der Aufbau militärischer Strukturen deuteten einerseits auf eine Eskalation des Konflikts mit dem Monarchen hin. Andererseits schienen die meisten der Fürsprecher der lokalen Eliten ebenso wie die hochadligen Senatoren den letzten Bruch mit dem König vermeiden zu wollen. Sowohl in Lublin als auch in Sandomierz waren dabei programmatische Diskussionen über den Inhalt der Beschwerden an Sigismund III. deutlich in den Hintergrund gerückt. In Sandomierz nahm die Debatte, in der über die Erarbeitung der erneuten Gravamina gestritten wurde, nur noch wenige Tage und damit einen Bruchteil der gesamten Beratungszeit in Anspruch.469 Die Fronten schienen inhaltlich klar, die Argumente waren bereits vielfach aufgezählt worden. Nicht das, was man forderte beziehungsweise worüber man klagte, stand nunmehr zur Diskussion, sondern wie man zu guter Letzt die feststehenden Ziele erreichen sollte; man debattierte, wie man das so soft verlangte Gehör des Monarchen tatsächlich erlangte oder ob man dies über-
468
Ebenda, 42, 53. Die Beratungen hierüber begannen ernsthaft erst am 31. August und dauerten bis zum Ende der Versammlung am 8. September: ebenda, 84–99. 469
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haupt noch anstrebte. In diesem Zusammenhang stellte die in Sandomierz beschworene Konföderation einen Einschnitt dar. Mit dem Bundesschluss wurde der Protest gegen den Monarchen, wahlweise gegen seine schlechten Berater, verstetigt. Es waren nunmehr nicht allein eigenmächtige Adelsversammlungen, die die Basis des widerständigen Handelns bildeten. Der dauerhafte Charakter der Konföderation wurde dabei sehr rasch deutlich. Anders noch als in Ste˛z˙yca und Lublin kannte die Versammlung von Sandomierz kein formales Ende mehr. Faktisch löste sich das weit überwiegende Gros der Zusammenkunft nach der Formulierung der neuen Beschwerdeartikel auf.470 Der harte Kern der Wortführer des Rokosz hingegen setzte die Beratungen in kleinem Kreis und in diesem Rahmen auch die Verhandlungen mit dem königlichen Lager fort.471
4.2.2 Der König konföderiert sich: Wis´lica und Janowiec Wenn Zygmunt Myszkowski Gonzaga in Sandomierz zu einem der prominenten Drahtzieher einer absolutistischen Hofclique erklärt worden war, hatte er sich solche Gegnerschaft mindestens schon durch seine organisatorischen Aktivitäten im Lager Sigismunds III. verdient. Nicht zuletzt auf den Kronmarschall ging entsprechend die Wahl Wis´licas als Ort der königlichen Gegenversammlung zum Rokosz zurück. Ausschlaggebendes Kriterium dürften dabei nicht nur die Nähe zum Beratungsfeld bei Sandomierz gewesen sein. Die von Myszkowski allgemein betonte „commodita` del luogo“472 wurde durch die Tatsache bestimmt, dass er hier die Funktion eines königlichen Starosten innehatte und somit nicht nur über Ländereien, sondern auch basale Gerichtsgewalt verfügte.473 Dass es sich bei Wis´lica also um eine
470 Hierzu etwa den Bericht des herzoglich-preußischen Agenten Maciej De˛bski: Maciej De˛bski an den Regenten des Herzogtums Preußen (Joachim Friedrich von Hohenzollern) am 8. September 1606, GStA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 124r.–125r., 124r. 471 Die Zahl der Teilnehmer war zu diesem Zeitpunkt dermaßen reduziert, dass man vom offenen Feld in die nahe gelegene Kollegiatskirche umziehen konnte, vgl. Rokosz pod Se˛ndomierzem, BCz rkps. 342, 330, 338. Allein der Umstand, dass sich die Teilnehmer nun mengenmäßig überhaupt in dem Kirchenraum versammeln konnten, stellte dabei einen gewaltigen Unterschied zum vorherigen Teil der Versammlung dar, auch wenn in manchen Diarien darauf bestanden wurde, die dortige Zusammenkunft habe „in großer frequentia“ stattgefunden: Diariusz Rokoszu, Biblioteka Raczyn´ska rkps. 18, 69v. Den fortlaufenden Charakter der Beratungen machen einige der Diarien sehr deutlich, vgl. ebenda, 68v.; vgl. auch Rokosz pod Se˛ndomierzem, BCz rkps. 342, 330; Akta rokoszowe, in: R, Liber generationis Rokosz, 100. 472 Zygmunt Myszkowski an Vincenzo I. Gonzaga, Wis´lica am 26. August 1606, ASM AG busta 559, 361r.–361v., 361r. 473 Vgl. Relation, 12. August 1606, ASM AG busta 559, 356r. Zu den Kompetenzen der königlichen Starosten vgl. Kap. 2.2.1, S. 228.
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Krondomäne handelte, war wiederum für den Monarchen eine Grundvoraussetzung, der sich auch späterhin weigerte, sein Lager woanders als in seinen Ländereien aufzuschlagen.474 Darüber hinaus bot sich die Ortschaft an, da sie auf einer Anhöhe gelegen war, „dove e` sito perfetto a defendersi“.475 Schließlich dürfte die Wahl von Wis´lica auch von einer nicht unwillkommenen symbolischen Konnotation begleitet worden sein. Denn es war dieser Ort, an dem sich im Interregnum von 1587 derjenige Teil des Adels zusammengefunden hatte, der sich gegen die Anhänger des Habsburger Kandidaten Maximilian für die Wahl des jungen Wasaprinzen Sigismund ausgesprochen hatte.476 Angesichts der Aneignung monarchischer Prärogativen durch die malcontents seit Ste˛z˙yca hatte Sigismund III. unmittelbar versucht, die Ausweitung der Bewegung einzudämmen. Zunächst mühte er sich, den rechtlichen Anspruch der Versammlungen in Frage zu stellen. In einem Schreiben an die königlichen Starosten etwa erklärte er die Registrierung der Sendschreiben der Versammlung von Ste˛z˙yca – und mithin den Aufruf, in Lublin zusammenzukommen – in den Burgakten für illegal. Es handele sich um „Universale privater Personen“, die auf eine „neue und schädliche Weise“ gegen das Recht verstießen.477 Bekanntermaßen zeitigte solch ein Verbot zumindest wenig konkrete Wirkung auf die Beteiligung des Adels an der Lubliner Versammlung. Nach dem kontroversen Warschauer Sejm begab sich der Monarch mit einer Entourage aus einigen wenigen Senatoren wie Hieronim Gostomski und Kronmarschall Myszkowski in die Königsstadt Krakau. Die Besetzung Krakaus und des Wawels durch den König mochte zum einen die mögliche Okkupation dieses entscheidenden Ortes der Herrschaft verhindern und erlaubte Sigismund zum anderen, sich nahe am Geschehen der Adelsversammlungen in Kleinpolen zu positionieren. Als Antwort auf die Versammlung von Sandomierz berief der Wasa eine Konvokation des Senats ein, zu der sich rund dreißig führende Würdenträger und Senatoren mit ihren militärischen Abteilungen einfanden, beide Kronkanzler, der Kronmarschall und der Kronhetman Stanisław Z˙o´łkiewski an der Spitze.478 Die Militarisie474
Diarius Dzieiow, iako sie˛ Sereniss. Maies. zpod Wis´lice ruszył, i iakie sie˛ dokocze˛nie stało pod Ja˛nowcem, BN rkps. 6612 (Pisma z lat 1504–1607 dotycza˛ce Rokoszu Zebrzydowskiego), 51v.–63v., 52v. 475 Relation, 12. August 1606, ASM AG busta 559, 356r. 476 K, Wis´lica, 97. 477 List Kro´la Jms´ci do starosto´w o nieprzyjmowanie do Grodo´w Uniwersalo´w Ste˛z˙yckich, Biblioteka Czartoryskich rkps. 101 (Teka Naruszewicza T. 101 (1606)), Nr. 29. 478 Genauere Zahlen sind auch in diesem Fall eher hypothetisch, vgl. die Quellendiskussion bei M, Wojna domowa, 270. 134. Die Zahl dreißig wird dabei auch in einem Brief des Hofpredigers Piotr Skarga genannt: P. Skarga Stanislao Grodzicki S. I., Praeposito ad S. Barbaram. Vislicia 14 Septembris 1606, in: Listy ks. Piotra Skargi T.J. z lat 1566–1610, ed. v. Jan Sygan´ski, Krako´w 1912, 73–74, 74.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
rung der königlichen Antwort auf den Rokosz schien imminent. Die Stimmung im Lager Sigismunds war gespannt. So bediente sich seit Beginn der Adelsversammlungen im April Andrzej Bobola, einer der Vertrauten Sigismunds, bei der Mobilisierung von loyalen Senatoren einer höchst dramatischen Rhetorik. Im engen Umkreis des Monarchen war ohne Umschweife die Rede von einem Aufstand – von der „sollevatione“ Myszkowskis bis zum „Tumult“ bei Andrzej Bobola. Letzterer wurde nicht müde, in seinen Briefen an Krzysztof Mikołaj Radziwiłł-Nies´wiez˙, dem Wojewoden von Wilna, die Bedrohung des Gemeinwesens sowie von Ehre und dignitas der Majestät zu beschwören.479 Damit nicht genug, kursierten zahlreiche Gerüchte darüber, dass der König von den Anhängern des Rokosz zugunsten des Ungarn Stephan Bocskai, des Moskauer Großfürsten oder des Markgrafen von Brandenburg abgesetzt werden sollte.480 Der Zug des Königs und der Senatoren mit ihrem Heer nach Wis´lica war nicht nur die Androhung eines bewaffneten Schlages, sondern zugleich der Versuch eines Verhandlungsangebotes. Nachdem sich das königliche Lager am 12. August in seinem Kreis installiert hatte, sollte der beständige Austausch von Abordnungen mit dem Rokosz gute anderthalb Monate andauern. Die Maßnahmen Sigismunds und seiner Umgebung machten hier aber nicht halt. Da die von der Konvokation entsandte erste Abordnung unter dem Kanzler Piotr Tylicki erfolglos aus Sandomierz zurückgekehrt war, ging man zu einer anderen Strategie über. Am 16. August verschickte der Monarch ein Sendschreiben an die gegnerische Versammlung und in die Wojewodschaft Sandomierz im Allgemeinen, die den Adel zur Teilnahme an der Zusammenkunft von Wis´lica aufrief.481 Zwar unterstrich das Universal die Präzedenzlosigkeit der Adelsversammlungen, betonte aber dennoch, der Monarch habe sich gerne auf Rat der Senatoren bereitgefunden, sich der Verhandlung aller Beschwerden in diesem ungewöhnlichen Rahmen zu stellen. Allerdings beklagte das Schreiben, dass sich fremde Soldaten im Dienst der Versammlung befänden und es überdies Teilnehmer gebe, die ihm den Gehorsam aufgekündigt hätten. Unter diesen Bedingungen käme eine Teil479
Vgl. die Briefe Andrzej Bobolas an Krzysztof Mikołaj Radziwiłł aus den Monaten April und Juni 1606, AGAD Archiwum Radziwiłło´w dział V 938 II/III (Bobola, Andrzej), 126–132. Zur Rolle des Wojewoden von Wilna auf der königlichen Seite während des Rokosz: K, Krzysztof Mikołaj Radziwiłł Sierotka, 299–312. 480 Vgl. die ausführliche Schilderung des Mantuaner Berichterstatters, der nichtsdestoweniger diese Gerüchte als wenig glaubwürdig qualifizierte, Relation an Vincenzo I. Gonzaga. 26. August, ASM AG busta 559, 358r.–362v., 358v.; Andrzej Bobola an Krzysztof Mikołaj Radziwiłł 8. Juli 1606, AR dz. V 938 II/III, 133–135, hier 134; vgl. hierzu auch auf anderer Quellengrundlage M, Wojna domowa, 237. 481 Dieser Versuch wurde nochmals am 22. August wiederholt: Universał kto´rem K.J.M. wzywa wszystkich na ziazd Wis´licki, obiecuia˛c z˙e chce wszytkiemu dos´c´ czynic´, y ten Universał beł parlany do Rokoszu, AGAD ZBS 148/172, 248–250.
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nahme des Königs selbst an der Versammlung von Sandomierz nicht in Frage, er bestelle aber alle, die zur Beratung über das Gemeinwesen willig seien, nach Wis´lica.482 Welche und wie viele Adlige dieser Einladung tatsächlich nachkamen, ist schwer nachvollziehbar. Denn im Gegensatz zu der Vielzahl ausführlicher Diarien zu den Beratungen von Sandomierz bleibt die Überlieferung zur königlichen Gegenveranstaltung rudimentär.483 Bekannt ist zumindest, dass sich mit den Fürsten Aleksander Koniecpolski und Janusz Zbaraski, Andrzej Te˛czyn´ski und anderen etliche Senatoren aus Sandomierz nach Wis´lica begaben.484 Dort aber unternahm man parallel ostentative Versuche, die hochgerüstete Senatskonvokation in ein Äquivalent der eigenmächtigen Adelsversammlungen, ja der Konföderation des Rokosz zu verwandeln. Davon zeugen die Wahl eines Versammlungsmarschalls,485 die Ausbildung eines Ritterschaftskreises innerhalb der Versammlung486 und schließlich die Formulierung von Artikeln und einer Bundesakte. Die Versammlungen von Sandomierz und Wis´lica waren jede auf ihre Weise gegenseitig auf die Existenz des jeweils Anderen angewiesen. Hätte der Monarch keinen Versuch unternommen, Verhandlungen mit den RokoszAnhängern in Sandomierz zu führen, wären deren Unterredungen im Rahmen einer Versammlung obsolet geworden und man hätte sich wohl oder übel unmittelbar und weitaus eindeutiger zu weiteren Schritten, nämlich der Aufkündigung des Gehorsams an den König, entschließen müssen. Die Zusammenkunft von Wis´lica wiederum verdankte ihre Existenz allein der gegnerischen Versammlung, als deren legitimistisches Spiegelbild sie agieren sollte. In diesem Konkurrenzverhältnis versuchte man entsprechend in Wis´lica einen Vorsprung gegenüber dem Rokosz zu gewinnen, indem man möglichst rasch die eigene Wirksamkeit demonstrierte. Während die Deputierten in Sandomierz noch an der Endredaktion ihrer Beschlüsse arbeiteten, konnte Sigismund III. schon am 4. September die Artikel seiner Versammlung als offizielles königliches Universal herausgeben. Sie sollten den Beweis liefern, 482 Złoz˙enie ziazdu pod Wis´lica˛ od K.J.M. alias Anti Rokosz, AGAD ZBS 148/172, 228–229, 229. 483 Es liegen keine regelrechten Versammlungsprotokolle vor, sondern in erster Linie die Verhandlungsschreiben zwischen den Versammlungen von Sandomierz und Wis´lica sowie die sonstigen schriftlich verabschiedeten Dokumente. 484 M, Wojna domowa, 285. 485 Dabei handelte es sich um Adam Sieniawski, den kronpolnischen Mundschenk: N, M, Art. Adam Hieronim Sieniawski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 37, Warszawa / Krako´w 1996–1997, 100–102, hier 100 f.; allerdings ohne jegliche Quellennachweise: W, H, Wypowiedzenie posłuszen´stwa czy detronizacja Zygmunta III?, in: ders., Rzeczpospolita Wazo´w. Czasy Zygmunta III i Władysława IV, Warszawa 2002, 201–214, 202. 486 Darauf lässt eine Abordnung aus solch einem Kreis auf der Versammlung von Sandomierz schließen: Akta rokoszowe, 74.
488
4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
dass in Wis´lica alle bislang vorgebrachten Gravamina befriedigend behandelt worden waren. Um den Vorwürfen entgegenzutreten, er trachte nach der absoluten Herrschaft, bestätigte der König in den ersten Punkten ausführlich die rechtlichen Regelungen zur freien Königswahl,487 sagte endgültig die Einrichtung einer ständigen Senatskommission zu488 und wiederholte nochmals die Festlegungen der Wahlkapitulation, nach denen er keine Ausländer in Leibgarde und Kammer dulden wollte.489 Mit solcher Konfirmation der Wahlkapitulation oder weiterer bekannter Rechtsregelungen arbeiteten auch die meisten anderen Artikel, vom Bau einer Flotte und der Konstruktion von Grenzfestungen über die Inkorporation Estlands und die Militärdisziplin bis hin zur korrekten und zügigen Ausgabe aller Ämtervakanzen und weiteren Gratifikationen. Dies galt auch für Konfessionsfragen, in denen Sigismund etwa eine erneute Bestätigung der Gesetze über religiöse Unruhen aus dem Jahr 1593 zusagte. Eine Neuerung hingegen durfte in dieser Form der explizite Bestandsschutz für orthodoxe Kirchen und Kirchengüter darstellen sowie die Zusage, eine Regelung im Streit über die Zahlung des Zehnten zu finden.490 Neben einer erneuten Bestätigung bestehender Regeln war in den Artikeln von Wis´lica besonders der ständige Verweis auf einen kommenden Sejm dominierend. Jegliche Aussage des Monarchen, die über eine strikte Wiederholung geltender Gesetze hinausging, wurde unter den Vorbehalt eines künftigen Sejmbeschlusses gestellt. Mit der königlichen Versammlung mochten also gezielt Parallelen zur Zusammenkunft des Rokosz kultiviert worden sein, die institutionelle Grundordnung aus den Angeln zu heben, war Sigismund III. aber keineswegs bereit. Gültige und rechtlich bindende Beschlüsse blieben demnach auch unter den aktuellen Bedingungen nur der ordentlichen Ständeversammlung überlassen. Folglich war es hier auch keineswegs die Versammlung, die diese Artikel in ihrem Namen beschloss und publizierte, sondern der König, der sie als autoritatives Sendschreiben verfasste. Dies unterschied Wis´lica in elementarer Weise vom Grundgedanken des Rokosz. Zwar sahen auch dessen Beschlüsse vom 6. September die Beratung etlicher Punkte auf einem kommenden Sejm vor, womit man auf die auch von Zebrzydowski vertretene Linie eingeschwenkt war.491 Allerdings eignete sich in diesem Fall die Versammlung in einem kollektiven Akt die Tagesordnung für die zukünftige Sejmsitzung an. Dass es jedoch mit Eindeutigkeiten im Verhältnis zum Monarchen nicht ganz so weit her war, zeigte wiederum die Forderung an Sigismund, die 487
Artikuły pozwolone od K.J.M. w Wis´licy, AGAD ZBS 148/172, 251–263, 251–254. Ebenda, 254. 489 Ebenda, 255. 490 Ebenda, 256 f. 491 Articuły na Rokoszu pod Sendomierzem uchwalone w Wis´licy 13 septembris czytane, AGAD ZBS 148/172, 281–299, hier etwa sehr explizit 286 f. 488
4.2 Institutionalisierte Rebellion: Konföderationen und Sejm
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Artikel von Sandomierz seinerseits mit Siegel und Unterschrift offiziell zu machen. Dabei ging es nicht allein um die Frage, dass der König hiermit den gesamten Inhalt der Beschlüsse des Rokosz akzeptiert hätte. Die Versammlung von Sandomierz verlangte ausdrücklich, ihre Artikel sollten als Privileg vom Monarchen gesiegelt und vergeben werden. Trotz aller Rede von adliger Souveränität war dies schließlich der einzige Weg, den Beratungsergebnissen des Rokosz Rechtsgültigkeit zu verschaffen, solange man Sigismund nicht offen Gefolgschaft und Gehorsam aufkündigen wollte. Zugleich sprach sich der Rokosz unter Vorbehalt dieser Konfirmation eine dem Sejm äquivalente Autorität und Entscheidungskompetenz zu. Das machte unter anderem die vorgeschlagene Regelung über die ständige Senatskommission mit äußerst weitgehenden Befugnissen zur Kontrolle des Monarchen deutlich. Bis diese auf dem nächsten Sejm gewählt werden sollte, bestimmte die Adelsversammlung für die Zwischenzeit selbst eine vierköpfige senatorische Abordnung.492 Wie schon in Lublin wurden auch in Sandomierz der Vorwurf eines dominium absolutum beziehungsweise die Maßnahmen zu dessen Verhinderung zum Hauptthema der Beratungsergebnisse. Der Kampf galt hier neben den Fremden nun sehr explizit den Habsburgern und den Jesuiten.493 Wollte man die Fremden am Hof und die Jesuiten ausweisen und ein Wahlverbot für die Habsburgerdynastie erlassen, sollten die Exponenten der heimischen schlechten Berater im Namen des Rokosz vor das Sejmgericht geladen und bestraft werden. Das Verbot für Adlige, ausländische Titel zu tragen, sollte auch in diesem konkreten Zusammenhang gelesen werden.494 So bezog es sich keineswegs auf alle Titel dieser Art, sondern nur diejenigen, die seit der Regierung Sigismund Wasas angenommen worden waren.495 Abgesehen von einer weit gefassten Attacke auf eine sich absondernde, korrupte Hofkamarilla, die sich dahinter verbarg, mochte dieser Artikel sehr speziell auf den Grafen Zygmunt Myszkowski Gonzaga als deren Gallionsfigur zielen. Die Dominanz des Absolutismusvorwurfs ließ demgegenüber die Anfangsklage über die Ämtervakanzen ganz an das Ende der Beschwerdehierarchie treten. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass die Frage der iustitia distributiva nun um die weitgehende Forderung ergänzt wurde, jede Ämtervergabe einem Mehrheitsentscheid von Senat und Landbotenkammer zu unterziehen.496
492
Ebenda, 283. Ebenda, 281 f., 282, 289. 494 Hieraus einen Kampf eines „einfachen“ oder „mittleren“ Adels gegen das „Magnatentum“ abzuleiten wie es Maciszewski tut, ist irreführend. Keiner der anderen Artikel des Rokosz versucht, etwa die Position der Senatoren zu nivellieren: M, Wojna domowa, 295, 340. 495 Articuły na Rokoszu uchwalone, AGAD ZBS 148/172, 291. 496 Ebenda, 298. 493
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Angesichts der starken Beschneidungen monarchischer Herrschaftskompetenzen durch rigide Kontrollmaßnahmen auf allen Ebenen, schienen die vergleichsweise moderaten konfessionellen Gravamina in den Artikeln von Sandomierz fast noch am ehesten konsensfähig, verglich man sie mit den Punkten des königlichen Schreibens von Wis´lica. Die Inkompatibilität verschiedener episkopaler Ämter, die Erneuerung und Betonung der Konstitution von 1593 über religiöse Tumulte sowie die Probleme der Zehntzahlung und der weltlichen und geistlichen Gerichtskompetenzen hatte sich auch Sigismund auf seiner Agenda angeeignet.497 Dass auch bei manchen Katholiken im königlichen Lager hingegen der Konflikt mit den Anhängern des Rokosz auf eine konfessionelle Ebene gehoben wurde, steht außer Frage. Entsprechend schien es wohlfeil, die malcontents allesamt als Häretiker zu denunzieren. So sehr dieser Vorwurf aber auch in privaten Korrespondenzen498 oder in polemischen Schriften parallel zu den Versammlungen gepflegt wurde,499 enthielten sich doch die offiziellen Stellungnahmen auf der Zusammenkunft von Wis´lica wie in Sandomierz möglichst peinlich jeglicher konfessionellen Aufladung. Dies galt ebenso für die Interventionen des Primas und der geistlichen Senatoren.500 Sicherlich unterstrichen die katholischen Bischöfe im Senat auch an dieser Stelle ihre Ablehnung der Warschauer Konföderation. Sie taten dies jedoch in einem äußerst zurückhaltenden Ton und signalisierten darüber hinaus in der Frage von geistlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit sowie bei der Zahlung des Zehnten konkrete Kompromissbereitschaft.501 Eine Ausnahme bei der konfessionellen Zurückhaltung stellte allerdings die Predigt des Hofprädikanten Piotr Skarga am 17. September dar. Was Skarga in seiner Sonntagshomilie von Wis´lica genau verlauten ließ, bleibt unsicher.502 Folgt man seinem eigenen Bericht an den Ordensoberen Claudio 497
Ebenda, 291, 293, 294. Andrzej Bobola an Krzysztof Mikołaj Radziwiłł, am 8. Juli 1606, AR dz. V 938 II / III, 134; Anonym an Szymon Rudnicki am 18. August 1606 aus Wis´lica, Archiwum Diecezji Warmin´skiej w Olsztynie D. nr. 57 (Epistolae ad Simonem Rudnickim et epistolae Simonis 1604–1620), 37. 499 Vgl. Kap. 4.3.2, S. 548–550 500 Pismo Jego Msci. X.a Cardinała kto´re przes dwu swych domowych posłał Pana Kamockiego Stolnika Sieradzkiego y Pan Zburzynskiego, AGAD ZBS 148/172, 231–232; Declaratio PP Duchownych pod Wis´lica˛, AGAD ZBS 148/172, 242–244. 501 Vgl. im Gegensatz hierzu die eher kritische Bewertung bei M, Wojna domowa, 349. Maciszewski betont vor allem die Ablehnung der Warschauer Konföderation durch die Bischöfe, worin er sie vor allem zentral von Rom gesteuert sieht. 502 Überliefert ist ein Druck aus dem Jahr 1606, den Jan Cubek für den Originaltext der Predigt hält. Inwieweit dies zutrifft, lässt sich nicht weiter eruieren, gibt es doch daneben lediglich polemische Reaktionen auf die Predigt und keine Zeugnisse über die Performanz der Predigt selbst, vgl. Na artykuł o Jezuitach zjazdu se˛domirskiego odpowiedz´, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3: Proza, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 94–116. 498
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Acquaviva, so wetterte der Jesuit in der Tat gegen die Häretiker auf der Versammlung von Sandomierz, dies aber sehr gezielt. Vor allem schien es ihm darum zu gehen, den scharf attackierten Jesuitenorden zu verteidigen. Bei dieser Gelegenheit suchte Skarga aber gleichzeitig, einen Keil zwischen die systemdestabilisierenden Evangelischen und den von ihnen verführten Katholiken zu treiben, die erstere „praetextu defendendae libertatis“ nach Sandomierz gelockt hätten.503Nolens volens kam also auch Skarga an dieser Stelle sichtlich nicht umhin einzugestehen, dass der Rokosz sich in erster Linie keiner konfessionellen Argumentationen bediente. Zwar demonstrierten Sigismund III. und die bei ihm verweilenden Senatoren letztlich in einigen Punkten eine gewisse Bereitwilligkeit zu Verhandlungslösungen, und Janusz Ostrogski versuchte intensiv zwischen beiden Seiten zu vermitteln.504 Dennoch erwiesen sich alle Annäherungsversuche als schwierig. Während die Restversammlung von Sandomierz unverrückbar verlangte, der Monarch solle die von ihr formulierten Artikel unterzeichnen,505 beharrte Sigismund auf weiteren Verhandlungen über Deputierte.506 Den Anspruch der Rokosz-Anhänger auf bindende Autorität ihrer Beschlüsse konnte der Monarch nicht anerkennen. Schließlich ließen die Adligen von Sandomierz während der Verhandlungen mit dem König nochmals verlauten: „Wenn der Rokosz ein Rokosz sein soll, dann verfügt er allen gegenüber über das Recht.“507 Unter diesen Voraussetzungen erwies sich schon der Umgang mit den gegenseitigen Unterhändlern als verfahrenstechnisch problematisch. Zwar gewährte der König der Kommission aus Sandomierz freies Geleit für die Unterredungen, weigerte sich jedoch zugleich, das den königlichen Emissären von Seiten des Rokosz gewährte freie Geleit anzuerkennen.508 Der mangelnde Grundkonsens führte recht bald zu einem immer schärferen Ton der königlichen Stellungnahmen, in denen schließlich der Rokosz noch einmal explizit für illegal erklärt wurde und diejenigen, die sich ihm anschlossen, mit Strafen bedroht wurden. Vom Geist einer zusehends verschärften Konfrontation war auch der Bundesschluss von Wis´lica gekennzeichnet. Anders als im Fall des Rokosz stand 503
P. Skarga Claudio Aquavivae, Praep. Generali S. I. Vislicia 20 Septembris 1606, in: Listy ks. Piotra Skargi T.J. z lat 1566–1610, ed. v. Jan Sygan´ski, Krako´w 1912, 75–77, 76. 504 Diariusz Rokoszu, BRacz rkps. 18, 70v.–72r. Die Versuche Ostrogskis stießen seitens des Rokosz allerdings auf wenig Gegenliebe, vgl. Rokosz pod Se˛ndomierzem, BCz rkps. 342 (Zbio´r listo´w, dokumento´w, diariuszo´w itp. Do dziejo´w polskich 1600–1610), 345; zur Mission Ostrogskis auch knapp: M, Wojna domowa, 343 f. 505 Ebenda, 341 f. 506 Rokosz pod Se˛ndomierzem, BCz rkps 342, 334. 507 Replica na Respons KJM Panom Poslom od obywatelow Coronnych y W.X.L. pod Sendomierz zgromadzonych posłanym od KJM dany w Wislicy d. 16 wrzesnia 1606, BCzart rkps 342, 335–345, 343. 508 Diariusz Rokoszu, BRacz rkps 18, 68v.
492
4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
die Verkündung dieser Konföderation erst am Ende des Verhandlungsprozesses mit den in Sandomierz Versammelten. Der Bundesschluss des Monarchen fungierte mithin als Signal eines vorläufigen Scheiterns der Unterredungen zwischen beiden Lagern. Der Text der Bundesakte selbst beeilte sich, dies als eines der legitimierenden Argumente anzubringen. Man habe sich vergeblich bemüht, die Anhänger des Rokosz „in brüderlicher Liebe zu gemeinsamen Beratungen“ zu bewegen. Stattdessen habe man die Unterhändler in Sandomierz geschmäht und „contra iura gentium mit großer Verachtung“ behandelt.509 Der Rokosz vergehe sich an der Würde des Monarchen, an den Senatoren und auch am restlichen Adel. Denn er maße sich die Repräsentation der gesamten respublica an, während er als widerrechtlicher Zusammenschluss keinen Anspruch habe, Gesetze oder Steuern „ohne uns auf uns“ zu verabschieden.510 Wie die Bundesakte des Rokosz trug folglich auch die königliche Konföderation den Charakter einer militärischen Verteidigungsgemeinschaft. Sehr unspezifisch berief sich der Konföderationstext dabei auf eine durch die Vorfahren bekannte Tradition von „Bünden, Absprachen und Konföderationen, die sie contra turbatores pacis et tranquillitatis publicae aufgerichtet hatten.“511 Während in der letzten Septemberwoche der Austausch von Unterhändlern fortdauerte, hatte sich der Monarch mit seinem Tross in Richtung Sandomierz auf den Weg gemacht. Das königliche Heer lagerte nun bald auf dem Feld bei Koprzywnica, wo zuvor die Beratungen des Rokosz stattgefunden hatten. Demgegenüber hatten sich die widerständigen Adligen unter der Führung Zebrzydowskis mit ihren militärischen Einheiten bereits zuvor in die Mauern des nahe gelegenen Sandomierz zurückgezogen. Am 29. September verließen die Bundesgenossen des Rokosz die Stadt, worauf sich in den folgenden Tagen eine Verfolgungsjagd entwickelte. In deren Zuge besetzte das Heer Sigismunds Sandomierz und die Einheiten des Rokosz mit Zebrzydowski, Janusz Radziwiłł und Stanisław Stadnicki an der Spitze zogen sich an der Weichsel entlang in Richtung Norden zurück.512 Es kam zu einigen kleineren Gefechten,513 obgleich Zebrzydowski und Radziwiłł sich ebenso wie der König sichtlich mühten, jeden größeren bewaffneten Zusammenstoß zu vermeiden.514 Überdies schickte Sigismund lediglich seine tatarischen und
509
Confoederatia Wis´licka, AGAD ZBS 148/172, 306–310, 307. Ebenda, 306. 511 Ebenda, 309. 512 G, Guzo´w, 18–20. 513 Diariusz Rokoszu, BRacz, rkps. 18, 73r. 514 Bezeichnend ist die im Diarium der Raczyn´ski-Bibliothek überlieferte Szene, wonach allein Stanisław Stadnicki beim Auszug aus Sandomierz vergeblich die Schlacht mit den königlichen Einheiten suchte, die zwar unmittelbar vor ihm standen, sich jedoch auf keinerlei Waffengang einließen: Diariusz Rokoszu, BRacz, rkps. 18, 72v. 510
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kosakischen Einheiten vor, um wohl ein mögliches Aufeinandertreffen zwischen Adligen in beiden Heeren zu umgehen.515 Zu diesem Zeitpunkt operierte der Wasa mit einer deutlichen militärischen Überlegenheit gegenüber den widerständigen Adligen.516 Trotzdem scheint es bemerkenswert, dass auch angesichts des nun unübersehbaren Hinübergleitens von verbalen Verhandlungen in konkrete physische Gewaltandrohung weder Zebrzydowski noch Radziwiłł den nächsten irreversiblen Schritt taten. Von einer Aufkündigung des Gehorsams gegenüber dem Monarchen war noch immer keine Rede. Dabei hatte die Rumpfversammlung in Sandomierz noch am 20. September ein Sendschreiben an die Wojewodschaften verfasst und sie über das Scheitern der Verhandlungen mit dem König informiert. Als Konsequenz hieraus konstatierte man, dass der in der Bundesakte vorgezeichnete Fall eingetreten war, dass man sich nun gegen den Monarchen als Feind des Rokosz bewaffnet wehren müsse.517 Doch sogar das politische Testament, das Mikołaj Zebrzydowski noch am Tag seines Aufbruchs aus Sandomierz veröffentlichte, wich trotz aller scharfer Vorwürfe vor dem letzten expliziten Bruch mit dem König aus. Hier wiederholte der Krakauer Wojewode in extenso seine in Ste˛z˙yca explizierten Beschuldigungen, Sigismund habe sich einer Habsburger Verschwörung hingegeben und sich am Hof und im Senat mit schlechten Beratern umgeben.518 Er, Zebrzydowski selbst, habe es bis zuletzt nicht an der gehörigen Loyalität fehlen lassen und allein von seiner notwendigen Freiheit der Rede als guter und tugendhafter Senator Gebrauch gemacht.519 Dafür habe er mit dem Verlust seines Kronmarschallamtes bezahlen müssen und sei bei der Vergabe von Gütern übergangen worden.520 Da der Monarch nun – verführt von den schlechten Beratern – in der Absicht, seine absolutistischen Gelüste umzusetzen mit fremden Heeren gegen seinen Adel zöge,521 sei der Wojewode auch bereit, nicht nur mit seinem Vermögen, sondern seiner ganzen Gesundheit für „das Wohl des Vaterlandes“ einzustehen.522 Am 3. Oktober erreichten Zebrzydowski, Radziwiłł und Stadnicki mit ihren Truppen schließlich Janowiec unweit der Stadt Lublin, wo sie über die 515
M, Wojna domowa, 355. Henryk Wisner spricht von einer Heeresstärke von gut 10000 Mann auf Seiten des Königs: W, Rokosz Zebrzydowskiego, 49. 517 Rokosz pod Se˛ndomierzem, BCz rkps 342, 334; Diariusz Rokoszu, BRacz rkps 18, 69v.–70r. 518 Skrypt JMci p. Wojewody krakowskiego in vim testamenti podany, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3: Proza, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 137–145, 137–140. 519 Ebenda, 141, 142. 520 Ebenda, 138 f., 144. 521 Ebenda, 143. 522 Ebenda, 145. 516
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Weichsel setzen wollten. Als sich die ersten königlichen Einheiten dem Lager näherten, überquerte Stanisław Stadnicki mit seinen Fußtruppen und Berittenen kurzerhand den Fluss, um Zebrzydowski und Radziwiłł allein zurückzulassen. Zwar postierte man sich demonstrativ mit erhobenen Fahnen und Trommeln gegenüber den anrückenden Gegnern, zu Kampfhandlungen kam es jedoch nicht.523 Sigismund gab Mandate gegen die beiden verbliebenen Führer des Rokosz und ihre Heere aus,524 wobei er zugleich wiederholt Emissäre ausschickte, um sie zu direkten Verhandlungen zu bewegen.525 Trotz allen Insistierens verweigerte sich Zebrzydowski zunächst beharrlich jeglichen Unterredungen, die im königlichen Lager stattfinden sollten.526 Als schließlich aber sogar die eigenen Gefolgsleute ihn zum Einlenken drängten, suchte der Krakauer Wojewode seinem zwangsweisen Kurswechsel einen interpretatorischen Clou abzugewinnen. Im Kreis seiner Einheiten lancierte er eine letzte Herausforderung an die königliche Partei und insbesondere an die Senatoren:527 Ich traue meiner Gerechtigkeit und ihrer altpolnischen Tugend dermaßen, dass ich mich selbst ganz allein in ihre [des beim König versammelten Adels, K.L.] Mitte stellen will und über alles, was die Respublica betrifft und über mein Verhalten Rechnung geben will, dergestalt, dass auch die Herren Senatoren, die wegen ihres schlechten Rats beschuldigt werden, sich hier stellen, und sie sollen darüber Richter sein, und wer sich als schuldig erweist, den sollen sie mit ihren Säbeln zerteilen.
Auf den ersten Blick wurden hier mit der „Gerechtigkeit“, „Tugend“ und „Respublica“ vor allem die gewohnten politiktheoretischen, ethisch grundierten Leitbegriffe abgerufen. Zugleich verwiesen die Wendungen von der persönlichen „Gerechtigkeit“ Zebrzydowskis und der „altpolnischen“, will heißen durch Tradition gefestigten, „Tugend“ seiner Gegner auf die Ehre der Beteiligten. Folgerichtig evozierte die gesamte Äußerung eine rhetorische Duellforderung. Das Duell, so die verbreitete Definition, die sich auch in einem zeitgenössisch populären polnischen Rechtskompendium findet, sei ein „duorum bellum factum ad probationem veritatis“.528 Auch um 1600 523
Diariusz Rokoszu, BRacz rkps 18, 73r.–73v. Ebenda, 73v. 525 Ebenda, 73v.–74r. 526 Rokosz pod Se˛ndomierzem, BCz rkps 342, 349. 527 Opisanie prawdziwe i porza˛dne traktato´w pod Janowcem, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3: Proza, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 145–154, 149. In den Diarien der Raczyn´ski-Bibliothek bzw. der Ko´rnicki-Bibliothek wird die Rede Zebrzydowskis lediglich paraphrasiert, ohne allerdings hierzu gleichlautende Äußerungen zu erwähnen: Rokosz pod Se˛ndomierzem, BCz rkps 342, 348; Diariusz Rokoszu, BRacz rkps 18, 74r.–74v. Zu den Differenzen in der Überlieferung zwischen Anhängern des Rokosz und dem königlichen Lager: C, Ugoda w Janowcu. 528 C, J, Farraginis actionumm iuris civilis et Provincialis, Saxonici Munici524
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überlagerten sich in diesem Sinne noch verschiedene Konnotationen des Duells, in dem sich die Verteidigung der Ehre mit Anklängen an den – eines Ordalcharakters weitgehend entkleideten – gerichtlichen Zweikampf verband.529 Zebrzydowskis Herausforderung verschmolz dabei nochmals deutlich die persönliche Ehrverteidigung und die Debatte um das Gemeinwesen. Es sollte der Wahrheitsnachweis „über alles, was die Respublica betrifft, und über mein Verhalten“ ausgetragen werden. In diesem Sinne evozierte seine Duellforderung zugleich die – zumindest rhetorisch – auch Ende des 16. Jahrhunderts noch gepflegte Praxis des Stellvertreterkampfes von Herrschern, um eine kriegerische Auseinandersetzung zu vermeiden.530 Solches Changieren zwischen persönlichem und kollektivem Bezug fand sich gleichfalls in dem von Zebrzydowski skizzierten Kampf zwischen ihm als Einzelnem und einer ganzen Gruppe von Gegnern, den schlechten Beratern, die darüber hinaus zumindest Assoziationen mit der stark theatralen Turnierform des pas d’armes aufruft.531 Physische Gewalt war jedoch nicht das vorgeschlagene Austragsmittel. Das Duell schien vielmehr zu einer verbalen Auseinandersetzung sublimiert, an deren Ende nichtsdestoweniger dem Verlierer ein kollektiver Todesstoß beigebracht werden sollte. Hier wiederum waren die Ad-
palisque Magdeburgensis, Et Iuris Polonoci libri septem, Zamosci 1607. Es handelt sich um die siebte Auflage des erstmals 1530 erschienen Kompendiums. Zu Cervus und seiner zeitgenössisch breiten Rezeption: S, J, Z dziejo´w katedry prawa rzymskiego Uniwersytetu Jagiellon´skiego, in: Prace Komisji historii nauk PAU 12 (2013), 81–116, 90; B, H, Art. Jan Cervus, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 3, Krako´w 1937, 235–236. 529 Zur italienischen und französischen Entwicklung C, M, La formalizzazione del duello nel Rinascimento, in: Uwe Israel / Gherardo Ortalli (Hg.), Il duello fra medioevo ed etal moderna, Roma 2009, 63–70; S, P, Le dire et le fer. Le duel et sa publicite´ au XVIIe sie`cle, in: ders. / Pascal Brioist / Herve´ Dre´villon (Hg.), Croiser le fer. Violence et culture de l’e´pe´e dans la France moderne (XVIe–XVIIIe sie`cle), Seyssel 2002, 245–304, 247 f. Zur Bedeutung der Ehre schon in den gerichtlichen Zweikämpfen des Mittelalters mit Bezug auf das Reich, Frankreich, England und Skandinavien: N, S, Der gerichtliche Zweikampf. Gottesurteil – Wettstreit – Ehrensache, Ostfildern 2010, bes. 19 f., 87 f.; Zu kursorischen Hinweisen zumindest bezüglich einer mittelalterlichen Tradition des Ordalkampfes in Polen: H, R, Wiadomos´c´ o sa˛dach boz˙ych czyli ordaliach w Dawnej Polsce, in: Biblioteka Warszawska 3 (1868), 312–316. 530 Dies wurde zumindest über eine Duellforderung König Stephan Ba´thorys gegenüber Iwan IV. Groznyj kolportiert, aber ebenso über eine Duellforderung Vassilij Sˇujskis gegen Kronhetman Jan Zamoyski bei der Belagerung von Pskow oder von letzterem an Herzog Karl von Södermanland 1602 im Rahmen des Livländischen Kriegs: S, B, Pojedynki, Warszawa 1987, 40 f. 531 ´ , TourFür eine instruktive Definition des pas d’armes vgl. N, E nois, Joutes, Pas d‘armes dans les villes de Flandre a` la fin du Moyen Age (1300–1486), Paris 1996, 53 f. Zur fortlaufenden Existenz im 16. Jahrhundert Strong, Roy C., Art and Power. Renaissance Festivals (1450–1650), Berkeley / Los Angeles 1984, 12, 93.
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ligen als Richter aufgerufen; der individuelle Akt der Ehrverteidigung im Duell wurde wieder auf eine korporative Ebene gehoben. So sehr Mikołaj Zebrzydowski den gesamten Rokosz wie die anstehenden Verhandlungen zu einer Grundsatzfrage seiner Ehre erklärt hatte, so wenig wollte er entsprechend einen Tag später vom Pferd steigen.532 Selbst dem einsilbigen Sigismund Wasa soll dieser Zeremonialkonflikt die Worte entlockt haben: „Mein Gott, welcher Hochmut in diesem Menschen!“533 Dies hinderte ihn aber seinerseits nicht, Zebrzydowski und Radziwiłł einen ihrem Rang angemessenen Empfang zu garantieren und begrüßte sie demonstrativ „hilarem frontem“.534 Zwar unterzogen sich die beiden prominentesten Anführer des Rokosz der Geste eines Handkusses vor dem Monarchen.535 Eine bedingungslose Unterwerfung unter die Forderungen des königlichen Lagers bedeutete dies aber keineswegs. Die folgenden Tage waren entsprechend durch heftige Wortwechsel innerhalb des Senats bestimmt, wo sich die senatorischen Vertreter des Rokosz erklären und rechtfertigen sollten. Der Posener Wojewode Hieronim Gostomski etwa ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, seine widerständigen Senatorenkollegen scharf anzugehen. Er warf ihnen vor, die Obrigkeit durch ihr Verhalten geschädigt zu haben. Die Tumulte und „seditiones“ hätten „dem Herrn, der immer zwischen dem Senat und der Ritterschaft entschied, die Herrschaft mit seiner Erhabenheit genommen und dem Senat, der immer zwischen dem Herrn und dem Adelsstand vermittelt hat, seine ernste Reputation und Autorität“ zerstört.536 Solcherlei Angriffe wollte aber keiner der zur Rede gestellten Gegner auf sich sitzen lassen. So replizierte Mikołaj Spytek Lige˛za auf die Anschuldigungen der Senatsmehrheit, er wolle sich kaum von denjenigen aburteilen lassen, die doch überhaupt erst die Speerspitze der absolutistischen Machenschaften bildeten.537 Den Kernkonflikt des Rokosz zu überwinden, gelang es in diesem Sinne also nicht. Denn das System des Gemeinwesens musste nach der zugespitzten Lesart der malcontents aufgrund der persönlichen Verkommenheit von dessen wichtigsten und einflussreichsten Repräsentanten weiterhin aus den Fugen sein. So war es nur folgerichtig, wenn Mikołaj Zebrzydowski und Janusz Radziwiłł darauf pochten, ihre Position dem Monarchen gegenüber jeweils in Privataudienzen darzulegen.538 Zum einen musste den beiden Hochadligen deutlich geworden sein, dass sie in der aktuellen Situation allein von Sigismund exkulpiert wer532
Vgl. die Schilderung in der Einleitung, S. 1. Diarius Dzieiow, BN rkps. 6612 56r. 534 Diariusz Rokoszu, BRacz rkps 18, 74v. 535 Diarius Dzieiow, BN rkps. 6612 56r. 536 Diarius Dzieiow, BN rkps. 6612, 54v. 537 Ebenda, 61r., 61v. 538 Ebenda. 533
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den konnten und vor allem der König ihre Reintegration in den siegreichen Teil der zentralen Reichseliten zu gewährleisten vermochte. Darüber hinaus zeigte sich hierin jedoch die ungebrochene Kraft der Monarchie als Leitidee und Denkungsform des Gemeinwesens. Wenn der Rokosz gezwungenermaßen ein Ende nehmen sollte, schien die monarchia der monarchia mixta in diesem Verständnis gegenüber den schlechten Magistraten paradoxerweise als das einzige rettende Element. Dass dies aber ein eher abstrakter Interpretationsrahmen blieb, zeigte nochmals das vorläufige Ende des Rokosz. Mit einem königlichen Mandat wurde die Konföderation verboten. Sämtliche etwaige künftige Versammlungen in ihrem Namen wurden unter Strafe gestellt. Zebrzydowski, Radziwiłł und Stanisław Stadnicki untersagte man namentlich jegliche bewaffnete Handlung und verpflichtete die Führung des Rokosz, alle Mobilisierungsschreiben an die Wojewodschaften zurückzunehmen.539 Zebrzydowski und Radziwiłł ließen den Monarchen jedoch umgehend wissen, dass es sich bei all dem weder um eine stabile Einigung noch um eine widerspruchslose Unterwerfung handelte. Trotz aller Niederlage schienen sie das letzte Wort behalten zu wollen. In einer Antwort auf das Mandat des Königs artikulierten sie offen ihren Widerwillen und kamen nicht umhin, ihre zwangsweise Unterordnung mit einer Drohung zu verbinden. Wenn Sigismund III. alle seine Maßnahmen mit seinem Gewissen vereinbaren könne, sei dies eine Sache. Er müsse jedoch von weiteren militärischen Strafmaßnahmen absehen und sich die Liebe seiner Untertanen wieder erwerben – „dann sind auch wir dies alles auszuführen bereit.“540 Dieses halbherzige Eingeständnis einer Niederlage verwies schon auf den baldigen Fortgang der Auseinandersetzungen. In dieser Hinsicht sollte sich der masowische Adlige Krzysztof Niszczycki, dessen Sohn Zygmunt ein lang anhaltend aktiver Teilnehmer des Rokosz war, bei seiner Analyse der Vorgänge von Janowiec irren. Er kommentierte nach der Unterwerfung Zebrzydowskis und Radziwiłłs das leidige Grundproblem des Rokosz in einem Brief ansonsten sehr treffend:541 Wie man allgemein sagt, ne Hercules contra duos, so ist es auch für die Untertanen schwierig, sich dem Herrn zu widersetzen, nicht umsonst geruhte der Herrgott dem Heiligen Paulus zu sagen: ,Saule, Saule, cur me persequeris, es ist schwierig, gegen den Stachel
539
Ebenda, 63v.–64r. Ebenda, 64v. 541 Krzysztof Niszczycki an den Starosten von Szczytno / Ortelsburg, Opinogo´ra, 7. Oktober 1606, GStA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 142r.–143r., hier 142r. Zu Krzysztof Niszczycki, dem Starosten von Ciechano´w: K, H, Art. Krzysztof Niszczycki, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 23, Wrocław u.a. 1978, 135–136. Zu Zygmunt Niszczycki: D, J, Art. Zygmunt Niszczycki, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 23, Wrocław u.a. 1978, 139–140; O, E, Zjazd rokoszowy warszawski w paz´dzierniku 1607 r., in: Kwartalnik Historyczny 121.3 (2014), 521–539, 536. 540
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auszuschlagen‘, so ist es ebenfalls für die Untertanen gegen den Herrn und die gesetzte Obrigkeit, schon hat der unglückliche Rokosz ein Ende genommen.
4.2.3 Ad extrema: Je˛drzejo´w, Warschau und Jeziorna Die erzwungenen Zugeständnisse von Janowiec krankten nicht nur an der mangelnden Demut von Mikołaj Zebrzydowski und Janusz Radziwiłł. Sicherlich handelte es sich bei beiden Hochadligen um die führenden Köpfe des Widerstandes, ohne deren Initiative der Rokosz nicht zustande gekommen wäre. Andererseits hatte sich jedoch im Verlauf der Versammlungen von Lublin und Sandomierz eine zunehmende Mobilisierung und ein klarer Bedeutungszuwachs der lokalen Adelseliten innerhalb der widerständigen Bewegung gezeigt. Die zunächst noch in Ste˛z˙yca vor allem durch den senatorischen Adel organisatorisch getragene Gruppe der malcontents hatte sich spätestens mit der Konföderation in Sandomierz zu einem Phänomen gewandelt, dass nunmehr die lokalen Adelsgemeinschaften sogar in erheblicher Breite erfasste. Wenn Zygmunt Myszkowski den Rokosz als eine Veranstaltung von „il s. Palatino di Cracovia con li suoi adherenti“ definierte,542 zeigte er damit zwar, welche Konfliktlinien die zentralen Reichseliten durchzogen und in welchen Kategorien das königliche Lager das Geschehen entsprechend interpretieren mochte. Inwieweit man jedoch den Rokosz zu diesem Zeitpunkt noch auf ein rein hochadliges Aufbegehren mit Gefolge reduzieren konnte, wie der Kronkanzler es tat und wie es das Verhandlungsprozedere von Janowiec suggeriert hatte, schien fraglich.543 Nichtsdestoweniger bediente sich auch Sigismund III. selbst dieser Lesart, wovon sein Testament von Ende April 1607 zeugte. Beim Letzten Willen des Wasas handelte es sich keineswegs um eine unmittelbare politische Stellungnahme, wie sie Zebrzydowski in Sandomierz im Gewand eines Testaments hatte verlauten lassen.544 Seiner Verteidigung widmete er dennoch einen gewichtigen Abschnitt. Der König rechtfertigte sich hier nicht nur, niemals ein absolutistisches Regime eingeführt haben zu wollen, sondern griff als einzigen namentlich den Krakauer Wojewoden frontal an, der „multis modis labefactere et convellere conatus est totque periculosos motus per universum Regni.“545 Dabei ver-
542 Zygmunt Myszkowski an Vincenzo I. Gonzaga. Wis´lica am 25. Juli 1606, ASM AG busta 559, 365r. 543 In diesem Sinne auch P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 145. 544 Das Testament von 1607 war das zweite aufgefundene, vermutlich aber insgesamt schon das dritte Testament des Königs und wurde erst nach seinem Tod 1632 bekannt: L, Das Leben am Hof. Bd. 2, 1066–1068; K, W, Wste˛p, in: Testamenty Jana, Tomasza i Jana ,Sobiepana‘ Zamoyskich, ed. v. Włodzimierz Kaczorowski, Opole 2007, 7–25, 11 f., 19. 545 Testament Zygmunta III Wazy z 1607 roku (wersja łacin´ska), in: Testamenty Jana,
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deutlichte allein der Umstand, dass der Monarch sich gezwungen sah, ein neues Testament zu verfassen, wie sehr sich die Lage nach dem sehr vorläufigen Sieg von Janowiec wieder zugespitzt hatte. Eine friedliche Beilegung des Konflikts schien der König also kaum mehr zu erwarten. Zwischen Februar und April hatte der Nuntius Francesco Simonetta ebenso intensiv wie erfolglos versucht, eine Versöhnung zwischen Sigismund und Zebrzydowski zu vermitteln.546 Scheiterte er zunächst an den Unklarheiten und Ambivalenzen von Seiten Zebrzydowskis,547 wurde zugleich aus den Berichten des Nuntius der tiefgehende Groll und das Misstrauen des Monarchen gegenüber ersterem deutlich. Nach Simonettas Einschätzung wurde dabei für Sigismund erst im Juni 1607 die Option einer bewaffneten Auseinandersetzung explizit notwendig.548 Dass auch auf Seiten des Rokosz alles auf eine endgültige und damit bewaffnete Konfrontation zulief, wurde ebenso klar. So wusste Jan Szcze˛sny Herburt in einem Brief an Janusz Radziwiłł bereits im März des Jahres, nun stünde „das Finale des Rokosz“ an.549 Herburt war der Ausnahmefall eines Adligen, der erst nach Sandomierz zum Rokosz übergelaufen war, jedoch sehr bald zu dessen Führungsgruppe gehörte. Er wurde zu einem der aktivsten Teilnehmer der Versammlung von Je˛drzejo´w, die sich ab Ende März und dann parallel zum Sejm im Mai 1607
Tomasza i Jana ,Sobiepana‘ Zamoyskich, ed. v. Włodzimierz Kaczorowski, Opole 2007, 67–77, 77. 546 Dies lässt sich aus der Korrespondenz von Francesco Simonetta an Kardinal Scipione Borghese ablesen (folgende Briefe zitiert aus der Edition: Acta Nuntiaturae Poloniae. Tomus 18: Franciscus Simonetta, Volumen 1 (1606–1612), ed. v. Wojciech Tygielski, Romae 1990): Krakau, den 18. 2. 1602, Nr. 73 85; Krakau, den 25.2.1607, Nr. 83 96–97, Krakau, den 18.3.1607, Nr. 115 125–127; Krakau, den 26.3.1607, Nr. 125 134–136; Krakau, den 1.4.1607, Nr. 130 140; Krakau, den 15.4.1607 Nr. 149 160–161; Krakau, den 3.5.1607 Nr. 169 179–180; Warschau, den 26.5.1607, Nr. 205 212–213. Dabei verlangte Borghese von römischer Seite ausdrücklich, Simonetta, möge eine Einigung herbeiführen: Kardinal Scipione Borghese an Francesco Simonetta, Rom, den 3.3.1607, Nr. 91 103; Rom, den 21.4.1607, Nr. 153 164; Rom, den 21.4.1607, Nr. 154 164–165; Rom, den 28.4.1607, Nr. 160 170–171. Der innere Frieden schien für Rom insbesondere angesichts der Polen-Litauen zugedachten Rolle in den weiter gespannten europäischen Diplomatieplänen von Bedeutung: L, H, Chwała po´łnocy. Rzeczpospolita w polityce Stolicy Apostolskiej 1598–1648, Warszawa 2018, 114–120, bes. 117 f., zu Simonetta 121–123. 547 Francesco Simonetta an Kardinal Scipione Borghese, Krakau, den 18.3.1607, in: Acta Nuntiaturae Poloniae. Tomus 18: Francisus Simonetta, Volumen 1 (1606–1612), ed. v. Wojciech Tygielski, Romae 1990, Nr. 115 125–127, 125. 548 Francesco Simonetta an Kardinal Scipione Borghese, Krakau, den 16.6.1607, in: Acta Nuntiaturae Poloniae. Tomus 18: Franciscus Simonetta, Volumen 1 (1606–1612), ed. v. Wojciech Tygielski, Romae 1990, Nr. 243 252–253. 549 Jan Szcze˛sny Herburt an Janusz Radziwiłł. Lublin am 25. März 1607, AGAD AR dz. V 5129, 3.
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zusammenfand. Schon in der Vorbereitungsphase dieser Zusammenkunft engagierte er sich stark, im Gegensatz zu Zebrzydowski und Radziwiłł. In seiner Korrespondenz mit letzterem beklagte Herburt wenige Tage vor der Eröffnung der Versammlung von Je˛drzejo´w entsprechend, dass man vom Litauischen Mundschenk keine Nachrichten mehr habe. Man wisse lediglich, dass er derzeit an keiner Versammlung teilnehmen könnte, „was nicht nur mich, sondern alle Guten sehr quält.“550 Mit den Gerichtstagen, die im Spätherbst und Winter 1606 in allen Wojewodschaften anstanden, hatten sich die erneuten Versammlungsaktivitäten angebahnt. Die unmittelbare Initiative hierzu stammte allem Anschein nach jedoch nicht von Zebrzydowski oder Radziwiłł, obgleich man davon ausgehen darf, dass beide beständig informiert und kontaktiert wurden.551 Auch wenn die beiden Hauptprotagonisten also zunächst jeglichen persönlichen Auftritt vermieden, tat doch etwa Zebrzydowski alles dafür, den Rokosz nicht einschlafen zu lassen. In diesem Kontext war auch sein Rechtfertigungs- und Beschwerdeschreiben vom Oktober 1606 zu verstehen, in dem der Wojewode seine Sichtweise auf das Geschehen in Janowiec darstellte. Ein gewichtiges Argument, womit er die Erniedrigung und die mangelnde echte Verhandlungsbereitschaft der königlichen Seite zu beweisen suchte, war auch hier sein Pferd. Vor dem Monarchen absitzen zu sollen, präsentierte Zebrzydowski als besonders ehrabschneidende Demütigung – nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass der Kronmarschall Myszkowski im Sattel blieb.552 Um die Gnade des Monarchen habe er bei den Verhandlungen weder gebeten, noch habe er sie nötig, denn „sobald ich mich auf mein Pferd setzte und meine Waffe in Händen hielt, ahnte ich schneller meine Gerechtigkeit zu gewinnen als zu verlieren.“553 Allerdings habe er stets, bevor er zum bewaffneten Reiter wurde, den Rokosz als Vermeidung eines Bürgerkriegs gesehen und sich gegen einen gewalttätigen Konfliktaustrag eingesetzt.554 Erst von Sigismund sei der Rokosz in eine Militarisierung gedrängt worden, von einem König im Übrigen, der in Janowiec weder die Artikel von Sandomierz akzeptieren noch sich an seine eigenen Zusagen aus Wis´lica halten wollte.555 Zuvor hatte Sigismund III. bereits sein Einberufungsschreiben der Gerichtssejmiki vom Ende September genutzt, um wiederum seine Po-
550
Ebenda. W, Rokosz Zebrzydowskiego, 53. 552 Z, M, Credens spraw pod Janowcem, przez JMP. wojewoda krakowskiego wojewo´dztwom wielgopolskim posłany, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 185–195, 190. 553 Ebenda, 194. 554 Ebenda, 187. 555 Ebenda. 551
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sition ausführlich darzustellen und die „novitas“ des Rokosz und seines Vorgehens zu verurteilen. Demgegenüber stellte er einen baldigen Sejm in Aussicht, auf dem alle Probleme und Beschwerden verhandelt werden sollten. Im gleichen Atemzug unterstrich der Monarch aber nochmals die Gefahr, die vom Rokosz ausginge. Durch das Handeln und die Forderungen von dessen Anhängern seien Friede und Einheit des Gemeinwesens vor allem dadurch gestört worden, dass „sie unsere königliche Herrschaft (von deren Erhalt die Autorität der Rechte und aller Ämter und damit die salus publica dependet) […] bedrängen.“556 Der Forderung des Königs, die Gerichtssejmiki möchten sich ohne Verzug an ihre eigentliche Arbeit der Jurisdiktion machen und sich dabei nicht von den Verboten des Rokosz abhalten lassen, war nur ein Teilerfolg vergönnt. Die schon im Verlauf des Jahrs 1606 aufgetretenen Friktionen in den lokalen Adelsgemeinschaften wurden auch bei dieser Gelegenheit allzu deutlich. Den tonangebenden Auftakt machten im Dezember des Jahres das großpolnische Kalisch und die Wojewodschaft Krakau. Bezeichnenderweise waren diese Zusammenkünfte von Adligen jeweils durch die Kommunikation mit den beiden regional unmittelbar prägenden institutionellen Größen bestimmt: zum einen mit dem Primas und Erzbischof von Gnesen, Bernard Maciejowski, zum anderen mit dem König selbst. Aus dem Kontext der Gerichtssejmiki heraus hatte sich in Großpolen bereits Mitte Oktober eine kleine Versammlung in Kalisch zusammengefunden, die aber nur ein Vorspiel zur Versammlung von Koło darstellte, die zwei Monate später begann und im Februar 1607 ihre Fortsetzung erfuhr.557 An deren Spitze standen mit Piotr Łaszcz, Marcin Broniewski oder Stanisław Pone˛towski558 Veteranen der vergangenen Adelsversammlungen von Lublin und Sandomierz. In Koło brachte man Unzufriedenheit darüber zum Ausdruck, dass die kommende Sejmsitzung, auf der die Gravamina von Sandomierz behandelt werden sollten, noch immer nicht einberufen worden war. Sowohl der Primas als auch 556 Mandat kro´lewski przysłany na roki kaliskie 2 paz´dziernika 1606 r., z Wis´licy 25 wrzes´nia 1606 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 315–320, 317. 557 Zur Versammlung von Kalisch im Oktober: Zjazd cze˛s´ci szlachty wojewo´dztwa kaliskiego na roki ziemskie (poroczki) w Kaliszu 2 paz´dziernika 1606 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 315–321. 558 Zu Stanisław Pone˛towski und seinen Aktivitäten im Rahmen des Rokosz: L, A, Art. Stanisław Pone˛towski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 27, Wrocław u.a. 1983, 404–405, 405. Das Haus Pone˛towski war in der Wojewodschaft Łe˛czyca veran˙ -K, kert und gehörte zu den dortigen Lokaleliten: O, E / Z H, Urze( dnicy wojewo´dztw łe( czyckiego i sieradzkiego XVI–XVIII wieku. Spisy, Ko´rnik 1993 (Urze( dnicy dawnej Rzeczypospolitej XII–XVIII wieku. Ziemie łe( czycka, sieradzka i wielun´ska 2), 282; Niesiecki, Kasper, Herbarz polski, Tom 7, 372 f.
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der Monarch versicherten dagegen ihrerseits, die Ausschreibung der zentralen Ständeversammlung stehe kurz bevor beziehungsweise sei bereits angelaufen.559 Die Teilnahme am Sejm stellten die in Koło Versammelten jedoch unter mehrere Bedingungen: vom freien Geleit und einer Amnestie für die Teilnehmer des Rokosz über die offizielle Verabschiedung der Artikel von Sandomierz durch den Sejm bis zur Versicherung durch den Monarchen, keine fremden Truppen zur Ständeversammlung zu führen.560 Es war kaum überraschend, dass sich die Adligen in Koło mit den Vermittlungsversuchen des Gnesener Erzbischofs nicht zufrieden gaben.561 Überhaupt schien die Zielrichtung ihrer Zusammenkunft von Beginn an recht deutlich. Nachdem etliche Schreiben Zebrzydowskis, unter anderem über die Verhandlungen von Janowiec und sein Testament von Sandomierz vorgetragen worden waren,562 kam man schon recht bald zum Schluss. Im Papier, das die Versammlung verabschiedete, wurden nochmals alle bereits zur Genüge bekannten Vorwürfe gegen den Absolutismus Sigismunds, die Unterdrückung der Adelsrechte und die Fremden und Jesuiten am Königshof aufgezählt. Als Konsequenz verkündete man für den März 1607 die Einberufung einer zentralen Versammlung nach Je˛drzejo´w, die auch mit anderen Wojewodschaften abgestimmt sei.563 Tatsächlich hatte man aus Koło einen engen
559 Odpowiedz´ kardynała Bernarda Maciejowskiego, arcybiskupa gniez´nien´skiego, na poselstwo ze zjazdu wojewo´dztw wielkopolskich w Kole 12–15 lutego 1607 r., dana w Uniejowie 14 lutego 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 330–333, 331; Dyaryusz zjazdu szlachty wojewo´dztwa krakowskiego na rokach ziemskich w Krakowie 8–12 stycznia 1607 r, in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 310–313, 312. 560 List wysłany ze zjazdu wojewo´dztw wielkopolskich w Kole do kardynała Bernarda Maciejowskiego, arcypiskupa gniez´nien´skiego, z Koła 13 lutego 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 329–330. 561 Diariusz zjazdu wojewo´dztw wielkopolskich w Kole 12–15 lutego 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957 349–352, 349 f. 562 Diariusz zjazdu wojewo´dztw wielkopolskich, 350; Sumaryjusz zjazdu kolskiego z sa˛do´w kaliskich postanowionego, in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 352–353. 563 Die Briefwechsel zwischen den Adelsversammlungen der Wojewodschaften Posen und Kalisch, Krakau, Lublin und Sandomierz: List szlachty lubelskiej do szlachty wojewo´dztw wielkopolskich zgromadzonych na zjez´dzie w Kole 12–15 lutego 1607 r., z Lublina 6 lutego 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 328–329; List ze zjazdu wojewo´dztw wielkopolskich w Kole do szlachty wojewo´dztwa lubelskiego, z Koła 15 lutego 1607 r., in: ebenda, 348–349; List szlachty wojewo´dztwa krakowskiego ze zjazdu na rokach ziemskich w Krakowie do szlachty wojewo´dztwa sandomierskiego. Z Krakowa 12 stycz-
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brieflichen Kontakt mit der Wojewodschaft Krakau gepflegt, die zeitgleich zur Abhaltung des Gerichtstages zusammengetreten war. Den Konsens, den die Großpolen mit den Krakauern sowie den Lublinern und Adligen aus Sandomierz auf diese Weise erreichten, galt aber nicht für alle anderen Wojewodschaften564, noch nicht einmal für Kalisch und Posen selbst.565 Denn die Versammlung von Koło, die mit großer Geste im Namen der großpolnischen Wojewodschaften sprach, konnte selbst insgesamt wohl nicht mehr als fünfzehn bis dreißig Teilnehmer auf sich vereinen.566 Das Gros der Adligen nahm dagegen an der Gerichtssitzung in Posen teil,567 wobei sich auch hier wiederum zwei gegnerische Lager bildeten.568 Die Situation in Krakau stellte sich demgegenüber anders dar. Hier entwickelte sich eine aufgeregte Unterstützung des Rokosz aus der Gerichtssitzung selbst heraus. Glaubt man den zeitgenössischen Berichterstattern, waren dabei außergewöhnlich viele Adlige der Wojewodschaft erschienen, die nia 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 309–310. 564 Etwa die ablehnende Haltung der Wojewodschaften Płock: Odpowiedz´ szlachty wojewo´dztwa płockiego na legacje˛ posłana˛ do nich z zjazdu szlachty wojewo´dztwa kaliskiego w Kaliszu 16 stycznia 1607 r., z Płocka 6 lutego 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 326–327. Wesentlich heftiger fielen demgegenüber die handgreiflichen Auseinandersetzungen über die Aussetzung des Gerichtstages und die Fortsetzung des Rokosz in Przemys´l aus. Hier schlossen Adlige der Wojewodschaft am Ende sogar eine Konföderation gegen den dortigen Promotor des Rokosz, Jakub Sienin´ski, vgl. Konfederacya szlachty przemyskiej przeciwko Jakubowi Sienien´skiemu. W Przemys´lu, 3 lutego 1607, in: Akta grodzkie i ziemskie z czaso´w Rzeczypospolitej polskiej z Archiwum tak zwanego bernardyn´skiego we Lwowie. Tom 20, Cze˛s´c´ 1: Lauda sejmikowe, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1909, 119–120. Zur relativ bescheidenen Beschickung durch die Sejmiki von Orsza, Nowogro´dek, Łe˛czyca, Bełz, Kamieniec, Radom und aus Masowien: P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 153 f. 565 Hierzu auch: O, E, Problem uczestnictwa w obradach sejmu 1607. Kwestia autorytetu parlamentu w opinii szlacheckiej, in: Echa Przeszłos´ci 19 (2018), 115–133, 119. 566 Diariusz zjazdu w Kole, in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 352. Auch diese Zahl ist wiederum mit Vorsicht zu behandeln, schließlich ließ der Verfasser des Diariums keinen Zweifel an seiner feindseligen Einstellung der Versammlung gegenüber. 567 W, Rokosz Zebrzydowskiego, 53. 568 Uchwała cze˛s´ci szlachty wojewo´dztw pozan´skiego i kaliskiego zgromadzonej na sa˛dach grodzkich pozan´skich aprobuja˛ca uchwały zjazdu kolskiego, w Poznaniu 6 marca 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 356–358; Protestacja senatoro´w, dignitarzy i szlachty wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego zgromadzonych na sa˛dy grodzkie poznan´skie przeciwko uchwale zjazdu kolskiego, w Poznaniu 7 marca 1607 r., in: ebenda, 358–361.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
einen Beginn der Jurisdiktionstätigkeit übereinstimmend mit den Forderungen des Rokosz verhinderten,569 wonach die Gerichte erst mit dem Erfolg der widerständigen Bewegung ihre Verhandlungen hätten aufnehmen dürfen.570 Doch ebenso in Krakau blieb dies sehr umstritten und führte zum Auszug eines Teils der dort versammelten Adligen unter Protest.571 Man entsandte schließlich – wie auch die Wojewodschaft Sandomierz – eine Delegation an den König, um eine möglichst schnelle Einberufung des Sejms zu fordern.572 Der kurze Text, den die Abordnung des Sejmiks dem Monarchen persönlich präsentierte, bildete ein Konzentrat dessen, was die lokalen Eliten als Errungenschaften des Rokosz schon in Lublin und Sandomierz formuliert hatten. Die Adelsversammlungen und die Konföderation, erinnerte die Delegation, seien nicht von einem Einzelnen oder von zwei Personen getragen worden: „Denn das sagt nicht nur einer, nicht nur einer hat dies unternommen, alle sagen dies, verstehen dies in gleicher Weise, in gleicher Weise schmecken die Freiheiten allen.“573 In diesem Sinne beanspruchten die Wortführer der Krakauer Rokoszanhänger magistratische Kompetenzen für den gesamten Adelsstand. Alle verfügten demnach über freies Rederecht, ja über einen Kontrollanspruch dem Monarchen gegenüber, was sie mit einer frei kompilierten Berufung auf die Heilige Schrift untermauerten. Schließlich habe der Herr gedroht: „Disperdam omnia labia adulatorum vestrorum et in his custodiam regem.“574 Vor dem Hintergrund dieser Positionierung verlief die Abordnung beim König äußerst konfliktreich. Die Schilderung der Audienz bei Sigismund III. durch einen der Krakauer Deputierten exkulpierte dabei bemerkenswerterweise den Monarchen selbst vollkommen. Er sei entgegenkommend und dem Adel geneigt gewesen, während die Senatoren und der bei ihm weilende
569
Dyaryusz zjazdu szlachty wojewo´dztwa, 310 f. Uniwersał Rokoszowy kto´rem o postempku swym pod Sendomierzem znac´ daia˛ Braci na Seimikach Deputackich, AGAD ZBS 148/172, 267–277, 276 f. 571 Protestacya szlachty przeciw nieodprawieniu roko´w ziemskich i odbywaniu narad w tym czasie, wniesiona do grodu krakowskiego 19 stycznia 1607 r., AGAD ZBS 148/172, 267–277, 313–314; Dyaryusz zjazdu szlachty wojewo´dztwa krakowskiego, in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 311. 572 Poselstwo od Woiewo´dztwa Sendomirskiego do KJM. pro die 6 februarii Ann. w Krakowie odprawowane, BOss rkps. 6603/II (Miscellanea historyczne, zawieraja˛ce odpisy instrukcji, uniwersało´w, mo´w, diariuszy i ro´z˙nych pism odnosza˛cych sie˛ do spraw politycznych Polski z lat 1603–1645), 469–471, 470. 573 Poselstwo do kro´la Zygmunta III z zjazdu szlachty wojewo´dztwa krakowskiego na rokach ziemskich, odprawione w Krakowie 11 stycznia 1607 r,. in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 304–308, 305. 574 Ebenda. 570
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Hochadel sich wieder einmal als die eigentlichen Gegner herausgestellt hätten. Nicht nur wäre von deren Seite keinerlei Entgegenkommen zu erkennen gewesen, schlimmer noch, sie seien der Abordnung und deren Forderungen mit offener Verachtung begegnet. Mit entsprechender Erregung kolportierte der Bericht den Ausfall des gerade beim König weilenden Aleksander Zborowski, der seinerseits zwar keinerlei bedeutsames Amt, jedoch dafür eine Abkunft aus umso vornehmerem Hause besaß.575 Zborowski habe sich zuletzt sogar dazu verstiegen, die Abordnung und die in Krakau Versammelten als Lumpenpack zu bezeichnen, „weswegen sich der Adel sehr empörte.“576 Schien die Anmaßung magistratischer Kompetenzen durch einen im Rokosz organisierten Adel quer zu den üblichen Hierarchien von Gemeinwesen und damit auch der inneradligen Rangordnung zu stehen, war der Rokosz selbst – wie bereits betont – keineswegs hierarchiefrei. So ging zumindest die greifbare Initiative zu dessen Fortsetzung nach Janowiec von einem Teil der lokalen Adelseliten aus, dies jedoch stets mit Rückendeckung von Zebrzydowski und Radziwiłł, deren Ressourcen und Autorität unverzichtbar waren. Wenigstens suchte man deren Unterstützung auch dort, wo sie sich nicht sofort einstellen wollte. Zwar hatte vor allem Zebrzydowski mit seinen Schreiben nach Janowiec anscheinend sehr gezielt mit genügend argumentativem Stoff für die Fortführung des Widerstands gesorgt, zu dem nichtsdestoweniger auch Janusz Radziwiłł sein Schärflein beitrug.577 Die groß- wie kleinpolnischen Initiatoren der Versammlung von Je˛drzejo´w bemühten sich aber zugleich um die aktive Teilnahme der beiden hochadligen Schirmherren des Rokosz und die Unterstützung weiterer hoher Amtsträger.578 Während 575
Der Krakauer Bericht präzisiert zwar nicht, um welchen Zborowski es sich handelte. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass der Genannte Aleksander Zborowski war, der nur kurze Zeit später, in der Schlacht von Guzo´w, seine Bataillone auf königlicher Seite gegen die Anhänger des Rokosz führte: G, Guzo´w, 78; Aleksander Zborowski war der Sohn Samuel Zborowskis und Neffe Krzysztof Zborowskis, die als prominente Gegner Stephan Ba´thorys in die Annalen eingegangen waren. Zur Generation Aleksanders im Haus der Zborowski: D, Genealogia, 133. 576 Dyaryusz zjazdu szlachty wojewo´dztwa krakowskiego, in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 313. 577 List albo Uniwersał Jeo. Msci. Pana Janusza Radziwieła Podczaszego W.X.L. do Wszytkich sta˛no´w wielgopolskich posłany, BOss rkps. 6603 / II, 466–468. 578 List ze zjazdu wojewo´dztw wielgopolkisch w Kole do Mikołaja Zebrzdowskiego, wojewody krakowskiego, z Koła 14 lutego 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 343–344; List ze zjazdu wojewo´dztw wielkopolkisch w Kole do Janusza Radziwiłła, podzcaszego W. Ks. Litewskiego, in: ebenda, 345–346; List ze zjazdu wojewo´dztw wielkopolkisch w Kole do Adama Se˛dziwoja Czarnkowskiego, wojewody łe˛czyckiego i generała wielkopolskiego, z Koła 14 lutego 1607 r., in: ebenda, 346–347; List ze zjazdu woje˙ o´łkiewskiego, kasztełana lwowskiego, wo´dztw wielkopolkisch w Kole do Stanisława Z hetmana polnego koronnego, z Koła 14 lutego 1607 r., in: ebenda, 344–345; List, szlachty
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die Vorbereitungen für die neue Adelsversammlung von Je˛drzejo´w anliefen, mühte sich Sigismund III. indessen, den Anfängen erneuter und – wie zu erwarten – weiter zugespitzter Auseinandersetzungen zu wehren. In einem königlichen Sendschreiben forderte er die großpolnische Versammlung von Koło aus, den kommenden Sejm abzuwarten und sämtliche Aktivitäten zu unterlassen, die mit der Erhebung von Abgaben und der Sammlung eines Heeres „unsere Untertanen zur Aufkündigung des Gehorsams uns gegenüber führen.“579 Allein, den Beginn der Versammlung von Je˛drzejo´w zu verhindern, vermochte dies nicht. Parallel zur Einberufung der Sejmiki durch den Monarchen für Ende März und Anfang April 1607 eröffneten Piotr Łaszcz und Marcin Broniewski am 10. April die Adelszusammenkunft in Je˛drzejo´w. Im Falle der vorhergehenden Versammlungen hatten Zebrzydowski und Radziwiłł stets eine entscheidende Rolle bei der Etablierung der Verfahrensregeln und der Eröffnung der Beratungen gespielt.580 In Je˛drzejo´w übernahmen Piotr Łaszcz und Marcin Broniewski diese Rolle, ohne jedoch auf eine höhere Autorität verzichten zu können. Zwar war Janusz Radziwiłł zunächst nicht persönlich erschienen, die Verlesung seines Schreibens an die Adelsversammlung als erster Akt der Beratungen sollte hiergegen jedoch Abhilfe schaffen. Als ob der Litausche Mundschenk tatsächlich präsent wäre, wurde ihm sogleich nach öffentlicher Lektüre der Grußadresse der Dank der Anwesenden ausgesprochen.581 Obgleich sich wohl nur noch eine recht überschaubare Menge von Teilnehmern zur Fortsetzung des Rokosz eingefunden hatte,582 bedeutete wojewo´dztwa krakowskiego ze zjazdu na rokach ziemskich w Krakowie do Mikołaja Zebrzydowskiego wojewody krakowskiego. Z Krakowa 12 stycznia, 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 308–309. 579 Uniwersał kro´lewski pote˛puja˛cy zjazd wojewo´dztw wielkopolskich w Kole 12–15 lutego 1607 r., z Krakowa 26 lutego 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 353–356, 355. 580 Pawłowska-Kubik argumentiert, dass die Zurückhaltung Zebrzydowskis nicht allein aus seinen zeitgleichen Verhandlungsversuchen mit der königlichen Seite zu erklären sein, sondern nicht zuletzt aus dem Umstand, dass er die Kontrolle über den widerständigen Adel verloren hatte: P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 147. Sie betont auch das Fehlen anderer zentraler Figuren wie Stanisław Stadnicki, Jan Szcze˛sny Herburt, Piotr Gorajski, Krzysztof Dorohostajski, Janusz Ostrogski oder Zygmunt Grudzin´ski, ebenda, 159. 581 Progress Ziazdu Ie˛ndrzeiowskiego, BK 1069 (Akta rokoszowe Zebrzydowskiego z czaso´w Zygmunta III prowadzone do Roku 1609 doła˛czone szczegoły dotycza˛ce kanclerza Jana Stefana Zamojskiego Kro´la Stefana Batorego az˙ do s´mierci Władysława IV), 128r.–129v, 128r.; mit sehr leichten Abweichungen das substantiell gleiche Diarium als: Progress ziazdu Je˛ndrzeiowskiego, AGAD ZBS 148/172, 503–510. 582 Die Zahlenangaben diskutieren O, E, Zjazd rokoszowy w Je˛drze-
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dies keineswegs, dass es sich hierbei um einen homogenen harten Kern des Widerstandes handelte. Wie zuvor blieb das Problem offen, welche Konsequenzen die Beteiligten im Sinne des Rokosz in Kauf zu nehmen bereit waren. Grundsätzlich war man sich dabei auf der Versammlung von Koło einig, dass keine inhaltlichen Forderungen mehr an den Monarchen oder die schlechten Magistrate aus dem Senat zu erörtern waren. Denn sämtliche Gravamina waren bereits auf allen Versammlungen breit diskutiert und in zahlreichen Beschlüssen formuliert worden.583 Die Auseinandersetzungen drehten sich nun einzig um das weitere Vorgehen. In der Anfangsphase der Versammlung zeichnete sich dabei eine scharfe Konfrontation zwischen Prokop Pe˛kosławski auf der einen und Piotr Łaszcz auf der anderen Seite ab. Die Spannungen begannen bereits mit der Debatte darüber, ob die Versammlung vom Lubliner Krontribunal eine Suspendierung auch von dessen Gerichtstätigkeit fordern sollte. Gegen diesen Vorschlag Pe˛kosławskis, der auch von Marcin Broniewski unterstützt wurde, opponierte Łaszcz vehement. Es handele sich schließlich beim Krontribunal, so argumentierte er, um „unser höchstes adliges Gericht, über das hinaus wir nichts Teureres, nichts Besseres haben.“584 Hinter dieser Verteidigung der Institution des höchsten adligen Berufungsgerichts stand letztlich die Vorstel-
jowie w roku 1607, in: ders. / Mariusz Markiewicz / Ryszard Skowron (Hg.), Kro´l a prawo stano´w do oporu, Krako´w 2010, 221–236. Opalin´ski kommt schlussendlich zu der Schätzung von 1200 Adligen und Soldaten (234 f.). Zur Zahlendiskussion auch: PK, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 157. 583 Entsprechend konzentrierten sich die Debatten auf Verhandlungsmodi mit dem königlichen Lager und das weitere Vorgehen, vgl. J. R. an Daniel Nepfel. Je˛drzejo´w am 28. April 1607, GstA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 262r.–265v. Dieser Brief stellt einen Teil der in mehreren Berichten recht detailliert gegebenen Schilderungen der Versammlung von Je˛drzejo´w dar. Weitergehende Spekulationen über den Absender werden durch den Zustand des Textes erschwert. Das Siegel auf der Adressierung des Briefes ist zu schwach ausgeprägt, um eine Zuordnung des Wappens vornehmen zu können. Im Fall des Briefes vom 28. April wurde zusätzlich der Name des Adressaten sorgfältig durch dichteste Überschreibung unkenntlich gemacht. Dass es sich dabei um den Brandenburgischen Sekretär Daniel Nepfel handelte, lässt sich aus weiteren Briefen desselben Absenders erschließen. Nepfel stammte aus dem herzoglich preußischen Königsberg und war zuvor selbst ab 1593 als diplomatischer Agent für das kurfürstliche Brandenburg und das herzogliche Preußen in Polen tätig gewesen: L, W, Wann und warum verlor Krakau die Funktion einer königlichen Residenzstadt?, in: ders. / Stanisław Trawkowski (Hg.), Polen und Österreich im 17. Jahrhundert, Wien 1999, 232–260, 237 Anm. 8; Die Selbstbiographie des Burggrafen Fabian zu Dohna (1550–1621) nebst Aktenstücken zur Geschichte der Sukzession der Kurfürsten von Brandenburg in Preussen aus dem fürstlich dohnaischen Hausarchive zu Schlobitten, ed. v. Christoph Krollmann, Leipzig 1905, 158 Anm. 2. Dohna hielt Nepfel im Übrigen für vollkommen unfähig und titulierte ihn als „unnütze Mastsaw“ (158) bzw. als „Mastochsen und ungeschickten Bengel“ (S. 175). 584 Progress Ziazdu Ie˛ndrzeiowskiego, BK 1069, 124r.
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lung eines limitierten Rokosz, der mithin nur als temporärer Ersatz des Sejms zur Aushandlung der Gravamina mit dem Monarchen und dem Senat diente.585 Demgegenüber positionierte sich die weiter gehende Konzeption Pe˛kosławskis. Sie begriff den Rokosz als eine allumfassende Institution, die sämtliche anderen organisationellen Elemente des Gemeinwesens obsolet machte. Dies zeigte sich auch in der entscheidenden Auseinandersetzung, zu der die Debatte um das Krontribunal lediglich den Auftakt gebildet hatte. Prokop Pe˛kosławski forderte nämlich, ganz in der Logik der Universalität des Rokosz, dem Monarchen den Gehorsam aufzukündigen. Auch diesen Schritt hingegen wollte Łaszcz keinesfalls mittragen: „Ich werde nicht unternehmen, gemeinsam mit Stiefelknechten dem Polnischen König den Gehorsam aufzukündigen.“586 Solche grobe Beleidigung adliger Standesgenossen richtete sich dabei nicht nur gegen Pe˛kosławski, sondern unzweideutig auch gegen den abwesenden Stanisław Stadnicki, der lediglich einen Diener zur Versammlung entsandt hatte. Stadnicki war schließlich bislang der einzige, der diesen Schritt mit viel Getöse in Lublin gegangen war. Dass sich der Angriff gegen seinen Herrn und Auftraggeber richtete, ließ den Diener Stadnickis entsprechend umgehend reagieren. Aber auch Pe˛kosławski antwortete sofort auf die Attacke von Łaszcz und bestand ohne Umschweife auf seiner Position. Sein Gegner hatte jedoch an der einmal gefundenen Formulierung Gefallen gefunden. Erzürnt erhob sich Piotr Łaszcz und verkündete, er brauche sich „der Furie des Herrn Pe˛kosławski nicht unterzuordnen, da ich kein Stiefelknecht bin, und auch nicht mit Herrn Pe˛kosławski einer Meinung, denn Herr Pe˛kosławski redet, was ihm nach seinem Kopf deucht.“587 Die Aushandlung von Positionen schien unter den aktuellen Versammlungsbedingungen problematisch. Dies zeigte schon die kontroverse Diskussion darüber, ob ein innerer Verhandlungszirkel aus Repräsentanten der einzelnen Wojewodschaften gebildet werden sollte oder alle Debatten im Plenum abgehalten werden sollten. Auch hierfür fanden sich Stimmen, die unterstrichen, dass letztere Lösung der adligen Redefreiheit entspräche, die der Rokosz schließlich zu garantieren habe.588 Hatte man hierdurch zwar eine rudimentäre hierarchische Abgrenzung und eine basale Beschränkung des Rederechts erreicht, war die Rangordnung innerhalb des Beratungskreises
585 Den Rokosz als Sejmersatz zu definieren, schien dabei eine konsensuelle Position zu sein: J. R. an Daniel Nepfel. Je˛drzejo´w am 7. April 1607, GstA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 243r.–244v., 244r. 586 Ebenda, 124v. 587 Ebenda. Der Bericht des herzoglich-preußischen Agenten führte hingegen die erzürnte Reaktion von Łaszcz allein auf die Auseinandersetzung um den Umgang mit dem Krontribunal und die Entsendung von Deputierten dorthin zurück: J. R. an Daniel Nepfel. Je˛drzejo´w am 13. April 1607, GstA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 249r.–250v., 250r. 588 Ebenda, 249r.
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keineswegs geklärt. Zumindest bis zum Eintreffen Janusz Radziwiłłs gab es keinen Versammlungsteilnehmer, der eine unumstritten herausragende Autorität aufgrund einer Amtswürde oder dem Rang seines Hauses beanspruchen konnte. Grundsätzlich versuchten alle Redner – wie generell üblich – die Geltung ihrer jeweiligen Stellungnahmen über die Behauptung der eigenen Tugend und des Einsatzes ihrer Person selbst wie ihrer Vorfahren für das Gemeinwesen zu untermauern. In diesem Sinne wendete auch Piotr Łaszcz das zweifelsohne höhere Gewicht seines Hauses gegenüber der recht bescheidenen adligen Abkunft Pe˛kosławskis, um seine Position innerhalb der Auseinandersetzung zu verteidigen. Bedingt durch die Unentschiedenheit des Meinungsstreits und das recht geringe Echo, das die Versammlung gefunden hatte, drohte sie schon bald zum Misserfolg zu werden. Erst Ende April bekamen die Beratungen neuen Schwung. Zum einen hatten sich nach der Versendung eines Universals aus Je˛drzejo´w am 12. April, das zwar keine weiteren Präzisierungen über das Vorgehen, aber eine dringende Aufforderung zur Teilnahme beinhaltete,589 tatsächlich mehr Adlige am Versammlungsort eingefunden.590 Zum anderen traf der lang ersehnte Janusz Radziwiłł in Je˛drzejo´w ein. Entsprechend überschäumend fiel die Begrüßung des Litauischen Mundschenks aus, der von Łaszcz vor der Versammlung als „Herkules“ und „Achilles“ gefeiert wurde.591 Augenblicklich übergab Prokop Pe˛kosławski, der die Versammlung bislang geleitet hatte, dem fürstlichen Helden den Marschallstab. Es wurde noch nicht einmal ansatzweise der Versuch unternommen, den Wechsel des Versammlungsmarschalls mit einer formellen Wahl zu begründen. Die Führungsrolle Radziwiłłs war gänzlich unstrittig und die Akklamation der Menge sprach für sich.592 Die ihm zugestandene Autorität nutzte Radziwiłł sehr rasch, um eine sofortige Konfrontation mit dem Monarchen, dem Senat und dem Sejm zu vermeiden. Entgegen der weiterhin radikalen Position Pe˛kosławskis wirkte der neue Versammlungsmarschall auf einen erneuten Aufschub weiterer Maßnahmen bis zur Mitte des bald beginnenden Sejms hin. Der königlichen Abordnung, die die Versammlung aufforderte, sich aufzulösen und stattdessen die Sejmsitzung zu akzeptieren, wurde mithin eine ausweichende Antwort gegeben.593 Janusz Radziwiłł schätzte dabei die Situation sehr realistisch ein, wenn er den Adligen in Je˛drzejo´w vor Augen führte, dass man nunmehr nicht allein mit König und Senat als Gegnern konfrontiert 589
Universał Ziazdu Je˛drzejowskiego, AGAD ZBS 148/172, 510–514, bes. 511. Der brandenburgisch-preußische Agent gibt die Zahl der Anwesenden Adligen mit 1200 an, vgl. J. R. an Daniel Nepfel. Je˛drzejo´w am 28. April 1607, GstA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 262v. 591 Ebenda, 262r. 592 Ebenda, 262v. 593 Ebenda, 263v.–264r. 590
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war. Eine kompromisslose Haltung, so der Versammlungsmarschall, würde unweigerlich zu einer Konfrontation auch mit den Landboten des Sejms und mithin zu einem „bellum civile“ im wahrsten Sinne des Wortes führen, nämlich auch innerhalb der lokalen Gemeinschaften der adligen „cives“.594 Tatsächlich befanden sich die Befürworter des Rokosz zusehends in der Minderheit. Bis auf die Wojewodschaft Krakau hatten alle Sejmiki Abgeordnete für die bevorstehende Sejmsitzung gewählt, auch wenn sie teilweise zugleich Vertreter nach Je˛drzejo´w entsandten.595 Ein Frontalangriff auf den Sejm konnte also kaum auf breite Unterstützung in den lokalen Adelsgemeinschaften hoffen, selbst wenn der Monarch in der Sejmausschreibung vor allem die Behandlung der in Wis´lica formulierten Gravamina in den Mittelpunkt stellte.596 Je stärker sich die Gefahr einer massiven kriegerischen Auseinandersetzung als Konsequenz des Rokosz abzeichnete, desto deutlicher schmolz dessen Unterstützung ab. Dies zeigte sich exemplarisch an so unterschiedlichen Sejmiki wie denen des großpolnischen Sieradz oder des ruthenischen Halicz, ja sogar von Posen und Kalisch, die sich sehr deutlich und mehrheitlich gegen den Rokosz mobilisierten.597 Wie schmal der Grat am Abgrund eines offenen kriegerischen Konflikts war, auf dem sich der Rokosz mittlerweile bewegte, wurde auch auf der Sejmsitzung des Jahres 1607 deutlich. Die Warschauer Ständeversammlung erlebte eine leicht überdurchschnittliche Frequenz senatorischer Beteiligung und eine beinahe vollständige Präsenz aller Landboten.598 Während Janusz Radziwiłł in Je˛drzejo´w vor einem „bellum civile“ warnte, vermieden die überlieferten Senatorenvoten des Sejms diese Begrifflichkeit vollkommen.599 Rad594
Ebenda. W, Rokosz, 57 f.; zu der Beteiligung einzelner Sejmiki am Sejm und deren Reaktion auf die Fortführung des Rokosz: C-M, Sejmiki mazowieckie, 66, 158 f.; U, Sejmik lubelski, 70. 596 Instructia na Seymiki powiatowe przed Seymem Walnym Warszawskim złoz˙onym na dzien´ 7 maja w roku 1607, BCz rkps 102, 235–256. 597 Legacja dana posłom z wojewo´dztwa sieradzkiego na sejmik przedsejmowy wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie 3 kwietnia 1607 r., z 24 marca 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 370–372; Instrukcja dana posłom sejmowym z sejmiku przedsejmowego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie 3 kwietnia 1607 r., in: ebenda, 372–374; Laudum sejmiku halickiego, in: Akta grodzkie i ziemskie z czaso´w Rzeczypospolitej Polskiej z archiwum tak zwanego bernardyn´skiego w dalszym cia˛gu Wydawnictwa fundacyi Al. hr. Stadnickiego. Tom 24: Lauda sejmikowe halickie 1575–1695, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1931, 20; Instrukcya sejmiku halickiego posłom na sejm walny, in: ebenda, 21–22. 598 F-K, A, Senatorowie i posłowie koronni na sejmie 1607 roku, in: Przegla˛d Historyczny 76.2 (1985), 291–303, 292 f., 296–299. 599 Bei 55 anwesenden Senatoren wurden in der recht spärlichen Überlieferung zum Sejm von 1607 nur 12 Senatorenvoten paraphrasierend verzeichnet. Inwieweit dies den 595
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ziwiłłs Warnung vor den verderblichen Auswirkungen eines Bürgerkriegs entsprach dabei durchaus der schon zeitgenössischen Grundannahme, dass es sich hierbei um einen asymmetrischen Konflikt handelte, bei dem es zumindest einer der gegnerischen Parteien an der Legitimierung zur Kriegsführung mangelte.600 Solch fehlende Berechtigung bezog sich in der Interpretation des Rokoszführers selbstredend auf seine Gegner. Diese wiederum – in Gestalt der Senatoren auf dem Sejm – qualifizierten den Rokosz aus der eindeutig hierarchisierten Perspektive einer bedrohten Obrigkeit. Nicht erst ein großes bewaffnetes Finale der anhaltenden Auseinandersetzungen erschien in den Voten des Sejms als Bedrohung, sondern noch einmal nachdrücklich die Existenz des Rokosz an sich. Letzterer wurde durchweg als schädliche „Neuerung“601 beziehungsweise als Veranstaltung ohne „legitimitas“ qualifiziert.602 Infolgedessen wurden den votierenden Senatoren bereits die Versammlungen an sich zu „tumultus“, „turbatiae“ und „Verwirrung (zamieszanie)“,603 die allerdings ihre Position „vi et armis“ durchzusetzen suchten.604 Bis zu welchem Punkt alle diese Einschätzungen nichtsdestoweniger den Schreckbegriff des Bürgerkrieges um jeden Preis vermieden, zeigte
votierenden Senatoren entsprach oder ob das Diarium hier eine Auswahl aus besonders prominenten Interventionen getroffen hat, lässt sich nach der derzeitigen Quellenlage nicht beurteilen. Bei den überlieferten Senatorenvoten handelt es sich um diejenigen von Bernard Maciejowski, Erzbischof von Gnesen und Primas; Jan Zamoyski, Erzbischof von Lemberg; Piotr Tylicki, Bischof von Krakau; Benedykt Woyna, Bischof von Wilna; Wojciech Baranowski. Bischof von Kujawien (bei Filipczak-Kocur allerdings nicht verzeichnet, vgl. Senatorowie i posłowie koronni, 296); Otto Schenking, Wendischer Bischof; Hieronim Gostomski, Wojewode von Posen; Jan Ostroro´g, Kastellan von Posen; Stanisław Z˙o´łkiewski, Kastellan von Lemberg (zugleich Kronfeldhetman, aber nur als Kastellan Mitglied des Senats); Stanisław Tarnowski, Kastellan von Sandomierz; Zygmunt Myszkowski, Kronmarschall; Lew Sapieha, Litauischer Kanzler: Seym Anni 1607, BCzart rkps 335 (Rokosz Zebrzydowskiego), 187–195, 188–195. 600 K, B, Art. Krieg, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 7 Stuttgart / Weimar 2008, 137–162, 141 f.; zu den Schwierigkeiten der Definition bewaffneter innenpolitischer Konflikte der Frühen Neuzeit als Bürgerkrieg, allerdings mit typischer ausschließlicher Beschränkung auf die Beispiele England, Frankreich und die Niederlande: E, R, Art. Bürgerkrieg, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 2, Stuttgart / Weimar 2005, 554–558. Die Definition des bellum civile etwa von Lipsius aus seinen 1589 erschienenen „Politicorum sive Civilis Doctrinae Libri Sex“ lautete: „Arma subitorum in Principem mota, aut inter sese“ (liber VI, cap. 1) (L, J, Politica. Six Books of Politics Or Political Instruction, ed. v. Jan Waszink, Assen 2004, 666). Radziwiłłs Begriffsverwendung umfasste in diesem Sinne nur den zweiten Teil eines solch zeitgenössisch möglichen Verständnisses von Bürgerkrieg. 601 So Maciejowski und Tarnowski: Seym Anni 1607, BCzart rkps 335, 188, 192. 602 ˙ Zo´łkiewski, ebenda, 191. 603 Maciejowski, Tarnowski, Myszkowski, ebenda, 188, 192. 604 Zamoyski, ebenda, 189.
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die Rede Zygmunt Myszkowskis, der ansonsten um deutliche Worte nie verlegen war. Zwar implizierte seine Warnung vor französischen Verhältnissen eindeutige Assoziationen, diese verband er jedoch lediglich mit der vorsichtigen Formulierung von einer „inneren Uneinigkeit (domowa niezgoda)“.605 Während die überlieferten Senatorenvoten im Gegenzug vehement den Sejm als einzig legitimen Beratungsort für das Gemeinwesen verteidigten,606 enthielt sich die Rede des Landbotenmarschalls im Vergleich zur Begrüßungsrede von 1606 solch expliziter Überlegungen. In einem ungewöhnlich glatten und schnellen Wahlverfahren hatten die Abgeordneten den Kronreferendar Feliks (Szcze˛sny) Kryski aus der Wojewodschaft Masowien zum Leiter ihrer Kammer gekürt.607 Kryski war jeglicher Sympathien für den Rokosz unverdächtig, im Gegenteil: Er galt als loyaler und dabei sehr lauter Unterstützer Sigismunds.608 Schien dies durchaus als Zeichen des Entgegenkommens der Landboten deutbar zu sein, stellte Kryskis Begrüßungsrede kein rein untertäniges Abfeiern des Monarchen dar. Im rhetorischen Gewand ausführlicher Danksagungen und Preisungen der Herrschertugenden des Wasas, klopfte Kryski geschickt die Erwartungshaltung der Landbotenkammer gegenüber dem König fest. Güte, Geduld, Milde und väterliche Fürsorge, so wiederholte der Landbotenmarschall ein um das andere Mal, seien die hervorragenden Züge des Wasas in der Vergangenheit gewesen. Sie hätten sich aber auch in der gegenwärtig schwierigen und gefährlichen Lage 605
Ebenda, 192. So besonders in den Voten von Tylicki und Z˙o´łkiewski, ebenda, 189 f., 191. 607 Zumindest lässt die Kürze der Wahl darauf schließen, die trotz der gespannten Gesamtlage an einem Tag beendet war. Zudem fehlen in den beiden Diarien, die hierüber berichten, jegliche sonst übliche Erwähnungen von Auseinandersetzungen innerhalb der Landbotenkammer: Seym Anni 1607, BCzart rkps 335, 187; Diarius co sie˛ na Seimie kto´rego dnia działo. Anno 1607, GstA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 279r.–279v., 279r. In der neuen Edition sämtlicher Sejmkonstitutionen heißt es hingegen, zum Marschall sei 1607 der großpolnische Abgeordnete und Kastellan von Kamien´, Mikołaj Mielin´ski (Mielen´ski) gewählt worden (Sejm Walny Warszawski 1607 r., in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 2: 1587–1609, ed. v. Stanisław Grodziski u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2008, 336–377, 336.). Grodziski und Uruszczak stützen sich hierbei auf: D, W, Art. Mielin´ski (Mielen´ski), Mikołaj, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 20, Wrocław u.a. 1975, 777–778.). Dworzaczek seinerseits basiert diese Information auf der genealogischen Darstellung Niesieckis, der an Paprocki und andere genealogische Darstellungen der Frühen Neuzeit anknüpft (N, K, Herbarz Polski, Tom 6, Lipsk 1841, 398 f.). Der Name Mielin´skis findet allerdings keine Deckung mit den Informationen der Diarien, die explizit von Kryski als gewähltem Landbotenmarschll sprechen (Seym Anni 1607, BCzart rkps 335, 187; Diairus Anno 1607, GstA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 279r.). Ensprechend geht auch die sonstige Forschungsliteratur von Kryski als Marschall aus: M, J, Art. Kryski, Feliks vel Szcze˛sny, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 15 Wrocław / Warszawa / Krako´w 1970, 482–485, 483. 608 M, Kryski. 606
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gezeigt, in der Mäßigung und Verstand siegen sollten. Hieran anknüpfend erinnerte Kryski Sigismund III. an sein Versprechen, die aufgelaufenen Gravamina auf dem Sejm zufriedenstellend zu beraten.609 Tatsächlich stand die Diskussion der Artikel von Wis´lica im Mittelpunkt der Beratungen. Schon die königliche Delegation an die Sejmiki hatte sie ausführlich thematisiert und einzelne Punkte des in Wis´lica beschlossenen Themenkatalogs von zu behandelnden Gravamina gesondert herausgegriffen.610 Neben der allgemeinen Feststellung, die Artikel von Wis´lica sollten auf dem Sejm verhandelt werden, ließ der Monarch in seinen Ausschreibungen an die Sejmiki betonen, die Fragen der Fremden am Hof sowie der Aushandlung zwischen geistlichen und weltlichen Ständen oder der eher abseitige Punkt von Schiffahrtsrechten auf der Warthe seien bereits erledigt beziehungsweise in Angriff genommen.611 Daneben behandelte die Delegation aber etliche weitere Punkte, die in Wis´lica keine Rolle gespielt hatten.612 Wenn nun die Abgeordneten der Landbotenkammer zu Beginn der Sejmsitzung darüber debattierten, ob die Beratungen mit einer Diskussion der bekannten Gravamina oder mit der Proposition des Königs beginnen sollten, so musste sich dies wohl in Hinsicht auf die Proposition vor allem um die in der Delegation formulierten Anliegen jenseits der Artikel von Wis´lica beziehen.613 Schlussendlich berieten Landbotenkammer und Senat gemeinsam die Artikel von Wis´lica und von Sandomierz.614 Abgeordnete und Senatoren bildeten dabei eine Kommission aus sechzehn kronpolnischen und sieben litau-
609 Die Rede Kryskis liegt in zwei voneinander streckenweise abweichenden, im Kern jedoch argumentativ übereinstimmenden Überlieferungen vor: P. Marszałka Poselskiego Przemowa do Kro´la JP.a Msci., BCzart rkps 335, 187–188; Przemowa Pana Marszałka Poselskiego na Seymie Warszawskim 9. Maii do. K.J.Mci., BOss 6603/II (Miscellanea historyczne, zawieraja˛ce odpisy instrukcji, uniwersało´w, mo´w, diariuszy i ro´z˙nych pism odnosza˛cych sie˛ do spraw politycznych Polski z lat 1603–1645), 497–499. 610 Instructia od K.J.M. na Seymiki Powiatowe przed Seymem Walnym na dzien´ 7 Maia w Roku 1607 złoz˙onym, BOss rkps 6603/II, 476–486. 611 Instructia od K.J.M., BOss 6603/II, 478 f. 612 So die Vormundschaftsverhandlungen um das Herzogtum Preußen ohne die Einbeziehung des Sejms, die Militärdisziplin, das Verhältnis zum Osmanischen Reich und den Tataren, Soldzahlungen in Livland sowie die Freilassung polnischer Gefangener in Moskau und die Ausstattung der Königin Konstanze, ebenda, 479–484. 613 Seym Anni 1607, BCzart rkps 335, 187. Inwieweit demgegenüber eine auf dem Sejm vorgestellte Proposition sich vom Inhalt der Delegation unterschied, ist aufgrund der Quellenlage nicht nachvollziehbar, da in den Diarien eine etwaige Proposition keinerlei Erwähnung findet. 614 Seim walny warszawski złoz˙ony przes K.I.M. ad diem 7 Maii 1607, BCzart rkps 339 (Zbio´r, akt, mo´w, listo´w, wierzy i innych pism publicznych dotycza˛cych rokoszu Zebrzydowskiego z lat 1605–1608), 375r.–376v., 375r.; Diarius. Anno 1607, GstA XX. HA EM 111 h Nr. 55, 279v.
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ischen Landboten sowie vierzehn Senatoren und Ministern.615 Angesichts dessen, dass die Wojewodschaft Krakau keinerlei Abgeordnete auf den Sejm entsandt hatte und die Wojewodschaften Posen und Kalisch zwischen einer legitimistischen Fraktion, die Landboten gewählt hatte, und die RokoszAnhänger gespalten war, fehlten nun in der Landbotenkammer die üblichen Wortführer des Rokosz. Als einziger profilierter Vertreter der widerständigen lokalen Eliten war Piotr Gorajski für die Wojewodschaft Sandomierz in den Sejm eingezogen. Neben Gorajski gehörte etwa mit dem Lubliner Paweł Lubieniecki ein weiterer etablierter Unterstützer des Rokosz der Sejmkommission an, der seinerseits die widerständigen Adligen außerhalb des Sejms über die Vorgänge auf der Ständeversammlung auf dem Laufenden hielt.616 Unter den kronpolnischen Kommissionsmitgliedern dominierten zahlenmäßig je-
615 Die in dem Diarium der Czartoryski-Bibliothek (Seim walny warszawski 1607, BCzart rkps 339, 375r.) genannten Kommissionsmitglieder sind nicht alle identifzierbar. Beim Abgleich mit der prosopographischen Studie Filipczak-Kocurs zum Sejm von 1607 lassen sich drei in dem Diarium genannte Namen nicht wiederfinden. Dabei handelt es sich um Stanisław Karwicki, Jan Lizklin, überschrieben durch „Szlichting“, Goluchowski. Die Nennung von Szlichting mag dabei auf ein Überlieferungsproblem hinweisen. Jan Szlichting (oder Schlichting) gehörte seit den 1630er Jahren zu den einflussreichen Vertreteren des evangelischen Adels in Großpolen (O, Elita władzy, 26, 121. Wenn nun sein Name in der Überschreibung (in gleicher Schrift) verwendet wurde, ist dies möglicherweise auf eine Interferenz zwischen dem Entstehungszeitpunkt der vorliegenden Handschrift und einer möglichen Vorlage zurückzuführen. In diesem Sinne könnte man davon ausgehen, dass das Diarium um die Mitte des 17. Jahrhunderts herum als Abschrift einer früheren Vorlage angefertigt wurde, wobei die dort auftretenden Namen nicht alle richtig gelesen wurden. Dies ist umso wahrscheinlicher als sich eine ähnliche Situation auch in Bezug auf einen weiteren Namen ergibt. Im vorliegenden Diarium legt die Namensnennung eines Deputierten eher die Entzifferung als Lubomirski nahe. Die Attribuierung der entsprechenden Person mit Vornamen Paweł als Vertreter Kleinpolens korrespondiert hingegen mit dem Lubliner Landboten Paweł Lubieniecki (F-K, Senatorowie i posłowie koronni, 297.). Dass dieser Name von dem vermutlichen Kopisten als Lubomirski gelesen wurde, dürfte wiederum auf die Mitte des 17. Jahrhunderts verweisen, wo das Haus Lubomirski bereits eine omnipräsente Prominenz erlangt hatte. Die nahezu wortgleiche Überlieferung im Diarium der Raczyn´ski-Bibliothek (die Berichterstattung geht hier nur bis zum 19. Mai 1607) liefert in Hinsicht auf die Namensnennungen keine sichereren Anhaltspunkte, sondern verunklart die Situation ihrerseits durch neue Varianten, die hier nicht alle aufgeführt werden sollen. Anzunehmen ist dabei wohl eine gemeinsame Abschreibvorlage: Sejm Walni Warszawski złoz˙oni przesz K.I.M. ad diem 9 Maii Anno Domini 1607, BRacz rkps 18, 271r.–274v., 271r. 616 R, Interregna, 198, 300 vgl. zwei Briefe datiert am selben Tag: Paweł Lubieniecki an Jakub Sienin´ski. Warschau am 19. Mai 1607, BK rkps 316 (Miscellanea, w tym: tzw. Rokosz Glinian´ski, Rokosz Mikołaja Zebrzydowskiego, Jerzego Lubomirskiego, spory Stanisława Stadnickiego z Łukaszem Opalin´skim, wojna z Moskwa˛, bunty z˙ołnierstwa najemnego), 65r.–66r.
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doch vor allem ruthenische Abgeordnete.617 Wenn man hierzu allein die beiden masowischen Repräsentanten und den Posener Vertreter Łukasz Mielz˙yn´ski hinzurechnete, war schon unter den kronpolnischen Kommissionsmitgliedern eine Mehrheit von bereits bekannten Kritikern des Rokosz auszumachen.618 Von den senatorischen Vertretern war es dagegen in erster Linie der Posener Kastellan Jan Ostroro´g, der sich trotz eines beständig klaren Bekenntnisses zu Sejm und Monarch, bislang am ehesten durch eine ausgleichende Haltung ausgezeichnet hatte. Ansonsten fanden sich unter den weltlichen Senatoren in der Kommission neben Gegnern des Rokosz wie ˙ o´łkiewski619 auch die beiden prominenZbigniew Ossolin´ski oder Stanisław Z testen Antagonisten der malcontents, Hieronim Gostomski und Zygmunt Myszkowski. Dass die Bildung einer Kommission aus den beiden Sejmständen Senat und Landbotenkammer im Grundsatz eine verfahrenstechnische Neuerung an sich dargestellt hätte, lässt sich nicht behaupten.620 Die Bildung kleinerer Gremien zur Beratung spezieller Themen gehörte schließlich zum gängigen
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Sie stellten mit vier Kommissionsmitgliedern fast ein Viertel der Repräsentanten aus der Landbotenkammer (Jan Swoszowski (Lemberger Landschreiber), Piotr Oz˙ga (Lemberger Landrichter), Andrzej Bierecki (Kämmerer von Przemys´l), Adam Łychowski (Landschreiber von Halicz). 618 Zu den ruthenischen Vertretern: Jan Swoszowski war nicht nur 1606 Marschall des ruthenischen Sejmiks, der sich Sigismund III. gegenüber loyal verhalten hatte. Er gehörte auch zusammen mit dem ruthenischen Kommissionsmitglied Piotr Oz˙ga zu den Unterzeichnern der Stellungnahme des Lemberger Sejmiks gegen die Versammlung von Koło: Manifest dignitarzy i szlachty we Lwowie, in: Akta grodzkie i ziemskie z czaso´w Rzeczypospolitej polskiej z Archiwum tak zwanego bernardyn´skiego we Lwowie. Tom XX, Cze˛s´c´ 1: Lauda sejmikowe, ed. v. Antoni Prochaska, Lwo´w 1909, 121. Der dritte ruthenische Vertreter, Andrzej Bierecki, wiederum hatte die Konföderation von Przemys´l gegen die Versuche Jakub Sienien´skis unterzeichnet, den Rokosz weiterzuführen, vgl. Konfederacya szlachty przemyskiej, in: ebenda, 120. Die Position des vierten ruthenischen Kommissionmitglieds, Adam Łychowski, lässt sich nicht ermitteln. Zu den masowischen Vertretern: Jan Karnkowski, der kurze Zeit später zum Wojewoden von Płock aufsteigen sollte: P, A, Art. Karnkowski, Jan Stanisław h. Junosza, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 12, Wrocław u.a. 1966–1967, 76–77 (Karnkowski wird im Diarium sowie bei Filipczak-Kocur bereits als Kämmerer von Płock geführt, obwohl seine offizielle Ernennung erst 1608 erfolgte); zu dem erfahrenen Landboten und Parteigänger Anna Jagiellonkas Jan Wicki: C-M, Sejmiki mazowieckie, 88, 154–156. 619 ˙ Zo´łkiewski hatte zum Netzwerk Zamoykis gehört. Seine letztendliche Entscheidung für das königliche Lager, die auch mit Güterverleihungen an ihn verbunden war, traf auf ˙ o´łkiewteils scharfe Kritik aus den Reihen des Rokosz: B, P, Hetman Stanisław Z ski w poezji rokoszowej z lat 1606–1608, in: Napis 12 (2006), 49–62, 59 f. 620 So hingegen: M, J, Sejm 1607 r. a załamanie sie˛ plano´w reformy pan´stwa, in: Jo´zef Gierowski (Hg.), O naprawe˛ Rzeczypospolitej XVII–XVIII wieku (FS Władysław Czaplin´ski), Warszawa 1965, 37–47, 42.
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Repertoire der Sejmberatungen.621 Eine Erweiterung der Verfahrenstechniken stellte hingegen der Umstand dar, dass die Kommission gleich zu Beginn der Beratungen zusammentrat und man mithin die sonst übliche Vorberatung in der Landbotenkammer und die getrennten Beratungen des Senats unter königlichem Vorsitz umging. Auf den ersten Blick schienen damit die beiden Sejmstände ihre Verhandlungen ostentativ ohne Beteiligung des Monarchen zu führen. Allerdings blieb letzterer auch auf dem Sejm von 1607 wichtige Bezugsinstanz, so dass aus den Kommissionverhandlungen heraus etwa Abordnungen der Landboten mit Bitten um Entscheidungen zu ihm gesandt wurden.622 Weitaus einschneidender als der Verhandlungsmodus schien wiederum das Handeln des Königs selbst von den traditionellen Handlungsmustern abzuweichen. War das Schweigen des Monarchen als eines der Hauptargumente im beginnenden Rokosz zum Symbol für das mangelnde Gehör geworden, das er seinem Adel schenkte, begann Sigismund Wasa nun zu reden. Am 13. Juni, drei Tage vor Ende der Sejmsitzung, ergriff der König in einem feierlichen Akt das Wort. Die Dimension, die diesem unmittelbaren Reden zugemessen wurde, manifestierte sich bereits in den Vorbereitungen. Die Türen des Senatssaals, wo der König vom Thron aus reden sollte, wurden „auf Geheiß des Kronmarschalls […] geöffnet, damit jeder zuhören konnte.“623 In Erwartung der Stellungnahme Sigismunds versammelte sich eine „unerhörte Menge“, „es war voll hinter den geöffneten Türen, so dass andere auch vor den Fenstern hingen“.624 Dennoch hielten alle Ruhe, „damit jedes königliche Wort zu hören war.“625 Anders als noch auf dem Sejm von 1606, wo sich der beredte Konflikt um den unbeschränkten Zugang einer adligen Öffentlichkeit um Jerzy Zenowicz entzündet hatte,626 wurden nun die zeremoniellen Außenschranken der Ständeversammlung demonstrativ aufgehoben. Sigismund III. betonte in seiner kurzen Rede, dass alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe unberechtigt seien. Er habe sich stets für die Erhaltung aller Rechte und Freiheiten eingesetzt, wofür die Senatoren und alle anderen Amtsträger zeugen könnten. Ja, diejenigen, die ihm ein Streben nach dem dominium absolutum unterstellten, setzten durch ihre unwahren Anschuldigungen die Integrität des Gemeinwesens aufs Spiel. Schließlich stelle jeder Angriff auf die Würde des Monarchen auch einen Angriff auf den Adel selbst als Träger der respublica dar. Denn es sei doch der Adel gewesen, der ihn aus freien Stücken zum König und Großfürsten erhoben habe. Jegliche Ehrabschnei621
Vgl. Kap. 2.3.2, S. 264 Sejm Walni Warszawski Anno Domini 1607, BRacz rkps 18, 271v. 623 Ebenda, 273r. 624 Ebenda, 274v. 625 Ebenda, 273v. 626 Vgl. Kap. 4.1.2, S. 438 f. 622
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dung und Minderung der königlichen Würde träfe mithin einerseits die Wähler selbst, andererseits auch alle Vorfahren der königlichen – jagiellonischen – Dynastie.627 Offensichtlich verfehlte die persönliche Ansprache des Monarchen ihre Wirkung nicht. Jedenfalls konstatierte der Diarienschreiber reichen Tränenfluss und hohe Befriedigung bei den Zuhörern – in einer der insgesamt für alle Sejmberichte recht selten expliziten Berichterstattung über die Reaktionen auf eine Rede, was mithin nicht unbedingt deren Wahrheitsgehalt belegt, jedoch zumindest nochmals die Bedeutung unterstreicht, die der königlichen Oration als solcher beigemessen wurde.628 Nichtsdestoweniger hatte Sigismund im Kern ein unverhohlen kompromissloses Auftreten gegenüber den verbliebenen Rokosz-Anhängern gezeigt. Andererseits befleißigte sich der Wasa geschickt einer integrativen Ansprache des gesamten Adels, indem er dessen intrinsische Verbindung mit dem Monarchen durch die Wahl betonte. Dies konnte der König umso mehr vor dem Hintergrund eines Punktsieges tun, den er errungen hatte. In Übereinstimmung mit den Forderungen von Sandomierz hatte Sigismund selbst rund zwei Wochen zuvor während der Sejmberatungen eine gerichtliche Konvokation ausgeschrieben. Während die Aktivitäten des ordentlichen Sejmgerichts im Jahr 1607 suspendiert worden waren, sollte für den Termin kurz vor Schluss der Sejmberatungen ein Sondergericht zusammentreten. Es war aus Senatoren und Landboten zusammengesetzt und hatte konkrete Anklagen gegen etwaige schlechte Berater oder den Monarchen selbst zu verhandeln.629 Wie zu erwarten, stellte sich jedoch kein Kläger aus den Reihen des Rokosz vor diesem Sejmgremium ein. Demonstrativ wartete man dabei bis zum Abend des 13. Juni, doch wo kein Kläger, da kein Beklagter. Vor diesem Hintergrund konnte der König schließlich in den späten Abendstunden umso triumphaler die gegen ihn und die Senatoren gerichteten Vorwürfe als unbegründet und bösgläubig zurückweisen. Manifestierte sich auch bis zum Ende des Sejms kein offizieller Kläger aus den Reihen des Rokosz, war die Kommunikation zwischen der parallel stattfindenden Adelsversammlung und der Ständeversammlung nichtsdestoweniger intensiv. Schon darüber, dass die zum Rokosz versammelten Adligen
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Sejm Walni Warszawski Anno Domini 1607, BRacz rkps 18, 273v.–274r.; eine andere, kürzere und im Wortlaut abweichende Version der Rede Sigismunds ist überliefert als: Przemowa K J Mci die 13 Junii Anno Domini 1607 w Warszawie na Seymie do Ich Mci PP Senatoro´w y Posło´w wszytkich wobec uczyniona, BOss rkps 6603/II, 528. Zitiert wird hier aus der Version des Diariums der Raczyn´ski-Bibliothek. 628 Sejm Walni Warszawski Anno Domini 1607, BRacz rkps 18, 274v. Der gesamte Sigismund III. gegenüber empathische Ton des Kurzdiariums verlangt in Hinsicht auf die Zuhörerreaktionen zumindest ein gerüttelt Maß an quellenkritischer Distanz. 629 Zur Suspendierung der üblichen Sejmgerichtsbarkeit: Sejm Walni Warszawski Anno Domini 1607, BRacz rkps 18, 271v.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
das außerordentliche Sejmgericht als gültige Instanz ablehnten, hatte es bereits im Vorfeld einen Austausch von Delegationen gegeben. Für die Widerständigen war ein – in ihrer Lesart – vom Monarchen eingesetztes und mit den Schuldigen als Richtern besetztes Tribunal jedenfalls keine hinnehmbare Kompromissoption.630 Unmittelbar zu Beginn der Beratungen kam den Landboten ein Schreiben des widerständigen Adels zu. Argumentativ Neues brachte die Abordnung des Rokosz zu den Sejmabgeordneten nicht, beklagte deren Instruktion doch in erster Linie die Unfähigkeit des Sejms, unter dem Einfluss der „Fremden“ und des Hofes, dem Vorherrschen von privata und falschen Versprechungen effektive Entscheidungen zum Schutz von Rechten und Freiheiten des Adels zu treffen.631 Dem stand die geschlossene Antwort der Landbotenkammer gegenüber, die nicht nur die Berechtigung des Sejms als Beratungsort betonte, sondern geradezu biblisch unterstrich, man müsse sich nun unter dem „einen Hirten, dem König“ als Herde versammeln.632 Bemerkenswert an diesem Austausch war in diesem Zusammenhang vor allem der Grad an gezielter Unklarheit. Keines der Schreiben formulierte konkrete Forderungen. Vielmehr dissimulierte man die offensichtlichen Konsequenzen der jeweiligen Position. Von den entgegengesetzten Ausgangspunkten bestand man beiderseits auf der notwendigen Einigkeit des Adels. Allerdings unterließ es dabei der Rokosz, die Landboten klar und deutlich aufzufordern, den Sejm zu verlassen. Ebenso wenig empfahl die Landbotenkammer, die Versammlung des Rokosz unumwunden als illegitime Zusammenkunft aufzulösen. Auf diese Weise hielt man sich gegenseitig einen möglichen Verhandlungsweg offen, der doch auf der anderen Seite durch eine nun zusehends verfestigte Frontenbildung bereits verbaut schien. In diesem Zusammenhang ist wiederum zu berücksichtigen, dass es sich – wie gezeigt – weder im Fall des Rokosz noch im Fall des Sejms um vollkommen homogene Lager handelte. Entsprechend mühte sich Piotr Gorajski als Landbote mit Kräften, die übrigen Abgeordneten zu einer wohlwollenden Haltung gegenüber dem Rokosz zu bewegen. Die Verhandlungen auf dem Sejm zu stoppen, gelang ihm zwar nicht, doch sandte die Landbotenkammer gemeinsam mit dem Senat nicht zuletzt auf sein Betreiben hin, ein Schreiben an Mikołaj Zebrzydowski.633 Hierin wurde der Krakauer Wojewode aufgefordert „an diesem Platz
630 Instructia Ich Mcion Panom Posłom do Ich Mci Pano´w Senatoro´w Coronnych y WX Lithowskich w Warszawie na ten czas be˛da˛cych z obozu Rokoszowego spod Sieciechowa 1 Junii 1607, BOss rkps 6603/II, 509–513. 631 Instructia Ich Mcion Panom Posłom od Koła Rokoszowego do Ich Mci Pano´w Posło´w Coronnych y WX Lithowskich w Warszawie pod ten czas be˛da˛cych z obozu pod Wa˛chockiem 7. Maii 1607 podana, BOss rkps 6603/II, 500–502. 632 Odpis na list PP. Rokoszano´w od P. (sic!) Posło´w, BOss rkps 6603/II, 503–503. 633 Sejm Walni Warszawski Anno Domini 1607, BRacz rkps 18, 271r.–271v.
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des Sejms“ die von ihm lang angedeuteten Vorwürfe einer absolutistischen Verschwörung zu erläutern und die entsprechenden Beweise beizubringen.634 Zebrzydowski seinerseits lehnte es ab, auf dem Sejm zu erscheinen. Dies begründete er nicht allein damit, dass er bereits alle Beweise in Ste˛z˙yca und auf den anderen Adelsversammlungen beigebracht hätte. Vielmehr erinnerte er an seine unwürdige Behandlung in Janowiec und stellte schon den Verfahrensweg seiner persönlichen Konvokation in Frage. „Die Art, mich einzuberufen ist ungewöhnlich und die Gründe hierfür sind seltsam und die Einigkeit beider Kreise (Senat und Landbotenkammer, K.L.) ist noch seltsamer.“635 Die Irritation über die offensive Zusammenarbeit von Landbotenkammer und Senat teilte Zebrzydowski dabei mit den beim Rokosz weilenden Adligen. Wenn die Kommunikation zwischen Landbotenkammer und Adelsversammlung Anfang Mai, also zu Beginn des Sejms, noch von einer demonstrativen Zurückhaltung geprägt war, fiel der Ton rund einen Monat später schon wesentlich heftiger aus. Die Rokosz-Teilnehmer forderten die Landboten nun ohne Umschweife zum Verlassen des aus ihrer Sicht fruchtlosen und gefährlichen Treibens auf dem Sejm auf. Besonders verärgert zeigte sich das Schreiben des Rokosz an die Abgeordneten darüber, dass „die Konsultationen unter einer unüblichen Vermischung des Kreises Ihrer Liebden und des senatorischen Kreises abgehalten“ würden.636 In der Tat schien der Rokosz nun auf verlorenem Posten, wenn die erdrückende Mehrheit der lokalen Adelsgemeinschaften über die Landboten als deren Repräsentanten auf dem Sejm der radikalisierten Argumentation vom Senat als Brutstätte des Absolutismus offensichtlich nicht folgten. Über Spannungspotential verfügten die Konstellationen innerhalb des Sejms jedoch zur Genüge. Die Friktionslinien entwickelten sich hierbei jedoch weniger an der hierarchischen Grenze zwischen Landbotenkammer und Senat als zwischen konfessionellen Positionierungen. Während der Beratungen über die Artikel von Wis´lica und Sandomierz wurde allerdings nochmals deutlich, dass die Konfessionsfrage nicht die alleinige Wurzel von Spannungen darstellte. Jedoch wurden die Themen der geistlichen Gerichtsbarkeit, der Klärung von Kompetenzen zwischen geistlichen und weltlichen Ständen und die Frage nach Sicherheit der Nichtkatholiken, also generell die Umsetzung der Warschauer Konföderation, vor dem Hintergrund einer krisenhaften Gesamtlage wie schon in den Jahren zuvor zu neuralgischen Streit634
List do Jego Mci Pana Wojewody Krakowskiego z podpisem X. Cardinała, y P. Marszałka Koła Poselskiego, BOss rkps 6603/II, 504. 635 Respons od Pana Wojewody Krakowskiego na ten list, BOss rkps 6603/II, 504–506, hier 504. 636 Instructia Ich Mcion Panom Posłom od Koła Rokoszowego do Ich Mci Pano´w Posło´w Ziemskich Coronnych y WX Lithowskich w Warszawie na ten czas be˛da˛cych dana 1 Junii 1607, BOss rkps 6603/II, 514–515, 514.
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punkten. Die heftigen Diskussionen insbesondere um die in Sandomierz verlangte Verurteilung religiös motivierter Übergriffe führten zu keinem Ergebnis.637 In den Sejmkonstitutionen stellte die Auslassung dieses Beratungspunktes die letzte Konsequenz der unvereinbaren Haltungen zwischen Katholiken und Evangelischen dar. Demgegenüber konnten die Orthodoxen einen deutlichen Sieg erringen, da ihre angestammten Rechte und Privilegien in erster Linie gegenüber der Unierten Kirche explizit geschützt wurden.638 Abgesehen hiervon arbeitete sich der Sejm in seiner Kommissionsverfassung ausgesprochen schnell und wenig kontrovers durch die Beratungspunkte. In diesem Sinne erschienen die Konstitutionen am Ende zu einem erheblichen Teil als mehr oder weniger unmittelbare Aufnahme der Artikel von Wis´lica.639 Weitgehend bestanden sie demnach zuvörderst aus mehrfachen Bestätigungen der Wahlkapitulationen – angefangen von der freien Königswahl, über das Verbot von Fremden am Hof und die rasche und ordnungsgemäße Vergabe von Vakanzen an verdiente Adlige oder die Rückgewinnung Estlands bis hin zum Bau einer Flotte.640 An einigen Stellen hingegen kam es zu stärkeren Konkretisierungen. Dies betraf vor allem die „compositio inter statibus“, zu der eine gemeinsame Kommission aus weltlichen und geistlichen Ständen eingesetzt wurde. In diesem Kontext suspendierte man ebenso die Zehntzahlung für Nichtkatholiken bis zu einer endgültigen Ausführungsregelung zur Warschauer Konföderation oder verpflichtete die geistlichen Stände zur Zahlung von regelmäßigen Militärabgaben.641 Angesichts der Absolutismusvorwürfe bildete allerdings die Regelung über die SenatorenResidenten als ständige Räte beim Monarchen sicherlich eines der greifbarsten Ergebnisse des Rokosz. Mit dem Gesetz von 1607 wurden mit sofortiger Wirkung für die folgenden zwei Jahre jeweils für ein halbes Jahr vier Senatoren, darunter immer zwei Kastellane und ein Bischof sowie ein Wojewode, namentlich benannt. Deren Beschlüsse sollten zukünftig als „senatus con637
Sejm Walni Warszawski Anno Domini 1607, BRacz rkps 18, 271v.–273r.; Seim walny warszawski ad diem 7 Maii 1607, BCzart rkps 339, 375v.–376r. 638 Konstytucye sejmu walnego koronnego w Warszawie roku pan´skiego 1607, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609, Volumen 2: 1587–1609, ed. v. Stanisław Grodziski u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2008, 336–360, 346 f. Dass der Rokosz vor allem ein kronpolnisches Phänomen war, zeigt sich an dieser Stelle auch auch an den komplett abweichenden Konstituionen für das Großfürstentum Litauen, vgl. Konstytucye Wielkiego Ksie˛stwa Litewskiego na sejmie walnym koronnym warszawskim w roku 1607, in: ebenda, 360–366. 639 Pawłowska-Kubik betont in diesem Zusammenhang, dass die Konzentration auf die Artikel von Wis´lica nicht überschätzt werden sollte und durchaus etliche, wenn auch nachrangige, Punkte des Rokosz in die Sejmkonstitutionen aufgenommen wurden: P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 172 f. 640 Konstytucye sejmu walnego 1607, bes. 338–342. 641 Ebenda, 342 f.
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sulta“ schriftlich festgehalten und von der Kanzlei registriert und auf den kommenden Sejmen als Rechenschaft vorgelegt werden.642 Dass alle diese Maßnahmen den Rokosz nicht überzeugen konnten, war bereits nach der fruchtlosen Kommunikation mit Landbotenkammer und Senat während der Verhandlungen absehbar. Deutlich wurde dies ein weiteres Mal durch die Artikel, die die verbliebenen Rokosz-Anhänger Anfang Juni beschlossen und dem Sejm zur Kenntnis gaben. Inhaltlich waren sie ganz auf den Vorwurf einer absolutistischen Herrschaft zugeschnitten, wobei nun insbesondere die Habsburger und die Jesuiten neben den schlechten Beratern als Hauptgefahr ausgemacht wurden. Entsprechend forderte man nicht nur die Ausweisung des Ordens aus dem Doppelreich, sondern wollte auch jegliche Bewegungsfreiheit der Königin unterbinden. Ihr sollten Fahrten durch das Reich verboten werden und sämtliche nichtpolnische Mitglieder ihres Hofstaates wollte man des Landes verweisen. Die Warschauer Konföderation spielte dagegen überhaupt keine Rolle mehr, während die Rechtswahrung der Orthodoxen explizit in den Forderungskatalog aufgenommen wurde.643 Im Laufe der Sejmsitzung hatten sich die Rokosz-Anhänger zwar der Ständeversammlung mithin nicht inhaltlich, so doch in bedrohlicher Weise geographisch genähert. Vom kleinpolnischen Je˛drzejo´w in der Wojewodschaft Sandomierz aus waren die bewaffneten Konföderierten westlich der Weichsellinie nach Norden gezogen. Sie schlugen an mehreren Orten Lager auf, von denen aus sie jeweils mit dem Sejm Gesandtschaften austauschten. Auf diese Weise gelangten sie über Wa˛chock, Sieciecho´w und Czersk gegen Ende Juni nach Jeziorna, einer kleinen Ortschaft nur rund zwanzig Kilometer vor den Toren Warschaus. Am selben Tag, an dem Sigismund III. auf dem Sejm seine oratorische Zuwendung zum Adel zelebrierte, verfassten die Adligen des Rokosz ein Sendschreiben an den Adel des gesamten Doppelreiches. Ihre Geduld mit den Landboten und Senatoren auf dem Sejm sei erschöpft. Der Rokosz, ein „Akt, mit dem die Tugend poliert und vermehrt wird“, werde mit Füßen getreten und in den Dreck gestoßen.644 Nun sei es Zeit, dass sich der gesamte Adel dem Rokosz anschließe und nicht zögere, sein Blut für Rechte, Freiheiten, aus Liebe und zum höheren Ruhm der respublica zu vergießen.645 Diese Antwort stand wiederum am Ende von Verhandlungsversuchen zwischen einer Sejmabordnung aus Senatoren und Landboten einerseits und insbesondere Janusz Radziwiłł als Marschall des Rokosz andererseits. Wie es um deren Basis allerdings bestellt war, zeigte die zusammenfassende Reaktion Radziwiłłs nur allzu deutlich, der die Gesprä642
Ebenda, 339 f. Artikuły z Rokoszu spod Warszawy die 1 Junii, BRacz rkps 18, 216v. 644 Universał na Czne ludowanie Rokoszu wydany, BOss rkps 6603/II, 523–525, 525. 645 Ebenda, 523 f. 643
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che abrupt zum Ende kommen ließ. Die Deputierten des Sejms wollten nach Warschau zurückkehren und er müsse zurück in den Beratungskreis des Rokosz. Alles in allem, bemerkte Radziwiłł, hätten weitere Diskussionen auch wenig Sinn, denn er verfüge sowieso über keinerlei Verhandlungsvollmachten.646 Die Grundlage einer weitgehend gewaltfreien Auseinandersetzung zwischen den malcontents und ihren Gegnern basierte seit Beginn der Adelsversammlungen in Ste˛z˙yca auf dem verbalen Austausch zwischen den Konfliktparteien. Dabei handelte es sich grundsätzlich niemals um ein hierarchiefreies Sprechen, schließlich beanspruchten die Dialogteilnehmer auf Basis verschiedener Begründungen stets eine graduelle Überlegenheit gegenüber dem Kontrahenten: Die Rokosz-Anhänger rechtfertigten ihre überlegene Sprechposition aus adliger Ehre und Tugend gleichermaßen wie aus der Konstruktion des Rokosz als quasi-souveräne Zusammenkunft des Gesamtadels. Demgegenüber blieb Sigismunds Kommunikationshaltung durch den Herrschaftsanspruch seiner königlichen maiestas und der Dynastie geprägt. Entsprechend brachten die Senatoren an seiner Seite ihre adlige Tugend, Ehre und die obrigkeitliche Autorität ihres Amtes in Anschlag. Nichtsdestoweniger unterlag dem fortwährenden Sprechen miteinander zumindest implizit die Fiktion eines Austauschs zwischen gleichermaßen im Rahmen des Gemeinwesens Redeberechtigten. Diese Grundvoraussetzung des verbalen Austauschs hatte spätestens mit dem Akt von Janowiec einen Bruch erfahren. Zwar hatte Janowiec keineswegs zur erfolgreichen Unterwerfung der hochadligen Anführer des Rokosz geführt. Dennoch waren durch das militärische Präludium und die zeremonielle Behandlung Radziwiłłs und Zebrzydowskis die Schranken des Sagund Machbaren innerhalb einer Monarchie aufgezeigt worden. Den nachfolgend stetig weitergeführten schriftlichen und mündlichen Verhandlungen waren demnach noch wesentlich deutlicher als zuvor enge Grenzen gesetzt. Keine der Konfliktparteien konnte ohne irreparablen Legitimitäts- beziehungsweise Autoritätsverlust substanziell von inhaltlichen Positionen abweichen. Darüber hinaus hatte es das königliche oder legitimistische Lager verstanden, mit dem Sejm von 1607 eine unter den lokalen Adelsgemeinschaften mehrheitsfähige Strategie einzuschlagen. So hatte man auch die institutionelle Glaubwürdigkeit der Ständeversammlung und damit die Anerkennung von dessen verbindlichen Herrschaftskompetenzen weitgehend wiederherzustellen gewusst.647 Vor diesem Hintergrund schien es nur folge646 Gesta pod Warka˛ y w Piasecznie na Deputaciey pod Czerskiem, BK rkps 316, 67v.–70r., 69r. 647 Auch Edward Opalin´ski unterstreicht, dass der Sejm seine institutionelle und rechtliche Position gegenüber dem Rokosz 1607 erfolgreich verteidigen konnte und dass Janowiec einen Bruchpunkt im Geschehen darstellte: O, Problem uczestnictwa, 131.
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richtig, wenn Janusz Radziwiłł mit seiner Antwort an die Sejmdelegation am 12. Juni in Czersk zum ersten Mal in dieser Form den weiteren grundsätzlich friedlichen, da verbalen, Konfliktaustrag aufkündigte. Noch zehn Tage nach dem Ende der Sejmberatungen unternommene Versuche, über eine Kommission aus Senatoren und Landboten die Verhandlungen mit dem Rokosz fortzusetzen, liefen mithin auf ein ergebnisloses Scheitern hinaus.648 Ihnen war im Übrigen bereits am 18. Juni ein königliches Universal vorausgegangen, das den Rokosz unter Androhung weiterer Maßnahmen „mit dem Allgemeinen Recht und des einigen Beschlusses des jetzigen Sejms“ zur Auflösung aufforderte.649 Der Monarch konnte nun in seinem Schreiben zur Begründung auf die erfolgreichen Beratungen des Sejms verweisen. Intensiver als bislang geriet hier die Schilderung des Rokosz als zerstörerisches Element. Nicht nur Sejm und Sejmiki sollten von dessen Unterstützern zum Scheitern gebracht werden, auch deren Charakter als obrigkeitsverachtende Landfriedensstörer wurde mehr denn je in den Mittelpunkt gerückt. Sie hätten „unerhörte Gewalttaten und Morde an unseren Untertanen“ zu verantworten.650 Die Logik der Quellenüberlieferung suggeriert, dass sich das Gewicht des Handelns im Laufe der ersten Hälfte des Jahres 1607 hin zum Sejm und den Gegnern des Rokosz verschoben habe. Während zu den Adelsversammlungen von 1606 in Ste˛z˙yca, aber vor allem in Lublin und Sandomierz, eine äußerst umfangreiche und detaillierte Diarienliteratur vorliegt, ebbt die Dokumentation der Rokosz-Versammlungen von 1607, angefangen mit Koło, dagegen merklich ab. Dies mag zum einen mit den deutlich geringeren Teilnehmerzahlen der Versammlungen zu erklären sein, die entsprechend die Überlieferungschancen durch weniger potentielle Berichterstatter einschränkte. Darüber hinaus waren möglicherweise die in Wa˛chock, Sieciecho´w und Czersk aufgeschlagenen Kreise bedingt durch die beständige Mobilität und immer stärkere Militarisierung der Rokosz-Teilnehmer ephemerer und improvisierter angelegt als zuvor. Zum anderen jedoch scheint diese Informationsselektion einer ausgeprägten Eigenlogik zu folgen – und dies abgesehen davon, dass der parallel abgehaltene Sejm traditionellerweise und der Zumessung seines institutionellen Rangs entsprechend generell eine recht hohe Aufmerksamkeit und damit einhergehende Berichterstattung generierte.651 Die Nachrichten vom Rokosz beschränken sich nach der Versamm-
648 W, Wypowiedzenia posłuszen´stwa, 180 f.; M, J, W przededniu bitwy guzowskiej, in: Z dziejo´w wojny i polityki (FS Janusz Wolin´ski), Warszawa 1984, 179–189. 649 Universał Kro´la Jego Mci, BOss rkps 6603/II, 533–536, 536. 650 Ebenda, 534. 651 Schließlich hatte im Vergleich hierzu die parallel zum Sejm stattfindende Versammlung von Ste˛z˙yca im Vorjahr eine bedeutend dichtere Diarienproduktion provoziert. Gerade an dieser Stelle drängt sich die schon vor Längerem von Arnold Esch formulierte
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lung von Je˛drzejo´w in diesem Sinne weitestgehend auf die Texte der Instruktionen und Verhandlungsangebote beziehungsweise -ablehnungen zwischen den Konfliktparteien. Der Sejm erscheint dagegen – über die Überlieferung der Senatorenvoten und die summarischen Schilderungen der Verhandlungen – als aktiver Handlungsort des Gemeinwesens. Ein Schlüsseldokument des Rokosz ist wiederum in zahlreichen Abschriften überliefert, ohne dass jedoch dessen Versammlungskontext, anders als etwa im Fall des Bundesschlusses des Rokosz, einer intensiven Überlieferung teilhaftig geworden wäre.652 Am 24. Juni, unmittelbar nach dem Abbruch der letzten Verhandlungsversuche mit der letzten vom Sejm ausgesandten Delegation, kündigten die in Jeziorna versammelten Adligen dem Monarchen den Gehorsam auf. Der Akt von Jeziorna ging dabei von der rechtlichen Annahme aus, dass Sigismund Wasa die von ihm beschworenen Pacta conventa der Wahlkapitulation nicht eingehalten hätte653 und der Adel somit auf den Artikel De non praestanda oboedientia zurückgreifen müsse.654 Der König habe sich dabei nicht allein am Gemeinwesen vergangen, sondern
Feststellung zum Umgang mit Quellen auf, in der er darauf hinweist, „daß wir Unvollständigkeit nicht immer erkennen oder gar nicht wahrhaben wollen; daß wir Verlorenes unbewußt kompensieren, statt es in klarem Bewußtsein über das Gefälle unserer Argumentation (von dem, was wir haben, zu dem, was wir brauchen) zu erschließen; daß wir Fehlendes durch lineare Verlängerung von Vorhandenem beiläufig auffüllen (weil uns im Zweifelsfall nichts Besseres einfällt als die Annahme, es müsse wohl geradeaus weitergegangen sein).“ (E, A, Überlieferungs-Chance und Überlieferungs-Zufall als methodisches Problem des Historikers, in: Historische Zeitschrift 240.3 (1985), 529–570, 557. 652 Die Quellenlage ist hier angesichts dieses das gesamte System des Gemeinwesens erschütternden Präzedenzfalls bemerkenswert dünn, zumindest im Vergleich zur überbordenden Überlieferung für die Versammlungen des Rokosz im Jahr 1606. Sie beschränkt sich auf wenige kurze Zusammenfassungen: A.d. 1607. Terminatia tego, co sie˛ działo pod Warszawa˛, BJ rkps 102 (Miscellanea do panowania Zygmunta III), 235–250; Terminatio tego, co sie˛ działo pod Warszawa˛, AGAD ZBS 148/172, 562r.; zu den Verhandlungen mit der Sejmkommission im unmmitelbaren Vorfeld der Aufkündigung des Gehorsams außerdem: Gesta pod Warka˛ y w Piasecnie na Deputaciey pod Czerskiem. BK rkps 316, 67v.–70r.; Gesta pod Cerskiem, BK rkps 316, 70r.–71v.; sowie in eben dieser Handschrift aus der Ko´rnicki-Bibliothek die Voten von Mikołaj Zebrzydowski, Stanisław Stadnicki und Jan Szcze˛sny Herburt vom 16. Juni 1607, 71v.–78r. 653 Dekret wypowiedzenia posłuszen´stwa Zygmuntowi Trzeciemu na Rokoszu pod Jeziorna˛ w Obozie 20. Junii 1607, Bczart rkps 103 (Teka Naruszewicza T. 103 (1607)), 401–405, 401 f. Hier wird nach der Abschrift aus der klassischen vielbändigen handschriftlichen Kopiensammlung von Dokumenten aus dem Kronarchiv zitiert. Das Original des Aktes wird in der Czartoryski-Bibliothek in Krakau verwahrt. Daneben liegen zahlreich andere Abschriften vor. Insbesondere wurde im 19. Jahrhundert von Tytus Działyn´ski auch ein Faksimile des Originalakts publiziert, das aber angesichts des Fehlens von Titel, Jahres-, Orts- und Seitenangaben kaum zitierfähig ist. 654 Ebenda, 404.
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auch die Jagiellonen-Dynastie verraten.655 Die konkreten Vorwürfe, aus denen der Tatbestand des Bruchs der Wahlkapitulation abgeleitet wurde, waren die Heranziehung von Fremden als „Helfern“, die Vernachlässigung beziehungsweise die Ungleichbehandlung einzelner „Provinzen“ des Reiches, die mutwillige Preisgabe von außenpolitischen Bündnissen, will heißen insbesondere mit Moskau, die Beförderung von Uneinigkeit im Innern durch Schaffung von Faktionen sowie die Vernachlässigung der Rechtspflege und in diesem Zusammenhang die Vergewaltigung geltenden Rechts im Allgemeinen.656 Die bereits zwanzig Jahre währende Geduld des Adels mit dem Monarchen sei nun spätestens mit der erneuten „größeren und beklagenswerten oppressia“ auf dem jüngsten Sejm an ihr Ende gekommen.657 Hier habe Sigismund noch nicht einmal seinen eigenen in Wis´lica formulierten Artikeln Genüge getan. In der Folge forderte der Rokosz den Adel allgemein auf, dem König ebenfalls den Gehorsam aufzukündigen, schließlich werde ansonsten jeder, der sich diesem Vorgehen nicht anschlösse, zum „Helfer der Tyrannei und zum Feind des Vaterlands“.658 In diesem Kontext spezifizierte das Schreiben jedoch noch einmal genauer, welche Personengruppen insbesondere dazu verpflichtet seien, sich dem Rokosz unter dieser Maßgabe anzuschließen. Diese Auflistung wirft ein bezeichnendes Licht darauf, welche Ämter und Würden als tragend für das Gemeinwesen definiert wurden. Hierzu gehörten die Senatoren und Höflinge einerseits sowie andererseits die Amtsträger der strategischen Bereiche von Finanzen und Justiz wie die Kämmerer, Starosten, Pächter von Krongütern, Zolleinnehmer, Stadt- und Burgvögte, Richter aller Instanzen und Tribunale.659 Jeder tugendhafte Adlige habe sich dem Rokosz anzuschließen. Besonders diese letzte Forderung mochte als besonders zwingendes Argument daherkommen – schlussendlich musste doch jeder rechte Adlige auch tugendhaft sein. Im Vergleich zur Bundesakte des Rokosz war die Zahl der Tugendhaften jedoch äußerst gering. Durch die sehr unklare Anordnung, Unterschriften im Namen von Familienmitgliedern und mehrfache Unterschriften derselben Personen ist die Zahl der tatsächlichen Unterzeichner sehr schwer abzuschätzen; sie wurde auf etwa vierhundert geschätzt.660 Hierunter fanden 655
Ebenda, 401. Ebenda, 402 f. 657 Ebenda, 403. 658 Ebenda, 405. 659 Ebenda, 404. 660 M, J, Jeziorna 1607 (woko´ł uniwersału detroniza˛cujego – rekonesans badawczy), in: Mirosław Nagielski (Hg.), S´wiat pogranicza (FS Tadeusz Wasilewski), Warszawa 2003, 205–210, 207. Dem schließt sich etwa auch Pawłowska-Kubik an, die betont, dass es sich angesichts der Zahl der Versammlungsteilnehmer um eine sehr geringer Unterzeichnerzahl gehandelt habe: P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 176 f. 656
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sich erwartungsgemäß jene einschlägigen Wortführer, die sich im Laufe des Rokosz in herausragenden Rollen hatten etablieren können wie Stanisław Stadnicki, Piotr Gorajski, Marcin Broniewski, Piotr Łaszcz oder Prokop Pe˛kosławski. Es schlossen sich dagegen, wie sich bereits längere Zeit zuvor bereits abgezeichnet hatte, nur wenige höhere beziehungsweise senatorische Würdenträger an: neben dem Litauischen Mundschenk Janusz Radziwiłł lediglich die Wojewoden Mikołaj Zebrzydowski und Zygmunt Grudzin´ski sowie die Kastellane Piotr Stabrowski, Hieronim Rozraz˙ewski und Marcin Sierakowski.661 Während sich die Zahl der Katholiken und Evangelischen die Waage hielt,662 zeigte die regionale Verteilung der Unterzeichner deutliche Ungleichgewichte, wobei kaum erstaunlich die kleinpolnischen Wojewodschaften Krakau, Sandomierz und Lublin an der Spitze standen, mit deutlichem Abstand gefolgt von den Großpolen. Hingegen spiegelte sich die weitgehende Absenz der Litauer aus dem Rokosz auch in diesem Fall wider. Lediglich zwölf Adlige aus dem Großfürstentum schlossen sich der Aufkündigung des Gehorsams an.663 Alles in allem waren damit dem radikalsten Schritt des Rokosz nur vergleichsweise wenige seiner früheren Unterstützer gefolgt. Solange sich die Adelsversammlungen und der Bundesschluss noch knapp innerhalb der Koordinaten der Mischverfassung bewegten, hatten sie in der Dynamik des Geschehens, wenn nicht auf ein massenhaft hingebungsvolles, so doch auf ein zahlreiches und wohlgesonnenes Echo zählen können. Die Aufkündigung des Gehorsams hingegen überschritt definitiv eine rote Linie zu einer wohl unausweichlich gewaltsamen Auseinandersetzung. Dies war schon in den Tagen vor dem offiziellen Akt deutlich geworden, als der König noch während der anhaltenden Verhandlungen mit dem Rokosz begonnen hatte, Truppen in Richtung des gegnerischen Lagers zusammenzuziehen.664 Damit schien man bei dem von Jan Szcze˛sny Herburt schon vier Monate zuvor vorhergesagten „Finale des Rokosz“ angelangt. Ob dieses Finale jedoch schon zu diesem Zeitpunkt als Ende des Rokosz im Sinne von dessen Abschluss verstanden werden sollte, wie es etwa ein königstreuer Beobachter tat, war fraglich.665 In den Beratungen der letzten Junitage hatte auch Herburt in einer Rede die Wendung vom „Ende des Rokosz“ aufgenommen. Letztere erschien bei ihm hingegen nun semantisch weniger auf einen Schluss
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M, Jeziorna 1607, 206. Ebenda, 209. 663 Ebenda, 206–208. 664 G, Guzo´w, 25. 665 Opisanie prawdziwe i dostateczne rozwiedzienia rokoszu pod Janowcem przeciwko listowi, od Pana Szwagra incerto auctore wydanemu 8 Octobris 1606, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 154–180, 180. 662
4.3 Papierkrieg: Argumentative Radikalisierungen
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zuzulaufen, sondern formulierte im Gegenteil die Bestimmung des Rokosz: „Das Ende dieses Rokosz, das Ende eines Rokosz ist es, Recht zu setzen […], auf dieses Ende haben wir zu zielen, dass wir beide Rechte (öffentliches und privates, K.L.) verbessern.“666 Angesichts der nun sehr rasch einsetzenden Kriegshandlungen bestand auch Janusz Radziwiłł in seiner Einberufung des Allgemeinen Aufgebotes durch den Rokosz auf dessen besonders virulenter Weiterexistenz. Sein Schreiben erinnerte dabei die lokalen Adelsgemeinschaften an die Verpflichtung, die alle Unterzeichner der Konföderation eingegangen waren. Sie hätten nun dafür auch mit Waffen einzustehen, was sie mit „ihre(n) Namen unter Verpflichtung des Glaubens, der Ehrlichkeit und des Gewissens mit den Unterschriften ihrer Hände“ als Bundesschluss bekräftigt hätten.667
4.3 Papierkrieg: Argumentative Radikalisierungen In einem der zahlreichen Handschriftenkonvolute des 17. Jahrhunderts, die Texte zum Geschehen der Jahre 1606 bis 1608 versammeln, findet sich eine eigene Kapitelüberschrift, die dem Leser im Folgenden Verschiedene Texte während der Versammlungen des Rokosz von Ste˛z˙yca, Lublin und Koprzywnica ankündigt.668 Den Auftakt zu den zu erwartenden Pamphleten macht hingegen keine Schrift von 1606, also aus dem Jahr der Versammlungen, sondern die letzte Rede Jan Zamoyskis auf dem Sejm von 1605, kurz vor seinem Tod. Die Berufung auf die Autorität des verstorbenen Kronkanzlers gehörte zu den oft gepflegten Übungen der Rokosz-Anhänger.669 Insofern war die hier offensichtliche spätere Verbreitung von dessen Senatsvotum als Manuskript keineswegs erstaunlich. Allerdings zeigt der Umgang mit dem Redetext deutlich die Charakteristika der zeitgenössischen politischen Kommunikation, die auch im Kontext des Rokosz virulent wurden. Das ZamoyskiÆsche Senatsvotum kursierte dabei in vier verschiedenen Handschriftenredaktionen, 666 Mowa Szcze˛snego Herborta, BK rkps 316, 75r.–76r., 75r. Zur zeitgenössischen semantischen Offenheit des Wortes „koniec“ im Polnischen vgl. Art. koniec, in: Słownik Polszczyzny XVI wieku, Tom 10, Wrocław u.a. 1976, 538–563, 543–551. 667 Universal rokoszanow na pospolite ruszenie przesz pany deputati spiszany, 233r.–233v., 233v. (1268) 668 BRacz rkps 18, 241r. 669 ˙ Załosna mowa Rzpltej polskiej pod Koprzywnica˛ do zgromadzonego rycerstwa roku 1606, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom. 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 96–102, 97; Przestroga Rzpltej potrzebna, kto´ra˛ kanclerz on Zamoyski dwiema szlachcicom godnym wiary, ukazawszy sie˛ niedawno, in publicum podac´ i komus´ nalez˙y, odnies´c´ kazał, in: ebenda, 148–159; Votum, in: ebenda, 459–461, 460 Fn. 1; vgl. auch mit verschiednene Beispielen: M, Wojna domowa, 115, 145, 257, 357 f.
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von denen vor allem eine sich deutlich heraushob. Es handelte sich um eine gekürzte Fassung, die etwa den außenpolitischen Teil der Rede weitgehend wegließ. Im Gegenzug baute sie sie um manche Punkte wie die Hochzeit Sigismunds mit Konstanze von Habsburg und den Eid des Königs auf die Wahlkapitulation in weitaus drastischeren Formulierungen als in den übrigen Versionen aus.670 Im Gegensatz dazu konnten Reden als Flugschriften länger ausfallen und etwa um anspruchsvollere Versatzstücke der politischen Theorie ergänzt werden. So geschah es beispielweise im Fall von Prokop Pe˛kosławskis programmatischer Erklärung zu Beginn der Versammlung von Sandomierz. Der Text dieser Rede, der einerseits aus den Diarien der Zusammenkunft bekannt ist, stellte andererseits späterhin den Kern einer weit verbreiteten Handschrift unter dem Titel Absolutum dominium quid sit? dar. Zumindest durch die Betitelung seines unmittelbar oratorischen Ursprungscharakters entledigt, erfuhr dieser Text wiederum eine Ergänzung durch einen Schlussteil. Hier wurden die vorherigen Aussagen mit ausführlichen Zitaten aus Machiavelli angereichert und damit politiktheoretisch fundiert beziehungsweise noch verschärft.671 Es war ein gängiges Phänomen, dass die in einem performativen mündlichen Akt gehaltene Rede durch die Mitschrift oder eine nachträgliche Verschriftung zu dauerhaft greifbaren – und für die historische Forschung einzig greifbaren – Texten modifiziert wurden. Diese wiederum konnte die Ausgangsbasis für Streitschriften bilden, wobei sie hierdurch zwar nicht mehr notwendigerweise ihre mediale Form, aber durchaus ihre Aussagen erneut veränderten. Die übliche Begrifflichkeit von der „Publizistik“ des Rokosz, bezeichnet eine Textgruppe, mit der sich die folgenden Überlegungen beschäftigen und die einiger Differenzierungen bedarf.672 Zunächst sollte diese Sammelbezeich-
670 Vgl. die ausführliche Quellenbeschreibung in der Czubekschen Edition: Mowa Zamoyskiego na sejmie 1605 r., in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 83–96, 83 f. 671 Als Teil der Publizistik wurde die Rede von Jan Czubek zwar ediert, allerdings unter der Überschrift der weiteren Textkonstruktion und ohne Verweis auf deren ursprüngliche Form als Versammlungsrede Pe˛kosławskis in Sandomierz (Absolutum dominium quid sit?, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 409–413). Vgl. dagegen die nahezu identische Eröffnungsrede Pe˛kosławskis in Sandomierz, Rokosz Sendomirski, BK rkps 317, 145r.–146r. Hierauf hat schon kursorisch Maciszewski hingewiesen (M, Wojna domowa, 261 Fn. 36) Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass der so vom Diairum festgehaltenen Rede insbesondere ein Schlussteil beigefügt wurd (Diese Ergänzung der publizistischen Version der Rede in der Edition Czubeks ab S. 412, beginnend von „…communem omnium sententiam“.). 672 Dies gilt im Übrigen für den Publizistikbegriff in Bezug auf das frühneuzeitliche Polen-Litauen im Allgemeinen, so auch für die in Kapitel 2 vorgestellten Schriften aus den
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nung keineswegs dazu verführen, die Textüberlieferungen als ein vom restlichen Kommunikationsprozess separiertes Corpus zu betrachten. Am ehesten ließe sie sich sinnvoll als eine Distanzkommunikation fassen, die potentiell den oralen und nonverbalen Austausch auf Adelsversammlungen oder Sejm und Sejmiki unter den Bedingungen persönlicher Anwesenheit, auf dort Abwesende erweiterte.673 So bildeten sie einen integralen Bestandteil der politischen Kommunikation. Dieser unterschied sich jedoch durch seine spezifische Medialität von dem oralen und nonverbalen Handeln der Adelsversammlungen, des Sejms und der Sejmiki, und mit Einschränkungen auch von den schriftlichen Verhandlungsprozessen, in Form von Instruktionen, Beschlüssen und Verhandlungsangeboten. Von den flagranten Wechselwirkungen zwischen gesprochenem Wort aus dem Kontext von Sejm wie Adelsversammlungen und verschrifteten Texten war bereits die Rede. Darüber hinaus konnte die im Nachhinein als „Publizistik“ bezeichnete Textgruppe wie im oben zitierten Fall zumindest in der Organisation der Überlieferung zwar eine eigene Qualität zugeschrieben werden. Dies war jedoch nicht zwingend. Selbst im Fall einer expliziten Separation solcher Texte von Diarien oder Verhandlungsdokumenten bezogen sie doch nahezu ausnahmslos alle Handschriftenkonvolute, die die Quellengrundlage zu Forschungen zum Rokosz darstellen, als selbstverständlichen und gleichberechtigten Teil ihrer Sammlung ein. Der Begriff der Publizistik umgeht also nur scheinbar das Definitionsproblem, auf welche Gemeinsamkeit diese Textgruppe überhaupt zurückzuführen ist. Jan Czubek, dem die dreibändige Edition zum Thema zu verdanken ist, stellte seine Veröffentlichung vielleicht recht treffend unter den Titel Die politischen Schriften aus der Zeit des Rokosz von Zebrzydowski.674 Gemein ist all
ersten Interregna der 1570er Jahre, vgl. Kap. 2.1, S. 202 f. Zur komplexen Struktur der Texte, die sich aus literaturwissenschaftlicher Sicht oft eindeutigen Kategorisierungen entziehen: B, T, Polskie wiersze okolicznos´ciowe okresu rokoszu Zebrzydowskiego – problemy genologiczne, in: Napis 12 (2006), 63–75. 673 Hierzu die grundlegenden Überlegungen: S, R, Kommunikation und Vergesellschaftung unter Anwesenden. Formen des Sozialen und ihre Transformation in der Frühen Neuzeit, in: Geschichte und Gesellschaft 34 (2008), 155–224. bes. 161; ., Anwesende und Abwesende. Grundriss für eine Gesellschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit, Konstanz 2014, 46, 160–168. 674 Innerhalb der Edition nimmt Czubek dabei Unterscheidungen vor: in formaler Hinsicht zwischen „Poesie“ und „Prosa“, innerhalb von letzterer zwischen Satiren, Reden und Dialogen und Abhandlungen. Zudem ordnet Czubek alle einzelnen Schriften unter inhaltlichen Erwägungen in Hinsicht auf deren Verfasser beziehungsweise Intention ein: als für den Rokosz sprechend, „regalistisch“ oder auch „neutral“. Legte man andere Analysekategorien an, so ergäbe sich eine bunte Streuung von Pasquillen, polemischer Pamphletistik und um demonstrative Sachlichkeit bemühte Kurzabhandlungen zu Recht oder Politiktheorie.
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diesen Texten in erster Linie der Bezug auf den Rokosz als ein sehr generell zu verstehender Schreibanlass und deren offenbarer Partizipation am politischen Kommunikationsprozess, der in diesem Rahmen stattfand. In diesem Zusammenhang ist besonders bemerkenswert, dass es sich bei der weit überwiegenden Mehrheit der Texte um Handschriften handelte. Im Druck waren von den rund 170 bei Czubek aufgenommen Schriften lediglich ein gutes Zehntel erschienen.675 Bei diesen Drucken handelte es sich wiederum zum weit überwiegenden Teil um Versdichtungen, die nach der militärischen Niederschlagung des Rokosz und vor allem der Begnadigung seiner Anführer ab 1608 als Panegyrik auf den Sieg des Monarchen publiziert wurden.676 Der Terminus Publizistik ist also im vorliegenden Fall durchaus nicht mit der Vorstellung von gedruckten Flugblättern oder -schriften zu assoziieren. Die intensive Nutzung von Handschriften parallel zum Druck war ein europaweit verbreitetes Phänomen.677 Dies zu einer spezifisch polnischen Er675
Neben den Versdichtungen verzeichnet Czubek lediglich insgesamt sechs gedruckte Gelegenheitsschriften aus der Zeit des Rokosz. Auffällig hierbei ist, dass die Hälfte aller gedruckten Texte dabei eine konfessionelle bzw. antijesuitische Zielrichtung aufweisen. Hierbei mag der Rückgriff auf die jeweilige konfessionelle Druckereiinfrastruktur eine Rolle gespielt haben: Votum szlachcica polskiego pisane na sejmiki i sejm roku pan´skiego 1606, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 221–231; Respons od Duchowien´stwa, na pis´mie podany z strony konfederacyi, in: ebenda, 232–239; Sposo´b podania drogi do s´. sprawiedliwos´ci i pokoju pospolitego w Koronie polskiej, in: ebenda, 393–402; Consilium de recuperanda et in posterum stabilienda pace regni Poloniae, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 1–61; Na artykuł o Jezuitach zjazdu se˛domirskiego odpowiedz´, in: ebenda, 94–116; Punkta podane od Jegomos´ci pana Szcze˛snego Herborta r. 1608 w Krakowie, in: ebenda, 430–435. 676 Neben von Czubek (Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606– 1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916) aus umfangreicheren Druckausgaben aufgenommenen Einzeldichtungen (dies betrifft: M, K, Zbio´r rytmo´w, Krako´w 1612 (2. Aufl. Posen 1622) sowie G, S, Wiersze i insze pisma co przebran´sze, w Krakowie 1608) handelt es sich insgesamt um 14 gedruckte Einzelveröffentlichungen: J, J, Lech wzbudzony i lament jego z˙ałosny w roku od jego panowania 1056, 47–60; J, MNa potomne czasy z płaczem modlitwy abo piosnki naboz˙ne, 67–71; Pies´n´ nowa,aby Pan Bo´g raczył ten rokosz uspokoic´ i do dobrego kon´ca przywies´c´, 102–106; D, J, Z˙ałosne narzekanie Korony Polskiej, 131–147; B, M, Tłumacz rokoszowy powiatu ruskiego, 156–177; Zgoda i z˙ałosna przestroga, 199–203; Korona Polska barzo smutna pros´by serdeczne czyni, 223–234; K, J, Nenia na zbiegła˛ zgode˛ z Polski utrapionej, 272–283; ., Zgoda i poko´j, 349–356; Upomnienie Korony Polskiej, 322–328; B, S, Przestrach s´miertelny, 329–337; P, M, Wykład bogin´ słowien´skich, 337–342; Gratulatio na szcze˛s´liwy przyjazd Jego M. Pana Wojewody krakowskiego na konwokacye˛ krakowska˛ roku Pan´skiego 1608, 342–345. 677 Dies haben zahlreiche Studien der vergangenen Jahre gezeigt, die insbesondere von der bahnbrechenden Untersuchung Harold Loves zu England angeregt wurden: L, The
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scheinung im Rahmen eines mehr oder weniger ausgeprägten Rückständigkeits- beziehungsweise Sonderwegsdiskurses zu erklären, scheint also analytisch kaum befriedigend.678 In der neueren internationalen Forschungsdiskussion ist immer wieder hervorgehoben worden, dass es besonders in Bezug auf kontroverse Texte die Verbreitung in Manuskriptform vermochte, Zensurmechanismen zu umgehen, Kosten zu sparen und zunächst schneller als beim Druckverfahren unmittelbar auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren.679 Aus einer anderen Perspektive heraus hat Harold Love die These entwickelt, dass handschriftliche Textproduktion und -rezeption einer eminent sozialen Logik unterworfen waren. Demnach erlaubten es Manuskripte erstens von Seiten der Textproduzenten, die Zirkulation von Informationen einzuschränken beziehungsweise stärker zu kontrollieren und gezielter einzusetzen. So schaffte auch die Zirkulation von Information die Bindung von „like-minded individuals into a community, sect or political faction, with the exchange of texts in manuscript serving to nourish a shared set of values and to enrich personal allegiances.“680 Zur Zirkulation von Handschriften gehörte zudem der Aspekt von deren Veränderlichkeit. Der gemeinschaftsbildende Faktor war in diesem Sinne nicht nur der persönliche Kontakt im Weitergabeprozess, sondern auch die stets mögliche Veränderung eines Textes durch den Abschreibenden. Eine Einzelautorschaft von Manuskripten feststellen zu wollen, ist in diesem Sinne nicht nur methodisch problematisch. Culture and Commerce of Texts; zu Italien: R, B, Manuscript Culture in Renaissance Italy, Cambridge u.a. 2009; zu Spanien: B, F, Corre manuscrito. Una historia cultural del Siglo de Oro, Madrid 2002; zu Schweden: M, A, Komediant och riksförrädare. Handskriftcirkulerade smädeskrifter mot Gustaf III, Uppsala 2010, 59–65; zu den Niederlanden: D, F, Handwritten Propaganda. Letters and Pamphlets in Amsterdam during the Dutch Revolt (1572–1578) in: dies. / David Onnekink / Michel Reinders (Hg.), Pamphlets and Politics in the Dutch Republic, Leiden u.a. 2001, 207–226. 678 Die klassische Argumentation der polnischen Forschung beruht dabei zum einen auf der Annahme einer spezifischen „sarmatischen“ Adelskultur und zum anderen auf dem Narrativ eines Niedergangs der Städte und der damit verbundenen Behauptung des Rückgangs der Bedeutung des Druckwesens beziehungsweise einer Vernachlässigung nichtkonfessioneller Druckereien: T, J, Bariera druku i gusta czytelnicze w dobie baroku, in: Odrodzenie i Reformacja w Polsce 30 (1985), 77–93; ., Dlaczego wiek XVII był stuleciem re˛kopiso´w?, in: ders., Od Haura do Isaury. Szkice o literaturze, Warszawa 1989, 7–22; P, Re˛kopisy dworu szlacheckiego, 7–21. Diese Argumentation wird auch in der deutschen Forschung aufgenommen: B, Frühneuzeitliche Nationen, 267. Deutlich differenzierter, wenn auch mit ausschließlichem Blick auf Polen und entsprechend ohne Einordnung des Phänomens in einen breiteren europäischen Kontext: M, Specyfika re˛kopis´miennego obiegu literatury. 679 M, Komediant och riksförrädare, 61–63; D, Handwritten Propaganda, 214. 680 L, The Culture and Commerce of Texts, 177.
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Vielmehr übergeht solch ein Versuch auch die Einsicht, dass sich durch Handschriften ebenso auf der Verfasserebene eine „scribal community“ ausbildete.681 Solch eine mediale Konfiguration von Kommunikation682 sollte auch in Hinsicht auf die polnische Situation Berücksichtigung finden. Mithin wäre in einem sehr weiten Rahmen zu überlegen, inwieweit die Handschriftenkultur auch in Polen-Litauen nicht zu einem ganzen Komplex von sozialen Distinktionsfaktoren gehören konnte, die es unter anderem dem Adel ermöglichten, in bestimmten Zusammenhängen über die Schreibgemeinschaft einen explizit ständischen Kommunikationszusammenhang zu schaffen. Dass Handschriften zeitgenössisch auch von den Obrigkeiten als ein wesentlicher Bestandteil der gesamten schriftlichen Kommunikation erkannt wurden, darauf verweist nicht zuletzt auch die zweite Ausgabe des kirchlichen Index, die 1617 vom Krakauer Bischof Marcin Szyszkowski verantwortet wurde. Die Zensurmaßnahmen richteten sich hier explizit gegen „libros et quascunque scripturas“, die zu lesen, zu besitzen und zu publizieren, aber auch ausdrücklich abzuschreiben, verboten wurde.683 Die geistliche wie weltliche Zensur zu umgehen, darf im Rahmen des Rokosz sicherlich als eine der wesentlichen Begründungen für die weit vorherrschende handschriftliche Form der hier zu behandelnden Schriften angenommen werden. Ausreichend scheint dies aber nicht. Denn nicht nur polemische Angriffe auf die Obrigkeit, sondern ebenso Texte, die sich ausdrücklich auf die Seite des Monarchen gegen den Rokosz stellten, zirkulierten als Manuskripte. Entsprechend beschwerte sich eine Schrift, die sich für den Rokosz aussprach, dessen Gegner würden ihre Elaborate „an allen Orten drucken, schreiben, versenden“.684 Die Diskussion um Druck oder Handschrift ging für die Akteure dabei weit über die Frage nach technischen Verbreitungsmechanismen hinaus. Sie wurde vielmehr zum integralen Bestandteil der Debatte um Herrschaft. Der Druck konnte in diesem Zusammenhang als zuverlässiges und autoritatives Medium interpretiert werden, dass etwa den Sejmkonstitutionen besondere Le681 M, Komediant och riksförrädare, 64. In diesem Sinne scheinen auch die beständigen Versuche, insbesondere der älteren polnischen Forschung, die nahezu durchweg anonym erschienen Schriften einzelnen, zumal bekannten, zeitgenössischen Autoren zuzuschreiben von sekundärem Interesse. 682 C, F / S, M, Die Medialität der Geschichte. Forschungsstand und Perspektiven einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Geschichts- und Medienwissenschaften, in: Historische Zeitschrift 277.3 (2003), 619–654, 634. 683 Index librorum prohibitorum cum regulis confectis per Patres a Tridentina Synodo delectos [...] Nunc in hac Editione Congregationis Cardinalium edictis aliquot et librorum nuper scandalose evulgatorum descriptione auctus, Cracaoviae 1613. 3v.–4r. 684 Przyczyny wypowiedzenia posłuszen´stwa Zygmuntowi, kro´lewicowi szwedzkiemu, anno 1607 die nativitatis loannis Baptistae, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 349–357, 354.
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gitimität und Geltungskraft verlieh.685 Genauso gut jedoch mochte der Druck vom gleichen Ausgangspunkt her als Mittel obrigkeitlicher Unterdrückung erscheinen.686 Deshalb beklagte man die Unterdrückung der Redefreiheit für das verschriftete Wort ebenso wie für das gesprochene, schließlich werde sie sowohl durch repressive als auch durch präventive Zensur verletzt.687 Mikołaj Zebrzydowski stellte folgerichtig die Ablehnung, seine Beschwerden über eine habsburgisch-absolutistische Verschwörung zu drucken, in einen Zusammenhang mit dem mangelnden Gehör des Monarchen für seine Anliegen.688 Die Schriften aus dem Kontext des Rokosz lassen sich als Distanzkommunikation verstehen, die einerseits durch die intensive Verarbeitung von Redetexten und andererseits durch die Strukturmerkmale einer „scribal community“ eine Rückbindung an die unmittelbare Anwesenheitskommunikation erhielt. Nicht selten trugen die Texte dabei einen Anspruch, der explizit den Rahmen der verschrifteten Kommunikation überschritt, so in den zahlreichen Stellungnahmen, die in Gestalt eines „Votums“, also eines Redebeitrags, teils direkt an Sejm, Sejmiki, Adelsversammlungen oder abstrakt an den Adelsstand als ganzen gerichtet waren.689 Entsprechend unterschieden sich generell die in den Schriften thematisierten Streitpunkte kaum von denjenigen, die im Rahmen der Anwesenheitskommunikation im Mittelpunkt
685 Odpowiedz´ rokoszano´w na zarzuty, przeciwko nim w uniwersałach wyraz˙one, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 369–372, 371; Respons przeciwko niejakiemu cenzorowi, kto´ry konstytucye sejmowe anni 1607 oblique interpretował, ludzie cnotliwe i Rzpltej zasłuz˙one szczypia˛c, in: ebenda, 319–334, 323; Dyskurs około rokoszu, przez zjazd lubelski in diem sextam Augusti mie˛dzy Sendomierzem a Pokrzywnica˛ roku 1606 uchwalonego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 421–434, 426; Wyznanie prawdziwych urazo´w s´lachcica polskiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 5–10, 8. 686 Na pismo potwarzaja˛ce ludzie cnotliwe pod tytułem ,Oto´z˙ tobie rokosz‘, wydane na ohyde˛ rycerstwa na rokoszu be˛da˛cego, prawdziwa i kro´tka odpowiedz´, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 40–51, 44; Rzeczy naprawy potrzebuja˛ce abo sejmikiem abo rokoszem w Rzpltej, in: ebenda, 295–301, 295; Cenzura konstytucyj sejmowych przez posła jednego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 307–319, 307, 319. 687 Defensio ac definitio rokoszu, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 440–442, 441. 688 Fundament rokoszu, przez JMP. wojewode˛ krakowskiego pod Jeziorna˛ 22 Iunii ustnie os´wiadczony, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 335–349, 344. 689 Allein acht der bei Czubek aufgenommenen Schriften tragen diesen Anspruch bereits im Titel.
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standen. Allerdings lässt sich anhand von deren Analyse ein gewissermaßen kondensiertes Muster der vorherrschenden Argumentationen erschließen. Hierbei ist jedoch das Gros der Texte insbesondere durch seine streitbezogene Ausrichtung geprägt. Als Pamphlete oder Pasquillen im Sinne von polemischen, streckenweise satirischen Gelegenheitsschriften mögen die im Folgenden behandelten Texte einen gewissen rhetorischen Persuasionsanspruch gehabt haben. Daneben aber stellten sie wohl im Zusammenhang mit der Schreibgemeinschaft der Zirkulation von Handschriften vor allem einen gruppenkonstituierenden Faktor dar. Zu oft stand weniger die Überredung oder Überzeugung des Gegners im Mittelpunkt als dessen Diffamation. In diesem Sinne zogen die handschriftlichen Streittexte mehrheitlich klarere Grenzlinien und bedienten sich radikalerer Argumentation, als dies unter den Bedingungen der Anwesenheitskommunikation von Ständeversammlungen und widerständigen Zusammenkünften der Fall war. Dies dürfte wohl nicht zuletzt den Bedingungen der Anonymität und der durch Schriftlichkeit vermittelten Kommunikation geschuldet sein. Damit bildeten sie ein wichtiges komplementäres Element politischer Kommunikation gegenüber allen Versammlungen, die – bis zum Scheitern im Sommer 1607 – bei allen grundlegenden Auseinandersetzungen ihrem eigenen Anspruch nach strukturell durch die stetig betonte Notwendigkeit zur Einheit des Gemeinwesens geprägt waren.
4.3.1 Tyrannis, absolute Herrschaft und Schwarze Legenden Die wichtigsten konstituierenden Texte des Rokosz, wie die Einberufungsschreiben zu den Adelsversammlungen, die Konföderationsakte oder selbst die Aufkündigung des Gehorsams gegenüber Sigimund III., verzichteten allesamt darauf, den Begriff der Tyrannis zu verwenden. Dabei fiel dieses Signalwort durchaus im Rahmen der Versammlungen690 und die Explikation der Gründe für den Rokosz in dessen prominentesten Dokumenten entsprach ganz zeitgenössischen Beschreibungen der Tyrannis.691 Dass der Monarch die Wahlkapitulation nicht einhalte, die adligen Freiheiten unterdrücke, sogar mit Gewalt gegen seinen eigenen Adel vorginge und das institutionelle Gefüge des regimen mixtum nicht respektiere, korrespondierte als Beschwer690 Dies gilt beispielsweise für die auch als handschriftliche Texte kursierenden Reden Zebrzydowskis, vgl. ewa Deklaracya pisma pana Wojewody krakowskiego, w Ste˛z˙ycy mie˛dzy ludzie podanego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 313–328, 322. 691 B, Tyran i tyrania; zum Heiligen Römischen Reich: W, W, ,What a Good Ruler Should Not Do‘. Theoretical Limits of Royal Power in European Theories of Absolutism (1500–1700), in: Sixteenth Century Journal 26.4 (1995), 897–915; zu Frankreich umfassend: P.-A. Mellet, Les traite´s monarchomaques.
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dekatalog mit der allgemeinen Vorstellung, welche Vergehen das Abgleiten einer legitimen und rechtskonformen Herrschaft in eine Tyrannei kennzeichneten.692 Die Schärfe, die der expliziten Rede vom König als Tyrannen inhärent war, blieb hingegen weitgehend den zahlreichen Gelegenheitsschriften während des Rokosz überlassen. Folgt man der quantitativen Auswertung Urszula Augustyniaks, bedienten sich die polemischen Schriften auf Seiten des Rokosz sogar häufiger des Terminus Tyrann oder Tyrannis als der Klage über ein dominium absolutum.693 Dabei standen diese beide konzeptuellen Auffassungen in engem Zusammenhang. Denn unter den Bedingungen des als Norm verstandenen regimen mixtum musste der Vorwurf des Absolutismus strukturell die gleiche Degeneration monarchischer Herrschaft beschreiben, wie es die Klage über die Tyrannis tat. Ein Herrscher werde zum Tyrannen, so die in einigen Schriften vertretene Ansicht, sobald er gegen das Recht verstoße.694 Das Streben nach einer absoluten Herrschaft wiederum stellte bereits ein grundlegendes Vergehen gegen das geltende Recht dar. Mithin schien der Weg „ad tyrannidem et ad absolutum dominium“ der gleiche und das Ziel in beiden Fällen identisch: „opprimere Rempublicam“.695 Schon der Terminus der absoluten Herrschaft war im zeitgenössischen Polen-Litauen Schreckgespenst genug, um mit einer negativen Konnotation versehen zu sein.696 Machte man den vermeintlich absoluten Monarchen darüber hinaus zum Tyrannen, war damit jeder Anflug möglicher Ambivalenz eliminiert. Die Unterdrückung des Gemeinwesens durch den Tyrannen äußerte sich im Fall Sigismunds für seine Gegner dabei – nicht zuletzt in Anspielung auf Janowiec – in bewaffneten Angriffen auf den eigenen Adel oder die Missachtung der ständischen Repräsentation im Sejm.697
692 S, M, Art. Tyrannislehre, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 13, Stuttgart / Weimar 2011, 853–858, 854–856. In diesem Sinne auch: K, I, Melancholia władzy. Problem tyranii w europejskiej kulturze politycznej XVI stulecia, Warszawa 2007. Ka˛kolewski unterstreicht die fundamentale Bedeutung des Gegensatzpaares Tyrannei – Monarchie, ebenda, 23 f. 693 A, U, Polska i łacin´ska terminologia ustrojowa w publistyce politycznej epoki Wazo´w, in: Jerzy Axer (Hg.), Łacina jako je˛zyk elit, Warszawa 2004, 33–71, 58 f. 694 Deklaracya pisma pana Wojewody krakowskiego, 406; Consilium de recuperanda, 15. 695 Na pismo ,Oto´z˙ tobie rokosz‘, 42. 696 Vgl. zur politiktheoretischen Debatte zur Rolle des Monarchen Kap. 1.5, S. 165 f., 174–176. 697 ˙ Załosne narzekanie Korony Polskiej, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 132–147, 141; Na pismo ,Oto´z˙ tobie rokosz’, 42, 49; Genuina revificatio calamitatis Polonae, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918,
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An diese Vorwürfe lagerten sich ebenso die bekannten Klagen über den mangelnden Zugang zum Monarchen an, der guten Rat nicht hören wolle.698 Insgesamt zeichnete sich der Tyrann schließlich durch eine eindeutige Negation jeglicher notwendigen Tugendhaftigkeit aus. Räuberisch, geizig, grausam, hochmütig, gottlos, überheblich – kurz verbrecherisch, dies waren die Attribute, die einem königlichen Tyrannen in verschiedenen Variationen zugeschrieben wurden.699 Solch verderbliche Züge der Tyrannis mussten sich aber nicht allein auf den Monarchen beschränken. Sie waren dazu prädestiniert, auch auf andere Amtsträger als Teil der Obrigkeit, vor allem Senatoren, aber sogar lokale Vertreter der königlichen Gerichtsbarkeit wie die Starosten, übertragen zu werden.700 Namentlich der Kronmarschall erschien als Inbegriff des tugendlosen, selbstsüchtigen Amtsträgers und schlechten Beraters, also Tyrannen:701 Sie haben ewige Strafe verdient An ihrem Leib und Gut; Das sollen sie als Lohn erhalten Der Tyrann Myszkowski, der Verräter Gostomski Ich bitte von Dir, o Herr, Rache Lass sie weiter nicht herrschen.
In diesem Zusammenhang handelte es sich weniger um eine politiktheoretisch allzu belastbare noch sehr verbreitete Verwendung. Sie lässt hingegen das starke polemische Potential des Tyrannenbegriffs aufscheinen.702 Entsprechend bedienten sich auch die Apologeten des Königs der Warnung vor der Tyrannis. Nur wendete sie sich diesmal gegen den Rokosz. In einer der wenigen mit Verfassernamen versehenen Schriften warf der Hofprediger Piotr Skarga dem personifizierten Rokosz vor, er selbst stelle eine Tyrannis dar oder zeige zumindest den schnellsten Weg dorthin. In kaum kaschierter An384–393, 388; Przyzcyny wypowiedzenia posłuszen´stwa Zygmuntowi, kro´lewicowi szwedzkiemu, anno 1607 die nativitatis loanni Baittistae, in: ebenda, 349–357, 349. 698 Deklaracya pisma pana Wojewody krakowskiego, 322; Libera respublica – absolutum dominium – rokosz, 404. 699 ˙ Załosne narzekanie Korony Polskiej, 141; Iuppiter, luno, Avila, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 22–28, 25. 700 Wyznanie prawdziwych urazo´w s´lachcica polskiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1915, 5–10, 10. 701 Elegia Korony Polskiej 1606, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 34–37, 34. 702 Hohe Amtsträger als Tyrannen zu bezeichnen, konnte im polnisch-litauischen Kontext an Präzedenzen der jüngeren Vergangenheit anknüpfen. Auch Kronkanzler Jan Zamoyski war, besonders im Zusammenhang mit seinen Auseinandersetzungen mit der Familie Zborowski, der Tyrannis bezichtigt worden: B, Tyran i tyrania, 326–339.
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spielung auf Mikołaj Zebrzydowski und Janusz Radziwiłł verwies Skarga auf die Gracchen-Brüder der Römischen Republik, „die auf diese ihre Weise sensim rucem exercebant tyrannidem, indem sie die Gemeinen anstifteten, ut contemnat principes et principatum.“703 Die Unterstellung Piotr Skargas, seine Gegner wollten die Monarchie als Institution in Frage stellen, lässt sich allerdings genauso wenig mit Blick auf die Publizistik wie auf die übrigen Handlungen und Forderungen der Rokosz-Anhänger bestätigen. Erst in dem Moment, als die verbliebenen Konföderierten dem König in Jeziorna den Gehorsam aufkündigten, verschärfte sich der Ton gegenüber der Monarchie ins Grundsätzliche. Ein Text, der zu dieser Gelegenheit als Rede Zebrzydowskis in den handschriftlichen Umlauf kam, schickte sich dazu an, die generelle „natura regum“ zu definieren. Die schon zuvor in verschiedenen Schriften betonte Nähe von absoluter Herrschaft und Tyrannis wurde nun zur Gewissheit, zur unausweichlichen Logik monarchischer Herrschaft erklärt: nur wenn Könige durch Kriegführen damit beschäftigt seien, auswärtige Feinde zu zerstören, stellten sie keine Gefahr für das Gemeinwesen dar. Sobald sie jedoch „Muße haben, wollen sie absolute herrschen, derjenige mit von Geburt aus guten Anlagen tendit ad monarchiam, der mit schlechten tendit ad tyrannidem.“704 Bis zum Bruch von Jeziorna bewegten sich die Schriften der RokoszAnhänger allerdings im Rahmen des gewohnten zeitgenössischen Diskurses. So blieb auch hier die Differenzierung zwischen zwei Spielarten der Tyrannis grundlegend, die, abgeleitet aus dem Gemeinen Recht und der theoretischen Präzisierung Thomas von Aquins, den Diskurs noch im ausgehenden 16. Jahrhundert bestimmten.705 Die daher übliche Unterscheidung zwischen einem „tyrannus ex parte exercitii“, der als eigentlich legitimer Monarch durch sein Herrschaftshandeln zum Tyrannen gerät und einem „tyrannus absque titulo“ als von Beginn an illegitimem Usurpator trafen die meisten Texte des Rokosz nicht explizit. Der einzige Definitionsversuch der Tyrannis, die deren Charakter als „duplex“ beschreibt, versteht hierunter eine andere Differenzierung. Zwar beruft sich der entsprechende Text auf die „Politiker“, die Theoretiker, die die Tyrannis als zweifache bestimmt hätten: als eine gegen die körperlichen „Häupter (capita)“ und als zweite gegen die „Seelen (animae)“. Diese Unterscheidung entsprach jedoch weniger derjenigen des Aquinaten als approximativ der in den Vindiciae contra tyrannos getroffenen Distinktion. Schließlich implizierte der dort entworfene doppelte Bund zwischen Herrscher und Untertanen sowie Gott, dass der Tyrann sich nicht nur 703 S, P, Oto´z˙ tobie rokosz!, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 35–40, 37. 704 Fundament rokoszu, 347. 705 Art. Tyrannis II. Mittelalter und Neuzeit, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie Bd. 10, Basel 1998, 1611–1618, 1611 f.; S, Tyrannislehre, 853–855.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
an den Rechten der Untertanen verging. Vielmehr wurde hier Herrschaft auch zur Tyrannis, wenn sie sich gegenüber deren Seelen, die dem Göttlichen unterlagen, übergriffig zeigte.706 Die auch in einem anderen Text als Autorität zitierten Vindiciae interessierten die Akteure des Rokosz hingegen keineswegs in ihrer religiös auslegbaren Dimension des Widerstands.707 Die Rokosz-Schrift im Namen Zebrzydowskis hingegen gab der Unterscheidung zwischen der Missachtung von „corpus“ und „anima“ der Untertanen eine bemerkenswert idiosynkratische Wendung: Die eine Form der Tyrannis bestehe darin, dass der Monarch sich an Köpfen vergehe, also an allen, die sich seinem Willen entgegenstellen, die zweite Form, dass er gegen die Seelen wüte, indem er den Verdienten keine Ämter und Ehren zukommen ließe.708 Obgleich keine in Polen-Litauen erschienene Ausgabe der Vindiciae und auch keine Übersetzungen bekannt sind, erwies sich die aus dem Kontext der französischen Religionskriege stammende Theoriebildung reformierter Provenienz als attraktiv für die polnischen malcontents. Zwar verzichteten die polnischen Schriften weitgehend auf konfessionelle Widerstandsbegründungen. Dennoch ergaben sich Schnittmengen zwischen calvinistisch geprägten französischen Ansätzen und den Annahmen, die der Gemeinwesenauffassung des Rokosz mehrheitlich zugrunde lagen. Dies lässt sich aus dem Umstand ableiten, dass gerade die reformierte Widerstandstheorie in Frankreich tendenziell die Monarchie als Institution per se eben nicht in Frage stellte, sondern ihre Tyrannislehre vor der Blaupause des „Ideal(s) einer legitimen, weil konstitutionellen Monarchie“ entwickelte.“709 Auf die gleichen Grundannahmen bezogen sich auch die Schriften des Rokosz, obgleich die bei den – reformierten – Monarcho- beziehungsweise Tyrannomachen daraus resultierenden Konsequenzen nicht identisch ausfielen. Die Beschränkung des Widerstandes auf die Magistrate etwa trat im Rokosz logischerweise zugunsten eines Widerstandsrechts des gesamten adligen „populus“ zurück – selbst wenn dessen Notwendigkeit, in einer gewissermaßen zweistufigen Logik, erst als Folge eines Versagens der magistratischen Widerstandsleistung gesehen wurde. So erklärte beispielsweise die Zensur auf den Rokosz mit Blick auf den
706 Vgl. die lateinische Originalausgabe: Vindiciae contra tyrannos sive de principis in populum, populique in principem legitima potestate, Edimburgum [Basel] 1579, bes. 11 f. 707 Reskrypt s´lachcica jednego na o´w skrypt, kto´ry przeciwko Zebrzydowskiemu, wojewodzie krakowskiemu, jakis´ gregoryanek wydał: ,Oto´ tobie rokosz‘, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 58–74, 66. Hier wird ein wortwörtliches Zitat aus den „Vindiciae contra tyrannos“ beigebracht, das allerdings aus einem Kontext der Vorlage herausgenommen ist, die den Bund mit Gott eben nicht explizit thematisiert, vgl. Vindiciae contra tyrannos, 113 („Cum itaque reges [...] consequitur.“). 708 Deklaracya pisma pana Wojewody krakowskiego, 322. 709 M, Das Andere der Monarchie, 87 f.
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Senat des Doppelreichs, gewisse „Politiker“ hätten gezeigt, man könne „jeden Herrn leicht in ordinem redigere, wenn optimates sunt duces populi ad tuendam libertatem.“710 Nun war die Vorstellung, dass es die Magistrate wären, die über ein Widerstandsrecht verfügten, keine exklusive Errungenschaft der französischen Tyrannomachen. Da man aber davon ausgehen muss, dass im polnisch-litauischen Kontext die Theoretisierung des Widerstandsrechts durch etwaige Politicae kaum ausgeprägt war, schien der, teils vielleicht gewollt nebulöse, Rückgriff auf kompatible Versatzstücke tyrannomachischer Entwürfe naheliegend. Allerdings konnte man sich auch sehr explizit auf die französische Denkanregung beziehen, wie es die Erwiderung eines Adligen tat711. Wenn man sich auf der Suche nach Argumenten „ad politicos“ flüchten wolle, dann doch zu Stephanus Junius Brutus und seiner Feststellung, Tyrann sei derjenige, „qui iura omnia negligit et pervertit, qui in populum quovis hoste saevior et truculentior est.“712 Im Übrigen tat sich eine weitere Parallele zu den in Frankreich entwickelten Modellen auf, die sich zwar aus unterschiedlichen theoretischen Vorannahmen speiste, aber dennoch das gleiche Ergebnis zeitigte: Während man den französischen Theoretikern zumindest unterstellen konnte, sie seien „pas de tre`s bons tyrannicides“, da sie den Tyrannenmord als rein theoretische Option nicht in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen stellten,713 geriet solch eine Option in den polnischen Texten nicht einmal als letzte Konsequenz in den Blick. Die beiden dem Aquinaten folgenden Kategorien des Tyrannen als illegitimen Usurpator oder als degenerierten Monarchen konnten in der polemischen Verwendung des Tyrannisvorwurfes zumindest durchscheinen. Exemplarisch zeigt dies eine Schrift, die unter dem Namen von Jan Szcze˛sny Herburt kursierte. Nachdrücklich feierte der Text die heimischen Dynastien der Piasten und Jagiellonen. Das Elend der Monarchie habe mit dem Aussterben eben jener Jagiellonen begonnen, als „an ihrer Stelle aus fremden Nationen statt Vätern Stiefväter, statt Königen Tyrannen, statt guten Hirten Raubtiere folgten.“714 Solch eine Argumentation vermochte schlagkräftig 710 Cenzura na progres rokoszu anni 1606 et sequenti anno i defekty jego, scripta anno 1608 10 Januarii, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 414–428, 418. 711 Von den oben angeführten drei Beispielen, wagte nur diese Schrift den expliziten Verweis auf das französische Vorbild, normalerweise ergingen sich die Texte des Rokosz lediglich in Anspielungen auf die „Politiker“. 712 Reskrypt s´lachcica jednego, 66. 713 C, M, Tuer le tyran? Le tyrannicide dans l’Europe moderne, Paris 2009, 68. 714 H, J S, Strzała, kto´ra˛ Korona polska, s´miertelna juz˙ matka, straz˙a˛ obtoczona, z cie˛z˙kiego wie˛zienia swego do dziatek swych stanu rycerskiego wypus´ciła, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 162–169, 164.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
mehrere Ebenen miteinander zu verbinden. Sie suggerierte zunächst, dass es sich bei „fremden“ Dynastien wie den Valois, den Ba´thory und eben auch den Wasa um gleichsam natürlicherweise schlechte Monarchen handelte, die schon ihrer Herkunft wegen Tyrannen waren. Darauf aufbauend implizierte dies potentiell eine illegitime Usurpation der eigentlich polnischen Königsherrschaft und charakterisierte die ausländischen Tyrannen zugleich mit den Kriterien einer degenerierten legitimen Monarchie. Letztlich spaltete solch eine Denkfigur die Möglichkeit der Tyrannis an sich als fremd aus einem polnischen Gemeinwesen ab. Die Vorstellung von der Tyrannis, wahlweise der absoluten Monarchie als dem Anderen, bildete einen roten Faden innerhalb der Schriften des Rokosz – „Lasst kein absolutum dominium zu; zeigt, dass es nicht wie in Österreich ist: sic volo, sic iubeo.“715 Die insbesondere von Zebrzydowski mit viel Einsatz propagierte Gefahr, die von geheimen Verschwörungsplänen Sigismunds mit dem Haus Habsburg ausgehen sollte, resultierte in der nahezu omnipräsenten Rede von den „österreichischen Praktiken“.716 Zugleich gehörte die Unterstellung, erst die Herrschaftszeit Sigismund Wasas habe das Phänomen von „Faktionen und Praktiken“ in Polen-Litauen generiert, ja hier überhaupt erst diese Begrifflichkeit hervorgebracht,717 zur Charakterisierung eines tugendlosen Monarchen. Noch in der von Zebrzydowski effektvoll inszenierten Beweisführung eines Komplotts zwischen dem Wasa und dem Haus Habsburg, die er in seiner Rede von Ste˛z˙yca dargelegt hatte und die in zahleichen handschriftlichen Exemplaren in den Umlauf kam, war allerdings von „österreichischen Praktiken“ keine Rede. Vielmehr stand hier die Denunziation angeblicher Abdankungs- und Herrschaftsübernahmepläne zwischen zwei Dynastien und deren Protagonisten im Mittelpunkt. Demgegenüber bedienten sich die Polemiken des Rokosz durchweg der Charakterisierung absolutistischer Machinationen als „österreichische (rakuskie)“. Entsprechend richteten sich auch die Angriffe gegen die schlechten Berater 715 ˙ Załosna mowa Rzpltej polskiej pod Koprzywnica˛ do zgromadzonego rycerstwa roku 1606, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 96–102, 100. 716 Zniesienie kalumnii z p. Wojewody krakowskiego i zaraz deklaracya skrypto´w ste˛z˙yckich z strony praktyk, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 329–357, 330, 333; Rzeczy naprawy potrzebuja˛ce, 300; O praktykach, pod Ste˛z˙yca˛ dopiero tylko in parabolis odkrytych, in: ebenda, 292–295; Dyskurs o zawzie˛tych teraz´niejszych zacia˛gach, ska˛d in Republica urosły, i o poste˛pku sejmu 1606, in: ebenda, 357–393, 360, 384, 386, 389; Przestroga i sposo´b na czasy przyszłe naprawy Rzpltej, in: ebenda, 461–471, 468, 470; Deklaracya pisma pana Wojewody krakowskiego, 316, 322 f.; Przyczyny wypowiedzenia posłuszen´stwa, 355; Przestroga i sposo´b na czasy przyszłe naprawy Rzpltej, in: ebenda, 461–471, 468, 470. 717 Rozmowa o rokoszu, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 102–136, 116.
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des Königs „gegen alle Eigensüchtigen, alle höfischen Parteigänger, alle durch Österreicherei (rakuszan´stwo) verdeutschten Polen“.718 Das Österreichische stand in diesem Zusammenhang als eine klare und allgemein verstandene Chiffre für die Habsburger. Doch nicht die Dynastie der Habsburger wurde durch die Wortwahl fokussiert. Polemisches und mobilisierendes Potential schien dagegen viel eher der kollektiven Abgrenzung von einem kollektiven Fremden inhärent. Dadurch, dass dem Österreichischen als Habsburgischem dabei eindeutige negative Attribute zugeschrieben wurden, erwies sich das vermeintliche Komplott des Wasas als doppelt verwerflich. Durch sein verschwörerisches Handeln bediente er sich bereits per se österreichischer – sprich absolutistischer beziehungsweise tyrannischer – Methoden, die er zudem noch mit eben jenen Österreichern selbst als Inkarnation des Absolutismus ins Werk setzte. Zudem garantierten die Heiratsverbindungen Sigismunds deren verderblichen Einfluss, der sich systemisch am Hof und bei den hohen Amts- und Würdenträgern des engen monarchischen Zirkels festsetzte.719 Die mit den politiktheoretischen Kategorien des regimen mixtum immer wieder gegeißelten Verhältnisse erhielten auf diese Weise eine weitere emotional-appellative Grundierung: die schlechten Berater, der mangelnde Zugang zum Monarchen und dessen zerstörerischer Umgang mit Sejm und Sejmiki waren nicht polnisch – sie waren Fremdkörper im Gemeinwesen der Adelsnation. Festzuhalten bleibt dabei aber die enge Amalgamierung des dynastischen Moments mit der kollektiven Fremdzuschreibung. In diesem Sinne blieben etwaige als national interpretierbare Klagen über eine Verdeutschung des Hofes oder eine Vorherrschaft von Deutschen im Sinne deutschsprachiger Akteure eine quantite´ ne´gligeable.720 Die Vorbehalte gegen das Haus Habsburg waren beileibe keine Neuerfindung des Rokosz, sie hatten in großer Intensität schon die beiden ersten Interregna durchzogen. Auch in diesem Zusammenhang war viel vom „Österreichischen“ die Rede gewesen. Im Gegensatz zu den Auseinandersetzungen des beginnenden 17. Jahrhunderts allerdings diente die Attribuierung als „österreichisch“ in der Publizistik der 1570er Jahre aber nahezu ausschließlich der Benennung des „Hauses Österreich“ in einem dynastischen Verständnis.721 Dass diese auch zu jenem Zeitpunkt keineswegs negativer Konnotati718
Zniesienie kalumnii, 330. Dyskurs o zawzie˛tych teraz´niejszych zacia˛gach, 389; Sumnienie mo´wi, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 12–24, 17; Paskwillus o kro´lu i radzie jego, in: ebenda, 360–361. 720 Vgl. die wenigen Quellennachweise in dieser Richtung: Votum albo ostatnia decyzya rokoszowych peroracyj pod Sendomirzem szlachcica polskiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 61–71, 65; Reskrypt s´lachcica jednego, 64; Zniesienie kalumnii, 330, 336, 343; Przestroga i sposo´b na czasy przyszłe, 466. 721 Rozmowa Lecha z Piastem, in: Pisma polityczne z czaso´w pierwszego bezkro´lewia, 719
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
onen ledig war, macht allein eine Warnung aus dem zweiten Interregnum deutlich, wo es heißt, „das Österreichische nomen soll bei uns zurecht schrecklich sein, da sie […] bei uns Praktiken gelehrt haben und sich mit Handel an unserer Tugend und Freiheit vergangen haben.“722 Im Zuge des Rokosz schien sich also eine noch stärkere kollektive Aufladung und Denunzierung des Fremden als solchem auf einer bereits angelegten Basis zu etablieren. In diesem Kontext ist es bezeichnend, dass die Furcht vor Österreichern und dem Österreichischen starke argumentative Affinitäten zu einer mittelbaren polnischen Rezeption der leyenda negra aufwies.723 Während Österreicher trotz aller polemischen Aufladungsbemühungen als recht blutleeres Schreckgespenst einer abstrakten politiktheoretischen Absolutismusgefahr daherkamen, konnten die Spanier der Schwarzen Legende einen weitaus
ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1906, 37– 48, 40, 41, 66, 67; Jakiego kro´la Polakom nie trzeba?, in: ebenda, 274–278, 275; Sententia de eligendo novo rege ex duce Moschorum, in: ebenda, 355–357, 355, 357; Gdyby panowie Polacy cesarza albo Niemca obrali, toby na nie przys´c´ musiało, 358–362, 360; Sentencya cuiusdam de electione regis Polonorum cum commonstratione commodi et incommodi inde emergentis, 362–381, 370; De electione novi regis, 397–403, 401 f.; Wizerunk okolicznych kro´lo´w i pano´w, 404–408, 404; Dyalog ksie˛dza biskupa, pana wojewody, posła, dworzanina, ziemianina o tym, kogoby na kro´lestwo obrac´, 408–429, 412; Zdanie wzgle˛dem wyboru kro´la, 429–437, 433, 435, 436; Rationes et cautelae in novi regis electione observandae, in: ebenda, 438–446, 439–442; Epistola C. S. ad F. S. Contra sententiam cuiusdam de eligendo rege, in: ebenda, 451–454, 452 f.; Responsum ad praecedentem epistolam pro duce Andium, in: ebenda, 454–458; Krakowski skrypt przeciwko kro´lewicowi francuskiemu, 459–460, 459; Kompetytoro´w do Korony polskiej commoda, in: ebenda, 492–494, 492; Commoda Henrici, fratris germani regis Galliarum,ducis Andegavensium etc., in: ebenda, 495–496, 496; Wotum w interregnum po Henrykowym z Polski odjez´dzie, 630–643, 632 f., 634 f., 639–641, 643; Komornik a burmistrz, in: ebenda, 643–654, 650, 653; Przestroga, to jest, pokazanie upadko´w inszych ziem, take i Korony polskiej z obierania pana z pojs´rzodka siebie, in: ebenda, 705–724, 716. 722 Wotum w interregnum po Henrykowym z Polski odjez´dzie, 637. 723 Der Begriff der leyenda negra ist zwar als synthetische Neuschöpfung ex post umstritten (G C, R, La Leyenda negra. Historia y Opinio´n, Madrid 1998; zur Kritik an der dort formulierten pronocierten Ablehnung: V O, J A, El Imperio y la Leyenda negra, Madrid 2004, 147–159.). Nichtsdestoweniger war das hierunter subsumierte negative Bild der spanischen Monarchie, in Bezug auf deren mächtepolitisches Agieren in Europa und Amerika, konkret der Grausamkeit spanischer Soldaten, wahlweise auch den spanischen Katholizismus etc., ein in Europa weit verbreitetes Phänomen: P, J, Eine natürliche Feindschaft. Ursprung und Funktion der Schwarzen Legende über Spanien in den Niederlanden 1560–1581, in: Franz Bosbach (Hg.), Feindbilder. Die Darstellung des Gegners in der politischen Publizistik des Mittelalters und der Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 1992, 73–93; S, P, Spanische Universalmonarchie oder ,teutsche Libertet‘. Das spanische Imperium in der Propaganda des Dreißigjährigen Krieges, Stuttgart 2001, bes. 95–334; S-S, I, La leyenda negra de Espan˜a. Propaganda en la Guerra de Flandres (15661584), Madrid 2008; P, J, La Le´gende noire de l’Espagne, Paris 2009, bes. 147–173.
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attraktiveren Gruselfaktor bieten. Folgerichtig war es gut gepflegte Übung, Österreicher und Spanier in einem Atemzug zu nennen.724 Auf den ersten Blick allerdings mochte wohl das weit entfernte Spanien allein, trotz der ihm mit Österreich gemeinsamen Habsburgerdynastie und selbst unter der Maßgabe einer bei den Nachbaren im Heiligen Römischen Reich gepflegten Furcht vor der spanisch-habsburgischen Universalmonarchie, im Königreich Polen kaum zu einem unmittelbar mobilisierenden Feindbild taugen. Polemisch funktional wurde die Mahnung vor dräuenden iberischen Verhältnissen wiederum in Verbindung mit einem weiteren Faktor: dem Jesuitenorden.
4.3.2 Jesuiten und Häretiker: Asymmetrische Streitkatalysatoren Wozu sich die Societas Jesu in Polen-Litauen angesiedelt habe, vermeinte eine gegen den Orden gerichtete Polemik genau zu wissen: „Zum Verderben dieser Krone; da sie eigentliche spanische speculatores und dem Haus Österreich treue und beeidete promotores sind.“725 Die Jesuiten als Spanier oder zumindest als Handlanger Spaniens und in jedem Fall mit absolutistischen Machenschaften des habsburgischen Österreich zu identifizieren, hatte diese Schrift mit anderen gemein.726 Es brachte polemischen Konstruktionen erhebliche Vorteile, den Jesuitenorden in Anspielung auf seinen Gründer und die beherrschende iberische Nachfolgegeneration an der Führungsspitze dabei auf seine vermeintliche hispanidad zu reduzieren.727 Antijesuitische Vorbehalte ließen sich auf diese Weise bequem mit einem zeitgenössisch verbrei-
724 Przestroga i sposo´b na czasy przyszłe, 470; List II, w kto´rym jest dyskurs o tej kontrybucyej pp. duchownych, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 200–205, 202; Ad Patres lesuitas, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 93–99, 96. 725 Jezuitom i inszem duchownem respons, kto´rzy dla artykuło´w niekto´rych, sobie nie ku mys´li uchwalonych, rokosz buntem heretyckiem zowia˛ i ludzi od niego tym odrazic´ chca˛, takz˙e i inszem s´wieckiem katolikom, kto´rzy jem tego pomagaja˛, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 81–93, 87. Das folgende Kapitel folgt im Wesentlichen Teilen des Aufsatzes: L, K, Das Böse ist immer und überall. Antijesuitismus in Polen-Litauen um 1600, in: Henning P. Jürgens / Thomas Weller (Hg.), Streitkultur und Öffentlichkeit im konfessionellen Zeitalter, Göttingen 2013, 57–84. 726 Wotum Filopolitesa Prawdzickiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 287–295, 291, 293–295; Przestroga i sposo´b na czasy przyszłe, 467 f.; List II, w kto´rym jest dyskurs o tej kontrybucyej, 202. 727 Votum katolika jednego o Jezuitach, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 452–461, 453.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
teten negativen Spanierbild zu einer wahren Konzentration des Bösen amalgamieren, gewissermaßen zur polnischen Variante einer Schwarzen Legende der Jesuiten. Darüber hinaus erweist es sich als aufschlussreich, dass sich dieselbe Schrift, die spanische Jesuiten und österreichische Habsburger in einem Atemzug nannte, in ihrem Titel gegen all diejenigen richtete, die den Rokosz als „häretisch“ denunzierten. Hier zeichnet sich die gegenläufige Strategie einiger gegen den Rokosz gerichteter Schriften ab: Jesuitische Verschwörungen einerseits und häretische Machenschaften andererseits bildeten die zwei Pole, zwischen denen auch das Problem von Konfession und Religion im Kontext des Rokosz weniger im Sinne eines Streitgegenstands thematisiert als polemisch funktionalisiert wurde. Die Krisenjahre 1606 bis 1608/09 gelten der Forschung als entscheidender Einschnitt in der Produktion von Antijesuitika.728 In dieser Hinsicht sollte jedoch, was Umfang und Konjunkturen antijesuitischer Polemiken betrifft, differenziert werden. Legt man die Edition der Publizistik dieser Jahre durch Jan Czubek zugrunde, zeigt sich, dass von den rund einhundert aufgenommenen Schriften, die sich für den Rokosz aussprachen, lediglich sechs ausschließlich Angriffen auf die Jesuiten gewidmet sind.729 Dagegen finden sich in 26 Texten mehr oder weniger ausführliche antijesuitische Textabschnitte; insgesamt weist also in etwa ein Drittel aller Oppositionsäußerungen antijesuitische Polemik auf. Eine Schlüsselrolle spielen solche Passagen überwiegend in Texten, die sich als Hauptthema nicht dem Orden an sich, sondern Problemen der Organisation von Herrschaft und Gemeinwesen widmen. Der Antijesuitismus des Rokosz zeichnete sich also durch seinen ausgeprägt topischen Charakter aus. Obwohl sich die Datierung der handschriftlich zirkulierenden Texte als schwierig erweist, darf man davon ausgehen, dass die größte Zahl an antijesuitisch durchsetzten Schriften vermutlich im August und September 1606
728 S, W, Literacki kształt polskich polemik antyjezuickich z lat 1578–1625, Białystok 1968, 147, 151 f.; T, J, Wste˛p, in: Literatura antyjezuicka w Polsce 1578–1625, ed. v. dems., Warszawa 1963, 5–33, 26. 729 Hymnus ad Patres Iesuitas, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608, Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 91–93; Ad Patres Iesuitas, in: ebenda, 93–99; Votum katolika jednego o Jezuitach, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 452–459; Consilium de recuperanda; Jezuitom i inszem duchownem respons; Tra˛ba na pospolite ruszenie przeciw Jezuitom, in: ebenda, 258–260; Kro´tkie uwaz˙enie nowotniej konstytucyej o Jezuitach, in: ebenda, 300–306. Insgesamt umfasst die Edition 167 Texte. Die Autorin der bislang einzigen eingehenderen historischen Begriffsanalyse der Publizistik kommt in ihrer Zählung auf insgesamt 102 Texte: A, U, Polska i łacin´ska terminologia ustrojowa w publistyce politycznej epoki Wazo´w, in: Jerzy Axer (Hg.), Łacina jako je˛zyk elit, Warszawa 2004, 34–71, 58.
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erschien.730 Dieses Phänomen fiel somit in die Periode unmittelbar nach dem formalen Bundesschluss von Sandomierz und dem Beginn erster gewalttätiger Zusammenstöße. Der Topos des Antijesuitismus begleitete also als polemisches „Vorratsmagazin“731 eine Verschärfung der Auseinandersetzungen. Das konflikteskalierende Potential des antijesuitischen Topos resultierte in erster Linie aus seiner Funktion als Ausgangsbasis für verschwörungstheoretische Argumentationen. Eben dies ist das strukturierende Prinzip, aus dem die Plausibilitäten der antijesuitischen Argumentation abgeleitet wurden. In diesem Sinne vermochte der aus dem Antijesuitismus entwickelte Manichäismus, das unversöhnlich Trennende zum Gegner herauszustellen und die Front zwischen Gut und Böse scharf zu konturieren.732 Die jesuitischen Verbrecher hätten Aufruhr und Blutvergießen in die Krone Polen gebracht; Feinde von innen seien sie, gefährlicher als die Tataren, die von außen angreifen: „Jene erheben die Feindeswaffe gegen uns; diese schärfen unsere eigenen gegen uns selbst“.733 Das konstatiert eine Schrift, die im Jahr 1607 eine Vertreibung der Jesuiten aus dem polnisch-litauischen Doppelreich propagierte. Dem Orden unterstellte man dabei zumeist allgemein gesellschaftszerstörendes Handeln, stellenweise wurden die Jesuiten aber auch konkret als Gegner der Adelsopposition ausgemacht.734 Die vorgeblichen geheimen Aktivitäten der Societas Jesu erschienen in diesem Sinne buchstäblich als gesellschaftsunterhöhlend. Schließlich errichteten die Patres, so eine Schrift, „Festungen, Basteien an den Mauern der wichtigsten Städte, richten unter ihnen Keller auf mehreren Ebenen ein, in die sie Pforten für die Flucht während irgendwelcher Auseinandersetzungen schlagen und in denen sie mehrere tausend Menschen verstecken können“.735 Obgleich die zahlreichen Kollegien als Beweis für die krakenartige Verbreitung des Ordens angeführt wurden,736 blieben die Jesuiten also eine versteckte, stets im Plural benannte, anonyme, kollektive Macht, mit der eine direkte Auseinandersetzung unmöglich schien. Einzige Ausnahme bildete der oft 730 Zahlreiche Datierungsversuche bei Czubek, beispielsweise die editorischen Bemerkungen in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 91. 731 C, E R, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Tübingen / Basel 1993, 89. 732 G, D, La tentation des the´ories de conspiration, in: Storia della storiografia 14 (1988), 96–118, 99 f. 733 Tra˛ba na pospolite ruszenie, 260. 734 List II, w kto´rym jest dyskurs o tej kontrybucyej, 202. 735 Na pismo ,Oto´z˙ tobie rokosz‘, 47. 736 De regno Sigismundi III regis Poloniae, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 2–5, 5; Kro´tkie uwaz˙anie konstytucyej nowotniej o Jezuitach, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 300–306, 301 f.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
genannte Name des prominenten Hofpredigers Piotr Skarga. Er hatte sich nicht nur bereits im Vorfeld des Rokosz durch zahlreiche konfessionelle wie herrschaftstheoretische Schriften exponiert, sondern agierte auch als einer der aktivsten Pamphletisten des promonarchischen Lagers.737 In der Regel richteten sich die Angriffe jedoch weniger gegen den konkreten Antagonisten Skarga, vielmehr stand letzterer metonymisch für den unsichtbaren Gesamtorden.738 Die Qualifizierung der Jesuiten als unsichtbare böse Macht eröffnete wiederum das semantische Feld der Krankheit. In Aufnahme der Körpermetapher wurde der Orden als „morbus“ der Gesellschaft bezeichnet, eine rhetorische Wendung, die ansonsten das promonarchische Lager auf die Opposition applizierte.739 Gleiches galt für den oppositionellen Vorwurf gegen die Jesuiten, eine nicht näher erläuterte „seditio“ zu organisieren.740 In beiden Fällen erschien der Antijesuitismus als Topos, der es erlaubte, die üblichen Angriffe gegen den oppositionellen Adel in gleicher Formulierung zu kontern.741 Die Vorwürfe gegen den Orden, die aus der verschwörungstheoretischen Grundargumentation entwickelt wurden, lassen sich im Wesentlichen in zwei Bereiche aufgliedern: Zunächst ging es um den Einfluss der Societas Jesu auf die Herrschaftsorganisation in Polen-Litauen. In den meisten Fällen wurde den Patres dabei unterstellt, als heimliche Stoßtruppe der Habsburger der Errichtung einer absoluten Königsherrschaft Vorschub zu leisten.742 Dabei fand die Vorstellung von den Jesuiten als schlechten Beratern des Monarchen breite Resonanz: Sie seien die heimlichen „directores“ der königlichen Ange737
T, J, Piotr Skarga – Szermierz kontrreformacji, Warszawa 1978; ., Wste˛p, in: Kazania sejmowe, ed. v. dems., Wrocław 2003, S. V–CIII, bes. S. LIII–LXXXIV; O, Jezuici na dworach Batorego i Wazo´w, 31–35. 738 Vgl. die Schriften in Dialogform, in denen Skarga als Person stellvertretend für den Orden auftritt: Colloquium rokoszowe, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 75–81, 80; Przemowa do pano´w senatoro´w, in: ebenda, 106–114, 107. 739 Jesuiten als „morbus“ bzw. polnisch „choroba“ etwa in: Consilium de recuperanda, 6; Rozmowa syno´w z matka˛, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 136–148, 140; Skrypt o słusznos´ci zjazdu ste˛z˙yckiego, in: ebenda, 257–264, 258. 740 Apologia abo sprawota szlachcica polskiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 210–258, 226; Rozmowa syno´w, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608, Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 145. 741 R, A, Konfederacja i rokosz, 455–457. 742 Zniesiene kalumnii z p. Wojewody krakowskiego i zaraz deklaracya skrypto´w ste˛z˙yckich z strony praktyk, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 329–357, 342; De regno Sigismundi, 5; O praktykach in parabolis odkrytych, 293; Consilium de recuperanda, 16 f., 19.
4.3 Papierkrieg: Argumentative Radikalisierungen
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legenheiten und hielten „extraordinaria consilia“ mit ihm ab.743 Solche Formulierungen erinnerten stark an die Angriffe auf Senatoren, Würdenträger und Höflinge des Monarchen im Allgemeinen, deren argumentativer Kern nun ebenfalls auf die Jesuiten angewandt wurde. Zum anderen kritisierte man die geistliche Tätigkeit der Societas Jesu. In diesem Zusammenhang erschienen die Ordensmitglieder weniger als Protestantenfresser. Vielmehr bildeten sie in erster Linie die Speerspitze eines fanatischen neuen Katholizismus, der in der tridentinischen Kirche sein Unwesen zu treiben begonnen hatte.744 In diesem Sinne wurden jedoch nur in wenigen Schriften die Jesuiten und die römisch-katholischen Bischöfe, die qua Amt dem Senat angehörten, gemeinsam zum Ziel oppositioneller Polemik.745 Auch hier changierte der widerständige Antijesuitismus zwischen Apologie und argumentativer Revanche für die Angriffe aus dem promonarchischen Lager, ohne den König oder den ihm loyalen Adel direkt attackieren zu müssen. Das Argument, die Jesuiten hätten die Koexistenz der Konfessionen in Polen-Litauen aus dem Gleichgewicht gebracht oder gar zerstört, erhielt seine Virulenz angesichts der Häresievorwürfe gegenüber dem Rokosz. Zwar wurde die Vorhaltung, beim widerständigen Adel handele es sich um Ketzer, nur von einer Minderheit promonarchischer Texte eingesetzt. In diesem Zusammenhang scheint es allerdings wichtig zu unterstreichen, dass der Gebrauch des Häresiearguments in erster Linie polemische Funktionen erfüllte. Die kollektive Ausgrenzung der widerständigen Adligen als Häretiker – denn differenziert wurde hier nicht nach etwaigen unterschiedlichen Konfessionen – folgte dem gleichen Muster wie die antijesuitische Polemik des Rokosz. Nichtsdestoweniger war das Häresieargument in einem Nebenstrang der publizistischen Auseinandersetzungen präsent, wenn es auch einen weitaus geringeren Raum einnahm als die antijesuitischen Angriffe der Opposition.746
743 List I o kontrybucyej pp. Duchownych, z Piorkowa do kogos´ posłany, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 195–200, 199; Zniesiene kalumnii, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 341, 353. 744 Rozmowa o rokoszu, 126 f., 132; Na pismo ,Oto´z˙ tobie rokosz’, 47; Rozmowa syno´w, 143. 745 Jezuitom i inszem duchownem respons. 746 Od P. Marszałka koronnego do P. Wojewody krakowskiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 28–35, 31; Oto´z˙ tobie rokosz, in: ebenda, 35–40, 37; Passya pana naszego Zygmunta Trzeciego, kro´la polskiego, podług jego sługi i wiernego poddanego, z panem swym spo´łcierpia˛cego, in: ebenda, 51–56, 51, 53; Tragedya rokoszowa na Sejmie A. 1607 wydana, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 19161, 178–199, 180 f. Respons od Duchowien´stwa, in: ebenda, 233, 235; Insgesamt finden sich in zehn pro-monarchischen Schriften Häresievorwürfe an die Opposition. Daneben konnten in sehr geringem Maße auch explizit Vorwürfe gegen den
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang einerseits, dass der Häresievorwurf vor allem von den den Rokosz befürwortenden Schriften als Angriff gegen die Konföderation antizipiert wurde. Demgegenüber wurde in den Polemiken gegen den Rokosz selbst das Häresieargument explizit viel weniger verwendet. Diesbezüglich schien die vorgebliche gegnerische Attribuierung des Rokosz als häretisch nicht zuletzt einen mittelbaren konfessionellen Verteidigungsversuch darzustellen. Hierbei fanden sich zwei Argumentationsstränge: Zum einen konnte man, indem man den antizipierten Häresievorwurf zurückwies, den überkonfessionellen Charakter des Rokosz unterstreichen.747 Zum anderen ließ sich an diesem Punkt die generelle Existenzberechtigung nichtkatholischer Bekenntnisse behaupten, die den pejorativen Begriff der Häresie ebenso ablehnen musste.748 Allerdings fanden sich in der Konsequenz kaum direkte Repliken auf Anschuldigungen, der adlige Widerstand sei konfessionell motiviert. Anstatt unmittelbar den vermeintlichen beziehungsweise minoritären Häresievorwurf gegen den Rokosz zu erwidern, nahmen wiederum dessen Verteidiger ihren polemischen Umweg über den Antijesuitismus.749 In diesem Kontext wurde in den Texten des Rokosz jedoch ostentativ vermieden, den Katholizismus an sich zur Zielscheibe von Kritik zu machen. Dies konnte innerhalb antijesuitischer Polemiken teilweise zu argumentativen Drahtseilakten führen: „Nicht die Religion stört uns, denn mit ihr wollen wir sterben, und auch den Orden et ecclesiastica et pia opera verurteilen wir nicht, sondern allein die Person der Jesuitenpatres.“750 Während also zumindest ein minoritärer Nebenstrang der promonarchischen Publizistik über den Häresievorwurf zu einer Konfessionalisierung der Auseinandersetzungen tendierte, wurde zugleich das Bemühen der widerständigen Schriften deutlich, das konfessionelle in ein antijesuitisches Argument zu wandeln. Der Antijesuitismus blieb nahezu ausschließlich ein Thema der oppositionellen Schriften. Auf Erwiderungen stießen die gegen den Orden gerichteten Polemiken kaum. Die überlieferten Antworten reduzieren sich auf einige wenige Schriften, wobei insbesondere eine Predigt Piotr Skargas Prominenz
Rokosz als eine lutherische Machenschaft auftreten: Dyskurs o zawzie˛tych teraz´niejszych zacia˛gach, 386 f. 747 Rozmowa o rokoszu, 125; Jezuitom i inszem duchownym respons, bes. 93. 748 Dyskurs szlachcica polskiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 443–449, 449; Collatio tego wszystkiego co na rokoszu i w Wis´licy zawarto, i zaraz rozsa˛dek o tym, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 117–136, 128; Przestroga i sposo´b na czasy przyszłe, 467 f. 749 List do biskupa kto´regos´ pod rokosz pisany, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 449–452, 449. 750 Rozmowa syno´w, 145.
4.3 Papierkrieg: Argumentative Radikalisierungen
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erlangte, die auch in einer gedruckten Version erschien.751 Sie bezog sich vordergründig auf den Beschluss der oppositionellen Adelskonföderation im Sommer 1607, die Jesuiten aus Polen-Litauen zu vertreiben. Skarga handelte diesen Beschluss in sieben Artikeln ab, die er mit den biblischen Plagen identifizierte, während er zugleich den Jesuiten eine Märtyrerrolle zuschrieb. Schlimmer als der Heide Pilatus verhalte sich die Opposition. Selbst der römische Statthalter habe nämlich vor der Kreuzigung nach den Gründen gefragt, im Gegensatz zu den Gegnern der Jesuiten – „Und so soll es wie bei den Juden sein: Töte! Töte!“752 Die antijesuitische Polemik sollte hier also durch eine rhetorische Übertreibung der Angriffe ebenso wie durch eine Theologisierung der Argumentation entkräftet werden. Demonstrativ vollzog Skarga seine Apologie nicht nur im performativen Rahmen einer Predigt, er zog sich auch scheinbar ganz auf seine geistliche Rolle zurück; ein dominium absolutum für den König habe er nie gefordert, allein für Gott, dem dies auch gebühre. Eine Vermischung von geistlichen und weltlichen Dingen wies er zurück, nur um unmittelbar darauf zu konstatieren, die Theologie sei „die Meisterin aller Professionen und Lehren; da sie allein die vornehmste aller Aufgaben übernimmt, zur Erlösung und dem ewigen Glück führt, dem alle Politiken und andere Lehren zu dienen haben.“753 Skargas Interventionen waren dabei die einzigen Stellungnahmen, die eine Theologisierung der Polemik betrieben. Seitens des Rokosz blieben solche Versuche aus. In einer der wenigen weiteren Auseinandersetzungen des promonarchischen Lagers mit den Angriffen gegen die Societas Jesu wurde der Antijesuitismus als integraler Bestandteil der illegitimen Vorgehensweise der Gegner interpretiert. So machte sich im Jahr 1606 eine Schrift Gedanken über die Motivation der adligen Opposition. In Berufung auf Aristoteles‘ Affektenlehre stellte der Autor zunächst fest, es gebe einen guten, einen christlichen und adligen Affekt.754 Dieser treibe dazu an, dem Gemeinwesen Schädliches 751
S, P, Na artykuł o Jezuitach zjazdu se˛domirskiego odpowiedz´, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 94–116. Daneben existiert eine weitere Predigt Skargas zur Verteidigung des Ordens: S, P, Pro´ba Zakonu Societatis Iesu, in: Kazania przygodne y inne drobnieysze Prace Wielebnego Xie˛dza Piotra Skargi Soc: Iesu Theologa, Wilno 1736, 169–197. Darüber hinaus wendet eine der wenigen übrigen Schriften, die ebenfalls dem jesuitischen Milieu zugeschrieben werden, die antijesuitischen Vorwürfe mit umgekehrten Vorzeichen gegen deren Urheber: „In hos totis viribus invehite, incumbite, pellite de regnis et dominationibus vestris, possessiones illorum occupate, pro utilitate sua convertite“ (Universitas inferorum Universitati Rokosanorum perniciem p[recatur]. in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 19–22, 20.). 752 S, Na artykuł, 106. 753 Ebenda, 102. 754 Affekt, albo te´z´ przyczyna, in: Akta zjazdu Ste˛z˙yckiego w roku 1606 (Liber gene-
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
aufzudecken und „mit Liebe“ wieder Ordnung herzustellen. Hierbei dürfe man aber den Monarchen nicht, wie dies gegenwärtig geschehe, persönlich oder mit Worten verletzen. Wenn nämlich irgendein Schaden für das Gemeinwesen entstünde, so „spricht dies ein Mensch mit gutem Affekt bescheiden an, um eine Verbesserung herbeizuführen, da jeder seinen Schaden mit schönen (d.h. auch rechten) Worten besprechen kann.“755 Vor Aufruhr, Tumult und Gewalt hingegen habe sich ein Adliger mehr zu hüten als vor dem Tod. Solche Überschreitungen entstünden jedoch durch die Beschuldigungen, die von den Anhängern des Rokosz aus „schlechtem Affekt“ erhoben würden. Recht ausführlich ging die Schrift dabei auf den Vorwurf ein, der aus Sicht des Verfassers besonders zu einer illegitimen Eskalation der Konflikte geführt habe: die hasserfüllte Hetze gegen den jesuitischen Hofprediger Piotr Skarga und den – katholischen – Höfling und Vertrauten Sigismund Wasas, Andrzej Bobola, im Verein mit antihabsburgischen Absolutismusunterstellungen: „Aus diesem Hass leitete sich das ab, was sie jetzt häufig reden: spirituales non se immisceant negotiis secularibus […] und diese beiden, Bobola und Skarga, verstehen sie als Instrument der Erzherzogin (Konstanze, K.L.)“.756 Die ethische Grundierung der hier präsentierten Affektenlehre mit aristotelischer Rückendeckung entsprach der üblichen vulgarisierten Vorstellung vom tugendethischen Maßhalten.757 Wenn hierbei das praktische Funktionieren der Vergemeinschaftung von cives in einer moralisch guten respublica unter anderem auf dem Mechanismus des friedlichen verbalen Austauschs basierte, war der redende civis dem Tugendkanon eben dieser respublica unterworfen. Dies wiederum implizierte eine ethische Orientierung an der Norm der Mäßigung. Solch ethisch richtiges Verhalten aufgegeben und damit den Konsens des Gemeinwesens verlassen zu haben, war hingegen der Vorwurf der oben zitierten Schrift an den Rokosz. Wird den widerständigen Adligen auch an anderen Stellen in der Publizistik insbesondere mangelnde Tugendhaftigkeit vorgeworfen,758 ist doch bemerkenswert, in rationis Ste˛z˙yce), ed. v. Aleksander Rembowski, Warszawa 1893, 369–372, 369. Eine leicht abweichende Redaktion abgedruckt bei Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 313–328 unter dem Titel Deklaracya pisma pana Wojewody krakowskiego, w Ste˛z˙ycy miedzy ludzie podanego. 755 Affekt, albo te´z´ przyczyna, 369. 756 Ebenda, 372. 757 Zum bislang ungeklärten Verhältnis zwischen neostoischer Mode und Lipsiusrezeption in Polen-Litauen: D-K, Justus Lipsjusz i dawne przekłady jego dzieł, 486. 758 Vgl. etwa die Tragedia rokoszowa, in der den Oppositionellen nicht ohne Assoziation mit den Todsünden Ambitia, Perfidia, Astutia, Arrogantia, Praesumptia, Confusia, Latrocinium, Stultitia und Furor zugeschrieben werden: Tragedia rokoszowa, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 1, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1916, 178–199.
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welchem Maße hier der „Hass (inwidyja)“759 als ethisch schlechter Affekt insbesondere den antijesuitischen Attacken zugeschrieben wurde. Eine Argumentation, die sich – wenn auch weniger kompakt – an anderer Stelle wiederfindet.760 Aus dieser Perspektive bewegte sich der Antijesuitismus außerhalb des im Sinne der respublica Sagbaren, war also von der normativen Vorstellung der friedvollen, verbalen und rhetorisierten Auseinandersetzung nicht mehr gedeckt. Dass intrinsische konfessionelle Motivationen einen Teil des adligen Widerstands im Rokosz provozierten oder katalysierten, ist vor allem in der älteren Forschung als gegeben vorausgesetzt worden. In den Versammlungen und Forderungen des Rokosz hingegen trat das konfessionelle Element argumentativ weitgehend zurück beziehungsweise stand als ein Gravamen neben vielen anderen. Diese Grundkonstellation spiegeln die polemischen Schriften entsprechend wider. Eindeutige konfessionelle, im Sinne religiöser, Positionierungen finden sich nur sehr beschränkt und selbst der Häresievorwurf, geschweige denn antijesuitische Argumentationsmuster, lassen sich lediglich bedingt konfessionell lesen. Theologische Begründungsmuster für jeweiliges Handeln sucht man, bis auf das Beispiel Skarga, vergeblich. Gerade in Bezug auf den Antijesuitismus des Rokosz kristallisierte sich gewissermaßen in nuce das Problem eines frühneuzeitlichen Verhältnisses von Politik und Religion aus. In Bezug auf die Forschungsdebatte über die Ausdifferenzierung beider Bereiche, speziell im ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhundert, hat Matthias Pohlig davor gewarnt, den frühneuzeitlichen Konglomeraten „Politik“ und „Religion“ mit einem gegenwärtigen Verständnis zu begegnen. „Beide Bereiche waren weder eins noch getrennt; sie waren komplexe kommunikative und Handlungsfelder mit einem hohen und sich verändernden Maß an Verknüpfungen.“761 Entsprechend kann man in Bezug auf den Rokosz konstatieren, dass es stark kontextgebundenen Interpretationen unterlag, welche Unterscheidung zwischen weltlichen und geistlichen Dingen getroffen wurden. Aufschlussreich erscheint in diesem Zusammenhang eben die enge Korrelation von antijesuitischer Polemik und changierenden Definitionen des Verhältnisses
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Zeitgenössisch ist in dieser Ableitung aus dem Lateinischen die Bedeutungsebene „Hass“ und „Unwillen“ dominanter als „Neid“, vgl. Art. inwidyja, in: Słownik polszczyzny XVI wieku, Tom 8, Wrocław 1974, 579. 760 Die moralische Verkommenheit der Jesuitenfeindschaft Mikołaj Zebrzydowskis stellt etwa der Kronmarschall Zygmunt Myszkowski in den Mittelpunkt: Od P. Marszałka koronnego do P. Wojewody krakowskiego, bes. 35. 761 P, M, Religionsfrieden als pax politica. Zum Verhältnis von Religion und Politik im konfessionellen Zeitalter, in: Karl Gabriel / Christel Gärtner / Delef Pollack (Hg.), Umstrittene Säkularisierung. Soziologische und historische Analysen zur Differenzierung von Religion und Politik, Berlin 2012, 225–251, 248.
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von religio und policya. Der Begriff der religio spielte dabei eine eher untergeordnete Rolle und konnte entweder im Sinne einer oder verschiedener religiones als Konfession Verwendung finden, wurde vor allem aber als Gegensatz zum Politischen verstanden.762 In diesem Sinne zielte ein Großteil der Schriften in erster Linie auf die Definition des Politischen in Differenzierung vom Religiösen. Hierbei wurde – im Gefolge der Auseinandersetzungen um die Warschauer Konföderation – eine klare Trennung von „weltlichen Dingen, also politischen“763 und religiösen Angelegenheiten gefordert. Demgegenüber beschreibt eine andere Gruppe von Texten das Politische insbesondere als normative Kategorie, deren Verhältnis zum Religiösen weit weniger eindeutig ausfällt. Zeitgenössisch basierte die Idealvorstellung des Gemeinwesens als politia/policya oder auch respublica über alle Konfessionsgrenzen hinweg auf der Herrschaft eines – wenn auch unterschiedlich interpretierten – tugendhaften Rechts.764 Damit unterschied sich die ethisch-normative Theoriebildung in Polen-Litauen nicht vom europäischen Mainstream.765 Eben auch die oppositionelle Publizistik bediente sich der normativen Vorstellung, nur diejenige respublica dürfe eine „politica Respublica“ genannt werden, die einem ethischen Idealbild entspreche.766 In der Folge konnte dies zu einer religiösen Aufladung des Gemeinwesens bis hin zu der Auffassung führen, nicht nur Heilige könnten ein Martyrium erleiden, sondern auch die sittlich Guten „in politia“.767 Solch eine religiöse Implikation der Gemein-
762 Zu „religio“ bzw. „religiones“ im Sinne unterschiedlicher Konfessionen: Skrypt na tych, kto´rzy rokoszu nie pragna˛ a sejmu sie˛ napieraja˛, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608.h§ Tom 3 ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 289–295, 294; Kro´tkie uwaz˙enie konstytucyej nowotniej o Jezuitach, in: ebenda, 300–306, 301; Respons przeciwko niejakiemu cenzorowi, 321; Fundament rokoszu, 338; Cenzura na progres rokoszu, 415. 763 Jezuitom i inszem duchownem respons, 82. 764 Vgl. beispielsweise den Entwurf des litauischen Reformierten Andreas Volanus ebenso wie des katholischen Bischof Wawrzyniec Gos´licki trotz Differenzen in Herleitung und Zielrichtung; Volanus formuliert: „Nihil enim in hominum societate constituendum est, nec vim leges habere debet, nisi cuius ratio naturalis ex aequo & bono adferri possit.“ (V, A, De libertate politica sive civili libellus lectu non indignus, Cracoviae 1572, Diiv.), demgegenüber Gos´licki: „Corpus omne civitatis societatisque humanae, necesse est, habeat animam, hoc est legem ipsam, a qua honeste recteque vivendi modum recipiat.“ (G, De optimo senatore libri duo, 106.). 765 S, V, Politik, in: Otto Brunner / Werner Conze / Reinhart Koselleck (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Bd. 4, Stuttgart 1978, 789–874, 814–819; N, P, Politia, Politica und la Re´publique. Der Politikbegriff der Prämoderne, in: ders. / Hans J. Lietzmann (Hg.), Klassische Politik. Politikverständnisse von der Antike bis ins 19. Jahrhundert, Opladen 2000, 147–160, 148 f. 766 Libera Respublica – absolutum dominium – rokosz, 409. 767 Zniesienie kalmunii, 329.
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wesenvorstellung wurde in der gerade zitierten Schrift an anderer Stelle noch deutlicher greifbar, dort hieß es:768 Wer also in dieser Respublica zu leben wünscht, wünscht sich ein gesegnetes und glückliches Leben, wenn er schon hinter solchem Recht, das religiose von allen Ständen zu bewahren ist, behütet und beschützt sitzt wie hinter den besten Mauern und Wällen.
Eben solche Mauern und Wälle zu untergraben, wurde den Jesuiten zugleich vorgeworfen. Die angeblich intendierte Errichtung einer „jesuitischen Tyrannis“ zielte dabei für einen Teil der oppositionellen Autoren genau auf die Zerstörung des religiös konnotierten, ethisch guten Gemeinwesens.769 Solche Beschuldigungen gingen mit der Feststellung einher, die jesuitischen Bestrebungen wären grundsätzlich areligiös und stünden folgerichtig im Dienste einer moralisch verwerflichen Politik. Eigentlich seien die Ordensmitglieder nämlich „publici Macchiavelli professores“, „die eben diese Politik de absoluto dominio publice dem Herrn (Sigismund III., K.L.) von der Kanzel lesen“ und nur mit dem Mantel der Religion bedeckten.770 Daneben konnten die antijesuitischen Polemiken aber auch eine zunächst andere Stoßrichtung annehmen: So wurden die Jesuiten ebenso beschuldigt, die Grenzlinien der argumentativ ausdifferenzierten Bereiche Politik und Religion zu überschreiten. Deshalb verlangte man, die Patres mögen in den Kirchen als ihrem originären Raum verbleiben und sich nicht in Politisches einmischen.771 Dabei konnte ihnen unter Umständen durchaus ein Existenzrecht zugesprochen werden, solange sie sich von allen „res publicae“ und „reipublicae negotiae“ fernhielten.772 Dieses Balancieren korrespondierte mit dem gleichzeitigen Versuch, die konfessionelle Toleranzregelung der Warschauer Konföderation von 1573 als „articulus politicus“ zu interpretieren.773 Dessen Aufrechterhaltung wurde mithin Teil der Verteidigung von Rechten und Freiheiten des Adels oder, wie es ein Text historisch gewendet am Exempel des Heiligen Stanisław festmacht: „Daran war der Sohn der Krone zu erkennen, der den katholischen Glauben im Ganzen erhält, die Rechte und Freiheiten der Krone schützt, das war ein verus zelotes religionis, verus civis in patria.“774 Solch ein Umgang mit der Frage konfessioneller Koexistenz war jedoch nicht allein der gemischtkonfessionellen Zusammensetzung der Opposition oder einer üblichen evangelischen beziehungsweise nichtkatholischen Defensivstrategie geschuldet.775 Er verwies wiederum auf den zeitge768
Libera Respublica, 407. Rozmowa o rokoszu, 131. 770 Apologia szlachcica polskiego, 226. 771 Rzeczy naprawy potrzebuja˛ce, 298. 772 Dyskurs około rokoszu, 425. 773 Rozmowa o rokoszu, 135. 774 Rozmowa syno´w, 143. 775 J, Bez uz˙ycia siły, 243–248. 769
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nössischen Denkrahmen, der Religion auch als „moralisches, pädagogisches, politisches Instrument“ begriff,776 was vice versa für Politik in Bezug auf Religion zu gelten hatte. Der gegen die Jesuiten erhobene Vorwurf, sich in weltliche Dinge einzumischen,777 kann daher in mehrfacher Hinsicht gelesen werden: Er stellte ein streitverschärfendes Argument in Hinsicht auf die Schwarze Legende der Jesuiten dar. Darüber hinaus funktionierte er als mittelbare konfessionelle Verteidigungsstrategie. In dieser Hinsicht bildete er ein Argument, das vor dem Hintergrund eines synthetischen Verständnisses von Religion und Politik und deren moralischen Implikationen gelesen werden muss. Die Konzentration der Rokosz-Polemiken auf den Problemkreis religio und politia hatte dabei den Vorteil, die Frage nach Konfession zunächst auszublenden und auf eine abstraktere Ebene zu heben. Dass sich solch ein Argumentationsmodus auch als sublimierende Strategie für konkrete konfessionelle Beschwerden lesen ließ, machte sicherlich einen Teil von dessen streitgenerierendem Potential aus. Nicht zuletzt konnten sich aber in diesem Rahmen nicht allein Evangelische oder auch Orthodoxe verorten, sondern auch Katholiken, die einem tridentinischen Katholizismus ablehnend gegenüberstanden.778 Schließlich halfen in diesem Sinne antijesuitische Argumente, Vorwürfen auf einer konfessionsungebundenen Ebene zu begegnen, beim Rokosz handele es sich um einen häretischen, will heißen evangelischen Widerstand. Dass die Jesuiten in diesem Zusammenhang überwiegend als fremdes Element, in erster Linie als spanisches, aber auch deutsches und italienisches, qualifiziert wurden,779 band diesen Strang der polemischen Auseinandersetzung an den Streitkatalysator Tyrannis zurück. Als diabolische Agenten des Absolutismus mit „gehörnten Mützen“780 untergruben sie die traditionelle Symbiose von Politik und Religion und damit die Basis von Tugend und Moral des Gemeinwesens – „und waren die Ursache für die derzeitigen Wirren in der Respublica.“781
4.3.3 Aufstand, Einigkeit und Bürgerkrieg Seit den 1560er Jahren würden die Königreiche Europas beständig von „turbae“ und „seditiones“ erschüttert, „quarum nonnullae valde cruentae et periculosae fuerunt et adhuc sunt.“782 Diese gefährlichen Wirren ließen ich al776
P, Religionsfrieden als pax politica, 247. Dyskurs około rokoszu, 425; Rewersał listu szlachcica jednego, 255. 778 Jezuitom i inszem duchownym respons, 82. 779 Zniesienie kalumnii, 342. 780 Na pismo ,Oto´z˙ tobie rokosz’, 48. 781 Rozmowa syno´w z matka˛, 146. 782 Consilium datum amico de recuperanda et in posterum stabilienda pace regni Poloniae. In quo demonstratur pacem nec constitui nec stabiliri posse quandiu IESUITAE in 777
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lesamt auf eine Quelle zurückführen: Die „Praktiken“ der Jesuiten und deren „seditiosus fervor“.783 In dieser oder sehr ähnlicher Form schrieben auch andere Texte des Rokosz eben den Jesuiten ein aufrührerisches, ja aufständisches Handeln zu.784 Die explizite Europäisierung dieser vorgeblichen Machenschaften betrieb dabei eine der wohl bedeutendsten antijesuitischen Schriften, die im Kontext des Rokosz entstand. Diesem Consilium datum amico de recuperanda et in posterum stabilienda pace regni poloniae wurde im Übrigen – ganz seiner weit über die polnisch-litauischen Verhältnisse ausholenden Argumentation entsprechend – eine langlebige Karriere bis weit ins 19. Jahrhundert hinein zuteil. Bei der lateinischen Fassung von 1607 handelte es sich um eine der wenigen im Druck erschienenen Schriften, die einer widerständigen Position zugeschrieben werden kann. Sie wiederum basierte ihrerseits auf einer in polnischer Sprache zirkulierenden Handschrift, die als unmittelbare Antwort auf Äußerungen Piotr Skargas in Wis´lica sowie in Verbindung mit Debatten um eine Ausweisung des Jesuitenordens auf der Versammlung von Sandomierz entstanden war.785 Die universelle Schlagkraft des Antijesuitismus bewies sich also auch an dieser Stelle. Denn der Vorwurf an die Jesuiten, aufrührerisch, gar aufständisch, zu wirken, muss in erster Linie als Versuch von Seiten der Befürworter des Rokosz gelesen werden, einen zentralen Angriff promonarchischer Schriften abzulenken. Während es sich bei der Tyrannis und dem Antijesuitismus als Argumentationsstränge der schriftlichen Polemiken aus der Zeit des Rokosz in erster Linie um topische verankerte Strategien der widerständigen Schriften handelte, standen dem von promonarchischer Seite Vorwürfe von „seditio“ beziehungsweise „bunt (Aufstand)“, die aus dem Bruch der Einigkeit abgeleitet wurden. Einigkeit, als die polnische „zgoda“ beziehungsweise die lateinische „concordia“, stellte für alle Akteure das grundlegende Prinzip dar, auf dem die Existenz des Gemeinwesens beruhte. Für die promonarchischen Schriften schien dabei die Verletzung dieses unverbrüchlichen Grundsatzes durch den Rokosz evident. Entsprechend warnten sie vor dem unausweichlichen Niedergang, den alle Gemeinwesen erleben mussten, wenn sie durch „Faktionen et privatis odiis“ zersetzt würden.786 Als mahnende Parallele zu Zebrzydowski und dem Rokosz kultivierte man folgerichtig den Verweis auf die Verschwörung Catilinas, verstanden als Anfang vom Ende der Römischen Re-
Polonia maneant. Conversum ex Polonico in Latinum, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 1–61, 11. 783 Ebenda, 37. 784 Apologia szlachcica polskiego, 226. 785 L, Das Böse ist immer und überall, 75–78. 786 Votum szlachcica polskiego pisane na sejmiki i sejm roku pan´skiego 1606, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 221–231, 225.
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publik.787 Hinter dem vermeintlich selben Begriff der Einigkeit verbargen sich dabei zwischen den Befürwortern des Rokosz und den promonarchischen Schriften sehr divergierende Konzepte. Letzteren war ein stark hierarchisiertes Verständnis der Einigkeit gemein wie man es auch in den zeitgenössischen theoretischen Überlegungen Gos´lickis oder Warszewickis antreffen konnte.788 So stellte es für diese Schriften keine Ausnahme dar, wenn die Herrschaftsordnung in der respublica als göttlich gegebene Struktur aus den drei Ständen Monarch, Senat und Ritterschaft aufgefasst wurde, wobei man den „superioribus oboedientiam, paribus concordiam, inferioribus iustititam“ zuordnete.789 Tatsächlich sollte der Sejm innerhalb dieser Vorstellung durch Einigkeit verbunden sein, was durchaus im Sinne einer klassischen Auffassung von der Mischverfassung auf den ersten Blick vermeintlich auch dem Adel als Ritterstand eine Gleichheit in der Herrschaftsbeteiligung zugestand.790 Auch in anderen promonarchischen Texten fand sich ein ähnliches Echo, wenn etwa „unsere Uneinigkeit“ in Bezug auf die respublica im Allgemeinen oder den Sejm als Verkörperung des Gemeinwesens insbesondere, also alle dessen Akteure beklagt wurde.791 Das Konzept der concordia wie es in den verschiedenen gegen den Rokosz gerichteten Schriften vertreten wurde, schloss in der Folge faktisch jegliches Widerstandsrecht aus. Es waren insbesondere diese Qualifizierungen des Rokosz, die der Grundannahme der Einigkeit ihre hierarchisierte Note verliehen. Schließlich mündete die Auflösung der concordia in dieser Interpretation unweigerlich in einer „seditio“ beziehungsweise „rebellio“.792 Denn jegliches vom üblichen institutionellen Weg abweichende Handeln, auch in der weitgehend gewaltfreien Variante der Adelsversammlungen, wurde als automatisch illegitimer Widerstand zu einer Negation der Einigkeit. Widerstand bedeutete mithin aufständisches Verhalten gegen die Obrigkeit:793
787 Ebenda, 231; Votum albo ostatnia decyzya rokoszowych peroracyj, 73; Na skrypt, co sejm gani Catliina jakis´, kto´ry skrypt nazwany Bazyliszek, antidotum spokojnego szlachcica i prawdziwej wolnos´ci pragna˛cego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 267–274. 788 Vgl. Kap. 1.5, S. 176, 185 f. 789 Rozmowa syno´w, 140. 790 Ebenda. 791 Dyskurs o zawzie˛tych teraz´niejszych zacia˛gach, ska˛d in Respublica urosły, i o poste˛pku sejmu 1606, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 357–393, 363, 391. 792 Vgl. Examen nonnullorum articulorum in pseudo-conventu ad Sandomiriam congregato tumultualiter promulgatorum, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 73–81, 73. 793 Cenzura na progres rokoszu, 427.
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„Wir wissen, welche natura et definitio seditionis ist, dass sie nichts anderes ist als insolens, iniusta et superba a sorte civili declinatio. Man darf also nicht extra sortem civibus communem zu sehr declinare, die Einigkeit muss man erwarten und wenn auch nicht von allen, so doch zumindest des größten Teils.“
Der Vorwurf an die Anhänger des Rokosz, sich außerhalb der Gemeinschaft aller Gemeinwesenglieder begeben zu haben, folgt dabei dem gleichen Muster wie es bei der Antwort auf antijesuitische Angriffe Anwendung gefunden hatte. Wenn der Rokosz an sich aus dieser Perspektive gegen den Grundsatz der Einigkeit verstieß, so bewies dessen eigene Uneinigkeit für die Gegner zusätzlich den illegitimen Charakter dieses Widerstands. Zumindest unterstellten die Angriffe auf den Rokosz gerne, die Adelsversammlungen seien durch innere Differenzen geprägt. Folgerichtig könnten sie keine Autorität oder Legitimität gegenüber der restlichen respublica behaupten, denn „durch Versammlungen kommt man nicht zur Einigkeit: sie sind sich nicht einig, und vor ihnen nur Verwirrung.“794 Noch weiter ging eine andere Polemik, die darauf bestand, dass es beim Rokosz schon deshalb keine Einigkeit geben könne, da sich hier nur Tugendlose und Unverständige zusammengefunden hätten und eine Zusammenkunft solcher Akteure nur eines hervorbringen könne: Tumult.795Concordia musste in dieser Logik die Einigkeit der besonders hervorragenden Gemeinwesenglieder bedeuten, die sich eben auch durch ihren Verstand und ihre Tugendhaftigkeit auszeichneten; ohne dies genauer auszuführen implizierte der Text mithin, nur die höchsten Amtsträger eines adligen Gemeinwesens verliehen kollektiven Beratungen Legitimität. Der Vorwurf gegen den Rokosz, die Einheit des Gemeinwesens zerstört zu haben, lag als schlagkräftiges Argument für die promonarchischen Schriften auf der Hand. Doch nur in wenigen Antworten gingen die Rokosz-Befürworter explizit darauf ein. Dies taten sie vor allem im Zusammenhang mit tagesaktuellen Vorwürfen. Passend zu den Nachrichten vom Bocskai-Aufstand meinten die Anhänger des Rokosz sich dabei gegen den Vergleich mit dem Anführer des ungarischen Adels wehren zu müssen. Darüber hinaus bestanden die apologetischen Schriften des Rokosz mehrheitlich darauf, dass man sich von den Gegnern nicht unterstellen lasse, mit Bocskai zusammenzuarbeiten oder ihn gar zum König machen zu wollen.796 Lediglich eine
794 Wsiadanie na rokosz P. Uporskiego, kto´remu odradza P. Rozumowski, przez ks. Skarge˛ Jezuite˛ złoz˙one 20 Aprilis a. 1607, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 74–78, 74 f. 795 Dyskurs o zawzie˛tych teraz´niejszych zacia˛gach, 391. 796 Skrypt JMci p. Wojewody krakowskiego, 143; Odpowiedz´ rokoszano´w na zarzuty, 369; Rozmowa o rokoszu, 118; Pokazanie niewinnos´ci rokoszan miedzy ludzi podanej, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 375–384, 381.
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Stimme verspürte keinerlei Skrupel, den ungarischen Aufstandspatron zu loben: „Bocskai ist ein Adliger, wogegen hat er sich für die Freiheit vergangen?“797 Abgesehen von der Polemik um Bocskai, befleißigten sich die RokoszAnhänger eher des Angriffs als der Verteidigung. In Bezug auf die concordia betonten sie, die Einigkeit im Gemeinwesen sei schon lange zerfallen und erst der Rokosz selbst sei das probate Mittel, sie wiederherzustellen. In diesem Kontext dienten der Verweis auf die Tyrannis sowie – hiermit verbunden – auf die Jesuiten als Begründung.798 Es gehöre zur ureigenen Strategie von Tyrannen mit absolutistischen Gelüsten, Zwietracht im Gemeinwesen zu säen, so wie es bereits von Machiavelli empfohlen worden sei. Letzterer habe einen solchen Fürsten gelehrt, „dass er die einen gegen die anderen aufhetze, Uneinigkeit unter den Untertanen schaffe. Civium enim seditiones et dissensiones utiles sunt principi, ipsis maxime nocentes.“799 Der gegnerischen Definition des Rokosz als Aufstand wird mithin die Vorhaltung entgegengestellt, der Monarch selbst habe auch in Polen-Litauen Uneinigkeit und Aufstände in das Gemeinwesen gebracht. Indem sie die Verkettung von Ursache und Wirkung abweichend interpretierte, sah eine weitere Schrift hingegen in der Uneinigkeit innerhalb des Adels die Basis für einen stetigen Machtzuwachs der polnischen Monarchen im Allgemeinen.800 Etliche Schriften des Rokosz stimmten hingegen in der phänomenologischen Analyse überein, dass sich der herrschende Grad an Uneinigkeit im Gemeinwesen am lamentablen Zustand des Sejms ablesen ließe.801 Folgerichtig könne die Ständeversammlung für die widerständigen Texte allen Behauptungen der Gegner zum Trotz keine Autorität mehr beanspruchen, um Missstände im Gemeinwesen zu beheben:802 „Sie sagen: der Sejm wird dies alles verhindern – Ich aber sage: Dies wird er nicht tun. Denn wie immer, so wird es auch jetzt keine Einigkeit über die Abgeordneten und über die Materien des Sejms und der dringlichen Angelegenheiten geben.“
797
Skrypt na tych, kto´rzy rokoszu nie pragna˛, 294. Jezuitom i inszem duchownym respons, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 81–93, 84. 799 Libera respublica, 412; ähnlich: Rokosz jaki ma byc´ i co na nim stanowic´, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 274–288, 278. 800 Apologia abo sprawota, 254. 801 Rozmowa o rokoszu, 127; Zniesienie kalumni, 334; Skrypt Zebrzydowskiego, 274; Jezuitom respons, 84; Apologia szlachcica polskiego, 216; Bazyliszek. Skrypt przeciwko tym, co o sejm prosza˛, 8 Februarii około Koła rozrzucony, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 266–267, 267; Skrypt na tych, kto´rzy rokoszu nie pragna˛, 291. 802 Skrypt na tych, kto´rzy rokoszu nie pragna˛, 291. 798
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Der Rokosz als Bundesschluss und vor allem dessen Versammlungen ergaben sich daraus als zwingende Konsequenz, um die Einigkeit im Gemeinwesen erst wieder herzustellen. Die Adelsversammlungen waren in diesem Sinne für die Schriften des Rokosz keinerlei „Wirren“, sondern waren die einzige Option, um die drei Sejmstände, den Monarchen, die Senatoren und Adel der Landbotenkammer, zu wirklichen Beratungen über die respublica zu einen.803 Diese Argumentation konnte bei Bedarf auch mit Verweis auf die jüngste Geschichte der Interregna (zeit-)historisch grundiert werden.804 In diesem Verständnis vermochten es letztlich nur die widerständigen Versammlungen, den Adel aller Wojewodschaften zusammenzuführen und damit die Einigkeit der respublica in der Gesamtheit des Adels zu garantieren.805 Noch nach der militärischen Niederlage des Rokosz fasste Jan Szcze˛sny Herburt diesen Anspruch in der zweiten Jahreshälfte 1608 in der Feststellung zusammen: „Wo nämlich Einigkeit und Einheit ist, dort ist Macht und Ganzheit der Dinge, und der starke Schutz von Königreichen vor Gefahr.“806 Die Polemiken gegen den Rokosz beschrieben die aus ihrer Sicht einseitige Auflösung der Einigkeit durch den widerständigen Adel nicht nur als seditio oder rebellio, Aufstand oder Tumult. Die darüberhinausgehende Option charakterisierte den Rokosz vielmehr als „civile bellum“.807 Anders als auf dem Sejm oder den Adelsversammlungen schien die handschriftlich vermittelte Kommunikation keine Scheu vor der Verwendung dieses Terminus zu kennen, ganz im Gegenteil. Dem Begriff des Bürgerkriegs war zeitgenössisch die Vorstellung eines illegitimen und gewalttätigen Vorgehens zumindest einer der beteiligten Seiten inhärent. Darin unterschied sich die Rede vom civile bellum nicht grundlegend von der seditio, der rebellio, dem Aufstand.808 Demgegenüber stellte das explizite Wort Krieg eine nochmalige und bewusste Verschärfung des polemischen Tons dar und diente etwa zur Pointierung klimaktisch angelegter Warnungen. Es wäre nicht auszudenken, so ließ ein Dialog seinen fiktiven Gegner des Rokosz mahnen, „wenn es zur seditio, bewahre Gott, und dann von dort zum Bürgerkrieg käme.“809 Die meisten Kontrahenten des adligen Widerstands hielten sich allerdings nicht weiter mit solchen Feinheiten auf und erklärten den Rokosz rundweg sofort zu einem Akt des Bürgerkriegs.810 Doch auch diese Schriften – wie gleichfalls 803
Zniesienie kalumni, 334. Skrypt o słusznos´ci, 261. 805 Na pismo ,Oto´z˙ tobie rokosz’, 42. 806 H, Strzała, 164. 807 Zdanie szlachcica polskiego o rokoszu, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 414–420, 419. 808 K, Krieg, 141 f. 809 Rozmowa o rokoszu, 111 f. 810 Deklaracya, 318; Zdanie szlachcica, 415; Examen, 73, 75, 81; Antidotum, 269; Skrypt wojewody kakowskiego, 150. 804
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
nahezu alle schriftlichen Positionierungen des Rokosz, die sich argumentativ mit einem möglichen civile bellum beschäftigten – stammten, soweit nachvollziehbar, wohl insbesondere aus der zweiten Hälfte des Jahres 1606 oder dem Beginn des Jahres 1607. Mithin stand die Rede vom Bürgerkrieg, in Parallele zu den antijesuitischen Argumentationssträngen, im Kontext einer Konfliktverschärfung, die nach der Versammlung von Sandomierz vom August und insbesondere nach Janowiec im Oktober 1606 eingesetzt hatte. Dem argumentativen Umgang mit dem Vorwurf der seditio entsprechend, zahlten die widerständigen Schriften ihren Gegnern auch die Denunziation ihres Vorgehens als Bürgerkrieg mit gleicher Münze heim. Der Monarch und seine Berater überzögen den eigenen Adel mit Krieg.811 Als sei dies an sich nicht schon verwerflich genug, geschehe dies, so heißt es an anderer Stelle, mit Truppen, die eben dieser Adel zuvor aus seinen eigenen Steuermitteln aufgebracht habe.812 Hiervon hob sich insbesondere eine Stellungnahme ab, die unter dem Namen Prokop Pe˛kosławskis wohl ab dem Frühjahr 1607 zirkulierte. In einer merklichen inhaltlichen Zuspitzung nahm sie den Krieg offensiv für sich in Anspruch. Die Angst vor dem Ausbruch eines bellum civile oder auch nur vor dessen Erwähnung quittierte der Text mit einem Stoßseufzer des Unverständnisses. Es sei evident, so die Schrift weiter, dass man sich im Krieg befinde, denn „lex naturae iubet vim vi repellere.“813 Da man vom Monarchen und seinem Kreis der üblichen verdächtigen Berater mit Gewalt unterdrückt werde, schlage man ebenso zurück. Solch offenes Hantieren mit dem aus Römischem Recht gezogenen Naturrecht, das etwa für den Kontext des Heiligen Römischen Reiches mit dem Konzept der Gegenwehr bezeichnet worden ist,814 stand nur scheinbar konträr zu einer defensiven Argumentation des Rokosz. Schließlich betonte man in deren Rahmen noch, der Rokosz verhindere den Ausbruch eines Bürgerkriegs, indem er Einigkeit im Adel herstelle und die Auseinandersetzungen verbal auf den Versammlungen austrage.815 Die Argumentation Pe˛kosławskis baute aber genau hierauf auf. Wenn man annimmt, dass die betreffende Schrift ungefähr 811 Reskrypt s´lachcica jednego, 64; Iuppiter, 26; Zniesienie kalumni, 342; Pismo szlachcica jednego, 361. 812 Rozmowa o rokoszu, 105, 113; Apologia szlachcica polskiego, 223; Pokazanie niewinnos´ci rokoszan, 381. 813 Skrypt na tych, kto´rzy rokoszu nie pragna˛, 292. 814 H-M, G, Widerstand als Gegenwehr. Die schmalkaldische Konzeption der ,Gegenwehr’ und der ,gegenwehrliche Krieg’ des Jahres 1542, in: F, R (Hg.), Widerstandsrecht in der Frühen Neuzeit. Erträge und Perspektiven der Forschung im deutsch-britischen Vergleich, Berlin 2001 (Zeitschrift für Historische Forschung. Beiheft 26), 141–161, 144 f. Haug-Moritz betont dabei im Übrigen, dass für die zeitgenössische deutschsprachige Situation der Gegenbegriff zu defensiv nicht offensiv, sondern „mutwillig“ lautete. 815 Przestroga, 150; Skrypt wojewody krakowskiego, 144.
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im Frühjahr 1607 entstand, fiel sie in die Zeit der Adelsversammlungen von Koło und Je˛drzejo´w. Die Kommissionsverhandlungen mit dem Gegner schienen zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend erschöpft. Somit konnte die propagierte militärische Gewalt als im Sinne des Naturrechts legitime Gegenwehr verstanden werden, da „man sie als letztes, nicht als vorrangiges Instrument der Selbstbehauptung einsetzte.“816 Bereits im Herbst 1606, nach der königlichen Versammlung von Wis´lica, hatte dagegen ein harscher Angriff auf die Anhänger des Rokosz seinerseits unverblümt zu einer gewalttätigen Lösung aufgerufen. Der Rokosz könne als Krankheit der respublica mit keinem anderen Gegenmittel „quam furca et gladio“ geheilt werden.817 Festzuhalten bleibt jedoch zunächst, dass solche expliziten Aufrufe zur Gewalt bis zum Sommer 1607 entschieden minoritär waren. Zudem verschärfte sich die Tonlage immer noch unter den Bedingungen anhaltender Adelsversammlungen, des Sejms und beständigen Verhandlungsversuchen zwischen den gegnerischen Lagern. Als Katalysator dürfte die handschriftliche Kommunikation aber auch in diesem Fall für eine deutliche Zuspitzung der Konfliktlage gesorgt haben.
4.3.4 Eine Frage der Ehre: Adelskorrespondenzen als Duellforderungen Vom August 1606 an lieferten sich der streitbare Stanisław Stadnicki und der recht frisch ernannte Wojewode von Podolien, Hieronim Jazłowiecki, einen heftigen brieflichen Schlagabtausch. Er endete durch den Tod Jazłowieckis ebenso abrupt wie er begonnen hatte. Dabei gab Stadnicki in seiner letzten Erwiderung dem epistolarischen Widersacher die dringende Empfehlung, sich der Lektüre Andrea Alciatos zu widmen, um überhaupt in der Lage zu sein, regelkonform zu antworten.818 Der italienische Jurist Andrea Alciato, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im französischen Bourges gelehrt hatte, war nicht nur Autor einer der bekanntesten zeitgenössischen Emblemsammlungen.819 Stadnickis Lektüreempfehlung dürfte sich vielmehr auf eine der ersten systematischen Abhandlung zum Duell bezogen haben, die Alciato 1541 vorgelegt hatte. In seinem Liber de certamine singulari betonte der Jurist gleich zu Beginn, die enge sprachliche wie genetische Ver816
H-M, Widerstand als Gegenwehr, 145. Examen, 81. 818 Stadnicki do Jazłowieckiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 183–187, 187. 819 Stellvertretend für die umfangreiche Forschungsliteratur zu Alciato: A, R, Art. Alciato, Andrea, in: Dizionario biografico degli Italiani, Vol. 2, Roma 1960, 69–77; E, K, Art. Andrea Alciato (1492–1550), in: Gaetana Marrone (Hg.), Encyclopedia of Italian Literary Studies, New York u.a. 2007, 10–12. 817
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
wandtschaft zwischen „duellum“, „bellum“ und nicht zuletzt „perduellum“. Demzufolge sei ein Duell nichts anderes als ein Krieg zweier Personen, „unde et perduellionis crimen in lege […] appelatur, cum quicquam hostile adversus rempublicam eius ve securitatem gestum sit.“820 Zwar ging es Stadnicki wohl kaum um solcherlei tiefer gehende Analysen seines Konflikts mit Hieronim Jazłowiecki. Allerdings werfen die grundlegenden Überlegungen Alciatos ein entscheidendes Licht auf die ebenso kurze wie heftige Korrespondenz beider Adliger. Insbesondere deshalb, weil der prominente Vertreter des Rokosz Stadnicki und der recht junge Militär und Senator Jazłowiecki nicht die einzigen Protagonisten eines solchen Schlagabtausches blieben. Das zweite prominente Antagonistenpaar stellten der Kronkanzler Myszkowski und Mikołaj Zebrzydowski. In beiden Fällen verschmolzen Ehrkonflikte und Antagonismus in den aktuellen Auseinandersetzungen um den Rokosz zu mehr oder weniger expliziten Duellforderungen beziehungsweise zu verbal sublimierten Formen von Ehrkonflikten. In ihnen kristallisierte das Amalgam aus duellum, bellum und perduellum aus, auf das Alciato hingewiesen hatte. Den Hochverrat am Gemeinwesen, das perduellum konnte man sich dabei ebenso gut gegenseitig vorwerfen, wie man an die Frontlinien der Polemiken um einen vermeintlichen Bürgerkrieg anknüpfte; wobei gewissermaßen hier tatsächlich ein bellum civium in Form der epistolographischen Zweierkonfrontation ausgetragen wurde. Duelle brauchten Öffentlichkeit. Sie waren physische Interaktionen unter den Bedinungen der „Anwesenheitsgesellschaft“.821 Die Korrespondenz hingegen war zunächst deren genaues Gegenteil, eine Kommunikation unter Abwesenden. Von rechten Duellen in engerem Sinne mag also bei dem Austrag der Ehrkonflikte zwischen Stadnicki und Jazłowiecki, Myszkowski und Zebrzydowski keine Rede sein. Als mehr oder weniger fiktive Duellforderungen waren sie aber durchaus zu verstehen, Öffentlichkeit stellten sie jedenfalls umso breiter her. Die Quellenkompilationen des 17. Jahrhunderts reihten die briefliche Kommunikation zwischen den genannten Adligen kommentarlos in ihre Sammlungen der Streitschriften des Rokosz ein.822 Dass die Unterscheidung zwischen „privater“ und „öffentlicher“ Korrespondenz für die Frühe Neuzeit kaum in dieser Form haltbar ist, ist schon vielfach
820 Hier zitiert nach der Lyoner Auflage von 1543: A, A, Liber de certamine singulari, Lugdunum 1543, A5. 821 S, G, Das frühneuzeitliche Duell in der öffentlichen Streitkultur. Zum paradoxen Verhältnis von Gewaltpraxen und normativen Diskursen, in: Henning P. Jürgens / Thomas Weller (Hg.), Streitkultur und Öffentlichkeit im konfessionellen Zeitalter, Göttingen 2013, 215–226, 220. 822 Vgl. hierzu die ausführlichen Quellenverweise in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 169.
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betont worden.823 Im Fall der Briefe zwischen Stadnicki und Jazłowiecki beziehungsweise zwischen Myszkowski und Zebrzydowski handelte es sich dabei zwar auf den ersten Blick jeweils um einen individuellen Konfliktaustrag. Er war aber per se nicht nur an eine eingeschränkte Gruppe im Umfeld der Protagonisten adressiert. Vielmehr verweist der Verbreitungsgrad dieser Korrespondenzen und deren zeitgenössischer Überlieferungsmodus darauf, dass es sich um Texte handelte, die sich bereits von ihrer Entstehung her in die den allermeisten Polemiken eingeschriebene dialogische Kommunikation einordneten. Ulrike Ludwig hat darauf hingewiesen, dass der Austrag von Ehrkonflikten typologisch differenziert werden müsse. Folgt man ihrem Ansatz, entsprächen die hier thematisierten Auseinandersetzungen um die Ehre „Stellvertreterkonflikten“, deren Konfliktpotential sich zunächst aus anderen Quellen speiste. Als Form eines „Konfliktmanagements“ wurden die Ursprungskonflikte hierbei in Ehrkonflikte überführt, was „die Möglichkeit (bot), eben jenen ursprünglichen Konflikt neu zu verhandeln bzw. den Gegner, der dazu unter Umständen sonst nicht bereit gewesen wäre, mit Hilfe einer öffentlichen Beleidigung zu einer Klärung zu zwingen.“824
Möchte man diesen Gedankengang an das Problem der frühneuzeitlichen respublica Polen-Litauens als eines grundlegend adligen Gemeinwesens zurückbinden, ist wiederum die Annahme von entscheidender Bedeutung, „dass schon in diese ursprünglichen Konflikte Ehre als potentiell abrufbarer Aspekt des Konfliktverständnisses eingeschrieben war.“825 Auseinandersetzungen im und um dieses Gemeinwesen waren in diesem Sinne immer als Ehrkonflikte interpretierbar, ohne dass diese Dimension unbedingt dominant oder explizit aufgerufen werden musste. Dies galt etwa auch für das Argument der schlechten Berater, fehlender Tugenden oder Faktionsbildung, die im Kontext der Topoi Tyrannis, concordia oder Antijesuitismus verortet waren. Die brieflichen Auseinandersetzungen zwischen zwei Adligen nun verschoben die Konfliktebenen und ließen den Streit um den Rokosz zum lautstarken Ehrenhändel werden. 823 E, K, Briefkultur und Briefsteller – Briefsteller und Briefkultur, in: Albert Meier (Hg.), Die Literatur des 17. Jahrhunderts, München / Wien 1999, 266–285, 280; F, C, Briefsteller. Das Medium ,Brief‘ im 17. und frühen 18. Jahrhundert, Köln / Weimar / Wien 2010, 135–138. Für die polnische Forschung: J, M, Czytelniczy obieg korespondecji staropolskiej, in: Piotr Borek / Marceli Olma (Hg.), Epistolografia w Dawnej Rzeczypospolitej. Tom 1: Stulecia XV–XVII, Krako´w 2011, 381–393. 824 L, U, Von Scherzen und Duellen, Wettkampfspiele als Typus von Ehrkonflikten im schwedisch-pommerschen Offizierskorps, in: Zeitschrift für Historische Forschung 38 (2011), 371–403, 377. 825 Ebenda, 378.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Hieronim Jazłowiecki gehörte zur zweiten Generation seines Hauses, die den Aufstieg in die hohen Würden des Königreichs geschafft hatten. Erst sein Vater Jerzy hatte neben dem Rang eines Kronhetmans auch eine Wojewodenwürde erlangt,826 ein Rang, der auch dem Sohn gesichert werden konnte. Nicht untypisch für adlige Neuaufsteiger, hatten Vater wie Sohn ihre jeweiligen Karrieren über den Militärdienst lanciert.827 Dass mit der frisch erreichten hierarchischen Position die umfassende Neudefinition eines Hauses einherging, darauf weist auch der unter Jerzy Jazłowiecki betriebene Namenswechsel hin. Verwendete die Familie zuvor den Namen Monasterski, benannte man sich nun nach dem Stammsitz Jazłowiec. Ähnlich wie etwa im Fall der Gostomski schien sich nun auch Hieronim Jazłowiecki als einziger Erbe und damit Spitzenvertreter seines Hauses durch besondere Loyalitätsbeweise gegenüber jenem Monarchen auszeichnen zu müssen, der den Aufstieg durch seine Ämtervergabepolitik ermöglicht beziehungsweise stabilisiert hatte. Der neue Wojewode von Podolien nahm wohl in diesem Kontext die Rede Stanisław Stadnickis auf der Adelsversammlung von Lublin zum Anlass, seine Verpflichtung Sigismund Wasa gegenüber gebührend einzulösen. Schließlich hatte Stadnicki – als einziger der Anwesenden in dieser unverrückbaren und expliziten Weise – bereits in Lublin dem Monarchen den Gehorsam aufgekündigt.828 Dies sei, so Jazłowiecki in seinem ersten Brief an Stadnicki, ein nicht hinnehmbarer Akt gewesen. Grundsätzlich konzedierte der Wojewode von Podolien zwar den Vertragscharakter der monarchischen Herrschaft, denn beide Seiten bänden sich durch gegenseitige Eidesleistung. Allerdings erschien dies in Jazłowieckis Interpretation lediglich als eine sehr theoretische Abstraktion, aus der kein unmittelbares Widerstandsrecht, schon gar keine unilaterale Auflösung des Herrschaftsvertrags gefolgert werden konnte. Dies begründete er auf zweierlei Weise: Zunächst würde es konkret keinerlei Anlass geben, die Unterdrückung adliger Rechte durch Sigismund zu beklagen. Darüber hinaus jedoch charakterisierte er den Monar-
826 ˙ Z, R, Art. Jerzy Jazłowiecki (Monasterski), in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 11, Wrocław u.a. 1964–1965, 121–123. 827 In diesem Zusammenhang sei nur exemplarisch auf die Aufstiegsszenarien hinzuweisen, die etwa auch in den Fällen der Familien Potocki, Koniecpolski oder sogar auch des damaligen Kronfeldhetmans Stanisław Z˙o´łkiewski zugrunde lagen. Zum Aufstieg der Potocki: W, M, Potoccy herbu Pilawa do pocza˛tku XVII wieku. Studium genealogiczno-własnos´ciowe, Krako´w 2013; zu den Koniecpolski: P, L, ˙ o´łHetman Stanisław Koniecpolski (ok. 1591–1646), Warszawa 1969, 8–20, 183–186; zu Z ˙ o´łkiewski, Warszawa 1988, 5–10; zur Memorialkultur des Haukiewski: ., Stanisław Z ses Z˙o´łkiewski: J, S, Die Türkenkriege im Spiegel der polnisch-litauischen Adelskultur. Kommemoration und Repräsentation bei den Z˙o´łkiewski, Sobieski und Radziwiłł, Ostfildern 2013, bes. 31–45. 828 Vgl. Kap. 4.2.1, S. 463
4.3 Papierkrieg: Argumentative Radikalisierungen
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chen viel grundsätzlicher als einen „Gottgesalbten“.829 Sich gegen den König zu wenden, bedeute deshalb automatisch, einen Aufstand anzuzetteln. Mit Berufung auf die Auseinandersetzungen zwischen dem Piastenherrscher Kasimir I. und dem selbsternannten Herzog von Masowien Maslaus / Masław im beginnenden 11. Jahrhundert, führte Jazłowiecki dabei den Beweis, dass jeglicher Widerstand gegen legitime Könige zum Scheitern verurteilt sei.830 Es müsse den Anhängern des Rokosz Warnung genug sein, dass jener Maslaus schimpflich an einem Baum aufgehängt geendet habe. Diese offene Drohung gab Stadnicki in seiner Antwort mit gleicher Münze zurück. Wenn man Maslaus aufgehängt habe, dann müssten sich aber ebenso „die Hände des Henkers, die daran verdient haben“ vor dem gleichen Ende fürchten.831 Überhaupt seien die Unterstellungen Jazłowieckis, die Anhänger des Rokosz wollten eine „neue respublica aushecken“, vollkommen gegenstandslos. Vielmehr sei es das tradierte Recht eines Adligen, seine Rechte und Freiheiten zu schützen, was gegenüber einem Monarchen, der absolut herrsche, umso nötiger sei. Diesbezüglich sei es keinerlei Neuerung in Polen, dass schlechte Könige aus dem Reich vertrieben und schlechte Senatoren vom Adel hingerichtet würden.832 Hatte sich Jazłowiecki mit der Maslaus-Episode auf die zeitgenössisch immer noch populäre mittelalterliche Chronik von Wincenty Kadłubek gestützt,833 erwiderte ihm Stadnicki mit dem Verweis auf den fiktiven Rokosz von Gliniany, der in der Geschichtsschreibung von Jan Długosz verbürgt sei.834 Die grundsätzliche Konfliktlinie, die die ersten beiden Briefe der Kontrahenten beherrschte, wurde von den auch an anderen Orten breit erprobten Argumenten geprägt. Dies galt ebenso für deren argumentatives Gerüst. Sich auf historische Exempel zu beziehen, hatte auch in anderen Kontexten stets eine doppelte Implikation: So handelte es sich nicht nur um Legitimierung aktuellen Handelns durch Tradition und Präzedenzfälle. Vielmehr konnten sich die Gegner auf diese Weise auch gegenseitig ihre jeweilige humanistisch inspirierte Gelehrsamkeit in Sachen des Gemeinwesens beweisen. Dass letz829 Jazłowiecki do Stadnickiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 169–171, hier 170 (Nachfolgend zitiert als Jazłowiecki do Stadnickiego I). 830 Zu diesen Auseinandersetzungen des 11. Jahrhunderts: M, E, Die Piasten. Polen im Mittelalter, München 2011, 30–32. 831 Stadnicki do Jazłowieckiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 171–173, 171 (Nachfolgend zitiert als Stadnicki do Jazłowieckiego I). 832 Ebenda, 172. 833 Zur Überlieferung der Auseinandersetzung bei Kadłubek: M, Piasten, 31; zur zeitgenössischen Rezeption von Kadłubek: B, Frühneuzeitliche Nationen, 35. 834 Stadnicki do Jazłowieckiego I, 172; hierzu auch: B, Frühneuzeitliche Nationen, 172 f.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
tere im Fall von Stadnicki und Jazłowiecki wohl nicht erschöpfend war oder die Auseinandersetzung dominierte, tat dem keinen Abbruch. Vielmehr schien ein Mindestmaß an humanistischen Grundkenntnissen auch hier unverbrüchlicher Teil des Beweises der eigenen Standesposition zu sein. Ausgefochten wurde der Konflikt jedoch sehr schnell über andere Elemente adligen Selbstverständnisses. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang eine deutlich sichtbare Klimax sukzessiver Eskalationsstufen. Schon in seinem ersten Schreiben befleißigte sich Jazłowiecki dabei einer wenig subtilen Missachtung seines primären Adressaten, verweigerte er ihm doch in der Anrede zu Beginn die Nennung des wenig beeindruckenden, nichtsdestoweniger essentiellen Amtstitels. Die Formulierung „Eure Liebden, Herr Stadnicki“ ignorierte bewusst den Starostenrang seines Gegenübers. Dies war nicht nur eine unverhohlene Beleidigung angesichts der Tatsache, dass Jazłowiecki selbst im Vollbesitz seiner eigenen Würden als Wojewode von Podolien sowie als „Starost von Sokal, Czerwin´sk etc.“ unterzeichnete. Es ließ auch den Eröffnungssatz des Briefes ambivalent erscheinen, der die Standesgleichheit beider Briefpartner als Adlige unterstrich.835 Auch in diesem Fall versuchte Stadnicki, Waffengleichheit herzustellen und überging in seiner Antwort wiederum die Titel Jazłowieckis, um selbst ˙ ygwułto´w“ zu unterschreiben. Nachdem der Wojewode als „Starost von Z von Podolien in seinem zweiten Brief das ehrabschneidende Anredeschema seines ersten Schreibens wiederholt hatte,836 verzichtete Stadnicki seinerseits in der Antwort hierauf auf jegliche Anrede und Unterschrift.837 Ab dem dritten Brief Jazłowieckis hingegen erfuhr dessen Beleidigungsstrategie eine radikale Potenzierung, widmete er seinem Korrespondenzpartner doch die Anrede als „Tugendloser Mensch, Meineidiger von Łan´cut, Verräter seines Herrn“.838 In dieser wenig schmeichelhaften Kombination von Epitheta fand sich eine Anhäufung von Beleidigungen, die die Adelsqualität und Ehrhaftigkeit Stadnickis in Zweifel zogen und dies mit dem Geschehen des Rokosz verschmolzen. Stadnicki seinerseits war um eine angemessene Erwiderung nicht verlegen. Seine Anrede fiel hingegen rustikaler aus: Da Jazłowiecki seinen erfundenen Namen zu Unrecht trage, erläuterte er im Nachgang der
835
Jazłowiecki do Stadnickiego I, 169. Jazłowiecki do Stadnickiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 173–177, 173, 177 (Nachfolgend zitiert als Jazłowiecki do Stadnickiego II). 837 Stadnicki do Jazłowieckiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 177–181 (Nachfolgend zitiert als Stadnicki do Jazłowieckiego II). 838 Jazłowiecki do Stadnickiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 182–183, 182 (Nachfolgend zitiert als Jazłowiecki do Stadnickiego III). 836
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Anrede, sei das von ihm gewählte „Popierdowski“ treffender839 – eine Namenserfindung, die angesichts ihrer vielfältigen, skatologisch überprägten Konnotationen wohl am ehesten als „dumpfbackiger Arschlochowski“ wiederzugeben wäre. Eben in jenem so adressierten Brief gab Stadnicki dem Wojewoden von Podolien auch seine Empfehlungen zur Lektüre der Duellabhandlung Alciatos. Die kontrafaktische Spekulation ist müßig, ob hier ein point of no return erreicht worden war, der zu einer tatsächlichen physischen Auseinandersetzung geführt hätte, wäre Jazłowiecki zu diesem Zeitpunkt nicht eines natürlichen Todes gestorben. Dabei ist zu bedenken, dass sich die beiden Gegner wechselseitig überhaupt ihre Satisfaktionsfähigkeit absprachen.840 Jazłowiecki konstatierte, dass Stadnicki wie ein Hund totgeschlagen werden müsse und eigentlich noch nicht einmal der Hand eines Henkers würdig sei.841 Sein Gegner indessen hatte mit Alciato deutlich gemacht, dass dem Wojewoden sogar die grundlegende „Umgangsform eines Kavaliers, das heißt eines Ritters und Adligen“ fehle.842 In diesem Sinne blieb die Auseinandersetzung bei Fragen von Anreden beileibe nicht stehen. Zeigte sich Jazłowiecki von Beginn in diesem Punkt als besonders aggressiv, eröffnete Stadnicki auf anderen Feldern mit Verve die Feindseligkeiten. So klagte er über die Form der Briefzustellung und verband dies mit einem beleidigenden Angriff auf seinen Gegner.843 Jener hätte ihm das erste Schreiben von irgendeinem untergeordneten Boten noch nicht einmal persönlich zukommen, sondern am Schloss abgeben lassen.844 Die Geringschätzung des Überbringers musste Jazłowiecki wiederum provozieren, der darauf bestand, dass es sich bei dem Boten um einen standesgemäß gleichgestellten Adligen und dazu um seinen persönlichen Kämmerer gehan˙ ygwułto´w mit dem delt habe.845 Diese Entgegnung quittierte der Starost von Z Kommentar, dass der Bote vielleicht dem Wojewoden gleichgestellt sei, aber
839
Stadnicki do Jazłowieckiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 183–187, 183 f. (Nachfolgend zitiert als Stadnicki do Jazłowieckiego III). 840 Es wäre hier zu bedenken, inwieweit dieses gegenseitige Absprechen der Satisfaktionsfähigkeit nicht auch eine Strategie darstellte, um ein tatsächliches Aufeinandertreffen im Duell zu vermeiden. 841 Jazłowiecki do Stadnickiego III, 183. 842 Stadnicki do Jazłowieckiego III, 184. 843 Instruktiv zum Problem der engen Verbindung des Boten mit seiner Nachricht, wenn auch mit zeitlichem Blick auf das Mittelalter: W, H, Boten und Briefe. Zum Verhältnis körperlicher und nichtkörperlicher Nachrichtenträger, in: ders. u.a. (Hg.), Gespräche – Boten – Briefe. Körpergedächtnis und Schriftgedächtnis im Mittelalter, Berlin 1997, 86–105. 844 Stadnicki do Jazłowieckiego I, 169. 845 Jazłowiecki do Stadnickiego II, 173.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
nicht ihm. Denn ein Stadnicki diene als Adliger keinem anderen.846 Jazłowiecki über diesen Umweg als untergeordneten Herrendiener zu schmähen, entsprach dabei einem zweiten, sich durch alle Briefe Stadnickis ziehenden Motiv. Er denunzierte seinen Gegner als Emporkömmling aus niederem Hause, der lediglich im Gefolge eines illegitimen absolutistischen Monarchen ein Senatorenamt usurpieren konnte, dessen er gar nicht würdig sei.847 Konnte Jazłowiecki seinem selbstgewählten Widersacher hierbei nicht allzu viel entgegensetzen, verwies er im Gegenzug maliziös auf die enge Verwandtschaft Stadnickis mit dem aristokratischen Haus der Zborowski, dessen zwei wichtigste Vertreter unter Stephan Ba´thory in Hochverratsprozesse verwickelt waren beziehungsweise hingerichtet wurden.848 Versuchte Stadnicki im Bereich der Anciennität seines Hauses zu punkten, bot er Jazłowiecki im Bereich der Tugendhaftigkeit erhebliche Angriffsfläche. Tatsächlich handelte es sich bei Stadnicki um einen im Südosten des Reiches berüchtigten Gewalttäter und Fehdeführer.849 Entsprechend ließ sich der Wojewode von Podolien nicht bitten und bestand ein um das andere Mal darauf, verschiedene Gewalttaten des Starosten gegen Standesgenossen auszumalen und ihn der Falschmünzerei zu bezichtigen.850 Zuletzt trafen sich beide Protagonisten auf dem gemeinsamen Feld der militärischen Ehre. Nicht nur Jazłowiecki hatte dem Militärdienst seinen Aufstieg zu verdanken, auch Stadnicki gehörte als Kriegsunternehmer im Nebenerwerb zu den aktivsten Teilnehmern an Feldzügen gegen Moskau in den 1580er Jahren oder in Ungarn gegen die Osmanen noch in den 1590er Jahren. Im Zuge letzterer Kampagnen hatte er im Übrigen auch an der Seite Hieronim Jazłowieckis gekämpft.851 Nun wetteiferten beide jedoch darum, sich gegenseitig ihre militärischen Leistungen beziehungsweise dem jeweils anderen Mut und Tapferkeit abzusprechen.852 Insgesamt ist es bezeichnend, in welchem Maße der Ursprungskonflikt des Ehrenhändels parallel zu dessen Eskalation in den Hintergrund trat. Die ersten beiden Briefe, das Schreiben Jazłowieckis und die Antwort Stadnickis, thematisierten noch zu erheblichen Teilen die Debatte um die Herrschaft Sigismunds und die Frage des Widerstandsrechts. Die gegenseitigen Angriffe
846
Stadnicki do Jazłowieckiego II, 177. Stadnicki do Jazłowieckiego I, 171, Stadnicki do Jazłowieckiego II 179, Stadnicki do Jazłowieckiego III, 184. 848 Jazłowiecki do Stadnickiego I, 170. 849 Zu Stadnickis Fehden und Gewalttätigkeiten: Ł, Prawem i lewem, 309–454. Bis heute fehlt eine neuere Darstellung zu Stadnicki. 850 Jazłowiecki do Stadnickiego III, 182 f. Mit diesem Vorwurf blieb Jazłowiecki nicht allein, er wurde im nachfolgenden Konflikt Stadnickis mit Łukasz Opalin´ski nochmals vorgebracht: Ł, Prawem i lewem, 394 f. 851 Bylin´ski, Stanisław Stadnicki, 25–27. 852 Jazłowiecki do Stadnickiego III, 183; Stadnicki do Jazłowieckiego III, 185 f. 847
4.3 Papierkrieg: Argumentative Radikalisierungen
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blieben in dieser Phase noch primär an übergeordnete Gemeinwesendiskurse gebunden, in deren Rahmen man sich gegenseitig als schlechter Berater beziehungsweise Aufständischer qualifizieren konnte. Dies jedoch verblasste mit immer expliziteren Angriffen auf die Ehre des jeweils Anderen zugunsten von zunehmenden Verbalinjurien und der breiten Thematisierung persönlicher Verfehlungen. Auch letztere konnten zwar nie losgelöst vom Gemeinwesen diskutiert werden, der Bezug zum Rokosz als solchem jedoch schien im fortgeschrittenen Konflikt geradezu zweitrangig. Dem gleichen Konfliktmuster folgte die Auseinandersetzung zwischen Zygmunt Myszkowski Gonzaga und Mikołaj Zebrzydowski, wenn auch unter komplexeren Ausgangsbedingungen. Dabei war es keine Neuigkeit, dass der Kronmarschall, der zum engeren Zirkel des Königs gehörte und schon qua Amt Organisator des Sejms und der Versammlung von Wis´lica war, einer der bevorzugten Zielscheiben polemischer Ausfälle des Rokosz wurde. Zur Unbeliebtheit Myszkowskis trugen in diesem Zusammenhang schon allein seine Bemühungen um Rangerhöhung bei, die sich im ostentativen Tragen seines Adoptivgeschlechtsnamens Gonzaga und des päpstlichen Grafentitels manifestierten.853 Das gespannte Verhältnis zu Mikołaj Zebrzydowski im Speziellen kristallisierte sich wohl – in Verbindung mit einer Konkurrenz der Häuser im kleinpolnischen Kontext – nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Kronmarschallsamt aus. Während Zebrzydowski sich vom Monarchen 1601 in einem eher ungewöhnlichen Schritt aus dieser lebenslangen Würde befreien ließ,854 wurde Myszkowski zu seinem Nachfolger. Beide Hochadlige entwickelten sich im Zuge des Rokosz zu prominenten Antagonisten, wovon ihr Austausch von Schriften im Herbst des Jahres 1606 beredt zeugte. Anders als im Fall Jazłowieckis und Stadnickis beschränkte sich die schriftliche Auseinandersetzung des Kronmarschalls und des Krakauer Wojewoden allerdings nicht auf eine Korrespondenzform. Sie begann vielmehr mit der Herausgabe von Erklärungen beider Antagonisten, die sich jeweils an die gesamte respublica richteten. Erst in einem zweiten Schritt ging der Konflikt in eine explizit persönlich adressierte Briefkommunikation über. In gewisser Weise wurde mit dieser Veränderung der Form auch der Eintritt in eine neue Eskalationsstufe markiert. Dass es sich jedoch bei dem sehr kurzen epistolographischen Spiel von Anschreiben und Erwiderung um ein ähnliches Phänomen zwischen Duellforderung und Pamphletistik wie bei Jazłowiecki und Stadnicki handelte, darauf verwies Myszkowski prinzipiell in seinem Brief an den Gegner selbst. So bemerkte er, nicht recht zu wissen, ob es sich bei dem persönlichen Schreiben Zebrzydowskis um ein „cartellus oder pasquillus“ handele.855 853
Compendium, 184. Vgl. Kap. 4, S. 396. 855 Myszkowski do Zebrzydowskiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 199–207, 199 f. 854
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Den Auftakt zur schriftlichen Auseinandersetzung hatte Mikołaj Zebrzydowski gemacht. In seiner Rechtfertigung vor dem Senat, die er im Nachgang zu seiner – letztlich missglückten – Unterwerfung in Janowiec verbreiten ließ, wiederholte er nicht nur seine Intentionen als guter Senator und erneuerte seine Vorwürfe einer absolutistisch-habsburgischen Verschwörung, in die der König involviert sei. Vielmehr wählte er sich Zygmunt Myszkowski in diesem Text als besonders herausgehobenes Angriffsziel. Schließlich habe der Kronmarschall selbst Kenntnis von den Abdankungsplänen Sigismunds zugunsten der Habsburger gehabt, was Zebrzydowski mit Berufung auf Ohrenzeugen zu untermauern suchte.856 Noch am selben Tag, an dem Zebrzydowski seine Deklaration vor dem Senat in Janowiec abgegeben hatte, antwortete Myszkowski mit einer Gegenerklärung. „Zelo honoris ductu“ fühle er sich verpflichtet, die auf ihn ausgeschütteten Kalumnien zurückzuweisen.857 Während Jazłowiecki und Stadnicki sich zumindest noch in den ersten beiden Briefen explizit eines adligen Freundschaftsvokabulars bedient hatten,858 schienen Zebrzydowski und Myszkowski diese Etappe schon lange übersprungen zu haben. Letzterer beklagte entsprechend, sein „Feind“ habe seine über allen Verdacht erhabene Tugend in den Schmutz gezogen und dies aus Neid und Hass um das Marschallsamt.859 Entsprechend hielt sich Myszkowski nicht allzu lange mit einer genaueren Widerlegung der vorgeblichen Zeugenaussagen auf. Weitaus intensiver war er mit dem Beleg seiner eigenen Ehr- und Tugendhaftigkeit und der Verkommenheit seines Widersachers beschäftigt. Zebrzydowski habe letztlich all diese „Praktiken“ nur angezettelt, um „mich aus der Gnade S.K.H. meines Herrn zu stoßen“ und vor dem gesamten Adel verächtlich zu machen.860 Unter dem Eindruck, dass diese erste Erwiderung wohl nicht in gewünschtem Maße verfangen hatte, ließ der Kronmarschall rund einen Monat später eine weitere, kürzere Rechtfertigung handschriftlich zirkulieren, um seine „gute Reputation“ wieder herzustellen.861 Hier beteuerte er vor allem seine Liebe zum Vaterland, seine bedingungslose Aufopferungsbereitschaft und Loyalität zum Monarchen.
856 Deklaracya pana Wojewody krakowskiego pod Janowcem in senatu, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 188–189, 189. 857 Deklaracya JMci p. Marszałka kor., albo raczej justyfikacya, wydana pod Janowcem przeciwko JMci p. Wojewodzie krakowskiemu, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 190–192, 192. 858 Jazłowiecki do Stadnickiego I, 170; Stadnicki do Jazłowieckiego I, 173. 859 Deklaracya JMci p. Marszałka, 190. 860 Ebenda, 191. 861 Druga justyfikacya pos´ledniejsza, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 192–193, 193.
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In Reaktion auf das erste Verteidigungsschreiben Myszkowskis, das als Rundschreiben an alle „Herren Bürger sowohl der ganzen Krone Polen als auch des Großfürstentums Litauen“ adressiert waren, wandte sich Mikołaj Zebrzydowski mit einem persönlich adressierten Brief an seinen Widersacher. Kaum erstaunlich verweigerte der Krakauer Wojewode seinem Gegner schon in der Anrede sämtliche Titel – vom Kronmarschall über den Grafen bis hin zum Starosten.862 Gleich zu Beginn bezichtigte er den Antagonisten darüber hinaus, die üblichen Formen adligen Umgangs mit Füßen zu treten. Schließlich hätte Myszkowski seine Erwiderung zunächst an Zebrzydowski selbst schicken müssen, der nur „durch Zufall“ auf dieses Schreiben gestoßen sei. Dessen Lügen und Hinterhältigkeiten wiederum seien keineswegs erstaunlich für Leute, die wüssten, „wie du lebst.“863 In diesem Sinne sprach der Krakauer Wojewode dem Kronmarschall auch den von ihm beanspruchten „zelus honoris“ und im Zuge dessen die Qualifikation für seine Amtswürde ab. Myszkowski geriet in diesem Brief zur Inkarnation des schlechten Beraters, der persönlich den Hass des Monarchen auf Zebrzydowski geschürt und den König zugleich zu absolutistischen Bestrebungen sowie der Ablehnung des Rokosz verführt habe.864 Aber damit nicht genug: Um all seine Machenschaften zu vertuschen, die eigene Position als Graue Eminenz des Absolutismus zu festigen und den restlichen Adel zu unterdrücken, habe Myszkowski persönlich das Gemeinwesen in einen „civile bellum“ geführt.865 Dass er im Gegensatz zu seinem niederträchtigen Gegner in ehrhaftem Einsatz für das Gemeinwesen als legitimer Senator einem illegitimen Kronmarschall gegenüberstehe, genügte Zebrzydwoski argumentativ jedoch noch nicht. Er bestand auch darauf, aus eigenen Verdiensten selbst weitaus höher in der Gunst des Monarchen gestanden zu haben als dies bei Myszkowski der Fall sein könne. Dies bewiesen alle hohen Würden, die der König an ihn vergeben habe.866 In seiner Erwiderung schlug Myszkowski entsprechend zurück. Viel verwerflicher als die Titel, die er als „private Auszeichnung“ trage, sei hingegen die Präeminenz, die sich der Krakauer Wojewode anmaße, indem er sich Autorität sogar über den König selbst zuschreibe, den er vor sein Rokosz-Gericht ziehen wolle.867 Überhaupt seien die Attacken Zebrzydowskis auf die Qualität seines Hauses nicht hinnehmbar. Schließlich hätten die Myszkowski ihren Rang aus ihren Verdiensten erlangt.868 Der Kronmarschall
862 Zebrzydowski do Myszkowskiego, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 2, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 193–199, 193. 863 Ebenda, 194. 864 Ebenda, 195–197. 865 Ebenda, 197 f. 866 Ebenda, 198. 867 Myszkowski do Zebrzydowskiego, 204, 206. 868 Ebenda.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
wollte es aber nicht bei reinen Widerlegungen belassen. Unzweideutig beschloss er seinen Brief mit einer Drohung, die klarstellte, dass er das Schreiben seines Gegners durchaus als cartellum – als Aufforderung zum Duell – verstand: Zebrzydowski solle wissen, dass es ihm, Myszkowski, zukomme, „nach Art eines ritterlichen Menschen auf jegliche Weise für das Gut und den von meinen Vorfahren auf keinerlei schändliche Weise angetasteten Ruhm meines Hauses einzustehen.“869 Ähnlich wie im Fall von Jazłowiecki und Stadnicki schob sich die unmittelbare Auseinandersetzung um die persönliche Ehre und den Rang des ganzen Hauses auch im Schlagabtausch zwischen Zebrzydowski und Myszkowski stetig in den Vordergrund – beginnend von den beiderseitigen Deklarationen bis hin zum persönlich adressierten Briefwechsel. Die Ebene des Gemeinwesens und die damit verbundenen Konflikte im Rahmen des Rokosz mussten hier jedoch eine auch in diesem Zusammenhang stärkere Rolle spielen. Trugen Jazłowiecki und Stadnicki im späteren Konfliktstadium ihren zum dominanten Ehrenhändel mutierten Konflikt stark über die Frage der militärischen Ehre aus, stellte sich die Situation bei den hohen Amtsträgern Myszkowski und Zebrzydowski zwangsläufig anders dar. Ihren Rang hatten beide, neben ihrer Abkunft, über das Feld ihrer hohen Würden auszutragen, die im Kontext des Gesamtsystems der respublica standen. Nichtsdestoweniger verschmolz dies in eklatanter Weise mit einem Ehrkonflikt, der auch hier zumindest zu einer Duellforderung führte. Dass es jedoch beileibe nicht bei sublimierten verbalen Zweikämpfen bleiben musste, zeigt das Schicksal Stanisław Stadnickis. Von 1607 bis 1610 führte er einen Nachbarschaftskrieg, der auch als Ehrkonflikt ausgetragen wurde. Gegner Stadnickis war in diesem Fall Łukasz Opalin´ski.870 Letzterer war nicht allein Sohn des ehemaligen Krongroßmarschalls unter Stephan Ba´thory, sondern stand unter Sigismund III. fest an der Seite des Königs gegen den Rokosz. Zu einem Duell beider Protagonisten kam es zwar nicht, zu Duellforderungen allemal.871 Es ist umstritten, ob sich dieser als fehdeartiger Nachbarschaftskrieg ausgetragene Konflikt seinen Anlass im Rokosz fand.872 Festzuhalten bleibt, dass zeitgenössische Quellensammlungen den Konflikt Stadnickis mit Opalin´ski ohne Umschweife neben dessen brieflicher Auseinandersetzung mit Jazłowiecki im Rahmen der Überlieferung des Rokosz anordneten, wenn auch in tendenziell randständigerer Position.873 Dar869
Ebenda, 207. Dabei handelt es sich um den späteren Kronmarschall Łukasz Opalin´ski den Älteren: C, W, Art. Łukasz Opalin´ski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 24, Wrocław u.a. 1979, 90–93. 871 Ł, Prawem i lewem, 385 f., 388 f. 872 Ebenda, 377 f. 873 BK rkps 316: Hier schließt der Konflikt Opalin´skis mit Stadnicki nahtlos an den Briefwechsel Stadnickis mit Jazłowiecki an (190v.–191r.). 870
4.4 Finale: Gewalt als Lösung, Gewalteinhegung als Herausforderung
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über hinaus gehörte die Befriedung des Konfliktes beider Adliger zu den Bedingungen, an die eine Begnadigung Stadnickis am Ende des Rokosz geknüpft wurde.874 So überschnitten sich auch hier – wie in den beiden vorgestellten Fällen – persönliche Differenzen, familiäre Konkurrenzen und Frontstellungen im Rokosz. Auf jeden Fall sollte der Ehrkonflikt Stadnicki diesmal – sehr physisch und wenig verbal sublimiert – das Leben kosten.
4.4 Finale: Gewalt als Lösung, Gewalteinhegung als Herausforderung In einem Brief vom 20. April 1607 informierte ein Berichterstatter Jakub Sienien´ski über den Fortgang der Adelsversammlung von Je˛drzejo´w. An deren Rande sei es zu blutigen Zusammenstößen gekommen:875 „Herr Chylicki und die Herren Zare˛ba […] hatten einen Kampf mit dem Herrn von Łe˛czyca, als sie bei Je˛drzejo´w in Richtung Sieradz auf dem Weg waren, als auf Herrn Zare˛ba lethaliter geschossen wurde und auch auf den Herrn Starosten von Sieradz, den Sohn des Abgeordneten von Łe˛czyca. Auf beiden Seiten wurden bis zu fünf erschlagen.“
Diese Episode kann wohl in mehrfacher Hinsicht als exemplarisch für die Gewaltausübung in der ersten Phase des Rokosz bis zur Schlacht von Guzo´w gelesen werden, mit der am 5. Juli 1607 die bewaffneten Auseinandersetzungen auf eine andere Ebene gehoben wurden. Zuvor beschränkten sich die gewaltsamen Konflikte im Wesentlichen auf einige Scharmützel wie das zitierte, insbesondere im Umfeld der Versammlung von Je˛drzejo´w.876 Eine gewisse Ausnahme stellte die Verfolgungsjagd der Truppen auf königlicher Seite gegen den Rokosz im Vorfeld der Unterwerfungsverhandlungen von Janowiec dar.877 Dabei waren die Versammlungen des Rokosz seit Ste˛z˙yca und insbesondere ab der Versammlung von Lublin durch eine immer stärkere Militarisierung gekennzeichnet gewesen.878 Die Massierung von Truppeneinheiten schien allerdings vor allem unter einem Defensivaspekt zu stehen, genauso wie der Monarch von einer scharfen kriegerischen Antwort auf den widerständigen Adel absah. Solche abwartenden Haltungen auf beiden Sei874
Contenta przemowy Pana Stadnickiego do Kro´la Iego Mczi w Warszawie na Seymie Geralnym Koronnym, BK rkps 1069 (Akta rokoszowe Zebrzydowskiego z czaso´w Zygmunta III prowadzone do Roku 1609 [...]), 177r.–177v. 875 Kopia listu Imci Pana Pomorskiego do Jakuba Sienien´skiego Woiewidzica Podolskiego, Biblioteka Czartoryskich rkps. 102 (Teka Naruszewicza 102 (1607)), 160–163, hier 160 f. Vgl. auch R. F. Grabowski, Guzo´w, 23 f., hier allerdings zitiert mit falscher Transkription („Chylin´ski“ statt „Chylicki“). 876 G, Guzo´w, 26. 877 M, Wojna domowa, 355–357. 878 Ebenda, 166 f.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
ten korrespondierten wiederum damit, dass man bis kurz vor der Aufkündigung des Gehorsams durch den Rokosz beiderseitig ostentativ an beständigen Verhandlungen festhielt. Erst die erneute Verschärfung der Spannungen zu Beginn des Jahres 1607 führte wohl in ungehemmterer Weise zu zumindest kleinen Gefechten, die von beiden Seiten ausgingen.879 Bezeichnenderweise waren hieran keine Einheiten des Quartheeres, also des aus Steueraufkommen unterhaltenden Stehenden Heeres, beteiligt.880 Allerdings fanden sich schon in Wis´lica Abteilungen des Quartheeres unter der Führung ˙ o´łkiewski ein. Damit stand auch die Streitmacht des des Hetmans Stanisław Z Reichs auf königlicher Seite, was zu heftiger Kritik aus dem Rokosz führte.881 Im Umfeld der Versammlung von Je˛drzejo´w trafen nun aber insbesondere Truppenkontingente, die von einzelnen Adligen unterhalten wurden und regionale beziehungsweise lokale Aufgebote aufeinander, die von den Unterstützern des Rokosz partiell ausgehoben worden waren.882 Dass der Kastellan von Łe˛czyca, Stanisław Bykowski, sich dabei im April 1607 mit den Herren Zare˛ba und anderen Adligen aus seiner Wojewodschaft ein tödliches Gefecht lieferte, zeigt die lokale Rückbindung solcher Scharmützel. So gehörten die Zare˛ba zum harten Kern des widerständigen Adels, der sich zuvor auf der Versammlung von Koło zusammengefunden hatte. Dies wurde von erbitterten Auseinandersetzungen auf den Sejmiki der Wojewodschaften Sieradz und Łe˛czyca begleitet.883 Die regionalen Adelsgemeinschaften waren entzweit und der Senator Bykowski hatte mit malcontents wie den Zare˛ba schon lange vorher auf verbalem Kriegsfuß gestanden.884 Zumindest dieses Scharmützel war also kaum ein zufälliges Aufeinandertreffen. Zudem hatten einige Ad879
G, Guzo´w, 22. Das Quartheer befand sich in den Jahren 1606 und 1607 – wie auch schon in den Jahren zuvor – in einer schwierigen Lage. Die immer wieder ausstehenden Soldzahlungen hatten wiederholt – und so auch 1606 – zur Bildung einer Militärkonföderation geführt, die die Auszahlung der fehlenden Gelder reklamierte. Allerdings ließen sich diese rebellierenden Soldaten keineswegs auf die Seite des Rokosz ziehen, wie die gescheiterten Versuche des Sommers 1606 zeigten. 881 Ebenda, 26. 882 Ebenda. Neben dem Allgemeinen Aufgebot existierte die Institution der expeditio particularis, die von einzelnen Kreisen, Landschaften oder auch Wojewodschaften zu Verteidigungszwecken einberufen werden konnte: K, D, Wojska powiatowe samorza˛do´w Małopolski i Rusi czerwonej w latach 1572–1717, Lublin 2008; Ł, K, Organizacja, prawo i dyscyplina w polskim i litewskim pospolitym ruszeniu (do połowy XVII wieku), Białystok 2013, 22. 883 L, Z, Wojewo´dztwo sieradzkie i łe˛czyckie w latach rokoszu Zebrzydowskiego, in: Zeszyty naukowe Uniwersytetu Ło´dzkiego / Seria 1 30 (1963), 61–75, 71. 884 Ebenda, 66, 68 f. Bykowski begann seine Ämterkarriere noch in der Endzeit der Herrschaft Stephan Ba´thorys und gehörte dann von Beginn an zu den loyalsten Fürsprechern Sigismunds III. Wohl als Dank für seine Verdienste um den Monarchen während des Rokosz erhielt er 1609 die Würde des Wojewoden von Sieradz: R., Stanisław Bykowski. 880
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lige, die sich durch besondere Loyalität zu Sigismund auszeichneten, wie die Aufsteiger Hieronim Gostomski oder Aleksander Koniecpolski, aber auch Kronmarschall Zygmunt Myszkowski, von ihnen unterhaltene Einheiten rund um die Versammlung von Je˛drzejo´w zusammengezogen.885 Sie wiederum stießen auf Abteilungen Janusz Radziwiłłs und anderer Teilnehmer des Rokosz.886 Der abstrakte Konflikt um die Herrschaft in der respublica verschmolz also auch an diesem Punkt mit der mindestens mittelbaren Konfrontation zwischen konkreten adligen Akteuren.887 Die Aufkündigung des Gehorsams durch die verbliebenen Unterstützer der Rokosz am 24. Juni 1607 hatte Sigismund III. rasch mit einem Sendschreiben an den gesamten Adel seines Reiches beantwortet.888 Hier befleißigte er sich einer nochmaligen Rechtfertigung und beteuerte, alle ihm gemachten Vorwürfe einer absolutistischen Verschwörung mit dem Haus Habsburg seien gegenstandslos. Im Gegenzug stellte das Schreiben weniger die Aufkündigung des Gehorsams gegenüber dem Monarchen in den Mittelpunkt. Vielmehr basierte der Angriff auf den Rokosz in erster Linie auf der Feststellung, mit dieser einseitigen Entscheidung einer Minderheit setze sich deren Anspruch fort, die Wahlentscheidung für Sigismund als consensus omnium infrage zu stellen. Darüber hinaus würden auch sämtliche Rechte und Freiheiten des adligen Gemeinwesens mit Füßen getreten. Denn neben der königlichen Herrschaft würden auch alle Amtsträger und der Sejm von einer kleinen Gruppe angegriffen, die für sich selbst mehr Autorität und Herrschaftsrechte „als das Recht, als die Richtigkeit, als die Gerechtigkeit, als die Obrigkeit, als die Einigkeit aller Stände erlaubt, usurpieren.“889 Folglich forderte der Monarch, dass sich niemand dem Rokosz anschließen oder ihm Unterstützung zukommen lassen dürfe. Stattdessen habe der Adel treu an der Seite des Königs für dessen legitime Herrschaft sowie damit auch für seine eigenen Recht und Freiheiten einzustehen.890 Auch wenn diese For885
Grabowski, Guzo´w, 34–37, 54–56. Ebenda, 25 f. 887 Dies galt zwar in erster Linie für diejenigen – zumeist hochadligen – Akteure, die die Einheiten zusammenstellten und bezahlten. In anderer Weise aber auch etwa für die Kleinadligen, die innerhalb dieser Einheiten als Offiziere oder auch als Fußvolk dienten. Exemplarisch für die Anwerbungsstrategien und Zusammensetzungen dieser Truppen am Fall der Einheiten von Tomasz Zamoyski, dem Sohn des Kanzlers Jan Zamoyski: G, P, Wojsko pan´stwowe jako przedmiot fundacji magnato´w koronnych – casus Tomasza Zamoyskiego, in: Ewa Dubas-Urwanowicz / Jerzy Urwanowicz (Hg.), Fundator i mecenas. Magnateria Rzeczypospolitej w XVI–XVIII wieku, Białystok 2011, 341–360, 347 f. 888 Das königliche Universalschreiben datiert vom 27. Juni 1607: Universał Kro´la Jmci naprzeciwko wypowiedzeniu posłuszen´stwa, BCz rkps 103 (Teka Naruszewicza t. 103 (1607)), 421–427. 889 Ebenda, 425. 890 Ebenda, 426 f. 886
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mulierung durchaus die Aufforderung einschloss, sich auf königlicher Seite zum bewaffneten Kampf gegen die Widerständigen einzufinden, vermied das Schreiben jede weitergehende Rede von einer anstehenden kriegerischen Auseinandersetzung. In diesem Sinne blieben auch die ersten Tage nach dem offenen Bruch zwischen Rokosz und Monarch von den gleichen Mustern geprägt, die sich schon im Herbst 1606 gezeigt hatten. Während die Anhänger des Rokosz sich mit ihren Truppen nun von ihrem Lager bei Warschau in Richtung Süden bewegten, folgte ihnen Sigismund mit seinem Tross. Der Monarch suchte dabei vorsorglich, die Verteidigung der Königsstadt Krakau zu sichern, die Gerüchten zufolge das Ziel des widerständigen Heeres war.891 Die Verfolgung des widerständigen Heeres glich allerdings weniger einer Treibjagd als einem Katz-und-Maus-Spiel, in dessen Rahmen ein frontaler militärischer Zusammenstoß zwei Wochen lang zu vermeiden versucht wurde. Wie im Vorfeld von Janowiec kam es dabei auch noch jetzt zu verschiedenen, wenn auch halbherzig wirkenden Verhandlungsversuchen.892 Am 1. Juli erfolgte dann ein erstes Aufeinandertreffen der gegnerischen Lager beim Städtchen Warka auf halbem Weg zwischen Warschau und Radom, als die königlichen Truppen dem Rokosz-Heer über den Fluss Pilica nachsetzten. Auch in diesem Fall mühte man sich von königlicher Seite, durch Verhandlungen einem Kampf aus dem Wege zu gehen.893 Dies wurde zwar vom Rokosz abgelehnt, Mikołaj Zebrzydowski vermied es jedoch zugleich, die über den Fluss setzenden feindlichen Einheiten massiv anzugreifen.894 Unmittelbar darauf kam es zu erneuten Versuchen, eine Verhandlungslösung zu finden. Obwohl die Modalitäten dieser Verständigungsbemühungen nicht klar nachvollziehbar sind, darf man über die Erfolglosigkeit dieses letzten Anlaufs umso sicherer sein.895 Die Vertreter des Rokosz warteten mit
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G, Guzo´w, 44. Ebenda, 37 f., 39 f., 42–44. 893 Bezeichnenderweise waren dabei die Einheiten von Jan Karol Chodkiewicz auf königlicher Seite und die Truppen von Janusz Radziwiłł auf Seiten des Rokosz miteinander konfrontiert: D, P, Obraz bitwy pod Guzowem w s´wietle relacji nuncjusza papieskiego Francesca Simonetty, in: Wieki Stare i Nowe 2 (2010), 9–23, 13 f. 894 G, Guzo´w, 46. 895 In Briefen von Lew Sapieha und Jan Karol Chodkiewicz finden sich die übereinstimmenden Bemerkungen, die Initiative hierzu sei von den Vertretern des Rokosz ausgegangen, was im Universalschreiben Janusz Radziwiłłs vom 7. Juli 1607 und in einer pamphletistischen Stellungnahme von Seiten des Rokosz wiederum bestritten wurde, vgl. Lew Sapieha do ks. Krzysztofa Radziwiłła, z Rogowa 5. lipca 1607, in: Archiwum domu Radziwiłło´w (listy ks. M. K. Radziwiłła Sierotki, Jana Zamoyskiego, Lwa Sapiehy), ed. v. August Sokołowski, Krako´w 1885 (Scriptores rerum polonicarum 8), 240–241, hier 241; Jan Karol Chodkiewicz do Zofii Chodkiewiczo´wnej, z Warki 2. Lipca 1607, in: Korrespondencye Jana Karola Chodkiewicza, ed. v. Władysław Chome˛towski, Warszawa 1876 892
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ihren Truppen jedenfalls nicht die wohl vereinbarte Fortsetzung der Gespräche am 3. Juli ab, sondern setzten sich weiter in südlicher Richtung in Marsch. Nun schien auf der königlichen Seite das Interesse an einer raschen militärischen Lösung überhand zu nehmen. So kam es am 5. Juli 1607 bei der Ortschaft Guzo´w, südwestlich von Radom, zur offenen Feldschlacht. Um langwierige Kampfhandlungen handelte es sich auch in diesem Fall nicht. Angaben zeitgenössischer Beobachter zufolge dauerte die Schlacht selbst kaum eine Stunde und involvierte auch nur einen kleineren Teil der Kräfte beider Seiten. Die Zahl der Gefallenen belief sich auf circa zweihundert, wobei auf Seiten des Rokosz wohl ungefähr 160 bis 170 Opfer zu beklagen waren.896 Dies waren insgesamt keine exorbitanten Zahlen – nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass sich zumindest theoretisch das etwa 8000 Mann starke Heer Sigismunds und die ungefähr 6000 Mann zählenden Truppen des Rokosz gegenübergestanden hatten.897 Nichtsdestoweniger konnte die königliche Seite die Schlacht von Guzo´w in militärischer Hinsicht als ihren Sieg verbuchen. Die Anführer des Rokosz flohen in unterschiedliche Richtungen.898 Nur Prokop Pe˛kosławski und Jan Szcze˛sny Herburt wurden im Nachgang der Schlacht gefangengenommen. Während sie in Haft blieben, wurden die übrigen Gefangenen des Rokosz-Heeres rasch wieder gegen eidliche Verpflichtung, sich nicht wieder gegen den Monarchen zu stellen, auf freien Fuß gesetzt.899 Janusz Radziwiłł setzte sich auf seine litauischen Güter ab und Mikołaj Zebrzydowski zog sich in das Bernhardiner-Kloster Opato´w bei Sandomierz zurück, nachdem er vergeblich versucht hatte, bei Tomasz Zamoyski, dem Sohn des verstorbenen Kronkanzlers, in Zamos´c´ Zuflucht zu finden.900 Als Niederlage wollte Zebrzydowski die Schlacht aber keineswegs verstanden wissen. In einem Brief an Janusz Radziwiłł, eine Woche nach der Schlacht, betonte der Krakauer Wojewode die Tapferkeit der Rokosz-Truppen und ihrer Führer, die mehrfach in die königlichen Reihen eingedrungen
(Biblioteka Ordinacyi Krasin´skich. Muzeum Konstantego S´widzin´skiego 1), 42–43, 42; Universał od Radziwiła Podczaszego Lith. zpod Lublina wydany i re˛ka˛ iego podpisany, kto´rym na Ziazd pod Warszawe˛ na Electia˛ inszego Kro´la wzywa, BCz rkps 103, 465–468, 466 f.; Odpowiedz´ rokoszano´w na zarzuty, 370; hierzu auch G, Guzo´w, 48. 896 G, Guzo´w, 62, 64–66. 897 Ebenda, 30. 898 Jakub Zadzik an Szymon Rudnicki, am 21. Juli 1607 aus Krakau, BCz rkps 103, 489–490, 489. 899 Grabowski, Guzo´w, 66. 900 W, Rokosz, 74.
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seien und mehrere Fahnen erbeutet hätten: So „gab Gott ein Zeugnis unserer Gerechtigkeit.“901 Am Tag nach dem Aufeinandertreffen von Guzo´w ließ Sigismund III. ein erstes Universalschreiben veröffentlichen. In einer ausführlichen Narratio betonte das Dokument die über lange Zeit geduldige Haltung des Monarchen, angefangen von der Versammlung von Ste˛z˙yca bis zur Aufkündigung des Gehorsams in Jeziorna.902 Letzterer Schritt hingegen habe den König, der stets jedes Blutvergießen zu vermeiden getrachtet habe, zur Anwendung militärischer Gewalt gezwungen.903 Denn mit dem Bruch des Treueides habe man nicht allein die Fundamente der respublica weiter erschüttert, sondern ihm nun noch deutlicher als zuvor nach Gesundheit und Leben getrachtet.904 In der Folge seien die Güter der Aufständischen einzuziehen und die Betreffenden vor das Sejmgericht zu stellen, sollten sie sich nicht eines Besseren besinnen, den Treueid auf den Monarchen erneuern und damit in die Gemeinschaft der respublica zurückkehren.905 Zum einen verband sich die Strafverkündigung an dieser Stelle mit einem Amnestieangebot für die Aufständischen. Zum anderen vermied das Schreiben, die Anhänger des Rokosz auf der Grundlage des Gesetzes über das crimen laesae maiestatis zu beurteilen. Explizit bezog sich das Universalschreiben nämlich allein auf das crimen perduellionis und bezeichnete den aufständischen Adel als hostes patriae. Andererseits hatte der Monarch zuvor ausdrücklich die Attacken auf seine Person als den gewichtigsten Grund für sein militärisches Einschreiten angeführt. Tendenziell war die Grenzziehung zwischen der Majestätsbeleidigung und dem Hochverrat in der Gesetzgebung bereits ambivalent angelegt.906 Abgesehen davon spiegelte sich hierin wohl vor allem der Versuch, den Rokosz in erster Linie als eine Gefährdung für den gesamten Adel und mithin die gesamte respublica darzustellen. Die damit intendierte Abspaltung des
901 Mikołaj Zebrzydowski an J. R. (Janusz Radziwiłł), Pliszczyna am 14. Juli 1607, AGAD Archiwum Warszawskie Radziwiłło´w Dz. V nr 18671, 1. 902 Uniwersał Kro´lewski pod Iełz˙a˛ dany przeciw Rokoszanom, BCz rkps 103, 443–450. 903 Ebenda, 446. 904 Ebenda, 446 f. Der Hochverratsvorwurf wurde zeitgenössisch durch Gerüchte flankiert, man habe unter den in Guzo´w erbeuteten Habseligkeiten von Janusz Radziwiłł eine oder zwei Schatullen gefunden, die Korrespondenzen der Rokoszführer wahlweise mit Karl von Schweden oder mit dem siebenbürgischen Fürsten Gabriel Ba´thory enthalten haben sollen. Die Existenz dieser Schatullen lässt sich jedoch quellenmäßig wenig erhärten: P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 180–182. 905 Uniwersał Kro´lewski pod Iełz˙a˛ dany, 447 f. Gegen Zebrzydowski wurde dabei in ganz besonderer Weise vorgegangen. So ließ Sigismund die Festung Lanckorona in Kleinpolen einnehmen und plündern, die zum Verantwortungsbereich des dortigen Starosten Jan Zebrzydowski, des Sohns von Mikołaj gehörte: P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 197 f. 906 Vgl. Kap. 1.4, S. 152 u. Kap. 2.4, S. 269, 278–281.
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Rokosz als einer einzig ihre Privatinteressen verfolgenden Faktion907 unterstrich auch der Umstand, dass nicht der Monarch allein das Universalschreiben zeichnete. Sechzehn weitere Unterschriften fanden sich unter dem eigentlich nur königlichen Universal. Dabei handelte es sich nicht nur um Senatoren und hohe Würdenträger, sondern ganz offensichtlich gleichfalls um all diejenigen anderen Adligen, die mit ihren Truppeneinheiten bei Sigismund weilten.908 Der Monarch hatte es nötig, ostentativ die Unterstützung des Adels für sein Vorgehen zu demonstrieren. Noch das Universalschreiben selbst musste beklagen, dass der Rokosz mit der Schlacht von Guzo´w noch keineswegs beendet schien: „Jetzt sammeln sie sich erneut zu Haufen und bereiten in dieser Respublica neue Wirren und seditiones.“909 Diese Warnung war keineswegs unbegründet. So hatte etwa Jan Szcze˛sny Herburt gleich nach der Schlacht und noch vor seiner Gefangennahme versucht, weitere Truppen zu werben.910 Dazu zogen versprengte Teile des Rokosz-Heeres weiterhin be˙ o´łkiewski mit der Ausgabe waffnet durch das Land, was Hetman Stanisław Z 911 von mehreren Mandanten einzudämmen suchte. Doch noch im März 1608 schlossen verbleibende Einheiten eine Militärkonföderation, wobei sie die Forderung nach ausstehenden Soldzahlungen mit dem Postulat einer Fortsetzung des Rokosz verbanden.912 Die zentralen Befürchtungen des Hofes konzentrierten sich hingegen auf die anstehenden Sejmiki. Deren reguläre Sitzungen hatten im September die neuen Deputierten für die Tribunale zu wählen. Sie stellten nun aber zugleich die Gelegenheit dar, die Ergebnisse des letzten Sejms und selbstverständlich die gewalttätigen Konfliktzuspitzungen der vergangenen Wochen zu the-
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Uniwersał Kro´lewski pod Iełz˙a˛ dany, 446. Ebenda, 449 f.: Maciej Pstrokon´ski (Kronkanzler und Bischof von Przemys´l), Hieronim Gostomski (Wojewode von Posen), Aleksander Chodkiewicz (Starost von Traken), Aleksander Koniecpolski (Starost von Sieradz), Jan Karol Chodkiewicz (Litauischer Hetman), Adam Se˛dziwo´j Czarnkowski (Wojewode von Łe˛czyca), Stanisław Golski (Wojewode von Ruthenien), Jakub Pretwicz (Starost von Podolien), Stanisław Z˙o´łkiewski (Polnischer Feldhetman), Jan Ro´zkowski (Kastellan von Przeme˛t), Jan Romiszewski (Kastellan von Rozprza), Konstanty Plichta (Kastellan von Sochaczew), Adam Kossobudzki (Kastellan von Wyszogro´d), Stanisław Warszycki (Starost von Kobryn´), Zygmunt Myszkowski (Kronmarschall), Piotr Wiesiołowski (Litauischer Hofmarschall). 909 Ebenda, 446 f. 910 G, Guzo´w, 72. 911 List Pana Hetmana do Lublian, Chełmian i Bełz˙an, BCz rkps 103, 469–471; Drugi ˙ o´łkiewskiego do szlachty, ebenda, 473–475; Universał Pana HetUniversał Hetmana Z mana Koronnego do ludzi bawia˛cyh sie˛ kupami bez słuz˙by po Xie˛stwie Mazowieckiem, ebenda, 557–558. 912 ˙ ołnierzow Rokoszan´skich w Krasnym Stawie, GStA XX. HauptabConfoederatia Z teilung EM 111 h, Nr. 62, 42r.–43v. 908
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matisieren.913 Entsprechend bemerkte Kronkanzler Pstrokon´ski, dass sich derzeit alle Augen auf das „eventum der Deputationssejmiki (richten), die uns entweder gründlich beruhigen oder den Weg zu neuen Streitigkeiten öffnen.“914 Die Auseinandersetzungen weiterzuführen, daran hatten aber selbst die einschlägig verdächtigen Sejmiki von Krakau und Lublin kein Interesse mehr.915 Wie die restlichen Sejmiki gestatteten auch sie die Steuerhebung zur Finanzierung des in Livland gegen die Schweden liegenden Quartheeres, die auf dem Sejm von 1607 beschlossen worden war.916 Die Abordnungen verschiedener Sejmiki an den König verkündeten ihm dabei nicht allein die Zustimmung zu den aktuell benötigten Heeressteuern, sondern verbanden dies mit besonderen Treueerklärungen gegenüber dem Monarchen.917 Kon913 Theoretisch fielen die Relationssejmiki und die Deputationssejmiki terminlich nicht zusammen. Erstere hätten in der Regel acht Wochen nach Beendigung des Sejms, also im August 1607, stattfinden sollen (vgl. Zjazd cze˛s´ci szlachty wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego z okazji sa˛do´w w Poznaniu 23 sierpnia 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 374.), während letztere für den September einberufen waren. Etwa im Falle des großpolnischen Sejmiks von Posen und Kalisch kam allerdings der Relationssejmik im August nicht zustande und schien faktisch mit dem Deputationssejmik zusammengelegt worden zu sein. Demgegenüber fehlen, folgt man der Quelleneditions der Sejmikakten, im Fall des Krakauer Sejmiks die Überlieferungen zu einem Deputationssejmik. Für die meisten Sejmiki scheint dabei zu gelten, dass sie sich lediglich im September zum Termin der Deputationssejmiki zusammenfanden und dort auch die ausstehenden Steuerbeschlüsse des vergangenen Sejms diskutierten, die eigentlich auf einem eigenen Relationssejmik hätten behandelt werden sollen. Folgt man den Angaben Henryk Wisners, fanden eigene Relationssejmiki im August lediglich in Brzes´c´, Łe˛czyca, Inowrocław, dem Land Dobrzyn´ und teilweise in Masowien statt: W, Rokosz, 73. 914 X. Maciey Pstrokon´ski Biskup Przemyski do X. Szymona Rudnickiego Biskupa Warmin´skiego, BCz rkps 103, 581; X. Łubien´ski do X. Szymona Rudnickiego Biskupa Warmin´skiego, ebenda, 571–572, 571. 915 Wie sorgfältig die Sejmiki vorbereitet wurden, um sie im Sinne des Monarchen ablaufen zu lassen, zeigt in diesem Zusammenhang etwa ein Brief Sigismunds an Sebastian Lubomirski im Vorfeld des Krakauer Sejmiks: Sigismund III. an Sebastian Lubomirski, Krakau am 3. September 1607, AGAD Archiwum Publiczne Potockich 7 t. II, 34r. 916 Z Seymiku Lubelskiego Deputackiego, BCz rkps 103, 619–622; Uchwały sejmiku posejmowego wojewo´dztwa krakowskiego w Proszowicach, 2 sierpnia 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 322–324. 917 Poselstwo z Wojewo´dztwa Lubelskiego, BCz rkps 103, 553–555; Mowa do kro´la Zygmunta III posło´w wysłanych z sejmiku, posejmowego proszowskiego, miana w Krakowie 2 sierpnia 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 324–325; Laudum sejmiku relacyjnego w Chełmie 20 sierpnia 1607, in: Akta sejmikowe ziemi chełmskiej 1587–1632, ed. v. Wiesław Bondyra, Henryk Gmiterek u. Jerzy Ternes, Lublin 2013, 102–104; Poselstwo Ziemie Przemyskiey i Sanockiey, BCz rkps 103, 549–551; Poselstwo z Ziemie Wis´nin´skiey, ebenda, 539–541; Poselstwo Wojewo´dztwa Podlaskiego z strony Deputato´w do JKMci,
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sensuell erschien aber dieses Einlenken mit Blick auf die Gesamtheit der Sejmiki nicht unbedingt.918 Bemerkenswert an der Kommunikation zwischen Monarch und Sejmiki war Ende des Jahres 1607 nicht nur der sichtliche Wille auch der zuvor widerständigen lokalen und regionalen Adelsgemeinschaften, den Rokosz als eine außergewöhnliche Episode durch ihre Loyalitätserklärungen zu beenden. Auch König Sigismund III. reagierte in besonderer Weise. Er ließ den Abordnungen der verschiedenen Sejmiki einzeln schriftliche oder mündliche Antworten zukommen,919 in denen er den Rokosz demonstrativ auf einige wenige Akteure reduzierte, die die übrigen Adligen instrumentalisiert hätten. Neben der Ankündigung schwerer Bestrafung für all diejenigen, die den Widerstand fortsetzten, betonte der Monarch aber auch hier – wie schon in seinem Universalschreiben – die Begnadigung aller, die sich nun vom Rokosz distanzierten.920 Diese unmittelbaren Antworten auf die Abordnungen der Sejmiki dürfen dabei in gewisser Weise als Erfolg des Rokosz gelesen werden. Zumindest kann man die königlichen Entgegnungen als ein Zeichen werten, dass die zuvor von den malcontents beklagte Sprachlosigkeit des Monarchen gegenüber seinem Adel überwunden wurde. Der Zugang zum König schien so wiederhergestellt werden zu können. Mitte September 1607 konnte man vom Hof die erleichterte Nachricht vernehmen, dass „die Menschen beginnen, den Geschmack an diesen Rokoszen zu verlieren.“921 Doch nicht in allen Fällen verlief die Befriedung der einzelnen Adelsgemeinschaften so reibungslos – zumindest dem ersten Augenschein nach. In Großpolen etwa hatte der Sejmik von Posen und Kalisch mit einer Spaltung des Adels umzugehen. Schließlich wollte ein Teil der dortigen Adligen das Ende des Rokosz und in diesem Zuge die Sejmbeschlüsse von 1607 keineswegs akzeptieren. Der Zusammenschluss dieser großpolnischen malcontents sollte bis in das Jahr 1608 hinein andauern.922 Auch die
ebenda, 609–610; Odprawa Pana Posła Kro´la Jmci z Seymiku Deputackiego Radzieiowskiego, ebenda, 607–608. 918 P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 209–215. 919 Eine mündliche Antwort ist etwa im Fall des ruthenischen Sejmiks von Wisznia erwähnt: Poselstwo z Ziemie Wis´nin´skiey, 541. 920 Odpowiedz´ kro´la Zygmunta III, dana posłom wysłanym z sejmiku posejmowego proszowskiego w Krakowie 5 sierpnia 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztwa krakowskiego. Tom 1: 1572–1620, ed. v. Stanisław Kutrzeba, Krako´w 1932, 325–327; Respons kro´lewski na poselstwo od sejmiku chełmskiego, Krako´w, 28 sierpnia 1607 r., in: Akta sejmikowe ziemi chełmskiej 1587–1632, ed. v. Wiesław Bondyra, Henryk Gmiterek u. Jerzy Ternes, Lublin 2013, 104–105. 921 Literae Jacobi Zadzik ad Episcopum Warmiensem, BCz rkps 103, 631–632, 631. 922 Protestacja przeciwko poborowi ostatniego sejmu z zjazdu wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego odbytego z okazji sa˛do´w w Poznaniu 23 sierpnia 1607 r., in: Akta sejmikowe wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego. Tom 1 / 1: 1572–1616, ed. v. Włodzimierz Dworzaczek, Poznan´ 1957, 375–377; List kro´la do niekto´rych senatoro´w wielko-
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beiden wichtigsten Köpfe des Rokosz gaben sich augenscheinlich nicht sogleich geschlagen. Janusz Radziwiłł hatte schon am 7. Juli in Lublin ein Universalschreiben veröffentlichen lassen, das er in seiner Qualität als Marschall des Rokosz-Kreises zeichnete. Hierin berief er eine erneute Versammlung zur Wahl eines neuen Monarchen für den 5. August bei Warschau ein.923 Dass Sigismund bei Guzo´w Adlige habe erschlagen lassen, zeuge nun klar von seiner Tyrannis.924 Im Gegensatz dazu habe der Rokosz bei Warka trotz einer strategisch überlegenen Position auf jegliches Blutvergießen verzichtet.925 Doch der Aufruf Radziwiłłs fand keinen in den Quellen klar nachvollziehbaren Widerhall.926 Mittelbar jedoch wirkte der Wahlaufruf wohl weiter. Denn im September und Oktober fanden sich die letzten verbliebenen Bundesgenossen auf Grundlage einer weiteren Ausschreibung tatsächlich zu einer Adelsversammlung ein,927 was Sigismund sofort in Alarmbereitschaft versetzte.928 In die Organisation der Versammlung war Janusz Radziwiłł nicht mehr involviert,929 dafür hatte sich Mikołaj Zebrzydowski an die Spitze dieser Zusammenkunft gesetzt930 und hielt in diesem Zusammenhang mit dem Litauischen Mundschenk dann sehr wohl Kontakt über deren Verlauf.931 Es war wohl unter anderem der Vermittlung der katholischen Geistlichkeit zu verdanken, dass diese letzte der Rokosz-Versammlungen sich relativ schnell
polskich, popieraja˛cy uchwałe˛ sejmiku deputackiego wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w S´rodzie 11 wrzes´nia 1607 r., z Krakowa 25 wrzes´nia 1607 r., in: ebenda, 379–380. Die großpolnischen Senatoren versuchten, die erneute Widerstandsbewegung niederzuhalten, vgl. dazu: Zjazd senatoro´w, urze˛dnio´w i niekto´rych spos´ro´d szlachty wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego w Słupcy 3–4 stycznia 1608 r., in: ebenda, 380–384; Zjazd cze˛s´ci senatoro´w i szlachty wojewo´dztw poznan´skiego i kaliskiego z okazji sa˛do´w grodzkich w Poznaniu 8 marca 1608 r., in: ebenda, 384–388. 923 Universał od Radziwiła Podczaszego Lith. zpod Lublina, 465. 924 Ebenda, 467. 925 Ebenda, 466. 926 O, Zjazd rokoszowy warszawski, 523. Die deutlichste Reaktion war vielleicht das Universalschreiben Sigismunds, in dem er allen Senatoren anordnete, diese Versammlung unter allen Umständen zu verhindern: List Kro´la JMci na zabiez˙enie temu Ziazdowi do PP Senatoro´w, BCz rkps 103, 477. 927 Über die Anzahl der Teilnehmer gibt es keine verlässlichen Angaben. Edward Opalin´ski schätzt sie auf ca. 1000, die Truppen Zebrzydowskis allerdings inbegriffen: O, Zjazd rokoszowy warszawski, 527 f. 928 List Kro´la JMci do PP Senatoro´w i Dworzan, aby iako nayrychley przybyli z iaka˛ gotowos´cia˛ ies´liby Autorowie Rokoszu do Elekcyi innego Pana posta˛pic´ odwaz˙yli sie˛, BCz rkps 103, 647–648. 929 W, Rokosz, 74; O, Zjazd rokoszowy warszawski, 527. 930 Zygmunt Niszczycki an seinen Vater Krzysztof Niszczycki, Warschau am 19. Oktober 1607, GStA XX. HA EM 111 h, Nr. 55, 351r.–351v., 351r. 931 Mikołaj Zebrzydowski an Janusz Radziwiłł, Kamien´ am 20. Oktober1607, AGAD Archiwum Warszawskie Radziwiłło´w Dz. V nr 18670, 57.
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in Wohlgefallen auflöste. Die parallel zur Adelszusammenkunft tagende Synode von Petrikau, mit dem Primas Bernard Maciejowski an der Spitze, bot ihre Mediatorentätigkeit erfolgreich an.932 Allerdings war der bischöfliche Verhandlungseinsatz letztlich wohl nur eine flankierende Maßnahme, die die Selbstauflösung der Versammlung lediglich hatte beschleunigen können. Denn auch von Zebrzydowski gingen nun vor allem ausgleichende Signale aus. Mit Edward Opalin´ski darf man annehmen, dass es sich bei der Warschauer Versammlung für Zebrzydowski um ein Unterpfand in seinen Verhandlungsversuchen mit dem Monarchen handelte.933 Dass ein militärischer Sieg im Bürgerkrieg dem Sieger keinen ausbeutbaren Ruhm bescherte oder generell keine anstrebenswerte Lösung darstellte, wusste schon die zeitgenössische Politiklehre.934 Entsprechend gedämpft fiel auch das Fazit von Jan Karol Chodkiewicz aus, der als einer der wichtigsten militärischen Führer in Guzo´w an der Seite des Königs gestanden hatte. In einem Brief an seine Frau unmittelbar nach der Schlacht beschrieb er deren Ausgang keineswegs als Sieg, sondern als „Tragödie“.935 In diesem Sinne konstatierte er:936 „Der Herrgott sieht, wie wir auf beiden Seiten betrübt sind, wenn wir auf unsere Brüder schauen und auf diesen Kreis ehrbarer Menschen. Betrübt sind auch jene, wenn sie sich von den Irrungen des Krakauer Wojewoden haben verführen lassen.“
Auch der Monarch machte hiervon keine Ausnahme, zumindest sollte dies seine Iustificatia demonstrieren, die er sofort nach der Schlacht von Guzo´w zeitgleich mit seinem ersten Universalschreiben im ganzen Reich veröffentlichen ließ. Zu großen Teilen stimmte die Rechtfertigung argumentativ mit dem Universalschreiben überein, schilderte jedoch in noch deutlich dramatischeren Tönen den Rückgriff auf die militärische Gewalt als letztes Mittel der Selbstverteidigung und betonte, dass die Eröffnung der Feindseligkeit von den Gegnern ausgegangen sei.937 Zwar war hier durchaus explizit die Rede von einem militärischen Sieg, die jedoch sofort eine Relativierung erfuhr. Den Sieg habe man nicht ausgekostet und den Waffengang in möglichst
932
Poselstwo z Synodu Piotrkowskiego od Pano´w Duchownych do Rokoszan pod Warszawe˛, BCz rkps 103, 665–669. Ausführlich zu den Verhandlungen zwischen der Synode und der Rokosz-Versammlung: O, Zjazd rokoszowy warszawski, 529–536. 933 O, Zjazd rokoszowy warszawski, 526; W, Rokosz, 74. 934 L, Politica, 704 (lib. VI, cap. VII. 19–21). 935 Jan Karol Chodkiewicz do Zofii Chodkiewiczo´wnej, z obozu nad pobojowiskiem 5 Julii 1607, in: Korrespondencye Jana Karola Chodkiewicza, ed. v. Władysław Chome˛towski, Warszawa 1876 (Biblioteka Ordinacyi Krasin´skich. Muzeum Konstantego S´widzin´skiego 1), 43. 936 Ebenda. 937 Iustificatia Kro´la JMci po potrzebie z Rokoszany do Grodo´w rozesłana, BCz rkps 103, 451–456, 453 f.
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engen Schranken gehalten, „damit wir uns nicht auf das Blut Unschuldiger stürzten, unbewusst Verführter.“938 Gleichzeitig ging die Rechtfertigung zwar nicht auf die Begnadigung oder Amnestierung der Rokosz-Anhänger ein, eröffnete jedoch zum Schluss die Perspektive, mit dem nächsten Sejm wieder die allgemeine concordia herzustellen.939 Selbst wenn Janusz Radziwiłł und Mikołaj Zebrzydowski mit ihren Versuchen, die Adelsversammlungen auf die eine oder andere Art wiederzubeleben, auf den ersten Blick eine jeder Einigung entgegengesetzte Haltung einnahmen, so steuerten auch sie schon sehr rasch nach Guzo´w auf Verhandlungslösungen mit dem Monarchen zu. Noch im Juli begannen die ersten Kontakte, die allerdings erst im darauffolgenden Jahr auf eine Begnadigung der beiden Anführer des Rokosz zulaufen sollten. Dem gingen langwierige Verhandlungen voraus, die sich in umfangreichen Korrespondenzen zwischen Radziwiłł, Zebrzydowski und verschiedenen Senatoren und Würdenträgern niederschlugen. Auch in diesem Kontext blieb die innere Befriedung für beide Seiten jenseits eines etwaigen Siegesanspruchs das wichtigste Argument, auch wenn es durchaus rhetorisch ambivalent eingesetzt werden konnte. So warnte Mikołaj Krzysztof Radziwiłł, der Wojewode von Wilna, sein Krakauer Pendant mit einem Livius-Zitat, zu weitgehende Bedingungen für eine Unterwerfung unter den Monarchen zu stellen: „Melior est certa pax quam sperata victoria.“940 Der Großonkel Janusz Radziwiłłs und Oberhaupt der Linie Radziwiłł-Nies´wiez˙ wurde insbesondere für den Litauischen Mundschenk zum wichtigsten Vermittler gegenüber Sigismund III. Schon Ende August 1607 intervenierte der Wilnaer Wojewode beim Monarchen, um eine milde Behandlung seines Verwandten an der Spitze der Birsen-Linie zu erreichen. Sein Einsatz für den Großneffen war wohl nicht zuletzt durch die konkrete Befürchtung motiviert, ein hartes Gericht mit Janusz könnte auf das gesamte Haus zurückfallen.941 In einem Brief an den Wasa beteuerte er in diesem Sinne die stete Treue des Hauses Radziwiłł gegenüber den Litauischen Großfürsten und betonte, „dass meine Vorfahren ihren Herren immer cum
938
Ebenda, 454. Ebenda, 456. 940 Respons P. Wilen´skiego na list Panu Wojewodzie Krakowskiemu, AGAD Teki Naruszewicza T. 9 (Akta historyczne z lat 1587–1612), 257r.–258v., hier 258v. Ob Mikołaj Krzysztof Radziwiłł gezielt ein Livius-Zitat verwendete, muss hier offen bleiben. Nimmt man an, dass die Livius-Rezeption im Gegensatz zur Verwendung von Tacitus am Ende des 16. Jahrhunderts für eine weniger starke Betonung der monarchischen Herrschaft, gar für einen „Republikanismus“ stand, könnte dies für eine bewusste rhetorische Volte des königstreuen Radziwiłł gegenüber Zebrzydowski gehalten werden. Hierzu Z, C, Machiavellismus / Antimachiavellismus, in: Herbert Jaumann (Hg.), Diskurse der Gelehrtenkultur in der Frühen Neuzeit. Ein Handbuch, Berlin 2011, 903–952, 926. 941 S, Radziwiłłowie wobec Rokoszu, 81. 939
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subiectione gedient haben.“942 Parallel zu seinen Bemühungen, von Sigismund Wasa begnadigt zu werden, in die unter anderem auch der Litauische Großkanzler Lew Sapieha eingebunden war,943 bediente sich Janusz Radziwiłł jedoch einer mittelfristigen Sicherheitslösung und begab sich schließlich für einige Jahre unter die Obhut des brandenburgischen Kurfürsten.944 Dass der Fürst Radziwiłł seine Wiedereingliederung in das normale Funktionieren des Gemeinwesens nicht als klare Unterwerfung unter den Monarchen zu akzeptieren gedachte, machten die Spannungen innerhalb des Hauses Radziwiłł ebenso deutlich wie seine Weigerung, im Jahr 1608 persönlich vor Sigismund Abbitte zu leisten.945 Erfolgreicher war in dieser Hinsicht die von Monarch und Senat erzwungene Einigung Janusz Radziwiłłs mit Jan Karol Chodkiewicz. Damit sollte der offene Konflikt zwischen beiden Häusern beigelegt werden, der schon vor dem Rokosz begonnen hatte und sich währenddessen im inneradligen Frontenverlauf abgebildet hatte. Die Verbindung zwischen Rokosz und fehdeüberformter Konkurrenz zwischen Radziwiłł und Chodkiewicz verdeutlichte der Litauische Mundschenk selbst. Indem er auf die Vermittlungsversuche des frisch ernannten Lubliner Wojewoden Gabriel Te˛czyn´ski zwischen den litauischen Hochadelshäusern einging, versicherte Radziwiłł ganz allgemein, er wolle alles „zur schnellen Beruhigung des Vaterlands“ beitragen.946 Mikołaj Zebrzydowski war vor eine ähnliche Herausforderung gestellt wie sein Partner im Widerstand. Allerdings zeigte sich schon sehr rasch nach Guzo´w, dass nun jeder seiner eigenen Wege ging. Zumindest klagte Janusz Radziwiłł im November 1607 vernehmlich, der Krakauer Wojewode habe sich – anders als zuvor vereinbart – seit der Schlacht nicht mehr mit ihm abgestimmt.947 Schließlich ließ sich Zebrzydowski aber wesentlich rascher auf
942 List Mikołaja Sierotki Radziwiła Woyewody Wilen´skiego do Kro´la Zygmunta III, BCz rkps 103, 593–596, 595. 943 Andrzej Chomin´ski (genannt Jaski) an Hartwig von Stittem und den Markrafen von Brandenburg, Cracoviae am 23. November 1607 (stylo novo), GStA I. HA, Rep. 9 Polen, Nr. 13.e.5, 80r.–81v., 80v. 944 S, Radziwiłłowie wobec Rokoszu, 82; vgl. auch ein Schreiben Janusz Radziwiłłs an Johann Sigismund von Brandenburg, der gerade frisch die Nachfolge Joachim Friedrichs angetreten hatte. Mit dem Schreiben suchte Radziwiłł offensichtlich, sich der Unterstützung des neuen Kurfürsten für sein selbstgewähltes Exil zu versichern, das er Ende 1608 tatsächlich antreten sollte: Janusz Radziwiłł an Johann Sigismund von Brandenburg, am 15. September 1608., GStA I. HA, Rep. 6, Nr. 26, Fasz.1, 16r.–16v. 945 S, Radziwiłłowie wobec Rokoszu, 82; W, Rokosz, 76. 946 Janusz Radziwiłł an den Bischof von Łuck, Kojdano´w am 19. September 1607, BOss rkps 1851/I (Listy ro´z˙ne Janusza Radziwiłła [...] pisane w latach 1607–1618), 3–4, 3. 947 Janusz Radziwiłł an Mikołaj Krzysztof Radziwiłł, am 2. November 1607, AGAD Archiwum Warszawskie Radziwiłło´w Dział IV (Listy Janusza VI Radziwiłła do ro´z˙nych oso´b (1603–1607)), 32; Janusz Radziwiłł an Mikołaj Krzysztof Radziwiłł, am 7. November
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eine Einigung mit dem Monarchen ein als Radziwiłł.948 Mangels mächtiger Protektoren aus eigenem Hause schien seine Verhandlungsstrategie in diesem Zusammenhang zu erheblichen Teilen auf der Adelsversammlung vom September und Oktober bei Warschau zu beruhen. Schon zuvor war er in engem Kontakt mit Zbigniew Ossolin´ski, der ihn als Unterhändler des Hofes zu einer Einigung bewegen sollte und die geplante Versammlung in Grenzen zu halten suchte. In diesem Sinne mühte sich Ossolin´ski, Einfluss auf den Zebrzydowski auszuüben, damit dieser seinerseits die letzte Versammlung des Rokosz zur Selbstauflösung brachte.949 Es sollte sich zeigen, dass der Krakauer Wojewode sich auf dieses Vorgehen einließ. Im Gegenzug verhinderte er jedoch keineswegs, dass die Versammlung von Warschau mehrere Bedingungen für eine endgültige Beendigung des Rokosz formulierte.950 Dazu gehörte neben einer Konvokation des Senats unter anderem, dass Zebrzydowski selbst von der Versammlung als Unterhändler mit dem Primas Maciejowski eingesetzt wurde,951 während sich zusätzlich nun auch Fürst Janusz Ostrogski wieder sichtbarer auf Seiten des Rokosz als Mediator einmischte.952 Die von Maciejowski und – auf Bitten des Königs – auch von Hetman Z˙o´łkiewski federführend betriebenen Verhandlungen erwiesen sich als schwierig.953 Dies galt umso mehr, als sich die Diskussionen um die vom Monarchen als illegitim verworfenen Forderungen der Warschauer Adelsversammlung mit den Aushandlungen um die Konditionen einer Unterwerfung Zebrzy-
1607, ebenda, 34–35, 34. Wenigstens war aber auf der letzten der Adelsversammlungen des auslaufenden Rokosz im September und Oktober, auf der Mikołaj Zebrzydowski prominent auftrat, mit Zygmunt Niszczycki ein mit Janusz Radziwiłł verbundener Adliger zum Versammlungsmarschall gewählt worden. Zu Zygmunt Niszczyckis Verhältnis zu Janusz Radziwiłł: A, U, W słuz˙bie hetmana i Rzeczypospolitej. Klientela wojskowa Krzysztofa Radziwiłła (1585–1640), Warszawa 2004, 189, 242. Ausführlich zur Position Radziwiłłs nach Guzo´w und seinem sich deutlich verschlechternden Verhältnis zu Zebrzydowski: P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 229–233. 948 Dies mag auch damit zusammenhängen, dass der König Zebrzydowski im Gegensatz zu Radziwiłł auch eher Angebote machte: P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 230. 949 List Pana Wojewody Podlaskiego do Pana Wojewody Krakowskiego, BCz rkps 103, 643–644; Wto´ry list Pana Wojewody Podlaskiego do tegoz˙, ebenda, 645–646. 950 Zebrzydowskis Reaktion auf die an ihn von Ossolin´ski herangetragenen Erwartungen war in diesem Sinne zwar nicht ablehnend, stellte sie jedoch unter den Vorbehalt möglicher Versammlungsbeschlüsse, Respons na ten list Pana Woyewody Podlaskiego, BCz rkps 103, 653. 951 W, Rokosz, 74 f. 952 List od Pana Krakowskiego do JMci. X. Kardynała, BCz rkps 103, 709–710; Respons od JMci. X. Kardynała, ebenda, 715–717. 953 Die Einbeziehung Z˙o´łkiewskis schien schon angesichts seines ansonsten engen Verhältnisses zu Zebrzydowski geraten: G, Guzo´w, 73.
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dowskis vermischten.954 Doch nicht nur Radziwiłł und Zebrzydowski traten in langwierige Unterwerfungsverhandlungen mit dem Monarchen ein. Auch etwa Zygmunt Grudzin´ski, einer der wenigen weiteren Vertreter der senatorischen Eliten, der aktiv am Rokosz teilgenommen hatte, ließ sich erst nach längeren Aushandlungen darauf ein, bei Sigismund III. Abbitte zu leisten.955 Trotz monatelanger Korrespondenzen und Gespräche zwischen den Vertretern des Monarchen und Zebrzydowski sollte die Abbitte des Krakauer Wojewoden nicht von Anfang an glatt verlaufen. Das Zeremoniell sollte im Rahmen einer Senatskonvokation in Krakau stattfinden, die für den 23. April 1608 angesetzt wurde.956 Mikołaj Zebrzydowski hingegen ließ beredt auf sich warten und traf nicht zum geforderten Termin am 16. Mai, sondern erst am 6. Juni in der Königsstadt ein.957 Zwar ritt er ohne seine Truppen von Heiducken in die Mauern Krakaus, auf eine besondere Absicherung seiner Person wollte er dennoch nicht verzichten. Anstatt sich direkt auf den Wawel zu begeben, machte Zebrzydowski einen Zwischenhalt in der Herberge Sta˙ o´łkiewskis am Fuße des Schlossberges. Er forderte über die Vermittnisław Z lung des Hetmans nochmals ein ausdrückliches freies Geleit durch den König.958 Gegenüber Z˙o´łkiewski begründete er dies mit der Befürchtung, ihm könne es wie dem Führer der Ligue, dem Duc Henri de Lorraine und seinem Bruder, dem Kardinal Charles de Lorraine ergehen, die Heinrich III. 1588 ermorden ließ.959 Entsprechend verlangte Zebrzydowski eine erneute Zusicherung des Monarchen, dass er nicht „in einem Tumult im Schloss oder am Tor erschossen würde wie einst der Guise.“960
954
Literae Jacobi Zadnik ad Episcopum Warmiensem, w Krakowie 24 Novembri 1607, BCz rkps 103, 719–721, 719 f.; List Kro´la JMci do X. Biskupa Krakowskiego z strony kondycyy od Pana Woyewody podanach, ebenda, 711–712. 955 P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 234–245; C-M, Sejmiki mazowieckie, 125. 956 Convocatia sie˛ Zacze˛la w Krakowie XXIII die Aprilis Puncta Propositiey Krola, BK rkps 1069, 153r. 957 Przyie˛ty do Laski Kro´la Iego Mczi Pan Woiewoda Krakowski za zdaniem P.P. Senatoro´w na Convocatiey w Krakowie be˛nda˛czych die 6 Iunii 1608, BK rkps 1069, 158r.–162r., 158r. 958 Das freie Geleit war schon Gegenstand der Verhandlungen im Vorfeld gewesen. Sigismund III. hatte Zebrzydowski dies Anfang Oktober 1607 bereits zugesichert: Assekuracya Zygmunta Trzeciego dana Panu Wojewodzie Krakowskiemu Zebrzydowskiemu, BCz rkps 103, 651. 959 B, Y-M, Les coups de majeste´ des rois de France, 1588, 1617, 1661, in: ders. (Hg.), Complots et conjurations dans l’Europe moderne, Rome 1996, 491–505; W, A, ,Homicides Royaux‘. The Assassination of the Duc and Cardinal de Guise and the Radicalization of French Public Opinion, in: French History 18.2 (2004), 129–153. 960 Przyie˛ty do Laski Kro´la, 158r.
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Nachdem Sigismund dem Krakauer Wojewoden erneut durch einen Boten bestätigte, keinerlei Mordabsichten gegen ihn zu hegen, begab sich Zebrzydowski schließlich auf das Königsschloss. Vor dem versammelten Senat musste er hier – wie ansonsten nur Berichterstatter oder fremde Botschafter – neben dem Marschallsstuhl gegenüber dem Thron stehend seine Bitte um Vergebung verlauten lassen.961 In seiner kurzen Stellungnahme erklärte Mikołaj Zebrzydowski, er würde angesichts dessen, dass weder der Monarch noch seine Mitsenatoren in den von ihm beklagten Machenschaften eine Gefährdung des Gemeinwesens sähen, von seinen bisherigen Aktivitäten nun und in Zukunft ablassen. Kam diese Erklärung kaum einem Schuldeingeständnis gleich, folgte dem doch die unabdingbare Bitte um Vergebung durch den Monarchen und die Erneuerung des Treueides. Bis zu welchem Punkt allerdings Zebrzydowski auch nur zu einer Infragestellung seines Handelns bereit war, zeigte seine Modifikation der schriftlichen Version seiner Entschuldigung. Hier bestand er darauf, dass durch seine Aufkündigung des Gehorsams, die Treue gegenüber dem Monarchen keineswegs gebrochen (naruszona), sondern lediglich „in Zweifel (w wa˛tpliwos´ci) gezogen worden war.“962 Nachdem der Kronkanzler im Namen des Königs die Entschuldigung nichtsdestoweniger akzeptiert und formal das Vergessen des Geschehenen zugesagt hatte, schritt Zebrzydowski zum obligatorischen Kuss der königlichen Hand.963 Der Akt hatte damit jedoch noch nicht sein Ende gefunden. Der Krakauer Wojewode ging nun wieder an den ihm zugewiesenen Platz gegenüber dem Thron zurück. Noch durfte er seinen Senatorensitz nicht wieder einnehmen, davor stand die formelle Bitte um Entschuldigung beim Senatskollegium. Als Zeichen dessen, dass Zebrzydowski nach der monarchischen Verzeihung wieder von den Senatoren als einer unter Gleichen behandelt werden konnte, erhob sich der gesamte Senat, um die Abbitte des stehenden Krakauer Wojewoden in Empfang zu nehmen.964 Erst nach der Antwort im Namen des Senats durch den Erzbischof von Lemberg durfte Mikołaj Zebrzydowski seinen Platz in der anschließenden Prozession der Senatoren einnehmen, die den kranken Monarchen bis zu seinem Bett in den königlichen Gemächern begleitete; dort brachte der Krakauer Wojewode abschließend noch der gesamten königlichen Familie seine Ehrerbietung zum Ausdruck.965 Mikołaj Zebrzydowskis Begnadigung folgten dann eine Woche später noch die Bitten um Verzeihung und Amnestierung des Wojewoden von
961
Ebenda. Ebenda, 158v. 963 Ebenda, 158v.–159r. 964 Ebenda, 159r. 965 Ebenda, 159v. 962
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Rawa, Zygmunt Grudzin´ski, sowie von Piotr Łaszsz und dem Krakauer Unterkämmerer Stanisław Cikowski.966 Die letzte Episode der formellen Wiedereingliederung bildeten schließlich die Begnadigungsakte auf dem folgenden Sejm von 1609 und die dort als Gesetz beschlossene Amnestierung.967 Auf der Senatskonvokation in Krakau war bereits die Haftentlassung Prokop Pe˛kosławskis beschlossen worden. Einzig Jan Szcze˛sny Herburt verblieb bis zur Sitzung des Sejms in Gefangenschaft. Alle seine Versuche, sich – zumindest auf halböffentlichem Wege – mit dem Monarchen zu versöhnen, scheiterten bis dahin.968 Herburt blieb der einzige Adlige, gegen den zuvor sogar ein Todesurteil gefällt worden war, das auf Intervention Zygmunt Myszkowskis als zuständigem Kronmarschall ausgesetzt wurde.969 Zwar setzte man Herburt nach dem Beschluss des Sejms auf freien Fuß und verurteilte ihn lediglich zu zwei Jahren weiteren Hausarrests. Eine volle Begnadigung Sigismunds erlangte er jedoch nicht mehr, ein Handkuss wie ihn Zebrzydowski ausführen durfte, blieb ihm verweigert.970 Mithin fielen die Maßnahmen gegen Jan Szcze˛sny Herburt insgesamt wesentlich härter aus als etwa gegen einen Stanisław Stadnicki, der ebenfalls auf dem Sejm seine Begnadigung erlangte.971 Offen muss bleiben, ob dieses Vorgehen Sigismunds nur durch etwaige Korrespondenzen motiviert wurde, die bei der Gefangennahme in Herburts Besitz gefunden wurden. Hierin verhandelte er mit Gabriel Ba´thory, dem Bruder Stephan Ba´thorys, über eine etwaige Thronübernahme nach dem Sturz des Wasas.972 Eine Rolle mag bei den scharfen Maßnahmen gegen Herburt daneben auch dessen sehr später und umso lauterer Wechsel aus dem königlichen Lager auf die Seite des Rokosz gespielt haben. Die sehr personale Dimension von Entschuldigung und Vergebung, die sich auch im Fall Herburt deutlich abzeichnete, wurde auch auf höherer Ebene deutlich. Die auf
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Ebenda, 159v.–161r. Ausführlich zur weiteren Verlaufsgeschichte des Sejms von 1609: PK, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 297–328. 968 Aus dem Gefängnis heraus veröffentlichte Herburt einen Text, der ein Einigungsangebot an Sigismund III. darstellte: Punkta podane od Jegomos´ci pana Szcze˛snego Herborta r. 1608 w Krakowie, in: Pisma polityczne z czaso´w rokoszu Zebrzydowskiego 1606–1608. Tom 3, ed. v. Jan Czubek, Krako´w 1918, 430–435. Hierzu auch S, Jan Szcze˛sny Herburt, 249–251. 969 S, Jan Szcze˛sny Herburt, 248. Auch die Bischöfe der Synode von Petrikau im Oktober 1607 hatten sich für Herburt beim König eingesetzt: List przyczynny od Synodu do Kro´la Jmci za Jmcia˛ Panem Herburtem, BCz rkps 103, 673–674. 970 Ebenda, 252. 971 Contenta przemowy Pana Stadnickiego, 177r.–177v. Hierzu auch B, Stadnicki Stanisław, 429. Zur Bewertung Herburts: P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 257–259. 972 S, Jan Szcze˛sny Herburt, 248. 967
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dem Sejm als Konstitution beschlossene Amnestie wurde zwar als ein Rechtsakt aus der Einigkeit aller Sejmstände heraus begründet;973 deren Formulierungen allerdings kennzeichneten sie als den persönlichen Gnadenakt des Monarchen allein, den er aus seiner „väterlichen benignitas“ ableitete.974 Unter der Bedingung, dass die Aufkündigung des Gehorsams durch einen erneuten Treueid oder eine andere Form von königlicher Begnadigung aufgehoben wurde, versprach die Amnestie den ehemaligen Akteuren des Rokosz ein Vergessen der Vorfälle „in perpetuum“.975 Dem entsprach auch der zweite Teil der Regelungen zur Wiederherstellung des inneren Friedens. Hiermit wurde die Vernichtung aller Texte angeordnet, die den Frieden „privatim et publice“ gestört hatten beziehungsweise weiterhin zu stören vermochten.976 Nach der Schlacht von Guzo´w hatte die königliche Seite angesichts der Verdammung des Bürgerkriegs als solchem weitgehend auf Siegesposen verzichtet. Dies konnte nach der Konvokation von Krakau nachgeholt werden. So erschien etwa noch im Jahr 1608 ein allegorischer Dialog, den der Höfling Jan Krajewski König Sigismund III. widmete. Die Einigkeit und Friede übertitelte Versdichtung feierte nun ohne Einschränkung den „Triumph“ des Monarchen, dessen väterliche Liebe und Zuneigung zu den Untertanen, die den erneuten Einzug der Einigkeit in das Gemeinwesen ermöglicht habe. Seinen personifizierten Triumph ließ Krajewski dann auch sogleich diesen gewaltigen Erfolg selbst verkünden. Der Autor konnte oder wollte allerdings nicht verhehlen, dass der große Sieg der Einigkeit vor allem der Sieg über einen Gegner war:977 Einigkeit in Polen: schon triumphiert der schlechte Mensch nicht mehr / Bekehrt hat er sich zu uns / und Friede herrscht. Friede / der von der Uneinigkeit aus Polen vertrieben war / Heute ist er zu uns zurückgekehrt / von allen gefordert.
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Konstytucye sejmu walnego koronnego w Warszawie roku Pan´skiego 1609, in: Volumina Constitutionum. Tom 2: 1550–1609. Volumen 2: 1587–1609, ed. v. Stanisław Grodziski u. Wacław Uruszczak, Warszawa 2008, 379–398, 398. 974 Ebenda. 975 Ebenda. 976 Ebenda. 977 K, Zgoda i poko´j, 351.
Zusammenfassung: Adel zwischen Widerstand und Loyalität
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Zusammenfassung: Betwixt and between – Adel zwischen Widerstand und Loyalität Der mit der Senatskonvokation von 1608 besiegelte Triumph der Einigkeit war für Jan Krajewski ein Sieg über den Rokosz und zugleich die Rückkehr der Aufständischen in die Gemeinschaft der respublica. In monarchischer Zuspitzung fand sich das gleiche Motiv bei dem Dichter Kasper Miaskowski, der sich schon zuvor polemisch mit dem Rokosz auseinandergesetzt hatte. Nach der Konvokation besang auch er den Sieg der Einigkeit. Für ihn war die Beendigung des Rokosz dabei nicht allein die Bekehrung der Abtrünnigen zum Gemeinwesen, es war die Rückkehr der verlorenen Söhne in den Schoß des königlichen Vaters.978 Während die Adelsversammlung von Ste˛z˙yca als außergewöhnliche Zusammenkunft den formalen Auftakt des Widerstands gebildet hatte, wurde das formale Ende des Rokosz mit der Senatskonvokation von 1608 und dem Sejm von 1609 durch zwei traditionell legitime Versammlungsformen beendet. In deren Rahmen wurden jedoch außergewöhnliche Amnestierungs- und Begnadigungsakte vorgenommen. Diese zeremoniellen beziehungsweise rechtlichen Vorgänge bildeten so die Entsprechung einer panegyrischen Dichtung, die die Rückkehr zur Einigkeit als Wiedereingliederung der widerständigen Adligen in das Gemeinwesen feierte. Vom Frühjahr 1606 bis in den Sommer 1608 beziehungsweise endgültig bis zum Sejm von 1609 bemerkten die Zeitgenossen sehr deutlich, dass sie Zeugen eines außergewöhnlichen Geschehens waren. Sogar die Fürsprecher des Rokosz kamen nicht umhin, ihr Vorgehen bisweilen als eine „extraordinaria via“ zu bezeichnen.979 Dabei lag es den malcontents und nachmaligen Bundesgenossen des Rokosz fern, sich selbst als außerhalb der Grenzen der respublica stehend zu verstehen. Schließlich kristallisierte sich die Frage, wie das Gemeinwesen zu definieren sei, als einer der zentralen Streitpunkte in den Auseinandersetzungen der Jahre 1606 bis 1607 aus. Allerdings basierten die Argumentationen der Rokosz-Teilnehmer in erster Linie nicht nur darauf, ihr Handeln über historische Präzedenzfälle zu legitimieren. Die von ihnen konstatierte außergewöhnliche Bedrohungslage produzierte mit den Adelsversammlungen außergewöhnliche Mittel, die sich selbst als Begründung genug sein konnten. Neuerung erschien aus dieser Perspektive mithin durchaus nicht als von vornherein ablehnungswürdig. Entsprechend wurden die Stel-
978 M, K, Post nebula Phoebus albo Polska pogpda po burzy domowej, in: ders., Zbio´r rytmo´w, ed. v. Kazimierz Jo´zef Turowski, Krako´w 1861, 184–186, 185. 979 Apologia szlachcica polskiego, 234, 235, 210; Consilium de recuperanda pace, 4; Skrypt na tych, kto´rzy rokoszu nie pragna˛, 290; Skrypt szlachcica jednego o rozprawie, 359; Cenzura na progres rokoszu, 418; Collatio tego wszytkiego, 118.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
lungnahmen der Adelsversammlungen nach Ste˛z˙yca durch beständige Verweise auf die jeweils vorhergehenden Zusammenkünfte gerechtfertigt. Hierdurch entwickelte sich zugleich ein Handlungszusammenhang, der über die explizite Konstituierung einer Versammlungskette schon in den Jahren 1606 und 1607 selbst eine Kontinuität des Geschehens herstellte, der den Rokosz als abgrenzbares und innerlich konsistentes Ereignis definierte. Die Versammlung von Ste˛z˙yca im April 1606 stellte als Konkurrenzveranstaltung zum Sejm bereits eine Provokation dar. Dass es Adelszusammenkünfte jenseits der Ständeversammlung gab, war zu diesem Zeitpunkt jedoch genauso wenig außergewöhnlich wie die Beschwerden, die hier von einigen malcontents formuliert wurden. All dies hatte man etwa schon im Kontext des sogenannten Inquisitionssejms von 1592 gesehen. Auch die Form der autonom einberufenen Adelsversammlung an sich war spätestens im Rahmen der Interregna als Instrument bereits weitgehend strukturiert worden. Ein markanter adliger Widerstand, ja schließlich ein bewaffneter Aufstand, entstand hieraus erst im Laufe einer längeren Zeit. Sie brachte eine sich zeitweise verdichtende Institutionalisierung hervor, die ihren Höhepunkt mit dem Bundesschluss des Rokosz vom August 1606 in Sandomierz fand. In Verbindung hiermit radikalisierten sich die widerständigen Forderungen sowohl inhaltlich als auch in ihrer polemischen Form. Noch die Gravamina des Frühjahrs 1606 unterschieden sich nicht von den bereits im Jahr zuvor auf dem Sejm vorgebrachten Beschwerden. Sie zielten in erster Linie auf den mangelnden Zugang von Adligen zum Monarchen, woran argumentativ Probleme mit den Ämtervakanzen, genauso wie konfessionelle Benachteiligungen von Nichtkatholiken, verknüpft wurden. Zusätzliche Konfliktkatalysatoren stellten in diesem Kontext die Steuerpläne Sigismunds III., seine umstrittene Heirat mit Konstanze von Habsburg oder das eigenmächtige Vorgehen des Monarchen in der Außenpolitik dar. Grundsätzlich stand hinter der Klage über das mangelnde Gehör des Monarchen dabei die strukturelle Ambivalenz der respublica als eines abstrakten Großgebildes, das aber in seiner Definition als adliges Gemeinwesen in erheblichen Punkten auf die Fiktion einer Anwesenheitsgesellschaft basierte. Schon den ersten Gravamina war der Vorwurf absolutistischer Gebärden des Monarchen beziehungsweise der ihn umgebenden Faktionen und schlechten Berater eingeschrieben. Im Laufe der Zeit begann dieser Argumentationsstrang sich jedoch in exponentieller Weise zu verselbständigen, was nicht zuletzt durch die Interventionen Mikołaj Zebrzydowskis wohl gezielt gefördert wurde. Der Absolutismusvorwurf stand nun im Mittelpunkt von Angriffen, die immer mehr den Monarchen selbst ins Visier nahmen. Alle anderen Beschwerden dockten an dieses radikalisierte Hauptanliegen des Widerstands an – von der bereits seit drei Jahrzehnten anhaltenden Debatte um die Warschauer Konföderation über die „compositio inter status“ bis hin zu den Ämtervergaben oder auch vielen sehr lokalen Angelegenhei-
Zusammenfassung: Adel zwischen Widerstand und Loyalität
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ten. Insbesondere die handschriftlich vermittelte Kommunikation trug erheblich zu einer polemisierenden Verschärfung des Tons bei. Die Zirkulation polemischer Texte über die Weitergabe von Manuskripten war einerseits sicherlich durch praktische Aspekte wie die Vermeidung von Zensur und die relativ hohe Geschwindigkeit der Verbreitung ohne einen vorhergehenden Druckprozess bedingt. Andererseits vermochte sie aber auch über die Notwendigkeit persönlichen Kontakts zu einer widerständigen scribal community beizutragen. Zwar lässt sich konstatieren, dass die Polemiken der schriftlich vermittelten Kommunikation wesentlich zugespitzter ausfielen als dies in der mündlichen Kommunikation der Versammlungen der Fall war. Doch auch innerhalb der Adelszusammenkünfte verschärfte sich die Atmosphäre. Greifbar wurde dies unter anderem an der streckenweisen Auflösung der zu Beginn noch recht streng hierarchisierten Verfahrensordnungen. Die hochadligen beziehungsweise senatorischen Wortführer schienen dabei insbesondere mit der Versammlung von Je˛drzejo´w im März 1607 zeitweise in den Hintergrund gedrängt. Dies bedeutete zwar beileibe keine Auflösung der innerständischen Rangordnung, verwies aber auf eine starke Eigendynamik, die den Rokosz erfasst hatte. In seiner Systematisierung von Ritualmechanismen hat Victor Turner auf die Dreistufigkeit von Ritualen hingewiesen. Deren Ausgangspunkt sei die Loslösung „einer Gruppe von einem früher fixierten Punkt der Sozialstruktur, von einer Reihe kultureller Bedingungen […] oder von beidem gleichzeitig“, bevor man in eine durch Ambiguität gekennzeichnete Schwellenphase eintrete, um schließlich wieder in die herkömmlichen Sozialstrukturen eingegliedert zu werden.980 In diesem Zusammenhang hat Turner unterstrichen, dass die in der Schwellenphase existierende „liminale“ Gruppe in erster Linie eine gesonderte Gemeinschaft bilde, die nicht durch die üblichen sozialen Hierarchien gekennzeichnet sei.981 Eben dieses Phänomen lässt sich auch in Bezug auf den Rokosz beobachten. Die streckenweise Aufweichung der Versammlungshierarchien und damit der inneradligen Rangordnung setzte insbesondere ab dem Zeitpunkt ein, ab dem der Rokosz über den Bundesschluss verbindliche Formen gefunden hatte. Zum einen mag dies mit der Bundesform der Konföderation an sich zu erklären sein, die die Gleichheit der Bundesgenossen in einer Eidesgemeinschaft voraussetzte. Die Zeremonienmeister der liminalen Gruppe im TurnerÆschen Sinn mussten zuerst definiert werden und diese Rolle fiel zu Anfang in der immanenten ständischen Logik den hochadlig-senatorischen Eliten zu. Mit dem fortschreitenden Rokosz allerdings konnte deren Rolle zeitweise auf die Spitzen-
980 T, V, Das Ritual. Struktur und Anti-Struktur, Frankfurt a.M. / New York 2000, 94. 981 Ebenda, 96.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
vertreter der widerständigen Sejmikeliten übergehen. Zum anderen wurde die teilweise Aufweichung der Hierarchien speziell virulent, als die Größe der Versammlungen nach Sandomierz wieder massiv zusammenschrumpfte. In Je˛drzejo´w oder Koło fand sich nunmehr ein gefestigter Kern von widerständigen Adligen zusammen. Diese wiederum befanden sich in einer zunehmend schärferen Konfrontation mit dem monarchischen Lager und schließlich auch dem Sejm an sich und damit der majoritär akzeptierten Inkarnation der respublica. Es kann hier kaum darum gehen, das Geschehen der Jahre 1606 bis 1608 / 1609 nahtlos in das Schema einer anthropologischen Ritualtheorie pressen zu wollen. Doch Erklärungsansätze für die Eigendynamik des adligen Widerstands bieten Victor Turners Erwägungen allemal. In diesem Sinne hat auch die soziologische Forschung im Allgemeinen versucht, Turners Liminalitätskonzept für Überlegungen zu komplexen großgesellschaftlichen Zusammenhängen fruchtbar zu machen.982 Von besonderem Interesse ist hierbei die Feststellung, dass die Konzepte Liminalität und Kontingenz eine beträchtliche Schnittmenge aufweisen: „In liminality there is no certainty concerning the outcome. Liminality is a world of contingency where events and ideas, and ‘reality’ itself, can be carried in different directions.“983 So kontingent die Ausgangssituation war, aus der heraus sich der Rokosz entwickeln sollte, so kontingent war auch das widerständige Geschehen selbst. Die malcontents hatten mit der Einberufung der ersten Adelsversammlung von Ste˛z˙yca erst einmal das legitime institutionelle Gefüge des regimen mixtum in Frage gestellt und diese Handlungsoption mit der Versammlung von Lublin verfestigt. Dies implizierte zunächst aber weder einen zwingenden Bundesschluss wie in Sandomierz noch gar eine militärische Auseinandersetzung wie sie schließlich mit der Schlacht von Guzo´w eintreten sollte. Natürlich bildeten die widerständigen Adelsversammlungen dabei keinen von der restlichen Adelsgesellschaft und deren Strukturen isolierten Raum. Jedoch stellten diese Versammlungen mit ihrer Aktivierung der lokalen Adelsgemeinschaften, den prozeduralen Fragen und den ständigen Definitionsversuchen inhaltlicher Forderungen und Ziele in Verbindung mit dem Bundesschluss des Rokosz ein ausgeprägtes Experimentierfeld von Widerstand dar. Dabei kombinierte man verschiedene überkommene Instrumente und Argumentationen, die in der Gesamtwahrnehmung des Rokosz als eines zusammenhängenden Ereignisses eine neue Handlungsoptionen etablierten: „When hu982 ´ , Reflexive historical sociology, London / New York 2000; ders., S, A Liminality and Experience. Structuring Transitory Situations and Transformative Events, in: International Political Anthropology 2.1 (2009), 141–172; A, B C., Victor Turner Revisited. Ritual as Social Change, Atlanta 1991; T, B, The Uses and Meanings of Liminality, in: International Political Anthropology 2.1 (2009), 5–27. 983 T, Uses and Meanings, 5.
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man beings are actually pushed onto the ,limit’ by the force of events, they cannot take structures for granted, and need models that they can follow or ,imitate‘.“984 So wie das polnisch-litauische regimen mixtum um die Monarchie als – einmal mehr, einmal weniger betontes – Gravitationszentrum kreiste, so standen auch die Person und das Amt des Monarchen im Mittelpunkt des Rokosz. Für ein Gemeinwesen, das sich als monarchisch strukturiert und zugleich als ein adliges definierte, stellte ein Akt des Widerstands eine enorme Herausforderung dar. Denn auch die Adelsqualität begründete sich, allen Relativierungsversuchen zum Trotz, schlussendlich zu gewichtigen Teilen über die Beziehung des Einzelnen oder seines Hauses zum König oder Großfürsten. In diesem Sinne war die von den malcontents vorgetragene Klage über den mangelnden Zugang zu Sigismund III. eine Beschwerde, die zunächst ganz im Sinne der Loyalität zum Monarchen als Person wie als Amt argumentierte. Damit korrespondierten die klassischen Angriffe auf eine vermeintliche Hofkamarilla, absolutistische Adelsfaktionen und schlechte Berater, die den grundsätzlich guten König auf Abwege geleitet hatten. Erst im weiteren Verlauf des Rokosz, hier insbesondere nach der misslungenen Unterwerfung Zebrzydowskis und Radziwiłłs in Janowiec, fokussierten sich immer mehr Attacken auf Sigismund selbst. Es war allerdings nicht der Monarch als Amtsträger, den man in Frage stellte, sondern die Person des aktuellen Amtsinhabers. Dass diese fiktive Trennung in der Widerstandspraxis allerdings erhebliche Probleme verursachte, zeigte der Akt von Jeziorna. Es war nicht nur bezeichnend, dass vergleichsweise wenige Adlige die Aufkündigung des Gehorsams unterzeichneten. Auch bei denjenigen, die sich zu diesem Schritt entschlossen hatten, blieb ein erhöhter Rechtfertigungsdruck. Die unentschiedene Haltung der Forschung, ob es sich beim Akt von Jeziorna um eine tatsächliche Gehorsamsaufkündigung oder nur um eine Erklärung gehandelt habe, die den Weg hierzu freimachte, reproduziert dabei die zeitgenössische Verunsicherung.985 Bezeichnend scheint in diesem Zusammenhang, dass Mikołaj Zebrzydowski noch in seiner Abbitte auf der Senatskonvokation von 1608 darauf bestand, den Treueid zum Monarchen niemals gebrochen, sondern lediglich in Zweifel gezogen zu haben. Wenn am Beginn des Rokosz eine allgemeine Unzufriedenheit über den Zugang zum Monarchen stand, hatten nicht zuletzt die beiden prominentesten Köpfe des Widerstands, Mikołaj Zebrzydowski und Janusz Radziwiłł, sehr konkrete Probleme mit Sigismund III. zu beklagen. Zwar hatte der Rokosz insgesamt eine zumindest zeitweise demonstrativ stärkere Zuwendung des Wasas zu seinem Adel erzwungen. Doch für einige führende Vertreter des
984 985
S, Liminality and Experience, 158. W, Wypowiedzenie posłuszen´stwa, 212–214.
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Rokosz war dies mit recht hohen individuellen sozialen Kosten verbunden. Repräsentanten der Sejmikeliten wie Piotr Łaszcz, Marcin Broniewski, Piotr Gorajski oder Prokop Pe˛kosławski verschwanden von der Bühne der adligen Öffentlichkeit und waren weitgehend von jeglicher weiteren Ämtervergabe ausgenommen.986 Jan Szcze˛sny Herburt blieb zwar publizistisch äußerst aktiv, konnte aber nach seiner Teilnahme am Rokosz die von den Vertretern seines Hauses normalerweise erklommenen Würden nie erreichen.987 Mikołaj Zebrzydowski verlegte seine Ambitionen, den ihm zustehenden Rang zu verteidigen, auf das Gebiet der Frömmigkeit. 1608 begann er mit dem massiven Ausbau einer schon zuvor von ihm gestifteten Kreuzkapelle auf einem seiner Güter in der Nähe Krakaus. Aus ihr sollte mit der Kalwaria Zebrzydowska bis 1620 ein mächtiges Bauensemble entstehen, das Jerusalem und das Szenario der Leidensgeschichte Christi in Kleinpolen nachbildete.988 Janusz Radziwiłł schließlich konnte erst nach seinem freiwillig gewählten Exil und der dort betriebenen Rangsicherung, indem er die Tochter des brandenburgischen Kurfürsten ehelichte, erst ein Jahr vor seinem Tod die Kastellanswürde von Wilna erlangen. Genauso hatte man jedoch etliche Nutznießer des Rokosz zu verzeichnen.989 Die Belohnung der Sigismund treuen Adligen, die sich aktiv gegen den Rokosz engagiert hatten, war dabei schon in das Amnestiegesetz von 1609 explizit eingeschrieben worden.990Nolens volens geriet der Rokosz auf diese Weise zu einer machtvollen Demonstration der iustitia distributiva des Monarchen.991 Bestrafung und Belohnung waren hier deutlicher als in manch anderer Situation dessen Gutdünken anheimgestellt; dies kam im Übrigen auch im Zusammenhang mit der recht problemlosen Begnadigung Stanisław Stadnickis und der harten Bestrafung für Jan Szcze˛sny Herburt zum Tragen.
986 M, J, Art. Piotr Łaszcz, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 18, Wrocław u.a. 1973, 265–266, 266; C, Marcin Broniewski, 463; H, H, Art. Piotr Gorajski, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 8, Wrocław u.a. 1959–1960, 283–285, 284 f.; B / L, Pe˛kosławski, 742. 987 S, Jan Szcze˛sny Herburt, 208–210, 256–290. 988 B, Z, Deutsche Kreuzwege und polnische Kalvarienberge. Fortsetzung oder neues Modell?, in: Reimund Haas / Karl Josef Rivinius / Hermann-Josef Scheidgen (Hg.), Im Gedächtnis der Kirche neu erwachen. Studien zur Geschichte des Christentums in Mittel- und Osteuropa (FS Gabriel Adria´nyi), Köln / Weimar / Wien 2000, 285–294, 285 f. Ausführlich zum Kalvarienberg Zebrzydowskis: W, H E., Kalwaria Zebrzydowska. Historia klasztoru Bernardyno´w i kalwaryjskich dro´z˙ek, Kalwaria Zebrzydowska 1987. 989 G, Guzo´w, 74; U, Zamoyszczycy bez Zamoyskiego, 138 f. 990 Konstytucye sejmu r. 1609, 398. 991 Etwas zurückhaltender in der Beurteilung: P-K, Od wypowiedzenia posłuszen´stwa, 279.
Zusammenfassung: Adel zwischen Widerstand und Loyalität
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Die beständigen und ostentativen Verhandlungsversuche zwischen den gegnerischen Lagern, den Befürwortern und Gegnern des Rokosz, ließen zu Anfang auf eine raschere Lösung hoffen als dies die parallel stattfindende argumentative Radikalisierung zuzulassen vermochte. In diesem Sinne ist auch das Übergleiten von den wenig spektakulären Gravamina einiger malcontents in eine offene Gegnerschaft gegenüber dem Monarchen zu verstehen, das sich in dem liminalen Möglichkeitsraum des Rokosz abspielte. Spätestens mit der Aufkündigung des Gehorsams gegenüber Sigismund III. im Juni 1607 war schließlich eine Grenze überschritten, die den eher durch periphäre Gewaltanwendung geprägten Widerstand in einen Aufstand verwandelten, der für weite Teile des Adels jeglichen Ranges in dieser Form nicht mehr tragbar war. Die letztlich stark abnehmende Teilnahme am Rokosz lässt sich – neben anderen Interpretationsansätzen – auch vor dem Hintergrund theoretischer Überlegungen lesen wie sie Rudolf Schlögl mit seiner Konzeptionalisierung von „Organisation“ und „Korporation“ vorgeschlagen hat: „Während die Korporation die gegebenen Interessenlagen der Mitglieder koordiniert, definieren und konditionieren Organisationen sie und bringen sie auf diese Weise erst hervor.“992 Schlögl setzt dabei voraus, dass Korporationen eine auf Anwesenheit basierende Vergesellschaftungsform darstelle, während die Organisation ausmache, dass „auch mit abwesenden Mitgliedern kommuniziert und deren mögliches Verhalten […] berechnet werden kann.“993 Im Fall des Rokosz bleibt zu konstatieren, dass dieser sich nach solchen Kategorien wohl auf dem Weg von der Korporation zur Organisation befunden hat, ohne letztlich dort anzukommen. Es gelang augenscheinlich nämlich nicht, die durch Bundesschluss, Formulierung gemeinsamer Ziele und Dynamik der Versammlungen hergestellte Verbindlichkeit über den Zeitraum der Zusammenkünfte, also der Anwesenheit, genügend herauszutragen. Die Einzelinteressen wurden während der Versammlungen sehr wohl eingebracht, schienen sich aber schlussendlich nicht nachhaltigen abstrakteren Zielen unterzuordnen. Dies wiederum mag den grundlegenden Charakter des Rokosz noch einmal deutlich machen: Über die Vertretung von Einzelinteressen reichte er eben nicht hinaus. Ihm mehr oder weniger geschlossene „Reformabsichten“ unterstellen zu wollen,994 führt demnach in die Irre.
992
S, Anwesende und Abwesende, 73. Ebenda. 994 So scheint es eben auch nicht sinnvoll, etwaige „Reformkonzeptionen“ des „Mitteladels“ gegen rein strategische Interessen der „Magnaten“ zu setzen, so bei: B, J, Rokoszowe koncepcje reformy pan´stwa (1606–1608), in: Włodzimierz Kaczorowski (Hg.), Studia historyczno-prawne. Ksie˛ga pos´wie˛cona pamie˛ci profesora Jana Seredyki (1928–2008), Opole 2008, 59–106. 993
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4. Rokosz: Anatomie eines Konflikts
Tiefe strukturelle Veränderungen hatte der Rokosz im System der respublica auf den ersten Blick nicht hinterlassen. Dies galt etwa weder für die konfessionellen Zugeständnisse den Orthodoxen gegenüber noch für die nun etablierte Regelung über die Senatoren-Residenten, die den Monarchen zwischen den Sejmsitzungen kontrollieren sollten. Bei letzteren handelte es sich zudem lediglich um die Umsetzung einer in allen Wahlkapitulationen seit 1573 festgelegten Verpflichtung. Die nun von den Senatoren-Residenten schriftlich zu formulierenden Senatus consulta bedeuteten zwar eine Kompetenzerweiterung der Magistrate. Hiermit konnte ein weiterer Kontrollschritt eingeführt werden, der mittelfristig zur Überwindung von Misstrauen im Gemeinwesen beitragen konnte. Etablieren konnte sich dieses Gremium hingegen nicht erfolgreich und auf längere Sicht trat seine Bedeutung immer deutlicher in den Hintergrund.995 Im Kontext der soziologischen Theoriebildung ist vorgeschlagen worden, in Liminalitätsphasen von Gesellschaften oder zumindest von deren Teilen einen Beitrag zum Problem gesellschaftlichen Wandels und damit als Scharnierglied von Ereignis und Struktur zu sehen. Liminalitätsphasen sind demnach Momente erhöhter Kontingenz, in denen Strukturen dazu tendieren, sich zu lockern. „Once liminality ends the ideas and practices that have become established therein will tend to take on the quality of structure.“996 Wenn für den Rokosz solch eine strukturverändernde Wirkung konstatiert werden kann, dann bestand sie darin, dass hiermit ein Muster adligen Widerstands entstand, das in der Folgezeit Akteuren als gegebene Handlungsoption im Rahmen des regimen mixtum zur Disposition stand. Eine strukturell effektive Problemlösungsstrategie stellte der Rokosz in dem Sinne dar, dass er eine ephemer erhöhte Kontrolle von Magistraten und Monarchen durch Magistrate, aber auch den nicht-magistratischen Adel erlaubte. Mithin bot er punktuell eine Intensivierung der Anwesenheitskommunikation, die im Falle einer zu hohen Akkumulation von Misstrauen den abstrahierten Strukturen der respublica pararadoxerweise auch neue Stabilität zu verleihen mochte.
995
M, D, Władza wykonawcza w Rzeczypsopolitej (od połowy XVII w. do 1763 roku). Studium historyczno-prawne, Torun´ 2003, 136–141; N, Senatorowie rezydenci, 21–38. 996 T, Uses and Meanings, 20.
Epilog: Ein Ereignis zwischen rebellischer Normalität und Normsetzung durch Widerstand Comme nul e´ve´nement et nulle forme ressemble entie`rement a` une autre, aussi ne diffe`re nulle de l’autre entie`rement.1
Mit dem Sieg von Guzo´w, vor allem aber mit den Abbitten der Hauptbeteiligten und deren Amnestierung fand der Rokosz augenscheinlich auch für die Zeitgenossen einen definierbaren Abschluss. Selbstkritisch räumte Janusz Radziwiłł entsprechend in einem Schreiben an Marcin Broniewski ein, man habe die eigene Eidesleistung, das Engagement für die respublica nicht konsequent genug umgesetzt. Doch das Geschehene ließe sich nun wohl noch kritisieren, aber nicht mehr korrigieren: „Praeterita magis reprehendi quam corrigendi possunt.“2 Auch das Ende Rokosz bedeutete jedoch keineswegs, dass sich dessen wichtigste Protagonisten grundlegend von ihrer widerständigen Haltung gegenüber dem Monarchen verabschiedeten. Abgesehen von den andauernden Versuchen Jan Szcze˛sny Herburts, einen militärischen Widerstand und einen Monarchenwechsel zu organisieren,3 wurden die Auseinandersetzungen zunächst vor allem auf anderer Ebene fortgesetzt: Der Kampf um die Erinnerung an den Rokosz war eröffnet. Janusz Radziwiłł ließ entsprechend wohl gleich im Jahr 1609 eine Materialsammlung zu den Geschehnissen des Rokosz anlegen.4 Dieses Ansinnen, das Vergangene in rechter Weise zu konstituieren, verband sich auf das Engste mit dem Versuch, die eigene Memoria zu schützen. Schließlich war der Fürst überzeugt, seine verräterischen Gegner würden über die Generation der Rokosz-Akteure hinaus ihren Triumph feiern: „Ich glaube, dass diese Juden – anstatt dankbar zu
1
M, M, Essais, III, 13 V. 1017. Cedula tegoz˙ Xcia Jego Mos´ci re˛ka˛ do Pana Broniewskiego pisana, BOss rkps 1851/I (Listy ro´z˙ne Janusza Radziwiłła [...] do Krzysztofa Radziwiłła, brata swego i do innych, pisane w latach 1607–1618), 12–13, 12. Die hier vorliegende Abschrift des Briefes ist nicht datiert. Allerdings lässt sich aus chronologischer Einordnung zwischen den anderen Briefkopien wie aus dem Inhalt darauf schließen, dass er nach dem Ende des Rokosz entstand. 3 Vgl. Kap. 4.4, S. 589 f. 4 S, Radziwiłłowie wobec rokoszu, 82 f. 2
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Epilog
sein – auf unseren Gräbern tanzen werden.“5 Die recht ausweichende Leichenpredigt von Adam Rassius für den Fürsten Radziwiłł zeigte dabei, dass nach dessen Tod die familiäre Memoria durch die Rolle im Rokosz durchaus fragilisiert worden war.6 Doch nicht in allen Fällen wurden die Leichenpredigten auf die Protagonisten, die sich auf Seiten Sigismunds III. schlussendlich als Sieger gegen die Aufständischen hatten fühlen können, zu einem Fanal des Triumphes.7 Als bemerkenswert zurückhaltend erwies sich in diesem Zusammenhang etwa der Leichenprediger von Zygmunt Gonzaga Myszkowski. Die wohl deutlichste Anspielung auf den Rokosz erlaubte sich Stanisław Łabencki mit dem Verweis auf Myszkowski als Neptun, der die stürmischen Wellen des Meeres beruhigt habe;8 ein Schelm, wer dabei an eine Anspielung auf die monarchische Herrschaftsrepräsentation denken mag.9 Ansonsten zeichnete Łabencki den Kronmarschall vor allem als Verteidiger adliger Freiheiten. Mit dieser interpretatorischen Volte stand der Leichenprediger nicht allein. Hieronim Gostomski wurde in seinem Todesjahr 1609 eine Triumphschrift gewidmet, die im Kontext des Sejms desselben Jahres erschien. Deren Autor beeilte sich im Vorwort an den Posener Wojewoden zu versichern, gerade ihm sei ein Text mit dem Titel Die goldene Freiheit der Krone zu verehren. Schließlich hätten sich Gostomski und sein ganzes Haus stets als furchtlose Vorkämpfer und Verteidiger der polnischen Freiheiten ausgezeichnet.10 In Janusz Radziwiłłs Bedauern über das Unverrückbare des Vergangenen wie in seinen Bemühungen um eine schriftliche Sammlung von Dokumenten über den Rokosz spiegeln sich grundlegende theoretische Überlegungen zum Phänomen Ereignis wider. Paul Ricœur hat hierbei zum Kontingenzhaften des Ereignisses bemerkt, das Ereignis sei eben das, „ce qui aurait pu eˆtre fait autrement.“11 Die potentielle Handlungsalternative, die damit im Ereignis aufscheint, ist wiederum nur mit Bezug auf das Regelhafte, auf ein festes Modell denkbar.12 An dieser Stelle wird auch die „mise en intrigue“ von entscheidender Bedeutung – die Narration einer Geschichte kann eben nicht
5
Cedula tegoz˙ Xcia Jego Mos´ci re˛ka˛ do Pana Broniewskiego pisana, BOss rkps 1851/I,
13. 6
Vgl. Kap. 1.2, S. 85 f. Vgl. zu den Leichenpredigten für Mikołaj Krzysztof Radziwiłł-Nies´wiez˙ und Jan Karol Chodkiewicz bes. Kap. 1.2, S. 83 f. 8 Ł, Oratio funebris Manibus Piis Illustrissimi Domini D. Sigismundi Myszkowski Gonzagae, B3v. 9 Vgl. Kap. 3.1, S. 309 f., 312. 10 W, S, Złota wolnos´c´ Seymom y Ziazdom na potomne czasy słuz˙a˛ca, w Krakowie 1609, )(4v. 11 R, P, Temps et Re´cit. Tome 1, Paris 1983, 139. 12 Ebenda. 7
Epilog
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bei der seriellen Aufzählung von Geschehnissen stehenbleiben, „elle doit les organiser dans une totalite´ intelligible.“13 Wie schon die Beispiele der Leichenpredigt auf Myszkowski und der Widmung an Gostomski zeigen, war Janusz Radziwiłł bei weitem nicht der Einzige, der sich darum sorgte, seinen Rokosz als Ereignis zu konstituieren und damit die Verhältnisse in der respublica insgesamt normativ zu beschreiben. Bitter mochte es dabei wirken, wenn die Sieger von 1609 nun den Spieß interpretatorisch umkehrten und die Niederlage des Rokosz zur Verteidigung der Freiheiten erklärten – jener Freiheiten, die zu schützen sich die widerständigen Adligen auf die Fahnen geschrieben hatten. Die ersten Ansätze, das Geschehen der Jahre 1606 bis 1609 in einen erzählbaren Gesamtzusammenhang einzuordnen, stammten aus der Nähe des Monarchen. Es sollte jedoch knapp eine Generation nach dem Ende des Rokosz dauern, bis historiographische Synthesen die Vorkommnisse zur Erzählung eines geschlossenen Ereignisses verdichteten. Dies geschah zu einem Zeitpunkt als außer Sigismund III. selbst und etwa Lew Sapieha das Gros der Hauptakteure bereits verstorben war.14 Die Entstehung der Geschichtsschreibung über den Rokosz stellte in diesem Sinne auch einen Übergang von dem sich nun potentiell abschwächenden kommunikativen Funktionsgedächtnis zum Speichergedächtnis dar.15 Der erste narrative Entwurf des Rokosz schien dabei allerdings ein nicht zuletzt nach außen gerichteter zu sein. 1627 erschien im italienischen Pistoia die Historia delle sollevationi notabili aus der Feder von Alessandro Cilli.16 Cilli war lange Jahre am königlichen Hof als Musiker und Sekretär der Kanzlei tätig, bevor er 1608 nach Italien zurückkehrte.17 Ob seine Geschichte des Rokosz auf direkten königlichen Auftrag hin entstand beziehungsweise auf Initiative von dessen engster
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Ebenda, 102. Etwa: Mikołaj Zebrzydowski (1620), Janusz Radziwiłł (1620), Stanisław Stadnicki (1610), Jan Szcze˛sny Herburt (1616), Zygmunt Myszkowski (1615), Hieronim Gostomski (1609), Stanisław Z˙o´łkiewski (1620), Jan Karol Chodkiewicz (1621), Jan Zbigniew Ossolin´ski (1623), Piotr Skarga (1612), Andrzej Bobola (1616). 15 A, A, Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses, München 2003, 133–142. 16 C, A, Historia delle sollevationi notabili Seguite in Pollonia gl’anni del Signore 1606. 1607. et 1608 […], in Pistoia 1627; die einzige kritische Ausgabe liegt bedauernswerterweise nicht in zweisprachiger Fassung, sondern lediglich als polnische Übersetzung vor: C, A, Historia bunto´w moz˙nowładczych w Polsce w latach 1606–1608, ed. v. Janusz Bylin´ski u. Włodzimierz Kaczorowski, Opole 2012. 17 D, A, Alessandro Cilli e la sua ,Historia di Moscovia‘, in: Archivio storico italiano 126 (1968), 171–189, 172 f.; T, K, Art. Alessandro Cilli da Pistoia, in: Polski Słownik Biograficzny, Tom 4, Krako´w 1938, 75–76; T, W, Włosi w Polsce w XVI i XVII wieku. Utracona szansa na modernizacje¸, Warszawa 2005, 74, 248 f. 14
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Umgebung oder auf Eigeninitiative Cillis, um sich die Protektion und finanzielle Unterstützung des polnischen Hofes zu sichern, muss unklar bleiben.18 Auch wenn die Historia delle sollevationi dabei erst Ende der 1620er Jahre im Druck erschienen, hatte Cilli seinen Text offenbar schon um 1615 herum verfasst,19 was ihn mit dem zweiten Verfasser einer Geschichte des Rokosz verband. Stanisław Łubien´ski hatte seine Karriere in der königlichen Kanzlei bis zum Amt des Unterkanzlers gebracht, späterhin wurde er Bischof von Płock.20 Sein Manuskript wurde als Teil seiner Schriften auf sein Betreiben erst posthum im Jahr 1643 unter dem Titel De motu civili in Polonia libri publiziert.21 Wie etwaige Abhängigkeiten zwischen den Texten Cillis und Łubien´skis vor diesem Hintergrund genau einzuschätzen sind, muss an dieser Stelle offen bleiben.22 Im Vergleich beider Texte fällt zunächst ins Auge, dass die Pluralform der „sollevationi“ Cillis bereits bei Łubien´ski zu einem zusammenhängenden „motus“ gerann. Ansonsten unterscheiden sich die beiden narrativen Entwürfe weniger vom Grundsatz her als in einigen interpretativen Tendenzen. Der Sejm von 1605 und die Position Zamoyskis werten der polnische Geistliche wie der ehemalige italienische Kanzleisekretär als Ausgangspunkte für die Verschärfung einer gespannten Lage, die durch den Kontext außenpolitischer Unsicherheiten wie durch Faktionsbildung und konfessionelle Auseinandersetzungen im Innern des Doppelreiches bedingt wurde. Der Tod des Kronkanzlers ließ damit den Weg frei für den Ehrgeiz eines Zebrzydowski, der übereinstimmend als Urheber und machiavellisti18 In der Forschung wird ohne Beibringung konkreter Belege immer wieder der direkte königliche Auftrag angenommen. Zuletzt etwa: B, J / K, W, Posłowie, in: Alessandro Cilli, Historia bunto´w moz˙nowładczych w Polsce w latach 1606–1608, ed. v. dens., Opole 2012, 223–235, 228. Angesichts der biographischen Informationen über Cilli, der nach seiner Rückkehr nach Italien keine der erhofften Pfründe oder Amtswürden erhielt und sich wohl nicht zuletzt durch Zuwendungen von Zygmunt Myszkowski finanzierte, wären entweder eine Inspiration durch den Kronmarschall oder eine Eigeninitiative als Gegenleistung nicht unwahrscheinlich: D, Alessandro Cilli, 172 f., 188 f. 19 D, Alessandro Cilli, 189. 20 B / K, Posłowie (Droga do Szwecji), 191–221. 21 Ł, S, Opera posthuma, historica, historo-politica, variique discursus, epistolae et aliquot orationes, Antverpiae 1643. Wie im Fall von Cilli liegt eine kritische polnische Ausgabe vor, allerdings ohne den lateinischen Originaltext: Ł, S, Droga do Szwecji Zygmunta III, kro´la polskiego i szwedzkiego, w 1593 roku / Rozruchy domowe w Polsce w latach 1606–1608. Ungeschickt scheint in diesem Zusammenhang im Titel der polnischen Übersetzung die Pluralform „rozruchy“ einzuführen, während das lateinische Original bezeichnenderweise über „de motu“ im Singular spricht. 22 Die Behauptung, dass Cilli Łubien´ski folgt, müsste entsprechend mit einem Nachweis des engen Kontakts beider Protagonisten möglicherweise über die Kanzlei erst erbracht werden, vgl. etwa die apriorische Feststellung bei: B / K, Posłowie (Historia bunto´w), 230.
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scher Organisator des folgenden Geschehens identifiziert wird. Łubien´ski führt dabei Janusz Radziwiłł früher und prominenter in die Narration ein als Cilli und ergänzt das Führungsduo durch Stanisław Stadnicki, den er als pathologischen Unruhestifter zeichnet.23 Beide Erzählungen werden schließlich durch die Abfolge der Versammlungen und Sejmsitzungen der Jahre 1606 und 1607 gekennzeichnet, wobei das Übereinkommen von Janowiec jeweils als trügerische Hoffnung auf Frieden und eine Beilegung des Konflikts einen Einschnitt bildet.24 Das Ende der Darstellungen bildet in der Historia delle sollevationi wie in den De motu civile in Polonia libri die Begnadigung der Hauptbeteiligten.25 Das gleiche chronologische Gerüst geht jedoch mit einer anders gewichteten Beurteilung der Akteure einher. Während Cilli den Monarchen als unermüdlich aktiven und nahezu alleinigen Entscheidungsträger charakterisiert, betont Łubien´ski, in welchem Maße sich Sigismund III. stets mit seinen Senatoren abgestimmt habe.26 Diese Differenzierung entspringt dabei aus dem jeweiligen Grundverständnis der Verfasser von respublica und monarchischer Herrschaft. Cilli scheut sich in diesem Zusammenhang keineswegs, den Wasa unzweideutig als absoluten Herrscher zu feiern.27 Dies scheint allerdings weniger ein Verständnisproblem zu sein, das der Italiener angesichts der polnisch-litauischen Verhältnisse hatte,28 sondern eine konzeptionelle Entscheidung. Der König erscheint hierbei in Cillis wie in Łubien´skis Charakterisierung gleichermaßen als tugendhafter, um Ausgleich bemühter und nachsichtiger Herrscher.29 Allein in Łubien´skis Fall geht dies jedoch mit der Betonung einher, der Monarch traue seinem Adel „und ist sicher, dass die Stände des Königreichs ihm tätig Rettung vor den Aufrührern bringen.“30 Demgegenüber liegt für die hofnahen Katholiken Cilli und Łubien´ski der Grund für die Widerstandsbewegung zunächst im Handeln von einigen Hochadligen, die sich in ihren persönlichen Ansprüchen beziehungsweise denjenigen ihres Hauses übervorteilt fühlten.31 Hieran dockten sich für beide 23 Ł, Rozruchy domowe w Polsce, 73 f.; C, Historia bunto´w moz˙nowładczych, 43. 24 Łi, Rozruchy domowe w Polsce, bes. 122 f.; C, Historia bunto´w moz˙nowładczych, 59 f. 25 Łi, Rozruchy domowe w Polsce, 181; C, Historia bunto´w moz˙nowładczych, 123 f. 26 Ł, Rozruchy domowe w Polsce, 109, 157. 27 C, Historia bunto´w moz˙nowładczych, 19. 28 So zumindest ein Generalverdacht, der auch in der neuen Ausgabe wiederholt wird: B / K, Posłowie (Historia bunto´w), 230. 29 Ł, Rozruchy domowe w Polsce, 181; C, Historia bunto´w moz˙nowładczych, 123 f. 30 Ł, Rozruchy domowe w Polsce, 129. 31 Ebenda, 73 f.; C, Historia bunto´w moz˙nowładczych, 23.
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die konfessionell Unzufriedenen an, was in der Summe erst zum Ausbruch der Unruhen führte.32 Die Anhänger des Rokosz werden dabei als eine Minderheit geschildert, die – innerlich zerstritten – keinerlei Anspruch darauf erheben kann, die concordia im Gemeinwesen zu repräsentieren oder herzustellen.33 Im Gegensatz zu der ruhig und einmütig verlaufenen königlichen Versammlung von Wis´lica werden bei Cilli wie bei Łubien´ski die Beratungen des Rokosz zu einem von Gegröle und mangelnder Disziplin gekennzeichnetem Chaos.34 Solche Qualifizierung der widerständigen Adligen rechtfertigt mithin umso mehr deren beständige Bezeichnung als Aufrührer und Rebellen sowie des Rokosz als „civile bellum“.35 Der formale Schluss des Rokosz selbst wird dabei nicht in seiner Bundesqualität wahrgenommen. Vielmehr erscheint er beiden Autoren als bedrohliche Usurpation von Ansprüchen, nach denen sich der Adel Monarch und Amtsträger gerichtlich abzuurteilen anmaßt.36 Die ex post konsolidierte Einheit des Geschehens vom April 1606 bis zur Begnadigung von 1608 wird bei Łubien´ski besonders deutlich. So verwendet er anders als Cilli den Begriff „Rokosz“ bereits, um die Versammlung von Ste˛z˙yca im Frühjahr 1606 zu bezeichnen.37 Ohne dass Alessandro Cilli eine explizite systematische Einordnung des Rokosz vornimmt, läuft seine gesamte Argumentation wohl auf eine ähnliche Grundüberlegung hinaus, wie sie Łubien´ski ausformuliert: „Private Streitigkeiten und Ehrverletzungen haben doch den größten Einfluss auf öffentliche Unruhen. Je größer die Freiheit im Land desto lieber erlangt jeder Gerechtigkeit für erlittenes Leid nicht vor Gericht. In Übereinstimmung mit unseren Rechten muss dies verhindert werden.“38 Der Rokosz erscheint hier als bemerkenswertes, jedoch keineswegs außergewöhnliches Ereignis. Viel eher ist er für Łubien´ski Teil einer stets möglichen, wenn auch beklagenswerten, Normalität des adligen Gemeinwesens.
32
Ł, Rozruchy domowe w Polsce, 74; C, Historia bunto´w moz˙nowładczych, 24. 33 Ł, Rozruchy domowe w Polsce, 181; C, Historia bunto´w moz˙nowładczych, 123 f. 34 Ł, Rozruchy domowe w Polsce, 95 f.; C, Historia bunto´w moz˙nowładczych, 47. 35 Ł, Rozruchy domowe w Polsce, 32, 46, 59, 82, 86, 91 99, 105, 140, 145 f. 36 Ebenda, 85; C, Historia bunto´w moz˙nowładczych, 85. 37 Ł, Rozruchy domowe w Polsce, 76. 38 Ebenda, 124.
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Łubien´skis Entwurf des Rokosz erwies sich als anhaltend wirksam. Abgesehen von seiner intensiven Rezeptionsgeschichte bis weit in das 19. Jahrhundert hinein,39 wurde seine Narration unmittelbar von anderen Geschichtsschreibern aus dem Umkreis des Hofes aufgenommen. Auf diese Weise verfestigte sich das von Łubien´ski gezeichnete Bild eines von Zebrzydowski und Radziwiłł verführten Adels, der zusammen mit Häretikern gegen den Monarchen rebellierte. Es fand sich nicht nur in der Zeitgeschichtsschreibung Stanisław Kobierzyckis, der unter dem Titel einer Lebensgeschichte Władysław Wasas die polnische Geschichte der ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts darstellte.40 Wenn Łubien´ski Zebrzydowski noch als diabolischen Einflüsterer Zamyoskis zeigte,41 schwächte Kobierzycki dies zwar in seiner Kurzfassung des Rokosz ab.42 Ansonsten folgt er jedoch recht getreu den Schilderungen des Płocker Bischofs und verweist seine Leser für ausführlichere Informationen dessen Werk weiter.43 Die basalen narrativen Elemente aus Łubien´skis Motus civilis speisten auch die Behandlung des Rokosz in der äußerst populären Geschichtsschreibung von Joachim Pastorius. In der vierten Auflage seines Florus polonicus von 1679 erweiterte der Universalgelehrte Pastorius seine historische Darstellung chronologisch auch auf die Zeit nach dem Ende der Jagiellonen-Dynastie.44 Hier unterstrich er, dass die „factio Rokossianorum“ sich allein von „privatis stimulationibus“ leiten ließ und entsprechend auch sämtliche Anstrengungen von Monarch und Sejm, ihre Beschwerden befriedigend zu behandeln, ignorierte.45 Eine andere Perspektive eröffnete hingegen Paweł Piasecki mit seiner Chronica gestorum in Europa singularium. Auch der Kleriker Piasecki hatte seine Karriere als königlicher Sekretär begonnen und war nach episkopalen Stationen in den Diözesen Kamieniec und Chełm schließlich Bischof von Przemys´l geworden. Anders jedoch als sein Amtsbruder Łubien´ski vor ihm
39
P-K, A, Rez. zu Stanisław Łubien´ski, Droga do Szwecji Zygmunta III, kro´la polskiego i szwedzkiego, w 1593 roku. Rozruchy domowe w Polsce w latach 1606–1608, ed. v. Janusz Bylin´ski u. Włodzimierz Kaczorowski, Opole 2009, in: Zapiski Historyczne 77.3 (2012), 142–145, 142 f. 40 K, S, Historia Vladislai Poloniae et Sueciae Principis […], Dantisci 1655. Eine kritische polnische Ausgabe lateinischen Originaltext: K, S, Historia Władysława, kro´lewicza polskiego i szwedzkiego, ed. v. Janusz Bylin´ski u. Włodzimierz Kaczorowski, Wrocław 2005; B, Frühneuzeitliche Nationen, 205. 41 Ł, Rozruchy domowe w Polsce, 47. 42 K, Historia Vladislai, 47. 43 Ebenda, 51. 44 P, J, Florus polonicus, Lugdunum Batavorum 1679; hierzu: B, Frühneuzeitliche Nationen, 207–211. 45 P, Florus polonicus, 373.
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zeichnete er sich durch eine kritische Distanz zum Wasahof aus.46 Die annalistische Struktur von Piaseckis Werk bricht zwar die geschlossene chronologische Narration auf, die seit Cilli und Łubien´ski die unmittelbare Vorgeschichte des Rokosz mit dem Sejm von 1605 einbezog.47 Vor allem unterscheidet sich Piasecki aber von der restlichen Geschichtsschreibung, indem er seine Schilderung des Rokosz für das Jahr 1606 nicht mit einer personalisierten Erzählung beleidigten Adelsstolzes, übermäßigen Ehrgeizes oder mit konfessionellen Motiven beginnt. Er ordnet vielmehr die „apertae dissensiones“ und den Bürgerkrieg zuallererst in eine Tradition des Rokosz ein, die er über die Lemberger Versammlung von 1537 zurück zum – fiktiven – Rokosz von Gliniany aus dem Jahr 1380 führt.48 Der Bischof beschreibt diese „secessionis Rokoszianae [...] series“ mit unverhohlener Sympathie für einen etwa in Lemberg präsenten Adel, dessen Forderungen und Zusammenkunft jedoch von den Senatoren unterdrückt worden seien.49 Zwar ist auch dem katholischen Geistlichen die Teilnahme von Häretikern am Rokosz sichtbar nicht recht.50 Allerdings lässt er keinen Zweifel daran, dass die Versammlung von Wis´lica eine Beratung gewesen sei, die diesen Namen nicht verdiente, da sie von den Parteigängern des Monarchen mit rauen Mengen bewaffneter Truppen zu ihren Beschlüssen genötigt worden sei.51 Den gescheiterten Friedensschluss von Janowiec erklärt Piasecki vor diesem Hintergrund vor allem mit einer bösartigen Verführung des Adels.52 Er erkennt dabei die Begründungen des Rokosz selbst an und erklärt dessen Berechtigung aus einer drohenden Erbmonarchie, dem Bruch der Wahlkapitulation und der allgemeinen Vergewaltigung des Rechts durch den Monarchen.53 Anders als der milde Sigismund Wasa Cillis und Łubien´skis muss der unnachgiebig harte König Piaseckis von seinem Kronmarschall wie von allen anderen Senatoren mit viel Aufwand an den grausamsten Urteilen gegen die Führer des Rokosz gehindert werden.54 Weniger die normative Umkehrung der Verhältnisse scheint an der Chronica Piaseckis bemerkenswert als seine offensive Interpretation des Rokosz als Fortsetzung einer ganzen „Serie“ von rokosze. Er setzt zwar damit die etwa bei Joachim Bielski etablierte Interpretation des 46
B, Frühneuzeitliche Nationen, 222–224. Piasecki konstruiert seine Bemerkungen zum Sejm im Jahr 1605 aber durchaus als Vorbereitung auf seine Fortsetzung der Erzählung, die im Jahresabschnitt 1606 verortet ist: P, P, Chronica gestorum in Europa singularium […] accurate ac fideliter conscripta, Cracoviae 1645, 267–269, 273. 48 Ebenda, 280. 49 Ebenda. 50 Ebenda, 281. 51 Ebenda, 284. 52 Ebenda, 294. 53 Ebenda, 295. 54 Ebenda, 295, 301. 47
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Lemberger „Rokosz“ fort.55 Ergänzt um den erst in den Jahren 1606 bis 1609 so sehr zu Ruhm gelangten wie erdachten Rokosz von Gliniany ergab sich hingegen eine belastungsfähige Tradition von Widerstand. Der Rokosz wurde bei Piasecki mithin zur systemisch integrierten Option der Adelsrebellion. Wendet man sich auf der Suche nach dem Rokosz zeitgenössisch viel gedruckten Geschichtskompendien zu, stößt man auf unterschiedliche Befunde. Diese zumeist tabellarisch angelegten Kurzzusammenfassungen des Wissens aus den Chroniken und ausführlichen historiographischen Werken konnten schon von ihrer Anlage her nicht ausführlich auf verschieden Ereignisse eingehen. Im Fall der vulgarisierenden historischen Handreichung von Paweł Demitrowicz aus dem Jahr 1625 bleibt der Rokosz dabei komplett außen vor. Verständlich wird dieser Umstand aus dem nahezu vollständigen Verzicht erklärlich, die Herrschaftszeit Sigismunds III. in die Darstellung zu integrieren. Dies war wohl in erster Linie einer Selbstzensur des Reformierten Demitrowicz im Dienste der Radziwiłł-Birsen zuzuschreiben.56 Der Jesuitenzögling, königliche Sekretär und Lyriker Jan Białobocki hingegen hielt den Rokosz als einzige markante Information für die Regierung des ersten Wasas für erwähnenswert. Allerdings fasste er ihn in die gleiche Kategorie wie eine Militärkonföderation.57 Auf eine sehr intensive Behandlung stieß der Rokosz in den zahlreichen adligen Hausbüchern, die als Sammelhandschriften im 17. Jahrhundert entstanden. Bei einem der Schreiber solch eines Kompendiums stieß das gedruckte Geschichtswerk Piaseckis offensichtlich auf lebhafte Zustimmung. Nachdem er Dokumente zu den Versammlungen von Sandomierz, Wis´lica und dem Akt von Janowiec zusammengetragen hatte, ersparte er sich, weitere Texte verschiedener Provenienz zu kopieren und vermerkte kurzum, die folgende Schilderung des Rokosz sei eine Abschrift aus der Chronik des Bischofs von Przemys´l.58 Die Anlage adliger Hausbücher, die ab dem 15. Jahrhundert in Polen nachweisbar sind, intensivierte sich allem Anschein 55
Vgl. Kap. 2.4, S. 272 f. D, P, Compendium Abo Krotkie opisanie, tak Ksia˛z˙a˛t y Krolow Polskich, iako spraw, przypadkow, y dawnych dzieiow Kro´lestwa Polskiego, z Kroniki Marcina Kromera, Biskupa Warmin´skiego, y inszych, osobliwie dla tych, kto´rzy szyrokiem czytaniem nie radzi sie˛ bawia˛, w Lubczu 1625. Zu Demitrowicz und dem Genre der historischen Kompendien: J, M, Ws´ro´d form popularyzacji historii w XVII wieku, in: Iwona Dacka-Go´rzyn´ska / Joanna Partyka (Hg.), Staropolskie kompendia wiedzy, Warszawa 2009, 203–224, 206. 57 B, J, Zegar w kro´tkim zebraniu czaso´w Krolestwa Polskiego wiekami krolow ida˛cy, imiona krolow, krolowych y potomstwa ich krolewskiego, wskaz˙uja˛cy, w Krakowie 1661, E3 r. Zu Białobocki: J, Ws´ro´d form popularyzacji historii, 206. 58 BK rkps 315 (Rokosz […] zjazd ludzi stanu szlacheckiego [...] zgromadzony [...] pod Se˛domirzem na 6 sierzpnia 1606 [...]. 1606–1608), 104r. 56
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nach ab dem 16. Jahrhundert.59 Die in der polnischen Forschung als silvae rerum firmierenden Handschriften entsprachen ähnlichen Phänomenen, die sich auch in anderen zeitgenössischen europäischen Gesellschaften finden.60 Es ist darauf hingewiesen worden, dass sie von Beginn an als „Archive adliger Erinnerung“ zumeist auf das Engste mit der Memoria des Hauses verbunden waren.61 In diesem Zusammenhang beschränkten sich die Hausbücher jedoch keineswegs auf strikt familiäre Zusammenhänge. Vielmehr war ihre Struktur in der Regel eine recht komplexe Kombination von Texten heterogener Herkunft, teils mit collagenhaften Einfügungen gedruckter Texte und zumeist von verschiedenen Schreibern wohl über einen längeren Zeitraum zusammengetragen.62 In heutigen Archivbeständen ist die Provenienz der Handschriftenkompilationen mit Ausnahme von Exemplaren aus Hochadelsarchiven oft nicht mehr nachvollziehbar. Dies führt im Verein mit dem wohl jeweils längeren Entstehungszeitraum zu chronologisch schwer einzuordnenden Konvoluten, die in der Regel nur an Hand der in ihnen erwähnten Texten und Daten grob auf ein Jahrhundert datiert werden. Die silvae sind durch eine starke Heterogenität und die stellenweise wohl nicht zu leugnende Zufälligkeit zumindest in der Reihenfolge der Textzusammenstellungen gekennzeichnet. Dies bedeutet jedoch nicht unbedingt den völligen Verzicht auf eine Systematisierung der jeweiligen Sammlung beziehungsweise Sammlungsabschnitte, die kompositorisch einen ebenso deutlichen Anfang wie ein klar definiertes Ende aufweisen konnten.63 Auch der Kopist von Piasecki machte 59 R, S, Archiwa sarmackiej pamie( ci. Funkcje i znaczenie re( kopis´miennych ksia( g silva rerum w kulturze Rzeczypospolitej XVIII wieku, Torun´ 2004, 44 f.; in Bezug auf hohe Amtsträger: C, W, Prywatne archiwa polityczne w Polsce XVI wieku, in: Archiwa – Kancelarie – Zbiory 3.1 (2010), 13–68. Roszak hat darauf hingewiesen, dass die ältere Forschungsdiskussion ein Einsetzen der Hausbücher erst mit den 1570er Jahren gegeben sah, etwa: Z, M, Sylwy – dokument szlacheckiej kultury umysłowej w XVII w., in: Hanna Dziechcin´ska (Hg.), Z dziejo´w z˙ycia literackiego w Polsce XVI i XVII wieku. Praca zbiorowa, Wrocław u.a. 1980, 197–220, 199. 60 Hierzu auch die komparatistischen Hinweise, die zugleich nicht ohne die Behauptung einer polnischen Sonderentwicklung gegenüber dem „Westen“ auskommen: R, S, ,Silvae rerum’ – les manuscrits de la noblesse polonaise des XVIIe et XVIIIe sie`cles, in: Jarosław Dumanowski / Michel Figeac (Hg.), Noblesse franc¸aise et noblesse polonaise. Me´moire, identite´, culture XVIe–XXe sie`cles, Pessac 2006, 357–369, 368. 61 R, Archiwa sarmackiej pamie( ci, 45; ., Ego-Documents – Some Remarks About Polish and European Historiographical and Methodological Experience, in: Biuletyn polskiej misji historycznej 8 (2013), 27–42, 37. 62 So etwa die klassische Definition bei: S, S, Kariera literacka form rodzajowych bloku silva, in: dies., Woko´ł teatru i literatury. Studia i szkice, Warszawa 1970, 182–202, 185–187. 63 Zur Diskussion dieses allgemeinen Problems an Hand von Memoirentexten: B, P, Sylwicznos´c´ jako kategoria strukturalna barokowych pamie˛tniko´w, in: Barok 13.2 (2006), 31–56, 32; R, Archiwa sarmackiej pamie( ci, 52–54.
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hiervon keine Ausnahme und ließ seine Schilderung des Rokosz sauber mit der Versammlung von Sandomierz einsetzen und konsequent mit der Amnestierung von Zebrzydowski enden. Eine handschriftliche Sammlung konnte neben einem Memorialaspekt eine ebenso praktische Funktion als Handreichung wie auch einen weit darüber hinaus gehenden Anspruch besitzen. Zu Beginn eines Manuskriptkonvoluts aus der Posener Raczyn´ski-Bibliothek wird dies deutlich. Auf einer Titelseite heißt es unter der Überschrift Über den Rokosz Zebrzydowskis: „Alte Manuskripte, aber man kann etwas aus ihnen lernen. Aut legas, aut notes, discutias posteriori / Olim prodesse futuris.“64 In diesem Sinne wurden die handschriftliche Kopie und Weitergabe von Texten auch immer zu einer Neuaktualisierung der im Speichergedächtnis abgelegten Informationen, gewissermaßen der stetigen aktiven Wiederaneignung und -einspeisung in ein auf Anwesenheitskommunikation basierendem Funktionsgedächtnis. Im Gegensatz zum Anhänger Piaseckis befleißigten sich der Kompilator beziehungsweise die Kompilatoren der Sammlung Über den Rokosz Zebrzydowskis einer erschöpfenden Ausführlichkeit. Allen handschriftlichen Sammlungen ist dabei gemein, dass sie in der Regel keine oder sehr selten äußerst knappe narrative Passagen oder Kommentare der Kompilatoren selbst aufweisen. Nichtsdestoweniger besitzt jede Sammlung über den Rokosz ihre eigene narrative Struktur, die über die Auswahl der kopierten Texte, die chronologische Reichweite und die Reihenfolge der Textordnung produziert wird. So verzahnte die Sammlung Über den Rokosz Zebrzydowskis recht konsequent eine diachrone mit einer systematisch-synchronen Gliederung. Den Auftakt machen dabei die Diarien der Versammlungen von Ste˛z˙yca, Lublin und Sandomierz. Gefolgt werden sie von den jeweils dort und in Wis´lica formulierten Artikeln. Dieser erste Abschnitt wird mit einer historischen Einordnung des Rokosz beschlossen. Wenn man der Überschrift folgt, handelt es sich hierbei um Puncta ex Chronicis Regni Poloniae Compilata.65 Die Zusammenstellung von Informationen der Geschichtsschreibung stellt sich hingegen als eine bemerkenswerte Verlängerung einer vorgeblichen Tradition des Rokosz bis in die legendäre polnische Vorgeschichte heraus. Entsprechend werden zahlreiche Beispiele für einen Rokosz vom sagenhaften Herrscher Popiel bis zu Kazmierz II. am Ende des 15. Jahrhunderts beigebracht, was eine originelle Erweiterung der sonst üblichen Berufung auf den alleinigen Rokosz von Gliniany bedeutet. In einem zweiten Teil der Sammlung werden nachfolgend die Texte der verschiedenen Kommissionen und Gesandtschaften zwischen den Versammlungen des Rokosz und der monarchischen Seite wiedergegeben. Hieran
64 65
BRacz rkps. 18, o. S. Ebenda, 99r.–101r.
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schließt ein dritter Abschnitt an, der die Texte der Konföderationsschlüsse von Sandomierz und Wis´lica versammelt. Der vierte Teil umfasst wiederum nur die Instruktionen der einzelnen Gesandtschaften zwischen König und Rokosz von den Sejmiki Ende 1607 bis in die Zeit der Versammlung von Koło im Frühjahr 1608. Mit einem Mal scheint genau an dieser Stelle die narrative Tendenz der Kompilation zu kippen. Zuvor drängt sich der Eindruck auf, dass es sich um eine Zusammenstellung mit Sympathie für den Rokosz handelt. So werden ausführliche Diarien der Rokosz-Versammlungen integriert, und die historische Legitimierung des Rokosz als traditionellen Widerstandsinstruments spricht auf den ersten Blick für sich. Mit der umstrittenen großpolnischen Versammlung von Koło werden hingegen plötzlich nur dem Rokosz gegenüber kritische Texte wiedergegeben.66 Kommentarlos stehen hier – auch im Kontext von Dokumenten zur Einigung von Janowiec – eindeutige Verse, die den Rokosz als „morbus Reipublicae“ denunzieren und dessen alleinige „Heilung“ durch Feuer und Schwert raten.67 Der sich anschließende fünfte Abschnitt geht chronologisch noch einmal zurück, um die Universalschreiben aller Versammlungen, seitens des Monarchen wie des Rokosz, von Lublin an bis nach der Schlacht von Guzo´w aufzuführen. Die militärischen Auseinandersetzungen tauchen auf diese Weise nur in indirekter Weise auf. Allein die Texte der Universale zeugen davon, dass wohl eine Schlacht stattgefunden haben musste. Sie bilden gewissermaßen eine Hohlform, die aber nicht durch Konkretisierungen zu den Gewalttätigkeiten ausgefüllt wird. Nur einige Verse über Guzo´w bieten schließlich den Übergang zum sechsten und letzten Teil, der die polemischen Streitschriften aus dem Kontext der Adelsversammlungen zusammenstellt.68 Entsprechend drängt sich der Eindruck auf, die Adelsversammlungen werden insgesamt als eigentlicher Kern des Rokosz dargestellt, während die Geschehnisse nach Janowiec auf die Schlacht von Guzo´w zulaufen. Dies suggeriert also einen Rokosz, der in seiner zweiten Hälfte aus dem Ruder läuft und der ursprünglichen Legitimität verlustig geht. Das mehr oder weniger beredte Verschweigen der Schlacht zwischen Rokosz und königlichem Lager hat die erwähnte Kompilation mit den allermeisten anderen Sammlungen gemein.69 Obgleich an dieser Stelle angesichts der schier unübersehbaren Quellenmenge nur eine Handvoll an Handschriftensammlungen skizziert werden kann, scheint das besprochene Konvolut bis zu einem gewissen Punkt exemplarisch für viele andere stehen zu können. In seiner Geschlossenheit nicht unbedingt außergewöhnlich, wenn auch gewissermaßen idealtypisch, zeigt es Strukturen, die sich immer wieder finden 66
Ebenda, 179v.–182v. Ebenda, 182v. 68 Ebenda, ab 241r. 69 G, Guzo´w, 8. 67
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lassen. Dies gilt nicht nur in der Vermeidung der Schlacht von Guzo´w. Letztere steht vielmehr im Zusammenhang mit einem grundlegenden narrativen Prinzip der Sammlungen. Sie kopieren zumeist schwerpunktmäßig Diarien der Adelsversammlungen beziehungsweise Texte, die in Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen dem Rokosz und der Seite Sigismunds III. stehen sowie die polemischen Texte aus den Reihen der widerständigen Adligen und von deren Gegnern. Mithin erscheint der Rokosz weniger als der gewalttätig ausgetragene Konflikt eines civile bellum, sondern wird zu einer Kette von Versammlungen und Aushandlungen, schlimmstenfalls von Verbalinjurien. Der diachrone Rahmen oder die Reihenfolge von kopierten Dokumenten zum Rokosz kann dabei erheblich variieren und wirft jeweils ein bezeichnendes Licht auf mögliche Kausalitäten, auf die er zurückgeführt wird. So eröffnet etwa eine Handschrift aus der Ossolin´ski-Bibliothek ihren Abschnitt über den Rokosz mit der brieflichen Auseinandersetzung zwischen Kronmarschall Myszkowski und Mikołaj Zebrzydowski.70 Der Streit zwischen Myszkowski und Zebrzydowski als Eröffnungssequenz suggerierte in diesem Zusammenhang eine wesentliche Bedeutung adliger Faktionen als Grund für den Rokosz. Demgegenüber holte eine andere Sammlung auch chronologisch wesentlich weiter aus. Unter der Überschrift Rokosz bringt sie zunächst Reden vom Sejm des Jahres 1585 bei. Diese Sitzung der Ständeversammlung hatte im Zeichen des Konflikts zwischen König Stephan Ba´thory und Zamoyski auf der einen und den Zborowski-Brüdern auf der anderen Seite gestanden. Bei dieser Gelegenheit war es nicht zuletzt zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen dem Monarchen und der Landbotenkammer gekommen.71 Hierauf folgen Texte zur Auseinandersetzung um die Doppelwahl Sigismund Wasas und Maximilians von Habsburg. Erst im Anschluss daran werden Texte im Zusammenhang mit dem Sejm von 1605 und dann zu den Adelsversammlungen des Rokosz in die Zusammenstellung aufgenommen. Auch wenn hier keine allzu generalisierenden Aussagen getroffen werden können, so lässt sich dennoch konstatieren, dass auch in anderen handschriftlichen Sammlungen der Rokosz darüber hinaus in eine weitere Widerstandstradition eingeordnet wird. In diesem Sinne werden Dokumentabschriften des Rokosz gerne mit der Schilderung des fiktiven Rokosz von Gliniany kombiniert.72 Auch finden sich zu Anfang von Zusammenstellun70 BOss rkps 197/II (Miscellanea z lat 1596–1644, zawieraja˛ce odpisy pism publicystycznych, listo´w, akt publicznych i innych materiało´w odnosza˛cych sie˛ przewaz˙nie do spraw politycznych Polski okresu panowania Zygmunta III Wazy), 22v.–26r.; zu diesem Konflikt vgl. Kap. 4.3.4, S. 569–672. 71 BCz rkps 339, 47r.; zu dem Sejm von 1585 und dem dort thematisierten Problem des crimen laesae maiestatis Kap. 2.4, S. 288. 72 Beispielsweise BK rkps 318 (Miscellanea historyczne z lat 1379–1665); BOss rkps 197/II, 19r.–22r.
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gen über den Rokosz unter Umständen definierende Texte, die sich offensichtlich an Formulierungen orientieren, die die polemischen Traktate des Rokosz hervorgebracht hatten.73 Die adligen Hausbücher des 17. Jahrhunderts transportierten in ihren Textsammlungen zum Rokosz weniger das Bild einer beklagenswerten rebellischen Normalität wie sie in der hofnahen Geschichtsschreibung gesehen wurde. Vielmehr, so die Hypothese, die einer eigenen vertiefenden Studie bedürfte, geriet der Rokosz zu einem normsetzenden Beispiel von Widerstandshandeln. Zwar wird das widerständige Handeln dabei in eine (pseudo-) historische Tradition eingeordnet und seine Legitimität dadurch unterstrichen. Durch die Ausführlichkeit und Dichte der Überlieferung, die man für vorherige Zuspitzungen adliger Widerstandsbewegung vergeblich sucht, gerät der Rokosz zum Prototyp einer Handlungsoption innerhalb des regimen mixtum. Dies geht mit der weitgehenden Entmilitarisierung des Widerstands einher. Denn eine bewaffnete Rebellion, die in einem civile bellum endet, durfte schwerlich als begrüßenswertes Instrumentarium für Konfliktlösungen im Gemeinwesen gelten. Die Funktion von Hausbüchern als Erinnerungsspeicher sowie die Funktion als Lehrbuch über adliges Verhalten, auch in Hinsicht auf die respublica, überschneiden sich im Fall des Rokosz. In gewisser Weise scheint dabei jedoch letztere Dimension zu überwiegen. Das Abhalten von Versammlungen, Redetexte als rhetorische und inhaltliche Exempel, die Gestalt von Instruktionen, Verhandlungstexte und Universalschreiben stehen im Mittelpunkt der Materialsammlungen. All dies lieferte Wissen über die Funktionsweise von politischen Mechanismen und wirkte zugleich prägend auf die Konstituierung des Rokosz als Ereignis zurück. Er wird gewissermaßen abstrahiert. Trotz der Kopien auch zahlreicher polemischer Schriften wird der Rokosz mithin in nicht geringem Maße seiner extrem kontroversen Dimension als bewaffnete Rebellion gegen den Monarchen entkleidet. Dies bedeutete aber keineswegs, dass der Rokosz als historisches wahrgenommenes Ereignis in dieser Hinsicht an Sprengkraft verlor. Urszula Augustyniak spricht gar von einem verwünschten Begriff, der bis in die 1660er Jahre ein Tabu darstellte.74 Der Aufstand, der Mitte der 1660er Jahre das Doppelreich Polen-Litauen in Atem hielt, firmiert allgemein unter der Bezeichnung „Rokosz Lubomirskis“. Kronmarschall Jerzy Sebastian Lubomirski fand sich an der Spitze eines von Beginn an stark militarisierten Widerstands gegen König Jan Kasimir, des zweitältesten Sohns von Sigismund III. Im Gegensatz zum Geschehen vom Anfang des Jahrhunderts standen am Beginn dieser Rebellion 73
Vgl. etwa die bereits erwähnten Texte aus der Edition Czubeks: Defensio ac definitio rokoszu, Libera respublica – absolutum dominium – rokosz: So beginnen beispielsweise die Handschriftenkonvolute BK rkps 315, 2r.; BCz rkps 339, 19r.–20r. 74 A, Historia Polski, 107.
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Militärkonföderationen, die sich erst allmählich mit politischen Forderungen an den Monarchen anreicherten. Anlass und Hauptargument waren in diesem Zusammenhang die vom Hof betriebenen Versuche, angesichts einer absehbaren Kinderlosigkeit des Königspaares eine electio vivente rege zu betreiben.75 Lubomirski wurde 1664 vor dem Sejmgericht der Prozess gemacht. Der Kronmarschall wurde seines Amtes enthoben und wegen Hochverrats und Majestätsbeleidigung zu Verbannung und Infamie verurteilt. Während er selbst sich nach Schlesien absetzte, gab dieses Urteil das Signal zu zwei Jahre andauernden militärischen Auseinandersetzungen. Sie endeten in den Schlachten von Tschenstochau (1665) und Ma˛twy/Montwy (1666). Besonders letztere fiel mit 3500 Toten weitaus blutiger aus als die Schlacht von Guzo´w, die dem Rokosz vom Beginn des Jahrhunderts doch als dauerhaftes Menetekel anzuhaften schien.76 Die Implikation der regionalen Adelsgemeinschaften blieb dabei vergleichsweise beschränkt und konzentrierte sich in hohem Maße auf Großpolen.77 Hier bleibt allein, einen kursorischen Blick auf die Begriffsverwendung „Rokosz“ in den Konflikten der späten 1650er und 1660er Jahre zu werfen. Quantitative Auswertungen der polemischen Texte aus den Jahren 1665 bis 1668 haben gezeigt, dass das Wort „Rokosz“ selten benutzt wurde. Für die dreibändige Edition von politisch-polemischen Schriften aus der Regierungszeit Johann Kasimir Wasas sind lediglich drei Stellen vermerkt worden, an denen Texte aus den Reihen um Lubomirski sich des Terminus bedienten.78 Zum gleichen Ergebnis kommt eine Untersuchung von Sejmreden und Hausbüchern, die die Rebellion Lubomirskis thematisieren.79 Folgt man die-
75 B( , J, Szlachta wojewo´dztwa krakowskiego wobec opozycji Jerzego Lubomirskiego w latach 1661 – 1667, Warszawa / Krako´w 1974, 13–44. 76 N, M, ,Inter maiestatem ac libertatem‘. Rzeczpospolita w dobie rokoszy doby panowania Wazo´w (1606–1666), in: Mariusz Markiewicz / Edward Opalin´ski / Ryszard Skowron (Hg.), Kro´l a prawo stano´w do oporu, Krako´w 2010, 183–219, hier 192. (wieder abgedruckt in: ., Druga wojna domowa w Polsce. Z dziejo´w politycznowojskowych Rzeczypospolitej u schyłku rza˛do´w Jana Kazimierza Wazy, Warszawa 2011, 13–37.). 77 N, ,Inter maiestatem ac libertatem‘, 185 f. Der strukturelle Vergleich zwischen dem Rokosz von 1606 bis 1609 und dem sogenannten Rokosz Lubomirskis bleibt ein Desiderat der Forschung, ebenda, 183 f. Auch im Rahmen der vorliegenden Überlegungen kann solch eine Analyse nicht mehr vorgenommen werden. 78 A, Polska i łacin´ska terminologia ustrojowa, 71. Bei der von Augustyniak ausgewerteten Edition handelt es sich um: Pisma polityczne z czaso´w panowania Jana Kazimierza Wazy (1648–1668). Publicystyka – eksorbitancje – projekty – memoriały. Tomy 1–3, ed. v. Stefania Ochmann-Staniszewska, Wrocław u.a. 1989–1991. 79 K, Z, Tradycja rokoszu sandomierskiego w dobie rokoszu Lubomirskiego, in: Jan Kwak (Hg.), Z dziejo´w XVII i XVIII wieku (FS Michał Komaszyn´ski), Katowice 1997, 55–64, 57.
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ser Analyse beriefen sich die Aufständischen der 1660er Jahre dabei weniger auf den sechzig Jahre zurückliegenden Rokosz im Sinne eines Vorbilds von Widerstand. Eher wurde ihnen das Verhalten Sigismunds III. zum Exempel des Umgangs mit den gegen ihn opponierenden Adligen – und hielten dem Sohn damit den Spiegel eines nachahmenswerten väterlichen Verhaltens vor.80 Dies hinderte wiederum keineswegs Akteure, die dem Hof nahestanden, ganz im Sinne von Łubien´ski die ambitio Zebrzydowskis zu geißeln und mit Lubomirski zu parallelisieren. Anderenfalls konnte gar die Schlacht von Guzo´w als effektive Lösung des Aufstandsproblems empfohlen werden.81 Auch an anderer Stelle zeigt sich ein ähnliches Ergebnis. In der Versdichtung, die im Kontext der Militärkonföderationen und der sich anschließenden Rebellion entstand, finden sich nur zwei explizite Erwähnungen des Begriffs „Rokosz“. Zum einen wurde nach der Schlacht von Ma˛twy/Montwy und dem Übereinkommen zwischen Jerzy Lubomirski und Johann Kasimir die Gesamtheit des Aufstandsgeschehens als Rokosz qualifiziert.82 Zum anderen figuriert der Bezug auf einen Rokosz in zwei Schriften der der Rebellion Lubomirskis vorangegangenen Militärkonföderation des Jahres 1661 als eine mögliche Handlungsoption und Drohung gegen den Monarchen. Es ist allerdings nicht der Rokosz vom Jahrhundertanfang, auf den damit angespielt wird, sondern der legendäre Rokosz von Gliniany des 14. Jahrhunderts.83 Wie zwiespältig eine Berufung auf den Rokosz sich auch in den 1660er Jahren noch erwies, zeigte dabei die Reaktion Jerzy Lubomirskis selbst. In der 1666 publizierten ausführlichen Verteidigungsschrift gegen seine Verurteilung verwahrte er sich explizit gegen die Bezeichnung des von ihm geführten Widerstands als Rokosz.84 Die Skepsis gegenüber dem Begriff „Rokosz“ spiegelt wohl auch die nachhaltige Wirksamkeit einer hofnahen Historiographie wider, die das Ereignis „Rokosz“ von 1606 bis 1609 zu einem Musterbeispiel selbstsüchtigen adligen Handelns gegen Monarch und Gemeinwesen hatte werden lassen. Das Wissen und Bewusstsein um das Prinzip, Aushandlungen außerhalb des vorgesehenen Repräsentationsprinzips von zentraler Ständeversammlung und Sej80
Ebenda, 58 f. Ebenda, 60, 62 f. 82 P, W, Fides cum fortuna, in: Poezja Zwia˛zku S´wie˛conego i rokoszu Lubomirskiego, ed. v. Julian Nowak-Dłuz˙ewski, Wrocław 1953, 221. 83 Przestroga jowiszowa, in: Poezja Zwia˛zku S´wie˛conego i rokoszu Lubomirskiego, ed. v. Julian Nowak-Dłuz˙ewski, Wrocław 1953, 48–55, 53, 55; Lament Korony polskiej uskarz˙aja˛cej sie˛ na złych syno´w, in: ebenda, 77–82, 81. 84 L, J S, Publicae Innocentiae Manifestum Deo, Mundo, Patriae [...] Bonoque Publicum Porrecta, o.O. 1666, 86. Lubomirski reagierte mit dieser Schrift auf die ebenfalls im Druck erschienene Anklage und Verurteilung: Processus iudiciarius in causa Illustri et Magnifico Georgio comiti in Wisnicz, et Iaroslaw, Lubomierski, Varsaviae o.J. [1665]. 81
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miki zu betreiben, blühte hingegen auf. Adelskonföderationen wurden entsprechend im späten 17. Jahrhundert zum geläufigen Bestandteil des Systems der polnisch-litauischen respublica.85 Keine zehn Jahre nach der Rebellion Lubomirskis war das Gemeinwesen bereits mit den nächsten Adelsversammlungen und Bundesschlüssen außerhalb des Sejms konfrontiert. Unter König Michael Wis´niowiecki scharte sich, wie einst in Wis´lica, im Jahr 1672 eine Konföderation des loyalen Adels beim Monarchen gegen einen widerständigen Zusammenschluss.86 Dies alles auf den Rokosz des Jahrhundertanfangs zurückzuführen wäre sicherlich ein Fehlschluss. Schließlich müssen in diesem Zusammenhang auch Entwicklungen wie die verstärkte Etablierung von Militärkonföderationen und deren Tradierung in Rechnung gestellt werden.87 Nichtsdestoweniger darf wohl angenommen werden, dass auch das Wissen, das aus der Überlieferung über den Rokosz generiert wurde und über die Hausbücher wie die Geschichtsschreibung präsent blieb, hierbei eine Rolle spielte. In welcher Weise das Geschehen von 1606 bis 1609 im Alltagswissen präsent blieb, davon zeugen nicht nur Hausbücher oder Geschichtswerke. Die praktischen rhetorischen Übungen eines Piaristen-Kollegs aus den 1760er Jahren etwa umfassten eine Musterrede Über Konföderationen. Das Thema bestand dabei aus einem historischen Sujet; behandelt wurde der Rokosz. Den Grund für die Zerstörung des „inneren Friedens“ und die „Unruhen“ des beginnenden 17. Jahrhunderts erfuhren die Schüler ganz im Geiste der Ereigniskonstruktion Łubien´skis: Es war die ambitio des Krakauer Wojewoden Mikołaj Zebrzydowski, begleitet von der Frustration des sich übervorteilt fühlenden Janusz Radziwiłł.88 Aber der Verfasser der piaristischen
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A, Historia Polski, 103–106; M, Szlachta polska, 343. Zu den Konföderationen des 18. Jahrhunderts die Beiträge von Rafał Niedziela, Andrzej Macuk, Tomasz Ciesielski und Katarzyna Kuras in: M / O / S (Hg.), Kro´l a prawo stano´w do oporu. 86 Diariusz kołowania i konfederacji pod Gołebiem i Lublinem w 1672 r. wraz z aktem konfederacji, ed. v. Adam Przybos´ u. Kazimierz Przybos´, Wrocław u.a. 1972. 87 U, J, Konfederacje wojskowe – akceptowana uzurpacja prawa do oporu w Rzeczypospolitej XVII wieku?, in: Mariusz Markiewicz / Edward Opalin´ski / Ryszard Skowron (Hg.), Kro´l a prawo stano´w do oporu, Krako´w 2010, 297–305. Zu den Militärkonföderationen des 17. Jahrhunderts: C, M, Konfederacje wojskowe w latach 1590–1610, in: Studia i materiały do historii wojskowos´ci 31 (1988), 61–80; P, J, Konfederacja lwowska w 1622 roku, in: Kwartalnik Historyczny 80.4 (1973), 845–871; R, A, Konfederacje wojska litewskiego w latach 1655–1663, Zabrze 2010. 88 Popis krassomo´wski w konwikcie OO. Pijaro´w 1763. O konfederacyach, BOss rkps 711/I (Kopiariusz listo´w, mo´w i akt publicznych odnosza˛cych sie˛ do spraw politycznych Polski z lat 1762–1763 oraz odpisy materiało´w dotycza˛cych rokoszu Zebrzydowskiego), 111r.–144v., 114v.–116r., 125v.
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Rhetorikübung tanzte knapp anderthalb Jahrhunderte nach dem Tod Radziwiłłs entgegen dessen Befürchtungen nicht mehr auf dessen Grab. Mit einer überraschenden Volte beglückwünschte er vielmehr den Litauischen Mundschenk für seine Weigerung, gegenüber Sigismund III. bei seiner letztlichen Begnadigung niederzuknien. Der Monarch habe gerade solch ein Verhalten geschätzt: „So schließt man, dass Monarchen nicht Erbärmlichkeit (lichos´c´), sondern eine gewisse würdevolle Größe gefällt.“89
89
Ebenda, 144v.
Fazit Die vorausgehenden Überlegungen hatten es sich zur Aufgabe gemacht, den Rokosz der Jahre 1606 bis 1609 zu thematisieren. Dabei wurden zwei verschiedene Untersuchungsebenen gewählt, um die Frage nach dem Adelsaufstand als Ereignis der frühneuzeitlichen Geschichte Polen-Litauens näher zu umreißen. Zunächst ging es darum, die strukturellen Bedingungen des Geschehens zu beleuchten, die im Sinne von bereits existierenden Handlungsoptionen vor dem Rokosz begriffen werden sollten. Vor diesem Hintergrund wurde der Aufstand in seiner chronologischen Eigendynamik skizziert, um schließlich einen kursorischen Blick auf die Verarbeitung des Rokosz als Ereignis im 17. Jahrhundert zu werfen. Die hier verfolgte Konzeption sollte dabei dem Versuch dienen, explizite wie implizite Vorannahmen von Sonderwegen oder von spezifischen Entwicklungen zu vermeiden, die nur im Kontext von historischen Subregionen zu verstehen wären. Das gewählte Vorgehen ist allerdings in seiner Art ebenso reduktionistisch. Unter anderem mag sich die Frage nach einem expliziten und systematischen europäischen Vergleich der hier beschriebenen Phänomene und nach deren vertiefter diachroner Untersuchung aufdrängen.1 Solche sicherlich notwendige Schritte konnten im vorliegenden Rahmen jedoch nicht mehr gegangen werden. Die angestellten Überlegungen sind in diesem Sinne nicht mehr als ein Diskussionsangebot auf Grundlage von drei miteinander verflochtenen Hauptsträngen der Analyse:
1
Für Polen-Litauen hieße dies mindestens eine Beschäftigung mit dem „Rokosz Lubomirskis“ der 1660er Jahre, bestenfalls der nachfolgenden Konföderationen des späten 17. und des 18. Jahrhunderts. Auf europäischer Ebene wären viele Vergleichsfälle denkbar, in unmittelbarer zeitlicher Umgebung des Rokosz etwa nicht nur der Ständeaufstand in Böhmen und der Bocskai-Aufstand in Ungarn, sondern auch die „erste Fronde“ in Frankreich (S, B, Warrior Pursuits. Noble Culture and Civil Conflict in Early Modern France, Baltimore 2010, 290.), die Niederlande o.ä.
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Fazit
1. Adel als Stand Der polnische – und der litauische – Adel als Stand sind in der vorliegenden Arbeit analytisch mit dem Gemeinschaftsbegriff in Anknüpfung an David Sabean untersucht worden. Ehre, Tugend, Haus beziehungsweise Abstammung, Recht und Herrschaft sowie Agonalität wurden dabei als zentrale Diskurse mit sich überschneidenden, teils komplementären, teils konkurrierenden und sich widersprechenden argumentativen Ausformungen skizziert. Um sie herum kristallisierte sich adlige Gemeinschaft im Rahmen des Standesdenkens heraus. Eine zentrale Rolle nahm in diesem Zusammenhang die Vorstellung einer ständischen Ehre ein. Sie konstituierte sich im Wesentlichen über ein ritterliches Ideal, das Tugend, Tapferkeit und Frömmigkeit umfasste, sowie über die Abstammung. Ziel war es mithin, für den einzelnen Adligen und sein Haus eine hieran gemessene größtmögliche dignitas zu erwerben. Ökonomische Differenzierungen innerhalb des Adels sollen damit nicht negiert werden. Sie wurden jedoch ebenso wie die hierarchische Stratifizierung innerhalb des Standes im Allgemeinen von den erwähnten ständischen Bezugsgrößen als Denk- und Handlungsrahmen bestimmt. Mithin galten die gleichen Kriterien für die Bestimmung der Zugehörigkeit zum Adel und dessen Hierarchisierung für alle Mitglieder des Standes. Hochadel und Mitteladel beziehungsweise Kleinadel unterschieden sich in dieser Hinsicht nur graduell und entsprechend in der Reichweite ihres Handlungsraums, weshalb in diesem Sinne von zentralen Reichseliten und regionalen beziehungsweise lokalen Eliten gesprochen werden kann. Für den Hochadel war dabei die Ausübung hoher Würden und Ämter wesentlich. Die Ausübung eines hohen Amtes war aber keine absolute Voraussetzung dafür, als ein Vertreter des Hochadels angesehen zu werden. Allerdings führte der Mangel an hohen Würden wiederum mittelfristig zu einer Fragilisierung der hierarchischen Position. Andererseits war die Ausübung etwa eines senatorischen Amtes keineswegs die Garantie für den Aufstieg in den Hochadel. Letzterer setzte zumeist einen über mehrere Generationen erfolgreichen Würdenerwerb voraus. Wenig sinnvoll erscheint es in diesem Zusammenhang, allzu klare Regelmäßigkeiten zu postulieren. Wenn man annimmt, dass die Zugehörigkeit zum Adel die Anerkennung durch die anderen Standesmitglieder voraussetzte, so galt dies auch für die Hierarchisierung innerhalb des Standes. Einen wichtigen Indikator stellen hierbei die genealogischen Werke dar, die einen normativen Definitionsanspruch ausübten. Das für den Hochadel, also die zentralen Eliten, Gesagte darf dabei cum grano salis auch für die regionalen und lokalen Adelseliten gelten, deren Wettbewerb sich hingegen zunächst auf die Landes- und Burgämter in den Provinzen richtete. Die innerständische Stratifizierung war in diesem Zusammenhang immer vom Monarchen abhängig. Als derjenige, der Ämter, Wür-
1. Adel als Stand
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den und Güter verlieh, war er zentraler Bezugspunkt des Adels und strukturierte mithin den Stand grundlegend. Die innerständische Dynamik von Auf- und Abstieg wurde oft genug von quasi-erblichen Ansprüchen auf bestimmte Ämter, Würden und Benefizien konturiert. Deren Erhalt galt als Bestätigung für die Stellung des jeweiligen Hauses, deren Verlust hingegen wurde zur Quelle von Unzufriedenheit. Während dies für zentrale wie lokale Eliten gleichermaßen angenommen werden darf, verfügte der Hochadel seinerseits über einen innerständischen Wettbewerbsvorteil. Ein Aktionsradius, der auch über die polnisch-litauische Adelsgesellschaft hinausreichte, ermöglichte dessen Vertretern, ihren Rang durch den Erwerb von Titeln zu festigen, die nicht von der heimischen Ämtervergabe abhängig waren. Dies wird angesichts der Menge an Grafungen und Fürstungen – vor allem im Heiligen Römischen Reich, aber auch anderswo – deutlich, die polnischen und litauischen Adligen eine dauerhafte Rangsicherung innerhalb des heimischen Adels versprachen. Eine zweite Variante, langfristig die hierarchische Distinktion des Hauses zu stabilisieren, bestand in der Schaffung von Ordinaten. Darüber hinaus wurden die hierarchischen Differenzierungen und Aufstiegsstrategien durch Heiratsallianzen zu festigen versucht. Doch weder familiäre Bündnisse noch Titel oder Ämter vermochten eine Garantie für das Prestige eines Hauses und seiner einzelnen Vertreter zu bieten. In diesem Sinne musste die Anerkennung der eigenen Stellung durch die Standesgenossen beständig neu reproduziert werden. Die starke hierarchische Stratifizierung innerhalb des Adels war der gleichen standesimmanenten Logik geschuldet wie die Rede von der Gleichheit aller Adligen. Letztere basierte zuvörderst auf der Annahme, dass alle Mitglieder eines Standes an dessen jeweiligem rechtlichem Rahmen aus Privilegien, Gewohnheitsrecht und positivem Recht partizipierten, einem Gesamtensemble, das mit dem Begriff „Freiheiten“ bezeichnet werden konnte. Gleichheit war mithin, als ständisch von allen Gruppenmitgliedern geteiltes Recht, in erster Linie ein Distinktionskriterium gegenüber anderen ständischen Gruppen mit ihren je eigenen Rechtsräumen. Damit war noch keine grundsätzliche Aussage über eine etwaige Nivellierung innerständischer Hierarchien getroffen. Eine möglicherweise konfliktgenerierende Qualität soll der Rede von der Freiheit und Gleichheit damit nicht abgesprochen werden. Sie schien dabei vor allem im Falle eines malcontentement argumentativ mobilisiert werden zu können. Die Definitionskriterien von Adel, von der Ehre bis zum Stand als Rechtsraum, waren wie die innerständische Stratifikation keine absolut feststehenden beziehungsweise unhinterfragten Größen. Vielmehr waren sie teils konsensualen, teils jedoch extrem kontroversen Auslegungen unterworfen. Der Prozess dieser Auslegung an sich ist dabei als Reproduktion von Normen zu verstehen, die Adel als Stand immer wieder konstituierten. Die Offenheit
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Fazit
dieses Vorgangs war wiederum durch einen – zeitlich sich verändernden – Bezug auf bestimmte Wissensformen und -inhalte eingeschränkt. Für das ausgehende 16. Jahrhundert bestimmten hier die Tradierung eines Ritterbildes durch Literatur und Turniere, die Rhetorik in ihrer oratorischen Praxis, der Schulbildung und praktischen Handreichungen das Bild, genau wie genealogische Manuale, Ökonomielehren, juridische Kompendien oder auch die Geschichtsschreibung. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts verdichteten sich im Druck erscheinende Publikationen, die sich auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Zielrichtungen einer normativen Auslegung von Adel und seiner Rolle als Stand verschrieben. Den meisten dieser Texte war in diesem Zusammenhang ihre Orientierung an gelehrt-humanistischen Kriterien gemein. Dies betrifft zum einen die Form der Texte, zum anderen deren inhaltliche Bezüge. In diesem Zusammenhang wird die in dieser Arbeit getroffene Vorannahme von europäischen Räumen sozialen und kulturellen Austauschs am Anschaulichsten greifbar. Die normativen Vorstellungen von polnischem und litauischem Adel waren eingebettet in eine gemeineuropäische humanistische Praxis, die im Fall Polen-Litauens ihre Referenzen und Austauschpunkte in erster Linie im gesamten – lateinischen – Europa fand. An dieser Stelle würde sich die weitergehende Frage lohnen, ob nicht mit solch einer normativen Verdichtung auf humanistischer Basis von einer mindestens neuen Form der Europäisierung von Adel überhaupt gesprochen werden kann, die nun in neuem Ausmaß auch weitere Gruppen innerhalb des Standes jenseits nur recht enger Eliten erfasst.
2. Stand und respublica Der Adel leitete aus seinem ständischen Selbstverständnis als privilegierter, hierarchisch überlegener Gruppe seine führende Rolle im Gemeinwesen ab, das als respublica des Adels verstanden wurde. Diese für Polen-Litauen an sich wenig originelle Feststellung führt zugleich zu folgender Konsequenz: Nicht der Stand wurde in erster Linie durch abstrakte politiktheoretische Kategorien definiert, sondern ständische Kategorien dominierten das Nachdenken über die respublica. Dies führte zu einer Verschmelzung dominanter adelsständischer mit abstrakten politiktheoretischen Vorstellungen. In diesem Sinne war etwa das Konzept der Tugend in den innerständischen adligen Definitionsbemühungen genauso grundlegend von humanistisch-antiken Wissensgrundlagen geprägt wie die gelehrten politiktheoretischen Ansätze. Die Vorstellung von Tugend blieb aber stets zugleich der standesimmanenten Logik der Ehre verhaftet und floss unter diesen Auspizien in die politiktheoretischen Modellbildungen ein. Gleiches galt entsprechend für die Überlegungen zur Herrschaftsorganisation, die nur vor dem Hintergrund der Hierarchien innerhalb des Adels und in deren Rückbezug auf den Monarchen zu
2. Stand und respublica
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verstehen sind. Hieraus formte sich der Diskursrahmen, der sich nur unter den Kosten starker Verkürzungen etwa auf eine – im Sinne der langen Forschungstradition – „republikanische“ Norm reduzieren ließe. Die nachfolgend skizzierten Parameter ständischer Verfasstheit boten in diesem Sinne ein Ensemble grundlegender Elemente, die sich aber differenziert untereinander gewichten ließen, entsprechend der bereits erwähnten teils kontroversen normativen Auslegung von Adel. Dass die polnisch-litauische Ausformung der Mischverfassung adliginnerständischen Logiken folgte, machte sich etwa in der Bewertung der Senatorenschaft bemerkbar. Die Politicae beschrieben deren Stellung mit den gleichen Kategorien wie sie der adligen Rangordnung entsprachen. Es war die von Ehrvorstellungen geprägte Tugend, Tapferkeit etc., die über die dignitas entschied, die einen senatorischen Amtsinhaber auszumachen hatte. Solche Übertragung stark hierarchisierter Standesvorstellungen führte zugleich zur Annahme hierarchischer Über- und Unterordnung, die durch den Begriff des Gehorsams gekennzeichnet war. Hierzu trat die fraglos angenommene monarchische Organisation des Gemeinwesens. Die hohen Amts- und Würdenträger wurden ihrerseits als Rat des Monarchen verstanden. Höchst unterschiedlich konnten in diesem Zusammenhang die Herrschaftskompetenzen dieser Ratgeber als Magistrate ausgelegt werden. Entweder erschienen sie als direkte Befehlsempfänger des Monarchen oder als Kontrollorgan mit eigenen Herrschaftsrechten. Demgegenüber hatten die restlichen Adligen zwar qua Standeszugehörigkeit ein inhärentes Recht auf eine Beteiligung an der Herrschaft. Zugleich aber stellte dies zunächst nicht das Grundprinzip ihres Gehorsams gegenüber den Amtsträgern und dem Monarchen in Frage. Abgesehen von den höchsten Magistraten wie Senatoren und Ministern erwies sich die Definition von Amtsträgern als weit und deren Grenzen streckenweise als sehr flexibel. Zum einen gehörten in einem weit verbreiteten Verständnis die Würdenträger des Hofes zu den Reihen der den Monarchen beratenden Magistrate. Zum anderen konnten auch die Landboten als Mandatsträger der lokalen Adelsgemeinschaften durchaus als Amtsträger verstanden werden. Folgt man der neuen Forschung, fand solche eine Betrachtungsweise dabei eine deutlich ständische Rückbindung. Schließlich handelte es sich bei den Sejmikeliten wiederum zumeist um einen Personenkreis, dem in der Logik des lokalen Adels eine dignitas zugesprochen wurde, der ihn zum Antritt eines Mandats erst befähigte. Die Definition der Landboten als Amtsträger wiederum konnte schon in den ersten Interregna beobachtet werden. Bei den königslosen Zeiten handelte es sich um relativ instabile Perioden. Die Debatten der Interregna fanden mithin in konfliktuellen Aushandlungssituationen statt, die ihrerseits ein hohes Risiko von Diskrepanzen zwischen Erwartungshaltungen und deren Erfüllung bargen – kurz, von malcontentement.
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Fazit
Ämtern und Würden als wichtigem Teil verschiedener Elemente, die den Adelsstand hierarchisch strukturierten, wurden in Bezug auf mögliche Unzufriedenheit in zweierlei Hinsicht auf der Ebene der respublica relevant. Dies betraf, wie bereits von Arlette Jouanna mit Blick auf Frankreich konstatiert, das Verhältnis zum Monarchen. Darüber hinaus jedoch waren davon ebenso die hohen Amtsträger berührt. Dies resultierte aus der epistemologischen Verschmelzung von Standeskategorien und politischer Theorie auf der einen Seite und der faktisch gängigen Überschneidung von hierarchischer Zugehörigkeit zum Hochadel und der Ausübung eines hohen Amtes auf der anderen Seite. In dem Moment, in dem die Erwartungen rangniedrigerer Adliger an ihre hierarchisch höher gestellten Standesgenossen enttäuscht wurden, konnten jene als ungenügende Amtsträger denunziert werden. Wenn wiederum diese Unzufriedenheit nicht eingehegt zu werden vermochte, fand sie – wie im Fall des Monarchen – ihren Ausdruck in einem malcontentement, das auf diese Amts- und Würdenträger in deren Rolle als Magistrate der respublica zielte. Die respublica wurde in hohem Maße über ihre Hierarchie an Ämtern und Würden verstanden, während alle Amts- und Würdenträger wiederum mit den personalisierten Kriterien von Ehre, Tugend und dignitas gemessen wurden. Dies zog nach sich, dass das gesamte institutionelle Ensemble des polnisch-litauischen Gemeinwesens nicht in erster Linie über abstrahierte Amtsund Institutionenkategorien verständlich wird. Der hohe Grad an Personalisierung der Institutionen folgte vielmehr einer ständisch-adligen Handlungslogik. Spätestens nach der polnisch-litauischen Union von 1569 sah sich eben diese Personalisierung mit einem räumlich wie an institutionellem Umfang ausgeweiteten politischen System gegenüber. Ehre, Tugend und dignitas entschieden dabei über die Legitimität des einzelnen Amtsträgers, Herrschaftsgewalt auszuüben und demnach über die Akzeptanz, Gehorsam zu leisten. Überprüfbar war eine solchermaßen verstandene Legitimität aller Amtsträger und des Monarchen hingegen nur unter den Bedingungen einer Anwesenheitsgesellschaft. Die institutionelle Ausdehnung der respublica erschwerte deren Behauptung und Akzeptanz erheblich. Es wäre im Übrigen zu überlegen, ob die zunehmenden Versuche hochadliger Häuser, ihre Dignität über genealogische Werke, Leichenpredigten, Kapellenbauten und andere Aktivitäten eine weithin sichtbare Repräsentation zu verleihen, auch in diesem Zusammenhang zu verstehen sind. Solchermaßen bewiesene Autorität und Legitimität ihrer Stellung durften die Vertreter dieser Häuser schließlich auch für die von ihnen ausgeübten Ämter und den damit verbundenen Herrschaftsanteil in Anspruch nehmen. Generell jedoch erzeugte die potentielle Abwesenheit von hohen Amtsträgern, die Entfernung des Sejms und die Distanz des Königshofes ein ständiges Bedürfnis nach Kontrolle.
2. Stand und respublica
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Auf Parametern einer Anwesenheitsgesellschaft basierende Vorstellungen des Gemeinwesens bedurften des Vertrauens. Wenn dieses Vertrauen nicht mehr beständig durch Anwesenheit hergestellt werden konnte, trug das entstehende Misstrauen seinerseits zu einer Absenkung der Schwelle hin zur Unzufriedenheit bei. Letztere wiederum stellte einen Faktor dar, der die concordia gefährdete. Diese Einigkeit in der respublica war ihrerseits eine stark hierarchisierte Vorstellung vom fundamental wichtigen harmonischen Zusammenhalt des Gemeinwesens. Kontrollmechanismen stellten zwar eine erneute institutionelle Erweiterung dar, erschienen aber als kompensatorisches Mittel, das angesichts mangelnden Vertrauens die Erhaltung der concordia zu garantieren in Aussicht stellte. Den höchsten Grad an Autorität vereinte der Monarch auf sich. Zugleich war er auch der am stärksten abwesende beziehungsweise unsichtbare Akteur. Die zentrale Rolle innerhalb des Institutionengefüges des regimen mixtum kam in diesem Zusammenhang nicht nur ihm selbst, sondern auch seinem Hof zu. Die zentralen Reichseliten des Hochadels verwandten erhebliche Energie darauf, über die Vorgänge am Hof auf dem Laufenden zu bleiben. Es wäre in diesem Kontext zu diskutieren, ob die häufige persönliche Abwesenheit von hohen Amtsträgern beziehungsweise Vertretern des Hochadels vom Hof nicht im Sinne des oben entworfenen Systems adliger respublica vor allem als Notwendigkeit zu verstehen ist, die persönliche Autorität und Legitimität der eigenen Amtsausübung über die Anwesenheit in den adligen Gemeinschaften der Provinzen aufrechtzuerhalten. Zugleich achtete man schließlich genau darauf, über Agenten, Familienmitglieder oder Allianzpartner die Konstellationen am Hof zu verfolgen, Nachrichten über die dort betriebene Politik zu erhalten. Entscheidend schien es jedenfalls, die eigenen Anliegen bis zum Monarchen persönlich vordringen zu lassen und womöglich Nachricht über dessen Reaktion zu erhalten. Solch ein direkter Zugang war den adligen Eliten auf Regional- und Lokalebene kaum oder in ungemein bescheidenerem Maße möglich. Eine Möglichkeit direkter Begegnung mit dem König und Großfürsten bot ihnen vor allem der Sejm. Dessen stark hierarchisiertes Verfahren verwies noch einmal auf die Grundlagen eines Gemeinwesens, das auf oboedientia gegründet war. Es muss nicht eigens betont werden, dass dies zugleich keine Folgsamkeit seitens der Landbotenkammer oder auch einzelner Senatoren gegenüber monarchischen Vorstellungen bedeutete. Allerdings sollte durchaus nochmals unterstrichen werden, dass besonders die Landboten innerhalb des Sejmverfahrens eben durchaus über keine Gleichberechtigung mit König und Senatoren verfügten. Während man auf den Landtagen die Anliegen und Forderungen aus den einzelnen örtlichen Adelsgemeinschaften heraus formulierte, war es wiederum der Monarch, der die Agenda der Ständeversammlung vorgab. Die Bitten und Beschwerden der Landtage mussten als eben solche daneben in der Sejmsitzung eingebracht werden.
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Fazit
Zwar konnte man über prozedurale Verweigerungshaltungen das Gehör für die eigenen Bitten und Gravamina zu erzwingen versuchen. Eine Erfolgsgarantie, sich auf diese Weise Gehör zu verschaffen, bestand indessen nicht. Das politisch-soziale System Polen-Litauens um 1600 war ein vom Adel und seinen innerständischen Logiken bestimmtes Gemeinwesen. Es zumindest für diesen Zeitraum als Adelsrepublik im Sinne der traditionellen historiographischen Konzeptionalisierung zu bezeichnen, führt hingegen analytisch in die Irre. Es handelte sich unbestritten um ein regimen mixtum. Dessen genauere Auslegung war hingegen Gegenstand beständiger Aushandlungsbemühungen. Diese Aushandlung schließlich fand nicht unter egalitären Auspizien statt. Dies war zwei Umständen geschuldet: (1) Das polnische regimen mixtum war eine monarchia mixta. Die monarchische Grundform des Gemeinwesens besaß zum Untersuchungszeitpunkt eine äußerst hierarchisierte Gestalt, in der der Monarch den wichtigsten und obersten Bezugspunkt darstellte. Die starke Hierarchisierung setzte sich dabei auch auf ständischer Ebene fort, wobei insbesondere die hohen Amtsträger als Obrigkeit agierten. (2) Die Hierarchisierung innerhalb des Institutionenensembles, das die Herrschaft organisierte, war eng mit der Stratifizierung innerhalb des Adelsstands verbunden. Eine Herrschaftsbeteiligung des Adelsstands in seiner ganzen sozialen Breite mochte entsprechend theoretisch, im Sinne eines Vertragsdenkens, etwa in den Interregna eingefordert werden. Tatsächlich ging es hier jedoch stets nur um eine sehr beschränkte Möglichkeit von Partizipation. Letztere drückte sich vor allem in dem Verlangen nach Gehör durch Monarch und Obrigkeit aus. In diesem Sinne plädieren die vorliegenden Überlegungen für eine modifizierte Sichtweise auf traditionelle historiographische Konzepte, mögen sie „Adelsrepublik“ oder „ostmitteleuropäischer Ständestaat“ heißen. Dabei geht es nicht darum, die Spezifika einzelner Entwicklungen in Europa zu negieren. Vielmehr wäre zu hoffen, neue Perspektiven für ein Verständnis differenzierter – mindestens europäischer – Räume sozialen und kulturellen Verflechtung und begleitende komparatistische Ansätze zu gewinnen.
3. Der Rokosz als Ereignis Die Unzufriedenheit von Teilen des Hochadels und noch recht beschränkten Teilen der regionalen Adelsgemeinschaften, insbesondere Klein- und Großpolens, gegenüber Sigismund III. führte im Laufe des Jahres 1606 zu einer Eskalation. Die Motivationen dieser malcontents waren recht divergent, sie reichten von konfessionellen Beschwerden, über die Übervorteilung bei Ämtervergaben bis hin zu Interessenunterschieden mit der dynastisch geleiteten Politik des Monarchen. Übereinstimmend hingegen wurde formuliert, dass das malcontentement sich aus einem mangelnden Gehör für diese verschie-
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denen Anliegen beim König ergab. Die Wahrnehmung, dass Gravamina und Bitten kein Echo fanden, erstreckte sich in diesem Zusammenhang auf verschiedene hierarchische Ebenen. Sie reichten vom Senator Zebrzydowski und dem hochadligen Radziwiłł, die den direkten Kontakt zu Sigismund und seinem Hof suchen konnten, bis hin zu Landtagseliten, die auf die Kommunikation mit dem Monarchen im Rahmen des Sejms verwiesen waren. Das mangelnde Gehör des Monarchen wurde folgerichtig in mangelndes Vertrauen zunächst gegenüber den ihn umgebenden Magistraten übersetzt. Es scheint, dass besonders diese beiden Argumente, die dem eingeübten Verständnis der respublica entsprachen, eine breite Mobilisierungskraft besaßen. Die verhältnismäßig kleine Gruppe von malcontents wuchs entsprechend vom April 1606 bis zum Spätsommer des Jahres drastisch zu einer größenmäßig beachtlichen Bewegung an. Die Klage über mangelnden Zugang zum Monarchen allein erklärt nicht die Zuspitzung des Konflikts zwischen Teilen des Adels und Sigismund III. speziell im Jahr 1606. Sie wiederum war der kontingenten Konstellation dieses Zeitpunkts geschuldet, die die bisherigen Handlungsoptionen der malcontents in verschiedener Hinsicht bestimmten. Dies betraf den Tod des Kronkanzlers Jan Zamoyskis und die daraus folgenden Umwälzungen innerhalb hochadliger Allianzen. Hinzu kamen die sich verfestigende dynastischen Optionen Sigismunds III., die in diesem Moment nochmals aus der Hochzeit mit Konstanze von Habsburg deutlich wurden. Eine weitere Rolle spielte die offensive Politik gegenüber dem Nachbarn Moskau, mit der gerade erfolgenden Unterstützung der ersten Dmitrijade. An all dies lagerten sich schon wesentlich länger beklagte Gravamina an, nicht zuletzt konfessioneller Art, von der Lage der Orthodoxen nach der Union von Brest bis hin zu den Evangelischen. Die „Widerstandssprache“ (A. Strohmeyer) hingegen war keine konfessionelle. Sie orientierte sich ganz an ständischen Kategorien von Adel und Gemeinwesen. Aus diesen Kategorien heraus war der Konflikt als solcher schließlich auch entstanden und in diesen Kategorien wurde er ausgetragen. In diesem Sinne ging es im Grunde um die Durchsetzung einzelner Gravamina, die schwerlich ein geschlossenes Programm bildeten. Erstens war dies in Hinsicht auf die potentielle Differenziertheit auch der normativen Positionen unter den unzufriedenen Adligen kaum erwartbar. Eine normative Zuspitzung führte dabei zur Verringerung der Beteiligung, während die daraus resultierende kleinere Teilnehmermenge sich wiederum durch eine höhere Kohärenz und damit einhergehende Radikalität ihrer Forderungen auszeichnete. Zweitens ist aus der Konzentration auf einzelne Gravamina und das Fehlen einer programmatischen Kohärenz auch das Abflauen der Beteiligung am Rokosz bis zum Jahr 1607 zu erklären. Mit Rudolf Schlögl gesprochen, funktionierte die Gruppenbildung des Rokosz demnach „korporatistisch“ unter den Bedingungen von Anwesenheit, ohne eine auf die
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Fazit
Bedingungen von Abwesenheit ausgreifende „organisatorische“ Tragweite zu entwickeln. Malcontentement an sich ist weder Widerstand noch Aufstand. Folgt man dem Vorschlag Angela DeBenedictis, ist die Bezeichnung Aufstand für den Rokosz sicherlich chronologisch differenziert zu verwenden. Schließlich darf man davon ausgehen, dass die Dissens-Kommunikation zwischen Monarch und widerständigem Adel, vor allem nach der Versammlung von Wis´lica beziehungsweise der trügerischen Unterwerfung von Janowiec zu scheitern begann. Folgerichtig schlug sie in eine aufständische Attacke gegen den Monarchen selbst um, in ein klares crimen laesae maiestatis. Für ihre Gegner hingegen handelte es sich bei den unzufriedenen Adligen bereits von dem Moment an um seditiosi, als sie zu der unbotmäßigen Handlung übergingen, sich im April 1606 zu einer Adelsversammlung zusammenzufinden. Nichtsdestoweniger zeigten die ständigen Verhandlungen zwischen dem Monarchen sowie dem um ihn versammelten Adel und den Gegnern, dass letztere sich nicht vollkommen als ungehorsame, also aufständische Untertanen marginalisieren ließen. Dies galt mindestens bis zum formalen Konföderationsschluss beziehungsweise dem ersten Kompromiss von Janowiec im Oktober 1606. Die Befürworter der Adelsversammlungen wiederum begründeten in ihren Schriften das eigene Handeln weniger offensiv als legitimen Widerstand. Dem Vorwurf der Aufständigkeit begegneten sie vielmehr mit dem Argument, durch ihr Handeln die notwendige concordia wiederherzustellen. Adelsversammlungen außerhalb von zentralen Ständeversammlungen und Sejmiki einzuberufen, war kein neues Phänomen. Die Praxis, dass der Adel sich ohne Einberufung durch einen Monarchen zusammenfand, hatte sich spätestens mit den Interregna der 1570er Jahre etabliert. Solche Zusammenkünfte vivente rege ohne königliche Order einzuberufen, war als widerständiger Akt bereits in den beginnenden 1590er Jahren exerziert worden. Folglich konnte sich die Unzufriedenheit des Frühjahrs 1606 dieser bereits bekannten Handlungsoption bedienen. Letztlich kam es allerdings zu einer ganzen Kette von Versammlungen, die von Ste˛z˙yca, über Lublin und Sandomierz im Jahr 1606 im Folgejahr nach Je˛drzejo´w und Koło sowie schließlich nach Jeziorna führte. Die beteiligten Akteure verfügten über ein abrufbares Wissen, das ihnen nicht nur die Option der Adelsversammlungen an sich nahelegte. Es erstreckte sich auch auf ein prozedurales Wissen, das die Organisation der Zusammenkünfte strukturierte. Mit der fortschreitenden Dauer der Versammlungen allerdings wurden diese eingeübten – hierarchischen – Muster aufgeweicht. Dies wurde insbesondere ab dem Moment virulent, wo der adlige Widerstand wieder eine deutlich minoritäre Position einnahm. Die Eigendynamik der widerständigen Bewegung ist dabei mit dem Konzept der Liminalität fassbar, einer Situation, in der die bisher Anknüpfung an bislang zur Verfügung stehende Handlungsoptionen weniger zwingend scheint und
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die mithin eine – wenn auch immer eingeschränkte – experimentale Offenheit aufweist. Dass es sich bei den Adelsversammlungen um eine zusammenhängende und einer Eigenlogik folgende Einheit handelte, zeigt bereits die selbstbewusste und selbstbezügliche Legitimation von deren Einberufung. In den Universalschreiben wurden weniger historische Vorbilder herbeizitiert. Schon nach der ersten Versammlung von Ste˛z˙yca berief man sich auf die jeweils vorvergangenen Zusammenkünfte, die mit ihrer Autorität die jeweils neue einberiefen. Dass in den polemischen Texten, die die Versammlungen begleiten, auch Legitimation über die Ableitung aus Traditionen betrieben wurde, ist dabei unbenommen. Als weiterer Indikator für die zeitgenössische Wahrnehmung der Geschehnisse als eine Einheit mag die Bezeichnung Rokosz selbst dienen. Spätestens nach dem Konföderationsschluss in Sandomierz vom August 1606 wurde dieser Terminus auch auf alle nachfolgenden Versammlungen, aber auch auf die vorhergehenden Versammlungen von Ste˛z˙yca und Lublin bezogen. Der Bundesschluss wurde damit gewissermaßen zu einem der zeitgenössisch ereignisstiftenden Faktoren für den adligen Widerstand im beginnenden 17. Jahrhundert. Die Zeitwahrnehmung der Akteure billigte dem Rokosz eine Ereignisqualität zu, die im Sinne Kosellecks aus der Möglichkeit entspringt, in diachroner Perspektive ein Vorher und ein Nachher zu identifizieren. Die unmittelbaren Folgen betrafen die Biographien der Wortführer des Rokosz, aber auch den Monarchen und den ihm loyalen Adel als Kriegsgewinnler. Die Beschwerden der Unzufriedenen waren damit aber ebenso wenig abgestellt wie die Autorität Sigismunds unumstritten gesichert. Aus einer übergreifenden Perspektive der Historiographie heraus hat dies zu gewissen Unsicherheiten geführt, wie der Rokosz als Ereignis in eine mittel- oder sogar langfristige Entwicklung einzuordnen sei. Vor dem Hintergrund der hier angestellten Überlegungen darf man konstatieren, dass der Rokosz als Ereignis auf zwei Ebenen tatsächlich eine Zäsur bildete: (1) Aus der Dynamik des Geschehens hatte sich eine bis dahin ungekannte Intensität von adligem Widerstand ergeben, in Hinsicht auf die Versammlungstätigkeit wie auf die Textproduktion und deren Argumentationen als auch auf die bewaffnete Konfrontation. Dies erweiterte potentiell die bisherigen Handlungsoptionen der historischen Akteure. (2) Eine Wirkmacht entwickelte diese potentielle Erweiterung von Handlungsoptionen erst mit der Tradierung. Dabei ist weniger die Zeitgeschichtsschreibung eines Cilli oder Łubien´ski aus höfischem Kontext gemeint als die Überlieferung der handschriftlichen adligen Hausbücher. Sie schufen einen, wenn auch naturgemäß variablen, narrativen Kanon des Ereignisses Rokosz. Ausgeschieden wurden dabei in der Regel die gewalttätige Eskalation der Schlacht von Guzo´w und die nachfolgenden episodischen Gewalttätigkeiten des Jahres 1607. Auf diese selektive Weise ließ
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die Überlieferung des 17. Jahrhunderts den Rokosz als musterhaftes Widerstandereignis in den Wissensbestand eingehen. Angesichts der Tatsache, dass es bis zum ausgehenden 16. Jahrhundert in Polen-Litauen eben keine ausgebaute Systematisierung des Widerstandsrechts gab, füllte die Erinnerung an den Rokosz diese Leerstelle. Das änderte nichts an der Tatsache, dass eben durch die ausgesprochen negative Ereigniserzählung in der höfischen Geschichtsschreibung Łubien´skis die Rede vom Rokosz zunächst zum Tabu geriet. Der Rokosz war in der Wahrnehmung der unmittelbaren Zeitgenossen vor allem eine besonders bemerkenswerte Konfliktzuspitzung, ein Aufstand. Damit aber stellte der Rokosz angesichts der zeitgenössisch-europäischen Normalität von Rebellionen nur ein Beispiel unter vielen dar. In diesem Sinne kam es nicht von ungefähr, dass Francis Bacon in den 1610er Jahren Aufstände mit dem natürlichen Gang des Wetters verglich.2 Für die frühneuzeitliche Geschichte Polen-Litauens wurde der Rokosz hingegen, zumindest in einer mittelfristigen Perspektive, in anderer Weise zu einem Ereignis. Er etablierte ein ausgebautes Modell für Widerstandsdenken und -handeln. Zugegebenermaßen ist auch diese Erkenntnis in gewisser Weise von beschränkter Neuheit, schließlich wusste Joachim Lelewel schon 1855, vom Rokosz sei nur eines geblieben: „Einzig nur der Grundsatz der Konföderation, der legalen Rebellion hat sich festgesetzt.“3
2 B, F, Of Seditions and Troubles, in: ders., Essays, moral, economical, and political, London 1819, 60–71, 60. 3 L, Polska. Dzieje i rzeczy jej. Bd. 3, 271.
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Bielski, Marcin 73, 117, 200, 272, 288 Bierecki, Andrzej 515 Birkowski, Fabian 88, 89, 319, 394, 395 de la Blanque, Jean 463 Bobola (Familie) 346 Bobola, Andrzej 86, 300, 320, 329, 346, 362, 486, 550 Bobrzyński, Michał 16, 19, 39 Bocskai, István 400, 486, 557, 558, 617 Bodin, Jean 165f., 179, 180, 181, 186, 207 Bömelburg, Hans-Jürgen 24, 27, 61, 86, 105, 123 Borghese, Scipione 499 Boris Godunov (russ. Zar) 366, 386 Botero, Giovanni 179 Bourbonen (Familie) 317, 318, 319 Braungart, Georg 265 Broniewski, Marcin 381, 408, 436, 479, 481, 501, 506, 507, 526, 596, 599 Bruce, William 194 Brunner, Otto 160f., 163 Burke, Peter 111 Burski, Adam 394f. Bykowski, Stanisław 442, 444, 574 Carew, George 194 Carl, Horst 285 Cartari, Vincenzo 94f. Castiglione, Baldassar 64, 65, 219 Catilina, Lucius Sergius 434, 435, 555 Ceres 310, 312 Cerman, Ivo 332, 333, 364 Chalecki, Dymitr Józefowicz 331 Chartier, Roger 3f., 36, 47f., 314 Chłapowski, Krzysztof 352 Chodkiewicz (Familie) 82, 86, 119, 252, 336, 337–339, 346, 350, 355, 357, 374, 381, 397, 408, 448 Chodkiewicz, Aleksander 331, 337, 579 Chodkiewicz, Hieronim 331, 337
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Personenregister
Chodkiewicz, Jan Karol 84, 86, 94, 98, 337, 339, 446, 448, 576, 579, 583, 585, 601 Chodkiewicz, Jerzy 336 Choińska-Mika, Jolanta 20, 249 Christian II. (K. v. Dänemark) 305 Chrościcki, Juliusz 307 Cicero, Marcus Tullius 26, 71, 83, 85, 86, 101, 129, 130, 142, 167, 171, 173, 175, 217, 313, 427, 434, 435 Ciesielski, Andrzej 203, 204 Cikowski, Stanisław 589 Cilli, Alessandro 601–604, 606, 627 Clemens VIII. (Papst) 76, 78, 324, 354 de Coligny, Gaspard 394 de Condé, Louis I. de Bourbon 394 Constant, Jean-Marie 190f. Cynarski, Stanisław 45 Czarliński, Bonawentura 86, 94f. Czarnkowski, Adam Sędziwój 85, 86, 93, 331, 423, 424, 579 Czartoryski (Familie) 346, 358 Czubek, Jan 203, 210, 368, 450, 528, 529, 530, 544, 545 Dachnowski, Jan Karol 120 Daniłowicz (Familie) 346, 352 Daniłowicz, Jan 362 DeBenedictis, Angela 36, 626 Dembiński, Walenty 269 Demitrowicz, Paweł 607 Denhof / Dönhoff (Familie) 355, 359 Dinges, Martin 101 Długosz, Jan 52, 105, 108, 126, 276, 565 Dmitrij (russ. Thronprät.) 366, 383, 384, 385, 386, 391, 469, 625 Dohna (Familie) 351 Dorohostajski, Krzystof 342, 506 Dorohostajski, Mikołaj 331 Dorothea v. Dänemark (Hz.in v. Preußen) 164 Drakon 142 Duindam, Jeroen 231 Dunin-Borkowski (Familie) 355 Duns Scotus 180 Duplessis-Mornay, Philippe 183 Działyński, Paweł 386 Działyński, Tytus 524 Elisabeth I. (K. v. England) 386 Elisabeth Sophie v. Brandenburg (Prinz.) 351, 359 Engels, Friedrich 17
Erik XIV. (K. v. Schweden) 300 Ernst von Habsburg (Ehz.) 296, 297 d’Este (Hz.e v. Ferrara) 302 Eusebius von Caesarea 124 Faber, Martin 11, 18, 44f. Farnese, Alessandro 302 Faustina (röm. Kais.) 94 Filipczak-Kocur, Anna 511, 514, 515 Firlej (Familie) 343, 344, 346, 347, 350, 360, 363 Firlej, Jan 240, 331, 362 Firlej, Henryk 362 Firlej, Mikołaj 350 Firlej, Piotr 334 Firlejówna, Zofia, s. Gostomska, Zofia Fleckenstein, Josef 73 Florja, Boris N. 302 Fortunat 80 Frevert, Ute 209 Frost, Robert I. 33, 195 Frycz Modrzewski, Andrzej 171f., 173, 186 Furió Ceriol, Fadrique (Miquel-Joan Ceriol) 169, 170 Gabriel Báthory (F. v. Siebenbürgen) 578, 589 Gallus Anonymus 52 Gedyminen (Familie) 124 Gembicki (Familie) 352 Gembicki, Wawrzyniec 331, 362 Genet, Philippe 293 Georg Friedrich I. (Mgf. v. Ansbach) 388 Gesner, Conrad 115 Giddens, Anthony 48 Gierowski, Józef Andrzej 21 Goedeking, Friedrich 178 Göhler, Gerhard 197, 198 Golski, Stanisław 579 Gomoliński, Stanisław 331 Gorajski, Piotr 445, 448, 461, 462, 463, 465, 481, 506, 514, 518, 526, 596 Góralski, Zbigniew 223 Górecki, Piotr 108 Górka (Familie) 303, 355, 357 Górnicki, Łukasz 64–66, 82, 217f., 219 Górski, Jakub 169, 170, 188 Goślicki, Wawrzyniec 169f., 171, 172, 173, 175, 176, 177, 183, 185, 186, 188, 219, 431, 552, 556, Gostomska, Elżbieta, s. Sieniawska, Elżbieta
Personenregister Gostomska (Sieniawska), Urszula 343 Gostomska (Firlejówna), Zofia 343 Gostomska (Tarłówna), Zofia 342 Gostomska (Tęczyńska), Zofia 343 Gostomski (Familie) 342–350, 352, 363, 564, 600 Gostomski, Anzelm 160, 162, 342, 343, 344, 348 Gostomski, Hieronim 239, 300, 325, 331, 342, 343, 344f., 346, 348, 349, 350, 352, 380, 417, 445, 485, 496, 511, 515, 575, 579, 600, 601 Gostomski, Jan 343, 344, 345, 348, 350 Gostomski, Stanisław 282, 342, 349 Gostomski, Tomasz 342, 345, 349, 423, 425, 432 Gostyński, Stanisław 476 Gottfried 80 Greengrass, Mark 192 Grochowski, Stanisław 394 Grodziecki, Adam 355, 357, 358, 359 Grudziński, Zygmunt 424, 432, 476, 479, 506, 526, 587, 589 Grześkowiak-Krwawicz, Anna 22f., 24, 26, 192 de Guise, Charles 587 de Guise, Henri 587 Gumbrecht, Hans-Ulrich 265 Gustav I. (K. v. Schweden) 305 Halecki, Oskar 9 Hegendorfer, Christoph 68 Heidenstein, Reinhold 27, 241, 242 Heinrich v. Valois (K. v. Polen, als Heinrich III. K. v. Frankreich) 28, 29, 36, 51, 110, 183, 192, 208, 218, 219f., 224, 245, 277, 297, 306, 311, 317, 364, 394, 468, 477 Heinrich IV. (K. v. Frankreich) 51, 88, 317 Helena 64 Herbest, Jan 70 Herburt, Jan 52, 131, 133, 134, 136, 137, 138, 141, 142, 145, 146, 152, 153, 257, 428 Herburt, Jan Szczęsny 51, 52, 53, 55, 61, 332, 441, 499, 500, 506, 524, 526, 539, 559, 577, 579, 589, 596, 599, 601 Herkules / Hercules 497, 509 Hintze, Otto 12, 13 Hirschi, Caspar 65 Hlebowicz (Familie) 360 Holzem, Andreas 329
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Hotman, François 181 Hozjusz, Stanisław 257 Ivan IV. Groznyj, russ. Zar 366 Jagiellonen (Familie) 52, 54, 61, 107, 110, 111, 116, 118, 121, 124, 201, 207, 255, 300, 304, 305, 308, 315, 316, 318, 364, 419, 477, 478, 525, 539, 605 Janion, Maria 15 Janowski, Maciej 15 Januszowski, Jan 59, 129, 131, 138, 140, 141, 142, 143, 145, 147, 153, 154, 182, 324 Jarzębski, Adam 217 Jazłowiecki (Familie) 303, 346 Jazłowiecki, Hieronim 303, 561–569, 570, 572 Jazłowiecki, Jerzy 564 Jewłaszewski, Teodor 397 Joachim Friedrich (Kf. v. Brandenburg) 388, 399, 484, 585 Johann III. (K. v. Schweden) 306, 384 Johann I. Albrecht (K. v. Polen) 316 Johann Georg, (Kf. v. Brandenburg) 351 Johann Kasimir Wasa (Prinz) 317 Johann II. Kasimir (K. v. Polen) 317, 612, 613, 614 Johann Sigismund (Kf. v. Brandenburg) 585 Johann III. Sobieski (K. v. Polen) 349 Jouanna, Arlette 12, 35, 622 Justinian (röm. Kaiser) 142 Kaczmarczyk, Zdzisław 17 Kadłubek, Wincenty 52, 565 Kamler, Marcin 371 Karl IX. (K. v. Schweden) 308, 385 Karnkowski, Jan 515 Karnkowski, Stanisław 177, 218, 282, 331, 332 Karwicki, Stanisław 514 Kasimir Jagiełło (Heiliger) 316, 317, 318f., 328 Kasimir I. (K. v. Polen) 565 Kasimir II. (K. v. Polen) 609 Kasimir IV. (K. v. Polen) 273, 274, 316, 421 Katharina Jagiełło (Mutter Sigismunds III.) 81, 300 Kazanowski, Jan 450, 451, 458, 461, 463 Keckermann, Bartholomäus 158, 178–82, 186, 187 Kersken, Norbert 33
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Personenregister
Kersten, Adam 32 Kettering, Sharon 237 Kiszka, Jan 331, 332 Kłoczowski, Jerzy 9 Knapski, Grzegorz 155, 157, 224 Kobierzycki, Stanisław 605 Kochanowski, Jan 62–64, 82 Kochowski, Guilelmus 235 Koenigsberger, Helmut G. 23 Kojałowicz, Wojciech Wijuk 120 Koniecpolski (Familie) 352, 355, 564 Koniecpolski, Aleksander 334, 442, 444, 473, 487, 575, 579 Konopacki, Maciej 423, 425 Konstanze (K.in v. Polen) 305, 306, 307, 310, 313, 317, 325, 330, 363, 384, 386, 396, 403, 443, 513, 528, 550, 592, 625 Korzoń, Tadeusz 39 Kościelecki, Janusz 134, 135 Kościelecki, Krzysztof 424, 425 Koścień, Jan 269 Koselleck, Reinhart 45, 46, 48, 202, 627 Kossobudzki, Adam 579 Kostka (Familie) 360 Kostka, Jerzy 331 Kot, Stanisław 194 Krajewski, Jan 590, 591 Krasicki (Familie) 346, 355 Krasiński, Stanisław 424, 425, 441 Kromer, Marcin 81, 223, 273f., 276, 419 Kryski, Feliks / Szczęsny 346, 362, 449, 512f. Krzysztanowicz, Stanisław 178, 223, 224, 225 Kuczborski, Jan 216, 233f., 235 Kutrzeba, Stanisław 16, 17, 402, 409 Kybele 94f. Łabencki, Stanisław 600 Lachmann, Renate 69 Laertios, Diogenes 121 Lanckoroński (Familie) 346, 355 Łaski, Jan 52, 121, 122, 130, 131, 132, 134, 136, 141, 246, 257, 270 Łaski, Ołbracht 412 Łaszcz, Piotr 474, 479, 481, 501, 506, 507f., 509, 526, 596 Latalski (Familie) 355, 357 La Trémoille (Familie) 351 Lech 116, 123, 124, 141 Leitsch, Walter 216, 298, 299 Lelewel, Joachim 15, 17, 19, 38, 39, 41, 42, 628
Leszczyński (Familie) 355, 360 Leszczyński, Andrzej 374, 380, 381, 382 Levy Peck, Linda 330 Ligęza (Familie) 360 Ligęza, Mikołaj Spytek 331, 332, 473, 476, 496 Lipsius, Justus 59, 114, 157, 166, 168, 181, 183, 186, 188, 309, 322, 511, 550 Lipski (Familie) 355 Litwin, Henryk 31f. Livius, Titus 451, 584 Love, Harold 530, 531 Lubieniecki, Paweł 514 Łubieński, Stanisław 37, 38, 46, 602–606, 614, 615, 627 Lubomirski (Familie) 217, 346, 347, 352, 355, 359, 360, 514 Lubomirski, Jerzy Sebastian 280, 612– 614, 615, 617 Lubomirski, Sebastian 473, 580 Ludwig I. (K. v. Ungarn u. Polen) 477 Ludwig von Bourbon (Heiliger) 317, 318, 319 Ludwig v. Hohenzollern (Mgf. v. Brandenburg) 351 Ludwig XIII. (K. v. Frankreich) 317 Ludwig, Ulrike 563 Lüdtke, Alf 198f. Luhmann, Niklas 163, 209 Łychowski, Adam 515 Maciej von Miechów 52 Machiavelli, Niccolò 157, 168, 169, 170, 321, 528, 558 Maciejowski, Bernard 331, 338, 394, 395, 501, 511, 583, 586 Maciejowski, Kasper 331 Maciszewski, Jarema 41f., 43, 44, 46, 195, 385, 409, 410, 452, 454, 456, 462, 474, 476, 481, 489, 490, 528 Mączak, Antoni 220, 293 Mączyński, Jan 158 Malaspina, Germanico 193 Marc Aurel (röm. Kaiser) 94 Markiewicz, Mariusz 5, 6f., 23, 35 Marongiu, Antonio 245 Maslaus / Masław (Hz. v. Masowien) 565 Maximilian (Ehz. u. Hochm. Dt. Ord.) 280, 296, 297, 298, 299, 302, 303, 305, 307, 386, 417, 485, 611 Maximilian II. (Kais. Hl. Röm. Reich) 302 de’Medici, Francesco 302 Mehmed III., Sultan 387
Personenregister de Mendoza, Francisco 321 Menius, Justus 160, 164 Miączyński (Familie) 356 Miaskowski, Kasper 591 Michael I. Wiśniowiecki, K. v. Polen 615 Mieliński / Mieleński, Mikołaj 512 Mielżyński, Łukasz 515 Mier (Familie) 356 Mierzwa, Edward 194 Mikołaj z Mościsk 345 Miński, Stanisław 239, 331 Mniszek (Familie) 346, 360 de Montesquieu, Charles de Secondat 20 Morsel, Joseph 410f. Morski, Stanisław 459, 460 Morski, Żegota 269 Morsztyn (Familie) 360 Mousnier, Roland 224f. Myszkowski (Famillie) 347, 355, 359 Myszkowski, Piotr 70, 354 Myszkowski Gonzaga, Zygmunt 96, 98, 229, 300, 334, 354f., 383, 397, 414, 415, 416, 422, 424, 426, 433–435, 438, 453, 472, 484, 485, 486, 489, 498, 500, 511, 512, 515, 536, 551, 562f., 569– 572, 575, 579, 589, 600, 601, 602, 611 Müller, Michael G. 8, 166 Nahaj, Kasper 345 Naruszewicz, Adam 38, 46 Naworski, Zbigniew 452 Neptun 309f., 312, 600 Niemcewicz, Julian Ursyn 38 Niesiecki, Kasper 512 Nippel, Wilfried 167, 289 Niszczycki, Krzysztof 497 Niszczycki, Zygmunt 497, 586 Oestreich, Gerhard 329 Okolski, Szymon 120 Oleśnicki, Mikołaj 331 Olszewski, Henryk 18 Opaliński (Familie) 346, 347 Opaliński, Andrzej 252 Opaliński, Edward 22, 23f., 29, 34, 43f., 56, 249, 251, 260, 341, 369, 373, 507, 522, 582, 583 Opaliński, Łukasz 568, 572 Orzechowski, Stanisław 67, 72, 77, 139, 154–156, 162, 173, 174, 184, 185, 187, 270, 271f., 275, 285, 286 Orzelski, Świętosław 201 Ossoliński (Familie) 355
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Ossoliński, Hieronim 62 Ossoliński, (Jan) Zbigniew 240f., 331, 332, 423, 425, 428f., 515, 586, 601 Ostrogski (Familie) 325, 340, 342, 346, 358, 363, 381, 407 Ostrogski, Janusz 331, 367, 340, 354, 366, 368, 379, 380, 393, 442, 443, 458, 459, 460, 463, 471, 474, 475, 476, 491, 506, 586 Ostrogski, Konstanty 331, 332, 337, 326, 338, 339f., 374, 381, 382, 396, 407 Ostroróg (Familie) 346, 348, 355 Ostroróg, Jan 218, 331, 424, 426, 429– 433, 435, 449, 511, 515 Ożga, Piotr 515 Pac (Familie) 217, 346 Paprocki, Bartłomiej 73, 105–128, 144, 169, 189, 273, 304, 348, 355, 357f., 512 Paris 64 Pastorius, Joachim 605 Paulus, Heiliger 497 Pawiński, Adolf 39 Pawłowska-Kubik, Agnieszka 42, 506, 520, 525 Pękosławski, Prokop 417, 461, 472, 481, 507f., 509, 526, 528, 560, 577, 589, 596 Petrycy, Sebastian 59, 162, 164, 171, 172, 176, 188, 219 219, 322 Pettit, Philip 26 Peyton, John 194 Philipp II. (K. v. Spanien) 170, 296 Piasecki, Paweł 605–607, 608, 609 Piasten-Dynastie 61, 110, 111, 123, 124, 304, 539, 565 Pietrzyk-Reeves, Dorota 25, 26, 43, 192 Pilatus, Pontius 549 Płachcińska, Krystyna 265 Płaza (Familie) 346 Płaza, Stanisław 255, 269, 285 Plichta, Konstanty 579 Pocock, John G.A. 25f. Pohlig, Matthias 551 Ponętowski, Stanisław 501 Popiel 609 Potocki (Familie) 352, 564 Potocki, Jan 362 Pretwicz, Jakub 579 Przerembski (Familie) 355 Przyjemski, Andrzej 441 Przyłuski, Jakub 52, 131, 136f., 138, 139, 141, 145, 146, 152, 153, 156, 192, 277
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Personenregister
Pstrokoński, Maciej 235, 331, 334, 362, 397, 415, 423, 433, 425, 459, 579, 580 Quintilian / Marcus Fabius Quintilianus 71 Radawiecki, Andrzej 90 Radziejowski, Hieronim 280 Radziwiłł (Familie) 62, 63, 82, 83, 84, 87, 88, 119, 242, 252, 303, 335, 339, 346, 350, 351, 354, 355, 356, 358, 361, 363, 364, 381, 382, 395, 397, 407, 408, 448, 464, 466, 584f., 607 Radziwiłł, Albrycht (Lit. Gmarsch.) 335 Radziwiłł, Janusz (Lit. Mundsch.) 1f., 51, 85f., 91, 93, 95f., 252, 335–338, 351, 359f., 363, 374, 381, 407, 435f., 438, 446, 448, 457– 459, 465, 467, 471, 473f., 476f., 492–494, 496–500, 505f., 509f., 511, 521f., 523, 526f., 537, 575, 576, 577, 578, 582, 584–586, 587, 595f., 599f., 601, 603, 605, 615f. Radziwiłł, Jerzy (Kard., B. v. Krakau) 239, 335 Radziwiłł, Krzysztof Mikołaj (Vater v. Janusz) 81f., 83, 231, 395f., 335–338, 339, 381, 382 Radziwiłł, Krzysztof II. (Bruder v. Janusz) 407 Radziwiłł, Mikołaj (Czarny / der Schwarze) 62f. Radziwiłł, Mikołaj (Rudy / der Rote) 87 Radziwiłł, Mikołaj Krzysztof (Woj. v. Wilna) 83f., 87, 92, 95f., 103, 335, 486, 584 Radziwiłł, Stanisław (Kast. v. Samogitien) 87 Radziwiłłówna, Krystyna, s. Zamoyska, Krystyna Radziwiłłówna, Ludwika Karolina 351 Raphael, Lutz 45 Rassius, Adam 85f., 91, 93, 96, 600 Rej, Mikołaj 66f., 72, 73, 79 Rembowski, Aleksander 40, 46, 284, 441, 455, 467, 471 Rhode, Maria 54 de Ribadeneira, Pedro 321 Ricœur, Paul 600 Romer, Adam 70 Romiszewski, Jan 579 Rousseau, Jean-Jacques 20 Rozdrażewski (Familie) 355f. Rozdrażewski, Hieronim 301, 331 Rózkowski, Jan 579 Rudnicki, Szymon 233, 235, 424, 425,
Rudolf II. (Kais. Hl. Röm. Reich) 296, 387 Russocki (Familie) 356 Ryszkowski, Stanisław 417, 418–423, 435, 447 Rytwiański, Jan 273, 274.f., 276, 288 Sabean, David W. 56, 57, 618 Sadeler, Aegidius 310, 311f. Sallust / Publius Sallustius Naso 85, 428, 434 Salomo, Israel. König 142 Samsonowicz, Henryk 21 Sanguszko (Familie) 358 Sapieha (Familie) 366, 367, 343, 344, 346, 350 Sapieha, Aleksander 232 Sapieha, Andrzej 239, 241, 242, 343 Sapieha, Lew 85, 91, 92, 94, 153, 331, 333, 335, 337, 339, 386, 405, 424, 446, 511, 576, 585, 601 Sapieha, Paweł 331 Scharffenberger, Mikołaj 79 Schenking, Otto 425, 511 Schlögl, Rudolf 597, 625 Schmitt, Henryk 38f., 46 Schramm, Gottfried 44, 398 Schröder, Jan 135 Schwerhoff, Gerd 197 Seklucjan, Jan 160, 164 Seneca 114, 217f., 219 Sieciński (Familie) 346 Siemieński, Józef 17 Sieniawska (Gostomska), Elżbieta 343– 345, 349 Sieniawska, Urszula, s. Gostomska, Urszula Sieniawski (Familie) 343, 344, 356 Sieniawski, Adam Hieronim 362, 487 Sieniawski, Mikołaj 343 Sieniawski, Prokop 343, 344, 345, 349, 362 Sienieński, Jakub 461, 463, 465, 472, 479, 481, 515, 573 Sierakowski, Marcin 526 Sigismund I. (K. v. Polen) 269, 288, 316 Sigismund II. August (K. v. Polen) 28, 81, 304 Sigismund III. Wasa (K. v. Polen) 1, 2, 3, 38, 40, 41, 42, 44, 49, 81, 84, 89, 96, 105, 141, 143, 154, 195, 216f., 220, 227, 229, 230, 241, 253, 254, 255, 259, 274, 277, 281, 295, 297–330, 332, 335, 338, 341, 349, 352, 357, 360, 362, 364,
Personenregister 365, 366, 369, 373, 377, 380, 383f. 386, 387, 390, 391 394, 395, 397, 399, 404, 411, 413, 417, 418, 419, 435, 437, 438, 440, 442, 444, 447, 448, 449, 454, 463, 467, 472, 478, 479, 483, 484, 485, 487, 488, 491, 497, 498, 500, 504, 506, 513, 515, 516, 517, 521, 553, 572, 574, 575, 578, 581, 584, 587, 589, 590, 592, 595, 597, 600, 601, 603, 607, 611, 612, 614, 616, 624, 625 Sigismund Kasimir Wasa (Prinz) 317 Sikora, Michael 262 Simmel, Georg 65 Simonetta, Francesco 499 Skarga, Piotr 84, 88, 89, 90, 95, 102, 157, 158, 166, 171, 173, 174–176, 177, 183, 185, 186, 188, 317f., 320f., 322, 326, 345, 347, 380, 414, 485, 490f., 536, 537, 546, 548, 549f., 551, 555, 601 Skinner, Quentin 24, 26 Skowron, Ryszard 215 Skumin Tyszkiewicz, Teodor 331 Słucka, Zofia 252, 337f., 351, 374, 381 Słupecki, Szczęsny 424, 473, 476 Smoleński, Władysław 39, 40 Sobecki, Sebastian 194 Sobieski (Familie) 352 Sobieski, Marek 334, 395 Sobieski, Sebastian 362 Sobieski, Wacław 41, 406, 414, 418, 423 Sokołowski, August 40 Speth, Rudolf 197f. Stabrowski, Piotr 460, 464, 465, 470, 476, 526 Stadnicki (Familie) 356, 344, 346, 356, Stadnicki, Adam 331, 332, 343f., 350, 362 Stadnicki, Stanisław „Diabeł“ 51, 303, 445, 448, 460, 461, 463, 481, 482, 492, 493, 494, 497, 506, 508, 524, 526, 561– 568, 569, 570, 572f., 589, 596, 601, 603 Stadnicki von Lesko, Stanisław 417, 436 Stanisław, Heiliger 553 Stephan Báthory (K. v. Polen) 38, 59, 81, 107, 111, 112, 124, 140, 218, 220, 241, 242, 244, 255, 273, 277, 278, 288, 295, 297, 299, 303, 307, 311, 315, 319, 333, 340, 352, 358, 361, 364, 377, 378, 383, 390, 391, 394, 395, 404, 405, 442, 468, 495, 505, 568, 572, 574, 589, 611 Stephanus Junius Brutus 539 Stobaios, Johannes 111 Stollberg-Rilinger, Barbara 65 Stolleis, Michael 178
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Strohm, Christoph 114 Strohmeyer, Arno 268, 625 Sucheni-Grabowska, Anna 54, 256 Sulima Kamiński, Andrzej 20, 33 Swoszowski, Jan 515 Sybilla von Sachsen, Herzogin 164 Szamotulski (Familie) 349 Szczawińska, Zofia 344 Szczerbic, Paweł 59, 157, 168, 183, 186, 188, 322 Szlichting / Schlichting, Jan 514 Szpaczyński, Przemysław 298 Szujski, Józef 39 Szyszkowski, Marcin 331, 424, 425, 426– 428, 429, 532 Talbot, Charles H. 194 Tarło (Familie) 342, 344, 360 Tarłówna, Zofia, s. Gostomska, Zofia Tarnowska, Zofia 347 Tarnowski (Familie) 356, 357 Tarnowski, Jan 73f., 295, 331 Tarnowski, Stanisław 511 Tasso, Torquato 79 Taszycki, Mikołaj 131, 132, 134, 269, 272 Tęczyńska, Zofia 343, 350 Tęczyński (Familie) 240f., 343, 356, 357, 358, 362, 363 Tęczyński, Andrzej 240, 487, 424 Tęczyński, Gabriel 240f., 585 Tęczyński, Jan 240, 361, 331 Tethys 310 Thomas von Aquin 26, 90, 233, 234, 537, 539 Tolosanus / Pierre Grégoire 181 Trevor-Roper, Hugh 215 Turchetti, Mario 181, 207 Turner, Victor 593f. Tygielski, Wojciech 237, 334, 395 Tylicki, Piotr 252, 295, 331, 335, 369, 424, 425, 478, 486, 511, 512 Typotius, Johannes 310, 311 Tyszkiewicz (Familie) 346, 356 Uchański (Familie) 346 Ujazdowski, Marcin 71 Urbaniak, Violetta 300, 334, 395 Uspenskij, Boris A. 366 Valenti, Erminio 194 van Gelderen, Martin 24, 187 Vassilij Šujskij (russ. Zar) 366, 495 Vergil 312, 393
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Personenregister
Vincenzo I. Gonzaga (Hz. v. Mantua) 415, 453, 480 Vives, Juan Luis 235f. Volanus, Andreas 156, 171, 172, 173, 175, 176, 177, 184, 185, 188, 191, 336, 338, 552 Wandycz, Piotr 20f. Warszewicki, Krzysztof 80, 169, 171, 172, 176, 183, 556 Warszycki, Stanisław 346, 423, 424, 579 Waszink, Jan 167, 168 Weber, Max 32, 163, 165, 198 Weiher (Familie) 346 Wereszczyński, Józef 75–77 Wicki, Jan 515 Widziewicz, Marcin 83, 91 Wielopolski (Familie) 356 Wiesiołowski, Piotr 579 Wisner, Henryk 27, 43, 298f., 466, 493, 580 Wiśniowiecki (Familie) 346, 358, 366, 367 Witkiewicz, Stanisław 5, 14 Witold Jagiełło (Gf. v. Litauen) 419 Władysław I. Jagiełło (K. v. Polen) 118, 124, 421 Władysław II. Jagiellończyk (K. v. Ungarn u. Böhmen) 316 Władysław IV. (K. v. Polen) 229, 245, 255, 315, 317, 318,323, 330, 352, 367, 368, 605 Wołi, Paweł 331 Wołłowicz (Familie) 346, 360 Wołłowicz, Eustachy 84 Wołłowicz, Hieronim 331, 424 Woyna (Familie) 346 Woyna, Benedykt 511 Woyna, Gabriel 331 Wujek, Jakub 347 Wyczański, Andrzej 6 Zaborowski, Stanisław 156 Zagorin, Perez 35, 215, 216 Zamoyska, Krystyna 62, 337 Zamoyski (Familie) 346 Zamoyski, Jan (Krongroßkanzler) 27f., 29, 30, 35, 62f., 68,69, 143, 229, 231, 237,
238, 241–244, 274, 295, 296, 297, 299, 300, 303, 305, 307, 325, 333f., 335, 337, 339, 350, 353, 354, 361, 362, 367, 368, 369, 372, 374, 379, 381, 383, 384, 386, 388, 389, 390, 391, 394, 395, 396, 397, 400, 404, 407, 408, 416, 417, 495, 527, 536, 602, 611, 625 Zamoyski, Jan (Erzb. v. Lemberg) 331, 511 Zamoyski, Jerzy 331 Zamoyski, Tomasz 395, 575, 577 Zaręba (Familie) 573f. Zasławski (Familie) 358 Zasławski, Aleksander 423f., 425 Zbaraski (Familie) 346, 358 Zbaraski, Janusz 487 Zbąski (Familie) 349 Zbąski, Jan Stanisław 349 Zborowski (Familie) 244, 273, 303, 304, 362, 536, 568 Zborowski, Aleksander 505 Zborowski, Andrzej 361, 362 Zborowski, Krzysztof 505, 611 Zborowski, Marcin 269, 270 Zborowski, Samuel 505, 611 Zebrzydowski (Familie) 346, 347 Zebrzydowski, Andrzej 396 Zebrzydowski, Jan 578 Zebrzydowski, Mikołaj 1, 2, 3, 37, 44, 51, 229, 239, 243, 244, 296, 303, 325, 329, 334, 347, 360f., 363, 364, 374, 395, 396f., 402, 403–405, 406, 407, 408f., 414, 415, 432, 434, 439, 441, 442f., 444, 448, 455, 456, 457, 459, 462, 463, 464, 465, 471, 472, 476, 479, 480, 481, 488, 492–497, 498–500, 502, 505, 506, 518f., 522, 524, 526, 533, 537, 538, 540, 555, 562f., 569–572, 576, 577, 578, 582–589, 592, 595, 596, 601, 602, 605, 609, 611, 614, 615, 625 Zenowicz / Zienowicz, Jerzy 336, 438f., 440, 516 Żeroński, Piotr 333, 416 Żółkiewski, Stanisław 229, 334, 368, 395, 485, 515, 564, 574, 579, 586, 587, 601
Ortsregister Auschwitz und Zator (Hzgt.) / poln. Oświęcim i Zator 122, 248 Bełz / ukr. Belz 28, 367, 372, 373, 374, 383, 388, 407, 408, 465, 503 Biała Podlaska / Radziwiłłowska 63 Bracław / ukr. Braclav 122, 425, 465 Brandenburg 351, 359, 370, 388, 399, 425, 449, 486, 507, 585, 596 Braniewo / dt. Braunsberg 236, 318 Brześć Kujawski / dt. Kujawisch Brest 248, 380, 382 Brest (Stadt) / belarus. Brėst 63, 331 Byczyna / dt. Pitschen 299 Chełm / ukr. Cholm 248, 331, 465, 605 Chmielnik 281, 283, 286 Czechów 331, 476 Czersk 521, 523 Czerwińsk 566 Danzig / poln. Gdańsk 158, 178, 179, 217, 251, 252, 271, 281, 282, 301, 307, 380, 382, 423, 424, 425, 432 Dobromil / ukr. Dobromil’ 51, 53, 55 England 20, 42, 79, 100, 193, 215, 289, 386, 495, 511, 530 Ermland / poln. Warmia 233, 234, 242, 257, 295, 331, 349, 416, 424, 425 Estland 298, 301, 308, 312, 365, 384, 385, 488, 520 Finnland 300 Frankreich 10, 12, 32, 42, 88, 100, 153, 164, 194, 220f., 225, 318, 319, 350, 356, 360, 375, 394, 433, 495, 511, 534, 538, 539, 617, 622 Gliniany 275, 565, 606, 607, 609, 611, 614 Gnesen / poln. Gniezno 295, 331, 441, 501, 502, 511
Großpolen / poln. Wielkopolska 93, 128, 149, 249, 252, 253, 254, 255, 303, 341, 342, 343, 344, 347, 348, 350, 367, 373, 380, 381, 398, 406, 408, 416, 424, 435, 436, 439, 442, 447, 452, 453, 454, 465, 472, 473, 474, 476, 501, 503, 506, 510, 512, 514, 526, 580, 581, 582, 610, 613, 624 Guzów 577f. Halicz / ukr. Galič 248, 510, 515 Heiliges Römisches Reich 10, 13, 33,76, 83, 92, 98, 119, 142, 160, 355, 358, 360, 560 Inowrocław / dt. Inowrazlaw 248, 424, 425, 465, 477, 580 Italien 10, 79, 95, 354, 412, 449, 495, 531, 554, 561, 601, 602, 603 Janowiec 2, 41, 42, 451, 493, 497, 498, 499, 500, 502, 505, 519, 522, 535, 560, 570, 573, 576, 595, 603, 606, 607, 610, 626 Jarosław 347 Jędrzejów 282 Jeziorna 521, 524, 537, 578, 595, 626 Kalisch / poln. Kalisz 248, 252, 254, 255, 367, 374, 376, 398, 405f., 407, 408, 447, 454, 465, 483, 501, 502, 503, 510, 514, 580, 581 Kamieniec 219, 241, 503, 605 Kastilien 10, 353 Kiew / ukr. Kyïv 75, 76, 77, 122, 150, 331, 371, 374, 381, 406, 408, 425, 465, 471 Kirchholm / lett. Salaspils 318, 385, 420, 446 Kleinpolen 54, 249, 252, 303, 335, 367, 405, 408, 415, 447, 462, 464, 465, 485, 514, 596
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Ortsregister
Kobryń / belarus. Kobr’in 579 Koło 501–503, 506, 507, 515, 523, 561, 574, 594, 610, 626 Koprzywnica 492, 527, Krakau / poln. Kraków 1, 6, 59, 79, 81, 84, 87, 88, 105, 108, 116, 218, 257, 258, 264, 295, 303, 306, 307, 322, 324, 329, 331, 340, 345, 347, 361, 367, 368, 374, 376, 377, 379, 380, 382, 393, 394, 396, 398, 402, 403, 404, 405, 408, 409, 410, 412, 415, 432, 435, 436, 440, 441, 442, 447, 452, 454, 459, 460, 461, 462, 464, 465, 475, 479, 483, 485, 493, 494, 501, 502, 503, 504, 505, 510, 511, 514, 518, 524, 526, 532, 569, 571, 576, 577, 580, 583, 584, 585, 587, 589, 590, 596, 615 Krimkhanat 77 Kruszwica 304 Kujawien / poln. Kujawy 295, 331, 374, 424, 425, 511 Kulm / poln. Chełmno 120, 214, 305, 331, 423, 425 Łańcut 566 Lappland 384 Łęczyca 93, 331, 374, 423, 424, 442, 473, 477, 501, 503, 573, 574, 579, 580, Łuck / ukr. Luc’k 331, 424, 425, 426 Lemberg / poln. Lwów / ukr. L’viv 59, 168, 269, 270, 271–273, 274, 275, 276, 279, 281, 284, 285, 286, 288, 331, 343, 404, 410, 442, 450, 460, 511, 515, 588, 606, 607 Livland / poln. Inflanty 99, 117, 218, 311, 312, 365, 385, 399, 401, 414, 425, 427, 446, 464, 468, 513, 580 Lublin 67, 70, 110, 119, 230, 240, 256, 282, 283, 286, 325, 361, 396, 398, 418, 449, 450, 451, 452, 454–461, 465–467, 469, 470, 471, 473, 475, 476, 478, 480, 482, 483, 484, 485, 489, 493, 498, 501, 502, 503, 504, 507, 508, 514, 523, 526, 564, 573, 580, 582, 585, 594, 609, 610, 626, 627 Mähren 105, 300 Małogoszcz 331 Masowien / poln. Mazowsze 132, 153, 217, 248, 249, 258, 350, 370, 406, 407, 412, 423, 424, 425, 465, 497, 503, 512, 515, 565, 580 Mątwy / dt. Montwy 613, 614 Mielnik 276f.
Moldau (Fürstentum) 122, 351, 365, 387, 391, 400 Moskau 64, 76, 77, 81, 117, 160, 253, 297, 298, 302, 308, 311, 330, 365, 366, 370, 384, 385f., 391, 401, 405, 449, 486, 525, 568, 625 Nowogródek / belarus. Navahrudak 122, 331, 397 Oliva / poln. Oliwa 301 Opatów 410, 577 Orsza / belarus. Orša 503 Osmanisches Reich 77, 326, 365, 387, 388, 399, 400, 405, 425, 513 Osteuropa 8 Ostmitteleuropa 7, 8, 9, 11, 14, 21, 624 Otwock 18 Padua 234 Pernau / estn. Pärnu 464 Petrikau / poln. Piotrków 258, 445, 583 Pistoia 601 Płock / dt. Plock 37, 47, 122, 252, 331, 379, 406, 424, 425, 441, 473, 503, 515, 602, 605, Podlachien / poln. Podlasie 423, 425, 428, 465, 473 Podolien / poln. Podole 425, 465, 561, 564, 566, 567, 568, 579, Połock / belarus. Polack 117, 239, 331, 466 Pomorze / dt. Pommerellen 122 Posen / poln. Poznań 68, 84, 239, 248, 252, 255, 295, 331, 348, 349, 367, 374, 376, 380, 382, 398, 405, 407f., 417, 424, 430, 432, 435, 447, 454, 455, 465, 473, 476, 479, 483, 496, 502, 503, 510, 511, 514, 515, 579, 580, 581, 600, 609 Przemęt 579 Przemyśl 51, 331, 332, 349, 417, 423, 424, 425, 461, 515, 579, 605, 607 Preußen – Königliches Preußen 70, 88, 120, 123, 132, 179, 248, 249, 250, 342, 367, 368, 370, 437, 452 – Herzogtum Preußen 106, 122, 160, 164, 325, 351, 384, 388, 391, 399, 400, 405, 406, 425, 469, 484, 507, 508, 509, 513 – Brandenburg-Preußen 12 Radlin 347
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Ortsregister Radom 122, 123, 281, 282, 286, 503, 577 Radomsko 477 Radziejów 248 Raków 481 Ratno / ukr. Ratne 349 Rawa 122, 282, 342, 424, 465, 476, 479, 589 Rom 62, 150, 234, 295, 315, 324, 490, 499 Rozprza 579 Ruthenien / poln. Rus 106, 122, 123, 249, 302, 303, 335, 343, 347, 350, 366, 370, 381, 408, 425, 465, 473, 475, 515, 579, 581 Sądowa Wisznia / ukr. Sudova Vyšnja 248, 581 Sandomierz / dt. Sandomir 2, 3, 62, 208, 273, 331, 345, 398, 406, 410, 417, 435, 451, 453, 460, 465, 467, 470, 471–504, 511, 513, 514, 517, 519, 520, 521, 523, 526, 528, 545, 555, 560, 577, 592, 594, 607, 609, 610, 627 Schlesien / poln. Śląsk 300, 319, 613, Schweden 40, 81, 220, 229, 253, 296, 298, 300, 301, 302, 304, 305, 306, 308, 310, 311, 312, 315, 317, 323, 325, 328, 330, 356, 365, 370, 384, 385, 386, 389, 390, 391, 396, 401, 402, 405, 406, 410, 446, 468, 531, 578, 580 Sieciechów 521 Sieradz 134, 255, 256, 371, 412, 442, 465, 510, 573, 574, 579 Smoleńsk / dt. Smolensk 122, 337 Sochaczew 579 Sokal 566 Spanien 10, 169, 170, 215, 321, 531, 542, 543, 544, 554 Środa Wielkopolska 248, 252, 253, 255, 347 Stężyca 41, 331, 493, 412, 414, 415, 416, 420, 425, 426, 427, 430, 431, 437, 439, 440–444, 446–449, 450–455, 458, 461, 462, 465, 467, 469, 470, 471, 473, 482, 483, 484, 485, 493, 498, 519, 522, 523,
527, 540, 573, 578, 591, 592, 594, 604, 609, 626, 627, Thorn / poln. Toruń 69, 104, 158, 251, 338 Traken / poln. Troki, lit. Trakai 331, 335, 579 Troja 63, 64, 80, 87 Tschenstochau / poln. Częstochowa 613 Ungarn 9, 50, 73, 214, 272, 300, 316, 355, 387, 400, 425, 433, 445, 468, 486, 557, 558, 568, 617 Uppsala 310 Venedig 53, 170, 171, 463 Wąchock 521, 523 Wałcz / dt. Deutsch Krone 348 Warka 576, 582 Warschau / poln. Warszawa 62, 63, 216, 217, 258, 259, 322, 327, 345, 346, 367, 399, 410, 414, 422, 424, 436, 439, 440, 452, 485, 510, 521, 522, 576, 582, 586 Westeuropa 7, 12, 19, 178 Wilna / poln. Wilno, lit. Vilnius 83, 84, 96, 98, 99, 231, 234, 281, 316, 318, 331, 335, 338, 347, 380, 382, 407, 446, 466, 486, 511, 584, 596 Wiślica 424, 451f., 478f., 484–488, 490f., 500, 510, 513, 519f., 525, 555, 561, 569, 574, 604, 606f., 609f., 615, 626 Witebsk / belarus. Vicebsk 122 Wojnicz 331, 332 Wolhynien / poln. Wołyń, ukr. Volin’ 122, 150, 226, 423, 425, 471 Wyszogród 579 Żarnów 424, 476 Zator (Stadt) 248 Žemaiten o. Samogitien / poln. Żmudź, lit. Žemaičiai 106, 122, 339 Zürich 182
Sachregister Adelsdemokratie 5, 6, 14–18, 20, 21, 22– 24, 39, 41, 42, 43, 44, 75, 155, 341, 389, 474 Adelsrepublik 4, 5–27, 28, 29, 31, 33, 41, 44, 55, 165, 195, 624 Allgemeines Aufgebot 2, 52, 74, 76, 247, 269, 272, 286, 405, 410, 450, 456, 527, 574 Amtswürde 30, 32, 65, 89, 93, 95, 96, 98, 99, 109, 112, 116, 117, 137, 142, 147, 190, 191, 225, 232, 238, 244, 279, 335, 449, 509, 571, 602 Articuli Henriciani s. Wahlkapitulation Beuthen-Będzin (Vertrag) 296, 297, 305 bonum commune s. Gemeinwohl crimen laesae maiestatis 36, 149, 152, 227, 269, 276, 278–280, 282, 288, 438, 439, 472, 578, 611, 626 crimen perduellionis 269, 276, 278, 280, 282, 562, 578 dignitas, Dignität 31, 62, 94, 146, 155, 173, 188, 190, 191, 227, 233, 242, 244, 278, 342, 364, 370, 394, 422, 430, 461, 477, 479, 486, 618, 621, 622 Dominikaner 88, 90, 319, 345, 346, 394 Duell 2, 72, 494–496, 561–563, 567, 569, 572 Dynastie 14, 38, 52, 54, 61, 86, 87, 88, 107, 110f., 116, 118, 124, 201, 207, 296, 297, 298, 300, 301, 303–305, 308, 314–318, 330, 360, 362, 364, 365, 384, 385, 387, 390, 391, 419, 421, 468, 477, 489, 517, 522, 525, 539–541, 543, 605, 624, 625 Ehre 1, 31, 32, 61, 65, 66, 73, 83, 96, 99– 103, 115, 129, 137, 144, 146, 153, 154, 166, 189, 192, 197, 198, 218, 220, 221,
236, 266, 290, 292, 376, 401, 402, 408, 433, 448, 461, 477, 486, 494, 495, 496, 522, 538, 563, 568, 569, 572, 588, 618, 619, 620, 622 Erbmonarchie 330, 368, 370, 373, 383, 468, 606 Favoriten 34, 383, 390 Franziskaner 94, 319 Freiheit 15, 24–27, 28, 29f., 56, 57, 61, 66, 85, 116, 137–139, 140, 147, 153, 174, 176, 177, 178, 190–192, 206, 210, 227, 255, 267, 270, 272, 273, 274, 277, 278, 282, 288, 299, 325, 367, 382, 402, 409, 411, 415, 418, 419, 421, 426, 431, 436, 439, 440, 462, 468, 470, 477, 493, 504, 516, 518, 521, 534, 542, 553, 558, 565, 575, 576, 600, 601, 604, 619 Gemeinwohl 64, 68, 90, 153, 176, 186, 204, 243, 244, 372 Gravamina 267, 373, 382, 383, 391, 401, 421, 436, 437, 438, 439, 440, 442, 443, 444, 445, 446, 447, 448, 467, 480, 483, 488, 490, 501, 507, 508, 510, 513, 592, 597, 624, 625 Hochadel 1, 2, 32, 33, 34, 36, 62, 88, 97, 99, 102, 103, 143, 195, 211, 214, 216, 218, 231, 238, 242, 256, 286, 301, 303, 314, 325, 329, 335, 340, 341, 346, 350, 352, 359, 360, 363, 366, 370, 374, 380, 381, 385, 389, 390, 391, 395, 397, 398, 405, 410, 411, 414, 434, 448, 453, 459, 472, 475, 481, 496, 498, 505, 522, 569, 575, 585, 593, 603, 608, 618, 619, 622, 623, 624, 625 Hochverrat s. crimen perduellionis
Sachregister Jesuiten 39, 40, 67, 68, 69, 70, 83, 84, 88, 90, 150, 155, 157, 171, 173, 174, 175, 234, 236, 317, 318f., 320, 321, 322, 344, 345, 346, 347, 382, 390, 396, 489, 491, 492, 521, 530, 543–554, 555, 557, 558, 560, 563, 607 Katholiken / Katholizismus 2, 37, 40, 51, 62, 75, 90, 91, 92, 156, 158, 173, 182, 184f., 228, 236, 257, 263, 298, 301, 312, 319, 324, 326, 328, 332, 335, 339– 342, 344f., 347, 379, 381, 397, 407, 408, 417, 445f., 448, 481f., 490f., 520, 526, 542, 547f., 550, 552, 553f., 582, 603, 606 Kleinadel 11, 407, 575, 618 Konfession 68, 87, 89–91, 104, 150, 171, 182, 184–187, 191, 236, 252, 268, 274, 281, 301, 303, 311, 321f., 324, 327f., 329, 332f., 338–342, 344, 345, 350f., 370, 379f., 382f., 384, 390, 395f., 397f., 400, 410, 415, 417f., 422, 426, 436, 445f., 447f., 464, 466, 469, 481f., 488, 490f., 519, 530, 531, 538, 544, 546f., 548, 551–554, 592, 598, 602, 604, 606, 624f. Konversion 62, 92, 340–342, 344, 345, 350 Krondomäne 54, 74, 143, 155, 226, 228, 485 Landboten / Landbotenkammer 139, 141, 194, 201, 203, 205, 206, 208, 210, 211, 212, 213, 214, 246–248, 254–261, 263f., 266f., 270, 279, 280, 287, 288, 289, 324, 355, 365, 366, 367, 368, 369, 371, 372, 374, 378, 379, 382, 383, 401, 402, 406, 413f., 416, 417, 418f., 420– 422,426, 427, 429, 430, 435, 436, 437– 441, 442, 444, 445, 447–449, 457, 472, 489, 510, 512, 513f., 515–519, 521, 523, 559, 611, 621, 623 Landbotenmarschall 263, 264, 266, 355, 365, 366, 367, 374, 416, 417, 418, 419, 420, 421, 435, 438, 447, 449, 472, 512 Łaski-Statuten 121f., 130, 131, 132, 134, 136, 141, 246, 257, 270 Litauische Statuten 122, 131, 141, 150– 153, 279 Magnaten 11, 18, 31, 32f., 34, 41, 112, 242, 249, 285, 597
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Magnatenoligarchie 5, 6, 14, 16, 17, 18, 19, 20, 23, 41, 43, 44, 389 Majestätsverbrechen s. crimen laesae maiestatis Mischverfassung 5, 20, 23, 26, 35, 36, 40, 43, 49, 167, 171, 178, 180, 181, 182, 187, 191, 193, 194, 199, 202, 213, 214, 266, 268, 288, 289, 290, 292, 375, 379, 389, 391, 394, 396, 399, 403, 409, 413f., 416, 423, 432, 435, 497, 526, 534, 541, 556, 594, 595, 598, 612, 621, 624 Mitteladel 11, 18, 33f., 252, 618 monarchia mixta s. Mischverfassung Monarchismus 14, 16, 24, 195 Neostoizismus 114, 329, 309, 375, 550 Nihil novi (Gesetz) 123, 246, 247, 270 Orthodoxe / Orthodoxie 325f., 332, 336– 340, 381f., 384, 390, 395, 397, 408, 488, 520, 521, 554, 598, 625 Pacta conventa s. Wahlkapitulation Privata / Privatinteressen 38, 40, 53, 91f., 176, 367, 371, 403, 406, 413, 422, 428, 518, 579, 604, 605 Quartheer 574, 580 Reformierte 2, 62, 85, 91, 143, 156, 171, 175, 179, 185, 335, 336, 337f., 344, 350f., 382, 436, 445, 481f., 538, 552, 607 Regalismus 195, 418, 529 regimen mixtum s. Mischverfassung 23 Relationssejmik 255, 256, 454, 462, 466, 469, 580 Republikanismus 14, 20 (Republikaner), 23, 24, 25 Rhetorik 58, 64, 66, 67, 68, 69–72, 75, 76, 87, 95, 101, 102, 103, 115, 188, 189, 191, 192, 236, 237, 254, 265, 276, 314, 379, 414, 418, 426, 429, 430, 432, 433, 486, 494, 495, 512, 534, 549, 551, 584, 612, 615f. Ritter (Ritterschaft / Rittertum) 53, 63, 66, 72–82, 90, 107, 108, 109, 110, 116, 117, 119, 121, 123, 124, 125, 126, 127, 140, 172, 179, 189, 286, 311, 348, 357, 367, 376, 454, 472, 487, 472, 487, 496, 556, 567, 572, 618, 620
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Sachregister
Römisches Recht 131, 138, 151, 152, 156, 187, 219, 247, 269, 279, 560 Sarmatismus 11, 12, 15, 44, 531 Sejmgericht 269, 272, 517, 518, 578, 613 Sejmik 2, 28, 52, 146, 147, 205, 206, 228, 248–256, 279, 282, 284, 287, 290f., 298, 334, 366–372, 374–381, 383, 385, 386, 388f., 397f., 400–402, 405–417, 420, 423f., 424, 426, 429, 441, 446f., 454, 461f., 465, 466, 467, 469f., 472, 481, 500f., 504, 506, 510, 513, 515, 523, 529, 533, 541, 574, 579–581, 594, 596, 610, 621, 626 Senatoren / Senat 1, 28, 30, 33, 34, 36, 64, 66, 70, 89, 92, 93, 99, 102, 109, 111, 133, 134, 139–141, 143, 145, 155, 170, 172, 176–178, 183, 186, 193f., 199, 201, 203–206, 210–214, 216, 218, 222f., 225, 227f., 230, 232f., 238f., 241, 246f., 251, 253, 256–264, 266f., 270, 273, 277–279, 282f., 286–290, 295– 297, 324f., 327, 338–342, 347–349, 352, 362, 366, 368, 371, 373, 374, 376, 377, 378–380, 382f., 386, 394f., 399, 401, 405f., 408–410, 412, 414, 418, 420–429, 431–435, 437–439, 441–445, 448–451, 454f., 457–459, 461–467, 471–479, 481, 483, 485–490, 492–494, 496, 498, 503f., 507–527, 536, 539, 547, 556, 559, 562, 565, 568, 570f., 574, 579, 582, 584–589, 591, 593, 595, 598, 603, 606, 618, 621, 623, 625 Senat, röm. 69, 451 Sonderweg 5–7, 11, 15, 19, 20, 23, 165, 531, 617 Starostei 226, 228, 238, 240–242, 348– 350, 411 Szlachta 11, 33
Tataren 75f., 77, 78, 253, 365, 383, 387f., 391, 399, 401, 402, 404f., 413, 419f., 425–427, 435, 449, 469, 492, 513 Tugend 1, 26, 31, 52f., 56, 61, 66f., 71, 79, 80f., 83, 85f., 90f., 94–96, 99–102, 105–107, 110–121, 125f., 135, 137, 146f., 154, 156f., 162, 168–172, 175– 177, 188f., 191, 196, 198f., 204f., 209f., 213f., 222f., 242–244, 286, 290, 292, 308f., 313f., 316, 320–322, 325, 328f., 348, 361, 412, 415, 431, 433–435, 442, 444, 448, 450, 459, 461, 469, 493f., 509, 512, 521f., 525, 536, 540, 542, 550, 552, 554, 557, 563, 566, 568, 570, 603, 618, 620–622 Union von Brest 326, 370, 381, 382, 408, 464, 625 Union von Horodło 118, 119 Union von Lublin 54, 110, 119, 227f., 230, 325, 452, 459 vivente rege 260, 330, 367, 368, 369, 376, 387, 613, 626 Wahlkapitulation 28, 52, 140, 202, 245, 254, 276–278, 301f., 367, 372, 378– 380, 436f., 440, 451, 468, 488, 520, 524f., 528, 534, 598, 606 Wappenverband 86, 107–110, 112, 116– 118, 120, 125, 348 Warschauer Konföderation 151, 281, 301, 325f., 339, 368, 380, 382, 405, 436, 440, 444f., 482, 490, 519–521, 552, 592 Widerstandsrecht 5, 35f., 167, 180–187, 268, 276, 278, 291, 538f., 556, 564, 568, 628