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German Pages 328 [332] Year 1910
Deutsches Lesebuch für
höhere Mädchenschulen von
Karl Hessel.
Fünfter Teil.
Fünfte Klasse. Elfte, unveränderte Auflage.
Bonn 1910.
A. Marcus und E. Webers Verlag.
Borwort zur zehnten und elften Auflage. Die jetzt für die preußische Monarchie geltenden Lehr pläne der höheren Mädchenschule haben dem vorliegenden fünften Teil dieses Lesebuchs (5. Klasse) ein Gesicht ver liehen, das im Vergleich zu seinem bisherigen Aussehen einige neue Züge aufweist. Ich denke aber, doch keine sremd anmutenden Züge! Insbesondere ist mit Rücksicht auf den geschichtlichen Lehrstoff dieser Klasse das Alter tum ausgiebig verwertet worden. Auch im poetischen Teil sind Stoffe aus dem Altertum mit Vorliebe herangezogen worden. Wird der kindliche Geist ein Jahr über im ge schichtlichen Unterricht mit Stoffen aus dem Altertum ge nährt, so steht er auch im deutschen Unterricht solchen Ge dichten und Lesestücken so williger offen, welche Einzel heiten aus der alten Kulturwelt in ansprechender Form anbieten. Leider ist das Gebiet der alten Kunst und Litera tur für dieses Lebensalter noch kaum zugänglich. Das wird in der 1. Klasse nachgeholt. Ähnlich ist es mit den Schilderungen aus der Erd kunde, wenn sie die kindliche Einbildung in Gegenden füh ren, die ihnen der erdkundliche Unterricht schon erschlossen hat, besonders wenn sie so unterhaltend geschrieben sind, wie Bismarck über seine Fahrt durch die ungarische Steppe berichtet. Daß die Hauptsache trotz alledenr unser schönes Vater land bleiben muß mit seinen Tälern und Bergen, seinen Sagen und Dichtungen, das versteht sich. Bei dieser an gedeuteten Vielseitigkeit der Stoffe war meine Arbeit vor wiegend ein Sieben, solange, bis nur nach meinem Da fürhalten Bestes zurückblieb.
Koblenz, Januar 1910.
Dr. Karl Hessel, Direktor der Hildaschule.
LrKe Abteilung:
Gedichte. Ernst Moritz Arndt. 1. Deutscher Trost. 1. Deutsches Herz, verzage nicht, Tu, was dein Gewissen spricht. Dieser Strahl des Himmelslichts: Tue recht und fürchte nichts!
2. Baue nicht auf bunten Schein! Lug und Trug ist dir zu fein. Schlecht gerät dir List und Kunst, Feinheit wird dir eitel Dunst. 3. Doch die Treue ehrenfest Und die Liebe, die nicht läßt, Einfalt, Demut, Redlichkeit Stehn dir wohl, du Sohn vom Teut. 4. Wohl steht dir das grade Wort, Wohl der Speer, der grade bohrt, Wohl das Schwert, das offen sicht Und von vorn die Brust durchsticht. 5. Deutsche Freiheit, deutscher Gott, Deutscher Glaube ohne Spott, Deutsches Herz und deutscher Stahl Sind vier Helden allzumal. 6. Diese stehn wie Felsenburg, Diese fechten alles durch. Diese halten tapfer aus In Gefahr und Todesbraus.
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Arndt.
Baumbach.
7. Drum, o Herz, verzage nicht, Tu, was dein Gewissen spricht: Redlich folge seiner Spur! Redlich hält es seinen Schwur .
Rudolf Ban mb ach. 2. Das lange Band. Dem günstgen Leser Glück und Heil! In Frankfurt hielt ein Krämer feil Und Pries den Leuten seinen Tand: Gewirkte Borten, Schnur und Band, 5 Leibgürtel, Nesteln, Litzen, Schuhriemen, Schnallen, Spitzen. Da trat zum Meister mit der Elle Herein ein fahrender Geselle Und sprach zu ihm: „Für mein Barett 10 Ich gern ein seiden Bändlein hätt, Damit der Wind, der draußen fegt. Mein Käpplein nicht von dannen trägt." „Gut," sprach der Krämer zu dem Kunden, „Ein solches Band ist bald gesunden. 15 Hier ist das beste, was ich hab: Ich schneid Euch eine Elle ab. Der Preis ist eine Kleinigkeit, Ein Heller nur, weil Ihr es seid." „Ei, Meister," sprach der fremde Wicht, 20 „Die eine Elle langt wohl nicht. Was kostet's, wenn Ihr mir das Band Von einem Ohr zum andern spannt?" Darob der Krämer weidlich lachte: „Ist Euer Kopf so ungeschlachte? 25 Wohlan, gebt mir der Heller zwei. So meß ich Euch, wie weit es sei. Das Band von Ohr zu Ohr, Doch zahlet mir zuvor."
Baumbach. Da warf der fremde Vogel frisch 30 Zwei Heller auf den Ladentisch. Das Band ergriff er drauf behende. Hielt sich ans rechte Ohr das Ende, Tät listig mit den Augen zwinken Und sprach: „Nun meßt mir bis zum linken." 35 Der Krämer lüpfte das Barett; Das Ohr er gern gefunden hätt. Da aber ward dem Meister klar. Daß selbes abgeschnitten war. „Ei," rief er, „Freund, wie kann ich messen? 40 Du hast das linke Ohr vergessen." Da lachte hell der Gauch und sprach: „Lauft nur und meßt dem Ohre nach. Zu Erfurt war's int Sachsenland, Da schnitt mir's ab des Henkers Hand; 45 Dort findet Jhr's am Galgen hangen. Meßt zu, ob Eure Bändlein langen."
Den Krämer faßte jäher Schrecken. Er sprach: „Gesell, du willst mich necken. Wie konnt ich wissen denn zuvor, 50 Wie weit es ist zu deinem Ohr? Ich wähnte dir es angewachsen Und nicht am Galgenholz in Sachsen. Wir wollen friedlich uns vergleichen; Laß dir ein gutes Zehrgeld reichen 55 Und halt dein ander Ohr recht fest. Daß du es nicht in Frankfurt läßt." Da sprach der Strolch : „Es ist mir leid. Doch will ich's tun, weil Ihr es seid. Obwohl ich mir's zum Schaden tue." — 60 Da griff der Krämer in die Truhe Und tät den Schelm entlohnen Mit einer Sonnenkronen.
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Brentano.
Klemens Brentano. 3. Die Gottesmauer. 1. Drauß bei Schleswig vor der Pforte Wohnen armer Leute viel. Ach, des Feindes wilder Horde Werden sie das erste Ziel. Waffenstillstand ist gekündet, Dänen ziehen ab zur Nacht. Russen, Schweden sind verbündet, Brechen her mit wilder Macht. Drauß bei Schleswig weit vor allen Steht ein Häuslein ausgesetzt.
2. Drauß bei Schleswig in der Hütte Singt ein frommes Mütterlein: „Herr, in deinen Schoß ich schütte Alle meine Angst und Pein." Doch ihr Enkel, ohn Vertrauen, Zwanzigjährig, neuster Zeit, Will nicht auf den Herren bauen. Meint, der liebe Gott wohnt weit. Drauß bei Schleswig in der Hütte Singt ein frommes Mütterlein.
3. „Eine Mauer um uns baue!" Singt das fromme Mütterlein, „Daß dem Feinde vor uns graue. Hüll in deine Burg uns ein!" „Mutter", spricht der Weltgesinnte, „Eine Mauer uns ums Haus Kriegt unmöglich so geschwinde Euer lieber Gott heraus." „Eine Mauer um uns baue!" Singt das fromme Mütterlein. 4. „Enkel, fest ist mein Vertrauen: Wenn's dem lieben Gott gefällt,
Brentano. Kann er uns die Mauer bauen; Was er will, ist wohl bestellt." Trommeln romdidom rings prasseln. Die Trompeten schmettern drein, Rosse wiehern, Wagen rasseln, Ach, nun bricht der Feind herein. „Eine Mauer um uns baue!" Singt das fromme Mütterlein.
5. Rings in alle Hütten brechen Schwed und Russe mit Geschrei, Lärmen, fluchen, drängen, zechen, Doch dies Haus ziehn sie vorbei. Und der Enkel spricht in Sorgen: „Mutter, uns verrät das Lied!" Aber sieh, das Heer vom Morgen Bis zur Nacht vorüberzieht. „Eine Mauer um uns baue!" Singt das fromme Mütterlein. 6. Und am Abend tobt der Winter, An das Fenster stürmt der Nord. „Schließt den Laden, liebe Kinder!" Spricht die Alte und singt fort. Aber mit den Flocken fliegen Bier Kosakenpulke an, Rings in allen Hütten liegen Sechzig, auch wohl achtzig Mann. „Eine Mauer um uns baue!" Singt das fromme Mütterlein. 7. Bange Nacht voll Kriegsgetöse! Wie es wiehert, brüllet, schwirrt! Kantschuhiebe, Kolbenstöße! Weh! des Nachbarn Fenster flirrt. „Hurra! stupai! boschka! kurwa! Schnaps und Branntwein! Rum und rack!"
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Brentano.
Bürger.
Schreit und flucht und plackt die Turba, Erst am Morgen zieht der Pack. „Eine Mauer um uns baue!" Singt das fromme Mütterlein.
8. „Eine Mauer um uns baue!" Singt sie fort die ganze Nacht; Morgens wird es still: „O, schaue, Enkel, was der Nachbar inacht!" Auf nach innen geht die Türe, Nimmer käm er sonst hinaus; Daß er Gottes Allmacht spüre, Lag der Schnee wohl mannshoch drauß. „Eine Mauer um uns baue!" Sang das fromme Mütterlein.
9. „Ja, der Herr kann Mauern bauen, Liebe, fromme Mutter, komm, Gottes Mauer anzuschauen!" Rief der Enkel und ward fromm. Achtzehnhundertvierzehn war es, Als der Herr die Mauer baut. In der fünften Nacht des Jahres. Selig, wer dem Herrn vertraut! „Eine Mauer um uns baue!" Sang das fromme Mütterlein.
Gottfried August Bürger. 4. Das Lied vom braven Mann. 1. Der Tauwind kam vom Mittagsmeer Und schnob durch Welschland trüb und feucht, Die Wolken flogen vor ihm her. Wie wann der Wolf die Herde scheucht. Er fegte die Felder, zerbrach den Forst; Auf Seen und Strömen das Grundeis borst.
Bürger.
2. Der Das Des
Am Hochgebirge schmolz der Schnee: Sturz von tausend Wassern scholl; Wiesental begrub ein See; Landes Heerstrom wuchs und schwoll; Hoch rollten die Wogen entlang ihr Gleis Und rollten gewaltige Felsen Eis.
3. Aus Lag Und
Auf Pfeilern und aus Bogen schwer. Quaderstein von unten auf, eine Brücke drüberher, mitten stand ein Häuschen drauf. Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind: O Zöllner, o Zöllner, entfleuch geschwind!
4. Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran; Laut heulten Sturm und Wog ums Haus. Der Zöllner sprang zum Dach hinan Und blickt' in den Tumult hinaus. „Barmherziger Himmel, erbarme dich! Verloren! verloren! wer rettet mich?" 5. Die Schollen rollten Schuß auf Schuß; Von beiden Ufern hier und dort. Von beiden Ufern riß der Fluß Die Pfeiler samt den Bogen fort. Der bebende Zöllner mit Weib und Kind, Er heulte noch lauter als Strom und Wind. 6. Die Schollen rollten Stoß auf Stoß, An beiden Enden, hier und dort. Zerborsten und zertrümmert, schoß Ein Pfeiler nach dem andern fort. Bald nahte der Mitte der Umsturz sich. „Barmherziger Himmel, erbarme dich!"
7. Hoch auf dem fernen Ufer stand Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein, Und jeder schrie und rang die Hand, Doch mochte niemand Retter sein.
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Bürger.
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Der bebende Zöllner mit Weib und Kind Durchhenltc nach Rettung den Strom und Wind.
8. Auf Was Ein
Rasch galoppiert' ein Graf hervor. hohem Roß ein edler Graf. hielt des Grafen Hand empor? Beutel war es, voll und straff. „Zweihundert Pistolen sind zugesagt Dem, welcher die Rettung der Armen wagt!"
9. Und immer höher schwoll die Flut, Und immer lauter schnob der Wind, Und immer tiefer sank der Mut. O Retter, Retter, komm geschwind! Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und brach; Laut krachten uitd stürzten die Bogen nach.
10. „Halloh! halloh! frisch auf, gewagt!" Hoch hielt der Graf den Preis empor. Ein jeder hört's, doch jeder zagt; Ans Tausenden tritt keiner vor. Vergebens durchheulte mit Weib und Kind Der Zöller nach Rettung den Strom und Wind.
11. Sieh, schlecht und recht ein Bauersmann Am Wanderstabe schritt daher. Mit grobem Kittel angetan. An Wuchs und Antlitz hoch und hehr. Er hörte den Grafen, vernahm sein Wort Und schaute das nahe Verderben dort. 12. Und kühn in Gottes Namen sprang Er in den nächsten Fischerkahn; Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang Kam der Erretter glücklich an; Doch wehe! der Nachen war allzu klein, Der Retter von allen zugleich zu sein.
13. Und dreimal zwang er seinen Kahn, Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang,
Bürger.
Chamissv.
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Und dreimal kam er glücklich an, Bis ihm die Rettung ganz gelang. Kaum tonten die letzten in sichern Port, So rollte das letzte Getrümmer fort. 14. „Hier", rief der Graf, „mein wackrer Freund, Hier ist dein Preis! komm her, nimm hin!" Sag an, war das nicht brav gemeint? Bei Gott! der Graf trug hohen Sinn. Doch höher und himmlischer, wahrlich! schlug Das Herz, das der Bauer im Kittel trug.
15. „Mein Leben ist für Gold nicht feil. Arm bin ick zwar, dock eß ich satt. Dem Zöllner werd Euer Gold zuteil. Der Hab und Gut verloren hat!" Sv rief er mit herzlichem Biederton Und wandte den Rücken und ging davon.
Adelbert von Chamisso. 5. Die alte Waschfrau. 1. Die Die Im
Du siehst geschäftig bei dem Linnen Alte dort in weißem Haar, rüstigste der Wäscherinnen sechsundsiebenzigsten Jahr. So hat sie stets mit saurem Schweiß Ihr Brot in Ehr und Zucht gegessen Und ausgefüllt mit treuem Fleiß Den Kreis, den Gott ihr zugemessen.
2. Sie hat in ihren jungen Tagen Geliebt, gehofft und sich vermählt; Sie hat des Weibes Los getragen. Die Sorgen haben nicht gefehlt;
Chamisso.
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Sie Sie Sie Und
hat den kranken Mann gepflegt; hat drei Kinder ihm geboren; hat ihn in das Grab gelegt Glaub und Hoffnung nicht verloren.
3. Sie Sie Der
Da galt's, die Kinder zu ernähren; griff es an mit heiterm Mut, zog sie auf in Zucht und Ehren; Fleiß, die Ordnung sind ihr Gut. Zu suchen ihren Unterhalt, Entließ sie segnend ihre Lieben, So stand sie nun allein und alt, Ihr war ihr heitrer Mut geblieben.
4. Und Den Das
Sie hat gespart und hat gesonnen Flachs gekauft und nachts gewacht, Flachs zu feinem Garn gesponnen. Garn dem Weber hingebracht; Der hat's gewebt zu Leinewand; Die Schere brauchte sie, die Nadel Und nähte sich mit eigner Hand Ihr Sterbehemde sonder Tadel.
5. Ihr Hemd, ihr Sterbehemd, sie schätzt es. Verwahrt's im Schrein am Ehrenplatz; Es ist ihr Erstes und ihr Letztes, Ihr Kleinod, ihr ersparter Schatz. Sie legt es an, des Herren Wort Am Sonntag früh sich einzuprägen; Dann legt sie's wohlgefällig fort. Bis sie darin zur Ruh sie legen.
6. Und ich, an meinem Abend, wollte. Ich hätte, diesem Weibe gleich. Erfüllt, was ich erfüllen sollte In meinen Grenzen und Bereich: Ich wollt, ich hätte so gewußt Am Kelch des Lebens mich zu laben Und könnt am Ende gleiche Lust An meinem Sterbehemde haben.
Eichendorff.
II
Joseph Freiherr von Eichendorfs. 6. Reiselied. 1. Durch Feld und Buchenhallen, Bald singend, bald fröhlich still. Recht lustig sei vor allen, Wer's Reisen wählen will! 2. Die Ta Tie
Wenn's kaum im Osten glühte. Welt noch still und weit, weht recht durchs Gemüte schöne Blütenzeit!
3. Die Lerch als Morgenbote Sich in die Lüfte schwingt. Eine frische Reisenote Durch Wald und Herz erklingt.
4. O Lust, vom Berg zu schauen Weit über Wald und Strom, Hoch über sich den blauen, Tiefklaren Himmelsdom!
5. Vom Berge Vöglein fliegen Und Wolken so geschwind, Gedanken überfliegen Die Vögel und den Wind. 6. Die Wolken ziehn hernieder. Das Vöglein senkt sich gleich: Gedanken gehn und Lieder Fort bis ins Himmelreich.
7. Der Jäger Abschied (1813). 1. Wer hat dich, du schöner Wald, Aufgebaut so hoch da droben? Wohl den Meister will ich loben. So lang noch mein Stimm erschallt. Lebe wohl. Lebe wohl, du schöner Wald!
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Eichendorff.
2. Tief die Welt verworren schallt, Oben einsam Rehe grasen, Und wir ziehen fort und blasen. Daß es tausendfach verhallt: Lebe wohl. Lebe wohl, du schöner Wald! 3. Banner, der so kühle wallt! Unter deinen grünen Wogen Hast du treu uns auferzogeu. Frommer Sagen Aufenthalt! Lebe wohl. Lebe wohl, du schöner Wald! 4. Was wir still gelobt im Wald, Wollen's draußen ehrlich halten, Ewig bleiben treu die Alten. Deutsch Panier, das rauschend wallt. Lebe wohl, Schirm dich Gott, du schöner Wald!
8. Soldatenlied (1813). Wie seltsame Klänge schwingen Sich dort von der Waldeshöh? Ja, Hörner sind es, die singen Wie rasend vor Lust und Weh. 5 Die jungen Jäger sich zeigen Dort drüben im grünen Wald, Bald schimmernd zwischen den Zweigen, Bald lauernd im Hinterhalt. Wohl sinkt da in ewiges Schweigen 10 Manch schlanke Nittergestalt, Die andere» über ihn steigen, Hurrah! in dem schönen Wald, „Es funkelt das Blau durch die Bäume, Ach, Vater, ich komme bald!"
Eicheildorff.
13
Fischer.
15 Trompeten nur hör ich werben So hell durch die Friihlingsluft, Zur Hochzeit oder zum Sterben So übermächtig es ruft.
Das sind meine lieben Reiter, 20 Die rufen hinaus zur Schlacht, Das sind meine lustigen Reiter, Nun, Liebchen, gute Nacht! Wie wird es da vorne so heiter, Wie sprühet der Morgenwind, 25 In ben Sieg, in den Tod und weiter, Bis daß wir im Himmel sind.
9. Ruhe der Nacht (1813). 1. Windsgleich kommt der wilde Krieg geritten, Durch das Grün der Tod ihm nachgeschritten, Manch Gespenst steht sinnend auf dem Feld, Und der Sommer schüttelt sich vor Grausen, Läßt die Blätter, schließt die grünen Klausen, Ab sich wendend von der blutgen Welt.
2. Prächtig war die Nacht nun aufgegangen. Hatte alle mütterlich umfangen, Freund und Feind mit leisem Friedenkuß, lind als wollt der Herr vom Himmel steigen. Hört ich wieder durch das tiefe Schweigen Rings der Wälder feierlichen Gruß.
W i l h e l in Fischer. 10. Kleobis und Biton. 1. Zum Herafeste soll zu Wagen, Vom starken Zweigespann getragen. Der Göttin hehre Priesterin Von Hause ziehn zum Tempel hin; Hessel, Lesebuch 5. 11. Ausl.
M. 2
Fischer.
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Doch Und Kein Tas
fern int Felde sind die Stiere nicht zum heiligen Dienst bereit. Aug erblickt die säumigen Tiere, Fest beginnt — es drängt die Zeit.
2. Da treten, in der Jugend Schöne, Der Gottgeweihten fromme Sohne Zum Joche hin mit starker Hand Und ziehn die Mutter unverwandt: So fährt sie durch die Sonnenauen Hin zu des Tempels Schattenraum; Beim Anblick des Gespannes trauen Tie Griechen ihren Augen kaum. 3. Und alle, die zum Feste kamen. Erfahren bald der Söhne Namen, Und Kleobis und Bitons Ruhm Erschallet um das Heiligtum; Wie schlägt ihr Herz beim Jubelschalle! Es rühmen — keiner bleibt zurück — Der Söhne Kraft die Männer alle. Die Mütter all der Mutter Glück.
4. Sie aber stehet vor dem Bilde Der Göttin, die so reich und milde. Und fleht aus ihrer tiefsten Brust, Die überquillt voll seliger Lust: „Wenn je an deinem hohen Feste Mein Flehn vor dich gekommen ist, Gib meinen Söhnen, was das Beste — Du weißt es — für den Menschen ist!" 5. Da ward ein Zeichen klar .gegeben, Der Tod sei besser, denn das Leben: Die Söhne opfern noch voll Dank Und laben sich an Speis und Trank; Dann strecken sie die schönen Glieder, Die müden, nach dem heißen Lauf Im Tempel selbst zum Schlummer nieder Und — stehen nimmer wieder auf.
Fontane.
Freiligrath.
Theodor Fontane. 11. Wo Bismarck liegen soll. (Geschrieben am 31. Juli 1898). Nicht in Dom ober Jurstengrust, Er ruh in Gottes freier Luft Trautzen aus Berg und Halbe, 9^0(1) besser tief, tief im Walbe; Wibukiub labt ihu zu sich ein: „Ein Dachse war er, brnm ist er mein, Im Saehsemoalb soll er begraben sein/'
Der Leib zerfällt, ber Stein zerfällt. Aber ber Sachsenioalb, ber hält, Unb kommen nach breitausenb Jahren Frembe hier bes Wegs gefahren Unb sehen, geborgen Dorrn Licht der Sonnen, Ten Walbgrund in Efeu tief eingesponnen Unb staunen ber Schönheit unb jauchzen froh, So gebietet einer: „Lärmt nicht so! — Hier unten liegt Bismarck irgendwo."
Ferdinand F r e i l i g r a t h.
12. Ans dem schlesischen Gebirge. 1. „Nun werden grün die Brombeerhecken: Liier schon ein Veilchen, welch ein Fest! Die Amsel sucht sich dürre Stecken, Und auch der Buchfink baut sein Nest. Ter Schnee ist überall gewichen. Die Koppe nur sieht weiß ins Tal; Ich habe mich von Haus geschlichen, Hier ist der Ort — ich wag's einmal: Rübezahl!
2. Hört er's? ich seh ihm dreist entgegen! Er ist nicht bös; auf diesen Block
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Will ich mein Leinwandpäckchen legen — Es ist ein richtges, Valles Schock! Und fein! ja, dafür kaun ich stehen! Kein bestres nstrd gewebt ini Tal — Er läßt sich immer noch nicht sehen; Drum frischen Mutes noch einmal: Rübezahl! 3. Kein Laut — ich biu ius Holz gegangen, Daß er uns hilft in unsrer Rot. O, nieiner Mutter blasse Waugen — Jur ganzen Haus fein Stückchen Brot! Der Vater schritt zu Markt mit Flucheu — Fünd er doch Käufer nur eiumal! Ich will's mit Rübezahl versuchen — Wo bleibt er mir? zum drittenmal: Rübezahl!
4. Er half so vielen schon vorzeiten, Großmutter hat. mir's oft erzählt; Ja, er ist gut den armen Leuten, Die unverschuldet Elend quält. So bin ich froh denn hergelaufen Mit meiner richtgen Ellenzahl; Ich will nicht betteln, will verkaufen! O, daß er käme! — Rübezahl! Rübezahl! 5. Wenn dieses Päckchen ihm gefiele, Vielleicht gar bät er mehr sich aus; Das wär mir recht, ach, gar zu viele Gleich schöne liegen noch zu Haus! Die nährn er alle bis zum letzten. Ach, fiel auf dies doch seine Wahl! Da löst ich ein selbst die versetzten — Das wär ein Jubel! Rübezahl! Rübezahl!
Freiligrath.
Geibcl.
6. Taun trat ich frvh ins kleine Zimmer Und riese: Vater, Geld genug! Dann flucht' er nicht, dann sagt' er nimmer: Ich >veb euch nur ein Hungertuch! Tann lächelte die Mutter wieder Und tischt' uns auf ein reichlich Mahl: Tann jauchzten meine kleinen Brüder — £>, käm, o, käm er! Rübezahl! Rübezahl 7. So rief der dreizehnjährge Knabe; Sv stand und rief er, matt nnd bleich. Umsonst! nur dann und wann ein Rabe Flog durch des Gnomen altes Reich. So stand nnd paßt' er Stund ans Stunde, Bis daß es dunkel ivard im Tal Und er halblaut mit zuckendem Munde Ausrief durch Tränen noch einmal: „Rübezahl!"
8. Dann ließ er still das buschge Fleckchen Und zitterte und sagte: „Hu!" Und schritt mit seinem Leinwandpäckchen Dem Jamnier seiner Heimat zu. Ost ruht er aus auf moosgen Steinen, Matt von der Bürde, die er trug. Ich glaub, sein Vater webt dem Kleinen Zum Hunger- bald ein Leichentuch. Rübezahl!
Emanuel Gerbet. 13. Hoffnung. 1. Und dräut der Winter noch so sehr Mit trotzigen Gebärden, Und streut er Eis und Schnee umher, Es muß doch Frühling werden.
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Geibel.
2. Und drängen die Nebel itod) so dicht Sich vor den Blick der Sonne, Sie wecket doch mit ihrem Licht Einmal die Welt znr Wonne. 3. Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht! Mir soll darob nicht bangen: Auf leisen Sohlen: über Nacht Kommt doch der Lenz gegangen. 4. Da wacht die Erde grünend auf, Weiß nicht, wie ihr geschehen, Und lacht in den sonnigen Himmel hinauf Und möchte vor Lust vergehen.
5. Und Und Als
Sie flicht sich blühende Kränze ins Haar schmückt sich mit Rosen und Ähren läßt die Brünnlein rieseln klar, wären es Freudenzähren.
6. Drum still! und wie es frieren mag, O Herz, gib dich zufrieden! Es ist ein großer Maientag Der ganzen Welt beschieden. 7. Und wenn dir oft auch bangt und graut, Als sei die Höll ans Erden, Nur unverzagt ans Gott vertraut! Es muß doch Frühling werden.
14. Der Mai ist gekommen. 1. Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus. Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus; Wie die Wolken wandern am himmlischen Zelt, So steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.
2. Herr Wer weiß, Es gibt so Es gibt so
Vater, Frau Mutter, daß Gott euch behüt! wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht! manche Straße, da nimmer ich marschiert, manchen Wein, den ich nimmer noch probiert.
Geibel.
3. Frisch auf drum, Wohl über die Berge, Die Quellen erklingen, Mein Herz ist wie 'ne
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frisch auf im Hellen Sonnenstrahl! wohl durch das tiefe Tal! die Bäume rauschen all. Lerche und stimmet ein mit Schall.
4. Und abends int Städtlein da kehr ich durstig ein: Herr Wirt, Herr Wirt, eine Kanne blanken Wein! Ergreife die Fiedel, du lustger Spielmann du, Von meinem Schatz das Liedel sing ich dazu.
5. Und sind ich keine Herberg, so lieg ich zu Nacht Wohl unter blauem Himmel, die Sterne halten Wacht; Im Winde die Linde, die rauscht mich ein gemach, Es küsset in der Früh das Morgenrot mich wach. 6. O Wandern, o Wandern, du freie Burschenlust! Da wehet Gottes Odein so frisch in die Brust! Da singet und jauchzet das Herz zum Himmelszelt: Wie bist du doch so schöit, o, du weite, weite Welt!
15. Morgenwanderung. 1. Wer recht in Freuden wandern will. Der geh der Sonn entgegen; Ta ist der Wald so kirchenstill. Kein Lüftchen mag sich regen; Noch sind nicht die Lerchen wach, Nur im hohen Gras der Bach Singt leise den Morgensegen.
2. Die ganze Welt ist wie ein Buch, Darin uns ausgeschrieben In bunten Zeilen manch ein Spruch, Wie Gott uns treu geblieben; Wald und Blumen nah und fern Und der helle Morgenstern Sind Zeugen von seinem Lieben. 3. Da zieht die Andacht wie ein Hauch Durch alle Sinnen leise.
«eitel.
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Gellert.
Da pocht ans Herz die Liebe auch In ihrer stillen Weise, Pocht und pocht, bis sich's erschließt Und die Lippe überfließt Von lanteni, jubelndem Preise.
4. Und plötzlich läßt die Nachtigall Im Busch ihr Lied erklingen, In Berg und Tal erwacht der Schall Und will sich aufwärts schwingen: lind der Morgenröte Schein Stimmt in lichter Glut mit ein: Laßt uns dem Herrn lobsingen!
Christian Fürchtegott Gellert. 16. Die Ehre Gottes aus ver Natur. 1. Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre, Ihr Schall pflanzt seinen Namen fort. Ihn rühmt der Erdkreis, ihn preisen die Meere; Vernimm, o Mensch, ihr göttlich Wort!
2. Wer Sie Und
Wer trägt der Himmel unzählbare Sterne? führt die Sonn aus ihrem Zelt? kömmt und leuchtet und lacht uns von ferne läuft den Weg, gleich als ein Held.
3. Vernimm's, und siehe die Wunder der Werke, Die die Natur dir aufgestellt! Verkündigt Weisheit und Ordnung und Stärke Dir nicht den Herrn, den Herrn der Welt? 4. Kannst du der Wesen unzählbare Heere, Ten kleinsten Staub fühllos beschaun? Durch wen ist alles? O, gib ihm die Ehre! Mir, ruft der Herr, sollst du vertraun. 5. Mein ist die Kraft, mein ist Himmel und Erde, An meinen Werken kennst du mich.
Gellert.
Giejebrecht.
Ich bill^s und werde sein, der ich sein werde, Tein Gott und Vater ewiglich.
6. Ein Ich lind
Ich bin dein Schöpfer, bin Weisheit und Güte, Gott der Ordnung mtb dein Heil; bin's! Mich liebe von ganzem Gemüte nimm an meiner Gnade teil!
V u b iv i g Giesebrecht. 17. Der Lotse. 1. „Siehst du die Brigg dort auf den Wellen? Sie steuert falsch, sie treibt herein Und muß am Vorgebirg zerschellen. Lenkt sie nicht augenblicklich ein.
2. Ich muß hinaus, daß ich sie leite!" „Gehst du ins offne Wasser vor. So legt dein Boot sich auf die Seite Und richtet nimmer sich empor."
3. „Allein ich sinke nicht vergebens, Wenn sie mein letzter Ruf belehrt; Ein ganzes Schiff voll jungen Lebens Ist wohl ein altes Leben wert. 4. Gib mir das Sprachrohr! Schifflein, eile! Es ist die letzte, höchste Not!" — Vor fliegendem Sturme gleich dem Pfeile Hin durch die Scheren eilt das Boot.
5. Jetzt schießt es aus dem Klippenrande. „Links müßt ihr steuern!" hallt ein Schrei. Kieloben treibt das Boot zu Lande, Und sicher fährt die Brigg vorbei.
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Gleim.
Johann W i l h e l m Ludwig Gleim. 18. Der Fischreiher. Am Ufer eines Baches ging Ein Reiher ans und ab, auf langen, dürren Beinen, Mit langem Hals, an dem ein langer Schnabel hing; Des Bachs Gewässer floß ans harten Kieselsteinen ö Bergab mit angenehmem Schall, Durchsichtig wie Kristall, Die Fische waren guter Dinge, Vollbrachten tausend frohe Sprunge Und sonnten sich am Sonnenstrahl,
10
Herr Reiher, wie so faul? Schnappst du denn nicht Mit deinem langen Schnabel zu [einmal Und holst dir einen Hecht? Du Fauler, wartest du Auf einen Karpfen? Ei, wie wird es dich gereuit; Wenn dn wirst schnappen wolln, dann wird kein Hecht
Wie ernsthaft steht er da, wie still! [mehr sein! Wie drehet er den Hals, den er nicht brauchen will! Bald aber hungert ihn, und nun sieht er sich um Nach Karpfen oder Hecht, Allein verschwunden ist das ganze Fischgeschlecht; 20 Nur Schleie schwimmen noch. Er aber ist nicht dumm, Er hat Geschmack: Schlei wäre schlechte Speise Für einen Reiher! Alle läßt er ziehn. Und immer mehr noch hungert ihn. 15
Er geht vom Ufer ab und wartet in dem Bach; 25 Gründlinge trifft er an, fragt aber nichts darnach: Er läßt sie all in Frieden schwimmen, spricht: „Gründlinge fressen Reiher nicht; Nach ihnen nur einmal den Schnabel aufzutun, Das wäre großer Schimpf für einen Leckermund!" 30
Er sagt's; indessen geht, was Fisch ist, auf den Grund; Nicht einer läßt sich sehn! Ei, Leckermund, wie nun? Nachdem er lang umsonst gesuchet und geschnappt. Wird mit genauer Not ein Frosch von ihm ertappt!
Goethe.
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Ioho n n Wolfqanq von Goethe. 19. Der getreue Eckart. 1. „O, wären wir weiter! o, wär ich zu Haus! Sie kommen, da kommt schon der nächtliche Graus: Sie sind's, die unholdigen Schwestern. Sie streifen heran, linb sie finden uns hier, Sie trinken das mühsam geholte, das Bier, Und lassen nur leer uns die Krüge."
2. So sprecheu die Kinder und brücfcit sich schnell; Da zeigt sich vor ihnen ein alter Gesell: „Nur stille, Kind! Kinderlein, stille! Die Hulden, sie kommen von durstiger Jagd, Und laßt ihr sie trinken, wie's jeder behagt, Dann sind sie euch hold, die Unholden." 3. Und Doch Das Nun Ins
Gesagt — so geschehn! und da naht sich der Graus siehet so grau und so schattenhaft aus, schlürft es und schlampst es aufs beste. Bier ist verschwunden, die Krüge sind leer; saust es und braust es, das wütige Heer, weite Getal und Gebirge.
4. Die Kinderlein ängstlich gen Hause so schnell! Gesellt sich zu ihnen der fromme Gesell: „Ihr Püppchen, nur seid mir nicht traurig!" „Wir kriegen nun Schelten und Streich bis aufs Blut." „Nein, keineswegs, alles geht herrlich und gut. Nur schweiget und horchet wie Mäuslein! 5. Und der es euch anrät, und der es befiehlt, Er ist es, der gern mit den Kindelein spielt, Der alte Getreue, der Eckart. Vom Wundermann hat man euch immer erzählt, Nur hat die Bestätigung jedem gefehlt. Die habt ihr nun köstlich in Händen."
24
Goethe.
6. Sie kommen nach Hause, sie setzen den Krug Ein jedes den Eltern bescheiden genug Und harren der Schlag und der Schelten. Doch siehe, man kostet: „Ein herrliches Bier!" Man trinkt in die Runde schon dreimal und vier, Und noch nimmt der Krug nicht ein Ende. 7. Das Wnnder, es dauert zum morgenden Tag; Doch sraget, wer immer zu fragen vermag: „Wie ist's mit den Krügen ergangen?" Tie Mäuslein, sie lächeln, im stillen ergetzt; Sie stammeln und stottern und schwatzen zuletzt. Und gleich sind vertrocknet die Krüge.
8. Und wenn euch, ihr Kinder, mit treuem Gesicht Ein Vater, ein Lehrer, ein Aldermann spricht, So horchet und folget ihm pünktlich! Und liegt auch das Zünglein in peinlicher Hut, Verplaudern ist schädlich, verschweigen ist gut; Tann füllt sich das Bier in den Krügen.
20. Legende vom Hufeisen. Als noch, verkannt und sehr gering, Unser Herr auf der Erde ging Und viele Jünger sich zu ihm fanden, Die sehr selten sein Wort verstanden, 5 Liebt' er sich gar über die Maßen, Seinen Hof zu halten auf der Straßen, Weil unter des Hiinmels Angesicht Man immer besser und freier spricht. Er ließ sie da die höchsten Lehren 10 Aus seinem Heilgen Munde hören; Besonders durch Gleichnis und Exempel Macht' er einen jeden Markt zum Tempel.
So schleudert' er in Geistesruh Mit ihnen einst einem Städtchen zu.
Goethe. la Sah etwas blinken auf der Straß, Das ein zerbrochen Hufeisen was. Er sagte zu Sauft Peter braus: „Heb doch einmal das Hufeisen aus!" Sankt Peter war nicht aufgeräumt, 20 Er hatte soeben im Gehen geträumt: So was vom Regiment der Welt, Was einem jeden wohlgesällt, Denn im Kopf hat das keine Schranken: Das waren so seine liebsten Gedanken. 25 Nun war der Fund ihm viel zu Nein, Hätte müssen Kron und Zepter sein; Aber wie sollt er seinen Rücken Nach einem halben Hufeisen bücken? Er also sich zur Seite kehrt 30 Und tut, als hätt er's nicht gehört.
Der Herr, nach seiner Langmut, braus Hebt selber das Hufeisen auf Und tut auch weiter nicht dergleichen. Als sie nun bald die Stadt erreichen, 35 Geht er vor eines Schmiedes Tijr, Nimmt von dem Mann drei Pfennig dafür. Und als sie über den Markt nun gehen. Sieht er daselbst schöne Kirschen stehen, Kauft ihrer, so wenig oder so viel, 40 Als man für einen Dreier geben will, Die er sodann nach seiner Art Ruhig im Ärmel aufbewahrt. Nun ging's zum andern Tor hinaus. Durch Wies und Felder ohne Haus, 45 Auch war der Weg von Bäumen bloß: Die Sonne schien, die Hitz war groß, So daß man viel an solcher Stätt Für einen Trunk Wasser gegeben hätt. Der Herr geht immer voraus vor allen, 50 Läßt unversehens eine Kirsche fallen.
Goethe. Greis. Sankt Peter war gleich dahinter her. Als wenn es ein golduer Apfel wär; Das Beerlein schmeckte seinen: Gaum. Der Herr, nach einem kleinen Raum, 55 Ein ander Kirschlein zur Erde schickt, Wonach Sankt Peter schnell sich bückt. So läßt der Herr ihn seinen Rückeu Gar vielmal nach den Kirschen bücken Das dauert eine ganze Zeit, 60 Tann sprach der Herr mit Heiterkeit: „Tatst du zur rechten Zeit dich regen. Hältst du's bequemer haben mögen. Wer geringe Ding wenig acht. Sich um geringere Mühe macht."
Martin Greif. 21. An Deutschland (1870). 1. Sei gegrüßt, du Heldenwiege, Land der Milde, Land der Kraft! Stets erringe neue Siege, So im Frieden, so im Kriege,, Durch den Geist, der in dir schafft! 2. Ehre deinem greisen Helden, Den das Reich zur Macht gekürt, Ter, gestärkt vom Herrn der Welten, Treu mit Treue zu vergelten, Hohen Sinns das Zepter führt!
3. Deine Fürsten, wohlberaten. Ruhn im Schirme seiner Hand, Und sie segnen seine Taten, Wenn sie über reiche Saaten Schauen in ihr glücklich Land.
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Greif.
4. Wohl ergeb es deinen Stämmen, Tie ihr freies Feld bebaun, Von der Alpen milden Kämmen Zu der Marschen letzten Dämmen, Gott mit allen deutschen Gaun!
o. Gr behüte deine Masten, Tie auf schwanker Woge gehn. Wo die fernsten Schiffe rasten, Einzutauschen fremde Lasten, Las; auch deine Wimpel wehn! 6. Ruhm bedecke deine Heere, Teiner Marken trutzgen Wall! Hort des Friedens, Hort der Ehre, Turch die Länder, durch die Meere Gehe deines Namens Schall!
22. Der fromme Hirtenknabe. 1. In einem Kirchlein knieet Ein Hirte alle Früh, Indes ihm broben ziehet Tie Herde ans der Flüh.
2. Und während er zu beten Enteilt ins tiefe Tal, Ist für i[)ii hingetreten Ein Fremdling jedesmal. 3. 9(111 Ter Die
Ter fromme Altar sorglos lichte Hirt am einsame Herde
Hirtenknabe kniet, Stabe hüt.
23. Xenohhon. 1. Zu Elis am Altare Stand opfernd Tenophon, Ten Priesterkranz im Haare, Das ihm verblichen schon.
Greif.
28
2. Gefaltet feine Hände, Fleht er zum Gott empor. Tast Sieg er niedersende. Gerecht wie stet« zuvor. 3. Zum Naht Bon
Doch da der Braud nun lohte Himmel wolkenleer, stürmisch U)in ein Bote Mantinea her:
4. „Last dir in 5tlagetönen Berkündeir Schicksalsmacht, Es fiel von deinen Söhnen Der ültre in der Schlacht/' 5. Doch Ten Und
Er ruft und ruft es wieder, jener spricht kein Wort. Kranz nur legt er nieder opfert betend fort.
6. Der ihm entbot die Kunde, Fährt fort nach einer Zeit: „Er sank mit mancher Wunde, Nach tapfrem Widerstreit/' 7. Ter Vater hat vernommen Das Wort tiefinnerlich, Und mit der Hand, der froutmeu, Bekränzt er wieder sich.
8. Er bringt in gleicher Stelle Zum Dank das Opfer dar. So beugte sich sein Wille Zu Elis am Altar.
29
Groth.
Klaus Groth. 24. Matten Häs. 1. Lütt Matten de häs, 3. Kumm, lat uns tosam! De mäk sik en spaß, Ik kann as de dam! He wer bi’t studern, De krei, de speit fitel, Dat danzen to lern Denn gelt dat canditel, Und danz ganz allen Denn gelt dat mal schön Op de achtersten den. Op de achtersten den!" 2. Kem Reinke de voß 4. Lütt Matten gev pöt, Und dach: „Das en kost!“ De voß bet em döt Un seggt: „Lüttje Matten, Un sett sik in schatten, So flink oppe padden? Verspis de lütt Matten: De krei, de kreg en Un danzst hier allen Oppe achtersten den? Vun de achtersten den. 25. Opstän. De dag, de graut, De katt, de maut, De klock, de sleit, De hahn, de kreit, De hund, de bellt, De käksche schellt, De höhner, de kakelt, Un all de vagein in böm spektakelt. 26. Tünkönig. 1. De katt, de set int nettelkrüt, Int nettelkrüt verborgen, Do kern de klene könig herüt Un bö er güden morgen: 2. „Gun morgen, musch in nettelbusch! Wat sittst du hier in sorgen? Ni wahr? wenn du nun flünken harrst, So spist du mi ton morgen!“ Hessel, Lesebuch 5. 11. Muff.
M. 3
30
Groth.
Güll.
27 Spatz. Hüslink un sin 6m De seien oppen bom. Sin vader kem, sin moder kem, Sin süster k6m, sin broder kem Un vatter, vetter, mellersche, Un käcksche mit en teller kem: Do flögen de flanken all heraff, Do picken de Hinken all int kaff.
Friedrich Güll. 28. Frühling. (In oberbairischer Mundart.)
1. Da sehne is zerschlicha, Und brocha is 's eis, Schö blöb is da himmi, Unds gwölk is wie silba so weiß. 2. Die lercherln im acker, Die schwalberln im haus, Und die veigerln im garten: Ich kenn mi vor freud nimm! aus!
29. Rätsel. 1.
J»l Hof und im Haus, Vom Holz und vom Stein, Nur immer heraus Uiib »immer hinein! 2.
Sag einmal: wie heißt das Pferd? Keinen Heller ist es wert. Auf dem Felde in großen Haufen Hüpft's und springt's, doch kanns nicht laufen.
Güll.
3. Es tritt mich manche Stunde Des Müßiggängers Fuß, Und doch heil ich die Wunde Von Stoß und Hieb und Schuß.
4. Auf Mit Und Hört
runden Füßen steht sie. sechzehn Beinen geht sie, wenn sie blitzig wird und schreit. man sie zwanzig Stunden weit.
5. Wer es hat, dem macht es Sorgen, Wer's nicht hat, entbehrt es schwer. Hat er's nicht, so muß er's borge», Hat er's, gibt er's wieder her.
6. Mit Mit Mit Mit
Feuer mach ich viele wund. Wasser viele auch gesund. Feuer mach ich bleich und tot. Wasser frisch und lebensrot.
7. Heute muß er stützen. Morgen muß er schützen, Übermorgen strafen,
Wer kennt diesen Sklaven?
8. Wer ist der mit dem Spatzenfrack? Hat keinen Pfennig Geld int Sack, Hat keine Strümps und keine Schuh, Heißt Philipp. Nun, wen meinst ivohl du?
9. Der Hat Und Nur
arme Tropf einen Hut und keinen Kopf, hat dazu einen Fuß und keinen Schuh.
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32
Güll.
Hebbel.
10. Grüne Federn auf dem Hut Und ein weiß und rotes Kleid. Alles steht ihr hübsch und gut. Braucht sonst weiter kein Geschineid. 11. Ich hüpf hervor aus flinker Hand Bon einer Wand zur andern Want» Und spring bis an die Decke. Doch hüpf und spring ich noch so toll. Gleich lieg ich lvieder, wenn ich soll. Ganz ruhig in der Ecke.
12. Ein Schütze ohne Büchse, Ohlle Pulver, ohne Schrot, Schießt 25 Füchse Und schießt sie doch nicht tot. Er schießt sie alle Tage, Daß es nur so blitzt und kracht; Wie heißt der Schütz, das sage. Und sag auch, wie er's macht.
Friedrich Hebbel. 30. Der junge Schiffer. 1. Dort bläht ein Schiff die Segel, Frisch saust hinein der Wind; Der Anker wird gelichtet. Das Steuer flugs gerichtet, Nu» fliegt's hinaus geschlvind. 2. Ein kühner Wasservogel Kreist grüßend um den Mast, Die Sonne brennt herunter. Manch Fischlein, blank und munter. Umgaukelt keck den Gast.
Hebbel.
Hebel.
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3. Wär gern hinein gesprungen. Da draußen ist mein Reich! Ich bin ja jung von Jahren, Da isl's mit nur ums Fahren, Wohin? das gilt mir gleich!
31. Die treuen Brüder. 1. Es sind zwei treue Brüder, Die ziehn in den Streit hinaus. Noch reden sie hin und wieder. Da schmelterl's den einen darnieder. Der andre sieht's mit Graus.
2. Ter Bruder in seinem Blute Erregt ihm bittern Schmerz; Daß ihn der Tod ereilte, Bevor er den Kampf noch teilte, Zerreißt ihm ganz das Herz.
3. Der Sterbende blickt freundlich Noch einmal aus zu ihm. Dann greift er, als wär er der alte, Zur Büchse, die noch nicht knallte, Drückt ab mit Ungestüm. 4. Nun bricht er wieder zusammen Und lächelt und ist tot. Der andre, als er sich wandte, Sah einen Feind im Sande, Des Kugel ihm gedroht.
Johann Peter Hebel. 32. Das Habermus. Also das tzabermus wär fertig; kommt, Kinder, und esset! Betet: „Aller Augen" — und gebt mir ordentlich Achtung, Daß nicht eines am rußigen Tops den Ärmel sich schwarz macht.
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Hebel.
Esset denn, gesegn es euch Gott; und wachst und gedeihet! 5 Sehet, die Haberkörnchen, die hnt der Vater gesäet Zwischen die Furchen mit fleißiger Hand und geegget tm Frühjahr. Aber, daß es da wuchs und reif geworden, dafür kann Euer Vater nicht, das tut der Vater im Himmel. Denkt euch nur, ihr Kinder, es schläft im mehligen Körnchen 10 Klein und zart ein Keimchen, nicht rührt, nicht regt es darin sich. Nein, es schläft und sagt kein Wort und ißt nicht iinb trinkt nicht. Bis in den Furchen es liegt da draußen im lockeren Boden, Aber dort in den Furchen — es ist so feucht und so warm drin — Wacht es heimlich auf aus feinem verschwiegenen Schlafe, 15 Streckt die Gliederchen aus unb saugt am saftigen Körnchen, Just wie ein Mutterkind, es fehlt nur, daß es nicht weinet. Mit der Zeit wird's größer und heimlich schöner und stärker. Schlüpft aus seinen Windeln und streckt sein Würzelchen nieder Ties hinab in den Grund und sucht und findet die Nahrung. 20 Ja, und die Neugier sticht's; gar gern auch möcht es erfahren, Wie's denn da oben wohl weiter ist. Ganz heimlich und furchtsam Guckt es zum Boden heraus — der tausend! das will ihm gefallen! — Unser lieber Herrgott der schickt ein Engelchen nieder: „Bring ihm ein Tröpfchen Tau unb sag ihm freundlich Willkommen!" 25 Und es trinkt, und es schmeckt ihm so wohl, und es streckt sich behaglich. Derweil kämmt sich die Sonne, und sauber gekämmt und ge waschen Kommt mit dem Strickzeug sie hervor aus den Bergen gegangen, Wandelt ihren Weg hoch an der himmlischen Landstrab, Strickt und sieht herab, gleichwie eine freundliche Mutter 30 Nach den Kindern sieht. Sie lacht dem Keimchen entgegen. Und das tut ihm so wohl bis tief an die Wurzeln herunter. „Solche schöne Frau und doch so gütig und freundlich!" Aber was strickt sie denn nur? Gewölk aus himmlischen Düften. Da! schon tröpfelt's, ein Spriherchen kommt, darauf regnet es tüchtig; 35 Keimchen trinkt sich satt. Darauf weht ein Lüftchen und trocknet's, Und es sagt: „Jetzt kriech ich auch nie mehr unter den Boden, Nein, um keinen Preis! Da bleib ich, geh's, wie es gehn mag!"
Hebel.
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Esset, Kinder, gesegn es euch Gott, und wachst und gedeihet! Schwere Zeiten warten aufs Keimchen, Wolken an Wolken 40 Stehn am Himmel Tag und Nacht, und die Sonne versteckt sich. Auf den Bergen schneit es, und weiter nach unten zu hagelt's. Hu! huhu! wie klappert doch jetzt und wimmert mein Keimchen, Und der Boden ist zu, und es hat gar kümmerlich Nahrung. „Ist denn die Sonne tot/' so klagt es, „daß sie nicht da ist? 45 Oder fürchtet auch sie vor der Kälte sich? Wär ich geblieben. Wo ich sonst war, still und klein im mehligen Körnchen, Und daheim im Boden, es war so feucht und so warm drin!"
Seht ihr, Kinder, so geht's! ihr werdet noch auch so sprechen. Wenn aus dem Haus ihr kommt und unter den fremden Gesichtern 50 Schaffen müßt und euch plagen und Zeug und Brot euch verdienen: „Wär ich daheim beim Mütterchen doch und hinter dem Ofen!" Tröst euch Gott! Auch das hat ein End, einmal wird es besser, Wie's dem Keimchen auch erging. Am heiteren Maitag Weht es so lau, und die Sonne, sie steigt so kräftig vom Berg auf 55 Und sieht nach, was das Keimchen macht, und gibt ihm ein Schmätzchen; Ja, da ist ihm wohl, unb es weiß sich vor Lust nicht zu lassen.
mit Gras und farbigen Blumen, Und schon duftet die Kirschenblüt, und es grünet der Pflaumbaum; Und schon schießt in die Höh der Roggen und Weizen und Gerste, 60 Und mein Haberchen sagt: „Da bleib ich gewiß nicht da hinten !" Nein, es spreitet die Blätterchen aus — wer hat sie gewoben? Und jetzt schießt der Halm — wer treibt durch Röhren an Röhren Bis in die saftige Spitze hinauf aus den Wurzeln bas Wasser? Endlich, da schlüpft ein Ährchen heraus und schwankt in den Lüsten — 65 Sag mir doch ein Mensch, wer hat an seidene Fäden Hier ein Knöspchen gehängt und dort mit künstlichen Händen? Nu, die Engel, wer sonst? sie wandeln zwischen den Furchen Auf und ab von Halm zu Halm und schaffen so emsig: Und schon prangen die Wiesen
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Hebel.
Jetzt hängt Blüt an Blüt am zarten, schwankenden Ährchen, 70 Und mein Haber steht, so steht ein Bräutchen im Kirchstuhl. Jetzt sind zarte Körner darin und wachsen im Stillen, Und mein Haber, er merkt allmählich, was er will werden. Käfer kommen und Fliegen, sie machen ihnr ihre Visiten, Sehen zu, was er macht, und singen: Eia popeia! 75 Und das Johanniswürmchen, ei ja! kommt mit dem Laternchen Nachts um neun auf Abendbesuch, wenn die Fliegen schon schlafen. Eßt, ihr Kinder, gejegn es euch Gott, und wachst mit) gedeihet! Seitdem hat man geheut nach Pfingsten und Kirschen gepflücket. Seitdem hat nmii Pflaumen gelesen hinter dein Garten, 80 Seitdeni haben sie Roggen geschnitten und Weizen und Gerste, Und die armen Kinder, die haben gelesen die Ähren Barfuß zwischen den Stoppeln; geholfen hat ihnen das Mäuschen. Draus ist auch der Haber gebleicht. Voll mehliger Körner Hat er geschwankt und gesagt: „Jetzt wird mir's allmählich verleidet, 85 Um ist meine Zeit, ich merk's; was tu ich allein da Zwischen den Stoppelrüben und zwischen den lieben Kar toffeln ?" Drauf ist die Mutter hinaus und Euphrosinchen und Evchen, An den Fingern fror's einen schon des Morgens und abends.
Endlich brachten wir ihn, und in der staubigen Scheuer 90 Ward er gedroschen von früh um zwei bis abends um viere. Drauf ist des Müllers Esel gekommen und hat ihn zur Mühle Abgeholt und wiedergebracht, zermahlen in Körnchen, Und mit fetter Milch von der jungen, fleckigen Blässe Hat in dem Tops ihn die Mutter gekocht. — Gelt, Kinder, das schmeckte! 95 Wischet die Löffel ab und bet eins: Danket dem Herren! Und jetzt geht in die Schul, da hängt am Gesimse die Tasche. Fall mir keins, gebt acht, und lernt hübsch, was man euch aufgibt! Wenn aus der Schul ihr kommt, da gibt es gebackene Pflaumen.
Hebel.
33. Sommerlied. 1. Blaue Berge! Von den Bergen strömt das Leben: Reine Luft für Meusch und Vieh, Wasserbrünnlein spat und früh Müsse» uns die Berge geben.
2. Frische Matten! Grüner Klee und Dolden schiessen: An der Schiuele schlank und sei» Glänzt der Ta» wie Edelstei», Und die klare» Bächlein fliesten. 3. Schlanke Bäume! Muntrer Vögel Melodeien Tönen tut belaubten Reis, Singen laut des Schöpfers Preis: Kirsche, Birn und Pflaum gedeihen. 4. Grüne Saaten! Aus dem zarten Blatt enthüllt sich Halm und Ähre, schwanket schön. Wenn die milden Lüfte wehn. Und das Körnlein wächst rind füllt sich. 5. An dem Hinliuel Strahlt die Sonn im Brautgeschmeide: Weiße Wölklci» steigen auf, Ziehn dahin im stillen Lauf: Gottes Schäflein gehn zur Weide. 6. Herzensfrieden, Woll ihn Gott uns allen geben! O, dann ist die Erde schön. In den Gründen, auf den Höhn Wacht und singt ein frohes Leben. 7. Schwarze Wetter Überziehn den Himmelsbogen, Und der Vogel singt nicht mehr.
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38
Hebel.
Heine.
Winde brausen hin und her. Und die wilden Wasser wogen.
8. Rote Blitze Zucken hin und zucken wieder, Leuchten über Wald und Flur, Bange harrt die Kreatur; Donnerschläge stürzen nieder.
9. Gut Gewissen, Wer es hat, und wer's bewachet. In den Blitz vom Weltgericht Schaut er und erbebet nicht. Wenn der Grund der Erde krachet.
Heinrich Heine. 34. Belsazer. 1. Die Mitternacht zog näher schon; In stummer Ruh lag Babylon. 2. Nur oben in des Königs Schloß, Da flackert's, da lärmt des Königs Troß.
3. Dort oben in dem Königssaal Belsazer hielt sein Königsmahl. 4. Die Knechte saßen in schimmernden Reihn Und leerten die Becher mit funkelndem Wein. 5. Es klirrten die Becher, es jauchzten die Knecht'; So klang es deni störrigen Könige recht. 6. Des Königs Wangen leuchten Glut; Im Wein erwuchs ihm kecker Mut. 7. Und blindlings reißt der Mut ihn fort. Und er lästert die Gottheit mit sündigem Wort. 8. Und er brüstet sich frech und lästert wild; Die Knechtenschar ihm Beifall brüllt. 9. Der König rief mit stolzem Blick; Der Diener eilt' und kehrt' zurück.
Heine.
10. Er trug viel gülden Gerät auf dem Haupt, Das war aus dem Tempel Jehovahs geraubt. 11. Und der König griff mit frevler Hand Einen heiligen Becher, gefüllt bis zum Rand. 12. Und er leert ihn hastig bis auf den Grund Und rufet laut mit schäumendem Mund: 13. „Jehovah, dir künd ich auf ewig Hohn! — Ich bin der König von Babylon!"
14. Doch kaum das grause Wort verklang. Dem König ward's heimlich im Busen bang. 15. Das gellende Lachen verstummte zumal; Es wurde leichenstill im Saal. 16. Und sieh! und sieh! an weißer Wand, Da kam's hervor, wie Menschenhand,
17. Und schrieb und schrieb an weißer Wand Buchstaben von Feuer mit) schrieb und schwand. 18. Der König stieren Blicks da saß. Mit schlotternden Knieen und totenblaß.
19. Die Knechtenschar saß kalt durchgraut Und saß gar still, gab keinen Laut. 20. Die Magier kamen, doch keiner verstand Zu deuten die Flanlmenschrift an der Wand. 21. Belsazer ward aber in selbiger Nacht Bon seinen Knechten umgebracht.
35. Lorelei. 1. Daß Ein Das Die Und Der Im
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, ich so traurig bin: Märchen aus alten Zeiten, kommt mir nicht aus dem Sinn. Luft ist kühl, und es dunkelt. ruhig fließt der Rhein; Gipfel des Berges funkelt Abendsonnenschein.
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Heine.
2. Die schönste Jungfrau sitzet Dort oben wunderbar, Ihr goldnes Geschmeide blitzet, Sie kämmt ihr goldenes Haar. Sie kämmt es mit goldenem Kamme Und singt ein Lied dabei, Das hat eine wundersame, Gewaltige Melodei. 3. Den Schisser int kleinen Schisse Ergreift es mit wildem Weh; Er schaut nicht die Felsenriffe, Er schaut nur hinauf in die Höh. Ich glaube, die Wellen verschlingen Ant Ende Schisser und Kahn; Und das hat mit ihrem Singen Die Lorelei getan.
36. Auf dem Hardenberge. 1. Steiget ans, ihr alten Träume! Öffne dich, du Herzenstor! Liederwvnne, Wehmutstränen Strömen wunderbar hervor. 2. Durch die Tannen will ich schweifen. Wo die muntre Quelle springt. Wo die stolzen Hirsche wandeln, Wo die liebe Drossel singt. 3. Auf die Berge toill ich steigen, Auf die schroffen Felsenhöhn, Wo die grauen Schlofzruinen In dem Morgenlichte stehn. 4. Droben setz ich still ntich nieder Und gedenke alter Zeit, Alter, blühender Geschlechter Und versunkner Herrlichkeit. 5. Gras bedeckt jetzt den Turnierplatz, Wo gekämpft der stolze Mann,
Heine.
Der die besten überwunden Und des Kampfes Preis gewann. 6. Efeu rankt an dem Balköne, Wo die schöne Dame stand, Die den stolzen Überwinder Mit den Augen überwand. 7. Ach! den Sieger und die Siegrin Hat besiegt des Todes Hand — Jener dürre Sensenritter Streckt uns alle in den Sand.
37. Der Mohrenkönig. 1. Ins Exil der Alpuxarren Zog der junge Mohrenkönig; Schweigsam und das Herz voll Kuiiiiner Ritt er an des Zuges Spitze. 2. Hinter ihm auf hohen Zeltern Oder auch in güldnen Sänften Saßen seines Hauses Frauen; Schwarze Mägde trägt das Maultier. 3. Hundert treue Diener folgen Auf arabisch edlen Rappen; Stolze Gäule, doch die Reiter Hängen schlottrig in den Sätteln. -l. Keine Zimbel, keine Pauke, Kein Gesangeslaut ertönte; Nur des Maultiers Silberglöckchen Wimmern schmerzlich in der Stille. 5. Auf der Höhe, wo der Blick In das Darrotal hinabschweift Und die Zinnen von Granada Sichtbar sind zum letztenmale, 6. Dorten stieg von: Pferd der König Und betrachtete die Stadt, Die im Abendlichte glänzte. Wie geschmückt mit Gold und Purpur.
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Heine.
7. Aber, Allah! welch ein Anblick! Statt des vielgeliebten Halbmonds Prangen Spaniens Kreuz und Fahnen Auf den Zinnen der Alhambra. 8. Ach! bei diesem Anblick brachen Aus des Königs Brust die Seufzer, Tränen überströmten plötzlich Wie ein Sturzbach seine Wangen. 9. Düster von dem hohen Zelter Schaut' herab des Königs Mutter, Schaut' auf ihres Sohnes Jammer, Und sie schalt ihn stolz und bitter: 10. „Boabdil el Chico," sprach sie, „Wie ein Weib beweinst du jetzo Jene Stadt, die du nicht wußtest Zu verteidgen wie ein Mann." 11. Als des Königs junge Liebste Solche harte Rede hörte, Stürzte sie aus ihrer Sänfte Und umhalste den Gebieter: 12. „Boabdil el Chico," sprach sie, „Tröste dich, mein Heißgeliebter, Aus dem Abgrund deines Elends Blüht hervor ein schöner Lorbeer. 13. Nicht allein der Triumphator, Nicht allein der sieggekrönte Günstling jener blinden Göttin, Auch der blutge Sohn des Unglücks, 14. Auch der heldenmütge Kämpfer, Der dem ungeheuren Schicksal Unterlag, wird ewig leben In der Menschen Angedenken." — 15. „Berg des letzten Mohrenseufzers" Heißt bis auf den heutgen Tag Jene Höhe, wo der König Sah zum letztenmal Granada.
Heine.
Hoffmann.
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16. Lieblich hat die Zeit erfüllet Seiner Liebsten Prophezeiung, Und des Mohrenkönigs Name Ward verherrlicht und gefeiert. 17. Nimmer wird sein Ruhm verhallen, Ehe nicht die letzte Saite Schnarrend losspringt von der letzten Andalusischen Gitarre.
August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben.
38. Das Lied der Deutschen. 1. Deutschland, Deutschland über alles, Über alles in der Welt, Wenn es stets zu Schutz und Trutze Brüderlich zusammenhält; Von der Maas bis an die Memel, Von der Etsch bis an den Belt — Deutschland, Deutschland über alles, Über alles in der Welt! 2. Deutsche Frauen, deutsche Treue, Deutscher Wein und deutscher Sang Sollen in der Welt behalten Ihren alten, schönen Klang, Uns zu edler Tat begeistern Unser ganzes Leben lang — Deutsche Frauen, deutsche Treue, Deutscher Wein und deutscher Sang! 3. Einigkeit und Recht und Freiheit Für das deutsche Vaterland — Danach laßt uns alle streben Brüderlich mit Herz und Hand! Einigkeit und Recht und Freiheit Sind des Glückes Unterpfand — Blüh im Glanze dieses Glückes, Blühe, deutsches Vaterland!
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Hoffmmm.
39. Mein Vaterland. 1. Treue Liebe bis zum Grabe Schwör ich dir mit Herz und Hand: Was ich bin, und was ich habe. Dank ich dir, mein Vaterland.
2. Nicht in Worten nur und Liedern Ist mein Herz zum Dank bereit. Mit der Tat will ich's erwidern Dir in Not, in Kampf und Streit. 3. In der Freude, wie im Leide Ruf ich's Freund und Feinden zu: Ewig sind vereint lvir beide, lind mein Trost, mein Glück bist du.
4. Treue Liebe bis zum Grabe Schwör ich dir mit Herz und Hand: Was ich bin, und was ich habe. Dank ich dir, mein Vaterland.
40. Mein Lieben. 1. Wie könnt ich dein vergessen! ich weiß, was du mir bist. Wenn auch die Welt ihr Liebstes und Bestes bald vergißt. Ich sing es hell und ruf es laut: Mein Vaterland ist meine Braut! Wie köiiilt ich dein vergessen! ich weiß, was du mir bist.
2. Wie könnt ich dein vergessen! dein denk ich allezeit. Ich bin mit dir verbunden, mit dir in Freud und Leid. Ich will für dich im Kampfe stehn Und, soll es fei», mit dir vergehn. Wie könnt ich dein vergessen! dein denk ich allezeit.
3. Wie könnt ich dein vergessen! ich weiß, was du mir bist. So lang ein Hauch von Liebe und Leben in mir ist. Ich suche nichts, als dich allein. Als deiner Liebe wert zu sein. Wie könnt ich dein vergessen! ich weiß, was du mir bist.
Hoffmann.
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41. Heimat. 1. Kein schöner Land, als Heimat, und meine Heimat nur! Wie blüht der Baum so anders, wie anders Wies und Flur!
2. Jetzt hab ich keine Heimat, dem Vogel gleich im Wald, Und werd in lauter Hoffen und Sehnen traurig alt. 3. Mit Liedern möcht ich bannen zu mir mein Jugendlaud, Wie einen schönen Garten bebaun mit eigner Hand
4. Und zwischen Laub und Blüten und Früchten mich ergehn Und ruhig nach den Bergen der blauen Ferne sehn! 5. Kein schlimmer Land, als Fremde, und meine Fremde nur! Wie blüht der Baum so anders, ivic anders Wies und Flur!
42. Abendlied. 1. Abend wird es wieder: Über Wald und Feld Säuselt Frieden nieder. Und es ruht die Welt.
2. Nur der Bach ergießet Sich anl Felsen dort. Und er braust und fließet Immer, immer fort. 3. Und kein Abend bringet Frieden ihm und Ruh, Keine Glocke klinget Ihm ein Rastlied zu.
4. So in deinein Streben Bist, mein Herz, auch du: Gott nur kann dir geben Wahre Abendruh.
43. Geleitslied. 1. Nun zu guter Letzt Geben wir dir jetzt Auf die Wandrung das Geleite. Hessel, Lesebuch 5.
11. Aufl.
M. 4
Hoffmann.
Wandre mutig fort! Und an jedem Ort Sei dir Glück und Heil zur Seite! Wandern müssen wir auf Erden: Unter Freuden und Beschwerden Geht hinab, hinauf Unser Lebenslauf — Das ist unser Los auf Erden.
2. Bruder, nun ade! Scheiden tut zwar weh. Scheiden ist ein bittres Leiden. Wer es gut gemeint, Bleibt mit uns vereint. So, als gab es gar kein Scheiden. Dieser Trost mag dich begleiten. Manche Freude dir bereiten. Wenn du bist im Glück, Denk an uns zurück. Denk an die vergangnen Zeiten! 3. Bruder, nimm die Hand Jetzt zum Unterpfand, Daß wir treu gesinnt verbleiben, Redlich sonder Wank, Fern von Neid und Zank Stets in unserm Tun und Treiben. Endlich wird's einmal geschehen. Daß auch wir uns Wiedersehen Und uns wieder freun Und den Bund erneun — Lebe wohl! auf Wiedersehen!
Hölty.
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Ludwig Heinrich Christoph Hölty. 44. Der alte Landmann an seinen Sohn. 1. Üb immer Treu und Redlichkeit Bis an dein kühles Grab Und weiche keinen Finger breit Von Gottes Wegen ab! Dann wirst du, wie auf grünen Aun, Durchs Pilgerleben gehn; Dann kannst du sonder Furcht und Graun Dem Tod ins Auge sehn.
2. Dann wird die Sichel und der Pflug In deiner Hand so leicht. Dann singest du beim Wasserkrug, Als wär dir Wein gereicht. Dem Bösewicht wird alles schwer. Er tue, was er tu; Der Teufel treibt ihn hin und her Und läßt ihm keine Ruh. 3. Der schöne Frühling lacht ihm nicht. Ihm lacht kein Ahrenfeld; Er ist auf Lug und Trug erpicht Und wünscht sich nichts als Geld. Der Wind im Hain, das Laub ant Baum Saust ihm Entsetzen zu; Er findet nach des Lebens Raum Im Grabe keine Ruh.
4. Üb immer Treu und Redlichkeit Bis an dein kühles Grab Und weiche keinen Finger breit Bon Gottes Wegen ab! Dann suchen Enkel deine Gruft Und weinen Tränen drauf. Und Sommerblumen, voll von Duft, Blühn aus den Tränen- auf.
48
• Holz.
Arno Holz.
45. Een Boot is noch buten. „Ahoi! Klaas Nielsen und Peter Jehann! Kiekt nach, ob wir noch nich to Mus siud! Ji hewt doch gesehn den Klabautermann? Gott lob, dat wie wedder to Hus sind!" 5 Die Fischer riefen's und stießen ans Land Und zogen die Kiele bis hoch an den Strand, Denn dumpf au rollten die Fluten; Han Jochen aber rechnete nach Und schüttelte finster sein Haupt und sprach: 10 „Een Boot is noch buten!" Und ernster keuchte die braune Schar Dem Torf zu über die Dünen, Schon grüßten von fern mit zerzaustem Haar Die Fraun an den Gräbern der Hünen. 15 Und „Korl!" hieß es und „Leiw Marie!" ,,'t is doch man schön, dat ji wedder hie!" Dlnnpf an rollten die Fluten — ,,lln Hinrich, ntiit Hinrich? Wo is denn de?!" Und Jochen wies in die brüllende See. 20 „Een Boot is noch buten!" Am Ufer dräute der Möwenstein, Drauf stand ein verrufnes Gemäuer, Dort schleppten sie Werg und Straudholz hinein Und gossen Öl in das Feuer. 25 Das leuchtete weit in die Nacht hinaus Und sollte rufen: O komni nach Haus! Dumpf au rollten die Fluten — Hier steht dein Weib in Nacht und Wind Und jammert laut und küßt dein Kind: 30 „Een Boot is noch buten!" Doch die Nacht verrannj und die See ward still, Und die Sonne schien in die Flammen,
Holz.
Kerner.
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Da schluchzte die Ärmste: „As Gott will!" Und bewußtlos brach sie zusammen! 35 Sie trugen sie heim aus schmalem Brett, Dort liegt sie nun fiebernd im Krankenbett, Und draußen plätschern die Fluten; Dort spielt ihr Kind, ihr „lütting Johann" Und lallt wie träumend dann und wann: 40 „Een Boot is noch buten!" —
Iustinus Kerner. 46. Wanderlied. 1. Wohlauf, noch getrunken Den funkelnden Wein! Ade nun, ihr Lieben! Geschieden muß sein. Ade nun, ihr Berge, Du väterlich Haus! Es treibt in die Ferne Mich mächtig hinaus.
2. Die Sonne, sie bleibet Am Himmel nicht stehn. Es treibt sie, durch Länder Und Die Am Die Mit
Meere zu gehn. Woge nicht haftet einsamen Strand, Stürme, sie brausen Macht durch das Land.
3. Der Und Ein
Mit eilenden Wolken Vogel dort ziehl singt in der Ferne heimatlich Lied.
So treibt es den Burschen Durch Wälder und Feld, Zu gleichen der Mutter, Der wandernden Welt. 4. Da grüßen ihn Vögel, Bekannt überm Meer, Sie flogen von Fluren Der Heimat hieher; Da duften die Blume» Vertraulich um ihn.
Sie trieben vom Lande Die Lüfte dahin. 5. Die Vögel, die feinte» Sein väterlich Haus. Die Blumen einst pflanzt' er Der Liebe zunt Strauß: Und Liebe, die folgt ihm, Sie geht ihm zur Hand: So wird ihm zur Heimat Das ferneste Land.
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Kinkel.
Gottfried Kinkel. 47. Scipio. 1. Schau dort den Mann! Er kommt gegangen, Die Toga lässig umgehangen; Das ist der große Scipio, Dem sich Karthago gab verloren. Vor dem von Roms geborstnen Toren Des Barkas granser Enkel floh. 2. Es ist der Weg zum Kapitale, Den er mit ruhmbeschwingter Sohle Als Triumphator einst erstieg. Er geht mit ernster Römersitte Auch heut hinauf iit festem Schritte, Als führt er eine Schar zum Sieg.
3. Und dennoch durft er heute zagen! Mag jedes Haupt er überragen. Die Mißgunst haßt sein großes Tun. Er ist verklagt als Landverräter, Und vor dem Hof der greisen Väter Erhebt die Klage der Tribun: 4. „Wir haben Gold dir reich gesendet; Es ward auf diesen Krieg verschwendet Des Volkes Schweiß und letzte Kraft. Dir haben wir uns überlassen; Du hast zerstreut des Silbers Massen: Wohlan, so gib uns Rechenschaft!
5. Stolz gibst du reiche Pracht zu schauen; Rings an den Bergen, auf den Auen Wird Öl und Korn und Wein dir reif. Wer mag dem Zweifel da gebieten? Und drum int Namen der Quiriten Verklag ich dich auf Unterschleif!"
Kinkel.
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6. Da hebt sich Scipio vom Sitze, Es bleiben seines Auges Blitze Mitleidig auf dem Kläger ruhn. Aus schlägt er eine Bücherrolle, Und mild, als müßt er nichts vom Grolle, Beginnt er seine Rede nun:
7. „Leicht wär's, ihr Väter, mir zu rechten! Ich schrieb im Feld in heißen Nächten Dies Rechnungsbuch mit eigner Hand. Von meinem Quästor untersiegelt, Des Lippe jetzt der Tod verriegelt, Jst's meiner Ehre gültig Pfand. 8. Und weil mich die Erinnrung freute, So hielt ich's ausbewahrt bis heute; Nun aber, dünkt mich's, ist's genug. Zu fragen nach Beweis und Pfande, Es wäre mir und euch zur Schande — Dies meine Antwort: kommt zum Spruch!" 9. Er schweigt und reißt das Buch in Fetzen Und wirft es zu des Hofs Entsetzen Aufs Kohlenbecken Stück für Stück, Dann schürt bedachtsam er die Flammen, Bis es zu Asche fiel zusammen. Und geht zu seinem Sitz zurück. 10. Still ward's, dann jauchzt es in der Runde: „Frei, frei von Schuld!" aus jedem Munde; Der Kläger bebt in banger Scham. Doch in dem wilden Beifallrufen Neigt sich der Held und geht die Stufen Hinab so ruhig, wie er kam.
48. Ein geistlich «bendlied. 1. Es ist so still geworden, verrauscht des Abends Weh», 9?un hört man aller Orten der Engel Füße gehn;
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Kinkel.
Kopisch.
Rings in die Tale senket sich Finsternis mit Macht — Wirf ab, Herz, was dich kränket, und was dir bange macht! 2. Es ruht die Welt im Schweigen, ihr Tosen ist vorbei. Stumm ihrer Freude Neigen und stumm ihr Schmerzensschrei. Hat Rose» sie geschenket, hat Dornen sie gebracht — Wirf ab, Herz, was dich kränket, und was dir bange machtl 3. Und hast du heut gefehlet, o, schaue nicht zurück: Empfinde dich beseelet von freier Gnade Glück! Auch des Verirrten denket der Hirt aus hoher Wacht — Wirf ab, Herz, was dich kränket, und was dir bange macht! 4. Nun stehn im Himmelskreise die Stern in Majestät; In gleichem, festem Gleise der goldne Wagen geht. Und gleich den Sternen lenket er deinen Weg durch Nacht — Wirf ab, Herz, was dich kränket, und was dir bange macht!
August Kopisch. 49. Die Heinzelmännchen. 1. Wie war zu Köln es doch vordem Mit Heinzelmännchen so bequem! Denn war man faul — man legte sich Hin auf die Bank und pflegte sich: Da kamen bei Nacht, Ehe man's gedacht. Die Männlein und schwärmten Und klappten und lärmten Und rupften und zupften Und hüpften und trabten Und putzten und schabten — Und eh ein Faulpelz noch erwacht. War all sein Tagewerk bereits gemacht. 2. Die Zimmerleute streckten sich Hin auf die Späu und reckten sich; Indessen kam die Geisterschar Und sah, was da zu zimmern war.
Kopisch.
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Nahm Meißel und Beil Und die Säg in Eil; Sie sägten und stachen Und hieben und brachen, Berappten und kappten. Visierten wie Falken Und setzten die Balken — Eh sich's der Zimmermann versah. Klapp! stand das ganze Haus schon fertig da!
3. Die Die Die
Beim Bäckermeister war nicht Not, Heinzelmännchen backten Brot. faulen Burschen legten sich. Heinzelmännchen regten sich Und ächzten daher Mit den Säcken schwer — Und kneteten tüchtig Und wogen es richtig Und hoben und schoben Und fegten und backten Und klopften und hackten. Die Burschen schnarchten noch im Chor: Da rückte schon das Brot — das neue, vor.
4. Beim Fleischer ging es just so zu: Gesell und Bursche lag in Ruh; Indessen kamen die Männlein her Und hackten das Schwein die Kreuz und Quer. Ta ging so geschwind. Wie die Mühl im Wind! Die klappten mit Beilen, Die schnitzten an Speilen, Die spülten, die wühlten Und mengten und mischten Und stopften und wischten. Tat der Gesell die Augen auf: Wapp! hing die Wurst da schon im Ausverkauf!
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Kopisch.
5. Der Am Die
Beim Schenken war es so: es trank Küfer, bis er medersank; hohlen Fasse schlief er ein. Männlein sorgten um den Wein Und schwefelten fein Alle Fässer ein Und rollten und hoben Mit Winden und Kloben Und schwenkten und senkten Und gossen und panschten Und mengten und manschten. Und eh der Küfer noch erwacht. War schon der Wein geschönt und feilt gemacht!
6. Einst hatt' ein Schneider große Pein: Der Staatsrock sollte fertig sein: Warf hin das Zeug und legte sich Hin auf das Ohr und Pflegte sich. Da schlüpften sie frisch In den Schneidertisch Und schnitten und rückten Und nähten und stickten Und faßten und paßten Und strichen und guckten Und zupften und ruckten; Und eh mein Schneiderlein erwacht, War Bürgermeisters Rock bereits gemacht!
7. Neugierig war des Schneiders Weib Und macht sich diesen Zeitvertreib: Streut Erbsen hin die andre Nacht. Die Heinzelmännchen kommen sacht; Eins führet nun ans. Schlägt hin im Haus, Die gleiten von Stufen Und plumpen in Kufen, Die fallen mit Schallen,
Kopisch.
Die Und Sie Mit
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lärmen und schreien vermaleoeien! springt hinunter aus den Schall Licht: husch husch, husch husch! — ver schwinden all!
8. O weh! nun sind sie alle fort, Und keines ist mehr hier am Ort! Man kann nicht mehr wie sonsten ruhn, Man muss nun alles selber tun! Ein jeder muß fein Selbst fleißig sein Und kratzen und schaben Und rennen und traben Und schniegeln und bügeln Und klopfen und hacken Und kochen und backen. Ach, daß es noch wie damals wär! Doch kommt die schöne Zeit nicht wieher her.
50. Puck. 1. Der lange sprach zunl kurzen Knecht: „Laß sein den Puck, es geht dir schlecht! Man muß den Puck nicht necken. Sonst kommt er, dich zu zecken." Der Kurze sprach: „Und kommt er auch. Ich lasse nicht von meinem Brauch: Denn ich will eben Nur lustig leben. Was ist der Puck? Ein Teufelsspuk!"
2. Der Lange sprach: „Ich weiß nicht was. Doch trägt ins Haus er Korn und Gras Und putzt die Pferd' im Stalle, Kocht, backt und fegt die Halle.
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Kopisch.
Er holt das Wasser aus dem Born Und flickt den Zaun mit manchem Dorn, Hackt Holz für alle Mit Poch und Schalle, Macht reich den Herrn, Man hat ihn gern."
3. Der Kurze sprach: „Das wußt ich laugst. Daß du an deinem Puck so hängst. Da sieh ihn, deinen Feinen! Er bammelt mit den Beinen Dort aus der Luk; ich schleich ins Haus . ." Paff! stößt er zu der Luk ihn aus: Kopfüber fliegt er. Und plauz! da liegt er Mit klipp! klapp! klopf! Als alter Topf. 4. Da lachen alle, die es sehn; Doch ach! wie wird's dem Knechte gehn? Er fürcht sich selbst vor Strafen, Legt sich zum Langeil schlafen. Nun währt's nicht lang, so kommt der Puck Zu ihm und gibt ihm einen Ruck, Packt ihn am Beine: „Du liegst nicht feine! Ich richte euch: So liegt ihr gleich!" — „Au!"
5. Er deckt ihn sauber wieder zu Und läßt ihn eine Weil in Ruh. Er liegt und schnarcht bequemlich; Da kommt der Puck vernehmlich, Sieht nach und sagt: „Nun fehlt's am Kopf!" Da zieht er ihn heraus am Schopf. — „Au!" Nun guckt er drunten: Da fehlt es unten; Er zieht am Bein Und legt ihn fein. — „Au!"
Kopisch.
6. Da guckt er wieder oben nach Und zieht ihn wieder 'rauf gemach. — „Au!" „Ich kann dir's nicht erlassen, Du mußt zum Langen passen!" Nun sieht er unten: „Willst du wohl? Ich seh den Fleck schon wieder hohl: Du liegst nicht feine, Komm her am Beine!" — „Au!" „Nun fehlt's am Kopf! Komm her am Schopf!" — „Au!" 7. „Hier Fuß her!" — „Au!" — „Hier Kopf!" „Au, au!" Er zioickt den Armen braun und blau. Da kräht der Hahn, aus ist der Kummer, Der Knecht verfällt in tiefen Schlummer. Doch morgens er mit Schrecken sah: Quer überm Brunnen liegt er da Und ruft mit Beben Fürs arme Leben: „Verzeih mir, Puck! Laß ab vom Spuk!"
51. Tomte i Garde». (Dänische Sage).
Veit Rik führt Korn in den Hof hinein, Da keucht klein Tomte hinterdrein. Der Tomte i Garden ist klein wie ein Kind Und trägt mit Müh einen Halm int Wind, 5 Er hat ein rot Käppchen und freundlich Gesicht Und sagt: Verschmäh doch mein Hälmchen nicht! —
Veit Rik aber lenkt in die Scheuer und spricht: Was hilft mir ein Hälmchen, du kröplicher Wicht? Geh hin, wo du willst, das >vär mir genehm. 10 Das wär eine Hilfe, wenn die Art käm!
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Aopisch.
Der Tomte i Garden blieb nicht stehn. Man sah ihn zu Rikeburs Nachbar gehn:
Dem bracht er die Ähre, der nahm sie gern, Da brachte ihm Tomte noch- mehr von fern;
15 Der Tomte i Garden schleppt Nacht und Tag, Bis voll des Nachbars Scheuer lag; Er liest auch die Körnchen am Wege verstreut. Womit er die Hühner des Hofes erfreut;
Holt Moos und verstopft die Ritzen im Stein, 20 Läßt kein kalt Lüstchen ins Haus hinein; Die Hölzchen und Zweiglein liest er auf Und zündet damit das Feuer auf;
Er wäscht die Kindlein und kämmt ihr Haar, Es glänzt wie die lichte Sonne so klar;
25 Er duldet kein Fleckchen, er scheuert die Bank, Er putzt auch das Vieh, das wird so blank. Sem Näpfchen Milch und ein Stück grau Tuch, Das war ihm zum ganzen Lohn genug.
Und alles geht wohl, und alles gedeiht, 30 Veit Rik, der sieht es am Ende mit Neid; In Rikes Haus war's kalt, nicht warm, Veit Rik hieß nun gar bald Veit Arm.
Er hatte den Tomte i Garden verschmäht. Durch den es gut im Hause steht.
52. Der Mäuseturm. 1. Am Mäuseturm um Mitternacht Des Bischofs Hatto Geist erwacht: Er flieht um die Zinnen im Höllenschein Und glühende Mäuslein hinter ihm drein!
2. Der Hungrigen hast du, Hatto, gelacht. Die Scheuer Gottes zur Hölle gemacht; Drum ward jedes Körnlein im Speicher dein Verkehrt in ein nagendes Mäuselein.
Kopisch.
Liliencron.
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3. Du flohst auf den Rhein in den Jnselturm, Doch hinter dir rauschte der Mäusesturm; Du schlossest den Turm mit eherner Tür, Sie nagten den Stein und drangen hcrfür. 4. Sie fraßen die Speise, die Lagerstatt, Sie fraßen den Tisch dir und wurden nicht satt. Sie fraßen dich selber zu aller Graus Und nagten den Namen dein überall aus.
5. Fern rudern die Schiffer um Mitternacht, Wenn schwirrend dein irrender Geist erwacht: Er flieht um die Zinnen im Höllenschein lind glühende Mäuslein hinter ihm drein.
Detlev von Liliencron. 53. Die Musik kommt. 1. Klingling, bumbum und tschingdada. Zieht int Triumph der Perserschah? Und um die Ecke brausend bricht's Wie Tubaton des Weltgerichts, Voran der Schellenträger.
2. Der Die Die Und
Brumbrum, das große Bombardon, Beckenschlag, das Helikon, Piccolo, der Zinkenist, Türkentrommel, der Flötist, dann der Herre Hauptmann.
3. Der Hauptmann naht mit stolzem Sinn, Die Schuppenketten unterm Kinn, Die Schärpe schnürt den schlanken Leib, Beim Zeus! das ist kein Zeitvertreib, Und dann die Herren Leutnants. 4. Zwei Leutnants, rosenrot und braun. Die Fahne schützen sie als Zaun,
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Liliencron.
Die Fahne kommt, den Hut nimm ab, Der sind wir treu bis an das Grab! Und dann die Grenadiere.
5. Der Grenadier im strammen Tritt, In Schritt und Tritt und Tritt und Schritt, Das stampft und dröhnt und klappt und flirrt, Laternenglas und Fenster klirrt. Und dann die kleinen Mädchen. 6. Die Mädchen alle, Kopf an Kopf, Das Auge blau und blond der Zopf, Aus Tür und Tor und Hof und Haus Schaut Mine, Trine, Stinc aus. Vorbei ist die Musike.
7. Klingling, tschingtsching und Paukenkrach, Noch aus der Ferne tönt es schwach. Ganz leise bumbumbumbum tsching. Zog da eilt bunter Schmetterling, Tschingtschiug, bum, um die Ecke?
54. Tod in Ähren. 1. Im Weizenfeld, in Korn und Mohn, Liegt ein Soldat, uuaufgesunden, Zwei Tage schon, zivei Nächte schon, Mit schweren Wunden, unverbunden.
2. Durstüberguält und sieberwild, Im Todeskampf den Kopf erhoben. Ein letzter Traum, ein letztes Bild, Sein brechend Auge schlägt nach oben.
3. Die Sense rauscht int Ährenfeld, Er sieht sein Dorf int Arbeitsfrieden, Ade, ade, du Heimatwelt — — — llnb beugt sein Haupt und ist verschieden.
Hertnann Linqq. 55. Feierabend. 1. Feierabend! alle Glocken Läuten Friede, Ruh und Rast — Kerzen funkeln, und es locken Volle Kannen schon den Gast. 2. In der Werkstatt schweigt das Hämmern, Und der Bleister im Gemach Sinnt bei letztem Tagesdämmern Froh getaner Arbeit nach. 3. Nur den Schiffer drauß im Hafen Weckt nach tagelanger Ruh Guter Fahrwind. Statt zu schlafen. Eilt er fernen Ländern zu.
56. Die weihe Weihnachtsrose. 1. Wenn über Wege tiefbeschneit Ter Schlitten lustig rennt, Im Spätjahr in der Tämmerzeit, Tie Wochen im Advent, Wenn aus dem Schnee das junge Reh Sich Kräuter sucht und Moose, Blüht unverdorrt im Frost noch fort Tie weisse Weihnachtsrose. 2. Kein Blümchen sonst auf weiter Flur; In ihrem Dornenkleid Nur sie, die niedre Distel nur. Trotz allem Wiuterleid; Tas macht, sie will erwarten still. Bis sich die Sonne wendet. Damit sie weis;, das; Schnee und Eis Auch diesmal ivieder endet. 3. Doch ist's geschehn, nimmt fühlbar kaum Der Nächte Dunkel ab, Hessel, Lesebuch 5. 11. Ausl.
U 5
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Lingg.
Dann sinkt mit einem Hoffnungstraum Auch sie zurück ins Grab. Nun schläft sie gern; sie hat von fern Des Frühlings Gruß vernommen. Und o wie bald wird glanzumwallt Er sie zu wecken kommen.
57. Die Römerstratze. 1. Der Sie Am
Man spricht im Torf noch oft von ihr, alten drauf; im tiefen Walde, zeige sich iu)d) dort und hier, Feldweg lirti) am Saum der .Halde.
2. Sie zieht herauf und steigt hinab, Es weidet über ihr die Herde, An ihrer Seite manches Grab, So liegt sie drunten in der Erde.
3. Der Geht Und
Es führt ob ihr dahin der Steg, Pflüger mit dein Jochgespanne über ihren Grund hinweg. Wurzeln schlägt auf ihr die Tanne.
4. Und Der Und
Der Römer hat sie einst gebaut ihr den Ruhm, die Pflicht, die Trauer, Gräber Urnen anvertraut seines Namens ewge Dauer.
5. Und eine Billa glänzt am Strom, Wo Kähne landen, Sklaven lärmen, Der Herr des Hauses seufzt nach Rom, Nach Tibur und nach Bajäs Thermen. 6. Mir ist, Kohorten schreiten dort Gepanzert uadj dem Lagerwalle, Es tönt des Kriegstribunen Wort $0111 Turm her zu der Tuba Schalle.
7. Der Prätor naht, vom Volk umringt, Liktoren ziehn, behelmte Reiter, Und wie sich Bild mit Bild verschlingt, Am Tag traumwandelnd schreit id] weiter.
Lingg.
8. Ein Ich Den
Löwenberg.
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Ta plötzlich ruft ein Laut mich wach. Erdgcdröhn ant nahen Gleisen — steh am Kreuzweg; hier durchbrach Römerpfad der Pfad von Eisen.
9. Und donnernd rollt der Wagenzug Vorbei den alten Meilensteinen, Wie Blitz deo Zeus nnd Geisterflug, Ter Erde Völker zu vereinen.
Jakob Löwenberq. 58. Auf der Straßenbahn. In ,V)it3 und Tvroft, in Staub und Regen, Jedwedem Wetter die Stirn entgegen, Die Hattd an der Kurbel, das Auge gespannt, So steht der Führer auf seinem Stand.
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So steht er oon früh bis abends spät. Das schwatzt nm ihn, das kommt und geht, Das stößt und drängt sich, das scherzt nnb lacht Bis in die tiefe Mitternacht. Starr blickt er hinab in der Straße Gewühl,
10 Er steht auf Posten, er kennt nur ein Ziel, Wie's um ihn auch hastet und wirrt nnd flieht: Daß nur fein Unglück, kein Unglück geschieht! Nur einmal da branfjen, da kann es geschehn, Wo grün an der Straße die Bäume noch stehn, 15 Da bricht ein Lächeln die starre Ruh, Vom Wegrand blickt fröhlich sein Weib ihm zu. Sein Junge springt flink an die Vordertür Und bringt ihm ein Brot und bringt ihm ein Bier, Fährt jubelnd mit zur Endstation: 20 Das ist des Tages reichster Lohn. — Sei jedem, wie und wo er auch fährt. Solch eine Strecke Weges beschert!
Hans Ferdinand M a ß m a n n. 59. Gelübde.
1. Ich hab mich ergeben mit Herz und mit Hand Dir, Land voll Lieb und Leben, mein deutsches Vaterland! 2. Mein Herz ist entglommen, dir treu zugewandt. Du Land der Frein und Frommen, du herrlich Hermannsland! 3. Will halten und gliiubeu an Gott fromm nnd frei! Will, Vaterland, dir bleiben ans einig fest nnd treu! 4. Ach, Gott, tu erheben mein jung Herzensblut Zn frischem, freudigem Leben, zu freiem, frommem Mut! 5. Last Kraft mich erwerben in Herz nnd in Hand, Zn leben und zu sterben fürs heilge Vaterland!
Christian Joseph Matzerath. 60. An den Rhein.
1. Mein Heimatland, o du herrlicher Rhein, Tie Perle des Westens, grün goldige Flut, Deine Männer sind stark, deine Frauen sind gut, Es ist eine Lust, dein Kind zn sein! 2. Wie blauet dein Himmel so tief und so klar! Wie wallt in goldenen Ähren das Land, Auf den Hügeln, zn Tal, an der Ebene Rand, Wie schwillst von Segen du wunderbar! 3. Von deinen Bergen, wie sieht es sich weit! Wie atmet die Seele so kühn dort und frei! In der Tiefe ziehen die Schifflein vorbei, Zögernd hinweg aus der Herrlichkeit. 4. Im Hochland aber da halten sie. Wacht, Noch immer die Burgen der Ritter wie hehr! Wohl erdröhnet das Hont des Wächters nicht mehr, Doch lieben wir sie, nun vorbei ihre Macht.
Matzerath.
Mörike.
5. O Rhein! und es spiegeln sich Tome groß In der Fluten, der leise schauernden, Schaum, Gewaltige Kaiser träuinen den Traum Versunkener Glorie in ihrem Schoß! 6. Mein Heimatland, o du herrlicher Rhein, Du Perle des Westens, grüngoldige Flut, Deine Männer sind stark, deine Frauen sind gilt. Es ist eine Lust, dein Kind zu sein.
Eduard Mörike. 61. 3um neuen Jahr. 1. Wie heimlicherweise Ein Engelein leise Mit rosigen Füßeli Die Erde betritt, So nahte der Morgell. Jauchzt ihm, ihr Frommeil, Eiil heilig Willkommen, Eiil heilig Willkommen! .Herz, jauchze du mit!
2. In i hm sei's begonnen, Der Monde und Sonnen An blauen Gezelten Des Himmels bewegt. Du, Vater, du rate! Leilke du uild wende! Herr, dir in die Hände Sei Ansaiig und Ende, Sei alles gelegt!
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Julius Mosen. 62. Andreas Hofer. 1. Zu Mantua in Banden Der treue Hofer war. In Mantua zum Tode Führt ihn der Feinde Schar. Es blutete der Brüder Herz: Ganz Deutschland, ach, in Schmach und Schmerz! Mit ihm das Land Tirol! 2. Die Hände auf dem Rücken, Andreas Hofer ging Mit ruhig festen Schritten, Ihm schien der Tod gering: Der Tod, den er so manchesmal Vom Jselberg geschickt ins Tal Im Heilgen Land Tirol.
3. Im Die Die
Doch als aus Kerkergittern festen Mantua treuen Waffenbrüder Hand er strecken sah. Da rief er aus: „Gott sei mit euch. Mit dem verratnen deutschen Reich Und mit dem Land Tirol!"
4. Dem Tambur will der Wirbel Nicht unterm Schlägel vor. Als nun Andreas Hofer Schritt durch das finstre Tor: Andreas, noch in Banden frei, Dort stand er fest auf der Bastei, Der Mann vom Land Tirol.
Mosen.
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5. Dort soll er niederknieen, Er sprach: „Das tu ich nit! Will sterben, tote ich stehe, Will sterben, wie ich stritt, So, tote ich steh auf dieser Schanz. Es leb mein guter Kaiser Franz, Mit ihm sein Land Tirol!" 6. Und von der Hand die Binde Nimmt ihm der Korporal; Andreas Hofer betet Allhier zum letztenmal. Dann ruft er: „Nun^ so trefft mich recht! Gebt Feuer! ach, tote schießt ihr schlecht! Ade, mein Land Tirol!"
63. Der Trompeter an Ver Katzbach. 1. Von Wunden ganz bedecket, Der Trompeter sterbend ruht. An der Katzbach hingestrecket. Der Brust entströmt das Blut.
5. Und die Trompete schmettert — Fest hält sie seine Hand — Und tote ein Donner wettert Viktoria in das Land.
2. Brennt auch die Todeswunde, 6. Viktoria — so klang es, Doch sterben kann er nicht, Viktoria — überall, Bis neue Siegeskunde Viktoria — so drang es Zn seinen Ohren bricht. Hervor mit Donnerschall. 3. Und wie er schmerzlich ringet In Todesängsten bang, Zu ihm herüberdringet Ein wohlbekannter Klang.
7. Doch als es ausgeklungen, Die Trompete setzt er ab; Das Herz ist ihm zersprungen. Vom Roß stürzt er herab.
4. Das hebt ihn von der Erde, Er streckt sich starr und wild — Dort sitzt er auf dem Pferde, Als wie ein steinern Bild.
8. Um ihn herum im Kreise Hielt's ganze Regiment, Der Feldmarschall sprach leise: „Das heißt ein selig End!"
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Joseph Müller.
Joseph Müller. 04. Et Henzemännche en der Bäcker. (Aachener Mundart).
1. Wenn mich de beis et nit verzelt, Was söns für menich liondert jör Sich zaudrug hei op deser weit, Me säd, et es net wör.
2. Ens wör ene backer enge Stadt, Wo ’n henzemannche körn, De schleif des nats sich helsesatt En han doch voll der kröm. 3. Des morgens wor et backes "reng En alles wör gesellet, Dö löge wecke grüß en kleng Onch schwatzbrot feiet net.
4. De bäckerschfrau gefeil dat denk, Dat wör nö höre sen, Geschürt fong sei noch blank en blenk De griille öwendren.
5. Drum sät se: „Männche, wat ich wen, Dat du de arme nackse wais För all si plöge en sin meu E böxge mache leiß." 6. Dat röxge en dat böxge körn, Von fin Scharlache doch, Et wör et Ängste üs der kröm En noch net Ang genug.
7. Die neu montur lag op ene sack Die frau en ä pläsir En dät: „Ich weß, dat an der back Ich dat wier proAtier/ 8. Et henzche En satz sich op En dät: wie ich Nun blos ich op
dog die kleier an der sack schön kleier han, der back.
Joseph Müller.
Wilhelm Müller.
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9. Et henzche leiß stell alles stö En rürt net Bank noch foß, Dröm wor des morgens nüs gedö, Der blick er zom verdroß. 10. „Wie?“ sat de, „henzche, works du net? Dat seng ich gar net ret, Wenn me dich doch e böxge get En ovendren e kled!“
11. Et henzche sprang nü van der sack En reif: „Adje, er lü, Els herrche blos ich op der back En gev do van de brüh !“
Wilhelm Müller. 65. Aindcrlust. 1. Und Laßt Mir
Stirn fcijct aus beit alten Staub macht die Laube blank, ja kein schwarzes Winterlaub liegen auf der Bank!
2. Die erste weiße Blüte flog Mir heut ius Angesicht. Willkommen, Lenz! ich lebe noch Und weiß von Leide nicht.
3. Und schaue hell, wie du, hinein In Gottes schöne Welt Und möcht ein kleiner Bube sein Und kollern durch das Feld. 4. Die Und Und
O, seht! da plätschern schon am See lieben Kindelein ziehn die Hemdchen in die Höh wollen gern hinein.
5. Wie lockt der warme Sonnenschein, Der auf dem Spiegel ruht! Da ist kein Fuß zu weich, zu klein. Er probt, wie's Wasser tut.
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Wilhelm Muller.
6. Ich sitz und seh dem Spiele zu Und spiel im Herzen auch. Du lieber Lenz, ein Kind bist du Und übest Kinderbrauch. 7. Wie viel du hast, du weißt es kaum Und schüttest alles aus. Nehmt, Kinder, nehmt! es ist kein Traum, Es kommt aus Gottes Haus.
8. Und wenn du nun ganz fertig bist. Hast keine Blume mehr. Dann gehst du wieder ohne Frist, Kein Abschied wird dir schwer,
9. Und rufst dem Bruder Sommer zu: „Bringst du die Früchte her? Was ich versprach, das halte du! Ei, ei, dein Korb ist schwer!"
66. Das Frühlingsmahl. 1. Wer hat die weißen Tücher gebreitet über das Land, Die weißen, duftenden Tücher mit ihrem grünen Rand?
2. Und hat darüber gezogen das hohe, blaue Zelt, Darunter den bunten Teppich gelagert über das Feld?
3. Er ist es selber gewesen, der gute, reiche Wirt Des Himmels und der Erden, der nimmer ärmer wird. 4. Er hat gedeckt die Tische in seinem weiten Saal Und ruft, was lebet und webet, zum großen Frühlingsmahl. 5. Wie strömt's aus allen Blüten herab von Strauch und Baum! Und jede Blüt ein Becher voll süßer Düfte Schaum! 6. Hört ihr des Wirtes Stimme: „Heran, was kriecht und fliegt. Was geht und steht auf Erden, was unter den Wogen sich wiegt! 7. Und du, mein Himmelspilger, hier trinke trunken dich Und sinke selig nieder aufs Knie und denk an mich!"
Wilhelm Müller.
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67. Der kleine Hydriot. Ich war ein kleiner Knabe, stand fest kaum auf dem Bein, Da nahm mich schon mein Vater mit in das Meer hinein Und lehrte leicht mich schwimmen an seiner sichern Hand Und in die Fluten tauchen bis nieder auf den Sand; 5 Ein Silberstückchen warf er dreimal ins Meer hinab, Und dreimal mußt ich's holen, eh er's zum Lohn mir gab. Dann reicht er mir ein Ruder, hieß in ein Boot mich gehn, Er selber blieb zur Seite mir unverdrossen stehn, Wies mir, wie man die Woge mit scharfem Schlage bricht, 10 Wie man die Wirbel meidet und mit der Brandung ficht. Und von dem kleinen Kahne ging's flugs ins große Schiff, Es trieben uns die Stürme um manches Felsenriff; Ich saß auf hohem Maste, schaut über Meer und Land: Es schwebten Berg und Türme vorüber mit dem Strand. 15 Der Vater hieß mich merken auf jedes Bogels Flug, Auf aller Winde Wehen, auf aller Wolken Zug; Und bogen dann die Stürme den Mast bis in die Flut, Und spritzten dann die Wogen hoch über meinen Hut, Da sah der Vater Prüfend mir in das Angesicht — 20 Ich saß in meinem Korbe und rüttelte mich nicht — Da sprach er, und die Wange ward ihm wie Blut so rot: „Glück zu auf deinem Maste, du kleiner Hydriot!"
Und heute gab der Vater ein Schwert mir in die Hand Und weihte mich zum Kämpfer für Gott und Vaterland. 25 Er maß mich mit den Blicken vom Kopf bis zu den Zehn, Mir war's, als tät sein Auge hinab ins Herz mir sehn; Ich hielt mein Schwert gen Himmel und schaut ihn sicher an Und deuchte mich zur Stunde nicht schlechter als ein Mann. Da sprach er, und die Wange ward ihm wie Blut so rot: 30 „Glück zu mit deinem Schwerte, du kleiner Hydriot!"
Wolfg^nh Müller.
Wolfqanq Muller von Köniqswinter. 68. Schwert und Pftug ■ 2nnc von 'Jiciiennfjrj. 1. Einst war ein Graf, so geht die Mär, Der fühlte, daß er sterbe; Die beiden Söhne rief er her, Sn teilen Hab und Erbe. 2. Nach einem Pflug, nach ein ein Schwert Rief da der alte Degen, Tas brachteil ihm die Söhne wert; Da gab er seinen Segen: 3. ,,Mein allster Sohn, mein stärkster Sproß, Du sollst das Schwert behalten, Die Berge mit dem stolzen Schloff Und aller Ehren walten. 4. Doch dir, nicht iilinder liebes Kind, Dir sei der Pflug gegeben, Im Tal, wo stille Hütten sinch Dort wagst du friedlich leben." ä. So starb der lebensmüde Greis, Äls er sein Gut vergeben; Die Söhne hielten das Geheiß Treu durch ihr ganzes Leben. 6. Doch sprecht, was ward denn aus dem Stahl, Dem Schlosse und dem Krieger? Was ward denn aus dem stillen Tal, Was aus dem schwachen Pflüger? 7. O, fragt nicht nach der Sage Ziel! Euch künden riilgs die Gauen: Ter Berg ist wüst, das Schloß zerfiel, Das Schwert ist längst zerhauen. 8. Doch liegt das Tal voll Herrlichkeit Im liebten Sonnenschimmer, Da wächst und reift es weit und breit: Man ehrt den Pflug noch immer.
69. Der Mönch von Heisterbach. 1. Ein junger Mönch im Mlöstet Heisterbach Xiiiftionnöelt an deo (^cirren^ fernstem ßrt; Der Ewigkeit sinnt still uni) tief er nach Und forscht dabei in Sotten Heitgern Wort. 2. Er liest, was Petrus, der Apostel, sprach: ,,Denr Herren ist ein Tag wie tausend Jahr, Und taufen!) Jahre sind iljui mie ein Xag!" Doch wie er sinnt, ec> wird ihn: nimmer klar. 3. Und er verliert sich zweifelnd in beit Wald: Was um ihn vorgeht, hört mib sieht er nicht; Erst wie die fromme Besperglocke schallt, Gemahnt es ihr: der ernsten .lllosterpflicht. 4. Im Lauf erreichet er den Garten schnell; Ein Unbekannter öffnet ihm das Tor. Er stutzt — doch sieh, schon glänzt die Kirche hell. Und draus ertönt der Brüder Heilger Chor. 5. Nach seinen: Stuhle eilend tritt er ein, Doch, wunderbar! ein andrer sitzet dort; Er überblickt der Mönche lauge Reihn: 9bir Unbekannte findet er am Ort. 6. Der Staunende wird augestauut ringsum, Man fragt nach Namen, fragt nach den: Begehr: Er sagt's, da murmelt man durchs Heiligtum Dreihundert Jahre hieß so nien:and mehr. 7. Der letzte dieses Namens, tönt es dann, Er war ein Zweifler und verschwand in: Wald, Man gab den Namen keinen: mehr fortan. Er hört das Wort, es überläuft ihn kalt. 8. Er nennet nun den Abt und nennt das Jahr; Man nimmt das alte Klosterbuch zur Hand,' Da wird ein großes Gotteswunder klar; Er ist's, der drei Jahrhunderte verschwand.
Wolsgang Müller.
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Pfnrriuö.
9. Ha, welche Lösung! plötzlich graut sein Haar, Er sinkt dahin und ist dem Tod geweiht, Und sterbend mahnt er seiner Brüder Schar: „Gott ist erhaben über Ort und Zeit.
10. Was er verhüllt, macht nur ein Wunder klar, Druni grübelt nicht, denkt meinem Schicksal nach? Ich weiß: ihm ist ein Tag wie tausend Jahr, Und tausend Jahre sind ihm loie ein Tag."
G u st a v P f a r r i u o. 70. Der Trnnk aus dem Stiefel. 1. Da brobeit faßen sie allzumal Und zechten im alten Rittersaal; Die Fackeln glänzten herab vorn Stein Und schimmerten weit in die Nacht hinein. 2. ($£> sprach der ^iheingras i „Ein Kurier Ließ jüngst mir diesen Stiefel hier; Wer ihn mit einem Zug wird leeren, Dem soll Dorf Hüffelsheim gehören!" 3. Und lachend goß er mit eigner Hand Voll Wein den Stiefel bis an den Rand Und hub ihn mitten wohl in den Kreis: „Wohlan, ihr Herren, ihr kennt den Preis!" 4. Und Und Zog
Johann von Sponheim hielt sich in Ruh wünschte dem Nachbarn Glück dazu, dieser, Meinhart war's von Dhaun, scheu zusammen die dunkeln Braun.
5. Und Und Sah
Verlegen Kunz von selbst der den Koloß
den Bart sich Flörsheim strich. Stromberg schüttelte sich, mutige Burgkaplan mit Schrecken an.
6. Doch Boos von Waldeck rief von fern: „Mir her das Schlückchen! zum Wohl, ihr Herrn!" Und schwenkte den Stiefel und trank ihn leer Und warf sich zurück in den Sessel schwer.
Psarrius.
Reinick.
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7. Und sprach: „Herr Rheingraf, ließ der Kurier Nicht auch seinen andern Stiefel hier? Wasmaßen in einer zweiten Wette Auch Roxheim gerne verdienet hätte."
8. Des lachten sie alle und priesen den Boos Und schätzten ihn glücklich als bodenlos; Doch Hüffelsheim mit Maus und Mann Gehörte dem Ritter Boos fortan.
Robert Reinick. 71. Weihnachtslied. 1. Ter Winter ist gekommen Und hat hinweggenommen Der Erde grünes Kleid; Schnee liegt auf Blütenkeimen, Kein Blatt ist au den Bäumen, Erstarrt die Flüsse weit und breit. 2. Da schallen plötzlich Klänge Und frohe Festgesänge Hell durch die Winternacht. In Hütten und Palästen Ist rings in grünen Ästen Ein bunter Frühling aufgewacht. 3. Wie gern doch seh ich glänzen Mit all den reichen Kränzen Den grünen Weihnachtsbaum, Dazu der Kindlein Mienen, Von Licht und Lust beschienen: Wohl schönre Freude gibt es kaum. 4. Da denk ich jener Stunde, Als in des Feldes Runde Die Hirten sind erwacht,
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Reinick.
Geweckt von Glanzgefunkel, Das durch der Bäume Dunkel Ein Engel mit herabgebracht.
ö. Und wie sie da nach oben Den Blick erschrocken hoben Und sahn den Engel stehn, Da staunten sie wobt alle. Wie weml zum erstenmale Die Kindlein einen Cbristbaum sehn. 6. Doch was ist all Entzücken Ter Kindlcin, die erblicken. Was ihnen ward beschert. Gedenk ich, wie die Kunde Des Heils von Engelsmunde Die frömmelt Hirten angehört! 7. Und rings ob allen Bäumen Sang in den Himmelsräumen Der frohen Engel Schar: „Gott in der Höh soll werden Der Ruhm uud Fried auf Erden Und Wohlgefallen immerdar!"
8. Drum pflanzet grüne Äste Und schmücket sie aufs beste Mit frommer Liebe Hand, Daß sie ein Abbild werden Der Liebe, die zur Erden Solch großes Heil uns hat gesandt. 9. Ja, laßt die Glocken klingen, Daß, wie der Englein Singen, Sie rufen laut und klar: „Gott in der Höh soll werden Der Ruhm und Fried auf Erden Und Wohlgefallen immerdar!"
Nosegger.
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Rückert.
Peter Rosegger. 72. Mei weisses Lamperi (steirische Mundart).
Mi gfreuts, daß i a lamperl hon! Des hot a weißes pölzl on Und äugla wia da lanxintau; Und won i recht tiaf einischau, 5 ’s is gspoaßi ä, kimts mir in sinn: Ei, schod, doß i kä lamperl bin. ’s is nit zwegn, daß i hupfn kunt Mit ondern aufn wisngrund! ’s is nit, daß i a pölzl hätt 10 Fürn winta, won der olmwind get; I möcht nur sein sa guat und frö, As wia mei weißes lamperl dö!
Friedrich Rückert. 73. Des fremden Kindes Heilger Christ. 1. Es läuft ein fremdes Kind Am Abend vor Weihnachten Durch eine Stadt geschwind. Die Lichter zu betrachten. Die angezündet sind.
2. Und Die Die Weh
Es steht vor jedem Haus sieht die Hellen Räume, drinnen schaun heraus, lampenvollen Bäume: wird's ihm überaus.
4. An der Geschwister Hand, Als ich daheim gesessen. Hat es mir auch gebrannt; Doch hier bin ich vergessen In diesem fremden Land.
5. Läßt mich denn niemand ein Uudgönntmir aucheinFleckchen? In all den Häuserreihn Ist denn für mich kein Eckchen, Und wär es noch so klein?
6. Läßt mich denn niemand 3. Das Kindlein weint und ein? spricht: Ich will ja selbst nichts haben; „Ein jedes Kind hat heute Ein Bäumchen und ein Licht Ich will ja nur am Schein Und hat dran seine Freude, Der fremden Weihnachtsgaben Mich laben ganz allein." Nur bloß ich armes nicht. Hessel, Lesebuch 5. 11. Aufl.
M. 6
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Rückert.
7. Es klopft an Tür und Tor, An Fenster und an Laden; Doch niemand tritt hervor, Das Kindlein einzuladen; Sie haben drin kein Ohr.
13. Ich bin mit meinem Wort Bei allen gleichermaßen: Ich biete meinen Hort So gut hier auf den Straßen, Wie in den Zimmern dort.
8. Ein jeder Vater lenkt Den Sinn auf seine Kinder; Die Mutter sie beschenkt, Denkt sonst nichts mehr noch minder; Ans Kindlein niemand denkt.
14. Ich will dir deinen Banin, Fremd Kind, hier lassen schim mern Ans diesem offnen Raum, So schön, daß die in Zimmern So schon sein sollen kaum."
9. „£), lieber, Heilger Christ! Nicht Mutter und nicht Vater Hab ich, wenn dn's nicht bist; O, sei du mein Berater, Weil man mich hier vergißt!"
15. Ta deutet mit der Hand Christkindlein aus zum Himmel, Und droben leuchtend stand Ein Baum voll Sterngewimmel Vielästig ansgespannr.
10. Das Kindlein reibt Die Hand, Sie ist vom Frost erstarret: Es kriecht in sein Gewand Und in dem Gäßlein harret. Den Blick hinausgewandt.
16. So fern und doch so nah. Wie funkelten die Kerzen! Wie ward dem Kindlein da, Deiii fremden, still zu Herzen, DaS seinen Christbaum sah!
11. Da kommt mit einem Licht Durchs Gäßlein hergewallet Im weißen Kleide schlicht Ein ander Kind; — wie schallet Es lieblich, da es spricht:
17. Es war ihm, wie ein Traum; Da langten hergebogen Euglein herab vom Baum Zilin Kindlein, das sie zogen Hinaus zum lichten Raum.
12. „Ich bin der heilge Christ, War auch ein Kind vordessen. Wie du ein Kindlein bist; Ich will dich nicht vergessen, Wenn alles dich vergißt.
18. Das fremde Kindlein ist Zur Heimat nun gekehret. Bei seinem Heilgen Christ, Und was hier wird bescheret. Es dorten leicht vergißt.
74. Cstidhcr. 1. Chidher, der ewig junge, sprach: Ich fuhr an einer Stadt vorbei,
Rückert.
Ein Mann int Garten Früchte brach; Ich fragte, seit wann die Stadt hier sei. Er sprach und pflückte die Früchte fort: „Die Stadt steht ewig an diesem Ort Und wird so stehen ewig fort." Und aber nach fünfhundert Jähret: Kam ich desselbigen Wegs gefahren. 2. Da fand ich keine Spur der Stadt; Ein einsamer Schäfer blies die Schalmei, Die Herde weidete Laub und Blatt. Ich fragte: Wie lang ist die Stadt vorbei? Er sprach und blies auf dem Rohre fort: „Das eine wächst, und das andere dorrt; Das ist mein etoiger Weideort." Und aber nach fünfhundert Jahren Kam ich desselbigen Wegs gefahren. 3. Da fand ich ein Meer, das Wellet: schlttg, Ein Schiffer warf die Netze frei; Und als er ruhte votit schweren Zug, Fragt ich, seit wann das Meer hier sei. Er sprach und lachte meinem Wort: „So lang als schäumen die Wellen dort. Fischt matt und fischt man in diesem Port." Und aber nach fünfhttndert Jahren Kattt ich desselbigen Wegs gefahren. 4. Da fand ich einen waldigen Raum Und eitlen Mattn in der Siedelei: Er fällte mit der Axt bett Baum; Ich fragte, wie alt der Wald hier sei. Er sprach: „Der Wald ist ein ewiger Sport; Schon ewig wohn ich an diesem Ort, Und ewig wachsett die Bäume hier fort." Und aber nach fünfhundert Jahren Kanr ich desselbigen Wegs gefahren. 5. Da fand ich eine Stadt, und laut Erschallte der Markt vom Volksgeschrei.
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Rückert.
Ich fragte: Seit wann ist die Stadt erbaut? Wohin ist Wald und Meer und Schalmei? Sie schrieen und hörten nicht mein Wort: „So ging es ewig an diesem Ort Und wird so gehen ewig fort." Und aber nach fünfhundert Jahren Will ich desselbigen Weges fahren!
75. Aus dem „Rätselmann. 1.
Was bewegt man, um Fische zu fangen Und in die Stube zu gelangen?
2. Korn wird in ihnen rein gemacht, Und eines gibt mit ihnen acht. Doch wer mit ihnen Wasser schöpft. Der hat Erstaunliches vollbracht. 3. Eine nennt im Garten sich, Wie am Himmel die vielen, Nickt und neigt sich, wenn mit ihr Die gleichgenannten spielen.
4. Sie trägt ein bittres Laub, Sie trägt viel süße Kräuter, Auf ihr geht, unter ihr Die Kuh mit vollem Euter. 5. In geschickter Künstlerhanv Macht er schöne, bunte Sachen; Als ein ungeschickter Mensch Läßt er alles mit sich machen. 6. Man läßt ihn sprechen, man läßt ihn stechen. Es ist ein Vogel und ein Gebrechen.
Schiller.
Rückert.
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7. Am Haupt ist's ohne Hut, am Fuß ist's ohne Schuhe, Besonders ist es gut am Geld in deiner Truhe. 8.
Das Gebirg hat einen, wo hindurch ich muß, Und mein Pferd geht seinen mit geduldigem Fuß.
Friedrich von Schiller. 76. Der Alpenjäger. 1. „Willst du nicht das Lämmlein hüten? Lämmlein ist so fromm und sanft. Nährt sich von des Grases Blüten, Spielend an des Baches Ranft." „Mutter, Mutter, laß mich gehen Jagen nach des Berges Höhen!"
2. „Willst du nicht die Herde locken Mit des Hornes munterm Klang? Lieblich tönt der Schall der Glocken In des Waldes Lustgesang." „Mutter, Mutter, laß mich gehen Schweifen auf den wilden Höhen!"
3. „Willst du nicht der Blümlein warten. Die im Beete freundlich stehn? Draußen ladet dich kein Garten, Wild ist's auf den wilden Höhn!" „Laß die Blümlein, laß sie blühen! Mutter, Mutter, laß mich ziehen!" 4. Und der Knabe ging zu jagen, Und es treibt und reißt ihn fort, Rastlos fort mit blindem Wagen An des Berges finstern Ort; Vor ihm her mit Windesschnelle Flieht die zitternde Gazelle.
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Schiller. 5. Auf der Felsen nackte Rippen Klettert sie mit leichtem Schwung, Durch den Riß geborstner Klippen Trägt sie der gewagte Sprung; Aber hinter ihr verivogen Folgt er mit dem Todesbogen. 6. Jetzo aus den schroffen Zinken Hängt sie, aus dem höchsten Grat, Wo die Felsen jäh versinken Und verschwunden ist der Pfad — Unter sich die steile Höhe, Hinter sich des Feindes Nähe.
7. Mit des Jammers stummen Blicken Fleht sie zu dem harten Mann, Fleht umsonst, denn loszudrücken Legt er schon den Bogen an: Plötzlich aus der Felseuspalte Tritt der Geist, der Bergesalte. 8. Und mit seinen Götterhänden Schützt er das gequälte Tier. „Mußt du Tod und Jammer senden," Ruft er, „bis herauf zu mir? Raum für alle hat die Erde: Was verfolgst du meine Herde?"
77. Berglied. 1. Am Abgrund leitet der schwindlichte Steg, Er führt zwischen Leben und Sterben; Es sperren die Riesen den einsamen Weg Und drohen dir ewig Verderben; Und willst du die schlafende Löwin nicht wecken, So wandle still durch die Straße der Schrecken. 2. Es schwebt eine Brücke, hoch über den Rand Der furchtbaren Tiefe gebogen,
Schiller.
Sie ward nicht erbauet von Menschenhand, Es hätte sich's keiner verwogen; Der Strom braust unter ihr spat und srüh. Speit ewig hinauf und zertrüimnert sie nie.
3. Es öffnet sich schwarz ein schauriges Tor, Du glaubst dich im Reiche der Schatten, Da tut sich ein lachend Gelände hervor. Wo der Herbst und der Frühling sich gatten; Aus des Lebens Mühen und ewiger Qual Möcht ich fliehen in dieses glückselige Tal. 4. Vier Ströme brausen hinab in das Feld, Ihr Quell, der ist ewig verborgen; Sie fliehen nach allen vier Straßen der Welt, Nach Abend, Nord, Mittag und Morgen, Und wie die Mutter sie rauschend geboren. Fort fliehn sie und bleiben sich ewig verloren.
5. Zwei Zinken ragen ins Blaue der Luft, Hoch über der Menschen Geschlechter, Drauf tanzen, umschleiert mit goldenem Duft, Die Wolken, die himmlischen Töchter. Sie halten dort oben den einsamen Reihn, Da stellt sich kein Zeuge, kein irdischer, ein. 6. Es sitzt die Königin hoch und klar Auf unvergänglichem Throne, Die Stirn umkränzt sie sich wunderbar Mit diamantener Krone; Drauf schießt die Sonne die Pfeile von Licht, Sie vergolden sie nur und erwärmen sie nicht.
78. Hektors Abschied. Andromache. 1. Will sich Hektor ewig von mir wenden. Wo Achill mit den unnahbar» Händen Dem Patroklus schrecklich Opfer bringt? Wer wird künftig deinen Kleinen lehren
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Schiller.
Speere werfen und die Götter ehren, Wenn der finstre Orkus dich verschlingt?
Hektor. 2. Teures Weib, gebiete deinen Tränen! Nach der Feldschlacht ist mein feurig Sehnen, Diese Arme schützen Pergamus. Kämpfend für den Heilgen Herd der Götter Fall ich, und des Vaterlandes Retter Steig ich nieder zu dem stygschen Fluß.
A n d r o m a ch e. 3. Nimmer lausch ich deiner Waffen Schalle, Müßig liegt dein Eisen in der Halle, Priams großer Heldenstamm verdirbt. Du wirst hingehn, wo kein Tag mehr scheinet. Der Cocytus durch die Wüsten weinet, Deine Liebe in dem Lethe stirbt.
Hektor. 4. All mein Sehnen will ich, all mein Denken In des Lethe stillen Strom versenken. Aber meine Liebe nicht. Horch! der Wilde tobt schon an den Mauern, Gürte mir das Schwert nm, laß das Trauern! Hektors Liebe stirbt im Lethe nicht.
79. Der Ring des Polykrates. 1. Er stand auf seines Daches Zinnen, Er schaute mit vergnügten Sinnen Auf das beherrschte Samos hin. „Dies alles ist mir untertänig," Begann er zu Ägyptens König, „Gestehe, daß ich glücklich bin!"
2. „Du hast der Götter Gunst erfahren: Die vormals deinesgleichen waren.
Schiller. Sie zwingt jetzt deines Zepters Macht. Doch einer lebt noch, sie zu rächen:
Dich kann mein Mund nicht glücklich sprechen. Solang des Feindes Auge wacht." 3. Und eh der König noch geendet, Da stellt sich, von Milet gesendet. Ein Bote dem Tyrannen dar: „Laß, Herr, des Opfers Düfte steigen, Und mit des Lorbeers muntern Zweigen Bekränze dir dein festlich Haar: 4. Getroffen sank dein Feind vom Speere l Mich sendet mit der frohen Märe Dein treuer Feldherr Polydor" — Und nimmt aus einem schwarzen Becken, Noch blutig, zu der beiden Schrecken, Ein wohlbekanntes Haupt hervor.
5. Der König tritt zurück mit Grauen. „Doch warn ich dich, dem Glück zu trauen," Versetzt er mit besorgtem Blick. „Bedenk, auf ungetreuen Wellen — Wie leicht kann sie der Sturm zerschellen —
Schwimmt deiner Flotte zweifelnd Glück." 6. Und eh er noch das Wort gesprochen, Hat ihn der Jubel unterbrochen. Der von der Reede jauchzend schallt. Mit fremden Schätzen reich beladen. Kehrt zu den heimischen Gestaden Der Schiffe mastenreicher Wald. 7. Der königliche Gast erstaunet: „Dein Glück ist heute gut gelaunet. Doch fürchte seinen Unbestand. Der Kreter wasfenkundge Scharen Bedräuen dich mit Kriegsgefahren: Schon nahe sind sie diesem Strand."
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Schiller.
8. Und eh ihm noch das Wort entfallen, Da sieht man's von den Schiffen wallen, Und tausend Stimmen rufen: „Sieg! Von Feindesnot sind wir befreiet. Die Kreter hat der Sturm zerstreuet. Vorbei, geendet ist Der Krieg!"
9. Das hört der Gastfreuud mit Entsetzen. „Fürwahr, ich muff dich glücklich schätzen; Doch," spricht er, „zittr ich für dein Heil; Mir grauet vor der Götter Neide; Des Lebens ungemischte Freude Ward keinem Irdischen zuteil. 10. Auch mir ist alles >vohl geraten. Bei allen meinen Herrschertaten Begleitet mich des Himmels Huld; Doch hatt ich einen teuren Erben, Den nahm mir Gott, ich sah ihn sterben, Dem Glück bezahlt' ich meine Schuld.
11. Drum, willst du dich vor Leid bewahren. So flehe zu den Unsichtbaren, Daß sie zum Glück den Schmerz verleihn. Noch keinen sah ich fröhlich enden, Auf den mit immer vollen Händen Die Götter ihre Gaben streun. 12. Und wenn's die Götter nicht gewähren, So acht auf eines Freundes Lehren, Und rufe selbst das Unglück her, Und was von allen deinen Schätzen Dein Herz am höchsten mag ergötzen, Das nimm und wirf's in dieses Meer!" 13. Und jener spricht, von Furcht beweget: „Von allem, was die Insel heget, Ist dieser Ring mein höchstes Gut. Ihn will ich den Erinnen weihen. Ob sie mein Glück mir dann verzeihen!" Und wirft das Kleinod in die Flut.
Schiller. 14. Und bei des nächsten Morgens Lichte,
Da tritt mit sröhlichem Gesichte Ein Fischer vor den Fürsten hin:
„Herr, diesen Fisch hab ich gefangen, Wie keiner noch ins Netz gegangen; Dir zum Geschenke bring ich ihn."
15. Und als der Koch den Fisch zerteilet. Kommt er bestürzt herbcigeeilet
Und ruft mit hocherstauntem Blick:
„Sieh, Herr, den Ring, den du getragen. Ihn fand ich in des Fisches Magen: O, ohne Grenzen ist dein Glück!" 16. Hier ivendet sich der Gast mit Grausen:
„So kann ich hier nicht ferner hausen, Mein Freund kannst du nicht weiter sein.
Die Götter wollen dein Verderben: Fort eil ich, nicht mit dir zu sterben." Und sprach's und schiffte schnell sich ein.
80. Rätsel. 1. Es steht ein groß, geräumig Haus Auf unsichtbaren Säulen; Es mißt's und geht's kein Wandrer aus, Und keiner darf drin weilen.
5 Nach einem unbegriffnen Plan Ist es mit Kunst gezimmert; Es steckt sich selbst die Lampe an. Die es mit Pracht durchschimmert. Es hat ein Dach, kristallenrein,
10 Von einem einzgen Edelstein; Doch noch kein Auge schaute Den Meister, der es baute.
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Schiller. 2. Zwei Eimer sieht man ab und auf In einem Brunnen steigen, Und schwebt der eine voll herauf, Muß sich der andre neigen. 5 Sie wandern rastlos hin und her, Abwechselnd voll und wieder leer. Und bringst du diesen an den Mund, Hängt jener in dem tiefsten Grund; Nie können sie mit ihren Gaben 10 In gleichem Augenblick dich laben.
3. 1. Kennst du das Bild ans zartem Grunde? Es gibt sich selber Licht und Glanz. Ein andres ist's zu jeder Stunde, Und immer ist es frisch und ganz. 2. Im engsten Raum ist's ausgeführet. Der kleinste Rahmen saßt es ein; Doch alle Größe, die dich rühret, Kennst du durch dieses Bild allein. 3. Und kannst du den Kristall mir nennen? .Ihm gleicht an Wert kein Edelstein; Er leuchtet, ohne je zu brennen, Das ganze Weltall saugt er ein; 4. Der Himmel selbst ist abgemalet In seinem wundervollen Ring, Und doch ist, was er von sich strahlet. Noch schöner, als was er empfing.
4 Ich wohne in einem steinernen Haus, Da lieg ich verborgen und schlafe; Doch ich trete hervor, ich eile heraus. Gefordert mit eiserner Waffe.
Schiller.
Schneckenburger.
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Erst bin ich unscheinbar und schwach und klein. Mich kann dein Atem bezwingen, Ein Regentropfen schon saugt mich ein; Doch mir wachsen im Siege die Schwingen. Wenn die mächtige Schwester sich zu mir gesellt, Erwachs ich zum furchtbarn Gebieter der Welt. 5. 1. Ein Buhlt es Ein Fisch Die noch
Vogel ist es, und an Schnelle mit eines Adlers Flug; ist's und zerteilt die Welle, keilt größtes Untier trug;
2. Ein Elefant ist's, welcher Türme Auf seinem schiveren Rucken trägt; Der Spinnen kriechendem Gewürme Gleicht es, >venn es die Füße regt; 3. Und hat es fest sich eingebissen Mit seinem spitzgcn Eisenzahn, So steht's gleichwie auf festen Füßen Uitd trotzt dem wütenden Orkan.
Mar Schneckenburger. 81. Die Wacht am Rhein. 1. Es braust ein Ruf wie Donnerhall, Wie Schwertgeklirr und Wogenprall: „Zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein! Wer will des Stromes Hüter sein?" — — „Lieb Vaterland, magst ruhig sein. Fest steht und treu die Wacht ain Rhein!"
2. Durch hunderttausend zuckt es schnell. Und aller Augen blitzen hell. Der deutsche Jüngling, fromm und stark. Beschirmt die heilge Landesmark: „Lieb Vaterland, inagst ruhig sein. Fest steht und treu die Wacht am Rhein!"
3. Aus blickt er in des Fimmels Blaun, Wo tote Helden uiederschauu, Und schwört mit stolzer Kampfeslust: „Du, Rhein, bleibst deutsch, wie meine Brust. Lieb Vaterland, magst ruhig sein, Fest stehl und treu die Wacht am Rhein! 4. Und ob mein Herz im Tode bricht, Wirst du doch drum ein Welscher nicht: Reich, wie an Wasser deine Flut, Ist Deutschland ja an Heldeublut. Lieb Vaterland, magst ruhig sein, Fest steht und treu die Wacht am Rhein! 5. Solang ein Tröpscheu Blnt noch glüht, Noch eine Faust den Degen zieht Und noch ei» Arm die Büchse spannt. Betritt kein Welscher deinen Strand. Lieb Vaterland, magst ruhig sein, Fest steht und treu die Wacht am Rhein !" 6. Der Schwur erschallt, die Woge rinnt, Die Fahnen flattern in dem Wind. „Zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein! Wir alle wollen Hüter sein! Lieb Vaterland, magst ruhig sein, Fest steht und treu die Wacht am Rhein!"
G u st a v Schwa b. 82. Das Gewitter. 1. Urahne, Großmutter, Mutter und Kind In dumpfer Stube beisammen sind; Es spielet das Kind, die Mutter sich schinückt, Großmutter spinnet, Urahne gebückt Sitzt hinter dem Ofen im Pfühl — Wie wehen die Lüfte so schwül!
Zchwcib.
2. Wie Wie Wie
Tas Kind spricht: „Morgen ist's Feiertag, will ich spielen int grünen Hag, will ich springen durch Tat und Höhn, will ich pflücken viel Blumen schön: Dem Anger, dem bin ich hold!" Hört ihr's, wie der Donner grollt?
3. Die Mutter spricht: „Morgen ist's Feiertag, Da halten wir alle fröhlich Gelag; Ich selber, ich rüste mein Feierkleid: Das Leben, es hat auch Lust nach Leid, Dann scheint die Sonne wie Gold!" Hört ihr's, wie der Donner grollt? 4. Großmutter spricht: „Morgen ist's Feiertag, Großmutter hat keinen Feiertag: Sie kochet das Mahl, sie spinnet das Kleid, Das Leben ist Sorg und viel Arbeit; Wohl dem, der tat, was er sollt!" Hört ihr's, wie der Donner grollt? 5. Urahne spricht: „Morgen ist's Feiertag, Am liebsten morgen ich sterben mag: Ich kann nicht singen und scherzen mehr. Ich kann nicht sorgeit und schaffen schwer. Was tu ich noch auf der Welt?" Seht ihr, wie der Blitz dort fällt?
6. Sie hören's nicht, sie sehen's nicht. Es flammet die Stube, wie lauter Licht: Urahne, Großmutter, Mutter und Kind Vom Strahl miteinander getroffen sind. Vier Leben endet ein Schlag — Und morgen ist's Feiertag.
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Seydel.
Max Seydel. 83. Totengericht. Priestergewänder so weiß mie Schnee, Fackeln erglänzen am Mörissee. Leises Gemurmel und flüsterndes Lied Hallt durch das wogende Uferried. 5 Vögel erwachen mit bangem Geschrei, Flatternd fliehen der Ibis linb Weih. Dort auf der Bahre finster iiub kalt Ruht des entschlafenen Königs Gestalt, Purpurumhüllt, mit der Binde gekrönt; 10 Horch, und die Stimme des Priesters ertönt: „Pharao, hör, was das Toteugericht, Hör, was d'ie Stimme der Gottheit spricht: Nicht um 511 schlagen, zn segnen gab Phtha dir der Herrschaft goldenen Stab: 15 Nicht daß du würgtest, ward dir gewährt Ammons richtendes Königsschwert. Weil es den gnädigen Göttern gefiel, Warst du ein Hirte der Völker am Nil; Weil du geschändet dein heiliges Amt, 20 Bist du gerichtet und bist du verdammt. Spracht und zerriß ihm das Purpurkleid, Riß ihm vom Haupte das Köuigsgeschmeid. Nieder zum Strande schleppt man ihn nackt, Rauschende Ruder erschallen im Takt. 25 Dort, wo die schwärzeste Tiefe der Flut, Ward er versenkt bei der Fackeln Glut. Leises Gemurmel und flüsterndes Lied Hallt durch das wogende Userried: Streng sind die Götter und ewig gerecht, 30 Strafen den König und strafen den Knecht, Stürzen den Frevler, der sie verlacht, In die entsetzlichen Schlünde der Nacht. Streng sind die Götter und ewig gerecht, Strafen den König und strafen den Knecht!
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Simrock.
Karl Siinrock. 84. Der Bauer int Himmel.
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Ein Bauer kam ans Himmelstor, Da stand ein Reicher schon davor. Dem tat der heilge Petrus eben Das Pförtlein auf zum ewgen Leben, Schloß wieder zu, weil er nicht sah, Daß noch ein andrer stünde da. Doch pocht er und verzieht noch gern. Denn znni Empfang des reichen Herrn Hört er im Himmel jubilieren, Die Engel singen und musizieren, Dazu Geläut mit allen Glocken. Als endlich nun die Töne stocken. Noch einmal pocht das Bäuerlein, Und Petrus kam und ließ ihn ein. Wohl dachte da der gute Bauer, Um ihn auch wäre keine Trauer, Man würd auch ihm ein Ständchen bringen Und alle Glocken lassen klingen. Allein für diesmal ward nichts draus: Man nahm ihn zwar im ganzen Haus Gar freundlich auf, auch gingen ihm Entgegen Engel und Cherubim, Doch ohne allen Sang und Klang, Und niemand zog den Glockenstrang. Einfältig frug er: „Was bedeutet. Daß man für mich nicht singt und läutet, Wie bei dem Reichen ist geschehn? Es scheint parteiisch zuzugehn Im Himmel auch wie auf der Erde." Sankt Peter lächelt der Beschwerde Und spricht: „Das ist nun hier der Brauch: Du bist uns lieb wie jener auch Und hast an allen Freuden teil. Nur ruht Gesang und Glockenseil.
Hessel, Lesebuch 6. 11. Ausl.
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3imrod. 35 Es wär auch allzubald verschlissen, Würd immerfort daran gerissen; Denn arme Bäuerlein wie du Gehn täglich viel dem Himmel zu; Doch sieht man kaum iu hundert Jahren 40 Einen Reichen gegen Himmel fahren."
85. Die Siebenschläfer (Bonner Mundart).
Et wöre drei sivveschlöfer, De schiefe sivve johr. We de sivve johr herömm senn, Do wach den enen op 5 On riev sich ens de ögen On sähd: „et bröllt enen os." On als hä dat jesat hatt, Streck hä sich widder hin On schief met dä zwei andre 10 Op e neues sivve johr. We de sivve johr herömm senn, Do wach den andern op On riev sich ens de ögen On sähd: „et wor en köh.“ 15 On als hä dat jesat hatt, Streck hä sich widder hin On schief met dä zwei andre Alt widder sivve johr. We de sivve johr herömm senn, 20 Do wach den dretten op On riev sich ens de ögen On sähd: „wat ös, wat köh? Löt enen eckersch schlöfe, Mer kütt jo net derzö!“ 25 Dat wören de sivveschlöfer; Ich jlöv, se schlöfe noch.
Stöber.
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Adolf Stöber. 86. Der Läufer von Glarus. Einst fochten die von Uri sich Und die von Glarus bitterlich Um ihre Landesschciden an. Ta ward zuletzt der Spruch getan: 5 „Zur Tag- und Nachtgleich allersrühst. Wann kaum der Hahn den Morgen grüßt, Soll nach der beiden Länder Enden Jedwedes einen Läufer senden, Und wo sich drauf begegnen beide, 10 Da sei fortan des Landes Scheide." Und als der Morgen war gekommen Und kaum die höchsten Alpen glommen, In Uri wachte schon der Hahn Und sang den Morgen lustig an: 15 Der Hunger hatt ihn früh geweckt; Und wie er kaum die Flügel reckt. Bricht schon der Unter hurtig aus Und ninimt zur Scheide seinen Laus. Indes zu Glarus schläft noch fest 20 Ter Hahn in seinen! ivarmen Nest; Sie hatten trefflich ihn gefüttert, Drum schlief er satt und unerschüttert, Derweil im roten Morgenbrand Ihn bänglich die Gemein umstand. 25 Doch endlich hub er an zu krähen Und schlumiucrtrunken sich zu blähen, Und hurtig sprang der Glarner auf Und nahm zur Marke seinen Lauf. Doch als er eilte kurze Strecke, 30 Kam droben um die Felsenecke Ins Land herein mit stolzen Tritten Schon der von Uri hergeschritten. 7*
Stöber.
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Graf zu Stolberg.
Der Glarner hielt mit Nichten an, Er sprang noch unverzagt bergan, Daß er noch Land dem guten Rechte Und seinen! Volk gewinnen möchte. Der Urner hüpft mit lautem Hohn: „Hier ist die Scheide!" ruft er schou: Doch will er von den Alpenmatten Ein Stücklein ihm zurückerstatten, Soweit es ihm noch möge glücken, Ihn fortzutragen auf dem Rücken. Der schwingt ihn auf die Schulter drauf Und Uettert frisch den Steg hinauf. — Er atmet schwer, das Knie bricht ein. Erblassend stürzt er aufs Gestein. „Hier ist die Grenze!" ruft er schnelle. — Sein Grabstein ist zur selben Stelle. Da ruhe nun von deinem Lauf Und atme wieder freudig auf: Du bist, solang dein Fuß dich trug Und bis zum letzten Atemzug Fürs gute Recht vorangedrungen Und hast ihm treulich Land errungen Und weiter seine Mark gesetzt! Glückselig, wer zuguterletzt „Hier ist die Grenze!" rufen kann. Am Steine, den dein Mut gewann. Den Ruhstein du gefunden hast — Da, braver Läufer, halte Rast!
Friedrich Leopold Graf zu Stolberg. 87. Lied eines deutschen Knaben. 1. Mein Arm wird stark und groß mein Mut: Gib, Vater, mir ein Schwert! Verachte nicht mein junges Blut; Ich bin der Väter wert.
Gras zu Stolberg.
2. Im Ich Den
Trojan.
Ich finde fürder keine Ruh weichen Knabenstand; ftüib, o Vater, stolz wie du. Tod fürs Vaterland!
3. Schon früh in meiner Kindheit war Mein täglich Spiel der Krieg; Im Bette träumt ich nur Gefahr Und Wunden nur und Sieg. 4. Aus Noch Dem
Mein Feldgeschrei erweckte mich mancher Türkenschlacht; jüngst ein Faustschlag, welchen ich Bassa zugedacht.
5. Auf Und, Das
Da neulich unsrer Krieger Schar dieser Straße zog wie ein Vogel, der Husar Haus vorüberflog,
6. Der Ich Und
Da gaffte starr und freute sich Knaben froher Schwarm; aber, Vater, härmte mich prüfte meinen Arni.
7. Mein Arm ist stark und groß mein Mut: Gib, Vater, mir ein Schwert! Verachte nicht mein junges Blut; Ich bin der Väter wert.
Johannes Trojan. 88. Heidekraut. 1. In dem dustgen Nadelwalde, Hügelab dem Meere zu, Keine ist auf Heid und Halde Zierlicher gebaut als du.
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Trojan.
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2. Zwar dem Pflug mit zähen Ästchen Wehrst du kühn sein hartes Recht; Schützend doch um manches Nestchen Breitest du dein Zweiggeflecht. 3. Über Wies Und
Heißer Erntetag erglühte goldgeschmückten Ann, und Garten stand in Blüte, noch lag die Heide braun.
4. Plötzlich mit unzählgen Äuglein Blickst du in die Welt hinaus. Und ein jedes schlanke Zweiglein Wird zum allerliebsten Strauß.
5. Plötzlich auf der stillen Weite Regt sich summender Verkehr; Vielgeschäftge Arbeitsleute, Ziehn die Bienchen hin und her. 6. Welch ein Wald, ein dichtverzweigter. Für der kleinen Elfen Schar! Königskerz, ein goldner Leuchter, Ragt darüber stolz und klar. 7. Welch ein Teppich, schön gewoben Von dem schimmernd roten Kraut! Welch ein Beet dem, der von oben Auf der Erde Garten schaut!
89. Zierbohnen. 1. Unten, wo die Käfer spielen, Kann sich einer wohlig fühlen! Oben, wo die Vögel fliegen, Ist gewiß noch mehr Vergnügen. Mills versuchen!
2. Hier an dieser Laube Sprossen Klimm ich aufwärts keck entschlossen. Schmiegsam, biegsam, schlank gestaltet. Bretterchen, ich bitt euch, haltet! Denn sonst fall ich.
Trojan.
3. Spinnlein, nicht an meine Ranke Knüpf dein Netz! Ich gleit und schwanke. Wind! was zerrst du mich! was ziehst du Mich zurück? dir trotzend — siehst du — Bin ich oben. 4. O wie weit die Welt! Tief unter Mir erblüht es bunt und bunter. Schon mit Blumen, wie Korallen Leuchtend rot, hoch über allen Blühend prang ich.
5. Übers Dach der Laube nickend Wie eilt Schlänglein, um mich blickend. Hier- und dorthin suchend neig ich Mich sehnsüchtig; ach! wie steig ich Weiter auswärts? 6. Hier uud dort kein Halt zu finden! Nichts zu fassen, zu umwinden! Lerche, froh im Blauen schwebend Über mir, sprich, Auskunft gebend: Wie geht's weiter?
90. Wiederfinden. 1. Es kommt wohl um die Weihnachtszeit Ein Tannenbäumchen in die Stadt, Steht auf dem Markt ganz überschneit Und von dem Wege müd und matt.
2. Und einer kommt und sucht sich's aus — Dies Bäumchen grade dünkt ihn gut. Wie er's mit Vorsicht trägt nach Haus, Wird ihm das Herz so wohlgemut. 3. Er's Als Auf
Er kennt das Bäumchen schon, doch weiß nicht: es war an einem Tag, er, nach einer Wandrung heiß. stiller Heide ruhend lag.
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Trojan.
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Uh land.
4.
Da sang ein Vogel ihm sein Lied Wohl von des Bäumchens Wipfel vor; Und wie er nun des Weges zieht. Klingt ihm das Lied, das Lied im Ohr.
Ludwig Uh land. 91. Das Schloß am Meere. 1. du das Schloß gesehen, Das hohe Schloß am Meer? Golden und rosig wehen Die Wolken drüber her. 2. Es möchte sich niederneigen In die spiegelklare Flut: Es möchte streben und steigen In der Abendwolken Glut."
3. Das Und Und
„Wohl hab ich es gesehen. hohe Schloß am Meer, den Mond darüber stehen, Nebel weit umher."
4. „Der Wind und des Meeres Wallen, Gaben sie frischen Klang? Vernahmst du aus hohen Hallen Saiten und Festgesang?" 5. „Die Winde, die Wogen alle Lagen in tiefer Ruh;
Einem Klagelied aus der Halle Hört ich mit Tränen zu." 6. Den Der Der
„Sahst du oben gehen König und sein Gemahl, roten Mäntel Wehen, goldnen Kronen Strahl?
7. Führten sie nicht mit Wonne Eine schöne Jungfrau dar.
Uhland.
Herrlich wie eine Sonne, Strahlend im goldnen Haar?" 8. „Wohl sah ich die Eltern beide. Ohne der Kronen Licht, Im schwarzen Trauerkleide; Die Jungfrau sah ich nicht."
92. Klein Roland. 1. Fran Bertha saß in der Felsenkluft, Sie klagt' ihr bittres Los. Klein Roland spielt' in freier Luft, Des Klage war nicht groß. „O König Karl, mein Bruder hehr! O, daß ich floh von dir! Um Liebe ließ ich Pracht und Ehr, Nun zürnst du schrecklich mir. 2. O Milon, mein Gemahl so süß! Die Flut verschlang mir dich. Tie ich um Liebe alles ließ, Nun läßt die Liebe mich. Klein Roland, du mein teures Kind, Nun Ehr und Liebe mir, Klein Roland, komm herein geschwind! Mein Trost kommt all von dir. 3. Klein Roland, geh zur Stadt hinab. Zu bitten um Speis und Trank, Und wer dir gibt eine kleine Gab, Dem wünsche Gottes Dank!" Der König Karl zur Tafel saß Im goldnen Rittersaal, Die Diener liefen ohn Unterlaß Mit Schüssel und Pokal. 4. Von Flöten, Saitenspiel, Gesang Ward jedes Herz erfreut. Doch reichte nicht der helle Klang Zu Berthas Einsamkeit.
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Uhland.
Und draußen in des Hofes Kreis, Da saßen der Bettler viel. Die labten sich an Trank und Speis Mehr, als ant Saitcnspiel. 5. Der König schaut in ihr Gedräng Wohl durch die offne Tür, Da drückt sich durch die dichte Meng Ein feiner Knab Herfür. Des Knaben Kleid ist wunderbar, Vierfarb zusammengestückt; Doch weilt er nicht bei der Bettlerschar, Herauf zum Saal er blickt. 6. Herein zum Saal klein Roland tritt, Als wär's sein eigen Haus. Er hebt eine Schüssel von Tisches Mitt Und trägt sie stumm hinaus. Der König denkt: „Was muß ich sehn? Das ist ein sondier Brauch." Doch weil er's ruhig läßt geschehn, So lassen's die andern auch. 7. Es stund nur ait eine kleine Weil, Klein Roland kehrt in den Saal; Er tritt zum König hin mit Eil Und faßt seinen Goldpokal. „Heida! halt an, du kecker Wicht!" Der König rüst es laut. Klein Roland läßt den Becher nicht. Zum König auf er schaut. 8. Der König erst gar finster sah, Doch lachen mußt er bald: „Du trittst in die goldne Halle da, Wie in den grünen Wald. Du nimmst die Schüssel von Königs Tisch, Wie man Äpfel bricht vom Baum; Du holst wie aus deut Bronnen frisch Meines roten Weines Schaum."
Uhlcmd.
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9. „Die Bäurin schöpft aus dem Bronnen frisch, Die bricht die Äpfel vom Baum; Meiner Mutter ziemet Wildbret und Fisch, Ihr roten Weines Schaum." „Ist deine Mutter so edle Dam, Wie du berühmst, mein Kind, Sv hat sie wohl ein Schloß lustsam lind stattlich Hofgesind?
10. Sag an, wer ist denn ihr Truchseß? Sag an, wer ist ihr Schenk?" „Meine rechte Hand ist ihr Truchseß, Meine linke, die ist ihr Schenk." „Sag au, wer sind die Wächter treu?" — „Mein Augen blau allstund." „Sag an, wer ist ihr Sänger frei?" — „Der ist mein roter Mund." 11. „Die Dam hat wackre Diener, traun! Doch liebt sie sondre Livrei, Wie Regenbogen anzuschaun. Mit Farben mancherlei." „Ich hab bezwungen der Knaben acht. Von jedem Viertel der Stadt, Die haben mir als Zins gebracht Vielfältig Tuch zur Wat." 12. „Die Dame hat, nach meinem Sinn, Den besten Diener der Welt. Sie ist wohl Bettlerkönigin, Die offne Tafel hält? So edle Dame darf nicht fern Von meinem Hofe sein. Wohlauf, drei Damen! aus, drei Herrn! Führt sie zu mir herein!" 13. Klein Roland trägt den Becher flink Hinaus zum Prunkgemach; Drei Damen, auf des Königs Wink, Drei Ritter folgen nach.
Es stund nur an eilte kleine Weil, Ter König schaut in die Fern, Ta kehren schon zurück mit Eil Die Damen und die Herrn. 14. Der König ruft mit einem Mal: „Hilf Himmel! seh ich recht? Ich hab verspottet im offnen Saal Mein eigenes Geschlecht. Hilf Himmel! Schwester Bertha, bleich, Im grauen Pilgergewand? Hilf Himmel! in meinem Prunksaal reich, Den Bettelstab in der Hand?" 15. Frau Bertha fällt zu Füßen ihm, Das bleiche Frauenbild. Da regt sich plötzlich der alte Grimm, Er blickt sie an so wild. Frau Bertha senkt die Augen schnell. Kein Wort zu reden sich traut. Klein Roland hebt die Augen hell. Den Öhm begrüßt er laut. 16. Da spricht der König in mildem Ton: „Steh aus, du Schwester mein! Um diesen deinen lieben Sohn Soll dir verziehen sein." Frau Bertha hebt sich freudenvoll: „Lieb Bruder mein, wohlan! Klein Roland dir vergelten soll. Was du mir Guts getan. 17. Soll werden, seinem König gleich. Ein hohes Heldenbild; Soll führen die Färb von manchem Reich In seinem Banner und Schild, Soll greifen in manches Königs Tisch Mit seiner freien Hand; Soll bringen zu Heil und Ehre frisch Sein seufzend Mutterland."
Uhland.
93. Roland Schildträger. 1. Der König Karl saß einst zu Tisch Zu Aachen mit den Fürsten. Äkan stellte Wildbret auf und Fisch Und ließ auch keinen dürsten. Viel Goldgeschirr von klarem Schein. Manch roten, grünen Edelstein Sah man im Saale leuchten. 2. Da sprach Herr Karl, der starke Held: „Was soll der eitle Schimmer? Das beste Kleinod dieser Welt, Das fehlet uns noch immer; Dies Kleinod, hell wie Sonnenschein, Ein Riese trägt's im Schilde sein Tief im Ardennerwalde." 3. Graf Richard, Erzbischof Turpin, Herr Haimon, Naims von Baiern, Milon von Anglant, Graf Garin, Die wollten da nicht feiern; Sie- haben Stahlgewand begehrt Und hießen satteln ihre Pferd', Zu reiten nach dem Riesen. 4. Jung Roland, Sohn des Milon, sprach: „Lieb Vater, hört! ich bitte: Vermeint Ihr mich zu jung und schwach. Daß ich mit Riesen stritte, Doch bin ich nicht zu winzig mehr, Euch nachzutragen Euern Speer Samt Eurem guten Schilde." 5. Die sechs Genossen ritten bald Vereint nach den Ardennen; Doch als sie kamen in den Wald, Da täten sie sich trennen. Roland ritt hinterm Vater her; Wie wohl ihm war, des Helden Speer, Des Helden Schild zu tragen!
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Uhland.
6. Bei Sonnenschein und Mondenlicht Streiften die kühnen Degen; Doch fanden sie den Riesen nicht In Felsen noch Gehegen. Zur Mittagsstund am vierten Tag Der Herzog Milon schlafen lag In einer Eiche Schatten. 7. Roland sah in der Ferne bald Ein Blitzen und ein Leuchten,
Davon die Strahlen in dem Wald Die Hirsch und Reh ausscheuchten; Er sah, es kam von einem Schild, Den trug ein Riese gross und wild, Vom Berge niedersteigend.
8. Roland gedacht im Herzen sein: „Was ist das für ein Schrecken? Soll ich den lieben Vater mein Im besten Schlaf erwecken? Es wachet ja sein gutes Pferd, Es wacht sein Speer, sein Schild und Schwerts
Es wacht Roland, der junge." 9. Roland das Schwert zur Seite band, Herrn Milons starkes Waffen; Die Lanze nahm er in die Hand Und tät den Schild aufraffen; Herrn Milons Ross bestieg er dann Und ritt erst sachte durch den Tann, Den Vater nicht zu wecken. 10. Und als er kam zur Felsenwand, Da sprach der Ries mit Lachen: „Was will doch dieser kleine Fant Auf solchem Rosse machen?
Sein Schwert ist zwier so lang als er. Vom Rosse zieht ihn schier der Speer,
Der Schild will ihn erdrücken."
Uhland.
11. Jung Roland rief: „Wohlauf zum Streit! Dich reuet noch dein Necken. Hab ich die Tartsche lang und breit, Kann sie mich besser decken; Ein kleiner Mann, ein großes Pferd, Ein kurzer Arm, ein langes Schwert, Muß eins dem andern helfen." 12. Der Riese mit der Stange schlug, Auslangend in die Weite; Jung Roland schwenkte schnell genug Sein Roß noch auf die Seite. Die Lanz er auf den Riesen schwang; Doch von dem Wunderschilde sprang Auf Roland sie zurücke. 13. Jung Roland nahni in großer Hast Das Schwert in beide Hände, Der Riese nach dem seinen faßt, Er war zu unbehende. Mit flinkem Hiebe schlug Roland Ihm unterm Schild die linke Hand, Daß Hand und Schild entrollten.
14. Dem Riesen schwand der Mut dahin. Wie ihm der Schild entrissen; Das Kleinod, das ihm Kraft verliehn, Mußt er mit Schmerzen missen. Zwar lief er gleich dem Schilde nach. Doch Roland in das Knie ihn stach. Daß er zu Boden stürzte. 15. Roland ihn bei den Haaren griff, Hieb ihm das Haupt herunter. Ein großer Strom von Blute lief Ins tiefe Tal hinunter; Und aus des Toten Schild hernach Roland das lichte Kleinod brach Und freute sich am Glanze.
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16. Dann barg er's unterm Kleide gut Und ging zu einem Quelle: Da wusch er sich vou Staub uud Blut Gewand und Waffen Helle. Zurücke ritt der jung Roland Dahin, wo er den Vater fand Noch schlafend bei der Eiche.
17. Er legt' sich an des Vaters Seit, Vom Schlafe selbst bezwungen. Bis in der kühlen Abendzeit Herr Milon aufgesprungen: „Wach auf, wach auf, mein Sohn Roland! Nimm Schild und Lanze schnell zur Hand, Daß wir den Riesen suchen!"
18. Sie stiegen auf und eilten sehr. Zu schweifen in der Wilde. Roland ritt hinternr Vater her Mit dessen Speer und Schilde. Sie kamen bald zu jener Statt, Wo Roland jüngst gestritten hätt; Der Riese lag im Blute. 19. Roland kaum seinen Augen glaubt', Als nicht mehr war zu schauen Die linke Hand, dazu das Haupt, So er ihm abgehauen. Nicht niehr des Riesen Schwert und Speer, Auch nicht sein Schild und Harnisch mehr. Nur Rumpf und blutge Glieder.
20. Milon besah den großen Rumpf: „Was ist das für 'ne Leiche? Man sieht noch am zerhaunen Stumpf, Wie mächtig war die Eiche. Das ist der Riese. Frag ich mehr? Verschlafen hab ich Sieg und Ehr, Drum muß ich ewig trauern."
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Uhland.
21. Zu Aachen vor dein Schlosse stund Der König Karl gar bange: „Sind meine Helden wohl gesund? Sie weilen allzulange. Doch seh ich recht, aus Königswort, So reitet Herzog Haimon dort. Des Riesen Haupt am Speere." 22. Herr Haimon ritt in trübem Mut, Und mit gesenktem Spiesse Legt' er das Haupt, besprengt mit Blut, Dem König vor die Füße: „Ich fand den Kopf im wilden Hag, Und fünfzig Schritte weiter lag Des Riesen Rumpf am Boden."
23. Bald auch der Erzbischof Turpin Den Riesenhandschuh brachte. Die ungefüge Hand noch drin; Er zog sie aus und lachte: „Das ist ein schön Reliquienstück; Ich bring es aus dem Wald zurück. Fand es schon zugehauen." 24. Der Herzog Naims von Baierland Kam mit des Riesen Stange: „Schaut au, was ich int Walde fand! Ein Waffen stark und lange. Wohl schwitz ich von dem schweren Druck; Hei, bairisch Bier, ein guter Schluck Sollt mir gar köstlich munden!" 25. Graf Richard kam zu Fnsj daher. Ging neben seinem Pferde; Das trug des Niesen schwere Wehr, Den Harnisch samt dem Schwerte: „Wer suchen will im wilden Tann, Manch Waffenstück noch finden kann. Ist mir zu viel gewesen." Hessel, Lesebuch 5. 11. Aufl.
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Uhlnnd.
26. Der Graf Garin tät ferne schon Den Schild des Riesen schwingen. „Der hat den Schild, des ist die Kron, Der wird das Kleinod bringen!" „Den Schild hab ich, ihr lieben Herrn! Das Kleinod hätt ich gar zn gern, Doch das ist ausgebrochen."
27. Zuletzt tät man Herrn Milon sehn, Der nach dem Schlosse lenkte; Er ließ das Rößlein langsam gehn, Das Haupt er traurig senkte. Roland ritt hinterm Vater her Und trug ihm seinen starken Speer Zusamt dem festen Schilde. 28. Doch wie sie kamen vor das Schloß Und zu den Herrn geritten, Macht' er von Vaters Schilde los Die Zierat' in der Mitten; Das Riesenkleinod setzt' er ein, Das gab so wunderklaren Schein, Als wie die liebe Sonne.
29. Und als nun diese helle Glut Im Schilde Milons brannte, Da rief der König frohgemut: „Heil, Milon von Anglante! Der hat den Riesen übermannt, Ihm abgeschlagen Haupt und Hand, Das Kleinod ihm entrissen." 30. Herr Milon hatte sich gewandt. Sah staunend all die Helle: „Roland, sag an, du junger Fant! Wer gab dir das, Geselle?" „Um Gott, Herr Vater, zürnt mir nicht. Daß ich erschlug den groben Wicht, Derweil Ihr eben schliefet!"
Uhland.
Vogl.
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94. Die versunkene Krone. 1. Ta droben auf dem Hügel, Ta steht ein kleines Haus; Man sieht von seiner Schwelle Ju§ schöne Land hinaus. Tort sitzt ein freier Bauer Am Abend auf der Bank, Er dengelt seine Sense Und singt dem Himmel Dank. 2. Ta drunten in dem Grunde, Ta dämmert längst der Teich. Es liegt in ihm versunken Eine Krone stolz und reich; Sie lästt zunacht wohl spielen Karfunkel und Saphir; Sie liegt seit grauen Jahren, Und niemand sucht nach ihr.
Johann Nepomuk Vogl. 95. Das Erkennen. 1. Ein Wanderbursch, mit dem Stab in der Hand, Kommt wieder heim aus deul fremden Land. Sein Haar ist bestäubt, fein Antlitz verbrannt; Von wem wird der Bursch wohl zuerst erkannt?
2. So tritt er ins Städtchen durchs alte Tor, Am Schlagbaum lehnt just der Zöllner davor. Der Zöllner, der >var ihm ein lieber Freund, Oft hatte der Becher die beiden vereint.
3. Doch sieh — Freund Zollmann erkennt ihn nicht. Zu sehr hat die Sonn ihm verbrannt das Gesicht. Und weiter wandert nach kurzein Gruß Der Bursche und schüttelt den Staub vom Fuß.
4. Da schaut aus dem Feuster sein Schätzet fromm: „Du blühende Jnngfrau, viel schönen Willkomm!"
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Vogl.
Volkslieder.
Doch sieh — auch das Mägdlein erfennt ihn nicht, Die Sonn hat zu sehr ihm verbrannt das Gesicht.
5. Und weiter geht er die Stratz entlang, Ein Tränlein hängt ihm an der braunen Wang. Da wankt von dein Kirchsleig fein Mütterchen her, „Gott grüß Euch!" so spricht er und sonst nichts mehr.
6. Doch sieh — das Mütterchen schluchzet voll Lust: „Mein Sohn!" — und sinkt an des Burschen Brust. Wie sehr auch die Sonne sein Antlitz verbrannt. Das Mutteraug hat ihn doch gleich erkannt.
Volkslieder. 96. Der Schneider in der Hölle. 1. Es wollt ein Schneider wandern Des Montags in der Früh: Begegnet ihm der Teufel, Hat weder Strümps noch Schuh: „He, he, du Schneidergesell! Du mußt mit mir in die Höll! Tu mußt uns Teufel kleiden, Es geh dir, wie es wöll!"
2. Als der Schneider in die Höll 'neinkam, Nahm er fein Ellenstab Und schlug den Teufeln den Buckel voll, Die Hölle auf und ab: „He, he, du Schneidergesell! Du mußt wieder aus der Höll! Wir brauchen keines Messen, Es geh dir, wie es roöll!"
3. Und als der Schneider gemessen hatt'. Nahm er seine lange Scher Und stutzt den Teufeln die Schwänze ab, Sie hupften hin und her.
Volkslieder.
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„Jpe, he, du Schneidergesell! Du mußt wieder aus der Höll! Wir brauchen keines Stutzen, Es geh dir, wie es toöH!"
4. Trani nahm er's Bügeleisen 'raus Und stellt es in das Feur Und bügelt den Teufeln die Falten aus, Sie schrien ganz ungeheur: „He, he, du Schneidergesell! Du mußt wieder aus der Höll! Wir braucheu keines Bügeln, Es geh dir, wie es wöll!"
5. Draus nahm er Nadel und Fingerhut Und sängt zu nähen an Und näht den Teufeln die Nase zu. Wie sest er immer kann: „He, he, du Schneidergesell! Du mußt wieder aus der Höll! Wir Tonif ja nicht mehr schnaufen! Es geh dir, wie es wöll!" 6. Drauf fanget er das Schneiden an, So gut er's immer kennt. Und hat den Teufeln mit Gewalt Die Lhrlappen ausgetrennt: „He, he, du Schneidergesell! Du mußt wieder aus der Höll! Wir brauchen keines Schneiden, Es geh dir, wie es toöö!" 7. Nach dem so kommt der Luzifer Und schreit: „Tas ist ein Graus, ftciii Teufel hat kein Schwänzlein mehr. Jagt ihn zur Höll hinaus! He, he, du Schneidergesell! Du mußt wieder aus der Höll! Wir brauchen keine Kleider, Es geh dir, wie es wöll!"
Volkslieder. 8. Drauf hat der Schneider aufgepackt, Und war ihm erst recht wohl; Er hupft und springet unverzagt, Lacht sich den Bnckcl voll; Sprang eilende aus der Höll lind blieb ein Schneidergesell. Drum holt der Teufel kein Schneider niehr, Und geh es, wie es ivöll!
97. Nachtwächterlied. 1. Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen: Unsre Glock hat zehn geschlagen. Zehn Gebote seht Gott ein; Ach, laßt uns gehorsam sein! 2. Menschenwachen wird nichts nützen, Gott muß wachen, Gott muß schützen. Herr, durch deine Huld und Macht Gib uns eine gute Nacht! 3. Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen: Unsre Glock hat elf geschlagen. Nur elf Jünger blieben treu; Gib, daß gar kein Abfall sei!
4. Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen: Unsre Glock hat zwölf geschlagen. Zwölf, das ist das Ziel der Zeit; Mensch, bedenk die Ewigkeit! 5. Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen: Unsre Glock hat eins geschlagen. Eins ist Not; du treuer Gott, Gib uns einen selgeu Tod! 6. Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen: Unsre Glock hat zwei geschlagen. Zwei Weg hat der Mensch für sich: Herr, den schmalen führe mich! 7. Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen: Unsre Glock hat drei geschlagen.
Volkslieder.
Drei ist eins, was göttlich heißt, Vater, Sohn und Heilger Geist. 8. Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen: Unsre Glock hat vier geschlagen. Vierfach ist das Ackerfeld: Mensch, wie ist dein Herz bestellt? 9. Auf! ermuntert eure Sinnen, Denn es weicht die Nacht von hinnen. Danket Gott, der uns die Nacht Hat so väterlich bewacht!
98. Ach, wie wär's möglich dann. 1. Ach, wie wär's möglich dann, Daß ich dich lassen kann, Hab dich von Herzen lieb, Das glaube mir! Du hast das Herze mein Also genommen ein, Daß ich kein andern lieb. Als dich allein. 2. Blau ist ein Blümelein, Das heißt Vergißnichtmein, Dies Blümlein leg ans Herz, Und denk an mich! Kein Unfall, keine Not, Ja, nicht der bittre Tod Mag scheiden mich von dir. Das glaube mir! 3. Wär ich ein Bögelein, Wollt ich bald bei dir sein, Scheut Falk und Habicht nicht, Flöz schnell zu dir. Schöß mich ein Jäger tot, Fiel ich in deinen Schoß; Sähst du mich traurig an. Gern stürb ich dann.
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Volkslieder. Wackernagel.
99. Unterländers Heimweh. (Schwäbisch).
1. Drunten im Unterland, Da ist’s halt fein. Schlehen im Oberland, Trauben im Unterland, Drunten im Unterland Möcht i wohl sein. 2. Drunten im Neckartal Da ist’s halt gut. Ist mer’s da oben rum Manchmal au no so dumm, Han i doch alleweil Drunten guts blut.
3. Kalt ist’s im Oberland, Drunten ist’s warm. Oben sind d’ leut so reich, D' herzen sind gar net weich, Bsehnt mi net freundlich an, Werdet net warm. 4. Aber da unten rum Da sind d’ leut arm, Aber so froh und frei Und in der liebe treu, Drum sind im Unterland D’ herzen so warm.
Wilhelm Wackernagel. 100. Geduld bringt Rosen. 1. Es ist Geduld ein rauher Strauch, Voll Dornen aller Enden, Und wer ihm naht, der merkt das auch An Füßen und an Händen.
2. Und dennoch sag ich: laß die Müh Dich nimmermehr verdrießen. Sei's auch mit Tränen, spät und früh Ihn treulich zu begießen. 3. Urplötzlich wird er über Nacht Dein Mühen dir belohnen. Wenn über all den Dornen lacht Ein Strauß von Rosenkronen.
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Zweite Abteilung:
Arosa. Adolf Ausfetd. 101. Aus der Sage vom großen König Alexander. i.
Alexander bei den Amazone n. Die Amazonen wohnten in der Nähe des kaspischeu Meeres in einem Lande, das fast ringsum von einem brei ten, tiefen Strome umflossen war und nur auf einer Seite einen schmalen Zugang hatte. Ein Heer von 170 000 Wei bern schützte das Gebiet. Kein Mann durfte sich dort auf halten, sondern ihre Männer wohnten jenseits des Flusses und mußten die Herden der Frauen aus die Weide treiben. Nur einmal jährlich, bei einem dreißigtägigen Opferfeste, kamen ihre Weiber zu ihnen hinüber. Wollte eine Frau länger bei ihrem Manne bleiben, so konnte ihr die Königin auf ein Jahr Urlaub gewähren. Die Kinder wurden von den Männern aufgezogen. Die Knaben behielten sie, die Mädchen mußten sie, wenn sie sieben Jahre alt waren, auf die Insel zu den Frauen bringen. Griffen Feinde das Land an, so rückten hunderttausend Frauen zu Pferde ihnen entgegen, die übrigen blieben zum Schutze der Insel zurück. Die Männer folgten dem Heere als Troß. Die im Kampfe gefallenen Frauen wurden hoch geehrt, und ihre Hinterbliebenen erhielten vom Volke große Geschenke. Diesen tapfern Kriegerinnen sandte Alexander die Bot schaft, er wolle ihr Land besuchen, und sie sollten ihm entgegenkommen, da er freundlich gegen sie gesinnt sei. Sie aber glaubten ihre Freiheit bedroht und schrieben ihm:
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Ausfeld.
„Die Führerinnen der Amazonen senden König Alexander ihren Gruß. Ehe du zu uns kommst, warnen wir dich, damit du nicht rühmlos umkehren mußt. Besiegen wir unsere Feinde, so ist das sür sie eine ewige Schande, besiegen sie aber uns, so haben sie keinen Ruhm davon, da wir Weiber sind. Hüte dich, Alexander, daß es dir Glicht so ergehe. Kommst dn, so wirft du unser Kriegslager an der Grenze finden." Als Alexander den Brief gelesen, lachte er und ant = wartete ihnen: „König Alexander grüßt die Amazonen. Ich habe nicht drei Erdteile unterworfen, um vor einem Völkchen von Weibern umzukehren. Wollt ihr Land, Frei heit und Leben verlieren, so lagert euch feindlich an der Grenze, wollt ihr aber verständig feilt, so besucht mich freundschaftlich mit euern Männern. Ich werde euch danit ungekränkt entlassen. Wollt ihr Reiterinnen zu meinem Heer stellen, so soll jede monatlich ein Goldstück als Sold und alles, was sie braucht, erhalten. Nun beratet euch wohl und schreibet mir dann wieder." Da wurden die Amazonen anderen Sinnes, luden ihn in ihr Land ein, schickten ihm hundert edle Pferde, fünf hundert Reiterinnen und einen Tribut von hundert Pfund Gold und versprachen, dem Helden, dem so viele Völker gehorchten, auch willig und untertan zu sein.
2. Alexander bei den indischen Weisen.
Von der Königstadr des Porns zog Alexander weiter zum Land der Gymnosophisten, der indischen Weisen, die ohne Kleider, ohne «Häuser, ohne Habe friedlich in den Wäl dern lebten. Als diese erfuhren, daß Alexander herannahe, sandten sie ihm die Botschaft: „Wenn du kommst, um uns zu bekriegen, so wirst du keinen Nutzen davon haben, denn das einzige, was wir besitzen, ist unsere Weisheit, und die kann uns niemand wegnehmen." Alexander erwiderte, ^r komme nicht in feindlicher Absicht. Er fand ihr Land
Ausfeld.
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reich an vielerlei Fruchtbäumen und Weinstöcken, die von herrlichen Trauben strotzten. Ein schöner Fluß mit durch sichtigem Wasser strömte hindurch. Alexander begrüßte die Weisen und prüfte sie durch mancherlei Fragen. Zuletzt fragte er: „.Habt ihr auch einen König?" — „Wir haben einen Führer und Lehrer, den weisen Dandamis." Alexander wünschte, diesen kennen zu lernen, und sie geleiteten ihn zu einem Manne, der am Boden aus einem Blätterhaufen lag und Feigen aß. Als ihn Alexander grüßte, erwiderte er kurz den Gruß, ohne sich zu erheben. Alexander fragte ihn, ob sein Volk wirklich gar nichts be sitze. Er erwiderte: „Wir besitzen viel: Erde, Licht, Sonne, Mond und Sterne, Lust, Wasser und Fruchtbäume. Hungert uns, so gehen wir zu den schattigen Bäumen und essen ihre Früchte. Dürstet uns, so gehen wir zum Fluß und erquicken uns an seinem Wasser. Wollen wir uns an einem Schauspiel ergötzen, so blicken wir zum Himmel und bewundern den Reigen der Sterne und das Leuchten des Mondes und der Sonne." Alexander fand Gefallen an den Männern und sprach: „Verlangt von mir, was ihr wollt, und ich will es euch gewähren." Da riefen alle: „Gib uns Unsterblichkeit!" Alexander antwortete: „Das kann ich nicht, denn ich bin selbst sterblich." — „Wenn du sterblich bist, warum machst du dir so viel mit Kriegen und Schlachten zu schaffen? Müßtest du nicht, wenn du auch die ganze Welt gewönnest, mit deinem Tod das alles an andere abtreten?" Darauf er widerte Alexander: „So hat mich die Vorsehung ge schaffen, daß mich mein Herz zu kriegerischen Taten treibt. Mich hat sie so gewollt, wie ich bin, euch, wie ihr seid, und wir beide sind ihreni Gebote unterworfen. Wären alle Menschen von der gleichen Art, so wäre die Welt träge und leblos, das Meer würde nicht befahren, das Land nicht bebaut, und die Menschheit stürbe aus." Alexander ließ dann den Weisen große Geschenke über reichen, Gold, Gewänder, Wein und Öl. Dandamis aber
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Alisfeld.
lachte und sprach: „Meinst du wohl, daß sich die Vögel sreuen würden, wenn du ihnen Gold und Kleider schenktest, und daß sie deshalb schöner sängen? Ebensowenig können wir dergleichen gebrauchen. Damit es aber nicht scheint, als verachten wir dich, so will ich das Öl von dir anneh men." Darauf ließ Dandamis ein Feuer anzünden und schüttete vor Alexanders Auge daS Öl hinein. 3.
A l e x a n d e r b c i d e u B l u m c n m ä d ch c n i u I n d i e n.
Als die Mazedonier viele Tagereisen durch Indien gezogen waren, kamen sie zu einem großen Wald, aus dem Harfen- und Zitherspiel und süße Lieder zu ihnen herüberklangen. Mächtige Bäume verbreiteten dichten Schatten, darunter wuchsen schöne Blumen; helle Brunnen sprudelten dort und rieselten aus dem Walde hervor aus eine grüne Aue. Alexander und die Seinen stiegen als bald von den Rossen und gingen in den Wald, um zu sehen, woher der liebliche Gesang käme. Da fanden sie wunderschöne Jungfrauen, mehr als hunderttausend, die spielten und sprangen im Walde und sangen dazu so herr lich, daß nie jemand so süße Töne vernommen hat. Da vergab ein jeder Gefahr und Not und jegliches Herzeleid, und alle meinten für ihr Leben Freude und Glück genug zu haben, wenn sie ewig an diesem Orte weilen dürften. Sic fragten die Mädchen, woher sie in den Wald gekom men seien. Da ward ihnen wunderbare Kunde. Wenn der Winter ging und die Erde zu grünen begann, dann ent sprangen in dem Walde edle Blumen von seltsamer Größe, weiß und rot mit mächtigen runden Knospen. Wenn sich die Knospen öffneten, so kamen daraus liebliche Mädchen hervor, weiß und rot, wie die Blumen selbst, und schöner als alle Weiber der Welt. Sie hatten menschlichen Ver stand und gingen und sprachen wie Menschen. Die schönsten Kleider, rot wie Rosen und weiß wie Schnee, waren ihnen an den Leib gewachsen. Wagte sich aber eine aus dem
Ausfeld.
Baßler.
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Schatten heraus in die Tonnenglut, so mußte sie eines jähen Todes sterben. Da schlugen die Mazedonier ihr Gezelt in dem Wald auf und freuten sich der Mädchen, die mit den Vöglein um die Wette sangen. Sie vermählten sich mit den Hol den und hatten rnehr Wonne, als sie je im Leben sandelt, seit sie geboren waren, und gedachten sich nie von ihren Liebsten zu trennen. Aber nur drei Monate und zwölf Tage dauerte ihr Glück. Als der Winter kam und die Blumen welkten, da starben mit ihnen die süßen Bräute sämtlich dahin. Das Laub fiel non den Bäumen, die Brunnen hörten auf zu fließen, und in unendlicher Trauer und Sehnsucht schied Alexanders Volk von der verödeten Stätte.
Ferdinand Baßler. 102. Der treue Eckart. Zu Eisleben und im ganzen Land Mansfeld ist vor Zeiten alle Jahr auf den Fastnacht-Donnerstag das wü tende Heer vorübergezogen, und die Leute sind zusammen gelaufen und haben darauf gewartet, nicht anders, als sollte ein großer, mächtiger Kaiser oder König vorüberziehn; da man denn in der Luft einen reisigen Haufen zu Fuß und zu Roß gesehen: einer hat geritten auf einem Pferd mit zween Füßen; der andre ist auf einem Rad gebunden gelegen, und
das Rad ist von selbst umgelaufen; der dritte hat einen Schenkel über die Achsel genommen und ist gleich sehr ge laufen; ein anderer hat keinen Kopf gehabt. Aber vor dem ganzen Haufen her ist ein alter Mann gegangen mit einem weißen Stab, der hat sich selbst den treuen Eckart geheißen, der hat die Leute heißen aus dem Weg weichen, hat auch etliche heißen heim gehen, sie würden sonst Schaden nehinen. Daher ist das Sprichwort: „Der treue Eckart warnet jeder mann."
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Baßler.
In einem thüringischen Dorfe, Schwarza genannt, zog einstens am Weihnachtsfeste die Frau Hulda oder Holla mit ihrem wütenden Heere vorüber, und der treue Eckart ging vor ihm her, die Leute zu warnen. Da hat es sieh getroffen, daß just zwei Knaben, welche aus dem nächsteu Dorfe Bier geholt hatten, den: Gespensterzuge begegneten. Als diese die Schatten ausichtig wurden, versteckteu sie sieh in einen Winkel, aber einige Unholdiunen eilten ihnen nach, nahmen die Kannen und schlürften mit großer Begierde das Bier aus. Als nun alles hinweg und vorbei war, kamen die Knaben aus ihrem Versteck wieder hervor, waren aber sehr bekümmert, was sie zu Hause vorweuden sollten, weil sie kein Bier mitbrächten. Indem sie nun also bei sich ratschlagten, trat der treue Eckart herbei und sagte: ,,Das riet euch Gott, daß ihr das Bier freiwillig hergegeben und kein Wörtchen darwider geredet habt, sonst hätten euch die llnl)o[binnen die Hälse nmgedreht. Geht nun flugs heim und seid getrost, aber sagt keinem Menschen etwas von der Geschichte, so werden eure Kannen iminer voll Bier sein und wird ihnen nie gebrechen." Dies taten die Knaben, und es geschah, wie ihnen der Alte gesagt hatte. Tie Kannen waren voll Bier, nnd soviel man auch davon trank, sie wurden niemals leer. Drei Tage nahmen sie das Wort in acht; endlich aber konnten sie's nicht länger bergen, sondern erzählten aus Vorwitz ihren Eltern den Verlauf der Sache: da war es aus, und die Krüglein versiegten.
103. Rübezahl wirb ein Esel. Einst reifte ein Glaser über das Gebirge und wurde über die schwere Last des Glases, die er auf dem Rücken trug, müde, schaute, sich daher um, wo er sich wohl hiusetzeu könnte. Der ihn beobachtende Rübezahl vermerkte dies kaum, als er sich in einen runden Klotz verwandelte. Diesen traf der Glaser nicht lange hernach am Wege liegend an und ging mit frohem Mute hin, um sich auf ihn zu setzen. Doch die Freude dauerte nicht lange; denn kaum hatte er einige Zeit gesessen, so wälzte sich
Bühler.
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der Klotz so geschwinde unter ihm fort, daß der arme Glaser mitsamt seinem Glase zu Boden schlug und es in tausend Stücke zerschellte.
Der betrübte Mann erhob sich von der Erde, blickte um sich, aber sah keinen Klotz, auf dem er vorhin gesessen hatte. Da fing er an bitterlich zu weinen und beseufzte mit herzlichen Klagen seinen erlittenen Verlust, doch wandelte er seine Straße fort. Da gesellte sich Rübezahl in Gestalt eines Reisenden zu ihm und fragte, was er doch so weine, und wor über er Leid trage. Ter Glaser erzählte ihm den ganzen Her gang, wie er auf einem Blocke, um sich auszuruhen, ge sessen; dieser habe sich schnell mit ihm umgedreht, sein ganzer Glasvvrrat, wohl acht Taler an Wert, sei zerbrochen, und der Klotz sei verschwunden. Er wisse nun nicht, wie er sich er holen und seinen Schaden zu gutem Ende bringen solle. Der mitleidige Berggeist tröstete ihn, sagte ihm, >ver er sei, und daß er ihm den Possen gespielt habe; er solle aber nur gutes Mutes sein, denn sein Schaden solle ihm vergütet werden. Flugs verwandelte sich Rübezahl in einen Esel und gab dem Glaser Befehl, ihn in einer am Fuße des Berges liegen den Mühle zu verkaufen, mit dem Gelde aber sich schnell davonzumachen. Der Glaser bestieg den verwandelten Berg geist sogleich und ritt ihn vom Gebirge hinunter zu der Mühle, wo er ihn dem Müller zeigte und für zehn Taler seil bot. Dieser erstand ihn für neun Taler, und der Glaser nahm das Geld und machte sich ohne Säumen davon. Das er kaufte Tier ward in den Stall geführt, und der Knecht legte ihm Heu vor; aber der Esel tat seinen Mund auf und sprach: „Ich fresse kein Heu, sondern lauter Gebratenes und Ge backenes." Dem Knecht sträubte sich das Haar, er eilte zu seinem Herrn und verkündete ihm die neue Märe. Als aber der Müller selbst in den Stall kam, fand er nichts, denn der Esel war verschwunden. Der Müller beklagte den bösen Handel; aber es war ihm recht geschehen, da er viele arme Leute betrogen hatte. So rächte Rübezahl geschehene Unbill.
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Baßler.
Bechstem.
104. Die Schöppenstedter verschreiben ein Ge witter. In einem Sommer hatte es mal gar lange nicht in Schöppenstedt geregnet, sodaß den Bürgern bange wurde, die Ernte möchte mißraten, und sie beschlossen daher, nach Braun schweig zu schicken, um sich ein Gewitter zu verschreiben, beim dort wüßte man ja Rat für alles. Zu dem Ende schickten sie eine alte Frau ab; diese kam auch glücklich in Braunschweig an, und nachdem sie das Anliegen der Schöppenstedter richtig angebracht, erhielt sie von den Braunschweigern, die ihre Leute kannten, eine Schachtel, in welcher, wie sie ihr sagten, das Ge witter wäre. In dieser Schachtel, welche ziemlich groß war, be fand sich ein ganzer Bienenschwarm; und als sie nun mit der selben nach Schöppenstedt zurückging, fingen die Bienen, da es sehr heiß war, in der Schachtel gewaltig an zu summen, und der Frau wurde angst und bange, denn sie hatte oft genug gehört, daß das Gewitter auch zuweilen einschlage, und sie fürchtete jetzt, daß es auf einmal losbrechen und sie erschlagen könnte. Als sie daher auf die Höhe vor der Stadt kam, öffnete sie die Schachtel ein wenig, um deni Gewitter, dem es, wie sie dachte, drinnen zu heiß sei, etwas Luft zu machen; denn sie meinte: „Es wird ja wohl für Schöppenstedt genug übrig bleiben, wir sind ja dicht vor." Aber kaum hatte sie den Deckel etwas gehoben, da flog der ganze Schwarm heraus und zurück nach Braunschweig. Sie sprang zwar mit gleichen Füßen hinterdrein, unablässig rufend: „Gewitter, Gewitter! hier her nach Groß-Schöppenstedt!" aber das Gewitter flog fort und kam nicht wieder.
Ludwig Bechstein. 105. Etliche scharfsinnige Taten der Wasunger. 1. Der Wasunger Stadtgalgen.
Oberhalb Wasungen im Thüringerlande stand auf einem Hügel seitwärts der Landstraße ein alter Galgen, der gehörte
Bechstein.
Becker.
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der Stadt eigentümlich. Nun wurde einmal ein fremder Dieb eingebracht und sollte an den Wasunger Stadtgalgen gehenkt werden. Da traten aber die Wasunger Ratsherren dagegen auf und sprachen: „Wir haben hier einen Galgen für uns, unsre Kinder und Kindeskinder und brauchen keine fremden armen Sünder dran!" Litten also nicht, daß jener Dieb daran gehenkt wurde. Und da sie nun nicht wußten, was sie mit ihm anfangen sollten, gaben sie ihm ein Stück Geld und sagten ihm, er solle sich seiner Wege packen und sich henken lassen, wo er Lust habe.
2. Wie die Wasunger eine Katze kauften. Ein Wirt hatte viel Mäuse im Hause und Ratten und wußte sich gar nicht mehr zu helfen. Damals gab es aber noch keine Katzen in Wasungen. Da wurde dem Wirt an geraten, er solle nach Meiningen fahren und eine Katze kaufen, so würde er der Plage bald los sein; denn dieses Tier vertilgte die Mäuse. Das ließ der Mann sich nicht zweimal sagen, fuhr mit seinem Knecht und kaufte eine Katze um ein gutes Stück Geld. Auf dem Heimweg fiel ihm bei, daß er vergessen, sich zu erkundigen, was die Katze fresse; denn er bedachte, daß solch ein Tier auch leben wolle, wenn es keine Mäuse und Ratten mehr gäbe, sandte deshalb den Knecht zurück, anzufragen, was die Katze fresse, und fuhr einstweilen nach Hause. Wie der Knecht ankam, fragte der Herr neugierig: „Nun, was frißt die Katze?" — „Alles!" war die Antwort. „Alles?" — „Ja, alles!" war der wieder holte Bescheid. „Ei, behüt uns Gott vor so einem Tier!" Sprach's und schickte die Katze augenblicklich wieder zurück.
Karl Friedrich Becker. 106. Der Tod des Sokrates. fSokrates, der tiefe Denker und unvergleichliche Leh rer und Erzieher der Jünglinge, wirkte in Athen, begeistert verehrt von allen, die das Glück hatten, seinen Umgang zu genießen. Hatte doch das Orakel in Delphi auf die Helsel, Lesebuch 5. 11. Hust.
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Frage, wer der weiseste Grieche sei, geantwortet: „Weise ist Sophokles, weiser Euripides, aber aller Menschen weisester ist Sokrates!" Durch sein Sittenrichteramt machte er sich aller dings bei vielen verhaßt, doch blieb er bis an sein siebenzig stes Jahr von aller Verfolgung frei. Aber nach der Schreckenszeit der dreißig Tyrannen klagten ihn seine Feinde au, er leugne die Götter und verderbe die Jugend. Wohl verteidigte er sich glänzend vor dem großen Volksgerichte von 559 Richtern, dennoch wurde durch eine Mehrheit von drei schwarzen Steinen das Todesurteil über ihn ausgesprochen.s Das Urteil würde gleich am folgenden Tage vollstreckt worden sein, wäre nicht zufällig gerade den Tag zuvor die heilige Prozession nach Delos abgegangen, während deren Abwesenheit keine Hinrichtung in Athen geschehen durfte. Noch hielten widrige Winde das Schiff diesmal länger als gewöhnlich auf, und dies verschaffte den Schülern des Sokrates das schmerzlich süße Vergnügen, ihren Lehrer noch dreißig Tage behalten zu können. Sie besuchten ihn wäh rend dieser Zeit täglich im Gefängnisse. Dem Apollodoros, dessen Schmerz am ausgelassensten war, und der einmal verzweifelnd ausries: „Nein, so unschuldig sterben 511 müssen!" entgegnete er lächelnd: „Möchtest du etwa lieber, daß ich schuldig wäre?"
Den Tag vor seinem Tode entdeckte ihm Kritow schüchtern, er habe eine Summe Geldes zusammengebracht, die Wächter zu bestechen, daß sie die nächste Nacht die Tür offen ließen. „O Kriton," antwortete ihm Sokrates, „in welches Land könnte ich wohl dem Tode entrinnen?" Kriton meinte, er sei es doch seinen Kindern schuldig, den Verfügungen einer ungerechten Justiz zuvor zu kommen;, aber Sokrates bewies ihm, daß keine Ungerechtigkeit uns berechtigen könne, den Gesetzen des Vaterlandes ungehor sam zu sein. Und so verließ ihn denn am Abend weh mütig die treue Schar, mit der Abrede, morgen früher als gewöhnlich wieder zu kommen.
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Sie sanden diesmal die Gerichtsdiener bei ihm, welche seine Ketten löseten und ihm ankündigten, daß er vor Sonnenuntergang den Giftbecher trinken müsse. Auch seine Frau Xanthippe war da und trug das jüngste Kind aus ihren Armen. Ihres Wehklagens müde, ließ Sokrates sie durch den Kritvn hinwegführen. Dann setzte er sich aus ein Ruhebette, zog das Schienbein an sich und rieb sich die Stelle an demselben, wo die Kette ihn wund gedrückt hatte, wobei er ein Gespräch über die nahen Grenzen des Schmerzes und der Lust anknüpfte. Dann ward die Un sterblichkeit der Seele besprochen.
So unterhielten sie sich den ganzen Tag, wehmütig froh, denn die immer geschäftige Laune des Lehrers ließ sie nie zur vollen Betrachtung ihres Schmerzes kommen. Gegen Abend verließ er sie, um sich zu baden, damit er, wie er sagte, den Weibern das Geschäft ersparte, die Leiche zu waschen. Jetzt kam die Frau mit den drei Söhnen noch einmal,- er nahm kurzen Abschied von ihnen und kehrte dann zu den Freunden zurück. Die Sonne neigte sich zum Untergange. Da trat der Diener der Else herein, die den Gefängnissen Vorständen, und kündigte ihm an, daß es nun Zeit sei. „Du wirst mir wohl nicht fluchen," sagte er, „wie die andern tun, denn ich tue ja nur, was die Obern befehlen. Ich habe dich als den besten Mann kennen gelernt, der je hierher gekommen ist. Lebe wohl und ver suche die Notwendigkeit so leicht als möglich zu ertragen!" Weinend ging er hinaus. „Wie brav der Mensch ist," sagte Sokrates. „Auch während der ganzen Zeit hat er sich so bewiesen, wenn er mich besuchte. Aber geht doch und holt den Trank, wenn er schon eingerieben ist." Die Freunde baten ihn, noch zu warten; aber er hielt es fürkindisch, jetzt noch mit dem Leben zu geizen. „Wie muß ich's machen?" fragte er den, welcher den Schierlingssaft brachte. „Du mußt trinken und dann umhergehen, bis eine Schwere in deine Glieder kommt. Hierauf legst du dich nieder." Er nahm den Becher mit voller Heiterkeit 9*
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und ohne eine Miene zu verändern, vielmehr mit seinen» gewöhnlichen durchdringenden Blick den Menschen ansehend, setzte er ihn an den Mund. „Den Göttern zu spenden ist wohl nicht erlaubt?" fragte er noch. Man sagte ihm, es werde nur so viel eingerieben, als zum Trinken not wendig sei. „Gut," erwiderte er, „so wollen wir wenigstens beten, daß der Übergang dorthin glücklich von statten gehe." Bei diesen Worten leerte er, fest anhaltend, den Becher. Bis dahin, erzählt sein Schüler Phädon, hatten wir unsere Tränen noch gehalten; als wir ihn aber trinken sahen, bezähmten wir uns nicht mehr. Auch mir flössen wider meinen Willen stromweise die Tränen. Doch nicht ihn beweinte ich, sondern mich selbst, daß ich solchen Freund verlieren sollte. Er aber hieß uns ruhig sein und uns ermannen, denn darum habe er ja die Weiber fortge schickt. Und wir schämten uns und enthielten uns der Tränen. Er ging unterdessen auf und ab, und als er die Mattigkeit fühlte, legte er sich rücklings nieder und verhüllte sein Gesicht. Nach einiger Zeit befühlte ihm der, welcher das Gift gereicht hatte, die Füße, drückte sie stark und fragte ihn, ob er's fühle. „Nein," sagte der Ster bende. Dann ging er so prüfend aufwärts und zeigte den Umstehenden, wie er kalt und steif werde. Und er selbst fühlte sich an, und da schon der Unterleib kalt zu werde»» ansing, deckte er noch einmal sein Gesicht auf und sagte zum Kriton: „Wir sind dem Asklepios einen Hahn schuldig.*) Opfert ihn ja und versäumt es nicht!" Kriton fragte ihn, ob er ihm sonst noch etwas aufzutragen habe, aber er antwortete nicht mehr. Einige Zeit hernach deckte der Wärter ihn auf, und man fand ihn erstarrt. Kriton drückte ihm weinend Mund und Augen zu.
*) Dem Hellgott als Dankopser für die überstandene Krankheit de- Lebens.
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107. Hannibals Zug über die Alpen. Hannibal bot alle Schätze der spanischen Bergwerke und des karthagischen Handels auf, um die möglichgrößte Anzahl Truppen aus beiden Weltteilen zusammenzu bringen. Die in Spanien ausgehobenen sandte er nach Afrika, die Hauptstadt zu beschützen, die Afrikaner nahm er nach Spanien herüber. Eine erlesene Anzahl nnmidischer Reiter und eine Herde Elefanten sollten die Römer zum zweiten Male ängstigen. Diese erwarteten eine feindliche Flotte in der See und dachten aus eine Landung in Afrika; statt dessen über raschte sie die ganz unglaubliche Nachricht, Hannibal sei zu Lande über die unbetretbar geglaubten Alpen in Italien herniedergestiegcn und wolle sic in ihrem eigenen Lande angreifen. Das setzte alle in Bestürzung und nötigte zur Umänderung aller entworfenen Pläne. In der Tat war Hannibal mit 50 000 Mann zu Fuß, 9000 Reitern und 37 Elefanten schon im Sommer 218 von Neukarthago aufgebrochen, hatte sich mit Gewalt einen Weg durch die wilden Völkerschaften längs der spanischen Ostküste bis zu den Pyrenäen gebahnt, seinen Unterfeldhcrrn Hanno zur Deckung dieser Desileen zurückgelassen, dann die Pyrenäen überstiegen, über den Rhodanus ge setzt und die Alpen erstiegen; ein Zug, der ihn allein un sterblich machen würde, und mit dem die bewunderten Alpenfahrten unserer Tage gar nicht zu vergleichen sind. Denn man denke sich ein afrikanisches Heer, an glühende Hitze gewöhnt; ein Gefolge von Elefanten, sonst nur in Ebenen brauchbar; tausende von Pferden, die über Klippen und Eisschollen an der Hand geleitet werden mußten und oft ausgleitend ihre Führer mit sich in den Abgrund rissen; ungebahnte Wege ohne Wagenspur und durch keine Karten den Reisenden vorgezeichnet, bewohnt von wilden Horden, mit denen man unaufhörlich fechten mußte, und die den Vorteil der Ortskenntnis und unzugänglicher Hin terhalte hatten; eine Jahreszeit endlich — es war im
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November — in welcher selbst jetzt, da diese Länder ange
baut sind, kein Wanderer die Reise wagen würde. Nach neuntägigem Klettern über die starren Alpenzacken, wobei einige tausend Menschen und der größte Teil der Last tiere, teils vor Hunger uud Kälte, teils in feindlichen Über fällen umgekommen waren, erreichte das mutige Heer den Gipfel des Berges Viso, auf welchem der Po entspringt, eine der höchsten Alpenspitzen. Hier mußte ein Weg, bei nahe zwei Stunden lang, durch einen Fels gehauen wer den. Dafür aber zeigten sich nun auch von den eisigen Wolkenhöhen herab in weiter Ferne die grünen Wälder und Wiesen des milden Italiens. Auf sie vertröstete der Feldherr seine bleichen, ausgehungerten und fast erstarrten Krieger, die er in diesen luftigen Schneegefilden zwei Tage ausruhen ließ. Endlich erreichte man die Täler des heuti gen Piemont, nachdem man fünfzehn Tage mit der Über steigung der Alpen und fünf Monate mit dem ganzen Marsche von Neukarthägo aus zugebracht hatte. Aber wie war das schöne Heer auf diesem entsetzlichen Zuge ge schmolzen! Nur 26 000 Mann fand Hannibal bei der Muste rung noch übrig. Er eilte, sie durch gallische Hilfsvölker zu verstärken, deren Haß gegen die Römer ihm das Vor rücken durch Oberitalien sehr erleichterte.
108. Cäsars Tod. Marcus Brutus und Cajus Cassius waren ein paar republikanische Schwärmer. Beide hatten vom Cäsar große Gunstbezeugungen erhalten, beiden hatte er als gefangenen Pompejanern in Afrika das Leben geschenkt, beide hatte er jetzt eben zu Prätoren gemacht, und dem Brutus, den er schon als Knaben um seiner schönen Mutter willen sehr hervorgezogen, hatte er schon für das folgende Jahr das Konsulat zugedacht. Dennoch hegten beide im Herzen gegen ihn unversöhnlichen Haß. Auf den Brutus richteten auch insgeheim alle Übrigen, welche Cäsars Tod wünschten, be sonders Cicero, ihr Augenmerk und ihre Hoffnung. Die
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gleichgesinnten Gemüter sanden sich endlich im stillen zu sammen, verschworen sich sämtlich gegen den Diktator und wünschten nur den Brutus an ihrer Spitze zu haben, denn er war ein tapferer Feldherr, ein rechtschaffner Man», beim Volke sehr geachtet und folglich imstande, der ver wegenen Tat ein ehrenvolles Ansehen zu geben.
Man reizte ihn zuerst aus seinem Tiessinn durch allerlei Zettel, die er des Morgens aus seinem Prätorstuhle fand. Auf einem stand: „Du bist nicht Brutus." Auf einem andern: „Brutus, schläfst du?" Auch die alte Statue des ■ersten Konsuls Brutus, seines Ahnherrn, der die Tarquinier vertrieben, fand man häufig mit Zetteln beklebt, z. B.: „O, das; du jetzt lebtest!" Diese Aufforderungen und Cassius Reden rissen den jungen feurigen Abkömmling des alten Tyrannenfeindes aus seinem Schlummer; er stellte sich an die Spitze der Verschwörung, und Cäsars Tod ward ans den 15. März beschlossen. Cäsar war gewarnt und kannte den verabredeten Tag sogar, doch das Nähere wußte er nicht. Gegen Brutus hatte er besonders nicht den mindesten Argwohn. Indessen Hatte er doch auf dringendes Bitten seiner Gemahlin be schlossen, an diesem Tage nicht in den Senat zu gehen. Als ihn aber am Morgen ein Vetter des Brutus besuchte und ihm vorstellte, er werde den Senat beleidigen, wenn ■er ihn unverichteter Sache wieder auseinander gehen lasse, machte er sich doch auf den Weg. Auf der Straße steckte ihm ein warnender Freund noch ein Papier zu; er gab ■es aber seinem Schreiber in Verwahrung. Als er in das Versammlungshaus gekommen war, die Senatoren gegrüßt und auf dem goldenen Sessel Platz genommen hatte, stellten sich sogleich die Verschworenen um ihn her, einige dicht Hinter seinem Stuhl. Jetzt trat ihn ein gewisser Tullius
Cimber mit der Bitte an, seinen verbannten Bruder zu begnadigen. Cäsar weigerte sich. Die Verschworenen traten näher, als wollten sie Fürbitten für den Verwiesenen ein legen. Hierauf ergriff Cimber Cäsars Toga und zog sie
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ihm gewaltsam von der Schulter. Dies war das verababredete Zeichen, auf welches sogleich einer, Namens Casca,
von hinten den ersten Dolchstoß tat. Er traf aber statt des Halses die Schulter und verletzte ihn nicht sehr. Cäsar wandte sich rasch zu ihm, schrie: „Verfluchter Casca, was machst du?" und packte ihn am Arm. Aber indem stachen ihn die anderen in die Brust, ins Gesicht, und von allen Seiten drangen Dolche auf ihn ein. Die Mörder stachen so hitzig und so unsicher, daß sie sich untereinander selbst verwundeten. Einige Augenblicke verteidigte sich der Über fallene tapfer, als er aber, schon ganz mit Blut bedeckt, noch den Brutus auf sich eindringen sah, rief er weh mütig: „Auch du, mein Sohn?" verhüllte das Gesicht mit seiner Toga und sank nach dreiundzwanzig Wunden an der Bildsäule des Pompejus nieder, die nicht weit von seinem Sitze stand. Der erschrockene Senat hatte das Ende der blutigen Tat nicht abgewartet, und als Brutus sich nachher mit einer Rede an ihn wenden wollte, fand er alle Bänke leer.
109. Spiele der Römer. Selbst in den beliebtesten Nationalspielen der Römer offenbart sich derselbe Charakter der Härte, Grausamkeit und Kriegslust, den wir in ihren Handlungen kennen ge lernt haben. Da sah man nicht jene anständigen Leibes übungen, in denen sich die edelsten griechischen Jünglinge zu Olympia und Delphi rühmliche Kränze zu erwerben suchten, Übungen, die die Gesundheit befestigten, ohne ihr gefährlich zu werden, und die den Körper des Ringers ge wandt machten, während sie dem Zuschauer das Vergnügen schöner Stellungen gewährten. Nichts von jenen seelen vollen Tänzen, welche in Griechenland jedes frohe Fest verherrlichten; kein Pindar und kein Herodot versammelte Tausende von gefühlvollen oder wißbegierigen Hörern um sich her, und das Theater hat sich in Rom nie zu einem Lieblingsorte des großen Haufens erhoben.
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Nur Rauf- und Mordspiele wollte der blutgierige Römer sehen; wo Menschen und Tiere sich zerfleischten, da fand er seine Freude. Und was uns noch schwer zu begreifen fällt, es fehlte nie an Menschen, welche sich frei willig dazu hergaben, mit dem Schwerte auf Tod und Leben zu fechten. Diese Menschen hießen Gladiatoren. Sie waren natürlich aus der Hefe des Volkes, auch Sklaven und Gefangene wurden oft dazu gezwungen. Sie bekamen reichliche und nährende Kost und wurden von ordentlichen Fechtmeistern geübt, deren jeder zuweilen mehrere Hun derte in seiner Schule hatte. Sollte nun dem Volke ein großes Fechterspiel gegeben werden, welches entweder an großen Götterfesten oder bei Begräbnissen berühmter Männer geschah, oder auch wenn eine vornehme Magistratsperson ihr Amt antrat und sich dadurch bei dem Volke beliebt machen wollte, so mietete man einem Meister die Gladia toren paarweise, oft zu mehreren hundert Paaren ab, da mit sich das Volk an ihren Zweikämpfen weiden konnte. Der Schauplatz war anfänglich das Forum, welches zu diesem Behufe mit hölzernen Gerüsten umgeben ward, die man nach geendigtem Spiele wieder abriß; späterhin er baute man dazu eigne steinerne Amphitheater, die viele Tausend Zuschauer fassen konnten. Diese Gebäude waren länglich rund und oben offen. Der Schauplatz war in der Mitte derselben, und ringsumher erhoben sich unabsehliche Reihen von Sitzen, deren jede immer etwas höher und etwas entfernter als die andere war. Der Kampfplatz, in der Mitte war mit Sand bestreut, der nach beendigtem Spiele reichlich mit Blut getränkt war. Denn jedes Fech terpaar mußte sich so lange herumschlagen, bis einer von beiden sich für überwunden bekannte. Matt und verblutet lag er dann im Sande, und wenn er nicht flehend eine Hand ausstreckte, gab ihm der Sieger noch zuletzt den Todes stoß. Gleich darauf betrat ein frisches Paar den Platz und zerhieb sich wie das erste; dann erschien wieder ein anderes, und so sah man oft über hundert Paare nacheinander fech-
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ten. Und dieses mörderische Spiel ward den Römern weder schauerlich noch einförmig, sie konnten vom Morgen bis zum Abend dabei aushalten, ja sie ließen sich zu essen und zu trinken ins Amphitheater bringen, um ja nichts zu versäumen. War ein Fechter besonders geschickt im Morden, so erschallte ihm sein Bravo nicht minder allge mein herab, als wenn bei uns ein Sänger eine schöne Arie gesungen hat. Die Sucht nach solchen Anblicken, die nur ein Römer Spiele nennen konnte, wuchs bei dem blutdürstigen Volke von Jahr zu Jahr. Zuletzt wollte man nicht bloß einzelne Fechter, sondern ganze Scharen auf einmal im Kampfe gegeneinander sehen. Es traten daher gleichsam Heere im Kleinen in den Amphitheatern auf, bald als Thessalier, bald als Gallier, bald in andre kriegerische Trachten ge kleidet. Einige hatten in der Linken ein Netz und in der Rechten einen Dolch statt aller Bewaffnung. Jenes suchten sie dem Gegner über den Kopf zu werfen, ihn damit nieder zuziehen und dann unbarmherzig zu durchbohren. Seit dem die Römer mit den wilden Tieren der heißen Welt teile bekannt geworden waren, sah man gar auf den Schau plätzen arme Sklaven mit Löwen, Tigern und Elefanten streiten. Je unnatürlicher die Zerfleischungen waren, desto mehr ergötzte sich das Volk, Männer, Weiber und Kinder. Mehr Ähnlichkeit mit den griechischen Kampfübungen Hatten die cirzensischen Spiele, wo zu Fuß, zu Pferd und zu Wagen in die Wette gerannt, das Ringen, Springen nnd Faustkämpfen geübt wurde.
Otto von Bismarck. 110. Aus der ungarischen Steppe. (Brief an seine Gemahlin.) Szolnok, 27. Juni 1852. In den vorhandenen Atlanten wirst Du eine Karte Don Ungarn finden, auf dieser einen Fluß Theiß, und
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wenn Du dann über Szegedin hinauf nach der Quelle suchst, einen Ort Szolnok. Der Ort liegt am Rande der ungari schen Steppen zwischen Donau und Theiß, welche ich mir Spaßes halber ansehen wollte. Man ließ mich nicht ohne Eskorte reisen, da die Gegend durch berittene Räuberban den, hier Betyaren genannt, unsicher gemacht wird. Nach einem komfortablen Frühstück unter dem Schatten einer
schönhausischen Linde, bestieg ich einen sehr niedrigen Leiterivagen mit Strohsäcken und drei Steppenpferden da vor; die Ulanen luden ihre Karabiner, saßen aus, und fort ging's in sausendem Galopp. Hildebrand und ein ungarischer Lohndiener auf dem Vordersack, und ein Kut scher, ein dunkelbrauner Bauer mit Schnurrbart, breit randigem Hut, langen, speckglänzenden schwarzen Haaren, einem Hemd, das über dem Magen aufhört und einen handbreiten dunkelbraunen Gurt eigener Haut sichtbar läßt, bis die weißen Hosen ansangen, von denen jedes Bein weit genug zu einem Weiberrock ist, und die bis an die Knie reichen, wo die gespornten Stiefel ansangen. Denke Dir festen Rasengrund, eben wie der Tisch, auf dem man bis an den Horizont meilenweit nichts sieht, als die hohen, kahlen Bäume der für die halbwilden Pferde und Ochsen gegrabenen Ziehbrunnen (Püttschwengel); tausende von weißgrauen Ochsen mit armlangen Hörnern, flüchtig wie Wild; von zottigen, unansehnlichen Pferden, gehütet von berittenen, halbnackten Hirten mit lanzenartigen Stöcken; unendliche Schweineherden, unter denen jederzeit ein Esel,
der den Pelz (bunda) des Hirten trägt und gelegentlich ihn selbst; dann große Scharen von Trappen; Hasen, hamsterartige Zeisel; gelegentlich an einem Weiher mit salz haltigem Wasser wilde Gänse, Enten, Kibitze, — waren die Gegenstände, die an uns und mir an ihnen vorüberflogen während der drei Stunden, die wir auf sieben Meilen bis Ketskemet fuhren, mit etwas Aufenthalt in einer Csarda (einsames Wirtshaus). Ketskemet ist ein Dorf, dessen Straßen, wenn man keine Bewohner sieht, an das kleine
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Bismarck.
Ende von Schönhausen erinnern, nur hat es 45 000 Ein wohner, ungepslasterte Straßen, niedrige, orientalisch gegen die Sonne geschlossene Häuser mit großen Viehhöfen. Ein fremder Gesandter war da eine so ungewöhnliche Erschei nung, und mein magyarischer Diener ließ die Exzellenz so rasseln, daß man mir sofort eine Ehrenwache gab, die Behörden sich meldeten und Vorspann requiriert wurde. Ich brachte den Abend mit einem liebenswürdigen Oksizierkorps zu, die darauf bestanden, daß ich auch ferner Eskorte mitnehmen müsse, und mir eine Menge Räubergeschichten erzählten. Gerade in der Gegend, nach der ich reiste, sollten die übelsten Raubnester liegen, an der Theiß, wo die Sümpfe und Wüsten ihre Ausrottung fast unmöglich machen. Sie sind vortrefflich beritten und bewaffnet, diese Betyaren, überfallen in Banden von 15 bis 20 die Reisenden und die Höfe und sind am anderen Tag 20 Meilen davon. Gegen anständige Leute sind sie höflich. Ich hatte den größten Teil meiner Barschaft bei Fürst W. gelassen, nur etwas Wäsche bei mir und hatte eigentlich einen Kitzel, diese Räuber zu Pferde, in großen Pelzen mit Doppelflinten in der Hand und Pistolen im Gurt, deren Anführer schwarze Masken tragen und zuweilen dem kleinen Landadel ange hören sollen, näher kennen zu lernen. Vor einigen Tagen waren mehrere Gendarmen int Gefecht mit ihnen geblieben, dafür aber zwei Räuber gefangen und in Ketskemet stand rechtlich erschossen worden. Dergleichen erlebt man in unseren langweiligen Gegenden gar nicht. Um die Zeit, wo Du heute morgen aufwachtest, hast Du schwerlich ge dacht, daß ich in dem Augenblick in Kumanien in der Gegend von Felegyhaza und Csonigrad mit Hildebrand int gestreckten Galopp über die Steppe flog, einen liebens würdigen sonnenverbrannten Ulaitenofsizier neben mir, jeder die geladenen Pistolen int Heu vor sich liegend, und ein Kommando Ulanen, die gespannten Karabiner in der Faust, hinterher jagend. Drei schnelle Pferdchen zogen uns, die unweigerlich Rosa, Csillak (Stern) und das nebenlaufende
Bismarck.
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Betyar (Vagabund) heißen, von dem Kutscher ununter brochen bei Namen und in bittendem Ton angeredet wer den, bis er den Peitschenstiel quer über den Kopf hält und mega, mega (halt an) ruft, dann verwandelt sich der Galopp in sausende Karriere. Ein sehr wohltuendes Ge fühl! Die Räuber ließen sich nicht sehen; wie mir mein netter, brauner Leutnant sagte, würden sie schon vor Tages anbruch gewußt haben, daß ich unter Bedeckung reiste, ge wiß aber seien welche von ihnen unter den würdig aus sehenden stattlichen Bauern, die uns auf den Stationen aus den gestickten, bis zur Erde gehenden Schafpelzmänteln ohne Ärmel ernsthaft betrachteten und mit einem ehren festen istem adiamek (gelobt sei Gott!) begrüßten. Die Sonnenhitze war glühend den ganzen Tag, ich bin im Ge
sicht wie ein Krebs so rot. Ich habe 18 Meilen in 12 Stunden gemacht, wobei noch 2—3 Stunden, wenn nicht mehr, auf Anspannen und Warten zu rechnen sind, da die 12 Pferde, die ich brauchte, für uns und die Bedeckung erst gefangen werden mußten. Dabei waren vielleicht ein Drittel des Weges tiefster Mahlsand und Dünen, wie bei Stolpmünde. Um 5 kam ich hier an, wo ein buntes Ge wühl von Ungarn, Slovaken, Walachen die Straßen (Szolnok ist ein Dorf von etwa 6000 Einwohnern, aber Eisenbahnund Dampfschiffstation an der Theiß) belebt, und mir die wildesten und verrücktesten Zigeunermelodien ins Zimmer schallen. Dazwischen singen sie durch die Nase mit weitaufgerissenem Munde, in kranker, klagender Molldissonanz
Geschichten von schwarzen Augen und von dem tapferen Tod eines Räubers, in Tönen, die an den Wind erinnern, wenn er int Schornstein lettische Lieder heult. Die Weiber sind im ganzen gut gewachsen, einige ausgezeichnet schön; alle haben pechschwarzes Haar, nach hinten in Zöpfe ge flochten, mit roten Bändern darin, die Frauen entweder lebhaft grün-rote Tücher oder rotsammetne Häubchen mit Gold auf dem Kopf, ein sehr schön gelbes seidenes Tuch nm Schulter und Brust, schwarze, auch urblaue kurze Röcke
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Bismarck.
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uub rote Sassianstiefel, die bis unter das Kleid gehen, lebhafte Farben, meist ein gelbliches Braun im Gesicht und graste brennend schwarze Augen. Im ganzen gewährt so ein Trupp Weiber ein Farbenspicl, das Dir gefallen würde, jede Farbe am Anzug so energisch, wie sie sein kann. Ich habe nach meiner Ankunft um 5, in Erwar tung des Diners, in der Theiß geschwommen, Csardas tanzen sehen, bedauert, daß ich nicht zeichnen konnte, um die fabelhaften Gestalten für Dich zu Papier zu bringen, dann Paprika-Hähndel, Stürl (Fisch) und Tick gegessen, viel Ungar getrunken, geschrieben und will nun zu Bett gehn, wenn die Zigeunermusik mich schlafen läßt. Gut nacht. Jstem adiamek!
Klemens Brentano. 111. Das Märchen vom Komanditchen. Es war einmal ein sehr reicher Kaufmann, der hatte eine sehr schöne Tochter, die hieß Komanditchen, und diese mußte ihm alle Morgen die Zeitung und den Kalender vorlesen, wenn er sein Täßchen Cichorienkaffee trank unddazu sein Pfeifchen Runkelrübenkanaster rauchte, wobei er große Spekulationen und Pläne zu Kauf und Verkauf machte. Aus der Zeitung merkte er sich Krieg und Frieden, Todesfälle und Heiraten, und ob einer ein General, ein Kaiser, ein Papst, ein Doktor, ein Fürst geworden sei u. s. w. aus dem Kalender merkte er sich die Geburts- und Namens tage aller vornehmen Leute, und wie das Wetter durch das ganze Jahr hindurch sein werde. Stand im Kalender: der Sommer wird sehr heiß sein, so ließ er gleich viele Zitronen aus Italien kommen, weil er gleich spekulierte: die Leute werden viel Limonade trinken und viele Zitronen kaufen. Stand im Kalender: es wird viel Regenwetter sein, so ließ er gleich sehr viele Regenschirme kommen. Stand im Kalender: es wird sehr viel Wein wachsen, aber er wird.
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etwas sauer sein, so ließ er sich gleich sehr viele Heringe aus Hamburg senden, denn er spekulierte, die Leute würden, auf den gesalzenen Hering den sauern Wein lieber trinken. Stand im Kalender: es wird kein gutes Kornjahr sein, so kaufte er gleich alle Katzen zusammen, die er auftreiben, konnte: denn er spekulierte: wenn wenig Korn da ist, wird man sehr besorgt sein, die Mäuse abzuhalten, damit sie das bißchen nicht gar auffressen. Stand im Kalender: cs wird eine große Trockenheit sein, so kaufte er viele Gießkannen. Und so benutzte er auch alle Zeitungsnachrichten. Fing ein großer Herr an zu kränkeln, so kaufte er gleich schwarzes Tuch ein, um es zur Hoftrauer verkaufen zu können. Alle diese Geschäfte gelangen ihm, und er ward täglich reicher. Es war Anno elf, da kam der neue Kalender auf das Jahr zwölf und die Zeitung morgens an, und er rief seiner Tochter: „Komanditchen! Komanditchen! komm speku lieren!" Da saut Komanditchen mit dem Kaffee und der Pfeife und las aus der Zeitung und sprach in großer Freude: „Ach, teurer Vater, hier steht etwas, o, das mußt du mir kaufen!" — „Kaufen, kaufen!" sagte der Vater, „gewiß wieder ein schwärmerisches Buch. Komanditchen! Koman ditchen! ich habe dir viele schöne Lesebücher gegeben; ich fürchte, ich fürchte, du wirst mir von dem vielen Roman lesen am Ende gar krank werden." — „Lieber Vater!" sagte Komanditchen, „höre nur den Titel dieses vortrefflichen Buches, du wirst es mir gewiß kaufen: Der altdeutsche Spritzkuchen aus den Papieren einer perfekten Köchin.
ach! das Buch muß ich haben!" „Ei, ei! aus den Papieren einer perfekten Köchin, der altdeutsche Spritzkuchen!" sagte der Kaufmann kopfschüttelnd, „es wird mir ganz wunderlich bei diesem Titel; wer mag diese Papiere deiner Mutter bekannt gemacht haben?"
„Meiner Mutter?" rief Komanditchen. „Ja, deine Mutter," erwiderte der Kaufmann, „welche gestorben, da. du auf die Welt kamst, war eine geborne perfekte Köchin.
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und brachte einstens, um sich zu zerstreuen und zu bilden, den altdeutschen Spritzkuchen zu Papier, eine Arbeit von vielem Geschmack. Da sie es aber in ihr Ausgabebüchlein zwischen Semmel, Milch, Butter, Eier, Licht, Petersilie, Meerrettig, Knoblauch geschrieben, so ist dieses herrliche Schriftchen meinen Ladenjungen in die Hände geraten, welche Schnupftabaksdüten daraus gemacht haben; gewiß hat ein Gelehrter, der den Schnupftabak bei mir kauft, die herrlichen Gedanken deiner Mutter aus diesen Düten benützt und dieses Buch herausgegeben. Wir wollen es sogleich bei dem Buch händler holen lassen. Aber da kommt der Briefträger; laß mich allein, Komanditchen: ich muß. spekulieren!" Da machte Komanditchen einen Knicks, schlich sich zur Haustüre hinaus, fort in den Buchladen, kaufte sich den altdeutschen Spritzkuchen aus den Papieren einer perfekten Köchin, küßte und drückte das Buch tausendmal und setzte sich damit in ein großes, leeres Kaffeefaß, welches der Lehr junge ihres Vaters ihr zu ihrem Geburtstage in ein schönes, wohlriechendes Kabinet verwandelt hatte. Dieses Kaffeefaß stand aufrecht auf dem Heuboden des Hauses, mitten in dem duftenden Heu wie eine Ritter burg zwischen grünen Bergen. Auswendig sah es noch ganz aus wie ein Faß, und die Türe war so geschickt darin an gebracht, daß man sie nicht bemerkte. Wenn man hineintrat, sah man durch ein Fenster, das mit einer Bohnenlaube umzogen war, die aus einer alten Zuckerkiste an Bind fäden hinaufwuchs, auf die Dächer des Hauses und in den Taubenschlag. Das ganze Faß war inwendig mit Matten und Tuch von Ingwer- und Pfeffer- und Anisballen aus geschlagen; oben herum hing eine Girlande von Morcheln, gedörrten Pflaumen, Mandeln und Rosinen, Feigen, Zitro nat, verzuckerten Pomeranzenschalen und Kakaobohnen. An der Wand ringsherum war ein Sitz von alten Zitronen kistenbrettern angebracht, auf welchem Polster lagen von den Binsensäcken, worin die smyrnaschen Feigen gepackt wer den, und diese waren mit Safran ausgestopft. Der Tisch,
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der mitten in dem Faß stand, war eine aufgerichtete Zimt kiste, auf diese war ein Brett genagelt, auf dem einstens Schokolade war gemacht worden. Ein blechernes Vanille kästchen stand hierauf als Schreibzeug; das Tintensäßchcn, eine ausgetrocknete Zitronenschale, war auf die Galläpfel fest geleimt; und das Sandfäßchen, worin der Sand der wohlriechendste Gewürzstaub war, bestand aus einer trockenen Pomeranzenschale mit Muskatnüssen beleimt. Oben an der Decke hing ein Kronleuchter, aus den Brettern einer Syrupstonne künstlich zusammengefügt. Als Gemälde hingen an der Wand herum Papierbogeu, auf welchen Biskuit, Anisschnittcheu, Pfeffernüsse, Honigkuchen, Zuckerbretzeln, Schokoladeküchleiu waren gebacken worden; auf dem Tisch stand als Lampe ein Pomadeglas voll feinem Dl, worauf ein brennender Mandelkern schwamm, und da neben stand ein Senftopf voll der schönsten Rosen als Blumen urne. Vor dem Fenster hing ein Eichhörnchen in einem Trillerhäuschen und ein Star, der sprechen konnte, in seinem Vogelbauer, und auch eine Wachtel in ihrem grünen Hans. An der Wand stand auf Gvldpapierbogen geschrieben: „Tempel der Liebe und Freundschaft, der Dankbarkeit und -Erinnerung geweiht!" und: „Ruheplätzchcn holder Schwärmerci und Lieblingsörtchen der Sehnsucht, wandle auf Rosen und Vergißmeinicht! Komanditchens-Ruh, Hüttchen für Komanditchen" und allerlei solche bedeutende Sprüche deut scher Licblingsdichter. Und was das Allerlustigste hier war, war ein kleines Loch int Boden des Fasses, welches hin unter in das Besuchziminer des Vaters ging, und durch welches man alles hören und sehen konnte, was da vorging. Der Kaufmann wußte gar nichts von diesem einzigen Faßkabinettchen. Der gute Ladenpeter, so hieß der Lehr junge, hatte für Komanditchen diesen reizenden Aufenthalt in seinen Feierstunden eingerichtet, aus Dankbarkeit, weil sie einstens ihm eine Tracht Schläge bei ihrem Vater ab gebeten, da er einem Landkrämer, der Syrup kaufte, diesen in ein Heringsfäßchen einpackte, wodurch er verdarb. Hessel, Lesebuch 5. 11. Hust.
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Hier pflegte Komanditchen, umgeben von den süßesten Wohlgerüchen, oft stundenlang mit ihrem Strickstrunipf ihrem lustigen Eichhorn zuzusehen und auf den Schlag ihrer Wachtel zu hören oder mit dem Star zu plaudern, welchem der gute Ladenpeter die artigsten Sprüche und Redensarten eingelehrt hatte, z. B.: „Komanditchen! Favoritchen! Biskuitchen! komm ins Hüttchen!" oder: „Arm und klein ist dieses Hüttchen, Aber Ruh und Einsamkeit Findet hier das Komanditchen An der Hand der Dcmkbarkeitl*
oder: „Der ich verbleibe bis an das Grab dero untertänigster Ladenpetcr." Auch sah sie hier beit Taubeu zu, wie sie in der Sonne auf dem Dach spielten, und den Katzen, wie sic auf die Tauben lauerten, und dem Rauch, wie er aus den Schloten in die Luft wirbelte. Kurz, wenn sie in ihrer Faßcinsiedelei saß, war sie ganz glücklich und vergnügt und hätte es nicht mit einem königlichen Palaste vertauscht.
In diesen Tempel der Erinnerung verschloß sich nun. Komanditchen und las die Geschichte des altdeutschen Spritz kuchens aus den Papieren einer perfekten Köchin mit der größten Begierde, weil ihr der Vater gesagt hatte, daß ihre verstorbene Mutter die perfekte Köchin gewesen sei. Und »oie schön muß die Geschichte gewesen sein: es kam eine alte böse Königin Waffeleisen drin vor und eine Prinzessin Marzi pan und ein Prinz Mandelwandel und viele andere schöne Sachen, die gar nicht zn beschreiben sind. Während nun Komanditchen ganz in ihrem Buch ver tieft saß, ging der Kaufmann in seinem braunen damastnen Schlafrock unten in seiner Stube auf und ab und spekulierte über alle Nachrichten, die er heute erhalten hatte. Komanditchen saß aber von nun an alle Tage einige Stunden in ihrer wohlriechenden Faßeinsiedelei und hatte das schöne Buch vom altdeutschen Spritzkuchen aus den Pa-
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Pieren der perfekten Köchin unter bittern Tränen der Er innerung an ihre gute Mutter beinahe auswendig gelernt. Einstens hörte sie durch das Loch im Faßbodeu, daß Be such unten im Zimmer sei, sie legte sich an die Erde und sah hinunter. Es war der alte Graf Vogelleiin und sein Sohn; sie warteten aus ihren Vater, und der Graf sagte zu seinem Sohn: „Du sollst dich nur wegen dem Gelde mit dem Fräulein Konlanditchen verbinden." Nun kam der Vater, und der Graf hielt um die Hand Komanditchens an. Das freute den Vater sehr, uud er ließ Komanditcheu rufen. Sie kam zu der Stube herein und sagte gleich zu ihrem Vater: „Ich mag beit Grafen Vogelleim nicht." Da machte der Gras seinen Diener und zog ab. Da küßte Komanditcheu ihrem Vater die Hand und ging wieder in ihre Einsiedelei. Noch sehr viele vornehme Herren kamen und baten um die Haud Komauditcheus: aber sie belauschte sie immer und sagte immer zu ihrem Vater: „Ich mag diesen und jenen nicht." Da sagte endlich der Vater ungeduldig: „Wenn dir keiner recht ist, so back dir einen!" Das zog sich Komanditchen zu Herzen und saß ganze Tage tiefsinnig in ihrem Faßkabinett und las in dem altdeutschen Spritzkuchen, worin der Prinz Mandelwandel ihr besonders wohlgefiel. Nun reiste ihr Vater einstens auf die Messe nach Leipzig und fragte Komanditchen, was er ihr mitbringen sollte. Da sagte sie: „Bringe mir ein silbernes Nudelbrett, eine gol dene Teigrolle, eine silbernen Mörser und einen goldenen Stößel, einen Sack voll von dem feinsten Warschauer Weizenmehl, 50 Eier von Perlhühnern und 50 Eier von Goldfasanen, 50 Pfund frische süße Mandeln, ein Fäßchen voll Rosenöl, ein Fäßchen voll Rosenwasser, ein Fäßchen voll Rosenhonig, ein Fäßchen voll Maibutter, zwei Pfund feine Vanille, eine Schachtel voll Zitronen, eine Schachtel voll verzuckerten Anis, eine Schachtel voll Muskatnüsse, eine Schachtel voll Gewürznägelcin, frische Feigen und Trauben rosinen, zwölf Pfund Gerstenzucker, zwölf Pfund Kakao10*
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bohnert und ein schönes indianisches Vogelnest." Der Vater wunderte sich über diese Bestellung, weil Komanditchen ihn aber sehr bat, so schrieb er sich alles in sein Büchelchen, versprach es ihr mitzubringen rrnd reiste ab.
Komanditchens Vater brachte ihr alles mit, was sie sich ausgebeten hatte: Kuchenbrett, Teigwalze und Mörser von Gold und Silber und das Warschauer Mehl und alle Ge würze und Süßigkeiten und Wohlgerüche.
Komanditchen trug vor allem Nudelbrett und Mörser in ihr Kabinetchen und nahm das Warschauer Mehl und die Fasanen- und die Perlhühnereier und die Maibutter und den Rosenhonig und alle die herrlichen Sachen und schürzte ihren seidenen Ärmel auf und knetete mit ihren weißen Hän den den allerköstlichsten Teig auf dem Nudelbrett zusammen, und in dem Mörser stieß, sie die Gewürze und Mandeln und knetete sie mit in den Teig. Als dieser unschätzbare Teig fertig war, fiel sie in ein tiefes Nachdenken und sah den Teig an, wie ein Bildhauer den Ton, aus welchem er eine herrliche Bildsäule gestalten will. In dem Buche ihrer Mutter, genannt „der altdeutsche Spritz kuchen aus den Papieren einer perfekten Köchin" war die Gestalt des sehr angenehmen, sanften, schönen und tugend haften Prinzen Mandelwandels beschrieben, welcher Koman ditchen immer vor Augen schwebte, und weil ihr der Vater
gesagt hatte: „Wenn dir kein Bräutigam recht ist, so back dir einen!" so fing sie nun an, mit großer Aufmerksamkeit und Liebe zur Sache und mit außerordentlicher Geschicklichkeit aus dem Teige sich diesen Prinzen Mandelwandel zu kneten, während welcher ganzen Arbeit sie ununterbrochen folgen des Lied sang: Einen Teig will ich mir rollen, Ganz nach meinem eignen Sinn, Daß gleich alle merken sollen. Daß ich in der Küch die Tochter Der perfekten Köchin bin.
Rein die Hände, blank die Schürze, Unterm Häubchen fest das Haar, Knet ich in den Teig die Würze Stelle mich so ganz als Tochter Der perfekten Köchin dar.
Brentano. AuS dem edelsten der Teige Knet ich einen Zuckermann, Der den stolzen Herren zeige, Daß man fechten für die Tochter Der perfekten Köchin kann.
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Mandelzahn im Himbeer munde, Augen von Wachholderbeer: Denn daS Süße und Gesunde Liebt im Angesicht die Tochter Der perfekten Köchin sehr.
Der Dichter Brentano hat das Märchen von Komanditchen nicht zu Ende erzählt; es ist und bleibt also ein Bruchstück, so daß jeder, der es liest, ganz nach Gutdünken sich einen Schluß selbst ausdenken darf. Vielleicht ist der gebackene Bräutigam durch eine gute Fee in einen lebendigen Bräutigam verwandelt worden, und Komanditchen ist dann Prinzessin Mandelwändel geworden.
Gottfried August Bürger. 112. Abenteuer des Baron Münchhausen. 1. Abenteuer in Rußland.
Ich trat meine Reise nach Rußland mitten im Winter an, weil ich ganz richtig schloß, daß Frost und Schnee die Wege durch die nördlichen Gegenden von Deutschland, Polen, Kur- und Livland ausbessern müßte. Ich reiste zn Pferde, welches, wenn es sonst nur gut um Gaul und Reiter steht, die beauemste Art zu reifen iü. Ich ritt, bis Nacht und Dunkelheit mich überfielen. Nirgends war ein Dorf zu hören, noch zu sehen. Das ganze Land lag unter Schnee, und ich wußte weder Weg noch Steg. Des Reitens Urüde, stieg ich endlich ab und band mein Pferd an eine Art von spitzem Baumstaken, der über dem Schnee hervorragte. Zur Sicherheit nahm ich meine Pistolen unter den Arm, legte mich nicht weit davon in den Schnee nieder und tat ein so gesundes Schläfchen, daß mir die Augen nicht eher wieder aufgingen, als bis es heller, lichter Tag war. Wie groß war aber mein Erstaunen, als ich fand, daß ich mitten in einem Dorfe auf dem Kirchhofe lag! Mein Pferd war anfänglich nirgends zu sehen; doch hörte ich's bald darauf irgendwo über mir wiehern. Als ich nun emporsah.
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so wurde ich gewahr, daß es an den Wetterhahn des Kirch turms gebunden war und von da herunterhing. Nun wußte ich sogleich, wie ich dran war. Das Dorf war nämlich die Nacht über ganz zugeschneit gewesen; das Wetter hatte sich auf einmal umgesetzt; ich war im Schlaf nach und nach, sowie der Schnee zusammengeschmolzen war, ganz sanft herab gesunken; und was ich in der Dunkelheit für den Stumpf eines Bäumchens, der über dem Schnee hervoragtc, ge halten und daran mein Pferd gebunden hatte, das war das Kreuz oder der Wetterhahn des Kirchturmes gewesen. Ohne inich nun lange zu bedenken, nahm ich eine von meinen Pistolen, schoß nach dem Halfter, kam glücklich auf die Art wieder zu meinem Pferde und verfolgte meine Reise.
2. Einige Jagdstücklein. Ich jagte einmal zwei ganzer Tage hinter einem Hasen her. Mein Hund brachte ihn immer wieder herum, aber nie konnte ich ihn zum Schusse bekommen. An Hexerei zu glauben, ist meine Sache nie gewesen, dazu habe ich zu außerordentliche Dinge erlebt, allein hier war ich doch mit meinen fünf Sinnen am Ende. Endlich kam mir aber der Hase so nahe, daß ich ihn mit meinem Gewehr erreichen konnte. Er stürzte nieder, und was meinen Sie, was ich nun fand? Vier Läufe hatte mein Hase unter dem Leibe und vier auf dem Rücken. Waren die zwei untern Paare müde, so warf er sich wie ein geschickter Schwimmer, der auf Bauch und Rücken schwimmen kann, herum, und nun ging es mit den beiden neuen wieder mit verstärkter Geschwindigkeit fort. Nie habe ich nachher einen Hasen von der Art gefunden, und auch diesen würde ich nicht bekommen haben, wenn mein Hund nicht so ungemeine Vollkommenheiten gehabt hätte. Dieser aber übertraf sein ganzes Geschlecht so sehr, daß ich kein Bedenken tragen würde, ihm den Beinamen des ein zigen beizulegen, wenn nicht ein Windspiel, das ich hatte, ihm diese Ehre streitig machte. Dies Tierchen war minder
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wegen seiner Gestalt, als wegen seiner außerordentlichen Schnelligkeit merkwürdig. Hätten die Herren es gesehen, so würden sie es gewiß bewundert und sich gar nicht ver wundert haben, daß ich es so lieb hatte und so ost mit ihm jagte. Es lief so schnell, so oft und so lange in meinem, Dienste, daß es sich die Beine ganz bis dicht unterin Leibe weglief und ich es in seiner letzten Lebenszeit nur noch als Dachssucher gebrauchen konnte, in welcher Eigenschaft es mir denn ebenfalls noch manch liebes Jahr diente. 3. Wie Münchhausen springen konnte.
So leicht und fertig ich im Springen >var, so war es auch nteiit Pferd. Weder Gräben noch Zäune hielten niich jemals ab, überall den geradesten Weg zu reiten. Einst setzte ich hinter einem Hasen her, der querfeldein über die Heer straße lief. Eine Kutsche mit zwei schönen Damen fuhr diese» Weg gerade zwischen mir und dem Hasen vorbei. Mein Gaul setzte so schnell und ohne Anstoß mitten durch die Kutsche hindurch, deren Fenster aufgezogen waren, daß ich kaum Zeit hatte, meinen Hut abzuziehen und die Damen wegen dieser Freiheit untertänigst um Verzeihung zu bitten. Ein anderes Mal wollte ich über einen Morast setzen, der mir anfänglich nicht so breit vorkam, als ich ihn fand, da ich mitten im Sprunge war. Schwebend in der Luft wendete ich daher wieder um, wo ich hergekommen war, um einen größeren Anlauf zu nehmen. Gleichwohl sprang ich zum zweitenmale noch zu kurz und fiel nicht weit vom andern Ufer bis an den Hals in den Morast. Hier hätte ich unfehlbar um kommen müssen, wenn nicht die Stärke meines eigenen Armes mich an meinem eigenen Haarzopfe, samt dem Pferde, welches ich fest zwischen meine Kniee schloß, wieder herausgezogen Hätte.
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Karl Heinrich Caspari. 113. Das Alter soll man ehren! Bei den Spartanern wurde das Alter sehr geehrt. Bei den Volksfesten, den olympischen Spielen, pflegten sich alle Stämme der Griechen einzufinden. Als schon alle Plätze besetzt waren, kam noch ein alter Mann. Derselbe ging lange umher bei Jungen und Alten, aber niemand zeigte sich be reit, ihm einen Platz einzuräumen. Als er an den Ort kam, wo die Spartaner saßen, standen sogleich alle jungen Leute ehrerbietig auf. Darüber entstand bei den Athenern all gemeines Beifallrufen. Da sagte der Alte: „Die Athener wissen, was gut ist, die Spartaner tun es."
114. Die Fabel vom Magen und den Gliedern. Vor Zeiten lehnten die Bürger von Rom sich wider den Rat auf und machten einen großen Aufruhr, in Meinung, es wäre unrecht, daß sie sich's müßten lassen in ihrer Arbeit so sauer werden, und was sie mit ihren Händen verdienten, müßten sie dem Rat geben und ihn daniit nach seinem Be lieben handeln lassen, zogen deswegen zur Stadt hinaus auf einen Berg und entschlossen sich, dein Rat nichts mehr zu geben, auch nicht mehr zu arbeiten. Da ging ein feiner, ver ständiger Mann, Menenius Agrippa genannt, zu ihnen hinaus und erzählte ihnen ein solches Gleichnis: Die Glieder des menschlichen Leibes wären einmal un willig geworden und hätten sich wider den Magen aufge lehnt; sie müßten immer arbeiten und das Ihre tun, die Füße müßten laufen, die Augen umhersehen, die Hände geschäftig sein, die Zähne müßten kauen u. s. w., und das käme alles dem Magen zum besten, der dürfte nichts tun als nur annehmen und verzehren, was sie ihm vorarbeiteten. Deswegen wären die Glieder eins geworden, cs sollte keins von ihnen mehr etwas tun, die Füße sollten nicht mehr laufen, die Augen nicht mehr umhersehen, die Hände nicht mehr geschäftig sein, die Zähne nicht mehr kauen, damit der
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Magen einmal sehe und spüre, daß es nicht allein an i,hm ge legen wäre. Als sie nun dieses etliche Tage ins Werk gesetzt, waren die Füße schwach, die Augen trüb, die Hände laß und der ganze Leib kraftlos geworden, weil der Magen keine Speise mehr konnte bereiten und sie den Gliedern mitteilen. Da mußten sie nun ihre Unbesonnenheit erkennen und ge stehen, es sei nicht an dem, daß nur die Glieder dem Magen dieneten, sondern es diene auch der Magen hinwiederum den Gliedern. Mit diesem Gleichnis brachte Agrippa die römischen Bürger zu andern Gedanken, daß sie wieder heim kehrten und das Ihre taten.
Max Eschner. 115. Die Papierbereitrmg. Das erste Volk, das Papier gefertigt hat, waren die Ägypter. Sie haben dem Papier seinen Namen gegeben. Schon im vierten Jahrtausend vor Christi Geburt kannten sie es. Sie verwendeten dazu den Bast der Papyrusstaude, die auch Papier-Cypergras heißt. Der Stengel dieser Staude ist ein markiger Halm, der bis zu drei Meter hoch wird. Die Staude wuchs in ungeheueren Mengen an seichten Ufern des Nils. Die Ägypter zupften die Bast streifen vom Stengel und breiteten sie nebeneinander aus. Auf die untere Schicht legten sie kreuzweise eine zweite Schicht dieser Streifen. Das Ganze feuchteten sie mit Nil wasser an, dem ein Klebstoff beigemengt war. So hasteten die Streifen zu einer Fläche zusammen, die man mit einem Tierzahne, mit Elfenbein oder einer Muschelschale glättete. Auf diesen Stoff ließ sich schreiben. Den Papyrus oder das Papier konnte man in beliebiger Länge herstellen. Man faltete ihn aber nicht, wie wir es heutzutage mit den Papierbogen machen, sondern man rollte ihn zusam men wie ein Stück Tuch oder Leinwand. Die Ägypter verkauften die Papyrusrollen auch an die benachbarten.
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Eschner.
Völker, so an die Griechen und Römer. Die Griechen nannten den Papyrus „Byblos", woraus das Wort Bibel entstanden ist; und die Römer nannten ihn „Charta"; da her stammt unser Wort Karte. Auch an den König von Pergamon, einem großen und reichen Bücherliebhaber, verkanften sie Papyrus. Und der verbrauchte viel; denn er hatte in seiner Hauptstadt eine Bibliothek angelegt, die bereits 200 000 Bücherrollen zählte. Darüber wurden, wie es heißt, die Ägypter neidisch, und sie verboten, in der Furcht, daß die Bibliothek zu Pergamon ihrer berühmten Bibliothek zu Alexandrien mit 400 000 Büchern glcichkommen könne, die Ausfuhr von Papyrus nach Pergamon. Da die Not erfinderisch macht, soll der König dieser Stadt als Ersatz das Pergament erfunden haben. Wahrscheinlich aber hat er es nur bedeutend verbessert. Man fertigt es aus Tierhäuten. Aber auch die Ägypter gerieten in große Verlegenheit, denn die Papyruspslanzungen wurden immer kleiner, und tut fünften Jahrhundert nach Christi Geburt war die Pflanze beinahe ausgcrottet. Je seltener sie wurde, desto höher stieg der Preis des Papiers, und man mußte zu Verslichen mit anderen Pflanzenfasern schreiten. An leitung dazu hätten die Chinesen schon lange geben können, meint sie in Verkehr mit anderen Völkern gestanden hätten. Sie wußten schon etwa zwei Jahrtausende vor Christi Ge burt aus Baumwolle Papier herzustellen. Aber erst im Jahre 123 vor Christi Geburt lernten die Araber in der großen Handelsstadt Samarkand in der Bucharei dieses baumwollene Papier der Chinesen und dessen Herstellung kennen. Sie verbreiteten es in den Ländern am Mittel meere und errichteten besonders in Spanien viele Papier mühlen. Durch die Kreuzzüge kam die Kenntnis der Papierfabrikation auch zu uns nach Deutschland, und in Ravensburg soll im Jahre 1270 von einem Manne namens Holbein die erste Papiermühle in unserem Vaterlande ge baut worden sein. Nun wächst aber doch bei uns keine Baumwolle, und das Herbeischaffen derselben aus südlichen
Eschner.
Fischer.
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Ländern über die Alpen war schwierig, kostspielig und zeit raubend. War es da ein Wunder, wenn die Deutschen andere Pflanzenfasern probeweise zu Papier verarbeiteten, bis sie dessen Herstellung aus den Fasern des Flachses und des Hanfes erfanden? Bald kam man auch dahinter, daß es nicht nötig sei, die neuen, noch nicht verwendeten Fasern zu benutzen, sondern daß man die versponnenen und verwebten und als Webstoffe unbrauchbar geworde nen, also alle alten Lumpen verarbeiten könnte und mit ihnen sogar ein besseres Papier erzielte. Was die wichtige Erfindung des Linnenpapiers betrifft, so kann mit Be stimmtheit nur gesagt werden, daß bereits 1320 eine Lin nenpapiermühle bei Mainz, 1347 eine bei München und 1398 eine in Nürnberg an Flußufern standen, denen bald mehrere nachfolgten. Der Betrieb dieser Mühlen blieb auf die Erzeugung von Handpapier beschränkt, bis 1799 die Papiermaschine erfunden wurde. Heute gibt es in Deutsch land nur noch etwa 100 Papiermühlen, dagegen etwa 1200 Papierfabriken, in denen gegen 120000 Menschen ihr Brot verdienen.
Wilhelm Fischer. 116. Zachur mit dem Sacke. Ein allegorisches Märchen. Über den volkreichen Bazar von Bagdad wandelte lang sam ein stattlicher Mann, der auf seiner linken Seite an einem starken Tragriemen einen unscheibar grauen Sack trug und einen wohlgefüllten Lederbeutel auf der rechten. Vor dem Gewölbe eines Zeughändlers blieb er stehen und handelte den größten und weichsten bunten Teppich ein. Der Kaufmann wunderte sich im stillen, den reichgekleideten Fremdling ganz ohne Begleitung zu sehen, und sprach höf lich: „Herr, deine Sklaven sind nicht zur Hand; ich will dir einen meiner Burschen mitgeben, der die Bürde trage." — „Unnötig!" sagte der Käufer, indem er ihm den Preis in
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Fischer.
funkelnden Goldstücken aufzählte. Behend ergriff er die un geheure Nolle und schob sie langsam, aber sicher in den Sack hinein. Dann schritt er ruhig weiter. Seine Kauflust schien nun erst recht erwacht zu sein. Zwölf Kristallflaschen mit Rosenöl von Schiras wanderten in den Sack, und un besorgt warf er ihnen ein zierlich mit Kupfer beschlagenes Kästchen von Ebenholz nach. Er machte Aufsehen trotz des Marktgewühls, und schon längst war ihm ein vornehm blicken der Mann beobachtend gefolgt, ohne indes bis dahin ein Wort an ihn zu richten. Als er aber jetzt auf die Mitte des Bazars gelangt war, wo die besten und kostbarsten Waren feilstehen, und rechts und links die verschiedensten Dinge er faßte und unermüdlich in den alles verschlingenden Sack hineinschob: Perlen und Ballen von Seidenstoff, Datteln und Ringe, Sättel und Diamanten, da konnte sich der Kalif — denn kein geringerer war's, der ihm folgte — nicht länger halten und sprach: „Viel der Wunder hab ich gesehen, o Fremdling, und beim Barte des Propheten! bu bist das kleinste nicht. Hat dein Beutel keinen Boden und dein Sack keinen Grund? Wie kannst du nur eins der tausend Dinge wiederfinden, die du ohne Ordnung unaufhörlich hinein stopfst? Und sage mir, wie soll's den armen zarten Perlen, die mir zu teuer waren — denn sonst hätte ich sie für Zuleika gekauft — unter den Tonnen und Kisten ergehen?" Zachur, so hieß der Fremde, legte die Arme krcuzweis über die Brust und beugte sich tief. ,,Beherrscher der Gläubigen!" sprach er, „denn umsonst verbirgst du deine edle Gestalt unter einem schlichten Kleid; ich habe dein Bildnis auch in meinem Sack und erkenne dich sofort; Allah ist groß, und seine Gaben sind wunderbar. Du sorgst um die lieblichen Töchter der Muschel? Sieh her!" Er fuhr behend mit der Rechten in den Sack und holte unversehrt die Doppelreihe großer milchweißer Perlen hervor, die er ehrerbietig dem Kalifen darbot. „Erzeige mir die Gnade und nimm diese Schnur an! laß deine schönste Sklavin sie tragen, ich werde nicht ärmer darum."
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Der Kalif war erstaunt über Zachurs Geschick, er freut über das Geschenk und die Rede und begierig, noch mehr zu erfahren. „Dann wollen wir uns niedersetzen dort auf den breiten Marmorplatten am Fuße des plätschernden Brunnens!" sagte Zachur, und schon hatte er den weichen Teppich ausgebreitet. Sie hockten sich hin mit unterge schlagenen Beinen, und er begann seine Erzählung: „Ich bin eines armen Mannes Sohn, o Herr, und schien zur Armut bestimmt. Aber an meiner Wiege stand eine gütige Fee und legte diesen Sack und diesen Beutel darauf. Wachse, Zachur, sprach sie, und schau dich um in der Welt! was dir gefällt, das kaufe! bezahl es aus diesem Beutel, der nicht leer wird, und verwahr es in diesem Sacke, der nicht voll wird! doch packe Kostbares bedächtig ein — du trägst dich nicht müde daran! Sie hat mehr gehalten, als sie versprach; alles, was ich jemals besessen und ge liebt, ist in diesem Sacke, unverlierbar und jederzeit zur Hand. Willst du das erste Schwert sehen, das mein Vater mich zu schwingen lehrte? Sieh her! — er holte es hurtig tief vom Grunde hervor — noch glänzt die krumme Klinge, wie am ersten Tage, und erfreut mein altes Herz. Willst du den Koran sehen, in dem der fromme Scheich Abdallah mich unterwies? Sieh, toie frisch die zierlichen Purpnrbuchstaben und die grüngoldigen Arabesken noch leuchten! Willst du das Lied hören, das mein Weib als Braut mir sang? — aber leise! wir sind auf denk Bazar." Ein schmelzender Wohllaut quoll wunder sam aus der Tiefe auf, wie aus weiter Ferne, uud verhallte nur zu schnell. „Wunderbar, höchst wunderbar!" sagte der Kalif, „aber erzähle weiter, Freund!"
„Des einzelnen würde zu viel, und das ganze ist bald gesagt," erwiderte Zachur. „Du hast dich heute über meine Eile beim Kaufen gewundert, da hättest du mich erst in meinen jungen Tagen sehen sollen! Als die Welt noch so hell und so sonnig vor meinen großen Augen lag, als tausend und aber tausend Dinge mich reizten, da kam meine
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Hand fast nicht aus dem Beutel und dem Sacke heraus. Ich machte weite Reisen, und was mir gefiel, das kaufte ich und steckte es vergnügt in den allumfassenden Sack. Ja, selbst ohne mein Zutun füllte er sich; grünschillernde Vögel flogen, weißschimmernde Blüten schneiten in den offenen hinein. Zuweilen überschlich mich ein Gefühl der Sättigung und des Übermutes, und ich ging ungerührt am Schönsten vorbei, weil ich schon solch eine Fülle des Schönen besaß. Die Gelegenheit kommt schon wieder! dachte ich. Aber sie kam nicht wieder, und manche Versäumnis reut mich jetzt. Ich hätte einst Kohinur kaufen können, den Berg des Lichts, gegen den alle meine anderen Diamanten schlechte Kiesel sind. Ich hätte die blaue Wunderblume erhalten können, das Meisterwerk der Natur; sie duftete lieblicher, als alle Wohl gerüche Arabiens, und wenn der leichte Wind sie rührte, so klang und läutete es wie die herrlichste Musik. Ich hätte ein ganzes Königreich erwerben können fern in Hindostan hinter den Schneebergen, und zweimal bin ich umgekehrt und habe es lvieder gesucht. Aber ich finde den Weg nicht mehr. Das macht mir nun wohl Kummer in einer schlaflosen Nacht. Doch dann tröste ich mich des Vielen, das ich besitze, und hole aus meinem Sacke altes und neues hervor, je nad> Wunsch und Neigung. Auch ist die Welt noch groß unb Zachur noch kein Greis, ich kann noch vieles kaufen, und manchmal regt sich gewaltig die alte Lust. So heut, als ich in deine herrliche Stadt kam, o Herr, und Allah für die Gnade pries, die er dem Menschen gegeben hat, daß er aus der schmutzigen Wolle des Schafes den farbenglühenden. Teppich wirkt, auf dem wir sitzen, daß er aus den Tiefen der Erde das Gold, aus den Tiefen des Meeres die Perlen holt. Und wacker habe ich zugegriffen, bis das Auge deiner Gnade mich traf, o Herr, und mir etwas zuteil werden ließ, das um Gold und Silber nicht käuflich ist: die Ehre und Wonne deiner Gegenwart."
„Wohl gesprochen!" entgegnete der Kalif vergnügt, „man sieht, daß du an Höfen gewesen bist, Freund Zachur..
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Aber eins, eh ich's wieder vergesse über all dem Staunens werten: der Prophet hat zwar verboten, ein Bildnis des Menschen, des Ebenbildes Allahs, zu machen; aber da du doch das meinige einmal besitzest, von irgend einem Un gläubigen gefertigt — ich begreife zwar nicht, wie er Zeit und Gelegenheit dazu gefunden hat..." — „Sie malen geschwind," fiel Zachur ein, „und sind zu allen bösen Künsten schnell." — „Wahr, sehr wahr!" sprach der Kalif nnd strich sich nachdenklich den Bart, „doch was ich sagen wollte: ich möchte das Ding wohl einmal sehen!" — „Dein Wunsch ist mir Befehl," erwiderte Zachur und kramte geschäftig int Sacke. Aber eine Zeitlang vergeblich. „Nun," rief der Kalif, die Stirne runzelnd, „reut dich dein Versprechen oder . . .?" — „Hier ist es, Herr!" sagte Zachur, und der Zorn des Herrschers verschwand vor der Neugierde, mit welcher er das kleine, mattglänzende Bild musterte. „Ich bin's und bin's doch wieder nicht," sprach er kopfschüttelnd, „mein Fes ist's und die Stickerei, aber wo sind die bräunlichen Wangen, wo des Auges Glanz, wo die Farbe? Und das Ding ist geborsten! ein Riß läuft quer durch und trennt die Füße meines Rosses vom Rumpf. Du kannst also doch die Sachen in deinem Sack nicht unbeschädigt erhalten, du findest sie auch nicht immer gleich int Augenblick; gesteh, du hast auch schon einige ganz verloren." — „Ich bin eines armen Mannes Sohn", antwortete Zachur errötend, „aber zweierlei habe ich schon als Knabe gelernt: die Waffen führen und die Wahrheit sagen. Verzeih, o Herr, daß ich sie soeben unbedachtsam verletzte. Ja, ich hab das ein und andere ver loren, und wenn ich mich vorhin berühmte, noch alles in meinem Sacke zu haben, so habe ich mich einer Übertreibung schuldig gemacht, wie's uns Menschen gewöhnlich beim Ge brauche der beiden Wörtchen alles und nichts ergeht. Ich hätte: das meiste sagen sollen. Doch war der Verlust vielfach meine eigene Schuld. Zuweilen hab ich in der Jugendhitze allzuschnell und eifrig eingepackt, da quoll, während ich ein folgendes nachschob, das schlechtversorgte
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Vorige wieder heraus, oder es wurde zerdrückt, anderes liegt auch wohl noch tief unten in einer Falte, aber ich kann's nicht beliebig hervorholen. Stoße ich jedoch einmal zu fällig darauf, dann freite ich mich des wiedergefundenen und staue es für die Zukunft an den rechten Ort. Den größten Ärger und Verlust aber erlitt ich in Frankistan. Dort sind die Händler auf den Märkten nicht so würdevoll, wie die Kaufleute hier, die den Mund nur öffnen, um einsilbig den festen Preis zu sagen, und keine Miene verziehen, wenn der Kunde ungekaufter Sache weiter geht. Nein, dort preisen viele ihren Trödel aufs unver schämteste an, um so mehr, je schlechter er ist. Da hab ich mir manch wertlos Stück für schweres Geld aufschwätzen lassen, das meiste aber nur lose zwischen Sack und Kaftan gesteckt, so daß es bei der ersten Regung wieder in den Kot fiel, wohin es gehörte. Fiele nur auch anderes hinein oder ins Meer, wo es am tiefsten ist! aber ich soll's wohl mit mir schleppen müssen mein lebenlang." — „Wovon redest du?" fragte lebhaft der Kalif, „hast du auch häßliche Dinge in deinem Sack?" — „Ich habe den Stein noch drin, den ich im Zorn nach einem armen Hunde warf," sagte Zachur traurig, „und das Tier war mager und matt und siel nieder und sah mich an und starb. Und einen Dolch hab ich drin, mit dem Blute meines Herzfreundes gefärbt — doch es war nicht zum Tode, gelobt sei Allah!" In diesem Augenblicke flog ein goldstrotzender Wagen über den Platz, mit vier Berberrossen bespannt, und hielt am Brunnen. Zachurs Traurigkeit war verschwunden. „Wem gehört diese Pracht?" fragte er mit funkelnden Augen. „Doch wie kann ich fragen? Wem anders als dir! O, daß dies Gespann feil wäre!" — „Fürsten handeln nicht," sagte der Kalif, „aber du hast mir ein kostbares Geschenk gemacht, Freund Zachur, und was mehr ist, eine angenehme Stunde: nimm hin, was dir so sehr gefällt!"
Zachur kreuzte die Arme über die Brust, neigte sich tief und erwiderte: „Deine Gnade ist Tau auf dürres Land.
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Aber Roß unb Wagen, so blink und blank, sollen nicht durch den Staub der Vorstädte ziehen." Damit schob er alles ruhig in den Sack hinein, neigte sich nochmals bis zur Erde und schritt dann leicht und aufrecht dem Tore zu. Der Kalif sah ihm kopfschüttelnd nach, ging sinnend heim und hängte Zuleika die doppelte Perlenschnur um. Dann ließ er seinen Geheimschreiber rufen und sprach: „Nimm eine Schwanenfeder und ein Blatt des feinsten Perga mentes, und schreibe zierlich nieder, was ich dir sagen werde: Die Geschichte Zachurs mit dem Sacke!"
Kurt Flöricke. 117. Wie die Feuersalamander ins Winter quartier ziehen. Spätherbst! Das Laub beginnt bereits stärker zu fallen, schon sind verschiedene Reifschauer über die Fluren uiedergegangen, aber immer noch fehlte ein langer, an dauernder Frost. Sank auch die Temperatur an einzelnen Tagen ziemlich erheblich unter Null, so bescherte die sieg reiche Sonne doch immer wieder warme Stunden; kein Wunder, daß unter solchen Umständen diejenigen Tiere, die sich vor den Unbilden des Winters in die finstere Erde verkriechen müssen, den Bezug ihrer Winterwohnungeu möglichst lange hinausschoben. Da tritt auf einmal ohne jeden Übergang ein stärkerer Frost eilt, der den ganzen Tag über anhält. Schon in der folgenden Nacht rückt der Vortrupp der Salamander heran; eine Wegböschung in einer Gesamtlänge von einigen hundert Metern an einem Südhang im Keuper mit über hangenden Wurzeln und Felsritzen bildet das Ziel. Am folgenden Morgen ist von den Salamandern wenig zu sehen: einige Tiere, die sich bei unserm Nahen eiligst in ihre Löcher zurückziehen, verraten den begonnenen Einzug. Die folgende Nacht führt neue und größere Scharen heran, die am Boden hinterlassenen Spuren weisen beut» «esset, Lesebuch 5. 11. Ausl M. 11
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lich darauf hin, auch strecken allenthalben die Salamander ihre Köpfe aus dem Eingang heraus, um sich zu sonnen, und da und dort suchen noch einige nach einer passendeil Unterkunft.
Jetzt folgt wieder eine mehrtägige Kälteperiode und dann ein kräftiger Regen. Die Wirkung auf die Sala mander ist außerordentlich. Die erste Zuwanderung scheint unter der Einwirkung des plötzlichen Frostes fluchtartig geschehen zu sein, und die Salamander mochten zuerst über haupt nur auf den Unterschlupf Bedacht genomnien haben: infolge des starken Regens erweisen sich jedoch ihre meisten Verstecke als ungeeignet. Schleunigst werden daher diese Schlupfwinkel verlassen, und alles strebt einem geschütztereil Ziele zu. Hierbei ivird besonders ein Platz stark bevorzugt: unter übcrhängenden Steinen und Wurzeln führen ilahe beieinander drei Eingänge zwischen Steinen in die Erde, gerade weit genug, um einem Tiere Raum zum Hinein kriechen zu gewähren.
Schon bei der ersten Zuwanderung waren die Salamauver auffallend zahlreich herbeigezogen, aber jetzt ver mögen die Löcher die Neuankömmlinge überhaupt nicht mehr ganz zu fassen. Zu wirren Klumpen geballt, drehen sich die Tiere vor den Eingängen durch- und übereinander, einzelne sind kaum zu unterscheiden, allenthalben sieht mail nur Füße, verdrehte Leiber und Schwänze, ein eigenartiger Farbenwirrwarr von Tintenschwarz und allen niöglichen Schattierungen in Gelb. Hier scheinen die Tiere ihre sonstige Scheu vergessen zu haben, fortwährend wogen und wirbeln die Knäuel durcheinander. Von Zeit zu Zeit beult sich ein Knäuel nach einer Seite hin immer mehr aus, bis das Gleichgewicht und der innere Zusammenhang ver loren geht und alles übereinander purzelt. Einige Augen blicke überraschtes Stillehalten, dann entschwindet ein Teil, um sich von den vergeblichen Anstrengungen zu erholen oder anderswo eine bessere Gelegenheit zum Einkriechen zu suchen. Die Zurückbleibenden aber beginnen das Rennen
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von neuem, und frische Ankömmlinge gesellen sich dazu. So geht das fort tagelang. Die Zahl der vor den Ein gängen sich herumquälenden Salamander zu bestimmen, ist ganz unmöglich, doch mögen an bem geschilderten Haupt sammelplatz in den ersten Tagen je etwa 200 Stück ver sammelt gewesen sein. Sehr ausfallend ist die Gleichmäßigkeit, mit der die Vorgänge in den beiden Beobachtungsjahren (1907 und 1908) sich abspielten. Fortwährend kommt noch neuer Zu zug, von überall her vernimmt das lauschende Ohr ein leises Rascheln im trockenen Laub, langsam und vorsichtig rücken die Salamander heran. Die Marschrichtung aller weist auf dasselbe Ziel, und in der Nähe des Hauptsamnielplatzes sind sogar, ähnlich dem Wechsel bei unserem Wild, gewisse Straßen zu unterscheiden, auf denen infolge der häufigen Benutzung kein Laub liegt. Der Hauptplatz selbst läßt sich seinem äußeren Ansehen nach ganz gut mit einem Fuchsbau in verkleinertem Maßstabe vergleichen. Allmählich nehmen die Knäuel wieder ab, einige Tiere finden noch im Innern einen Platz, der Rest aber sucht sich, des aussichtslosen Rennens müde, anderswo ein Un
terkommen, gezwungen durch die immer stärker werden den Fröste, welche die noch im Freien befindlichen Tiere oft bis zur Unbeweglichkeit erstarren lassen. Nachdem so der ganze Vorgang weit über einen Monat gedauert hat, ist schließlich auch der letzte Nachzügler zu einem Unter schlupf gekommen und im Freien kein einziger Salaman der mehr sichtbar; nur der zertretene, von Laub entblößte Boden deutet darauf hin, welches Leben und welche Betvegung hier vor kurzem geherrscht haben. An einzelnen lvarmen Nachmittagen begibt sich auch wohl noch der eine oder andere Salamander unter den Eingang und schaut vorsichtig nach dem Wetter aus, bis endlich die Herrschaft des Winters auch dieses verhindert und erst der Odem des erwachenden Frühlings das schlummernde Leben wie
der aus der Erde erweckt. ll*
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Raoul France. 118. Der Segen des Waldes. Unermeßlich ist der Segen des Waldes für ein Land und Volk, das ihn ehrt und pflegt. An der See bindet er die Dünen, auf den Ebenen den Flugsand. Sümpfe trocknet er aus, und Heiden macht er fruchtbar. In den Bergen erhält er den Reichtum der Quellen und mildert die zer störende Kraft der Wolkenbrüche und Gewitterregen, die in unbewaldeten Tälern als verheerende Sturzbäche Ver derben über Verderben mit sich bringen. Wald ist der beste Schutzdamm gegen Hochwasser. Daß unsere Heimat ein milder, fruchtbarer Garten ist, verdanken wir wahrlich nicht zuletzt den Bäumen und dem schwarzblauen Band der Wälder, die zum Glück zur Staffage fast jeder deutschen Landschaft gehören. Wir können es gar nicht ermessen, welches Unglück es bedeuten würde, wenn unserem Lande dasselbe Schick sal widerführe, das einst Frankreich verschuldete, als es nach seiner großen Revolution säst waldlos dastand. Drei Millionen Hektar Wald ließ eine wahnwitzige Spekulanten schar damals fällen und schädigte damit das Land so, daß es noch heute, nach mehr denn hundert Jahren, jährlich für hundert Millionen Franken Holz vom Ausland kaufen muß und anderthalb so viel ausgab, um in dem fran zösischen Teil der Alpen wenigstens das Ärgste an den Strafen gutzumachen, mit denen die Natur Waldfrevel ahndet. Aus die Sünde wider die Natur ist Todesstrafe ge setzt. Die Landschaft erstarrt, wo man sie ihres schönsten Schinuckes freventlich beraubt. Der Süden Europas ist ein warnendes Beispiel für jene, die nicht daran glauben wollen, daß die Natur strafen kann. In den südlichen Alpen begann dieses Sühnegericht erst vor wenigen Jahr hunderten; die leblosen Einöden Syriens und der griechi-
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stiften Berge beweisen, daß ost Jahrtausende nicht mehr gutmachen können, was ein Geschlecht versündigt hat.
Die Erfahrungen an den entwaldeten Abhängen der provenzalischen Berge haben erst in den letzten Jahrzehn ten das Schulbeispiel geliefert, wie sich Entwaldung der Gebirge rächt. So verstehen wir, warum in Südtirol, in der Südschweiz, auf dem Apennin Gegenden von einst sprichwörtlicher Üppigkeit steinige Wüsten geworden sind.
Der französische Bericht über den Zustand der Alpen der Provence, die man durch systematische Entwaldung zu grunde gerichtet hat, gibt mit trocken einfachen Worten ein erschütternd anschauliches Bild davon. Er sagt: Mau kann sich in unseren gemäßigten Gegenden gar keinen Be griff von diesen brennenden Bergschluchten machen, wo es nicht einmal einen Busch gibt, um einen Bogel zu schützen, wo der Reisende nur da und dort einen ausgetrockneten Lavendelstengel findet, wo alle Quellen versiegt sind, wo ein düsteres, kaum vom Gebrumm der Insekten unter brochenes Schweigen herrscht. Aber da bricht plötzlich in der Schwüle ein Gewitter los; dann wälzen sich in einem Nu in diesen geborstenen Becken von der Höhe der Berge Wassermassen herab, die verwüsten, ohne zu befeuchten, die überschwemmen, ohne zu erfrischen, und die den Boden durch ihre rasch vorübergehende Erscheinung noch öder machen, als er durch ihr Ausbleiben war. Der Mensch zieht sich notgedrungen aus diesen schauerlichen Einöden zurück, und die Ortschaften werden verlassen.
119. Im Auwald der Donauinseln bei Wien. Wo glückliche Verhältnisse freie Entfaltung aller Kräfte gewährleisten, etwa im sumpfenden Auwald der Donau inseln oder in den ungepflegten Laubwäldern der Süd ostgrenzen Europas, da schafft die Natur ein farbensprühen des Gemälde, ein Paradies der Üppigkeit, wie sich das der gesittete Deutsche, gewöhnt, im Walde auf reinlichem Pfad
unter zierlich sich wölbenden Alleen sauber abgeästeter und wohlgcwachsener Bäume zu wandeln, gar nicht vorstellen sann. TaS muss man gesehen haben, vielleicht in den Tagen Ocv Nachsommers, da die höchste Pracht erreicht ist und ein brausender Gesang jauchzender Lebenslust zusammen klingt aus dem Zirpen und Summen, dem Singen und Schreien von Millionen jubelnder Bewohner jener Wälder, die dort so reichlich den Tisch gedeckt sinden. Tie nächste dieser naturwüchsigen Anen grünt schon vor den Toren Wiens, im Zuge jenes labyrinthischen Netzes von Wasserläufen, in die sich dort die gleißendgelbe Donau zerspaltet. Wer mit dem Dampfer durchfährt, sieht eigentlich nur den Saunt dieser Pracht, sich eintönig wiederholend als Weidicht und ferne grüne Waldwand. Er muß schon Kenner sein, um aus dem vielgezackten, bald hoch hinauf greifenden, dann wieder tief hinabsinkenden Umriß dieser Wälder, der ganz an die Schattenlinie des Tropenurwaldes erinnert, zu erraten, was in ihnen und hinter ihnen steckt.
Man muß in ihre Wildnis eindringen im Boote, weid männisch gerüstet, mit Wasserstiefeln oder Stelzen für die Altwasser und Röhrichte, mit einem scharfen Gärtnermesser zum Durchdringen im Geheck und Rankenwerk. Manche der Inseln hat noch vollständig den Urwaldcharakter, da man sie zu nichts nutzbar machen kann wegen der schweren Zugänglichkeit und der großen Entfernungen. Dort breiten vielhundertjährige Schwarzpappeln düster und phantastisch ihr Geäst, so gigantische Stämme, daß fünf, sechs Männer sie nicht umfassen können; dazwischen schieben sich die blumigsten Auwiesen mit Hainen der edel hellblinkenden Rüster; die Erle und Weide umsäumt die stillen Niede rungen und Sümpfe mit besonderen Wäldern; Eschen und Ahorne mischen sich darein mit schönzackigen Kronen; Ulmen und vor allem Rieseneichen stehen an den Ufer-
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Hängen, und über den Dunst der moorigen Gefilde steigen rein nnd lieblich weiße Stämme und das filigranzarte Laub der Birken. Tie größte Mannigfaltigkeit an Baumarten ist in dem Auwald zu finden. Mit Ausnahme der ganz fehlen den Nadelhölzer sind fast alle 29 Laubbäume da, die der europäischen Flora zu eigen.
Aber nicht darin, so fesselnd auch manch alter Wald könig und der Anblick dieser Buntheit der Formen ist, finde ich den Hauptrciz dieser inir aus vielen glücklichen Stunden hell in der Erinnerung leuchtenden, leider nun auch schon untergehenden Welt. Es ist der unbeschreibliche Reichtum cm Unterholz, die Üppigkeit der Lianen und Büsche, das vielfarbige Feuer der Blumen und im Herbst der bunten Früchte, die ein Gesamtbild von unerreichtem malerischen Reiz schaffen.
Da gibt es undurchdringliche Hecken von hoch in die Wipfel hinaufrankenden Brombeeren; der Wein wächst hier wild als Liane, und es gibt Donaninseln, wo er, mit armdicken Reben abenteuerlich von Baum zu Baum sich schlingend, wie eine Schlange am Boden kriechend, den Raumwürgern des Morgenlandes nichts nachgibt. Im Herbst siegen dann der wilde Hopfen und die Waldrebe (Clematis) über alle andern Bewerber. Festlich schmücken sie den Waldrand, Festons werfen sie von Baum zu Baum, und die grüne Wildnis ihrer schönen Blätter hüllt oft jene bis zur Unkenntlichkeit ein, auf deren Zweigen sie als Spreizklimmer emporgeklettert sind zum Licht. Und welche Pracht der Büsche int Herbst! Wilde Rosenhecken, manchmal ganze Bäume schimmern weithin mit Millionen orangefarbener Früchtchen, das Pfaffenhüt chen mischt sein Rot und Violett der Kardinalprunkgewän der dazu, der Perückenstrauch und die Waldreben werfen seidige, feine Schöpfchen herab. Daneben lasten schwarz.üugige Fruchtdolden des Holunders, da schwarze Beeren,
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dort rote Beeren, oft der ganzen Waldesstirne entlang streichend und besungen von einer kreischenden, vor Über mut am reichen Tische jubilierenden und gellenden Vogel schar — ein Bild der höchsten Lebensfreude.
Johann Wolfqanq von Goethe. 120. Müßiggänger in Neapel. sGoethe hatte gehört, es gäbe in Neapel so viele Müßig gänger. Er wollte das selbst untersuchen und ging eines Tages auf die Jagd nach solchen aus. Er erzählt^: Neapel, den 28. Mai 1787. Ich fing meine Beobachtung bei früher Tageszeit an, und alle die Menschen, die ich hie und da still stehen oder ruhen fand, waren Leute, deren Beruf es in dem Augen blick mit sich brachte. Die Lastträger, die an verschiedenen Plätzen ihre privilegierten Stände haben und nur er warten, bis sich jemand ihrer bedienen will; die Kalessaren, ihre Knechte und Jungen, die bei den einspännigen Kale schen auf großen Plätzen stehen, ihre Pferde besorgen und einem jeden, der sie verlangt, zu Diensten sind; Schiffer, die auf dem Molo ihre Pfeife rauchen; Fischer, die an der Sonne liegen, weil vielleicht ein ungünstiger Wind weht, der ihnen auf das Meer auszufahren verbietet. Ich sah auch wohl noch manche hin und wiedergehen, doch trug meist ein jeder ein Zeichen seiner Tätigkeit mit sich. Von Bettlern war keiner zu bemerken, als ganz alte, völlig un fähige und krüppelhafte Menschen. Je mehr ich mich um sah, je genauer ich beobachtete, desto weniger konnt ich, lveder von der geringen noch von der mittlern Klasse, weder am Morgen noch den größten Teil des Tages, ja von keinem Alter und Geschlecht eigentliche Müßiggänger finden. Ich gehe in ein näheres Detail, um das, was ich be haupte, glaubwürdiger und anschaulicher zu machen. Die kleinsten Kinder sind auf mancherlei Weise beschäftigt. Ein
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großer Teil derselben trägt Fische zum Verkauf von Santa Lucia in die Stadt; andere sieht man sehr oft in der Gegend des Arsenals, oder wo sonst etwas gezimmert wird, wobei es Späne gibt, auch am Meere, welches Reiser und kleines Holz auswirft, beschäftigt, sogar die kleinsten Stückchen in Körbchen aufzulesen. Kinder von einigen Jahren, die nur auf der Erde so hinkriechen, in Gesell schaft älterer Knaben von fünf bis sechs Jahren, befassen sich mit diesem kleinen Gewerbe. Sie gehen nachher mit dem Körbchen tiefer in die Stadt und setzen sich mit ihren kleinen Holzportionen gleichsam zu Markte. Der Hand werker, der kleine Bürger kauft es ihnen ab, brennt es auf seinem Dreifuß zu Kohlen, um sich daran zu erwärmen,, oder verbraucht es in seiner sparsamen Küche. Andere Kinder tragen das Wasser der Schwefelquellen, welches besonders im Frühjahr sehr stark getrunken wird^ zum Verkauf herum,. Andere suchen einen kleinen Gewinn, indem sie Obst, gesponnenen Honig, Kuchen und Zuckerware einkaufen und wieder als kindische Handelsleute den übrigen Kindern anbieten und verkaufen, allenfalls, nur um ihren Teil daran umsonst zu haben. Es ist wirklich artig anzu sehen, wie ein solcher Junge, dessen ganzer Kram und Gerätschaft in einem Brett und Messer besteht, eine Wasser melone oder einen halben gebratenen Kürbis herumträgy wie sich um ihn eine Schar Kinder versammelt, wie er sein Brett niedersetzt und die Frucht in kleine Stücke zu zerteilen anfängt. Die Käufer spannen sehr ernsthaft, ob sie auch für ihr Nein Stückchen Kupfergeld genug erhalten sollen, und der kleine Handelsmann traktiert gegen die Be-gierigen die Sache ebenso bedächtig, damit er ja nicht um cyt Stückchen betrogen werde. Ich bin überzeugt, daß man bei längerm Aufenthalt noch manche Beispiele solches kind lichen Erwerbes sammeln könnte.
Eine sehr große Anzahl von Menschen, teils mittlern Alters, teils Knaben, welche meistenteils sehr schlecht ge-kleidet sind, beschäftigen sich, das Kehricht auf Eseln aus
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der Stadt zu bringen. Das nächste Feld um Neapel ist nur eilt .Küchengarten, und es ist eine Freude, zu sehen, welche unsägliche Menge von Küchengewächsen alle Markt tage hereingeschasft wird, und wie die Industrie der Men schen sogleich die überflüssigen, von der Köchin verworfenen Teile tvieder in die Felder bringt, nm den Zirkel der Vegetation zu beschleunigen. Bei der unglaublichen Kon sumtion von Gemüse machen ivirklich die Strünke und Blätter von Blumenkohl, Broccoli, Artischocken, Kohl, Salat, Knoblauch einen große» Teil des neapolitanischen Kehrichts ans: diesem wirb denn auch besonders nachge strebt. Zwei große, biegsame Körbe hängen auf dem Rücken eines Esels und werdeit nicht allein ganz voll gefüllt, son dern noch auf jeden mit besonderer Kunst ein .Haufen ausgetürnlt. Kein Garten kann ohne einen solcheit Esel bestehen. Eilt Knecht, ein Knabe, inanchmal der Patron selbst, eilen des Tages so oft als möglich nach der Stadt, die ihnen zu allen Stunden eine reiche Schatzgrube ist. Man hat mir versichert, daß ein paar solche Leute, die sich zusammen tun, sich einen Esel tanfen und einem größer» Besitzer ein Stückchen Krautland abpachten, durch anhaltenden Fleiß in dem glücklichen Klima, in welchem die Vegetation niemals unterbrochen wird, es bald so weit bringen, daß sie ihr Gewerbe ansehnlich erweitern.
Ich würde zu weit aus meinem Wege gehen, wenn ich hier von der mannigfachen Krämerei sprechen wollte, welche nm» mit Vergnügen in Neapel, wie in jedem an dern großen Orte, bemerkt; allein ich muß doch hier von den Herumträgcrn sprechen, weil sie der letztern Klasse des Volks besonders angehören. Einige gehen herum mit Fäßchen Eiswasser und Zitronen, um überall gleich Limo nade machen zu können, einen Trank, den auch der Geringste nicht zu entbehren vermag; andere mit Kredenztellern, auf welchen Flaschen mit verschiedenen Ligueuren und Spitz gläser, in hölzernen Ringen vor dem Fallen gesichert, stehen; andere tragen Körbe allerlei Backwerks, Näscherei,
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Zitronen und anderes Obst umher; und es scheint, als wolle jeder das große Fest des Genusses, das in Neapel alle Tage gefeiert wird, mitgenießen und vermehren. Wie diese Art Herumträger geschäftig sind, so gibt es noch eine Menge kleine Krämer, welche gleichfalls herum gehen und ohne viele Umstände auf einem Brett, in einem Schachteldeckel ihre Kleinigkeiten oder auf Plätzen geradezu auf flacher Erde ihren Kram ausbieten. Da ist nicht von einzelnen Waren die Rede, die man auch in größer» Lüden fände, es ist der eigentliche Trödelkram: kein Stück Eisen, Leder, Tuch, Leinwand, Filz usw., das nicht wieder als Trödelware zu Markte käme, und das nicht wieder von einem oder dem andern gekauft würde. Noch sind viele Menschen der niedern Klasse bei Handelsleuten und Hand werkern als Beiläufer und Handlanger beschäftigt. Ter zerlumpte Mensch ist dort iwch nicht nackt; der jenige, der weder ein eigenes Haus hat, noch zur Miete wohnt, sondern iin Sommer unter den Überdächeru auf den Schwellen der Paläste und Kirchen, in öffentlichen Hallen die Nacht zubringt und sich bei schlechtem Wetter irgendwo gegen ein geringes Schlafgcld untersteckt, ist des wegen noch nicht verstoßen und elend; ein Mensch noch nicht arm, weil er nicht für den andern Tag gesorgt hat. Wenn mau nur bedenkt, was das fischreiche Meer, von dessen Produkten sich jene Menschen gesetzmäßig einige Tage der Woche nähren müssen, für eine Masse von Nah
rungsmitteln anbietet; wie allerlei Obst und Gartenfrüchte zu jeder Jahreszeit in Überfluß zu haben sind; wie die Gegend, ivorin Neapel liegt, den Namen Terra di Lavoro (nicht das Land der Arbeit, sondern das Land des Acker baues) sich verdient hat und die ganze Provinz den Ehren titel der glücklichen Gegend (Campagna felice) schon Jahr hunderte trägt: so läßt sich wohl begreifen, wie leicht dort
zu leben sein möge.
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Jeremias Gotthelf (Albert Bitzius). 121, Winkelried und der Drache. In dem Walde da oben, wo nach der Sündflut lange noch Wasser wird geblieben sein, setzte kein Mensch seinen Fuß, keiner wußte, was in demselben war, aber näher demselben baute man sich an. Wie die Menschen sich mehr ten, kürzten sie den Wald, dann ward der Boden trocken, bis an des Waldes Rand weidete das Vieh, lagerte sich in dessen Schatten. Aber was dort sich lagerte, kam selten alles auf die Weide mehr zurück, es war, als sei einer da oben im Walde, der den Zehnten nehme von dem, was in seinem Schatten sich gelagert hatte, als ob auch ein Vogt da oben sei, der nehme, was ihm nicht gehöre. Da wachten einmal kühne Hirten bei den Tieren manche Nacht umsonst, aber als es einmal recht finster war, hör ten sie ein schauerlich Schleifen, als ob man langsam großes schweres Holz durch dichtes Gebüsche ziehe, hörten ein Tönen, als ob Föhnstöße rauschten durch eine enge Schlucht; und zu glühen begann es durch die Gebüsche, wie es glüht, wenn ein Kohlenhaufen einfällt und die Glut zu Tage kömmt. Entsetzt flohen die Hirten, am andern Morgen kam das Vieh wiederum gezehntet zur Weide, da gingen andere Männer hinauf zur Wache, doch wieder manche Nacht umsonst. Endlich hörten die das Schleifen und das Schnauben, und allmählich glühte auch das Funkeln durch die Gebüsche, von dem die ersten so Schreckliches erzählt hatten. Die Männer flohen nicht, sie spannten ihre Bogen, schwangen ihre Speere, ließen die Waffen sausen, aber die Glut erlosch nicht, das Schnauben verstummte nicht, rascher kam es näher, feuriger flammte die Glut, umsonst flogen aufs neue Bolzen und Speere, jetzt hörte man deutlich, wie sie klirrten, als ob sie einen Panzer getroffen. Da er schraken die Männer, jetzt wußten sie, daß das ein Drache war. So lange Leute im Lande wohnten, ging die Sage, in dem schwarzen feuchten Walde Hause ein Drachenpaar,
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aber lange, lange hatte kein Mensch die Tiere gesehen, man dachte nicht mehr, daß sie noch seien. Da verbreitete sich Schrecken im Lande, das Vieh trieb man nicht mehr herauf an den Wald, niemand wagte sich in dessen Nähe, der Wald ward zum gefeiten Orte, den jedermann floh: daß ein Drache außerhalb demselben sich zeigen könnte, daran dachte man nicht. So verstund dies aber der Drache nicht; das Innere des Waldes hatte er ausgeweidet in seiner Gier, an die Rinder an den Rändern hatte er sich gewöhnt, seiner Gier konnte er nicht Schranken setzen, das einmal Gewohnte nicht missen. Darum trieb es ihn über seine Grenzen, trieb ihn den Rindern nach, trieb ihn selbst am Tage heraus, als man des Nachts die Rinder vor ihm zu vertvahren suchte. Da sah man ihn, und Menschen und Vieh graute vor dem scheußlichen Lindwurme mit dem dicken Schlangenleib auf kurzen Vorderfüßen, dessen Augen Feuer sprühten, dessen Tatzen doppelt so gewaltig waren als Bärentatzen, dem wüste kurze Flügel auf dem Rücken stun den. Tapfere Männer wagten sich hinaus, ihn zu be stehen, aber keinen sah man wieder, und immer mehr zag ten die Leute, mieden in immer weiterm Umkreise den Wald und dessen Nähe. Aber je mehr die Menschen ihn mieden und flohen, desto frecher ward der Drache, verließ den Wald, pflanzte sich in die Nähe des Weges, der von Obwalden nach Unterwalden führt, eine Höhle war sein Schloß, er aber ward die Plage des Landes. Die Men schen zitterten und bebten, das Vieh war in den Niede rungen nicht sicher, es war keine frohe Stunde mehr über dem Lande, und wenn schon viele tapfere Männer waren, welche weder vor Menschen noch Tier sich fürchteten, an ein solch nie gesehen Untier, welches jeder Waffe wider stund, wagte keiner sich mehr. Weit herum wurde das Elend bekannt, aber kein Retter fand sich, ja die Leute mieden Unterwalden, und das Land ward arm. Da kein Mensch helfen konnte, wandten die Leute sich zu Gott,
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und alle Abend zur Vesperzeit war ein Gedränge in und um die Kirche zu Stanz, und keiner kam, der nicht in brünstig betete und gelobte, was in seinem Vermögen stand. Und eben als sie einmal so gebetet hatten, sahen sie plötz lich unter sich einen gewaltigen Mann, größer als alle, die da waren, und als sie ihn recht ansahen, da war er ihnen wohl bekannt. Es war der Struth aus bcnt Ge schlecht der Winkelriede; so lange Leute im Lande waren, so lange waren auch die Winkelriede da, und wo es hieß, hier sei ein Winkelried, da wußte man, es sei ein Mann und Held, Freunde könnten ihn trauen, Feinde hätten zu zittern. Und trotzdem wichen die Menschen von dem Struth, als sie ihn erkannten, denn auf ihm lag schwere Blutschuld, uni derctwillen er das Land Jahre schon gemieden. Er hatte im Zorn einen Mann erschlagen, der böse Worte ihm zugemessen hatte, darum war er dem Tode verfallen, weil, wer seines Zornes nicht Meister ist, der gefährlichste Feind der Menschen ist, nach dem Maße seiner Kraft.
Als scheu alle wichen von dem mächtigen Manne und doch alle Augen auf ihn gerichtet blieben, da sprach er: „Liebe treue Landsleute, nicht aus Trotz bin ich gekommen; aber in fernem Lande, jenseits der Berge, habe ich euer Elend vernommen, alsobald habe ich mich aufgemacht. Ich war krank im fernen Lande, meine Seele war daheim auf den Bergen, auf dem schönen See, sie nagte am Leibe, um frei zu werden, um heim zu kommen ins Land meiner Väter, schweifen zn können über Berg und Tal in Sonnen schein und Schnee, was dem Leibe verboten war. Nun bin ich da, will mein Leben wagen an den Wurm, der euer Elend ist. Sterbe ich, so sterbe ich mit Frruden in meinem Lande. Wo meine Väter begraben sind, dahin tut auch meinen Leib, zn den Seelen meiner Väter wird Gott meine Seele nehmen. Siege ich, so laßt ihr mich leben nn Lande und nehmt den Drachen als Lösegeld für meinen Leib, dann wird meine Seele wieder froh. Sorget nicht, daß ich neue Gewalttat übe; nicht heim dürfen, ist mehr
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als sterben, ich hab's empfunden." Als der große Mann so gesprochen hatte, da hob das ganze Volk die Hände auf und lobte Gott, und alle gingen wieder hinein in die Kirche und beteten mit Inbrunst und Andacht um Ge lingen und Sieg. Sowie der Morgen graute, lange ehe die Sonne kam, machte der Held sich auf und ging dem Drachenneste zu, ehe das Untier von der nächtlichen Fahrt heimgekehrt war. Niemand folgte ihm, aber da war in Stanz kein Mund, der nicht gebetet hätte znr selbigen Stunde- Alleine ging er durch das Nied, an seiner Brust hing sein Schild, an der Seite das Schwert, in der Hand trug er den Speer, mit einen: Wulst starker Dornen vorn umflochten. Er war ruhig und mutig, denn er war zum Sterben bereit, aber wie er spähte, das Untier zeigte sich nirgends. Da schnaubte
es plötzlich am Felseurand, und auf ihn nieder stürzte der Drache, der, vergeblichen Streifens müde, auf die Lauer sich gelegt hatte. Struth bebte nicht, mit starker Hand stieß er den Speer in des Wurmes weit geöffneten Rachen, und während dieser würgte und biß am Dornenstrauch, hatte er rasch das Schwert zur Hand, stieß es in die Weiche des Halses und schnitt dem letzten Drachen, der gesehen ward, das Leben entzwei. Größer als der Jammer gewesen, war im Lande der Jubel. Umgänge wurden gehalten, Gelübde erfüllt, ein neues Leben strömte durch alt und jung. Sterbende er holten sich wieder. Kranke wurden gesund. Der Held alleine, von dem nächst Gott alles kam, siechte dahin, und nach wenigen Tagen hatte das Leben ihn verlassen. Drachen blut, das seinen Leib bespritzt hatte, hatte das Leben auf gezehrt. Aber freundlich soll er geschieden sein und Gott gepriesen haben, daß er ihm vergönnt, seine Schuld zu sühnen und im Lande den Tod des Helden zu sterben, von den: noch Kind und Kindes Kind sprechen würden, als einem Winkelried und tapfern Manne.
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Brüder Jakob und Wilhelm Grimm. 122. Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich. In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön, aber die jüngste war so schön, daß die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte, so oft sie ihr ins Gesicht schien. Nahe bei dem Schlosse des Königs lag ein großer dunkler Wald, und in dem Walde unter einer alten Linde war ein Brunnen. Wenn nun der Tag recht heiß war, so ging das Königskind hinaus in den Wald und setzte sich an den Rand des kühlen Brunnens; und wenn sie Langeweile hatte, so nahm sie eine goldene Kugel, warf sie in die Höhe und fing sie wieder; und das war ihr liebstes Spielwerk. Nun trug es sich einmal zu, daß die goldene Kugel der Königstochter nicht in ihr Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug Jini) geradezu ins Wasser hineinrollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, so tief, daß man keinen Grund sah. Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu: „Was hast du vor, Königstochter? — du schreist ja, daß sich ein Stein erbarmen möchte." Sie sah sich um, woher die Stimme käme; da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken, häßlichen Kopf aus dem Wasser streckte. „Ach, du bist's, alter Wasserpatscher," sagte sie, „ich weine über meine goldene Kugel, die mir in den Brunnen hinabgefallen ist." — „Sei still und weine nicht," antwortete der Frosch, „ich kann wohl Rat schaffen. Aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?" — „Was du haben willst, lieber Frosch," sagte sie, „meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich trage." Der Frosch ant wortete: „Deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine und
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deine goldene Stone, die mag ich nicht. Aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spiel kamerad sein, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldenen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinuntersteigen und dir die goldene Kugel wieder heraufholen." — „Ach ja," sagte sie, „ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wiederbringst." — Sie dachte aber: „Was der ein fältige Frosch schwätzt! — der sitzt im Wasser bei seines gleichen und gnakt und kann keines Menschen Geselle sein." Ter Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab, und über ein Weilchen kam er wieder heraufgerudert, hatte die Kugel im Maul und warf sie ins Gras. Die Königstochter war voll Freude, als sie ihr schönes Spielwerk wieder erblickte, hob es auf und sprang damit fort. „Warte, warte," rief der Frosch, „nimm mich mit, ich kann nicht so laufen wie du." Aber was half ihin, daß er seiu quak, quak so laut nachschrie, als er konnte? Sie hörte nicht darauf, eilte nach Haus und hatte bald den armen Frosch vergessen, der wieder in seinen Brunnen hinabsteigen mußte.
Am andern Tage, als sie mit dem König und allen Hosleutcn sich zur Tafel gesetzt hatte und von ihrem golde nen Tellerlein aß, da kam, plitsch Platsch, Plitsch platsch, etwas die Marmortreppe heraufgekrochen, und als es oben angelangt war, klopfte es an der Tür und rief: „Königs tochter, jüngste, mach mir auf!" Sie lief und wollte sehen, wer draußen wäre, als sie aber aufmachte, so saß der Frosch davor. Da warf sie die Tür hastig zu, setzte sich
wieder an den Tisch, und war ihr ganz angst. Der König sah wohl, daß ihr das Herz gewaltig klopfte und sprach: „Mein Kind, was fürchtest du dich? — steht etwa ein Riese vor der Tür und will dich holen?" — „Ach nein," antwortete sie, „es ist kein Riese, sondern ein garstiger Frosch." — „Was will der Frosch von dir?" — „Ach, Helsel, Lesebuch 5. LI. Ausl. M. 12
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lieber Bater, als ich gestern int Wald bei dem Brunnen saß und spielte, da siel meine goldene Kugel ins Wasser. Und weil ich so weinte, hat sie der Frosch wieder heraus geholt; und weil er es durchaus verlangte, so versprach ich ihm, er sollte mein Geselle werden; ich dachte aber nimmermehr, daß er aus seinem Wasser heraus könnte. Nun ist er draußen und will zu mir herein." Indem klopfte es zum zweitenmal und rief: „Königstochter, jüngste. Mach mir aus! Weißt du nicht, was gestern Tu zu mir gesagt Bei dem kühlen Brunnenwasser? Königstochter, jüngste, Mach mir auf!"
Da sagte der König: „Was du versprochen hast, das mußt du auch halten; geh nur und mach ihm aus." Sic ging und öffnete die Tür, da hüpfte der Frosch herein, ihr immer auf dem Fuße nach, bis zu ihrem Stuhl. Da saß er und rief: „Heb mich herauf zu dir." Sie zauderte, bis es endlich der König befahl. Als der Frosch erst auf dem Stuhl war, wollte er auf den Tisch, und als er da saß, sprach er: „Nun schieb mir dein goldenes Tellerlein näher, damit wir zusammen essen." Das tat sie zwar, aber man sah wohl, daß sie's nicht gerne tat. Der Frosch ließ sich's gut schmecken, aber ihr blieb saft jedes Bißlein int .Halse. Endlich sprach er: „Ich habe mich satt gegessen und bin müde, nun trag mich in dein Kämmerlein und mach dein seiden Bettlein zurecht, da wollen wir uns schlafen legen." Die Königstochter fing an zu weinen und fürchtete sich vor dem kalten Frosch, den sie nicht anzurühren ge traute, und der nun in ihrem schönen reitten Bettlein schlafen sollte. Der König aber ward zornig und sprach: „Wer dir geholfen hat, als du in der Not warst, den sollst du hernach nicht verachten." Da packte sie ihn mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn in eine Ecke. Als sie aber im Bett lag, kam er gekrochen und sprach:
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,,Jch bin müde, ich will schlafen so gut wie du! — heb mich herauf, oder ich sag's deinem Vater." Da ward sie erst bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn aus allen Kräfteu wider die Waud: „Nuu wirst du Ruhe haben, du garstiger Frosch." Als er aber Herabsiel, da war er kein Frosch, sondern ein Königssohn mit schönen und freundlichen Augen. Der war nun nach ihres Vaters Willen ihr lieber Geselle und Gemahl. Da erzählte er ihr, er wäre von einer bösen Hexe verwünscht worden, und niemand hätte ihn aus dem Brunuen erlösen können, als sie allein, und morgen wollten sie zusammen in sein Reich gehen. Dann schliefen sie ein, und am andern: Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen herangefahren mit acht weißen Pferden bespannt, die hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf und gingen in goldenen Kette::, und hinten stand der Diener des jungen Königs, das war der treue Heinrich. Der treue Heinrich hatte sich so betrübt, als sein Herr war in einen Frosch verrvandelt worden, das; er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, danüt es ihn: nicht vor Weh und Traurigkeit zerspräuge. Der Wageu aber sollte den jungen König in sein Reich abholen; der treue Heinrich hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf und war voller Freude über die Erlösung. Und als sie ein Stück Wegs gefahren waren, hörte der Königssohn, daß es hinter ihm krachte, als wäre etwas zerbrochen. Da drehte er sich um und rief:
„Heinrich, der Wagen bricht." — „Nein, Herr, der Wagen nicht, Gs ist ein Band von meinem Herzen, Das da lag in großen Schmerzen, Als Ihr in dem Brunnen saßt, Als Ihr eine Fretsche toast." Noch einmal und noch einmal krachte es auf dem Weg, uud der Königssohn n:einte immer, der Wagen bräche, und es waren doch nur die Bande, die vom Herzen des treuen Heinrich abspraugen, weil sein Herr erlöst und glück lich war.
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123. Die Weifte Schlange. Es ist schon lange her, da lebte ein König, dessen Weisheit im ganzen Lande berühmt war. Nichts blieb ihm unbekannt, und es war, als ob ihm Nachricht von den ver borgensten Dingen durch die Luft zugetragen würde. Er hatte aber eine seltsame Sitte: Jeden Mittag, wenn von der Tafel alles abgetragen und niemand mehr zugegen Ivar, mutzte ein vertrauter Diener noch eine Schüssel bringen. Sie war aber zugedeckt, und der Diener wutzte selbst nicht, was darin lag, und kein Mensch wutzte es, denn der König deckte sie nicht eher auf und atz nicht davon, bis er ganz allein war. Das hatte schon lange Zeit gedauert, da über kam eines Tages den Diener, der die Schüssel wieder weg trug, die Neugierde, datz er nicht widerstehen konnte, son dern die Schüssel in seine Kammer brachte. Als er die Tür sorgfältig verschlossen hatte, hob er den Deckel auf, und da sah er, datz eine weiße Schlange darin lag. Bei ihrem An blick konnte er die Lust nicht zurückhalten, sic zu kosten; er schnitt ein Stückchen davon ab und steckte es in den Mund. Kaum aber hatte es seine Zunge berührt, so hörte er vor seinem Fenster ein seltsames Gewisper von feinen Stimmen. Er ging und horchte, da merkte er, datz es die Sperlinge waren, die miteinander sprachen und sich allerlei erzählten, was sie im Felde und Walde gesehen hatten. Der Genuß der Schlange hatte ihm die Fähigkeit verliehen, die Sprache der Tiere zu verstehen. Nun trug es sich zu, dätz gerade an diesem Tage der Königin ihr schönster Ning fort kam und auf den vertrauten Diener, der überall Zugang hatte, der Verdacht fiel, er habe ihn gestohlen. Der König ließ ihn zu sich kommen und drohte ihm unter heftigen Scheltworten, wenn er bis morgen den Täter nicht zu nennen wüßte, so sollte er dafür ange sehen und gerichtet werden. Es half nichts, daß er seine Unschuld beteuerte, er ward mit keinem bessern Bescheid ent lassen. In seiner Unruhe und Angst ging er hinab auf den Hof und bedachte, wie er sich aus seiner Not helfen könne.
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Da saßen die Enten an einem fließenden Wasser friedlich nebeneinander und ruhten, sie putzten sich mit ihren Schnä beln glatt und hielten ein vertrauliches Gespräch. Der Diener blieb stehen und hörte ihnen zu. Sie erzählten sich, wo sie heute morgen all herunigewackelt wären, und was für gutes Futter sie gefunden hätten; da sagte eine verdrießlich : „Mir liegt etwas schwer im Magen, ich habe einen Ring, der unter der Königin Fenster lag, in der Hast mit hinunter geschluckt." Da packte sie der Diener gleich beim Kragen, trug sic in die Küche und sprach zum Koch: „Schlachte doch diese ab, sie ist wohlgenährt." — „Ja," sagte der Koch und wog sie in der Hand, „die hat feilte Mühe gescheut, sich zu mästen und schon lange darauf gewartet, gebraten zu werden." Er schnitt ihr den Hals ab, und als sie ausgenom men ward, fand sich der Ring der Königin in ihrem Magen. Der Diener konnte nun leicht vor dem Könige seine Unschuld beweisen, und da dieser sein Unrecht wieder gut machen wollte, erlaubte er ihm, sich eine Gnade auszubitten, und versprach ihm die größte Ehrenstelle, die er sich an feinem Hofe wünschte. Der Diener schlug alles aus und bat nur um eilt Pferd und Reisegeld, denn er hatte Lust, die Welt zu sehen und eine Weile darin herumzuziehen. Als seine Bitte erfüllt war, machte er sich auf oen Weg und kam eines Tages an einem Teich vorbei, wo er drei Fische bemerkte, die sich im Rohr gefangen hatten und nach Wasser schnappten. Obgleich man sagt, die Fische wären stumm, so vernahm er doch ihre Klage, daß sie so elend umkommen müßten. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so stieg er vom Pferde ab und setzte die drei Gefangenen wieder ins Wasser. Sie zappelten vor Freude, streckten die Köpfe heraus und riefen ihm zu: „Wir wollen dir's gedenken und dir's vergelten, daß du uns er rettet hast." Er ritt weiter, und nach einem Weilchen kam cs ihm vor, als hörte er zu seinen Füßen in dem Sand eine Stimme. Er horchte und vernahm, wie ein Ameisen könig klagte: „Wenn uns nur die Menschen mit den unge-
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schickten Tieren Doiit Leib blieben! da tritt mir das dumme Pferd mit seinen schweren Hufen meine Leute ohne Barmherzigkeit irieber." Er lenkte auf eilten Seitenweg ein, und der Anteisenkönig rief ihm zu: „Wir wollen dir's ge denken und dir's vergelten/" Der Weg führte ihn in einen Wald, und da sah er einen Rabenvater und eilte Raben mutter, die standen bei ihrent Nest und lvarfett ihre Jungen heraus. „Fort mit euch, ihr Galgenschwengel!"" riefen sie, „wir können euch nicht mehr satt machen, ihr seid groß genug und könnt euch selbst ernähren."" Die armen Jungen lagen auf der Erde, flatterten und schlugen mit ihren Fittichen und schrieen: „Wir hilflosen Kittder, wir sollen uns selbst ernähren und können noch nicht fliegen! lvas bleibt uns übrig, als hier Hungers zu sterben ?" Da stieg der gute Jüngling ab, tötete das Pferd mit fernem Degen und über ließ es den jungen Raben zum Futter. Die kamen herbeigehüpst, sättigten sich und riefen: „Wir wollen dir's gedenkeli und dir's vergelten/" Er mußte jetzt seine eigenen Beilre gebrauchen, und als er lange Wege gegangen war, kam er in eine große Stadt. Da war großer Lärm uno Gedränge in den Straßen, und kam einer zu Pferde und machte bekannt, die Königstochter suche einen Gemahl, wer sich aber um sie bewerben wolle, der müsse eine schwere Aufgabe vollbringen, und könne er es nicht glücklich ausführen, so habe er sein Leben verwirkt. Viele hatten es schon versucht, aber vergeblich ihr Leben daran gesetzt. Der Jüngling, als er die Königstochter sah, ward er von ihrer großen Schönheit so verblendet, daß er alle Gefahr vergaß, vor den König trat und sich als Freier meldete. Alsbald ward er hinaus ans Meer geführt und vor seinen Augen ein goldener Ring hineingeworfen. Tann hieß ihn der König diesen Ring aus dem Meeresgrund wieder hervorzuholen und fügte hinzu: „Wenn du ohne ihn wieder in die Höhe kommst, so wirst du immer aufs neue hinabgestürzt, bis du in den Wellen umkommst."" Alle
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bedauerten Den schönen Jüngling und ließen ihn dann ein sam am Meere zurück. Er stand am Ufer und überlegte, was er wohl tun sollte, da sah er auf einmal drei Fische daherschwimmen, und es waren keine andern, als jene, welchen er das Leben gerettet hatte. Der mittelste hielt eilte Muschel im Munde, die er an den Strand zu den Füßen des Jünglings hinlegte, und als dieser sie aufhob und öffnete, so lag der Goldring darin. Voll Freude brachte er ihn dem Könige und erwartete, daß er ihm den verheißenen Lohn gewähren würde. Die stolze Königstochter aber, als sie vernahm, daß er ihr nicht ebenbürtig war, verschmähte ihn und verlangte, er sollte zuvor eine zweite Aufgabe lösen. Sie ging hinab in den Garten und streute selbst zehn Säcke voll Hirsen ins Gras. „Die muß er morgen, ehe die Sonne hervor kommt, aufgelesen haben," sprach sie, „und darf kein Körnchen fehlen."
Der Jüngling setzte sich in den Garten und dachte nach, wie cs möglich wäre, die Aufgabe zu lösen, aber er konnte nichts ersinnen, saß da ganz traurig und erwartete bei An bruch des Morgens, zum Tode geführt zu werden. Als aber die ersten Sonnenstrahlen in den Garten fielen, so sah er die zehn Säcke alle wohl gefüllt nebeneinander stehen, und kein Körnchen fehlte darin. Der Ameisenkönig war mit seinen tausend und tausend Ameisen in der Nacht ange kommen, und die dankbaren Tiere hatten den Hirsen mit großer Emsigkeit gelesen und in die Säcke gesammelt. Die Königstochter kam selbst in den Garten herab und sah mit Verwunderung, daß der Jüngling vollbracht hatte, was ihm aufgegeben war. Aber sie konnte ihr stolzes Herz noch nicht bezwingen und sprach : „Hat er auch die beiden Aufgaben gelöst, so soll er doch nicht eher mein Gemahl werden, bis er mir einen Apfel vom Baume des Lebens gebracht hat." Der Jüngling wußte nicht, wo der Baum des Lebens stand, er machte sich auf und wollte immerzu gehen, so lange ihn seine Beine trügen, aber er hatte keine Hoffnung, ihn zu finden. Als er schon durch drei Königreiche gewandert war
und abends in einen Wald kam, setzte er sich unter einen Baum und wollte schlafen, da hörte er in den Ästen ein Geräusch, und ein goldener Apfel fiel in seine Hand. Zu gleich flogen drei Raben zu ihm herab, setzten sich auf seine Knie und sagten: „Wir sind die drei jungen Raben, die du vom Hungertod errettet hast; als wir groß geworden waren und hörten, daß du den goldenen Apfel suchtest, so sind wir über das Meer geflogen bis an das Ende der Welt, wo der Baum des Lebens steht, und haben dir den Apfel geholt." Voll Freude machte sich der Jüngling auf den Heimweg und brachte der schönen Königstochter den goldenen Apfel, der nun keine Ausrede mehr übrig blieb. Sie teilten den Apfel des Lebens und aßen ihn zusammen; da ward ihr Herz mit Liebe zu ihm erfüllt, und sie erreichten in un gestörtem Glück ein hohes Alter. 124. D’ brösmeli uf em tisch (schweizerdeutsch).
Der güggel bet einisch zu sine hüendlene gseit: „Chömed weidli i d’ stübe gö brötbrösmeli zämebicke uf em tisch; eusi frau isch üsgange gö ne visite mache. Do säge dö d’ hüendli: „Nei, nei, mer chöme nit; weißt, d’ frau balget ame mit is.“ Do seit der güggel: „Si weiß jo nüt dervö, chömed ir numme; si git is doch au nie nüt guets.“ Do säge d’ hüendli wider: „Nei, nei, ’s isch üs und verbi, mer gönd nit ufe.“ Aber der güggel hat ene kei rüe glö, bis si endlich gange sind und ufe tisch und do d’ brötbrösmeli zämegläse hend in aller strenge. Do chunnt justement d’ frau derzue und nimmt gschwind e stecke und steubt si abe und regiert gar grüseli mit ene. Und wo si dö vor em hüs unde gsi sind, so säge dö d’ hüendli zum güggel: „Gse gse gse gsö gse gsö gsest aber?“ Dö het der güggel gelachet und numme gseit: „Ha ha ha i’s nit gwüßt?“ Do hend si chönne gö.
Die Brosamen auf dem Tisch. Der Gockelhahn hat einmal zu seinen Hühnerchen gesagt: „Kommt flink hinauf in die Stube, Brosamlein zu sammenpicken auf dem Tisch; unsere Frau ist ausge gangen und macht eine Visite!" Da sagten die Hühner: „Nein, nein, wir kommen nicht; weißt du, die Frau zankt uns immer." Da sagte der Gockel: „Sie weiß es ja nicht, kommt nur; sie gibt uns ja auch nie nichts Gutes!" Da sagten die Hühner wieder: „Nein, nein, es ist aus und vorbei, wir gehn nicht hinauf!" Aber der Gockel hat ihnen keine Ruh gelassen, bis sie endlich gegangen sind und auf den Tisch gehüpft und haben da die Brosamlein zusammengelesen mit allem Eifer. Da kommt aber grade die Frau dazu und nimmt geschwind den Stock und jagt sie hinunter und schimpft gar sehr mit ihnen. Und wie sie dann wieder vor dem Haus unten gewesen sind, da haben die Hühnerchen zum Gockel gesagt: „Gse gse gse gse gse gse gsehn hastes?" Da hat der Gockel noch gelacht dazu und hat ge sagt: „Ha ha hab ichs nicht gewußt?" Da haben sie können gehen.
125. Das bürli im himel (schweizerdeutsch), .'s isch emol e arms, fromms bürli gstorbe und chunnt do vor d' himelspforte. Zur gliche zit isch au e riebe, riebe herr dö gsi und bet au i himel welle. Dö chunnt der heilig Petrus mit em schlüssel und macht uf und löt der herr ine; das bürli bet er aber, wie’s schint, nit gse und macht d' pforte ämel wider zue. Dö bet das bürli vorusse ghört, wie de herr mit alle freude im himel ufgnö worden isch, und wie sie drin musizirt und gsunge band. Äntli isch es do wider still worde, und der heilig Petrus chunnt, macht d' himelspforte uf und löt das bürli au ine. ’s bürli bet dö gmeint, ’s werd au musizirt und gsunge, wenn es chöm, aber dö isch alles still gsi; me hets frili mit aller liebi ufgnö, und d’ ängeli sind em et-
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gäge chö, aber gsunge het niemer. Do frögt das bürli der heilig Petrus, worum das me bi im nid singi, wie bi dem riebe Herr; ’s gen. schint’s, do im himel au parteiisch zue wie uf der erde. Do seit der heilig Petrus: „Nei, Wäger, du bisch is so lieb wie alli andere und muesch alli himmlische freude gnieße, wie de rieh herr; aber lueg, so armi bürli, wie du eis bisch, chöme alli tag i himmel; so ne riebe herr aber chunnt nume alli hundert jör öppen eine."
126. Der Hase und der Igel. Disse geschichte is lügenhaft to verteilen, jungens, aver wahr is se doch, denn min grödvater, van den ick se hew, plegg jümmer, wenn he se mi vortüerde, dabi to seggen: „Wahr mütt se doch sin, min söhn, anners kunn man se jo nich verteilen." De geschieht bett sick aber so tödragen. Et wör an enen sündagmorgen tor härvesttid, jüst as de bökweten bloide; de sünn wör heilig upgän am hewen, de morgenwind güng warm över de stoppeln, de larken sängen in'r lucht, de immen sumsten in den bök weten, und de lüde güngen en eren sündagsstät nah’r kerken, un alle kreatur wör vergnügt und de swinegel ök. De swinegel aver stünd vor siner dör, harr de arm ünnerslägen, kek dabi in den morgenwind hinüt un quinkelerde en lütjet ledken vor sick hin, so göd un so siecht as nun eben am lewen sündagmorgen en swinegel to singen pleggt. Indem he nu noch so half lise vor sick hin sung, füll em up enmal in, he künn ök wol, mittlerwil sin frö de künner wüsch un antröcke, en beten in't seid spazeren und tösehen, wie sin stäkröwen stünden. De stäkröwen wären aver de nächsten bi sinem hüse, un he pleggte mit siner familie davon to eten, darüm säg he se as de sinigen an. Gesagt, gedän. De swinegel machte de hüsdör achter sik to un slög den weg nä'n felde in. He wör noch nich ganz wit von hüse un wull jüst um den
slöbusch, de dar vörm felde liggt, nah den stäkröwenacker hinup dreien, as em de häs bemött, de in ähnlichen geschäften utgän wör, nämlich um sinen kohl to besehn. As de swinegel den häsen ansichtig wör, so böd he em en Gründlichen gö’n morgen. De häs aver, de up sine wis en vornehmer herr was un grausam hochfartig dabi, antworde nicks up den swinegel sinen grüß, sondern seggte tom swinegel, wobi he en gewaltig höhnische mine annöm: „Wie kummt et denn, dat du hier all bi so frohem morgen im felde rumlöppst?“ — „Ick gah spazeren,“ seggt de swinegel. „Spazeren?“ lachte de häs, „mi dücht, du kunnst de ben 6k wol to betern dingen gebrüken.“ Disse antword verdröt den swinegel ungeheuer, denn alles kunn he verdregen, aver up sine ben lät he nicks körnen, eben weil se von natur schef wören. „Du bildst di wol in,“ seggt nu de swinegel tom häsen, „as wenn du mit dine ben mehr utrichten kunnst?“ — „Dat denk ick,“ seggt de häs. „Dat kummt up'n versök an,“ ment de swinegel, „ick parer, wenn wi in de wett löpt, ick 16p di vorbi.“ — „Dat is tum lachen, du mit dine schefen ben,“ seggt de häs, „aver minetwegen mag’t sin, wenn du so övergrote lust best. Wat gilt de wett?“ „En goldene lujedor un'n buddel branwin,“ seggt der swinegel. „Angenämen!“ sprök de häs, „slä in, un denn kamst glik losgän.“ — „Nä, so grote il hett et nich,“ men di swinegel, ick bin noch ganz nüchdern; erst will ick to hüs gän un en beten frühstücken: inner halwen stünd bün ick weder hier up’n platz.“
Damit güng de swinegel, denn de häs wör et tofreden. Ünnerwegs dachte de swinegel bei sick: de häs verlest sick up sine langen ben, aver ick will em wol kriegen. He is zwar en vornehm herr, aber doch man’n dummen kerl, und betälen sali he doch. As nu de swin egel to hüs anköm, sprök he to sin fro: „Fro, treck di gau an, du musst mit mi nä'n felde hinüt.“ — „Wat givt et denn?“ seggt sin fro. „Ick hew rnit'n häsen wett
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üm’n goldnen lujedor un’n buddel branwin, ick will mit em in wett löpen, und da sallst du mit dabi sin." — ,,0, min gott, mann" füng nü den swinegel sin frö an to schren, büst du nich klök, best du denn ganz den ver stand verlären? Wie kannst du mit den käsen in de wett löpen wollen?" — „Holt dat mül, wif," seggt der swinegel, „dat is min säk. Resoner nich in männergeschäfte! Marsch, treck di an, un denn kumm mit!" Wat sull den swinegel sin frö mäken? se mußt wöl folgen, se mugg nu wollen oder nich. As se nu mit enanner ünnerwegs wören, sprök de swinegel tö sin frö: „Nu, pass up, wat ick Seggen will! Sühst du, up den langen acker dar wüll wi unsern wettlöp mäken. De häs löppt nemlich in der enen föhr un ick inner andern, un von bäben fang wie an to löpen. Nu hast du wider nicks to dön, as du stellst di hier unnen in de föhr, und wenn de häs up de andere sit ankummt, so röpst du em entgegen: Ick bün all hier!" Damit wören se bi den acker anlangt, de swinegel wisde siner frö eren platz an un gung nu den acker hinup. As se bäben anköm, wör de häs all dä. „Kann et Iosgän?" seggt de häs. „Ja wol!" seggt de swin egel. „Denn man tö!" Un damit stellde jeder sick in sine föhr. De häs tellde: „Häl en, häl twe, häl dre!" un los güng he wi en stormwind den acker hindäl. De swinegel aver löp ungefähr man dre schritt, dann dükde er sick däl in de föhr und blev ruhig sitten. As nu de häs in vullen löpen ünnen am acker an köm, röp em den swinegel sin frö entgegen: „Ick bünn all hier." De häs stutzt un verwunderte sick nich wenig; he mende nich anders, als et wör de swinegel sülvst, de em töröp, denn bekanntlich säht den swinegel sin frö just so üt wie er mann. De häs aber mende: „Dat geit nich tö mit rechten dingen." He röp: „Nochmal gelöpen, wedder üm!" Un fort güng he wedder wie en stormwind, dat em de ören am koppe flögen. Den swin-
egel sin frö aver blev ruhig up eren platze. As nun de häs bähen anköm, röp em de swinegel entgegen: „Ick bin all hier." De häs aver, ganz üter sick vor iwer, schrede: „Nochmal gelopen, wedder üm!" — „Mi nicli to slimm," antwörde de swinegel, „minetwegen so oft, as du lust best." So löp de häs noch dreunsöbentigmal, un de swinegel höhl et ümmer mit em üt. Jedesmal, wenn de häs ünnen oder bähen anköm, seggten de swin egel oder sin frö: „Ick bün all hier." Tum verunsöbentigstenmal aver körn de häs nich mer to ende. Midden am acker stört he tor erde, dat blöd flog em utn halse, un he blev döt upn platze. De swin egel aber nöhm sine gewunnene lujedor un den buddel branwin, röp sine frö ut der führ aff, un beide güngen vergnügt mit enanner nah hüs: un wenn sie nich storben sün, lewt se noch. So begev et sick, dat up de Buxtehuder lieid de swinegel den häsen döt löpen hett, un sid jener tid hatt et sick ken häs wedder infallen läten, rnit'n Buxtehuder swinegel in de wett to löpen. De lere aver ut disser geschichte is erstens, dat kener, un wenn he sick ök noch so vornehm dücht, sick sali bikommen läten, un övern geringen mann sick lustig to mäken, un wör’t ök rnan'n swinegel. Un twetens, dat et geräden is, wenn ener fret, datt he sick ne frö üt sinem stände nimmt, un de jüst so ütsüht as he sülwst. Wer also en swinegel is, de mutt tosen, dat sine frö ök en swinegel is, un so wider.
127. Der Grenzlauf. Einst stritten die Urner mit den Glarnern bitter um ihre Landesgrenze, beleidigten und schädigten einander täg lich. Da ward Von den Biedermännern der Ausspruch ge tan: zur Tag- und Nachtgleiche solle Von jedem Teil früh morgens, sobald der Hahn krähe, ein rüstiger, kundiger
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Felsgänger ausgesandt werden und jedweder nach dem jen seitigen Gebiete zulaufen und da, wo sich beide Männer be gegneten, die Grenzscheide festgesetzt bleiben, das kürzere Teil möge nun fallen diesseits oder jenseits. Die Leute wurden gewählt, und man dachte besonders darauf, einen solchen Hahn zu halten, der sich nicht verkrähe und die Morgenstunde aus das allerfrühste ansagte. Und die Urner nahmen einen Hahn, setzten ihn in einen Korb und gaben ihm sparsam zu essen und zu saufen, weil sie glaubten, Hunger und Durst werde ihn früher wecken. Dagegen die Glarner fütterten und mästeten ihren Hahn, dass er freudig und hoffärtig den Morgen grüßen sönne, nnb dachten da mit am besten zu fahren. Als nun der Herbst kam und der bestimmte Tag er schien, da geschah es, daß zu Altors der schmachtende Hahn zuerst erkrähte, kaum wie es dämmerte, und froh brach der Urner Felsenklimmer auf, der Marke zulaufend. Allein in Liuttal drüben stand schon die volle Morgenröte am Himmel, die Sterne waren verblichen, und der fette Hahn schlief noch in guter Ruh. Traurig umgab ihn die ganze Gemeinde; aber es galt die Redlichkeit, und keiner wagte es ihn anfzuwecken; endlich schwang er die Flügel und krähte.
Aber dem Glarner Läufer wird's schwer sein, dem Urner den Vorsprnng wieder abzugewinnen. Ängstlich sprang er nnd schaute gegen das Scheideck; wehe! da sah er oben am Giebel des Grats den Mann schreiten und schon bergabwärts niederkommen; aber der Glarner schwang die Fersen nnb wollte seinem Volke noch vom Lanbe retten so viel als ntö^ lich. Und bald stießen die Männer ans einander, nni) der von Uri rief: „Hier ist die Grenze!" — „Nachbar," sprach betrübt der von Glarus, „sei gerecht und gib mir noch ein Stück von dem Weidland, das du errungen hast!" Doch der Urner wollte nicht; aber der Glarner ließ ihm nicht Ruh, bis er barmherzig wurde und sagte: „To viel will ich dir noch gewähren, als du, mich an deinem Hals tragend^
bergan läufst."
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Ta faßte ihn der rechtschaffene Sennhirt von Glarus und Komm noch ein Stück Felsen hinauf, und manche Tritte gelangen ihm noch; aber plötzlich versiegte ihm der Atem,, und tot sank er zu Boden. Und noch heutiges Tages wird das Grenzbächlein gezeigt, bis zu welchem der einsinkende Glarner den siegreichen Unter getragen habe. In Uri war große Freude ob ihres Gewinstes: aber auch die zu Glarus gaben ihrem Hirten die verdiente Ehre und bewahrten seine große Treue in steter Erinnerung.
128. Der Gemsjäger. Ein Gemsjäger stieg auf und kam zu dem Felsgrat,, und immer weiter klimmend, als er je vorher gelangt war, stand plötzlich ein häßlicher Zwerg vor ihm, der sprach zornig : „Warum erlegst du mir lange schon meine Gemsen und lässest mir nicht meine Herde? jetzt sollst du's mit deinem Blute teuer bezahlen!" Der Jäger erbleichte und wäre bald hinabgestürzt, doch faßte er sich noch und bat den Zwerg um Verzeihung, denn er habe nicht gewußt, daß ihm diese Gemsen gehörten. Der Zwerg sprach: „Gut, aber laß dich hier nicht wieder blicken, so verheiß ich dir, daß du jeden siebenten Tag morgens früh vor deiner Hütte ein ge schlachtetes Gemstier hanget: finden sollst; aber hüte dich mir und schone die andern!"
Der Zwerg verschwattd, und der Jäger ging nach denklich heim, und die ruhige Lebensart behagte ihm wenig. Am siebenten Morgen hing eine fette Gemse in den Sfteir eines Baums vor seiner Hütte, davon zehrte er ganz ver gnügt, und die nächste Woche ging's eben so und dauerte ein paar Monate fort. Allein zuletzt verdroß den Jäger seine Faulheit, und er wollte lieber selber Gemsen jagen, möge erfolgen, was da werde, als sich den Braten zutraget: lassen. Da stieg er auf, und nicht lange, so erblickte er einen stolzen Leitbock, legte an und zielte. Und als ihm nirgends der böse Zwerg erschien, wollte er eben losdrücken, da war.
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der Zwerg hinterher geschlichen und riß den Jäger ant Knöchel des Fußes nieder, daß er zerschmettert in den Ab grund sank.
129. Der Schwanritter. Herzog Gottfried von Brabant war gestorben, ohne männliche Erben zu hinterlassen; er hatte aber in einer Urkunde gestiftet, daß sein Land der Herzogin und seiner Tochter verbleiben sollte. Hieran kehrte sich jedoch Gott frieds Bruder, der mächtige Herzog von Sachsen, wenig, sondern bemächtigte sich aller Klagen der Witwe und Waise unerachtet des Landes, das nach deutschem Rechte auf keine Weiber erben könne. Die Herzogin beschloß daher, bei dem König zu klagen; und als bald darauf Karl nach Nieder land zog und einen Tag zn Neumagen am Rheine halten wollte, kam sie mit ihrer Tochter dahin und begehrte Recht. Tahin war auch der Sachsen Herzog gekommen und wollte der Klage zur Antwort stehen. Es ereignete sich aber, daß der König durch ein Fenster schaute; da erblickte er einen weißen Schwan, der schwamm den Rhein herdann und zog an einer silbernen Kette, die hell glänzte, ein Schifflein nach sich; in dem Schiff aber ruhte ein schlafender Ritter; sein Schild war sein Hauptkissen, und neben ihm lagen Helm und Halsberg; der Schwan steuerte gleich einem geschickten Seemanne und brachte sein Schiff an das Gestade. Karl und der ganze Hof verwunderten sich höflich ob diesem seltsamen Ereignis; jedermann vergaß der Klage der Frauen und lief hinab dem Ufer zu. Unterdessen war der Ritter erwacht und stieg aus der Barke; wohl und herrlich empfing ihn der König, nahm ihn selbst zur Hand und führte ihn gegen die Burg. Da sprach der junge Held zu dem Vogel: „Flieg deinen Weg, lieber Schwan! wenn ich dein wieder bedarf, will ich dir schon rufen!" Sogleich schwang sich der Schwan und fuhr mit dem Schifflein aus aller Augen weg. Jedermann schaute k>en fremden Gast neugierig an; Karl ging wieder ins Gestühl
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zu seinem Gericht und wies jenem eine Stelle unter den andern Fürsten an. Die Herzogin von Brabant, in Gegen wart ihrer schönen Tochter, hub nunmehr ausführlich zu klagen an, und hernach verteidigte sich auch der Herzog von Sachsen. Endlich erbot er sich zum Kampf für sein Recht, und die Herzogin solle ihm einen Gegner stellen, das ihre zu bewähren. Da erschrak sie heftig, denn er war ein auserwählter Held, an den sich niemand wagen würde; vergebens ließ sie im ganzen Saale die Augen umgehen, keiner war da, der sich ihr erboten hätte. Ihre Tochter klagte laut und weinte; da erhob sich der Ritter, den der Schwan ins Land geführt hatte, und gelobte, ihr Kämpfer zu sein. Hierauf wurde sich von beiden Seiten zum Streit gerüstet, und nach einem langen und hartnäckigen Gefecht war der Sieg endlich auf Seiten des Schwanritters. Der Herzog von Sachsen verlor sein Leben, und der Herzogin Erbe wurde wieder frei und ledig. Da neigten sie und die Tochter dem Helden, der sie erlöst hatte, und er nahm die ihm ange tragene Hand der Jungfrau mit dem Beding an, daß sie nie und zu keiner Zeit fragen sollte, woher er gekommen, und tvelches sein Geschlecht sei, denn außerdem müsse sie ihn verlieren.
Der Herzog und die Herzogin bekamen zwei Kinder, die tvaren Wohl geraten; aber immer mehr fing es an, ihre Mutter zu drücken, daß sie gar nicht wußte, wer ihr Vater war, und endlich tat sie an ihn die verbotene Frage. Der Ritter erschrak herzlich und sprach: „Nun hast du selbst unser Glück zerbrochen und mich am längsten gesehen." Tie Herzogin bereute es, aber zu spät; alle Leute fielen zu seinen Füßen und baten ihn zu bleiben. Der Held waffnete sich, und der Schwan kam mit demselben Schifflein ge schwommen; darauf küßte er beide Kinder, nahm Abschied von seinem Gemahl und segnete das ganze Volk; dann trat er ins Schiff, fuhr seine Straße und kehrte nimmer wieder. Der Frau ging der Kummer zu Bein und Herzen, doch zog sie fleißig ihre Kinder auf. Von diesen stammen Hessel, Lesebuch 5. 11. Ausl. M. 13
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viel edle Geschlechter, die von Geldern sowohl als Kleve, auch die Rienecker Grasen und manche andere; alle führen den Schwan im Wappen.
130. Der Rattenfänger zu Hameln. Im Jahre 1284 ließ sich zu Hameln ein wunderlicher Mann sehen. Er hatte einen Rock von vielfarbigem, buntem Tuch an und gab sich für einen Rattenfänger aus, indem er versprach, gegen ein gewisses Geld die Stadt von allen Mäusen und Ratten zu befreien. Die Bürger wurden mit ihm einig und versicherten ihm einen bestimmten Lohn. Der Rattenfänger zog demnach ein Pfeifchen heraus und pfiff. Da kamen alsobald die Ratten und Mäuse aus allen Häusern hervorgekrochen und sammelten sich um ihn herum. Als er nun meinte, es wäre keine zurück, ging er hinaus, und der ganze Haufe folgte ihm, und so führte er sie an die Weser. Dort schürzte er seine Kleider und trat in das Wasser, worauf ihm alle die Tiere folgten und hinein stürzend ertranken. Nachdem die Bürger aber von ihrer Plage befreit waren, reute sie der versprochene Lohn, und sie verweigerten ihir dem Manne unter allerlei Ausflüchten, so daß er zornig und erbittert wegging. Am 26. Juni, auf Johannis und Pauli Tag, morgens früh sieben Uhr, erschien er wieder, jetzt in Gestalt eines Jägers, erschrecklichen Angesichts, mit einem roten, wunderlichen Hut, und ließ seine Pfeife in den Gassen hören. Alsbald kamen diesmal nicht Ratten und Mäuse, sondern Kinder, Knaben und Mägdlein, voni vierten Jahr an in großer Anzahl gelaufen, worunter auch die schon erwachsene Tochter des Burgemeisters war. Der ganze Schwarm folgte ihm nach, und er führte sie hinaus in einen Berg, wo er mit ihnen verschwand. Dies hatte ein Kindermädchen gesehen, welches mit einem Kind auf dem Arm von fern nachgezogen war, darnach umkehrte und das Gerücht in die Stadt brachte. Die Eltern liefen hausen weis vor alle Tore und suchten mit betrübtem Herzen ihre
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Kinder; die Mütter erhoben ein jämmerliches Schreien und Weinen. Von Stund an wurden Boten zu Wasser und Land an alle Orte herumgeschickt, zu erkundigen, ob man die Kinder oder auch nur etliche gesehen, aber alles vergeblich. Es waren im ganzen hundertunddreißig verloren. Ein Knäblein war im Hemd mitgelaufcn und kehrte um, seinen Rock zu holen, wodurch es dem Unglück entgangen; denn als es zurückkam, waren die anderen schon in der Grube eines Hügels, die noch gezeigt wird, verschwunden. Die Bürger von Hameln haben die Begebenheit in ihr Stadtbuch einzeichnen lassen. An dem Rathaus standen folgende Zeilen: Im Jahr 1284 na Christi gebart tho Hamel worden uthgevort hundert und dreißig Kinder dasülvest gehörn, dorch einen Piper under den Köppen verlorn.
131. Der Glockenguß zu Breslau. Als die Glocke zu St. Maria Magdalena in Breslau gegossen werden sollte und alles dazu fast fertig war, ging der Gießer zuvor zum Essen, verbot aber dem Lehrjungen bei Leib und Leben, den Hahn am Schmclzkessel anzu rühren. Der Lehrjung aber war vorwitzig und neugierig, wie das glühende Metall doch aussehen möge, und indem er so den Hahn bewegte und anregte, fuhr er ihm wider Willen ganz heraus, und das Metall rann und rann in die zubereitete Form. Höchst bestürzt, weiß sich der arme Junge gar nicht zu helfen, endlich wagt er's doch und geht weinend in die Stube und bekennt seinem Meister, den er um Gotteswillen um Verzeihung bittet. Der Meister aber lvird vom Zorn ergriffen, zieht das Schwert und ersticht den Jungen auf der Stelle. Dann eilt er hinaus, will sehen, was noch vom Werk zu retten sei, und räumt nach der Verkühlung ab. Als er abgeräumt hatte, siehe! so war die ganze Glocke trefflich wohl ausgegossen und ohne Fehl; voll Freuden kehrte der Meister in die Stube zurück und 13*
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sah nun erst, was Übels er getan hatte.
Der Lehrjung
war verblichen, der Meister wurde eingezogen und von den Richtern zum Schwert verurteilt. Jnmittelst war auch die Glocke ausgezogen worden; da bat der Glockengießer flehent lich, ob sie nicht noch geläutet werden durfte; er möchte ihre Resonanz auch wohl hören, da er sie doch zugerichtet hätte, wenn er die Ehr vor seinem letzten End von den Herren haben könnte. Die Obrigkeit ließ ihm willfahren, und seit der Zeit wird mit dieser Glocke allen armen Sündern, wenn sie vom Rathaus herunterkommen, geläutet. Die Glocke ist so schwer, daß, wenn man fünfzig Schläge gezogen hat, sie andere fünfzig von selbst gehet.
Heinrich Hansjakob. 132. Der Tod des Hermesburen. Auf einer kleinen Anhöhe liegt der Hermeshof und schaut ins stille Tal hinab bis gen Zell zur Wallfahrts kirche. In diese war manchen Sonntag in gesunden Tagen der alte Bur gewandelt der „Mutter Gottes zulieb", und als er krank und kränker ward, hatte er seine Kinder hin abgesandt in die Kapelle, damit sie beteten um eine glück liche Sterbestund. Der Kaplan aber von Zell brachte ihm öfters die heilige Wegzehrung. Drum fürchtete der Hermesbur das Sterben nicht. Es war ein heißer Sommertag, als der Sensenmann auf dem Hermeshof anklopfte, um den Bur zu seinem Weib, das schon seit Jahren auf dem Kirchhofe von Zell ruhte, abzuholen. Die Kinder, alle erwachsen, umstanden das Sterbelager des Vaters. Drunten int Tal arbeiteten Knechte und Mägde, um die Weizenernte heimzubringen. Drüben von der Kinzig her zog ein Gewitter dem Tale zu. Schon rollte der Donner in der Ferne. „Der Himmel selbst flammt auf, wenn Fürsten ster ben," sagt Shakespeare, und ein deutscher Hofbauer ist auch ein Fürst. Er war es wenigstens noch zu Zeiten des alten
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Hermesburen. Der hörte im Sterben die Stimme des kommenden Wetters und wußte, daß die Ernte drunten lag am Fuße des Hügels. „I kann affet sterbe," hub der Alte zu seinen Kindern zu reden an, „helft ihr drunte dene Völker Garbe binde und sorgt für euer Brot zur Winters zit. I brauch keins meh, i wart uf de Winter drunte im Gottesacker." Hinter dem uralten Kasten in der Sterbekammer stand eine alte lange Flinte, im Hause von jeher nur der „Brummler" genannt. Schon der Urahn des Sterbenden hatte mit dem Brummler das Neujahr und die Kirchweih ins Tal hinuntergeschossen. Mit ihm wollte auch der sterbende Hermesbur seinen Tod ansagen. „Legt mir den Brummler," so sprach er weiter, „geladen unters Kammerfensterle und bindet ans Schloß eine Schnur. Die gebt ihr mir in die Hand." So geschah es, und alsdann redete der Alte weiter: „So, jetzt geht ihr hinab und helft Garben binden, und der Vater wartet auf den Tod. Wenn der kommt, zieh i die Schnur am Brummler. Wenn ihr den im Tal drunten hört, dann kniet nieder und betet ein Vaterunser und „Herr, gib ihm die ewige Ruh", denn euer Vater ist tot. Und jetzt behüt euch Gott! Bleibt brav, wie euer Vater und Mutter es gewesen sind." Nun gab er jedem seiner Kinder die Hand zum Ab schied und mahnte sie zur Eile mit den Worten: „Aber jetzt geht schnell, 's donnert schon wieder." Der Alte hatte allzeit seinen Willen, fest wie Eisen. Sein letzter Wille aber war heute wie Diamant. Die Kin der, immer gewohnt ihm zu folgen, gehorchten auch hier. Weinend gingen sie den Hügel hinab, und unter Tränen banden sie ihre Garben. Tränenden Auges schauten sie von Zeit zu Zeit von der Arbeit hinauf zum Hermeshof, ob sie nicht vor dem Donner des Himmels den Brummler überhört hätten. Eben war die letzte Garbe gebunden und geladen, da fuhren Blitz und Schlag übers Tal hin. Eine plötzliche
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Stille folgte dem Zucken und Rollen vom Himmel her — — da füllt ein Schuß vom Hof herab, der Brummler gibt das Todessignal des Vaters. Neben den Erntewagen knien die Kinder und beten ein Vaterunser und „Herr, gib ihm die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihm". Dann führen sie ihre Garben den Berg hinauf ins Vater haus. Der Vater ist tot, da sie seine Stube betreten. Die Ernte ist daheim, und der Vater auch. — — So sterben große Menschen, und große Menschen fin den sich nicht bloß auf Fürstenthronen, auf Schlachtfeldern, auf Kathedern, sie finden sich, oft weit größer, auch in stillen Tälern, auf einsamen Gehöften. Im Volke, diesem Meere der Menschheit, da leben Adamskinder von jeder Sorte. — —
Johann Peter Hebel. 133. Unverhofftes Wiedersehen. In Falun in Schweden küßte vor guten fünfzig Jahreri und mehr ein junger Bergmann seine junge, hübsche Braut und sagte zu ihr: „Auf Sankt Luciä wird unsere Liebe von des Priesters Hand gesegnet. Dann sind wir Mann und Weib und bauen uns ein eigenes Nestlein." — „Und Friede und Liebe soll darin wohnen!" sagte die schöne Braut mit holdem Lächeln, „denn du bist mein einziges und alles, und ohne dich möchte ich lieber int Grabe sein, als an einem anderen Ort." Als sie aber vor St. Luciä der Pfarrer zum zweitenmal in der Kirche aufgerufen hatte: „So nun jemand Hindernis wüßte anzuzeigen, warum diese Personen nicht möchten ehelich zusammen kommen," da meldete sich der Tod. Denn als der Jüngling den andern Morgen in seiner schwarzen Bergmannskleidung an ihrem Haus vor beiging — der Bergmann hat sein Totenkleid immer an — da klopfte er zwar noch einmal an ihrem Fenster und sagte ihr guten Morgen, aber keinen guten Abend mehr. Er kam nimmer aus dem Bergwerk zurück, und sie säumte
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vergeblich selbigen Morgen ein schwarzes Halstuch mit rotem Rand für ihn zum Hochzeitstag, sondern als er nimmer kam, legte sie es weg und weinte um ihn und vergaß ihn nie. Unterdessen wurde die Stadt Lissabon in Portugal durch ein Erdbeben zerstört, und der siebenjährige Krieg ging vorüber, und Polen wurde geteilt, und die Kaiserin Maria Theresia starb, Amerika wurde frei, und die ver einigte französische und spanische Macht konnte Gibraltar nicht erobern. Die französische Revolution und der lange Krieg fing an, und Napoleon eroberte Preußen, und die Engländer bombardierten Kopenhagen, und die Ackerleute säeten und schnitten, der Müller mahlte, und die Schmiede hämmerten, und die Bergleute gruben nach den Metall adern in ihrer unterirdischen Werkstatt. Als aber die Berg leute in Falun im Jahre 1809 etwas vor oder nach Johannis zwischen zwei Schächten eine Öffnung durchgraben tvollten, gute dreihundert Ellen tief unter dem Boden, gruben sie aus dem Schutt und Vitriolwasser den Leichnam eines Jünglings heraus, der ganz mit Eisenvitriol durchdrungen, sonst aber unverwest und unverändert war, also daß man seine Gesichtszüge und sein Alter noch völlig erkennen konnte, als wenn er erst vor einer Stunde gestorben oder ein wenig eingeschlafen wäre an der Arbeit.
Als man ihn aber zu Tag ausgefördert hatte, Vater und Mutter, Gefreundte und Bekannte waren schon lange tot, kein Mensch wollte den schlafenden Jüngling kennen oder etwas von seinem Unglück wissen, bis die ehemalige Verlobte des Bergmanns kam, der eines Tages auf die Schicht gegangen war und nimmer zurückkehrte. Grau und zu sammengeschrumpft kam sie an einer Krücke an den Platz und erkannte ihren Bräutigam; und mehr mit freudigem Entzücken als mit Schmerz sank sie auf die geliebte Leiche uieder, und erst als sie sich von einer langen, heftigen Bewegung des Gemüts erholt hatte, „es ist mein Ver lobter", sagte sie endlich, „um den ich fünfzig Jahre lang
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getrauert hatte, und den mich Gott noch einmal sehen läßt vor meinem Ende. Acht Tage vor der Hochzeit ist er unter die Erde gegangen und nimmer heraufgekommeu." Da wurden die Gemüter aller Umstehenden von Wehmut und Tränen ergriffen, als sie sahen die ehemalige Braut jetzt in der Gestalt des hingewelkten, kraftlosen Alters rind den Bräutigam noch in seiner jugendlichen Schöne, und wie in ihrer Brust nach fünfzig Jahren die Flamme der jugend lichen Liebe noch einmal erwachte — aber er öffnete den Mund nimmer zum Lächeln oder die Augen zum Wieder erkennen — und wie sie ihn endlich von den Bergleuten in ihr Stüblein tragen ließ, als die einzige, die ihm an gehöre und ein Recht an ihn habe, bis sein Grab gerüstet sei auf dem Kirchhof. Den andern Tag, als das Grab gerüstet war auf dem Kirchhof und ihn die Bergleute holten, schloß sie ein Kästlein auf, legte sie ihm das schwarzseidene Halstuch mit roten Streifen um und begleitete ihn alsdann in ihrem Sonntagsgewand, als wenn es ihr Hochzeitstag und nicht der Tag feiner Beerdigung wäre. Denn als man ihn aus dem Kirchhof ins Grab legte, sagte sie: „Schlafe nun ivohl noch einen Tag oder zehen im kühlen Hochzeitsbctt und laß dir die Zeit nicht lange werden! Ich habe nur noch wenig zu tun und komme bald, und bald wird's wieder Tag. — Was die Erde einmal wiedergegeben hat, wird sie zum zweitenmal auch nicht behalten!" sagte sie, als sie fortging und noch einmal umschaute.
134. Der Schneider in Pensa. Der Schneider in Pensa, was ist das für ein Männ lein! Sechsundzwanzig Gesellen auf dem Brett; jahraus, jahrein für halb Rußland Arbeit genug, und doch kein Geld, aber ein froher, heiterer Sinn, ein Gemüt, treu und köstlich wie Gold, und mitten in Asien deutsches Blut rhein ländischer Hausfreundschaft.
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Im Jahre 1812, als Rußland nimmer Straßen genug hatte für die Kriegsgefangenen an der Beresina oder in Wilna, ging eine auch durch Pensa, welches für sich schon mehr als einhundert Tagereisen weit von Lahr oder Pforzheim entfernt ist, und wo die beste deutsche oder englische Uhr, wer eine hat, nimmer recht geht, sondern ein paar Stunden zu spät. In Pensa ist der Sitz des ersten russischen Statthalters in Asien, wenn man von Europa aus herein kommt. Also wurden dort die Kriegsgefangenen abgegeben und übernommen und alsdann weiter abgeführt in daK tiefe, fremde Asien hinein, wo die Christenheit ein Ende hat und niemand mehr das Vaterunser kennt, wenn's nicht einer, gleichsam als eine fremde Ware, aus Europa mit bringt. Also kamen eines Tages, mit Franzosen meliert, auch sechzehn rheinische Landsleute, badische Offiziere, die da mals unter den Fahnen Napoleons gedient hatten, über die Schlachtfelder und Brandstätten von Europa, ermattet,, krank, mit erfrorenen Gliedmaßen und schlecht geheilten Wunden, ohne Geld, ohne Kleidung, ohne Trost in Pensa an und fanden in diesem unheimlichen Land kein Ohr mehr, das sich über ihre Leiden erbarmte. Als aber einer den andern mit trostloser Miene anblickte: „Was wird aus uns werden?" oder: „Wann wird der Tod unserm Elend ein Ende machen, und wer wird den letzten begraben?" da vernahmen sie mitten durch das russische und kosakische Kauderwelsch, wie ein Evangelium vom Himmel, unver mutet eine Stimme: „Sind keine Deutsche da?" und es stand vor ihnen aus zwei nicht ganz gleichen Füßen eine liebe, freundliche Gestalt. Das war der Schneider von Pensa, Franz Anton Egetmeier, gebürtig aus Bretten im Neckarkreis, Großherzogtum Baden. Hat er nicht im Jahr 1779 das Handwerk gelernt in Mannheim? Hernach ging er auf die Wanderschaft nach Nürnberg, hernach ein wenig nach Petersburg hinein. Ein Pfälzer Schneider schlagt sieben bis achtmal hundert Stunden Wegs nicht hoch an.
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wenn's ihn inwendig treibt. In Petersburg aber ließ er sich unter ein russisches Kavallerieregiment als Regiments schneider engagieren und ritt mit ihnen in die fremde russische Welt hinein, wo alles anderst ist, nach Pensa, bald mit der Nadel stechend, bald mit dem Schwert. In Pensa aber, wo er sich nachher häuslich und bürgerlich niederließ, ist er jetzt ein angesehenes Männlein. Will jemand in ganz Asien ein sauberes Kleid nach der Mode haben, so schickt er zu dein deutschen Schneider in Pensa. Verlangt er etwas von bcm Statthalter, der doch ein vornehmer Herr ist und mit dem Kaiser reden darf, so hat's ein guter Freund vom andern verlangt, und hat auf dreißig Stunden Weges ein Mensch ein Unglück oder einen Schmerz, so vertraut er sich dem Schneider in Pensa an, er findet bei ihm, was ihm -fehlt, Trost, Rat, Hilfe, ein Herz und ein Auge voll Liebe, Obdach, Tisch und Bett, nur kein Geld.
Einem Gemüte, wie dieses war, das nur in Liebe und Wohltun reich ist, blühte auf den Schlachtfeldern des .Jahres 1812 eine schöne Freudenernte. So oft ein Trans port von unglücklichen Gefangenen kam, warf er Schere und Elle weg und war der erste auf dem Platz, und: „Sind keine Deutsche ba?" war seine erste Frage. Denn er hoffte von einem Tag zum andern, unter den Gefangenen Lands leute anzutreffen, und freute sich, wie er ihnen Gutes tun wollte, und liebte sie schon zum voraus ungesehenerweise, wie eine Frau ihr Kindlein schon liebt und ihm Brei geben kannj, ehe sie es hat. „Wenn sie nur so oder so aussähen!" dachte er, „wenn ihnen nur auch recht viel fehlt, damit ich ihnen recht viel Gutes erweisen kann!" Doch nahm er, wenn keine Deutschen da waren, auch mit Franzosen vorlieb und erleichterte ihnen, bis sie weitergeführt wurden, ihr Elend, als nach Kräften er konnte. Diesmal aber, als er mitten unter so viele geneigte Landsleute, auch Darmstädter und andere, hinein rief: „Sind keine Deutsche da?" — er mußte zum zweiten mal fragen, denn das erstemal konnten sie vor Staunen und Ungewißheit nicht antworten, sondern das süße deutsche
Wort in Asien verklang in ihren Ohren wie ein Harfen ton; und als er hörte: „Deutsche genug!" und von jedem erfragte, woher er sei — er wäre mit Mecklenburgern oder Kursachsen auch zufrieden gewesen — aber einer sagte: von Mannheim am Rheinstrom, als wenn der Schneider nicht vor ihm gewußt hätte, wo Mannheim liegt, der andere sagte: von Bruchsal, der dritte: von Heidelberg, der vierte: von Gochsheim; da zog es wie ein warmes, auflösendes Tauwetter durch den ganzen Schneider hindurch. „Und ich bin von Bretten," sagte das herrliche Gemüte, „Franz Anton Egetmeier von Bretten!" wie Joseph in Ägvpten zu den Söhnen Israels sagte: „Ich bin Joseph, euer Bruder!" — und die Tränen der Freude, der Wehmut und heiligen Heimatliebe traten allen in die Augen, und es war schwer zu sagen, ob sie einen freudigern Fund an dem Schneider oder der Schneider an seinen Landsleuten machte, und welcher Teil am gerührtesten war. Jetzt führte der gute Mensch seine teuern Landsleute int Triumph in seine Wohnung und bewirtete sie mit einem erquicklichen Mahl, wie in der Geschwindigkeit es aufzutreiben war. Jetzt eilte er zum Statthalter und bat ihn um die Gnade, daß er seine Landsleute in Pensa behalten dürfe. „Anton," sagte der Statthalter, „wann hab ich Euch etwas abgeschlagen?" Jetzt lief er in der Stadt herum und suchte für diejenigen, welche in seinem Hause nicht Platz hatten, bei seinen Freunden und Bekannten die besten Quartiere aus. Jetzt musterte er seine Gäste, einen nach dem andern. „Herr Landsmann," sagte er zu einem, „mit Euerm Weiß zeug sieht's windig aus. Ich werde Euch für ein halbes Dutzend neuer Hemden sorgen. — Ihr braucht auch ein neues Nöcklein," sagte er zu einem andern. — „Eiters kann noch gewendet und ausgebessert werden," zu einem dritten und so zu allen, und augenblicklich wurde zuge schnitten, und alle sechsundzwanzig Gesellen arbeiteten Tag und Nacht an Kleidungsstücken für seine werten rheinlän dischen Hausfreunde. In. wenig Tagen waren alle neu
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oder anständig ausstaffierr. Ein guter Mensch, auch wenn er in Nöten ist, mißbraucht niemals fremde Gutmütigkeit; deswegen sagten zu ihm die rheinländischen Hausfreunde: „Herr Landsmann, verrechnet Euch nicht. Ein Kriegs gefangener bringt keine Münzen mit. So wissen wir auch nicht, wie wir Euch für Eure großen Auslagen werden schadlos halten können und wann." Darauf erwiderte der Schneider: „Ich finde hinlängliche Entschädigung in dem Gefühl, Ihnen helfen zu können. Benutzen Sic alles, was ich habe! Sehen Sie mein Haus und meinen Garten als den Ihrigen an!" So kurz weg und ab, wie ein Kaiser oder König spricht, wenn, eingefaßt in Würde, die Güte hervorblickt. Denn nicht nur die hohe fürstliche Geburt und Großmut, sondern auch die liebe häusliche Demut gibt, ohne es zu wissen, bisweilen den Herzen königliche Sprüche ein, Gesinnungen ohnehin. Jetzt führte er sie freudig wie ein Kind in der Stadt bei seinen Freunden herum und machte Staat mit ihnen. So sehr sie zufrieden waren, so wenig war er es. Jeden Tag erfand er neue Mittel, ihnen den unangenehmen Zu stand der Kriegsgefangenschaft zu erleichtern und das fremde Leben in Asien angenehm zu machen. War in der lieben Heimat ein hohes Gcburts- oder Namcnsfest, cs wurde am nämlichen Tag von den Treuen auch in Asien mit Gast-mahl, mit Vivat und Freudenfeuer gehalten, nur etwas früher, weil dort die Uhren falsch gehen. Kani eine frohe Nachricht von dem Vorrücken und dem Siege der hohen Alliierten in Deutschland an, der Schneider war der erste, der sie wußte und seinen Kindern — er nannte sie nur noch seine Kinder — mit Freudentränen zubrachte, darum, daß sich ihre Erlösung nahte. Als einmal Geld zur Unter stützung der Gefangenen aus dem Vaterland ankam, war ihre erste Sorge, ihrem Wohltäter seine Auslagen zu ver güten. „Kinder," sagte er „verbittert mir meine Freude nicht!" — „Vater Egetmeier," sagten sie, „tut unserm Herzen nicht wehe!" Also machte er ihnen zum Schein
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eine kleine Rechnung, nur, um sie nicht zu betrüben, und um das Geld wieder zu ihrem Vergnügen anzuwenden, bis die letzte Kopeke aus den Händen war. Das gute Geld war für einen andern Gebrauch zu bestimmen, aber man kann nicht an alles denken. Denn als endlich die Stunde der Erlösung schlug, gesellte sich zur Freude ohne Maß der bittere Schmerz der Trennung und zu dem bittern Schmerz die Not. Denn es fehlte an allem, was zur Notdurft und zur Vorsorge auf eine so lange Reise in den Schrecknissen des russischen Winters und einer unwirtbaren Gegend nötig war, und ob auch auf den Mann, solange sie durch Rußland zu reisen hatten, täglich 13 Kreuzer verabreicht wurden, so reichte doch das wenige nirgends hin. Darum ging in diesen letzten Tagen der Schneider, sonst so frohen, leichten Mutes, still und nachdenklich herum, als der etwas im Sinn hat, und war wenig mehr zu Hause. „Es geht ihm recht zu Herzen," sagten die rheinländischen Herren Hausfreunde und merkten nichts. Aber auf ein mal kam er mit großen Freudenschritten, ja mit verklärtem Antlitz zurück: „Kinder, es ist Rat. Geld genug!" — Was war's? Die gute Seele hatte für zweitausend Rubel das Haus verkauft. „Ich will schon eine Unterkunft finden," sagte er, „wenn nur ihr ohne Leid und Mangel nach Deutschland kommt."
O, du heiliges, lebendig gewordenes Sprüchlein des Evangeliums und seiner Liebe: „Verkaufe, was du hast, und gib es denen, die es bedürftig sind, so wirst du einen Schatz im Himmel haben." Der wird einst weit oben rechts zu erfragen sein, wenn die Stimme gesprochen hat: „Kommt, ihr Gesegneten! ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist, ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich gekleidet, ich bin krank und gefangen gewesen, und ihr habt euch meiner angenommen." Doch der Kauf wurde, zu großem Trost für die edeln Gefangenen, wieder rückgängig gemacht. Nichts destoweniger brachte er auf andere Art noch einige hundert Rubel für sie zusammen und nötigte sie, was er hatte von
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kostbarem russischem Pelzwerk mitzunehmen, um es unter wegs zu verkaufen, wenn sie Geldes bedürftig wären oder einem ein Unglück widerführe. Den Abschied will der Haus freund nicht beschreiben. Keiner, der dabei war, vermag es. Sie schieden unter tausend Segenswünschen und Tränen des Dankes und der Liebe, und der Schneider gestand, daß dieses für ihn der schmerzlichste Tag seines Lebens sei. Die Reisenden aber sprachen unterwegs unaufhörlich und noch immer von ihrem Vater in Pensa, und als sie in Bialhstok in Polen wohlbehalten ankamen und Geld an trafen, schickten sie ihm dankbar das vorgeschossene Reise geld zurück.
Viktor Hehn. 135. Besteigung des Vesuvs. Von Resina ritten wir die sanft ansteigende, aber steinige und schlecht gangbare Straße in die Höhe, rings von Weingärten, Feigen und Fruchtgärten umgeben, welche Mauern oder Dornhecken, oft auch der Kaktus oder die Aloe von uns schieden. Mit sicherem Tritt, unbezwinglich hartnäckigem Langmut, aber unfehlbarer Klugheit schritten die Esel über zerrissenes Pflaster und steiniges Geröll auf wärts, oft in Schlangenwindungen den bequemsten Pfad wählend. Neben uns wuchs der Lacrimä Christi, der dem Rheinwein ähnlich ist: schon jetzt war der Blick aus den Golf und die anliegenden Landstrecken von überraschender Schönheit. Wir kamen endlich an das erste Lavaseld, nach dem unsere Tiere schon oft über knisternde Asche geschritten. Schlacken und Schollen, zerbröckelt, zertrümmert, gehäufelt wie eine aufgewühlte Erde; man glaubt sie mit dem Fuß in Staub zerstoßen zu können und findet ein felsenhartes Gestein. Jenseits dieses dunkeln und öden Gefildes findet man das sogenannte Haus des Eremiten, es ist nichts mehr als ein schlechtes Wirtshaus. Der Hof vor dem Hause, mit hohen Bäumen besetzt, läßt das Auge frei, es schweift
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über die ganze Gegend. Jenseits Misenum und Procida erscheint das äußere Meer und sein zweiter Golf, der von Gaeta, und jauchzend erkenne ich Capo Circello wieder, das herrliche Vorgebirge, die blaue Felsensphinx, deren Formen dieser ganzen Küste eigen sind, vom Kap Miseno und Capri bis Salerno hinab. Vom Eremiten reiten wir noch eine kurze Strecke durch eine Lavawildnis; dann ist der Punkt erreicht, wo wir vom Esel steigen, und das mühsanie Klimmen beginnt. Ein Strom geschmolzener Massen war hier einst über den Rand des kochenden und dampfenden Feuerkessels hiuabgeflosseu, danu in seinen Wellen erstarrt, zu Klumpen zersprungen, und liegt nun in rollendem, scharfkantigem Gestein wüst durcheinander, natürliche, aber ost wankende Stufen bildend. Man begreift nicht, wer so in diesem Felsenstoff gewühlt und ihn zn kleineren und größeren Brocken zerrieben. Wir sprangen von einem Block steil aufwärts zum andern, auf unsre Stöcke gestützt, von Zeit zu Zeit Atem schöpfend, oder einen Kristall, der sich in der Feuersglut gebildet, aus hebend; die schon bleichen Strahlen der sich zum Unter gang neigenden Sonne trieben uns zur Eile. Schon tont uns Schwefelgeruch entgegen, schon ward es unter unsern Füßen warm, und zwischen den Schollen stiegen Dämpfe auf. Endlich war der obere Rand erreicht, aber kaum hatten wir ihn betreten, als eine Wolke erstickenden Schwefel dampfes uns entgegenschlug, unsern Blick umhüllte, unsre Schritte hemmte. Es war ein schwarzes, mit Steinen dünn besätes Feld, auf dem wir standen: es neigte sich dem entsetzlichen Schlunde zu, aus dem mit furchtbarer Gewalt giftige Nebel aufwogten und dann, vom Sturm getrieben, aus uns zu und über uns fortwirbelten. Wir bedeckten das Gesicht bis zu den Augen mit einem Tuch und näherten uns dem Abgrund. Ost glaubten wir ersticken zu müssen, oft trieb die Angst, der wir mühevoll widerstanden, zur Flucht. Drunten, am Fuß des Berges, ein reiches, lebenstrotzendes
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Paradies, hier die wütende, entsetzliche Hölle, eins von dem andern nur zwei kurze Stunden entfernt. Ter Berg war heute ungewöhnlich in Bewegung, und mir hatten den un günstigsten Wind, der uns allen Dampf zutrieb: den Kessel zu umgehen war bei der eintretenden Nacht nicht möglich, auch hatte der Führer sich von uns geflüchtet und jen seits der Schwefelwolken eine sichere Stellung genommen: la nabbia, sagte er, sei heute zu groß. Nichts bewog ihn, mit uns den Rand zu umgehen, allein durften wir es nicht unternehmen. Mit vorgehaltenen Tüchern drangen wir nochmals in die weißen Wolken vor, die wesenlos, aber totverbreitend in immer erneuten Wirbeln über das schwarze Gefilde strichen. Auf Augenblicke entblößte sich der jen seitige Rand des Schlundes; tiefschwarz und zackig, an seinen: Bauche mit Nebeln behängt, wogte er auf und nie der, bis er wieder auf längere Zeit verschwand, einen: riesen haften Ungebilde gleichend, das die .Höllentiefe gekocht, dann .ausgespien, dann wieder zurückgenon:n:en. Auch seitwärts ragte ungewiß ein dunkler, hoher Felsenrand, vortretend, ins Ungeheure wachsend, dann wieder verschwindend. Die Sonne erschien wie eine blutrote Kugel, nachdem sie lang ganz verhüllt gewesen: das Bild des Meerbusens und der Küste aber, dieses wonnevolle Bild, stärkte unser bebendes Herz in den kurzen Augenblicken, wo ein Spalt der Dämpfe die schöne Erde wieder vor uns öffnete. Es war Nacht geworden, als wir schieden. Wir wandten uns jetzt seit wärts von den: Lavastron: und wateten durch tiefe vulkanische Asche den Kegel hinab. Nichts leichter unb angenehmer, als dieses Hinabsteigen: bis ins Knie einsinkend, fühlten wir bei steilem Fall dennoch keine Erschütterung, denn die Asche mäßigt mit leichtem Widerstand die Deftigkeit des Sturzes. Im schnellen Takt tanzten wir hernieder: selbst wenn der Fuß gleitet, sinkt man schmerzlos auf den Rücken und rafft sich lachend auf. Am Fuße des Kegels angelangt, bestiegen wir die unten harrenden Esel wieder, die mit sicherem Tritt durch die Nacht über die Lavablöcke setzten.
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Im Hause des Eremiten, wo wir uns mit Lacrimä stärk ten, zündeten die Treiber ihre Fackeln an, und während, ein schmaler Silberstreis, der Mond am Himmel glimmte, sielen die roten Lichtströme der vor uns gehenden Brände links und rechts phantastisch auf die wilde Wüste, die in sich zu rollen und dunkel bewegt schien, dann auf Mauern und Bäume, endlich auf die Wände der Häuser des ersehn ten Resina.
Gustav Friedrich Hertz berg. 136. Alexander und sein Arzt. Während sich die Heeresmassen des Orients den Euphrat entlang gegen Nordwesten wälzten, war Alexan der bald nach seinem Einmarsch in Tarsos in sehr gefährlicher Weise in seiner rastlosen Tätigkeit unterbrochen wor den. Die gewaltigen Anstrengungen der letzten Zeit, ein Bad in dem eiskalten, kristallhellen Alpenflusse Kydnos, der die Stadt Tarsos durchströmte, auch wohl der Einfluß der fieberbrütenden Lust der int Sommer und Herbst glühend heißen kilikischen Niederung, stürzten den König in eine lebensgefährliche Krankheit. Das Heer war in Ver zweiflung; die Mittel und mehr noch der Mut der Ärzte waren erschöpft; nur Alexanders alter treuer Leibarzt Philippos hoffte noch, durch ein Mittel von höchst energi scher Wirkung den König retten zu können. Der Ruf des bewährten Arztes war groß, Alexander selbst vollkommen bereit, sich seiner Behandlung zu unterwerfen. Scholl erlvartete er den Becher, den ihm Philipp mischte: da wurde dem König ein Brief Parmenions überbracht. Der greise Heerführer warnte seinen Herrn vor Philipp; der treu lose Arzt sei durch große Geschenke und Zusagen von dem Perserkönig bestochen worden, Alexander durch Gift aus dem Wege zu räumen. Der junge Held war rasch ent schlossen. Er kannte seit Jahren des alten Arztes treue Hessel, Lesebuch 6. 11. Ausl.
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Anhänglichkeit an seine Person- er selbst war noch nicht weder durch übermenschliches Glück noch durch schwere Er fahrungen innerlich verwandelt. Mit der ganzen Hoch herzigkeit seiner Seele, mit dem vollen Glauben an die Treue seines Dieners, ergriff er den Becher, den ihm Philipp reichte, ließ den Arzt den Brief lesen und trank dabei ohne Bedenken die Arzenei. Der treue Arzt war keinen Augenblick erschrocken oder verlegen, nur tief empört über jene schmachvolle Anschuldigung, nur um so eifriger um des Königs Pflege bemüht. Und seine treue Sorgfalt wurde belohnt; die gewagte Kur gelang vollkommen, schon nach wenigen Tagen war Alexander wieder imstande, an die Spitze seiner Krieger zu treten.
137. Der gordische Knoten. Auf der Akropolis von Gordion, in einem Heilig tum des Zeus, befand sich seit unvordenklicher Zeit ein einfacher Bauerwagen; in ganz Kleinasien galt er für den selben Wagen, der in dunkler Vorzeit dem Gordias ge hört habe. Diesem Manne, einem einfachen phrygischen Bauern, hatte, so erzählte sich das Volk, einst ein Adler, der sich auf dem Wagen niederließ, die künftige Größe seines Hauses verkündigt. Die göttliche Verkündigung hatte sich erfüllt. Gordios erlebte es noch, daß sein Sohn Midas von eben jenem Wagen herab zum Könige von Phrygien erhoben wurde. Der Wagen aber wurde als Weihgcschenk für den Zeus auf der Burg aufgestellt; der alte Gordios aber hatte das Joch des Wagens mit Bast von Hartriegel kunstvoll und fest an die Deichsel geschlungen. Nun ging seit Jahrhunderten bei allem Volke die Sage, einem Götterspruche zufolge sei 'die Herrschaft über Asieu dem Sterblichen vorbehalten, dessen Hand diesen Knoten zu lösen vermöge. Vor dieser Reliquie uralter Jahrhun derte also erschien jetzt Alexander. Er mußte das. seltsame Gespinst lösen, und da er umsonst nach den Enden des Knotens suchte, so zog er endlich mit raschem Entschluß.
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sein Schwert und hieb das Gewebe mitten durch. Seine Umgebung, sein Heer blickten voll Bewunderung aus ihren König. Ein schweres Gewitter, das sich in der nächsten Nacht über Gordion entlud, galt als ein Zeichen der Zu stimmung von feiten des Zeus, und der König konnte in seiner Freude am anderen Morgen den hilfreichen Göttern feierliche Dankopfer darbringen.
Hermann Löns. 138. Hasendämmerung. Jans Mümmelmann, der alte Heidhase, lag in seinem Lager auf dem blanken Heidberg, ließ sich die Mittags sonne auf den Balg scheinen und dachte nach über Leben und Tod. Sein Leben war Mühe und Angst gewesen. Aber dennoch fand er, daß sein Leben köstlich gewesen war. Auf grünen Feldern hatte sich feine Jugendzeit abgespielt; seine Jünglingsjahre hatte er im Walde verlebt; die Jahre seiner männlichen Reife verbrachte er in der Heide, nachdem ihn Feld und Wald Menschenhaß gelehrt hatten, und nur, wenn sein Herz sich nach Zärtlichkeiten sehnte, verließ er die Ode. Da lebte er, ein einsamer Weltweiser. Die Äsung war mager, aber es stand nicht, wie beim Klee im Felde und bei der üppigen Wiese im Walde, die Angst bleichwangig und schlotterbeinig immer neben ihm; in Ruhe und Frie den konnte er da leben, sorglos im feinen Flugsande des Heidhügels die rheumatischen Glieder baden und dem Ge sänge der Heidelerchen lauschen. Mümmelmann fand heute aber doch, daß er etwas Abwechslung in seine Nahrung bringen müsse. Keine Philo sophie der Welt tröstete den Magen, und keine Weltweis heit beseitigte die Appetitlosigkeit. Beim Dorfe gab es jetzt schon junge Roggensaat. Auch brauner Kohl war da, ferner Apfelbaumrinde, etwas ganz Feines, und der Klee war
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scholl hoch genug, an den Gräben wuchs allerlei winter hartes Kraut; Mümmelmann lies das Wasser hinter den gelben Zähnen zusammen. Allerdings, so ohne Gefahr ging ein Diner beim Dorfe nie ab. Fast immer stöberten Wasser oder Lord oder Widu oder Sektor oder ein anderer dieser scheußlichen Köter im Felde herum. Ter Jagdaufseher hatte im Felde überall Tellereisen linö Schwanenhälse liegen, und der Jagdpächter hielt sich immer in der Nähe beo Torfes mit seinem Schießkllüppel am. Gr war ein bißchen sehr dick und hatte eine trockene Leber, so daß er sieh nicht gerne weit Dom Kruge entfernte. Aber schließlich: was kann das schlechte Leben helfen? dachte Mümmelmann; einen Tod sterben wir Hasen ja doch nur, und besser ist es, im Dampfe dem guten Schützen sein Kompliment zu machell, als vor Altersschwäche den Schnäbeln der Krähen zum Opfer zu fallen. Und so lnachte er sorgfältig Toilette und rückte erst langsam, dann schneller gen Knnbbendors, wo er bei tiefer Dämmerung ankam. Es war eine gemütliche Nacht. Der Schnee war weich und trocken, die Luft windstill, die Kälte nicht zu stark und der Himmel bedeckt, so daß Jans und die anderen keine Angst zu haben brauchten vor dem alten Krischan, denl Armenhäusler und Besenbinder, der mit seinem ver rosteten Vorderlader bei hellen Nächten hinter dem Mist hausen auf die Hasen lauerte. Es gab ein langes Begrüßen und Erzählen, und so kam es, daß Jans völlig die Zeit verpaßte und erst lange nach dem ersten Hahnenschrei, als der Tag schon mit rotverschlafenem Gesicht über die Geest stieg, nach seiner Heide zurückhoppelte in Begleitung eines jungen strammen Moorhasen, Ludjen Flinksoot, seines im letzten Herbst bei dem großen Kesseltreiben im Feuer ge bliebenen Freundes Sohn. Den hatte er bewogen, mitzu kommen; er wollte ihn erziehen und als Erben einsetzen. Als sie aber an den Heiderand kamen, da stutzten sie und machten Männchen, denn vor ihnen zappelten int
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Frühwinde lauter bunte Lappen. Voller Angst liefen sie zurück und scharrten sich, nachdem sie erst viele Haken ge schlagen und Wiedergänge gemacht hatten, in einem mächti gen Brombeerbusch bei den Fischteichen ihr Lager. Inzwischen war im Dorfe großes Leben. Dreißig Män ner waren gekommen, bis an die Zähne bewaffnet, schreck lich anzusehen in ihrem Kriegsschmuck. Sie waren in den Krug gegangen, aßen und tranken, was es gab, machten sich mit Pfeifen und Zigarren und auch sonst blauen Dunst vor, prügelten ihre Hunde, die sich bissen, kniffen alle weib lichen Wesen unter fünfzig Jahren die Arme braun und blau, erzähltcu sich mehr oder minder alte Witze und zogen dann los, die reine Winterlust mit dem Rauch ihrer Zigarren und die Morgenstille mit dem Gcknarr ihrer Stim men erfüllend und sich freuend über den klaren, windstillen, schönen Tag, der so recht geeignet sei für den Hasenmasscnmord.
Dicht hinter dem Dorfe wurde der erste Kessel ge macht. Ein Waldhorn erklang, Schützen und Treiber setzten sich nach dem Mittelpunkt in Bewegung, und das Kriegs geschrei der rauhen Kehlen dröhnte durch den Wintermorgen. Da wurden überall graue Flecken im weißen Schnee sicht bar, die sich zu Pfählen verlängerten, unschlüssig hin und her hoppelten, wie besessen dahinrasten, und dann knallte es hier, blitzte es da, rauchte es dort, und ein Hase nach deut andern rückte zusammen, wurde kürzer, immer kürzer, blieb schließlich liegen, sprang noch einmal in die Höhe und lag dann ganz still. Andere schlugen im Dampf ein Rad, daß der Schnee stäubte, wieder andere liefen wie gesund weiter und fielen plötzlich um. Und immer enger wurde der Kessel, immer zerfurchter seine Schneedecke von den Spuren der Hasen und den eingeschlagenen Schroten, und hellrote Flecke und Streifen, sowie die dunkeln Patro nenpfropfen unterbrachen seine Farblosigkeit.
Ein Leiterwagen nahm die toten Hasen auf, und es Und als der abgetrieben war.
ging zum zweiten Kessel.
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kam der dritte an die Reihe, und dann ging es zu dem Jagdhause vor dem Moore, wo der Wirt mit seinen Töch tern Bohnensuppe auffüllte und Glühwein einschenkte und Grog. Ta gab es ein großes Erzählen hin und her, so daß Herr Markwart, der Häher, und Frau Eitel, die Elster, entsetzt abstoben und es weit und breit herumbrachten, daß die Jäger wieder einmal da wären und schon hundertundsiebzig Hasen gemordet hätten. Mümmelmann hörte ausmerksam zu, als Frau Eitel das Herrn Luthals, dem Würger, erzählte, und er dachte sich: „Wenn sie schon so viel haben, dann werden die Schin der wohl nicht mehr hierher kommen," und er flüsterte Ludjeu Flinkfoot zu: „Bleib immer hübsch still liegen, mein Junge, mag kommen, was da kommen will; wer sich nicht zeigt, wird nicht gesehen, und wer nicht gesehen wird, den trifft kein Blei." Es kam aber anders. Wieder klang das Horn. „Schwerenot noch einmal," knurrte Jans unter seinem be reiften Bart her, „noch ein Kessel? Die Sonne geht ja schon in ihr Lager. Und ich glaube, die Bande kommt auf uns zu." Ein furchtbares Gebrüll erhob sich von allen Seiten, der Boden dröhnte, Schüsse knallten. Ludjen wollte weg, aber der Alte ries: „Bliw liggen, du Döskopp," denn wenn er erregt wurde, sprach er Platt, was er sich sonst als unfein abgewöhnt hatte, und dann setzte er hinzu: „Mau kann nicht wissen, was passiert. Ich habe so eine Ahnung, als ob ich die Sonne nicht mehr aufgehen sehen soll. Und nun höre zu: falle ich, und du bleibst gesund, so rückst du in die Heide, bis du an den Heidberg kommst, wo die großmächtigen Steine aufeinander liegen. Da bist du das ganze Jahr sicher; da kommt niemand hin als die dänilichen Schafe und höchstens einmal Reinke Rotvoß, der alte Schleicher; der erzählt ganz gut, aber halte ihn dir drei Schritt vom Leibe. Einem Fuchs darf man erst trauen, wenn er kalt und steif ist." Näher kam das Getrampel, dichter folgten die Schüsse,
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hin und Ijer flitzten die Hasen, kobolzten von den Dämmen auf das Eis der Teiche und blieben da liegen. Auf einmal schwoll das Gebrüll noch weiter an: „De Voß, de Voß!" riesen die Treiber, und domm, domm, domm, domm krachte es. Müniinelmann hörte etwas in den Brombeeren knistern, etwas Rotes sauste über ihn fort, dann etwas Schwarzweißes, und dicht vor ihm schlug sich ein großer Hund den Fuchs um den Kopf.
„Meinen Segen hat er," dachte der alte Hase bei aller Augst: doch im nächsten Augenblick fuhr er aus seinem Lager, denn ein zweiter Hund kam an und wollte ihn gerade fassen: „Da löppt noch een!" schrien die Treiber. 9(6cr Jans war nicht umsonst bei seiner Mutter, der er fahrenen Gelke Müinmelmaim, in die Lehre gegangen. Er schlug einen Haken über den anderen und hielt sich immer dicht vor dem Hunde, so daß kein Schütze zu schießen wagte. Ans einmal aber krachte ein Schuß, die Schrote schlugen
pfeifend auf das Eis, der Hund jaulte auf, und wütende Stimmen erhoben sich. „Junger Mann, Sie haben meinen Hund totgeschossen!" brüllte ein dicker Herr. „Ja, was kann ich dafür?" rief der dünne Student, „ich habe ihn nicht gesehen; was hat der Hund auch im Kessel herumzubiestern?"
Und der Dicke schrie wieder: „Er sollte den Fuchs apportieren. Der Hund hat mich dreihundert Mark ge kostet." Und der Student rief: „Dreihundert Mark? Na, der Ihnen das abgeknöpft hat, der wird schön gelacht haben. Ich habe den Hund ja arbeiten sehen; hühnerrein war er, straßenrein auch, und Hasen hetzte er famos. Und wenn er auch nicht eingetragen war, ein ausgetragenes Biest war er doch, und die Rassenmerkmale hatte er innerlich, wie die Ziegen den Speck. Dreihundert Mark? Lächerlich, Sie meinen wohl Pfennige?" So ging es weiter, und keiner achtete auf Mümmel-
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mann. Der machte, daß er fort kam, denn er haßte Zank und Streit. Ihm tat nur Ludjen leid, um den Jungeil hatte er bange. Es dämmerte schon, als er an den Heidrand kain, und gerade dachte er, er wollte sich um die Lappen nicht kümmern, da krachte es, und wie zwanzig Peitschenhiebe auf einmal fühlte er es in Rücken und Keu len. Das war der Jagdaufseher gewesen, der die Lappen aufrollen wollte. Jans fühlte, daß es mit ihni aus war. Aber er kam doch noch vom Fleck und tauchte in der Dämmerung unter. Ihm war sehr schwach zu mute, obgleich er gar keine Schmerzen hatte; nur das Laufen wurde ihm schwer und das Atmen. Er kam noch bis zu dem alten Steingrab
aus dem Heidberg, und da wühlte er sich in den weichen Sand, lag ganz still und äugte nach dem Hellen Stern bilde, das über dem fernen Walde stand und ganz wie ein riesenhafter Hase aussah. Als der Mond über den Wald kam, da hoppelte auch Ludjen Flinkfoot heran. Er hatte, so schwer es ihm bei seiner Angst auch wurde, seines Oheims Ratschläge befolgt und war gesund davongekommen. Der gute Junge war sehr betrübt, daß er ihn totkrank fand; er rückte dicht an ihn heran und wärmte den Fiebernden.
Als es vom Dorfe Mitternacht schlug, da wurden Mümmelmanns Seher groß und starr; er sah die Zu kunft vor sich. „Der Mensch ist auf die Erde gekommen," sprach er, „um den Bären zu töten, den Luchs und den Wolf, den Fuchs und das Wiesel, den Adler und den Habicht, den Raben und die Krähe. Alle Hasen, die in der Üppigkeit der Felder und im Wohlleben der Krautgärten die Leiber pflegen, wird er auch vernichten. Nur die Heidhasen, die stillen und genügsamen, wird er übersehen, und schließlich wird Mensch gegen Mensch sich kehren, und sie werden sich alle ermorden. Dann wird Frieden aus Erden sein. Nur die Hirsche und Rehe und die kleinen Vögel werden auf ihr leben und die Hasen, die Abkömmlinge von
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mir linb meinem Geschlecht. Du, Ludjen, mein Schwester sohn, wirst den reinen Schlag sortpflanzen, und dein Ge schleckt wird herrschen von Aufgang bis Untergang. Der Hase wird Herr der Erde sein, denn sein ist die höchste Fruchtbarkeit und das reinste Herz."
Da ries der Kauz im Walde dreimal laut: „Komin mit, komm mit, komm mit zur Ruh, zur Ruh, zur Ruhuhuhu!" und Mümmelmann flüsterte: „Ich komme," seine Seher brachen.
Ludjen hielt die Totenwacht bei seinem Oheim; drei Tage und drei Rächte blieb er bei ihm. Als er aber nach der vierten Nacht zurückkam zum Hünengrab, da war der Leib seines Ohm verschwunden, und Ludjen meinte, die kleinen weißen Hasen wären gekommen und hätten ihn weg geholt zu dem Hasenparadiese, wo der große weiße Hase auf dem unendlichen Kleeanger sitzt. Reinke Rotvossens Vetternschast aber wunderte sich,, daß der alte dreibeinige, schwanzlose Heidfuchs, der immer so klapperdürr war, seit einigen Tagen einen strammen Balg hatte. Er hatte seinen Freund Mümmelmann be stattet auf seine Art.
139. Der Kantor. Der Fischer und seine Frau sitzen vor der Tür, sehen das Abendrot hinter dem See verschwinden und das Wasser silbern aufleuchten, wenn ein großer Fisch sich wirft, und hören dem Geschwätz der Rohrsänger und dem Geplärre der Frösche zu, das aus den Schilfbuchten erschallt.
„Der Kantor fehlt noch," sagt die Frau und sieht lächelnd ihren Mann an, und der lächelt auch und raucht langsamer; denn ein Abend, an dem der Kantor nicht singt, ist nur ein halber Abend für Fischer Klawitter; erst wenn der Kantor loslegt, dann schmunzelt der Fischer be häbig, und noch im Bette ruft er zu seiner Frau hinüber:. „Hör bloß, wie der Kantor prahlt!"
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Der Kantor ist der größte Frosch in der ganzen Bucht, ja vielleicht sogar im ganzen See. Er hat seinen Platz bei der Anlegestelle für die Kähne und sitzt entweder auf dein Ufersande unter den Schlehdornzweigen, die der Fischer dort eingesteckt hat, um die Katzen von den Fischkästen ab zuhalten, oder er liegt dick und breit auf der dichten, von vielen Hunderten von silberweißen Blüten bedeckten Bank von Wasserhahnenfuß, die die Wellen hin und her schieben, und läßt sich von der Sonne bescheinen. Der Kantor ist nicht nur der größte, sondern auch der schönste Frosch in der Bucht. Er ist knallgrün und hat über dem Rücken zwei breite, schwarzbraune Binden, zwischen denen von der Nase bis zu den Keulen eine gelb grüne, in der Mitte im Zickzact gebogene Binde herabläuft. Wenn er so daliegt, sieht er ganz ungeheuer aus, und
wenn er seine goldenen Glotzaugen aufreißt und die Kin der ansieht, die ihn voller Ehrfurcht, aber auch mit etwas Angst betrachten, dann wundern sie sich, daß er kein gol denes Krönchen auf dem Kopfe trägt; denn daß er kein gewöhnlicher Frosch ist, sondern ein verzauberter Prinz, das steht für sie fest, seitdem ihnen die Großmutter das Märchen vom Froschkönige erzählt hat. Anna, das drittjüngste Mädchen des Fischers, hat ein mal versucht, den Kantor zu fangen; denn sie wollte ihm, wie es im Märchen gelehrt wird, einen Kuß geben, um ihn zu erlösen, und dann wollte sie Prinzessin werden und nur noch seidene Kleider anziehen und nicht mehr in die Schule gehen und die Pellkartoffeln von goldenen Tellern essen.
Sie pflückte sich einen ellenlangen Binsenhalm ab, riß die Spitze und die meisten Blüten herunter und schlich mit ihren nackten Füßen dahin, wo der Kantor saß. Als der Frosch das Kind kommen hörte, drehte er sich sofort nach ihm um und sah es an; denn er war gewohnt, daß die Kinder des Fischers ihm Brummsliegen, Käfer und Raupen hinwarfcn. Anna bekam einen tüchtigen Schreck,
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als der Kantor sie aber dann mußte sie Fliege, die sich ihm linken Borderfuß so vater, wenn ihn die
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mit seinen großen Augen anglotzte, lachen; denn er wischte sich eine freche auf die Nase gesetzt hatte, mit dem ärgerlich weg, gerade wie der Groß Fliegen beim Schlafen stören.
Tas Mädchen ließ die Blüte der Binse vor dem Maule des Frosches aus und ab tanzen, aber dann schrie sie auf und sprang zurück; denn der Kantor riß sein gewaltiges, rosenrotes Maul auf und schlug seine lange rosenrote Zunge nach der Binsenblüte, weil er sie für eine Fliege hielt. Weil das Kind in seinem Schrecken die Binse zurückgezogen hatte, machte er einen furchtbaren Satz und sprang bis dicht vor die Füße des Mädchens; das schrie auf und machte, daß es fortkam. Aber Anna hatte sich nun einmal vorgenommen, den Frosch zu erlösen und Prinzessin zu werden, und so ging sie nach einer Weile wieder hin, lockte den Kantor mit der Binsenblüte, und diesmal schnappte er sofort zu und hielt die Blüte so fest, daß Klein-Anna ihn hoch in die Luft schwenken und in ihrer Schürze auf sangen konnte. Da tobte er nun ganz mächtig herum und hampelte und strampelte so gewaltig, daß das Mädchen es mit der Hellen Angst bekani und die Schürzenzipfel los ließ. Ta sagte der Kantor: „Kiekst!" und plumpste in das Wasser, daß es hoch aufspritzte. Seitdem war es mit der Freundschaft zwischen ihm und den Kindern aus; er hatte es zu sehr übelgenommen, daß er übertölpelt war. Tie wilden Enten klingeln über den See, der Hau bentaucher quarrt dumpf, der Rohrsänger singt lauter, und Stern aus Stern taucht am Himmel auf. „Wo er bloß bleibt?" meint der Fischer und schüttelt den Kopf. Es wird dunkler, das Abendrot ist längst verschwunden, die Mücken singen, die Maikäfer brummen, und rund um den See geht das Gequarre der Frösche, das Geschnarre der Kreuzkröten, und in den Wiesengräben läuten die Unken. Schon röchelt die Schleiereule, schon heult der Kauz drüben im Forste, schon tönt der dumpfe Ruf der Rohrdommel
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aus dem Schilfe, und noch immer ist der Kantor nicht zu hören. Aber jetzt legt er los. Der Fischer lacht und hebt den Zeigefinger. „Paß auf, Mutter, das ist er!" Ein hartes, rauhes „breck, kreck, treck" ertönt, hinterher er schallt ein dumpfes „mors, quork, moark, quoark", und jetzt kommt die Hauptsache: ein lautes Lachen erschallt, so breit, so behäbig, daß der Fischer mitlachen muß und seine Frau auch, und jetzt ist er zufrieden und sagt: „Mutter, nun können wir ruhig schlafen gehen." Aber als er schon Jacke und Weste ausgezogen hat, muß er noch einmal vor die Tür treten und zuhören, wie der Kantor lacht: „Hahaha," geht es, „hahahaha, hahahahahaha, hihahaha, hohihahahaha, hihohohohoha, Hai, hia, hiahahahaha," und es ist, als hörte man die Frösche, die Kröten und die Unken nicht mehr vor dem lauten Gesänge des Kantors, des Vorsängers der Frösche.
Ja, der Kantor, das ist ein Kerl! Ein Hauptkerl ist er. Er ist der Methusalem der Frösche im See, ist der Altvater, der Vorsteher; aber er ist auch der Schrecken der Wasserjung fern, das Entsetzen der Jungfische, der Mäuse blasse Angst und der jungen Rohrsänger Verderben. Wenn er sich an Mücken und Fliegen halten wollte, wie die anderen Frösche, dann könnte er schnappen und schnappen, bis er die Maulsperre bekäme, aber, satt würde er darum doch nicht. Darum hält er sich an derbere Kost. Da kommt ein Maikäfer ange brummt. Einen Riesensatz macht der Kantor, und ver schwunden ist der Käfer. Ein spannenbreiter Abend falter rüttelt über den weißen Trichterblumen der Ufer winde; ehe er sich retten kann, hat ihn die rosenrote Zunge des Frosches schon festgeleimt und zieht ihn in den Rachen hinein. Im Weidengebüsch turnt die Zwergmaus umher. Vorsichtig dreht der große Frosch sich um und wartet, bis das rote Mäuschen in Sprungnähe ist; dann ein Sprung und ein Quietschen, und aus ist es mit dem Turnen und dem Nesterbauen. Ja, der Kantor, das ist ein ganz Schlimmer! Wenn
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die Ukleis laichen, dann ist sein Schweineschlachten. Dann wartet er, bis die laichdummen Fische an den flachen Stellen sind, und dann schnappt er zu. Da hilft kein Schwänzeln und Sträuben; sie müssen hinunter. Ist ein Uklei zu lang, das schadet nichts; der Frosch läßt ruhig den Schwanz aus seinem Maule herausgucken und wartet, bis er dem verdauten Vorderleib nachrutscht, oder vielmehr er wartet gar nicht; denn wenn er noch .Hunger hat, fängt er sich noch einen Fisch oder sogar zwei, und Fischer Klawitter wußte gar nicht, was er sagen sollte, als er seinen Freund eines Tages auf der Waschbalge sitzen sah; drei Ukleischwänze guckten dem Frosche sommerlich hier sein wird.
172. Korf«. Korfu ist die Insel der Phäaken, die Heimat der Nausikaa. Natur und Menschenhand vereint haben dies Eiland geschmückt, so überreich, daß dem, der diese Fluren durchwandelt, zu Mute ist, als träume er nur so schön. Je weiter man in die Insel hineinschreitet, desto reizender ist alles, was man da sieht. Die Venezianer, welche vierhun dert Jahre lang die Herrscher in diesen Meeren waren, haben Korfu in einen Olgarten verwandelt. Für jeden neugepflanzten Olbaum wurde von der Regierung eine Beloh nung ausgezahlt, und infolgedessen wachsen hier noch heute unzählige dieser segenspendenden Bäume. Und was für Bäume! Gegen diese erscheinen die Olbäume Italiens wie elende Krüppel. Es sind Baumriesen, hochaufstrebend, mit gewaltigen Kronen, mächtig verzweigt, weitschattend, die Rinde geborsten und zerrissen vor Alter, die Äste umein ander gewunden wie Tauwerk. Wo wir auch wandeln, überall ist das Land ein einziger Gartenwald. Unter den Bäumen ist moosdurchwachsener Rasen, drin duften jetzt, im März, zahllose blaue und weiße Veilchen und leuchten bunte, große Anemonen, wie der Norden sie nicht kennt; frische Quellen rieseln durch die Wiesen die Abhänge hinunter ins Meer, Herden von Schafen und Ziegen weiden da; freundliche Landhäuser und Dörscheu blinken durchs Grün.
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Wir kamen an einen südwärts schauenden Punkt, eine Felsenspitze hoch über dem Meer; rechts von uns zog sich ties ins Land hinein eine liebliche Bucht, der jetzt ver sandete Hafen der alten Stadt; vor uns dehnte sich die Ostküste der Insel, an deren Felswänden meilenweit das Auge entlang glitt; zu unsern Füßen lagen zwei winzige, aber im Schmucke grüner Bäume glänzende Felseneilande: eins liegt dem Ufer näher, das andre schwimmt einsam draußen in der blauen Flut; hochgetürmt, ist es einem Schiffe nicht unähnlich; das Kirchlein mit den dunklen Zypressen, die es überragen, ist dann Mast und Takelwerk. Und wirUich will die Sage, daß dieses Eiland jenes Schiss der Phäaken sei, das den Odysseus nach Ithaka gebracht und zur Strafe von dem darob zürnenden Poseidon bei der Rückkehr in einen Felsblock verwandelt wurde. An eine andere Stelle kamen wir, Cardachio genannt: lichter und lichter hatten wir es durch die Ölbäume schim mern sehen, endlich hörte der Wald ganz aus, und wir stan den zu unserer Überraschung auf einem hohen Felsen, der sich unmittelbar ins Meer hinabsenkte. Etwas unterhalb unseres Standpunktes erblickten wir Mauerreste, Trümmer eines altgriechischen Tempels. Als wir hinabgeklommen, standen wir an einem Punkte von wahrhaft einziger Schön heit. Zwar vom Tempelchen — es war nur ein Ueines Heiligtum — waren nur noch bescheidene Spuren übrig: zerfallene Mauern und eine einzige dorische Säule! Der vordere Teil ist längst ins Meer hinuntergerollt; Efeu umkleidete die Mauern; im tiefen Gras versteckt lagen noch Kapitäle und geriefelte Säulenstücke; Brombeerranken wucherten üppig; wilder Goldlack und Veilchen dufteten t ein Quell rauschte unter uns eine Schlucht hinab; Hirten knaben lagerten da, zwischen dem Geröll und den Felsen kletterten ihre Ziegen. Als man vor mehr als zweitausend Jahren dies Heiligtum baute, hat man die Felsenterrassc erst künstlich schaffen müssen, deshalb sind im Halbkreis hinter und neben dem Tempelchen die Felsen weggehauen.
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und so blickt unser Kirchlein, nach Osten gewandt, wie aus traulichem Versteck über das glänzende Meer. Tief unten zu unsern Füßen rauscht es leise, der feuchte, erfrischende Seewind weht zu uns herauf. Der etwa zwei Meilen breite Meeresarm, welcher die Insel von dem gegenüber liegenden Festlande trennt, dünkt uns nur ein Landsee, denn scheinbar ganz nahe steigen drüben herrlich hoch, in ein weißes Schneekleid gehüllt, die Berge von Epirus empor, iu langgezogenen Ketten, deren jede die vorliegende hoch überragt, während man die dazwischen liegenden Langentäler nur ahnt: die hinterste Kette, die am höchsten ragt, ist schon der Pindus, dorthin lag Dodona! Nur die Küstenberge sind schneefrei, und an ihren Abhängen glänzen freundlich die weißen albanesischen Dörfer herüber. Viele Segel schwimmen, wie Schwäne, auf den dunkelblauen Fluten. Über den Wassern aber liegt der heiterste, glänzendste Frühlingssonnenschein, über den Wassern, die bald dunkel blau, bald dunkelgrün erscheinen, ähnlich wie die tiefen schweizerischen Bergseen. Die Farbe des Mittelmeeres, wenn ein solcher .Himmel über ihm lacht, wie heute, ist unvergleichlich schön, ganz anders als die des deutschen Meeres: ist ja doch die Farbe der See bedingt durch die Farbe des Himmels darüber, und so blau ist der deutsche Himmel nicht. Wie schwer wurde uns hier Trennung!
173. Das Gastmahl des Trimalchio. Ein römischer Schriftsteller, der zur Zeit des Nero lebte, hat uns ein Gastmahl beschrieben, das der reichge wordene Freigelassene Trimalchio gab. Er hatte sein Land haus in einer Stadt am Meerbusen von Neapel. Die eingeladenen Gäste waren keine eigentlich vornehmen Leute, sondern meistens auch Freigelassene, einer war ein Advokat, ein anderer war ein Sänger gewesen, der dritte ein reich gewordener Schneider und dergleichen Volk. Als die Gäste in den säulenumstellten Hof emtraten, sanden sie den Gastgeber beim Ballspiel. Lockige Knaben
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reichten den Spielern grüne Bälle. Kein Ball, der znr Erde gefallen war, durste wieder ins Spiel kommen, und so wurden immer neue Körbe voll Bälle für die Spieler herbeigeschleppt. Trimalchio bewillkommnete die Gäste und wurde dann in einer Sänfte ins »aus getragen. Ein grün gekleideter Pförtner mit kirschrotem Gürtel öffnete die Tür, eine Elster in goldenem Käfig hing da und begrüßte die Eintretenden in gutem Latein. Der Speisesaal war prächtig geschmückt, der Fußboden zeigte in Mosaik naturgetreu Speiseabfälle, Eierschalen und Krebsscheren, Gemüse und Obstschalen, die Wände waren mit Wandgemälden geziert, in Nischen standen Bildsäulen, ein eherner Kandelaber, von knienden Knaben aus Erz gestützt, trug Lampen, der Speisetisch, in Form eines Halb mondes, für etwa vierzehn Personen, ruhte auf Marmor füßen, die Gäste lagerten sich dahinter auf Polster, mit dem linken Ellbogen aus den Tisch sich stützend. Die Tafel war bedeckt mit Basen und Kostbarkeiten, Bechern, die mit Edelsteinen besetzt waren, gläsernen Schalen, die auf blaß grünem Grund dunkelgrüne Blumen erhaben hervortreten ließen, und ähnlichen Dingen. Sklaven gossen den Gästen Schneewasser über die .Hände und wuschen ihnen die Füße, alles unter Gesang. Ein Tafelaufsatz aus korinthischem Erz erschien, in Gestalt eines Esels, der einen Quersack trug, in dem links lagen grüne Oliven, in dem rechts schwarze. Tellerchen mit eingelegten Stahlverzierungen waren mit Haselnußkernen bedeckt, die in Honig eingemacht und mit Pfeffer überstreut waren, Bratwürste auf silbernen Rosten und syrische Pflaumen mit Granatapfelkernen wurden her umgereicht. Das waren die Borspeisen, die zum Appetit reizen sollten.
Während die Gäste zugriffen, wurde unter rauschen der Musik Trimalchio hereingetragen und auf die Polster gesetzt, in Scharlach war er gekleidet, um den Nacken eine Purpurserviette geschlungen, die mit Fransen verbrämt war. Schwere Goldringe hatte er an den Fingern, am rechten Hessel, Lesebuch 5. 11. Ausl. Jf. 20
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Arm ein Ring.
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goldenes
Armband
und
einen
elfenbeinernen
Zwei Sklaven brachten eine hölzerne Henne, die wie brütend auf einer Schüssel die Flügel ausbreitete. Trimalchio sagte, er habe dieser Henne Pfaueneier unterlegen lassen, hoffentlich seien sie noch nicht angebrütet. Man griff nach den großen Eiern, die aus Teig gebacken waren, und schälte sie; in jedem Ei steckte eine gebratene Schnepfe. Auf einen Tusch der Musik wurden die Schüsseln von singenden Knaben im Nu entfernt, und Neger gossen aus kleinen Schlauchen den Gästen Wein über die Hände. In Glasflaschen brachte man hundertjährigen Falernerwein herbei. Dann kam eine mächtige runde Schlisset, worauf die zwölf Zeichen des Tierkreises angebracht waren und unter jedem Zeichen ein dem entsprechendes Gericht, so lagen beim Krebs Krebse, bei dell Zwillingen Nieren, beim Schützeli ein Hase, beiln Wassernlann eine Gans, in der Mitte auf einem grünen Rasenstück eine Honigwabe.
Als man von den Gerichten etwas gekostet hatte, sagte Trimalchio, das wären zu gemeine Speisen, eigentlich nur zum Anschauen; da sprangen sofort vier Sklaven herbei und nahmen den oberen Teil dieser Schüssel fort, darunter aber erschien eine andere, worauf ein Spanferkel lag und ein mit Flügeln aus Teig versehener Hase. Vier Faunen aus Erz trugen Schläuche, woraus Brühe auf die Braten herabträufelte. In den Zwischenpausen unterhielt man sich, lachte, trank Wein und lauschte der Tafelmusik. Nun kamen andere Sklaven, als Jäger gekleidet, und hatten Netze und Jagdspieße, zugleich sprangen mit Gebell Jagdhunde herein und umtobten die Tische. Ein ganzes gebratenes Wildschwein wurde hereingetrageu, an den Hauern hingen Körbchen mit Dattelll. Uni das Schwein lagen aus Teig gebackene Ferkelchell. Ein Jäger hieb mit einen: Hirschfänger das Schwein entzwei, da entflogen seinem Innern Drosseln, und die Jäger lnit ihren Netzen fingen die Vögel.
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Verschiedenes.
Ein schöner Sklavenknabe, als Bacchus gekleidet, mit Weinlaub und Efeu bekränzt, sang Trinklieder, die der Wirt gedichtet hatte, er reichte Trauben herum, und sein Herr sagte zu ihm: Als Lohn sollst du die Freiheit haben, Dionysos! Nun kamen drei lebende schneeweiße Schweine in den Saal, aufgezäumt und mit Glöckchen um den Hals. Trimalchio sagte: Welches wollt ihr nun ausgetragen haben? meine Köche werden sofort das Tier Herrichten. Ein Koch trat selbst ein und einpfing Anweisungen wegen der Zuberei tung. Nach einer Weile erschien ein ganzes gebratenes Schwein, natürlich ein anderes. Trimalchio aber tat, als ob es eins der soeben lebendig vorgeführten Tiere sei, lobte den Koch wegen seiner Schnelligkeit, fügte aber hinzu, cs sei zu schnell gegangen, er fürchte, das Schwein sei nicht ausgenommen worden. Ter Koch gestand jammernd, er habe das Äusweideu vergessen.
So tu es jetzt schnell! sagte Trimalchio. Zitternd schnitt der Koch das Tier auseinander, da fielen statt der Eingeweide herrlich duftende Würste von allen Arten her aus. Alles klatschte, der Koch ward mit einem guten Trunk belohnt und bekam einen silbernen Kranz aufgesetzt. Zur Unterhaltung der Gäste kamen noch Sänger und Gaukler. Plötzlich aber zitterte die Decke des Saales, als ob ein Erdbeben sei, erschrocken sah alles in die Höhe, da tat sich die Decke auseinander, ein mächtiger Reif schwebte herab, an dessen Rundung goldene Kränze und alabasterne Salbenbüchsen hingen. Auf der Tafel aber erschien eine gebackene Figur, die trug in ihrem emporgehaltenen Ge wand Trauben, Früchte und Kuchen. Das war der Nach tisch, die Salbengefäße aber Geschenke für die Gäste. Drei Sklaven traten herein in weißen Gewändern, einer hatte einen Pokal mit edlem Wein, die andern jeder ein Haus göttchen, mit Lorbeer unihangen. Die setzten sie auf den Tisch und sagten: Die Hausgötter seien uns gnädig! Der 20*
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Pokal freiste, und mau wünschte sich einander gute Gesund heit des Leibes und der Seele.
174. Sprichwörter und sprichwörtliche Rede wendungen. 1. Allzuspitzig ist nicht witzig. 2. Alter Fuhrmann hört noch gerne klatschen. 3. Bleib im Lande und nähre dich redlich! 4. Da ist Hopfen und Malz verloren. 5. Das Blättchen hat sich gewandt. 6. Das Hemd ist mir näher als der Rock. 7. Das ist Wasser auf meine Mühle. 8. Den Stein, den ich nicht heben kann, laß ich liegen. 9. Der alte Gott lebt noch. 10. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. 11. Der Fuchs verliert wohl das Haar, aber nicht die Mucken. 12. Der Vogel singt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. 13. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. 14. Die Katze läßt das Mausen nicht. 15. Die Nacht ist keines Menschen Freund. 16. Die Wände haben Ohren. 17. Die Zeit bringt Rosen. 18. Duck dich, laß vorübergahn, das Wetter will seinen Willen Han! 19. Ehre, dem Ehre gebühret. 20. Eigenlob stinkt, Freundes Lob hinkt, fremdes Lob klingt. 21. Eine Krähe hackt der andern die Augen nicht aus. 22. Ein gutes Wort findet eine gute Statt. 23. Er bessert sich, wie der Pelz im Waschen. 24. Er hat große Rosinen im Sack. 25. Er ist ein guter Kerl: er stiehlt keine Fensterläden und ißt keine Schuhnägel. 26. Er sieht den Wald vor Bäumen nicht. 27. Erst wäg's, dann wag's! 28. Er verspricht goldene Berge.
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29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58.
59. 60. 61.
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Es ist kein Wässerchen so klar, es trübt sich doch einmal. Es sammelt sich, wie beim Schusterjungen die Ohrfeigen. Friede ernährt, Unfriede verzehrt. Gewalt geht vor Recht. Hoffen und Harren macht manchen zum Narren. Hörensagen ist halb gelogen. Jedem das Seine! Kleine Diebe hängt man, große läßt man laufen. Komm ich über den Hund, so komm ich auch über den Schwanz. Kunst bringt Gunst. Ländlich, sittlich. Laß dir kein $ für ein U machen. Man muß die Haut nicht feilbieten, ehe man den Bären hat. Man muß die Worte nicht auf die Goldwage legen. Man sieht's an den Federn, was das für ein Vogel ist. Man soll das Kind nicht mit dem Bade ausschütlen. Man soll den Teufel nicht an die Wand malen. Man soll die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Maulspitzen hilft nicht, es muß gepfiffen sein. Muß ist ein böses Mus. Ost und West, daheim das Best. Schmeichler sind Katzen, dievorne lecken und hinten Stille Wasser gründen tief. skratzen. Träume sind Schäume. Trau, schau, wem! Trink, was klar ist; iß, was gar ist; sprich, was Überfluß bringt Überdruß. swahr ist! Versprechen macht Schulden. Viel Geschrei und wenig Wolle. Viel lesen und nichts in Kopf gebracht, heißt nichts gefangen auf langer Jagd. Was sich liebt, das neckt sich. Weit davon ist gut vorm Schuß. Wenn mancher Mann wüßte, wer mancher Mann wär,
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63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75.
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gab mancher Mann manchem Mann manchmal mehr Ehr. Wer den Karren in den Dreck gefahren hat, soll ihn auch herausziehen. Wer einmal A gesagt hat, der kommt zuletzt bis zum Z. Wer gerne tanzt, dem ist leicht gepfiffen. Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Wer sich grün macht, den fressen die Ziegen. Wer sich mutwillig in Gefahr begibt, kommt darin um. Wer's lang hat, läßt's lang hängen. Wer tut, was er kann, ist wert, daß er lebt. Wer Unglück haben soll, bricht den Finger im Reisbrei. Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. Wohltun trägt Zinsen. Zum Tanzen gehört mehr als rote Schuhe. Zuviel Wissen macht Kopfweh. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
175. Beispielsprichwörter. 1.
2.
3. 4. 5.
6. 7.
8.
„Aller Anfang ist schwer," sagte der Dieb, da stahl er einen Amboß. „Besser ichts, denn nichts," sagte der Wolf, als er nach einem Schafe schnappte und dafür eine Muck ertappte. „Das Geld Hingt wohl gut," sagte das Mädchen, „aber
der Kuchen schmeckt doch besser." „Das ist garstig," sagte die Eule, da sah sie ihre Jungen an. „Das läuft ins Geld," sagte der Bauer, als er mit dem Beutel unter der Traufe stand. „Den Galgen hat mein Vater gebaut," sagte der Dieb, „und er war kein Zimmermann." „Es ist alles eingegangen," sagte der Schneider, als der Bauer das Tuch haben wollte. „Es ist nur ein Übergang," sprach der Fuchs, als man ihm den Balg über die Ohren zog.
Verschiedenes.
9. 10. 11.
12. 13. 14. 15.
16. 17. 18. 19.
20. 21. 22. 23.
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„Es kommt alles auf die Gewohnheit au," sagte die Köchin und zog dem Aal die Haut ab. „Ja!" sagte Steffen, da wußte er nichts anderes. „Ich bin auch musikalisch," sagte der Michel, „ich blase die — Suppe." „Ich hätt's nicht geglaubt," sprach der Bauer, als er den Wagen umgeworfen. „Ich komme immer wieder auf meine Schafe zurück!" sagte der Wolf, als er um den Schafstall schlich. „Ich mach es wie der Pfarrer Raßmann." — „Wie macht's denn der?" — „Ei, immer, wie er will." „Ich rede von den Leuten, und andere Leute reden von mir," sagte der Schwab. „Meine Schüler können alles vom Blatt singen, was sie auswendig können," sagte der Schulmeister. „Pfui, wie schwarz bist du!" sagte die Pfanne zum Kessel. „Schmeckst du prächtig!" rief der Hecht und biß in den Angelhaken. „Sind auch Kleien da?" fragte das Schwein, als man es zu gaste lud. „So hat's gesessen!" sagte die Magd, als der Topf entzwei war. „So muß es kommen!" sagte die Magd, als sie mit der Suppe zur Türe hereinfiel. „Vom Rückenstreichen werde ich nicht satt," sagte die Katze und nahm ein Stück Fleisch vom Teller. „Wann soll ich arbeiten?" sagte der Faulenzer, „im Frühjahr ist viel Wasser, im Herbst viel Schmutz, im Sommer ist's zu heiß und im Winter zu kalt."
24.
„Was man in Gedanken nicht alles tun kann!" sagte Töffel, da hatte er Fischtran für Milch getrunken.
25.
„Wer kann auch an alles denken?" sagte die Frau, da hatte sie kein Mittagessen gekocht.
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Erläuterungen.
Erläuterungen. Zu Nr. 3 (Brentano, Die Gottesmauer-: Die teils russischen teils polnischen Ausdrücke in Strophe 9 bedeuten: stupai — vor wärts; boschka — Dummkopf: kurwa — Dirne; rack — berauschendes Getränk der Baschkiren aus Pferdernilch, aber auch Arrak; Turba (lateinisch) — Schar. Zu Nr. 7 (Eichendorfs, Der Jäger Abschied): Die Ver gleichung mit dem folgenden Gedichte ergibt klar, daß der Dichter unter den Jägern die Lützower Jäger verstanden hat, mit deren Schar er selbst in den Krieg zog. Zu Nr. 10 (Fischer, Kleobis und Biton): Man vergl. Nr. 165 Wiltmann, Krösus und Solvn. Zu Nr. 11 (F o n t a n e , Wo Bismarck liegen soll): Bismarck ist am 30. Juli 1898 gestorben; er ist nach seinem eigenen Wunsch wirklich im Sachsenwalde bei Friedrichsruh, südlich von Hamburg begraben worden. Zu Nr. 13 (G eib el, Hoffnung): Geibel hat das Lied unter seine politischen Gedichte ausgenommen, woraus ,311 erkennen ist, daß er selbst einen tiefern Sinn hineingelegt hat. Zu Nr. 14 (Geibel, Der Mai ist gekommen): Der Dichter hat dies Lied als Student verfaßt, sein Freund Lyra hat die Weise dazu ersonnen. Für das Singen pflegt man hier und da den Wortlaut zu ändern. Zu Nr. 16 (G e l l e r t, Die Ehre Gottes): Strophe 1 und 2 liegt Psalm 19 zu Grunde, den folgenden Jesaias Kap. 40. Zu Nr. 24—27 (Groth, plattdeutsche Gedichte): Matten — Martin: he — er: achterste ben — Hinterbeine; voß — Fuchs; lüttje — klein: padden — Pfoten; krei — Krähe; pot — Pfote; canditel — lustig; opstän — aufstehen: käksche — Köchin; nettelkrüt — Nesselkraut; musch — Mieze: flünken — Flügel; harrst = hättest; lünk — Sperling; mellersche — Tante; kaff — Spreu. Zu Nr. 28 (Güll, Frühling): blöb — blau: himmi — Himmel; veigerln — Veilchen. Zu Nr. 29 (G ü l l, Rätsel): ABC-schütze. Ball. Brunnen. Geld. Heupferd. Kanone. Pflaster. Pilz. Pulver. Radieschen. Spatz. Stock. Zu Nr. 34 (H e in e , Belsazer): 538 v. Chr. eroberte Cyrus Ba bylon, dessen letzter König Belsazer (Fürst des Baal) war. Die Ballade ist nach dem 5. Kapitel des Buches Daniel gedichtet. Zu Nr. 37 (H e i n e , Der Mohrenkönig): Man vergl. die Schilderung Granadas vom Grafen Schack (Nr. 157). Zu Nr. 45 (Holz, Een Boot is noch buten): buten — draußen; to Mus — zu Mus zermalmt. Der Klabautermann, der schützende Geist der Schiffe, läßt sich nur sehen, wenn das Schiff scheitern wird. Zu Nr. 49 (K 0 p i s ch , Die Heinzelmännchen): Die Fachausdrücke der Handwerke sind für andere oft unverständlich, so ist das Visieren das Messen mit Auge und Maßstab, das Panschen und Manschen ist das Mischen oder Verstechen der Weine, das Schönen die Klärung des Weines mittels Hausenblase. Zu 51 (Kopisch, Tomte i Garden): Dieser Name ist dänisch und bedeutet „Versteck im Hof". Zu Nr. 52 (Kop isch, Der Mäuseturm): Dieser Turm ist ursprünglich ein Zollturm im Rhein an der Nahemündung, die Sage ist uns ausführ lich durch den Abt Tritheim überliefert, um 1470 in der Hirsauer Chronik.
Erläuterungen.
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Zu Nr. 64 (M üller , Et Heuzemänuche): beis — Base; enge — in einer; schleif — schlief; helsesatt — halssatt; kröm — Laden; backes — Backofen; reng — rein; höre — ihrem; fong — fand; grülle — Rost; böxge — Höschen; röxge — Röckchen; fingste — feinste; back — Gebäck; hank — Hand; works — arbeitest; ret — recht; lü — Leute. Der Nominativ ersetzt meist die andern Kasus. Zu Nr. 67 (M üller, Der kleine Hydriot): Die Felseninsel Hydra an der Küste von Argolis war von Schiffern bewohnt, die im Freiheits krieg der Griechen 1822 die Hauptstütze der Kämpfe waren; sie waren mutig, kampflustig und opferten auch all ihre Habe fürs Vaterland, denn viele Hydrioten waren reiche Schiffsreeder, die das ganze Mittel meer durchfuhren. Dabei waren sie so einfach, daß sie in Hydra selbst nur barfuß gingen, selbst wenn he Millionäre waren. Zu Nr. 68 und 69 (M ii H c r , Schwert und Pflug; Der Mönch von Heisterbach): Neuenahr ist im Ahrtal, jetzt bekanntes Bad, das zerfallene Schloß ist Altenahr. Die Sage selbst hat noch den vom Dichter nicht erwähnten Zug, daß mau einst bei der Burg im Boden einen goldenen Pflug ausgegraben hätte, diesen habe der Graf einem seiner Söhne vermacht. Man vergl. Nr. 94, Uhland, Die versunkene Krone. — Heisterbach ist die berühmte Benediktinerabtei im Siebengebirge, wo um 1220 der Mönch Cäsarius lebte, der in seinen an Wundererzählungen reichen Schriften diese Legende jedoch nicht berichtet. Zu Nr. 70 (Pfarrius, Der Trunk aus dem Stiefel): Der Rhein grafenstein liegt an der Nahe bei Krepznach, gegenüber dem Bad Münster am Stein. Die Dörfer Boos, Hüffelsheim, Roxheim liegen in der Nähe. Der Nahedichter Heinrich Kaufmann aus Kreuznach hat um das Jahr 1820 zu Kaiserslautern in einer Privat-Altertumsammlung einen aus dem Mittelalter stammenden Glashumpen in Stiefelform gesehen, an den sich diese Sage knüpft. Zu Nr. 72 (R o s e g g e r , Mei weißes Lamperl): lamperl — Lämmchen; pölzl — Pelzchen; lanxintau — Lenztau; gspoaßi — spaßig; zwegn — deswegen; olmwind — Alpenwind. Zu Nr. 74 (Rückert, Chidher): Es ist der persische Gott der ewigen Jugend gemeint. Zu Nr. 75 (Rückert, Rätselmann): Angel. Bar. Paß. Pinsel. Sieben. Star. Weide. Winde. Zu Nr. 76 (Schiller, Ter Alpenjäger): Man vergl. Nr. 128 die Sage vom Gemsjäger. Schiller läßt das traurige Ende nur ahnen, ähnlich wie im Ring des Polykrates. Zu Nr. 77 (Schiller, Berglied): Gemeint ist die Gotthardstraße, mit den Lawinen (in der Schweiz auf der ersten Silbe betont), mit der Teufelsbrücke, dem Tunnel, des Urnerloch genannt, dem schönen Ursener Tal, den Flüssen Rhein, Rhone, Tessin und Reuß, der zwei gipfeligen Furka, zu deutsch Gabel und dem Eisgipfel des Gotthard selbst. Zu 78 (S ch i l l e r , Hektors Abschied): Man vergl. die ausführliche Darstellung im 3. Teil des Lesebuchs, Sagen von Troja. Zu Nr. 80 (S ch i l l e r , Rätsel): Auge. Funke. Himmel. Schiff. Tag und Nacht. Zu Nr. 81 (Schneckenburger, Wacht am Rhein): Das Lied entstand 1840, als der französische Minister Thiers mit einem Krieg drohte, der das linke Rheinufer wieder französisch machen sollte. Gleich zeitig dichtete Becker sein Rheinlied (Lesebuch, 4. Teil) und Heine die Strophen „Deutschland" (Lesebuch, 7. Teil).
310
Erläuterungen.
Zu Nr. 84 (Simrock, Der Bauer im Himmel). Man vergl. Nr. 125 das Märchen von Grimm. Zu Nr. 85 (Simrock, Die Siebenschläfer): 6s — Ochs; op e neues — aufs neue; eckersch — doch nur; kütt — kommt; jlöv — glaube. Statt des Nominativs steht oft der Akkusativ. Zu Nr. 86 (Stöber, Der Läufer von Glarus): Man vergl. Nr. 127 „Ter Grenzlauf". Zu Nr. 94 (Uh l a n d , Die versunkene Krone): Man vergl. Nr. 68 (Müller, Schwert und Pflug). Zu Nr. 99 (Unterländers Heimweh): Dies Lied ist nach einer Polksmelodie um das Jahr 1836 von Gottfried Weigle gedichtet worden, der als Missionar in Indien starb. Zu Nr. 101 (Ausfeld, Aus der Sage vom großen König Alex ander): 1 und 2 ist nach dem griechischen Alexanderroman des Pseudokallisthenes erzählt, 3 nach dem Alexanderlied des Pfaffen Lamprecht. Gymnosophist heißt nackter Weiser. Zu Nr. 102 (Bäßler, Der treue Eckart): Zu vergleichen ist Nr. 19, Goethes getreuer Eckart. Zu Nr. 103 (Bäßler, Rübezahl wird ein Esel): Rübezahl be deutet eigentlich Rübezagel, d. h. Rübenschwanz, die untere Spitze einer Rübe. Abenteuerlich gestaltete Wurzeln galten oft als verzauberte Geister oder Zwerge, so die Alraunwurzel. Zu Nr. 106 bis 109 (Becker, geschichtliche Erzählungen): Die älteren Auflagen von Beckers Weltgeschichte tragen auf dem Titel den Zusatz „für die Jugend erzählt", der Verfasser denkt sich als Leser ausdrücklich Jugend im Alter von 12—16 Jahren. Darum sind vorliegene Stücke absichtlich der Ausgabe vou 1825 entnommen. Zu Nr. 116 (Fischer, Zachur mit bem Sacke): Kohinur — Berg des Lichts, ein kostbarer Diamant im Besitz der englischen Könige; das mattglänzende Bild ist eine Photographie älterer Art; Frankistan — Frankenland, Europa. Zu Nr. 122 (Grimm, Der Froschkönig): Man vergl. Nr. 139 Löns, Der Kantor. Zu Nr. 125 (G r i m m , Das Bürli im Himmel): bürli — Bäuer lein; chunnt — kommt; gsi — gewesen; löt — läßt; ämel — einmal; vorusse — draußen; ufgnö — ausgenommen; niemer — niemand; 's geu — es gehe; wäger — wahrlich; is — uns; muesch — mußt; lueg — schau; nume — nur; öppen — etwa. Zu Nr. 126 (Grimm, Der Hase und der Igel): Die Mundart ist die münsterländische. Die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff schrieb dies Märchen für die Brüder Grimm nieder, vortüerde — behaglich erzählte; bökweten — Buchweizen; luoht — Luft; lütjet — kleines; ISdkvn — Lied chen; Ilse — leise; ant rocke — anzöge; stäkröwen — Steckrüben; bemött — begegnete; schif — schief; glik — gleich; gau — schnell; köhr — Furche; b&ben — oben; all — schon; tellde — zählte; hind&l — hinab; dükde — duckte; däl — nieder; twer — Eifer, Arger; höhl — hielt; fret — freit. Zu Nr. 127 (Grimm, Der Grenzlauf): Man vergl. Stöbers Ge dicht Nr. 86 Der Läufer von Glarus. Zu Nr. 128 (Grimm, Der Gemsjäger): Diese Sage gab Schiller den Stoff zu seiner Ballade „Der Alpenjäger". Zu Nr. 129 (Grimm, Der Schwanritter): Neumagen — Nymwegen am holländischen Niederrhein: die Sage wird sonst von Kleve erzählt, wo noch der Schwanenturm ist: der Ritter hieß Lohengrin.
Erläuterungen.
Lebensabrrß und Nachweis der Quellen.
311
Zu Nr. 130 (Grimm, Der Rattenfänger zu Hameln): einige deuten die Sage darauf, daß 130 Soldaten, alle zu Hameln geboren, durch Verrat eines Pfeifers am Berg Koppen in einer Fehde gefallen feien. Zu Nr. 138 (Löns, Hasendämmerung): Die Überschrift ist nach „Götterdämmerung" der Edda gebildet (Ende der Götter). Zu Nr. 141 (Luther, Der reichste Fürst): Der Reichstag ist der von 1495 zu Worms, wo der ewige Landfrieden beschlossen wurde. Diese Erzählung gab Kerner den Stoff zu seinem Gedichte „Der reichste Fürst". Zu Nr. 142 (Luther, Brief an Hänschens: Spillinge sind gelbe Pflaumen. Zu Nr. 143 (M oltke , Gibraltar): Die „Amazone" führte an Bord die Leiche des im September 1846 zu Rom verstorbenen Prinzen Heinrich von Preußen, dessen persönlicher Adjutant der damalige Major v. Moltke gewesen war. Während das Schiff Spanien umfuhr, stieg Moltke zu Cadix an Land und durchwanderte Spanien bis zur Bidassoabrücke. Als er in Hamburg eingetroffen war, mußte er dort noch wochenlang auf die Ankunft der Amazone warten, die durch schlimmes Wetter so lange aufgehalten ward. Zu Nr. 152 (Rosegger, Sauholta): sauholta — Schweinehirt (Halter); heint — heute Nacht; bau — beim; woad — Weide. Zu Nr. 157 (Schack, Granada): Man vergl. Heines Gedicht „Der Mohrenkönig", Nr. 37. Zu Nr. 159 (SpYri, Wie Heidi wieder heimkam): Cäsaplana und Falknis sind Alpengipfel in Graubündten. Zu Nr. 168 (Z i n g e r l e , Warm und kalt): Dieser Schwank war früher sehr bekannt und beliebt. Holländische Maler des 17. Jahr hunderts, besonders Jordaens, wurden nicht müde, die Geschichte bildlich darzustellen.
Lebensabriß der Verfasser und Nachweis der Quellen. Arndt, Ernst Moritz, geb. 26. Dez. 1769 zu Schoritz, Rügen, t 29. Jan. 1860 zu Bonn. Nr. 1 (Gedichte, Leipzig 1840). Ausfeld, Adolf, geb. 30. Aug. 1855 zu Gotha, f 15. Aug. 1904 zu Heidelberg. Nr. 101 (Progr. des Gymnas. zu Lörrach in Baden 1908). Bäßler , Ferdinand, geb. 16. Jan. 1816 zu Zeitz, f 3. Febr. 1879 zu Psorta. Nr. 102—104 (Sagen aus allen Gauen des Vaterlandes, Berlin, 2. Aufl. 1877, Nr. 102 etwas gekürzt: Sagen aus der Geschichte des deutschen Volkes, Berlin 1855). Baumbach , Rudolf, geb. 28. Sept. 1840 zu Kranichfeld, SachsenMeiningen, f 21. September 1905 zu Meinigen. Nr. 2 (Abenteuer und Schwänke, alten Meistern nacherzählt, Leipzig 1895). B e ch st e i n, Ludwig, geb. 24. November 1801 zu Weimar, t 4. Mai 1860 zu Meiningen. Nr. 105 (Sagenschatz d. Thüringer landes, Hildburghausen, 1862, 4. Teil). Becker, Karl Friedrich, geb. 1777 zu Berlin, 115. Mürz 1806 zu Berlin. Nr. 106—109 (Weltgeschichte f. d. Jugend, 5. Aufl. Berlin 1825). Bismarck, Fürst Otto, geb. 1. April 1815 zu Schönhausen, t 30. Juli 1898 zu Friedrichsrub. Nr. 110 (Bismarckbriefe 1840—1870, Bielefeld und Leipzig, 1876).
312
Lebensabriß der Verfasser und Nachweis der Quellen.
Brentano, Klemens, geb. 8. Sept. 1778 zu Ehrenbreitstein, f 28. Juli 1842 zu Aschaffenburg. Nr. 3. 111 (Gesammelte Schriften in 7 Bänden, Frankfurt a. M. 1852; Märchen, 2 Bände, Stuttgart, 1847). Bürger, Gottfried August, geb. 31. Dez. 1747 zu Molmerschwende am Harz, t 8^Juni 1794 zu Göttingen. Nr. 4. 112 (Gedichte. Berlin, o. I. um 5 Strophen gekürzt; Münchhausen, Leipzig, Reclam o. I.). Caspari, Karl Heinrich, geb. 16. Febr. 1815 zu Eschau, Unter sranken, t 10. Mai 1861 zu München. Nr. 113, 114 (Geistliches und Weltliches, 12. Aufl. Erlangen 1880). v. Chamisso, Adelbert, geb. 31. Jan. 1781 aus Schloß Bon court, Champagne, t 21. August 1838 zu Berlin. Nr. 5 (Wke., 6 Bde., Leipzig 1836—39.) v. Eichendorff, Joseph, geb. 10. März 1788 zu Lubositz, Schlesien, t 26. Nov. 1857 zu Meißen. Nr. 6—9 (Gedichte, 9. Aufl., Leipzig 1875). E s ch n e r, Max, geb. 9. Dezenrber 1864 zu Stadtsulza, lebt als Lehrer in Leipzig. Nr. 115 (Natur und Menschenhand im Dienste des Hauses, 2 Bde., Stuttgart 1898). Fischer, Wilhelm, geb. 28. Febr. 1833 zu Wermelskirchen, lebt zu Oberkassel bei Bonn. Nr. 10.116 (Bunte Bilder, Reutlingen, o. I. Die Änderungen rühren vom Verfasser selbst her). (Gedichte, Bonn 1862). Flöricke, Kurt, geb. 23. März 1869 zu Zeitz, lebt zu Eßlingen am Neckar. Nr. 117 (Kriechtiere und Lurche. Stuttgart 1909). Das vorliegende Stück nach Briefen von Forstassessor Maisch zu Wilhelms dorf bei Ravensburg. Fontane, Theodor, geb. 30. Dezember 1819 zu Neuruppin, t 24. Oktober 1898 zu Berlin. Nr. 11 (Gedichte, Berlin). France, Raoul, geb. 21. Mai 1874 zu Wien, lebt zu München. Nr. 118,119(Bilder aus dern Leben des Waldes, 7. Aufl. Stuttgart 1909). Freiligrath, Ferdinand,geb. 17.Juni 1810zuDetmold, f 18.März 1876 zu Kannstatt. Nr. 12 (Ges. Dichtungen, 6 Bände, Stuttgart 1871). Geibel, Emanuel, geb. 18. Okt. 1815 zu Lübeck, t 6. April 1884 ebenda. Nr. 13—15 (Werke in 8 Bänden, Stuttgart 1883). Gellert, Christian Fürchtegott, geb. 4. Juli 1715 zu Hainichen, Erzgebirge, f 13. Dez. 1769 zu Leipzig. Nr. 16 (Werke, Berlin o. I.). Giesebrecht, Ludwig, geb. 5. Juli 1792 zu Mirow, Mecklen burg, t 18. März 1873 zu Jasenitz. Nr. 17 (Gedichte, Leipzig 1836). Gleim, Johann Wilhelm Ludwig, geb. 2. April 1719 zu Ermsleben, 118. Febr. 1803 zu Halberstadt. Nr. 18 (Werke, Originalausgabe, Halberstadt 1811—13). v. Goethe, Johann Wolfgang, geb. 28. Aug. 1749 zu Frankfurt a. M., f 22. März 1832 zu Weimar. Nr.'19, 20, 120 (Werke). Gotthelf, Jeremias, mit wirklichem Namen Albert Bitzius, geb. 4. Okt. 1797 zu Murten, Kanton Freiburg, t 22. Okt. 1854 zu Lützelslüh im Emmental. Nr. 121 (Der Knabe des Teil. 2. Aufl. Berlin 1852). Greif, Martin, geb. 18. Juni 1839 zu Speier, lebt in München. Nr. 21—23 (gesam. Werke, Leipzig 1895). Brüder Grimm, 1. Jakob, geb. 4. Jan. 1785 zu Hanau, t 20. Sept. 1863 zu Berlin. 2. Wilhelm, geb. 24. Febr. 1786 zu Hanau, t 16. Dez. 1859 zu Berlin. Nr. 122—131 (Kinder- und Häusmärchen, große Ausg., 18. Aufl. Berlin 1882; Nr. 124 und 125 nach Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau, 1873 unbedeutend geändert; Deutsche Sagen, Berlin 1816).
Lebensabriß der Verfasser und Nachweis der Quellen.
313
Groll), Klaus, geb. 24. April 1819 zu Heide, Schleswig, f 2. Juni 1899 zu Kiel. Nr. 24—27 (Quickborn, 7. Aufl. Hamburg 1857; 2. Teil, Leipzig 1871). Güll, Friedrich, geb. 1. April 1812 zn Ansbach, t 23. Tez. 1879 zu München. Nr. 28, 29 (Kinderheimat, Gütersloh 1875). Hansjakob , Heinrich, geb. 19. August 1837 zu Hasbach, Baden, lebt als Stadtpfarrer zu Freiburg, Baden. Nr. 132 (Deutscher Spiel mann Bd. 18). Hebbel, Friedrich, geb. 18.März 1813zu Wesselburen, Ditmarschen, t 13. Dez. 1863 zu Wien. Nr. 30. 31 (Sämtl. Werke, Berlin 1902). Hebel, Johann Peter, geb. 10. Mai 1760 zu Basel, f 22. Sept. 1826 zu Schwetzingen. Nr. 32. 33. 133. 134 (Werke, Karlsruhe 1843). Hehn, Viktor, geb. 8. Oktober 1813 zu Dorpat, t 21. März 1890 zu Berlin als kaiserlicher Bibliothekar zu St. Petersburg. Nr. 135 (Reisebilder, Stuttgart 1894). Heine, Heinrich, geb. 13. Dez. 1797 zu Düsseldorf, t 17. Febr. 1856 zu Paris. Nr. 34—37 (Werke, herausg. von Elster, Leipzig, o. I. In Nr. 37 ist Strophe 11 nicht geändert worden, sondern nur eine Lesart des Dichters selbst wiedergegeben). H e r tz b e r g , Gustav Friedrich, geb. 19. Januar 1826 zu Halle a. S., t 16. November 1907 ebenda. Nr. 136, 137 (Alexander der Große, Halle 1854). Hoffmann v. Fallersleben, August Heinrich, geb. 2. April 1798 zu Fallersleben, t 19. Januar 1874 zu Corvey a. d. Weser. Nr. 38—43 (Gedichte, Auswahl von Frauenhand, Halle o. I.-. Unpo litische Lieder, Hamburg 1840, Nr. 39, 42). Hölty, Ludwig Heinrich Christoph, geb. 21. Dez. 1748 zu Ma riensen b. Hannover, t 1. Sept. 1776 zu Hannover. Nr. 44 (Gedichte, herausg. von Halm, Leipzig 1869.) Holz, Arno, geb. 26. April 1863 zu Rastenburg, Ostpreußen, lebt zu Berlin. Nr. 45 (Wolff, Poetischer Hausschatz, Leipzig 1907.) Kerner, Justinus, geb. 18. Sept. 1786 zu Ludwigsburg, t 22. Febr. 1862 zu Weinsberg. Nr. 46 (ausgewählte poetische Werke, 2 Bde., Stuttgart 1878). Kinkel, Gottfried, geb. 11. Aug. 1815 zu Oberkassel b. Bonn, t 13. Nov. 1882 zu Zürich. Nr. 47, 48 (Gedichte, Stuttgart 1843). Kopisch, August, geb. 26. Mai 1799 zu Breslau, f 6. Februar 1853 zu Berlin. Nr. 49—52 (Werke, Bd. 1, Berlin 1856). von Liliencron, Detlev, geb. 3. Juni 1844 zu Kiel, f 22. Juli 1909 zu Altrahlstedt bei Hamburg. Nr. 53, 54 (Werke,' 7 Bde. 1904). Lingg , Hermann, geb. 22. Jan. 1820 zu Lindau, Bodensee, t 18. Juni 1905 in München. Nr. 55—57 (Gedichte, 2 Bde., Stuttgart 1868, vorletzte Zeile der letzten Strophe hat im Original ihren, was nach des Dichters Mitteilung ein Druckfehler ist. Nr. 56 aus dem deutschen Weihnachtsbuch, Hamburg 1906). Löns, Hermann, geb. 29. Sept. 1866 zu Kulm, Westpreußen, lebt zu Bückeburg. 138, 139 (Mümmelmann, ein Tierbuch, 2. Aufl. Hannover 1909; Was da kreucht und fleucht, Berlin 1909). Löwen berg, Jakob, geb. 2. März 1856 zu Niederntudorf b. Paderborn, lebt zu Hamburg. Nr. 58 (Wolffs poetischer Hausschatz, völlig erneut durch H. Fränkel, 31. Aufl., Leipzig 1907). Luther, Martin, geb. 10. Nov. 1483 zu Eisleben, t 18. Febr. 1546 ebenda. Nr. 140—142 (Sämtl. Werke, Erlangen 1826—55,
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Lebensabriß der P Erfasser und Nachweis der Quellen.
65 Bde. deutsche Schriften. Etliche Fabeln Äsops verdeutscht, Bd. 64; Tischreden Bd. 61; der Brief aus Bd. 54. M a ß nr a n n, Hans Ferdinand, geb. 15. Aug. 1797 zu Berlin, t 3. Aug. 1874 zu Muskau. Nr. 59 (Lieder f. Knaben und Mädchen, München 1832). Matzerath, Christian Joseph, geb. 28. Januar 1815 zu Linnich, f24.März 1876zuKöln. Nr.60 (Stühlen, Deutsche Feierklänge, Leipzig 1890). Graf von Aloltke, Helmut, geb. 26. Oki. 1800 zu Parchim, Mecklenburg, 1" 24. April 1891 zu Berlin. Nr. 143—146 (Wanderbuch, 2. Aufl. Berlin 1879; Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei; 2. Aufl. Berlin 1876). Mörike , Eduard, geb. 8. Sept. 1804 zu Ludwigsburg, t 4. Juni 1874 zu Stuttgart. Nr. 61 (Gedichte, 12. Aufl. Stuttgart 1897). Mosen, Julius, geb. 8. Juli 1803 zu Marienei, Voigtland, f 10. Okt. 1897 zu Oldenburg. Nr. 62—63 (Werke, Leipzig 1880). M ü Iler, Joseph, geb. 12. November 1802 zu Aachen, f 5. Aug. 1872 als Gymnasial-Oberlehrer ebenda. Nr. 64 (Freimuth, Aachens Dichter und Prosaisten, Aachen, 1882). Müller, Otto, geb. 1. Juni 1816 zu Schotten am Vogelsberg, t 7. August 1894 zu Stuttgart. Nr. 147 (Münchhausen im Vogelsberg, Frankfurt 1870). M üller , Wilhelm, geb. 7. Okt. 1794 zu Dessau, t 30. Sept. 1827 ebenda. Nr. 65—67 (Gedichte, 2 Bde., Berlin 1874). M üller , Wolfgang, geb. 5. März 1815 zu Königswinter, f 29. Juni 1893 zu Neuenahr. Nr. 68, 69 (Gedichte, Frankfurt a. M. 1847). Pfarrius , Gustav, geb. 31. Dez. 1800zuHeddesheimb.Kreuznach, t 15. Aug. 1884 zu Köln. Nr. 70 (das Nahetal in Liedern, Bonn 1864). Plinius, Cajus Cäcilius Secundus, der Schwestersohn des eilte teil Plinius, geboren 62 n. Chr. zu Comum, t 110 n. Chr. Nr. 148 (Aus den Briefen des P. übersetzt von K. H.). Reichenau, Rudolf, geb. 12. Mai 1818 zu Marienwerder, f 18. Dez. 1879 zu Berlin. Nr. 149, 150 (Aus unseren vier Wänden, Leipzig 1877). Reinick, Robert, geb. 22. Febr. 1805 zu Danzig, f 7. Febr. 1852 zu Dresden. Nr. 71 (Märchen, Lieder und Geschichten, Bielefeld, 7. Aufl. 1884). Richter, Albert, geb. 7. Febr. 1838, t 29. Juni 1897. Nr. 151 (Lustige Geschichten aus alter Zeit). Rosegger, Peter, geb. 31. Juli 1843 zu Alpel, Steiermark, lebt zu Graz. Nr. 72, 152—154 (Waldferieu, Wien, 2. Aufl. o. I.; Schriften des Waldschulmeisters, 3. Aufl. Wien 1882; Lustige Schwänke in Steierer Mundart). Rückert, Friedrich, geb. 16. Mai 1788 zu Schweinfurt, f 31. Januar 1866zu Neuseß b. Koburg. Nr. 73—75 (Gedichte, neue Auswahl, 22. Aufl., Frankfurt a. M. 1886; Nr. 74; Gedichte, Bd. 5, Erlangen 1838). Graf v. S ch a ck , Adolf, geb. 2. Aug. 1815 zu Brüsewitz, Schwerin, t 14. April 1894 zu Rom. Nr. 155—157 (Ein halbes Jahrhundert, 3 Bände, Stuttgart 1888). v. Schiller , Friedrich, geb. 10. Nov. 1759 zu Marbach am Neckar, t 9. Mai 1805 zu Weimar. Nr. 76—80 (Werke, Bd. 1). Schneckenburger, Max, geb. 17. Febr. 1819 zu Talheim, Württ., t 3. Mai 1849 zu Burgdorf, Kanton Bern. Nr. 81 (Nach des Dichters Handschrift, bei Engelien u. Fechner, Lesebuch, 3. Teil, 16. Ausl. Berlin).
Lebensabriß der Verfasser und Nachweis der Quellen.
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Schwab, Gustav, geb. 19. Juni 1792 zu Stuttgart, t 4. Nov. 1850 ebenda. Nr. 82 (Gedichte, Leipzig 1882). Seidel, Heinrich, geb. 25. Juni 1842 zu Perlin, Mecklenburg, t 7. Nov. 1906 zu Gr.-Lichterfelde. Nr. 158 (Naturbilder, Leipzig 1909). v. Seydel, Max, geb. 7. Sept. 1846 zu Germersheim, f 23. April 1901 zu München. Nr. 83 (Wolffs poetischer Hausschatz, Leipzig 1907). Simrock, Karl, geb. 18. August 1802 zu Bonn, f 18. Juli 1876 daselbst. Nr. 84, 85 (Legenden, 3. Aufl., Bonn 1876; Rheinsagen, 10. Aufl., besorgt von Karl Hessel, Bonn 1891). S p p r i, Johanna, geb. 12. Juni 1827 zu Hirzel bei Zürich, t 8. Juli 1901 zu Zürich. Ihr Familiennamen ist Heußer. Nr. 159 (Heidis Lehr- und Wanderjahre, 8. Aufl. Gotha 1887). Stöber, Adolf, geb. 7. Juli 1810 zu Straßburg, Elsaß, f 8. Nov. 1892 zu Mülhausen, Elsaß. Nr. 86 (Gedichte, Hannover 1845). Graf zu Stolberg, Friedrich Leopold, geb. 7. Nov. 1750 zu Bramstedt, Holstein, t 5. Juli 1819 zu Sondermühlen. Nr. 87 (Gedichte, Karlsruhe 1783). Trojan, Johannes, geb. 14. August 1837 zu Danzig, lebt zu Warnemünde, Mecklenburg. Nr. 88—90, 160—162 (Hundert Kinder lieber, Berlin 1899; Gedichte, Leipzig 1883; Kleine Bilder, Minden 1886. Die Elfennamen hat der Verfasser eigens für den Abdruck in vorliegendem Buche hinzugefügt. — Neuer deutscher Jugendfreund, Stuttgart 1885, Nr. 161 und 162, dort anonym abgedruckt). U h l a n d , Ludwig, geb. 26. April 1787 zu Tübingen, t 13. Nov. 1862 daselbst. Nr. 91—94 (Gedichte, Stuttgart o. I.). Vogl, Johann Nepomiik, geb. 1. Febr. 1802 zu Wien, f 16. Nov. 1866 ebenda. Nr. 95 (Balladen, Romanzen, Sagen und Legeiiden, 3. Aufl., Wieu 1851). Volkslieder. Nr. 96—99 (96: Deutscher Spielmann, 97, 98: Scherer, Jungbrunnen, 3. Aufl. Berlin, Hertz; 99: Liederbuch für altmodische Leute, Leipzig 1887). Wackernagel, Wilhelm, geb. 23. April 1806 zu Berlin, f 21. Dez. 1869 zu Basel. Nr. 100 (Gedichte, Auswahl, Basel 1873). Wieland, Christoph Martin, geb. 5. Sept. 1733 zu Oberholz heim bei Biberach, t 20. Jan. 1813 zu Weimar. Nr. 163 (Werke, Leipz. 1796, Bd. 20). Willmann, Otto, geb. 24. April 1839 zu Polnisch Lissa, Prov. Posen, lebt als Professor der Pädagogik an der Universität Prag. Nr. 164—166 (Lesebuch aus Herodot, 4. Aufl. Leipzig 1885. In Nr. 165 ist der erste Satz zusamrnengezogen, auch Krösos in Krösus geändert). Z i n g e r l e , Ignaz, geb. 6. Juni 1825 zu Meran, 117. September 1892 zu Innsbruck. Nr. 167, 168 (Kinder- und Hausmärchen aus Süd deutschland, Regensburg 1854). Verschiedenes. Nr. 169 Nach d. Volksbüchern, herausg.v. Simrock, Frankfurt a. M., o. I. erzählt v. K. H. Nr. 170 aus d. Buch der Abenteuer von Gotthold Klee; 171—173 von K. H. und zwar 171 und 173 Original beitrag, 172 aus d. Wetzlarer Gymnasialprogr. von 1875; Nr. 174 meist aus Simrock, Deutsche Sprichwörter, Frankfurt a.M., o.J.; Nr. 175 meist aus Herzog, Beispielsprichwörter, Aarau 1882 und aus Höfer, Wie das Volk spricht, 5. Aufl. Stuttgart 1866. 96 aus d. Spielmann; 97 aus d. Knaben Wunderhorn; 98, 99 aus d Liederbuch f. altmodische Leute.
316
Inhalt I
Inhalt I. (Gedichte sind durch * bezeichnet.
A. Anordnung nach dem Inhalt. *32. *44. *65. *77. *98. 132. 142. 149. 150. 159.
1. Häusliches Leben. Menschenleben. Feste. Zelte Hebel, Das Habermus............................................................. 33 H ö l t y, Der alte Landmann au seilten 3ohti.....................47 M ü Her, Kind er tust................................................................. 69 Rosegger, Mei weißes Lamperl......................................... 77 Ach, wie wär's möglich dann................................................... 115 Hansjakob, Der Tod des Herlliesbllren...........................192 Luther, Brief an seinen 3ol)ii Hanscheli.......................221 Reich e n a n , Hausmütterchell............................................... 240 „ Wie die Großmutter schreiben lernte . . 241 SPYri, Wie Heidi wieder heimkam zum Großvater . . 263
*6. *7. *46. *41. *5. *12. *30. *53. *58. 152.
Eichendorfs, Reiselied......................................................... 11 „ Der Jäger Abschied..................................... 11 K e r n e r , Wanderlied................................................................. 49 H o f f m a n lt, Heimat.................................................................45 Cha m isso , Die alte Waschfrau........................................ 9 Freiligrath, Aus den: schlesischen Gebirge..................... 15 Hebbel, Der junge Schiffer................................................. 32 Lilieneron, Die Musik kcnnmt......................................... 59 Löwe tl berg, Auf der Straßenbahn................................. 63 Rosegger, Wann da Sauholta Kaisa war...................246
*73. *71. *90. *61. *55.
Rückert, Des fremdelt Killdes Heilger Christ.................... 77 R e i n i ck, Weihnachtslied............................................................. 75 Trojatt, Wiedersindetl............................................................. 99 Mörike, Zum neuen Jahr..................................................... 65 Lingg, Feierabend ................................................................. 61
*13. *16. *44. *69. *97. *100.
2. Weisheit, Gottvertranen. Geibel, Hoffnung..................................................................... 17 Gellert, Die Ehre Gottes aus der Natur........................ 20 Holty, Der alte Landmann an seinen Sohl'..................... 47 W. Müller, Der Mönch von Heisterbach.............................73 Nachtwächterlied............................ 114 Wackernagel, Geduld bringt Rosen............................... 116
3. Deutsche Geschichte und Sage. *62. Mosen, Andreas Hofer, 1810................................................. 66 *8. Eichendorff, Soldatenlied, 1813 12 *9. „ Ruhe der Nacht, 1813................................. 13
Inhalt I.
317 Seite
*63. Mosen, Der Trompeter an der Katzbach,1813 .... *5. Brentano, Die Gottesmauer, 1814.................. *11. Fontane, Wo Bismarck liegen soll, 1898 ...................
67 9 15
*52. *70. *35. *68. *69. *85. *49. 129. *64. *92. *93. 130. 102. *19. 105. 104. 103. 131. *22. 127. *86. 128. *76. 121. 153.
Kopisch, Der Mäuseturm (Bingen)......................... 58 Pfarrius, Der Trunk aus dem Stiefel (Nahe) ... 74 Heine, Die Lorelei (St. Goar).................................39 W. Müller, Schwert und Pflug (Ahrtal)............ 72 „ Der Mönch von Heisterbach (Siebengeb.) . 73 Simrock, Die Siebenschläfer (Bonn) ........ 94 Kopisch, Die Heinzelmännchen (Köln).....................52 Grimm, Der Schwanritter (Kleve)......................... 188 Jos. Müller, Et Henzemännche (Aachen)................ 68 Uhland, Klein Roland (Aachen) ..................................... 101 „ Roland Schildträger (Aachen)............................. 105 Grimm, Der Rattenfänger zu Hameln(Weser) .... 190 Bäßler, Der treue Eckart (Thüringen)................................. 121 Goethe, Der getreue Eckart (Thüringen)........................... 23 Bech stein , Scharfsinnige Taten der Wasunger (Thüringen) 124 Bäßler, Die Schöppenstedter (Braunschweig)................. 124 „ Rübezahl wird ein Esel (Schlesien)..................... 122 Grimm, Der Glockenguß zu Breslau (Schlesien) ... 191 Greif, Der fromme Hirtenknabe (Alpen)............................. 27 Grimm, Der Grenzlauf (Alpen) ........................................ 185 Stöber, Der Läufer von Glarus (Alpen)....................... 95 Grimm, Der Gemsjäger (Alpen)........................................ 187 Schiller, Der Alpenjäger (Alpen) ..................................... 81 Gotthelf, Winkelried und der Drache (Alpen) .... 168 Rosegger, Ein Kräutlein für den Tod (Steiermark) . 246
*83. *34. *78. *10. 164. 165. *79. 168. 113. 106. *23. 136. 137. 101.
Seydel, Totengericht (Ägypten)..........................................92 Heine, Belsazer (Babylonien).................................................. 38 Hektors Abschied (Griechenland)................................................. 83 Fischer, Kleobis und Biton (Griechenland)......................... 13 Willmann, Krösus und Solon (Griechenland) .... 276 „ Polykrates (Griechenland)........................... 278 Schiller, Der Ring des Polykrates (Griechenland) . . 84 Willmann, Auszug des Xerxes (Griechenland) .... 287 Caspari, Das Alter soll man ehren (Griechenland) . . 148 Becker, Der Tod des Sokrates (Griechenland) .... 125 Greif, Lenophon (Griechenland) ......................................... 23 Hertzberg, Alexander und sein Arzt (Griechenland). . 205 „ Der gordische Knoten (Griechenland) . . . 206 Ausfeld, Aus der Sage vom großen König Alexander (Griechenland) .................................................................... 117 Wieland, Des Esels Schatten (Griechenland) .... 273 Rückert, Chidher (persisch)......................................................78 Caspari, Fabel vom Magen und den Gliedern (römisch) 148 Becker, Hcmnibals Zug über die Alpen (römisch) . . - 129 Kinkel, Scipio (römisch)..........................................................50 Becker, Cäsars Tod (römisch)................................................ 130
4. Geschichte und Sage anderer Völker.
165. *74. 114. 107. *47. 108.
Hessel, Lesebuch 5.
11. Ausl.
M. 21
318
Inhalt I. Seite
109. 148. 173. *37. *67. *51.
Becker, Spiele der Römer (römisch)................................... 132 Plinius, Der Ausbruch des Vesuvs (römisch) .... 235 Das Gastmahl des Trimalchio (römisch) ............................... 300 Heine, Der Mohrenkönig (spanisch)..................................... 41 Müller, Der kleine Hpdriot (neugriechisch)......................... 71 Kopisch, Tomte i Garden (dänisch)..................................... 57
*1. *21. *38. *39. *40. *57. *59. *81. *99. *36. *60.
5. Deutsches Land und Volk. Arndt, Deutscher Trost......................................................... 1 Greif, An Deutschland.............................................................. 26 Hoffmann, Das Lied der Deutschen................................. 43 „ Mein Vaterland............................................... 44 „ Mein Lieben....................................................... 44 Lingg, Die Römerstraße......................................................... 62 Maßmann, Gelübde.............................................................64 Schneckenburger, Die Wacht am Rheni.................... 89 Unterländers Heimweh............................................................... 116 Heine, Auf dem Hardenberge................................................ 40 Matzerath, An den Rhein ................................................ 64
*77. 119. 110. 155. 144. 156. 172. 135. 120. 143. 157.
6. Das übrige Europa. Schiller, Berglied................................................................. 82 France, Der Auwald der Donauinseln bei Wien ... 161 Bismarck, Aus der ungarischenStepve.............................. 134 Schack, Konstantinopel............................................................255 Moltke, Türkisches Bad........................................................225 Schack, Athen............................................................................ 256 Korfu ........................................................................................... 298 Hehn, Besteigung des Vesuvs.............................................. 202 Goethe, Müßiggänger in Reavel........................................ 164 Moltke, Gibraltar.............................................................. 223 Schack, Granada........................................................................ 257
7. Fremde Erdteile. 145. Moltke, Fahrt auf dem Tigris........................................... 228 146. „ Der Araber und sein Pferd................................. 230
138. 117. 139. 161. 118. 158. *32. *56. *88. *89. 115.
8. Tierleben und Pslanzenleben. Löns, Hasendämmerung........................................................ 207 Flöricke, Auszug der Salamander ins Winterquartier Löns, Der Kantor.................................................................... 213 Trojan, Von den Ameisen.................................................. 270 France, Segen des Waldes ................................................ 160 Seidel, Das Kornfeld............................................................ 259 Hebel, Das Habermus............................................................. 33 Lingg, Die weiße Weihnachtsrose........................................ 61 Trojan, Heidekraut.................................................................. 97 „ Zierbohne.................................................................. 99 Eschner, Die Papierbereitung............................................ 149
In ball I.
319 Seile
*13. *14. *28. *65. *66. *33. *56. 171. *15. *25. *42. *48. *55.
9. Leben der Erde. Zahreszeiten. Tageszeiten. (Seibel, Hoffnung...................................................................... 17 „ Der Mai in gekommen.......................................... 18 (Süll, Frühling . . 30 W. Müller, Kinderlust ......................................................... 69 „ Frühlingsmabl ................................................. 70 Hebel, Sommerlied................................................................. 37 Lingg, Die weiße Weihnachtsrose......................................... 61 Der Strom, im Winter............................................................... 296 (Seibel, Morgenwanderung...................................................... 19 Groth, Opstan..........................................................................29 Hoffmann, Abend lied......................................................... 45 Kinkel, Ein geistlich Abendlied............................................. 51 Lingg, Feierabend ................................................................. 61
B. Anordnung nach Gattungen der Poesie und Prosa.
Lehrhaftes (Didaktisches). *18. 140. 114. 174. 175. *29. *75. *80.
10. Fabel. Parabel. Spruch. Rätsel. Gleim, Der Fischreiher ..................................................... 22 Luther, Etliche FabelnAsops verdeutschr......................... 219 Caspari, Die Fabel vom Magen unb den Gliedern . 148 Sprichwörter................................................................................ 304 Beispielsprichwörter ................................................................... 306 (Süll, Rätsel .............................................................................. 30 Rückert, Aus dem. Rätselmann............................................. 80 „ Rätsel.......................................................................... 81
Erzählendes (Episches). 111. 116. 122. 123. 124. 125. 126. *84.
11. Märchen. Brentano, Komanditchen.................................................. 138 Fischer, Zachur mit dem Sacke.......................................... 151 Grimm, Der Froschkönig ....................................................172 „ Die weiße Schlange................................................. 176 „ D' brösmeli uf em tisch......................................... 180 „ Das bürli im Himel................................................. 181 „ Hase und igel ......................................................... 182 Simtod, Der Bauer im Himmel......................................... 93
12. Sage. Legende. Die Sagen sehe man oben unter 3 und 4. *20. Goethe, Legende vom Hufeisen......................................... 24 *22. Greif, Der fromme Hirtenknabe......................................... 27 *69. Müller, Der Mönch von Heisterbach..................................73 13. Erzählungen, ernste und heitere, in Poesie und Prosa. Poetische Erzählungen und Balladen. *3. Brentano, Die Gottesmauer......................................... *4. Bürger, Das Lied vom braven Mann........................
4 6
320
Inhalt I. Seite
*10. *12. *17. *23. *31. *37. *45. *47. *54. *62. *63. *79. *82. *83. *95.
13 F i j d) e r , Kleobis und Biton 15 Freiligrath, Alls dem schlesischen Gebirge 21 Giesebrecht, Ter Lotse............................. Greif, Lenophon............................................. 27 33 Hebbel, Tie treuen Brüder........................ 41 Heine, Der Mohrenkönig................................. 48 «Holz, Een Boot is noch buten 50 Kinkel, Scipio................................................. Liliencron, Tod in s2(l)mi.................................................. 60 M o s e ll, Andreas Hofer .......................................................... 66 „ Ter Trompeter an der Katzbacb............................. 67 Schiller, Ter Ring des Polhkrates..................................... 84 S ch tv a b, Das Gewitter.......................................................... 90 Seyde 1, Totengericht.............................................................. 92 B ogl, Das Erkelmeli................................................................ 111
Erzählungen in Prosa. 132. H a li s j a k o b , Der Tod des Herulesburen............................ 192 133. Hebel, Unverhofftes Wiedersehen........................................ 194 134. „ Ter Schneider in Pensa............................................ 196 *2. *50. *96. 146. 147. 151. 163. 167. 104. 105. 112. 168. 169. 170.
Heitere Erzählungen und Schwänke. B a u rn b a ch , Das lange Balld........................................ 2 K o p i s ch, Puck ......................................................................... 55 Der Schneider in der Hölle....................................................... 112 Moltke, Der Araber ilnd seillPferd.................................. 230 Müller, Die kluge Diana.................................................... 233 Richter, Ein warmes Bad ........................................... 245 W i e l a nd, Von des Esels Sck)atten.................................. 273 Zingerle, Die verstorbeneGerechtigkeit.............................. 284 Baßler, Die Schöppenstedter................................................ 124 „ Die Wasunger........................................................ 124 Bürger, Münchhausen............................................................ 145 Zingerle, Warm und kalt aus einem Munde .... 287 Die Schildbürger ........................................................................ 288 Vom Eulenspiegel........................................................................ 291
14. Schilderung und Beschreibung. Hierzu gehören viele Stücke aus Nr. 1, sowie die Darstellungen aus Erdkunde und Naturkunde (Nr. 5 bis 9).
Gefühle und Gedanken (Lyrisches). 15. Lied. Volkslied. Geistliches Lied. Lieder sind alle in der Überschrift ausdrücklich so bezeichneten Gedichte.
Handlung (Dramatisches). 16. Gespräch. Selbstgespräch. *78. Schiller, Hektors Abschied...................................................... 83 *91. Uhland, Das Schloß am Meer............................................ 100 160. Trojan, Vor Tau und Tag................................................ 267
321 Seite Dramatisch sind unter andern noch: Nr. 12 (Freiligrath, aus dem schlesischen Gebirge), 32 (Hebel, Das Habermas), 67 (Müller, Der kleine Hydriot), 72 (Rosegger, Mei weißes Lampert), 74 (Rückert, Cbidher), 97 (Nachtwächterlied). Inhalt I.
C. Rach Formen der Darstellung. 17. Mundartliches. '24—27. Groth, plattdeutsche Gedichte...........................................29 *64. I. Müller, Et Henzemännche (niederdeutsch von Aachen) 68 *85. Simrock, Die Siebenschläfer (niederdeutsch von Bonn) 94 *99. Unterländers Heimweh (schwäbisch) ......................................... 116 *28. Güll, Frühling (oberbayerisch)................................................... 30 *72. Rosegger, Mei weißes Lamperl (steirisch).......................... 77 152. „ Wan da Sauholta Kaisa lvar (steirisch) . . 246 124. Grimm, D' brösmeli uf em tisch (schweizerisch) .... 180 125. „ Das Bürli im Himel (schweizerisch).................... 181
Kurze
18. Formen der Dichtung. Reimpaare: 2. (B a u m bach , Das lange
Band); 20. (Goethe, Legende vom Hufeisen); 34. (Heine, Belsazer); 51. 52. (Kopisch, Tomte i Garden; Der Mäuseturm); 58. (L ö w en de r g , Auf der Straßenbahn); 70. (P s a r r i u s , Der Trunk aus dem Stiesel); 72. (R o s e g g e r , Mei weißes Lamperl); 81. (Schnecken burger, Die Wacht am Rhein); 83. (Seydel, Totengericht); 86. (Stöber, Der Läufer von Glarus); 97. (Nachtwächterlied).
Dreiteilige Strophen: Nr. 3. (Brentano, Die Gottesmauer); 4. (Bürger, Das Lied vom braven Mann); 5. (Chamisso, Die alte Waschfrau); 15. (Geibel, Morgenwanderung); 43. (Hoffmann, Geleitslied); 49. (Kopisch, Die Heinzelmännchen); 56. (Lingg, Die weiße Weihnachtsrose); 62. (Mosen, Andreas Hofer); 74. (Rückert, Chidher); 76. 77. (Schiller, Der Alpen jäger; Berglied); 82. (Schwab, Das Gewitter); 93. (Uh land, Roland Schildträger). Der Abgesang tritt als solcher im Druck für das Auge hervor.
Hildebrandtston. Nr. 6. (Eichendorff, Reiselied); 35. (©eine, Lorelei); 40. 41. (Hoffmann, Mein Lieben; Heimat); 48. (K i n k e l, Ein geistlich Abendlied); 59. (M a ß m a n n , Gelübde); 63. (Mosen, Der Trompeter an der Katzbach); 66. 67. (W. M ü l l e r, Das Frühlingsmahl; Der kleine Hydriot); 90, 92. (Uh land, Das Schloß am Meere; Die versunkene Krone). Fremde Formen. Alexandriner: Nr. 18. (Gleim, Der Fisch reiher); Hexameter: 32. (H e b e l, Das Habermus); spanische Trochäen: -37. (Heine, Der Mohrenkönig).
322
Inhalt II.
Inhalt II. Die Überschriften der mundartlichen Stücke sind in lateinischer Schrift gedruckt.
Erste Abteilung:
Gedichte. Arndt: ®eitc 1. Deutscher Trost............................................................................. 1 Baumbach:
Brentano: 3. Die Gottesmauer......................................................................... 4 Bürger: 4. Das Lied vom braven Mann..................................................... 6 Chamisso: 5. Die alte Waschfrau ..................................................................... 9 Eichendorfs: 6. Reiselied............................................................................................... 11 7. Der Jäger Abschied...........................................................................11 8. Soldatenlied (1813).......................................................................... 12 9. Ruhe der Nacht (1813).......................................................................13 Fischer: 10. Kleobis und Biton...............................................................................13 Fontane: 11. Wo Bismarck liegen soll.................................................................. 15 Freiligrath: 12. Aus dem schlesischen Gebirge.......................................................... 15 (Seibel: 13. Hoffnung...............................................................................................17 14. Der Mai ist gekommen..................................................................... 18 15. Morgenwanderung.............................................................................. 19 Gellert: 16. Die Ehre Gottes ausder Natur........................................................20 Giesebrecht: 17. Der Lotse.............................................................................................. 21 Gleim: 18. Der Fischreiher.................................................................................. 22 Goethe: 19. Der getreue Eckardt (1813)..............................................................23 20. Legende vom Hufeisen...................................................................... 24 Greif: 21. An Deutschland (1870)................................................................... 26 22. Der frommeHirtenknabe.................................................................... 27 23. Xenophon...............................................................................................27 Groth: 24. Matten Häs........................................................................................... 29 25. Opst&n...................................................................................................29 26. Tünkönig...............................................................................................29 27. Spatz....................................................................................................... 30
Inhalt H.
323 Seite
Güll: 28. Frühling............................................................................................... 30 29. Rätsel.................................................................................................... 30 Hebbel: 30. Der junge Schiffer............................................................................... 32 31. Die treuen Brüder............................................................................... 33 Hebel: -32. Das Haberrnus....................................................................................33 -33. Sommerlied........................................................................................... 37 Heine: 34. Belsazer ............................................................................................... 38 35. Lorelei....................................................................................................39 36. Auf dem Hardenberge....................................................................... 40 37. Der Mohrenkönig............................................................................... 41 Hoffmann: 38. Das Lied der Deutschen.................................................................... 43 39. Mein Vaterland................................................................................... 44 40. Mein Lieben....................................................................................... 44 41. Heimat....................................................................................................45 42. Abendlied............................................................................................... 45 43. Geleitslied........................................................................................... 45 Hölty: 44. Der alte Landmann an seinen Sobn.............................................. 47 Holz: 45. Een Boot is noch buten................................................................... 48 Kerner: 46. Wanderlied........................................................................................... 49 Kinkel: 47. Scipio................................................................................................... 50 48. Ein geistlich Abendlied......................................................................51 Kopisch: 49. Die Heinzelmännchen........................................................................... 52 50. Puck....................................................................................................... 55 51. Tomte i Garden ................................ 57 52. Der Mäuseturm................................................................................... 58 Liliencron: 53. Die Musik kommt............................................................................... 59 54. Tod in Ähren....................................................................................... 60 Lingg: 55. Feierabend........................................................................................... 61 56. Die weiße Weihnachtsrose ...............................................................61 57. Die Römerstraße................................................................................... 62 Löwenberg: 58. Auf der Straßenbahn.......................................................................63 Maßmann: 59. Gelübde............................................................................................... 64 Matzerath: 60. An den Rhein ...........................................................................64 Mörike: 61. Zum neuen Jahr...............................................................................65 Mosen: 62. Andreas Hofer .................................................................................. 66 »63. Der Trompeter an der Katzbach..................................................... 67
324
Inhalt II. Seite
Joseph M ü 11 c r: 64. Et Henzemännche en der Bäcker Wilhel m Müller: 65. Kinderlust 66. Das Frühlingsmahl 67. Der kleine Hydriot Wolfgang Nt üller: 68. Schwert und Pflug 69. Der Möncb von Heisterbach Pfarrius: 70. Der Trunk ans dem Stiesel Rcinick: 71. Weihnachtslied Rosegger: 72. Mei weißes Lamperl Rückert: 73. Des fremden Kindes heilger Christ 74. Chidher............................................................................................. 75. Alls denl „Rätselmann" Schiller: 76. Der Alpenjäger 77. Berglied 78. Hektors Abschied 79. Der Ring des Polykrates 80. Rätsel Schneckenburger: 81. Die Wacht am Rhein Schwab: 82. Das Gewitter ............................................ Seydel: 83. Totengericht Simrock: 84. Der Bauer im Himmel 85. Die Siebenschläfer Stöber: 86. Der Läufer von Glarus Stolberg: 87. Lied eines deutschen Knaben Trojall: 88. Heidekraut 89. Zierbohnen 90. Wiederfinden Uhland: 91. Das Schloß am Meere 92. Klein Roland 93. Roland Schildträger 94. Die versunkene Krone Vogl: 95. Das Erkennen Volkslieder: 96. Der Schneider in der Hölle 97. Nachtwächterlied
68
69 70 71 ,2 73 74
75 1i
78 80
81 82 83 84 87
89 90
92
93 94 95
96 97 98 99
100 101 105 111 111
112 114
Inhalt II.
825 Seite
98. Ach, wie wär's möglich dann ................................................... 115 99. Unterländers Heimweh................................................................ 116 Wackernagel: 100. Geduld bringt Rosen................................................................... 116
Zweite Abteilung. Prosa. A u s f e l d: 101. Aus der Sage vom großen König Alexander........................... 117 Bäßler: 102. Der treue Eckart............................................................................ 121 103. Rübezahl wird ein Esel................................................................ 122 104. Die Schöppenstedter verschreiben ein Gewitter....................... 124 Bech stein: 105. Etliche scharfsinnige Taten der Wasunger............................... 124 Becker: 106. Der Tod des Sokrates................................................................ 125 107. Hannibals Zug überdie Alpen...................................................... 129 108. Cäsars Tod .................................................................................... 130 109. Spiele der Römer........................................................................ 132 Bismarck: 110. Aus der ungarischen Steppe........................................................134 Brentano: 111. Das Märchen vom Komanditchen............................................... 138 Bürger: 112. Abenteuer des Baron Münchhausen............................................145 Caspari: 113. Das Alter soll man ehren............................................................148 114. Die Fabel vom Magen und den Gliedern............................... 148 Eschner: 115. Die Papierbereitung.................................................................... 149 Fischer: 116. Zachur mit dem Sacke. Ein allegorisches Märchen .... 151 Flöricke: 117. Wie die Feuersalamander ins Winterquartier ziehen . . . 157 France: 118. Der Segen des Waldes................................................................ 160 119. Im Auwald der Donauinseln bei Wien................................... 161 Goethe: 120. Müßiggänger in Neapel................................................................ 164 Gotthelf: 121. Winkelried und der Drache............................................................ 168 Brüder Grimm: 122. Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich............................... 172 123. Die weiße Schlange .................................................................... 176 124. D’ brösmeli uf em tisch................................................................ 180 125. Das bürle im himel........................................................................ 181 126. Der Hase und der Igel................................................................ 182
326
Inhalt II. Seite
127. 128. 129. 130. 131. 132.
133. 134. 135.
136. 137. 138. 139. 140. 141. 142.
143. 144. 145. 146. 147. 148.
149. 150. 151.
152. 153. 154. 155. 156. 157.
158. 159. 160. 161. 162.
Grenzlauf................................................................................ 185 Gemsjäger................................................................................ 187 Schwanritter............................................................................ 188 Rattenfänger zuHameln...................................................... 190 Glockenguß zu Breslau........................................................ 191 Hansjakob: Der Tod des Hermesburen . . >............................................ 192 Hebel: Unverhofftes Wiedersehen............................................................. 194 Der Schneider in Pensa................................................................. 196 Hehn: Besteigung des Vesuvs.................................................................202 Hertzberg: Alexander und sein Arzt................................................................ 205 Der gordische Knoten.....................................................................206 Löns: Hasendämmerung............................................................................. 207 Der Kantor..................................................................................... 213 Luther: Etliche Fabeln Asops verdeutscht................................................ 219 Der reichste Fürst.............................................................................221 Brief Luthers an seinen SohnHänschen.................................. 221 Moltke: Gibraltar......................................................................................... 223 Ein türkisches Bad........................................................................ 225 Eine Fahrt auf dem Tigris........................................................ 228 Der Araber und sein Pferd........................................................ 230 Müller: Die kluge Diana............................................................................. 233 Plinius: Der Ausbruch des Vesuvs, 79 n. Chr.......................................... 234 Reichenau: Hausmütterchen................................................................................. 240 Wie die Großmutter schreiben lernte........................................ 241 Richter: Ein warmes Bad............................................................................ 245 Rosegger: Wan da Sauholta Kaisa war.................................................... 246 Ein Kräutlein für den Tod........................................................ 247 Waldlilie im Schnee.................................................................... 252 Schack: Konstantinopel................................................................................ 255 Athen................................................................................................. 256 Granada und die Alhambra........................................................ 257 Seidel: Das Kornfeld .................................................................................259 Spyri: Wie Heidi wieder heimkam zum Großvater........................... 263 Trojan: Vor Tau und Tag........................................................................ 267 Von den Ameisen........................................................................ 270 Kleinigkeiten.....................................................................................272 Der Der Der Der Der
Inhalt II.
327 Seite
Wieland:
163. Der Streit um des Esels Schatten............................................273 Willmann: 164. Krösus und Solon........................................................................ 276 165. Des Polykrates Glück und Fall................................................ 278 166. Der Auszug des Xerxes................................................................ 282 Zing erle: 167. Die verstorbene Gerechtigkeit........................................................284 168. Warm und Kalt aus einem Munde............................................ 287 Verschiedenes: 169. Bon den Schildbürgern................................................................ 288 170. Till Eulenspiegel............................................................................ 291 171. Der Strom im Winter................................................................ 296 172. Korfu................................................................................................. 298 173. Das Gastmahl des Trimalchio.................................................... 300 174. Sprichwörter und sprichwörtliche Redewendungen .... 304 175. Beispielsprichwörter........................................................................ 306
328
Anfangsworte der Gedichte.
Anfangsworte der Gedichte. Die Anfangsworte der Rätsel sind nicht angeführt. Seite
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Abend wird es wieder ... 45 Ach, wie wärs möglich ... 115 Ahoi! Klaas Nielsen .... 48 Als noch, verkannt.................... 24 Also das Habermus .... 33 Am Abgrund leitet .... 82 Am Mäuseturm.........................58 Am Ufer eines Baches ... 22 Blaue Berge............................ 37 Chidher, der ewig junge . . 78 Da droben auf dem Hügel . 110 Da droben saßen sie ... . 74 Da sehne ist zerschlicha . . 30 De dag, de graut ..... 29 De hatt, de set........................ 29 Dem günstigen Leser.... 2 Der König Karl saß einst . . 104 Der lange sprach zum kurzen 55 Der Mai ist gekommen ... 18 Der Tauwind kam................ 6 Der Winter ist gekommen . 75 Deutsches Herz, verzage nicht 1 Deutschland, Deutschland . . 43 Die Himmel rühmen .... 20 Die Mitternacht zog ... . 38 Dort bläht ein Schiff ... 32 Drauß bei Schleswig ... 16 Drunten im Unterland . . .115 Durch Feld und Buchenhallen 11 Du siehst geschäftig................ 9 Ein Bauer kam........................ 93 Ein junger Mönch.....................73 Einst fochten die von Uri . . 95 Einst war ein Graf .... 72 Ein Wanderbursch................... 111 Er stand auf seines Daches . 84 Es braust ein Ruf.....................89 Es ist Geduld...........................116 Es ist so still geworden ... 51 Es kommt wohl um die . . . 99 Es läuft ein fremdes Kind . 77 Es sind zwei treue Brüder . 33 Es wollt ein Schneider. . . 112 Et wöre drei sivveschlöfer . 94 Feierabend................................ 61 Frau Bertha saß ..... 101 Hast du das Schloß gesehen . 100 Hört, ihr Herren.......................114 Hüslink un sin 6m .... 30
Ich hab mich ergeben ... 64 Ich war ein kleiner Knabe . 71 Ich weiß nicht, was soll es . 39 Im Weizenfeld........................ 60 In dem duftgen Nadelwald. 97 In einem Kirchlein .... 27 In Hitz und Frost.................... 63> Ins Exil.................................... 41 Kein schöner Land.................... 45 Klingklang, bumbum .... 59 Lütt Matten de h&s .... 29 Man spricht im Dorf.... 62 Mein Arm wird stark ... 96 Mein Heimatland........................ 64 Mi gfreuts, daß t a lamperl. 77 Nicht in Domen.........................15 Nun feget aus........................ 60 Nun werden grün.....................15 Nun zu guterletzt.................... 45 O, wären wir weiter.... 23 Priestergewänder.................... 92 Schau dort den Mann ... 50 Sei gegrüßt................................ 26 Siehst du die Brigg .... 21 Steiget auf, ihr........................ 40Treue Liebe bis........................ 44 Ab immer Treu........................ 47 Und dräut der Winter ... 17 Unten, wo die Käfer.... 98 Urahne, Großmutter .... 90 Beit Rik führt Korn .... 57 Von Wunden ganz bedecket . 67 Wenn mich de beis .... 68Wenn über Wege, tief ... 61 Wer hat dich, du schöner . . 11 Wer hat die weißen Tücher . 70 Wer recht in Freuden ... 10 Wie heimlicherweise .... 65 Wie könnt ich dein vergessen 44 Wie seltsame Klänge .... 12 Wie war zu Köln.................... 52 Will sich Hektor........................ 83 Willst du nicht die Lämmlein 81 Windsgleich kommt .... 13 Wohlauf, noch getrunken . . 40 Zu Elis am Altare .... 27 Zu Mantua in Banden . . 6b Zum Herafeste ........................ 31
Druck von Julius Beltz, Hofbuchdrucker, Langensalza.