Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit [1 ed.] 9783428451432, 9783428051434


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German Pages 354 [355] Year 1982

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Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit [1 ed.]
 9783428451432, 9783428051434

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Schriften zum Prozessrecht Band 75

Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit

Von

Wolfgang Preibisch

Duncker & Humblot · Berlin

WOLFGANG PREIBISCH

Auäergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit

Schriften zum Prozessrecht Band 75

Aufiergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit

Von

Dr. Wolfgang Preibisch

DUNCKER & HUMBLOT

/

BERLIN

Alle Rechte vorbehalten © 1982 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1982 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3 428 05143 2

Vorwort Diese Untersuchung hat dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin im Jahre 1980 als Dissertation vorgelegen. Die Arbeit wurde durch Herrn Prof. Dr. Baumann betreut. Für seine Unterstützung und zahl­ reichen Hinweise möchte ich mich an dieser Stelle bedanken. Herrn Prof. Dr. Broermann danke ich für die Aufnahme in die „Schriften zum Prozeßrecht". Bonn, im April 1982 Wolfgang Preibisch

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

. .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .

29

II. Die praktische Bedeutung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . .

30

III. Die rechtspolitische Bedeutung der Untersuchung . . . . . . . . . .

31

I. Thematische Einführung

1. Beitrag zur Lösung der im Privatrecht bestehenden Rechtsschutzprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beitrag zum Problem der Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 32

E rster Teil überblick über die Vorverfahren der Zivilgerichtsbarkeit

1. Abschnitt ZUM BEGRIFF „VORVERFAHREN IN STREITIGKEITEN DER ZIVILGERICHTSBARKEIT" - ABGRENZUNG DES THEMAS A. Das Begriffsmerkmal „außergerichtlich" . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

I. Abgrenzung von den gerichtlichen Vorverfahren . . . . . . . . . . .

34

II. Abgrenzung von den Verfahren vor Gremien mit Gerichtsqualität

35

1. Das Verfahren vor den baden-württembergischen Gemeindegerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verfahren vor den Friedensgerichten in WürttembergBaden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Verfahren nach§ 35 BJagdG. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36 36 37

8

Inhaltsverzeichnis

B. Das Begriffsmerkmal „Vorverfahren" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

I. Das Erfordernis eines eigenständigen Verfahrens . . . . . . . . . . .

37

1. Kontradiktorische Streitregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nichtkontradiktorische Streitregelungen . . . . . . . . . . . . . . a) Stellungnahmen i.S. des§ 93 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nichtkontradiktorische Vorschaltverfahren vor Verwaltungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Beschwerderecht des Arbeitnehmers nach §§ 84 f BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 38 38

II. Das Erfordernis der vollständigen richterlichen Überprüfbarkeit

38 40 40

1. Das Verfahren vor endgültig entscheidenden Verwaltungsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Schiedsgerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Schiedsgutachterverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Schlichtungsverfahren in Regelungsstreitigkeiten . . . . . . 5. Das Verfahren der Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit . . .

41 42 42 43 45

C. Das Begriffsmerkmal „Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit" . . . . .

46

I. Abgrenzung von der Verwaltungsgerichtsbarkeit und ihren Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

1. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Streitigkeiten, bei denen die Zuständigkeit der Zivilgerichte umstritten ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kartell- und patentrechtliche Streitigkeiten . . . . . . . . . . . .

46 47

II. Abgrenzung von den Verfahren der Justizverwaltung . . . . . . . .

49

1. Das Verfahren zur Entscheidung über Maßnahmen i.S. der §§ 23 ff EGGVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verfahren nach der Hinterlegungsordnung . . . . . . . . . . 3. Das Verfahren nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgrenzung von der freiwilligen Gerichtsbarkeit und ihren Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 46

49 49 49

49

Inhaltsverzeichnis

9

1. Das Verfahren vor der Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verfahren vor den hessischen Ortsgerichten . . . . . . . . .

50 50

IV. Abgrenzung von den Vorverfahren des Strafprozesses . . . . . . .

50

2. Abschnitt DIE EINZELNEN AUSSERGERICHTLICHEN VORVERFAHREN IN STREITIGKEITEN DER ZIVILGERICHTSBARKEIT A. Die vorhandenen Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

I. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

1. In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 111 II ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) §§ 28 ff des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen . . . . c) § 76 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die vorläufigen Entscheidungen des Seemannsamtes nach dem Seemannsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erstattungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. In mietrechtlichen Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. In Streitigkeiten zwischen Berufskollegen . . . . . . . . . . . . . a) § 73 II Nr. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung . . . . . . . . b) Die Landesgesetze über die Ärztekammern . . . . . . . . . . c) § 27 a UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die freiwilligen Einigungsstellen der Industrie- und Handelskammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 52 53 53

4. In Verbraucherstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Gütestellen der Handwerksinnungen und -kammern . . b) Die Güteverfahren vor den Kammern der freien Berufe . . aa) Das Verfahren vor den Rechtsanwaltskammern . . . bb) Die Schlichtungsstelle der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Schlichtungsstellen für Arzthaftpflichtfragen der Ärztekammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden der Industrie- und Handelskammern . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Von Verbänden eingerichtete Güteverfahren . . . . . . . . . e) Das Verfahren nach§ 18 Nr. 2 der VOB, Teil B . . . . . . . 5. In versicherungsrechtlichen Streitigkeiten: § 14 PflversG . . .

53 54 54 55 55 55 55 56 57 57 58 58 58 58 59 59 60 60 60

10

Inhaltsverzeichnis 61 61 62 62 63

6. Vorverfahren zur Feststellung von Schäden . . . . . . . . . . . . a) § 35 BJagdG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Feldordnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das NTS-AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. In allen Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die öffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstellen in Hamburg und Lübeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Verfahren vor dem Schiedsmann . . . . . . . . . . . . . . c) Das Abhilfeverfahren nach dem BayAGZPOuKO . . . . . .

63 64 64

II. In Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung. . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

1. In Entschädigungssachen . . . . . . . . . a) Bundesleistungsgesetz . . . . . . . . . b) Energiesicherungsgesetz 197 5 . . . . c) Schutzbereichsgesetz . . . . . . . . . . d) Fluglärmgesetz . . . . . . . . . . . . . . e) Landbeschaffungsgesetz . . . . . . . . f) Luftverkehrsgesetz . . . . . . . . . . . g) Zollgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Gräbergesetz . . . . . . . . . . . . . . . i) Telegraphenwegegesetz . . . . . . . . j) Kleingartenrecht . . . . . . . . . . . . . k) Bundesentschädigungsgesetz . . . . . 1) Bundesimmissionsschutzgesetz . . . m) Bundeswasserstraßengesetz . . . . . . n) Wasserrecht . . . . . . . . . . . . . . . . o) Die Enteignungsgesetze der Länder

. .. . . . .. . .. . .. . .... .. . .. . ... . . . ...... ...... . . ... . .... . . .... . ....... ... .. ... ... . .. ... .... .. . .. . .. . .. ..... . . .. ... ... .... .. .... .... ....... .... .. ......... .. . . . . .. .. . ... . ... .. .. ... .. . .. .. .. .... . . .. . .. . .... ... ....... . ..... ...... ... . .... .. ...... .. 2. In Bausachen (nach dem Bundesbaugesetz und dem Städtebauförderungsgesetz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65 66 66 66 66 67 67 67 67 68 68 68 69 69 70 70

B. Abgeschaffte Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

I. Das Vorverfahren der Strandungsordnung . . . . . . . . . . . . . . .

72

II. Das Vorverfahren nach § 75 Gewerbeordnung . . . . . . . . . . . .

73

C . Angestrebte Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

I. Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimitte/rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

II. Der Entwurf zur Reform des Staatshaftungsrechts . . . . . . . . .

74

71

Inhaltsverzeichnis

11

Zweiter Teil Der Standort der Vorverfahren in der Rechtsordnung

3. Abschnitt SINN UND ZWECK DER EINZELNEN VORVERFAHREN A. Die Gemeinsamkeiten der Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

I. Beilegung von Streitigkeiten auf besonders schwierigen Rechtsgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

II. Vermeidung von Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

B. Die unterschiedlichen Zwecke der einzelnen Vorverfahren . . . . . . .

78

I. Wahrung der guten Beziehungen zwischen den Parteien . . . . . .

78

II. Schnelle Klärung von Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

III. Kostenersparnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

IV. Klärung von Bagatellstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

V. Gleichmäßige Behandlung schwieriger Streitigkeiten . . . . . . . .

83

VI. Rechtsschutzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

VII. Vermeidung überflüssiger Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

VIII. Entlastung der Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

4. Abschnitt DIE RECHTLICHE ZULÄSSIGKEIT AUSSERGERICHTLICHER VORVERFAHREN IN STREITIGKEITEN DER ZIVILGERICHTSBARKEIT A. Die Verfassungsmäßigkeit der Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

I. Die Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Gerichtsschutzgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

1. Die verfassungsrechtlichen Gerichtsschutzgarantien . . . . . . . 2. Die Bedeutung der Garantien für die Vorverfahren . . . . . . .

86 87

12

Inhaltsverzeichnis II. Vereinbarkeit mit Art 92 GG . . . . . . . ... . . . . . . . . . . . . .

88

1. Die verschiedenen Interpretationen des Art 92 GG . . . . . . .

89

a) Zur formellen und materiellen Interpretation des Begriffs „rechtsprechende Gewalt" ............ . .. . .. . .. b) Zum Rechtsprechungsmonopol des Richters . . . . . . . . .

89 91

2. Art. 92 GG und Vorverfahren,· in denen keine verbindliche Entscheidung getroffen wird . . . .. . . . . . .. . .. . . . . . . . 3. Art 92 GG und Vorverfahren, die mit einer Entscheidung enden, die verbindlich werden kann ....... .

92

Ill. Vereinbarkeit mit Art 20 II und 101 I GG . . . . . . . . . . . . . . .

95

B. Die gesetzliche Zulässigkeit der Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . .

96

I. Die Vereinbarkeit von Vorverfahren vor Verwaltungsbehörden mit den Gesetzesbestimmungen über die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte .. . . .... . . ... . . . . .. . . . . .. . . ..

96

. . .

97

Ill. Die Zulässigkeit satzungsrechtlicher Vorverfahrensregelungen ..

99

I V. Die Zulässigkeit vertraglicher Vorverfahrensregelungen . .... .

100

II. Die Zulässigkeit landesrechtlicher Vorverfahrensregelungen

91

D ritter T eil Die Ausgestaltung der Vorverfahren 5. Abschnitt BILDUNG UND BESETZUNG DER VORVERFAHRENSSTELLEN 6. Abschnitt A. Die Zahl der Vorverfahrensstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104

B. Die Zahl der Mitglieder der Vorverfahrensstellen . . . . . . . . . . . . . .

105

C. Die Auswahl der Mitglieder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

106

D. Die von den Mitgliedern zu erfüllenden Anforderungen . . . . . . . . .

109

I. Anforderungen an die persönliche Integrität . . . . . . . . . . . . .

109

II. Anforderungen zur Sicherstellung einer paritätischen Besetzung

11 O

Inhaltsverzeichnis III. Anforderungen hinsichtlich der Sachkunde

13 111

E. Die Möglichkeiten der Parteien, die Abberufung von Mitgliedern zu erreichen . .. . . . . . . .. .. . ... . . ... . . . . ... . .... . . ....

1 13

F. Die Stellung der Mitglieder der Vorverfahrensstelle ..... .. .... .

1 15

Weisungsgebundenheit . .... . . . . .. . . . ...... . . . . . . ..

1 15

I.

II. Schweigepflicht .... . . . . ..... . . . ... . . .. . . .. .. .. .

1 16

6. Abschnitt DIE ARBEITSWEISE DER VORVERFAHRENSSTELLEN A. Die für die Gütestellen geltenden Verfahrensregeln .. .. . .......

1 17

I. Entsprechende Anwendung des Prozeßrechts . ..... . .... . .

1 17

II. Freies Ermessen der Vorverfahrensstellen . . .. . .. . . ..... . B. Die Verfahrensgrundsätze . ... . .... . . .... . . ..... . ......

1 18 120

I. Die Geltung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs . . ......

120

II. Die Geltung des Grundsatzes der Mündlichkeit . .... . .... . .

12 1

III. Die Geltung des Verhandlungsgrundsatzes und des Untersuchungsgrundsatzes ... . .. . ...... . .... . . . .........

122

IV. Die Geltung des Grundsatzes der Öffentlichkeit ... . ..... . .

122

V. Die Geltung des Beschleunigungsgrundsatzes . ... ..... . .. .

12 3

C. Der Antrag auf Einleitung des Vorverfahrens ... ..... . ..... ..

124

D. Die Mitwirkung von Bevollmächtigten oder Beiständen im Vorverfahren ..... ........ .

125

E. Mittel zur Sachverhaltsaufklärung . . ... . . . ...... . . . . . . .. .

127

I. Die Beweismittel 1. Augenschein ... .... .. .... . . . . . . . .. . .. .. 2. Zeugen ..... . . ... .. ..... . . .... . . . .... . . . . . . 3. Eidesstattliche Versicherung . . . ... . . .. . . . . .. . . .... 4. Sachverständigen-Beweis . .. ... ... . . . ... .. .. ... ..

127 127 128 1 30 1 30

Inhaltsverzeichnis

14

5. Urkundenbeweis, Parteivernehmung . . . . II. Die Grenzen der Be weisaufnahme . .

1. Die Begrenzung der Beweismittel . 2. Weitere Schranken der Beweisaufnahme auf dem Wesen des Vorverfahrens . . . . . . .

131 132 132 132

F. Das Ergebnis des Vorverfahrens .

133

I. Die möglichen Ergebnisse . .

133

1. 2. 3. 4.

Erledigung des Streites . . . . Vergleich . . . . . . . . . . . . Zurückweisung des Antrages als unzulässig . . Entscheidung in der Sache .

II. Die En tscheidungsfindung

1. 2. 3. 4. 5.

133 134 135 135 137

Die Beratung . . . . . . . Die erforderliche Stimmenmehrheit . . . . . Zur Bindung an Anträge . . . . . . . . . . . . Der Entscheidungsmaßstab . . . . . . . . . . . . Die Zulässigkeit von Versäumnissprüchen . .

137 137 138 139 140

III. Die Volls treckbarkeit von Vergleichen und Sachen tscheidungen

141

1. Vorverfahren, die zu keinem Vollstreckungstitel führen . . . . 2. Vorverfahren, bei denen nur die vor der Vorverfahrensstelle geschlossenen Vergleiche Vollstreckungstitel sind . . . . . . . . 3 . Vorverfahren, bei denen auch die Sachentscheidungen Vollstreckungstitel sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besondere Vollstreckungsregelungen

141 142 143 144

7. A bschn itt

DIE KOSTEN DES VORVERFAHRENS A . Gebührenf re ie Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145

B. Verfahren , deren Kosten u nabhä ngig vom Ausgang des Verfahrens von einer Partei allein oder von beide n Parte ien zu tragen sind .. . . .

146

I. Verfahren, deren Kasten von einer Partei allein zu tragen sind

146

II. Verfahren, bei denen die Kos ten von beiden Parteien zu tragen sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147

15

Inhaltsverzeichnis C . Verfahren, deren Kosten von der unterlegenen Partei z u tragen sind

148

D. Zur Höhe der Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

148

V ierter T eil D ie Auswirkungen der Vorverfahren auf den nachfolgenden Prozeß in der Hauptsache 8.A bschnitt DIE UNTERSCHIEDLICHEN AUSWIRKUNGEN DES OBLIGATORISCHEN UND DES FREIWILLIGEN VORVERFAHRENS A. D ie obligatorischen und die freiwilligen Vorverfahren . . . . . . . . . .

152

I. Obliga torische Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

152

II. Freiwillige Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 3

III. Vorverfah ren, die teils obliga torisch, teils freiwillig sind . . . . . .

155

I V. Vorverfahren, bei denen streitig ist, ob sie o bligatorisch sind . . .

155

B. Die Auswirkunge n des obligatorischen Vorverfahrens auf den Prozeß

156

I. A rt und Weise der gerich tlichen Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . .

156

1. Die Rechtsnatur der Obligation : Die Bedeutung der Obligation für den Prozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berücksichtigung der Notwendigkeit des Vorverfahrens von Amts wegen oder nur auf Einrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vorschriften über die einzelnen Vorverfahren . b) M einungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . . aa) Gesetzlich vorgeschriebene Verfahren . . . . . . b b) Vertraglich vorgesehene Verfhren . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . . . ... . .. . . .

3 . M aßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung des Gerichts . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Folgen des fehlenden Vorverfahrens : Verweisung, Au ssetzung oder Klageabweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aussetzung oder Vertagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

156 15 8 15 8 159 160 160 160 161 161 16 1 163 163 163

16

Inhaltsverzeichnis aa) Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

163 164 164

II. Die Vorausse tzungen für das Eingreifen der Obligation . . . . . . .

165

1. Das Bestehen der Vorverfahrensstelle als Voraussetzung der Obligation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Die Abdingbarkeit der Obligation . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Ersetzung des Vorverfahrens durch Klage und Klageabweisungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Geltung der Obligation bei Klagen aus außergerichtlichen Einigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Geltung der Obligation bei besonderen Verfahrensarten . a) Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes . . . d) Beweissicherungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Urkunden- und Wechselprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Interventions- oder Nebeninterventionsklage . . . . . . . . . g) Mahnverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Antrag auf Prozeßkostenhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Wiederaufnahmeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Schiedsgerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Weitere Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

169 170 17 1 171 17 2 17 3 173 17 4 17 4 17 4 17 4 17 4 175

III. Die Erfordern isse für die Erfüllung der Klagevorausse tzung . . . .

175

1. Erstes grundsätzliches Erfordernis: Identität der im Vorverfahren und im Prozeß geltend gemachten Ansprüche . . . . a) Die Zulässigkeit der Klageänderung . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Zulässigkeit des Subjektwechsel . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Zweites grundsätzliches Erfordernis: Sachentscheidung . . . . 3. Die Ausnahmen von dem Grundsatz, daß eine Sachentscheidung notwendig ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Vorverfahren endet, aber ohne Sachentscheidung . . . aa) Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rücknahme des Antrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

166 167 16 7 167 168 168

175 176 17 6 178 179 179 180 180 180

Inhaltsverzeichnis

17

cc) Die zur Entscheidung erforderliche Mehrheit kommt nicht zustande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Das Gremium lehnt den Antrag als unzulässig ab . . . . c) Das Vorverfahren wird nicht in angemessener Zeit beendet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Untätigkeit der Vorverfahrensstelle . . . . . . . . . . . . bb) Verschulden des Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verschulden des Klägers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Einhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens . . . . . . . . . a) Der Verfahrensfehler ist nicht vom Kläger zu verantworten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Verfahrensfehler ist vom Kläger zu vertreten c) Besondere Verfahrensfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nichtigkeit des Spruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spruch einer unzuständigen Stelle . . . . . . . . . . . . .

180 181 181 182 183 183 183 184 I 84 I 85 I 86 186

C . Die Ausw irkungen des freiwilligen Vorverfahrens auf den Prozeß . . .

187

I. Der Antragsteller klagt während des Vorverfahrens . . . . . . . . .

187

II. Der An tragsgegner klagt während des Vorverfahrens . . . . . . . .

188

III. Ein Dritter klagt während des Vorverfahrens: Bei Mehrheit von Schuldner und Gläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

188

.. . . .... . ...

I 89

I. Die Tauglichkeit des freiwilligen Vorverfahrens zur Erreichung der Vorverfahrens-Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I 89

II. Argumente gegen das no twendige Vorverfahren . . . . . . . . . . .

I 90

III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191

D . D ie Zweckmäßigke it obligator ischer Vorver fahren

9. Abschnitt DIE AUSWI RKUNGEN VON KLAGEFRI STEN A. D ie vorhandenen Klagefr isten und ihre Wirkung . . . . . . . . . . . . . .

193

I. Die vorhandenen Klagefristen

193

II. Die Wirkung der Klagefristen

194

B . D ie prozessuale Bedeut ung der Klagefrist 2 Preibisch

196

18

Inhaltsverzeichnis I. Berücksich tigung von A m ts wegen oder nur auf Einrede .

197

II. Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197

III. Verzich t, Verlängerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

198

I V. Erfordernisse für die Wahru ng der Frist . . . . . . . . . . . . . . . . .

198

J . Die von der Klage zu erfüllenden Voraussetzungen . . . . . . . 2. Andere Formen der Anrufung des Richters . . . . . . . . . . . . 3 . Die Fristwahrung im Falle der Rechtsnachfolge . . . . . . . . .

198 199 200

V. Wiedereinse tzung in den vorigen Stand . . . . . . . . . . . . . . . . .

200

VI. Beginn der Klagefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

201

1. Spruch in der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirksamer Spruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 . Ordnungsgemäße Bekanntgabe des Spruches . . . . . . . . . . .

201 202 202

VII. Auswirkungen auf die Parteirollen im Prozeß . . . . . . . . . . . . .

203

VIII. A uswirkungen auf die Zulässigkeit von Klageänderung und Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

203

C. Zur Zweckmäßigkeit von Klagefristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

204

1 0. A bschnitt

WEITERE AUSWIRKUNGEN DES VO RVERFAHRENS AUF DEN PROZESS

A. Auswirkungen auf den Streitgegenstand, die Klageanträge und den Urteilstenor . . . I. Einfluß auf den Streitgegenstand II. Einfluß auf die Klagean träge und den Urteilstenor . . . . . . . . .

1. Vorverfahren, bei denen kein Einfluß auf Anträge und Tenor möglich ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorverfahren, bei denen ein Einfluß auf Anträge und Tenor möglich ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Klage hebt den Spruch nicht auf . . . . . . . . . . . . . . b) Die Klage hebt den Spruch auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zur Zweckmäßigkeit der beiden Lösungen . . . . . . . . . . .

206 206 207 207 208 208 209 2JO

Inhaltsverzeichnis B. Auswirkunge n auf die Beweisführung . . . . . . I. Einfluß auf die Be weislast

19 211 211

II. Die Wirkung von im Vorverfahren abgelegten Ges tändnissen

211

III. Die Verwertung der im Vorverfahren erh o benen Be weise . .

212

I V. Die Verwertu ng von im Vorverfahren ers tatte ten Sach verständigengu tach ten . . . . . . .

213

1 . D ie allgemeinen G rundsätze .

213

2 . Einzelfälle , in denen Gutachten des Vorverfahrens im P rozeß nicht verwe rtet we rden können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

216

C. Auswirkungen des Vorverfahrens auf F risten, von de ren E inhaltung die Prozeßentscheidung abhängt . . .

2 16

I. Gese tzliche R egelu ngen . . . . 1 . Notwendige Vorverfahren 2 . F reiwillige Vorverfahren . . . 3 . § 209 II N r. 1 a BGB . . . . . .

217 2 18 2 18

II. Rech tsprechung und Schrifttu m

218

III. Stellungnah me . . . . . . . . . . . .

219

1 . D as Verhältnis der in den Vorverfahrensregelungen vorgesehenen K l agefristen zu den F risten des allgemeinen Rechts . . 2 . Notwendige Vorverfahren 3 . F reiwillige Vorverfahren . . . 4 . W ahrung, Hemmung oder Untersuchung . . . . . D. Auswirkungen auf die Kostene ntscheidung des Gerichts . . . I. Die „ o ktroyierten " Vorverfahren in En tschädigungsstreitigkeiten . . . . . . . . . . II. Die anderen Vorverfahren 1 . Gesetzliche Regelungen 2. Rechtsp rechung und Schrifttum 3 . S tellungnahme E. Zur Ausschließung und Able hnung von Personen, die im Vorverfah­ ren mitwirkte n . I. R ich ter . . . 2·

2 17

219 219 219 220 22 1 221 2 22 222 222 223

224 224

20

Inhaltsverzeichnis II. Sach verständige

225

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . .

225

Fün fter T eil Die Zweckmäßigkeit außergerichtlicher Vorverfahren

1 1 . A bschnitt

DIE TRAGWEI TE DER GRÜNDE , DIE ZUR ABSCHAFFUNG EINZELNER VORVERFAHREN FÜHRTEN

A. Die Gründe für die Abschaffung des § 7 5 GewO . . . . . . . . . . . . . .

229

B. Die Gründe für die Aufhebung der § § 1 0 1 ff ArbGG 1 9 26 . . . . . . .

230

C. Die Gründe für die Abschaffung der § § 36 ff StrandO . . . . . . . . . .

230

1 2. A bschnitt

DIE ERFAHRUNGEN, WELCHE BEI DER DURCHFÜHRUNG DER EINZELNEN VORVERFAHREN GESAMMELT WURDEN A. Zum Material . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .

232

B. Die I nanspruchnahme der Vorverfahrensstellen

233

/. Die Zahlen und Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

234

II. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

242

. . . .

243 244 244 245

C. Die Effektivität der Vorverfahrensstellen bei der Streitbeilegung . . .

245

1. 2. 3. 4.

Unkenntnis der Möglichkeit eines Vorverfahrens . . Unkenntnis der Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . Scheu, die Vorverfahrensstelle anzurufen . . . . . . Mangelndes Vertrauen in die Vorverfahrensstellen .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

21

Inhaltsverzeichnis I. Die Zahlen und Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

246

II. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .

25 6

D . Der Einfluß des Vorverfahrens auf die Dauer des Rechtsschutzver fahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259

I. Die Dauer der Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259

II. Der Einfluß des Vorverfahrens auf die Dauer anschließender Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .

26 1

E. Die Kosten des Vorverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26 1

F. Die Einschät zung des Vorverfahrens in Wissenschaft und Prax is . . . .

262

I. Die allgemeinen Beurteilungen

262

II. Anderungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .

266

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

266

13. Abschnitt DIE EIGNUNG DES AUSSERGERICHTLICHEN VORVERFAHRENS , DEN PROBLEMEN DER ZIVILGERICHTSBARKEIT ABZUHELFEN A. überblick über die Probleme der Zivilgerichtsbarkeit

267

B. Die Überlastung der Gerichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

269

I. Ausmaß und Gründe der Überlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

269

1 . Die Ü berlastung der ordentlichen Gerichte . . . . . . . . . . . . 2. Die Ü berlastung der Arbeitsgerichte . . . . . . . . . . .. . . . . .

269 27 2

II. Das außergerichtliche Vorverfahren als Möglichkeit, der Überlastung entgegenzuwirken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27 2

1 . Das Vorverfahren als Mittel zur Ve rringerung des Geschäftsanfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Vorverfahren als Mittel gegen die zunehmende Komplizierung des P rozeßstoffes . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die lange Dauer des Rechtsschutzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausmaß und Gründe der Prozeßdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27 2 27 3 274 274

22

Inhaltsverzeichnis II. Das außergerichtliche Vorverfahren als Möglichkeit, die Verfah­ rensdauer zu kürzen

27 7

1 . Das Vorv erfahren als Mittel z ur Verkürzung der P roz eßdauer a) Unvollständiger P arteivortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Notwendigk eit von S achv erständigengutachten . . . . .

277 278 279

2. Das Vorverfahren als Mittel, R echtsstreitigk eiten schn ell b eizulegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280

D. Die Schwierigkeiten beim Zugang zu den Gerichten . . . . . . . . . . . .

282

I. Die Kostenbarrieren . . . . . . . . . . . . . . . .

283

II. Sprachbarrieren und „Schwellenangst " . . . . . . . . . . . . . . . . .

284

III. Das außergerichtliche Vorverfahren als Mittel, den Zugangsbarrieren en tgegenzuwirken

285

1 . Der Abbau von Zugangsb arrieren darf die Proz esse nicht verm ehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorverfahren und Kostenb arriere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 . Vorverfahren und Sp rachb arriere sowie „Schwellen angst"

285 286 286

E. Das Sachverständigenproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

287

I. Zum Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

287

II. Das Vorverfahren als Mi ttel zur Problemlösung . . . . . . . . . . . .

288

14. Abschnitt ANDERE MÖGLICHKEITEN , DI E ZIELE DES VORVERFAHRENS ZU E R R EICHEN A. Die Möglichkeiten des gerichtlichen Vorverfahrens . . . . . . . . . . . .

290

I. Vorläufige Streitentscheidung durch den R echtspfleger . . . . . .

290

II. Obliga torische Gü teverhandlungen vor dem Richter . . . . . . . . .

29 1

III. Das Erforschungsverfahren . . . . . . . . . . . . . .

29 3

I V. Das Beweissicherungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 4

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 4

VI. Al/gemeine Bedenken gegen alle prozessualen Lösungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

295

V. Das Schiedsurteilsverfahren

Inhaltsverzeichnis 1 . Die Belastung der Parteibeziehungen durch gerichtliche Ver­ fahren . . . . 2 . Geringere Entlastung der Gerichte . . . . . . . . . .... 3 . Keine Minderung des Zuschusses, den der Staat aus S teuermit teln für die Rechtspflege aufzubringen hat . . . . . . . . . . B . Al ternativ en außerh alb der s taatlichen Gerich tsb arkei t . . . . . . . I. Das Schiedsgerichtsverfahren

. . .. .

II. Das Sch iedsgutach terverfahren

23

295 296 296 297 297 29 8

III. Das R echtsamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

298

I V. Der Ombudsman . . . .

299

V. Die Befassung von Verbänden, Massenmedien usw. m it Streitfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

300

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30 1

1 5. A bschnitt VORSCHLÄGE ZUR EINFÜ HRUNG WEITERER AUSSERGERICHTLICHER VORVERFAHREN A . Grundsätz liches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

302

B. Erwei terung der Zuständigk ei t der Einigungsst ellen nach § 27 a UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

304

C. Ausbau d er Schiedsstellen für Verbrauchers treitigk eiten . . . . . . . . .

305

I. Al/gemeine Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

305

II. Die Mängel des heutigen Zustands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

307

III. Möglichkeiten zur Förderung des Vorverfahrens in Verbraucherstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

307

1 . Schaffung einer Musterverfahrensordnung . . . . . . . . . . . . . 2 . Ausdehnung der Rechtsverbindlichkeit und Vollstreckbarkeit des S chiedsstellenspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

308

3 . Vorschriften über die Besetzung der Vorverfahrensstellen . . .

308

I V. Der Vorschlag v o n H i p p e l s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

309

1. Zur Rechtmäß�kci t . . .

308

3 10

24

Inhaltsverzeichnis 2. Zur Zweckmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

312

V. Zur Tendenz, Vorverfahren in Schiedsgutachterverfahren umzuwandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

312

D . Ersetzung des S ch iedsg utachterverfahrens durch das außergericht liche Vorve rfah ren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

313

I. Wesen und Verbreitung des Schiedsgutachterverfahrens . . . . . .

313

II. Zweck und Vorzüge des Schiedsgutachterverfahrens . . . . . . . .

314

1. Übereinstimmung mit den Vorzügen des außergerichtlichen Vorverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verstärkung der Vorzüge durch die Bindungswirkung

314 314 315

III. Bedenken gegen das Schiedsgutachterverfahren . . . . . . . . . . .

315

1. Ausgangspunkt: die weitgehende Verbindlichkeit . . . . . . . . 2. Prozeßrechtliche Bedenken: Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) . . . . . 3. Verfassungsrechtliche Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sonstige Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

316 316 3J7 3J8

I V. Möglichkeiten, den Nachteilen des Schiedsgutachterverfahrens abzuhelfen, ohne dessen Vorteile aufzugeben . . . . . . . . . . . . .

318

1. Durch Annäherung an das Schiedsverfahren (im Wege analoger Anwendung der§§ 1027 ff ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Durch das außergerichtliche Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . 3. Empfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3I9 319 320

1. Im Bereich der kaufmännischen Qualitätsarbitrage . . . . . . . 2. Im Bereich des Versicherungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . .

321 321 321

E . Vo rverfahren für Ansprüche aus § 3 PflversG . . . . . . . . . . . . . . . .

322

I. Allgemeine Zweckmäßigkeitsüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . .

322

II. Aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung abgeleitete Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

324

III. Praktische Überlegungen zur Einrichtung von Vorverfahrensstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

326

F . Ausblic k a uf das A rbeits- und M iet recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

326

V. Wege zur Verwirklichung des Vorschlags . . . . . . . . . . . . . . . .

Inhaltsverzeichnis

25

I. Zur Einführung neuer Vorverfahren auf dem Gebiet des Arbeitsrech ts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

327

II. Z u r Schaffung weiterer Vorverfahrenss tellen auf dem Gebiet des Mie trech ts . . . . . . .

3 28

Zusammenfassung in Thesen . .

332

Literaturverzeichnis . . . . . . .

334

Verzeichnis der Übersichten übersieh t 1 : D ie Ausgestaltu ng der Vo rverfahren in S treitigkeiten der Z ivilgerichtsb arkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 50

Übersich t 2: Auswirku ngen der Vorv erfahren in bürgerlichen R echtsstreitigk eiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

226

Übersich t 3: Auswirku ngen der Vorver fahren in Z ivilprozeßsachen kraft Zuweisu ng . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227

Übersich t 4: A ntragseingänge im Vorv erfahren nach § 1 1 1 I I ArbGG b ei einzelnen H andwerk sk am m ern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

234

Übersich t 5: A ntragseingä nge im Vorv erfahren des A rbEG . . . . . . . . . . . . . . . .

23 5

Übersich t 6 : A ntragseingä nge im Vorv erfahren nach § 27 a U W G in Bayern

237

Übersich t 7: A ntragseingä nge im Vorverfahren vor den Schiedsmännern in Berlin

240

Übersich t 8: Im Vorb ereitu ngsst adium erledigte A nträge

24 1

übersieh t 9: Erledigu ngsq uo te im Vorverfahren nach § 1 1 1 II A rbGG b ei der H andwerk sk am m er W iesbaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

247

Übersich t 1 0: Erledigungsq uot e im Vorverfahren nach § 1 1 1 I I A rbGG b ei der H andwerk sk amm er Trier

247

Übersich t 1 J : Erledigungsq uote im Vorv erfahren nach § 1 1 1 I I A rbGG b ei der H andwerk sk am m er Bremen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

248

Verzeichnis der Übersichten

27

übersieh t 1 2:

Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 111 II ArbGG bei den Handwerkskammern Berlin, Hannover, Frankfurt a.M. , Wiesbaden, Trier und Bremen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Übersich t 1 3:

Erledigungsquote im Vorverfahren des ArbEG

Übersich t 1 4:

Erledigungsquote im Vorverfahren nach§ 27 a UWG in Bayern . . . .

248 250 25 1

Übersich t 1 5:

Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 27 a UWG bei der !HK Frankfurt a.M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

251

Übersich t 1 6:

Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 27 a UWG bei der !HK Stuttgart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

252

übersieh t 1 7:

Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 27 a UWG bei der !HK Koblenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

übersieh t 1 8:

Erledigungsquote im Vorverfahren vor der ÖRA Hamburg

253 255

übersieh t 1 9:

Erledigungsquote im Vorverfahren vor den Schiedsmännern in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Übersich t 20:

Vergleichsquellen der ordentlichen Gerichte

256 258

übersieh t 2 1 :

Die Entwicklung der Bevölkerungs- und Richterzahl im Deutschen Reich und in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . .

269

Übersich t 22:

Dauer der Prozesse bis zum streitigen Urteil der 1. Instanz in Zivilsachen vor den ordentlichen Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Übersich t 23:

Dauer der durch Urteil erledigten Prozesse vor dem Amtsgericht

27 4 275

Einleitung 1. Thematische Einführung Außergerichtliche Vorverfahren sind allgemein bekannt als Institution des Verwaltungsrechts. Solche Vorverfahren sind z.B. vorgesehen in § § 68 ff. VwGO. 1 Die Nützlichkeit der verwaltungsrechtlichen Vorverfahren wird kaum in Abrede gestellt. 2 Ihr Sinn und Zweck wird in folgenden drei Funktionen gesehen: 3 Eine wichtige4 Aufgabe des Widerspruchsverfahrens ist die Entlastung der Gerichte. Man spricht von der Sieb- oder Filterfunktion des Vorverfahrens. Das Widerspruchsverfahren hat weiterhin eine Rechtsschutzfunktion 5 • Der betroffene Bürger kann behördliche Entscheidungen überprüfen lassen, ohne sich an die Gerichte wenden und das damit verbundene Prozeßrisiko über­ nehmen zu müssen. 6 Schließlich dient das verwaltungsrechtliche Vorverfahren den Interessen der Verwaltung. Es ermöglicht eine Selbstkontrolle der Verwaltung 7 und erspart ihr auf diese Weise vermeidbare Prozesse. sowie in § § 78 ff. SGG, 44 FGO i.V. mit § § 347 ff. AO 1 9 7 7 . s . dazu z . B . Ule, VerwArch 1 97 1 , S. 1 1 4, 1 20 ; v o n Mutius, Widerspruchsverfahren, S. 1 1 6 , Fußn. 28 mwN .. In jüngerer Zeit hat Presting, DÖV 1 9 76, S. 269, die Zweck­ mäßigkeit des Widerspruchsverfahrens bezweifelt. 3 Vgl. die Begründung der Bundesreg. zu § § 68 ff. VwGO, BI-Drucks. III/5 5 , Anlage S. 3 8 ; von Mu tius, a.a.O., S. 1 1 4 ff. mwN . ; Heyne, Vorverfahren, S. 3 mwN . ; Knack/ Busch, VwVfG, vor § 79, Rdnr. 2; Stich, JuS 1 964, S. 38 1 , 390; Ule, Verwaltungsprozeß­ recht, § 2 3 . 4 Nach h . M . ist dies die primäre Aufgabe: Eyermann / Fröhler, VwGO, § 7 2 , Rdnr. l ; Redeker / von Oertzen, VwGO, § 68, Rdnr. 2 ; von Mutius, a.a.O., mwN . ; Ule, VerwArch 197 1 , S. 1 1 4, 1 20, 1 22 f. ; a.M . : Knack / Busch, a.a.0., der keinem der einzelnen Ziele einen Vorrang einräumt; ähnlich BGH, Urt. v. 1 0. 1 2. 1 9 7 1 , NJW 1 9 7 t, S. 635 f. ' So die h.M . , s. dazu F ußn. 3 und 4. Presting, DÖV 1 976, S. 269, bestreitet diesen Zweck. • Es ist jedoch nicht immer kostenfrei, vgl. z.B. § 80 VwVfG oder Art 16 I S. 1 BayAGVwGO v. 28. 1 1 . 1 960 (GVBI. S. 266) und die übrigen Verwaltungskostengesetze der Länder (Überblick bei Knack / Busch, VwVfG, § 80, Rdnr. 2. 2; zur Abgrenzung der Geltungsbereiche von § 80 VwVfG und der Landesgesetze s. Knack / Busch, a.a.O. , Rdnr. 5 ) . 7 Theis, Diss., S. 5 2 ; Weides, J u S 1 964, S. 275 ; Freitag, VerwArch 1 96 5 , 325 ; Köste­ ring, Widerspruchsverfahren, S. 1 5 ; Sahlmüller, DVBl 1 9 7 3 , S. 5 4 1 , 543, sehen darin den Hauptzweck. Nach Presting, a.a.O., ist dies der alleinige Zweck, a.A. : Ute, Verwaltungs­ gerichtsbarkeit, § § 69 - 7 3 VwGO, Anm. V. 1

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Einleitung

Betrachtet man diese Vorzüge des verwaltungsrechtlichen Vorverfahrens, so stellt sich die Frage nach außergerichtlichen Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit. Gibt es sie? Sind sie rechtlich zulässig? Sind sie zu befür­ worten? II. Die praktische Bedeutung der Untersuchung Eine Untersuchung der außergerichtlichen Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit hat schon deshalb praktische Bedeutung, weil es von diesen Vorverfahren im geltenden Recht mehr gibt, als man zunächst vermutet, und eine gewisse Tendenz, weitere Vorverfahren einzurichten, nicht zu verkennen ist. Dabei sind außergerichtliche Vorverfahren auf dem Gebiet der Zivilgerichts­ barkeit keine neue Erscheinung. Monich schrieb bereits im Jahre 1 897 eine längere Abhandlung über „nicht gerichtliche Vorverfahren". 8 Obwohl die Zahl der Vorverfahren nicht unerheblich ist, hat das Institut des zivilrecht­ lichen Vorverfahrens bisher nur wenig Beachtung gefunden: Es gibt fast nur Schrifttum zu den einzelnen Vorverfahren, kaum aber Darstellungen, welche die einzelnen Verfahren im Zusammenhang betrachten, und schon gar nicht solche, die sich mit den Problemen be­ schäftigen, die sich allgemein bei Vorverfahren der Zivilgerichtsbarkeit ergeben. Es fehlen Darstellungen der schon vorhandenen Vorverfahren, welche über eine Aufzählung der wichtigsten Vorschriften, in denen Vorverfahren geregelt sind, hinausgehen.9 Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß das Schrifttum zu den einzelnen Vorverfahren die Literatur und die Erkenntnisse, welche andere Vorverfahren betreffen, nur in Ausnahmefällen be­ rücksichtigt. Dabei ist unbestritten, daß sich die einzelnen Vorverfahren vergleichen lassen und manches Problem, das sich bei den einzelnen Vorverfahren stellt, gelöst werden kann, indem man Regelungen anderer Vorverfahren heranzieht 1 0 • Probleme gibt es beim Vorver­ fahren der Zivilgerichtsbarkeit genug. Das Schrifttum betont immer wieder, daß die ein­ zelnen Vorverfahrensregelungen sehr lückenhaft sind und die Rechtswissenschaft mit zahl­ reichen Fragen konfrontieren 11 • Die vorliegende Arbeit soll dazu beitragen, die hier aufgezeigten Lücken zu schließen. Es soll versucht werden, auf eine Reihe von Problemen, die sich allgemein für die Vorver­ fahren der Zivilgerichtsbarkeit stellen, Antworten zu finden. Dabei sollen Literatur und Rechtssprechung zu einzelnen Vorverfahren für die anderen Vorverfahren nutzbar ge­ macht werden. Der Verfasser hofft, der Praxis auf diese Weise bei der Durchführung der einzelnen Verfahren tiehilflich sein zu können. 8 ZZP 23 ( 1 897), S. 407 ff. Monich verwendet den Begriff „nicht gerichtliche Vor­ verfahren" z.B. auf S. 420. 9 Derartige Aufzählungen finden sich bei Stein / Jonas / Pohle, ZPO, vor § 1, Bern II B; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, § 26; etwas umfangreicher ist nur der Aufsatz von Rothweiler und Sauer, NJW 1978, S. 797 ff. , über einige Vorverfahren der Zivil­ gerichtsbarkeit. 0 Sieg, VersR 1 967, S. 324, 325 ; vgl. auch Volmer, BB 1 968, S. 25 3 , 25 5. ' 11 s. z.B.: Leipold, Festschrift für Schnorr von Carolsfeld, S. 273, 274 ; die Stellung­ nahme der Bundesreg. in: BI-Drucks. Vl/ 2225, S. 43.

III. Die rechtspolitische Bedeutung der Untersuchung

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III. Die rechtspolitische Bedeutung der Untersuchung Untersuchungen über außergerichtliche Vorverfahren der Zivilgerichtsbar­ keit kommt darüber hinaus eine grundsätzliche , rechtspolitische Bedeutung zu. 1 . Beitrag zur Lösung der im Privatrecht bestehenden Rechtsschutzprobleme Der Rechtsschutz in privatrechtlichen Streitigkeiten ist mit einer Reihe von Problemen behaftet, welche auch die jüngste Novelle zum Verfahrensrecht, die Vereinfachungsnovelle 1 2 , nicht vollständig zu beseitigen vermochte : Die Ge­ richte sind überlastet 1 3 . Die Dauer des Gerichtsverfahrens wird vielfach als zu lang empfunden. Das Prozeßkostenrisiko schreckt viele davon ab , ihre An­ sprüche durchzusetzen. Hinzu kommt eine teilweise erhebliche allgemeine Scheu der Bürger, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen , das gilt z.B. für den Arbeitnehmer in Hinblick auf Klagen gegen den Arbeitgeber sowie für den Verbraucher, soweit es sich um Streitigkeiten von geringerem Streitwert handelt . Es fragt sich, ob und inwieweit das außergerichtliche Vorverfahren geeignet ist, diesen Problemen abzuhelfen. Diese Frage liegt besonders nahe, wenn man sich der oben genannten 14 , allgemein anerkannten Vorzüge des verwaltungs­ rechtlichen Vorverfahrens erinnert. Dieser Frage will diese Untersuchung nach­ gehen . Sie ist deshalb auch ein Beitrag zur Lösung der im Privatrecht bestehen­ den Rechtsschutzprobleme. 2. Beitrag zum Problem der Vereinheitlichung der Verfahrungsordnungen In der allgemeinen und in der besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit sind außergerichtliche Vorverfahren weitgehend die Regel. 1 5 Ute ermittelte , daß ein Vorverfahren 88,4 % aller Streitigkeiten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und sogar 9 1 ,3 % aller Prozesse der Finanzgerichtsbarkeit vorausgeht. 1 6 Das wirft die Frage auf, ob man das Vorverfahren im Interesse einer Verein­ heitlichung der Verfahrensordnungen 1 7 auch in der Zivilgerichtsbarkeit zur Regel machen sollte . Die vorliegende Arbeit untersucht, ob Vorverfahren in der Zivilgerichtsbar­ keit sinnvoll sind und inwieweit es empfehlenswert erscheint, weitere Vorver12

Gesetz vom 3. 1 2 . 1 9 76, BGB!. I S. 328 1 . Vgl. dazu beispielsweise die Ausführungen der Bundesreg. in: BR-Drucks. 5 5 1/74, S. 3 2 . Näheres hierzu und zu den folgenden Problemen im 1 3. Abschnitt unter B. 4 1 unter 1. 15 s. dazu oben unter 1 . 1 6 Rechtstatsachen zur Dauer des Verwaltungs-(Finanz-)Prozesses, S. 1 1 6. 1 7 Vgl. dazu Ule, in: Ule (Hg.), Entwurf eines Verwaltungsgerichtsgesetzes, S . VII I ; Weyreuther, Revisionszulassung, S . 1 0 f. ; Baring, Gutachten fü r d e n 4 4 . Deutschen Ju­ ritentag, S. 77 ff. 13

32

Einleitung

fahren einzuführen. Sie zeigt damit die Grenzen auf, die der einheitlichen Ein­ führung von Vorverfahren für alle Verfahrensordnungen gesetzt sind, und ist folglich ein kleiner Beitrag zum Problem der Vereinheitlichung der Verfahrens­ ordnungen, welche für die einzelnen Gerichtszweige bestehen. Die Arbeit berührt das Problem der Vereinheitlichung aber noch unter einem anderen Blickwinkel . Sie bemüht sich, einheitliche Lösungen für Pro­ bleme aufzuzeigen, die alle Vorverfahren der Zivilgerichtsbarkeit betreffen. Sie veranschaulicht zugleich die vielfältige Ausgestaltung der einzelnen Vorverfah­ ren, eine Vielfalt, welche die Frage aufwirft, ob diese Unterschiedlichkeit sach­ lich gerechtfertigt ist. Der Verfasser hofft, auf diese Weise eine Angleichung der verschiedenen Vorverfahren zu fördern . Eine solche Vereinheitlichung würde zu mehr Rechtsklarheit führen und damit allen Verfahrensbeteiligten nützen, vor allem jedoch den Rechtsuchenden. IV. Der Gang der Untersuchung Die Problematik der Vorverfahren soll in folgenden Schritten untersucht werden: 1 . Der erste Teil der Arbeit stellt dar, welche einzelnen Vorverfahren heute auf dem Gebiet der Zivilgerichtsbarkeit vorhanden sind. Das erfordert zunächst, den Begriff „Vorverfahren" im einzelnen zu klären und dieses Rechtsinstitut von ähnlichen Einrichtungen abzugrenzen. Danach ist es möglich, die wich­ tigsten Vorverfahren zusammenzustellen, die es in den einzelnen Bereichen der Zivilgerichtsbarkeit gibt. 2 . Der zweite Teil versucht, den Standort der Vorverfahren in der Rechtsord­ nung näher herauszuarbeiten. Er zeigt Zwecke und Ziele der Verfahren auf und untersucht deren rechtliche Zulässigkeit. 3. Der dritte Teil gibt einen Überblick darüber, in welcher Weise die verschie­ denen Vorverfahren ausgestaltet sind. Dieser Teil soll die zahlreichen vor­ handenen Varianten aufzeigen und so dem Gesetzgeber und den anderen mit der Einrichtung von Vorverfahren befaßten Stellen helfen, die zweckmäßigste Ausgestaltung der Verfahren zu finden. Spezielle Probleme einzelner Vor­ verfahren - wie z.B. Zuständigkeitsfragen - werden dabei nicht behandelt. Gegenstand der Untersuchung sind nur solche Fragen, die von allgemeiner Bedeutung für alle oder zumindest mehrere Vorverfahren sind. 4. Der vierte Teil prüft, in welchem Umfang sich das Vorverfahren auf den nachfolgenden Prozeß in der Hauptsache auswirkt. Dabei soll deutlich ge­ macht werden, daß das Vorverfahren mit seinem förmlichen Abschluß noch nicht zu Ende ist, sondern auf vielfältige Weise in den Prozeß hinein­ strahlt. Zunächst wird aufgezeigt, welche Rechtsfolgen es hat, wenn ein Vorverfahren obligatorisch ist, also der Klage vorausgehen muß. Im An-

IV. Der Gang der Untersuchung

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schluß daran werden die Konsequenzen der häufig anzutreffenden Klage­ fristen dargelegt . Schließlich wird untersucht, welche weiteren Auswirkun­ gen das Vorverfahren im anschließenden Prozeß hat, wie es sich beispiels­ weise auf die Klageanträge oder die Kostenentscheidung des Gerichtsver­ fahrens auswirkt . 5 . Die Ausführungen der bisher genannten Teile sind nicht Selbstzweck. Sie dienen vielmehr dazu, ein Urteil über die Zweckmäßigkeit der Vorverfah­ ren vorzubereiten; das gilt insbesondere für den vierten Teil . Der fünfte und letzte Teil versucht nun, die Zweckmäßigkeit der Vorverfahren ab­ schließend zu beurteilen. Zu diesem Zweck werden zunächst die Erfahrungen dargestellt und ausgewertet, welche bei einzelnen Vorverfahren gesammelt wurden. Dabei werden auch die Gründe erörtert, die dazu geführt haben, daß früher vor­ handene Vorverfahren abgeschafft wurden. Weiterhin wird untersucht, inwieweit das Vorverfahren geeignet ist , den - oben erwähnten 18 - Pro­ blemen der Zivilgerichtsbarkeit abzuhelfen. Es wird ferner überlegt, ob sich die Ziele des Vorverfahrens auch durch andere Institute erreichen lassen. Alle diese Betrachtungen bilden die Grundlage für den letzten Ab­ schnitt der Arbeit : Die Untersuchung endet mit Erwägungen darüber, ob und für welche Rechtsgebiete die Einführung weiterer Vorverfahren emp­ fehlenswert erscheint.

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oben u n ter III 1 .

3 Preibisch

Erster Teil

Überblick über die Vorverfahren der Zivilgerichtsbarkeit 1. Abschnitt

Zum Be griff „Vorverfahren i n Streitigkeit en der Zivi lger ich tsbar keit " - Ab g renzung des Themas Der Begriff „Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivil­ gerichtsbarkeit" ist nach mehreren Seiten hin abzugrenzen. Die Bedeutung des Begriffs läßt sich am besten aufzeigen, wenn man von seinen einzelnen Bestand­ teilen ausgeht.

A . Das Begriffsmerkmal „außergerichtlich" I. Abgrenzung von den gerichtlichen Vorverfahren

Das Wort „außergerichtlich" zeigt zunächst, daß der Gegenstand der vor­ liegenden Arbeit von den gerichtlichen Vorverfahren zu unterscheiden ist 1 • Gerichtliche Vorverfahren sind im heute geltenden Verfahrensrecht in verschie­ dener Form vorgesehen. 1. Ein gerichtliches Verfahren, welches das Gesetz ausdrücklich als „Vorverfahren" be­ zeichnet' , ist das durch die Vereinfachungsnovelle' eingeführte „schriftliche Vorverfahren" der § § 272 II, 276, 5 20 ZPO. Nach diesen Vorschriften kann das Gericht den Parteien aufgeben, schon vor dem ersten Termin schriftlich den Streitstand so weit vorzutragen, daß der Rechtsstreit in einer mündlichen Verhandlung erledigt werden kann. 2. Als gerichtliches Vorverfahren läßt sich w.eiterhin das Mahnverfahren begreifen (s. §§ 688 ff. ZPO, § 46 a ArbGG). Denn es wird bei Widerspruch oder Einspruch in das streitige Verfahren übergeleitet, ohne daß ein Devolutiveffekt eintritt.•

1 Bereits Monich spricht in seiner 1 897 erschienenen Abhandlung von „nichtgerichtlichen Vorverfahren", ZZP 23 ( 1 897), S. 407, 420. 2 s. §§ 272 II ZPO, 5 20 I ZPO. 3 vom 3 . 1 2 . 1 976 (BGBL. 1 S. 328 1 ). 4 Vgl. § § 696 und 700 ZPO.

A. Das Begriffsmerkmal „außergerichtlich"

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3. Andere vor dem Rechtspfleger stattfindende Verfahren' können ebenfalls als gericht­ liche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit angesehen werden• , so ins­ besondere die Festsetzung des Regelunterhalts nach § § 64 2 a - e ZPO. Nach § 1 1 RPflG' sind Entscheidungen, die der Rechtspfleger in derartigen Streitigkeiten trifft, im Wege der Erinnerung anfechtbar. Über diese befindet der nach allgemeinem Recht zuständige Rich­ ter• , so daß ihr allein kein Devolutiveffekt zukommt• . 4. Als gerichtliches Vorverfahren kann ferner das selbständige Güteverfahren nach § 54 ArbGG gelten. 1 0 5 . Auch das Beweissicherungsverfahren ( § § 485 ff. ZPO) ist ein gerichtliches Vorverfah­ ren. 6. Schließlich läßt sich das auf einstweiligen Rechtsschutz gerichtete Verfahren ( § § 9 1 6 ff. , 935 ff., 620 ff. ZPO) als gerichtliches Vorverfahren bezeichnen, da es regelmäßig einer Entscheidung in der Hauptsache vorausgeht.' '

II. Abgrenzung von den Verfahren vor Gremien mit Gerichtsqualität Aus dem Begriffsmerkmal „außergerichtlich" ergibt sich weiter, daß die außergerichtlichen Vorverfahren von solchen Verfahren zu unterscheiden sind, welche vor premien stattfinden, denen Gerichtsqualität zukommt. 1 2 Diese Unterscheidung bereitet heute allerdings kaum noch Schwierigkeiten. Vor nicht allzu langer Zeit dagegen gab es mehrere Verfahren, bei denen unklar war, ob es sich um „außergerichtliche Vorverfahren" oder um Gerichtsverfahren han­ delte . ' s. dazu § § 20, 2 1 RPflG vom 5 . 1 1 . 1 969 (BGBI. I S. 2065 ). • So auch Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 206 f. ; vgl. zur Funktion des Rechtspflegers auch Lappe, ZPR 1 97 4, S. l l ff. und den vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen Bericht der Kommission für Gerichtsverfassungsrecht und Rechts­ pflegerrech t, S. 7 5 ff. ' s. auch § 2 1 II RPflG. 8 § l l II RPflG. • Ein Devolutiveffekt tritt allenfalls ein, wenn der Richter die Erinnerung für unzulässig oder unbegründet hält, § l l II S. 3 und 4 RPflG. 0 Vgl. Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 200. ·' 11 s. § 926 ZPO. " Vgl. für das Vorverfahren nach § § 28 ff. ArbEG: Volmer, ArbEG, § 29, Rdnr. 2 ; Schade, MittdtPatAnw 1 959, S . 25 3 , 255 ; für das Vorverfahren nach § 27 a UWG: Baum­ bach / Hefermehl, WettbewerbsR, § 27 a UWG, Rdnr. l u. 8 ; Hecht, GRUR 1 93 7 , S. 845 ; Krieger, GRUR 1 95 7 , S. 1 97 , 200; die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des § 27 a UWG, BI-Drucksache 11/ 1 4 78, Anl. 3; Schleswig-Holst. OLG, Beschl. vom 23. 1 . 1 959, GRUR 1 960, S. 89; zum Vorverfahren nach § 76 Betr VG: GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 49; Fitting / A uffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 3 u. 34; Dietz / Richardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 2 2 ; Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 5 ; W. Schneider, MitbG 1 975 , S. 1 9 1 ; Schell, B B 1 976, S . 1 5 1 7 ; Lepke B B 1 977, S . 49, 50; Dütz, Gerichtliche Überprüfung, S. 1 5 mwN . ; a.M. Krüger, Regierungsentwurf, S. 1 0, 38. 44 f., 5 9 ; unklar für das Vorver­ fahren nach § 1 1 1 ArbGG: Pritsch, Arbger. 34, Sp. 3 7 2 f. ; für das Verfahren nach § 27 a UWG: Hammann, Einigungsämter, S. 3 f., 8 f.

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1 . Ab,.:hnitt: Zum Begriff - Abgrenzung des Themas

1. Das Verfahren vor den baden-württembergischen Gemeindegerichten Besonders umstritten war die Rechtsnatur des Verfahrens vor den baden­ württembergischen Gemeindegerichten. In diesem Verfahren entschieden gemeindliche Laienrichter über bürgerlich-rechtliche Bagatellstreitigkeiten. 1 3 Die Gemeindegerichte gingen zurück auf § 14 Nr. 2 GVG, der 1 9 74 aufgehoben wurde. 1 4 In dieser Bestimmung hieß es: , ,Als besondere Gerichte werden zugelassen . . . Gemeindegerichte für die Verhand­ lung und Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, deren Streitwert 300 , - DM nicht übersteigt. Gegen die Entscheidung der Gemeindegerichte muß . . . die Berufung auf den Rechtsweg zustehen . . . . " Von dieser Ermächtigung machte das Land Baden-Württemberg Gebrauch. Gemeinde­ richter konnte dort u.a. werden, wer die Prüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst bestanden hatte oder Bürgermeister war. 1 5 Der Gemeinderichter konnte zugleich Beamter sein. 1 • Das Bundesverfassungsgericht sah die Gemeindegerichte als echte Gerichte an und stützte sich dabei auf die durchgängige Terminologie des Gesetzes über die Gemeindege­ richtsbarkeit " , auf den Aufgabenbereich, die gerichtsfömiige Organisation und Ausgestal­ tung des Verfahrens, sowie auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. 1 8 Demgegenüber erblickten Kern " und Feucht 20 in den Gemeindegerichten außergerichtliche Vorverfahren vor Verwaltungsbehörden. Die Bestimmungen des Gesetzes über die Gemeindegerichtsbar­ keit seien in Hinblick auf Art. 92 GG verfassungskonform auszulegen. 2 1

Diese Streitfrage hat sich inzwischen erledigt. Denn die baden-württember­ gischen Gemeindegerichte wurden im Jahre 197 1 aufgehoben. 22 2. Das Verfahren vor den Friedensgerichten in Württemberg-Baden Streitig war auch die Rechtsnatur der vormals in Württemberg-Baden beste­ henden Friedensgerichte23 • 1 3 § § 2 u. 24 des bad.-württ. Gesetzes über die Gemeindegerichtsbarkeit vom 7. März 1 960 (GGG), GBI. S. 7 3 . Zu den vor I 960 bestehenden Vorläufern der Gemeindegerichte s. BVerfGE 1 4, S. 5 6 , 57 f. 14 i.d.F. vom 20.9 . 1 950 (BGB!. I S. 5 1 3), davor: § 14 Nr. 3 GVG i.d.F. vom 27. 1 . 1 8 7 7 (RGBI. S. 4 1 ). § 1 4 N r . 2 GVG wurde aufgehoben durch A r t 1 des Gesetzes vom 25 . 3 . 1 974 (BGB!. I S. 76 1 ). 1 5 § 2 GGG. 1 • § 1 1 GGG. " s. dazu Fußn. 1 4 . 8 BVerfG, Beschluß vom 9. 5 . 1 962, BVerfGE 1 4 , S. 56, 65 ff. 1 9 Gerichtsverfassungsgesetz, 4. Aufl., § 30 B I 2 (S. 2 1 3) und § 1 5 A 2 (S. 1 1 8). 1 20 Vorschaltung, S. 8 1 . 21 Feucht (Fußn. 20), S. 8 1 . 22 durch das bad.-württ. ,,Gesetz zur Aufhebung der Gemeindegerichtsbarkeit und zur Regelung des Sühneversuchs in Privatklagesachen" vom 1 9 . 1 0. 1 97 1 (GBI. S. 397). 2 3 errichtet durch das Gesetz Nr. 24 1 über die Friedensgerichtsbarkeit vom 29.5 . 1 949 des früheren Landes Württemberg-Baden (RegBI. S. 4 7).

A. Das Begriffsmerkmal „außergerichtlich"

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Das Bundesverfassungsgericht sah auch diese Institutionen als Gerichte an, die den ordentlichen Gerichten nicht nur vorgeschaltet sind, sondern an deren Stelle treten und diese ausschließen. 24 Es erklärte das Gesetz über die Friedensgerichte für nichtig. 2 5 Wegen dieser Nichtigkeitsfeststellung hat die Frage nach der Rechtsnatur der Friedensgerichte heute keine Bedeutung mehr.

3. Das Verfahren nach § 35 BJagdG Lange Zeit war auch die Rechtsnatur des Vorverfahrens nach § 35 BJagdG umstritten. Nach dieser Vorschrift können die Länder bestimmen, daß wegen Wild- oder Jagdschadens Klage erst erhoben werden kann, wenn ein Vorver­ fahren durchgeführt wurde, für das in der Regel die Gemeinde zuständig ist. 26 Das Handeln der nach § 35 BJagdG angerufenen Behörde wurde vielfach nicht als verwaltende, sondern als rechtsprechende Tätigkeit angesehen. 27 Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. Sie übersieht, daß § 35 BJagdG von einem „Vorverfahren" vor einer „Verwaltungsbehörde" spricht und ver­ stößt außerdem gegen den Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung. Denn nach Art. 92 GG kann eine Verwaltungsbehörde nicht Gericht sein. 28 Dementsprechend sieht die heute h.M. das Verfahren nach § 35 BJagdG als außergerichtliches Vorverfahren an. 29

B. Das Begriffsmerkmal „Vorverfahren" Aus dem Begriffsmerkmal „Vorverfahren" ergeben sich zwei Abgrenzungs­ kriterien. 1. Das Erfordernis eines eigenständigen Verfahrens Aus dem Wort „ Vorverfahren " folgt zunächst, daß der Gegenstand der Arbeit von solchen Behandlungen einer Streitigkeit zu unterscheiden ist, die mangels einer gewissen Eigenständigkeit nicht als Verfahren bezeichnet werden können. 24

Beschluß vom 1 7 . 1 1 . 1 959, BVerfGE 10, S. 200, 205 . a.a.O., S. 200 ff. , vgl. auch BVerfG, Beschluß vom 9.5 . 1 962, BVerfGE 14, S. 5 6 , 5 8 . Vgl. dazu die einzelnen Landesjagdgesetze; Ü bersicht bei Stein / Jonas / Poh/e, ZPO, vor § l , Fußn. 99. 2 7 BGH, Urteil vom 2 1 .4. 1 959, BGHSt 1 3, S. 1 0 2, 1 1 1 unter Berufung auf Mitschke / Schäfer, BJagdG, l . Aufl 1 95 3, § 3 5 , Anm. l 0 (a.M. Mitschke / Schäfer, BJagdG, 3. Aufl. 197 1 , § 3 5 , Anm. 1 C); Rühling / Seile, BJagdG, § 35, Anm. 5 b bb. 28 Ebenso Mitschke / Schäfer, a.a.O., 3. Aufl., § 35 Anm. l C; Groschupf. DVBI. 1 962, S. 6 2 7 . Weitere Nachweise in Fufan. 47. 29 Vgl. Mitschke / Schäfer, a.a.O. ; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 200 ; Stein / Jonas / Pohle, ZPO, vor § 1 , Bern. II B 2 b; Wieczorek, ZPO, § 1 3 GVG, Anm . F V a. 25 26

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1 . Abschnitt: Zum Begriff - Abgrenzung des Themas

1. Kontradiktorische Streitregelungen Die Bejahung eines selbständigen Verfahrens bereitet keine Schwierigkei­ ten, wo vorgesehen ist, daß ein Dritter oder ein paritätisch besetztes Gremium sich mit dem Streit befaßt. In diesen Fällen bestehen regelmäßig nähere Bestim­ mungen über das Vorgehen, so daß von einem Verfahren gesprochen werden kann. 2. Nichtkontradiktorische Streitregelungen Schwieriger ist die Antwort auf die Frage, ob ein Vorverfahren vorliegt, in den Fällen, in denen ein Streitbeteiligter über einen geltend gemachten An­ spruch befindet. a) Stellungnahmen i.S. des § 93 ZPO Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte sich der Anspruchsteller vor jedem Prozeß mit dem Anspruchsgegner in Verbindung setzen, um eine gütliche Eini­ gung zu versuchen. Das ergibt sich aus § 93 ZP0 30 . Diese Obliegenheit spielt eine besondere Rolle im Wettbewerbsrecht, wo man vom Erfordernis der Ver­ warnung oder Abmahnung spricht. 31 Es hieße den Begriff „Vorverfahren" bis zur Unbrauchbarkeit verwässern, wollte man jede derartige Kontaktaufnahme als Vorverfahren bezeichnen. Für diese Abmahnungen bestehen - soweit sie zwischen Privatpersonen erfolgen - grundsätzlich keine Regeln, so daß bereits aus diesem Grunde nicht von einem Verfahren gesprochen werden kann. Der­ artige Kontaktaufnahmen sind aber auch deshalb auszuklammern, weil sich bei ihnen nicht die Fragen stellen, welche für die Vorverfahren typisch sind, wie z.B. die Fragen, ob Beweise erhoben werden können, ob das Verfahren zu einem vollstreckbaren Titel führt, ob Mitglieder der Vorverfahrensstelle wegen Befangenheit abgelehnt werden können. b) Nichtkontradiktorische Vorschaltverfahren vor Verwaltungsbehörden Anders sind die Verfahren vor Verwaltungsbehörden zu beurteilen, die zahl­ reichen Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit vorgeschaltet sind und vor allem auf dem Gebiet des Entschädigungsrechts bestehen. Diese Verfahren sind viel­ fach nichtkontradiktorischer Art : Sie finden nicht vor einem unbeteiligten Dritten statt, sondern vor der Behörde , gegen welche sich der geltend gemachte Anspruch richtet.

•• ebenso § 1 5 6 VwGO. 31 Vgl. Pastor, Wcttbewerbsprozeß, S. 1 9 ff.

B. Das Begriffsmerkmal „Vorverfahren"

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Das gilt z . B . fü r das Abhilfeverfahren des BayAGZPOuKO. 32 In der Regel finden auch die zahlreichen Verfahren zur Festsetzung einer Entschädigung vor einer an dem Streit be­ teiligten Behörde statt: Zwar kann eine Enteignung oder ein anderer entschädigungspflich­ tiger Eingriff auch zugunsten eines Dritten erfolgen, welcher dann entschädigungspflichtig ist. Vielfach wird jedoch zugunsten der öffentlich-rechtlichen Person enteignet, deren Be­ hörde die Enteignung ausspricht.

Der Ablauf dieser Vorschaltverfahren ist weitgehend durch Verfahrensvor­ schriften geregelt. Sie können darum als (selbständige) Vorverfahren angesehen werden. 33 Sie sollen aber auch deshalb in diese Arbeit miteinbezogen werden, weil sich bei ihnen die typischen Probleme ergeben, welche oben 34 angerissen wurden. Aus diesen Gründen sollen auch solche Vorschaltverfahren behandelt wer­ den, die stattfinden, ohne daß die der Behörde gegenüberstehende Person einen Antrag stellt. 35 Das gilt insbesondere für mehrere Verfahren zur Festsetzung einer Enteignungsentschädigung. Diese werden zuweilen von Amts wegen einge­ leitet und gleichzeitig mit dem Enteignungsverfahren durchgeführt , so daß das Verfahren bereits in dem Augenblick, in welchem die Enteignung ausgespro­ chen wird und der Entschädigungsanspruch entsteht, abgeschlossen ist. 36 Man könnte deshalb Bedenken haben, solche Festsetzungsverfahren als Vorver­ fahren zu bezeichnen. Die Einbeziehung der behördlichen Vorschaltverfahren bewirkt, daß der Begriff „Vorverfahren" für die Zivilgerichtsbarkeit eine andere Bedeutung er­ hält als die, welche er in der Verwaltungsgerichtsbarkeit hat. Vorverfahren i.S. des Verwaltungsrechts sind die Widerspruchsverfahren 37 , also nur solche Ver­ fahren, in denen eine behördliche Entscheidung nochmals überprüft wird. 38 Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit sind dagegen auch „erst­ instanzliche" Verwaltungsverfahren. Das führt dazu, daß einige der in dieser Untersuchung behandelten Vorverfahren vor Verwaltungsbehörden zwei Instanzen aufweisen, diejenigen nämlich, bei denen eine Über­ prüfung der ersten Entscheidung vorgesehen ist. Das trifft z.B. für die Entschädigungsver32

s. hierzu unten im 2. Abschnitt unter A 7 c. Ebenso: Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 200 ff. ; Stein / Jonas / Pohle, ZPO, vor § 1 , Bern. II B 2 und IV 2; Wieczorek, ZPO, § 1 3 GVG, Anm. K II d. 34 unter a. 35 So auch die in Fußn. 3 3 genannten Autoren. 36 z.B. die Vorverfahren nach dem LandbeschaffungsG, dem LuftverkehrsG und dem Zo!IG (s. dazu unten im 2. Abschnitt unter A II 1 f. u. 9). 3 ' Der § § 58 ff. VwGO, 78 ff. SGG u. § 44 FGO i.V. mit § § 347 ff. AO. 38 Der Sache nach ist allerdings auch im Verwaltungsrecht das Verwaltungsverfahren schlechthin ein notwendiges Vorverfahren, also auch das „erstinstanzliche" Verwaltungs­ verfahren. Zu Recht schreibt Martens (Praxis des Verwaltungsprozesses, S. 99): ,,Als all­ gemeines Prinzip kann zunächst nur festgehalten werden, daß das VG solange nicht ange­ rufen werden soll, wie die Möglichkeit besteht, daß die vom Bürger erstrebte Regelung im Verwaltungsverfahren ergeht und ihm damit ausreichenden Rechtsschutz gewährt. Das VG soll demgemäß erst eine Sachentscheidung fällen, wenn ein Verwaltungsverfah­ ren durchgeführt und so weit abgeschlossen ist, wie es gesetzlich vorgesehen ist." 33

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l . Abschnitt: Zum Begriff - Abgrenzung des Themas

fahren nach dem Bundesleistungsgesetz und dem Schutzbereichsgesetz zu" sowie für das Erstattungsverfahren nach dem Erstattungsgesetz 40 •

c) Das Beschwerderecht des Arbeitnehmers nach § § 84 f. BetrVG Eine weitere nichtkontradiktorische Streitbehandlung findet sich in § § 84 f. BetrVG. Diese Vorschriften sehen vor, daß sich der Arbeitnehmer beim Arbeit­ geber beschweren kann, wenn er sich benachteiligt oder beeinträchtigt fühlt. Er darf dabei den Betriebsrat zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen. Diese Einrichtung kann nicht als Vorverfahren angesehen werden; denn das procedere ist nicht näher festgelegt. Das gilt auch, wenn der Betriebsrat tätig wird. Dieser wird nämlich nicht als neutrale Instanz , sondern als „Anwalt" des Arbeitnehmers aktiv41 . Seine Einschaltung ist deshalb ebensowenig wie die Tätigkeit des Rechtsanwalts für seinen Mandanten als Vorverfahren oder „Güte­ verfahren"42 zu beurteilen. II. Das Erfordernis der vollständigen richterlichen Überprüfbarkeit Aus dem Begriffsmerkmal „ Vorverfahren" folgt weiter, daß Gegenstand der Arbeit nur solche außergerichtlichen Verfahren sind, welche der Entscheidung der Gerichte nicht vorgreifen. Diese Voraussetzung ist ohne weiteres erfüllt, wenn die tätig werdende Stelle nur befugt ist, eine gütliche Einigung zu versuchen. Ein Vorverfahren kann jedoch auch vorliegen, wenn das Gremium entscheiden darf. Diese Entschei­ dung muß aber in vollem Umfang durch die Gerichte nachprüfbar sein, d.h. sowohl tatsächlich als auch rechtlich. Sie darf ferner nicht die Zuständigkeit der Gerichte einschränken oder den gerichtlichen lnstanzenzug verkürzen. Diese Unverbindlichkeit ist ein wichtiges Wesensmerkmal des außergericht­ lichen Vorverfahrens. 43 Ihretwegen wird es häufig auch als Güteverfahren be­ zeichnet. 44 " § 5 7 BLG und § 24 SchubG sehen nämlich vor, daß gegen den Festsetzungsbescheid Beschwerde eingelegt werden kann. 40 § 8 III ErstG. 41 Vgl. den Wortlaut des § 84 I S. 2 BetrVG. 42 So aber Sieg, Festschrift für Molitor, S. 34 1 , 36 1 , zu der entsprechenden Vorschrift § 54 I BetrVG 1 95 2. Die Qualifizierung Siegs hat allerdings keine praktischen Ausw irkun­ gen, da S ieg den Betriebsrat nicht als obligatorische Gütestelle ansieht. 43 Vgl. dazu Sieg (Fußn. 42), S . 36 1 ; ders. VersR 1 96 7 , S. 334, Grunsky, ArbGG, § 1 1 1 , Rdnr. 2 ; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S . 200; ders. DB 1 9 7 1 , S . 7 2 3 , 7 2 4 ; Stein / Jonas / Poh/e, ZPO, vor § 1 , Bern. II B 2 ; s . auch die Begründung der Bundes­ regierung zum Entwurf e ines BundesjagdG, BT-Drucks. 1/ 1 8 1 3, S. 20 ; Blessin / Giessler, BES chlußG, § 1 74 BEG, Anm. II 2 . 44 s . Sieg, Festschrift für Molitor, S . 34 1 , 36 1 ; dcrs. VersR 1 96 7 , S. 3 24 f. ; Natzel, Berufsausbildungsverhältnis, S. 1 5 7 ; Wilsing, RdA 1 949, S. 45 5 ; Hueck / Nipperdey, Lehr­ buch. Bd. 1, S. 89 1 ; Auffarth / Schönherr. ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 2; Siebert / Farthmann,

B. Das Begriffsmerkmal „Vorverfahren"

41

Das außergerichtliche Vorverfahren unterscheidet sich dadurch von verschie­ denen ähnlichen Verfahren. 1. Das Verfahren vor endgültig entscheidenden Verwaltungsstellen Die vollständige Überprüfbarkeit hebt das außergerichtliche Vorverfahren zunächst von den Verfahren vor endgültig entscheidenden Verwaltungsstellen ab. Vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes war vielfach vorgesehen, daß Verwaltungs­ behörden ausschließlich und endgültig über (nach damaliger Auffassung) zivilrechtliche Rechtsstreitigkeiten entscheiden. Der Rechtsweg gegen die Entscheidung der Behörde war in diesen Fällen ausdrücklich ausgeschlossen. 45 Derartige bindende Entscheidungen betra­ fen vor allem die Festsetzung von Entschädigungen.•• Die rechtliche Zulässigkeit solcher Verwaltungsentscheidungen ergab sich für bürgerlich-rechtliche Ansprüche aus § 1 3 GVG, der noch heute bestimmt: „Vor die ordentlichen Gerichte gehören alle bürgerlichen Rechsstreitigkeiten . . . , für die nicht . . . die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden . . . begründet ist . . . . "

Eine solche Zuweisung von Rechtsstreitigkeiten an Verwaltungsbehörden zur endgültigen Entscheidung ist heute wegen Art. 92 GG nicht mehr zulässig. Nach heute völlig h.M. statuiert diese Verfassungsnorm ein Rechtsprechungs­ monopol des Richters, mit dem es unvereinbar ist , daß Aufgaben der Recht­ sprechung von Verwaltungsbehörden und nicht von Gerichten ausgeübt wer­ den. 47 Auch aus Art . 19 IV GG ergibt sich, daß gegen Entscheidungen von Behörden in Rechtsstreitigkeiten der Rechtsweg zulässig sein muß. 48 Lehrlingsstreitigkeiten, unter B ; Volmer, BB 1 968, S. 25 3, 25 5 ; Baumbach / Hefermeh/, WettbewerbsR, § 27 a UWG, Rdnr. 8. 4 ' Vgl. hierzu die Übersicht bei Goldschmidt, ZPR, S. 69; Stein / Jonas, ZPO, 14. Aufl., S. 5 f. ; s. auch Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 46 mwN. 46 Beispiele sind § 27 Reichsleistungsgesetz (s. dazu BGH, Urt. vom 9. 1 . 1 960, BGHZ 32, S. 1 ff.), § 12 II u. III des Gesetzes über die Entschädigung der gewerbsmäßigen Stel­ lenvermittler vom 25.3. 1 9 3 1 (RGBL I S. 64), § 1 der VO (der Reichsregierung) über die Erweiterung des Abgeltungsverfahrens für Ansprüche gegen das Reich vom 24. 1 0. 1 9 23 (RGBL S . 1 0 1 0). 47 BGH , Urt. v. 2 1 .4. 1 959, NJW 1 959, S. 1 230 mit Anm. von Arndt; Urt. v. 9. 1 . 1 960, BGHZ 32, S. 1 ff. ; Urt. v. 4.6. 1 95 8, LM Nr. 1 zur KleingartenVO; BVerwG, Urt. v. 1 3.6. 1959, NJW 1 959, S. 1507; Urt. v. 1 3. 3 . 1 95 7 , BVerwGE 4, S. 3 1 8, 320; Blomeyer, ZPR, § 4 I 3. Fußn. 3; Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 666; Lorenz, Rechtsschutz, S. 1 2 ; Better­ mann, NJW 1 95 7 , S. 1497, 1499; Ule, Grundgesetz und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 1 5 ; ders. DRiZ 1 950, S. 225, 2 2 6 ; Jauernig, ZPR, § 3 I I 2; Hamann / Lenz. GG, Art. 9 2 , Anm. B 1 ; Holtkotten, Bonner Kommentar, Art. 92 GG, Anm. 11 1 d ß (S. 5 ) ; Dütz, Rechtsstaat­ licher Gerichtsschutz, S. 86 mwN. Hersehe/, ArbuR 1 974, S. 25 7 , 263 meint demgegenüber, § 14 IV S. 1 PatG enthalte einen Fall, in dem eine Verwaltungsbehörde endgültig entscheide und der auch nach heutigem Rechtsverständnis rechtlich zulässig sei. Diese Vorschrift sieht vor, daß das Patentamt nach erklärter Lizenbere itschaft die angemessene Vergütung, die der Benutzer dem Patentin­ haber schuldet, auf Antrag festgesetzt. Es erscheint mir jedoch zweifelhaft, ob sich daraus auch ergibt, daß gegen die Festsetzung kein Rechtsweg gegeben sei. Der Fall ist vergleich­ bar mit dem des § 17 ArbEG, wonach die Schiedsstelle des ArbEG bindend über die Ge-

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1 . Abschnitt: Zum Begriff - Abgrenzung d e s Themas

2. Das Schiedsgerichtsverfahren Die vollständige Überprüfbarkeit durch die Gerichte unterscheidet das außergerichtliche Vorverfahren weiterhin vom Schiedsgerichtsverfahren ( § § 1 025 ff . ZPO, 1 0 1 ff. ArbGG).49 Das Schiedsgerichtsverfahren ersetzt die staatliche Rechtsprechung und be­ schränkt somit die Zuständigkeit der Zivilgerichte. so Dem entspricht es, daß die staatlichen Gerichte die Entscheidung der Schiedsrichter, den Schieds­ spruch, nur beschränkt, im wesentlichen nur in Hinblick auf schwere Verfah­ rensfehler überprüfen können (§ 104 1 ZPO). 5 1 Demgegenüber läßt das außer­ gerichtliche Vorverfahren die Kompetenzen der Zivilgerichte unberührt . Bedauerlicherweise erweckt die Bezeichnung einiger Vorverfahrensstellen den Ein­ druck, das vor ihnen durchgeführte Verfahren sei ein Schiedsgerichtsverfahren. Einige Vorverfahrensstellen werden nämlich als Schiedsstellen bezeichnet. 5 2

3. Das Schiedsgutachterverfahren Auch das Schiedsgutachterverfahren führt im Gegensatz zum außergericht­ lichen Vorverfahren zu einer Bindung des staatlichen Richters. Aufgabe des Schiedsgutachters 53 ist es, Tatsachen oder rechtliche Elemente eines Parteienstreites festzustellen 54 , z.B. Qualitätsmängel von Waren, den Umbrauchsmusterfähigkeit eines Betriebsgeheimnisses entscheidet. Für diese Entscheidung ist anerkannt, daß der Verwaltungsgerichtsweg eröffnet ist, vgl. Schade, MittdtPatAnw 1 95 9 , S . 25 3, 255 ; Reimer / Schade /Schippe/, Arbeitnehmererfindung, § 1 7 ArbEG, Rdnr. 8 . 48 Vgl. Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz , S . 2 1 2. 49 Vgl. für das Vorverfahren nach § 1 1 1 A rbGG: Siegert / Musie/ak, Recht des Hand­ werks, § 67 HandwO, Rdnr. 9 ; für das Vorverfahren nach §§ 28 ff. ArbEG: die Begrün­ dung der Bundesregierung zum Entwurf eines ArbEG, in: Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung S. 608 ; Volmer, ArbEG, § 3 3 , Rdnr. 1 ; Gaul / Bartenbach , Ar• beitnehmererfindungen, S. 6 6 ; Lindenmaier / Lüdecke, Arbeitnehmererfindungen, § 28 ArbEG, Anm . ; für das Vorverfahren nach § 27 a UWG: Baumbach / Hefermehl, Wettbe• werbsrecht, § 27 a UWG, Rdnr. 1 ; Burmann, Werberecht, IV 1 3 7 (S . 1 ) ; für das Vorver­ fahren nach § 76 Betr VG: Jäcker, Einigungsstelle , S. 94 ; für das Vorverfahren der BRA O: /sele, BRAO, § 73, Anm. II D 2 f. ; für das Verfahren der Fachgemeinschaft Bau von Groß­ Berlin e.V. : § 1 II S. 2 der Gütestellenordnung. 5 0 Vgl. z.B. Baumbach / Lau terbach / Albers / Hartmann , ZPO, Grundz. vor § 1 0 25 , Bern. 2 A; Rosenberg / Schwab, ZPR , § 1 7 3 I 1 (S. 1 0 1 1 ) mwN . 5 1 Dagegen läßt § 1 1 0 ArbGG auch die Überprüfung des Schiedsspruches auf seine Vereinbarkeit mit den Rechtsnormen zu. Dennoch sind auch die arbeitsrechtlichen Schiedsrichter (in der Auslegung der Tarifverträge) weitgehend frei, s. Dietz / Nikisch , ArbGG, § 1 1 0, Rdnr. 6. 5 2 So im Vorverfahren nach dem PflversG (§ 1 4 des G), des ArbEG (§ 28). Auch die in § 8 3 des Entwurfs eines Arzneimittelgesetzes (BT-Druck s. 7 /3060, S . 33) vorgesehene Vorverfahrensstelle sollte „Schiedsstelle" heißen. 5 3 Unter dem Begriff „Schiedsgutachten" verbergen sich verschiedene Fallgestaltungen. Hier soll nur vom Schiedsgutachten im eigentlichen Sinne, dem feststellenden Schiedsgut­ achten, die Rede sein, welches allein dem außergerichtlichen Vorverfahren ähnelt. Vgl. zu den Fallgestaltungen: Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 24 ; Sieg, VersR 1 965 , S. 6 2 9 ; Dütz , Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 25 1 . 5 4 BGH, Urteil v. 1 7 .5 . 1 96 7 , BGHZ 48, S . 26, 30 ; Dütz (Ful�n. 5 3 ) , S . 25 2 ; Rauscher

B. Das Begriffsmerkmal „Vorverfahren"

43

fang eines Schadens, das Vorliegen von Verschulden oder von Erwerbsunfähig­ keit. 55 Diese Aufzählung zeigt, daß dem Schiedsgutachter nicht allein die Fest­ stellung von Tatsachen obliegt, er hat vielmehr auch Tatsachen rechtlich ein­ zuordnen. 5 6 Das Schiedsgutachterverfahren unterscheidet sich in zwei Punkten vom Schiedsgerichtsverfahren: a) Im Schiedsgutachten wird (grundsätzlich) nur über einzelne Voraussetzun­ gen eines Anspruches, über Streitelemente, entschieden, nicht aber über den ganzen Anspruch. 57 b) Das Schiedsgutachten schließt die Anrufung der staatlichen Gerichte nicht aus. Sein Inhalt ist aber für den staatlichen Richter weitgehend bindend. Die Verbindlichkeit des Schiedsgutachtens geht nach h.M. so weit, daß das Gutachten nur bei offenbarer Unrichtigkeit unverbindlich ist. Die h.M. beruft sich auf § 3 19 I Satz 1 BGB, wonach die Leistungsbestimmung eines Dritten bei offenbarer Unbilligkeit unwirksam ist. 5 8 Nach anderer Meinung ist das Schiedsgutachten nicht nur bei offenbarer Unrichtigkeit unverbindlich, sondern auch in den Fällen des § 104 1 ZPO. 5 9

4. Das Schlichtungsverfahren in Regelungsstreitigkeiten

Mangels vollständiger richterlicher Überprüfbarkeit ist das Schlichtungsver­ fahren in Regelungsstreitigkeiten ebenfalls kein außergerichtliches Vorverfah­ ren. Das betrifft insbesondere die Tätigkeit der Einigungsstelle des BetrVG, die nur teilweise der vollen Nachprüfung durch die Gerichte unterliegt und nur insoweit ein außergerichtliches Vorverfahren darstellt 60 , im übrigen aber ein Schlichtungsverfahren ist. 6 1

(Fußn. 5 3), S. 23 u. 72 ff. 5 5 Vgl. Baumbach / Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 5 1 ; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 25 3 ; Rosenberg / Schwab, ZPR, § 1 7 3 III 1 a (S . 1 0 1 3). 5 6 BGH, Urt. v. 1 8. 2 . 1 9 5 5 , NJW 1 95 5 , S. 665 ; Sieg, VersR 1965 , S . 629, 6 3 0 ; A smus, ZVersWiss 1962, S. 1 9 7 , 236. " s. Sieg (Fußn. 56); nach Habscheid, Festschrift fur Lehmann, S. 789 , 800 f, kann auch der gesamte Rechtsstreit entschieden werden. " Auf dem Gebiet des Versicherungsrechts wird das Ergebnis aus § 64 I S. 1 und § 1 84 I S. 1 VVG abgeleitet, vgl. zur h.M. Prölss / Martin, VVG, § 64 Anm. 3 ; Habscheid (Fußn. 57), S. 802; Thorens, KTS 1 968, S. 193, 194; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichts­ schutz, S. 250 f. mwN. Näheres im 1 5 . Abschnitt unter D II 2. 5 9 So Sieg, VersR 1 965 , S. 629, 6 3 1 ; Habscheid, KTS 1 964, S. 79, 88 f. ; Stein / Jo­ nas / Pohle / Schlosser, ZPO, vor § 1 025 , Anm. II 3 b ß; Rauscher, Schiedsgutachten­ recht, S. 1 5 8 ff. 60 Dütz, ZfA 1972, S. 247, 25 8 ; ders. ArbuR 1 97 3 , S. 353, 365 ; vgl. auch Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 1 9 ; Leipold, Festschrift für Schnorr von Carolsfeld, S. 1 73, 285 f. ; Dietz / Richard, BetrVG, § 76, Rdnr. 5 9 ; zweifelnd Hersehe/, ArbuR 1 974, S. 25 7, 264, der seine Zweifel jedoch lediglich damit begründet, daß die Bezeichnung „Vorverfahren" der großen Bedeutung des Einigungsverfahrens nicht gerecht werde. 61 Vgl. GK-Thiele, BctrVG, § 76, Rdnr. 6.

1. Abschnitt: Zum Begriff - Abgrenzung des Themas

44

Die Einigungsstellen befassen sich mit Streitigkeiten zwischen dem Betriebs­ rat und dem Arbeitgeber. 62 Dabei sind Regelungsstreitigkeiten und Rechts­ streitigkeiten zu unterscheiden. 63 Bei Regelungsstreitigkeiten 64 geht es nicht um einen Streit über das beste­ hende Recht, sondern um die Schaffung neuer Rechtsnormen im Interessenaus­ gleich. 6 5 Wo sie vorliegen, hat der Gesetzgeber nur einen leeren Rahmen ge­ schaffen, dessen konkretisierende Ausfüllung er den Organen der Betriebsver­ fassung überließ. 66 Die Mehrzahl der Streitigkeiten , für welche die Einigungs­ stellen zuständig sind, stellen Regelungsstreitigkeiten dar, so z.B. die Streitig­ keiten über die Festsetzung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit (§ 87 I Nr. 2, II BetrVG) oder über die Aufstellung des Urlaubsplanes (§ 87 I Nr. 5 , II BetrVG). 6 7 Bei Regelungsstreitigkeiten steht der Einigungsstelle ein Ermessungsspielraum zu. Die Grenzen des Ermessens sind in § 76 V S. 3 BetrVG festgelegt, wonach die Entscheidung unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebes und der betroffenen Arbeitnehmer zu treffen ist. Das Gericht prüft die Ermessensausübung nur daraufhin nach, ob die Einigungs­ stelle die Grenzen des Ermessens überschritten hat (§ 76 V S. 4 BetrVG). Es findet also nur eine Rechtskontrolle statt, welche sich auf die richtige Beurtei­ lung der von der Einigungsstelle zu entscheidenden rechtlichen Vorfragen 6 8 und die Einhaltung des Ermessensspielraums erstreckt, jedoch keine Ermessens­ kontrolle 69 . Regelungsfragen sind der Einigungsstelle somit grundsätzlich zur abschließenden Entscheidung übertragen 70 : Bewegt sich die Einigungsstelle innerhalb des ihr eingeräumten Ermessensrahmens, so findet keine inhaltliche

" § 76 BetrVG, vgl. GK-Thie/e (Fußn. 6 1 ), Rdnr. 1 3 u. 5 9 . Hersehe/, ArbuR 1 974, S. 2 5 7 , 259 ff. ; Bötticher, Festschrift fü r Hueck, S. 1 49, 1 5 5 ; Dütz, DB 1 9 7 2 , S . 3 8 3 , 388 f. ; Fitting / A uffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 3 1 ; vgl. dazu auch den Beschluß des ArbG Heilbronn vom 1 6 .5 . 1 9 7 5 , B B 1 976, S . 5 5 2. •• Der Begriff wurde zuerst im Völkerrecht verwendet und sollte dort helfen, die Zu­ ständigkeit des Völkerbundes gegenüber den für Rechtsstreitigkeiten zuständigen Gerich­ ten abzugrenzen (vgl. Heinrich Tiepel, Festschrift für Wilhelm Kahl, 1 92 3 , S. 1 9 ff. ; Carlo Schmidt, JW 1 9 29, S . 3464). Erwin Jacobi, Grundlehren des Arbeitsrechts, 1 9 2 7 , S . 1 4 8 ff. , führte den Begriff ins Arbeitsrecht ein. Vgl. dazu Hersehe/ (Fußn. 6 3 ) , S . 25 9 . 65 Kaske/ / Dersch, Arbeitsrecht, S. 306 ; Herschel (Fußn. 63), S . 260. 66 Hersehe/ (Fußn. 6 3 ) . 67 s. dazu Fitting / A uffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 3 1 . 68 BAG. Urt. v. 1 8 . 3 . 1 9 7 5 , MitbG 1 9 7 5 , S. 2 1 3 , 2 1 4 ; Entsch. v. 1 5 . 1 . 1 9 76, AR-Blattei, Einigungsstelle , Entscheidung 4; Leipold, Festschrift für Schnorr von Carolsfeld, S. 2 7 3 , 2 8 9 ; Hersehe/, ArbuR 1 9 74 , S . 25 7 , 260 ; Dütz, D B 1 9 7 2 , S. 3 8 3 , 386 : Dietz / R ichardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 44 u. 5 1 ; Simitis / Weiss, ZfA 1 9 74, S. 3 8 3 , 3 9 7 . 69 Vgl. insbesondere Dütz , D B 1 9 7 2 , S . 3 8 3 , 389 ; Dietz / Richardi, a.a.O., Rdnr. 80; Jäcker, Einigungsstelle, S . 1 44 ; GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 99. Der Umfang der Er­ messenskontrolle ist allerdings streitig, s. dazu G. Müller, Festschrift für Barz, S. 489, 495 f. 1 • Dütz , DB 1 9 7 2 , S. 3 8 3 , 3 8 9 ; Herschel (Fußn. 68), S. 262 f. 63

B. Das Begriffsmerkmal „Vorverfahren"

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Nachprüfung durch die Gerichte statt. 7 1 Entscheidungen der Einigungsstelle in Regelungsfragen sind deshalb keine außergerichtlichen Vorverfahren. 72 Der Einigungsstelle obliegt aber auch die Entscheidung zahlreicher Rechts­ streitigkeiten. 73 Das sind Streitigkeiten, bei denen ihr kein Ermessen zusteht, vielmehr zu erkennen ist, was das geltende Recht gebietet. In diesen Fällen ist nur eine richtige Entscheidung möglich. 74 Rechtsstreitigkeiten sind z.B. Mei­ nungsverschiedenheiten darüber, ob es notwendig ist, Betriebsratsmitglieder für Schulungszwecke freizustellen (§ § 37 VI, VII ; 65 I BetrVG 1972). 75 Entschei­ dungen der Einigungsstelle in Rechtsstreitigkeiten unterliegen auch in mate­ rieller Hinsicht der vollen und umfassenden arbeitsgerichtlichen Kontrolle, hier gibt es keinen unüberprüfbaren Ermessensspielraum 76 ; die Anrufung der Eini­ gungsstelle zur Klärung von Rechtsstreitigkeiten stellt deshalb ein außergericht­ liches Vorverfahren dar. 77 Bei der Frage, ob ein außergerichtliches Vorverfahren oder ein Schlichtungsverfahren in Regelungsstreitigkeiten vorliegt, darf nicht auf die Bezeichnung des tätig werdenden Gremiums abgestellt werden. Mehrere Vorverfahrensstellen werden als „Schlichtungsstel­ len" bezeichnet. 78 Dennoch unterliegen die von diesen Stellen getroffenen Feststellungen in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung, so daß es sich bei diesen Verfahren um außergerichtliche Vorverfahren handelt. 7 9

5. Das _ Verfahren der Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit Nach ständiger Rechtsprechung können die Gerichte auch die Entscheidun­ gen, welche die Spruchkörper der Vereine und Verbände in Streitigkeiten zwischen Verband und Mitglied oder zwischen Mitgliedern treffen, nicht voll­ ständig überprüfen. 80 Infolgedessen ist das vereinsinterne Streitverfahren 81 gleichfalls kein Vorverfahren i.S. dieser Untersuchung. 7 1 Jäcker (Fußn. 69), S. 1 45 ; Galperin / Löwisch , BetrVG, § 76, Rdnr. 4 3 ; Dütz ArbuR 1 97 3 , S. 4 3 , 46; G. Müller, DB 1 97 3 , S. 76, 7 7 ; Fitting / Auffarth / Kaiser, BetrVG , § 76, Rdnr. 3 2 ; aA. Leipold, Festschrift für Schnorr von Carolsfeld, S. 2 7 3 , 288. 72 s. Fußn. 60. " Fitting / Auffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 28 u. 3 1 ; GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 16 ff. , Dütz, ArbuR 1 9 7 3 , S. 35 3 , 35 8 ; Gnade (Fußn. 7 1 ) ; Jäcker, Einigungsstelle, S. 35 u. 1 0 9 ; Schel/, BB 1 976, S . 1 5 1 7 . 74 Vgl. insbesondere Hersehe/ (Fußn. 6 8 ) , S . 260 f. ; Galperin / Löwisch, BetrVG, § 76, Rdnr. 2 ; Jäcker (Fußn. 69), S. 1 45 : Dütz, DB 1 972, S . 3 8 3 , 384 ff. 7 5 Zu den weiteren Rechtsstreitigkeiten s. Dütz , ArbuR 1 9 7 3 , S. 35 3 , 3 5 8 , Fußn. 1 7 ; Gnade (Fußn. 7 1 ) , S . 46. 7 6 Vgl. Jäcker (Fußn. 69), S . 145 ; Galperin / Löwisch, BctrVG, § 76, Rdnr. 42; GK­ Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 8 3 . 77 s. Fußn. 60. 78 So die Schlichtungsstellen für Arzthaftpflichtfragen der Landesärztekammern , s. dazu im 2. Abschniit unter A I 4 b cc. 7 9 So heißt es z.B. in § 8 der „Geschäfts- und Verfahrensord nung einer Schlichtungs­ stelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern" (s. DBÄ 1 976, S. 564 ): .,Durch den Schlichtungsvorschlag wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen." •• BGH, Urt. v. 4 . 1 0. 195 6 , BGHZ 2 1 , S . 370, 373 ff. : Urt. v. 26. 2 . 1 959, BGHZ 29,

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l . Abschnitt: Zum Begriff - Abgrenzung des Themas

C. Das Begriffsmerkmal „Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit" 1. Abgrenzung von der Verwaltungsgerichtsbarkeit und ihren Vorverfahren Das Begriffsmerkmal „Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit" soll den Gegenstand der Untersuchung in erster Linie von den verwaltungsrechtlichen Vorverfahren abgrenzen, wie sie vor allem in § § 68 ff. VwGO, § § 78 ff. SGG und § 44 FGO i.V. mit § § 347 ff. AO vorgesehen sind. Hier geht es um solche Vorverfahren, die Prozessen vor den Zivilgerichten vorgeschaltet sind. 1. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten Das Schwergewicht der Arbeit liegt bei den Vorverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten i.S. des § 13 GVG. Das sind insbesondere die Vorverfahren auf den Gebieten des Arbeitsrechts, des Mietrechts, des Werkvertragsrechts, des Jagdrechts, des Versicherungsrechts und des UWG . 82 2. Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit sind aber auch die öffentlich-recht­ lichen Streitsachen, welche abweichend von der Generalklausel des § 40 I VwGO ausdrücklich durch Bundes- oder Landesgesetz den Zivilgerichten zuge­ wiesen sind. 83 Die Mehrzahl der untersuchten Vorverfahren vor Verwaltungs­ behörden findet in solchen Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung84 statt. 85 3. Streitigkeiten, bei denen die Zuständigkeit der Zivilgerichte umstritten ist Bei einigen Streitigkeiten, denen ein Vorverfahren vorangestellt ist, besteht Uneinigkeit darüber, ob sie vor die Zivil- oder die Verwaltungsgerichte gehören.

S. 3 5 2 , 354 ff. ; Stöber. Vereinsrecht, Rdnr. 256 (S. 1 2 1 ) ; Reichert / Dannecker / Kühr, Handbuch, Rdnr. 6 24 f. (S. 244 f.) , Rdnr. 706 f. (S. 274 f. ) und Rdnr. 1 2 1 6 ff. (S. 488 ff.) mwN. Kritisch : Lorenz, Allg. Te il, S. 1 46 , Dütz , Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz , S . 2 7 1 ff. ; Schlosser, Vereinsgerichtsbarkeit, S . 94 ff. 81 s. dazu BGH, Urt. v. 2 7 . 2 . 1 95 4 , BGH Z 1 3 , S. 5 , 1 6 ; Urt. v. 6. 3 . 1 96 7 , BGHZ 4 7 . S. 1 72 , 1 74 ; Stöber (Fußn. 80); Reichert / Dannecker / Kühr (Fußn. 8 0 ) , Rdnr. 6 2 9 ( S . 246); Schlosser (Fuß n . 80), S . 1 24 ff. 82 s. zu den einzelnen Verfahren im 2. Abschnitt unter A I . 83 Vgl. Schumann , DRiZ 1 9 70, S . 60, Fußn. 2 . 84 Zum Begriff s . z.B. Baumbach / Lau terbach / A lbers / Hartmann, ZPO, § 1 3 GVG. Bern. 6 ; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz. GG, Art . 19 IV, Rdnr. 48. 85 Stein / Jonas / Pohle, ZPO. vor § 1 , Bern. lJ B 2.

C. Das Begriffsmerkmal ,,Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit"

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Das gilt beispielsweise, wenn der Streit Ansprüche gegen Arbeiter und Angestellte aus dem ErstG betrifft. 86 Meinungsverschiedenheiten bestehen ferner über die Geltendmachung von Forderungen aus § 5 1 I Satz 2 GewO 87 oder dem Telegraphenwegegesetz 88 • Streitig ist schließlich, in welchem Rechtsweg Entschädigungsansprüche aus den Wassergesetzen der Länder einzu­ klagen sind, die sich nicht aus Enteignungstatbestäncten ergeben.••

In diesen Fällen wird, um praxisfremde Ausführungen zu vermeiden, darauf abgestellt, wie die Streitsachen üblicherweise behandelt werden. Maßgeblich ist also nicht der „wahre" Rechtsweg, sondern die herrschende Meinung dar­ über, vor allem die Ansicht der höheren Gerichte. Das hat zur Folge, daß die auf den zuvor genannten Gebieten vorhandenen Vorverfahren alle als Vorver­ fahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit angesehen werden.'° 4. Kartell- und patentrechtliche Streitigkeiten An sich gehören auch die Verwaltungsverfahren nach dem GWB und dem PatG zu den Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit 91 • Die Ver­ fahren in Kartell- und Patentrechtssachen haben sich jedoch gegenüber den übrigen Verfahren vor den Zivilgerichten weitgehend verselbständigt. Das wird vor allem daran deutlich, daß diese Streitigkeiten besonderen Gerichten zuge­ wiesen sind: In kartellrechtlichen Streitigkeiten entscheiden in erster Instanz 86 Für die Zuständigkeit der Zivilgerichte (Arbeits- oder ordentlichen Gerichte): BVerwG, Urt. v. 25 . 3 . 1 97 1 , BVerwGE 38, S . 1 ff. ; BAG Urt. v. 2 1 .6 . 1 966, AP § 1 ErstG, Nr. 2; Urt. v. 25.6. 1 968, AP § 1 ErstG, Nr. 3; BGH, Urt. v. 1 1 .7. 1 95 5 , BGHZ 1 8, S. 1 1 7 ; König, Erstattungsverfahren, § 8 ErstG, Anm. 3 ; Neumann, JuS 1 97 2 , S. 5 7 3 , 5 1 5 ; Ro­ nellenfitsch, JA 1 9 75, S. 665, 670; a.A . : Bettermann, DVBI. 1 972, S. 85 f., ders. MDR 1956, S. 1 9 3 ; Heuser / Kobel, ErstG, § 8, Bern. 3 c; v. Mutius, VerwArch 63 ( 1 972), S. 97. 87 Für die Zuständigkeit der Zivilgerichte : BVerwG, Urt. v. 24.6. 1 97 1 , NJW 1 9 7 1 , S. 1475 , 1 4 7 7 ; Adler, Nachträgliche Anforderungen, S . 1 30 f. ; Fuhr, Gewü, § 5 1 , Anm. 3 a; Janssen, Gewü, § 5 1 , Anm. IV, 2; Landmann / Rohmer / Salewski, GewO, 1 3 . Aufl., § 5 1 , Rdnr. 2 8 ; a.A . : Landmann / Rohmer / Eyermann / Fröhler, Gewü, 1 2. Aufl., § 5 1 , Rdnr. 24. 88 Für die Zuständigkeit der Zivilgerichte: BGH, Urt. v. 1 8. 1 2. 1 96 1 , BGHZ 36, S. 217, 219. 89 Für die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs: BayVGH, Urt. v. 25 . 1 . 1 967, Wüsthoff Handb., NR R 1 1 1 8 ; Gieseke / Wiedemann, WHG, § 20, Rdnr. 1 0 a; Salzwedel, RWaWi 1 2, S. 50, 68 f. ; a.A . : Sievers, Wasserrecht, § 8 WHG, Bern. 1 4 ; Niedermayer, BayVBI 1 96 7 , S. 1 1 9, 1 20 f. ; ders. RWaWi 1 6 , S. 67 ff. 0 • Das ergibt sich aus den Nachweisen in Fußn. 86- 89. •• Das gilt für das Verfahren vor den Kartellbehörden zunächst insoweit, als diese auf Antrag tätig werden ( § § 5 1 I, 62 II GWB). Auf Antrag werden die Kartellbehörden vor allem tätig, wenn eine Freistellung von einem gesetzlichen Verbot begehrt wird (vgl. Müller / Gries / Giessler, GWB, Vorbern. zu § § 5 1 ff., Rdnr. 2). Der Einbeziehung steht nicht entgegen, daß den Kartellbehörden ein Ermessen eingeräumt ist. Denn die Gerichte prüfen die Ermessensausübung nach § 70 IV GWB grundsätzlich in vollem Umfang nach (vgl. dazu Baumbach / Lau terbach / A lbers / Hartmann, ZPO, § 1 3 GVG, Bern. 6). Das Verfahren vor den Kartellbehörden besteht heute nur noch aus einer „Instanz", nachdem das in §§ 5 9 - 6 1 GWB geregelt gewesene Einspruchsverfahren durch die No­ velle vom 1 5 .9. 1 965 (BGBI. I S. 1 365) abgeschafft wurde.

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1 . Abschnitt: Zum Begriff - Abgrenzung des Themas

Oberlandesgerichte 92 , in patentrechtlichen die Patentgerichte 93 . Dementspre­ chend sind auch die den Gerichtsverfahren vorgeschalteten Verfahren vor den Kartellbehörden und dem Patentamt von besonderer Art, so daß sie kaum mit den anderen Vorverfahren der Zivilgerichtsbarkeit verglichen werden können. So stehen den Kartellbehörden z.B. die Befugnisse von Strafverfolgungsbehör­ den zu. 94 Aus diesen Gründen werden diese Verfahren nicht in die vorliegende Untersuchung einbezogen ; die sie betreffenden Regelungen (§ § 5 1 -6 1 GWB ; 26-36 a PatG) und die dazu vorhandene Literatur werden nur in Einzelfällen herangezogen. Die Ausklammerung der in den Zuständigkeitsbereich des Patentamtes fallenden Strei­ tigkeiten betrifft auch das Warenzeichenrecht. Nach § 1 2 des Warenzeichengesetzes ist das Patentamt nämlich für die Registrierung der Warenzeichen zuständig. Infolgedessen wird die auf Grund des Gesetzes über die Eingliederung des Saarlandes auf dem Gebiet des ge­ werblichen Rechtsschutzes" errichtete Schiedsstelle für Warenzeichen ebenfalls nicht näher behandelt. S ie hat die Aufgabe, eine gütliche Einigung in solchen Fragen herbeizu­ führen, die sich aus der Erstreckung von Warenzeichen auf das Saarland ergeben, und ist beim Deutschen Patentamt eingerichtet. Eine nähere Betrachtung dieser Stelle erscheint auch deshalb entbehrlich, weil die Ausgestaltung dieses Vorverfahrens fast völlig mit der des Güteverfahrens in Arbeitnehmererfindungs-Streitigkeiten übereinstimmt 96 und die Schiedsstelle keine praktische Bedeutung mehr hat, wie sich aus der Statistik ergibt, welche das Deutsche Patentamt jährlich veröffentlicht. 9 7 Nicht ausgeklammert wird jedoch das Verfahren vor den Schiedsstellen für Arbeitneh­ mererfindungen beim Deutschen Patentamt. Dieses Verfahren ist kein rein patentrecht­ liches Verfahren: Das Arbeitnehmererfinderrecht liegt am Schnittpunkt zwischen Arbeits­ recht und Patentrecht. 98 Das zeigt sich unter anderem daran, daß für Ansprüche aus dem ArbEG teils die Gerichte für Patentstreitsachen, teils die Arbeitsgerichte zuständig sind.99 Gerade die arbeitsrechtliche Komponente hat zur Einführung dieses Güteverfahrens ge­ führt. 1 00 Ihretwegen ist das Vorverfahren auch Gegenstand dieser Arbeit.

92

§ 6 2 II GWB. s. Art. 96 I GG, § § 36 1 IV, 37 II, 36 b ff. PatG u. § 10 GebrauchsmusterG. Die Patentgerichte sind Sondergerichte im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit, vgl. Stein / Jonas / Pohle, ZPO, vor § 1 , Bern. IV E 2 mwN. 94 So die weitgehenden Auskunftsrechte des § 46 GWB und das Beschlagnahmerecht des § 53 GWB. " vom 30.6. 1 959 (BGB!. I S. 388). 96 Vgl. § § 3 1 -40 des Gesetzes. 97 im BIPMZ, jeweils unter Punkt VI 2 der jährlich veröffentlichten Statistik. 98 s. § 25 ArbEG. Vgl. auch die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des ArbEG, in: Reimer / Schade / Schippe/. Das Recht der Arbeitnehmererfindung, S. 605 , sowie Volmer, BB 1 968, S. 253, 260; Reimer / Schade / Schippe/, vor § 28 ArEG, Rdnr. 1 ; Gaul / Bartenbach, Handbuch, N 1 76 (S. 5 4 1 ) ; Heine / Rebitzki. Arbeitnehmer­ erfindungen, § 28 ArbEG, Anm. 1 . 99 Vgl. § 39 I I ArbEG; s . dazu Hal/mann, ArbEG, S. 1 7 ; Gaul / Bartenbach, Arbeit­ nehmererfindungen, S . 69. 1 00 s. dazu im 3. Abschnitt unter B I 1 . 93

C. Das Begriffsmerkmal „Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit"

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II . Abgrenzung von den Verfahren der Justizverwaltung Die Worte „Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit" haben weiter zur Folge , daß die Verfahren der Justizverwaltung nicht unter das Thema der Arbeit fallen. 1. Das Verfahren zur Entscheidung über Maßnahmen iS. der §§ 23 ff EGG VG Die Untersuchung geht deshalb nicht auf das Vorverfahren ein, welches Justizverwaltungsakte i.S. der § § 23 ff. EGGVG zum Gegenstand hat. 2. Das Verfahren nach der Hinterlegungsordnung Zur Justizverwaltung 1 0 1 zählt weiter das Verfahren nach der Hinterlegungs­ ordnung 102 . § 3 dieses Gesetzes bestimmt, daß Entscheidungen der Hinterle­ gungsstelle gerichtlich erst angefochten werden können, nachdem eine Ent­ scheidung des Land- oder Amtsgerichtspräsidenten herbeigeführt wurde . 3. Das Verfahren nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen Zur Justizverwaltung gehört der Sache nach auch das Verfahren nach dem Gesetz über die Entschädigung von Strafverfolgungsmaßnahmen 1 03 . Dieses Gesetz sieht vor, daß wegen der Höhe der Entschädigung vor den Zivilgerich­ ten erst geklagt werden kann, nachdem ein Festsetzungsverfahren vor der Staatsanwaltschaft stattgefunden hat. 104 III. Abgrenzung von der freiwilligen Gerichtsbarkeit und ihren Vorverfahren Aus den Worten „Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit" ergibt sich ferner, daß die freiwillige Gerichtsbarkeit und ihre Vorverfahren nicht zum Thema gehören.

101 So auch Drischler, Das Deutsche Bundesrecht, Erl. zu § 3 HinterlegungsO. Das ergibt sich ferner aus § 3 III HinterlegungsO, wonach die Gerichte gemäß § 23 EGGVG anzurufen sind. 1 02 Vom 10.3. 1 9 3 7 (RGBJ. I S. 285, BGB!. III 300- 1 5 ) ; s. dazu auch Wieczorek, ZPO, § 1 3 GVG, Anm. F V e; Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 1 3 GVG, Bern. 2 B. 1 03 vom 8 . 3 . 1 9 7 1 (BGB!. I S. 1 5 7). 1 0• § 13 des Gesetzes i.V. mit § 1 0.

4 Preibisch

50

l. Abschnitt: Zum Begriff - Abgrenzung des Themas

1. Das Verfahren vor der Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz

Deshalb ist das Verfahren vor der Schiedsstelle nach dem Verwertungs­ gesellschaftengesetz 105 auszuklammern. Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein Vertragshilfeverfahren, das zur Verfügung steht, wenn sich Verwer­ tungsgesellschaften, welche die Urheber vertreten, und Verwertervereinigun­ gen oder Sendeanstalten nicht über die Bedingungen einigen können, zu wel­ chen einzelne Urheberrechte verwendet werden dürfen. 1 06 Die Schiedsstelle entfaltet somit im Gegensatz zu den Vorverfahrensstellen keine streitentschei­ dende Tätigkeit. 1 0 7 Die Tätigkeit dieser Schiedsstelle ist von geringem Umfang. Nähere Angaben sind der jährlich veröffentlichten Statistik des Deutschen Patentamtes zu entnehmen. 1 08 Danach bearbeitet die Schiedsstelle im Jahr nur etwa einen Fall.

2. Das Verfahren vor den hessischen Ortsgerichten

Auch die Aufgaben der hessischen Ortsgerichte haben ihren Schwerpunkt auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit 109 , so daß das Verfahren vor diesen „Gerichten" gleichfalls auszuscheiden ist. IV. Abgrenzung von den Vorverfahren des Strafprozesses

Die Worte „in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit" weisen schließlich darauf hin, daß zu den hier behandelten Vorverfahren nicht die des Strafpro­ zeßrechts gehören. Strafprozeßrechtliche Vorverfahren sind z.B. in § 380 StPO vorgesehen, wo bestimmt ist, daß wegen der dort aufgezählten Delikte Privat­ klage erst erhoben werden kann, nachdem ein Sühnetermin vor der von der Landesjustizverwaltung bestimmten Vergleichsstelle stattgefunden hat. uo 1 0' s. § 14 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (VerwertungsgesellschaftenG) vom 9.9. 1 965 (BGB!. I S. 1 294) i.V. mit der VO über die Schiedsstelle nach dem Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (im folgenden DVO zum Verwertungsgesetz genannt) v. 1 8 . 1 2 . 1 965 (BGB!. I S. 2 1 06). 1 0• Vgl. dazu Reisehi, Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zu § § 14 und 15 des oben (Fußn. 1 05 ) genannten Gesetzes. 1 07 Näheres zur Funktion und Rechtsnatur der Schiedsstelle bei Reinbothe, Schlich­ tung im Urheberrecht, S. 1 9 ff. und 55 ff. 1 08 Die Statistik wird jährlich im BIPMZ veröffentlicht. Angaben über die Schiedsstelle finden sich jeweils unter Punkt V 3 der Statistik. 1 0• § 2 S. 2 des hess. Ortsgerichtsgesetzes v. 6 . 7 . 1 95 2 (GVBI. S. 1 24 ) ; vgl. auch Kern, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., § 30 B II (S. 2 1 3). Außerdem obliegen den Ortsgerich­ ten Schätzungen, vgl. § 2 S. 2 und § 22 des Gesetzes. 110 Der Sühneversuch findet idR. vor dem Schiedsmann statt, vgl. z.B. § 3 3 des Ber­ liner Schiedsmanngesetzes vom 3 1 .5 . 1 965 (GVBI. S. 707).

2. A bschnitt D ie einzelnen außergerichtlichen Vorverfahren i n Streitigkeiten der Zivilgericht sbarkeit Bisher wurde der Gegenstand dieser Untersuchung eher abstrakt und negativ umschrieben, indem zahlreiche Verfahren genannt wurden, die nicht zu den außergerichtlichen Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit ge­ hören. Dem soll sich nun eine konkrete , positive Deutung des Begriffs anschlie­ ßen, indem einzelne außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit vorgestellt werden. Der folgende Überblick soll die wich­ tigsten Vorverfahren aufzeigen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

A. Die vorhandenen Vorverfahren 1. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Außergerichtliche Vorverfahren gibt es sowohl im Bereich der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten i.S. des § 1 3 GVG als auch im Bereich der Zivilprozeß­ sachen kraft Zuweisung. 1 Den Kernbereich der vorliegenden Untersuchung bilden die Vorverfahren in bürgerlichen Streitigkeiten. Dafür gibt es zwei Gründe : - Diese Vorverfahren unterscheiden sich am meisten von den verwaltungs­ rechtlichen Vorverfahren. Bei ihnen geht es nicht um die Beurteilung öffent­ lich-rechtlicher Ansprüche. Sie weichen von den Vorverfahren in verwaltungs­ gerichtlichen Streitigkeiten und in Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung auch dadurch ab , daß sie regelmäßig nicht vor solchen Verwaltungsbehörden statt­ finden, welche selbst an dem Streit beteiligt sind. - Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung können jederzeit durch den Ver­ fassungs- bzw. Gesetzgeber in Verwaltungsstreitigkeiten umgewandelt werden. Derartige Umwandlungen sind vielfach und wiederholt gefordert worden. 2 1

Zum Begriff S. 1 . Abschnitt unter C I 2 so z.B. von Bachof, ZZP 65 ( 1 952), S. 1 , 35 ff. ; Bettermann. AÖR 96 ( 1 97 1 ), S. 5 28, 548 ; Herrmann, ZZP 7 8 ( 1 965), S. 373, 3 8 1 ff. ; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 1 9 IV, Rdm. 3 9 ; für das Staatshaftungsrecht unter Änderung der Art 14 IIJ u. 34 GG in dem von den Bundesministerien der Justiz und des Innern im Oktober 1 973 veröffent­ lichten Kommissionsbericht „Reform des Staatshaftungsrecht": für das Enteignungsent­ schädigungsrecht vgl. das Wcinheimer Gutachten v. 30.4. 1 95 2, das eine Änderung des Art 2

4•

52

2 . Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

Das geschah vor allem mit der Begründung, Zivilprozeßsachen kraft Zuwei­ sung seien anachronistisch und komplizierten den Verwaltungsn:chtsschutz . 3 Es ist deshalb nicht auszuschließen, daß die Vorverfahren in Zivilprozeß­ sachen kraft Zuweisung eines Tages verwaltungsrechtliche Vorverfahren werden. 4 Aus diesen Gründen liegt das Schwergewicht dieser Untersuchung bei den Vorverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. 1. In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten Vorverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind besonders zahlreich im Arbeitsrecht. a) § 1 l l II ArbGG So bestimmt § 1 1 1 II ArbGG 5 , daß Auszubildende und Ausbilder gegen­ einander nur prozessieren können, nachdem sie einen Ausschuß für Lehrlings­ streitigkeiten 6 angerufen haben, der bei der Handwerksinnung oder einer ande­ ren zuständigen Stelle i.S. des Berufsausbildungsgesetzes 7 eingerichtet ist. Anderenfalls ist die Klage unzulässig. 8 Es besteht Einigkeit darüber, daß es sich hierbei um ein außergerichtliches Vorverfahren handelt. 9 14 GG vorsah, und den vom Land Hamburg eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Än­ derung des GG (BR-Drucks. 402/52), s. dazu Ernst / Zinkhahn / Bielenberg / Kalb, BBauG, vor § 1 5 7 , Rdnr. 2 f. 3 Bettermann (Fußn. 2); Eyermann / Fröhler, VwGO, § 40, Rdnr. 79a. 4 Ein erster Schritt in diese Richtung wurde - wenn auch vergeblich - durch die Bun­ desregierung versucht: Sie legte 1 97 8 einen Gesetzentwurf vor, durch den sie die verfas­ sungsrechtliche Verankerung der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte beseitigen woll­ te: s. den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Art 14 III S. 4 und 34 GG (BR-Drucks. 2 1 4/78). Der Entwurf wurde allerdings nicht Gesetz. 5 i.d. Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1 979 (BGB!. I S. 853). Weitere Rechts­ grundlage dieses Vorverfahrens ist § 67 III HandwO. Beachte auch § § 42-46 der Muster­ satzung für Handwerksinnungen des Bundesministers für Wirtschaft vom Dezember 1 97 1 , abgedruckt bei Siegert / Musielak, Recht des Handwerks, als Anhang JII l . Das Verfahren vor den Ausschüssen der Innungen richtet sich nach den Verfahrensordnungen, welche die Handwerkskammern gemäß § 67 III S. 2 HandwO zu erlassen haben. In Berlin gilt die „Verfahrensordnung des Ausschusses zur Schlichtung von Lehrlingsstreitigkeiten" der Handwerkskammer Berlin von 1 969, welche mit der vom Bundesminister für Wirtschaft empfohlenen Fassung der Verfahrensordnung (Erlaß des BWM vom 1 0.5 . 1 968) weitgehend übereinstimmt und deshalb auch den Verfahrensordnungen der anderen Kammern gleicht. 6 heute vielfach auch Streitigkeiten aus dem Berufsausbildungsverhältnis genannt, vgl. z.B. Grunsky, ArbGG, § l l l , Rdnr. 3. S . auch § § 3 ff. BBiG. 7 Das sind außerhalb des Handwerks vor allem die Kammern für die einzelnen Berufe, s. §§ 74-96 BBiG. Überblick be i Grunsky (Fußn. 6), Rdnr. 4. 8 § 111 II S. 3 ArbGG; vgl. dazu Dietz / Nikisch, ArbGG, § 1 1 1 , Rdnr. 7. 9 Grunsky (Fußn. 6), Rdnr. 3 ; Grüll, ArbGG, § l l 1, Erl. ,,Allgemeines"; Dersch/ Volk­ mar, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 3; Auffarth / Schönherr, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 2; Siebert / Farthmann, Arbeitsrecht-Blattei, Lehrvertrag- Lehrverhältnis V, unter B. Sieg, Festschrift für Molitor. S. 34 1 , 36 1 , betont, daß die Entscheidung des Ausschusses das Gericht nicht bindet. Natzel, Berufsausbildungsverhältnis, S. 1 5 7 , und Wilsing, RdA 1 949, S. 455 , sprechen von einem besonderen Güteverfahren.

A. 1 . In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten

53

b) § § 2 8 ff . des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen Auf arbeitsrechtlichem Gebiet bewegt sich auch - wie sich aus § 25 des Ge­ setzes ergibt 10 - das Vorverfahren nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfin­ dungen (ArbEG). 11 Nach § § 28 ff. ArbEG kann der Arbeitnehmer Ansprüche aus diesem Gesetz gegen den Arbeitgeber grundsätzlich 12 erst einklagen, wenn er zuvor eine der beim Patentamt errichteten Schiedsstellen angerufen hat. Die Tätigkeit dieser Schiedsstellen wird allgemein als Vorverfahren angesehen. 1 3 c) § 76 BetrVG 14

Wie bereits dargelegt , ist auch die Tätigkeit der Einigungsstelle nach § 76 BetrVG, soweit sie die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten betrifft, ein außergerichtliches Vorverfahren. Nach überwiegender Meinung können Arbeit­ geber und Betriebsrat in Rechtsstreitigkeiten, für welche die Einigungsstelle nach dem Betriebsverfassungsrecht zuständig ist, die Arbeitsgerichte erst an­ rufen, nachdem die Einigungsstelle eingeschaltet wurde. 1 5 d ) Die vorläufigen Entscheidungen des Seemannsamtes nach dem Seemannsgesetz Die Seemannsämter sind nach dem Seemannsgesetz (SeemG) 1 6 befugt, in bestimmten arbeitsrechtlichen 1 7 Streitfällen eine vorläufige Entscheidung zu treffen. Es handelt sich dabei um Streitigkeiten zwischen dem Reeder bzw. Kapitän einerseits und dem einzelnen Besatzungsmitglied andererseits, deren 10

Vgl. auch die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines ArbEG, in:

Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, S. 605 ; Reimer / Schade / Schippe/, vor § 28 ArbEG, Rdnr. 1 ; Volmer BB 1 968, S. 25 3 ; Gaul / Bartenbach, Handbuch, N. 1 76

(S. 5 4 1 ). 11 v. 27.7. 1 9 5 7 (BGB!. I S. 756). Weitere Rechtsgrundlagen sind: Die Erste V O zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen v. 1 . 1 0 . 1 957 (BGB!. I S. 1 679) und die Zweite VO zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen v. 1 . 1 0. 1 95 7 (BGB!. I S. 1 680). 1 2 Ausnahmen in § 37 II-V ArbGG. 13 s. dazu Volmer, ArbGG, § 28, Rdnr. 1 7 ; ders. ,BB 1 968, S. 25 3, 25 5 ; Schade, MittdtPatAnw 1 959, S. 25 3, 255. 1 4 im I. Abschnitt unter B II 4. 1 5 So Jäcker, Einigungsstelle, S. 36 mwN. ; Dietz / R ichardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 3; Dütz, ArbuR 1 973, S. 368; Bischof/, Einigungsstelle, S . 65 ; a.M. Adomeit, BB 1 972, S. 53, 54. 16 v. 26.7. 1 95 7 (BGB!. I I S . 7 1 3) ; s . dazu auch § 1 1 1 1 S . 2 ArbGG. Das Verfahren des Seemannsamtes ist in §§ 1 4- 1 9 der VO über das Verfahren vor den Seemannsämtern, das Seefahrtbuch, die Musterrolle und die Musterung (SeemannsamtsVO) v. 2 1 . 1 0. 1 98 1 (BGB!. II S. 1 1 46) geregelt. Vgl. dazu auch das „Merkblatt für die Tätigkeit der als Seemannsamt bestimmten diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland" des Auswärtigen Amtes v. 5 . 8. 1 959, abgedruckt in: Schaps / Abraham, See­ recht, § 9 ScemG, Anm. 10. 17 folgt aus § 111 I S. 2 ArbGG.

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2. Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

Klärung keinen Aufschub duldet : Streitigkeiten über die Krankenfürsorge (§ 5 1 SeemG), über die Berechtigung einer außerordentlichen Kündigung (§ 69), über die Rückbeförderung (§ 72 IV), über die Berechtigung der Kündigung durch den Kapitän oder den Reeder (§ 78 IV S . 3). 1 8 Daß es sich dabei um ein Vor­ verfahren handelt, folgt daraus, daß die Seemannsämter nur zur vorläufigen Entscheidung berufen sind. 1 9 e) Erstattungsgesetz Ein letztes arbeitsrechtliches Vorverfahren ist im Erstattungsgesetz (ErstG) 20 geregelt. Dieses Gesetz sieht vor, daß die Dienststellen des Bundes gegen ihre Bediensteten ein Erstattungsverfahren durchführen können, wenn diese für einen Fehlbestand am öffentlichen Vermögen haften. 21 Nach h.M. betrifft das Erstattungsverfahren, soweit es sich gegen Angestellte und Arbeiter richtet und deshalb durch die Zivilgerichte überprüft wird 22 , arbeitsrechtliche Ansprüche. 23 Die im Erstattungsverfahren getroffene Entscheidung, der Erstattungsbeschluß, unterliegt der uneingeschränkten Nachprüfung der Gerichte 24 , das Verfahren gehört deshalb zu den außergerichtlichen Vorverfahren. Es handelt sich um ein nichtkontradiktorisches Verfahren, denn die Verwaltung, die das Verfahren durchführt, ist am nachfolgenden Prozeß als Partei beteiligt. 25 2. In mietrechtlichen Streitigkeiten Auf dem Gebiet des Mietrechts, dem ebenso wie dem Arbeitsrecht besondere soziale Relevanz zukommt 26 , gibt es bislang kaum Vorverfahren. Hier ist nur die Frankfurter Mietschlichtungsstelle zu nennen, die keine gesetzliche Grund­ lage hat, sondern durch Verbände geschaffen wurde. Gründer der Schiedsstelle sind die Vereinigung der Haus-, Grund- und Wohnungseigentümer in Frank­ furt a.M . , der Frankfurter Mieterverein und der Mieterschutzverein Frankfurt, welche die Stelle 1 975 zur Beilegung von Streitigkeiten bildeten. Anlaß war das Wohnraumkündigungsschutzgesetz, wonach Mieterhöhungen nur gerecht18 Vgl. dazu Schelp / Fettbach, SeemG, § 9, Bern. 5; Schaps / A braham (Fußn. 16), Anm. 2. 1 • s. auch Grunsky, ArbGG, § 1 1 1 , Rdm. 2 ; Schelp, BB 1 95 7 , S. 968, 97 1 . 20 Gesetz über das Verfahren für die Erstattung von Fehlbeständen an öffentlichen Ver­ mögen (ErstG) vom 1 8.4. 1 937 (RGBI. I S. 46 1 , BGB!. III 2030- 1 0). Weitere Rechts­ grundlage: DVO zum ErstG v. 29.6. 1 9 3 7 (RGBI. I S. 723, BGB!. III 2030- 1 0-1 ). 21 § 1 I des Gesetzes. 22 s. dazu und zur Maßgeblichkeit der h.M. im 1. Abschnitt unter C I 3. 23 BVcrwG, Urt v. 25.3. 1 97 1 , BVerwGE 38, 1 ff. ; BAG, Urt. v. 2 1 .6. 1 966, AP § 1 ErstG, Nr. 2; v. 25.5 . 1 968, AP § 1 ErstG, Nr. 3; Ronellenfitsch, JA 1 975, S. 665 , 670; König, Erstattungsvcrfahrcn, § 8 ErstG, Anm.3. 24 § 8 I ErstG. " § 8 II ErstG . 26 Vgl. Hilden, ZRP 1 977, S. 4 1 ; ders. , Rechtstatsachen in Räumungsstreitigkeiten, s. 13 f.

A. 1. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten

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fertigt sind, wenn die neue Miete die ortsüblichen Vergleichsmieten nicht überschreitet. 2 7 3. In Streitigkeiten zwischen Berufskollegen Den arbeitsrechtlichen Vorverfahren verwandt sind die Vorverfahren, welche für Streitigkeiten unter Selbständigen vorgesehen sind, die denselben Beruf ausüben. a) § 73 II Nr. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung Ein solches Vorverfahren ist in § 73 II Nr. 3 der Bundesrechtsanwaltsord­ nung (BRAO) 28 vorgesehen. Diese Vorschrift macht es dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer zur Aufgabe, in Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern zu vermitteln und zwar sowohl bei berufsbezogenen Meinungsverschiedenhei­ ten als auch bei Streitfällen aus dem privaten und persönlichen Bereich. 29 Der Vorstand ist nicht Schiedsrichter 30 , er hat nur zu vermitteln. Das in § 73 II Nr. 3 BRAO vorgesehene Verfahren ist deshalb ein außergerichtliches Vorverfahren. Seine Ausgestaltung ist allerdings nicht näher geregelt. b) Die Landesgesetze über die Ärztekammern In der Regel enthalten die Landesgesetze über die Ärztekammern entspre­ chende Regelungen, so z.B. das Berliner Kammergesetz. 31 Dort ist vorgesehen, daß die Ärztekammern Schlichtungsausschüsse einrichten, welche sich vor allem mit Beleidigungen der Ärzte untereinander befassen. 32 c) § 27 a UWG 33

Auch das in § 27 a UWG vorgesehene Verfahren war unsprünglich für Streitigkeiten unter Berufskollegen gedacht. Nach dieser Vorschrift haben die Landesregierungen Einigungsstellen bei den Industrie- und Handelskammern einzurichten. Diese sind zuständig zur Beilegung von bürgerlichen Rechts­ streitigkeiten, in denen ein Anspruch aufgrund des UWG geltend gemacht 27

798.

28

2



30

Vgl. hierzu Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 1 ; Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 7 9 7 , vom 1 .9 . 1 959 (BGB! I S. 565 , BGBI III 303-8)

/sele, BRAO, § 73, Anm. II D 2 f. /sele (Fußn. 29).

1 3 § 4 I Nr. 4 u. § 16 des Berliner Gesetzes über die Kammern und die Berufsgerichts­ barkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker v. 1 8. 1 2. 1 96 1 (GVBI. S. 1 75 3 ). 32 s. dazu den Bericht in „Der Tagesspiegel" v. 2. 1 1 . 1 976, S . 1 2. 33 neu gefaßt durch das Gesetz v. 1 1 . 3 . 1 95 7 (BGB!. I S. 1 72 ), zuletzt geändert durch das Gesetz v. 2 . 3. 1 974 (BGB!. I S. 469). Die Vorschrift soll geringfügig geändert werden, vgl. dazu Art. I Nr. 15 des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ( BT-Drucks. 8/2 1 4 5 , S. 7 u. 30.

56

2. Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

wird. 3 4 Darüber hinaus befassen sie sich mit Streitigkeiten aus dem Rabatt­ gesetz und der Zugabeverordnung. 35 Sie können heute nicht nur von Gewerbe­ treibenden und deren Vereinigungen, sondern auch von einzelnen Verbrau­ chern und Verbraucherverbänden in Anspruch genommen werden 36 , so daß ihre Zuständigkeit jetzt nicht mehr auf Streitigkeiten unter Berufskollegen beschränkt ist. Die nähere Ausgestaltung des Verfahrens vor den Einigungs­ stellen ist in den Durchführungsbestimmungen der Länder 37 festgelegt, zu deren Erlaß § 27a XI UWG die Landesregierungen ermächtigt. Es handelt sich um ein Güteverfahren 38 , das die Anrufung der Gerichte nicht ausschließt, mit­ hin um ein außergerichtliches Vorverfahren. d) Die freiwilligen Einigungsstellen der Industrie- und Handelskammern Neben den in § 27 a UWG geregelten Einigungsstellen unterhalten viele Industrie- und Handelskammern „freiwillig" weitere Einigungsstellen, welche über das UWG hinaus für alle Wettbewerbsstreitigkeiten zuständig sind. Diese Gremien befassen sich vereinzelt auch mit anderen Streitfällen wirtschaftlicher Art unter Gewerbetreibenden. 39 In Organisation und Verfahren entsprechen diese Einigungsstellen regelmäßig denen der § 27 a UWG . 40 Das Verfahren vor diesen Stellen ist deshalb ebenfalls ein Güteverfahren. 4 1 Rechtliche Grundlage dieser Einigungsstellen ist § l II des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern42 ; dort ist vorgesehen, daß die Kammern Einrichtungen schaffen, die der Förderung der gewerblichen Wirt­ schaft oder einzelner Gewerbezweige dienen.

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§ 27 a I und III UWG. § 13 des RabattG i.d.F. des Gesetzes v. 1 1 . 3. 1 95 7 (BGB!. I S. 1 7 2) und § 2 der VO des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft, Erster Teil, Zugabewesen, v. 9.3. 1 9 3 2 (RGBI. I S. 1 2 1 ) ; s . dazu Reimer / Krieger, Zugabe• u. Rabattrecht, § 2 ZugabeVO, Rdnr. 3 1 , § 13 RabattG, Rdnr. 3. 36 Das ergibt sich aus § 27a III UWG i.V. mit §§ 13 bis 1 3b UWG, vgl. dazu von Falkenstein, Die Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken sowie die Begründung der Bundesregierung zu ihrem Entwurf eines Änderungsgesetzes (Fußn. 33), BT-Drucks. 8/2145, S. 30. Die Zuständigkeit der Einigungsstellen für Beschwerden der Verbraucher und ihrer Verbände soll sich künftig ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben, s. dazu den vorgenannten Entwurf. 37 Überblick über die einzelnen Verordnungen und ihre Fundestellen bei: Schönfelder, Deutsche Gesetze, Fußn. zu § 27a UWG ; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 27a UWG, Rdnr. 2 ; Burmann, Werberecht, Bd . II, unter IV, 1 37 (S. 4). 38 Baumbach / Hefermehl, (Fußn. 37), Rdnr. B ; Pastor, Unterlassungsrecht, 55. Kap., I (S. 4 1 6) . 39 Vgl. lukes, Festschrift für Nipperdey, B d . II , S. 365 , 366 ; OLG Hamm, Urt. v. 1 0. 7 . 1 96 1 , DB 1 96 1 , S . 1 28 8 . • • Lukes (Fußn. 39), S . 3 7 2 . 41 lukes (Fußn. 3 9). 42 vom 1 8. 1 2. 1 956 (BGB!. I S. 920). 35

A. 1. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten

57

4. In Verbraucherstreitigkeiten Die oben erwähnte Einigungsstelle nach § 27 a UWG kann auch von Ver­ brauchern und Verbraucherverbänden angerufen werden. Das Verfahren vor dieser Stelle leitet damit über zu den zahlreichen Vorverfahren, welche für Ver­ braucherstreitigkeiten eingerichtet wurden. a) Die Gütestellen der Handwerksinnungen und -kammern Mit Verbraucherstreitigkeiten befassen sich z.B. die Gütestellen des Hand­ werks. Nach § 54 III Nr. 3 Handwerksordnung (HandwO)43 kann die Hand­ werksinnung bei Streitigkeiten zwischen den Innungsmitgliedern und ihren Auftraggebern vermitteln. Das sollte zweckmäßigerweise durch einen besonde­ ren Ausschuß erfolgen. 44 § 9 1 I Nr. 10 Handwü gibt den Handwerkskammern auf, Vermittlungsstellen zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen selbständigen Handwerkern und ihren Auftraggebern einzurichten. Die Handwerksinnungen und -kammern haben aufgrund dieser Vorschriften verschiedene Schiedsstellen eingerichtet, teilweise in Zusammenarbeit mit Verbraucherverbänden. 45 Am bekanntesten sind wohl die von den Innungen geschaffenen Schiedsstellen für das Kraftfahrzeughandwerk. 46 Das Verfahren vor diesen Stellen war bis vor kurzem ein außergerichtliches Vorverfahren. 47 Es wurde jedoch inzwischen in ein Schiedsgutachterverfahren umgewandelt. Die Tatsachenfeststellungen der Schiedskommission binden jetzt die Parteien vor Gericht. 48 So heißt es in § 10 der Verfahrensordnung, welche die Innung des Kraftfahrzeughandwerks Berlin für ihre Schiedsstelle erlassen hat : „Der Rechtsweg wird durch das Schiedsgutachten nicht ausgeschlossen. Jedoch bindet die Tatsachenfeststellung der Schiedskommission die Parteien."

Andere Schlichtungsstellen der Innungen sind u.a. für Reinigungsschäden49 und mangelhafte Malerarbeiten 50 zuständig. Die Handwerkskammer Rhein­ Main richtete im Mai 1 982 eine Bau-Schlichtungsstelle für Streitigkeiten zwischen Bauherren, Bauausftihrenden, Bauingenieuren und Sonderfachleuten

43

i.d.F. der Bekanntmachung vom 28. 1 2. 1 965 (BGB!. 1 966 I S. 1 ). Eyermann / Fröhler / Honig, HandwO, § 54, Rdnr. 38. 45 s. dazu von Braunschweig, Der Konsument, S . 209 f. ; von Hippe/, Verbraucher­ schutz, S. 99. 46 s. dazu von Hippe! (Fußn. 45 ), S . 97 ff. ; sowie die Berichte in „lest" 1 976, S. 602 f. , und 1 972, S. 407. 47 von Hippe!, Verbraucherschutz, S. 9 7 u. 98. 48 Vgl. den Bericht in „lest" 1 976, S. 602 f. ; Rothweiler / Sauer, NJW 1978, S. 797 ; § 7 der VerfO der Schiedsstelle der Kfz-Innung Frankfurt a.M. 49 S. den Bericht in „DM 1 97 2, Jahrbuch des Verbrauchers", S . 1 84 ; von Hippe/ (Fußn. 47), S. 99, Fußn. 30; den Bericht in „Der Tagesspiegel" v. 20. 7 . 1 9 7 7 , S. 8 0 S. den Bericht „Mängelrügen" in: Bundesbaublatt 1 9 7 8 , S. 263. ' 44

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2 . Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

ein . Hierbei handelt es sich in der Regel um echte außergerichtliche Vorverfah­ ren 5 1 . b) Die Güteverfahren vor den Kammern der freien Berufe Auch die Kammern der freien Berufe sind berufen, in Streitigkeiten zwischen ihren Mitgliedern und deren Auftraggebern zu vermitteln. aa) Das Verfahren vor den Rechtsanwaltskammern So obliegt es nach § 73 II Nr. 3 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) 5 2 dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer, zwischen Anwälten und deren Klien­ ten zu vermitteln. 5 3 bb) Die Schlichtungsstelle der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen unterhält eine Schlichtungs­ stelle für Streitigkeiten zwischen Bauherrn und Architekten. 54 cc) Die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der Ä rztekammern Vor allem aber ist in diesem Zusammenhang das Verfahren vor den Schlich­ tungsstellen für Arzthaftpflichtfragen der Ä rztekammern zu nennen. Hierbei handelt es sich um ein voll ausgebautes Güteverfahren, für das detaillierte Ver­ fahrensbestimmungen bestehen. Derartige Schlichtungsstellen wurden bei fast allen Ä rztekammern eingerichtet, das geschah in Zusammenarbeit mit dem Verband der Haftpflichtversicherer, Unfallversicherer, Autoversicherer und Rechtsschutzversicherer e.V. (HUK-Verband). Die rechtliche Ermächtigung hierzu ergibt sich - für die Ä rztekammern - aus den Kammergesetzen, die es den Kammern zur Aufgabe machen, aus dem Berufsverhältnis entstandene Streitigkeiten zu schlichten. 5 5 Die Schlichtungsstellen sind zuständig „bei Streitigkeiten zwischen Ä rzten und Patienten, die den Vorwurf fehlerhafter ärztlicher Behandlung betreffen" 56 . Die erste Schlichtungsstelle dieser Art wurde im Jahre 1 975 in München durch die Bayerische Ä rztekammer einge­ richtet. 57 Die Ä rztekammern Nordrhein, Berlin, Bremen, Hamburg, Nieder­ sachsen, Schleswig-Holstein, Hessen und Rheinland-Pfalz schufen weitere 51

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S. von Hippe/ (Fußn. 47), S. 99.

S . dazu oben unter 3a. Zu den einzelnen Voraussetzungen vgl. Jsele, BRAO, § 73, Anm. II D 3 d und e. ' Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S . 797 ; vgl. hierzu auch das Vorverfahren der VOB/B (Näheres zu diesem unter 4 e). 55 so z.B. § � 4 I Nr. 4 und 16 I Nr. 1 des Berliner Kammergesetzes (Fußn. 31 ). 56 § 2 I der Geschäfts- und Verfahrensordnung der Schlichtungsstelle für Arzthaft­ pflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern in Hannover, DBÄ 1 976, S. 564 f. 5 7 S. dazu „Süddeutsche Zeitung", ,,Frankfurter Rundschau", ,,Die Welt", jeweils v. 28.4. 1 9 75 ; ,,Der Tagesspiegel", v. 27.4 . 1 9 75 . 53

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A. I. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten

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Schlichtungsstellen in Düsseldorf, Hannover und Frankfurt a.M . . 58 Aufgabe der Schlichtungsstellen ist es, die Streitfälle außergerichtlich beizulegen 59 , ohne den Rechtsweg auszuschließen 60 . Die Stellen befassen sich also mit außer­ gerichtlichen Vorverfahren. c) Die Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden der Industrie- und Handelskammern Aus jüngster Zeit datieren auch die Schlichtungsstellen für Verbraucher­ beschwerden der Industrie- und Handelskammern. Die erste wurde 1 972 von der IHK Mönchengladbach errichtet. 6 1 Die Bundesregierung forderte später den Deutschen Industrie- und Handelstag auf zu prüfen, ob solche Stellen nicht bei allen Industrie- und Handelskammern eingerichtet werden können. 62 Die Bundesregierung hatte bereits zuvor in ihrem ersten „Bericht zur Ver­ braucherpolitik" 63 erklärt, daß sie zur Lösung von Verbraucherstreitigkeiten, insbesondere für Reklamationsansprüche, die Einrichtung von Schiedsstellen als zweckmäßig erachte und darauf gerichtete Bemühungen unterstützen wer­ de.64 Nach Auskunft des Deutschen Industrie- und Handelstages bestanden im Februar 1977 5 1 Schiedsstellen bei 46 Industrie- und Handelskammern. Im Mai 1977 errichtete die IHK Berlin eine weitere Schiedsstelle. 65 Die Schiedsstellen können von privaten Letztverbrauchern zur Schlichtung von Streitigkeiten an­ gerufen werden, welche sie mit im Kammerbezirk ansässigen Gewerbetreiben­ den haben und die den Kauf einer Ware oder eine nicht handwerkliche Dienst­ leistung betreffen. Preisbeanstandungen sind ausgeschlossen. 66 Das Verfahren vor diesen Stellen schließt den Rechtsweg in keiner Weise aus 67 , es ist deshalb zu den außergerichtlichen Vorverfahren zu zählen.

5 8 Vgl. ,,Der Tagesspiegel" vom 1 .7 . 1 976, S. 1 2 ; vom 28.2. 1 976, S . 1 4 ; vom 2.1 1 . 1 976, S. 1 2 ; vom 3.4 . 1 977, S . 16; vom 14.7. 1 97 7 , S . 1 1 . Siehe auch die Geschäfts- und Ver­ fahrensordnung der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärzte­ kammern, DBÄ 1 976, S. 564 f. 5 9 § 1 I der Geschäfts- und VerfahrensO (Fußn. 56). 60 § 4 I Nr. 4 Berliner Kammergesetz (Fußn. 31). Vgl. auch „Der Tagesspiegel" v. 1 . 7 . 1 976, S. 1 2 ; ,,Die Welt", ,,Süddeutsche Zeitung" und „Frankfurter Rundschau" vom 28.4 . 1 975. 6 ' v. Hippe/, Verbraucherschutz , S. 99, Fußn. 30. 62 Vgl. den Bericht in der Zeitschrift „DM" 1 97 3 , S. 9 f. 63 BT-Drucks. VI/2724. 64 Bericht (Fußn. 63 ), unter 7 .5 (S. 9). 65 „Der Tagesspiegel" vom 20.7 . 1 977, S. 8. 66 so z.B. Nr. 3 der Grundsätze der Schlichtungsstelle der IHK Lüneburg, in: Mittei­ lungen der IHK Lüneburg, Oktober 1 975 ; Nr. 1 der VerfahrensO der IHK Düsseldorf, in: Schnelldienst der IHK Düsseldorf, Nr. 30, v. 30.7. 1 974 ; Nr. 1 der Grundsätze der IHK Solingen, in: Mitteilungen der IHK Solingen, v. 1 .9 . 1 975 ; Nr. 1 u. 2 der Internen Ver­ fahrensrichtlinien der IHK Mönchengladbach. 67 Vgl. z.B. Nr. I der Internen Verfahrensrichtlinien der IHK Mönchengladbach .

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2. Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

d) Von Verbänden eingerichtete Güteverfahren Gütestellen werden weiterhin von verschiedenen Wirtschaftsverbänden unterhalten . So richteten die Vereinigungen der Kraftfahrzeughändler verschie­ dene Schiedsstellen ein 68 ; in Berlin besteht auch eine Schiedsstelle für den Ge­ brauchtwagenhandel, die Schiedsstelle der „freien Berliner Gebrauchtwagen­ händler" 69 . Ein anderes Beispiel ist die von der Fachgemeinschaft Bau von Groß-Berlin e.V. unterhaltene Gütestelle , welche für die Beilegung von Streitig­ keiten zwischen Verbandsmitgliedern und Dritten zuständig ist. 70 Längere Zeit hindurch war auch eine Schiedsstelle für Schadensersatzansprüche von Urlaubern im Gespräch. 7 1 Das Verfahren vor dieser Stelle sollte wie die anderen genannten Güteverfahren den Rechtsweg in keiner Weise ausschließen. Die Verbände werden aber bei den außergerichtlichen Vorverfahren vor allem dadurch tätig, daß sie in den von den Kammern und Innungen eingerich­ teten Verfahren mitwirken und vielfach Beisitzer stellen. Das gilt insbesondere für die Verbraucherverbände. e) Das Verfahren nach § 1 8 Nr. 2 der VOB, Teil B Mit den vorgenannten Vorverfahren vergleichbar ist das in § 1 8 Nr. 2 der VOB, Teil B 72 geregelte Verfahren. Denn es betrifft ähnliche Streitigkeiten. In der angeführten Bestimmung heißt es : ,,Entstehen bei Verträgen mit Behörden Meinungsverschiedenheiten, so soll der Auftrag­ geber zunächst die der auftraggebenden Stelle unmittelbar vorgesetzte Stelle anrufen . . . . Die Entscheidung gilt als anerkannt, wenn der Auftragnehmer nicht innerhalb von 2 Mona­ ten nach Eingang des Bescheides schriftlich Einspruch beim Auftraggeber erhebt und und dieser ihn auf die Ausschlußfrist hingewiesen hat."

Dieses Verfahren ist gleichfalls als außergerichtliches Vorverfahren anzuse­ hen , da die in ihm getroffene Entscheidung ohne den Willen des Auftragneh­ mers (grundsätzlich) nicht bindend wird . 5. In versicherungsrechtlichen Streitigkeiten: § I 4 Pf[versG Im Versicherungsrecht gibt es nur ein außergerichtliches Vorverfahren : das Verfahren nach § 14 des Pflichtversicherungsgesetzes (PflversG)73 . Nach diesem •• Vgl. , ,test" 1 9 76, S. 602 f. ; ,,Die Welt" vom 1 8 .2. 1 97 2 , S. 2 1 ; v. Hippe/, Verbraucherschutz, S. 99. •• Vgl. ,,Der Tagesspiegel" vom 3 .4 . 1 9 7 7 , S. 48. 70 Vgl. § 1 der „Gütestellenordnung" der Fachgemeinschaft vom 28.4 . 1 969. 71 Siehe „Die Zeit" vom 1 6. 3 . 1 9 7 3 , S . 5 3 . 7 2 Verdingungsordnung fü r Bauleistungen, Ausgabe 1 97 3 , Teil B, Allgemeine Ver­ tragsb�dingungen für die Ausführung von Bauleistungen , DIN 1 96 1 ; abgedruckt bei: Wink/er, VOB. 73 vom 5 .4 . 1 965 (BGB!. I S . 2 1 3). Weitere Rechtsgrundlagen sind : §§ 5 - 9 der VO über den Entschädigungsfonds vom 1 4 . 1 2 . 1 9 65 (BGB!. I S. 209 3 ) , §§ 1 0 - 1 2 der Satzung der Verkehrsopferhilfe e.V., VerBAV 1 966, S. 26, 2 7 .

A. I. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten

61

Gesetz kann derjenige , welcher durch ein Kraftfahrzeug geschädigt wurde , aber weder vom Halter, Eigentümer oder Fahrer , noch von deren Haftpflichtver­ sicherer Schadensersatz zu erlangen vermag, in bestimmten Fällen Ersatzan­ sprüche gegen den , ,Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugun­ fällen" geltend machen 74 , dessen Aufgaben durch den Verein „Verkehrsopfer­ hilfe e.V." in Hamburg wahrgenommen werden 75 • Voraussetzung. ist, daß das Fahrzeug nicht zu ermitteln ist - also Verkehrsunfallflucht vorliegt - oder für das Fahrzeug kein Haftpflichtversicherungsschutz besteht (§ 12 I Nr. 1-3 des Gesetzes). 76 Diese Ansprüche können erst eingeklagt werden, nachdem eine Schiedsstelle angerufen wurde, die bei der „Verkehrsopferhilfe e .V." besteht. 77 Der Bescheid der Schiedsstelle ist nicht bindend, sondern nur ein Vergleichs­ vorschlag. 78 Das Schiedsstellenverfahren ist deshalb ein außergerichtliches Vorverfahren. 79 Weitere Vorverfahren gibt es im Versicherungsrecht nicht. Das beruht darauf, daß dort ein verwandtes Institut sehr verbreitet ist : das bereits erwähnte 80 Schiedsgutachten. 6. Vorverfahren zur Feststellung von Schäden Im Vorverfahren des § 14 PflversG (und in den versicherungsrechtlichen Schiedsgutachterverfahren) spielt die Ermittlung des Umfangs und der Höhe von Schäden eine erhebliche Rolle. Eine ähnliche Funktion haben drei weitere Vorverfahren: a) § 35 BJagdG § 35 des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) 81 ermächtigt die Länder, „in Wild- und Jagdschadenssachen das Beschreiten des ordentlichen Rechtsweges davon abhängig zu machen, daß zuvor ein Feststellungsverfahren vor einer Verwaltungsbehörde (Vorverfahren) stattfindet".

Von dieser Ermächtigung haben alle Bundesländer Gebrauch gemacht. 82 Das

4 § 12 PflversG. " § l der VO und § 2 der Satzung (Fußn. 73). 76 i.d.F. vom 1 1 .5 . 1 9 76 (BGBI. I S . 1 1 8 1 ). 77 § 14 Nr. 3 c PflversG i.V. mit § 9 der VO. 78 Das folgt aus § 1 4 Nr. 3 a PflversG, § 5 der VO und § 1 2 der Satzung. Siehe dazu insbesondere auch Sieg, VersR 1 96 7 , S. 324. 79 Sieg (Fußn. 79). 80 S. dazu im l . Abschnitt unter B II 2. Näheres im 1 5 . Abschnitt unter D. 81 i.d.F. der Bekanntmachung vom 29.9. 1 976 (BGB!. 1 S . 2849). 82 Vgl. die Zusammenstellung der Ausführungsvorschriften der Länder bei Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 35, Anm .. Als Beispiele seien genannt: für Bayern: Gesetz über das Verfahren in Wild- und Jagdschadenssachen v. 1 2.8 . 1 95 3 (GVBI. S. 1 4 3 = BayBS IV S. 5 7 5 ) ; für Niedersachsen: Art 2 1 Landesjagdgesetz (LJG) und die Verordnung über das 7

62

2. Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

Verfahren wird in der Regel vor der Gemeinde durchgeführt. 83 Das jagdrecht­ liche Feststellungsverfahren ist eines der wenigen Vorverfahren, bei denen sich die Vorverfahrensqualität explizite aus dem Gesetz ergibt. 84 b) Das Feldordnungsrecht Die Vorverfahren des Feldordnungsrechts 85 befassen sich mit den Schäden, welche durch Tiere, die auf fremdem Grund weiden, verursacht werden. Es handelt sich dabei um Landesrecht, dessen bundesrechtliche Grundlage in Art. 89 EGBGB zu finden ist und das deshalb nicht gegen die Vorschriften des BGB verstößt. Das Feldordnungsrecht erlaubt dem Geschädigten, die Tiere zu pfänden (zu „schütten"). 86 Der Geschädigte hat die Pfändung der Gemeinde oder Ortspolizei anzuzeigen. 8 7 Die Behörde entscheidet unverzüglich darüber, ob die Pfändung aufrechtzuerhalten oder aufzuheben ist. Wird die Pfändung aufrechterhalten, so hat die Behörde in ihrem Bescheid anzugeben, welcher Geldbetrag als Schadensersatz oder Ersatzgeld zu zahlen ist, um das Pfand einzulösen. 88 Sind Geschädigter oder Tierhalter mit dem Bescheid nicht ein­ verstanden, so können sie Klage vor dem Amtsgericht erheben. Diese ist gegen die andere Seite, also den Tierhalter oder den Geschädigten, zu richten 89 . Das Verfahren ist somit ein außergerichtliches Vorverfahren kontradiktorischer Art. c) Das NTS-AG Auch das Gesetz zum Nato-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarun­ gen (NTS-AG) 90 enthält ein außergerichtliches Vorverfahren, in dessen Mit­ telpunkt die Feststellung von Schäden steht. Das Gesetz regelt die Statio-

Verfahren in Wild- und Jagdschadenssachen v. 4.8. 1 95 3 u. 6. 1 0. 1 96 3 (GVBI. S. 67 = Sb. I S. 722); für Nordrhein-Westfalen: § § 3 2 - 3 8 LJG v. 26.5 . 1 964 (GVBI. S. 1 77), § 1 2 der DVO v. 24.6. 1 964 (GVBI. S. 209). 83 so in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, N iedersachsen und Nordrhein-Westfalen, teilweise auch in Rheinland-Pfalz, vgl. dazu Rühling / Seile, BJagdG, § 3 5 , Anm. l . 84 § 3 5 BJagdG. Der Begriff „Vorverfahren" wird außerdem verwendet i n Art l des bay. Gesetzes (Fußn. 82), § 37 des nwLJG, in der Bezeichnung der niedersächsischen VO. Siehe auch die Begründung der Bundesregierung zu § 35 BJagdG, BT-Drucks. 1/ 1 8 1 3 , s. 1895 , 20. Nieders. Gesetz über die Ordn u ng in Feld und Forst (Feld- und ForstordnungsG) i.d.F. v. 5 . 3 . 1 975 (GVBI. S. 8 3 ) : Brcm. Feldordnungsgesetz v. 1 3 .4. 1 965 (GVBI. S. 7 1 ). 86 § 1 5 des nds. Gesetzes, § 9 des Brem. Gesetzes. 87 § l 7 des nds. Gesetzes, § 1 1 des Brem. Gesetzes. 88 § 1 8 des nds. Gesetzes, § 1 1 des Brem. Gesetzes. 89 § 19 des nds. Gesetzes, § 1 1 des Brem. Gesetzes. 0 • Gesetz zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages vom 1 9 . Juni 1 95 1 über die Rechtsstellung ihrer Truppen und zu den Zusatzvereinbarungen vom 3. April 1 95 9 zu diesem Abkommen (Gesetz zum NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen), abgekürzt: NTS-AG, vom 1 8.8. 1 9 6 1 (BGBI. II S. 1 1 8 3).

A. 1. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten

63

nierungsschäden, d.h. Schäden, die durch die in der Bundesrepublik stationier­ ten Streitkräfte verursacht werden 9 1 . In Art 12 NTS-AG heißt es: ,,Hat die Behörde einen geltend gemachten Anspruch nicht oder nicht in vollem Um­ fang anerkannt, so kann der Antragsteller Klage vor den ordentlichen Gerichten gegen die Bundesrepublik Deutschland erheben."

Daraus folgt, daß erst geklagt werden kann, nachdem ein behördliches Vor­ verfahren stattgefunden hat 92 • Dieses Vorverfahren gehört zu den Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Aus dem Wortlaut des Art. 11 NTS-AG ergibt sich nämlich, daß die Behörde rein fiskalisch tätig werden soll. Nach dieser Be­ stimmung hat die Behörde dem Antragsteller „mitzuteilen", ob und inwieweit sie den geltend gemachten Anspruch als begründet „anerkennt". Die Ent­ scheidung wird als „Entschließung" bezeichnet. 93 Z In allen Streitigkeiten

Verschiedene Vorverfahrensstellen sind bei ihrer Tätigkeit nicht auf be­ stimmte Streitigkeiten beschränkt. Sie können in allen bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten angerufen werden. a) Die öffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstellen in Hamburg und Lübeck Bei der Arbeits- und Sozialbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg besteht seit über 50 Jahren eine „öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichs­ stelle", öRA 94 , welche u.a. die Aufgabe hat, 91 Vgl. Palandt / Dancke/mann, BGB, 35 . Aufl, Einl. zum NTS (Nato-Truppenstatut) , Bern. 1 . Das Gesetz betrifft aber nur die nach dem 1 .7 . 1 96 3 eingetretenen Schäden, denn die Bundesrepublik trat dem NTS vom 1 9.6. 1 95 1 (BGBI. 1 9 6 1 II S. 1 1 90) erst mit Wir­ kung ab 1 . 7 . 1 96 3 bei. Für Schäden i.d. Zeit vom 5 .5 . 1 95 5 bis zum 30.6. 1 969 war der dem Deutschlandvertrag beigefügte Finanzierungsvertrag (BGBI. 1955 II S. 1 2 1 3) maßgebend. Bei Manöverschäden richtet sich das Verfahren nach dem Bundesleistungsgesetz (Art. 1 4 NTS-AG). Siehe dazu Rieder, Stationierungsschädenrecht, Art 1 4 NTS-AG, Anm. 92 BGH, Urt. v. 1 6. 1 2. 1 968, NJW 1 969, S . 982, 984 ; Palandt / Danckelmann (Fußn. 9 1 ), Art 1 2 NTS-AG, Anm. 1 2 ; R ieder (Fußn. 9 1 ), Art 12 NTS-AG, Rdnr. 3 . 93 Vgl. die Begründung der Bundesregierung zum NTS-AG, BT-Drucks. 111/2 146, S . 1 0 (zu § 1 0 des Entwurfs) ; Textziffer 2 der Erläuterungen des Bundesministers der Finanzen zum Entschädigungsrecht der Stationierungsschäden, MinBIFin 1 95 7 , S. 694, geändert durch MinBIFin 1 95 9 , S. 1 4 ; Rieder (Fußn. 9 1 ), Art 1 1 NTS-AG, Bern. l ; Palandt J Danckelmann, BGB, 35 . Aufl., Art 1 1 NTS-AG, Anm. 1 ; BGH , Urt. v. 20. 1 1 . 1 969, VersR 1 970, S. 665 , 667; vgl. Haupt J Gräfe, NJW 1 960, S. 45 7 , 46 1 . •• S . die V O über die ÖRA (ÖRA-VO) vom 4.2. 1 94 2 (Hamb. VOBI. S . 1 3), erlassen auf Grund der „VO des Senats zur Ausführung der ZPO" vom 23.7. 1 924 (Hamb. GVBI. S . 4 9 1 ) . Weitere Rechtsgrundlagen sind: die Geschäftsordnung fü r die ÖRA (ÖRA-GO) vom 1 5 . 1 1 . 1 946 (Hamb. Amtl. Anz. 1 947, S. 10); die Gebührenordnung für die ÖRA vom 1 7 . 1 2.1 974 (Hamh. GVBI. S. 407). Zur Geschichte s. die Schrift „50 Jahre ÖRA Ham­ burg", Hamburger Dokumente 1 . 7 3 ( 1 973). Darstellungen der ÖRA Hamburg finden sich bei: v . A ulock, Rechtshilfe, S. 208 ff. ; Baum­ gärtel, Gleicher Zugang, S. 20 ff. ; Röper, Rechtsschutz für sozial Schwache, S. 30 ff. ; Falke, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 5 , S. 38 ff.

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2. Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren ,,im außergerichtlichen Güteverfahren Rechtsstreitigkeiten zu schlichten"95_

Bundesrechtliche Grundlage dieser Stelle ist § 794 I Nr. 1 ZPO, wo es heißt: ,,Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt: 1. aus Vergleichen, die . . . vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind . . . . "

Eine weitere öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle besteht in Lübeck. 96 b) Das Verfahren vor dem Schiedsmann Dem Güteverfahren vor der ÖRA Hamburg ähnlich ist das Verfahren vor dem Schiedsmann. Schiedsmänner gibt es außerhalb von Hamburg und Lübeck fast überall. Rechtliche Grundlage sind die Schiedsmannsordnungen und -gesetze der einzelnen Länder. 9 7 Ebenso wie die öffentlichen Rechtsauskunft­ und Vergleichsstellen sind die Schiedsmänner nicht nur für bürgerliche Rechts­ streitigkeiten zuständig, sondern auch Vergleichsbehörde für den in § 380 StPO bei Privatklagedelikten vorgesehenen Sühneversuch. 98 Die Schiedsmänner wer­ den allerdings im Gegensatz zur ÖRA Hamburg in der Praxis fast nur in Straf­ sachen und kaum in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten angerufen 99 , obwohl sie ebenfalls Gütestellen i.S. des § 794 I Nr. 1 ZPO sind 1 00 . c) Das Abhilfeverfahren nach dem BayAGZPOuKO Nach Art. 2 des BayAGZPOuK0 101 können Ansprüche gegen den Fiskus „erst dann gerichtlich verfolgt werden, wenn der Beteiligte sich an die zunächst höhere Verwaltungsstelle um Abhilfe gewendet . . . hat." § 1 der ÖRA-GO. Rechtsgrundlagen: AV des schlesw.-holst. Landesjustizministers vom 4.8. 1 949 (SchlHA 1 949, S. 276) und vom 1 7 . 1 2. 1 9 5 2 (SchlHA 1 95 3 , S . 9). Darstellungen der ÖRA Lübeck bringen: Baumgärtel, Gleicher Zugang, S. 22 ff. ; Röper, Rechtsschutz für sozial Schwache, S. 33. 9 7 Vgl. die Übersicht über die Schiedsmannsvorschriften der einzelnen Länder bei Stein / Jonas / Schumann / Leipold, ZPO, § 495 , Anm. 1 , Fußn. 5 . In Berlin gilt das Berliner Schiedsmannsgesetz vom 3 1 . 5 . 1 965 (GVBI. S . 707). 98 Vgl. z.B. § 3 3 des Berliner Schiedsmannsgesetzes und § 1 II der Hamb.ÖRA-VO. 99 Einzelheiten im 1 2. Abschnitt unter B I 1 2. Der Justizminister von Nordrhein-West­ falen will diesen Zustand durch eine Ergänzung der in diesem Land geltenden Schieds­ mannsordnung ändern : künftig soll auch in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten dem An­ tragsgegner ein Ordnungsgeld auferlegt werden können, wenn dieser der Ladung des Schiedsmanns nicht Folge leistet (vgl. dazu den „Bonner General-Anzeiger" vom 27. 1 1 . 1 98 1 , s . 33). 1 00 Vgl. Stein / Jonas / Schumann / Leipold, a.a.O., § 495 , Anm. IV 3 c; § 32 des Ber­ liner Schiedsmannsgesetzes. 101 Gesetz zur Ausführung der Reichszivilprozeßordnung und Konkursordnung vom 2 3 . 2 . 1 879 (GVBI. S. 63 - Bereinigte Sammlung des bay. Landesrechts 1 802- 1 95 6 , B d . III, S . 1 4 3 [ BayBS III, S . 1 4 3 1). 95 96

A. II. In Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung

65

Eine nähere Regelung des Abhilfeverfahrens enthält die VertretungsVO 102 • Das Abhilfeverfahren ist für alle Ansprüche vorgeschrieben, also auch für die bürgerlich-rechtlichen. Bei vielen Streitigkeiten mit dem Fiskus wird es sich allerdings um Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung handeln. Deshalb gehört dieses Vorverfahren zugleich zur folgenden Gruppe. II. In Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung Wenn auch das Schwergewicht der Arbeit bei den zuvor genannten Vorver­ fahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten liegt, so werden die Vorverfahren in Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung doch nicht außer acht gelassen. Diese Vor­ verfahren sind dem Verwaltungsverfahren i.S. des Verwaltungsverfahrensge­ setzes (VwVfG), das dem Verwaltungsprozeß vorausgeht, verwandt. Sie sollen sicherstellen, daß öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auch dann nicht sofort vor die Gerichte gelangen, wenn sie ausnahmsweise vor die Zivilgerichte gehören. Die Zuweisung öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten an die Zivilgerichte soll sich also nach Möglichkeit nicht auf das behördliche Verfahren auswirken. Die Zahl der Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung, in denen Vorverfahren stattfinden, ist kaum zu übersehen. Es seien hier deshalb nur einige genannt. 1. In Entschädigungssachen Die Mehrzahl der außergerichtlichen Vorverfahren in Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung betrifft Entschädigungssachen. Das läßt sich u.a. damit erklä­ ren, daß die Entschädigungssachen einen großen Teil dieser Zivilprozeßsachen ausmachen. 1 Die tiefere Ursache für die vielen Vorverfahren in Entschädigungs­ sachen dürfte aber darin zu sehen sein, daß im Entschädigungsverfahren beson­ ders schwierige Feststellungen zum Umfang und Geldwert des zugefügten Scha­ dens zu treffen sind. Die Vorverfahren in Entschädigungssachen weisen insoweit Ähnlichkeit mit den oben genannten bürgerlich-rechtlichen Vorver­ fahren zur Feststellung von Schäden auf. 2 Folgende entschädigungsrechtliche Vorschriften sehen Vorverfahren vor:

1 02 bayVO über die gerichtliche Vertretung des Freistaates Bayern und über das Ab­ hilfeverfahren (VertretungsVO) i.d.F. der Bekanntmachung vom 1 6 . 1 2.1968 (bayGVBI. 1969, S. 14) in § § 16 u. 1 7 . ' Vgl. Art 14 I I I S. 3 GG; § 4 0 II S. l VwGO. 2 siehe oben unter I 6.

5 Preibisch

66

2. Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

a) Bundesleistungsgesetz Nach dem Bundesleistungsgesetz (BLG) 3 hat zunächst ein Festsetzungsverfahren statt­ zufinden, bevor das Landgericht• wegen einer Entschädigung angerufen werden darf. ' Das Festsetzungsverfahren hat regelmäßig zwei Instanzen : Wurde der Festsetzungsbescheid durch eine untere Verwaltungsbehörde erlassen, so muß der Klage noch eine Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde vorausgehen.• Bauch / Danckelmann / Kerst ist zuzustimmen, wenn sie das Festsetzungsverfahren als „Vorverfahren" bezeichnen.7

b) Energiesicherungsgesetz 1975 Die Vorschriften des BLG sind auch anzuwenden bei der Festsetzung einer nach dem Energiesicherungsgesetz 1975 • zu leistenden Entschädigung. • Dieses Festsetzungsverfah­ ren kann allerdings im Gegensatz zum Vorverfahren des BLG im Einzelfall auch ein kontradiktorisches Verfahren sein. Die festsetzende Behörde ist nicht notwendigerweise selbst am Streit beteiligt. Zur Entschädigung ist derjenige verpflichtet, der durch die Ener­ giesicherungsmaßnahme begünstigt wird, subsidiär haftet allerdings immer die öffentliche Hand. 1 0

c) Schutzbereichsgesetz Nach dem Schutzbereichsgesetz (SchubG) 1 1 muß der Klage vor dem Landgericht 1 2 immer ein zweistufiges Festsetzungsverfahren vorausgehen. 1 3 Das Gesetz regelt die Ent­ schädigung für Nutzungsbeschränkungen, die dadurch entstehen, daß ein Gebiet zum militärischen Schutzbereich erklärt wird. 14 Es ist allgemein anerkannt, daß es sich bei die­ sem Festsetzungsverfahren um ein Vorverfahren handelt. 1 5

d) Fluglärmgesetz Das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (FluglärmG) 1 6 enthält zwei verschieden ausge­ staltete Entschädigungsfestsetzungsverfahren: Wird wegen eines Bauverbots eine Entschä­ digung gewährt, so richtet sich das Festsetzungsverfahren nach dem SchubG" ; das Veri.d.F. vom 27.9. 1 96 1 (BGB!. I S. 1 770; BGB!. III 5 4 - 1 ). Zur Zuständigkeit des LG s. : § 5 8 II S. 1 BLG. Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte beruht auf Art 14 III GG (vgl. Bauch / Danckelmann / Kerst, BLG, § 5 8 , Anm. 2. ' § 5 8 BLG. 6 § § 5 7 und 5 8 I S. 1 BLG. 7 BLG, § 6 5 , Anm. 2 a; ebenso Stein / Jonas / Pohle, ZPO, vor § 1. Bern. II B 2. • Gesetz zur Sicherung der Energieversorgung bei Gefährdung oder Störung der Einfuh­ ren von Erdöl, Erdölerzeugnissen oder Erdgas (EnergiesicherungsG 1 975) vom 20. 1 2. 1 974 (BGB!. I S . 368 1 ; BGB!. III 754-3). 9 § 1 1 IV des Gesetzes. Vgl. auch Danner, Das Deutsche Bundesrecht, Erl. zu § 1 1 EnergiesicherungsG, Anm. 5 . 0 1 § 1 1 I I des Gesetzes; vgl. auch Götz, N JW 1974, S. 1 1 3, 1 1 5 . 11 vom 7. 1 2. 1 95 7 (BGB!. I S. 899; BGB!. III 54-2). 12 s. zur Zuständigkeit des LG: § 25 III S. 1 SchubG. 1 3 § § 24, 25 SchubG. 1 4 § § 2, 4, 5 und 1 2 SchubG. 1 5 s. Bauch / Schmidt, LBG u. SchubG, § 25 SchubG, Anm. I ; Stein / Jonas / Pohle, ZPO, vor § 1 , Bern. II B 2. 1 • vom 30.3. 1 9 7 1 (BGB!. I S. 282). " § 8 II FluglärmG verweist auf § § 1 7-25 SchubG. 3

4

A. II. In Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung

67

fahren ist dann folglich zweistufig 1 8 • Neben diesem enteignungsrechtlichen Entschädi­ gungsanspruch kennt das Gesetz noch einen immissionsrechtlichen, der auf Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schutzmaßnahmen gerichtet ist. 1 9 Bei Erstattung von Aufwendungen findet ein einstufiges Festsetzungsverfahren statt, das im Gesetz selbst ge­ regelt ist. 20

e) Landbeschaffungsgesetz Auch bei Eingriffen nach dem Gesetz über die Landbeschaffung für Aufgaben der Ver­ teidigung (LandbeschaffungsG-LBG)" findet regelmäßig ein Entschädigungsfestsetzungs­ verfahren statt: Der Geschädigte kann erst dann vor den ordentlichen Gerichten 22 auf Ent­ schädigung klagen, wenn ein Enteignungsbeschluß vorliegt. 23 Der Enteignungsbeschluß hat in seinem Teil B die Entschädigung festzusetzen. 2 4 Das Festsetzungsverfahren wird allerdings ohne Zutun des Entschädigungsberechtigten eingeleitet. Es ist bereits abgeschlossen, wenn der Enteignungsbeschluß den Anspruch auf Entschädigung entstehen läßt. Das hindert jedoch nicht, es zu den Vorverfahren zu rech­ nen. 2 5

f) Luftverkehrsgesetz Gleiches muß für das im Luftverkehrsgesetz (LuftVG) 26 für Enteignungen festgelegte Entschädigungsverfahren gelten. Denn dieses Gesetz verweist auf das LBG. 2 7

g) Zollgesetz Die Entschädigung für Enteignungen aufgrund des Zollgesetzes (ZollG) 28 richtet sich ebenfalls nach dem LBG. 2 •

h) Gräbergesetz Gleiches trifft für die Entschädigung zu, die bei Übernahme von Grundstücken nach dem Gräbergesetz 30 zu leisten ist. 3 1

20

§ 1 0 des Gesetzes. vom 23.2. 1 9 5 7 (BGB!. I S. 1 34; BGB!. III 54-III). siehe oben unter a. 1 9 s. § 9 des Gesetzes. 22 s. § 59 I u. III LBG; diese Vorschriften beruhen auf Art 14 GG; vgl. Bauch / Schmidt, LBG u. SchubG, § 5 9 LBG, Anm. 1 . 23 § 59 I I LBG. 24 § 47 IV LBG. 25 s. dazu im 1. Abschnitt den Text bei Fußn. 35, ebenso Stein / Jonas / Pohle, ZPO, vor § 1 , Bern. II B 2. 2 6 i.d.F. vom 4. 1 1 . 1 968 (BGBl. l S. 1 1 4). 27 § 28 LuftVG. 28 i.d.F. vom 1 8.5. 1 970 (BGBl. l S. 5 29; BGB!. III 6 1 3-- 1). 2 • s. § 70 II ZollG. 0 3 Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (GräberG) vom 1 . 7 . 1 965 (BGBl. l S. 5 89). 31 § 4 I GräberG. 21

18

68

2. Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

i) Telegraphenwegegesetz Ersatzansprüche aus dem Telegraphenwegegesetz 3 2 sind bei der zuständigen Verwal­ tungsbehörde geltend zu machen, welche die Entschädigung vorläufig festsetzt 33 • Erst gegen die Entscheidung der Behörde ist die gerichtliche Klage zulässig 34 , die vor den ordentlichen Gerichten zu erheben ist". Zu Recht bezeichnet der BGH dieses Verfahren als vorgeschaltetes Verwaltungsverfahren. 36

j) Kleingartenrecht Nach der Verordnung über Kündigungsschutz und andere kleingartenrechtliche Vor­ schriften (KSchVO)" ist dem Pächter von Kleingartenland eine Entschädigung zu leisten, wenn der Pachtvertrag aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls gekündigt wird. 38 Entschädigungspflichtig ist, wer das Kleingartenland beansprucht. 39 Die Entschädigung wird durch die zuständige Verwaltungsbehörde festgesetzt. 40 Im Klagewege ist die Ent­ schädigung vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen41 , so daß auch dieses Fest­ setzungsverfahren ein Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit darstellt.

k) Bundesentschädigungsgesetz Das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) 42 enthält ein sehr ausführlich geregeltes Vorverfahren. § 1 7 3 BEG lautet: „Entschädigungsorgane sind 1 . die Entschädigungsbehörden der Länder, 2. die Entschädigungsgerichte. " Entschädigungsgerichte sind nach § 2 0 8 I B E G die ordentlichen Gerichte, welche an die Feststellungen u nd Würdigungen der Behörden nicht gebunden sind. 43 Das Verfahren 32

s. 66. 33

vom 1 8. 1 2. 1 899 (RGBI. S. 705 ) i.d.F. der Bekanntmachung in BGB!. III, Folge 99,

§ 13 II TelegraphenwegeG. § 1 3 III TelegraphenwegeG. 35 So die h.M., s. dazu l . Abschnitt, Fußn. 88. 36 BGH, Urt. v. 20. 1 2. 1 9 7 3 , MDR 1 974, S. 388. 31 i.d.F. vom 1 5 . 1 2. 1 944 (RGBI. S. 1 37 1 ; BGB!. III, Folge 29, S. 1 92 - 2 35 - 1 ). 38 § 3 I S. l der VO (Fußn. 1 39). 39 § 3 II der VO. 40 § 3 1 S. 3 der VO. Das schleswig-holst. Landesrecht kennt besondere Kleingarten­ spruchstellen, deren Zusammensetzung und Verfahrensweise es ausführlich regelt. Vgl. § § 27 ff. des Landes-Kleingartengesetzes v. 3 . 2. 1 948 (GVBI. S. 5 9), die hierzu ergangene Verfahrensordnung für Kleingartensachen v. 1 6 . 8 . 1 948 (GVBI. S. 1 92) sowie die Rund­ erlasse des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten v. 26 .5 . 1 94 8 , 1 6 . 8 . 1 948 u. 26. 2 . 1 979 (Amtsblatt 1 948, S . 209 u. 3 2 2 ; 1 97 9 , S . 1 43 ) . § 2 9 IV des Klein­ gartengesetzes sieht allerdings vor, daß die Entscheidungen der in 2. Instanz erkennenden Landesspruchstellen „endgültig" seien. Diese Bestimmung ist heute als obsolet anzusehen (Näheres dazu im 4. Abschnitt, unter A). 41 BGH, Urt. v. 9. 1 . 1 960, BGHZ 32, S . 1, 3 f. 42 Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG) vom 29.6. 1 95 6 (BGB!. I S. 559, 5 6 2) i.d.F. des BE-Schlußgesetzes vom 14.9. 1 965 (BGB!. I S . 1 3 1 3). 43 Blessin / Giessler, BE-SchlußG, § 1 74 BEG, Bern. I I , 2 ; Brunn / Hebenstreit, BEG, § 1 74, Anm. 1 . 34

A. II. In Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung

69

vor den Entschädigungsbehörden ist in der Regel nicht-kontradiktorischer Art; denn der Anspruch auf Entschädigung richtet sich grundsätzlich gegen das betreffende Land. 44 Das BEG kennt jedoch auch einen Anspruch, der sich gegen Private richtet: § 89 I des Geset­ zes gibt dem Verfolgten einen Anspruch auf Einräumung seines früheren Arbeitsplatzes, der sich entweder gegen den Arbeitgeber richtet, in dessen Dienst der Verfolgte früher stand, oder gegen dessen Rechtsnachfolger. 4 5 Auch über diesen Anspruch befindet zunächst die Entschädigungsbehörde46 , die hier allerdings in einem kontradiktorischen Verfahren tätig wird.

l) Bundesimmissionsschutzgesetz Das Bundesimmissionsschutzgesetz (BlmSchG) 47 enthält zwei Reglungen über Ent­ schädigungsfestsetzungsverfahren. Die eine betrifft die Festsetzung der bei Widerruf einer Genehmigung zu zahlenden Entschädigung. 48 Sie ist durch die Genehmigungsbehörde fest­ zusetzen, für Streitigkeiten ist anschließend der ordentliche Rechtsweg gegeben. 49 Die andere regelt die Entschädigung bei Schallschutzmaßnahmen. In § 42 III BlmSchG heißt es dazu: „Kommt zwischen dem Träger der Baulast und dem Betroffenen keine Einigung über die Entschädigung zustande, setzt die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag eines der Beteiligten die Entschädigung durch schriftlichen Bescheid fest. Im übrigen gelten für das Verfahren die Enteignungsgesetze der Länder entsprechend."

m) Bundeswasserstraßengesetz Das Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) 50 weist ebenfalls zwei verschiedene Ent­ schädigungsverfahren auf: Für mehrere hoheitliche Eingriffe, die in ihrer Wirkung einer Enteignung nahekommen, sieht es ausdrücklich eine Entschädigung vor. 5 1 Für die Fest-

44 45

ten.

46

§ 1 8 8 BEG. § 89 II und § 1 88 BEG; s. auch § 2 1 4 BEG: Die Klage ist gegen die Behörde zu rich­

s. § 1 94 BEG. Vgl. Blessin / Giessler, BE-SchlußG, § 1 88 BEG, Anm. II. Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigun­ gen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BimSchG) vom 1 5 . 3 . 1 974 (BGB!. I S. 278). 48 Ähnliche Entschädigungsregelungen für den Fall, daß eine Genehmigung widerrufen wird, enthalten § 5 1 S. 2 GewO und § 1 8 AtomG (i.d.F. vom 3 1 . 1 0. 1 976, BGB!. I S. 305 3). Diese Vorschriften enthalten jedoch im Unterschied zum BimSchG keine Bestim­ mungen über die Festsetzung der Entschädigung durch die Verwaltungsbehörde. Die Fest­ setzung ist deshalb dort nicht Voraussetzung der Klage (so auch Landmann / Rohmer / Eyermann / Fröhler, GewO, 1 2. Aufl., § 5 1 , Rdnr. 25 ; a.M. für das Atomgesetz Mattem / Raisch, AtomG, § 1 8 , Rdnr. 6). Dementsprechend ist die Festsetzung der Entschädigung im Fall des § 5 1 GewO und des § 1 8 AtomG nicht als Vorverfahren ausgestaltet. Wenn der Betroffene eine Festsetzung beantragt, so kommen er und die Behörde, die den Antrag be­ arbeitet, lediglich ihren sich aus § 93 ZPO ergebenden Pflichten nach (s. dazu im 1 . Ab­ schnitt unter B I 2 a). 49 § 21 IV und VI BimSchG. so vom 2.4 . 1 968 (BGB!. I S. 1 7 3 ; BGB!. III, 940-9). 5 1 § 3 II WaStrG: bei Eigentumsverlust an Landflächen durch künstliche Erweiterung der Wasserstraße; § 1 4 : bei vorläufiger Anordnung von Teilmaßnahmen zum Ausbau oder Neubau ; § 19 III : bei planmäßigen Maßnahmen; § 22: bei erst nachträglich zu erkennen47

70

2. Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

setzung der Entschädigung ist die Wasser- und Schiffahrtsdirektion zuständig 52 , gegen deren Festsetzungsbescheid das Landgericht angerufen werden kann. 53 Das andere Fest­ setzungsverfahren ist nur teilweise im WaStrG geregelt und betrifft die Entschädigung bei Enteignung. Dieses Verfahren richtet sich nach den Landesenteignungsgeset­ zen 54 . 55 Auch in diesem Fall obliegt die letzte Entscheidung den Zivilgerichten. 56

n) Wasserrecht Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) 57 , ein Bundesrahmengesetz, enthält gleichfalls einen Katalog von Tatbeständen, bei deren Vorliegen eine Entschädigung gewährt wird . •• Das Verfahren zur Festsetzung dieser Entschädigungen ist in den Wassergesetzen der ein­ zelnen Länder festgelegt.•• Gegen die Festsetzung der zuständigen Behörden kann der ordentliche Rechtsweg beschritten werden. 6 0

o) Die Enteignungsgesetze der Länder Das bundes- und landesrechtlich geregelte Festsetzungsverfahren des Wasserrechts leitet über zu den rein landesrechtlichen Entschädigungs-Festsetzungsverfahren. Solche sind vor allem in den Enteignungsgesetzen der Länder enthalten. 6 1 Als Beispiele seien hier das Bayerische Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteignung (BayEG) 62 , das Enteignungsgesetz für die Freie Hansestadt Bremen63 , das Hessische Enteignungs­ gesetz•• und das in Nordrhein-Westfalen fortgeltende Preußische Gesetz über die Ent­ eignung von Grundeigentum•• genannt. Nach Art. 14 III GG ist die in diesen Verfahren ge­ troffene Feststellung vor den ordentlichen Gerichten anzufechten. 66

den Wirkungen planmäßiger Maßnahmen ; § 26: bei Inanspruchnahme nicht verantwort­ licher Personen zur Abwehr einer Störung; § 3 2 : bei Widerruf von Genehmigungen. S. auch Mintzel, WaStrG, § 36, Anm. 1 . 5 2 § 3 7 I WaStrG. 5 3 § 39 WaStrG. 54 s. dazu unter o. 55 § 44 III WaStrG. 56 Vgl. Mintzel, WaStrG, § 44, Anm. 5 a. 57 i.d.F. vom 1 6 . 1 0. 1 976 (BGB!. I S. 301 7). 58 §§ 8 III, IV; 1 0 II; 12 I ; 15 IV; 17 III; 1 9 III; 1 9 c I WHG. S. dazu Gieseke / Wiede­ mann, WHG, § 20, Rdnr. 2. 59 s. zu den einzelnen Gesetzen: Palandt / Bassenge, BGB, Art 65 EGBGB, Anm. 2 ; zu den Verfahrensvorschriften in diesen Gesetzen: Gieseke / Wiedemann, WHG, § 20, Anm. Als Beispiele seien genannt: das bad.-württ. WG (i.d.F. v. 26.4. 1 976, GBI. S. 369), das niedersächs. WG (i.d.F. v. 1 . 1 2. 1 970, GVBI. S. 457), das nordrh.-westf. WG (i.d.F. v. 22.S . 1962, GVBI. S. 23S). 60 s. Gieseke / Wiedemann, WHG, § 20, Rdnr. 1 0 ; vgl. z.B. § 1 1 7 nwWG, § 49 ndsWG, § 1 1 2 IV S. 1 bwWG. Für die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte auch HessVGH, Entsch. v. 14.4 . 1 975, ZfW 1 976, S. 240. 61 Ü berblick bei Palandt / Bassenge, BGB, Art 1 09 EGBGB, Anm. 2; Mintzel, WaStrG, § 44 Anm. 5 b; Marscha/1 / Schroeter / Kastner, FernstrG, § 1 9, Rdnr. 7.3. 2 • vom 1 1 . 1 1 . 1 974, BayGVBI. 1 974, S. 6 1 0. 63 vom 5 . l 0. 1 96S, BremGBI. 1 965 , S. 1 29. 64 vom 4.4 . 1 97 3 , HessGVBI. 1973, S. 1 07. 65 vom 1 1 .6 . 1 874, PrGS. 1 874, S. 223, s. auch Hippe[ / Rehborn, Gesetze des Landes NRW, Nr. 1 28. •• Vgl. dazu z.B. Wo/ff / Bachof, VerwR I, § 62 VIII b.

A. II. In Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung

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Den Enteignungsgesetzen der Länder kommt weitere Bedeutung dadurch zu, daß ver­ schiedene Bundesgesetze in Ermangelung eines Bundesentschädigungsgesetzes67 auf das Enteignungsrecht der Länder verweisen 6 8 , so - das Bundesfernstraßengesetz 69 , - das Bundeswasserstraßengesetz 70 , - das Postverwaltungsgesetz" , - das Bundesbahngesetz 72 und - das Energiewirtschaftsgesetz 7 3 •

2. In Bausachen (nach dem Bundesbaugesetz und dem Städtebau/ördernngsgesetz) Im Baurecht obliegt den Zivilgerichten nicht nur die Entscheidung von Entschädigungsstreitigkeiten. Sie haben dort auch über die Rechtmäßigkeit des hoheitlichen Eingriffs zu befinden, der den Entschädigungsanspruch auslöst. In den unter J. genannten Rechtsgebieten unterliegt die Zulässigkeit des Ein­ griffs dagegen der Kognition der Verwaltungsgerichte. Nach § 1 57 BBauG 74 sind die Baulandkammern und -senate der ordent­ lichen Gerichte zuständig für das Enteignungsverfahren, das Grenzregelungs­ verfahren, das Umlegungsverfahren und andere Maßnahmen auf Grund dieses Gesetzes, die einen Entschädigungsanspruch begründen. Den Spruchkörpern obliegt dabei die Entscheidung aller mit diesen Materien zusammenhängenden Verwaltungsakte. 75 Das Städtebauförderungsgesetz dehnt die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte auf weitere Gebiete aus. 76

67 Die Kompetenz des Bundes dazu ergibt sich aus Art 74 Nr. 1 1 GG; vgl. zu den bisher ergebnislosen Anstrengungen, ein Reichs- bewz. BundesenteignungsG zu schaffen: Ludwig/ Cordt / Stech, Elektrizitätsversorgung, § 1 1 EnergiewirtschaftsG, Anm., u. Palandt / Bass­ senge, BGB, § 903, Anm. 5 B c. 68 Die Landesgesetze gelten insoweit als Bundesrecht: BVerfG, VkBI. 1 970, S. 26 ; Marschall / Schroeter / Kastner, FernstrG, § 1 9 , Rdnr. 7 . 1 . 69 § 1 9 des BundesfernstraßenG (FStrG) i.d.F. v . 1 . 1 0. 1 974 (BGB!. I S . 24 14, ber. S . 2908). Die EnteignungsG der Länder finden auch Anwendung im Verfahren zur Festset­ zung der Entschädigung nach § 9 IX FStrG: BGH, Urt. v. 1 2.6. 1975, VkBI. 1 976, S . 7 1 . 70 s . dazu oben unter m. 71 § 32 des Gesetzes über die Verwaltung der Deutschen Bundespost (Postverwal­ tungsG) vom 24.7 . 1 95 3 (BGB!. I S. 6 7 6 ; BGB!. III 900-1). 72 § 3 7 des BundesbahnG vom 1 3. 1 2. 1 95 1 (BGB!. I S. 955 ; BGB!. III 93 1-1 ). 73 § 1 1 des Gesetzes zur Förderung der Energiewirtschaft (EnergiewirtschaftsG) v. 1 3. 1 2. 1 9 35 (BGB!. III , Folge 69, S . 76). 74 Bundesbaugesetz (BBauG) i.d.F. vom 18.8.1 976 (BGB!. I S. 2256, ber. S. 36 1 7 ; BGB!. III 21 3-1). 7 5 § 1 5 7 I BBauG. Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit s. BVerfG, Beseht. v. 23.2. 1 95 6 , BVerfGE 4, S. 387 ff. ; BGH, Urt. v. 1 4 . 1 0 . 1 96 3 , BGHZ 40, S . 148, 152, gegen die Bedenken von Hering, DVBI. 196 1 , S. 2 1 7 , 227 ; Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, § 2 VwGO, Anm. III 1 ; Krimminich, Bonner Komm., Art 14 GG, Rdnr. 156. 76 s. § 86 II StädtebauFG.

72

2. Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

Sinn dieser Zuständigkeitsregelung ist, einen doppelgleisigen Rechtsweg zu vermeiden. 77 Sie hat zur Folge , daß die den Gerichtsverfahren voraus­ gehenden Verwaltungsverfahren in vollem Umfang außergerichtliche Vorver­ fahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit sind. Das Vorverfahren des BBauG ist teilweise zweistufig : Nach § 155 BBauG i .V. mit den dazu ergangenen Ausführungsvorschriften der Länder 78 ist die An­ fechtung von Verwaltungsakten, die im Bodenordnungsverfahren ergehen, in der Regel 79 nur nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig.

B. Abgeschaffte Vorverfahren Die bisherigen Ausführungen geben einen Überblick über die wichtigsten heute vorhandenen Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit. Die Darstellung hat deutlich gemacht, daß viele Vorverfahren erst in neuerer Zeit eingeführt wurden. Es würde jedoch ein falscher Eindruck entstehen, würde nicht auch darauf hingewiesen, daß es Vorverfahren gab, die vor nicht allzu langer Zeit abgeschafft wurden. Hier sind zwei Vorverfahren zu nennen. I. Das Vorverfahren der Strandungsordnung Nach § § 36 ff. Strandungsordnung (StrandO) 1 hatte, wer beim Bergen eines Schiffes half und deswegen Berge- oder Hilfslohn verlangte, seine Ansprüche zu­ nächst beim Strandamt anzumelden, bevor er vor Gericht klagen konnte. Das Verfahren vor dem Strandamt bezweckte , eine schnelle Festsetzung des schwer zu berechnenden Hilfelohnes durch ein sachkundiges Gremium 2 und ähnelte insofern den Vorverfahren zur Feststellung von Schäden. Das Verfahren, das bereits in Art 756 des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches vorgesehen war 3 , wurde 1972 aufgehoben4 , nachdem es von verschiedenen Seiten Kritik erfahren hatte 5 • 77 Vgl. dazu Knaup / lngenstau, BBauG, § 1 5 7 , Rdnr. 1 ; Schütz / Frohberg, BBauG, § 1 5 7 , Anm. l ; Ernst / Zinkhahn / Bielenberg / Kalb, BBauG, vor § 1 5 7 , Rdnr. 1 ff. 78 s. dazu die Übersichten bei Schütz / Frohberg. BBauG, § 1 5 5 , Anm. 2 ; Brügelmann / Meyer, BBauG, § 1 5 5 , Anm. 1 c; Ernst / Zinkhahn / Bielenberg / Kalb, BBauG, § 1 5 5 , Anm. ; Schroedter, BBauG, § 1 5 5 , Anm. 2 . 79 Ausnahme: Bremen, vgl. Brügelmann / Meyer (Fußn. 7 8 ) , Anm. 1 b . ' Strandungsordnung vom 1 7 .5 . 1 874 (RGBI. S. 7 3). 2 Vgl. Schaps/ Abraham, Seerecht, § 37 StrandO, Anm. 3 BGH, Urt. v. 28. 1 1 . 1 952, BGHZ 8, S. 147, 149. 4 durch Gesetz vom 2 1 .6. 1 97 2 (BGB!. I S. 966). ' Vgl. die Begründung der Bundesregierung zur Aufhebung der §§ 36 ff. StrandO, in: BT-Drucks. VI/ 2225, S. 43; BGH (Fußn. 3), S. 1 5 2 ; Burchard, Bergung, S. 2 1 6 ; Schaps / A braham, Seerecht, § 36 StrandO, Anm. 4 ; Ewald, StrandO, § 36, Anm. 2 C c.

B. Abgeschaffte Vorverfahren

73

II. Das Vorverfahren nach § 75 Gewerbeordnung § 75 Satz 3 GewO 6 enthielt ein Vorverfahren, das Reisende davor schützen sollte, von Gastwirten übervorteilt zu werden. Nach § 75 Satz 1 GewO konnte die Polizei Gastwirte anhalten, in den Gastzimmern ein Preisverzeichnis anzu­ schlagen. § 73 Satz 3 GewO lautete : „Auf Beschwerden Reisender wegen Überschreitung der verzeichneten Preise steht der Ortspolizeibehörde eine vorläufige Entscheidung vorbehaltlich des Rechtswegs zu."

Dieses Vorverfahren wurde 1974 abgeschafft, als der gesamte Titel V, „Taxen", aufgehoben wurde, zu dem § 75 GewO gehörte. 7

C. Angestrebte Vorverfahren Es wäre voreilig, aus der Abschaffung dieser Vorverfahren zu schließen, der Gesetzgeber stünde heute außergerichtlichen Vorverfahren reserviert gegenüber. Die Bundesregierung hat noch in jüngster Zeit Gesetzesentwürfe vorgelegt, in denen sie die Einführung neuer Vorverfahren vorschlug. I. Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelgesetzes (AMG-E) 1 sah die Einführung eines weiteren Vorverfahrens vor. Nach § 78 des Entwurfs sollte ein „Arzneimittel-Entschädigungsfonds" eingerichtet werden mit der Aufgabe, Entschädigungen für Arzneimittelschäden zu gewähren. § 83 AMG-E ermöglichte die Einrichtung einer Schiedsstelle und bestimmte, daß Entschädigungsansprüche gegen den Fonds gerichtlich erst geltend gemacht werden können, wenn die Schiedsstelle angerufen wurde. Das in dem Entwurf vorgesehene Verfahren lehnte sich weitgehend an das Vorverfahren an, das Kla­ gen gegen den „Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen" 2 vorgeschaltet ist. Der Entwurf ist jedoch insoweit nicht Gesetz geworden. Die Fondslösung fand im Parlament keine Mehrheit, nach dem neuen Arzneimittelgesetz haften vielmehr die Arzneimittelhersteller unmittelbar. 3

• i.d.F. vom 26.7. 1 900 (RGBI. S. 87 1 ). 7 Gesetz vom 1 3.6. 1 9 74 (BGB!. I S. 1 28 1 ). ' Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 7 / 3060. 2 s. hierzu oben unter A I 5 . 3 § § 8 4 ff. AMG (i.d.F. des Gesetzes vom 24.8. 1 976, BGB!. I S . 2445 , i n Kraft getre­ ten am 1 . 1 . 1 9 78).

74

2. Abschnitt: Die einzelnen Vorverfahren

II. Der Entwurf zur Reform des Staatshaftungsrechts

Die Bundesregierung brachte 1 978 einen Entwurf zur Reform des Staats­ haftungsrechts ein. 4 Der Entwurf sah in Anlehnung an das bayerische Abhilfe­ verfahren 5 vor, daß Staatshaftungsansprüche erst eingeklagt werden können, nachdem ein Vorverfahren stattgefunden hat. 6 Dieses Abhilfeverfahren sollte allerdings nur selten ein außergerichtliches Vorverfahren der Zivilgerichtsbar­ keit sein . Denn nach den Bestimmungen des Entwurfs waren etwa 75 % aller Staatshaftungsklagen bei den Verwaltungsgerichten anzubringen. 7 Die Bundesregierung konnte sich allerdings in den parlamentarischen Bera­ tungen nicht mit ihrem Vorschlag durchsetzen. Das 1 982 in Kraft getretene Staatshaftungsgesetz 8 schreibt kein Abhilfeverfahren vor.

4

1978, 5

Entwurf eines Staatshaftungsgesetzes, BR-Drucks. 2 1 5/78; vgl. dazu Bender, ZBR s. 4 1 . siehe die Begründung der Bundesregierung in der zuvor angeführten BR-Drucks.,

s. 66. • Der Entwurf enthält einen Regelungsvorbehalt zugunsten der Länder, vgl. § 31 des Entwurfs und dazu Bender (Fußn. 4 ), S . 4 7. 7 siehe § 3 3 des Entwurfs sowie die Begründung der Bundesregierung dazu (Fußn. 4), S . 67. Vgl. auch Bender, ZBR 1 97 8 , S . 4 1 , 47. 8 vom 26. Juni 1981 (BGBl. l S . 55 3).

Z w e i t e r Te i l

Der Standort der Vorverfahren in der Rechtsordnung Der erste Teil hat aufgezeigt, daß es eine geradezu verwirrende Vielfalt von außergerichtlichen Vorverfahren der Zivilgerichtsbarkeit gibt. Das drängt die Frage auf, wie es zu diesem Wildwuchs kommen konnte . Es gilt einerseits zu klären, welche Beweggründe zur Einrichtung der einzelnen Vorverfahrensstellen führten. Zum anderen fragt man sich angesichts der Tatsache, daß diese Stellen eine ähnliche Aufgabe wie die Gerichte haben, ob außergerichtliche Vorverfah­ ren auf dem Gebiet der Zivilgerichtsbarkeit überhaupt rechtlich zulässig sind. Diesen Fragen, welche den Standort der Vorverfahren in der Rechtsordnung betreffen, soll im zweiten Teil nachgegangen werden. 3. A bschnitt

Sinn u nd Zweck der einzelnen Vorverfahren Forscht man nach Sinn und Zweck der einzelnen Vorverfahren , so fällt zweierlei auf: 1 . Die Vorverfahren gleichen sich weitgehend darin, daß sie für schwierige Rechtsgebiete eingerichtet wurden, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. 2. Dennoch ist der im Vordergrund stehende Zweck, welcher für die Einfüh­ rung des einzelnen Vorverfahrens ausschlaggebend war, vielfach von Vor­ verfahren zu Vorverfahren unterschiedlich. A. Die Gemeinsamkeiten der Vorverfahren Zunächst sollen die gemeinsamen Aspekte der Vorverfahren näher beleuchtet werden. I. Beilegung von Streitigkeiten auf besonders schwierigen Rechtsgebieten Die vorhandenen Vorverfahren sind auf sehr verschiedenen Rechtsgebieten entstanden. Es scheint deshalb unmöglich zu sein, Merkmale zu finden, die

76

3. Abschnitt: Sinn und Zweck der Vorverfahren

allen diesen Rechtsgebieten gemeinsam sind. Versucht man dies dennoch, so läßt sich feststellen, daß die meisten Vorverfahren für besonders schwierige Sachgebiete eingerichtet wurden, auf denen auch bei größter Verständigungs­ bereitschaft leicht Meinungsverschiedenheiten entstehen können. Typisch für diese Gebiete ist, daß die vorhandenen Meinungsstreitigkeiten regelmäßig nicht ohne Zuziehung eines Sachverständigen beigelegt werden können. 1 . Das trifft zum Beispiel für das Arbeitnehmererfindungsrecht zu. Die Schwie­ rigkeiten dieses Rechtsgebietes im Schnittpunkt zwischen dem Arbeits- und dem Patentrecht sind unbestritten. Sie rühren vor allem daher, daß Bewertungs­ fragen im Vordergrund stehen. 1 2. Auch im Betriebsverfassungsrecht kann es wegen der dort häufig verwende­ ten unbestimmten Rechtbegriffe leicht zu Rechtsstreitigkeiten kommen. 2 3 . Im Vorverfahren nach § 27 a UWG ist zu entscheiden, ob ein Wettbewerbs­ verstoß vorliegt. Das ist vielfach eine schwierige Bewertungsfrage, bei deren Be­ antwortung in erster Linie auf die Ansicht der Kaufleute abzustellen ist. 3 4. Besondere Schwierigkeiten der Materie waren auch der Anlaß für die Ein­ führung des Vorverfahrens nach § 14 PflversG. 4 Ansprüche gegen den Ent­ schädigungsfonds des PflversG bestehen nur, wenn komplizierte rechtliche Vor­ aussetzungen erfüllt sind. Der Fonds haftet nämlich nur in bestimmten Fällen, nur für bestimmte Schäden und nur subsidiär. Hinzu kommt, daß auch die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs schwer festzustellen sind. Im Fall der Unfallflucht muß man z.B. den Unfall regelmäßig allein aufgrund der Unfallspuren und der Angaben des Anspruchstellers aufklären. 5 5. Ähnliches gilt für das Vorverfahren, das im Entwurf des Arzneimittelgesetzes vorgesehen war. 6 6 . Bei einer Reihe weiterer Vorverfahren ergibt sich die Schwierigkeit der Ma­ terie aus den zu treffenden Feststellungen : Das gilt zunächst für die Vorverfahren, welche der Schadensfeststellung dienen, wie die Verfahren nach dem BJagdG 7 , dem Feldordnungsrecht und 1 Begründung zum Entwurf des ArbEG, in: Reimer / Schade· / Schippe/, Arbeitnehmer­ erfindung, S. 605 , 606; Reimer / Schade / Schippe/, vor § 28 ArbEG, Rdnr. 1 ; Schade, MittdtPatAnw 1 9 5 9 , S. 25 3, 254; Volmer, BB 1 968, S. 253, 254; Hallmann, ArbEG, S. 1 6 ; Gaul / Bartenbach, Handbuch, N 1 76 (S. 5 4 1 ) ; Haibach, ArbEG, vor § 2 8 , Erl. 1 . 2 Vgl. Bischof[. Einigungsstelle, S . 1 7 ; Dütz, D B 1 972, S. 383. 3 Vgl. OLG München, Beschl. v. 14.9. 1 965, NJW 1 965, S. 2 1 2 1 f. ; Tetzner, UWG, § 27 a, Anm. 20; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 27 a UWG, Rdnr. 1 ; Becker, BB 1 95 0 , S. 1 7 3 ; Gottschick, Einigungsämter, S. XI. 4 s. Begründung zum Entwurf des PflVersG, BT-Drucks. IV /2252, S. 28. 5 s. dazu Sieg, VersR 1 970, S. 68 1 ff. ; Eckardt, VersR 1 9 70, S. 1 090 ff.. Die rechtli­ chen Schwierigkeiten des Anspruchs aus § 1 2 PflVersG verdeutlicht auch die Entscheidung des BGH v. 4 . 1 0 . 1 9 77, NJW 1 978, S. 1 64. 6 s. Begründung zu § 83 des AMG-Entwurfs, BT-Drucks. 7 /3060, S . 6 2 . 7 Vgl. Rüh/ing / Seile, BJagdG, § 35, Anm. 1 ; Lorz, Naturschutz, § 35 BJagdG, Anm. 2 ; .Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 3 5 , Anm. 2 f.

A. Die Gemeinsamkeiten

77

dem bereits erwähnten PflversG 8 • Hierunter fallen weiter die Vorverfahren in Arzthaftpflichtstreitigkeiten, in denen es um die Feststellung eines ärztlichen Kunstfehlers geht 9 , und die übrigen Vorverfahren in Verbraucherstreitigkeiten, in welchen in erster Linie zu klären ist, ob ein Auftrag sachgemäß ausgeführt wurde. Das trifft schließlich für die zahlreichen Verfahren vor Verwaltungs­ behörden zur Festsetzung von Entschädigungen zu, in denen der Wert von enteigneten oder auf andere Weise entzogenen Sachen und Rechten zu er­ mitteln ist. 1 0 II. Vermeidung von Gerichtsverfahren

Die Vorverfahren sind sich jedoch nicht allein darin ähnlich, daß sie schwie­ rige Materien zum Gegenstand haben. Sie gleichen sich vielmehr auch in dem angestrebten Ziel. Gemeinsames Ziel aller Vorverfahren ist die Vermeidung von gerichtlichen Auseinandersetzungen. 1 1 In den Vorverfahren soll versucht werden, eine güt­ liche Einigung herbeizuführen. 1 2 Dem liegt die Annahme zugrunde, daß eine 8 Vgl. die Begründung zum PtlVersG (Fußn. 4). • s. die Berichte über die Vorverfahren in der „Süddeutschen Zeitung" v. 28.4. 1 975 und in „Der Tagesspiegel" v. 27.4. 1 9 75. 1 0 Vgl. für das BLG: Paetzold, Diss., S. 1 35 ; für das SchubG: Bauch / Schmidt, LBG u. SchubG, § 25 SchubG, Anm. 8; für das Kleingartenrecht: BGH, Urt. v. 9. 1 . 1 960, BGHZ 32, S. l, 6. 11 Vgl. Sieg, Festschrift für Mo/itor, S. 34 1 , 35 8; ders. VersR 1 967, S. 324; Bussmann / Pietzcker / Kleine, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 3 1 0 ; Kolbenschlag / Lessmann / Stück­ len, HandwO, § 67, Anm. 4; Pastor, Unterlassungsrecht, 5 5 . Kap. I (S. 4 1 6) ; OLG Mün­ chen, Beschl. v. 14.9. 1 965, NJW 1 965, S. 2 1 1 2 f. ; Heiermann / Riedl / Schwaab, VOB/B, § 1 8 , Rdnr. 6; Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 1 , 292; Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 798; für die Vorverfahren zur Entschädigungsfestsetzung: BGH, Urt. v. 30.5 . 1 960, BGHZ 32, S. 338, 342; Entsch. v. 9. 1 . 1 960, BGHZ 32, S. l, 6; Paetzold, Diss., S . 1 35 ; Bauch / Schmidt, LBG u . SchubG, § 25 SchubG, Anm. 8 , § 44 LBG, Anm. 3 ; weitere Fundstellen in Fußn. 1 2. 12 Vgl. für das Vorverfahren nach § 1 1 1 II ArbGG: BAG, Urt. v. 1 8.9. l 975, BAG AP Nr. 2 zu § 1 1 1 ArbGG; Grüll, ArbGG, § 1 1 1 , Erl. zu Abs. 2; Hueck/Nipperdey, Lehrb., Bd. I, S. 891 ; für das SeemG: § 1 6 I der SeemannsamtsVO ; für das Pf/ VersG: § 1 4 Nr. 3 a Pf!VersG; für das ArbEG: § 28 ArbEG ; für das Jagdrecht: Art 3 I des bay.Ges. ; § 34 I des nwLJG; für das UWG: Begründung zum Entwurf des § 27 a UWG, BT-Drucks. 11/ 1478, S. 4; für die freiwilligen UWG-Einigungsstellen der IHK: Lukes, Festschrift für Nipperdey, Bd. II, S. 365, 367; für die VOB: Heiermann / Riedl / Schwaab, VOB/B, § 1 8, Rdnr. 6 ; für das BetrVG: Bischof[. Einigungsstelle, S . 7 2 ; für das Schiedsmannsverfahren: o.V. , SchiedsmannsO, S. 1 1 ; für die äntlichen Schlichtungsstellen: § 1 I der Geschäfts- und VerfO der Hannoveraner Schlichtungsstelle sowie die Berichte in „Der Tagesspiegel" vom 1 . 7 . 1 976 und 2. 1 1 . 1 9 76, jeweils S. 1 2 ; für die Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung: § 5 1 I S . 1 BLG, § 1 8 I SchubG, § 44 LBG, § 1 1 0 I BBauG, § 3 7 I S . 2 WaStrG, § 1 1 2 II bwWG; OVG Lüneburg, Urt. v. 1 8 . 3 . 1 976, RdL 1 976, S. 274, 275 (für das prEG) ; für das Abhilfeverfahren des StHG-E: § 27 des Entwurfs und die Begründung der Bundesreg. zum Entwurf, BR-Drucks. 2 1 5/78, S. 66 u. 6 8 ; für das Vorverfahren nach § 83 AMG-E: Be­ gründung der Bundesrcg. zum Entwurf, BT-Drucks. 7 /3060, S. 62.

78

3. Abschnitt: Sinn und Zweck der Vorverfahren

gütliche Einigung sich außergerichtlich eher erreichen läßt als vor Gericht. 13 Die Befürworter des Vorverfahrens meinen: Die Anrufung der Gerichte führe zu einer Verhärtung der Fronten und trübe die Beziehungen zwischen den Parteien. 1 4 Die Parteien befänden sich deshalb vor Gericht in einer inneren Abwehrstellung, die sie zum gütlichen Nachgeben nicht geneigt sein ließe. 1 5 Deshalb sei es angezeigt, die Streitparteien außerhalb der Gerichte zusammen­ zuführen, um eine gütliche Bereinigung ihrer Meinungsverschiedenheiten zu erreichen. Schon Radbrnch hielt es aus diesen Gründen für verfehlt, das Güte­ verfahren mit dem gerichtlichen Verfahren zu verbinden. 1 6

B. Die unterschiedlichen Zwecke der einzelnen Vorverfahren Obwohl sich die Vorverfahren somit letztlich weithin gleichen, werden zu ihrer Rechtfertigung auch unterschiedliche Gründe angeführt. Diese Gründe lassen sich in die folgenden acht Argumente zusammenfassen: 1. Wahrung der guten Beziehungen zwischen den Parteien Bei vielen Vorverfahren steht der sozial-psychologische Aspekt im Vorder­ grund, die guten Beziehungen zwischen den Parteien zu wahren. Diese Verfah­ ren beruhen auf der Erkenntnis, daß die Ladung zum Gericht vielfach als Er­ öffnung von Feindseligkeiten empfunden wird und die Parteien zum Abbruch aller Beziehungen veranlaßt. 1 7 Vom außergerichtlichen Vorverfahren, das, wie wir gesehen haben, vom Gütegedanken geprägt ist, erhofft man sich, daß es derartige Schärfen vermeidet . 1 8 l. Dieser Gesichtspunkt hat besondere Bedeutung im Arbeitsrecht. Die Mehr­ zahl der arbeitsrechtlichen Vorverfahren soll den Arbeitsfrieden, das Ver­ trauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aufrecht erhalten. Die Bedeutung dieses von den arbeitsrechtlichen Vorverfahren verfolgten Ziels wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, daß die Wahrung des Arbeits­ friedens ein allgemeines Anliegen des Gesetzgebers ist, dem nicht nur die Vor­ verfahren dienen. Der Gesetzgeber versucht, dieses Ziel auch über das materiel­ le Recht zu erreichen, in § 636 RVO z.B. dadurch, daß er bei Arbeitsunfällen 1 3 Vgl. /tschert, Saarwirtschaft 1 975, S. 1 6 ; Barwasser, DB 1 976, S. 434, 435 ; Pritsch, Arbger. 34, Sp. 372, 374; Volmer, BB 1 968, S. 253, 254 ; Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindungen, vor § 28 ArbEG, RdNr. 2; für das Schiedsgutachterverfahren: A smus, ZVersWiss 1 962, S. 1 97, 1 99. 14 Volmer (Fußn. 1 3) ; Reimer / Schade / Schippe/ (Fußn. 1 3) ; Schumann, DRiZ 1 970, S . 60, 6 1 ; Krieger, GRUR 1 957, S. 1 97, 200 ; Barwasser, DB 1 976, S. 4 34. " Krieger (Fußn. 14 ) ; Gottschick, Einigungsämter, S. X. 16 Zitat bei Schroes, in: 50 Jahre ÖRA Hamburg, S. 1 9, 26. 1 7 siehe die Nachweise in Fußn. 1 3 u. 14 sowie: Gottschick, Einigungsämter, S. X. 11 Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 1 ; Rothweiler / Sauer, NJW 1 9 7 8 , S. 797, 798.

B. Die unterschiedlichen Zwecke

79

Ersatzansprüche für Personenschäden des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber grundsätzlich ausschließt und eine versicherungsrechtliche Lösung vorsieht. Der Wahrung des Arbeitsfriedens dient insbesondere das Vorverfahren nach § 1 1 1 II ArbGG. Es wurde eingeführt, um das besondere Erziehungs- und Vertrauensverhältnis zwischen Ausbilder und Auszubildendem zu schützen. Dieses Verhältnis soll nach Möglichkeit nicht durch gerichtliche Auseinander­ setzungen gestört werden. 19 Auch das Vorverfahren nach §§ 28 ff. ArbEG bezweckt in erster Linie , das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht durch Prozesse zu belasten. 20 Endlich dient auch das Vorverfahren vor der Einigungsstelle des § 76 BetrVG vor allem dem Arbeitsfrieden 2 1 , während die Vorverfahren des See­ mannsgesetzes und des Erstattungsgesetzes primär andere Zwecke verfolgen. 2. Die einzige vorhandene Gütestelle für Mietstreitigkeiten, die Frankfurter Mietschlichtungsstelle, wurde vorwiegend deshalb gegründet, um das Verhält­ nis Vermieter - Mieter nicht der Belastung eines Prozesses auszusetzen. 22 3 . Die Vorverfahren in Streitigkeiten zwischen Berufskollegen sollen gleich­ falls verhüten, daß es zwischen den Parteien zu schweren Verstimmungen kommt. Hier ist zunächst das Vorverfahren nach § 27 a UWG zu nennen. Kaufleute nehmen in Wettbewerbsstreitigkeiten nur ungern die Gerichte in Anspruch. Die Anrufung der Gerichte ist nach ihrer Ansicht das letzte Mittel, das man unter Kollegen nur in wirklich gravierenden Fällen benutzen sollte . 23 Die Einschal19 Vgl. BAG, Urt. v. 1 8.9. 1 975 , NJW 1 976, S. 904, 9 1 0 = AP Nr. 2 zu § 1 1 1 ArbGG; Urt. v. 1 8. 1 0. 1 96 1 , AP Nr. l zu § 1 1 1 ArbGG; LG Hannover, Urt. v. 6.2. 1 962, BB 1 962, S. 51 f. ; Hurlebaus, BB 1 975, S. 1 5 33, 1 5 34; Roh/fing, Lehrvertrag, S . 8 2 ; Sieg, Festschrift für Molitor, S. 34 1 , 358 ; Auffarth / Schönherr, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 2; Rüstig, ArbuR 195 5 , S. 46; Natzel, Berufsausbildungsverhältnis, S. 1 5 7 ; Wilsing, RdA 1 949, S. 45 5 , 4 5 7 ; Siebert / Farthmann, Lehrlingsstreitigkeiten, B II 2; Bitzer, Arbeitssachen, S. 254; Hueck / Nipperdey, Lehrbuch I, S. 890 f. ; Stein / Jonas / Schumann / Leipold. ZPO, § 25 3, Anm. VII 2 ; Roh/fing / Rewolle, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 8; Herkert, BBiG, § 102, Rdnr. 2; Weber, BBiG, § 1 02, Anm. 2; Siegert / Musie/ak, Recht des Handwerks, § 67 HandwO, Rdnr. 7. 20 s. Begründung der Bundreg. zum Entwurf des ArbEG, in: Reimer / Schade / Schip­ pe/, Arbeitnehmererfindungen, S. 605, 606, 6 1 2 ; Volmer, ArbEG, § 28, Rdnr. 7 ; ders. BB 1968, S. 25 3, 254; Johannesson, GRUR 1 95 1 , S. 1 37 f. : Heine, DB 1 95 7 , S. 549, 5 5 0 : Reimer / Schade / Schippe/, vor § 28 ArbEG, Rdnr. 2; Lindenmaier / Lüdecke, Arbeitneh­ mererfindungen, vor § 28 ArbEG; Haibach. ArbEG, vor § 28. Erl. 1 : Gaul / Bartenbach , Handbuch, N 1 76 (S. 5 4 1 ). 21 s. GK-Thiele, BctrVG, § 76, Rdnr. l ; Galperin / Löwisch. BetrVG, § 76, Rdnr. 1 ; Gnade / Kehrmann / Schneider, BetrVG, § 76, Rdnr. 1 ; Jiicker, Einigungsstelle, S. 1 1 9 ; Bischof[. Einigungsstelle, S. 32; Gnade, ArbuR 1 9 73, S. 43. 22 Rothweiler, ZMR 1 976, S . 29 1 . 23 Hecht, GRUR 1 9 36, S . 845 ; Pastor, GRUR 1 969, S . 5 7 1 , 5 7 2 ; Gottschick, Eini­ gungsämter, S. XI.

80

3. Abschnitt: Sinn und Zweck der Vorverfahren

tung der Gerichte gilt als Diskriminierung des Kollegen; viele Kaufleute meinen nämlich, der Wettbewerbsverstoß werde dadurch zum sittlichen Makel er­ klärt. 24 Ähnliche Überlegungen liegen § 73 II Nr. 2 BRAO zugrunde , der es den Rechtsanwaltskammern zur Aufgabe macht, bei Streitigkeiten zwischen ihren Mitgliedern zu vermitteln, und zwar sowohl bei berufsbezogenen Streitigkei­ ten als auch bei Meinungsverschiedenheiten im privaten und persönlichen Bereich. 2 5 4. Auch die Vorverfahren in Verbraucherstreitigkeiten haben den Sinn, die (Geschäfts-)Beziehungen zwischen den Parteien zu schützen. Sie sollen das Klima zwischen den Gewerbetreibenden (bzw. den Angehörigen der freien Berufe) und den Kunden verbessern. 26 5. Zu einem gewissen Grade sollen ferner die Vorverfahren vor den Schieds­ männern oder den äffentliehen Rechtsauskunftsstellen die Beziehungen zwischen den Parteien aufrechterhalten. Dabei ist sowohl an Geschäftsver­ bindungen als auch an Freundes- und Familienbande gedacht. 27

II. Schnelle Klärung von Streitigkeiten Die außergerichtlichen Vorverfahren haben weiterhin die Aufgabe , eine schnelle Bereinigung der Streitigkeiten zu ermöglichen, sie sollen ,Jangwieri­ ge gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden" 28 und so Zeit und Mühe sparen helfen. 1 . Die Herbeiführung einer schnellen Entscheidung ist Hauptzweck der Vorver­ fahren des SeemannsG und des abgeschafften Vorverfahrens nach § 75 GewO. In beiden Fällen ist es Aufgabe der Vorverfahrensstelle, in Streitigkeiten, die keinen Aufschub dulden, eine vorläufige Entscheidung zu fällen 29 , einmal zum Schutz der Schiffsbesatzung, das andere mal zum Schutz des Reisenden. Das Vorverfahren hat demnach hier die Funktion, die im gerichtlichen Verfahren 24 Greifelt, WRP 1 95 5 , S. 1 , 2 ; Becker, BB 1 950, S. 1 1 3 ; /tschert, Saarwirtschaft 1 975, Heft 1. 2 ' Vgl. Isele, BRAO, § 7 3 , Anm. II D 2 e. 26 s. dazu von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 9 7 ; vgl. auch Baumann, VSSR 3 ( 1 975 ), s. 1, 32. 27 Schumann, DRiZ 1 970, S . 60, 6 1 . 28 Vgl. die Begründung der Bundesreg. z u § 1 4 Nr. 5 PflversG, BT-Drucks. IV/ 225 2, S. 27 f (zu § 1 3 Nr. 5 des Entwurfs); Begründung der Bundreg. zu § 8 3 AMG-E, BT­ Drucks. 7/3060, S. 62. 29 s. zum SeemG : Schelp, BB 1 956, S. 968, 9 7 1 ; zur GewO: Landmann / Rohmer, Eyermann / Fröhler, GewO, 1 1 . Aufl., § 75, Rdnr. 7 ; Fuhr, GewO, § 75, Anm. 4 .

B. Die unterschiedlichen Zwecke

81

dem einstweiligen Rechtsschutz zukommt. 30 Es soll aber noch schneller sein als das gerichtliche Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes, denn es ist für Fälle gedacht, in denen nicht einmal dieses gerichtliche Verfahren schnell genug durchgeführt werden kann : man denke an die Seeleute im Aus­ land oder an den Reisenden, der seine Weiterreise nicht aufschieben kann. 2. Der Zweck, eine schnelle Klärung zu ermöglichen, steht auch beim Vorver­ fahren nach § 2 7 a UWG im Vordergrund. 3 1 Kaufleute haben ein erhebliches Interesse daran, Wettbewerbsverstöße ihrer Konkurrenten rasch abzustellen ; Wettbewerbsstreitigkeiten vertragen keine Verzögerung. 32 Das Vorverfahren soll hier Abhilfe schaffen. 3. Dieser Zweck hat ferner erhebliche Bedeutung bei den Vorverfahren, die der Feststellung von Schäden dienen , insbesondere bei den Verfahren des Jagd­ rechts und des Feldordnungsrechts. 33 In diesen Fällen kommt dem Vorverfah­ ren die Funktion des gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens zu, ist aber wesentlich billiger als dieses. 34 4. Aber auch die Mehrzahl der übrigen Vorverfahren hat - unter anderem den Zweck , eine schnelle Beilegung des Streites zu ermöglichen. 35 III. Kostenersparnis Ein weiterer Zweck vieler außergerichtlicher Vorverfahren ist, den Parteien ein billiges Mittel zur Geltendmachung ihrer Ansprüche in die Hand zu geben.

30

s. Schelp, (Fußn. 29). Vgl. die Begründung der Bundreg. zu § 27 a UWG, BI-Drucks. Il/ 1 4 7 8 , S. 4, 5 f. ; Pastor, Unterlassungsrecht, 5 3. Kap. I (S . 4 1 6) ; Harnmann, Einigungsämter, S. 8 ; Krieger, GRUR 1 95 7 , S. 1 9 7 , 200 ; Röttger, GRUR 1 9 35 , S. 7 6 , 7 7 ; Gottschick, Einigungsämter, S. X; Tetzner, JR 1 9 5 5 , S. 45 5 , 456. 32 Vgl. die Begründung der Bundreg. zu § 27 a UWG (Fußn. 3 1 ), S . 5; Greifelt, WRP 1 95 5 , S. l f. 33 s. für das Jagdrecht: Lorz, Naturschutz , § 35 BJagdG , Anm. 2 ; Rühling / Seile, BJagdG, § 3 5 , Anm. 1 ; Mitschke / Schäfer, BJagdG , § 3 5 , Anm. 2 f. . 3 4 Rühling / Seile (Fußn. 33), Anm. 4. 35 So für das Vorverfahren nach § J 11 II ArbGG: Wilsing, RdA 1 949, S . 45 5 , 45 7; für das Vorverfahren vor der Frankfurter Mietschlichtungsstelle: Rothweiler, ZMR 1 976, S . 29 1 ; fü r das PflversG: Begründung der Bundesreg. z u § 1 4 PflversG, BI-Drucks. I V/ 2 2 5 2 , S. 2 8 ; fü r die ärztlichen Schlichtungsstellen: die Berichte i n „Frankfurter Rundschau", ,,Die Welt", ,,Süddeutsche Zeitung" vom 28.4 . 1 9 7 5 , ,,Der Tagesspiegel" vom 1 . 7 . 1 9 7 6 , so­ wie: § 1 I der Gesch . u. Verf.O. der Hannoveraner Schiedsstelle ; für die Vorverfahren in Verbraucherstreitigkeiten: Siegert / Musielak, Recht des Handwerks, § 9 1 HandwO, Rdnr. 2 1 ; Reich ZRP 1 974, S. 1 8 7 , 1 94 ; für das abgeschaffte Vorverfahren der StrandO: Ewald, StrandO, § 36, Anm. 1 u. 2 C c; für das geplant gewesene Vorverfahren nach § 83 AMG-E: Begründung der Bundreg., BI-Drucks. 7/3060, S. 6 2 ; für die Entschädigungsfestsetzungs­ verfahren: Paetzold, Diss., S. 1 35 ; BGH, En tsch . v. 9. 1 . 1 960, BGHZ 3 2 , S. 1 , 6 ; Urt. v. 30. 5 . 1 960, BGHZ 3 2 , S. 338, 342. 31

6 Preibisch

82

3. Abschnitt : Sinn und Zweck der Vorverfahren

Die Parteien sollen nicht gezwungen sein, das Prozeßkostenrisiko des gericht­ lichen Verfahrens einzugehen. Dieser Zweck wurde insbesondere mit den Vorverfahren des ArbEG und der StrandO verfolgt. 36 Ihm kommt ferner beim Vorverfahren nach § 27 a UWG besondere Bedeu­ tung zu : Wettbewerbsstreitigkeiten haben oft einen hohen Streitwert. Mittlere Betriebe, Verbraucherverbände und Verbraucher wären wegen des hohen Kostenrisikos häufig gar nicht in der Lage, wegen eines Wettbewerbsverstoßes die Gerichte anzurufen. 37 Das wiegt umso schwerer, als gerade in letzter Zeit die Notwendigkeit gesehen wird, mittelständische Betriebe gegen die „fort­ schreitende Verwilderung" des Wettbewerbs zu schützen. 38 Das jagdrechtliche Vorverfahren unterscheidet sich von dem funktionell weitgehend gleichartigen Beweissicherungsverfahrens i.S. der § § 485 ff. ZPO vor allem dadurch, das es weniger kostspielig ist. 39 In den niedrigen Kosten werden auch wesentliche Vorzüge der Verfahren vor der Frankfurter Mietschlichtungsstelle40 , der ÖRA Hamburg41 und den Schiedsstellen für Verbraucherstreitigkeiten42 gesehen. Gleiches gilt für die Ent­ schädigungsfestsetzungsverfahren. 43 IV. Klärung von Bagatellstreitigkeiten

Weitere Bedeutung kommt vielen Vorverfahren dadurch zu, daß sie in Strei­ tigkeiten mit geringerem Streitwert die Parteien praktisch erst in die Lage ver­ setzen, ihre Recht geltend zu machen. In Bagatellstreitigkeiten lohnt es sich nicht, das wesentlich kostspieligere und umständlichere Gerichtsverfahren in Gang zu setzen. Das Vorverfahren ermöglicht es, solche Ansprüche zu verfol­ gen, auf deren Durchsetzung sonst verzichtet würde. •• s. Begründung der Bundreg. zum ArbEG, in: Reimer / Schade / Schippe/, Arbeit­ nehmererfindungen, S. 605, 608 ; vgl. auch Hallmann, ArbEG, S. 1 6 ; Motive zu § § 36 ff. StandO, Anlage 5 zu den Verhandlungen des Dt. Reichstages, 2. Legislaturperiode, 1 . Session 1 874, 3. Bd., S . 2 1 . 37 s . Rosenthal / Leffmann, UWG, § 27 a , Rdnr. 6 ; Pastor, Unterlassungsrecht, 5 5 . Kap. I ( S . 4 1 6); Spengler / Weber, Wettbewerb, S . 24 ; von Thenen, GRUR 1 9 3 7 , S. 1 05 ; Klein, DB 195 3 , S . 503. •• So der frühere Bundesminister für Wirtschaft Friedrichs und der bayerische Wirtschaftsminister Jauermann, s. ,,Der Tagesspiegel" vom 5 .6. 1 976, S. 6. ,. Rühling / Selle, BJagdG, § 35 , Anm. 1 . 40 Rothweiler, ZMR 1 976, S . 29 1 . 41 Schumann, DRiZ 1 970, S . 60, 6 1 . 42 Siegert / Musielak, Recht des Handwerks, § 9 1 HandwO , Rdnr. 2 1 ; von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 9 7 ; Reich , ZRP 1 974, S. 1 8 7 , 1 94 ; für das Vorverfahren nach der VOB . : s. Heiermann / Riedl / Schwaab, VOB/B, § 1 8 , Rdnr. 6. 43 Paetzold. Diss .. S. 1 35 ; Eger, En teignung, Kommentar, Bd. 2, S. 284 (Nr. 235).

B. Die unterschiedlichen Zwecke

83

Zur Beilegung von Bagatellstreitigkeiten sind insbesondere die Vorverfahren des Jagdrechts44 , des Feldordnungsrechts45 und des Verbraucherschutzes46 bestimmt. In diesen Verfahren streiten sich die Parteien regelmäßig um geringe Beträge. Aber auch die Vorverfahren nach § 1 1 1 II ArbGG 47 und § 27 a UWG48 betreffen häufig Bagatellsachen , deretwegen sich ein Prozeß nicht lohnt. V. Gleichmäßige Behandlung schwieriger Streitigkeiten Die Einschaltung sachkundiger Vorverfahrensstellen gewährleistet weiter zu einem gewissen Grad eine gleichmäßige und einheitliche Behandlung schwieri­ ger Streitigkeiten. Das gilt insbesondere dann , wenn die Vorverfahren bei weni­ gen, stark spezialisierten Vorverfahrensstellen zentral durchgeführt werden. Zu einer gleichmäßigen Behandlung führen insbesondere die Entschädigungs­ feststellungsverfahren vor den Verwaltungsbehörden49 und die Verfahren vor den Schiedsstellen für Arbeitnehmererfindungen beim Deutschen Patentamt 50 • VI. Rechtsschutzfunktion Aus den bisher genannten Zwecken der Vorverfahren ergibt sich als weiterer Zweck, daß das Vorverfahren eine Rechtsschutzfunktion hat. 5 1 Die Vorver­ fahren ermöglichen , Ansprüche geltend zu machen, auf deren Durchsetzung sonst aus mannigfachen Gründen verzichtet würde , etwa weil das gerichtliche Verfahren die Beziehungen zum Anspruchsgegner, ins­ besondere das Arbeitsverhältnis, stark gefährden würde 52 , weil ein Prozeß oder ein gerichtliches Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes zu lange dauern würde , 44 45 46 47

Rühling / Seile, BJagdG, § 3 5 , Anm. 1 . Vgl. hierzu Drews / Wacke, Polizeirecht, 9 . Aufl . , S . 1 . von Hippe/, Verbraucherschutz, S . 9 1 , 94, 9 7 . Vgl. die Ausführungen des Abgeordneten Dirschel (FDP) in der 3. Lesung des

Bundestages zu § 1 1 1 II ArbGG , S tenographischer Bericht des BT, 1 . Wahlperiode, Seite 1 3.493. 48 Gottschick, Einigungsämter, S . X ; Hammann, Einigungsämter, S . 2 ; Klein, DB 1 95 3, s. 503. 49 BGH, Urt. v. 9. 1 . 1 960, BGHZ 32, S . 1, 6. so Begründung der Bundcsreg. zum ArbEG, in: Reimer / Schade / Schippe/, Arbeit­ nehmererfindungen, S. 605 , 607 f. 5 1 So schon Monich, ZZP 23 ( 1 897), S. 407, 42 1 ; s. dazu weiter insbesondere die Be­ gründung der Bundcsreg. zu § 1 5 5 BBauG, BT-Drucks. III/ 1 794, S. 1 1 8 (zu § 1 4 5 a des Entwurfs) ; vgl. auch Heitzer / Oestreicher, BBauG, § 1 5 5 , Anm. a ; Ernst / Zinkhahn / Bielenberg, BBauG, § 1 5 5 , Rdnr. 1 . 5 2 Vgl. hierzu Volmer, B B 1 96 8 , S . 25 3, 254 ; Gaul / Bartenbach, Handbuch, N . 1 76 , ( S . 54 1 ) ; lindenmaier / lüdecke, Arbeitnehmererfindungen, Vorbern. z u § 28 ArbEG.

84

3. Abschnitt: Sinn und Zweck der Vorverfahren

weil bei Anrufung der Gerichte ein zu großes Prozeßrisiko eingegangen werden müßte , weil sich das Beschreiten des Rechtswegs wegen des geringfügigen Streit­ wertes nicht lohnt, weil sich der Anspruchsteller scheut, mit so großer Autorität ausgestattete Organe , wie es die Gerichte sind, um Beistand zu bitten. VII. Venneidung überflüssiger Prozesse Das Vorverfahren soll den Parteien ferner helfen, überflüssige Prozesse zu vermeiden. Dieser Zweck kommt zunächst dort zum Tragen, wo eine Rechts­ verletzung möglicherweise auf einem Versehen oder auf gutem Glauben be­ ruht 53 , man denke etwa an Wettbewerbsverstöße . In solchen Fällen genügt es regelmäßig, wenn der rechtswidrig Handelnde durch eine unparteiische Vorver­ fahrensstelle auf die Rechtslage hingewiesen wird, um den Streit aus der Welt zu schaffen. Die Anrufung des Richters wird dadurch überflüssig. Das Vorverfahren soll aber auch dadurch überflüssige Prozesse vermeiden helfen, daß es bei offensichtlich unbegründeten Ansprüchen dem Anspruch­ steller vor Augen führt, daß sein Begehren keine Aussicht auf Erfolg hat. 54 Derartige Fehleinschätzungen nehmen mit der Schwierigkeit der Materie zu. Deshalb ist es sinnvoll, ciaß die Vorverfahren gerade für schwierige Rechts­ gebiete eingerichtet sind. 5 5 Die Vorverfahren helfen aber auch in den übrigen Fälleri, die Aussichten eines Prozesses richtig einzuschätzen ; sie fördern so eine sachgemäße Prozeß­ führung und bewirken, daß so mancher Prozeß unterbleibt, der wenig Aus­ sicht auf Erfolg hat. 5 6 Der Zweck, überflüssige Prozesse zu vermei_den, hat besondere Bedeutung für die Vorverfahren in Streitigkeiten mit der öffentlichen Hand. Diese Vor­ verfahren sollen der Verwaltung ermöglichen, ihre Haltung nochmals zu über­ prüfen, bevor es zu einem Prozeß kommt, sie dienen der Selbstkontrolle der Verwaltung. 57 Das Abhilfeverfahren nach dem Bay AGZPOuKO z.B. dient allein diesem Zweck: es soll verhüten, daß der Fiskus unnötigerweise in Rechts­ streitigkeiten verwickelt wird. 58 '3

s. Pastor, Unterlassungsrecht, 55 . Kap. I, S. 4 1 6 . Vgl. die Begriindung der Bundesreg. z u § 1 4 N r . 5 PflversG, BT-Drucks. I V/2252 S. 2 8 ; die Berichte über die Schlichtungsstellen für Arzthaftpflichtfragen in „Frankfurter Rundschau", ,,Süddeutsche Zeitung" und „Die Welt", jeweils vom 28.4 . 1 975 , sowie Pastor (Fußn. 5 3). " s. oben unter A 1 . 6 ' Vgl. die Begriindung der Bundesreg. zum ArbEG, i n : Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindungen, S. 605 , 607 f. " siehe dazu die Begründung der Bundesreg. zum StHG-Entwurf, BR-Drucks. 2 15/78, '

4

B. Die unterschiedlichen Zwecke

85

VIII. Entlastung der Gerichte Die Vorverfahren haben endlich die wichtige Aufgabe, die Gerichte zu ent­ lasten. Es gibt kaum ein Vorverfahren, das nicht - zumindest auch - diesem Zweck dient. Dieser Zweck steht vor allem bei den vom Gesetzgeber einge­ richteten Vorverfahren im Vordergrund. 59 Dabei wird davon ausgegangen, daß die meisten Streitigkeiten im Vorverfahren endgültig erledigt werden können. Diese Erwartung liegt vor allem den Vorverfahren zugrunde, welche sich mit Meinungsverschiedenheiten befassen, bei denen Tatsachen streitig sind, zu deren Klärung Sachverständige erforderlich sind. Das gilt beispielsweise für die Vorverfahren des Arbeitnehmererfinderrechts, des Jagdrechts, des Arzthaft­ pflichtrechts oder des Entschädigungsrechts. Man will bei solchen Streitigkeiten nicht sofort den Richter tätig werden lassen, sondern diese zunächst einem sachverständigen Gremium vorlegen, in der Hoffnung, daß es dem Gremium ge­ lingt, den Fall außergerichtlich beizulegen. 60

S. 66 unter 2.2, sowie die Nachweise in der Einletung, Fußn. 7. 5 8 BayObLG, Entscheidung v. 29. 1 0 . 1 909, BayObLGZ 1 0 a.F . , S . 472, 478 ; Entsch. v. 1 8 . 1 . 1 9 1 5 , BayObLGZ 16 a.F., S. 9, 1 1 . 59 Vgl. für das Vorverfahren nach § § 2 8 ff. ArbEG: Reimer / Schade / Schippe/ (Fußn. 56), § 36 ArbEG, Rdnr. 1 ; Volmer, BB 1 968, S. 25 3 , 260; Schade, MittdtPatAnw 1959, S . 253, 254 ; zum Jagdrecht: Nick, Jagdrecht , § 35 BJagdG, Anm. zu Art 1 des VerfG; Schandau, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. zu § 3 2 nwLJG; Heinichen , Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. III; zu § 27 a UWG: Begründung der Bundesreg. zu § 27 a UWG, BT-Drucks. II/ 14 78, S. 4; Godin, Wettbewerbsrecht, § 27 a UWG, Anm. 1 ; Pastor, Unterlassungsrecht, 55. Kap. I (S. 4 1 6) ; Röttger, GRUR 1 9 35 , S. 76, 7 7 ; OLG München, Beschl. v. 1 4 . 9 . 1 965 , NJW 1 965 , S. 2 1 1 2 ; Tetzner, UWG, § 27 a, Rdnr. 20; für das Betr VG: Hersehe/, ArbuR 1 974, S. 257, 263 ; für das Schiedsmannsverfahren: o.V ., SchiedsmannsO, S. 1 1 ; für die Entschädigungsfestsetzungsverfahren: BGH, Urt. v. 9 . 1 . 1 960, BGHZ 32, S. 1, 6 ; Paetzold, Diss. , S. 1 3 5 ; Bauch / Schmidt, LBG u. SchubG, § 25 SchubG, Anm. 8, § 44 LBG, Anm. 3 ; für das A bhilfeverfahren des StHG-E: Begründung der Bundesreg. zum Entwurf, BR­ Drucks. 2 1 5/78, S. 66 unter 2.2. 0 • siehe oben unter A II.

4. Abschnitt

Die rechtliche Zulässigkeit außergerichtlicher Vorverfahren in Streitigkei t en der Zivil gerich t sbar keit Der vorige Abschnitt hat deutlich gemacht, daß die Vorverfahren Zielen dienen, denen die Anerkennung nicht versagt werden kann. Wesentlich proble­ matischer ist jedoch die Art und Weise, auf welche die Vorverfahrensregelungen diese Ziele zu verwirklichen suchen : Außergerichtliche Vorverfahren bewirken, daß nichtrichterliche Instanzen ähnliche Aufgaben ausüben wie Gerichte. Viele Vorverfahrensvorschriften beschränken den Zugang zu den Gerichten über die von den Prozeßordnungen aufgestellten Voraussetzungen hinaus, indem sie z.B. die Klage von der Durchführung des Vorverfahrens abhängig machen 1 oder aber bestimmen, daß die Klage nach Beendigung des Vorverfahrens nur inner­ halb einer bestimmten Frist erhoben werden kann 2 • Dieser Befund legt es nahe, nach der rechtlichen Zulässigkeit der Vorverfah­ ren zu fragen. Es soll daher untersucht werden, inwieweit außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit mit dem Grundgesetz und dem einfachen Gesetzesrecht vereinbar sind. A. Die Verfassungsmäßigkeit der Vorverfahren 1. Die Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Gerichtsschutzgarantien In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist zunächst problematisch, ob die Vorver­ fahrensregelungen, soweit sie den Zugang zu den Gerichten beschränken, den verfassungsrechtlichen Gerichtsschu tzgaran tien genügen. 1. Die verfassungsrechtlichen Gerichtsschutzgarantien

Das Grundgesetz enthält mehrere ausdrückliche Gerichtsschutzgarantien : so in Art 1 4 III GG für Ansprüche auf Enteignungsentschädigung, in Art 34 GG für Staatshaftungsansprüche und in Art 1 9 IV GG für die Abwehr von Maßnah-

' s. dazu ausführlich im 8. Abschnitt. Näheres dazu im 9. Abschnitt.

2

A. Die Verfassungsmäßigkeit

87

men der öffentlichen Gewalt. 3 Von diesen Vorschriften ist vor allem Art 1 4 III GG relevant, weil Vorverfahren auf dem Gebiet des Entschädigungsrechts be­ sonders zahlreich sind. Streitig ist, ob über diese speziellen Garantien hinaus eine allgemeine verfassungsrechtliche Garantie umfassenden und effektiven Ge­ richtsschutzes besteht, die für alle Ansprüche gilt, welche in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fallen. Einige Autoren lehnen eine solche Garantie ab, was vor allem mit einem Umkehrschluß aus Art 19 IV GG begründet wird. 4 Die h.M. bejaht jedoch eine allgemeine verfassungsrechtliche Gerichtsschutzgarantie. Diese Meinung stützt sich teils auf Art 103 I GG 5 , teils auf einzelne Grund­ rechte , insbesondere auf Art 14 III GG 6 , überwiegend aber auf das Rechtsstaats­ prinzip 7 . 2. Die Bedeutung der Garantien für die Vorverfahren Es kann dahingestellt bleiben, ob eine allgemeine Gerichtsschutzgarantie an­ zuerkennen ist. Denn Vorverfahren sind sowohl mit den speziellen Rechtsweg­ garantien vereinbar, die das Grundgesetz ausdrücklich gewährt, als auch mit der von der h.M . bejahten allgemeinen verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie . Die Garantien besagen nämlich nur, daß der Richter in einem Rechtsstreit das letzte Wort haben muß. Sie sichern den Gerichten nicht bereits das erste Wort zu 8 • Die Garantien stehen somit nicht Bestimmungen entgegen, wonach die Gerichte erst nach Durchführung eines Vorverfahrens angerufen werden kön­ nen. 9 Die Rechtsweggarantien verlangen auch nicht, daß der Rechtsweg zeit3 Als weitere Rechtsweggarantie ließe sich noch Art 15 S. 2 GG nennen. Vgl. zu den Garantien z.B. Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art 92, Rdnr. 3 7 ; Bettermann, Evan­ gelisches Staatslexikon, Sp. 1 7 1 8, 1 72 1 . 4 S o z.B. Lerche, ZZP 7 8 ( 1 965), S. 1 , 6 ff. ' Baur, AcP 1 5 3 , S. 393, 396 ff. 6 BverfG, Entsch. v. 3 . 7. 1 973, BVcrfGE 35, S. 348, 36 1 ; Beschl. v. 23.4. 1 974, NJW 1974, S. 1 499, 1 5 00. ' Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 1 05 ff., insbes. S. 1 1 3 u. 1 1 5 ; Kern / Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, § 2 7 I ; Bettermann, JurBl 1 972, S. 5 7 , 64; Mes, Rechtsschutzan­ spruch, S. 93 f., 99 u. 1 26 ; s. auch Vollkommer, ZZP 81 ( 1 968), S. 1 02, l 3 2 f. • So vor allem BGH, Urt. v. 1 4. 1 2. 1 966, JR 1 967, S. 1 84, 1 85 ; Maunz / Dürig /Herzog / Scholz, GG, Art 92, Rdnr, 36 u. 39; s. auch die folgenden Fußnoten. 9 Vgl. zu Art 1 9 IV GG: BVerfG, Beschl. v. 1 7.3. 1 959, BVerfGE 9, S. 1 94 , 199 f. ; Ent­ sch. v. 9 .5 . 1 973, BVerfGE 35, S. 65, 7 2 f. ; Beschl. v. 28. 1 0. 1 975, BVerfGE 40, S. 237, 256 f. ; von Mutius, Widerspruchsverfahren, S. 144 ; Presting, DÖV 1 976, S. 269 ; Leitsätze für die Große Justizreform, Leitsatz G I Nr. 7, in: DRiZ 1 959, S. 346, 347; für Art 14 III GG: BVerfG, Beschl. v. 28. 1 0 . 1 958, BVerfGE 8, S. 240, 246; BGH, Urt. v. 9. 1 . 1 960, BGHZ 32, S . 1, 5; Urt. v. 30. 5 . 1 960, BGHZ 3 2 , S. 338, 343 ; Werner Weber, Eigentum und Enteignung, S. 3 3 1 , 396; Paetzold, Diss. S. 1 35 ; Zieg/er, bwWG, § 1 1 2, Rdnr. 16; allge­ mein: BVerfG, Beschl. v. 9.5 . 1 975. BVerfGE 35, S. 65, 7 3 ; Dietz / R ichardi, BetrVG, § 76, Rdru. 79; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 202, ff. ; dcrs., DB 1 972. S. 383, 3 8 9 ; vgl. auch G . Müller. Festschrift fü r Barz, S . 489, 506 f. ; anders: Kniesch, N J W 1 958, S. 576. 5 7 7 für Art 1 9 IV GG.

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4. Abschnitt: Die rechtliche Zulässigkeit

lieh unbegrenzt offen steht. Sie verbieten dem Gesetzgeber folglich nicht, Kla­ gefristen einzuführen. 1 0 Ganz allgemein läßt sich feststellen : die Rechtsschutzgarantien schließen nicht aus, daß die Anrufung der Gerichte von bestimmten formalen Voraus­ setzungen abhängig gemacht wird. 1 1 Die Garantien werden vielmehr erst dann verletzt, wenn ein effektiver Gerichtsschutz nicht mehr möglich ist, d.h. wenn der Anspruch des Bürgers auf Rechtskontrolle eine unzumutbare , aus Sach­ gründen nicht mehr zu rechtfertigende Einschränkung erfährt. 1 2 Das ist etwa der Fall, wenn die Dauer des Vorverfahrens völlig ungewiß ist und dadurch die Anrufung des Gerichts auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben wird. Denn der Rechtsweg zu den Gerichten darf nur zeitweilig ausgeschlossen sein. 1 3 Es muß deshalb möglich sein, den Richter auch dann anzurufen, wenn die Vorverfah­ rensstelle ein Vorverfahren nicht in angemessener Zeit beendet. 14 Andererseits muß den Betroffenen ausreichende Zeit zur Erlangung richterlichen Rechts­ schutzes verbleiben. Nach Abschluß des Vorverfahrens vorgesehene Klage­ fristen dürfen deshalb nicht so kurz bemessen sein, daß ein sachlich begründetes Rechtsschutzgesuch nicht rechtzeitig angebracht werden kann. 1 5 Zusammen­ fassend ist zu sagen : die Gerichtsschutzgarantien setzen zwar Grenzen, die bei der Ausgestaltung des Vorverfahrens zu beachten sind, sie schließen Vorver­ fahren aber nicht aus. II. Vereinbarkeit mit Art 92 GG Wesentlich problematischer ist die Vereinbarkeit außergerichtlicher Vorver­ fahren mit Art 92, 1 . Halbsatz GG, wonach die rechtsprechende Gewalt den Richtern anvertraut ist.

10 BVerfG, Beschl. v. 1 2. 1 . 1 960, BVerfGE 1 0, S. 264, 268 ; Beschl. v. 1 7. 3. 1 959, BVerfGE 9, S . 1 94, 1 99 ; Beschl. v. 28. 1 0. 1 958, BVerfGE 8, S. 240, 246 ; Beschl. v. 23.2. 1956, BVerfGE 4, S. 387, 409; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerlchtsschutz, S. 1 24 u. 1 75 ff. mwN . ; Brügelmann / Förster, BBauG, § 1 5 7, Anm. IV, l a; Schlosser, Vereins- u. Ver­ bandsgerichtsbarkeit, S. 1 25 ; Ziegler (Fußn. 9). Ziegler wirft allerdings die Frage auf, ob die Frist auch verbindlich sein kann, wenn der Betroffene nicht über sie und ihren Beginn belehrt wurde. Vgl. auch G. Müller, Festschrift für Barz, S. 489, 507. 11 So vor allem BVerfG, Beschl. v. 1 2. 1 . 1 960, BVerfGE 1 0, S. 264, 268. 12 BVerfG, Beseht. v. 28. 1 0. 1 975, BVerfGE 40, S. 237, 25 7 ; Beseht. v. 1 2. 1 . 1 960, BVerfG 1 0, S. 264, 267 f. ; Beschl. v. 2.4. 1 9 74, BVerfGE 37, S. 93, 96 ; Beschl. v. 24. 1 2. 1 974, BVerfGE 3 7 , S. 1 50, 1 5 3 . 13 BVerfG, Beschl. v. 28. 1 0 . 1 975, BVerfGE 4 0 , S. 23 7, 25 7 ; BFH, Urt. v. 3 . 3 . 1 959, NJW 1 959, S. 1 3 39; Dütz (Fußn. 1 0), S. 1 24 u. 205 ; von Mutius, Widerspruchsverfahren, S. 144; Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art 1 9, Rdnr. 1 7. 14 Vgl. das in Fußn. 1 3 genannte Urteil des BFH. 1 5 BVerfG, Beschl. v. 28. 10. 1 95 8, BVerfGE 8, S. 240, 246 ; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 1 23 f. u. 1 75 ff. mwN.

A. Die Verfassungsmäßigkeit

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1. Die verschiedenen Interpretationen des Art 92 GG Art 92 GG wird sehr unterschiedlich interpretiert. 16 Die Vereinbarkeit der Vorverfahren mit Art 92 GG ist nicht nach allen Auslegungen problematisch, sondern nur, wenn man dem Begriff „rechtsprechende Gewalt" nicht formelle , sondern materielle Bedeutung beimißt und darüber hinaus Art 92 GG ein Rechtsprechungsmanapa/ des Richters entnimmt. 1 7 a ) Zur formellen und materiellen Interpretation des Begriffs ,,rechtsprechende Gewalt" Der Begriff „rechtsprechende Gewalt" wird von einer Reihe von Autoren im rein formellen Sinne ausgelegt. Rechtsprechung ist danach die von den Rich­ tern ausgeübte Tätigkeit. 1 8 Diese Autoren können sich darauf berufen , daß sowohl unter der Paulskirchenverfassung von 1 848 , als unter der Reichsver­ fassung von 1 8 7 1 und der Weimarer Verfassung der Begriff rech tsprechende Gewalt als die Summe der den Spruchgerichten zugewiesenen Funktionen in­ terpretiert wurde . 19 Nach dieser Auffassung hat Art 92 GG den Charakter einer reinen Organisationsnorm. 20 Die überwiegende Auffassung gibt dem Begriff dagegen eine materielle Be­ deutung. 21 Sie begründet das vor allem damit, daß Art 92 GG bei formeller Auslegung tautologischen Inhalt annehme . Denn Art 92 GG , 1 . Halbsatz GG laute dann : Die richterliche Gewalt ist den Richtern anvertraut. 22 Den Vertretern der materiellen Auffassung ist es allerdings bisher nicht ge­ lungen zu klären, nach welchen Kriterien der Begriff „rechtsprechende Ge­ walt" i.S. des Art 92 GG abzugrenzen ist. 23 16

Vgl. dazu BGH, Urt. v. 1 4. 1 2. 1 966, JR 1 967, S. 1 84 mwN. " Vgl. dazu Dütz (Fußn. 1 0), S. 20 1 . 18 So Zinn, DÖV 1 949, S. 278; Süsterhenn / Schäfer, Verfassung für Rheinland-Pfalz, Vorbern. zum V. Abschnitt; Gossrau. NJW 1 958, S. 929 ff. 19 Vgl. Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art 92, Rdnr. 2 ; Möllinger, AÖR 80 ( 1 955 / 56), S. 276, 278; Feucht, Vorschaltung, S. 23 mwN. 20 s. Schmidt-Bleibtreu / Klein (Fuf�n. 1 9). 21 BVerfG, Urt. v. 6.6. 1 967, BVerfGE 22, S. 49, 76 f. ; Kirchhof, Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerfG, Bd. II, S. 50 ff; Holtkotten, Bonner Kommentar, Art. 92 GG, Erl. l b (S. 3); Leibho/z / Rinck, GG, Art 92, Anm. l ; Stern, Staatsrecht, Bd. I, S . 659, von Münch / Meyer, GG, Art 92, Rdnr. 6 ff. ; siehe ferner die in den folgen­ den Fußn. genannte Literatur. 22 Feucht, Vorschaltung, S. 35 f. ; Lotze, NJW 1 956, S. 1 540, 1 54 l ; Möllinger (Fuß­ note 1 9), S. 285 ff. ; Leibholz / Rinck (Fußn. 1 9), Rdnr. l . 23 Vgl. BGH Urt. v . 1 4. 1 2. 1 966, JR 1 96 7 , S. 1 83, 1 8 5 ; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 92, Rdnr. 27 ff. ; Gossrau, NJW 1 958, S. 929, 93 1 ; Schmidt-Bleibtreu / Klein (Fußn. 1 9), Rdnr. 2 u. 3; Haas, DVBI. 1 95 7 , S. 368, 3 7 l ; Leibholz / Rinck, GG, Art. 92, Rndr. l .

4. Abschnitt: Die rechtliche Zulässigkeit

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Drei materielle Definitionen des Begriffs Rechtsprechung stehen im Vorder­ grund: 24 Die eine, als deren Hauptvertreter Richard Thoma angesehen werden kann, definiert Rechtsprechung als „verselbständigten Ausspruch dessen, was in Anwendung des geltenden Rechts auf einen konkreten Tatbestand rech­ tens" 25 ist. 26 Für die zweite, vor allem von Friesenhahn vertretene Ansicht , ist darüber hinaus notwendiges Wesensmerkmal der Rechtsprechung, daß die Rechtsfeststellung, die Streitentscheidung, durch einen unbeteiligten Dritten erfolgt. 27 Die dritte, von Adolf Arndt ausgehende Meinung verlangt, daß die Rechtsfeststellung verbindlich sei , also auch gegen den Willen eines Verfah­ rensbeteiligten diesem gegenüber in Rechtskraft erwachse. 28 Weitgehende Einigkeit besteht jedoch darüber, daß die Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vermögensrechtlicher Art Rechtsprechung i.S. des Art 92 GG sei. 29 Das Bundesverfassungsgericht hat sich der materiellen Auslegung ange­ schlossen, ohne den Inhalt des Begriffs „rechtsprechende Gewalt" näher zu definieren. Es führte aber aus, daß jedenfalls die Ausübung der Strafgerichts­ barkeit und die Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten unter den Begriff falle. 30

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Vgl. zu den einzelnen Theorien: A chterberg, JZ 1969, S. 354, 355 .f " Thoma, Handbuch, Bd. II, § 7 1 (S. 108 ff.). 26 Menger, Verwaltungsrechtlicher Rechtsschutz, S. 40 ff. ; Fleiner, Institutionen, § l I (S. 4 ); ähnlich A ch terberg (Fußn. 24 ), S. 356; weitere Nachweise bei: Dütz, Rechtsstaat­ licher Gerichtsschutz, S. 90, Fußn. 3 71. " Friesenhahn, Festschrift für Thoma, S. 21, 26 f. ; Forsthoff, Lehrbuch, § l , l (S. 5 f. ) ; Ule, JZ 195 8, S. 628, 6 29 mwN.; Habscheid, Freiw. Gerichtsbarkeit, § 5 II (S. 23 f. ); von Mangoldt, GG, Vorbern. vor Art 92, Bern. 3 ; Holtkotten, Bonner Komm. , Art 92 GG, Anm. II, 1 b; Wintrich, Festschrift für Nawiasky, S. 191, 203 ; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 9.11.1955 , BVerfGE 4, S. 33 I, 346 ; Beschl. v. 9.5.1962, BVerfGE 14, S. 56, 59; Beschl. v. 24. 1 1 . 1 964, BVerfGE 18, S. 241, 25 5 ; Beschl. v. 8. 2.1967, BVerfGE 21, S. 139, 145; weitere Nachw. bei Dütz (Fußn. 26), S. 89, Fußn. 369; Feuch t, Verschaltung, S. 37 und Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art 19, Rdnr. 29, Fußn. J . 28 Arndt, DVBJ. 195 1, S. 297 mwN.; ders. NJW 1959, S. 605 , 607 ; ders. NJW 1959, S. 1 230; Bettermann, Festschrift für Friedrich Lent, S. 17, 24; Hamann / Lenz, GG, Art. 92 Anm. B 1 b; Wintrich, Festschrift für Nawiasky, S. 1 9 1, 203 ; Bender, Verfassungs­ mäßigkeit des Verwaltungsstrafverfahrens, S. 28 f. ; vgl. auch BGH, Urt. v. 19.2. 1962, BGHZ 36, S. 379, 393; Urt. v. 14. 12. 1966, DB 1967, S. 16 1; weitere Nachw. bei Dütz (Fußn. 26), S. 9 1 , Fuf.ln. 375. 2 • BVerfG, Urt. v. 9.5. 1962, BVerfGE 1 4, S. 56, 66; BGH, Urt. v. 9.1. 1960, BGHZ 32, S. l , 5; Urt. v. 14. 12. 1966, DB 1967, S. l 6 l ; Schmidt-Bleibtreu / Klein , GG, Art. 92, Anm. 3 ; Leibholz I R inck, GG, Art. 92, Rdnr. I; Feucht, Vorschaltung, S. 42 f. ; Bachof, VVdStR L Heft 1 4 ( l 956), S. 174, 178 f. ; Baur, DNotZ 1955, S. 507, 5 1 2; weitere Nachw. bei Feucht (Ful�n. 27). 30 BVerfG, Beschl. v. 9.5 . 1 96 2, BVerfGE 1 4, S. 56, 66; Urt. v. 6.6. 1967, BVerfGE 22, S. 49, 76 f.

A. Die Verfassungsmäl�igkeit

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b) Zum Rechtsprechungsmonopol des Richters Streitig ist auch, wie das Wort „anvertraut" auszulegen ist. Die einen sehen in Art 92 GG eine Rechtsweggarantie. Die Vorschrift erfordere lediglich, daß der Richter das letzte Wort habe. 31 Nach weitverbreiteter Ansicht weist die Vorschrift dem Richter jedoch ein Rechtsprechungsmonopol zu: der Richter müsse nicht nur das letzte, sondern auch das erste Wort haben. 32 Die letztere Ansicht wird auch vom Bundesverfassungsgericht vertreten, bisher allerdings nur für den Bereich der Strafgerichtsbarkeit : nur der Richter dürfe Kriminal­ strafen aussprechen, insoweit statuiere Art 92 GG ein Rechtsprechungsmono­ pol. 33 Prüft man unter Berücksichtigung der verschiedenen Theorien, inwieweit Vorverfahren mit Art 92 GG vereinbar .sind, so gelangt man zu folgenden Er­ gebnissen. 2. Art. 92 GG und Vorverfahren, in denen keine verbindliche Entscheidung getroffen wird Keine Probleme bereiten Vorverfahren, die lediglich auf eine Vermittlung abzielen, bei denen die Vorverfahrensstelle also keine sachliche Entscheidung fällt . Solche Vorverfahren sind z.B. die Verfahren vor den Schiedsmännern, der ÖRA Hamburg und der Anwaltskammer. 34 In diesen Fällen liegt sowohl nach der formellen als auch nach der materiel­ len Theorie keine Rechtsprechung vor. Für die materielle Theorie deshalb, weil das „Element der Entscheidung . . . , der Feststellung und des Ausspruchs des­ sen, was rechtens ist," 35 fehlt. Gleiches muß auch gelten, wenn die Vorverfahrensstelle einen förmlichen Einigungsvorschlag unterbreitet, diesem aber nur dann Wirkung zukommt , wenn die Parteien ihn zum Inhalt eines Vergleichs machen. Auch hier fehlt eine Entscheidung, da dem Einigungsvorschlag jegliche Verbindlichkeit abgeht . Es liegt vielmehr nur eine Beratung, ein Rechtsgutachten vor. Für die Rechtsbera-

3 1 Jahrreis, Recht, Staat, Wirtschaft, Bd. II, S. 203, 2 1 2 f. ; BGH, Urt. v. 2 1 .4. 1 959, NJW 1 959, S. 1 230, 1 23 1 ; Gutachten v. 6. 1 1 . 1 95 3 , BGHZ 1 1 , Anh. S. 34, 5 1 ; von Münch/ Meyer, GG, Art. 92, Rdnr. 8; so wohl auch Bettermann, NJW 1 95 7 , S. 1 497, 1 499. 2 BGH, l.lrt. v. 1 4. 1 2. 1 966, JR 1 967, S. 1 84, 1 85 ; BVerwG, Urt. v. 1 3.6. 1 959, NJW 3 1959, S. 1 5 07 , 1 5 08, Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 92, Rdnr. 1 ; Hamann / Lenz , GG, Art. 92, Anm. 3; Leibholz /Rinck, GG, Art. 92, Rdnr. 1 u. 3 ; Feucht, Vorschaltung, S. 42. 3 3 BVerfG, Urt. v. 6.6. 1 967, BVerfGE 22, S. 49, 8 1 ; Beseht. v. 4.7. 1 967, BVerfGE 22, S. 1 25 , l 32 f. 34 Siehe dazu im 2. Abschnitt unter A 1 7 u. 3a. 3 5 Ipsen, ZPR 1 97 7 , S. 1 39, 1 4 1 .

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4. Abschnitt: Die rechtliche Zulässigkeit

tung besteht aber kein Monopol des Richters 36 , sie obliegt beispielsweise auch - und vor allem - den Rechtsanwälten 37 . Infolgedessen sind die Vorverfahren des PflversG , des UWG und des ArbGG ebenfalls ohne weiteres mit Art 92 GG zu vereinbaren. 3. Art 92 GG und Vorverfahren, die mit einer Entscheidung enden, die verbindlich werden kann Unter den Vorverfahren befinden sich aber auch solche, in denen die Vor­ verfahrensstelle eine Entscheidung trifft, welche verbindlich wird, wenn die Parteien sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist anfechten. 3 8 Sieht man mit der h.M. die Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkei­ ten als rechtsprechende Gewalt i.S. des Art 92 GG an und legt man diese Ver­ fassungsbestimmung als Richtervorbehalt aus. so liegt es nahe, Vorverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die mit einer Entscheidung enden, als mit Art 92 GG unvereinbar anzusehen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Vor­ verfahren vor staatlichen Stellen stattfinden. 39 Erstaunlicherweise wird diese Meinung aber nur von wenigen vertreten : von Achterberg für das Vorverfahren des Erstattungsgesetzes, von Wolff/ Bachof für das jagdrechtliche Vorverfahren, von Galperin und Krüger für das Vorver­ fahren des Betriebsverfassungsgesetzes, von Feucht für alle Vorverfahren. 40 Die herrschende Meinung dagegen hält Vorverfahren für verfassungsmäßig. 4 1 36 Ebenso: /psen (Fußn. 35), S. 1 4 0 f. ; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 205 ; Holtkotten, Bonner Komm. , Art. 92 GG, Erl. l b (S. 4); Schmidt-Bleib treu / Klein, GG,

Art. 92, Rdnr. 6; OLG München, Beschl. v. 29. 1 2. 1 976, DB 1 977, S. 865. 37 Vgl. dazu das RechtsberatungsG v. 1 3. 1 2. 1 935 (RGBI. I S. 1 478). 38 Ausführlich dazu im 9. Abschnitt. 39 Nach h.M. läßt nämlich Art 92 GG nichtstaatliche Entscheidungsgremien ohne wei­ teres zu, das gilt z.B. für die privaten Schiedsgerichte, vgl. /psen, ZRP 1 97 7 , S. 1 3 9, 1 4 1 ; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 203; Ho/tkotten, Bonner Komm., Art 92 GG, Erl. l b (S. 4); Stern, Staatsrecht, S. 660; OLG München, Beschl. v. 29. 1 2. 1 976, DB 1 977, s. 865 . 40 Achterberg, JZ 1 969, S. 354, 3 5 8 ; Wo/ff / Bachof, VerwR I, § 4 7 I b 3 (diese Auto­ ren bezweifeln allerdings nur die Verfassungsmäßigkeit, ohne sich endgültig festzulegen ) : Galperin , Regierungsentwurf, S. 5 0 ; Krüger. Regierungsentwurf, S. 3 8 , 5 9 ; Feucht, Vor­ schaltung, S. 42, Vgl. auch Schule, Staats- und verwaltungswissensch. Beiträge, S. 277, 280, der die Vereinbarkeit der Vorverfahren mit Art 92 GG ausdrücklich offen läßt. 41 BVerfG, Urt. v. 1 . 7. 1 95 3 , BVerfGE 2, S. 380; BVerwG , Urt. v. 24. 1 . 1 95 7 , BVerwGE 4, S . 25 1 , 25 3 ; BGH , Urt. v. 9. 1 . 1 960, BGHZ 3 8 , S . l , 5 ; Stein / Jonas / Pohle, ZPO, vor § 1 , Bern. II B 2 ; Baumbach / Lauterbach / A lbers / Hartmann, ZPO, § 1 3 GVG, Anm. 2 B; Bachof, ZZP 65 ( 1 95 2), S . l , 9 ff. ; Bettermann, NJW 1 95 7 , S. 1497, 1 49 9 ; spe­ ziell für das Vorverfahren des ArbEG: Volmer, ArbEG, § 3 7 , Rdnr. 1 ; für das Betr VG: GK- Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 49 ; Fitting / Auffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 3 7 ; Dietz / Richardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 4 1 ; Galperin / Löwisch, BetrVG, § 76, Rdnr. 4 ; Dütz . Gerichtliche Überprüfung, S . 64 ; ders., D B 1 972, S. 383, 389 f. ; Hersehe/, ArbuR 1 974, s. 25 i.

A. Die Verfassungsmäßigkeit

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Zur Begründung der h.M. wird vielfach angeführt, Art 92 GG sei Genüge getan, wenn der Richter das letzte Wort habe. 42 So argumentiert auch der Bundesgerichtshof. 43 Diese Ansicht steht allerdings in einem gewissen Wider­ spruch zu der weitverbreiteten Meinung, Art 92 GG beinhalte ein Rechtspre­ chungsmonopol des Richters, einer Ansicht, der sich - für die Strafgerichtsbar­ keit - auch das Bundesverfassungsgericht angeschlossen hat. 44 Hauptargument der h.M. aber ist, daß die Entscheidung der Vorverfahrens­ stelle für die Gerichte nicht verbindlich sei und deshalb keine Rechtsprechung im materiellen Sinne darstelle. Das Rechtsprechungsmonopol des Richters werde also gar nicht berührt. 45 Auch dieses Argument ist angreifbar. Es ist schwer zu vereinbaren mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach Strafbescheide der Finanzämter verfassungswidrig sind. 46 Denn auch diese Bescheide waren für die Gerichte unverbindlich: sie unterlagen der vollen Nachprüfung durch die Gerichte, wenn der Betroffene diese anrief. Achterberg wendet gegen dieses Argument weiter ein, daß auch die Entscheidungen der unteren Gerichte grundsätzlich durch die Rechtsmittelgerichte voll überprüft werden könnten und insofern „unverbindlich" seien. Dennoch behaupte nie­ mand, die unteren Gerichte übten keine Rechtsprechung aus. 47 Trotz dieser Bedenken ist der h.M. im Ergebnis zuzustimmen. Dem Einwand Achterbergs ist entgegenzuhalten, daß die Tätigkeit der Gerichte in den ver­ schiedenen Instanzen als Einheit beurteilt werden muß. Es ist ja auch allge­ mein anerkannt, daß Rechtsprechung i.S. des Art 92 GG nicht nur die Ent­ scheidung selbst ist, sondern auch die dieser vorangehenden vorbereitenden Akte - wie z.B. die Beweisaufnahme -- dazu zu rechnen sind. 48 Vor allem aber spricht für die h.M. folgende Überlegung: Die Verbindlich­ keit des Richterspruches beruht darauf, daß dieser feststellt, was „rechtens" ist . 49 Der Spruch der Vorverfahrensstelle dagegen ist seinem Wesen nach ein Einigungsvorschlag, der keinen Anspruch darauf erhebt, die Rechtslage rich­ tig zu beurteilen. Wenn er verbindlich wird, so beruht das primär darauf, daß die Rechtsordung unterstellt, die Parteien billigten den Vorschlag und wollten sich auf seiner Grundlage einigen. Das kommt besonders deutlich beim Vor­ verfahren des ArbEG zum Ausdruck. § 34 III ArbEG bestimmt, daß der Spruch 42 Stein / Jonas / Pohle (Fußn. 41 ) ; Bachof (Fußn . 41 ) ; Dietz / Richardi (Fußn. 4 1 ) ; Hersehe/ (Fußn. 4 1 ) . 43 Urt. v . 9. 1 . 1 960, BGHZ 32, S. 1 , 5 unter Berufung auf das BVerfG, Beschl. vom 23.2. 1 956, BVerfGE 4, S. 387, 409. 44 s. dazu Fußn. 3 2 und 3 3 . 45 So vor allem B G H , Entsch. v. 9. 1 . 1 960, BGHZ 3 2, S. 1 , 5 ; Dütz , DB 1 972, S: 3 8 3 , 389. 46 BVerfG, Urt. v. 6.6. 1 96 7 , BVerfGE 22, S. 49 ff. 47 JZ 1 969, S. 354, 356. 48 So z.B. Maunz / Dürig / Herzog / Scholz , GG, Art. 92, Rdnr. 64. 49 s. Jpsen, ZRP 1 97 7 , S . 1 3 9, 1 4 1 ; vgl. auch die Nachweise oben in Fußn. 25 und 26.

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4. Abschnitt : Die rechtliche Zulässigkeit

als angenommen und eine dem Inhalt des Vorschlages entsprechende Verein­ barung als zustande gekommen gilt, wenn die Parteien nicht binnen einer be­ stimmten Frist Widerspruch einlegen. so Letzten Endes unterscheidet sich also auch der Einigungsvorschlag, der verbindlich werden kann, nur unwesentlich von dem absolut unverbindlichen Einigungsvorschlag, wie er im UWG oder PflversG vorgesehen ist : 51 A lle im Vorverfahren ergehenden Sachentscheidun­ gen zielen auf einen gütlichen Ausgleich ab. Ihr Zweck ist zu vermitteln und nicht festzustellen, was rechtens ist. Deshalb stellen alle Sachentscheidungen der Vorverfahrensstellen keine Rechtsprechung im materiellen Sinne dar. Die Vorverfahrensentscheidungen unterscheiden sich insofern von den Straf­ bescheiden der Finanzämter: Strafen können nicht Gegenstand einer gütlichen Einigung sein. Die Verhängung einer Strafe schließt daher die Feststellung ein, diese Strafe sei „rechtens". Es ist somit gerechtfertigt, die Verfassungsmäßig­ keit der im Vorverfahren ergehenden Entscheidungen anders zu beurteilen als die der von den Finanzämtern erlassenen Strafbescheide. Für die Richtigkeit der h.M. spricht auch, daß sie Vorverfahren vor staat­ lichen und nichtstaatlichen Stellen gleich behandelt. Nach fast völlig herrschen­ der Auffassung berührt Art 92 GG nicht private Streitentscheidungen. 52 Art 92 GG würde folglich nur Vorverfahren vor staatlichen Stellen ausschließen. Das erscheint aber wenig sinnvoll, da die Vorverfahren vor staatlichen Stellen regelmäßig besser geregelt sind und eher rechtsstaatlichen Anforderungen ge­ nügen als die vor privaten Gremien. 53 Als letztes, doch nicht weniger gewichtiges Argument ist noch anzuführen, daß Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit schon bei Schaffung des Grundgesetzes in erheblichem Umfang vorhanden waren. Es gab z.B. da­ mals bereits die Vorverfahren des ArbGG, der StrandO, des ErstG, des UWG und des Jagdrechts. Auch die Entschädigungsgesetze sahen vielfach Vorverfal1ren vor. 54 In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß das Bundes­ verfassungsgericht Art 92 GG historisch auslegt 5 5 : das Gericht interpretiert die Vorschrift als einen Richtervorbehalt für die „traditionellen Kernbereiche so Ähnlich die Vorverfahren des NTS-AG und der \TOB. Näheres unten im 9. Abschnitt unter A II 2a u. C III. 5 1 siehe dazu oben unter 2. 52 s. dazu oben Fußn. 39. Art 9 2 GG habe nämlich die Aufgabe, die Judikative von den übrigen staatlichen Gewalten, der Legislative und der Exekutive, abzugrenzen. So z.B. Holtkotte11, Bonner Komm. , Art 9 2 GG, Erl. 1 a u. 1 b sowie 1 d a; Maunz / Dürig / Her­ zog / Scholz, GG, Art 92, Rdnr. 1 ff. ; von Münch / Mayer, GG, Art 92, Rdnr. 3. 5 3 Vgl. Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz , S . 205 f. ; ders., Gerichtliche Überprü· fung, S. 64. 54 siehe die Übersichten des BVerfG in den Entscheidungen v. 2 3 . 2. 1 95 6 , BVerfGE 4, S. 387, 409, u. v. 28. 1 0. 1 95 8 , BVerfGE 8, S . 240, 246 f. Vgl. auch das Urt. v. 1 . 7. 1 95 3 , BVerfGE 2 , S. 3 8 0 ff. 55 BVerfG, Urt. v. 6.6. 1 96 7 , BVerfGE 22, S . 49, 77 f. Hervorhebung durch den Verf. .

A. Die Verfassungsmäfögkeit

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der Rechtsprechung". Es fällt daher schwer, in dem herkömmlichen Rechts­ institut der Vorverfahren einen Verstoß gegen Art 92 GG zu sehen. Als Ergebnis ist somit festzuhalten : Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit sind mit Art 92 GG vereinbar . III. Vereinbarkeit mit Art . 20 II und 1 0 1 I GG

1. Aus den Ausführungen zur Art 92 GG ergibt sich zugleich, daß Vorver­ fahren, soweit sie vor Verwaltungsbehörden stattfinden, auch nicht gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz des Art 20 II GG verstoßen. Art 92 GG präzisiert nämlich Art 20 II GG, so daß sich aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz kein über Art 92 GG hinaus reichender Richtervorbehalt ergeben kann. 56 2 . Es ist weiterhin zu prüfen, ob Vorverfahren gegen Art 10 1 I GG ver­ stoßen, wonach Ausnahmegerichte unzulässig sind und niemand seinem ge­ se tzlichen Richter entzogen werden darf. Die Vorverfahrensstellen sind keine Gerichte . Es ist anerkannt, daß bei der Feststellung, ob eine Institution ein Gericht darstellt, in erster Linie darauf abzustellen ist, ob ein Gericht errichtet werden sollte . 57 Eine solche Absicht liegt der Einrichtung von Vorverfahrensstellen nicht zugrunde : Vorverfahren sollen nämlich per difinitionem den Gerichten vorgeschaltet sein. 58 Sind die Vorverfahrensstellen aber keine Gerichte , so können sie auch keine Ausnahme­ gerichte sein. 59 Die Vorverfahren verstoßen deshalb nicht gegen Art 101 I Satz 1 GG . Manche Autoren sehen in den Vorverfahren einen verfassungswidrigen Ent­ zug des gesetzlichen Richters ; die Vertreter dieser Meinung entnehmen Art 1 0 1 I S. 2 GG, dem Richter gebühre in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten bereits das erste Wort . 60 Sie begründen ihre Ansicht demnach mit den gleichen Argumenten, welche oben6 1 in Zusammenhang mit Art 92 GG erörtert wurden. Deshalb ist die Meinung, Art 1 0 1 I S . 2 GG schließe außergerichtliche Vorver­ fahren aus, ebenso abzulehnen wie die Ansicht , Vorverfahren seien wegen Art 92 GG verfassungswidrig. Vorverfahren sind vielmehr auch dann mit Art 101 56 Maunz / Dürig / Herzog / Scholz. GG , Art 92, Rdnr . 46 mwN. u. 5 5 f. ; Holtkotten , Bonner Komm., Art 92 GG, Erl. 1 a u. b; Hamann / Lenz , GG , Art 92, Anm. B 1 . 5 7 BVerfG, Beschl. v. 9.5 . 1 962, BVerfGE 1 4 , S . 5 6 , 6 5 f. 5 8 s. dazu oben im 1 . Abschnitt unter A 1 . 59 BVerfG, Urt. v . 1 7 . 1 2 . 1 95 3 , BVerfGE 3 , S . 2 1 3, 223 ; Beschl. v . 9.5 . 1 96 2 , BVerfGE 1 4, S. 5 6 , 7 2 ; Hamann / Lenz, GG, Art 1 0 1 , Anm. B 1 ; Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art 1 0 1 , Rdnr. 1 u . 6 . 60 S o vor allem Galperin . Das BetrVG 1 9 7 2 . S. 1 40 fü r das Vorverfahren d e s BetrVG ; weitere Nachweise bei Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 202. 1 • s. dazu oben unter II 2 u. 3.

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4. Abschnitt : Die rechtliche Zulässigkeit

I GG vereinbar, wenn sie den Zugang zum gesetzlichen Richter zeitweilig aus­ schließen. 62 Als Ergebnis ist festzuhalten, daß das Grundgesetz Vorverfahren in Streitig­ keiten der Zivilgerichtsbarkeit zuläßt.

B. Die gesetzliche Zulässigkeit der Vorverfahren I. Die Vereinbarkeit von Vorverfahren vor Verwaltungsbehörden mit den Gesetzesbestimmungen über die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte Eine Reihe von Vorverfahrensregelungen sieht ausdrücklich vor, daß die Zivilgerichte Entscheidungen aufueben , welche durch Verwaltungsbehörden erlassen wurden. 63 Derartige Vorschriften könnten einen unzulässigen Eingriff in die Kompetenz der Verwaltungsgerichte darstellen . Liest man die Entscheidung des Großen Senats des BGH im sogenannten „Sportplatzasche-Fall" , so ist man geneigt, derartige Vorschriften für unzulässig zu halten. Nach dieser Entscheidung dürfen nämlich Zivilgerichte nicht Akte der hoheitlichen Verwaltung aufueben, weil sie sonst in den Zuständigkeits­ bereich der Verwaltungsgerichte übergriffen. Die Zivilgerichte seien deshalb bei Amtshaftungsklagen aus Art 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB entgegen dem Grundsatz der Naturalrestitution nur befugt, Schadensersatz in Geld zuzu­ sprechen.64 Diese Entscheidung bedeutet nicht, daß es den Zivilgerichten aus verfassungs­ rechtlichen Gründen verwehrt sei, Entscheidungen behördlicher Vorverfahrens­ stellen aufzuheben oder zu ändern . 65 Verfassungsrechtliche Einwände könnten nur erhoben werden, wenn das Grundgesetz den Verwaltungsgerichten garan­ tierte, für einen Kernbereich von Streitigkeiten zuständig zu sein, und die Ent­ scheidungen der Vorverfahrensstellen zu diesem Kernbereich gehörten . Bereits gegen die Annahme einer solchen Garantie sind schwere Bedenken zu erheben. 66 Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich entschieden, daß es kein „verfassungsrechtlich gesichertes Entscheidungsmonopol der Verwaltungs62 BAG, Urt. v. 1 8. 1 0. 1 96 1 , AP Nr. 1 zu § I I I ArbGG ; Götz Hueck, Anm. zu dieser Entsch. des BAG; Natzel, Berufsau sbildungsverhältnis, S. 1 6 2 ; Dütz (Fußn. 60), S. 201 ff. ; Sieg, Festschrift für Molitor , S. 3 5 7 , 3 5 9 ; A uffarth / Schönherr, ArbGG , § 1 1 1 , Anm. 2 ; Hueck / Nipperdey, Lehrbuch, Bd. I , S. 890, Fußn. 2 ; Grunsky, ArbGG, § 1 1 1 , Rdnr. 3 ; Volmer, ArbEG, § 3 7 , Rdnr. 1 ; Dietz / Richardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 4 1 ; Gnade, ArbuR 1 973 , S . 4 3 , 46 ; Hoffmann. ArbuR 1 97 1 , S. 27 1 , 276 . 63 siehe dazu im 1 0. Abschnitt unter A II 2 a. 64 BGH , Beschl. v. 1 9. 1 2. 1 960, BGHZ 34, S. 99, 105. 65 Ähnlich Heydt, JR 1 967, S. 1 69 ff. 66 Lüke, JuS 1 96 1 , S. 205 , 206, bejaht allerdings eine solche Garantie.

B. Die gesetzliche Zulässigkeit

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gerichte für alle öffentlich-rechtlichen Fragen" gebe. Es hat ausdrücklich offen gelassen, ob das Grundgesetz „die Verwaltungsgerichtsbarkeit auch in den Län­ dern institutionell garantiert und ob es dem gesetzgeberischen Ermessen bei der Zuweisung einer Materie an den einen oder anderen Zweig der Gerichtsbarkeit äußerste Grenzen setzt". 6 7 Der Bundesgerichtshof verneint eine Mindestkom­ petenz der Verwaltungsgerichte. 68 Die Ermächtigung der Zivilgerichte, Vorbescheide in Streitigkeiten der Zivil­ gerichtsbarkeit aufzuheben, stellt jedenfalls keinen Eingriff in den Kernbereich der Verwaltungsgerichte dar. Denn sie beruht auf sachlichen Gründen. 69 Diese Kompetenz der Zivilgerichte dient dazu, diesen Gerichten die sachliche Ent­ scheidung von Streitigkeiten zu ermöglichen , die ihnen typischerweise, her­ kömmlicherweise oder sogar aufgrund der Verfassung 70 obliegen. Die Befugnis der Zivilgerichte, Vorbescheide aufzuheben, hängt somit eng mit ihren sonsti­ gen Kompetenzen zusammen. 7 1 Das Recht der Zivilgerichte, Vorbescheide zu ändern, kann folglich nicht gegen das Grundgesetz , sondern allenfalls gegen einfaches Gesetzesrecht ver­ stoßen. Als verletztes Gesetz kommt allein die Generalklausel des § 40 I VwGO in Betracht . Diese Vorschrift gestattet jedoch sowohl dem Bundes- als dem Lan­ desgesetzgeber, die Zuständigkeit der Zivilgerichte zu begründen. 72 Infolgedessen verstoßen die eingangs erwähnten Vorschriften auch nicht gegen einfaches Gesetzesrecht, sie sind rechtlich nicht zu beanstanden . 73 II . Die Zulässigkeit landesrechtlicher Vorverfahrensregelungen § § 1 3 GVG und 2 ArbGG begründen die Zuständigkeit der Zivilgerichte für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten. Aus den Vorverfahrensregelungen ergibt sich für die dort behandelten Streitfälle eine weitere Zuständigkeit , nämlich die der Vorverfahrensstellen. Die Vorverfahrensregelungen stehen demnach in einem gewissen Gegensatz zu den Prozeßvorschriften. Mehrere dieser Regelungen beruhen allein auf Landesrecht, so z.B. die in den Enteignungsgesetzen der Länder vorhandenen Vorverfahrensregelungen, 67

BVerfG, Beschl. v. 23.5 . 1 956, BVerfGE 4, S. 387, 399. BGH , Beseht. v. 5 . 1 1 . 1 962, BGHZ 3 8 , S. 208, 2 1 1 . 69 s. dazu Lüke, JuS 1 96 1 , S . 205 , 206 . 10 s. Art. 14 I I I , Art 34 S. 3 GG. 7 1 Ebenso die Kompetenz der ordentlichen Gerichte, über Justizverwaltungsakte zu be­ finden ( § § 23 ff. EGGVG), gegen die keine verfa ssungsrechtlichen Bedenken erhoben wer­ den, s. Lüke (Fußn. 69). 7 2 siehe dazu auch Dütz, Gerichtliche Überprüfung, S . 88. 73 Vgl. dazu Meyer / Borgs, VwVfG, § 79, Rdm. 1 1 . 68

7 Preibisch

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4. Abschnitt: Die rechtliche Zulässigkeit

die Vorschriften über das Verfahren vor dem Schiedsmann, die Bestimmungen über das bayerische Abhilfeverfahren oder die Normen über die Vorverfahren des Feldordnungsrechts. 74 Bei diesen Regelungen erhebt sich die Frage, ob es dem Landesgesetzgeber gestattet ist, die bundesrechtlichen Prozeßvorschriften auf diese Weise zu ergänzen. Dem könnte Art 3 1 GG entgegenstehen, ferner § 14 EGZPO, der prozeßrechtliche Vorschriften der Länder grundsätzlich aus­ schließt. Die Frage stellt sich besonders für solche Vorverfahrensregelungen der Länder, welche den Zugang zu den Gerichten beschränken, indem sie die Durchführung des Vorverfahrens vorschreiben oder Klagefristen statuieren. Das trifft etwa für das bayerische AGZPOuKO und die Vorschriften über die Vor­ verfahren des Feldordnungsrechts zu. 75 Der Landesgesetzgeber kann sich gegenüber solchen Bedenken auf § 1 3 GVG berufen. Dort heißt es: „Vor die ordentlichen Gerichte gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten . . . , für die nicht . . . die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden . . . begründet ist . . . . "

Diese Bestimmung wird zwar heute durch die verfassungsrechtlichen Rechts­ schutzgarantien und Art 92 GG eingeschränkt, die es dem Gesetzgeber verbie­ ten, den Rechtsweg zu den Gerichten ganz auszuschalten. 76 Die Vorschrift hat aber auch heute noch insofern praktische Bedeutung, als sie den Landesgesetz­ geber ermächtigt, den Zugang zu den Gerichten in verfassungskonformer Weise dadurch zu beschränken, daß er Vorverfahren einführt. 77 Da es durchaus üblich ist, daß Vorverfahren obligatorisch sind und Klagefristen in Lauf setzen 78 , ist § 13 GVG dahin auszulegen, daß er dem Gesetzgeber auch derartige Vorschrif­ ten erlaubt. § 1 3 GVG begrenzt die Kompetenz des Landesgesetzgebers aber insoweit, als er nur Vorverfahren vor Verwaltungsbehörden gestattet. Die vor­ handenen landesrechtlichen Vorverfahrensregelungen beachten diese Schranke : Die Vorverfahren des Enteignungsrechts, des bayerischen AGZPOuKO, des Jagdrechts und des Feldordnungsrechts finden vor Behörden statt. Auch die ÖRA Hamburg und die ÖRA Lübeck sowie die Schiedsmänner sind staatliche Stellen. Für das bayerische Abhilfeverfahren stellt sich darüber hinaus die Frage seiner Verein­ barkeit mit § 4 EGZPO. Nach dieser Vorschrift darf die Landesgesetzgebung bei Ansprü­ chen gegen den Fiskus den Rechtsweg nicht ausschließen. § 4 EGZPO stellt also eine gesetzliche Rechtsweggarantie dar. Die Vorschrift steht folglich einer Vorverfahrensrege­ lung ebensowenig entgegen wie die verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantien.,. Näheres dazu im 2. Abschnitt unter A i i c und 6 b. s. dazu Fußn. 74. siehe hierzu oben unter A I u. II sowie im 1. Abschnitt unter B II 1 ; so auch Stein / Jonas / Pohle, ZPO, vor § 1 , Bern. II 2. 77 s. Baumbach / Lauterbach / A lbers / Hartmann, ZPO, § 13 GVG Anm. 2 B ; Stein / Jonas / Pohle, a.a.O. 78 siehe dazu unten im 8. und 9. Abschnitt. 79 Näheres oben unter A 1 . 74

75 76

B. Die gesetzliche Zulässigkeit

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Die vorhandenen landesrechtlichen Vorschriften über Vorverfahren sind somit rechtlich zulässig. III. Die Zulässigkeit satzungsrechtlicher Vorverfahrensregelungen

Ein Teil der Vorverfahren beruht überwiegend auf Satzungsrecht. Das gilt vor allem für die Vorverfahren bei den Innungen und Kammern des Handwerks, bei den Kammern der freien Berufe 80 und bei den „freiwilligen Einigungsstel­ len der Industrie- und Handelskammern" 81 • Allerdings haben auch diese Vorverfahren in gewissem Umfang eine gesetzliche Grundlage. In § 9 1 Nr. 1 0 der Handwerksordnung (HandwO) heißt es z.B . : „Aufgabe der Handwerkskammer ist insbesondere, Vermittlungsstellen zur Bereinigung von Streitigkeiten zwischen Handwerkern und ihren Auftraggebern einzurichten."

Ähnliche Bestimmungen finden sich in § 54 III Nr. 3 HandwO für die Handwerksinnungen, in § 73 II BRAO für die Rechtsanwaltskammern, sowie in den Gesetzen über die Ärztekammern 82 und in § 1 II des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern für diese Kammern 83 . Die Einzelheiten der genannten Vorverfahren sind jedoch in Satzungen ge­ regelt. Derartige Satzungsbestimmungen sind grundsätzlich unbedenklich, soweit die Vorverfahren auf freiwilliger Basis durchgeführt werden. Die sat­ zungsrechtlichen Vorverfahrensbestimmungen sind dann durch die Satzungs­ gewalt der betreffenden Institution gedeckt. Die genannten Gesetzesvorschrif­ ten zeigen nämlich, daß sich die Institutionen innerhalb ihrer Regelungsbefug­ nis bewegen, wenn sie Vermittlungsstellen einrichten. Bedenken wären aber zu erheben, wenn die Satzungen die Durchführung des Vorverfahrens vorschrieben. Die Satzungsgewalt erstreckt sich nämlich nur auf die Mitglieder der betreffenden Körperschaft. An den Streitigkeiten ist jedoch regelmäßig auch ein Nichtmitglied beteiligt. In diesen Fällen ist der Satzungs­ geber nicht befugt, ein für beide Seiten obligatorisches Vorverfahren vorzu­ sehen. Es verwundert deshalb nicht, daß die vorhandenen auf Satzungsrecht beruhenden Vorverfahren alle freiwilliger Natur84 sind. 85 80

siehe im 2. Abschnitt unter A I 4 b. s. 2. Abschnitt unter A I 3 d. Zur Zulässigkeit der freiwilligen Einigungsstellen neben dem Vorverfahren des § 27 a UWG s. Lukes, Festschrift für Nipperdey, Bd. II, S. 365, 3 7 1 ff. 82 z.B. in § 4 I Nr. 4 u. § 16 des Berliner Gesetzes über die Kammern und die Berufs­ gerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker v. 1 8 . 1 2. 1 96 1 (GVBJ. S. 1 75 3 ). 83 vom 1 8 . 1 2. 1 95 6 (BGBJ. I S. 920). 84 siehe im 8. Abschnitt unter A II. 85 Es muß auch bezweifelt werden, daß der Satzungsgeber ohne ausdrückliche gesetz­ liche Ermächtigung einseitig den Mitgliedern die Durchführung des Vorverfahrens in Strei81

7•

1 00

4. Abschnitt: Die rechtliche Zulässigkeit

Aus der satzungsrechtlichen Grundlage ergeben sich noch weitere Schran­ ken für die Ausgestaltung des Vorverfahrens : Die Satzung kann Streitbeteiligte, die nicht Mitglied der Berufskammer sind, z.B. nicht verpflichten, vor der Vor­ verfahrensstelle zu erscheinen. IV. Die Zulässigkeit vertraglicher Vorverfahrensregelungen Vorverfahren können ihre Rechtsgrundlage auch in Verträgen haben. Als Beispiel sei hier das Vorverfahren der VOB genannt. 86 Dieses Vorverfahren beruht auf einer Vereinbarung der Streitbeteiligten. Es gibt aber auch Vorver­ fahren, die auf Absprachen von Dritten zurückgehen. Das gilt u.a. für die Schlichtungsstellen der Ärztekammern für Arzthaftpflichtfragen. 8 7 Grundlage dieser Vorverfahren sind Absprachen zwischen den einzelnen Landesärzte­ kammern und dem von der Versicherungswirtschaft gegründeten HUK-Ver­ band. 88 Derartige Absprachen können allerdings die einzelnen Streitbeteiligten nicht binden. Deshalb sind solche Vorverfahren immer freiwilliger Art. 89 Dagegen können die Streitbeteiligten selbst durchaus vereinbaren, daß das Vorverfahren durchgeführt werden muß, bevor geklagt werden kann. Es ist heute anerkannt, daß Verträge zulässig sind, in denen sich die Parteien zu einem bestimmten prozessualen Verhalten verpflichten. Die Parteien können sich insbesondere verpflichten, nur unter bestimmten Voraussetzungen zu kla­ gen.90 Im übrigen folgt die Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen mittelbar auch aus § § 1025 ff. ZPO . Wenn der Gesetzgeber es zuläßt, daß die Parteien vertraglich den Weg zu den staatlichen Gerichten ausschließen und Schiedsge­ richte vorsehen, so muß es erst recht zulässig sein, dem staatlichen Richter eine andere Instanz vorzuschalten. 9 1 Nur auf dem Gebiet des Arbeitsrechts ist zweifelhaft, ob die Streitbeteilig­ ten ein obligatorisches Vorverfahren vereinbaren können. Diese Streitfrage gehört jedoch nicht zu den allgemeinen Problemen außergerichtlicher Verfah­ ren, sie betrifft vielmehr allein vertraglich vereinbarte Vorverfahren des Arbeitstigkeiten mit Nichtmitgliedern zur Pflicht machen kann. Vgl. hierzu die Ausführungen im 1 5 . Abschnitt unter C IV. 86 s. im 2. Abschnitt unter A I 4 e. 87 s. im 2. Abschnitt unter A I 4 b ee. 88 Vgl. für die Münchner Schiedsstelle den Bericht in „Frankfurter Rundschau" vom 28.4. 1 975 ; für die Schiedsstelle in Hannover § 1 I der Geschäfts- und Verf.O. dieser Schiedsstelle, wonach sich die norddeutschen Ärztekammern und der HUK-Verband zu einer BGB-Gesellschaft zusammenschließen, um die Schlichtungsstelle zu betreiben. 89 Näheres im 8. Abschnitt unter A II. 9 0 BGH , Urt. v. 20. 1 2. 1 972, BGH Z 60, S . 85 , 8 9 ; Urt. v. 22. 1 1 . 1 962, BGHZ 38, s. 254, 258. 9 1 Vgl. dazu auch Sieg, VersR 1 96 5 , S. 629, 6 3 1 .

B. Die gesetzliche Zulässigkeit

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rechts. Es ist daher nicht Aufgabe dieser Arbeit, eine Lösung aufzuzeigen. 92 Dennoch soll die Problematik im folgenden kurz angesprochen werden, um zu zeigen, welchen Bedenken vertraglich vereinbarte Vorverfahren im Einzelfall begegnen können. Anlaß des Streites ist § 4 ArbGG, wonach die Arbeitsgerichtsbarkeit grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden darf. Allerdings würde der Wortlaut dieser Vorschrift allein obligatorischen Vorverfahren nicht entgegenstehen, da diese den Rechtsweg zu den Ar­ beitsgerichten ja nicht ausschließen, sondern nur zeitweilig beschränken. 9 3 Bei der Aus­ legung des § 4 ArbGG ist jedoch zu berücksichtigen, daß das ArbGG 1 926 den Parteien ausdrücklich gestattete, ein obligatorisches außergerichtliches Güteverfahren zu vereinba­ ren. Eine solche Vereinbarung hatte die Folge, daß die ohne Vorverfahren erhobene Klage unzulässig war. •• Der Gesetzgeber hat diese Vorschriften nicht in das heute geltende ArbGG übernommen. 9 5 Daraus wird vielfach entnommen, daß auf dem Gebiet des Arbeits­ rechts vertraglich vereinbarte obligatorische Vorverfahren schlechthin unzulässig seien.•• Diese Meinung kann sich auch auf § 1 1 1 I S. 1 ArbGG berufen" , wo es heißt: ,,Soweit nach anderen Vorschriften andere . . . Behörden oder S teilen zur Entschei­ dung oder Beilegung von Arbeitssachen zuständig sind, treten an ihre Stelle die Ar­ beitsgerichte"" . Nach anderer Auffassung ist es trotz § § 4 und 1 1 1 ArbGG möglich , obligatorische Vor­ verfahren zu vereinbaren. Die Anhänger dieser Meinung messen der Abrede allerdings nur materiell-rechtliche Wirkung bei: Sie wollen die ohne Vorverfahren erhobene Klage als unbegründet abweisen. 99 Es wird aber vereinzelt auch die Ansicht vertreten, obligatorische Güteverfahren könnten sogar mit prozessualer Wirkung vereinbart werden. 1 00 Diese Streitfrage hat nicht nur akademische Bedeutung. In Tarifverträgen wird viel­ fach vereinbart, daß bei Eingruppierungsstreitigkeiten eine vertragliche Gütestelle anzu­ rufen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 1 9.5 . 1 97 8 eine solche Vereinbarung gebilligt. 1 0 1 Bis dahin schien es eher der Gegenmeinung zuzuneigen. Denn es entschied zuvor, daß die Parteien die Zuständigkeit der in § 1 1 1 II ArbGG vorgesehenen Vorverfahrensstelle nicht durch Vertrag erweitern können. 1 0 2

s. dazu in der Einleitung unter IV 3 . Vgl. oben unter A I 2 .. § § 1 0 1 ff. ArbGG 1 926 v. 23 . 1 2. 1 926 (RGBI. I S. 507). 95 s. den Schrift!. Bericht des Ausschusses für Arbeit des Bundestages über den Ent­ wurf eines ArbGG v. 1 7. 3 . 1 95 3 , BT-Drucks. 1/4 3 7 2 , S. 5 ; vgl. auch LAG Düsseldorf, Urt. v. 24. 2 . 1 960, BB 1 960, S. 704 ; Stein / Jonas / Schlosser, ZPO, vor § 1 025 , Bern. IV 1 . •• ArbG Wilhelmshaven, Entsch. v . 26 .6 . 1 96 1 , B B 1 96 1 , S . 1 3 25 ; Rohlfing / R ewolle, ArbGG, § 4, Anm . ; Dietz / Nikisch, ArbGG , § 4, Rdnr. 3 . 97 So das ArbG Wilhelmshaven (Fußn. 96). •• Hervorhebung durch den Verfasser. •• Sieg, Festschrift für Molitor, S. 34 1 , 356 ; Siebert / Farthmann, Lehrlingsstreitig­ keiten, unter C ; Dersch / Volkmar, ArbGG, § 4, Anm . ; wohl auch LAG Düsseldorf, Urt. V. 24 . 2 . 1 960, BB 1 960, S. 704. 1 00 So Stein / Jonas / Poh/e, ZPO , vor § 1 0 25 , Bern. IV 1 . 101 BB 1 97 8 , S . 1 5 1 8 f. 102 BAG, Entsch. v. 1 8. 1 0. 1 96 1 , AP Nr. 1 zu § 1 1 1 ArbGG ; ähnlich Natzel, Berufsaus­ bildungsverhältnis, S. 1 6 3 ; Maus, Handbuch, X. Teil, § 1 1 1 ArbGG, Rdnr. 23. 92 93

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102

4. Abschnitt: Die rechtliche Zulässigkeit

Zusammenfassung: Ungeachtet dieser speziellen Problematik des Arbeitsrechts ist als Ergebnis dieses Abschnitts festzuhalten : Außergerichtliche Vorverfahren sind grundsätz­ lich rechtlich zulässig. Das gilt unabhängig davon, ob sie auf Gesetz , Satzung oder Vertrag beruhen.

Dritter Teil

Die Aus gestaltung der Vorverfahren In den bisherigen Ausführungen stand die allgemeine Zielsetzung der außer­ gerichtlichen Vorverfahren im Vordergrund. Das Wesen des außergerichtlichen Vorverfahrens läßt sich jedoch nur begreifen, wenn man auch Näheres über die Arbeitsweise der Vorverfahrensstelle weiß. Im folgenden soll deshalb dargestellt werden, wie die einzelnen Vorverfahrensstellen besetzt sind, wie das Verfahren vor ihnen abläuft und zu welchem Ergebnis die Vorverfahren führen. Dabei werden zugleich die zahlreichen Varianten aufgezeigt, durch welche sich die Ausgestaltung der einzelnen Vorverfahren unterscheidet. Der Verfasser hofft, auf diese Weise allen Stellen, die mit der Einrichtung von Vorverfahren befaßt sind, helfen zu können, die zweckmäßigste Ausgestaltung zu finden. Wenn in diesem Teil versucht wird, den Gang der einzelnen Vorverfahren darzustellen, so bedeutet das nicht, daß auch auf die speziellen Probleme der einzelnen Vorverfahren eingegangen wird. Derartige Spezialprobleme sind nicht Gegenstand der Arbeit. Hier interessieren nur solche Fragen, die von allgemeiner Bedeutung für alle oder zumindest für mehrere Vorverfahren sind. Auf die Einzelheiten der Verfahren wird deshalb nur eingegangen, um durch die Gegenüberstellung einen allgemeinen Eindruck von der Arbeitsweise der Vorverfahrensstellen zu vermitteln. Zunächst soll untersucht werden, wie die einzelnen Vorverfahrensstellen gebildet und ihre Mitglieder bestellt werden.

5. Abschnitt B i l d u n g u n d Besetzun g der Vorverfahrensstellen Die Bildung und die Besetzung der einzelnen Vorverfahrensstellen sind sehr vielgestaltig geregelt. Es lassen sich kaum zwei Vorverfahren finden, bei denen die diesbezüglichen Vorschriften völlig übereinstimmen .

A. Die Zahl der Vorverfahrensstellen Unterschiedlich ist bereits die Anzahl der Vorverfahrensstellen und damit ihre Verbreitung über das Bundesgebiet. Bei einigen Vorverfahren gibt es nur eine Vorverfahrensstelle , die für das gesamte Bundesgebiet zuständig ist. So sehen das PflversG und das ArbEG nur eine Schiedsstelle vor 1 . Bei einer Reihe anderer Vorverfahren ist dagegen eine Vielzahl von über das ganze Bundes­ gebiet gestreuten Vorverfahrensstellen vorhanden. Das trifft z.B. für die fast bei jeder Industrie- und Handelskammer errichteten Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden zu. Besonders groß ist die Anzahl der Schiedsmänner, deren örtlicher Zuständigkeitsbereich entsprechend klein ist. Eine breite Streuung der Vorverfahrensstellen ist insofern vorteilhaft, als sie den Parteien die Anrufung der Vorverfahrensstelle erleichtert und diese in die Lage versetzt, der Verhandlung ohne größeren Zeit- und Kostenaufwand bei­ zuwohnen. Für zentrale Schiedsstellen spricht, daß diese größere Erfahrung sammeln können als nur gelegentlich angerufene Vorverfahrensstellen 2 und eine gleichartige Behandlung ähnlicher Fälle gewährleisten. Allgemeine Richt­ linien lassen sich jedoch nicht aufstellen : Maßgeblich muß die Beanspruchung der einzelnen Vorverfahrensstellen sein. Die Tatsache, daß Schiedsmänner häufig nur drei bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten im Jahr behandeln 3 , zeigt, daß dort bei der Verwirklichung des Zieles der Bürgernähe zuviel des Guten getan wurde. 1 Für das Pf/versG: § 14 Nr. 3 b PflversG, § 6 der VO über den Entschädigungsfonds, § 1 1 der Satzung des Vereins „Verkehrsopferhilfe e.V. "; für das ArbEG: § 29 ArbEG. Die im ArbEG vorgesehene Zentralisierung wird allerdings dadurch aufgelockert, daß die nach § 29 I ArbEG dem Patentamt angeschlossene Schiedsstelle nicht nur bei der Zentrale in München sondern auch bei der Dienststelle Berlin des Patentamtes eingerichtet wurde, § l der l. VO zur Durchführung des ArbEG v. 1 . 1 0. 1 95 7 (BGB!. I S. 1 67 1 ). ' Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, Vorbern. vor § 28 ArbEG, Rdnr. 2. 3 siehe im 1 2. Abschnitt unter B I 1 1 .

A. Die Zahl der Vorverfahrensstellen

105

B. Die Zahl der Mitglieder der Vorverfahrensstellen Erhebliche Abweichungen bestehen auch hinsichtlich der Größe des Gre­ miums, vor dem die einzelnen Vorverfahren stattfinden. Nicht alle Vorver­ fahrensregelungen legen die Zahl der Mitglieder eindeutig fest. Einige Rege­ lungen bestimmen nur eine Mindestzahl. So muß die Einigungsstelle des UWG mit einem Vorsitzenden und m indestens zwei Beisitzern besetzt sein. 4 Die Einigungsstelle des BetrVG besteht aus einem Vorsitzenden und einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und dem Betriebsrat be­ stellt werden' , also ebenfalls aus mindestens drei Mitgliedern. Aus den Vorschriften des ArbGG über die paritätische Besetzung der dort vorgesehenen Gütestelle ergibt sich, daß dieses Gremium mindestens zwei M itglieder aufzuweisen hat. 6 Eine andere Vorverfahrensregelung nennt nicht nur eine Mindestzahl sondern auch eine Höchstzahl. Das ArbEG stellt es den Parteien frei, das Vorverfahren vor 3 oder 5 Per­ sonen stattfinden zu lassen: Auf Antrag einer Partei wird die Schiedsstelle um je einen Vertreter aus Kreisen der Parteien erweitert. 7

Die übrigen in dieser Arbeit genannten Vorverfahrensregelungen bestim­ men die Mitgliederzahl eindeutig'. Die Vorverfahren finden vor 1 , 2, 3, 4 oder 5 Personen statt. 8 4 § 27 a II, Satz 1 UWG; vgl. dazu Krieger, GRUR 1 95 7 , S. 1 97 , 20 1 . Die Zahl wird durch die IHK festgelegt, s. Krieger. 5 § 76 II BetrVG; s. dazu LAG Hamm, Entsch. v. 20. 6 . 1 975, AR-Blattei, Stichwort: Einigungsstelle, Entsch. Nr. 3 ; Bischof[, Einigungsstelle, S. 73; Gnade, MitbG 1 9 7 5 , S. 204, 205 ; GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 3 1 . Die Zahl der Beisitzer ist gemeinsam durch die Parteien festzulegen. Wird kein Einverständnis erzielt, so entscheidet das Arbeitsge­ richt auf Antrag einer Partei ( § 76 II BetrVG). 6 § 1 1 1 II S. 1 ArbGG; vgl. dazu Roh/fing / Rewolle, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 3; Dersch / Volkmar, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 4; Natzel, Berufsausbildungsverhältnis, S. 1 5 7 . Die Bestim­ mung der Zahl obliegt der Stelle, bei der das Gremium errichtet wird, s. Weber, BBiG, § 1 0 2 , Anm. 2 ; Grunsky, ArbGG, § 1 1 1 , Rdnr. 5 ; Natzel, DB 1 9 7 1 , S. 1 1 6 5 . ' § 30 IV ArbEG. • 1 Mitglied: Verfahren vor der ÖRA Hamburg: § 2 II S. 1 der hambVO über die ÖRA ; § 2 der hambGO fü r die ÖRA; Verfahren vor dem Schiedsmann: s . z.B. § § 1 , 2 des Ber­ liner Schiedsmannsgesetzes; im Ergebnis auch das Verfahren des Jagdrechts, bei dem ein Schätzer mitwirkt, neben dem allerdings ein Vertreter der Gemeinde als Verhandlungslei­ ter fungiert, vgl. § 33 nwLJG, § 1 2 ndsVO und Art 8 des bay. Gesetzes (s. 2. Abschnitt, Fußn. 8 2 ) ; vgl. auch Rühling / Seile, BJagdG, § 35 Anm . 4 ; 2 Mitglieder: Verfahren nach § 1 1 1 I I ArbGG nach einigen lnnungssatzungen, so z.B. im Bezirk der Arbeitsgemeinschaft der bayer. Handwerkskammern ; Verfahren vor der Güte­ stelle der Fachgemeinschaft Bau von Groß-Berlin e.V. : § 2 1 u. II der GütestellenO ; 3 Mitglieder: Verfahren nach § 1 1 1 II ArbGG im Bereich der Handwerkskammer Lübeck ; Verfahren vor der Frankfurter Mietschlich tungsstelle: Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 1 ; Rothweiler / Sauer, NJW 1 9 78, S . 7 9 7 , 7 9 8 ; Verfahren des PflversG: § 1 4 Nr. 3 b PflversG, § 6 der VO über den Entschädigungsfonds; Verfahren vor den Schlichtungsstellen für Ver­ braucherbeschwerden der [HK: Nr. 3 der Internen Richtlinien der IHK Mönchengladbach, Nr. 2 der Grundsätze der IHK Solingen, Nr. 2 der VerfO der ! H K Düsseldorf, Nr. I der Grundsätze der IHK Lüneburg; Verfahren vor der Schiedsstelle der freien Gebrauchtwagen­ händler in Berlin: ,,Der Tagesspiegel" v. 3.4. 1 9 77, S. 48. Erwähnt sei noch das FGG-Vor­ verfahren nach dem VerwertungsgesellschaftenG : s. § 14 II des G . ;

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5 . Abschnitt: Bildung und Besetzung der Vorverfahrensstellen

Es lassen sich keine festen Richtlinien für die optimale Größe der Gremien finden. Als Kriterien sind vor allem der Umfang und die Bedeutung der Sache, deren rechtliche und tatsächliche Schwierigkeit zu berücksichtigen. 9 Es ist ferner zu beachten, daß ein Gremium umso schwerfälliger arbeitet, je mehr Mitglieder es aufweist 1 0 , und daß eine ungerade Mitgliederzahl Mehrheitsent­ scheidungen erleichtert 1 1 •

C. Die Auswahl der Mitglieder Bei der Auswahl der Mitglieder lassen sich zwei Systeme unterscheiden : I . Die Auwahl erfolgt durch die Institution, welche die Vorverfahrensstelle errichtet und unterhält, oder durch eine als neutral empfundene staatliche Instanz wie z.B. die Justizbehörden. Dies trifft für die Vorverfahren des Jagdrechts sowie die Verfahren vor den Schieds· männern und der ÖRA Hamburg zu. 12

II . Die Auswahl obliegt den Parteien oder Organisationen, welche die Inter­ essen der Parteien vertreten bzw. den Parteien nahe stehen. 4 Mitglieder: Verfahren vor der Schlichtungsstelle der bay. Landesärztekammer: ,,Die Welt", ,,Süddeutsche Zeitung" u. ,,Frankfurter Rundschau" v. 28.4. 1 975 ; 5 Mitglieder: Verfahren nach § 1 1 1 II ArbGG im Bereich der Handwerkskammer Kiel; Verfahren vor der Schlichtungsstelle der norddeutschen Ärztekammern in Hannover: § 4 der Geschäfts- und Verf.O. der Schlichtungsstelle, ,,Der Tagesspiegel" v. 2. 1 1 . 1 976, S. 1 2; v. 28. 1 0 . 1 976, S. 14; v. 1 . 7 . 1 976, S. 1 2; Verfahren vor den Schlichtungsstellen für das Kfz.hal}dwerk, das heute allerdings ein Schiedsgutachterverfahren ist: § 2 der Geschäfts· ordnung der Stelle der Berliner Innung; Bericht in „test" 1 976, S. 602, 603 ; auch das im AMG-Entwurf vorgesehene Verfahren sollte vor 5 Personen stattfinden: § 83 Nr. 2 AMG-E. • Vgl. Jäcker, Einigungsstelle, S. 22; Bischof{, Einigungsstelle, S. 73. 10 LAG Hamm, Entsch. v. 20.6 . 1 975, AR-Blattei, Stichwort: Einigungsstelle, Entsch. Nr. 3 ; Gnade, MitbG 1 975, S. 204, 205 ; Dietz / Richardi, BetrVG, § 76, Anm. 8; GK­ Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 3 1 . 11 Dersch / Volkmar, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 6 ; Siebert / Farthmann, Lehrlingsstreitig· keiten, Bern. B II 1 ; Hueck / Nipperdey, Lehrbuch, Bd. I, S. 89 1 ; Maus, Handbuch, X. Teil, § 1 1 1 ArbGG, Anm. 1 1 ; Dietz / Nikisch, ArbGG, § 1 1 1 , Rdnr. 5 ; Grunsky, ArbGG, § 1 1 1 , Rdnr. 4; ähnlich auch die Handwerkskammer Bremen in ihrem Schreiben vom 22. 1 2. 1 977. 1 2 Die Vorverfahren des Jagdrechts werden i.d.R. durch die Gemeinde durchgeführt, die den Jagdschaden durch einen Schätzer feststellen läßt, den die untere Jagdbehörde bestimmt (s. § 33 nwLJG; Art 8 des bay. Gesetzes; § 1 2 ndsVO; Rühling / Selle, BJagdG, § 35, Anm. 4; Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 35, Anm. 2 a; Heinichen, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. II 1 a. Die Schiedsmänner werden regelmäßig durch die Gemeindevertretung gewählt, in Berlin durch die Bezirksverordnetenversammlung (§ 3 I des Berl. SchiedsmannsG). Das Vorver­ fahren bei der ÖRA Hamburg findet vor „Vorsitzern" statt, welche die Justizbehörde im Einvernehmen mit dem Präsidenten des HansOLG bestellt: § 2 II hambVO über die ÖRA, § 7 I hambGO für die ÖRA i.V. mit der AO über den Aufbau und die Aufgaben der Lan· desjustizverwaltung v. 1 6.6. 1 95 9 (Amt!. Anzeiger S. 609) und dem 4. Gesetz zur Ände· rung des Gesetzes über Verwaltungsbehörden v. 9. 1 2. 1 966 (GVBl. S. 265).

C. Die Auswahl der Mitglieder

107

Dieses System gilt z.B. für das Vorverfahren des BetrVG 1 3 und die Frankfurter Miet­ schlichtungsstelle 1 4 • Gegen eine unmittelbare Einflußnahme der Parteien wird verschie­ dentlich vorgebracht, die so bestimmten Beisitzer fühlten sich allein als Anwalte der Par­ teien und wären zu einem von der Auffassung der Parteien abweichendem Votum nicht in der Lage. 1 5 Das UWG trägt dem Rechnung und bestimmt, daß die Auswahl der Bei­ sitzer lediglich im Einvernehmen mit den Parteien erfolgen soll. 1 6

Bei der Mehrzahl der Vorverfahren ist ein Mischsystem vorgesehen , bei dem ein Teil der Mitglieder auf die erste . der andere auf die zweite Weise bestimmt wird. Ein solches Mischsystem kennen das PflversG, das ArbEG , das UWG . 1 7 Auch bei den Vorverfahren vor den Schlichtungsstellen für Arzthaftpflichtfragen und für Verbraucher­ beschwerden kommt ein Mischsystem zur Anwendung. 1 8 13 Die Parteien bestellen eine gleiche Anzahl von Beisitzern. Der Vorsitzende wird durch die Parteien (bzw. die Beisitzer, vgl. dazu GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 39 mwN. ; G. Müller, DB 1 97 3 , S. 76, 7 7 ; ders. Festschrift für Barz, S. 489, 492) gemeinsam be­ stimmt. Kommt keine Einigung zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht (§ 76 II BetrVG). 14 Der Vorsitzende wird einstimmig von den an der Errichtung der Schiedsstelle be­ teiligten Vermieter- und Mietervereinigungen gewählt. Ein Beisitzer wird vom Vermieter­ verband, der andere abwechselnd von einem der beiden Mietervereine bestimmt. Vgl. Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 l ; Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 798. 1 5 Krieger, GRUR 1 967, S. 1 97 , 20 1 . 1 6 § 27 a I I S . 4 UWG. 17 Für das PflverG gilt: Der Vorsitzende wird durch den Präsidenten des HansOLG Hamburg bestellt, ein Beisitzer wird vom Verband der Haftpflicht-, Unfall- und Kraft­ verkehrsversicherer e.V. (BUK-Verband) benannt, das andere Mitglied durch die Ar­ beitsgemeinschaft für Fragen der Kraftfahrtversicherung in Köln: § 1 4 Nr. 3 b PflversG, § 6 der VO über den Entschädigungsfonds, § 1 1 der Satzung des Vereins „Verkehrsopfer­ hilfe e.V.". Für das Vorverfahren des ArbEG bestimmt § 30 ArbEG: Der Vorsitzende wird durch den Bundesminister der Justiz, die Beisitzer werden durch den Präsidenten des Deut­ schen Patentamtes ausgewählt. Wirken Beisitzer aus Kreisen der Parteien m it, so ist der Präsident an Vorschlaglisten gebunden, welche durch den Parteien nahestehende Verbände erstellt werden. Im Vorverfahren des UWG wird der Vorsitzende durch die !HK bestellt (§ 27 a II UWG i.V. mit § 3 der saarl. VO und § 4 der übrigen LandesVO). Er wählt die Beisitzer aus einer von der IHK aufgestellten Liste aus, die Auswahl soll im Einvernehmen m it den Parteien erfolgen (§ 27 a II S. 3 u. 4 UWG i.V. m it § 5 der saarl. VO und § 4 der übrigen Landes­ VO). Wirken auch Beisitzer aus Kreisen der Verbraucher m it, weil die Einigungsstelle nicht von einem Gewerbetreibenden, sondern von einem Verbraucher oder einem Verbraucher­ verband angerufen wird, so werden diese Beisitzer künftig auf Grund von Vorschlägen der Verbraucherverbände bestimmt ( § 27 a XI S. 2 UWG i.d.F. des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs eines Änderungsgesetzes, BT-Drucks. 8/2 1 45 , S. 7). 1 • Bei den Schiedsstellen der Landesärztekammern werden zwei Mitglieder von den Parteien, die übrigen durch die Kammern bestellt: § 4 der Geschäfts- und Verf.O. der Schlichtungsstelle Hannover; vgl. ,,Der Tagesspiegel" v. 1 . 7 . 1 976, S. 1 2, ,,Süddeutsche Zeitung" und „Frankfurter Rundschau " v. 28.4. 1 975. Die Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden der !HK bestehen aus 3 Personen. Der Vorsitzende und ein Beisitzer werden durch die Kammer ausgewählt. Der andere Bei­ sitzer wird auf Vorschlag von Verbraucherorganisationen berufen: Nr. 3 der Internen Richtlinien der IHK Mönchengladbach, Nr. 2 der Grundsätze der !HK Solingen, Nr. 2 der VerfO der IHK Düsseldorf. Nr. 2 der Grundsätze der IHK Lüneburg.

1 08

5 . Abschnitt: Bildung und Besetzung der Vorverfahrensstellen

Wirken die Parteien unmittelbar oder mittelbar durch ihnen nahestehende Verbände mit, so gilt der Grundsatz der Parität: Beide Parteien müssen durch die gleiche Anzahl von Mitgliedern repräsentiert sein. ' ' Bei Mitwirkung von Verbänden bereitet e s mitunter Schwierigkeiten, Organisationen zu finden, die wirklich die Interessen der einzelnen Parteien vertreten. Das zeigt sich z.B. beim Vorverfahren des PflversG. Dort wird der dem Anspruchsteller, d.h. dem Geschädig­ ten, zugeordnete Beisitzer durch einen Versicherungsnehmerverband ausgesucht, obwohl die Anerkennung von Ansprüchen nicht ohne weiteres im Interesse der Versicherungsneh­ mer liegt. Versicherungsnehmer sind nämlich an niedrigen Prämien und damit an einer zu­ rückhaltenden Schadensregelung interessiert. Haben die Parteien einen Teil der Mitglieder selbst auszuwählen, so ist Vorsorge zu treffen für den Fall, daß eine Partei die ihr obliegende Benennung nicht rechtzeitig aus­ führt. Drei Möglichkeiten kommen in Betracht: (l) Die Vorverfahrensstelle tagt und entscheidet ohne das von der Partei zu benennende Mitglied. Diese Regelung sieht das BetrVG für die Beisitzer vor. 2 0 (2) Das Benennungsrecht geht auf eine neutrale Instanz über. Das BetrVG kennt auch diese Möglichkeit: Der von den 'Parteien gemeinsam zu ernennende Vorsitzende wird, falls keine Einigung zustande kommt, durch das ArbG bestellt!' (3) Das Benennungsrecht geht auf die Gegenpartei über. Diese Regelung findet sich in einigen Vorschriften zum Schied:\g'Utachterverfahren. 2 2 Derartige Bestimmungen werden allerdings verschiedentlich als sittenwidrig angesehen. 2 3

Nur bei wenigen Vorverfahren ist die Auswahl bereits in der Vorverfahrens­ regelung selbst getroffen . Diese Vorverfahrensregelungen betrauen ein schon vorhandenes Gremium mit der Durchführung des Vorverfahrens. Dies trifft Ein Mischsystem gilt auch für die Schlichtungsstellen für das Kfz.handwerk: Diese Kom­ missionen bestehen aus einem Mitglied, das von der Handwerkskammer ernannt wird, je einem Vertreter der Automobilverbände und des TÜV , einem Sachverständigen der Deut­ schen Automobil-Treuhand GmbH sowie einem Kfz.-Meister, den die Innung entsendet (vgl. § 2 der GeschäftsO der Schiedsstelle Berlin sowie den Bericht in „test" 1 976, S. 602, 603 ). Die Schiedsstelle der freien Berliner Gebrauchtwagenhändler setzt sich zusammen aus je einem Vertreter des Verbandes freier Gebrauchtwagenhändler und des ADAC sowie einem Rechtsanwalt (s. ,,Der Tagesspiegel" v. 3 .4 . 1 977, S. 48). " So ausdrücklich § 1 1 1 II S. 1 ArbGG und § 76 11 BetrVG ; vgl. dazu GK- Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 45 ; BAG, Urt. v. 1 8 . 1 0. 1 96 1 , AP Nr. l zu § 1 1 1 ArbGG. 20 § 76 V S. 2 ; vgl. auch § 1 0 28 ZPO für das Schiedsgerichtsverfahren. 21 § 76 II S. 1 . Ähnliches gilt für das der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzurechnende Vorverfahren des VerwertungsgesellschaftenG : Nach § 14 dieses Gesetzes geht das Ernen­ nungsrecht auf die Aufsichtsbehörde über. Für das BetrVG ist streitig, ob das Gericht bei Bestellung des Vorsitzenden die Zuständig­ keit der Einigungsstelle als Vorfrage zu prüfen hat. Vgl. dazu : LAG Hamm, Beschl. vom 1 1 .5 . 1 976, BB 1 97 7 , S. 34 7 ; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 1 1 .5 . 1 97 3 , EzA, § 76 BetrVG 1 972, Nr. 1 4 ; ArbG Berlin, Beschl. v. 4. 1 . 1 97 7 , BetrVG-Entscheidungen, § 76 II BetrVG , Nr. 3 ; Schell, BB 1 9 76 , S. 1 5 1 7 ff. ; Bulla, DB 1 976, S. 9 1 6 , 9 1 7 ; Leinemann, ArbuR 1 975, S. 22, 23 ff. ; Bischof[, Einigungsstelle, S. 6 9 ; Galperin / Löwisch, BetrVG, § 76, Anm. 1 4 mwN. 22 z.B. § 1 4 11 S . 2 AKB. " So vom OLG Neustadt, Beschl. v. 16.2. 1 95 5 , NJW 1 95 5 , S . 635 , 6 3 6 ; ähnlich Rauscher. Schiedsgutachtenrecht, S. 228. A.M.: RG, Entsch. v. 1 7 . 1 1 . 1 9 3 3 , JW 1 934, S. 3 6 2 ; Urt. v. 2 1 . 1 0. 1 94 1 , DR 1 942, S. 1 86 ; Stieffel / Wussow / Hofmann, Kraftfahrt­ versicherung, § 14 AKB, Anm. 7.

D. Die Anforderungen an die Mitglieder

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vor allem für viele Vorverfahren des Enteignungsrechts zu. Das gilt aber auch für das Verfahren des SeemannsG ; nach diesem Gesetz führen die Seemanns­ ämter das Vorverfahren durch. 24

D. Die von den Mitgliedern zu erfüllenden Anforderungen In vielen Vorverfahrensregelungen fehlen Bestimmungen über die Anfor­ derungen, denen die Mitglieder der Vorverfahrensstellen zu genügen haben . Das gilt vor allem für die von den Parteien zu benennenden Mitglieder. Dem­ entsprechend ist für das Vorverfahren des BetrVG anerkannt, daß die Bei­ sitzer keine besonderen Qualifikationen aufweisen müssen. Es wird allen­ falls verlangt, daß sie zu einer sachlichen Auseinandersetzung fähig und willens sind. 25 Eine Reihe von Vorverfahrensregelungen fordert jedoch bestimmte Eigenschaften der Mitglieder. Dabei werden drei Ziele verfolgt : ( 1 ) Es soll eine paritätische Besetzung der Vorverfahrensstellen sicherge­ stellt werden. (2) Die Gremien sollen hinreichend sachverständig sein. (3) Die Vorverfahrensstellen sollen nur mit integren Persönlichkeiten be­ setzt sein. I . Anforderungen an die persönliche Integrität Anforderungen an die persönliche Integrität finden sich nur für das Vorver­ fahren des ArbEG und das Verfahren vor den Schiedsmännern. So bestimmt das Berliner SchiedsmannsG : Schiedsmann könne nicht sein , wer infolge straf­ rechtlicher Verurteilung die Befähigung zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat, wer entmündigt ist oder unter Pflegschaft oder vorläufiger Vor­ mundschaft steht. 26 Darüber hinaus solle nicht Schiedsmann sein, wer durch eine sonstige gerichtliche Anordnung in der Verfügung über sein Vermögen be­ schränkt ist. 27 Noch detaillierter sind die Anforderungen, die für das Vorver­ fahren des ArbEG aufgestellt werden . Die Beisitzer aus Kreisen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, die in diesem Verfahren mitwirken, müssen darüber hinaus folgende Voraussetzungen erfüllen : Sie dürfen nicht wegen einer vorsätz­ lichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten verurteilt worden 24

25

Vgl. § 9 SeemG .

Galperin / Löwisch , BetrVG, § 76, Rdnr. 9 ; Jäcker, Einigungsstelle, S. 7 8 ; G. Mül­ ler, DB 1 97 3 , S . 76, 7 9 ; Hueck / Nipperdey, Lehrbuch, Bd. II, S. 766. 2 • 27

§ 2 I des Gesetzes. § 2 II Nr. 3 des Gesetzes.

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5 . Abschnitt: Bildung und Besetzung der Vorverfahrensstellen

sein. Sie dürfen nicht wegen einer Tat angeklagt sein, die den Verlust der Fähig­ keit, öffentliche Ämter zu bekleiden, zur Folge haben kann. Sie müssen das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag besitzen. 28 Im Schrifttum werden, was die anderen Vorverfahren angeht, ähnliche Eigenschaften nur für das jagdrechtliche Verfahren verlangt : Der Schätzer müsse zuverlässig und unbescholten sein. 29

II. Anforderungen zur Sicherstellung einer paritätischen Besetzung Bestimmungen, die eine paritätische Besetzung der Vorverfahrensstellen sicherstellen sollen, finden sich vornehmlich bei solchen Vorverfahren, in denen jede Streitpartei in der Schiedsstelle durch ihr nahestehende Beisitzer repräsen­ tiert ist und die Mitglieder der Vorverfahrensstelle nicht unmittelbar durch die Parteien sondern durch Verbände bestimmt werden. Hier ist insbesondere an die Vorverfahren des ArbGG und des ArbEG zu denken. Für das erste Vorverfahren enthält z.B. die vom Bundesminister für Wirtschaft verfaßte Mustersatzung für Handwerksinnungen 30 genaue Vorschriften über die vom Vorsitzenden, dem Beisitzer der Arbeitgeberseite und dem Beisitzer der Arbeitnehmerseite zu fordernden Eigenschaften. 31 Für das Vorverfahren des ArbEG legen die dazu erlassenen Rechtsverord­ nungen in Anlehnung an die Vorschriften über die ehrenamtlichen Richter der Arbeits­ gerichte ( § § 2 2 , 23 ArbGG) fest, welche Personen die beiden Seiten, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, vertreten dürfen. 3 2 In ähnlicher Weise schreibt das BetrVG dem Arbeitsgericht vor, daß es bei der Bestel­ lung des Vorsitzenden auf dessen strikte Neutralität zu achten habe. 33

Andere Vorverfahrensregelungen begnügen sich damit, die Parität dadurch sicherzustellen, daß sie genau bestimmen, welche Verbände die Beisitzer be­ nennen. Das gilt z.B. für das Vorverfahren des PflversG, die Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden und die Vorverfahren des Kraftfahrzeughandels. 34 2 3 § 1 II der 2. VO zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitnehmerfindungen vom 1 . 1 0. 1 9 5 7 (BGB!. I S. 1 6 80). 29 Nick, Jagdrecht in Bayern, § 35 BJagdG, Anm. zu Art 8 des bay. Gesetzes. 30 Erlaß des Bundesministers für Wirtschaft v. 1 8.4. 1 96 7 , abgedruckt bei Kolbenschlag / Lessmann / Stücklen, HandwO, unter Nr. 7 25 . 31 s. § 4 3 der Mustersatzung: Der eine Beisitzer muß Innungsmitglied sein, er wird von der Innungsversammlung gewählt. Der andere muß Geselle sein, ihn wählt der Gesellenaus­ schuß. Der Vorsitzende darf weder Innungsmitglied noch Geselle sein, er wird von der Innungsversammlung und dem Gesellenausschuß bestimmt. 3 2 §§ 2 u. 3 der 2. VO zum ArbEG (BGB!. 1 95 7 I S. 1 680). 3 3 § 76 II BetrVG; s. dazu z.B. GK- Thie/e, BetrVG, § 76, Rdnr. 4 1 ; Bischof/, Eini­ gungsstelle, S. 84. 34 Für das PflversG bestimmt § 1 1 der Satzung des Vereins „Verkehrsopferhilfe e.V. ", daß ein Beisitzer durch den HUK-Verband, der andere durch die „Arbeitsgemeinschaft von Versicherungsnehmern für Fragen der Kraftfahrtversicherung" benannt wird. Für die

D. Die Anforderungen an die Mitglieder

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III. Anforderungen hinsichtlich der Sachkunde Fast alle Vorverfahrensregelungen treffen Vorsorge dafür, daß die Schieds­ stellen sachkundig besetzt sind. 35 Das hängt mit dem Zweck der Vorverfahren zusammen. Die Vorverfahren wurden vielfach für Streitigkeiten eingerichtet, die sachlich schwierige Fragen betreffen. 3 6 Die Mitwirkung sachverständiger Mitglieder in den Vorverfahrensstellen gewährleistet, daß diese Gremien den einzelnen Streitfall schnell und zutreffend bearbeiten können, und verbilligt zugleich in erheblichem Maß das Verfahren; denn sie macht die Zuziehung von Sachverständigen fast gänzlich überflüssig. 37 Für nahezu sämtliche Vorverfahrensstellen finden sich deshalb Bestimmungen, welche sicherstellen, daß zumindest ein Teil der Mitglieder die für den zu behandelnden Streit­ fall notwendige besondere Sachkunde aufweist. 38

Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden vgl. Nr. 3 der Grundsätze der IHK Solin­ gen, Nr. 2 der VerfO der IHK Düsseldorf, Nr. 2 der Grundsätze der IHK Lüneburg, welche die Mitwirkung von Verbänden festlegen. Für die Schiedsstelle der freien Berliner Ge­ brauchtwagenhändler ist vorgesehen, daß ein Beisitzer vom ADAC, der andere vom Ver­ band der Berliner Gebrauchtwagenhändler ausgewählt wird, vgl. ,,Der Tagesspiegel" v. 3 .4. 1 97 7 , s. 48. 35 Vgl. dazu Rothweiler / Sauer, NJW 1 97 8 , S . 797, 798. 36 siehe dazu im 3 . Abschnitt unter A 1 . 37 Vgl. hierzu insbesondere: die Begründung der Bundesreg. zum Entwurf des ArbEG, in: Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, S . 605 , 607 f. ; sowie: Reimer / Schade / Schippe/, vor § 28 ArbEG, Rdnr. 2 ; Heine, DB 1 95 7 , S. 549, 5 5 1 ; Rothweiler / Sauer, NJW 1 9 7 8 , S. 797, 798. Näheres zum Zweck der Vorverfahren, schnellen und kostengünstigen Rechtsschutz zu gewähren, oben im 3. Abschnitt unter B II u. III. 38 Bei folgenden Vorverfahren wirken Sachkundige mit: Für die Mitglieder der Güte­ stelle des ArbGG verlangen Dersch / Volkmar, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 5 und (für den Vor­ sitzenden) § 2 der Mustersatzung für Handwerksinnungen (Fußn. 30) Vertrautheit mit Lehrlingsfragen. Beim Vorverfahren des Pf/versG bestimmt § 6 der VO über den Ent­ schädigungsfonds, daß die Mitglieder der Schiedsstelle in Verkehrshaftpflichtfragen er­ fahren sein sollen. Für den Vorsitzenden ergibt sich das Erfordernis der Sachkunde be­ reits aus § 1 4 Nr. 3 b PflversG. Auch die Begründung der Bundesreg. zum Entwurf des PflversG (BT-Drucks. IV/ 2 25 2, S. 28, Begründung zu § 13 I des Entwurfs) geht davon aus, daß das Gremium mit Sachkundigen besetzt ist. In Bezug auf die Einigungsstelle des UWG schreiben § 27 a II UWG i.d.F. des Gesetzes v. 1 1 .3 . 1 95 7 (BGB!. I S. 1 7 2) und die Ausführungsvorschriften der Länder vor, daß die Beisitzer sachverständige Gewerbetreibende sein sollen, vgl. Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 27 a UWG, Rdnr. 1 ; Hauffe, Konkurrenz, S. 3 20. Künftig soll eine branchenbezogene „Sachverständigkeit" in Hinblick darauf, daß es auch Verbraucher­ Beisitzer geben soll, die i.d.R. nur über allgemeine, nicht aber über branchenspezifische Marktkenntnisse verfügen, nicht mehr besonders gefordert werden (s. die Begründung der Bundesreg. zu der von ihr vorgeschlagenen Neufassung des § 27 a UWG , BT-Drucks. 8/ 2 1 4 5 , S. 30 ). Dabei geht di e Bundesrcg. aber davon aus, daß die Einigungsstellen auch künftig sachkundig besetzt sind. Für die Einigungsstelle des BetrVG ist allgemein anerkannt, daß das Gericht, wenn es den Vorsitzenden bestellt, auf dessen Fachkunde zu achten hat: GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 4 1 ; Jäcker, Einigungsstelle, S. 26 ; Bischof[, Einigungsstelle, S. 78 u. 89. Für die ÖRA Hamburg bestimmt § 7 I S. 2 der Geschäftsordnung, daß der Vorsitzer

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5 . Abschnitt: Bildung und Besetzung der Vorverfahrensstellen

Besonders hervorgehoben seien nur die Vorschriften über die dem Patentamt angehö­ renden Beisitzer der Schiedsstelle des ArbEG, über die im jagdrechtlichen Verfahren tätig werdenden Wildschadensschätzer und über die in den Schlichtungsstellen für Arzthaft­ pflichtfragen mitwirkenden Mediziner. 39

Vorverfahren erfordern aber auch juristische Kenntnisse. Dementsprechend sehen viele Vorverfahrensregelungen vor, daß zumindest ein Mitglied der Vor­ verfahrensstelle Rechtskenntnisse hat. In der Regel wird vom Vorsitzenden verlangt, daß er juristisch vorgebildet ist; dabei wird nicht selten die Befähigung zum Richteramt gefordert . 40 Diese Vorschriften sollen gewährleisten, daß die nach Möglichkeit Erfahrungen auf dem Gebiet der Fürsorge und des Wirtschaftslebens besitzen soll. Der Vorsitzende der Gütestelle der Fachgemeinschaft Bau von Großberlin e.V. ist grund­ sätzlich ein vereidigter Sachverständiger (§ 2 I der GütestellenO). In den Schiedsstellen für das Kfz.handwerk wirken ebenfalls mehrere Sachverständige mit (s. Fußn. 18). 39 Für das Vorverfahren des ArbEG bestimmt § 30 IIl des Gestzes, daß die Beisitzer aus den Reihen der Mitglieder des Patentamtes besondere Erfahrung auf dem Gebiet der Technik haben sollen, auf das sich die Erfindung bzw. der techn. Verbesserungsvorschlag bezieht. Sie werden deshalb für den einzelnen Streitfall benannt. Die Möglichkeit, die Schiedsstelle um zwei weitere Beisitzer aus Kreisen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zu erweitern (§ 30 IV ArbEG), bezweckt die Zuziehung von Personen mit besonderer Sachkunde in wirtschaftlichen und arbeitsrechtlichen Fragen: s. die Begründung der Bun­ desreg. zum Entwurf des ArbEG, in: Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindun­ gen, S. 605 , 609; Haibach, ArbEG, § 30, Anm. 6. Zum Erfordernis der Sachkunde für die im jagdrechtlichen Vorverfahren tätig werdenden Wildschadensschätzer und Forstsachverständigen .s Rühling / Seile, BJagd, § 35, Anm. 4 ; Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 35, Anm. 2; Nick, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. zu Art 8 des bay. Gesetzes; Heinichen, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. II 1. In der Schiedsstelle der norddeutschen )frztekammern für Arzthaftpf/ichtfragen wirken mindestens zwei Mediziner mit: der eine als Vorsitzender, der andere soll auf dem betr. Fachgebiet besonders sachverständig sein, § 4 1 der Geschäfts- und Verf.O. dieser Stelle, vgl. auch „Der Tagesspiegel" v. 2. 1 1. 1 976, S. 12. In der Münchner Schiedsstelle wirkt mindestens ein Mediziner mit, .s ,,Süddeutsche Zeitung" u. ,,Frankfurter Rundschau" v. 28.4.1975. 40 Die Befähigung des Vorsitzenden zum Richteramt verlangen für das Vorverfahren nach § 111 lI ArbGG: § 2 der Mustersatzung für Handwerksinnungen (s. Fußn. 30) (Mußvorschrift). Einige Innungssatzungen sehen allerdings keinen Vorsitzenden vor (laut Auskunft der Arbeitsgemeinschaft der bay. Handwerkskammern); für das Arbeitnehmererfindungsrecht: § 30 ArbEG (Sollvorschrift); für die Frankfurter Mietschlichtungsstelle: deren Verf.O., s. Rothweiler, ZMR 1 976, S. 291; für das Pf/versG: § 14 Nr. 3 b des G. (Mußvorschrift); für das UWG: § 27 lI S. 1 UWG (Der Vorsitzende soll ferner auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts erfahren sein, § 27 a IIl S. 2 UWG); für die Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden: Nr. 3 der Internen Richtlinien der !HK Mönchengladbach (Mußvorschrift), Nr. 2 der Grundsätze der !HK Solingen (Soll­ vorschrift), Nr. 2 der Grundsätze der IHK Lüneburg (Mußvorschrift); für das Vorverfahren des AMG-Entwurfs: § 83 Nr. 2 des Entwurfs (Mußvorschrift). Erwähnt sei noch die Vorschrift gleichen Inhalts in § 14 II des Verwertungsggesellschaf­ tenG. Juristische Kenntnisse, jedoch nicht die Befähigung zum Richteramt verlangen für den Vorsitzenden der ArbGG-Gütestelle: Roh/fing / Rewolle, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 2. Die Vorsitzer der ÖRA Hamburg haben ebenfalls juristische Kenntnisse, sie müssen nämlich

E. Die Möglichkeiten der Abberufung

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im Vorverfahren gefundene Regelung zur Streitbeilegung möglichst in Einklang mit der Rechtsordnung steht. 41 Sie bewirken darüber hinaus, daß die Parteien darauf vertrauen können, daß die von der Vorverfahrensstelle gefällten Ent­ scheidungen rechtmäßig sind; auf diese Weise verstärken sie die Entlastungs­ funktion des Vorverfahrens. 42

E. Die Möglichkeiten der Parteien, die Abberufung von Mitgliedern zu erreichen Die Parteien können im Prozeß vor dem Gericht in bestimmten Fällen er­ reichen, daß ein Richter ausscheidet; nämlich dann, wenn einer der in § § 4 1 , 42 ZPO genannten Ausschließungs- und Ablehnungsgründe gegeben ist43 . Das führt zu der Frage , ob die Streitbeteiligten ähnliche Abberufungsmöglichkeiten auch im Vorverfahren haben. Viele Vorverfahrensregelungen kennen ähnliche Vorschriften wie die ZPO : Besteht Anlaß, an der Unbefangenheit der Mitglieder der Vorverfahrensstelle zu zwei­ feln, so ist ihre Ersetzung vorgesehen. Sie sind dann ohne Zutun der Parteien von ihrem ,,Amt" ausgeschlossen. In anderen Fällen können sie von den Parteien abgelehnt werden. Als Beispiel sei § 33 I ArbEG genannt, der auf § 1 032 ZPO und damit auf § § 4 1 , 42 ZPO verweist. Das UWG, die Geschäftsordnung für die ÖRA Hamburg und die Geschäftsord­ nung der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichfragen in Hannover verweisen sogar unmittel­ bar auf § § 41 ff. ZPO 44 • 4 5

Unterschiedlich geregelt ist, wer darüber entscheidet, ob ein Ausschließungs­ oder Ablehnungsgrund vorliegt. Richter, Staatsanwälte, Verwaltungsbeamte oder Rechtsanwälte sein (§ 7 I der Geschäfts­ ordnung). Auch den Schiedsstellen für Arz thaftpflicht/ragen gehört ein Volljurist an: § 4 der Geschäts- und Verf.O. der Schiedsstelle Hannover. 41 Vgl. die Begründung der Bundesreg. zum Entwurf des ArbEG, in: Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, S. 605 , 607 ff. sowie Reimer / Schade / Schippe/, vor § 28 ArbEG, Rdnr. 2. 42 Zur Entlastungsfunktion s. oben im 3. Abschnitt unter B VIII. 43 Nach §§ 46, 49 ArbGG gelten diese Vorschrüten auch im Verfahren vor dem Ar­ beitsgericht. 44 s. § 27 a II S. 5 UWG; § 1 3 II der GO für die ÖRA Hamburg; § 4 IV der Geschäfts­ und Verf.O. der Schlichtungsstelle in Hannover. 45 Darüber hinaus ist die Möglichkeit des Ausschlusses oder der Ablehnung in folgen­ den Verfahrensregelungen vorgesehen: für das Vorverfahren des A rbGG: in § 8 I der VerfO der Handwerkskammer Berlin; für das Verfahren vor der Frankfurter Mietschlichtungs­ stelle: in deren Verfahrensordnung, s. Rothweiler, ZMR 1 976, S. 291 ; für das jagdrecht­ liche Vorverfahren: z.B. in Art 2 III des bay. VerfG u. § 33 II nwLJG für den Wildscha­ densschätzer, in § 2 ndsVO für den von der Gemeinde bestellten Verhandlungsleiter. Nach Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 35, Anm. 2 d bb; Heinichen, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. II 1 und Schandau, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. zu § 33 nwLJG sind § § 4 1 , 42 ZPO allgemein in diesen Vorverfahren auf den Verhandlungsleiter und den Schadens­ schätzer anzuwenden. Für den Schadensschätzer ließe sich diese Rechtsfolge auch über 8 Preibisch

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5 . Abschnitt : Bildung und Besetzung der Vorverfahrensstellen

Das UWG bestimmt, daß Ablehnungsgesuche dem Richter vorzulegen sind. 46 Auf die­ ser Linie liegt auch die Geschäftsordnung für die ÖRA Hamburg, wonach der Präsident des Hanseatischen OLG entscheidet. 4 7 Das Schrifttum zum BetrVG bejaht ebenfalls über­ wiegend die Zuständigkeit des Gerichts.•• Die Verfahrensregelungen für das Vorverfahren nach § 1 1 1 II ArbGG und die Schlichtungsstellen für Arzthaftpflichtfragen dagegen be­ stimmen, daß die übrigen Mitglieder der Vorverfahrensstelle entscheiden.•• In ähnlicher Weise entscheidet bei der Frankfurter Mietschlichtungsstelle deren Vorsitzender, wenn ein Beisitzer abgelehnt wird. so Auch für das j agdrechtliche Vorverfahren wird eine außerge­ richtliche Lösung befürwortet. SI Für das Vorverfahren des ArbEG ist streitig, ob die Schiedsstelle oder das Gericht entscheidet. 5 2 Fehlt eine ausdrückliche Regelung, so sollte entsprechend den Regelungen zu den Vorverfahren des ArbGG und des Arzthaftpflichtrechts die Vorverfahrensstelle über das Ablehnungsgesuch entscheiden. Denn eine gerichtliche Entscheidung verzögert das Ver­ fahren. Besonderes gilt, soweit die Beisitzer unmittelbar oder mittelbar durch die Parteien be­ stimmt werden. In diesem Fall kommt eine Ablehnung wegen Befangenheit durch die Ge­ genseite nur in Ausnahmefällen in Betracht. s 3 Dafür stellt sich die Frage, ob die ernen­ nende Partei den von ihr bestellten Beisitzer nach Belieben auswechseln kann. Das dürfte zu verneinen sein, da das beliebige Auswechseln zu einer nicht zuträglichen Abhängigkeit des Beisitzers führen und der Objektivität der Vorverfahrensstelle Schaden zufügen würde. s• Im übrigen wäre auch eine Verzögerung des Verfahrens zu befürchten. eine Analogie zu § 406 ZPO herleiten; für das Verfahren vor dem Schiedsmann: § 15 des Berliner SchiedsmannsG . Vgl. für das Verwaltungsverfahren: § § 20, 21 u. 7 1 III VwVfG; für das Verfahren nach dem VerwertungsgesellschaftenG: § 2 II der DVO zu diesem Gesetz. Für das Vorverfahren des BetrVG fehlt eine ausdrückliche Regelung. Hinsichtlich der von den Parteien bestellten Beisitzer wird ein Ablehnungsrecht der Gegenseite weitgehend ver­ neint. Der unparteiische Vorsitzende soll hingegen abgelehnt werden können: Fittung / A uffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 7 u. 1 0 ; Jäcker, Einigungsstelle, S. 24 f. ; Dütz, ArbuR 1 97 3 , S. 3 5 3 , 3 5 9 ; Leipold, Festschrift für Schnorr von Carolsfeld, S. 2 7 3 , 278 mwN . 46 § 27 a II S. 6 UWG. 47 § 13 II der GO. 48 s. GK- Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 39 a; Fitting / A uffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 10. •• siehe für das Vorverfahren des ArbGG z.B. § 8 II der VerfO der Handwerkskammer Berlin ; für die Schlichtungsstellen fiir Arz thaftpflich t/ragen: § 4 IV der Geschäfts- und Verf.O. der Schlichtungsstelle in Hannover. so Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 1 . S I Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 3 5 , Anm. 2 d bb. " Für die Zuständigkeit der Schiedsstellen: Volmer, ArbEG, § 28, Rdnr. 4 , § 3 3 , Rdnr. 1 5 ; fü r die Kompetenz der Gerichte i n Analogie z u § 1 045 ZPO: Heine / Rebitzki, Arbeitnehmererfindungen, § 33 ArbEG, Anm. 2; Lindenmaier / Lüdecke, Arbeitnehmer­ erfindungen, § 33 ArbEG, Rdnr. 5 ; offen lassend: Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitneh­ mererfindung , § 33 ArbEG, Rdnr. 9 . 5 3 Vgl. fü r das Vorverfahren des ArbEG: Volmer, ArbEG, § 3 3 , Rdnr. 1 1 ; fü r das BetrVG: GK- Thiele. BetrVG, § 76, Rdnr. 3 8 ; Fitting / A uffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 7 ; Dietz / Richardi, BetrVG , § 76, Rdnr. 1 0 ; Brecht, BetrVG, § 76, Rdnr. 3 ; Dütz , ArbuR 1 9 7 3 , S. 35 3. 3 5 9 ; Gnade, MitbG 1 975 , S. 204 , 206 ; Jäcker, Einigungsstelle, S. 24. 5 4 ebenso die h.M. zum Schiedsgutachterverfahren: Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 235 f. mwN . ; Wussow, Feuerversicherung, § 1 5 AFB, Anm. 7 ; Stieffel / Wussow / Hof­ mann, Kraftfahrversicherung, � 14 AKB, Anm. 7.

F. Die Stellung der Mitglieder

115

F. Die Stellung der Mitglieder der Vorverfahrensstelle Nur wenige Vorverfahrensregelungen befassen sich mit den rechtlichen Be­ ziehungen zwischen den Mitgliedern der Vorverfahrensstelle einerseits und der Institution, welche die Vorverfahrensstelle unterhält, den ernennenden Verbän­ den sowie den Parteien andererseits. 55 Es lassen sich insoweit kaum einheitliche Aussagen machen. Vor allem die Frage der Vergütung ist sehr unterschiedlich geregelt. Teilweise werden die Mitglieder rein ehrenamtlich tätig, teilweise erhalten sie eine Vergütung oder Aufwandsentschädigung. 56 Auf diese Einzel­ heiten kommt es aber in dieser Untersuchung nicht an, da sie keine unmittel­ bare Auswirkung auf das Vorverfahren selbst haben. Von Interesse ist vielmehr die Frage , inwieweit die Mitglieder des Gremiums unabhängig sind, d.h. ob sie Weisungen unterworfen sind, und ob sie zur Geheimhaltung verpflichtet sind. I . Weisungsgebundenheit Einzelne Vorverfahrensregelungen bestimmen ausdrücklich, daß alle oder einzelne Mitglieder an Weisungen nicht gebunden sind . So ist für die Vorverfahrensstelle des PflversG vorgeschrieben, daß der Vorsitzende an Weisungen nicht gebunden ist. 5 7 Die jagdrechtlichen Vorschriften verpflichten den Scha­ densschätzer, seine Aufgaben unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu er-

55 Beim Vorverfahren des ArbEG bezeichnet § 5 der 2. VO zur Durchführung des Ge­ setzes die Tätigkeit als „Ehrenamt". Beim Vorverfahren des BetrVG wird das Verhältnis zwischen den Mitgliedern der Vorverfahrensstelle und den Betriebspartnern vielfach als auftragsrechtliches qualifiziert. Es ähnelt damit dem Rechtsverhältnis der Schiedsgutach­ ter. Dieses wird i.d.R. als ein dem Geschäftsbesorgungsvertrag ähnliches Verhältnis ange­ sehen, s. z.B. Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 245 ; Sieg, VersR 1 965 , S. 629, 636. 56 Für das Vorverfahren des ArbGG sieht § 1 5 der VerfO der Handwerkskammer Ber­ lin eine Pauschalvergütung für den Vorsitzenden und eine Entschädigung, die vor allem den Verdienstausfall ausgleicht, für die Gesellenmitglieder der Gütestelle vor. Für das ArbEG ordnet § 8 der 2. DVO an, daß die Beisitzer eine Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung ehrenamtlicher Beisitzer bei den Gerichten vorn 26. 7 . 1 9 5 7 (BGB!. I S. 86 1 , 900) erhalten. Für das BetrVG nimmt die h.M. an, daß der Vorsitzende regelmäfüg ein Entgelt bean­ spruchen kann (LAG Berlin, Beschl. v. 22.3.1 976, BB 1 976, S. 1 1 27; Lepke, BB 1 977, S. 49, 51 f. mwN.). Die dem Betrieb angehörenden Beisitzer sollen nur Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls haben (analog § 37 II u. IlI BetrVG, so BAG, Entsch. vom 1 1 .5 . 1 976, NJW 1 976, S. 2029; Lepke, S. 5 2 rnwN . ; a.A. Güntner, BB 1 964, S. 88, 89). Bei der ÖRA Hamburg erhalten die Vorsitzer eine Aufwandsentschädigung. Sie betrug 1973 20,- DM für jeden - etwa 2 Stunden dauernden - Beratungstag. Für die Gütestelle der Fachgemeinschaft Bau v. Groß-Berlin bestimmt § 2 der GütestellenO, daß die Vorsitzer eine Auslagenerstattung und eine Entschädigung nur aufgrund einer be­ sonderen Vereinbarung erhalten. 5 7 § 6 der VO über deri Entschädigungsfonds.

a•

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5 . Abschnitt: Bildung und Besetzung der Vorverfahrensstellen

füllen. 5 8 Die Gütestellenordnung der Fachgemeinschaft Bau von Groß-Berlin e.V. be­ stimmt, daß alle Mitglieder ihre Geschäfte unparteiisch auszuüben haben. 59

Im Schrifttum ist allgemein anerkannt, daß alle Mitglieder der Vorverfah­ rensstelle an Weisungen nicht gebunden smd, also auch die unmittelbar von den Parteien bestellten . 60 Dem ist zuzustimmen . Weisungen wären mit der Aufgabe der Vorverfahrensstelle , einen gütlichen Ausgleich zu finden, nicht zu verein­ baren. 6 1 Diese Auffassung entspricht auch der völlig h .M . zum Schiedsgut­ achterverfahren, wo die Sachverständigen häufig durch die Parteien bestellt werden 62 . 6 3 Eine Ausnahme ist nur bei nicht-kontradiktorischen Verfahren vor Verwaltungsbehör­ den zu machen. Dort ist der vorgesetzten Behörde zu gestatten, der entscheidenden Be­ hörde Richtlinien und Weisungen zu erteilen. 64

II. Schweigepflicht Mehrere Vorverfahrensregelungen verpflichten die Mitglieder der Vorverfah­ rensstelle ausdrücklich zur Verschwiegenheit, so die Vorschriften zu den Vor­ verfahren des ArbEG, des UWG , des BetrVG und der ÖRA Hamburg65 . Eine derartige Pflicht ist aber auch für die übrigen Vorverfahren zu bejahen. 66 Sie ergibt sich immanent aus der Rechtsstellung der Mitglieder der Vorverfahrens­ stellen. 58 § 3 3 II nwLJG ; Art 8 II des bay. G. ; weitere Nachweise bei Rühling / Selle, BJagdG, § 3 5 , Anm. 4 u. Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 3 5 , Anm. 2 k. 59 § 3 VIII S. 1 der GütestellenO. 6 ° Für das Vorverfahren des ArbEG: Reimer / Schade / Sippe!, Arbeitnehmererfindung, § 30 ArbEG, Rdnr. 8 ; Schade, MittdtPatAnw 1 95 9 , S. 25 3 ; Haibach , ArbEG, § 30, Ann. 1 0 ; für die Frankfurter Mietschlichtungsstelle: Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 1 , 292 ; für das UWG: Tetzner, UWG, § 27 a, Rdnr. 5; Harnmann, Einigungsämter, S. 6; Hecht, GRUR 1 93 6 , S . 845 , 85 0 ; für das Betr VG: GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 39 u . 5 8 , Bischof/, Einigungsstelle, S. 1 05 ; Gnade, MitbG 1 97 5 , S . 204 , 207 ; Lepke, BB 1 97 7 , S . 49, 5 0 ; für die ÖRA Hamburg: /psen, Hamburger Dokumente 1 .7 3 , S. 9 , 1 3 . Vgl. auch § 1 der DVO zum VerwertungsgesellschaftenG. 61 So vor allem Reimer / Schade / Schippe! (Fußn. 60). 62 s. Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 2 1 3 ; Stein / Jonas / Pohle / Schlosser, ZPO, vor § l 025 , Bern. II 3 c ß ; Stieffel / Wussow / Hofmann, Kraftfahrversicherung, § 14 AKB, Anm. 3 ; Prölss / Martin, VVG, § 64, Anm. 5. 63 Vgl. auch § 1 39 I S . 2 B BauG, der für die Gutachterausschüsse dieses Gesetzes vor­ schreibt, daß sie an Weisungen nicht gebunden sind. 64 § 1 84 II BEG sieht derartige Weisungsbefugnisse ausdrücklich vor. 65 s. zum A rbEG: § 24 ArbEG und § 5 II der 2. DVO ; zum UWG: § 10 der bay. , saarl. und rhpf. VO, § 9 der übrigen LandesVO ; vgl. auch § 27 a VI S. 2 UWG und dazu Tetzner, UWG, § 27 a, Rdnr. 6 ; zum Betr VG: s. § 79 II des G. (vgl. dazu z.B. Galperin / Löwisch, BetrVG, § 76, Rdnr. 2 3 ) ; für die ÖRA Hamburg: § 1 3 I der GO für die ÖRA ; vgl. für das Verwaltungsverfahren § § 30 u. 84 VwVfG. 66 Ebenso für die Frankfurter Mietschlichtungsstelle : Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 1 , 292.

6. A b schnitt

D i e Arbeitsweise der Vorverfahrensst e l len

A . Die für die Gütestellen geltenden Verfahrensregeln Es ist in erster Linie Aufgabe der Vorverfahrensregelungen, das von den Gütestellen einzuhaltende Verfahren näher zu ordnen. 1 Ein Blick in die einzel­ nen Verfahrensordnungen zeigt jedoch, daß diese den Verfahrensablauf allen­ falls in groben Zügen bestimmen und im allgemeinen sehr lückenhaft sind . 2 Das führt zu der Frage , wie diese Lücke zu füllen ist . Zwei Möglichkeiten bieten sich an : ( 1) Das Verfahren richtet sich, soweit eine ausdrückliche Regelung fehlt , nach anderen Verfahrensregeln ; dabei kommt insbesondere die analoge Anwendung des Prozeßrechts sowie der Bestimmungen über die Schieds­ gerichtsbarkeit 3 in Betracht. (2) Das Verfahren ist grundsätzlich formfrei, seine Gestaltung liegt im Ermessen der Vorverfahrensstelle . I. Entsprechende Anwendung des Prozeßrechts

Für die erste Alternative läßt sich anführen, daß die Vorverfahrensregelun­ gen selbst Verweisungen auf einzelne Bestimmungen des Prozeßrechts enthal­ ten. So verweist § 33 I ArbEG auf § § 1 034 I, 1 035 , 1036 ZPO und § 1 1 1 Dersch/ Volkmar, ArbGG, § l l l , Anm. l l ; Hueck/Nipperdey, Lehrbuch, Bd. 1, S . 89 1 , Fußn. 5 ; Maus, Handbuch, X. Teil, § l l l ArbGG, Anm. 1 4 ; Dietz/Nikisch, ArbGG, § 1 1 1 , Rd nr. 7 ; § 45 der Mustersatzung für Handwerk sinnungen des Bundesministers für Wirtschaft , abgedruckt in: Kolbenschlag / Lessmann / Stückten, Handwü, unter Nr. 7 35 . 2 Vgl. zu § l l 1 I I A rbGG: Natzel, D B 1 9 7 1 , S . 1 66 5 ; zum ArbEG: § 3 3 ArbEG u . die Begründung der Bundesregierung dazu, in: Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfin­ dung, S. 605 , 6 1 0 (zu § 32 des Entwurfs) ; sowie : Reimer / Schade / Schippe/, § 33 ArbEG , Rdnr. l ; Schade, BB 1 964, S. 1 3 8 1 ; zum Betr VG: GK-Thie/e, BetrVG, § 76 , Rdnr. 6 2 ; Galperin / Löwisch, BetrVG, § 7 6 , Rdnr . 27 ; Leipold, Festschrift fü r Schnorr von Carolsfeld, S . 2 7 3 , 274 ; zum abgeschafften Vorverfahren der StrandO: Burchard, Bergung, S. 2 2 3 f. ; die Be· gründung der Bundesregierung zur Abschaffung des Vorverfahrens, BT-Drucks. VI/2 225 , S. 43 ; BGH , Urt. v. 28. 1 1 . 1 95 2, BGHZ 8 , S. 1 47, 1 5 1 . 3 § § 1 025 ff. ZPO.

118

6. Abschnitt: Die Arbeitsweise der Vorverfahrensstellen

ArbGG.4 Es verwundert deshalb nicht , daß einige Stimmen des Schrifttums für eine entsprechende Anwendung der im Prozeßrecht geltenden Verfah­ rensgrundsätze eintreten. 5 II. Freies Ermessen der Vorverfahrensstellen

Die entsprechende Anwendung des Prozeßrechts setzt jedoch wie jede Ana­ logie voraus, daß die dürftigen Bestimmungen über das Verfahren eine Rege­ lungslücke enthalten. Eine solche Lücke wäre zu verneinen, wenn die Einzel­ heiten des Vorverfahrens absichtlich nicht geregelt wurden, um der Vorverfah­ rensstelle möglichst freie Hand zu lassen. 6 Für eine bewußte Lücke spricht , daß einige Vorverfahrensregelungen das procedere ausdrücklich dem Ermessen der Gütestelle überlassen, so z.B. die Bestimmungen über die Schlichtungsstellen des PflversG 7 , des ArbEG 8 und die Gütestellenordnung der Fachgemeinschaft Bau von GroßBerlin e.V. 9 • Bei den ve_rwaltungsrechtlichen Vorverfahren läßt sich zusätzlich auf den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsatz der Nicht­ förmlichkeit des Verwaltungsverfahrens 10 hinweisen. Daß es sich bei den dürftigen Verfahrensbestimmungen um bewußte Regelungslücken handelt , ergibt sich jedoch vor allem aus dem Zweck des Vorverfahrens, eine einfache und schnelle Beilegung von Streitigkeiten zu ermöglichen. Die Vorverfahrens­ stellen können dieses Ziel nur erreichen , wenn sie möglichst beweglich sind und das Verfahren frei und einfach gestalten dürfen. 1 1 „Die Freiheit von aller Form ist das wirksamste Hilfsmittel zu einer schnellen Bereinigung der Streitigkei­ ten" . 12 Demgegenüber würde eine zu umfassende Regelung zur Komplizierung 4 Weitere Verweisungen finden sich z.B. in § 8 III der VerfO der Schiedsstelle für das Kfz.handwerk Berlin u. § 1 9 1 I S. I BEG, wo für die Beweiserhebung auf die Vorschriften der ZPO verwiesen wird. 5 So für das Vorverfahren des Arb GG: Wilsing, RdA 1 949, S. 455 , 4 5 6 ; Karl Schmidt, BetrVerf 1 95 7 , S. 1 1 0, 1 1 1 ; Schnorr von Carolsfeld, Arbeitsrecht, S. 5 1 1 ; Maus, Hand­ buch, X. Teil, § 1 1 1 ArbGG, Anm. 1 4 ; Dersch / Volkmar, ArbGG, § I I I , Anm. l l ; Roh/­ für das jagdrechtliche Vorverfahren: Mitschke / Schäfer, BJ agdG, § 35 , Anm. 1 d, 2 d, e, f und h; Heinichen, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. II 2 ; fü r das UWG: Harnmann, Einigungsämter, S. 26 u. 28. • s. dazu Larenz, Methodenlehre, S . 355 ff. ; Bischof[. Einigungsstelle, S. 1 0 1 . 7 § 8 der V O über den Entschädigungsfonds. 8 § 33 II ArbEG; vgl. dazu auch die Begründung der Bundesreg. zum Entwurf des ArbEG, in : Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, S . 605 , 6 1 0 (zu § 3 2 des Entw.). • § 3 VII der GütestellenO. •• Der Grundsatz ist in § 10 VwVfG niedergelegt. Er findet nach § 79 VwVfG auch im Widerspruchsverfahren Anwendung, vgl. Knack / Busch, VwVfG, § 79, Rdnr. 7.22 und7 .5. 1 1 Ebenso : Gottschick, Einigungsämter, S. XVII I ; Harnmann, Einigungsämter, S . 2 6 ; Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 1 9 ff. ; Bischof[. Einigungsstelle, S . 1 0 1 ; vgl. auch Rothweiler I Sauer, NJW 1 9 78, S. 797, 798. " Harnmann, Einigungsämter, S . 26.

A. Die geltenden Verfahrensregeln

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und Bürokratisierung des Verfahrens führen. Die Anwendung des Prozeßrechts würde bewirken, daß sich das Vorverfahren kaum noch von den schwergängigen Gerichtsverfahren unterschiede 13 • Eher ließe sich die entsprechende Anwendung der Vorschriften über das Schiedsgerichtsverfahren (§ § 1 027 ff. ZPO) rechtfertigen, denn das Schieds­ gerichtsverfahren soll ebenso wie das Vorverfahren eine Streitbeilegung ermög­ lichen 14 • Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß Vorverfahren und schieds­ richterliches Verfahren sich trotz ihrer ähnlichen Zielsetzung in einem wesent­ lichen Punkt unterscheiden : Das schiedsrichterliche Verfahren tritt an die Stelle der staatlichen Gerichtsbarkeit , während das Vorverfahren der staatli­ chen Rechtspflege nur vorgeschaltet ist . 1 5 An die Ausgestaltung des Vorverfah­ rens sind deshalb nicht so strenge Anforderungen zu stellen wie an das Schieds­ gerichtsverfahren . 1 6 Aus diesen Gründen erscheint es zweckmäßig , die Ausgestaltung des Vorver­ fahrens der Schiedsstelle 17 zu überlassen, soweit die Vorverfahrensregelungen schweigen. Diese Ansicht steht in Einklang mit vielen Äußerungen des Schrift­ tums 1 8 . Das bedeutet jedoch nicht , daß die Verfahrensfreiheit der Gütestellen schrankenlos wäre. 1 9 Der Zweck des Vorverfahrens, eine gütliche Beilegung von Streitigkeiten herbeizuführen, fordert , daß die Vorverfahrensstelle auf dieses Ziel hinarbeitet. Sie hat deshalb ihr Amt unparteiisch auszuüben, den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren , den Sachverhalt aufzuklären 20 und eine schnelle Beendigung des Verfahrens anzustreben 2 1 • Es sind also die 13

läcker (Fußn. 1 1 ), S. 1 2 1 . Pünnel, ArbuR 1 9 7 3 , S . 257, 26 1 ; Knappstein, ArbuR 1 95 9 , S . 205 ; Brill, B B 1 964 , S. 1 34 3 , 1 34 5 . Vgl. zur analogen Anwendung der § § 1 025 ff. ZPO auf das Schiedsgutach­ terverfahren A smus, ZVersWiss 1 9 62, S. 1 9 7 , 207 mwN . 1 5 s. dazu oben im 1 . Abschnitt unter B II 2 und Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 1 9. 16 ebenso Jäcker (Fußn. 1 1 ), S. 1 20 ; Bischof[, Einigungsstelle, S. 1 0 1 f. 17 das heißt dem ganzen Gremium und nicht nur dem Vorsitzenden, vgl. Dütz, ArbuR 1 9 7 3 , S. 35 3, 363; Volmer, ArbEG, § 33, Rdnr. 1 . 18 So für das Vorverfahren des ArbGG: Grunsky, ArbGG, § 1 1 1 , Rdnr. 7; Pritsch, Arbger 1 9 34 , Sp. 372, 3 74 ; für das ArbEG: Volmer, ArbEG, § 33, Rdnr. 1 f. ; Reimer / Schade / Schippe/, Arbeit­ nehmererfindung, § 33 ArbEG, Rdnr. 1 ; Haibach, ArbEG, § 33, Anm. 7 ; für das UWG: Gottschick, Einigungsämter, S . XVIII ; Harnmann, Einigungsämter, S . 2 6 ; Klein, DB 1 95 3 , S . 5 0 3 f. ; für das BetrVG: GK- Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 6 2 ; Dütz , ArbuR 1 9 7 3 , S. 3 5 3 , 363 ; Gnade, ArbuR 1 9 7 3 , S. 4 3 , 44; für die StrandO: Schaps / A braham, Seerecht, § 38 StrandO, Anm. 5 ; ebenso für das Güteverfahren nach § § 1 0 1 ff. ArbGG 1 9 2 6 : § 1 03 S . 2 ArbGG 1 926. " Pünnel, ArbuR 1 9 7 3 , S. 25 7 , 26 1 . 20 s. dazu Grunsky, ArbGG, § I I I , Rdnr. 7; Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 2 1 und die Ausführungen zum Schiedsgutachterverfahren bei Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S . 249 . 1 2 s. dazu im einzelnen die Nachweise unten unter B, Fußnoten 1 8 - 2 1 . 14

1 20

6. Abschnitt: Die Arbeitsweise der Vorverfahrensstellen

elementaren Grundsätze des gerichtlichen Verfahrens zu beachten, die für jedes geordnete rechtsstaatliche Verfahren analog gelten 22 . Dabei ist nich t zu verkennen, daß der Grundsatz , den Sachverhalt möglichst voll aufzuklären, in einem gewissen Spannungsverhältnis zu den Prinzipien der 1 Einfachheit und Schnelligkeit steht. 23 Es ist Aufgabe der Vorverfahrensstelle , hier im Einzelfall die richtige Lösung dieses Zielkonfliktes zu finden. Der Umstand, daß die Ausgestaltung des Verfahrens grundsätzlich im Ermessen der S chiedsstelle steht, hindert diese nicht, sich selbst eine allgemein gültige Verfahrensord­ nung zu geben. 24

B . Die Verfahrensgrundsätze Das gerichtliche Verfahren wird von einer Reihe von Verfahrensgrundsätzen geprägt. Im folgenden soll untersucht werden, ob im Vorverfahren ähnliche Prinzipien gelten. I. Die Geltung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs

Der verfahrensrechtliche Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist auch im Vor­ verfahren zu beachten. Für einzelne Vorverfahren ist das ausdrücklich festgelegt, z.B. für das Vorverfahren der StrandO. ' Bei den anderen Vorverfahren fehlt eine ausdrückliche Bestimmung. Dennoch besteht Einigkeit darüber, daß die Vorverfahrensstelle rechtliches Gehör gewähren muß.' Das Schrifttum beruft sich dabei vielfach auf allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze. 3 22 So auch Dütz, ArbuR 1 97 3, S. 353, 363 ; Natzel, Berufsausbildungsverhältnis, S. 1 5 8 ; Dersch / Volkmar, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 1 1 ; Gnade, ArbuR 1973, S . 43 ff. ; vgl. für das S chiedsgutachterverfahren: Rauscher, S chiedsgutachtenrecht, S. 249 ; A smus, ZVersWiss 1 962, S. 1 97 , 205 ; für das verwaltungsrechtliche Vorverfahren Redeker / von Oertzen, VwGO, § 7 3 , Rdnr. 8. 23 Vgl. Knack / Clausen, VwVfG, § IO, Rdnr. 3. 1 u. 3.2. Zur Lösung des Konflikts

s. unter E II 2.

24 Grunsky, ArbGG, § l l l , Rdnr. 7; Weber, BBiG, § 1 02, Anm. 2 ; Haibach, ArbEG, Anm. 7 : Natze/, DB 1 97 1 , S. 1 665. 1 § 37 StrandO. Danach traf das Strandamt seine Entscheidung nach Anhörung der Be­ teiligten ; ähnliche Bestimmungen finden sich für das ErstG in § 5 S. 2 dieses Gesetzes, für die Gütestelle der Fachgemeinschaft Bau von Groß-Berlin e. V. in § 3 IX der GütestellenO, für das verwaltungsgerichtliche Vorverfahren in § § 28, 66, 79 VwVfG, für das BLG in § 5 1 III dieses Gesetzes, für das S chubG in § 1 9 I SchubG, für das BBauG in § 1 08 I S. 3 dieses Gesetzes, für das BEG in § 1 94 BEG, für das PrEG in § 25 III dieses Gesetzes. ' Fitting / A uffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 26 ; Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 22 ; Gnade, ArbuR 1 9 7 3 , S . 4 3 , 44. 3 Leipold, Festschrift, S. 273, 293 mwN . , Dietz / R ichardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 24 ; Kehrmann, MitbG 1 9 7 5 , S. 208, 2 1 0 ; Pünnel, ArbuR 1 9 7 3 , S. 25 7 , 26 1 ; Galperin / Lö­ wisch, BetrVG, § 76, Rdnr. 2 7 .

B. Die Verfahrensgrundsätze

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Die Anhörungspflicht ergibt sich bereits aus dem Wesen und Zweck des Vor­ verfahrens: Ein Rechtsstreit läßt sich im Wege der gütlichen Einigung nur beile­ gen, wenn man den Parteien zuvor Gelegenheit gewährt, sich zu äußern. 4 II. Die Geltung des Grundsatzes der Mündlichkeit Weniger klar ist, ob auch der (im Prozeß geltende) Grundsatz der Mündlich­ keit im Vorverfahren Anwendung findet. Soweit die Vorverfahrensregelungen hierzu eine Aussage treffen, enthalten sie unter­ schiedliche Bestimmungen. Viele Regelungen sehen - zumindest grundsätzlich - eine mündliche Verhandlung vor, so d ie Vorschriften zum Vorverfahren des ArbGG, des See­ mannsG und des UWG '. Andere Vorschriften ordnen jedoch ausdrücklich ein schriftliches Verfahren an, so d ie Vorschriften zum Vorverfahren des PflversG und dem Vorverfahren für Arzthaftpflichtfragen• . Beim Güteverfahren des ArbEG ist die mündliche Verhandlung nach h.M. in das Ermessen der Sch iedsstelle gestellt. 7 Hinsichtlich des BetrVG besteht Streit darüber, ob eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat. 8

Für alle Vorverfahren gilt , daß eine mündliche Verhandlung dem Sinn und Zweck des Vorverfahrens, Meinungsverschiedenheiten gütlich beizulegen, besser gerecht wird, da sie eine persönliche Fühlungnahme ermöglicht, und deshalb vorzuziehen ist . 9 Bei offenbarer Unzulässigkeit oder Unbegriindetheit des An­ trags auf Einleitung des Vorverfahrens sollte aber ausnahmsweise eine schrift­ liche Entscheidung zugelassen werden, wie das in mehreren Verfahrensregelun­ gen vorgesehen ist 10 .

4

ebenso Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 2 2 ; Pritsch, Arbger 1 9 34, Sp. 3 7 2 , 374. ' Vgl. zum Vorverfahren des ArbGG: § 1 1 1 II S. 2 ArbGG, und dazu Natzel, DB 1 9 7 1 , S . 1 665 , 1 66 6 ; zum SeemannsG: § § 1 5 , 1 6 der SeemannsamtsVO v . 2 1 . 1 0. 1 98 1 (BGBI. 11 S . 1 1 46 ) ; zum UWG: § 5 der bay. VO, § 9 der schlholst. u. der saarl. VO, § 6 der übrigen

vo.

Ferner ist eine münd!. Verhandlung vorgesehen in § 23 Berl. SchiedsmannsG , § 3 I der GütestellenO der Fachgemeinschaft Bau von Groß-Berlin e.V. ; in den Vorschriften über d ie Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden, so z.B. in Nr. 7 der R ichtlinien der !HK Mönchengladbach , Nr. 7 der Grundsätze der !HK Solingen, Nr. 6 der VerfO der !HK Düsseldorf, Nr. 10 der Grundsätze der !HK Lüneburg ; in VOB/B § 18 Nr. 2 S. 2; in § 44 II LBG, § 1 09 I BBauG, § 25 I PrEG ; Art 26 IV bayEG. • s. zum PflversG: § B der VO über den Entschäd igungsfonds; zu den ärztlichen Schlichtungsstellen: § 5 der Geschäfts- und Verf.O. der Schlichtungsstelle in Hannover. 7 Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, § 33 ArbEG, Rdnr. 2 u. 3 ; Volmer, ArbEG, § 3 3 , Rdnr. 1 9 . 8 für eine münd!. Verhandlung : Pünnel, ArbuR 1 9 7 3 , S. 2 5 7 , 26 l ; Jäcker, Einigungs­ stelle, S. 1 22 ; dagegen: GK-Thiele, BetrVG, Rdnr. 6 3 ; Dütz, ArbuR 1 9 7 3 , S . 35 3 , 3 6 3 . • GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 7 3 ; Bischoff, Einigungsstelle, S. 1 04. 10 S o § 2 7 a V I I I UWG ; fü r die Schlichtungsstellen fü r Verbraucherbeschwerden : Nr. 9 der Richtlinien der !HK Mönchengladbach, Nr. 8 der Grundsätze der !HK Solingen, Nr. 8 der !HK Düsseldorf, Nr. 7 der !HK Lüneburg. S. auch Rühling / Seile, BJagdG, § 35 , Anm. 5 ; Molodovsky. Enteignungsrecht, Art 26

1 22

6. Abschnitt: Die Arbeitsweise der Vorverfahrensstellen

III. Die Geltung des Verhandlungsgrundsatzes und des Untersuchungsgrundsatzes Die Frage, ob im Vorverfahren der Verhandlungsgrundsatz oder die Unter­ suchungsmaxime gilt, wird für die einzelnen Verfahren verschieden beantwortet. Der Verhandlungsgrundsatz soll für das Vorverfahren des ArbGG gelten. 1 1 Der Unter­ suchungsgrundsatz wird dagegen für die Vorverfahren des ArbEG, des Jagdrechts, des BetrVG und der StrandO bejaht. 1 2 Gesetzliche Regelungen finden sich nur für die Vorver­ fahren in Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung, etwa in § 1 5 0 I BBauG und § 1 76 I BEG, wonach der Untersuchungsgrundsatz gilt. 1 3

Es ist kein Grund ersichtlich, im Vorverfahren andere Prinzipien anzuwen­ den als im nachfolgenden Prozeß. Deshalb sollte die im Prozeß geltende Maxi­ me auch im Vorverfahren gelten. 14 'Die Tatsache, daß das Vorverfahren vor einer staatlichen Stelle stattfindet, ist allein kein Grund, den Untersuchungs­ grundsatz anzuwenden. Schließlich sind auch die Zivilgerichte , vor denen grundsätzlich die Verhandlungsmaxime gilt, staatliche Einrichtungen . Im übri­ gen dürfte die Unterscheidung zwischen Untersuchungs- und Verhandlungs­ maxime nur geringe praktische Bedeutung haben : Der Untersuchungsgrundsatz schließt nicht aus, daß die Vorverfahrensstelle entsprechend § 1 39 ZPO Erklä­ rungen und Anträge der Parteien anregt. Zum anderen wird der Untersuchungs­ grundsatz durch Mitwirkungspflichten der Parteien begrenzt. 1 5 IV. Die Geltung des Grundsatzes der Öffentlichkeit Der Grundsatz der Öffentlichkeit findet in den Vorverfahren keine Anwen­ dung. Die Vorverfahren sind grundsätzlich nicht öffentlich. 16 Einzelne VorverbayEG, Anm. 3.2.3 ; Schrödter, BBauG, § 1 0 8 , Rdnr. 2 ; BGH, Urt. v. 28.9. 1 96 7 , BGHZ 48, s. 286, 287. So auch für das abgeschaffte Güteverfahren vor den Amtsgerichten § 499 b ZPO a.F . ; vgl. dazu Stein / Jonas / Pohle, ZPO, 1 6 . Aufl., § 499 b, Anm. II 2 b ; Rosenberg, Lehrbuch, § 1 1 2, 2 a. 1 1 Bitzer, Arbeitssachen, S. 25 7 . 12 s . fü r das A rbEG: Volmer, BB 1 968, S . 25 3, 2 5 7 ; fü r das Jagdrecht: Rühling / Seile, BJagdG, § 3 5 , Anm. 2 ; fü r das Betr VG: GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 6 4 ; Pünnel, ArbuR 1 973, S . 257, 26 1 ; für die StrandO: Schaps / A braham Seerecht, § 3 8 StrandO, Anm. 5 . 1 3 Weiterhin in Art 24 I bayEG, Art 24 I hessEG. 1 4 ebenso : Pünnel (Fußn. 1 2) ; Bitzer (Fußn. 1 1 ). 1 5 Vgl. zu diesem Fragenkreis: Bomsdorf. Prozeßmaximen und Rechtswirk lichkeit, S . 242 ff. und Blessin / Giessler, BESchlußG, § 1 76 BEG, Anm. II 1 . 1 • s. für das Vorverfahren des A rbGG: Roh/fing, Lehrvertrag, S . 79; ders. J W 1 9 30, S. 378, 380; Pritsch, Arbgl!r 34, Sp. 372, 376 ; § 7 I der VerfO der Handw.kammer Berlin ; für das A rbEG: Volmer, ArbEG, § 3 3 , Rdnr. 1 9 ; ders. BB 1 96 8 , S. 25 3 , 255 ; für das Betr VG: GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 65 ; Fitting / A uffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 22; Dietz / Richardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 24 ; Bleistein, BetrVG, § 76, Rdnr. 2 14 , Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 26 mwN . ; Kehrmann, MitbG 1 97 5 , S. 208, 21 O ;

B. Die Verfahrensgrundsätze

1 23

fahrensregelungen sehen allerdings vor, daß der Vorsitzende Dritten die An­ wesenheit gestatten kann, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt. 1 7 De r Ausschluß der Öffentlichkeit ist zweckmäßig, da er das Zustandekom­ men gütlicher Einigungen fördert. Rechtsstaatliche Bedenken bestehen nicht, weil im Vorverfahren keine endgültige Entscheidung getroffen wird. V. Die Geltung des Beschleunigungsgrundsatzes Der Beschleunigungsgrundsatz gilt auch im Vorverfahren. Ihm korr'lmt dort sogar besondere Bedeutung zu, gilt es doch die Verzögerung, welche das Vor­ verfahren für den durch die Rechtsweggarantien gewährleisteten richterlichen Rechtsschutz bedeutet, so gering wie möglich zu halten. Zahlreiche Einzelbestimmungen über die Terminsanberaumung, die Ladung und die Durchführung der Verhandlung tragen dem Rechnung. •• Für das Vorverfahren des ArbGG hat das Bundesarbeitsgericht ausgesprochen, daß eine ungebührliche Verzögerung des Ver­ fahrens auszuschließen ist. 1 9 Auch im Schrifttum wird allgemein anerkannt, daß der Be­ schleunigungsgrundsatz im Vorverfahren zu beachten ist. 20 Viele Vorverfahrensvorschrif­ ten gewährleisten die Einhaltung des Beschleunigungsgrundsatzes dadurch, daß sie den Parteien gestatten, Klage zu erheben, wenn das Vorverfahren nicht innerhalb einer be­ stimmten Frist beendet wird. 2 1 für das Jagdrecht: Heinichen, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. 11 b ; fü r das UWG: § 5 der bayVO, § 9 der saarl. und schlholst. VO, § 6 der übrigen VO ; für die Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden: Nr. 7 der Internen Richtlinien der IHK Mönchengladbach, Nr. l l der Grundsätze der IHK Solingen , Nr. 6 der VerfO der IHK Düsseldorf. Nr. 6 der Grundsätze der IHK Lüneburg. Ebenso § 5 II der VerfO der Schiedsstelle für das Kfz.handwerk in Berlin u. § 5 II der DVO zum VerwertungsgesellschaftenG. 1 7 So für das Vorverfahren des A rb GG: § 7 II der VerfO der Handwerkskammer Berlin ; für das UWG d ie VO der Länder (Fußn. 1 6). 18 Vgl. z.B. für das Vorverfahren des A rb GG: §§ 3, 5, 10 u . l l der VO der Handwerks­ kammer Berlin , für das Verf. vor dem Seemannsamt: § § 1 4 , 1 7 II der SeemannsamtsVO sowie das „Merk­ blatt für die Tätigkeit der Seemannsämter der Bundesrepublik Deutschland außerhalb des Geltungsbere ichs des Grundgesetzes" des Auswärtigen Amtes v. 5 . 8. 1 95 9 , unter 1 . 1 ; für das A rbEG: § 32 ArbEG, der für den Antrag auf Erweiterung der Schied sstelle eine kurze Frist setzt ; für das Verfahren vor dem Schiedsmann: § 23 S. 2 des Berl. SchiedsmannsG ; s. weiter: § 1 79 I BEG . Art 26 1 bayEG , § 25 I S. l hessEG. 1 • Urt. v. 1 8 . 1 0. 1 960, AP Nr. l zu § 1 1 1 ArbGG. '° Karl Schmidt, BctrVerf 1 95 7 , S. 1 1 0 , 1 1 1 ; Maus, Handbuch, X. Teil, § 1 1 1 ArbGG, A nm . 1 4 , Fußn. 8; Dietz / Nikisch, ArbGG, § 1 1 1 , Rdnr. 7 ; Pritsch , Arbger. 34, Sp. 3 7 2 , 374 ; Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, § 37 ArbEG, Rdnr. 1 0 ; Volmer, ArbEG , § 3 5 , Rdnr. 8 ; Lindenmaier / Lüdecke, Arbeitnehmererfindungen , § 33 ArbEG, Anm. 5 . Begründung der Bundesreg. zu § 27 a UWG , BT-Drucks. 11/ 1 47 8 , S. 3, 8 . " s. dazu Näheres i m 8 . Abschnitt unter B I I I 3 c . Vgl. dazu auch: Meisinger / Neumann, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 2 ; Reimer / Schade / Schippe/ (Fußn. 20 ) ; Volmer (Fußn. 20) ; Heine / R ebitzki, Arbeitnehmererfindungen, § 37 ArbEG, Anm. 4.

1 24

6. Abschnitt: Die Arbeitsweise der Vorverfahrensstellen

C. Der Antrag auf Einleitung des Vorverfahrens In den Vorverfahren gilt grundsätzlich die Dispositionsmaxime: Das Vor­ verfahren muß von den Parteien eingeleitet werden ; die Vorverfahrensstelle wird nur auf Antrag tätig 1 . Etwas anderes gilt nur bei einigen Verfahren zur Festsetzung einer Enteignungsentschädigung, bei denen die Festsetzung auch ohne besonderen Antrag des von der Enteignung Betroffenen vorgenommen wird. 2 Das Vorverfahren wird seinem Zweck, eine einfache Beilegung von Streitig­ keiten zu ermöglichen, nur gerecht, wenn die Einleitung des Verfahrens den Be­ teiligten keine große Schwierigkeit und Mühe bereitet. Die Vorverfahrensregelungen tragen diesem Erfordernis weitgehend Rech­ nung. Die Anforderungen an Form und Inhalt des Antrages auf Einleitung des Vorverfahrens sind gering. Die diesbezüglichen Vorschriften sind vielfach nur Sollvorschriften. Die Anforderungen sind regelmäßig geringer als diejenigen, welche § 253 ZPO für die Klage aufstellt. Die Einschaltung eines Rechtsan­ walts, wie sie § 78 ZPO für den Prozeß vor dem Landgericht vorschreibt, ist bei keinem Vorverfahren erforderlich. Die Vorschriften über den Antrag sind vielmehr bewußt so gehalten, daß die Beteiligten die Schiedsstellen ohne Hin­ zuziehung eines Beraters anrufen können. 3 Der Antrag ist regelmäßig schriftlich zu stellen. 4 Die Einhaltung der Schriftform wird den Parteien dadurch erleichtert, daß es ihnen vielfach gestattet ist, den Antrag zu Proto­ koll zu erklären. 5 Bei einigen Vorverfahren kann der Antrag auch mündlich, insbesondere 1 Vgl. z.B. für das A rbEG: § 28 S. 1 des Gesetzes; für das Betr VG: Dietz / R ichardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 2 3 u. 46; Erdmann / Jürging / Kammann, BetrVG, § 76, Rdnr. 1 6 ; für die anderen Vorverfahren: die in den folgenden Fußnoten erwähnten Vorschriften über den Antrag. 2 s. dazu oben im 1 . Abschnitt unter B I 2 b. 3 Vgl. für das Vorverfahren des ArbEG : Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmerer­ findung, § 31 ArbEG, Rdnr. l ; Heine / Rebitzki, Arbeitnehmererfindungen, § 31 ArbEG, Anm. 4 So für das A rbGG: § 3 der VerfO der Handwerkskammer Berlin ; vgl. auch Roh/fing, Lehrvertrag, S . 78 f. ; für das A rbEG: § 3 1 f. ArbEG; für das ErstG: § 5 III S . 2 ErstG ; für das UWG: § 4 der bayVO, § 6 der rhpfVO u. schlholst VO, § 5 der übrigen VO; für das Verfahren vor dem Schiedsmann: § 20 I des Berliner SchiedsmannsG ; für die ÖRA Hamburg: § 8 I der GO für die ÖRA ; für das NTS-A G: Art 9 II des Gesetzes; für das bay. A bhilfeverfahren: § 17 I S. 2 der bay.VertretungsO ; für das A bhilfeverfahren des StHG-Entwurfs: § 26 I StHG-E ; für die Vorverfahren in Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung: § 50 l S. 1 BLG; § 24 I prEG. 5 So für das A rbGG: § 3 der VerfO der Handwerkskammer Berlin ; für das ErstG: Heuser / Kobel, ErstG, § 5 , Anm.; für das UWG: die VO der Länder (Fußn. 4); für das Vor­ verfahren vor dem Schiedsmann: § 20 I Berl. SchiedsmannsG ; für die ÖRA Hamburg: die GO (Fußn. 4 ) ; für das bay. Abhilfeverfahren: die VertretungsO (Fußn. 4 ) ; für das A bhilfe-

D. Die Mitwirkung von Bevollmächtigten und Beiständen

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telefonisch, gestellt werden, das gilt z.B. für die Anrufung der Einigungsstellen des BetrVG 6 und der Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden 7 • Die Vorschriften über den Inhalt des Antrages beschränken sich fast durchweg darauf, die zur Kennzeichnung des Streitfalles unbedingt erforderlichen Angaben zu verlangen; es sind regelmäßig nur die Beteiligten und der Streitgegenstand anzugeben. 8 Ein bestimmtes Antragsbegehren wird nur selten gefordert. • Eine nähere Begründung wird allenfalls emp­ fohlen.•• Ganz allgemein läßt sich feststellen, daß die Vorschriften über den Inhalt des An­ trags regelmäßig nur Sollvorschriften sind 1 1 • Aber auch dort, wo Mußvorschriften gegeben sind, hat die Vorverfahrensstelle im Falle eines unvollständigen oder unklaren Antrages zunächst zu versuchen, auf eine Ergänzung oder Richtigstellung hinzuwirken, bevor sie den An trag als unzulässig abweist. 1 2

D. Die Mitwirkung von Bevollmächtigten oder Beiständen im Vorverfahren Die Frage, ob sich die Parteien im Vorverfahren durch Bevollmächtigte ver­ treten oder durch Beistände unterstützen lassen dürfen, wird in den Vorverfah­ rensregelungen unterschiedlich beantwortet. Die Bestimmungen über die „Schiedsstelle für das Kraftfahrzeughandwerk Hamburg'· schlossen Rechtsanwälte von der Teilnahme an der Verhandlung aus. 1 Nach dem Berliner S chiedsmannsgesetz ist die Vertretung der Parteien durch Bevollmächtigte unzulässig, die Parteien können sich jedoch in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Rechtsan­ waltes bedienen.'

verfahren des StHG-Entwurfs: § 2 1 I StHG-E ; für die Vorverfahren in Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung: § 50 I S. 2 BLG. 6 GK-Thiele, BetrVG, § 76, Rdnr. 60; Dütz, ArbuR 1 973, S. 359. 7 s. z.B. Nr. 4 der Internen Richtlinien der !HK Mönchengladbach ; Nr. 5 der Grund­

sätze der !HK Solingen; Nr. 3 der VerfO der !HK Düsseldorf. 8 So für das ArbGG: § 4 I der VerfO der Handwerkskammer Berlin ; für das ArbEG: § 3 1 I ArbEG ; für das BetrVG: Dütz, ArbuR 1 973, S. 3 5 3 , 359 ; für das Verfahren vor dem Schiedsmann: § 20 I Berl. SchiedsmannsG ; für die ÖRA Hamburg: § 8 I der GO für die ÖRA; für das NTS-A G: Art 9 II S. 2 des Gesetzes; für das bay. A bhilfeverfahren: § 1 7 I S . 1 VertretungsVO. • Es ist z.B. nicht erforderlich im Vorverfahren des Jagdrechts: Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 35, Anm . 2 f. ; ebensowenig im Verfahren der StrandO : Schaps / A braham, Seerecht, § 38 StrandO, Anm. 5 . Gleiches gilt für das verwaltungsrechtl. Widerspruchs­ verfahren: Eyermann / Fröhler, VwGO, § 70, Rdnr. 1 ; Redeker / von Oertzen, VwGO, § 70, Rdnr. 10. 10 s. z.B. § 1 90 BEG u. die Nachweise in Fußn. 1 1 . 1 1 So für das ArbEG: § 3 1 I ArbEG; für die ÖRA Hamburg: die GO (Fußn. 8 ) ; für das bay. Abhilfeverfahren: § 1 7 I S. 1 VertretungsVO; für das Abhilfeverfahren des StHG­ Entwurfs: § 26 I S. l StHG-E. Eine Mußvorschrift findet sich z.B. in § 20 I Berl. SchiedsmannsG. 1 2 So ausdrücklich § 4 II der VerfO der Handwerkskammer Berlin für das Vorverfahren des ArbGG , vgl. auch für das verwaltungsrechtl. Widerspruchsverfahren: Redeker / von Oertzen, VwGO , § 70, Rdnr. 10 und für den Zivilprozeß : Baumbach / Lauterbach, J A lbers / Hartmann, ZPO, § 5 6 , Anm. 1 E. ' s. dazu von Hippe[, Verbraucherschutz, S. 98. 2 § 18 S. 1 u. § 1 9 des Gesetzes.

1 26

6. Abschnitt: Die Arbeitsweise der Vorverfahrensstellen

Den verneinenden Vorschriften liegt die Erwägung zugrunde, daß sich das Ziel der Vorverfahren, einen gütlichen Ausgleich zu erzielen, besser erreichen läßt, wenn die Parteien selbst an der mündlichen Verhandlung teilnehmen . 3 Diesem Gesichtspunkt läßt sich allerdings auch dadurch Rechnung tragen, daß der Vorverfahrensstelle das Recht verliehen wird , das persönliche Erscheinen der Parteien anzuordnen.4 Die Mitwirkung von Rechtsanwälten wird teil­ weise als nicht wünschenswert angesehen, weil man meint, Rechtsanwälte wür­ den eine unnötige Schärfe in die Verhandlung hineintragen, welche eine gütliche Einigung hindere . 5 Eine Reihe von Vorverfahrensregelungen gestattet den Parteien, sich durch Dritte vertreten oder unterstützen zu lassen. 6 Teilweise wird diese Befugnis der Parteien jedoch in Analogie zum Prozeßrecht be­ schränkt: Die Vorverfahrensstelle darf andere Personen als Rechtsanwälte zurückweisen, wenn die Voraussetzungen des § 1 5 7 ZPO vorliegen.7 Auch d ie Regelungen zum Vorver­ fahren nach § 1 1 1 II ArbGG begrenzen d ie Zulassung von Vertretern und Beiständen entsprechend dem Prozeßrecht. Danach gelten die Grundsätze des § 11 ArbGG. 8

Soweit eine Regelung fehlt, läßt das Schrifttum überwiegend Bevollmäch­ tigte und Beistände zu. 9 Das gilt auch für die Mitwirkung von Rechtsanwälten. Die Hinzuziehung von Rechtsanwälten habe nämlich erhebliche Vorteile : Die 3 s. dazu Blankenburg, ZRP 1 9 74, S. 2 7 3 , 276. Es hat sich dariiber hinaus im Prozeß herausgestellt, daß bei Anwesenheit der Parteien die Berufungshäufigkeit geringer ist. Das dürfte entsprechend für die Anfechtung der im Vorverfahren ergehenden Entscheidungen gelten. Vgl. dazu Wax / Bender / Schade, Tatsachenforschung, S. 5 7 , 74 f. sowie Blanken­ burg / Blankenburg / Morasch, Tatsachenforschung, S. 8 1 , 1 02. 4 So: §§ 1 4 , 17 IV SeemannsamtsVO ; § 2 7 a V S . 1 UWG ; § 5 1 S . 2 der Geschäfts- u. Verf.O der Schlichtungsstelle für Arzthaftptlichtfragen in Hannover ; § 3 III der Gütestel­ lenO der Fachgemeinschaft Bau von Groß-Berlin e.V. ; § 1 5 0 II S. 1 BBauG ; Art 24 II bayEG ; Art 24 II hessEG. ' Vgl. dazu von Thenen, GRUR 1 9 3 7 , S . 1 05 , 1 09 ; Hecht, GRUR 1 93 7 , S . 845 , 849; Pritsch, Arbger 34, Sp. 372, 375 . 6 s. § 1 7 IV SeemannsamtsVO ; No. 1 0 der Grundsätze der IHK Solingen ; Nr. 6 S. 3 der VerfO der IHK Düsseldorf; Nr. 9 S. 2 der Grundsätze der IHK Lüneburg ; § § 1 9 3 I u. 1 96 I BEG , § 1 3 hessEG ; § 37 I S. 4 WaStrG ; vgl. auch § 1 4 VwVfG. Auch vor der Frankfurter Mietschlichtungsstelle ist Vertretung zulässig ; die Parteien sollen jedoch persönlich er­ scheinen: Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 79 8 ; Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 1 , 29 2. ' § 33 I ArbEG i.V. mit § 1 034 I ZPO ; § I 2 I der GO für d ie ÖRA Hamburg; Tetzner, UWG, § 27 a, Rdnr. 2 1 . 8 § 6 I u . II der VerfO der Handwerkskammer Berlin ; vgl. auch Roh/fing / Rewolle, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 5 ; Roh/fing, Lehrvertrag, S. 7 7 ; Natze/, Berufsausbildungsverhältnis, S . 1 5 9 . ders. , DB 1 9 7 1 , S. 1 665 , 1 666; Bitzner, Arbeitssachen , S . 255 ; Karl Schmidt, BetrVerf 1 9 5 7 , S. 1 1 0, 1 1 1 ; Grunsky, ArbGG , § 1 1 1 , Rdnr. 6 macht keine solche Ein­ schränkung. • für das Jagdrecht: Mitschke / Schäfer, BJagdG , § 35, Anm. 2 d ; Schandau, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm . zu § 35 nwLJG : für das UWG: Tetzner, UWG, § 27 a, Rdnr. 2 1 ; Pastor, Unterla ssungsrecht, 5 5 . Kap. II, S. 4 2 0 ; Krieger, GRUR 1 95 7, S. 1 97, 204 ; für das Betr VG: Galperin / Löwisch, BetrVG, § 76, Rdnr. 2 6 ; Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 26 ; Bischof[. Einigungsstelle, S. I 05 ; Dütz, ArbuR 1 97 3 , S . 35 3 , 3 6 3 ; Kehrmann, MitbG J 9 7 5 , s . 2 0 8 , 209.

E. Mittel zur Sachverhaltsaufklärung

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Parteien könnten dann einen Vergleich nicht mit dem Bemerken ablehnen, sie müßten erst ihren Anwalt konsultieren. 1 0 Dem ist zuzustimmen. Für das Vorverfahren des BetrVG wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle entscheide frei darüber, ob Bevollmächtigte oder Beistände an der mündlichen Verhandlung teilnehmen dürften. 1 1

E. Mittel zur Sachverhaltsaufklärung Jeder Vermittlungstätigkeit und jeder Sachentscheidung muß die Aufklärung des Sachverhalts vorausgehen. Die Vorverfahrensstellen trifft deshalb eine Auf­ klärungspflicht. 1 Zu den Mitteln , die ihr dabei zur Verfügung stehen, lassen sich folgende Feststellungen treffen :

I. Die Beweismittel Die Gremien können sich zur Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich der dem Gericht zur Verfügung stehenden Beweismittel bedienen. 1. Augenschein Sie können zunächst Augenschein einnehmen. 2 Dem Augenschein kommt bei den Vorverfahren zur Schadensfeststellung besondere Bedeutung zu. Des­ halb schreibt z.B. § 34 nwLJG vor, daß immer ein Termin am Schadensort stattzufinden hat. 3 Im Verfahren vor der Frakfurter Mietschlichtungsstelle geht der Verhandlung regelmäßig eine Ortsbesichtigung voraus. 4

10

von Thenen, GRUR 1 9 3 7 , S. 10 5, I 09 ; Hecht, GRUR 1 9 3 7 , S. 845 , 849 . Dietz J R ichardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 24 ; Pünnel, ArbuR 1 9 7 3 , S. 25 7, 2 6 1 . ' s. § 3 3 I ArbEG i.V. mit § 1 034 I ZPO ; Pritsch, Arbger. 3 4 , Sp. 3 7 2 , 374 ; Gaul / Bar­ tenbach, Arbeitnehmererfindungen, S . 6 7 ; Volmer, ArbEG, § 3 3 , Rdnr. 2 ; ferner (für das Vorverfahren des UWG): RG, Entsch. v. 26.6.1 936, GRUR 1 9 3 7 , S. 234, 2 3 6 . ' Bitzer, Arbeitssachen, S . 25 7 ; Rühling / Seile, BJagdG, § 35 , Anm. l d ; o.V., Schieds· mannsO, § 24, Anm. 2 (S . 4 3 ) ; Bleistein, BetrVG , § 7 6 , Rdnr. 274 ; Dietz / Richardi, BetrVG, § 7 6 , Rdnr. 25 . 3 ebenso für alle jagdrechtlichen Vorverfahren: Rühling / Seile, BJagdG , § 35 , Anm. l d. Vgl. auch § 44 II S. l LBG , wonach „nötigenfalls" ein Termin an Ort und Stelle abzu• halten ist. 4 Rothwei/er, ZMR 1 9 76, S. 29 1 , 2 9 2 ; Rothweiler / Sauer, NJW 1 97 8 , S. 797, 798. 11

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6. Abschnitt : Die Arbeitsweise der Vorverfahrensstellen

2. Zeugen Die Vorverfahrensstellen dürfen auch Zeugen vernehmen. 5 Einzelne Verfah­ rensordnungen legen das ausdrücklich fest. 6 Für die anderen Vorverfahren wird das allgemein anerkannt. 7 Die Befugnis der Vorverfahrensstellen , Zeugen zu hören, ist jedoch in mehrfacher Hinsicht beschränkt. a) Die Vorverfahrensstellen können regelmäßig keine Zeugenaussagen er­ zwingen; ihnen stehen keine Zwangsmittel zur Verfügung, mit denen sie Zeugen wm Erscheinen oder zur Aussage veranlassen könnten . 8 Einige Vorverfahrens­ regelungen bestimmen ausdrücklich, daß die Stellen nur freiwillig erschienene Zeugen vernehmen können . 9 Deshalb ist es gerechtfertigt, wenn Asmus vor­ schlägt , man solle statt von Zeugen besser von „Auskunftspersonen" spre­ chen 1 0 . Ausnahmen finden sich im Berliner Kammergesetz , das Kammerange­ hörige , die als Zeuge geladen werden , verpflichtet, persönlich vor dem Schlich­ tungsausschuß zu erscheinen und Auskünfte zu erteilen 1 1 , und im bayerischen Enteignungsgesetz , das eine allgemeine Aussagepflicht der Zeugen statuiert 1 2 •

5 Bitzner (Fußn. 2); Roh/fing, Lehrvertrag, S. 80 ; Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 3 5 , Anm. 1 d ; Heinichen, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. 11, 2 ; G_K -Thiele, BetrVG, § 7 6 , Rdnr. 64 ; Pünne/, ArbuR 1 97 3 , S. 2 5 7 , 26 2 ; Ewald, StrandO, § 3 8 , Anm. 8. • § 17 1 SeemannsamtsVO; § 3 3 1 ArbEG i.V. mit § 1 035 ZPO ; für das Vorverfahren des UWG: § 5 der bay.VO, § 9 der saarl. und schlholst .VO, § 6 der übrigen VO; § 24 1 Berl. S chiedsmannsG ; Nr. 8 der Internen Richtlinien der !HK Mönchengladbach, Nr. 1 2 der Richtlinien der IHK Solingen, Nr. 7 der VerfO der !HK Düsseldorf. S o auch § 26 VwVfG u. § 5 III der VerfO der Schiedsstelle des Kfz.handwerks Berlin. Für d ie Zivil­ prozeßsachen kraft Zuweisung s.: § 1 9 1 BEG, Art 24 bayEG. 7 für das A rbGG: Roh/fing, Lehrvertrag, S . 80; Bitzner (Fußn. 2 ) ; § 10 IV der VerfO der Handwerkskammer Berlin ; für das Jagdrecht: Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 35 , Anm. 1 d ; Heinichen, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. 11, 2 ; für das Betr VG: GK-Thie/e, BetrVG, § 76, Rdnr. 64 ; Dietz / Richardi, BetrVG, § 7 6 , Rdnr. 25 ; Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 26 ; Kehrmann, MitbG 1 975 , S . 2 0 8 , 2 1 0 ; Pünnel, ArbuR 1 9 7 3 , S. 2 5 7 , 262 ; für die StrandO: Ewald, StrandO, § 3 8 , Anm. 6 . ' Vgl. fü r das ArbGG: Roh/fing (Fußn. 7 ) ; Karl Schmidt, BetrVerf 1 9 5 7 , S. 1 1 0, 1 1 1 ; Dersch / Volkmar, ArbGG, § 1 1 1 . Anm. 1 1 ; für das BetrVG: Pünnel, ArbuR 1 9 7 3 , S . 25 7 , 263 ; Ga/perin / Löwisch , BetrVG , § 76, Rdnr. 2 8 ; Dietz / R ichardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 25 ; Bischof[. Einigungsstelle, S. 1 0 7 ; Lepke, BB 1 9 7 7 , S. 49, 5 6 ; fiir das ArbEG: Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, '§ 3 3 ArbEG, Rdnr. 5 ; Volmer, Das Deutsche Bu ndesrecht, Erl. zu § 33 ArbEG ; für das Jagdrecht: Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 35, Anm . 2 h ; Heinichen, Jagdrecht, § 35 BJagdG, § 35 , Anm. II 2 ; für das Verfahren vor dem Schiedsmann: o.V., SchiedsmannsO, § 24, Anm. 2; für die StrandO: Ewald, S trandO, § 38, Anm. 6 . 9 § 33 I ArbEG i.V. m i t 1 035 I ZPO ; die V O der Länder z u § 27 a UWG: § 5 der bay.VO, § 9 der saarl. u. schlholst . VO, § 6 der übrigen VO; § 24 I Berl. S chiedsmannsG. 10 ZVcrsWiss 1 9 6 2 , S . 1 9 7 , 2 1 6 . 11 § 1 6 I I des Gesetzes. 12 Art 24 III bayEG.

E. Mittel zur Sachverhaltsaufklärung

1 29

b) In nahezu allen Vorverfahren ist es dem Gremium verwehrt , die Zeugen zu vereidigen. 1 3 Allein die Seemannsämter außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes sind zur Vereidigung befugt 14 • Dem Verbot liegt das Bestreben zugrunde , die Vereidigung allein den Gerichten vorzubehalten 1 5 . c) Einzelne Vorverfahrensregelungen sehen vor, daß die Vorverfahrensstellen nicht selbst Zeugen laden, sondern d ie Parteien auffordern , Zeugen zu stellen . • • Im Schrifttum wird eine solche Handhabung verschiedentlich auch dort gefordert , wo eine ausdrückliche Regelung fehlt. 1 7 Das beruht auf kostenrechtlichen Erwägungen : Die Vorverfahrensstellen sehen sich vielfach nicht in der Lage, den Zeugen Verdienstausfall und Auslagen zu er­ statten. 1 8 Durch den Verzicht auf eine Ladung soll von vornherein jeder Anschein vermie­ den werden, dem Zeugen könnten Ersatzansprüche gegen d ie Vorverfahrensstelle zuste­ hen. ' •

d) Einige Vorverfahrensregelungen schaffen einen Ausgleich für die geringen Befugnisse , die den Vorverfahrensstellen gegenüber Zeugen zustehen, indem sie dem Gremium gestatten, die Gerichte einzuschalten, um eine Zeugenaussage zu erzwingen oder eine Vereidigung herbeizuführen. 20 Auch in diesem Fall stellt sich allerdings die Frage, wer die entstehenden Kosten zu tragen hat. Grundsätzlich w ird die Partei, welche die gerichtliche Vernehmung beantragt. als Kostenschuldner angesehen. 2 1 Diese Betrachtungsweise führt allerdings dazu, daß das 1 3 für das ArbGG: Karl Schmidt (Fußn. 8) ; Bitzer, Arbeitssachen , S. 25 7 ; Dersch / Volkmar, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 1 1 ; § 1 0 III der VerfO der Handwerkskammer Berlin ; für das A rbEG: § 33 I ArbEG i.V. mit § 1 035 II ZPO ; für das UWG: die VO der Länder (Fußn. 9); vgl. auch Baumbach / Hefermeh/, Wettbe­ werbsrecht, § 27 a UWG, Rdnr. 1 1 ; Krieger, GRUR 1 95 7 , S. 1 9 7 , 204 ; Hammann, Eini­ gungsämter, S. 40 f. ; für das Jagdrecht: Rühling / Sel/e, BJagdG , § 35 , Anm. 5 b bb;Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 35 , Anm. I d; für das Betr VG: Fitting / A uffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 22; Kehrmann, MitbG 1 9 7 5 , S . 208 , 2 1 0 ; Dietz / R ichardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 25 ; Jäcker (Fußn . 7), S. 1 27 ; für das Verfahren vor dem Schiedsmann: § 24 III Berl. Schied smannsG; für die StrandO: Schaps / A braham, Seerecht, § 37 Strandü, Anm. 2; Ewald, Strandü, § 37, Anm. 3 ; für das BBauG: Knaup / lngenstau, BBauG , § 1 5 0, Rdnr. 2 ; für das BEG: § 1 9 1 I S . 2 des Gesetzes ; fü r d a s Widerspruchsverfahren der VwGO : § 65 III VwVfG. 1 4 §§ 14, 18 II u. III SeemannsamtsVO " Vgl. Knack / Clausen, VwVfG , § 65 , Rdnr. 4 . 16 Nr. 8 der Internen R ichtlinien der IHK Mönchengladbach ; Nr. 1 2 der Grundsätze der IHK Solingen ; Nr. 7 der Verfü der IHK Düsseldorf; Nr. 1 1 der Grundsätze der IHK Lüneburg. 17 So für das UWG : Baumbach / Hefermeh/, Wettbewerbsrech t, § 27 a UWG , Rdnr. 1 1 ; Krieger, GRU R 1 95 7 , S. 1 9 7 , 204 . Vgl. auch Reimer / Schade / Schippet, Arbeitnehmer­ erfindung, § 36 ArbEG, Rdnr. 45 . 18 s. dazu Nr. 14 der Grundsätze der IHK Solingen ; vgl. auch Reimer / Schade / Schip­ pe[ (Fuf,n. l 1 ) ; Ewa/d, S t randü, § 3 8 , Anm. 6 . 19 Vgl. Reimer / Schade / Schippe[ (Fuf,n. 1 7 ). 0 ' So §§ 14, 18 II u. III SeemannsamtsVO für die inländischen Seemannsämter ; § 33 ArbEG i . V . m it § 1 036 ZPO ; § 1 5 2 BBauG , § 1 9 1 1 1 1 BEG , Art 24 1 1 1 bayEG. " So z.B. Volmer, ArbEG, § 3 3 , Rdnr. 24; Wieczorek , ZPO, § 1 036, Bern. c I ; Stein / Jonas / Schlosser. ZPO. � 1 0 3 6 . Anm. I I I .

9 Preibisch

130

6. Abschnitt : Die Arbeitsweise der Vorverfahrensstellen

Gericht einen Kostenvorschuß verlangt 2 2 , wodurch sich das Vorverfahren verzögert 2 3 •

Die Frage, ob die Vorverfahrensstellen die Gerichte auch dann in Anspruch nehmen dürfen, wenn eine ausdrückliche Regelung fehlt , wird im Schrifttum im allgemeinen negativ beantwortet. 24 Nur die Literatur zu § 27 a UWG sieht die Gerichte - überwiegend in Analogie zu der die Schiedsgerichte betreffenden Vorschrift des § 1036 ZPO - für verpflichtet an, den Schiedsstellen Hilfe zu leisten . 2 5 3. Eidesstattliche Versicherung Den Vorverfahrensstellen ist in der Regel nicht nur die Vereidigung, sondern dementsprechend auch die Entgegennahme eidesstattlicher Versicherungen ver­ wehrt. 26 Derartige Versicherungen dürfen nur als einfache schriftliche Äuße­ rungen verwertet werden. 2 7 Daraus ergibt sich andererseits, daß die Vorverfah­ rensstellen im Unterschied zu den Gerichten schriftliche Zeugenaussagen auch dann verwerten dürfen, wenn die Voraussetzungen des § 377 III oder IV ZPO nicht vorliegen. 28 4. Sachverständigen-Beweis Obwohl der Vorverfahrensstelle regelmäßig sachkundige Personen angehö­ ren 29 , kann das Gremium zur Aufklärung des Sachverhalts auch Sachverständi22

Vgl. Zöller / Scherübl, ZPO, § 1 036, Anm. 1 ; Wieczorek (Fußn. 2 1 ) . Zur Zweckmäßigkeit s. auch lindenmaier / Lüdecke, Arbeitnehmererfindungen, § 3 3 ArbEG, Anm. 1 0. 24 für das Arb GG: Roh/fing, Lehrvertrag, S. 8 0 ; Pritsch , Arbger 34, S. 3 7 2 , 3 76 ; für das Jagdrecht: Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 35 , Anm. 1 d u. 2 h; für das UWG: Gott­ schick, Einigungsämter, S. XXII ; für das BetrVG: Fitting / Auffarth / Kaiser, BetrVG, § 76, Rdnr. 2 2 ; Dietz / Richardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 25 ; Bleistein, BetrVG, § 7 6 , Rdnr. 2 74 ; Kehrmann, MitbG 1 9 75 , S. 208, 2 1 0 . 25 B aumbach / Hefermehl, 25 Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 27 a UWG , Rdnr. 1 1 ; Pastor, Unter­ lassungsrecht, 5 5 . Kap. II, S. 420 ; Harnmann, Einigungsämter, S. 4 2 ; Klein, DB 1 95 5 , S. 503 , 504 ; vgl. auch Krieger, GRUR 1 95 7 , S. 1 9 7 . Für das Schiedsgutachterverfahren befürwortet Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 259, eine entspr. Anwendung des § 1 0 36 23

ZPO.

26 Vgl. für das ArbGG: Karl Schmidt, BetrVcrf 1 95 7 , S. 1 1 0, 1 1 1 ; Dersch / Volkmar, ArbGG, § 1 1 1 , Anm. 1 1 ; Pritsch, Arbger. 34. Sp. 3 7 2 , 376 ; § 1 0 II der VerfO der Hand­ werkskammer Berlin; für das BetrVG: Dietz / Richardi, BetrVG, § 76, Rdnr. 25 ; Jäcker, Einigungsstelle , S. 1 27 ; Pünnel, ArbuR 1 9 7 3 , S . 25 7 , 263 ; für das UWG: Harnmann, Einigungsämter, S. 40 f. ; für das BBauG: Knaup / Jngenstau, BBauG , § 1 5 0 , Rdnr. 2 ; für das Widerspruchsverfahren der VwGO : § 2 7 VwVfG 21 Harnmann (Fußn. 26), S. 40 f. ; Pünnel (Fußn. 26 ). 28 Vgl. dazu auch das Schrifttum zu § 1 035 ZPO, z.B. Baumbach / Lauterbach / A l­ bers / Hartmann, ZPO, § 1035 , Anm. 1 . 29 s. dazu oben im 5 . Abschnitt unter D 1 1 1 .

E. Mittel zur Sachverhaltsaufklärung

131

ge heranziehen. Darüber besteht, soweit die Zuziehung von Sachverständigen nicht bereits in ·d en Vorverfahrensregelungen ausdrücklich zugelassen wird , allgemeine Übereinstimmung. 30 Die Einschaltung von Sachverständigen darf allerdings nicht dazu führen , daß die Vorverfahrensstelle ihre Entscheidung Dritten überläßt. 31 Wegen der eigenen Sachkunde der Stelle wird die Heranzie­ hung von Sachverständigen nur in Ausnahmefällen erforderlich sein , nämlich dann, wenn besonders schwierige Einzelfragen zu klären sind. 32 Die Vorverfahrensstellen haben den Sachverständigen gegenüber dieselben Befugnisse wie gegenüber Zeugen. S ie sind also grundsätzlich auf deren freiwillige Mitarbeit angewie­ sen , dürfen diese nicht vereidigen und können nur ausnahmsweise die Hilfe der Gerichte in Anspruch nehmen, um ein Sachverständigengutachten zu erzwingen. 33

5. Urkundenbeweis, Parteivernehmung Aus der Zulässigkeit so aufwendiger Beweismittel wie der Zeugenvernehmung und des Sachverständigenbeweises ergibt sich, daß erst recht keine Einwendun­ gen gegen die Verwertung von Urkunden oder Parteiaussagen zu erheben sind. Gegen die Zulässigkeit dieser Beweismittel werden dementsprechend auch nir­ gends Bedenken geltend gemacht. 34 § 1 5 0 II BBauG, Art. 34 bayEG und § 24 hessEG sehen sogar vor, daß die Vorverfah­ rensstelle die Beteiligten verpflichten kann, Urkunden vorzulegen, und diese Verpflichtung durch Festsetzung von Zwangsgeld erzwingen kann. Dagegen können die Vorverfahrens­ stellen Parteiaussagen ebensowenig erzwingen wie die Gerichte, mögen sie auch im Einzel­ fall befugt sein, das Erscheinen der Beteiligten durchzusetzen. 3 5 30 völlig h.M., vgl. für das ArbGG: Bitzer, Arbeitssachen, S. 25 7 ; Roh/fing, Lehrvertrag, S. 80 ; § 1 0 IV der VerfO der Handwerkskammer Berlin; für das SeemG: § 1 7 I der See­ mannsamtsVO; für das ArbEG: § 33 I ArbEG i.V. mit § 1 035 I ZPO ; Volmer, ArbEG, § 3 3 , Rdnr. 34 ; für das Jagdrech t: §§ 34 I , 36 nwLJG ; Art 2 u. 4 . des bay. Gesetzes; Rühling / Seile, BJagdG , § 35 , Anm. 4 u. 5 b bb; Mitschke / Schäfer, BJagdG, § 35 , Anm. 1 d ; Schandau, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. zu § 3 3 nwLJG; für das BetrVG: Fitting / Auffarth / Kaiser, BctrVG. § 76, Rdnr. 2 1 ; Bischof/, Einigungsstelle, S. 1 07 , Fußn. 460 ; Dütz , ArbuR 1 9 7 3 , S. 3 5 3 , 3 6 3 : Jäcker, Einigungsstelle, S. 1 26 ; Kehrmann, MitbG 1 9 75 , S. 208. 2 1 0 ; Pünne/, ArbuR 1 9 7 3 . S . 25 7 , 262; für das UWG: § 5 der bayVO, § 9 der saarl. u. rhpf. VO, § 6 der übrigen VO; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 27 a UWG, Anm. 4 : Krieger, GRUR 1 95 7 , S. 1 9 7 , 204 ; für das Verfahren vor dem Schiedsmann: § 2 l Bert. Sch iedsmannsG ; für das Feldordnungsrecht: § 1 8 des nds. Ges., § 1 2 des brem. Ges. ; für die Schlichtungsstellen für A rz thaftpflicht/ragen: § 5 II der Gesch. u. Verf.O. der Schlich tungsstelle Hannover ; für die StrandO: Ewald, StrandO, § 38, Anm. 6; für die Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden: s. Fußn. 1 6 ; für die Zivilprozeßsachen kraft Zuweisung: § 1 5 0 BBa uG ; § 1 9 1 BEG ; Art 24 bayEG; § 24 hessEG ; § 27 1 prEG. 3 1 ebenso Fitting / A uß'arth / Kaiser, BctrVG, § 76, Rdnr. 19 ff. ; Knappstein, ArbuR 1 95 9 , s. 205 ff. 32 s. dazu § 8 I I der VerfO der Schlichtungsstelle für das Kfz.handwcrk Berlin. 33 s. dazu d ie Ausführungen oben unter 2 u. Schandau, J agdrecht, § 35 BJ agdG, Anm. zu § 33 nwLJ G ; Rühling / Seile, BJ agdG, § 35 , Anm. 4 . 34 s. GK-Thiele, Be trVG, § 76, Rdnr. 64; Bleistein, BctrVG, § 76, Rdnr. 274 ; Kehr­ mann, MitbG 1 97 5 , S. 208. 2 1 0 ; Pünnel, ArbuR 1 9 7 3 , S. 25 7, 263: o.V. SchiedsmannsO, § 24, Anm. 2 : � 1 5 0 BBauG : § 19 l BEG ; vgl. auch § 24 I Nr. 2 u. 3. VwVfG. 3 5 E inige Vorverfa hrL'n sregdu ngen sehen vor, dal� die Vorverfahren sstelle das Erschei-

9•

1 32

6. Abschnitt: Die Arbeitsweise der Vorverfahrensstellen

II. Die Grenzen der Beweisaufnahme 1. Die Begrenzung der Beweismittel überblickt man die den Vorverfahrensstellen zur Verfügung stehenden Be­ weismittel, so ist festzustellen, daß die Vorverfahrensstellen bei der Aufklärung des Sachverhalts gegenüber den Gerichten in mehrfacher Hinsicht benachteiligt sind. Das gilt vor allem für die Zeugenaussage , weil die Gremien diese im Nor­ malfall nicht erzwingen können . Die Entscheidungen der Vorverfahrensstellen können folglich eher auf einer falschen tatsächlichen Grundlage beruhen als die der Gerichte 36 . Dieser Mangel kann aber hingenommen werden, da die Ent­ scheidungen der Vorverfahrensstellen in vollem Umfang der gerichtlichen Über­ prüfung unterliegen , die Gerichte also nicht an die im Vorverfahren getroffenen Tatsachenfeststellungen gebunden sind. 2. Weitere Schranken der Beweisaufnahme aus dem Wesen des Vorverfahrens Fraglich ist , ob aus dem Wesen des Vorverfahrens folgt, daß die Gütestelle die genannten Beweismittel nur in begrenztem Umfang benutzen darf. Eine solche Einschränkung könnte sich daraus ergeben, daß das Vorverfahren in besonderem Maße vom Beschleunigungsgrundsatz beherrscht wird 37 • Dieser Umstand könnte dafür sprechen, nur solche Beweismittel zuzulassen, die sofort genutzt werden können. wie es im Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes vorgesehen ist (§ § 920 II, 936, 294 II ZPO). Eine solche Auf­ fassung könnte sich auf die Vorschriften zum früheren Güteverfahren vor den Amtsgerichten berufen, die eine Beschränkung der Beweisaufnahme vorsahen 38 • Im Schrifttum findet sich die Auffassung, die Vorverfahrensstelle dürfe das Verfahren nicht durch umständliche Beweiserhebungen verzögern. 39 Sie müsse zumindest die durch die Beweisaufnahme entstehenden Verzögerungen und Kosten mit der Bedeutung der Sache abwägen. 40 Diese Ansicht verdient Zustimmung. Die Aufklärungspflicht der Vorverfah­ rensstellen geht nicht so weit wie die der Gerichte . Das ergibt sich sowohl aus dem Beschleunigungsgrundsatz, als auch daraus, daß die Vorverfahrensstellen oft gar nicht in der Lage sind, den Sachverhalt voll aufzuklären, weil sie auf die nen der Parte ien dad urch erzw ingen kann, daß sie im Falle des Ausblcibens ein Ordnungs­ geld festsetzen darf: so z.B. d ie VO zum UWG (§ 6 bayVO, § 8 der übrigen VO) u. § 4 7 i.V. mit � 2 1 Berl. Sch icdsmannsG. 36 ebenso Roh /fing, JW 1 9 30. S . 3 7 8 , 3 80 . 37 s. dazu oben unter B V . 38 näm l ich a u f den früheren § 499 c ZPO. 3 9 Gottschick, Einigungsämter, S. XXI ; ebenso für das S chiedsgutachterverfahren: A smus. ZVersWiss 1 96 2 , S . 1 9 7 . 2 1 6 mwN ; Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 25 7 . •• Pünnel, ArbuR I 9 7 3 . S . 2 5 7 , 2 6 2 ; vgl. auch Blessin / Giessler, BEschlußG, § 1 79 BEG, Anm. I 1 b mwN.

F. Das Ergebnis des Vorverfahrens

133

freiwillige Mitarbeit der Parteien, Zeugen und Sachverständigen angewiesen sind. Andererseits ist jede Schematisierung abzulehnen . Die Gremien haben im Einzelfall abzuwägen , ob eine Beweisaufnahme geboten ist. 4 1 Als Maßstab kön­ nen die Vorschriften der SeemannsVO herangezogen werden. Danach darf die Vorverfahrensstelle nur präsente Beweismittel benutzen, wenn es darum geht, einen Vergleichsvorschlag vorzubereiten. 42 Zur Vorbereitung einer Entschei­ dung sind jedoch alle Beweismittel zugelassen. 43

F. Das Ergebnis des Vorverfahrens I. Die möglichen Ergebnisse Das Vorverfahren kann, sofern der Antragsteller sein Gesuch nicht zurücknimmt, wie folgt enden : durch Erledigung des Streites, durch einen Vergleich, durch Zurückweisung des Antrages als unzulässig, durch Entscheidung in der Sache. 1. Erledigung des Streites Das Vorverfahren erreicht sein Ziel, eine gütliche Beilegung des Streitfalles herbeizuführen, nicht nur dann , wenn es zum Abschluß eines Vergleiches kommt. Vielfach vermag die Vorverfahrensstelle auch zu erreichen , daß der An­ tragsgegner den Antragsteller klaglos stellt und der Streit sich auf diese Weise erledigt. 1 Der Vergleich ist also nur eine spezielle Art der Streitbeilegung. 2 Die Richt­ linien der Schlichtungsstellen für Verbraucherstellen sehen demgemäl� in der Regel vor, daß der Vorsitzende sich bei der Vorbereitung des Verfaluens zu. nächst darum bemüht, daß der Beschwerde abgeholfen wird . 3

41 42

Vgl. Knack / Clausen, VwVfG, § 1 0 , Rdnr. 3. 1 u. 3 . 2 . § § 1 4 , 1 6 I S. 2 SeemannsamtsVO; vgl. auch d e n in Ful�n. 3 8 erwähnten früheren § 499 c ZPO. 43 § 1 7 I SeemannsamtsVO. ' Vgl. dazu Pritsch, Arbger 34, Sp. 3 7 2 , 3 7 7 . 2 Darauf w ies m ich insbesondere d ie ÖRA Hamburg h i n . 3 s . z.B. Nr. 9 d e r I n ternen Richtlinien d e r I H K Mönchenglad bach ; N r. 8 der V crfO -

10

Jahr 92

60

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47

52

92

121

" Spengler / Weber, Wettbewerb, S. 2 3 , nannten 1 9 7 2 eine Zahl von 400-600 Streitig­ keiten jährlich. Nach Gottschick, Wettbewerb, S. X, fielen vor 1 9 3 2 beim Einigungsamt Berlin jährlich zwischen 1 5 00- 2000 Sachen an, die allerdings nur teilweise zur Verhand­ lung kamen.

238

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

Noch größer sind die Abweichungen unter den einzelnen Kammern: Bei einigen Kammern werden die Einigungsstellen nur selten tätig. So bearbeitete die IHK Lindau in der Zeit von 1 968 bis 1 974 nur einen Fall, bei der Handels­ kammer Hamburg waren in diesem Zeitraum nur 9 Vorgänge zu erledigen. Dem stehen Einigungsstellen gegenüber, die mit einer Vielzahl von Fällen befaßt wurden. Als Beispiel sei die Einigungsstelle der IHK Frankfurt a.M. genannt, die in einem Jahr etwa 40-60 Streitigkeiten zu klären hatte . 6 . Hinsichtlich der Schlichtungsstellen für Arzthaftpflichtfragen liegen bis­ her nur wenige Zahlen vor. Die 1 975 in München eingerichtete Schlichtungs­ stelle behandelte in den ersten anderthalb Jahren ihrer Tätigkeit mehr als 1 29 Streitfälle. 1 6 Die Schlichtungsstelle der fünf norddeutschen Ärztekammern in Hannover wurde bis Ende 1977 in 1 235 Fällen angerufen. 17 In der Schlich­ tungsstelle der Ärztekammer Nordrhein wurden von Dezember 1975 bis De­ zember 1 976 760 Anträge gestellt, monatlich gehen etwa 20 bis 25 weitere Anträge ein. 1 8 7 . Die Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden, die heute bei den meisten Industrie- und Handelskammern bestehen, wurden ebenfalls erst in letzter Zeit eingerichtet, so daß es schwierig ist, einigermaßen aussagekräftige Zahlen zu ermitteln. Nach Auskunft des Deutschen Industrie- und Handels­ tages 19 liegt der Geschäftsanteil der einzelnen Schlichtungsstellen zwischen unter 10 und über 100 Beschwerden monatlich. Alle Kammern zusammen haben danach monatlich im Durchschnitt etwa 2000 Beschwerden nachzu­ gehen. Nähere Angaben liegen für die Schlichtungsstelle der IHK Lübeck vor. Dort gingen in den ersten 2 1 /2 Jahren ihres Bestehens etwa 500 Beschwerden ein, von denen aber die Mehrzahl bereits vor Beginn der offiziellen Schlichtungs­ tätigkeit in Vorgesprächen erledigt werden konnte. Die Zahl der Anrufungen ist hier wie auch bei vielen anderen Kammern im Wachsen begriffen. Schlüsselt man die bei der IHK Lübeck eingegangenen Beschwerden auf die einzelnen Branchen auf, so entfallen: 15 % der Beschwerden auf das Reinigungsgewerbe, 1 2 % auf den Elektro-Einzelhandel, 1 1 % auf das Baugewerbe, 9 % auf den Möbel-Einzelhandel. Der Textil- und Schuh-Einzelhandel war nur relativ gering betroffen, näm­ lich in 3 bzw. 7 % aller Fälle. 16

siehe „Der Tagesspiegel" vorn 2. 1 1 . 1 976, S. 1 2. „Der Tagesspiegel" vorn 28.2. 1978, S. 1 2. •• Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 798. 1 9 Schreiben vorn 21 . 1 2. 1 977. 17

B. Die Inanspruchnahme der Vorverfahrensstellen

239

8 . Die Arbeit der bei den Handwerksinnungen errichteten Gütestellen für Verbraucherstreitigkeiten läßt sich am besten bei den bekanntesten dieser Stellen, den Schiedsstellen des Kraftfahrzeughandwerks, darstellen, obwohl diese Gremien heute keine Vorverfahren, sondern Schiedsgutachterverfahren durchführen20 . So hatte die in Hamburg errichtete Schiedsstelle von Mai 1 970 bis Ende 1972 (als sie noch eine echte Vorverfahrensstelle war) 384 Fälle zu bearbei­ ten2 1 , das sind im Durchschnitt 1 44 Sachen pro Jahr. 1 97 5 , als die Schieds­ stellen vorwiegend nur noch als Schiedsgutachter tätig wurden, beschäftigten 135 1 Fälle die im gesamten Bundesgebiet einschließlich Berlin (West) beste­ henden Kommissionen. 22 9 . Die Inanspruchnahme der von Verbänden errichteten Schiedsstellen sei am Beispiel der vom Verband des Kraftfahrzeughandels (VDK) gebildeten Berliner Schiedsstelle für den Gebrauchtwagenhandel erhellt. Diese Stelle hatte im ersten Jahr ihres Bestehens 6 Streitfälle zu klären. 23 10. Vor die Schiedsstelle nach § 12 PflversG wurden von ihrer Gründung im Jahre 1 963 bis 1 974 307 Fälle gebracht, also jährlich etwa 25 . 1 1 . Die ÖRA Hamburg führte 197 1 : 1 974:

2332 Güteverfahren 2 1 62 Güteverfahren durch 24 •

1 2 . Die Inanspruchnahme der Schiedsmänner ergibt sich aus folgenden für Berlin ermittelten Werten: 25

20

s. dazu im 2. Abschnitt unter A I 4 a. s. von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 98. 22 „test" 1 976, S. 602 f. Bei der seit Oktober 1970 bestehenden Schiedsstelle der Kfz.­ Innung Frankfurt a.M. wurde die Kommission bis Ende 1 976 in 39 Fällen tätig: Roth­ weiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797. 23 „Der Tagesspiegel" vom 8. 1 2. 1 977, S. 1 2. 24 siehe für 1 97 1 : von Aulock, Rechtshilfe, S. 210; Röper, Rechtsschutz, S. 3 1 , Fußn. 96 ; für 1 974: Informationen der Arbeits- und Sozialbehörde der Freien und Hansestadt Ham­ burg, Nr. 4/XI ; Schoreit, Rechtsberatung, S. 42. Baumgärtel, Gleicher Zugang, S. 22 nennt demgegenüber die Zahl 2259. Die ÖRA Hamburg bestätigte mir in ihrem Schreiben vom 3.7.1 975 die hier genannte Zahl. " Unter Zugrundelegung der im Amtsblatt für Berlin 1 973, S. 5 9 1 ; 1 974, S. 721 ; 1 975 , S. 926 ; 1 976, S. 653 ; 1 977, S. 5 96 ; 1 978, S. 644 ; 1 979, S. 873 ; 1 9 80, S. 768; 1 9 8 1 , S. 1002 vom Berliner Senator für Justiz veröffentlichten Zahlen. Vgl. auch J. Falke, Schiedsmannzeitung 49 ( 1 977), S. 74 ff. Danach betreffen nur 2,3 % der Verhandlungen vor dem Schiedsmann Güteverfahren in Zivilsachen. 21

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

240

Übersicht 7: Antragseingänge im Vorverfahren vor den Schiedsmän­

nern in Berlin

Jahr 1971 1 97 2 1 97 3 1 974 1 975 1 976 1 977 1 978 1 979 1 980

Zahl der Schiedsmänner

Zahl der von allen Schiedsmännern bearbeiteten bürgerliehen Rechtsstreitigkeiten

89 85 80 80 79 75 68 68 68 59

25 29 23 43 26 15 28 13 19 7

1 3 . Interessant ist, daß viele An träge recht formlos gestellt werden. Das gilt vor allem für die nach § 27 a UWG tätig werdenden Vorverfahrensstellen und die Schlichtungsstellen der Industrie- und Handelskammern für Verbraucher­ streitigkeiten: Die Streitfälle werden diesen Stellen häufig telefonisch unter­ breitet. 26 14. Die im Vorbereitungsstadium erledigten Fälle

Die bisher genannten Zahlen geben keinen vollständigen überblick über die tatsächlich von den Schiedsstellen geleistete Arbeit. Sie nennen nämlich grundsätzlich nur die Fälle, in denen es zu einem ordentlichen Verfahren vor der Kommission kommt. Die Zahl der bei den Schiedsstellen eingehenden Be­ schwerden übersteigt die Zahl der ordentlichen Verfahren oft um ein Vielfaches; das gilt insbesondere für die Stellen, die sich mit Verbraucherstreitigkeiten be­ fassen. Bei einer Reihe von Vorverfahren versuchen die Geschäftsstellen der Schlich­ tungsausschüsse oder beauftragte Mitglieder der Kommissionen die Streitig­ keiten bereits im Vorbereitungsstadium zu erledigen. Sie haben dabei teilweise überaus großen Erfolg, so daß nur ein kleiner Teil der Meinungsverschieden­ heiten vor die Kommission gelangt. 27 Vielfach genügt es nämlich, den Antrag­ steller über die Rechtslage aufzuklären. In anderen Fällen tritt die frühzeitige 26

Vgl. dazu für die Schiedsstelle des Kfz.-Handwerks: von Hippe/, Verbraucherschutz,

s. 1 00 ; fü r die Schlichtungsstellen fü r Arzthaftpflichtfragen: .,Der Tagesspiegel" vom 2. 1 1 .1 976, s. 122. 7 Vgl. zu den Schiedsstellen des Kfz.-Handwerks: von Hippe/ (Fußn. 20); .,test" 1 976, s. 602f. ; zu den Schiedsstellen für Arzthaftpflichtfragen: .,Der Tagesspiegel" v. 1 . 7 . 1 976, S. 1 2.



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a,

München 1 975/1 976 ( 1 8 Mon.)

IHK Mönchengladbach, Jahreswerte 1972- 1 9 7 7

Sch.st. für Gebrauchtwagenhandel, Berlin, 1 9 7 7

Sch.st. des Kfz.-Handw. Hamburg, 1 970- 19 72

Sch.st. des Kfz.-Handw. Frankf. a.M. 1 970- 1976

alle Sch.st. d. Kfz.-Handw. im Bundesgebiet, 1 975

Arzthaftpflichtfragen

allg. Verbraucherstreitigkeiten

Verbraucherstreitigkeiten des Handels

Verbraucherstreitigkeiten des Handwerks

Verbraucherstreitigkeiten des Handwerks

Verbraucherstreitigtigkeiten des Handwerks 7366

4929

3 264

1 90

ca. 650-700

1 29

ca. 1 30

3

2

IHK Koblenz 1 974

1

Im Vorberei tungsstadium erledigte Anfragen

Schiedsstelle Zeitraum

§ 27 a UWG

Art des Vorverfahrens

Übersicht 8: Im Vorbereitungsstadium erledige Anträge

56

7

1 35 1

39

384

6

ca. 6 5 - 70

4

Anträge, die vor die Kornmission kommen

5 ,4 : 1

1 2,6 : 1

8,5 : 1

31 : 1

10 : 1

2,3 : 1

9717

4968

3648

1 96

ca. 700- 800

1 85

267

6

5 18 : 1

Anträge insgesamt

Verhältnis von Spalte 3 zu Spalte 4

7 5 ,8 %

99 %

89,4 %

96,9 %

ca. 90 %

69,7 %

48,7 %

7

Anteil von Spalte 3 zu Spalte 6

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24 2

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

Erledigung dadurch ein, daß die Gegenseite der Beschwerde abhilft, wenn sie von ihr benachrichtigt wird. Der im Vorbereitungsstadium anfallende Verwal­ tungsaufwand ist gering. Denn die Vorklärung der Streitigkeiten erfolgt regel­ mäßig telefonisch. Die vorstehende Übersicht 8 gibt ein Bild über die Anzahl der Beschwerden, die sich bereits im Vorbereitungsstadium erledigen. Bei den Vorverfahren nach § 27 a UWG ist der Anteil der Beschwerden, die nicht vor die Einigungsstelle kommen, sondern anderweitig erledigt werden, von Kammer zu Kam­ mer sehr unterschiedlich. Die Zahl der Vorverfahren hängt vor allem davon ab, wie die Kammern allgemein die Zweckmäßigkeit des Verfahrens vor der Einigungsstelle einschät­ zen. So ist die bei der IHK Flensburg eingerichtete Einigungsstelle in den letzten 8 Jahren nicht mehr zusammengetreten, weil die Kammer dem Einigungsverfahren ablehnend gegen­ übersteht. Maßgeblich ist weiter die Öffentlichkeitsarbeit der Institutionen, welche die Vorverfahrensstelle unterhalten. Denn sie entscheidet darüber, inwieweit die Möglichkeit des Vorverfahrens allgemein bekannt ist. Von Bedeutung ist aber auch, wie die Institution reagiert, wenn ein Streitfall an sie herangetragen wird. Die Beschwerdeführer stellen näm­ lich üblicherweise keinen bestimmten Antrag. Die Institution bestimmt dann, ob sie die Beschwerde als Antrag auf Durchführung eines Vorverfahrens auffaßt bzw. dem Beschwer­ deführer nahelegt, einen solchen Antrag auf Durchführung des Vorverfahrens zu stellen, oder ob sie die Beschwerde als allgemeinen Hinweis wertet. Die Praxis einzelner Vorverfahrensstellen, Beschwerden außerhalb des förmlichen Güte­ verfahrens beizulegen, hat den Vorteil, daß auch solche Fälle bearbeitet werden können, derentwegen ein Vorverfahren unzulässig ist.

II. Bewertung

Betrachtet man die genannten Zahlen, so fällt auf, daß die Vorverfahrens­ stellen nur in geringem Maße in Anspruch genommen werden. Das wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen hält, wieviel Streit­ fälle theoretisch denkbar sind: So kam es 1974 vor den in Berlin nach § 1 1 1 II ArbGG eingerichteten Schiedsstellen des Handwerks nur zu 1 1 Vorverfahren, obwohl damals etwa 9000 junge Leute im Berliner Handwerk ausgebildet wurden. 28 Vor die Schiedsstellen für Arbeitnehmererfindungen werden nur ungefähr 0,5 - 0,6 % aller Arbeitnehmererfindungen gebracht. 29 Den 97 17 Beschwerden, welche 1975 bei den Schiedsstellen des Kfz.-Hand­ werks eingingen, stehen rd. 30 Mio Reparaturaufträge gegenüber. 30 Die vom Verband des Kraftfahrzeughandels Berlin eingerichtete Schiedsstelle wurde im ersten Jahr ihres Bestehens nur in 190 Fällen angerufen, obwohl die in diesem 2 • Schreiben der Handwerkskammer Berlin vom 1 9. 1 2. 1 977. Im ganzen Bundesgebiet einschließlich Berlin (W est) wurden Anfang 1 978 rund 550.000 Jugendliche für einen Handwerksberuf ausgebildet (Bundesanzeiger v. 4.7. 1 978, S. 4). 2 • s. Vo/mer, BB 1 968, S. 25 3, 259. 3 0 s. ,.test" 1 976, S. 602, 603.

B. Die Inanspruchnahme der Vorverfahrensstellen

243

Verband zusammengeschlossenen Gebrauchtwagenhändler in dieser Zeit rd. 30.000 Autos verkauften. 31 Bei dem in § 11 PflversG vorgesehenen Entschädigungsfonds werden jähr­ lich etwa 1700 Schadensfälle angemeldet 32 , die für gegen den Fonds gerich­ tete Anträge zuständige Schiedsstelle wird aber jährlich nur etwa 25 mal in Anspruch genommen. Die Gründe der geringen Inanspruchnahme sind den Statistiken nicht zu entnehmen. Angesichts der Tatsache , daß viele Vorverfahren obligatorisch sind, könnte man geneigt sein, dieses Phänomen allein damit zu erklären, daß es nur wenig Anlässe zur Beschwerde gegeben habe. Diese Antwort wäre je­ doch zu einfach. 33 In Betracht kommen vielmehr noch folgende weitere Gründe : 1. Unkenntnis der Möglichkeit eines Vorverfahrens

Die geringe Inanspruchnahme dürfte zu einem großen Teil darauf beruhen, daß die einzelnen Vorverfahrensstellen noch weitgehend unbekannt sind. Viele Vorverfahrensstellen, vor allem die für Verbraucherstreitigkeiten, wurden erst in den letzten Jahren eingerichtet, sie sind also noch keine festen Institutionen, die allgemein bekannt sind. Zwar gab es Presseberichte über die Errichtung der Vorverfahrensstellen. Diese werden aber nur die Aufmerk­ samkeit solcher Leser gefunden haben, die gerade zu jenem Zeitpunkt in einen einschlägigen Streitfall verwickelt waren. Hinzu kommt, daß die Berichte viel­ fach an solcher Stelle abgedruckt wurden, wo sie leicht übersehen werden. Die seit längerem bestehenden Schiedsstellen sind aber ebenfalls weitgehend unbe­ kannt. Hier ist als Beispiel die Schiedsstelle des ArbEG zu nennen. 34 Auch die Möglichkeit, bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten vor die Schiedsmänner zu bringen, ist kaum bekannt, wie deren geringe Inanspruchnahme zeigt: Im Durchschnitt bearbeitet ein Berliner Schiedsmann nur alle drei Jahre einmal eine solche Streitigkeit . Bei den obligatorischen Vorverfahren vermag Unkenntnis das Vorverfahren allerdings nicht zu verhindern. Denn bei diesen Verfahren werden die Parteien spätestens durch das Gericht auf die Möglichkeit und Notwendigkeit des Vor­ verfahrens hingewiesen. Die Unkenntnis kann sich bei solchen Vorverfahren folglich nur auswirken, wenn die Parteien zwar zur Durchführung eines Güte­ verfahrens bereit sind, aber keinen Prozeß riskieren wollen. 1 „Der Tagesspiegel" vom 8. 1 2. 1 977, S. 1 2. " In der Zeit von 1 963 bis 1 968 wurden nämlich rund 10.000 Schadensfälle angemel­ det, s. Baumann, Leistungspflicht und Regreß, S. 5. 3 3 Vgl. ,,test" 1 976, S. 602, 603 ; Surminsky, ,,Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 29. 3 . 1 977, s. 1 1 . •• Volmer, B B 1 968, S . 25 3, 25 9. 3

16'

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

244

Bei einigen Vorverfahren scheidet der Grund Unkenntnis sogar völlig aus, so etwa beim Vorverfahren des PflversG. Denn der dort vorgesehene Entschä­ digungsfonds hat auf das Vorverfahren hinzuweisen, wenn er Schadensmeldun­ gen abschlägig bescheidet. 35 2. Unkenntnis der Rechtslage

Die geringe Inanspruchnahme dürfte aber nicht nur auf Unkenntnis der Vor­ verfahrensstelle, sondern auch auf mangelhafter Unterrichtung über die eigenen Rechte beruhen: Wer seine Rechte nicht kennt, kann sie auch nicht geltend machen. Die Institutionen, welche die Vorverfahrensstellen unterhalten, wirken dem zwar vielfach entgegen, indem sie Aufklärungsarbeit leisten. Auf diesem Gebiet dürfte aber noch manches zu tun sein. 3. Scheu, die Vorverfahrensstelle anzurufen

Eine gewisse Rolle mag ferner die Scheu der Parteien spielen, die Vorver­ fahrensstelle anzurufen. Als Grund hierfür kommt, insbesondere sofern die Vorverfahrensstelle bei einer Behörde wie dem Patentamt eingerichtet ist oder ein förmlicher Antrag gefordert wird, zunächst einmal das Phänomen der sog. ,,Schwellenangst" in Betracht. 36 Aber auch die Furcht, durch die Geltend­ machung von Ansprüchen die Mißgunst der Gegenseite zu erwecken, kann Ur­ sache der Zurückhaltung sein. Dieser Gesichtspunkt dürfte vor allem bei arbeits­ rechtlichen Streitigkeiten Bedeutung haben. 3 7 Dafür spricht, daß die Schieds­ stelle des ArbEG in der Mehrzahl von ausgeschiedenen Arbeitnehmern ange­ rufen wird, obwohl das Vorverfahren für diese nicht obligatorisch ist. 38 Die Beteiligten befürchten demnach vielfach auch vom Vorverfahren, daß es zu einer Belastung der Parteibeziehungen führt. Das besagt aber noch nicht, daß das Vorverfahren seiner Aufgabe , Spannungen zu vermeiden oder abzubauen, nicht gewachsen wäre. Auseinandersetzungen vor der Vorverfahrensstelle wer­ den nämlich weitgehend als angenehmer empfunden als solche vor Gericht. 39 Das wird auch durch die hohe Zahl der im Vorverfahren erzielten gütlichen Einigungen indiziert, auf die noch näher einzugehen sein wird. 40

35

36

37

s. 64. 38 39

§ 1 0 der Satzung des Vereins „Verkehrsopferhilfe e.V.". siehe dazu Näheres unten im 1 3. Abschnitt unter D II. Vgl. Kremnitz, MittdtPatAnw 1 9 7 1 , S . 209, 210; ders., Arbeitnehmererfinderrecht, siehe oben unter B I 2 a.E. So auch Gaul / Bartenbach, Handbuch des gewerblichen Rechtsschutzes, N 1 77, S.

542. •• siehe unten unter C.

C. Die Effektivität der Vorverfahrensstellen

245

4. Mangelndes Vertrauen in die Vorverfahrensstellen

Die Inanspruchnahme der Vorverfahrensstellen dürfte schließlich vom Grad des Vertrauens abhängen, das die Parteien zu ihnen haben. So ist die geringe Inanspruchnahme der Schiedsmänner m.E. auch damit zu erklären, daß die Parteien von diesen keine große Hilfe bei der Streitbeilegung erwarten, weil sie keine rechtliche Vorbildung haben und aufgrund ihrer All­ zuständigkeit auch keine speziellen Fachkenntnisse für einzelne Lebensbereiche aufweisen. Für die Erheblichkeit des Vertrauens spricht ferner, daß der Anstieg der bei der Schiedsstelle des ArbEG eingehenden Anträge in der Literatur u.a. mit dem zunehmenden Ansehen dieses Gremiums erklärt wird. 41 Die bisherigen Erwägungen zeigen, daß man aus der verhältnismäßig gerin­ gen Inanspruchnahme der Vorverfahrensstellen nicht ohne weiteres auf die Entbehrlichkeit dieser Gremien schließen darf. In der Literatur ist vielmehr weitgehend anerkannt, daß für die vorhandenen Vorverfahren ein echtes Bedürfnis besteht.42 Darauf wird aber später noch ausführlicher einzugehen sein. 43

C. Die Effektivität der Vorverfahrensstellen bei der Streitbeilegung Das Urteil über die Zweckmäßigkeit der Vorverfahren hängt zu einem wesentlichen Teil davon ab , ob es den Vorverfahrensstellen gelingt, die vor sie gebrachten Streitigkeiten endgültig beizulegen. Denn das Vorverfahren soll ja die Rechtsverfolgung nach Möglichkeit nicht um eine weitere Instanz ver­ längern, sondern neue , einfache, schnelle und kostengünstige Möglichkeiten der Streitbeilegung eröffnen. Es gilt daher festzustellen, wie erfolgreich die Vorverfahrensstellen bei der Streitbeilegung sind.

41

Volmer, BB 1 968, S. 25 3, 25 8. So z.B. Schade, MittdtPatAnw 1959, S.' 253, 254; weitere Nachweise unter F. •• s. unter F. 42

246

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

I . Die Zahlen und Erfahrungen

1 . Den Ausschüssen für Lehrlingsstreitigkeiten gelingt es in den meisten Streitigkeiten, eine endgültige Erledigung herbeizuführen. 1 Die durchschnitt­ liche Erledigungsqudte liegt hier bei etwa 85 %. Zur Veranschaulichung sind in den nachfolgenden Übersichten 9 bis 1 1 die Zahlen angeführt, die sich für die Bereiche der Handwerkskammern Wiesba­ den 2 , Trier und Bremen ermitteln ließen. Für die Bereiche der zuvor genannten Handwerkskammern und die Hand­ werkskammern Berlin 3 , Hannover und Frankfurt a.M . 4 , ergab sich das aus der übersieht 1 2 ergebende Gesamtbild. 2 . Im Vorverfahren des ArbEG kann der Vorverfahrensstelle eine Streitbei­ legung nur dann gelingen, wenn der Antragsgegner sich auf das Vorverfahren einläßt. 5 Die Zahl der Nichteinlassungen ist im Durchschnitt sehr niedrig: In rd. 4 von 5 Fällen 6 läßt sich der andere Teil auf das Verfahren ein, in Einzel­ fällen sogar, obwohl er die Zuständigkeit der Schiedsstelle bestreitet 7 • Größere Unternehmen pflegen die Nichteinlassung kurz zu begründen. Die Fälle des Schweigens sind selten. 8 Bei Nichteinlassung ist der Streitfall grundsätzlich noch nicht endgültig bei­ gelegt: Will der Arbeitnehmer seine Ansprüche weiter verfolgen, so kann er die Gerichte anrufen (§ 35 I Nr. 1 und 2 i.V. mit § 37 I ArbEG). Als endgültige Erledigung können dagegen regelmäßig die Fälle angesehen werden, in denen der Antragsteller seinen Antrag zurücknimmt: Wer nicht einmal bereit ist, das begonnene Vorverfahren zu Ende zu führen, wird wohl kaum einen Prozeß beginnen. Besteht das Arbeitsverhältnis noch, so wäre ein Prozeß sogar unzulässig, weil das Vorverfahren obligatorisch ist 9 . Die Rück­ nahmen machen den größten Teil der „sonstigen Erledigungen" aus, die in den 1 So auch die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern in ihrem Schreiben vom 1 9 . 1 2 . 1 977 und die Handwerkskammer Hamburg in ihrem Schreiben vom 2 1 . 1 2 . 1 977. 2 siehe Fußn. a zur Übersicht 4 (oben unter A I 1 ). 3 Die Zahlen betreffen nur die Jahre 1 96 8 - 1 974. 4 Die Zahlen betreffen nur die Bereiche: Kfz.-Handwerk und Zahntechnikerhandwerk. 5 siehe § 35 I ArbEG, vgi. dazu im 8. Abschnitt Fußn. 2 1 . ' Die Zahlen wurden anhand der vom Deutschen Patentamt jährlich i n der Zeitschrift BIPMZ veröffentlichten Statistiken ermittelt, indem von den dort angegebenen Zahlen über die erfolglose Beendigung nach § 35 ArbEG die daselbst angegebenen Zahlen der Widersprüche abgezogen wurden. ' Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, § 35 ArbEG, Rdnr. l ; Schade, MittdtPatAnw 1 959, S. 25 3 , 254. In den Jahren 1 95 7 - 1 96 7 betrug die Zahl der Nicht­ einlassungen 22,l %: Volmer, BB 1 968, S. 25 3, 259. • Reimer / Schade / Schippe/ (Fußn. 7). • siehe oben im 8. Abschnitt unter A III l .

1 00%

1 00%

1 00 %

82%

Anträge Vergleiche und anerkannte Sprüche Erledigungsquote (Anteil von Sp. 2 an Sp. 1 )

89 %

78%

1 50%

1 50%

5

71%

5

1 00%

11 92%

8 1 00%

7 1 00%

2 3

89 %

8 8 7

2 2

7

5

12

8

7

1977 9

1 976 9

1 975 9

1 9 74 1 97 3

1972

1971

1 970

93%

1 96 9

78 %

1

Sp. 1 96 8

Übersicht 1 0: Erledigungsquote i m Vorverfahren nach § 1 1 1 II ArbGG bei der Handwerkskammer Trier

1 00%

5

Erledigungsquote (Anteil von Sp. 4 an Sp. 1 ) 1 00%

18

15

15

7

7

7

6

1

1

4

Erledigungen insgesamt 1 00 %

26

1 00%

18

14

11

14

7

7

5

4

8

-

4

-

4

3

1

-

-

2

2

1

1

2

28

23

28

15

7

7

7

6

1

Anträge Vergleiche und anerkannte Sprüche Erledigungen, deren Art nicht angegeben wurde

1

1 97 7

1 976

1 975

1 974

1 97 3

1972

1971

1 970

1 96 9

1

Sp. 1 96 8

Übersicht 9: Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 1 1 1 II ArbGG bei der Handwerkskammer Wiesbaden•

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2

6

6

4

5

Erledigungen insgesamt (a)

Erledigungsquote (Anteil von Sp. 4 an Sp. 1 ) 1 00%

1 00 %

1 00 %

1

-

-

-

1

-

-

1

1972

67 %

2

-

-

1 00 %

3

1

2

92%

11

4

7

93%

13

6

7

12

2

1 977 14

1 976

1 975 3

1 974 3

-

-

-

1 973

Bei diesen Zahlen handelt e s sich u m Mindestzahlen: Die Ausschüsse erfahren von der Anerkennung des Spruches nämlich nur, wenn diese ihnen gegenüber erfolgt. Sie kann aber auch gegenüber der Gegenpartei ausgesprochen werden (s. z.B. § 1 T II S. 2 der VerfO der Handwerkskammer Berlin).

1 00%

1971

-

6

(a) s. Anmerkung a zur Übersicht 1 1

Erledigungsquote (Anteil von Sp. 5 an Sp. 1 )

5 71%

31 73%

30

85 %

28

69%

20

5

Erledigungen insgesamt , mindestens (a)

4

4

Erledigungen, deren Art nicht angegeben wurde 2

2

-

-

2

3

Rücknahmen 2

13

24

28

27

2

Anträge

Vergleiche und anerkannte Sprüche (a)

67%

28

7

3

18

92%

24

7

2

15

85 %

35

14

4

17

79%

34

12

-

22

81%

43

18

-

25

90%

60

24

-

36

1 977 67

1 976 53

1 975 43

1 974 41

1 97 3 26

1 972 42

1 97 1 29

1 970 33

1 96 9 41

1

42

Sp. 1 968

Übersicht 1 2: Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 1 1 1 II ArbGG bei den Handwerkskammern Berlin, Hannover, Frank­ furt a.M., Wiesbaden, !Trier und Bremen

(a)

-

2

2

2

3

4

Sonstige Erledigungen (z.B. Rücknahme des Antrages)

4

2

Anträge

2

Vergleiche und anerkannte Sprüche (a)

1 970

1 969 6

1

6

Sp. 1 968

Übersicht 1 1 : Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 1 1 1 II ArbGG bei der Handwerkskammer Bremen

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C. Die Effektivität der Vorverfahrensstellen

249

Statistiken der Schiedsstellen 10 genannt werden. 1 1 In der Zeit von 1957 bis 1980 waren 283 derartige Erledigungen zu verzeichnen, sie schlossen 16,4 % der 1 728 in dieser Zeit bearbeiteten Verfahren. In den verbleibenden Verfahren, die weder durch Nichteinlassung noch durch Rücknahme vorzeitig beendet wurden, kam es zu Vergleichen oder Eini­ gungsvorschlägen. In der Zeit von 1957 bis 1980 betrug die Zahl der Einigungs­ vorschläge und Vergleiche 1.06 1 , sie betrafen 6 1 ,4 % aller bearbeiteten Fälle. Dabei zeigte sich eine starke innere Bereitschaft der Beteiligten, dem Rat der Schiedsstelle zu folgen, und zwar auch dann, wenn die Diskrepanz zwischen den Anschauungen der Parteien am Anfang des Verfahrens sehr groß war . 1 2 In rd. zwei Drittel der durch Einigungsvorschlag oder Vergleich sachlich abge­ schlossenen Schiedsfälle haben sich die Parteien endgültig geeinigt; das sind über 43 % aller bearbeiteten Verfahren. 1 3 Faßt man die durch Rücknahme, Vergleich oder angenommenen Einigungs­ vorschlag beendeten Verfahren zusammen, so werden etwa 60,2 % der anhän­ gig werdenden Streitigkeiten im Vorverfahren endgültig erledigt. Einen genauen Überblick über den Umfang der endgültig bereinigten Streit­ fälle vermittelt die übersieht 13. 3. Die bis 1978 vor der Frankfurter Mietschlichtungsstelle verhandelten (48) Fälle endeten alle mit einem Vergleich. 1 4 Die Erledigungsquote liegt bei diesem Vorverfahren also bei 100 %. 4. Für das jagdrechtliche Vorverfahren sind Zahlen nur schwer zu ermit­ teln. Nach Schandau können jedoch 90 % aller Fälle durch eine gütliche Eini­ gung erledigt werden. 1 5

10 Die Statistiken werden alljährlich in der Zeitschrift BIPMZ unter Punkt VI 1 der Statistik des Deutschen Patentamtes veröffentlicht. 1 1 Volmer, BB 1 968, S. 25 3, 25 9. 1 2 Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, vor § 28 ArbEG, Rdm. 4 ; Schade, MittdtPatAnw 1 959, S. 25 3, 254; Volmer, BB 1 96 8 , S . 25 3. Dabei ist jedoch zu bedenken, daß endgültige Einigungen nicht nur zustandekommen, wenn die Beteiligten dem Vorschlag der Schiedsstelle voll zustimmen. Für die Annahme des Einigungsvorschlages genügt, daß die Beteiligten den Eindruck gewinnen, in einem gerichtlichen Verfahren werde sich kaum ein wesentlich günstigeres Ergebnis erzielen lassen, vgl. Schade, BB 1 962, S. 260. 1 3 Schade, BB 1 963, S. 1 26 1 , 1 26 3 ; Reimer / Schade / Schippe/ (Fußn. 1 2). In der Zeit von 1 95 7 bis 1 980 kam es in 7 5 7 (= 7 1 ,35 %) der 1 .069 durch Einigungsvorschlag oder Vergleich beendeten Verfahren zu einer Einigung, das sind 43,8 % aller Verfahren. 1 • Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 798. " Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. zu § 32 nwLJG; vgl. auch Rühling / Seile, BJagdG, § 35, Anm. 4.

14% 44 42 82 % 95 % 9

17%

73

42

48%

57% 5

6%

3

4

5

6

7

8

9

31% 39%

1 00 % (b) 1 15 %

53%

64%

11

12

31

51

47

9%

61%

53% 86 %

73%

66

55

81%

7 0%

64

1 9%

15%

1 2%

59%

68% 17

5 2%

47

79

13%

91 12

1 975

57%

52

77

15%

91 14

1 974

14

12

48%

28% 9

4 2%

43

89

14%

103 14

1 97 3

22%

22

80

21 %

101 21

1 97 2

10

18%

51 7

88 15

1 2

1971

83%

61%

70% 85 %

(b) 142%

62

14%

12

69%

57%

50

73

1 7%

88 15

1 97 8

93 %

57

28%

11% 49

17

103%

\UJ

66%

40

39

36%

61 22

1 97 7

9

68%

50%

40

59

26 %

80 21

1 9 76

73%

59%

55

66% 82%

67 97% (b) 1 18%

14%

26 % 16% 51

12

61%

51%

42

18

86 %

71%

49

57

67

1 8%

17%

69 12

Durchschnitt 83 15

1 980

14

53%

43%

37

70

1 9%

86 16

1 979

(a) siehe Fußn. 6 . ( b ) Zahlen über 1 00 % kommen dadurch zustande, d a ß die Statistiken auch i n d e n früheren J ahren unerledigt gebliebene Anträge berücksichtigen.

Anträge Nichteinlassungen (a) Nichteinlassungsquote (Anteil von Sp. 2 an Sp. 1 ) zweiseitige Verfahren (Sp. 1 minus Sp. 2 ) Erledigungen absolute Einigungsquote (Anteil von Sp. 5 an Sp. 1 ) relative Einigungsquote (Anteil von S p . 5 an S p . 4 ) Rücknahmen (sonstige Erledigungen) Rücknahmequote (Anteil von Sp. 8 a n Sp. 1 ) Endgültige Bereinigungen (Summe von S p . 5 und S p . 8 ) absolute Bereinigungsquote (Anteil von S p . 1 0 an S p . 1 ) relative Bereinigungsquote (Anteil von Sp. 1 0 an S p . 4 )

Sp. 1 970

Übersicht 1 3: Erledigungsquote im Vorverfahren des ArbEG (Schiedsstelle München)

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25 1

C. Die Effektivität der Vorverfahrensstellen

5. Auch in den Vorverfahren nach § 27 a UWG gelingt es den Vorverfah­ rensstellen überwiegend, den Streit im Wege der gütlichen Einigung zu berei­ nigen. Der Deutsche Industrie- und Handelstag teilte mit, daß er in früheren Jahren eine Statistik über die Arbeit dieser Einigungsstellen geführt habe. Dabei habe sich über einen Zeitraum von rd. 10 Jahren hinweg gezeigt, daß die Einigungsquote bei etwa 85 % liege. 1 6 Diese Angaben lassen sich anhand der von einzelnen Industrie- und Han­ delskammern ermittelten Zahlen verifizieren, so lag die Einigungsquote bei der IHK Essen in den Jahren 1968 bis 1974 bei 83 % und bei der IHK Ham­ burg bei 77 ,8 %. Die IHK Bremen berichtet von einer Einigungsquote in Höhe von 66 %. Für die Industrie- und Handelskammern in Bayern ließen sich folgende Werte e�itteln: .Übersicht 1 4: Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 27 a UWG in Bayern Sp. 1 968

1 969

1 970

1971

1972

1 97 3

1 974

Gesamtergebnis (Summe bzw. Durchschnitt)

Anträge

1

92

60

59

47

52

96

121

S u . : 527

Einigungen

2

68

51

50

29

40

70

Su. : 395

Einigungsquote (Anteil von Sp. 2 an Sp. 1 )

87

3

74%

85%

85%

62%

77%

73%

73%

() : 75,0%

Die Industrie- und Handelskammer Frankfurt a.M. übermittelte folgende Zahlen: Übersicht 15: Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 27 a UWG bei der IHK Frank­ furt am Main Sp. 1 968

1 969

1 970

1971

1 97 2

1 973

1 974

Gesamtergebnis (Summe bzw. Durchschnitt)

Anträge

1

1

3

23

61

40

61

40

Su.: 229

Einigungen

2

1

2

17

42

32

46

32

Su.: 172

3

1 00%

67%

74%

69%

80%

75%

80%

p : 75,1 %

Einigungsquote (Anteil

von Sp. 2 an Sp. 1 )

1 6 In der Literatur finden sich folgende Angaben: Spengler / Weber, Wettbewerb, S. 23, beziffern die Einigungsquote mit 90 %. Nach Gottschick, Wettbewerb, S. X und von Thenen, GRUR 1 937, S. 1 05 , 1 08 konnte das Einigungsamt Berlin vor 1 9 3 2 90 bis 95 % der Fälle durch Vergleich beenden; vgl. dazu auch Harnmann, Einigungsämter, S. _4 . Laut Klein, DB 1 95 3 , S. 503, wurden 1 9 3 2 bis 1 943 75 % aller behandelten Streit­ fälle im Vergleichswege bereinigt. Krieger, GRUR 1 9 5 7 , S. 197, 1 9 8 nennt für 1 934 eine Vergleichsquote von 80 %.

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

25 2

Auch im Vorverfahren vor den Einigungsstellen des UWG wird ein Teil der Streitfälle dadurch endgültig erledigt, daß der Antrag zurückgenommen wird. Nach Auskunft des Deutschen Industrie- und Handelstages dürfte der Anteil der Rücknahmen etwa bei 10 % liegen. Die von der IHK Mittlerer Neckar in Stuttgart übermittelten Zahlen bestätigen diese Angaben: Übersicht 1 6: Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 27 a UWG bei der IHK Stuttgart

Anträge

Sp. 1969 1 21

Einigungen

2

1971

1972

1973

16

7

7

1974 4

7

4

0

2

18

1970 16 15

Einigungsquote (Anteil 3 v. Sp. 2 an Sp. 1 )

86%

94%

44%

57%

0%

50%

Rilcknahmen 4

0

0

3

3

0

2

0%

0%

19 %

43%

Rücknahmequote (Anteil von Sp. 4 an Sp. 1) Einigungen und Rücknahmen Bereinigungsquote (Anteil von Sp. 6 an Sp. 1)

5

6

18

15

10

7

86 %

94%

65 %

7

100%

0%

0

0%

50%

4

100%

Gesamtergebn. (Summe bzw. (Durchschn.) Su. : 7 1 Su. : 46 (/) : 64,8%

Su. : 8 (/) : 1 1 ,3 %

Su. : 54

(/) : 76,0%

Nur in den wenigsten Fällen vermögen die Kammern anzugeben, wieweit die vor ihnen verhandelten Streitigkeiten noch die Gerichte beschäftigen. Die Kammern erhalten von nachfolgenden Prozessen nur durch Zufall Kenntnis. Aus den oben genannten Zahlen ergibt sich jedoch, daß allenfalls 5 bis 25 % der Streitfälle vor die Gerichte gelangen können. Für die IHK Koblenz liegen die aus der nachstehenden Übersicht 17 ersicht­ lichen Zahlen vor. 6. Auch bei den Schlichtungsstellen für Arzthaftpflicht/ragen scheiterte das Vorverfahren nur selten daran, daß die Gegenseite sich weigerte, am Ver­ fahren teilzunehmen: So berichtet die Münchner Schiedsstelle, daß nur 7 der von 185 Beschwerden betroffenen Mediziner das Vorverfahren ablehnten. 17 17

siehe „Der Tagesspiegel" vom 2. 1 1. 1976, S. 12 .

25 3

C. Die Effektivität der Vorverfahrensstellen

Übersicht 1 7: Erledigungsquote im Vorverfahren nach § 27 a UWG bei der IHK Koblenz Sp. 1 968

1 969

1 9 70

1971

1 972

1973

1 974

Anträge

1

4

6

7

8

6

7

2

5

Einigungen

4

5

5

6

7

5

6

Einigungsquote (Anteil von Sp. 2 an Sp. 1 )

3

1 00%

1 00%

83%

86%

88%

83%

86%

Rücknahmen

4

0

0

1

1

1

0

0

Gesamtergebnis (Summe bzw. Durchschnitt)

Su.: 43 Su.: 38

1/l

: 88,4%

Su.:

3 7,0%

Rücknahmequote (Anteil von Sp. 4 an Sp. 1 )

5

0%

0%

17%

14 %

1 2%

0%

0%

1/l :

Einigungen und Rücknahmen

6

4

6

7

8

5

6

Su.: 41

Bereinigungsquote (Anteil von Sp. 6 an Sp. 1 )

5

7

100%

100%

1 00%

1 00%

1 00%

83%

86%

1/l :

anschließende Prozesse

8

0

0

0

0

0

1

1

Su.:

2

9

0%

0%

0%

0%

0%

17%

14%

1/l :

4,7%

Prozeßquote (Anteil von Sp. 8 an Sp. 1 )

95,3%

Nach Auskunft der Schlichtungsstelle der norddeutschen Ärztekammern in Hannover lehnen 1 , höchstens l 1 /2 % der Mediziner die Einschaltung der Schlichtungsstelle ab. 1 8 Die Erledigungsquote mögen folgende Zahlen der Münchner Schiedsstelle veranschaulichen: Von den 1 29 Fällen, die nicht bereits während der Vorprü­ fung erledigt wurden, kann die Mehrzahl als durch die Arbeit der Vorverfah­ rensstelle endgültig bereinigt angesehen werden. Bei 89 der Vorgänge stellte die Schiedsstelle nämlich fest, daß die Ansprüche bereits verjährt oder durch Zivil­ prozesse geklärt waren. 8 Fälle wurden zugunsten der Patienten entschieden, die betroffenen Haftpflicht-Versicherer pflegen diese Entscheidungen anzuer­ kennen. Nur in den 7 Fällen, in denen die Stelle zuungunsten der Patienten entschied, muß mit einem Prozeß gerechnet werden. 1 9 7. Hinsichtlich der Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden kommt der Deutsche Industrie- und Handelstag aufgrund einer Umfrage zu dem Ergeb­ nis, daß etwa 84 % aller Beschwerden bereits im Vorfeld, d.h. ohne formelles Verfahren, gütlich geregelt werden. 20 Nur knapp 1 6 % der Fälle werden danach in einem ordentlichen Verfahren behandelt. In mehr als der Hälfte dieser Fälle lasse sich im Vorverfahren eine endgültige Regelung erreichen. Die Erledigungs­ quote liegt somit bei über 92 %. 18

„Der Tagesspiegel" vom 28.2.1 978, S. 1 2. s. ,,Der Tagesspiegel" vom 28.2. 1 978, S. 1 2. Von den 1 18 Entscheidungen, welche die Schlichtungsstelle Hannover fällte, fielen 31 zugunsten der Patienten aus, in den übri­ gen 87 Fällen lehnte die Schiedsstelle einen Schadensersatzanspruch ab (,,Der Tagesspie­ gel" vom 28.2. 1 978, S. 1 2). Die Schiedsstelle der Ärztekammer Nordrhein-Westfalen be­ jahte in 7 von 74 Fällen einen ärztlichen Behandlungsfehler (Rothweiler / Sauer, NJW 1978, s. 797, 798). •• Schreiben des DIHT vom 2 1 . 1 2. 1977. 19

254

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

Diese Daten werden in etwa durch die Angaben einzelner Industrie- und Handelskammern bestätigt. Bei der IHK Mönchengladbach konnte bei 80 bis 90 % der Vorgänge eine gütliche Einigung erzielt werden. 2 1 Nach Auskunft der IHK zu Lübeck werden etwa 70 % der Beschwerden „im beiderseitigen Interes­ se positiv geregelt". Die Bundesregierung teilt in ihrem Zweiten Bericht zur Verbraucherpolitik mit, daß die Schlichtungsstellen nach einer Umfrage des Deutschen Industrie­ und Handelstages 70 v.H. (und zum Teil weit mehr) der Reklamationen zu­ gunsten der Verbraucher regelten. 22 8. In den Verfahren vor den Schiedsstellen des Kraftfahrzeughandwerks wurde 1 976 in 47,7 % der Fälle ein Vergleich geschlossen. 23 Bei der Schieds­ stelle Frankfurt a.M. lag die Vergleichsquote in den Jahren 1 970 bis 1 976 im Durchschnitt sogar bei 74,4 %. 24 9 . Von den 6 Streitfällen, welche die Berliner Schiedsstelle für den Ge­ brauchtwagenhandel behandelte, wurden 4 im Vergleichswege bereinigt, also zwei Drittel. 25 1 0. Das Vorverfahren nach § 14 PflversG gehört zu den wenigen Vorver­ fahren, bei denen in vollem Umfang bekannt ist, wieviele Prozesse nach Ab­ schluß des Vorverfahrens durchgeführt wurden. Den 307 durchgeführten Vor­ verfahren folgten 22 Prozesse . In den übrigen 275 Streitigkeiten, also in 89,6 % aller Fälle , wurde die Auseinandersetzung nach dem Vorverfahren nicht weiter fortgesetzt. 26

21

Vgl. auch die Angaben bei von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 99 f., Fußn. 30. BT-Drucks. 7/4 1 8 1 , S. 8 unter 3 . 1 0. 23 Nämlich in 645 von 1 35 2 Fällen, siehe dazu „test" 1 976, S. 602, 603. · 24 In dieser Zeit erledigten sich nämlich 29 von 39 Streitigkeiten durch Vergleich, s. Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 798. 25 siehe „Der Tagesspiegel" vom 8. 1 2. 1 977, S. 1 2. 26 Schreiben des Vereins „Verkehrsopferhilfe e.V. " vom 27. 3 . 1 975. 22

255

C. Die Effektivität der Vorverfahrensstellen

1 1 . Auch in den Güteverfahren vor der ÖRA Hamburg werden die Streitig­ keiten zum größten Teil endgültig bereinigt. Die folgende Übersicht zeigt das: Übersicht 18: Erledigungsquote im Vorverfahren vor der ÖRA Hamburg Sp. 1 9 7 1 (a)

1 9 74 (b)

Durchschnitt

Anträge

1

2.322

2. 1 6 2

2.247

Vergleiche

2

1 .0 1 7

974

996

Vergleichsquote (Anteil von Sp. 2 an Sp. 1)

3

43,6%

45,0%

44,3%

Rücknahmen

4

535

469

502

Rücknahmequote (Anteil von Sp. 4 a n Sp. 1 )

5

22,9 %

21 ,7%

22, 3 %

Erledigungserklärungen

6

317

279

298

Erledigungserklärungsquote (Anteil von Sp. 6 a n Sp. 1 )

7

1 3,6 %

1 2, 7 %

22, 3 %

Bereinigungen insgesamt

8

Bereinigungsquote (Anteil von Sp. 8 an Sp. 1)

9

80,1 %

79,6 %

79,9%

Gescheiterte Verfahren

10

463

440

452

Quote der gescheiterten Güteversuche (Anteil von Sp. 1 0 an Sp. 1 )

11

1 9 ,9%

20,4 %

20, 1 %

1 .864

1.722

1 . 796

{a) s . von Aulock, Rechtshilfe, S. 2 10; Röper, Rechtsschutz, S. 3 1 , Fußn. 96. (b) Vgl. dazu auch Baumgärtel, Gleicher Zugang, S. 22.

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

256

1 2. In den wenigen Fällen, in denen die Schiedsmänner angerufen werden, gelingt auch diesen vielfach eine endgültige Bereinigung. Das belegen die fol­ genden für Berlin ermittelten Zahlen: 2 7 Übersicht 1 9: Erledigungsquote im Vorverfahren vor den Schiedsmännern in Berlin Sp. 1 9 7 1 Anträge Sachen in denen beide

Parteien zum

Termin erschienen

1973

1974

1 975

1 976

1977

1 978

1 979

1980

Durchschnitt

1

25

29

23

43

26

15

28

13

19

7

22,8

2

23

26

18

35

22

13

12

12

16

7

1 8,4

92%

90%

78%

81%

85 %

87%

43%

92%

84 %

1 00%

17

20

16

23

13

9

8

9

8

1

5

68%

69%

70%

54%

50%

60%

29%

42%

50%

14,3% 54,4%

6

74%

77%

89%

66%

59%

69%

67%

75%

69%

1 4,3% 67,4 %

Mitwirkungsquote (Ant. 3 v. Sp. 2 an Sp. 1 ) Vergleiche 4 absolute Vergleichsquote (Ant. von Sp. 4 an Sp. 1 ) relative Vergleichsquote (Anteil von Sp. 4 an S p . 2)

1972

80,7% 1 2,4

II. Bewertung 1 . Die Zahlen zeigen zunächst, daß in den Vorverfahren der größte Teil der Streitigkeiten seine endgültige Erledigung findet. Das gilt für etwa 70 bis 90 % der Streitfälle im Vorverfahren des § 1 1 1 II ArbGG, etwa 60 bis 65 % im Vorverfahren des ArbEG, 1 00 % im mietrechtlichen Vorverfahren, etwa 90 % im jagdrechtlichen Vorverfahren, 75 bis 95 % im Vorverfahren des UWG, 70 bis 90 % im Vorverfahren vor den Schlichtungsstellen für Verbraucher­ beschwerden der Industrie- und Handwerkskammern, etwa 90 % im Vorverfahren nach dem PflversG , etwa 80 % im Güteverfahren vor der ÖRA Hamburg, 55 % im Vorverfahren vor den Schiedsmännern.

27

siehe unter B, Fußn. 25.

C. Die Effektivität der Vorverfahrensstellen

257

Diese Zahlen entsprechen in etwa denen, die - vereinzelt - für das verwal­ tungsrechtliche Widerspruchsverfahren genannt werden: Nur ca. 7 % der im Verwaltungsvorverfahren entschiedenen Fälle werden vor die Verwaltungsge­ richte gebracht.28 Berücksichtigt man noch die hohe Zahl der bereits im Vorprüfungsstadium erledigten Streitigkeiten 29 , so wird deutlich, daß das Vorverfahren ein geeig­ netes Mittel zur Klärung von Rechtsstreitigkeiten ist und zu einer erheblichen Entlastung der Gerichte führt. Der Entlastungseffekt kann allerdings nicht mit der Bereinigungsquote gleichgesetzt werden: Einerseits wäre nicht jede von den Vorverfahrensstellen bearbeitete Streitigkeit vor die Gerichte gebracht worden. Das gilt vor allem für die Bagatellstreitigkeiten der Verbraucher. 30 Auf der anderen Seite rufen die Parteien - soweit sich das feststellen läßt - nur in einem Bruchteil der Fälle , die auch noch nach Abschluß des Vorverfahrens streitig sind, die Gerichte an. 3 1 2. Die Zahlen zeigen weiter, daß viele Streitigkeiten während des Vorverfahrens im Wege der gütlichen Einigung beigelegt werden. Es wurden verglichen: 45 bis 50 % der Streitigkeiten im Vorverfahren des ArbEG , etwa 90 % im jagdrechtlichen Vorverfahren, zwischen 65 und 85 % im Vorverfahren des UWG, 80 % im Güteverfahren vor der ÖRA Hamburg, 55 % im Vorverfahren vor den Schiedsmännern Diese Werte liegen erheblich über den Vergleichsquoten, die in den gericht­ lichen Verfahren erzielt werden. Für diese Verfahren wurden nämlich folgende Quoten ermittelt : 32 28 So von Mu tius, Widerspruchsverfahren, S. 1 1 6, Fußn. 28 ; Ule, VerwArch 1 9 7 1 , S. 1 14, 1 20. 29 siehe dazu die Übersicht 8 unter B I 14. Für die ÖRA Hamburg schätzt deren Leiter, Herr Hennings, daß die rechtsberatende Tätigkeit dieser Stelle in etwa 50 % der Fälle einen Prozeß verhütet (Schreiben vom 3 . 7 . 1 975). 30 Vgl. Klein, DB 1 95 3 , S. S03; Gottschick, Wettbewerb, S. XI. 31 Ebenso Schade, BB 1 962, S. 260. In diesem Zusammenhang ist interessant, daß nur etwa l ,S % aller Streitigkeiten, die bei den früher in Baden-Württemberg bestehenden Gemeindegerichten anhängig wurden, an­ seht. die ordentlichen Gerichte beschäftigten, vgl. BVerfG, Urt. v. 9.5. 1 962, BVerfGE 1 4 , S. S6, 73. Die Gemeindegerichte hatten eine den Vorverfahrensstellen ähnliche Funktion. Bei den Vorverfahren der Sozialgerichtsbarkeit werden nach Schroeter, BB 1 969, S. 800, 801 30 % der Widerspruchsbescheide vor Gericht angefochten. Für das verwaltungsgericht­ liche Vorverfahren wurden Prozeßquoten von 10; 2S ,2; S,3 und 6,7 % ermittelt, vgl. dazu die Nachweise bei von Mutius, Widerspruchsverfahren, S. 1 1 6, Fußn. 28. 32 Quelle: Statistisches Bundesamt Wiesbaden, Fachserie A, Bevölkerung und Kultur, Reihe 9, Rechtspflege, Heft I, Zivilgerichtsbarkeit, Ausgaben betreffend die Jahre 1973 bis 1 97S, jeweils S. 23 u. 3S und Fachserie 1 0, Reihe 2. 1 , 1 976, S. 23 u. 3 3 ; 1 977, S. 23 u. 3S ; 1 978, S. 23 u. 37; 1 979, S. 29 u. 3 7 ; 1 980, S. 29 u. 37.

1 7 Preibisch

25 8

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

Übersicht 20: Vergleichsquoten der ordentlichen Gerichte 1 973

1 974

1975

1 976

1977

1978

1979

1 980

Durch-

schnitt

Vergleichsquote bei den gewöhnliehen Prozessen vor den Amtsgerichten

10,5%

Vergleichsquote bei den gewöhnliehen Prozessen vor den Landgerichten

1 8,2% 16,7% 16,6% 1 8 , 1 % 1 8,3% 19,3% 1 9,0% 1 8,4 % 1 8 , 1 %

9,9% 10,7% 1 0,9% 1 0,9% 1 0,6 % 10,5% 1 0,3% 10,5%

Die im Vorverfahren erzielten hohen Vergleichsquoten dürften zunächst darauf beruhen, daß im Vorverfahren beide Parteien häufiger anwesend sind als im Prozeß: In rechtstatsächlichen Untersuchungen wurde festgestellt , daß die Anwesenheit der Partei das Zustandekommen von Vergleichen fördert. 33 Diese Zahlen sprechen aber vor allem für die Richtigkeit der vielen Vorverfahren zu­ grunde liegenden These, daß Güteverfahren die Parteibeziehungen weniger be­ lasten, eine Verhärtung der Fronten vermeiden und so gütliche Einigungen er­ möglichen. 34 Der Einwand Tetzners, die hohe Vergleichsquote besage nichts, da die bei­ gelegten Fälle auch vor Gericht verglichen worden wären 35 , ist mit der obigen Gegenüberstellung der in Vorverfahren und Prozeß erzielten Vergleichsquoten schwer vereinbar. 3. Auch die nicht unerheblichen Rücknahmequoten und die beträchtliche Anzahl der bereits im Vorprüfungsstadium erledigten Streitigkeiten sind über­ wiegend positiv zu bewerten: Aus ihnen geht hervor, daß die Beteiligten sich leicht entschließen, die Vorverfahrensstelle anzurufen, nämlich auch dann, wenn sie sich ihrer Sache nicht besonders sicher sind. Von einer „Schwellen­ angst"36 kann demnach gegenüber den Vorverfahrensstellen kaum die Rede sein. Zum anderen zeigt sich an diesen Zahlen, daß die Vorverfahrensstellen in gewissem Umfang eine rechtsberatende Funktion ausüben, indem sie die Betei­ ligten auf die Erfolgsaussichten ihres Begehrens hinweisen. Dieses Verhalten der Gremien dient dem Zweck des Vorverfahrens, unnötige und aussichtslose Pro­ zesse vermeiden zu heh,m. 37

3 3 Wax / Bender / Schade, in : Tatsachenforschung in der Justiz , S. 5 7 , 75 f. ; vgl. auch Blankenburg / Blankenburg / Morasch, in: Tatsachenforschung in der Justiz, S. 8 1 , 1 02 ; Röh/, Jahrbuch fü r Rechtsssoziologie und Rechtstheorie, Band 6 (1 978), S. 279, 293. 34 s. dazu oben im 3 . Abschnitt unter A II. 3 5 UWG, § 27 a, Rdnr. 20. 36 s. dazu Näheres unter D II. 37 siehe dazu oben im 3. Abschnitt unter B VII. Vgl. auch die Informationen der Ar· beits· und Sozialbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg, Nr. 4/XI.

25 9

D. Der Einfluß auf die Dauer des Rechtsschutzverfahrens

D. Der Einfluß des Vorverfahrens auf die Dauer des Rechtsschutzverfahrens Außergerichtliche Vorverfahren sollen schnellen Rechtsschutz ermöglichen. Es ist deshalb weiter festzustellen, wie sich die Vorverfahren auf die Dauer des Rechtsschutzverfahrens auswirken. Dabei interessieren zwei Fragen : ( 1) Wie lange dauern die Vorverfahren selbst? (2) Wie wirken sich die Vorverfahren auf die Dauer der anschließenden Prozesse aus? I . Die Dauer der Vorverfahren Die Dauer der Vorverfahren läßt sich ziemlich genau ermitteln. Für das Vorverfahren in Lehrlingsstreitigkeiten nach § 1 1 1 II ArbGG wurden mir folgende Zeiträume genannt: Handwerkskammer Wetzlar: Handwerkskammer Frankfurt a.M.: Landeshandwerksrat Schleswig-Holstein: Handwerskammer Hannover: Handwerkskammer Bremen:

7 - 35 Tage' , etwa 2 1 Tage, etwa 14 Tage, etwa 1 4 Tage, etwa 35 Tage.

Die Handwerkskammer Bremen 2 teilte weiter mit, daß die durchschnittliche Dauer des Verfahrens im Laufe der Jahre in ihrem Bereich erheblich zugenom­ men hat. Sie stieg von 26 Tagen in den Jahren 1968 bis 1975 auf 46 Tage in den Jahren 1976 bis 1977. Die Kammer begründet diese Entwicklung damit, daß die Konfliktbereitschaft der Parteien sich wesentlich erhöht habe, so daß Vergleiche heute vielfach erst nach langwierigen Verhandlungen und Beweis­ aufnahmen zustande kämen. Das Verfahren vor den Schiedsstellen des ArbEG nimmt im Durchschnitt etwa 9 Monate in Anspruch. 3 Das Verfahren vor der Mietschlichtungsstelle in Frankfurt a.M. dauert von der Antragstellung bis zur abschließenden Schlichtungsverhandlung etwa vier bis sechs Wochen. 4 Die im UWG vorgesehenen Einigungsstellen schließen das Verfahren noch schneller ab: Die Streitfälle lassen sich dort oft schon binnen weniger Tage oder 1 Betrachtet man die einzelnen Kreishandwerkerschaften, so differieren die Angaben. Im Bereich der Handwerkskammer Wetzlar ergab sich folgendes Bild: Kreishandwerkerschaft (KH) Dillkreis: 20 Tage; KH Hochtaunuskreis: 28 Tage; KH Ha­ nau : 35 Tage; KH Wetzlar: 7 Tage. ' Schreiben vom 22. 1 2. 1 977. 3 Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, vor § 28 ArbEG, Rdnr. 4. 4 Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 798.

17 •

260

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

gar Stunden klären. 5 Nach Auskunft des Deutschen Industrie- und Handels­ tages wird die Masse der Fälle innerhalb von 2 Wochen erledigt. Bei Schwierig­ keiten, insbesondere Terminschwierigkeiten, sei mit einer Dauer von etwa 4 Wochen zu rechnen. Die einzelnen Kammern gaben folgende Durchschnitts­ werte an: IHK Hamburg: IHK Bremen: IHK Hannover-Hildesheim: IHK Frankfurt a.M. :

4-5 Wochen, 5 Wochen, 6 Wochen, i.d.R. 1 -2 Wochen, teilweise bis zu 3 Wochen.

Das förmliche Verfahren vor den Schlichtungsstellen für Verbraucherbe­ schwerden der Industrie- und Handwerkskammern dauert nach Auskunft des Deutschen Industrie- und Handelstages nur äußerst selten länger als 8 Wochen. 6 Die Hamburger Schlichtungsstelle des Kraftfahrzeughandwerks führte die Verfahren in zwei bis drei Wochen zu Ende. 7 Die Schlichtungsstelle des PflversG entscheidet in fast allen Fällen innerhalb von 3 Monaten. 8 Bei der ÖRA Hamburg findet der Gütetermin, mit dem das Verfahren nor­ malerweise endet, etwa 2 bis 3 Wochen nach Eingang des Antrags statt. 9 Die Vorverfahren sind demnach im allgemeinen wesentlich schneller beendet als Prozesse: Gessner und Kötz 10 errechneten nämlich beispielsweise für das landgerichtliche Verfahren eine durchschnittliche Prozeßdauer von 10,65 Mo­ naten.11 Die Kürze des Vorverfahrens dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, daß das Vorverfahren im Gegensatz zum gerichtlichen Prozeß in der Regel bereits nach einer mündlichen Verhandlung zum Abschluß kommt. So erledi­ gen die Innungsausschüsse für Lehrlingsstreitigkeiten die bei ihnen anhängigen Sachen fast immer in einem Termin. 1 2 Auch nach Auskunft der Industrie- und Handelskammern, der Hamburger Innung des Kfz.-Handwerks und der öRA Hamburg ist regelmäßig nur ein Verhandlungstermin erforderlich. 13

5 Vgl. Gottschick, Wettbewerb, S. XI. • Schreiben des DIHT vom 2 1 . 1 2. 1 977. 7 Vgl. von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 98. • Schreiben des Vereins „Verkehrsopferhilfe e.V." vom 27.3. 1 975. 9 Laut Schreiben der ÖRA Hamburg von 3.7. 1 975. 10 JZ 1 973, S. 82, 85. Die Angaben gelten für sog. gewöhnliche Prozesse vor dem Land­ gericht (zu diesem Begriff s. im 1 5 . Abschnitt unter E Fußn. 7). 11 Nähere statistische Angaben zur Prozeßdauer im 1 3 . Abschnitt unter C I. 12 So die Auskünfte der Kreishandwerkerschaft Dillkreis, des Landeshandwerksrates Schleswig-Holstein und der Arbeitsgemeinschaft der bay. Handwerkskammern. 1 3 Vgl. für die Schiedsstelle des Kfz.-Handwerks: von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 98.

E. Die Kosten des Vorverfahrens

261

II. Der Einfluß des Vorverfahrens auf die Dauer anschließender Prozesse über den Einfluß des Vorverfahrens auf die Dauer anschließender Pro­ zesse ließen sich keine aussagekräftigen Zahlen ermitteln. Das liegt vor allem daran, daß die Prozeßdauer von zahlreichen Faktoren beeinflußt wird, was es schwierig macht, wirklich vergleichbare Prozesse mit und ohne Vorverfahren gegenüber zu stellen. Tatsache ist jedoch, daß der Sachverhalt im Vorverfahren regelmäßig so ein­ gehend dargelegt und aufgeklärt wird, daß im anschließenden Gerichtsverfah­ ren kaum Neues vorgetragen wird. Auch liegen nach den Vorverfahren schon gewisse Beurteilungskriterien vor. Die Mehrzahl der mit dem Vorverfahren des § 1 1 1 II ArbGG befaßten Organisationen 14 , die Verkehrsopferhilfe e.V. 1 5 und die Schlichtungsstellen für Arzthaftpflichtfragen 1 6 meinen deshalb, daß das Vorverfahren den gerichtlichen Rechtsweg verkürzt. Einwandfrei belegen läßt sich die Kürzung der Prozeßdauer nur beim Vorverfahren des § 1 1 1 II ArbGG. Denn nach § 1 1 1 II Satz 8 ArbGG ersetzt das Vorverfahren die in § 54 ArbGG vorgeschriebene Güteverhandlung vor dem Vorsitzenden des Arbeitsgerichts.

E. Die Kosten des Vorverfahrens Ein wichtiges Kriterium für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit von Vorver­ fahren sind schließlich die Kosten, die das Vorverfahren verursacht. Die Kosten, die den Parteien durch die Vorverfahren entstehen, wurden be­ reits dargestellt. 1 Die bei den Institutionen, welche die Vorverfahrensstellen unterhalten anfallenden Kosten lassen sich nur schwer beziffern. Der Zuschuß­ bedarf der ÖRA Hamburg, die allerdings nicht nur Güteverfahren durchführt, sondern überwiegend als Rechtsauskunftsstelle tätig wird, betrug 1974 DM 409.000,-. 2 Der Leiter der ÖRA schreibt dazu : 3 „Gesamtwirtschaftlich wer­ den durch die ÖRA Einsparungen an effektiven Mitteln erzielt. Die Entlastung der Hamburger Gerichte und Behörden durch die Tätigkeit der ÖRA wiegt mindestens den Zuschußbedarf auf." Diese Feststellung dürfte auch für die übrigen außergerichtlichen Vorverfahrensstellen zu treffen. 14 So z.B. die Kreishandwerkerschaften Dillkreis, Hochtaunuskreis und Wetzlar die Handwerkskammern Trier und Frankfurt a.M., der Landeshandwerksrat Schleswig:Hol­ stein. 1 5 So insbesondere die „Verkehrsopferhilfe e.V." in ihrem Schreiben vorn 27.3. 1 975. 1 • .,Der Tagesspiegel" vom 1 .7.1 976, S. 1 2. 1 Siehe den 7. Abschnitt. 2 Hennings in: 50 Jahre ÖRA Hamburg, S. 35, 39. 3 Wie zuvor.

26 2

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

F. Die Einschätzung des Vorverfahrens in Wissenschaft und Praxis Die von Wissenschaft und Praxis ausgesprochenen Bewertungen der einzel­ nen Vorverfahren fallen überwiegend positiv aus. 1. Die allgemeinen Beurteilungen 1 . Das Vorverfahren nach § 1 1 1 II ArbGG wird von den damit befaßten Organisationen durchweg günstig beurteilt. Seine Beibehaltung wird befürwor­ tet. 1 Dabei wird immer wieder betont, daß die Verhandlungen vor den Aus­ schüssen für Lehrlingsstreitigkeiten in hohem Maße geeignet seien, die streiten­ den Parteien für eine vernünftige Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses zu gewinnen. 2 Derartige Erfolge ließen sich vor allem dank der Mitwirkung der Beisitzer erreichen. So „beruhige" die Mitwirkung eines Gesellen als Beisitzer in vielen Fällen den Auszubildenden. 3 Die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern hebt hervor, daß die Ausschüsse auch dann noch Postives zu bewirken vermögen, wenn sich die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses zwischen den Streitteilen als un­ möglich herausstellt. Der Ausschuß könne nämlich in diesen Fällen Hilfestel­ lung bei der Begründung eines neuen Ausbildungsverhältnisses geben, wozu das Arbeitsgericht kaum in der Lage sei. 4 Nur Natzel begegnet den Ausschüssen mit einigen Bedenken. Seines Erach­ tens sind die Richter der Arbeitsgerichte aufgrund ihres großen Erfahrungs­ schatzes eher in der Lage, in Güte auf die Parteien einzureden und zu schlich­ ten. 5 Den Bedenken N atzels ließe sich abhelfen, wenn man die Vorverfahren nicht mehr bei den etwa 7000 Handwerksinnungen, sondern bei den 43 Hand­ werkskammern durchführte 6 , wie das der Deutsche Handwerkskammertag vor­ schlägt 7 . Denn auf diese Weise ließe sich die Zahl der Ausschüsse erheblich ver­ mindern. Die einzelnen Gremien würden mit mehr Streitigkeiten befaßt, was ihren Erfahrungsschatz erheblich erweitern würde. 1 So z.B. der Deutsche Handwerkskammertag in seinem Schreiben vom 2 1 . 1 2. 1 97 7 , die Handwerkskammern Hamburg, Bremen und Berlin, die Kreishandwerkerschaft des Hochtaunuskreises und die Arbeitsgemeinschaft der bay. Handwerkskammern. . 2 So insbesondere die Arbeitsgemeinschaft der bay. Handwerkskammern in ihrem Schreiben vom 1 9. 1 2. 1 977, die Kreishandwerkerschaft Hochtaunuskreis sowie die Han­ delskammer Berlin. 3 So die Handwerkskammer Hamburg in ihrem Schreiben vom 2 1 . 1 2. 1 9 7 7 , ähnlich die Handwerkskammer Berlin im Schreiben vom 1 9. 1 2. 1 977. • Schreiben der Arbeitsgemeinschaft vom 1 9. 1 2. 1 97 7 . s Anm. zu BAG, Urt. v . 1 8.9. 1 975, i n : A P Nr. 2 zu § 1 1 1 ArbGG. • Vgl. zu den Zahlen oben unter A Fußn. 3. 7 Schreiben des Verbandes vom 2 1 . 1 2. 1 977.

F. Die Einschätzung in Wissenschaft und Praxis

263

2. Der Tätigkeit der Schiedsstellen für Arbeitnehmererfindungen ist von vie­ len Seiten, insbesondere auch von den am Arbeitnehmererfindungsrecht inter­ essierten Verbänden, Anerkennung gezollt worden. 8 Den Schiedsstellen wird strenge Objektivität bescheinigt ; sie hätten sich über die Grenzen der Bundes­ republik hinaus großes Ansehen erworben, und zwar sowohl bei den Arbeit­ nehmern als auch bei den Arbeitgebern. 9 Ihre Verdienste bei der Erhaltung des Arbeitsfriedens seien nicht hoch genug einzuschätzen. 10 Auch die Beset­ zung der Schiedsstellen habe sich bewährt, die Mitwirkung von technischen Mitgliedern des Patentamtes gebe eine solide Grundlage für die Bewertung der Erfindung nach ihrer technischen und patentrechtlichen Seite. Die in etwa 10 von hundert Fällen 1 1 beantragte Erweiterung der Schiedsstelle um Beisitzer aus Kreisen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite habe sich als wertvoll er­ wiesen. Denn sie erleichtere, den wirtschaftlichen Gehalt der Erfindungen zu klären. 1 2 Bemängelt wird lediglich die fehlende Ortsnähe der Schiedsstellen. Sie be­ dinge ein überwiegend schriftliches Verfahren, was die Vermittlungstätigkeit der Gremien erschwere. Auch wirke sich eine weite Entfernung leicht zum Nachteil der kapitalschwächeren Beteiligten aus. 1 3 Gewichtigere Bedenken werden lediglich von Lindenmaier / Lüdecke ge­ äußert. Diese meinen, die Beteiligten zögen bei Streitigkeiten mit grundlegen­ der Bedeutung oder hohem Streitwert die gerichtliche Auseinandersetzung vor. 14 3 . Von der Frankfurter Mietschlichtungsstelle wird berichtet, daß gute Er­ fahrungen mit ihr gemacht worden seien. 1 5 Dabei wird hervorgehoben, daß es der Stelle gelingen, die ihr vorgetragenen Streitfälle schnell und endgültig zu bereinigen. 16 Nicht zu klären sei allerdings, inwieweit die Arbeit der Schlich­ tungsstelle helfe, Spannungen zwischen Vermieter und Mieter abzubauen oder zu vermeiden. Denn es werde nicht immer deutlich, was die Parteien letztlich zur Annahme des von der Schiedsstelle vorgelegten Vergleichsvorschlages ver­ anlasse. Das müsse nicht immer die überzeugung von der Richtigkeit des Vor• Vgl. Volmer, BB 1 968, S. 253, 25 7 u. 260; Kremnitz, Erfindervergütung, S. 6 1 ; ders., MittdtPatAnw 1971, S. 209, 2 1 0; ders., Arbeitnehmererfinderrecht, S. 64 ; Haertel, Mittdt­ PatAnw 1 9 7 1 , S. 202; Röpke, Der Arbeitnehmer als Erfinder, S. 5 1 . 9 Volmer u . Haertel (Fußn. 8). 1 ° Kremnitz, MittdtPatAnw 1 9 7 1 , S. 209, 2 1 0. 1 1 Schade, MittdtPatAnw 1 959, S. 25 3, 259. 1 2 s. dazu Schade, BB 1 9 6 2, S. 260; ders., BB 1963, S. 1 26 1 , 1 26 3 ; ders., MittdtPatAnw 1959, S. 253, 254. 1 3 Volmer, BB 1 968, S. 25 3, 25 7. 14 Arbeitnehmererfindungen, Bern. vor § 28 ArbEG. 15 Ro thweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 798; Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 1 , 292. 16 Rothweiler, ZMR 1 976, S. 29 1 , 292.

264

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

schlages sein, möglich sei auch, daß die Parteien sich von einem Gerichtsver­ fahren lediglich kein günstigeres Ergebnis versprächen. 1 7 4. Auch das Vorverfahren des UWG wird grundsätzlich positiv bewertet. 1 8 Dieses Vorverfahren sei für mittelständische Unternehmen von großer Bedeu­ tung, da es diesen erlaube, Wettbewerbsverstöße zu rügen, ohne ein hohes Pro­ zeßkostenrisiko eingehen zu müssen. 1 9 Die Anrufung der Einigungsstellen sei auch für Vereine zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs der gegebene und, wie die Praxis zeige, der überwiegend beschrittene Weg zur Erfüllung ihrer Aufgaben. 20 Das Vorverfahren ermögliche, sogar kleineren Wettbewerbsver­ stößen entgegenzutreten, derentwegen sich kein Prozeß lohne. 21 Gelobt wird die Sachkunde der Einigungsstellen, die eine schnelle Bereini­ gung der Streitigkeiten erlaube und unnötige Prozesse vermeiden helfe. 22 Vie Nichtöffentlichkeit des Verfahrens wird als angenehm empfunden. 23 Nur vereinzelt wird das Vorverfahren als überflüssig angesehen. Das ge­ schieht mit der Begründung, das Vorverfahren verlängere den Instanzenzug und verursache zusätzliche Kosten. 24 Hauffe rügt weiterhin, die Sachkunde des Gremiums würde damit erkauft, daß die Mitglieder der Stellen zu einem gewis­ sen Grade selbst an der verhandelten Sache interessiert seien. 25 Diesem Vor­ wurf ist entgegenzuhalten, daß er, falls er berechtigt wäre, auch auf die Kam­ mern für Handelssachen zuträfe , vor welche die Streitigkeiten regelmäßig bei den Gerichten kämen. Denn in den Kammern wirken gleichfalls Kaufleute mit. 26 Die Mehrzahl der Industrie- und Handelskammern begrüßt das Vorverfahren. Die Auseinandersetzung vor der Einigungsstelle hinterlasse eine wesentlich ge­ ringere Verstimmung bei den Parteien als die gerichtliche Streitaustragung. 27 Rothweiler (Fußn. 16). s. die Begründung der Bundesreg. zur Wiedereinführung des § 27 a UWG, BT-Drucks. II/1 4 78, S. 4; Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik, BT-Drucks. II/3064, S. 1 ; Be­ gründung der Bundesreg. zur Änderung des § 27 a UWG, BR-Drucks. 226/78, S. 30; Becker, BB 1 950, S. 1 73 ; Greifelt, WRP 1 95 5 , S. 1 , 2; Klein, DB 1 95 3 , S. 503; Tetzner, JR 1 95 5 , S. 455. 19 Rosenthal / Leffmann, UWG, § 27 a, Rdnr. 6 ; Pastor, Unterlassungsrecht, 55. Kap., S. 4 1 6 ; Spengler / Weber, Wettbewerb, S. 24; von Thenen, GRUR 1 937, S. 105; Klein, DB 1 9 5 3 , S. 5 0 3 ; Gottschick, Wettbewerb, S. X f. 20 Pastor, Unterlassungsrecht, 5 5 . Kap., S. 4 1 6 . 21 Gottschick, Wettbewerb, S. X; Hammann, Einigungsämter, S. 2. 2 2 Klein, DB 1 95 3, S. 5 0 3 ; Tetzner, UWG, § 27 a, Rdnr. 20; Pastor (Fußn. 20); Hauffe, Die liebe Konkurrenz, S. 3 20; Greifelt, WRP 1 95 5 , S. 1, 2. 23 Hauffe (Fußn. 22). 24 Tetzner (Fußn. 22), Rdnr. 21 ; ders. ; RabattG, § 1 3 , Rdnr. 9 ; ders. , JR 1 95 5 , S. 455 f. ; vgl. dazu auch Hammann, Einigungsämter, S. 3. 25 Die liebe Konkurrenz, S. 3 20. 2 • §§ 1 05 , 1 09 GVG. 27 Vgl. dazu z.B. die Stellungnahme des Geschäftsführers der IHK Saarbrücken, Jtschert, in: Saarwirtschaft 1 975, S. 1 6 . 17 18

F. Die Einschätzung in Wissenschaft und Praxis

265

Einzelne Kammern, wie z.B. die IHK Koblenz und die IHK Flensburg, ziehen es allerdings vor, bei Beschwerden kein Vorverfahren einzuleiten, sondern den gerügten Wettbewerbsverstößen im Wege der Abmahnung entgegenzutreten. Im übrigen sei das Vorverfahren teilweise auch deshalb ungeeignet, weil die Sache sehr dringlich sei und deswegen eine richterliche einstweilige Verfügung erfor­ dere. 28 5 . Von den Vorverfahren jur Verbraucherstreitigkeiten wird gesagt, daß sie sich nach den bisherigen Erfahrungen als wertvolle Hilfe für die Verbraucher erwiesen hätten, was insbesondere darauf zurückgeführt wird, daß in den Gre­ mien neben den Gewerbetreibenden auch Vertreter von Verbraucherverbän­ den mitwirken. 29 Die Bundesregierung, die in ihrem Zweiten Bericht zur Ver­ braucherpolitik auf die Arbeit der Schiedsstellen einging30 , teilt diese Meinung. Ein positives Echo fanden insbesondere die Schlichtungsstellen für Arzthaft­ pflichtfragen. 3 1 6. Der Verein Verkehrsopferhilfe e.V. befürwortet die Einrichtung der im PfiversG vorgesehenen Schiedsstelle. Die Schiedsstelle habe sich ausgezeichnet

bewährt; sie diene insbesondere den Interessen der Geschädigten. Die Arbeit der Schiedsstelle habe dazu geführt, daß der Verein in den ersten zwölf Jahren nach seiner Gründung erst 22 Prozesse führen mußte. 32 Sieg spricht sich eben­ falls für das Vorverfahren des PflversG aus. 33

7 . Auch vom jagdrechtlichen Vorverfahren wird berichtet, daß es sich be­ währt habe. 34 Es ersetze ein kostspieliges Beweissicherungsverfahren, denn es gestatte im Gegensatz zum schwerfälligen normalen Gerichtsverfahren, alsbald die Entstehung und den Umfang eines Schadens festzustellen. 35 8 . Das Güteverfahren vor der ÖRA Hamburg wird gleichfalls nur günstig be­ urteilt. 36 Gelobt wird vor allem, daß das Verfahren nur geringe Kosten verur­ sache. 3 7

28

So z.B. Itschert (Fußn. 27). von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 97 mwN. aus dem engl. Schrifttum; ,,test" 1 976, s. 602 f. 3 0 BT-Drucks. 7/4 1 8 1 , S. 8, unter 3 . 1 0. 3 1 Vgl. Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 798. 32 Schreiben der „Verkehrsopferhilfe e.V." vom 27. 3 . 1 975. 3 3 Sieg, VersR 1 967, S. 3 24, 325. 34 Schandau, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. zu § 3 2 nwUG. 3 5 Rühling / Seile, BJagdG, § 35, Anm. 1 . 36 Ipsen, Hamburger Dokumente 1.73, S. 9 f. , 1 2 ; Schumann, DRiZ 1 970, S. 6 0 , 6 1 . 37 Schumann (Fußn. 36). 29

266

1 2. Abschnitt: Die mit den Vorverfahren gesammelten Erfahrungen

II. Änderungsvorschläge

Angesichts der überwiegend positiven Bewertung ist es kaum verwunderlich, daß die befragten Stellen kaum Änderungswünsche vortrugen. Man zeigte sich insbesondere mit der Größe und der Besetzung der Vorver­ fahrensstellen zufrieden. Alle antwortenden Industrie- und Handelskammern sowie die Verkehrsopferhilfe e .V. und die ÖRA Hamburg wünschen insoweit keine Veränderung. Für das Vorverfahren des ArbGG sind dagegen Bestrebungen festzustellen , den unparteiischen Vorsitzenden wegfallen z u lassen. Dagegen wendet sich die Handwerkskammer Bremen. 38 Diese hält angesichts der komplizierten rechtlichen Materien, die in diesen Vorverfahren zu behandeln seien, und der Schärfe, welche zunehmend in die Verfahren hineingetragen werde, einen ju­ ristisch vorgebildeten, unparteiischen Vorsitzenden für unentbehrlich. Im Schrifttum findet sich andererseits eine Stellungnahme, die den o.g. Bestrebungen diametral gegenübersteht und in die entgegengesetzte Richtung geht : Presting meint, die Beteiligung von Laien, d.h. Nichtjuristen, am Vor­ verfahren berge die Gefahr in sich, daß Entscheidungen gegen das Gesetz er­ gingen. 39 Diese Ansicht steht jedoch in Widerspruch zu den positiven Erfah­ rungen, die mit der Beteiligung von Sachverständigen und den Parteien nahe­ stehenden Beisitzern gemacht wurden. 40 Sie verkennt ferner, daß in den Vor­ verfahrensstellen regelmäßig Juristen mitwirken 41 , die sich bei der Beurtei­ lung rechtlicher Fragen normalerweise mit ihrer Ansicht durchzusetzen ver­ mögen. Auch die Erfahrungen mit der Arbeits-, Straf- und Verwaltungsgerichts­ barkeit sowie den Kammern für Handelssachen, in denen gleichfalls Laien mit­ wirken und vielfach sogar in der Oberzahl sind, rechtfertigen nicht die von Presting geäußerte Befürchtung. Ergebnis: Versucht man aufgrund der mit den vorhandenen Vorverfahren gesammel­ ten Erfahrungen und der Beurteilungen, die diesen Vorverfahren zuteil wurden, zu einem abschließenden Ergebnis zu gelangen, so ist festzustellen, daß die Vor­ verfahrensstellen die in sie gesetzten Hoffnungen weitgehend erfüllt haben. Her­ vorzuheben ist vor allem, daß es den Vorverfahrensstellen in vielen Fällen ge­ lingt, die ihnen vorgetragenen Streitigkeiten schnell und kostengünstig beizule­ gen. Nur hinsichtlich des Umfangs der Inanspruchnahme bleibt noch mancher Wunsch offen. 38 39

40 41

Schreiben vom 22. 1 1 . 1 977. DÖV 1 976, S. 269, 270. s. dazu oben unter 1. s. dazu im 5. Abschnitt unter D III.

13. Abschnitt

D ie Ei g nun g des außer gerichtlichen Vorverfahrens, den Problemen der Zivilgerichtsbarkeit abzuhelfen Will man sich ein umfassendes Urteil über die Zweckmäßigkeit des außerge­ richtlichen Vorverfahrens verschaffen, so darf man dieses nicht isoliert be­ trachten. Wegen der dienenden Funktion des Vorverfahrens, die sich bereits aus seiner Bezeichnung ergibt, muß auch der Zivilprozeß in die Betrachtungen ein­ bezogen werden. Erhebliches Gewicht bei der Bewertung der Funktionalität des Vorverfahrens kommt dessen Eignung zu , wichtigen Problemen der Zivil­ gerichtsbarkeit abzuhelfen.

A. Überblick über die Probleme der Zivilgerichtsbarkeit Der Zivilprozeß in seiner heutigen Erscheinungsform begegnet vielfältiger Kritik. Teilweise wird sogar von einer schweren Krise des Zivilprozesses ge­ sprochen 1 . Schrifttum und Gesetzgeber haben sich deshalb in den zurücklie­ genden Jahren bis in die Gegenwart hinein ausführlich mit unerfreulichen Er­ scheinungen der Zivilgerichtsbarkeit befaßt. Es wurde insbesondere intensiv a n einer Reform d e s Zivilprozesses gearbeitet' . Meh­ rere Kommissionen untersuchten die Probleme des Zivilprozesses: Der Bundesminister der Justiz berief 1 95 5 eine „Kommission zur Vorbereitung einer Reform der Zivilge­ richtsbarkeit" ein 3 • Nachdem diese 1 96 1 ihren Bericht vorgelegt hatte• , wurden 1 964 mehrere weitere unabhängige Kommissionen gebildet' . In die Arbeit dieser Kommissio­ nen flossen auch die Ergebnisse ein, welche die „Kommission des Deutschen Richter­ bundes für die Große Ju stizreform" vorlegte.• 1 975 konnte der Bundesminister der Ju­ stiz den „Bericht der Kommission für Gerichtsverfassung und Rechtspflegerrecht", 1 97 7 den der Kommission fü r das Zivilprozeßrecht 7 veröffentlichen.

So Bender, DRiZ 1 976, S. 1 9 3. s. Feaux de la Croix, Festschrift für Philipp Möhring, S . 5 3 f. ' Vgl. dazu z.B. die Begründung der Bundesreg. zur Vereinfachungsnovelle, BR-Drucks. 5 5 1/74, s . 3 2. • s. den Bericht der Kommission zur Vorbereitung einer Reform der Zivilgerichtsbar­ keit, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz, 1 96 1 . 5 Vgl. die Begründung der Bundesreg. zur Vereinfachungsnovelle (Fußn. 3 ). • ·s. dazu die „Leitsätze für die Gestaltung der Großen Justizreform" der Kommission des Deutschen Richterbundes für die Große Justizreform, DRiZ 1 95 9 , S. 346 ff. 7 s. die Mitteilung in DB 1 97 7 , S. 203 7 . 1

2

268

1 3. Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

Die einzelnen Kommissionen wurden nicht nur durch zahlreiche theoretische Ab­ handlungen namhafter Rechtsgelehrter unterstützt, ihre Arbeit wurde auch durch rechts­ tatsächliche Untersuchungen erleichtert, so z.B. die Untersuchungen von Baumgärtel / Mes und Baumgärtel / Hohmann• zur Dauer des Zivilprozesses oder die von der Bundesrechts­ anwaltskammer in Auftrag gegebene, von der Prognos AG ausgeführte Untersuchung zur Reform der Zivilgerichtsbarkeit' .

Diese Bemühungen haben zu mehreren Novellierungen des Prozeßrechts ge­ führt 1 0 , das letzte größere Reformwerk ist die am 1 .7 . 1 977 in Kraft getretene „Vereinfachungsnovelle" die vor allem auf eine Beschleunigung des Verfahrens abzielt 1 1 • Es besteht jedoch Einigkeit darüber, daß die bisherigen Reformen die Pro­ bleme des Zivilprozesses nur teilweise und unvollkommen zu beseitigen ver­ mochten. 1 2 Als fortbestehende Probleme werden in erster Linie genannt : 1. 2. 3. 4.

Die Überlastung der Gerichte , die lange Dauer der Prozesse, die dem gerichtlichen Rechtsschutz entgegenstehenden Zugangsbarrieren, das Sachverständigenproblem 13 .

Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit das außergerichtliche Vorverfahren geeignet ist, diesen Problemen abzuhelfen. 1 4

• Baumgärtel / Mes, Rechtstatsachen zur Dauer des Zivilprozesses (erste Instanz); Baumgärtel / Hohmann, Rechtstatsachen zur Dauer des Zivilprozesses (zweite Instanz). • s. Tatsachen zur Reform der Zivilgerichtsbarkeit, Bd. I, Daten und Berechnungen, herausgegeben von der Bundesrechtsanwaltskammer. 10 Vgl. zu den Novellen: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, Ein!. l ; Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, § 5 III 3 . 11 Gesetz vom 3 . 1 2.1 976, BGB!. I S. 3281 . Eine ähnliche Beschleunigungsnovelle ist für das arbeitsgerichtliche Verfahren am 1 . Juli 1 979 in Kraft getreten, s. dazu das Gesetz zur Beschleunigung und Bereinigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens vom 2 1 . 5 . 1 979 (BGB!. I S. 545 ). 12 s. Zitscher, ZRP 1977, S. 27, 28; Baumbach / Lauterbach / Albers/Hartmann (Fußn. l O) ; Pu tzo, NJW 1 977, S. 1 , 5 f. 3 1 siehe dazu Bender, DRiZ 1 976, S. 193 ff. ; Puttfarken, JuS 1977, S. 493, 494 ff. 14 Vgl. zum Zusammenhang zwischen den Problemen des modernen Zivilprozesses und der Zunahme außergerichtlicher Vorverfahren auch Zitscher, ZRP 1977, S. 27, 28; Bender, DRiZ 1 976, S . 1 9 3 , 1 96 .

B. Die Überlastung der Gerichte

269

B. Die Überlastung der Gerichte Viele Unzulänglichkeiten des modernen Zivilprozesses hängen damit zusam­ men, daß die Gerichte überlastet sind 1 . 1. Ausmaß und Gründe der Überlastung

1. Die Überlastung der ordentlichen Gerichte Die Überlastung der Gerichte beruht nicht darauf, daß die Zahl der Richter mit der Einwohnerzahl nicht Schritt gehalten hätte. Seit 1 895 kommen im Deutschen Reich bzw. in der Bundesrepublik Deutschland in etwa 6000 Ein­ wohner auf einen Richter. Die folgende Tabelle mag das verdeutlichen : Übersicht 21: Die Entwicklung der Bevölkerungs- und Richterzahl im Deutschen Reich

und in der Bundesrepublik Deutschland Bevölkerungszahl (abgerundet) (a)

;

1 . 1 . 1 885 1 . 1 . 1 895 1 . 1 . 1 905 1.1.1915 1 . 1 . 1 925 1 . 1 . 1 935 1 . 1 . 1 955 1 . 1 . 1 96 1 1 . 1 . 1 965 1 . 1 . 1 975 1 . 1 . 1 980

45.234.000 49.428.000 56.367.000 64.925.000 62.539.000 65.21 8.000 5 1 .398.000 56.000.000 59.294.000 6 1 .991 .000 6 1 .658.000

Zahl der Richter an an den ordentlichen Gerichten (a) 7.078 7.601 8.816 10. 7 1 9 9.476 9.895 8.9 1 9 9. 226 9.5 3 7 10.721 1 2. 298

Zahl der Einwohner, auf die ein Richter entfällt 6.391 6 .503 6.394 6.05 7 6.600 6.591 5 . 763 6.070 6.21 7 5 .782 5 .014

(a) Die Zahlen beruhen für die Jahre bis 1 96 1 auf den Angaben im Bericht 1 96 1 (unter A Fußn. 4), S. 54 mwN., für die Jahre danach auf den Angaben des Statistischen Bundes­ amtes zum 3 1 . 1 2. des jeweiligen Jahres in der jährlich erscheinenden Fachserie A 9 I, Heft Zivilgerichtsbarkeit (für 1 965 und 1 975) bzw. Fachserie 10, Reihe 2.1 (für 1 9 80).

1 So z.B. Puttfarken, JuS 1 977, S. 493, 494; Kern, ZZP 75 ( 1 962), S. 1 45 ; Pinger, ZRP 1973, S. 1 82, 1 87; Baumgärtel, JZ 1 9 7 1 , S. 441 , 443, 446; Baumann / Fezer, Beschleuni­ gung, S. 10.

1 3 . Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

270

Die Übersicht zeigt, daß die Richterzahl sich im Verhältnis zur Bevölkerung in den letzten Jahren sogar günstig entwickelte. Sie kann sich auch im inter­ nationalen Vergleich sehen lassen. 2 So kommen auf einen Richter in Italien etwa 6625 Einwohner, in Schweden etwa 10 000, in Frankreich 1 6 000 und in Japan sogar 40 000. 3 Langfristig betrachtet ist nicht nur die Zahl der Richter, sondern auch der Geschäftsanfall bei den ordentlichen Gerichten in Zivilsachen weitgehend kon­ stant geblieben. 4 Der erstinstanzliche Geschäftsanfall (ohne Mahnverfahren) schwankte in der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit von 1950 bis 197 1 zwischen etwa 1 , 1 und 1 ,3 Millionen Streitsachen im Jahr. 5 Bei mittelfristiger Betrachtung ist allerdings in den letzten Jahren ein gewis­ ser Anstieg zu verzeichnen. Der erstinstanzliche Geschäftsanfall der Amtsge­ richte und Landgerichte betrug nämlich: 1973 : 1975 : 1977 : 1980:

1 .32258 1 Sachen, 1 .500.624 Sachen, 1 .35 3.462 Sachen, 1.3 1 8 .707 Sachen. 6

Die zunehmende Überlastung der ordentlichen Gerichte ergibt sich auch daraus, daß die Rückstände immer wieder anwachsen. 7 Die Zahl der am Jahres­ ende unerledigten Zivilsachen nahm Anfang der 70er Jahre erheblich zu; sie betrug: 1972 : 1973 : 1974 : 1975 :

605 .286 Sachen, 660.825 Sachen, 732.253 Sachen, 732 .67 1 Sachen. 8

Die Mitte der 70er Jahre vorgenommene Erhöhung der Richterzahl brachte nur eine vorübergehende Besserung. In den letzten Jahren wuchsen die Rück­ stände wieder. Ihre Zahl belief sich : 1977 : 1978 : 1979: 1980 : 2

auf auf auf : auf

432 .234 Sachen, 477.033 Sachen, 490.323 Sachen und 527.3 1 7 Sachen. 8

Puttfarken, Jus 1 97 7, S. 493, 494. Nach Puttfarken (Fußn. 2), mwN. Blankenburg, ZRP 1 974, S. 273, 274; Vollkommer, ZZP 8 1 ( 1 968), S. 1 0 2, 1 1 5 . ' ygL dazu das Prognos-Gutachten der Bundesrechtsanwaltskammer (unter A Fußn. 9); Blankenburg (Fußn. 4 ). 6 Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes in der Fachserie A 9 I, Heft Zivil­ gerichtsbarkeit, jeweils S. 20 u. 32 (für die Jahre vor 1 9 76) und in der Fachserie 1 0, Reihe 2 . 1 (für die Jahre nach 1 97 5 ) . 7 Z u m Zusammenhang zwischen Arbeitsüberlastung u n d Rückständen s . Bender, DRiZ 1 96 8, S. 1 6 3 , l65 ; Baumgärtel, JZ 1 97 1 , S. 44 1 , 443 . 8 siehe Fu_ßn. 6 . 3

4

B. Die Überlastung der Gerichte

271

Nach allgemeiner Ansicht beruht die überlastung der ordentlichen Gerichte jedoch weniger auf steigendem Geschäftsanfall als auf anderen Gründen. In erster Linie wird darauf hingewiesen, daß der Prozeßstoff immer umfangreicher und komplizierter geworden ist: 9 Eine wahre Gesetzesflut ließ den Umfang des zu beachtenden und anzuwendenden Rechts erheblich anwachsen. 1 0 Das mate­ rielle Recht hat sich darüber hinaus zunehmend zu einem Billigkeitsrecht ent­ wickelt. Das Streben nach Einzelfallgerechtigkeit veranlaßte Gesetzgeber und höchstrichterliche Rechtsprechung einerseits immer detailliertere Regelungen zu treffen und andererseits immer mehr Generalklauseln zu verwenden. Beides erschwert die Beurteilung von Rechtsfragen und gibt leicht Anlaß zu Streit. 1 1 Der Preis der Billigkeit besteht i n einer Weitläufigkeit und Unübersichtlichkeit des Rechtsstoffes, welche die Erforschung des Sachverhalts bis in seine feinsten Verästelungen und Schichten erfordert 1 2 , man denke etwa an die Regelungen des Zugewinnausgleichs und des Versorgungsausgleichs 1 3 • Schon der Kommis­ sionsbericht von 1 9 6 1 machte in Zusammenhang mit der Geschäftsbelastung der Gerichte darauf aufmerksam, daß sich im 20. Jahrhundert unmerklich ein Übergang von der rigor iuris und der Betonung der Ordnungsfunktion des Rechts zu einer am Einzelfall ausgerichteten, der Billigkeit huldigenden Rechts­ verfeinerung vollzogen habe. 14 Als jüngeres Beispiel dieser Entwicklung zu einem immer umfangreicheren und komplizierteren Recht seien Rechtspre­ chung und Gesetzgebung zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen genannt. Schließlich wird dem Gesetzgeber in diesem Zusammenhang vorgeworfen, notwendige Anpassungen und Ausgestaltungen des positiven Rechts zu unter­ lassen und das Schließen der so entstehenden Gesetzeslücken dem Richter auf­ zubürden. 1 5

9 Vgl. dazu Limbach, Jahrbuch für Rechtssoziologie u. Rechtstheorie, Bd. 4 ( 1 976), S. 307 ff. ; Puttfarken, JuS 1 977, S. 493, 496; Mayer-Maly, Rechtskenntnis und Gesetzes­ flut, jeweils mwN ; sowie das in den folgenden Fußn. genannte Schrifttum. 1 0 s. z.B. Baumann / Fezer, Beschleunigung, S. 10; Vollkommer, ZZP 81 ( 1 968), S. l 02, 1 1 7 ; Feaux de la Croix, Festschrift für Philipp Möhring, S. 53, 55 f. ; Henke, ZZP 83 (1 970), S. 1 25 , 158 ff., insbes. S. 1 6 3 f. 11 Zitscher, ZRP 1 977, S. 27, 28 f. ; Baumann / Fezer (Fußn. 9); Baumgärtel, JZ· 1 96 1 , s . 44 1 , 443. 1 2 Vollkommer (Fußn. 9), S. 1 1 8; Gernhuber, Die Billigkeit und ihr Preis, in: Summum ius, summa iniuria, S. 205 , 209. 1 3 §§ 1 3 7 1 ff. BGB, § § 1 5 87 ff. BGB. 1 4 Bericht 1 96 1 (s. unter A, Fußn. 4), S. 24- 25 ; vgl. dazu Pohle, Gutachten.zum 44. Deutschen Juristentag ( 1 962), Bd. I, 3. Teil, Heft B, S. 9, 1 0 ; Henke, ZZP 83 (1 970), S. 1 25 , 1 5 8 ff. 1 5 Pinger, ZRP 1 973, S. 1 82, 1 85 ; Rasehorn, NJW 1 972, S. 8 1 , 83 u. 85 ; Küb/er, JZ 1 969, S. 645 ff. ; Fischer, Weiterbildung des Rechts, S. 10 ff.

272

13. Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

2. Die Überlastung der Arbeitsgerichte Die Arbeitsgerichte sind ähnlich überlastet. Dort hat der Geschäftsanfall sogar noch stärker zugenommen. So stieg die Zahl der bei den Arbeitsgerichten Schleswig-Holsteins eingegangenen Klagen von auf 1 965 : 4.670 1 975 : 10.165, also um 1 17, 7 %. Die für das ganze Bundesgebiet festgestellten Zahlen deuten in die glei­ che Richtung. Bei den Urteilsverfahren war die stärkste Steigerung des Neueingangs 1 974 festzustellen, als die Zahlen gegenüber dem Vorjahr bei den Arbeitsgerichten um 20, 1 % und bei den Landesarbeitsgerichten um 23,1 % anstiegen. 1 6 Die Zahl der Richterstellen vermehrte sich in diesem Zeitraum in einem wesentlich geringeren Umfang. 1 7 Das führte in Schleswig-Holstein dazu, daß sich das Arbeitspensum der Arbeitsrichter von 1965 bis 1975 um 88,6 % steigerte. 1 8 Es verwundert deshalb nicht, daß die Rückstände, die lange Jahre hindurch in Schleswig-Holstein bei 14 bis 15 % lagen, 1971 auf 1 7 ,5 %, 1973 auf 18,2 %, 1974 auf 18,7 % und 1975 auf 19 % der Jahreseingänge anstiegen. 1 9

II. Das außergerichtliche Vorverfahren als Möglichkeit , der überlastung entgegenzuwirken

1. Das Vorverfahren als Mittel zur Ve"ingenmg des Geschäftsanfalls

Kern hat bereits 1962 darauf hingewiesen, daß sich eine ständige Vergröße­ rung der Richterzahl nur verhindern läßt, wenn man dem Prozeß ein Verfahren vor nichtrichterlichen Stellen vorschaltet. 20 Dem ist weitgehend zuzustimmen: Das außergerichtliche Vorverfahren ist in besonderem Maße geeignet, den Ge­ schäftsanfall bei den ordentlichen Gerichten zu verringern. Denn es führt wie oben2 1 dargelegt wurde - bei der Mehrzahl der Meinungsverschiedenheiten, derentwegen es durchgeführt wird, zu einer endgültigen Streitbeilegung. Diese Befriedungsfunktion des Vorverfahrens ist geeignet, die Gerichte in hohem Maße zu entlasten. Auf der anderen Seite ist nicht zu verkennen, daß die Zahl der durchgeführ­ ten Vorverfahren im Vergleich zum jährlichen Geschäftsanfall bei den ordent­ lichen Gerichten gering ist . Die tatsächlich bewirkte Verringerung des Ge­ schäftsanfalls ist also zur Zeit verhältnismäßig unerheblich, so daß der Feststel16 s. Begründung der Bundesreg. zum Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung und Bereinigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, BT-Drucks. 8/1567, S. 17 u. 22. 1 7 Zur Zunahme der Richterstellen s. die zuvor genannte Begründung der Bundesreg., a.a.O., S. 17 u. 23. 18 Nach Zitscher, ZRP 1977, S. 27, 28. 19 Nach Zitscher. 2 ° Kern, ZZP 75 ( 1 96 2), S. 145, 162; ebenso: Feucht, Vorschaltung, S. 1 25 . 21 Im 1 2. Abschnitt unter C.

B. Die Überlastung der Gerichte

273

lung, das Vorverfahren sei ein Mittel zur Verringerung des Geschäftsanfalls, heute eher theoretische Bedeutung zukommt. Faßt man jedoch allein einen Ausbau der in Verbraucherstreitigkeiten durchgeführten Vorverfahren ins Auge, so zeigt sich, daß das Vorverfahren zu einer beachtlichen Entla­ stung der Gerichte führen könnte. Verbraucherstreitigkeiten betreffen neben dem Kauf­ recht vor allem das Recht des Dienst- und Werkvertrags. Es dürfte wohl eher zu niedrig als zu hoch gegriffen sein, wenn man die Hälfte aller vor den Gerichten anhängigen Prozes­ se, deren Gegenstand ein Dienst- oder Werkvertrag ist und die keine Bausachen sind, als Verbraucherstreitigkeiten bezeichnet, für die sich ein außergerichtliches Vorverfahren durchführen ließe. Da das Vorverfahren in etwa 70 % der Fälle zu einer endgültigen Berei­ nigung führt, ließe sich die Zahl der bei den ordentlichen Gerichten anhängig werdenden Streitigkeiten aus Dienst- oder Werkverträgen um 35 % 22 senken. Dadurch würde sich die Zahl der gewöhnlichen Prozesse um etwa 10 % verringern, denn die Prozesse aus Dienst­ und Werkverträgen machen bei den Landgerichten 27 % und bei den Amtsgerichten 35 % aller Streitigkeiten aus. 2 3

2. Das Vorverfahren als Mittel gegen die zunehmende Komplizierung des Prozeßstoffes Die vorhandenen außergerichtlichen Vorverfahren sind überwiegend für besonders schwierige Streitigkeiten eingerichtet, bei denen Bewertungsfragen und komplizierte Sachverhaltsfeststellungen im Vordergrund stehen. 24 Gerade bei solchen Streitigkeiten haben sich die Vorverfahren als besonders hilfreich erwiesen, es sei hier beispielsweise nochmals an die Erfahrungen mit den Vor­ verfahren des Arbeitnehmererfindungsrechts erinnert 25 • Das Vorverfahren ist deshalb zugleich ein geeignetes Mittel, der zunehmenden Komplizierung des Prozeßstoffes entgegenzuwirken, was den oben genannten Entlastungseffekt des Vorverfahrens noch erheblich verstärkt : Gelingt es den Vorverfahrensstellen, besonders schwierige Streitigkeiten beizulegen, so bleiben den Gerichten über­ durchschnittlich arbeitsintensive Prozesse erspart, die Gerichte gewinnen also in erheblichem Maße Zeit für andere Aufgaben. Aber auch dann, wenn es nach Abschluß des Vorverfahrens zu einem Prozeß kommt, wirkt sich das Vorverfahren als Mittel gegen die Komplizierung des Prozeßstoffes aus. Die im Vorverfahren geleistete Sachverhaltsaufklärung und die dort vorgenommene Bewertung des Streitstoffes gestatten dem Gericht, den Prozeß schneller zu erledigen, als das ohne Vorverfahren möglich wäre. Darauf wird noch näher einzugehen sein. 26

22

Nämlich die Hälfte von 70 %. s. Prognos-Gutachten der Bundesrechtsanwaltskammer (unter A, Fußn. 9), Bd. I, Tabelle 3 . 1 (S. 1 08). 24 siehe im 3 . Abschnitt unter A I. 2 ' s. oben im 1 2. Abschnitt unter F I 2. 26 siehe unter C II 1 . 23

1 8 Preibisch

1 3 . Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

274

C. Die lange Dauer des Rechtsschutzverfahrens Der größte Teil der am Zivilprozeß geübten Kritik betrifft die zu lange Dauer der Verfahren. 1 Derartige Klagen sind so alt wie der Prozeß selbst' . Sie veranlaßten bereits Kaiser Friedrich II. zu befehlen, daß Zivilprozesse innerhalb von 3 Monaten zu entscheiden sei­ en 3 , und führten 1 746 in Preußen dazu, daß Friedrich der Große seinen Justizminister Samuel von Cocceji beauftragte, Beschleunigungsmaßnahmen einzuleiten. 4 Die Mißstän­ de am Reichskammergericht hat Goethe aus eigener Kenntnis beschrieben. 5

1 . Ausmaß und Gründe der Prozeßdauer Die Dauer der Prozesse bis zum streitigen Urteil der ersten Instanz ergibt sich für Zivilsachen vor den ordentlichen Gerichten 6 aus folgender Übersicht 7 : Übersicht 22: Dauer der Prozesse bis zum streitigen Urteil der 1 . Instanz in Zivilsachen vor den ordentlichen Gerichten Jahr

1 973 1 974 1975 1 976 1977 1 978 1 979 1 980 Durch -

sch nitt

bis einschließlich 3 Monate LG AG 15,3% 24,0% 14,5 % 22,2% 1 3,5 % 22,0% 15,1% 21 ,0% 1 7,2% 22, 1 % 18,8% 25 , 7 % 1 9,0% 27,5 % 1 8.6% 27,2% 24,0%

1 6 ,5 %

3-6 Monate LG AG 26 ,4% 3 1 ,7 % 26 ,9% 32,3% 24,8% 3 3 ,0 % 25,0% 3 1 ,8 % 28,0% 32,5 % 30,2% 34,5 % 3 2,0% 37,0% 33,8% 37,8% 33,8%

28,4%

6- 1 2 Monate LG AG 32,6% 29, 3 % 32,7% 30, 3 % 32,7% 30,4 % 29, 1 % 31,5% 28,9% 29,8% 28,2% 26,6% 28,5 % 25 ,4 % 29,2% 25 , 7 % 28,6 %

30,2%

über 1 2 Monate LG AG 23,9% 1 5 ,0% 24,2% 15,3% 27,3% 14,6% 28,4% 1 5 ,7 % 26,0% 1 5 ,6 % 22,8% 1 3,3% 20,4 % 10,1 % 1 8,5 % 9,4% 1 3 ,6%

23,9%

Fußn. Genannten. s. z.B. J. Blomeyer, NJW 1 977, S . 55 7 u. die in den folgenden 6, 9 ; Kip, Das soge­ Vgl. Baur, Justizaufsicht und richterliche Unabhängigkeit , S. S. 102, 1 2 1 f. ; Kern, 968), 1 ( 81 ZZP mer, Vollkom ; 25 S. inzip, hkeitspr Mündlic nannte ZZP 75 ( 1 962), S. 145 ; Henke, ZZP 83 (1 970), S. 1 25 f. 3 Bender, DRiZ 1 976, S. 193. 83 (1 970), S. 1 25 , 4 Bender (Fußn. 3 ) ; Zitscher, ZRP 1977 , S. 27, 28 f. ; Henke, ZZP 1 36 ff. 5 Dichtung und Wahrheit, 3. Teil, 1 2. Buch. die günstiger sind, aber • Zu den entsprechenden Werten der Arbeitsgerichtsbarkeit, 8/ 1 5 6 7 , S. 24, und cks. BT-Dru s. lassen, n erkenne ng echteru Verschl zur eine Tendenz 7. l S. dazu, g regierun Bundes die Ausführungen der in der Fachserie A 9 I, Heft 7 Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes vor 1 976) und in der Fach­ Jahre die (für 7 Zivilgerichtsbarkeit, jeweils S. 24/ 25 und 36/3 ). 975 1 nach Zeit die (für 1 2. Reihe 10, serie 1

2

275

C. Die lange Dauer der Prozesse

Bereits diese Zahlen werden - trotz der im Laufe der letzten Jahre aufgrund der Vereinfachungsnovelle eingetretenen Verbesserungen - allgemein als un­ günstig angesehen. 8 Das Bild ist aber noch besorgniserregender, wenn man nicht auf den Durchschnitt aller Prozesse abstellt, sondern den Blick auf solche Streitigkeiten begrenzt, für welche Vorverfahren eingerichtet sind. So dauern z.B. Prozesse in Streitigkeiten aus Dienst- und Werkverträgen, die weitgehend auch vor die Vorverfahrensstellen für Verbraucherstreitigkeiten gebracht wer­ den können, länger als normale Prozesse. Die folgende Tabelle9 über die Dauer der durch Urteil erledigten Prozesse vor dem Amtsgericht zeigt das deutlich. 10 Übersicht 23: Dauer der durch Urteil erledigten Prozesse vor dem

Amtsgericht

Verfahrensgegenstand ohne Rücksicht auf den Verfahrensgegenstand Dienst- und Werkvertrag

bis einschl. 3 Monate

6 -12 Monate

über 12 Monate

29,8 %

29,5 %

14,4 %

21,6%

28,0%

19,6 %

Zu berücksichtigen ist auch, daß Vorverfahren in der Mehrzahl solche Strei­ tigkeiten zum Gegenstand haben, in denen vor Gericht eine Beweisaufnahme stattfinden, insbesondere ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müßte. Sachverständigengutachten wirken außerordentlich prozeßhemmend. 1 1 Eine von Baumgärtel durchgeführte Untersuchung ergab, daß ein schriftliches Sachverständigengutachten1 2 in mehr als der Hälfte (nämlich in 53 ,4 %) der Prozesse angeordnet wurde, die über 2 Jahre dauern, hingegen nur in 4,2 % bzw. 7 , 1 % der halb- und einjährigen Prozesse 13 • Die lange Prozeßdauer führt zu schweren Nachteilen : Sie begünstigt den säumigen Zahler und verschlechtert so die Zahlungsmoral. Der Prozeß wird ein Mittel, zu billigem Kredit zu kommen. Sie verursacht den Parteien Kosten­ sowie Zeitaufwand, und erhöht darüber hinaus auch den von der Allgemein­ heit zu tragenden Teil der Prozeßkosten. Sie mindert das Vertrauen in die Justiz und führt vielfach dazu, daß das Urteil, wenn es endlich verkündet wird, schon weitgehend bedeutungslos geworden ist 14 . Sie verlangt von den Parteien • Vollkommer, ZZP 81 (1968), S . 102, 1 26 ; Baumgärtel, JZ 1971, S. 441, 442; Be­ gründung der Bundesreg. zur Vereinfachungsnovelle, BR-Drucks. 551/74, S. 32. 9 Aus: Tatsachen zur Reform (s. unter A, Fußn. 4 ), Bd. I. 10 s. Mes u. Baumgärtel, in: Baumgärtel / Mes, Rechtstatsachen (1 . Instanz), S . 214 ; Baumgärtel, JZ 1971, S. 441, 442 u. 446 ; Vollkommer, ZZP 81 (1961), S. 102, 105 . 1 1 Vollkommer (Fußn. 10). 12 Das schriftliche Sachverständigengutachten ist die Regel: Mes, ZRP 1971, S. 90, 93; Baumgarten / Mes, Rechtstatsachen, S. 209 f. 1 3 Mes, ZRP 1971, S. 90, 93. 14 Zitscher, ZRP 1977, S. 27, 29 ; Vollkommer, ZZP 81 (196 8), S. 102, 107. 18*

276

1 3 . Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

ein hohes Maß an Geduld und Zähigkeit. ,,Der lange Weg durch die Justiz . . . gleicht einem Filterungs-Prozeß, mit dem die Intensität des Konflikts und die Hartnäckigkeit der Parteien geprüft wird". 1 5 Das hat zur Folge, daß eine der Parteien leicht die Geduld verliert und einen ungünstigen Vergleich abschließt, welcher der wahren Rechtslage nicht entspricht. 1 6 Die Ursachen der langen Prozeßdauer sind in letzter Zeit ausführlich unter­ sucht worden. 1 7 Sie sind dennoch empirisch weitgehend ungeklärt. Denn die Prozeßdauer hat so zahlreiche Ursachen, daß sich die Kausalität einzelner in Frage kommender Gründe kaum nachweisen läßt. Man ist deshalb weitgehend auf logische, psychologische und andere mehr oder weniger plausible Erklä­ rungen angewiesen. 18 Es besteht jedoch weitgehende Einigkeit darüber, daß die Ursachen vor allem in dem bereits erwähnten Anwachsen des Geschäftsanfalls und im Verfahrensrecht zu suchen sind. 1 9 Die Tendenz zur kürzeren Arbeits­ zeit dürfte das ihre dazu beigetragen haben. 20 Das Fatale an der zu langen Pro­ zeßdauer ist, daß sie ihrerseits zu einer weiteren Belastung der Gerichte führt : Dauern die Prozesse lange , so müssen die Gerichte sich wiederholt in den Streit­ stoff einarbeiten, was das. Verfahren erneut verlängert. 21 Der Gesetzgeber versucht mit Vereinfachungsnovellen den vom Verfahrens­ recht ausgehenden Verzögerungen entgegenzuwirken 22 ; und er tut dies, wie die Übersicht 22 zeigt, durchaus nicht ohne Erfolg. Dennoch werden derartige Reformen vielfach mit Skepsis betrachtet. Sie verlangen nämlich vom Richter verstärkte Aktivität bei der Prozeßführung und bewirken dadurch neue Belastungen des Richters" . Die in der ZPO-Novelle von 1 976 vorgesehenen weite­ ren Möglichkeiten, verspätetes Vorbringen zurückzuweisen, führen leicht dazu, daß die Parteien „alles auf einmal" vortragen und so den Prozeßstoff unnötig aufblähen. 24

1 5 Blankenburg / Blankenburg / Morasch, in: Bender, Tatsachenforschung, S. 8 1 , 84. 1 6 von Aulock, Rechtshilfe, S. 88 f. " Ausführlicher Überblick über das Schrifttum bei: Baumgärtel, JZ 1 97 1 , S. 44 1 , Fußn. 4 ; s. auch die Begründung der Bundesreg. zur Vereinfachungsnovelle, BR-Drucks. 5 5 1 /74, S. 3 2 ; Henke, ZZP 83 ( 1 9 70), S. 1 25 , 1 3 3 u. 1 45 ff. ; Stötter, NJW 1 968, S. 5 2 1 . ' " Baumgärtel, J Z 1 9 7 1 , S. 44 1 , 442 ; ders. ZZP 8 6 ( 1 9 7 3 ) , S . 164, 166, 1 7 1 . 1 9 Zum Geschäftsanfall s . oben unter B I 1 ; zum Verfahrensrecht die Begründung der Bundesreg. zur Vereinfachungsnovelle (Fußn. 1 7) ; Vollkommer (Fußn. 14), S. 1 1 4, 1 1 6 u. 1 27 f. ; Baur, Wege zu einer Konzentration der mündlichen Verhandlung im Prozeß, S. 1 1 ; Puttfarken, Jus 1 9 77, S. 493 , 495 ; Baumgärtel, JZ 1 9 7 1 , S. 44 1 , 443, 449. 2 ° Feaux de la Croix, Festschrift für Philipp Möhring, S. 53, 56 f. 21 s. Vollkommer, ZZP 81 (1 96 8), S. 102, 1 06 ; Puttfarken, JuS 1 97 7 , S. 493 , 495. 22 s. die Vereinfachungsnovelle zur ZPO vom 3 . 1 2 . 1 9 76, BGB!. I S. 2 28 1 , und das Gesetz zur Beschleunigung und Bereinigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens vom 2 1 . 5 . 1 979 (BGB!. I S. 545). 23 Vgl. Puttfarken (Fußn. 2 1 ) ; Vollkommer (Fußn. 21), S. 1 14 u. 1 1 6 ; Baumgärtel, JZ 1 9 7 1 , S. 44 1 , 446 . 24 So auch die Bundesregierung in BT-Drucks. 8/1567, S. 1 7 .

C. Die lange Dauer der Prozesse

277

In jedem Fall sind den Reformen am Verfahrensrecht Grenzen gesetzt: 25 Diese ergeben sich einerseits aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs. 26 Zu Recht sagt Adolf Arndt „Gehör gewähren, heißt Zeit lassen". 2 7 Schranken er­ geben sich zum anderen aus der Pflicht zur Wahrheitsforschung. 28 „Fixigkeit geht nicht vor Richtigkeit" heißt es dazu treffend bei Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann 29 . Es müssen deshalb andere Möglichkeiten gefunden wer­ den, Rechtsstreitigkeiten in kürzerer Zeit zu klären und beizulegen. Ein solches Mittel könnte das außergerichtliche Vorverfahren sein. II. Das außergerichtliche Vorverfahren als Möglichkeit, die Verfahrensdauer zu kürzen 1. Das Vorverfahren als Mittel zur Verkürzung der Prozeßdauer Es liegen kaum empirische Untersuchungen darüber vor, wie sich Vorver­ fahren auf die Dauer des nachfolgenden Prozesses auswirken. Bislang liegt nur eine Untersuchung Ules über die Auswirkungen von Vorverfahren der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit auf die Prozeßdauer vor. 30 Ule ist zu dem Ergebnis gekommen, daß das Vorverfahren keinen erkennbaren Einfluß auf die Prozeß­ dauer habe.3 1 Das Vorverfahren bewirke zwar, daß sich der Verwaltungsprozeß verkürze. Dieser dauere nämlich ohne vorausgegangenes Vorverfahren 1 1 ,2 Monate, nach einem Vorverfahren dagegen nur 10,4 Monate. Dafür trete jedoch im Finanzprozeß eine Verlän­ gerung von 24,6 auf 35 ,6 Monate ein. 32 Diese Zahlen können hier aber nur sehr bedingt herangezogen werden: Zum einen handelt es sich beim „Vorverfahren" des Verwaltungs- (Finanz-) Prozesses nur um die zweite Instanz des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde. 33 Dem Prozeß ist ein Vor­ verfahren vor der Behörde also auch dann vorgeschaltet, wenn kein Widerspruchsverfah­ ren stattfindet. Die von Ule ermittelten Zahlen sagen somit nur etwas darüber aus, ob die zweite Instanz des Vorverfahrens Einfluß auf die Prozeßdauer hat. Zum anderen können aussagekräftige Zahlen m.E. nur beim freiwilligen Vorverfahren ermittelt werden. Denn nur dort ist es möglich, Prozesse über denselben Streitgegenstand gegenüberzustellen, die mit und ohne Vorverfahren eingeleitet wurden. Die Untersuchung Ules betrifft aber obligatorische Vorverfahren. 25 Bericht 196 1 (unter A, Fußn. 4), S. 1 3 1 ; Vollkammer, ZZP 8 1 (1968), S. 102, 1 1 3 ; Bernhardt, Festgabe für Leo Rosenberg, S. 9 , 3 6 f. 2 • s. dazu vor allem Vollkommer (Fußn. 21), S. 104. 27

NJW 1967, S. 1587. siehe vor allem Vollkommer (Fußn. 21), S. 107 mwN . ; sowie Blankenburg, ZRP 1974, S. 273, 276 ; Stein / Jonas / Pohle, ZPO, § 139, Anm. I, 2; die Bundesregierung in: BT-Drucks. 8/1567, S. 17 f. •• ZPO, § 272, Anm. 2. 30 Ule, Rechtstatsachen zur Dauer des Verwaltungs- (Finanz-) Prozesses, S. 1 16 f. 31 s. 1 1 6 . 32 S. 1 1 7 . 33 siehe im 1 . Abschnitt unter B I 2 b . 28

278

1 3 . Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

Es gibt mehrere gewichtige Indizien dafür, daß sich Vorverfahren günstig auf die Dauer des nachfolgenden Prozesses auswirken. 34 Das Vorverfahren führt nämlich in der Regel dazu , daß einige Ursachen, die das Ende des Prozesses hin­ ausschieben, wegfallen. a) Unvollständiger Parteivortrag Eine der Ursachen für die lange Prozeßdauer ist, daß die Parteien dem Ge­ richt den Sachverhalt nur schleppend und unvollständig vortragen. 35 Das ge­ schieht einerseits, weil die Parteien vielfach erst im Laufe des Prozesses erken­ nen, auf welche Tatsachen es ankommt. Zum anderen ist dies darauf zurückzu­ führen, daß die Parteien nicht in der Lage sind, den Sachverhalt außerprozes­ sual hinreichend aufzuklären, da es ihnen beispielsweise kaum möglich ist, Zeugen zu ermitteln oder zu hören. 36 Auch Anwälte können den Parteien wenig helfen. Die Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts gestatten es den Anwälten nur in begrenztem Umfang, selbst den Sachver­ halt aufzuklären. Die Anwälte dürfen zwar Zeugen vernehmen, ,,wenn dies zur pflichtge­ mäßgen Sachaufklärung . . . notwendig ist" 3 1 • Hierbei gefertigte schriftliche Aufzeichnun­ gen dürfen aber nur in Ausnahmefällen dem Gericht vorgelegt werden. 38 Die Folge ist, daß die Sachverhaltsaufklärung überwiegend in vollem Umfang dem Gericht überlassen bleibt und die Parteien sich gezwungen sehen, ihr Vorbringen dadurch schlüssig zu machen, daß sie Dinge behaupten, über die sie im ungewissen sind. 39 Hinzu kommt, ·daß die Anwälte oft ihrerseits nur unzureichend durch die Mandanten informiert werden. 40

Das Vorverfahren vermag diesen Unzulänglichkeiten weitgehend zu begeg­ nen. Sachverhalt und Streitstand werden im Vorverfahren bereits soweit auf­ geklärt, daß das Gericht von Anfang an weiß, was streitig ist und worauf es für die Entscheidung des Rechtsstreites im einzelnen ankommt: 41 Beide Parteien hatten schon Gelegenheit, ihr Vorbringen vollständig vorzutragen. Sie standen sich regelmäßig bereits im Vorverfahren gegenüber, so daß viele Widersprüche geklärt werden konnten. Ferner hatte die Vorverfahrensstelle die Möglichkeit, den streitbefangenen Gegenstand in Augenschein zu nehmen und Zeugen zu hören. Dadurch dürften vor Gericht nicht nur viele Rückfragen sondern auch

34

So auch Brennert, NJW 1 97 5 , S . 1 49 1 , 1492. Vollkommer, ZZP 8 1 ( 1 968), S. 1 0 2, 1 29 ; Baumann / Fezer, Beschleunigung, S. 9; zum Umfang der Verzögerung s. Baumgärtel / Mes, Rechtstatsachen (erste Instanz), S. 1 5 6 , 1 6 0 ; Bernhardt, Festschrift fü r Leo Rosenberg, S. 9, 25 . 36 Vollkommer (Fußn. 3 5) ; Jacoby, ZZP 74 ( 1 96 1 ), S. 1 4 5 , 1 6 1 . 37 § 6 I der „Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts", Richtlinien gemäß § 1 7 7 Abs. 2 S. 2 BRAO, festgestellt von der Bundesrechtsanwaltskammer am 2 1 . Juni 1 97 3 , herausgegeben von der Bundesrechtsanwaltskammer 1 9 7 3 . 38 § 6 I I I der Grundsätze (Fußn. 3 7 ) . 39 Vgl. Jacoby, ZZP 74 ( 1 96 1 ), S. 1 45 , 1 6 3 ; Bernhardt (Fußn. 35). 40 Baumann / Fezer, Beschleunigung, S. 9. 41 So auch Brennert, NJW 1 975 , S. 1 49 1 , 1 492. 35

C. Die lange Dauer der Prozesse

279

manche Beweisaufnahme überflüssig werden. 42 Zwar haben die Gütestellen keine Zwangsbefugnisse gegenüber Zeugen. 43 Diese werden aber eher bereit sein, vor einer neutralen Schlichtungsstelle auszusagen, als den Parteien und deren Anwälten Auskunft zu geben. b) Die Notwendigkeit von Sachverständigengutachten Es wurde bereits ausgeführt, daß die meisten Vorverfahren schwierige und spezielle Sach- und Rechtsfragen betreffen. 44 Der Richter kann deshalb Streitigkeiten, für die ein Vorverfahren möglich ist, in der Regel nicht ohne Zuziehung von Sachverständigen ent­ scheiden. Er muß z.B. in Wettbewerbsstreitigkeiten regelmäßig ein Gutachten der Indu­ strie- und Handelskammer einholen. 4 5 Auch im Arbeitnehmererfindungsrecht benötigt er fast immer Sachverständige, um festzustellen, ob eine Erfindung vorliegt, und um deren wirtschaftlichen Wert zu beurteilen. 46 Nicht anders verhält es sich bei der Schadensfest­ stellung nach § 1 4 PflversG 47 , § 35 BJagdG 48 oder dem Feldordnungsrecht. Gleiches gilt ferner für die Festsetzung von Entschädigungen für enteignete oder entzogene Sachen und Rechte. 49 Auch in Arzthaftpflichtstreitigkeiten vermag der Richter ohne die Hilfe eines Sachverständigen kaum festzustellen, ob ein ärztlicher Kunstfehler vorliegt. ' 0 Er wird des­ gleichen in den meisten Verbraucherstreitigkeiten nur selten in der Lage sein, allein fest­ zustellen, ob ein Auftrag mit der gebotenen Sorgfalt ausgeführt wurde. " Das läßt sich auch statistisch belegen: Sachverständigengutachten werden in Prozessen über Dienst- und Werkverträge, die den Großteil der Verbraucherstreitigkeiten ausmachen, besonders häufig angeordnet."

Vorverfahren finden fast immer vor besonders sachverständigen Gremien statt. 53 Das führt dazu, daß dem Richter bereits zu Beginn des Prozesses die sachverständige Stellungnahme der Vorverfahrensstelle vorliegt, durch welche das Gericht sich sachkundig machen kann, so daß es ihm möglich ist, auf die Einholung eines (neuen) Gutachtens zu verzichten. 54 Es entfällt dann die Pro42 Zur prozeßhemmenden Wirkung der Beweisaufnahme s. Vollkammer, ZZP 8 1 (1968), S. 1 0 2, 1 28 ; Mes u . Baumgärtel, in: Baumgärtel / Mes, Rechtstatsachen (erste Instanz), S. 1 94 mit statistischen Angaben. 43 s. dazu oben im 6. Abschnitt unter E I 2. 44 siehe hierzu im 3. Abschnitt unter A I. 45 Gottschick, Einigungsämter, S. XI ; Greifelt, WRP 1 95 5 , S. 1 ff. ; Tetzner, JR 1 95 5 , s. 455, 456. 46 Vgl. die Begründung der Bundesreg. zum ArbEG, in: Reimer / Schade / Schippe/, Arbeitnehmererfindung, S. 605, 607 f. 47 Vgl. die Begründung der Bundesreg. zum PflversG, BT-Drucks. IV/2252, S. 28. 48 s. Heinichen, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. II. 49 BGH, Urt. v. 9. 1 . 1 960, BGHZ 3 2 , S. 1, 6. 0 Vgl. ,,Der Tagesspiegel" vom 27. 1 0. 1 976, S. 14; ,,Frankfurter Rundschau", ,,Süd­ ' deutsche Zeitung" und „Die Welt", jeweils vom 28.4 . 1 976. 5 1 Reich, ZRP 1 974, S. 1 87, 1 94. 52 s. Bundesrechtsanwaltskammer (Hg. ), Tatsachen zur Reform der Zivilgerichtsbar­ keit, Bd. II, S. 1 8 1 und Bd. I, Tabelle 3.6. 5 3 Ausführlich dazu im 5 . Abschnitt unter D III. 54 Zur rechtlichen Zulässigkeit der Verwertung s. die Ausführungen im 1 0. Abschnitt unter B III. Daß die Gutachten auch in der Praxis von den Gerichten beachtet werden, berichten für das Vorverfahren des UWG Becker, BB 1 950, S. 1 7 3 und Gottschick, Wettbewerb, S. XI.

280

1 3. Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

zeßverzögerung, die sich bei Einschaltung von Sachverständigen ergibt. 55 Die sachkundigen Feststellungen der Vorverfahrensstelle helfen dem Gericht aber auch dann, wenn dieses ein neues Sachverständigengutachten für erforderlich erachtet. Sie ermöglichen dem Gericht nämlich, bereits bei der Vorbereitung des Prozesses, die richtigen Beweisfragen zu formulieren. 56 Dadurch wird der Prozeß ebenfalls beschleunigt. Das außergerichtliche Vorverfahren ist also durchaus ein taugliches Mittel zur Bekämpfung der zu langen Prozeßdauer. Der Gesetzgeber könnte den Be­ schleunigungseffekt des Vorverfahrens noch dadurch verstärken, daß er den Gerichten gestattet, in den Entscheidungsgründen ihres Urteils auf die Be­ gründung der Vorverfahrensstelle zu verweisen und sich dabei auf den Aus­ spruch zu beschränken, daß man dieser Begründung folge. Das geltende Recht sieht eine solche Möglichkeit, die sich vor allem bei geringwertigen Streitsachen anbietet , schon vor, nämlich in § 1 05 IV FGO 57 . 2. Das Vorverfahren als Mittel, Rechtsstreitigkeiten schnell beizulegen Das Vorverfahren ist aber auch deshalb ein taugliches Mittel zur Verringe­ rung der zu langen Prozeßdauer, weil es den Parteien die Möglichkeit eröffnet, ihren Streit ohne Einschaltung des Gerichts schnell klären zu lassen: Vorver­ fahren dauern - wie oben 58 dargelegt wurde - in der Regel nicht lange . Ihre Dauer liegt wesentlich unter der von Prozessen vor Gericht. 59 Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Dauer von Vorverfahren be­ ziehen sich zwar auf einige Vorverfahren, weil nur für diese Angaben zur Dauer vorliegen. Ihnen kommt aber allgemeine Bedeutung zu. Für die Schnelligkeit des Vorverfahrens lassen sich nämlich mehrere Gründe anführen, welche für alle Vorverfahren gelten: Die Vorverfahrensstellen können schneller entscheiden, weil sie im Gegen­ satz zu den Gerichten nicht so sehr überlastet sind. Das wird einerseits dadurch erreicht, daß die Vorverfahrensstellen nur für eine eng begrenzte Art von Streitfällen zuständig sind, zum anderen dadurch, daß die tätig werdenden Gremien die Vorverfahren vorrangig vor anderen Aufgaben " siehe dazu oben unter 1. 5 6 Vgl. dazu Bender, DRiZ 1 976, S. 1 93, 1 95. 5 1 § 105 IV FGO begrenzt die Möglichkeit auf geringwertige Streitigkeiten. Eine ähn­ liche Vorschrift findet sich in Art 2, § 2 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 3 1 . 3. 1 978 (BGB!. I S. 445), das nach Art 1 des Gesetzes bis zum 3 1. 1 2. 1 983 gilt; dieses Gesetz läßt die Möglichkeit bei allen Streit­ sachen zu. Der von der Bundesreg. eingesetzte Koordinierungsausschuß zur Vereinheit­ lichung der VwGO, der FGO und des SGG hat sich in seinem „Entwurf einer Verwal­ tungsprozeßordnung" für die Übernahme des § 105 IV FGO ausgesprochen: s. § 142 des Entwurfs, den der Bundesminister der Justiz 1 978 veröffentlichte. 5 8 siehe im 1 2. Abschnitt unter D I. 5 9 Wie zuvor.

C. Die lange Dauer der Prozesse

281

durchzuführen haben. Auf letzterem beruht beispielsweise die Schnellig­ keit der Vorverfahren nach dem SeemannsG und § 75 GewO (a.F.). Hinzu kommt daß das Vorverfahren wesentlich formfreier und einfacher gestaltet ist als das Gerichtsverfahren ; es gibt nur wenige Verfahrensvor­ schriften ; das Verfahren steht weitgehend im Ermessen der Vorverfahrens­ stelle 60 . Eine weitere Ursache für die geringe Dauer der Vorverfahren ist darin zu sehen, daß es in diesen regelmäßig nicht zu den Schärfen einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt und sie deshalb eher mit einer gütlichen Eini­ gung enden 6 1 . Schließlich beruht die Schnelligkeit des Vorverfahrens auch auf der Sach­ kunde der tätig werdenden Gremien : Das Vorverfahren findet von vorn­ herein vor Sachverständigen statt. 6 2 Dadurch wird die Zuziehung von beson­ deren Sachverständigen im Vorverfahren weitgehend überflüssig. Es läßt sich statistisch belegen, daß eigener Sachverstand des Spruchkörpers die Zahl der eingeholten Sachverständigengutachten stark verringert. Von den Kammern für Handelssachen werden Sachverständigengutachten wesentlich seltener eingeholt als von den allgemeinen Zivilkammern. 6 3 Holen die Zivilkammern in 24 % aller Verfahren mit Beweisaufnahme ein Gutachten ein, so geschieht das bei den Kammern für Handels­ sachen nur in 14 %. 64 Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Vorverfahrensstelle eine größere Sachkunde hinsichtlich des zu entscheidenden Einzelfalles aufweist als die Kammer für Handelssachen, man denke etwa an die speziell für den Einzelfall bestimm­ ten Beisitzer der Schiedsstelle der ArbEG. Die Zahl der von den Vorverfahrensstellen eingeholten Gutachten dürfte also noch bedeutend niedriger sein. Die Sachkunde der Vorverfahrensstellen hilft die Verzögerungen zu vermeiden, die ent­ stehen, wenn im gerichtlichen Verfahren ein Sachverständiger herangezogen werden muß. Baumgärtel und Mes haben im einzelnen aufgezeigt, welche erheblichen Zeitspan­ nen die Gutachterernennung, die Erstellung des Gutachtens und die abschließende mündliche Anhörung des Sachverständigen erfordern. 6 5

Aufgrund ihrer Sachkunde und der damit verbundenen Autorität ist die Vorverfahrensstelle auch eher in der Lage , einen gütlichen Ausgleich herbei­ zuführen, der vor Gericht in ähnlicher Weise allenfalls nach Anhörung des Sachverständigen möglich ist. 66 60

194.

61

siehe dazu ausführlich im 6. Abschnitt unter A; vgl. auch Reich, ZRP 1 974, S. 187,

s. hierzu im 3. Abschnitt unter A II und im 12. Abschnitt unter C II. Vgl. Pastor, Unterlassungsrecht, 55. Kap. I (S. 416); Gottschick, Einigungsämter, S. XI; Hauffe, K2nkurrenz, S. 320; Rosenthal / Leffmann, UWG, § 27 a, Rdnr. 1; Harn­ mann, Einigungsämter, S. 8; Heinichen, Jagdrecht, § 35 BJagdG, Anm. II; sowie im 5 Ab­ schnitt unter D III. 63 s. Tatsachen zur Reform (unter A Fußn. 9), Bd. II, S. 1 8 1 . 64 s . Tatsachen zur Reform, Bd. I, S . 1 16 (Tabelle 3.9). 65 Baumgärtel /Mes, Rechtstatsachen (erste Instanz), S. 2 1 1 - 215. •• Vgl. OLG München, Beschl. v. 19.9. 1965, NJW 1965, S. 2 1 1 2 ; Pastor (Fußn. 62); Greifelt, WRP 1955, S. 1, 2; Gottschick, Einigungsämter, S. X; Volmer, BB 1 968, S. 25 3, 25 7 ; Heinichen (Fußn. 6 2). 62

282

13. Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

Andererseits ist nicht zu verkennen, daß das Vorverfahren, wenn es schei­ tert, auch zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen kann. Denn es ver­ längert den Instanzenzug. Mehrere Autoren kritisieren das Vorverfahren aus diesem Grunde. 67 Dieser Umstand darf jedoch nicht überbewertet werden: Beim freiwilligen Verfahren steht es dem Anspruchsteller - wie wir gesehen haben 68 - jederzeit frei, die Gerichte anzurufen. Beim obligatorischen Vor­ verfahren kann er das Gericht dann anrufen, wenn die Schiedsstelle das Vor­ verfahren nicht in angemessener Zeit beendet . 69 Das Vorverfahren vermag also den Rechtsstreit auch im ungünstigsten Fall nur um einen begrenzten Zeitraum zu verlängern. Der hemmende Effekt des Vorverfahrens ist deshalb wesentlich geringer zu bewerten als die zuvor genannten Beschleunigungs­ momente.

D. Die Schwierigkeiten beim Zugang zu den Gerichten Ein weiteres Problem, das in der letzten Zeit zu einem Schwerpunkt der zivilprozessualen Diskussion geworden ist, sind die Schwierigkeiten beim Zu­ gang zu den Gerichten' . Eine kaum mehr übersehbare Zahl von Autoren hat sich mit diesem Problem befaßt. 2 Dessen ungeachtet liegt nur wenig gesicher­ tes Material über den Umfang dieser Schwierigkeiten und deren Ursachen vor. 3 Fest steht jedoch, daß die meisten Verbraucher individuelle Ansprüche , die ihnen gegen die Anbieter zustehen, namentlich bei geringerem Streitwert nicht oder nur in begrenztem Umfang durchsetzen: wegen fehlender Rechtskennt­ nisse, wegen des Gefühls der Unterlegenheit, aus Scheu vor der Kontaktauf­ nahme mit Gericht oder Anwalt, aus Furcht vor dem erforderlichen Auf­ wand an Energie, Zeit und Geld, wegen des Prozeßrisikos, wegen fehlenden Interesses der Anwälte an derartigen Streitigkeiten. 4 So hat eine Umfrage erge-

67 So Tetzner, VWG, § 27 a, Rdnr. 20; ders., JR 1 95 5 , S. 455, 456 ; Begründung der Bundesreg. zum Gesetz über die Aufbebung der § § 36 ff. Strandü, BT-Drucks. VI/2225, S . 43 ; Burchard, Bergung, S . 216; vgl. auch Harnmann, Einigungsämter, S. 3 und die Be­ gründung des zuständigen BT-Ausschusses zu seinem Vorschlag, die § § 1 0 1 ff. ArbGG 1 926 außer Kraft zu setzen, in: BT-Drucks. I/4372, S. 4. 68 siehe oben im 8. Abschnitt unter C. 69 siehe im 8. Abschnitt unter B III 3 c. 1 s. dazu Puttfarken, JuS 1 977, S. 493, 496 ; Bender, DRiZ 1 976, S. 1 93 f. ; Blanken­ burg, ZPR 1 976, S. 93 ff. ; Baumgärtel, Gleicher Zugang, S. 1 1 3 ff. ; ders., ZZP 86 (1 973), S. 164 ff. ; von Aulock, Rechtshilfe, S. 83 ff. ' Übersicht vor allem bei Baumgärte/, Gleicher Zugang, S. 1 28 ff. ; ders. ZZP 86 ( 1 9 7 3 ), S. 164, 1 6 6 ; Bender / Strecker, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 4 ( 1 976), S. 3 7 7 ff. ' Hilden, ZRP 1 977, S. 4 1 ; Baumgärtel, Gleicher Zugang, S. 4, 1 1 3. • von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 91 mwN.

D. Die Probleme beim Zugang zum Gericht

283

ben, daß 45 v.H . der Befragten nicht vor Gericht gehen würden, um einen An­ spruch in Höhe von 250,- DM gegen einen zu Unrecht die Leistung verweigern­ den Versicherer durchzusetzen. 5 Es sind vor allem Kosten- und Sprachbarrieren , die den Zugang zu den Ge­ richten erschweren 6 . 1 . Die Kostenbarrieren Seit den kritischen Darlegungen von Fechner, Däubler und Eike Schmidt 7 ist die Frage der Rechtskosten zu einem brisanten rechtspolitischen Thema ge­ worden. 8 Bei einer Bevölkerungsumfrage über „die Prozeßfreudigkeit der Deut­ schen", welche das Offenbacher Marplan-lnstitut durchführte 9 , gaben 59 % der Befragten die Kosten als den Umstand an, der sie davon abhalte , einen Prozeß zu führen. Prozesse sind in der Tat mit einem erheblichen Kostenrisiko belastet. Bei anwaltlicher Vertretung beider Seiten betrugen 1 978 die Anwalts- und Gerichtskosten für zwei In­ stanzen ohne Berücksichtigung von Zeugen- und Sachverständigengebühren bei einem Streitwert von 1 .000, - DM : bei einem Streitwert von 2.000,- DM : bei einem Streitwert von 3.000,- DM :

1 . 274,70 DM, 1 .947,- DM, 2.822,- DM.' 0

Derartige Kosten vermögen auch Angehörige der mittleren Bevölkerungsschicht abzu­ halten, etwa einen Prozeß über Arzthaftpflichtfragen zu führen. 1 1

Besonders ungünstig ist das Verhältnis zwischen Streitwert und Kostenrisiko bei Bagatellstreitigkeiten, zu denen vielfach die Meinungsverschiedenheiten über Verbraucherbeschwerden gehören. 1 2 Verbraucherstreitigkeiten kommt bei den unteren Bevölkerungsschichten besondere Bedeutung zu : Bei einer in Lon' Kaupen / Rasehorn, NJW 1 9 7 1 , S. 497, 498. • Baumgärtel, Gleicher Zugang, S. 1 1 3 ; Bender, ZRP 1 976, S. 193 f. ; BenderStrecker (Fußn. 2); Hilden (Fußn. 3), S. 43. ' Fechner, JZ 1 969, S. 349 ff. ; Däubler, BB 1 969, S. 545 ff. ; Eike Schmidt, JZ 1 972, s. 679 ff. • Vgl. dazu neben dem in den letzten Fußn. aufgeführten Schrifttum z.B. : Bokelmann, ZRP 1 973, S. 1 64 ff. ; Cohn, ZRP 1 974, S. 1 5 2 ; Hennings, Schwierigkeiten beim Zugang, in: Loccumer Protokolle 6/74, S. 1 04 ff. ; Isola, Recht und Politik 1 974, S. 64 ff. ; Blanken­ burg, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 5 ( 1 978), S. 23 1 ff. 9 Marplan-Institut, Prozeßfreundlichkeit der Deutschen, Bevölkerungsumfrage bei 998 Befragten, erarbeitet für den WDR Köln, 1 97 3 ; s. dazu Blankenburg, ZRP 1 9 76, S. 93. 0 1 Vgl. Baumgärtel, Gleicher Zugang, S. 1 1 9. " Baumgärtel (Fußn. 1 0), S. 1 1 9; Bender, DRiZ 1 976, S. 193, 1 94; Bokelmann, Be­ deutet die Belastung durch Gerichts- und Anwaltskosten eine Rechtsschutzverweigerung für Minderbemittelte, Referat auf der Tagung der Akademie Bad Boll vom 7./9.6.1 974, Protokoll, S. 7 ff. ; Röper, ZRP 1975, S. 25 2. 12 Vgl. von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 9 1 .

284

1 3 . Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

don durchgeführten Untersuchung über Rechtsprobleme der unteren Schichten wurden vor allem Beschwerden über Reparaturen und Mängel bei Konsumgü­ tern genannt. 1 3 II. Sprachbarriere und ,,Schwellenangst" Die Sprachbarriere hindert nicht nur die sozial Schwachen, die häufig unbe­ holfen und kaum in der Lage sind, sich schriftlich zu artikulieren. 14 Es handelt sich dabei um ein allgemeines, alle Schichten betreffendes Problem, denn der Umgang mit den Gerichten setzt Kenntnisse der juristischen Fachsprache vor­ aus. 1 5 Die Wirkung der Sprachbarriere wird dadurch verstärkt, daß das Gerichts­ verfahren überwiegend schriftlich stattfindet, wobei vielfach noch Formulare verwendet werden 16 und ein mündliches Gespräch mit dem Gericht, in dem Mißverständnisse aufgeklärt werden könnten, weitgehend gar nicht stattfin­ det 1 7 . In der Bevölkerung besteht eine weitverbreitete Abneigung gegen das schrift­ liche Verfahren. Bei einer Umfrage sprach sich nur etwa ein Viertel für ein schriftliches Verfahren aus, während mehr als 55 % der Befragten vor Gericht lieber diskutieren würden. 1 8 Diese Schwierigkeiten bei der Kommunikation wirken sich auf zweierlei Weise aus : Einmal halten sie viele davon ab, Forderungen zu erheben oder einem geltend gemachten Anspruch entgegenzutreten. Zum anderen dürfte in ihnen die wesentliche Ursache für die sogenannte „Schwellenangst" liegen, der Scheu davor, die Hilfe der Gerichte in Anspruch zu nehmen. 1 9 Zur Überwin13 Abel-Schmith J Zander / Broke, Legal Problems and the Citizen, 1 973, insbes. S. 1 4 3 , 1 5 6 ; vgl. dazu Blankenburg, Z R P 1 976, S. 9 3 , 95. 14 s. dazu vor allem Bender J Strecker, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheo­ rie, Bd. 4 ( 1 976), S. 377, 3 8 1 f. ; Rasehorn, Recht und Klasse, S. 1 1 4 ff. ; von Aulock, Rechtshilfe, S. 89 f. ; Blankenburg, ZRP 1 9 74, S. 273, 279; Bausinger, Festschrift für Kramer, S. 1 2 ff. ; Rechtssoziologischer Arbeitskreis Hannover (Hg.), Verständnisschwie­ rigkeiten zwischen Gericht und Bürger, 1 976; Scher/, Verbilligte außergerichtliche Rechts­ hilfe, S. 7; Bericht in der „FAZ" vom 3 1 . 1 0. 1 975, S. 8: ,,Das Schreiben-können tut's noch nicht". 1 5 So vor allem Baumgärtel, Gleicher Zugang, S. 1 1 3 ; Bender J Strecker (Fußn. 1 4), s. 382. 16 Vgl. zu den Verständnisschwierigkeiten bei Formularen Menne, ZZP 88 (1 975), S. 263 ff. ; Rasehorn, Recht und Klasse, S. 1 1 9- 1 24; Bender J Strecker (Fußn. 14), S. 3 8 1 , 386 ; Rechtssoziologischer Arbeitskreis Hannover (Fußn. 1 4), S. 2 2 ; von Aulock, Rechts­ hilfe, S. 90 f. 1 7 So vor allem Hilden, ZRP 1 977, S. 4 1 , 43; von Aulock, Rechtshilfe, S. 89; Rase­ horn, Recht und Klasse, S. 1 1 0; vgl. auch Baumann J Fezer, Beschleunigung, S. 1 0 f. 18 Kaupen / Volks / Werk, Compendium of Results of a Representative Survey among the German Population on Knowledge and Opinion of Law and Legal Institutions, 1 970, s. 49. " s. dazu Hilden, ZRP 1 977, S. 4 1 , 43; Rasehorn, AnwBI 1 976, S. 285, 290; Blanken­ burg, ZRP 1 976, S. 9 3 ; Scher/, Außergerichtliche Rechtshilfe, S. 1 7 ff. mwN.

D. Die Probleme beim Zugang zum Gericht

285

dung dieser Sprachbarrieren ist in erster Linie der Rechtsanwalt berufen, dessen Hauptaufgabe es ist, als Dolmetscher zwischen Bürger und Gericht zu fungie­ ren. 20 Da die Einschaltung eines Anwalts jedoch Kosten bereitet und auch dem Anwalt gegenüber vielfach die bereits erwähnte „Schwellenangst" besteht 2 1 , vermag der Hinweis auf die Anwaltschaft das Problem der Sprachbarrieren nicht auszuräumen, zumal Anwälte bei Bagatellstreitigkeiten wie den Verbrau­ cherstreitigkeiten oft nur ungern bereit sind, tätig zu werden 22 • Es stellt sich somit auch hier die Frage, ob es andere Mittel gibt, dem Problem abzuhelfen. III . Das außergerichtliche Vorverfahren als Mittel, den Zugangsbarrieren entgegenzuwirken

1. Der Abbau von Zugangsbarrieren darf die Prozesse nicht vermehren Im Schrifttum sind zahlreiche Vorschläge zum Abbau der Zugangsbarrieren unterbreitet worden. Diese Vorschläge beschäftigen sich vor allem mit der Kostenbarriere. 23 Viele Autoren plädieren insoweit für die Einrichtung von Rechtsberatungsstellen oder eine Ausdehnung der Rechtsschutzversicherung. Gegen alle diese Vorschläge ist jedoch einzuwenden, daß sie in erster Linie darauf abzielen, die Zahl der Prozesse weiter ansteigen zu lassen. Sie würden also zu einer neuen Belastung der Gerichte und zum Anwachsen aller damit zusammenhängenden Probleme führen, sie würden insbesondere die Prozeß­ dauer über das jetzt schon erreichte Maß hinaus zusätzlich verlängern. 24 Es müssen deshalb Wege zur Überwindung der Zugangsbarrieren gefunden werden, die nicht zu einer Vermehrung der Prozesse führen. Hier bietet sich das außer­ gerichtliche Vorverfahren an, da es in der Mehrzahl der Fälle eine endgültige Streitbereinigung herbeizuführen vermag. Das setzt jedoch voraus, daß der Einleitung des Vorverfahrens nicht dieselben Zugangsbarrieren entgegen­ stehen, die bei Anrufung der Gerichte zu überwinden sind.

20

Baumgärtel, Gleicher �ugang, S. 1 15 ; Hilden (Fußn. 1 9). s. dazu vor allem Scher[ (Fußn. 1 9). 22 Das hat eine in Großbritannien veranstaltete Umfrage gezeigt: s. Consumer Council, Justice out of Reach, A Case for Small Claims Courts, London, 1 970, S. 5, 8 ff. ; vgl. dazu von Hippe[, Verbraucherschutz, S. 9 1 . 23 Vgl. dazu insbesondere die Zusammenstellung bei: Baumgärtel, Gleicher Zugang, S. 1 28 ff. ; ders., ZZP 86 ( 1 973), S. 1 64, 1 6 6 ; Blankenburg, ZRP 1 974, S. 273, 279; sowie Löchel, Kritik und Reform des Armenrechts, S. 38 ff., 72 ff. 24 Ebenso vor allem: Bender, DRiZ 1 976, S. 1 93 ; Puttfarken, JuS 1 977, S. 493, 496 ; spl!ziell zur Auswirkung der Rechtsschutzversicherung auf die Zahl der Prozesse s. Mezger, ZRP 1 977, S. 25 2 ff. ; Blankenburg / Fiedler, Die Rechtsschutzversicherung und der stei­ gende Geschäftsanfall der Gerichte; allgemein zur Antinomie der in Bezug auf den Prozeß bestehenden Erwartungen: Vollkommer, ZZP 81 ( 1 968), S. 1 02, 1 07. 21

286

1 3 . Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

2. Vorverfahren und Kostenbarriere Von Kostenbarrieren kann beim außergerichtlichen Vorverfahren kaum die Rede sein. Wie bereits ausführlich dargelegt wurde, sind die Vorverfahren weit­ gehend gebührenfrei; bei den übrigen Vorverfahren sind die entstehenden Ko­ sten im Vergleich zu den Prozeßkosten gering. 25 Kostendämpfend wirkt auch, daß im Vorverfahren keinerlei Anwaltszwang besteht. Dank dieser günstigen Kostensituation ermöglicht es das Vorverfahren insbesondere, auch Bagatell­ streitigkeiten durchzufechten. 26 3. Vorverfahren und Sprachbarrieren sowie „Schwellenangst" Das Vorverfahren ist erheblich formloser ausgestaltet als der Prozeß. 27 Das zeigt sich vor allem bei der Einleitung des Vorverfahrens. 28 Besonders vorbild­ lich ist hier das Verfahren vor den Schlichtungsstellen für Verbraucherstreitig­ keiten der Industrie- und Handelskammern, da diese Gremien auch mündlich angerufen werden können. Die Vorverfahren unterscheiden sich vom Prozeß weiterhin darin, daß der mündlichen Verhandlung in ihnen ein größeres Gewicht zukommt als im Prozeß. Dies erleichtert den Parteien, ihre Sache mündlich darzustellen; Unklarheiten und Mißverständnisse können leicht ge­ klärt werden. Diese unbürokratische Ausgestaltung des Vorverfahrens mit ihrer erhöhten Kommunikation zwischen Gütestelle und Rechtsuchenden ist geeignet, die „Schwellenangst" abzubauen. Die gleiche Wirkung hat die Tatsache, daß in den im Vorverfahren tätig werdenden Entscheidungsgremien häufig auch Personen sitzen, die von den Parteien oder diesen nahestehenden Verbänden benannt wurden. 29 Das Vorverfahren entspricht deshalb dem Verlangen nach Schaffung ,,handlicherer Verfahrensarten" 30 • Es ist ein geeignetes Mittel, die Zugangs­ barrieren abzubauen.

25

s. den 7. Abschnitt. Vgl. von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 97 ff. s. dazu oben im 6. Abschnitt unter A. 28 siehe im 6. Abschnitt unter C und D. 29 Vgl. dazu Hilden, ZPR 1 977, S. 4 1 , 43; von Aulock, Rechtshilfe, S. 93. •• von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 94 u. 97 ff. ; Zitscher, ZRP 1 977, S. 27, 28; vgl. auch Bender, DRiZ 1 976, S. 1 9 3, 1 95 und Reich, in: Reich / Tonner / Wegener, Verbrau­ cher und Recht, S. 234, 24 1 . 2

• 27

E. Das Sachverständigenproblem

287

E . Das Sachverständigenproblem 1. Zum Problem Schließlich wird die Sachverständigenfrage zunehmend zu einem zentralen Problem der Gerichtsbarkeit' . Die Ausbreitung von Wissenschaft und Technik in allen Lebensbereichen hat zur Folge, daß im Zivilprozeß immer häufiger Sachverständige herangezogen werden müssen 2 • Die Einschaltung von Sachver­ ständigen wird in etwa 8,8 % aller amtsgerichtlichen und 13 , 1 % aller landge­ richtlichen Verfahren angeordnet 3 • Die Unterschiede zwischen den bei den Amts- und Landgerichten ermittelten Werten dürften vor allem darauf beruhen, daß die Amtsgerichte Sachverständige nur dann ein­ schalten, wenn die durch das Gutachten entstehenden Kosten in einem vernünftigen Ver­ hältnis zum Streitwert stehen.• So fanden Baumgärtel / Mes bei ihrer Untersuchung in den Verfahren mit einem Streitwert unter 50,- DM kein einziges Sachverständigengutachten. 5 überhaupt besagen die Zahlen wenig, denn es ist zu vermuten, daß die Gerichte - mehr oder weniger zu Unrecht - häufig in Hinblick auf die Kosten und die Verzögerung, zu wel­ chen die Einschaltung von Sachverständigen führt, von der an sich gebotenen Zuziehung eines Gutachters absehen und sich selbst die notwendige Sachkunde zutrauen.•

Die Notwendigkeit von Sachverständigengutachten wirkt sich nicht nur auf die Prozeßdauer sowie die Kosten und damit auf das Prozeßrisiko aus. Eine weitere Problematik, die es rechtfertigt, von einem speziellen Sachverständigen­ problem zu reden, liegt darin, daß der Gutachter nach bisherigem Recht erst spät, nämlich im Rahmen der Beweisaufnahme in das Verfahren eintritt 7 und als gewöhnliches Beweismittel behandelt wird. In der Regel wird in den Prozessen, die nicht ohne Zuziehung eines Exper­ ten entschieden werden können, dessen Fachkenntnis schon viel früher benö­ tigt: Das Gericht bedarf der Hilfe des Sachverständigen, um den Sachverhalt richtig aufzuklären, insbesondere um die notwendigen Fragen an Parteien und Zeugen zu stellen. Der Sachverständige kann seinerseits das Gutachten oft nur dann richtig und vollständig abgeben, wenn er die Möglichkeit hatte, vorher die Parteien und Zeugen zu befragen. Er muß den Zeugen und Parteien unter Um' Vgl. Bender, DRiZ 1 976, S. 1 93, 1 9 5 ; Friedrichs, JZ 1 974, S. 25 7 ; Kern / Wolf, Ge­ richtsverfassungsrecht, S. 1 89; Arens, Recht im sozialen Rechtsstaat, S. 26 1 ff. ' Franzki, DRiZ 1 974, S. 305, Sender (Fußn. 1 ) ; Pieper, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 4 (1 976), S. 3 2 1 , 3 23. ' Baumgärtel / Mes, Rechtstatsachen zur Dauer des Zivilprozesses (erste Instanz), S. 209 (für die münd!. Sachverständigengutachten) u. S . 210 (für die schriftl.) ; vgl. auch Ben­ der (Fußn. 1 ), S. 1 94, sowie Pieper (Fußn. 2), S. 3 26. 4 s. Tatsachen zur Reform (unter A, Fußn. 9), Bd. II, S. 1 8 1 . ' Baumgärtel / Mes (Fußn. 3 ) , S . 2 1 0, Fußn. 306. • So auch Bender, DRiZ 1 976, S. 1 93, 195. 7 Von der Möglichkeit, ein Sachverständigengutachten als vorbereitende Maßnahme nach § 273 ZPO anzuordnen, wird in der Praxis so gut wie nie Gebrauch gemacht, vgl. Baumgärtel / Mes, Rechtstatsachen (erste Instanz), S. 1 5 6 .

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13. Abschnitt: Das Vorverfahren und die Zivilprozeßprobleme

ständen auch Vorhalte machen, sie mit technischen Gesetzmäßigkeiten kon­ frontieren können, soll er seinem Gutachten den richtigen Sachverhalt zu­ grunde legen. 8 II . Das Vorverfahren als Mittel zur Problemlösung Diesen Erfordernissen läßt sich im gerichtlichen Verfahren nur schwer Rech­ nung tragen. Am besten ließe sich das Problem nämlich lösen, wenn der Sachverständige in die Richterbank einbezogen würde . 9 Dem sind jedoch Grenzen gesetzt. Der Grundsatz des „gesetzlichen Richters" (Art 1 0 1 I S. 2 GG) verbietet, das Ge­ richt unter Berücksichtigung der im Einzelfall erforderlichen Sachkenntnise zu­ sammenzusetzen, wie das beispielsweise im Vorverfahren des ArbEG 1 0 vorge­ sehen ist. 1 1 Gegen eine Einfügung des Sachverständigen in die Richterbank bestehen auch insofern erhebliche Bedenken, als die Verschmelzung der Rich­ ter- und Sachverständigenfunktionen dem Richter die zentrale Stellung nimmt, die er nach den Prozeßordnungen haben soll . 1 2 Eine andere Möglichkeit, das Sachverständigenproblem innerhalb des gerichtlichen Verfahrens zu lösen, wäre die Spezialisierung der Einzelrichter und Zivilkammern. Gegen diesen von mehreren Autoren 1 3 vorgeschlagenen Weg spricht jedoch, daß er eine hohe Zentralisierung der Gerichte voraussetzt. Denn nur bei großen Gerichten lassen sich Spezialabteilungen und -kammern bilden. Eine verstärkte Zentralisierung der Gerichte würde aber neue Zugangs­ barrieren errichten, da sie zur Folge hätte , daß der räumliche Zuständigkeits­ bereich größer wird und die Gerichte deshalb schwerer zu erreichen sind. 1 4 Die Kommission zur Vorbereitung einer Reform der Zivilgerichtsbarkeit hat sich aus diesen Gründen gegen spezialisierte Spruchkörper ausgesprochen. 1 5 Alle diese Schwierigkeiten und Bedenken bestehen nur beim gerichtlichen Verfahren, nicht aber beim Vorverfahren. Das Vorverfahren beschränkt nicht den Rechtsschutz durch die Gerichte , es eröffnet vielmehr zusätzliche Mög• So insbesondere Bender, DRiZ 1 976, S. 1 93, 195. • Vgl. dazu J. Blomeyer, ZRP 1 970, S. 153, 155 f. ; Kern J Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 1 88. 1 0 Vgl. dazu die Ausführungen im 5. Abschnitt Fußn. 39. 11 Vgl. Bender (Fußn. 8); Kern / Wolf (Fußn. 9). 12 Baumgärtel, JZ 1 97 1 , S. 441 , 442. 13 J. Blomeyer (Fußn. 9); Baumann J Fezer, Beschleunigung, S. 1 0 ; Kern / Wolf (Fußn. 9), S. 1 89 ; Baumgärtel (Fußn. 1 2) ; vgl. auch Wassermann, ZRP 1 970, S. 5 ff. ; Thieme, DRiZ 1 969, S. 237. 14 s. dazu Bender, Grundfragen der Justizreform, in: Bender (Hg.), Tatsachen zur Ju­ stizreform, S. 2, 6. 15 Vgl. Kern, ZZP 75 (1 962), S. 145, 1 5 1 .

E. Das Sachverständigenproblem

289

lichkeiten der Streitbeilegung. Das Vorverfahren kann deshalb weniger ge­ richtsförmig ausgestattet sein, die Schiedsstellen müssen insbesondere nicht Art 1 0 1 GG genügen. Es bestehen daher beim Vorverfahren keine Bedenken, die Sachverständi­ gen in den Spruchkörper zu integrieren. Eine solche Einbeziehung der Sachver­ ständigen hat den weiteren Vorteil, daß sie ein formfreies Verfahren begünstigt. Denn je größer die Sachkunde der Entscheidenden ist, desto eher kann ein formfreies Verfahren hingenommen werden. 16 Hat ein Vorverfahren vor einer Sachverständigenkommission stattgefunden, so treten im nachfolgenden Prozeß kaum noch die oben 1 7 aufgezeigten Schwie­ rigkeiten auf: Aufgrund des im Vorverfahren erarbeiteten Sachverständigengut­ achtens weiß der Richter nämlich von Anfang an, auf welche Tatsachen es an­ kommt, welcher Sachverhalt der Aufklärung bedarf. Nach alledem ist das außergerichtliche Vorverfahren auch ein geeignetes Mittel, das Sachverständigenproblem anzugehen.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß das außergerichtliche Vorverfahren ein taugliches Instrument ist, Unzulänglichkeiten des modernen Zivilprozesses zu beseitigen oder zu mildern. Das außergerichtliche Vorverfahren kann helfen, die Gerichte zu entlasten, die Prozeßdauer zu kürzen, die Zugangsbarrieren ab­ zubauen und das Sachverständigenproblem zu lösen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß diese Eigenschaften des Vorverfahrens in erheblichem Maße für seine Zweckmäßigkeit sprechen.

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17

So auch Zitscher, ZRP 1 977, S. 27, 30; Bender, DRiZ i 976, S� 1 93, 1 97. unter 1.

19 Preibisch

14. A bschnitt A ndere Möglichkeiten, die Ziele . des Vorverfahrens zu erreichen

Eine abschließende Bewertung der Zweckmäßigkeit außergerichtlicher Vor­ verfahren kann nur erfolgen, wenn man sich andere Möglichkeiten, die Ziele des Vorverfahrens zu erreichen, vor Augen führt und prüft, ob das außerge­ richtliche Vorverfahren auch im Vergleich mit diesen anderen Möglichkeiten zu bestehen vermag. Neben dem Vorverfahren kommen folgende Möglich­ keiten in Betracht:

A. Die Möglichkeiten des gerichtlichen Verfahrens Man könnte zunächst an eine Weiterentwicklung des gerichtlichen Verfah­ rens denken. 1 . Vorläufige Streitentscheidung durch den Rechtspfleger

Die im Jahre 1 964 vom Bundesminister der Justiz eingesetzte Kommission für Gerichtsverfassung und Rechtspflegerrecht schlug vor, die Zivilrichter durch eine erhebliche Erweiterung des Aufgabenbereiches des Rechtspflegers zu entlasten. Sie legte drei Modellentwürfe vor, von denen das Modell II die größten Ähnlichkeiten mit dem außergerichtlichen Vorverfahren aufwies. Mo­ dell II sah vor, daß bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zunächst vor den Rechts­ pfleger gelangen. Ihm sollte es obliegen, diejenigen Verfahren, die sich ohne kontradiktorische Verhandlung zur Hauptsache erledigen ließen, herauszu­ filtern: Er sollte versuchen, den Streit durch Anerkenntnisentscheidung, Ver­ säumnisentscheidung oder Vergleich beizulegen. Bei einem Streitwert bis zu 5 00,- DM sollte der Rechtspfleger auch einen „Streitbescheid" 1 erlassen kön-

1 Der Streitbescheid hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem „Gerichtsbescheid", den das Gesetz zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 3 1 . 3 . 1 97 8 (BGB!. l S. 1 86 1 ) in seinem Art 2, � 1 vorsieht.

A. Möglichkeiten des gerichtlichen Verfahrens

291

nen, der innerhalb einer bestimmten Frist durch Antrag auf richterliche Ent­ scheidung hätte angefochten werden können. 2 Die Verwirklichung dieses Modells würde nicht nur die Gerichte entlasten, es könnte auch zu einer Ermäßigung der Verfahrenskosten führen. Es ließe sich nämlich vorstellen, daß die Kosten eines solchen Verfahrens vor dem Rechts­ pfleger in Analogie zu den für das Mahnverfahren geltenden Kostenvorschriften erheblich niedriger wären als die gewöhnlichen Prozeßkosten. Gegen dieses Modell ist jedoch einzuwenden , daß es in der Regel zu keiner mündlichen Verhandlung käme , die Chancen einer gütlichen Einigung im Ver­ gleichswege deshalb sehr gering wären. Aber auch wenn man den Vorschlag ab­ änderte und eine mündliche Verhandlung zur Regel machte , blieben Bedenken : Der Rechtspfleger wäre nur sachverständig hinsichtlich des Rechts. Im fehlte jedoch die auf den jeweiligen Lebensbereich bezogene Sachkunde , welche für die Vorverfahrensstellen typisch ist. Gerade diese Sachkunde ermöglicht es den Schiedsstellen, das Verfahren zu beschleunigen und den Parteien sachgerechte Einigungsvorschläge zu unterbreiten. Hinzu kommt, daß die Rechtspfleger­ Lösung zur Zeit keine reelle Aussicht auf Verwirklichung hat. 3 Sie stellt des­ halb keine echte Alternative zum außergerichtlichen Vorverfahren dar. II. Obligatorische Güteverhandlungen vor dem Richter Eine andere Möglichkeit, die gütliche Beilegung von Streitigkeiten zu för­ dern und dadurch die Gerichte zu entlasten, könnte darin bestehen, jeden Prozeß mit einer obligatorischen Güteverhandlung beginnen zu lassen , wie das heute in § 54 ArbGG vorgesehen ist. 4 Ein solches Zwangsgüteverfahren vor den ordentlichen Gerichten wäre nichts Neues. Güteverhandlungen waren vor den Amtsgerichten bereits von 1 924 bis 1 950 obligatorisch. 5 Zur Beurteilung dieser Möglichkeit können deshalb die in jenen Jahren gemachten Erfahrun­ gen herangezogen werden : Das obligatorische Güteverfahren vor den Amtsgerichten wurde durch die ZPO-No­ velle vom 1 3. 2 . 1 9 24 6 in Erfüllung einer populären, auch in Richter- und Anwaltskreisen 2 s. den Bericht über die Verhandlungsergebnisse der Kommission für Gerichtsverfas­ sungs- und Rechtspflegerrecht zur Frage eines drei- oder viergliedrigen Gerichtsaufbaus, in: Reihe „recht", hrsg. vom Bundesministerium der Justiz , 1 970, und den (Abschluß-) Bericht der Kommission für Gerichtsverfassungsrecht und Rechtspflegerrecht, hrsg. vom Bundesministerium der Justiz, 1 97 5 , S. 45 f. ; vgl. dazu auch Lappe, ZRP 1 9 74,:S. 1 1 . 3 siehe dazu Lappe (Fußn. 2), S. 1 1 mwN. und S. 1 2. 4 Diesen Vorschlag macht Baumgärtel in : ZZP 8 1 ( 1 968), S. 6, 1 7 . 5 E s gab Zwangsgüteverfahren aber auch schon davor: 1 746 schrieb die von Samuel von Cocceji geschaffene Gesetzgebung zur Prozeßreform u.a. den Versuch einer gütlichen Schlichtung gleich bei Beginn des Prozesses vor, s. dazu Zitscher, ZRP 1 9 7 7 , S. 27 f. • siehe § § 495 ff. ZPO idF. der VO über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitig­ keiten vom 1 3 . 2.1 924 (RGBI. I S. 1 35 ) .

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1 4. Abschnitt: Die Alternativen zum Vorverfahren

weit verbreiteten Forderung eingeführt. 7 Vorausgegangen waren andere Versuche, die Zivilgerichte zu entlasten. Das 1 9 1 5 eingeführte obligatorische Mahnverfahren• hatte sich auf die Dauer nicht bewährt, es wurde 1 924 9 zunächst für den Urkunden- und Wechsel­ prozeß und 1 925 in vollem Umfang erlassen 1 0 • In der Entlastungsnovelle von 1 9 1 5 1 1 fan­ den sich auch bereits erste Ansätze des Gütegedankens: Die Novelle sah in § 5 1 0 c ZPO ein fakultatives Güteverfahren vor. Diese Vorschrift hatte jedoch ein Schattendasein geführt, es gab nur wenige, vorwiegend kommunale Gütestellen, deren Tätigkeit sich auf einen ver­ schwindend kleinen Teil der Bevölkerung beschränkte. 1 2

Die Hoffnungen, die man an die Einführung des obligatorischen Güteverfah­ rens geknüpft hatte, erfüllten sich nicht. 1 3 Es wurde alsbald lebhafte Kritik ge­ übt. Die Angriffe richteten sich nicht gegen den Gütegedanken als solchen, son­ dern gegen die Ausgestaltung des Verfahrens im einzelnen. Es wurde insbeson­ dere gerügt, daß das Güteverfahren als ein vom Prozeß abgeschiedener beson­ derer Verfahrensabschnitt ausgestaltet war. Die Möglichkeiten eines Vergleichs ließen sich oft erst in einem späteren Stadium des Prozesses, vielfach erst nach der Beweisaufnahme, übersehen. Ein besonderes vorprozessuales Güteverfah­ ren vor dem Richter sei deshalb überflüssig, zumal der Gütegedanke bereits in der Rechtspflege tiefe Wurzeln gefaßt habe. 14 Das obligatorische Vorverfahren wurde deshalb 1950 1 5 wieder aufgehoben. Diese negativen Erfahrungen sind auch heute noch zu berücksichtigen. Be­ achtet man weiter, daß die vorprozessuale Güteverhandlung den Richter wenig entlastet, weil er sich vor jedem Güteversuch in den Rechtsstreit einarbeiten muß, und es auch bei einer richterlichen Güteverhandlung zu einer gericht­ lichen Auseinandersetzung der Parteien kommt, so kann das Güteverfahren vor dem Richter ebenfalls nicht als überzeugende Alternative zum außergericht­ lichen Vorverfahren angesehen werden. Das gilt auch für die von Baumgärte/ 16 vorgeschlagene freiwillige Güteverhandlung am Anfang von Prozessen.

7 Vgl. Rosenberg, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 4. Aufl. 1 949, § 1 1 2 I (S. 487). • § 1 der EntlastungsVO vom 9.9. 1 9 1 5 (RGBI. S. 562). • VO vom 1 1 . 1 2. 1 924 (RGBI. I S. 7 72). 10 VO vom 16.6.1 925 (RGBI. I S. 88). 1 1 siehe Fußn. 8. 12 Stein / Jonas / Pohle, ZPO , 16. Aufl., § 495 , Bern. I u. II. 1 3 Vgl. die Begründung der Bundesreg. zum Entwurf eines Gesetzes zur Wiederherstel­ lung der Rechtseinheit auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechts­ pflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts, BT-Drucks. I/5 38, Anlage I a, S. 19 f. ; Nikisch, Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. 1 9 5 2, § 80 I 1 (s. 3 1 2) ; Stein / Jonas / Pohle (Fußn. 1 2); Rosenberg (Fußn. 7); Baumgärtel, ZZP 81 (1968), S. 6, 16 f. 14 Vgl. die Begründung der Bundesreg. (Fußn. 1 3) ; Nikisch (Fußn. 1 3) ; Rosenberg (Fußn. 7); Stein / Jonas / Pohle (Fußn. 1 2). 1 5 s. Art 2, Nr. 6 2, 67 des Gesetzes zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrensrechts und des Kostenrechts vom 1 2.9. 1 95 0 (BGB!. S. 455). 1 • Baumgärtel, ZZP 8 1 (1 968), S. 6, 17.

A. Möglichkeiten des gerichtlichen Verfahrens

293

III. Das Erforschungsverfahren Ein Einzelziel des außergerichtlichen Vorverfahrens, das darin besteht, den Parteien die Möglichkeit zu geben, den Sachverhalt bereits vor der mündlichen Verhandlung vor Gericht aufzuklären, ließe sich durch die Einführung eines dem amerikanischen Zivilprozeß entsprechenden Erforschungsverfahrens errei­ chen, wie es von Jacoby vorgeschlagen wird 1 7 . Das amerikanische Erforschungsverfahren, ,,discovery" 1 8 genannt, findet zwischen der Klageerhebung und dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Richter statt. Es ist ein selbständiger Verfahrensabschnitt und kein Be­ standteil der Verhandlung vor dem Gericht. Es gestattet den Parteien und ihren Anwälten, von der Gegenseite Antwort auf schriftliche Fragen zu verlangen. Das geschieht ohne Mitwirkung des Gerichts: Die eine Partei sendet der ande­ ren ihre Fragen zu, welche die Gegenseite innerhalb einer bestimmten Zeit zu beantworten hat. 1 9 Auch eine mündliche Befragung durch den Anwalt ist mög­ lich. Bei der Befragung, die vor dem „tiotary public" stattfindet, kann auch ein Eid abverlangt werden. Die Vernehmung von Zeugen ist ebenfalls möglich, und zwar sowohl schriftlich als mündlich. Der Zeuge ist allerdings nur dann zum Er­ scheinen und zur Aussage verpflichtet, wenn ein Gerichtsbefehl (,,subpoena") ergangen ist. Dieser ist eine von dem gerichtlichen Urkundsbeamten unterzeich­ nete Formalität, die ohne weiteres beantragt werden kann und ohne Nachprü­ fung ausgestellt wird. 20 Sogar die ärztliche Untersuchung einer Partei ist mög­ lich, vorausgesetzt deren „mental or physical condition is in controversy". 21 Das Erforschungsverfahren ist zweifellos geeignet, in nicht wenigen Fällen die Erledigung des Streitfalles vor Eintritt in die mündliche Verhandlung her­ beizufiihren. 22 Seine Nachteile sind jedoch darin zu sehen, daß das Verfahren erst nach Anrufung des Gerichts möglich ist und keine neutrale, sachverstän­ dige, mit Autorität ausgestattete Instanz tätig wird, welche Vergleichsvor­ schläge machen kann. Deshalb stellt auch das Erforschungsverfahren keinen vollwertigen Ersatz für das außergerichtliche Vorverfahren dar.

17 ZZP 74 (196 1 ), S. 145 ff., insbes. S. 1 60 ff. ; ähnlich auch Vollkommer, ZZP 8 1 (1968), S. 102, 1 30. 1 • s. Jacoby (Fußn. 17), S. 1 45 . 19 Federales Rules o f Civil Procedure, Rules 30, 3 1 u. 33, Näheres bei Jacooy (Fußnote 1 7), S. 1 5 1 . 20 s. Jacoby, S. 1 5 1 f. 21 Rule 3 5 , vgl. Jacoby, S. 159. 22 Jacoby, S. 159.

294

14. Abschnitt: Die Alternativen zum Vorverfahren

IV. Das Beweissicherungsverfahren Die Aufgabe des Vorverfahrens, Tatsachen festzustellen, die in einem künf­ tigen Prozeß Bedeutung haben können, lenkt den Blick ferner auf das Beweis­ sicherungsverfahren (§ § 485 ff. ZPO). Das Beweissicherungsverfahren kann be­ reits vor Beginn eines Prozesses durchgeführt werden, u.a. dann, wenn beide Parteien zustimmen. 23 Das Beweissicherungsverfahren ist demnach grundsätz­ lich geeignet, an die Stelle des außergerichtlichen Vorverfahrens zu treten. Das Beweissicherungsverfahren weist aber gegenüber dem Vorverfahren er­ hebliche Nachteile auf: Im Beweissicherungsverfahren bestellt das Gericht, das für den Prozeß zuständig wäre, den Sachverständigen. Diese Einschaltung des Gerichts führt nicht nur zu einer Verzögerung, dadurch entstehen auch Ge­ richtskosten24 Aus diesen Gründen ist das Beweissicherungsverfahren wenig geeignet, das Vorverfahren abzulösen. V. Das Schiedsurteilsverfahren Ein wirksames Mittel zur Beschleunigung, Vereinfachung und Verbilligung von Rethtsstreitigkeiten wäre auch das Schiedsverfahren, wie es bis zur Verein­ fachungsnovelle 2 5 in § 5 10 c ZPO 26 vorgesehen war. Absatz I dieser Vorschrift lautete : ,,Bei Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche bestimmt das Gericht sein Ver­ fahren nach freiem Ermessen, wenn der Wert des Streitgegenstandes . . . fünfzig Deut­ sche Mark nicht übersteigt."

Mehrere Autoren empfehlen, die Aufhebung dieser Vorschrift wieder rück­ gängig zu machen und das Schiedsverfahren für solche Prozesse zu ermöglichen, deren Streitwert unter oder bei 500,- DM liegt. 27 Das Schiedsverfahren soll einem besonderen Spruchkörper anvertraut werden, der sich aus sachkundigen 2 3 § 485 ZPO, s. dazu: Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, § 1 20 II 2; Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 159. 24 U.U. auch Anwaltskosten, nämlich dann, wenn das Landgericht zuständig ist und eine mündl. Verhandlung über das Gesuch notwendig wird, vgl. Baumbach / Lauterbach / A lbers / Hartmann, ZPO, § 486, Anm. 1 . 25 Vom 3 . 1 2. 1 976 (BGBI. I S . 3 28 1 ). 26 Die Vorschrift wurde durch die BeschleunigungsVO vom 22. 1 2. 1 923 eingeführt. Das Verfahren selbst war bereits in der EntlastungsVO vom 9.9. 1 9 1 5 vorgesehen (s. § § 1 8 , 1 9 der EntlastungsVO), vgl. dazu Nikisch, Zivilprozeßrecht, § 7 9 I (S. 309). 27 Zitscher, ZRP 1 977, S. 27, 30; Bender, DRiZ 1 976, S. 1 9 3 , 1 96 f. Für das Schieds­ urteilsverfahren spricht sich auch von Hippe/ aus, s. Verbraucherschutz, S. 94 ff. und RabelsZ 1 976, S. 5 1 3, 5 3 1 . Er verweist auf die „small court claims" der USA sowie auf schwedische und englische Reformpläne, die in diese Richtung gehen.

A. Möglichkeiten des gerichtlichen Verfahrens

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Beisitzern und einem Vorsitzenden zusammensetzt. Bender will den Parteien sogar die Möglichkeit einräumen, bei der Auswahl der Richter mitzuwirken. 28 Das Schiedsverfahren würde bei einer solchen Ausgestaltung dem außergericht­ lichen Vorverfahren sehr nahe kommen. Trotz aller Parallelen zum außergerichtlichen Vorverfahren besteht jedoch ein wichtiger Unterschied : Das formfreie Verfahren nach § 5 1 0 c ZPO führt zu einer endgültigen Entscheidung29 , während die Entscheidung der Vorverfah­ rensstellen immer vor den Gerichten angefochten werden kann. Dieser Nach­ teil des Schiedsverfahrens war es gerade , der zur Aufhebung des § 5 1 0 c ZPO führte. Das außergerichtliche Vorverfahren weist diese Beeinträchtigung nicht auf. Es ermöglicht ein einfaches, schnelles und billiges Verfahren ohne den gerichtlichen Rechtsschutz zu verkürzen. Aus diesem Grunde ist auch das Schiedsverfahren keine dem außergerichtlichen Vorverfahren ebenbürtige Al­ ternative. VI . Allgemeine Bedenken gegen alle prozessualen Lösungsvorschläge

Gegen die genannten und alle anderen denkbaren Vorschläge , die Ziele des Vorverfahrens im gerichtlichen Verfahren zu verwirklichen , sprechen ferner Erwägungen allgemeiner Natur. 1. Die Belastung der Parteibeziehungen durch gerichtliche Verfahren Der Einrichtung zahlreicher Vorverfahren liegt der Gedanke zugrunde, daß gerichtliche Auseinandersetzungen den Beziehungen zwischen den Parteien schaden, indem sie zu einer Verhärtung der Fronten führen und auf diese Weise eine gütliche Beilegung des Streitfalles erschweren oder gar ausschlie­ ßen. 30 Diese Annahme läßt sich zwar nicht an Hand von Zahlen verifizieren. Die hohe Zahl der in den Vorverfahren erzielten endgültigen Streitbeilegungen spricht allerdings für diese These.3 1 Die prozessualen Lösungsvorschläge tragen diesem Gesichtspunkt nicht Rechnung. Sie zwingen vielmehr die Parteien, die Gerichte in ihren Streit ein­ zuschalten und die damit verbundene Belastung ihrer Beziehungen in Kauf zu nehmen.

2 • 29

Bender (Fußn. 23), S. 1 97. Da der Streitwert und folglich auch der Beschwerdewert unter der Berufungssumme des § 5 1 1 a ZPO liegen. Bender (Fußn. 23 ), S. 1 97, will allerdings de lege ferenda in be­ stimmten Ausnahmefällen die Anfechtung des Schiedsurteils zulassen. 30 s. dazu im 3. Abschnitt unter A II. 31 Näheres siehe oben im 1 2. Abschnitt unter C.

296

14. Abschnitt: Die Alternativen zum Vorverfahren

2. Geringere Entlastung der Gerichte Die auf eine Reform des gerichtlichen Verfahrens abzielenden Lösungsvor­ schläge mögen zwar zu einer gewissen Entlastung der Richter führen. Sie er­ fordern jedoch alle ein Tätigwerden des Gerichts und bürden deshalb zumin­ dest dem nichtrichterlichen Personal der Gerichte , den Rechtspflegern, den Geschäftsstellen und dem Schreibdienst, neue Aufgaben auf. Die Dauer der Prozesse beruht aber zu einem nicht unerheblichen Teil auf der Über­ lastung dieser Stellen. 32 Das spricht dafür, Lösungen zu suchen, die im außer­ gerichtlichen Bereich angesiedelt sind. 3. Keine Minderung des Zuschusses, den der Staat aus Steuermitteln für die Rechtspflege aufzubringen hat Die Rechtspflege verursacht dem Staat Kosten, die weit über die Gebühren­ einnahmen der Gerichte hinausgehen. Betrachtet man alle Länder der Bundesrepublik, so beträgt der Zuschuß, den der Staat für die Rechtspflege leistet, 40-60 %, etwa 90 %. 33 Die Vorschläge zur Umgestaltung des gerichtlichen Verfahrens vermögen diesen aus Steuermitteln aufzubringenden Zuschuß kaum zu mindern. Denn sie wollen die Tätigkeit der Gerichte allenfalls in geringem Umfang einschränken. Vielfach weisen die Vorschläge den Gerichten sogar neue Aufgaben zu, was eine Erhöhung des Zuschußbedarfes erwarten läßt. bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit : bei der Arbeitsgerichtsbarkeit:

Demgegenüber werden die Kosten des Vorverfahrens regelmäßig ganz oder teilweise von den Verbänden, Kammern und Innungen getragen, welche die Vorverfahrensstellen unterhalten. 34 Das führt dazu, daß die Verfahrenskosten weitgehend auf den Kreis derer verteilt werden, welche die Vorverfahren - sei es auch nur rein kausal - verursachen. So werden z.B. die Kosten der bei den Schlichtungsstellen für Verbraucherbeschwerden durchgeführten Vorverfahren von den Industrie- und Handelskammern getragen und damit von den Gewerbe­ treibenden, ohne deren Existenz es nicht zu diesen Vorverfahren kommen könnte. Der Steuerzahler wird durch die Tätigkeit solcher Vorverfahrensstellen nicht belastet. Es tritt vielmehr eine Entlastung der öffentlichen Haushalte ein,

32 33

von Aulock, Rechtshilfe, S. 25.

s. die Übersicht in AnwBl 1972, S. 306, 307, betreffend das Jahr 197 1 ; sowie:

Baumgärtel, Gleicher Zugang, S. 1 22. Vgl. zu den volkswirtschaftlichen Gesamtkosten

(Gerichtskosten, Anwaltskosten, Zeugen- und Sachverständigenkosten), die speziell durch Verkehrsunfälle entstehen: Voigt / Helms, Die gesamtwirtschaftliche Problematik steigen­ der Verkehrsunfälle, S. 1 29 ff. 34 s. dazu den 7. Abschnitt.

B. Alternativen außerhalb der Gerichtsbarkeit

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da viele Streitfälle, die sonst vor die Gerichte kämen, bereits im Vorverfahren erledigt werden. Auch aus diesem Gesichtspunkt sind außergerichtliche Vorver­ fahren den vorgeschlagenen Reformen am gerichtlichen Verfahren vorzuziehen.

B . Alternativen außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit Lassen sich die Ziele des Vorverfahrens demnach innerhalb des gerichtli­ chen Verfahrens nur sehr unvollkommen verwirklichen, so bleibt zu prüfen, welche Alternativen zum Vorverfahren außerhalb der staatlichen Gerichtsbar­ keit gegeben sind. 1. Das Schiedsgerichtsverfahren Hier kommt zunächst das Schiedsgerichtsverfahren 35 in Betracht, wie es in §§ 1 025 ff. ZPO vorgesehen ist. Es gleicht in seiner Zielsetzung weitgehend dem Vorverfahren: Es soll ein einfaches, schnelles und billiges Verfahren er­ möglichen. 36 Es findet auch regelmäßig vor einem hinsichtlich des tangierten Lebensbereiches sachverständigen Gremium statt. 3 7 Diese Ziele des Schiedsverfahren werden allerdings nicht immer erreicht. Die Verfahren vor den Schiedsgerichten nehmen teilweise geraume Zeit in Anspruch 38• Sie sind vielfach mit erheblichen Kosten verbunden. 39 Die Schiedsgerichte erhalten nämlich im Unterschied zu den staatlichen Gerichten keinen Zuschuß aus Steuermitteln; es gibt keine Prozeß­ kostenhilfe. Die Kosten des Verfahrens sind deshalb allein von den Parteien aufzubringen, soweit sie nicht von den Wirtschaftsverbänden getragen werden, die einzelne Schiedsge­ richte einrichten. Schiedsgerichtsverfahren sind infolgedessen - insbesondere bei niedri­ gen Streitwerten - oft erheblich teurer als Prozesse vor den staatlichen Gerichten. 40

Als besonderer Nachteil des Schiedsgerichtsverfahrens ist anzusehen, daß es grundsätzlich an die Stelle der staatlichen Gerichtsbarkeit tritt. Die Entschei­ dungen des Schiedsgerichts unterliegen nur in sehr beschränktem Umfang der Nachprüfung durch die Gerichte. 41 Das Schiedsgerichtsverfahren verkürzt folg­ lich den Rechtsschutz der Parteien durch die staatliche Gerichtsbarkeit. Es ist deswegen dem außergerichtlichen Vorverfahren nicht gleichwertig. 42 3 5 Das Schiedsgerichtsverfahren ist in manchen Staaten in größerem Umfang für Strei­ tigkeiten des Verbraucherschutzes vorgesehen, so in der Schweiz, in Großbritannien, in den USA, vgl. dazu von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 1 0 1 . 36 siehe z.B. Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, § 1 73 II 1 ;Stein / Jonas / Schlosser, ZPO, vor § 1025, Bern. I 4 mwN . 37 Stein / Jonas / Schlosser u. Rosenberg / Schwab (Fußn. 36). 38 Stein / Jonas / Schlosser (Fußn. 36); Kahler, Schiedsgerichtswesen, S . 5 2. 39 s. dazu Kahler (Fußn. 38), S. 49 und S. 140 (Tabelle ) ; Schwytz, BB 1 974 , S. 6 7 3 ff. 40 Schwytz (Fußn. 39), S. 675 ; vgl. auch Reichert / Dannecker / Kühr, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, S. 4 1 8 (unter Rdnr. 1 08 1 ) . •• s . dazu i m einzelnen im 1 . Abschnitt unter B I I 2 . 42 Ähnlich Rothweiler, Z M R 1 976, S. 29 1 , 292 ; Bluth, Die Rebellion der Verbraucher, 5 1 ff.

s.

298

14. Abschnitt: Die Alternativen zum Vorverfahren

II. Das Schiedsgutachterverfahren Diese Ausführungen treffen in ähnlicher Weise auf das Schiedsgutachterver­ fahren zu, dessen Wirkung - wie bereits dargelegt wurde43 - darin besteht, daß es streitige Rechtsverhältnisse teilweise der Beurteilung durch den staatlichen Richter entzieht . Denn die Feststellungen der Schiedsgutachter sind grundsätz­ lich für den Richter bindend. 43 Deshalb kann auch das Schiedsgutachterverfah­ ren das außergerichtliche Vorverfahren nicht ersetzen. Es erscheint vielmehr zweckmäßig, bestehende Schiedsgutachterverfahren in außergerichtliche Vor­ verfahren umzuwandeln. Das wird noch näher auszuführen sein. 44 III. Das Rechtsamt Die Vorbereitende Kommission und die Kommission für Gerichtsverfassung und Rechtspflegerrecht erörterten den Vorschlag, Rechtsämter zu schaffen, die angerufen werde11 müssen, bevor Klage erhoben werden kann45 • Der Vorschlag war von der Reformkommission des Deutschen Richterbundes unterbreitet worden46 und knüpfte an ein bereits im Jahre 19 1 2 von Reichert entwickeltes Konzept an 47 . Das Rechtsamt sollte eine mit Rechtspflegern und Volljuristen (,,Rechtsräten") besetzte Verwaltungsbehörde sein, die im streitigen Zivilver­ fahren - der Widerspruchsbehörde im Verwaltungsstreitverfahren vergleich­ bar - eine Vorprüfung vornimmt und dadurch die Gerichte entlastet. Der Vor­ schlag sah weiter vor: Grundsätzlich seien alle vermögensrechtlichen Streit­ sachen beim Rechtsamt anzubringen, das eine gütliche Einigung zu versuchen und, soweit dies nicht gelinge, eine Vorentscheidung zu treffen habe. Der Be­ scheid sei durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechtbar. 48 Mit der Verwirklichung dieses Vorschlages wäre praktisch ein außergericht­ liches Vorverfahren eingeführt. Allerdings hat das vorgeschlagene Verfahren erhebliche Nachteile gegenüber der Mehrzahl der vorhandenen außergericht­ lichen Güteverfahren . Es wäre bei wenigen Stellen konzentriert . Die Rechtsräte wären nur juristisch vorgebildet, ihnen fehlte eine nähere Kenntnis des betrof­ fenen Lebensbereiches. Die Vorzüge der außergerichtlichen Vorverfahren lie­ gen aber zu einem großen Teil gerade in der Sachkunde der Schiedsstellen. 43

s. dazu im 1 . Abschnitt unter B II 3 . s. dazu unten i m 1 5 . Abschnitt unter D. 45 s. Bericht 1 96 1 (14. Abschnitt unter A, Fußn. 4 1 ), S. 7 1 ff. und Bericht 1 975 ( 1 4 . Abschnitt unter A, Text bei Fußn. 7 ) , S . 3 2 f. 46 Veröffentlicht in DRiZ 1 959, S. 346, 347 f. als Leitsätze G I 5 ff. ; Begründung in DRiZ 1 960, S. 33 ff. 47 DRiZ 1 9 1 2, S. 6 1 3 ff. 48 Bericht 1 975 (Fußn. 45 ), S . 3 2 f. ; Bericht 1 96 1 (Fußn. 45 ), S. 7 2 ; Leitsätze GI 5 ff. , DRiZ 1 959, S. 346 , 347 f. ; s. dazu Kern, ZZP 75 ( 1 962), S . 1 4 5 , 1 47. 44

B. Alternativen außerhalb der Gerichtsbarkeit

299

Mithin sind auch die Rechtsämter als Alternative abzulehnen. Der Vor­ schlag, Rechtsämter einzusetzen, hat im übrigen zur Zeit wenig Aussicht auf Verwirklichung. Er fand weder in der Vorbereitenden Kommission noch in der Kommission für Gerichtsverfassung und Rechtspflegerrecht die Zustimmung der Mehrheit. 49 Auch der Deutsche Richterbund ist inzwischen von seinem Vorschlag abgerückt. 50 IV. Der Ombudsman Man könnte schließlich an die Einrichtung eines Ombudsmans denken, der für zivilrechtliche Streitigkeiten zuständig ist, soweit sie noch nicht rechtshän­ gig geworden sind. Der Ombudsman 5 1 ist ein in Schweden entwickeltes Rechtsinstitut. 5 2 Er ist seiner Herkunft nach eine Institution der Verwaltungskontrolle. 5 3 In Deutsch­ land sind ihm nachempfunden: der Wehrbeauftragte des Bundestages 54 , die in verschiedenen Gesetzen des Bundes 55 und der Länder 56 vorgesehenen Daten­ schutzbeauftragten und der rheinland-pfälzische Bürgerbeauftragte 57 . Alle diese Institutionen haben die Aufgabe, die öffentliche Verwaltung zu kontrollie­ ren. 5 8 Das schließt jedoch nicht aus, einen Ombudsman für zivilrechtliche Streitigkeiten vorzusehen. So hat sich Surminski mit der Frage befaßt, ob man in Deutschland einen Ombudsman für Versicherte schaffen sollte, den es in der 49 s. Bericht 1 96 1 (Fußn. 45), S. 68 ff. ; Bericht 1 975 (Fußn. 45), S. 33 u. 3 6 ; vgl. auch Kern (Fußn. 48), S. 149. 5 0 DRiZ 1 9 70, S. 399. 5 1 Schwedisch: Sachverwalter, Treuhänder, vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd. 1 7 , 1 976 , unter dem Stichwort „Ombudsman". 52 Vgl. zur Geschichte: Brunner, Kontrolle in Deutschland, S . 296 ff. ; Hahn, AÖR 87 ( 1 96 2), S. 389, 393 ff. ; Haller, Der schwedische Justiceombudsman, S. 81 ff. 53 Vgl. Brunner (Fußn. 5 2), S . 299 ; Thielfelder, Zum Problem eines Ombudsmans in Deutschland, S. 1 0 . 54 Art 45 b G G u n d Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages vom 26.6. 1 95 7 (BGB!. I S. 65 2). Redeker, Contra und Pro Verbandsklage, S. 3 3 , und Breuer, NJW 1 97 8 , S. 1 5 5 8 , 1 5 6 0 schlagen die Schaffung eines weiteren Parlamentsbeauf­ tragten vor, der für den Umweltschutz zuständig sein soll. 5 5 s. das Gesetz zum Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Daten­ verarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 2 7 . 1 . 1 9 7 7 (BGB!. I S. 20 1 ), § § l 7 ff. 56 s. z.B. das hessische Datenschutzgesetz vom 7 . 1 0 . 1 970 (GVBI . I S. 625), § § 7 ff. ; das rheinland-pfälzische Landesgesetz gegen mißbräuchliche Datennutzung (Landesdaten­ schutzgesetz - LDatG) vom 24. 1 . 1 9 74 (GVBI. S. 3 1 ), § § 6 ff. 57 Durch Gesetz vom 3.5 . 1 974 (GVOBI. S. 1 87 f. ). Zu den Erfahrungen mit dieser In­ stitution s. Beate Wagners Aufsatz „Wenn Bürgerbeauftragte Alarm schlagen" in: ,,Der Tagesspiegel" vom 2 7 .5 . 1 976, S. 9. �• s. für den rh-pf. Bürgerbeauftragten: § 1 des in Fußn. 57 genannten Gesetzes; vgl. auch Schoreit, Rechtsberatung, S. 1 2 u. 7 7 ; fü r den Bundesbeauftragten für Datenschutz: § 1 9 I BDSG ; fü r den hess. Datenschutzbe­ auftragten: § 10 des hess. Dater:ischutzG; für den rh-pf. Datenschutzbeauftragten: § 7 rh-pf. LDatG.

14. Abschnitt: Die Alternativen zum Vorverfahren

300

Schweiz und in den Niederlanden bereits gibt. 59 In der verbraucherpolitischen Diskussion der Bundesrepublik ist vielfach die Schaffung eines Verbraucher­ Ombudsmans gefordert worden60 , über dessen Aufgaben allerdings nur unge­ naue Vorstellungen bestehen61 • 1 . Typisch für die Tätigkeit des Ombudsmans bisheriger Prägung ist, daß dieser - sei es auf Anregung von Betroffenen62 , sei es von sich aus63 eigene Ermittlungen durchführt. Das hätte nicht nur den Nachteil, daß kein kontradiktorisches Verhalten stattfindet, in dem sich beide Streitparteien gegenüberstehen, so daß die Chance einer gütlichen Einigung gering ist. Die Aufklärung von seiten des Ombudsmans widerspräche auch dem im Zivil­ prozeß vorherrschenden Verhandlungs- oder Beibringungsgrundsatz 64 . überhaupt erscheint es mit unserer Rechtsordnung schwer vereinbar, einem Ombudsman Untersuchungsbefugnisse gegenüber Privaten einzuräumen. 2 . Hinzu kommt, daß der Ombudsman bisheriger Prägung eine zentrale Ein­ richtung mit gewöhnlich umfassendem Zuständigkeitsbereich ist. Die „Ombudsstelle" wäre deshalb wegen ihrer örtlichen Entfernung vielfach für den Bürger weniger leicht zugänglich als eine Vorverfahrensstelle. Dem Om­ budsman fehlte im übrigen bei einer weitgespannten Zuständigkeit die spe­ zielle Sachkunde, die bei der Mehrzahl der Gütestellen anzutreffen ist. Aus all diesen Gründen sind Vorverfahrensstellen auch der Ombudsman­ Lösung vorzuziehen. V. Die Befassung von Verbänden, Massenmedien usw. mit Streitfällen Vielfach läßt sich die Beilegung von Streitigkeiten auch dadurch erreichen, daß eine der Parteien einen zuständigen Verband oder ein Organ der öffent­ lichen Meinungsbildung, etwa eine Zeitungsredaktion, eine Fernseh- oder Rundfunkanstalt, anspricht und diese Institution um Unterstützung bittet . 65 Diese Möglichkeiten der Streitbeilegung sind jedoch ebenfalls keine vollwer­ tige Alternative zum außergerichtlichen Vorverfahren. Denn es ist keineswegs sicher, daß die angerufene Stelle auf den Streitfall eingeht. Es gehört nicht zu den eigentlichen Aufgaben dieser Institutionen, sich mit Streitfällen zu be-

59

60

„Ein Ombudsmann für Versicherte?", FAZ vom 29.3.1977, S. 1 1 .

Rehbinder, Recht im sozialen Staat, S . 1 2 2 ; Ramm, Gerechtigkeit, S. 39, 7 7 ; Hoff­ mann, .,Die Zeit" v. 26 .3.197 1 ; zu entsprechenden Vorschlägen im Ausland vgl. : Fontaine,

RabelsZ 1 976, S. 6 14, 6 2 1 . 61 Vgl. dazu Brinkmann, Verbraucherorganisationen, S. 168. 62 s. z.B. § 2 1 BDSG; § 11 hess. DatenschutzG; § 14 rh-pf. LDatG. 63 s. die Nachweise in Fußn. 60. 64 Vgl. dazu z.B. Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, § 78 l u. ll. 65 s. dazu Surminski (Fußn. 59); vgl. auch Bender, ZRP 1974, S. 235, 237.

B. Alternativen außerhalb der Gerichtsbarkeit

301

fassen. Es hängt infolgedessen von den Zufälligkeiten des Einzelfalls ab, ob der Anrufende ein Echo findet. Diese Instanzen werden deshalb nicht dem vorhandenen Bedürfnis nach institutionalisierter Streitschlichtung gerecht.

Zusammenfassung Es findet sich demnach kein anderes Verfahren, mit dem sich die Ziele des Vorverfahrens besser erreichen ließen. Zwar lassen sich Verfahren denken, welche die möglichen Nachteile des Vorverfahren, die vor allem darin bestehen, daß das Vorverfahren die endgültige Entscheidung der Streitigkeit hinauszögern kann, vermeiden. Für diesen Vorteil muß jedoch ein hoher Preis bezahlt wer­ den: Es tritt entweder eine Beschränkung des gerichtlichen Rechtsschutzes ein oder aber die Gerichte werden sofort eingeschaltet, was nicht nur die Rechts­ pflegeorgane belastet, sondern auch den Parteibeziehungen schadet.

15. A bschnitt

Vorschläge zur Einführung weiterer außergerichtlicher Vorverfahren

A. Grundsätzliches Die bisherigen Ausführungen zur Zweckmäßigkeit außergerichtlicher Vor­ verfahren lassen keinen Zweifel daran, daß diese Verfahren ein empfehlens­ wertes Mittel zur Beilegung zivilrechtlicher Streitigkeiten sind: Mit den bestehenden Schiedsstellen wurden überwiegend positive Erfahrun­ gen gemacht. Die Praxis hat insbesondere erwiesen, daß außergerichtliche Vorverfahren tatsächlich helfen, Streitigkeiten schnell, billig und auf un­ komplizierte Weise zu bereinigen, und daß sie die Beziehungen zwischen den Parteien weniger belasten als Gerichtsverfahren. Das außergerichtliche Vorverfahren ist in der Lage, zahlreichen Problemen des Zivilprozesses abzuhelfen. Es entlastet insbesondere die Gerichte und erleichtert den Rechtsuchenden, ihre Ansprüche durchzusetzen. Das außergerichtliche Vorverfahren ist in seiner Art ohne Konkurrenz. Es gibt keinen anderen Weg, die Ziele des Vorverfahrens ebenso effektiv zu verwirklichen. Das alles spricht dafür, die rechtspolitische Frage , ob weitere Vorverfahren eingerichtet werden sollten, uneingeschränkte zu bejahen. Dennoch äußerten sich die mit den Vorverfahren befaßten Stellen zu dieser Frage überwiegend zurückhaltend, obwohl sie die bestehenden Vorverfahren fast durchgehend sehr positiv bewerteten. Man scheut wohl vor allem den Ar­ beitsaufwand und die Kosten, die mit jeder Ausdehnung der Vorverfahren auf diese Institutionen zukämen. Von den Industrie- und Handelskammern wurde mehrfach auch darauf verwiesen, daß es einer förmlichen Ausdehnung nicht bedürfe, da man bereits jetzt über die bestehenden Vorverfahrensregelungen hinaus bei allen Meinungsverschiedenheiten vermittele, an denen Kaufleute oder Gewerbetreibende beteiligt seien. Eine Institutionalisierung dieser Tätig­ keit sei entbehrlich, zumal sich gerade die zwanglose Art des Schlichtungsgesprächs för­ derlich auf die Vergleichsbereitschaft auswirke. In ähnlicher Weise hebt der Landeshand­ werksrat Schleswig-Holstein hervor, daß die Handwerkskammern nicht selten über § 1 1 1 II ArbGG hinaus bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zwischen Meistern und ausgelernten Arbeitnehmern vermittelten.

A. Grundsätzliches

303

Ein erheblicher Teil der befragten Institutionen würde die Einführung wei­ terer Schiedsverfahren vorziehen. Das läßt sich damit erklären, daß der Tätig­ keit der von den Institutionen eingesetzten Schlichtungsstellen beim Schieds­ verfahren größeres Gewicht zukäme, was mittelbar auch die Institutionen selbst aufwerten würde. Trotz aller Vorzüge der außergerichtlichen Vorverfahren soll aber auch hier nicht die generelle Einführung solcher Vorverfahren befürwortet werden. Es würde sich nämlich schnell zeigen, daß es schwierig ist, für alle Streitigkeiten eine passende Vorverfahrensstelle zu finden. Die Einrichtung von Vorverfahren setzt zunächst einmal voraus, daß es In­ stitutionen gibt, die bereit sind, Gütestellen zu unterhalten und die anfallenden Kosten zumindest teilweise zu übernehmen, damit das Ziel, eine kostengün­ stige Streitbeilegung zu ermöglichen, verwirklicht werden kann 1 . Insofern muß aber, wie die Auskünfte der befragten Verbände zeigen, mit erheblichen Schwierigkeiten gerechnet werden. Vorverfahren sind ferner - das offenbaren die Erfahrungen mit den kaum in Anspruch genommenen Schiedsmännern 2 - nur dann sinnvoll, wenn sich die Tätigkeit der Vorverfahrensstellen auf einen eng begrenzten Lebensbereich beschränkt, für welchen die Ausschüsse in besonderem Maße sachkundig sind. Denn nur dann kommt ihrem Vergleichsvorschlag oder Spruch die erforderliche Autorität zu. Es dürfte schwer fallen, derartige Vorverfahrensstellen für alle denkbaren Streitigkeiten zu finden. Die Frage, ob eine Ausdehnung des außer­ gerichtlichen Vorverfahrens angezeigt ist, kann deshalb m.E. nicht pauschal und einheitlich für alle zivilrechtlichen Streitigkeiten beantwortet werden. Neue Vorverfahren sollten vielmehr nur für solche Streitigkeiten eingerichtet werden, bei denen ein spezielles Bedürfnis hierfür erkennbar ist. Dabei kom­ men insbesondere solche Materien in Betracht, bei denen die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts schwierig ist und einen Sachverständigen erfordert. Denn in diesen Bereichen erledigt sich der Streitfall regelmäßig bereits dann, wenn der Sachverhalt durch eine neutrale, vertrauenswürdige Stelle aufgeklärt wird. In diesen Bereichen sollte vermieden werden, daß die Parteien die Ge­ richte allein deshalb anrufen, damit der Sachverhalt ermittelt werde. Die einzelnen Bereiche, in denen ein Bedürfnis für die Einrichtung weiterer Vorverfahren besteht, lassen sich am besten erkennen, wenn man betrachtet, wo bereits heute Schlichtungsstellen oder ähnliche Institutionen vorhanden sind. Erwägungen über die Einrichtung neuer Vorverfahren sollten deshalb von dem Vorhandenen ausgehen und dessen Erweiterung und Ausgestaltung ins Auge fassen. Hierbei bieten sich folgende Wege an: 1 Auf dieses Problem wies mich insbesondere die IHK Lindau in ihrem Schreiben vom 20.3 . 1 975 hin. 2 siehe dazu oben im 1 2. Abschnitt unter B I 1 2 und II 4.

304

1 5 . Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

B . Erweiterung der Zuständigkeit der Einigungsstellen nach § 27 a UWG Es erscheint zunächst empfehlenswert, die Zuständigkeit der Einigungs­ stellen der Industrie- und Handelskammern auf Streitigkeiten über das Dis­ kriminierungsverbot gemäß § 26 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkun­ gen (GWB) auszudehnen. Bereits jetzt beschränkt sich die Zuständigkeit die­ ser in § 27 a UWG vorgesehenen Einigungsstellen nicht auf das Recht des un­ lauteren Wettbewerbs: Die Einigungsstellen sind vielmehr auch für solche Streitigkeiten zuständig, die das Rabattrecht oder die Zugabeverordnung be­ treffen 1 . Ich greife insoweit einen Vorschlag auf, den der Deutsche Industrie­ und Handelstag und die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Industrie- und Handelskammern mir vortrugen 2 • Der Vorschlag trägt dem Umstand Rech­ nung, daß das Diskriminierungsverbot in letzter Zeit, wie ein Gutachten der Monopolkommission 3 und mehrere Entscheidungen der Rechtsprechung4 deutlich gemacht haben, an praktischer Bedeutung gewonnen hat und der Gesetzgeber das Verbot aufgrund dieser Entwicklung präzisiert und erweitert hat 5 • Für diesen Vorschlag spricht zunächst, daß die Problematik des § 26 GWB nicht nur von der Sache her mit der des UWG eng verwandt ist: Diskriminie­ rungen haben wie Wettbewerbsverstöße vielfach eine erhebliche Breitenwir­ kung, sie erfordern deshalb wie diese eine umgehende Bereinigung6 • Bürger­ liche Rechtsstreitigkeiten aus § 26 GWB haben weiterhin gleich den Wettbe­ werbsstreitigkeiten, die das . U WG betreffen, häufig einen hohen Streitwert, so daß kleinere und mittlere Betriebe sich wegen des hohen Kostenrisikos oft scheuen, die Gerichte anzurufen, zumal der Ausgang derartiger Prozesse wegen der Schwierigkeit der Materie äußerst schwer vorherzusehen ist 7 • Bei Schadensersatzansprüchen aus § 35 i.V. mit § 26 GWB stehen regelmäßig kleinere bis mittlere Firmen großen Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen gegen­ über. Der in § 87 GWB vorgesehenen Möglichkeit, bei solchen Streitigkeiten die Gerichte anzurufen, kommt deshalb in der Praxis kaum Bedeutung zu. Kleinere und mittlere Unter­ nehmen schrecken auch vielfach davor zurück, die Kartellbehörden anzurufen, was das

1

siehe oben im 2. Abschnitt unter 3 c. Schreiben des DIHT vom 23.4 . 1 9 7 5 . 3 s . das im Auftrag der Bundesregierung erstellte Gutachten „Mißbrauch der Nachfra­ gemacht und Möglichkeiten zu ihrer Kontrolle im Rahmen des Gesetzes gegen Wettbe­ werbsbeschränkungen", vgl. dazu DB 1 977, S. 1 1 27 ff. 4 s. z.B. die Entscheidungen WuW/E BGH 1 39 1 ff. ,,Rossignol", WuW/E OLG 1 973 ff. ,,Reformhaus-Genossenschaft", WuW/E BGH 1 4 23 ff. ,,Sehhilfen", WuW/E OLG 1 548 ff. ,,SABA". 5 s. § 26 GWB i.d. Fassung des Gesetzes vom 26.4 . 1 980 (BGBI. I S . 458). • Das betonte der DIHT in seinem Schreiben. 7 siehe dazu oben im 3. Abschnitt unter B III. 2

B. Ausbau der Einigungsstellen nach § 27 a UWG

305

Bundeskartellamt 1 977 veranlaßte, einen „Arbeitskreis kleine und mittlere Unternehmen" zu errichten• .

Vorverfahren über kartellrechtliche Streitigkeiten würden auch in besonde­ rem Maße dem Zweck des § 9 1 GWB gerecht werden. Diese Vorschrift schließt Schiedsverträge über kartellrechtliche Streitigkeiten weitgehend aus. Schiedsverträge sind danach ohne weiteres wirksam, wenn sie bereits entstandene Rechtsstreitigkeiten betreffen und gemäß § 1 027 I ZPO in einer besonderen Urkunde fest­ gehalten werden (§ 91 II GWB). Schiedsverträge über künftige Streitigkeiten dagegen ha­ ben nur Gültigkeit, wenn sie jedem Beteiligten das Recht gewähren, im Einzelfall statt der Entscheidung durch das Schiedsgericht eine Entscheidung durch das ordentliche Ge­ richt zu verlangen (§ 9 1 I GWB).

Der Gesetzgeber des GWB wollte sicherstellen, daß kartellrechtliche Streitig­ keiten im Regelfall vor die staatlichen Gerichte gebracht werden können. Das außergerichtliche Vorverfahren entspricht in vollem Umfange diesem Anliegen, da es den Beteiligten nicht nur das in § 9 1 I GWB vorgesehene Wahlrecht zwi­ schen gerichtlicher und außergerichtlicher Klärung einräumt 9 , sondern den Parteien Gelegenheit gibt, ihren Streit außergerichtlich beizulegen, ohne die vom Gesetzgeber gewünschte Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, zu verlie­ ren.

C. Ausbau der Schiedsstellen für Verbraucherstreitigkeiten Ein weiteres Gebiet, für das bereits die bisherige Praxis der Vorverfahrens­ stellen ein erhebliches Bedürfnis aufgezeigt hat, ist das weite Feld der Ver­ braucherstreitigkeiten. I. Allgemeine Erwägungen Die rechtspolitische Notwendigkeit, den Verbraucherschutz zu fördern und zu erweitern, ist heute allgemein anerkannt. Das zeigen z.B. der „Zweite Bericht der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik" 1 und das Schlußgutach­ ten der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission für wirtschaftlichen

8 s. Presseinformation des Bundeskartellamtes Nr. 5/77 vom 7 . 1 . 1 97 7 ; vgl. dazu DB 1 977, s. 1 98. 9 Vgl. dazu etwa Riesenkampf/ / Gres, GWB, § 9 1 , Anm. 3 . 1 BT-Drucks. 7/4 1 8 1 .

2 0 Preibisch

306

15. Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

und sozialen Wandel 2 • Eines der Hauptanliegen des Verbraucherschutzes muß es sein, die Durchsetzung individueller Verbraucheransprüche zu ermöglichen oder zu erleichtern. 3 Es hat sich nämlich gezeigt, daß die Verbraucher Ansprüche, die ihnen aufgrund ver­ braucherschützender Normen gegen die Anbieter zustehen, aus einer ganzen Reihe von Gründen häufig nicht geltend machen: wegen fehlender Rechtskenntnisse, wegen des Gefühls der Unterlegenheit, aus Scheu vor dem erforderlichen Aufwand an Energie, Zeit und Geld, wegen des Prozeßrisikos, wegen mangelnden Vertrauens in Justiz und Anwalt­ schaft. 4 Besondere Bedeutung kommt dabei dem Umstand zu, daß bei den Verbraucher­ streitigkeiten vielfach nur relativ geringe Summen in Frage stehen, die in keinem Verhält­ nis zu dem Kostenrisiko stehen, das ein Gerichtsverfahren mit sich bringt. 5 Die Verbrau­ cher scheuen sich deshalb, zur Durchsetzung ihrer Ansprüche, insbesondere von Rekla­ mationsansprüchen, das gerichtliche Rechtsschutzverfahren in Anspruch zu nehmen, was zum Teil auch daran liegt, daß sich in Anbetracht des geringen Streitwertes die Rechts­ anwälte nur ungern bereit finden, Verbraucherfälle zu bearbeiten.• Verbraucherstreitigkeiten, insbesondere die Bagatellstreitigkeiten unter ihnen, erfor­ dern deshalb ein handliches, kostengünstiges und schnelles Verfahren.' Das außergericht­ liche Vorverfahren ist das geeignete Mittel: Seine einfache Ausgestaltung gestattet es auch Angehörigen der unteren Schichten, dieses Verfahren ohne anwaltliche Hilfe einzuleiten. Wegen seiner geringen Kosten und seiner Schnelligkeit verlangt es von dem Verbraucher auch keine überdu�chschnittliche, in keinem Verhältnis zum Streitwert stehende Hart­ näckigkeit bei der Durchsetzung seiner Ansprüche. Es verwundert deshalb nicht, daß heute allerorts nach außergerichtlichen Vorverfahren für Verbraucherstreitigkeiten gerufen wird 8 • Die Bundesregierung hat sich in ihren Berichten zur Verbraucherpolitik an die Spitze der Fürstreiter gestellt.•

Es wurde im ersten Teil dieser Arbeit 10 dargestellt, daß es heute eine Reihe von Vorverfahrensstellen gibt, die in Verbraucherstreitigkeiten angerufen wer­ den können. Vor allem die in den letzten Jahren bei fast allen Industrie- und Handelskammern errichteten Schlichtungsstellen bedeuten einen großen Schritt vorwärts. Das schließt jedoch weitere Verbesserungen nicht aus. 2 siehe: ,,Wirtschaftlicher und sozialer Wandel in der Bundesrepublik Deutschland Gutachten der Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel" (Schlußgutachten), veröffentlicht durch die Bundesregierung, Der Bundesminister für Arbeit und Sozialord­ nung, 1 977, Kap. IX; vgl. ferner zur Bedeutung des Verbraucherschutzes: Simitis, Ver­ braucherschutz, S. 21 ff. ; von Hippe/, RabelsZ 1 976, S. 5 1 3 ff. mwN. • von Hippe/ (Fußn. 2); ders., Verbraucherschutz, S. 90 ff. ; Schlußgutachten (Fuß­ note 2), Kap. IX, Rdnr. 1 3 , 22 ff. ; Simitis (Fußn. 2), S. 265 ff. ; vgl. auch Steinmark, ZRP 1 977, S. 1 70, 1 7 1 . 4 Vgl. dazu insbesondere von Hippe/, RabelsZ 1 976, S . 5 1 3, 530; ders., Verbraucher­ schutz, S. 9 1 . Näheres im 1 3. Abschnitt unter D. 5 siehe den (ersten) ,,Bericht zur Verbraucherpolitik" der Bundesregierung vom 1 8 . 1 0. 1 97 1 , BT-Drucks. VI/27 24, S. 9; von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 9 1 . • von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 9 1 ; ders., RabelsZ 1 976, S. 5 1 3, 5 3 1 . ' Vgl. Eike von Hippe/ (Fußn. 6). • von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 97 ff. ; Reich, in: Reich / Tonner, Verbraucher und Recht, S. 24 1 ; ders., ZRP 1 974, S. 1 87, 194; Bericht in „test" 1 976, S. 602 -f. ; vgl. auch Zitscher, ZRP 1 977, S. 27, 28; Bender, DRiZ 1 976, S. 193, 1 96. • BT-Drucks. Vl/2724, S. 9 (unter 7.5) und BT-Drucks. 7/4 1 8 1 , S. 8. 10 im 2. Abschnitt unter A I 4.

C. Ausbau der Schiedsstellen für Verbraucher

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II. Die Mängel des heutigen Zustands Der heute erreichte Zustand läßt noch einige Wünsche offen. Die Schlich­ tungsstellen der Industrie- und Handelskammern sind nicht für Streitigkeiten mit Handwerkern zuständig. Für derartige Streitigkeiten stehen nur die bei den Handwerkskammern und -innungen errichteten Gütestellen zur Verfügung. Das bei diesen Institutionen bestehende Netz der Vorverfahrensstellen ist jedoch noch keineswegs so vollständig wie das der Schlichtungsstellen bei den Indu­ strie- und Handelskammern. Hier bleibt also noch manches zu tun. Die Hand­ werksinnungen und -kammern sollten deshalb angeregt werden, von ihrer in der Handwerksordnung 1 1 vorgesehenen Kompetenz zur Errichtung derartiger Stel­ len intensiver Gebrauch zu machen. Vorverfahren sollten künftig insbesondere generell für Streitigkeiten über Baumängel kleineren Umfangs möglich sein, für die ein Verfahren vor dem ordentlichen Gericht oder einem Schiedsgericht zu aufwendig ist. 12 Dadurch ließe sich eine erhebliche Entlastung der Gerichte er­ reichen. Denn 50 % aller Prozesse , in denen ein Sachverständigengutachten ein­ geholt wird, betreffen Bausachen 1 3 Zu einem gewissen Grade könnte der heute in Schweden erreichte Zustand Vorbild sein, wo 1 96 8 ein öffentlicher Beschwerdeausschuß geschaffen wurde, der in mehreren für einzelne Wirtschaftszweige zuständigen Abteilungen arbeitet. Es bestehen Abteilungen für Touristik, Kraftfahrzeuge, Textilien, Elektrogeräte, Boote und sonstiges. Der Beschwerde­ ausschuß ist nur für solche Wirtschaftszweige nicht zuständig, die - wie etwa die Möbel­ branche - bereits von sich aus Schiedsstellen geschaffen haben. 14 Zu überlegen wäre ferner, ob die Zuständigkeit der Schlichtungsstellen über Kauf- und Werkverträge hinaus auch auf Miet- und Leasingverträge über bewegliche Sachen erstreckt werden sollte. 1 '

III. Möglichkeiten zur Förderung des Vorverfahrens in Verbraucherstreitigkeiten Der Staat könnte den Ausbau des Vorverfahrens in Verbraucherstreitigkei­ ten dadurch fördern, daß er sowohl die Einrichtung neuer Gütestellen als auch die Arbeit der Ausschüsse erleichtert. 11

siehe dazu oben im 2. Abschnitt unter A I 4 a. So auch Roth weiler / Sauer, NJW 1 978, S . 797, 798, die darüber hinaus Vorverfah­ ren für Streitigkeiten über Maklerprovisionen und für Streitigkeiten aus dem von den Län­ dern geschaffenen Nachbarrecht vorschlagen 1 3 Pieper, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 4 (1975), S. 3 2 1 ff. 14 s. hierzu: Council of Europe, Committee of Experts on the Legal Protection of CQnsumers, Replies by Governments to the Questionnaires on the judical and quasi-judical systems for the protection of consumer's rights and on the improper terms in sales, hire­ purchase and hire-contracts concerning movables goods, Documents EXP, Prot.Jur.Cons. (73)2, S. 52 f. ; von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 1 00 mwN . " Vgl. dazu den in Fußn. 14 genannten Bericht des Europarates. 12

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15. Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

1. Schaffung einer Musterverfahrensordnung

Das könnte zunächst dadurch geschehen, daß der Staat im Wege der Gesetz­ gebung eine Musterverfahrensordnung für Vorverfahrensstellen schafft. 16 Ein ähnlicher Vorschlag ist bisher für das Schiedsgutachterverfahren unterbreitet wor­ den. Der Gesetzgeber wurde aufgefordert, allgemeine Richtlinien für das Schiedsgutach­ terverfahren zu erlassen. 1 7

Dabei wäre dafür zu sorgen, daß diese Verfahrensordnung möglichst weit­ gehend angewendet wird. Zu diesem Zwecke könnte das Gesetz vorsehen, daß die Verfahrensvorschriften gelten, wenn die errichtende Institution darauf ver­ weist. Man könnte aber auch vorschreiben, daß die Verfahrensordnung inso­ weit gilt, als die errichtende Institution nichts anderes bestimmt. Ein solcher Schritt würde zum einen die Errichtung neuer Vorverfahrensstel­ len erleichtern. Denn den errichtenden Institutionen würde die mühevolle Arbeit abgenommen, eine zweckmäßige Verfahrensordnung zu schaffen. Auf diese Weise könnte darüber hinaus ganz allgemein die Fortbildung und weitere Entfaltung des Rechtsinstituts „Vorverfahren in Streitigkeiten der Zi­ vilgerichtsbarkeit" gefördert werden. Es hat sich nämlich gezeigt, daß die Vor­ schriften über Vorverfahren regelmäßig sehr lückenhaft sind. 1 8 Die Bestimmun­ gen über das Vorverfahren beschränken sich vielfach darauf, die Einrichtung der Schiedsstelle vorzusehen und deren Zuständigkeit abzugrenzen. Die Grund­ züge des Verfahrens werden entweder gar nicht behandelt oder nur bruchstück­ haft geregelt. Dadurch bleiben viele Fragen, die sich in ähnlicher Weise prak­ tisch bei allen Vorverfahren stellen, offen. Eine gründlich erarbeitete Muster­ verfahrensordnung würde hier eine große Hilfe sein. Sie könnte im übrigen auch verhindern, daß die einzelnen Vorverfahren ohne sachlichen Grund verschieden ausgestaltet sind. Eine solche Vereinheitlichung würde es dem Rechtsuchenden erleichtern, sich zurecht zu finden. 2. Ausdehnung der Rechtsverbindlichkeit und Vollstreckbarkeit des Schiedsstellenspruches

Der Gesetzgeber könnte die Effektivität des Vorverfahrens aber auch da­ durch erhöhen, daß er den Sprüchen der Schiedsstelle größere Bedeutung zu­ mißt. Er könnte vorsehen, daß die Sprüche der Vorverfahrensstellen generell rechtsverbindlich werden, wenn die Parteien nicht innerhalb einer bestimmten Frist das Gericht anrufen. Durch eine solche Regelung würde verhindert, daß unseriöse Firmen die Entscheidungen der Schlichtungsstellen einfach ignorie16 Die Frage, ob Schiedsstellen errichtet werden, sollte dagegen der Entscheidung der betroffenen Verbände überlassen bleiben, ebenso : Rothweiler / Sauer, NJW 1 9 7 8 , S. 797, 799. 1 7 A smus, ZVersWiss 1 962, S . 1 97, 202 ; Goudefroy, ZVersWiss 1 943, S. 1 3. 18 siehe die Nachweise im 6. Abschnitt, Fußn. 2.

C. Ausbau der Schiedsstellen für Verbraucher

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ren. 1 9 Dabei könnte zugleich bestimmt werden, daß Vergleiche und verbindlich gewordene Sprüche vollstreckbare Titel sind. Derartige Bestimmungen kommen an sich für alle Vorverfahrensstellen in Betracht, also auch für solche , die von privaten Verbänden errichtet werden. Die gesetzlich angeordnete Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit setzt jedoch ein gewisses Vertrauen in die Arbeit der Vorverfahrensstellen voraus, das nur nach sorgfältiger Prüfung der Zusammensetzung und bisherigen Arbeitsweise der Gütestelle gerechtfertigt sein kann. Deshalb sollten gesetzliche Vorschrif­ ten über die Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit für von Verbänden errich­ tete Vorverfahrensstellen in Analogie zu § 794 I Nr. 1 ZPO nur dann gelten, wenn diese Stellen zuvor von der Landesjustizverwaltung anerkannt wurden. 3. Vorschriften über die Besetzung der Vorverfahrensstellen Für Schlichtungsstellen der Innungen und Kammern könnten darüber hin­ aus zwingende gesetzliche Vorschriften über deren Besetzung erlassen werden. Auf diese Weise ließe sich sicherstellen, daß die Gütestellen paritätisch besetzt werden. Denn die zweckmäßigste Zusammensetzung solcher Schlichtungsstel­ len wird allgemein darin gesehen, daß dem Gremium gleich viele Repräsentan­ ten der Anbieter- und der Verbraucherseite und ein neutraler Vorsitzender an­ gehören. 20 IV. Der Vorschlag von Hippels

Eike von Hippe/ hat den Kammern, Innungen und Wirtschaftsverbänden vorgeschlagen, die Bedeutung der Vorverfahren zusätzlich dadurch zu erhöhen, daß diese Vereinigungen ihre Mitglieder verpflichten, die Entscheidungen der für sie zuständigen Schlichtungsstellen zu respektieren 21 . Dieser Vorschlag ist teilweise schon verwirklicht worden. So waren in Hamburg, als das Verfahren vor den Schlichtungsstellen des Kraftfahrzeughandwerks noch ein Vorverfahren war 22 , die der Innung angehörenden Werkstätten aufgrund eines Innungsbeschlusses ver­ pflichtet, sich den Entscheidungen der Vorverfahrensstellen zu unterwerfen. 2 3 Auch für die Gegenwart läßt sich ein Beispiel anführen: Die von der Schiedsstelle des Berliner Ver­ bandes des Kraftfahrzeughandels gefällten Sprüche sind für die Mitglieder dieses Verbandes bindend. 24

Ich vermag mich diesem Vorschlag nicht anzuschließen. Ebenso von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 1 06 . So der „Zweite Bericht der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik" vom 20. 1 0. 1 975 , BT-Drucks. 7/4 1 8 1 , S. 8 (unter 3 . 1 0); Eike von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 99; Reich, in: Reich f Tonner, Verbraucher und Recht, S. 24 1 ; Bender, DRiZ 1 976, S. 193, 197. 21 Verbraucherschutz, S. 1 06 ; RabelsZ 1 976, S. 5 1 3 , 5 3 1 f. 22 s. dazu oben im 2. Abschnitt unter A I 4 a. 23 siehe von Hippe/, Verbraucherschutz, S. 98. 24 s. den Bericht in „Der Tagesspiegel" vom 8 . 1 2. 1977, S. 1 2. 19

20

310

1 5 . Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

1. Zur Rechtmäßigkeit Eine derartige Bindung der Verbandsmitglieder begegnet zunächst erheb­ lichen rechtlichen Bedenken. Die Bindungswirkung läßt sich nicht mit der allgemeinen gesetzlichen Er­ mächtigung der Innungen und Kammern rechtfertigen, Vennittlungsstellen ein­ zurichten 25 . Maßgebend für die rechtliche Beurteilung ist, daß die für bindend erklärte Entscheidung der Vorverfahrensstelle für das Verbandsmitglied die Wir­ kung eines Schiedsgerichtsurteils hat. Die Zulässigkeit der Bindung ist deshalb an den Normen über das schiedsrichterliche Verfahren zu messen. Das schiedsrichterliche Verfahren kommt grundsätzlich durch eine von den Parteien des Rechtsstreits geschlossene Vereinbarung zustande (§§ 1 025 , 1 027 ZPO). Verpflichtet die Vereinigung ihre Mitglieder, so fehlt eine solche Verein­ barung ; denn die Körperschaft ist an dem von der Schiedsstelle zu klärenden Rechtsstreit nicht beteiligt. Aus § 1 048 ZPO ergibt sich jedoch, daß das Schiedsgerichtsverfahren auch durch Satzung vorgeschrieben werden kann. 26 Diese Vorschrift enthält nämlich Bestimmungen „für Schiedsgerichte, die in gesetzlich statthafter Weise durch . . . andere nicht auf Vereinbarung beruhende Verfügungen angeordnet wer­ den". § 1 048 ZPO setzt allerdings die Statthaftigkeit der statuarischen Anord­ nung voraus, besagt also nichts darüber, inwieweit Verbände aufgrund ihrer Satzungsgewalt den staatlichen Richter ausschließen können. 2 7 Diese Frage ist vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen zur Satzungsgewalt zu beurteilen, etwa nach § § 2 1 ff. , 80 ff. BGB. 28 a) Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, daß die Satzung den Mit­ gliedern die Verpflichtung auferlegt, Streitigkeiten mit Nichtmitgliedern ver­ bindlich durch nichtstaatliche Instanzen entscheiden zu lassen. Die Satzungs­ autonomie umfaßt nach allgemeiner Auffassung nur Streitigkeiten aus dem Mit­ gliedschaftsverhältnis, nicht aber solche über individualrechtliche Ansprüche.

25 siehe dazu im 4. Abschnitt unter B III. 26 Vgl. BGH , Urt. v. 22.5 . 1 96 7 , BGHZ 48, S. 3 5 , 4 3 ; Stein / Jonas / Schlosser, ZPO, § 1 048, Anm. II, 1 u. 3 ; Baumbach / Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 224 f. ; Nicklisch , BB 1 97 2 , S. 1 285 ; Zöller / Scherübl, ZPO, § 1 04 8 , Anm . ; Wieczorek, ZPO, § 1 04 8 , Anm. A I ; Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, § 1 74 IV; vgl. auch Vollmer, Satzungsmäßige S�hiedsklauseln, S. 62 f. ; Reichert / Dannecker / Kühr, Handbuch, S. 4 1 9 (Rdnr. 1 0 8 2 ) ; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S . 2 4 5 f. 2 7 Baumbach / Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 224. 2 • Baumbach / Schwab (Fußn. 27), S . 226 ; Zöller / Scherübl, ZPO, § 1 048, Anm . ; Wieczorek, ZPO, § 1 048, Anm. A I ; Rosenberg / Schwab , Zivilprozeßrecht, § 1 74 IV.

C. Ausbau der Schiedsstellen für Verbraucher

311

Die Streitigkeiten müssen also den Verein betreffende Rechtsverhältnisse zum Gegenstand haben. 29 b) Bei den Innungen und Kammern kommt hinzu, daß die statuarische Anordnung eines Schiedsgerichtsverfahrens durch öffentlich-rechtliche Kör­ perschaften nach Auffassung des BGH einer gesetzlichen Grundlage bedarf. 30 c) Derartige Satzungsbestimmungen dürften aber nicht nur vereinsrechtlich, sondern auch prozeßrechtlich unzulässig sein, weil der Verband nicht befugt ist, über die zwischen dem Mitglied und dessen Geschäftspartnern bestehenden Rechte zu verfügen. 3 1 Das Erfordernis der Verfügungsmacht, das sich aus § 1 025 I ZPO ergibt, gilt nämlich nach § 1 048 ZPO in gleicher Weise für sat­ zungsrechtliche Schiedsklauseln. d) Es erheben sich des weiteren verfassungsrechtliche Bedenken, welche vor allem Schlosser aufgezeigt hat 32 • Die verfassungsrechtliche Garantie effektiven Rechtsschutzes durch die staatlichen Gerichte 33 und der in Art. 1 0 1 I S. 2 GG enthaltene Anspruch auf den gesetzlichen Richter, verbieten es dem Staat, dem Rechtsuchenden den Zugang zu den staatlichen Gerichten gegen dessen Willen zu versperren. Deshalb darf der Staat die öffentlich-rechtlichen Innungen und Kammern nicht ermächtigen, ihre Mitglieder in der Satzung zu verpflichten, nicht-staatliche Streitentscheidungen als endgültig hinzunehmen. 34 Nach Schlosser ist es dem Staat darüber hinaus auch verwehrt zuzulassen, daß pri­ vate Verbände ihren Mitgliedern die Anrufung des gesetzlichen Richters un­ tersagen. 35 Danach wäre die von Eike von Hippe/ vorgeschlagene Bindung verfassungsrechtlich unzulässig. 36

29 BGH, Urt. v. 22.5 . 1 96 7 , BGHZ 48, S. 3 5 , 43 ; Urt. v. 25 . 1 0 . 1 962, BGHZ 38, S. 1 5 5 , 1 6 1 ; OLG Frankfurt, Urt. v. 6.6 . 1 930, JW 1 930, S. 3490 ; Baumbach / Schwab (Fußn. 27), S. 226; Vollmer, Satzungsmäßige Schiedsklauseln, S. 67 f. , 77, 79 u. 8 l ; Lukes, Festschrift für Nipperdey, Bd. II, S. 365, 37 1 , Fußn. ! ? ; Reichert / Dannecker / Kühr, Handbuch, S. 424 (Rdnr. 1 096). 0 ' BGH, Urt. v. 22.5 . 1 96 7 , BGHZ 48, S. 35, 44. " Vollmer (Fußn. 29), S. 79 ; s. auch Krause, Geschichtliche Entwicklung des Schieds­ gerichtswesens, S. 76. " Vgl. hierzu und zum folgenden: Stein / Jonas / Schlosser, ZPO, § 1 048, Anm, II, 3 ; Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, S . 1 1 8 mwN. " s. dazu im 4. Abschnitt unter A I 1 . 34 s . dazu insbesondere, Vollmer (Fußn. 29), S . 1 02 ff. (vor allem S. 1 04, Text bei Fußn. 69); s. auch Lukes (Fußn. 29). " Ebenso für die Weimarer Reichsverfassung: Heinemann, GruchBeitr 7 1 (1 933), S. 3 1 6 , 3 1 9 ff. , insbes. S. 328; für das Grundgesetz : Schütte, Diss., 1 06 u. 1 28 ; a.M . : Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 244 ; Reichert / Dannecker / Kühr, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, S. 420 (Rdnr. 1 085). 6 ' Vgl. dazu auch Vollmer, Satzungsmäßige Schiedsklauseln, S. 1 05 ff., insbes. S . 1 09 f.

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1 5 . Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

2. Zur Zweckmäßigkeit Es erscheint im übrigen auch nicht zweckmäßig, den Verbandsmitgliedern die Einschaltung der Gerichte zu verbieten. Das Vorverfahren ist ein schnelles, einfaches und deshalb in vieler Hinsicht summarisches Verfahren. Die Mög­ lichkeiten der Vorverfahrensstellen, den Sachverhalt aufzuklären, sind be­ grenzt. Beiden Parteien sollte deshalb die Möglichkeit offen stehen, die Ent­ scheidung der Schiedsstelle überprüfen zu lassen. V. Zur Tendenz, Vorverfahren in Schiedsgutachterverfahren umzuwandeln Ein Ausbau der Schiedsstellen für Verbraucherstreitigkeiten läßt sich nur erreichen, wenn der gegenwärtig festzustellenden Tendenz entgegengewirkt wird, vorhandene Vorverfahren in Schiedsgutachterverfahren umzuwandeln. Von dieser Entwicklung wurden insbesondere die Schiedsstellen des Kraft­ fahrzeug-Handwerks betroffen. Diese Schiedsstellen werden heute nur noch dann tätig, wenn beide Parteien akzeptieren, daß die tatsächlichen Feststel­ lungen des Gremiums für das Gericht bindend sind 37 • Diese Veränderungen stellen einen bedauerlichen Rückschritt dar. Denn sie führen dazu, daß die Anrufung der Schiedsstellen den Parteien weitgehend die Möglichkeit nimmt, ihren Streitfall von den staatlichen Gerichten entscheiden zu lassen. 38 Für eine solche Umgestaltung ist auch kein anerkennenswertes Bedürfnis vorhanden. Das außergerichtliche Vorverfahren ist dem Schiedsgutachterverfahren viel­ mehr vorzuziehen. Doch damit ist schon das nächste Gebiet, das mir für eine Ausdehnung des Vorverfahrens geeignet scheint, berührt.

siehe oben im 2. Abschnitt unter A I 4 a. Ähnlich Bluth, Rebellion der Verbraucher, S. 59 ff. ; vgl. dazu auch Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 798. 31 38

D. Ersetzung des Schiedsgutachterverfahrens

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D. Ersetzung des Schiedsgutachterverfahrens durch das außergerichtliche Vorverfahren Die Einführung außergerichtlicher Vorverfahren scheint mir auch dort geboten zu sein, wo wir heute das Schiedsgutachterverfahren haben. 1. Werren und Verbreitung des Schiedsgutachterverfahrens Das Wesen des Schiedsgutachterverfahrens 1 wurde bereits dargelegt 2 • Zu­ sammenfassend sei noch einmal festgestellt : Im Schiedsgutachten wird (grundsätzlich) nur über einzelne Voraussetzun­ gen eines Anspruchs, über Streitelemente, entschieden, nicht aber über den ganzen Anspruch. Das Schiedsgutachten schließt die Anrufung der staatlichen Gerichte nicht aus. Sein Inhalt ist aber für den staatlichen Richter weitgehend bindend. Schiedsgutachterverfahren sind weit verbreitet . 1 . Der häufigste Fall ist die sog. Qulitätsarbitrage des kaufmännischen Ver­ kehrs. Der Schiedsgutachter stellt verbindlich fest, ob die Qualität einer Ware den vereinbarten Anforderungen genügt 3 . Die Qualitätsarbitrage ist vor allem im Import- und Exportgeschäft sehr verbreitet, so z.B. beim Handel mit Kaffee, Kakao, Baumwolle, ölen und Chemikalien. Sie ist in den Geschäftsbedingungen der kaufmännischen Vereinigungen vorgesehen, wie etwa in der „Hamburger Handelskammer-Arbitrage"4 • Die Kaufleute nehmen in ihren Verträgen regel­ mäßig auf diese Geschäftsbedingungen Bezug 5 • 2 . Das Schiedsgutachten spielt weiterhin eine wichtige Rolle im Versiche­ rungswesen. Es gibt kaum einen Zweig der Schadens- oder Unfallversicherung, in dessen Allgemeinen Versicherungs-Bedingungen nicht ein Sachverständigen­ verfahren zur verbindlichen Feststellung der Schadenshöhe, oft auch des Ur1 Unter dem Begriff „Schiedsgutachten" verbergen sich verschiedene Fallgestaltungen. Hier soll nur vom Schiedsgutachten im eigentl. Sinne, dem feststellenden Schiedsgutach­ ten, die Rede sein, vgl. hierzu : Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 24 ; Sieg, VersR 1965, S. 629; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 25 1 ; Habscheid, Festschrift für Leh­ mann, Bd. II, S. 789; ders., KTS 1 9 5 7 , S. 1 29, 1 30. 2 siehe oben im 1. Abschnitt unter B II 3 . 3 BGH, Urt. v. 1 7 .5 . 1 96 3 , BGHZ 48, S . 25 , 3 0 ; Dütz (Fußn. 1 ) , S . 25 2 ; Sieg (Fußn. 1 ) ; Rauscher (Fußn. 1 ), S. 23 u . 72 ff. • Vgl. dazu : Stein / Jonas / Pohle / Schlosser, ZPO, vor § 1 0 25 , Anm. II 3 a ; R itter / A braham, Seeversicherung, § 74 ADS, Anm. 6 ; Rauscher (Fußn. 1 ) , S. 24 u. 34 ff. ; Grimm / Rochlitz, Schiedsgericht in der Praxis, S. 1 14 ff. ' Vgl. Rauscher.

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15. Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

sachenzusammenhangs und anderer Voraussetzungen des Versicherungsan­ spruches vorgesehen ist. 6 3 . Darüber hinaus ist das Schiedsgutachten im Bauwesen 7 , im Erbbaurecht 8 und im Siedlungs- und Heimstättenrecht 9 verbreitet. Auch im Mietrecht wird das Schiedsgutachterverfahren hin und wieder vereinbart. Das hängt damit zu­ sammen, daß § 1025 a ZPO Schiedsverträge über Mietstreitigkeiten weitgehend ausschließt. 10 II. Zweck und Vorzüge des Schiedsgutachterverfahrens Zweck und Vorzüge des Schiedsgutachterverfahrens sind mit denen des außergerichtlichen Vorverfahrens eng verwandt. 1. Übereinstimmung mit den Vorzügen des außergerichtlichen Vorverfahrens Das Schiedsgutachterverfahren ist ebenfalls weitgehend formfrei. Es führt wie das außergerichtliche Vorverfahren zur frühzeitigen Einschal­ tung von Sachverständigen, wo auch der Richter nicht ohne Sachverständige entscheiden kann 1 1 , und hilft so, die Zahl der herangezogenen Sachverständi­ gen niedrig zu halten. Denn es vermeidet, daß in einem anschließenden Prozeß gleich mehrfach Experten hinzugezogen werden müssen: Die Parteien können im gerichtlichen Verfahren häufig die richtigen Prozeßanträge nur stellen, wenn sie sich vor Prozeßbeginn durch Sachverständige beraten ließen. 1 2 Sie müssen sich z.B. darüber schlüssig werden, ob ein Qualitätsmangel vorliegt. Gleiches gilt grundsätzlich für das Versicherungsrecht. Zwar ist bei Schadensersatzkla­ gen kein bezifferter Klageantrag nötig 1 3 . Der Versicherer bietet oft jedoch eine bestimmte Summe an. Der Versicherungsnehmer muß sich dann darüber schlüs­ sig werden, ob er sich mit dieser Summe abfinden will. Dazu braucht er häufig einen Sachverständigen, der neben dem gerichtlich bestellten Experten tätig • Vgl. Stein / Jonas / Pohle / Schlosser (Fußn. 4 ) ; Eichler, Versicherungsrecht, S. 277; Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S . 4 1 ff. ; Beispiele: § 15 AFB, § 14 AKB, § 12 AUB, § 10 EVB, § 12 ADH, § 14 VHB, § 16 AWB, § 15 AEB, § 1 2 BBUB. ' Vgl. VOB/B, § 18 Nr. 3 . 8 Vgl. Rauscher (Fußn. 6 ) , S. 49. • s. Rauscher (Fußn. 6), S. 49. 1 ° Früher ergab sich das Verbot des Schiedsverfahrens aus § 7 II MSchG ; vgl. Habscheid, Festschrift für Lehmann, Bd. II, S. 789, 792; Ge/haar, DB 1968, S. 743. 11 s. Ehrenzweig, Versicherungsvertragsrecht, S. 190 ; Rauscher (Fußn. 6), S . 2 7 ; Dern, VersR 195 3 , S. 49 f. ; Fischer, LM Nr. 7 zu § 3 1 9 BGB, Anm. 12 Vgl. Fischer (Fußn. 11 ). 13 s. Baumbach / Lauterbach / A lbers / Hartmann, ZPO, § 25 3 , Anm. 5 B.

D. Ersetzung des Schieds�tachterverfahrens

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wird. Fand ein Schiedsgutachterverfahren statt, so werden regelmäßig sowohl die Beratung am Anfang des Prozesses als auch die Hinzuziehung eines gericht­ lichen Sachverständigen überflüssig. Das Schiedsgutachterverfahren fördert wie das außergerichtliche Vorverfah­ ren gütliche Einigungen, zumal die Parteien in der Regel Einfluß auf die Aus­ wahl der Sachverständigen haben und deshalb zu deren Vorschlägen besonderes Vertrauen aufbringen 14 • Aus all diesen Gründen weist das Schiedsgutachterverfahren die Vorzüge des außergerichtlichen Vorverfahrens auf, nämlich : geringere Belastung der Bezie­ hungen zwischen den Parteien 1 5 , Schnelligkeit 1 6 , Kostenersparnis 1 7 , Vermei­ dung überflüssiger Prozesse 1 8 und Entlastung der Gerichte 1 9 • 2. Verstärkung der Vorzüge durch die Bindungswirkung Die genannten Vorzüge werden noch dadurch verstärkt, daß das Schiedsgut­ achten nach h.M . für den staatlichen Richter weitgehend verbindlich ist. Danach entfällt die Bindungswirkung nur bei offenbarer Unrichtigkeit. Die h.M. beruft sich für das Versicherungsrecht auf § § 64 und 1 94 VVG, im übri­ gen auf eine entsprechende Anwendung des § 3 1 9 BGB, wonach die .Leistungs­ bestimmung eines Dritten bei offenbarer Unbilligkeit unverbindlich ist 20 • Diese Bindungswirkung führt in der Regel dazu, daß es für die Parteien keinen Sinn hat, nach dem Schiedsgutachten die Gerichte anzurufen. Denn das Schieds­ gutachten betrifft in der Regel den einzigen streitigen Punkt 2 1 • Es liegt auf der Hand, daß die Bindungswirkung des Schiedsgutachtens des­ sen Vorzüge verstärkt; das trifft insbesondere für die Schnelligkeit, die Kosten­ ersparnis und die Entlastung der Gerichte zu. III. Bedenken gegen das Schiedsgutachterverfahren

Gegen das Schiedsgutachterverfahren werden allen Vorzügen zum Trotz schwere Bedenken erhoben. 14

Asmus, ZVersWiss 1 96 2, S. 1 97, 1 99 f. ; Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 28. Vgl. BVerwG, Urt. v. 22. 1 1 . 1 960, BVerwGE 1 1 , S . 245 , 241 ; A smus (Fußn. 1 4 ) ; Ehrenzweig, Versicherungsvertragsrecht, S. 1 40. 16 Vgl. Fischer (Fußn. 1 1 ); Asmus (Fußn. 14 ), S. 1 9 8 ; Rauscher (Fußn. 1 4), S. 27. 17 A smus; Fischer; Rauscher, S. 28. 18 A smus, S. 1 97. 1 • Habscheid, Festschrift für Lehmann, Bd. II, S . 789, 80 1 ; Sieg, Festschrift für Moli­ tor, S. 34 1 , 3 5 0 ; Asmus, S. 200 ; Rauscher, S. 28 mwN . 20 Vgl. Prölss / Martin, VVG, § 65 , Anm . 3 ; Habscheid (Fußn. 1 9), S. 802 ; Thorens, KTS 1 96 8 , S. 1 93, 1 94 ff. ; Dütz, Rechtsstaatlicher Rechtsschutz, S. 250 f. mwN. 21 s. BVerwG, Urt. v. 22. 1 1 . 1 960, BVerwGE 1 1 , S. 245 , 246 ; Sieg, VersR 1 965 , S. 629, 6 30. 15

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1 5 . Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

1. Ausgangspunkt: die weitgehende Verbindlichkeit Anknüpfungspunkt aller Bedenken ist die zuletzt angesprochene weitge­ hende Verbindlichkeit des Schiedsgutachtens. Diese umfassende Verbindlichkeit beruht nicht zuletzt darauf, daß Rechts­ sprechung und h.L. den Begriff der offenbaren Unrichtigkeit eng auslegen, so daß die Schiedsgutachter fast ausnahmslos die erste und letzte Instanz sind. 22 Hier ein Beispiel : Obwohl der Schiedsgutachtenvertrag oft ausführliche Bestim­ mungen über das Verfahren enthält, sind Verfahrensmängel nach h.M. nur er­ heblich, wenn nachgewiesen wird, daß sie zur offenbaren Unrichtigkeit der Feststellungen führten. Das gilt z.B. selbst dann, wenn kein rechtliches Gehör gewährt wurde . 23 2. Prozeßrechtliche Bedenken: Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung ( § 286 ZPO) Diese weitgehende Verbindlichkeit der schiedsgutachterlichen Feststellun­ gen erscheint zunächst insofern bedenklich, als sie eine Einschränkung des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung bedeutet, eines Grund­ satzes, der nach allgemeiner Auffassung unabdingbar ist 24 . Die h.M. löst den Widerspruch zwischen der Bindungswirkung und § 286 ZPO, indem sie dem Schiedsgutachten allein materiell-rechtliche Wirkung bei­ mißt. Sie beruft sich einerseits darauf, daß das Schiedsgutachten nur in sach­ lich-rechtlichen Vorschriften wie § § 64, 1 84 VVG und 3 1 9 BGB geregelt sei. 2 5 Ihr Hauptargument aber ist, daß anderenfalls die Schiedsgutachterabrede gegen § 286 ZPO verstoße und unzulässig sei. 26 Die herrschende Auffassung findet mehr und mehr Widerspruch. Nach An­ sicht der Gegenmeinung hat die Schiedsgutachterabrede zumindest auch pro­ zessualen Charakter. 2 7 22 Vgl. Sieg, VersR 1 965, S. 629, 6 3 0 ; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 254 ; Habscheid, KTS 1 964, S. 79, 87. 23 BGH, Urt. v. 25 .6.195 2, BGHZ 6 , S. 335 ff. ; Wussow, AUB, § 1 2, Anm. 1 4 ; ders., Feuerversicherung, § 1 5 AFB, Anm. 1 2 ; Stieffel / Wussow / Hofmann, Kraftfahrzeugver­ sicherung, § 1 4 AKB, Anm. 1 3 u. § 20 AKB, Anm„ A.M. nur Wittmann, Struktur und Grundprobleme des Schiedsgutachtenvertrages, welcher der materiellen Auffassung folgt (s. dazu S. 6 3 seines Werkes), aber hinsichtlich des rechtlichen Gehörs für eine entspre­ chende Anwendung des § 1 04 1 Nr. 4 ZPO eintritt (S. 1 3 3). 24 Vgl. Thorens, KTS 1 968, S. 1 9 3 , 1 9 7 ; Baumgärtel, Prozeßhandlung, S. 25 2 f. " Vgl. Prölss / Martin, VVG, § 6 5 , Anm. 3 ; Thorens (Fußn. 24); weitere Nachw. bei Stein / Jonas / Pohle / Schlosser, ZPO, vor § 1 025 , Anm. II 3 b. 26 Baumgärtel (Fußn. 24 ); Habscheid, Festschrift für Lehmann, Bd. II, S. 789, 8 1 1 . 2 7 Sieg, VersR 1965, S . 629, 63 1 ; ders., Festschrift für Molitor, S . 34 1 , 349 ; Schieder­ mair, Vereinbarungen, S. 1 22; Habscheid, Festschrift für Lehmann, Bd. II, S. 789, 801 ff. ; ders., KTS 1 964, S. 79, 86; Stein / Jonas / Pohle / Schlosser (Fußn. 25); Baumgärtel (Fuß­ note 24 ) , S. 25 1 ; Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, S. 99; Nicklisch , BB 1 9 7 1 , S. 1 205 mwN . ; weitere Nachweise bei Wittmann, Struktur und Grundprobleme des Schiedsgutach­ tenverfahrens, S. 5 7 ff.

D. Ersetzung des Schiedsgutachterverfahrens

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Zur Begründung führt sie an: die rechtliche Natur eines Vertrages bestimme sich nach dessen Wirkungen. Die Wirkungen der Schiedsgutachterabrede lägen aber vor allem auf prozessualem Gebiet. Einerseits falle dem Schiedsgutachter die Funktion eines (Teil-)Richters zu, denn er habe wie jener Tatsachen festzu­ stellen und zu subsumieren. Vor allem aber ergebe sich die prozessuale Wirkung aus der Bindung des staatlichen Richters an das Schiedsgutachten. 28 Dem ist m.E. zuzustimmen. Für den prozessualen Charakter lassen sich noch weitere Argumente anführen: a) Das Schiedsgutachten war im Bereich des Arbeitsrechts früher im ArbGG geregelt, also im Prozeßrecht. b) Die h.M. behandelt die vor Durchführung des vereinbarten Schiedsgutachterverfahrens erhobene Klage nicht als unzulässig, sondern als unbegründet, weil die Forderung noch nicht fällig sei. 2 9 Das führt zu kaum vertretbaren Ergebnissen: aa) Diese Auffassung bewirkt, daß der Eintritt des Verzugs hinausgeschoben wird. Nach dem Willen der Parteien soll die Schiedsgutachterabrede aber nur den Streitfall regeln und nicht den Eintritt des Verzugs beeinflussen. 30 Mit der h.M. ist ferner schwer zu vereinbaren, daß die Versicherer teilweise vor Abschluß des Feststellungsverfahrens Vorschüsse zahlen 3 1 • bb) Bleiben Meinungsverschiedenheiten aus, so findet kein Schiedsgutachterverfahren statt. In diesem Fall muß auch die h.M. anerkennen, daß der Anspruch schon mit dem Scha­ densfall entsteht. 32 Nach alledem düfte die Schiedsgutachterabrede prozeßrechtlichen Charakter haben.

infolgedessen sind Bedenken gegen das Schiedsgutachterverfahren im Hinblick auf den Grundsatz der freien richterlichen Beweisführung nicht von der Hand zu weisen. 3. Verfassungsrechtliche Bedenken Gegen das Schiedsgutachterverfahren werden auch schwere verfassungsrecht­ liche Bedenken erhoben. Die herrschende Auffassung bejaht eine allgemeine verfassungsrechtliche Ge­ richtsschutzgarantie.33 Nach Dütz ist das Schiedsgutachterverfahren mit dieser Gerichtsschutzgarantie unvereinbar : Die Beschränkung der gerichtlichen Nach­ prüfbarkeit auf offenbare Unrichtigkeit genüge nicht dem von der Verfassung

28 Vgl. insbes. Habscheid, Festschrift für Lehmann, Bd. II, S. 789, 801 ff. ; Ruuscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 94. Siehe auch Wittmann (Fußn. 27), S . 80 ff., der die h.M. ver­ teidigt. 2 9 Vgl. Prölls / Martin, VVG, § 65 , Anm. 3 ; Wussow, AUB, § 1 2 , Anm. 7 mwN. 3 0 Vgl. Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S. 100 f. ; Habscheid, Festschrift für Lehmann, Bd. II, S. 789, 802. 3 1 s. z.B. § 17 AFB ; vgl. auch Rauscher, S. 103. 32 Vgl. Rauscher, S. 1 04 f. 33 s. dazu im 4. Abschnitt unter A I 1 .

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1 5 . Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

garantierten Anspruch auf effektiven Gerichtsschutz. Denn anders als beim Schiedsgerichtsverfahren fehlten Absicherungen, die ein Mindestmaß an gut­ achterlicher Unabhängigkeit und rechtsstaatlicher Verfahrensweise garantier­ ten. 34 4. Sonstige Bedenken Die weitgehende Verbindlichkeit des Schiedsgutachtens begegnet noch wei­ teren Bedenken : Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) und das Bundes­ verwaltungsgericht meinten, das Schiedsgutachterverfahren wahre nicht hinrei­ chend die Interessen der Versicherungsnehmer. Die Verbindlichkeit des Schieds­ gutachtens sei gefährlich , weil der Versicherungsnehmer bei der Auswahl der Sachverständigen bedeutend unbeholfener sei als der Versicherer und deshalb leicht benachteiligt werden könne . 35 Andererseits wird in zunehmendem Maße auf die Gefahren hingewiesen, die bei jedem Sachverständigengutachten gegeben sind : Die Sachverständigen seien oft oberflächlich, ihnen fehle häufig die erforderliche Sachkunde . 36 Es wird deshalb eine schärfere Kontrolle der Sachverständigengutachten gefordert. 37 Auch der Gesetzgeber scheint dem Schiedsgutachterverfahren eher reserviert gegenüber zu stehen. Denn er hat die Vorschriften des ArbGG 1 926 , welche dieses Verfahren vorsahen, nicht in das heutige ArbGG übernommen. 38 IV. Möglichkeiten, den Nachteilen des Schiedsgutachterverfahrens abzuhelfen, ohne dessen Vorteile aufzugeben Es kann letzten Endes offen bleiben, ob das Schiedsgutachten gegen die Ver­ fassung verstößt oder mit dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdi­ gung vereinbar ist. Denn in jedem Fall bleibt die Tatsache bestehen, daß die Verbindlichkeit des Schiedsgutachtens sehr bedenklich ist. Es soll deshalb ge34 Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 25 3 ff. ; a.M. Wittmann, Struktur u nd Grundprobleme des Schiedsgutachtenvertrages, S . 77 ff. 3 5 BAV, Beschluß der Beschlußkammer vom 6 . 1 2. 1 95 7 , VA 1 95 7 , S. 35 ; BVerwG, Urt. v. 22. 1 1 . 1 960, BVerwGE 1 1 , S. 245 ff. 36 Vgl. Schneider, MDR 1 975 , S. 353 f. ; ,,Der Tagesspiegel" vom 28.3. 1 976, Bericht: „Sachverständige ohne Sachverstand"; Rasehorn, NJW 1 974, S . 1 1 72, 1 1 74 , der von ,,nicht selten schlechten Gutachten" spricht. Allgemein zum Sachverständigenproblem s. oben im 1 3 . Abschnitt unter E. 3 7 s. Schneider (Fußn. 36); vgl. auch Nick/isch, BB 1 97 1 , S. 1 205, 1 208. 38 Vgl. dazu den Schrift!. Bericht des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) des Deut­ schen Bundestages über den Entwurf eines ArbGG vom 1 7. 3 . 1 95 3 , BT-Drucks. 1/4372, S . 5; Näheres dazu im 1 1 . Abschnitt unter B.

D. Ersetzung des Schiedsgutachterverfahrens

319

prüft werden, o b es möglich ist, die Nachteile des Schiedsgutachterverfahrens zu vermeiden, ohne dessen Vorteile aufzugeben. 1. Durch Anniiherung an das Schiedsverfahren ( im Wege analoger Anwendung der § § 1 02 7 ff ZPO) Man könnte daran denken, die weitgehende Verbindlichkeit des Schiedsgut­ achtens durch eine analoge Anwendung der ZPO-Vorschriften über das Schieds­ (gerichts-)verfahren einzuschränken. Dieser Weg wird von mehreren Autoren beschritten. 39 Das führt dazu, daß das Schiedsgutachten nicht nur bei offenbarer Unrichtigkeit, sondern auch in den Fällen des § 104 1 ZPO unverbindlich ist. Durch diese Erweiterung der Überprüfbarkeit wird das Schiedsgutachterverfahren bereits erheblich dem außergerichtlichen Vorverfahren angeglichen. Diesem Lösungsvorschlag sind zwei Bedenken entgegenzuhalten : a) Würde man die ZPO-Vorschriften konsequent anwenden, so käme man in vielen Fällen zur Unzulässigkeit des Schiedsgutachterverfahrens, weil die Form­ vorschrift des § 1027 ZPO fast nie erfüllt ist. Nur die kaufmännische Arbitrage bliebe zulässig (§ 1027 II ZPO). Die Verfechter der analogen Anwendbarkeit können sich nur dadurch helfen, daß sie diese Formvorschrift von der entspre­ chenden Anwendung ausschließen, weil sonst die beabsichtigte Verbesserung nicht möglich wäre. 40 b) Es ist bisher noch nicht untersucht worden, ob sich der Zweck des Schiedsgutachterverfahrens nicht auch dadurch erreichen läßt, daß man dieses Verfahren in ein außergerichtliches Vorverfahren umwandelt, also die volle Überprüfung des Gutachtens zuläßt, anstatt diese auf die Fälle des § 104 1 ZPO und der offenbaren Unrichtigkeit zu beschränken. 2. Durch das außergerichtliche Vorverfahren a) Das Schiedsgutachten kann nur dann durch das außergerichtliche Vorver­ fahren ersetzt werden, wenn es möglich ist, außergerichtliche Vorverfahren ein­ zuführen, in denen nicht über den ganzen Streit befunden wird, sondern nur über Teilelemente. Gegen eine solche Begrenzung des Vorverfahrens sind jedoch keine Bedenken ersichtlich. 4 1 b) Das außergerichtliche Vorverfahren vermag die Vorzüge des Schiedsgut­ achtens beizubehalten. Das Schiedsgutachten bietet nur insofern besondere 3 9 Sieg, VersR 1 96 5 , S. 6 29, 6 3 1 ; Habscheid, KTS 1 964, S. 79, 88 f. ; Stein / Jonas / Pohle / Schlosser, ZPO, vor § 1 02 5 , Anm. II 3 b ß; Rauscher, Schiedsgutachtenrecht, S . 1 5 8 ff. 40 Sieg, VersR 1 965, S. 6 29, 6 3 l ; Rauscher (Fußn. 39), S. 1 95 f. 41 Vgl. Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 25 6 f.

3 20

1 5 . Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

Vorteile gegenüber dem außergerichtlichen Vorverfahren, als es durch seine weitgehende Verbindlichkeit besonders prozeßvorbeugend wirkt. Das außerge­ richtliche Vorverfahren ist ihm allerdings auch in diesem Punkt in etwa eben­ bürtig. Es wurde bereits dargelegt, daß ein im außergerichtlichen Vorverfah­ ren erstelltes Sachverständigengutachten in der Regel im nachfolgenden Prozeß für das Gericht maßgeblich ist. 42 Abweichungen zum Schiedsgutachten treten nur dort ein, wo sie im Interesse eines ordnungsgemäßen Rechtsschutzes durch die staatlichen Gerichte dringend geboten sind und den schweren Bedenken ab­ helfen, welche gegen das Schiedsgutachten zu erheben sind. 43 Deshalb trifft die Ansicht, die nahezu absolute Verbindlichkeit, die das Schiedsgutachten nach h.M. hat, sei erforderlich, weil das Gutachten sonst durch bloße Ver­ dachtsmomente beseitigt werden könne 44 , nicht zu. Die hier beschworene Gefahr besteht gar nicht. Das außergerichtliche Vorverfahren erreicht somit fast vollständig die Vor­ züge des Schiedsgutachtens, meidet aber dessen Nachteile. 3. Empfehlung M.E. empfiehlt es sich deshalb, das Schiedsgutachterverfahren durch außer­ gerichtliche Vorverfahren zu ersetzen. Ich stehe mit diesem Vorschlag nicht allein ; er wurde bereits von Dütz gemacht. 45 Zu wünschen wäre, daß die Umwandlung vorhandener Schiedsgutachterver­ fahren in außergerichtliche Vorverfahren zugleich auch dazu benutzt wird, die Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis der anzurufenden Stelle auszudehnen : Die mit dem Vorverfahren befaßte Stelle sollte i m Gegensatz zu den Schieds­ gutachtern nicht nur über einzelne Streitelemente, sondern über den gesamten Anspruch befinden. Eine solche Ausdehnung der Vorverfahren ist auch deshalb angezeigt, weil es dem An­ spruchsteller nicht möglich ist, das mit einer gegen den Versicherer gerichteten Klage ver­ bundene Kostenrisiko durch eine Rechtsschutzversicherung auszuschalten: Nach den der­ zeit geltenden Allgemeinen Versicherungs-Bedingungen umfaßt die Rechtsschutzversiche­ rung nicht Klagen gegen Versicherungsunternehmen.••

Allzu große Bedeutung dürfte diesem zusätzlichen Verlangen allerdings nicht zukommen. Denn in der Regel ist - wie bereits ausgeföhrt47 - unter den Par­ teien allein das streitig, was gegenwärtig im Schiedsgutachterverfahren geklärt werden kann. 42 s. oben im 10. Abschnitt unter B IV. •• siehe im 1 0. Abschnitt unter B IV 2. 44 So Asmus, ZVersWiss 1 962, S. 1 97, 239. 45 Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 256 f. •• Vgl. dazu Surminsky, ,,Frankfurter Allgemeine Zeitung" v. 29.3. 1 977, S. 1 1 ; Geiler, VW 1 977, S. 1 422, 1423. 4 ' oben unter II 2.

D. Ersetzung des Schiedsgutachterverfahrens

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Die hier befürwortete Ausdehnung der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz dürfte in Betracht kommt. Ich sehe jedoch auf längere Sicht keinen Anlaß, diese Konsequenz privaten Versicherungswesens eingeführt wird. Denn es bestünde wenig Grund, die An­ sprüche aus solchen Versicherungsverhältnissen, die gegenwärtig kein Schiedsgutachter­ verfahren kennen, anders zu behandeln als Ansprüche, für die dieses Verfahren schon jetzt in Betracht kommt. Ich sehe jedoch auf längere Sicht keinen Anlaß, diese Konsequenz nicht zu ziehen.

V. Wege zur Verwirklichung des Vorschlags Es bleibt zu erörtern, wie sich die vorgeschlagene Umwandung der Schieds­ gutachterverfahren in außergerichtliche Vorverfahren erreichen läßt, ohne daß der Gesetzgeber bemüht werden muß. 1. lm Bereich der kaufmännischen Qualitätsarbitrage Im Bereich der kaufmännischen Qualitätsarbitrage läßt sich der Vorschlag nur realisieren, wenn man auf die kaufmännischen Vereinigungen einwirkt, wel­ che die Regeln der Mängelrüge ausarbeiten, auf deren Grundlage die Kaufleute ihre Verträge schließen. 2. Im Bereich des Versicherungsrechts Im Bereich der Versicherungswirtschaft bietet sich ein anderer Weg an : Hier könnte das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen in entsprechender Weise auf die Ausgestaltung der Allgemeinen Versicherungs-Bedingungen ein­ wirken. Das Amt hat im Bereich der Unfallversicherung durchgesetzt, daß Schieds­ gutachterverfahren und unbeschränktes gerichtliches Verfahren zur freien Wahl der Parteien nebeneinander bestehen.48 Dieser Schritt fand die Zustim­ mung des Bundesverwaltungsgerichts, weil er zur Wahrung der Belange der Versicherten erforderlich sei.49 Die Bedenken, welche Amt und Gericht gegen­ über dem Schiedsgutachten im Bereich der Unfallversicherung äußerten, beste­ hen auch im Hinblick auf die Schiedsgutachten in den anderen Versicherungs­ zweigen. Demzufolge wäre auch dort ein Einschreiten möglich. Aufsichtsamt und Bundesverwaltungsgericht haben als mögliche Verbesse­ rung bisher nur das Nebeneinander von Sachverständigenverfahren und Ge­ richtsverfahren ins Auge gefaßt. Ich meine jedoch, daß ein Nacheinander, also die Einführung von außergerichtlichen Vorverfahren, die bessere Änderung wäre und deshalb im Wege der Versicherungsaufsicht durchge�etzt werden kann und sollte. 48 Beschluß der Beschlußkammer vom 6. 1 2. 1 95 7 , VA 1 95 7 , S. 3 5 ; gestützt auf § § 1 3 S . 1 , 5 III Nr. 2 u . 8 I Nr. 2 VAG. 49 BVerwG, Urt. v. 22. 1 1 . 1 960, BVerwGE 1 1 , S. 245 ff.

2 1 Preibisch

3 22

15. Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

Bemerkt sei noch, daß das vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs­ wesen angeordnete Nebeneinander von Schiedsgutachten und Gerichtsverfah­ ren schon heute die Möglichkeit zur Durchführung eines außergerichtlichen Vorverfahrens eröffnet : § 1 2 AUB in der vom Amt veranlaßten Fassung sieht vor, daß die Parteien nach Eintrit des Versicherungsfalls innerhalb von 6 Mo­ naten den Sachverständigenausschuß oder das Gericht anrufen können. so Diese Vorschrift wird dahin ausgelegt, daß der Versicherungsnehmer das Ge­ richt innerhalb der Frist auch dann anrufen kann, wenn er sich zuvor bereits für das Verfahren vor der Sachverständigen-Kommission entschieden hatte und diese tätig geworden ist. 5 1 Infolgedessen stellt die Einführung des außergerichtlichen Vorverfahrens im Wege der Versicherungsaufsicht nur eine geringe Abweichung vom bisher be­ schrittenen Weg dar. Sie sollte dem Bundesaufsichtsamt deshalb nicht schwer fallen.

E. Vorverfahren für Ansprüche aus § 3 PflversG Für Ansprüche aus § 3 PflversG, d.h. für den Direktanspruch des Geschädig­ ten gegen den Kraftfahrzeugversicherer des Schädigers, läßt sich das außerge­ richtliche Vorverfahren nicht über die Allgemeinen Versicherungs-Bedingun­ gen einführen. Denn in diesem Fall bestehen zwischen dem Anspruchsteller und dem Versicherungsunternehmen keine vertraglichen Beziehungen, die durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geregelt werden könnten. Aber auch für diese Ansprüche erscheint ein Vorverfahren wünschenswert. Hierauf hat bereits Baumann hingewiesen, der eine Reihe von Gründen aufzählte, die für die Einführung eines solchen Vorverfahrens sprechen. 1

I. Allgemeine Zweckmäßigkeitsüberlegungen Für die Einrichtung von Vorverfahrensstellen sprechen zunächst allgemeine Zweckmäßigkeitserwägungen. 1 . Meinungsverschiedenheiten über Verkehrsunfälle sind selten rein rechtliche Strei­ tigkeiten, sondern meist tatsächlicher Natur. In Verkehrsunfallprozessen finden in über­ durchschnittlichem Maße Beweiserhebungen statt: Nur 10 % der Unfallprozesse werden

0 ' 51

§ 1 2 I ( 1 ) und (2) AUB, ebenso § 20 AKB. Vgl. Wussow, AUB, § 1 2, Anm. 4. ' VSSR 3 ( 1 9 7 5 ) , S . 1, 3 2 f.

E. Vorverfahren für Ansprüche aus § 3 PflversG

323

ohne Beweisaufnahme entschieden, in den übrigen Prozessen sind es viermal so viel. 2 Die streitigen Tatsachen können meistens nur mit Hilfe von Sachverständigen geklärt werden. 15 v.H. aller Prozesse, in denen Sachverständigengutachten eingeholt werden, betreffen Kfz-Schäden und Straßenverkehrsangelegenheiten. 3 Diese Sachverständigen könnten bereits in den Vorverfahren gehört werden. Dabei brauchte im Vorverfahren oft nicht einmal ein besonderer Sachverständiger herangezogen zu werden, weil die Mitglieder der Schiedsstelle selbst sachkundig sind. Es ist zu erwarten, daß diese Sachverständigenfeststellungen in vielen Fällen eine gütliche Einigung ermög­ lichten. Im übrigen käme diesen Feststellungen, da Vorverfahren in der Regel zügig durch­ geführt werden, auch eine beweissichernde Wirkung zu. 4 2. Gegen die Zweckmäßigkeit außergerichtlicher Verfahren spricht nicht, daß die Pro­ zeßquote bei Ansprüchen aus der Kraftfahrzeugversicherung verhältnismäßig niedrig ist. Zwar kommt es nur in 1 bis 2 v.H. Unfallsachen zum Prozeß. 5 Die Zahl der Prozesse ist dennoch, absolut gesehen, sehr hoch. Etwa 1 0 % 6 aller bei den Landgerichten in erster Instanz geführten gewöhnlichen Prozesse 7 betreffen Ansprüche aus Verkehrsunfällen. 8 Das Vorverfahren dürfte also zu einer erheblichen Entlastung der Gerichte führen. Darüber hinaus ist damit zu rechnen, daß das Vorverfahren auch durch solche Anspruchsteller ein­ geleitet würde, die den Gang zu den Gerichten scheuen. Denn die Zahl derer, die mit der Entscheidung des Versicherers unzufrieden sind, dürfte weit über der Prozeßquote liegen.' 3. Das Vorverfahren würde dem Geschädigten die Möglichkeit eröffnen, einer lang­ wierigen Schadensregulierung durch den Versicherer entgegenzutreten, ohne das mit einem Prozeß verbundene Kostenrisiko auf sich nehmen zu müssen. Damit könnte der Praxis eini­ ger Versicherungsunternehmen begegnet werden, Ansprüche dadurch abzuwehren, daß sie den Anspruchsteller auf den riskanten Klageweg verweisen. Diese Praxis, die Schadensregu­ lierung durch eine sachlich nicht berechtigte Ablehnung hinauszuzögern, ist in letzter Zeit zunehmend als Mißstand empfunden worden und hat auch in der Rechtsprechung Kritik gefunden. ' 0 Die Rechtsprechung vermag dieser Entwicklung nur dadurch entgegenzuwir­ ken, daß sie derartige Verzögerungen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksich­ tigt. " Das Vorverfahren böte ein weiteres Mittel zur Bekämpfung dieses Mißstandes; denn es verursacht nur geringe Kosten und ist schnell durchgeführt. 2

Vgl. Baumann (Fußn. 1 ), S. 3 2 ; Gessner / Kötz, JZ 1 9 7 3 , S. 92, 84. s. dazu insbesondere: von Heinz, Entsprechungen und Abwandlungen des privaten Unfall- und Haftpflichtversicherungsrechts und der gesetzlichen Unfallversicherung nach der RVO. 4 siehe im 3. Abschnitt unter B II 3 . ' Von Seiten der Versicherer wird eine Prozeßquote von 0 , 5 % (so die „Verkehrsopfer­ hilfe e.V." in ihrem Schreiben vorn 2 7 . 3 . 1 9 7 5 ) bzw. 0,6 - 0,8 % (vgl. Baumann, VSSR 3 , S. 1 , 7 ; Surminsky, ,,Frankfurter Allgemeine Zeitung" v . 29. 3 . 1 977) genannt. 6 Zahl für das Jahr 1 969, gültig für die Bundesrepublik Deutschland ohne Niedersach­ sen, s. Gessner / Kötz, JZ 1 97 3 , S. 82, 84 ; vgl. auch Baumann, VSSR 3 ( 1 975), S. ! , 3 1 . 7 D.h. ohne Berücksichtigung der Ehesachen, Rückerstattungs- und Entschädigungssa­ chen, Arreste und einstweiligen Verfügungen, Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozesse sowie der Kindschaftssachen, vgl. Gessner / Kötz, JZ 1 97 3 , S. 82, 84. 8 Darunter fallen allerdings auch die nicht durch Kraftfahrzeuge verursachten Unfälle, vgl. Gessner / Kötz (Fußn. 7). • Surminsky, ,,Frankfurter Allgemeine Zeitung" v. 29.3 . 1 9 7 7 , S. 1 1 . 0 BGH, Urt. v. 6. 1 1 . 1 973, NJW 1 974, S . 5 0 , 5 2 , insoweit in BGHZ 6 1 , S. 3 1 7 , 322 ' nicht abgedruckt. 11 Vgl. dazu Baumann (Fußn. 1 ), S. 32 mwN. sowie Palandt / Thomas, BGB, § 847 , Anm. 4 a. 3

21'

324

1 5 . Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

II. Aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung abgeleitete Argumente Für die Einrichtung von Vorverfahrensstellen, vor welchen Ansprüche aus § 3 PflversG geltend gemacht werden können, spricht ferner der Gleichbehand­ lungsgrundsatz. Wer Rechte aus § 3 PflversG erhebt, wird nämlich, solange ein Vorverfahren fehlt, schlechter gestellt als vergleichbare Anspruchsteller. Das trifft gleich in mehrfacher Hinsicht zu: 1. Der Ersatzberechtigte aus § 3 PflversG wird einerseits schlechter behan­ delt als derjenige, dem Ansprüche aus § 12 PflversG zustehen. Denn bei Forde­ rungen aus § 12 PflversG findet ein (obligatorisches) Vorverfahren statt. 1 2 Der Geschädigte, der den Direktanspruch aus § 3 PflversG geltend macht, wird schwer einsehen, daß ihm weniger Gelegenheit zur außergerichtlichen Beile­ gung seines Falles eingeräumt wird als demjenigen, der sich an den Entschädi­ gungsfonds wenden muß, weil der Schädiger Verkehrsunfallflucht beging oder weil keine Haftpflichtversicherung bestand. 13 Es trifft zwar zu, daß die Voraus­ setzungen von Ansprüchen aus § 12 PflversG vielfach schwieriger zu beurteilen sind 14 • Wie bereits dargelegt 1 5 , sind aber auch bei Streitigkeiten aus § 3 PflversG häufig schwierige Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, für die ein Vorverfah­ ren sinnvoll ist. 2 . Der Ersatzberechtigte aus § 3 PflversG ist aber auch gegenüber dem­ jenigen benachteiligt, der Ansprüche aus den Vorschriften über die gesetz­ liche Unfallversicherung herleitet : Wer aufgrund der Reichsversicherungsord­ nung Schadensersatzansprüche wegen eines Unfalls geltend macht, kann nach § 78 SGG ein Vorverfahren durchführen, bevor er Klage erhebt. Diese unterschiedliche Behandlung ist schwer verständlich : Zwischen der Kraftfahrzeug-Pflichthaftpflichtversicherung und der sozialen Unfallversiche­ rung besteht eine funktionelle Verwandtschaft. 1 6 Diese Haftpflichtversiche­ rung ist nämlich dadurch, daß der Gesetzgeber die „action directe" des § 3 PflversG einführte, funktionell gesehen zu einer Unfallversicherung der Ver­ kehrsopfer auf Rechnung der Kraftfahrer geworden. 1 7 Infolgedessen könnte die Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung heute theoretisch ohne weiteres der gesetzlichen Unfallversicherung zugeordnet werden: Das bestehende System

12

siehe dazu im 2. Abschnitt unter A I 5 . Baumann, VSSR (1975), S . 1 , 3 2 f. 14 siehe im 3. Abschnitt unter A I 4. 1 5 unter I 1 . 1 • Baumann, VSSR 3 ( 1 975), S . 1 , 1 3 , 3 0 ; vgl. dazu auch Becker, Die materielle Rechtsstellung des geschädigten Dritten in der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung im Ver­ gleich zu der des Versicherten in der sozialen Unfallversicherung, Diss. (Berlin) 1 976. 17 von Hippe/, Schadensausgleich, S. 44 f. ; Schäfer, Soziale Schäden, S. 1 1 2 ; Großfeld, VW 1 974, S . 693, 696 ; Becker (Fußn. 1 6 ), S . 3 mwN. 13

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E. Vorverfahren für Ansprüche aus § 3 PflversG

3 25

des Schadensausgleiches bei Verkehrsunfällen mittels Haftpflichtrecht und Haftpflicht­ versicherung ließe sich durch eine Unfallversicherung zugunsten der Verkehrsopfer erset­ zen. '" Eine derartige Umwandlung wurde bereits in mehreren Ländern vollzogen, zuerst in der kanadischen Provinz Saskatchewan, in Polen und in Finnland, später in verschiedenen Bundesstaaten der USA und anderen Provinzen Kanadas. 1 9 In Neuseeland wurde 1 974 die Haftpflichtversicherung für Personenschäden weitgehend durch eine umfassende Volks­ unfallversicherung ersetzt 20 ; 1 976 löste in Schweden ein Unfallversicherungssystem das Haftpflichtversicherungssystem ab 2 1 • Ähnliche Reformpläne wurden in weiteren Ländern ausgearbeitet. 2 2 Auch für die Bundesrepublik Deutschland wurde eine derartige Reform des Unfallrechts befürwortet, vor allem von Gü/lemann und Eike von Hippe/. Diese Vor­ schläge wurden in Rechtswissenschaft und Versicherungswirtschaft ausgiebig diskutiert 23 • Dabei hat sich ergeben, daß diese Anregungen in dllr Bundesrepublik Deutschland keine Aussicht auf Verwirklichung haben 24 , da sie einen erheblichen Eingriff in das Betätigungs­ feld der Versicherungswirtschaft beinhalten 25 • Nichtsdestoweniger zeigt die Diskussion, wie verwandt die Kraftfahrzeug-Pflichthaftpflichtversicherung und die soziale Unfallver­ sicherung heute sind.

Deshalb erscheint es geboten, beide Versicherungsarten verfahrensrechtlich möglichst gleich zu behandeln. Dem Verkehrsunfallopfer, dem Ansprüche aus § 3 PflversG zustehen, sollte ebenso wie dem Unfallgeschädigten, der An­ sprüche nach der RVO erhebt, die Möglichkeit eingeräumt werden, ein Vorver­ fahren durchzuführen, in dem keine hohen Kosten entstehen und das nicht so langwierig ist wie ein Prozeß. Die Einführung eines solchen Vorverfahrens würde zu einer weiteren Annäherung des Kraftverkehrs-Haftpflichtdeckungssystems an das öffentlich-rechtliche Unfall-Sicherungs­ system führen und damit die Diskussion über die Umwandlung der Kraftfahrtversicherung in eine Sozialversicherung entschärfen. So könnte wenigstens in einem Teilbereich dem Anliegen der Autoren, die eine solche Reform fordern, Rechnung getragen werden. 18 s. dazu Becker (Fußn. 1 6 ), S. 1 ff. mwN. und die Nachweise in den folgenden Fuß­ noten. 19 Nähere Nachweise bei von Hippe/ (Fußn. 17), S. 44 ; Gitter, Schadensausgleich im Arbeitsunfallrecht, S. 45 ; vgl. auch Borgemann, ZRP 1973, S. 5 3 , 5 5 . 20 s. von Hippe/, ZRP 1 977, S. 252 mwN. 21 Vgl. Bartsch, ZRP 1 975, S. 240, 243 ; Becker, Die materielle Rechtsstellung, S. 1 . 22 Vgl. Schäfer (Fußn. 1 7), S. 1 1 3; von Hippe/, ZRP 1 977, S. 25 2, 25 3 ; Ison, The Forensic Lotterie System, S. 55 f. ; A tiyah, Accidents, Compensation and the Law, S. 1 1 ; Compensation und Rehabilitation in Australia, Report of the National Committee of ln­ quiry, 1 974, S. 245 f. 23 s. dazu von Hippe/ (Fußn. 22); ders., Deutsches Autorecht 1 2 ( 1 969), S. 323 ff. ; ders., NJW 1 969, S. 6 8 1 ff. ; ders. Schadensausgleich, S. 44; Güllemann, Ausgleich von Ver­ kehrsunfallschäden im Licht internationaler Reformprojekte; Schäfer (Fußn. 1 7), S. 1 1 2 ff. ; Borgemann (Fußn. 1 9), S. 54 ff. ; Baumann (Fußn. 1 6), S. 2 f. ; O 'Conell / Grünwald, ZVersWiss 1 974, S. 277 ff. ; Weyers, Unfallschäden, Praxis und Ziele von Haftpflicht- und Vorsorgesystemen; Kötz, Sozialer Wandel im Unfallrecht; Wannagat, Festschrift für Schnorr von Carolsfeld, S. 497 ff. ; Deutsch, JZ 1 968, S. 721 ff. ; von Caemmerer, Reform der Gefährdungshaftung; Becker, Die materielle Rechtsstellung, S. 2. 24 s. dazu Baumann, VSSR 3 (1 975), S. 1 , 7 u. 30; Weyers, Unfallschäden; Deutsch, JZ 1968, S. 721, 7 24 ff. ; Becker, Die materielle Rechtsstellung, S. 4 f. u. 6. Das Prämienvolumen der Kraftverkehrsversicherung betrug 1972 8,8 Mrd. DM bei einem Gesamtprämienaufkommen von 36,8 Mrd. DM, s. dazu Baumann (Fußn. 24), S. 6.

1 5 . Abschnitt: Vorschlgäe für weitere Vorverfahren

326

III. Praktische Überlegungen zur Einrichtung von Vorverfahrensstellen Es dürfte unzweckmäßig sein, die Durchführung des hier vorgeschlagenen Vorverfahrens für Ansprüche aus § 3 PflversG der Schiedsstelle nach § 14 PflversG zu übertragen. Die Schiedsstelle wäre mit der großen Anzahl der zu erwartenden Verfahren überfordert 26 ; eine einzige Gütestelle wäre für die Be­ teiligten auch nur schwer zu erreichen. Es empfiehlt sich deshalb, eine größere Zahl von Schiedsstellen in mehreren Städten des Bundesgebietes einzurichten. Die Betreuung der Vorverfahrensstellen könnte den großen Verbänden der Ver­ sicherungsunternehmen, wie z.B. dem Verband der Haftpflichtversicherer, Unfallversicherer, Autoversicherer und Rechtsschutzversicherer (HUK-Ver­ band) e.V. oder dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft e.V. , über­ tragen werden. Bei der Besetzung der einzelnen Spruchkörper wäre sicher­ zustellen, daß diese Verbände keinen Einfluß auf die Entscheidungen der Vor­ verfahrensstellen ausüben; die Gütestellen sollten deshalb paritätisch besetzt werden.

F. Ausblick auf das Arbeits- und das Mietrecht Grundsätzlich sind ferner arbeitsrechtliche und mietrechtliche Streitigkeiten wegen ihrer erheblichen sozialen Relevanz 1 für außergerichtliche Vorverfahren sehr geeignet. Denn gerichtliche Auseinandersetzungen auf diesen Gebieten fiih­ ren zu unerfreulrchen sozialen Spannungen. Auch dürfte sich der wirtschaftlich schwächere Arbeitnehmer oder Mieter nur schwer entschließen, die Gerichte in Anspruch zu nehmen, um Ansprüche gegen den Arbeitgeber oder Vermieter durchzusetzen. 2 Hier bietet das Vorverfahren ein geeignetes Mittel zur Rechts­ verfolgung. 3

2

So auch die „Verkehrsopferhilfe e.V." in ihrem Schreiben vom 27.3 . 1 975. Vgl. dazu Röper, ZRP 1 975, S. 25 2 ; Hilden ZRP 1 977, S. 41; ders., Rechtstatsachen im Räumungsrecht, S. 1 3 f. ; Blankenburg, ZRP 1 976, S. 93, 94. 2 Ähnlich Hilden, Rechtstatsachen im Räumungsrechtsstreit, S. 1 9 . Eine von der Marplan-Forschungsgesellschaft fü r Markt und Verbrauch mbH. fü r den West­ deutschen Rundfunk durchgeführte Umfrage hat zwar ergeben, daß 79 % der Mieter bereit sind, ihre Rechte notfalls einzuklagen (vgl. Hilden, Rechtstatsachen, Fußn. 5 3 ) . Hier dürf­ ten Wort und Tat aber erheblich auseinanderklaffen. Koch und Zenz stellten nämlich fest, daß unter den Klägern in Mietstreitigkeiten ohne Räumungssachen die Vermieter z� 73 %, die Mieter dagegen nur zu 24 % vertreten waren (Koch / Zenz, Jahrbuch für Rechtssozio­ logie und Rechtstheorie, Bd. 3 (1 97 2), S. 509, 5 1 8 f.). 3 Näheres oben im 3. Abschnitt unter B 1. •

1

F. Ausblick auf das Arbeits- und Mietrecht

327

Das außergerichtliche Vorverfahren ist dem vielfach in Mietverträgen vereinbarten Schiedsgutachterverfahren vorzuziehen. Mein Vorschlag, bestehende Schiedsgutachterver­ fahren durch außergerichtliche Vorverfahren zu ersetzen• , gilt in besonderem Maße für die mietrechtlichen Schiedsgutachtervereinbarungen. Eine derartige Umwandlung entspräche im übrigen dem Zweck des § 1 025 a ZPO. Diese Vorschrift verbietet Schiedsgerichtsverfahren bei Streitigkeiten über den Bestand eines Wohnraum betreffenden Mietverhältnisses; sie soll also ermöglichen, daß derartige Streitigkeiten in vollem Umfang vor den Richter gebracht werden. Das Schiedsgutachten ähnelt wegen seiner weitgehenden Verbindlichkeit 4 dem Schiedsverfahren. Das miet­ rechtliche Schiedsgutachterverfahren ist deshalb mit dem Sinn des § 1 025 a ZPO nicht zu vereinbaren.

Auf der anderen Seite ist die Einrichtung weiterer Vorverfahren auf den Gebieten des Arbeits- und des Mietrechts nicht überall vordringlich. I. Zur Einführung neuer Vorverfahren auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Auf dem Gebiet des Arbeitsrechts ist das Bedürfnis, über die bestehenden Vorverfahren hinaus generell für alle Streitigkeiten ein Vorverfahren einzufüh­ ren, nicht allzu hoch zu bewerten. Das liegt vor allem daran, daß der Gesetzgeber andere Möglichkeiten vorge­ sehen hat, arbeitsrechtliche Streitigkeiten außergerichtlich beizulegen. § § 84 f BetrVG sehen nämlich vor, daß sich der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber oder anderen Instanzen des Betriebes beschweren kann, wenn er sich benachteiligt fühlt und daß der Betriebsrat ihn bei berechtigten Beschwerden zu unterstützen hat 5 • Der Betriebsrat kann dann unter Umständen ein Verfahren vor der Eini­ gungsstelle einleiten 6 • Der Arbeitnehmer ist also bereits nach geltendem Recht nicht genötigt, sich unmittelbar an die Gerichte zu wenden, wenn er seine Rechte durchsetzen will, er kann vielmehr den Betriebsrat einschalten. Darüber hinaus ist das Bedürfnis, Vorverfahren für alle arbeitsrechtlichen Streitigkeiten einzuführen, auch deshalb nicht so groß, weil das gerichtliche Verfahren, falls es dazu kommt, in einer dem Vorverfahren ähnlichen Form abläuft : Dem Gütegedanken wird besonderes Gewicht beigelegt, was sich darin ausdrückt, daß der eigentlichen Verhandlung über die Streitsache zunächst eine besondere Güteverhandlung vor dem Vorsitzenden des Arbeitsgerichts ,,zum Zwecke der gütlichen Einigung" (§ 54 I ArbGG) vorangehen muß. Das Ge­ richtsverfahren gleicht dem Vorverfahren auch darin, daß es nicht allein vor einem Juristen stattfindet, sondern vor einem Spruchkörper, der überwiegend 4

5 6

siehe oben unter D. Vgl. dazu die Ausführungen im 1 . Abschnitt unter B I 2 c. s. § 85 BetrVG und die Kommentierungen dazu.

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15. Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

mit Personen besetzt ist, die jeweils einer Partei nahestehen 7 und denen die Parteien deshalb besonderes Vertrauen entgegenbringen können 8 • Aus diesen Gründen kann auf dem Gebiet des Arbeitsrechts ein dringender Bedarf für die Einführung weiterer Vorverfahren nur dort bejaht werden, wo ein besonderer Rechtfertigungsgrund gegeben ist. Ein solcher Grund ist bei Streitigkeiten gegeben, die - ähnlich denen des Arbeitnehmererfindungs­ rechts - besonders schwierige rechtliche und tatsächliche Fragen aufwerfen. Denn solche Streitigkeiten überfordern die Betriebsräte und können regelmäßig auch von den Gerichten nur nach Zuziehung von Sachverständigen entschieden werden. 9 Als derartige Meinungsverschiedenheiten kommen z.B. Eingruppie­ rungsstreitigkeiten in Betracht, soweit nicht für diese bereits ein besonderes Verfahren vorgesehen ist. Ein weiteres Teilgebiet des Arbeitsrechts, das für die Einführung von Vorverfahren in Frage kommt, ist das Kündigungsschutzrecht. Der 52. Deutsche Juristentag diskutierte 1 978 den Vorschlag, das Kündigungs­ schutzverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, indem man - wie z.B. in den USA - die Kündigungsschutzstreitigkeiten vor einer innerbetrieblichen Instanz austragen läßt, also den Arbeitsgerichten eine betriebliche Schlichtungs­ stelle vorschaltet. Die Mehrheit der auf dem Juristentag Anwesenden lehnte diesen Vorschlag allerdings ab 10 . Ganz allgemein dürften zur Zeit auf dem Gebiet des Arbeitsrechts wenig Chancen bestehen, neue Vorverfahren einzuführen. Das ergibt sich aus den Antworten der Organisationen, die ich zum Vorverfahren des § 1 1 1 II ArbGG befragte . Diese lehnen die Einführung weiterer Vorverfahren überwiegend für alle arbeitsrechtlichen Strei tigkei ten ab. II. Zur Schaffung weiterer Vorverfahrensstellen auf dem Gebiet des Mietrechts 1 . Auf dem Gebiet des Mietrechts scheinen mir Vorverfahren wirklich sinn­ voll nur zu sein, solange das Mietverhältnis unstreitig noch besteht. Verlangt der Vermieter dagegen die Räumung der Wohnung, so sind die Beziehungen zwischen den Parteien bereits so gespannt, daß sie durch eine gerichtliche Aus­ einandersetzung kaum noch verschlechtert werden können. Der Zweck des 7

Vgl. § 16 II S. 1 ArbGG. So auch die Bundesregierung in ihrer Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung und Bereinigung des arbeitsgerichtlichen Ve{fahrens, BT-Drucks. 8/1567, s. 1 8 . • siehe dazu auch die Ausführungen im 3 . Abschnitt unter A I 1 . 10 s . dazu Zöllner, in: Verhandlungen des 5 2. Deutschen Juristentages, Bd. I, S. D 5 , D 144; Simitis, ebenda, Bd. II, S . M 8 , M 4 4 f., M 5 8, Punkt 6 , sowie den Bericht über die Beschlußfassung und die Beschlüsse des Juristentages, ebenda, Bd. II, S. M 237, M 242 und M 248, jeweils zu Punkt 1 5 ; s. ferner Simitis, Der Arbeitgeber 1 978, S. 93 1, 932. 8

F. Ausblick auf das Arbeits- und Mietrecht

329

Vorverfahrens, das Verhältnis zwischen den Beteiligten zu entspannen, läßt sich in diesem Falle folglich kaum noch erreichen. Hinzu kommt, daß Räumungsstreitigkeiten nur selten durch gegenseitiges Nachgeben zu bereinigen sind: Zum einen betreffen derartige Meinungsver­ schiedenheiten die elementaren Bedürfnisse des Mieters. Zum anderen liegt es im Wesen des Räumungsprozesses, daß in der Hauptsache kein teilweises Ob­ siegen möglich ist. Es gibt keine „halbe Räumung". 1 1 Dem steht nicht entge­ gen, daß die Vergleichsquote in Räumungsstreitigkeiten nach einer Unter­ suchung von Hilden doppelt so hoch ist wie in gewöhnlichen Zivilprozessen. 1 2 Denn 95 % der Vergleiche lauten auf Räumung, stellen also einen vollständigen Sieg des klagenden Vermieters dar. 1 3 Die Parteien benötigen deshalb in Räu­ mungsstreitigkeiten nicht so sehr die vermittelnde Tätigkeit der Vorverfahrens­ stelle, sie brauchen vielmehr in erster Linie Rechtsberatung und eine klare ge­ richtliche Entscheidung. 2 . Betrachtet man die Streitigkeiten aus bestehenden Mietverhältnissen, so bieten sich für Vorverfahren vor allem Streitigkeiten über Mieterhöhungen an. Nach dem „Gesetz zur Regelung der Miethöhe" (MHRG) 14 ist es dem Ver­ mieter von Wohnungen verwehrt, Mieterhöhungen im Wege der Änderungskün­ digung durchzusetzen. Der Vermieter kann nach dem Gesetz statt dessen ver­ langen, daß der Mieter einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Ver­ gleichsmiete zustimmt. 1 5 Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieser Bestim­ mungen wurde durch das Bundesverfassungsgericht trotz der darin liegenden Eigentumsbeschränkung bejaht. 1 6 Die aufgrund des MHRG erforderliche Ermittlung der maßgeblichen Ver­ gleichsmiete ist eine besonders schwierige Materie, die leicht zu Streitigkeiten führt und vielfach die Hinzuziehung von Sachverständigen erfordert. Dement­ sprechend sieht das Gesetz ausdrücklich vor, daß der Vermieter zur Begrün­ dung seines Erhöhungsverlangens auf das Gutachten eines öffentlich bestell­ ten oder vereidigten Sachverständigen Bezug nehmen darf. 1 7 Hier liegen also

11

12

Hilden, ZRP 1 977, s. 4 1 , 42; ders., Rechtstatsachen, s. 1 6. ZRP 1 977, S. 4 1 ; Rechtstatsachen, S. 65 ff.

" Hilden, ZRP 1 9 77, S. 4 1 , 42 ; ders., Rechtstatsachen, S. 67. Auch in Vergleichen ge­

währte Räumung sfristen sind kein besonderer Vorteil. Denn Räumungsfristen können nach §§ 794 a , 721 ZPO noch im Vollstreckungsverfahren erreicht werden , s. dazu Hilden, Rechtstatsachen, S. 188 f. 1 4 Bei dem Gesetz handelt es sich um Art 3 des „ zweiten Gesetzes über den Kündi­ gungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum - 2. WKSchG" vom 1 8. 1 2. 1 974 ( BGB!. I S. 3603), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.6. 1 978 ( BGBl. l S. 878). 15 §§ 1 ff. MHRG. 16 BVerfG, Beschl. v. 1 2. 3 . 1 980, NJW 1 9 80, S. 1 6 1 7 ; vgl. auch BVerfG , Beschl. vom 1 0 . 1 0 . 1 978, BVerfGE 49, S. 244, 247 ; Beschl. v. 23.4. 1 974, BVerfGE 3 7 , S. 1 37 , 1 3 9 ff. 17 § 2 II S. 2 MHRG; s. dazu auch Köhler, NJW 1 979, S. 1 5 3 5 f.

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15. Abschnitt: Vorschläge für weitere Vorverfahren

die typischen Gründe vor, die ein Vorverfahren rechtfertigen. 1 8 Das gilt grund­ sätzlich auch dort, wo die ortsübliche Vergleichsmiete anhand eines Mietspie­ gels ermittelt werden kann. Denn in diesen Fällen bleibt festzustellen, welcher der im Mietspiegel aufgeführten Kategorien die einzelne Wohnung nach ihrer Ausstattung, ihrer Lage und ihrem Erhaltungszustand zuzuordnen ist. Es sollte deshalb danach gestrebt werden, über die Frankfurter Mietschlich­ tungsstelle hinaus weitere Vorverfahrensstellen für Streitigkeiten über Miet­ erhöhungen einzurichten. Das ist auch die Meinung des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Dr. Dieter Haack. Er schlug vor, bei Streitigkeiten über Mieterhöhungen den Gerichten Schlichtungsstellen vorzu­ schalten, damit in möglichst vielen Fällen Prozesse vermieden werden kön­ nen. 19 Dem Ruf nach Vorverfahren für Streitigkeiten über Mieterhöhungen könnte allerdings entgegengehalten werden, daß die Vorverfahren dem Vermieter nur wenig nützten; denn die Gerichte dürften im nachfolgenden Prozeß die sach­ verständigen Feststellungen der Vorverfahrensstelle nicht zu seinen Gunsten berücksichtigen. Dieser Einwand könnte sich auf eine weitverbreitete Recht­ sprechung der ordentlichen Gerichte berufen : Zahlreiche ordentliche Gerichte vertraten die Auffassung, der Richter habe die Berechtigung des Erhöhungsver­ langens allein an Hand des Schreibens zu überprüfen, mit dem der Vermieter den Mieter erstmalig aufforderte, der begehrten Mieterhöhung zuzustimmen; nachträgliches Vorbringen des Vermieters sei nicht zu beachten. 20 Diese Rechtsprechung hätte in der Tat zur Folge, daß das Vorverfahren für den Vermieter von geringem Wert wäre : Es wäre ihm verwehrt, zur Begrün­ dung seines Erhöhungsverlangens auf die Ausführungen der Gütestelle zu ver­ weisen. Der Einwand greift jedoch nicht durch. Das Bundesverf assungsgericht hat die angeführte Rechtsprechung als mit der Eigentumsgarantie des Art 14 GG unvereinbar zurückgewiesen. Das höchste Gericht entschied, daß der Rich­ ter bei der Entscheidung über die Mieterhöhung auch das zu berücksichtigen habe, was der Vermieter in Ergänzung des Anforderungsschreibens vortrage. 2 1 Folglich darf der Vermieter sich im Rechtsstreit mit dem Mieter auch auf die Feststellungen einer zuvor angerufenen Vorverfahrensstelle beziehen. Das Vorverfahren vermag aber nicht nur dem Vermieter zu nützen. Es ist auch für den Mieter von Vorteil, denn es bietet ihm die Möglichkeit, die Be-

Vgl. die Ausführungen im 3. Abschnitt unter A 1. Bericht in der „Frankenpost" vom 21.3. 1978, S. 2; so auch der Kommentar „Früh­ ling am Wohnungsmarkt" in: Bundesbaublatt 1978, S. 262. 20 s. zu dieser Rechtsprechung der Zivilgerichte: BVerfG, Beschl. v. 23.4. 1974, BVerf­ GE 37, S. 1 3 2, 144 f. mwN. 21 BVerfG, Beschl. v. 23.4. 1974, BVerfGE 37, S. 1 3 2, 145 ff. 18

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F. Ausblick auf das Arbeits- und Mietrecht

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rechtigung des Erhöhungsverlangens nachzuprüfen, ehe er es auf eine Erhö­ hungsklage ankommen läßt und das damit verbundene Kostenrisiko eingeht. 22 Bei der Einrichtung von Vorverfahrensstellen für Mieterhöhungsstreitigkei­ ten sollte darauf geachtet werden, daß diese mit öffentlich bestellten oder vereidigten Sachverständigen besetzt sind, damit der Vermieter sich im nach­ folgenden Prozeß auf die Stellungnahme des Gremiums zu berufen vermag. Denn der Vermieter kann nach dem Gesetz die Berechtigung seines Erhö­ hungsverlangens nicht mit dem Gutachten eines beliebigen Sachverständigen nachweisen, es bedarf vielmehr der Äußerung eines öffentlich bestellten oder vereidigten Sachverständigen 23 • Die Schlichtungsstellen für Mietstreitigkeiten könnten im übrigen auch noch für andere Konfliktbereiche zuständig sein, so z.B. für Meinungsverschieden­ heiten über die Notwendigkeit von Schönheitsreparaturen 24 •

Ergebnis Es gibt demnach eine ganze Reihe von Streitigkeiten, die sich für einen vor­ sichtigen, schrittweisen Ausbau der vorhandenen Vorverfahren anbieten. Wegen der günstigen Erfahrungen, welche mit den bisher errichteten Vorverfahrens­ stellen gemacht wurden, sollte nicht gezögert werden, die hier au_fgezeigten Möglichkeiten zu verwirklichen.

22 Das BVerfG hat in seinem Beschl. vom 1 0. 1 0. 1 97 8 , BVerfGE 49, S. 244, 250, darauf hingewiesen, daß der Mieter die Berechtigung des Erhöhungsverlangerrs vernünfti­ gerweise nachprüfen sollte, bevor er es auf eine Klage ankommen läßt. 23 § 2 II S. 2 MHRG. 24 Ebenso Rothweiler / Sauer, NJW 1 978, S. 797, 799.

Zusammenfassun g in Thesen

I.

Außergerichtliche Vorverfahren i n Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit sind rechtlich zulässig. 1 . Sie sind mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 92 GG vereinbar (4. Abschnitt, A). 2. Sie verstoßen grundsätzlich auch nicht gegen einfaches Gesetzesrecht, vor allem nicht gegen die Vorschriften der Prozeßordnungen. Ein­ schränkungen sind nur für Vorverfahren in arbeitsrechtlichen Streitig­ keiten zu machen, die nicht auf Gesetz beruhen ( 4. Abschnitt, B).

II.

Das außergerichtliche Vorverfahren ist mit seinem förmlichen Abschluß noch nicht beendet: Es strahlt in vielfältiger Weise auf den anschließen­ den Prozeß in der Hauptsache aus. 1 . Es ist zulässig, die Durchführung eines Vorverfahrens zur Prozeßvor­ aussetzung zu machen. Obligatorische Vorverfahren sind jedoch mit einer Vielzahl von Problemen verbunden. Die Ziele des Vorverfahrens lassen sich weitgehend auch durch das freiwillige Vorverfahren errei­ chen. Das freiwillige Vorverfahren ist deshalb dem obligatorischen vorzuziehen (8. Abschnitt). · 2 . Es ist zulässig, die Anrufung der Gerichte nach Abschluß des Vorver­ fahrens zeitlich zu beschränken. Derartige Fristen sind auch zweck­ mäßig (9 . Abschnitt). 3 . Die Vorverfahren wirken sich häufig auf die Formulierung des Klage­ antrages aus. Damit sind Vor- und Nachteile verbunden ( 1 0. Ab­ schnitt, A). 4. Im Vorverfahren erhobene Beweise sind im nachfolgenden Prozeß nur sehr beschränkt verwertbar, nämlich nur im Rahmen des Urkunden­ beweises. Im Vorverfahren erstattete Sachverständigengutachten kön­ nen dagegen in weitem Umfang auch vor Gericht verwertet werden. Das ist als sehr vorteilhaft zu beurteilen ( 1 0. Abschnitt, B). 5. Die im Prozeß unterliegende Partei hat im Zweifel - nach § 91 ZPO auch die Kosten des Vorverfahrens zu tragen ( 1 0. Abschnitt, D).

Zusammenfassung in Thesen

III.

333

Vorverfahren haben sich als zweckmäßig erwiesen. l . Die Tatsache, daß einzelne Vorverfahren abgeschafft wurden, spricht nicht gegen das Institut „Vorverfahren" ( 1 1. Abschnitt). 2. Die Auswertung der Erfahrungen, die mit einzelnen Vorverfahren ge­ macht wurden, ergibt ein überwiegend positives Bild ( 12. Abschnitt). 3. Das Vorverfahren ist geeignet, aktuellen Problemen des Zivilprozesses abzuhelfen: Es mindert die Belastung der Gerichte. Es ist darauf ange­ legt, das Rechtsschutzverfahren zu verkürzen. Der Anrufung der Vor­ verfahrensstelle stehen geringere Schwierigkeiten entgegen als der Inanspruchnahme der Gerichte: Kostenbarriere, Sprachbarriere und ,,Schwellenangst" sind weniger groß. Das Vorverfahren ist ein Mittel, dem Sachverständigenproblem zu begegnen ( 13. Abschnitt). 4. Es gibt (gegenüber dem Vorverfahren) keine anderen Möglichkeiten, die Ziele des Vorverfahrens zu erreichen ( 14. Abschnitt).

IV.

Trotz aller Vorteile des Vorverfahrens erscheint es nicht angezeigt, diese Verfahren generell für alle Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit einzu­ führen. Es empfiehlt sich jedoch, die vorhandenen Vorverfahren auszu­ bauen und auf einzelnen Rechtsgebieten neue Vorverfahren einzuführen. 1. Die Zuständigkeit der Einigungsstelle nach § 27 a UWG sollte auf Streitigkeiten aus § 26 GWB ausgedehnt werden ( 1 5 . Abschnitt, B). 2 . Die Vorverfahren in Verbraucherstreitigkeiten sollten weiter ausge­ baut werden ( 15. Abschnitt, C). 3. Schiedsgutachterverfahren sollten in Vorverfahren umgewandelt wer­ den ( 15. Abschnitt, D). 4. Es erscheint zweckmäßig, in Analogie zu dem Vorverfahren nach § 14 PflversG ein Vorverfahren für Ansprüche aus § 3 PflversG vorzusehen (15. Abschnitt, E). 5. Auf dem Gebiet des Mietrechts sollten Schlichtungsstellen für Streitig­ keiten über Mieterhöhungen, die sich aus dem Zweiten Wohnraurnkün­ digungsschutzgesetz ergeben, eingerichtet werden ( 1 5 . Abschnitt, F).

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